Laktanz: Divinae institutiones. Buch 7, De vita beata 9783110210040, 3110210045, 9783110193459


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German Pages [720] Year 2009

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Laktanz: Divinae institutiones. Buch 7, De vita beata
 9783110210040, 3110210045, 9783110193459

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Stefan Freund IA K T A N Z , D I V I N A E I N S T I T V T I O N E S B U C H 7: D E VITA B E A T A

w DE

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TEXTE UND KOMMENTARE Eine altertumswissenschaftliche Reihe

H erausgegeben von

Siegmar Döpp, Adolf Köhnken, Ruth Scodel

Band 31

Walter de Gruyter · Berlin · New York

LAKTANZ DIVINAE INSTITVTIONES BUCH 7: DE VITA BEATA Einleitung, Text, Übersetzung und Kommentar

von

Stefan Freund

Walter de Gruyter · Berlin · New York

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISSN 0563-3087 ISBN 978-3-11-019345-9 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D -10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver­ wertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim­ mung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigun­ gen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Laufen

V o rw o rt

Das vorliegende Buch ist eine leicht überarbeitete Fassung meiner Habili­ tationsschrift, die im Wintersemester 2005/2006 von der Sprach- und Li­ teraturwissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt angenommen wurde. Ermöglicht wurde seine Entstehung durch den Baye­ rischen Habilitationsförderpreis des Jahres 2001, der mir in den Jahren 2002 bis 2005 hervorragende Arbeitsbedingungen verschaffte; in der ent­ scheidenden Abschlussphase wurde ich durch ein Stipendium der KalhofRose-Stiftung unterstützt. Danken möchte ich an erster Stelle meinem akademischen Lehrer Prof. Dr. Hans Jürgen Tschiedel, von dem ich seit Studienbeginn stetige Hilfe, Anregung und Ermutigung erfuhr. Die vorliegende Arbeit war nur mög­ lich durch das Entgegenkommen von Prof. Dr. Eberhard Heck und Prof. Dr. Antonie Wlosok, die mir in überaus großzügiger Weise die Kollatio­ nen für ihre Neuedition der D iu in a e in s titu tio n e s zugänglich machten. Bei deren Benutzung unter Herrn Hecks geduldiger und sachkundiger Anlei­ tung in der Arbeitsstelle für patristische Texteditionen in Tübingen ha­ be ich sehr viel gelernt. Viele wichtige Anregungen ergaben sich auch aus dem Austausch mit den anderen Forschern, insbesondere Prof. Dr. Jackson Bryce, Prof. Dr. Gabor Kendeffy, Prof. Dr. Oliver Nicholson und Dr. Wolf­ ram Winger. Überaus wertvoll waren die Hinweise der Gutachter Prof. Dr. Eberhard Heck, Prof. Dr. Johannes Hofmann, Prof. Dr. Stephan Schröder, und Prof. Dr. Hans Jürgen Tschiedel. Oberstudienrat Wolfram Schröttel sah die Erstfassung der Arbeit durch und gab eine Vielzahl kluger Anre­ gungen. Für die Aufnahme des Buches in die Reihe „Texte und Kommentare“ danke ich schließlich deren Herausgebern, Prof. Dr. Siegmar Döpp, Prof. Dr. Adolf Köhnken und Prof. Dr. Ruth Scodel, für die freundliche und kundige verlegerische Betreuung Frau Dr. Sabine Vogt und für die gedul­ dige Hilfe in in Fragen der Text Verarbeitung Herrn Peter Zimmermann, Eichstätt. Das Manuskript wurde im Sommer 2005 abgeschlossen. Seither erschie­ nene einschlägige Literatur ist in Auswahl berücksichtigt. Gewidmet sei die Arbeit denjenigen, von denen sie mich allzu oft fern­ gehalten hat und die sie doch in unschätzbarer Weise gefördert haben: meiner Frau Juliane und meinen Kindern Jonatan und Katharina. Regensburg, Allerheiligen 2008

I n h a lts v e r z e ic h n is

Vorwort ............................................................................................................V Vorbemerkungen zur Anlage des Kom m entars..........................................IX Einleitung ......................................................................................................... 1 Biographischer und historischer Rahmen ...............................................3 Das siebte Buch im Rahmen der D iu in a e in s titu tio n e s .....................14 Inhalt des siebten Buchs.......................................................................... 22 Gliederungsübersicht............................................................................ 22 Aufbau und Gedankenführung ........................................................... 28 Die Quellen des siebten Buchs................................................................ 33 Vorbemerkung: Zum Gebrauch der te s tim o n ia bei Laktanz ..........33 Pagane Quellen ..................................................................................... 35 Griechische Philosophie ....................................................................35 Lateinische Autoren ......................................................................... 40 Christliche Quellen .............................................................................. 45 Biblische Schriften ............................................................................ 45 Sonstige christliche L ite ra tu r...........................................................49 T e s tim o n ia d iu in a ................................................................................ 50 Die Belege aus dem hermetischen Schrifttum ...............................50 Das Apollorakel................................................................................. 52 Die Hystaspesapokalypse..................................................................53 Die O racu la S ib y llin a ....................................................................... 50 Zu Sprache und Stil ................................................................................ 71 Zu Textüberlieferung und vorliegender Textgestaltung...................... 76 Text und Übersetzung .................................................................................. 83 K om m entar................................................................................................... 199 Erster Teil: Gottes Heilsplan (Kapitel 1-7) ....................................... 201 Zweiter Teil: Die Unsterblichkeit der Seele (Kapitel 8-13) ............. 325 Dritter Teil: Die Endzeitereignisse (Kapitel 14-27) ..........................387 A n h a n g ..........................................................................................................621 Literaturverzeichnis ...............................................................................623 Verzeichnis der verwendeten Textausgaben ....................................623 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur .................................624 Indizes ..................................................................................................... 646

V o r b e m e r k u n g e n zu r A n la g e d e s K o m m e n ta r s

Im siebten Buch der D iu in a e in s titu tio n e s stellt Laktanz den göttlichen Heilsplan und die Bestimmung des Menschen dar, er entwirft seine Be­ gründung für die Unsterblichkeit der Seele und erläutert ausführlich, wie sich das Kommen des Tausendjährigen Gottesreichs und schließlich das Ende der Welt ereignen werden. - Schon diese Skizze des Inhalts mag an­ deuten, wie verschieden die Motive sein können, sich mit dem Schlussteil der , Göttlichen Unterweisungen‘ zu befassen. Der vorliegende Kommentar wendet sich an unterschiedliche Leser, die aus einem bestimmten Forschungsinteresse heraus eine Passage des siebten Buchs konsultieren. Behandelt werden also gleichermaßen textkritische, sprachliche, traditionsgeschichtliche und inhaltliche Fragen; insbesondere sollen die Einzelaussagen in das Gesamtwerk des Autors eingeordnet wer­ den. Diesem Zweck dienen auch die ersten Teile der Einleitung beschränkt sich auf; vertieft erörtert werden dann aber Struktur und Quellen des vorliegenden Buchs. Der Text versteht sich in erster Linie als Lesetext, der der Bequemlichkeit des Nutzers dienen, aber auch den Kommentar von Befundangaben entlasten soll. Er beruht auf der Ausgabe von Samuel Brandt (CSEL 19, 1890), ist aber orthographisch standardisiert und durch­ gängig revidiert. Grundlage dafür waren die Handschriftenkollationen, die für neue Gesamtausgabe der D iu in a e in s titu tio n e s (die ersten beiden Fas­ zikel mit den Büchern 1-4 erschienen 2005 und 2007 in der Bibtotheca Teubneriana) angefertigt wurden. Die Herausgeber Eberhard Heck und Antonie Wlosok gestatteten großzügig die Benutzung ihrer umfangreichen Vorarbeiten. Die Übersetzung schließlich will den raschen Zugang zu länge­ ren Abschnitten ermöglichen und auch dort eine Texterschließung bieten, wo der Kommentar keine Angaben macht. Auf die folgenden Formalia bei der Zitation sei noch hingewiesen: Wer­ ke des Laktanz sind ohne Verfasserangabe, Stellen aus den D iu in a e in s ti­ tu tio n e s ohne Werkangabe, Stellen aus deren siebtem Buch ohne Buchan­ gabe zitiert, sofern dies kein Missverständnis hervorruft. Die dualistischen Zusätze erscheinen als 5,27 add. 1-17; 2,8,6 add. 1-9; opif. 19,8 add. 1-5. Andere Lateinische Texte werden nach dem Thesaurus1, griechische nach den gängigen Lexika (LSJ und L a m p e ) oder, wo die dortigen Abkürzun­ gen zu knapp erscheinen, ausführlicher zitiert. Biblische Bücher sowie alt1 Vgl. Thesaurus linguae Latinae. Index librorum scriptorum inscriptionum ex quibus exempla afferuntunr, Leipzig 19902.

Vorbem erkungen zur Anlage des K om m entars

und neutestamentliche Apokryphen werden nach den üblichen Abkürzungen zitiert. Wo biblische Texte in deutscher Übersetzung wiedergegeben sind, ist die Einheitsübersetzung (Stuttgart 1999) verwendet. Ein abschließendes Wort zur Anlage des Kommentars: Einzellemmata beziehen sich auf die in Fettdruck wiedergegebenen Wörter oder Textabschnitte Passagen; dabei bedeutet „ . . . “ den Einschluss des in der Lem­ maangabe Weggelassenen, „[...]“ dessen Ausschluss. Daneben gibt es zu manchen Abschnitten thematische Lemmata (z.B. „7,1-14 Bewertung der paganen Philosophie“). Was über eine bestimmte Stelle im übergreifenden Lemma gesagt ist, wird zur Stelle nicht wiederholt; in wichtigen Fällen findet sich ein Querverweis. Die Paragraphen, auf die sich ein übergrei­ fendes Lemma bezieht, werden innerhalb desselben nur als „§ [Nummer]“ zitiert, ansonsten gelten die oben beschriebenen Zitierweisen. Querverwei­ se geben bei Einzellemmata die Stelle und (ohne inhaltliche Rücksicht) die Anfangsworte des Lemmas an (z.B. „siehe unten zu 13,2 neque n u n c . . . “), bei üb ergreifenden Lemmata deren Erstreckung („siehe oben zu 5,1-27“) an. o

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2 Vgl. S.M. S chwertner, IATG2. Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theo­ logie und Grenzgebiete, Berlin/N ew York 19922, XXXI; XXXIV-XXXVII.

E

in l e it u n g

Biographischer und historischer Rahmen Lucius Caelius Firmianus Lactantius wird um das Jahr 250 n. Chr. in der Provinz A fr ic a geboren.1 Nordafrika ist in jener Zeit ein Zentrum des kul­ turellen Lebens und des lateinischsprachigen Christentums.2 Laktanz aber stammt aus paganer Familie. Er studiert Rhetorik bei dem bekannten Re­ delehrer Arnobius aus Sicca Veneria (heute El-Kef, Tunesien) und tritt bald mit eigenen Schriften hervor.3 Er wird nach eigener Aussage nie als Anwalt tätig,4 sondern macht sich als Lehrer der Redekunst einen Namen, so dass ihn Kaiser Diokletian etwa zwischen 290 und 300 als Rhetorikpro­ fessor an die neu errichtete Residenz in Nikomedien (heute Izmit, Türkei), am Marmarameer in der Provinz Bithynien gelegen, beruft5. Dort erlebt Laktanz am 23. Februar 3036 den Beginn der Diokletianischen Christen­ verfolgung mit:7 Im Rahmen der Restaurationspolitik des Diokletian soll das ganze Reich zum überkommenen Götterkult zurückgeführt und das seit 290 sich etablierende Herrschaftssystem der Tetrarchie legitimiert und gesichert werden.8 Die Maßnahmen treffen das Christentum, das sich über 1 Grundlegend A. W losok, HLL 5 (1989) § 570A; danach auch die folgende Chro­ nologie; wesentlich abweichende Ansichten der neueren Forschung sind erwähnt, zur älteren vgl. auch die Übersicht P errin L ’ouvrage I 221 (Faltkarte). - Der Na­ me ist in den Handschriften und Hier. vir. ill. 80,1 (Firmianus qui et Lactantius) überliefert. Lactantius ist Beiname. Das ungefähre G eburtsjahr ergibt sich durch Rückrechnung aus den anderen biographischen Daten. Die Herkunft aus Africa bezeugt Hier. vir. ill. 80,2 und 79 mit 80,1 und epist. 70,5,2. 2 Vgl. A.M. S chneider, ,A frica‘, RAC 1 (1950) 173-179; W. H uss, DNP 1 (1996) 223f. 3 Vgl. Hier. vir. ill. 80,2. Das dort erwähnte Jugendwerk Symposium identifiziert F riedrich mit Anth. 495-638. 4 So das Selbstzeugnis 3,13,12 forum ne attigerim quidem. 5 Vgl. 5,2,2; Hier. vir. ill. 80,1 sub Diocletiano principe accitus cum Flauio gram­ matico [...] Nicomediae rhetoricam docuit. Diokletian war 284 in der Nähe von Nikomedien zum Kaiser erhoben worden. Der Ausbau (vgl. m ort. pers. 7,10f.; Lib. or. 61,7) als Residenz geht einher mit der Ernennung der M itherrscher (Maximi­ an 286, Galerius und C onstantius 293). Daraus ergibt sich die Zeitspanne für die Berufung. 6 Erstes Verfolgungsedikt, siehe unten 7 Anm. 22. 7 Laktanz selbst schildert die Ereignisse detailliert m ort. pers. 10,1 - 15,7. Einen Überblick bieten beispielsweise V ogt Christenverfolqunq 1192-1204; K. B aus, HKG(J) I 441-449. 8 So nennt sich Diokletian Iouius , sein M itherrscher M aximian Herculius. Vgl. bei­ spielsweise V ogt Christenverfolgung 1192-1195; D emandt Spätantike 58. Die Herrschaftslegitim ation betont insbesondere D igeser ( Lactantius 25-32).

Einleitung

40 Jahren weithin unbehelligt verbreitet hatte, überaus h art.9 Den von der Verlesung antichristlicher Propaganda begleiteten offiziellen Auftakt der Verfolgungsmaßnahmen10 schildert Laktanz rückblickend als Schlüs­ selerlebnis, das ihn zum Apologeten werden ließ (Selbstzeugnisse 5,2,2; 5,4,1). Nach dem Ausscheiden aus der Lehrtätigkeit am Kaiserhof beginnt er, die christliche Lehre in schriftlicher Form gegenüber einem paganen Publikum darzulegen und zu verteidigen. Kennen gelernt hatte Laktanz das Christentum wahrscheinlich schon in Afrika,11 unklar ist aber, wann und wie sich seine Hinwendung vollzieht12. Das erste apologetische Werk ist die noch kryptochristliche Schrift D e o p ificio d e i (,Uber das Schöp­ fungswerk Gottes‘), entstanden vermutlich schon 303 oder 304.13 Darin folgert er aus der sinnvollen und schönen Gestaltung des menschlichen Körpers die Existenz eines Schöpfergottes und die Verpflichtung des Men­ schen, diesen Gott durch die entbehrungsreiche Bemühung um das Gute zu verehren und so das ewige Leben zu erlangen. Gleichzeitig arbeitet Laktanz aber auch schon an seinem Hauptwerk, den D iu in a e in s titu tio n e s (,Göttliche Unterweisungen^), das er am Ende der Schrift D e o p ificio d ei (20,lf.) ankündigt. In sieben Büchern gibt Laktanz darin eine apologetisch und protreptisch ausgerichtete Gesamtdarstellung des Christentums. Lak­ tanz konzipiert und verfasst das Werk unter dem unmittelbaren Eindruck der Christenverfolgungen.14 Und da sich keine Hinweise auf deren Ende in 9 Nachdem Gallienus im Jah r 260 die gegen die Christen gerichteten M aßnahmen aufgehoben und somit die Valerianische Verfolgung beendet hat, kann sich das Chri­ stentum weithin ungestört verbreiten; vgl. etwa V ogt Christenverfolgung 11881192. 10 Vgl. m ort. pers. 14,1 - 15,7. 11 Ein wichtiges Indiz dafür, dass Laktanz bereits in Afrika Interesse am C hristentum gehabt haben muss, ist seine Kenntnis der von dort stam m enden christlichen Au­ toren Tertullian, Minucius Felix und Cyprian (vgl. v.a. 5,1,22; 5,4,3). Zudem sieht A. W losok, HLL 5 (1989) 377, Laktanz „unter dem Einfluß des durch Arnob be­ zeugten platonistisch-gnostischen Milieus“ , das gewisse Affinitäten zum C hristen­ tum aufweist. Ob Laktanz aber später von der Bekehrung seines Lehrers Arnobius erfahren und dessen apologetisches Werk Aduersus nationes gekannt hat, ist un­ wahrscheinlich (vgl. H eck/W losok Text 150 Anm. 22): Denn die Nichterwähnung dieser Schrift (v.a. 5,l,22ff., wo m an sie unbedingt erwarten müsste) ist dam it gut erklärt, dass Laktanz in Bithynien von der in Afrika entstandenen Schrift des Ar­ nobius nichts erfahren h atte. Indizien, dass er später davon Kenntnis erlangt, stellt M. P errin, Lactance lecteur d ’Arnobe dans l’Épitom é des Institutions?, REAug 30 (1984) 36-41, zusammen. 12 Nach W losok ( Gnosis 191 Anm. 28; zustim m end P errin L ’ouvrage I 13) kann die Bekehrung zum Beginn der Verfolgungen nicht allzu lange zurückliegen; vgl. auch den Rückblick 1,1,8. Laktanz ist offensichtlich, wie auch der Befund des siebten Buches zeigt, mit Einrichtungen (Taufe: 5,22; Arkandisziplin: 26,8; vgl. insgesamt S peigl) und Terminologie (siehe beispielsweise unten 27,13-16 mit Kommentie­ rung) des C hristentum s vertraut. 13 Zur D atierung etwa P errin L ’ouvrage I 15; A. W losok, HLL 5 (1989) 384. 14 Vgl. etwa H eck ( Gottesverächter 186-190) zu den Entstehungsbedingungen.

Biographischer und historischer R ahm en

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den D iu in a e in s titu tio n e s finden, muss die Schrift auch spätestens am 30. April 311 abgeschlossen sein, als das Toleranzedikt des Galerius in Nikomedien veröffentlicht wird - wahrscheinlich aber schon früher, nämlich vor dem Tod des ersten Verfolgers Maximianus im Jahr 310, von dem Laktanz ebenfalls noch nicht zu wissen scheint.15 Daraus ergibt sich auch der zeitliche Rahmen für das siebte Buch der D iu in a e in s titu tio n e s : Laktanz hat zu Beginn der Arbeit an dem mit über 650 modernen Druckseiten umfangreichen Gesamtwerk wohl das inhalt­ liche Gerüst entworfen.16 Dann verfasst er Buch um Buch.17 Das fünfte lässt sich auf die die Jahre 305/306 datieren.18. Dazu passt, dass einer der Vorverweise auf das siebte Buch (4,26,42) ins Leere geht, weil zwar das Grundmotiv, in dessen Rahmen der Gegenstand des Verweises gehört, nämlich Analogie der Befreiung aus Ägypten und der Errettung in der Endzeit, im siebten Buch vorkommt, nicht aber der Einzelsachverhalt, auf den sich Laktanz bezieht, nämlich die Bewahrung derer vor den Plagen, die das göttliche Zeichen tragen:19 Offensichtlich hat also Laktanz zwi­ schen der Abfassung des vierten und des siebten Buchs sein Konzept in diesem Punkt geändert. Aus den genannten Erwägungen ergibt sich für die Arbeit am siebten Buch eine maximale Zeitspanne von 305/306 bis 310, höchstens Anfang 311.

15 Von der Veröffentlichung des Toleranzedikts in Nikomedien berichtet Laktanz selbst m ort. pers. 35,1. Konkrete Hinweise auf eine gegenwärtige Verfolgung finden sich etwa 5,1,3-7; 5,12,3-13,21; 5,19,1-13; 5,20,1-21,6; 6,17,6-9; zu den Stehen aus dem siebten Buch siehe unten 6. Indizien für einen Terminus ante quem 310 ergeben sich aus der Rachedrohung an die Verfolger (5,23,1-5), die vor dem Tod des Maximi­ anus in jenem Jah r (B randt Entstehungsverhältnisse 12-14; nun wieder D igeser Dating 43f.; Second Edition 90; Lactantius 134) oder, ehe Laktanz davon erfuhr (H eck Zusätze 144), verfasst sein muss. Der Terminus ante quem 311 wird zusätz­ lich unterm auert durch die Polemik gegen die bestia Galerius (5,11,5), die so nur vor dessen Tod im Mai 311 formuliert sein kann (Heck Zusätze 144L). 16 Vgl. die opif. 20,lf. skizzierte Zielsetzung. 17 So H eck ( Zusätze 146-149) schlüssig in Auseinandersetzung mit J. S tevenson, The life and literary activity of Lactantius, Studia P atristica 1 (1957) 661-677, und Loi ( Valori 104-107; siehe auch unten 494 Anm. 13), die beide bestim m te Bücher unterschiedlichen Schaffensphasen zuweisen und eine nachträgliche Vereinigung an­ nehmen möchten. Siehe auch unten 9 Anm. 31. 18 So spricht Laktanz 5,11,15 von einem Christen, der im Rahm en der Verfolgung (ab 303) verhaftet worden war und zwei Jahre der Folter w iderstand. Die Stehe kann also frühestens Mai 305 verfasst sein (Heck ( Zusätze 144; Gottesverächter 207). 19 Vgl. unten 406. Die übrigen Querverweise stimmen: 2,10,26 (eingelöst 1,6-10: Welt hat Anfang und Ende); 2,17,1 (20,5 und 26,6f.: Gericht); 3,13,3 (9,1 - 11,10: christ­ licher Beweisgang für die Unsterblichkeit der Seele); 3,17,34 (12,1-30: W iderlegung der epikureischen Argumente für die Sterblichkeit der Seele); 4,7,8 (ewiges him m ­ lisches Reich: 26,5); 4,12,21 (19,1- 20,5: W iederkunft Christi zum Gericht).

Einleitung

Die politischen Verhältnisse dieser Zeit sind verworren:20 305 treten Diokletian, der seit 284 für relative Stabilität gesorgt und diese ab 285 (Maximian wird Mitherrscher, 286 A u g u s tu s ) beziehungsweise 293 (Con­ stantius Chlorus und Galerius werden untergeordnete C a e s a r e s ) durch die Tetrarchie gesichert hatte, und Maximian planmäßig zurück. Die zweite Tetrarchie bilden nun Constantius Chlorus als A u g u stu s und Severus als C a e s a r im Westen und Galerius als A u g u stu s und Maximinus Daia als C a e s a r im Osten. Doch schon 306 zerbricht die zweite Tetrarchie, als Con­ stantinus Chlorus stirbt und die Soldaten dessen Sohn Konstantin zum A u g u stu s ausrufen, obwohl Severus hätte nachrücken müssen. Indem er Severus als A u g u stu s und Konstantin als C a e s a r anerkennt, stabilisiert Galerius das System. Doch noch im selben Jahr wird in Rom Maxentius, der Sohn des Maximian, zum Kaiser ausgerufen. Gegen ihn zieht erfolglos Severus. Diesen lässt Maximian ermorden, der nun auch wieder Ansprüche auf die kaiserliche Macht erhebt. Ein Feldzug des Galerius gegen Maxentius in Rom scheitert ebenfalls. 308 wird auf der Kaiserkonferenz in Carnuntum vereinbart, dass im Westen nun Licinius und Konstantin, im Osten weiter­ hin Galerius und Maximinus Daia herrschen sollten. Doch wollen sich die C a e sa re s Konstantin und Maximinus Daia nicht mit ihrer untergeordneten Stellung zufrieden geben, auch erheben Maxentius und Maximian weiter­ hin Herrschaftsansprüche. Im Jahr 310 konkurrieren somit sieben A u g u sti um die Macht im Reich: Galerius in Thrakien, Maximinus Daia in Syrien, Licinius in Pannonien, Konstantin und Maximian in Gallien, Maxentius in Italien und schließlich Lucius Domitius Alexander (ein Usurpator, der sich 308 zum Kaiser hatte ausrufen lassen) in Afrika. Die Christenverfolgungen kommen angesichts der politischen Wirrnisse im Westen bald zum Erliegen, im Osten hingegen werden sie unter Gale­ rius und Maximinus Daia bis zum Toleranzedikt von 311 fort geführt, und zwar, wie die christlichen Quellen (vor allem Laktanz selbst in D e m o r tib u s p e r s e c u to r u m und Euseb) nahe legen, mit aller Entschiedenheit.21 In diesen historischen Rahmen fügen sich die zeitgeschichtlichen An­ deutungen im siebten Buch: 20 Überblick beispielsweise D emandt Spätantike 62-65; B. B leckmann K onstantin der Große, Reinbek 1996, 41-50; ders. Constantinus 136f. 21 Vgl. grundsätzlich V ogt Christenverfolgung 1197f. (mit dem Belegmaterial); K. B aus, HKG(J) I 447-449; F reudenberger 28 (mit weiterer L iteratur). Edikte, die M aßnahmen gegen die Christen (wohl nach einer Unterbrechung zum Ende der ersten Tetrarchie im Jah r 305) anordnen, sind nur für Maximinus Daia belegt, und zwar aus den Jahren 306 (Eus. h.e. 8,2,4f.) und 309 (Eus. h.e. 8,6,7-10). Doch geht auch Galerius, den Laktanz als den schlimmsten Verfolger stilisiert (mort. pers. 11,1 - 15,3; 20,1 - 23,9), gegen die Christen vor, bis ihn im Jah r 311 die praktische U ndurchführbarkeit weiterer Verfolgungen zu deren Einstellung zwingt, vgl. H.D. A ltendorf, ,G alerius‘, RAC 8 (1972) 786-796, v.a. 789-792.

Biographischer und historischer R ahm en

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1. An zwei Stellen spricht Laktanz unumwunden von einer gegenwär­ tigen Verfolgungssituation: Als Erklärung dafür, dass die Auferste­ hung erst nach der Vernichtung des Bösen stattfinden könne, führt Laktanz an, dass gegenwärtig würde alle wahren Gott esVerehrer mit Gewalt zur Idolatrie gezwungen würden (22,12). Dies bezieht sich auf den allgemeinen Opferzwang, wie ihn das (nach Euseb) vierte Edikt des Diokletian aus dem Frühjahr 304 vorsah.22 Mit anderen Quellen stimmen aber auch die Aussagen überein, dass die Christen unter­ schiedlichsten Arten der Folter ausgesetzt seien23 und dass sie auch unter dem Hass und der Verachtung der heidnischen Bevölkerung zu leiden hätten24. Und zu Beginn des paränetischen Epilogs führt Lak­ tanz dem Leser die Lebenssituation derjenigen vor Augen, die sich um die Tugend und um den Lohn des glückseligen Lebens bemühen, nämlich der Christen - sie müssen Gefängnis, Folter und Tod auf sich nehmen, haben aber den göttlichen Lohn vor Augen (27,3). Diese Verfolgungsmaßnahmen schildert Laktanz später selbst im Rückblick auf die Verfolgungszeit.25 Überhaupt weisen der paränetische Ton des Schlusskapitels und vor allem die rai/tóa-Metaphorik (27,15f.) auf Zeitumstände, unter denen sich Christen unter höchster Gefahr, schlimmstenfalls als Märtyrer, bewähren müssen.26 2. Nach dem Abschluss der Endzeitschilderung (26,8-10) rechtfertigt Laktanz, dass die Christen sich in der Öffentlichkeit zurückhielten, auf eine publizistische Verteidigung gegen Angriffe verzichteten und sich um Arkandisziplin bemühten, obwohl all dies zu Gräuelmärchen 22 Das erste Edikt des Diokletian nach Eus. h.e. 8,2,4f. sieht die Zerstörung der Kir­ chen und Heiligen Schriften sowie die Entfernung der Christen aus dem S taats­ dienst vor, das zweite (Eus. h.e. 8,6,8) die Einkerkerung der Kleriker, das d ritte (Eus. h.e. 8,6,10) einen Opferzwang für diese. Der im vierten Edikt (Eus. m.P. 3,1; ausführliche, in syrischer Übersetzung erhaltene Fassung bei G. B ardy, Eusèbe de Césarée, Histoire ecclésiastique, III, Paris 1958, SC 55, 119ff.) ausgesprochene allgemeine Opferzwang - das heißt die für Christen ohne Glaubensabfall unerfüll­ bare Verpflichtung, ein G ötteropfer darzubringen; seit der Verfolgung unter Decius (249/250) eines der wichtigsten juristischen M ittel der Christenverfolgung, vgl. et­ wa H. Last , ,Christenverfolgung IP, RAC 2 (1954) 1208-1228, hier 1226f. - betrifft nun alle Christen und zielt letztlich auf die A usrottung des C hristentum s insgesamt. Maximinus Daia erneuert diese Regelung in zwei Edikten (Eus. m.P. 4,8 aus dem Jah r 306; 9,2 aus dem Jah r 309). Laktanz schildert im dualistischen Zusatz 5,27 add. 16 den Opferzwang der Verfolgungszeit aus zeitlicher Distanz (siehe unten 292 mit Anm. 22). 23 Dies betonen sowohl Laktanz selbst (mort. pers. 15,5 tormentorum genera inaudita excogitabantur; 16,4f. 8) als auch Euseb (h.e. 8,12,6-11). 24 Dazu beispielsweise Eus. h.e. 8,7-10; m.P. 5,3. 25 Gefängnisstrafen m ort. pers. 15,5; 22,2; Folter m ort. pers. 15,5; 16,5.8; 21,7; Hin­ richtungen m ort. pers. 21,7; 22,3, etc.; vgl. insgesamt epit. 68,4. 26 Siehe unten zu 27,15 desertor.

Einleitung

Anlass gäbe. Dahinter steht zwar ein apologetischer Topos,27 diesen wird Laktanz aber nur in einer längeren Periode ständiger Anfein­ dungen und Bedrohung aufgreifen. 3. Immer wieder betont Laktanz, dass der Gerechte (also der Christ) auf dem einzigen Weg der Wahrheit allen erdenklichen Anfeindungen und Bedrohungen einer feindlichen Umwelt ausgesetzt ist.28 Dieser ethische Dualismus29 passt in eine Verfolgungszeit. 4. In zwei allgemeineren Äußerungen über die Gegenwart erwähnt Lak­ tanz zum einen Morde und Intrigen sowie staatliche Repressionsmaß­ nahmen (22,11).30 Dabei kann er beispielsweise die Machtkämpfe der Herrscher und subalterner Karrieristen in den Wirrnissen nach 305 vor Augen haben. Zum anderen spricht Laktanz davon, dass Unge­ rechtigkeit und Bosheit einen Höhepunkt erreicht hätten, die jetzige Epoche aber doch im Vergleich zu den Schrecknissen der Endzeit als a e ta s aurea erscheinen müsse (15,7). Dahinter kann der Gemeinplatz stehen, dass alles immer schlechter werde, doch passt die Äußerung gut in die Zeit des politischen Verfalls nach 306. Das siebte Buch spiegelt die Zeitverhältnisse aber nicht nur in Hinweisen auf die gegenwärtigen Zustände wider. Offensichtlich beeinflusst der histo­ rische Rahmen auch die Darstellung bestimmter Endzeitereignisse. Deren Grundmuster findet Laktanz zwar allesamt in der apokalyptischen Tradi­ tion vor, doch die individuelle Ausgestaltung klingt an reale Geschehnisse an:31 27 Siehe unten zu 26,8-10. 28 Vgl. etwa 1,3f.; 1,17-21; 5,24 necesse est iustum et sapientem in omnibus malis esse. 9,17; 11,4 deinde qui iustitiam sequentes in hac uita miseri fuerint et contempti et

inopes et ob ipsam iustitiam contumeliis et iniuriis saepe uexati, quia nec aliter uirtus teneri potest, semper beati sint futuri, ut quia mala iam pertulerunt, etiam bonis fruantur. 27,2f. 29 Loi ( Male 94-96) sieht im subordinierten Dualismus des Laktanz (siehe unten zu 4,12 bona homini proponi et mala . . . ) , den er auf Anthropologie und Ethik anwendet, eine im Wesentlichen auf diesen selbst zurückgehende Konzeption. 30 Siehe unten zu 22,11 hoc enim saeculo . . . 31 Auf die Anklänge an reale Ereignisse der Zeitgeschichte, die sich in der Endzeit­ schilderung des Laktanz finden, hat bereits N icholson ( Prophecy 301-325; Cross 318-322) hingewiesen. Er findet Anspielungen auf Geschehnisse der Jahre 305 bis 313 (vgl. die Übersicht N icholson Prophecy 324) und schließt daraus, dass Lak­ tanz die Zukunftsaussagen in den K apiteln 16, 17 und 19 hauptsächlich ex eventu formuliere und das K apitel 17 und einzelne Anmerkungen in Kapitel 19 später (nach 313) hinzugefügt habe. Dagegen spricht aber Folgendes: (1) Das K apitel 17 ist in­ haltlich nicht verzichtbar (siehe unten zu 19,1 Oppresso igitur . . . ), kann also nicht (wenigstens nicht ohne umfangreiche Änderungen) nachträglich eingeschoben sein. (2) Die Darstellung 17,1-8 (Prophet G ottes wird vom Antichrist überwunden) fußt auf Ofib 11 und 13, die Änderungen sind mit redaktionellen Erwägungen erklärbar; in der Passage kann sich also nicht, wie N icholson ( Prophecy 312-320; vgl. Cross 318f.) verm utet, die Auseinandersetzung zwischen dem M ärtyrer Lukian und dem

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1. Zahlreiche Aspekte in der eschatologischen Darstellung evozieren die Verfolgung: (a) Die Not des Gottesvolkes in der Endzeit, das Schmähungen und Armut erdulden muss (15,8), lässt an die Lage der verfolgten Christen denken. Auch die typologische Deutung des Exodusge­ schehens auf die Endzeit (15,1-6) ist aus christlicher Sicht dann besonders prägnant und nahe liegend, wenn die Gegenwart auf­ grund einer Verfolgungssituation als Unterdrückung des wahren Gottesvolkes, also der Christen, erlebt wird. (b) Der endzeitliche Herrscher, der für sich göttliche Verehrung beansprucht (17,4) und die Gottestreuen auszurotten versucht (17,6-10),32 erinnert an den Zwang zum Opfer für die Staats­ götter33 und an die Christenverfolgung. (c) In der eschatologischen Dramaturgie des Laktanz sind zwei Din­ ge besonders herausgehoben: zum einen die Rettung der be­ drängten Gottestreuen aus höchster Not durch den wiederkeh­ renden Christus (17,10f.; 19,lf.), zum anderen die Niederwer­ fung (19,5f.) und die Bestrafung der Gottesfeinde (26,7)34. Die Vermutung liegt nahe, dass sich darin einerseits die ständige Verfolger Theoteknos spiegeln; siehe unten zu 17,1-8. (3) Zwar finden sich in Kapi­ tel 16 Anklänge an die M issstände der Tetrarchie, das Dargestellte hängt aber gänz­ lich von Dan 7 ab, die Aktualisierungen sind sekundäre Z utat, siehe unten zu 16,1-4. (4) Da das nach N icholson Hinzugefügte (im Gegensatz zu den dualistischen Zu­ sätzen und den Kaiseranreden) in allen Handschriften übereinstim m end enthalten ist, müsste man annehm en, dass bei der Einfügung der Nachträge eine neue H and­ schrift entstanden ist, die dann zum Archetypen der weiteren Überlieferung wurde. Das ließe an ein A utograph denken, das nach 313 entstanden ist. Dann wieder­ um ist zu fragen, warum Laktanz nicht Weiteres revidiert und beispielsweise die Anspielungen auf eine gegenwärtige Verfolgung entfernt habe. 32 Der Darstellung liegt traditionelles apokalyptisches Gut zugrunde: Der Sieg des grausam en Herrschers über einen Propheten G ottes und sein Streben nach göttli­ cher Verehrung ist nach Offb 11 und 13 gestaltet (siehe unten zu 17,1-8), auch träg t er Züge des Antichrist (so etwa in der H erkunftsangabe ,aus Syrien4, siehe unten zu 17,2 alter rex . . . ) . Die Flucht der G ottestreuen in die Berge ist ein Endzeitm otiv der Evangelien (siehe unten zu 17,7 in montes fugiunt ), hinter der Belagerung auf dem Berg steht das Motiv vom Zion (siehe unten 17,10 admotis . . . ) . Vielleicht einen unm ittelbaren Reflex aus der Verfolgungszeit stellt das Verbrennen der in Prophetenbücher eingewickelten G ottestreuen dar (siehe unten zu 17,8 homines obuoluet . . . ). 33 Zwar verliert der Kaiserkult im dritten Jahrhundert immer m ehr an Bedeutung, dafür forciert insbesondere Diokletian, der sich den Beinamen Iouius gibt und als A bgesandter Jupiters versteht, den Kult dieses G ottes (vgl. J.R . F e a r s , RAC 14 [1988] 1065), auch führen die Tetrarchen die Proskynese ein (vgl. M. W hitby, RAC 19 [2001] 1143). 34 So endet die Darstellung der Endzeitereignisse mit der ewigen Strafe für die G ot­ tesfeinde, nicht etwa m it der ewigen Seligkeit der Gerechten, wie etwa in der Jo­ hannesoffenbarung, an deren Ende das Bild des himmlischen Jerusalem steht.

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Lebensbedrohung der verfolgten Christen und andererseits das Bedürfnis nach Rache an den Verfolgern, das Laktanz in einer Androhung formuliert (5,23,1-5),35 niederschlagen. 2. Auf die politischen Umwälzungen in der Tetrarchie spielt Laktanz of­ fenbar in Kapitel 16 an: Zwar sind der Zerfall der Herrschaft und das Auftreten eines Tyrannen (16,1-4) nach biblischer Vorlage geschil­ dert.36 Doch wenn dort von Herrschaftsteilung, Militarisierung, Dar­ niederliegen der Landwirtschaft, einem Usurpator aus einer fernen Grenzregion, Machtkämpfen, Tyrannei, revolutionären neuen Geset­ zen und einer Verlegung der Residenz die Rede ist, soll der Leser auch an die Verhältnisse in der Tetrarchie denken.37 Auch das fol­ gende Bild der kriegerischen Verheerung (16,5) gehört zwar in die Endzeittopik, hat aber in einer Zeit der Bürgerkriege auch Realitäts­ bezug. Diese Anklänge der Endzeitschilderung an reale Ereignisse sollen nicht et­ wa andeuten, dass der eschatologische Ablauf bereits begonnen habe. Es handelt sich auch nicht um vaticinia ex eventu. Vielmehr gewinnt dadurch die Darstellung eine für apolokalyptisches Schrifttum charakteristische un­ heimliche Nähe und Unmittelbarkeit sowie die Plausibilität dessen, was so ähnlich bereits geschehen ist.38 Zudem wird Erlebtes eingeordnet und auf­ gearbeitet. Wahrscheinlich sind die D iu in a e in s titu tio n e s nicht das einzige Werk, das Laktanz während der Verfolgungszeit verfasst: Vermutlich in den Jah­ ren 304 bis 306 entsteht daneben auch das kryptochristliche Gedicht D e aue P h o e n ic e (,Uber den Vogel Phönix‘). Darin wird der Mythos vom Vo­ gel Phönix auf die Auferstehung Christi hin gedeutet.39 In den Jahren der Christenverfolgung bleibt Laktanz, wie er selbst be­ zeugt, mindestens bis 305/306 in Bithynien,40 wahrscheinlich hält er sich aber auch noch 311 in Nikomedien selbst oder in der Umgebung auf. Denn zum einen berichtet er wie ein Augenzeuge von der Bekanntmachung des Toleranzedikts und der Häftlingsbefreiung.41 Zum anderen muss er dort wenigstens bis 305/306 einen hinreichend sicheren Aufenthaltsort und, 35 36 37 38 39 40 41

Zur Einordnung dieser Passage H eck Gottesverächter 199-207. Siehe unten zu 16,1-4. Siehe unten 446. Siehe auch unten 447 Anm. 10 Vgl. A. W losok, HLL 5 (1989) § 570.6. Vgl. oben 5 Anm. 18. So m ort. pers. 35,lf.; vgl. H eck Zusätze 144 Anm. 31; O gilvie 106. Nach S gby C hristensen (23-26; ihm folgt A. W losok, HLL 5 [1989] 378f.) lasse das ganze Werk De mortibus persecutorum einen Blickwinkel auf die geschilderten Ereignisse erkennen, der von einem im Osten gelegenen Standpunkt ausgehe. Auch vom Re­ stitutionserlass des Licinius (m ort. pers. 48,1) habe Laktanz noch in Nikomedien Kenntnis erhalten.

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nach den gängigen Datierungen der Werke, dabei die Möglichkeit gefun­ den haben, D e o p ifìcio d e i abzuschließen sowie die D iu in a e in s titu tio n e s , vielleicht auch D e aue P h o e n ic e , zumindest zu beginnen. Er entfaltet also schon in den ersten Verfolgungsjahren eine literarische Produktivität, die ein hinreichend ruhiges Arbeitsumfeld und den Zugang zu einer Bibliothek voraussetzt. All dies lässt sich kaum vereinbaren mit der immer wieder ver­ tretenen Annahme einer Flucht in den Westen.42 Vielleicht gewährt ein ein mächtiger Freund oder ehemaliger Hörer aus der Zeit seiner Lehrtätigkeit bei Hof Laktanz Schutz und Unterkunft.43 42 Eine solche verm utet jüngst D igeser Lactantius 135 (vgl. 174 Anm. 72 die älteren Belege für diese Meinung) mit folgender Begründung: Laktanz berichte von seinen Erlebnissen bei der Verfolgung in Bithynien „in the past tense“ , nämlich ego cum in Bithynia oratorias litteras docerem (5,2,2) und uidi ego in Bithynia (5,11,5). Doch ist das P räteritu m unumgänglich, wenn Laktanz etwas Vergangenes berich­ tet, das er als Augenzeuge mitverfolgt hat. Auch die O rtsangabe in Bithynia (nur an diesen beiden Stellen in den Diuinae institutiones) impliziert keine räumliche Distanz, sondern erklärt, warum Laktanz die Ereignisse selbst mitverfolgen konnte, nämlich weil er dort lehrte (5,2,2), beziehungsweise, weil sie dort stattfanden, wo er sich aufhielt (5,11,15). Nichtsdestoweniger wird ein solcher früher Weggang aus Bithynien auch in der neueren noch vertreten (B arnes Constantine 13 mit Anm. 96; D igeser Lactantius 135; S tädele 77; B owen/G arnsey 3). - Dabei bleibt zum einen völlig unklar, wo sich Laktanz zwischen 306 und 310 aufhält, jedenfalls nicht mehr in Bithynien. Er flieht auch nicht überstürzt und heimlich, sondern kann offensichtlich seine M anuskripte (zumindest De opificio dei und die Aufzeich­ nungen für die Diuinae institutiones ), vielleicht sogar eine kleine Handbibliothek mitnehm en. Zum anderen muss Laktanz an jenem unbekannten A ufenthaltsort hin­ reichend günstige Bedingungen (persönliche Sicherheit, materielle U nterstützung, Bibliothekszugang) vorfinden, um die umfangreichen Diuinae institutiones zu ver­ fassen. Außerdem darf ihn auch K onstantin nicht aus den Augen verlieren, so dass er ihn dann 310 an seinen Hof berufen kann. Das alles ist für einen m ittellosen (Hier, chron. ad 317 p. Chr. adeo in hac uita pauper, ut plerumque necessariis indiguerit) und, wie D igeser annim m t, auf sich allein gestellten (Lactantius 135) Christen in einer Zeit der Verfolgung und der Bürgerkriege schwer vorstellbar. Die Schwierig­ keiten bleiben, wenn m an eine Flucht ins heimatliche Afrika (B arnes Constantine 13) oder nach Italien (B owen/G arnsey 3 Anm. 11) annim m t. Ferner passen die durchgängigen Anspielungen auf eine gegenwärtige Verfolgungszeit schlecht in ei­ ne Umgebung, in der die M aßnahmen gegen die Christen längst beendet waren, was aber im W esten der Fall war. Dort müssten die Aufrufe zur Opferbereitschaft (vgl. etwa 27,15f.) eher befremden. Völlig unverständlich wären diese zeitgeschicht­ lichen Anspielungen schließlich, wenn Laktanz im Jah r 306 direkt von Nikomedien an den Hof nach Trier geflohen wäre, wie O dahl (85: Laktanz habe sich gleich nach K onstantins Ausrufung zum Kaiser in York auf den Weg nach Trier gemacht) meint. - O gilvie (4L; 109), der freilich die Abfassung der Diuinae institutiones in Nikomedien annim m t, versucht die L iteraturbenutzung des Laktanz mit Rücksicht auf die Zeitum stände möglichst einzugrenzen; aber schon das, was er stehen lassen muss, ist viel; und die Reduktion der Quellen führt zu philologisch unbefriedigenden Ergebnissen, vgl. E. H eck, Gnomon 52 (1980) 572-574. 43 Diese Annahme passt jedenfalls dazu, dass sich die Diuinae institutiones offensicht­ lich genau an einen solchen Personenkreis, wie ihm der hypothetische Beschützer angehören müsste, richten, das heißt an lateinischsprachige, rhetorisch geschulte

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Vermutlich erst zwischen 313 und 315 - und nicht, wie öfter angenom­ men, noch vor 311 - wird Laktanz als Prinzenerzieher für Konstantins Sohn Crispus an den Hof nach Trier berufen.44 Konstantin und Laktanz hatten sich vermutlich noch zur Regierungszeit des Diokletian an dessen Residenz in Nikomedien kennen gelernt.45 Wenigstens im weiteren Sinn gehört Lak­ tanz nun auch am Hof in Trier46 zu Konstantins Beraterkreis und übt einen gewissen Einfluss in programmatischen Fragen der Religionspolitik aus so lassen sich schon für ein Schreiben des Kaisers an die Synode von Arles aus dem Jahr 314, wie jüngst gezeigt,47 gedankliche Einflüsse der D iu in a e in s titu tio n e s vermuten.48 Eine gewisse Nähe zu Konstantin spiegelt sich auch in der Schrift D e m o r tib u s p e r s e c u to r u m (,Uber die Todesarten der Verfolger^), zwischen Winter 313/314 und Sommer 316 entstanden,49 in der Laktanz auf die Verfolgung der Jahre 303 bis 313 zurückblickt und in· ·

und sensibilisierte, literarisch gebildete, also höher stehende, pagane, aber prinzi­ piell für das C hristentum offene Leser, die die G rausam keiten der Christenverfol­ gung missbilligen. Dass Laktanz sein apologetisches Werk für ein solches Publikum verfasst, ist zudem psychologisch besser verständlich, wenn er selbst erfährt, wie wichtig einerseits für die Christen die Sym pathie von Angehörigen der gebildeten Oberschicht ist, und dass es andererseits Heiden gibt, die dem C hristentum mit so viel Offenheit gegenübertreten, dass sie ein so umfangreiches Werk auch tatsächlich zu lesen bereit sind - oder dass sie eben einem Christen U nterschlupf gewähren. Kurzum, es ist reizvoll und durchaus schlüssig, sich den hypothetischen Beschützer als den prototypischen Leser der Diuinae institutiones zu denken. 44 Vgl. Hier. vir. ill. 80,3 hic [sc. Lactantius] in extrema senectute magister Caesaris Crispi, filii Constantini, in Gallia fuit, chron. ad 317 p. Chr. Crispus et Constan­

tinus [...] Caesares appellantur, quorum Crispum Lactantius Latinis litteris erudiuit. H eck ( Zusätze 158f. Anm. 6) und A. W losok, HLL 5 (1989) 379, plädieren

45 46 47 48

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für die späte D atierung 313/315, weil sie Laktanz bis M itte 313 in Nikomedien verm uten und K onstantins Itinerar (C. H abicht, Zur Geschichte des Kaisers Kon­ stantin, Hermes 86 [1958] 360-378, v.a. 369) ein Berufung nach Gallien zwischen Frühjahr 313 und Sommer 315 nahe legt. Die frühe D atierung der Berufung ver­ treten insbesondere diejenigen Forscher, die auch einen Weggang des Laktanz aus Nikomedien bereits in den Jahren 305/306 annehmen (in jüngerer Zeit etwa D igeser Lactantius 135; S tädele 76L; B owen/G arnsey 3), da sich auf diese Weise die Zeit verkürzt, während derer der A ufenthalt des Laktanz unklar ist (siehe oben 11 Anm. 42). Aus dem Alter des Crispus - sein G eburtsjahr ist unbekannt, die An­ nahm en schwanken zwischen 300 (B. B leckmann, DNP 3 [1997] 223; O dahl 73) und 305 (D emandt Spätantike 70) - lassen sich keine sinnvollen Schlüsse ziehen: Da die Erziehung eines Prinzen ein Sonderfall ist, wird m an keine Kombination der genannten D atierungsvarianten ausscheiden können. Vgl. etwa A. W losok, HLL 5 (1989) 379 mit Anm. 5. Vgl. H eck/ S chickler 18 Anm. 26. D igeser Dating 35-38; Res Publica 64-91. Weiteres über den Einfluss des Laktanz auf K onstantin beispielsweise bei A. W lo­ sok, HLL 5 (1989) 379 (mit älterer L iteratur); O dahl 134-141; 144-146; 182-189. Terminus ante quem ist die erste kriegerische Auseinandersetzung zwischen Kon­ stantin und Licinius (316, vgl. B leckmann Licinius 174), nach der die gegenüber Licinius freundliche oder wenigstens neutrale Tendenz der Schrift nicht mehr denk­ bar wäre, vgl. A. W losok, HLL 5 (1989) 397; ihr folgt S tädele (75).

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besondere das Ende der christenfeindlichen Herrscher aus jener Zeit, aber in kurzer Zusammenfassung auch aus früheren Phasen der Christenverfol­ gung, darstellt. In die letzte Schaffensphase des Laktanz gehören die Schrift D e ira d ei (,Über den Zorn Gottes‘),50 in der er die theologische Notwendig­ keit des Gotteszornes darlegt, und die E p ito m e d iu in a ru m in s titu tio n u m (,Kurzfassung der göttlichen Unterweisungen^),51 eine Überarbeitung und Zusammenfassung (etwa 100 moderne Druckseiten)52 des Hauptwerkes. Schließlich unternimmt Laktanz auch eine Neuauflage der D iu in a e in ­ s titu tio n e s , die er insbesondere um Zusätze, die den Ursprung des Bösen dualistisch erklären, und um Widmungsanreden an Kaiser Konstantin er­ gänzt. Das siebte Buch erweitert Laktanz um einen dualistischen Zusatz (nach 5,27)53 und eine große Kaiseranrede (nach 26,1054). Zwar hat man jüngst wieder die Frühdatierung dieser Bearbeitung ins Jahr 313 vorge­ schlagen,55 doch weisen die politischen Verhältnisse eindeutig ins Jahr 324:56 Zum Zeitpunkt der ersten großen Kaiseranrede im ersten Buch (1,1,13-16) beßndet sich Konstantin im Krieg mit seinem ehemaligen Mit­ herrscher Licinius, der auch wieder christenfeindliche Maßnahmen ergriffen hat. Die zweite große Kaiseranrede im siebten Buch (26,11-17) hingegen gehört in die Zeit nach Konstantins Sieg im September 324. Dass Laktanz keine einheitliche Überarbeitung mehr abschließen kann, deutet auf seinen baldigen Tod hin, der somit ans Ende des Jahres 324 oder ins Jahr 325 zu datieren ist.57

50 Außer mehrfachen Rückbezügen auf die Diuinae institutiones (ira 2,4.6 etc.) fehlen Kriterien zur zeitlichen Einordnung. Ingremeaus {Colere 25-36) inhaltliche Erwä­ gungen machen aber eine Spätdatierung (315 bis 320 oder später), vielleicht auch nach der Epitome , wahrscheinlich. 51 Zur Datierung (Plan zum Werk zwischen 315 und 320) H eck/ S chickler 18f. 52 Vgl. H eck/ S chickler 30-37 mit weiterer L iteratur. 53 Siehe unten zu 5,27 add. 1-17. 54 In den Handschriften ist die Kaiseranrede nach 27,2 überliefert, doch gehört sie hinter 26,10, siehe unten 592. 55 D igeser Dating 44-50; Lactantius 134; dazu aber unten 594 Anm. 21 und 598

Anm. 41. 56 Siehe unten 593ff. 57 Überzeugend H eck Zusätze 169f. Anm. 10.

Das siebte Buch im Rahmen der Diuinae institutiones Der Werktitel in s titu tio n e s ist von Rechtslehrbüchern entlehnt, hat aber auch eine Entsprechung in Quintilians Rhetoriklehrwerk I n s titu tio o r a to ­ r ia , und drückt den Anspruch auf eine umfassende ,Unterweisung‘ aus, der Zusatz d iu in a e (,göttliche‘) deutet sowohl den Themenbereich an als auch die Autorität, auf die sich die Ausführungen stützen.1 In den Büchern 1 bis 3 steht die Widerlegung der paganen Religiosität und Philosophie im Mit­ telpunkt, in den Büchern 4 bis 7 dann die Darlegung der christlichen Lehre. Dabei beinhalten Buch 4 (rückblickend) und Buch 7 (vorausblickend) Fra­ gen der Soteriologie, 5 und 6 Fragen der gegenwärtigen Ethik.2 Der Inhalt des Gesamtwerkes lässt sich folgendermaßen wiedergeben: Im ersten Buch (d e fa ls a re lig io n e 3) widerlegt Laktanz die paganen Got­ tesvorstellungen. Zunächst aber beschreibt er die Intention des Werkes, nämlich nach dem Scheitern paganer Wahrheitssuche die Leser zur wahren Weisheit und wahren Religion zu führen und die Wahrheit zu verteidigen (Kapitel 1). Nachdem er die Notwendigkeit der Vorsehung knapp dargelegt hat (2), führt Laktanz rationale Argumente (3) und Belege (4-7) für den Monotheismus an. Dann weist er den menschlichen Charakter der paganen Götter auf (8-11) und bietet eine euhemeristische Erklärung (12-19) für deren Verehrung. Schließlich (20-23) wendet sich Laktanz gegen die spe­ zifisch römischen Gott es Vorstellungen und Kultformen. Als Ziel des zweiten Buches (d e o rig in e e r r o r is ) nennt Laktanz, den Irrtum im paganen Kult darzulegen, nämlich die Ausrichtung des Men­ schen auf das Irdische (1). So lägen der Idolatrie, also der unnötigen Furcht vor Götterbildern, die doch von Menschenhand geschaffen seien (2-4), und dem Pantheismus (5) falsche Auslegungen von Naturerscheinungen (6) und Sinnestäuschungen (7) zugrunde. Seine Erläuterung, wie es zum Abfall von Gott gekommen sei, beginnt Laktanz bei der Erschaffung der Welt und des Menschen, die er dualistisch deutet: Ein von Gott stammender Geist sei aus freiem Willen von diesem abgefallen, ehe noch Gott aus dem Nichts die Materie (8), das Weltgebäude und, aus den antagonistischen 1 Laktanz erklärt den Titel institutiones 1,1,12 aus der Anlehnung an Rechtslehr­ bücher (vgl. A. W losok, HLL 5 [1989] 390). Dabei bezeichnet institutio die u m ­ fassende Darstellung* und die , Unterweisung*, diuinus (,göttliche) lässt sich dabei sowohl als Them enangabe als auch Hinweis auf die A utorität verstehen, auf der die Unterweisung beruht (vgl. etwa H eck/ S chickler 14f.). Weitere K onnotationen arbeitet W inger (II 493-500) heraus, vgl. H eck Selbstverständnis 218f. mit Anm. 59. 2 Vgl. die Aufbauanalysen H eck Zusätze 148; A. W losok, HLL 5 (1989) 386-390;

Ingremeau Composition. 3 Die Buchtitel stam m en von Laktanz, siehe unten 201.

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Gmndelementen Feuer und Wasser, das Leben (9), schließlich den Men­ schen erschaffen habe (10). Nachdem Laktanz den Schöpfungsakt Gottes in Auseinandersetzung mit dem Epikureismus und durch Belege bekräftigt hat (11), erläutert er den Dualismus des Menschen, der aus einer himmli­ schen Seele, die dem Bereich Gottes zugehört, und einem irdischem Körper besteht, der dem Teufel zugeordnet ist; durch den Sündenfall sei der sol­ chermaßen ausgestattete Mensch aus dem Paradies vertrieben worden und der Unsterblichkeit verlustig gegangen, die er aber wieder erlangen kön­ ne (12). Dann schildert Laktanz die Ausbreitung der Menschen, also die Urgeschichte von der Sintflut bis zum Ursprung des paganen Kultes (13). Eigentlich zum Schutz der zahlreicher werdenden Menschen habe Gott Engel gesandt; ein Teil von diesen sei aber von ihm abgefallen und zu Dämonen geworden, deren Existenz auch pagane Zeugnisse belegten (14). Die Dämonen seien gegen die wahren Gottesverehrer zwar machtlos (15), hätten aber durch Manipulation divinatorischer Praktiken und Scheinwun­ der die Menschen zur Idolatrie verleitet (16). Gott lasse dies zu, um die Standhaftigkeit der Menschen zu prüfen; schließlich wiederholt Laktanz die Irrtümer des Götzendienstes (17), ruft zur Abkehr davon auf (18) und lei­ tet zur Auseinandersetzung mit der paganen Philosophie im dritten Buch über (19). Am Beginn des dritten Buchs (d e fa ls a s a p ie n tia ) steht nach einem Proömium über das Verhältnis von Wahrheit und Redekunst (1) die grund­ sätzliche Abrechnung mit der paganen Philosophie, die nicht mit Weisheit gleichzusetzen sei (2) und deren Scheitern sich in ihren widersprüchlichen Aussagen zeige (4-7). Dies konkretisiert Laktanz dann anhand der unter­ schiedlichen Auffassungen vom höchsten Gut (8). Diesen gegenüber ent­ wickelt er seine christliche Lehre: Der Mensch sei dazu bestimmt, Gott zu erkennen (9), zu verehren (lOf.) und so das höchste Gut, die Unsterb­ lichkeit, zu erlangen (12). Vor diesem Hintergrund zeigt Laktanz dann die einzelnen Irrtümer der römischen (14-16) und der griechischen Phi­ losophen auf, zunächst nach Schulen (17-22), dann anhand bestimmter Lehren (23f.). Schließlich stellt Laktanz der elitären paganen Philosophie (25) Gott als für alle zugängliche Quelle der Weisheit gegenüber (26) und ruft angesichts des Scheiterns der Philosophen (27-29) zur Gotteserkenntis als wahrer Weisheit auf (30). Im vierten Buch (d e u era s a p ie n tia e t re lig io n e ) entwickelt Laktanz nach einer Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse (1-4) und metho­ dischen Vorbemerkungen (5) die Christologie: Gott habe durch sein Wort einen unvergänglichen Geist gezeugt, der in Jesus Mensch geworden sei (6-9), um vor dem Ende der Zeiten zu den Menschen gesandt zu werden (10f.). Dann gibt Laktanz einen mit Belegen aus dem Alten Testament und der Orakelliteratur untermauerten Überblick über das Wirken Jesu,

E in le itu n g

das heißt über Menschwerdung (12f.), Sendung durch den Vater (14), öf­ fentliches Auftreten (15), Leiden (16-18), Tod, Auferstehung (19f.) und Himmelfahrt (21). Der Gottessohn habe Mensch werden müssen, um als glaubhafter Lehrer der Tugend (22-24) den Weg zur Unsterblichkeit zu zeigen (25), insbesondere durch seinen Tod am Kreuz (26L). Die wahre Religion (28) bestehe also in der Verehrung des einen Gottes in Vater und Sohn (29) innerhalb der Gemeinschaft der Kirche (30). Gegenstand des fünften Buches (d e iu s titia ) ist die Frage nach der Ungerechtigkeit, die den Christen in der Verfolgung widerfährt, und der wahren Gerechtigkeit. In einem ausführlichen Proömium erläutert Laktanz zunächst Anlass und Zielsetzung seiner Apologetik, nämlich, unter dem Eindruck des Auftritts zweier die Verfolgung begründenden Propa­ gandisten die antichristliche Polemik ein für allemal zu widerlegen (1-4). Dann wendet er sich systematisch dem Thema der Gerechtigkeit zu: Mit dem Abfall von der Verehrung des wahren Gottes sei die Gerechtigkeit weithin verloren gegangen (5f.). Dennoch könne und müsse sie durch die Verehrung des wahren Gottes erstrebt werden (7f.). Die gegenwärtigen Verfolger gingen aus Angst vor Bloßstellung in verwerflicher Grausamkeit gegen die Christen vor (9-11). Diese aber hielten beständig an Wahrheit und Gerechtigkeit fest (12f.). Denn wahre Gerechtigkeit bestehe in Fröm­ migkeit und Gleichheit (14) und sei im Christentum verwirklicht (15). Es zeuge auch nicht etwa von Dummheit, uneigennützig Gerechtigkeit zu üben (16f.), vielmehr werde nach dem Tod Gerechtigkeit belohnt und Ungerech­ tigkeit bestraft (18). Schließlich polemisiert Laktanz gegen die Verfolger, die hinrichteten und folterten, statt zu argumentieren (19), und verblen­ det meinten, damit Gutes zu bewirken (20). Gott lasse zur Stärkung der Tugend die Verfolgungen zu (21), durch die sich die Zahl der Christen nur mehre (22), werde aber an den Christenfeinden Rache nehmen (23). Im sechsten Buch (d e uero cu ltu ) entfaltet Laktanz die ethischen For­ derungen des Christentums, in deren Erfüllung die wahre Gott esVerehrung bestehe (lf.)· Zugrunde legt Laktanz eine christliche Deutung der ZweiWege-Lehre (3f.) und eine Definition der Tugend als rechte Verehrung Gottes (5f.). Der rechte Weg, der allein zum ewigen Leben führe und sich nicht am Irdischen, sondern am Himmlischen orientierte (7f.), setze Er­ kenntnis Gottes (9), Menschlichkeit (10), Barmherzigkeit (1 lf.) und auf­ richtige Buße (13) voraus. Es folgen eine christliche Affektenlehre, in der Laktanz die Heilsnotwendigkeit der Gemütsregungen, zu denen auch die Tugend gehöre, begründet (14-19), und eine Warnung vor den einzelnen Sinnesvergnügungen (20-23). Schließlich fasst er zusammen, was wahre Gottesverehrung ausmache (24f.). Im siebten Buch (d e u ita beata) entwickelt Laktanz zunächst einen um­ fassenden Sinnentwurf für die Existenz des Menschen, der zur Erlangung

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der ewigen Seligkeit erschaffen sei (1-7). Dann begründet er die Unsterb­ lichkeit der Seele (8-13). Im dritten Hauptteil stellt Laktanz die Ereignisse der Endzeit dar: Nach Erläuterungen zum chiliastischen Schema (14) be­ schreibt er die Endzeitwehen (15f.), das Auftreten des Antichrist und sei­ ne Niederwerfung durch den wiederkehrenden Christus (17-19). Auf erste Auferstehung und Gericht (20), ausführlich erläutert wird (21-23), folge das Tausendjährige Gottesreich (24). Nach einer Zwischenbemerkung über Quellen und Datierung des Geschilderten (25) fügt Laktanz die endgül­ tige Niederwerfung des Teufels, die Vollendung der Welt und die zweite Auferstehung zur ewigen Strafe an (26). Am Ende steht ein paränetischer Epilog, der zum Tugendkampf auffordert (27). In der Einleitung des siebten Buches entwickelt Laktanz das Bild eines Lehrgebäudes, dessen Schmuck und Dach der letzte Teil des Werkes nun darstelle (vgl. l,lf.).4 Tatsächlich laufen die D iu in a e in s titu tio n e s in zen­ tralen Gedankenlinien (Anthropologie, Ethik, Christologie, Heilsgeschich­ te, Kosmologie und Auseinandersetzung mit der paganen Philosophie) auf die Ausführungen des siebten Buches hinaus: (1 ) A n th ro p o lo g ie : D ie ew ig e S e lig k e it is t D a s e in s z w e c k d es M e n sc h e n . Titelthema des siebten Buches ist die u ita b ea ta , also die ewige Seligkeit

des Menschen.5 Sie wird in den drei Hauptteilen des Buches unter ver­ schiedenen Gesichtspunkten behandelt: Zunächst ordnet Laktanz die ewige Seligkeit als Ziel der menschlichen Existenz in einen geschlossenen christli­ chen Sinnentwurf ein (4,1 - 6,1), dann begründet er ihre Möglichkeit durch den Beweisgang für die Unsterblichkeit der Seele (8,1 - 13,11), schließlich erörtert er Zeitpunkt und Weise ihrer Erlangung (14,1 - 26,7). Zugleich ist die ewige Seligkeit als Ziel des menschlichen Daseins ein Leitmotiv des Gesamt Werkes: Schon im programmatischen Vorausblick auf die D iu in a e in s titu tio n e s am Ende des Werkes D e o p ificio d e i kündigt Lak­ tanz an, dass die Gesamtdarstellung auf die u ita beata hinauslaufen werde.6 In grundlegenden anthropologischen Ausführungen des zweiten Buchs be­ schreibt Laktanz den Menschen als Doppelwesen aus Leib und Seele, wobei der Leib auf das Irdische und Vergängliche, die Seele auf das ewige Leben 4 Die Bedeutung dieses Bildes für das Verständnis der Diuinae institutiones als „com­ position a rc h ite c tu ra l“ (so der Titel ihres überaus erhellenden Beitrags) und die Tatsache, dass das siebte Buch die wesentlichen Gedanken des Gesamtwerkes ab­ schließend aufgreift, arbeitet auch Ingremeau ( Composition 35f.) heraus. 5 Zur Bedeutung des Buchtitels siehe unten 201ff. 6 Vgl. opif. 20,lf. [...] quibus [gemeint sind die Ausführungen in opif.] contentus esse

debebis plura et meliora lecturus, si nobis indulgentia caelitus uenerit. tunc ego te ad uerae philosophiae doctrinam et planius et uerius cohortabor, statui enim quam multa potero litteris tradere quae ad beatae uitae statum spectent, et quidem contra philosophos, quoniam sunt ad turbandam ueritatem perniciosi et graues.

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ausgerichtet sei.7 Im dritten Buch erweist Laktanz in der Auseinander­ setzung mit der paganen Philosophie die Unsterblichkeit als das höchste Gut.8 Gemäß der christlichen Zwei-Wege-Lehre des sechsten Buches führt der Weg der Tugend den Gerechten zum ewigen Leben.9 Überhaupt ist die Ausrichtung des Menschen auf die Verehrung Gottes und auf das dadurch zu erlangende ewige Leben bei Gott der Grundgedan­ ke in der rectu s s t a t u s - Anthropologie des Laktanz, in deren Rahmen die Orientierung des Menschen auf das Göttliche aus dem aufrechten Stand ( rectu s s ta tu s ) des Menschen abgeleitet wird.10 Diese teleologische Deu­ tung der menschlichen Existenz findet ihre Abrundung im siebten Buch.11 (2 ) E th ik : G o tt b e stra ft n a ch d e m Tod d en S ü n d e r u n d beloh n t d en G erech ­ ten .

Im siebten Buch erläutert Laktanz Lohn und Strafe nach dem Tod: In der Beweisführung für die Unsterblichkeit der Seele (8,1 - 13,11) und den Erläuterungen über Auferstehung, Gericht und ewige Strafe (20,1 - 23,5) begründet er die Möglichkeit dazu. Wie sich Belohnung und Bestrafung vollziehen, konkretisiert Laktanz in der Darstellung vom Tausendjährigen Gottesreich (24,1-15), in dem die Gerechten mit Christus herrschen, und von der endgültigen Verwandlung der Welt (26,5-7), mit der die ewige Be­ strafung der Frevler einhergeht. Dass Gott nach dem Tod belohnt und bestraft, ist Grundlage für die Ethik des Laktanz,12 wie er in der Einleitung des siebten Buchs auch sagt (l,3f.). So führt Laktanz beispielsweise im zweiten Buch aus, dass Gott die Verführung der Menschen durch die Dämonen geschehen lasse, damit es zu einem Widerstreit von Tugend und Laster komme, in dem sich der Mensch bewähren könne - und wie er sich bewähre, werde im Gericht nach dem Tod beurteilt, bis dahin schiebe Gott sein Eingreifen auf.13 Im dritten Buch moniert Laktanz, dass in der paganen Ethik der Aspekt von 7 2,12,7 ex rebus ergo diuersis ac repugnantibus homo factus est sicut ipse mundus ex

luce ac tenebris, ex uita et morte: quae duo inter se pugnare in homine praecepit, ut si anima superauerit quae oritur ex deo, sit immortalis et in perpetua luce uersetur, si autem corpus uicerit animam dicionique subiecerit, sit in tenebris sempiternis et in morte. Anschließend (2,12,8f.) führt Laktanz dann die Unterscheidung zwischen 8 9 10 11 12 13

erstem Tod (des Leibes) und zweitem Tod (der Seele des Frevlers, die der ewigen Strafe anheim fällt) ein, die er 10,9-11 nochmals aufgreift. 3,12,1-36; vgl. auch die Auseinandersetzung mit den falschen Lehren von der Glück­ seligkeit. Vgl. v.a. 6,3,10; 6,7,9. Zur rectus status- Anthropologie des Laktanz siehe unten 270f. Insbesondere 5,1 - 6,1, zur Bedeutung vgl. W losok Gnosis 1-7. Zur Terminologie des ,Lohns‘ siehe unten zu 1,3 praemium beatitudinis perpetuae. Vgl. 2,17,lf. Dicet aliquis ,cur ergo deus haec fieri patitur nec tam malis succurrit

erroribus ?‘ ut mala cum bonis pugnent, ut uitia sint aduersa uirtutibus, ut habeat alios quos puniat, alios quos honoret, ultimis enim temporibus statuit de uiuis ac mortuis iudicare; de quo iudicio mihi erit in ultimo libro disputatio.

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Lohn und Strafe im Jenseits fehle, der allein die Forderung nach Tugend sinnvoll begründen könne (3,27,11). Im vierten Buch kündigt Laktanz die ewige Strafe für die Philosophen an, die Gott nicht erkannt hätten, und für die Götzendiener (4,4,5f.), denn den einzigen Weg zum Lohn der Un­ sterblichkeit habe der menschgewordene Gottessohn gewiesen, nämlich die Gerechtigkeit in seiner Nachfolge (4,25,1-10). Dementsprechend bezeich­ net Laktanz dann im fünften Buch Lohn und Strafe nach dem Tod als einzig tragfähige Grundlage für die Forderung nach Gerechtigkeit (5,18,111). Doch werde das Gericht Gottes auch, so schließt Laktanz das fünfte Buch, die Ungerechtigkeit der Verfolgung ausgleichen: Die Verfolger wür­ den ihre verdiente Strafe, die Christen den Lohn für ihre Leiden erfahren (5,23,1-5). Und ebenso verweist Laktanz im sechsten Buch bei der Darle­ gung der ethischen Forderungen, die die wahre Gott esVerehrung mit sich bringe, immer wieder auf den jenseitigen Lohn, den Gott demjenigen ge­ währen werde, der seine Gebote erfülle.14 (3 ) C h risto lo g ie: C h ristu s k e h rt w ie d e r u n d v e r n ic h te t das B ö s e .

Im siebten Buch schildert Laktanz die Wiederkunft Christi, der den An­ tichrist besiegt (19,2-6) und mit den Gerechten das Tausendjährige Reich auf Erden begründet (24,1-15). Damit bekommt nun die zweite Ankunft Christi, von der im vierten Buch im Zusammenhang mit der ersten Ankunft die Rede war, ihren Platz in einem christologischen Heilsgeschehen zuge­ wiesen.15 Auf diese Vervollständigung der Christologie des vierten Buchs weist Laktanz zu Beginn des siebten eigens hin (l,23f.). (4 ) H e ilsg e sc h ic h te : D ie W elt lä u ft zu a u f d a s T a u se n d jä h rig e R e ic h u n d die V ollen du n g.

Die eschatologischen Ereignisse des siebten Buchs ordnet Laktanz in ein festes chiliastisches Schema ein: Die Weltgeschichte bestehe aus einer Welt­ woche aus sieben Jahrtausenden, deren letztes dem Sabbat der Schöpfungs­ woche entspreche und somit eine Epoche des Heils und Friedens darstelle (14,7-14). Zunächst aber nehme am Ende des sechsten Jahrtausends das Unrecht Überhand (16,1-14), schließlich trete der Antichrist auf (17,211), der dann aber vom wiederkehrenden Christus besiegt werde (19,1-6). 14 So etwa 6,3,5.11.17; 6,4,15-17; 6,11,14.16.20; 6,12,2.41; 6,13,14; 6,18,3; 6,23,38. 15 Vgl. 4,12,21 et idem postea, cum rursus aduenerit in claritate ac potestate, ut om­

nem animam iudicet et iustos restituat ad uitam, tunc uere totius terrae regimen obtinebit: tunc sublato de rebus humanis omni malo aureum saeculum ut poetae uocant, id est iustum ac pacificum tempus orietur. 4,7,8 sed tamen utrolibet no­ mine rex significatur, non quod ille regnum hoc terrenum fuerit adeptus, cuius capiendi nondum tempus aduenit, sed quod caeleste ac sempiternum; de quo dis­ seremus in ultimo libro. Die erste Ankunft Christi, also seine Menschwerdung in Jesus von Nazaret und sein irdisches W irken, wird im vierten Buch in den K apiteln 10 bis 21 referiert. - Zur Einbindung der W iederkunft Christi in die christologische Konzeption des Laktanz Loi Cristologia 238-247; 280-287.

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Nach Auferstehung und Gericht (20,1—5) herrsche dieser mit den Gerech­ ten während des siebten Jahrtausends auf der Erde (24,1-5). An dessen Ende werde der Teufel nochmals befreit und endgültig besiegt (26,1-4). Schließlich werde die Welt vollendet und die Frevler ewiger Strafe zuge­ führt (26,5-7). Zwar werden der eschatologische Chiliasmus und das Weltwochensche­ ma in den ersten sechs Büchern nicht unmittelbar vorbereitet, doch auch dort schon bietet Laktanz eine umfassende Darstellung der Welt- und Heilsgeschichte:16 Auf der biblischen Darstellung beruhend, reicht sie im zweiten Buch von der Erschaffung der Geister und Dämonen (2,8,3f.), der Welt (2,8,8 - 2,9,15) und des Menschen (2,10,2-4) über den Sündenfall (2,12,15-14) und die Urgeschichte (2,13,1-13) bis zum Abfall von der Got­ tesverehrung durch das Wirken der Dämonen (2,14,1 - 2,16,21), im vier­ ten Buch von der Geschichte des Gottesvolkes Israel (4,10,5 - 4,11,10) bis zu Menschwerdung (4,12,lf.), Wirken (4,15,1-31), Tod und Auferstehung (4,16,1 - 4,20,2) Christi. Das fünfte Buch trägt zu diesem heilsgeschicht­ lichen Überblick eine Rückschau auf den Abfall von Gott (5,5,1 - 5,7,2) und eine Analyse der gegenwärtigen Christenverfolgung (5,9,1 - 5,13,21) bei. Das siebte Buch ergänzt dieses heilsgeschichtliche Gesamtkonzept so­ wohl systematisch, insofern es das chiliastische Weltwochenschema von 7000 Jahren als Rahmen bietet, als auch inhaltlich, indem es die Dar­ stellung bis zur Vollendung fortsetzt.17 (5 ) K o s m o lo g ie : G o tt h a t d ie e n d lic h W elt im R a h m e n s e in e s H e ilsp la n s ersch a ffen .

Das siebte Buch beinhaltet vier Klärungen zur Kosmologie: Erstens hat die Welt einen Anfang und ein Ende (1,6-10 und 3,16-22), zweitens ist die Welt von Gott geschaffen, also weder ein Produkt des Zufalls noch mit Gott identisch (3,1-15), drittens wird die Welt von Gottes Vorsehung gelenkt (3,23-25), viertens gehört dazu auch die Existenz des Schädlichen und Schlechten, damit der Mensch seine Weisheit und seine Tugend seiner Bestimmung gemäß anwenden kann (4,11-19; 5,9). Dabei wiederholt Lak­ tanz kosmologische Aussagen, die er bereits gemacht hat, insbesondere im zweiten Buch.18 Nun aber fügt er diese Einzelaspekte in eine anthropo16 Diesen Aspekt im Werk des Laktanz arbeiten beispielsweise Luneau (229-235) und S chwarte ( Weltalterlehre 163-169), besonders deutlich aber N icholson ( Prophe­ cy 112-168) und T julenev (55-102 zur vorchristlichen Geschichte, 103-120 zu derjenigen seit der Menschwerdung Christi) heraus. 17 Eine unm ittelbare Anknüpfung an das siebte Buch ergibt sich 2,12,19, wenn Lak­ tanz davon spricht, dass das durch den Sündenfall verlorene Paradies den Gerech­ ten nach der Auferstehung wieder zugänglich wird. Auch die ewige Bestrafung des Teufels und seiner Dämonen, die Laktanz 2,17,5 ankündigt, wird 26,7 ausgeführt. 18 (1) Endlichkeit der Welt: 2,10,17-25 (vgl. 2,10,26 sed haec in ultimo libro pluri-

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zentrische Gesamtdeutung ein, die zugleich die Existenz der Welt und ihre Eigenschaft aus einem umfassenden göttlichen Heilsplan erklärt: Die Welt ist auf den Menschen hin endlich erschaffen (4,1-10), der Mensch soll sich darin bewähren und im Tugendkampf das ewige Leben erwerben (4,11 5,27). (6 ) A u s e in a n d e r s e tz u n g m it d e r p a g a n e n P h ilo so p h ie : N u r a u f d e r B a s is d e r c h ristlic h e n O ffen baru n g k a n n d ie W a h rh e it als sc h lü ssig e s G a n ze s e r ­ k a n n t w e rd e n .

Laktanz setzt sich mit der paganen Philosophie im siebten Buch insbe­ sondere in zwei Zusammenhängen auseinander:19 Zum einen führt er an­ gesichts des umfassenden göttlichen Heilsplanes, den er als eine Art Welt­ formel darlegt (4,1 - 6,1) aus: Paganes Denken könne in Ermangelung der göttlichen Offenbarung den umfassenden Sinnentwurf für die Welt nicht er­ kennen, daher seien selbst richtig erkannte Einzelwahrheiten im Dissens der Schulen und aufgrund des Skeptizismus untergegangen (2,1-11; 7,1-13). Zum anderen grenzt Laktanz seinen Beweisgang für die Unsterblichkeit der Seele zunächst von den platonischen Argumenten ab, die er für unzu­ reichend erklärt (8,1-8), dann wiederholt und vertieft er seine Gedanken in der Auseinandersetzung mit den epikureischen Beweisen für die Sterblich­ keit der Seele, wie Lukrez sie wiedergibt (12,1-30). In beiden Fällen greift Laktanz bereits vorgebrachte Kritikpunkte am paganen Denken abschlie­ ßend wieder auf: Dass jedes Erkenntnisstreben ohne die Offenbarung zum Scheitern verurteilt ist, sagt Laktanz bereits im Proömium (1,1,6), auch ist dies der Grundtenor der Philosophiekritik im dritten Buch. Im siebten Buch kann Laktanz dies nun angesichts des entfalteten Heilsplans verdeut­ lichen: Einzelwahrheiten konnte das pagane Denken erfassen, nicht aber den Gesamt sinn, aus dem sich alles erklärt hätte. Und was die Seelenlehre angeht, so verweist Laktanz im dritten Buch darauf, dass die Philosophie von sich aus die unwiderleglichen Beweise für die Unsterblichkeit der Seele nicht finden konnte (3,13,3). Diese trägt er im siebten Buch ebenso nach (9,1 - 11,10) wie die gleichfalls im dritten Buch angekündigte (3,17,34) endgültige Widerlegung der epikureischen Argumente für die Sterblichkeit der Seele (12,1-30).

bus: nunc ad hominis originem recurramus.). (2) Göttliche Erschaffung der Welt: 2,8,8 - 2,10,3, gegen Pantheism us: 2,5,1-42, gegen M aterialismus: 2,10,16 - 2,11,14. (3) Existenz der Vorsehung: 1,2,1-6; 2,8,7-12. (4) Existenz von Gut und Böse: 2,8,1-8 (Existenz des malum); 2,9,4-8.16-19 (kosmologischer Dualismus), 2,12,114 (anthropologischer Dualismus). 19 Hinzu kommen zum Teil kritisch diskutierte Belege aus dem paganen philosophi­ schen Denken (20,8; 23,5 etc.), wie es der durchgängigen Praxis im Gesamtwerk entspricht.

Inhalt G lie d e r u n g s ü b e r s ic h t

ERSTER HAUPTTEIL: Gottes Heilsplan (Kapitel 1-7) I. H inführung: die Im plikationen des T hem as uita beata (K apitel 1) 1. das T hem a ewige Seligkeit und seine B edeutung im Gesam twerk (1,1-5) 2. die Endlichkeit der W elt als kosmologische G rundlage, die aber von der paganen Philosophie großenteils nicht erkannt w urde (1,6-11) 3. die Schwierigkeit des Tugendwegs, der zur ewigen Seligkeit führt, für W ohl­ habende und M ächtige (1,12-22) 4. die W iederkunft C hristi als christologischer A spekt des B uchthem as (1,2326) II. Die Irrtü m er der Philosophie in den grundlegenden W eltfragen (K apitel 2f.) 1. das Scheitern der Philosophie aufgrund der Unfähigkeit des unvollkomme­ nen Menschen, von sich aus G o tt und dessen Werke zu verstehen (2,1-11) 2. die Irrtü m er und U nzulänglichkeiten der w ichtigsten Schulen (3,1-26) (a) der Pantheism us bei den Stoikern (3,1-11) (b) die Unfähigkeit der Stoiker und P latons, die A usrichtung der W elt auf den Menschen zu begründen (3,12-15) (c) die A nnahm e einer anfangslosen W elt bei P lato n und A ristoteles (3,16-22) (d) die Leugnung von Teleologie und Vorsehung bei D em okrit und Epi­ kur (3,21-26) III. Die christliche Sinndeutung für das Dasein der W elt und des M enschen (K a­ pitel 4-6) 1. Einleitung: die Frage nach dem Sinn des menschlichen Daseins; die Aus­ richtung der W elt auf den Menschen als A usgangspunkt einer A ntw ort (4,1- 3) 2. Daseinszweck der Schöpfung: N utzen für den Menschen, der an ihrer Spitze steht (4,4-19) (a) die N ützlichkeit als G rundprinzip schöpferischen H andelns (4,4-6) (b) der Mensch als einziger N utznießer der Schöpfung (4,7-10) (c) die Sonderstellung des Menschen aufgrund seiner W eisheit, die ihn zur U nterscheidung zwischen N ützlichem und Schädlichem befähigt

(4,11-15) (d) die A usrichtung der W elt auf Bew underung und N utzung durch den M enschen (4,16-19) 3. Daseinszweck des Menschen: E rlangung der U nsterblichkeit (5,1-27) (a) zusam m enfassende A ntw ort auf die Sinnfrage: der Mensch soll G ott erkennen und verehren (5,1-6)

Inhalt

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(b) vertiefte A ntw ort auf die Sinnfrage: der Mensch ist von G ott dazu geschaffen, sich in der W elt, konfrontiert m it G utem und Bösem, im m ühsam en Tugendkam pf zu bew ähren und als Lohn die ewige Seligkeit in der Gem einschaft m it G o tt zu erlangen (5,9-27) 4. d u a listis c h e r Z u sa tz: R e c h tfe r tig u n g d e r E x is te n z d e s B ö sen als n o tw e n d i­ g e s K o r r e la t z u m G u te n (5,27 add. 1-17) (a) d ie E x is te n z d e s B ö sen a ls V o ra u sse tzu n g fü r d ie E x is te n z d e s G u te n u n d d e r T u g en d (5,27 add. 1-6) (b) d ie N ic h te x is te n z d e s B ö sen v o r d e m S ü n d en fa ll u n d n ach d e r V ollen ­ d u n g (5,27 add. 7-12) (c) d ie N o tw e n d ig k e it d e r M itte ls te llu n g d e s M en sch en zw isc h e n G u te m u n d B ö s e m (5,27 add. 13-17) 5. Zusam m enfassung der christlichen K ernaussage über den Daseinszweck des Menschen (6,1-2) 6. Vertiefung in A useinandersetzung m it Positionen, die von diesem Sinnent­ w urf abweichen (6,3-9) IV. Möglichkeiten und G renzen philosophischer Erkenntnis (K apitel 7) 1. die Unfähigkeit der paganen Philosophen, erkannte Einzelw ahrheiten zu einem G esam tbild zusam m enzufügen (7,1-7) 2. Beispiele für richtig erkannte, doch von anderen Philosophen b estritten e Einzelw ahrheiten (7,8-14)

ZWEITER HAUPTTEIL: Die Unsterblichkeit der Seele (Kapitel 8-13) I. M angelnde Ü berzeugungskraft von P latons Beweisen für die U nsterblichkeit der Seele (K apitel 8) 1. Einleitung: die U nsterblichkeit der Seele (8,1) 2. die Unzulänglichkeit der platonischen Beweise (8,2f.) 3. R eferat der platonischen Beweise (8,4-6) II. C hristliche A rgum ente für die U nsterblichkeit der Seele (K apitel 9-11) 1. A nkündigung eigener Beweise (9,1) 2. Analogie zwischen Seele und G o tt (9,2-9) (a) theologische Grundlage: keine sinnliche Erkennbarkeit G ottes (9,2-4) (b) Polemik gegen die A theisten, die nicht-sinnliche Erkenntnis leugnen

(9,5f.) (c) Ü bertragung auf die Seele: unkörperliche und sinnlich nicht w ahr­ nehm bare Existenz wie die eines G ottes (9,7-9) 3. die Fähigkeiten des Menschen als Zeichen seiner A usrichtung auf T ran­ szendenz und Ewigkeit (9,10-18) (a) die Fähigkeit des Menschen zur G otteserkenntnis (9,10-12) (b) die Fähigkeit des Menschen zum Um gang m it dem him mlischen Ele­ m ent Feuer (9,13f.) (c) die Fähigkeit des Menschen zu sittlichem V erhalten um eines höheren G utes willen und tro tz Nachteilen (9,15-18)

Einleitung 4. Fundam ent alet hische B egründungen für die U nsterblichkeit der Seele (10,1

- 11,4) (a) der Gegensatz von endlichem L aster und auf D auer ausgerichteter Tugend (10,1-11) (b) Exkurs: die U m kehrung der irdischen G egebenheiten bei der Aufer­ stehung (11,1-4) (c) der G egensatz zwischen vergänglichem Leib und ewiger Seele (11,510) III. A useinandersetzung m it den bei Lukrez vorgebrachten A rgum enten für die Sterblichkeit der Seele (K apitel 12) 1. W iderlegung der G rundannahm e, die Seele löse sich zusam m en m it dem K örper auf (12,1-8) 2. W iderlegung der Gleichsetzung der Seele m it dem V erstand, der W erden und Vergehen unterliegt (12,9-13) 3. W iderlegung der A nnahm e, die Seele unterliege dem Einfluss körperlicher Faktoren (12,14-16) 4. W iderlegung der A nnahm e, die Seele erfahre K ontrollverlust (12,17-19) 5. W iderlegung der A nnahm e, die Seele sei wie ein ausgerissenes Auge ohne den K örper nicht w ahrnehm ungsfähig (12,20f.) 6. W iderlegung der A nnahm e, die Seele sei sterblich, weil sie allm ählich aus dem K örper weiche (12,22-25) 7. W iderlegung der A nnahm e, der Mensch empfinde im Tode eine Auflösung (12,26-29) 8. Zusam m enfassung der weiteren A rgum ente bei Lukrez und W ürdigung sei­ nes W iderspruches gegen die W iedergeburtslehre des P ythagoras (12,3032) IV. Testim onien für die U nsterblichkeit der Seele (13,1-6) 1. die Notwendigkeit, außerchristliche A u to ritäten anzuführen (13,lf.) 2. Z itate (13,3-6) (a) Hermes Trismegistos (13,3f.) (b) Orakel des Milesischen Apollon an Polites (13,5f.) V. Abschließende K ritik an Philosophen, die die U nsterblichkeit der Seele leugnen (13,7-11) 1. gegen die Leugnung der U nsterblichkeit der Seele bei D em okrit, Epikur, Dikaiarch (13,7f.) 2. gegen die Leugnung der Existenz der Seele bei Aristoxenos (13,9-11)

DRITTER HAUPTTEIL: Die Endzeitereignisse (14,1 - 26,7) I. H inführung: die chiliastische S tru k tu r der W eltgeschichte und das Tausend­ jährige Reich (K apitel 14) 1. Them enangabe: Z eitpunkt und U m stände für die E rlangung der w ahren U nsterblichkeit (14,1-3)

Inhalt

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2. der Zeitrahm en von siebentausend Jah ren (14,4-14) (a) die zeitliche Einordnung: noch keine sechstausend Jah re seit Erschaf­ fung der W elt vergangen (14,4-6) (b) der Zeitrahm en der W eltgeschichte nach den sechs Schöpfungstagen und dem R uhetag, jeweils tausend Jah ren entsprechend (14,7-14) 3. m ethodische Bem erkungen zum Vorgehen im Folgenden (14,15-17) II. Kriege und K atastro p h en am Beginn der Endzeit (K apitel 15f.) 1. die P räfiguration der kom m enden Endzeitereignisse, die zur Befreiung des Gottesvolkes dienen, im alttestam entlichen Exodusgeschehen (15,1-6) 2. die den Bedrückern des Gottesvolkes bevorstehenden Plagen: Zerstörung der S taaten durch innere Zw ietracht und Kriege ausgehend von Ä gypten (1 5 ,7 -lla ) 3. der bevorstehende U ntergang des röm ischen S taates in diesem Zusam m en­ hang (1 5 ,llb -1 9 ) (a) A nkündigung des U ntergangs und der Rückkehr der H errschaft nach Asien (15,11b) (b) die rationale Zwangsläufigkeit dieses U ntergangs (15,12-17a) (c) prophetische Belege für den kom m enden U ntergang Roms (15,17b-

19) 4. die A usführung der bevorstehenden Ereignisse im Einzelnen (16,1-14) (a) A ufteilung der H errschaft, M achtergreifung durch einen T yrannen aus dem Norden, Verlegung der H au p tsta d t (16,1-4) (b) N atu rk atastro p h en und zeichenhafte V eränderungen im Lauf der Ge­ stirne (16,5-11) (c) A uswirkung auf die Menschen: Verzweiflung und M assensterben, das die Heiden stärker betrifft als die G ottestreuen (16,12-14) III. Das A uftreten des A ntichrist und das siegreiche Eingreifen G ottes (K apitel 17-19) 1. das A uftreten des A ntichrist (17,1-11) (a) der Sieg eines falschen P ropheten über einen von G o tt gesandten P ropheten (17,1-3) (b) die Verfolgung des Gottesvolkes, die H errschaft des Bösen (17,4-9) (c) die V ernichtung der Frevler und die R ettu n g der auf einem Berg belagerten G erechten durch G ottes Sohn (17,1 Of.) 2. nicht-christliche Testim onien für diese R ettu n g (18,1-8) (a) H ystaspes (18,lf.) (b) Hermes Trismegistos (18,3f.) (c) Sibyllen (18,5-8) 3. die W iederkunft C hristi (19,1-9) (a) die R ettu n g der bedrängten C hristen durch den w iederkehrenden C hristus (19,1-3) (b) der Sieg C hristi über den A ntichrist (19,4-7) (c) Ruhe und Frieden auf der Erde (19,8f.)

Einleitung IV. Die A uferstehung derer, die G ott erkannt haben, zum Gericht des G ottes­ sohnes (K apitel 20-23) 1. D arstellung und Sibyllenbelege: A uferstehung derjenigen Toten, die G ott erkannt haben, und Gericht über sie (20,1-6) 2. E rläuterungen zur Bestrafung, Gericht und A uferstehung (20,7 - 23,5) (a) die Möglichkeit der B estrafung (20,7 - 21,5) a) die Leidensfähigkeit auch der unsterblichen Seele (20,7 - 21,2) ß) die Besonderheit von Fleisch und Feuer (21,3-5) (b) zum Gericht (21,4 - 22,19) a) die Prüfung durch Feuer (21,6.7a) ß) der Z eitpunkt: am Ende der Zeiten, nicht nach dem individuellen Tod (21,7b.8) γ) das Gericht in der D arstellung der D ichter (22,1-19): A. allgemeine W ürdigung: G rundw ahrheiten in verzerrter D ar­ stellung (22,1-4) B. K onkretisierung anhand der U nterw eltsrichter (22,5f.) C. K onkretisierung anhand der Rückkehr der Seelen nach dem Trinken aus dem L ethestrom (22,7-19): erster Irrtum : nur tausend Jah re Verbleib (22,7f.) zweiter Irrtum : der L ethestrom (22,8f.) Einschub: W iderlegung des Einwandes, dass noch nie­ m and auferstanden sei: A uferstehung erst bei vollendeter Gerechtigkeit (22,10-15) zweiter Irrtu m (Fortsetzung): der L ethestrom (22,16f.) d ritter Irrtum : erneute G eburt (22,18f.) (c) Testim onien über die A uferstehung des Fleisches (23,1-5) a) Richtigstellung: keine M etempsychose, wie P ythagoras sie lehrt (23, lf.) ß) C hrysipp über die Möglichkeit der A uferstehung (23,3) γ) Sibylle über die Möglichkeit der A uferstehung (23,4) δ) Belege für Möglichkeit der A uferstehung erübrigen D arstellung der A rt und Weise (23,5) V. Die E rrichtung der tausendjährigen G ottesherrschaft auf E rden (K apitel 24) 1. die Regierung des G ottessohnes über die Gerechten, Gefangenschaft des A ntichrist, Anwesenheit G ottes auf E rden (24,1-6) 2. Paradiesischer Z ustand der N atu r (24,7f.) 3. D eutung als Goldenes Zeitalter, von dem Vergil und die Sibyllen sprechen (24,9-15) VI. Quellen der D arstellung und D atierung der Endzeitereignisse (K apitel 25) 1. Verweis auf die P ropheten (25,lf.) 2. zur D atierung (25,3-9) (a) Berechnungen des Z eitpunkts für das W eitende, das in nicht m ehr als zw eihundert Jah ren zu erw arten ist (25,3-6) (b) das Ende Roms als Zeichen für das Ende der W elt (25,6-9)

Inhalt

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VII. Endgültige V ernichtung des A ntichrist, Verwandlung der W elt und Endge­ richt (26,1-7) 1. der endgültige Sieg G ottes über den zwischenzeitlich befreiten A ntichrist (26,1-4) 2. die Verwandlung der W elt (26,5) 3. die ewige Strafe für die G ottesfeinde (26,6f.)

SCHLUSS (26,8 - 27,16) 1. die Zurückhaltung der C hristen bei öffentlicher Verkündigung dieser Lehre als Ursache für Verfolgung (26,8-10) 2. d ie z w e ite g ro ß e K a is e r a n r e d e (26,11-17) (a) die verbesserte Lage der C hristen unter K onstantin (26,11) (b) die T aten des von G ott erw ählten K onstantin, die zu dieser Verbes­ serung der Lage geführt haben (26,12-14) (c) die Q ualitäten K onstantins, aufgrund derer ihn G ott erw ählt h at und die ihn noch vor den guten K aisern der V ergangenheit auszeichnen (26,15-17a) (d) G ebet für den K aiser (26,17b) 3. Epilog (27,1-16) (a) Aufforderung zu G eduld und Tugendhaftigkeit nach C hristi Vorbild (27,1-7) (b) Aufforderung zur Verachtung vergänglicher G üter (27,8-11) (c) die Einladung G ottes (27,12-14) (d) Aufforderung zum tapferen K riegsdienst (27,15f.)

Einleitung

Aufbau und Gedankenführung Der Aufbau der ersten beiden Hauptteile erscheint insgesamt klar: Nach­ dem im Einleitungskapitel die Bedeutung des Buchthemas, des glückse­ ligen Lebens‘ ( u ita b e a ta ) erläutert worden ist, bildet der Rest des ersten Hauptteils (Kapitel 2 bis 7) zum einen die Grundlage der folgenden Escha­ tologie, die ein lineares und teleologisches Weltbild voraussetzt, und ordnet dieses umgekehrt in einen göttlichen Heilsplan ein. Der zweite Hauptteil (Kapitel 8 bis 13) hat die Unsterblichkeit der Seele zum Gegenstand. Darin arbeitet Laktanz insbesondere die beiden Aspekte heraus, aufgrund derer die Unsterblichkeit der Seele in seinem Lehrsystem von grundlegender Be­ deutung ist: Im Rahmen der dualistischen Anthropologie des Laktanz ist die Seele dem materiellen Körper entgegengesetzt und auf Gott hin orien­ tiert. Und in ethischer Hinsicht ist die Unsterblichkeit der Seele notwendige Voraussetzung für ein Gericht nach dem Tod, das wiederum erst die For­ derung nach Tugend und Gerechtigkeit sinnvoll begründen kann. Damit hat Laktanz den Rahmen der christlichen Eschatologie abgesteckt: Mit ausdrücklichem Neuansatz und einleitenden methodischen Erläuterungen (Kapitel 14) beginnt er nun den dritten Hauptteil (14,1 - 26,7), in dem es um die Geschehnisse am Ende der Zeiten geht. Hier erschließt sich die Gedankenführung nicht sofort; immerhin lässt sich der folgende Ablauf der Endzeitereignisse klar fassen: (1) Endzeit kämpfe, Naturkatastrophen, Massensterben (Kapitel 16): Die Herrschaft wird unter zehn Königen aufgeteilt. Ein mächtiger Feind erobert Asien, besiegt die dortigen Könige, wird von den übrigen als Herrscher anerkannt und errichtet ein unvorstellbar grausames Regiment. Auch die natürlichen Lebensverhältnisse der Menschen verschlechtern sich dramatisch. Es kommt zu massenhaftem Sterben. (2) Auftreten des Antichrist (Kapitel 17): Ein Prophet Gottes tritt auf. Er wird aber von einem König aus Syrien getötet. Dieser König, der Antichrist, gewinnt als falscher Prophet viele Anhänger und beginnt eine grausame Verfolgung derer, die Gott treu bleiben. Diese werden auf einem Berg umzingelt. Da greift Gott ein und schickt den Retter. (3) Wiederkunft Christi, Sieg über den Antichrist (Kapitel 19): Der wiederkehrende Christus ist es, der die Bedrängten rettet. In vier Schlachten besiegt er den Antichrist, nimmt ihn gefangen und führt ihn und seine Verbündeten der Bestrafung zu. (4) Erste Auferstehung zum Gericht (20,1.5f.): Diejenigen werden aufer­ weckt, die Gott erkannt haben. Uber sie wird Gericht gehalten. (5) Tausendjähriges Reich (24,1-8): Christus errichtet ein tausendjähri­ ges Friedensreich auf Erden. Daran Anteil haben die aufer weckten und für gerecht befundenen Gläubigen.

Inhalt

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(6) Endgültiger Sieg, Verwandlung der Welt, zweite Auferstehung (26,17): Zum Ende des Tausendjährigen Reichs wird der Dämonenfürst wieder befreit, aber in einem dreitägigen Kampf endgültig besiegt. Die Welt wird verwandelt werden. Die Gerechten dienen auf ewig Gott. Die Ungerechten werden auferweckt und zusammen mit den besiegten Widersachern Gottes ewiger Strafe zugeführt. Diese Abfolge ist stringent, abgesehen von zwei Rückgriffen, die sich aber als Mittel der Darstellung erklären lassen: Zum einen scheinen die bereits in Kapitel 15 angekündigten Endzeit kämpfe, in deren Rahmen auch das römische Reich untergeht, identisch zu sein mit denjenigen zu Beginn von Kapitel 16.1 Offensichtlich soll Kapitel 15 die beiden schlimmsten Aspekte, nämlich den Katastrophencharakter der Endzeitereignisse im Allgemeinen und den Untergang Roms im Besonderen, erläuternd vorbereiten, ehe dann das eigentliche Geschehen dargestellt wird. In Kapitel 19 greift die Schil­ derung zunächst noch einmal hinter den Stand zurück, der eigentlich am Ende von Kapitel 17 bereits erreicht war: Die Gerechten sind wieder auf dem Berg vom Antichrist belagert, wieder kommt der göttliche R etter.2 Diese Doppelung hebt zum einen den dramatischen Höhepunkt des End­ zeitgeschehens heraus, zum anderen können so die Ereignisse zunächst ein­ mal in neutraler, gleichsam historiographischer Terminologie (dämonischer König, göttlicher Retter), dann in christlich-eschatologischer (Antichrist, wiederkehrender Christus) wiedergegeben werden. Jedenfalls geht Laktanz von einem festen göttlichen Plan aus, gemäß dem sich die Heilsgeschichte hier in die Zukunft fortsetzt. Was dieses Ablaufschema nun ergänzt und teilweise in seiner Stringenz etwas verschwimmen lässt, sind zusätzliche Erläuterungen und Belege: a) Gründe für die Kämpfe und Plagen der Endzeit (15,1-6): Damit glaubhaft wird, dass sich selbst in Krieg und Chaos Heilsgeschich­ te verwirklicht, schickt Laktanz eine ausführliche Begründung der Endzeitkämpfe voraus, die er aus einer typologischen Auslegung des alttestamentlichen Exodusgeschehens gewinnt: Wie die Plagen, die Gott über Ägypten brachte, notwendig waren zur Befreiung seines unterdrückten Volkes, so dienen die Endzeitplagen der Errettung der verfolgten Gerechten (15,1-6). b) Notwendigkeit, dass Rom untergeht (15,12-19): Die Ankündigung vom Untergang Roms muss für den paganen Leser schockierend sein. Daher begründet Laktanz dessen Notwendigkeit ausführlich mit ra­ tionalen Argumenten und mit Belegen.3 1 16,1-5; vgl. Kom m entar zu 16,4 immutato nomine ... 2 Vgl. Kom m entar zu 19,1 Oppresso igitur . . . 3 Siehe Kom m entar zu 15,12-19.

Einleitung

c) Zeugnisse für Gottes Eingreifen und Sendung des Sohnes (18,1-8): Die Hystaspesapokalypse belegt das Eingreifen Gottes, Hermes Trismegistos das Handeln des Vaters und des Sohnes, die Sibyllenorakel die Sendung des Sohnes durch den Vater zur Rettung der Bedräng­ ten.4 d) Zeugnisse für die Auferstehung (20,2-4): Eingeschoben in die Dar­ stellung der ersten Auferweckung zum Gericht sind Zeugnisse aus den Sibyllenorakeln, die das Weltgericht belegen.5 e) Möglichkeit der postmortalen Bestrafung und des Gerichts nach dem Tod sowie der Auferstehung des Fleisches (20,5 - 23,5): Einen um­ fangreichen Exkurs widmet Laktanz der Erklärung, wie eine unsterb­ liche Seele bestraft (20,7 - 21,5) und gerichtet werde (21,6 - 22,6) und wie der Glaube an eine leibliche Auferstehung zu rechtfertigen sei (22,7 - 23,5). Eine wichtige Rolle spielt das Argument, dass auch das pagane Denken, näherhin die pagane Dichtung, die Laktanz durch Vergil repräsentiert sieht, die Schmerzempfindung der Seelen, das Gericht über sie und ihre Rückkehr zum Leben kenne. f) Das Tausendjährige Gottesreich auf Erden setzt Laktanz gleich mit der , Goldenen Zeit‘ der paganen Dichter, insbesondere Vergils (24,915). g) Abschluss: Datierung des Weitendes, Roms Untergang als Zeichen und Voraussetzung (25,1-8): Der letzte Einschub gibt sich bereits als eine Art Abschluss der Eschatologie und lässt die folgende Vollen­ dung (26,1-7) als Nachtrag und das Tausendjährige Reich (Kapitel 24) als Höhepunkt erscheinen. Nochmals verweist Laktanz darauf, dass seine Darstellung den Propheten folge, und geht dann auf die Frage nach dem Datum des Endes ein: In höchstens zweihundert Jahren sei das sechste Millennium vollendet, Voraussetzung für den Anbruch des Endzeitverfalls sei der Untergang der Stadt Rom. Die Darstellung der Endzeitereignisse (15,1 - 26,7) hat also zwei unter­ schiedliche Ebenen: Zum einen schildert Laktanz chronologisch den Ablauf der Ereignisse. In diese lineare Schilderung schiebt er zum anderen Ergän­ zendes ein, das nur ausnahmsweise zusätzliche theologisch-systematische Vertiefung bietet6 und meist durch Vernunftargumente, durch Herleitung aus paganen Vorstellungen und durch Testimonien diejenigen Aspekte be­ gründet und belegt, die dem paganen Leser anstößig oder schwer zugäng­ lich erscheinen könnten. Zu diesen besonders erklärungsbedürftigen Aus­ sagen gehören der Untergang Roms, das physische Eingreifen Gottes zur endzeitlichen Rettung, postmortales Gericht und Strafe, Auferstehung des 4 Zur Klimax der Zeugnisse siehe unten Kom m entar zu 18,1-8. 5 Vgl. die Belege 19,2.9; 24,lf. 6 So beispielsweise zu Auferstehungsleib, Straffeuer und Gericht, 21,4-8.

Inhalt

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Fleisches und das Tausendjährige Gottesreich auf Erden. Das Ineinander­ greifen dieser beiden Darstellungsebenen in den Kapiteln 15 bis 26 lässt sich folgendermaßen veranschaulichen: A bfolge d e r E n d z e ite re ig n is se :

E rlä u te ru n g e n , B elege:

a) G ründe für die Käm pfe und P la­ gen der Endzeit (15,1-6) 0. A nkündigung: Verfall des Zusam ­ menlebens, Endzeit kämpfe, U nter­ gang Roms (15,7-11) b) Notwendigkeit, dass Rom u n ter­ geht (15,12-19) 1. Endzeit kriege, T yrann aus dem Norden, N aturkatastrophen, M assen­ sterben (16,1-14) 2. A u ftritt des A ntichrist, Verfolgung der G läubigen (17,1-11) c) Zeugnisse für G ottes Eingreifen und Sendung des Sohnes (18,1-8) 3. W iederkunft C hristi, Sieg über den A ntichrist (19,1-9) 4. E rste A uferstehung zum Gericht (20,1.5f.)

d) Zeugnisse für die A uferstehung (20,2-4) e) Möglichkeit der B estrafung und der A uferstehung des Fleisches, Bele­ ge aus paganer Philosophie und Dich­ tung (20,5 - 23,5)

5. Tausendjähriges Reich (24,1-8) f) Tausendjähriges Reich gleichge­ setzt m it dem Goldenen Z eitalter der paganen D ichtung (24,9-15) g) Abschluss: D atierung des W eiten­ des, Roms U ntergang als Zeichen und Voraussetzung (25,1-8) 6. E ndgültiger Sieg, Verwandlung der W elt, zweite A uferstehung (26,1-7)

Laktanz will also eine umfassende und systematische Darstellung der christ­ lichen Eschatologie geben, doch richtet er diese ganz auf seine paganen Leser aus.7 Und das zeigt sich nicht nur in den gegebenen Erläuterun­ gen, sondern gerade auch in der Ausgestaltung des Endzeitgeschehens mit 7 Richtig gesehen etwa von S. P rete, La escatologia e parenesi negli scrittori cri­ stiani latini, Bologna 1966, 102; Fàbrega 126-133; P errin Mort. Unangemessen

Einleitung

seinen phantastisch anmutenden Elementen wie der Bedrängnis der Ge­ rechten auf dem Berg, der Wiederkunft Christi mit dem Engelheer oder dem Tausendjährigen Gottesreich. Denn durch einzelne Glättungen und eine geschickte Dramaturgie bietet die Eschatologie bei Laktanz, wie L ie b e s c h u e t z (262) treffend bemerkt hat, eine Art Schlussmythos, wie ihn das pagane Publikum von Platon, aber auch vom S o m n iu m S c ip io n is in Ciceros D e re p u b lica her kennt. Nach dem eschatologischen dritten Hauptteil kommt Laktanz auf die gegenwärtige Bedrängnis der Christen zu sprechen (26,8 - 27,16), die so­ mit in Kontrast mit der endzeitlichen Strafe für die Gottesfeinde und dem Lohn für die Gerechten steht. Zunächst erläutert Laktanz, dass der Schutz des göttlichen Geheimnisses die Christen daran hindere, sich einer öffent­ lichen Diskussion zu stellen, wodurch es auch zu den Gräuelmärchen über sie komme (26,8-10). An dieses Stichwort schließt sich in der zweiten Auf­ lage die Kaiseranrede an (26,11-17). Der Epilog (27,1-16) ist protreptisch gestaltet: Laktanz ermutigt die paganen Leser, den entbehrungsreichen Weg der Gerechtigkeit zu wählen, und stärkt zugleich seine Mitchristen, diesen Weg tapfer und unbeirrt weiterzugehen. Das Werk endet mit einer Paränese zur Martyriumsbereitschaft (27,16f.).

hingegen ist die K ritik von W ojtczak (Koncepcje 618f.) : Laktanz erläutere zu­ nächst ausführlich die Leidensfähigkeit der Seele (20,7 - 21,3), um dann doch von der leiblichen Auferstehung zu sprechen (23,1-5, 61 lf.). Es fehle ein Gericht nach der zweiten Auferstehung (614), das Schicksal der von der ersten Auferstehung Ausgeschlossenen sei unklar (615), es sei unklar, wohin das 21,4f. geschilderte Feu­ er gehöre (616). - Tatsächlich ist die Schilderung für einen paganen Leser in allen wesentlichen Punkten schlüssig (vgl. auch die system atisierende Zusammenschau Atzberger 584-611): Die Toten werden auferweckt zum Gericht (20,5f.), die Ver­ dam m ten leiden im ewigen Feuer (21,4L), die Gerechten leben m it Christus im Tausendjährigen Reich (24,1-6). Dass Laktanz sich nicht über den Auferstehungs­ leib der Verdammten äußert, was W ojtczak zu vermissen scheint, ist mit der Ausrichtung auf die Leser erklärlich. Dass ein zweites Gericht nicht nötig ist, da niem and darin m ehr für gerecht befunden werden könnte, ergibt sich aus seiner Verknüpfung unterschiedlicher Traditionen (20,5L), siehe auch unten 47 mit Anm. 25.

Die Quellen des siebten Buches Vorbemerkung: Zum Gebrauch der testimonia bei Laktanz Laktanz selbst macht zwar keine prinzipiellen Angaben über seine ta t­ sächlichen Quellen, wohl aber über die Autoritäten, die er als Belege für die christliche Lehre heranzieht. Dabei unterscheidet er drei Arten von Zeugnissen, nämlich erstens die Bibel (p r o p h e ta e oder d iu in a e litte r a e 1), zweitens Zeugnisse von Dichtern und Philosophen ( te s tim o n ia h u m a n a 2) und drittens Belege aus nicht-christlicher Orakelliteratur ( te s tim o n ia d iu in a 3).4 Auch im siebten Buch gibt Laktanz Auskunft über sein Vorgehen: Im Einleitungskapitel kündigt er an, er werde in gewohnter Weise mit Be­ legen aus der nicht-christlichen Orakelliteratur und mit Vernunftgründen argumentieren.5 In den ersten beiden Teilen des siebten Buchs stehen die te s tim o n ia h u m a n a im Mittelpunkt: So fasst Laktanz am Ende der Dar­ stellung des christlichen Heilsplans die Ansichten der paganen Philosophen zusammen und stellt wahre Aussagen und Irrtümer gegenüber (7,8-13). Bei der Begründung der Unsterblichkeit der Seele geht er von Platons Argumenten aus (8,2-6) und setzt sich, nachdem er seine eigenen präsen­ tiert hat, mit den epikureischen Beweisen für die Sterblichkeit der Seele auseinander (12,1-30), darauf folgt eine Sammlung von te s tim o n ia d iu in a (13,1-6). Absicht dieser Zusammenstellung sei es, mit Rücksicht auf die paganen Leser Aussagen nicht-christlicher religiöser Autoritäten ins Feld zu führen, die in der Sache mit der biblischen Lehre übereinstimmten (13,lf.).

Seine Praxis erläutert Laktanz noch einmal vor Beginn der Darstellung der Endzeitereignisse (14,15-17): Sachliche Quelle sei die Bibel (d iu in a e litte r a e , 14,15). Darin, dass das Ende nahe sei, stimmten die , weltlichen 1 Zu diesen Bezeichnungen siehe unten zu 1,6 prophetis und zu 7,9 diuinae litterae

docent. 2 Vgl. etwa 2,11,18; 5,4,6; 5,14,2. 3 Vgl. 1,6,1; 2,11,18; 3,1,12; 3,17,34; 5,4,6; 5,14,2; 5,19,10; 6,14,1; epit. 65,6; ira 22,2. Im ersten Buch, wo er nach den dort nicht so bezeichneten testimonia humana (1,5,1-28; vgl. B ender 20-54; 181-206) die testimonia diuina einführt, nennt Lak­ tanz drei Beispiele: die Schriften aus dem Corpus Hermeticum (1,6,2-5), die Sibyl­ lenorakel (1,6,6-17) und die Apollorakel (1,7,1-12). Zur Definition der testimonia diuina in der Rhetorik vgl. Cic. part. 6 Cicero: Testimoniorum quae genera sunt?

Pater: Diuinum et humanum; diuinum est ut oracula auspicia, ut uaticinationes et responsa sacerdotum aruspicum contectorum, top. 77; Quint, inst. 5,7,35; 5,11,42. 4 Systematisch entfaltet ist diese Unterscheidung vor allem im ersten Buch, wo Lak­ tanz nach einer Praeteritio der biblischen Belege (1,5,1) die Zeugnisse für den Mono­ theismus aus Dichtern und Philosophen anführt (1,5,2-28) und dann ausdrücklich zu den testimonia diuina übergeht (1,6,1). 5 Die Rede ist von testimonia diuinarum litterarum (1,5); zur Gleichsetzung mit den testimonia diuina siehe unten zu 1,5 diuinarum litterarum.

Einleitung

Propheten^ ( sa e c u la re s p r o p h e ta e ) - also diejenigen, auf die die (nicht­ christlichen) te s tim o n ia d iu in a zurückgehen - mit den , himmlischen Propheterü ( c a e le ste s p r o p h e ta e ) - also der Heiligen Schrift6 - überein (14,16). Im Folgenden sei zusammengestellt ( c o llecta ex o m n ib u s e t c o a c e ru a ta ), was die Bibel (p r o p h e ta e ) und die paganen te s tim o n ia d iu in a ( u a te s , ,Seher‘) über das Weitende sagten. Dahinter steht das Postulat, dass die te ­ s tim o n ia d iu in a in ihren wesentlichen eschatologischen Grundaussagen oder so weit sie eben herangezogen werden - mit biblischer Lehre in Ein­ klang stehen. Zu den te s tim o n ia d iu in a gehört in der Endzeitdarstellung neben den hermetischen Schriften und den Sibyllenorakeln auch die vorher noch nicht erwähnte Hystaspesapokalypse7. Nochmals in einem Einschub (25,lf.), in dem er auch den Verzicht auf wörtliche Bibelzitate rechtfertigt, und nach dem Abschluss der Endzeitschilderung (26,8) versichert Laktanz, dass diese mit der Lehre der Propheten, das heißt mit den Aussagen der Heiligen Schrift, übereinstimme. Die Äußerungen des Laktanz über sein Vorgehen bei der Endzeitschil­ derung besagen also, dass erstens mit einer Auswahl biblischen Gutes als nicht ausdrücklich benannter Grundlage zu rechnen ist, dass zweitens te ­ s tim o n ia d iu in a zur Bekräftigung der christlichen Eschatologie angeführt werden, und dass drittens der Eindruck der Konvergenz8 zwischen dar ge­ stellter biblischer Lehre und angeführten Zeugnissen angestrebt wird.9 Diese Art des Umgangs mit te s tim o n ia h u m a n a und d iu in a gehört ins apologetische Programm des Laktanz, mit Zeugnissen und Argumenten, die dem paganen Denken entsprechen, die Leser zu überzeugen und die Gegner des Christentums zu widerlegen.10 Diesem Zweck dienen sowohl die vielen Zitate aus der Literatur, insbesondere aus den Klassikern Cicero und Vergil,11 die den Erwartungen eines gebildeten Publikums entspreSiehe unten zu 1,6 prophetis 18,1 wird Hystaspes als uates bezeichet. Dazu richtig Fàbrega 133. Trotzdem haben manche Forscher unhaltbare Schlüsse aus dem Fehlen ausdrückli­ cher Bibelbezüge in der laktanzischen Endzeitschilderung gezogen: So hat m an die Hystaspesapokalypse zur fast wörtlich ausgeschriebenen Vorlage seiner EndzeitSchilderung erklärt (siehe unten 55ff.), eine Quelle der Johannesoffenbarung in der Passage 17,1-8 (dazu unten) bew ahrt sehen wollen und geglaubt, Laktanz hänge völlig von abseitigen apokalyptischen Vorlagen ab (so etwa F uchs 31-36; H artke 352-355). 10 Vgl. die program m atischen Äußerungen 5,4,1-8; 5,1,15; 1,6,17; P.G. van der N at, Zu den Voraussetzungen der christlichen lateinischen Literatur: die Zeugnisse von Minucius Felix und Laktanz, in: Christianism e et formes littéraires de l’A ntiquité tardive en Occident. Entretiens Fondation H ardt 23, Genève 1977, 191-234, v.a. 214-225; H eck Selbstverständnis 234ff. - Mit Recht hält P errin (Mort 16-18) fest, dass Laktanz sein apologetisches Konzept auch auf die Endzeitdarstellung anw endet. 11 Zu deren Stellung im apologetischen Konzept des Laktanz H eck Klassiker, v.a. 6 7 8 9

Die Quellen des siebten Buches

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chen, als auch die Belege aus paganen Offenbarungsschriften. Dass diese bei Laktanz - zumal im Vergleich mit den früheren lateinischen Apologe­ ten12 - eine so bedeutende Rolle spielen, lässt sich mit dem Blick auf seine Leserschaft erklären: Sie sucht in den Wirrnissen der Zeit Orientierung bei uralter und durch göttliche Autorität verbürgter Orakelliteratur sucht, der, wie beispielsweise im Fall des Hystaspesapokalypse, auch der Nimbus orientalischer Weisheit anhaftet.13

Pagane Quellen Griechische Philosophie Laktanz nennt zwar im siebten Buch wie auch im übrigen Werk häufig griechische Philosophen und setzt sich mit ihrer Lehre auseinander.1 Doch in den meisten Fällen gibt er nur plakative Einzelaussagen der betreffenden Denker oder Anekdotenhaftes über deren Person wieder und greift dabei 172-175; ferner etwa J. S tevenson, Aspects of the Relation between Lactantius and the Classics, Studia P atristica 6,2 (1961) 497-503; Fàbrega 128-130. 12 Tertullian, Minucius Felix und Cyprian verzichten völlig auf testimonia diuina\ lediglich Tert. nat. 2,12,35; apol. 19,10 wird die Sibylle erwähnt. Etwas geläufiger ist dieses M ittel der A rgum entation in der griechischen Apologetik, vgl. T. S ardella, Apollo, Istaspe e la Sibilla: La cristianizzazione degli oracoli pagani da Giustino a Clemente, in: Hestiasis. Studi di ta rd a antichità offerti a S. C alderone, V (= Studi Tardoantichi V), Messina 1988, 295-329. 13 Tatsächlich lässt sich eine zunehmende Bedeutung der O rakelliteratur im öffentli­ chen und privaten Leben in der Kaiserzeit nachweisen, dazu umfassend D. P otter, Prophets and Emperors. Hum an and Divine A uthority from Augustus to Theodo­ sius, Cam bridge(M ass.)/London 1994; siehe auch zu 13,5 Polites . . . ; für die grie­ chische Welt der Kaiserzeit A. M omigliano, H ochkulturen im Hellenismus. Die Begegnung der Griechen mit Kelten, Römern, Juden und Persern, München 1979 (Original: Alien W isdom. The Limits of Hellenization, Cambridge 1975) 166-173. Von der Bedeutung der O rakelliteratur für das Denken der Zeit zeugt auch Porphyrios’ Werk περί της έκ λογιών φιλοσοφίας (frg. 303-350 S mith); siehe aber unten 379 Anm. 10. Zudem entspricht der Rückgriff auf Orakeltexte auch einem traditionalistischen Bedürfnis der Zeit, denn divinatorische L iteratur war in Rom natürlich von Anfang an üblich, vgl. den Überblick von H. C ancik, Libri fatales. Römi­ sche Offenbarungsliteratur und Geschichtstheologie, in: H ellholm 549-576. Dass es Laktanz auf diesen traditionalistischen Aspekt ankommt, zeigt sein Hinweis auf die Ebenbürtigkeit seiner Sibyllinen mit den urrömischen libri Sibyllini (1,6,13). Nach N icholson rechnet Laktanz nicht nur mit der W irkung beim Leser (Prophets 370L), sondern glaubt auch selbst, dass diese O rakelliteratur tatsächlich durch ihr hohes Alter näher an der ursprünglichen W ahrheit geblieben sei (Prophets 371374). Tatsächlich wird m an gerade die ausgiebige Benutzung der - in den Augen des Laktanz paganen (vgl. 4,15,26) - Sibyllenorakel so erklären müssen. 1 Übersicht beispielsweise bei O gilvie 78-83; P errin Culture 310L; Walter 130139.

Einleitung

offensichtlich auf Cicero oder auf Handbuch- beziehungsweise Allgemein­ wissen zurück.2 Platon wird häufig3, aber ebenfalls ganz überwiegend in Vermittlung durch Cicero zitiert;4 lediglich eine Passage aus dem Phaidon kennt Laktanz vielleicht aus anderer Quelle, beispielsweise einem Florilegium, aber kaum aus direkter Lektüre5. Überhaupt nimmt die Forschung für Laktanz eine nur indirekte (aber nicht durch den Neuplatonismus) vermittelte Pla­ tonkenntnis an.6 Der Philosoph wird zwar im siebten Buch durch die Zahl der Erwähnungen7 und durch das Referat seines Beweises für die Unsterb­ lichkeit der Seele8 hervorgehoben, aber auch ihm, wie der paganen Philo­ sophie insgesamt,9 schreibt Laktanz nur einzelne Wahrheiten zu: So lehre 2 Mit jeweils nur einer Aussage werden genannt 1,7 Aristoteles (Unendlichkeit der

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Welt, nach Cicero, siehe unten zu 1,7 qui cum . . . ) ; 2,10 Sokrates (Plat. apol. 42a ausdrücklich nach Cicero zitiert, siehe unten zu 2,10 sententiam Socratis . . . ) ; 7,11 Ariston (Tugend als Lebensziel) und A ristipp (Lust als Lebensziel, beide nach Ci­ cero, siehe unten zu 7,11 ad uirtutem . . . ) ; 7,12 und 8,7 Pherekydes (Lehrer des Pythagoras und V ertreter der Unsterblichkeit der Seele, nach Cicero, siehe unten zu 8,7 Pherecydes); 7,12, 8,8 und 13,7 Dikaiarch (Sterblichkeit der Seele, frei nach Cicero, siehe unten zu 7,12 immortales esse . . . ) ; 13,9 Aristoxenos (Leugnung der Seele, nach Cicero, siehe unten zu 13,9 Aristoxenus . . . ). Demokrit steht neben Epi­ kur als Leugner der Teleologie (1,10; 3,23) und der Unsterblichkeit der Seele (13,7 zusammen mit Dikaiarch, 8,8 mit diesem allein), was auf Cicero zurückgeht (siehe unten zu 1,10 Democrito und zu 13,7 Democriti . . . ) . Demokrits Anthropogonie aus dem Schlamm ist Handbuchwissen (siehe unten zu 7,9 Democritus . . . ) . Auch die Aussagen über Pythagoras gehen auf Cicero (8,7 Lehrer des Pherekydes, siehe unten zu 8,7 quem Cicero . . . ) oder Allgemeinwissen (12,30; 23,2 M etempsychose, siehe unten zu 12,30 modo in homine . . . ; vgl. zu 13,4 Platoni . . . ) zurück. Vgl. etwa 1,9; 2,10; 3,12.16; 7,8.12; 8,2.4.7; 9,1; 12,2; 13,4; 14,4; 22,19; 1,5,23 om­ nium sapientis simus iudicatur\ 1,8,1 in Timaeo ; 2,14,9 in Symposio etc.).Zum Platonbild bei Laktanz umfassend P errin Platon 204-231. 1,6; 3,16: Unendlichkeit der Welt (zur Quellenfrage siehe unten zu 1,6 in perpetu­ um .. . ); 2,10: in Zitat aus Cicero; 3,12; 7,8: G ott als Schöpfer (siehe unten zu 3,12 quod a Platone . . . ) ; 7,12; 8,2-7; 9,1; 12,2; 13,4; 22,19: Unsterblichkeit der Seele (siehe unten zu 8,2-6 und zu 22,19 Plato . . . ) . Zu einer allgemeinen Bezugnahme auf Platon siehe unten zu 14,4 Plato . . . Siehe unten zu 1,9 omne quod . .. und zu 12,6 non enim .. . So insbesondere K urfess ( Plato 383-391; ergänzend W losok Gnosis 252f.) und P errin ( Platon 214-230), mit Zusammenstellung aller Rückgriffe auf Platon. F ür das bemerkenswerte Phänom en, dass Laktanz die zeitgenössischen Strömungen der Philosophie, namentlich den Neuplatonismus, außer Acht zu lassen scheint, bietet P errin ( Culture 302-304) eine Erklärung: Laktanz argum entiere bewusst mit deren geistigen Vorläufern. Er ist mit sechzehn Erwähnungen der am häufigsten genannte Philosoph im siebten Buch. Siehe unten zu 8,2-6. Vgl. 2,1-11; 7,1-13. - Zur Bewertung der paganen Philosophie bei Laktanz vgl. bei­ spielsweise Harloff (Analyse zum dritten Buch, das der Auseinandersetzung mit der paganen Philosophie gewidmet ist); B lumenberg 488-496 (zum apologetischen Konzept des Laktanz, der paganen Philosophie das C hristentum als uera sapientia

Die Quellen des siebten Buches

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er zwar richtig die göttlich Erschaffung der Welt (vgl. 3,12; 7,8), fälsch­ lich aber deren ewige Dauer (vgl. 1,6; 3,16; 14,4) vertrete zwar zutreffend die Unsterblichkeit der Seele (vgl. 7,12; 12,2; 22,19), könne sie aber nicht überzeugend beweisen (vgl. 8,2-6; 9,1). Der nach Platon am häußgsten im siebten Buch erwähnte griechische Philosoph ist Epikur. Auch ihn benutzt Laktanz nicht direkt, sondern of­ fensichtlich durchweg nach Lukrez.*10 Die Verweise auf Epikur haben stets dramaturgische Funktion: So stellt Laktanz Epikur gegen die übrigen Phi­ losophen als denjenigen dar, den diese in Unkenntnis der ganzen Wahrheit nicht widerlegen konnten (vgl. 3,13.23; 8,8) oder gar als einzigen, der über die Endlichkeit der Welt das Richtige lehrt11. An anderer Stelle spielt Epi­ kur die Rolle des Widersprechenden, dem die Stichworte für die weitere Ar­ gumentation in den Mund gelegt sind (vgl. 5,4.7) oder des Repräsentanten der zu widerlegenden Meinung (vgl. 7,13; 13,7). Zu einer bemerkenswerten Präsenz des Epikureismus kommt es freilich auch dadurch, dass Laktanz mehrfach das epikureische Lehrgedicht des L u k re z benutzt: So zitiert er daraus mehrere Verse als Beleg für Epikurs Kritik an einem teleologischen Weltbild.12 Ausführlich setzt er sich mit den Beweisen des Lukrez für die Sterblichkeit der Seele auseinander.13 Schließlich bezieht er ein lukrezisches Lob des Epikur auf Christus.14 Ferner übernimmt Laktanz öfter Gedanken und die entsprechenden Formulierungen von Lukrez15, mehrfach auch nur

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gegenüberzustellen); S. Casey, L actantius’ Reaction to Pagan Philosophers, C&M 32 (1971-1980) 203-219; O. Gigon, Lactantius und die Philosophie, in: A.M. R it­ t e r (Hrsg.), Kerygma und Logos. Beiträge zu den geistesgeschichtlichen Beziehun­ gen zwischen Antike und C hristentum . FS C. Andresen, G öttingen 1979, 196-213 (zur Auseinandersetzung mit der Philosophie im dritten Buch); Bender 194-206 (zu 1,5,15-28, den ersten und program m atisch eingeführten Philosophenzeugnis­ sen); P errin Culture 302L (zur griechischen Philosophie als selbstverständliches Bildungsgut); A. G oulon, Lactance et les philosophes: réfutation ou dialogue?, in: J.-M . P o i N S O T T E (Hrsg.), Les chrétiens face à leurs adversaires dans l’Occident latin au IVe siècle, Rouen 2001, 13-22 (Zusammenfassung der wichtigsten Äuße­ rungen über die Philosophie). Siehe unten zu 1,10 ortum esse . . . (Endlichkeit der Welt); 5,4 quae utilitas . . . und 5,7 ,quid ergo( . . . (Frage nach dem Nutzen des Menschen für G ott); 7,13 Epicu­ rus errauit . . . 3,13 Epikurs Aussage mit Lukrezversen belegt (inhaltlich identisch 3,23). Die 8,8 und 13,7 Epikur zugeschriebene Sterblichkeit der Seele referiert Lak­ tanz 12,1-30 ausführlich als epikureische Lehre nach Lukrez. - Es kann sich jeweils auch um Allgemeinwissen handeln. Entscheidend ist aber, dass Laktanz nichts über Epikur sagt, was er nicht Lukrez entnehm en konnte. Zudem gibt Laktanz 5,7 als epikureische Lehre wieder, was eigentlich eine Besonderheit des Lukrez ist, siehe unten zu 5,7 , quid erqo( . . . Vgl. 1,10 3,13: Lucr. 5,156.157a.l65-167. 12,1-30 nach Lucr. 3,417ff. (siehe unten zu 12,1-32); wörtlich 12,5: Lucr. 2,999-1001 und 12,26: Lucr. 3,612b-614. 27,6: Lucr. 6,24-28. Siehe etwa unten zu 3,7 nam si haec . . . (gegen Pantheism us); 3,23 reddant er-

Einleitung

einen lukrezischen Sprachgebrauch16. Somit ergibt sich ein widersprüchli­ cher Befund, sowohl für das siebte Buch als auch für Laktanz insgesamt: Einerseits nämlich wird der Epikureismus abgelehnt und, wenigstens teil­ weise, polemisch abgewertet,17 andererseits aber finden sich, wie für das siebte Buch gezeigt, häufig Hinweise auf Epikur18 und zudem Zitate aus Lukrez19. Wahrscheinlich ist die Erklärung dafür in zwei unterschiedlichen Richtungen zu suchen:20 Zum einen eignet sich der Epikureismus sowohl dazu, die christliche Lehre kontrastiv darzustellen, als auch dazu, die Wi­ dersprüche in der paganen Philosophie aufzuweisen.21 Zum anderen hegt Laktanz eine offensichtliche Vorliebe für das Werk des Lukrez, die zwei­ fellos auf stilistisch-literarischer Wertschätzung, vielleicht aber auch auf einer Bewunderung für den missionarischen und aufklärerischen Impetus des Dichters selbst beruht.22 go .. . (W eltentstehung aus Atomen); 4,10 homini seruiunt . .. (Verhältnis zwi­ schen Mensch und Tier); 6,4 nihil est in nobis . . . (kein Nutzen des Menschen für G ott); 7,8 nel omnia . . . (atomistisches W eltmodell); 21,4 purus . . . (Wesen der 16

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Blitze). Siehe etwa unten zu 1,10 resoluatur ; 5,11 leuibus elementis ; 5,14 ut infinita uis ; 5,27 add. 12 corporis animaeque discidium ; 9,2 mortalibus oculis; 14,2 longe [...] semota ; 17,5 sub uerbo eius ; 21,2 solidum . . . Vgl. 3,26; 12,32; 2,8,49; 3,17,23; opif. 2,10; epit. 65,6 etc. Dazu jetzt beispielsweise A lthoff 51-53. Dazu W. S chmid, ,E pikur‘, RAC 5 (1962) 682-819, hier 784-786; E. O ton S o­ brino, Epicuro y Lucrecio en la polémica de Tertuliano y Lactancio, Helmantica 40 (1989) 133-158; A lthoff 41-53; K any- T urpin. Jetzt umfassender, aber schematischer Überblick über die Parallelen zu Lukrez bei G oulon Connaissance, v.a. 240-248 (tabellarische Übersicht), 233f. Anm. 1 wei­ tere L iteratur. Daneben wichtig wegen der Interpretationen noch immer B randt Lucretius ; Hagendahl Fathers 55-76; A. B uffano, Lucrezio in Lattanzio, GIF 4 (1951) 335-349; M essmer 81-87; 118-121; G oulon Citations 122-152 (vor allem zu Zitiertechnik und Funktion); B ryce 223-275. Schon Hagendahl ( Fathers 49-52) widerlegt die früher vertretene Annahme, dass Laktanz ein bekehrter Epikureer sei. Auch dass Laktanz sich, wie heute noch ver­ m utet, mit einer lebendigen epikureischen Schule auseinandersetze, ist wohl auszu­ schließen, siehe unten 361 Anm. 15. Vgl. A lthoff 51-53, ferner die Interpretationen bei H agendahl Fathers 64-73; R. C acitti, Le ceneri di Epicuro. Eversione religiosa, provvidenzialismo politico e polemica antiereticale nel cristianesimo delle origini, Annali di Scienze Religiose 4 (1999) 307-341, hier 324-329; siehe auch unten zu 1,6-10 (W idersprüche in der paganen Philosophie; geschmähte Epikureer als einzige, die zu Recht die Endlichkeit der Welt lehren) und zu 12,1-32 (kontrastive Vertiefung). So charakterisiert K any- T urpin das Verhältnis des Laktanz zum Epikureismus als „concordia discors“ (229): Einer radikalen Ablehnung des Epikureismus stehe eine Faszination vom Dichter Lukrez gegenüber. Dazu passt der von G oulon ( Con­ naissance, v.a. 232f.) erwiesene umfassende Einfluss der Sprache des Lukrez auf Laktanz, aber auch die jüngst von E. H eck, Nochmals: Lactantius und Lucretius. Antilucrezisches im Epilog des lactanzischen Phoenix-G edichts?, IJC T 9 (2003) 509-523, gemachte Entdeckung, dass Phoen. 161-170 zwar Lucr. 1,1-3 anklingen, aber abgewandelt werden. Vgl. ferner A. G oulon, Une présentation personelle de

Die Quellen des siebten Buches

39

Öfter bezieht sich Laktanz auch auf die Stoiker.23 Mehrfach erscheinen sie dabei als Vertreter der Lehre, dass die Welt um des Menschen willen er­ schaffen sei, was Laktanz aus Cicero übernimmt.24 Den stoischen Pantheis­ mus gibt Laktanz ebenfalls nach Cicero wieder und belegt ihn aus Vergil.25 Vielleicht aus der Vergilkommentierung gewonnen sind zwei Belege für die Jenseitsstrafen, die nicht recht zu bekannten Lehren der Stoiker passen, die Laktanz ihnen aber jeweils im Zusammenhang mit Vergilbezügen zu­ schreibt.26 Die Bewertung der Schule ist abgewogen negativ: Richtig sei zwar die Annahme einer Jenseitsstrafe und der Ausrichtung der Welt auf den Menschen, letztere aber unzureichend begründet und mit dem falschen Pantheismus vermischt.27 Demgegenüber eine Sonderstellung nimmt ein Beleg aus Chrysipp ein (23,3): Laktanz stellt den Philosophen als Auto­ rität innerhalb der Stoa vor und zitiert, offenbar aus einem Florilegium, wörtlich eine Aussage über die Wiederherstellung des Kosmos, mit der sich in vorliegender Form die leibliche Auferstehung untermauern lässt.28 Die Akademie schließlich erscheint zweimal als Vertreterin eines de­ struktiven Skeptizismus,29 der aber die Widersprüchlichkeit und Angreif­ barkeit der paganen Philosophie, die sich nicht auf die göttliche Offenba­ rung stützen könne, kennzeichne (vgl. 5,2; 7,2). Quelle scheint insbesondere Cicero zu sein.30

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l’épicurisme par Lactance (Inst. 3,7): objectivité, habileté ou rouerie?, in: G uillaumin/R atti 17-25. Prägnanter Überblick über die Bezugnahmen auf die Lehre der Stoiker und ihre Bewertung bei M. P errin, L ’image du Sto'icien et du Sto'icisme chez Lactance, in: M. S oètard (Hrsg.), Valeurs dans le Sto'icisme. Mélanges M. S panneut, Lille 1993, 113-129. Vgl. ferner J. S iegert, Die Theologie des Apologeten Lactantius in ihrem Verhältnis zur Stoa, Diss. Bonn 1921 (unkritisch); M.L. C olish, The Stoic Tradition from A ntiquity to the Middle Ages, Leiden 1985, II 37-47 (mit weiterer L iteratur). 3,13; 4,2; 7,9. Zur Quelle siehe unten zu 3,13 Stoici . . . Siehe unten zu 3,1-4 und zu 3,5 ,totamque . . . i So lehre Zenon einen Strafort für die Frevler (siehe unten zu 7,13 Zeno Stoicus . . . ), die Stoiker erläuterten die Leidensfähigkeit der Seele in der Unterwelt (siehe unten zu 20,8-10). Zur Jenseitsstrafe siehe vorige Anm., zum W eltbild vor allem 3,1-15. Zum Einzelnen siehe die Kommentierung zu 23,3 und F reund Chrysipp. - Offen­ sichtlich handelt es sich um einen Zufallsfund, der sich so genau in den Kontext einfügt, dass Laktanz auf eine Auseinandersetzung verzichten kann und dies mit Rücksicht auf das Gewicht der Belegautorität auch tu t. Zum Bild der Akademie bei Laktanz umfassend B. Faes de M ottoni, Lattanzio e gli Academici, M EFRA 94 (1982) 335-377. Siehe unten zu 7,1-14.

Einleitung

Lateinische Autoren Die wichtigste pagane Quelle für das siebte Buch, wie für die D iu in a e in ­ s titu tio n e s insgesamt, ist Cicero.31 So beginnt schon das Proömium mit ei­ nem Zitat aus Cicero und dessen Lob als außerordentlichem RedneP (1,1). An neun weiteren Stellen beruft Laktanz sich namentlich auf Cicero und gibt ihn wörtlich, teilweise mit kleineren Eingriffen,32 oder in Paraphrase33 wieder. Dabei erscheint Cicero zum einen als Vermittler von Wissen über griechische Philosophie34, einmal über die babylonische Astronomie35, zum anderen als selbständiger Denker, dessen Meinung einmal widerlegt,36 häu­ figer aber angeführt wird, um eine Aussage des Laktanz zu belegen37. Aus den Reden schließlich entnimmt Laktanz zwei sentenziose Formulierun­ gen.38 Offensichtlich hat Laktanz auch bevorzugte Cicero-Stellen, die er im siebten Buch bereits zum zweiten Mal zitiert.39 Zu diesen namentlich gekennzeichneten Bezugnahmen kommen drei weitere Aspekte, in denen Laktanz auf Cicero zurückgreift: Zum einen ist Cicero stilistisches und rhetorisches Leitbild für Laktanz, dessen Sprache an dem Klassiker ge­ schult ist und zahlreiche ciceronische Wendungen enthält.40 Dabei finden zweitens nicht nur Formulierungen, sondern auch Gedanken und Motive, die aus Cicero stammen, Eingang in die eigene Argumentation des Lak­ tanz.41 Drittens schließlich hat Laktanz aus Cicero einen großen Teil seiner 31 Die Zitate und Similien sind zusammengestellt bei B randt II 245-251. Noch immer wichtig wegen des Gesam tüberblicks ist P ichon 246-266. Kom m entierte M ateri­ alsammlungen zur Ciceronutzung bei Laktanz bieten B arthel (Benutzung von Cic. ac.); F essler (Ciceros philosophische Schriften in den inst.); O gilvie 58-73 (mit Überlegungen zu den handschriftlichen Varianten der Cicerowerke, die Lak­ tanz Vorlagen); B ryce 19-222. Zur Bewertung etwa R.A. G reer, Cicero’s sketch and L actantius’ plan, in: J. M alherbe (Hrsg.), The Early Church in its Context. FS E. F erguson, Leiden 1998, 155-174 (zum Nebeneinander von Anknüpfung und Absetzung). 32 Unverändert 1,1 (Cic. Mur. 14), 8,9 (Cic. Tusc. 1,23) und 10,9 (Cic. Tusc. 1,110), mit (der Kürzung dienenden, den Inhalt nicht verändernden) Eingriffen 2,10 (Cic. Tusc. 1,99); 4,11 (Cic. ac. 2,120); diesbezüglich unklar ist 8,9 (Cic. frg. 23 G arba­ rino).

33 Dabei übernim m t Laktanz die sinntragenden Stichwörter: 8,7 (Cic. Tusc. 1,38), 9,10 (Cic. leg. 1,24), 10,10 (Cic. Tusc. 1,172), 11,5 (Cic. Marceli. 11, mit inhaltlicher Akzentverschiebung), 14,4 (Cic. div. 1,36); 23,3 (Cic. ac. 2,75). 34 2,10: W orte des Sokrates aus Platons Apologie; 8,7: Lehre des Pherekydes; 23,3: Bewertung des Chrysipp. 35 14,4: angebliches W eltalter von 470.000 Jahren. 36 4,11 die Frage, wie die Annahm e einer Erschaffung der Welt um des Menschen willen mit der Existenz des für den Menschen Schädlichen zu vereinbaren sei. 37 8,9; 9,10; 10,9; 10,10. 38 1,1 und 11,5 39 Cic. Marceli. 11 (11,5; 15,2; 6,22,25); leg. 1,24 (9,10; 3,10,7f.). 40 Näheres siehe unten 72 41 So beispielsweise die gegen die Unendlichkeit der Welt aus Cic. nat. deor. (siehe un-

Die Quellen des siebten Buches

41

Kenntnisse über die griechische Philosophie,42 insbesondere über Platon43. Innerhalb des siebten Buchs kommen Rückgriffe auf Cicero besonders häu­ fig in den ersten beiden Hauptteilen (Kapitel 1 bis 13) vor, vor allem in der Darstellung der Seelenlehre (Kapitel 8 bis 11), während die Entfaltung der christlichen Eschatologie (Kapitel 14 bis 26) weniger Berührungen mit ciceronischen Gedanken und Formulierungen nahe legt. Mehrfach verwen­ det Laktanz das erste Buch der Tuskulanen44, in dem das Schicksal der Seele nach dem Tod erörtert wird, und die A c a d e m ic i lib r i 45, die viel doxoten zu 1,6-10); 2,8 Platons Motiv vom Geist, der im Körper eingeschlossen ist, nach Cic. Tim. 47 (siehe unten zu 2,8 mens . . . ); 3,4 die Gottesdefinition nach Cic. cons, frg. 21 V it e l l i , zitiert 1,5,25 (siehe unten zu 3,4 deus est . . . ); 3,9: das Argument gegen die Annahme, die Teile der Welt seien , Glieder G ottes4, nach Cic. nat. deor. 1,24 (siehe unten zu 3,9 dei membra); 3,18 die Darstellung des platonischen Schöp­ fergottes nach Cic. Tim. 6 (siehe unten zu 3,18 fabricatorem . . . ); 3,26 die Ansicht, die Epikureer halten nur rein äußerlich an der Rede von den G öttern fest, nach Cic. nat. deor. 1,85; 1,123 (siehe unten zu 3,26 ut nullum); 5,15 den Ausdruck mundum aedificare nach ciceronischer Platonwiedergabe (siehe unten zu 5,15 mundum . . . ) ; 5,18 necessitas diuina als stoischer Gottesbegriff wie Cic. nat. deor. 1,39; 2,77 (sie­ he unten zu 5,18 necessitate . . . ) ; 9,2 die Analogie zwischen unsichtbarem , aber existentem G ott und der Seele nach Cic. Tusc. 1,70 (siehe unten zu 9,2 quoniam deus . . . ); 9,15 Schmerz in der Ethik nach Cic. fin. 1,30; leg. 1,31 (siehe unten zu 9,15 et uoluptatem . . . und zu cuius asperitas . . . ); 11,9 die Vergänglichkeit dessen, was äußerer Einwirkung unterliegt, nach Cic. nat. deor. 3,29 (siehe unten zu 11,9 quid quod ea . . . ) ; 12,2-4 die Vergänglichkeit des Körperlichen, Unvergänglichkeit der Seele in der Terminologie ciceronischer Platonwiedergabe (mit Hinweis auf P la­ ton 12,2; siehe unten zu 12,2-4); 12,19 das Motiv der , A nsteckung4 der Seele durch den Körper nach Cic. div. 1,63 (siehe unten zu 12,19 contagio .. . ); 12,21 das Motiv des Körpers als receptaculum der Seele nach Cic. Tusc. 1,52 (siehe unten zu 12,21 corpus uel uas . . . ) ; 13,4 die Vergöttlichung des Hermes Trismegistos in Ägypten nach Cic. nat. deor. 3,56, zitiert l,6,2f. (siehe unten zu 13,4 in deos . . . ) ; 14,13 das Bild von der Welt als wohlgeordnetem Haus nach Cic. nat. deor. 2,17; 3,26 (siehe unten zu 14,13 induxit . . . ) ; 26,5 Ausgewogenheit der Erde nach Cic. Tusc. 5,69 (siehe unten zu 26,5 libratam . . . ) . Aussagen Ciceros über die römische Geschichte scheinen in die W iedergabe des Lebensaltervergleichs einzufließen, siehe unten 429 Anm. 37. - Insbesondere gehört hierher auch der Rückgriff auf Cic. leg. 1,22.24-26 bei den Ausführungen über die Besonderheit und schöpfungsmäßige Bestimmung des Menschen in K apitel 9, siehe unten 337 mit Anm. 5 und zu 9,11 an aliquis . . . 42 Besonders augenfällig ist dies beispielsweise bei der W iedergabe des stoischen P an­ theismus 3,1.3 nach Cic. ac. 2,24 oder beim doxographischen Wissen um einzelne Philosophen, siehe oben 36 Anm. 2. 43 So referiert Laktanz beispielsweise Platons Beweise für die Unsterblichkeit der Seele 8,4-6 nach verschiedenen Cicero-Passagen (siehe unten zu 8,2-6) oder die άνάμνησΐζ-Lehre 22,19 nach Cic. Cato 78. Weiteres siehe oben 36 Anm. 4 44 So etwa Cic. Tusc. 1,99 (zitiert 2,10), 1,66 (= Cic. cons. frg. 21 V itelli, 8,6), 1,38

(8,7), 1,110 (10,3), 1,71 (10,10). 45

So etwa Cic. ac. 2,118f. (benutzt 1,6f.), 1,24.29 (benutzt 3,1.3), 2,21 (benutzt 3,2), 2,120 (zitiert 4,11), 2,15 (benutzt 7,2) etc. Laktanz verwendet die heute größtenteils verlorene zweite Auflage, die vier (statt zwei) Bücher umfasste, wie die Erwähnung eines dritten Buches (6,24,2) zeigt, vgl. T .J. H u n t , A Textual History of Cicero’s Academici libri, Leiden/B oston/K öln 1998, 20f.

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Einleitung

graphische und philosophiegeschichtliche Angaben beinhalten, aber auch durch die darin ausgedrückte skeptizistische Tendenz Anhaltspunkte für die Kritik an der paganen Philosophie bieten. Demgegenüber spielen weitere Prosaiker im siebten Buch nur eine ge­ ringe Rolle: Die Historiker Sallust und Livius klingen beim Rückblick auf die römische Geschichte im Lebensaltervergleich an,46 ersterer zudem mit dem Motiv des Bauens ins Meer47. Den Lebensaltervergleich selbst fin­ det Laktanz eher beim Alteren Seneca vor als beim Jüngeren,48 der zwar ansonsten öfter von Laktanz benutzt wird,49 im vorliegenden Buch aber nur an wenigen Stellen zugrunde zu liegen scheint50. Manche Formulierun­ gen übernimmt Laktanz aber offenbar von ihm,51 auch argumentiert er in Kenntnis von Senecas Schriften52. So wie Laktanz unter den Prosaikern insbesondere den Klassiker Ci­ cero benutzt, so unter den Dichtern vor allem Vergil.53 Insgesamt gibt 46 Siehe unten 429 mit Anm. 35f.; insgesamt zur Auseinandersetzung des Laktanz mit den römischen Historikern I n g l e b e r t 117-144; zu ihrer Benutzung O gilvie 41f.; W a l t e r 90-95. 47 Siehe unten zu 3,9 maria extruuntur . . . 48 Zur Diskussion siehe unten zu 15,14-17. 49 Zur Beurteilung und Benutzung Senecas bei Laktanz T rillitzsch I 130-141; L a u s ­ b e r g Seneca 13-39; U. D o m ig u e z del V a l , El senequismo de Lactancio, Helmantica 23 (1972) 289-323 (Textberührungen, Einordnung); O gilvie 73-77; zu den unterschiedlichen Formen der Senecazitate bei Laktanz L a u s b e r g Seneca 40-50, ergänzend anhand instruktiver Beispiele C. Lo C i c e r o , Omnium Stoicorum acutis­ simus. Seneca filosofo in Lattanzio: intertestualità e rescrittura, in: Studi di filologia classica in onore di G. M o n a c o . Ili: L etteratu ra latina dell’età di Tiberio all’età del basso impero, Palermo 1991, 1237-1261. Überblick zur älteren Forschung bei W lo sok Gnosis 194 Anm. 35. 50 Siehe insbesondere unten 271 zur Benutzung Senecas bei der Darstellung der Be­ stimmung des Menschen zur Gottesverehrung. Ferner klingen vielleicht Äußerungen zum Schicksal der Seele nach dem Tod nach, zu Sen. dial. 6,25,1 siehe unten zu 7,13 Zeno Stoicus . . . (v.a. 322) und unten 509 mit Anm. 12; zu Sen. dial. 6,23,1 siehe unten zu 12,10 reuolet. 51 Siehe unten 73 mit Anm. 10 52 So zeigt beispielsweise L a u s b e r g ( Seneca 28 mit Anm. 43), dass K ritik an der ephemären Lust 10,1-11 und insgesamt bei Laktanz von Senecas Werk De uita beata angeregt ist. Auch steht der Epilog in der formalen Tradition der bei Seneca zu findenden P rotreptik (siehe unten zu 27,1-16). 53 Zu den Vergilzitaten bei Laktanz vgl. etwa M e s s m e r 121-126 (M aterialsam m ­ lung); G o u l o n Citations 122-152; M o n a t Bible I 55-61 (zur Bewertung Vergils); O gilvie 7-19 (M aterialsam m lung); L. F e r r e r e s , Presència de Virgili a Lactanci, in: Studia virgiliana. Societat espanyola d ’estudios classics, Actes del VIè simposi, Barcelona 1983, 147-152; W lo sok Beispiele 437-444 (zur K ritik am pius Aeneas ); R.M. O gilvie , Vergil and Lactantius, in: A tti del convegno mondiale scientifico di studi su Virgilio, Milano 1984, I 263-268 (problematisch); H ec k Klassiker, v.a. 172-175, und Vergil 117-120 (abgewogene Analyse der Bewertung); B ry ce 276-314 (materialreiche Zusammenstellung). Hingegen sieht V. B u c h h e i t , Cicero inspira­ tus - Vergilius propheta. Zur W ertung paganer A utoren bei Laktanz, Hermes 118

Die Quellen des siebten Buches

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Laktanz im siebten Buch 32 Vergilverse ganz oder teilweise wieder. Für diese wörtlichen Zitate lassen sich drei Anwendungsbereiche unterscheiden: Im Anfangs- und im Schlusskapitel findet sich jeweils ein kurzes Vergilzitat, das elementare Triebkräfte des Lebens poetisch fasst.54 Eine zweite Gruppe von Vergilbezügen stellen die Zitate aus der kosmologischen Anchisesrede (oder ihrer Umgebung) des sechsten Aeneisbuches (724ff.) dar. Damit belegt Laktanz einerseits den aus christlicher Sicht irrigen stoischen Pantheismus, andererseits aber auch, nun im Sinn christlicher Lehre, die Möglichkeit, dass die Seelen im Jenseits Strafe erfahren und, wovon Vergil noch eine vage Überlieferung bewahre, wieder zur Körperlichkeit gelan­ gen, schließlich die Abwegigkeit einer Auferstehung vor der Vollendung der Welt.55 Einen geschlossenen Block bildet drittens die Wiedergabe von dreizehn Versen aus der vierten Ekloge, die Laktanz als Ankündigung des kommenden Tausendjährigen Gottesreichs auf Erden deutet.56 Dazu kom­ men zahlreiche Stellen, an denen Laktanz aus rhetorischem Kalkül Vergil anklingen Kalkül Vergil anklingen lässt, um eigene Aussagen herauszuhe­ ben,57 und einzelne, an denen Vergil sachlich Anregung zu bieten scheint58. Schließlich scheint Laktanz an drei Stellen auch philosophisches Wissen aus einem Vergilkommentar zur Unterweltsschilderung des sechsten Buches zu schöpfen.59 Insgesamt bemerkenswert ist die herausgehobene Stellung,

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(1990) 357-372, ders., Wertung 368-372, ders., Vergil als Zeuge der natürlichen Gotteserkenntnis bei Minucius Felix und Laktanz, RhM 139 (1996) 254-259, nur das Fehlen der Offenbarung in ihrer G esam theit, das Laktanz natürlich verdeutli­ chen muss, nicht aber die dem Dichter zugeschriebenen W ahrheiten (22,1-4; 24,11; 1,5,11 etc.). 1,14: georg. 3,244 für die Triebhaftigkeit; 27,15: Aen. 4,336 für die Lebenskraft. 3,5: Aen. 6,726f. für den stoischen Pantheism us; 20,10f.: Aen. 6,735-740.702 für die Möglichkeit eines Strafleidens der Seelen; 22,3: Aen. 6,266 für die W iedergabe überlieferten Wissens bei Vergil; 22,7: Aen. 6,748-751 für die Möglichkeit, dass die Seelen wieder einen Leib erlangen; 22,17: Aen. 6,719-721 Unwillen der Seelen, in die gegenwärtige Welt zurückzukehren. - Zur Rezeption der Anchisesrede bei Laktanz siehe unten zu 3,5 ,totamque . . . i Siehe unten zu 24,11. Siehe unten zu 1,23 finis operi . . . (Ankündigung des Them as); 5,2 cardo re­ rum (Bedeutung des christlichen Sinnentwurfs); 6,4 uarios fetus . . . (wunderbare Fruchtbarkeit der Erde); 15,11 metens omnia . . . (W üten des Krieges) und hor­ ret animus . . . (Ankündigung des Untergangs Roms); 15,12 regnum . . . (Größe Roms); 19,2 aperietur . . . und intempesta . . . (D ram atik der Parusie); 21,7 inno­ xius (Besonderheit des Feuers); 24,3 suboles . . . (Nachkommenschaft der im Tau­ sendjährigen Reich Lebenden als Zeichen ihres Glücks). Besonders augenfällig ist die Gegenüberstellung der bei Vergil begründeten Größe Roms mit dem älteren und daher gewichtigeren Zeugnis des Hystaspes von dessen kommendem U nter­ gang, siehe unten 443 mit Anm. 84. So beispielsweise bei der Herleitung des Namens Hystaspes vom Fluss Hydaspes (siehe auch unten 441 Anm. 67) und bei der Version des Tityos-M ythos (siehe unten zu 21,5 quod poetae . . . ). So nämlich erstens die Zenon zugeschriebene Lehre von einem Strafort für die Seelen

Einleitung

die Vergil mancherorts in der Argumentation einnimmt; so steht im Mit­ telpunkt zweier thematisch wichtiger Passagen, nämlich der Begründung für die leibliche Auferstehung (22,1-19) und der Darstellung des Tausend­ jährigen Reiches (24,7-14) die ausführlich eingeleitete und gerechtfertigte (22,lf.; 24,9f.) Ausdeutung von Vergil. Vom ebenfalls für Laktanz überaus wichtigen L u k re z war bereits oben (37) im Zusammenhang mit Epikur die Rede. Von Terenz stammen ei­ ne paraphrasierte und eine wörtlich zitierte proverbielle Wendung.60 Auf Ovid, den er ansonsten öfter zitiert,61 greift Laktanz im siebten Buch durch eine Anspielung auf den Epilog der Metamorphosen,62 durch einige An­ klänge an die Weltalterlehre63 und vielleicht durch einige entlehnte For­ mulierungen64 zurück. Von Horaz könnten einzelne prägnante Wendungen übernommen sein.65 Schließlich nimmt Laktanz an einer Stelle nochmals andeutungsweise auf eine bereits zitierte Passage aus Persius Bezug.66

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der Frevler (siehe unten zu 7,13 Zeno Stoicus . . . ) , zweitens eine Begründung der Leidensfähigkeit der Seele durch die Stoiker (siehe unten zu 20,8-11), und drittens die Erklärung, warum Sterbliche zu U nterweltsrichtern gemacht worden seien (siehe unten zu 22,5 indicare apud . . . ) . Siehe unten zu 2,3 in codem .. . und zu 27,3 , molendum . . . ‘ Zur N utzung des Terenz, den Laktanz ansonsten an etwa zehn Stellen zitiert, vgl. B randt II 264f. (Stellen); M essmer 116L; G oulon Citations 114f. Vgl. B randt II 261f.; L. A lfonsi, Ovidio nelle ‘Divinae institutiones’ di L a tta n ­ zio, VChr 14 (1960) 170-176; G oulon Citations 122-152; H. Le B onniec, Une interprétation chrétienne de la mythologie gréco-latine: L ’exploitation apologètique d ’Ovide par Lactance, in: P.M. M artin/C.M. T ernes (Hrsg.), La mythologie. Clef de lecture du monde classique. Hommage à R. C hevallier, Tours 1986, 75-87. Siehe unten zu 11,6 nomen indelebile. Eiserne Zeit, siehe unten zu 15,7-11 und zu 3,9 maria extruuntur . . . ; zur Goldenen siehe unten zu 26,4 intactae . . . . Siehe unten zu 15,15 uiribus suis male uteretur ; 26,2 subsident ualles\ 26,14 mo­

deramen. 65 Siehe unten zu 1,12 uirtutis uiam deserunt; 15,9 non fides . . . ; 15,15 quibus se ipsa confecit; 19,5 dux sanctae militiae. Zu Horaz bei Laktanz vgl. B randt II 255f. (mehrere Zitate); M essmer 126; G oulon Citations 121f.; O gilvie 15. 66 Siehe unten zu 21,6 quos . .. incoxerit Persius erscheint mehrfach in wörtlichen Zitaten (B randt II 263), vgl. M essmer 131; G oulon Citations 119f.; O gilvie 15.21.

Die Quellen des siebten Buches

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Christliche Quellen Biblische Schriften Laktanz verzichtet in den D iu in a e in s titu tio n e s nach eigener Aussage auf Bibelzitate, da diese nicht geeignet seien, die paganen Leser zu überzeu­ gen.1 Davon rückt er lediglich im vierten Buch ab, um anhand zahlreicher wörtlicher Zitate aufzuweisen, dass sich die biblische Prophetie in Chri­ stus erfülle.2 Dementsprechend konzentriert sich auch die Forschung auf die Zitate im vierten Buch und benennt, abgesehen von zwei (fast) wört­ lichen Zitaten im siebten Buch, für die übrigen Bücher nur Berührungen mit biblischen Texten.3 Viel diskutiert ist insbesondere die Herkunft der Bibelzitate bei Laktanz: Die ältere Forschung betont die Übereinstimmun­ gen in Auswahl, Anordnung und Wortlaut mit Cyprians T e s tim o n ia .4 Da ein großer Teil des bei Laktanz Angeführten bei Cyprian fehlt, vermutet die neuere Forschung teilweise eine zusätzliche, von Einflüssen des östli­ chen Christentums geprägte Quelle für die Bibelzitate im vierten Buch5, teilweise eine umfangreiche, antijüdische Sammlung neben Cyprian6 und teilweise die Benutzung der Vorlage von Cyprians Testimonia7. Der Befund im siebten Buch stellt sich folgendermaßen dar: Nur zwei­ mal zitiert Laktanz ausdrücklich aus der Bibel8, und zwar einmal wört­ lich, einmal in freier Wiedergabe ein Psalmenwort, das eine zu erläuternde christliche Lehre begründet, zum einen (14,9) die Gleichsetzung von tau­ send Jahren Weltgeschichte mit einem Tag der Schöpfungswoche (Ps 90,4 1 Vgl. 25,lf.; l,5,lf.; 5,5,4-7; vgl. J.-C . F redouille, Bible et apologétique, in: F ontaine/ P ietri 479-497, v.a. 490-495. 2 Vgl. die ausdrückliche Rechtfertigung der Zitate 4,5,3 und die Erläuterungen zu dieser Zitierpraxis W lo sok Bibelzitate 202-204). 3 Vgl. B randt II 241-244. O gilvie (107f.) rechnet außerhalb des vierten Buches mit zwei wörtlichen Zitaten im siebten Buch (14,9: Ps 90,4; 20,5: Ps 1,5) und einigen indirekten (5,15,9: Ps 1,5 = Lk 18,4; 6,18,33: Eph 4,26; 6,23,33: Mt 5,32; 6,23,38: Mt 5,12); vgl. ferner M cG uckin Scripture Texts 161-163 (nur Altes Testam ent); M onat Bible II 11 Anm. 63 (Einzelnes); ergiebig ist A llenbach II. 4 Vgl. B randt I p. XCIXf.; P ichon 199-203. Zusammenfassung etwa W losok Bi­ belzitate 201 Anm. 1. 5 So W losok Bibelzitate 204-213 und O gilvie 96-107, der zudem auf Unterschiede in der Textgestaltung verweist und annim m t, Laktanz verwende für das vierte Buch eine überarbeitete oder fehlerhafte Version von Cyprians Testimoniensammlung. 6 So M cG uckin Scripture Texts 150-156. 7 P. M o n a t , Étude sur le texte des citations bibliques dans les Institutions divines: la place de Lactance parm i les témoins des “Vieilles Latines”, REAug 28 (1982) 1932; ders. Bible, v.a. I 272f. (Zusammenfassung); ders., Les testim onia bibliques de Cyprien à Lactance, in: F o n t a i n e / P ie tri 499-507; übernom m en K a n n e n g i e s s e r II 994. 8 Zu deren Bezeichnungen siehe unten zu 7,9 diuinae litterae docent und zu 1,6

prophetis.

Einleitung

„Denn tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist.“), zum anderen (20,5) den Ausschluss der Heiden von der ersten Auferstehung (Ps 1,5 „Darum werden die Frevler im Gericht nicht bestehen.“).9 Für das letztere Zitat Ps 1,5 ist eine Vermittlung durch Cyprian wahrscheinlich,10 auch das erstere wird Laktanz in derjenigen Quelle vorgefunden haben, die er für die chiliastische Typologie der Schöpfungswoche verwendet, für die wiederum Ps 90,4 eine Schlüsselstelle ist11. Hinzu kommt freilich ein prägender Einfluss biblischer Texte in der Darstellung der Endzeitereignisse (Kapitel 14 bis 26): Die Hexaemerontypologie in Kapitel 14 basiert nicht nur auf Ps 90,4, sondern auch auf der Schöpfungsdarstellung im Buch Genesis.12 Die Schilderung der Befreiung des Volkes Israel aus Ägypten (15,1-3) folgt der Darstellung im Buch Ex­ odus.13 Den Endzeitereignissen, die Laktanz zu Beginn des Kapitels 16 schildert (16,1-4: Aufteilung der Herrschaft unter zehn Könige, Auftre­ ten eines Tyrannen), liegen bekannte apokalyptische Aussagen aus dem Buch Daniel und der Johannesoffenbarung zugrunde.14 Die anschließende Schilderung der Endzeitwehen greift zwar ganz unterschiedliches apokalyp­ tisches Material auf, orientiert sich anscheinend aber auch an der Escha­ tologie der Synoptiker.15 Von Kapitel 17 bis 26 übernimmt Laktanz dann aus der Johannesoffenbarung die tragenden Strukturelemente der Endzeit­ schilderung und Ausgestaltung in vielen Passagen:16 1. Ein von Gott gesandter Prophet tritt auf, dann der Antichrist, der diesen besiegt (17,1-8 nach Offb 11,3-14; 13,1-18).17 2. Die Parusie Christi ist verbunden mit einer Schlacht, in der der end­ zeitliche Widersacher geschlagen wird (17,11; 19,5f. nach Offb 17,13f.; 19,11-21).18 3. Es wird unterschieden zwischen einer ersten (20,4ff.; Offb 20,1-3) Auferstehung vor und einer zweiten (26,6; Offb 20,11-15) nach dem 9 Siehe unten zu 14,9 ante . . . unus und zu 20,5f. 10 Siehe unten 506 mit Anm. 6. 11 Zur Hexaemerontypologie siehe unten zu 14,7-14, zur Schlüsselstellung des Psal­ menwortes darin zu 14,9 ante . . . unus. 12 Vgl. F à b r e g a 132. So lehnt sich Laktanz 14,7 und 14,11 für die Sabbatruhe G ottes wörtlich an Vet. Lat. gen. 2,2f. an, siehe unten zu 14,7 Mundum . . . sanxit. Die Erschaffung des Menschen durch das W ort (14,13) basiert auf Gen 1,30 und 1,26a. Die Angabe von der tausendjährigen Lebenszeit, für die der Mensch geschaffen sei, geht zurück auf Gen 2,17 und Gen 5,5, setzt aber eine weitere D eutungstradition voraus, siehe unten zu 14,14 ut mille annis . .. 13 Siehe unten zu 15,1-6. 14 Siehe unten zu 16,1-4. 15 Siehe unten 453 mit Anm. 17 und zu 16,12 plorabunt ... 16 Insbesondere F à b r e g a (134-137) weist überzeugend nach, dass die Johannesoffen­ barung „Grundlage von L aktanz’ Chiliasmus“ (134) ist. 17 Siehe unten zu 17,1-8. 18 Siehe unten zu 19,2-7.

Die Quellen des siebten Buches

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Tausendjährigen Reich und der endgültigen Niederwerfung des Teu­ fels.19 4. Im Tausendjähriges Reich herrscht Christus zusammen mit den in der ersten Auferstehung auferweckten Gerechten (24,2-6 nach Offb 20,1- 10).20

5. Nach dem Ende des Tausendjährigen Reichs wird der Teufel noch­ mals frei gelassen und zusammen mit den Heiden endgültig vernichtet und der ewigen Strafe zugeführt; dem gegenüber steht die Vollen­ dung der Welt und das Leben der Gerechten bei Gott (26,1-7; Offb 20,7-10.14).21 Dabei arbeitet Laktanz das biblische Gut redaktionell um: Er kürzt, lässt Unerklärliches weg, fügt in den Erzählstrang der Johannesoffenbarung, der seinerseits zu einem geschlossenen Ablauf verdichtet erscheint, anderes bib­ lisches Gut ein und harmonisiert alles zu einer durchgehenden narrativen Darstellung.22 So verbindet er den Tyrannen aus der Daniel-Tradition (16,1-5), der die politische Weltordnung zerstört und den Rahmen für die Endzeitkatastrophen schafft, und den Antichrist (17,2ff.; 19,6), der mit sei­ nem Anspruch auf göttliche Verehrung und seiner Verfolgung der Gerech­ ten die letzte Bedrängnis für die Gottestreuen herbeiführt, durch die dann die Parusie veranlasst wird.23 Der Antichrist wiederum ist in den Struktur­ rahmen der Johannesoffenbarung eingefügt, obwohl er dort zwar als Typus des endzeitlichen Widersachers, nicht aber namentlich vorkommt.24 Die­ se Bemühung, möglichst viele biblische Endzeitmotive in die geschlossene Darstellung zu integrieren, führt an manchen Stellen zu dramaturgisch un­ nötigen Verästelungen in der Darstellung.25 19 Siehe unten zu 20,5f. 20 Siehe unten zu 24,2-6. Insbesondere wird das Motiv der duitas sancta (24,6) aus Offb 21,1 - 22,5 aufgegriffen. In der Offb steht das himmlische Jerusalem zwar an anderer Stelle (siehe unten zu 24,2-6), doch stim m en die Schilderungen wörtlich überein. 21 Siehe beispielsweise unten zu 26,5 renouabitur . . . und uersabuntur .. ., zu 26,6 secunda illa . . . , zu 26,7 dominus illorum . . . 22 Siehe beispielsweise unten zu 16,1-4 (Kürzung, G lättung, Kombination von Dan und Offb); 17,1-8 (Kürzung, G lättung); 24,8 leones .. . (Tierfriede aus Jes im Rahm en aus Offb); 26,1-4 (Kürzung, G lättung, Kombination von Offb mit Ez). 23 Zum Verhältnis des Tyrannen aus dem Norden zu den anderen W idersachergestal­ ten siehe unten zu 16,3 hostis . . . 24 Siehe unten zu 19,6 Antichristus. 25 So geht beispielsweise 17,10 das neutestam entliche Endzeitm otiv von der Flucht in die Berge über in das Motiv vom Völkersturm auf den Berg Zion (siehe unten zu 17,10 adm otis . . . ) , 24,6 ist von einer eschatologischen Sammlung des G ottes­ volkes die Rede. Das ist dram aturgisch überflüssig, da die Gerechten seit 17,9f. vereint sind, entspricht aber wiederum einem Endzeitm otiv (siehe unten zu 24,6 congregabuntur . . . ). Auch die Prüfung im Feuer (21,6f.) hat in ihrem vorliegenden Zusammenhang keine Funktion, denn sie bestätigt nur das Ergebnis der W ägung

Einleitung

Wahrscheinlich erarbeitet Laktanz seine Ausführungen nicht oder we­ nigstens nicht ausschließlich direkt nach den biblischen Texten, sondern benutzt Zwischenquellen. Doch aufgrund der soeben skizzierten Vorge­ hensweise, nämlich zu sammeln und zu einer Darstellung zu vereinigen (davon spricht Laktanz auch selbst, 14,17: co llecta ex o m n ib u s e t coacer u a ta s u b n e c ta m ), lässt sich nicht einmal mit Gewissheit sagen, inwieweit thematische Testimoniensammlungen zugrunde liegen, deren Verwendung die Forschung für Laktanz insgesamt einhellig annimmt,26 oder inwieweit auch sonstige christliche (Sekundär-)Literatur benutzt ist, die das bibli­ sche Gut bereits zu einer geschlossenen Darstellung aufbereitet.27 Neben dieser Benutzung biblischer Texte als Vorlage für die End­ zeitschilderung deuten zahlreiche inhaltliche Anklänge an Bibelstellen im gesamten siebten Buch auf die Vertrautheit des Laktanz mit der Heili­ gen Schrift oder christlicher Literatur, in der diese zitiert wird.28 Auch die Sprache der Vetus Latina (also der verschiedenen lateinischen Bibel­ übersetzungen, die vor der Vulgata des Hieronymus in Gebrauch waren29) scheint Laktanz mancherorts zu beeinflussen.30

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(20,6) und dient auch nicht der Läuterung. Dennoch will Laktanz sie offensichtlich einfügen und das Motiv in seinem Werk erwähnt wissen. Tatsächlich finden sich manche Bibelstellen, auf die Laktanz sich bezieht, in Cy­ prians Testimoniensammlungen, 20,5 sind diese wohl auch verwendet (siehe unten zu 20,5f.); Weiteres bietet etwa Cypr. testim . 2,28-30 (zur Endzeit); 3,20 (enthält Vet. Lat. Dan. 6,28, worauf Laktanz 16,8 prodigia [...] in caelo mirabilia zu verwei­ sen scheint); Fort. 10 (daraus vielleicht 19,1 diuino auxilio); 13 (daraus vielleicht 27,2 subtractum his labibus terrae) 11 (zur Endzeit). - Doch ist die Lage hier ähn­ lich wie bei den Zitaten im vierten Buch: Das bei Cyprian Gebotene kann nicht genügen. Zudem scheint Laktanz mehrere Zwischenquellen verwendet zu haben. Diese Ver­ m utung legen wenigstens die unterschiedlichen Blöcke nahe, die sich für die Bibelbe­ nutzung in der Endzeitdarstellung des Laktanz abzeichnen, nämlich die Herleitung der Endzeitplagen aus dem Exodusgeschehen (15,1-6), die chiliastische Typolo­ gie der Schöpfungswoche (14,7-14), der Zerfall des Reichs und der Endzeittyrann nach Daniel (16,1-4) und die Synthese von A ntichrist-T radition und chiliastischer Eschatologie der Johannesoffenbarung (17,1 - 26,7). So scheint Laktanz beispielsweise die folgenden Bibelstellen vor Augen zu haben: Gen 1,12.29: 5,12 fecunditatem uaria . . . und 6,4 cur fruges . . . ; Gen 1,27: 3,19 nimirum uidere . . . ; Gen 1,28: 4,9 (siehe unten 254) und 5,15 infinita uis . . . ; Gen 2,7: 5,13 hominem . . . ; Gen 3,5: 5,27 add. 12 uir sapiens . . . ; Gen 3,19: 5,14 corpus hominis . . . ; Weish 9,15: 1,12 sensus . . . ; Joel 30,26: 24,7 luna . . . ; Am 5,3: 16,14 ita enim . . . ; Mt 5,10: 11,4 qui . . . ; Mt 7,9f.: 4,15 ut et pisces . . . ; Mt 25,32: 17,10 segregabunt . . .; 1 Kor 1,23: 26,8 tamquam stultitiam . . . ; 1 Kor 2,7: 26,9 abscondi . . . ; Gal 5,22: 27,11 astabunt . . . ; 2 Thess 1,7: 19,5 uirtus angelorum. - Ein besonders augenfälliges Beispiel ist zudem die Einladung zum Heil 27,12f., die deutlich an Aussagen des Neuen Testam ents anklingt (siehe unten zu 27,12 ueniant . . . und 27,13 et caeci . . . ). Weiteres bei K. Z e l z e r , HLL 4 (1997) § 468. Einzelwörter: 1,9 solubile; 1,21 perditio ; 14,14 uiuificatus ; 17,6 pressura und con­ tritio ; 23,2 anastasis ; 25,8 abominabilis; ferner operatum passivisch (siehe unten zu

Die Quellen des siebten Buches

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Es steht also nicht nur die Eschatologie des Laktanz auf biblischer Ba­ sis, auch seine Sprache und seine Argumentation im siebten Buch folgen in beachtlichem Umfang biblischen Mustern.

Sonstige christliche Literatur Wie soeben ausgeführt, benutzt Laktanz möglicherweise christliche Litera­ tur zu eschatologischen Themen, es lässt sich aber nicht mehr feststellen, welche.*1 Sicher fassen lassen sich im siebten Buch jedoch nur Bezüge auf Tertullian, Minucius Felix und Cyprian, deren Kenntnis Laktanz auch aus­ drücklich bezeugt.2 Aus Tertullians A p o lo g e tic u m übernimmt Laktanz die Erläuterungen über das jenseitige Straffeuer3 und vielleicht den Gedan­ ken, dass das Ende Roms durch Gebet aufgeschoben werden könne4. Dem apologetischen Werk des Minucius Felix, dem Dialog O c ta v iu s ,5 entnimmt Laktanz anscheinend die Abfolge der Weltreiche6, einige Formulierungen über die Schöpfungsordnung7, über die Auferstehung8 und eine Wendung über die Christengräuel9, ferner vielleicht einzelne Ausdrücke10. Es fällt auf, dass Laktanz insbesondere in solchen Bereichen auf beide Autoren zurückgreift, die in der Apologetik üblicherweise behandelt werden, näm­ lich die göttliche Erschaffung der Welt, die Jenseitsstrafen, die leibliche Auferstehung, die Angriffe auf die Christen und das Verhältnis zu Rom.

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27,4 operatisque) und uirtus für , W under4 (siehe unten zu 17,2 uirtutibus). Formu­ lierungen: 3,16 in aeternum [...] esse mansurum ; 5,21 huius praesentis uitae\ 11,1 impletis [...] temporibus; 21,3 permanens in aeternum ; 26,2 nouissima ira ; 26,10 malam conscientiam ; 27,14 uirtute calcauerih Auffallend ist ein ganzer A bschnitt, der in biblischer Diktion gehalten ist, siehe unten zu 24,15 reges gentium . . . . Zum Phänom en vgl. R. B r a u n , L ’influence de la Bible sur la langue latine, in: F o n t a i n e / P ie tri 129-142. D u l a e y ( Éxégète I 316-319) verm utet, Laktanz habe den Kom m entar des Victorinus von P ettau zur Johannesoffenbarung und Commodian gekannt. Doch zeigen die genannten inhaltlichen Überschneidungen nur, dass Laktanz der Auslegungs­ tradition seiner Zeit folgt. Vgl. die Äußerungen über deren Apologetik 5,1,22; 5,4,3. 21,3-5 nach Tert. apol. 48,13-15, siehe unten zu 21,3-5. 25,8 mit Berührungen zu Tert. apol. 32,1, siehe unten 573 mit Anm. 18. Zur Benutzung des Minucius Felix bei Laktanz M. P e l l e g r i n o , Studi su l’antica apologetica, Roma 1947, 151-201. Siehe unten zu 15,13 et Aegyptios .. . Siehe unten zu 5,4 prouidentiam disponendi . . . und 6,4 cur emicent . . . ; vgl. unten zu 9,2 quoniam deus . . . Siehe unten zu 12,29 modo in homine . . . ; 12,31 sententia . . . ; 22,1 Figmenta haec esse . . . ; 22,8 corporibus innouatis ; 23,2 transire animas in noua corpora. Siehe unten zu 26,10 de pudicis .. . Siehe unten zu 1,16 uitiis immersi ; 20,9 labemque terrenam ; 26,6 dominum . . .

Einleitung

Auch im Fall des Cyprian11 lassen sich in erster Linie Spuren der apologe­ tischen Schriften bei Laktanz finden: So klingen vielleicht gesellschaftskri­ tische Motive aus A d D o n a tu m an12, und auf das Proömium der Schrift A d D e m e tr ia n u m bezieht Laktanz sich im Zusammenhang mit der Ver­ achtung, die die Heiden den Christen entgegenbringen13. Hinzu kommen weitere sprachliche Berühungen.14 Von besonderer Bedeutung für Laktanz sind Cyprians Testimoniensammlungen; auch im siebten Buch könnte ein Teil der Bibelzitate durch sie vermittelt sein.15 Von dem griechischen Apologeten Theophilos von Antiochien, dessen Werk A d A u to ly c u m Laktanz im ersten Buch erwähnt1617,scheinen die Ety­ mologie von , Sabbata7 und das chronologische Gerüst zu stammen, auf­ grund dessen Laktanz berechnet, dass das Weitende in höchstens 200 Jah­ ren bevorstehe18.

Testimonia diuina Die Belege aus dem hermetischen Schrifttum Bei den hermetischen Schriften1 handelt es sich um Weisheitsheitsliteratur aus dem synkretistischen Ägypten der ersten nachchristlichen Jahr­ hunderte, die pseudepigraphisch Hermes Trismegistos, einer Verschmel­ zung des griechischen Hermes und des ägyptischen Thot, zugeschrieben ist und die sich teilweise mit okkultistischen Einzelfragen beschäftigt, teil wei­ Zu seiner Benutzung bei Laktanz H. K och, La sopravvivenza di Cipriano nell’antica letteratu ra cristiana. Cipriano e Lattanzio, Ricerche Religiose 7 (1931) 122-132. 12 Siehe unten zu 1,15 inflati [...] inflammati und zu 27,15 diuitiis [...] fascibus [...] lt

regia potestate. 13 Siehe unten zu 1,16 contra ueritatem . . . latrant und zu 26,8 deo iubente [...] intra

nostram conscientiam teneamus 14 Siehe unten zu 5,26 caelestibus bonis . . . (Cypr. eleem. 16?); 11,2 perennes . . . pen­ dit (Cypr. m ortal. 14?). Zu Formulierungen, die mehrfach bei Cyprian erscheinen, siehe beispielsweise unten zu 1,1 uerum . . . perduximus ; 1,25 humilem ; 8,3 diuina traditione ; 14,3 caeleste praemium ; 14,8 legitimus ac plenus 19,4 ultor. 15 Siehe 16 Siehe 17 Siehe 18 Siehe 1 Das

dazu oben 48 mit Anm. 26. unten 568 Anm. 6; vgl. P errin Culture 31 If. unten zu 14,8 hic est dies . .. unten zu 25,3-6, v.a. 568 Erhaltene ist zusammengestellt als Corpus Hermeticum\ Ausgabe: N ock/ F estugière; aufgrund der Kommentierung noch immer wichtig ist die Ausgabe von S cott/ F erguson; eine deutsche Übersetzung bieten C olpe /H olzhausen. Die koptischen Übersetzungen aus Nag Hammadi (NHC) finden sich bei M ahé Hermès ediert und ins Französische übersetzt; zur Einführung jetzt etwa E beling 19-61.

Die Quellen des siebten Buches

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se ein gnostisch-theosophisches Weltdeutungsmodell entwirft.2 Unter den Christen vor Laktanz beziehen sich Athenagoras, Tertullian, Klemens von Alexandrien und Arnobius auf Hermes Trismegistos, doch in geringerem Umfang als dieser.3 Aus dem hermetischen Schrifttum, das Laktanz auch ansonsten häufig für Belege heranzieht,4 finden sich im siebten Buch zwei längere wörtliche Zitate, eines als Beleg für die Unsterblichkeit der Seele5, eines als Zeugnis für das Eingreifen Gottes und seine Sohnes in der Not der Endzeit6, und zwei paraphrasierende Wiedergaben von Lehren aus dem C o rp u s H e r m e tic u m 7 .

Laktanz verwendet die Zitate als Belege, die in ihren Aussagen mit christlicher Lehre übereinstimmten,8 geht aber auf den möglichen Ein­ wand ein, dass es sich nicht um te s tim o n ia d iu in a , sondern nur um Phi­ losophenmeinungen handle (13,4). Diese umstrittene Stellung des Hermes Trismegistos, der in Ägypten als Gott verehrt werde, aber doch ein Mensch gewesen sei und deswegen nicht zweifelsfrei den te s tim o n ia d iu in a zuzu­ rechnen sei, bringt Laktanz auch schon bei dessen Einführung im ersten Buch zum Ausdruck.9 Laktanz kennt offenbar wesentlich mehr, als erhalten ist.10 Auch über diese Zitate hinaus gibt es im siebten Buch deutliche inhaltliche Berührun­ gen mit dem C o rp u s H e r m e tic u m , und zwar zum einen in den Ausführun­ gen über die Ausrichtung des Menschen auf die Gottesverehrung11, zum anderen bei einzelnen Endzeitkatastrophen12. 2 Vgl. etwa H.J. S h e p p a r d / A . K e h l / R . W i l s o n , ,H erm etik/ RAC 14 (1988) 780808; Löw 8-34. 3 Vgl. Löw 41-78; W a l t e r 154-156; E b e l i n g 63-71. 4 Tabellarische Übersicht für Laktanz insgesamt bei W lo sok Gnosis 26lf.; Zusam­ menfassung bei O gilvie 33-36; them atische Zusammenstellung und Interpretation bei Löw 88-234; Zusammenfassung und W ertung bei W a l t e r 152-170; E b e l in g 67L, mit einseitiger Betonung der Übernahm e herm etischer Gedanken; exempla­ risch zu Ps. Apul. Asel. 8 S inisal co 88-97. 5 13,3: CH frg. 15 N o c k / F e s t u g i è r e (IV 114). 6 18,4, sonst nur erhalten in lateinischer (Ps. Apul. Asel. 26) oder koptischer (NHC VI 73,23-74,1 ( M a h é Hermès 184-186) Übersetzung. 7 4,3: CH frg. 8b N ock/ F estugière (IV 109); 9,11: CH frg. 14 N ock/ F estugière (IV 113), vielleicht identisch mit Ps. Apul. Asel. 11, siehe unten zu 9,11 quam spectationem . . . 8 Die Um deutungen herm etischer Inhalte erhellt jetzt W a l t e r (160-170). 9 1,6,1-5 (vgl. epit. 4,4; ira 11,21) zitiert Laktanz über Hermes Trismegistos auch Cic. nat. deor. 3,56. In die Nähe der Propheten rückt Laktanz ihn 6,25,10. 10 Nämlich den λόγος τέλειος im Original (daraus die Zitate 9,11 und 18,4; vgl. 4,6,4) und heute völlig Verlorenes (4,3; 13,3). 11 Siehe unten 266. 12 Siehe unten zu 14,16 mundi ultimam senectutem , 15,7-11, 15,10 prima omnium Aegyptum . . . , 16,4 noua consilia . . . , 17,9 tempus quo . . . 18,3 post enumeratio­ nem . . . und 18,4 υδατι . . .

Einleitung

Welchen Einfluss die Hermetik auf das Denken des Laktanz insgesamt ausübt, ist in der Forschung umstritten; die jüngst vertretene Einschrän­ kung auf einen rein äußerlichen Einfluss, der über die wörtlichen Wieder­ gaben aus dem C o rp u s H e r m e tic u m nicht hinausgehe, erscheint jedenfalls kaum haltbar.13 Das Apollorakel Im siebten Buch findet sich das mit sechs Versen längste von insgesamt sie­ ben Zitaten aus Apollorakeln im Gesamtwerk des Laktanz,*1 mit denen er Grundaussagen des Christentums wie den Monotheismus, die Existenz von Dämonen, die gottmenschliche Natur Christi oder, hier (13,6), die Unsterb­ lichkeit der Seele und ihre Bestimmung zum Gericht belegt.2 Laktanz gibt sie jeweils in griechischen Hexametern wieder.3 Im ersten Buch kündigt Laktanz die Belege aus den Apollorakeln zu Monotheismus und Dämono­ logie mit merklicher Distanzierung an: Er führe Zeugnisse von heidnischen 13 W ährend W lo sok ( Gnosis 222-231, ähnlich S inisal co 97) die Erlösungsvorstel­ lungen des Laktanz von Gedankengut der hermetischen Gnosis beeinflusst sieht, betont P e r r in ( L ’homme 38-40) die Geläufigkeit der anthropologischen Motive in der Soteriologie des Laktanz und nim m t an, dass der Einfluss hermetischen Ge­ dankenguts nicht über gelegentliche Benutzungen hinausgehe ( Culture 306-308). Löw (4-6; 254-257) will nur die wörtlichen Belege gelten lassen und schließt eine umfassendere H erm etik-Rezeption aus. Exemplarisch zu dieser Diskussion unten zu 9,11 quam spectationem . . . - Eine Entscheidung ist hier nicht möglich, doch sind wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zwei Anmerkungen nötig: (1) Bezüglich der Anthropologie und Erlösungslehre, wie sie Laktanz in seiner D ar­ stellung des göttlichen Heilsplans (4,1 - 6,1) zugrunde legt, liegt das Problem darin, dass, wie W lo sok ( Bibelzitate 201 Anm. 2) schon 1961 bem erkt, eine umfassende Studie zu den theologischen Quellen des Laktanz fehlt. In ein solches Gesamtbild wären die von W lo sok aufgezeigten Einflüsse der hermetischen Gnosis einzufü­ gen; und dass diese Einflüsse über das von einer apologetischen Instrum entalisie­ rung Geforderte hinausgehen, konstatiert jüngst auch (eher nolens volens) W a l ­ t e r (171). Dass natürlich weitere Faktoren hinzukommen und manche Aspekte in der Erlösungslehre des Laktanz sich nicht aus der hermetischen Gnosis herlei­ ten lassen, betonen P e r r i n und Löw ganz zu Recht, doch sind dam it W losoks Beobachtungen nicht widerlegt. (2) Die erwähnten Konvergenzen der eschatologischen Darstellung des Laktanz mit der apokalyptischen Passage Ps. Apul. Asel. 25f. zeigen, dass eine ,implizite H erm etikrezeption‘ entgegen Löw (235-242) nicht ausgeschlossen werden darf, lassen sich aber auch mit dem apologetischen Kalkül erklären, dem Leser möglichst viel V ertrautes zu bieten - so sind ja die paganen uates (14,7) als eine Quelle für die (in ihren wesentlichen Eckpunkten natürlich christliche) G esam tdarstellung der Endzeitereignisse erwähnt. 1 Zu den Apollorakeln bei Laktanz W a l t e r 192-205; F r e u n d Oracles. 2 Daneben: 1,7,1 (drei Verse: Monotheismus); 1,7,9 (zwei Einzelverse: Existenz von Dämonen); 1,7,10 (zwei Verse: Bestrafung der Dämonen); 4,13,11 (drei Verse: g o tt­ menschliche N atur Christi); ira 23,12 (drei Verse: G ott der Juden als zürnender G ott). Vgl. F r e u n d Oracles (Diskussion der Stellen und weitere L iteratur). 3 Weiteres siehe unten zu 13,5 Polites . . .

Die Quellen des siebten Buches

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Göttern an, weil diese die Heiden am meisten überzeugen müssten.4 Wahr­ scheinlich wählt Laktanz die Texte aus Sammlungen aus, die ausgehend von den Orakelstätten kursieren.5 Die Hystaspesapokalypse Die Hystaspesapokalypse ist der wohl um strittenste*1 Quellentext des sieb­ ten Buches und hier aus zwei Gründen etwas ausführlicher zu erörtern: Zum einen bietet Laktanz die wichtigste Basis für die Rekonstruktion die­ ser in Religionswissenschaft und Theologie viel diskutierten Schrift. Zum anderen hat die Einschätzung über das Ausmaß ihrer Benutzung das Bild der Eschatologie des Laktanz insgesamt zu einem nicht geringen Teil ge­ prägt. Schon der Name des Quellentextes ist umstritten: W i n d i s c h (1929) spricht von den ,Orakeln des Hystaspes‘, B i d e z / C u m o n t (1938) in ih­ rer Fragmentensammlung von der ,Apokalypse‘ des Hystaspes, B e a t r i c e (1999) hingegen hält ,Buch der Weisheit^ für den eigentlichen Titel.2 Da­ bei handelt es sich um eine (abgesehen von Laktanz) an fünf Stellen bei christlichen Autoren durch knappe Erwähnungen belegte und pseudepigraphisch unter dem gräzisierten Namen Hystaspes (persisch Vistäspa) zitierte Schrift.3 In der Figur des angeblichen Verfassers fließen wohl zwei gleichnamige Gestalten zusammen, nämlich der königliche Schutzherr des 4 1,6,17 quod genus probationis aduersus eos magis adhibere debemus quam ut eos

deorum suorum testimoniis reuincamus? 5 Die öfter geäußerte Vermutung, Laktanz greife auf die Schrift De philosphia ex oraculis des Neuplatonikers und Christengegners Porphyrios von Tyros zurück, entbehrt sicherer Indizien, siehe unten 379 mit Anm. 10. 1 Noch immer grundlegend ist die Untersuchung von W in disch (1929), dort älte­ re Literatur; zum heutigen Stand etwa B o y c e (1991) 376-381; C o l p e Hystaspes (1994); B e a t r i c e Hystaspe (1999); W a l t e r (2006) 206-213. 2 Zur Diskussion B e a t r i c e Hystaspe 361-363. Da dessen Zweifel, ob χρήσεις 'Υστάσπου (Thesoph. Tub. 2) als Titelangabe , Orakel des Hystaspes* zu verste­ hen sei, berechtigt erscheinen, wird hier der nicht authentische, aber seit B i­ d e z / C u m o n t (I 217) geläufige und zutreffend beschreibende Titel , H ystaspesa­ pokalypse* verwendet. 3 Zusammenstellung der Zeugnisse bei B i d e z / C u m o n t II 361-364 und G a u g e r 416418, noch immer maßgebliche Auswertung bei W i n d i s c h ; außer Laktanz: Just. 1 apol. 20,1 ( W in disch 26-33) Καί Σίβυλλα δέ καί Ύστάσπης γενήσεσθαι των φθαρτών άνάλωσιν διά πυρός εφασαν. 44,12 Κατ’ ενέργειαν δέ των φαύλων δαιμόνων θάνατος ώρίσθη κατά των τάς 'Υστάσπου ή Σιβύλλης ή προφητών βίβλους άναγινωσκόντων [...]. Clem. Alex. Strom. 6,43,1 ( W in disch 34-40; Zitat aus Pseudo-Paulus, Fragment 18 bei E. v o n D o b s c h ü t z , Das Kerygma P etri kritisch untersucht, Leipzig 1893 [TU 11,1], hier 124-126) Λάβετε καί τάς Έλληνικάς βίβλους, έπίγνωτε Σίβυλλαν [...] καί τον Ύστάσπην λάβοντες άνάγνωτε καί εύρήσετε πολλώ τηλαυγέστερον καί σαφέστερον γεγραμμένον τον υιόν του θεού, καί κάθως παράταξιν ποιοϋσιν τώ Χριστώ πολλοί βα­ σιλείς, μισοϋντες αυτόν καί τούς φοροϋντας τό δνομα αυτού καί τούς πιστούς αυτού, καί

Einleitung

Zoroaster4 und der Vater des Dareios, ein persischer Satrap des 6. Jahr­ hunderts vor Christus; beide gelten in der persischen Tradition als Vor­ kämpfer der wahren Religion.5 Eine gewisse Einigkeit herrscht nur darin, dass es sich um eine griechischsprachige, sich persisch gebende Samm­ lung von teilweise die Endzeit betreffenden Weissagungen handelt. In Da­ tierung (diese schwankt zwischen dem zweiten vor- und nachchristlichen Jahrhundert), historischem Rahmen (politisch-religiöse Auseinanderset­ zung mit der hellenistisch-römischen Expansion im Osten) und Inhalten scheinen sie mit der jüdischen Apokalyptik und insbesondere den Sibylle­ norakeln vergleichbar zu sein. Alles Weitere ist angesichts der schlechten Überlieferungslage umstritten: Die bis in jüngerer Zeit vertretene Annah­ me, die Hystaspesapokalypse sei ein jüdisches Werk in persischem Ge­ wand6, wird mehrheitlich abgelehnt.7 Ausgehend von W in d is c h s Einordung als „synkretistisches Offenbarungsbuch“, das „an echte parsistische Traditionen anknüpf[t]“8, betont die spätere Forschung stärker das irani­ sche Element, teils eher aus religiösem (mazdäisch-mithräisch9 oder zoroastrisch10), teils eher aus politischem (anti-hellenistisch bzw. -römisch, nationaliranisch11) Blickwinkel. Die genaue Datierung und der Entste­ hungsrahmen sind umstritten: Sicherer Terminus ante quem ist die Be­ zeugung bei Justin und Pseudo-Paulus Mitte des zweiten nachchristli­ chen Jahrhunderts (siehe oben 54 Anm. 3). Während die ältere Forschung

4 5 6

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την υπομονήν καί την παρουσίαν αύτοϋ. Lyd. mens. 2,4 "Οτι οί περί Ζωροάστρην καί Ύστάσπην Χαλδαΐοι καί Αιγύπτιοι από τοϋ αριθμού των πλανήτων έν έβδομάδι τάς ημέρας άνέλαβον. Theosoph. Tub. 2 ( W in disch 41-43) Έ ν δέ τω τετάρτω (sc. βιβλίω) ή ένδεκάτω παράγει χρήσεις Ύστάσπου τίνος βασιλέως Περσών ή Χαλδαίων, ευλαβέστατου, φησί, γεγονότος καί διά τούτο θείων μυστηρίων άποκάλυψιν δεξαμένου περί τής τού σωτήρος ένανθρωπήσεως. Ein weiteres Zeugnis aus nachantiker Zeit bei B e a t r i c e Hystaspe 379f. D atierung schwankt zwischen 1200 und dem 6. Jh d t. v. Chr., vgl. M. S t a u s b e r g , , Zoroastres4, DNP 12/2 (2002) 837f., mit weiterer L iteratur. Vgl. J. W i e s e h ö f e r , ,H ystaspes4, DNP 5 (1998) 829 [1] und [2]; C o l p e Hystaspes 1057-1060. V ertreten von M e s s i n a (Magi, 1933), v.a. 86-91 (jüdisch-christlich); D u c h e s n e G uill em in Apocalypse (1982) 757; F l u s s e r (1982), v.a. 23: Die H ystaspesapoka­ lypse sei „a Jewish apocalypse w ritten in the Roman period before the destruction of the Temple, evidently in Greek, and probably in Asia Minor, as it is connected by its Persian hero Hystaspes with Zoroastrianism .“ G i g n o u x Apocalyptique (1985) 73 und Hexaéméron 83. Beispielsweise W in disch 76-79; P e r e t t i 351-360; van R o o i j e n - D i j k m a n 113; S p e y e r 168; H inn ells 126L; B e a t r i c e Hystaspe 359f. W in disch 96 und 97. So etwa C u m o n t 69; B i d e z / C u m o n t 372; W i d e n g r e n Religionen 202f.; P e r e t t i 36 If. So etwa H innel ls 147f.; B o y c e 380; H u l t g ä r d Apocalypticism 76. So etwa E d d y 32-36; C o l p e Menschensohn 86; Hystaspes 1067-1070; B e a t r i c e

Hystaspe.

Die Quellen des siebten Buches

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die Hystaspesapokalypse nach W lN D lSC H ins erste vor- oder nachchristli­ che Jahrhundert datiert12 und als Rahmen die römischen Expansion im Osten, konkret die Mithradatischen Kriege (89 - 63 v. C hr.)13, vermutet, geht man seit E d d y (1961) davon aus, dass eine wohl persisch abgefasste anti-hellenistische Urfassung, die anlässlich seleukidischer Eroberungen im dritten oder zweiten vorchristlichen Jahrhundert entstanden war,14 später unter einem , gesamt vor derasiatischen‘15 Blickwinkel anti-römisch überar­ beitet und ins Griechische übersetzt wurde16. B e a t r i c e (1999) hingegen schlägt eine Spätdatierung ins zweite nachchristliche Jahrhundert vor und sieht den Partherkrieg Trajans (114 - 117 n. Chr.) als Anlass zur Abfassung in griechischer Sprache.17 Schließlich ist auch die verbreitete Annahme,18 dass Pseudo-Paulus und der Verfasser der Tübinger Theosophie (siehe oben 54 Anm. 3) die Hystaspesapokalypse in einer christlich überarbeite­ ten Version vorliegen hatten, nicht unbestritten19. Das für Laktanz entscheidende Forschungsproblem ist, inwieweit In­ halte der Hystaspesapokalypse aus den D iu in a e in s titu tio n e s und der E p i­ to m e gewonnen werden können. Laktanz gibt zweimal Aussagen des Hy­ staspes wieder (15,19; 18,2) und erwähnt ihn einmal als Zeugen in der E p ito m e (68,1). W i n d i s c h (1929) erkennt, dass die beiden Belege aus Hy­ staspes jeweils einer Passage in der vorausgehenden Darstellung des Lak­ tanz entsprechen (15,11; 17,10f.), und folgert daraus, dass die Hystaspes­ apokalypse nicht nur den Untergang Roms, wie Laktanz ausdrücklich sagt (15,19), sondern auch den Übergang der Herrschaft nach Asien (15,11) an­ gekündigt habe; außerdem stimme das über das Straf- und Prüfungsfeuer Gesagte (21,4-7) so weit mit parsischen Vorstellungen überein, dass die Hystaspesapokalypse als Quelle verwendet sein müsse.20 Viel weiter ge­ hen dann C u m o n t (1931) und B e n v e n i s t e (1932): Ausgehend von der These, dass Laktanz die Hystaspesapokalypse als Quelle verwende,21 ver12 W indisch 96; ihm folgen C umont 64f.; B enveniste 373f. 13 So etwa W idengren Religionen 200f.; Apokalyptik 87. 14 Zur D atierung insbesondere E ddy 32-36; C olpe Menschensohn 85-87; 104-107; Development 831-836. 15 Vgl. C olpe Hystaspes 1069E; K ippenberg Orient 44. 16 So E ddy 32-36; C olpe Menschensohn 84-87; Hystaspes 1067-1070; H innells 145-148; B oyce 378; H ultgärd Apocalypticism 74; Loreto 478-481; Mazza 6971; zurückhaltend K ippenberg Geschichte 70f. 17 B eatrice Hystaspe 364-368. 18 So etwa W indisch 74; P eretti, v.a. 355f.; S peyer 252; Loreto 478; B eatrice Hystaspe 375-378. Von einer unbestim m ten Zahl von christlichen Ü berarbeitungen scheint C olpe ( Hystaspes 1071f.) auszugehen. 19 Nach M essina ( Magi 89-91) liegt allen A utoren dasselbe Werk vor.

20 W indisch 29; 51; 96. 21 C umont (68) nennt als ein Ergebnis von W indisch, „d’avoir m ontré l’usage étendu que le rhéteur chrétien [...] a fait de l’apocalypse mazdéenee“. Vgl. B enveniste 373f.

Einleitung

gleichen sie die Eschatologie des Laktanz mit apokalyptischen Texten aus sassanidischer Zeit, um so die Hystaspesapokalypse als Zeugnis der frühen iranischen Apokalyptik zu rekonstruieren. Aufgrund übereinstimmender eschatologischer Motive in mittelpersischer Apokalyptik22 und bei Lak­ tanz nehmen sie einen umfangreichen Einfluss der Hystaspesapokalypse auf die Eschatologie des siebten Buches an. Folgenreich in der späteren Forschung ist insbesondere, dass C u m o n t (84-88) nun auch die 17,11 als rex m a g n u s eingeführte Er loser gestalt, die W in d is c h (72f.) noch aus den Sibyllenzitaten (18,5-8) erklärt hatte, der Hystaspesapokalypse zuschreibt. Nach F u c h s (1938) schätze C u m o n t die Eigenständigkeit des Laktanz stellenweise noch zu hoch ein: 16,6-1 la „scheint ganz nach dem Buch des Hystaspes gestaltet zu sein“23. Vollends bestimmend für das Bild der Hy­ staspesapokalypse in der weiteren Diskussion ist die Fragmentensammlung von B i d e z / C u m o n t (1938, II 361-376: Fragmente 11 bis 18). Darin sind neben den wörtlichen Bezugnahmen24 auch Passagen aus dem siebten Buch der D iu in a e in s titu tio n e s und der E p ito m e aufgenommen, die die Benut­ zung der Hystaspesapokalypse als Quelle für die Eschatologie belegen sol­ len25 oder die aufgrund von anderen Zeugnissen26 oder Parallelen aus der mittelpersischen Apokalyptik27 der Hystaspesapokalypse zuweisbar zu sein 22 Insbesondere zwei Texte werden zitiert: zum einen der B ahm an-Y ast (Text: C e r e t i , entspricht der Kapiteleinteilung von B. T. A n k l e s a r i a Z and-i Vohüman Yasn and Two Pahlavi Fragments with Text, Transliteration and Transcription in English, Bombay 1957; deutsche Übersetzung: W i d e n g r e n Geisteswelt 183-195; 198-208, entspricht der Kapitelzählung von E.W . W e s t , Pahlavi Texts. Sacred Books of the East V, Oxford 1880, 191-235), ein in nachislamischer Zeit, viel­ leicht im 9. Jh d t. entstandener ( C e r e t i 15-27) m ittelpersischer zusammenfassen­ der Kom m entar zum verlorenen awestischen Bahm an-Y ast wohl aus hellenistischer Zeit; zum anderen das 16., eschatologische K apitel der Jäm äsp-N äm ag betitelten m ittelpersischen Apokalypse (Text und französische Übersetzung des Kapitels: B e n v e n i s t e ; Text und italienische Übersetzung des Gesamtwerkes: M e s s i n a Li­ bro■, mit unterschiedlicher Paragraphenzählung), ebenfalls aus nachislamischer Zeit ( M e s s i n a Libro 18). Einführend etwa M. B o y c e , Middle Persian L iterature, in: B. S p u l e r (Hrsg.), Handbuch der Orientalistik, 1,4: Iranistik. 2. A bschnitt: L iteratur. Lieferung 1, Leiden/K öln 1968, 32-66, v.a. 49f.; dies./I.K . P o o n a w a l a , ,Apoca­ lyptic^ Encyclopaedia Iranica, ed. by E. Y a r s h a t e r , II, London 1987; S. S h a r e d , Dualism in Transform ation. Varieties of Religion in Sasanian Iran, London 1994, 27-51, v.a. 31. 23 F uchs 32; siehe unten 453 Anm. 20. 24 So epit. 68,1: Fragment 11a; inst. 7,15,19 als Fragment 13a, dazu 15,11; 18,1-3 als Fragment 15a, vorher ergänzt durch 17,9-11, anschließend durch 19,5-9; die Kurzfassung dazu, epit. 66,lf.l0; 67,lf ., als Fragment 15b. 25 So epit. 66,1: Fragment 11b; inst. 7,14,16: Fragment 11c; 25,1: Fragment ll d . 26 Als Fragment 12 ist 14,8-11.16f. wegen Lyd. mens. 2,4 (= Fragment 9) aufgenom­ men. 27 So 16,4-12.14 als Fragment 14a; die entsprechende Kurzfassung epit. 66,3-6 als Fragment 14b; inst. 7,21,3-7 als Fragment 16; 24,7-9 als Fragment 17, die K urz­ fassung dazu, epit. 67,3-5; inst. 7,24,5, 26,1 und Entsprechung epit. 67,2.6.

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scheinen. Was B i d e z / C u m o n t der Hystaspesapokalypse aus Laktanz zu­ schreiben, wird mit nur einzelnen Vorbehalten28 rezipiert, vor allem in der iranistischen Religionswissenschaft29, in der insbesondere der m a g n u s rex (17,l l ) 30 und die Feuerprobe (21,6f.)31 diskutiert, aber auch die durch Lak­ tanz belegte Hystaspesapokalypse als Bindeglied zwischen älterem awestischen Schrifttum und jüngerer mittelpersischer Apokalyptik angesehen32 wird. Etwas weiter als B i d e z / C u m o n t geht F l u s s e r (1982), der in 15,19 - 18,3a und 19,2-8 eine Wiedergabe der - nach seiner Ansicht jüdischen Hystaspesapokalypse sieht,33 damit aber auf Widerspruch stößt34. Deut­ lich enger als B i d e z / C u m o n t grenzt hingegen B e a t r i c e (1999) sicher fassbare Bezeugung der Hystaspesapokalypse bei Laktanz ein: Lediglich die beiden Testimonien und die Prüfung im Feuer (21,6f.) gingen darauf zurück (374), insbesondere nicht der 17,11 erwähnte m a g n u s rex (368-372). Damit ist in etwa wieder die von W in d i s c h vertretene Position erreicht.35 Tatsächlich scheint große Zurückhaltung dabei angeraten zu sein, Aus­ sagen des Laktanz auf die Hystaspesapokalypse zurückzuführen. Zur Vor­ sicht mahnen vor dem skizzierten forschungsgeschichtlichen Hintergrund zunächst drei allgemeine Erwägungen: 1. Die Annahme, dass Laktanz in großem Umfang die Hystaspesapo­ kalypse benutze, hat eine teilweise etwas unkritische Eigendynamik in der Forschung entwickelt:36 W i n d i s c h , der für lediglich drei Stel28 Zwei Beispiele: H innel ls (133) will nur solche Motive auf die Hystaspesapokalypse zurückführen, die sich nicht aus Bibel oder Sibyllenorakeln erklären lassen, gelangt letztlich aber zu einem mit B i d e z / C u m o n t vergleichbaren Bestand von Gut aus der Hystaspesapokalypse bei Laktanz. C o l p e betont zwar ( Hystaspes 1070): „Die meisten [sc. apokalyptischen Prodigien] sind so unspezifisch geworden [...], dass es keinen Sinn m acht, für sie einen jüd. oder iran. Ursprung zu erweisen“. Dann aber (Hystaspes 1073) trifft er für 16,4-14 genau eine solche Zuweisung. 29 Etwa W i d e n g r e n Geisteswelt 223-225; Religionen 202-207; Apokalyptik 121-126; C o l p e Menschensohn v.a. 86-91; 107; Development 831-833; Hystaspes v.a. 10671070; 1073; H innel ls v.a. 129-133; K i p p e n b e r g Geschichte 70; B o y c e 377-381; H u l t g ä r d Apocalypticism 75f. 30 Vgl. unten 483ff. 31 Vgl. unten 521. 32 Etwa K i p p e n b e r g Geschichte 49f.

33 F l u s s e r 24-29. 34 Etwa B o y c e 377 Anm. 63; C o l p e Hystaspes 1073f.

35 W a l t e r (208-212) folgt jüngst (2006) freilich wieder unkritisch Bidez/Cum ont. 36 Wie weit teilweise die Voreingenommenheit und Bereitschaft gehen, Aussagen des Laktanz ohne nähere Prüfung der Hystaspesapokalypse zuzuschreiben, mögen die beiden folgenden Beispiele illustrieren: W i d e n g r e n ( Religionen 201) verwechselt in seiner Übersetzung von 17,9 ( non canos quisquam reuerebitur) canos mit ccmes, vermag aber auch dies in iranischem Denken zu verorten: Hinter diesem Endzeit­ phänomen stehe die „alte, echtiranische Vorliebe für den Hund“ . - F l u s s e r 22 Anm. 29: „I must confess th a t I could come to my conclusions only because I once wanted to see the contents of the Oracles of Hystaspes and was forced to read

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len (15,11; 17,10f.; 21,4-7) über die ausdrücklichen Zitate hinaus ei­ ne Benutzung der Hystaspesapokalypse annimmt, wird später oft so verstanden, als habe er bewiesen, dass diese prinzipiell als Quelle zu­ grunde liege.37 Vor allem aber das in die Fragmentensammlung von B id e z / C u m o n t Aufgenommene wird in der Folgezeit meist38 als zweifelsfrei aus der Hystaspesapokalypse stammend aufgefasst. Zu­ dem entsteht durch Auslassungen von sicher anderweitig abzuleiten­ den Aussagen oder von Quellenangaben bei B i d e z / C u m o n t 39 der falsche Eindruck, Laktanz schreibe durchgehend eine einzelne Quelle aus, nämlich die Hystaspesapokalypse40. Inbesondere die endzeitliche Rettergestalt eines m a g n u s rex (17,11) wird fast durchweg als durch Laktanz für die Hystaspesapokalypse und somit für die ira­ nische Apokalyptik belegt angesehen, obwohl Laktanz selbst (18,2f.) ausdrücklich vom Fehlen dieser Figur spricht: Die Forschung ist meist unbesehen und stillschweigend C u m o n t s kaum haltbarer Deutung von 18,2f. gefolgt, die den m a g n u s rex für Hystaspes zu retten sucht, und hat aus dem vermeintlich iranischen , Großen König‘ weit rei­ chende Schlüsse gezogen; erst B e a t r ic e hat mit Recht das Augen­ merk wieder auf den Laktanztext gelenkt (siehe unten 483). 2. Die Unsicherheiten bei der Rekonstruktion sind in der Forschung zwar erkannt, aber nicht immer konsequent berücksichtigt worden: Lactantius himself, not having in my home any study about the Oracles.“ 23: „But the best way to persuade the readers th a t my assum ptions are right ist to quote the pertinent passages in L actantius’ Institutions , book VII themselves.“ 37 So etwa F uchs 32; K ippenberg Geschichte 70; vgl. oben 55 Anm. 21. 38 Zu den Ausnahm en siehe oben 57 Anm. 28. 39 So fehlen beispielsweise in Fragment 12 diejenigen A bschnitte, die eindeutig auf jüdische Quellen verweisen (siehe unten 62 mit Anm. 51). Ebenso sind in Fragment 14a die beiden wörtlichen Zitate aus den Sibyllenorakeln (16,11.13 - hinzu kommen noch weitere offensichtliche Abhängigkeiten von diesen, siehe etwa unten zu 16,9 aestas in hieme ; 16,12 saeuiet ferrum . . . dentibus strident) ausgelassen. Frag­ ment 14b = epit. 66,6 ( B i d e z / C u m o n t II 369, zitiert C o l p e Hystaspes 1073 als „den H .-O rakeln zuzurechnen“) endet genau vor den folgenden W orten: et ,hanc esse mundi senectutem ac defectionemi Trismegistus elocutus est. In Fragment 15a ( B i d e z / C u m o n t II 370f.) folgt auf 18,2f. unm ittelbar 19,5ff. Die dazwischen stehenden Zitate aus dem Corpus Hermeticum und vor allem aus den Sibylleno­ rakeln fallen weg. Dem als Fragment 16 ( B i d e z / C u m o n t II 373) aufgenommenen Text 21,3-7 geht 21,3 voraus: sed tamen docent nos sanctae litterae quemadmodum

poenas impii sint daturi. 40 So auch bei C o l p e ( Hystaspes 1073), der für 16,4-12 fünf Parallelen aus dem B ahm an-Y ast und eine aus dem Jäm äsp-N äm ag zusam m enstellt und aus der Be­ obachtung, dass die Entsprechungen zu 4 Es 4,51 - 5,13 weniger spezifisch seien, folgert, dass die Hystaspesapokalypse benutzt sein müsse. Im genannten A bschnitt greift Laktanz aber offensichtlich auf eine Reihe unterschiedlicher Quellen (z.B. or. Sib. 8,237f.; 341-355; Mk 13,24f. parr.) zurück. Auch unabhängig von der Fra­ ge, ob darunter die Hystaspesapokalypse gewesen sein kann, ist das Postulat einer einzigen, durchgehend ausgeschriebenen Quelle unzulässig.

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(a) Vergleichbare apokalyptische Phänomene finden sich in unter­ schiedlichen Kulturen insbesondere des östlichen Mittelmeer­ raums.41 Insbesondere gibt es Übereinstimmungen, vielleicht aufgrund gegenseitiger Beeinflussung, zwischen iranischer und jüdischer Apokalyptik.42 Um Passagen aus Laktanz mit einiger Sicherheit auf Hystaspes zurückzuführen, müsste, worauf H in n e l l s und C o l p e mit Recht hinweisen (siehe oben 57 Anm. 28), deren iranischer Charakter gesichert sein. Material, das aus der jüdisch-christlichen apokalyptischen Tradition oder als re­ daktionelle Abwandlung daraus erklärbar ist, darf keinesfalls als für die Hystaspesapokalypse gesichert gelten. Eine entsprechen­ de Überprüfung aller Hystaspes zugeschriebenen Aussagen fehlt bislang aber. (b) Für die Hystaspesapokalypse, deren Quellen und Aufbau so­ wie historische und literarische Einordnung weithin im Dunkeln liegt, gibt es keine unmittelbaren Vergleichstexte aus der ira­ nischen apokalyptischen Tradition. Die Gegenüberstellung des aus Hystaspesapokalypse Bekannten mit den ersatzweise her­ angezogenen viel jüngeren mittelpersischen Texten ergibt aber, dass trotz vieler Gemeinsamkeiten „die Unterschiede [...] im gan­ zen überwiegen“43. Daraus folgt, dass selbst exklusive Überein­ stimmungen zwischen Laktanz und der mittelpersischen Apo­ kalyptik nicht mit letzter Sicherheit eine Übernahme aus der Hystaspesapokalypse belegen und die Benutzung einer anderen apokalyptischen Quelle ausschließen könnten. So könnte beiV _ _

_ _

41 Zu den Grundlagen etwa T. O l s s o n , The Apocalyptic Activity. The Case of Jam asp Nämag, in: H ellholm 20-49, v.a. 20-31; L. H a r t m a n n , Survey of the Problem of Apocalyptic Genre, in: H ellholm 329-343; Beispiele aus dem ägyptischen, akkadischen, jüdischen, iranischen und griechischen K ulturkreis in den Beiträgen bei H ellholm und C ollins Apocalypticism. So finden sich in einem ägyptischen Un­ heilsszenario aus der M itte des dreizehnten Jahrhunderts v. Chr. (bei J. A s s m a n n , Königsdrama und Heilserwartung. Politische und kultische Chaosbeschreibungen in ägyptischen Texten, in: H ellholm 345-377, hier 347-351) folgende auch bei Laktanz vorkommenden Motive: Todeswunsch (16,12), Nahrungsmangel (16,5L), Gew alttätigkeit (16,4; 17,9), Seuchen (16,5), blutiges Wasser und W assermangel (16,7). A. V al vo , I fenomeni naturali nella “Profezia di Vegoia”, CISA 15 (1989) 116-126, zeigt, dass die Übereinstim m ungen in den Endzeiterscheinungen zwischen der Prophezeiung von Vegoia (überliefert Grom. p. I 350,17-351,11 L a c h m a n n ) und der (aus Laktanz rekonstruierten) Hystaspesapokalypse auf die Verbreitung ähnlicher Vorstellungen im etruskischen und orientalischen Raum , nicht auf eine Abhängigkeit zurückzuführen sind. 42 Vgl. etwa A. H u l t g ä r d , Das Judentum in der hellenistisch-römischen Zeit und die iranische Religion - ein religionsgeschichtliches Problem , ANRW II 19,1 (1979) 512-590; D u c h e s n e - G uill em in A p o c a l y p s e ; G i g n o u x Apocalyptique und Hexaéméron ; B o y c e / G r e n e t ; H u l t g ä r d Apocalypticism 79-81. 43 K i p p e n b e r g Geschichte 75.

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spielsweise eine Rückführung auf verlorene Sibyllinen stets den gleichen Grad an Sicherheit beanspruchen wie eine auf die Hystaspesapokalypse, da Sibyllistik und iranische Apokalyptik zahl­ reiche Übereinstimmungen aufweisen.44 3. Unbedingt in Betracht zu ziehen ist die apologetische Konzeption des Laktanz. Insbesondere in der religionswissenschaftlichen und neutestamentlichen Forschung, die Laktanz als Quellentext zur Rekon­ struktion der Hystaspesapokalypse heranzieht, wird selbstverständ­ lich vorausgesetzt, dass Laktanz in größerem Umfang und ohne sich ausdrücklich darauf zu beziehen die Hystaspesapokalypse benütze. Doch könnte es für einen solchen unmarkierten Rückgriff auf die Hy­ staspesapokalypse bestenfalls zwei Gründe geben: (a) Die Zitate sollen trotzdem vom Leser erkannt werden: Laktanz mischt Aussagen der Hystaspesapokalypse unter seine Darstel­ lung christlicher Eschatologie, weil er annimmt, dass die Le­ ser die Übereinstimmungen mit Hystaspes auch ohne Hinweis wahrnehmen. In diesem Fall würde Laktanz aber ausschließlich Leser voraussetzen, welche die Hystaspesapokalypse ganz genau kennen und solche unmarkierten Bezugnahmen verstehen. Ein solch immenser Bekanntheitsgrad ist aber an sich schon auszu­ schließen und widerspräche der Einführung 15,19. Und selbst wenn Laktanz mit einer gewissen Verbreitung der Hystaspesa­ pokalypse rechnen würde, bliebe unerklärlich, warum er sich die Möglichkeit entgehen lässt, seine Ausführungen durch den aus­ drücklichen Hinweis auf die Übereinstimmung mit Hystaspes zu untermauern.45 Selbst im Falle Vergils, dessen Kenntnis Lak­ tanz bei allen Lesern voraussetzen dürfte, zitiert er markiert und ausführlich.46 (b) Auf die Wahrnehmung der Zitate kommt es nicht an: Laktanz schreibt die Hystaspesapokalypse als Quelle aus, weil er glaubt, dort eine mit dem Christentum genau übereinstimmende Lehre zu finden. Jedoch wäre zum einen auch in diesem Fall uner­ klärlich, warum Laktanz solche Übereinstimmungen nicht apo­ logetisch nützt. Zum anderen deutet nichts in den gleich noch ausführlicher zu besprechenden ausdrücklichen Äußerungen des Laktanz über die Hystaspesapokalypse daraufhin, dass er dieser einen besonderen Gehalt an christlicher Wahrheit zuschreibt: 15,19 scheint das hohe Alter entscheidend, 18,2 korrigiert er die falsche Gottesbezeichnung, 18,3 muss er den durch den Trug 44 Vgl. C o l p e Hystaspes 1063f. 45 Solche Verweise etwa 20,1.8; 23,5. 46 Dazu der grundlegende Beitrag H a g e n d a h l Methods.

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der Dämonen unerwähnten Christus nachtragen. Auch die all­ gemeinen Äußerungen zur Quellenbenutzung und zur Überein­ stimmung christlicher Lehre mit Aussagen nicht-christlicher te ­ s tim o n ia d iu in a ergeben keinen Anhaltspunkt dafür, dass Laktanz die Hystaspesapokalypse als beinahe kryptochristliche eschatologische Quelle ansieht.47 Es darf also zunächst einmal nicht vorausgesetzt werden, dass Laktanz in größerem Umfang und durchgehend Material aus der Hy­ staspesapokalypse unmarkiert wiedergebe. Näheren Aufschluss über den Umfang, in dem Laktanz die Hystaspesa­ pokalypse benutzt, muss daher eine Sichtung der ausdrücklichen Zitate und der in der Forschung auf Hystaspes zurückgeführten Stellen bieten. Zweimal bezieht sich Laktanz in den D iu in a e in s titu tio n e s namentlich auf Hystaspes:48 15,19 wird die dem Leser offenbar nicht unbedingt bekann­ te Hystaspesapokalypse wegen ihres höheren Alters als Autorität für den kommenden Untergang Roms den vergilischen Prophezeiungen von der Sendung Roms gegenübergestellt. 18,2f. belegt Laktanz mit einem Zeugnis aus der Hystaspesapokalypse das rettende Eingreifen Gottes zugunsten der Frommen in der Endzeit, moniert aber die Erwähnung Jupiters statt Got­ tes und das Fehlen des vom Vater gesandten Gottessohnes. Beide Zitate stehen in einer Reihe von Testimonien, die jeweils für den römischen Le­ ser problematische Aussagen (Ende Roms, rettendes Eingreifen Gottes in der Endzeit) belegen sollen. Beide Zitate gibt Laktanz in indirekter Rede und angepasst an die vorausgehenden Aussagen, die durch die Testimoni­ en belegt werden sollen, wieder. Aus den beiden wörtlichen Bezugnahmen 47 B i d e z / C u m o n t (II 364-366) tragen als Fragment 11 der Hystaspesapokalypse vier Stellen zusammen, die eine Übereinstim m ung der von Laktanz entwickelten Lehre mit derjenigen des Hystaspes zu besagen scheinen: Nach 14,16 (Fragment 11c) kün­ digen gleichermaßen die saeculares und die caelestes prophetae den baldigen Un­ tergang der gealterten Welt an. Den Gedanken der senectus mundi führt Laktanz 15,14f. auf Seneca und epit. 66,5 auf Hermes Trismegistos zurück. Von Hystaspes ist in diesem Zusammenhang nie die Rede. Er wird nur für den Untergang Roms in Anspruch genommen (15,19). Dass dieser in einem Verfallsprozess stattfinden solle, kann Hystaspes natürlich gesagt haben, aus Laktanz ist das aber nicht zu entneh­ men. 25,lf. (Fragment l ld ) besagt, dass die Darstellung des Laktanz sich auf die prophetae stütze und die alienae litterae zur U nterm auerung (25,2 ut [...] confir­ marem) der eigenen Lehre herangezogen würden. Genau diesem Schema folgen die H ystaspestestim onien 15,19 und 18,2f. Auf eine darüber hinausgehende Benutzung kann daraus nicht geschlossen werden. Die Stellen aus der Epitome sind prim är aus der Zusammenfassung der Diuinae institutiones zu erklären und bieten keine Rückschlüsse auf die Quellenbenützung, so nennt epit. 68,1 (Fragment 11a) ledig­ lich die im Testimonienkapitel inst. 7,18,1-8 ausführlich zitierten Zeugen, epit. 66,1 (Fragment 11b) fasst inst. 7,14,15-17 (~ Fragment 11c) zusammen. 48 Siehe dazu unten im Kom m entar zu den jeweiligen Stellen, insbesondere 440ff. und 481ff.

Einleitung

lässt sich nicht ableiten, dass Laktanz mehr als die zitierten Aussagen ge­ kannt haben muss. Auch für eine Wertschätzung der Hystaspesapokalypse ergeben sich keine Anhaltspunkt. Vielmehr scheinen die Verbesserung des Hystaspeszeugnisses (18,2f.) und seine Stellung am Anfang einer sich steigernden Klimax eher auf eine nach der Meinung des Laktanz geringe Verlässlichkeit der Hystaspesapokalypse hinzudeuten. Aus den Worten des Laktanz (15,19) lässt sich der Schluss ziehen, dass er die Hystaspesapoka­ lypse aufgrund ihres Alters mit Blick auf die zu erwartende Autorität in den Augen des Lesers zitiert. Für folgende Stellen wurde in der Forschung eine unmarkierte Benut­ zung der Hystaspesapokalypse vermutet:49 14,8: C u m o n t nimmt als Quelle des Laktanz für die Überlegungen zur Siebenzahl als Grundlage des Chiliasmus die Einleitung der Hystaspesa­ pokalypse an,50 entsprechend erscheint ein Ausschnitt aus 14,8-11.16f. als Fragment 12 bei B i d e z / C u m o n t . Allerdings ist, was durch die Textaus­ wahl des Fragmentes bei B i d e z / C u m o n t nicht klar wird,51 der Kontext (14,7-13, dazu unten 390) geprägt von einer christlich-chiliastischen Aus­ legung der Schöpfungswoche. Es ist also nur nach einer Quelle für vertie­ fende Überlegungen zur Siebenzahl zu fragen. Hier kommt durchaus Varro in Frage (siehe unten zu 14,8 n a m e t d ie s s e p te m s u n t ... ), allerdings sind die Beispiele des Laktanz sehr allgemein und Zahlenreflexionen dieser Art öfter belegt. 15,10: B e v e n i s t e und C o l p e 52 führen den Kampf zwischen benach­ barten Städten aufgrund einer Parallele aus der iranischen Apokalyptik53 auf die Hystaspesapokalypse zurück, doch gehört das Motiv in die Topik der Endzeit kriege und hat unmittelbare Parallelen im jüdisch-christlichen Schrifttum (siehe unten zu 15,10 o m n e s g e n te s ... ). 49 C olpe ( Hystaspes 1073) sieht in 16,4-12 fünf spezifische P aralleled zum B ahm anYast, deren erste (B ahm an-Y ast 4,47f. C ereti/2,43 W idengren: das Vieh bringt weniger E rtrag und wird schwächer) unklar ist. Die übrigen vier sind berücksichtigt. 50 C umont 70f.; daneben etwa W idengren Religionen 204f.; K ippenberg Geschich­ te 71f. Die von C umont (71) und B idez/C umont (II 366) angeführte Stelle Lyd. mens. 2,4 (siehe oben 54 Anm. 3) besagt nur, dass neben anderen auch die περί τον 'Υστάσπην den sieben W ochentagen sieben Planeten zuordnen. Dieser Gemeinplatz (siehe unten 396) lässt keine Rückschlüsse über den Aufbau der H ystaspesapoka­ lypse zu. Dass für diese ein chiliastisches Schema anzunehm en sei, das demjenigen bei Laktanz entspricht, verneint C olpe ( Hystaspes 1070). 51 Alle Bezüge auf Jüdisch-Christliches (14,2: Gen 2,2f.; 14,8: Sabbat; 14,9: Ps 90(89),4; 14,13: Gen 1,24-31; 14,15: diuinae litterae als Hauptquelle) sind ausge­ lassen, so dass der Eindruck entsteht, es könne eine nicht christlich-jüdische Quelle ausgeschrieben sein. Die 14,16f. konstatierte Übereinstim m ung mit den saeculares prophetae bezieht sich ausdrücklich darauf, dass sie finem rerum et occasum post breue tempus annuntiant (14,16). 52 B e n v e n i s t e 374; C o l p e Hystaspes 1071 53 Jäm äsp-N äm ag 42f. B enveniste/16,19 M essina.

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15,11: Dass nicht nur das Ende Roms (vgl. 15,19), sondern auch die Rück­ kehr der Herrschaft nach Asien aus der Hystaspesapokalypse stammt, nimmt man seit W i n d i s c h allgemein an,54 und mit Recht (siehe unten 442). 16,1—4: C u m o n t (74f.) vermutet, dass die Kriegsereignisse nach dem En­ de Roms auf eine nicht Christ liehe, ältere Tradition zurückgingen, die Ent­ sprechungen in der iranischen habe. Jedoch gehören Kriege in die jüdisch­ christliche Topik endzeitlicher Not (siehe unten zu 15,10 f r e m e n t ubique b ella ), außerdem liegen den geschilderten Ereignissen biblische Vorlagen zugrunde (siehe unten zu 16,1-4, zu 17,1-8 und zu 19,2-7). 16,3: Seit B e n v e n i s t e führt man die Überwindung dreier Könige durch einen Feind aus dem Norden zurück auf die Hystaspesapokalypse55 und nennt als Parallele aus der iranischen Apokalyptik den Sieg eines Glau­ benskämpfers aus dem Nordiran über drei verbündete Eindringlinge56. Al­ lerdings unterscheiden sich beide Szenarien, auch lässt sich die Laktanzpassage auf das Danielbuch und die Johannesoffenbarung zurückführen (siehe unten zu 16,1-4). 16,5: C o l p e sieht eine Entsprechung zur Zerstörung von Städten im Bahman-Yast.57 Doch ist das Motiv biblisch-apokalyptisch (siehe unten zu 16,5 e r u e n tu r fu n d itu s d u i t a t e s ) . C u m o n t findet zwei in der irani­ schen Apokalyptik geläufige Motivgruppen, nämlich zum einen das En­ de der Welt durch Verbrennungen und Überschwemmungen, zum anderen Seuchen und Hunger.58 Jedoch steht bei Laktanz das Feuer neben dem Schwert; es ist also an Kriegszerstörungen, nicht an einen Weltenbrand zu denken (siehe unten zu 16,5 fe r r o atqu e ig n i und elu u ie a q u a ru m ). Seuchen und Hunger sind ein topisches Motiv endzeitlicher Kampfesschilderungen (siehe unten zu 16,5 m o r b is ... ). 16,5—7: Die endzeitlichen Naturphänomene hat man der Hystaspesapoka­ lypse zuschreiben wollen,59 da jeweils zusammen im Jämäsp-Nämag be­ einträchtigtes Pflanzenwachstum, Erdbeben (16,5) und unzeitige, daher schädliche Regenfälle60, im Bahman-Yast Regen zur falschen Zeit, schädli54 W indisch 52fL; C umont 72; F uchs 31-35; C olpe Hystaspes 1069-1071 (mit den Parallelen aus der iranischen Apokalyptik). 55 B e n v e n i s t e 375; H i n n e l l s 138; v a n R o o i j e n —D i j k m a n 114; C o l p e Hystaspes 1071. 56 Jäm äsp-N äm ag 95f. B e n v e n i s t e / 48f. M e s s i n a . 57 C olpe Hystaspes 1073 mit Verweis auf Bahm an-Y ast 5,8-10 C ereti/2,63 W idenGREN.

58 C umont 76; van R ooijen- D ijkman 115, mit Verweis auf stoische Vorstellungen, wie sie die Stoa aus iranischem Denken übernom m en habe (C umont 35-40), und auf P lut. Is. 47 (370b). Vgl. W idengren Apokalyptik 131; de J ong 199. 59 Cumont 77; B enveniste 375f.; H innells 135L; Kippenberg Geschichte 71; W i­ dengren Religionen 205; Apokalyptik 123; Lincoln 146; C olpe Hystaspes 1071. 60 Jäm äsp-N äm ag 27-29 B enveniste/ 12f. M essina; Regen zur falschen Zeit auch

Einleitung

dies Klima, Unfruchtbarkeit und Versiegen von Quellen und Flüssen (16,7) erwähnt werden61. Tatsächlich scheint ein gemeinsamer Interessenschwer­ punkt des Laktanz und der iranischen Apokalyptik im Bereich von Wetter und Wachstum zu liegen, doch lässt sich keine genaue und exklusive Par­ allele benennen62. Zudem steht die Aufzählung der Endzeitkatastrophen in einer redaktionellen Gesamtkomposition (siehe unten zu 16,5-14). Dass Laktanz in diesem Zusammenhang Elemente aus der Hystaspesapokalypse zur Gestaltung seines Gedankenganges übernommen habe, ist zwar nicht auszuschließen, doch fehlt jeder nähere Anhaltspunkt.63 16,8: Eine Verdunkelung der Sonne wird zwar auch im Bahman-Yast er­ wähnt,64 doch schöpft Laktanz hier sicher nicht aus des Hystaspesapoka­ lypse,65 sondern aus christlicher Apokalyptik (siehe unten zu 16,8 so lis te n e b r a e ).

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Bundahisn 33,30 (Zand-Akäsih. Iranian or G reater Bundahisn. Transliteration and Translation in English by B.T. A nklesaria, Bombay 1956, 281). B ahm an-Y ast 4,42-46 CERETi/2,41f. W idengren; A bsterben der Saaten ohne Er­ trag 4,18f. C ereti/2,31 W idengren. Zwei Motive haben keine genaue Entsprechung in der jüdisch-christlichen Apo­ kalyptik: Die importuni imbres bei Laktanz sind wohl eher zu starke Regenfäl­ le, die das Getreide verfaulen lassen (siehe unten zu 16,6 modo importunis . . . ) , als Regen zur falschen Zeit (siehe beide vorige Anm erkungen). Die Blüte ohne Frucht (siehe unten zu 16,6 cum in flore .. . ) hat nur ungefähre Parallelen in der jüdisch-christlichen Apokalyptik, aber auch Bahm an-Y ast 4,42-46 C ereti/2,41L W idengren; 4,18f. C ereti/2,31 W idengren spricht nur von Unfruchtbarkeit. Die vorhergehende täuschende Blüte fehlt überall. Eddy (176f.) sieht ferner Parallelen zwischen 16,5-7 (nach Bidez/Cum ont ver­ standen als Fragment der Hystaspesapokalypse) und dem apokalyptisch stilisierten Bericht über ein Erdbeben im phrygischen Apam eia bei Nikolaos von Damaskus (1. Jh d t. V. Chr., FGrHist 90 F 74 = Athen. 8,332f-333a): M ithridates habe die N atur­ katastrophe, die sich zwischen 90 und 80 v. Chr. ereignet habe, aus propagandisti­ schen Gründen in Übereinstim m ung mit der Hystaspesapokalypse schildern lassen. Doch haben beide Textpassagen nur die Motive Erdbeben, Überschwemmung und versiegende bzw. ungenießbar werdende Quellen und Flüsse gemeinsam. Allerdings lassen sich all diese Motive auf die jüdisch-christliche Apokalyptik zurückführen. Und während bei Nikolaos die genannten Ereignisse Folge des Erdbebens sind, be­ steht bei Laktanz keinerlei Zusammenhang dam it, vielmehr gehört alles in einen apokalyptischen Gesam tablauf. Darin spielen die Erdbeben nur eine untergeord­ nete Rohe: Sie und die Überschwemmungen sind eine Ursache neben anderen für die Zerstörung der ciuitates (16,5). Dass Quellen und Flüsse versiegen oder kein Trinkwasser mehr spenden (16,7), ist wohl Folge des Klimawandels (16,6) und je­ denfalls Ursache des Tiersterbens (16,8). Die anderen Endzeitkatastrophen (etwa Hunger, Seuchen, Klimawandel, U nfruchtbarkeit) kommen bei Nikolaos nicht vor, umgekehrt fehlen bei Laktanz die sicher übertriebenen, aber realistischen Elemente des Entstehens von Seen, Quellen und Flüssen, der Überflutungen durch das Meer und der Bedeckung des Landes mit Meeresgetier. Jedenfalls ergibt dies kein Indiz für eine Benutzung des Hystaspesapokalypse 16,5-7. B ahm an-Y ast 6,4 C ereti/3,4 W idengren. So C umont 77; B idez/C umont II 366; H innells 137; W idengren Religionen 205L; Apokalyptik 123.

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16,10: Die Verkürzung von Jahr, Monat und Tag wird auch im BahmanYast erwähnt.66 Denkbar wäre zwar eine Rückführung auf die Hystaspesapokalypse67, doch kennt die jüdisch-christliche Apokalyptik das Element der Verkürzung der Endzeit, aber auch der Zeiteinheiten (siehe unten zu 16,10 a n n u s ... c o a r ta b itu r ). Zudem ergibt sich die Verkürzung der astro­ nomisch definierten Zeiteinheiten bei Laktanz folgerichtig aus den vor­ her (16,9) genannten Veränderungen im Lauf der Gestirne, während im Bahman-Yast an ein für sich stehendes beunruhigendes Endzeitphänomen gedacht ist. Laktanz hat das Motiv also, wenn es aus der Hystaspesapokalypse stammt, anscheinend selbständig in seinen Gedankengang eingefügt. 16,11: Die Einebnung von Bergen wird zwar in der iranischen Apokalyptik erwähnt68, doch dürfte Laktanz das Motiv nicht der Hystaspesapokalypse entnommen haben,69 da es zum einen auch in der jüdisch-christlichen Apokalyptik sehr geläufig ist und zum anderen hier durch den Zusammen­ hang mit dem unbefahrbaren Meer und Entsprechungen im Wortlaut auf die Sibyllenorakel zurückzuführen ist (siehe unten zu 16,11 m o n te s ... a e ­ q u a b u n tu r ... ). 16,12: Der Todeswunsch findet sich zwar in der Hystaspesapokalypse,70 ist aber keineswegs exklusiv für diese,71 sondern gehört zur Topik von Ka­ tastrophen- und Endzeit Schilderungen72 und ist in der jüdisch-christlichen Apokalyptik gut belegt73. 16,14: Für die Opferraten von neun Zehnteln bei den gottfernen Menschen und zwei Dritteln bei den Frommen verweist m an74 zwar auf unsichere Ent­ sprechungen in der iranischen Apokalyptik75, doch sind beide Zahlenanga66 B ahm an-Y ast 4,16 C ereti/2,31 W idengren ( Geisteswelt 189): ,,[D]ie Sonne [sc. wird] unsichtbarer und geringer werden und das Jahr und der M onat und der Tag werden kürzer [...].“ 67 So C umont 78 Anm. 1; B idez/C umont II 369; H innells 137; W idengren Reli­ gionen 206; Apokalyptik 123; H ultgärd Apocalypticism 75. 68 Belege zusammengestellt und kom m entiert bei L i n c o l n 136-143; knapp C u m o n t 78 Anm. 2. 69 So C umont 78; van R ooijen- D ijkman 118; H innells 137; W idengren Apoka­ lyptik 124; Lincoln 143-148. 70 B ahm an-Y ast 4,49; 6,2 C ereti/2,44; 3,2 W idengren; Jäm äsp-N äm ag 16.57 B en71

veniste/7.26 M essina So C umont 79; B idez/C umont II 369; 124; C olpe Hystaspes 1073.

W idengren Religionen 206; Apokalyptik

72 Vgl. oben 59 Anm. 41. 73 Siehe zu 16,12 optabitur mors et non ueniet. 74 Cumont 79 Anm. 2; B enveniste 376; Bidez/Cum ont II 369f.; van R ooijenDijkman 119; H innells 138; W idengren Religionen 206f.; Apokalyptik 124; C o l­ p e Hystaspes 1071. 75 Ein D rittel Überlebende nur noch Jäm äsp-N äm ag § 72 nach der Übersetzung von B enveniste (361: „un tiers seul des hommes survivra“), die entsprechende Stelle (§ 35) bei M essina (115) lautet: „e non resteranno tra gli uomini che si com bat­ teranno“. Von einem Zehntel ist B ahm an-Y ast 4,54f. C ereti/2,47 W idengren die • ·

ν'

· ·

Einleitung

ben auf biblisches bzw. apokalyptisches Schrifttum zurückzuführen (siehe unten zu 16,14 ita e n im c o n fic ie tu r ... ). Insbesondere die auffällige Kom­ bination beider Opferraten fehlt auch in der mittelpersischen Apokalyptik und kann daher nicht begründet für die Hystaspesapokalypse beansprucht werden. 17,9: Dass die Hystaspesapokalypse sittlichen Verfall in der Endzeit er­ wähnt, ergibt sich aus 18,2. Unklar ist, ob und inwieweit Laktanz Elemente daraus übernimmt76. 17,10: C u m o n t führt das Motiv der Belagerung auf einem Berg, da es in der christlichen Literatur nicht belegt sei, auf mazdäisches Denken, in dem die Berge eine besondere religiöse Bedeutung hätten, und somit auf die Hystaspesapokalypse zurück.77 Jedoch ist die hinter der Darstellung des Laktanz stehende Belagerung des Berges Zion ein geläußges jüdischchristliches Endzeitmotiv.78 17,11: Der von Gott gesandte rex m a g n u s wird seit C u m o n t oft auf ei­ ne Er loser gestalt der Hystaspesapokalypse zurückgeführt,79 doch verneint Laktanz 18,2f. ausdrücklich das dortige Vorkommen einer solchen Figur80. 19,5f.: Die Rettung der auf dem Berg belagerten Frommen und den Sieg über den Antichrist durch Christus und das Engelheer stellt C u m o n t 81 neben eine endzeitliche Schlacht aus dem Bahman-Yast82, die Ahura Maz­ da von einem Berg aus kommandiert und Mithras mit seinen Engeltruppen führt. Allerdings erwähnt Laktanz 19,5 den Berg nur noch einmal, um den Bezug zur Situation 17,11 zu klären. Schilderung von Parusie (siehe unten zu 19,5 d e s c e n d e t ... ) und Sieg über den Antichrist (siehe unten zu 19,6 A n tic h r is tu s ) entsprechen völlig christlicher Tradition. 19,9: Das Ende des Götzendienstes und die Vernichtung von Tempeln und Kultzubehör führt C u m o n t 83 wegen der im Bahman-Yast von Mithras angekündigten Zerstörung der Tempel und Wiederaufrichtung der wahren

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82 83

Rede: Nach W e s t (zitiert bei C u m o n t 79 Anm. 2) fallen viele Große ab, verarm en im Exil und gehen dort zu neun Zehnteln zugrunde, nach W i d e n g r e n ( Geisteswelt 192) gibt neun Zehntel den Anteil derer an, die abfallen und verarm en, vom Tod ist nicht die Rede. Bei C e r e t i kommen wiederum neun Zehntel um, hingegen fehlt der Aspekt des Abfalls, die Betroffenen sind also Gerechte. Siehe zu 17,9 tempus quo .. . C u m o n t 83f., v.a. 83 Anm. 1; auch W i d e n g r e n Religionen 202. Siehe unten zu 17,10 admotis omnibus copiis . . . Zur Bedeutung der Berge auch im Judentum und C hristentum vgl. übrigens E. S t o m m e l / M . K l o e p p e l , ,B erg‘, RAC 2 (1954) 136-138. C u m o n t 84-88; siehe unten zu 17,11 regem magnum Dazu unten zu 18,2f.; vgl. unten 482 Anm. 7. C u m o n t 86; auch B i d e z / C u m o n t II 372f.; W i d e n g r e n Religionen 202f.; Apoka­ lyptik 125f. B ahm an-Y ast 7,27-35 C ereti/3 ,31-35 W idengren. C u m o n t 86; B i d e z / C u m o n t II 373; W i d e n g r e n Religionen 203f.; Apokalyptik 126.

Die Quellen des siebten Buches

67

Religion84 auf die Hystaspesapokalypse zurück, doch steht die Darstel­ lung ganz in der Tradition alttestamentlich-prophetischer und jüdischeschatologischer Kultkritik (siehe unten zu 19,9 n o n c o le n tu r ... a rd eb u n t).

21,3—7: Die Darstellung des Straf- und Prüfungsfeuers gilt seit W i n d i s c h als iranisch beeinflusst:85 Der Parsismus kenne die Vorstellung von einer Prüfung der Seelen in flüssigem Feuer; möglicherweise benutze Laktanz da­ her die Hystaspesapokalypse, die nach Justins Zeugnis86 die των φθαρτών ανάλωσή δια πυρός gelehrt habe. Was allerdings Justin für die Hystaspesa­ pokalypse bezeugt, ist die Lehre von der έκπύρωσις. Davon ist bei Laktanz nicht die Rede. Er spricht in Übereinstimmung mit christlicher Lehre von einem Straf- und einem Prüfungsfeuer, die nur in loser gedanklicher Ver­ bindung stehen (siehe unten zu 21,3-5 und 21,6f.). 24,3: Der Bahman-Yast erwähnt ein langes Leben der Menschen im glück­ lichen Millennium,87 doch wird das Phänomen dort mit dem medizinischen Fortschritt begründet und der Tod durch Gewalteinwirkung ausdrücklich für möglich erklärt, während bei Laktanz die Menschen aufgrund der Gna­ de Gottes in dieser Zeit gar nicht sterben und reiche Nachkommenschaft haben.88 24,7—9: C u m o n t vermutet, dass die Hystaspesapokalypse eine Beschrei­ bung des glücklichen Sonnenmillenniums enthalten haben müsse und Lak­ tanz als Quelle gedient habe.89 Doch gibt Laktanz zunächst (24,7f.) bib­ lische Heilsmotive wieder, diesen ausdrücklich gegenübergestellt (24,9f.) zitiert er dann (24,11) Vergil und führt ihn auf die Sibyllenorakel zurück (24,12-14). Elemente, die auf die Hystaspesapokalypse deuten könnten, lassen sich in dieser Komposition nicht nachweisen. Für die Benutzung der Hystaspesapokalypse bei Laktanz ergibt sich somit folgendes Gesamtbild: Deren Wiedergabe über die ausdrücklichen, aber in eigenen Worten paraphrasierten Zitate (15,19; 18,2) hinaus ist nur für 84 B ahm an-Y ast 7,36 C ereti/3,36 W idengren. 85 W in disch 29; daneben etwa C u m o n t 88; B i d e z / C u m o n t II 373f.; H inn ells 132f.; K i p p e n b e r g Geschichte 71; F l u s s e r 34f.; B o y c e 379f.; C o l p e Menschensohn 91104; Hystaspes 1071; H u l t g ä r d Apocalypticism 75; B e a t r i c e Hystaspe 374. 86 Just. 1 apoi. 20,1 = Hystaspes Fragment 6 B i d e z / C u m o n t . 87 B ahm an-Y ast 9,12 C ereti/3,53 W idengren; vgl. van Rooijen-Dijkman 140. 88 Die Fesselung des Antichrist während des Tausendjährigen Reiches (24,5; 26,1) vergleicht C umont (91 f., auch B idez/C umont II 375f.) zwar mit der endzeitlichen Fesselung und Befreiung des Drachens in der iranischen Apokalyptik (B ahm anYast 9,14-16 CERETi/3,55f. W idengren; Dinkart 7,10,10), führt deren Vorkommen bei Laktanz aber auf die christliche chiliastische Tradition (Offb 20,2), nicht auf die Hystaspesapokalypse zurück. 89 C u m o n t 89-91, B i d e z / C u m o n t II 374f. So erscheint etwa das Motiv des Tierfriedens Jam asp-N am ag 105 B e n v e n i s t e / 54 M e s s i n a ; zu Vegetarismus, Strömen von Milch und herrschender Gerechtigkeit C u m o n t 90. 's " __

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Einleitung

die bereits von W lN D lSCH erkannten Entsprechungen zu den Testimonien (15,11; 17,9-11 ohne m a g n u s r e x ) mit gewisser Sicherheit anzunehmen. Dabei ergibt sich als inhaltliche Ergänzung zu den Zitaten aber nur, dass wohl auch die Rückkehr der Herrschaft nach Asien (15,11) bei Hystaspes erwähnt war; bei den moralischen Verfallserscheinungen (17,9) ist eine si­ chere Abgrenzung zur Redaktion des Laktanz unmöglich. Ansonsten kann lediglich in der Endzeitschilderung des Kapitels 16 für einzelne eschatologische Naturphänomene (16,5f.) eine Anregung durch die Hystaspesapokalypse nicht sicher ausgeschlossen werden, wenngleich sich in der jüdisch­ christlichen Überlieferung Vergleichbares findet.90 Und selbst wenn hier etwas auf die Hystaspesapokalypse zurückginge, wären es nur konkrete, konzeptionell unbedeutende Einzelmotive, die Laktanz ergänzend in seine eigene, sorgsam redigierte und auf mehrere Vorlagen gestützte Darstellung eingefügt hat. Rückschlüsse auf die Gestalt der Hystaspesapokalypse kön­ nen daraus nicht gezogen werden. In welcher Form schließlich Laktanz die Hystaspesapokalypse vorlag, lässt sich anhand der knappen Aussagen und Zitate nicht sicher klären. W lN D lSCH will, da Laktanz lateinisch zitiere, eine lateinische Übersetzung nicht ausschließen.91 O g il v ie hingegen nimmt eine griechische Zwischen­ quelle an, nämlich eine apologetisch ausgerichtete christliche Orakelsamm­ lung; doch dagegen spricht die Art der Benutzung bei Laktanz und der Ver­ gleich mit der Tübinger Theosophie, in der nach O g il v ie dieselbe Samm­ lung verwendet sei.92 Für die Annahme aber, dass eine christliche Vorlage 90 Siehe oben 64, v.a. Anm. 62; zur Verkürzung von Jahr, M onat und Tag siehe oben 65 und unten zu 16,10 annus . . . 91 W indisch 95; B oyce 377. 92 O gilvie 54f.: Da beide Zitate in indirekter Rede überliefert seien, paraphrasiere Laktanz Griechisches (wie 15,18 aus or. Sib. 8,171-173). Er benutze dabei eine be­ reits christliche Zusammenstellung in griechischer Sprache, die auf Porphyrios’ De philosophia ex oraculis reagiere und neben them atisch zusam mengestellten Apollund Sibyllenorakeln und dem gleichermaßen übersetzten Varronischen Sibyllenkata­ log (1,6,7-12) ebenfalls Hystaspesorakel enthalten habe. Auch die Tübinger Theo­ sophie enthalte Sibyllenorakel, Apollorakel, H ystaspeszitate und Angaben Varros über die Sibyllen, sie benutze dieselbe Quelle. - Folgendes ist aber zu bedenken: (1) Auch wenn Laktanz vereinzelt Sibyllinen paraphrasiert, unterscheidet sich de­ ren wörtliche und häufige Zitation doch deutlich von den beiden H ystaspeszitaten. (2) Auch deren Stellung im Kontext bietet nichts, was auf eine solche Quelle hinwiese, im Gegenteil: 15,19 geht ein Senecazitat voraus, 18,1-8 wäre M aterial aus jener Zwischenquelle (Hystaspes, Sibyllinen) mit einem geschickt ausgewählten und genau eingepassten Zitat aus dem Corpus Hermeticum verbunden. Man muss also ohnehin von einer selbständigen Auswahl und Zusammenstellung des Zitatm aterials durch Laktanz ausgehen. (3) Die Tübinger Theosophie (2, siehe oben 54 Anm. 3) erwähnt eine heute verlorene Sammlung von χρήσεις Ύστάσπου. Was diese enthielt und ob Laktanz diese gekannt hat, ist völlig unklar. Entscheidend gegen O gilvies Annahme spricht aber, dass der Äußerung in der Tübinger Theosophie offenbar die christliche Ü berarbeitung der Hystaspesapokalypse zugrunde liegt. Diese wiederum

Die Quellen des siebten Buches

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Laktanz die Anregung zur Benutzung der Hystaspesapokalypse gegeben oder deren Kenntnis vermittelt hat, spricht, dass die erhaltenen älteren Zeugnisse (siehe oben 54 Anm. 3) ausschließlich aus der christlichen Lite­ ratur stammen. Andererseits kennt Laktanz die christliche Überarbeitung der Hystaspesapokalypse offensichtlich nicht und erwartet von den Testi­ monien aus der Hystaspesapokalypse in erster Linie Wirkung bei den paganen Lesern, die also dergleichen Schrifttum gekannt und geschätzt haben müssen. Vielleicht liegt im Fehlen eines rhetorisch doch sicher wirkungs­ vollen (griechischen?) Zitats sogar ein Indiz dafür, dass Laktanz nichts Wörtliches aus Hystaspes zur Verfügung hatte und ihm, dem heutigen Überlieferungsstand ähnlich, nur eine punktuelle indirekte Wiedergabe von Aussagen der Hystaspesapokalypse vorlag oder in Erinnerung war. Die

O ra cu la S ib y llin a

Die Sibyllinischen Orakel*1 sind eine in zwölf Büchern überlieferte jüdisch­ christliche Sammlung von Weissagungen in griechischen Hexametern, die in ihrem Kernbestand (Buch 3) bis ins 3. (?) vorchristliche Jahrhundert zurückreicht.2 Schon vor Laktanz werden die Sibyllenorakel in der Apolo­ getik zitiert, insbesondere bei Theophilos von Antiochien.3 In seiner auf Varro fußenden Einführung dieser Quelle erläutert Laktanz, dass die von ihm benutzten Sibyllinen das gleiche hohe Alter (vor Homer) und die glei­ che Autorität hätten wie die seit Tarquinius Priscus in Rom verwahrten lib ri S ib y llin i der Sibylle von Cumae (1,6,7-13). Auch verteidigt er diese Quelle gegen den Vorwurf, eine christliche Fälschung zu sein (4,15,26f.). Aus den Sibyllenorakeln zitiert Laktanz insgesamt häufig,4 besonders aber

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dürfte Laktanz, wie 18,2f. zeigt, kaum gekannt haben. Die Tübinger Theosophie muss ihr Wissen um die Hystaspesapokalypse (auch) aus einer Laktanz nicht zu­ gänglichen Quelle schöpfen. Text: G e f f c k e n ; deutsche Übersetzung (Auswahl): G a u g e r (nach K u r f e s s ). Vgl. etwa J.J. C o l l i n s , The Development of the Sibylline Tradition, ANRW II 20,1 (1987) 421-459; V. N i k i p r o w e t z k y , La Sibylle juive et le ‘Troisième Livre’ des ‘Pseudo-O racles Sibyllins depuis Charles Alexandre, ANRW II 20,1 (1987) 460-542; J.J. C o l l i n s , Seers, Sibyls and Sages in H ellenistic-Rom an Judaism , Boston/L eiden 1997, 181-238; G a u g e r 333-459; H. S c i u r i e , , Sibylle IP, LThK3 9 (2000) 554L Zudem bei Justin und (in innerchristlichen Schriften) Tertullian, vgl. B. T h o m p ­ s o n , Patristic Use of the Sibylline Oracles, Review of Religion 16 (1951/52) 115136, v.a. 128-136 mit einer Auflistung der Zitate; P a r k e Sibyls 152-173; O gilvie 28; jetzt umfassend unter Berücksichtigung auch der paganen und der jüdischen Nutzung von Sibyllenzitaten S fameni G a s p a r r o 505-548. Vgl. B r a n d t II 258 -2 6 1 ; P icho n 209-213; F à b r e g a 130-132; G uil l a um in 186194; P a r k e Sibyls 163L; O gilvie 28-33; S fa meni G a s p a r r o 548-552; P e r r in Culture 305h; W a l t e r 172-191.

Einleitung

im christologischen vierten Buch und im siebten5: Laktanz führt hier in achtzehn wörtlichen Wiedergaben insgesamt 45 Verse ganz oder teilweise an.6 Hinzu kommen vier namentliche Hinweise auf Aussagen der O ra cu la S ib y llin a 7 und zahlreiche Übernahmen von Motiven in der Endzeitdar­ stellung8. Die wörtlichen Wiedergaben erscheinen meist zu Zitatennestern zusammengestellt9 und konzentrieren sich im Hauptteil der Endzeit darstellungen, und zwar in den narrativen oder deskriptiven Passagen, während die paraphrasierenden Hinweise auf Inhalte der Sibyllenorakel in argumen­ tativen Abschnitten außerhalb der eschatologischen Schilderung stehen10. Offensichtlich dienen die Zitate also nicht nur als Belege, sondern auch der Dramatisierung und verleihen der Darstellung einen geheimnisvollen, orientalischen Nimbus.11 Laktanz kennt, wie zahlreiche Abweichungen im Wortlaut nahe le­ gen,12 die Sibyllenorakel in einer anderen Version, als sie heute durch die handschriftliche Überlieferung erhalten sind. Auch beschränken sich seine Zitate einerseits auf die (heutigen) Bücher 3 bis 813, andererseits kennt er Passagen, die in der direkten Sibyllenüberlieferung fehlen14. Was Laktanz 5 Vgl. O gilvie 31. 6 16,11: or. Sib. 8,239; 16,13: or. Sib. 7,123; 18,6: or. Sib. 5,107-110; 18,7: or. Sib. 3,652f.; 18,8: or. Sib. 8,326-328; 19,2: or. Sib. frg. 6 G effcken; 19,9: or. Sib. 8,224; 19,9: or. Sib. 3,618; 20,2: or. Sib. 3,741-743; 20,3: or. Sib. 8,241f.; 20,4: or. Sib. 8,413-416; 23,4: or. Sib. 4,40-43.187.189(=46); 24,1: or. Sib. 8,81-83; 24,2: or. Sib. frg. 4 G effcken; 24,6: or. Sib. 5,420f.; 24,12: or. Sib. 3,788-791.794; 24,13: or. Sib. 3,619-623; 24,14: or. Sib. 5,281-283. 7 7,8: göttliche Erschaffung der Welt, wohl or. Sib. frg. 5 G e f f c k e n , zitiert 2,11,18; 13,6: Auferstehung zum Gericht, wohl die Zitate 20,2-4; 15,18: Untergang Roms, vielleicht or. Sib. 5,151-161; 25,7: W ortspiel Roma - ρύμη nach or. Sib. 3,364; 8,165. 8 Siehe vor allem unten zu 16,12 saeuiet ferrum . . . sowie 420 Anm. 51 und 453 Anm. 18; vgl. ferner unten zu 15,10 prima omnium . . . ; 15,11 peragrabit . . . ; 16,5 eluuie . . . ; 16,7 fontes . . . ; 16,9 aestas . . . ; 16,10 annus . . . ; 16,12 orabunt . . . ; 16,14 ita enim conficietur . . . ; 17,5 solem . . . ; 19,5 cadet . . . 9 So 16,11-13; 18,6-8; 20,2-4; 24,lf.6; 24,12-14. Alleine steht nur 19,2, siehe unten Anm. 11. 10 7,8: W ahrheit in der paganen Philosophie; 13,6 Beleg für die Unsterblichkeit der Seele; 15,18: Notwendigkeit, dass Rom untergeht; 25,8 D atum des Weitendes. 11 Besonders augenfällig ist diese dram atisierende Funktion beim Zitat 19,2. Es steht wirkungsvoll alleine und schildert die übernatürlichen U m stände der W iederkunft Christi: eine Feuererscheinung m itten in ßnsterer Nacht. 12 Siehe beispielsweise unten zu 18,6 ήξει . . . , 18,8 fcppocaGf . . . , 24,14 εύσεβέων . . . 13 Aus dem sechsten Buch der oracula Sibyllina findet sich kein Zitat im siebten Buch der Diuinae institutiones , hingegen 16,13 das einzige aus dem siebten Buch der Sibyllenorakel; insgesamt, auch beim Schwerpunkt der Zitate aus dem d ritten und achten Buch, entspricht das siebte Buch dem Befund der Diuinae institutio­ nes überhaupt, vgl. die Übersicht B randt II 258-261 und die Zusammenstellung G uil l a um in

187.

14 Im siebten Buch 19,2 (or. Sib. frg. 6 G e f f c k e n ) und 24,2 (or. Sib. frg. 4 G e f f ­ c k e n ), ansonsten etwa 1,8,3 (or. Sib. frg. 3,If. G e f f c k e n ), 2,11,18 (or. Sib. frg. 6 G e f f c k e n ), weitere Fragmente G e f f c k e n 231-233. Ein Teil dieser Fragmente ist

Zu Sprache und Stil

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also vermutlich vorliegen dürfte, ist eine aus sechs Büchern - den heutigen Büchern 3 bis 8 - bestehende, bereits christlich überarbeitete Sammlung, die einer älteren Redaktionsstufe angehört als spätere sekundäre Zeugnis­ se und als die direkte Überlieferung.15 Diese sechs Bücher weist Laktanz unterschiedlichen Sibyllen zu, wobei er lediglich die E ry th re a namentlich zitiert16, der er das dritte Buch zuweist.17 Laktanz schreibt im siebten Buch wie auch sonst den Sibyllenorakeln eine weitgehende Übereinstimmung mit der christlichen Lehre zu, und zwar in Äußerungen (vgl. 7,8; 19,9), aber auch dadurch, dass er Aussagen über die Endzeit unmittelbar aus den Sibyllenworten ableitet (vgl. 19,2.9; 20,24). Auch stehen die O ra cu la S ib y llin a in den als Klimax angeordneten Testimoniensammlungen an letzter Stelle.18

Zu Sprache und Stil Charakteristisch für Sprache und Stil des Klassizisten Laktanz ist seine Cicero-Nachahmung.1 Diese zeigt sich in der Anwendung des Klausel­

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auch bei Theophilos von Antiochien belegt, aber nicht alle, so dass Laktanz nicht allein von jenem abhängen kann; vgl. G uillaumin 188f. So überzeugend G uillaumin 196-198, Skizze 199. Ihr wichtigstes Argument ist, nach A. M ancini, Sull’acrostico della Sibilla Eritrea, SIFC 4 (1896) 537-540, das Akrostichon or. Sib. 8,217-250, das Const, or. s.c. 18 zitiert ist, das aber Laktanz, der ebenfalls Verse daraus wiedergibt (224: 19,9; 239: 16,11; 241b: 20,3), nicht erwähnt. W ahrscheinlicher, als dass ihm dergleichen nicht erwähnenswert erschien, ist, dass es in seiner Vorlage noch nicht vorkam. - Ü berhaupt besteht Einigkeit darin, dass Laktanz ungefähr das kennt, was heute in den Büchern 3 bis 8 der Sibyllenorakel enthalten ist (G effcken LIII; K urfess Siyblle 11; siehe aber unten 523 Anm. 16), wobei das Ende von or. Sib. 3 (809-814) und der Beginn von or. Sib. 8 (1-3) mit den Angaben des Laktanz (1,6,13; ira 23,3) übereinstim m en, und dass Laktanz eine ursprünglichere Version vorliegen hat, als die handschriftliche Überlieferung sie bietet (vgl. G effcken XVII-XXX; O gilvie 29-33). 19,9; 20,2; 24,12. Zur Erklärung dieses Vorgehens vgl. 1,6,13. So m arkiert Laktanz öfter mit der Angabe alia bei aneinandergereihten Zitaten den (nicht) vollzogenen Wechsel von einer Sibylle zur anderen, das heißt von einem Buch zum anderen, so nämlich 18,7 (5 zu 3); 18,8 (3 zu 8); 20,3 (3 zu 8); 20,4 (Verbleib in 8); 24,2 (8 zu Fragm ent); 24,13 (Verbleib in 3); 24,14 (3 zu 5). Siehe unten zu 13,1-6 und zu 18,1-8. B randt (II 363ff.) träg t in seinem Index viele wichtige stilistische Beobachtungen zusammen. Limberg stellt Nachklassisches in Syntax und W ortschatz bei Laktanz zusammen. P ichon (284-333) gibt eine G esam tdarstellung vom Stil des Laktanz. Viele wichtige Beobachtungen zu einzelnen Phänom enen im Rahm en textkritischer Anmerkungen zu B randts Ausgabe finden sich bei S tangl. G laesener stellt Nachklassisches in der Verbal- (Modes) und K asussyntax ( Syntaxe ) zusammen sowie Bedeutungsverschiebungen (Signification 14-26 als nachklassisches Phäno­ men); ferner: ders., Note additionnelle, MB 5 (1901) 316f., Nachträge zu Syntaxe

Einleitung

rhythmus*2, im Periodenbau3, in den zahlreichen wörtlichen Zitaten aus dem Klassiker (siehe oben 40ff.) - so schon programmatisch in den ersten Worten des siebten Buchs (1,1) - und in der Übernahme von Wendun­ gen4 und Einzelwörtern5. Zu dieser Orientierung am Vorbild Cicero und zum Streben nach L a tin ita s gehört auch, dass sich Laktanz am klassischen Wortschatz und der Grammatik ausrichtet. Trotzdem finden sich zahlreiche nachklassische Elemente in seiner Spra­ che: So übernimmt er viele erst nach Cicero üblich gewordene Wortbil­ dungen6, rhetorisierende Wendungen der nachklassischen Kunstprosa, die

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und Mode, sowie: Les néologismes de Lactance, MB 5 (1901) 293-315, eine Auf­ listung ungewöhnlicher Wörter; dazu insgesamt S. B r a n d t, ALL 12 (1902) 437. E g g e r ordnet die Cicero-Nachahmung des Laktanz ein, W o jtc z a k ( Cicero) un­ termauert sie mit statistischem Material zu Periodenbau und Rhythmus sowie Re­ miniszenzen. MoNAT(/nst. V / l 73-97) gibt (mit Material aus dem fünften Buch) eine umfassende Einführung in Wortschatz und Stilistik des Laktanz. C. In gremeau, Faits de langue tardive, effets de style, ou problèmes textuels? (Quelques exemples chez Commodien; bilan sur le livre VI des Institutions divines de Lac­ tance), RecAug 29 (1996) 113-125, stellt Zweifelsfälle von nachklassischer Sprache oder Textverderbnis vor. Weiteres unten 74 Anm. 17. Zum Klassizismus des Lak­ tanz vgl. schon N o rd en Kunstprosa II 582. Die stilistische Cicero-Nachfolge des Laktanz untersuchen insbesondere W o jtc z a k Cicero und E g g e r . So zeigt W o jtc z a k ( Cicero 7-30) in einer umfassenden Statistik, dass Laktanz sich offensichtlich in der Wahl der Klauselformen strikt an Cicero orientiert. Bereits N ord en (Kunstprosa II 946) notiert, dass beide Autoren auch die vergleichsweise flexible Handhabung des Prosarhythmus verbindet; zu dessen Besonderheiten und den Übergang auf den Cursus vgl. C asey Clausulae. W o jtc z a k ( Cicero 31-57) zeigt, dass die durchschnittliche Periodenlänge bei Lak­ tanz im Vergleich mit Tacitus, Seneca, Sallust und Cicero der des Letzteren am nächsten steht. Siehe unten zu 1,11 coniecturis . . . ; 1,13 opum . . . ; 1,18 capiunt . . . ; 1,23 Aggre­ diar . . . ; 3,2 nonne aperte . . . ; 3,3 uno naturae . . . ; 3,9 ne arari . . . ; 3,18 ceterarumque animantium ; 4,5 insumit operam ; 4,12 ingens . . . ; 4,16 uis . . . ; 5,2 omnem philosophiam . . . ; 5,23 animi . . . ; 6,2 animas . . . ; 7,2 philosophiam . . . ; 7,2 quod est . . . ; 7,5 repudiare . . . ; 8,7 haec fere . . . ; 8,8 eloquentia . . . ; 9,1 properat . . . ; 9,4 mentis oculis; 9,7 sentiens . . . ; 9,10 nihil eas . . . und caeleste . . . ; 9,15 acerbis .. . ; 9.17 uoluptas . . . ; 10,1 ea quae uirtuti repugnant; 10,4 sibi domicilium . . . ; 12,7 uno temporis puncto ; 13,1 auctoritate . . . ; 13,5 maius . . . ; 13,11 mentis acies und uis ac ratio ; 14,4 mundi . . . ; 14,5 ad scientiam . . . ; 14,8 rerum . . . ; 15,8 confun­ detur . . . ; 15,12 nihil est . . . ; 15,14 non inscite ; 16,5 eruentur . . . ; 17,9 officium pietatis ; 20,7 fortasse . . . ; 20,8 animas . . . ; 21,3 igni sempiterno ; 21,5 sensum . . . ; 24,13 ubertate rerum ; 25,1 esset infinitum ; 25,2 in his . . . ; 25,5 compleatur . . . ; 25,6 res ipsa declarat; 26,11 emergente . . . ; 26 13 illi . . . ; 26,14 cum summa . . . ; 26.17 cotidianis . . . ; 27,10 uitam . . . Siehe unten zu 2,4 ex im m ensitate . . . ; 3,16 ruinosum ; 3,21 prouisione', 4,12 com­ prehensibili', 5,5 inuentione . . . ; 5,6 ad contemplationem su i; 8,6 ex concretione . . . ; und indiuiduum \ 9,1 celebrabitur; 12,5 dogma', 17,2 perditor', 20,7 patibilis. So infructuosus (1,4); plana camporum (3,25); temporalis (4,12); ordinatio (4,17); sequella (5,20); purificare (5,22); eneruatus (5,23); conflictatio und inniti (5,27 add. 6); consummatio (14,6); ad praesens (15,4); inualescere (15,7); innauigabilis (16,11); innouatio (23,3); adustio (26,1).

Zu Sprache und Stil

73

etwas zum Pathos und zur Redundanz neigen7, ferner bestimmte Kon­ struktionen, die erst von der Silbernen Latinität an geläufig sind8, schließ­ lich zeigen sich in der Grammatik einzelne nachklassische Phänomene9. Stellenweise erweist sich Laktanz auch von Seneca stilistisch beeinflusst. 10 Schließlich übernimmt er, wie in der nachklassischen Kunstprosa üblich , 11 immer wieder dichterische Wendungen, inbesondere aus Vergils Werken, namentlich der Aeneis. 12 Manche Wörter erscheinen erstmals bei Laktanz 13 oder nur bei ihm14. Ihr semantischer Schwerpunkt liegt in der Darstellung christlicher Lehre für ein paganes Publikum und in der Beschreibung des göttlichen Schöpfungs­ und Heilsplans. Hierfür neue Wörter zu schaffen oder ganz ungewöhnliche zu verwenden, erscheint als Darstellungsmittel, das in Ciceros Bemühung, für die philosophische Terminologie des Griechischen lateinische Entspre­ chungen zu finden , 15 bemerkenswerte Parallelen hat. Einzelne Wendungen, die ansonsten selten und später erscheinen, könnten wiederum Stileigen­ tümlichkeiten des Laktanz oder in seiner Zeit, aus der wir kaum Vergleich­ stexte haben, üblich sein. 16 7 Etwa acies luminum (9,3); redire protinus (10,3); in actu suo (10,8); morte fungi (10,11); consequens est ut und finem accipere (11,1); in melius reformari (14,6); nec mirum debet cuiquam uideri (15,12); quid ergo mirum si (21,2); nomen gerere (26,9); opera consummare (26,17). 8 Beispielsweise superest ut (1,23); clarum est m it Aci (4,10); Einleitung einer O ratio obliqua mit argumentari (8,4); ualere mit Infinitiv (15,16); incubare mit D ativ (19.1) ; exhortari ad (27,1); mereri mit Infinitiv (27,4). 9 So etwa der nichtenklitische Gebrauch des Indefinitpronomens quis (1,17); der par­ titive Genitiv nach (substantiviertem ) Adjektiv im N eutrum Plural: plana cam­ porum (3,25); quamquam mit K onjunktiv (4,2; 5,27 ad d .l); intellegere quia (4,18; es handelt sich aber um ein Zitat aus dem Werk des Asclepiades); Reziprozität mit inuicem (5,23); die Verbindung zweier Synonyme dadurch, dass eines in den Ge­ nitiv tritt: mysterium diuini sacramenti (22,6); die Erweiterung einer Zeitangabe mit dem Genitiv: post mille annis mortis suae (22,8). 10 Siehe unten zu 1,9 sub uisum oculorum uenit\ 4,6 in superuacuum\ 5,25 eniti ad summum ; 5,27 add. 6 innitur ; 10,4 in omni actu\ 14,12 circuitus annorum ; 15,16 bellis lacerata; 22,4 in parte [...] in parte ; 22,5 rectorem caeli; 26,17 in forman­ do . . . ; 27,8 annis in senectutem uergentibus. 11 Vgl. N orden Kunstprosa I 286f. 12 E tw a uana somnia (3,24); mortis expers (11,5); bella fremunt (15,10); das Bild vom Niedermähen (siehe unten zu 15,11 metens omnia . . . ) ; seruitium ferre (15,14); siehe zu 27,7 adoperta. Siehe auch oben 43 Anm. 57f. (Vergil) und 44 (Ovid und Horaz). 13 So etwa interfusio (3,25); ineloquibilis (5,9); confectrix (11,5), tangibilis (11,9), fabricatrix (12,15), brutescere (12,24); praemonstratio (14,12); praesignificatio (15,4); extinguibilis (20,9). 14 Insbesondere mirabilitas (4,1), illicibilis (27,1); ineluibilis (20,9 und ira 24,10). 15 Dazu beispielsweise H.-J. H artung, Ciceros M ethode bei der Übersetzung grie­ chischer philosophischer Termini, Diss. Hamburg 1970. 16 Hauptsächlich alicui ratio quadrat (3,17 und öfter) und in testimonium uocare (13.2) .

Einleitung

Freilich steht Laktanz auch unter dem Einfluss der christlichen Latinitä t:17 Abgesehen von christlichen Schlüsselbegriffen wie p r o p h e ta , m y s te r i­ u m (beide 1,6), s a c r a m e n tu m (3,14), an gelu s (5,9), a rca n u m (6,2), a n a s ta ­ s is (23,2) und verschiedenen Ausdrücken für die Bibel18, klingt mehrfach gedanklich und sprachlich die Vetus Latina an19. Öfter verwendet Laktanz Wörter, die sich erst in der christlichen Latinität finden,20 und für diese charakteristische Wortbedeutungen oder Formulierungen21. In einzelnen Wendungen ergeben sich Anleihen bei Minucius Felix22 und Cyprian23. Auffällig sind zwei Passagen, an denen sich Christliches inhaltlich und sprachlich verdichtet, nämlich die Schilderung des Taufmysteriums und seiner Funktion im Heilsplan (5,22) sowie der Schluss des Epilogs24, wo Laktanz eine für Christen offenkundige, für pagane Leser metaphorisch zu verstehende Einladung zu Taufe und Eucharistie ausspricht (27,12-14), dann zur Martyriumsbereitschaft auffordert (27,15f.). Kennzeichnend für Laktanz ist schließlich eine durchgehend rhetorisierte Kunstprosa. Von der Schulrhetorik herkommend, wendet Laktanz natürlich im ganzen Text Mittel der sprachlich-stilistischen Ausgestaltung an,25 besonders aber an hervorgehobenen, gedanklich wichtigen Stellen. Charakteristische Fälle, die auch die Funktionalisierung der Stilmittel ver­ deutlichen, sind beispielsweise: 17 Zu den christlichen Elementen in der Sprache des Laktanz vgl. G l a e s e n e r Signi­ fication 5-13; M o h r m a n n 165-176; V. Loi, Origini e caratteristiche della L atinità cristiana, Roma 1978, 30-32; ders. Genitivo (zum Adjektivgebrauch des Laktanz). Eine G esam tdarstellung zur theologischen Terminologie des Laktanz bietet ders., Lattanzio. 18 Siehe unten zu 7,9 diuinae litterae . . . 19 Siehe oben 48. 20 So beispielsweise reuelare (1,11); perditio (1,21); corruptibilis (3,11); spiritalis, vor Tertullian nicht belegt (5,19); inuisibilis (9,7); pressura (17,6); inextinguibilis (19,5). 21 Etwa pacificus für die Heilszeit (2,1); in aeternum manere (3,16); temporalis mit Antonym (4,12); instituta für die , Schöpfungseinrichtungen* (4,18); secunda mors (10,10); im m ortalitatem accipere (13,2); uita perennis (11,1); consummatio für die Vollendung der Welt (14,6); transitives benedicere (14,11); (se) conuertere für ,(sich) bekehren* (17,2; 22,14; 27,9); in m anus tradere (19,5); diuortium für die Trennung von Leib und Seele (20,10); descendere super (26,1); sancti prophetae (26.8) ; opera iustitiae (26,11); exempla praebere (26,15); abscedere für ,sterben* (27.8) . - M ancherorts scheint Laktanz aber auch christliche Teriminologie (wohl aus stilistischen Erwägungen) bewusst zu meiden. So prägt er beispielsweise 14,7 die Ju n k tu r diem sancire (nach Gen 2,3: ,Heiligung* des siebten Tages), um, wie auch sonst, das einschlägige sanctificare zu umgehen. 22 Siehe oben 49 Anm. 10. 23 Siehe oben 50, v.a. Anm. 14. 24 Ü berhaupt verdichtet sich 26,8-10; 27,1-16 christliches Gedankengut. 25 Hierzu gehören insbesondere Klauselrhythm us, Periodenbau, aber auch die ele­ m entaren Anforderungen von Sprachrichtigkeit und K larheit, schließlich auch die Orientierung an Cicero als Stilvorbild.

Zu Sprache und Stil

75

1. Ein dualistischer Gedankengang findet eine genaue Entsprechung in einer antithetischen Formulierung, die durch Chiasmus, Parallelismus oder Asyndeton zugespitzt ist, so etwa: 1.5 u t aeque d a r u m s i t e t fu tu ra p r a e s e n tib u s e t d iu in a te r r e n is e t p e rp e tu a breu ibu s esse a n te p o n e n d a , q u o n ia m te m p o ra lia s u n t p r a e ­ m ia u itio r u m , s e m p ite r n a u irtu tu m . 4,12 n e c e ssita s ex ig eb a t e t bona h o m in i p ro p o n i e t m a la , bona, quibus u ta tu r, m a la , quae u ite t e t cau eat. 5,26 qui m a u u lt bene u iu ere in a e te r n u m , m a le u iu e t a d te m p u s .

2. Einzelne Aussagen, die ein wichtiges Zwischenergebnis formulieren, sind besonders stilisiert. Dabei wählt Laktanz oft wiederaufgreifende Stilmittel wie Polyptoton, Traductio, Derivatio, Anapher und Figura etymologica, aber auch Homoioteleuta, die einerseits den Charakter eines Wortspiels haben und somit als rhetorisches Lumen wirken, andererseits aber die Argumentation besonders stringent erscheinen lassen sollen. Beispiele sind etwa: 1,10 o rtu m e sse a liq u a n d o e t a liq u a n d o e sse p e r itu r u m . 1,25 (über die Juden) leg u n t e t n o n in te lle g u n t. 5,17 (das Leben in dieser Welt und in der Ewigkeit) illa m [sc. u ita m ] n a scen d o a c c ip im u s, h a n c a sse q u im u r laboran do. 23.5 si a p r in c ip io deu s h o m in e m n e sc io quo in e n a rra b ili m o d o i n s t i ­ t u i t , cred a m u s ab eo d em r e s t i t u i u e t e r e m p o s s e qui n o u u m fe c it.

Entsprechend dem Charakter der einzelnen Teile des siebten Buchs, ist die­ se Form der Rhetorisierung durch Stilmittel nicht ganz gleichmäßig ange­ wandt. Sie tritt in den argumentativen ersten beiden Hauptteilen (Kapitel 1 bis 13) stärker hervor als im eschatologischen dritten Hauptteil (Kapitel 14 bis 26), der narrativen und explikativen Charakter hat. Doch auch die Argumentationsführung im ganzen Buch ist bestimmt von rhetorischen Erwägungen. So vertieft Laktanz beispielsweise seine Dar­ legungen über die Seelenlehre durch die ausführliche Widerlegung des Lukrez (12,1-32). Nach den dramaturgischen Höhepunkten des Endzeita­ blaufs - der Rettung in höchster Not (Kapitel 17) und dem Tausendjähri­ gen Gottesreich (Kapitel 24) - schiebt Laktanz verzögernde Darlegungen ein - eine Testimoniensammlung (Kapitel 18) und Überlegungen zu Quel­ len und Datierung (Kapitel 25) -, ehe er die Schilderung fortsetzt. Dich­ terisches wird gezielt gesetzt, so etwa in der abschließenden Paränese ein pathossteigerndes Vergilzitat (27,16) oder in der Darstellung der Heilszeit nach der Vernichtung des Bösen ein Passus in poetischer Stilisierung26. Längere argumentative Abschnitte werden durch fiktive Einwände - so 26 Siehe unten zu 26,4 intactae ...

Einleitung

etwa eine Epikur in den Mund gelegt kritische Frage (5,7) - dialoghaft le­ bendig gestaltet und zugleich gedanklich voran gebracht. - Die Aufzählung ließe sich beliebig verlängern.

Zu Textüberlieferung und vorliegender Textgestaltung In den Handschriften sind die D iu in a e in s titu tio n e s in einer kurzen und einer langen Fassung überliefert. Letztere enthält zusätzlich zwei große panegyrische Kaiseranreden (hinter 1,1,12 und, durch Blatt Vertauschung hinter 7,27,2, eigentlich hinter 7,26,11 gehörend) sowie kleine, nur aus zwei Worten bestehende Kaiseranreden in den übrigen fünf Büchern, zudem die so genannten dualistischen Zusätze, also Erläuterungen über den Gegen­ satz von bon u m und m a lu m , die sich hinter 2,8,6 (als Doppelfassung von 2,8,3-7) und hinter 7,5,27 befinden.1 Man hat unterschiedliche Erklärun­ gen für diesen Befund vorgeschlagen: B r a n d t nimmt zunächst eine spä­ tere Interpolation an, folgt dann aber P ic h o n , der die Verfasserschaft des Laktanz für die Langfassung wahrscheinlich macht und eine Tilgung durch spätere Zensur annimmt.2 Das variiert E m o n d s , der eine Streichung durch Laktanz selbst vermutet; nach M o r e a u hingegen streicht Laktanz bei ei­ ner späteren Überarbeitung die dualistischen Zusätze, die Kaiseranreden fügt er erst hinzu.3 Eine umfassende Untersuchung führt schließlich H e c k zu dem Ergebnis, dass Laktanz selbst die Ergänzungen bei einer nachträg­ lichen Überarbeitung vorgenommen habe.4 Diese Lösung hat sich in der 1 Vgl. H eck Zusätze 13f.; A. W l o s o k , HLL 5 (1989) 384; H e c k / W lo sok Inst. I /I I V III-X III. Ferner gehört zur Langfassung der Zusatz hinter opif. 19,8. Hinzu kommen kleinere Abweichungen im Text, die aber nicht sicher von Überlieferungs­ fehlern zu unterscheiden sind, Zusammenstellung H ec k Zusätze 194f. Das siebte Buch ist nicht betroffen. 2 Zunächst B r a n d t Zusätze 22-69, dann die Rücknahme in seiner Rezension zu

Pichon (BPhW 23 [1903] 1225); Pichon 6-29. 3 E m o n d s 55-72; M o r e a u I 16-22. 4 So im Resümee H eck Zusätze 171; vgl. die Kurzfassung seiner A rgum entation E. H eck, Die dualistischen Zusätze und Kaiseranreden bei Lactanz, Studia P atristica 13 (1975) 185-188. H eck stü tzt sich in seiner Begründung auf zwei Argumente: (1) Die Einzelinterpretation der dualistischen Zusätze und Kaiseranreden liefert zahlreiche Indizien, die diese als spätere Ü berarbeitung durch den A utor erschei­ nen lassen (siehe beispielsweise unten zu 5,27 add. 1-17). (2) Eine Hinzufügung durch Laktanz ist die einzig befriedigende Erklärung des Gesamtbefundes, denn es gibt, vereinfacht gesagt, weder für einen Interpolator noch für einen Zensor (oder Laktanz selbst) ein wirklich plausibles Motiv, dualistische Zusätze und Kaiseran-

Zu Textüberlieferung und vorliegender T extgestaltung

77

Forschung überwiegend durchgesetzt.*5 Über Umstände und Datierung der Ergänzung besteht allerdings nach wie vor ein Dissens: Während H e c k eine späte Neuauflage in den Jahren 324/325 annimmt, die Laktanz nicht mehr abschließen konnte, vertritt D i g e s e r jüngst wieder eine Frühdatie­ rung (Überarbeitung bis 313), die freilich nicht haltbar ist.6 Für die Textkonstitution des siebten Buchs sind die folgenden acht Handschriften maßgeblich:7 B

D P

5

6

7 8

9

10

Bononiensis (Bologna, Biblioteca universitaria 701), 5. Jhdt.; im 5./6. Jhdt. überarbeitet von einer dritten Hand (B3) nach Vorlage von eigenem Überlieferungswert8 Cameracensis (Cambrai, Bibliothèque municipale B 1219), 9. Jh d t.9 Parisinus (Paris, Bibliothèque nationale, Lat. 1662), 3. Viertel des 9. Jhdt.s.10 reden hinzuzufügen beziehungsweise zu streichen. Auch lässt sich ausgehend von einem geänderten Archetypen die Verbreitung beider Fassungen stimmig erklären. So beispielsweise P errin L ’homme 42; A. W losok HLL 5 (1989) 390; I ngremeau Colere 36, Sacré 352 Anm. 24; D igeser Second Edition , v.a. 90f.; B owen/G arnsey 3. Hingegen sieht M onat (etwa Inst. II 16) die Langfassung zwar, unter Berufung auf H eck, als die spätere an, zweifelt aber an der Verfasserschaft des Laktanz. H ec k Zusätze 171; D i g e s e r Second Edition 90-92. Gegen D ig eser s Annahme, Laktanz habe das Werk anlässlich eines Vortrags vor K onstantin überarbeitet, spricht Folgendes: (1) Dies setzt voraus, dass Laktanz noch während der Verfol­ gungszeit Nikomedien verlassen habe, was (siehe oben 10L) unwahrscheinlich ist. (2) Die Frühdatierung der zweiten Kaiseranrede ist unhaltbar (siehe unten 593ff.). (3) Die kleinen Kaiseranreden zeigen, dass es sich nicht allein um Notizen für einen einmaligen mündlichen Vortrag gehandelt haben kann: Laktanz musste sich kaum die W orte Constantine imperator (2,1,2; 3,1,1; 4,1,1; 5,1,1; 6,3,1 in der Langfas­ sung) zum Vortrag jeweils auf einem Einlegeblatt notieren, und schwerlich sind alle diese B lätter an ihrem Plazu geblieben und schließlich an passender Stelle in die Überlieferung der Langfassung eingegangen. Vielmehr wurden die kleinen Kaise­ ranreden in den Archetyp eingetragen, und anscheinend will D i g e s e r diese auch unter die „marginal additions“ (Second Edition 91; 95) gerechnet wissen (dann wi­ derspricht sich ihre A rgum entation, siehe unten 78 Anm. 16). Und doch muss der Anlass für die Anbringung der Kaiseranreden eine K onstantin gewidmete Neuauf­ lage sein, keine Notiz für einen Vortrag. Denn dass sich der Redelehrer Laktanz K onstantins Anrede an den Rand geschrieben h ätte, ist auszuschließen. Vgl. H eck/W losok Inst. I /I I XIV-XXIV; B randt I p. XIII-LVI (ihm waren aber D und K nicht zugänglich); zum öfter (zuletzt etwa D igeser Second Edition) noch einbezogenen Recentior g siehe unten 591 Anm. 13. Vgl. jetzt H e c k / W lo sok Inst. I /I I XIVf., ferner B r a n d t I p. XIII-X X V I; BiSCHOFF 151; R.W . H u n t , The Mediaeval Home of the Bologna M anuscript of Lac­ tantius, Μ&Η 14 (1962) 3-6; H ec k Zusätze 12 mit Anm. 7. Mit Brand- und Wasserschäden; vgl. H e c k / W loso k Inst. I /I I XVIf.; B. BiSCHOFF, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts, I, W iesbaden 1998, 179; für B r a n d t (I p. LUIf.) verschollen. Vgl. jetzt H eck/W losok Inst. I /I I XVIII, ferner B randt I p. XXXVIII-XL; B ischoff 58 Anm. 19; H eck Zusätze 12 mit Anm. 14.

Einleitung

H M K S

R

Palatino-Vaticamis (Biblioteca Apostolica Vaticana, Palat. Lat. 161), 9. Jh d t.11 Montepesullanus (Montpellier, Faculté de médecine, 241), 9. Jh d t.12 Casinensis (Montecassino, Biblioteca del convento 595), 11. Jh d t.13 Parisinus (Paris, Bibliothèque nationale, Lat. 1664), 12. Jhdt.; wo größere Textausfälle im 14./15. Jhdt. nach minderwertiger Vorlage ergänzt sind, wird die Handschrift hier als fehlend notiert.14 Parisinus (Paris, Bibliothèque nationale, Lat. 1663), 9. Jhdt., mit großen Ausfällen im siebten Buch.15

Die Verhältnisse zwischen den einzelnen Codices lassen sich nur in Umris­ sen klären:16 Unter den genannten Handschriften geben B, B3, D und P die Kurzfassung wieder. Durch Kontamination sind Spuren von Langfas­ sungsgut in H und M gelangt. Umfassend mit Langfassungsgut kontami­ niert sind K und S. Nur R ist eine reine Langfassungshandschrift, deren Archetyp (über den Hyparchetypen p) das bearbeitete Handexemplar ist. 11 Vgl. jetzt H e c k / W lo sok Inst. I /I I XIXf., ferner B r a n d t I p. XXXIV-XXXVI; H ec k Zusätze 12 mit Anm. 11. 12 Vgl. jetzt H e c k / W loso k Inst. I /I I XX, ferner B r a n d t I p. XXXVIf.; H eck Zusätze 12 mit Anm. 13. 13 Vgl. jetzt H e c k / W lo sok Inst. I /I I XXIf., ferner B r a n d t I p. LIf. 14 Vgl. je tzt H e c k / W loso k Inst. I /I I XXII, fernerBRANDT I p. XLVII-LI; H eck Zusätze 13 Anm. 16. 15 Vgl. jetzt H e c k / W lo sok Inst. I /I I XXIII, ferner B r a n d t I p. XXX-XXIV; H eck Zusätze 13 Anm. 16. 16 Dazu jetzt grundlegend H e c k / W lo sok Inst. I /I I X XIX-X LII (Versuch einer Zu­ sammenfassung ihrer Ergebnisse als Stemma: S. F r e u n d , Rez. H e c k / W lo sok Inst.I/II, Plekos 9 [2007] 63-78, hier 77); vgl. ferner H ec k Zusätze 171-202 und Autorversehen 398-409; B r a n d t I p. LVI-LXXI. Unsicherheiten bleiben ( H e c k / W lo sok Inst. I /I I XLI m it Anm. 129), da einzelne Befunde nur mit Schwierigkeiten in dieses Bild zu passen scheinen: So haben beispielsweise 6,8 ß (B) und σ (KS), die nach folgender Recensio keine Verwandtschaft aufweisen, ge­ meinsam (das augenscheinlich falsche) mortem , DHM hingegen obitum. In diesem Fall wird m an also die Ursache für die Abweichung im Archetypen suchen müssen. - Gegen die für die Recensio bei H e c k / W lo sok grundlegende Annahme einer um ­ fangreichen K ontam ination in der Laktanzüberlieferung hat sich D i g e s e r ( Second Edition 89f.; 95) gewandt. Nach ihrer Auffassung stam m en HMKSR gleicherma­ ßen vom Archetypen der Langfassung ab, also dem Handexem plar des Laktanz nach der Ü berarbeitung. Doch zu dem Zeitpunkt, als die Vorlage für HM entstehe, seien die Einlegeblätter bereits wieder herausgefallen. Diese Lösung ist schon aus zwei Gründen unwahrscheinlich, die sich aus den kleinen Kaiseranreden ergeben: (1) HM haben keine kleinen Kaiseranreden. Doch um herauszufallen, h ätten sie auf Einlegeblättern stehen müssen. Das ist wiederum bei zwei W örter umfassenden Ergänzungen, die in KSR jeweils am selben O rt überliefert sind, nahezu auszu­ schließen. (2) P (im Titel zum zweiten Buch, vgl. H eck Zusätze 128 Anm. 1) und V (5,1,1, vgl. H eck Zusätze 128 Anm. 5) kennen kleine Kaiseranreden. Das ist nur zu erklären, wenn man prinzipiell die Möglichkeit einer K ontam ination in der Laktanzüberlieferung einräum t.

79

Zu Textüberlieferung und vorliegender T extgestaltung

Die übrigen Handschriften gehen auf dieses Handexemplar in ursprüng­ licher Form zurück. B und B3 sind Vertreter einer jeweils unabhängigen Tradition (ß und ß3). D, P, H, Μ, K und S gehen ursprünglich auf einen gemeinsamen Vorfahren (ψ) zurück. Von einer jeweils gemeinsamen unmit­ telbaren Vorlage, die jeweils von Φ abhängt, dürften H und Μ (η) sowie K und S (σ) abstammen. Den Text des siebten Buchs in der Kurzfassungstradition bieten al­ so die Handschriften B, D, P, H und M. Die Langfassung, das heißt den dualistischen Zusatz nach 5,27 und die Kaiseranrede17, bezeugen K und S, hingegen fehlt die Langfassungshandschrift R an den beiden entsprechen­ den Stellen. Die handschriftliche Bezeugung des siebten Buches lässt sich daher folgendermaßen veranschaulichen:

s R

5,6

27,16 7,3

9,12

Der hier vorgelegte Text versteht sich als Lesetext mit ausgewählten kri­ tischen Anmerkungen, die den Kommentar entlasten und ergänzen. Er soll der Bequemlichkeit dienen,18 nicht aber einer kritischen Neuedition vorgreifen. Der Wortlaut basiert auf demjenigen von B r a n d t , ist jedoch auf der Basis der Kollationen, die für die Neuedition von H e c k / W l o s o k erstellt wurden19 und deren Benutzung die Herausgeber großzügig gestat­ teten, revidiert und zudem orthographisch standardisiert20. 17 26,11-17, überliefert nach 27,2, dazu unten 592f. 18 Der Text des siebten Buches ist derzeit nicht leicht zugänglich: Die einzig verläss­ liche Ausgabe von B r a n d t ist nurm ehr in Bibliotheken verfügbar, dort in vielen Fällen nicht dem A utor, sondern dem CSEL zugeordnet und nicht entleihbar. 19 Vgl. H e c k / W lo sok Inst. I /I I XIV Anm. 40. 20 Eine O rthographie des Laktanz lässt sich aus den Handschriften nicht m ehr gewin­ nen. B r a n d t folgt, bis in alle Inkonsequenzen (z.B. immortalis neben inmortalis) der Handschrift B (ersatzweise P). H e c k / W lo sok (Inst. I /I I XLVIf.) vereinheit­ lichen, wie schon M o n a t (vgl. H eck Rez. Monat Inst. I /I I 599 Anm. 16); wo sie aber in den Codices eine einheitliche Tendenz bei der Assimilation zu erkennen

Einleitung

Gegenüber dem Text von B randt ergeben sich folgende Änderungen im Wortlaut: 1.11 a ffla ret s ta tt a ffla u e rit 1.17 hi s ta tt K on jek tu r ii 3.1 die K on jek tu r ( qu icqu am ) p o sse fällt w eg 3.6 his s ta tt K on jek tu r iis 3,10 fa c e re s ta tt K on jek tu r f a c it 3.15 K on jek tu r a deo {fa ctu m ) et h o m in u m cau sa esse fa c tu m fä llt w eg 3,22 ergo et fa c tu s est s ta tt ergo fa c tu s est 4 .7 lu m in e s ta tt der K on jek tu r lu m in e lunae 4 .18 quis n a u ig a t s ta tt der K on jek tu r quis id n a u ig a t 4 .19 K on jek tu r in s titu it ergo

{

c u n c ta ) su m m u s deus fä llt w eg

5,14 fra g ili m a te r ia in fo r m a tu s s ta tt (e) fra g ili m a te r ia fo r m a tu s 5 .27 add. 1 die K on jek tu r ra tio

{ u ir tu tis )

fällt w eg

5 .27 add. 7 K on jek tu r o ffen su ru m d eu m s ta tt {a n te) o ffen su m d eu m 5 .27 add. 8 quae s ta tt quia de 5 .27 add. 12 m a li s ic u t deus, qui s ta tt m a li, si quis 6.4 u t s ta tt der K on jek tu r cu r u n d h o m in u m s ta tt h o m in is

7.1

co n seq u en tia

statt

co n seq u en tia s

7.2 c a lu m n ia ri s ta tt der K on jek tu r c a u illa ri 7.8 n on p o tu it s ta tt p o tu it 8,7 tr a d it s ta tt tr a d id it 9.1 his s ta tt der K on jek tu r aliis 9.2 a p p a reret s ta tt a p p a ret u n d u id e re tu r s ta tt u id e tu r 10.11 a n im i s ta tt a n im a e

statt d ei seq u u n tu r statt c o m te m p tu

11.4 seq u u n tu r d ei

11,6

c o n te m p tu i

12.15 K on jek tu r n a m {a n im a ) si careat fä llt w eg 12,21 d iss im ile s ta tt a b sim ile 12.27 su a s ta tt su i 15.11 et haec s ta tt haec 19.2 σκοτόεντι s ta tt der K on jek tu r ψολόεν τι 20.5 hi s ta tt der K on jek tu r ii 20.6 g rau ia s ta tt der K on jek tu r gra u io ra

20,9 21.6

im p io r u m

statt

p r a e s tr in g e n tu r

im p ia s

statt

(B randt)

u n d im p io s (co d d .)

p e r s tr in g e n tu r

24.2 re sta u r a u e rit s ta tt in s ta u r a u e r it 25.8 illa illa s ta tt illa 26.2 tu n e s ta tt tu m

glauben, übernehm en sie diese. F ür den vorliegenden Lesetext schien die einfachste Lösung in dieser kaum befriedigend zu lösenden Frage zu genügen, nämlich eine W iedergabe in der Form der Lexikonlemmata.

Zu Textüberlieferung und vorliegender T extgestaltung

81

26,11 in relig io su s . . . a p p e lla tu r s ta tt der K onjektur in re lig io so s . . . a p p ella t 26,13 (ac) s ta tt {et) 26,17 c e te ris s ta tt et ceteris.

Abweichungen von B r a n d t kommt es insbesondere dort, wo sich durch die Neukollation der Handschriftenbefund anders darstellt21, wo puristi­ sche Konjekturen unnötig erscheinen22 oder wo der Klauselrhythmus eine andere Lösung nahe legt23. Zwar bleibt an einigen Stellen die Entschei­ dung über den zu rezipierenden Wortlaut unsicher, doch berührt dies nie das Gesamtverständnis der Passage.24 Nur beim Langfassungsgut mit sei­ ner schmäleren Uberlieferungsbasis könnte sich die Sinnrichtung bei einer anderen Entscheidung verschieben.25 Die Graeca schließlich sind zwar mit vielen Fehlern überliefert26, fast immer aber lässt sich aus dem Vorhan­ denen ein sinnvoller Text gewinnen.27 Im Apparat sind die Varianten nur exemplarisch dokumentiert (stets dann, wenn sich der rezipierte Text in Zu

21 So geht B r a n d t beispielsweise bei seiner Entscheidung für hom inis 6,4 von einem falschen handschriftlichen Befund aus. Und das Hinzukommen von D bezeugt nun 11.6 den D ativ contemptui. M ancherorts bestätigen D und K aber auch Entschei­ dungen, die B r a n d t in für ihn unklarer Überlieferungslage getroffen h atte, so etwa 1,10 resoluatur; 22,13 aut. 22 So etwa 3,1 (quicquam ) posse, 4,19 instituit ergo {cuncta ) sum m us deus oder 12,5 nam {anima) si. Unnötigerweise die lectio facilior übernim m t B r a n d t beispielswei­ se bei 7,8 potuit. An der Grenze zum nicht befriedigend lösbaren orthographischen Problem (siehe oben Anm. 20) stehen die Fälle, in denen B r a n d t entgegen ein­ mütiger Überlieferung, aber gemäß den semantischen Regeln ii sta tt hi (20,5) oder iis s ta tt his (3,6) setzt; kritisch dazu S t a n g l 467f.; weitere Beispiele (aus epit.) erörtern H e c k / W l o s o k Text 151 und 161; zum Problem ThLL V I,3 2692,5ff. 23 Auf dessen Bedeutung für Laktanz hat in Auseinandersetzung mit B r a n d t s Aus­ gabe zuerst S t a n g l (etwa 242f.) hingewiesen. So spricht die bessere Klausel bei­ spielsweise für 9,2 appareret . . . und 11,4 sequuntur dei. 24 Das gilt für die Stellen 5,27 add. 8 quae terra est (oder quia de terra est?); 8,7 und 14,1 tradit oder tradidit*!; 9,2 appareret . . . uideretur (oder apparet . . . uidetur?); 14.6 quo (oder u t?); 18,4 έκπαίσας (oder έκπιέσας?); 19,5 circumsederit (oder cir­ cumsedebit?)', 21,6 praestringentur (oder perstringentur?); 23,5 anastasim (oder anastasin?); 24,15 reges (oder et reges?); 25,5 dissentiant (oder dissentiat?, siehe unten zu 25,5 aliquantum . . .); 26,2 tum (oder tunc?). Nicht zu rekonstruieren ist der Anfang des Sibyllenzitats 18,8. Die Stellen sind jeweils im Kom m entar erläutert. 25 Siehe unten zu 5,27 add. 6 ratio uirtutis (oder ueritatis?) und zu 5,27 add. 7 offensurum deum. Imm erhin ergibt sich durch K eine wichtige Klärung für 5,27 add. 12 mali [S: malis] sicut deus. qui). 26 Häufig sind der Wechsel zwischen Θ und τ, zwischen ω und o, zwischen i und (la­ teinischem) y. Hinzu kommen typische Majuskelfehler wie der Wechsel zwischen A, Λ und Δ , zwischen O und Θ, zwischen T T , TI, IT und Π, zwischen C und E, zwischen T und Γ, zwischen ΛΛ und M, zwischen N und H, zwischen II und H. Handschriften HM translitterieren; bemerkenswert sind dabei die Spuren des phonetischen Wandels, insbesondere Iotazismen (z.B. 13,3 thias für θείας) und Monophthongisierungen (z.B. meist ce für καί), beides etwa 13,6 cratite für κρατείται. 27 Die einzige Ausnahme ist der Beginn des Sibyllenzitats 18,8.

Einleitung

keiner Handschrift findet)28. Die Exzerpte der Graeca bei Sedulius Scotus (9. Jhdt.), die B r a n d t dokumentiert und deren Wert er hoch einschätzt, bieten für das siebte Buch nichts Hilfreiches.29

28 So z.B. bei 13,6 άγήραος. In seiner Gesam theit weist das Überlieferte auf diesen W ortlaut, ausdrücklich geboten wird er aber nicht. 29 Vgl. B randt I p. CIV -CV II; H eck/W losok Inst. I /I I XVIIf. Mikrofilm­ umdrucke der entsprechenden Passagen aus dem A utographen (Paris, Bibliothèque de l’Arsenal, ms. 8407, fol. 64v. bis 66v.) lagen mir vor.

T

e x t

u n d

Ü

b e r s e t z u n g

Hinweise zu den Abkürzungen im Apparat 1. Handschriftensiglen: Siehe oben 77f.; hochgestellte Zahlen nach einer Handschriftensigle bezeichnen die (erste, zweite usw.) Hand.1 2. Editoren , Sekundärliteratur: Siehe Literaturverzeichnis unten 624ff. Jedoch steht ,„H eck “ (also nicht „H eck, Z u s ä tz e “, dazu Literaturverzeichnis) für mündlich oder brieflich mit geteilte Konjekturen von Eberhard Heck, Tübingen. 3. Sonstige Abkürzungen: ac ap. ar

cett. cf. cod(d). coniec. corr.

dist. edd. eras. exp. ft. i. app. ibid. i.e. i. ras. litt. eras. m. om. pc pr recc. s.l. s.u. transpos. u t uid.

(hochgestellt nach der Handschriftensigle): ante apud (hochgestellt nach der Handschriftensigle): ante ceteri confer codex/codices coniecit / coniecerunt correxit distinxit / distinxerunt editores erasum expunxit / expunxerunt / expunctum fortasse in ap p aratu ibidem id est in rasura littera erasa m anus omisit / om iserunt (hochgestellt nach der Handschriftensigle): post (hochgestellt nach der Handschriftensigle): post (codices) recentiores (siehe oben 77 Anm. 7) supra lineam sub uoce transposuit / transposuerunt u t uidetur

correcturam rasuram

correcturam rasuram

1 Die Handschriftensiglen der von Laktanz zitierten Autoren sind aus den unten (623ff.) genannten Ausgaben übernom men.

Text und Übersetzung Liber septem: de uita beata

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1 (1) ,Bene habet, iacta sunt fundamenta^, ut ait eximius orator, uerum nos non fundamenta solum iecimus quae firma et idonea essent operi per­ ferendo, sed magnis robustisque molibus aedificium totum paene usque ad summa perduximus. (2) restat, id quod est multo facilius, uel tegere uel ornare, sine quo tamen priora opera et inutilia sunt et ingrata. (3) nam quid prodest aut falsis religionibus liberari aut intellegere ueram? quid aut uanitatem falsae sapientiae peruidere aut quae sit uera cognoscere? quid, inquam, prodest caelestem illam iustitiam defendere? quid cum magnis difficultatibus cultum dei tenere, quae est summa uirtus, nisi eam diuinum praemium beatitudinis perpetuae subsequatur? (4) de qua nobis est in hoc libro disserendum, ne priora omnia irrita et infructuosa uideantur, si hoc cuius causa illa suscepta sunt incertum relinquamus, ne quis forte arbitre­ tur tantos labores in cassum suscipi, dum eorum caelesti mercede diffidit, quam deus statuit ei qui haec suauia terrae bona prae sola nudaque uirtute contempserit. (5) satis et huic parti faciamus cum testimoniis diuinarum litterarum tum etiam probabilibus argumentis, ut aeque clarum sit et futura praesentibus et diuina terrenis et perpetua breuibus esse antepo­ nenda, quoniam temporalia sunt praemia uitiorum, sempiterna uirtutum. (6) exponam igitur rationem mundi, ut facile possit intellegi et quando et quare sit effectus a deo. quod Plato, qui de mundi fabricatione disseruit, nec scire poterat nec explicare: quippe qui caeleste mysterium, quod non nisi prophetis ac deo docente discitur, ignorabat ideoque in perpetuum dixit esse fabricatum, quod longe secus est, quoniam quidquid est solido et graui corpore ut initium cepit aliquando, ita finem capiat necesse est. (7) nam Aristoteles, qui cum non uideret quemadmodum posset tanta re­ rum magnitudo interire, et hanc praescriptionem uellet effugere, semper ait fuisse mundum ac semper futurum, (8) prorsus nihil uidit, quia quid­ quid est necesse est habuerit aliquando principium nec omnino quicquam potest esse nisi coeperit, nam cum terram et aquam et ignem disperire consumi extinguique uideamus, quae sunt utique mundi partes, intellegitur id totum esse mortale cuius sunt membra mortalia.

1

Cic. Mur. 14.

1

B D P HM1

1 Bene ... o ra to r om. D 12 incertum ] in in c ertu m P 16 arg u m en tis u a tu m B 25 qui om. D 25 non om. B 28 h a b u e rit aliquando] a. h. B D

1,1

-

1,8

87

Siebtes Buch: Über das glückselige Leben 1 (1) ,Gut ist es, die Fundamente sind gelegt‘, wie der herausragende Red­ ner sagt. Aber wir haben nicht nur Fundamente gesetzt, die stark und dazu geeignet sein sollten, das Werk zu tragen, sondern wir haben mit großen und festen Bausteinen das ganze Gebäude beinahe bis zum First hinauf­ gezogen. (2) Es steht noch aus, was viel leichter ist, es zu decken bezie­ hungsweise zu schmücken - ohne dies sind freilich die vorherigen Arbeiten nutzlos und unergiebig. (3) Denn was nützt es, von falschen Religionen befreit zu werden oder die wahre zu erkennen? Was nützt es, die Nichtigkeit falscher Weisheit zu durchschauen oder zu erkennen, welche die wahre ist? Was, so sage ich, nützt es, jene himmlische Gerechtigkeit zu verteidigen? Was nützt es, unter großen Schwierigkeiten die Verehrung Gottes beizu­ behalten, die die höchste Tugend ist, wenn auf diese nicht der göttliche Lohn der ewigen Glückseligkeit folgen sollte? (4) Über diese haben wir in diesem Buch zu reden, damit nicht alles Vorherige sinnlos und fruchtlos erscheint, wenn wir das, um dessentwillen all jenes unternommen wurde, im Unklaren lassen, damit nicht etwa jemand glaube, dass so große An­ strengungen umsonst auf sich genommen werden, weil er am himmlischen Lohn dafür zweifelt, den Gott für denjenigen festgesetzt hat, der diese lieblichen Güter der Erde hier allein für die bloße Tugend verschmäht hat. (5) Wir wollen auch diesem Teil genüge tun sowohl durch Belege aus gött­ lichen Schriften als auch insbesondere durch vernünftige Argumente, da­ mit gleichermaßen klar wird, dass das Zukünftige dem Gegenwärtigen, das Göttliche dem Irdischen und das Ewige dem Kurzlebigen vorzuzie­ hen ist, weil ja der Lohn für Laster zeitlich, der für Tugenden ewig ist. (6) Deswegen werde ich den Sinn der Welt darlegen, damit man leicht ver­ stehen kann, wann und warum sie von Gott geschaffen wurde, was Platon, der von der Erschaffung der Welt handelte, weder wissen noch erklären konnte: Der nämlich kannte das himmlische Mysterium nicht, das man ausschließlich durch die Belehrung der Propheten und Gottes lernen kann, und sagte deswegen, dass die Welt auf ewig erschaffen sei. Das verhält sich aber völlig anders, weil ja alles, was aus einem festen und schweren Körper besteht, wie es einmal einen Anfang hatte, ebenso zwangsläufig ein Ende haben muss. (7) Denn weil Aristoteles nicht sah, wie eine so große An­ zahl an Dingen untergehen könne, und diesem Vorbehalt entgehen wollte, sagte er, es habe immer eine Welt gegeben und werde immer eine geben, (8) so sah überhaupt nichts, weil alles, was ist, zwangsläufig irgendwann einen Anfang gehabt haben muss, und überhaupt nichts sein kann, wenn es nicht angefangen hat. Denn weil wir sehen, dass Erde, Wasser und Feuer vergehen, verschwinden und verlöschen, die sehr wohl Teile der Welt sind,

Text und Übersetzung

5

lo

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(9) ita fit ut natum sit quidquid potest interire, sed et omne quod sub uisum oculorum uenit, et corporale, ut ait Plato, et solubile sit necesse est. (10) unus igitur Epicurus auctore Democrito ueridicus in hac re fuit, qui ait et ortum aliquando et aliquando esse periturum, nec tamen rationem reddere ullam potuit aut quibus de causis tantum hoc opus aut quo tem­ pore resoluatur. (11) quod quoniam nobis deus reuelauit nec coniecturis id assequimur sed traditione caelesti, docebimus sedulo, ut tandem stu­ diosis ueritatis appareat non uidisse neque comprehendisse philosophos ueritatem, sed ita leuiter odoratos, ut tamen unde eos odor ille sapientiae tam suauis, tam iucundus afflaret, nullo modo senserint. (12) interim necessarium puto admonere lecturos quod haec nostra quae tradimus prauae uitiosaeque mentes aut omnino non intellegent - hebetatur enim acies eorum terrenis cupiditatibus, quae sensus omnes grauant imbecillosque reddunt - aut etiamsi intellegent, dissimulabunt tamen et haec uera esse nolent, quia trahuntur a uitiis et scientes malis suis fauent, quorum suauitate capiuntur, et uirtutis uiam deserunt, cuius acerbitate offenduntur. (13) nam quia auaritia et opum inexplebili quadam siti flagrant, quia non possunt uenditis aut dilargitis quae amant tenui cultu uitam degere, si­ ne dubio malunt id esse fictum quo desideriis suis renuntiare coguntur. (14) item qui libidinum stimulis incitati, ut ait poeta, ,in furias ignemque ruunt‘, utique incredibilia nos afferre dicunt, quia uulnerant aures eorum prae­ cepta continentiae, quae illos uoluptatibus suis prohibent quibus animam suam cum corpore adiudicauerunt. (15) qui uero ambitione inflati aut amore potentiae inflammati omne studium suum ad honores acquirendos contulerunt, ne si solem quidem ipsum gestemus in manibus, fidem com­ modabunt ei doctrinae quae illos iubet omni potentia et honore contempto humiles uiuere atque ita humiles, ut et accipere iniuriam possint et referre nolint, si acceperint. (16) hi sunt homines qui contra ueritatem clausis oculis quoquo modo latrant, qui autem sani erunt, id est non ita uitiis immersi, ut insanabiles sint, et credent his et libenter accedent, et quae­ cumque dicimus aperta plana simplicia et, quod maxime opus est, uera et inexpugnabilia illis uidebuntur.

21

Verg. georg. 3,2446

6 reso lu a tu r D P 2 so lu a tu r B P 1H M 10 afflaret] adflauerit P B r a n d t c u p id ita te B 30 quoquo D H canino B (ex 6 ,1 8 ,2 6 , u t u id .) q u o d am P

17 siti] quo M

versteht man, dass dieses Ganze sterblich ist, dessen Glieder sterblich sind. (9) So ergibt es sich, dass alles entstanden ist, was vergehen kann. Aber auch alles, was unter vor Augen kommt, muss zwangsläufig sowohl körper­ lich, wie Platon sagt, als auch auflöslich sein. (10) Also hat allein Epikur auf Anregung Demokrits hin in dieser Sache die Wahrheit gesagt, der be­ hauptete, dass sie irgendwann entstanden sei und irgendwann untergehen werde. Und doch konnte er keinerlei Rechenschaft darüber ablegen, aus welchen Gründen dieses gewaltige Werk zugrunde gehe oder zu welcher Zeit. (11) Weil uns dies ja Gott geoffenbart hat und wir darauf nicht aufgrund von Vermutungen, sondern aufgrund der himmlischen Überliefe­ rung kommen, werden wir dies eifrig lehren, damit den um die Wahrheit Bemühten endlich klar wird, dass die Philosophen die Wahrheit nicht gese­ hen und nicht verstanden, sondern nur so leicht daran geschnuppert haben, dass sie dennoch in keiner Weise wahrgenommen haben, woher sie jener so liebliche, so angenehme Duft der Weisheit anwehte. (12) Einstweilen, glaube ich, ist es notwendig, die künftigen Leser zu warnen, dass dieses Unsrige hier, das wir überliefern, verkehrte und lasterhafte Gemüter ent­ weder überhaupt nicht verstehen werden - denn deren Geistesschärfe wird durch die irdischen Begierden abgestumpft, die alle ihre Sinne schwächen und kraftlos machen - oder, selbst wenn sie es verstehen werden, dennoch so tun, als ob es nicht so wäre, und nicht wahr haben wollen werden, weil sie von den Lastern gezogen werden und sich wissentlich ihren schlechten Seiten zuwenden, durch deren Lieblichkeit sie gefangen werden, und den Weg der Tugend verlassen, durch dessen Strenge sie abgestoßen werden. (13) Denn weil sie vor Habsucht und einer Art unstillbarem Durst nach Besitz lodern, weil sie nicht nach dem Verkauf oder dem Verschenken des­ sen, was sie lieben, mit bescheidenem Aufwand ihr Leben führen können, wollen sie zweifellos lieber, dass das erlogen ist, wodurch sie gezwungen werden, ihren Wünschen zu entsagen. (14) Ebenso sagen diejenigen, die von den Reizen der Lüste angetrieben, wie der Dichter sagt, ,sich in Zorn und Feuer stürzen^, dass wir jedenfalls Unglaubwürdiges vorbrächten, weil deren Ohren die Lehren von der Mäßigung verletzen, die jene von ihren Gelüsten abhalten, denen sie ihre Seele zusammen mit dem Körper ver­ schrieben haben. (15) Diejenigen aber, die von Ehrgeiz aufgebläht oder von der Liebe zur Macht entflammt alle ihre Bemühung auf die Errin­ gung von Ehren konzentrierten, werden, nicht einmal wenn wir die Sonne selbst in unseren Händen herbeitrügen, jener Lehre Glauben schenken, die ihnen befiehlt, unter Verachtung aller Macht und Ehre demütig zu leben, und zwar so demütig, dass sie nicht nur Unrecht hinnehmen kön­ nen, sondern auch Unrecht nicht vergelten, wenn es ihnen widerfahren ist. (16) Das sind die Menschen, die gegen die Wahrheit mit geschlossenen Au­ gen in jeder Weise anbellen. Diejenigen aber, die bei Verstand sein werden,

Text und Übersetzung

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(17) nemo uirtuti fauet nisi qui sequi potest, sequi autem non facile est om­ nibus: hi possunt quos paupertas et rerum indigentia exercuit et capaces uirtutis effecit. (18) nam si uirtus est tolerantia malorum, non capiunt ergo uirtutem qui semper in bonis fuerunt, quia mala neque experti sunt neque ferre possunt assuetudine ac desiderio bonorum, quae sola nouerunt. (19) eo fit ut pauperes et humiles deo credant facilius, qui sunt expediti, quam diuites, qui sunt impedimentis pluribus implicati, immo uero cate­ nati et compediti seruiunt ad nutum dominae cupiditatis, quae illos in­ extricabilibus uinculis irretiuit, nec possunt in caelum aspicere, quoniam mens eorum in terram prona humique defixa est. (20) uirtutis autem uia non capit magna onera gestantes: angustus admodum trames est per quem iustitia hominem deducit in caelum, hunc tenere non potest nisi qui fuerit expeditus ac nudus. (21) nam isti locupletes multis et ingentibus sarcinis onerati per uiam mortis incedunt, quae latissima est, quoniam late perditio dominatur. (22) his acerba sunt, his uenena quae deus ad iustitiam prae­ cipit quaeque nos dei magisterio de uirtute ac ueritate disserimus, quibus si repugnare audebunt, hostes se necesse est uirtutis iustitiaeque fateantur. (23) Aggrediar nunc quod superest, ut finis operi possit imponi, id autem superest ut de iudicio dei disseramus: quod tum constituetur, cum dominus noster redierit in terram, ut uni cuique pro merito aut praemium persoluat aut poenam. (24) itaque ut in quarto libro de primo aduentu eius diximus, sic in hoc secundum referemus aduentum, quem Iudaei quoque et confitentur et sperant, sed frustra, quoniam necesse est ad eos consolandos reuertatur ad quos conuocandos prius uenerat. (25) nam qui uiolarunt impie humilem, sentient in potestate uictorem eaque omnia quae legunt et non intellegunt deo repensante patientur, quippe qui peccatis om­ nibus inquinati et insuper sancto cruore perfusi ab illo ipso cui nefandas manus intulerunt sint ad aeterna supplicia destinati.

2 h iP D H M f* . ras. ex hiij

o m . B (sed sequi autem re p e tit)

ii edd. B r a n d t

91 das heißt nicht so in den Lastern versunken, dass sie unheilbar sind, werden dies hier nicht nur glauben, sondern auch gerne annehmen, und es wird je­ nen alles, was wir sagen, offen, klar und einfach und, was am dringendsten nötig ist, wahr und unangreifbar erscheinen. (17) Niemand hält die Tu­ gend hoch außer dem, der sie befolgen kann, sie zu befolgen ist aber nicht für alle leicht: Diejenigen können es, die die Armut und der Mangel an Besitz geübt und aufnahmefähig für die Tugend gemacht hat. (18) Denn wenn die Tugend die Fähigkeit ist, Übel zu ertragen, dann können dieje­ nigen die Tugend nicht erfassen, die immer im Guten lebten, weil sie Übel weder erfahren haben noch ertragen können aufgrund ihrer Gewöhnung an die guten Dinge, die alleine sie kennen, und ihrer Sehnsucht danach. (19) So kommt es, dass die Armen und Niedrigen, die unbeschwert sind, leichter an Gott glauben als die Reichen, die durch mehrere Beschwer­ nisse gebunden sind. Vielmehr dienen sie als Sklaven angekettet und in Fußfesseln auf ihrer Herrin Begierde Wink, die jene mit unentrinnbaren Fesseln gefangen hält, und sie können nicht zum Himmel aufblicken, weil ihr Geist zur Erde geneigt und auf dem Boden verhaftet ist. (20) Der Weg der Tugend aber fasst diejenigen nicht, die große Lasten tragen: Es ist ein ganz schmaler Pfad, auf dem die Gerechtigkeit den Menschen in den Him­ mel führt; ihn verfolgen kann nur derjenige, der unbeschwert und bloß ist. (21) Denn diese Reichen da schreiten mit vielen gewaltigen Bündeln bela­ den auf dem Weg des Todes einher, der sehr breit ist, weil ja weithin das Verderben herrscht. (22) Für sie ist bitter, für sie ist Gift, was Gott im Hinblick auf die Gerechtigkeit verordnet und was wir auf der Grundlage der göttlichen Unterweisung über die Tugend und die Wahrheit vortragen. Wenn sie es wagen werden, sich dem entgegen zu stellen, müssen sie sich zwangsläufig als Feinde der Tugend und der Gerechtigkeit bekennen. (23) Ich will mich nun an das machen, was übrig ist, damit das Werk zum Abschluss gebracht werden kann - das aber ist übrig, dass wir über das Gericht Gottes sprechen. Dieses wird dann eingesetzt werden, wenn unser Herr auf die Erde zurückgekehrt ist, damit er einem jeden Ein­ zelnen nach seinem Verdienst entweder Lohn oder Strafe zumesse. (24) Wie wir daher im vierten Buch über seine erste Ankunft gesprochen ha­ ben, so werden wir in diesem hier von der zweiten Ankunft berichten, welche auch die Juden bekennen und zugleich erhoffen, aber vergebens, weil er ja zwangsläufig zu deren Tröstung zurückkommen muss, zu deren Sammlung er vorher gekommen war. (25) Diejenigen nämlich, die den Demütigen gottlos verletzt haben, werden den Sieger in seiner Macht zu spüren bekommen und all das, was sie lesen und nicht verstehen, erlei­ den, wenn Gott Vergeltung übt, da sie ja durch alle Sünden befleckt und obendrein durch das heilige Blut bespritzt von jenem selbst, an den sie ihre frevlerischen Hände legten, zu ewigen Strafen bestimmt worden sind.

Text und Übersetzung

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(26) sed erit nobis contra Iudaeos separata materia, in qua illos erroris et sceleris reuincemus. 2 (1) Nunc ignaros ueritatis instruamus, dispositione summi dei sic ordinatum, ut iniustum hoc saeculum decurso temporum spatio terminum sumat extinctaque protinus omni malitia et piorum animis ad beatam uitam reuocatis quietum tranquillum pacificum, aureum denique ut poetae uocant saeculum deo ipso regnante florescat. (2) in primis causa errorum omnium philosophis haec fuit, quod rationem mundi, quae totam sapienti­ am continet, non comprehenderunt. (3) ea uero sensu proprio et interna intellegentia non potest comprehendi; quod illi sine doctore per se ipsos facere uoluerunt. itaque in uarias sibique saepe contrarias sententias in­ ciderunt ex quibus exitum non haberent, et in eodem luto, sicut comicus ait, haesitauerunt, scilicet assumptionibus eorum non respondente ratione, cum assumpsissent quidem uera, sed quae affirmari probarique non possent sine scientia ueritatis rerumque caelestium: quae, ut saepe iam dixi, non potest esse in homine nisi deo docente percepta. (4) nam si potest homo intellegere diuina, poterit et facere: nam intellegere est quasi e uestigio subsequi, non potest autem facere quae deus, quia mortali corpore indutus est, ergo ne intellegere quidem potest quae facit deus: quod an fieri possit, ex immensitate rerum atque operum diuinorum facile est uni cuique metiri. (5) nam si mundum cum omnibus quae sunt in eo contemplari uelis, intel­ legas profecto quantum dei opus humanis operibus antistet, ita quantum inter opera diuina et humana interest, tantum distare inter dei hominisque sapientiam necesse est. (6) nam quia deus incorruptus atque immortalis est et ideo perfectus, quia sempiternus est, sapientia quoque eius perinde ut ipse perfecta est nec obstare illi quicquam potest, quia nulli rei deus ipse subiectus est. (7) homo autem quia subiectus est passioni, subiecta est et sapientia eius errori, et sicut hominis uitam multae res impediunt, quominus possit esse perpetua, ita sapientiam quoque eius multis rebus impediri necesse est, quominus in perspicienda penitus ueritate perfecta sit. (8) ergo nulla est humana sapientia, si per se ad notionem ueri scienti­ amque nitatur, quoniam mens hominis cum fragili corpore illigata et in tenebroso domicilio inclusa neque liberius euagari neque clarius perspicere ueritatem potest, cuius notitia diuinae condicionis est. deo enim soli opera sua nota sunt.

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cf. Ter. Phorm . 780

14 possent B 2H M

possint B XD P

(26) Aber den Vorwürfen gegen die Juden werde ich eine eigene Behand­ lung widmen, in wir jene des Irrtums und Verbrechens überführen werden. 2 (1) Nun wollen wir die der Wahrheit Unkundigen unterweisen. Durch die Fügung des höchsten Gottes ist es so angeordnet, dass dieses ungerech­ te Zeitalter nach dem Ablauf einer Zeitspanne sein Ende nimmt und dass, wenn dann unverzüglich jede Bösartigkeit ausgelöscht ist und die Seelen der Frommen zum glückseligen Leben zurückberufen sind, ein ruhiges, stilles, friedliches, kurz ein, wie es die Dichter nennen, goldenes Zeitalter erblüht, in dem Gott selbst die Herrschaft ausübt. (2) Der Grund aller Irrtümer auf Seiten der Philosophen war in erster Linie der, dass sie den vernünftigen Sinn der Welt, welcher die ganze Weisheit enthält, nicht verstanden haben. (3) Dieser aber kann mit eigener Wahrnehmung und innerweltlicher Ein­ sicht nicht verstanden werden - und das wollten jene ohne Lehrer aus sich selbst heraus tun. Deswegen verfielen sie auf unterschiedliche, einander oft widersprechende Anschauungen, aus denen sie keinen Ausweg hatten, und im selben Morast, wie der Komödiendichter sagt, blieben sie stecken, weil natürlich die Vernunft nicht ihren Annahmen entsprach, da sie zwar Wahres angenommen hatten, das aber ohne Kenntnis der Wahrheit und der himmlischen Dinge nicht bekräftigt und bewiesen werden konnte. Und dieses Wissen kann der Mensch, wie ich schon oft betont habe, nur besit­ zen, wenn es ihm durch göttliche Lehre vermittelt ist. (4) Denn wenn der Mensch Göttliches verstehen kann, wird er es auch tun können: Verstehen nämlich ist wie auf dem Fuße folgen. Er kann aber nicht das tun, was Gott tut, weil er mit einem sterblichen Körper ausgestattet ist; also kann er nicht einmal verstehen, was Gott tut: Ob das geschehen kann, kann ein jeder leicht aus der Unermesslichkeit der Dinge und göttlichen Werke ermessen. (5) Denn sollte man die Welt und alles, was in ihr ist, betrachten wol­ len, wird man wohl in der Tat einsehen, wie sehr das Werk Gottes die menschlichen Werke übertrifft. Wie groß also der Unterschied zwischen den göttlichen und den menschlichen Werken ist, so groß muss zwingend der Unterschied zwischen der Weisheit Gottes und der des Menschen sein. (6) Denn weil Gott unvergänglich und unsterblich und deswegen vollkom­ men ist, weil er ewig ist, ist auch seine Weisheit, gleich wie er selbst, voll­ kommen, und es kann jener nichts entgegenstehen, weil Gott selbst keiner Sache unterworfen ist. (7) Weil der Mensch aber dem Leiden unterworfen ist, ist auch seine Weisheit dem Irrtum unterworfen, und so wie das Le­ ben des Menschen viele Dinge daran hindern, immerwährend zu sein, so muss auch seine Weisheit zwangsläufig von vielen Dingen daran gehindert werden, im gänzlichen Durchschauen der Wahrheit vollkommen zu sein. (8) Also gibt es keine menschliche Weisheit, wenn sie aus sich selbst nach der Erkenntnis und dem Wissen der Wahrheit strebt, weil ja der Verstand des Menschen mit einem gebrechlichen Körper verbunden und in einer

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(9) homo autem non cogitando aut disputando assequi eam potest, sed discendo et audiendo ab eo qui scire solus potest et docere. (10) ideo Marcus Tullius sententiam Socratis de Platone transferens dicentis uenisse tempus ut ipse migraret e uita, illos autem apud quos causam suam perorabat agere uitam, ,utrum melius sit / inquit ,dii immortales sciunt, hominem arbitror scire neminem? (11) quare necesse est omnes philosophiae sec­ tas alienas esse a ueritate, quia homines erant qui eas constituerunt, nec ullum fundamentum aut firmitatem possunt habere quae nullis diuinarum uocum fulciuntur oraculis, 3 (1) Et quoniam de philosophorum erroribus loquimur, Stoici naturam in duas partes diuidunt, unam quae efficiat, alteram quae se ad faciendum tractabilem praebeat: in illa prima esse uim sentiendi, in hac materiam nec alterum sine altero posse. (2) quomodo potest idem esse quod tractat et quod tractatur? si quis dicat idem esse figulum quod lutum aut lutum idem esse quod figulum, nonne aperte insanire uideatur? (3) at isti uno naturae nomine duas res diuersissimas comprehendunt, deum et mundum, artificem et opus, dicuntque alterum sine altero nihil posse, tamquam natura sit deus mundo permixtus, nam interdum sic confundunt, ut sit deus ipse mens mundi et mundus sit corpus dei, quasi uero simul esse coeperint mundus et deus ac non ipse mundum fecerit. (4) quod et ipsi fatentur alias, cum hominum causa praedicant esse fabricatum, et esse sine mundo, si uelit, possit, siquidem deus est diuina et aeterna mens, a corpore soluta et libera, cuius uim maiestatemque quoniam intellegere non poterant, miscuerunt eum mundo id est operi suo. (5) unde est illud Vergilianum:

,totamque infusa per artus mens agitat molem et magno se corpore miscet? (6) ubi est ergo illud quod idem ipsi aiunt, et factum esse diuina prouidentia et regi? si enim fecit mundum, fuit ergo sine mundo; si regit, non utique sicut mens corpus regit, sed tamquam domum dominus, nauem gubernator, auriga currum, nec tamen mixti sunt his rebus quas regunt.

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Cic. Tuse. 1,99

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Verg. Aen. 6,726sq.

11 u n am om. H M 11 efficiat a lte ra m quae B D om. P efficiant a. q. H M 13 posse] (quicquam ) posse Brandt 18 p erm ix tu s P te rm in a tu s B D H M 22 m ens d ic a tu r B 23 m a iestatem q u e B 2D P m a ie sta te m B ^ M 25 to ta m que P H cett. codd. Verg. to ta q u e B ^ -q u e i. ras. m. 2) cod. Verg. R quae to ta m D to ta m quae M 30 his codd. iis Brandt

2,9 - 3,6

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dunklen Behausung eingeschlossen weder hinreichend frei umherschweifen noch hinreichend klar die Wahrheit durchschauen kann, deren Kenntnis Kennzeichen der göttlichen Daseinsweise ist. Denn allein Gott sind seine Werke bekannt. (9) Der Mensch jedoch kann diese Kenntnis nicht durch Nachdenken oder Erörtern erlangen, sondern durch Lernen und Hören von dem, der allein wissen und lehren kann. (10) Deswegen sagt Marcus Tul­ lius, wenn er aus Platon die Äußerung des Sokrates überträgt, der sagt, es sei die Zeit gekommen, dass er selbst aus dem Leben scheide, jene aber, vor denen er seine Verteidigungsrede hielt, am Leben blieben: ,Welches von beiden besser ist, wissen die unsterblichen Götter, ich glaube, dass es kein Mensch weiß/ (11) Deswegen müssen zwingend alle Schulen der Philosophie von der Wahrheit entfernt sein, weil es Menschen waren, die sie begründet haben, und sie, die durch keine Orakel göttlicher Stimmen gestützt werden, können keinerlei Fundament oder Festigkeit haben. 3 (1) Und weil wir schon von den Irrtümern der Philosophen sprechen: Die Stoiker spalten die Natur in zwei Teile auf, den einen, der erschafft, den anderen, der sich als geeignetes Objekt zum Erschaffen darbietet: In ersterem sei die Fähigkeit zur Wahrnehmung, in letzterem der Rohstoff dazu, und das eine sei ohne das andere unfähig. (2) Wie kann dassel­ be sein, was handelt und was behandelt wird? Sollte jemand behaupten wollen, der Töpfer sei dasselbe wie der Ton oder der Ton dasselbe wie der Töpfer, wird er denn etwa nicht offensichtlich verrückt erscheinen? (3) Aber diese Leute fassen unter dem einen Begriff ,N atur‘ zwei grund­ verschiedene Dinge zusammen, Gott und die Welt, den Künstler und sein Werk, und sie sagen, dass das eine ohne das andere nichts vermöge, so als ob die Natur ein mit der Welt vermischter Gott sei. Und bisweilen nämlich bringen sie es so durcheinander, dass Gott selbst der Geist der Welt und die Welt der Leib Gottes sei, vollends so, als ob Welt und Gott gleichzeitig zu existieren begonnen hätten und nicht er selbst die Welt erschaffen hätte. (4) Das bekennen sie ein andermal auch selbst, wenn sie verkünden, er könne, da sie um der Menschen willen erschaffen worden sei, auch ohne die Welt sein, wenn er wolle, insofern Gott ein göttlicher und ewiger Geist ist, vom Körper gelöst und frei. Und weil sie dessen Kraft und Größe nicht einsehen konnten, vermischten sie ihn mit der Welt, das heißt mit seinem Werk. (5) Daher rührt jenes Ver giiwort: ,Und eingegossen durch die Glieder bewegt der Geist die ganze Masse und mischt sich mit dem großen Leib/6* (6) Wo ist also das, was sie selber sagen, dass die Welt von der göttlichen Vorsehung sowohl erschaffen wurde, als auch gelenkt wird? Denn wenn sie die Welt erschaffen hat, war sie also ohne die Welt; wenn sie sie lenkt, lenkt sie sie jedenfalls nicht wie der Geist den Körper, sondern so wie der Herr

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(7)nam si haec omnia quae uidemus dei membra sunt, iam insensibilis ab his constituitur deus, quoniam membra sensu carent, et mortalis, quoniam uidemus membra esse mortalia. (8) possum enumerare quotiens repen­ tinis quassatae motibus uel hiauerint terrae uel desederint in abruptum, quotiens demersae fluctibus et urbes et insulae abierint in profundum, fru­ giferos campos paludes inundauerint, flumina et stagna siccauerint, montes etiam uel deciderint abrupti uel planis fuerint adaequati; plurimas regio­ nes et multorum fundamenta montium latens et internus ignis absumit. (9)et hoc parum est si membris suis non parcit deus, nisi etiam homini liceat aliquid in dei corpus: maria extruuntur, montes exciduntur et ad eruendas opes interiora terrae uiscera effodiuntur, quid quod ne arari qui­ dem sine laceratione diuini corporis potest, ut iam scelerati atque impii simus, qui dei membra uiolemus? (10) patiturne ergo uexari corpus suum deus et debilem se uel ipse facere uel ab homine fieri sinit? nisi forte diuinus ille sensus qui mundo et omnibus mundi partibus mixtus est, primam terrae superficiem reliquit ac se in ima demersit, ne quid doloris de assidua laceratione sentiret. (11) quodsi hoc uanum et absurdum est, tam igitur ipsi eguerunt quam haec indigent sensu, qui non perspexerunt diuinum quidem spiritum esse ubique diffusum eoque omnia contineri, non tamen ita, ut deus ipse, qui est incorruptus, grauibus et corruptibilibus elementis misceatur. (12) illud ergo rectius quod a Platone sumpserunt, a deo fac­ tum esse mundum et eiusdem prouidentia gubernari, oportebat igitur et Platonem et eos qui idem senserunt, docere atque explicare quae causa, quae ratio fuerit tanti operis fabricandi, quare hoc aut cuius gratia fecerit. (13) at idem Stoici ,hominunT inquiunt , causa mundus effectus est‘. audio, sed Epicurus ignorat ipsos homines quare aut quis effecerit, nam Lucretius cum mundum diceret non esse a diis constitutum, sic ait: , dicere porro hominum causa uoluisse parare praeclaram mundi naturam ‘

deinde intulit ,desipere est. quid enim immortalibus atque beatis gratia nostra queat largirier emolumenti, ut nostra quicquam causa gerere aggrediantur? ‘ merito.

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Lucr. 5,156. 157a

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Lucr. 5,165-167 8

8 ab su m it D P 3H M ab su m p sit B ad su m it P 1 14 facere codd. facit H e u m a n n B r a n d t facere (uult) B r a n d t i. app. 32 n o stra q u eat P 3D codd. L u c r . n o stram q u e ad B 1 n o stra m quid B 2 q u a e a t P 1 quead H quae ad M 32 largirier B 1D codd. L u c r . largiriere B 2 largiri P M pc largier H M ac 33 gerere edd. c u m codd. L u c r . agere codd.

97 das Haus, der Steuermann das Schiff und der Wagenlenker den Wagen, und die sind dennoch nicht mit denjenigen Dingen gemischt, die sie lenken. (7) Denn wenn alles das, was wir sehen, Glieder Gottes sind, dann wird da­ mit Gott von ihnen als empfindungslos hingestellt, weil seine Glieder keine Empfindung haben, und als sterblich, weil wir ja sehen, dass die Glieder sterblich sind. (8) Ich könnte aufzählen, wie oft die Erde durch plötzliche Beben erschüttert sich auftat oder sich in einen Abgrund senkte, wie oft von den Fluten überschwemmt nicht nur Städte sondern auch Inseln in der Tiefe versanken, Sümpfe sich über fruchtbare Felder ausdehnten, Flüs­ se und Seen austrockneten, sogar Berge abbrachen und dann niederstürzten oder auch zu flachem Land eingeebnet wurden; sehr viele Gegenden und die Grundfesten vieler Berge verzehrt ein verborgenes, inneres Feuer. (9) Und nicht genug damit, dass Gott seine eigenen Glieder nicht ver­ schonte, auch dem Menschen sollte es erlaubt sein, sich etwas gegen den Körper Gottes herauszunehmen: Meere werden zugebaut, Berge abgetra­ gen und zum Herausholen von Reichtümern die inneren Eingeweide der Erde aufgebohrt. Und was soll man dazu sagen, dass ohne Zerfleischung des göttlichen Körpers nicht einmal gepflügt werden kann, so dass wir schon Verbrecher und Gottlose sind, die wir die Glieder Gottes verletzen? (10) Gott duldet also, dass sein Körper gequält wird, und er lässt es dazu kommen, dass er sich selbst schwach macht oder vom Menschen gemacht wird? Es müsste denn sein, dass jene göttliche Empfindung, die mit der Welt und allen Teilen der Welt vermischt ist, die oberste Erdoberfläche verlassen und sich in die Tiefe versenkt hat, um nichts von dem Schmerz auf Grund der andauernden Zerfleischung zu spüren. (11) Wenn das aber nichtig und unsinnig ist, dann fehlte es also diesen selbst ebenso an Sinn wie es diesem Gerede hier fehlt - ihnen, die nicht durchschaut haben, dass zwar der göttliche Geist überall ausgegossen ist und dass in ihm alles ent­ halten ist, aber doch nicht so, dass sich Gott selbst, der unvergänglich ist, mit schweren und vergänglichen Stoffen vermischt. (12) Zutreffender ist also jenes, was sie von Platon übernommen haben, dass die Welt von Gott erschaffen worden sei und von eben seiner Vorsehung gelenkt werde. Es hätten also Platon und diejenigen, die dasselbe meinten, lehren und erklä­ ren sollen, was die Ursache, was der Sinn der Erschaffung eines so großen Werkes gewesen sei, weswegen oder um wessentwillen er es gemacht habe. (13) Aber dieselben Stoiker sagen: ,Um der Menschen willen ist die Welt erschaffen worden? Gut. Aber Epikur weiß nicht, warum oder wer die Men­ schen selbst hat entstehen lassen. Denn als Lukrez sagte, dass die Welt nicht von Göttern geschaffen worden sei, formulierte er das so: , Ferner zu sagen, dass sie gerade um der Menschen willen hät­ ten bereiten wollen die vortreffliche Natur der W elt/ dann fügte er hinzu:

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(14) illi enim nullam rationem afferebant cur humanum genus uel crea­ tum uel constitutum esset a deo: nostrum hoc officium est, sacramentum mundi et hominis exponere, cuius illi expertes sacrarium ueritatis nec at­ tingere nec uidere potuerunt. (15) ergo, ut paulo ante dicebam, cum assumpsissent id quod erat uerum, id est mundum a deo et hominum causa esse factum, tamen quoniam eos in consequentibus ratio defecit, non po­ tuerunt defendere id quod assumpserant. (16) denique Plato ne dei opus imbecillum et ruinosum faceret, in aeternum dixit esse mansurum, si ho­ minum causa factus est et ita factus est, ut esset aeternus, cur ergo ipsi quorum causa factus est non sunt sempiterni? si mortales, propter quos factus est, ergo et ipse mortalis atque solubilis: neque enim pluris est ipse quam ii quorum gratia factus est. (17) quodsi ei ratio quadraret, intel­ legeret periturum esse quia factus est, nec posse in aeternum manere nisi quod tangi non potest. (18) qui autem negat hominum causa factum, hic nullam rationem tenet, si enim dicit ipsum fabricatorem sua causa tan­ ta haec opera esse molitum, cur ergo nos nati sumus? cur mundo ipso fruimur? quid sibi uult humani generis ceterarumque animantium fictio? cur aliena commoda intercipimus? cur denique augemur minuimur inte­ rimus? (19) quid habet rationis ipsa generatio? quid perpetua successio? nimirum uidere deus uoluit et suis uariis imaginibus tamquam sigilla confingere quibus se oblectaret: et nihilominus tamen, si ita esset, curae haberet animantes praecipueque hominem, cuius imperio cuncta subiecit. (20) qui autem dicunt semper fuisse mundum - omitto illud, quod es­ se ipsum sine aliquo principio non potest; unde se extricare non queunt - sed hoc dico: si mundus semper fuit, nullam potest habere rationem. (21) quid enim potuit in eo ratio moliri quod numquam sumpsit exordi­ um? nam priusquam fiat aliquid aut struatur, opus est consilio, ut disponi possit quemadmodum fiat, nec incipi quicquam potest sine prouisione ra­ tionis.

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B D P H M K5

5 a deo et codd. a deo (factum ) et recc. B r a n d t 9 et ita factu s est o m . P H M 22 ab an im an tes d e n u o in c ip it K (d e s iit 6 ,6 ,1 7 defensor,) 24 non queunt] n eq u eu n t D

99 ,ist Irrsinn. Denn was kann wohl den Unsterblichen und Seligen unsere Gunst an Nutzen schenken, dass sie es unternehmen, um unseretwillen etwas zu tun?‘ Mit Recht. (14) Denn jene führten keinen vernünftigen Grund an, warum das Menschengeschlecht von Gott erschaffen oder eingesetzt worden sein soll. Unsere Aufgabe ist die, das Heilsgeheimnis der Welt und des Men­ schen darzulegen, ohne dessen Kenntnis jene das Heiligtum der Wahr­ heit weder berühren noch sehen konnten. (15) Obwohl sie also, wie ich kurz vorher ausführte, das angenommen hatten, was wahr war, das heißt, dass die Welt von Gott erschaffen und um der Menschen willen erschaf­ fen worden ist, haben sie dennoch, da ihnen die Einsicht beim Folgen­ den fehlte, das nicht verteidigen können, was sie angenommen hatten. (16) Schließlich sagte Platon, um das Werk Gottes nicht schwach und bau­ fällig zu machen, dass die Welt in Ewigkeit bestehen werde. Wenn sie um der Menschen willen erschaffen und so erschaffen ist, dass sie ewig ist, warum sind also gerade die, um derentwillen sie erschaffen ist, nicht im­ merwährend? Wenn diejenigen sterblich sind, um derentwillen sie geschaf­ fen ist, ist sie also auch selbst sterblich und auflöslich: Denn sie ist auch selbst nicht mehr wert als diejenigen, um derentwillen sie erschaffen ist. (17) Wenn ihm die Logik aber aufginge, sähe er ein, dass sie zugrunde gehen wird, weil sie erschaffen worden ist, und dass nur das in Ewigkeit bestehen kann, was nicht berührt werden kann. (18) Wer aber leugnet, dass sie um der Menschen willen erschaffen worden sei, der wahrt keiner­ lei Logik. Denn wenn er behauptet, dass der Schöpfer um seiner selbst willen diese so großen Werke unternommen habe, warum sind wir also geboren? Warum genießen wir eben diese Welt? Was soll die Gestaltung des Menschengeschlechtes und der übrigen Lebenwesen? Warum eignen wir uns Bequemlichkeiten an, die uns nicht zukommen? Warum schließlich wachsen wir, werden wir schwächer und gehen zugrunde? (19) Welchen Sinn hat überhaupt die Zeugung? Welchen die dauernde Generationenfol­ ge? Natürlich wollte Gott sie sehen und für seine verschiedenen Ebenbilder sozusagen Figürchen gestalten, an denen er sich erfreuen konnte: Und doch trüge er nichtsdestoweniger, wenn es so wäre, Sorge für die Lebewesen und insbesondere für den Menschen, dessen Herrschaft er alles unterworfen hat. (20) Diejenigen aber, die behaupten, dass die Welt immer existiert habe, - ich übergehe jenen Aspekt, dass etwas von sich aus ohne einen Anfang nicht existieren kann; daraus können sie sich nicht befreien - aber ich sage Folgendes: Wenn die Welt immer existiert hat, kann sie keinen vernünftigen Sinn haben. (21) Denn was hätte die Vernunft in dem bewegen können, das niemals einen Anfang nahm? Denn ehe etwas gemacht oder errichtet wird, bedarf es der Überlegung, damit geplant werden kann, auf welche

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(22) itaque omne opus ratio praecedit: non habet ergo rationem quod fac­ tum non est. atquin mundus habet rationem, quia et constat et regitur: ergo et factus est; si factus est, et resoluetur. (23) reddant ergo isti ratio­ nem, si possunt, cur aut factus in principio sit aut postea resoluatur. quod quia docere non poterat Epicurus siue Democritus, sua sponte natum esse dixit seminibus inter se passim coeuntibus: quibus iterum resolutis discidi­ um atque interitum secuturum. (24) corrupit ergo quod recte uiderat et totam rationem penitus ignorantia rationis euertit redegitque mundum et omnia quae in eo geruntur ad similitudinem cuiusdam uanissimi somnii, siquidem rebus humanis ratio nulla subsistet. (25) cum uero mundum omnesque partes eius ut uidemus mirabilis ratio gubernet, cum caeli tempera­ tio et aequalis in ipsa uarietate cursus astrorum luminumque caelestium, temporum constans ac mira discriptio, terrarum uaria fecunditas, plana camporum, munimenta et aggeres montium, uiriditas ubertasque siluarum, fontium saluberrima eruptio, fluminum opportuna inundatio, maris opu­ lenta et copiosa interfusio, uentorum diuersa et utilis aspiratio ceteraque omnia ratione summa constent, quis tam caecus est ut existimet sine cau­ sa esse facta in quibus mira dispositio prouidentissimae rationis elucet? (26) si ergo sine causa nec est nec fit omnino quicquam, si et prouidentia summi dei ex dispositione rerum et uirtus ex magnitudine et potestas ex gubernatione manifesta est, hebetes ergo et insani qui prouidentiam non esse dixerunt, non improbarem, si deos idcirco non esse dicerent ut un­ um dicerent, cum autem ideo ut nullum, qui eos delirasse non putat, ipse delirat. 4 (1) Sed de prouidentia satis in primo libro diximus: quae si est, ut apparet ex mirabilitate operum suorum, necesse est etiam hominem ceterasque animantes eadem prouidentia creauerit. (2) uideamus ergo quae ratio fuerit fingendi generis humani, quoniam constat, id quod Stoici ai­ unt, hominum causa mundum esse fabricatum, quamquam in hoc ipso non mediocriter peccent, quod non hominis causa dicunt, sed hominum: unius enim singularis appellatio totum comprehendit humanum genus.

2 q u ia B D P q u a M prK quae H M ar 2 et (ante constat,) ora. H M K 3 ergo et factu s est D K et ergo est factu s B (m. 1 [?] ex et factu s est erg o j ergo fac­ tu s est et P ergo factu s est H M Brandt 11 u t uidem us m irabilis] u itae u id ea­ m us q u em ad m o d u m m irabilis B 22-23 u t un u m dicerent om. P H M 25 quae si K q u iau tsi B qu ia etsi D P H M

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Weise es gemacht wird, und es kann nichts ohne die Vorausschau der Ver­ nunft begonnen werden. (22) Daher geht die Vernunft jedem Werk voraus: Es hat also nicht Vernunft, was nicht geschaffen ist. Und doch hat die Welt einen vernünftigen Sinn, weil sie besteht und weil sie gelenkt wird. Also ist sie geschaffen; wenn sie geschaffen ist, wird sie auch wieder vergehen. (23) Es sollen also diese Leute Rechenschaft ablegen, wenn sie können, entweder warum sie am Anfang entstanden ist, oder warum sie nachher vergeht. Weil dies Epikur beziehungsweise Demokrit nicht lehren konnte, sagte er, dass sie von sich aus dadurch entstanden sei, dass sich über­ all Atome vereinigten: Wenn sich diese wiederum aufgelöst hätten, werde die Trennung und der Untergang folgen. (24) Er verdarb also, was er richtig gesehen hatte, und zerstörte die ganze Logik in Unkenntnis des vernünftigen Sinns völlig und machte die Welt und alles, was in ihr ge­ schieht, zu so etwas wie eine Art ganz nichtigen Traum, sofern dann ja der menschlichen Existenz keinerlei Plan zugrunde liegen wird. (25) Weil aber die Welt und alle ihre Teile, wie wir sehen, eine wunderbare Vernunft leitet, weil die Ordnung am Himmel und der gerade in seiner Mannigfal­ tigkeit gleichmäßige Lauf der Sterne und Himmelslichter, die beständige und wunderbare Einteilung der Zeiten, die mannigfache Fruchtbarkeit der Ländereien, die weit sich erstreckenden Felder, die Berge, die als Befesti­ gungen und Wälle dienen, das frische Grün und die Üppigkeit der Wäl­ der, das überaus heilsame Hervorbrechen der Quellen, die günstige Bewäs­ serung durch die Flüsse, das reiche und gewaltige Strömen des Meeres, das aus verschiedenen Richtungen kommende nützliche Blasen der Winde und alles Übrige nach die höchster Logik besteht, wer ist so blind, dass er meinen kann, dass ohne Grund entstanden ist, worin eine wunderbare Anordnung der durch und durch vorausschauenden Vernunft aufstrahlt? (26) Wenn also ohne Grund überhaupt weder irgendetwas ist noch wird, und wenn die Vorsehung des höchsten Gottes aus der Anordnung der Dinge und seine Kraft aus der Größe und seine Macht aus der Lenkung offensicht­ lich ist, waren also diejenigen stumpfsinnig und verrückt, die behaupteten, dass es keine Vorsehung gebe. Ich würde es nicht missbilligen, wenn sie die Existenz von Göttern deswegen leugneten, um die Existenz eines Einzigen zu behaupten, weil sie es aber deswegen tun, um die Existenz keines Got­ tes zu behaupten, ist derjenige, der nicht glaubt, dass sie verrückt waren, selbst verrückt. 4 (1) Aber über die Vorsehung haben wir im ersten Buch ausreichend gesprochen: Wenn diese existiert, wie aus der Wunderbarkeit ihrer Werke deutlich wird, muss dieselbe Vorsehung zwangsläufig auch den Menschen und die übrigen Lebewesen erschaffen haben. (2) Wir wollen also sehen, was der Grund für das Ersinnen des Menschengeschlechtes war, weil ja fest steht, was die Stoiker sagen, dass die Welt um der Menschen willen

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(3) sed hoc ideo, quia ignorant unum hominem a deo esse formatum putantque homines in omnibus terris et agris tamquam fungos esse genera­ tos. at Hermes non ignorauit hominem et a deo et ad dei similitudinem fictum, sed redeo ad propositum. (4) nihil est, ut opinor, quod sit propter se ipsum factum, sed quidquid omnino fit, ad usum aliquem fieri necesse est. quis est enim uel tam ineptus uel tam otiosus, ut aggrediatur ali­ quid facere frustra ex quo nullam utilitatem, nullum commodum speret? (5) qui domum aedificat, non idcirco aedificat, ut tantummodo domus sit, sed ut in ea possit habitari; qui nauem fabricat, non ideo insumit operam, ut tantum nauis appareat, sed ut in ea nauigetur; (6) item qui uas aliquod instituit ac format, non propterea id facit, ut tantum fecisse uideatur, sed ut uas illud effectum capiat aliquod necessarium, similiter cetera quaecumque fiunt, non utique in superuacuum, sed ad usus aliquos uti­ les laborantur. (7) mundus igitur a deo factus est non utique propter ipsum mundum: neque enim aut calore solis aut lumine aut aspiratione uentorum aut umore imbrium aut alimonia frugum, cum sensu careat, indiget. (8) sed ne illud quidem dici potest, quod deus propter se ip­ sum fecerit mundum, quoniam potest esse sine mundo, sicut fuit antea, et iis omnibus quae in eo sunt quaeque generantur deus ipse non utitur. (9) apparet ergo animantium causa mundum esse constructum, quoniam rebus iis quibus constat animantes fruuntur: quae ut uiuere, ut consta­ re possint, omnia iis necessaria temporibus certis subministrantur. (10) rursus ceteras animantes hominis causa esse fictas ex eo clarum est, quod homini seruiunt et tutelae eius atque usibus datae sunt, quoniam, siue terrenae sunt siue aquatiles, non sentiunt mundi rationem, sicut homo. (11) respondendum est hoc loco philosophis maximeque Ciceroni, qui ait: ,cur deus omnia nostra causa cum faceret, tantam uim natricum uiperarumque fecerit? cur tam multa pestifera terra marique disperserit?^

3

CH frg. 8b N o c k / F e s t u g i è r e (IV 109)4

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Cic. ac. 2,120

4 fictum B P factu m K fin ctu m D H M 6 est (ante enim.) om. H M K 15 lum ine D P lunae B H M K lum ine lunae edd. Brandt 22 possint B H M possent D P K 24 d a ta e edd. d a ta codd. 27 n o stra D P arH M K optimi codd. Cic. n o stri B P pr perm ulti codd. Cic. (cf. Reid 318)

103 gemacht worden ist, obwohl sie gerade darin keinen kleinen Fehler ma­ chen, dass sie nicht sagen ,um des Menschen willen‘, sondern ,um der Menschen willen‘: Denn die im Singular gehaltene Nennung eines Einzel­ nen umfasst das ganze Menschengeschlecht. (3) Aber dies geschah des­ wegen, weil sie nicht wissen, dass ein einziger Mensch von Gott geformt wurde, und glauben, dass die Menschen in allen Ländern und auf den Feldern so wie Pilze erzeugt wurden. Hermes jedoch wusste sehr genau, dass der Mensch sowohl von Gott als auch zum Abbild Gottes gestaltet wurde. Aber ich komme zum Thema zurück. (4) Es gibt nichts, wie ich meine, was seiner selbst wegen erschaffen worden ist, sondern alles, was überhaupt entsteht, muss zwangsläufig zu irgendeinem Nutzen entstehen. Denn wer wäre so albern oder hätte so viel Zeit, dass er es unternäh­ me, irgendetwas umsonst zu tun, aus dem er sich keinen Nutzen, keinen Vorteil erhofft. (5) Wer ein Haus errichtet, errichtet es nicht deswegen, damit es bloß ein Haus gibt, sondern damit man darin wohnen kann; wer ein Schiff baut, nimmt die Mühe nicht deswegen auf sich, damit lediglich ein Schiff zum Vorschein kommt, sondern damit man damit segeln kann; (6) ebenso macht derjenige, der ein Gefäß herstellt und formt, das nicht deswegen, damit es lediglich offensichtlich wird, dass er es getan hat, son­ dern damit jenes produzierte Gefäß irgendetwas Notwendiges aufnimmt. In ähnlicher Weise wird alles Übrige, was gemacht wird, nicht gänzlich unnützerweise, sondern zu irgendwelchen nützlichen Zwecken hergestellt. (7) Die Welt ist also von Gott durchaus nicht der Welt selbst wegen er­ schaffen worden: Denn weder die Wärme der Sonne noch ihr Licht noch das Wehen der Winde noch die Nässe der Regenfälle noch die Nahrung aus Feldfrüchten braucht sie, weil sie ja keine Wahrnehmungsfähigkeit hat. (8) Aber nicht einmal jenes kann man behaupten, dass Gott die Welt um seiner selbst willen erschaffen hat, weil er ja ohne die Welt sein kann, so wie er vorher war, und Gott selbst all diejenigen Dinge, die in ihr sind und in ihr entstehen, nicht gebraucht. (9) Es wird also klar, dass die Welt erschaffen um der Lebewesen willen gemacht worden ist, da ja die­ jenigen Dinge, aus denen sie besteht, dem Genuss der Lebewesen dienen: Damit diese leben, damit diese bestehen können, wird alles für sie Not­ wendige zu bestimmten Zeiten zur Verfügung gestellt. (10) Dass hinwie­ derum die übrigen Lebewesen um des Menschen willen erschaffen worden sind, wird daraus klar, dass sie dem Menschen dienen und seinem Schutz und Gebrauch überantwortet sind, da sie ja, seien es Erd-, seien es Was­ sertiere, nicht den Sinn der Welt wahrnehmen, wie es der Mensch tut. (11) Man muss an dieser Stelle auf die Philosophen und vor allem auf Cicero eingehen, der die Frage stellt: ,Warum hätte wohl Gott, obwohl er alles um unseretwillen gemacht hat, eine so große Menge an Nattern und Vipern erschaffen sollen? Warum hätte er wohl auf Land und Meer

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(12) ingens ad disputandum locus, sed ut in transcursu breuiter stringen­ dus est. quoniam homo ex rebus diuersis ac repugnantibus configuratus est, anima et corpore, id est caelo atque terra, tenui et comprehensibili, aeter­ no ac temporali, sensibili atque bruto, luce praedito atque tenebroso, ipsa ratio ac necessitas exigebat et bona homini proponi et mala, bona, quibus utatur, mala, quae uitet et caueat. (13) idcirco enim data est illi sapientia, ut cognita bonorum malorumque natura et in appetendis bonis et in malis declinandis uim suae rationis exerceat, nam ceteris animalibus quia sapi­ entia non data est, et munita indumentis naturalibus et armata sunt, homini autem pro his omnibus, quod erat praecipuum, rationem solam dedit. (14) itaque nudum formauit et inermem, ut eum sapientia et muniret et tegeret: munimenta et ornatum eius non foris, sed intus, non in corpore, sed in corde constituit, nisi ergo essent mala, quae caueret, quae a bonis utilibusque distingueret, non esset ei sapientia necessaria. (15) sciat ergo Marcus Tullius aut ideo homini datam esse rationem, ut et pisces cape­ ret usus sui gratia et natrices uiperasque uitaret salutis suae causa, aut idcirco ei bona malaque proposita, quia sapientiam acceperat, cuius uis omnis in discernendis bonis malisque uersatur. (16) magna igitur et recta et admirabilis est uis et ratio et potestas hominis, propter quem mundum ipsum et uniuersa quaecumque sunt deus fecit tantumque illi honoris ha­ buit, ut eum praeficeret uniuersis, quoniam solus poterat dei opera mirari. (17) optime igitur Asclepiades noster de prouidentia summi dei disserens in eo libro quem scripsit ad me, , atque ideo‘ inquit , merito quis arbitre­ tur proximum sibi locum diuinam prouidentiam dedisse ei qui potuerit intellegere ordinationem suam. (18) nam sol iste est: quis eum uidet ita, ut intellegat quia sol est et quantum gratiae afferat ceteris institutis? hoc caelum est: quis id suspicit? terra haec: quis eam colit? hoc pelagus: quis nauigat nauigat? hic ignis est: quis eo utitur?‘ (19) instituit ergo sum­ mus deus non propter se, quia nihilo eget, sed propter hominem, qui iis congruenter uteretur.

24 p o tu e rit B H M p o tu it D p o te ra t P p o te rit K 27-28 quis n au ig at] q. in eo n. H M q. id n. B r a n d t 28 in s titu it ergo (cuncta) B r a n d t 29 qui iis B r a n d t qui is B qui his D P H K o m . M

4,12 - 4,19

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soviel Seuchen Bringendes verteilen sollen?‘ (12) Ein gewaltiges Problem für eine Erörterung, aber es ist nur wie im Vorbeigehen kurz zu strei­ fen. Weil ja der Mensch aus entgegengesetzten und gegeneinaner gerich­ teten Dingen, aus Seele und Leib, zusammengesetzt ist, das heißt aus Himmel und Erde, aus Feinstofflichem und Fassbarem, aus Ewigem und Zeitlichem, aus Empfindsamem und Dumpfem, aus mit Licht Begabtem und Dunklem, verlangten die Vernunft und Notwendigkeit selbst, dem Menschen sowohl Gutes als auch Schlechtes vorzusetzen - Gutes, das er gebrauchen, Schlechtes, das er meiden und vor dem er sich hüten soll. (13) Deswegen nämlich ist ihm die Weisheit gegeben, damit er in Erkennt­ nis des Wesens der guten und schlechten Dinge sowohl beim Erstreben der guten als auch beim Vermeiden der schlechten die Kraft seiner Vernunft übt. Denn weil den übrigen Lebewesen keine Weisheit gegeben ist, sind sie mit natürlichen Bedeckungen bewehrt und bewaffnet, dem Menschen aber hat er statt all dessen allein das gegeben, was das Wichtigste war, nämlich die Vernunft gegeben. (14) Daher hat er ihn nackt und waffenlos erschaffen, damit ihn seine Weisheit bewaffnet und bedeckt; seinen Schutz und seinen Schmuck hat er nicht draußen, sondern drinnen, nicht im Kör­ per, sondern im Herzen angelegt. Wenn es also keine schlechten Dinge gäbe, vor denen er sich hüten muss, die er von guten und nützlichen un­ terscheiden muss, wäre für ihn die Weisheit nicht notwendig. (15) Marcus Tullius soll also wissen, dass entweder deswegen dem Menschen die Ver­ nunft gegeben ist, damit er seines Nutzens wegen Fische fängt und seiner Gesundheit wegen Nattern und Vipern vermeidet, oder ihm deswegen Gu­ tes und Schlechtes vorgesetzt wurde, weil er die Weisheit empfangen hatte, deren Kraft ganz in der Unterscheidung von Schlechtem und Gutem liegt. (16) Deswegen sind groß, richtig und bewundernswert die Kraft, die Ver­ nunft und die Macht des Menschen, dessentwegen Gott die Welt selbst und alles, was ist, gemacht hat und jenem so viel Ehre erwies, dass der ihn über alles stellte, weil ja er allein die Werke Gottes bewundern konnte. (17) Überaus treffend sagt daher mein Asklepiades, in er in dem mir ge­ widmeten Buch über die Vorsehung des höchsten Gottes spricht: ,Und deswegen wird jemand wohl zu Recht annehmen, dass die göttliche Vorse­ hung den ihr am nächsten gelegenen Platz demjenigen eingeräumt hat, der ihre Ordnung hat einsehen können. (18) Denn da ist die Sonne: Wer sieht sie so, dass er erkennt, dass es die Sonne ist und wie viel Wohl sie den übrigen Einrichtungen der Schöpfung bringt? Hier ist der Himmel: Wer blickt zu ihm auf? Hier ist die Erde: Wer bebaut sie? Hier ist das Meer: Wer befährt es? Hier ist das Feuer: Wer benutzt es?‘ (19) Der höchste Gott richtete dies, weil er nichts braucht, also nicht um seinetwillen, son­ dern um des Menschen willen ein, der diese Dinge angemessen gebrauchen sollte.

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5 (1) Reddamus nunc rationem quare hominem ipsum fecerit; quod si philosophi scissent, aut defendissent illa quae uera inuenerant aut in ma­ ximos errores non incidissent. (2) haec enim summa, hic cardo rerum est, quem qui non tenuerit, ueritas illi omnis elabitur, hoc est denique, quod efficiat illis non quadrare rationem: quae illis si affulsisset, si sa­ cramentum hominis omne cognossent, numquam disputationes eorum et omnem philosophiam de transuerso Academia iugulasset. (3) sicut er­ go mundum non propter se deus fecit, quia commodis eius non indiget, sed propter hominem, qui eo utitur, ita ipsum hominem propter se. (4) ,quae utilitas deo in homine/ inquit Epicurus ,ut eum propter se face­ ret V scilicet ut esset qui opera eius intellegeret, qui prouidentiam dis­ ponendi, rationem faciendi, uirtutem consummandi et sensu admirari et uoce proloqui posset: quorum omnium summa haec est, ut deum colat. (5) is enim colit qui haec intellegit, is artificem rerum omnium, is uerum patrem suum debita ueneratione prosequitur qui uirtutem maiestatis eius de suorum operum inuentione inceptione perfectione metitur. (6) quod planius argumentum proferri potest et mundum hominis et homi­ nem sua causa deum fecisse, quam quod ex omnibus animantibus solus ita formatus est, ut oculi eius ad caelum directi, facies ad deum spectans, uultus cum suo parente communis sit uideaturque hominem deus qua­ si porrecta manu alleuatum ex humo ad contemplationem sui excitasse? (7) ,quid ergo‘ inquit ,deo cultus hominis confert beato et nulla re indigen­ ti? uel si tantum honoris homini habuit, ut ipsius causa mundum fabricaret, ut instrueret eum sapientia, ut dominum uiuentium faceret eumque diligeret tamquam filium, cur mortalem fragilemque constituit? cur omnibus malis quem diligebat obiecit, cum oporteret et beatum esse hominem tam ­ quam coniunctum ac proximum deo et perpetuum, sicut est ipse, ad quem colendum et contemplandum figuratus est?‘ (8) quamquam haec fere in prioribus libris sparsim docuimus, tamen quoniam proprie id materia nunc exigit, qua de uita beata disserere propositum est, explicanda sunt ista diligentius et plenius, ut dispositio dei et opus uoluntasque noscatur.

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20 ab cum d e n u o i n c i p i t q u a B r a n d t i. a p p .

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6 , 6 , 1 4 hi currq)

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(in)

5(1) Wollen wir nun Rechenschaft darüber ablegen, weswegen er den Men­ schen selbst erschaffen hat; wenn die Philosophen dies gewusst hätten, hät­ ten sie entweder jenes verteidigt, was sie als Wahres daran gefunden hätten, oder wären nicht in die größten Irrtümer verfallen. (2) Das ist nämlich das Entscheidende, das ist der Dreh- und Angelpunkt der Dinge, wer den nicht erfasst hat, dem entgleitet die ganze Wahrheit; mit einem Wort, das ist es, woran es liegt, dass jenen die Logik nicht aufgeht: Wenn dies jenen aufgeleuchtet wäre, wenn sie das ganze Geheimnis des Menschen gekannt hätten, dann hätte die Akademie niemals deren Ausführungen und die ganze Philosophie hinterrücks abgestochen. (3) Also hat Gott zwar nicht die Welt in seinem eigenen Interesse erschaffen, weil er ihre Vorzüge nicht benötigt, sondern wegen des Menschen, der sie gebraucht, den Menschen seinerseits aber schon. (4) , Welcher Nutzen liegt für Gott im Menschen/ sagt Epikur, ,dass er ihn seinetwegen hätte erschaffen sollen?^ - Natürlich, damit es jemanden gäbe, der seine Werke begriffe, der die Vorsehung in der Planung, die Vernunft in der Erschaffung, die wunderbare Kraft in der Vollendung sowohl mit seiner Wahrnehmung bewundern als auch mit seiner Stimme verkünden könnte. Das Ergebnis all dieser Dinge ist, dass er Gott verehrt. (5) Denn derjenige verehrt, der diese Dinge begreift, derjenige bringt dem kunstvollen Schöpfer aller Dinge, seinen wahren Va­ ter die geschuldete Verehrung entgegen, der die Macht der Größe Gottes an der Erfindung, dem Beginnen und der Vollendung seiner Werke misst. (6) Welchen leuchtenderen Beweis kann man dafür Vorbringen, dass Gott die Welt wegen des Menschen und den Menschen seinetwegen geschaf­ fen hat, als die Tatsache, dass er allein unter allen Lebewesen so gestal­ tet ist, dass seine Augen sich zum Himmel richten, sein Gesicht zu Gott blickt, sein Antlitz ihm mit dem, der ihn hervorgebracht hat, gemeinsam ist und es scheint, dass Gott den Menschen gleichsam mit ausgestreckter Hand vom Boden aufgehoben und zu seiner Betrachtung aufgerichtet hat? (7) ,Was also‘, sagt er, , bringt die Verehrung durch den Menschen einem Gott, der glückselig ist und keinerlei Bedürfnis hat? Oder, wenn er so viel an Ehrung dem Menschen zuteil werden ließ, dass er gerade wegen ihm die Welt erschuf, dass er ihn mit Weisheit ausstattete, dass er ihn zum Herrn über das Lebendige machte und ihn wie einen Sohn liebte, warum hat er ihn dann sterblich und gebrechlich gestaltet? Warum hat er den, den er liebte, allen Übeln ausgesetzt, obwohl der Mensch sowohl, gleichsam mit Gott verbunden, glückselig, als auch, ihm am nächsten stehend, ewig sein müsste, so wie es der selbst ist, zu dessen Verehrung und Betrachtung er ge­ schaffen wurde?‘ (8) Obwohl wir das in etwa schon in den vorigen Büchern verschiedenenorts erklärt haben, muss dies dennoch, weil ja gerade das das Thema nun verlangt, durch welches es uns die Aufgabe gestellt ist, über das glückselige Leben zu sprechen, sorgfältiger und umfassender erklärt

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(9) cum posset semper spiritibus suis immortalibus innumerabiles animas procreare, sicut angelos genuit, quibus immortalitas sine ullo malorum pe­ riculo ac metu constat, excogitauit tamen inenarrabile opus, quemadmo­ dum infinitam multitudinem crearet animarum, quas primo fragilibus et imbecillis corporibus illigatas constitueret inter bonum malumque medias, ut constantibus ex utrisque natura uirtutem proponeret, ne immortalita­ tem delicate assequerentur ac molliter, sed ad illud aeternae uitae ineloqui­ bile praemium cum summa difficultate ac magnis laboribus peruenirent. (10) ergo ut eas grauibus et uexabilibus membris indueret, quoniam consistere in medio inani non poterant ponderibus et grauitate corporis deorsum premente, sedem illis ac domicilium primo condendum esse decreuit. (11) itaque ineffabili uirtute ac potentia praeclara mundi opera molitus est: suspensis in altitudinem leuibus elementis et grauibus in ima depressis et caelestia firmauit et terrena constituit. (12) non est necesse nunc exequi singula, quoniam in secundo libro uniuersa executi sumus, lumina igitur posuit in caelo, quorum moderatio et claritas et motus aptissime ad uti­ litates uiuentium temperatus est, terrae autem, quam sedem uoluit esse, fecunditatem uaria gignendi ac proferendi dedit, ut ubertate frugum et herbarum et uirentium pro natura et usu cuiusque generis alimoniam ministraret. (13) tum perfectis omnibus quae ad condicionem mundi perti­ nebant, hominem finxit ex ipsa terra, quam illi a principio in habitaculum praeparauit, id est spiritum suum terreno corpore induit et inuoluit, ut compactus ex rebus diuersis ac repugnantibus bonum ac malum caperet. (14) et sicut terra ipsa fecunda est ad fruges pariendas, ita corpus homi-

nis, quod assumptum est e terra, generandi copiam facultatemque pro­ dendae subolis accepit, ut quoniam fragili materia informatus in aeter­ num manere non poterat, peracto temporalis uitae spatio cederet et illud, quod fragile atque imbecillum gerebat, perpetua successione renouaret. (15) cur igitur eum mortalem finxit et fragilem, cum illius causa mundum aedificasset? primum, ut infinita uis animarum gigneretur omnemque ter­ ram multitudine oppleret, deinde, ut proponeret homini uirtutem id est tolerantiam malorum ac laborum, per quam posset praemium immortali­ tatis adipisci.6

6 utrisque] u triq u e B 1, corr. m . 2 u triu sq u e O pc 6 n a tu ra B D H n a tu ra e P K S n a tu ra n M n a tu ris edd. 16 m o d eratio et claritas B D H M m o d eratio n es et claritas P m o d eratio n es et c la rita te s K m o d eratio et c la rita te s S 17 te m p e ra tu s est B D H M te m p e ra u it P K S 18 uaria] u aria m D H 19-20 m in istraret] a d ­ m in istra re t P K S 20 m undi] hom inis B P 25-26 p ro d en d ae B D p ru d en d ae H f M ac ?) p ro crean d ae P M pcK S 26 subolis B D K S ac subulis P ac sobolis P pcM 2Spc suboculis H M 1 26 fragili m a te ria in fo rm atu s B D P fragili m a te ria fo rm atu s H M K S (e) f. m. f. H e u m a n n B r a n d t (de) f. m. f. B r a n d t i. app.

werden, damit der Plan Gottes, sein Werk und sein Wille erkannt werden. (9) Obwohl er stets aus seinen unsterblichen Geistern zahllose Seelen hätte her Vorbringen können, so wie er die Engel hervorbrachte, denen die Un­ sterblichkeit ohne jede Gefährdung durch die Übel und ohne Furcht davor gegeben ist, ersann er dennoch ein unbeschreibliches Werk, wie er eine unbegrenzte Menge von Seelen erschaffen könnte, die er zuerst in gebrech­ liche und schwache Körper eingebunden in die Mitte zwischen Gut und Schlecht stellte, um ihnen, die ihrem Wesen nach aus beidem bestanden, die Tugend vor Augen zu stellen, damit sie die Unsterblichkeit nicht sanft und locker erreichen, sondern zu jenem unaussprechlichen Lohn des ewigen Lebens mit höchster Schwierigkeit und großen Anstrengungen gelangten. (10) Um also diese mit schweren und der Peinigung ausgesetzten Gliedern zu bekleiden, hat er, weil sie ja mitten im leeren Raum nicht bestehen konnten, da die Gewichte und die Schwere des Körpers sie nach unten drückten, beschlossen, dass ihnen zuerst eine Wohnstatt und ein Heim zu begründen sind. (11) Daher verwirklichte er in unaussprechlicher Kraft und Macht die vortrefflichen Werke der Welt: Er hängte die leichten Ele­ mente in die Höhe und drückte die schweren in die Tiefe, so machte er das Himmlische fest und begründete das Irdische. (12) Es ist nicht notwendig, nun die Einzelheiten auszuführen, da wir im zweiten Buch alles ausgeführt haben. Er setzte also die Lichter an den Himmel, deren Gleichmaß, Helle und Bewegung ganz genau auf die Bedürfnisse der Lebewesen abgestimmt sind, der Erde aber, die er zur Wohnstatt bestimmte, gab er die Fruchtbar­ keit, verschiedene Dinge zu erzeugen und hervorzubringen, um durch das üppige Vorkommen von Feldfrüchten, Gräsern und Grünendem nach dem Wesen und dem Nutzen einer jeden Gattung Nahrung bereit zu stellen. (13) Nachdem er dann alles vollendet hatte, was zur Existenz der Welt gehörte, formte er den Menschen aus der Erde selbst, die er ihm von Anfang an als Bleibe bereitet hat, das heißt, er bekleidete und umgab seinen Geist mit einem irdischen Körper, damit er, zusammengefügt aus unterschiedlichen, einander widerstreitenden Dingen, das Gute und das Schlechte fassen konnte. (14) Und so wie die Erde selbst fruchtbar ist zur Hervorbringung von Früchten, so hat der Körper des Menschen, der von der Erde genommen ist, die Möglichkeit des Zeugens und die Fä­ higkeit zur Hervorbringung von Nachkommenschaft bekommen, damit er, weil er ja, aus vergänglichem Stoff geformt, nicht in Ewigkeit hätte be­ stehen bleiben können, nach dem Durchlaufen des begrenzten Lebenszeit­ raums weiche und das, was er Gebrechliches und Schwaches an sich trug, in beständiger Nachfolge erneuere. (15) Warum hat er ihn also sterb­ lich und gebrechlich gemacht, obwohl er um seinetwillen die Welt errich­ tet hatte? Zunächst, damit eine unbegrenzte Menge von Seelen entstünde und die ganze Erde mit ihrer Menge erfüllt, dann, um dem Menschen die

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(16) nam quia homo ex duabus rebus constat, corpore atque anima, quorum alterum terrenum est, alterum caeleste, duae uitae homini attributae sunt, una temporalis, quae corpori assignatur, altera sempiterna, quae animae subiacet. (17) illam nascendo accipimus, hanc assequimur laborando, ne immortalitas homini, ut ante diximus, sine ulla difficultate constaret; illa terrena est sicut corpus et ideo finitur, haec uero caelestis sicut anima et ideo terminum non habet; illam primam nescientes accipimus, hanc se­ cundam scientes: uirtuti enim, non naturae datur, quia uoluit nos deus uitam nobis in uita comparare. (18) idcirco hanc praesentem dedit, ut illam ueram et perpetuam aut uitiis amittamus aut uirtute mereamur, in hac corporali non est summum bonum, quoniam sicut necessitate diuina nobis data est, ita rursus diuina necessitate soluetur: ita quod finem habet, summum bonum non habet. (19) in illa uero spiritali, quam per nos ipsi acquirimus, summum bonum continetur, quia nec malum potest habere nec finem, cui rei argumentum natura et ratio corporis praebet. (20) cetera namque animalia in humum uergunt, quia terrena sunt, nec capiunt immortalitatem, quae de caelo est, homo autem rectus in cae­ lum spectat, quia proposita est illi immortalitas, nec tamen uenit, nisi tribuatur homini a deo: nam nihil interesset inter iustum et iniustum, siquidem omnis homo natus immortalis fieret, ergo immortalitas non sequella naturae, sed merces praemiumque uirtutis est. (21) denique ho­ mo non statim quam natus est rectus ingreditur, sed quadrupes primo, quia ratio corporis et huius praesentis uitae communis est nobis cum mu­ tis animalibus: post deinde confirmatis uiribus erigitur et lingua eius in eloquium soluitur et mutum animal esse desinit. (22) quae ratio docet mortalem nasci hominem, postea uero immortalem fieri, cum coeperit ex deo uiuere id est iustitiam sequi, quae continetur in dei cultu, cum excitauerit hominem deus ad aspectum caeli ac sui. quod tum fit, cum ho­ mo caelesti lauacro purificatus exponit infantiam cum omni labe uitae prioris et incremento diuini uigoris accepto fit homo perfectus ac plenus. (23) ergo quia uirtutem proposuit homini deus, licet anima et corpus con­ sociata sint, tamen contraria sunt et impugnant inuicem. animi bona mala sunt corporis, id est opum fuga, uoluptatum interdictio, doloris mortisque contemptus, item corporis bona mala sunt animi, hoc est cupiditas et libido, quibus et opes appetuntur et suauitates uariarum uoluptatum, quibus eneruatus animus extinguitur.

2 a lte ru m te rre n u m est om. P H M

Tugend, das heißt die Fähigkeit, Übel und Leiden zu ertragen, vor Au­ gen zu stellen, durch die er den Lohn der Unsterblichkeit erlangen konnte. (16) Denn weil der Mensch aus zwei Dingen besteht, aus Leib und Seele, von denen das eine irdisch ist, das andere himmlisch, sind dem Menschen zwei Leben zugeteilt, das eine vergänglich, das dem Körper zugewiesen ist, das andere immerwährend, das der Seele zugehört. (17) Dieses emp­ fangen wir bei der Geburt, jenes erlangen wir durch Bemühung, damit die Unsterblichkeit für den Menschen nicht, wie wir vorher gesagt haben, ohne jede Schwierigkeit sicher sei. Dieses ist irdisch wie der Körper und deswe­ gen begrenzt, jenes aber ist himmlisch wie die Seele und hat deswegen kein Ende; dieses empfangen wir zunächst, ohne darum zu wissen, jenes zweite bewusst: Denn der Tugend, nicht der Natur ist es gegeben, weil Gott woll­ te, dass wir uns das Leben im Leben erwerben. (18) Deswegen hat er uns dieses gegenwärtige gegeben, damit wir jenes wahre und immerwährende entweder durch Laster verlieren oder durch Tugend verdienen. In diesem körperlichen liegt nicht das höchste Gut, weil es sich ja, so wie es uns durch göttliche Notwendigkeit gegeben ist, durch göttliche Notwendigkeit wieder auflösen wird: So hat, was ein Ende hat, nicht das höchste Gut. (19) In jenem geistigen aber, das wir durch uns selbst erlangen, liegt das höchste Gut, weil es weder Schlechtes haben kann noch ein Übel. Den Beweis für diese Tatsache bietet die Natur und die Anlage des Körpers. (20) Denn die übrigen Lebewesen neigen sich zum Boden, weil sie erd­ haft sind, und erfassen nicht die Unsterblichkeit, die vom Himmel ist, der Mensch aber schaut aufgerichtet in den Himmel, weil ihm die Unsterblich­ keit bestimmt ist, und dennoch kommt sie nicht, wenn sie dem Menschen nicht von Gott zugewiesen werden sollte. Es bestünde nämlich kein Un­ terschied zwischen einem Gerechten und einem Ungerechten, sofern jeder Mensch, der geboren wird, unsterblich würde. Also ist die Unsterblichkeit keine Folge der Natur, sondern das Entgelt und der Lohn für die Tugend. (21) Schließlich geht der Mensch nicht sofort, nachdem er geboren ist, auf­ recht einher, sondern zuerst vierfüßig, weil das Prinzip des Körpers und dieses gegenwärtigen Lebens uns mit den stummen Tieren gemeinsam ist. Später, wenn dann die Kräfte gestärkt sind, richtet er sich auf, und seine Zunge löst sich zum Sprechen, und er hört auf, ein stummes Tier zu sein. (22) Dieses System zeigt, dass der Mensch sterblich geboren, später aber unsterblich wird, wenn er begonnen hat, aus Gott zu leben, das heißt der Gerechtigkeit zu folgen, die in der Verehrung Gottes enthalten ist, wenn Gott den Menschen zum Anblick des Himmels und seiner aufgerichtet hat. Dies geschieht dann, wenn der Mensch im himmlischen Bad gereinigt die Kindheit ablegt zusammen mit aller Befleckung des früheren Lebens und nach dem Empfang des Zuwachses an göttlicher Kraft ein vollendeter und voller Mensch wird. (23) Weil also Gott dem Menschen die Tugend als

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(24)ideo necesse est iustum et sapientem in omnibus malis esse, quo­ niam malorum uictrix est fortitudo, iniustos autem in diuitiis, in honore, in potestate: haec enim bona corporalia et terrena sunt; illi autem terren­ am uitam agunt nec assequi immortalitatem queunt, quia se uoluptatibus dediderunt, quae sunt uirtutis inimicae, itaque uita haec temporalis illi ae­ ternae debet esse subiecta sicut corpus animae. (25) quisquis ergo animae uitam maluerit, uitam corporis contemnat necesse est nec aliter eniti ad summum poterit, nisi quae sunt ima despexerit, qui autem corporis uitam fuerit amplexus et cupiditates suas in terram deiecerit, illam superiorem uitam consequi non potest. (26) sed qui mauult bene uiuere in aeternum, male uiuet ad tempus et afficietur omnibus molestiis et laboribus quamdiu fuerit in terra, ut habeat diuinum et caeleste solacium, et qui maluerit bene uiuere ad tempus, male uiuet in aeternum: damnabitur enim senten­ tia dei ad aeternam poenam, quia caelestibus bonis terrena praeposuit. (27) propterea igitur coli se deus expetit et honorari ab homine tamquam pater, ut uirtutem ac sapientiam teneat, quae sola immortalitatem parit. nam quia nullus alius praeter ipsum donare eam potest, quia solus possi­ det, pietatem hominis qua deum honorauerit hoc afficit praemio, ut sit in aeternum beatus sitque apud deum et cum deo semper. (27 add. 1) N e q u e n u n c a liq u is eo c o n fu g ia t, u t d ic a t a d ip s iu s c u lp a m p e r tin e r e q u o d e t b o n u m i n s t i t u i t e t m a lu m , cu r e n im m a lu m u o lu it e ss e , si id o d io h a b e t? cu r n o n b o n u m ta n tu m fe c it, u t n e m o p e c c a r e t, n e m o fa c e r e t m a lu m ? - q u a m q u a m h o c in o m n ib u s fe re p r io r ib u s lib r is d o c u e rim e t id ia m s u p e r iu s q u a m u is le u ite r a ttig e r im , ta m e n s u b in d e a d m o n e n d u m

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e s t, q u ia o m n is r a tio in eo p o s i t a p o te r a t, n isi d iu e rsa fe c isse t, n e c m a li c o m p a r a tio n e ; a d e o m a lu m s u b la to ig itu r m a lo e tia m b o n u m

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e s t. (27 add. 2) n u lla e n im u ir tu s esse o m n in o a p p a r e r e uis b o n i p o t e s t n isi e x n ih il a liu d e s t q u a m b o n i in te r p r e ta tio , to lli n e c e sse e st.

locus 5,27 add. l - l f non nisi in K S traditur

12 m aluerit P K S Brandt malet B m alit D H M 18 qua] qui D pcH a c M quia D ac qui a H p ° 21 quod Brandt Heck, Zusätze 81 qui K S quia coniec. Heck, Zusätze 81 i. app., cf. ibid. 86 25 ratio K S ratio (uirtutis) Brandt, sed cf. Heck, Zusätze 86

5,24 - 5,27 add. 2

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Aufgabe zugewiesen hat, sind Körper und Seele - mögen sie auch verbun­ den sein - dennoch gegensätzlich und bekämpfen einander. Die Güter des Geistes sind Übel des Körpers, das heißt die Flucht vor Reichtum, das Ver­ bot von Lust und die Verachtung von Schmerz und Tod. Ebenso sind die Güter des Körpers Übel der Seele, das heißt Begehrlichkeit und Wollust, durch die sowohl Reichtum angestrebt wird als auch die Annehmlichkei­ ten verschiedener Lüste, durch die entkräftet der Geist ausgelöscht wird. (24) Deswegen ist es notwendig, dass der Gerechte und Weise allen Übeln ausgesetzt ist, da ja die Tapferkeit die Besiegerin der Übel ist, dass aber die Ungerechten in Reichtum, in Ehre und in Macht schwelgen. Denn das sind die leiblichen und irdischen Güter; jene aber führen ein irdisches Le­ ben und können die Unsterblichkeit nicht erlangen, weil sie sich den Lüsten hingegeben haben, welche die Feindinnen der Tugend sind. Deswegen muss dieses zeitliche Leben jenem ewigen so untergeordnet sein wie der Kör­ per der Seele. (25) Jeder also, der lieber das Leben der Seele will, muss zwangsläufig das Leben des Körpers verachten und wird nicht anders zum Höchsten emporstreben können, als wenn er das Niedrigste verachtet hat. Wer sich aber dem Leben des Körpers verschrieben und seine Begehrlich­ keiten auf die Erde gelenkt hat, der kann jenes höhere Leben nicht erlangen. (26) Aber wer lieber in Ewigkeit gut leben will, der wird in der Zeit schlecht leben und sich alle Beschwernisse und Leiden antun lassen, solange er auf Erden ist, um dann göttlichen und himmlischen Trost zu haben. Und wer lieber für den Augenblick hat gut leben wollen, wird in Ewigkeit schlecht leben: Denn er wird durch den Richterspruch Gottes zur ewigen Strafe ver­ urteilt werden, weil er die irdischen Güter den himmlischen vorgezogen hat. (27) Deswegen also bedingt es sich Gott aus, vom Menschen angebetet und als der Vater geehrt zu werden, damit dieser die Tugend und die Weisheit wahre, die alleine die Unsterblichkeit hervorbringt. Denn weil kein anderer außer ihm selbst diese schenken kann, weil er allein sie besitzt, belohnt er die Frömmigkeit des Menschen, mit der dieser Gott geehrt hat, damit, dass dieser in Ewigkeit glückselig und bei Gott und immer mit Gott ist. (27 add. 1) N u n n e h m e au ch n ie m a n d d a h in Z u flu ch t, z u sa g en , d a ss es se in e eig en e S ch u ld sei, d a ss er so w o h l d a s G u te a ls au ch d a s B ö s e e r­ sch affen h a b e . , D en n w a ru m w o llte er, d a ss d a s B ö s e e x is tie r t, w en n er es d o ch h a s s t? W a ru m h a t er n ic h t n u r d a s G u te g e m a c h t, d a m it n ie m a n d s ü n d ig t, n ie m a n d d a s B ö s e t u t ? i - O b w o h l ich d a s in fa s t a llen v o rig e n B ü c h e rn g e z e ig t u n d d ie s sch o n frü h er, w en n au ch n u r a m R a n d e , b e r ü h r t h a b e , m u s s m a n d e n n o c h im m e r w ie d e r d a ra n erin n ern , w eil d a s g a n z e S y s te m d a r a u f b e ru h t. (27 add. 2) D e n n es h ä t t e k e in e T u g e n d b e s te ­ h en k ö n n en , w en n er n ic h t G e g e n s ä tz lic h e s g e m a c h t h ä tte , u n d ü b e r h a u p t k an n d ie K r a f t d e s G u te n n u r a u s d e m V ergleich m i t d e m B ö se n a u f­ sch ein en ; so is t d a s B ö s e n ic h ts a n d e re s a ls ein e V e rd e u tlic h u n g d e s G u te n .

Text und Übersetzung (27 add. 3)

5

si la e u a m m a n u m a u t p e d e m a m p u ta u e r is , n e c c o rp u s e r it in te g r u m n e c u ita ip s a c o n s ta b it; a d e o a d c o m p a g e m c o rp o r is te m p e r a n ­ d a m a p tis s im e cu m d e x te r is s in is tr a iu n g u n tu r. (27 add. 4) ite m si p a r e s ca lcu lo s feceris, n e m o lu d e t, si u n u m c o lo re m circo d e d e ris, n e m o s p e c ta n d u m p u t a b i t s u b la ta o m n i c irc e n siu m u o lu p ta te . q u o s p r o f e c to q u i p r im u s in s titu it, a m a to r u n iu s co lo ris fu it, s e d a lte r u m ei q u a si a e m u lu m p o s u it, u t p o s s e t esse c e r ta m e n e t a liq u a in s p e c ta c u lo g r a tia . (27 add. 5) sic d e u s c u m b o n u m c o n s titu e r e t, c u m u ir tu te m d a r e t, s t a t u i t e tia m d iu ersa ,

lo

15

20

25

30

35

cu m q u ib u s illa c o n flig e re n t, si d e s it h o s tis e t p u g n a , n u lla u ic to r ia e s t. to lle c e rta m e n , n e u ir tu s q u id e m q u ic q u a m e s t. q u a m m u lta s u n t h o m in u m in te r se e t q u a m u a riis a r tib u s c o n s titu ta c e r ta m in a ! n e m o ta m e n f o r ti­ o r u e lo c io r p r a e s ta n tio r h a b e r e tu r , si a d u e rs a riu m c u m q u o c o n te n d e r e t n o n h a b e r e t, u n d e a u te m a b e s t u ic to ria , a b e s s e h in c e t g lo r ia m sim u l e t p r a e m iu m n e c e sse e s t. (27 add. 6) u t ig itu r u ir tu te m ip s a m e x e r c ita tio n e a ss id u a r o b o r a r e t e a m q u e fa c e r e t d e m a lo r u m c o n tìic ta tio n e p e r fe c ta m , u tr u m q u e sim u l d e d it, q u ia u tr u m q u e sin e a lte r o r e tin e r e u im su a m n o n p o t e s t , erg o d iu e r s ita s e s t cu i o m n is r a tio u ir tu tis in n ititu r . (27 add. 7) n o n m e p r a e te r it q u id h o c lo c o a p e r itio r ib u s p o s s it o p p o n i: si b o n u m sin e m a lo esse n o n p o t e s t , q u o m o d o p r im u m h o m in e m d ic is o ffen su ru m d e u m in so lo b o n o fu isse a u t p o s t e a in so lo b o n o fu tu r u m ? - d is c u tie n d a n o b is h a e c q u a e s tio e s t, q u o d in p r io r ib u s lib r is p r a e te r m is i, u t h ic im p le r e m . (27 add. 8) d ix im u s s u p e r iu s e x e le m e n tis r e p u g n a n tib u s h o m in is c o n s ta r e n a tu r a m , c o rp u s e n im q u a e te r r a e s t, c o m p r e h e n s ib ile te m p o r a le b r u tu m a tq u e te n e b r o s u m e s t, a n im a u ero q u ia d e ca elo e s t, te n u is s ib ilis illu s tr is e s t. (27 add. 9) q u a e q u ia in te r se c o n tr a ria e s t h o m in e m b o n o e t m a lo e sse s u b ie c tu m : a n im a e a s c r ib itu r in d is s o lu b ilis e s t, c o rp o r i m a lu m , q u ia fra g ile e s t. q u o n ia m

a e te r n a sen su n t, n e c e sse b o n u m , q u ia ig itu r s o c ia ­

ta e t c o n iu n c ta s u n t c o rp u s e t a n im a , a e q u e b o n u m e t m a lu m c o h a e re a t n e c e sse e s t n e c se p a r a r i a lte r u tr o p o s s u n t, n isi c u m illa s e p a r a ta su n t. (27 add. 10) d e n iq u e b o n i m a liq u e n o titia sim u l h o m in i p r im o d a ta e st, q u a p e r c e p ta s t a ti m d e lo c o s a n c to p u ls u s e s t, in q u o m a lu m n o n e s t. u b i cu m e s s e t in b o n o ta n tu m , id ip s u m b o n u m e sse ig n o r a b a t, p o s tq u a m u ero a c c e p it b o n i m a liq u e in te lle g e n tia m , n e fa s e r a t e u m in b e a titu d in is lo c o m o r a r i r e le g a tu s q u e e s t in h u n c c o m m u n e m o r b e m , u t ea u tr a q u e sim u l e x p e r ir e tu r q u o ru m n a tu r a m p a r ite r a g n o u e ra t. 5

H e u m a n n B r a n d t H eck, Z u s ä tz e priu s K S 17 u ir tu tis B r a n d t H eck, Z u s ä tz e u e rita tis K S, ft . recte 19 o ffe n s u r u m d eu m ] te m p ta u i offensum d. KS (ante) offensum d. edd. inoffenso deo d u b ita n te r coniec. H eck, Z u s ä tz e 86 23 q u a e K S 1 B ü n e m a n n H eck (co g n ito Ji) qu ia de S 2 B r a n d t H eck, Z u s ä tz e 81. 86, ft . recte 23 c o m p r e h e n s ib ile S 2 com prehensibile est K S 1 27 in d iss o lu b ilis (ins .l.) S dissolubilis K 33 n e fa s B r a n d t H eck, Z u s ä tz e ita m nefas K ita in nefas ( in e ra s.) S iam nefas B ü n e m a n n

5 p r im u s

5,27 add. 3 - 5,27 add. 10

115

B e i A u fh e b u n g d e s B ö se n m u s s a lso zw a n g slä u fig au ch d a s G u te a u fg e ­ h o b e n w e r d e n . (27 add. 3) Wenn m a n d ie lin k e H a n d o d e r d e n Fuß a b g e n o m m e n h a t, w ir d w e d e r d e r K ö r p e r u n v e r s e h r t sein n o c h d a s L e ­ b en a ls so lch es b e s te h e n k ö n n e n ; so is t z u r H a r m o n isie r u n g d e s k ö r p e r li­ chen G efü g es in g a n z a n g e m e s se n e r W eise L in k e s m i t R e c h te m v e rb u n d e n . (27 add. 4) E b e n s o w ir d n ie m a n d sp ie le n , w en n m a n d ie S p ie ls te in e g leich m a c h t, u n d w en n m a n d e m Z irk u s ein e e in z ig e F a rb e g ib t, w ir d d a s n ie ­ m a n d fü r s e h e n s w e r t h a lte n , w eil je d e s V ergn ü gen an d en Z irk u ssp ie le n b e s e itig t is t. U n d in d e r T a t, w e r d ie s e a ls E r s te r e in r ic h te te , w a r z w a r A n h ä n g e r e in e r F a rb e, a b e r d ie a n d e re o r d n e te er ih r g le ic h sa m a ls R iv a ­ len zu , d a m it es z u e in e m W e ttk a m p f k o m m e n u n d d e m S c h a u sp ie l e tw a s R e iz a n h a fte n kan n . (27 add. 5) E b e n s o r ic h te te G o tt, a ls er d a s G u te ersch uf, a ls er d ie T u g e n d verlieh , au ch d a s G e g e n s ä tz lic h e ein, m i t d e m je n e s z u s a m m e n s to ß e n s o llte . S o llte d e r F ein d feh len u n d d e r K a m p f, g i b t es au ch k ein en S ieg. N im m d en W e ttk a m p f w eg, d a n n is t n ic h t e in m a l d ie T u g e n d m e h r ir g e n d e tw a s w e rt. W ie za h lre ic h s in d d ie W e ttk ä m p fe d e r M e n sc h e n u n te r e in a n d e r u n d m i t w elch m a n n ig fa c h e n K ü n s te n s in d sie g e s ta lte t! D e n n n ie m a n d g ä lte a ls s tä r k e r , sc h n e lle r o d e r b e sser, w en n e r k ein en G e g n e r h ä tte , m i t d e m e r w e tte ife r n k ö n n te . W o a b e r d e r S ie g fe h lt, d a m ü sse n zw a n g slä u fig zu g le ic h au ch d e r R u h m u n d d e r S ie g e s p re is feh len . (27 add. 6) U m a lso d ie T u g e n d s e lb s t d u rch u n a b lä ssig e Ü b u n g z u s tä r k e n u n d sie a u s d e r A u s e in a n d e r s e tz u n g m i t d e m B ö se n v o lle n d e t h e rv o rg e h e n z u la ssen , h a t G o tt ih r zu g le ic h b e id e s ve rlie h e n , w eil je d e s vo n b e id e n o h n e d a s A n d e r e se in e K r a f t n ic h t b e h a lte n ka n n . A ls o is t es d ie G e g e n ­ s ä tz lic h k e it, a u f d e r d a s g a n z e W esen d e r T u g e n d b e ru h t. (27 add. 7) E s e n tg e h t m ir n ic h t, w a s an d ie s e r S te lle vo n K u n d ig e r e n e in g e w a n d t w e r­ d en k ö n n te : , W en n d a s G u te o h n e d a s B ö s e n ic h t sein kan n , w ie kan n m a n d a n n b e h a u p te n , d a ss a m A n fa n g d e r M e n sc h , d e r sich d o c h g e g e n G o tt v e rsü n d ig e n so llte , a llein im G u te n w ar, o d e r d a ss er s p ä te r a llein im G u te n sein w e r d e ? ‘ W ir m ü sse n d ie s e F rage e n tsc h e id e n , w e il ich sie in d en v o ra u sg e h e n d e n B ü c h e rn a u sg e la sse n h a b e , u m sie h ie r a b sc h lie ß e n d z u b e h a n d e ln . (27 add. 8) W ir h a b e n o b e n f e s tg e s te llt, d a ss d ie N a tu r d e s M e n sc h e n a u s w id e r s tr e ite n d e n E le m e n te n b e s te h t. D e n n d e r L e ib , d e r E r d e is t, is t b e rü h rb a r, z e itlic h , g e fü h llo s u n d d u n k el, w e il d ie S e e le a b e r v o m H im m e l is t, is t sie im m a te r ie ll, ew ig , g e fü h ls b e g a b t u n d lic h tv o ll. (27 add. 9) W eil d ie s e e in a n d e r e n tg e g e n g e s e tz t sin d , m u s s d e r M e n sc h zw a n g slä u fig d e m G u te n u n d d e m B ö se n u n te rw o rfe n sein : D e r S e e le is t d a s G u te z u g e s c h rie b e n , w eil sie u n v e rg ä n g lic h is t, d e m K ö r p e r d a s B ö se , w eil er verg ä n g lich is t. W eil n u n a lso K ö r p e r u n d S e e le v e r b u n d e n u n d v e r e in ig t sin d , m u ss zw a n g slä u fig d a s G u te m i t d e m S c h le c h te n in g le i­ ch er W eise Z u sa m m e n h ä n g e n , u n d sie k ö n n e n n ic h t v o n e in a n d e r g e tr e n n t w e rd e n , a u ß e r d a n n , w en n je n e g e tr e n n t sin d . (27 add. 10) S ch ließ lich

Text und Übersetzung (27 add. 11)

5

io

15

a p p a r e t erg o id c ir c o d a ta m e sse h o m in i s a p ie n tia m , u t b o ­

n u m d is c e r n a t a m a lo , u t a b in c o m m o d is c o m m o d a , a b in u tilib u s u tilia d is tin g u a t, u t h a b e a t iu d ic iu m e t c o n s id e r a n tia m , q u id ca u e re q u id a p ­ p e te r e , q u id fu g e re q u id se q u i d e b e a t, s a p ie n tia ig itu r c o n s ta r e sin e m a lo n o n p o t e s t , u ix itq u e ille p r in c e p s g e n e ris h u m a n i, q u a m d iu in so lo b o n o fu it, u e lu t in fa n s, b o n i a c m a li n e sc iu s. (27 add. 12) a t e n im p o s t e a h o ­ m in e m n e c e sse e s t e t s a p ie n te m esse e t sin e u llo m a lo b e a tu m , s e d id fieri n o n p o t e s t , q u a m d iu a n im a d o m ic ilio ca rn is in d u ta e s t. c u m u ero fa c tu m fu e r it c o rp o r is a n im a e q u e d is c id iu m , tu n c m a lu m a b o n o s e p a r a b itu r , e t s ic u t c o rp u s in te r it, a n im a m a n e t, i t a m a lu m in te r ib it e t b o n u m p e r m a ­ n e b it. tu n c h o m o a c c e p to im m o r ta lita tis in d u m e n to e r it sa p ie n s, e x p e r s m a li s ic u t d e u s. (27 add. 13) q u i erg o u u lt n o s in b o n o e sse ta n tu m , id p o tis s im u m d e s id e r a t, u t sin e c o rp o r e u iu a m u s, in q u o e s t m a lu m , q u o d si to lla tu r , a u t s a p ie n tia h o m in i u t d ix i a u t c o rp u s a d im e tu r : s a p ie n tia u t ig n o r e t m a lu m , c o rp u s u t n o n s e n tia t, n u n c a u te m c u m h o m o e t s a ­

20

p ie n tia s it in s tr u c tu s , u t s c ia t, e t c o rp o re , u t s e n tia t, u tr u m q u e p a r ite r in h a c u ita d e u s e sse u o lu it, u t r a tio u ir tu tis s a p ie n tia e q u e c o n s ta r e t. (27 add. 14) p o s u it ita q u e h o m in e m in te r u tr u m q u e m e d iu m , u t h a b e ­ r e t lic e n tia m u el m a li u el b o n i se q u e n d i, s e d m a lo a d m is c u it a p p a r e n tia q u a e d a m b o n a , id e s t u a ria s e t d e le c ta b ile s s u a u ita te s , u t e a ru m ille c e b ris in d u c e r e t h o m in e m a d la te n s m a lu m , b o n o a u te m a d m is c u it a p p a r e n tia q u a e d a m m a la , id e s t a e ru m n a s e t m is e r ia s e t la b o r e s, q u o ru m a s p e r ita te a c m o le s tia o ffen su s a n im u s re fu g e r e t a b o n o la te n ti. (27 add. 15) h in c erg o s a p ie n tia e o fficiu m d e s id e r a tu r , u t p lu s m e n te u id e a m u s q u a m c o rp o -

25

re.

q u o d p a u c i a d m o d u m fa c e re p o s s u n t, q u ia e t u ir tu s d ifficilis a c ra r a e s t e t u o lu p ta s c o m m u n is a c p u b lic a .

1 h o m in i S p r hom inis K S ar 8 d o m ic ilio edd. dom icilia K S 12 m a li s ic u t d e u s q u i K H eck (co g n ito K .) m alis sicut qui S 1, p o s t qui s.l. an im a S 2 m ali, si quis B r a n d t m ali sicut (an tea), qui H eck, Z u s ä tz e 82 12 b o n o ( -o i. ra s.) S b o n a K 23 ac S p r hac K S ar 25 ra ra ( -ra i. ra s.) S r a ta K

5,27 add. 11 - 5,27 add. 15

117

w u r d e d e m e r s te n M e n sc h e n d ie E r k e n n tn is vo n G u t u n d B ö s e g le ic h z e i­ tig v e rlie h e n , n ach d e re n W a h rn e h m u n g er s o fo r t v o m h e ilig e n O r t v e r ­ tr ie b e n w u r d e , an d e m es n ic h ts B ö se s g ib t. S o la n g e er sich d o r t n u r in ­ m itte n d e s G u te n b e fa n d , w u s s te e r n ic h t, d a ss g e r a d e d a s d a s G u te is t, n a c h d e m e r a b e r d a s V e rstä n d n is vo n G u t u n d B ö s e b e k o m m e n h a tte , w ä re es ein F revel g e w e se n , d a ss er a m O r t d e r S e lig k e it v e r w e ilte , u n d er w u r d e in d ie s e g e m e in e W e lt v e r b a n n t, d a m it e r d ie s e b e id e n D in g e zu g le ic h erfah re, d e re n N a tu r er in g le ic h e r W eise k e n n e n g e le r n t h a tte . (27 add. 11) E s is t a lso k la r, d a ss d e m M e n sc h e n d e sw e g e n d ie W e ish e it v e rlieh en w u rd e , d a m it er d a s G u te v o m B ö se n tr e n n t, d a m it er d a s U n­ z u tr ä g lic h e v o m Z u trä g lic h e n , d a s U n n ü tz e v o m N ü tz lic h e n u n te r s c h e id e t, d a m it er d ie F ä h ig k e it z u U rte il u n d Ü b e r le g u n g h a t, w o v o r er sich h ü ­ te n u n d w a s er a n s tr e b e n , w a s er m e id e n u n d w a s er verfo lg en m u ss. W e ish e it k a n n a lso o h n e d a s B ö s e n ic h t b e s te h e n , u n d je n e r S ta m m v a ­ te r d e s M e n sc h e n g e sc h le c h ts le b te , so la n g e er n u r im G u te n w ar, w ie ein K in d , u n w is se n d u m G u t u n d B ö se . (27 add. 12) A b e r s p ä te r m u s s d e r M en sch j a d o ch z w a n g s lä u h g w e ise u n d o h n e je g lic h e s Ü b e l g lü ck lic h sein . A b e r d ie s k an n n ic h t g esc h e h e n , so la n g e d ie S e e le m i t d e r B e h a u su n g d e s F leisch es b e k le id e t is t. A b e r w en n es z u r S c h e id u n g vo n L e ib u n d S e e le g e k o m m e n is t, d a n n w ir d d a s B ö s e v o m G u te n g e tr e n n t w e rd e n , u n d so w ie d e r K ö r p e r v e rg e h t, d ie S e e le a b e r b le ib t, so w ir d d a s B ö s e u n te r g e ­ h en u n d d a s G u te b le ib e n . D a n n w ir d d e r M e n sc h n a ch d e m E m p fa n g d e s G e w a n d e s d e r U n s te r b lic h k e it w e ise sein , frei v o m B ö se n w ie G o tt. (27 add. 13) W er a lso w ill, d a ss w ir n u r im G u te n e x is tie re n , e rs e h n t in e r s te r L in ie d a s, d a ss w ir o h n e K ö r p e r le b e n , in d e m d a s B ö s e s te c k t. W en n d ie se s b e s e itig t w ird , w ir d e n tw e d e r d e m M e n sc h e n d ie W e ish e it, w ie ich g e s a g t h a b e , o d e r d e r K ö r p e r g e n o m m e n w e rd e n - d ie W e ish e it, so d a ss er d a s B ö s e n ic h t k e n n t, o d e r d e r K ö r p e r , so d a ss er es n ic h t e m p fin d e t. N u n a b e r, w eil d e r M en sc h so w o h l m i t W e ish e it a u s g e s ta tte t is t, so d a ss er w is ­ s e n d is t, a ls au ch m i t e in e m K ö r p e r , so d a ss er e m p fin d e t, w o llte G o tt, d a ss b e id e s g le ic h e rm a ß e n in d ie s e m L e b e n v o rh a n d e n is t, d a m it d e r S in n vo n T u g e n d u n d W e ish e it B e s ta n d h a b e . (27 add. 14) D e sw e g e n s e t z t e er d en M e n sc h e n in d ie M i t t e zw isc h e n b e id e s, d a m it er d ie F re ih e it h a t, e n tw e d e r d a s B ö s e o d e r d a s G u te z u verfo lg en . A b e r u n te r d a s B ö s e m is c h te er ein ig e sc h e in b a re G ü te r , d a s h e iß t v e r s c h ie d e n a r tig e e rfreu lich e A n n e h m lic h k e i­ te n , u m d u rch d eren L o c k u n g e n d en M e n sc h e n z u m v e rb o rg e n e n B ö se n z u verfü h ren , u n te r d a s G u te a b e r m is c h te er e in ig e sc h e in b a re Ü b el, d a s h e iß t K u m m e r , E le n d u n d A n s tr e n g u n g e n , d u rch d e re n B it te r k e i t u n d B e sc h w e r­ lic h k e it a b g e s to ß e n d e r G e is t v o r d e m v e rb o rg e n e n G u t zu rü c k w e ic h e n soll.

(27 add. 15)

U n te r d e m G e s ic h ts p u n k t a lso w ir d d e r D ie n s t d e r W e is­ h e it v e r la n g t, d a ss w ir m e h r m i t d e m V e r s ta n d seh en a ls m i t d e m K ö r ­ p e r . D ie s k ö n n en n u r g a n z w e n ig e sch affen , w eil e in e r s e its d ie T u g e n d

Text und Übersetzung (27 add. 16)

5

i t a n e c e sse e s t s a p ie n te m p r o s t u lt o h a b e r i, q u i d u m a p p e t i t b o n a q u a e n o n c e rn u n tu r, d i m i t t i t e m a n ib u s q u a e u id e n tu r, e t d u m u ita t m a la q u a e n o n a s p ic iu n tu r, in c u r r it in m a la q u a e a n te o c u lo s su n t, q u o d a c c id it n o b is, c u m n e q u e c r u c ia tu m n e q u e m o r te m p r o fìd e re c u sa m u s, q u a n d o a d s u m m u m n e fa s c o m p e llim u r , u t p r o d i t a fìd e a tq u e a b n e g a to d e o u ero d iis m o r tu is m o r tife r is q u e lib e m u s . (27 add. 17) h a e c r a tio e s t cu r h o m in e m d e u s e t m o r ta le m fe c e r it e t m a lis s u b ie c e r it, lic e t ip s iu s ca u sa m u n d u m a e d ifìc a ss e t, s c ilic e t u t u ir tu te m c a p e r e t e t ei u ir tu s su a im m o r ­ ta lita te m d a re t; u ir tu s a u te m , s ic u t o s te n d im u s , u eri d e i c u ltu s e st.

10

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Nunc totam rationem breui circumscriptione signemus, idcirco mundus factus est, ut nascamur: ideo nascimur, ut agnoscamus factorem mundi ac nostri deum: ideo agnoscimus, ut colamus: ideo colimus, ut im­ mortalitatem pro laborum mercede capiamus, quoniam maximis laboribus cultus dei constat: ideo praemio immortalitatis afficimur, ut similes angelis effecti summo patri ac domino in perpetuum seruiamus et simus ae­ ternum deo regnum. (2) haec summa rerum est, hoc arcanum dei, hoc mysterium mundi, a quo sunt alieni qui sequentes praesentem uoluptatem terrestribus et fragilibus se bonis addixerunt et animas ad caele­ stia genitas suauitatibus mortiferis tamquam luto caenoue demerserunt. (3) quaeramus nunc uicissim an in cultu deorum ratio ulla subsistat, qui si multi sunt, si ideo tantum ab hominibus coluntur, ut praestent illis opes uictorias honores quaeque alia non nisi ad praesens ualent, si sine causa gignimur, si in hominibus procreandis prouidentia nulla uersatur, si casu nobismet ipsis ac uoluptatis nostrae gratia nascimur, si nihil post mortem sumus, quid potest esse tam superuacuum, tam inane, tam uanum quam humana res et quam mundus ipse, qui cum sit incredibili ma­ gnitudine, tum mirabili ratione constructus, tamen rebus ineptis uacet? (4) cur etenim uentorum spiritus citent nubes? cur emicent fulgura, toni­ trua mugiant, imbres cadant? cur fruges terra producat, uarios fetus alat? cur denique omnis natura rerum laboret, ne quid desit earum rerum quibus uita hominum sustinetur, si est inanis, si ad nihilum interimus, si nihil est in nobis maioris emolumenti deo? 6

10

( 1)

B D P H M KS

2 d i m i t t i t ( - i m i t t i t i. ra s.) S d o n ita t K in H M 29 cur B r a n d t u t codd. 29 B randt

24 casu B D pcP casu si D acK S casus u t uarios D 31 hom inum ] hom inis KS

5,27 add. 16 - 6,4

119

sc h w ie r ig u n d s e lte n i s t , a n d e r e r s e its d ie L u s t a llg e m e in u n d w e it v e r­ b r e ite t. (27 add. 16) D a h e r is t es n o tw e n d ig , d a ss d e r W eise fü r ein en D u m m e n g e h a lte n w ird , d er, w ä h re n d er G ü te r e r s tr e b t, d ie m a n n ic h t s e ­ h en kan n , d ie a u s d en H ä n d e n g le ite n lä s s t, d ie m a n se h e n ka n n , u n d, w ä h re n d e r Ü b e l m e id e t, d ie m a n n ic h t a n sch a u en ka n n , sich in Ü b e l s tü r z t, d ie v o r A u g e n lieg en . D a s p a s s ie r t uns, w en n w ir w e d e r d ie F o lte r n o ch d en T o d fü r u n seren G la u b e n sch eu en , w en n w ir z u m s c h lim m s te n F revel g e n ö tig t w e rd e n , d a ss w ir u n te r V e rra t an u n se re m G la u b e n u n d V erleu g n u n g d e s w a h ren G o tte s to te n u n d to d b r in g e n d e n G ö tte r n o p fern . (27 add. 17) D a s is t d e r G ru n d , w a ru m G o t t d en M e n sc h e n so w o h l s t e r b ­ lich g e m a c h t a ls au ch d e n Ü b eln u n te rw o rfe n h a t, m a g er au ch u m d e sse n s e lb s t w illen d ie W e lt ersch affen h a b e n - n a tü rlic h , d a m it e r d ie T u g e n d e r la n g t u n d se in e T u g e n d ih m d ie U n s te r b lic h k e it v e r le ih t; d ie T u g e n d a b e r is t, w ie w ir g e z e ig t h a b e n , d ie V e re h ru n g d e s w a h ren G o tte s .

6 (1) Nun wollen wir den ganzen Weltsinn in einer kurzen Umschrei­ bung hervorheben: Darum ist die Welt erschaffen, damit wir geboren wer­ den. Deswegen werden wir geboren, damit wir Gott als den Schöpfer der Welt und als unseren Schöpfer erkennen. Deswegen erkennen wir ihn, da­ mit wir ihn verehren. Deswegen verehren wir ihn, damit wir die Unsterb­ lichkeit als Lohn unserer Anstrengungen erlangen, weil ja die Verehrung Gottes aus gewaltigen Anstrengungen besteht. Deswegen werden wir mit dem Preis der Unsterblichkeit belohnt, damit wir den Engeln ähnlich ge­ macht dem höchsten Vater und Herrn auf immer dienen und für Gott den ewigen Gegenstand seiner Herrschaft bilden. (2) Das ist die Quintes­ senz von allem, das ist das Geheimnis Gottes, das ist das Mysterium der Welt, von dem diejenigen entfernt sind, die, indem sie nach augenblick­ licher Lust suchen, sich irdischen und vergänglichen Gütern verschrieben haben und ihre zum Himmlischen geschaffenen Seelen in Tod bringen­ de Annehmlichkeiten wie in Morast oder Kot versenkt haben. (3) Wir wollen nun umgekehrt untersuchen, ob der Verehrung von Göttern ir­ gendeine Vernunft zu Grunde liegt. Wenn es davon viele gibt, wenn sie nur deswegen von den Menschen verehrt werden, damit sie jenen Reichtümer, Siege, Ehren und alles andere, was nur für den Augenblick Bestand hat, gewähren, wenn wir ohne Grund entstehen, wenn bei der Erschaf­ fung der Menschen keinerlei Vorsehung am Werke ist, wenn wir durch Zufall für uns selbst und unseres Vergnügens wegen geboren werden, wenn wir nach dem Tode nichts sind, was kann dann so überflüssig, so nich­ tig und so wertlos sein wie die menschliche Existenz und wie die Welt selbst, die dann, obwohl sie von unglaublicher Größe, zudem mit wunder­ barer Vernunft gestaltet ist, dennoch nur für unsinnige Dinge Platz bböte? (4) Denn warum sollte wohl das Blasen der Winde die Wolken bewegen? Warum sollen wohl Blitze zucken, Donner grollen und Regen fallen, so

Text und Übersetzung

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lo

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(5) quod si est dictu nefas nec putandum est fieri posse ut non ob ali­ quam maximam rationem fuerit constitutum quod uideas maxima ratione constare, quae potest esse ratio in his erroribus prauarum religionum et in hac persuasione philosophorum qua putant animas interire? profecto nulla. (6) quid enim habent dicere cur dii hominibus tam diligenter suis quaeque temporibus exhibeant? an ut illis far et merum demus et odorem turis et sanguinem pecudum? quae neque immortalibus grata esse possunt, quia sunt fragilia, neque usui esse expertibus corporum, quia haec ad usum corporalium data sunt: et tamen si ea desiderarent, sibi ipsi possent exhibere, cum uellent. (7) siue igitur intereunt animae siue in aeternum manent, quam rationem continet cultus deorum aut a quo mundus consti­ tutus est? cur aut quando aut quousque, quatenus homines aut quam ob rem procreati? cur nascuntur intereunt succedunt renouantur? quid dii ex cultibus eorum assequuntur qui post mortem nihil futuri sunt? quid praestant, quid pollicentur, quid minantur aut hominibus aut diis dignum? (8) uel si manent animae post obitum, quid de iis faciunt facturiue sunt? quid illis opus est thesauro animarum? ipsi illi ex quo fonte oriuntur? quomodo aut quare aut unde multi sunt? (9) ita fit ut si ab illa rerum summa quam superius comprehendimus aberraueris, omnis ratio intereat et ad nihilum omnia reuoluantur. 7 (1) Quam summam quia philosophi non comprehenderunt, nec ueritatem comprehendere potuerunt, quamuis ea fere quibus summa ipsa constat et uiderint et explicauerint. sed diuersi ac diuerse illa omnia pro­ tulerunt non annectentes nec causas rerum nec consequentia nec rationes, ut summam illam quae continet uniuersa et compingerent et implerent. (2) facile est autem docere paene uniuersam ueritatem per philosophos et sectas esse diuisam. non enim sic philosophiam nos euertimus, ut Acade­ mici solent, quibus ad omnia respondere propositum est, quod est potius calumniari et illudere, sed docemus nullam sectam fuisse tam deuiam neque philosophorum quemquam tam inanem qui non uiderit aliquid ex uero.

16 o b itu m D H M

P 3H M B r a n d t

m o rtem B P K S 29 calu m n iari codd.

24 consequentia BDP^^KS cauillari B r a n d t

consequentias

121

dass die Erde Früchte hervorbringt und Nachwuchs aller Art nährt? Kurz gesagt, warum sollte sich die Natur insgesamt anstrengen, dass nichts an den Dingen fehlt, durch die das menschliche Leben aufrecht erhalten wird, wenn es sinnlos ist, wenn wir zu Nichts zerfallen, wenn in uns nichts von größerem Nutzen für Gott ist? (5) Wenn dies aber auszusprechen ein Fre­ vel ist und man es nicht für möglich halten darf, dass nicht aus irgendeiner höchsten Vernunft dasjenige erschaffen wurde, von dem man sieht, dass es in höchster Vernunft besteht, welche Vernunft kann dann noch in diesen Irrtümern der falschen Religionen und in dieser Überzeugung der Philoso­ phen liegen, wonach sie glauben, dass die Seelen vergehen? In der Tat keine. (6) Denn was haben sie zu sagen, warum die Götter den Menschen so gewissenhaft das jeweils Notwendige im rechten Augenblick zur Verfü­ gung stellen? Etwa damit wir jenen das Opfermehl und den Wein ge­ ben und den Geruch von Weihrauch und das Blut der Opfertiere? Das kann weder Unsterblichen willkommen sein, weil es vergänglich ist, noch Körperlosen von Nutzen, weil das zum Nutzen derer, die einen Körper haben, verliehen ist. Und wenn sie danach trotzdem Velangen hätten, könnten sie es sich selbst zur Verfügung stellen, wann sie nur wollten. (7) Ob nun also die Seelen vergehen oder ob sie ewigen Bestand haben, was für ein Sinn steckt in der Verehrung der Götter oder von welchem davon ist die Welt erschaffen worden? Warum oder wann oder bis wann, im Hinblick worauf sind die Menschen erschaffen worden oder weswegen? Warum werden sie geboren, vergehen sie, folgen sie nach, erneuern sie sich? Was erlangen die Götter mit der Verehrung von Seiten derer, die nach dem Tod nichts mehr sein werden? Was bieten, was versprechen, was drohen sie an, was sowohl der Menschen wie auch der Götter würdig ist? (8) Oder wenn die Seelen nach dem Tode fortbestehen, was machen sie mit ihnen oder beabsichtigen sie mit ihnen zu machen? Wozu brauchen je­ ne einen Schatz, der aus Seelen besteht? Aus welcher Quelle entstehen jene selbst? Wieso, warum oder woher kommt es, dass sie viele sind? (9) So ergibt sich, dass, sollte man von diesem Ganzen, das wir weiter oben kennen gelernt haben, ab weichen, die ganze Vernunft verloren geht und alles zum Nichts zurückgeworfen wird. 7 (1) Weil die Philosophen dieses Ganze nicht verstanden haben, konn­ ten sie auch die Wahrheit nicht verstehen, mögen sie auch ungefähr das, woraus eben dieses Ganze besteht, gesehen und erklärt haben. Aber in ih­ rer Unterschiedlichkeit haben sie all jenes je unterschiedlich dargestellt und dabei weder die Ursachen der Dinge noch die Folgen noch die Zusammen­ hänge angefügt, um jenes Ganze, das alles enthält, zusammenzufügen und auszufüllen. (2) Es fällt aber leicht aufzuzeigen, dass beinahe die gesamte Wahrheit über die Philosophen und Schulen verteilt ist. Denn wir richten die Philosophie nicht so zugrunde, wie es die Akademiker zu tun pflegen,

(3) sed dum contradicendi studio insaniunt, dum sua etiam falsa defendunt, aliorum etiam uera subuertunt, non tantum elapsa illis ueritas est quam se quaerere simulabant, sed ipsi eam potissimum suo uitio perdiderunt. (4) quodsi extitisset aliquis qui ueritatem sparsam per singulos per sec-

5 tasque diffusam colligeret in unum ac redigeret in corpus, is profecto non dissentiret a nobis, sed hoc nemo facere nisi ueri peritus ac sciens potest, uerum autem scire non nisi eius est qui sit doctus a deo. (5) neque enim potest aliter repudiare quae falsa sunt, eligere ac probare quae uera: sed si uel casu id efficeret, certissime philosopharetur, et quamuis non posset diuilo nis testimoniis illa defendere, tamen se ipsa ueritas illustraret suo lumine. (6) quare incredibilis est error illorum qui cum aliquam sectam probauerint eique se addixerint, ceteras damnant tamquam falsas et inanes armantque se ad proeliandum nec quid defendere debeant scientes nec quid refutare incursantque passim sine dilectu omnia quae afferunt quicumque dissentiunt. 15 (7) ob has eorum pertinacissimas contentiones nulla extitit philosophia quae ad uerum propius accederet: nam particulatim ueritas ab iis tota comprehensa est. (8) factum esse a deo mundum dixit Plato: idem pro­ phetae loquuntur idemque ex Sibyllae carminibus apparet, errant igitur qui uel omnia sua sponte nata esse dixerunt uel minutis seminibus conglobatis, 20 quoniam tanta res, tam ornata, tam magna neque fieri neque disponi et or­ dinari sine aliquo prudentissimo auctore non potuit et ea ipsa ratio qua con­ stare ac regi omnia sentiuntur, sollertissimae mentis artificem confitetur. (9) hominum causa mundum et omnia quae in eo sunt esse facta Stoi­ ci loquuntur: idem nos diuinae litterae docent, errauit ergo Democritus, 25 qui uermiculorum modo putauit effusos esse de terra nullo auctore nul­ laque ratione. (10) cur enim formatus sit homo, diuini sacramenti est, quod quia ille scire non poterat, humanam uitam deduxit ad nihilum. (11) ad uirtutem capessendam nasci homines Ariston disseruit: idem nos monemur ac discimus a prophetis, falsus igitur Aristippus, qui hominem 30 uoluptati hoc est malo tamquam pecudem subiugauit.

2

B D P HM K SR

2 a uera d e n u o in c ip it R ( d e s iit 6 ,2 5 ,4 res easj 21 non potuit B D K S R P B r a n d t potest H M 21 et (a n te ea ipsaj o m . B H M

potuit

die es sich zum Ziel gesetzt haben, auf alles zu erwidern, was eher ein bösar­ tiges Necken und Verspotten ist, sondern wir lehren, dass keine Philosophie so abwegig, kein einziger Philosoph so gehaltlos war, dass er nicht etwas von der Wahrheit gesehen hat. (3) Aber während sie rasend waren vor Widerspruchseifer, während sie ihre Positionen, auch die falschen, vertei­ digten, die Erkenntnisse anderer, auch die wahren, untergruben, ist jenen nicht nur die Wahrheit entglitten, die sie zu suchen vorgaben, sondern sie selbst haben sie in erster Linie durch ihre falsche Haltung verdorben. (4) Wenn aber jemand aufgetreten wäre, der die auf einzelne und auf die Schulen verstreute Wahrheit zusammengetragen und in einer Sammlung vereinigt hätte, dann wäre dieser in der Tat keiner anderen Ansicht als wir. Aber dies kann ausschließlich jemand tun, welcher der Wahrheit kundig ist und um sie weiß, die Wahrheit aber kann niemand kennen außer dem, der von Gott belehrt wurde. (5) Denn andernfalls kann er auch nicht zurück­ weisen, was falsch ist, auslesen und gut heißen, was wahr ist. Aber wenn er dies, beispielsweise durch Zufall, doch schaffen würde, dann könnte er ganz treffsicher philosophieren; und selbst wenn er jenes nicht mit gött­ lichen Zeugnissen verteidigen könnte, erhellte sich die Wahrheit dennoch durch ihr eigenes Licht. (6) Deswegen ist der Irrtum jener unglaublich, die, weil sie irgendeine Schule gutgeheißen und sich ihr angeschlossen haben, alles Übrige verurteilen, als wäre es falsch und nichtig, sich zum Gefecht rüsten, obwohl sie weder wissen, was sie verteidigen sollen, noch, was sie widerlegen sollen, allenthalben wahllos auf alles losstürzen, was alle die Vorbringen, die anderer Meinung sind. (7) Wegen dieser ganz verbissenen Kämpfe unter ihnen gibt es keine Philosophie, die näher an die Wahr­ heit herankommen könnte. Denn die Wahrheit in ihre Gänze ist von ihnen nur in Teilen verstanden worden. (8) Platon sagte, dass die Welt von Gott erschaffen wurde. Dasselbe sagen die Propheten und dasselbe geht aus den Sprüchen der Sibylle hervor. Es befinden sich also diejenigen im Irrtum, die behaupteten, dass alles von selbst oder aus der Zusammenbal­ lung kleiner Atome entstanden sei, weil ja etwas so Großes, so Schönes, so Bedeutendes weder hätte entstehen noch angeordnet und geregelt werden können ohne irgendeinen ganz klugen Urheber und gerade diese Vernunft, durch die alles, wie es sich spüren lässt, besteht und durch die alles gelenkt wird, Zeugnis ablegt von einem Schöpfer mit überaus kunstfertigem Geist. (9) Dass die Welt und alles, was darin ist, um der Menschen willen er­ schaffen worden ist, sagen die Stoiker: Dasselbe lehren uns die göttlichen Schriften. Es irrte also Demokrit, der glaubte, sie seien in der Art von Würmern ohne Urheber und ohne Sinn aus der Erde her vor gequollen. (10) Denn warum der Mensch erschaffen worden ist, gehört zum gött­ lichen Geheimnis - und weil er darum nicht wissen konnte, raubte er dem menschlichen Leben all seine Bedeutung. (11) Ariston lehrte, dass

Text und Übersetzung

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io

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(12) immortales esse animas Pherecydes et Plato disputauemnt: haec uero propria est in nostra religione doctrina, ergo Dicaearchus cum Democrito errauit, qui perire cum corpore ac dissolui argumentatus est. (13) esse inferos Zeno Stoicus docuit et sedes piorum ab impiis esse discretas et illos quidem quietas ac delectabiles incolere regiones, hos uero luere poenas in tenebrosis locis atque in caeni uoraginibus horrendis: idem nobis prophe­ tae palam faciunt, ergo Epicurus errauit, qui poetarum id esse figmentum putauit et illas inferorum poenas quae ferantur in hac esse uita interpre­ tatus est. (14) totam igitur ueritatem et omne diuinae religionis arcanum philosophi attigerunt, sed aliis refellentibus defendere id quod inuenerant nequiuerunt, quia singulis ratio non quadrauit, nec ea quae uera senserant in summam redigere potuerunt, sicut nos superius fecimus. 8 (1) Vnum est igitur summum bonum immortalitas, ad quam capien­ dam et formati a principio et nati sumus, ad hanc tendimus, hanc spectat humana natura, ad hanc nos prouehit uirtus: quod bonum quia depre­ hendimus, superest ut etiam de ipsa immortalitate dicamus. (2) Platonis argumenta quamuis ad rem multum conferant, tamen parum habent firmi­ tatis ad probandam et implendam ueritatem, quoniam nec rationem totius mysterii magni consummauerat in unumque collegerat nec summum bonum comprehenderat, nam licet uerum de animae immortalitate sentiret, tamen non ita de illa tamquam de summo bono disserebat. (3) nos igi­ tur certioribus signis eligere possumus ueritatem, qui eam non ancipiti suspicione colligimus, sed diuina traditione cognouimus. (4) Plato autem sic argumentatus est: ,immortale esse quidquid per se ipsum et sentit et semper mouetur; quod enim principium motus non habet, nec finem habi­ turum, quia deseri a semet ipso non potest/ quod argumentum etiam mu­ tis animalibus aeternitatem daret, nisi adiectione sapientiae discreuisset. (5) addidit ergo, ut effugeret hanc communitatem, ,fieri non posse quin sit immortalis animus humanus, cuius miranda sollertia inueniendi et celeritas cogitandi et facilitas percipiendi atque discendi et memoria praeteritorum et prouidentia futurorum et artium rerumque innumerabilium scientia, qua ceterae careant animantes, diuina et caelestis appareat,6

6 locis om. K pcS R

31 reru m q u e K S R

plerum que B D P H M

125 die Menschen zum Erstreben der Tugend geboren würden: Zu demselben werden wir von den Propheten ermahnt und dasselbe lernen wir von ih­ nen. Falsch liegt also Aristipp, der den Menschen der Lust, das heißt etwas Schlechtem, wie ein Vieh unterjochte. (12) Dass die Seelen unsterblich sind, führten Pherekydes und Platon aus: Das aber ist die ureigene Lehre unserer Religion. Also irrte Dikaiarch zusammen mit Demokrit, der be­ hauptete, dass sie zusammen mit dem Körper vergingen und sich auflösten. (13) Der Stoiker Zenon lehrte, dass es eine Unterwelt gebe, dass die Auf­ enthaltsorte der Frommen von denen der Unfrommen getrennt seien, und dass jene zwar ruhige und ergötzliche Gegenden bewohnten, diese aber ihre Strafen an dunklen Orten und in schrecklichen Abgründen von Schmutz ab­ büßten. Dasselbe machen uns die Propheten offenkundig. Also irrte Epikur, der das für eine Erfindung der Dichter hielt und zu der Deutung gelang­ te, dass die überlieferten Unterweltsstrafen in diesem Leben stattfänden. (14) Die Philosophen haben also die ganze Wahrheit und jedes Geheim­ nis der göttlichen Religion berührt, aber gegen den Widerspruch anderer konnten sie das, worauf sie gestoßen waren, nicht verteidigen, weil den Einzelnen die Logik nicht aufging, und sie konnten das, das sie als wahr empfunden hatten, nicht zu einem Gesamtbild bringen, so wie wir es weiter oben gemacht haben. 8 (1) Das einzige höchste Gut ist also die Unsterblichkeit, zu deren Erlangung wir von Anfang an gestaltet und geboren worden sind. Danach streben wir, darauf zielt die Menschennatur, dahin führt uns die Tugend: Weil wir dieses Gut erkannt haben, bleibt uns noch, über die Unsterb­ lichkeit als solche zu reden. (2) Platons Beweisführung, mag sie auch zur Sache viel beitragen, hat dennoch zu wenig Festigkeit, um die Wahrheit zu beweisen und ihr gerecht zur werden, weil er ja weder den Zusammenhang des ganzen großen Geheimnisses zusammengefasst und in eins gebracht, noch das höchste Gut erfasst hatte. Denn mochte er auch die Wahrheit über die Unsterblichkeit der Seele empfinden, er handelte über jene doch nicht so wie über das höchste Gut. (3) Wir können also anhand sichererer Anzeichen die Wahrheit aus wählen, die wir sie nicht aus unsicherer Ver­ mutung erschließen, sondern sie aus der göttlichen Überlieferung kennen. (4) Platon aber argumentierte so: Es sei alles unsterblich, was aus sich selbst wahrnimmt und sich immer bewegt; denn was keinen Anfang der Bewegung hat, werde auch kein Ende haben, weil es nicht von sich selbst verlassen werden kann. Dieses Argument würde aber auch den stummen Tieren Unsterblichkeit zubilligen, wenn er nicht durch die Hinzufügung der Weisheit eine Unterscheidung eingeführt hätte. (5) Er fügte also, um dieser Gemeinsamkeit zu entgehen, hinzu: Es könne nicht sein, dass die menschliche Seele nicht unsterblich sei, deren bewundernswerter Er­ findungsreichtum, Schnelligkeit im Denken, Leichtigkeit im Verstehen und

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(6) quia et origo animi, qui tanta capiat, tanta contineat, nulla reperiatur in terra, siquidem ex concretione terrena nihil habeat admixtum: sed necesse esse in terram resolui quod est in homine ponderosum et dissolubile, quod autem tenue atque subtile, id uero esse indiuiduum ac domicilio corporis uelut carcere liberatum ad caelum et ad naturam suam pentolare/

(7) haec fere Platonis collecta breuiter, quae apud ipsum late copioseque explicantur, in eadem sententia fuit etiam Pythagoras antea eiusque prae­ ceptor Pherecydes, quem Cicero tradit primum de aeternitate animarum disputauisse. (8) qui omnes licet eloquentia excellerent, tamen in hac dumtaxat contentione non minus auctoritatis habuerunt qui contra hanc sententiam disserebant, Dicaearchus primo, deinde Democritus, postremo Epicurus, adeo ut res ipsa de qua inter se pugnabant in dubium uocaretur. (9) denique Tullius expositis horum omnium de immortalitate ac morte sententiis nescire se quid sit uerum pronuntiauit. ,harum‘ inquit ,sententiarum quae uera sit, deus aliqui uiderit/ et rursus alibi ,quoniam utraque’ inquit , earum sententiarum doctissimos habuit auctores nec quid certi sit diuinari potest/ - (10) uerum nobis diuinatione opus non est, quibus ueritatem diuinitas ipsa patefecit. 9 (1) His itaque argumentis, quae nec Plato nec ullus alius inuenit, animarum aeternitas probari ac perspici potest: quae nos breuiter colligemus, quoniam properat oratio ad enarrandum iudicium dei maximum, quod in terra propinquante saeculorum fine celebrabitur. (2) ante omnia, quo­ niam deus ab homine uideri non potest, ne quis tamen ex eo ipso putaret deum non esse, quia mortalibus oculis non uidetur, inter cetera institutorum suorum miracula fecit etiam multa quorum uis quidem appareret, substantia tamen non uideretur, sicut est uox odor uentus, ut harum re­ rum argumento et exemplo etiam deum, licet sub oculos non ueniret, de sua tamen ui et effectu et operibus cerneremus. (3) quid uoce clarius aut uento fortius aut odore uiolentius? haec tamen cum per aerem feruntur ad sensusque nostros ueniunt et eos potentia sua impellunt, non cernuntur acie luminum, sed aliis corporis partibus sentiuntur.

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cf. Cic. Tuse. 1,38

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Cic. Tuse. 1,23

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Cie. frg. ine. 23 G a r b a r i n o 8

8 tra d it B D P K S tra d id it H M R B r a n d t , f t . recte 8 prim um ] a n te tra d it K S o m . P 19 H is] sihis B 3 (e x siis B 1^ aliis B r a n d t 25 a p p a re re t B D P a p p a re t H M K S R B r a n d t, f t . recte 26 u id e re tu r B 1D P 3R u id e tu r B 3P 1H M K S B r a n d t, ft . recte

127 Lernen, Erinnerung an Vergangenes und Vorschau von Kommendem, Wis­ sen um Künste und zahllose Dinge, das den übrigen Lebenwesen fehlt, göttlich und himmlisch erschienen, (6) weil auch der Ursprung der See­ le, die so viel fasst, so viel enthält, keinesfalls in der Erde zu finden ist, sofern sie nichts aus der Verbindung mit dem Irdischen an sich hat: Viel­ mehr müsse sich zwingend in Erde auflösen, was am Menschen Schweres und Auflösliches ist; was aber leicht und fein ist, das hingegen sei un­ auflöslich und fliege, aus der Behausung des Leibes wie aus einem Ge­ fängnis befreit, zum Himmel und seinem Ursprung hin. (7) Das ist in etwa kurz die Zusammenfassung von Platons Gedanken, die bei ihm selbst breit und ausführlich erläutert werden. Auf demselben Stand befanden sich vorher auch schon Pythagoras und dessen Lehrer Pherekydes, der, wie Cicero überliefert, als erster von der Ewigkeit der Seelen gehandelt hat. (8) Mochten all diese auch an Beredsamkeit herausragen, trotzdem hatten wenigstens in dieser Streitfrage diejenigen nicht weniger Einfluss, die sich gegen diese Position äußerten, zunächst Dikaiarch, dann Demokrit, schließ­ lich Epikur, und zwar in solchem Maße, dass die Sache selbst, um die sie untereinander stritten, in Zweifel gezogen wurde. (9) Schließlich bekunde­ te Tullius, nachdem er all deren Ansichten über die Unsterblichkeit und den Tod dargelegt hatte, dass er nicht wisse, was wahr sei. Er sagt: , Welche von diesen Ansichten der Wahrheit entspricht, mag irgendein Gott sehen/ Und an anderer Stelle wiederum äußert er: ,Da ja beide Positionen überaus ge­ lehrte Verfechter hatten und man auch nicht erraten kann, was sicher ist/ (10) Wir aber brauchen kein Raten, wir, denen die Gottheit selbst die Wahrheit offenbarte. 9 (1) Mit den folgenden Argumenten, die weder Platon noch irgendein anderer fand, kann daher die Ewigkeit der Seelen bewiesen und erkannt werden. Diese Argumente werden wir in gedrängter Form zusammenstel­ len, da ja unsere Ausführungen dahin streben, das größte Gericht Gottes zu schildern, das auf der Erde abgehalten werden wird, wenn das Ende der Zeiten herannaht. (2) Vor allem hat Gott, weil er ja vom Menschen nicht gesehen werden kann, damit aber trotzdem niemand aufgrund eben dessen glaube, dass es Gott nicht gibt, weil man ihn mit sterblichen Augen nicht sieht, neben seinen übrigen Schöpfungstaten auch viele Wunder getan, de­ ren Kraft zwar offensichtlich sein soll, deren Wesen aber nicht sichtbar sein soll (wie es bei der Stimme oder beim Wind der Fall ist), damit wir durch den Beweis und das Beispiel dieser Dinge auch Gott, selbst wenn er uns nicht vor Augen kommt, dennoch von seiner Kraft, Wirkung und seinen Werken her erkennen. (3) Was ist klarer als die Stimme, stärker als der Wind oder eindringlicher als ein Geruch? Dennoch kann man diese Dinge, wenn sie durch die Luft getragen werden, zu unseren Sinnesorganen ge­ langen und diese durch ihre Wirkkraft reizen, nicht mit der Sehkraft der

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(4) similiter deus non aspectu nobis alioue fragili sensu comprehendendus est, sed mentis oculis intuendus, cum opera eius praeclara et miranda uideamus. (5) nam illos qui nullum omnino deum esse dixerunt non modo philosophos, sed ne homines quidem fuisse dixerim: qui mutis simillimi ex solo corpore constiterunt nihil cernentes animo et ad sensum corporis cuncta referentes, qui nihil putabant esse nisi quod oculis contuebantur. (6) et quia uidebant aut bonis accidere aduersa aut malis prospera, fortuito geri omnia crediderunt et natura mundum, non prouidentia constitutum, hinc iam prolapsi sunt ad deliramenta, quae talem sententiam necessario sequebantur. (7) quodsi est deus et incorporalis et inuisibilis et aeternus, ergo non idcirco interire animam credibile est, quia non uidetur, postquam recessit a corpore, quoniam constat esse aliquid sentiens ac uigens quod non ueniat sub aspectum. (8) at enim difficile est animo comprehendere quemadmodum possit anima retinere sensum sine iis partibus corporis in quibus inest officium sentiendi. (9) quid de deo? num facile est comprehen­ dere quemadmodum uigeat sine corpore? quodsi deos esse credunt, qui si sunt, utique animae sunt expertes corporum, necesse est humanas animas eadem ratione subsistere, quoniam ex ipsa ratione ac prudentia intellegitur esse quaedam in homine ac deo similitudo. (10) denique illud argumentum, quod etiam Marcus Tullius uidit, satis firmum est, ex eo aeternitatem animae posse dinosci, quia nullum sit aliud animal quod habeat notitiam aliquam dei, religioque sit paene sola quae hominem discernat a mutis: quae cum in hominem solum cadit, profecto testatur id affectare nos, id desiderare, id colere quod nobis familiare, quod proximum sit futurum. (11) an aliquis cum ceterarum animantium naturam considerauerit, quas pronis corporibus abiectas in terramque prostratas summi dei prouiden­ tia effecit, ut ex hoc intellegi possit nihil eas rationis habere cum caelo, potest non intellegere solum ex omnibus caeleste ac diuinum animal esse hominem, cuius corpus ab humo excitatum, uultus sublimis, status rectus originem suam quaerit et quasi contempta humilitate terrae ad altum nititur, quia sentit summum bonum in summo sibi esse quaerendum me­ mor que condicionis suae, qua deus illum fecit eximium, ad artificem suum spectat? quam spectationem Trismegistus θεοπτίαν rectissime nominauit: quae in mutis animalibus nulla est.

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cf. Cic. leg. 1,24

23 cad it codd. F r itz s c h e

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33 θεοπτίαν

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ΘΕ-

129 Augen wahrnehmen, sondern sie nur mit anderen Teilen des Körpers spü­ ren. (4) In ähnlicher Weise können wir Gott nicht mit dem Gesichtssinn oder einer anderen vergänglichen Wahrnehmung begreifen, sondern mit den Augen des Geistes betrachten, weil wir seine vortrefflichen und bewun­ dernswerten Werke sehen. (5) Denn jene, die sagten, dass es überhaupt keinen Gott gebe, möchte ich nicht nur nicht als Philosophen, sondern nicht einmal als Menschen bezeichnen - sie, die ganz ähnlich den stum­ men Tieren allein aus dem Körper bestanden, weil sie nichts mit dem Geist sahen und alles auf die körperliche Wahrnehmung bezogen, die nur an die Existenz dessen glaubten, was sie mit ihren eigenen Augen sahen. (6) Und weil sie sahen, dass einerseits Guten Widriges zustößt und an­ dererseits Schlechten Günstiges, glaubten sie, dass alles zufällig geschehe und die Welt von der Natur, nicht von der Vorsehung bestimmt sei. Und von hier aus verfielen sie schon auf diejenigen Spintisierereien, die zwangs­ läufig auf eine solche Ansicht zu folgen pflegten. (7) Wenn aber Gott körperlos, unsichtbar und ewig ist, dann ist es also plausibel, dass die See­ le nicht allein schon deswegen zugrunde gehen muss, weil man sie nicht sieht, nachdem sie den Körper verlassen hat; denn es steht ja fest, dass es etwas Wahrnehmendes und Lebendiges gibt, das nicht zu Gesicht kommt. (8) Und doch ist es schwierig, geistig zu erfassen, wie die Seele ihre Wahr­ nehmungsfähigkeit ohne jene Körperteile, denen die Aufgabe der Wahrneh­ mung innewohnt, behalten kann. (9) Was ist mit Gott? Ist es denn etwa schwierig zu verstehen, wie er ohne Körper seine Kraft entfalten kann? Wenn sie aber an die Existenz von Göttern glauben, die, wenn sie exi­ stieren, jedenfalls Seelen ohne Körper sind, dann müssen die menschlichen Seelen zwingend in derselben Weise fortbestehen können, weil ja schon aus Vernunft und Klugheit einsichtig wird, dass zwischen Mensch und Gott eine gewisse Ähnlichkeit besteht. (10) Schließlich ist jenes Argument, das auch Marcus Tullius sah, hinreichend fest: Daraus könne die Ewigkeit der Seele erkannt werden, weil es kein anderes Lebewesen gebe, das irgendei­ ne Erkenntnis von Gott habe, und die Religion beinahe das Einzige sei, was den Menschen von den stummen Tieren unterscheide. Dadurch, dass diese nur bei Menschen vorkommt, bezeugt sie in der Tat, dass wir nach dem verlangen, das ersehnen, das verehren, was uns vertraut, was uns am nächsten sein wird. (11) Oder ist es möglich, dass jemand, wenn er die Natur der übrigen Lebewesen in Betracht gezogen hat, die die Vor­ sehung des höchsten Gottes mit gebeugten Körpern niedergeworfen und auf den Boden hingestreckt erschaffen hat, damit daraus einsichtig werde, dass diese keine Beziehung zum Himmel haben, nicht versteht, dass der Mensch als einziges von allen ein himmlisches und göttliches Lebewesen ist? Sein vom Boden aufgerichteter Körper, sein erhabenes Gesicht, sei­ ne aufrechte Haltung suchen ihren Ursprung und streben gleichsam unter

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(12) cum autem sapientia, quae soli homini data est, nihil aliud sit quam notitia dei, apparet animam non interire neque dissolui, sed manere in sem­ piternum, quia deum, qui sempiternus est, et quaerit et diligit, ipsa cogente natura sentiens uel unde orta sit uel quo reuersura. (13) praeterea non exiguum immortalitatis argumentum est quod homo solus caelesti elemen­ to utitur, nam cum rerum natura his duobus elementis, quae repugnantia sibi atque inimica sunt, constet, igni et aqua, quorum alterum caelo, alte­ rum terrae ascribitur, ceterae animantes quia terrenae mortalesque sunt, terreno et graui utuntur elemento, homo solus ignem in usu habet, quod est elementum leue sublime caeleste. (14) ea uero quae ponderosa sunt, ad mortem deprimunt, et quae leuia sunt, ad uitam subleuant, quia uita in summo est, mors in imo. et ut lux esse sine igni non potest, sic uita sine luce, ignis igitur elementum est lucis ac uitae: unde apparet hominem qui eo utitur, immortalem sortitum esse condicionem, quia id illi familiare est quod facit uitam. (15) uirtus quoque soli homini data magno argumento est immortales animas esse, quae non erit secundum naturam, si anima extinguitur; huic enim praesenti uitae nocet, nam uita ista terrena, quam communem cum mutis animalibus ducimus, et uoluptatem expetit, cuius fructibus uariis ac suauibus delectatur, et dolorem fugit, cuius asperitas naturam uiuentium acerbis sensibus laedit et ad mortem perducere niti­ tur, quae dissoluit animantem. (16) si ergo uirtus et prohibet iis bonis hominem quae naturaliter appetuntur et ad sustinenda mala impellit quae naturaliter fugiuntur, ergo malum est uirtus et inimica naturae stultum­ que iudicari necesse est qui eam sequitur, quoniam se ipse laedit et fugiendo bona praesentia et appetendo aeque mala sine spe fructus amplioris. (17) nam cum liceat nobis iucundissimis fruì uoluptatibus, nonne sensu carere uideamur, si malimus in humilitate, in egestate, in contemptu, in ignominia uiuere aut ne uiuere quidem, sed dolore cruciari et emori, ex quibus malis nihil amplius assequamur quo possit uoluptas omissa pensa-

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Verachtung der Niedrigkeit der Erde in die Höhe streben, weil er empfin­ det, dass er das höchste Gut im Höchsten zu suchen hat, und eingedenk seiner Daseinsform, in der Gott jenen herausragend gemacht hat, zu sei­ nem Schöpfer blickt. Dieses Blicken nannte Trismegistus ganz zu Recht , Gottesschaub Diese fehlt völlig bei den stummen Tieren. (12) Weil aber die Weisheit, die allein dem Menschen gegeben ist, nichts anderes ist als die Erkenntnis Gottes, ist es offensichtlich, dass die Seele nicht stirbt und nicht vergeht, sondern in Ewigkeit bestehen bleibt, weil sie Gott, der ewig ist, sowohl sucht als auch liebt, wobei sie unter dem Zwang ihres eigenen We­ sens spürt, woher sie kommt beziehungsweise wohin sie zurückkehren wird. (13) Außerdem ist es kein geringes Argument für die Unsterblichkeit, dass allein der Mensch das himmlische Element gebraucht. Denn weil die Natur der Dinge aus diesen beiden Elementen besteht, die einander entgegenge­ setzt und feindlich sind, dem Feuer und dem Wasser, von denen das eine dem Himmel, das andere der Erde zugeschrieben wird, benutzen die übri­ gen Lebewesen, da sie irdisch und sterblich sind, das irdische und schwere Element, der Mensch alleine hat das Feuer im Gebrauch, welches das leich­ te, erhabene und himmlische Element ist. (14) Das aber, was schwer ist, drückt hinunter zum Tod, und das, was leicht ist, hebt empor zum Leben, weil das Leben ganz in der Höhe, der Tod ganz in der Tiefe ist. Und wie das Licht nicht ohne Feuer sein kann, so das Leben nicht ohne Licht. Das Feuer ist also das Element des Lichtes und des Lebens: Daraus ergibt sich, dass der Mensch, der dieses benutzt, die Unsterblichkeit zugeteilt bekommen hat, weil jenem das vertraut ist, was Leben schafft. (15) Auch die Tu­ gend, die allein dem Menschen gegeben ist, ist ein gewichtiger Beweis dafür, dass die Seelen unsterblich sind. Diese wird nicht naturgemäß sein, wenn die Seele ausgelöscht wird; denn sie schadet diesem gegenwärtigen Leben. Dieses irdische Leben hier nämlich, das wir gemeinsam mit den stummen Tieren zubringen, verlangt einerseits nach Lust, an deren verschiedenen sü­ ßen Früchten es sich erfreut, und meidet andererseits den Schmerz, dessen Widrigkeit die Natur der Lebewesen durch unangenehme Empfindungen verletzt und zum Tode zu bringen strebt, der das Lebewesen vergehen lässt. (16) Wenn also die Tugend den Menschen einerseits von denjenigen Gü­ tern abhält, die natürlicherweise angestrebt werden, und andererseits zum Ertragen von Übeln antreibt, die natürlicherweise vermieden werden, ist also die Tugend ein Übel, und zwangsläufig wird sie als Feindin der Na­ tur und derjenige als Dummkopf beurteilt, der ihr folgt, weil er ja sich selbst verletzt, indem er einerseits gegenwärtige Güter vermeidet und an­ dererseits gleichermaßen Übel anstrebt ohne Hoffnung auf weiteren Ertrag. (17) Denn wo es uns doch frei steht, die angenehmsten Lustbarkeiten zu genießen, scheinen wir da nicht ohne Verstand zu sein, wenn wir lieber in Bescheidenheit, Bedürftigkeit, Verachtung und Schande leben wollen,

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(18) si autem uirtus malum non est facitque honeste, quod uoluptates uitiosas turpesque contemnit, et fortiter, quod nec dolorem nec mortem timet, ut officium seruet, ergo aliquod maius bonum assequatur necesse est quam sunt illa quae spernit, at uero morte suscepta quod ulterius bonum sperari potest nisi aeternitas? 10 (1) Transeamus nunc uicissim ad ea quae uirtuti repugnant, ut etiam ex his immortalitas animae colligatur. (2) uitia omnia temporalia sunt, ad praesens enim commouentur: irae impetus recepta ultione sedatur, libidinis uoluptas corporis finis est, cupiditatem aut satietas earum rerum quas expetit aut aliorum affectuum commotiones interimunt, ambitio postquam honores quos uoluit adepta est, consenescit; item cetera uitia consistere ac permanere non possunt, sed ipso fructu quem expetunt finiuntur, recedunt ergo et redeunt. (3) uirtus autem sine ulla intermissione perpetua est nec discedere ab eo potest qui eam semel cepit, nam si habeat interuallum, si aliquando carere ea possumus, redibunt protinus uitia, quae uirtutem semper impugnant. (4) non est igitur comprehensa, si deserit, si aliquando secedit: cum uero sibi domicilium stabile collocauit, in omni actu uersari eam necesse est nec potest fideliter depellere uitia et fugare, nisi pectus quod insedit perpetua statione munierit. (5) ipsa ergo uirtutis perpetuitas indicat humanum animum, si uirtutem ceperit, permanere, quia et uirtus perpetua est et solus animus humanus uirtutem capit. (6) quoniam igitur contraria sunt uitia uirtuti, omnis ratio diuersa et contraria sit necesse est. quia uitia commotiones et perturbationes animi sunt, uirtus e contrario lenitudo et tranquillitas animi est; quia uitia temporalia et breuia sunt, uirtus perpetua et constans et par sibi semper; quia uitiorum fructus id est uoluptates aeque ut ipsa breues temporalesque sunt, uirtutis ergo fructus ac praemium sempiternum est; (7) quia uitiorum commodum in praesenti est, uirtutis igitur in futuro, ita fit ut in hac uita uirtutis praemium nullum sit, quia uirtus adhuc ipsa est.10

10 in terim u n t] in te rm ittu n t D XP

in te rm ittit D 2

15 carere ea] e. c. P K S

9,18 - 10,7

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oder nicht einmal leben wollen, sondern unter Schmerz gefoltert werden und dabei zu Tode kommen wollen - Übel, aus denen wir nichts wei­ ter gewinnen, wodurch die entgangene Lust aufgewogen werden könnte? (18) Wenn aber die Tugend kein Übel ist und sie sittlich gut darin handelt, dass sie die schändlichen und schlechten Lüste verachtet, und tapfer, dass sie weder Schmerz noch Tod fürchtet, um ihre Pflicht zu erfüllen, dann muss sie also zwangsläufig irgendein größeres Gut gewinnen, als es jene sind, die sie verachtet. Indessen, wenn man sogar den Tod auf sich nimmt - welches Gut könnte man darüber hinaus noch erhoffen außer der Ewig­ keit? 10 (1) Wollen wir nun wiederum zu dem übergehen, was der Tugend widerspricht, damit auch daraus die Unsterblichkeit der Seele gefolgert werde. (2) Alle Laster sind vergänglich: Denn im Hinblick auf den Au­ genblick werden sie ausgelöst. Ein Anfall von Zorn beruhigt sich, wenn man Rache genommen hat, die körperliche Lustempfindung ist das Ende der Be­ gierde, das Verlangen beendet entweder die Sättigung an den Dingen, die es begehrt, oder die Erregung anderer Affekte, der Ehrgeiz erlahmt nach dem Erreichen der gewünschten Ehren; ebenso können die übrigen Laster nicht bestehen und erhalten bleiben, sondern sie werden gerade durch die Frucht, nach der sie verlangen, beendet. Sie schwinden also und kehren wieder. (3) Die Tugend aber ist dauerhaft ohne jede Unterbrechung und kann nicht von dem weichen, der sie einmal ergriffen hat. Denn wenn sie eine Pause haben sollte, wenn wir ihrer irgendwann einmal entbehren können, werden die Laster umgehend wieder Einzug halten, die immer gegen die Tugend ankämpfen. (4) Sie ist also nicht erfasst, wenn sie verschwindet, wenn sie irgendwann fort geht: Wenn sie sich aber eine feste Wohnung eingerichtet hat, muss sie zwingend in jeder Handlung stecken und sie kann nicht verläs­ slich die Laster abhalten und vertreiben, wenn sie nicht das Herz, in dem sie heimisch geworden ist, mit einer ununterbrochenen Wache gesichert hat. (5) Eben diese Dauerhaftigkeit der Tugend also zeigt, dass die menschli­ che Seele, wenn sie sich die Tugend angeeignet hat, bestehen bleibt, weil einerseits die Tugend dauerhaft ist und andererseits nur die menschliche Seele sich die Tugend aneignet. (6) Weil also die Laster der Tugend entge­ gengesetzt sind, muss zwangsläufig die ganze Seins weise verschieden und entgegengesetzt sein. Weil Laster Bewegungen und Erregungen der See­ le sind, ist die Tugend hingegen die Milde und Ruhe der Seele; weil die Laster vergänglich und von kurzer Dauer sind, ist die Tugend dauerhaft, beständig und sich selbst immer gleich; weil die Früchte der Laster, das heißt die Lüste, gleichermaßen wie diese selbst von kurzer Dauer und ver­ gänglich sind, ist also die Frucht und der Lohn der Tugend immerwährend; (7) weil der Nutzen der Laster in der Gegenwart liegt, liegt derjenige der Tugend also in der Zukunft. So kommt es, dass es in diesem Leben keinen

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(8) nam sicut uitia cum in actu suo finiuntur, uoluptas et praemia eorum sequuntur, ita uirtus cum finita est, merces eius insequitur, uirtus autem numquam nisi morte finitur, quoniam et in morte suscipienda summum eius officium est. ergo praemium uirtutis post mortem est. (9) denique Cicero in Tusculanis quamuis dubitanter tamen sensit summum homini bonum non nisi post mortem contingere: , fidenti animo‘, inquit , si ita res feret, gradietur ad mortem, in qua aut summum bonum aut nullum malum esse cognouimusb mors igitur non extinguit hominem, sed ad praemium uirtutis admittit. (10) qui autem se, ut ait idem, uitiis ac sceleribus conta­ minauerit uoluptatique seruierit, is uero damnatus aeternam luet poenam, quam diuinae litterae secundam mortem nominant: quae est et perpetua et grauissimis cruciatibus plena. (11) nam sicuti duae uitae propositae sunt homini, quarum altera est animi, altera corporis, ita et mortes duae propo­ sitae sunt, una pertinens ad corpus, qua cunctos secundum naturam fungi necesse est, altera pertinens ad animam, quae scelere acquiritur, uirtute uitatur. ut uita haec temporalis est certosque terminos habet, quia cor­ poris est, sic et mors aeque temporalis est certumque habet finem, quia corpus attingit. 11 (1) Impletis igitur temporibus quae deus morti statuit terminabitur ipsa mors, et quia temporalem uitam temporalis mors sequitur, consequens est ut resurgant animae ad uitam perennem, quia finem mors temporalis accepit. (2) rursus sicut uita animi sempiterna est, in qua diuinos et ineloquibiles immortalitatis suae fructus capit, ita et mors eius perpetua sit necesse est, in qua perennes poenas et infinita tormenta pro peccatis suis pendit. (3) ergo in ea condicione res posita est, ut qui beati sunt in hac uita corporali atque terrena, semper miseri sint futuri, quia iam bonis quae maluerunt potiti sunt, quod iis euenit qui deos adorant ac deum neglegunt, (4) deinde qui iustitiam sequentes in hac uita miseri fuerint et contempti et inopes et ob ipsam iustitiam contumeliis et iniuriis saepe uexati, quia nec aliter uirtus teneri potest, semper beati sint futuri, ut quia mala iam pertulerunt, etiam bonis fruantur: quod iis utique contingit qui contemptis terrestribus diis et fragilibus bonis caelestem religionem sequuntur dei, cuius bona sicut ipse qui tribuit sempiterna sunt.6

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Cic. Tuse. 1,110

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cf. Cic. Tuse. 1,72

13 anim i B D P K S anim ae H M B r a n d t tu r dei P K S d. s. B D H M B r a n d t

25 p en d it] p en d et D H M

32 sequun

10,8 - 11,4

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Lohn für die Tugend gibt, weil es die Tugend noch selbst gibt. (8) Denn so, wie wenn die Laster in ihrer Ausführung beendet werden, die Lust und de­ ren Belohnungen folgen, so folgt auf die Tugend, wenn sie beendet ist, deren Lohn. Die Tugend aber findet ihr Ende stets ausschließlich durch den Tod, weil ja auch in der Annahme des Todes ihre höchste Aufgabe liegt. Also kommt die Belohnung für die Tugend nach dem Tod. (9) Schließlich spür­ te Cicero in den Tuskulanen, wenn auch zweifelnd so doch immerhin, dass das höchste Gut dem Menschen ausschließlich nach dem Tod zuteil werde. Er sagte: ,Er wird mit zuversichtlichem Sinn, wenn es das Geschick so mit sich bringt, zum Tod schreiten, in dem, wie wir gesehen haben, entweder das höchste Gut oder kein Übel liegt/ Der Tod löscht also den Menschen nicht aus, sondern gewährt ihm den Zutritt zur Belohnung für die Tugend. (10) Wer sich aber, wie derselbe sagt, mit Lastern und Verbrechen be­ schmutzt und der Lust gedient hat, der aber wird verurteilt werden und diejenige ewige Strafe erleiden, welche die göttliche Schrift den zweiten Tod nennt. Dieser ist sowohl unendlich als auch voll von schlimmsten Qualen. (11) Denn so wie dem Menschen zwei Leben vorgegeben sind, von denen das eine das der Seele, das andere das des Körpers ist, so sind ihm auch zwei Tode vorgegeben, der eine auf den Körper bezogen, den alle der Na­ tur nach auf sich nehmen müssen, der andere auf die Seele bezogen, der durch verbrecherisches Tun erworben und durch die Tugend vermieden wird. Wie dieses Leben hier vergänglich ist und bestimmte Grenzen hat, weil es körperlich ist, so ist auch der Tod gleichermaßen vergänglich und hat ein bestimmtes Ende, weil er den Körper betrifft. 11 (1) Wenn also die Zeit erfüllt ist, die Gott dem Tod gesetzt hat, wird auch der Tod selbst sein Ende finden. Und weil dem vergängliche Le­ ben ein vergänglicher Tod folgt, ist die logische Folge, dass die Seelen zum ewigen Leben auferstehen, weil der zeitliche Tod ein Ende genommen hat. (2) Wie hinwiederum wie das Leben des Geistes ewig ist, in dem er die göttlichen und unaussprechlichen Früchte seiner Unsterblichkeit empfängt, so muss auch dessen Tod zwangsläufig ein fortwährender sein, in dem er die ewigen Strafen und die unendlichen Qualen für seine Sünden erleidet. (3) Also verhält es sich solchermaßen, dass diejenigen, die in diesem kör­ perlichen und irdischen Leben glücklich sind, auf immer unglücklich sein werden, weil sie sich der Güter, die sie vorzogen, schon bemächtigt haben, was für diejenigen zutrifft, die die Götter anbeten und Gott missachten, (4) dass sodann diejenigen, die als Anhänger der Gerechtigkeit in diesem Leben unglücklich, verachtet, mittellos, und gerade um der Gerechtigkeit willen oft mit Schmähungen und Ungerechtigkeiten geplagt waren, weil sich an der Tugend auch nicht anders festhalten lässt, immer glücklich sein werden, damit sie, weil sie die Übel schon durchgestanden haben, auch die Güter genießen können: Dies trifft jedenfalls auf diejenigen zu, die durch die

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(5) quid? opera corporis atque animi nonne indicant esse animam mortis expertem? nam corpus quia ipsum fragile est atque mortale, quaecum­ que opera molitur, aeque caduca sunt, nihil enim Tullius ait esse quod sit manibus humanis laboratum, quod non aliquando ad interitum redigatur uel iniuria hominum uel ipsa confectrice rerum omnium uetustate. (6) at uero animi opera uidemus aeterna, nam quicumque contemptui praesentium studentes in memoriam monumenta ingeniorum factorum­ que magnorum reliquerunt, hi plane mentis ac uirtutis suae nomen in­ delebile quaesierunt, ergo si opera corporis ideo mortalia sunt, quia ipsum mortale est, sequitur ut anima ex eo immortalis appareat, quia ui­ demus opera eius non esse mortalia. (7) eodem modo desideria quoque corporis animique declarant alterum esse mortale, alterum sempiternum, corpus enim nihil nisi temporale desiderat id est cibum potum indumen­ tum quietem uoluptatem, et tamen haec ipsa sine nutu et adminiculo animi nec cupere nec assequi potest: animus autem per se multa desi­ derat quae ad officium fructumue corporis non redundent, eaque non fra­ gilia, sed aeterna sunt, ut fama uirtutis, ut memoria nominis. (8) nam cultum dei, qui constat abstinentia cupiditatum ac libidinum, patientia doloris, contemptu mortis, etiam contra corpus anima concupiscit, unde credibile est non interire animam, sed dissociari a corpore, quia corpus sine animo nihil potest, animus uero potest multa et magna sine corpore. (9) quid quod ea quae uisibilia sunt oculis et tangibilia manu, quia ex­ ternam uim pati possunt, aeterna esse non possunt, ea uero quae neque sub tactum neque sub uisum ueniunt, sed tantummodo uis eorum et ratio et effectus apparet, aeterna sunt, quia nullam uim patiuntur extrinsecus? (10) corpus autem si ideo mortale est, quia uisui pariter et tactui subiacet, ergo et anima idcirco immortalis est, quia nec tangi potest nec uideri. 12 (1) Nunc argumenta eorum qui contra disserunt refellamus: quae Lucretius tertio libro executus est. ,quoniam cum corpore ‘ inquit ,anima nascitur, cum corpore intereat necesse est? (2) at non est par utriusque ratio, solidum enim et comprehensibile corpus est et oculis et manu, ani­ ma uero tenuis et tactum uisumque fugiens, corpus e terra fictum atque solidatum est, anima nihil in se concreti, nihil ponderis terreni habet, ut Plato disserebat, nec enim tantam posset habere sollertiam, tantam uim, tantam celeritatem, nisi originem traheret e caelo.

3

Cic. Marceli. 11

29

cf. Lucr. 3,417f.67

6 c o n tem p tu i D ( i su p ra L, m . 1?) co n tem p tu B H K S B r a n d t 7 m em oriam ] m em oria S 8-9 indelebile] indebile D M

co n te m p tü P M

11,5 - 12,2

137

Verachtung der irdischen Götter und der vergänglichen Güter der himmli­ schen Religion Gottes folgen, deren Güter so wie der, der sie zuteilt, ewig sind. (5) Deuten zudem die Werke des Körpers und des Geistes denn nicht darauf hin, dass die Seele keinen Anteil am Tod hat? Denn weil der Körper selbst vergänglich und sterblich ist, sind auch alle Werke, die er zustan­ de bringt, ebenso hinfällig. Denn Tullius sagt: Nichts von Menschenhand Gemachtes gebe es, was nicht irgendwann dem Untergang geweiht ist, sei es durch das Unrecht der Menschen, sei es durch das Alter selbst, das alle Dinge aufreibt. (6) Hingegen sehen wir aber, dass die Werke des Geistes ewig sind. Denn alle diejenigen, die sich bemühten, das nur Augenblickliche zu verachten, und zur Erinnerung bleibende Zeugnisse ihrer Begabungen und Großtaten hinterließen, die erwarben offenkundig einen unzerstörba­ ren Ruhmestitel für ihren Geist und ihre Tugend. Wenn also die Werke des Körpers deswegen sterblich sind, weil dieser selbst sterblich ist, folgt dar­ aus, dass die Seele offensichtlich aus dem Grunde unsterblich ist, weil ihre Werke, wie wir sehen, nicht sterblich sind. (7) In gleicher Weise zeigen auch die Sehnsüchte des Körpers und des Geistes, dass der eine sterblich, der andere ewig ist. Denn der Körper begehrt ausschließlich Vergängli­ ches, das heißt Essen, Trinken, Kleidung, Ruhe und Lust, und dennoch kann er eben diese Dinge ohne Geheiß und Unterstützung des Geistes we­ der begehren noch erlangen. Der Geist aber verlangt an sich vieles, was auf den Dienst oder Nutzen des Körpers gar keine vorteilhafte Rückwir­ kung hat, und dieses ist nicht vergänglich, sondern ewig, wie zum Bei­ spiel der Ruhm der Tugend oder die Erinnerung an einen großen Namen. (8) Die Verehrung Gottes nämlich, die aus der Absage an Begierden und Lüste besteht, aus dem Ertragen von Schmerz und aus der Verachtung des Todes, begehrt die Seele sogar gegen den Körper. Daher ist es glaubhaft, dass die Seele nicht untergeht, sondern vom Körper getrennt wird, weil der Körper ohne den Geist nichts kann, der Geist aber vieles Bedeutende ohne den Körper kann. (9) Wie ist es zu verstehen, dass das, was mit den Augen sichtbar und mit der Hand berührbar ist, weil es eine von außen wirkende Kraft erfahren kann, nicht ewig sein kann, dass das aber, was weder von einer Berührung noch von einem Blick erfasst wird, sondern le­ diglich als von diesen Dingen ausgehende Kraft, Vernunft und Wirkung in Erscheinung tritt, ewig ist, weil es keinerlei Einwirkung von außen erfährt? (10) Wenn der Körper aber deswegen sterblich ist, weil er gleichermaßen dem Blick und der Berührung unterliegt, ist also auch die Seele deswegen unsterblich, weil sie weder berührt noch gesehen werden kann. 12 (1) Nun wollen wir die Argumente derer, die sich dagegen aus­ sprechen, widerlegen. Diese hat Lukrez im dritten Buch ausgeführt. Er sagt: ,Da ja die Seele zusammen mit dem Körper geboren wird, muss sie zwangsläufig zusammen mit dem Körper zugrunde gehen? (2) Jedoch ist

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(3) corpus igitur quoniam fictum ex ponderoso et corruptibili elemento et tangibile est et uisibile, corrumpitur atque occidit nec uim repellere potest, quia sub aspectum et sub tactum uenit, anima autem quia tenuitate sua omnem tactum fugit, nullo ictu dissolui potest. (4) ergo quamuis inter se coniuncta et sociata nascantur et alterum, quod est de terrena concretio­ ne formatum, quasi uasculum sit alterius, quod est a caelesti subtilitate deductum, cum uis aliqua utrumque discreuerit, quae discretio mors uocatur, utrumque in naturam suam recedit: quod ex terra fuit, id in terram resoluitur, quod ex caelesti spiritu, id constat ac uiget semper, quoniam diuinus spiritus sempiternus est. (5) denique idem Lucretius oblitus quid assereret et quod dogma defenderet, hos uersus posuit: , cedit item retro, de terra quod fuit ante, in terram, sed quod missum est ex aetheris oris, id rursum caeli fulgentia templa receptant/ quod eius non erat dicere qui perire animas cum corporibus disserebat: sed uictus est ueritate et imprudenti ratio uera subrepsit. (6) praeterea id ipsum quod colligit, dissolui animam, hoc est simul cum corpore in­ terire, quoniam simul nascantur, et falsum est et in contrarium conuerti potest, non enim simul interit, sed anima discedente integrum per multos dies manet et plerumque medicatum diutissime durat. (7) nam si ut si­ mul nascuntur, simul interirent, non discederet repente anima corpusque desereret, sed uno temporis puncto utrumque pariter dissiparetur et tam celeriter etiam corpus adhuc spiritu in eo manente deliquesceret ac periret, quam celeriter anima secedit, immo uero dissoluto corpore anima uanesceret uelut umor fracto uase diffusus. (8) nam si terrenum et fragile corpus post secessum animae non statim diffluit in terramque tabescit, ex qua illi origo est, ergo anima, quae fragilis non est, in aeternum manet, quoniam origo eius aeterna est.

12

Lucr. 2,999-1001

3 sub ta c tu m P 3 sub ic tu m B D K sub te c tu m P 1 ta c tu m H M sub ictu S 12 cedit B prD P codd. L u c r . caedit B arH M K S 12 item B D K S codd. L u c r . idem PHM 13 in te rra m P arS in te rra B D P prK te rra H M in te rra s codd. L u c r. (s e q u itu r et p ro s e d ) 14 ru rsu m B P codd. L u c r . ru rsu s D H M K S 17 quod B D P quo H M K S

12,3 - 12,8

139

das Grundprinzip bei diesen beiden Dingen nicht das gleiche. Denn der Körper ist fest und fassbar, sowohl mit den Augen als auch mit der Hand, die Seele aber ist fein und entzieht sich sowohl der Berührung als auch dem Blick. Der Leib ist aus Erde geformt und verdichtet. Die Seele hat in sich, wie Platon darlegte, nichts Verfestigtes, nichts von irdischer Schwere. Denn sie könnte keine solche Fertigkeit, keine solche Kraft, keine solche Schnellig­ keit haben, wenn sie nicht ihren Ursprung im Himmel hätte. (3) Weil aber der Körper aus einem schweren und vergänglichen Element geformt und daher berührbar und sichtbar ist, ist er dem Verfall ausgesetzt und stirbt und kann eine gewaltsame Einwirkung nicht ab weisen, da er dem Blick und der Berührung unterliegt; die Seele aber kann, weil sie durch ihre Feinheit jeder Berührung entgeht, durch keine Gewalteinwirkung zerstört werden. (4) Mögen sie also auch in enger Verbindung und als zusammengehörig ent­ stehen und das eine, das aus irdischer Verdichtung gebildet ist, gleichsam das Gefäß des anderen sein, das aus der himmlischen Feinheit abgeleitet ist, es kehrt ein jedes von beiden, wenn irgendeine Einwirkung beide getrennt hat - die Trennung, die man als Tod bezeichnet - in seine Natur zurück: Was aus der Erde war, das löst sich in Erde auf, was aus dem himmlischen Geist, das hat immer Bestand und Lebenskraft, da ja der göttliche Geist ewig ist. (5) Schließlich vergaß derselbe Lukrez, was er behauptete und welche Lehre er verteidigte, und dichtete folgende Verse: ,Ebenso weicht wieder zurück zur Erde, was vorher von der Erde war, aber was aus den Gestaden des Äthers geschickt ward, das nehmen wieder die strahlenden Hallen des Himmels auf.‘ Das hätte der nicht sagen dürfen, der doch lehrte, dass die Seelen zusam­ men mit den Körpern zugrunde gehen. Aber er unterlag der Wahrheit, und beim Ahnungslosen schlich sich die wahre Vernunft ein. (6) Außerdem ist eben das, was er schlussfolgert, nämlich dass die Seele vergeht, das heißt zusammen mit dem Körper zugrunde geht, weil sie ja zugleich entstehen, zum einen falsch und kann zum anderen in sein Gegenteil verkehrt wer­ den. Denn der Körper geht nicht zugleich zugrunde, sondern er bleibt auch trotz des Weichens der Seele über viele Tage unversehrt und überdauert, wenn er einbalsamiert ist, meistens ganz lange Zeit. (7) Denn wenn sie, so wie sie zugleich entstehen, auch gleichzeitig zugrunde gingen, würde die Seele nicht plötzlich weichen und den Körper verlassen, sondern zu ein und demselben Zeitpunkt würden sich beide gleichermaßen auflösen, und mit derselben Schnelligkeit, mit der sich die Seele entfernt, würde auch der Kör­ per, während noch der Atem in ihm bleibt, zergehen und zunichte werden, ja vielmehr würde sich nach der Auflösung des Körpers die Seele verflüchti­ gen wie eine Flüssigkeit, die aus einem zerbrochenen Gefäß ausgelaufen ist. (8) Denn wenn der irdische und vergängliche Körper nach dem Scheiden

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(9) , quoniam crescit‘ inquit ,mens in pueris et in iuuenibus uiget et in se­ nibus deminuitur, apparet esse mortalem/ primum non idem est anima et mens: aliud est enim quo uiuimus, aliud quo cogitamus, nam dormientium mens, non anima sopitur, et in furiosis mens extinguitur, anima manet, et ideo non exanimes, sed dementes appellantur. (10) mens ergo id est intel­ legentia uel augetur uel minuitur pro aetate, anima in statu suo semper est, et ex quo tempore spirandi accipit facultatem, eadem usque ad ultimum durat, donec emissa corporis claustro ad sedem suam reuolet. (11) dein­ de, quod anima quamuis a deo sit inspirata, tamen quia tenebroso domi­ cilio terrenae carnis inclusa est, scientiam non habet, quae est diuinitatis. (12) audit igitur ac discit omnia et sapientiam discendo et audiendo capit, et senectus non minuit sapientiam, sed auget; si tamen iuuenilis aetas uirtute decursa est et si nimia senectus fregerit membra, non est animae uitium, si uisus euanuit, si lingua torpuit, si auditus obsurduit, sed corporis. (13) at enim memoria deficit. - quid mirum si labentis domicilii ruina premitur mens et praeterita obliuiscitur, non aliter futura diuina quam si carcerem quo cohibetur effugerit? (14) ,uerum eadenT inquit , dolori et luctui obno­ xia est et ebrietate dementit, unde fragilis ac mortalis apparet/ (15) idcirco igitur uirtus et sapientia necessaria est, ut et maeror, qui contrahitur indigna patiendo ac uidendo, fortitudine repellatur et uoluptas non modo potandi, sed etiam rerum ceterarum abstinentia superetur, nam si careat uirtute, si uoluptatibus dedita molliatur, morti fiet obnoxia, quoniam et uirtus, ut docuimus, immortalitatis est fabricatrix et uoluptas mortis. (16) mors autem, sicut ostendi, non funditus perimit ac delet, sed aeternis afficit cruciatibus, nam interire prorsus anima non potest, quoniam ex dei spiritu qui aeternus est originem cepit.

1

cf. 3,445-448

17

cf. Lucr. 3,459-461. 464. 475-486

1 m ens B r a n d t sensus codd. 19 qui S pc (e x q u e j quo cett.

12 iuuenilis D pcP 3S iuuenalis B D acP 1H M K 21 n am si] n am (anim a) si B r a n d t

der Seele nicht sofort vergeht und sich zu Erde zersetzt, aus der jener seinen Ursprung hat, bleibt also die Seele, die nicht vergänglich ist, in Ewigkeit, weil ja ihr Ursprung ewig ist. (9) ,Weil ja ‘, sagt er, ,der Geist bei den Kindern wächst, bei den jungen Männern in Blüte steht und bei den Greisen abnimmt, wird klar, dass er sterblich ist/ Erstens sind Seele und Geist nicht dasselbe: Denn das eine ist das, wodurch wir leben, das andere ist das, womit wir denken. Bei Schlafenden nämlich ist der Geist betäubt, nicht die Seele, und bei Irren ist der Geist ausgeschaltet, die Seele bleibt, und deswegen heißen sie nicht ,entseelt‘, sondern geistesgestörte (10) Der Geist also, das heißt die Intelligenz, nimmt ja nach dem Le­ bensalter zu beziehungsweise ab. Die Seele ist stets in ihrem Zustand, und von dem Augenblick an, in dem sie die Fähigkeit zum Atmen er­ hält, bleibt sie bis zum letzten Augenblick dieselbe, bis sie, aus dem ver­ riegelten Gefängnis des Leibes entlassen, zu ihrem Wohnsitz zurückeilt. (11) Der zweite Grund betrifft den Umstand, dass die Seele, mag sie auch von Gott eingehaucht sein, trotzdem, da sie in der finsteren Behausung des irdischen Fleisches eingeschlossen ist, kein Wissen hat, das der Göttlichkeit zugehört. (12) Deswegen hört und lernt sie alles und erwirbt sich durch Lernen und Hören Weisheit, und das fortgeschrittene Alter beeinträchtigt die Weisheit nicht, sondern mehrt sie; doch wenn das in tugendhafter Be­ währung verbrachte Jugendalter an sein Ende gekommen ist und wenn das allzu weit fortgeschrittene Alter die Glieder geschwächt hat, dann ist das kein Versagen der Seele, wenn die Sehkraft erloschen, wenn die Zun­ ge verstummt, wenn das Gehör ertaubt ist, sondern eines des Körpers. (13) ,Es geht aber doch das Gedächtnis verloren/ Was ist verwunderlich daran, wenn der Geist durch den Einsturz seines baufälligen Hauses ver­ schüttet wird und Vergangenes vergisst - er, der nicht anders göttlich sein wird, als wenn er aus dem Kerker, in dem er gefangen ist, entkommen ist? (14) ,Aber dieselbe Seele‘, sagt er, , ist dem Schmerz und der Trauer un­ terworfen und in der Trunkenheit von Sinnen, woraus klar wird, dass sie vergänglich und sterblich ist/ (15) Deswegen also ist die Tugend und die Weisheit notwendig, dass einerseits die Betrübnis, die man sich zu­ zieht, wenn man etwas Unwürdiges erleidet oder sieht, durch Tapferkeit zurückgedrängt und andererseits nicht nur die Begierde nach dem Trunk, sondern auch die nach anderen Dingen durch die Enthaltsamkeit überwun­ den wird. Denn wenn die Seele keine Tugend haben sollte, wenn sie den Begierden hingegeben verkommen sollte, wird sie dem Tod anheim fallen, da ja einerseits die Tugend, wie wir gezeigt haben, die Herstellerin der Un­ sterblichkeit und andererseits die Begierde die des Todes ist. (16) Der Tod aber vernichtet und zerstört, wie ich gezeigt habe, nicht gänzlich, sondern fügt ewige Qualen zu. Denn die Seele kann nicht völlig zugrunde gehen, weil sie ja aus dem Geist Gottes, der ewig ist, ihren Anfang genommen hat.

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(17) ,anima‘ inquit ,etiam morbum corporis sentit, et obliuionem sui pati­ tur et sicut aegrescit, ita etiam saepe sanatur/ (18) hoc est ergo cur ma­ xime uirtus adhibenda sit, ne ullo corporis dolore frangatur et obliuionem sui non anima, sed mens patiatur, quae quoniam certa corporis regione consistit, cum eam partem uis aliqua morbi uitiauerit, mouetur loco et quasi conquassata sede sua emigrat reditura scilicet, cum medella et sani­ tas domicilium suum reformauerit. (19) nam quia iuncta est anima cum corpore, si uirtute careat, contagio eius aegrescit et imbecillitas de societa­ te fragilitatis redundat ad mentem, cum autem dissociata fuerit a corpore, uigebit ipsa per se nec ulla iam fragilitatis condicione temptabitur, quia indumentum fragile proiecit. (20) , sicut oculus‘ inquit ,euulsus ac sepa­ ratus a corpore nihil potest uidere, ita et anima separata nihil sentire, quia et ipsa pars est corporis/ (21) falsum hoc et dissimile est: anima enim non pars corporis, sed in corpore est. sicut id quod uase continetur, uasis pars non est nec ea quae in domo sunt, partes domus esse dicuntur, ita nec anima pars est corporis, quia corpus uel uas est animae uel receptaculum. (22) iam illud argumentum multo magis inane est, quod ait animam, quia non citius em ittatur ex corpore, mortalem uideri, sed paulatim se ex omni­ bus membris explicet a summis pedibus incipiens: tamquam si esset aeterna, uno temporis momento erumperet, quod fit in iis qui ferro intereunt, quos autem morbus interimit, spiritum diutius exhalant, ut paulatim frige­ scentibus membris anima effletur. (23) quae cum materia sanguinis con­ tineatur sicut lumen oleo, ea materia febrium calore consumpta necesse est membrorum summa quaeque frigescere, quoniam uenae exiliores in extrema corporis porriguntur et extremi ac tenuiores riui deficiente uena fontis arescunt. (24) nec tamen quia sensus corporis deficit, animae sen­ sum extingui et occidere putandum est. non enim anima corpore deficiente, sed corpus anima decedente brutescit, quia sensum omnem trahit secum. (25) cum autem praesens anima sensum tribuat corpori et uiuere id efficiat, fieri non potest ut non ipsa per se et uiuat et sentiat, quoniam ipsa est et sensus et uita.

1

cf. Lucr. 3,463. 521sq.

13 dissim ile B D P K S

11

cf. Lucr. 3,563-565

absim ile H M B r a n d t

17

cf. Lucr. 3,526-528

143 (17) ,Die Seele‘, sagt er, , empfindet auch die Krankheit des Körpers und erleidet es, sich selbst zu vergessen, und ebenso, wie sie erkrankt, wird sie häufig auch geheilt/ (18) Das ist also der Grund, warum hauptsächlich die Tugend anzuwenden ist, damit die Seele nicht durch irgendeinen Schmerz des Körpers gebrochen wird, und nicht sie, sondern der Geist das Selbst­ vergessen erleidet. Weil ja dieser in einer bestimmten Gegend des Körpers seinen Sitz hat, entfernt er sich, wenn irgendeine Wirkung einer Krankheit diesen Teil geschädigt hat, und wandert von seinem Wohnort aus, gleich­ sam als hätte ihn ein Erdbeben zerstört, um freilich zurückzukehren, wenn die Heilung und die Gesundheit seine Behausung wiederhergestellt haben. (19) Denn weil die Seele mit dem Körper verbunden ist, wird sie, wenn sie keine Tugend hat, durch die Berührung mit ihm krank, und die von der Ge­ meinschaft mit der Vergänglichkeit herrührende Schwäche strömt auf den Geist über, wenn sie aber vom Körper getrennt ist, wird sie selbst aus sich heraus Lebenskraft haben und überdies durch nichts, was die Vergänglich­ keit mit sich bringt, in Mitleidenschaft gezogen werden, weil sie das ver­ gängliche Gewand abgeworfen hat. (20) ,So wie das Auge‘, sagt er, ,ausge­ rissen und vom Körper abgetrennt nichts sehen kann, so kann auch die ab­ getrennte Seele nichts empfinden, weil sie auch selbst Teil des Körpers ist/ (21) Das ist falsch und nicht zu vergleichen. Denn die Seele ist nicht Teil des Körpers, sondern sie befindet sich lediglich im Körper. So wie der Inhalt eines Gefäßes nicht Teil des Gefäßes ist und die Einrichtung eines Hauses nicht als Teil des Hauses bezeichnet wird, so ist auch die Seele kein Teil des Körpers, weil der Körper das Gefäß beziehungsweise Behältnis der Seele ist. (22) Und noch in viel höherem Maße gehaltlos ist jenes Argument, dass er nämlich sagt, dass die Seele, weil sie nicht schneller aus dem Körper ausgestoßen werde, sondern sich allmählich aus allen Gliedern entferne, beginnend ganz unten bei den Füßen, sterblich erscheine. Als ob sie ewig wäre, wenn sie in einem einzigen Augenblick herausbräche, was bei denen geschieht, die durch das Schwert umkommen! Diejenigen aber, die eine Krankheit zu Tode bringt, brauchen länger, ihren Geist auszuhauchen, so dass die Seele unter allmählichem Erkalten der Glieder ausgehaucht wird. (23) Weil diese im Stoff des Blutes enthalten ist wie das Licht im Öl, müssen zwangsläufig, wenn dieser Stoff durch die Hitze eines Fiebers verbraucht ist, jeweils die Enden der Gliedmaßen erkalten, weil sich ja Adern in die äußersten Teile des Körpers dünner erstrecken und die äußer­ sten und zarteren Kanäle durch das Versiegen der Quellader vertrocknen. (24) Und dennoch darf man nicht annehmen, dass die Wahrnehmung der Seele erlischt und stirbt, weil die Wahrnehmung des Körpers schwindet. Denn es wird nicht die Seele wegen des Verfalls des Körpers, sondern der Körper wegen des Weggangs des Seele gefühllos, weil sie jede Wahrneh­ mung mit sich nimmt. (25) Weil aber die anwesende Seele dem Körper

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(26) nam quod ait: ,quodsi immortalis nostra foret mens, non tam se moriens dissolui conquereretur, sed magis ire foras uestemque relinquere, ut anguis‘, (27) equidem numquam uidi qui se quereretur in morte dissolui: sed ille for­ tasse Epicureum aliquem uiderat etiam dum moritur philosophantem ac de sua dissolutione in extremo spiritu disserentem. (28) quomodo sciri potest utrum dissolui se sentiat an corpore liberari, cum in exitu lingua mutescat? nam dum sentit et loqui potest, nondum dissolutus est, ubi dissolutus est, nec sentire iam nec loqui potest: ita queri de dissolutione aut nondum po­ test aut iam non potest. (29) at enim priusquam dissoluatur, intellegit se dissolutuiri. - quid quod uidemus plerosque morientium non dissolui conquerentes, ut ait, sed exire se et proficisci et ambulare test antes idque aut gestu significant aut si adhuc possunt, et uoce pronuntiant? unde apparet non dissolutionem fieri, sed separationem, quae declarat animam per­ manere. (30) cetera Epicurei dogmatis argumenta Pythagorae repugnant disserenti migrare animas de corporibus uetustate ac morte confectis et in­ sinuare se nouis ac recens natis et easdem semper renasci modo in homine modo in pecude modo in bestia modo in uolucre et hac ratione immortales esse, quod saepe uariorum ac dissimilium corporum domicilia commutent. (31) quae sententia deliri hominis quoniam ridicula et mimo dignior quam schola fuit, ne refelli quidem serio debuit: quod qui facit, uidetur uereri ne quis id credat. (32) praetereunda sunt igitur nobis ea quae pro fal­ so contra falsum disserebantur: satis est ea refutasse quae contra uerum disputata sunt. 13 (1) Declaraui, ut opinor, animam non esse solubilem: superest citare testes, quorum auctoritate argumenta firmentur. (2) neque nunc prophe­ tas in testimonium uocabo, quorum ratio et diuinatio in hoc solo posita est, ut ad cultum dei et ad immortalitatem ab eo accipiendam creari hominem doceant, sed eos potius quibus istos qui respuunt ueritatem credere sit necesse.

2

Lucr. 3,612b-614

7 su a B D P H M

sui K S B r a n d t

12 disso lu tu iri B P

d isso lu tu m iri D H M K S

12,26

-

13,2

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die Wahrnehmunsfähigkeit zuteil werden lässt und damit bewirkt, dass er lebt, ist es unmöglich, dass sie nicht selbst aus sich heraus zugleich Leben und Wahrnehmung hat, da sie ja selbst Wahrnehmung und Leben ist. (26) Wenn er nämlich sagt: ,wenn aber unser Geist unsterblich wäre, würde er beim Ster­ ben nicht so sehr darüber klagen, dass er sich auflöst, sondern eher darüber, dass er hinausgeht und sein Gewand ablegt, wie eine Schlange/ (27) so habe ich für meinen Teil niemals jemanden gesehen, der klagte, dass er sich im Tod auflöse. Aber jener hatte vielleicht irgendeinen Epi­ kureer gesehen, wie dieser sogar noch, während er starb, philosophierte und beim letzten Atemzug über die Auflösung seiner Person räsonierte. (28) Wie kann man wissen, ob man seine Auflösung oder eine Befrei­ ung vom Körper fühlt, wenn beim Tod die Zunge verstummt? Denn so­ lange er empfindet und sprechen kann, ist er noch nicht aufgelöst, so­ bald er aufgelöst ist, kann er nicht mehr empfinden und sprechen: Des­ wegen kann er über die Auflösung noch nicht oder nicht mehr klagen. (29) , Jedoch, ehe er sich auflöst, spürt er, dass er aufgelöst werden wird? Wie soll man erklären, dass, wie wir sehen, die meisten Sterbenden nicht darüber klagen, wie er behauptet, dass sie sich auflösen, sondern bezeu­ gen, dass sie hinausgehen, aufbrechen und wandeln, und dies entweder in einer Gebärde bezeichnen oder, wenn sie das noch können, sogar mit der Stimme verkünden? Daraus geht deutlich hervor, dass sich keine Auflö­ sung, sondern eine Trennung ereignet, die zeigt, dass die Seele fortbesteht. (30) Die übrigen Thesen der epikureischen Lehre widersprechen Pythago­ ras, der davon spricht, dass die Seelen aus den von Alter und Tod zugrunde gerichteten Körpern auswandern und sich in neuen und frisch geborenen ansiedeln würden, und dass diese nämlichen immer wieder geboren würden, bald in einem Menschen, bald in einem Stück Vieh, bald in einem Wild­ tier, bald in einem Vogel, und auf diese Weise unsterblich seien, weil sie oft die Wohnsitze in verschiedenen, einander unähnlichen Körpern wechselten. (31) Diese Meinung eines Verrückten hätte, weil sie lächerlich und eher ei­ nes Possenreißers als einer Philosophenschule würdig gewesen wäre, nicht einmal ernsthaft widerlegt werden dürfen: Wer das tut, scheint zu fürchten, dass jemand das glauben könnte. (32) Wir dürfen daher das übergehen, was für Falsches gegen Falsches vorgebracht wurde. Es genügt, das wider­ legt zu haben, was gegen die Wahrheit angeführt wurde. 13 (1) Ich habe, wie ich meine, dar gelegt, dass die Seele nicht ver­ gänglich ist: Es steht aus, Zeugen aufzurufen, durch deren Autorität die Argumente bekräftigt werden. (2) Und jetzt werde ich nicht die Pro­ pheten in den Zeugenstand rufen, deren Vernunft und Sehergabe allein darauf gerichtet ist, zu lehren, dass der Mensch erschaffen ist, um Gott zu

Text und Übersetzung (3) Hermes naturam hominis describens, ut doceret quemadmodum esset a deo factus, haec intulit: καί το αυτό εξ έκατέρων φύσεων, τής τε αθανάτου καί τής θνητής, μίαν έποίει φύσιν την τού ανθρώπου, τον αυτόν πή μεν αθάνατον, πή δε θνητόν ποιήσας, καί τούτον φέρων εν μέσω τής θείας καί άθανάτου φύσεως 5 καί τής θνητής καί μεταβλητής ΐδρυσεν, ΐνα πάντα μεν όρων πάντα θαυμάζη. (4) sed hunc fortasse aliquis in numero philosophorum computet, quamuis in deos relatus Mercurii nomine ab Aegyptiis honoretur, nec plus ei auc­ toritatis tribuat quam Platoni aut Pythagorae. (5) maius igitur testimo­ nium requiramus. Polites quidam consuluit Apollinem Milesium utrumne io maneat anima post mortem an dissoluatur, et respondit his uersibus: (6) ψυχή μεν μέχρις ου δεσμοΐς προς σώμα κρατείται, φθαρτά νοούσα πάθη θνηταίς άλγηδόσιν εΐκει· ήνίκα δ’ άνάλυσιν βροτέην μετά σώμα μαρανθεν ώκίστην εύρηται, ές αιθέρα πάσα φορεΐται 15 αίέν άγήραος ούσα, μένει δ’ εις πάμπαν άτειρής. πρωτόγονος γάρ τούτο θεία διέταξε πρόνοια, quid? carmina Sibyllina nonne hoc ita esse declarant, cum fore aliquando denuntiant ut a deo de uiuis ac mortuis iudicetur? quorum exempla pau­ lo post inferemus. (7) falsa est ergo Democriti et Epicuri et Dicaearchi 20 de animae dissolutione sententia, qui profecto non auderent de interitu animarum mago aliquo praesente disserere, qui sciret certis carminibus cieri ab inferis animas et adesse et praebere se humanis oculis uidendas et loqui et futura praedicere, et si auderent, re ipsa et documentis praesentibus uincerentur. (8) sed quia non peruidebant animae rationem, 25 quae tam subtilis est, ut oculos humanae mentis effugiat, interire dixerunt. (9) quid Aristoxenus, qui negauit omnino ullam esse animam, etiam cum uiuit in corpore? sed sicut in fidibus ex intentione neruorum effici concor­ dem sonum atque cantum, quem musici harmoniam uocant, ita in corpo­ ribus ex compage uiscerum ac uigore membrorum uim sentiendi existere: 30 quo nihil dici delirius potest.

2

CH frg. 15 N o c k / F

estugière

(IV 114)

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frg. 50 F o n t e n r o s e

2 καί το] κατά τό vel και (κατά) το W a c h s m u th a p u d B r a n d t 2 αυτό o m . Β 5yo K S 2 έκατέρων] εκατερω B P K S 4 πή δε θνητόν D K S ηδε θνητόν Β δη θνητών Ρ phed eih n to n H M 11 ψυχή] τύχη Β 12 νοούσα B a c K S νοσα B pc νοουρλ D νωωυσα Ρ niisa H M 13 άνάλυσιν B D ^ a n a ly s in H M ) αναυσιν P K S 15 άγήραος edd. αγεραος Β λγηρλος D ηθηραως Ρ geraos H M ατηραος K S 16 πρωτόγονος 1 πρωτωνωνωνως Ρ πρωτοτονε K S 16 τούτο] τυτο Ρ om . H M 16 θεία] θεα D th e a H M

13,3 - 13,9

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verehren und von ihm die Unsterblichkeit zu erlangen, sondern eher solche, denen diejenigen, die die Wahrheit ablehnen, zwangsläufig glauben müssen. (3) Hermes führte bei seiner Beschreibung der Menschennatur, um zu er­ klären, wie dieser von Gott erschaffen worden ist, Folgendes aus: „Und ebenso machte er aus jeder der beiden Naturen, aus der unsterblichen und der sterblichen, die eine Natur des Men­ schen, wobei er ihn selbst einerseits unsterblich, andererseits sterblich machte, und er stellte ihn in die Mitte zwischen die göttliche und unsterbliche Natur und die sterbliche und wan­ delbare, damit er alles sehe und bewundere.“ (4) Doch obwohl dieser von den Ägyptern zu den Göttern gezählt und mit dem Namen Merkur geehrt wird, mag ihn vielleicht manch einer unter die Philosophen rechnen und ihm auch nicht mehr Autorität zubilligen als Platon oder Pythagoras. (5) Deshalb wollen wir ein gewichtigeres Zeugnis suchen. Ein gewisser Polites befragte den Apoll von Milet, ob die Seele nach dem Tod bestehen bleibe oder vergehe, und der antwortete in den folgenden Versen: (6) „Solange die Seele zwar an den Leib gekettet ist, empfin­ det sie vergängliche Leiden und gibt den sterblichen Schmerzen nach; sobald sie aber, nachdem der Körper zugrunde gegangen ist, ganz rasch die dem Sterblichen eigene Loslösung erlangt, wird sie ganz in den Äther enthoben, ist auf immer alters­ los und bleibt auf immer unvergänglich. Denn dies ordnete die erstgeborene göttliche Vorsehung so.“ Weiter, erklären denn nicht die Sibyllinischen Weissagungen, dass es so ist, wenn sie verkünden, es werde einmal geschehen, dass von Gott über die Lebenden und die Toten Gericht gehalten wird? Deren Belege wer­ den wir ein wenig später anführen. (7) Falsch ist also die Ansicht von Demokrit, Epikur und Dikaiarch über die Auflösung der Seele. Und in der Tat würden es diese nicht wagen, über den Tod der Seelen in Gegen­ wart irgendeines Zauberers zu dozieren, der weiß, dass mit bestimmten Zaubersprüchen die Seelen aus der Unterwelt hergeholt werden, dass sie anwesend sind, sich den menschlichen Augen zum Anblick darbieten, spre­ chen und die Zukunft Voraussagen; und wenn sie es wagten, würden sie durch die Sache selbst und unmittelbar gegenwärtige Belege widerlegt. (8) Aber weil sie das Wesen der Seele nicht durchschauten, die so fein ist, dass sie sich den Augen des menschlichen Verstandes entzieht, sagten sie, dass sie sterbe. (9) Was ist mit Aristoxenus, der überhaupt leugnete, dass es irgendeine Seele gebe, auch dann, wenn sie im Körper lebt? Vielmehr, wie in der Laute aus der Anspannung der Saiten ein übereinstimmender

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(10) uerum ille oculos quidem habuit incolumes, cor tamen caecum, quo uiuere se et habere mentem, qua id ipsum cogitauerat, non uidebat. (11) sed plerisque hoc philosophis accidit, ut putarent omnino non esse quid­ quid oculis non apparet, cum mentis acies multo clarior debeat esse quam corporis ad ea perspicienda quorum uis ac ratio sentitur potius quam uidetur. 14 (1) Quoniam de immortalitate animae diximus, sequitur ut docea­ mus quatenus homini et quando tribuatur, ut in hoc quoque prauitatis ac stultitiae suae perspiciant errores qui mortales quosdam decretis pia­ citisque mortalium deos esse factos opinantur, uel quod artes inuenerant uel quod usum quarundam frugum docuerant uel quod utilia uitae homi­ num prodiderant uel quod immanes bestias interemerant. (2) quae merita quam longe ab immortalitate semota sint, et docuimus in prioribus libris et nunc docebimus, ut appareat solam esse iustitiam quae uitam homini pariat aeternam, et solum deum qui aeternae uitae praemium largiatur. (3) nam illi qui suis meritis immortales facti esse dicuntur, quia nec iustitia nec ulla in his uera uirtus fuit, non immortalitatem sibi, sed mortem peccatis ac libidinibus quaesierunt neque caeleste praemium, sed inferna supplicia meruerunt, quae pendent simul cum iis omnibus qui eos coluerunt. cuius iudicii propinquare tempus ostendam, ut et iustis merces digna soluatur et poena merita impiis irrogetur. (4) Plato et multi alii phi­ losophorum cum ignorarent originem rerum supremumque illud tempus quo mundus esset effectus, multa milia saeculorum fluxisse dixerunt, ex quo hic pulcherrimus mundi extiterit ornatus, secuti fortasse Chaldaeos, qui, ut Cicero tradit in libro de diuinatione primo, quadringenta septua­ ginta milia annorum monumentis comprehensa se habere delirant: in quo se quia posse argui non putabant, liberum sibi crediderunt esse mentiri. (5) nos autem, quos diuinae litterae ad scientiam ueritatis erudiunt, prin­ cipium mundi finemque cognouimus: de quo nunc in fine operis disseremus, quoniam de principio in secundo libro explicauimus.

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cf. Cic. div. 1,36

11 q u a ru n d a m edd. q u aru m q u e B D H M K S d id it H M K S , ft. recte, cf. 8,7

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149 Ton und musikalischer Klang hervorgebracht werde, den die Musiker Har­ monie nennen, so entstehe in den Körpern aus dem Gefüge der Organe und der Kraft der Glieder die Wahrnehmungsfähigkeit. Etwas Dümme­ res als das kann man nicht behaupten. (10) Und vollends, jener hatte zwar ungetrübte Augen, aber ein blindes Herz, mit dem er nicht sah, dass er lebte und einen Verstand besaß, mit dem er eben das gedacht hatte. (11) Aber das war bei den meisten Philosophen der Fall, dass sie glaub­ ten, all das gebe es überhaupt nicht, was für die Augen nicht offensichtlich ist, obwohl doch die geistige Wahrnehmung weit hellsichtiger sein muss als die körperliche, um die Dinge zu erkennen, deren eigentliches Wesen eher empfunden als gesehen wird. 14 (1) Da wir nun über die Unsterblichkeit der Seele gesprochen ha­ ben, schließt sich an, dass wir lehren, wie und wann sie dem Menschen zugeteilt wird, damit diejenigen auch darin die Irrtümer ihrer Schlechtig­ keit und Dummheit einsehen, die glauben, dass irgendwelche Sterbliche durch Entscheidungen und Beschlüsse von Sterblichen zu Göttern gewor­ den seien, sei es, weil sie Künste erfunden, sei es, weil sie die Nutzung irgendwelcher Feldfrüchte gelehrt, sei es, weil sie Nützliches für das Le­ ben der Menschen hervorgebracht, oder sei es, weil sie furchtbare Untiere beseitigt hatten. (2) Wie weit diese Verdienste von der Unsterblichkeit entfernt sind, haben wir in den vorausgehenden Büchern aufgezeigt und werden wir nun aufzeigen, damit klar wird, dass es einzig und allein die Gerechtigkeit ist, die dem Menschen das ewige Leben verschafft, und ein­ zig und allein Gott, der ihm die Belohnung des ewigen Lebens schenkt. (3) Denn jene, die angeblich durch ihre Verdienste unsterblich geworden sein sollen, haben sich, weil weder Gerechtigkeit noch irgendeine wahre Tugend in ihnen war, nicht die Unsterblichkeit, sondern durch ihre Sün­ den und ihr triebhaftes Handeln den Tod erworben und nicht den Lohn im Himmel, sondern die Strafen in der Unterwelt verdient, die sie zusammen mit ah denen abbüßen werden, die sie verehrt haben. Ich werde zeigen, dass sich die Zeit dieses Gerichts nähert, so dass den Gerechten der angemes­ sene Lohn bezahlt und den Frevlern die verdiente Strafe auferlegt wird. (4) Platon und viele andere Philosophen sagten, weil sie den Ursprung der Dinge und jene Urzeit, in der die Welt erschaffen worden war, nicht kannten, dass viele tausend Jahrhunderte verflossen seien, seitdem diese wunderschöne Ordnung der Welt entstanden ist; dabei folgten sie viel­ leicht Chaldäern, die, wie Cicero im ersten Buch über die Wahrsagekunst überliefert, zusammenphantasieren, dass sie anhand von Aufzeichnungen 470.000 Jahre erfasst hätten: In diesem Punkt meinten sie, ungehindert lügen zu können, weil sie glaubten, nicht widerlegt werden zu können. (5) Wir aber, die uns die Heilige Schrift zur Kenntnis der Wahrheit aus­ bildet, wissen um Anfang und Ende der Welt. Über dieses werden wir nun

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(6) sciant igitur philosophi qui ab exordio mundi saeculorum milia enu­ merant, nondum sextum millesimum annum esse conclusum, quo numero expleto consummationem fieri necesse est et humanarum rerum statum in melius reformari, cuius rei argumentum prius enarrandum est, quo ratio eluceat. (7) Mundum deus et hoc rerum naturae admirabile opus, sicut arca­ nis sacrae scripturae continetur, sex dierum spatio consummauit diemque septimum, quo ab operibus suis requieuerat, sanxit. (8) hic est autem dies sabbati, qui lingua Hebraeorum a numero nomen accepit, unde septenarius numerus legitimus ac plenus est. nam et dies septem sunt quibus per uicem reuolutis orbes conficiuntur annorum et septem stellae quae non occidunt et septem sidera quae uocantur errantia, quorum dispares cursus et inaequabiles motus rerum ac temporum uarietates efficere creduntur. (9) ergo quoniam sex diebus cuncta dei opera perfecta sunt, per saecula sex id est annorum sex milia manere in hoc statu mundum necesse est. dies enim magnus dei mille annorum circulo terminatur, sicut indicat pro­ pheta, qui dicit: ,ante oculos tuos, domine, mille anni tamquam dies unus.‘ (10) et sicut deus sex illos dies in tantis rebus fabricandis laborauit, ita et religio eius et ueritas in his sex milibus annorum laboret necesse est, malitia praeualente atque dominante. (11) et rursus quoniam perfectis operibus requieuit die septimo eumque benedixit, necesse est ut in fine sexti mille­ simi anni malitia omnis aboleatur e terra et regnet per annos mille iustitia sitque tranquillitas et requies a laboribus quos mundus iam diu perfert. (12) uerum quatenus id eueniat, ordine suo explicabo, saepe diximus minora et exigua magnorum figuras et praemonstrationes esse, ut hunc diem nostrum, qui ortu solis occasuque finitur, diei magni speciem gerere, quem circuitus annorum mille determinat. (13) eodem modo etiam figuratio terreni hominis caelestis populi praeferebat in posterum fictionem, nam sicut perfectis omnibus quae in usum hominis molitus est deus ipsum hominem sexto die ultimum fecit eumque induxit in hunc mundum tamquam in domum iam diligenter instructam, ita nunc sexto die magno uerus ho­ mo uerbo dei fingitur, id est sanctus populus doctrina et praeceptis dei ad iustitiam figuratur.

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151 am Schluss des Werkes sprechen, weil wir ja über den Anfang schon im zweiten Buch gehandelt haben. (6) Die Philosophen, die vom Beginn der Welt an Tausende von Jahrhunderten zählen, sollen also wissen, dass noch nicht das sechstausendste Jahr abgeschlossen ist. Wenn diese Zahl sich er­ füllt hat, muss sich unweigerlich die Vollendung ereignen und die Lage der Menschheit sich wieder zum Besseren wandeln: Man muss erst den Beweis für diesen Gedanken vortragen, damit dadurch dessen Logik aufscheint. (7) Gott hat die Welt und dieses wunderbare Werk der Natur der Dinge, so wie es in den Geheimnissen der Heiligen Schrift enthalten ist, in einem Zeitraum von sechs Tagen vollendet und den siebten Tag, an dem er von seinen Werken geruht hatte, geheiligt. (8) Das ist aber der Sabbattag, der in der Sprache der Hebräer seinen Namen von der Zahl erhalten hat, weswegen die Siebenzahl gehörig und voll ist. Denn es sind sieben Tage, durch deren abwechselnde Abläufe die Jahreskreise beschlos­ sen werden, sieben Sterne, die nicht untergehen, sieben Himmelskörper, die man Planeten nennt und deren unregelmäßige Bahnen und ungleiche Bewegungen, wie man glaubt, den bunten Wechsel von Ereignissen und Situationen bewirken. (9) Da nun also in sechs Tagen alle Werke Gottes vollendet worden sind, muss zwangsläufig die Welt über sechs Zeitalter, das heißt sechstausend Jahre in diesem Zustand bleiben. Denn der große Tag Gottes wird durch einen Kreislauf von tausend Jahren bestimmt, so wie der Prophet es verkündet, der sagt: ,Vor deinen Augen, Herr, sind tausend Jahre wie ein Tag/ (10) Und wie Gott sich jene sechs Tage lang mit der Herstellung so großer Dinge abmühte, so müssen auch zwangsläu­ fig seine Verehrung und zugleich seine Wahrheit in diesen sechstausend Jahren Mühen erdulden, während die Bösartigkeit die Übermacht hat und herrscht. (11) Und weil er hinwiederum ja nach der Vollendung der Wer­ ke am siebten Tag ruhte und ihn segnete, ist es notwendig, dass am Ende des sechstausendsten Jahrs die Bösartigkeit insgesamt von der Erde be­ seitigt wird und über tausend Jahre die Gerechtigkeit regiert und Ruhe herrscht und Rast von den Mühen, welche die Welt schon lange erduldet. (12) Aber wie das geschieht, werde ich in der gehörigen Reihenfolge er­ klären. Wir haben schon oft gesagt, dass kleinere und geringe Dinge Ab­ bilder und Vorankündigungen von großen sind, wie dieser unser Tag, der durch den Aufgang der Sonne und ihren Untergang begrenzt wird, das Bildnis des großen Tages in sich trägt, den der Ablauf von tausend Jah­ ren bestimmt. (13) In gleicher Weise wies die Gestaltung des irdischen Menschen auf die die Erschaffung des himmlischen Volkes in der die Zu­ kunft dar. Denn so wie Gott, als alles vollendet war, was er zum Nut­ zen des Menschen unternahm, den Menschen selbst am sechsten Tag als Letztes machte und ihn in diese Welt einführte wie in ein schon sorgsam eingerichtetes Haus, so wird nun am sechsten großen Tag durch das große

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(14) et sicut tunc mortalis atque imperfectus e terra fictus est, ut mille annis in hoc mundo uiueret, ita nunc ex hoc terrestri saeculo perfectus homo fingitur, ut uiuificatus a deo in hoc eodem mundo per annos mille dominetur. (15) quomodo autem consummatio futura sit et qualis exitus humanis rebus impendeat, si quis diuinas litteras fuerit scrutatus, inueniet. (16) sed et saecularium prophetarum congruentes cum caelestibus uoces finem rerum et occasum post breue tempus annuntiant describentes quasi fatigati et dilabentis mundi ultimam senectutem. (17) quae uero a pro­ phetis et uatibus futura esse dicantur, priusquam superueniat extrema illa conclusio, collecta ex omnibus et coaceruata subnectam. 15 (1) Est in arcanis sanctarum litterarum transcendisse in Aegyptum cogente inopia rei frumentariae principem Hebraeorum cum omni domo et cognatione. (2) cuius posteri cum diutius in Aegypto commorantes in magnam gentem creuissent et graui atque intolerando seruitutis iugo premerentur, percussit Aegyptum deus insanabili plaga et populum suum liberauit traductum medio mari, cum discissis fluctibus et in utramque partem dimotis per siccum populus graderetur. (3) conatusque rex Aegyptiorum profugos insequi coeunte in statum suum pelago cum omnibus copiis in­ terceptus est. (4) quod facinus tam clarum tamque mirabile quamuis ad praesens uirtutem dei hominibus ostenderet, tamen praesignificatio et fi­ gura maioris rei fuit, quam deus idem in extrema temporum consumma­ tione facturus est: liberabit enim plebem suam de graui seruitute mundi. (5) sed quoniam tunc una plebs dei et apud unam gentem fuit, Aegyptus sola percussa est, nunc autem quia populus dei ex omnibus linguis congregatus apud omnes gentes commoratur et ab his dominantibus premitur, necesse est uniuersas nationes id est orbem totum caelestibus plagis uerberari, ut iustus et cultor dei populus liberetur. (6) et sicut tunc signa facta sunt quibus futura clades Aegyptiis ostenderetur, ita in ultimo fient prodi­ gia miranda per omnia elementa mundi, quibus imminens exitus uniuersis gentibus intellegatur.

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153 Wort Gottes der wahre Mensch erschaffen, das heißt das heilige Volk wird durch die Lehre und die Weisungen Gottes hin zur Gerechtigkeit gebildet. (14) Und so wie er damals sterblich und unvollkommen aus Erde geformt wurde, um tausend Jahre in dieser Welt zu leben, so wird er nun aus die­ sem irdischen Zeitalter als vollkommener Mensch erschaffen, um, von Gott lebendig gemacht, in dieser selben Welt für tausend Jahre zu herrschen. (15) Wie aber die Vollendung vonstatten gehen wird und welches Ende der Menschheit bevorsteht, das wird einer herausfinden, wenn er die göttlichen Schriften durchgearbeitet hat. (16) Aber auch die Stimmen der weltlichen Propheten kündigen in Übereinstimmung mit denen der himmlischen das Ende der Dinge und den Untergang nach einer kurzen Zeit an, indem sie das zu Ende gehende Greisenalter einer gleichsam ermüdeten und im Nie­ dergang begriffenen Welt beschreiben. (17) Was aber nach den Aussagen der Propheten und Seher geschehen wird, ehe sich jener endgültige Ab­ schluss ereignet, das will ich von allen sammeln und zusammenstellen, um es anzufügen. 15 (1) Es gehört zu den Geheimnissen der Heiligen Schrift, dass der Anführer der Hebräer unter dem Zwang eines Getreidemangels mit seinem ganzen Hausstand und seiner Verwandtschaft nach Ägypten übersiedelte. (2) Als dessen Nachkommen länger in Ägypten gelebt hatten und dort zu einem großen Volk angewachsen waren und sie von schwerem und un­ erträglichem Sklavenjoch bedrückt wurden, schlug Gott Ägypten mit ei­ ner unheilbaren Plage und befreite sein Volk, indem er es mitten durch das Meer führte. Dabei schritt das Volk, nachdem die Fluten nach bei­ den Seiten hin Platz gemacht hatten, durch das trockene Bett. (3) Und der König der Ägypter wurde, als er versuchte, den Fliehenden nachzu­ setzen, dadurch zusammen mit all seinen Truppen vernichtet, dass das Meer in seine ursprüngliche Lage zusammenfloss. (4) Obwohl diese so herrliche und so wunderbare Tat für den Augenblick den Menschen nur die Kraft Gottes zeigen sollte, war sie dennoch die Vorandeutung und das Abbild einer bedeutenderen Sache, die derselbe Gott bei der Vollen­ dung am Ende der Zeiten vollbringen wird. Denn er wird sein Volk vom schweren Los weltlicher Knechtschaft befreien. (5) Aber weil es ja da­ mals nur ein Gottesvolk gab und sich dieses bei nur einer Nation aufhielt, wurde nur Ägypten geschlagen; weil nun aber das Volk Gottes aus Men­ schen aller Sprachen zusammengeschart ist und sich bei allen Nationen aufhält und von deren Herrschaft bedrückt wird, müssen zwangsläufig alle Nationen, das heißt der ganze Erdkreis, von himmlischen Plagen geschla­ gen werden, damit das gerechte und Gott verehrende Volk befreit wird. (6) Und so wie damals Zeichen gegeben wurden, durch die den Ägyptern ihre kommende Katastrophe angezeigt werden sollte, so wird es am Ende wundersame Vorzeichen über alle Elemente der Welt hin geben, aus denen

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(7) Propinquante igitur huius saeculi termino humanarum rerum statum commutari necesse est et in deterius nequitia inualescente prolabi, ut iam nostra haec tempora, quibus iniquitas et malitia usque ad summum gra­ dum creuit, in illius tamen insanabilis mali comparatione felicia et prope aurea possint iudicari. (8) ita enim iustitia rarescet, ita impietas et auaritia et cupiditas et libido crebrescet, ut si qui forte tum fuerint boni, praedae sint sceleratis ac diuexentur undique ab iniustis, soli autem mali opulenti sint, boni uero in omnibus contumeliis atque in egestate iactentur. confundetur omne ius et leges interibunt. (9) nihil quisquam tunc habebit nisi aut quaesitum aut defensum manu, audacia et uis omnia possidebunt, non fides in hominibus, non pax, non humanitas, non pudor, non ueritas erit atque ita neque securitas neque regimen neque requies a malis ulla. (10) omnis enim terra tumultuabitur, frement ubique bella, omnes gen­ tes in armis erunt et se inuicem oppugnabunt, ciuitates inter se finitimae proeliabuntur et prima omnium Aegyptus stultarum superstitionum luet poenas et sanguine uelut flumine operietur. (11) tum peragrabit gladius orbem metens omnia et tamquam messem cuncta prosternens, cuius uastitatis et confusionis haec erit causa, quod Romanum nomen, quo nunc regitur orbis - horret animus dicere, sed dicam, quia futurum est - tolletur e terra et imperium in Asiam reuertetur ac rursus oriens dominabitur atque occidens seruiet. (12) nec mirum cuiquam debet uideri, si regnum tanta mole fundatum ac tamdiu per tot et tales uiros auctum, tantis denique opibus confirmatum aliquando tamen corruet, nihil est enim humanis uiribus laboratum quod non humanis aeque uiribus destrui possit, quoniam mortalia sunt opera mortalium. (13) sic et alia prius regna cum diutius floruissent, nihilominus tamen occiderunt, nam et Aegyptios et Persas et Graecos et Assyrios proditum est regimen habuisse terrarum: quibus om­ nibus destructis ad Romanos quoque rerum summa peruenit. qui quanto ceteris omnibus regnis magnitudine antistant, tanto maiore decident lapsu, quia plus habent ponderis ad ruinam quae sunt ceteris altiora.

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(sed cf. 15,19)

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man den allen Völkern bevorstehenden Untergang erkennen kann. (7) Weil sich also das Ende dieses Zeitalters nähert, muss sich zwangsläufig die Lage der Menschheit verändern und durch das Anwachsen der Bosheit zum Schlechteren abgleiten, so dass sogar diese unsere Zeiten, in denen Ungerechtigkeit und Bösartigkeit zum höchsten Grad angewachsen sind, im Vergleich mit jenem heillosen Bösen dennoch als glücklich und beinahe golden betrachtet werden können. (8) Denn so selten wird die Gerechtig­ keit werden, so häufig die Frevelhaftigkeit, Habsucht, Begierde und Trieb­ haftigkeit, dass die Guten, wenn es dann überhaupt noch welche geben sollte, den Verbrechern zum Opfer fallen und von allen Seiten von den Un­ gerechten gequält werden, nur die Schlechten hingegen wohlhabend sind, die Guten aber in jede Art von Schmach und Armut fallen. Jedes Recht wird auf den Kopf gestellt werden, und die Gesetze werden untergehen. (9) Niemand wird dann irgendetwas haben außer dem, was man sich mit der Hand verschafft oder verteidigt hat, Frechheit und Gewalt werden alles besitzen. Es wird keine Verlässlichkeit unter den Menschen geben, keinen Frieden, keine Menschlichkeit, keinen Anstand, keine Wahrhaftigkeit und so weder Sicherheit noch Lenkung noch irgendeine Ruhe von den Übeln. (10) Denn die ganze Erde wird in Aufruhr geraten, überall wird Kriegs­ lärm dröhnen. Alle Völker werden unter Waffen sein und einander an­ greifen, benachbarte Städte werden einander bekämpfen, und als erstes von allen wird Ägypten die Strafe für den dummen Aberglauben erleiden und vom Blut wie von einer Flut bedeckt werden. (11) Dann wird das Schwert die Erde durchwandern und dabei alles abmähen und alles wie eine Mahd niederst recken. Der Grund dieser Verwüstung und Verwirrung wird sein, dass das Römertum, von dem jetzt die Welt beherrscht wird, mein Sinn schaudert, es auszusprechen, aber ich will es sagen, weil es so sein wird - von der Erde beseitigt werden und die Herrschaft nach Asien zurückkehren und wieder der Osten herrschen und der Westen dienen wird. (12) Und es sollte niemandem verwunderlich erscheinen, wenn ein mit sol­ cher Mühe begründetes, so lange durch so viele und bedeutende Männer gemehrtes und schließlich mit so großen Reichtümern gefestigtes Reich ir­ gendwann einmal dennoch zusammenbrechen wird. Denn es gibt nichts von Menschenhand Errichtetes, was nicht gleichermaßen von Menschen­ hand zerstört werden kann, da ja die Werke von Sterblichen sterblich sind. (13) So sind früher auch andere Reiche, obwohl sie länger in Blüte gestan­ den hatten, nichtsdestoweniger doch zugrunde gegangen. Denn die Über­ lieferung besagt, dass gleichermaßen die Ägypter, die Perser, die Griechen und die Assyrer die Weltherrschaft innehatten: Nach der Zerstörung all derer gelangte die höchste Macht auch zu den Römern. Diese werden, je mehr sie die übrigen Reiche an Größe übertreffen, in desto tieferem Fall stürzen, weil dasjenige mehr Gewicht zu einem Sturz hat, was höher ist

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(14) non inscite Seneca Romanae urbis tempora distribuit in aetates, pri­ mam enim dixit infantiam sub rege Romulo fuisse, a quo et genita et quasi educata sit Roma; deinde pueritiam sub ceteris regibus, a quibus et aucta sit et disciplinis pluribus institutisque formata; at uero Tarqui­ nio regnante cum iam quasi adulta esse coepisset, seruitium non tulisse et reiecto superbae dominationis iugo maluisse legibus obtemperare quam regibus; cumque esset adulescentia eius fine Punici belli terminata, tum denique confirmatis uiribus coepisse iuuenescere. (15) sublata enim Car­ thagine, quae tamdiu aemula imperii fuit, manus suas in totum orbem terra marique porrexit, donec regibus cunctis et nationibus imperio subiugatis cum iam bellorum materia deficeret, uiribus suis male uteretur, quibus se ipsa confecit. (16) et haec fuit prima eius senectus, cum bellis lacerata ciuilibus atque intestino malo pressa rursus ad regimen singu­ laris imperii reccidit quasi ad alteram infantiam reuoluta. amissa enim libertate, quam Bruto duce et auctore defenderat, ita consenuit, tam ­ quam sustentare se ipsa non ualeret, nisi adminiculo regentium niteretur. (17) quodsi haec ita sunt, quid restat nisi ut sequatur interitus senectutem? et id futurum breui contiones prophetarum denuntiant sub ambage aliorum nominum, ne facile quis intellegat. (18) Sibyllae tamen aperte interitu­ ram esse Romam loquuntur et quidem iudicio dei, quod nomen eius ha­ buerit inuisum et inimica iustitiae alumnum ueritatis populum trucidarit. (19) Hystaspes quoque, qui fuit Medorum rex antiquissimus, a quo amnis nomen accepit qui nunc Hydaspes dicitur, admirabile somnium sub inter­ pretatione uaticinantis pueri ad memoriam posteris tradidit: sublatuiri ex orbe imperium nomenque Romanum multo ante praefatus est quam illa Troiana gens conderetur. 16 (1) Quomodo autem id futurum sit, ne quis incredibile arbitretur, ostendam, in primis multiplicabitur regnum et summa rerum potestas per plurimos dissipata et concisa minuetur, tum discordiae ciuiles in perpe­ tuum serentur nec ulla requies bellis exitialibus erit, donec reges decem pariter existant, qui orbem terrae non ad regendum, sed ad consumendum partiantur.

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157 als das Übrige. (14) Treffend hat Seneca die Zeitläufte der Stadt Rom in Lebensalter aufgeteilt. Er sagte nämlich, dass das erste das Säuglingsalter unter König Romulus gewesen sei, von dem Rom sowohl gezeugt als auch gewissermaßen aufgezogen worden sei; dann sei die Kindheit unter den üb­ rigen Königen gekommen, von denen es weiter gefördert und in mehrfacher Hinsicht durch Disziplin und Ordnung geformt worden sei; als es jedoch unter der Herrschaft des Tarquinius sozusagen angefangen habe erwach­ sen zu sein, habe es die Knechtschaft nicht mehr ertragen und, nachdem es das Joch anmaßender Unterdrückung abgeworfen habe, lieber Gesetzen als Königen gehorchen wollen; und nachdem das Jünglingsalter mit dem Abschluss des Punischen Krieges beendet worden sei, dann habe es end­ lich angefangen, mit gestärkten Kräften ein erwachsener Mann zu werden. (15) Denn nach der Vernichtung Karthagos, das so lange der Rivale um die Herrschaft war, streckte es seine Hände zu Wasser und zu Lande nach dem ganzen Erdkreis aus, bis es nach der Unterwerfung aller Könige und Völker unter seine Herrschaft, als es schon nichts mehr gab, worum man weiter hätte Krieg führen können, seine Kräfte schlecht anwendete, mit denen es sich selbst zugrunde richtete. (16) Dies war der Beginn seines Greisenalters, als es, von Bürgerkriegen zerrissen und von innerem Übel bedrängt, wieder in die Regierungsform einer Einzelherrschaft zurückfiel, gleichwie in ein zweites Säuglingsalter zurückversetzt. Denn nach dem Ver­ lust der Freiheit, die es unter der Führung und auf Veranlassung des Bru­ tus verteidigt hatte, vergreiste es so, als ob es sich nicht mehr von sich aus aufrecht erhalten könnte, wenn es sich nicht auf Herrschende stützte. (17) Wenn aber das so ist, was bleibt dann, außer dass der Tod auf das Greisenalter folgt? Und dass das bald geschehen wird, kündigen die Vorhersagen der Propheten unter der Chiffre anderer Namen an, damit keiner es so leicht versteht. (18) Doch die Sibyllen reden offen davon, dass Rom untergehen werde, und zwar durch das Gericht Gottes, weil es seinem Namen Hass entgegengebracht und als Feindin der Gerechtigkeit dasjenige Volk, das die Wahrheit gelehrig annahm, niedergemacht habe. (19) Auch Hystaspes, der ein Mederkönig aus uralter Zeit war, nach dem der Fluss seinen Namen erhalten hat, der heute Hydaspes heißt, hat einen wunderbaren Traum in der Deutung eines weissagenden Knaben der Nach­ welt zur Erinnerung überliefert: Dass das römische Reich und das Römertum von der Erde vertilgt werden würde, hat er lange, bevor jenes troja­ nische Geschlecht begründet wurde, vorausgesagt. 16 (1) Wie das aber geschehen wird, will ich aufzeigen, damit es nie­ mand für unglaublich halte. Zunächst einmal wird sich die Königsherr­ schaft vervielfachen und die höchste Gewalt über die Welt wird sich da­ durch verringern, dass sie auf sehr viele verteilt und beschnitten wird. Dann werden unentwegt Zwistigkeiten im Inneren gesät werden, und es

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(2) hi exercitibus in immensum auctis et agrorum cultibus destitutis, quod est principium euersionis et cladis, disperdent omnia et comminuent et uorabunt. (3) tum repente aduersus eos hostis potentissimus ab extre­ mis finibus plagae septentrionalis orietur, qui tribus ex eo numero deletis qui tunc Asiam obtinebunt, assumetur in societatem a ceteris ac princeps omnium constituetur. (4) hic insustentabili dominatione uexabit orbem, diuina et humana miscebit, infanda dictu et execrabilia molietur, noua con­ silia in pectore suo uolutabit, ut proprium sibi constituat imperium, leges commutet et suas sanciat, contaminabit diripiet spoliabit occidet: denique immutato nomine atque imperii sede translata confusio ac perturbatio humani generis consequetur. (5) tum uero detestabile atque abominan­ dum tempus existet, quo nulli hominum sit uita iucunda. eruentur funditus ciuitates atque interibunt non modo ferro atque igni, uerum etiam terrae motibus assiduis et eluuie aquarum et morbis frequentibus et fame crebra. (6) aer enim uitiabitur et corruptus ac pestilens fiet modo importunis im­ bribus modo inutili siccitate, nunc frigoribus nunc aestibus nimiis, nec terra homini dabit fructum: non seges quicquam, non arbor, non uitis feret, sed cum in flore spem maximam dederint, in fruge decipient. (7) fontes quo­ que cum fluminibus arescent, ut ne potus quidem suppetat, et aquae in sanguinem aut amaritudinem mutabuntur. (8) propter haec deficient et in terra quadrupedes et in aere uolucres et in mari pisces, prodigia quoque in caelo mirabilia mentes hominum maximo terrore confundent, et crines cometarum et solis tenebrae et color lunae et cadentium siderum lapsus. (9) nec tamen haec usitato modo fient, sed existent subito ignota et inuisa oculis astra, sol in perpetuum fuscabitur, ut uix inter noctem diemque discernat, luna iam non tribus deficiet horis, sed perpetuo sanguine offusa meatus extraordinarios peraget, ut non sit homini promptum aut siderum cursus aut rationem temporum agnoscere: fiet enim uel aestas in hieme uel hiems in aestate.

20 a u t a m a ritu d in e m B D H acS

a u t in a m a ritu d in e m P H pcM

wird keine Ruhe bei den vernichtenden Kriegen geben, bis gleichzeitig zehn Könige auftreten, die den Erdkreis unter sich aufteilen, nicht um ihn zu beherrschen, sondern um ihn zu verbrauchen. (2) Diese werden, nach­ dem sie die Heere maßlos vergrößert und dafür den Ackerbau vernachläs­ sigt haben, was der Anfang von Zerstörung und Untergang ist, alles zu­ grunde richten, zertrümmern und verschlingen. (3) Dann wird sich plötz­ lich gegen sie ein übermächtiger Feind von den äußersten Gebieten des Nordlandes her erheben, der, nachdem er die drei aus der Zahl derer ver­ nichtet hat, die dann über Asien herrschen werden, von den Übrigen ins Bündnis aufgenommen und zum Ersten von allen eingesetzt werden wird. (4) Dieser wird die Welt mit unerträglicher Despotie heimsuchen, Göttli­ ches und Menschliches vermengen, Unsägliches und Verfluchenswertes ins Werk setzen, Umsturzpläne in seinem Herzen erwägen, nämlich dass er sich ein eigenes Reich schafft, die Gesetze ändert und seine eigenen er­ lässt. Er wird schänden, rauben, plündern und töten. Schließlich werden, nachdem der Name des Reiches geändert und seine Hauptstadt verlegt ist, Verwirrung und Chaos unter der Menschheit folgen. (5) Dann aber wird eine abscheuliche und hassenswerte Zeit sein, in der für keinen einzigen Menschen das Leben lebenswert ist. Die städtischen Gemeinwesen werden von Grund auf beseitigt werden und nicht nur durch Feuer und Schwert, sondern auch durch ständige Erdbeben, Überschwemmungen, häufige Epi­ demien und zahlreiche Hungersnöte zugrunde gehen. (6) Die Luft nämlich wird Schaden nehmen, sie wird verdorben und krankheitserregend werden, und zwar bald durch ungünstige Regenfälle, bald durch nutzlose Trocken­ heit, einmal durch übergroße Kälte, einmal durch übergroße Hitze, und die Erde wird dem Menschen keine Frucht mehr geben. Nicht das Feld, nicht der Baum, nicht die Rebe werden auch nur das Geringste tragen, sondern sie werden, obwohl sie in der Blüte Anlass zu größten Hoffnun­ gen gegeben haben, im Ertrag enttäuschen. (7) Auch die Quellen werden zusammen mit den Flüssen austrocknen, so dass nicht einmal mehr et­ was zu trinken vorhanden ist, und alles Wasser wird sich in Blut oder in bittere Flüssigkeit verwandeln. (8) Deswegen werden auf dem Land die Vierfüßler, in der Luft die Vögel und im Meer die Fische aussterben. Auch werden seltsame Vorzeichen am Himmel den Verstand der Menschen mit panischem Schrecken verwirren, nämlich Kometenschweife, Sonnen­ finsternisse, Mondverfärbung und das Niedergehen von Sternschnuppen. (9) Und doch wird sich dies nicht in gewohnter Weise ereignen, sondern es werden plötzlich unbekannte und bislang mit den Augen nicht gesehe­ ne Gestirne auftreten. Die Sonne wird sich auf Dauer verdunkeln, so dass sie kaum zwischen Nacht und Tag unterscheidet, der Mond wird sich nicht mehr für drei Stunden verfinstern, sondern ständig in blutiges Rot getaucht außerordentliche Bahnen durchlaufen, so dass der Mensch den Lauf der

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(10) tunc annus breuiabitur et mensis minuetur et dies in angustum coar­ tabitur, stellae uero creberrimae cadent, ut caelum omne caecum sine ul­ lis luminibus appareat. (11) montes quoque altissimi decident et planis aequabuntur, mare innauigabile constituetur, ac ne quid malis hominum terraeque desit, audietur e caelo tuba: quod hoc modo Sibylla denuntiat: σάλπιγξ ουρανόθεν φωνήν πολύθρηνον αφήσει, itaque trepidabunt omnes et ad luctuosum illum sonitum contremescent. (12) tum uero per iram dei aduersus homines qui iustitiam non agnouerint, saeuiet ferrum ignis fames morbus, et super omnia metus semper impendens, tunc orabunt deum et non exaudiet, optabitur mors et non ueniet. ne nox quidem requiem timori dabit nec ad oculos somnus ac­ cedet, sed animas hominum sollicitudo ac uigilia macerabit, plorabunt et gement et dentibus strident, gratulabuntur mortuis et uiuos plangent. (13) his et aliis pluribus malis solitudo fiet in terra et erit deformatus orbis atque desertus: quod in carminibus Sibyllinis ita dicitur: εσται κόσμος άκοσμος άπολλυμένων ανθρώπων. (14) ita enim conficietur humanum genus, ut uix decima pars hominum relinquatur, et unde mille processerant, uix prodient centum, de cultoribus etiam dei duae partes interibunt et tertia quae fuerit probata remanebit. 17 (1) Sed planius quomodo id eueniat exponam, imminente iam tem­ porum conclusione propheta magnus m ittetur a deo, qui conuertat homi­ nes ad dei agnitionem, et accipiet potestatem mirabilia faciendi. (2) ubi­ cumque homines non audierint eum, claudet caelum et abstinebit imbres, aquam conuertet in sanguinem et cruciabit illos siti ac fame, et quicumque conabitur eum laedere, procedet ignis de ore eius atque comburet illum, his prodigiis ac uirtutibus conuertet multos ad dei cultum, peractisque operi­ bus ipsius alter rex orietur e Syria malo spiritu genitus, euersor ac perditor generis humani, qui reliquias illius prioris mali cum ipso simul deleat.

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or. Sib. 8,239

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or. Sib. 7,1235

5 e B ae D P S de H M 16 εσται] etthy H M νησεται S buret B D (cf. 21 , 6 ) ambueret P

25 comburet H M S am-

16,10

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17,2

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Gestirne oder die Einteilung der Zeiten nicht mehr leicht erkennen kann: Denn es wird im Winter Sommer beziehungsweise im Sommer Winter wer­ den. (10) Dann wird das Jahr verkürzt, der Monat vermindert und der Tag eng zusammengedrängt werden, die Sterne aber werden in sehr großer Zahl herabfallen, so dass der Himmel völlig dunkel und ohne jegliche Lich­ ter erscheint. (11) Auch werden die höchsten Berge einstürzen und den Ebenen gleichgemacht werden, das Meer wird sich als nicht mehr schiffbar erweisen. Und damit an den Übeln für Menschen und Erde nichts fehle, wird vom Himmel eine Posaune zu hören sein. Dies kündigt die Sibylle in folgender Weise an: ,Die Posaune wird vom Himmel einen leidvollen Klang ertönen lassen/ Deshalb werden alle schaudern und auf jenen leidvollen Klang hin erzittern. (12) Dann aber werden durch den Zorn Gottes gegen die Menschen, die die Gerechtigkeit nicht erkannt haben, Schwert, Feuer, Hunger, Krankheit und über allem eine immer drohende Furcht wüten. Dann werden sie zu Gott beten, und er wird sie nicht erhören, man wird den Tod wünschen, und er wird nicht kommen. Nicht einmal die Nacht wird die Furcht zur Ruhe kommen lassen, und kein Schlaf wird sich auf die Augen senken, sondern Unruhe und Schlaflosigkeit werden die Seelen der Menschen auszehren, sie werden heulen, stöhnen, mit den Zähnen knirschen, die Toten beglück­ wünschen und die Lebenden beweinen. (13) Durch diese und noch eine Vielzahl anderer Übel wird auf der Erde Einsamkeit entstehen, und der Erdkreis wird entstellt und verlassen sein. Das ist in den Sibyllensprüchen folgendermaßen ausgedrückt: , Ungeordnet wird die Welt sein, wenn die Menschen zugrunde gehen/ (14) Denn dermaßen wird die Menschheit aufgerieben werden, dass kaum der zehnte Teil der Menschen übrig bleibt, und woraus Tausend hervorge­ treten waren, werden kaum hundert hervorgehen. Auch von den Verehrern Gottes werden zwei Teile untergehen, und nur der dritte, der bewährte, bestehen bleiben. 17 (1) Aber ich will genauer darlegen, wie das geschieht. Wenn schon der Abschluss der Zeiten bevorsteht, wird von Gott ein großer Prophet ent­ sandt werden, der die Menschen zur Erkenntnis Gottes bekehren soll, und er wird die Macht erhalten, Wunder zu tun. (2) Überall, wo die Menschen nicht auf ihn gehört haben, wird er den Himmel verschließen und den Re­ gen zurückhalten, das Wasser in Blut verwandeln und jene mit Durst und Hunger quälen, und wer auch immer versuchen wird, ihn anzugreifen - es wird Feuer aus seinem Mund hervor kommen und jenen verbrennen. Durch diese Zeichen und Wunder wird er viele zur Verehrung Gottes bekehren.

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(3) hic pugnabit aduersus prophetam dei et uincet et interficiet eum et insepultum iacere patietur, sed post diem tertium reuiuiscet atque inspec­ tantibus et mirantibus cunctis rapietur in caelum. (4) rex uero ille taeter­ rimus erit quidem et ipse, sed mendaciorum propheta, et se ipsum constituet ac uocabit deum, se coli iubebit ut dei filium, et dabitur ei potestas, ut faciat signa et prodigia, quibus uisis irretiat homines, ut adorent eum. (5) iubebit ignem descendere a caelo et solem a suis cursibus stare et imagi­ nem loqui, et fient haec sub uerbo eius: quibus miraculis etiam sapientium plurimi allicientur ab eo. (6) tunc eruere templum dei conabitur et iustum populum persequetur et erit pressura et contritio qualis numquam fuit a principio mundi. (7) quicumque crediderint atque accesserint ei, signabuntur ab eo tamquam pecudes, qui autem recusauerint notam eius, aut in montes fugient aut comprehensi exquisitis cruciatibus necabuntur. (8) idem iustos homines obuoluet libris prophetarum atque ita cremabit. et dabitur ei desolare orbem terrae mensibus quadraginta duobus. (9) id erit tempus quo iustitia proicietur et innocentia odio erit, quo mali bonos hostiliter praedabuntur, non lex aut ordo aut militiae disciplina seruabitur, non canos quisquam reuerebitur, non officium pietatis agnoscet, non sexus aut infantiae miserebitur: confundentur omnia et miscebuntur

contra fas, contra iura naturae, ita quasi uno communique latrocinio ter­ ra uniuersa uastabitur. (10) cum haec facta erunt, tum iusti et sectatores ueritatis segregabunt se a malis et fugient in solitudines, quo audito im­ pius inflammatus ira ueniet cum exercitu magno et admotis omnibus co­ piis circumdabit montem in quo iusti morabuntur, ut eos comprehendat. (11) illi uero ubi se clausos undique atque obsessos uiderint, exclamabunt ad deum uoce magna et auxilium caeleste implorabunt, et exaudiet eos de­ us et mittet regem magnum de caelo, qui eos eripiat ac liberet omnesque impios ferro ignique disperdat.7

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Und wenn eben dessen Werke vollbracht sind, wird ein zweiter König aus Syrien erstehen, vom bösen Geist gezeugt, ein Zerstörer und Verderber der Menschheit, der die Hinterlassenschaft jenes früheren Bösen zugleich mit diesem selbst vernichtet. (3) Dieser wird gegen den Propheten Gottes kämpfen und ihn besiegen und töten und ihn unbestattet liegen lassen, aber nach dem dritten Tag wird er wieder zum Leben erwachen und unter den bewundernden Blicken aller wird er in den Himmel entrückt werden. (4) Jener ganz entsetzliche König aber wird zwar selbst ein Prophet sein, aber ein Lügenprophet, und er wird sich selbst zum Gott einsetzen und so nennen, er wird sich verehren lassen als Gottes Sohn. Und es wird ihm Macht gegeben werden, Zeichen und Wunder zu tun, durch deren Anblick er die Menschen verführen wird, dass sie ihn anbeten. (5) Er wird Feuer vom Himmel herabkommen, die Sonne auf ihrer Bahn stehen bleiben und ein Bild sprechen lassen, und dies wird auf sein Wort hin geschehen: Durch diese Wunder werden auch die meisten Weisen von ihm angelockt werden. (6) Dann wird er versuchen, den Tempel Gottes einzureißen, und er wird das gerechte Volk verfolgen, und es wird eine Bedrückung und Bedrängnis sein, wie es keine gab seit Anbeginn der Welt. (7) Alle, die an ihn glauben und sich ihm zuwenden, werden von ihm wie Vieh gebrandmarkt werden, diejenigen aber, die sein Mal verweigern, werden entweder in die Berge fliehen oder aufgegriffen und unter ausgesuchten Martern getötet werden. (8) Derselbe wird die gerechten Menschen in Prophetenbücher einwickeln und so verbrennen. Und es wird ihm gegeben werden, die Erde zwei­ undvierzig Monate zu veröden. (9) Das wird die Zeit sein, in der die Gerechtigkeit verworfen und die Weigerung, anderen Schaden zuzufügen, verhasst werden wird, in der die Bösen die Guten in feindseliger Weise aus­ plündern. Nicht Gesetz, Ordnung oder soldatische Disziplin wird beachtet werden, niemand mehr wird den Ergrauten mit Ehrfurcht begegnen, die Pflicht zum angemessenen Verhalten anerkennen, sich des Geschlechts oder des Säuglingsalters erbarmen: Alles wird durcheinandergeworfen und ver­ mischt werden gegen das göttliche, gegen das natürliche Recht. So wird die ganze Erde gewissermaßen in einer einzigen gemeinsamen Plünderung verwüstet werden. (10) Wenn das geschehen ist, dann werden sich die Ge­ rechten und die Gefolgsleute der Wahrheit von den Bösen absondern und in die Einöden fliehen. Nachdem er davon gehört hat, wird der Gottlo­ se wutentbrannt mit einem großen Heer kommen und nach Heranführung aller Truppen denjenigen Berg umzingeln, auf dem die Gerechten sich auf­ halten, um sie zu ergreifen. (11) Sobald jene sich aber von allen Seiten eingeschlossen und belagert sehen, werden sie mit lauter Stimme zu Gott schreien und himmlische Hilfe erflehen, und Gott wird sie erhören und einen großen König vom Himmel herabsenden, der sie erretten und befrei­ en und alle Frevler mit Feuer und Schwert vernichten soll.

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Haec ita futura esse cum prophetae omnes ex dei spiritu tum eti­ am uates ex instinctu daemonum cecinerunt. (2) Hystaspes enim, quem superius nominaui, descripta iniquitate saeculi huius extremi pios ac fi­ deles a nocentibus segregatos ait cum fletu et gemitu extenturos esse ad caelum manus et imploraturos fidem Iouis: Iouem respecturum ad terram et auditurum uoces hominum atque impios extincturum. quae omnia uera sunt praeter unum, quod Iouem dixit illa facturum quae deus faciet. (3) sed et illud non sine daemonum fraude subtractum, missuiri a patre tunc filium dei, qui deletis omnibus malis pios liberet, quod Hermes tamen non dissimulauit. in eo enim libro qui λόγος τέλειος inscribitur, post enumerationem malorum de quibus diximus subiecit haec: (4) έπάν δή ταύτα γένηται, ώ 'Ασκληπιέ, τότε ό κύριος και πατήρ και Θεός και τού πρώτου καί ενός θεού δημιουργός έπιβλέψας τοίς γενομένοις καί την εαυτού βούλησιν τούτ’ εστιν το αγαθόν άντερείσας τη αταξία καί άνακαλεσάμενος την πλάνην καί την κακίαν έκκαθάρας πή μεν ύδατι πολλω κατακλύσας, πή δε, πυρί όξυτάτω διακαύσας, ενίοτε δε πολέμοις καί λοιμοίς έκπαίσας ήγαγεν επί το άρχαΐον καί άποκατέστησεν τον εαυτού κόσμον. (5) Sibyllae quoque non aliter fore ostendunt quam ut dei filius a summo patre m ittatur, qui et iustos li­ beret de manibus impiorum et iniustos cum tyrannis saeuientibus deleat. (6) e quibus una sic tradit: ήξει καί μακάρων έθέλων πόλιν έξαλαπάξαι. καί κέν τις θεόθεν βασιλεύς πεμφθείς επί τούτον πάντας όλεΐ βασιλείς μεγάλους καί φώτας άρίστους, είθ’ ούτως κρίσις έσται ύπ’ άφθίτου άνθρώποισιν. (7) item alia: καί τότ’ απ’ ήελίοιο θεός πέμψει βασιλήα, δς πάσαν γαϊαν παύσει πολέμοιο κακοίο. (8) et rursus alia: 18

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cf. Ps. Apul. Asci. 26; Nag Hammadi VI 73,23 - 74,1 (M a h é Hermes 184-186) or. Sib. 5,107-110 26 or. Sib. 3,652sq.

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B D P H M K S8

8 missuiri B missum iri cett. 10 λόγος τέλειος edd. (coll. 4,6,4) ΐΕ Λ ΙΟ Σ B te ΑΙΟΣ D telios P te aeios H te aeioc Μ ΤΕΛ Ο ΓΟ Σ telios S 11-12 έπάν δή ταϋτα γένηται, ώ ’Ασκληπιέ, τότε om. H M 15 κατακλύσας, πή δε D καταυσας πη δε Β post κατα linea uacua Ρ kataklyesas pe de H M κτακαισας τη αε S 16 έκπαίσας D εκιτεσας Β ηκπσας Ρ ecpesas H M εκπασας S έκπιέσας Bernays, ft. recte 17 ab Sibyllae denuo incipit K (desiit 15,4 clarum,) 21 έθέλων edd. εθελον D ethelon H M εθεώ P K S οσκεν B 23 μεγάλους om. B 23 φώτας D φωιας B ρωτάς P K S fotas H M 24 ειθ’ ούτως] om. P i utos H M 26 ήελίοιο θεός B ηεαλοιο θεός D ηαλιωιοθος θος Ρ elioeo theon H M ελιοιο θεός Κ εαιοιο θεός S 26 βασιλήα S βασιλέα Β βασιληλ D ρασιανα Ρ basilea H M βασιαηδ Κ 27 γαϊαν Β γεαν D ταιαν P K S grean H M

18,1

-

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18 (1) Dass dies so geschehen werde, haben sowohl alle Propheten aus dem Geist Gottes als auch insbesondere Seher aus der Eingebung der Dä­ monen geweissagt. (2) Denn Hystaspes, den ich oben erwähnt habe, sagt nach einer Beschreibung der Ungerechtigkeit dieser Endzeit, dass die From­ men und Gläubigen, die sich von den Verbrechern abgesondert hätten, un­ ter Weinen und Stöhnen ihre Hände zum Himmel ausstrecken und den Beistand Jupiters erflehen würden. Jupiter werde auf die Erde blicken, die Stimmen der Menschen hören und die Gottlosen vernichten. Das al­ les ist wahr, abgesehen von dem einen, dass er behauptete, dass Jupiter das tun werde, was Gott tun wird. (3) Aber auch jenes wurde nicht oh­ ne die Manipulation der Dämonen weggelassen, nämlich dass dann vom Vater der Sohn Gottes gesandt werde, der nach der Vernichtung aller Bösen die Frommen befreie. Und doch verheimlichte Hermes dies nicht. Denn in seinem Buch mit dem Titel , Vollkommene Rede‘ fügte er nach Aufzählung der Übel, von denen wir gesprochen haben, Folgendes an: (4) ,Wenn aber dies geschieht, Asklepios, dann hat der Herr und Vater und Gott und der Schöpfer des ersten und einen Gottes auf die Gescheh­ nisse geschaut, seinen eigenen Willen, das heißt das Gute, dem Chaos entgegengesetzt, der Verwirrung Einhalt geboten und die Schlechtigkeit weggewischt, indem er sie zum einen mit großen Wassermengen überflute­ te, zum anderen mit ganz heftig aufloderndem Feuer abbrannte, manch­ mal aber auch mit Kriegen und Hungersnöten vertrieb: So führte er in den alten Zustand zurück und stellte seine eigene Ordnung wieder her/ (5) Auch die Sibyllen legen dar, dass es nicht anders geschehen wird, als dass der Sohn Gottes vom höchsten Vater geschickt wird, der die Gerechten aus den Händen der Ungerechten befreit und die Ungerechten zusammen mit den Tyrannen, die da wüten, vernichtet. (6) Von diesen überliefert es eine so: ,Und er wird kommen in der Absicht, die Stadt der Seligen dem Erdboden gleich zu machen. Und es wird ein von Gott gegen diesen gesandter König alle großen Könige und die trefflichsten Männer zugrunde richten, dann wird so das Gericht gehalten werden durch den Unvergänglichen über die Menschen/ (7) Ebenso eine andere: ,Dann wird Gott von der Sonne einen König entsenden, der die ganze Erde vom schlimmen Krieg befreien wird/ (8) Und wieder eine andere: ,Und siehe, dieser wird sanftmütig kommen, um unser Sklaven­ joch abzunehmen, das unerträglich auf unserem Nacken lastet, und um die gottlosen Satzungen und die gewaltsamen Fesseln zu lösen/

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|φρασθ| πραυς ιδού ήξει, !να τό ζυγόν ημών δοϋλον δυσβάστακτον επ’ αύχένι κείμενον άρη, καί θεσμούς άθεους λύσει δεσμούς τε βίαιους. 19 (1) Oppresso igitur orbe terrae cum ad destruendam immensarum uirium tyrannidem humanae opes defecerint, siquidem capto mundo cum magnis latronum exercitibus incubabit, diuino auxilio tanta illa calami­ tas indigebit. (2) commotus igitur deus et periculo ancipiti et miseranda comploratione iustorum mittet protinus liberatorem, tum aperietur caelum medium intempesta et tenebrosa nocte, ut in orbe toto lumen descendentis dei tamquam fulgur appareat; quod Sibylla his uersibus elocuta est: όππόταν ελθη, πϋρ εσται σκοτόεντι μέση ένί νυκτί μελαίνη. (3) haec est nox quae a nobis propter aduentum regis ac dei nostri peruigilio celebratur: cuius noctis duplex ratio est, quod in ea et uitam tum recepit, cum passus est, et postea regnum orbis terrae recepturus est. (4) hic est enim liberator et iudex et ultor et rex et deus, quem nos Christum uocamus, qui priusquam descendat, hoc signum dabit. (5) cadet repente gladius e caelo, ut sciant iusti ducem sanctae militiae descensurum, et descendet co­ mitantibus angelis in medium terrae et antecedet eum flamma inextinguibilis et uirtus angelorum tradet in manus iustorum multitudinem illam quae montem circumsederit et concidetur ab hora tertia usque in uesperum et fluet sanguis more torrentis: deletisque omnibus copiis impius solus effugiet et peribit ab eo uirtus sua. (6) hic est autem qui appellatur Antichristus, sed se ipse Christum mentietur et contra uerum dimicabit et uictus effugiet et bellum saepe renouabit et saepe uincetur, donec quarto proelio confectis omnibus impiis debellatus et captus tandem scelerum suorum luat poenas. (7)sed et ceteri principes ac tyranni, qui contriuerunt orbem, simul cum eo uincti adducentur ad regem, et increpabit eos et coarguet et expro­ brabit iis facinora ipsorum et damnabit eos ac meritis cruciatibus tradet. (8) sic extinct a malitia et impietate compressa requiescet orbis, qui per tot saecula subiectus errori ac sceleri nefandam pertulit seruitutem. 1 or. Sib. 8,326-328, sed 326a codd. or. Sib. ΦΨ: πράος πασι φανείς, codd. Ω: πραυν πράος εξει 11 o r . Sib. frg. 6 G e f f c k e n 1 φρασθ B ορασε P οπρλσε D opraese H M οπασε K S δς ρά κε Rzach αρ. Brandt (cf. Brandt I p. X C V I) αυτός Geffcken 1 πραυς] παροες B 1 ίδου]iasunt HM 1 ήξει edd. νται (litt, αι uix leguntur) B ενεε P ντιξ D ixio H M ντε KS 1 ΐνα το ζυγόν ήμών edd. ινα το ζυγόν ηαων Β ονα το ζυπν ημω D iva το ζυτον ημών Ρ m a to zycon chemon H ina to zygon hemon Μ ινα το ζιτον ημών Κ iva το ζιτον ηλλων S 2 δυσβάστακτον Β δυσβαστλκνον D δυσβαστακατον Ρ dysbastanton H M δυσβατακτο K S 8 tum D H M tunc B P K S 11 ελθη B D post εα linea uacua P elte H M εαθε K S 12 πυρ εσται om. P 12 σκοτόεντι ] σκτοεντι Β σκοτοσεν D ψολόεν τι Stadtm üller apud Brandt 12 μέση Ivi edd. μεσε ενι Β μενί D μηση νι Ρ mese en H M μέση vi K S μέση (τ’ ) ένί Kurfess Oracula 103 21 circumsederit H M circumsedit B circumsedebit D P K S , ft. recte

19,1 - 19,9

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19 (1) Nach der Unterwerfung des Erdkreises also, wenn die menschlichen Machtmittel zum Sturz der über unermessliche Kräfte verfügenden Tyran­ nei, die über unermessliche Kräften verfügt, ausgegangen sind, sofern sie ja auf der eroberten Welt mit großen Söldnerheeren lasten wird, wird jenes so große Unheil göttliche Hilfe erfordern. (2) Deshalb wird Gott, bewegt von der höchst bedrohlichen Gefahr und dem erbarmenswerten Flehen der Gerechten, alsbald einen Befreier senden. Dann wird sich in der Mitte der Himmel auftun in tiefster und finsterer Nacht, dass auf der ganzen Erde das Licht des herabkommenden Gottes wie ein Blitz aufscheint; das hat die Sibylle in den folgenden Versen ausgesprochen: ,Wenn er kommt, wird ein Feuer sein mitten in der finstren, schwarzen Nacht/ (3) Dies ist die Nacht, die von uns wegen der Ankunft unseres Königs und Gottes mit einer Nachtwache gefeiert wird: Der Sinn dieser Nacht ist ein zweifacher, weil er in ihr sowohl damals das Leben zurückerhielt, als er litt, als auch später die Herrschaft über den Erdkreis zurückerhalten wird. (4) Dies nämlich ist der Befreier, Richter, Rächer, König und Gott, den wir Christus nennen, der, ehe er herabkommt, folgendes Zeichen geben wird: (5) Herabfallen wird plötzlich ein Schwert vom Himmel, damit die Gerech­ ten wissen, dass der Führer des heiligen Feldzuges herabkommen wird. Er wird in Begleitung von Engeln mitten auf die Erde herab kommen. Es wird ihm eine unauslöschliche Flamme voranschreiten, und die Kraft der Engel wird in die Hände der Gerechten jene Menge geben, die sich zur Belagerung des Berges festgesetzt hat. Sie wird von der dritten Stun­ de an bis zum Abend niedergemacht werden, und das Blut wird fließen wie ein Sturzbach. Und nach der Vernichtung aller seiner Truppen wird der Frevler allein entkommen, und es wird seine Kraft von ihm weichen. (6) Dieser ist es aber, der Antichrist heißt; er selbst aber wird sich für Chri­ stus ausgeben, gegen den wahren Christus kämpfen, besiegt entkommen, oft den Krieg von neuem beginnen und oft besiegt werden, bis er in der vier­ ten Schlacht nach der Zerschlagung aller Gottlosen niedergekämpft und ge­ fangen und dann endlich für seine Verbrechen bestraft wird. (7) Aber auch die übrigen Fürsten und Tyrannen, welche die Erde aufgerieben haben, werden zusammen mit diesem gefesselt vor den König geführt werden, und er wird sie schelten, überführen, ihnen die von ihnen begangenen Schand­ taten vorwerfen, sie verurteilen und sie den verdienten Qualen ausliefern. (8) So wird nach der Auslöschung der Bosheit und der Unterwerfung der Gottlosigkeit die Welt Ruhe finden, die über so viele Jahrhunderte dem Irrtum und dem Verbrechen ausgeliefert eine unsägliche Knechtschaft er­ trug. (9) Nicht länger wird man von Hand gefertigte Götter verehren, sondern die Götterbilder von ihren Tempeln und Polstern hinabstürzen und dann dem Feuer übergeben, und sie werden mit ihren wunderbaren

Text und Übersetzung

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(9) non colentur ulterius dii manu facti, sed a templis ac puluinaribus suis deturbata simulacra igni dabuntur et cum donis suis mirabilibus ardebunt. quod etiam Sibylla cum prophetis congruens futurum esse praedixit: ρίψωσιν δ’ είδωλα βροτοί καί πλούτον άπαντα. Erythraea quoque idem spopondit: έργα δε χειροποίητα θεών κατακαυθήσονται. 20 (1) Post haec aperientur inferi et surgent mortui, de quibus iudicium magnum idem ipse rex ac deus faciet cui summus pater et iudicandi et regnandi dabit maximam potestatem, de quo iudicio et regno apud Erythraeam Sibyllam sic inuenitur:

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όππότε δή καί τούτο λάβη τέλος αΐσιμον ήμαρ, εις δε βροτούς ήξει κρίσις αθανάτοιο θεοίο, ήξει επ’ ανθρώπους μεγάλη κρίσις ήδε καί αρχή. (3) deinde apud aliam: ταρταρόεν δε χάος δείξει τότε γαία χανούσα, ήξουσιν δ’ επί βήμα θεού βασιλήος άπαντες. (4) et alio loco apud eandem: ουρανόν είλίξω, γαίης κευθμώνας ανοίξω, καί τότ’ άναστήσω νεκρούς μοίραν άναλύσας καί θανάτου κέντρον. καί ύστερον εις κρίσιν άξω κρίνων ευσεβέων καί δυσσεβέων βίον άνδρών. (5) nec tamen uniuersi tunc a deo iudicabuntur, sed hi tantum qui sunt in dei religione uersati. nam qui deum non agnouerunt, quoniam senten­ tia de his in absolutionem ferri non potest, iam iudicati damnatique sunt, sanctis litteris contestantibus non resurrecturos esse impios in iudicium. (6) iudicabuntur ergo qui deum scierunt et facinora eorum id est mala opera cum bonis collata ponderabuntur, ut si plura et grauia fuerint bona iustaque, dentur ad uitam beatam, si autem mala superauerint, condem­ nentur ad poenam. (7) hic fortasse dixerit quispiam: si est immortalis anima, quomodo patibilis inducitur ac poenae sentiens? si enim ob merita punietur, sentiet utique dolorem atque ita etiam mortem: si morti non est obnoxia, ne dolori quidem: patibilis igitur non est. or. Sib. 8,224 6 18 or. Sib. 8,413-416

4

or. Sib. 3,618 11 25 cf. Ps 1,5*7

or. Sib. 3,741-743

15

or. Sib. 8,241sq.

4 ρίψωσιν edd. ρειψωσιν B τριψωσειν D τρειψωσιν P trip so sin H M τρειψοσιν K S 7 surgent B P resurgent D H M K S 12 ήξει κρίσις αθανάτοιο om. H M 12 θεοϊο DP θειο B th eo e H M θεοί K S 15 ταρταρόεν Β τλρτλρεοη D ταρταρεον PS ta rta re o n H M ταρταρεοη K 18 ουρανόν ... καί τότ’ om. K S 18 ανοίξω edd. ανυξω Β λνοιξοι D om. Ρ anoexe H M 19 καί ... μοίραv(cuius -n habet) om. Η 19 νεκρούς K S νε Β νεκρού D νεκροις Ρ nekru Μ 20 καί ύστερον om. Ρ 22 hi B D H M om. P K S Brandt hi 24 de his in absolutionem ferri P D dei sine absolutione ferri B di his in abso lu tio n em ferre H M ds his in absolutione ferre K S 24 iam b 3d h m n am B 1 om. P K S 27 g rau ia codd. g rau io ra Heum ann Brandt 30 ac poenae B 1D K S ac p o en a B 2 ad p o en am P ad poenae H M

20,1 - 20,7

169

Weihegeschenken verbrennen: Dass dies geschehen werde, sagte auch die Sibylle in Übereinstimmung mit den Propheten voraus: ,Die Menschen werden Götterbilder und allen Reichtum stür­ zen/ Dasselbe verhieß auch die erythräische Sibylle: ,Die handgemachten Bildwerke von Göttern werden verbrannt werden/ 20 (1) Danach wird die Unterwelt geöffnet werden, und die Toten wer­ den aufstehen; über sie wird eben dieser König und Gott selbst das große Gericht halten, dem der höchste Vater die oberste Macht geben wird zu richten und zu herrschen. Über dieses Gericht und diese Herrschaft findet man bei der erythräischen Sibylle Folgendes: (2) ,Und wenn also auch dieser Schicksalstag sein Ende nimmt, wird zu den Sterblichen das Gericht des unsterblichen Gottes kommen, es werden über die Menschen Gericht und Herrschaft von gewaltiger Größe kommen/ (3) Dann bei einer anderen: ,Die Erde wird sich dann gähnend auftun und den Tartarosab­ grund zeigen, und alle werden zum Rieht erst uhi des Gottkönigs kommen/ (4) Und an anderer Stelle heißt es bei derselben: ,Ich werde den Himmel umwälzen, die Tiefen der Erde auftun und dann die Toten auferwecken, indem ich das Verhängnis und den Stachel des Todes löse, und später werde ich sie zum Gericht führen und über das Leben der frommen und der un­ frommen Menschen urteilen/ (5) Und dennoch werden es dann nicht alle sein, die von Gott gerichtet werden, sondern nur diejenigen, die sich in der Religion Gottes befunden haben. Denn diejenigen, die Gott nicht erkannt haben, sind schon abgeur­ teilt und verdammt, weil ja über sie kein Urteil im Sinn eines Freispruchs gefällt werden kann; denn die Heilige Schrift bezeugt, dass die Frevler nicht zum Gericht auferstehen werden. (6) Es wird also über diejenigen Gericht gehalten werden, die Gott gekannt haben, und es werden deren Untaten, das heißt deren schlechte Werke, den guten gegenübergestellt und abgewogen werden, damit sie, wenn die guten und gerechten in der Mehrzahl und auch gewichtig waren, dem glückseligen Leben zugeführt, wenn aber die schlechten überwogen haben, zur Strafe verurteilt werden. (7) Hier wird vielleicht jemand einwenden wollen: Wenn die Seele unsterb­ lich ist, wie kann sie dann als leidensfähig und empfindlich für eine Strafe

Text und Übersetzung

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(8) huic quaestioni siue argumento a Stoicis ita occurritur: animas quidem hominum permanere nec interuentu mortis in nihilum resolui, sed eorum qui iusti fuerint puras et impatibiles et beatas ad sedem caelestem, unde illis origo sit, remeare uel in campos quosdam fortunatos rapi, ubi fruantur miris uoluptatibus, (9) impiorum uero, quoniam se malis cupiditatibus inquinauerint, mediam quandam gerere inter immortalem mortalemque na­ turam et habere aliquid imbecillitatis ex contagione carnis, cuius desideriis ac libidinibus addictae ineluibilem quendam fucum trahant labemque ter­ renam: quae cum temporis diuturnitate penitus inhaeserit, eius naturae reddi animas, ut si non extinguibiles in totum, quoniam ex deo sint, ta ­ men cruciabiles fiant per corporis maculam, quae peccatis inusta sensum doloris attribuit. (10) quam sententiam poeta sic explicauit: ,quin et supremo cum lumine uita reliquit, non tamen omne malum miseris nec funditus omnes corporeae excedunt pestes, penitusque necesse est multa diu concreta modis inolescere miris, ergo exercentur poenis ueterumque malorum supplicia expendunt/ (11) haec propemodum uera sunt, anima enim cum diuortium fecit a corpore, est, ut ait idem poeta, ,par leuibus uentis uolucrique simillima somno‘, quia spiritus est et ipsa tenuitate incomprehensibilis, sed nobis, qui sumus corporales, deo autem, cui subiacet posse omnia, comprehensibilis. 21 (1) Primum ergo dicimus tantam esse dei potestatem, ut etiam incorporalia comprehendat et quemadmodum uoluerit afficiat, nam et angeli deum metuunt, quia castigari ab eo possunt inenarrabili quodam modo, et daemones reformidant, quia torquentur ab eo ac puniuntur. (2) quid ergo mirum, si cum sint immortales animae, tamen patibiles sint deo? nam cum in se nihil habeant solidum et contrectabile, a solidis et corporalibus nullam uim pati possunt: sed quia in solis spiritibus uiuunt, a solo deo tractabiles sunt, cui uirtus ac substantia spiritalis est.

13

Verg. Aen. 6,735-740

21

Verg. Aen. 6,702

3 fuerint edd. fu eru n t codd. 5 im piorum Isaeus probante Heck pias Heumann Brandt 7 contagione B D P pc co n tactis P ac 11 in u sta B pcD P H M in i u s t a B a c K S 13 reliquit] relinquit B H linquint M 19 fecit] facit B fecerit H pc 21 p a r D P K S p ars porales] carnales B

im pios codd. im ­ contagio H M K S (cod. Verg. F) reBHM 23 cor­

20,8

-

21,2

171

eingeführt werden? Denn wenn sie verdientermaßen bestraft wird, dann wird sie jedenfalls den Schmerz spüren und somit auch den Tod. Wenn sie dem Tod nicht verfallen ist, dann auch keineswegs dem Schmerz: Sie ist also nicht leidensfähig. - (8) Diesem Problem beziehungsweise diesem Argument wird von den Stoikern folgendermaßen begegnet: Die Seelen der Menschen blieben zwar bestehen und würden durch das Einwirken des Todes keineswegs in nichts aufgelöst, aber die Seelen derer, die ge­ recht waren, würden rein, leidensunfähig und glückselig zu ihrem himmli­ schen Platz zurückkehren, wo ihr Ursprung sei, oder würden in irgendwel­ che seligen Gefilde entrückt, wo sie wunderbare Vergnügungen genössen. (9) Diejenigen der Gottlosen aber besäßen, da sie sich ja mit schlech­ ten Begierden beschmutzt hätten, eine Art mittlere Natur zwischen der unsterblichen und der sterblichen und wiesen etwas von einer Schwäche aufgrund der Ansteckung durch das Fleisch auf, dessen Wünschen und Begierden hingegeben sie eine unabwaschbare Befleckung und einen irdi­ schen Makel an sich trügen. Weil dieser sich durch die lange Zeitdauer im Innersten festgesetzt habe, würden sie zu Seelen solcher Art, dass sie, wenn sie schon nicht insgesamt auslöschbar seien, weil sie ja von Gott sei­ en, dennoch quälbar wegen der vom Körper herrührenden Befleckung, die durch die Sünden eingebrannt ist und die Schmerzempfindung verleiht. (10) Diese Ansicht hat der Dichter so erklärt: ,Sogar wenn das Leben mit dem letzten Licht gewichen ist, ver­ lassen die Elenden dennoch nicht jedes Übel und nicht gänzlich alle körperlichen Plagen, und zwangsläufig wächst vieles lange Verfestigte auf wunderliche Weise tief ein. Sie werden also von Strafen heimgesucht und leisten Buße für alte Ü beltaten/ (11) Das ist fast wahr. Denn wenn die Seele die Trennung vom Körper vollzogen hat, ist sie, wie derselbe Dichter sagt, ,den leichten Winden gleich und ganz ähnlich einem geflügelten Schlaf, weil sie ein Lufthauch ist und eben durch ihre Feinheit nicht erfassbar allerdings nur für uns, die wir körperlich sind, für Gott aber, zu dem es gehört, alles zu vermögen, erfassbar. 21(1) Zunächst einmal halten wir also fest, dass Gottes Macht so groß ist, dass er auch das Unkörperliche erfassen und nach seinem Belieben be­ einflussen kann. Einerseits nämlich fürchten die Engel Gott, weil sie von ihm auf irgendeine unbeschreibliche Weise gezüchtigt werden können, an­ dererseits schaudern die Dämonen vor ihm, weil sie von ihm gequält und bestraft werden. (2) Was ist also verwunderlich daran, wenn die Seelen, obwohl sie unsterblich sind, dennoch für Gott leidensfähig sind? Denn weil sie nichts Festes und Berührbares an sich haben, können sie von Festem

Text und Übersetzung

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(3) sed tamen docent nos sanctae litterae quemadmodum poenas impii sint daturi, nam quia peccata in corporibus contraxerunt, rursus carne induentur, ut in corporibus piaculum soluant: et tamen non erit caro il­ la, quam deus homini superiecerit, huic terrenae similis, sed insolubilis ac permanens in aeternum, ut sufficere possit cruciatibus et igni sempi­ terno, cuius natura diuersa est ab hoc nostro, quo ad uitae necessaria utimur, qui nisi alicuius materiae fomite alatur, extinguitur. (4) at ille diuinus per se ipsum semper uiuit ac uiget sine ullis alimentis nec admix­ tum habet fumum, sed est purus ac liquidus et in aquae modum fluidus: non enim ui aliqua sursum uersus urgetur sicut noster, quem labes terreni corporis quo tenetur et fumus intermixtus exsilire cogit et ad caelestem naturam cum trepidatione mobili subuolare. (5) idem igitur diuinus ignis una eademque ui ac potentia et cremabit impios et recreabit et quantum e corporibus absumet, tantum reponet ac sibi ipse aeternum pabulum subministrabit: quod poetae in uulturem Tityi transtulerunt, ita sine ullo reuirescentium corporum detrimento aduret tantum ac sensu doloris afficiet. (6) sed et iustos cum iudicauerit deus, etiam igni eos examinabit, tum quorum peccata uel pondere uel numero praeualuerint, praestringentur igni atque amburentur, quos autem plena iustitia et maturitas uirtutis incoxerit, ignem illum non sentient: habent enim aliquid in se dei, quod uim flammae repellat ac respuat. (7) tanta est uis innocentiae, ut ab ea ignis ille refugiat innoxius, quia accepit a deo hanc potentiam, ut im­ pios urat, iustis temperet, nec tamen quisquam putet animas post mor­ tem protinus iudicari: omnes in una communique custodia detinentur, donec tempus adueniat quo maximus iudex meritorum faciat examen. (8) tum quorum fuerit probata iustitia, hi praemium immortalitatis ac­ cipient, quorum autem peccata et scelera detecta, non resurgent, sed cum impiis in easdem tenebras recondentur ad certa supplicia destinati.*8

2 q u ia B D K S qui P H M 6 quo ad B D p rKS quod ad P D ar quod H M 8 p er se ipsum o m . P 9 fluidus B K S fluuidus D P H M 12 m obili B D P molli H mollis M o m . KS 13 e B p rD P me B ar et H M § KS 15 T ity i H K ty tio n ( y i. r a s ., o m . 3 ? , n i. r a s ., d e i n d e s.l. i e r a s . ) B tito n is D ticii P ty ti M ty tii S 16 sensu B pcD P K S sensum B ac ( u t u i d . ) H M 17 etiam igni B H M K etiam in igni D et in igni P et igni S 18 p ra e strin g e n tu r D PKS re strin g e n tu r B p e rstrin g e n tu r H M B r a n d t , f t . r e c t e 19 a m b u re n tu r B D 2H M K S ac a m b u len tu r D 1 co m b u ren tu r P S pc; cf. 1 7 , 2 22 qu ia P S qui BDHMK 22 accepit P K S accipit B D H M 23 te m p e re t B D H M o b te m p e­ ret P K S

21,3 - 21,8

173

und Körperlichem keine gewaltsame Einwirkung erfahren, sondern sie sind, weil sie nur unter den Geistwesen leben, nur von Gott berührbar, der eine geistige Kraft und Wesenheit hat. (3) Aber dennoch lehren uns die Heili­ gen Schriften, wie die Frevler ihre Strafen abbüßen werden. Denn weil sie Sünden auf ihre Körper gehäuft haben, werden sie wieder mit Fleisch be­ kleidet werden, um in den Körpern Sühne zu leisten: Und dennoch wird es nicht jenes Fleisch sein, das Gott dem Menschen übergeworfen hat, diesem irdischen hier ähnlich, sondern ein unauflösliches und auf ewig bleibendes, so dass es den Qualen und dem ewigen Feuer gewachsen sein kann, dessen Natur von unserem hier verschieden ist, das wir für das Lebensnotwendi­ ge benutzen und das, wenn es nicht von brennbarem Material irgendeiner Art genährt wird, verlischt. (4) Jenes Feuer Gottes indessen lebt immer für sich selbst und hat ohne irgendeine Nahrung Kraft, und kein Rauch ist ihm beigemischt, sondern es ist rein, klar und in der Art von Was­ ser flüssig: Denn es drängt auch nicht durch irgendeine Kraft nach oben wie das unsrige, das die Vergänglichkeit des irdischen Körpers, von dem es gehalten wird, und der damit vermischte Rauch zu entspringen und zu seiner himmlischen Natur mit zitternder Bewegung zu enteilen zwingt. (5) Dasselbe göttliche Feuer also wird mit ein und derselben Kraft und Macht die Frevler sowohl verbrennen als auch wiederherstellen und so viel, wie es von den Körpern wegnimmt, zurückgeben und sich selbst ewi­ ge Nahrung zur Verfügung stellen. Das haben die Dichter auf den Geier des Tityos übertragen. So wird es ohne jeden Verlust an den sich rege­ nerierenden Körpern diesen nur äußerliche Verbrennungen zufügen und so eine Schmerzempfindung auslösen. (6) Aber auch dann, wenn Gott das Gericht über die Gerechten einberuft, wird er diese ebenfalls im Feu­ er prüfen. Dann werden diejenigen, deren Sünden an Gewicht oder Zahl überwiegen, vom Feuer leicht gestreift und ringsum etwas angebrannt, die­ jenigen aber, in die sich die volle Gerechtigkeit und die Reife der Tugend eingeschmolzen hat, werden jenes Feuer nicht spüren: Denn sie haben et­ was von Gott in sich, das die Kraft der Flammen fernhält und ab weist. (7) So groß ist die Kraft der Unschuld, dass von ihr jenes Feuer zurück­ weicht, ohne Schaden anzurichten, weil es von Gott diese Macht empfangen hat, die Frevler zu verbrennen und die Gerechten zu schonen. Und dennoch glaube niemand, dass über die Seelen unmittelbar nach dem Tod Gericht gehalten wird: Alle werden in einem einzigen und gemeinsamen Gefängnis festgesetzt, bis die Zeit kommt, in der der höchste Richter prüft, was ein jeder verdient hat. (8) Dann werden diejenigen zwar, deren Gerechtigkeit erwiesen ist, den Lohn der Unsterblichkeit erhalten, diejenigen aber, deren Sünden und Verbrechen aufgedeckt wurden, werden nicht auferstehen, son­ dern zusammen mit den Frevlern in dieselbe Finsternis gesteckt werden, bestimmt zu festgesetzten Strafen.

Text und Übersetzung

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22 (1) Figmenta haec esse poetarum quidam putant ignorantes unde illa poetae acceperint, ac negant haec fieri posse: nec mirum est ita illis uideri. (2) aliter enim quam res habet traditur a poetis: qui licet sint multo anti­ quiores quam historici et oratores et cetera genera scriptorum, tamen quia mysterium diuini sacramenti nesciebant et ad eos mentio resurrectionis futurae obscuro rumore peruenerat, eam uero temere ac leuiter auditam in modum commenticiae fabulae prodiderunt. (3) et tamen idem testati sunt non auctorem se certum, sed opinionem sequi, ut Maro qui ait: , sit mihi fas audita loqui/ (4) quamuis igitur ueritatis arcana in parte corruperint, tamen ipsa res eo uerior inuenitur, quod cum prophetis in parte consentiunt: quod nobis ad probationem rei satis est. (5) errori tamen eorum subest ratio nonnulla, nam cum prophetae assiduis contionibus praedicarent iudicaturum esse de mortuis filium dei et haec annuntiatio non lateret, quoniam rectorem caeli deum non alium putabant esse quam Iouem, iudicare apud inferos Iouis filium tradiderunt, sed tamen non Apollinem aut Liberum aut Mercurium, qui caelestes putantur, sed eum, qui et mortalis fuerit et iustus, uel Minoem uel Aeacum uel Rhadamanthum. (6) corruperunt igitur poetica licentia quod acceperant, uel opinio ueritatem per diuersa ora sermonesque uarios dissipatam mutauit. (7) nam quod peractis ad inferos mille annis rursus ad uitam restitui cecinerunt, Marone ita dicente: ,has omnis, ubi mille rotam uoluere per annos, Lethaeum ad fluuium deus euocat agmine magno, scilicet immemores supera ut conuexa reuisant rursus et incipiant in corpora uelle reuertfi, (8) haec eos ratio fefellit, quod resurgent defuncti non post mille annos mortis suae, sed ut restituti rursus in uitam mille annis cum deo regnent, deus enim ueniet, ut orbe hoc ab omni labe purgato rediuiuas iustorum animas corporibus innouatis ad sempiternam beatitudinem suscitet. (9) itaque praeter aquam obliuionis uera sunt cetera; quam idcirco finxerunt, ne quis illis opponeret: cur ergo non meminerint se aliquando uixisse aut qui fuerint aut quae gesserint? - sed nihilominus tamen ueri simile non putatur et res tota uelut licenter ac fabulose ficta respuitur. 9

Verg. Aen. 6,266

9

B D H M KS 6

22

Verg. Aen. 6,748-751

6 obscuro rum ore B D ob scu ro ru m ore d i s t . P K S obsculorum m ore H M 9 in loqui d e s i n i t P ( d e n u o i n c i p i t 2 2 , 1 5 erg o j 20 d issip atam H e u m a n n B r a n d t dissip a ta codd. 22 om nis BD ( c o d d . V e r g .) om nes H om s M K ös S 27 re s titu ti H M K S re stitu i B p ra e stitu i D 31 ne quis . . . ergo non] ne illis opponere ( s p a ­ t i u m ) non D 32 quae B D K o m . H M quid ( u t u i d . ) S

22,1 - 22,9

175

(1) Einige meinen, dass es sich dabei um Erfindungen der Dichter hand­ le, weil sie nicht wissen, woher die Dichter jene Dinge übernommen haben, und sie leugnen, dass das überhaupt möglich sei: Und es ist auch nicht verwunderlich, dass es ihnen so scheint. (2) Denn die Sache wird von den Dichtern anders überliefert, als sie sich verhält: Mögen diese auch viel älter sein als die Geschichtsschreiber und Redner und die anderen Arten von Schriftstellern, diese Nachricht, von der sie nur schemenhaft und am Rande gehört hatten, gaben sie schließlich doch in der Art einer erfunde­ nen Geschichte weiter, weil sie das Mysterium des göttlichen Geheimnisses nicht kannten und zu ihnen die Nachricht von einer künftigen Auferste­ hung in einem dunklen Gerücht gelangt war. (3) Und dennoch bezeugten eben diese, dass sie nicht einem zuverlässigen Gewährsmann, sondern einer Vermutung folgten, wie Maro, der sagt: ,Es sei mir erlaubt, Gehörtes zu sagen/ (4) Mögen sie also die Geheimnisse der Wahrheit zum Teil auch entstellt haben, der Kern der Sache lässt sich doch für um so wahrer befinden, weil sie mit den Propheten zum Teil übereinstimmen: Das genügt uns zum Erweis der Sache. (5) Dennoch steckt in ihrem Irrtum einige Vernunft. Denn weil die Propheten in fortwährenden Reden verkündeten, dass der Sohn Gottes über die Toten Gericht halten werde, und diese Ankündi­ gung nicht verborgen blieb, überlieferten sie - weil sie ja meinten, dass der Lenker des Himmels kein anderer Gott sei als Jupiter -, dass in der Un­ terwelt Jupiters Sohn Gericht halten werde, aber nicht Apollo oder Liber oder Merkur, die als himmlisch gelten, sondern der, der einerseits sterblich und andererseits gerecht war - Minos, Aiakos oder auch Rhadamanthys. (6) Sie entstellten also in dichterischer Freiheit das, was sie vernommen hatten, oder es veränderte eine Vermutung die Wahrheit, weil sie durch unterschiedliche Münder und verschiedene Reden verbreitet wurde. (7) Denn wenn sie in ihren Gedichten davon sangen, dass sich, wenn tausend Jahre in der Unterwelt verbracht seien, erneut eine Wiederherstellung zum Leben ereigne, wenn Maro das in folgender Weise sagt: , all diese, sobald sie tausend Jahre das Rad gedreht haben, ruft Gott in einem großen Zug zum Lethestrom, natürlich damit sie erinnerungslos nochmals das obere Gewölbe Wiedersehen und sich anschicken, in Körper zurückkehren zu wollen^, (8) so hat sie darin ihre Überlegung getäuscht, dass die Verstorbenen nicht nach tausend Jahren ihres Totseins wieder auferstehen werden, sondern als wieder ins Leben Versetzte zusammen mit Gott tausend Jahre herrschen werden. Denn Gott wird kommen, um, wenn er diese Welt von aller Be­ fleckung gereinigt hat, die wiederbelebten Seelen der Gerechten mit erneu­ erten Körpern zur ewigen Seligkeit aufzuerwecken. (9) Deswegen ist das 22

Text und Übersetzung

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lo

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(10)nobis autem de resurrectione affirmantibus et docentibus animas ad alteram uitam non oblitas sui, sed in eodem sensu ac figura esse redituras illud opponitur: tot iam saecula transierunt: quis umquam unus ab inferis resurrexit, ut exemplo eius fieri posse credamus? - (11) at enim resurrectio fieri non potest dominante adhuc iniustitia. hoc enim saeculo necantur homines ui ferro insidiis uenenis et afficiuntur iniuriis egestate carceribus tormentis proscriptionibus. (12) eo accedit quod iustitia inuisa est, quod omnes, qui deum sequi uolunt, non tantum odio habentur, sed uexantur omnibus contumeliis et excruciantur multiplici genere poenarum et ad impios cultus manu factorum deorum non ratione aut ueritate, sed nefanda corporum laceratione coguntur. (13) num igitur oportet ad haec eadem resurgere aut reuerti homines ad uitam, in qua tuti esse non possunt? cum ergo iusti tam uiles habeantur, tam facile tollantur, quid putemus futurum fuisse, si quis ab inferis rediens uitam postliminio recepisset? (14) auferretur profecto ab oculis hominum, ne uiso eo uel audito deos uniuersi relinquerent et ad unius se dei cultum religionemque conuerterent. (15)ergo semel fieri resurrectionem necesse est, cum malum fuerit abla­ tum, quoniam eos qui resurrexerint nec mori iam ulterius nec uiolari ullo modo fas est, ut beatam possint agere uitam quorum mors resignata est. (16) poetae uero cum scirent hoc saeculum malis omnibus redundare, obliuionis amnem induxerunt, ne malorum ac laborum memores animae reu­ erti ad superos recusarent. (17) unde Vergilius: ,o pater, anne aliquas ad caelum hinc ire putandum est sublimis animas iterumque ad tarda reuerti corpora? quae lucis miseris tam dira cupido?‘

23

Verg. Aen. 6,719-721

17

B D P H M KS

21

B DP HM

S10

10 factorum] fabricatorum KS (cf. Heck, Zusätze 194 η. 19) 12 aut D H M ac B et KS 13 iusti tam uiles B p rD pc iusti uiles H M iustitiam uiles B a r K 1Sar iu­ stitia uilis K 2 iustitia uiles S p r 17 ab ergo denuo incipit P (desiit 22,4 quamuis,) 21 in memores desinit K (denuo incipit 27,1 ad metam,) 22 Vergilius B P H M uirgilius DS 24 sublimis B D (codd. Verg. FP1) sublimes P H M S (cett. codd. Verg.)

22,10 - 22,17

177

Übrige abgesehen vom Wasser des Vergessens wahr; dieses haben sie sich deswegen ausgedacht, damit niemand ihnen entgegenhalte, warum sich sich also nicht erinnerten, dass sie schon einmal gelebt hätten, wer sie gewe­ sen seien oder was sie getan hätten. Aber doch wird es nichtsdestoweniger für unwahrscheinlich gehalten und dieser ganze Gedanke als frei erfun­ den und phantastisch zurückgewiesen. (10) Uns aber, die wir von der Auferstehung behaupten und lehren, dass die Seelen zum zweiten Leben nicht sich selbst vergessend, sondern mit demselben Bewusstsein und in derselben Gestalt zurückkehren werden, wird Folgendes entgegengehalten: ,So viele Jahrhunderte sind schon vergangen: Welcher auch nur einzige Mensch ist jemals von den Toten auferstanden, damit wir aufgrund sei­ nes Beispiels glauben, dass es überhaupt geschehen kann?‘ (11) Indessen, die Auferstehung kann sich nicht ereignen, solange noch die Ungerechtig­ keit herrscht. Denn in diesem Zeitalter werden Menschen mit Gewalt und Schwert, durch Intrigen und Gift umgebracht und von Ungerechtigkeiten, Armut, Gefangenschaft, Folter und Ächtungen heimgesucht. (12) Dazu kommt, dass die Gerechtigkeit verhasst ist, weil alle, die Gott folgen wollen, nicht nur verabscheut, sondern mit Schmähungen aller Art heimgesucht, mit Bestrafungen in vielfacher Weise gequält und nicht mit Vernunft und Wahrhaftigkeit, sondern mit unsäglicher Zerfleischung des Körpers zu frevlerischen Kulthandlungen für handgemachte Götter gezwungen werden. (13) Sollen die Menschen also etwa zu diesen nämlichen Dingen auferste­ hen oder in ein Leben zurückkehren, in dem sie nicht sicher sein können? Da also die Gerechten für so wertlos gelten, so leicht beseitigt werden, was sollen wir glauben, dass geschähe, wenn jemand von den Toten zurückge­ kehrt wäre und sein Leben wieder mit allen Rechten zurückerhalten hätte? (14) Man würde ihn in der Tat aus den Augen der Menschen verschwin­ den lassen, damit nicht alle miteinander, wenn sie ihn gesehen oder gehört haben, die Götter verlassen und sich zur Verehrung und zur Anbetung des einzigen Gottes bekehren. (15) Also muss sich zwangsläufig die Auferste­ hung auf einmal ereignen, wenn das Böse beseitigt ist, weil ja diejenigen, die auferstanden sind, zu Recht nicht weiterhin sterben und nicht in ir­ gendeiner Weise verletzt werden dürfen, damit diejenigen ihr glückseliges Leben führen können, deren Tod ungültig gemacht ist. (16) Aber weil die Dichter wussten, dass dieses Zeitalter an allen Übeln überfließt, führten sie den Strom des Vergessens ein, damit die Seelen nicht, weil sie sich an die Übel und Leiden erinnern, die Rückkehr in die Oberwelt verweigern. (17) Daher heißt es bei Vergil: ,Mein Vater, ist denn zu glauben, dass irgendwelche leichten Seelen von hier zum Himmel gehen und wieder zu den schwer­ fälligen Körpern zurückkehren? Welch so verhängnisvolle Be­ gierde nach Licht haben die Unglücklichen?‘

Text und Übersetzung

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25

30

(18) ignorabant enim quomodo aut quando id fieri oporteret, itaque renasci eas putauerunt et denuo ad uterum reuolui atque ad infantiam regredi. (19) unde etiam Plato de anima disserens ex hoc ait posse cognosci animas esse immortales atque diuinas, quod in pueris mobilia sint ingenia et ad percipiendum facilia, quod ea quae discant ita celeriter rapiant, ut non tunc primum discere illa uideantur, sed recognoscere atque reminisci: in quo uir sapiens poetis ineptissime credidit. 23 (1) Non igitur renascentur, quod fieri non potest, sed resurgent et a deo corporibus induentur et prioris uitae factorumque omnium memores erunt et in bonis caelestibus collocati ac fruentes iucunditate innumerabi­ lium copiarum praesenti deo gratias agent, quod malum omne deleuerit, quod eos ad regnum uitamque perpetuam suscitarit. (2) qua de anastasi philosophi quoque dicere aliquid conati sunt tam corrupte quam poetae, nam Pythagoras transire animas in noua corpora disputauit, sed inepte, quod ex hominibus in pecudes et ex pecudibus in homines et se ipsum ex Euphorbo esse reparatum. (3) melius Chrysippus, quem Cicero ait fulci­ re porticum Stoicorum: qui in libris quos de prouidentia scripsit cum de innouatione mundi loqueretur, haec intulit: τούτου δε ούτως εχοντος δήλον, ώς ούδέν αδύνατον καί ημάς μετά το τελευτήσαι πάλιν περιόδω τινί χρόνου εις τούτο (εν) ω νϋν έσμεν άποκαταστήναι σχήμα. (4) sed nos ab humanis ad diuina redeamus. Sibylla dicit haec: δύσπιστον γάρ άπαν μερόπων γένος, άλλ’ δταν ήδη κόσμου καί θνητών ελθη κρίσις, ήν θεός αυτός ποιήσει κρίνων ασεβείς θ’ άμα ευσεβέας τε, καί τότε δυσσεβέας μεν επί ζόφον εν πυρί πέμψει, όσσοι δ’ εύσεβέουσι, πάλιν ζήσοντ’ επί γαίης, πνεύμα θεού δόντος τιμήν θ’ άμα καί βίον αύτοίς. (5) quodsi non modo prophetae, sed etiam uates et poetae et philosophi anastasim mortuorum futuram esse consentiunt, nemo quaerat a nobis quemadmodum fieri possit, nec enim diuinorum operum reddi potest ratio: sed si a principio deus hominem nescio quo inenarrabili modo instituit, credamus ab eodem restitui ueterem posse qui nouum fecit.

16 Cf. Cic. ac. 2,75 43. 187. 189(=46)

18

SVF II 623 = 52 B L o n g /S ed ley

19 περιόδω τινί χρόνου ] ύστερον Β 20 (εν) edd. S πεμπει D pempi H M 26 όσσοι δ’ εύ om. Ρ

D S , ft. recte

nastas H

anast as M

22

or. Sib. 4,40-

25 πέμψει Β τιεμψει Ρ πμψει 29 anastasim B P anastasin

22,18 - 23,5

179

(18) Denn sie wussten nicht, wie oder wann dies geschehen sollte, des­ halb glaubten sie, dass diese wieder geboren werden und von neuem in den Mutterschoß zurückkehren und sich ins Säuglingsalter zurückbegeben. (19) Daher sagt auch Platon, wenn er über die Seele spricht: Daraus kön­ ne man erkennen, dass die Seelen unsterblich und göttlich seien, dass der Geist bei Kindern beweglich ist und leicht auffasst, dass sie sich das, was sie lernen, so rasch aneignen, dass sie es nicht dann zum ersten Mal zu lernen, sondern wiederzuerkennen und sich daran zu erinnern scheinen: In diesem Punkt hat der Weise ganz unklugerweise den Dichtern geglaubt. 23 (1) Sie werden also nicht wieder geboren werden, was nicht mög­ lich ist, sondern auferstehen, von Gott mit Leibern bekleidet werden, sich an ihr früheres Leben und alle ihre Taten erinnern und, wenn sie dann in die himmlischen Güter eingesetzt sind und die Annehmlichkeit uner­ messlicher Fülle genießen, dem gegenwärtigen Gott dafür danken, dass er alles Übel vernichtet, dass er sie zu seinem Reich und dem ewigen Le­ ben auferweckt hat. (2) Über diese Auferstehung haben auch die Philo­ sophen etwas auszusagen versucht, und zwar in ebenso entstellter Weise wie die Dichter. Denn Pythagoras handelte darüber, dass die Seelen in neue Körper übergingen, aber töricht, weil er meinte, dass die Seelen von Menschen in Tiere und die von Tieren in Menschen übergingen, er selbst aber sei aus Euphorbos wieder entstanden. (3) Besser schon Chrysipp, der, wie Cicero sagt, die Säulenhalle der Stoiker stützt. Dieser brachte in seinen Büchern über die Vorsehung, als er über die Erneuerung der Welt sprach, folgendes vor: ,Da dem so ist, ist klar, dass es keineswegs unmög­ lich ist, dass auch wir, nach unserem Ende, nach einem gewissen Zeitum­ lauf wieder in diese Gestalt, in der wir nun sind, zurückversetzt werden/ (4) Aber wir wollen von menschlichen Aussagen zu göttlichen zurückkeh­ ren. Die Sibylle sagt folgendes: ,Denn ungläubig ist die ganze Menschheit, aber wenn endlich das Gericht kommt über die Welt und über die Sterblichen, das Gott selbst vollziehen wird, indem er gleichermaßen über Unfromme und Fromme richtet, dann wird er einerseits die Gottlosen im Feuer zur Unterwelt schicken, und andererseits werden alle, die fromm sind, wieder auf der Erde leben, wozu ihnen Gott Atem und zugleich Ehre und Leben gibt/ (5) Wenn aber nicht nur die Propheten, sondern auch die Seher, Dichter und Philosophen übereinstimmend der Ansicht sind, dass die Auferste­ hung der Toten stattfinden wird, dann soll uns niemand fragen, wie das möglich ist. Denn man kann über die Werke Gottes keine Rechenschaft ablegen. Sondern, wenn Gott den Menschen von Anfang an auf irgendeine unerklärliche Weise ins Sein gerufen hat, dann wollen wir auch glauben,

Text und Übersetzung 24 (1) Nunc reliqua subnectam, ueniet igitur summi et maximi dei filius, ut uiuos ac mortuos iudicet, Sibylla testante atque dicente: πάσης γόφ γαίης τότε θνητών σύγχυσις εσται, αυτός ό παντοκράτωρ όταν ελθη βήματι κρϊναι ζώντων καί νεκύων ψυχας καί κόσμον απαντα.

5

(2) uerum ille cum deleuerit iniustitiam iudiciumque maximum fecerit ac iustos qui a principio fuerunt ad uitam restaurauerit, mille annos inter homines uersabitur eosque iustissimo imperio reget, quod alia Sibylla uaticinans furensque proclamat: ίο

15

20

κλϋτε δε μου, μέροπες, βασιλεύς αιώνιος άρχει.

(3) tum qui erunt in corporibus uiui, non morientur, sed per eosdem mil­ le annos infinitam multitudinem generabunt et erit suboles eorum sancta et deo cara: qui autem ab inferis suscitabuntur, hi praeerunt uiuentibus uelut iudices. (4) gentes uero non extinguentur omnino, sed quaedam relinquentur in uictoriam dei, ut triumphentur a iustis ac subiugentur per­ petuae seruituti. (5) sub idem tempus etiam princeps daemonum, qui est machinator omnium malorum, catenis uincietur et erit in custodia mille annis caelestis imperii, quo iustitia in orbe regnabit, ne quod malum aduersus populum dei moliatur. (6) post cuius aduentum congregabuntur iusti ex omni terra peractoque iudicio ciuitas sancta constituetur in medio ter­ rae, in qua ipse conditor deus cum iustis dominantibus commoretur, quam ciuitatem Sibylla designat, cum dicit: καί πόλιν, ήν έπόθησε θεός, ταύτην έποίησεν λαμπροτέραν άστρων ήδ’ ήλιου ήδέ σελήνης.

25

(7) tunc auferentur a mundo tenebrae illae quibus offundetur atque occae­ cabitur caelum, et luna claritudinem solis accipiet nec minuetur ulterius, sol autem septies tanto quam nunc est clarior fiet, terra uero aperiet fe­ cunditatem suam et uberrimas fruges sua sponte generabit, rupes monti­ um meile sudabunt, per riuos uina decurrent et flumina lacte inundabunt:

30

mundus denique ipse gaudebit et omnis rerum natura laetabitur erepta et liberata dominio mali et impietatis et sceleris et erroris.

3

or. Sib. 8,81-83

10

or. Sib. frg. 4 G effcken

23

or. Sib. 5,420sq.* 7

4 αυτός o m . P 4 ελθη . . . απαντα ora. S 5 ζώντων καί] συνπαντον B 7 re­ sta u ra u e rit B D P 3S 2 re sta u e rit P 1 re sta u e rin t S 1 in s ta u ra u e rit H M B r a n d t 7 annos B H M annis D P S 12 infinitam B P H M ad fin itam D in fin ita S 12 suboles B D P ^-S soboles P 2H M 13 hi D P ^ CH M hii B P a c S ii c o n ie c . Heck 25 offundetur B H M offendetur D S o ffunditur P 25-26 occaecabitur] o ccaecatu r P 31 erroris B D S te rro ris P erro rib u s H M

24,1 - 24,7

181

dass von demselben der alte ins Sein zurückgerufen werden kann, der den neuen gemacht hat. 24 (1) Nun will ich das Übrige anfügen. Es wird also der Sohn des höchsten und größten Gottes kommen, um die Lebenden und die Toten zu richten. Das bezeugt die Sibylle, wenn sie sagt: ,Dann nämlich wird Verwirrung sein unter den Sterblichen der ganzen Erde, wenn er selbst, der Allherrscher, kommt, um auf der Richtertribüne die Seelen der Lebenden und der Toten und die ganze Welt zu richten/ (2) Aber wenn jener die Ungerechtigkeit vernichtet, sein größtes Gericht gehalten und die Gerechten, die es von Anfang an gab, zum Leben erneuert hat, wird er sich tausend Jahre unter den Menschen aufhalten und sie in überaus gerechter Herrschaft regieren. Das verkündet eine andere Sibylle in prophetischer Verzückung: ,Hört mich, ihr Menschen: Der ewige König herrscht/ (3) Dann werden diejenigen, die in ihren Körpern lebendig sind, nicht sterben, sondern durch eben diese tausend Jahre hindurch eine unendli­ che Menschenmenge zeugen, und ihre Nachkommenschaft wird heilig und Gott teuer sein. Die aber aus der Unterwelt auferweckt werden, die wer­ den wie Richter über die Lebenden gebieten. (4) Die Heiden aber werden nicht gänzlich ausgelöscht werden, sondern einige übrig gelassen für den Sieg Gottes, damit die Gerechten über sie triumphieren und sie der ewigen Knechtschaft unterworfen werden. (5) Etwa zur selben Zeit wird auch der Dämonenfürst, der Urheber aller Übel, in Ketten gelegt werden und wäh­ rend der tausend Jahre des himmlischen Reiches, in dem die Gerechtigkeit auf der Welt herrschen wird, in Gewahrsam genommen sein, damit er kein Übel gegen das Volk Gottes ins Werk setzt. (6) Nach dessen Ankunft werden sich die Gerechten aus allen Teilen der Erde zusammenfinden, und nach dem Gericht wird in der Mitte der Erde eine heilige Stadt errichtet werden, in der er selbst, Gott, ihr Gründer, bei den Gerechten, die die Herrschaft ausüben, verweilt. Diese Stadt meint die Sibylle, wenn sie sagt: ,Und die Stadt, die Gott wünschte, die machte er strahlender als die Sterne, die Sonne und den Mond/ (7) Dann wird von der Welt jene Finsternis genommen werden, die sich über den Himmel legen und ihn verdunkeln wird, und der Mond wird die Helligkeit der Sonne bekommen und nicht mehr abnehmen, die Sonne aber wird siebenmal heller werden als jetzt. Die Erde aber wird ihre Fruchtbar­ keit auftun und von sich aus überreiche Frucht hervorbringen, die Felsen der Berge werden von Honig triefen, Wein wird in den Bächen zu Tal flie­ ßen und die Flüsse werden überströmen von Milch: Ja, die Welt selbst wird Freude verspüren und die gesamte Natur wird laut jubeln, da sie entrissen

Text und Übersetzung

5

lo

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30

(8) non bestiae per hoc tempus sanguine alentur, non aues praeda, sed quie­ ta et placida erunt omnia, leones et uituli ad praesepe simul stabunt, lupus ouem non rapiet, canis non uenabitur, accipitres et aquilae non nocebunt, infans cum serpentibus ludet. (9) denique tum fient illa quae poetae aureis temporibus facta esse iam Saturno regnante dixerunt, quorum error hinc ortus est, quod prophetae futurorum pleraque sic proferunt et enuntiant quasi iam peracta, uisiones enim diuino spiritu offerebantur oculis eorum et uidebant illa in conspectu suo quasi fieri ac terminari. (10) quae uaticinia eorum cum paulatim fama uulgasset, quoniam profani a sacramento ignorabant quatenus dicerentur, completa esse iam ueteribus saeculis illa omnia putauerunt, quae utique fieri complerique non poterant homine regnante. (11) cum uero deletis religionibus impiis et scelere compresso subiecta erit deo terra, , cedet et ipse mari uector nec nautica pinus mutabit merces, omnis feret omnia tellus. non rastros patietur humus, non uinea falcem; robustus quoque iam tauris iuga soluet arator/ tunc et , molli paulatim flauescet campus arista incultisque rubens pendebit sentibus uua et durae quercus sudabunt roscida mella/ ,nec uarios discet mentiri lana colores, ipse sed in pratis aries iam suaue rubenti murice, iam croceo mutabit uellera luto, sponte sua sandyx pascentis uestiet agnos/ , ipsae lacte domum referent distenta capellae ubera nec magnos metuent armenta leones/ (12) quae poeta secundum Cymaeae Sibyllae carmina prolocutus est. Ery­ thraea uero sic ait: ήδε λύκοι τε καί άρνες έν ούρεσιν άμμιγ’ έδονται χόρτον παρδάλιές τ’ έρίφοις άμα βοσκήσονται* άρκτοι συν μόσχοισιν όμοϋ καί πάσι βοτοίσιν σαρκοβόρος τε λέων φάγεται αχυρον παρά φάτνη συν βρέφεσίν τε δράκοντες άμ’ άσπίσι κοιμήσονται. 14

Verg eel. 4,38-41

19

Verg. eel. 4,28-30. 42-45. 21sq.

30

or. Sib. 3,788-

791. 794_______________________ 2 praesepe D pcP pcH M S praesepium B praesepem D acP ac 6 et enuntiant B D et nuntiant P S ut nuntient H M 9 profani a sacramento B D 1H M pro­ fani sacramenta P D 2 profana sacramenta S 15 omnis D P 3H M S omnes B P 1 18 et om. P S 21-22 roscida ... uarios spatio relicto om. D 22 discet B P 3S (codd. Verg.) discit B P XH M 25 pascentis B D S pascentes P pascenti H M 26 ipsae D P M (cett. codd. Verg.) ipse B H S (cod. Verg. γ ) 28 Cymaeae] qui meae B 30 ουρεσιν om. H M 33 φάτνη D πλονη B φαιτνη P fene H M φαιτνηυ S 34 άσπίσι Stadtmüller ap. Brandt ατησι B P S λτησι D ustesi H pc astesi M

24,8 - 24,12

183

und befreit ist aus der Herrschaft des Bösen, der Gottlosigkeit, des Ver­ brechens und des Irrtums. (8) Die wilden Tiere werden sich in dieser Zeit nicht von Blut ernähren, die Vögel nicht von Beute, sondern alles wird ru­ hig und friedlich sein. Löwen und Kälber werden zusammen an der Krippe stehen, der Wolf das Schaf nicht reißen, der Hund nicht jagen, Habichte und Adler keinen Schaden zufügen, das Kind mit den Schlangen spielen. (9) Kurz gesagt wird sich dann jenes ereignen, was sich, wie die Dichter behaupten, schon unter der Herrschaft des Saturn in der Goldenen Zeit ereignet habe. Ihr Irrtum hat seinen Ursprung darin, dass die Propheten den größten Teil der zukünftigen Ereignisse so darstellen und ankündi­ gen, als sei es bereits geschehen. Denn ihren Augen pflegten sich durch die Eingebung des göttlichen Geistes Visionen darzubieten, und sie sahen jene Dinge so vor ihrem Angesicht, als ob sie geschähen und zu ihrem Abschluss kämen. (10) Und weil das Hörensagen deren Prophezeiungen allmählich verbreitet hatte, kamen die Dichter, da sie ja in das Heilsge­ heimnis nicht eingeweiht waren und nicht wussten, im Hinblick worauf diese Prophezeiungen gesagt wurden, zu der Meinung, dass sich all jenes schon in alten Zeiten erfüllt habe, was doch unter der Herrschaft eines Menschen überhaupt nicht hätte geschehen und vollendet werden können. (11) Wenn aber nach der Vernichtung der gottlosen Religionen und nach der Beseitigung des Verbrechens die Erde Gott unterworfen sein wird, ,wird auch der Seefahrer selbst vom Meer verschwinden und das Schiff aus Fichtenholz keine Handelswaren mehr ausfüh­ ren, wird überall die Erde alles hervorbringen. Der Boden wird keine Hacken mehr und der Rebstock kein Messer erleiden müs­ sen; auch der kräftige Pflüger wird dann den Stieren das Joch abnehmen/ Und dann ,wird allmählich das Feld sich gelb färben von der zarten Äh­ re und die rote Traube wird an ungepflegten Dornsträuchern hängen, und die harten Eichen werden Honig wie Tautropfen ausschwitzen/ ,Und die Wolle wird nicht lernen müssen, ver­ schiedene Farben vorzutäuschen, sondern der Widder wird auf den Weiden die Farbe seines Vlieses von selbst wechseln, wird dann ein liebliches Purpurrot, dann wieder ein Safrangelb tra­ gen, Scharlachrot wird von sich aus die weidenden Lämmer zieren/ ,Die Ziegen werden von selbst Euter, prall von Milch, nach Hause tragen, und die Herden nicht die gewaltigen Löwen fürchten/ (12) Diese Dinge hat der Dichter nach den Prophezeiungen der Sibylle von Cumae vorausgesagt. Die erythräische Sibylle aber formuliert es so:

Text und Übersetzung (13) et alio loco de ubertate rerum: καί τότε δή χάρμην μεγάλην θεός άνδράσι δώσει, καί γάρ γή καί δένδρα καί άσπετα θρέμματα γαίης δώσουσιν καρπόν τον αληθινόν άνθρώποισιν οίνου καί μέλιτος γλυκερού λευκού τε γάλακτος καί σίτου, δπερ έστί βροτοίς κάλλιστον απάντων.

5

(14) et alia eodem modo: εύσεβέων δε μόνων αγία χθων πάντα τάδ’ οΐσει, νάμα μελισταγέης άπο πέτρης ήδ’ από πηγής καί γλάγος άμβροσίης ρεύσει πάντεσσι δικαίοις.

ίο

(15) uiuent itaque homines tranquillissimam et copiosissimam uitam et regnabunt cum deo pariter, reges gentium uenient a finibus terrae cum do­ nis ac muneribus, ut adorent et honorificent regem magnum, cuius nomen erit praeclarum ac uenerabile uniuersis nationibus quae sub caelo erunt et 15

20

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regibus qui dominabuntur in terra.

25 (1) Haec sunt quae a prophetis futura dicuntur: quorum testimonia et uerba ponere opus esse non duxi, quoniam esset infinitum nec tantam rerum multitudinem mensura libri caperet tam multis uno spiritu similia dicentibus simulque ne fastidium legentibus fieret, si ex omnibus collecta et translata congererem, praeterea ut ea ipsa quae dicerem non nostris, sed alienis potissimum litteris confirmarem doceremque non modo apud nos, uerum etiam apud eos ipsos qui nos insectantur, ueritatem consignatam teneri, quam recusent agnoscere. (2) si quis autem diligentius haec uoluerit scire, ex ipso fonte hauriat et plura quam nos in his libris complexi sumus admirabilia reperiet. (3) fortasse quispiam nunc requirat quando ista quae diximus sint futura, iam superius ostendi completis annorum sex milibus mutationem istam fieri oportere et iam propinquare summum illum conclusionis extremae diem. (4) de signis quae praedicta sunt a prophetis licet noscere: praedixerunt enim signa, quibus consummatio temporum et expectanda sit nobis in dies singulos et timenda.

2

or. Sib. 3,619-623

9 μελισταγέης edd.

8

or. Sib. 5,281-283 *S

μελετσταγεης B μεαεισταγεης D m elistacees H M μελισταταιης S 10 γλάγος Struve om. B γλλλτ D (i.e. γάλα τ’ , cf. γάλα δ’ codd. or. Sib. Φ) ταλατος P S galas H M 10 ρεύσει D ρυσει B P S breusi H M 11 tra n q u il­ lissim am et copiosissim am u ita m P acS tra n q u illim a m (tran q u illissim am B 3) u ita m et copiosissim am B tran q u ilissim a et copiosissim a u ita P pcD pc(exp. et eras, ex co­ piosissim am uitam ,) tra n q u illin a m et copiosissim am u ita m H M 12 reges B P et reges D H M S , ft. recte 28 p ra e d ic ta B P S d ic ta D H M

24,13 - 25,4

185

,Und die Wölfe und Lämmer werden in den Bergen miteinan­ der Gras fressen, und Panther gemeinsam mit jungen Böcken weiden. Bären werden mit Kälbern und allem Vieh zusammen sein, und der fleischhungrige Löwe frisst Stroh an der Krip­ pe, und bei den Säuglingen werden Schlangen zusammen mit Nattern schlafen/ (13) Und an anderer Stelle sagt sie über den materiellen Überfluss: ,Und dann wird Gott den Männern gewaltige Begeisterung ge­ ben; denn die Erde, die Bäume und das zahllose Vieh der Erde werden den Menschen die wahre Frucht geben an Wein, süßem Honig, weißer Milch und Getreide, was für die Sterblichen das Beste von allem ist.’ (14) Und eine andere Sibylle spricht in gleicher Weise: , Aber nur der Frommen heilige Erde wird all dies bringen, Nass vom honigtriefenden Felsen und aus der Quelle und ambrosi­ sche Milch wird für alle Gerechten fließen/ (15) Die Menschen werden also ein sehr ruhiges und üppiges Leben führen und zusammen mit Gott herrschen, die Könige der Heidenvölker werden mit Gaben und Geschenken von den Enden der Erde kommen, um den großen König anzubeten und zu ehren, dessen Name berühmt und ver­ ehrungswürdig sein wird bei allen Völkern, die unter dem Himmel sein werden, und allen Königen, die auf der Erde herrschen werden. 25 (1) Das ist es, was nach der Aussage der Propheten geschehen wird. Ich hielt es für unnötig, deren Zeugnisse und Worte anzuführen, weil es kein Ende nähme und das Maß des Buches eine so große Menge von Material nicht fassen könnte, wo doch so viele aus einem Geist her­ aus Ähnliches sagten, und zugleich, damit bei den Lesern kein Überdruss entstünde, wenn ich aus allen Gesammeltes und Abgeschriebenes zusam­ mentrüge; außerdem wollte ich meine Positionen nicht mit unseren eigenen, sondern hauptsächlich mit fremden Schriften bekräftigen und aufzeigen, dass nicht nur bei uns, sondern gerade auch bei denen, die uns verfolgen, diejenige Wahrheit schriftlich vorliege, die anzuerkennen sie sich weigern. (2) Sollte das aber jemand genauer wissen wollen, so mag er direkt aus der Quelle schöpfen, und er wird mehr Wunderbares finden, als wir in die­ sen Büchern einbezogen haben. (3) Irgendwer wird jetzt vielleicht fragen, wann das, was wir gesagt haben, eintreffen wird. Schon weiter oben habe ich gezeigt, dass nach dem Ablauf von sechstausend Jahren diese genannte Verwandlung sich ereignen muss und sich jener letzte Tag des endgültigen Abschlusses bereits nähert. (4) Man kann das an den Zeichen erkennen, die von den Propheten vorhergesagt wurden: Denn sie haben Zeichen vor­ hergesagt, nach denen wir die Vollendung der Zeiten für jeden einzelnen

5

io

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(5) quando tamen compleatur haec summa, docent ii qui de temporibus scripserunt, colligentes ex litteris sanctis et ex uariis historiis quantus sit numerus annorum ab exordio mundi, qui licet uarient et aliquantum nume­ ri eorum summa dissentiant, omnis tamen expectatio non amplius quam ducentorum uidetur annorum. (6) etiam res ipsa declarat lapsum ruinam­ que rerum breui fore, nisi quod incolumi urbe Roma nihil istius uidetur esse metuendum. (7) at uero cum caput illud orbis occiderit et ρύμη esse coeperit, quod Sibyllae fore aiunt, quis dubitet uenisse iam finem rebus humanis orbique terrarum? (8) illa illa est ciuitas quae adhuc sustentat omnia, precandusque nobis et adorandus est deus caeli, si tamen statuta eius et placita differri possunt, ne citius quam putamus tyrannus ille abo­ minabilis ueniat, qui tantum facinus moliatur ac lumen illud effodiat, cuius interitu mundus ipse lapsurus est. (9) nunc ad cetera exequenda redeamus quae deinceps secutura sunt. 26 ( 1) Diximus paulo ante in principio regni sancti fore ut a deo princeps daemonum uinciatur. sed idem, cum mille anni regni hoc est septem milia coeperint terminari, soluetur denuo et custodia emissus exibit atque omnes gentes quae tunc erunt sub dicione iustorum concitabit, ut inferant bellum sanctae ciuitati. et colligetur ex omni orbe terrae innumerabilis populus nationum et obsidebit et circumdabit ciuitatem. (2) tunc ueniet nouissima ira dei super gentes, et debellabit eas usque ad unum, ac primum concutiet terram quam ualidissime et a motu eius scindentur montes Sy­ riae et subsident ualles in abruptum et muri omnium ciuitatum concident, et statuet deus solem triduo ne occidat et inflammabit eum, et descendet aestus nimius et adustio magna super perduelles et impios populos et im­ bres sulphuris et grandines lapidum et guttae ignis, et liquescent spiritus eorum in calore et corpora conterentur in grandine et ipsi se inuicem gla­ dio ferient: et replebuntur montes cadaueribus et campi operientur ossibus. (3) populus autem dei tribus illis diebus sub concauis terrae occultabitur, donec ira dei aduersus gentes et extremum iudicium terminetur.

2 colligentes ex S colligentes ea B colligentes a P 1D colligentes et P 2 3 ea ex H M 4 d issen tian t H M d issen tiat B D P S , ft. recte 6 istius] PS 9 illa illa D P H illa B M S Brandt 11-12 abom inabilis B D M bilis H ab o m in an d u s P ab h o m in an d u s S 20 tu n c B D P S tu m H M recte 23 ualles Brandt colles codd. 25 su p er perduelles Heumann les B su p ra perduelles P D su p ra perduellas S su p ra rebelles H M

BP

colligentes istius m odi abhom ina-

Brandt, ft. superduel27 se om.

25,5 - 26,3

187

Tag erwarten und fürchten müssen. (5) Doch wann sich diese Gesamtzahl erfüllen wird, lehren diejenigen, die über die Zeiten geschrieben haben, in­ dem sie aus den heiligen Schriften und aus den verschiedenen Geschichts­ werken erschlossen, wie groß die Zahl der Jahre vom Beginn der Welt an ist. Mögen diese auch zu verschiedenen Ergebnissen kommen und ihre Zahlenangaben sich in der Summe ein wenig unterscheiden, so scheint den­ noch die Gesamterwartung nicht mehr als zweihundert Jahre zu umfassen. (6) Auch die Sachlage selbst verdeutlicht, dass sich der Zusammenbruch und Untergang der Welt bald ereignen wird; allerdings ist anscheinend nichts davon zu befürchten ist, solange die Stadt Rom noch unversehrt ist. (7) Jedoch, wenn jene Hauptstadt der Welt gefallen ist und eine ,Ruine‘ zu sein begonnen hat, was nach den Aussagen der Sibyllen geschehen wird, wer wird dann wohl bezweifeln, dass nun das Ende über die ganze Menschheit und die ganze Welt gekommen ist? (8) Das, das ist die Stadt, die noch immer alles aufrecht erhält, und wir müssen den Gott des Him­ mels bitten und zu ihm beten, sofern seine Festsetzungen und Beschlüsse überhaupt aufgeschoben werden können, dass nicht schneller, als wir glau­ ben, jener verabscheuenswerte Tyrann komme, der eine so gewaltige Untat ins Werk setzt und jenes Augenlicht aussticht, durch dessen Untergang die Welt selbst Zusammenstürzen wird. (9) Nun wollen wir dazu zurückkeh­ ren, das Übrige auszuführen, das der Reihe nach folgen wird. 26 (1) Wir haben vor kurzem gesagt, es werde am Anfang des heiligen Reichs der Dämonenfürst von Gott in Fesseln geschlagen werden. Eben dieser aber wird, wenn die tausend Jahre des Reichs, das heißt die sieben­ tausend Jahre, bereits auf ihr Ende zugehen, wieder von seinen Fesseln befreit werden, aus der Haft entlassen freikommen und alle Heidenvölker, die dann unter der Herrschaft der Gerechten leben werden, aufwiegeln, dass sie gegen die heilige Stadt einen Krieg beginnen. Und es wird sich ei­ ne unzählbare Masse von Heiden aus der ganzen Welt sammeln, die Stadt belagern und umzingeln. (2) Dann wird zum letzten Mal der Zorn Got­ tes über die Heidenvölker kommen, und er wird sie bis zum letzten Mann niederkämpfen. Und zunächst wird er die Erde möglichst kräftig erschüt­ tern, und durch ihre Bewegung werden sich die Berge Syriens spalten und die Täler werden sich in die Tiefe senken, und die Mauern aller Städte einstürzen. Und Gott wird die Sonne drei Tage still stehen lassen, dass sie nicht untergeht, und er wird sie in Brand setzen, und es werden eine unerträgliche Hitze und eine große Verbrennung über die feindlichen und gottlosen Völker herab kommen, und Schwefelregen, Steinhagel und Feuer­ tropfen werden herabkommen, und ihre Lebensgeister werden in der Hitze vergehen, ihre Körper im Hagel zerschlagen werden, und sie selbst wer­ den sich gegenseitig mit dem Schwert umbringen: Und die Berge werden voll Leichen liegen und die Felder von Knochen bedeckt sein. (3) Das Volk

Text und Übersetzung

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(4) tunc exibunt iusti de latebris suis et inuenient omnia cadaueribus at­ que ossibus tecta, sed et genus omne impiorum radicitus interibit nec erit in hoc mundo ulla iam natio amplius praeter solam gentem dei. tum per annos septem perpetes intactae erunt siluae nec excidetur de montibus lignum, sed arma gentium comburentur, et iam non erit bellum, sed pax ac requies sempiterna. (5) cum uero completi fuerint mille anni, renouabitur mundus a deo et caelum complicabitur et terra mutabitur, et transforma­ bit deus homines in similitudinem angelorum et erunt candidi sicut nix et uersabuntur semper in conspectu omnipotentis et domino suo sacrificabunt et seruient in aeternum. (6) eodem tempore fiet secunda illa et publica omnium resurrectio, in qua excitabuntur iniusti ad cruciatus sempiternos, hi sunt qui manu facta coluerunt, qui dominum mundi ac parentem uel ne­ scierunt uel abnegauerunt. (7) sed et dominus illorum cum ministris suis comprehendetur ad poenamque damnabitur, cum quo pariter omnis turba impiorum pro suis facinoribus in conspectu angelorum atque iustorum perpetuo igni cremabitur in aeternum. (8) haec est doctrina sanctorum prophetarum, quam Christiani sequi­ mur, haec nostra sapientia, quam isti qui uel fragilia colunt uel inanem philosophiam tuentur, tamquam stultitiam uanitatemque derident, quia nos defendere hanc publice atque asserere non solemus, deo iubente ut quieti ac silentes arcanum eius in abdito atque intra nostram conscien­ tiam teneamus nec aduersus istos ueri profanos, qui non discendi, sed arguendi atque illudendi gratia inclementer deum ac religionem eius im­ pugnant, pertinaci contentione certemus. (9) abscondi enim tegique mysterium quam fidelissime oportet, maxime a nobis, qui nomen fidei gerimus. (10) uerum illi hanc taciturnitatem nostram ueluti malam conscientiam criminantur: unde etiam quasdam execrabiles opiniones de pudicis et in­ nocentibus fingunt et libenter iis quae finxerint credunt.

(11)

30

35

S e d o m n ia ia m , s a n c tis s im e im p e r a to r , h g m e n ta s o p ita su n t, e x q u o te d e u s s u m m u s a d r e s titu e n d u m iu s titia e d o m ic iliu m e t a d tu te la m g e ­ n e ris h u m a n i e x c ita u it. q u o g u b e r n a n te R o m a n a e re i p u b lic a e s t a tu m ia m c u lto r e s d e i p r o s c e le r a tis a c n e fa riis n o n h a b e m u r, ia m e m e r g e n te a tq u e illu s tr a ta u e r ita te n o n a rg u im u r u t in iu s ti q u i o p e r a iu s titia e fa c e re co ­ n a m u r. n e m o ia m n o b is d e i n o m e n e x p r o b r a t, n e m o in re lig io su s u lte r iu s a p p e lla tu r , q u i so li o m n iu m re lig io si su m u s, q u o n ia m c o n te m p tis im a g in i­ b u s m o r tu o r u m u iu u m c o lim u s e t u e ru m d e u m .

29

locus 26,11-17 non nisi in K S traditur, sed post 27,2 p o ssu n t; transpos. edd.

34-35 inreligiosus ulterius appellatur K S Heck, Zusätze

Brandt

inreligiosos u lteriu s ap ellat

26,4 - 26,11

189

Gottes aber wird sich an jenen drei Tagen unten in unterirdischen Höhlen verstecken, bis der gegen die Heidenvölker gerichtete Zorn Gottes und das jüngste Gericht zu Ende gehen. (4) Dann werden die Gerechten aus ihren Verstecken kommen und alles mit Leichen und Knochen übersät vorfinden. Aber auch das ganze Geschlecht der Gottlosen wird restlos zugrunde gehen, und es wird auf dieser Welt nicht länger irgendein Volk geben außer dem Volk Gottes allein. Dann werden über sieben aufeinanderfolgende Jahre die Wälder unberührt sein, und es wird kein Holz in den Bergen geschla­ gen werden, sondern die Waffen der Völker werden verbrannt werden, und es wird kein Krieg mehr sein, sondern Friede und immerwährende Ruhe. (5) Wenn aber die tausend Jahre erfüllt sind, wird die Welt von Gott erneuert, der Himmel zusammengerollt und die Erde verwandelt werden. Und Gott wird die Menschen so verwandeln, dass sie Engeln ähnlich sind, und sie werden weiß wie Schnee sein, sich stets im Angesicht des allmäch­ tigen Gottes aufhalten und ihrem Herren in Ewigkeit opfern und dienen. (6) Zur selben Zeit wird sich jene zweite und allgemeine Auferstehung al­ ler ereignen, in der die Ungerechten zu ewigen Martern auferweckt werden. Das sind diejenigen, die von Hand Geschaffenes verehrt, die den Herrn der Welt und Vater nicht kannten oder verleugneten. (7) Aber auch deren Herr wird zusammen mit seinen Dienern ergriffen und zu einer Strafe ver­ urteilt werden, mit ihm zusammen wird die ganze Schar der Gottlosen zur Strafe für ihre Schandtaten vor den Augen der Engel und der Gerechten auf ewig vom immer währenden Feuer verbrannt werden. (8) Das ist die Lehre der heiligen Propheten, der wir Christen folgen, das ist unsere Weisheit, welche die Leute, die entweder Vergängliches ver­ ehren oder sich an eine nichtige Philosophie halten, als eine Dummheit und Torheit verlachen, weil wir diese gewöhnlich nicht öffentlich verteidi­ gen und für sie Partei ergreifen, da Gott uns befiehlt, sein Geheimnis still und schweigsam im Verborgenen und insgeheim bei uns zu bewahren und nicht in beständiger Anstrengung gegen diese, die in die Wahrheit nicht eingeweiht sind, zu kämpfen, die nicht um des Lernens, sondern um des Widerlegens und Verspottens willen rücksichtslos Gott und seine Religi­ on bekämpfen. (9) Denn das Mysterium muss so getreulich wie möglich verborgen und verhüllt werden, insbesondere von uns, die wir den Namen der Glaubenstreue führen. (10) Aber jene werfen uns diese unsere Ver­ schwiegenheit als ein schlechtes Gewissen vor: Daraus erfinden sie sogar etliche unsägliche Vorstellungen über sittsame und unschuldige Menschen und glauben gerne dem, was sie erfunden haben. (11) A b e r a lle d ie s e L ü g e n g e s p in s te , h o ch e r h a b e n e r K a is e r , s in d sch o n e in g e s c h lä fe r t, s e itd e m d ich d e r h ö c h s te G o t t z u r W ie d e r h e r s te llu n g d e r W o h n s ta tt d e r G e r e c h tig k e it u n d z u m S c h u tz d e s M e n sc h e n g e sc h le c h te s a u fg eru fen h a t . D e n n s e it d u d a s G e sc h ic k d e s rö m isc h e n S ta a te s

Text und Übersetzung (12)

5

io

te p r o u id e n tia s u m m a e d iu in ita tis a d fa s tig iu m p r in c ip a le p r o u e x it, q u i p o s s e s u era p i e t a t e a lio ru m m a le c o n s u lta r e s c in d e r e , p e c c a ta c o rrig e re , s a lu ti h o m in u m p a te r n a c le m e n tia p r o u id e r e , ip s o s d e n iq u e m a lo s a re p u ­ b lic a su b m o u e re , q u o s s u m m a p o t e s t a t e d e ie c to s in m a n u s tu a s id e m d e u s tr a d i d i t , u t e s s e t o m n ib u s c la ru m q u a e s it u era m a ie s ta s . (13) illi en im , q u i u t im p ia s re lig io n e s d e fe n d e re n t, c a e le s tis (ac) sin g u la ris d e i c u ltu m to lle r e u o lu e ru n t, p r o tìig a ti ia c e n t, tu a u te m , q u i n o m e n eiu s d e fe n d is e t d ilig is, u ir tu te a c f e lic ita te p r a e p o lle n s im m o r ta lib u s tu is g lo riis b e a tis s im e fru eris. (14) illi p o e n a s sc e le ris su i e t p e n d u n t e t p e p e n d e r u n t, te d e x te r a d e i p o te n s a b o m n ib u s p e r ic u lis p r o te g it, tib i q u ie tu m tr a n q u illu m q u e m o ­ d e ra m e n cu m s u m m a o m n iu m g r a tu la tio n e la r g itu r . (15) n e c im m e r ito re r u m d o m in u s a c r e c to r te p o tis s im u m d e le g it, p e r q u e m s a n c ta m re lig io ­

15

n e m su a m r e s ta u r a r e t, q u o n ia m u n u s e x o m n ib u s e x t i t i s t i q u i p r a e c ip u a u ir tu tis e t s a n c tita tis e x e m p la p r a e b e r e s , q u ib u s a n tiq u o r u m p r in c ip u m g lo ria m , q u o s ta m e n fa m a in te r b o n o s n u m e r a t, n o n m o d o a e q u a re s, s e d

20

e tia m , q u o d e s t m a x im u m , p r a e te r ir e s . (16) illi q u id e m n a tu r a f o r ta s ­ se ta n tu m sim ile s iu s tis fu e ru n t, q u i e n im m o d e r a to r e m u n iu e r s ita tis d e ­ u m ig n o r a t, s im ilitu d in e m iu s titia e a sse q u i p o t e s t , ip s a m u ero n o n p o t e s t . (17) tu u ero e t m o r u m in g e n ita s a n c tita te e t u e r ita tis e t d e i a g n itio n e in o m n i a c tu iu s titia e o p e r a c o n su m m a s, e r a t ig itu r c o n g ru en s, u t in fo r m a n ­ d o g e n e ris h u m a n i s t a tu te a u c to r e a c m in is tr o d iu in ita s u te r e tu r , cu i n o s c o tid ia n is p r e c ib u s s u p p lic a m u s, u t te in p r im is , q u e m re r u m c u s to d e m uolu it esse, c u s to d ia t, d e in d e in s p ir e t tib i u o lu n ta te m , q u a s e m p e r in a m o r e

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30

d iu in i n o m in is p e r s e u e r e s , q u o d e s t o m n ib u s s a lu ta r e e t tib i a d fe lic ita te m , c e te r is a d q u ie te m .

27 (1) Quoniam decursis propositi operis septem spatiis ad metam peruecti sumus, superest ut exhortemur omnes ad suscipiendam cum uera religione sapientiam, cuius uis et officium in eo uertitur, ut contemptis ter­ restribus et abiectis erroribus quibus antea tenebamur, fragilibus seruientes et fragilia concupiscentes, ad aeterna caelestis thesauri praemia dirigamur: quae ut capere possimus, quam primum omittendae sunt huius praesen­ tis uitae illicibiles uoluptates, quae animas hominum perniciosa suauitate deleniunt.

26

B D P H M KS6

6 (ac) edd. (et) Brandt Heck, Zusätze 12 delegit edd. diligit K S 17 tantum similes] s. t. Heck, Zusätze 131 18 ignorat Spr ig norant K S ar 21 diuinitas K 2 d iu in ita tis K 1S 25 ceteris K S Heck, Zusätze 132 et ceteris recc. Brandt Heck, Zusätze 130 29 a n te a D P K S an te B H a n te n e b a tu r M (ex sequente te n e b a -j

26,12 - 27,1

191

b e s tim m s t, g e lte n w ir V ereh rer G o tte s n ic h t m e h r a ls V e rb re c h e r u n d F re v ­ le r u n d, d a d ie W a h r h e it sch o n a u fsc h e in t u n d e rh e llt is t, w e rd e n w ir n ic h t m e h r a ls U n g e re c h te b e sc h u ld ig t, d ie w ir d ie W erk e d e r G e re c h ­ tig k e it z u tu n v e rsu c h e n . N ie m a n d m e h r m a c h t u n s d e n N a m e n G o tte s z u m V orw u rf, n ie m a n d vo n u n s w ir d lä n g e r a ls u n g lä u b ig b e z e ic h n e t, d ie w ir d o ch a ls e in zig e vo n a llen g lä u b ig sin d , w eil w ir j a d ie B ild e r to t e r G ö tte r v e ra c h te n u n d d en le b e n d ig e n u n d w a h ren G o t t ve re h re n .

(12)

D ich h a t d ie V o rseh u n g d e r h ö c h s te n G o tth e i t z u m G ip fe l k a ise rli­ ch er M a c h t e m p o r g e h o b e n , d e r d u in w a h re r F r ö m m ig k e it d ie sc h le c h te n E rlä sse a n d e re r a u fh e b e n , ih re F eh ler b e ric h tig e n , fü r d a s H e il d e r M e n ­ sch en in d e r vo n d e in e m V a te r g e e r b te n M ild e so rg e n u n d sch ließ lich d ie sc h le c h te n M en sc h e n s e lb s t a u s d e m S ta a ts w e s e n e n tfe rn e n k a n n st, d ie d e r ­ s e lb e G o tt, n a c h d e m sie a u s d e r h ö c h s te n M a c h t g e s tü r z t w u rd e n , in d e in e H ä n d e a u sg e lie fe r t h a t, d a m it a llen k la r is t, w elch es d ie w a h re H o h e it is t. (13) D en n je n e , d ie, u m d ie g o ttlo s e n R e lig io n e n z u v e r te id ig e n , d ie V er­ e h ru n g d e s h im m lis c h e n u n d e in zig e n G o tte s b e s e itig e n w o llte n , lie g e n z u B o d e n g e s tr e c k t da, d u a b e r, d e r d u sein en N a m e n v e r te id ig s t u n d h o ch s c h ä tz t, d a rfst, h e ra u s ra g e n d an T u g e n d u n d G lü ck , in v ö llig e r G lü c k se ­ lig k e it d ie e w ig w ä h re n d e n F rü c h te d e in e s R u h m e s g e n ie ß e n . (14) J e n e e rle id e n d ie S tr a fe fü r ih r V erb rech en u n d h a b e n sie e r litte n , d ich s c h ü tz t d ie m ä c h tig e R e c h te G o tte s v o r a llen G efa h ren , d ir s c h e n k t sie e in e r u h i­ g e u n d frie d lic h e R e g e n ts c h a ft u n te r g r ö ß te m B e ifa ll aller. (15) U n d n ic h t g r u n d lo s h a t d e r H e rr u n d L e n k e r d e r G esc h ic k e g e r a d e d ich e r w ä h lt a ls d en , d u rch d en er se in e h e ilig e R e lig io n w ie d e r h e r s te lle n w o llte , w eil du j a a ls e in z ig e r vo n a llen dich a u s g e z e ic h n e t h a s t, d u , d e r d u a u sn e h m e n ­ d e B e is p ie le an T u g e n d u n d H e ilig k e it g a b s t, d u rch d ie d u d en R u h m d e r a lte n K a is e r , d ie d ie Ü b e rlie fe ru n g im m e r h in sch o n u n te r d ie G u te n re c h ­ n e t, n ic h t n u r e rre ic h st, so n d e rn so g a r, w a s d a s G r ö ß te is t, ü b e r tr iffs t. (16) J e n e freilich , sie w a ren ih re r N a tu r n a ch G e re c h te n v ie lle ic h t so se h r äh n lich . D en n w e r d en L e n k e r d e s U n iv e rsu m s, G o tt, n ic h t k e n n t, k a n n ein e Ä h n lic h k e it m i t d e r G e r e c h tig k e it erreich en , sie s e lb s t a b e r n ic h t. (17) D u a b e r v o llb r in g s t d u rch d e in e a n g e b o re n e E r h a b e n h e it d e s C h a ­ r a k te r s u n d d u rch d e in e E r k e n n tn is d e r W a h r h e it u n d G o tte s in j e d e r H a n d lu n g W erk e d e r G e r e c h tig k e it. E s w a r a lso n u r fo lg e ric h tig , d a ss sich d ie G o tth e it b e i d e r G e s ta ltu n g d e r M e n s c h h e its la g e d e in e r a ls V o llzie h e n ­ d en u n d zu g le ic h a ls D ie n e r b e d ie n te . Zu ih r ß e h e n w ir in u n seren tä g lic h e n G e b e te n , d a ss sie in e r s te r L in ie dich , d e r n a ch ih re m W ille n d e r W ä c h te r ü b e r a lle D in g e is t, b e h ü te , d a n n , d a ss sie d ich m i t d e m W ille n erfü lle, d u rch d en d u im m e r in d e r L ie b e z u m g ö ttlic h e n N a m e n v e rh a r re st, d en n d a s is t fü r a lle h e ilsa m u n d v e rsc h a fft d ir G lü ck , d en Ü b rig en F ried en .

27 (1) Weil wir ja, nachdem wir die sieben Strecken des Werkes, das wir

uns vorgenommen haben, durchlaufen haben, ans Ziel gelangt sind, bleibt

Text und Übersetzung

5

lo

15

20

25

(2) quanta felicitas aestimanda est subtractum his labibus terrae proficisci ad illum aequissimum iudicem parentemque indulgentissimum, qui pro la­ boribus requiem, pro morte uitam, pro tenebris claritatem, pro terrenis ac breuibus bonis aeterna et caelestia largiatur: cum qua mercede acerbitates ac miseriae quas perpetimur in hoc mundo facientes opera iustitiae confer­ ri et coaequari nullo modo possunt. (3) proinde si sapientes, si beati esse uolumus, cogitanda et proponenda sunt nobis non tantum Terentiana illa: , molendum esse usque in pistrino, uapulandum, habendae compedes‘, sed his multo atrociora, career catenae tormenta patienda, sustinendi do­ lores, mors denique ipsa et suscipienda est et ferenda, cum liqueat cons­ cientiae nostrae nec fragilem istam uoluptatem sine poena nec uirtutem sine diuino praemio fore. (4) uniuersos igitur oportet operam dare, ut se quam primum ad rectam uiam dirigant uel susceptis operatisque uirtutibus et huius uitae laboribus patienter exactis consolatorem deum habere mereantur. (5) pater enim noster ac dominus, qui condidit firmauitque caelum, qui solem cum ceteris sideribus induxit, qui libratam magnitudi­ ne sua terram uallauit montibus, mari circumdedit amnibusque distinxit et quidquid est in hoc opere mundi conflauit ac perfecit e nihilo, per­ spectis erroribus hominum ducem misit qui nobis iustitiae uiam panderet. (6) hunc sequamur omnes, hunc audiamus, huic deuotissime pareamus, quoniam solus, ut ait Lucretius, ,ueridicis hominum purgauit pectora dictis et finem statuit cuppedinis atque timoris exposuit que bonum summum, quo tendimus omnes, quid foret, atque uiam monstrauit, limite paruo qua possemus ad id recto contendere cursu/

8 12

Cf. Ter. Phorm . 249 B DP HM

12 in ut desinit K

22

Lucr. 6,24-28

S 16 induxit D P

inluxit B H M (ill-)S

27,2 - 27,6

193

nur noch übrig, alle zu ermuntern, zusammen mit der wahren Religion die Weisheit anzunehmen, deren Wirkung und Aufgabe darin besteht, dass wir unter Verachtung des Irdischen und nach der Überwindung der Irrtümer, in denen wir früher gefangen waren, als wir Vergänglichem dienten und Vergängliches begehrten, zu den ewigen Belohnungen aus dem Schatz im Himmel hingeführt werden. Damit wir diese erlangen können, müssen wir möglichst rasch die verlockenden Vergnügungen dieses gegenwärtigen Lebens aufgeben, die die Seelen der Menschen mit verderblicher Süßigkeit verweichlichen. (2) Für welch ein großes Glück ist es zu erachten, dem hiesigen irdischen Verfall enthoben aufzubrechen zu jenem vollkommen gerechten Richter und überaus nachsichtigen Vater, der ja statt der An­ strengungen die Ruhe, statt des Todes das Leben, statt der Dunkelheit die Helligkeit, statt der irdischen und kurzlebigen Güter die ewigen und himm­ lischen schenkt. Mit diesem Lohn können die Bitternisse und Leiden, die wir in dieser Welt durchstehen müssen, wenn wir die Werke der Gerechtig­ keit tun, in keiner Weise verglichen und auf dieselbe Ebene gestellt werden. (3) Wenn wir daher weise, wenn wir glücklich sein wollen, müssen wir nicht nur jene Worte des Terenz bedenken und uns vor Augen führen, ,man müsse unentwegt in der Mühle schuften, Prügel bekom­ men und Fußfesseln tragen6, sondern noch viel Grässlicheres als das, man muss Gefängnis, Ketten und Folter erleiden, Schmerzen ertragen, schließlich sogar den Tod auf sich nehmen und erdulden, weil für unser Gewissen klar ist, dass weder diese vergängliche Lust ohne Strafe noch die Tugend ohne göttlichen Lohn blei­ ben wird. (4) Alle müssen sich also Mühe geben, dass sie sich möglichst bald auf den richtigen Weg machen oder sich dadurch würdig erweisen, Gott zum Tröster zu haben, dass sie die Tugenden angenommen und in die Tat umgesetzt und die Anstrengungen dieses Lebens geduldig ausge­ halten haben. (5) Denn unser Vater und Herr, der den Himmel erschaffen und befestigt hat, der die Sonne zusammen mit den übrigen Himmelskör­ pern darin eingerichtet hat, der die in ihrer Größe ausgewogene Erde mit Bergen bewehrt, mit Meer umgeben, mit Strömen aufgeteilt hat, der al­ les, was zu dieser Welt Schöpfung gehört, aus dem Nichts hervorgebracht und vollendet hat, sandte uns, nachdem er die Irrtümer der Menschen er­ kannt hatte, einen Führer, der uns den Weg der Gerechtigkeit eröffnen soll. (6) Diesem wollen wir alle folgen, auf diesen wollen wir hören, diesem wol­ len wir ergebenst gehorchen, weil er ja allein, wie Lukrez sagt, ,mit wahrhaftigen Worten die Herzen der Menschen gereinigt hat, der Begehrlichkeit und Furcht ein Ende gesetzt und vor Augen geführt hat, was das höchste Gut sein werde, nach dem wir alle streben, und den Weg gezeigt hat, auf dem wir auf kurzem Pfad in geradem Lauf dahin eilen können.6

5

io

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(7) nec monstrauit tantum, sed etiam praecessit, ne quis difficultatis gra­ tia iter uirtutis horreret, deseratur si fieri potest uia perditionis et fraudis, in qua mors uoluptatis illecebris adoperta celatur. (8) et quanto quis­ que annis in senectutem uergentibus appropinquare cernit illum diem quo sit ei ex hac uita demigrandum, cogitet quam purus abscedat, quam in­ nocens ad iudicem ueniat, non ut faciunt quidam caecis mentibus nixi, qui iam deficientibus corporis uiribus in hoc admonentur instantis ulti­ mae necessitatis, ut cupidius et ardentius hauriendis libidinibus intendant. (9) qua ex uoragine liberet se quisque, dum licet, dum facultas adest, seque ad deum tota mente conuertat, ut illum diem securus expectet, quo praeses dominusque mundi deus de singulorum factis et cogitationibus iudicabit. quaecumque hic expetuntur, non tantum neglegat, sed et fugiat potioremque animam suam iudicet quam bona ista fallacia, quorum incerta et caduca possessio est: (10) migrant enim cotidie et multo uelocius exeunt quam intrauerant et tamen, si nobis usque ad ultimum liceat istis fruì, aliis certe relinquenda sunt, nihil nobiscum ferre possumus nisi uitam bene atque innocenter actam. (11) ille ad deum copiosus, ille opulentus adueniet, cui astabunt continentia misericordia patientia caritas fides, haec est hereditas nostra quae nec eripi cuiquam nec transferri ad alterum potest. (12) ecquis est qui haec bona parare et acquirere sibi uelit? ueniant qui esuriunt, ut caelesti cibo saturati sempiternam famem ponant, ueniant qui sitiunt, ut aquam salutarem de perenni fonte plenissimis faucibus trahant. (13) hoc cibatu atque potu dei et caeci uidebunt et surdi audient et muti loquentur et dodi ambulabunt et stulti sapient et aegroti ualebunt et mortui reuiuescent. (14) quisquis enim corruptelas terrae uirtute calcauerit, hunc arbiter ille summus et uerax ad uitam lucemque perpetuam suscitabit. (15) nemo diuitiis, nemo fascibus, nemo etiam regia potestate confidat: immortalem ista non faciunt, nam quicumque rationem hominis abiecerit ac praesentia secutus in humum se ipse prostrauerit, tamquam desertor domini et imperatoris et patris sui punietur.6

6 quidam ] q u o ru m S 6 nixi] lux n e g a tu r S B P S praesses M 12 et fugiat D S effugiat B P H M reuiuiscent D 2 reuirescent B 1 resurgent P

10 praeses D H praesens 25 reuiuescent B 2D 1H M S

(7) Und er hat ihn nicht nur gezeigt, sondern er ist ihn auch vorange­ gangen, damit niemand wegen der Schwierigkeit vor dem Pfad der Tugend zurückschrecke. Man soll, wenn es möglich ist, den Weg des Verderbens und der Täuschung verlassen, auf dem der Tod verborgen unter den Lockun­ gen der Lust lauert. (8) Und je näher ein jeder, wenn sich die Jahre dem Greisenalter zuneigen, jenen Tag heranrücken sieht, an dem er aus die­ sem Leben scheiden muss, desto mehr soll er sich besinnen, in welchem Grad der Reinheit er scheidet, in welchem Grad der Unschuld er zu sei­ nem Richter gelangt, nicht, wie es einige im falschen Vertrauen auf ihren doch verblendeten Geist tun, die sich dann, wenn schon die Kräfte des Körpers schwinden, in der Weise an das bevorstehende letzte Unausweich­ liche erinnern lassen, dass sie sich begieriger und glühender anstrengen, die Lust auszukosten. (9) Aus diesem Strudel mag ein jeder sich befreien, solange es noch geht, solange die Möglichkeit besteht, und sich mit gan­ zem Herzen zu Gott bekehren, damit er in Sicherheit jenen Tag erwarten kann, an dem Gott, der Vorsteher und Herr der Welt, über die Taten und Gedanken der Einzelnen Gericht halten wird. Was man hier auch immer erstreben kann, er möge es nicht nur unbeachtet lassen, sondern auch mei­ den und seine Seele für wertvoller erachten als diese trügerischen Güter hier, deren Besitz unsicher und vergänglich ist: (10) Denn sie wandern täglich weiter und gehen viel schneller fort, als sie hereingekommen wa­ ren, und gewiss müssen sie dennoch, wenn es uns denn erlaubt sein sollte, diese bis zuletzt zu genießen, anderen hinterlassen werden. Wir können nichts mit uns nehmen außer einem gut und unschuldig geführten Leben. (11) Jener wird wohlhabend, jener wird reich bei Gott ankommen, an dessen Seite Mäßigung, Barmherzigkeit, Geduld, Liebe und Glaube ste­ hen. Das ist unsere Hinterlassenschaft, die weder jemandem weggenom­ men noch auf einen anderen übertragen werden kann. (12) Und wer ist es, der sich diese Güter bereiten und erwerben will? Es mögen kommen, die hungern, um von himmlischer Speise gesättigt den immerwährenden Hunger zu stillen, es mögen kommen, die dürsten, um das heilbringende Wasser aus der nie versiegenden Quelle in wahrlich vollen Zügen zu trinken. (13) Durch diese Speise und diesen Trank Gottes werden die Blinden se­ hen, die Tauben hören, die Stummen reden, die Lahmen gehen, die Dum­ men wissend, die Kranken gesund und die Toten wieder lebendig werden. (14) Denn jeder, der die Verdorbenheit der Welt mit seiner Tugend nieder­ getreten hat, den wird jener höchste und wahrhaftige Richter zum ewigen Leben und Licht auferwecken. (15) Niemand verlasse sich auf Reichtum, niemand auf Amtsgewalt, niemand gar auf königliche Macht. Diese Dinge machen nicht unsterblich. Denn jeder, der den Sinn seines Menschseins fortgeworfen und sich auf der Suche nach dem Gegenwärtigen selbst auf den Boden hingestreckt hat, wird gleichsam als Deserteur seines Herrn,

Text und Übersetzung (16) intendamus ergo iustitiae, quae nos inseparabilis comes ad deum sola perducet, et ,dum spiritus hos regit artus‘, infatigabilem militiam deo militemus, stationes uigiliasque celebremus, con­ grediamur cum hoste quem nouimus fortiter, ut uictores ac deuicto aduersario triumphantes praemium uirtutis quod ipse promisit a domino conse­ quamur.

3

Verg. Aen. 4,336

27,16

197

Befehlshabers und Vaters bestraft werden. (16) Bemühen wir uns also um die Gerechtigkeit, die allein uns als unzertrennliche Gefährtin zu Gott geleiten wird, und leisten wir, , solange der Lebensgeist diese Glieder noch lenkt unermüdlich den Kriegsdienst für Gott, führen wir die Wachen Tag und Nacht durch, stellen wir uns tapfer dem Feind, den wir kennen, entgegen, damit wir als Sieger und nach der Niederringung des Gegners im Triumph den Lohn der Tugend, den er uns selbst versprochen hat, vom Herrn er­ langen.

K

o m m e n t a r

Erster Teil: Gottes Heilsplan (Kapitel 1-7) D E V IT A BEATA: Dass die Buchtitel auf Laktanz zurückgehen, legt ihre Verwendung im Text nahe, vgl. 5,8; 3,13,3 in u ltim o libro, cu m de u ita beata n o b is e r it d is s e r e n d u m ; 4,30,15 (Titel des vierten und fünften Buches); 5,17,17 (Titel des fünften Buches). Als Entsprechung für ευδαιμονία ist u ita beata ein Kernbegriff der an­ tiken Philosophie, weil in allen bedeutenden Schulrichtungen das - freilich auf nach jeweiliger Anschauung unterschiedlichem Weg zu erreichende Lebensglück Ziel der Ethik ist, die seit Sokrates im Mittelpunkt steht.1 Ei­ ne zentrale Rolle spielt die u ita beata daher bei Cicero2 und Seneca, der eine D e u ita beata betitelte Schrift verfasst3. Hingegen ist in der christlichen Latinität vor Laktanz, wohl wegen dieser paganen Konnotierung, kaum von der u ita beata die Rede.4 Laktanz aber spricht mehrfach von der u ita bea ta , nach der, wie er sagt, die Philosophen streben (3,12,30; vgl. 3,15,10). Wie CouvÉE (122-128) beobachtet, hat die Verwendung des Begriffs u ita beata bei Laktanz drei Schwerpunkte, nämlich die Auseinandersetzung mit der paganen Ethik im dritten Buch, die Lehre von der Verpflichtung des Menschen zur wahren Gott esVerehrung und zur Tugend, die dann zur u ita beata führe, im sechsten Buch, und die Eschatologie im siebten Buch, in der die u ita beata als Belohnung für die Tugend erscheine. Die u ita beata ist nach CouvÉE (128-130) zu unterscheiden von der u ita a e te r n a (gleich­ bedeutend mit im m o r ta lita s )5: Mit u ita beata und u ita p e rp e tu a (23,1) be­ zeichne Laktanz das Leben im Tausendjährigen Gottesreich auf Erden, mit u ita a e te r n a hingegen die ewige Seligkeit nach der Vollendung der Welt. Doch stimmt der Wortgebrauch des Laktanz an vielen Stellen nicht mit CouvÉEs Einteilung überein.6 Vielmehr ergibt sich, wenn man das Wort­ feld ,ewiges Leben‘, ,ewige Seligkeit‘ bei Laktanz betrachtet, Folgendes: 1 Vgl. etwa J. R itte r , , Glück, Glückseligkeit P, HWPh 3 (1974) 679-691; M. Forschner, Über das Glück des Menschen, D arm stadt 1994; Kuen 7-13; C. Horn, An­ tike Lebenskunst, München 1998. Zu den Belegen für uita beata ThLL II 1912,5ff. 2 C o u v e e 13-45; A. M i c h e l , A propos du bonheur. Pensée latine et tradition phi­ losophique, REL 56 (1978) 349-368; Kuen 12f. 3 C o u v e e 46-84; K u e n , v.a. 333-379. 4 Min. Fel. 11,5 (Rede des Heiden Caecilius gegen die Jenseitsvorstellungen der Chri­ sten) errore decepti beatam sibi [...] et perpetem uitam m ortui pollicentur. Aber Pass. Perp. 2,2 per Christi confessionem ad perennem et beatam uitam [...] peruenire. Auch setzt sich beatus als W iedergabe des biblischen μακάριος durch, vgl. R. Braun, La notion de bonheur dans le latin des Chrétiens, Studia P atristica 10 (1970) 177-182. 5 Vgl. F ine 211-213. 6 So erscheint uita perpetua mehrfach (2,9,3; 3,12,23; 6,21,11) für den elem entaren Gegensatz zum vergänglichen Leben, ohne dass an das Tausendjährige Gottesreich zu denken wäre. Ü berhaupt hat es kaum semantische Berechtigung, uita perpetua

K om m entar

Meist (und oft im Gegensatz zur Vergänglichkeit) spricht er vom , ewigen Leberü und verwendet dafür die gleichbedeutenden7 Ausdrücke u ita a e ­ te r n a 8, p e r p e tu a 9, s e m p ite r n a 10, p e re n n is (11,1) und im m o r ta lis (4,11,1; epit. 57,5; 61,4). Seltener ßnden sich b e a titu d o p e rp e tu a (1,3; epit. 22,4), s e m p ite r n a (22,8) und a e te r n a (epit. 63,8) sowie die schmückenden Bilder lux p e rp e tu a (27,14; 2,12,7) oder s e m p ite r n a (6,17,10). All diese Formeln bezeichnen spezihsch Christliches. Doch u ita beata behält eine pagane Prä­ gung: Zunächst nämlich greift Laktanz das stoische Verständnis von u ita beata auf, modifiziert es aber gleich in christlichem Sinn, doch nur mit Vernunftargumenten: Eine echte u ita beata setzt Unsterblichkeit voraus.11 Kurz darauf folgt der erste Verweis auf das siebte Buch, der auch den Titel beinhaltet.12 Die nächsten Belege sprengen noch nicht das pagane Verständnis von irdischer u ita b ea ta , widersprechen aber auch nicht dem bereits eingeführten Junktim von Unsterblichkeit und u ita b ea ta .13 Erst im siebten Buch wird die u ita beata mit konkreten Inhalten der christli­ chen Eschatologie gefüllt: Die Frommen werden zu einer u ita beata ,zurückgemferü14, die dem Goldenen Zeitalter entspricht (2,1). Bewusst stellt Laktanz zwei geläufige pagane Vorstellungsmuster nebeneinander: die phi­ losophische u ita beata und das poetische Goldene Zeitalter. Trotz dieser christlichen Uberformung spricht Laktanz im weiteren Verlauf nur dann

7 8

9 10 11

12

13

14

näher an uita beata als uita aeterna stellen zu wollen. Insbesondere werden epit. 67,3 die Gerechten, die am Tausendjährigen Gottesreich teilhaben sollen, zur uita aeterna auferweckt. Synonym sind die Begriffe aeterna und beata offensichtlich epit. 52,5 verwendet. Das Prinzip der Variatio scheint vorzuliegen 11,lf .; 27,14; 6,17,10. 5,9; 5,24; 14,2; 3,27,13; 4,26,25; 6,8,4; epit. 54,5; 61,2; 67,3; Phoen. 148. Auch 27,14; 2,9,3; 3,12,23; 3,27,16; 3,29,14; 6,9,23; 6,17,10; 6,21,11; epit. 22,3; 52,9; frg. 4. 5,16; 11,2; 23,1; 3,12,6; 6,4,13; opif. 19,10. Zwar hätten die Stoiker darin Recht, dass die uita beata durch die uirtus erworben werde (3,12,12), aber entgegen deren Ansicht sei nicht die Tugend das höchste G ut, sondern die durch sie erreichte uita beata (3,12,13). Das Glück (beatitudo) könne freilich nur das höchste Gut sein, wenn es auch mit der Unsterblichkeit Zusammenfalle (3,12,14-18). 3,12,30; sonst ist nur vom ,letzten ‘ Buch die Rede: 2,10,26; 4,7,8; 4,26,42. Was werde für einen Gefolterten aus der stoischen Lehre, dass die uirtus zur uita beata führe (3,27,4)? Der Mensch sei verpflichtet zur wahren Gottesverehrung, die die Grundlage der uita beata darstelle (6,1,2). Die Zirkusspiele trügen nichts zur uita beata bei und seien abzulehnen (6,20,9). 2,1 animis ad beatam uitam reuocatis. Mit reuocare ist ein paganem Verstehen offener Ausdruck gewählt: Das Verb beschreibt Ps. Quint, deci. 10,12.15f.l9 die Tätigkeit eines Totenbeschwörers, vgl. ferner die W endung a morte reuocare: ,vor dem sicheren Tod bewahren^ etwa Cic. Phil. 10,16; Verg. Aen. 5,476 etc. Die christ­ liche L atinität bezeichnet mit animas reuocare üblicherweise nicht die allgemeine Auferstehung, sondern einzelne Auferweckungswunder, so etwa Tert. anim. 57,12; Novatian. spect. 10,2. Eindeutig christliche Terminologie von der Auferstehung ver­ wendet Laktanz erst ab 11,1.

1,1

203

von u ita b ea ta , wenn dies sachlich geboten ist: Bei der Schilderung des Ur­ teils, das nach der Auferstehung über jeden Einzelnen gefällt wird, ist u ita beata Gegenbegriff zu p o e n a (20,6), und in der Begründung, warum die Auferstehung erst nach der Beseitigung des Bösen erfolgen könne (22,15), ist der entscheidende Gedanke das g lü ck lich e Dasein des Auferweckten. In beiden Fällen könnte nicht sinnvoll von einem , ew ig en Leben ‘ die Rede sein. Obwohl Laktanz also die u ita beata mit der ewigen Seligkeit, also der Erfüllung nach christlichem Verständnis gleichsetzt, vereinnahmt er den Begriff nicht gänzlich in christlichem Sinn und verwendet ihn nur in be­ gründeten Einzelfällen, das heißt der semantischen Klarheit oder der be­ wussten Anknüpfung an pagane Denkmuster wegen.15 Im letzteren Sinn wählt Laktanz auch den Titel de u ita b e a ta : Er geht aus vom stoischen Verständnis der u ita b ea ta , das Cicero und Seneca bieten. Demgemäß wird die u ita beata durch die Tugend erworben und verlangt ihrem Wesen nach Dauerhaftigkeit.16 Darauf aufbauend kann man das ewige Leben als Lohn für die Gottesverehrung bezeichnen, die wiederum mit der u irtu s gleich­ zusetzen ist.17 Doch muss der Begriff seine pagane Konnotation behalten, damit Laktanz (3,12,12ff. und in den ersten acht Kapiteln des siebten Bu­ ches) zeigen kann, dass die u ita beata der Philosophen in Wahrheit das jenseitige18 ,ewige Leben ‘ der Christen ist. 1,1 B ene . . . fu n d am en ta: Zitat aus Cic. Mur. 14, auch dort für einen Neuansatz. B e n e h a b et erscheint nur dort bei Cicero und wird Quint, inst. 9,2,26 zitiert als Figur zur Steigerung der Gefühlswirkung. F u n d a m e n ta ta cere findet sich öfter bei Cicero (ac. 2,37; Cael. 5 etc.; vgl. ThLL VI 1553,34ff.). Mit Anklängen an Cicero beginnt das Proömium auch 4,1,1 (Cic. de orat. 1,1, wie Min. Fel. 1,1), ira (Cic. parad. 1) und epit. (Cic. fam. 5,12,1; vgl. B r y c e 25-27). exim ius o ra to r: Laktanz zitiert Cicero öfter als o r a to r (1,9,3; 6,11,25) schlechthin und lobt seine Beredsamkeit (1,15,16; 3,14,7; opif. 1,14). idonea essent o p eri p erferen d o : Id o n e u s mit Gerundivkonstruktion im Dativ (wie 2,6,16; opif. 3,1) erst ab Ulp. frg. Vat. 129 (vgl. ThLL VII,1 236,67ff.). Der Konjunktiv ist final zu verstehen, vgl. LHS II 558. 15 Auch opif. 20,2 und 30,2.5 ist der Begriff in paganem Sinn verwendet, epit. 52,7 steht zusätzlich aeterna. 16 Vgl. beispielsweise Cic. fin. 2,86-88.105; 3,28; 4,20; Sen. dial. 7,5,3; 13,5; epist. 85,1; benef. 4,2,3. 17 Ü b erzeu g en d h erausgearbeitet bei C o u v é e 122-126. 18 W ichtig wiederum ist C o u v é e s (129f.) Beobachtung, dass die Vorstellung einer bereits im diesseitigen Leben einsetzenden ζωή αιώνιος, wie die Bibel sie kennt ( C o u v é e 85-104), mit dem (auch in dieser Hinsicht dualistisch strukturierten, vgl. die Lehre von den zwei Leben 5,16-26) Denken des Laktanz unvereinbar ist.

K o m m e n ta r

uerum . . . perduximus: Laktanz kleidet den Abschluss des Werkes in die Metapher von der Fertigstellung eines Gebäudes, ausgehend von fu n d a ­ m e n tu m tacere. Vielleicht wirkt auf ro b u stis m o lib u s der Ausdruck ro b u sta m o le (Cypr. hab. virg. 2; unit. eccl. 2; epist. 37,4,2 im Zusammenhang mit Mt 7,24f) ein. Zu m o le s für Gebäudebestandteile ThLL VIII 1342,10ff., zu opu s für Gebäude ThLL IX,2 846,19ff. und zu p e rd u c e re für deren Errich­ ten ThLL X,1 1290,5ff. Dahinter steht der Anspruch einer umfassenden Darstellung (etwa 1,1,12), ganz ähnlich unser , Lehrgebäude‘. Zu su m m u m vgl. 12,23; opif. 1,12. restat . . . uel tegere uel ornare . . . : Verbunden mit einer Auf­ munterung des Lesers ( m u lto f a c iliu s ) wird die Bau-Metapher weiterge­ führt im Hinblick auf die Vervollständigung ( teg ere gegen in u tilia ) und Anziehungskraft ( o rn a re gegen in g r a ta ) des ganzen (Lehr-)gebäudes. 1 .2

1.3 aut falsis religionibus liberari . . . : Laktanz löst die Metapher vom ,Lehrgebäude‘, das er in den D iu in a e in s titu tio n e s errichtet habe, auf und blickt auf die einzelnen Bücher (so sind nun die 1,2 erwähnten p r io r a o p e­ ra zu verstehen) zurück: F a lsis re lig io n ib u s lib era ri fasst Buch 1 de fa ls a relig io n e zusammen, in te lle g e re u e ra m Buch 2 de o rig in e e r r o r is , u a n ita te m fa ls a e s a p ie n tia e p e r u id e r e Buch 3 de fa ls a s a p ie n tia , u era cogn oscere Buch 4 de u era s a p ie n tia e t re lig io n e , c a e le s te m illa m iu s titia m d e fe n d e re Buch 5 de iu s titia , cu m m a g n is d iffic u lta tib u s c u ltu m d e i te n e re Buch 6 de uero cu ltu und p r a e m iu m b e a titu d in is p e r p e tu a e Buch 7 de u ita bea­ ta. Geradezu einhämmernden Nachdruck erhält die Inhaltsangabe durch in q u a m , die elliptische Anapher mit qu id und die rhetorische Frage. Der­ gleichen rhetorische Mittel wendet Laktanz durchgängig in seinem Werk und in bestimmten Passagen in auffallender Häufung an, vgl. beispielswei­ se unten zu 4,4 fa c tu m ... ; 6,1 id c irc o m u n d u s ... ; 7,1 d iu e r s i ... ; 10,5 u ir tu tis p e r p e tu ita s ... etc. Oft dienen sie, wie hier, dazu, dem Leser die Stringenz des göttlichen Heilsplanes (siehe unten zu 5,1-27) und die daraus sich ergebenden ethischen Forderungen eindringlich vor Augen zu führen. sapientiae: Stichwort im Titel der Bücher 3 und 4; insgesamt ein „Schlüs­ selbegriff zu den Divinae institutiones des Laktanz“ ( T h o m a s im Titel sei­ ner grundlegenden Untersuchung, mit über 200 Belegen), der in zwei unter­ schiedlichen Verständnisweisen erscheint (vgl. T h o m a s 85-88), die beide im siebten Buch eine wichtige Rolle spielen: (1) S a p ie n tia ist gottgege­ bene Anlage des Menschen (12,12), die ihn vom Tier unterscheidet (4,13; 8,4; 9,12). Sie befähigt ihn zur Unterscheidung von bon u m und m a lu m , und zwar im Sinn einer Erkenntnis sowohl von Nützlichem und Schädli­ chem (4,13-15) als auch von Gut und Böse (5,27 add. 11.13.15; vgl. 12,15). (2) Im Gegensatz zur fa ls a s a p ie n tia der paganen Philosophie ist die wahre Weisheit die Erkenntnis Gottes (9,12) und somit der Wahrheit schlechthin

205

1,3

(1,11; 2,2), die freilich durch die göttliche Offenbarung (im Sohn als d o c to r s a p ie n tia e , dazu auch Loi C risto lo g ia 259-277; L a tta n z io 253-255) erst ermöglicht werden muss (2,5-8). Sie führt nach Gottes Heilsplan (5,27) zu dessen Verehrung durch ein Leben in Tugend und Gerechtigkeit. Somit fallen s a p ie n tia , cu ltu s d e i , re lig io , u irtu s und iu s titia für Laktanz im Chri­ stentum zusammen und ßnden darin ihre letzt gültige Ausprägung (26,8; 27,1). caelestem : Zum Gebrauch bei Laktanz Loi

G e n itiv o

94f.

iu stitia m : Titel des fünften Buches, ebenfalls ein Schlüsselbegriff der D iu in a e in s titu tio n e s (über 200 Belege).19 Im siebten Buch ergibt sich folgendes Bild: Gerechtigkeit fällt mit Tugend (14,3; 21,6) zusammen, sie ist die ethi­ sche Grundanforderung Gottes an den Menschen (1,22; 5,22; 16,12; 21,6.8; 27,16; 26,11.16b), der der Mensch durch das Vorbild Christi gerecht wer­ den kann (27,5) und die ihn zum ewigen Leben führt (14,2). Sie erfüllt sich im Christentum (5,22; 11,3; 14,3; 15,18; 22,12; 27,2; siehe auch unten zu 15,5 iu stu s e t c u lto r ... ). Die Gerechtigkeit verfällt in der Endzeit (15,8; 17,9) und herrscht im Tausendjährigen Reich (14,11; 24,5). c u ltu m dei: ,die Verehrung (des einen, wahren) Gottes‘, hier nach dem Titel des sechsten Buches de uero c u ltu . Gemeint ist die sich aus der Er­ kenntnis Gottes ergebende Verehrung durch ein tugendhaftes und gerech­ tes Leben, letztlich das Christentum, wie etwa 5,22; 5,27 add.17; 6,1; 11,8; 13,2; 17,2; 22,14; 26,13 etc. Siehe aber auch unten zu 6,3 cu ltu d eo ru m . diuinum : Zum Gebrauch bei Laktanz Loi

G e n itiv o

94f.

p ra e m iu m b e a titu d in is p e rp e tu a e : Es ist ein durchgängiges Motiv bei Laktanz, dass der Mensch als Lohn für die entbehrungsreiche Treue zu Gottes Geboten das ewige Leben erlangt; zur Einbettung in den Heilsplan Gottes siehe unten 273; vgl. beispielsweise A t z b e r g e r 595-597; C o u v é e 116b; Loi L a tta n z io 64-66; 267 Anm. 161; I n g r e m e a u C o lere 370. Häußg wird der Ausdruck für Lohn (p r a e m iu m 6,1; 10,7; 14,2f. etc. oder m erces 1,4; 5,20; 27,2) wie hier durch einen explikativen Genitiv ergänzt, der seine 19 Vgl. zu diesem für das Gesamt Verständnis des Laktanz grundlegenden Begriff V. Loi, Il concetto di ‘iu stitia’ e i fattori culturali dell’etica di Lattanzio, Salesianum 28 (1966) 583-625; E. H e c k , Iustitia ciuilis - iustitia naturalis. A propos du jugem ent de Lactance concernant les discours sur la justice dans le De republica de Cicéron, in: F o n t a i n e / P e r r i n 171-184; V. Loi, La funzione sociale della iustitia nella polemica anti-pagana di Lattanzio, in: L etterature com parate: problemi e metodo. Studi in onore di E. P a r a t o r e , Bologna 1981, 843-852; I n g r e m e a u Colere 225; J.-M . A n d r é , Lactance et l’idée stoì'cienne de justice, in: M. S o è t a r d (Hrsg.), Valeurs dans le stoicisme. Du Portique à nos jours. Textes rassemblés en hommage à M. S p a n n e u t , Lille 1993, 131-148; W i n g e r II 473-493; C. I n g r e m e a u , Lactance et la justice dans le livre V des ‘Institutions divines’, in: Μ. Ρ ιο τ (Hrsg.), Regards sur le monde antique. Hommages à G. S a b b a h , Lyon 2002, 153-162.

K om m entar

Art des Lohnes beschreibt (5,9 a e te r n a e u i ta e ; 5,15, 6,1 und 21,8 im m o r ta ­ l i t a t i s ; 4,11,15 u ita e ); anders 1,5 u ir tu tu m und 5,20 u ir tu tis , wo der Grund der Belohnung angegeben ist. Der Ausdruck b ea titu d o p e r p e tu a ist gleich­ bedeutend mit u ita a e te r n a , s e m p ite r n a usw., siehe oben 202 Anm. 8fL, vgl. Loi L a tta n z io 65 mit Anm. 176. subsequatur: Der Konjunktiv changiert zwischen Potentialis und Opta­ tiv, auch bringt er eine ditrochäische Klausel zustande. 1.4 ne priora om nia . . . : Das oben 1,2 metaphorisch Gesagte wird nun ausdrücklich erläutert: Die b e a titu d o p e r p e tu a ist der von Gott festgesetzte Lohn für denjenigen, der die die in den vorhergehenden Büchern systema­ tisch begründeten Forderungen nach tugendhaftem Verhalten erfüllt. infructuosa: nachklassisch häufig, vgl. ThLL VII,1 1496,34 tantos labores: Die Unsterblichkeit muss durch Anstrengungen und Lei­ den ( la b o r , laborare) errungen werden, vgl. etwa 5,9.15.17; 6,1; 27,2.4; 3,12,7f.35; 5,23,5; 6,3,6f. tantos labores in cassum suscipi: Zur Formulierung vgl. 6,9,17 (über Tugend ohne Gotteserkenntnis) stu ltu s s i t n ecesse e s t, qui labores [ . .. ] m a x im o s s u s c ip ia t in ca ssu m .

dum: Hier wie öfter kausal, vgl. KS II 377; ThLL V 2209,45ff. caelesti m ercede diffidit: Siehe oben zu 1,3 p r a e m iu m ... bloßem Ablativ wie 5,20,2; mort. pers. 45,5, mit de 2,4,22.

D iffid e re

mit

sola nudaque uirtute: Wie 1,1,3. contem pserit: Siehe unten zu 11,6

c o n te m p tu i p r a e s e n tiu m s tu d e n te s .

1.5 diuinarum litterarum: Hier bezeichnet der Ausdruck, wie sonst oft, die Bibel (siehe unten zu 7,9 d iu in a e litte ra e ; falsch daher M o n a t ( B i­ ble I 34), sondern nichtchristliche Schriften mit religiöser Autorität. Mit Belegen daraus ergänzt Laktanz argument at iv-darlegende Passagen (hier: cu m te s tim o n iis . . . tu m e tia m p ro b a b ilib u s a r g u m e n tis ). Typisch ist das Vorgehen bei der Begründung des Monotheismus im ersten Buch: 1,3,124: rationale Argumente; 1,4,1 - 1,7,13 Belege (vgl. A. W l o s o k HLL 5 [1989] 387). Im siebten Buch finden sich entsprechende Belegsammlungen 13,3-6 für die Unsterblichkeit der Seele, 15,18f. für den Untergang Roms, 18,1-8 für das rettende Eingreifen Gottes in der Endzeit, 23,3-5 für die Auferstehung des Fleisches, 24,9-15 über die kommende Heilszeit. Anson­ sten bezeichnet Laktanz diese Art von Belegen als te s tim o n ia d iu in a (siehe oben 33). Der hier verwendete Ausdruck te s tim o n ia d iu in a ru m litte r a r u m findet sich auch Tert. nat. 2,12,34 (für ein Zeugnis aus den Sibyllenora­ keln) .

207

1,6

c laru m sit: Siehe unten zu 4,10

d a r u m est.

et fu tu ra p ra e se n tib u s . . . a n te p o n e n d a : Zu dieser Antithetik vgl. 5,23-26 und unten zu 4,12 ex rebus d iu e r sis . . . te m p o ra lia : Antonym zu sempiterna wie ira 24,7, siehe unten zu 4,12 te m p o ra li.

p ra e m ia . . . u irtu tu m : Siehe oben zu 1,3

p r a e m iu m . . .

1,6—10 u n d 3,16—22 A u se in a n d e rse tz u n g m it d e r A n n ah m e einer ewig d a u e rn d e n u n d ein er anfangslosen W elt: Die christliche Lehre von einer einmal erschaffenen und endlichen Welt vertritt Laktanz in den Kapiteln 1 und 3 gegenüber der Position Platons, nach der die Welt zwar von Gott erschaffen, aber unendlich sei, und der des Aristoteles, nach der die Welt weder Anfang noch Ende habe. Die Ewigkeit der Welt wird in vielfältiger Weise in der paganen Philosophie diskutiert und in der apologetischen Literatur bestritten.20 Laktanz setzt sich in zwei Passagen des siebten Buches (1,6-10; 3,1622), aber auch schon im zweiten (2,10,17-25) mit der Annahme einer ewi­ gen Welt auseinander und entwickelt dabei folgende Argumente: 1. Geschaffenes Materielles ist vergänglich (1,6.9; 3,17). Das Argument richtet sich gegen Platon. Einen entsprechenden Gedanke lässt schon Cicero (nat. deor. 1,20) den Epikureer Velleius gegen Platon äußern. Bei der Formulierung greift Laktanz aber nicht auf die dortigen atomistisch geprägten epikureischen Motive, sondern auf die Sprache der Platonreferate bei Cicero zurück, in denen der unsterblichen Seele der vergängliche Körper gegenübergestellt wird.21 2. Was existiert, muss einen Beginn haben (1,8; 3,20; 2,10,18.22). Der Einwand bezieht sich auf die Lehre des Aristoteles von einer anfangs­ losen Welt. 20 So lehrt beispielsweise die Stoa seit Zeno (SVF I 102) den Kreislauf von Enstehen und Vergehen der Welt. Auch innerhalb des Platonim us ist das Verständnis von P lat. Tim. 32c; 41ab und die Frage nach der Ewigkeit der Welt um stritten, vgl. H.S. L a n g / A . D . M a c r o , Proclus, On the E ternity of the World. Greek text with introduction, translation, and commentary, Berkeley 2001, 17-22; R. D a l e s , Medieval Discussions of the E ternity of the World, Leiden [u.a.] 1990, 3-17. Schon Philo von Alexandrien verfasst eine Schrift De aeternitate m u n d i, vgl. etwa D.T. R u n i a , Philo’s De aeternitate mundi. The problem of its interpretation, VChr 35 (1981) 105-151. Die Apologeten gehen in unterschiedlicher Weise mit der Frage um (Überblick W o l f s o n E tern ity): Tert. apol. 11,5 lehnt die Ewigkeit der Welt beiläufig als Irrehre des Pythagoras ab, Min. Fel. 34,4 schreibt sie P laton zu, aber mit dem Zusatz, dass die Welt für den Schöpfergott doch auflösbar sei. 21 Zu 1,6 quidquid est solido et graui corpore vgl. 12,2 solidum enim et comprehensi­ bile corpus est et oculis et manu\ zu 1,9 und sub uisum oculorum uenit, et corporale 3,17 tangi non potest vgl. 12,3 corpus [...] occidit nec uim repellere potest, quia sub aspectum et sub tactum u en it; Siehe auch unten zu 12,2-4.

K om m entar

3. Die Elemente Erde, Wasser und Feuer sind vergänglich, also ist auch die Welt, die aus diesen Teilen besteht, vergänglich (1,8).22 Auch dies richtet sich gegen Aristoteles, wie die ausdrückliche Anwendung auch auf den Anfang der Welt (1,9 ita f i t u t n a tu m s i t q u id q u id p o te s t in te r ir e .) zeigt. Der Gedanke von der Vergänglichkeit der Elemente könnte, wie im Fall des ersten Argumentes, aus Cicero (nat. deor. 3,30-32) entlehnt und von der Diskussion um die Unsterblichkeit der Seele übertragen sein. Bereits im zweiten Buch wird das vorliegen­ de Argument in Auseinandersetzung mit Aristoteles (2,10,17) näher ausgeführt: Das Prinzip von Werden in der Vergangenheit, Sein in der Gegenwart und Vergehen in der Zukunft betrifft den Menschen und alles Sterbliche, somit auch die Welt, die daraus besteht (2,10,1822),23 und dass Vergänglichkeit eine Eigenschaft der Welt sei, zeig­ ten die allfälligen Katastrophen und die Mythen von Phaethon und Deukalion (2,10,23f.). 4. Die für den sterblichen Menschen erschaffene Welt muss auch selbst sterblich sein (3,16). Das Argument kann Laktanz nur deswegen ge­ gen Platon wenden, weil er vorher (3,12) die stoische Lehre, dass die Welt um der sterblichen Menschen willen erschaffen sei, neben der Annahme eines Schöpfergottes und der Providenz auf jenen zurück­ geführt hat. Platon ist also streng genommen nicht getroffen24. Die Stoa lehrt entgegen der platonischen Tradition sehr wohl eine endli­ che Welt, genauer gesagt den Kreislauf von Weltenbrand (έκπύρωσις) und Wiederherstellung (άποκατάστασις).25 Diese Position erwähnt Laktanz aber im vorliegenden Zusammenhang nicht. 5. Der Welt hegt vernünftige Überlegung ( r a tio ) zugrunde, das wäre aber nicht möglich, wenn sie keinen Anfang hätte, denn alle geschaf­ fenen Dingen beruhen auf einem Plan; somit ist die Welt vergänglich, weil sie geschaffen ist (3,20-22). Angesprochen sind , diejenigen, die sagen, dass es die Welt schon immer gegeben hätte‘ (3,20 qui a u te m d ic u n t s e m p e r fu is s e m u n d u m ), gedacht ist an Aristoteles. Laktanz ist augenscheinlich nicht an einer fundierten Auseinandersetzung mit der Unendlichkeit der Welt gelegen, sondern er orientiert sich an rhe­ torischen und konzeptionellen Erwägungen. So verteilt er die Auseinander­ setzung auf zwei Durchgänge: Zunächst (1,6-10) geht es nur propädeutisch 22 Vgl. W o l f s o n Eternity 190-192. 23 Zur Einordnung dieses Argum ents W olfson Eternity 187-190. 24 Richtig van Rooijen—Dijkman 28. 25 Vgl. etwa P. S t e i n m e t z , G G P h2 4/2 (1994) 538; M .J. W h i t e , Stoic N atural Philo­ sophy (Physics and Cosmology), in: B. I n w o o d (ed.), The Cambridge Companion to the Stoics, Cambridge 2003, 124-152, hier 141f.; F r e u n d Chrysipp 51f. (mit weiterer L iteratur).

1,6

209

um die Endlichkeit der Welt als Voraussetzung für eschatologisches Den­ ken. Dann (3,16-22) erweitert er den Aspekt der Endlichkeit um denjeni­ gen der Teleologie der Welt, um darauf seine Darstellung des umfassenden göttlichen Heilsplanes (4,1 - 6,1) aufbauen zu können. Dabei zielt Laktanz auch darauf ab, die Irrtümer und Widersprüche der einzelnen einander bekämpfenden Schulen aufzuweisen, und beschränkt sich thematisch nicht auf die Unendlichkeit der Welt: Der erste Durchgang führt zu dem Er­ gebnis, dass allein die viel gescholtenen Atomisten Recht behalten: Platon irrt (1,6), noch mehr aber Aristoteles (1,7f.), dem wiederum Platon entge­ gengehalten werden kann (1,9). Und allein Demokrit und Epikur vertreten das Richtige (1,10). Im zweiten Durchgang ergibt sich, dass alle Philoso­ phen die Wahrheit verfehlen: Die Stoiker vertreten einen unhaltbaren Pan­ theismus (3,1-11) und können ihre von Platon übernommene Lehre von Schöpfergott und Providenz gegenüber den Epikureern nicht begründen und verteidigen (3,12-15). Platon spricht der erschaffenen Welt fälschlich ewige Dauer zu (3,16f.). Die diesen beiden Schulen widersprechende Posi­ tion, den planvollen und auf den Menschen ausgerichteten Charakter der Welt zu leugnen, ist ebenso unhaltbar (3,18f.). Eben dahin gelangt aber, wer wie Aristoteles die Welt für anfangslos erklärt und somit die Existenz eines Weltenplans unmöglich macht (3,20-24). Die Darstellung läuft hin­ aus auf das Scheitern der paganen Philosophie in den elementaren Fragen nach Anfang, Ende und Sinn der Welt. 1,6 rationem mundi: Wie 2,2; 4,10: der (göttliche) Vernunftplan oder Sinnentwurf, der der Welt zugrunde hegt. Plato: Zu Platon bei Laktanz siehe oben 36. de mundi fabricatione disseruit: Auch schon 1,5,23; 4,4,6; 4,6,9 refe­ riert; vgl. Loi L a tta n z io 114). Hinter dem Bezug auf Platon steht zwar letztlich Tim. 28b - 29c, doch wird Platons Lehre vom Schöpfergott sehr häußg wiedergegeben. Als Zwischenquelle kommen beispielsweise in Frage Cic. nat. deor. 1,18; Tusc. 1,63; Min. Fel. 19,4 P la to n i [ ...] in T im a e o deu s [ ...] c a e le stiu m te r re n o ru m q u e fa b r ic a to r .

mysterium: Die vor und bei Cicero gebräuchliche lateinische Übernahme von μυστήριον bezeichnet in der paganen Latinität, meist im Plural, die Mysterienkulte (ThLL VIII 1753,14f. ; 23ff.). Die Christen verwenden das Wort neben s a c r a m e n tu m ( B r a u n 436-439). Laktanz ist der erste, der die bis dahin wegen der paganen Konnotation (z.B. von Cyprian) geübte Zurückhaltung aufgibt und das Wort öfter (29 Belege) und vorbehaltlos für christliche Inhalte verwendet, vgl. V. Loi, II termine m y s te r iu m nel­ la letteratura latina cristiana prenicena, VChr 19 (1965) 210-232 & 20 (1966) 25-44, v.a. 227-232; 25f. Im siebten Buch bezeichnet Laktanz da­ mit das offenbarte Heilsgeheimnis, das den paganen Philosophen (hier, in

Kommentar

der Junktur c a e le ste m y s te r iu m , und mit m a g n u m wie 8,2; epit. 63,8), den irdischer Lust Verfallenen (6,2, m u n d i ) und den Dichtern (22,8, d iu in i s a ­ c r a m e n ti) unzugänglich bleibt, und das Offenbarungsgeheimnis, das in den Heiligen Schriften festgehalten ist und der Arkandisziplin unterliegt (26,9; siehe unten zu 26,8-10). Siehe auch unten zu 3,14 s a c r a m e n tu m und zu 6,2 arcan u m . quod non nisi prophetis ac deo docente discitur: Siehe unten zu 7,4 n o n n is i [ ...] d o ctu s a deo.

prophetis: Die lateinische Übernahme von προφήτης erscheint zwar bereits in der paganen Latinität für eine Seher- oder Priestergestalt (seit Festus, öfter nur bei Apuleius; vgl. ThLL X,2 1991,57ff.), ganz häufig aber seit der Vetus Latina und Tertullian in der christlichen, so auch mit über 125 Belegen bei Laktanz. Für das siebte Buch ergibt sich folgendes Bild: Meist kommt das Wort im Plural vor und steht für die Verfasser der Heiligen Schrift, beinahe synonym für diese (17,8 lib ri p r o p h e ta r u m ). Die p r o p h e ­ ta e lehren zusammen mit Gott (hier) und aus dessen Geist (18,1 ex d ei s p i r i tu ; vgl. Loi L a tta n z io 174-176) die Christen, die auf diese Lehre hö­ ren und ihr folgen (7,11 d is c im u s ; 26,8 d o c tr in a s a n c to r u m p r o p h e ta r u m , qu am C h r is tia n i s e q u im u r ). Sie sprechen trotz ihrer großen Zahl in einem Sinn (25,1 ta m m u ltis uno s p ir itu s im ilia d ic e n tib u s ). Laktanz legt seiner Darstellung ihre Aussagen zugrunde (14,17; 25,1; 26,8), verzichtet aber auf wörtliche Zitate (13,2; 25,1), sondern führt stattdessen pagane Zeugnisse an, die mit ihnen in einzelnen Punkten übereinstimmen (7,8; 7,11; 7,13; 14,16; 18,1; 19,9; 22,4; 23,5 n o n m o d o p ro p h e ta e , se d e tia m u a te s e t p o e ta e e t p h ilo s o p h i) , denn ihre Botschaften sind bis zu den Heiden gedrungen (22,5). Insbesondere an die alttestamentlichen Propheten scheint gedacht zu sein, wenn davon die Rede ist, dass die p r o p h e ta e Ankündigungen ( co n ­ tio n e s 15,17; 22,5) über Zukünftiges (15,17; 18,1; 19,9; 22,5; 23,5; 24,9; 25,1) machen, dabei aber in der Vergangenheit sprechen (24,9 fu tu r o r u m p lera q u e sic p r o fe r u n t e t e n u n tia n t q u a si ia m p e r a c ta ) oder auch falsche Namen verwenden (15,17 d e n u n tia n t sub am bage a lio ru m n o m in u m , ne fa c ile quis in te lle g a t). Im Singular bezeichnet p r o p h e ta den Psalmisten in der Einleitung eines wörtlichen Zitates (14,9). In ausdrücklicher Abgren­ zung von den c a e le ste s p r o p h e ta e spricht Laktanz von sa e c u la re s p r o p h e ta e (14,16) und meint damit die (sonst als u a te s bezeichneten) paganen Seher und Orakelquellen (vgl. ThLL X,2 1991,65ff.). Ferner erscheinen als Figu­ ren der Endzeit der Prophet Gottes (17,1.3) und als sein Gegenspieler der Lügenprophet (17,4), der Antichrist. in perpetuum dixit esse fabricatum: Das Bezugswort m u n d u m lässt Laktanz hier wie etwa 3,4 cu m h o m in u m cau sa p r a e d ic a n t e sse fa b r ic a tu m weg. Dass Platon die Unvergänglichkeit der Welt lehre (vgl. 2,10,25), kann

1,7

211

Laktanz entnehmen aus Cic. ac. 2,118 P la to [ ...] m u n d u m fa c tu m e sse cen ­ s e t a deo s e m p ite r n u m (119 findet sich das 1,7 über Aristoteles Gesagte); nat. deor. 1,20 is [sc. P la to ] eu m [sc. m u n d u m ] d ix e r it fo r e s e m p ite r n u m . Dahinter stehen zwar Gedanken aus Platons Timaios (genannt Cic. nat. deor. 1,18), wo die Welt als μητέρα καί υποδοχήν [...] είδος τι [...] πανδεχές (51a) und τέλεον καί άγήρων καί ανοσον (33a) bezeichnet wird, die Aussage ist aber ein Gemeinplatz antiken Wissens um Platon. 1,7 A ristoteles: Laktanz erwähnt den Philosophen mehrfach, doch stammt sein Wissen stets aus zweiter Hand. So nennt er ihn als Vertreter des Mo­ notheismus (1,5,22; epit. 4,2; ira 15,11 nach Cic. nat. deor. 1,33.36), mit seiner Lehre über das höchste Gut (3,7,8; 3,8,38; 5,17,4; epit. 28,10; 50,5, vgl. Cic. fin. 2,19; 4,49; Tusc. 5,87), als Begründer einer Schule (5,3,1; ira 10,49, neben Platon, Zenon und Epikur), mit einer Lehre über die Emp­ fängnis (opif. 12,6, zur Quellenfrage P e r r i n L ’ou vrage 358-362) und in zwei Zitaten (3,28,20, nach Cic. Tusc. 3,69 und ira 17,13 nach Sen. dial. 3,3,3, vgl. I n g r e m e a u C o lère 333). qui cum non . . . sem per ait fuisse m undum ac sem per futurum: Die Lehre, dass die Welt schon immer existiert habe, wird Aristoteles auch 2,10,17 (frg. 20 von Aristoteles, περί φιλοσοφίας bei M. U n t e r s t e i n e r , Aristotele, Della filosofìa. Introduzione, testo, traduzione e commento ese­ getico, Roma 1963) zugeschrieben; vgl. 2,10,25; zur Lehre A.H. C h r o u s t , Some observations on Aristotle’s doctrine of the uncreatedness and inde­ structibility of the universe, RSF 32 (1977) 123-143; H. F l a s h a r , GGPh2 3 (1983) 395f. B r y c e (89f.) erwägt auch die direkte Benutzung des Ari­ stoteles. Doch findet sich alles hier Ausgesagte Cic. ac. 2,119 ( neque e n im o rtu m esse u m q u a m m u n d u m , quod n u lla f u e r it n o u o co n silio in ito ta m p r a e c la r i o p eris in c e p tio ) und Tusc. 1,70 (über alle zur Welt gehörigen Din­ ge: in n u m e ra b ilia [ ...] s e m p e r fu e r u n t, u t A r is to te li p l a c e t ) . Cic. ac. 2,118f.

liegt als Quelle sehr nahe, weil dort sich auch die 1,6 zitierte Lehre Platons über die Unendlichkeit der Welt findet. Das Fehlen wörtlicher Überein­ stimmungen erklärt sich aus dem anderen Gedankenduktus im Cicerotext, wo Aristoteles selbst flu m e n o r a tio n is a u reu m fu n d e n s (ac. 2,119) einem fiktiven stoischen Weisen und dessen voreiliger Sicherheit entgegentritt, mit der er sich für eine Meinung aus der unter anderen Platon enthal­ tenden Doxographie ac. 2,118 entscheidet. Die Bekanntheit (Zitate Plut. Cicero 32,5; Amm. 24,4,8) und Lebendigkeit jener Prosopopoiie könnten Laktanz diese Stelle empfohlen haben, die er hier als Quelle benutzt: Er lässt die Äußerung des Aristoteles als unmittelbare Reaktion allein auf die des Platon (1,6) erscheinen, verschiebt den Schwerpunkt auf das Weitende und fügt den Aspekt der Vorwegnahme eines Einwandes (p r a e s c r ip tio , vgl. ThLL X,2 833,26ff., sonst bei Laktanz nur mort. pers. 32,3) hinzu.

Kommentar

1.8 nihil u id it: Ironisch gesteigert gegenüber 1,7

n o n u id e r e t q u e m d a d -

m odum . . .

q u id q u id est necesse est h a b u e rit aliq u an d o p rin c ip iu m . . . : Das­ selbe Argument verwendet Laktanz schon 2,10,18.22; siehe oben zu 1,6-10 Nr. 3. c o ep erit: Modusangleichung zu

h a b u e r it

te rra m et a q u am . . . consum i extin g u iq u e: Durch semantische Zu­ sammengehörigkeit von jeweils zwei Gliedern ( te r r a /d is p e r ir e , a q u a /co n ­ su m i, ig n is/ e x tin g u i) verdoppeltes Trikolon aus den drei sichtbaren Ele­ menten, deren Vergehen oder Schwinden man auch im Alltag beobachten kann. id to tu m . . . m e m b ra m o rtalia: Ein lukrezischer Gedanke, siehe unten zu 3,7 n a m si h aec o m n ia ... 1.9 n a tu m sit q u id q u id p o te s t in te rire : Die Umkehrung zu dem bei­ spielsweise Cic. Tusc. 1,79 formulierten Gemeinplatz u u lt e n im [sc. P a n a e ­ tiu s], quod n e m o n egat, qu icqu id n a tu m s i t in te r ir e .

om ne q u o d . . . ait P la to . . . solubile sit necesse est: Der Gedan­ ke entspricht Plat. Phaid. 80c το μεν ορατόν αυτού [sc. τού ανθρώπου], το σώμα, καί έν ορατώ κείμενον, δ δή νεκρόν καλοϋμεν, ω προσήκει διαλύεσθαι κτλ. Aus derselben Passage zitiert Laktanz auch 12,6 n o n e n im . . . (dazu unten, auch zur Quellenfrage). Die eigentlich auf den menschlichen Körper bezogene Aussage fügt sich nahtlos in die bildhafte Rede von der Welt als Körper ( m o r ta le , m e m b ra 1,8; n a tu m 1,9). Den Widerspruch gegenüber der Platonaussage 1,6 empfindet Laktanz wohl, da das Zitat nur einen Gemeinplatz bietet (,alles körperliche Leben stirbU), als unproblematisch. sub uisu m o cu lo ru m u en it: Die Formel sub [visuelle oder taktile Wahr­ nehmung] u e n ire beschreibt bei Laktanz öfter die Materialität (bzw. mit Negation Immaterialität) und erscheint in mehreren Variationen: Der vor­ liegende Ausdruck erweitert sub ocu los u e n ire (9,2; 3,9,12; 3,17,24, seit Sen. benef. 1,5,6; dial. 8,1,4). Daneben formuliert Laktanz ausgehend von sub a sp e c tu m u e n ire (9,7; epit. 21,5; ira 10,25; vorher etwa Cic. de orat. 2,358; Sen. epist. 66,7) die Ausdrücke neque sub ta c tu m neque sub u isu m u e n iu n t (11,9) und sub a sp e c tu m e t sub ta c tu m u e n it (12,3). Insbesondere die Berührung fügt erst Laktanz in die Wendung ein, die vorher auf die Sichtbarkeit beschränkt ist. solubile: ,auflöslich‘, wie 3,16; 13,1; opif. 4,7 etc., erstmals (nach dem Material des ThLL-Archivs) belegt Vet. Lat. (cod. 65) Hebr. 7,16 und im selben Zusammenhang wie hier Min. Fel. 34,4: P la to [ ...] cu m ip su m m u n d u m p e r p e tu u m e t in so lu b ile m d ic e r e t e sse fa b r ic a tu m , a d d it ta m e n ip s i a r tific i deo so li e t so lu b ile m e t esse m o r ta le m . Dann Arnob. nat. 1,28.

1,10

213

1,10 Epicurus: Den Philosophen erwähnt Laktanz häufig (so etwa 3,13.3; 5,14; 7,13; 8,8; 12,30; 13,7; 1,2,2; 2,8,49 etc.), doch scheint er seine Kennt­ nisse aus Lukrez, Cicero und Allgemeinwissen, nicht aus unmittelbarer Lektüre zu schöpfen. Die auffallende Präsenz des Epikur und des Lukrez bei Laktanz und der Wechsel zwischen polemischer Auseinandersetzung mit epikureischen Gedanken, gegenüber denen Laktanz die christlichen Po­ sitionen kontrastierend heraushebt (vgl. etwa 12,1-32, dazu unten), und Anknüpfung (wie hier u n u s [ ...] u e rid ic u s in h ac re, vgl. etwa auch 27,6, dazu unten) hat in der Forschung eine ausgedehnte Diskussion über das Verhältnis des Laktanz zum Epikureismus veranlasst; siehe oben 37. Dem ocrito: Den atomistischen Naturphilosophen Demokrit von Abdera (2. Hälfte des 5. Jhdts. v. Chr.) nennt Laktanz öfter, wie hier, in Verbin­ dung mit Epikur (8,8; 3,23; 13,7; 1,2,3; 3,17,23; 3,17,34; ira 10,33.47; vgl. M a s l o w s k i 211-213). Epikurs Abhängigkeit von Demokrit wird bei Cice­ ro (nat. deor. 1,73 qu id e s t in p h y s ic is E p ic u r i n o n a D e m o c r ito ? ac. 1,6; fin. 1,18 etc.) mehrfach erwähnt, während sich die Epikureer eher abgren­ zen (vgl. Lucr. 3,371 = 5,621; 3,369ff.). Auch die wenigen weiteren Kennt­ nisse über Demokrit dürfte Laktanz aus Cicero (3,23,4 Vernachlässigung des Besitzes nach Cic. fin. 5,87, vgl. Hör. epist. 1,12,12; Ausspruch 3,28,13; 3,30,6; epit. 35,4 nach Cic. ac. 1,44; siehe auch unten zu 7,12 im m o r ta le s esse a n im a s ... und 13,7 D e m o c r iti . . . ) bzw. Lukrez (3,18,6; epit. 34,9 sein Selbstmord nach Lucr. 3,1039-1041) haben, siehe aber unten zu 7,9 D e m o c r itu s ... ortum esse aliquando et aliquando esse periturum: Der auffallen­ de antithetische Chiasmus, der o r tu m an den Anfang und p e r itu r u m ans Ende rückt und in der Mitte wort gleiche Kola aufweist, kleidet den na­ he liegenden Gedanken in eine griffige Formulierung. Dasselbe auf Epikur zurückgeführte Argument verwendet Laktanz schon 2,10,25 in der Aus­ einandersetzung mit Aristoteles’ Lehre von der Unendlichkeit der Welt: quod [die Anfangslosigkeit der Welt] si A r is to te li P la to e t E p ic u r u s e x to r ­ qu en t, e t P la to n i e t A r is to te li qui s e m p e r fo r e m u n d u m p u ta u e r u n t, lic e t s in t elo q u en tes, in g ra tis ta m e n id e m E p ic u r u s e r ip ie t quia se q u itu r u t h a ­ beat e t fin e m . Diese beiden laktanzischen und weitere (Phil. Alex, aetern.

3; Comment. Lucan. 7,1; Philarg. georg. 2,336) Zeugnisse für die epikurei­ sche Lehre, dass die Welt Anfang und Ende haben müsse, fasst U s e n e r als Fragment 304 zusammen. Tatsächlich entspricht es epikureischer Lehre, dass Welten entstehen und vergehen (Epicur. epist. Hdt. 73L; epist. Pyth. 88f. ; M. E r l e r , GGPh2 4/1 [1994] 144). Doch zitiert Laktanz hier sicher nicht Epikur, sondern gibt unter seinem Namen eine (wie die weiteren Be­ lege bei U s e n e r zeigen:) allgemein bekannte epikureische Lehre wieder (so auch O g i l v i e 84L), die er beispielsweise aus Lucr. 2,1105-1174 (Wachs-

K o m m e n ta r

tum und Vergehen der Welten); 5,91-109.235-415 (Anfang und Ende der Welt) kennen konnte. nec tam en [...] potuit: Vorwurf vermeintlicher Unwissenheit Epikurs wie 3,3. Dahinter steht ein Grundgedanke des Laktanz: Die pagane Phi­ losophie findet zwar Einzel Wahrheiten, aber nicht das System, das in sich evident wäre; dies erschließt sich nur durch die Offenbarung, vgl. 7,1-14. Die vermeintliche Lücke in der epikureischen Lehre suggeriert Laktanz: Sie gründet sich, bezüglich des Zeitpunktes, auf seine eigene Formulierung ( a li­ qu an do e t a liq u a n d o ) und, bezüglich der Unkenntnis der Gründe, auf den mechanistischen Charakter der epikureischen Lehre. Ziel ist es, den Ge­ gensatz zum umfassenden, aus der Offenbarung schöpfenden Wissen der Christen (1,11) aufzubauen. resoluatur: Für das Ende der Welt wie 3,22f., vielleicht in Anlehnung an Lukrez (1,628; 3,576; etc.). 1,11 reuelauit: Das Wort erscheint ab Ovid für die Enthüllung eines Trugs oder Geheimnisses (OLD s.v. b), im christlichen Latein sehr häufig seit Tertullian, angeregt von Bibelübersetzungen (für αποκαλύπτει, B r a u n 409), als Begriff für ,offenbaren‘ ( B l a i s e s . v . 4). Laktanz verwendet es sowohl, wie hier, in diesem christlichen (1,1,19 u e r ita s re u e la ta d iu in itu s ; 4,2,6 etc.) als auch im allgemeinen Sinn von ’enthüllen’ (1,12,1 re u e la u im u s m y s te r ia p o e ta r u m ; 2,8,1 etc.); vgl. Loi L a tta n z io 253 mit Anm. 89; W i n g e r I 89 Anm. 575. coniecturis id assequimur: Nach dem bei Cicero häufigen co n ie c tu ra a s­ sequ i (Verr. II 2,165; div. 2,12 etc.; vgl. ThLL IV 314,63ff.) für ,erahnen, sich erschließend Das Aufgreifen dieses seit Cicero nicht belegten Aus­ drucks pointiert die Abgrenzung von der Erkenntnisweise der heidnischen Philosophie, als deren Repräsentant Cicero bei Laktanz erscheint. traditione caelesti: Als tr a d itio bezeichnet Laktanz meist (außer 1,18,18: althergebrachte Überlieferung) die von Gott ausgehende (8,3 d iu in a , dazu unten; vgl. 4,30,8 e x c id e r u n t a d o c tr in a d ei e t tr a d itio n e m u e ra m re liq u e r­ u n t) und durch die Apostel weitergegebene (5,3,2) christliche Lehre (vgl. B r a u n 427L; B l a i s e s . v . tr a d itio 3 ) . philosophos ueritatem . . . odoratos: Vgl. Tac. dial. 19,3 si quis o d o ra ­ tu s p h ilo s o p h ia m u id e r e tu r (,schnuppern an‘), vgl. ThLL IX,2 475,27ff.52ff. odor ille sapientiae tam suauis: Die Metapher vom , Geruch(shauch)‘, der sich erahnen lässt, ohne dass man der Sache selbst habhaft würde, fin­ det sich öfter bei Laktanz (mit s a p ie n tia e 2,3,17; 6,12,26 u e r ita tis \ 6,22,10 u ir tu tis ) und bei Cicero (Verr. II 5,160 leg u m , de orat. 3,161 u r b a n ita tis , vgl. ThLL IX,2 469,3ff.), aber auch Vet. Lat. II Cor. 2,14f. (cod. 75 al. = Vulg.) deu s o d o rem n o titia e su a e m a n ife s ta t p e r n o s [ ...], quia C h r is ti

1,12

215

bonus o d o r su m u s d e o ,

danach Tert. mart. 2,4 u o s o d o r e s tis s u a u ita tis . Die positive Konnotation und die Gleichsetzung von Weisheit und Gotte­ serkenntnis bei Laktanz (6,9,24 etc.) legen nahe, dass das biblische Bild nachwirkt. afflaret: Grammatikalisch korrekt und besser bezeugt als B r a n d ts f la u e r it (Antizipationsfehler zu s e n s e r in t in P).

ad-

1,12—22 D ie Schw ierigkeit des Tugendw eges für die W o h lh ab en ­ d en u n d M ächtigen: Zwischen die hinführenden Vorbemerkungen zur ra tio m u n d i (1,6-11) und zur Parusie (1,23-26) als den großen Themenblöcken des siebten Buches (Kapitel 3 bis 7 bzw. Kapitel 14 bis 26) fügt Laktanz einen Abschnitt über die Schwierigkeit des Tugendweges ein. Dieser ist als Einschub durch Einleitung (1,12 in te r im n e c e ssa riu m p u to ... ) und folgenden Neuansatz (1,23 a g g red ia r n u n c ... ) markiert. Der Gedankengang ist folgender: 1. Die hier gebotene christliche Lehre können diejenigen nicht ertra­ gen und verstehen, die sich von den Begierden haben einnehmen, abstumpfen und vom Weg der Tugend abbringen lassen (§§ 12-14). 2. Die der Machtgier Verfallenen ordnen dem auch ihre Lehre unter und polemisieren blindwütig gegen das Christentum (§§ 15f.). 3. Tugend ist das Ertragen von Übeln und setzt Abhärtung voraus

(§§ 17f.). 4. Arme und Niedrige können im Gegensatz zu Reichen und Mächtigen, den Sklaven der Begierde, den schmalen Weg der Tugend unbelastet gehen (§§ 19-21). 5. Schlussmahnung: Die hier vorgetragene Lehre wird vielen bitter er­ scheinen, wer sie aber verwirft, ist Feind von Tugend und Gerechtig­ keit (§22). Zunächst geben sich die Ausführungen als Praemunitio: Wer die folgenden Ausführungen ablehnt, der tut dies aufgrund seiner eigenen Lasterhaftig­ keit (§ 12). Durch den Wechsel vom Futur (§ 12 in te lle g e n t) ins Präsens (§ 13 f la g r a n t ) wird dann aber gleich deutlich, dass es um eine grundsätz­ liche Unterscheidung zwischen sittlich Verkommenen und solchen geht, die für die ethische Botschaft des Laktanz offen sind. Die Ausführungen dienen also, trotz des rüden Tons (v.a. §§ 12 und 22), der Captatio benevolentiae, nötigen aber zugleich zur Entscheidung und Parteinahme: Natürlich wird sich der Leser - zumal einer, der bis zum siebten Buch vorgedrungen ist - zu denjenigen rechnen wollen, die sich um die Tugend bemühen und die nicht unheilbar in die Laster versunken sind (§ 16), damit steht er aber an der Seite der Christen. Diese sind zwar nicht genannt, aber mit den Armen und Niedrigen (§ 20) natürlich gemeint. Indem er die armen und niedrigen Christen als Unbelastete auf dem Weg der Tugend den Reichen und Mäch-

K o m m en ta r

tigen gegenüberstellt, erfüllt Laktanz zugleich die apologetische Aufgabe, das Christentum gegen den Vorwurf in Schutz zu nehmen, seine Anhän­ ger seien die Armen und Unterdrückten und nähmen sinnlose Leiden auf sich (vgl. etwa Min. Fel. 12,1-4: Vorwurf; 16,5 und 36,3-9: Entgegnung), zum anderen ermutigt dies und das Bild der Reichen und Mächtigen in Fesseln (§ 19) christliche Leser in der Zeit der Not und Verfolgung. Damit entspricht die vorliegende Passage dem paränetischen Schlusskapitel 27, das die paganen Leser zur Entscheidung auffordern und die christlichen stärken soll. 1,12 lecturos: Das Partizip Futur als Bezeichnung für den jeweiligen Leser des Werks ist gesucht (etwa Prop. 4,3,3); da es gegenüber dem geläufige­ ren legen s (vgl. ThLL VII,2 1130,13ff.) das betont, was dem Leser noch bevorsteht, baut es Spannung auf. prauae uitiosaeque m entes . . . uera esse nolent: Die schroffe Ab­ wertung derer, die die folgenden Inhalte ablehnen, zielt natürlich auf die Captatio benevolentiae beim (noch verbliebenen und somit zugänglichen) Leser ab. hebetatur acies: ,die Geistesschärfe wird abgestumpft‘, stimmiges Bild, aber ungewöhnliche Junktur, vgl. ThLL VI,3 2585,23ff. sensus om nes grauant im becillosque reddunt: Vgl. Vet. Lat. sap. 9,15 (Ps. Cypr. singul. der. 16) co rp u s e n im quod c o rr u m p itu r, a g g ra u a t a n im a m ; e t d e p r im it te r r e n a in h a b ita tio s e n s u m m u lta c o g ita n te m . Vgl. M o n a t B ib le II 11 Anm. 63. grauant: ,schwächen‘, vgl. ThLL VI,2 2313,48ff.; seit Vergil erscheint das Verb auch in aktivischen Formen, vgl. 2310,30ff. dissimulabunt: ,so tun, als ob es nicht so wäre‘, vgl. ThLL V,1 1480,73ff. trahuntur a uitiis . . . cuius acerbitate offenduntur: Der Chiasmus hebt die paradoxe Antithetik heraus; derselbe Gedanke 1,1,7: quia u ir tu tibus a m a r itu d o p e r m ix ta est, u itia uero u o lu p ta te c o n d ita su n t, illa o ffen si, h ac d e le n iti f e r u n tu r in p ra e c e p s e t b o n o ru m sp ecie fa ls i m a la p ro bonis a m p le c tu n tu r. Zur Herbheit der Tugend vgl. etwa auch 4,16,19; 6,9,22; ira

13,24. uirtutis uiam deserunt: Derselbe Gedanke und dieselbe Formulierung Hör. carm. 3,24,42-44 m a g n u m p a u p e rie s o p p ro b riu m iu b et / q u id u is e t fa c e re e t p a ti / u i r t u t i s q u e u i a m d e s e r i t ardu ae. Der ,Weg der Tugend‘ (wie 1,20; 3,12,35; 6,4,1; 6,7,9) ist ein geläufiges Bild (etwa Cic. off. 1,118; Sali. lug. 1,3; Quint, inst. 8,3,71), Laktanz greift damit auf seine ausführ­ liche Darlegung der Zwei-Wege-Lehre (6,3,1 - 6,4,24; vgl. 6,7,1 - 6,8,12) zurück; zur Zwei-Wege-Lehre im Denken des Laktanz etwa W i n g e r II

1,13 - 1,15

217

435-441; zur Motivgeschichte J. A lpers, Hercules in bivio, Diss. Göttin­ gen 1912, 70-72. 1.13 opum inexplebili quadam siti flagrant: Zum Bild vgl. Cic. rep. 1,66 in ex p le b ile s p o p u li fa u c e s e x a ru e r u n t lib e r ta tis s iti ; Flor. epit. 3,21,6; Apul. Piat. 2,16; ThLL VII,1 1327,2ff. F lagrare vom Durst ist gesucht (Sil. 1,60, übertragen, vgl. ThLL VI,1 847,34fL), für Begierden gebräuchlich, vgl. ThLL VI,1 848,7ff. uenditis aut dilargitis quae amant: Junktur nach Sali. hist. frg. 1,49 u e n d itis a u t p r o s c r ip to r u m bonis a u t d ila r g itis , als Beispiel für die passive Verwendung von d ila rg iri zitiert Gell. 15,13,8; Prise, gramm. II 392,22 (vgl. ThLL V 1161,25-29), vielleicht deswegen Laktanz präsent (so auch O g i l v i e 41; als Deponens in aktivischer Bedeutung erscheint d ila rg iri epit. 29,8); inhaltlich vgl. die Forderung Jesu (Mt 19,21, zitiert Cypr. eleem. 7; laps. 11, und Lk 18,22), allen Besitz zu verkaufen und den Erlös den Armen zu geben. tenui cultu uitam degere: Formuliert nach Cic. Arat. frg. 17 S o u b i r a n m a le b a n t te n u i c o n te n ti u iu ere c u ltu , von Laktanz 5,5,5 zitiert über die Menschen des Goldenen Zeitalters. malunt id esse fictum: Erklärt

d is sim u la b u n t

(1,12).

renuntiare: Nachklassisch mit Dativ ,entsagen‘, vgl. OLD s.v. 8; s e n e r S y n ta x e 231; E g g e r 51.

G la e -

1.14 poeta: Für Vergil (zu ihm oben 42) ohne Namensnennung wie etwa 20,10; 24,12; 1,5,19 etc. in furias ignem que ruunt: Zitat Verg. georg. 3,244 (über die Wirkung der Liebe auf alle Lebewesen). uulnerant aures: Poetische Formulierung nach Aen. 8,582f. n u n tiu s / u u ln e re t (erstmals in Prosa Arnob. nat. 1,36; ThLL II 1511,75ff.).

a u ris

praecepta continentiae: Vgl. 6,23,33 (am Ende der Verwerfung von Zir­ kusspielen und Theater) h aec s u n t quae a d c o n tin e n tia m p r a e c ip iu n tu r a deo. Die paganen Philosophen lehren zwar c o n tin e n tia , verwirklichen sie aber nicht, vgl. 3,15,10; 5,2,3. uoluptatibus [...] adiudicauerunt: Insofern a d iu d ic a re gewöhnlich (auch 2,2,24) mit Dativ der Person (vgl. ThLL I 702,69ff.) steht, deutet sich in der Formulierung schon eine Personifikation der Begierde an, wie sie dann 1,19 ausgeführt wird. 1.15 am bitione [...] honores: Dieselbe Zuordnung von lasterhaftem Ehr­ geiz (6,4,21) und angestrebter Karriere wie 10,2; ira 24,8.

K o m m e n ta r

inflati [...] inflammati: Dasselbe Wortspiel Cypr. ad Donat. 3 p e rb ia , ira c u n d ia in f la m m e t ; Aug. epist. 93,2.

in fle t su ­

ne si solem quidem ipsum gestem us in manibus: Proverbiell formu­ liert; zum Bild der Sonne für das Offensichtliche, das manche doch nicht sehen, vgl. 5,20,2 qu id e n im u id e a n t qui so le m n o n u id e n t? 2,19,5 nec ta m p e r tin a c e s fo r e a rb itro r, u t c la r is s im u m so le m sa n is ac p a te n tib u s oculis u id ere se n e g e n t ; O t t o Nr. 1663 und N a c h trä g e 27.79. Dass die Sonne in der Hand getragen wird (in m a n ib u s g e sta re wie Plaut. Epid. 617, vgl.

ThLL VI,2 1964,53ff.), erscheint aber nur hier. fidem com m odabunt: ,Glauben schenken^, wie 2,16,10; 4,10,3; Ps. Quint, deci. 4,6; vgl. ThLL III 1919,43ff. 1.16 contra ueritatem . . . latrant: L a tra re (Simplex bei Laktanz nur hier) sagt schon Cicero in ausgeführter Metaphorik von Anklägern (S. Rose. 56f. a c c u sa to re s als a n se re s und c a n e s ) und übertragen für blindwü­ tig schimpfende Redner (de orat. 3,138; Brut. 58), Tertullian nennt ausge­ hend von der biblischen Metaphorik (Offb 22,15; ca n is für Ungläubige und Häretiker, vgl. ThLL III 258,35ff.) adv. Marc. 2,5,1 die Markioniten can es, quos fo r a s a p o sto lu s ex p ellit, la tr a n te s in d e u m u e r ita tis (weitere Belege ThLL VII,2 1014,8ff.). Durch das sprichwörtliche (vgl. ThLL IX,2 443,26fL; O t t o Nr. 1770b und N a c h trä g e 195.282) cla u sis ocu lis (,blindlings‘; auch Tert. apol. 3,1 über den unreflektierten Hass gegen die Christen) ergänzt Laktanz die Metapher vom bellenden Hund stimmig und verdeutlicht die Blindwütigkeit in der Angriffslust der zur Demut Unfähigen. Vgl. 2,8,50 illu m [sc. E p ic u r u m ] c ir c u m la tr a n te s p h ilo so p h i o m n e s co a rg u eru n t ; 5,4,3 o b la tra n te m e t o b stre p e n te m v e r ita ti als Zitat Cypr. Demetr. 1,1. In der späteren christlichen Latinität findet sich la tra re co n tra häufiger, vgl. Aug. conf. 6,3 etc. uitiis immersi: Wie Min. Fel. 26,8, vgl. ThLL VII,1 456,8ff. Die Meta­ phorik des ,Versinkens‘ ins sittlich Schlechte ist bei Laktanz häufig, vgl. 2,14,3; 4,17,21 etc.; siehe auch unten zu 6,2 a n im a s ... his [...] accedent: übertragen ,gutheißen, annehmen ‘ mit Dativ wie 17,7; 2,3,3; 3,13,8; vgl. ThLL I 262,53ff; mit a d 6,21,4; 3,14,10; vgl. 262,67ff.; für ,sich annähern ‘ mit a d 16,12 (Schlaf an die Augen; vgl. 263,46b); vgl. L i m b e r g 21b 1.17 paupertas et rerum indigentia: Vgl. 6,9,20 tia m p a u p e rta s s e q u itu r ; 5,16,8; 6,4,7.

u ir tu te m id e s t iu s ti-

exercuit: Zur beständigen Übung, derer die Tugend bedarf, siehe unten zu 5,27 add. 6 u t ig itu r u ir tu te m ... capaces: nachklassisch in Prosa, öfter bei Laktanz mit Genitiv, vgl. 2,1,15; 3,11,18; 3,25,5; ThLL III 301,75ff.

1,18

-

1,20

219

1.18 uirtus est tolerantia malorum: Dieselbe Definition 5,15; epit. 28,9; 29,7; vgl. ira 13,24; 20,2. Dass sich die u irtu s im Ertragen von Übeln und Leiden erweist, ist ein Gemeinplatz paganen (so etwa Ov. trist. 4,3,79f.; Val. Max. 2,1,9; Lucan. 9,881f.; Sen. dial. 1,2,2-7; 4,6f.l6; 10,18,1) und christlichen (so etwa 2 Kor 12,9; Tert. fug. 1,1.3; Min. Fel. 36,8f.; Cypr. mortal. 12) Denkens. Auch Laktanz äußert dergleichen häufig (so etwa 9,16; 3,12,2-8; 3,27,4; 3,29,16; 5,22,4f. 12), doch hat der Zusammenhang bei ihm zentrale Bedeutung für die Heilsökonomie: Die Existenz der m a la ermöglicht den Tugendkampf, durch den der Mensch die Unsterblichkeit erringt, so insbesondere 5,7-27; 6,1; 6,4,11. Siehe auch unten zu 4,12 bo­ n a h o m in i ... und zu 5,9 u ir tu te m p ro p o n e re t. - Zum u ir tu s - B e g r if f bei Laktanz vgl. F. H e im , Virtus chez Lactance. Du u ir bonus au martyr, Augustinianum 36 (1996) 361-375; zur Bedeutung des Erduldens von Leiden bei Laktanz K u n i c k (177-210), der Einfluss stoischen Denken annimmt. capiunt [...] uirtutem : ,sich die Tugend zu eigen machen^, bei Laktanz sehr häufige (5,27 add. 17; 10,3.5; 4,24,4.10; 5,22,4; 6,3,4 etc.), sonst aber offensichtlich kaum gebräuchliche Wendung (vgl. ThLL IV 323,Iff.) viel­ leicht nach Cic. Phil. 3,29 p a tr iu m a n im u m u irtu te m q u e c a p ia m u s oder nach u ir tu te m ca p essere (7,11; 3,16,1; 6,9,22) wie Val. Max. 3,2,7 ext.. (vgl. ThLL III 310,82f.). 1.19 expediti . . . im pedim entis pluribus implicati: Siehe unten zu 1.20 u ir tu tis a u te m u ia ... immo uero catenati et com pediti . . . : Laktanz kehrt in einem Bild die realen Verhältnisse genau um: Die Reichen und Mächtigen erscheinen als Sklaven ( s e r u iu n t , ohne Dativobjekt: ,sie sind/dienen als Sklaven^), die ,angekettet und in Fußfesseln ‘ ( c a te n a ti e t c o m p e d iti , vgl. 6,12,36), jeder Fluchtmöglichkeit beraubt, auf den Wink { a d n u tu m ) ihrer Herrin hin, die sie fing ( ir r e tiu it ), nämlich der personifizierten Begierde (vgl. Cic. inv. 1,2 d o m in a tr ix a n im i c u p id ita s ), ihr Leben fristen. - Dieses eindrückliche Bild schiebt sich störend in die Metaphorik von den unbelasteten ( e x p e d iti) Armen und beladenen {im p e d im e n tis p lu rib u s im p lic a tis ) Reichen, die 1,20 weiter entwickelt und mit der Zwei-Wege-Lehre verbunden wird. inextricabilibus: ,unentrinnbar‘, hier erstmals von Fesseln, vgl. ThLL VII,1 1335,34ff. in caelum aspicere . . . defixa est: In Ketten gelegt können die Skla­ ven der Begierde ihrer schöpfungsgemäßen Bestimmung nicht nachkommen und zum Himmel blicken, Gott erkennen und verehren; zu dieser für Laktanz grundlegenden rectu s s£a£ws-Anthropologie siehe unten 270. 1.20 uirtutis autem uia . . . onera gestantes: Das Bild vom ,Weg der Tugend‘ (siehe oben zu 1,12 u ir tu tis u ia m d e s e r u n t) wird hier (und 1,21

K o m m e n ta r s a r c in is o n e r a ti )

erweitert um die ,Last‘, die jemand auf diesem Weg zu tragen hat. Sie steht für den materiellen Besitz und die Erschwernis, die dieser für ein tugendhaftes Leben bereite. Dasselbe Bild erscheint etwa 1,19; 6,4,8; 6,12,36. Die Vorstellung vom Besitz als on u s oder sa rc in a auf dem Weg ist ein Gemeinplatz (Sen. dial. 1,6,lf.; 12,11,5; 12,12,2; benef. 6,35,2; epist. 84,11 etc.), übernommen etwa Min. Fel. 36,6; 37,9. angustus [...] tram es [...] per quem . . . in caelum: Vgl. 5,18,11

an­

g u s tis s im u s tr a m e s a d im m o r ta lita tis p r a e m iu m su b lim e p e rd u c e re t.

expeditus ac nudus: Vgl. 1,1,4 (auch manche pagane Philosophen gaben ihren Besitz her) u t so la m n u d a m q u e u ir tu te m n u d i ex p ed itiq u e se q u e re n ­ tu r.

1.21 per uiam m ortis incedunt . . . : Der ,Weg des Todes‘ (vgl. Vet. Lat. Matth. 7,13 [Ambr. in Luc. 4,37] u ia [...], quae d u c it a d m o r te m ; anders etwa Verg. georg. 3,482; Liv. 27,49,2: ,Todesart‘) ist Alternative zum Weg der Tugend wie etwa 6,7,4. Vgl. zur Formulierung 4,26,10 is [ ...] clau du s e x is tim a n d u s e s t qui [ ...] p e r u ia m m o r tis in ced it.

perditio: ,das Verderben^, wie 27,7; 2,14,11 etc., das Wort erscheint seit der Vetus Latina sehr häufig in der christlichen Latinität, vgl. ThLL X,1 1254,14f.; 1256,35ff. Auch hinter dem Gebrauch hier steht der ,Weg des Verderbens^ wie 27,7; 6,4,2; 6,7,4 illa m p e r d itio n is ac m o r tis u ia m m u lti­ p lic e m ; Vet. Lat. sap. 5,7; vgl. ThLL IX,1 1257,28ff. 1.22 uenena: Führt das hinter acerba stehende Bild des bitteren Tran­ kes weiter (ThLL I 367,57ff.; vgl. 5,1,14 das aus Lucr. 1,936-950 entlehnte Bild vom Honig am Rand des Bechers mit der bitteren Lehre) : Den sittlich verkommenen Wohlhabenden und Mächtigen erscheinen die sittlichen For­ derungen Gottes ( quae deu s a d iu s titia m p r a e c ip it) nicht nur unangenehm bitter (vgl. 1,4,7), sondern als Gift. dei magisterio: ,auf der Grundlage der göttlichen Unterweisung^ in Form der biblischen Offenbarung (also nicht auf die göttliche Inspiration des Laktanz bezogen, so H e c k Z u sä tze 154), vgl. etwa epit. 39,7 [sc. C h ri­ s tu s ] s u s c e p it c a rn e m , u t in te r d e u m e t h o m in e m m e d iu s fa c tu s h o m in e m a d d e u m m a g is te r io su o ( H e c k / S c h i c k l e r 100: ,durch sein Lehramt^) su p e ra ta m o r te p e r d u c e r e t ; Cypr. Demetr. 1 nec [ ...] sin e m a g is te r ii d iu in i a u c to r ita te (es folgt ein Bibelzitat); domin. orat. 1 und epist. 59,20,2 neben p r a e c e p ta ; zel. 6 m a g is te r iu m C h r is ti ; ThLL VIII 90,5ff. Laktanz bezeichnet mit m a g is te r iu m ansonsten, ähnlich wie hier, die auf die Leben­

spraxis ausgerichtete Unterweisung (sie fehle in der paganen Philosophie: 3,14,20; 3,15,21) oder, in anderem Sinn, den Erlösungsauftrag des Vaters, den Christus erfüllt (mit [per]fu n g i, 4,10,1; 4,16,4; ThLL VIII 89,80ff.). Zur Bedeutung des Begriffs für die Soteriologie des Laktanz vgl. Loi L a t-

1,23 - 1,24

221

252.258-264; etwas willkürlich erscheint es freilich angesichts der wenigen und semantisch disparaten Belege, wenn C a s e y (M a g is te r iu m , v.a. IVf.) m a g is te r iu m als Schlüsselbegriff für das apologetische Konzept des Laktanz heranzieht. ta n z io

1.23 aggrediar nunc quod superest: Vgl. Cic. opt. gen. 19 se d adgred ia m u r ia m quod su sc e p im u s (ThLL I 1319,28ff. gegen L i m b e r g 12). superest, ut [...] disseramus: Dieser Ausdruck auch 4,5,1; epit. 25,2; Apul. Socr. 9; vgl. 8,1 de ip sa in m o r ta lita te d ic a m u s ; 27,1 e x h o rte m u r ; 1,11,44 in u e s tig e m u s ; 3,8,32 re fe lla m u s etc.; zur nachklassisch üblichen Formel su p e r e st u t für die Ankündigung eines anschließend zu erörternden Themas vgl. etwa Sen. epist. 89,19; Quint, deck 252,22; 279,3. finis operi [...] imponi: Vielleicht klingt das vergilische (Aen. 2,619) fin e m q u e im p o n e la b o ri nach. F in e m im p o n e re mit Dativ erscheint seit Vergil (mehrfach) in Dichtung und nachklassischer Prosa, vgl. ThLL VII,1 658,77ff. iudicio dei: Als Themenangabe für den eschatologischen Teil (Kapitel 14 bis 26) des siebten Buches wie 9,1; die Junktur erscheint öfter, so etwa 15,18; 5,12,10 etc. aut praem ium persoluat aut poenam: P r a e m iu m p e r s olu ere heißt , ei­ ne Belohnung ausbezahlerü (ThLL X,1 1712,68ff.), das zweite Objekt p o e n ­ a m steht leicht zeugmatisch zu p e rso lu e re (,eine Strafe ausbezahlerü, also ,zumessen‘). Dieses Verständnis ist gesichert durch 14,3 e t iu s tis m erces dig n a s o lu a tu r e t p o e n a m e r ita im p iis irro g e tu r. Derselbe Fall hegt vor Liv. 8,12,1: bello g e sto p r a e m iis p o en a q u e p ro cu iu sq u e m e r ito p e r s o lu tis T. M a n liu s R o m a m r e d iit.26

1.24 ut in quarto de primo aduentu . . . : Laktanz kennt zwei ,Αηkünfte‘ (4,16,13 du os eiu s a d u e n tu s ) Christi, nämlich die Menschwerdung (4,12,Iff., als a d u e n tu s bezeichnet 4,20,4 und epit. 44,3) und die Parusie, also die endzeitliche Wiederkunft Christi (19,Iff., als a d u e n tu s bezeichnet 19,3; 24,6), vgl. 4,12,14f.22; Loi C risto lo g ia 280-287; L a tta n z io 218f. Die­ selbe Unterscheidung Tert. apol. 21,15; adv. Marc. 3,7,6; Cypr. patient. 23; vgl. ThLL I 838,26ff.; Justin. 1 apol. 52,3 (mit W a r t e l l e 282). ad eos consolandos [...] ad quos conuocandos: C o n so la ri beschreibt das Erlösungshandeln des wiederkehrenden Christus (siehe unten zu 27,4 26 ThLL X,1 1713,51 ordnet die Liviusstelle zur Ju n k tu r poenas persoluere (43fL): , Strafe bezahlen4, ,bestraft werden4. Das würde einen (denkbaren, aber harten) Agenswechsel im Ablativus absolutus voraussetzen, auch müsste nach sonstigem Sprachgebrauch der Plural poenis stehen. Der Singular scheint bei Laktanz und Livius das Verständnis gegen die W endung poenas persoluere ,bestraft werden4, , büßen4 zu sichern.

K o m m e n ta r

die Mission des in Jesus von Nazaret in­ karnierten Gottessohnes (vgl. 4,14,1; 4,20,11), dessen Sammlungsruf sich Juden aber nicht gefolgt seien. Auffällig sind der Parallellismus und die Assonanz (identischer Vokalbestand) der Gerundivformen. c o n so la to re m d e u m ), con u ocare

l,2 4 f. Polem ik gegen die M essiaserwartung der Juden: Nachdem er die Wiederkunft Christi als Thema des siebten Buches ange­ kündigt hat, wendet Laktanz sich in einem polemischen Exkurs folgenden Inhalts den Juden zu: Diese erwarteten ebenfalls das Kommen des Herrn (vgl. 1,23 d o m in u s n o s t e r ), der nicht ihnen, sondern den Christen das Heil bringen werde (§ 24). Vielmehr werde der wiederkehrende Herr die Juden, die die Ankündigungen der Heiligen Schrift nicht verstünden, ewiger Strafe zuführen für ihre Sünden, insbesondere für die Tötung des menschgewor­ denen Christus (§ 25). - Laktanz wiederholt hier zum Teil wörtlich bereits im christologischen vierten Buch über die Juden Gesagtes: 1. Messiaserwartung der Juden: § 24 c o n fite n tu r e t sp e r a n t wie 4,12,13

a d u e n tu m [ ...] Iu d a e i quoque e t Iu d a e i e t c o n fite n tu r e t sp e r a n t

C h ristu m dei.

2. Vorwürfe: (a) unzureichendes Verständnis der Heiligen Schrift: § 25 leg u n t e t n o n in te lle g u n t wie 4,19,1 h aec c o ttid ie leg en tes neque in te lle ­ x e r u n t neque qu in fa c e r e n t cau ere p o tu e r u n t.

(b) Sündhaftigkeit: § 25

p e c c a tis o m n ib u s in q u in a ti wie 4,11,1 C u m sa e p e I u d a e i p r a e c e p tis sa lu ta rib u s re p u g n a re n t [...], tu m deu s iu s to s e t e le c to s u iro s s a n c to s p ir itu im p le b a t, p r o p h e ta s, [ . . . ] p e r quos p e c c a ta in g ra ti p o p u li u e rb is m in a c ib u s in c re p a re t. 4,12,17

etc. (c) Tötung Christi: § 25

u io la ru n t im p ie h u m ile m [ ...] s a n c to cru o re p e rfu si [ ...] cu i n e fa n d a s m a n u s in tu le r u n t wie 4,18,23 a p p a re t Iu d a e o s n u lla m a lia m sp e m habere n is i se a b lu e rin t a sa n g u in e ac s p e r a u e r in t in eu m ip s u m qu em n eca u eru n t. 4,26,39 c ru c is qua sa n g u in e m fu d it. 4,10,18 Iu d a e i C h ristu m c ru c i a d fix eru n t. 4,12,10 n e fa n d a s m a n u s deo suo in tu le r u n t.

3. Verwerfung der Juden: Zu § 25 a d a e te r n a s u p p lic ia d e s tin a ti vgl. 4,11,7 p r o p te r h a s illo r u m im p ie ta te s a b d ic a u it eos in p e r p e tu u m ; 4,16,11. Anlass für diese Ausführungen ist die Erwähnung der Parusie. Laktanz grenzt die christliche Vorstellung von der jüdischen Messiaserwartung ab und bekräftigt damit aus apologetischen Erwägungen die Deutungshoheit der Christen und deren richtiges Verständnis der alttestamentlichen Tex-

1,25

223

te.27 Vielleicht lässt eine gewisse Achtung, die die Teile der paganen Welt28 (und manche Christen29) den Juden als Bewahrer einer alten Tradition ent­ gegenbringen und aus der auch antichristliche Argumente gewonnen wer­ den30, eine solche Klärung nötig erscheinen. Doch gehört eine Abgrenzung von den Juden auch in die apologetische Tradition.31 1,25 uiolarunt: Die Kurzform für den Indikativ Perfekt (1,6,14; 1,11,31 etc.) erscheint deutlich seltener, dasselbe gilt im Konjunktiv (15,18 tr u c i­ d a r l i 23,1 s u s c ita r it etc. neben überwiegendem 5,22 c re a u e rit etc.). Bei - a u i s s e - j-a s se - hingegen überwiegt ganz deutlich die Kurzform, sowohl beim Infinitiv Perfekt Aktiv (3,26 d e lir a s s e ; 5,6 e x c ita s s e ; 12,32 re fu ta s­ se etc.; 8,7 d is p u ta u iss e erzeugt katelektischen Dikretikus in der Klausel) als auch beim Konjunktiv Plusquamperfekt Aktiv (5,2 iu g u la s s e t ; 5,15 und 5,27 add. 17 a e d ific a s s e t ; 24,10 u u lg a sse t etc.; andere Personen 2,8,66; 5,3,19; anders nur 4,6,2 c r e a u is s e t : wiederum für katalektischen Dikretikus; 6,24,2: Zitat). Dasselbe gilt für -o s se - (5,2 c o g n o s s e n t ; 2,13,6; 4,30,5 etc.) und -o u isse - (nur opif. 4,2 c o g n o u isse t , P hat c o g n o ss e t ). Zum Gebrauch 27 Ähnlich etwa W losok Bibelzitate 206. - Um die Rechtfertigung der christlichen D eutung nach innen und nach außen geht es nach H. T ränkle, Q.S.F. Tertul­ liani adversus Iudaeos. Mit Einleitung und kritischem Kom m entar, W iesbaden 1964, LXIX-LXXIV; ders., HLL 4 (1997) 454, auch im umfangreichen antijüdi­ schen Schrifttum des frühen C hristentum s (vgl. etwa Justin, dial.; Tert. adv. lud.; Novatian. cib. lud.), zu diesem H. Schreckenberg, Die christlichen AdversusJudaeos-Texte und ihr literarisches und historisches Umfeld. I (1. - 11. Jh d t.), Frankfurt 19994, zu Laktanz (mit Zusammenfassung der antijudaistischen Äuße­ rungen) 249-253. 28 Insbesondere ab dem 2. Jh d t. n. Chr. werden antijüdische Aussagen von paganer Seite seltener, hingegen ist das Judentum durch „die W ürde des hohen Al­ ters, M onotheismus u[nd] ethische G rundsätze [...] in den Augen vieler attrak tiv “ (S temberger 223; dort und N oethlichs 67-69 Belege und L iteratur). 29 Vgl. S temberger 224; V. D éroche, ,Iudaizantes‘, RAC 19 (2001) 130-142, v.a. 137-139. 30 Das Beispiel des Porphyrios, der den Juden als Bewahrer ihrer Traditionen gewisse Sym pathien entgegenbringt (M. S tern, Greek and Latin A uthors on Jews and Judaism . II: From Tacitus to Simplicius, Jerusalem 1980, 423-483), zeigt, dass Laktanz möglicherweise auch von Seiten paganer Gegner des Christentum s mit der Frage konfrontiert wurde, ob denn die christliche D eutung der alttestam entlichen Prophezeiungen gerechtfertigt sei. 31 Besonders deutlich etwa Tert. apol. 7,3 tot hostes eius [sc. ueritatis] quot extranei, et quidem proprie ex aemulatione Iudaei, ex concussione milites, ex natura etiam ipsi domestici nostri. Weiteres bei N oeth lich s 91-95. Auch muss die Apologetik das C hristentum als originäre Religion und nicht als späte Ableitung des Juden­ tum s erscheinen lassen, vgl. Fiedrowicz 211.219f.224f. - Jetzt zeigt übrigens J. Hahn, Gewalt und religiöser Konflikt. Studien zu den Auseinandersetzungen zwi­ schen Christen, Heiden und Juden im Osten des Römischen Reiches (von K onstan­ tin bis Theodosius II), Berlin 2004, v.a. 292, dass hinter dem auch in der Zeit der christlichen Herrscher andauernden Konflikt zwischen Juden und Christen im All­ tag weniger religiöse als vielmehr alte ökonomische und gesellschaftliche Ursachen stehen.

K o m m e n ta r

der Kurzformen vgl. N e u e / W unten zu 12,29 d is s o lu tu ir i .

agener

III 479-494; LHS I 598f.; siehe auch

humilem: Vgl. 4,12,14

eu m [sc. Ie s u m filiu m d e i] p r im o in h u m ilita te e t ca rn e u e n tu ru m . H u m ilis über den menschgewordenen Gottessohn wie

etwa Cypr. testim. 2,13 (Überschrift), vgl. ThLL VI,3 3107,57ff. legunt et non intellegunt: Paronomasie mit Figura etymologica und Homoioteleuton. repensante: ,vergelten‘, nur hier bei Laktanz, sonst im positiven Sinn (vgl. OLD s.v. 2b; Min. Fel. 40,3); siehe oben zu 1,23 a u t p r a e m iu m . . . ad aeterna supplicia destinati: Formulierung wie 21,8 ( a d c e rta su p p li­ c ia ); mit ad m o r te m Liv. 2,54,4; Sen. dial. 11,11,3, vgl. ThLL V,1 758,3ff. 1,26 erit nobis contra Iudaeos separata materia: Das Werk gegen die Juden (ebenso wie das 4,30,14; ira 2,6 angekündigte gegen die Häretiker) hat Laktanz offenbar nicht verfasst, zumindest ist nichts erhalten oder bezeugt, vgl. A. W l o s o k HLL 5 (1989) 402. reuincemus: Nachklassisch für , überführen ‘ (mit Genitivus criminis), vgl. OLD s.v. 3. 2,1 Nunc ignaros ueritatis instruam us . . . : Für VAN RooiJEN-DlJKMAN (20) und B r a n d t , der im Apparat z.St. die Interpunktion: re u in ­ cem u s: n u n c vorschlägt, gehört dieser Paragraph eher noch zum ersten Kapitel: Laktanz erkläre hier, was nun statt der aufgeschobenen Ausein­ andersetzung mit den Juden anstehe. Tatsächlich schließt sich auch die folgende Erörterung der cau sa e rro ru m 2,2 nicht zwingend an. Nichtsde­ stoweniger darf der in n u n c [ ...] in s tr u a m u s liegende deutliche Neuansatz nicht übersehen werden. Es scheint der Beginn der (auch schon 1,23 ange­ kündigten) eigentlichen Unterweisung (in s tr u e r e wie 4,8,30; epit. praef. 1 für die Tätigkeit des Laktanz; als Aufgabe, an der die Philosophen schei­ tern 3,30,5) markiert zu sein. So werden hier auch wesentliche Gedanken des siebten Buches vorweg zusammengefasst. Schon mit ig n a ro s u e r ita tis werden die Erörterung der Erkenntnisunfähigkeit der Philosophen (2,2-11) und die Auseinandersetzung mit deren Positionen (3,1-26; 6,1 - 7,14; 8,Ι ΙΟ; 12,1-32; 13,7-11) knapp angedeutet, aber auch die Verbindung zu den einleitenden Gedanken im ersten Kapitel (Irrtümer von Philosophen, 1,69, moralisch Verkommenen, 1,12-16, und Juden l,25f.) hergestellt. In der Aussage d is p o s itio n e s u m m i d e i sic o rd in a tu m findet sich die teleogische Argumentation insbesondere der Kapitel 4 und 5 angedeutet (ausdrücklich 5,8: Erläuterung der d is p o sitio d e i als Voraussetzung für die Darlegung de u ita b ea ta ), im Satz u t [ ...] flo r e s c a t das Ende des ungerechten Zeitalters (vgl. 15,7), die Beseitigung des Bösen (vgl. 19,8 e x tin c ta m a litia ), die Auf­ erstehung der Frommen (vgl. 20,1-6) und die tausendjährige Gottesherr-

225

2,2

schaft als Goldenes Zeitalter (vgl. 24,2-15). Auffällig ist die Hervorhebung der bevorstehenden Heilsereignisse, die sich wohl der protreptischen Ab­ sicht des Vorausblickes verdankt. Die Diskussion zur Unsterblichkeit der Seele (8,1 - 13,11) und insbesondere die Endzeitkatastrophen (15,7-11: 16,1-14) sowie die Kämpfe gegen das Böse (17,1-11; 19,4-7; 26,1-3) blei­ ben dementsprechend unerwähnt, da sie weniger attraktiv, sondern eher als gedankliche Voraussetzungen erscheinen. dispositione [...] dei: Der Ausdruck (wie 5,8; 4,7,2; 4,10,1 etc.; vgl. 3,25f. über die Wirkung der göttlichen Vorsehung in der Schöpfung) bezeichnet als Übersetzung von οικονομία den göttlichen Heilsplan, vgl. ThLL V,1 1434,36ff.; B l a i s e s . v . d is p o sitio 2; W l o s o k G n o sis 193 Anm. 32; Loi L a tta n z io 235f. summi: Häufiges Gottesattribut bei Laktanz, vgl. Loi Anm. 95.

L a tta n z io

20 mit

extinctaque . . . malitia: In der heilsgeschichtlichen Konzeption des sieb­ ten Buches beschreibt m a litia den derzeitigen Zustand der Welt (14,10); sie erreicht zunächst einen Höhepunkt (15,7; vgl. epit. 66,1) und wird dann endgültig beseitigt (14,11; 19,8 e x tin c ta m a litia ) . Ähnlich gebraucht Lak­ tanz den Begriff im Zusammenhang mit der Sintflut (2,10,9f.; 2,13,1; ira 23,4). Ansonsten erscheint m a litia eher als individuelle sittliche Eigen­ schaft des Menschen (3,23,16; 5,3,24), im Gegensatz zu iu s titia epit. 52,lf. animis ad beatam uitam reuocatis: Siehe oben 202 mit Anm. 14. quietum tranquillum pacificum: Vgl. 4,12,21 a u reu m sa e c u lu m [ ...], id e s t iu s tu m ac p a c ific u m te m p u s. P a c ific u s für eine Zeit des Heils und Frie­ dens, also ,friedensbehaftet‘, nicht, wie etymologisch (< p a x + fa c e r e ) zu erwarten , Frieden schaffend^ (P É T R É 311-315), entstammt dem Sprachge­ brauch der christlichen Latinität, vgl. ThLL X,1 16,70ff.; zu p a x als allge­ meinem biblischen Heilsbegriff P É T R É 297-300). Das als Klimax angeord­ nete Trikolon, dass das Gottesreich aus christlich-biblischer Sicht darstellt, läuft hinaus auf die Identifikation mit dem paganen a u reu m [ ...] sa ecu lu m . aureum denique ut poetae uocant saeculum . . . : Siehe unten zu 24,7-14. 2,2—11 Das Scheitern der Philosophie aufgrund der Beschränkt­ heit des Menschen: Ehe Laktanz die Irrtümer der Philosophie im Speziellen, also bezüglich des Weltenplanes (3,1-26), und in Absetzung davon den göttlichen Heilsplan (4,1 - 6,1) darlegt, stellt er hier allgemeine erkenntnistheoretische Über­ legungen an. Darin erklärt er das (zwangsläufige) Scheitern der paganen Philosophie (vgl. oben 36 Anm. 9). Der Gedankengang ist dabei folgender:

K o m m en ta r

1. Das Scheitern der Philosophie an der mangelnden Erkenntnisfähig­ keit des Menschen (§§ 2f.): Die Philosophen irrten und kamen zu widersprüchlichen Aussagen, weil sie die Wahrheit als Ganzes nicht erfassen und ihre wahren Einzelvermutungen nicht belegen konnten; das sichere Wissen um die Wahrheit kann der Mensch nur durch die Offenbarung erlangen. 2. Ursachen der mangelnden Erkenntnisfähigkeit des Menschen (§§ 410)

(a) Wie zwischen der Schöpferkraft Gottes und der des Menschen ein unüberbrückbarer Unterschied besteht, so auch zwischen der Weisheit Gottes und der des Menschen (§§ 4f.). (b) Gott ist vollkommen, der Mensch in seiner Leiblichkeit unvoll­ kommen und daher dem Irrtum unterworfen (§§ 6-8a). (c) Daher kommt es Gott zu, alles zu wissen und dieses Wissen mitzuteilen, dem Menschen hingegen, auf Gott zu hören und von ihm zu lernen (§§ 8b-10). 3. Ergebnis (§ 11): Philosophie und alle menschlichen Erkenntnisbemü­ hungen müssen scheitern, wenn sie sich nicht auf die Offenbarung stützen. Ausgangs- und Endpunkt ist der Irrtum der Philosophie. Ihn formuliert Laktanz anfangs als Beobachtung (§ 2)1, am Ende als zwangsläufiges Schei­ tern, das nur zur vermeiden, wenn die Offenbarung berücksichtigt wird. Dass die Wahrheit als Ganzes dem Menschen ohne die Offenbarung un­ zugänglich bleibt, sagt Laktanz immer wieder.2 Das Bild, dass Gott die Menschen in seiner Offenbarung , belehrt/ und der Mensch nur dadurch (§ 3 n o n [ ...] n is i deo d o c e n te ) zu Erkenntnis gelangen kann, verwendet Laktanz, wie er auch andeutet (§ 3 u t sa e p e ia m d ix i), sehr häufig.3 Die vorliegende Passage ist komplementär zu Kapitel 7: Beide Abschnitte ha1 Die Präsentation der Philosophie in den K apiteln 1 und 3 ist darauf angelegt, die W idersprüchlichkeit ihrer Ergebnisse zu dem onstrieren, siehe oben zu 1,6-10. 2 Vgl. etwa 7,7.14; 1,1,5; 2,8,64f.; 3,28,12-22; 3,30,1-8; ira l,3ff.; 11,10; epit. 35,5. D ahinter steht auch, wie W losok ( Gnosis 201-204; 252-256) zeigt, die Lehre von der Erkenntnisunfähigkeit des Menschen nach P lat. Tim. 28c (vgl. 1,8,1; ira 11), die Laktanz durch gnostisch-herm etische (2,8,68 und epit. 4,5) oder auch schulpla­ tonische V erm ittlung kennt. 3 Vgl. etwa 1,6; 7,4; 2,3,23; epit. 26,4. Der Begriff des Lehrers, auf den der Mensch hören (etwa § 9) und dem er folgen (etwa 1,1,19) muss, bezeichnet bei Laktanz allgemein den sich offenbarenden G ott (doctor § 3; 1,1,19) oder den G ott offen­ barenden Christus (als doctor uirtutis, z.B. 4,24,17, oder iustitiae, z.B. 4,13,10; als doctor perfectus 4,24,1-19; magister, vgl. 4,11,14; 4,13,14 etc.; zum Lehrer als christologischer Aussage vgl. 4,23,1 - 4,24,9 und Loi Lattanzio 253-264). Doctrina ist die Heil bringende Offenbarung (7,12; 14,13; 26,8; 1,1,22 etc.). Auch Laktanz selbst weiß sich von G ott belehrt (5,17,6). Gegenbild als irreführende doctores sind Philosophen (z.B. 1,1,9; 3,14,11; 3,15,7ff.).

227

2,3

ben das Verhältnis von menschlichem Erkenntnisstreben und göttlicher Offenbarung zum Gegenstand, sie rahmen den ersten Teil des siebten Bu­ ches ein, in dem es (in den Kapiteln 3 bis 6) um den göttlichen Heilsplan in Abgrenzung zu paganen Weltdeutungsansätzen geht. Hier wird die Un­ fähigkeit des unvollkommenen Menschen zur vollständigen Wahrheitser­ kenntnis hervorgehoben. Damit begründet Laktanz, warum er insbesonde­ re bei der Eschatologie mit Aussagen der biblischen Offenbarung operieren muss, die sich nicht philosophisch ableiten lassen. In Kapitel 7 nähert er sich von der anderen Richtung und betont die Fähigkeit des Menschen zur Erkenntnis einzelner Wahrheiten, theoretisch sogar aller Einzel Wahrheiten. Dort will er die Richtigkeit bestimmter philosophischer Aussagen und die Berechtigung eines skeptischen Eklektizismus4 als Grundlage seiner apolo­ getischen Argumentation aufweisen. Doch die Grundhaltung ist dieselbe: Der Mensch ist auf die Offenbarung angewiesen, um zur G e s a m th e it der Erkenntnis zu gelangen (vgl. § 2 und 7,7). rationem mundi: Siehe oben zu 1,6

r a tio n e m m u n d i.

2,3 sine doctore: Siehe 226 mit Anm. 3. in eodem luto, sicut com icus ait, haesitauerunt: Anspielung auf Ter. Phorm. 780 Q u id fie t? in eodem lu to h a e s ita s : u o rsu ra m so lu es, / G eta . Auf dieselbe Stelle bezieht sich Laktanz schon 2,8,24 cu m ig itu r o rtu m re ru m tr ib u is n a tu ra e ac d e tra h is d eo , in eo d em lu to h a e s ita n s v e rsu ra so lu is, G eta . Bei Hieronymus und späteren Christen wird in eo d em lu to h a e sita r e dann sprichwörtlich gebraucht, vgl. O t t o Nr. 994; ThLL VII 1903,62ff.

Laktanz zitiert Terenz mehrfach (27,3; 3,4,7; 3,18,13; 5,9,6; 5,21,1; epit. 47,5; 59,8) und äußert sich zu seiner Metrik (frg. 2). Terenz wird hier wie öfter als co m ic u s zitiert (vgl. ThLL III 1785,20ff.). in uarias . . . sententias inciderunt: Dass die Philosophie zu unter­ schiedlichen und einander widersprechenden Ergebnissen gelangt, hebt Lak­ tanz immer wieder kritisch hervor, vgl. etwa 3,4,3.12b; 3,15,5; 3,19,8. assum psissent quidem uera . . . affirmari probarique non possent: Vgl. 7,5 (nur aufgrund der Offenbarung könne man) re p u d ia re quae fa ls a s u n t, eligere ac p ro b a re quae u era.

quidem uera, sed quae: Substantiviertes Adjektiv koordiniert mit Re­ lativsatz (bei LHS II 555f. so genannter „Relativsatz ohne Bezugsmasse“). scientia ueritatis: Wie 14,5; 2,3,25; 3,6,8; gemeint ist das sichere Wissen um die Wahrheit, wie es nur von Gott kommen kann. quae, ut saepe iam dixi, non . . . : Siehe oben 226 mit Anm. 3. 4 Natürlich nicht im Sinn einer schulphilosophischen Einordnung, wie W losok ( Gno­ sis 201 mit Anm. 53) in Auseinandersetzung mit der älteren Forschung verdeutlicht.

K o m m e n ta r

esse [...] percepta: Statt zu erwartendem Infinitiv Präsens, da es um den (erfolgreichen) Abschluss der Wahrnehmung geht. 2.4 si p otest homo intellegere diuina: Vgl. 3,10,6 [sc. h o m in i] so li d a tu m e s t in te lle g e re d iu in a . Zwischen beiden Äußerungen besteht letzt­ lich kein Widerspruch: Dort geht es um die prinzipielle Veranlagung des Menschen zur Gotteserkenntnis, hier um seine Unfähigkeit, diese Gotteser­ kenntnis alleine und ohne die Offenbarung gänzlich (also mit den ethischen Konsequenzen) zu vollziehen. e uestigio subsequi: ,auf dem Fuße folgen^, wie Plin. epist. 6,4,1; vgl. Suet. Iul. 4,2 (p e r s e q u i), geläufiger ist u e s tig iis p e rse q u i (vgl. ThLL X,1 1697,24ff.). m ortali corpore indutus: Die Metapher vom Bekleidetsein mit dem Körper verwendet Laktanz auffallend häufig, pejorativ wie hier etwa opif. 19,9 hoc c o rp u sc u lu m quo in d u ti s u m u s ; ira 20,5 (vgl. ThLL VII,1 1269,1 Iff.; P e r r i n L ’h o m m e 389L). Gott ,bekleidet‘ den Menschen aber auch mit ei­ nem Leib bei der Erschaffung (5,10.13) und Auferstehung (23,1). C a rn e in ­ d u tu s (4,24,9.10.16), in d u i (4,12,15; 4,25,1) und se in d u e re (4,25,8) verwen­ det Laktanz für die Menschwerdung Christi (vgl. ThLL VII,1 1269,22ff.74ff.; Loi L a tta n z io 222-224), in negativem Kontext für den Menschen als Dop­ pelwesen aus Leib und Seele (5,27 add. 12), schließlich für den Auferste­ hungsleib, aber ebenfalls unter dem negativen Vorzeichen der Bestrafungs­ möglichkeit (21,3). ex im m ensitate . . . metiri: Figura etymologica als Oxymoron (,aus der Unermesslichkeit zu ermessen^). Zu ex im m e n s ita te re ru m atqu e o p e­ ru m d iu in o ru m vgl. 1,3,13 (Notwendigkeit des Monotheismus) d iu in i h u iu s o p eris im m e n s ita s . I m m e n s ita s erscheint Cic. nat. deor. 1,54; 2,98 (Voll­ kommenheit der Schöpfung), ist aber selten (ThLL VII,1 449,21). 2.5 quantum . . . antistet: ,wie sehr ... übertrifftk Zum adverbiellen q u a n tu m statt des Ablativus discriminis q u a n to (Nep. Arist. 1,2; dieses wird B r a n d t , z. St., erwogen mit Verweis auf 15,3, doch ist dort m a g n i­ tu d in e Ablativus limitationis) bei a n tis ta r e vgl. Sil. 9,537f.; Fronto 1,3,7 p . 4,21f. VAN d e n H o u t , allgemein als nachklassisches Phänomen LHS II 136f. dei opus humanis operibus: Das ,eine Schöpfungswerk Gottes‘ über­ trifft die vielen , menschlichen (Inkonzinnität durch Adjektiv) Werket quantum inter opera diuina et humana . . . : Vgl. 1,1,5

n ih il in te r

d eu m h o m in e m q u e d is ta r e t, si c o n silia e t d is p o s itio n e s illiu s m a ie s ta tis a e te r n a e co g ita tio a sse q u e re tu r h u m a n a .

2.6 incorruptus: Wie 3,11; 1,3,9 etc., häufiges Gottesattribut bei Lak­ tanz, vgl. Loi L a tta n z io 40-42.

229

2,7 - 2,8

immortalis: Klassisches Gottesattribut (seit Homers αθάνατος), wie etwa 2,8,64.68; vgl. Loi L a tta n z io 40-42. perfectus: Wie 1,3,7; 2,8,67 etc. als Gottesattribut, vgl. Loi

L a tta n z io

sempiternus: Für die Ewigkeit Gottes wie 9,12; 1,8,6; vgl. Loi 52-54.

61.

L a tta n z io

2.7 subiectus est passioni: Kennzeichen der Condicio humana wie 2,5,34; 4,24,9.17.19. in perspicienda penitus ueritate perfecta: , vollkommen in der gänz­ lichen Durchdringung der Wahrheit‘, vgl. ThLL X,1 1375,49ff. 2.8 notionem ueri scientiamque: Zur Aussage und zur Formulierung vgl. 1,1,6 [sc. d eu s] n o tio n e m u e r ita tis m u n u s su u m f e c it ( n o tio für die Erkenntnis einer Sache 3,29,19; 4,26,22 oder Gottes 4,27,16; 5,14,11; ira 1.8 etc.). Allerdings räumt Laktanz 3,1,6 s c ie n tia m u e ri c o g n itio n e m q u e der Philosophen ein. mens . . . fragili corpore illigata et in tenebroso dom icilio inclu­ sa . . . : Die Begrenztheit der menschlichen Erkenntnisfähigkeit begründet Laktanz damit, dass der Verstand im vergänglichen Körper eingeschlossen sei. Denselben Gedanken äußert er bereits 4,24,3: nec e n im m e n s te r r e n is u iscerib u s in clu sa e t tabe c o rp o ris im p e d ita a u t c o m p re h e n d e re p e r se p o ­ te s t a u t capere u e r ita te m , n is i a liu n d e doceatu r. Ähnlich erklärt er 12,13

den Gedächtnisverlust im Alter. Mit entsprechenden Formulierungen be­ schreibt Laktanz aber auch umgekehrt die Autarkie des Verstandes (opif. 16,10): ta n ta [ ...] u is ac p o te s ta s m e n tis h u m a n a e in tra m o r ta le co rp u s in clu sa e , u t ne s a e p tis q u id em g ra u is h u iu s ac p ig r i c o rp o ris, cu m quo illig a ta est, coerceri u llo m o d o p o s s it q u o m in u s sib i lib era m u a g a n d i fa c u l­ ta te m q u ie tis im p a tie n s la rg ia tu r. Die Dichotomie von , Seele ‘ und ,Körperi

und Trichotomie von ,Seele‘, , Geist ‘ und ,Körperi sind insbesondere seit Platon grundlegend für die antike Anthropologie (vgl. T. B o r s c h e / R . S p e c h t , ,Leib-Seele-Verhältnis Ι/ΙΓ, HWPh 5 [1980] 185-201, v.a. 185189; C o m a n 25-33; J. H i r s c h b e r g e r , Seele und Leib in der Spätantike, Wiesbaden 1969). Bei Laktanz findet sich in der Regel nur die Dichotomie, für das Geistig-Seelische stehen dabei a n im a , a n im u s , s p ir itu s oder auch, wie hier, m e n s (Übersicht bei P e r r i n L ’h o m m e 232f.). Das Verhältnis des Geistigen zum Körperlichen beschreibt Laktanz mit zwei Ausdrücken: (1) Das Eingebundensein (fra g ili corpore illig a ta ) wie 5,9 [sc. a n im a s ] fr a g i­ libus e t im b e c illis co rp o rib u s illig a ta s und opif. 16,10 erscheint auch Arnob. nat. 2,48 qu id e n im s u n t h o m in e s n is i a n im a e co rp o rib u s in lig a ta e ? 2,63. Dahinter steht anscheinend Cic. Tim. 47 in [sc. eo co rp o re] [ ...] a n im i d iu in i a m b itu s illig a b a n t (Plat. Tim. 43a ένέδουν); vgl. ThLL VII,1 379,18ff. (2) Das Eingeschlossensein in einem finsteren Haus ( in te n e b ro so d o m ic ilio

K o m m e n ta r in c lu s a ) wie 12,11 a n im a [ ...] te n e b ro so d o m ic ilio [ ...] in clu sa und ira 1,4 m e n s h o m in is te n e b ro so c o rp o ris d o m ic ilio c ir c u m s a e p ta . Das Bild vom d o m ic iliu m (auch 5,10; 8,6; 12,13.18.30; vgl. P e r r i n L ’h o m m e 384 Anm.

44) findet sich häufig in paganer und christlicher Literatur, vgl. ThLL V,1 876,58fL; P e r r i n L ’h o m m e 383-385. In c lu d e re erscheint in diesem Zusam­ menhang mehrfach bei Cicero, vgl. ThLL VII,1 952,1 Iff. diuinae condicionis: , Göttlichkeit‘, , göttliche Seinsweise‘ (siehe auch un­ ten zu 9,14 im m o r ta le m [ ...] c o n d ic io n e m ), hier im possessiven Genitiv , eignet der Göttlichkeit‘ (LHS II 62). deo enim soli opera sua nota sunt: Zu den Ausdrücken der göttlichen Allwissenheit bei Laktanz vgl. Loi L a tta n z io 80f. 2.9 non cogitando aut disputando assequi eam potest: Vgl. 3,1,6 nec si p h ilo so p h i d o c tr in a litte r a r u m m ira b ile s e x tite r u n t, ego illis e tia m s c ie n tia m u e ri c o g n itio n e m q u e c o n c e s s e r im , qu am n e m o co g ita n d o a u t d is ­ p u ta n d o a sseq u i p o te s t.

discendo et audiendo: Der Ausdruck erscheint auch 12,12 und Plin. epist. 1,10,11, die Juxtaposition von d iscere und a u d ire ist sehr häufig, etwa 2,8,65; 3,13,13; Cic. off. 1,58; Hör. epist. 1,1,48; Ps. Sali. rep. 2,10,2; Sen. dial. 10,12,4 etc. scire: Absolut vom göttlichen Wissen (vgl. 12,11 t a t i s ) wie ira 1,3.

[sc. s c ie n tia ] e s t d iu in i-

2.10 M arcus Tullius: Diese Bezeichnung für Cicero (wie 4,15; 9,10, ins­ gesamt 25 Belege) erscheint neben T u lliu s alleine (8,9; 11,5, insgesamt 18 Belege) als Variante zur häufigsten C icero (4,11; 8,7; 10,9; 14,4; 23,3, ins­ gesamt 81 Belege). Cicero ist wichtigste pagane Quelle und stilistisches Vorbild des Laktanz (siehe oben 40L). sententiam Socratis . . . arbitror scire neminem: Cic. Tuse. 1,99

,s e d

te m p u s e s t ‘ in q u it ,ia m h in c abire, m e, u t m o r ia r , u os, u t u ita m a g a tis, u tru m a u te m s i t m e liu s, d ii in m o r ta le s sc iu n t, h o m in e m q u id em sc ire a r ­ b itro r n e m in e m . ‘ Dahinter steht Plat. apoi. 42a αλλά γάρ ήδη ώρα άπιέναι,

έμοί μέν άποθανουμένω, ύμϊν δέ βιωσομένοις* όπότεροι δέ ημών έρχονται έπ'ι άμεινον πράγμα, άδηλον παντί πλήν ή τω θεω. - Den ersten Satz aus der Vorlage Cicero gibt Laktanz in indirekter Rede wieder, wobei er den anti­ thetischen Parallelismus m e, u t - u os, u t zur Inkonzinnität mit dem unge­ wöhnlichen Acl nach u e n isse te m p u s wendet, den zweiten wörtlich ( a u te m nach u tru m fällt weg), weil er den gesuchten Beleg für die Erkenntnisun­ fähigkeit des Menschen enthält. Q u id e m fällt aus, die Wortfolge wird zu a r b itr o r sc ire n e m in e m (Hypodochmius) vertauscht. Wie 8,9 kontrastiert Laktanz göttliches Wissen und schwache menschliche Erkenntnis und zi­ tiert dabei Cicero. Bei diesem hingegen illustriert das Göttliche an den

231

2,11 - 3,1

jeweiligen Stellen nur metaphorisch die skeptische Position, dass sichere Erkenntnis sich auf die Einsicht in ihre eigene Unsicherheit beschränke (überzeugend B r y c e 59f.). transferens: Zur Bedeutung siehe unten zu 25,1

ex o m n ib u s c o llecta e t

tr a n s la ta co n g ererem .

2,11 philosophiae sectas: Leichte Tautologie, denndass mit se c ta e Phi­ losophenschulen gemeint sind (vgl. OLD s.v. s e c ta 1 2), ist aus dem Zu­ sammenhang klar; dies betont nochmals die Spaltung und insbesondere das Scheitern der Philosophie als ganzer. diuinarum uocum [...] oraculis: Nach der sonstigen Darstellung bei Laktanz sind o ra cu la ein Mittel der Dämonen zur Verführung der Men­ schen (2,7,7; 2,16,1.13b; epit. 22,1; 23,6; 32,lf. vom Orakelspruch über Sokrates). Mit d iu in a u ox hingegen bezeichnet er das in der biblischen Of­ fenbarung Enthaltene (1,4,2; 3,1,12; 4,26,6; 5,18,3; 6,8,6; 6,12,27), freilich entstammt die Junktur, obwohl in der christlichen Latinität gebräuchlich (Tert. uxor. 2,5,8; resurr. 18,3; Cypr. Demetr. 6; sent, episc. 5), dem paganen Sprachgebrauch für einen Spruch von göttlicher Autorität (Enn. scaen. 43, zitiert Cic. div. 1,42; Pore. Lie. carm. frg. 3,2; Bue. Eins. 1,44; Plin. epist. 3,16,6; Apul. met. 11,4,3 über die Anrede durch Isis). Laktanz for­ muliert also abschließend in bewusst offener, nicht spezifisch christlicher Terminologie, dass die Wahrheitssuche eine Grundlage in der göttlichen Offenbarung braucht. 3,1—4 D ie W iedergabe der stoischen W eltbeseelungslehre: Die Passage (§1 S to ic i n a tu ra m ... bis § 4 ... e sse fa b r ic a tu m .) nimmt v o n A r n im auf als Fragment des Chrysipp (II 1041 SVF). Zu Recht weist aber B a r t h e l (8) auf folgende Übereinstimmung hin:

Cic. ac. 1,24.29 24 D e n a tu r a a u te m (id e n im s e ­ qu ebatu r) ita diceb a n t u t eam d iu id e r e n t in res du as, u t a lte ra e s se t e f­ fic ie n s , a lte ra a u te m qu asi huic se p ra e b en s, eaque efficeretu r aliqu id, in eo quod efficeret u im e ss e cen seban t, in eo a u te m quod efficeretu r ta n tu m m odo m a te r ia m qu an dam ; in utroque ta m e n u tru m q u e.

29 qu am u im a n im u m esse d ic u n t m u n d i, ean dem qu e esse m e n te m s a ­ p ie n tia m q u e p e rfe c ta m , qu em d e u m a p p ella n t, [...].

Lact. inst. 7,3,1.3

1 S to ic i n a tu r a m in d u a s p a r te s d iu id u n t, u n a m quae e ffic ia t, a l­ te r a m quae se ad fa c ie n d u m tr a c ta b i­ lem p ra eb ea t: in illa p r im a e s s e u im s e n tie n d i, in hac m a te r ia m nec a lte ­ r u m sin e a lte ro p o sse.

3 [ ...] in te rd u m sic con fu n du n t, u t s it d e u s ip se m e n s m u n d i et m u n d u s s it corpu s dei.

K o m m e n ta r

Bei Cicero beziehen sich die Aussagen nicht auf die Stoiker, sondern auf die Alte Akademie. Allerdings ist die Übetragung, die Laktanz somit vor­ nimmt, der Sache nach möglich, vgl. Sen. epist. 65,2,8: d ic u n t, u t sc is, S to ic i n o s tr i duo esse in re ru m n a tu ra ex quibus o m n ia f ia n t, c a u sa m e t m a te r ia m . M a te r ia ia c e t in e rs, [...]; cau sa a u te m , id e s t ra tio , m a te r ia m f o r m a t [...]. Den Anstoß dafür vermutet B a r t h e l (8) im weiteren Verlauf

des Cicerotextes (ac. 1,39.43), in dem Zenons Naturphilosophie als Wei­ terentwicklung der akademischen dargestellt wird. B r y c e (98f.) verweist außerdem darauf, dass die bei Cicero vorgetragene Lehre des Akademikers Antiochos von Askalon stark synkretistische Züge trägt und seine Nähe zur Stoa ausdrücklich betont wird, Cic. ac. 2,132: [sc. A n tio c h u s], qui a p ­ p e lla b a tu r A c a d e m ic u s, e ra t q u id em si p e rp a u c a m u ta u is s e t g e r m a n is s im u s S to ic u s. Zur Einteilung der Natur in ποιούν und πάσχον bei Zenon P. S t e i n ­ m e t z , GGPh2 4/2 (1994) 535-537. Ein ausführliche Auseinandersetzung

mit dem Pantheismus findet sich bereits 2,5,7-42. 3.1 se [...] praebeat: Verwendung nach Cic. ac. 1,24, vgl. ThLL X,2 388,20ff. nec alterum sine altero posse: B r a n d t s Ergänzung ( q u icq u a m ) p o ss e ist unnötig (so auch VAN R o o i j e n - D i j k m a n 22 Anm. 4): Der absolute und prägnante Gebrauch von p o s s e , vor allem bei sin e , ist üblich, vgl. v.a. Tert. anim. 18,7 u t p ro b e t a lte ru m sin e a ltero p o s s e und die Darstellung bei L ö f s t e d t S y n ta c tic a II 269-272; weiteres Material bei S t a n g l 243f. (Laktanz); ThLL X,2 139,29ff. C a s t i g l i o n i (464) verweist zudem auf die rhythmische Schwierigkeit der Ergänzung. 3,3 a lte ru m sin e a ltero n ih il p o s s e liegt in n ih il die entscheidende Negation, prägnantes p o s s e scheidet daher aus. 3.2 idem: Bezieht sich auf die eine n a tu r a , die nach der wiedergegebenen stoischen Auffassung sowohl Subjekt als auch Objekt eines schöpferischen Gestaltungsprozesses darstellt. idem esse figulum quod lutum . . . : Der Vergleich von Subjekt und Objekt beim schöpferischen Tun mit dem Töpfer und dem Ton ist hier zwar so auf die Alltagserfahrung hin ausgeführt, dass er paganem Verständnis unschwer zugänglich ist, geht aber auf biblische Bilder von Gott als Töpfer zurück, die die völlige Souveränität seines Schöpfungshandelns an seinem Geschöpf, dem Menschen, unterstreichen (v.a. Jes 29,16 und Jer 18,1-6; vgl. Sir 33,13; Jes 45,9; 64,7; Röm 9,20). Diese werden in der christlichen Latinität häufig aufgegriffen (ThLL VI, 1 721,69ff.). Die pagane TöpferMetaphorik knüpft öfter an die Drehung der Töpferscheibe an (vgl. etwa Sen. epist. 90,3; Apul. apol. 45,4), was auch Tert. apol. 47,7 (über das Gottesbild der Stoa, = SVF II 1034) aufgreift: p o s itu m uero ex tra m u n d u m S to ic i [sc. d e u m a sse u e ra n t], qui fig u li m o d o e x trin se c u s to rq u e a t m o le m

233

3,3 - 3,4

Vgl. M . M a y e r , F ig u lu s n o s te r e s t C h ristu s. Consideraciones sobre la trayectoria del término fig u lu s en los aut ores latinos cristianos, BIEH 7/2 (1973) 35-51. hanc.

quod figulum: Statt quod fig u lu s [se. est]. Die Kasusattraktion im el­ liptischen Vergleichssatz (analog zu id e m ac) schafft Durchgängigkeit und Assonanz bei den Endungen (lu tu m , fig u lu m ). nonne aperte insanire uideatur: Nach Cic. ac. 2,21 a u t ita qui s e n tie t n o n a p e r tis s im e in s a n ia t? Vgl. ThLL VII,1 1830,27. In beiden Fällen wird der kritisierten Philosophie eine unzulässige Gleichsetzung vorgeworfen, bei Cicero dem Epikureismus die von Schmerz und Lust. Von der „Ver­ rücktheit“ Epikurs spricht Laktanz öfter (opif. 2,10; siehe unten zu 3,26 d e lir a s s e ).

3.3 uno naturae nom ine [...] com prehendunt: Vgl. Cic. de orat. 1,213 o m n e m [ ...] s c ie n tia m c o m p re h e n d e re u no o r a to r is officio ac n o m in e .

artificem: Hier pagan, doch auch (5,5; 7,8; 1,5,9 etc.) aus christlicher Perspektive für den Schöpfergott, vgl. Loi L a tta n z io U lf. alterum sine altero nihil posse: Siehe oben zu 3,1

nec a lte ru m sin e

a ltero p o sse .

deus mundo perm ixtus: Nach dem folgenden (3,5) Vergilzitat (Aen. 6,727) m a g n o se corpore m is c e t (ric h tig C o u r c e l l e L e c te u rs 474 Anm. 187). interdum sic confundunt, ut sit deus . . . : Auch dieser Gedanke ist dem folgenden (3,5) Vergilzitat entnommen. Ganz offensichtlich geht Lak­ tanz von einer Gleichsetzung von m e n s und deu s sowie co rp u s und m u n ­ dus aus, die er wiederum auf die Stoiker zurückführt. Dies könnte er in einem Kommentar so vorgefunden haben. Auch an anderen Stellen scheint Laktanz sein Wissen um (vermeintlich) stoische Lehren aus der Vergilkommentierung zu schöpfen, siehe unten zu 7,13 Z en o S to ic u s d o c u it ... und zu 20,8-10. 3.4 quod et ipsi fatentur alias . . . : Gemeint ist die unten (3,13 S to ic i ,h o m in u m c in q u iu n t . . . ) als stoische Lehre wiedergegebene Ansicht, dass Gott die Welt um der Menschen willen erschaffen habe. Daraus ergibt sich, dass Gott vor der Welt und außerhalb dieser existieren muss. et esse sine mundo, si uelit, possit: Eine ergänzende Korrektur des Laktanz: Gott ist nicht nur Schöpfer der Welt, sondern er könnte auch ohne sie sein, siehe unten zu 4,8 p o te s t esse s in e m u n d o . . . deus est diuina et aeterna mens . . . libera: Laktanz spielt auf eine bereits 1,5,25 zitierte Stelle aus Ciceros C o n so la tio an (frg. 21 V i t e l l i ,

K o m m e n ta r

zitiert Tusc. 1,66):

nee u ero deu s [ ...] alio m o d o in te lle g i p o te s t n is i m e n s so lu ta q u a ed a m e t libera [...]. Im ersten Buch gibt Laktanz damit eine platonische Lehre wieder (vgl. l,5,23f. P la to [ ...] qu em se c u tu s C icero ... ). Hier greift er die Aussage zum Stichwort m e n s auf (als Gottesbezeichnung bei Laktanz: Loi L a tta n z io 54L). Es liegt also keine , Verwirrung6auf Seiten des Laktanz vor (so B r y c e 74), der dieselbe Aussage erst als platonisch,

dann als stoisch ausgebe, vielmehr ist die Wiedergabe stoischer Gedanken bereits beendet. Laktanz spielt geschickt platonisches Transzendenz- gegen stoisches Immanenzdenken aus. cuius uim m aiestatem que [...] intellegere non poterant: Vgl. 1,8,1 u n iu s d ei p o te s ta te ac p r o u id e n tia m u n d u m g u b ern a ri, cuius u im m a ie ­

sta te m q u e ta n ta m e sse d ic it in T im a e o [28c] P la to , u t ea m neque m e n te co n cip ere neque u e rb is en a rra re q u isq u a m p o s s it ob n im ia m e t in a e s tim a ­

opif. 1,11; ira 11,11. Vgl. Loi L a tta n z io lOf.; 35f. Zur Bedeutung von Plat. Tim 28c für Laktanz W l o s o k G n o sis 201-204.252256. b ilem p o te s ta te m ,

uim: Wie 1,3,9.12; 4,4,6 etc. für die Größe Gottes, vgl. Loi

L a tta n z io

74.

m aiestatem : Wie 5,5; 1,1,8 etc. für die Größe Gottes oder letztlich diesen selbst, vgl. Loi L a tta n z io 26. m iscuerunt . . . operi suo: Wie 3,6.10 drückt Laktanz die Vermischung von Gott und Welt durch m isc e re mit Dativ (vgl. opif. 16,12; ThLL VIII 1090,65ff.) aus, ebenso Paneg. 12,26,1 (aus dem Jahr 313) in einer (bewusst ambivalent gehaltenen) Gottesanrede: m e n s [ ...] , quae ( qua M ) to to in fu sa m u n d o o m n ib u s m isc e a ris e le m e n tis .

3,5 illud Vergilianum: Zur Einleitung eines Vergilzitates wie 2,10,16; Sen. nat. 4a praef. 19; Quint, inst. 1,3,13. Vgl. 27,3 T e re n tia n a illa . Vergil ist der bei Laktanz am häufigsten zitierte Dichter (siehe oben 42f.). ,totam que . . . m iscet6: Zitat von Verg. Aen. 6,726b.727. Die Verse ste­ hen in der kosmologischen Anchisesrede (Verg. Aen. 6,724-751): Der Vater erläutert Aeneas, ausgehend von einer Kosmogonie als Weltbeseelung, den Kreislauf der Seelen. Zur Bedeutung der Anchisesrede A. W lo so k , E t p o e ­ tic a e fig m e n tu m e t p h ilo so p h ia e v e r ita te m . Bemerkungen zum 6. Aeneisbuch, insbesondere zur Funktion der Rede des Anchises (724ff.), in: dies. Res 384-391 (mit weiterer Literatur; erstmals: LF 106 [1983] 13-19). Laktanz zitiert mehrfach aus dieser Aeneispassage (vgl. C o u r c e l l e L e c te u rs 432; 483), im siebten Buch zunächst (20,10) die Verse 6,735-740 (Anchises erklärt die schmerzhafte Reinigung der von der Oberwelt zurück­ gekehrten Seelen von den irdischen Anhaftungen) als ebenfalls den Stoikern zugeschriebene Erläuterung dafür, dass die körperlosen Seelen aufgrund ihrer Befleckung durch den Körper Strafe erleiden können. Dann (22,7)

3,5

235

interpretiert Laktanz die Schlussverse der Anchisesrede (6,748-751: nach tausend Jahren trinken die Seelen aus dem Lethestrom und kehren in die Oberwelt zurück) als Rest ursprünglichen Wissens um die Auferstehung. Schließlich (22,17) führt er die Frage des Aeneas, die zur Anchisesrede An­ lass gibt (6,719-721: , Warum wollen die Seelen nur in die schlechte Welt zurückkehren?‘), als Begründung dafür an, dass die Auferstehung erst am Ende der Zeiten nach der Beseitigung des Bösen stattfinden kann. Im er­ sten Buch (1,5,11; Paraphrase epit. 3,4) zitiert Laktanz die Anfangsverse (6,724-727) als Beleg für Vergils Monotheismus. Ebenfalls als Zeugnis für den Monotheismus führt Laktanz ira 11,5 dieselben Verse an wie hier (726 aber vollständig). - Auf den theologischen Gehalt der Anchisesrede könnte Laktanz durch deren Verwendung als Zeugnis für den Monotheismus bei Minucius Felix (19,2) aufmerksam geworden sein. Jedenfalls stellt Laktanz l,5 ,llf. wie Minucius Felix zum Anfang der Anchisesrede (Aen. 6,724ff.) die Passage georg. 4,22Iff. Bemerkenswert ist die uneinheitliche Bewertung der hier zitierten Ver­ se bei Laktanz: Im ersten Buch zieht er den gesamten Beginn der Anchi­ sesrede mit einem einleitenden M a ro n o n lon ge a fu it a u e r ita te (1,5,11) als Beleg heran. Hier moniert er - inhaltlich berechtigt ( N o r d e n A e n e is V I 17) -, dass die Verse 726f. die pantheistische Vorstellung einer Verschmel­ zung Gottes mit der Welt zum Ausdruck bringen. Das ließe sich mit dem Fortschritt der Darlegung erklären: Dem bis hierher vorgedrungenen Leser kann nun zugemutet werden, dass Vergil zwar mit Recht von e in e r Gott­ heit spricht, zu Unrecht aber vom Aufgehen dieser Gottheit in der Welt. Doch verzichtet Laktanz auf einen Rückverweis, auch gelten die Verse im ersten Buch als Dichterzeugnis - hier hingegen, ohne nähere Erklärung, als Beleg stoischer Lehre (siehe oben zu 3,4 quod e t ip s i ... ). In der spät ( I n g r e m e a u C o lere 36: gegen 324) entstandenen Schrift D e ira wieder­ um verwendet Laktanz nur die vorliegend zitierten Verse (also ohne die an Gen l,lff. anklingenden Verse 724f. p r in c ip io ca elu m ac te r r a s ... ) mit der Auswertung: a p p a re t te s tim o n io p o e ta e u n u m esse m u n d i h a b ita to r e m d eu m , s iq u id e m co rp u s o m n e n is i ab u n a m e n te in co li regique n o n p o te s t

(ira 11,5). Laktanz übernimmt dort also die hier als pantheistisch kriti­ sierte Metaphorik von m e n s und corpu s. Er bewertet somit die Verse nicht nach theologischen, sondern nach rhetorischen Gesichtspunkten und ver­ wendet sie, je nach Bedarf, als Beleg entweder für den Monotheismus der Dichter oder den Pantheismus der Stoiker. Minucius Felix hingegen wird der Rhetorik u n d der Theologie gerecht, indem er die eindeutig pantheistischen Äußerungen in seiner Paraphrase weglässt (Min. Fel. 19,2, dazu F r e u n d V ergil 136-142). Wie hier unter ausdrücklichem Hinweis auf den stoischen Charakter zitiert die Verse Hier, in Eph. 2,4,6 p. 529^; in Is. 16,57 p. 558a .

K o m m e n ta r

3.6 factum esse: Bezogen auf

m u n d u s.

dom um dom inus, nauem gubernator, auriga currum: Die Beispie­ le zeigen, im Unterschied zum Verhältnis m e n s /c o r p u s im Vergilzitat 3,5, die wesenhafte Verschiedenheit und vor allem die Trennung beider Kom­ ponenten. Als Bilder für das Verhältnis Gottes zur Schöpfung verwendet Laktanz Haus und Herr bereits 2,5,41f. in der Widerlegung des Pantheis­ mus und, für den Monotheismus, ira 11,4, wo auch Schiff und Steuermann erscheinen, die zudem 3,20,14 und ira 13,6 Vorkommen. Wagenlenker und Wagen (umgekehrte Abfolge!) zieht Laktanz nur hier heran. 3.7 nam si haec om nia . . . dei membra sunt . . . : Derselbe Gedanke schon 1,8. Vgl. Lucr. 5,240-243 qu ippe e te n im , q u o ru m p a r tis e t m e m b ra u id e m u s / corpore n a tiu o m o r ta lib u s e sse fig u ris, / h aec e a d e m f e r m e m o r ­ ta lia c e rn im u s e sse / e t n a tiu a sim u l. Cic. nat. deor. 1,27 (der Epikureer

Velleius gegen Alkmaion, der den Gestirnen und der Seele eine göttliche Eigenschaft zuspricht) n o n s e n s it se s e m o r ta lib u s rebu s im m o r ta lita te m dare

insensibilis: ,empfindungslos‘, ,gefühllos‘, vgl. VII,1 ThLL 1860,38ff. 3.8 possum enumerare quotiens repentinis quassatae m otibus . . . : In zerstörerischen Naturereignissen würde sich eine göttliche Weltseele selbst verletzen. Zu einer möglichen Quelle des Argumentes siehe unten zu 3,9 d ei m em b ra . dem ersae fluctibus: Laktanz setzt nach d e m e rg e re bloßen Ablativ (6,2; 6,6,4; Cic. Pis. frg. 2; vgl. ThLL V,1 480,35ff.) und gleichbedeutend in mit Ablativ (6,23,8; wie Cic. ac. 1,44, aufgenommen 3,28,13f. und epit. 35,4; vgl. ThLL V,1 480,23ff.). frugiferos cam pos paludes inundauerint : Sümpfe dehnen sich über Ackerland aus und lassen es unfruchtbar werden. Laktanz scheint hier (etwas artifiziell) das Motiv der Trockenlegung von Sümpfen, durch die bebaubares Land gewonnen wird, in sein negatives Gegenteil umzukehren. siccauerint: Hier intransitiv , trocken werden ‘ wie etwa Cypr. epist. 74,10,2 oder fachsprachlich (Cet. Fav. 19 p. 276 K r o h n ; Apic. 3,18,2 etc.). fuerint adaequati: Kein Zustandspassiv, vielmehr steht (wie 5,27 add. 12; 6,5; 12,19; bei Deponentien 5,25 und 14,15) fu e ro statt ero beim passi­ ven Futur II, so etwa schon Cic. rep. 1,38.54, nachklassisch überwiegend, vgl. LHS II 324. 3.9 parum est si: Explikatives si nach unpersönlichen Ausdrücken wie etwa Cic. fam. 7,10,4 u n u m m ih i e sse s o la c iu m [ ...] si . . . , vgl. LHS II 666. maria extruuntur . . . terrae uiscera effodiuntur: Laktanz führt vier Verletzungen des weltimmanenten Gottes an, die sich der Mensch noch

3,10

237

über die 3,8 genannten, nun als Selbstverletzungen gedeuteten ( m e m b r is su is n o n p a r c it d e u s ), herausnimmt ( e tia m h o m in i lic e a t ): Eng zusammen gehören die Eingriffe durch Baumaßnahmen. Das Bauen ins Meer hinein (vgl. etwa die Anleitungen Vitr. 5,12,1-6) und das Abtragen von Bergen nennt Sallust (Catii. 13,1; 20,11) als Beispiel sittlich verkommener Ver­ schwendungssucht. Laktanz hat bei m a r ia e x tru u n tu r, m o n te s e x c id u n tu r Sali. Catii. 20,11 in e x stru e n d o m a r i e t m o n tib u s co a eq u a n d is vor Augen und übernimmt sowohl die Verknappung m a re e x tru e re statt in m a r i extru e re (vgl. V r e t s k a z . St. I 319; ThLL V,2 1940,79ff.) als auch die präg­ nante Gegenüberstellung, die beide Eingriffe als paradoxe Renommierpro­ jekte erscheinen lässt. Das Herausreißen der Erdeingeweide zur Gewinnung von Reichtümern (a d e ru e n d a s opes in te r io r a te r ra e u iscera e ffo d iu n tu r) ist bei Ovid (met. 1,138-140 itu m e s t in u iscera te r r a e / qu asque re c o n d id e ra t [ ...] / e ffo d iu n tu r o p e s) Kennzeichen für zunehmende Habsucht und Fre­ velhaftigkeit im ehernen Zeitalter. Diese hier von Laktanz (Stichwörter: u iscera te r r a e , opes, e ffö d iü n tü r , mit dem auffälligen Hexameterschluss, vgl. G o u l o n C ita tio n s 129) aufgenommene Stelle klingt auch sonst häufi­ ger an, wenn mahnend vom Bergbau als Vermessenheit die Rede ist (Plin. nat. 2,158; 33,2; Octavia 417f.; vgl. B ö m e r M e t. I - I I I 66). Zwar wird schließlich auch das Pflügen von Ovid als Zeichen der Depravation genannt (met. 1,124 vom Goldenen zum Silbernen Zeitalter, der Abfall besteht im Unterjochen der Rinder, vgl. B ö m e r M e t. I - I I I 6 0 ). Unabhängig davon aber steht es hier aufgrund der alltäglichen Häufigkeit dieses Eingriffes als höchste Stufe der Steigerung: Selbst der zweifellos lebensnotwendige Akt das Pflügens würde eine Verletzung Gottes bedeuten. ne arari quidem sine laceratione diuini corporis potest: Das Z e r­ fleischen6 ( la c e ra tio wie 3,10, übertragen, vgl. ThLL VII,2 822,28ff.; sonst bei Laktanz für die Folter an den Christen; das Wort erscheint seit Cicero) des Göttlichen findet sich Cic. nat. deor. 1,27: P y th a g o ra s [ ...] n o n v id it d is tr a c tio n e h u m a n o ru m a n im o r u m d is c e rp i e t la c e ra ri d e u m .

ut iam scelerati: ,so dass wir schon dabei freveln6, nämlich bei der grund­ legenden und lebensnotwendigen Tätigkeit des Pflügens. dei membra: Zur Widersinnigkeit der Annahme göttlicher Glieder und zu den 3,8 aufgezählten Natureignissen vgl. Cic. nat. deor. 1,24: te r r a e n im p ro fe c to , q u o n ia m m u n d i p a r s est, p a r s e s t e tia m dei; a tq u i te r ra e m a x u m a s reg io n es in h a b ita b ilis atqu e in c u lta s u id e m u s, quod p a r s ea ru m a d p u lsu s o ­ lis e x a r s e r it, p a r s o b rig u e rit n iu e p ru in a q u e lo n g in q u o so lis a b sc e ssu ; quae, si m u n d u s e s t deu s, q u o n ia m m u n d i p a r te s su n t, d e i m e m b r a p a r tim a r ­ d e n tia p a r tim re frig e ra ta d u cen d a su n t. Vgl. B r y c e 97f.

3,10 debilem se uel ipse facere uel ab hom ine fieri sinit: Eine Zu­ sammenfassung der Argumentation ab 3,7: Wenn der pant heistische Gott

K o m m e n ta r

das Genannte physisch erleidet, dann lässt er damit zu, dass er sich selbst schädigt (3,8) oder von den Menschen geschädigt wird (3,9). Statt des ein­ mütig überlieferten fa c e re übernimmt B r a n d t „dubitanter“ (z. St.) f a c i t von H e u m a n n und schlägt im Apparat fa c e re ( u u lt) u el vor, das zwar gegenüber H e u m a n n s Änderung eine plausible Fehlergenese für sich hat, aber inhaltlich nicht passt, da es ja im ganzen Zusammenhang um das Erdulden und nicht um die Absicht aktiver Selbstzerstörung geht. V o l k ­ m a n n s ( B r a n d t z . St.) f a te tu r fügt sich nicht in die Gliederung mit u el [ ...] u el , da das Eingestehen der eigenen Schwäche keine Alternative zur Duldung einer Schwächung durch die Menschen ist (man würde eine epexegetische Konjunktion erwarten). Hingegen spricht Folgendes für die Bei­ behaltung von f a c e r e : (1) Es ist syntaktisch möglich: Von sin e re hängen από xotvoü zwei parallele Infinitivkonstruktionen1 ab. (2) Die üblicher­ weise auf die Belege mit Infinitiv Passiv beschränkte Nuance des Gesche­ henlassens (vgl. OLD s.v. sin o 6a „To let (something be done)“) wird in der από xoivoö-Konstruktion pointiert auch auf das eigene Handeln Gottes übertragen, also: ,es (fahrlässigerweise) dahin kommen lassen, dass ... (3) Das rhetorische Lumen der Stelle liegt gerade in der exakt parallelen und in der Diathese pointiert antithetischen (Gott selbst, der Nominativ ip se betont die Subjektsgleichheit noch, vgl. KS I 632 Anm. 20, und die Menschen) Derivatio fa c e re - f ie r i (vgl. 3,26,1 neque ip s i fa c e re p o tu e r ­ u n t neque a p h ilo so p h is f ie r i p o s s e u id e r u n t ). Gerade dadurch wird das Unsinnige der Vorstellung von der Weltbeseelung besonders deutlich. se in im a d em ersit: Nur hier in mit Akkusativ nach d e m e rg e re wie Cic. Cato 77 a n im u s c a e le stis ex a ltis s im o d o m ic ilio d e p re ssu s e t q u a si d e m e r ­ su s in te r r a m (vgl. ThLL V,1 480,75ff.; oben zu 3,8 d e m e r s a e flu c tib u s ). 3,11 ipsi e g u e ru n t q u a m haec indig en t sensu: ,Ihnen (den Stoikern) selbst fehlte und ihrer Lehre fehlt der Geist/ Pointiert polemischer Ab­ schluss der Kritik an der stoischen Weltbeseelungslehre mit Figura ety­ mologica bei variiertem Tempus ( eg u e ru n t - in d ig e n t ) und Wortspiel mit s e n s u s : Nach ihrer Auffassung ist der , Geist1 zwar ,mit der Welt und allen ihren Teilen vermischt ‘ (3,10), ihnen und ihrem Denken fehlt er aber. sp iritu m : Die Junktur d iu in u s s p ir itu s , die hier die Form bezeichnet, in der Gott die Schöpfung erfüllt, ohne selbst in ihr aufzugehen, erscheint in ähnlicher Verwendung 12,4 als Lebensprinzip, aus dem die Seelen her1 Auf s in e r e (wie auf p a ti , inhere und u e ta re ) folgt (entgegen KS I 687) kein Acl, son­ dern eine zweigliedrige Konstruktion aus Objekt und (erweitertem) Infinitiv, vgl. OLD s.v. sin o 5 und 6; H. H e t t r i c h , Die Entstehung des lateinischen und griechi­ schen A d , in: R. B e e k e s [u.a.] (Hrsg.), Rekonstruktive und relative Chronologie, Innsbruck 1992, 221-234; ders., Nochmals zum lateinischen und griechischen Aci, in: E. C r e s p o (Hrsg.), Berthold Delbrück y la sintaxis indoeuropea hoy, Wiesbaden 1997, 219-238.

3,12

239

vorgehen. Ansonsten (24,9; 4,5,5; 4,6,6; 4,12,1; 5,9,6; 6,1,1) führt Laktanz Eingebungen Gottes auf sein Wirken zurück. - Das Wort s p ir itu s verwen­ det Laktanz häufig (etwa 90 Belege in den D iu in a e in s titu tio n e s ) und in zahlreichen von den Bedeutungen ,Hauch‘, ,AtenT und , Geist‘ ausgehen­ den Nuancen. Davon finden sich im siebten Buch neben dem ,Wehen‘ des Windes (6,4) die folgenden: 1. Gottes Geist, der in den Propheten wirkt (18,1; 24,9; vgl. 25,1: Pro­ pheten sagen uno s p ir itu dasselbe, wie 2,8,48), 2. der Schöpfergeist Gottes, der in der Welt wirkt (hier, auch 1,8,2; 2,2,8; vgl. Loi L a tta n z io 161-167), 3. der ewige göttliche Lebenshauch (5,9 Gott kann aus seinen s p ir itu s im m o r ta le s unzählige Seelen schaffen; 12,14.16: Seele kommt aus dem ewigen göttlichen s p i r i tu s ; vgl. P e r r i n L ’h o m m e 277L; 313; 321323) und somit die Seele oder ihre Seinsweise (5,13: Mensch ist in einen Körper gehüllter s p i r i tu s ; 20,11; 21,2: Seele existiert nach dem Tod als s p ir itu s weiter; vgl. P e r r i n L ’h o m m e 233-236), 4. das eher physische, mit dem Atem zusammenhängende Lebensprin­ zip im Menschen, das mit dem Tod weicht (12,7.22.26; 26,2; 27,16 aus Vergil; 2,12,11 etc., vgl. P e r r i n L ’k o m m e 57 mit Anm. 106; 375-377), 5. der ,böse GeisP (17,2; vgl. 2,8,5 add.; S c h n e w e i s 123-127; Loi L a t­ ta n z io 179-183). Vgl. grundsätzlich zur Pneumatologie des Laktanz S c h n e w e i s (32-39), V e r b e n e (469-485) und vor allem Loi (L a tta n z io 155-189), der V e r b e k e s Annahme eines stoisch-materialistischen Einflusses auf den s p i r i t u s Begriff des Laktanz korrigiert; siehe auch unten 516 Anm. 3. esse [...] diffusum [...] contineri: Die Begriffe entsprechen den stoi­ schen Termini διήκειν und συνέχειν, doch konnte Laktanz sie in Wiederga­ ben stoischer Gedanken bei Cicero (nat. deor. 1,39; 2,19.29f.) und Seneca (dial. 12,8,3; epist. 92,30; 102,7; vgl. L a u s b e r g S en eca 93) finden, vgl. Loi L a tta n z io 162-164. incorruptus [...] corruptibilibus: Die Figura etymologica spitzt die An­ tithese zu. Siehe oben zu 2,6 in c o r r u p tu s ; c o rr u p tib ilis (12,3 e le m e n to ; 2,3,14 etc.) erscheint seit der Vetus Latina und Tertullian häufig in der christlichen Latinität, vgl. ThLL IV 1064,18ff. 3,12 quod a P latone sum pserunt, a deo . . . gubernari: Dass Pla­ ton einen Schöpfergott (7,8; 1,5,23; 4,4,6; 5,14,13; epit. 63,1; vgl. etwa Cic. ac. 2,118; nat. deor. 1,19; Sen. epist. 65,10; Min. Fel. 19,14; 34,4) und ei­ ne Lenkung durch dessen Vorsehung (summarisch 1,8,1, 2,8,48f. und ira 9,1-3; vgl. etwa Cic. Tusc. 1,70; Apul. apol. 49,1) lehre, hat Laktanz be­ reits mehrfach ausgeführt. Dass er darin die Quelle für die Stoa gewesen

K o m m e n ta r

sei, leitet er wohl daraus ab, dass die Stoa aus der Akademie hervorging, wie er weiß (ira 9,3 mit I n g r e m e a u C o lere 262f. über die vereinfachen­ de Betrachtung der Philosophenschulen bei Laktanz) und aus Cicero (vgl. etwa de orat. 3,62; fin. 5,22; ac. 1,34) erfahren haben konnte. Nach W lo SOK ( G n o sis 192f. Anm. 31) meint Laktanz in der Stoa zwei unvereinbare Weltentstehungsmodelle vorzufinden, nämlich ein pant heist isches, in dem die eine Gottnatur zugleich Gestaltendes und Gestaltetes ist (dargestellt 3,1), und eines, das das Wirken eines Schöpfergottes und seiner Vorsehung betont (hier). Deswegen erklärt er das letztere als Übernahme von Platon. quae causa, quae ra tio fu e rit . . . : Die hier erstmals aufgeworfene Fra­ ge nach dem letzten Zweck der Welt und des Menschen (3,14) wird zum Leitmotiv bis zur Gesamtdarstellung der Heilsgeschichte 5,1-27 und ihrer prägnanten Zusammenfassung 6,1. 3,13 Stoici ,h o m in u m ‘ in q u iu n t . . . : Auf die Lehre der Stoiker, dass die ,Welt um der Menschen willen ‘ erschaffen sei, beruft sich Laktanz auch 4,2; 7,9; 2,5,37; ira 13,1; 14,1; epit. 63,7. Entfaltet wird diese Lehre bei­ spielsweise Cic. ac. 2,120; nat. deor. 1,4; 1,23; 2,37.133.154-162; 3,67; off. 1,22; Sen. benef. 6,23,4; Plin. nat. 7,1; 36,1. Doch streng genommen lehrt die Stoa (Sen. dial. 4,27,2; 7,30,3 und schon Plat. leg. 10,903b) nur, dass in der Welt und bei ihrer Schöpfung die Vorsehung mit Rücksicht auf den Menschen wirke, nicht aber, dass dieser Zweck der Schöpfung sei; vgl. IN­ GREMEAU C o lere 301. audio: Etwa: ,Das lässt sich hören/ Umgangssprachliche (J.B. H o f m a n n , Lateinische Umgangssprache, Heidelberg 19784, 188) Bekräftigungsformel, in der Komödie geläufig und Cic. Tusc. 2,46; rep. 1,50 übernommen, vgl. ThLL II 1287,35ff. E p icu ru s ig n o ra t ipsos hom ines q u a re a u t quis effecerit: Hinter Epikurs hier polemisch konstatierter Unwissenheit (siehe oben zu 1,10 nee ta m e n ... ) steht die ihm dann (5,4.7) zugeschriebene Anfrage, was denn einen Gott zur Erschaffung des Menschen hätte bewegen können, vgl. die kritischen Fragen des Epikureers Velleius Cic. nat. deor. 1,23. n a m L u cretiu s . . . : Wie öfter (siehe unten zu 5,4 , quae u tilita s . . . ‘ und 5,7 ,q u id e r g o ‘ . . . ) schreibt Laktanz eine Aussage Epikur zu, belegt sie dann aber mit Stellen aus Lukrez, der seine Haupt quelle für den Epiku­ reismus darstellt (siehe oben 37). ‘dicere p o rro . . . g erere a g g re d ia n tu r’: Zitat Lucr. 5,156.157a und 165-167. Laktanz überspringt markiert ( d e in d e in tu lit , zu in fe rre für ,anführen‘ vgl. ThLL VII,1 1382,23ff.) weitere Infinitive nach d ic e re , die auf­ zeigen, welche Folgerungen aus einem theologischen Weltbild üblicherwei­ se gezogen werden, aber ebenfalls vom zitierten d e sip e re e s t (Vers 165)

3,14

241

abhängen. Das metrisch unmögliche agere in der Laktanz-Überlieferung (Vers 167) statt g erere ist sicher Überlieferungsfehler (Haplographie cau sag ere [re] a g g r e d ia n tu r ! ), der eher nach Laktanz aufgetreten als von diesem unbemerkt übernommen sein dürfte. Bei Lukrez bilden die Verse 5,110234 einen exkursartigen Einschub, in dem er sich gegen eine theologische Weitsicht wendet; in den Versen 156-194 legt er dar, dass die Götter von ei­ ner Erschaffung der Welt nicht Nutzen, sondern Schaden hätten. Dahinter steht die Auseinandersetzung mit der stoischen Providenzlehre (vgl. B a i ­ l e y III 1344f.). Was Laktanz also wiedergibt, ist zum einen tatsächlich der Kerngedanke der lukrezischen Argumentation; die Auslassung verfälscht nicht. Zum anderen stimmt auch die antistoische und antiprovidenzialistische Ausrichtung mit der Vorlage überein. - Der epikureische Einwand, den Laktanz im Anschluss für berechtigt erklärt, dient also dazu, die Unvoll­ ständigkeit der platonischen und stoischen theologischen Argumentation aufzudecken. Er beruht auf dem erkenntnistheoretischen Ansatz, dass nur die Wahrheit insgesamt ein in sich schlüssiges und überzeugendes System bildet (vgl. 2,3; 7,5). Zugleich zeigt es das Scheitern der paganen Philoso­ phie, dass sie Epikurs kritische Nachfrage nicht beantworten kann. larg irier: Zu der bei Lukrez geläufigen Nebenform des Infinitivs LHS I 581. m erito : ,und mit Recht‘, bekräftigt die Richtigkeit des lukrezischen Einwandes, vgl. ThLL VIII 824,10ff. 3,14 illi: Gemeint sind die Stoiker. n u llam ra tio n e m affereb an t cu r . . . : Siehe oben zu 3,12 quae ra tio ...

quae causa,

sac ram en tu m : Das bereits in der paganen Latinität gebräuchliche Wort (eigentlich: ,was dazu dient, heilig [s a c e r ] zu halten^, daher: ,Kaution‘, , [Fahnen-] Eid ‘ oder ,Geheimnis‘, vgl. W a l d e / H o f m a n n I I 459; F. K l i n g ­ m ü l l e r , RE I A,2 [1920] 1667-1674) erscheint in der christlichen Latinität sehr häufig für die Heilsgeheimnisse in unterschiedlichen Aspekten und ist Übersetzung für μυστήριον, vgl. B l a i s e s.v.; C. M o h r m a n n , S a c r a m e n ­ tu m dans les plus anciens textes chrétiens, HThR 47 (1954) 141-152; Loi M y s te r iu m ; A rc a n u m 71f.; B r a u n 335-440.714f. Laktanz verwendet den Begriff, wie V. Loi, Per la storia del vocabolo “sacramentum”: “sacramen­ tum” in Lattanzio, VChr 18 (1964) 85-107, zeigt, meist (außer opif. 19,8 , Verpflichtung^ und epit. 61,7 ,Band‘, vgl. 102-105) in der christlichen Be­ deutung ,geheime, von Gott offenbarte und daher heilige Wahrheit ‘ (vgl. 106) und unterscheidet dabei Einzelnuancen (90-101), in die sich die Bele­ ge des siebten Buches folgendermaßen einordnen lassen: (1) die biblisch­ prophetische Lehre (5,3,17), die die Einzelheiten des Heilsplanes beinhaltet

K o m m e n ta r

(7,10 und 22,2: s a c r a m e n tu m d iu in u m ) und die die Heiden nicht kennen (24,10 p r o fa n i a sa c r a m e n to ; 2,15,2), und (2) in der Junktur s a c r a m e n ­ tu m m u n d i e t h o m in is (hier) oder h o m in is (5,2 wie 2,18,1; 5,17,15) den göttlichen Heils- und Erlösungsplan bezüglich des Menschen in seiner Ge­ samtheit. sacrarium ueritatis nec attingere nec uidere potuerunt: Als s a ­ c ra riu m (übertragen schon etwa Cic. Mur. 84, vgl. OLD s.v.; A. F r i d h , Sacellum, Sacrarium, Fanum, and Related Terms, in: S.-T. T e o d o r s s o n [Hrsg.], Greek and Latin Studies in Memory of C. F a b r i c i u s , Göteborg 1990,173-187, v.a. 177; zur Verwendung bei Laktanz M o n a t B ib le I 36L), zu dem den Heiden der Zugang verwehrt ist, bezeichnet Laktanz die Offen­ barungsgeheimnisse auch 2,10,6 n u lla s e n im litte r a s u e r i t a t i s a t t i g e r a n t , sed quae p r o p h e ta r u m u a tic in io tr a d ita in s a c r a r i o d e i c o n tin e b a n tu r, ea [ ...] co llecta e t d e p ra u a ta [ ...] c a rm in ib u s su is c o m p re h e n d e ru n t. Hingegen werden die Leser epit. 65,8 aufgefordert, sich selbst im sa c r a r iu m ca ele­ s tiu m litte r a r u m zu vergewissern, ein paganes Heiligtum bezeichnet das

Wort epit. 23,3.2 - Hinter der Aussage, dass man ohne das s a c r a m e n tu m ( cu iu s illi e x p e r te s ; vgl. 3,13,3 e x p e rte s [ ...] d iu in a e [ ...] e r u d itio n is , ge­ meint ist die Offenbarung, vgl. W i n g e r I 111 mit Anm. 720) nicht zum s a c r a r iu m gelangen kann, scheint nicht nur das Streben um die Figura ety­ mologica, sondern auch eine Anspielung auf den Zusammenhang zwischen s a c r a m e n tu m (Fahneneid, vgl. F . H i n a r d , Sacramentum, Athenaeum 81 [1993] 251-263; christliche, vgl. B l a i s e s.v. 4, oder pagane, vgl. OLD s.v. 4, Initiation) und Zugang zum Heiligtum zu stehen. 3,15 ut paulo ante dicebam: 3,4.13 m undum a deo et hom inum causa esse factum: B r a n d t ergänzt nach I s a e u s a deo (fa c tu m ) e t h o m in u m cau sa esse fa c tu m und verweist (z. St.) auf 13,6 si h o m in u m cau sa fa c tu s e s t e t ita fa c tu s e st, u t e s s e t a e te r ­ n u s und epit. 62,8 ab eo [sc. deo] m u n d u m fa c tu m e t h o m in u m cau sa fa c tu m e t a n im a s esse im m o r ta le s e x is tim a u e r u n t. Dagegen ist aber zu bedenken: (1) Der Text ist ohne die Ergänzung syntaktisch vollständig und problem­ los verständlich. (2) Bei den genannten Parallelen ist die Wiederholung 2 M o n a t ( Bible II 21 Anm. 72) vermutet eine Anspielung auf die Reisen des Py­ thagoras und Platons ad Aegyptios et Magos et Persas [...], ut earum gentium ritus et sacra cognoscerent, auf denen die Philosophen freilich ad Iudaeos tantum non accesserint, penes quos tunc solos erat et quo facilius ire potuissent (4,2,4, vgl. H. D ö r r i e , Platons Reisen zu fernen Völkern. Zur Geschichte eines Motivs der Platon-Legende und zu seiner Neuwendung durch Laktanz, in: W. d e n B o e r [ed.], Romanitas et Christianitas. Studia I.H. W a s z i n k , Amsterdam 1973, 99-118). Doch liegt dieses Motiv hier sehr fern, und insbesondere heißt es im vierten Buch, dass die Philosophen zu den Juden hätten gelangen können, hier geht es hingegen um die Unmöglichkeit.

3,16 - 3,17

243

von fa c tu m aus stilistischen Gründen geboten: 13,6 ist die Aussage syn­ taktisch asymmetrisch, weil am zweiten Glied ein Konsekutivsatz hängt. Um dennoch zu einem Parallelismus ( e t ... fa c tu s e s t ... e t . . . fa c tu s e s t) zu gelangen und eine Inkonzinnität zu vermeiden, ist die Doppelung nötig. Auch epit 62,8 erreicht ein jedem Glied zugeordnetes, also doppeltes fa c tu m die Gleichförmigkeit der vier mit e t ... e t koordinierten Glieder. (3) Im Unterschied dazu ßndet sich hier gerade keine parallele Koordinie­ rung durch e t . . . e t , sondern ein einzelnes e t , das zwei von e sse fa c tu m abhängige Glieder verbindet. (4) Durch die Hinzufügung ergäbe sich ein stilistisches Ungleichgewicht, da einmal f a c tu m , dann aber e sse fa c tu m stünde. Eine solche Inkonzinnität wird an den herbeigezogenen Parallel­ stellen gerade gemieden. (5) Die Ergänzung passt nicht zur gedanklichen Gewichtung: Beide von e sse fa c tu m abhängigen Glieder wiederholen nur um der Eindeutigkeit des Bezuges willen ( id quod e ra t u eru m , id e s t ... ) mehrfach Gesagtes, was am besten so knapp wie möglich geschieht - also so, wie überliefert. Im Mittelpunkt steht die Unmöglichkeit, diese richtigen Einsichten zu verteidigen. 3,16—22: Siehe oben zu 1,6-10. 3.16 ruinosum: ,baufällig‘, ,verfallen‘, für Bauwerke (Cic. off. 3,54; OLD s.v.), nur hier bei Laktanz; zur Metaphorik siehe unten zu 5,15 m u n d u m a ed ifica sset.

Plato [...] in aeternum dixit esse mansurum: Zu Bezug auf Platon siehe oben zu 1,6 in p e rp e tu u m ... Der Ausdruck in a e te r n u m m a n e re (wie 3,17; 5,14; 6,7; 12,8; 1,11,29; 4,8,11; ira 21,8f.) erscheint seit Vet. Lat. Is. 40,8 (Cypr. testim. 3,58); II Cor. 9,9 (Cypr. testim. 3,1) etc. (für μένειν εις τον αιώνα) in der christlichen Latinität (Cypr. domin. orat. 14; hab. virg. 6 etc.). ergo et ipse m ortalis atque solubilis: Vgl. 1,8; Min. Fel. 34,4

[sc.

P la to ] a d d it [sc. m u n d u m ] ta m e n ip s i a rtific i deo so li e t so lu b ile m e t esse m o r ta le m .

3.17 ei ratio quadraret: Die Wendung a licu i ra tio n o n q u a d ra t ver­ wendet Laktanz auch 5,2; 7,14; 3,28,19 (vorher ist sie nach dem Material des ThLL-Archivs nicht belegt) dafür, dass ein Welterklärungsmodell der paganen Philosophie nicht aufgeht (zur Sache vgl. 2,3; 7,5): Ihre ra tio (zu­ gleich ,Logik‘, , vernünftige Erklärung’, vgl. OLD s.v. 4, und ,Sinnentwurf‘ wie 6,1, vgl. OLD s.v. 11) ,geht nicht auf (vgl. OLD s.v. quadro 4, hier mit Dativ wie Cic. Brut. 43). Vielleicht steht dahinter auch ein Bild aus dem kaufmännischen Bereich: ,die Rechnung (OLD s.v. ra tio 2) geht nicht auf. in aeternum manere: Siehe oben zu 3,16

P la to

....

K o m m e n ta r

quod tangi non potest: Gemeint ist die Immaterialität, vgl. 11,9; 12,3. 3.18 qui autem negat . . . nullam rationem tenet: Bei Platon ist die ra tio (,Logik‘, ,vernünftige Erklärung^) zwar nicht aufgegangen, wer aber die Erschaffung um des Menschen willen leugnet, wie etwa die Epikureer, hat überhaupt keine. fabricatorem [...] tanta haec opera esse molitum: Nach Cic. Tim. 6 ille fa b r ic a to r h u iu s ta n ti o p e ris (Plat. Tim. 28c πατέρα καί ποιητήν τοϋδε τοϋ παντός) ; dort erstmals fa b r ic a to r als Gottesbezeichnung, öfter in späte­ rer Prosa (Apul. Plat. 1,8.10; Min. Fel. 19,4 etc., vgl. ThLL VI,1 17,20ff.). Bei Laktanz sonst mit Genitiv 1,5,13; 4,4,6 und epit. 3,5 m u n d i (vgl. Ov. met. 1,57; ThLL VI,1 17,21-23); 2,5,3 re ru m m ir a b iliu m . Zum Ausdruck opera m o lir i für die Schöpfung vgl. 5,11; epit. 64,4; Loi L a tta n z io 118f. ceterarum que animantium: Der ciceronische (de orat. 2,110; leg. 1,26 etc., vgl. ThLL II 84,24f.) Ausdruck erscheint häufig bei Laktanz (4,1.10; 8,5; 9,11.13; 1,8,6 etc.) zur Hervorhebung des Menschen gegenüber den anderen Lebewesen (vgl. ThLL II 85,4ff.). 3.19 perpetua successio: Auch 5,14. Gemeint ist die ununterbrochene Folge einer Generation auf die andere, die den Fortbestand der Menschheit gewährleistet, vgl. l,8,5f.; epit. 6,2f. nim irum uidere deus uoluit et suis uariis im aginibus . . . : Der Text bereitet Verständnisprobleme. Offenbar spielt Laktanz auf die Erschaffung des Menschen a d im a g in e m [ ...] d e i (Vet. Lat. gen. 1,27 [Tert. pudic. 16,6]) an, die er 2,10,3 (in Verbindung von Gen 1,27 und 2,7) als Formung aus Lehm darstellt: tu m f e c it sib i ip se sim u la c r u m se n sib ile a tq u e in te lle g e n s id e s t a d im a g in is su a e f o r m a m [...]: h o m in e m fig u ra u it ex lim o te r r a e ; u n d e h o m o n u n c u p a tu s e st, quod s it fic tu s ex h u m o. Hier wären die uaria e im a g in e s su a e die mannigfachen individuellen Menschen, die in der

Kreativität Gottes gedacht sind und die er als seine Abbilder (vgl. ThLL VII,1 413,3ff.) erschaffen könnte.3 Dabei ist su is u a riis im a g in ib u s wohl als Dativus commodi aufzufassen: ,Für sie formt er gewissermaßen Statu­ etten (oder ,Figürchen‘)‘ ( s ig illa , vgl. 2,4,19; OLD s.v. 1). Er lässt also die Körper entstehen, in denen sie in der Welt leben. Denkbar erscheint aber auch die Auffassung als instrumentaler Ablativ: , Durch sie (also sie als Gedachte in reale Schöpfung umsetzend) formt er Statuetten/Figürchen‘. Diese Statuetten/Figürchen wären die existierenden Menschen. C o n fin g ere heißt ,herstellen‘, ,gestalten‘ (1,11,29 s im u la c r a ; vgl. ThLL IV 213,30ff.). 3 Die imagines als epikureische είδωλα (materielle Bilder, die die W ahrnehm ung er­ möglichen) zu erklären, wie v a n R o o i j e n —D i j k m a n (33), führt zu keiner sinnvollen Lösung, vor allem bleibt offen, warum die W ahrnehm ungen suae imagines heißen und was die sigilla sind. Auch müsste Laktanz einen epikureischen Schöpfergott annehmen.

3,20 - 3,22

245

Insgesamt ergibt sich: , Natürlich wollte Gott sie sehen und für (durch?) seine unterschiedlichen Ebenbilder gewissermaßen Figürchen gestalten, um sich daran erfreuen zu könnend4 Kerngedanke ist, dass für Gott die Er­ schaffung des Menschen nach seinem Abbild nichts als Selbstzweck und Unterhaltung wäre. Dazu passt das Folgende: Selbst auf ein solches Fi­ gürchen, das er nur zu seiner Ergötzung gestaltet hat, würde Gott achten ( cu rae h a b e re t ), zumal auf den Menschen, dem er die Herrschaft über die anderen Kreaturen zugesprochen hat (nach Gen 1,28; siehe unten zu 4,10 h o m in i s e r u iu n t ... ). 3.20 qui autem dicunt . . . om itto . . . sed hoc dico . . . : Mit großer rhetorischer Geste in Anakoluth und Praeteritio kommt Laktanz wieder auf die bereits l,7f. Aristoteles zugeschriebene Annahme, die Welt habe keinen Anfang. Dort (1,8 q u id q u id e s t n ecesse e s t h a b u e rit a liq u a n d o p r i n ­ c ip iu m nec o m n in o qu icqu am p o te s t e sse n is i co ep erit. ) hatte Laktanz auch schon das hier in Praeteritio angedeutete Argument { e s s e ip s u m sin e a li­ quo p r in c ip io n o n p o t e s t ) vorgebracht. Der hier neu eingeführte Gedanke {n u lla m p o te s t habere r a tio n e m ) leitet über zur ra tio m u n d i (vgl. 1,6), al­ so zum Sinn der Existenz der Welt im göttlichen Heilsplan, der bis 4,19 erläutert wird und zur Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz (5,1-27) führt. extricare: ,sich [aus einem Netz] befreien^, wie 2,8,54; 6,24,7; seit Plaut. Epid. 152, aber selten; vgl. ThLL V,2 2082,19ff.42ff. 3.21 priusquam fiat aliquid . . . opus est consilio: Zum Gedanken vgl. beispielsweise Cic. nat. deor. 3,71: Jede Handlung erfolgt ca p to co n silio und aufgrund eines Denkprozesses { r a tio ) . prouisione rationis: Vgl. Cic. Tusc. 3,30 m u ltu m p o te s t p r o u is io a n im i. P r o u is io erscheint öfter bei Cicero, danach selten (etwa Arnob. nat. 3,23; vgl. OLD s.v.). 3.22 ratio [...] rationem [...] rationem: Die Argumentation basiert auf dem breiten Bedeutungsspektrum von ra tio (auch schon 3,20f.), hier etwa: , vorausschauende Überlegung^ und , Vernunft‘, ,Sinn‘. praecedit: Für das Vorausgehen der Ursache vor der Wirkung wie etwa Lucr. 4,838; vgl. ThLL X,2 400,72ff. ergo et: Vor der analoger Folgerung wie 3,16.26; 11,10; 1,16,6; 2,5,29; 3,12,23. 4

Die von B r a n d t (z . St.) erwogene Textum stellung (quibus se oblectaret nach nolu­ it) löst das Verständnisproblem nicht. Keine Klärung bringt die Übersetzung von B o w e n / G a r n s e y (395): „Presumably, God wanted to go on seeing and making his little likenesses, as it were, in their own various images for his pleasure.“

K o m m e n ta r

3.23 reddant ergo isti rationem , si possunt, cur . . . : Die geläufige Junktur r a tio n e m red d ere ^Rechenschaft ablegen‘) erscheint nach der in­ haltlich bedeutsamen Verwendung von ra tio beinahe als Wortspiel. U s e NER nimmt die vorliegende Passage (bis 3,24 ra tio n u lla s u b s is ta t ) als Fragment 382 in seine E p ic u re a auf. Dass die Dinge, wie Laktanz er­ läutert, durch selbsttätige Zusammenballung von Atomen entstehen und bei deren Trennung vergehen, gibt durchaus zutreffend die atomistischmechanistische Lehre wieder, wie sie allgemein bekannt sein konnte (vgl. O g i l v i e 84f.). Quelle des Laktanz dürfte aber Lukrez sein, der das Refe­ rierte (ähnlich 7,8; 3,17,20f.; epit. 62,6; ira 10,1) bietet, so beispielsweise die Atomverbindungen Lucr. 2,95-111, deren zwangsläufige Trennung 2,569580 (vgl. aber auch Cic. nat. deor. 1,53 etc.). Insbesondere scheint die Diktion weithin von Lukrez entlehnt, Laktanz gebraucht sie aber eigen­ ständig. So bereitet er das lukrezische re so lu i bereitet durch zwei eigene Verwendungen 3,22f. vor (p a s s im beispielsweise im vorliegenden Zusam­ menhang geht nicht auf Lukrez, sondern Laktanz zurück, vgl. ThLL X,1 624,24); vgl. zudem etwa Lucr. 2,1057-1062 cu m p r a e s e r tim h ic [sc. o r ­ bis te r r a r r u m ] s i t n a tu ra fa c tu s e t ip sa / s p o n t e s u a f o r te o ffen sa n d o s e m i n a re ru m / m u ltim o d is te m e r e in ca ssu m fr u str a q u e c o a c ta / ta n ­ d e m c o lu e r u n t ea quae c o n ie c ta re p e n te / m a g n a ru m re ru m fie r e n t e x o r­ dia se m p e r. 1,1021-1037; 2,1090-1092 n a tu ra u id e tu r / [ ...] / ip sa su a p e r se s p o n t e [ ...] agere. 2,439 s e m i n a [ ...] i n t e r s e c o n c ita 3,395 c o i r e ; l,56f. o m n is n a tu ra c re e t res, a u c te t a la tqu e, / [ ...] e a d e m ru r su m n a tu ra p e r e m p ta r e s o l u a t . 1,220.248.451 etc. d i s c i d i u m . - Epikur und Demokrit (siehe oben zu 1,10 E p ic u r u s und D e m o c r ito ) sind als die klassischen, auch

bei Cicero vorkommenden Vertreter dieser Lehre genannt. Die vermeint­ liche Unwissenheit (q u o d quia docere n o n p o te r a t) ist natürlich ganz vom geschlossenen teleologischen System des Laktanz her konstatiert. 3.24 quod recte uiderat: Nämlich dass die Welt Anfang und Ende hat, vgl. 1,10. redegitque m undum . . . ad sim ilitudinem cuiusdam uanissim i somnii: Zur Formulierung vgl. 3,22,9 (über Platons Politela) red eg it e r ­ go h u m a n a m u ita m a d s im ilitu d in e m [ ...] p e c u d u m ac belu aru m . Arnob. nat. 3,18 [sc. s u s p ic io n e s ] e sse a p u d n o s liq u e t [ ...] u a n o ru m s im ilitu d i­ n es s o m n io r u m . Die Junktur u a n a s o m n ia ist zunächst dichterisch (Verg. Aen. 6,283f.; Prop. 3,6,31 etc.), vgl. dann aber Sen. dial. 2,11,1 (über den Umgang der m a g n a n im ita s mit Kränkungen) tr a n s c u r r it u t u a n a s sp e c ie s s o m n io r u m ; Tert. anim. 46,2. ratio nulla subsistet: ,keinerlei (teleologischer Heils-)Plan (und somit Sinn) zugrunde liegt‘, dieselbe Junktur 6,3; epit. 64,2. 3.25 cum uero mundum om nesque partes eius ut uidemus . . . : Die

3,25

247

Schöpfungsbetrachtung (vgl. 27,5) ist kunstvoll als Periode angeordnet, inhaltlich nach den vier Elementen und den Bereichen des Kosmos geordnet und sinnvoll verknüpft: I.

c u m - S a iz :

Zusammenfassung und Beweisziel

cu m uero m u n d u m o m n esq u e p a r te s eiu s u t u id e m u s m ira b ilis ra tio

g u b ern et

IL

c u m - Satz:

Subjekt: Aufzählung der Phänomene, an denen nicht zufällige Ord­ nung, Schönheit und Zusammenwirken deutlich werden (oft unge­ wöhnliche substantivierte Verben): 1 . Feuer: Astronomisches caeli te m p e r a tio e t aequ alis in ip sa u a r ie ta te cu rsu s a stro ru m lu m in u m q u e c a e le s tiu m , te m p o r u m c o n sta n s ac m ira d is c r ip tio ,

(überleitend: Wechsel der Jahreszeiten als Voraussetzung für Fruchtbarkeit) 2 . Erde: Fruchtbarkeit der Erde und Schutz durch die Berge te r r a r u m u a ria fe c u n d ita s , p la n a ca m p o ru m , m u n im e n ta e t ag­ g eres m o n tiu m , u ir id ita s u b erta sq u e silu a ru m

(überleitend: Grünen der Wälder setzt Bewässerung voraus) 3. Wasser: Gewässer von der Quelle über den Fluß zum Meer fo n tiu m sa lu b e rrim a e ru p tio , flu m in u m o p p o rtu n a in u n d a tio , m a r is o p u le n ta e t c o p io sa in te r fu s io

(überleitend: assoziative Nähe von Meer und Wind) 4. Luft: Wind u e n to r u m d iu e rsa e t u tilis a sp ira tio

5. Weiteres cetera q u e o m n ia Prädikat: r a tio n e su m m a c o n ste n t,

III. Rhetorische Frage, Wiederholung des Beweisziels: quis ta m caecu s e s t u t e x is tim e t sin e cau sa e sse f a c ta in quibus

m ira d isp o sitio p ro u id e n tissim a e ra tio n is elu cet?

Die Nützlichkeit dieser Schöpfung für Tiere und Mensch ist nur angedeutet (insbesondere in den Adjektiven sa lu b e r r im a , o p p o rtu n a , u tilis ), ausgeführt wird sie erst unten (4,7). Dergleichen Darstellungen finden sich häufiger als Gottes-, oder Providenzbeweis (etwa Cic. Tusc. 1,68-70; nat. deor. 2,13; Sen. benef. 4,25,2; Weiteres bei P e a s e N D II 580L). Konventionell ist ins­ besondere der Hinweis auf die Ordnung der Gestirnbahnen und auf die Fruchtbarkeit der Erde. Laktanz betont demgegenüber durch die Einbe­ ziehung der vier Elemente und ästhetischer Kategorien (etwa die Ebenen und die umwallendenschützenden Berge) Schönheit und Vollendung. Auch spricht er insbesondere von ra tio und d is p o s itio . Denn es geht nicht um

Kommentar

einen Providenzbeweis im stoischen Sinn, sondern um das Vorhandensein eines göttlichen Schöpfungsplanes, bei dem es sich, wie die folgende Darle­ gung zeigen soll, um einen umfassenden Heilsplan handelt. Zum Verständ­ nis der p r o u id e n tia in diesem Rahmen bei Laktanz M. P errin , D u destin à la providence. Quelques réflexions sur les avatars de la notion antique de destin chez Lactance, in: F. J uon (éd.), Visages du destin dans les mythologies. Mélanges J. D uchemin , Paris 1983, 137-151. caeli tem peratio: , Ordnung am Himmek, vgl. 5,12; 2,5,23; 3,24,5; epit. 1,3; ira 10,35; 13,3-6 - die Erwähnung von lu m in a oder sid e ra an mancher dieser Stellen zeigt auch, dass Laktanz in erster Linie an die Regelmäßigkeit der Gestirnbahnen als Grundlage für die (jahres-)zeitliche Ordnung denkt, weniger an dadurch ebenfalls geschaffene , Ausgeglichenheit des Klimas‘, was mit caeli te m p e r a tio ebenfalls ausgedrückt wird (vgl. ThLL III 92,66ff.; W o lfs o n E te r n ity 192 Anm. 65). Es handelt sich um einen von den Chri­ sten übernommenen stoischen Gemeinplatz zum Beleg für das Wirken der Vorsehung in der Welt, vgl. Cic. nat. deor. 2,13 [sc. c o m m o d a ] p e r c ip iu n ­ tu r c a e l i t e m p e r a t i o n e fe c u n d ita te te r r a r u m ; 2,56.90.97; div. 2,94 lu na c e te risq u e sid e rib u s c a e l i t e m p e r a t i o f i a t ; Tert. adv. Herrn. 29,1; Min. Fel. 17,5f. terrarum uaria fecunditas: Zum Motiv der Vielfalt siehe unten zu 5,12 fe c u n d ita te m ... Der Plural te r r a r u m (etwa: ,Weltgegenden‘, ,Landstriche‘) zielt wohl auf die unterschiedlichen Vegetationszonen, die jeweils an­ dere Früchte her Vorbringen. plana camporum: Partitiver Genitiv nach (substantiviertem) Adjektiv im Neutrum Plural, so öfter in der nachklassischen Literatur, vor allem in der Historiographie (LHS II 53); hier wohl wegen des erhabeneren Tons dem fachsprachlichen p la n itie s c a m p o ru m (Vitr. 8,1,7; Sen. dial. 6,18,4; Plin. nat. 2,160.162; Apul. flor. 10; nicht partitiv Tac. ann. 1,76,1 p la n a u rb is) vorgezogen. Ebenso zu erklären ist 26,3 sub co n ca u is te r r a e (wie Sen. nat. 6,12,1; vgl. opif. 10,17 p a la ti c o n c a u o ; 15,2 c ic u ta e c o n c a u o ; ThLL IV 7,45.35); 4,27,17 p e r d iu e rsa reg io n u m . m unim enta et aggeres montium: Vgl. 27,5 te r r a m u a lla u it m o n tib u s. Die Berge sind natürlicher Schutz des Landstrichs, den sie umgeben. fontium saluberrim a eruptio: E r u p tio für das Hervorbrechen einer Quelle ist ungewöhnlich, vgl. Sen. epist. 41,3 su b ita ex a b d ito u a s ti a m ­ n is e ru p tio aras h a b e t ; ThLL V,2 847,40ff. S a lu b e rrim a könnte gut als (in dem poetisch stilisierten Zusammenhang denkbare) Enallage verstanden und inhaltlich zu fo n tiu m gezogen werden (vgl. Vitr. 1,2,7). fluminum opportuna inundatio: Gemeint ist eine (nicht etwa zerstö­ rerische, sondern periodische) , günstige ‘ (vgl. ThLL IX,2 777,26ff.) also

3,26 - 4,1

249

, Fruchtbarkeit bringende Überschwemmung^ durch Flüsse, die über die Ufer treten, vgl. ThLL VII,2 246,70ff.; Cypr. epist. 73,10,3; vgl. unten zu 16,6 m o d o im p o r tu n is ... interfusio: das ,sich Ergießen/ , Dazwischenströmen/ vom zunächst poe­ tischen (Verg. Aen. 6,439 etc.) in te rfu n d e re (vgl. Sen. dial. 6,25,3: deine Verstorbenen sind nicht durch in te r fu s a m a r ia von dir getrennt), hier erst­ mals, dann vereinzelt, vgl. ThLL VII,1 2197,37ff. Der Gedanke ist wohl derselbe wie Ambr. hex. 2,3,11 u t [ ...] in p ro fu n d o in u n d a tio n e s a q u a ­ ru m te r r a e m ed io s e p a r e n tu r : Das Meer hat in der Schöpfungsordnung die Funktion, die einzelnen Teile des Landes zu gliedern, also, wie der Wechsel von Ebenen und umgebenden Bergen, Struktur und Siedlungsräume zu schaffen. uentorum [...] aspiratio: Wie 4,7, erstmals für das Wehen des Windes, vgl. ThLL II 838,50ff.; G la e s e n e r S ig n ific a tio n 14. Zum Wind als Indiz für die wohlgeordnete Schöpfung vgl. auch 6,4; ira 13,7; Cic. nat. deor. 2 , 101.

3,26 uirtus: Für die Größe Gottes, die der Mensch in der Schöpfung erkennen kann, wie 5,4.5.11; 1,3,1; 3,9,11; vgl. Loi L a tta n z io 72. gubernatio: Wie 1,3,21 (nach Cic. Catil 3,18); epit. 63,9; ira 4,4; für die göttliche Leitung der Welt erscheint das Substantiv erstmals bei Laktanz, vgl. ThLL VI,2 2344,74ff. ut nullum: Gedacht ist an die Epikureer. Eigentlich lehrt der Epikureis­ mus zwar die Existenz von Göttern, diese nehmen aber keinerlei Einfluss auf das Geschick der Welt oder der Menschen (vgl. M. E r le r , GGPh2 4/1 [1994] 149-153). Seine Gegner unterstellen Epikur daher, er sei im Grunde Atheist und habe die Rede von den Göttern nur beibehalten, um sich nicht dem Vorwurf der Asebie auszusetzen, vgl. etwa Cic. nat. deor. 1,85; 1,123 (Ansicht des Poseidonios; von Laktanz zitiert ira 4,7); 3,118. delirasse: Als Urteil über die Epikureer wie etwa 2,8,49; 3,17,23.29; opif. 6,1.7; epit. 65,6; siehe auch oben zu 3,2 n o n n e a p e rte in sa n ire u id e a tu r. Zur Kurzform siehe oben zu 1,25 u io la ru n t. 4,1 de prouidentia . . . : Die Existenz der Vorsehung wird 1,2,1-6 dar­ gelegt, doch nur knapp: Die p r o u id e n tia sei nur von wenigen bestritten worden, denen insbesondere die Stoiker und Cicero bereits hinreichend wi­ dersprochen hätten. Dass die Welt von der Vorsehung sinnvoll geordnet ist, ergibt sich aus 3,25f. Gegenstand der folgenden Erörterung ist die Stellung des Menschen in der Teleologie des Kosmos. m irabilitate: Nur hier belegt, vgl. ThLL VIII 1053,53f.; gedacht ist an die 3,25 geschilderten Zeichen der m ira b ilis ra tio in der Welt.

ceterasque animantes: Siehe oben zu 3,18

c e te ra ru m q u e a n im a n tiu m .

prouidentia creauerit: Die Einzelelemente p r o u id e n tia und creare (Loi L a tta n z io 102) für die Erschaffung von Menschen (wie 2,8,40; vgl. ThLL IV 1158,72ff.) entsprechen zwar pagan-philosophischer Diktion, ihre Junktur mit Personifikation der Vorsehung verweist aber auf die christliche Vor­ stellung von einem Schöpfergott, vgl. Aug. gen. ad litt. 11,15. 4,2 fingendi: Für die Erschaffung des Menschen wie 1,11,42; 5,18,13 etc., vgl. Loi L a tta n z io 122 mit Anm. 119. quoniam . . . : Die Syntax und die Gedankenführung sind bis zur Rück­ kehrformel 4,3 (red eo ) gelockert: Der q u o n ia m - S a tz beinhaltet das Axi­ om, auf dessen Basis die folgende Diskussion erfolgt, steht aber mit dem Hauptsatz ( u id e a m u s ) nicht in direktem Kausalbezug. Der q u a m q u a m Satz schränkt die Geltung des Axioms ein: Denn die Korrektur der irrigen stoischen Lehre durch den Hinweis, dass eigentlich von der Erschaffung der Welt um des beziehungsweise e in e s Menschen willen die Rede sein müsse, läuft auf eine Annährung an die biblische Schöpfungsdarstellung Gen 2,7 (vgl. 2,10,2-4) hinaus (4,3 u n u m h o m in e m a deo [ ...] f o r m a tu m ) . Die Be­ merkung, dass es sich bei der christlichen , Erschaffung um des Menschen willen6 um einen kollektiven Singular handle, ist mit e n im etwas missver­ ständlich eingefügt: Sie begründet nicht etwa den Irrtum der Stoiker (diese Begründung folgt erst 4,3 se d hoc ideo . . . ), sondern erläutert, warum die­ se trotz ihres Fehlers im Kern (nämlich in der Ausrichtung der Schöpfung auf den Menschen, 4,3) mit der christlichen Lehre übereinstimmen. id quod Stoici aiunt . . . : Siehe oben zu 3,13

S to ic i ,h o m in u m ‘ . . .

m undum [...] fabricatum: Junktur wie 2,8,6 add. 2; zur , erschaffen6 vgl. Loi L a tta n z io 113.

fa b ric a re

für

quamquam [...] peccent: P ecca re erscheint seit Cicero für eine falsche philosophische Ansicht, vgl. ThLL X,1 886,24ff. Nach q u a m q u a m verwen­ det Laktanz etwas häufiger als den Indikativ den Konjunktiv (seit Nep. Att. 13,6; vgl. LHS II 602L; G la e s e n e r M o d e s 28f.; B r a n d t II 518 s.v. q u am qu am , unvollständig). Dass kein Bedeutungsunterschied besteht, zeigt 5,8 q u a m q u a m haec fe re in p r io r ib u s lib ris s p a r s im d o c u im u s, ta m e n [ ...] m a te r ia e x ig it neben 5,27 add. 1 q u a m q u a m hoc in o m n ib u s fe r e p r io r ib u s lib ris d o c u e rim , [ ...] ta m e n a d m o n e n d u m e st.

unius [...] singularis appellatio: Man muss wohl sin g u la ris in der Be­ deutung ,im Singular gehalten6 (vgl. OLD s.v. 3) auf a p p e lla tio (vgl. ThLL II 271,48ff.) beziehen (,die im Singular gehaltene Erwähnung eines Einzel­ nen6; in diesem Sinn B o w e n /G a r n se y ); eine Verstärkung zu u n iu s (,die Nennung nur e in e s Einzelnen6, so S än ch ez S a lo r ) wäre hier redundant.

4,3

251

4,3 in om nibus terris et agris tam quam fungos: Mit der stoischen Lehre von der Erschaffung der Welt um der Menschen willen verbindet Laktanz die Vorstellung, dass die Menschen gleichzeitig allenthalben ,wie Pilze aus dem Boden geschossen^ seien; er hat also eine Erklärung der Entste­ hung der Menschheit vor Augen, wie sie Cic. leg. 1,24 (zu seiner Kenntnis der Passage siehe unten 337 Anm. 5) geboten wird: n a m cu m de n a tu ra h o ­ m in is q u a e r itu r , d is p u ta r i s o le t [ ...] p e r p e tu is cu rsib u s c o n u e rsio n ib u sq u e ca ele stib u s e x titis s e q u a n d a m m a tu r ita te m se r e n d i g e n e ris h u m a n i, quod sp a rsu m in te r ra s atqu e s a tu m d iu in o a u c tu m s i t a n im o r u m m u n ere, c u m ­ que alia, quibus co h a e re re n t h o m in e s, e m o r ta li g e n e re s u m p s e r in t, quae fra g ilia e s s e n t e t caduca, a n im u m e sse in g e n e r a tu m a deo. Demgegenüber

muss es plausibler und würdiger erscheinen, wenn Gott nach Gen 2,7 einen einzelnen Menschen aus der Erde (woher auch die Pilze kommen) erschafft (ähnlicher Gedanke Orig. c. Cels. 1,37). Für das Bild vgl. epit. 9,2 in ­ de h o m o ta m q u a m fu n g u s e n a tu s e s t? (LÖW 156 Anm. 524 trennt wegen des jeweils anderen Zusammenhangs jene Stelle von der vorliegenden zu Unrecht, denn das Bild ist natürlich dasselbe) und Iren. haer. 1,29,1 [sc. g n o s tic i] u elu t a te r ra fu n g i m a n ife s ta ti su n t. Pilze erscheinen öfter in Sprichwörtern, auf ihr Herausschießen aus dem Boden ist aber nur an den genannten Stellen Bezug genommen, vgl. ThLL VI, 1 1591,67ff.; O t t o Nr. 738 und N a c h trä g e 43; 272. Hermes: Gemeint ist Hermes Trismegistos (diese Bezeichnung seit Athenag. leg. 28,6), der mit Hermes identifizierte ägyptische Thot, dem das C o rp u s H e r m e tic u m zugeschrieben wird (siehe oben 50). Laktanz bezeich­ net ihn meist als H e r m e s (so auch 13,3; 18,3; insgesamt an fünfzehn Stel­ len), zweimal setzt er T rism e g istu s hinzu (6,25,10; epit. 4,4), einmal (9,11) nennt er ihn allein so. Zur Benutzung des C o rp u s H e r m e tic u m im siebten Buch siehe oben 50ff. hom inem et a deo et ad dei sim ilitudinem fictum: Die Stelle ist auf­ genommen als Fragment 8b des C o rp u s H e r m e tic u m bei N o c k /F e s tu g iè r e IV 109 (vgl. S c o t t /F e r g u s o n IV 22). Dieselbe Lehre des Hermes Trismegistos referiert Laktanz schon 2,10,14 (= Fragment 8a N o c k /F e s t u g iè r e IV 109; S c o t t /F e r g u s o n IV 12; dazu Löw 151-155): H e r m e s [ ...] n o n ta n tu m h o m in e m a d im a g in e m d e i fa c tu m e sse d ix it a deo, sed e ti­ a m illu d ex p la n a re te m p ta u it, qu am su b tili r a tio n e sin g u la quaeque in c o r­ p o re h o m in is m e m b ra fo r m a u e r it, cu m eo ru m n ih il s i t quod n o n ta n tu n d e m a d u su s n e c e s s ita te m q u a n tu m a d p u lc h r itu d in e m u a lea t. Der Gedanke der

Gottebenbildlichkeit des Menschen (vgl. 9,9; 2,12,1; ira 18,13f.; 19,2; epit. 22,2; Ingrem eau C o lère 346f.) erscheint mehrfach im C o rp u s H e r m e tic u m (CH 1 12; V 6; Ps. Apul. Asci. 7f.; 10; 19), doch wird Laktanz hier denselben hermetischen Bezugstext vor Augen haben wie 2,10,14 (W lo s o k G n o sis

K o m m en ta r

261; Löw 155-157). Die Vorlage muss also auch die Ausführungen über die Sinnhaftigkeit des menschlichen Körpers enthalten, so dass man entweder die Kontamination mehrerer Hermetica (etwa Ps. Apul. Asel. 8 und CH V 6, vgl. VAN R ooijen —D ijkman 42f.; Löw 152f.) oder die Benutzung einer ansonsten nicht erhaltenen Passage (W losok G n o sis 116 Anm. 7; Löw 153) annehmen wird. Bemerkenswerterweise zitiert Laktanz 2,10,14 das Hermeticum, um ausdrücklich im Einklang mit den Stoikern die sinnvolle Gestaltung des menschlichen Körpers zu belegen (2,10,15), hier bekräftigt er damit hingegen die biblische Schöpfungsdarstellung gegen die Stoiker. formatum: wie 7,10; 8,1; 1,18,25 , erschaffen ‘ (anders 5,6), vgl. Loi ta n z io 125f. ; ThLL VI,1 1103,9ff.

L a t­

redeo ad propositum : Wie opif. 12,18; ira 12,1; Cic. Tusc. 1,23; Quint, inst. 11,3,29; eine feste Rückkehrformel, die eine Digression abschließt, zur Theorie vgl. Quint, inst. 9,1,28; 9,2,4; 9,3,87; L au sb erg R h e to r ik §§ 341; 848. 4,4—19 A rgum ente für die teleologische Ausrichtung der Schöp­ fung auf den M enschen hin: Die oben (4,2) aufgeworfene Frage nach dem Sinn der menschlichen Exi­ stenz beantwortet Laktanz nicht sofort. Vielmehr schickt er seinen Aus­ führungen zur Teleologie des Menschen (5,1-27) im vorliegenden Abschnitt noch Erläuterungen zur Hinordnung der Welt auf den Menschen voraus. Obwohl die Ausrichtung auf den Menschen bereits in der Darstellung der Schöpfung erwähnt (2,8,64) und kurz vorher schon als Axiom eingeführt war (4,2 c o n s ta t [ ...] h o m in u m cau sa m u n d u m e sse f a b r ic a tu m ), gibt Lak­ tanz nun eine sorgsam aufgebaute Begründung, die das Fundament für die anschließenden Ausführungen über die Teleologie des Menschen bildet. Er geht in vier Schritten vor: (1 ) N ü tz lic h k e it als G ru n d p rin zip sc h ö p fe risc h e n H a n d e ln s (§§ f - 6 )

Die Ausgangsthese, dass alles, was gemacht werde, nicht um seiner selbst willen, sondern im Hinblick auf einen bestimmten Nutzen gemacht wer­ de (§ 4), belegt Laktanz an drei parallel formulierten Beispielen aus dem Bereich alltäglicher Tätigkeit (§§ 5f.): sch öp ferisch e T ä tig k eit

S in n lo sig k eit d es G eschaffe n e n /d e s Schaffens in sich

S in n h a ftig k eit durch A u s­ rich tu n g a u f ein en b e ­ stim m te n Zw eck

qui d o m u m a edificat

n on id circo aedificat, u t ta n tu m m o d o d o m u s s it

sed u t in ea p o s s it h a b ita ri

qui n a u em fa b r ic a t

n on ideo in s u m it operam , u t ta n tu m n a u is ap p a rea t

sed u t in ea n a u ig e tu r

qui uas aliquod in s titu it ac f o r m a t

n o n p ro p te re a id fa c it, u t ta n tu m fe c is s e u id e a tu r

sed u t uas illu d effectu m ca p ia t aliquod n e c e ssa riu m

253

4,4

Das führt zu der Verallgemeinerung, dass alles zu einem bestimmten Zweck entstehe (§ 6). - Grundlinie der Argumentation ist die Analogie zwischen handwerklichem Tun des Menschen und den Entstehungsprinzipien: Dem menschlichen , Herstellen6(§ 4 fa c e r e , § 5 a ed ifica re , fa b r ic a r e , § 6 in s titu e r e , f o r m a r e , efficere ) entspricht das allgemeine /zen (,gemacht werden6 und ,werden, entstehen6, v.a. als Derivatio § 4a). Der personale Schöpfergott steht lediglich im Hintergrund, insbesondere beim dritten Beispiel (vgl. Gen 2,7). (2 ) D e r M e n sc h als e in z ig e r N u tz n ie ß e r d e r S ch ö p fu n g (§§ 7 - 1 0 )

Im nächsten Schritt (§7) überträgt Laktanz den erarbeiteten Grundsatz , nichts wird ohne Zweck gemacht6 auf Gottes Welt Schöpfung, und zwar nicht nur in unmittelbarer gedanklicher ( m u n d u s ig itu r ... ), sondern auch in sprachlicher Anknüpfung (zu m u n d u s ig itu r a deo fa c tu s e s t n o n u tiq u e p r o p te r ip s u m m u n d u m vgl. § 6 n o n u tiq u e in su p e r u a c u u m , § 4 n ih il e s t [ ...] p r o p te r se ip s u m f a c tu m ) an das Vorhergehende. Die Struktur der Argumentation greift diejenige der Beispiele aus dem menschlichen Alltag (§§ 5f.) auf, hier nun angewandt auf die Erschaffung der Welt: schöpferische T ätigkeit

Sinnlosigkeit des Geschaffenen/des Schaffens in sich

Sinnhaftigkeit durch Aus­ richtung auf einen be­ stim m ten Zweck

§ 7 n o n u tiq u e p r o p te r ip ­ m undus

su m m u n d u m [ ...] cu m sen su careat

§ 8 p r o p te r se ip su m [ ...] a deo fa c tu s

q u o n ia m p o te s t esse sin e m u n d o [ ...] et iis o m n ib u s [ ...] n on u titu r

§ 9 a p p a ret [ ...] a n im a n ­ tiu m cau sa m u n d u m esse c o n stru c tu m [ ...] § 10 r u r ­ su s cetera s a n im a n te s h o ­ m in is cau sa esse fic ta s [ ...] cla ru m e st

Doch wird das Schema dabei erweitert: Das Schöpfungshandeln wäre in sich sinnlos, denn zum einen ist, entsprechend den Beispielen von Haus und Schiff (§ 5), die nutzbringende Gestaltung der Welt, das heißt ihre Ausrichtung auf Fruchtbarkeit (anders als 3,25, wo es um Schönheit und Vollkommenheit ging), für diese selbst unbrauchbar (§ 7). Zum anderen birgt die Welt auch für ihren Schöpfer, analog zum Beispiel vom Gefäß (§ 6 u t ta n tu m m o d o fe c is s e u id e a tu r ), keinen unmittelbaren Nutzen (§ 8), was Laktanz mit zwei Argumenten begründet: Gott habe schon vor der Welt existiert und bedürfe ihrer Güter nicht. Darauf folgt entsprechend dem Schema die Darstellung des eigentlichen Zwecks (§§ 9f.) in zwei ge­ danklichen Schritten, die zunächst an die biblische Schöpfungsdarstellung und -betrachtung angelehnt sind: Die Welt bietet Nahrung für die Lebewe­ sen (Gen 1,30; Ps 136,25) zur rechten Zeit (Ps 104,27; 145,15) - diese sind,

Kommentar

so folgt für die Argumentation, also der Zweck der Welt (§ 9). Die übrigen Lebewesen sind dem Menschen untertan (Gen 1,26.28; Weish 9,2f.). Dabei scheint auch die sprachliche Gestaltung mit der Aufzählung der Tiere aus den verschiedenen Lebensräumen an der biblischen Vorlage orientiert zu sein: §9

Vet. Lat. gen. 1,28 (ree. I)

h o m in i se ru iu n t et tu te la e eius atqu e usibu s d a ta e su n t, [ ...] siu e te rre n a e su n t siu e a q u a tiles

h abete p o te s ta te m p is c iu m m a ris et u o la tiliu m caeli et o m n iu m p eco ru m te rr a e et o m n iu m re p tiliu m quae re­ p u n t su p er te rra m .

Gegenüber der biblischen Motivik setzt Laktanz hinzu, dass die Tiere nicht imstande sind, den Sinn der Welt wahrzunehmen (§ 10). Mit dieser Aus­ sage endet die Argumentation zunächst. Die letzte Folgerung, dass die Welt auf den Menschen hin erschaffen ist, formuliert Laktanz nicht mehr ausdrücklich. (3 ) S o n d e rs te llu n g d es M e n sc h e n a u fg ru n d s e in e r W e ish e it (§§ 1 1 - 1 5 )

Zunächst scheint Laktanz die Darstellung zu unterbrechen, um sich mit dem Einwand auseinanderzusetzen, wie in einer auf den Menschen ausge­ richteten Schöpfung das für ihn Schädliche zu erklären sei (§ 11). Tatsäch­ lich aber führt die Auseinandersetzung mit dem Theodizeeproblem weiter zu einem Kerngedanken der Anthropologie des Laktanz: Der Mensch sei zwischen Gutes und Böses gestellt (§ 12), deswegen sei ihm als einzige natürliche Ausstattung die Weisheit mitgegeben, um ihn die Unterschei­ dung zwischen Gut und Böse zu ermöglichen (§§ 13f.); daher wiederum sei es sinnvoll, dass dem Menschen Gutes und Böses begegne, damit er diese Fähigkeit anwenden könne (§§ 12.15). Den Ausführungen liegt ein ontologischer Dualismus von bon u m und m a lu m - also nicht nur die Fra­ ge nach dem für den Menschen jeweils Nützlichen und Schädlichen - zu­ grunde, den Laktanz schon eingangs (§ 12) auf das Wesen des Menschen (Seele und Leib) und der Welt (Himmel und Erde, Immaterielles und Ma­ terielles, Ewiges und Vergängliches, Empfindendes und Empfindungsloses, Lichtvolles und Dunkles) hin entfaltet. Damit ist auch schon eine wichtige Grundlage geschaffen für die anschließenden (5,1-27) Erläuterungen zur Bestimmung des Menschen (richtig van R ooijen - D ijkman 47). (A) A u sric h tu n q d e r W elt a u f B e w u n d e ru n g u n d N u tzu n q durch d en M e n ­ sch e n (§§ 1 6 - 1 9 )

Der letzte Abschnitt wiederholt nochmals die Ausrichtung der Schöpfung auf den Menschen und illustriert sie anhand eines Zitates (§§ 17f.). Der Daseinszweck des Menschen, nämlich die Schöpfung zu bewundern (vgl. 1,9,6; 2,5,5; 3,9,11), wird vor dem Zitat aus Asclepiades bereits erwähnt (§ 16), aber erst im Anschluss (5,4) ausgeführt. Wichtig aus dem Zitat ist

4,5 - 4,7

255

das Hinaufblicken zum Himmel (§ 18 hoc ca elu m est: quis id s u s p ic it? ) , an das die Lehre vom rectu s s ta tu s (v.a. 5,Ilf.) gedanklich anknüpfen kann. 4.4 factum [...] fit [...] fieri [...] facere: F a c e r e /f ie r i , hier als Derivatio herausgehoben, sind die Schlüsselwörter der Argumentation bis 4,8 und ermöglichen die Analogie von menschlichem Tun, weit gesetzlichem Wer­ den und zielgerichtetem Schöpfungshandeln Gottes, was jeweils mit fa c e re bezeichnet wird. uel tam ineptus uel tam otiosus: Vgl. 6,10,21 o tio s i e t in e p ti se n e s fa b u la n tu r. O tio s u s (nachklassisch auch ,fauk) bezeichnet hier jemanden, der aus träger Langeweile seine Zeit mit unnützen Dingen tot schlägt (vgl. ThLL IX,2 1167,38fr., v.a. 48f., 58ff.) 4.5 insum it operam: ,Mühe aufwenden‘, wie Cic. Verr. II 3,150; vgl. ThLL VII,1 2052,58ff. (hierzu gehört auch die Laktanzstelle, der u t - Satz ist entgegen der Einordnung 2052,56f. nicht epexegetisch, sondern final, wie auch das ideo zeigt). 4.6 instituit ac format: I n s titu e r e für die Herstellung eines Gegen­ standes ist ungewöhnlich, hingegen erscheint das Wort öfter (ThLL VII,1 1988,53ff.) für das Schöpfungshandeln Gottes, auch bei Laktanz, vgl. 4,19; 4,4,9 (über die paganen Götter) n u llu s eo ru m [ ...] fo r m a s s e a p r in c ip io atqu e in s titu is s e h o m in e m t r a d it u r ; vgl. Loi L a tta n z io 109.120. F o rm a re kann eine bildnerische Gestaltung bezeichnen (vgl. ThLL VI,1 1102,25ff.), aber auch das Schöpfungshandeln Gottes (siehe oben zu 4,3 f o r m a tu m ), das somit in beiden Verben im Bild handwerklichen Tuns deutlich evoziert ist. in superuacuum: ,überflüssigerweise‘, mehrfach bei Seneca (dial. 4,11,1; 6,1,6; epist. 70,18 etc.). ad usus aliquos utiles: Diese Figura etymologica (,nützlich zu Nutzungen‘) auch Varro rust. 2,8,2; Plin. paneg. 44,1. 4.7 factus: Zur Verwendung von fa c e re für ,erschaffen‘ wie 4,16; 2,8,29; 3,9,16 etc. Loi L a tta n z io 105 mit Anm. 22. aut calore solis . . . aut alim onia frugum: Während es bei der Schöp­ fungsbetrachtung 3,25 um deren Wohlgefügtheit und Vollkommenheit geht, richtet sich der Blick hier auf die Bedingungen, die das tierische und menschliche Leben ermöglichen (vgl. 5,12; ira 10,35; 13,1; siehe unten zu 5,12 fe c u n d ita te m . . . ) , ein philosophischer, insbesondere stoischer, aber auch christlicher Topos, vgl. etwa Cic. Tusc. 1,68; leg. 1,25; nat. deor. 2,37.62-64.154.159; Sen. benef. 4,25,2; Cypr. patient. 4. lumine: B r a n d t folgt einer alten Konjektur (vgl. etwa Bünem ann z. St. 874) und verbindet die beiden Varianten lu m in e und lu n a e zu lu m in e lu n ae

Kommentar

(vgl. ThLL VII,2 1814,76ff.). Das ergibt zwar einen rein äußerlichen Paral­ lelismus, aber keinen befriedigenden Sinn: Das ,Mondlicht6 stört eklatant zwischen Sonnenwärme (erstes Glied), Wind (drittes) und Regen (viertes), da es nicht das Wachstum von Pflanzen, die zur Nahrung dienen (letztes Glied), ermöglicht und man gerade das Sonnenlicht vermisst. Also ist lu­ m in e alleine zu setzen (und lu n a e als naheliegende Verschreibung dazu anzusehen). Dann nämlich bezieht sich das Attribut so lis auf die ersten beiden Glieder ( calore und lu m in e ). So ist die Sonne in der Aufzählung her­ ausgehoben, wie im Asclepiades-Zitat (4,18); und deren Wärme und Licht, die selbstverständlich zusammengehören (2,9,12; Lucr. 5,573; Ambr. hex. 4,1,1), stehen nebeneinander und als die wichtigsten Voraussetzungen für das Gedeihen von Pflanzen am Anfang. aspiratione uentorum: Siehe oben zu 3,25

u e n to ru m [ ...] a sp ira tio .

alim onia frugum: ,aus Feldfrüchten bestehende Nahrung6, nach Laktanz häußger verwendete Genitivkonstruktion, vgl. ThLL I I 1588,57ff.; a lim o n ia (auch 5,12; opif. 12,17) erscheint bei Varro, ab dem 2. Jhdt. öfter, vgl. ThLL II 1587,57f. 4.8 ne illud quidem dici p otest, quod: Q u o d - Satz mit anaphorischem Demonstrativum nach Verbum dicendi ist vereinzelt auch klassisch belegt (vgl. LHS II 576; B r a n d t II 416 s.v. d ic e r e ); vgl. unten zu 4,18 in te lle g a t quia.

p otest esse sine mundo [...] ipse non utitur: Den Kerngedanken des Einwandes, nämlich dass Gott der Güter der Welt nicht bedürfe, formu­ liert das frühe Christentum häufig (Apg 17,25; Justin. 1 apol. 10,lf.; Iren, haer. 4,14,1; Min. Fel. 32,2 etc.); es finden sich aber auch entsprechen­ de pagane Aussagen (Eur. Heracl. 1346; Plat. Tim. 33d; Ps. Apul. Asel. 26; CH VI 1; van R oo ijen -D ijk m a n 43f. mit Parallelen aus Mittel- und Neuplatonismus), vgl. E. N o rd en , Agnostos Theos. Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede, Leipzig/Berlin 1913, 13f.; P. W ilp e r t, ,Autarkie6, RAC 1 (1950) 1039-1050, hier 1046. Der von Laktanz vor­ ausgeschickte Aspekt, dass Gott älter sei als die Welt (vgl. etwa Justin. 1 apol. 10,3f.; Thphl. Ant. Autol. 2,10,1-4) und auch ohne diese existiert ha­ be, greift die Grundaussage christlicher Schöpfungslehre auf und erläutert Gottes Bedürfnislosigkeit sozusagen am historischen Beispiel. 4.9 anim antium causa m undum esse constructum : Zur Formulie­ rung vgl. 2,5,37 qu id quod id e m ip s i [die Stoiker] a iu n t d e o ru m e t h o m i­ n u m cau sa m u n d u m esse c o n s tr u c tu m q u a si c o m m u n e m d o m u m ? 3,20,14; ira 13,1. Zu c o n stru e re für , erschaffen6 vgl. Loi L a tta n z io 118. om nia iis necessaria tem poribus certis subministrantur: Zum Mo­ tiv der angemessenen und rechtzeitigen (wie 6,6) Versorgung vgl. Ps 104(103

257

4,10 - 4,11

LXX),27 πάντα προς σε προσδοκώσιν δούναι την τροφήν εύκαιρον. Zur Formu­ lierung n e c e ssa ria s u b m in istra re vgl. Cypr. epist. 14,2,2 (Versorgung gefan­ gener Christen); Zeno 1,36,13; Aug. in psalm. 39,24 etc. (über die Fürsorge Gottes für die Menschen). Siehe auch unten zu 5,12 fe c u n d ita te m ... 4.10 ceteras animantes: Siehe oben zu 3,18

c e te ra ru m q u e a n im a n tiu m .

darum est: In nachklassischer Prosa mit Acl (vgl. ThLL III 1273,61ff.) wie ira 13,8 im selben Zusammenhang (Hinordnung der Schöpfung auf den Menschen). hom ini seruiunt et . . . usibus datae sunt: Der Gedanke, dass die Tiere dem Menschen untertan seien, entspricht natürlich der biblischen Schöpfungsdarstellung (Gen 1,26.28, siehe oben 254), daher etwa Tert. patient. 4,3; or. Sib. frg. 3,12 G e f f c k e n . Dass die Tiere zum Nutzen des Menschen da seien (so auch ira 4,4; 14,2; 13,8), ist stoische Lehre (Cic. nat. deor. 2,158; fin. 3,67); Lucr. 5,864-870 schildert den gegenseitigen Nutzen von Mensch und Vieh, insbesondere nähert sich vorliegende Formulierung an Lucr. 5,867 an: o m n ia s u n t h o m in u m tu te la e tr a d ita . Zu diesen finalen Dativen bei Laktanz epit. 67,2 c u sto d ia e d a b itu r ; L i m b e r g 31. tutelae: Nicht Tierschutz, sondern die Hege und Pflege, die Nutztieren im Rahmen ihrer Haltung zuteil wird. siue terrenae sunt siue aquatiles: Die Nennung der beiden Lebens­ räume (vgl. die Anknüpfung daran in den Beispielen 4,15; die Luft fehlt) scheint an biblischen Sprachgebrauch anzuklingen (siehe oben 254), zur Formulierung vgl. aber insbesondere Cic. nat. deor. 1,103 b e stia ru m a u te m te r r e n a e s u n t alia e, p a r tim a q u a tile s, a lia e q u a si a n c ip ite s in u tra q u e s e ­ de u iu e n te s ; 2,151 u e s c im u r b e stiis e t te r r e n is e t a q u a tilib u s e t u o la n tib u s p a r tim ca p ien d o p a r tim a len d o .

4.11 Ciceroni: Zur Bezeichnung Ciceros siehe oben zu 2,10

M a rc u s Tul­

lius.

,cur deus . . . disperserit?4: Zitat nach Cic. ac. 2,120, wo der Text lautet (Cicero spricht): c u r deu s, o m n ia n o stra cau sa cu m fa c e r e t (s ic e n im uultis ), ta n ta m u im n a tr ic u m u ip era ru m q u e fe c e r it, c u r m o r tife r a ta m m u lta (ac) p e r n ic io s a te r ra m a riq u e d is p e r s e r it. Nach dem Überlieferungsbefund sind die c u r - Sätze bei Cicero unabhängig, die Herausgeber stellen aber, aufgrund der auffälligen Moduswahl (f e c e r it , d is p e r s e r it) , durch Ergänzung

eines überordneten Verbs einen zweigliedrigen indirekten Fragesatz her.1 1 So etwa R eid (317, dort auch ältere Konjekturen) und P l a s b e r g : ut omittam

lenitatem temere adsentientium, quanti libertas ipsa aestimanda est non mihi necesse esse quod tibi est. {quaero enim) cur deus . . . ; S c h ä u b l i n / G r a e s e r (vgl. C. S c h ä u b l i n , MH 50 [1993] 162): . . . non mihi necesse esse quod tibi. est{ne) cur deus ...

Kommentar

In der Wiedergabe des Laktanz könnten beide c u r - S ä tz e ebenfalls als in­ direkte Fragen im Rahmen der Oratio obliqua von a it abhängen. Jedoch folgt ansonsten bei Laktanz auf qui a it Oratio obliqua nur im Acl (1,105 3,17,12; 4,4,6; 4,28,13), auch würde man ein Verb des Fragens erwarten. Eher wird man daher den Konjunktiv Perfekt in der (seltenen: LHS II 334) Verwendung als Potentialis der Vergangenheit verstehen (, Warum hätte er wohl ... erschaffen sollen?^). Offensichtlich will Laktanz hauptsächlich die Verbformen des Originals bewahren und lässt die Semantik der Modi da­ hinter zurücktreten. Die der dialogischen Gesprächssituation geschuldete Parenthese sic e n im u u ltis (es handelt sich um einen skeptischen Einwand gegen die stoisch beeinflusste Providenzlehre) fällt weg. Warum sich bei Laktanz tarn m u lta p e s tife r a statt m o r tife r a ta m m u lta {ac} p e r n ic io s a findet, bleibt unklar: Kürzungsabsicht scheidet wohl wegen der geringen Einsparung aus. Somit könnte entweder Laktanz von seiner Vorlage ab ge­ wichen sein oder Cicero selbst hier bei der Neuauflage der A c a d e m ic i lib ri (siehe oben 41 Anm. 45) den Wortlaut geändert haben, wie O gilvie (59) annimmt. Für die erstere Möglichkeit, die ein Zitieren aus dem Gedächt­ nis nahe legt, spricht, dass die Variante des Laktanz etwas einfacher ist und eher zu seinem Sprachgebrauch passt ( m o r tif e r erscheint sonst nur im übertragenen Sinn mit Blick auf die ewige Verdammnis; vgl. 1,1,12; 2,1,4 etc.). Auch findet sich dieselbe Stelle in freier Wiedergabe und nunmehr ohne Bezug auf Cicero, aber unter Anspielung auf den anti-stoischen Kon­ text ira 13,9: se d A c a d e m ic i co n tra S to ic o s d is s e r e n te s s o le n t q u aerere c u r, s i o m n ia deu s h o m in u m cau sa fe c e r it , e tia m m u lta c o n tra ria e t in im ic a e t p e s tife r a n o b is r e p e r ia n tu r ta m in m a r ia q u a m in te rra . Die Passage gehört also ins Repertoire des Laktanz. 4,12 ingens ad disputandum locus: ,ein gewaltiges Problem für eine Erörterung^; zu locu s für ein zu behandelndes Problem vgl. ThLL VII,2 1593,62ff.; a d d is p u ta n d u m erscheint seit Cicero als attributiv gebrauch­ te feste Wendung ,für eine Diskussion^, vgl. etwa Cic. leg. 2,6 se d e m a d d is p u ta n d u m ; rep. 2,21 ra tio n e ad d isp u ta n d u m . in transcursu [...] stringendus: ,im Vorbeigehen streifen^ wie Sen. benef. 5,6,4 (über die Mondbahn); in tr a n sc u rs u von der Behandlung eines Themas etwa Veil. 2,86,1; Plin. nat. 3,39. ex rebus diuersis ac repugnantibus configuratus . . . : Zur Formulie­ rung vgl. 2,12,7 ex rebus ergo d iu e r sis ac re p u g n a n tib u s h o m o fa c tu s e s t ; ira 15,3; zum Gebrauch von co n fig u ra tu s ex vgl. Gell. 12,1,20 (über die We­ sensbildung beim Säugling und die Bedeutung der Nahrung dabei) n a tu ra la c tis [ ...] ex m a tr is e tia m corpore e t a n im o re c e n te m in d o le m c o n fig u r a t ; ThLL IV 212,70ff. - Laktanz entfaltet hier den auf Platon zurückgehen­ den (Prot. 321c; Weiteres bei van R o o ijen -D ijk m a n 46f.; Loi L a tta n z io

4,12

259

145-152) Dualismus von Körper und Seele, der auch seiner eigenen An­ thropologie zugrunde (Loi L a tta n z io 135-144, v.a. 139 Anm. 194; P errin L ’h o m m e 373-393), in vier Gegenüberstellungen (5,27 add. 8 wieder aufgegriffen), die sich auch sonst in seinem Werk finden und die den anthropolo­ gischen zum kosmologischen Dualismus in Beziehung setzen (Loi L a tta n z io 128-134; I ngremeau C o lere 318): Seelisches

Leibliches

Stellen:

Himmel

Erde

5,16f.; 8,6; 2,12,3.10; 3,27,15; 6,1,10; ira 15,3

im m ateriell

m ateriell

8,6; 11,10; 12,2f.; 20,11; 3,12,2; opif. 19,2; ira 15,3

W ahrnehm ung

keine W ahrnehm ung

12,24f.

Licht

D unkelheit

2,12,7; 6,1,10

tenui: T en u is bezeichnet das Feinstoffliche (OLD s.v. 5; Cic. nat. deor.

2,42

qui [sc. a e th e r ] q u o n ia m te n u is s im u s e s t e t s e m p e r a g ita tu r e t u ig et, n ecesse e s t quod a n im a i in eo g ig n a tu r id e t se n su a c e rru m o e t m o b ilita te c e le rrim a e sse .) und wird insbesondere für die ,aus feinen Teilen bestehen-

de‘ (λεπτομερής) Seele nach atomistischer (Lucr. 4,731; 5,567; aber auch allgemein in der Dichtung Ov. met. 14,411; fast. 2,565) und stoischer Leh­ re verwendet, so vor allem (wie hier mit Hinweis auf die fehlende physische Fassbarkeit) Sen. epist. 57,8 a n im u s, qui ex te n u is s im o c o n sta t, d e p re h e n d i n o n p o te s t (Weiteres bei P errin L ’h o m m e 280 Anm. 232). Wohl deswegen meiden die übrigen christlichen lateinischen Autoren den Begriff in diesem Zusammenhang (vgl. B laise s . v . ) . Bei Laktanz hingegen erscheint te n u is für die Beschaffenheit der Seele, die weder wahrgenommen noch berührt werden kann und der Körperlichkeit entgegengesetzt ist (5,28 add. 8; 8,5; 12,2; 3,12,2), und steht dabei oft, wie hier, als Antonym zu c o m p re h e n si­ bilis (5,27 add. 8; 12,2; 20,11; 3,12,2; ira 15,3 wie hier über Himmel und Erde; Sen. nat. 6,24,1) und als Komplementärbegriff zu in c o m p re h e n s ib i­ lis (20,11; 2,14,14; opif. 19,2; allgemein zur Verwendung bei Laktanz Loi L a tta n z io 16-18). Diese Kontexte zeigen, dass Laktanz, wie auch P errin (.L ’h o m m e 279f.) darlegt, mit te n u is und dem 8,6; opif. 16,12 synonym gebrauchten su b tilis (P errin L ’h o m m e 279) nichts anderes als , immate­ riell· meint. Doch wählt er Ausdrücke, die keine deutliche Trennung vom materialistischen Begriff des Feinstofflichen gewährleisten. Zum Missver­ ständnis einer vermeintlich materialistischen Seelenlehre bei Laktanz siehe unten 516 Anm. 3. com prehensibili: Meist , (geistig/sinnlich) erfassbar^ (so opif. 4,24; vgl.

Cic. ac. 1,41:

c o m p re h e n d ib ile

als καταλημπτόν, in der Form

c o m p reh en -

K o m m e n ta r

ab Seneca; ThLL III 2154,44ff.), aber hier wie 5,27 add. 8; 12,2; 20,11; ira 15,3 (vgl. Tert. adv. Herrn. 39,1) eher: , (körperlich) greifbar^, , materiell·. sib ilis

tem porali: Wie 5,14.24; 5,27 add. 8; 2,1,18; 6,21,12; epit. 57,5 etc. anti­ thetisch neben a e te r n u s , vgl. 10,6; 2,8,68 etc. neben p e r p e tu u m ; 1,5; 5,16; 10,6; 3,12,6 neben s e m p ite r n u m ; 11,1 neben p e re n n is. T em p o ra lis ^zeit­ liche ,vergängliche vgl. OLD s.v. 2; B l a i s e s.v. 1; nachklassisch, ab Sen. nat. 7,23,2) erscheint häufig mit Antonym in der christlichen Latinität (Vet. Lat. II Cor. 4,18 [Tert. resurr. 40,8] quae e n im u id e n tu r te m p o ra lia s u n t, quae u ero n o n u id e n tu r a e te r n a su n t. Pass. Perp. 5,3; Tert. apol. 48,12 etc.), aber auch schon Quint, inst. 6,2,10 a d ic iu n t q u id a m ήθος p e r ­ p e tu u m , πάθος te m p o ra le esse. sensibili: aktiv, also: ,empfindungsfähige ,mit se n su s begabt‘ (OLD s.v. 2; B l a i s e s.v. 2) wie etwa 2,8,33 (über Gott und die Materie) ex h is e n im du obu s a lte ru m se n sib ile est, a lte ru m c a re t se n su . 2,10,3. luce praedito atque tenebroso: Zum Gedanken und zur Formulierung vgl. 3,6,4 ita q u o n ia m ex h is du obu s c o n sta m u s e le m e n tis, q u o ru m a lte ru m luce p r a e d itu m est, a lte ru m te n e b r is, p a r s n o b is d a ta e s t s c ie n tia e , p a r s ig n o ra n tia e .

bona hom ini proponi et mala . . . : Dass Gott den Menschen mit Gutem und Schlechtem (zu Bedeutung von m a lu m siehe auch unten zu 5,27 add. 1 ad ip siu s cu lp a m . . . ) konfrontiere (vgl. Dtn 30,15.19; Sir 15,18; Tert. adv. Marc. 2,5,7), sagt Laktanz in ähnlicher Formulierung auch 6,4,14f.; 2,8 add. 3; ira 13,13-19; vgl. 5,20 p r o p o s ita e s t illi [se. h o m in i] im m o r ta li­ ta s und siehe unten zu 5,9 u ir tu te m p ro p o n e re t. Der Grundgedanke dabei ist ein subordinierter Dualismus: Das m a lu m ist notwendiges Korrelat des bon u m von Gott gewollt und zugelassen; vgl. 5,7-22; 2,8,6 add. 3-5; 2,17,1; 3,29,13-20; 5,7,3-10; 5,22,11-17; 6,15,6-9; epit. 24,1-11; ira 13,13-16; vgl. F.W. B u s s e l l , The Purpose of the World Process and the Problem of Evil es Explained in the Clementine and Lactantian Writings in a System of Subordinate Dualism, Studia biblica et ecclesiastica 4 (1896) 133-188, v.a. 177-188; Loi M a le 55-66; H e c k Z u sä tze 56-59; I n g r e m e a u C o lère 306f.; K e n d e f f y W o rld 218f. - Als Vorbild für die vorliegende Stelle sieht v a n R o o i j e n - D i j k m a n (45f.) Ps. Apul. Asci. 16: Beide Texte gehen von der Theodizeefrage aus, der Mensch ist mit seinen geistigen Gaben zur Aus­ einandersetzung mit dem Schlechten und zu dessen Vermeidung imstande. Der schon bei v a n R o o i j e n - D i j k m a n betonte Unterschied besteht dar­ in, dass Laktanz die Sinnhaftigkeit des dem Menschen Schädlichen in der Schöpfung erläutert, der hermetische Text hingegen die Frage beantwortet, warum Gott das Übel nicht beseitige. Überhaupt geht die Gedankenfüh­ rung hier auf Laktanz selbst zurück, wie auch die oben genannten Paralie-

4,13 - 4,15

261

len zeigen. Hermetische Motive fließen sicher indirekt ein, siehe auch unten zu 5,1-27 und oben zu 1,18 u irtu s e s t to le r a n tia m a lo r u m . 4.13 data est illi sapientia: Zur Notwendigkeit der Weisheit vgl. 12,15; zur Weisheit als Gabe für den Menschen vgl. 4,15; 8,5; 9,12; 3,25,2; epit. 29,5. Siehe auch oben zu 1,3 s a p ie n tia e . cognita bonorum malorumque natura: Dass zur menschlichen Klug­ heit die Fähigkeit gehört, Gutes und Schlechtes (das heißt hier: Zuträgli­ ches und Schädliches, physische Güter und Übel, vgl. 4,14f.; zu Bedeutung von m a lu m siehe auch unten zu 5,27 add. 1 a d ip siu s cu lp a m . . . ) zu er­ kennen, ist ein Gemeinplatz paganen Denkens (dazu auch 3,8,30f.), vgl. etwa Arist. EN 6,5 1140a; Cic. inv. 2,160; fin. 5,67; leg. 1,60; nat. deor. 3,38; Weiteres bei P e a s e N D II 1037f. Zur Erlangung der Erkenntnis von bonum und m a lu m bei Laktanz siehe unten zu 5,27 add. lOf. declinandis: hier: ,vermeiden‘, vgl. ThLL V,1 195,7ff. nam ceteris animalibus . . . , hom ini autem . . . : Dass der Gott den Menschen im Gegensatz zu den Tieren schutzlos und nackt (ein Gemein­ platz, vgl. etwa Sen. dial. 6,11,3; benef. 4,18,2; Plin. nat. 7,2; umgekehrt wird die natürliche Ausstattung der Tiere als Beleg für die Vorsehung an­ geführt, so etwa opif. 2,3f.; Cic. nat. deor. 2,121; Min. Fel. 17,10) geschaffen habe, um ihn mit s a p ie n tia (siehe auch oben zu 1,3 s a p ie n tia e ) auszustat­ ten, sagt Laktanz in ähnlicher Formulierung auch schon 6,10,2 deu s e n im qui c e te r is a n im a lib u s s a p ie n tia m n o n d ed it, n a tu ra lib u s ea m u n im e n tis ab in c u rsu e t p e ric u lo tu tio r a g e n e ra u it, h o m in e m uero quia n u d u m fra g ile m que fo r m a u it, u t eu m s a p ie n tia p o tiu s in s tr u e r e t, d e d it ei p r a e te r cetera h u n c p ie ta tis a d fectu m , u t h o m o h o m in e m tu e a tu r d ilig a t fo u e a t co n tra q u e o m n ia p e ric u la e t a c c ip ia t e t p r a e s te t a u x iliu m , opif. 2,6; 3,13; 4,16; ira

13,16. 4.14 nudum [...] et inermem: Die Junktur (auch opif. 2,6f.; 3,1; vgl. ThLL VII,1 1305,73ff.) bezeichnet meist waffenlose Soldaten, wie hier die Condicio humana aber etwa Sen. dial. 6,11,3. m unim enta et ornatum . . . constituit: Entspricht genau opif. 2,9

[sc.

d eu s] h o m in e m [ ...] n o n fo r in s e c u s u t ce te ra [se. a m m a lia ], se d in te r iu s a r m a u it nec m u n im e n tu m eiu s in corpore, se d in a n im o p o su it.

4.15 M arcus Tullius: Bezugspunkt ist das Zitat 4,11, das auch in den A c a d e m ic i lib ri dem Dialogteilnehmer Cicero zugewiesen ist; zur Bezeich­ nung Ciceros siehe oben zu 2,10 M a rc u s T u lliu s. ut et pisces caperet . . . salutis suae causa: Die Existenz von Fischen und die Fähigkeit des Menschen, diese mit Hilfe seiner Geschicklichkeit zu fangen, erscheint Cic. nat. deor. 2,158 als Beispiel für das Wirken der p ro u id e n tia in der Schöpfung. Der Ausdruck n a tr ic e s u ip era sq u e greift nochmals

K o m m e n ta r

Ciceros 4,11 zitierten Wortlaut auf. Die Gegenüberstellung von Fisch und Schlange, zumal im Zusammenhang mit Gottes Sorge um den Menschen, ist aber wohl auch angeregt durch Vet. Lat. Matth. 7,9f. (Cypr. epist. 55,23,1) quis e s t ex u o b is h o m o qu em si p e tie r it filiu s eiu s p a n e m , la p id e m p o r r ig a t illi, a u t si p is c e m p o s tu la u e r it, s e r p e n te m illi p o r r ig a t? (vgl. Lk 11,11; zur Bekanntheit der Perikope Tert. adv. Marc. 4,26,9; orat. 7,3). ei bona malaque proposita: Siehe oben zu 4,12

bona h o m in i

...

4.16 uis et ratio et potestas hominis: Vgl. Cic. nat. deor. 2,16

si

[ ...] e s t a liq u id in re ru m n a tu ra quod h o m in is m e n s quod ra tio quod uis quod p o te s ta s h u m a n a efficere n o n p o s s it, e s t c e rte id quod illu d e ffic it h o m in e m eliu s. Die p o te s ta s des Menschen gründet sich aber auch auf den

biblischen Herrschaftsauftrag, siehe oben 254. fecit: Siehe oben zu 4,7

fa c tu s .

tantum que illi honoris habuit, ut: Derselbe Ausdruck 5,7; 3,1,13; vgl. Sen. contr. 2,1,24 d ic e t in eu m , qui ta n tu m h o n o ris Uli habet, e t in a m i­ cu m p a te r n u m ? Die Prädikation gehört syntaktisch als zweites Glied (nach m u n d u m . . . f e c i t ) in den Relativsatz p r o p te r qu em . . . (gemeinsames Sub­ jekt ist Gott). Dass das Relativpronomen nur zum ersten Kolon passt, entspricht der auch bei Cicero zu beobachtenden „Freiheit der kopulativen [...] Anfügung eines zweiten Satzes“ (LHS II 566). praeficeret: Für die gottgewollte Sonderstellung des Menschen wie Sen. benef. 2,29,3; Tert. adv. Marc. 2,4,4; vgl. ThLL X,2 622,8ff. dei opera mirari: Ein Vorgriff, siehe oben 254. Dass der Mensch die Schöpfung bewundern soll, wird auch Sen. dial. 8,4,2; 8,5, 3.8; Ps. Apul. Asel. 8 und im unten (13,3) zitierten hermetischen Fragment gesagt, vgl. v a n R ooijen - D ijkm an 47.

4.17 A sclepiades noster . . . scripsit ad me: Über den Verfasser und das Werk ist ansonsten nichts bekannt. Lediglich werden Hier. vir. ill. 80,2 unter den Werken des Laktanz a d A s c le p ia d e m lib ri duo erwähnt, die aber ebenfalls verloren sind. Die Bezeichnung als A s c le p ia d e s n o s te r und die von Hieronymus bezeugte Gegenwidmung legen nahe, dass es sich um einen befreundeten Mit christen handelt; der ursprünglich griechische Name ist auch im lateinischsprachigen Raum gebräuchlich und lässt daher keine weiteren Rückschlüsse zu (vgl. ThLL II 768,38ff.; christliche Namensträ­ ger 769,5ίΓ.; inschriftliche Belege aus Rom und Umgebung 769,14ff.). Der Werktitel könnte de p r o u id e n tia s u m m i d e i (so B r a n d t II 245; O g il v ie 82; W l o s o k HLL 5 [1989] § 570.10) lauten (vgl. 1,12,3 C icero de n a tu ra d eo ru m d is s e r e n s ; 6,25,9; epit. 24,4). Da das Werk in der Verfolgungszeit entstand und da beim Thema Vorsehung die Christen in großem Umfang auf stoische Vorgaben zurückgreifen konnten, läge die Vermutung nahe,

4,18

263

dass das Werk des Asclepiades apologetisch ausgerichtet und kryptochristlich gestaltet, also mit D e o p ific io d e i vergleichbar war. Allerdings kann auf d isse re n s de . . . auch nur eine Einordnung in den Kontext folgen (vgl. 1,6; 22,19; 1,2,3; ira 22,2 [sc. C ic e ro ] in T u scu la n is de m o r te d is s e r e n s ; von der p r o u id e n tia s u m m i d e i spricht Laktanz auch selbst: 3,26; 9,11; vgl. Loi L a tta n z io 20 Anm. 95). Dann wäre hier nur die Widmung angedeutet, aber nicht der Werktitel genannt (2,10,15 zitiert Laktanz D e o p ific io d ei als a d D e m e tr ia n u m ) . Das hier Zitierte übernimmt er epit. 64,3 in eigenen Worten. quis: Für a liq u is , zur nichtenklitischen Verwendung vor allem im späteren

Latein vgl. LHS II 194. o r d in a tio n e m : , (durchdachte) Ordnung (der Welt)‘, nur hier bei Laktanz, doch öfter in der christlichen ( B l a i s e s .v . 2) und nachklassischen paga-

nen (Apul. mund. 1 p. 289 Latinität.

O u d e n d o rp

etc.; vgl. ThLL IX,2 935,23ff.)

4 ,1 8 in te lle g a t q u ia so l est: Nach in te lle g e re erscheint nachklassisch öf­

ter quod (bei Laktanz etwa 1,15,26; 2,2,11) oder quia (vgl. ThLL VII,1 2101,23ff.) statt AcI (1,19,7). Q u ia gebraucht Laktanz (hier zitiert er frei­ lich Asclepiades) nach sc ire (6,22,3) und n e sc ire (5,17,30); vgl. E g g e r 50 Anm. 72; LHS II 576f.; T. V i l j a m a a , The a c c u sa tiv u s cu m in fin iti­ vo and qu od -, q u ia -, q u o n ia m - clauses in Latin, in: Studia in honorem I. K a j a n t o , Helsinki 1985, 337-349. c e te r is in s titu tis : Vgl. 9,2 in te r ce te ra in s titu to r u m s u o r u m ; 6,23,28; ira 14,6 etc. In der christlichen Latinität seit Tert. cult. fern. 2,10 für die Schöpfungswerke Gottes, vgl. ThLL VII,1 1994,81ff.; Loi L a tta n z io 110; I ngrem eau C olère 315. h o c c a e lu m est: q u is id su sp ic it: Siehe oben 254. p e la g u s: Dichterisches Wort, nachklassisch in Prosa (ThLL IX, 1 989,62ff.;

990,63ff.), bei Laktanz vielleicht noch mit poetischer Nuance 15,30 (Zu­ sammenfließen des Roten Meeres nach dem Durchzug des Volkes Israel); 4,15,21 (Mythos von Orion). q u is n a u ig a t: B r a n d t ergänzt quis (id) n a u ig a t ?, so dass alle fünf Fragen

parallel eine Form von is als Objekt haben; transitives n a u ig a re findet sich an entsprechender Stelle epit. 64,3 ( quis n a u ig a t m a r e ? ), ferner etwa Sen. nat. 4a,2,22; Gell. 19,1,1 (vgl. OLD s.v. 3; L i m b e r g 11). Doch ist diese Konjektur unnötig: Meist wird n a u ig a re absolut gebraucht (OLD s.v. 1). In der E p ito m e , auf die B r a n d t verweist, fehlen die hier den Fragen vorausgehenden Aussagesätze; das Objekt m a re muss also im Fragesatz erscheinen. Asclepiades, den Laktanz hier zitiert, sucht offensichtlich die Variatio: So gestaltet er die fünf Glieder so l is te e s t , hoc ca elu m e s t , te r ra

K o m m e n ta r h a ec , hoc p ela g u s und h ic ig n is e s t bewusst unterschiedlich. Bei n a u ig a t setzt sich diese Variatio in den Fragen fort, und keine is erscheint zweimal.

absolutem Form von

4,19 in s titu it ergo . . . : B r a n d t s Ergänzung in s titu it ergo ( c u n c ta ) ... gleicht die Verwendung von in s titu e r e an den sonstigen transitiven Ge­ brauch an (siehe oben zu 4,6 in s titu it ac f o r m a t ), bietet ein Bezugswort für das folgende iis und entspricht epit. 64,3 c u n c ta ig itu r p r o p te r h o m in e m deu s f e c it . Doch ist die Konjektur unnötig: Dass die Welt auf den Men­ schen ausgerichtet ist, wie Laktanz 4,4-10 darlegt, hat bereits das Zitat aus Asclepiades (4,17f.) wiederholt. Der vorliegende Satz ist die Ergänzung zu diesem Resümee und trägt die bei Asclepiades nicht erwähnte Intentiona­ lität Gottes nach, der nicht für sich (p r o p te r s e , vgl. 4,8), sondern für den Menschen (vgl. 4,10) erschafft. Ein prägnant und ohne neues Objekt (Loi L a tta n z io 109 Anm. 47: „ha come oggetto le varie creature nominate nel paragrafo precedente“) gebrauchtes in s titu e r e bringt dies deutlicher zum Ausdruck. Zu dieser Prägnanz passt auch die Stellung des Prädikats am Satzanfang. Das folgende iis bezieht sich auf die gerade (4,18) aufgezählten in s titu ta , die durch in s titu e r e im Hauptsatz weiterhin präsent sind. Die­ se Derivatio entfällt epit. 64,3, wo für , erschaffen ‘ fa c e re steht und somit c u n c ta als Objekt nötig wird. 5,1—27 D ie schöpfungsm äßige B estim m u n g des M enschen: Die bereits oben (4,2) gestellte Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz, die auch im Mittelpunkt des ersten Teils (Kapitel 1 - 7 ) steht, beantwortet Laktanz in zwei Durchgängen: I. Zusammenfassende Antwort auf die Sinnfrage (§§ 1-6) 1. Bedeutung der Sinnfrage und ihrer Beantwortung für die Phi­ losophie (§§ lf.) 2. Sinn der menschlichen Existenz (§§ 3-6): Wie die Welt zum Nutzen des Menschen erschaffen ist, so ist der Mensch zum Nut­ zen Gottes erschaffen (§ 3), dass er diesen erkenne, seine Werke bewundere und ihn verehre (§4); denn aus dem Erkennen Got­ tes folgt seine Verehrung (§5); Beweis für die Ausrichtung des Menschen auf die Gottesschau ist seine aufrechte Haltung (§6). II. Vertiefte Antwort auf die Sinnfrage (§§ 7-27) 1. Einleitung (§§ 7f.): zweigliedrige Nachfrage bezüglich der ge­ gebenen zusammenfassenden Antwort auf die Sinnfrage: Wozu braucht Gott die Verehrung? Warum ist der Mensch vergänglich geschaffen, wenn Gott ihn in den Mittelpunkt seiner Schöpfung gestellt hat? (§ 7), Ankündigung einer ausführlichen Erläute­ rung (§8). 2. Gottes Schöpfungsplan als Grundlage (§§ 9f.): Gott wollte un-

5,1

265

zählige unsterbliche Seelen erschaffen, die in sterblichen Kör­ pern zwischen Gutes und Böses gestellt sind und durch die Tu­ gend den Lohn der Unsterblichkeit erlangen sollen (§ 9); als Heimstatt für diese mit schwachen Körpern begabten Seelen erschuf er die Welt (§ 10). 3. Kosmologischer Dualismus bei der Erschaffung der Welt (§§ 1115): Die Schöpfung erfolgt durch Hebung der leichten Elemen­ te zum Himmel und Senkung der schweren zur Erde (§ 11); Himmelsphänomene und Fruchtbarkeit der Erde sind auf den Nutzen des Menschen abgestimmt (§ 12); der Mensch wird aus Erde geformt, besteht aus den gegensätzlichen Komponenten Geist und Erde, so dass er offen ist für Gutes und Böses (§ 13); seine Fortpflanzungsfähigkeit entspricht der Furchtbarkeit der Erde und ist wegen seiner Vergänglichkeit nötig (§ 14). 4. Anthropologischer Dualismus (§§ 15-22) (a) Die Vergänglichkeit des Menschen als Grundlage (§ 15): Der Mensch muss vergänglich sein, damit erstens zahllose Seelen entstehen können und damit er zweitens durch die Tugend die Unsterblichkeit erlangen kann. (b) Die zwei Leben (§§ 16-19): Der Mensch hat zwei Leben, das dem Körper zugeordnete irdische und das der Seele zuge­ ordnete himmlische (§ 16); das irdische Leben erlangt man unbewusst durch die Geburt, das himmlische bewusst durch die Tugend (§ 17); im gegenwärtigen Leben kann man das ewige durch Laster verlieren oder durch Tugend gewinnen (§ 18a); das höchste Gut hegt nicht im körperlichen Leben, weil dieses endlich ist, sondern im geistigen, weil dieses kein Ende hat und das Böse nicht kennt (§§ 18b. 19). (c) Der Heilsweg vom Tierhaft-Irdischen zur Unsterblichkeit (§§ 20-22): Tiere sind hinab zur Erde gerichtet und der Unsterblichkeit nicht teilhaftig, der Mensch blickt aufrecht zum Himmel und kann die Unsterblichkeit durch Tugend erlangen (§ 20); geboren als Vierfüßer, erlangt der Mensch aufrechte Haltung und Sprache, die ihn von den Tieren un­ terscheiden, erst im Lauf des Lebens (§ 21); daher muss der Mensch auch erst unsterblich werden, indem er sich zur wahren Gottesverehrung bekehrt und in der Taufe zum vollendeten Menschen wird (§ 22). 5. Ethischer Dualismus (§§ 23-26): (a) Grundsätzliches zur Güterlehre (§§ 23f.): Der Gegensatz zwischen Leib und Seele besteht aufgrund der Tugend, denn die Güter der Seele, Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung,

K o m m e n ta r

sind Übel für den Körper, umgekehrt die Güter des Kör­ pers, die Begierden und das durch sie Erstrebte, Übel für die Seele (§ 23); deswegen ergeht es im irdischen Leben dem Gerechten schlecht, dem Ungerechten aber gut; doch wer seinen Begierden folgt, die der Tugend entgegensetzt sind, kann die Unsterblichkeit nicht erlangen, daher sollte das diesseitige Leben dem ewigen untergeordnet sein wie der Geist dem Körper (§ 24). (b) Kasuistische Anwendungen auf die Ethik (§§ 25b): Wer das Leben der Seele wählt, muss das des Körpers verachten; wer sich dem Leben des Körpers hingibt, kann das wahre Leben nicht erlangen (§ 25); wer in Ewigkeit gut leben will, muss in der Welt leiden; wer in der Welt gut leben will, muss in Ewigkeit leiden (§ 26). 6. Abschließende theologische Verankerung (§ 27): Gott will, dass der Mensch ihn verehrt, indem er der Tugend und Weisheit folgt, und dass er so die Unsterblichkeit erlangt. Der Bedeutung des Themas entsprechend, leitet Laktanz beide Durch­ gänge ausführlich ein (§§ lf.; 7f.). Die Gedanken der ersten Einleitung (§§ lf.) werden später (7,1-14) nochmals vertieft. Ausgangspunkt beider Antworten sind fiktive Einwände, die Epikur zugeschrieben und jeweils so formuliert sind, dass das Vorherige gesichert und das Folgende vorberei­ tet wird. Die Gedankenführung ist sorgfältig gestaltet: Der ausführliche zweite Durchgang führt systematisch vom Allgemeinen zum Besonderen und ist als Ringkomposition angelegt, indem er von Gott (§§ 9f.), der Schöpfung (§§ llf.), der Anthropologie (§§ 13-15a) zu den grundsätzlichen (§§ 15b-24) und individuellen (§§ 25f.) heilsökonomischen und ethischen Fragen führt, schließlich zu Gott zurückkehrt (§ 27). Der Dualismus, der den Ausführungen zugrunde liegt, spiegelt sich in konsequent entfalteten Begriffsoppositionen (Leib/Seele; Himmel/Erde; irdisches/himmlisches Le­ ben) und, bei der Lehre von den zwei Leben und der von der Zwei-WegeLehre geprägten Ethik (§§ 23b), in einer ausgeprägten, bis zum Oxymoron (§ 23 o p u m fu g a ) reichenden chiastischen Antithetik (z.B. § 23 a n im i bo­ n a m a la s u n t c o rp o ris, [ ...] ite m c o rp o ris bona m a la s u n t a n i m i ) wider. Ebenfalls antithetisch gebraucht sind die kasuistischen Relativsätze mit der Struktur ,wer ... will, der wird/soll ... ‘ (§§ 25b), die sich offensicht­ lich an neutestamentlichen Mustern (vgl. Mt 16,24f.; Mk 8,34f; Lk 9,23b; 14,27) orientieren. Zugleich bemüht sich Laktanz, spezifisch Christliches (z.B. die Taufe, siehe unten zu § 23 c a d e s ti la u a cro ... ) in einer für den paganen Leser zugänglichen Sprache darzubieten. Auch ergeben sich mehr­ fach Berührungen zu H e r m e tic a (vgl. W l o s o k G n o sis 216 Anm. 94; VAN R o o i j e n - D i j k m a n 55b):

5,1

267 L aktanz

Herm etisches Präge nach der Sterblichkeit

Ps. Apul. Asel. 7 Q u id ergo o p o rtu it [ ...] h o m in e m in m u n d o c o n s titu i et n on in ea p a r te , qua deus est, eu m in su m m a beati­ tu d in e degere?

7 cu r m o r ta le m fra g ilem q u e co n ­ s titu it? cu r om n ibu s m a lis qu em d ilig eb a t o b iecit, cu m o p o rte re t et beatu m esse h o m in e m ta m q u a m c o n iu n c tu m ac p ro x im u m deo et p e rp e tu u m , [ ...]?

Antwort: Mensch als Doppelwesen Ps. Apul. Asel. 8 cu m ita q u e eu m ουσιώδη ( c re a sse t) [ ...] te x it eu m corporea d o m o ta lesque o m n es esse p ra e c e p it, ex u traqu e n a ­ tu ra in u n u m con fu n den s m iscen sq u e [...]. ita q u e h o m in e m c o n fo rm a t ex a n im i et co r­ p o ris, id e st ex a e te r n a atqu e m o r ta li n a ­ tu ra.

Vgl. das unten 13,3 zitierte Fragm ent 15 N ock/ F estugière , v.a. έξ έκατέρων φύσεων.

9 c o n sta n tib u s ex u trisq u e n a tu ra 13 h o m in e m fin x it ex ip sa terra , qu am illi a p r in c ip io in h a b ita c u ­ lum p ra e p a ra u it, id est s p ir itu m su u m te rre n o corpore in d u it et in u o lu it, u t co m p a ctu s ex rebus diue rsis ac rep u g n a n tib u s bonum ac m a lu m caperet.

Religiöse B estim m ung des Menschen: Himmels- bzw. G ottesschau und Frömmigkeit Ps. Apul. Asel. 8 u t a n im a l ita co n fo r­ m a tu m u traequ e o rig in i su a e sa tisfa c e re p o s sit, et m ir a r i atqu e (a d )o ra re ca ele­ s tia et in co lere atqu e gu bern are te rr e n a 9 d ilectu s d ei caeli cu m his, quae in su n t, o m n ib u s u n a est o b seq u io ru m fre q u e n ta ­ tio . h an c aliu d a n im a l n o n fe c it [...]. h o ­ m in u m en im a d m ira tio n ib u s, a d o r a tio n i­ bus, lau dibu s, obsequ iis caelu m c a e le s te s ­ que d e le c ta n tu r. [ ...] aliqu i a u te m ip sique p a u c is s im i p u ra m e n te p r a e d iti s o r ti­ ti su n t caeli s u s p ic ie n d i u en era b ilem cu ­ ram . Vgl. das unten 13,3 zitierte Fragm ent 15 N ock/ F estugière , v.a. iva πάντα μέν

ορών πάντα θαυμάζη. Ps. Apul. Asci. 11 e st a u te m m e n su ra eius u triu sq u e, id e st h o m in is, a n te o m n is re li­ gio, qu am se q u itu r bon itas.

4 s c ilic e t u t e s se t qui opera eius in te lle g e re t, qui p r o u id e n tia m d is ­ p o n e n d i, r a tio n e m fa c ie n d i, u irtu te m c o n su m m a n d i et sen su a d ­ m ir a r i et uoce pro lo q u i p o sse t: qu oru m o m n iu m su m m a haec est, u t d eu m colat.

Ethische Folgerungen 23 a n im i bona m a la su n t co rp o ris, Ps. Apul. Asci. 11 o m n ia ergo h u iu sm o d i ab h o m in e a lien a s u n t, e tia m corpu s, u t et ea quae a d p e tim u s et illu d ex quo a p p e te n ­ tia e n obis est u itiu m , d e sp ic ia m u s. [ ...] h o ­ m o h a cten u s esse d ebu it, u t c o n te m p la tio n e d iu in ita tis p a r te m , quae sib i iu n c ta m o r ta ­ lis e st m u n d i in fe r io ris n e c e s sita te seru a n di, d e s p ic ia t atqu e c o n te m n a t.

id e st o p u m fu ga, u o lu p ta tu m in ­ te rd ic tio , d o lo ris m o rtis q u e c o n t­ em p tu s. ite m co rp o ris bona m a la su n t a n im i, hoc est c u p id ita s et libido, quibus et opes a p p e tu n tu r et su a u ita te s u a r ia r u m u o lu p ta ­ tu m , quibus en eru a tu s a n im u s extin g u itu r. 25 qu isqu is ergo a n i­ m a e u ita m m a lu e rit, u ita m co rp o ­ ris c o n te m n a t n ecesse est.

Taufe

CH IV 4 δσοι μεν ουν συνήκαν τού κηρύγματος και έβαπτίσαντο τού νοός, ουτοι μετέσχον τής γνώσεως καί τέλειοι έγένοντο άνθρωποι.

22 h om o c a d e s ti lau acro p u r ifi­ catu s ex p o n it in fa n tia m cu m o m ­ n i labe u ita e p r io r is et in c r e m e n ­ to d iu in i u ig o ris accepto f it h om o p e rfe c tu s ac p len u s.

Im zweiten Durchgang (§§ 7-27) geht Laktanz von der fingierten epiku­ reischen Anfrage (§7) aus. Deren beide Teile entsprechen zwei Grundlini­ en seines gesamten Werkes, die Laktanz in Auseinandersetzung mit Epi­ kurs Position nun zusammenfasst und vervollständigt (§ 8): Dem ersten Aspekt des Einwandes - nämlich, welchen Nutzen Gott von der Verehrung durch den Menschen habe - hält Laktanz eine Darstellung des göttlichen Heilsplans mit dem Menschen entgegen, in dem Grundlinien seiner Kos­ mologie, Anthropologie und Ethik nun teleologisch ausgerichtet erschei­ nen. Argumentativ darin eingebettet ist zugleich auch die Entgegnung auf den zweiten Einwand - nämlich, warum der Mensch, wenn er im Zentrum der Schöpfung und in besonderem Bezug zu Gott stehe, doch vergänglich sei. In Auseinandersetzung damit begründet Laktanz die Sterblichkeit des Menschen im Rahmen eines kosmologischen, anthropologischen und ethi­ schen Dualismus, der wiederum die Tugendbewährung ermöglicht, durch die der Mensch gemäß Gottes Heilsplan zur Unsterblichkeit gelangen soll. - So ergeben sich zwei gedankliche Grundlinien für den zweiten Durchgang (§§ 7-27):1 (1 ) D ie B e s tim m u n g d es M e n sc h e n zu m H e il

Laktanz gibt eine Gesamtdarstellung des göttlichen Schöpfungs- und Heils­ plans. Dessen anschließende prägnante Zusammenfassung (6,1) legt die Wiedergabe in folgendem Schema nahe:

5,1

269

G ottes H eilsplan setzt die Erschaffung der W e l t voraus (§§ 9f.).

I Welt ist erdacht als Lebensraum für den aus Körper und Geist zusammengesetzten M e n s c h e n (§§ 10-12) und auf seinen Nutzen ausgerichtet (§§ 3.12). Vgl. 6,1 i d c i r c o m u n d u s f a c t u s e s t, u t n a s c a m u r .

I M ensch ist, wie seine aufrechte Haltung zeigt, dazu bestimmt, Gott zu erkennen (§§ 4-6). Vgl. 6,1 id e o n a s c i m u r , u t a g n o s c a m u s f a c t o r e m m u n d i a c n o s t r i d e u m . i

G otteserken n tn is führt zur Gottesverehrung (§ 5). Vgl. 6,1 i d e o a g n o s c i m u s , u t c o l a m u s . i

G ottesverehrung besteht aus einem Leben in Tugend und Gerechtigkeit, und als Lohn für die damit verbundenen Mühen, Entbehrungen und Leiden im diesseitigen Leben erlangt der Mensch von Gott die Unsterblichkeit (§§ 17-26). Vgl. 6,1 id e o c o l i m u s , u t i m m o r t a l i t a t e m p r o l a b o r u m m e r c e d e c a p i a m u s , q u o n i a m m a x i m i s la b o r i b u s c u l t u s d e i c o n s t a t . i

U nsterblichkeit bedeutet für den Menschen die ewige Gemeinschaft mit Gott, für die er geschaffen ist (§ 27). Vgl. 6,1 id e o p r a e m i o i m m o r t a l i t a t i s a f f i c i m u r , u t s i m i l e s a n g e l i s e f f e c t i s u m m o p a t r i a c d o m i n o in p e r p e t u u m s e r u i a m u s e t s i m u s a e t e r n u m deo r e g n u m .

i Somit erfüllt sich

G ottes H eilsplan.

besteht darin, möglichst viele Seelen zu schaffen (§ 9), die die Unsterblichkeit erlangen und mit Gott sein sollen (§ 27). Dies hatte Laktanz bereits in der Schöpfungsdarstellung des zweiten Buches, aller­ dings eher beiläufig, erwähnt (2,10,2).1 Nun fügt Laktanz in diesen Rah­ men die wesentlichen Aussagen über die Schöpfung, das Dasein des Men­ schen und dessen Bestimmung ein. Auch dass die W e l t zum Nutzen des1 G o tte s H e ils p la n

1 Auch die dortigen Formulierungen ( i t a r e b u s o m n i b u s m i r a b i l i d i s c r i p t i o n e c o m p o ­

regnum s i b i aetern u m p a r a r e c o n s t i t u i t e t innum erabiles anim as p ro ­ creare, q u ib u s im m o rta lita tem d a r e t ) greift Laktanz nun wieder auf: 6,1 p r a e ­

sitis

m i o i m m o r t a l i t a t i s a f f i c i m u r , u t s i m i l e s a n g e l i s e f f e c t i s u m m o p a t r i a c d o m i n o in p e r p e t u u m s e r u i a m u s e t s i m u s aetern u m deo regnum (v gl. § 27 h o c a f f ic it p r a e ­ m i o , u t s i t in aetern u m b e a tu s s i t q u e a p u d d e u m e t c u m d e o s e m p e r ); § 9 c u m

K o m m e n ta r

Menschen erschaffen ist (§ 3), hat er bereits vorher dargelegt (4,4-10.19). Dass der M e n s c h auf die Verehrung Gottes ausgerichtet sei, begründet er mit dessen aufrechter Haltung (§§ 6.20-23). Diese Lehre vom rectu s s ta tu s 2 ist ein Grundelement in der Anthropologie des Laktanz.3 Wie W l o s o k in ihrer grundlegenden Untersuchung zeigt, sieht schon Platon in der auf­ rechten Haltung des Menschen ein Zeichen für dessen Bestimmung zur philosophischen Schau (rep. 9, p. 585b) und zur Erkenntnis der himmli­ schen Ordnung (Tim. 90a-d), was nachplatonisches Denken in Telosformeln kleidet und die Stoa übernimmt:4 Zum Wesen des Menschen gehöre die Schau und Erkenntnis Gottes in der N atur.5 Eine religiöse Deutung, in der die Gotteserkenntnis zum erlösenden Mysterium wird, das den Men­ schen wieder zu Gott führt, beobachtet W l o s o k in der jüdischen (Philo von Alexandrien), christlichen (Klemens von Alexandrien) und hermeti­ schen Tradition.6 Doch während W l o s o k in eben diese „philosophische Gnosis“ die Erlösungsvorstellung des Laktanz insgesamt und so auch seine rectu s s ta tu s -Anthropologie einordnet,7 sieht P e r r i n darin lediglich eine p o s s e t s e m p e r s p i r i t i b u s s u i s i m m o r t a l i b u s innum erabiles anim as procreare, [...] excogitau it ta m e n in en a rra b ile opus, q u e m a d m o d u m in fin ita m m u ltitu d in e m c r e a r e t a n i m a r u m [ . . . ] n e im m o rta lita te m d e l i c a t e a s s e q u e r e n t u r a c m o l l i t e r , s e d ad illud a e te r n a e u ita e ineloquibile p r a e m i u m c u m s u m m a d ifficu lta te ac m a g n is la b o r i b u s p e r u e n i r e n t . Im zweiten Buch spielt Gottes Motiv für die Erschaffung

des Menschen keine Rolle, vielmehr leitet die Bemerkung von der Erschaffung der Tiere zu der des gottesebenbildlichen Menschen über. - Zum Verständnis beider Texte (Plan Gottes zur Erschaffung unzähliger Seelen, dann Erschaffung des ersten Menschen) vgl. auch P errin L ’h o m m e 320-322. 2 Die Formulierung findet sich zwar nicht hier, aber 9,11; 2,1,14; 3,10,11. 3 So nämlich 9,11; 2,1,14-19; 2,2,19; 2,17,9; 2,18,1.6; 3,10,llf.; 3,12,26; 3,20,11; 3,27,16; 3,28,16; 6,20,7; opif. 8,1-3; 10,26; 19,10; epit. 20,4.9; 58,4; 68,5; ira 7,5; 14,lf.; 20,10f.; dazu umfassend W losok G n o s i s 180-204 und P errin L ’h o m m e 68-77; 88-90; 408-411. - O. N icholson, C a e l u m p o t i u s i n t u e m i n i : Lactantius and a Statue of Constantine, Studia Patristica 34 (2001) 177-196, schlägt vor die r e c ­ t u s s t a t u s - Anthropologie des Laktanz als Anregung für den nach oben gerichteten Blick der Kolossalstatue des Kaisers Konstantin (heute in den Kapitolinischen Mu­ seen in Rom) zu sehen. Das wäre bemerkenswert; wenn die Statue allerdings aus den ersten Regierungsjahren Konstantins (ab 306) stammt, ihn zunächst als Jupiter zeigte und später (um 330) ohne Veränderungen in der Augenpartie umgearbeitet wurde, wie man neuerdings annimmt, ist ein Einfluss des Laktanz unwahrschein­ lich; vgl. C.P. P resicce, Konstantin als Iuppiter. Die Kolossalstatue des Kaisers aus der Basilika an der Via Sacra, in: Demandt/Engemann 117-131. 4 W losok G n o s i s 8-19. 5 So insbesondere Cic. nat. deor. 2,140.153; Sen. dial. 8,4,2; 8,5,3f.; epist. 94,56; dazu W losok G n o s i s 19-25. 6 W losok G n o s i s 48-179. Weiteres Material aus der christlichen Tradition bei M. P elleg r in o , Il topos dello s t a t u s r e c t u s nel contesto filosofico e biblico (A propo­ sito di A d D i o g n e t u m X, 1-2), in: Mullus. Festschrift T. K lauser, Münster 1964, 273-280. 7 So der Titel „Laktanz und die philosophische Gnosis“, zur Einordnung des Laktanz v.a. 222-231. Freilich kennt die Gnosis selbst keine ausdrückliche r e c t u s s t a t u s -

5,1

271

Weiterführung in der paganen und christlichen lateinischen Literatur ge­ läufiger anthropologischer Ansätze.6*8 Bezüglich der vorliegenden Passage freilich zeigt W l o s o k , dass Laktanz die Bestimmung des Menschen zur Erkenntnis und Verehrung Gottes sowie die Begründung aus der aufrechten Haltung (§§ 4-6) nach Motiven und mit Formulierungen Senecas (vor allem aus D e o tio ) darstellt und dabei gemäß christlicher Lehre die Schöpfung gegenüber dem Schöpfer in den Hintergrund treten lässt:9 §§ 4-6

Seneca

(4) ,q u a e u tilita s deo in h o m in e [ . . . ] ? ‘ s c ilic e t u t e s se t qui opera eius in te l­ legeret, qui p r o u id e n tia m d isp o n en d i, ra tio n e m fa c ie n d i, u ir tu te m c o n su m ­ m a n d i et sen su a d m ira r i et uoce p r o ­ loqui p o s se t.

(5) is en im co lit qui haec in te lle g it, [...] qui

u ir tu te m

m a ie s ta tis eius de suorum operum in u e n tio n e in c e p ­ tio n e p e rfe c tio n e m etitur.

dial. 8,4,2 haec qui c o n te m p la tu r, quid deo p r a e s ta t? ne ta n ta eius opera sin e te s te sit.

epist. 95,47 d eu m colit qui n o u it nat. praef. 13 m a g n itu d o illi [se. deo] su a re d d itu r [...], si opus suum et in ­ tra et extra te n e t. 17 s c ia m o m n ia a n ­ g u sta esse m ensus deu m .

dial. 8,5,4 in m e d ia n os su i p a r te co n ­ (6) ex o m n ib u s a n im a n tib u s [sc. h o m o ] solu s ita fo r m a tu s est, u t oculi eius ad caelu m d irecti, fa c ie s ad d eu m sp e c t­ ans, u u ltu s cu m suo p a re n te c o m m u n is s it

s titu it [se. n a tu ra ] et c irc u m sp e c tu m o m n iu m n obis d ed it; nec erex it ta n ­ tu m m o d o h o m in e m , sed e tia m h a b ilem c o n te m p la tio n i fa c tu ra , u t ab o rtu s i­ dera in occasu m la b en tia p ro seq u i p o s ­ s e t et u o ltu m su u m c irc u m ferre cu m to to , su b lim e fe c it illi ca p u t et collo f le ­ xili im p o su it.

Anthropologie, nur die Ausrichtung des Menschen auf die Himmels- bzw. G ottes­ schau, dazu W l o s o k Gnosis 1 1 6 f . 8 P e r r i n L ’homme 38f. zur prinzipiellen K ritik an W l o s o k s Untersuchung; 75f. zu den möglichen römischen Vorlagen Cic. leg. 1,24-26; nat. deor. 2,140.153; Tusc. 1,69; ac. 2,127; Sali. Catil. 1,1; 2,8; Ov. m et. l,84f.; Sen. epist. 94,56; dial. 12,8,4f. (alle übrigens auch W l o s o k Gnosis 183 Anm. 8 genannt, zudem Manil. 4,893ff.); Min. Fel. 17,2.11; Cypr. Demetr. 16. Zur Diskussion über den Einfluss der her­ metischen Gnosis bei Laktanz siehe auch unten zu 9,11 quam spectationem . . . ) . - Die K ontinuität gegenüber pagan-philosophischen Vorstellungen in der teleo­ logischen rectus stairis-A nthropologie bei Laktanz unterstreicht auch schon A.S. P e a s e , Caeli enarrant, H ThR 34 (1941) 163— 200, zu Laktanz v.a. 193.195. 9 W l o s o k Gnosis 194-196. Als christliche Änderungen des Laktanz gegenüber der stoischen Vorlage nennt W l o s o k ( Gnosis 195f.) insbesondere, dass von einem Va­ tergott (§ 5 uerum patrem suum) die Rede ist sta tt von der N atur (dial. 8,5,4), dass die Schöpfungskräfte (§ 4), nicht Himmelsphänomene (dial. 8,5,4) Gegenstand der Bewunderung sind, und dass Ziel der contemplatio des aufrechten Menschen bei Laktanz G ott ist, der Himmel nurm ehr Richtung (§ 6 und dial. 8,5,4).

K om m entar u id ea tu rq u e h o m in e m deus qu asi p o r ­ recta manu a lle u a tu m ex h u m o ad c o n te m p la tio n e m su i e x c ita sse .

epist. 73,15 di [ ...] a scen d en tib u s ma

num porrigunt.

Neu gegenüber der traditionellen rectu s s£aft/s-Motivik ist freilich der Ge­ danke, dass der Mensch in Analogie zu seiner Entwicklung, da er ja als Kind zunächst wie ein Tier Vierfüßer und unfähig zu sprechen sei, zur aufrechten Haltung erst gelangen müsse (§21) und dass diese Erhebung in den eigent­ lich s ta tu s rectu s erst durch Gottes Erlösungshandeln in der Taufe erfolge (§ 22).10 Unter der Voraussetzung der Aufrichtung durch Gott in der Taufe sind also auch die im Denken des Laktanz zentralen Aussagen, nämlich dass der Mensch Gott erkennen, verehren und dadurch zur Unsterblichkeit ge­ langen soll,11 zu verstehen: Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen G o t t e s e r k e n n t n i s und Gottesverehrung (§ 5), stellt Laktanz immer wie­ der her.12 Ebenfalls durchgängige Grundgedanken bei Laktanz sind, dass 10 Noch 2,2,19 (ille uobis sublimem uultum dedit, uos in terram curuam ini, [...] tam ­ quam uos paeniteat non quadrupedes esse natos) sind die Menschen von G eburt an aufrecht. - Laktanz gibt zwei Voraussetzungen dafür an, dass der sterbliche Mensch gemäß dem göttlichen Heilsplan unsterblich werden kann (§ 22), nämlich: zum einen das Bemühen des Menschen, seiner schöpfungsmäßigen Bestimmung zu G ottesverehrung und Gerechtigkeit zu entsprechen (cum coeperit ex deo uiuere id est iustitiam sequi, quae continetur in dei cultu); zum anderen das Erlösungshan­ deln G ottes (cum excitauerit hom inem deus ad aspectum caeli ac sui), das sich, wie das Folgende (quod tum fit, cum homo cadesti lauacro purificatus . . . ) zeigt, in der Taufe vollzieht. —Obwohl Laktanz also immer wieder die Heilsnotwendigkeit der Tugendleistung für die Erlangung der Unsterblichkeit betont, v ertritt er doch kein Konzept der Selbsterlösung, siehe auch unten zu 5,19 quam per nos ipsi acqui­ rimus. Vgl. die grundlegende D eutung W l o s o k Gnosis 217L; zur Einordnung in die Soteriologie des Laktanz Loi Lattanzio 269-273, v.a. 271f. - Insgesamt ordnet W l o s o k (Gnosis 216-222; Bibelzitate 211-213) das Verständnis des Taufm yste­ riums bei Laktanz in eine vom synkretistischen Platonism us geprägte Tradition des östlichen Christentum s ein, wie Klemens von Alexandrien, Kyrill von Jeru ­ salem und die Apostolischen K onstitutionen sie vertreten. Als Parallele für das Bild des Menschen, der Sprache und aufrechten Stand erst erwirbt (§ 21), das die Erlösung in der Taufe (§ 22) vorbereitend erläutert, nennt W l o s o k insbesondere OdSal 36,1-3.5-7, wo ebenfalls Kräftigung, Aufrichtung und A uftun des Mundes symbolisch verwandt werden. M o n a t (Inst. V,2 158) hingegen konstatiert eine paulinische Auffassung von der Taufe als Auferstehung zu neuem Leben (Röm 6,4 - das scheint M o n a t z u meinen, er gibt aber an „Rom., 8 “ ) . 11 Vgl. die Übersicht W l o s o k Gnosis 208. 12 So etwa 3,30,3 omnis sapientia hom inis in hoc uno est, ut deum cognoscat et colat (siehe auch oben zu 1,3 sapientiae) . 4,14,17 filium suum [...] legauit ad homines, ut eos conuerteret [...] ad cognoscendum et colendum deum uerum. 4,26,34; 5,14,12 cognitionis [se. dei] haec sum m a est ut colas. 6,5,19. Nach W l o s o k steht hinter dieser Verbindung zwischen G otteserkenntnis und -Verehrung (also Frömmigkeit) die hermetische Formel γνώσις καί ευσέβεια (Gnosis 136f.), auf die sich Laktanz für den Zusammenhang zwischen pietas und notio dei ausdrücklich beziehe (5,14,11 mit 2,15,5f.; dazu Gnosis 211f.) und mit der auch seine Darstellung des Christen­ tum s „als Synthese von sapientia und religio“ (Überschrift zu Gnosis 212-215;

5,1

273

wahre G o ttesv ere h ru n g in Gerechtigkeit besteht (§§ 22.24)13 und dass dieser Weg der Tugend (§ 23) Mühen und Leiden mit sich bringt1314, dass Gott aber schließlich dem Menschen als Lohn dafür die U n sterb lich k eit schenkt15 (vgl. §§ 17-26). (2 ) D ie E rk lä ru n g f ü r d ie V erg ä n g lich k eit d es M e n sc h e n

Laktanz bietet zwei Erklärungen dafür, dass der Mensch vergänglich ge­ schaffen wurde (§ 15). Beide beruhen auf Gottes Schöpfungsplan (§ 9 ):16 So wolle Gott erstens eine möglichst große Zahl von Seelen schaffen,17 zwei­ tens solle der Mensch die Unsterblichkeit nicht mühelos, sondern als Lohn für den entbehrungsreichen Tugendkampf erringen. Den zweiten Gedan­ ken entfaltet Laktanz dann auf der Grundlage seiner dualistisch geprägten Anthropologie und Kosmologie in zwei Schritten: 1. Es gibt zwei Leben (§§ 16-19): Im Gegensatz zum begrenzten irdisch­ körperlichen Leben, das man mit der Geburt empfängt (§ 17 n a scen -

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14

15 16 17

ähnlich schon T h o m a s 82-85; dann v a n R o o i j e n —D i j k m a n 50f.) übereinstim m e. Freilich wird ein Zusammenhang zwischen der Erkenntnis eines G ottes (auch im polytheistischen Sinn: das Wissen um die Existenz eines bestim m ten Gottes) öfter in paganem wie christlichem Denken selbstverständlich vorausgesetzt, so etwa Sen. epist. 95,47 (siehe oben 271); Apul. Socr. 17 p. 157 O u d e n d o r p [ s c . Socrates Apol­ linem,] deum suum cognouit et coluit; Tert. nat. 2,8,2 Deum ego existimo ubique notum , [...] omnibus colendum; apol. 21,28 per eum [sc. Christum] se cognosci et coli deus uoluit\ Novatian. trin. 8,1 hunc [...] deum nouit et ueneratur ecclesia ; Aug. civ. 10,25 haec [sc. ciuitas dei] unum deum nouit et colit; auf eine Ausnahme zielt Apg 17,23 δ ουν άγνοοϋντες εύσεβεΐτε, τούτο εγώ καταγγέλλω ύμϊν. Siehe ferner Low s (166-175) Interpretation zur Bezugnahme des Laktanz auf die hermetische Gleichsetzung von γνώσις und ευσέβεια 2,15,6-8. Vgl. etwa 1,3; 5,14,12 und 6,5,19; G otteserkenntnis und iustitia erscheinen gleichge­ setzt 2,15,5; 3,9,19; 4,26,22; 5,14,7 (siehe auch oben zu 1,3 iu stitiam ); zusammenfas­ send etwa W l o s o k Gottesbegriff 32f. Insbesondere definiert Laktanz 5,14,9-20 die wahre iustitia als pietas gegenüber G ott und aequitas gegenüber den Mitmenschen, prägnant 5,7,2: iustitia [...] nihil aliud est quam dei unici pia et religiosa cultura. Daher erscheinen iustitia und insti oft letztlich als Synonyme für das C hristentum und die Christen (siehe unten zu 15,5 iustus et cultor dei populus); zum Ausdruck iustitiam sequi (§ 22) siehe unten zu 11,4 iustitiam sequentes. Am deutlichsten drückt sich dies aus in der Definition der uirtus als tolerantia malorum § 15; 1,18; epit. 28,9; vgl. ferner die christliche Anwendung der ZweiW ege-Lehre 6,3,1-18; nach 6,5,11-19 schlägt sich wahre G ottesverehrung in uirtus und iustitia nieder. Siehe oben zu 1,3 praem ium beatitudinis perpetuae. Außer Acht bleibt hier der Sündenfall als Ursache für die Sterblichkeit (2,12,17-20). § 15 ut infinita uis anim arum gigneretur omnemque terram m ultitudine oppleret. Es liegt wohl keine Verkehrung von Ursache und Folge in der A rgum entation vor, wie v a n R o o i j e n —D i j k m a n (54) annim m t. Vielmehr geht Laktanz von der Begrenztheit der Ressourcen auf der Welt aus, die nicht ausreichten, wenn alle Menschen unsterblich wären. Dieser Gedanke entspricht einem apologetischen Ar­ gument gegen die Möglichkeit einer sich noch stetig steigernden Anzahl unsterb­ licher G ötter, so etwa or. Sib. frg. 2 G e f f c k e n ; Thphl. Ant. Autol. 2,3,2f. (mit Ü bertragung auf die Menschen!); Min. Fel. 24,4; Arnob. nat. 3,9; Const, or. s.c. 4.

K om m entar do a c c ip im u s ),

muss man das ewige himmlisch-geistige Leben erst durch Anstrengung erlangen (§ 17 a sse q u im u r la b o ra n d o ). 2 . Es gibt zwei Ausrichtungen im irdischen Leben (§§ 23-26): Nur wer die geistigen Güter erstrebt, muss unter Entbehrungen und Leiden den körperlichen entsagen und kann so seine Tugend (§ 15 definiert als to le r a n tia m a lo ru m ac la b o ru m ) bewähren. Wer hingegen ein ir­ disches Leben gemäß den Begierden des Körpers führt, kann nicht zur Unsterblichkeit gelangen. 5.1 R e d d a m u s n u n c . . .

q u a re h o m in e m ip su m fecerit: Die Klä­

rung dieser Frage ist bereits 4,2 angekündigt. Der Neuansatz hier zeigt den propädeutischen Charakter der Ausführungen 4,2-10; dieselbe Anord­ nung (Bestimmung der Welt, Bestimmung des Menschen) findet sich ira 13 und 14. Die Wendung h o m in e m fa c e re (14,13; 2,5,31; 3,14,4 etc.) erscheint häufig bei Laktanz, vgl. Loi L a tta n z io 120 mit Anm. 109. q u o d si p h ilo s o p h i s c is s e n t . . .

n o n in c id isse n t: Auf das Scheitern

der paganen Philosophie, die die Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz nicht habe beantworten können, geht Laktanz 7,1-14 nochmals ein. Als ,Irrtüm er‘ werden dort der Skeptizismus (7,6) und der mechanisti­ sche Materialismus der Atomisten und insbesondere der Epikureer (7,8-13) genannt; zur Unfähigkeit, die erkannten Einzel Wahrheiten zu verteidigen, vgl. 7,14. 5.2 h a e c e n im su m m a , h ic . . . , q u e m . . . : Hier vorausblickend auf die

christliche Antwort; ähnlich (Stichwort s u m m a , h i c - Anaphern, Relativsatz über die der Wahrheit Unteilhaftigen) dann in der Rückschau 6,2 haec su m m a re ru m e s t, hoc a rca n u m d e i, hoc m y s te r iu m m u n d i, a quo s u n t a lie n i ... Zu su m m a neben cardo vgl. ira 6,2.

ca rd o reru m : Wie 2,8,5 (vgl. Arnob. nat. 7,39 r e i), nach Verg. Aen. 1,672,

vgl. ThLL III 446,31ff. u e r ita s illi o m n is e la b itu r : Jenem entgleitet die gesamte Wahrheit‘, vgl.

7,3 ela p sa illis [den Skeptikern] u e r ita s est. E la b i (vgl. ThLL V,2 317,57ff.) besagt dabei aber nicht, dass die Wahrheit insgesamt bereits erlangt war, sondern, dass auch das erkannte Wahre wieder wertlos wird. efficia t . . . : Der AcI nach efficere ist ciceronisch (vgl. ThLL V,2 167,6ff.)

und nicht typisch für die christliche Latinität (wohl aber wäre dies der bloße Infinitiv, vgl. ThLL V,2 174,55L, den M ohrm ann, 175, hier sieht). illis n o n q u a d ra re r a tio n e m : Siehe oben zu 3,17 ei ra tio q u a d ra ret. a ffu lsisse t: ,aufgeschienen wäre‘; nur hier bei Laktanz, geläufig in klas­

sischer Prosa, nur hier mit r a tio , oft neben spes, vgl. ThLL I 1247,70ff.; ebenfalls über das Fehlen der Offenbarung Arnob. nat. 2,72 n o n d u m [ ...] a d fu lse ra t qui u ia m m o n s tr a r e t e rra n tib u s.

5,3 - 5,4

275

s a c r a m e n tu m h o m in is: Siehe oben zu 3,14 sa c r a m e n tu m . c o g n o sse n t: Zur Kurzform siehe oben zu 1,25 u io la ru n t. o m n e m p h ilo s o p h ia m d e tr a n s u e r s o A c a d e m ia iu g u la sse t: Iu g u la ­

(eigentlich: ,die Kehle durchschneiden‘) steht öfter für die gewaltsame Beseitigung einer Sache (vgl. etwa Cic. Phil. 13,38 P o m p e ia n o r u m cau ­ sa to tie n s iu g u la ta ; ThLL VII,2 637,9ff.); de oder e tra n su e rs o (,von der Seite‘) impliziert einen unvermuteten Angriff (vgl. OLD s.v. tra n su e rs u s 3 a) - die Akademie erscheint hier also in einem drastischen Bild als Meu­ chelmörder, der sein Opfer, die Philosophie, von der Seite anspringt und ersticht (und wohl nicht, was sprachlich denkbar wäre: ,ihm quer die Keh­ le durchschneidet‘; diese Ausführung wäre überflüssig, anstößig und ohne Pointe). Das entspricht der Wertung der Akademie, die jede Erkenntnis leugne, Unwissen lehre und damit die ganze Philosophie zugrunde richte, vgl. etwa 3,3,6; 3,4,11; 3,6,5; 3,6,20; 3,7,10; 3,28,17. Eine Anregung für die vorliegende Formulierung könnte ausgehen von Cic. ac. 2,121 n egas sin e re

deo p o s s e quicqu am : ecce tib i e tra n su e rso L a m p sa c e n u s S tr a to , qui d e t is ti deo im m u n ita te m . Straton selbst ist zwar Peripatetiker, angeführt wird

er aber in Ciceros skeptizistischer Kritik am Dogmatismus (ac. 2,112-146), die überhaupt Vorlage für das Bild der Akademie sein könnte, wie es hier und 7,2 gezeichnet wird, auch geht der 4,11 zitierte Einwand unmittel­ bar voraus (siehe auch oben 41 zur Benutzung der A c a d e m ic i lib r i). Zur Kurzform iu g u la sse t siehe oben zu 1,25 u io la ru n t. 5 .3 sic u t . . .

ita . . . : Das Tertium comparationis ist die Ausrichtung

des Geschaffenen auf den Nutznießer (vgl. 4,4L): Wie die Welt für den Menschen erschaffen ist, weil dieser ihre Vorzüge genießt, so der Mensch für Gott, vgl. ira 14,1 s ic u t m u n d u m p r o p te r h o m in e m m a c h in a tu s est, ita ip s u m p r o p te r se [ ...] sp e c ta to r e m o p e r u m ; epit. 64,3L; Stob. exc. XI 7 (N o c k /F e s tu g iÈ re III 54) ό κόσμος δια τον άνθρωπον, ό δε άνθρωπος δια τον θεόν. m u n d u m n o n p r o p te r se . . . u titu r : Vgl. 4,19 (Zusammenfassung zu

4,4-10)

in s titu it ergo su m m u s deu s n o n p r o p te r se, quia n ih ilo eget, sed p r o p te r h o m in e m , qui iis c o n g ru e n te r u te r e tu r . Zur Bedürfnislosigkeit Got­ tes siehe oben zu 4,8 p o te s t esse s in e m u n d o . . .

5 .4 ,q u a e u tilita s . . .

p r o p te r se fa c e r e t? ;: Zusammen mit 5,7 auf­

genommen als epikureisches Fragment 371 bei U sen er. Freilich legt Laktanz selbst hier lediglich den für die Fortführung des Gedankens nötigen Einwand (worin besteht der soeben angedeutete Nutzen Gottes am Men­ schen?; vgl. Arnob. nat. 2,37 e t qu id h o m in e s p r o s u n t m u n d o a u t ob re i c u i­ us s u n t n e c e ssa r ii ca u sa m , u t n o n fr u s tr a d e b u isse c re d a n tu r p a r te in h ac agere e t te r r e n i e sse c o rp o ris in q u ilin i? ) Epikur als einem fic tu s in te r lo c u ­ to r in den Mund (siehe auch unten zu 5,7 , qu id e r g o ‘ ... ; vgl. H a g e n d a h l

K om m entar

65f.). Der Kerngedanke stimmt zwar durchaus mit Epikurs Theo­ logie überein (die Götter sind glückselig, daher kümmern sie sich nicht um die Welt und die Menschen, vgl. etwa Epic, epist. Hdt. 76f.; epist. Men. 123f.; KD 1), ist aber auch allgemein bekannt (Lucr. 5,156-194; Cic. nat. deor. 1,19-23). Doch schon der unepikureische Singular deo unter­ streicht, dass Laktanz die Äußerung seinem Kontext anpasst und Epikur nur als Stichwortgeber fungieren lässt. Anknüpfungspunkt sind für Lak­ tanz sicherlich die 3,13 zitierten Lukrezverse, die die Ausrichtung der Welt auf den Menschen leugnen. Auch ira 8,1 leitet er in ähnlicher Weise ein Lukrezzitat (2,646-651) über die vollkommene Distanz des Göttlichen zur Welt mit den Worten ein: s i c red a m u s E p ic u ro illa d ic e n ti (vgl. B ryce 274f.). Eine lateinische Wiedergabe lukrezischer Aussagen als vermeintlich wörtliches Epikurzitat liegt beispielsweise auch 3,17,19 und opif. 6,8.10; 8,15 (vgl. P errin L ’o u vra g e II 293f.; 316) vor. F a th ers

s c ilic e t ut: Geläufige Ellipse, vgl. etwa Cic. de orat. 3,171; Sali. lug. 85,10;

Liv. 42,42,2. u t e s s e t q u i . . . p r o lo q u i p o s s e t: Vgl. 3,9,10 co n fitere ig itu r esse re ru m o m n iu m c o n s titu to r e m d eu m , qui te in h u n c m u n d u m q u a si te s te m la u d a ­ to re m q u e ta n ti su i o p e ris in d u x it (noch näher an Sen. dial. 8,4,2 n e ta n ta eiu s opera s in e te s te s i t , siehe oben 271; richtig W lo so k G n o sis 194).

o p e r a eiu s: ,Die Werke Gottes‘, wie

9,4; 14,9; 2,5,5; 3,9,11; 4,8,14 etc.

für das Schöpfungshandeln Gottes und seine Schöpfungsordnung, die der Mensch bewundernd schauen soll, vgl. Loi L a tta n z io 116. p r o u id e n tia m d is p o n e n d i, r a tio n e m fa c ie n d i, u ir tu te m c o n s u m ­ m a n d i: Entspricht anderen Aussagen des Laktanz über das Schöpfungs­

werk (1,8,2

ta n ta ta m q u e m irific a opera p r o u id e n tia ex co g ita u it, u ir tu te c o n s titu it, r a tio n e p e r f e c it ; 3,9,11; ira 10,38; vgl. W lo so k G n o sis 195 mit Anm. 40) und die Eigenschaften (p r o u id e n tia , ra tio und u irtu s et­ wa 2,8,7.40) Gottes. Zu p r o u id e n tia und d isp o n e re vgl. oben 3,25f. und Loi L a tta n z io 67 mit Anm. 186; zur ra tio als Eigenschaft Gottes, die sich erkennbar in der Schöpfung niederschlägt, vgl. 1,8,2; 2,8,19; Loi L a tta n z io

55-57; zu u ir tu te c o n su m m a re (siehe oben zu 3,26 Trikolon Tert. apol. 17,1; Min. Fel. 18,7 u n iu e rsa ,

u ir tu s ) und zum ganzen qu a ecu m q u e su n t, uerbo

iu bet, ra tio n e d isp e n sa t, u ir tu te c o n su m m a t.

5 ,5 is e n im c o lit q u i h a e c in te lle g it: Die Betrachtung der göttlichen

Schöpfungswerke führt zwangsläufig zur Verehrung Gottes, siehe oben 272 Anm. 12 und 271. a rtificem : Öfter als Gottesprädikat bei Laktanz (vgl.

Loi

U lf.), mit re ru m auch 1,6,16; opif. 1,11, und in der älteren christlichen Latinität, vgl. B ra u n 385f. L a tta n z io

277

5,5

u e r u m p a tr e m : Sehr häufig bezeichnet Laktanz Gott allgemein als ,Va-

ter‘ (etwa 5,27; 20,1 etc.; vgl. ThLL X,1 686,73ff.); mancherorts beschreibt er so aber auch die Beziehung zu Christus als Sohn (18,3.5 etc.). Auffal­ lend oft kommt die Verbindung p a te r und d o m in u s vor (6,1; 27,5.15; 1,6,4; 4,3,14-20 etc.), die in der sonstigen christlichen Latinität weniger wichtig ist (vgl. ThLL X,1 688,18ff.; W l o s o k G n o sis 232 Anm. 2). Dahinter steht nach W l o s o k das Verständnis als p a te r fa m ilia s ( G n o sis 183 Anm. 10; 232-246 grundsätzlich zu p a te r e t d o m in u s ; auch: dies., Vater und Vater­ vorstellungen in der römischen Kultur, in: H. T e l l e n b a c h [Hrsg.], Das Vaterbild im Abendland. I: Rom, frühes Christentum, Mittelalter, Neu­ zeit, Gegenwart, Stuttgart 1978, 18-54 und 192-200, hier 48-54 und 199L; jetzt auch in: dies., R e s 35-83). Gegenüber diesem p a te r fa m ilia s besteht, so Laktanz, eine Verpflichtung zum Gehorsam, zur Liebe und zur Vereh­ rung, nämlich die p ie ta s (siehe unten zu 5,27 p ie ta te m ) . u e n e r a tio n e p r o se q u itu r : , Verehrung ent gegenbringen‘, wie Veil. 2,92,5;

Val. Max. 4,1,12; Tac. Germ. 40,3; Aug. c. Parm. 2,19,38

( d e b ita ) .

u ir tu te m m a ie s ta tis : Wie 4,8,9; 4,10,6; vgl. 1,3,12; leicht tautologisch

,die Macht der Größe Gottes‘, ,die unermessliche Größe Gottes‘; siehe oben zu 3,26 u ir tu s ; zu m a ie s ta s (,Größe Gottes‘) vgl. Loi L a tta n z io 26. in u e n tio n e in c e p tio n e p e r fe c tio n e : In u e n tio bezeichnet sonst eher die

Schöpfungsgabe (ThLL VII,2 153,65ff.). I n c e p tio (,das Beginneff, επιχείρημα, vgl. ThLL VII,2 874,84ff.) erscheint bei Laktanz nur hier und könnte über Cic. ac. 2,119 ( ta m p r a e c la r i o p e ris in c e p tio ) Aus­ gangspunkt des als Homoioteleuton gestalteten asyndetischen Trikolons sein. Auch p e rfe c tio (wie opif. 10,9) weist auf diesen Zusammenhang bei Cicero (siehe auch oben zu 1,7 qui cu m n o n u id e r e t . . . zur Benutzung der Passage): Zwar steht es neben o p e ru m sonst eher für den Abschluss menschlicher (Bau-)Arbeiten (ThLL X,1 1351,16ff.), Cic. ac. 2,120 (über die Stoiker: [sc. d e i] m a ie s ta te m d e d u c itis u squ e a d a p iu m fo r m ic a r u m ­ que p e r f e c tio n e m 18) jedoch, wie hier, für die Vollendung der Schöpfung als Hinweis auf die Größe ( m a ie s ta s ) Gottes. P e r fe c tio impliziert hier al­ so sowohl die Durchführung bis zum Ende (nach kühnem Ersinnen und Inangriffnahme) als auch die dabei erreichte Vollkommenheit. m e n sc h lic h e

m e titu r : Für das Ermessen der Größe Gottes an (d e erst seit Laktanz,

vgl. ThLL VIII 886,25ff.) seinen Werken wie 3,9,11; vgl. Sen. epist. 92,25 m a ie s ta te m [ ...] eiu s ex n o stra in b e c illita te m e tim u r . 18 ThLL X,1 1352,53ff. versteht perfectio hier als nicht wertende ,Erschaffung4, doch trifft die Übersetzung bei S c h ä u b l i n / G r a e s e r „dessen Erhabenheit führt ihr in die Niederungen der Vollkommenheit von Bienen und Ameisen hinab“ den Zusam­ m enhang besser; es ist auch die Vollkommenheit dieser Geschöpfe impliziert, nicht nur ihre Existenz.

K o m m e n ta r

5 .6 e x o m n ib u s a n im a n tib u s so lu s . . . e x c ita s se : Zur rectu s s t a t u s -

Anthropologie siehe oben 270 mit Anm. 3. fo rm a tu s: Vgl. opif. 10,26 u id e tu r h o m in e m so lu m deu s u e lu ti su p in u m fo r m a s s e - n a m fe r e n u llu m a liu d a n im a l la cere in te rg u m p o t e s t ; L a tta n z io

Loi

125.

u u ltu s c u m su o p a r e n te c o m m u n is: Die Gottesebenbildlichkeit des

Menschen (Gen 1,27; zur Aufnahme bei Laktanz Loi L a tta n z io 135-137; P e r r i n L ’h o m m e 348f.) ist wie opif. 8,3 ( h o m in is ita q u e so liu s recta ra tio e t su b lim is s ta tu s e t u u ltu s deo p a tr i c o m m u n is ac p ro x im u s o rig in e m su a m fic to re m q u e te s ta tu r .) eingebunden in die rectu s s t a t u s - Anthropologie: Das

nach oben gerichtete Gesicht ist dem mit Gott gemein (vgl. epit. 65,4). p o r r e c ta m an u : Für göttliche Bemühung um die Erlösung des Menschen

pagan (Sen. epist. 74,15, siehe oben 271; Apul. met. 11,25,2, dazu W l o s o k G n o sis 195 Anm. 38) und christlich(Tert. anim. 43,11; resurr. 53,5); vgl. 4,24,8 (über Christi Erlösungswerk) m a n u m p o r r ig a t secu tu ro . ad c o n te m p la tio n e m sui: Unter der , Gottesschau ‘ (ciceronisch, vgl.

ThLL IV 647,1 Iff.) wie 2,1,15 (wie ira 14,2 im Rahmen der s ta tu s rec­ t u s - Anthropologie); 3,9,17; 6,4,20 (neben der c o n te m p la tio c a e li , 3,12,20; 3,20,11; 6,1,7) versteht Laktanz „una conoscenza intelletuale di Dio dedot­ ta dalle bellezze del creato“ (Loi L a tta n z io 6), sie ist schöpfungsgemäße Bestimmung des Menschen ( W l o s o k G n o sis 192-200). Zum Reflexivpro­ nomen im Genitiv vgl. 5,22 a sp e c tu m s u i ; 12,17 o b liu io n e m s u i ; 12,27 d is ­ so lu tio n e sui.

e x c ita s s e : Für den rectu s s ta tu s wie etwa 9,11; 3,20,11; ira 7,5; vgl. unten

zu 5,22

e x c ita u e r it . . .

Zur Kurzform siehe oben zu 1,25

u io la ru n t.

5 .7 ,q u id e r g o 6 in q u it . . . : Als Sprecher ist nach 5,4 Epikur zu ergän­

zen, ähnlich gebrauchtes in q u it z.B. 3,29,3-7 (aus verschiedenen Werken Ciceros); 5,16,10 (und öfter im Referat der Karneadesrede). Zusammen mit dem ersten Einwand (5,4) nimmt U s e n e r auch diese Stelle als epikurei­ sches Fragment 371 auf. Freilich handelt es sich (entgegen J. F e r g u s o n , Epicureanism under the Roman Empire, ANRW II 36,4 [1990] 2257-2327, hier 2312, und A l t h o f f 51 mit Anm. 86) ebensowenig um ein echtes Epikurzitat (richtig etwa W l o s o k G n o sis 194 Anm. 36; H e c k Z u s ä t­ ze 90 Anm. 11): Der erste Teil des Einwandes ( qu id ergo . . . in d ig e n ti? ) entspricht allgemein bekannter epikureischer Lehre, dürfte aber Lukrez entnommen sein (siehe oben zu 5,4 quae u tilita s . . . ) , der zweite ( u el s i ta n tu m . . . fig u ra tu s e s t? ) hingegen widerspricht ihr. Denn nach Epikurs Meinung ist zum einen die Sterblichkeit bzw. der Tod kein Übel (Epicur. epist. Men. 124.126), zum anderen der Mensch nicht hilflos dem Übel aus­ geliefert, sondern in der Lage, dieses gegen Lustempfindungen abzuwägen · ·

• ·

5,8

279

(epist. Men. 129f.). Laktanz selbst greift diese Haltung an (3,27,5). Abwei­ chend von dieser Lehre des Epikur (vgl. B ailey III 1351.1354) erwähnt Lukrez jedoch im Rahmen seiner antiteleologischen Argumentation das Lebensfeindliche in der Welt (5,200-217), die Bedrohung des Menschen (5,218-221) und seine im Vergleich zu den Tieren mangelnde natürliche Ausstattung (5,222-234). Mittelbare Vorlage, jedenfalls Quelle für epiku­ reisches Gedankengut scheint also hier wiederum (wie schon 5,4) Lukrez zu sein. Doch wiederholt der zweite Teil des Einwandes vor allem Motive und Formulierungen aus dem unmittelbar vorausgehenden über die Hin­ ordnung der Schöpfung auf den Menschen ( ta n tu m h o n o ris h o m in i h a b u it, u t ... : vgl. 4,7 ta n tu m q u e illi h o n o ris h a b u it, u t ... ; ip s iu s cau sa m u n d u m f a b r ic a r e t : vgl. 3,4; 4,2; u t in s tr u e r e t eu m s a p ie n tia : vgl. 4,14; u t d o m i­ n u m u iu e n tiu m f a c e r e t: vgl. 4,10; zur Formulierung 4,26,23) und über das Verhältnis zwischen Gott und Mensch ( eu m q u e d ilig e re t ta m q u a m filiu m : vgl. 5,5 u e ru m p a tr e m su u m d e b ita u e n e ra tio n e p r o s e q u itu r ; c o n iu n c tu m ac p r o x im u m d e o : 4,17 p r o x im u m sib i lo cu m d iu in a m p r o u id e n tia m d e d isse e i ; a d qu em co len d u m e t c o n te m p la n d u m fig u ra tu s e st: 5,4 u t d e u m co la t und 5,6 h o m in e m deu s [ ...] a d c o n te m p la tio n e m su i e x c ita s s e ). Darauf auf­ bauend werden zwei inhaltlich eng verwandte Fragen formuliert; die erste ( c u r m o r ta le m fra g ile m q u e c o n s titu it? ) führt einen neuen Aspekt ein, die zweite ( c u r o m n ib u s m a lis qu em d ilig e b a t o b iecit, cu m o p o r te r e t e t beatu m esse h o m in e m [ ...] e t p e r p e tu u m [ - ··] ? ) greift das bereits angesprochene Theodizeeproblem (4,11: Frage nach den Übeln in der Welt) nochmals auf. - Der lediglich aus rhetorischen Gründen (vgl. H agendahl F a th ers 6 6 ) Epikur zugeschriebene Einwand hat also die Funktion, die bisherigen Aussagen zusammenzufassen und die gedanklichen Leitlinien für die fol­ gende (5,8-27) Vertiefung zur liefern. Zur argumentativen Struktur siehe oben zu 5,1-27. In ähnlicher Funktionen erscheinen zum selben Thema (Vergänglichkeit des Menschen, sein Unterworfensein unter die Übel) opif. 3,1 und 4,1 mit 2,10 die Epikureer insgesamt. fig u ratu s est: Wie 14,13; 2,8,64 und öfter entsprechend ciceronischer (nat. deor. 1,110) und christlicher (siehe unten zu 5,14 h o m in e m f i n x i t ... ) Dik­ tion für einen göttlichen Schöpfungsakt, vgl. ThLL VI, 1 741,31ff. 5,8 q u a m q u am [...] docuim us: Zum Modus bei zu 4,2 q u a m q u a m [ ...] p eccen t.

quam quam

siehe oben

haec fere in p rio rib u s libris sparsim : Laktanz fasst im Folgenden un­ ter dem Gesichtspunkt eines durchgängigen und teleologischen göttlichen Heilsplanes zusammen, was er bereits in anderen Büchern über die Bestim­ mung des Menschen ausgeführt hatte, so etwa über Erschaffung des Men­ schen 2,10,1 - 2,12,24, über die Unsterblichkeit als höchstes Gut 3,12,1-36, über Bedeutung und Zusammenhang von Gerechtigkeit und Gottesvereh-

K o m m en ta r

rung für das Heil der Menschen 5,14,9-20, über die Tugend als Weg zum Himmel 6,3,10 usw.; siehe auch oben 269ff. dispositio dei: Siehe oben zu 2,1

d is p o s itio n e . . .

5,9 cum posset sem per . . . sicut angelos genuit . . . : Laktanz er­ läutert unter drei leicht variierenden Blickrichtungen die Beseelung des Menschen (vgl. Loi L a tta n z io 186f.; P e r r in L ’h o m m e 329f.): 1. Der erschaffene Leib wird beseelt: 2,12,3

fic to e n im corpore, in sp ir a u it ei a n im a m de u ita li fo n te s p ir itu s su i qui e s t p e re n n is. Diese

Vorstellung findet sich auch 12,11 und 6,20,18. 2. Im vorliegenden Zusammenhang geht die Schöpfungshandlung von den Seelen aus: 5,9 cu m p o s s e t s e m p e r s p ir itib u s su is im m o r ta lib u s

3.

in n u m e ra b ile s a n im a s p ro crea re, s ic u t a n g elo s g e n u it, [ ...] e x c o g ita u it [ ...] in e n a rra b ile opu s, q u e m a d m o d u m in fin ita m m u ltitu d in e m c re a re t a n im a ru m . 5,13 h o m in e m fin x it ex ip sa te rra , [ ...] id e s t s p ir itu m su u m te r re n o corpore in d u it e t in u o lu it. Leib und Seele entstehen gleichzeitig und als Gefüge (12,4 in te r se c o n iu n c ta e t s o d a t a n a s c a n tu r ), das bis zur Trennung im Tod be­ steht (12,4 d is c re tio m o r s u o c a tu r ), indem der unvergänglichen, aus Himmlisch-Geistigen , abgeleiteten Seele ‘ (12,4 a c a d e s ti s u b tilita ­ te d e d u c tu m ; [ ...] ex c a e le sti s p ir itu , [ ...] c o n s ta t ac u ig e t se m p e r, q u o n ia m d iu in u s s p ir itu s s e m p ite r n u s e s t) der Leib als vergängliches irdisches ,Gefäß geformt ‘ (12,4 a lte ru m [ ...] de te r r e n a c o n c re tio n e f o r m a tu m , q u a si u a sc u lu m s i t a lte riu s. 12,16 ex d e i s p ir itu qui a e te r ­ n us e s t o rig in e m c e p it) wird.

Die unterschiedliche Perspektive ist aus dem jeweiligen Zusammenhang zu erklären. Gemeinsam ist die Aussage, dass die Seele als Lebensprinzip dem Menschen aus dem göttlichen Geist ( c a e le stis s p ir itu s ) eingegeben wird, und zwar p o s t c o n c e p tu m p r o tin u s (opif. 17,7). - Zur vorliegenden Analogie mit der Erschaffung der Engel vgl. über diese epit. 37,3 deu s de su is s p ir itib u s fig u ra u it; S ch n ew eis 41f.; Loi L a tta n z io 177.187; allgemein unten zu an gelos. innum erabiles animas procreare: Siehe oben 269 Anm. 1 und vgl. 4,6,2 [sc. d eu s s p ir itu s ] in n u m e ra b ile s c re a u isse t, quos a n g elo s d ic im u s. Zur bei Laktanz geläufigen Verwendung von p ro crea re für , erschaffen ‘ vgl. Loi L a tta n z io 127f. angelos: Mehrfach bezieht sich Laktanz auf die Engel: Er spricht davon, dass die Abgefallenen zu Dämonen wurden (2,14,1-4), vom paganen Wis­ sen um Engel (2,16,5-9), von der Unterscheidung zwischen dem Gottessohn und Engeln (4,8,6-9). Sein angelologisches Konzept lässt sich folgenderma­ ßen rekonstruieren (S ch n ew eis 1-78; zur Einordnung in die Angelologie

5,9

281

des frühen Christentums J. MlCHL, ,Engel IV‘, RAC 5 [1962] 115-200): Gott hat zahllose (4,6,2) unsterbliche (2,16,6) Engel geschaffen (hier g e n u it wie 3,28,1; 4,28,2 etc. für die Erschaffung der Menschen, vgl. Loi L a tta n z io 104; 4,6,2 crea re). Sie sind s p ir itu s (2,16,5; 4,8,6-9; Loi L a tta n z io 176-183; P.G. van d er N a t , RAC 9 [1976] 729f.) und stehen zwischen Gott und den Menschen (4,7,2.4; 4,8,9; 4,10,1) - die Vollendung des Menschen be­ steht in einer Gleichwerdung mit den Engeln (6,1; 26,5; siehe unten zu 26,5 tr a n s f o r m a b it ... ). Sie dienen Gott (1,7,8; 2,14,3) im Himmel (4,7,2), müs­ sen ihm gehorchen (2,16,8), fürchten ihn und unterliegen seiner leiblichen Züchtigung (21,1; zur Einordnung dieses im frühen Christentum verbreite­ ten materiellen Verständnisses S chnew eis 38-40). Engel sind Werkzeuge göttlichen Heilswirkens in der Welt; so wurden sie bald nach der Erschaf­ fung der Welt zum Schutz der Menschen ausgesandt (2,14,1), in der End­ zeit führen sie mit Christus die Schlacht gegen den Antichrist (19,5) und bilden die Zuschauerschaft beim Endgericht (26,7; vgl. 4,14,13). inenarrabile: hier , unbeschreiblich ‘ wie 3,10,4; 4,26,14 (vgl. ThLL VII,1 1293,33ff.), da eine genauere Erklärung des Werkes folgt; hingegen u n ­ erklärlich 21,1; 23,5; 2,8,69; 5,9,4; opif. 10,20; 11,5 (1293,18ff.). Der Aus­ druck ist seit Livius in Prosa geläufig (1293,13f.) ; Phoen. 56 ist erster Beleg für in n a rra b ilis (ThLL VII,1 1690,21ff.). opus: ein bestimmtes , (Schöpfungs-)Werk‘, nämlich die Erschaffung des Menschen als Doppelwesen; anders Loi L a tta n z io 121 mit Anm. 112: ,einen Ausweg‘, ,eine Lösung‘. crearet: Für die Erschaffung des Menschen durch Gott wie etwa 13,2; 4,4,11; Loi L a tta n z io 103. quas . . . constitueret: Der Antagonismus zwischen unsterblicher See­ le und vergänglichem Leib ist selbstverständliches Axiom in Denken des Laktanz, vgl. etwa 5,9.16.23; 12,2.21.25; 20,11; 2,12,7; 3,12,25 etc.; Loi L a tta n z io 139; P errin L ’k o m m e 252-287. constantibus ex utrisque natura: Zur Formulierung für die Doppel­ natur des Menschen vgl. 2,12,3 u t ip siu s m u n d i ex c o n tr a riis c o n s ta n tis e le m e n tis s im ilitu d in e m g e re re t und oben 266. Zum Ablativus limitationis n a tu ra vgl. 5,10,13; LHS II 134. uirtutem proponeret: Ein Kerngedanke des Laktanz: Gott gibt in seiner Schöpfungsordnung dem Menschen vor (p r o p o n e r e ), was dieser braucht, um im Tugendkampf (6,4,15 in hoc sa ecu lo [ ...] e s t p r o p o s itu m cu m h o ste c e r ta m e n ) die Unsterblichkeit zu erlangen, nämlich einerseits die als Fä­ higkeit und Aufgabe verstandene u irtu s (hier wie 5,15; 2,8 add. 3; 3,12,25; 4,26,19 etc.) und andererseits den Dualismus von bon u m und m a lu m (siehe oben zu 4,12 bona h o m in i ... ).

K o m m en ta r

ineloquibile: wie 11,2 für das ,unausprechliche‘ Gut der Unsterblichkeit. Laktanz wählt einen ungewöhnlichen Ausdruck für das Unerhörte der ewi­ gen Seligkeit: Das Wort erscheint an diesen Stellen erstmals, dann verein­ zelt in der christlichen Latinität, vgl. ThLL VII,1 1291,8ff.; E gger 50f. cum sum m a difficultate: Vgl. 5,17; 5,18,11

u t p r o p o s ita d en iq u e d ifficu l­ ta te a n g u stis sim u s tr a m e s a d im m o r ta lita tis p r a e m iu m su b lim e p e rd u c e re t ;

6,7,9. magnis laboribus: Siehe oben zu 1,4

ta n to s labores.

5.10 uexabilibus: ,dem Leiden ausgesetzt / hier erstmals (nach ThLLArchiv), aber vielleicht aus der Vetus Latina, vgl. H. R ö n sc h , Itala und Vulgata. Das Sprachidiom der urchristlichen Itala und der katholischen Vulgata unter Berücksichtigung der römischen Volkssprache durch Bei­ spiele erläutert, Marburg 18752, 116; anders (,Beschwerde schaffend/ Cael. Aur. (5. Jhdt.) acut. 1,11,78; 2,9,39. membris indueret: Siehe oben zu 2,4

m o r ta li corpore in d u tu s.

quoniam consistere in m edio inani . . . decreuit: Der Gedanke ist folgender: Der Mensch hätte nicht ,mitten im leeren Raum‘ ( i n m e d io in ­ a n i ; vgl. ira 10,30 p e r m e d iu m in a n e für das epikureische κενόν; vgl. ThLL VII,1 822,67ff.; VIII 584,25ff.) existieren können, weil ihn das Gewicht des Körpers (p o n d e ra e t g ra u ita s c o r p o r is ) stetig nach unten gezogen hätte. Deswegen schuf Gott die (feste, die Abwärtsbewegung bremsende) Erde als Wohnsitz für den Menschen (vgl. 2,8,64; 2,9,2). Dahinter steht die epi­ kureische Vorstellung vom steten freien Fall der Atome im unendlichen Raum. - Angedeutet wird der Gedanke bereits 2,17,9: [sc. te r r a ] id c ir ­ co p ed ib u s n o s tr is su b ie c ta est, u t ca lca n da n o b is, [ ...] u t n o n re u o lu a m u r d eo rsu m .

5.11 ineffabili uirtute ac potentia: Zur Junktur in e ffa b ilis u irtu s vgl. opif. 8,16 in effa b ilis d iu in a e p r o u id e n tia e u irtu s f e c it du os s im illim o s o rb es. In effa b ilis erscheint seit Plin. nat., vgl. ThLL VII,1 1285,76; zur Verwen­ dung bei Laktanz Loi L a tta n z io 15f. In etwa gleichbedeutend (,Macht/ Größe G ottes/ siehe oben zu 3,11 u irtu s und Loi L a tta n z io 73) sind u irtu s und p o te n tia , vgl. 4,8,9; 4,27,6. mundi opera m olitus est: Zur Junktur m u n d i opera (gemeint sind die einzelnen Schöpfungswerke, aus denen die Welt insgesamt besteht) vgl. Sen. nat. 7,22,1; Gell. 1,9,7; Tert. adv. Hermog. 8,1; ThLL IX,2 849,37; Loi L a tta n z io 116; zum Ausdruck opera m o lir i siehe oben 3,18 fa b r ic a to r e m . . . suspensis in altitudinem . . . terrena constituit: Während die bibli­ sche Schöpfungserzählung von einer Scheidung von Himmel, Wasser und Land spricht (Gen 1,1-10), geht Laktanz hier von einem Dualismus zwi­ schen leichtem Himmlischen und schwerem Irdischen (hierzu gehört das

283

5,12

Wasser, vgl. 2,12,1-5) aus. Näher an der biblischen Vorgabe liegt noch 2,9,2: f e c it ig itu r d eu s p r im u m o m n iu m ca elu m e t in su b lim e su s p e n d it [...]. d e in d e te r r a m fu n d a u it ac su b d id it caelo, q u a m h o m o cu m c e te r is a n im a ­ liu m g e n e rib u s in co le re t. Insbesondere spielt in der Schöpfungsdarstellung

2,8,8 - 2,9,15 der Gegensatz zwischen Schwerem und Leichtem keine Rolle. leuibus elem entis: Wie 9,13 ( e le m e n tu m leu e über das Feuer, vgl. un­ ten zu 9,13 n a m cu m re ru m n a tu ra . . . ) , lukrezische (2,411; 3,244 etc.) Junktur, vgl. ThLL V,2 343,2ff.; zum Gedanken auch Apul. mund. 5.21. 5,12 in secundo libro uniuersa exsecuti sumus: 2,9,1-15 Erschaffung der Welt, 2,10,1-4 des Menschen. lum ina igitur . . . tem peratus est: Gott erschafft die Gestirne und ordnet ihren Lauf dem Nutzen des Menschen gemäß; dabei ist m o d e ra ­ tio e t c la r ita s e t m o tu s [ ...] te m p e ra tu s e s t ist gewissermaßen Passivum divinum19); zur Sache vgl. Gen 1,14; 2,5,23 ca elu m sim u l m ira u a r ie ta te d is tin x it e t te n e b ra s ip s a s m u ltis m in u tisq u e lu m in ib u s te m p e r a u it ; epit. 1,3; ira 10,35. quam sedem uoluit esse: Unnötig ist die von B r a n d t (z . St.) erwogene Ergänzung se d e m {e o ru m ), denn die Aussage hier greift 5,10 ( se d e m Ulis ac d o m ic iliu m p r im o c o n d e n d u m esse d e c r e u it) wieder auf: Der erwähnte ,Wohnsitz‘ ist die (seither noch nicht genannte) Erde. fecunditatem uaria gignendi . . . alim oniam m inistraret: Vgl. auch 3,25 te r r a r u m u a ria f e c u n d ita s ; 4,7.9; 2,12,15 (zu Gen 2,9); opif. 19,6; ira 13,2 fr u c tu u m u a r ie ta te m . Vielfalt der zur Nahrung dienenden Früchte ist Motiv der biblischen Schöpfungsdarstellungen, vgl. die folgenden Überein­ stimmungen: V et. L at. gen.

5,12 te r r a e

[ ...]

f e c u n d i­

u a r ia

g ig n e n d i

1,12 (T ert. ad v. Herrn. 2 2,2) e t p r o d u x i t t e r r a h e r ­

ta te m

b a m f o e n i s e m i n a n t e m s e m e n s e c u n d u m g e n u s , e t li­

ac

g n u m f r u c tu o s u m f a c ie n s f r u c t u m .

u t u b e r ta te f r u g u m

p ro fe re n d i

d e d it, et

h erbaru m

1,29 (A u g. gen. ad litt. 3 ,19) ecce d e d i u o b is o m n e p a b u lu m / . . . / - u o b is e r it a d e s c a m e t o m n ib u s b e s tiis te r r a e e t o m n ib u s u o la tilib u s c a e li e t o m n i r e p tili r e ­ p e n t i s u p e r te r r a m , q u o d h a b e t in s e s p i r i t u m u ita e e t o m n e p a b u lu m u i r i d e in e s c a m .

e t u i r e n t i u m p r o n a tu ­ ra e t u su c u iu s q u e g e ­ n e r is a lim o n ia m m i n i ­ s tr a r e t.

19 Der Subjektswechsel hat für U nklarheiten gesorgt: N e u e / W a g e n e r (III 93, fälsch­ lich 7,5 ,14 s ta tt 12), G e o r g e s (II 3047) und B l a i s e (s.v . t e m p e r o r ) weisen die Stelle als einzigen Beleg für ein Deponens t e m p e r a r i aus. Dem liegt die falsche Les­ art m o d e r a t i o n e s e t c l a r i t a t e s e t m o t u s [ . . . ] t e m p e r a t u s e s t zugrunde. Verwirrung über den Numerus bei m o d e r a t i o und c l a r i t a s herrscht auch schon in den H and­ schriften PKS, die das Prädikat freilich im Aktiv (t e m p e r a u i t ) bieten. Die Existenz eines Deponens t e m p e r a r i lässt sich aus vorliegender Stelle jedenfalls nicht ableiten.

K o m m en ta r

5.13 hom inem finxit ex ipsa terra: Von der Erschaffung des Menschen aus Erde (Gen 2,7, Vet. Lat. [Tert. adv. Herrn. 26,1] fin x it deu s h o m i­ n e m de lim o te r r a e ) spricht Laktanz auch 14,14; 2,10,3 h o m in e m fig u ra u it (so Vet. Lat. gen. 2,7 codd. 91.94.95) ex lim o te r r a e ; 2,10,13; opif. 1,11; ira 10,43; Loi L a tta n z io 122. Hier freilich steht te r ra nicht, wie in der biblischen Vorlage, für das Material (,Erde vom Ackerboden6, ΠΟΠΝΠ ~JD / cä p ä r m in h a a d ä m ä h , χοϋς από τής γης, lim u s te r r a e ), sondern für die Zugehörigkeit zur Seite des Irdisch-Vergänglichen im Rahmen des kos­ mologischen Dualismus, vgl. M onat B ib le I 91. spiritum . . . inuoluit: Siehe oben zu 5,9 induit: Siehe oben zu 2,4

cu m p o s s e t s e m p e r

...

m o r ta li corpore in d u tu s.

5.14 corpus . . . generandi copiam . . . accepit, ut . . . : Zum Ver­ ständnis des Arguments siehe oben 273 Anm. 17. Dass die Fortpflanzung zur Arterhaltung notwendig ist, sagt Laktanz etwa auch l,8,5f.; 6,23,17; opif. 12,15; epit. 6,2f.; ira 15,9; P errin L ’h o m m e 180f.; der an den ge­ nannten Stellen jeweils erwähnte Geschlechtstrieb fehlt hier. corpus hom inis, quod assum ptum est e terra: Vgl. die Formulierung in der Verfluchung des Menschen nach dem Sündenfall Vet. Lat. gen. 3,19 (Ambr. exc. Sat. 2,37) r e u e r ta r is in te r r a m , ex qua a d su m p tu s es. prodendae subolis: Die Junktur (auch ira 18,10) erscheint vorher nur Arnob. nat. 5,25, vgl. ThLL X,1 1627,60f. fragili m ateria informatus: Für die Lesart der Handschriften BDP, in ­ fo r m a r e mit bloßem Ablativ im Sinn von , bilden/gest affen/machen aus6 (ThLL VII,1 1478,23ff.), sprechen die Parallelen opif. 8,8 au res [ ...] n o ­ lu it deu s a r tife x m o llib u s p e llic u lis in fo rm a re und Arnob. nat. 7,9 n o n n e p r im o r d iis is d e m e a d e m e t m e g e n u it in fo rm a u itq u e n a tu ra ? Zudem er­ gibt sie eine passende Betonung des Materials (und seiner Vergänglich­ keit) und erscheint als lectio difficilior. F o rm a re für die Gestaltung des Menschen durch Gott ist sehr geläufig (vgl. ThLL VI, 1 1106,63ff.), ließe aber nach dem sonstigen Sprachgebrauch des Laktanz eine Präposition er­ warten, nämlich eher de (Mensch aus Erde 12,4; 2,10,12; ira 20,11) als ex (Mensch aus Erde 2,12,3; aus Knochen opif. 5,4). in aeternum manere: Siehe oben zu 3,16 perpetua successione: Siehe oben zu 3,19

P la to .... p e rp e tu a su ccessio .

5.15 mundum aedificasset: Wie 5,27 add. 17; 1,6,16 a e d ific a to r m u n d i. Als a e d ific a to r m u n d i gibt Cicero (nat. deor. 1,18; Tim. 7; Tuse. 1,63) den platonischen (Tim. 28a etc.) δημιουργός wieder, daher auch bei Cicero m u n d u m aedificare (nat. deor. 1,19). Zur Kurzform a e d ific a sse t siehe oben zu 1,25 u io la ru n t.

5,16 - 5,18

285

ut infinita uis . . . terram m ultitudine oppierei: Dahinter steht der Schöpfungsauftrag Vet. Lat. gen. 1,28 (Ambr. Noe 24,86) c r e s c ite e t m u lti­ p lic a m in i e t re p le te te r r a m , zum Verständnis als Grund für die Sterblichkeit siehe oben 273 mit Anm. 17. Der Ausdruck in fin ita u is erscheint zunächst Lucr. 1,1051; 2,544 über die unbegrenzte Zahl der Atome (ebenso Cic. nat. deor. 1,54; anders dann 2,98; de orat. 1,10). proponeret hom ini uirtutem id est tolerantiam m alorum ac la­ borum: Siehe oben zu 1,18 u irtu s e s t to le r a n tia m a lo ru m und zu 5,9 u ir ­ tu te m p ro p o n e re t.

praem ium im m ortalitatis: Siehe oben zu 1,3 p r a e m iu m

b e a titu d in is p e r ­

p e tu a e .

5.16 homo . . . corpore atque anima: Vgl. 3,12,1 duo s u n t ex quibus h o m o c o n sta t, a n im u s e t corpu s, ira 15,3; 19,1; Tert. adv. Mare. 4,37,3 [sc. h o m o ] ex du abu s s u b s ta n tiis c o n ste t, ex corpore e t a n im a . Zur Dichototomie Leib/Seele siehe oben zu 5,9 quas . . . c o n stitu e re t. alterum terrenum est, alterum caeleste: Zur Ausdruck der Dicho­ tomie zwischen erdhaftem Leib und himmlischer Seele mit a lte ru m . . . a lte ru m vgl. etwa 9,13; 12,4; 3,6,4; ira 15,3. duae uitae hom ini attributae: Siehe unten zu 10,11

s ic u ti du ae ui-

ta e . . .

subiacet: ,zu ... gehört‘, vgl. OLD s.v. 3. 5.17 illam nascendo accipimus, hanc assequimur laborando: Der chiastische Parallelismus stellt den wesentlichen Unterschied heraus: Das eine Leben ist das biologische, das andere das geistige, das erst errungen werden muss. ut ante diximus: 5,9 5.18 illam ueram et perpetuam . . . uirtute mereamur: Vgl. opif. 19,10 [sc. h o m o ] si d e lic a tu s ac te n e r in h ac u ita f u e r it qu am ra tio eiu s ex p o scit, s i u ir tu te c o n te m p ta d e s id e r iis se c a rn is a d d ix e r it, c a d e t e t p r e ­ m e tu r in te r r a m , s i a u te m u t d eb et s ta tu m su u m qu em re c tu m s o r titu s est, p r o m p te c o n sta n te rq u e d e fe n d e rit, si te r ra e q u a m calcare d eb et ac u in cere n o n s e r u ie r it, u ita m m e r e b itu r s e m p ite r n a m . Siehe auch unten zu 5,19 qu am p e r n o s . . .

necessitate diuina [...] diuina necessitate: Chiastische Hervorhebung der Ursache für die Sterblichkeit: Es gehört zu Gottes Heilsplan, dass der Mensch die Unsterblichkeit im Tugendkampf erlangen soll, ist also gottge­ gebene Notwendigkeit; dieselbe Junktur 1,5,20 (als stoischer Gottesbegriff, vgl. Cic. nat. deor. 1,39; 2,77); 2,1,1 (über die UnausWeichlichkeit des To-

K o m m en ta r

des); opif. 17,7; ira 15,7; vgl. Cic. Lig. 17 h u m a n a

c o n silia d iu in a n e c e s s ita te

esse su p era ta .

5.19 spiritali: Wie 6,4,13 steht die u ita s p ir ita lis (das gemäß dem Prin­ zip der von Gott stammenden Seele in Gerechtigkeit geführte Leben, das zur Unsterblichkeit führt; vgl. B laise s.v. s p ir ita lis 4; Cypr. eleem. 18 in Antithese zu u ita s a e c u la r is ) im Gegensatz zur u ita co rp o ra lis (das den Begierden des Körpers gehorchende Leben), vgl. Loi L a tta n z io 161. S p ir ­ ita lis (wie 21,2, dort für die immaterielle Beschaffenheit der Seele, vgl. B laise s.v. 2, und öfter bei Laktanz) erscheint ab Tertullian sehr häufig in der christlichen Latinität (und nach dem Material des ThLL-Archivs nicht vor dieser). quam per nos ipsi acquirimus: Laktanz stellt in dieser Passage (vgl. auch 5,18 p e r p e tu a m [sc. u ita m ] . . . u ir tu te m e r e a m u r ) den Eigenanteil des Menschen bei der Erlangung des ewigen Heils besonders deutlich heraus, der generell sein ethisches, soteriologisches und erschatologisches Konzept verbindet (vgl. 6,1; siehe auch oben zu 5,9 u ir tu te m p r o p o n e r e t). Dennoch erlöst sich der Mensch nicht selbst, denn erst die Taufe versetzt ihn in die Lage, sich um die Unsterblichkeit zu bemühen (5,22, siehe auch oben 272 Anm. 10), außerdem ist sie letztlich Geschenk Gottes und kann nur von ihm kommen (5,27 n u llu s aliu s p r a e te r ip s u m d o n a re ea m [se. im m o r ta lita te m ] p o te s t) .

5.20 cetera [...] animalia in humum uergunt: Der Gegensatz zwischen den zu Boden gerichteten Tieren und dem Menschen ist Bestandteil der rectu s s t a t u s - Motivik (siehe oben 271 mit Anm. 8), so etwa 9,11 (p r o s tr a ­ tu s wie ira 7,4; epit. 65,4); 2,1,14 c e te ra e a n im a n te s p r o n is co rp o rib u s in h u m u m s p e c te n t ; opif. 8,2; ira 20,10; Cic. leg. 1,26 (siehe unten zu 9,11 an a liqu is . ..); Sali. Catii. 1,1; Ον. met. 1,84 (zitiert 2,1,15); luv. 15,147; Min. Fel. 17,2; Cypr. Demetr. 16. proposita est illi im m ortalitas: Zur Bedeutung von oben zu 4,12 bona h o m in i p ro p o n i . . .

p ro p o n e re

siehe

im m ortalitas . . . praem ium que uirtutis est: R. L a c a n d ia , Forme sentenziose in Lattanzio, VetChr 4 (1967) 73-83, hier 80, auf den sentenziösen Charakter der Formulierung (Antithese, Dikretikus, Cursus planus). S eq u ella (oder -ela, vgl. OLD s.v.), ,Folge‘, (wie opif. 4,3 m o r s seq u ella m o rb o ru m e s t) ist nachklassisch (ab Front, strat. 2,4,8; mehrfach Tert.). 5.21 statim quam: ,sofort nachdem^, auch in der Juristensprache, zu vergleichen sind Wendungen wie p r id ie / p o s tr id i e q u a m , vgl. LHS II 602. quadrupes primo . . . : Zum Vierfüßertum und der Unfähigkeit zur Rede beim Neugeborenen vgl. Acc. trag. 315 ite m ac m a e s titia m m u ta m in fa n ­ tu m qu adru p ed u m . Das Bild von den Tieren knüpft an die s ta tu s r e c tu s -

5,22

287

Motivik an, gemäß derer sich der Mensch durch seine aufrechte Haltung von den Tieren unterscheidet. - Das Bild von der Aufrichtung und dem Spracherwerb des Menschen bereitet die folgende (5,22) Darstellung des Taufmysteriums vor, in dem die Erlangung des s ta tu s rectu s eine wichti­ ge Rolle spielt; zur Einordnung des Taufverständnisses bei Laktanz siehe oben 272 Anm. 10. h u iu s p r a e s e n tis u ita e: Derselbe Ausdruck 9,15; 27,1; 5,17,16 (siehe unten zu 9,16 stu ltu m q u e . . . ) und Vet. Lat. II Macc. 7,9 (Cypr. testim. 3,17; Fort. 11) für das irdische Leben im Gegensatz zum ewigen. c o n fir m a tis u ir ib u s e r ig itu r . . . a n im a l e sse d e sin it: Im Lebensal­ tervergleich (15,14) erscheint nochmals die Wendung c o n firm a tis u ir ib u s , mit lin g u a m in elo q u iu m so lu ere beschreibt Laktanz 4,15,8; 4,26,7 Hei­

lungswunder Jesu an Stummen. Für das vierte Jahrhundert belegt ist ein Öffnungsritus im Zusammenhang mit der Taufe, der sich freilich in erster Linie auf die Sinne des Täuflings bezieht (Ambr. myst. 1,3 cu m a p e r tio n is celeb ra n tes m y s te r iu m d ic e re m u s e ffe th a ; vgl. A. Hamman, DPAC 1 [1983] 501; V. S a x e r , Les rites de Tinitiation chrétienne du Ile au Vie siècle. Esquisse historique et signification d’après leurs principaux témoins, Spoleto 1988, 343). 5 ,2 2 iu s titia m seq u i: Siehe unten zu 11,4 iu s titia m se q u e n te s. in d e i c u ltu : Den Ausdruck cu ltu s d e i gebraucht Laktanz häufig für das

Christentum, so etwa 5,27 add. 17 ( u e r i , wie 2,16,3); 6,1; 13,2; 17,2; 22,14 ( u n iu s , wie 5,8,4); 26,12; 2,13,7 etc. e x c ita u e r it h o m in e m d e u s ad a s p e c tu m [...] sui: Vgl. 5,6 h o m in e m deu s [ ...] ad c o n te m p la tio n e m su i e x c ita s s e ? Gott vollzieht in der Taufe also eine erneute Schöpfung, vgl. W lo s o k G n o sis 218-221. Kaum hierher gehört (entgegen M o n a t B ib le II 11 Anm. 63) Eph 2,6 καί συνήγειρεν καί

συνεκάθισεν εν τοις έπουρανίοις. c a e le s ti la u a c r o p u r ific a tu s: Gemeint ist die Taufe. L a u a c ru m bezeich­

net ein ,Bad‘, das auch in paganen Texten rituell sein kann (vgl. ThLL VII,2 1033,60ίΓ.), christlich die Taufe, vgl. 1033,71ff.), so bei Laktanz selbst auch 3,26,9; 4,15,2 (synonym mit dem nur dort bei Laktanz belegten bap­ tis m u s ); 5,19,34. Doch verwendet er das Wort auch für ein echtes Bad (opif. 11,14; ira 13,2). Die Junktur c a d e s te la u a c ru m findet sich in einem Synodendokument des Jahres 256 (Cypr. sent, episc. 10), insgesamt aber ist sie eher selten (später etwa Gaudent, serm. 18,36; Aug. bapt. 6,17,28). P u rific a re bezeichnet im (nachklassischen) paganen Sprachgebrauch eine alltägliche (OLD s.v. 1) oder kultische (OLD s.v. 2) Reinigung, im christli­ chen (B la is e s .v . p u rific o 2) steht es häufig für die Reinigung von Sünden in der Taufe (etwa Cypr. epist. 69,2,2; 73,12,1; sent, episc. 29; Aug. bapt.

K o m m en ta r

6,36,69). Insgesamt ist die von Laktanz gewählt Formulierung also durch­ aus christlich, aber paganem Verstehen zugänglich, so etwa im Rahmen des Isiskultes Apul. met. 11,1,4 m e [ ...] p u rific a n d i stu d io m a r in o la u a cro tr a ­ do. - Zur Funktion der Taufe in der soteriologischen Konzeption hier siehe oben 272 Anm. 10; knapp zum Taufverständnis des Laktanz Loi L a tta n z io 189.271L exponit infantiam: ,legt die Kindheit ab‘; zum Gebrauch von ex p o n ere vgl. 3,26,13 d e i p ra e c e p ta [ ...] h o m in e m [ ...] e x p o sito u e te re n o u u m re d d ­ u n t] ThLL V,2 1760,26ff.; das , Ablegen des alten Menschen ‘ Eph 4,22-24; Kol 3,9. Dem Bild von der , (unmündigen) Kindheit^ liegt vielleicht 1 Kor 13,11 κατήργηκα το τού νηπίου zugrunde. Überhaupt kann in christlicher Diktion in fa n tia den Zustand der Un- und/oder Neugetauften (ThLL VII,1 1351,32f.54ff.), in fa n te s diese selbst (ThLL VII,1 1349,35ff.) bezeichnen (sichere Belege erst nach Laktanz). Vgl. auch unten zu 5,17 add. 11 u e lu t in fa n s.

increm ento diuini uigoris accepto: , nachdem er einen Zuwachs an göttlicher Kraft erhalten h at‘. Vgl. Cypr. Fort, praef. 4 b a p tism a , quod fid e i n o stra e in c r e m e n ta c o n su m m a t. Die Junktur d iu in u s u ig o r erscheint gleichermaßen in paganem (Suet. Aug. 79,3) und christlichem (Novatian. Cypr. epist. 30,2) Zusammenhang. Christliche Motive sind das , Wachsen ‘ durch Gott (vgl. 1 Kor 3,6f.) und der ,Empfangt der göttlichen , Kraft‘ (vgl. Eph 3,16; Cypr. ad Donat. 4 su m p to e t co n cep to u ig o r e ; W l o s o k G n o sis 219). homo perfectus ac plenus: Zum Gedanken vgl. Eph 4,13 εις ανδρα τέλειον. P e rfic e re erscheint für die Vollendung des Menschen im Sinn der christlichen Soteriologie, vgl. 14,4; ThLL X,1 1371,50ff., p e rfe c tu s h o m o (6,9,11.24) kann aber auch im paganen Sprachgebrauch einen (in seinem Können oder sittlich) vollendeten Menschen bezeichnen, vgl. etwa Cic. de orat. 1,10; fin. 5,69; Apul. Plat. 1,18 p. 217 O u d e n d o r p . P e r fe c tu s und p le n u s stehen schon klassisch nebeneinander, vgl. Cic. fin. 4,36; ThLL X,1 1373,72ff. 5,23 uirtutem proposuit hom ini deus: Siehe oben zu 5,9

u ir tu te m

p ro p o n e re t.

inuicem: Vor allem nachklassisch neben in te r se (häufiger bei Laktanz, z.B. 5,32; 8,8 etc.) als Reziprozitätsausdruck (LHS II 177). Laktanz ver­ wendet, wie L i m b e r g (19) beobachtet, bloßes in u ic e m , wenn das Verb unmittelbar vorausgeht, andernfalls, wie auch 15,10, das in der späteren Latinität häufigere se in u ic e m (ThLL VII,2 179,12ff.). animi bona [...] corporis bona: Zur Terminologie vgl. Cic. ac. 1,21 u irtu s in a n im i bonis e t in c o rp o ris c e r n itu r ; fin 4,126 u ir tu te s quoque an i-

5,24 m i bonis co rp o ris a n te p o n e b a n t [sc. S to ic i]; bona, s u n t c o rp o ris, s u n t fo r tu n a e .

289 Sen. benef. 5,13,1

s u n t a n im i

opum fuga: , Flucht vor Reichtum/MachU. Der starke Ausdruck für die Vermeidung eines gravierenden Übels (sonst m o r tis oder p e r ic u li , vgl. ThLL VI, 1 1468,18ff.) pointiert die Antithetik zwischen geistigen und kör­ perlichen Gütern. uoluptatum interdictio: ,Verbot von LusU. I n te r d ic tio (4,17,18 für das Verbot des Schweinefleischverzehrs) bezeichnet das meist von einer staat­ lichen oder göttlichen (ThLL VII,1 2178,38ff.) Autorität ausgesprochene Verbot, das in der Regel den Zugang zu etwas untersagt. Auch dieser Aus­ druck ist semantisch ungewöhnlich und drastisch. doloris m ortisque contem ptus: Eine ethisch geforderte Verachtung von Schmerz und Tod ist häufiges Motiv bei Laktanz, vgl. 9,18; 11,8; 4,24,14 etc.; vgl. Cic. fin. 2,113 d o lo ris m o r tis q u e c o n te m p tio ; Tuse. 2,43. suauitates: , Annehmlichkeit en‘. Der Plural erscheint vereinzelt vor (Cic. off. 3,117; fam. 3,1,1; Tert. spect. 2,1) und öfter bei Laktanz (6,2; 5,27 add. 14; 2,1,4; 3,17,36 etc.). eneruatus: Nachklassisch für eine körperliche oder geistige (neben a n im u s wie Ov. rem. 753) Entkräftung (ThLL V,2 568,16ff.), wie hier für einen sittlichen Verfall 5,22,14 m a io re s n o s tr i [ ...] te r r e n is ac fra g ilib u s h is bonis e n e r u a ti a b e rra ru n t a d is c ip lin a . Cypr. epist. 11,6,2 n e [ ...] su b lim e ia m p e c tu s illecebra sa e c u la ris e n e ru e t.

5,24 necesse est . . .

malis esse: Vgl. epit. 29,7 n ecesse e s t iu s tu m m a lis esse su b ie c tu m . Iu stu s und s a p ie n s sind letztlich synonym, denn wahre Weisheit führt für Laktanz zwangsläufig zu Gerechtigkeit (präg­ nant 5,14,2), beides verwirklicht sich im Christentum (etwa 1,1,7; 5,12,3 - 5,13,21). Dass die Gerechten zu leiden haben, sagt Laktanz immer wie­ der, oft ist dabei offensichtlich an die Benachteiligung und Verfolgung der Christen zu denken, siehe oben 6. m alorum uictrix est fortitudo: Die sentenziose Definition mit der Per­ sonifikation der Tapferkeit geht auf Laktanz zurück; 1,18,3 erklärt er sie als u irtu s co poralis (weitere zusammengestellt ThLL VI,1 1167,5ff.) ; zum Gedanken vgl. Cic. part. 77 u is u ir tu tis e st, quae u e n ie n tib u s m a lis o b sta t, fo r titu d o , quae, quod ia m a d e st, to le r a t e t p e r fe r t, p a tie n tia n o m in a tu r ;

Aug. civ. 1,18. corporalia et terrena: Nebeneinander wie 11,3; 2,9,26 und später, vgl. Mar. Victorin. in Eph. 1,14; ThLL IV 994,43f.68f.; 995,21. iniustos autem in diuitiis . . . in potestate: Dass die Gerechten (d.h. die Christen) zwangsläufig in Unterdrückung und Armut leben, die Un-

K o m m en ta r

gerechten aber die irdischen Güter von Reichtum, Macht und Ansehen genießen, erläutert Laktanz bereits 5,21,8f.; 5,22,6. Beispiel ist der anti­ christliche Philosoph, der aufgrund seiner Verkommenheit und Intriganz Reichtum und Einfluss besitzt (5,2,3f.). uoluptatibus [...], quae sunt uirtutis inimicae: Laktanz schreibt of­ fenbar die Wendung u o lu p ta s in im ic a u ir tu ti (Cic. part. 90; Sil. 15,22; Ps. Quint, deci. 13,16 etc.) aus. uita haec . . . subiecta sicut corpus animae: Vgl. 2,12,10

co rp u s [ ...]

a n im a e d eb et e sse su b te c tu m s ic u t te r r a caelo.

5.25 quisquis enim . . . : Zur stilistischen Gestaltung siehe oben 266. maluerit: Futur II, vorzeitig zum futurisch aufgefassten n ecesse e s t und zu p o te r it (vgl. 27,14; 6,4,8). Die Vorzeitigkeit verdeutlicht, dass die zu­ nächst erfolgte Entscheidung für eine u ita a n im a e sich in der Zukunft im Verhalten niederschlagen muss. In den beiden folgenden Fällen des Futur II in Relativsätzen (5,25 a m p lex u s f u e r it , zur Form siehe oben zu 3,8 f u e r in t a d a e q u a ti , und 5,26 m a lu e r it ) kommt die zeitliche Distanz, die eine Vor­ zeitigkeit notwendig macht, dadurch zustande, dass sich die geschilderte Folge der Lebensentscheidung erst nach dem Tod auswirkt. Das Präsens m a u u lt (5,26) hingegen drückt den unmittelbaren Zusammenfall der Ent­ scheidung ( bene u iu e re ) und der (sofort einsetzenden und in die Zukunft andauernden) Folge ( m a le u iu e t) aus. eniti ad summum: Vgl. ira 2,1 n o n e s t fa c ile c u ilib e t eu eh i a d s u m m u m ; Sen. dial. 10,20,1 q u o sd a m a n teq u a m in su m m u m a m b itio n is e n ite re n tu r, in te r p r im a lu c ta n te s a e ta s re liq u it ; ThLL V,2 596,65ff. cupiditates suas in terram deiecerit: Spiel mit der geläufigen nachklas­ sischen Wendung o c u lo s /lu m in a in te r r a m d eicere (ThLL V,1 396,56ff.), bedeutsam vor dem Hintergrund der rectu s s t a t u s - Anthropologie: Bestim­ mung des Menschen ist es, seinen Blick und sein Bestreben zum Himmli­ schen zu richten, nicht etwa zum vergänglichen Irdischen. Wer , seine Be­ gierden auf die Erde richtet6, verfehlt den Sinn seines Daseins. 5.26 m auult [...] maluerit: Siehe oben zu 5,25

m a lu e r it

ad tempus: ,für den Augenblick6, vgl. OLD s.v. 6,12,24 in Opposition zu in a e te rn u m .

te m p u s 1

diuinum et caeleste solacium: Siehe unten zu 27,4 dam nabitur [...] sententia dei: Vgl. epit. 22,10

... 10c; hier wie

c o n so la to re m d eu m .

d a m n a ti s e n te n tia dei.

caelestibus bonis terrena praeposuit: Vgl. Cypr. eleem. 16

non est

quod quis te r r e n a c a e le stib u s p r a e fe r a t nec d iu in is h u m a n a p ra e p o n a t.

5,27 - 5,27 add. 1

291

5.27 propterea igitur: ,deswegen also‘, vor- und nachklassisch, nur hier bei Laktanz, vgl. ThLL VII,1 271,64f. coli se expetit . . . : E x p e te re mit AcI ist (entgegen M o h r m a n n 175) nicht erst in der christlichen, sondern bereits seit der vorklassischen Latinität gebräuchlich, vgl. ThLL V,2 1697.50ÌL honorari: Gott zu ehren als Aufgabe des Menschen wie 4,3,10; 4,4,2; epit. 5,3; ira 14,5. nullus alius praeter ipsum donare eam potest . . . : Die Unsterb­ lichkeit, die der Mensch erlangt, ist also Ausfluss der göttlichen, vgl. Loi L a tta n z io 43f. pietatem : Der Begriff bezeichnet in Anlehnung an das pagane römische Verständnis die in seiner schöpfungsgemäßen Bestimmung verankerte Ver­ pflichtung des Menschen zur Verehrung Gottes, den Laktanz in ebenfalls römischer Sichtweise als p a te r fa m ilia s und d o m in u s betrachtet (siehe oben zu 5,5 u e ru m p a tr e m ); zum p i e t a s - Begriff bei Laktanz jetzt umfassend B. C o l o t , ‘Pietas’ dans la transformation religieuse du IVe siècle. L’apport de Lactance, le ‘Cicéron chrétien’, Diss. Paris 1996, und dies., P ie t a s , argu­ ment et expression d’un nouveau lien socio-religieux dans le christianisme romain de Lactance, Studia Patristica 34 (2001) 23-32. 5.27 add. 1—17 Der dualistische Zusatz: Hinter 5,27 bieten die Handschriften der Langfassung (hier K und S, siehe oben 76) einen dualistischen Zusatz. Dieser könnte ohne Schwierigkeiten fehlen, wie es auch in der Kurzfassung der Fall ist. Andererseits trennt er zwar die straffe Argumentation über den Sinn der menschlichen Existenz (5,1-27) von ihrer prägnanten Zusammenfassung (6,1). Doch fügt Laktanz öfter erklärende Digressionen ein, so etwa kurz vorher (4,2f.). Was Laktanz an dieser Stelle ergänzt, lässt sich in die folgenden drei Teile gliedern: 1. Existenz des Bösen als Voraussetzung für die Existenz des Guten und der Tugend (§§ 1-6) (a) Grundthese der Notwendigkeit des Bösen (§§ lf.): Die Existenz des Bösen ist nicht etwa Gott als Schuld anzurechnen (§ 1), vielmehr können die Tugend und das Gute nur existieren, wenn es auch das Böse gibt (§2). (b) Beispiele für die Notwendigkeit einer Polarität (§§ 3f.): Ein Kör­ per kann nur vollständig und mit beiden Seiten existieren (§3), ein Spiel mit nur einfarbigen Steinen oder ein Zirkusrennen mit nur einer Partei ist reizlos (§4). (c) Vertiefung: Ermöglichung des Tugendkampfes (§§ 5f.): Da man ohne Gegner keinen Sieg und ohne Sieg keinen Preis erringen

K o m m en ta r

kann (§ 5), ist das Böse als Übung und Vollendung der Tugend nötig (§6). 2. Nichtexistenz des Bösen vor dem Sündenfall und nach der Vollendung (§§ 7-12) (a) Ausgangspunkt (§§ 7-9): Es fragt sich, wie der Mensch vor dem Sündenfall und nach der Vollendung ohne das Böse sein kann (§7); denn solange er aus Seele und Körper besteht, ist er zwangsläufig mit Gutem und Bösem konfrontiert (§§ 8f.). (b) Urzustand (§§ lOf.): Im Paradies war der Mensch nur mit dem Guten konfrontiert und lebte wie ein Kind, mit der Vertreibung wurde ihm die Weisheit verliehen, also die Fähigkeit zur Unter­ scheidung zwischen gut und böse, nützlich und schädlich. (c) Zustand nach der Vollendung (§ 12): Nach dem Tod ist der Mensch weise, das Schlechte aber vergeht mit dem Leib. 3. Notwendigkeit der Mittelstellung des Menschen zwischen Gutem und Bösem (§§ 13-17): Der leibliche Mensch steht zwischen Gutem und Bösen, da nur so Tugend und Weisheit möglich sind (§ 13); da aber das Böse verlockend und das Gute mühsam erscheint (§ 14), ist Weis­ heit nötig und Tugend selten (§ 15). Ein Weiser erscheint dumm, weil er unsichtbare Güter statt sichtbarer erstrebt und unsichtbare Übel statt sichtbarer meidet, so wie die Christen, die in der Verfolgung dem Glauben treu bleiben (§ 16). Der Mensch muss also sterblich und dem Übel ausgesetzt sein, damit er als Preis der Tugend, die in der Verehrung des wahren Gottes besteht, die Unsterblichkeit erlan­ gen kann. Die neuere Forschung sieht überwiegend die Langfassung als Teil einer Überarbeitung durch Laktanz selbst an (vgl. oben 76). Bezüglich des vor­ liegenden Zusatzes führt H e c k ergänzend zu Loi, der aufzeigt, dass die Ge­ danken des dualistischen Zusatzes zum theologischen Denken des Laktanz passen, folgende Gesichtspunkte an, die eine spätere Retraktation durch Laktanz wahrscheinlich machen:20 (1) Die Formulierungsdublette beim Rückverweis (§ 1 und 5,8) erklärt sich am besten durch eine spätere Retrak­ tation.21 (2) Die Christenverfolgung (§ 16) scheint zwar aus der Perspek­ tive eines Augenzeugen, aber doch aus zeitlicher Distanz beschrieben.22 (3) Der knappe Vergleich mit dem unmündigen Kind (§ 11) hängt offen-

20 Vgl. Loi Male 59-61; H eck Zusätze 88-115, v.a. 112f. 21 Vgl. H eck Zusätze 89f.: Ein Interpolator h ätte auf Variatio geachtet, Laktanz bei seiner Ü berarbeitung hingegen kann eine eigene Formulierung untergekommen sein. - Dazu passt auch die unterschiedliche Moduswahl nach quamquam : Laktanz wech­ selt zwischen Indikativ und K onjunktiv (siehe oben zu 4,3 quamquam . . . ) . 22 Vgl. H eck Zusätze 96f. und siehe unten zu § 16 quod accidit . . .

5,27 add. 1

293

sichtlich mit der längeren Ausführung desselben ira 13,17-19 zusammen.23 (4) Die Eingangsaussage, dass Gott das Gute und das Böse erschaffen habe (§ 1), setzt die Ausführungen der dualistischen Überarbeitung zu 2,8,3-7 voraus, bei der es sich ebenfalls um eine Retraktation durch Laktanz handelt.24 (5) Die Ausführungen über die Erkenntnis von Gut und Böse (§§ lOf.) spiegeln einen Konflikt zweier unterschiedlicher von Laktanz durchgängig vertretener Ansätze wider und stellen den Versuch einer Harmonisierung dar.25 - Zur Annahme einer späten Retraktation durch Laktanz passen ferner der Vergleich mit den Zirkusrennen (§ 4), an de­ nen Konstantin anscheinend Interesse hat (siehe unten zu § 4 si u n u m co lo rem ... ) und die Auseinandersetzung mit christlicher Kritik an den D iu in a e in s titu tio n e s (§ 7). Damit ergibt sich folgendes Gesamtbild:26 Laktanz schiebt bei der Neubearbeitung des Gesamtwerkes zwischen die stringente Argumentation über die Bestimmung des Menschen (5,1-17) und deren prägnante Zusam­ menfassung (6,1) zusätzliche Erläuterungen ein. In zwei Gesichtspunkten kann man von wirklichen inhaltlichen Ergänzungen sprechen: Zum einen wird die Frage nach dem Ursprung des m a lu m , die bereits (4,12-15; 5,1524) im Hinblick auf das physische Übel erörtert war, nun ausgeweitet auf den ethischen Bereich, also die Fähigkeit des Menschen zur Sünde, und im Sinn eines subordinierten Dualismus beantwortet: Das m a lu m und die Möglichkeit des peccare sind in einem göttlichen Schöpfungsakt begründet (§ 1). Auch ethisch erscheint jetzt das m a lu m als notwendiges Korrelat des bonum : Man kann nur gut handeln, wenn man auch schlecht handeln könnte (§ 2; vgl. §§ 3-6). Zum anderen ist erstmals angesprochen, wie an­ gesichts der Korrelation von bon u m und m a lu m die Existenz des Menschen in solo bono (§ 7) zu denken sei (vgl. §§ 7-12). Das Problem stellt sich vor allem für den Urständ und die Wertung der Erkenntnis von Gut und Böse (§§ lOf.). Abschließend werden diese Aussagen paränetisch vertieft (§§ 1316), wobei gegenüber den vorhergehenden Ausführungen ein rigoristisch asketischer Zug aufscheint (siehe unten zu § 14 m a lo a d m is c u it . . . , § 15 p a u c i a d m o d u m und qui d u m a p p e tit ... ). Am Ende wird das Gesagte in die bekannte Lehre von der Bestimmung des Menschen zum Tugendkampf eingeordnet (§ 17) und so an das Vorherige (v.a. 5,15.22.27) angeschlossen. 5,27 add. 1 N eque nunc aliquis eo confugiat, ut: Zu a liq u is im negierten Satz (insbesondere nachklassisch) vgl. ThLL I 1612,56ff.; LHS 23 Vgl. H eck Zusätze 97-100, siehe auch unten zu § 11 uelut infans. 24 Vgl.H eck Zusätze 92f. und siehe unten zu ad ipsius culpam . . . Dass die Doppel­ fassung von 2,8,3-7 eine R etraktation des Laktanz ist, kann H eck (Zusätze 32-80) nachweisen. 25 Vgl. H eck Zusätze 106-111 und siehe unten zu §§ lOf. 26 Vgl. insbesondere H eck Zusätze 113-115.

II 195; zum Konjunktiv Präsens als Prohibitiv vgl. LHS II 336f.; zum übertragenen eo co n fu g ere, u t vgl. 4,15,16; ThLL IV 258,64ff. ad ipsius culpam . . . instituit et malum: I p s iu s bezieht sich zweifellos auf d e u s ; das Stichwort erscheint 5,27 mehrfach, am Ende als Polyptoton a p u d d e u m e t cu m d e o , vorher bereits referiert durch ip su m . Eine Schwie­ rigkeit liegt vor bei der Einleitung des Nebensatzes (. . . in s titu it . . . ): (1) Das qui der Handschriften ist grammatikalisch möglich, aber schwer verständlich, da sowohl der Schuldvorwurf (andeutungsweise in den Theo­ dizeefragen 5,7.15) als auch die Existenz von Gut und Böse (5,9.13.16.23f.; vgl. 4,11-15) zwar im Vorfeld erwähnt wurden, aber nicht unmittelbar prä­ sent sind - der letzte Gedanke (5,27) galt vielmehr dem Heilswillen Gottes. Insbesondere aber fehlt bei qui ein Subjekt zu p e r tin e r e (vgl. H e c k Z u s ä t­ ze 86 mit Anm. 3). Auch würde man die wichtige Angabe, worin die Schuld besteht, schwerlich in einem (indikativischen!) Relativsatz erwarten. (2) Das von H e c k ( Z u sä tze 81 i. App. und 86) erwogene quia liegt paläographisch nahe am überlieferten qui. Ein kausales Verständnis ist kaum sinnvoll (was die ,Schuld‘ ist, wird ja nicht gesagt), vielmehr muss quia als (spätlateinisch denkbare, vgl. LHS II 586) Einleitung eines Subjektsatzes verstanden werden (dass es dessen eigene Schuld sei, dass er ... erschaf­ fen h at’), wie es bei p e r tin e r e in der Vetus Latina auch belegt ist (vgl. ThLL X,1 1807,58f.). (3) Klassisch wäre als Einleitung des Subjektsat­ zes natürlich quod (bei p e r tin e r e vgl. ThLL X,1 1807,53ff.) zu erwarten. Paläographisch ist der Schritt von quia zu quod , die ähnlich abgekürzt werden (vgl. H e c k Z u sä tze 86 und 81 zu Z. 29; C a p p e l l i 302), so gering, dass eine Verschreibung von quod über quia zu qui gut denkbar und somit B r a n d t s quod am wahrscheinlichsten ist. - Da sich schließlich aus 6,5,10 (a d cu lpam p e r tin e t n o n fe c is s e quae s c ie r is ) ergibt, dass a d cu lp a m p e r ­ tin e t heißt: ,es ist als Schuld anzusehen‘, ist der Einwand zu verstehen: ,... dass es als seine eigene Schuld anzusehen sei, dass er Gut und Böse erschaffen hat.‘ Gedanklich zu ergänzen wäre (richtig H e c k Z u sä tze 8 8 ): ,Der Mensch trägt also keine Schuld^ (und zwar: ,am Bösen’, oder weiter reichend: ,für die Sünden, die er aufgrund des von Gott geschaffenen Bö­ sen begeht^). - Mit m a lu m ist hier nun das schlechthin Böse gemeint, das dem sittlich schlechten Verhalten zugrunde liegt (vgl. das folgende id odio h a b et [...], u t [ ...] fa c e r e t m a lu m ; H e c k Z u sä tze 92). Im vorausgehenden Zusammenhang hingegen waren mit dem Plural m a la die Übel im phy­ sischen Sinn (4,12-15; 5,7.15) oder im Gegensatz zu den bona (5,23f.26) oder, darauf aufbauend, mit dem Singular das Prinzip des sittlich Schlech­ ten oder des Schädlichen (5,9.13.19) bezeichnet. - Dass Gott, wie hier gesagt, bon u m und m a lu m schuf (siehe oben zu 4,6 in s titu it . . . ) , bringt einen subordinierten Dualismus zum Ausdruck und entspricht darin, wie H e c k ( Z u s ä tz e 104-106) überzeugend aufweist, in der Aussage über den

5,27 add. 2 - 5,2 7 add. 4

295

Ursprung des Bösen genau 2,8,3 add. f e c it in p r in c ip io bon u m e t m a lu m . Ansonsten erscheint das m a lu m zwar als notwendiges Korrelat des bon u m (siehe oben zu 4,12 bona h o m in i . . . ), wird aber nicht so ausdrücklich auf dieselbe protologische Seinsebene wie dieses gestellt. quamquam . . . docuerim . . . attigerim : Ein fast wortgleicher, doch indikativischer (siehe oben zu 4,3 q u a m q u a m [ . . . ] p e c c e n t) Rückverweis auf die vorigen Bücher findet sich 5,8 q u a m q u a m h aec fe re in p r io r ib u s lib ris s p a r s im d o c u im u s, ta m e n ... (siehe oben 292 mit Anm. 21). S u p e riu s [ ...] le u ite r a ttig e r im bezieht sich auf die Erläuterungen zur Heilsnotwendigkeit des Tugendkampfes und somit des m a lu m 5,7-27, v.a. 5,15-22. 5.27 add. 2 nulla enim uirtus esse poterat, nisi diuersa fecisset: Nochmals 5,27 add. 5f. gesagt, vgl. 10,6. comparatione: Mit Genitiv wie 15,7 ( m a li ); 2,5,40; Cic. top. 11, vgl. ThLL III 2006,35ff. m alum nihil aliud est quam boni interpretatio: Indem das Schlechte (hier schließt es das Sittliche ein, also auch: das Böse) eine , Verdeutlichung des Guten6ist (vgl. 5,7,5), bildet es die Voraussetzung für eine Erkenntnis von Gut und Böse (siehe unten zu 5,27 add. lOf.) und somit für ein be­ wusstes sittliches Verhalten des Menschen, also für seine Entscheidung für das Gute und die Tugend einerseits oder die Sünde andererseits. sublato igitur malo etiam bonum tolli necesse est: Vgl. ira 13,14 (über bon u m und m a lu m ) in u ic e m sib i a lte ru tra con exa s u n t, u t su b la to al­ te r u tr o u tru m q u e s i t to lli n ecesse. An beiden Stellen hebt die Derivatio von to lle re den Zusammenhang der beiden antagonistischen Aspekte hervor. 5.27 add. 3 laeuam: Die linke Seite kann nach paganer Vorstellung die ungünstige und schlechte sein (vgl. ThLL VII,2 891,81ff.). Das gilt insbe­ sondere für den linken Weg (Verg. Aen. 6,542, zitiert 6,4,1), was Laktanz auf die Zwei-Wege-Lehre anwendet (6,3,8; 2,8,6 add. 2). Dieselbe negati­ ve Konnotation der linken Seite findet sich auch in der Gerichtsszene Mt 25,33.41. ad com pagem . . . cum dexteris sinistra iunguntur: Den zugrunde liegenden Gedanken, dass das , (Gesamt-)Gefüge des Körpers6 ( co m p a g es c o rp o r is , wie 6,23,24, vgl. ThLL III 1998,46ff.) nur in der gegenseitigen Ergänzung der rechts- und linksseitigen Gliedmaßen harmonisch bestehen kann, führt Laktanz auch schon opif. 10,9 aus: in te lle g im u s q u a n tu m d u a lis n u m e ru s u n a e t s im p lic i conpage so lid a tu s a d re ru m u a lea t p e r fe c tio n e m , n a m cu m s it co rp u s u n u m , ta m e n to tu m ex sim p lic ib u s m e m b r is c o n sta re n o n p o te r a t, n is i u t e s s e n t p a r te s u el d e x te ra e u el sin is tr a e .

5.27 add. 4 si pares calculos feceris, nem o ludet: Die meisten in der römischen Antike üblichen Brettspiele (Zusammenstellung bei M. F it t a ,

K o m m en ta r

Spiele und Spielzeug in der Antike. Unterhaltung und Vergnügen im Al­ tertum, Stuttgart 1998, 162-179) setzen Spielsteine ( ca lcu li , vgl. ThLL III 142,49ff.) in zwei gegnerischen Farben voraus. Auf die zentrale Bedeutung dieses antagonistischen Elements kommt es Laktanz bei dem Beispiel an. Es besteht also auch (entgegen B r a n d t Z u sä tze 59f.) keinerlei Wider­ spruch zu 6,17,19 (richtig H eck Z u sä tze 93f.), wo die Geldausgabe für Zuhälter und Würfelspieler derjenigen für die Gott es Verehrung gegenüber­ gestellt wird, da das Spiel als solches weder hier ausdrücklich positiv noch dort ausdrücklich negativ bewertet wird. si unum colorem circo dederis . . . : Kennzeichen der unterschiedlichen ,Rennställe‘ (f a c tio n e s ) beim Wagenrennen im Zirkus sind die Farben ( co­ lo r e s , ThLL III 1714,41ff.), deren Konkurrenz die Spiele bestimmt (vgl. A. H ö n le , DNP 2 [1997] 1219). Zunächst handelt es sich um vier voneinander unabhängige Rennställe mit den Farben weiß, blau, rot und grün, die dann zwischen dem zweiten und dem vierten Jahrhundert von der kaiserlichen Verwaltung übernommen werden. Zugleich bilden sich nurmehr zwei kon­ kurrierende Parteien heraus, nämlich Grün zusammen mit Rot und Blau zusammen mit Weiß. Konstantin überträgt die Wagenrennen mit zwei Par­ teien nach Konstantinopel; vgl. A. C am eron, Circus factions. Blues and Greens at Rome and Byzantium, Oxford 1976; A. H ö n le , DNP 4 (1998) 391L; F. T in n e fe ld , DNP 12/2 (2003) 821L; ferner C se r c se v ic s 149154. - Laktanz kennt also die Wagenrennen als Wettkampf, dessen Reiz ( c irc e n siu m u o lu p ta s , aliqu a in sp ecta cu lo g r a tia ) in der Gegnerschaft zwei­ er Parteien liegt und der somit als Beispiel für das grundlegende antago­ nistische Prinzip dienen kann, das im Gegensatz von bon u m und m a lu m liegt. Verwandt sind aber auch Kampfszenarien, anhand derer Laktanz an anderer Stelle (6,15,7; epit. 24,3) den Tugendkampf erläutert, und die paränetische Rede vom Wettlauf, in dem zu siegen den Christen aufgetragen ist, wie sie sich im Neuen Testament (1 Kor 9,24; Hebr 12,1b) findet; vgl. ferner H eck (Z u sä tze 93-95. Übrigens passt die Wahl des Beispiels sehr gut dazu, dass Laktanz die Überarbeitung 324/325 (siehe unten 593ff.) am Hof des offensichtlich an Rennen interessierten Konstantin vornimmt. Siehe auch unten zu 27,1 d e c u rsis ... p e r u e c ti su m u s. primus instituit: Überzeugend stellt Heumann aus p r iu s , das einen Ver­ gleichspunkt erwarten ließe, das paläographisch nahe liegende p r im u s und somit die klassische Formel (vgl. Cic. rep. 2,55; Lael. 96 etc.) für einen πρώτος εύρετής her (vgl. H eck Z u sä tze 86). Hier freilich geht es nicht um eine konkrete, bloß ungenannt bleibende Erfindergestalt der Spiele (vgl. die Kritik an den Wagenrennen wegen ihrer Erfindung durch heidnische Götter Tert. spect. 9,1-4), sondern um den Zweck der Farben (vgl. die Redewendung ,es ist im Sinn des Erfinders^).

297

5,27 add. 5 - 5,27 add. 6

amator unius coloris: Das Bild wird weitergeführt, Gott erscheint als ,Anhänger‘ ( a m a to r , belegt für Anhänger eines Gladiatoren, vgl. ThLL I 1828,83ff.) der einen Farbe, das heißt des Guten. Tatsächlich haben die ,Farben‘, also die Rennställe, feste Anhängerschaften, die auch über den Rennbetrieb hinaus eine politische Größe darstellen können (vgl. A. Hönle , DNP 4 [1998] 392). 5.27 add. 5 hostis [...] pugna [...] uictoria: Die militärische Metaphorik verwendet Laktanz öfter für den Tugendkampf als grundsätzliche morali­ sche Aufgabe (6,15,7; 6,20,3), aber auch für das Durchhalten der Christen in der Verfolgung (vgl. unten 27,16 mit Kommentierung). Doch klingt die m i l i t i a - Topik hier nur kurz an, die folgenden Ausführungen kehren wieder zurück zu sportlichen Wettkämpfen mit einem Gegner ( c e r ta m in a ). Dass Bilder aus diesem Bereich im Mittelpunkt stehen, passt zur Beobachtung, dass die Verfolgungszeit im vorliegenden Zusatz aus einer gewissen Distanz betrachtet wird, vgl. unten zu 5,27 add. 16 quod a c c id it n o b is. tolle certam en . . . : Der folgende Passus ist auffallend stilisiert: Der Im­ perativ to lle (nur hier bei Laktanz, aber etwa Cic. de orat. 2,132; Sen. benef. 4,18,4) spricht, wenigstens formell, den Leser an. Das Ergebnis ( ne u irtu s ... ) ist in asyndetischer Parataxe angefügt. Es folgt ein doppelter Ausruf ( qu am m u lta ... q u a m u a riis a rtib u s . . . / ) , dann zwei mit Deriuatio (parallel ... h a b e re tu r ... h a b eret und chiastisch ... a b e st, u ic to r ia abesse . . . ) gestaltete Sätze. Die Eindringlichkeit der Sprache verdeutlicht dabei die zwingende Gesetzmäßigkeit von Ursache und Folge. 5.27 add. 6 ut igitur uirtutem ipsam . . . conflictatione perfectam: Dass die u irtu s nicht nicht nur ein Korrelat braucht, um wahrgenommen zu werden, sondern auch sich üben (5,22,12; zu e x e rc ita tio vgl. 1,1,10) muss, um vollendet zu sein, sagt Laktanz bereits 5,7,4 u ir tu te m a u t cern i n o n p o s s e , n is i h ab ea t u itia c o n tra ria , a u t n o n e sse p e rfe c ta m , n is i e x e r­

Zur ,Kräftigung‘ ( ro b o ra re ) der uirtus vgl. 3,29,16, zum Gedanken etwa auch 3,12,35 in o m n ib u s m is e r iis la b o rib u sq u e u iu a m u s, quae s u n t e x e rc itia e t c o rro b o ra m e n ta u ir tu tis . C o n flic ta tio , , Auseinandersetzung‘, ist nachklassisch (seit Quint, inst. 3,8,29) und erscheint nur hier bei Laktanz, vgl. ThLL IV 231,61ff.; H eck Z u sä tze 85. c ea tu r a d u e rsis.

utrumque: Das

m a lu m

und die (hier dem

bon u m

entsprechende)

u irtu s.

diuersitas: Als Ausdruck für das dualistische Prinzip wie 5,7,3.10; opif. 19,8 add. 2. ratio uirtutis: Für B r a n d ts Konjektur u ir tu tis (vgl. auch H eck Z u sä tze 86 mit Anm. 4) statt des überlieferten u e r ita tis sprechen die Belege für die Junktur ra tio u ir tu tis (insbesondere 5,27 add. 13; aber auch 5,7,5 deu s ergo n o n e x c lu sit m a lu m , u t ra tio u ir tu tis c o n sta re p o s s e t ; 6,6,9), die Einfügung

K o m m en ta r

in das Motiv vom Dualismus, der die Tugend erst ermöglicht (vgl. etwa 3,11,9; 3,12,7 etc.), und die Tatsache, dass eine Verwechslung zwischen beiden Wörtern öfter vorkommt (vgl. 1,1,4.19; opif. 19,8 add. 5 mit H eck Z u sä tze 116.118 mit Anm. 5). Dass jedoch auch die sich aus dem Text der Handschriften ergebende Aussage, dass sich die christliche Wahrheit auf den Dualismus stütze, inhaltlich denkbar wäre, legen Äußerungen na­ he wie 5,7,9 [sc. d e u s] m a lu m n o n su s tu lit, u t r e tin e r e t d iu e r s ita te m , quae s a c r a m e n tu m d iu in a e re lig io n is c o n tin e t s o l a ; opif. 19,8 add. 2 d iu e r s ita ­ te m v o lu it e sse ideoqu e uulgo n o n a p e ru it u e r ita te m , se d ea m p a u c is s im is reu ela u it. d iu e r s ita s o m n e a rca n u m m u n d i c o n tin e t, h aec e s t e n im quae f a ­ c it esse u ir tu te m . - Aus dem Zusammenhang wird nicht klar, ob Laktanz

den ersten Gedanken des Zusatzes (5,27 add. 1-6) abschließend nur bis zum ,Grundprinzip der Tugend‘ ( ra tio u ir tu tis ) oder zu dem der gesamten , Wahrheit ‘ ( ra tio u e r ita tis - gemeint wäre dann der ganze christliche Er­ lösungsweg, der im Stichwort p r a e m iu m 5,27 add. 5 angedeutet ist) führt. innitur: ,beruht auf, nur hier bei Laktanz, aber in nachklassischer Prosa (v.a. bei Seneca) geläußg, vgl. ThLL VII,1 1699,30ff. 5,27 add. 7 quid hoc loco a peritioribus possit opponi: Die For­ mulierung p e r itio r e s sowie die biblisch-theologische Fundierung und die systemimmanente Ausrichtung des folgenden Einwandes legen nahe, dass Laktanz in der christlichen Lehre Gebildete vor Augen hat, die sich sachlich mit seinem Werk auseinandersetzen - also keine antichristlichen Polemi­ ker, die sich, wie Laktanz weiß (5,2,13-16), durchaus auch Wissen um die Lehre der Bibel und des Christentums aneignen konnten. Eine solche, hier vorweggenommene innerchristliche Diskussion des Werkes passt gut zum Bild einer Retraktation, die man sich im Licht derartiger Kritik an der ersten Auflage vorstellen kann. primum: Muss nicht attributiv (so H e c k Z u sä tze 83: „der erste Mensch“, vgl. 5,27 add. 10 h o m in i p r im o ) , sondern kann wohl auch adverbiell und korrespondierend mit p o s te a (wie 4,8,1; mort. pers. 45,4) verstanden wer­ den als , zuerst‘ (vor dem Sündenfall) und ,danach ‘ (nach der Vollendung: vgl. zum Gedanken 5,27 add. 12; zur prägnanten Verwendung von a n tea 4,8). Dazwischen steht die heilsgeschichtliche Epoche, in der der Mensch unstrittig mit Gutem und Bösem konfrontiert ist und im Wissen um des­ sen Unterscheidung im Körper existiert. Das adverbielle Verständnis be­ seitigt die Schwierigkeit, dass eine Beschränkung auf den e r s te n Menschen im zweiten Teil des Einwandes (p o s te a ... fu tu r u m ) stört. Ein verallge­ meinerndes Subjekt h o m o mit den adverbiellen Differenzierungen p r im u m und p o s te a lässt die Schwierigkeit nicht entstehen. offensurum deum: Das überlieferte o ffe n su m d e u m ist unverständlich. Den geringsten Eingriff stellt o ffe n su ru m d e u m dar, der Sinn ist: ,Wie soll

5,27 add. 8 - 5,2 7 add. 9

299

der Mensch zuerst, der doch/obwohl er Gott beleidigen wird, allein im Guten gewesen sein?‘ Zu dergleichen Partizipialkonstruktionen vgl. 2,6,13; 2,8,29; LHS II 390. Sprachlich geläufiger (vgl. ThLL II 134,24ff.) und eben­ falls gedanklich passen wäre die alte Konjektur (a n te ) o ffe n su m d eu m . Se­ mantisch nicht ganz unproblematisch erscheint, wie dieser selbst einräumt, das von H eck (Z u sä tze 86 mit Anm. 5) erwogene in o ffe n so deo. discutienda nobis haec quaestio est: ,wir müssen diese Streitfrage ent­ scheidend vgl. Tert. adv. Marc. 4,30,1; ThLL V,1 1374,56ff.; G laesener S ig n ific a tio n 16. in prioribus libris praetermisi: Insbesondere die Einordnung des Urstandes in eine dualistische Anthropologie und eine Soteriologie, die eine Konfrontation des Menschen mit dem m a lu m voraussetzt, fehlt tatsächlich, vgl. H eck Z u s ä tz e 109.

5.27 add. 8 dixim us superius . . . constare naturam: Dies war 4,12 und 5,13 gesagt. corpus [...] quae terra est . . . : Zur Sache vgl. 4,12; 8,5. Textkritisch unklar bleibt die Einleitung des Nebensatzes: Das quae der Handschriften ist durch Parallelen gestützt: 2,13,1 über Noah: d eu s [ ...] d e le g it u n u m , quod [ ...] su p e re ra t ex em p lu m , h ic ... ; 4,16,11 ( co r [ ...] quae p a r s e s t (so schon B ü n em an n z. St.). Q u ia de (S2) erscheint als nachträgliche glätten­ de Angleichung an die folgenden Aussage über die a n im a . Doch wäre der Parallelismus bei Laktanz durchaus zu erwarten (vgl. 3,6,3 s c ie n tia [ ...] ab a n im o est, qui o r itu r e caelo, ig n o ra tio a corpore, quod ex te r r a ) , die Inkonzinnität und der Umgang mit der Kongruenz (anders nämlich etwa 3,27,15 corpu s, quod e s t te r r a ) hart (so auch H eck Z u sä tze 86, noch ohne Kenntnis der K-Lesart; nun zöge er, wie er brieflich mitteilt, quae vor). com prehensibile tem porale . . . sensibilis illustris: Diese vier genau antithetischen Eigenschaften schreibt Laktanz durchgängig dem IrdischKörperlichen und dem Himmlisch-Seelischen zu, vgl. oben 4,12 und die Kommentierung. 5.27 add. 9 inter se contraria: Für den anthropologischen Dualismus wie 2,12,2, für den kosmologischen 2,9,5; 2,8,6 add. 2. bono et malo esse subiectum : Siehe unten zu 5,27 add. 17

m a lis su b ie-

cerit.

animae ascribitur bonum [...] corpori malum: Eine so deutliche ,Zuschreibung‘ ( a scrib ere für die Zuweisung im Dualismus wie 9,13; 2,9,5; ira 7,12f) der Seele zum Guten und des Körpers zum Schlechten bzw. Bösen formuliert Laktanz hier erstmals, vgl. aber schon 2,12,11 (über die Auf­ gabenverteilung von Körper und Seele) u triu sq u e o fficia su n t, u t hoc quod e s t ex caelo e t deo, im p e re t, illu d uero quod ex te r ra e t diabolo, s e r u ia t.

K om m entar

5,27 add. lOf. D ie Erlangung des W issens um

bonum

und

m a­

lu m :

Die vorliegende Passage geht nun, nach den allgemeinen Ausführungen zum anthropologischen Dualismus (5,27 add. 8f.), auf den ersten Teil der fiktiven Anfrage (5,27 add. 7) ein, nämlich, wie der Mensch im Urständ allein im Guten gewesen sein könne, wenn doch das m a lu m notwendiges Korrelat des bon u m sei. Nach der Darstellung des Laktanz erlangt der erste Mensch das Wissen um bon u m und m a lu m und darf daraufhin nicht län­ ger im Paradies bleiben. Denn die Weisheit, die in dieser Unterscheidung zwischen bon u m und m a lu m liege, könne er nur und solle er in einer Welt an wenden, in der er auch mit dem m a lu m konfrontiert sei. Im Paradies hingegen habe der Mensch unwissend wie ein Kind gelebt. Was Laktanz über das Wesen dieses Wissens sagt, entspricht dem be­ reits oben (4,12-15) Ausgeführten: Die s a p ie n tia (siehe auch oben zu 1,3) ermöglicht dem Menschen, das für ihn Nützliche (vgl. § 11 c o m m o d a , u ti­ lia ) und Schädliche (vgl. § 11 in c o m m o d a , in u tilia ) zu unterscheiden und entsprechend zu handeln, also in einer Welt zu leben, in der er mit Gutem und Schlechtem konfrontiert wird. Der Aspekt der ethischen Unterscheidungsfähtigkeit und des Gewissens27 klingt nur leise an (§ 11 iu d ic iu m e t c o n sid e ra n tia m , qu id cau ere qu id a p p e te re, qu id fu g e re qu id sequ i d e b e a t).

Es fällt auf, dass der oben noch knapp angedeutete Sündenfall (5,27 add. 7 o ffe n su ru m d e u m ) fehlt. Darin aber liegt nach biblischer Darstel­ lung (Gen 3,1-24), der Laktanz im zweiten Buch (2,12,16-19) folgt, der Grund für die Erlangung des Wissens um Gut und Böse, für die Vertrei­ bung aus dem Paradies und den Verlust der Unsterblichkeit. Diese in der Forschung schon länger erkannte Spannung28 ordnet H e c k in ein Neben­ einander zweier unterschiedlicher Tendenzen ein, nämlich der dualistischen Lehre von der Mittelstellung des Menschen zwischen bon u m und m a lu m einerseits und der biblischen Vorstellung vom Sündenfall andererseits, das sich im gesamten Werk des Laktanz in jeweils unterschiedlicher Ausprä­ gung nachweisen lässt:29 27 So etwa 5,5,13; 5,17,31; 6,5,8.10; dazu jetzt umfassend W i n g e r II 422-442. 28 Bereits B r a n d t (Zusätze 52f.), der darin ein Indiz für die Interpolation des Zusat­ zes sieht, und v a n R o o i j e n —D i j k m a n (60f.), die eine harmonisierende Erklärung versucht, weisen darauf hin. 29 Vgl. H e c k Zusätze 106-111. Dessen Ergebnisse kennt zwar offenbar V. B u c h h e i t , Scientia boni et mali bei Laktanz, GB 8 (1979) 243-258 (vgl. 251 Anm. 37), be­ rücksichtigt sie aber nicht hinreichend. Seine ausgehend von 5,5,13 (sublata enim dei religione boni quoque ac mali scientiam perdiderunt) formulierte These, die scientia boni malique sei „nach der Vorstellung des Laktanz [...] bereits vor dem Sündenfall dem Menschen eigen gewesen“ (245), ist unvereinbar mit 2,12,18 und epit. 22,2. Denn dort wird jeweils (gemäß Gen 2,17; 3,7.22) gesagt, dass der Mensch erst durch den Sündenfall, also das Essen vom Baum der Erkenntnis, das Wissen um Gut und Böse erlangt. B u c h h e i t s Beobachtungen lassen sich also nur auf

5,2 7 add. 10

301

1. Im zweiten Buch der D iu in a e in s titu tio n e s stehen die dualistische Vorstellung von der wesenhaften d iu e r s ita s im Menschen (2,12,7 ex rebus [ ...] d iu e r sis [ ...] h o m o fa c tu s e s t [ ...] , ex u ita e t m o r te : quae duo in te r se p u g n a re in h o m in e p r a e c e p it, u t s i a n im a s u p e r a u e rit [ ...], s it im m o r ta lis [ ...], si a u te m co rp u s u ic e r it [ ...] , s i t [ ...] in m o r ­ te .) und die biblische vom sündenhaften Abfall des paradiesischen

Menschen (2,12,16-19) unverbunden nebeneinander. 2 . In der E p ito m e folgt Laktanz der biblischen Tradition: Der Sünden­ fall führt zur Erkenntnis, zur Vertreibung aus dem Paradies und zum Verlust der Unsterblichkeit (epit. 22,3f.). Der (nach epit. 24,11 gott­ geschaffene) Gegensatz von bon u m und m a lu m betrifft den ersten Menschen nicht, der anthropologische Dualismus bleibt ausgeblen­ det. 3. In der Schrift D e ira d e i erscheint nur das dualistische Motiv: Der Mensch braucht bon u m und m a lu m zur Entfaltung seiner s a p ie n tia (ira 13,13-19). 4. Hier versucht Laktanz eine Harmonisierung: Er stellt einen unmittel­ baren Zusammenhang her zwischen der plötzlich erlangten Erkennt­ nis und dem Ende des Urstandes, ohne dass dabei der Sündenfall erwähnt würde, und zwar gleich zweimal (§ 10): qua [sc. boni m a lique n o titia ] p e rc e p ta s ta tim de loco s a n c to p u lsu s e s t und p o s tq u a m uero a c c e p it boni m a liq u e in te lle g e n tia m , n efa s e ra t eu m in b e a titu d in is loco m o r a r i releg a tu sq u e e s t in h u n c c o m m u n e m orbem . In beiden Varianten , erhält ‘ (p e r c ip e r e 30 bzw. a ccip ere) der Mensch das Wis­ sen um bon u m und m a lu m . Warum und von wem, bleibt unerwähnt.

Folge ist die Vertreibung (d e loco s a n c to p u lsu s bzw. re le g a re 31 ) in diese gewöhnliche ( c o m m u n is )32 Welt: releg a tu sq u e e s t in h u n c c o m ­ m u n e m o rb em (§ 10). Die biblische Tradition klingt also zunächst an. Dann wendet sich Laktanz vorsichtig in die dualistische Rich­ tung und spricht von der Entfaltung der dem Menschen verliehenen diejenigen Passagen des Laktanz beziehen, an denen das Wissen um bonum und malum als gottgegebene Heilsausstattung des Menschen erscheint, illustrieren aber die biblisch-theologische Verwurzelung auch dieses Aspekts. 30 Vgl. ThLL X,1 1209,62ff. 31 Relegatio ist eigentlich die milde Form der Verbannungsstrafe, verhängt durch Hausvater oder staatliche Instanzen, vgl. Z. V é g h , DNP 10 (2001) 877. Relega­ re erscheint aber auch für die Vertreibung aus dem Paradies epit. 22,4; Tert. adv. Marc. 2,2,6; Cypr. epist. 73,10,3 etc. 32 Gemeint ist die Welt, wie man sie kennt, also mit allen Mühen und Übeln für den Menschen (vgl. die Ätiologien Gen 3,14-19) und ohne die wunderbaren Eigenschaf­ ten des Paradieses als beatitudinis locus, vgl. (mit wörtlichen Übereinstimmungen) epit. 22,4 eiecit ergo peccatorem d e s a n c t o lo c o et i n h u n c o r b e m r e l e g a u i t , ut uictum quaereret per laborem, ut difficultates et aerumnas pro merito sustineret Das eindeutig negativ wertende peccatorem fehlt hier bezeichnenderweise.

K om m entar

Weisheit (§ 10 u t ea u tra q u e s im u l e x p e rire tu r q u o ru m n a tu ra m p a r i­ te r a g n o u e r a t ), die eine Konfrontation mit dem m a lu m voraussetzt ( § 1 1 s a p ie n tia [ ...] c o n sta re sin e m a lo n o n p o t e s t ) und im Kontrast mit der früheren Unwissenheit (§ 10 id ip s u m bon u m esse ig n o ra b a t - der Mensch konnte also das Paradies gar nicht als solches genießen) beinahe als Gewinn erscheinen muss (§11 u ix itq u e ille p r in c e p s g e ­ n e ris h u m a n i [ ...] u e lu t in fa n s, boni ac m a li n e s c iu s .) 33. Die heilsge­ schichtliche Bestimmung des Menschen zur Auseinandersetzung mit dem m a lu m bleibt zunächst unerwähnt, wird aber später (5,27 add. 17) ausdrücklich formuliert. Damit hat Laktanz hier zwar die Unvereinbarkeit des biblischen und des dualistischen Ansatzes nochmals und die Frage nach der anthropologischen Einordnung des Urstandes erstmals aufgegriffen,3435aber nicht überwunden, sondern nur kaschiert: Der Sündenfall fehlt, somit bleibt die Erlangung der Erkenntnis von Gut und Böse merkwürdig unmotiviert (§10 a c c e p it boni m a liq u e in te lle g e n tia m ) 35 Auch bleibt die Ausgangsfrage, nämlich wie denn ein in so lo bono e sse ohne das Korrelat des m a lu m möglich sei (vgl. 5,27 add. 7), unbeantwortet. Laktanz erklärt nämlich sinngemäß nur: Als der Mensch zum Wissen um Gut und Böse kam, musste er das Paradies verlassen (§ 10 n efa s e ra t eu m in b e a titu d in is loco m o r a r i) und mit dem Bösen konfrontiert werden (§ 10 u t ea u tra q u e [sc. bon u m e t m a lu m ] sim u l e x p e r ir e tu r ). Dahinter steht aber letztlich die petitio principii, dass es im Urständ kein m a lu m gab.36 33 Siehe auch unten zu § 11 princeps . . . 34 Vgl. 5,27 add. 7 discutienda nobis haec quaestio est, quod in prioribus libris prae­ term isi mit H e c k Zusätze 109. 35 In diesem Sinn letztlich auch H e c k ( Zusätze llOf. „Der [...] Sündenfall [...] wird ausgeklammert.“ 115 mit Anm. 15), der aber in seiner Interpretation vor allem herausarbeitet, dass Laktanz seinen Dualismus und seine Lehre von der sapientia aus 4,12-15 und ira 13,13-19 konsequent anwendet. - Doch ist wichtig zu betonen, dass Laktanz genau das, was er eigentlich in seiner dualistischen Argumentation deutlich sagen müsste, nämlich, dass der Mensch einer Welt aus Gut und Böse ausgesetzt werden m usste (vgl. die treffende Paraphrase der Aussageabsicht des Laktanz bei H e c k , Zusätze 110), hier (in percepta bzw. accepit) verwischt, um den offenen Widerspruch zur biblischen Darstellung zu vermeiden. - Dahinter steht letztlich ein Grunddilemma im Menschenbild des Laktanz, auf das K e n d e f f y (v.a. World 223-225) hingewiesen hat: Der Mensch sei nach Laktanz einerseits auf die Überwindung des malum angelegt, andererseits bleibe alles, was Laktanz über die Seinsweise des Menschen sage, dualistisch: Wie die Existenz ohne das malum zu denken sei, vermöge Laktanz nicht zu erklären. 36 H e c k ( Zusätze 109) entnimmt mit Recht aus 5,27 add. 9, dass eine Korrelation zwischen bonum und malum nicht bestehen müsse, wenn Leib und Seele getrennt seien, also nach dem Tod (dazu dann 5,27 add. 12). Doch seine Interpretation, ,,[d]aß darunter auch der Zustand des ersten Menschen vor der Vertreibung aus dem Paradies zu fassen ist“ (ebd.), würde voraussetzen, dass Laktanz den Menschen im Paradies noch nicht als Wesen aus Leib und Seele sähe, sondern ihn erst mit dem

5,2 7 add. 11

303

5.27 add. 10 boni malique intellegentiam : ebenso 2,12,16 über den Baum der Erkenntnis (Gen 2,17). nefas: Vor n efa s bieten die Handschriften etwas Unklares. Zwar wäre ia m im Hauptsatz nach p o s tq u a m denkbar (vgl. 2,2,7; mort. pers. 20,1), doch bekräftigt die Lesart von K H e c k s ( Z u sä tze 86) Vermutung, dass es sich um eine Dittographie aus dem vorhergehenden in te lle g e n tia m handelt. relegatus: Siehe oben 301 Anm. 31. in hunc com m unem orbem: Siehe oben 301 Anm. 32. 5.27 add. 11 datam esse hom ini sapientiam: Nach 2,8,5 add. ist die n o titia boni m a liq u e (5,27 add. 10), die der Mensch erhalten hat, mit der s a p ie n tia gleichzusetzen. Diese wiederum erscheint bei Laktanz durchweg (vgl. 4,13.15; 9,12; 3,25,2) als Grundbegabung des Menschen, die ihn vom Tier unterscheidet. Siehe auch oben zu 1,3 s a p ie n tia e . considerantiam: , (sorgfältige) Überlegung^, nur Vitr. 6,1,10 und hier be­ legt (aber in c o n s id e r a n tia erscheint Cic. ad Q. fr. 3,7,2 und öfter), vgl. ThLL IV 425,10ff.; H e c k Z u s ä tz e 85. princeps generis humani: ,Stammvater des Menschengeschlechts^, vgl. ThLL X,2 1278,27ff. Der gewichtige Ausdruck, den Laktanz hier statt des neutralen h o m o p r im u s (5,27 add. 10) wählt, schafft einen ironischen Kon­ trast zu der kindlichen Unwissenheit, die dem ersten Menschen attestiert wird. uelut infans: Näher ausgeführt wird dieser Vergleich ira 13,17f. im Hin­ blick auf die Nahrung: Wie man einem Kind, solange es aus Unwissenheit alles ihm Vorgesetzte äße, nur Verträgliches geben kann, so musste der Mensch, ehe er nach der Vertreibung aus dem Paradies erstmals auch mit dem m a lu m konfrontiert wurde, zunächst die Fähigkeit erhalten, m a lu m und bon u m zu unterscheiden. Nach H e c k (Z u sä tze 97-100, Zitat 100) wird „erst von dort das tertium comparationis, die Unkenntnis von Gut und Bö­ se, richtig faßbar“. Vor diesem Hintergrund illustriert der Vergleich auch den Zusammenhang mit dem in so lo bono e sse (das dem Sein des Menschen vor dem Sündenfall entspricht, vgl. 5,27 add. 7), also dem Behütetsein vor Sündenfall dazu werden ließe - und damit hier allen Aussagen über die Erschaffung des Menschen (siehe etwa oben zu 5,13 h o m in e m f i n x it . . . ) widerspräche. Vielmehr passt es nicht in das dualistische Konzept des Laktanz, dass der aus Seele und Leib bestehende Mensch allein im Guten gewesen sein solle. Daher stellt er seine Ausführungen zum Urständ neben diejenigen über das Sein nach dem Tod, bei dem aufgrund der unstrittigen Trennung von Leib und Seele die Existenz allein des Guten nachvollziehbar ist. Diese nicht ausgeführte Analogie soll suggerieren, dass, was nach dem Tod möglich ist, auch in einer Anfangsphase der Heilsgeschichte denkbar gewesen sein muss.

K om m entar

dem m a lu m . Zu einer anderen Verwendung des Bildes vom Kind vgl. oben zu 5,22 e x p o n it in fa n tia m . 5.27 add. 12 postea: Siehe oben zu 5,27 add. 7

p r im u m .

dom icilio carnis induta: Hier sind die gängigen Bilder vom Leib als Kleid (siehe oben zu 2,4 m o r ta li corpore in d u tu s ) und als Wohnstatt (siehe oben zu 2,8 m e n s ... ) der Seele vermengt, vgl. H eck Z u sä tze 86. corporis anim aeque discidium: Formulierung nach Lucr. 3 ,5 8 0 f. ( B r y c e 2 6 3 ); zu Laktanz’ Verständnis des Todes als Trennung von Körper und Seele vgl. 1 1 ,8 ; 1 2 ,1 9 ; 2 0 ,1 1 ; F i s c h e r 2 5 - 4 0 , z u Laktanz 35; P e r r i n M o r t 1 2 -1 4 .

accepto im m ortalitatis indumento: Das Bild vom ,Kleid der UnsterblichkeiP geht zurück auf 1 Kor 15,53 ένδύσασθαι αθανασίαν, hier substan­ tiviert wie etwa Tert. resurr. 56,3 in d u m e n tu m [ ...] im m o r ta lita tis ; Cypr. patient. 7; vgl. ThLL VII,1 1261,15ff. Vgl. auch 13,2 a d im m o r ta lita te m [ ...] a c c ip ie n d a m crea ri h o m in e m .

erit sapiens, expers mali sicut deus: Vielleicht nach Vet. Lat. gen. 3,5 (L) e r itis s ic u t d ii s c ie n te s bon u m e t m a lu m . 5.27 add. 13 in quo est malum: Siehe oben zu 5,27 add. 9

a n im a e

a s c r ib itu r bon u m . . .

quod si tollatur . . . ut dixi: Gemeint ist 5,27 add. 11 s a p ie n tia [ ...] c o n sta re sin e m a lo n o n p o t e s t ; näher an vorliegende Formulierung kommt aber ira 13,24 si to lla n tu r m a la , to lli p a r ite r s a p ie n tia m . ratio uirtutis sapientiaeque: Siehe oben zu 5,27 add. 6 und zu 1,3 s a p ie n tia e .

ra tio u ir tu tis

5.27 add. 14 posuit itaque hom inem inter utrum que m edium , ut . . . : Vgl. 5,9 [sc. a n im a s ] illig a ta s c o n s titu e r e t in te r bon u m m a lu m q u e m ed ia s. Evoziert ist aber auch das Bild des Scheideweges. Die hier erstmals ausdrücklich erwähnte Willensfreiheit spielt eine bemerkenswert geringe Rolle in der Argumentation. malo adm iscuit apparentia quaedam bona . . . : Während 5,23-26 die vergänglichen und die unvergänglichen Güter klar unterschieden waren, rückt Laktanz hier das Verführerische (vgl. etwa 6,4,3 im Zusammenhang mit der Zwei-Wege-Lehre, aber auch schon 1,1,7) des m a lu m in den Vor­ dergrund. Auffällig ist der streng durchgeführte Parallelismus bei strikter inhaltlicher Antithese (ein auch 5,23-26 angewandtes Darstellungsmittel); erst im finalen letzten Kolon wird er durchbrochen, am Ende steht chiastisch la te n s m a lu m /b o n u m la te n ti:

305

5,2 7 add. 15 - 5,2 7 add. 16 a d m iscu it app a ­

nnalo

ren tia

bona,

bono a u tem

quaedam id est

u a ria s

et

d elec ta ­

m a la ,

quaedam id est

illeceb ris i n d u ­

ceret h o m in e m

biles s u a v i t a t e s ,

at laten s

m a lu m qu o ru m a sp erita te ac m o ­

a d m iscu it appa­ ren tia

ut earum

a e ru m n a s et m is e ­ r ia s et labores

suauitates: Siehe oben zu 5,23

lestia offensus a n im u s re ­ fu geret a

bono

la ten ti.

su a u ita te s .

5.27 add. 15 hinc: Korrespondiert mit ThLL VI,3 2806,41f.

ut

(,νοη hier . . . , dass‘), vgl.

plus m ente uideamus quam corpore: Derselbe Gedanke etwa 13,11; 2,3,9 nec u id e n t p lu s a liq u id m e n te q u a m corpore. pauci adm odum . . . : Die Beschränkung des Heils auf wenige ist neu gegenüber den allgemein gehaltenen teleologischen Ausführungen 5,1-27 und 6,1. Vielleicht hat Laktanz die - seinen Ansprüchen nach - lasche Haltung vieler Christen nach dem Ende der Verfolgung vor Augen. 5.27 add. 16 sapientem pro stulto: Zum Motiv siehe unten zu 26,8 ta m q u a m s tu ltitia m . . .

qui dum appetit bona . . . ante oculos sunt: Entspricht 5,23f. Doch während dort die bon a , nach denen der Weise strebt, als die jenseitigen ausgeführt werden, bleiben sie hier abstrakt und aus der Verleugnung der diesseitigen definiert. quod accidit nobis . . . m ortuis mortiferisque libemus: Ein ganz konkreter Bezug auf die Verfolgungen, während derer die Christen unter Androhung von Folter und Tod zum Opfer für die paganen Götter ( lib a re , wie etwa 5,13,8; vgl. ThLL VII,2 1339,54ff.) gezwungen werden; siehe oben 7 Anm. 22. Gegenüber 22,12; 27,3 (siehe oben 6ff.), wo Laktanz eine Ver­ folgungssituation andeutet, und gegenüber 5,13,1-21, wo Laktanz das Lei­ den der verfolgten Christen ebenfalls unter dem Gesichtspunkt beschreibt, dass die in Wahrheit Weisen als Toren erscheinen, fällt hier der distanzier­ te Ton auf (vgl. B r a n d t Z u sä tze 60; H eck Z u sä tze 95f.): Das Verhalten der Christen ist das vergleichsweise emotionslos geschilderte Fallbeispiel (iteratives c u m , qu an do für die Anwendung, vgl. H eck Z u sä tze 95) für die Regel, dass sich ein Weiser manchmal scheinbar wie ein Tor verhalten muss. Im Mittelpunkt der rhetorischen Ausgestaltung stehen nicht etwa Bewunderung oder Empathie für die Christen (so nämlich etwa 5,13,12 n o s tr i [ ...], u t de u iris ta cea m , p u e r i e t m u lie rc u la e to r to r e s su o s ta c iti u in c u n t e t e x p rim e re illis g e m itu m nec ig n is p o te s t.) , sondern die Abscheu vor dem paganen Götterkult ( su m m u m n e fa s , der Abfall dazu geschieht

K om m entar p r o d ita fid e a tq u e ab n eg a to deo n e r o , die Götter sind d iis m o r tu is m o r tife r is q u e , nur hier belegte Figura etymologica, vgl. ThLL VIII 1518,36ff.).

Das alles passt zu einer Abfassung nach der Verfolgungszeit (siehe auch oben zu 5,27 add. 5 h o stis ... ), die aber noch präsent ist und als typischer Rahmen für christliche Tugendbewährung angesehen wird, also nicht lange zurückliegen kann ( H e c k Z u sä tze 96, siehe auch oben 292 mit Anm. 2 2 ). 5.27 add. 17 haec ratio est cur . . . m undum aedificasset: Laktanz greift in der Zusammenfassung die Eingangsfrage 5,15 c u r ig itu r eu m m o r ­ ta le m fin x it e t fra g ile m , cu m illiu s cau sa m u n d u m a e d ific a sse t? wieder auf (zu diesem Verständnis des Rückgriffs H e c k Z u sä tze 8 9 ) . malis subiecerit: Vgl. 3,12,14; epit. 29,7; aber uirtutem caperet: Siehe oben zu 1,18

bono e t m a io

5,27 add. 9.

c a p iu n t [ ...] u ir tu te m .

ei uirtus sua im m ortalitatem daret: Sowohl das Demonstrativ- ( e i) als auch das Reflexivpronomen (s u a ) beziehen sich auf den Menschen. Offensichtlich soll die Doppelung sib i [ ...] su a vermieden und die Eigenlei­ stung in der menschlichen u irtu s hervorgehoben werden, wozu auch deren Personifikation als Subjekt zu im m o r ta lita te m dare dient. uirtus autem , sicut ostendim us, ueri dei cultus est: Der Rückverweis bezieht sich auf die Stellen 5,22 iu s titia m [ ...] , quae c o n tin e tu r in d e i c u ltu ; 5.27 coli se deu s e x p e tit [ ...], u t u ir tu te m ac s a p ie n tia m te n e a t, quae so la im m o r ta lita te m p a r it; 6,5,19 s c ie n tia e s t d e u m n o sse , u irtu s c o le re : in ilio s a p ie n tia , in hoc iu s titia c o n tin e tu r. Vgl. H e c k Z u sä tze 90. 6,1 circumscriptione: ,Defmition‘, ,Umschreibung‘, wie 3,9,2, vgl. ThLL III 1163,75ff. signemus: ,hervorheben‘, vgl. OLD s.v. 4b. idcirco mundus factus est . . . simus aeternum deo regnum: Vgl. epit. 64,1. Laktanz fasst das 5,1-27 über die Bestimmung des Menschen Dargelegte überaus kunstvoll und eindringlich in einer Folge von fünf Hauptsätzen zusammen. Deren Aufbau ist parallel, aber durch leichte Va­ riationen aufgelockert und der jeweiligen Aussage angepasst: 1.

An erster Stelle steht eine Partikel, die auf den Finalsatz verweist, im ersten Satzgefüge id c ir c o , in den weiteren ideo. 2 . Das Prädikat des Hauptsatzes beschreibt eine schöpfungsgemäße Be­ stimmung, im ersten Satzgefüge die der Welt, dann, in der 1. Person Plural, die des Menschen. Die Hauptsätze sind, bis auf den letzten, so knapp wie möglich formuliert. 3. Auf jeden Hauptsatz folgt ein mit u t eingeleiteter Finalsatz, dessen Kernaussage im folgenden Hauptsatz in anaphorischer Wiederholung aufgegriffen wird, drei Mal die Prädikate (n a s c i, a g n o sc e re , c o le re ),

307

6,1

im letzten Fall als Polyptoton das Stichwort im m o r ta lita s innerhalb einer synonymen, aber variierten Prädikation. Die beiden letzten Fi­ nalsätze sind variierend erweitert, einmal hypotaktisch ( q u o n ia m . . . , an die übergeordneten Sätze gebunden durch das Polyptoton la b o ru m - laboribu s und die Derivatio co lim u s - c u ltu s ), einmal paratak­ tisch (Participium coniunctum, zwei Prädikate). Zudem ist das zwei­ te Satzgefüge durch die Derivatio m u n d u s fa c tu s - fa c to r e m m u n d i mit dem vorhergehenden verbunden. So unterstreichen Syntax (durch die Betonung der Finalität) und Stilistik (durch variierten Parallelismus und Polyptoton mit Anapher und Deriva­ tio) den Eindruck einer stringenten Teleologie. Die Aussagen umfassen die gesamte Heilsgeschichte von der Erschaffung der Welt bis zur ewigen Selig­ keit, bei der die zunächst rasch fortschreitende Darstellung deutlich länger verharrt. Gegenüber der ausführlichen Darlegung (5,1-27, vgl. auch die •· Übersicht oben 269) fällt auf, dass der ethische Aspekt nurmehr ganz am Rand angedeutet wird: Die la b o res , mit denen die Gottesverehrung und die Erlangung der Unsterblichkeit verbunden ist, sind die des Tugendkampfes, hier freilich erklären sie eher, warum der Mensch dafür die Unsterblichkeit zum Lohn erhält. Im Mittelpunkt soll offensichtlich die Teleologie des gött­ lichen Heilsplanes stehen. - Zur zentralen Bedeutung dieser Stelle für die Theologie des Laktanz vgl. W l o s o k G n o sis 4.192-196.215; G o tte sb e g riff 30-34. factorem mundi ac nostri: Zu f a c to r als Bezeichnung des Schöpfers (neben deu s wie 2,5,42; 2,9,1) vgl. Loi L a tta n z io 105f. Wegen dieses Deverbativums (als Substantivierung zu n o s f a c i t ) steht der Genitiv des Per­ sonalpronomens statt des Possessivpronomens. Dadurch entsteht auch ein Homoioteleuton mit m u n d i. pro laborum m ercede [...] praemio im m ortalitatis: Siehe oben zu 1,3 p r a e m iu m ... sim iles angelis effecti: Siehe unten zu 26,5 zu 5,9 an gelis.

tr a n s fo r m a b it

... und oben

sum m o patri ac domino: S u m m u s p a te r wie 18,5; 20,1; 4,4,6 und öfter, vgl. In g rem eau C o lere 348f. Zu den Gottesprädikaten p a te r und d o m in u s siehe oben zu 5,5 u e ru m p a tr e m . in perpetuum seruiamus: Vgl. 3,9,14

[sc. h o m o ] qui u ere s a p ia t [ ...]

re s p o n d e b it [ ...] co len d i se d e i g ra tia n a tu m , qui n o s ideo g e n e ra u it, u t ei se ru ia m u s. Zum eschatologischen Motiv siehe unten zu 26,5 u e rs a b u n tu r sem per . . .

simus aeternum deo regnum: D eo ist ein mit dem Genitiv konkur­ rierender adnominal gebrauchter Dativus sympatheticus zu regn u m (und

K om m entar

nicht zu a e te r n u m , so WLOSOK G o tte s b e g riff 34: „ein für Gott ewiger Herrschaftsbereich“), häufig außerhalb der klassischen Latinität (LHS II 95f; L ö f s t e d t I 209-224); ebenso 15,7 quibus in iq u ita s [ ...] c re u it\ 25,7 u e n isse ia m fin e m rebu s h u m a n is orbiqu e te r r a r u m ; 27,16 m ilitia m deo m ilite m u s ; 4,10,1 und 4,13,22 deo te m p lu m ; 6,12,30 f e r is [ ...] in p ra e d a m (vgl. 2,4,5); epit. 33,10 a u d a c ia m a lis c r e s c e t ; opif. 11,2 recep ta b u lu m cib is (vgl. L im b e r g 30). Was in der Sache gemeint ist, die Gemeinschaft des Menschen mit Gott zu dessen Verherrlichung, ergibt sich aus 5,27; 2,10,2 regn u m sib i a e te r n u m (hiernach vielleicht der vorliegende Dativ) p a ra re c o n s titu it e t in n u m e ra b ile s a n im a s p ro c re a re , quibus in m o r ta lita te m d a re t. Vgl. Loi L a tta n z io 247f.; 252.

6,2 haec sum m a rerum est: Vgl. 5,2

h aec e n im s u m m a , h ic cardo re ru m

est.

arcanum: Wie Loi ( A rc a n o 71-80) zeigt, ist Laktanz der Christ, der den Begriff a rca n u m durchgängig (21 Belege) in christlichem Sinn - verdeut­ licht oft durch Attribute wie d ei (hier wie 4,4,14; vgl. 1,1,5), d iu in a e re ­ lig io n is (7,14; vgl. 2,9,1) - verwendet: Der Singular bezeichnet meist den göttlichen Heilsplan, der sich in der Heilsgeschichte widerspiegelt (hier und 1,1,5; 2,3,21; 4,2,3 etc.), seltener das innerhalb der christlichen Lehre be­ wahrte Ganze der göttlichen Offenbarung (so 26,8; 4,8,8; 4,14,17). Dieser letzteren Bedeutung entsprechend steht der Plural meist für offenbarte Glaubensinhalte des Christentums, die für den Nichtchristen Geheimnis­ charakter haben und in der Heiligen Schrift enthalten sind (so 14,7; 15,1; 22,4; 4,10,19 etc.). Semantisch verwandt sind m y s te r iu m und s a c r a m e n ­ tu m , die ebenfalls das Gesamt der göttlichen Offenbarung (so hier m y s te ­ r iu m ) oder den göttlichen Heilsplan (so etwa 4,14 s a c r a m e n tu m m u n d i e t h o m in is ) bezeichnen können. mysterium: Siehe oben zu 1,6

m y s te r iu m .

a quo sunt alieni qui . . . : Wer sich den vergänglichen Gütern hingibt (vgl. etwa 5,23-26, v.a. 23 s u a u ita te s , 24 se u o lu p ta tib u s d e d id e r u n t , 26 bona te r r e n a ), verfehlt seine schöpfungsgemäße Bestimmung, steht also dem göttlichen Heilsgeheimnis fern. sequentes praesentem uoluptatem : Negatives Gegenstück zu sequ i 5,22.

iu s titia m

se [...] addixerunt: Wie 22,10; 2,1,3; 6,1,9; 6,23,20; opif. 19,10; ira 19,3. animas ad caelestia genitas . . . demerserunt: Dass die zu Höherem (vgl. 5,9 zur Erschaffung der Seelen; zu ihrer Ausrichtung auf das Himm­ lische 5,16f.; 6,6,9) erschaffenen Seelen ,in den Schmutz getaucht^ ( i n lu to d em erg ere wohl nach Cic. Verr. II 2,191, vgl. ThLL VII,2 1903,69ff.; das Eintauchen, im m e r g e r e , in lu tu m und c a en u m als Bild für die moralische

6,3

309

Verderbnis 4,17,20, vgl. Novatian. cib. lud. 3,15) werden, sagt Laktanz in ähnlicher Formulierung 6,23,8 (Homosexualität als Einführung des Teu­ fels): h is o b sc e n ita tib u s a n im a s a d s a n c tita te m g e n ita s u e lu t in ca en i g u r­ g ite d e m e r s it.

6,3—9 Erweis des dargestellten Sinnentwurfs ex negativo: Seinen christlichen Sinnentwurf (§ 3 r a tio , wie 6,1) bekräftigt Laktanz durch eine argumentative Gegenprobe (§ 3 u ic is s im , vgl. 10,1), die zei­ gen soll: Nicht christliche Ansätze können keine so umfassende Erklärung für den Sinn der Welt und der menschlichen Existenz bieten wie das Chris­ tentum. Tatsächlich klingen am Anfang (§ 3 ideo [ ...] co lu n tu r, u t ; n a s ­ c im u r ) Formulierungen aus der heilsgeschichtlichen su m m a (6,1) an. Als Gegenentwurf zum Christentum nennt Laktanz den paganen Polytheismus ( cu ltu s d e o ru m , §§ 3.7; e rro re s p r a u a r u m r e lig io n u m , § 5), zudem (§ 5) die philosophische Anschauung, dass die Seelen untergingen. Tatsächlich trägt das, was er dem Christentum entgegenstellt, einerseits die Züge eines pri­ mitiven Opferkultes, der lediglich für materielle (§ 6 f a r e t m e r u m [ ...] e t o d o rem tu r is e t sa n g u in e m p e c u d u m ) Götteropfer vergängliche Güter (§ 3 opes u ic to r ia s h o n o re s) verspricht, andererseits die eines vereinfach­ ten Epikureismus, wie er bei Laktanz öfter zum Zweck der Konstrastierung erscheint (siehe unten zu 12,1-32), der Vorsehung, Sinnhaftigkeit, Interesse der Götter an der Welt und die Unsterblichkeit der Seelen ablehnt. Das dominierende Mittel der Darstellung ist die in ganz unterschied­ licher Weise verwendete rhetorische Frage. Drei Verwendungstypen lassen sich unterscheiden: 1.

In der Periode (§§ 3.5): § 3 ( qui si . . . ) folgt auf sechs anaphorische Kondizionalsätze im Hauptsatz die durch Vergleich (mit dreifacher tarn -Anapher und Synonymenhäufung) zusätzlich aufgeladene rhe­ torische Frage {q u id ) nach dem Sinn der Existenz von Welt und Mensch. § 5 geht der Frage {q u a e p o te s t esse r a tio ) ein umfangrei­ cher, hyperbolisch formulierter {q u o d si e s t d ic tu n efa s nec p u ta n d u m e s t f ie r i p o s s e u t n o n ... ) Kondizionalsatz mit zwei untergeordneten Nebensätzen voraus. Den hypertroph-hyperbolischen Eindruck be­ kräftigt noch, dass eine Antwort {p ro fe c to n u lla ) folgt. 2 . In der anaphorischen Parataxe (§ 4): Die letzte von vier mit c u r eingeleiteten Fragen wird erweitert durch drei Kondizionalsätze. 3. In Variatio (§ 6-8): Es herrschen q u id -Fragen (dreifach § 7) nach dem Sinn bestimmter Schöpfungseinrichtungen vor. Dazwischen stehen Variationen mit einzelnen Synonymen (§ 6 an, § 7 c u r ), gehäuften anderen Fragewörtern (§ 7 qu am r a tio n e m [ ...] a u t a quo [ ...] c u r a u t qu an do a u t qu ou squ e q u a ten u s [ ...] a u t q u a m ob r e m ; § 8 qu om odo a u t quare a u t u n d e ) und eine Satzfrage ohne Fragepartikel (§8).

K om m entar

Die Fragen wiederholen in unterschiedlicher Form die Grundaussagen des heilsgeschichtlichen Entwurfs: Die Welt ist für den Menschen erschaffen (§ 4), der Mensch zur Verehrung Gottes (§3) und zur ewigen Gemein­ schaft mit diesem (§§ 7f.). Dies zeigt, dass es hier nicht um eine Widerlegung des Polytheismus als eines konkurrierenden Sinnentwurfs geht (so VAN R o o ijen -D ijk m an 64f.), sondern um die diskursive Vertiefung der eigenen Lehre und deren verfestigende Wiederholung in der didaktischen, beinahe katechismushaf­ ten Form der Frage. Zudem führt Laktanz hier unterschwellig das Thema der Unsterblichkeit der Seele ein, die im zweiten Hauptteil (Kapitel 8 bis 13) ausführlich erörtert wird: Zunächst (§5) weist er darauf hin, dass man­ che Philosophen die Sterblichkeit der Seele lehren, dann (§§ 7f.) geht er die paganen Religionsvorstellungen unter drei Gesichtspunkten durch, nämlich unter Nichbeachtung (§ 7 siu e ig itu r in te r e u n t a n im a e siu e in a e te r n u m m a n e n t ), Ablehnung (§ 7 qu id d ii ex cu ltib u s eo ru m a sse q u u n tu r qui p o s t m o r te m n ih il fu tu r i s u n t? ) und Annahme (§ 8 u el s i m a n e n t a n im a e p o s t o b itu m ) der Unsterblichkeit der Seele. 6,3 cultu deorum: , Verehrung vieler GötteU, ,Götzenkult‘, ,Polytheismus‘, wie etwa 22,12 im p io s cu ltu s m a n u f a c to r u m d e o ru m ; 2,1,1.6; 3,12,30 etc. Siehe aber auch oben zu 1,3 c u ltu m dei. ratio ulla subsistat: Siehe oben zu 3,24

ra tio u lla su b s is ta t.

opes uictorias honores: O pes und h o n o re s erscheinen öfter als Beispie­ le für ephemäre Güter (1,1,1 etc.), daneben verweisen mehrfach weitere Glieder, wie hier u ic to r ia e , auf den militärisch-machtpolitischen Bereich ( im p e r ia : 5,12,6 (aus Cic. rep. 3,27); 5,21,10; p o te n t ia e : 3,11,14; g lo ria , p o te n tia : 6,6,7). ad praesens: Siehe unten zu 15,4

ad p ra e s e n s.

si sine causa . . . prouidentia nulla uersatur: Versatzstücke aus den vorhergehenden Ausführungen sind aufgegriffen, vgl. 3,26 si ergo sin e cau ­ sa nec e s t nec f i t o m n in o qu icqu am , [ ...] in s a n i qui p r o u id e n tia m n o n esse d ix e ru n t. 5,9 (für den Schöpfungsplan Gottes) in n u m e ra b ile s a n im a s p r o ­ creare

4,1

n ecesse e s t [ ...] h o m in e m [ ...] p r o u id e n tia c re a u e rit.

si casu nobism et ipsis ac uoluptatis nostrae gratia nascimur: Evo­ ziert ist Epikur, der bei Laktanz als Vertreter einer Weltentstehung durch Zufall (1,2,1; 5,20,13; opif. 2,10; vgl. ira 10,35) und des Lust als Daseins­ zweck (3,17,35 u o lu p ta tis [ ...] c a p ie n d a e cau sa n a sc i h o m in e m p u ta u it) erscheint. si nihil post m ortem sumus: Wie 6,7, vgl. 2,1,3 e x is tim a n t [sc. q u id a m p h ilo s o p h i , gedacht ist anscheinend an die Epikureer/ [ ...] n o s [ ...] p o s t m o r te m n ih il fu tu ro s; 3,19,1; 5,18,2.

6,4

311

incredibili m agnitudine, tum mirabili ratione constructus: T um (,zudem‘) trennt die schiere Größe von der sinnhaften Ordnung; zur Topik und Formulierung vgl. beispielsweise 1,2,5 n e m o e s t e n im ta m r u d is , [ ...] quin [ . . . ] [sc. p r o u id e n tia m ] e sse in te lle g a t ex ip sa re ru m m a g n itu d in e m o tu d is p o s itio n e c o n s ta n tia u tilita te p u lc h r itu d in e te m p e r a tio n e nec p o s s e fie r i quin id quod m ira b ili r a tio n e c o n s ta t co n silio m a io re aliquo s i t in s tr u c tu m .

6,4 cur etenim uentorum spiritus citent nubes: Vgl. die u e n to r u m a sp ira tio als Zeichen der sinnhaften Weltordnung 3,25 und 4,7; ira 13,7 u e n to ru m s p ir itu a ttr a h u n tu r nubes u t s a ta im b rib u s in r ig e n tu r .

cur em icent fulgura, tonitrua mugiant: Blitz und Donner (häufig zu­ sammen erwähnt, vgl. ThLL VI,1 1519,34ff.; zu den je nachklassischen Verbaljunkturen ThLL V,2 464,60f.; VIII 1159,71f.) führen von der Schau des beeindruckenden Himmels zum nutzbringenden Regen. Anregung für die Formulierung könnte sein Min. Fel. 5,9 (in der atomistisch-mechanistischen Kosmologie des heidnischen Dialogteilnehmers Caecilius) : to n itr u a m u g ire, ru tila re fu lg o ra , fu lm in a p ra e m ic a re .

imbres cadant: Zusammen mit Wind wie 4,7 a u t a d s p ir a tio n e u e n to ru m a u t u m o re im b r iu m , wo also Wolken, Blitz und Donner fehlen, da sie nicht das Wachstum fördern; als Ursache für Fruchtbarkeit wie 3,17,20 si n u lla p r o u id e n tia est, c u r im b re s ca d u n t, fr u g e s o riu n tu r, a rb u sta fr o n d e s c u n t?

ut fruges terra producat: B r a n d t ersetzt das einmütig überlieferte u t durch cur. Doch ist die Konjektur unnötig: Die Gedanken werden as­ soziativ, aber schlüssig in drei nach dem Gesetz der wachsenden Glieder angeordneten und mit c u r eingeleiteten Fragesätzen entwickelt. Zunächst wird nach dem Sinn des Windes gefragt, der die Wolken treibt, dann, aus­ gehend von den Wolken, nach dem Sinn von Blitz, Donner und Regen. Dessen offensichtlicher Nutzen (er ermöglicht das Wachstum von Pflan­ zen) wird in einem Konsekutivsatz zunächst nur beschrieben. Die dritte Frage knüpft daran an. Sie führt über die Wetterphänomene hinaus und dreht sich um den Sinngehalt des soeben erwähnten Zusammenhangs zwi­ schen Regen und Wachstum: Warum solle sich die Natur insgesamt über­ haupt um Fruchtbarkeit mühen? Der u t - Satz führt den Gedanken also von der himmlischen zur irdischen Sphäre, von den Wetterphänomenen zum Wachstum in der Natur. - Zur Formulierung fru g e s te r r a p ro d u c a t vgl. Vet. Lat. gen. 1,12 (cod. 111) p r o d u x it te r ra h e r b a m ; ThLL X,2 1636,35ff.; das Motiv wie 4,7; 5,12.14. uarios fetus alat: Möglicherweise synonym zu fr u g e s p ro d u c a t (vgl. ThLL VI,1 638,55ff., v.a. 68f.), vielleicht aber auch komplementär auf das tieri­ sche Leben zu beziehen. Zum Motiv der Vielfalt siehe oben 5,12 fe c u n d ita ­ te m . . . Die Junktur fe tu s a lit (opif. 10,27 für die weibliche Leibesfrucht)

K om m entar

könnte gewählt sein nach Verg. georg. 2,325-327 (zitiert 1,5,19), wo sie für das Fruchttragen der Erde durch den Regen beim Ιερός γάμος steht. nihil est in nobis maioris em olum enti deo: Offensichtlich formuliert nach den 3,13 zitierten Lukrezversen 5,165f. qu id e n im im m o r ta lib u s a tqu e beatis / g ra tia n o stra qu ea t la r g ir ie r e m o lu m e n ti.

6.5 dictu nefas: Wie Cic. Cato 13; Verg. Aen. 3,365. m axim am rationem [...] constitutum [...] m axim a ratione consta­ re: Parallelismus mit Variatio durch die laut verwandten Verben c o n stitu e re (wie 6,7; 9,6; 1,3,13; 2,8,56 für die Gestaltung der Schöpfungsordnung, vgl. Loi L a tta n z io llOf.) und c o n sta re (mit r a tio n e wie 1,2,2.5 etc.). in hac persuasione . . . animas interire: 3,17,34 (vgl. epit. 31,5) be­ zeichnet Laktanz die Meinung, dass die Seelen zugrunde gingen (3,17,33 in te r e u n t a n im a e ) als p e r s u a s io des Epikur, Demokrit oder Dikaiarch. 6.6 habent dicere: Ciceronisch (vgl. etwa nat. deor. 3,93; ThLL VI,3 2438,27ff.), entgegen G l a e s e n e r (M o d e s 31) und E g g e r (49f.). suis quaeque tem poribus exhibeant: Zum Motiv der göttlichen Nah­ rungsspendung zur rechten Zeit siehe oben zu 4,9 o m n ia iis n e c e ssa ria ... far . . . sanguinem pecudum: Laktanz zählt vier Opfergaben auf, die im römischen Opferwesen (vgl. L a t t e 375-381; J. R ü p k e , Die Religion der Römer, München 2001, 140-146) eine wichtige Rolle spielen und un­ terschiedliche Opferformen repräsentieren und als Klimax vom einfachsten zum wertvollsten Opfer angeordnet sind: 1.

(eigentlich ,Speltweizen‘, vgl. C. H ü n e m ö r d e r , DNP 4 [1998] 427) wird öfter (bei Laktanz nur hier) als Opfer erwähnt (vgl. ThLL VI,1 278,6ff. 37ff.) und üblicherweise im Rahmen von Opferhand­ lungen gebraucht (L.A. M o r i t z , KIP 2 [1975] 515), und zwar im Opferkuchen (lib u m ) oder als Opferschrot (m o la s a ls a , zu deren Ver­ wendung L a t t e 387). 2. Wein (m e r u m , als Opfergabe wie mort. pers. 37,2 und öfter, vgl. ThLL VIII 849,79ff.) wird über dem Altarfeuer ausgegossen (vgl. 6,1,5 u in u m \ A. G u t s f e l d , DNP 12/2 [2003] 436; M. H a a s e , DNP 12/1 [2002] 752L). 3. Weihrauchopfer (tu s \ vgl. 1 ,2 0 ,2 0 ; 2 ,4 ,1 5 etc.; C. H ü n e m ö r d e r , DNP 1 2 / 2 [2003] 4 1 8 mit weiterer Literatur) sind ebenfalls geläufig. 4. Blutige Tieropfer werden vor dem Altar dargebracht (zur Sache vgl. L a t t e 3 8 8 ; zum Ausdruck sa n g u is p e c u d u m im Zusammenhang da­ mit 5 ,1 9 ,3 0 ; 6,2,9; Verg. Aen. 5 ,7 3 6 ) . F ar

neque usui . . . possent exhibere, cum uellent: Zur Bedürfnislosigkeit der Götter siehe oben zu 4,8 p o te s t e sse sin e m u n d o ... Die Wiederholung

313

6,7 - 6,8

von exh ibere , mit dem oben die Bereitstellung aller Güter durch die Götter bezeichnet war, betont deren Fähigkeit, sich Gewünschtes zu verschaffen. 6.7 in aeternum manent: Siehe oben zu 3,16 cultus deorum: Siehe oben zu 6,3

P la to

....

cu ltu d eo ru m .

a quo: ,νοη welchem (dieser vielen Götter) constitutus: Siehe oben zu 6,5

m a x im a m r a tio n e m

....

intereunt succedunt renouantur: Hier als Beispiel einer sinnlosen Exi­ stenz. Die Formulierung lehnt sich aber an die Begründung der Fortpflan­ zungsfähigkeit (5,14) an, die der Mensch habe, u t [ ...] p e ra c to te m p o ra lis u ita e sp a tio ced eret e t illu d , quod fra g ile a tq u e in b ec illu m g e re b a t, p e rp e tu a su c c e ssio n e re n o u a re t.

quid dii . . . nihil futuri sunt: Der Gegenentwurf zur dargebotenen christlichen Lehre, dass Gott den Menschen erschaffen habe, damit dieser in Ewigkeit in Gemeinschaft mit ihm lebe (5,27; 6,1), verdeutlicht deren Sinn. Siehe auch oben zu 6,3 si n ih il ... 6.8 obitum: Als lectio difficilior vorzuziehen gegenüber m o r te m , das dem vorausgehenden (6,7) p o s t m o r te m angeglichen sein dürfte. Siehe auch oben 78 Anm. 16. quid de iis faciunt facturiue sunt: Wiederum (siehe oben zu 6,7 qu id d ii . . . ) Gegenentwurf zu 5,27; 6,1: Selbst dass die Menschen ein Leben nach dem Tod haben, wäre zwecklos ohne die ewige Gemeinschaft der Menschen mit Gott, wie das Christentum sie lehrt. thesauro animarum: Gemeint ist die oben (5,9; 2,10,2) geschilderte Fä­ higkeit und Absicht Gottes, eine möglichst große Anzahl von Seelen zu er­ schaffen: Gott will sich einen , Schatz an Seelen ‘ erwerben. Laktanz kehrt offensichtlich das Bild vom , Schatz im Himmel· (siehe unten zu 27,1 a d a e te r n a ... ) um und verdeutlicht damit den Wert, den diejenigen Seelen für Gott haben, die zum Leben bei ihm gelangt sind. ipsi illi ex quo fonte oriuntur: Die Frage nach der Herkunft der paganen Götter stellt sich, nachdem diejenige nach der Herkunft der Menschen (sie sind aus Gottes Heilswillen geschaffen) geklärt ist. unde m ulti sunt: Greift den Anfang der Argumentation (6,3 si m u lti s u n t) wieder auf. - Die letzten Fragen nach dem Ursprung der vielen Götter sind streng genommen nicht rhetorisch, da sich die Antwort nicht von selbst versteht. Laktanz bietet dafür zwar eine Erklärung (1,8,8; 1,12,Iff.: Erhebung von Menschen zu Göttern), verweist aber nicht darauf, da die Auseinandersetzung mit dem Polytheismus hier nicht Gegenstand, sondern Mittel zur Verdeutlichung des christlichen Sinnentwurfs ist.

K om m entar

6,9 sum m a quam superius comprehendimus: Die Zusammenfassung des heilsgeschichtlichen Entwurfs 6,1. ad nihilum [...] reuoluantur: ,aufs Nichts zurückgeworfen werden^, un­ gewöhnlicher Ausdruck. 7,1—14 Bew ertung der paganen Philosophie: Vor dem Hintergrund des zusammenhängenden und umfassenden christ­ lichen Sinnentwurfs (6,1, dazu § 1 qu am s u m m a m ), den er als eine Art Weltformel versteht, setzt sich Laktanz nun grundsätzlich mit den Er­ kenntnismöglichkeiten der paganen Philosophie auseinander. Nach W i n ­ g e r (II 452) ist dies „der vielleicht erste wissenschaftstheoretische Versuch der Inanspruchnahme der Philosophie für die Theologie.“ Der Abschnitt ist gedanklich klar strukturiert: 1. Einleitung (§ 1): Unkenntnis des umfassenden Sinnentwurfs führt zum Scheitern der paganen Philosophie. 2. Erkenntnistheoretische Einordnung der paganen Philosophie (§§ 27): Sie hat eigentlich die gesamte Wahrheit erkannt, aber durch das destruktive Vorgehen der Akademie und den erbitterten Streit zwi­ schen den Schulen blieb sie im Dissens stecken. 3. Konkretisierung anhand der Einzel Wahrheiten (§§ 8-13, dazu unten) 4. Fazit (§ 14): Unkenntnis des umfassenden Sinnentwurfs führt zum Scheitern der paganen Philosophie, obwohl fast alle Einzelwahrheiten erkannt worden sind. Auf der einen Seite schreibt Laktanz der paganen Philosophie insgesamt eine weit reichende Erkenntnisfähigkeit zu, betont dabei aber die Not­ wendigkeit des Eklektizismus1: p a r tic u la tim u e r ita s ab iis to t c o m p re h e n sa e s t (§ 7). Auf der anderen Seite steht die Kritik an der paganen Philo­ sophie, die sich gleichermaßen gegen destruktiven Erkenntniszweifel und gegen voreingenommene Erkenntnissicherheit richtet. Laktanz scheint da­ bei in erster Linie Ciceros A c a d e m ic i lib ri im Blick zu haben, in denen dieser Konflikt zwischen Skeptizismus und Dogmatismus idealtypisch vor­ geführt wird. Insbesondere findet sich dort zum einen das Bild des dogmatistischen Philosophierens, das den Anschluss an eine Schule und die Ablehnung alles Abweichenden verlangt, also ein Auswählen verhindert,2 1 Zum Eklektizismus des Laktanz siehe oben 227 Anm. 4; zur hier gezeigten Offenheit als Neuerung gegenüber den anderen Kirchenvätern P icho n 252f.; B l u m e n b e r g 490f. 2 So wird Cic. ac. 2,125f. die dogmatistische H altung des Antiochos kritisiert, die verlange, dass m an seiner Schule auch in Einzelaussagen folge, die nicht plausibel oder widerspruchsfrei erschienen. - Auch der imaginierte Auswählende des Laktanz (§ 4), der die Einzelwahrheiten Zusammentragen will, könnte von Cicero angeregt sein. Denn eine fiktive G estalt, die aus unterschiedlichen philosophischen Lehrmei-

315

7,2

zum anderen aber auch, in der akademischen Widerlegung solcher dog­ matist ischen Tendenzen, das Bild des alle Erkenntnis leugnenden und alle philosophische Einsicht zunichte machenden Akademikers (§ 2). Die A c a ­ d e m ic i lib ri scheinen hier nicht nur eine strukturelle Anregung zu geben, sondern stellenweise auch als Quelle herangezogen zu sein, siehe unten zu § 2 p h ilo s o p h ia m ... und quod e s t p o tiu s . . . , § 5 re p u d ia re . . . , § 8 u el o m n ia ... und s o lle r tis s im a e . . . , § 11 ad u ir tu te m . . . , § 12 im m o r ta le s . . . 7.1 quam summam: Gemeint ist die 6,lf. gegebene Zusammenfassung. quamuis ea fere . . . explicauerint: Dass Philosophen zwar Einzelwahr­ heiten richtig gesehen und erklärt, aber die gesamte Wahrheit in ihrem Zusammenhang und im Rahmen der in den Kapiteln 4 - 6 entworfenen Teleologie nicht erfasst haben, ist auch das Ergebnis des der Auseinander­ setzung mit der Philosophie gewidmeten dritten Buches (dort Kapitel 27 - 29, v.a. 3,27,1). diuersi ac diuerse: Abundantes Polyptoton wie Chalc. comm. 257; Aug. cons, euang. 3,2,6; vgl. Cic. Att. 3,23,5 qu em ego m is e r u m m ise re p e r ­ didi: ; hier durch ac unterschieden vom Typ a lii a lite r (Cic. fam. 1,13,1), vgl. LHS II 707f. Die Formulierung drückt nicht nur semantisch, sonder auch morphologisch das verwirrende Nebeneinander der unterschiedlichen philosophischen Richtungen aus. consequentia: ,Folgen‘, vgl. ThLL IV 411,1 Iff. Die varia lectio q u e n tia s ist wohl Analogie zu r a tio n e s , vgl. S ta n g l 248.

c o n se ­

compingerent: wie opif. 10,11 ,zusammenfügen‘, hier aber im seltenen übertragenen Gebrauch, vgl. ThLL III 2073,35ff. 7.2 philosophiam nos euertimus: Nach Cic. ac. 2,15 s titu ta m p h ilo s o p h ia m e u e r te r e t ; vgl. 3,4,2; 3,6,7. ut Academ ici solent: Siehe oben zu 5,2

A rc e sila s qui co n ­

o m n e m p h ilo s o p h ia m

...

quod est potius calumniari et illudere: Laktanz greift hier auf den bei Cicero erwähnten Vorwurf der c a lu m n ia (d.h. unlauterer und heim­ tückischer Argumentation) gegen die Akademie zurück (ac. 2,14.65; nat. deor. 2,20; fat. 31; in Augustins Zeit noch geläufig: c. acad. 2,1,1; epist. 103,1) und verbindet ihn mit dem spöttischer Herablassung. Sehr nahe kommt der Junktur mit illu d e re Cic. rep. 3,9 (vgl. Sest. 75; S.Rosc. 55): u t nungen auswählt, erscheint bei Cicero in zweierlei Ausprägung: Zum einen ist die Rede von einem nach Weisheit Strebenden, der angesichts der unterschiedlichen Ansichten der Naturphilosophen nicht weiß, quam potissimum sententiam eliget et disciplinam (Cic. ac. 2,117). Zum anderen stellt Cicero zwei Weise einander gegenüber, einen skeptischen, der in jedem Einzelfall kritisch prüft, und einen dogm atistischen, der ein gesamtes Lehrgebäude akzeptiert (Cic. ac. 2,124.128).

K om m entar C a rn e a d i r e s p o n d e a tis, qui sa e p e o p tim a s ca u sa s in g e n ii c a lu m n ia lu d ifica ­ ri so le t. Diese Parallelen zeigen auch, dass B r a n d ts Konjektur c a u illa ri

unnötig ist. 7.3 elapsa illis ueritas: Siehe oben zu 5,2

u e r ita s illi . . .

7.4 quodsi extitisset aliquis . . . : Siehe oben 314 mit Anm. 2. ueritatem sparsam [...] diffusam colligeret in unum: Zum Bild der verstreuten Wahrheit vgl. 22,6, zu deren Sammlung (verstärkendes in u n ­ u m wie 8,2; Cic. Verr. II 2,147; Ov. met. 8,319 etc.) 8,2f.; 3,17,11 ex ig u a m u e r ita tis a u ra m c o llig e r e ; Sen. epist. 95,61. is profecto non dissentiret a nobis: Aus der paganen Philosophie Ent­ sprechungen zu christlichen Wahrheiten auszuwählen und die Übereinstim­ mung herauszustellen, ist grundlegendes Argumentationsmuster der christ­ lichen Apologetik, vgl. etwa Min. Fel. 20,1 (mit C la r k e z. St. 272f.); F ied ro w icz 149-155. Die Zusammenstellung der Einzelwahrheiten er­ wähnt dabei beispielsweise auch Clem. Alex, ström. 1,13,57,6 ό δέ τα διηδημένα συνθεις αυθις καί ένοποιήσας τέλειον τον λόγον ακινδύνως ευ ισθ’ οτι κατόψεται την αλήθειαν. Vgl. VAN R o o d en -D ijk m an s (37f.) Rechtferti­ gung der apologetischen Methode des Laktanz gegen C olom bo (3f.). non nisi [...] doctus a deo: Dass Gott in seiner Offenbarung die Men­ schen das Heilsgeheimnis , lehrt6, ist ein durchgängiges Motiv bei Laktanz, so etwa 1,6; 2,3; 2,3,23 h o m o a u te m p e r se ip s u m p e ru e n ire a d h a n c s c ie n ­ tia m n o n p o te s t, n is i d o c e a tu r a d e o ; 4,26,23; epit. 26,5; vgl. ira 1,6; Tert. apol. 45,1; B ra u n 424 mit Anm. 6. 7.5 repudiare [...] eligere [...] probare: Diese Verben beschreiben auch Cic. ac. 2,117f. (zur Bedeutung der Stelle hier 314 Anm. 2) die Auswahl der Wahrheit. sed si uel casu . . . : Vgl. 3,18,1 n o n s c ie n tia , se d casu in c id e r u n t in u e r ita te m . Unklar ist zunächst u el c a s u : Heißt es , sogar durch Zufall· oder beispielsweise durch Zufall· (vgl. OLD 5 und 4b, ähnlich ambivalent 2,4,24 p o te s t id u el casu a c c id isse , quod ... ; 6,23,34 a d u lte ra m e n im f ie r i m e n te m , si u el im a g in e m u o lu p ta tis sib i ip sa d e p in x e r it )? Freilich würde man , sogar6 eher vor id oder efficeret erwarten; die Zufälligkeit ist nicht das Entschei­ dende. Vor allem aber ist die bei , sogar6sich ergebende konzessive Sinnrich­ tung des Kausalsatzes mit c e r tis s im e p h ilo s o p h a r e tu r unvereinbar. Ferner könnte c e r tis s im e p h ilo s o p h a r e tu r als Satzadverb (,es geschähe ganz zwei­ fellos, dass er Philosophie triebe6) oder als Verbalattribut (,er könnte ganz treffsicher philosophieren6) aufgefasst werden. Prädikatives c e r tis s im e er­ scheint erst in der christlichen Latinität (vgl. e ru d itu s c e r tis s im e Vet. Lat. act. 22,3 [cod. 50]; c e r tis s im e sc ire I Thess. 5,2 [Tert. resurr. 24,10] etc., ThLL III 932,57ff. ( c e r te ; 942,29ff. c e r to ). Hingegen spricht für c e r tis s im e

7,6 - 7,8

317

als Satzadverb, dass p h ilo so p h a r i (anders als e ru d itu s oder sc ire in den obi­ gen Beispielen) nicht gradierbar ist und nur selten mit Adverb erscheint (vgl. ThLL X,1 2032,3; vgl. Min. Fel. 13,3 A c a d e m ic o r u m [ ...] d u b ita tio , quo g en ere p h ilo so p h a r i e t ca u te in d o c ti p o s s u n t e t d o c ti g lo r io s e .). Und doch scheidet ein solches Verständnis von c e r tis s im e aus zwei Gründen aus: (1) Das Philosophieren hier muss sich nach dem (zufälligen) Auffinden der Wahrheit von dem Tun vorher unterscheiden, das auch ein Philo­ sophieren gewesen sein muss. C e r tis s im e beschreibt diesen Unterschied. (2) Umgekehrt zwingt ein Verständnis von c e r tis s im e als Satzadverb dazu, p h ilo s o p h a r i prägnant als eigentlichen Sinnträger zu fassen, beispielswei­ se pejorativ: , . . . , würde er ganz zweifellos doch n u r Philosophie treiben/ Dabei wäre das starke c e r tis s im e letztlich überflüssig. B o w e n /G a rn s e y lassen es konsequenterweise weg (406: „but if that did happen, even by chance, it would be a philosopher’s act.“). Und nur mit einem solchen schwer akzeptablen Verständnis wäre die konzessive Deutung von u el als ,sogar‘ vereinbar. - Der Sinn muss also sein: ,Aber wenn er dies, beispiels­ weise durch Zufall, doch schaffen würde, dann könnte er ganz treffsicher philosophieren/ Laktanz fingiert somit den Fall, dass jemand irgendwie all die Wahrheiten fände, die in der Offenbarung enthalten sind: Dann könn­ te derjenige alles sicher erkennen { c e r tis s im e p h ilo s o p h a r e tu r ). Das passt zur Fortsetzung { e t q u a m u is . . . su o lu m in e ): Lediglich die Schriftbelege würden ihm fehlen, doch wäre die Wahrheit aus sich selbst heraus ein­ sichtig (vgl. W in g e r II 409). Dahinter steht ein überaus rationalistisches Verständnis der (schriftlich fest gehaltenen) Offenbarung: Nur sie bietet die umfassende Erkenntnis, enthalte jedoch nichts Einzelnes, was nicht auch ohne sie erkannt werden könne. 7.6 incursantque: Für die Kritik an einer philosophischen Meinung ist der Ausdruck ungewöhnlich stark; das Verb erscheint nur hier bei Laktanz und erstmals übertragen auf den Menschen gebraucht, sonst für Bedräng­ nisse oder Dämonen (vgl. ThLL VII,1 1092,3ff.; 1091,26ff.) passim sine dilectu: P a s s im erweitert mit sin e wie 2,5,13; epit. 37,5; Liv. 27,16,5; Apul. met. 8,17,2; Ulp. dig. 23,2,43,1; Arnob. nat. 7,27. 7.7 ad uerum propius accederet: Siehe oben zu 1,16

h is [ ...] a cced en t.

7,8—14 K onkretisierung anhand der Einzelwahrheiten: Mit der nochmaligen Feststellung, dass die Philosophen nur Einzelwahr­ heiten erkannt haben, schließt Laktanz die erkenntnistheoretischen Über­ legungen 7,1-7 ab. Die darin formulierte Aussage, dass die pagane Phi­ losophie zwar Richtiges gesagt, dieses aber stets auch wieder zugunsten von Falschem bestritten habe, belegt er am Beispiel von fünf Lehrmeinun­ gen, die sich auf die bislang im siebten Buch angesprochenen Grundfragen beziehen:

K om m entar

1. 2. 3. 4. 5.

Erschaffung der Welt durch Gott (§8) Erschaffung der Welt um der Menschen willen (§ 9) Streben nach Tugend als Daseinszweck des Menschen (§ 11) Unsterblichkeit der Seelen (§ 12) Bestrafung der Schlechten und Belohnung der Guten im Jenseits (§ 13)

Die Vorgehensweise folgt demselben Schema: 1. Wiedergabe der wahren Aussage eines Philosophen oder einer Phi­ losophenschule 2. Feststellung der Übereinstimmung mit der christlichen Lehre 3. Gegenüberstellung einer widersprechenden, somit falschen Anschau­ ung Die für die pagane Philosophie nicht zu beantwortende Frage c u r [ ...] f o r ­ m a tu s s it h o m o (§ 10) wird unter Durchbrechung des Schemas nur erwähnt. Am Ende (§ 14) steht die Wiederholung des Beweisziels, abgerundet durch das Stichwort s u m m a , von dem die Entfaltung 7,1 auch ausgeht. In seiner Interpretation des Abschnittes stellt M a s l o w s k i zu Recht heraus, dass die mit dem Christentum übereinstimmenden Ansichten aus­ schließlich aus der stoisch-platonischen Tradition stammen (192). Dass die Epikureer, obwohl sich alle als unwahr gekennzeichneten Positionen bei ihnen fänden, in den Hintergrund träten und statt ihrer allgemein die Atomisten als Gegner des Christentums erschienen, erklärt er damit, dass Laktanz sich nicht mit einem lebendigen Epikureismus auseinandersetze, sondern doxographisch argumentiere (193-204). Dieser Gedanke ist noch weiter zu verfolgen: Ziel der Passage ist nicht, Gegner und Verbündete des Christentums aufzuzählen, vielmehr geht es um die Exemplifizierung des 7,1-7 über die verstreute Wahrheitserkenntnis Gesagten. Dabei ergibt es sich fast zwangsläufig, dass auf der einen Seite die stoisch-platonische, auf der anderen Seite at omistische und materialistische Ansätze stehen. Denn für Laktanz entscheidend ist die Haltung zum Wirken Gottes und der Vorsehung. Insbesondere die Peripatetiker Dikaiarch ( M a s l o w s k i 196) und Straton (zur Anspielung auf diesen siehe unten zu 7,8 u el o m n ia su a sp o n te ... ; M a s l o w s k i 200b), der Cic. ac. 2,121 (siehe auch oben zu 5,2 o m n e m p h ilo s o p h ia m . . . ) als Gegner einer Providenzlehre erscheint, sind sicher nicht als Atomisten, sondern als Materialisten genannt. 7,8 factum esse a deo m undum dixit Plato: Siehe oben zu 3,12

quod

a P la to n e s u m p s e r u n t, a deo fa c tu m e sse m u n d u m .

idem prophetae loquuntur: Hier für die biblische Überlieferung ins­ gesamt, insbesondere natürlich die Schöpfungsdarstellung Gen 1,1 - 2,4a, siehe auch oben zu 1,6 p ro p h e tis .

7,8

319

idem que ex Sibyllae carminibus apparet: Gedacht ist wohl insbe­ sondere an die 2,11,18 als Beleg für die göttliche Schöpfung zitierten drei Sibyllinenverse (= or. Sib. frg. 5 G e f f c k e n ) . uel omnia sua sponte . . . conglobatis: Mit o m n ia su a sp o n te n a ta be­ schreibt Laktanz die eine Vorsehung leugnende Position (2,11,13; opif. 4,13 in Zusammenhang mit der Atomtheorie, vgl. Lucr. 5,16f.), auf welche die Philosophie in ihrer Unfähigkeit zurückfällt, den göttlichen Schöpfungsplan zu erfassen (3,28,4; 5,20,14). Laktanz weist die Äußerung keiner bestimm­ ten Schule zu, will sie also allgemein auf mechanistische Ansätze bezogen wissen (vgl. epit. 62,6). Im Hintergrund stehen könnten die Epikureer. Je­ doch scheint die Gliederung mit u el ... u el zwei unterschiedliche Aspek­ te anzudeuten (INGREMEAU C o lere 267). In diesem Fall wäre zum einen an Straton von Lampsakos zu denken ( M a s l o w s k i 199L). Über ihn sagt Laktanz ira 10,1: ( n a tu ra m u ero, u t S tr a to n a it, habere in se u im g ig n e n d i e t m in u e n d i [...], u t in te lle g a m u s o m n ia q u a si su a sp o n te esse g e n e ra ta .

Ais Quelle käme Cic. ac. 2,121 in Betracht, wo Stratons mechanistische Weltentstehungslehre und dessen Abgrenzung von der atomtheoretischen Demokrits, die Laktanz dann als zweiten Aspekt andeuten würde, darge­ stellt sind: L a m p sa c e n u s S tr a to [ ...] d o cet o m n ia effecta esse n a tu ra , nec u t ille qui a sp e ris e t leu ib u s e t h a m a tis u n c in a tisq u e co rp o rib u s c o n c re ta haec esse d ic a t in te r ie c to in a n i: s o m n ia c e n se t h aec esse D e m o c r iti. Erwähnt wird Demokrit erst 7,9. - Zu m in u tis se m in ib u s co n g lo b a tis vgl. epit. 62,2; ira 9,4 E p ic u r u s [ ...] d ix it [ ...] n a tu ra m re ru m q u ib u sd a m m in u tis s e m in i­ bus e t in seca b ilib u s co n g lo b a ta m . Laktanz verwendet s e m in a m in u ta (auch opif. 4,13; epit. 31,4; ira 10,3.23) allgemein für die Atome ( m in u tu s seit

Lukrez für Atome, vgl. ThLL VIII 1041,16-21), Lukrez nur für die klei­ nen und beweglichen Seelenatome (3,187.226; zum bildhaften Charakter im Sinn von ’kleine Samenkörner’ Varro rust. 3,14,5; übertragen Cic. Cato 52, entgegen W o j t c z a k C icero 62 ohne Einfluss auf Laktanz). Mit s e m i­ n a con globata bezeichnet Laktanz (auch 3,17,21; ira 10,11; vgl. 2,8,50; ira 10,31) die Zusammenballung von Atomen (vgl. ThLL IV 283,34ff.). prudentissim o auctore: P r u d e n s über das Schöpfungshandeln Gottes opif. 19,8 add. 3. A u c to r , bei Laktanz selten als Gottesprädikat, hier wie 2,8,55; vgl. Loi L a tta n z io 112f.; 69. ipsa ratio qua . . . sentiuntur: Vgl. 3,22; 1,2,5; 3,20,13; ira 10,52; als Lehre der Stoiker 1,2,2; 2,5,19. non potuit: Die pleonastische Negation ist kein Anstoß (LHS II 804; S t a n g l 445). sollertissim ae m entis artificem: Vgl. 1,15,8; 3,3,3; 6,21,6; ira 10,42; Cic. ac. 2,86; Novatian. trin. 3,5. Zu m e n s siehe oben zu 3,4 deu s . . . libera.

K om m entar

7.9 hom inum causa . . . Stoici loquuntur: Siehe oben zu 3,13 ,h o m in u m i ...

S to ic i

diuinae litterae docent: Bezugspunkt ist keine bestimmte Bibelstelle, sondern der Tenor der Schöpfungserzählungen; vgl. 2,8,63 d en iq u e s a n c ­ ta e litte r a e d o c e n t h o m in e m fu is s e u ltim u m d e i o p u s e t sic in d u c tu m esse in h unc m u n d u m q u a si in d o m u m ia m p a r a ta m e t in s tr u c ta m ; illiu s e n im cau sa f a c ta s u n t o m n ia . Laktanz variiert bei den Bezeichnungen für

die Bibel (vgl. M o n a t B ib le I 35-40): Am häufigsten sind d iu in a e lit­ te ra e (auch 10,10; 14,5.15; 1,18,18; 2,12,21 etc., vgl. oben zu 1,5 d iu in a ru m litte r a r u m ) und s a n c ta e litte r a e (15,1; 21,3; 2,8,63; 2,11,19 etc.). Hinzu kommen beispielsweise sa c ra s c r ip tu r a (siehe unten zu 14,7 a rca n is sa c ra e s c r ip tu r a e ), sa c ra e litte r a e (epit. 29,1; 65,6), a rca n a e re lig io n is s a n c ta e lit­ te ra e (2,9,1), sa c ra e u e r ita tis litte r a e (3,16,16) und Umschreibungen mit p r o p h e ta e (siehe oben zu 1,6 p r o p h e tis ) und a rcan a (siehe oben zu 6,2 a rc a n u m ).

D em ocritus . . . ratione: Dass Demokrit (siehe oben zu 1,10 D e m o c r ito ) die Entstehung der Menschen aus Schlamm vertritt (vgl. Aristot. Met. A 14,352b; Diod. Sic. 1,10,1-3; Plin. nat. 9,179 etc.) vertritt, ist auch andernorts (Cens. 4,9, vgl. DK 68 A 139) belegt (Weiteres v a n R o o i j e n D ijk m a n 39). Die Ansicht, dass Würmer aus feuchter Erde entstehen, ist in der Antike seit Aristoteles (hist. anim. 570a) Gemeingut (vgl. I.C. B e a v is , Insects and other invertebrates in classical antiquity, Exeter 1988, 2f.), wird aber auch Lucr. 2,871-878.897-901 (vgl. ira 10,23) in der Erklärung für die Entstehung empfindenden Lebens aus Materie erwähnt. - Vgl. Arnob. nat. 2,7 (mit G i e r l i c h 186), wo Arnobius in der Polemik gegen menschliches Erkenntnisvermögen zur Vorlage Plat. Phdr. 230a hinzufügt, Sokrates habe auch nicht verstehen können, u tru m n e illu m [sc. h o m in e m ] te llu s u lig in is a licu iu s co n u e rsa p u to r e ta m q u a m u e rm e s a n im a u e r it.

7.10 cur enim . . . ille scire non poterat: Zur Unfähigkeit der paganen Philosophie, den Daseinszweck des Menschen zu erklären, 3,12-14; vgl. 6,2. formatus: Siehe oben zu 4,3

fo r m a tu m .

sacramenti: Siehe oben zu 3,14

sa c r a m e n tu m .

deduxit ad nihilum: ,in ein Nichts verwandeln6, aus dem Sprachgebrauch der Vetus Latina, hier erstmals außerhalb dieser belegt, vgl. ThLL V,1 277,54ff. 7.11 ad uirtutem capessendam nasci hom ines . . . : Nach Cic. ac. 2,130 ( B r y c e 125) illo s c e rte m in u s d e sp ic e re d eb em u s: A r is to n e m , qui cu m Z e n o n is f u is s e t a u d ito r re p r o b a u it ea quae ille v e r b is , n ih il e sse bo­ n u m n is i u ir tu te m nec m a lu m n is i quod u ir tu ti e s s e t c o n tra riu m ; 131 a lii u o lu p ta te m fin e m e sse u o lu e ru n t, q u o ru m p r in c e p s A r is tip p u s . Den Stoiker

7,12 - 7,13

321

Ariston von Chios erwähnt Laktanz nur hier, nach Cicero; vgl. aber noch 6,9,22 u ir tu s , u t ab iis [sc. p h ilo so p h is] r e c tis s im e d ic itu r , c a p e sse n d a est, quia c o n s te t ad eam n a sc i h o m in e m ; 3,7,8. Über den hier ebenfalls aus Cicero bekannten Aristipp von Kyrene sagt er andernorts, wie hier, dass er körperliche Lust als höchstes Gut lehre (3,7,7; 3,8,6; epit. 28,3), ferner (3,15,15; epit. 34,7), dass er Gründer der Kyrenaiker sei (dies nach Cic. ac. 2,131; fin. 2,93 etc.) und ein Verhältnis zur bekannten Hetäre Lais gepflegt habe (vielleicht Cic. fam. 9,26,2 oder Anekdotensammlung). Zur Junktur u ir tu te m ca p essere siehe oben zu 1,18 c a p iu n t [ ...] u ir tu te m 7.12 im m ortales esse animas Pherecydes et Plato . . . : Zu Pherekydes siehe unten zu 8,7 P h e r e c y d e s , zu Platon siehe oben zu 1,6 P la ­ to. Die platonischen Argumente für die Unsterblichkeit der Seele handelt Laktanz 8,2-7 ab. Dass der Peripatetiker Dikaiarch von Messene die Exi­ stenz der Seele bestreite, wird bei Cicero öfter erwähnt (ac. 2,124; Tusc. 1,24.41.51.77 a c e rru m e a u te m d e lic ia e m ea e D ica e a rc h u s co n tra h a n c in m o r ta lita te m d is s e r u it) . Cicero stellt Dikaiarch aber nicht neben Demokrit, nur Tusc. 1,77 neben die Epikureern. Zusammen mit Demokrit (zu ihm oben zu 1,10 D e m o c r ito ) und Epikur wird Dikaiarch auch 13,7 als Vertre­ ter der Sterblichkeit der Seele genannt. Während aber bei Cicero Dikaiarch wie Aristoxenos (zu ihm unten zu 13,9 A r is to x e n u s . . . ) die Existenz der Seele leugnet (Tusc. 1,24.41.51), lehrt er nach Laktanz wie Demokrit de­ ren Auflösung ( d is s o lu i) im Tode. Aus dieser Abweichung folgert B r y c e (117f.), dass Laktanz hier nicht Cicero benütze und die zu beobachtenden Übereinstimmungen auf einen gemeinsamen „body of material“ zurückzu­ führen seien. Doch lassen sich alle hier zugrunde liegenden Angaben, wie v a n R o o i j e n - D i j k m a n (40) zeigt, aus Cic. Tusc. 1,38-41 gewinnen: (38) P h e re c y d e s S y r iu s p r im u s d ix it a n im o s esse h o m in u m s e m p ite r n o s [...]. (39) P la to n e m fe r u n t, u t P y th a g o re o s co g n o sceret, in I ta lia m u e n isse e t d id ic is s e P y th a g o re a o m n ia p r im u m q u e de a n im o r u m a e te r n ita te n o n s o ­ lu m s e n s is s e id e m quod P y th a g o ra m , se d r a tio n e m e tia m a ttu liss e . [ ...] (41) D ic a e a rc h u m uero cu m A r is to x e n o aequ ali e t c o n d isc ip u lo su o, d o c to s sa n e h o m in e s, o m itta m u s ; q u o ru m a lte r n e c o n d o lu isse q u id em u m q u a m v id e ­ tu r, qui a n im u m se habere n o n s e n tia t, a lte r ita d e le c ta tu r su is ca n tib u s, u t eos e tia m a d haec tra n sfe rre co n etu r. [ ...]

7.13 Zeno Stoicus docuit . . . : Den Stoiker Zenon von Kition erwähnt Laktanz vielfach als Gründer und Repräsentanten der Stoa (3,6,7 p r i n ­ ceps S to ic o r u m ; 5,3,1; 6,24,14; ira 11,15 etc.), doch lässt sich dies meist auf Cicero zurückführen3. Die Zenon hier zugeschriebene Aussage über 3 G ott als naturalis diuinaque lex (1,5,20) aus Cic. nat. deor. 1,36. Ablehnung des opinari (3,4,If.; epit. 26,2.6) aus Cic. ac. 2,64. Zeno als princeps Stoicorum (3,6,7; vgl. epit. 33,6) und seine Lehre des cum natura congruenter uiucre (3,7,8; epit.

K om m entar

das jenseitige Schicksal der Seelen ist bei VON A r n im als Zenon-Fragment aufgenommen (SVF I 147); Herkunft, Authentizität und Einordnung des Zitates sind unklar. Die hier wiedergegebene Position passt nicht zu den übrigen Zeugnissen über Zenon und die Stoa: Zenon lehrt, wie die späteren Stoiker, nicht die Unsterblichkeit der Seele, sondern nur deren langes Fortbestehen.*4 Zwar halten sich nach Chrysipp und Poseidonios (SVF II 671) die Seelen der Weisen im sublunaren Raum auf.5 Dafür aber, dass die Seelen nach dem Tod an einem Ort der Belohnung oder der Strafe verweilen, fehlen weitere Belege ( H o v e n 66-78). Allerdings scheint die Vorstellung einer schmerzli­ chen ( H o v e n 111) Reinigung der Seele nach dem Tod bezeugt durch Sen. dial. 6,25,1 (siehe auch oben 42 Anm. 50 und unten 509): in te g e r ille [sc. filiu s tu u s] n ih ilqu e in te r r is relin q u en s su i fu g it e t to tu s e x c e s s it; p a u lu m que su p ra n o s c o m m o ra tu s, d u m e x p u rg a tu r e t in h a e re n tia u itia situ m q u e o m n e m m o r ta lis a e u i e x c u tit, d e in d e ad excelsa su b la tu s in te r fe lic e s c u r­ r i t a n im a s. Ein unterschiedliches Schicksal der Seelen der Weisen und der übrigen schreibt Tertullian den Stoikern zu (anim. 54,1): o m n e s fe r m e p h ilo so p h i, qui im m o r ta lita te m a n im a e [ ...] u in d ic a n t [ ...] quique aliqu od illi te m p u s in d u lg e n t ab ex cessu u squ e in c o n fla g ra tio n e m u n iu e r s ita tis , u t S to ic i, su a s so la s, id e s t s a p ie n tiu m , a n im a s in su p e rn is m a n sio n ib u s col­ locan t. Dann (54,4) heißt es, bezogen auf die Lehre des Platon, des Arius und der Stoiker67: reliq u a s a n im a s a d in fe ro s d e ic iu n t.

Die Äußerung des Laktanz wird daher unterschiedlich bewertet: ' Nach R o h d e (II 319f. Anm. 4) deute Laktanz eine Allegorese des Hades platonisierend um. Nach H o v e n liegen hier Gedanken Zenons in „une certaine déformation“ (77) vor. Laktanz übergehe nämlich die Tatsache, dass es sich eigentlich um eine allegorische Ausdeutung der mythologischen Unter­ weltsvorstellung handle. Die Bestrafung der Frevler sei dabei als Reinigung gedeutet, wie sie von Seneca (dial. 6,25,1) erwähnt werde. B r e n a (281 mit 28,5) aus Cic. ac. 2,131. Lehre von der uirtus (3,8,20) nach Cic. ac. 2,134: 3,8,20. Ablehnung des Mitleids (3,23,8; epit. 33,6) aus Cic. Mur. 61. Hinter 4,9,2 (hunc serm onem diuinum ne philosophi quidem ignorauerunt, siquidem Zenon rerum naturae dispositorem atque opificem un iu ersitatis λόγον praedicat, quem et fatu m et necessitatem rerum et deum et anim um Iouis nuncupat, ea scilicet consuetudine, qua solent Iouem pro deo accipere.) könnte Cic. nat. deor. l,36.38f. stehen, vgl. aber die von P e a s e ND I 267 zu uim diuinam in ratione genannten weiteren Stellen.

4

5 6 7

Die Aufzählung Zenons unter berühm ten Selbstm ördern (3,18,5; epit. 38,4) kann aus einer beliebigen Exemplaquelle stam m en. Vgl. SVF I 146; II 774; 817; 822; J. B e l s , La survie de l’äme de Platon à Posidonius, RHR 199 (1982) 169-182. Vgl. SVF II 812; 814; Varro frg. Aug. civ. 7,6 = 226 C ardauns; Cic. Tusc. 1,43; Serv. Aen. 5,735. Vgl. Waszink 551f. Weitere L iteratur B rena 281 Anm. 23.

7,13

323

Anm. 23, vgl. aber unten 512 Anm. 22) schließt ein allegorisches Verständ­ nis aus mit Hinweis auf die erwähnten Unterweltsstrafen, die nicht nur für eine Reinigung stehen könnten, und nimmt an, dass die Stoa in typischer Anknüpfung an volkstümliche Vorstellungen eine Lehre von unterweltli­ cher Strafe und Belohnung vertreten habe.8 Die Vorlage ist also unklar. Die bildhafte Ausschmückung { in te n e ­ b ro sis locis ... h o r r e n d is ) verweist auf poetische Unterweltsschilderungen, insbesondere auf Vergil.9 Vielleicht hat Laktanz also in einem Kommen­ tar zur vergilischen Hadesdarstellung (oder einem verwandten Text) einen Hinweis auf Zenon gefunden,10 beispielsweise auf eine diesem zugeschrie­ bene Mythenallegorese (so ja H o v e n ) . 11 Laktanz könnte hier also aus der­ selben Quelle schöpfen wie 20,8-10 (dazu unten). tenebrosis [...] in caeni uoraginibus: Siehe 323 Anm. 9 palam faciunt: Seit Plautus belegt (ThLL X,1 106,62ff.), bei Laktanz nur hier. Epicurus errauit, qui poetarum . . . : Vgl. 22,1. Zu Epikur siehe oben zu 1,10 E p ic u ru s. Die vorliegende Stelle nimmt U s e n e r als Fragment 341 in seine E p ic u rea auf. Doch während für Epikur selbst eine rationalistische Deutung von Unterweltsmythen nicht belegt ist (vgl. F. C u m o n t , L u crèce et le symbolisme pythagoricien des Enfers, RPh 44 [1920] 229-240, hier 229; B a i l e y II 1157; P. B o y a n c é , Lucrèce et l’Épicurisme, Paris 1963, 180), wenngleich sie natürlich epikureischem Denken entspricht, fin­ det sich eine solche bei Lukrez (3,978-1023). Dieser dürfte Bezugspunkt für Laktanz sein, zumal Lukrez tatsächlich die Unterweltsfabeln in dem Sinne deutet, dass, wie Laktanz sagt, die Strafen in diesem Leben stattfin­ den (p o e n a s quae fe r a n tu r in h ac e sse u ita in te r p r e ta tu s e s t): So entspricht beispielsweise Sisyphos dem karriereversessenen Politiker der auf dem Weg 8 Eine entsprechende Inkohärenz findet B r e n a (281f.) bei Lukan: 6,782-820 findet sich eine Unterwelt mit Elysium und T artarus nach vergilischem Vorbild; 9,6 hin­ gegen steigen die manes des Pompeius auf zum A ufenthalt inter lunae meatus. 9 Tenebrosus für die Unterwelt wie Verg. Aen. 6,107; Ov. met. 1,113; T h o m e 200f.); zu in caeni uoraginibus vgl. Verg. Aen. 6,296, dazu Arnob. nat. 2,14 ( F r e u n d Vergil 285f.). 10 Freilich h ätte Laktanz auch darstellerische Gründe, die vorliegende Lehre nam ent­ lich Zenon zuzuschreiben: Die Stoici kommen bereits 7,9 vor; zwar erscheint auch Platon zweimal (7,8.12), beim zweiten Mal aber neben Pherekydes. Auch gewinnt die Gegenüberstellung mit Epikur an Prägnanz, wenn sie symmetrisch mit zwei Einzelpersonen gestaltet ist. - Es wäre also denkbar, dass Laktanz hier etwas Ze­ non zuweist, was ihm allgemein als stoische Aussage aus einem Vergilkommentar in Erinnerung ist. 11 Vgl. beispielsweise Serv. Aen. 2,336. Im stoischen Schulbetrieb spielte die Kom­ mentierung poetischer Texte eine große Rolle, doch ist kaum etwas erhalten, vgl. H.G. S n y d e r , Teachers and Texts in the Ancient World. Philosophers, Jews and Christians, London/N ew York 2000, 18-40 mit reichem Beispielmaterial.

K om m entar

zur Macht alle Mühen auf sich nimmt (Lucr. 3,995-1002; vgl. T. Sto rk , N il ig itu r m o r s e s t ad n o s . Der Schlußteil des dritten Lukrezbuches und sein Verhältnis zur Konsolationsliteratur, Bonn 1970, 106-127). Doch ist auch allgemein bekannt, dass die Epikureer die Unterweltsmythen ableh­ nen, vgl. etwa Cic. rep. 6,8; Sen. epist. 24,18. poetarum [...] figmentum: Siehe unten zu 22,1 7,14 arcanum: Siehe oben zu 6,2

F ig m e n ta h aec e sse . . .

a rcan u m .

singulis ratio non quadrauit: Siehe oben zu 3,17

ei ra tio q u a d ra ret.

Zweiter Teil: Die Unsterblichkeit der Seele (Kapitel 8-13) 8,1 unum est . . . dicamus: Laktanz fasst die Ergebnisse des ersten Teils (Kapitel 1 bis 7) im Hinblick auf den Daseinszweck des Menschen zu­ sammen, nämlich die Erlangung der Unsterblichkeit ( im m o r ta lita te m ca­ p e re wie 5,20; 6,1). Dass die Unsterblichkeit das su m m u m bon u m sei, hat Laktanz im siebten Buch noch nicht ausdrücklich gesagt, aber 3,12,9-36 aufgewiesen (darauf bezieht sich der Rückverweis quod bon u m quia d e p re ­ h e n d im u s) und immer wieder erwähnt (vgl. 3,13,1; 4,4,5; 6,6,4; 6,18,35), ebenso, dass der Mensch zur Erlangung der Unsterblichkeit geschaffen ist (13,2; 2,12,17; 5,14,16; ira 24,9). Das Stichwort im m o r ta lita s leitet über von der Einordnung der Unsterblichkeit in ein teleologisches Lehrgebäude zur Beweisführung für die Unsterblichkeit als solche ( d e ip sa im m o r ta li­ ta te ) . Einen Überblick über die Terminologie für die Unsterblichkeit der Seele bei Laktanz gibt Perrin ( L ’k o m m e 334-341). Damit sind beinahe unmerklich bereits wichtige implizite Klärungen vorgenommen: Indem Laktanz von der im m o r ta lita s im Allgemeinen, also des Menschen und nicht der Seele, spricht (vgl. Loi C risto lo g ia 277L; F i ­ s c h e r 193-195 zum im m o r ta lita s - B e g r if f des Laktanz), und indem er diese als höchstes Gut in einem ethischen und teleologischen System einführt, lenkt er das Verständnis in Richtung der christlichen Lehre von Auferste­ hung und Gericht (Fortleben der Seele nach dem leiblichen Tod, Auferste­ hung des Fleisches zum Gericht, ewiger Lohn oder Strafe), die er später (20,5ff.) noch entfalten wird, und weg von platonisch beeinflussten Vor­ stellungen (Präexistenz der Seele, Weiterleben der körperlosen Seele nach der Trennung vom Leib), ohne sich ausdrücklich von diesen abzugrenzen (zum apologetischen Kalkül P e r r i n M o r t 15-17); siehe auch unten 326 mit Anm. 1. Eine Beweisführung für die Unsterblichkeit der Seele ist in der christ­ lichen Apologetik eigentlich nicht üblich: Dass die Seele nach dem Tod weiterlebe, wird offenbar als verbreitete Überzeugung empfunden (vgl. Tert. nat. 1,3,8). So steht beispielsweise die Kritik am christlichen Auf­ erstehungsglauben Min. Fel. 12,3 nicht im Zusammenhang mit Zweifeln an der Unsterblichkeit der Seele, sondern an der Existenz der Vorsehung. Auch in seiner Spezialschrift D e a n im a belegt Tertullian die Unsterblich­ keit der Seele nicht eigens (vgl. P e r r i n L ’k o m m e 344L). Vielmehr liegen die argumentativen Schwerpunkte der Apologetik bezüglich des christli­ chen Auferstehungsglaubens bei der Auferstehung des Leibes und deren Abgrenzung von der Metempsychose oder von stoischen Zyklusmodellen (vgl. F i e d r o w i c z 269-271). formati: Siehe oben zu 4,3

fo r m a tu m .

K om m entar

a principio: Wie 3,16,16; ira 21,4 (vgl. INGREMEAU C o lere 357f.) im Zu­ sammenhang mit der Bestimmung des Menschen in der Schöpfung. quia deprehendim us, superest ut etiam: Die Verbindung zweier The­ men ist ebenso formuliert 1,11,44; 1,23,1; zu d e p re h e n d e re für , darlegen ‘ vgl. ThLL V,1 607,26ff. 8,2—6 A useinandersetzung mit Platons Bew eisen für die U nsterb­ lichkeit der Seele: Laktanz bezieht sich im Zusammenhang mit dem Stichwort im m o r ta lita s (8,1) auf P la to n is a rg u m e n ta (§ 2), die er offensichtlich beim Leser als in Grundzügen bekannt voraussetzt. Denn nach der allgemeinen Bezugnahme kritisiert er sie zunächst als unzulänglich, dann erst referiert er sie: 1. Unzulänglichkeit der Beweise (§§ 2f.): In Unkenntnis der Offenbarung hat Platon nicht die ganze Wahrheit verstehen können. Zwar lehrt er richtig die Unsterblichkeit der Seele, nicht aber, dass diese das höchste Gut ist. 2. Referat der Beweise (§§ 4-6): (a) Bewegung (§4): Von der Seele gehen Wahrnehmung, Fähigkeit zur Bewegung und Weisheit aus. Die Bewegung der Seele hat keinen Anstoß, sondern geht von ihr selbst aus. (b) Geistige Fähigkeiten als Zeichen göttlichen Ursprungs (§§ 5f.): Die Fähigkeiten der Seele zu Kreativität, Denken, Wahrneh­ mung, Lernen, Vorausschau und Ausbildung in bestimmten Wis­ sensgebiete zeigen, dass sie ihrer Natur und ihrem Ursprung nach in den Bereich des Himmlischen und Göttlichen gehört, wohin sie nach der Trennung vom Körper zurückkehrt. Für Laktanz sind Platons a rg u m e n ta unzureichend, weil die Unsterblich­ keit nicht als höchstes Gut bezeichnet ist (§ 2). Diese Einschränkung ist nicht nur formalistisch-terminologisch, sondern wiegt inhaltlich schwer. Denn aufgrund ihrer fehlenden Einbindung in die teleologische Anthro­ pologie mit ihren ethischen Implikationen, die Laktanz entwickelt, bleibt Platons richtige Lehre nur eine isolierte Einzelwahrheit (vgl. 7,1-7.14), die mit falschen Annahmen einhergehen kann und nicht aus sich selbst heraus evident und somit beweiskräftig ist (7,1.5). Diese Abgrenzung von Platon deckt auch den Unterschied zwischen platonischer und christlicher Auf­ fassung ab: Während die Unsterblichkeit bei Platon der Seele wesenhaft zukommt und ihre Präexistenz impliziert, lehrt das Christentum ein Fort­ leben der geschöpflichen Seele zur Auferstehung des ganzen Menschen mit Leib und Seele.1 Es scheint also, als erkenne Laktanz den Unterschied zwi1 Vgl. etwa W o l f s o n I m m o r ta lity 69-74; C o m a n , v.a. 33-40; F. R e f o u l é , Immortalité de l’äme et résurrection de la chair, R H R 163 (1963) 11-52; G r e s h a k e / K r e m e r 169-176.

8,2

327

sehen platonischer und christlicher Seelenlehre durchaus,2 wolle ihn aber ausklammern und die Diskussion zunächst auf die Gemeinsamkeiten be­ schränken,3 nämlich die Immaterialität der Seele, ihr Fortbestehen nach dem Tod im Gegensatz zur Annahme ihrer Auflösung und ihren Gottes­ bezug.4 Der Gedanke, dass die Seele unsterblich sei, weil sie sich selbst bewe­ ge, der dem ersten Argument des Laktanz (§ 4) zugrunde liegt und den er auch opif. 17,1 vorbringt, wird in Platons Phaidros5 formuliert und von Cicero (Tusc. 1,53-55, unter Angabe der Quelle; ausschnittweise und oh­ ne Quellenangabe rep. 6,27) übersetzt und knapp zusammengefasst (Cato 78). Hinter dem zweiten Argument (§§ 5f.) scheint ein Gedanke aus Platons Phaidon (80b-e)6 zu stehen: Die Seele gehört, im Gegensatz zum Körper, dem Bereich des Göttlichen und Geistigen zu und ist daher unauflöslich. Auch diesen Gedanken gibt Cicero wieder, und zwar einmal mit indirektem Hinweis auf den Phaidon (Cato 78), einmal, ohne dass eine Zuschreibung erhalten wäre, in der C o n so la tio (frg. 21 V i t e l l i , als Selbstzitat erhalten Tusc. 1,66; Laktanz zitiert den ersten Abschnitt wörtlich in Kenntnis des doppelten Vorkommens bei Cicero ira 10,45f., den letzten unter Angabe der C o n so la tio 1,5,25)7. Offensichtlich formuliert Laktanz die platonischen Argumente, so auch die fast einhellige Forschungsmeinung,8 aus Cicero 2 Anders etwa v a n R o o i j e n —D i j k m a n 73. Auch P e r r i n ( L ’h o m m e 347f.) konsta­

tiert, dass die Argumente Platons, die Laktanz wiedergibt, eigentlich von der Prä­ existenz der Seele ausgehen, ohne dass Laktanz diesen Widerspruch zu seiner Po­ sition ausdrücklich anspreche, und zwar aus Unverständnis oder, weil er von einem rein äußeren Widerspruch ausgehe. 3 Das zeigt auch der Unterschied zum Konzept für den Umgang mit Platon epit. 63,8f.: Laktanz moniert dort in sachlicher Auseinandersetzung das Fehlen eines Gerichts und den Kreislaufgedanken, stattdessen entfällt die allgemein gehaltene Kritik, Platon habe nur Einzelwahrheiten gesehen; vgl. H e c k Z u s ä tz e 102; P e r r i n L ’h o m m e 343f. 4 Aus der Erörterung über Jenseitsstrafen und leibliche Auferstehung (20,5 - 23,5) ergibt sich ohnehin die Klarstellung der christlichen Besonderheiten. 5 Plat. Phdr. 245c το δ’ άλλο κινούν καί ύπ’ άλλου κινούμενον, παύλαν εχον κινήσεως, παύλαν εχει ζωής, μόνον δε το αυτό κινούν, άτε ούκ άπολεΐπον εαυτό, ουποτε λήγει κινούμενον, αλλά καί τοϊς άλλοις δσα κινείται τούτο πη γή καί αρχή κινήσεως. Vgl. C o m a n 17-25; R. R e h n , Tod und Unsterblichkeit in der platonischen Philosophie, in: G. B i n d e r / B . E f f e (Hrsg.), Tod und Jenseits im Altertum, Trier 1991, 103-

121 . 6 Hier v.a. Plat. Phaid. 80b τώ μεν θείω καί άθανάτω καί νοητώ καί μονοειδεϊ καί άδιαλύτω καί αεί ωσαύτως κατά ταύτά εχοντι έαυτω όμοιότατον είναι ψυχή, τω δε άνθρωπίνω καί θνητω καί πολυειδεΐ καί άνοήτω καί διαλυτω καί μηδέποτε κατά ταύτά εχοντι έαυτω ομοιότατιον αυ είναι σώμα. Vgl. Loi L a tta n z io 149 mit Anm. 220.

7 Daher ist übrigens O g i l v i e s (70 Anm. 24) Kritik („without warrant“) an B r a n d t (I 609), der mit vollem Recht zu 8,5 auf Cic. Tusc. 1,66 und „ex Consolatione“ verweist, falsch. 8 So etwa K u r f e s s P la to 386L; W l o s o k G n o sis 205 mit Anm. 67; v a n R o o i j e n D i j k m a n 70-72; Loi L a tta n z io 185; O g i l v i e 78; vgl. P e r r i n ( L ’ou vra g e II 393 zu

K om m entar

heraus. Dafür sprechen die besondere Ausgestaltung der geistigen Fähig­ keiten der Seele (§ 5), die bei Platon keine Entsprechung hat, wohl aber bei Cicero, und insgesamt die wörtlichen Übereinstimmungen (siehe auch unten zu 8,7 h aec fe r e ... ): §§ 4-6 (4) im m ortale esse quidquid p er se ipsum et sen ­ tit et sem p er m o u etu r quod enim p rin c ip iu m

m o tu s n on habet, nec fin em habiturum , quia d ese ri a s e m e t ipso non potest.

Cicero

C ato 78 cumque sem p er agitetu r anim us nec

p rin c ip iu m m o tu s habeat, quia se ipse m oueat, ne fin em quidem h abiturum esse m otus, quia num quam se ipse sit relicturus. Tuse. 1,53 = rep. 6,27 solum igitur, quod se ip su m m ou et, quia num quam d e se ritu r a se, num quam ne m ou eri quidem desinit.

(5) fieri non posse quin

C ato 78 cum tanta celerita s a n im o ru m sit, tan­

sit im m o rta lis an im u s humanus, cuius m iranda sollertia inueniendi et celerita s cogitandi et facilitas percipien ­ di atque discendi et

ta m e m o ria p ra e te rito ru m fu tu roru m qu e p ru ­ dentia, to t a rtes, tan tae scien tia e, to t inuenta, n on posse [...] esse m o rta le m div. 1,63 anim us [...] m em in it p ra eterito ru m , pra esen tia cernit, fu tu ra prouidet. Tuse. 1,57 habet [...] p rim u m m em o ria m , et eam infinitam reru m innum erabilium . cons. frg. 21 V i t e l l i (= Tuse. 1,66) his [den m ate­ riellen Elementen] enim in naturis nihil inest, quod uim m e m o ria e m en tis cogitationis habeat, quod et p r a e te r ita ten eat et fu tu ra p r o u id e a t. quae so­ la diu in a sunt. [...] quicquid est illud, quod sen tit quod sa p it quod uiuit quod uiget, caeleste et diuinum ob eamque rem aeternu m sit necesse est.

m e m o ria p r a e te r i­ to ru m et prouidentia fu tu ro ru m et a rtiu m rerumque in n u m era ­ bilium scien tia , qua ceterae careant an im an ­ tes, diu in a et ca elestis appareat,

opif. 17,1, wo es auch näher an Ciceros Wortlaut (Tuse. 1,53 quod semper mouetur, aeternum est) heißt: quiquid [...] mouetur [...] semper [...], aeternum sit necesse est. - Lediglich F. B ö m e r , Der lateinische Neuplatonismus und Neupythagoreismus und Claudianus Mamertus in Sprache und Philosophie, Leipzig 1936, 65L, folgert aus der Hinzufügung von sentit (§ 4; vgl. schon B ü n e m a n n z . St. 900) gegenüber der Vorlage Plat. Phdr. 245c, die nur von der Bewegung spricht, den Einfluss ei­ nes schulmäßig verfassten Mittelplatonismus, der erst die bei Platon noch nicht vorkommende Lehre von der Bewusstseinsseele entwickle, und bezweifelt deswegen Ciceros Mittlerschaft. Doch (vgl. auch die Argumente v a n R o o i j e n - D i j k m a n 71f.) bringt auch Cic. Tusc. 1,55.66 Bewegung und Empfindung des Geistes in Zusam­ menhang, Laktanz erwähnt öfter sentire und moueri als Kennzeichen des Beseelten (vgl. 1,5,25; 2,2,10; ira 10,26 etc.).

8,2

329

C ato 78 cu m ta n ta [...] ta n ta [...], n on p o sse eam

(6) quia et origo anim i,

ta n ta ca p ia t, ta n ­ ta contineat, nulla rep e ria tu r in terra, s i­ q u id em ex con cretion e te rr e n a nihil habeat a d ­ m ixtu m : qui

sed neces se esse in te r r a m reso lu t quod e st in h o ­ m in e p o n d e ro su m et d is ­ solubile, quod a u te m t e ­ nu e atqu e su b tile, id uero esse in d iu id u u m ac dom icilio corporis uelut carcere liberatum ad caelum et ad n a tu ra m

suam peruolare.

n a tu ra m quae res eas contineat, esse m o rta le m . [ ...] cu m sim p le x a n im i e s se t n a tu ra neque habe­ ret in se quicquam a d m ix tu m d isp a r su i [...], n o n p o sse eu m diuidi.

cons. frg. 21 V i t e l l i (= Tuse. 1,66) a n im o ru m

nulla in te r r is origo in u en iri p o te s t; n ih il en im est in a n im is m ix tu m atqu e concretum a u t quod ex terra n a tu m atqu e fictu m esse u id e a tu r [...]. nec uero deus ip se [ ...] alio m odo in te lle g i p o te s t n i­ si m en s so lu ta qu aedam et libera, segregata ab o m ­ n i con cretion e m o rta li, o m n ia s e n tie n s et m o u en s ip sa q u e p r a e d ita m o tu s e m p ite r n o .

nat. deor. 3,29 n u llu m [sc. a n im a l] [ ...] in d iu id u ­

um; [ ...] m o rta le ig itu r o m n e a n im a l et d isso lu ­ bile et diuiduum . Tuse. 1,24 a n im o s, cu m e c o r p o r i b u s ex c e sse rin t, in c a e l u m qu asi in d o m i c i l i u m su u m p e r u e n ir e . rep. 6,14 hi u iu u n t qui e c o r p o r u m u in clis ta m ­ qu am e c a r c e r e e u o la u e r u n t. cons. frg. 22 V itelli (= Lact. inst. 3,19,6) ca sto s [ ...] a n im o s [ ...] a d deos id est a d n a t u r a m s im i­ lem s u i p e r u o l a r e .

Offensichtlich schöpft Laktanz aus unterschiedlichen Ciceropassagen, die entweder ausdrücklich oder nach seiner Meinung platonisches Gedanken­ gut über die Unsterblichkeit der Seele wiedergeben oder andere passende Einzelmotive bieten, so etwa den Leib als Kerker (rep. 6,14) oder den Zu­ sammenhang zwischen Sterblichkeit und Teilbarkeit (nat. deor. 3,29, vgl. unten 11,9).9 Man muss aber auch damit rechnen, dass Laktanz in der C o n ­ so la tio , mit der sich zwei enge Übereinstimmungen ergeben, noch mehr des hier Aufgegriffenen bereits zusammengestellt vorfand. Die in das Referat eingeschobene Anmerkung, dass Platon die s a p ie n ­ tia als Kriterium ergänzt habe, um nicht aufgrund des gerade referierten Gedankens auch den Tieren die Ewigkeit zubilligen zu müssen (§4), leitet zum zweiten Beweis über. Dahinter steht wohl ein Gedanke aus Ciceros Tuskulanen, der auf die Übersetzung des (auch von Laktanz referierten) platonischen Unsterblichkeitsbeweises aus der Bewegung folgt: Wenn die 9 Richtig zu diesem Verfahren van R o o i j e n - D i j k m a n 73. B ryce (120f.) sieht Cic. Cato 78 (auch schon van R o o i j e n - D i j k m a n 72f. erwähnt) als alleinige Vorlage für 8,5. Doch ergeben sich auch Übereinstimmungen zu Cic. cons. frg. 21 V itelli = Tusc. 1,66 (v.a. fu tu r a p r o u id e r e ), zudem zitiert Laktanz diese Stelle ira 10,45f. Dass nur Cic. Cato 78 ein Bezug auf Platon hergestellt ist, stellt angesichts der Über­ einstimmung beider Text keine Schwierigkeit da, zumal in der C o n so la tio Platon oder Sokrates erwähnt sein konnten.

K om m entar

Seele nur das Lebensprinzip wäre, besäßen sie die Tiere genauso wie der Mensch ( co m m u n e cu m b e s tiis ) .10 Bei Cicero führt dieser Einwand zu ei­ ner Aufzählung geistiger Eigenschaften des Menschen (Tusc. 1,57, es folgt ein Verweis auf Platons Menon). Dieser Gedankenführung entspricht die Einleitung des zweiten Beweises bei Laktanz (§ 5 a d d id it ergo, u t effu g eret h a n c c o m m u n ita te m ), dessen Formulierung für die geistigen Fähigkeiten des Menschen (§5), wie die Gegenüberstellung zeigt, Cicero folgt. Insgesamt fällt auf, dass Laktanz in seinem Platonreferat dessen Be­ weise so wiedergibt, dass sowohl die άνάμνησις-Lehre, die im Phaidon und in Ciceros Platonwiedergaben eine wichtige Rolle spielt11, wie auch alle Gedanken, die eine Präexistenz der Seele voraussetzen,12 gänzlich wegfal­ len. Was Laktanz relativ eigenständig herausarbeitet, ist der Gegensatz zwischen der Seele, die ihrem Wesen gemäß in den himmlischen Bereich heimkehre, und dem Leib, der sich wieder zu Erde auflöse (§6; siehe auch unten zu 12,2-4), allerdings ist auch dieser Dualismus bei Platon und Ci­ cero angelegt13. 8.2 argum enta [...] parum habent firmitatis: Zur Formulierung vgl. 4.22.2 a p u d bonos in d ic e s s a tis h a b ea n t f ir m ita tis u el te s tim o n ia s in e argu ­ m e n tis u el a rg u m e n ta sin e te s tim o n iis .

im plendam ueritatem : Platons Beweise können die , Wahrheit6 nicht , erfüllen6 (ihr ,gerecht werden6, vgl. ThLL VII,1 635,43ff.), weil er nicht das gesamte göttliche Geheimnis hat durchschauen und somit gänzlich erklären und als stimmiges System vertreten können (vgl. 7,14). rationem totius m ysterii magni consumm auerat: Sinn: ,Er hatte nicht den Zusammenhang des ganzen großen Heilsgeheimnisses (siehe oben zu 1,6 m y s te r iu m ) erfasst6, vgl. 3,13,7 o fficiu m h o m in is ra tio n e m q u e co n ­ s u m m a t ; epit. 62,8 u t o m n e u e r ita tis a rca n u m c o n su m m a re n t. Abweichend ordnet ThLL IV 599,6f. den vorliegenden Beleg von c o n su m m a re der Be­ deutung , erfüllen6 zu. in unumque collegerat: , (stimmig) zusammenbekommen6, vgl. co llig ere 8,3 und 10,1 erschließen6 (anders 8,7; 9,1: ,zusammenfassen6); ThLL III 1615,63ff. 10 Cic. Tusc. 1,56 si nihil haberet animus hominis nisi ut appeteret aut fugeret, id quoque esset ei commune cum bestiis. 11 Piat. Phaid. 72b - 77e; Cic. Cato 78; Tusc. 1,57. 12 So insbesondere das Argument Plat. Phaid. 70c - 72e: Alle Dinge entstehen aus ihrem Gegenteil, so auch das Tote aus dem Lebenden und umgekehrt. 13 Vgl. Plat. Phaid. 80cd (über den sterbenden Menschen) τό μέν ορατόν αύτοϋ, τό σώμα, [...] ούκ ευθύς τούτων [sc. Auflösung und Zerfall] πέπονθεν [...]. Ή δε ψυχή άρα, τό άιδές, τό εις τοιοϋτον τόπον ετερον οίχόμενον γενναιον καί καθαρόν και άιδη [...], παρά τον αγαθόν και φρόνιμον θεόν, [...] αυτή δε δή ήμΐν ή τοιαύτη καί ουτω πεφυκυΐα άπαλλατομένη του σώματος ευθύς διαπεφύσεται καί άπόλωλεν, ώς οί πολλοί άνθρωποι; Cic. rep. 6,26 fragile corpus animus sempiternus mouet.

8,3 - 8,6

331

nec sum m um bonum com prehenderat: Zur Bedeutung dieser Ein­ schränkung siehe oben zu 8,2-6. 8.3 certioribus signis eligere possum us ueritatem : Zur Vorstellung von der , Auswahl· der Wahrheit aufgrund der Offenbarung vgl. 7,5. ancipiti suspicione: Zur Formulierung vgl. Arnob. nat. 2,39

p e r a n c ip ite s

s e m ita s su s p ic io n u m .

diuina traditione: Derselbe Ausdruck 3,16,10; Cypr. epist. 45,1,2; 46,1,3 etc.; siehe auch oben zu 1,11 tr a d itio n e c a e le sti. 8.4 sic argum entatus est: A r g u m e n ta r i als Einleitung einer Oratio obli­ qua (wie 1,11,57; 2,5,29) erscheint erstmals bei Laktanz und ist selten, vgl. ThLL II 542,34f. Zur Herkunft des Gedankens siehe oben 327 mit Anm. 5, zur Vorlage 328. sem per mouetur: Die Selbstbeweglichkeit der Seele nennt Laktanz auch opif. 17,1, doch ohne Verweis auf Platon, als Argument für deren Unsterb­ lichkeit. quod argum entum . . . discreuisset: Zum Gedanken siehe oben 330 mit Anm. 330. A d ie c tio (wie 6,8,16) ist rhetorischer Fachausdruck für die Hinzufügung, vgl. ThLL I 675,30ff. 8.5 addidit ergo . . . : Zur Herkunft des Gedankens siehe oben 327 mit Anm. 6, zur Vorlage 328. com m unitatem : Zur Formulierung und zum Gedanken der Gemeinsam­ keit6 vgl. 3,6,3 n o b is e t cu m deo e t cu m a n im a lib u s e s t aliqu a c o m m u n ita s. sollertia: Wie 12,2; epit. 65,1; ira 7,12; 10,26.42 als Zeichen für den gött­ lichen Ursprung der Seele, zur Quelle hier siehe oben 328 rerumque: Das in zahlreichen Handschriften überlieferte p le r u m q u e ist schwer verständlich (,Kenntnis meist zahlloser Künste6), reru m q u e (, Wis­ sen in den Künsten und zahllosen Bereichen6) durch epit. 65,1 fu tu ra p ro s p ic ia t m u lta ru m q u e re ru m e t a r tiu m s c ie n tia m c o m p le c ta tu r und Cic. Tusc. 1,57 m e m o r ia m [ ...] re ru m in n u m e ra b iliu m gesichert (vgl. H e c k Z u sä tze 176). ceterae [...] animantes: Siehe oben zu 3,18

c e te ra ru m q u e a n im a n tiu m .

8.6 origo animi: Derselbe Gedanke von der Herkunft der Seele aus dem Bereich des Himmlischen und Göttlichen 12,2; 20,8; 2,18,5; 3,12,25, hier und ira 10,45 nach Cic. Tusc. 1,66 (siehe oben 329). ex concretione terrena: ,aus der Verbindung mit dem Irdischen6. C o n ­ c re tio (wie 12,4) ist ciceronisch (ThLL IV 97,55; 98,8) und erscheint bei Laktanz (12,4; 1,5,25) nur in Wiedergaben aus Cicero (siehe oben 329).

K o m m e n ta r

in terram resolui: Ebenso für den Zerfall des Leichnams zu Erde 12,4; Min. Fel. 11,4. tenue atque subtile: Siehe oben zu 4,12

ten u i.

indiuiduum: ,unteilbar‘ im Sinn von , unvergänglich‘, ciceronisch für das Wesen der unsterblichen Seele (ThLL VII,1 1208,41ff.), hier antithetisch zu d isso lu b ile. dom icilio corporis: Siehe oben zu 2,8

m ens . . .

uelut carcere liberatum : Das Bild vom Körper als ca reer der Seele (vgl. 12,13; hier nach Cicero, siehe oben zu 8,2-6) ist seit Plat. Crat. 400bc geläufig, vgl. ThLL III 437,55ff.; P e r r i n L ’k o m m e 385f. ad caelum . . . . peruolare: Cic. cons. frg. 22 3,19,6), siehe oben 329.

V ite lli

(= Lact. inst.

8,7 haec fere Platonis: Mit h aec P la to n is fe re schließt Cic. Cato 78 die 8,5 zugrunde gelegte Zusammenfassung der Argumentation des Sokrates für die Unsterblichkeit der Seele aus Platons Phaidon. collecta breuiter: ,knapp zusammengefasst‘, vgl. 9,1; 1,1,21; Rhet. Her. 2,18,18; ThLL III 1613,26ff.; siehe auch oben zu 8,2 in u n u m collegerat. Pythagoras: Der bekannte Naturphilosoph wird bei Laktanz mehrfach erwähnt (1,5,17; neben Platon 4,2,4), oft als Vertreter der Seelenwande­ rungslehre und im Zusammenhang mit deren Ablehnung (3,18,16; 3,19,19 und ansonsten im siebten Buch: 12,30; 13,4; 23,2). Was Laktanz hier über ihn sagt, schöpft er aus Cicero (siehe unten zu qu em C icero . . . ) . Pherecydes: Laktanz erwähnt den Naturphilosophen und Mythographen Pherekydes von Syros (6. Jhdt. v. Chr.), hier und 7,12 als (ersten) Vertreter der Unsterblichkeit der Seele und Lehrer des Pythagoras (so auch Cic. div. 1,112; Tusc. 1,38; Plin. nat. 2,121; Tert. anim. 2,3). quem Cicero . . . disputauisse: Quelle für die Informationen über Py­ thagoras und Pherekydes ist Cic. Tusc. 1,38 (= DK 7 A 5), mit wörtlichen Übereinstimmungen: P h e re c y d e s S y r iu s p r im u s d ix it a n im o s esse h o m in u m s e m p ite r n o s [...]. h a n c o p in io n e m d isc ip u lu s eiu s P y th a g o ra s m a x im e confir m a u it. [ ...] P la to n e m fe r u n t [ ...] d id ic is s e P y th a g o re a o m n ia p r im u m q u e de a n im o ru m a e te r n ita te n o n so lu m s e n s is s e id e m quod P y th a g o ra m , sed r a tio n e m e tia m a ttu lis s e . Cicero bezieht sich wohl auf Ion von Chios (DK 36 B 4). Zu a n im a r u m a e te r n ita s vgl. auch 9,1.10; 3,18,8 C a to [ ...] a n teq u a m se o c c id e re t, p e rle g isse P la to n is lib ru m d ic itu r qui e s t s c r ip tu s de a e te r n ita te a n im a ru m . Der Ausdruck erscheint mehrfach bei Cicero (auch

Tusc. 1,50.80; dann Sen. epist. 102,1; 117,6). Zur Bezeichnung Ciceros siehe oben zu 2,10 M a rc u s T ullius.

8,8 - 8,9

333

tradit: Wie 14,4 ist eine Entscheidung zwischen tr a d it (BDPKS, 14,4: BDP) und tr a d id it (HMR, 14,4: HMKS) nicht möglich. Dass 2,10,14 tr a ­ d id it (HMR) gegen tr a d it (BPGV; in D ist nur - d it zu lesen) aufgrund weiterer Perfektformen näher zu liegen scheint ( P i c h o n 11), muss für die Stellen im siebten Buch nichts besagen. 8.8 eloquentia excellerent: Ciceronischer Ausdruck (de orat. 3,138), vgl. ThLL V,2 411,26f.; 1213,58f. in hac dum taxat contentione: , wenigstens in dieser Streitfrage6 (vgl. 7,7; B ü n e m a n n z. St.; ThLL IV 673,51ff.). Zur Stellung von d u m ta x a t zwi­ schen Demonstrativum und Substantiv vgl. opif. 5,10; ThLL V,1 2239,58ff. qui contra hanc sententiam disserebant: Auf die in g en s in te r p h ilo ­ so p h o s d is c e p ta tio über die Unsterblichkeit der Seele weist Laktanz bereits 3,13,2 hin. Dicaearchus primo, deinde D em ocritus, postrem o Epicurus: Diese drei nennt Laktanz zusammen auch 13,7; 3,17,34; epit. 65,6 (entspricht vorliegender Stelle) als Vertreter der Auflösung der Seele nach dem Tod. Die (nur hier angedeutete) Abfolge ist chronologisch falsch: Dikaiarch, auch 7,12 neben Demokrit (siehe auch oben zu 1,10 D e m o c r ito ) gestellt, ist jünger als dieser. Vgl. oben 7,12f. mit der Kommentierung. adeo ut . . . in dubium uocaretur: Im philosophischen Disput ver­ schwimmen die einzelnen erkannten Wahrheiten; derselbe Gedanke 7,3. 8.9 Tullius . . . , harum . . . uiderit6: Als Skeptiker in der Tradition der Akademie erscheint Cicero (zur Benennung siehe oben zu 2,10 M a rc u s Tul­ liu s) auch 1,2,3; 3,14,11. Das wörtliche Zitat stammt aus Cic. Tusc. 1,23 (ohne Abweichungen), zum dahinter stehenden Wort des Sokrates siehe oben 2,10. Vorher waren bei Cicero, wie Laktanz auch ausführt, unter an­ derem die Ansichten des Dikaiarch (Tusc. 1,21) und des Demokrit (Tusc. 1,22) zur Seelenlehre referiert worden; Epikur hingegen, auf den Laktanz das Cicerozitat ebenfalls bezieht, wird bei Cicero erst später (Tusc. 1,31: die Epikureer) erwähnt. Die bei Cicero folgenden Worte quae u e ri s im illi­ m a , m a g n a q u a e stio e s t , die den skeptischen Charakter der Aussage ver­ deutlichen würden, lässt Laktanz sicher bewusst weg (vgl. B r y c e 59f. zum Umgang des Laktanz mit Ciceros εποχή). Dabei trifft er allerdings Cice­ ros Sinn, der sich am Ende der Doxographie für die von Pythagoras und Platon gelehrte Unsterblichkeit der Seele ausspricht (Cic. Tusc. 1,49, dazu richtig v a n R o o i j e n - D i j k m a n 74). alibi: ,an anderer Stelle6, öfter bei Zitaten, vgl. ThLL I 1554,15ff. , quoniam . . . p o te st6: Dieses Zitat aus Cicero ist sonst nicht belegt (= Cic. phil. frg. IX 11 M ü l l e r / 2 3 G a r b a r i n o ) , man hat es der C o n so la ­ tio ( B r y c e 59) oder dem H o r te n s iu s ( H e c k B e ze u g u n g 94, auch gegen

K om m entar

Herkunft aus rep.) zuweisen wollen. Da das Zitat nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit der Unsterblichkeit der Seele gestanden haben muss, sondern allgemein gnomisch als ergänzender Beleg für die Unsicherheit bei der Entscheidung zwischen unterschiedlichen Philosophenmeinungen verwendet oder auch wegen des folgenden (8,10) Wortspiels d iu in a tio d iu in ita s herbeigezogen sein kann, fehlen verlässliche Indizien für eine Zu­ ordnung. 8,10 diuinatione [...] diuinitas: D iu in a tio greift d iu in a r i aus dem Ci­ cerozitat 8,9 auf; dasselbe Wortspiel d iu in a tio (,Ahnung‘ oder , Weissage­ kunst‘) - d iu in ita s (siehe auch unten zu 26,12 p r o u id e n tia s u m m a e d iu in i ta ti s ) schon Tert. apol. 22,7 id o n e u m , o p in o r, te s tim o n iu m d iu in ita tis u e r ita s d iu in a tio n is ; 22,9. 9,1 — 11,10 D ie A rgum ente des Laktanz für das Fort leben der Seele nach dem Tod: Ausdrücklich in Abgrenzung von Platon und als eigenen Entwurf (9,1 nee P la to nec u llu s aliu s in u e n it ) entwickelt Laktanz die folgende Argumen­ tation für ein Fortleben der Seele nach dem Tod, die er bereits 3,13,3 für das ,letzte Buch‘ angekündigt hat:1 A. Analogie zwischen Seele und Gott (9,2-9) I. Theologische Grundlage (9,2-4): Gott kann nicht unmittelbar mit den Augen gesehen, wohl aber mit dem Verstand, dem gei­ stigen Auge, an seinen Werken und an seinem Wirken erkannt werden. II. P o le m is c h e r E x k u rs (9,5f.) : Die Atheisten kennen, wie die Tiere, nur den Körper und leugnen das, was nur mit dem geistigen Auge wahrzunehmen ist, so auch die Vorsehung. III. Übertragung auf die Seele (9,7-9) 1. Grundsätzliche Plausibilität eines Weiterlebens der Seele (9,7): Das Beispiel Gottes zeigt, dass es etwas Ewiges und 1 Zu einer in einigen Punkten abweichenden Analyse der Argumentation kommt van R o o i j e n —D i j k m a n (74-83), die von acht aufeinanderfolgenden Argumenten (9,212; 9,13f.; 9,15-18; 10,1 - 11,4; 11,5f; 11,7f.; 11,8; 11,9f.) ausgeht. Insbesondere aber das in dieser Einteilung erste Argument (9,2-12, van R o o i j e n - D i j k m a n 7477; ähnlich W lo sok G n o sis 205f., die einen unklaren Gedankengang 9,2-9, dann erst ab 9,10 eine durchgängige Argumentation mit der Gotteserkenntnis annimmt) besteht aus zwei (auch in van R o o i j e n - D ijk m ans Deutung) unverbundenen und eigenständigen Gedanken, nämlich zum einen der Unsichtbarkeit der Seele und ihrer Analogie zu Gott (dazu van R o o i j e n - D i j k m a n 74), zum anderen der Fähigkeit der Menschen zur Gotteserkenntnis (dazu van R o o i j e n - D i j k m a n 76f.). Man hat nach 9,9 von einem deutlichen gedanklichen Neuansatz auszugehen, wie es auch P e r r in ( L ’h o m m e 348-361) in seiner Interpretation der Unsterblichkeitsbeweise tut.

9,1

335

Lebendiges, aber zugleich nicht Wahrnehmbares und Kör­ perloses gibt. Die Seele muss daher nach der Trennung vom Leib nicht zwangsläufig zugrunde gehen. 2. Problem der Wahrnehmungsfähigkeit (9,8f.): Zwar ist es schwer erklärbar, wie eine Seele ohne Wahrnehmungsorgane trotzdem wahrnehmungsfähig sein kann, doch nimmt man diese körperlose Wahrnehmungsfähigkeit ja auch für die paganen Götter an. B. Fähigkeiten des Menschen als Zeichen seiner Ausrichtung auf Tran­ szendenz und Ewigkeit (9,10-18) I. Die Fähigkeit des Menschen zur Gotteserkenntnis (9,10-12) 1. Anthropologische Grundlage (9,10f.): Der Mensch ist als einziges Lebewesen zu Erkenntnis und Verehrung Gottes befähigt. 2. Übertragung auf die Seele (9,12): Die Seele ist unvergäng­ lich, da sie den unvergänglichen Gott sucht. Sie spürt ih­ ren Ursprung bei Gott und ihre Bestimmung zur Rückkehr dorthin. II. Die Fähigkeit des Menschen zum Umgang mit Feuer (9,13f.) : Als einziges Lebewesen beherrscht der Mensch das Feuer, das Element des Himmels und des Lebens. Das deutet auf seine Bestimmung zur Unsterblichkeit hin. III. Die Fähigkeit des Menschen zu tugendhaftem Verhalten (9,1518) 1. Naturwidrigkeit, aber Verankerung der Tugend (9,15-17): Naturgemäß müsste der Mensch eigentlich Lust erstreben und Schmerzen vermeiden. Wenn also die Tugend dem Men­ schen gebietet, Übel um eines höheren Gutes willen zu er­ tragen, ist dies naturwidrig. Dennoch sind die Menschen, die als einzige Lebewesen die Tugend kennen, offensichtlich bereit, aus ethischen Motiven auf Lust zu verzichten, zu leiden und sogar zu sterben. 2. Tugend um eines höheren Gutes willen (9,18): Das höhere Gut, um dessentwillen die Menschen diese Opfer auf sich nehmen, ist das ewige Leben. C. Fundamentalethische Begründungen für die Unsterblichkeit der Seele (10,1 - 11,4) I. Gegensatz von endlichem Laster und auf Dauer ausgerichteter Tugend (10,1-11) 1. Überleitung (10,1)

K om m entar

2. Lasterhaftes und tugendhaftes Verhalten (10,2-5): Laster­ haftes Verhalten führt stets nur zu kurzfristiger Befriedi­ gung. Die wirkliche Annahme der Tugend hingegen duldet keinen Abfall mehr von dieser, kann also nur dauerhaft sein. Daher muss auch die Seele, die die Tugend annimmt, von Dauer sein. 3. Wesen des Lasters und der Tugend (10,6-8): Das Laster zielt auf kurzfristige Erregung und unmittelbare Befriedi­ gung, die Tugend besteht bis zum Tod, erst nach diesem folgt ihr Lohn. 4. Konsequenzen des Lasters und der Tugend nach dem Tod (10,9-11): Die Tugend erfährt nach dem Tod des Leibes ihren Lohn, das Laster seine Strafe, die ewige Verdammnis als zweiten Tod. II. Exkurs: Die Umkehrung der irdischen Gegebenheiten bei der Auferstehung (11,1-4) 1. Ewiges Leben als Lohn oder ewiger Tod als Strafe ( ll,lf .) : Wie das irdische Leben endlich ist, so ist auch der Tod endlich. Am Ende der Zeiten erfolgt die Auferweckung zum ewigen Leben als Lohn oder zum ewigen Tod als Strafe. 2. Umkehrung der irdischen Verhältnisse (ll,3 f.): Die Aufer­ weckung verschafft den im irdischen Leben verfolgten Ge­ rechten das verdiente Wohlergehen, den Lasterhaften und Eigennützigen, denen es im irdischen Leben gut ging, ihre Strafe. D. Gegensatz zwischen vergänglichem Leib und ewiger Seele (11,5-10) 1. Werke (ll,5f.): Die Werke des Körpers sind vergänglich, die der Seele ewig 2. Ziele (11,7f.): Die Ziele des Körpers sind vergänglich, die der Seele ewig. 3. Qualität (11,9f.) : Der Körper ist materiell, daher vergänglich, die Seele immateriell, daher ewig. Die anschließende Widerlegung der epikureischen Argumente für die Sterb­ lichkeit der Seele beginnt mit einem deutlichen Neuansatz (12,1 n u n c ... r e fe lla m u s ), so dass die vorliegenden Gedanken des Laktanz als klar dage­ gen abgegrenztes Ganzes erscheinen. Bei den ersten beiden Argumenten (A. und B., 9,10-18) ist die Gedan­ kenführung ausdrücklich strukturiert2. Die folgenden Ausführungen hinge2 Vgl. etwa 9,2 a n te o m n ia ; 9,10 d e n iq u e illu d a r g u m e n tu m ; 9,13 p ra e te re a n o n e x i­ g u u m im m o r ta lita tis a r g u m e n tu m ; 9,15 u ir tu s q u o q u e ; 10,1 tr a n s e a m u s n u n c .

9,1

337

gen (C., 10,1 - 11,4) bieten weniger strikt aufgebaute fundamentalethische Grundlegungen: Die Unsterblichkeit der Seele, näherhin die Möglichkeit postmortaler Belohnung oder Bestrafung, wird in ein System Tugendlehre eingebunden und in dessen Rahmen mit Überlegungen zur Ontologie von Tugend und Laster begründet. Der theologische Bezug, also die Erwäh­ nung eines Gerichts oder richtenden Gottes, wird bewusst vermieden:3 Die Unsterblichkeit der Seele erscheint gewissermaßen als Postulat der prakti­ schen Vernunft zur Sicherung der ethischen Grundlagen. Die abschließende Differenzierung zwischen Seele und Körper (D., 11,5-10) knüpft gedank­ lich an den Gegensatz zwischen Vergänglich-Irdischem und Himmlischem (11,4) an, stellt aber inhaltlich ein weiteres Argument für die Unsterblich­ keit der Seele dar, das sich freilich stark an Platon orientiert4. Die Argumentation des Laktanz ist eigenständig (vgl. VAN R o o i j e n D ij k m a n 82f.), er übernimmt aber vielleicht Gedanken und Formulierun­ gen von Cicero5. Der Einfluss hermetisch-gnostischen Denkens ist umstrit­ ten (siehe unten zu 9,11 q u a m s p e c ta tio n e m ... ). 9.1 His: Die Einleitung der eigenen Argumentation mit h is ita q u e ... schließt unmittelbar an 8,10 an: ,Wir Christen brauchen keine bloße Ah­ nung/Weissagekunst ( d iu in a tio ), sondern können uns auf die Offenbarung stützen. Deswegen ist mit den folgenden Beweisen die Unsterblichkeit der Seele hinreichend zu belegen/ B r a n d t s Konjektur a liis ist daher sprach­ lich unnötig und inhaltlich unzutreffend: Laktanz hält Platons Beweise nicht für falsch, sondern für unzureichend (8,7) und knüpft gedanklich daran an (so etwa 11,5-10). animarum aeternitas: Siehe oben zu 8,7 breuiter colligemus: Siehe oben zu 8,7

qu em C icero

...

c o llecta b reu iter.

iudicium dei maximum: Siehe oben zu 1,23 20.1 iu d ic iu m m a g n u m .

iu d ic io d e i

properat oratio: Wie 3,17,28 nach Cic. Phil. 5,38 o r a tio ; vgl. ThLL X,2 1982,67f.

und unten zu

a d m a io ra p r o p e r a t

propinquante saeculorum fine: Vgl. 14,3; 15,7; 25,3; 4,2,5

s ta tu e r a t [ ...] deu s a d p ro p in q u a n te u ltim o te m p o re d u cem m a g n u m c a e litu s m itte r e ; epit. 66,1; über die diesseitige Bestrafung mort. pers. 24,1 ia m p r o p in q u a u it illi 3 9,1 wird das iudicium dei maximum als späteres Thema angekündigt: Das vorlie­ gend Dargebotene ist Propädeutik dazu. 4 Siehe oben 327 mit Anm. 6 zur Vorlage und zu deren Wiedergabe bei Laktanz, für die er sich auf Cicero stützt. 5 Eine wichtige Vorlage ist Cic. leg. 1,22.24-26.31.45, siehe unten zu 9,9 quaedam .. . ; 9,10 ex eo . . . ; 9,11 an aliquis . . . ; 9,12 sapientia . . . ; 9,15 uirtus . . . ; 9,15 cuius asperitas . . . ; 10,2 uitia omnia . . . ; vgl. W l o s o k Gnosis 206; S c h m i d t 311.

K o m m e n ta r iu d ic iu m d ei ; zu

diesem episch-nachklassischen Gebrauch von ThLL X,2 2017,20ff. celebrabitur: , abhalten ‘ in Junktur mit

iu d ic iu m

p ro p in q u a re

wie Cic. Sull. 4.

9,2 quoniam deus . . . deum non esse: Dass die Ausführungen über die fehlende sinnliche Wahrnehmbarkeit Gottes (wie ira 1,9, vgl. I n g r e m e a u C o lere 221) zur Analogie zwischen Gott und Seele (beide sind unsichtbar, immateriell, unsterblich; zur Einordnung dieser Analogie ins Denken des Laktanz Loi L a tta n z io 158; I n g r e m e a u C o lère 346f.) gehören (zu diesem Argument für die Unsterblichkeit der Seele P e r r i n L ’k o m m e 348f.), wird, da das Stichwort ,Seele‘ nicht fällt, nur aus der Parallele ira 19,2 ( e r it n ere deo s im ilis [sc. a n im u s /, dazu I n g r e m e a u C o lère 346f.), aus dem Zusammenhang (9,1 Ankündigung von Beweisen für die Unsterblichkeit der Seele), aus der Fortführung des Gedankens 9,7-9 und vor dem Hin­ tergrund der Parallelen klar: Einen Vergleich zwischen dem menschlichen Geist und Gott entwickelt auch Cic. Tusc. 1,70: Wie man Gott nicht sehe, aber sein Wirken allenthalben in der Schöpfung wahrnehmen könne, so erkenne man auch den Verstand (mens) des Menschen aus seinen Werken wie der Erinnerung oder der Kreativität (vgl. oben 8,5). Auf die Existenz Gottes hin umgekehrt verwendet das Argument Min. Fel. 32,6: d e u m ocu lis ca rn a lib u s u is u id ere, cu m ip s a m a n im a m tu a m , qua u iu ific a ris e t lo q u eris, nec a sp icere p o s s is nec te n e r e ? Vgl. v a n R o o i j e n - D i j k m a n 75 mit Anm.

10 (dort Material zur Geschichte des Arguments). m ortalibus oculis: Die Junktur (öfter bei Laktanz: 2,3,7; 4,24,6; epit. 21,5; vgl. 6,2,4) erscheint seit Lucr. l,66f., vgl. ThLL VIII 1511,64f. inter cetera institutorum suorum: Siehe oben zu 4,18 vgl. W i n g e r II 414L503.

c e te r is i n s t i t u t i s ;

quorum [...] appareret [...] uideretur: Die Textüberlieferung schwankt bezüglich des Tempus und des Modus der beiden Prädikate im Relativ­ satz. Eine sichere Entscheidung ist nicht möglich. Der Ausgangspunkt des Fehlers dürfte in Ausfall oder Hinzufügung von -re- bei a p p a re [re ]t lie­ gen; u id e [re ]tu r wurde dann angeglichen. Für den Indikativ Präsens, den B r a n d t wählt, sprechen die Belege für n o n u id e tu r am Satz- oder Kolo­ nende (3,15,14; ira 1,9) und die Parallelen opif. 4,16 qu id e n im u e n to s [ ...] m e tu e r e t, q u o ru m u is in eo e s t u t m o rb o s a d fe ra n t? opif. 14,1 m u lta esse c o n s ta t in corpore q u o ru m u im ra tio n e m q u e p e rs p ic e re n e m o n is i qui f e ­ c it p o t e s t Näher liegt trotzdem der Konjunktiv Imperfekt (,konsekutiver

Adjektivsatz‘, vgl. KS II 296). Denn erstens ist eine morphologisch ver­ einfachende Haplographie ist eher zu erwarten als eine Dittographie, und zweitens ist der katalektische Dikretikus (n ö n u id e r e tü r ) nach W o j t c z a k ( C icero 29) mit 23% die häufigste Klauselform bei Laktanz.

9,3 - 9,7

339

u is [...] su b sta n tia : , Wirkung^ und ,Wesen‘, von Gott wie ira 4,6, zu den

Begriffen In g rem eau

C o lere

235.

su b o c u lo s n o n u e n ir e t: Siehe oben zu 1,9 sub u isu m o cu lo ru m u e n it. effectu : Von der (sinnlich erfassbaren) Wirkung (eines) Gottes wie Vitr.

1,2,5; Ps. Apul. Asel. 30; vgl. ThLL V,2 130,69f. 9 .3 se n s u s q u e n o s tr o s [...] p o t e n t ia su a im p e llu n t: Zum Ausdruck

vgl. Cic. de orat. 3,98

ea, quae m a x im e se n su s n o stro s im p e llu n t u o lu p ta te .

a cie lu m in u m : ,Schärfe der Augen‘, wie 6,2,4, mehrfach in nachklassi­

scher Prosa, vgl. ThLL I 401,7ff. 9 .4 m e n tis o cu lis: Die Junktur (auch 13,8; opif. 1,7; epit. 47,1) ist cice-

ronisch (de orat. 3,163 etc., vgl. ThLL IX,2 448,38ff.). cum . . .

u id ea m u s: Kausal: Die sinnliche Wahrnehmung ( u id e r e ) der

Schöpfungswunder ist Grund für die geistige Betrachtung ( in tu e r i) Gottes. Zu den opera Gottes siehe oben zu 5,4 opera eius. 9.5 n o n m o d o p h ilo s o p h o s , se d n e h o m in e s q u id em : Die zu erwar­

tende Negation des ersten Gliedes fällt - vor allem, wenn es sich, wie hier {p h ilo s o p h o s ) , um ein einzelnes Substantiv handelt - häufig weg (Cic. Verr. II 1,98 etc.; vgl. LHS II 519), so bei Laktanz auch 1,4,6; 6,24,19 etc., anders etwa 3,21,6. m u tis sim illim i: Vgl. ira 7,2 p e c u d ib u s s im illim i. 9 .6 n a tu ra : ,νοη Natur aus‘, das heißt durch einen Wachstumsprozess

ohne Zutun der Vorsehung, ebenso ira 10,1 (über die Anschauung der Atomisten). c o n s titu tu m : Siehe oben zu 6,5 c o n stitu tu m . d e lir a m e n ta : Das Wort, meist im Plural, bezeichnet Äußerungen, in de­

nen sich ein Irresein {d e lir a re ) zeigt; es erscheint bei Plautus und dann wieder vor allem in der christlichen Literatur (ThLL V,1 464,55ff.; E g g e r 51), öfter bei Laktanz (3,17,23; 4,15,28 etc.), siehe auch unten zu 13,9 quo n ih il . . .

9 .7 q u o d si e st d e u s . . .

: W losok {G n o s is 205) bemerkt „eine etwas

unvermittelte Zwischenfolgerung“, die den Unsterblichkeitsbeweis aus Cic. Tusc. 1,60-66 voraussetze. Tatsächlich wird nicht unmittelbar deutlich, dass die 9,2-4 begonnene Analogie zwischen Gott und Seele nach dem exkursartigen Einschub über die Atheisten (9,5f.) hier weitergeführt wird, siehe oben zu 9,2 q u o n ia m deu s . . . in co r p o r a lis: Der Ausdruck (wie 21,1 und öfter) erscheint seit Seneca

häufig (ThLL VII,1 1024,9; E g g e r 50f.), hier wie Tert. apol. 47,6 über Gott; vgl. Loi L a tta n z io 33-35.

K o m m e n ta r

in u isib ilis: Der Ausdruck (wie 3,12,2 und öfter) erscheint Cels. 1 praef. 16,

dann (als Entsprechung zu αόρατος) sehr häufig in der christlichen Latinität als Attribut Gottes, vgl. ThLL VII,2 219,49f.; Loi L a tta n z io 18; B ra u n 53. a e ter n u s: Von Gott wie 1,1,15; 1,3,3 etc., vgl. Loi L a tta n z io 52-54. erg o n o n id c ir c o in te r ir e . . . : Negiert wird id c ir c o : ,Es ist also plau­

sibel, dass die Seele nicht allein schon deswegen zugrunde gehen muss, weil . . . 6 Anders 11,8. s e n tie n s ac u ig en s: Vgl. Cic. Tusc. 1,66 quod s e n tit [ ...] quod u ig e t, ca e­ le ste e t d iu in u m ob eam qu e re m a e te r n u m s i t n ecesse e s t ; div. 1,63 ia c e t e n im co rp u s d o r m ie n tis u t m o r tu i, u ig e t a u te m e t u iu it a n im u s, quod m u lto m a g is f a c ie t p o s t m o r te m , cu m o m n in o corpore e x c e s s e r it.

u e n ia t su b a sp e c tu m : Siehe oben zu 1,9 sub u isu m o cu lo ru m u e n it. 9 .8 a n im o c o m p r e h e n d e r e : , geistig erfassen6, wie 1,20,21; opif, 19,3,

seit Cicero in Prosa übliche Junktur, vgl. ThLL III 2150,68ff. r e tin e r e se n su m : Zur Formulierung vgl. Plin. nat. 9,42; Apul. mund. 34

p. 365 O udend orp (über Söhne, die ihre Eltern unter Gefahren vor einem

Vulkanausbruch retten) s e n s u m ta m e n c le m e n tia e m ise ric o rd ia e q u e r e tin e ­ b a n t ; met. 3,26,1 q u a m q u a m p e rfe c tu s a sin u s [...], s e n s u m ta m e n re tin e b a m hum anum .

9 .9 su b siste r e : , bestehen bleiben6, und zwar nach dem Tod des Körpers,

vgl. OLD s.v. 5/6. q u a e d a m in h o m in e ac d e o sim ilitu d o : Abschließende Zusammenfas­

sung des Arguments, vgl. die gedankliche Entsprechung Cic. leg. 1,24

[ ...]

sp a rsu m in te r r a s a tq u e s a tu m d iu in o a u c tu m s i t a n im o r u m m u n e re , c u m ­ que alia, quibus c o h a e re re n t h o m in e s, e m o r ta li g e n e re s u m p s e r in t, quae fra g ilia e s s e n t e t caduca, a n im u m e sse in g e n e r a tu m a deo. E x quo u ere u el a g n a tio n o b is cu m c a e le stib u s u el g en u s u el s tir p s a p p e lla ri p o te s t. Damit

konvergiert die biblische (Gen l,26f.) Gottesebenbildlichkeit des Menschen (siehe oben zu 4,3 h o m in e m e t a deo . . . ), die aber hier argumentativ keine Rolle spielt (richtig P e r r i n L ’h o m m e 349). 9 .1 0 M a r c u s T u lliu s: Siehe oben zu 2,10 M a rc u s T u llius. e x eo a e t e r n it a t e m a n im a e . . . d isc e r n a t a m u tis: Laktanz bezieht

sich in seinem Referat, das er um die wörtlich übernommene Kernaussage gruppiert, auf Cic. leg. 1,24: ita q u e ex t o t g e n e rib u s n u l l u m e s t a n i m a l p r a e te r h o m in e m q u o d h a b e a t n o t i t i a m a l i q u a m d e i , ip sisq u e in h o m i­ n ibu s n u lla g en s e s t neque ta m m a n s u e ta neque ta m fe ra , quae n on , e tia m s i ig n o re t qu alem h a b eri d e u m deceat, ta m e n h a b en d u m s c ia t. Diese Stelle zi­

tiert er auch 3,10,7f.; ira 7,6; vgl. 2,11,1; S chm idt 306-321; B ry c e 39f.;

9,11

341

P errin L ’h o m m e 350f.; das zentrale Stichwort (vgl. W losok G n o sis 209)

erscheint bei Laktanz auch 2,13,12; 2,16,20; ira 7,10; 20,10. Bei Cicero geht es freilich nicht, wie Laktanz suggeriert, ausdrücklich um einen Beweis für die Unsterblichkeit der Seele, sondern um die n a tu ra h o m in is (Cic. leg. 1,24). Zum Ausdruck a e te r n ita s a n im a e siehe oben zu 8,7 q u em C icero ... n o titia d ei

ca d it: So die einmütige Überlieferung; B r a n d t (II 406, im Index) nimmt

fälschlich an, B3 korrigiere ein c a d a n t von B1 zu c a d a t , und möchte daher c a d it in den Text setzen. Freilich ist eine Kausalität, wie B r a n d t und die früheren Ausgaben sie annehmen, nicht gegeben, denn eine ursächliche Verknüpfung , Religiosität kommt beim Menschen vor; d esw eg en bezeugt sie ... ‘ wäre unlogisch. Vielmehr liegt ein typischer Koinzidenzfall bei cu m mit Indikativ (KS II 303f.) vor: Das ausschließliche Vorkommen der Reli­ giosität beim Menschen bezeugt dessen Ausrichtung auf die Transzendenz. 9 ,1 1

a n a liq u is . . .

ad a r tific e m su u m s p e c ta t: Wie 5,6 und öfter

folgert Laktanz aus der aufrechten Haltung (hier ausdrücklich in der For­ mulierung rectu s s ta tu s wie 2,1,14; 2,2,23; 3,10,11; opif. 19,10; ira 7,5; 14,2; 20,10) des Menschen dessen Bestimmung zur Gotteserkenntnis; zum Motiv siehe oben 271 mit Anm. 8. Laktanz verwendet hier, wie W losok ( G n o sis 206f.) zeigt, Gedanken und Formulierungen aus Cic. leg. 1,26 n a m c u m [sc. n a tu ra ] c e t e r a s a n i m a n t e s a b i e c i s s e t a d p a s tu m , s o l u m h o m in e m e r e x i t e t a d c a e l i q u a si c o g n a tio n is d o m ic iliiq u e p r i s t in i co n sp e c tu m e x c i t a u i t , tu m sp e c ie m ita f o r m a u it o ris, u t in ea p e n itu s re c o n d ito s m o re s effin geret. Siehe auch oben zu 3,18 c e te ra ru m q u e a n im a n tiu m .

p r o n is c o r p o r ib u s . . .

p r o str a ta s: Zum Vergleich mit den Tieren im

Rahmen der rectu s s t a t u s - Anthropologie und zu p r o s tr a tu s siehe oben zu 5,20 cetera [ ...] a n im a lia . . . ; zum häufig in diesem Zusammenhang ge­ brauchten p ro n u s vgl. etwa 2,l,14f.; Sali. Catil. 1,1; Ov. met. 1,84; Cypr. Demetr. 16 etc. n ih il ea s r a tio n is h a b e r e c u m caelo: Vgl. Cic. Cato 51 h a b en t e n im

(über die Freude an landwirtschaftlicher Tätigkeit, die man auch im Alter noch genießen kann). r a tio n e m cu m te r ra

c a e le s te ac d iu in u m a n im a l e sse h o m in e m : Vgl. opif. 2,9 a e te r n u m a n im a l atqu e im m o r ta le ;

2,2,20 c a e le ste a n im a l ; Loi L a tta n z io 138f. Cic. fin. 2,40 wird der Mensch in Auseinandersetzung mit den Kyrenaikern, die ihn auf seine Triebe reduzierten, als d iu in u m a n im a l bezeichnet. c o r p u s ab h u m o e x c ita tu m : Vgl. 5,6 a d le u a tu m ex h u m o a d c o n te m ­ p la tio n e m su i e x c ita sse .

u u ltu s su b lim is: Ebenfalls eine geläufige Formulierung im Rahmen der rectu s s ta tu s -Anthropologie

bei Laktanz, vgl. beispielsweise 2,1,14

n o b is

K o m m e n ta r

; 2,2,19; opif. 8,3; epit. 20,10; vgl. ferner 2,1,15 und ira 7,5 (dazu I ngremeau C o lere 249). a u te m s ta tu s rectu s, su b lim is u u ltu s ab a rtific e deo d a tu s

o r ig in e m su a m q u a erit: Hier vom s ta tu s re c tu s , sonst von der (unsterb­

lichen) Seele gesagt, vgl. etwa 9,10; 12,15f.; 20,8; 2,18,5; 3,12,25. Zum an­ thropologischen Zusammenhang siehe oben zu 5,1-27. ad a ltu m : Himmel ist Blickrichtung wie 5,6 a d ca elu m d ir e c ti , Gegenstand

der Betrachtung ist Gott., vgl. W lo so k

G n o sis

196.

s u m m u m b o n u m : Die im m o r ta lita s , vgl. 8,1. in su m m o : Wie 2,18,1; 3,12,31; opif. 16,4 für den Gott zugeordneten

Bereich, Loi

L a tta n z io

21.

q u a m s p e c t a t io n e m T r is m e g is tu s θεοπτίαν r e c tis s im e n o m in a u it:

Die Stehe ist (mit dem folgenden quae in m u tis a n im a lib u s n u lla e s t) aufge­ nommen als Fragment 14 des C o rp u s H e r m e tic u m bei N ock / F estugière (IV 113; vgl. S co tt / F erguson IV 23). Statt des hier kaum verständ­ lichen θεοπίδα (vgl. Hsch. s.v. θεοπίς: αληθής, ήδεία, αγαθή, ισχυρά), das die Handschriften bieten, ist zweifellos mit F ritzsche θεοπτίαν zu lesen. Auch die Fehlergenese -ΠΤΙΑΝ zu -ΠΙΔΑ ist plausibel. Der Begriff θεοπτία (,Schau G ottes/ ,göttliche Vision/ ist zwar ansonsten nicht im hermeti­ schen (aber Stob. exc. II A 6 [Nock / F estugière III 5]: θεοπτική δύναμις, W losok G n o sis 134 mit Anm. 55), wohl aber im lexikographischen (Hdn. Epim. 56 ή τού θεού δρασις, Hsch. s.v., Suid. Θ 175 ή θεία οπτασία) und christlichen (vgl. L ampe s . v . ) Schrifttum belegt. W losok ( G n o sis 134 Anm. 55, ihr folgen v a n R ooijen - D ijkman 76; P errin L 'k o m m e 351) vermutet, dass Laktanz mit θεοπτία das wiedergebe, was Ps. Apul. Asel. 11 mit c o n te m p la tio d iu in ita tis übersetzt wird. Der Ausdruck sp e c ta tio (ab Cicero in fachlicher Prosa; vgl. OLD s.v.) erscheint bei Laktanz nur hier, sp ecta re aber öfter (2,l,17f.; 3,27,16; 5,19,1; vgl. 2,l,14f.) über den rectu s s ta tu s . - Was dieser Verweis auf Hermes Trismegistos für das theo­ logische Verständnis des Laktanz insgesamt besagt, ist umstritten: Nach W losok ( G n o sis 205-210; 216f. Anm. 94; 220; B ib e lz ita te 21 lf.; folgen­ de Zitate G n o sis 206) „unterschiebt“ nämlich Laktanz dem nach Cicero (leg. 1,24-26) formulierten Gedanken über die n o titia d e i (9,10) und den rectu s s ta tu s (siehe oben zu an a liq u is ... ) „eine religiös-mystische Deu­ tung, die er erst am Schluß mit der Berufung auf Hermes Trismegistos aufdeckt“. Cicero werde in der ganzen Passage (9,1-12) im Sinn der her­ metischen Gnosis gelesen. Für P errin (L 'h o m m e 71) hingegen, der den spezißschen Einfluss hermetisch-gnostischen Denkens auf die Anthropolo­ gie des Laktanz insgesamt geringer einschätzt als W losok (siehe oben zu 5,1-27), werde mit Hermes Trismegistos, ähnlich wie bei Grammatikerzi­ taten (opif. 8,6), lediglich der Urheber eines Begriffs genannt, woraus sich

9,12

- 9,13

343

aber nicht ergebe, dass der ganze Zusammenhang hermetisch beeinflusst sei. Demgegenüber bekräftigt H eck (R e z . P e r r in L ’k o m m e 515) die von W losok vorgeschlagene Deutung. Für Löw (173 Anm. 571; 178-184; 249) schließlich, der P errin folgt, hat die θεοπτία bei Laktanz nur eine „sub­ sidiäre Stellung“ (184); auch könne die Gottesschau in einer hermetischen Vorlage nicht im Zusammenhang mit dem rectu s s ta tu s gestanden haben, da sie nach hermetischer Lehre auf wenige Auserwählte begrenzt sei und in keinem Zusammenhang mit dem Körper stehe (180f.). 9 .1 2 s a p ie n tia . . . n o t it ia dei: Siehe auch oben zu 1,3 s a p ie n tia e . Zur

Weisheit als Merkmal, das den Menschen auszeichnet, vgl. 8,4; ira 10,41; 13,13; Loi L a tta n z io 138f. und Cic. ac. frg. 14 M ü lle r (p. 24,10 P la s b e rg ) in ta n ta a n im a n tiu m u a r ie ta te h o m in i u t so li c u p id ita s in g e n e ra re ­ tu r c o g n itio n is e t s c ie n tia e , leg. 1,22 Q u id e s t a u te m n o n d ic a m in h o m in e , sed in o m n i caelo a tq u e te r ra r a tio n e d iu in iu s? quae cu m a d o le u it a tq u e p e rfe c ta e s t, n o m in a tu r r ite s a p ie n tia . Die Erkenntnis Gottes bezeichnet Laktanz mehrfach als s a p ie n tia , so etwa 2,8,71; 3,30,3; 4,4,3; 6,5,19; ira 22,2 in d ei s u m m i n o tio n e s a p ie n tia e s t ; ira 24,7; vgl. W losok G n o sis 209.214.220. Zu n o titia d e i siehe oben zu 9,10 ex eo . . .

a n im a m [...] d isso lu i: Siehe unten zu 12,6 d isso lu i a n im a m . q u i s e m p ite r n u s est: Siehe oben zu 2,6 s e m p ite r n u s . s e n tie n s . . . reu ersu ra : Siehe oben zu 9,10 o rig in e m su a m q u a e rit. 9 .1 3 c a e le s ti e le m e n to : Diese Bezeichnung für das Feuer (wie epit. 65,5

an entsprechender Stelle) stimmt zwar mit üblichen Vorstellungen (vgl. etwa Ampel. 1,2 e le m e n ta m u n d i q u a ttu o r : ig n is , ex quo e s t ca elu m ; ThLL V,2 346,72ff.) überein, ist aber in dieser Formulierung nicht geläufig. Lak­ tanz ordnet 2,13,12 ( e le m e n ta m u n d i, ca elu m so le m te r r a m m a r e ) dem Himmel die Luft, nicht das Feuer zu. n a m c u m r e r u m n a tu r a h is d u o b u s e le m e n tis . . . : Der Gedanke ist

folgender: Da der Mensch mit dem Feuer umgehen kann, das dem Himm­ lischen und dem Leben zugeordnet ist, muss seine Seele unsterblich sein. Dieser Beweis beruht auf einem von Laktanz bereits erläuterten Gegen­ satz zwischen Feuer und Wasser: Im Rahmen der Deutung der biblischen Schöpfungsschilderung (2,29,1-27) entwickelt Laktanz (2,29,15-27; vgl. ira 15,2) den Dualismus von c a lo r / ig n is (Aktivität, Leichtigkeit, himmlischer Bereich, Leben) und u m o r / aqua (Passivität, Schwere, irdischer Bereich, Sterblichkeit). Auch dass im Gebrauch des Feuers durch den Menschen ein Indiz für die Unsterblichkeit seiner Seele liege, wird schon gesagt (2,29,25 n o s e n im q u o n ia m c a e le ste atqu e in m o r ta le a n im a l su m u s, ig n i u tim u r, qui n o b is in a rg u m e n tu m in m o r ta lita tis e s t d a tu s, q u o n ia m ig n is e caelo e s t; cu iu s n a tu ra quia m o b ilis e s t e t su rsu m n ititu r , u ita e c o n tin e t ra tio -

K o m m e n ta r

(L ’h o m m e 352-356) widerspricht mit Recht V i l h e l m s o n (25-28; 39-77), der diesen Antagonismus von Feuer und Wasser auf ori­ entalische Quellen, möglicherweise Hystaspes zurückführen will, und Loi (.L a tta n z io 145-148), der neben stoischen vor allem pythagoreische Leh­ ren als Grundlage sieht, die Laktanz über Varro (ling. 5,61) kenne, und führt die Überlegungen des Laktanz auf geläufige stoische (πυρ τεχνικόν, vgl. SVF II 1009; 1027; zum Antagonismus zwischen Feuer und Wasser vgl. SVF II 605; weiteres Material außerhalb der Stoa bei v a n R o o i j e n D i j k m a n 77-79) und vielleicht auch christliche (vgl. Thphl. Ant. Autol. 2,13,4) Vorstellungen zurück. Den Umgang des Menschen mit dem Feuer als Unsterblichkeitsbeweis schreibt P e r r i n (L ’k o m m e 250; ähnlich v a n R o o i j e n - D i j k m a n 79) Laktanz selbst zu. Doch dass die Menschen sich durch den Gebrauch des Feuers etwas Göttliches anmaßen, ist schon eine nahe liegende Folgerung aus dem Prometheus-Mythos, ausgeführt etwa Hyg. astr. 2,15,2. n e m .). P e r r i n

a lte r u m c a e lo , a lte r u m terra e: Siehe oben zu 5,16 a lte ru m te r r e n u m . . . a sc r ib itu r : Siehe oben zu 5,27 add. 9 a sc rib itu r. c e te r a e a n im a n te s: Siehe oben zu 3,18 c e te ra ru m q u e a n im a n tiu m . e le m e n tu m leu e: Siehe oben zu 5,11 leu ib u s e le m e n tis. 9 .1 4 u ita sin e lu ce: Derselbe Gedanke etwa 2,9,6; 2,12,7; 5,1,9. im m o r ta le m [...] c o n d ic io n e m : Anscheinend ad hoc gebildeter antony-

mer Ausdruck zum geläufigen c o n d ic io m o r ta lis (4,10,1; 4,12,15; 6,13,10; seit Cic. Tim. 41, vgl. ThLL IV 132,14ff.). illi fa m ilia re: Für einen bekannten Sachverhalt wie 5,17,3, vgl. ThLL VI,1

251,51ff. 9 .1 5 u ir tu s q u o q u e so li h o m in i d a ta : Zum Gedanken vgl. Cic. leg.

1,25

u irtu s e a d e m in h o m in e ac deo e s t neque alio ullo in g e n e re p ra e te re a ; [ ...] e s t ig itu r h o m in i cu m deo s im ilitu d o .

q u a e n o n e r it s e c u n d u m n a tu r a m . . .

: Dass die Tugend, da sie im irdischen Leben zum Nachteil gereiche, eine Unsterblichkeit der Seele vor­ aussetze, um als ethisches Prinzip gelten zu können, führt Laktanz auch schon 5,18,9f. und 6,9,17-23 aus, vgl. P e r r i n L ’h o m m e 357f. Dement­ sprechend sieht Laktanz das su m m u m bon u m nicht in der u irtu s selbst, sondern in der durch diese erlangten im m o r ta lita s (etwa 3,8,35; 3,12,18). In der Aussage, die u irtu s sei naturwidrig und ein Übel (9,16), stellt sich Laktanz ausdrücklich gegen Cicero, insoweit dieser der stoischen Position folgt und die Tugend als Handeln se c u n d u m n a tu ra m (fin. 4,15.20.28; off. 3,13) und höchstes Gut (fin 4,54; off. 3,13) versteht. h u ic [...] p r a e s e n ti u ita e : Siehe oben zu 5,21 h u iu s p r a e s e n tis u ita e .

9,16 - 9,17

345

d u cim u s: ,zubringen‘. Die Junktur u ita m du cere betont den reinen Zeita­

blauf, vgl. ThLL V,1 2152,28ff. e t u o lu p ta te m e x p e t it [...] e t d o lo r e m fu g it: Zur Terminologie vgl.

Cic. fin. 1,30 (Position Epikurs) u o lu p ta s e x p e te n d a , fu g ie n d u s d o lo r . Auch außerhalb antiepkureischer Polemik erscheint diese Grundformel einer ver­ einfachten Lustethik öfter als Inbegriff einer primitiven und unreflektierten Ethik, vgl. etwa Cic. Pis. 42; de orat. 1,226; leg. 1,60. Dass die Güter der Seele und des Leibes einander entgegengesetzt sind, führt Laktanz bereits 5,23 aus. c u iu s a s p e r ita s . . . d is s o lu it a n im a n te m : Die beiden Übel des Schmer­

zes (er ist aversiver Reiz und er führt zum Tod) entsprechen genau Cic. leg. 1,31: d o lo r in m a x im is m a lis d u c itu r cu m su a a s p e r i t a t e , tu m quod n a tu ra e in te r itu s u id e tu r sequi.

a c e r b is se n sib u s: , unangenehme Empfindungen‘, ciceronische Junktur

(Cluent. 10; vgl. ThLL I 368,54f.). 9 .1 6 m a lu m e s t u irtu s: Siehe oben zu 9,16 quae n o n e r it se c u n d u m n a tu ra m

...

s tu ltu m q u e iu d ic a r i n e c e s s e est: Derselbe Gedanke 5,13,2 (siehe fol­

gendes Lemma) und 5,17,16:

sic rebu s o m n ib u s a d h a n c p r a e s e n te m u ita m re la tis u ir tu te m p la n e ad s tu ltitia m red ig u n t, s iq u id e m ta n to s h u iu s u ita e labores fr u s tr a e t in a n ite r su s c ip it.

9 .1 7 n o n n n e s e n s u ca rere u id e a m u r . . .

p en sa ri: Mit Recht weist

(L ’h o m m e 357) darauf hin, dass diese rhetorische Frage sich ins­ besondere angesichts einer bestehenden oder unmittelbar zurückliegenden Verfolgungssituation stellt und sich zudem mit einem Vorwurf an die Chri­ sten auseinandersetzt, diese suchten geradezu Leid und Tod um eines jen­ seitigen Gutes willen; vgl. Min. Fel. 8,5 p ro m ira s tu ltitia e t in c re d ib ilis P e rrin

a u d a c ia ! s p e r n u n t to r m e n ta p r a e s e n tia , d u m in c e r ta m e tu u n t e t fu tu ra , e t d u m m o r i p o s t m o r te m tim e n t, in te r im m o r i n o n tim e n t: ita illis p a u o rem fa lla x sp es so la c ia red iu iu a b la n d itu r. Auch andere Stellen des sieb­

ten Buches scheinen vor dem Hintergrund einer andauernden Christenver­ folgung abgefasst ( e g esta s und Schmähungen wie 15,8; 22,11; siehe auch oben 6). Mit der Frage, warum die Zahl der Christen trotz der Verfolgung zunimmt, setzt sich Laktanz ausführlich 5,13,1-21 auseinander; vgl. v.a. 5,13,2 (mit wörtlichen Übereinstimmungen) Uli [ ...] stu lto sq u e e sse a r b it­ r a n tu r qui cu m h a b ea n t in p o te s ta te su p p lic ia u ita re , c r u c i a r i ta m e n e t e m o r i m a lu n t.

a u t n e u iu e r e q u id em : B r a n d t (im Apparat z. St., I 614) erwägt ac

statt a u t , doch ist II 1565,48-60.

a u t n e [ ...] q u id em

gut belegt und ciceronisch, vgl. ThLL

K o m m e n ta r

u o lu p ta s o m issa : Junktur wie 27,1; 6,4,15; 6,9,23, nach Cic. fin. 1,36. 9 ,1 8 fa c itq u e h o n e s te , q u od : ,(die Tugend) handelt sittlich gut dar­

in, dass sie . . . 6, zur Konstruktion vgl. KS II 275; zu h o n e stu s für καλός (,sittlich gut6, ,moralisch richtig6) vgl. ThLL VI,3 2910,69ff. fo r tite r : Also entsprechend der Kardinaltugend der f o r titu d o . n e c m o r te m tim e t: Vgl. Cic. fin. 1,64 f o r titu d o s u m itu r co n tra m o r tis tim o r e m .

o fficiu m se r u e t: wie 5,17,31; öfter bei Cicero (neben c o n se rv a re ) und

Seneca (vgl. ThLL IX,2 525,13ff.). m o r te su sc e p ta : Derselbe Ausdruck 4,20,5; 5,3,13; epit. 46,4. 10.1 T r a n se a m u s n u n c u ic issim : Vgl. 6,3 q u a era m u s n u n c u ic is s im . ea q u a e u ir tu ti r e p u g n a n t: Gemeint sind die Laster, die Formulierung u ir tu ti rep u g n a re

(wie 3,29,17) ist ciceronisch (fin. 3,1; off. 3,13).

1 0 .2 u itia o m n ia te m p o r a lia su n t: Der aus der Stoa stammende Grund­

gedanke, dass die Tugend dauerhafter, die Laster vergänglicher Natur sei­ en, stammt, wie auch die wörtliche Übereinstimmung mit 10,6 u irtu s p e r ­ p e tu a e t c o n sta n s zeigt, aus Cic. leg. 1,45 (= SVF III 312) c o n sta n s e t p e r p e tu a ra tio u ita e , quae u irtu s e st, ite m q u e in c o n s ta n tia , quod e s t u itiu m , su a n a tu ra . Vgl. Cic. Tuse. 1,29 (= SVF III 425) u itio s ita s a u te m e s t h a b itu s a u t a ffectio in to ta u ita in c o n sta n s e t a se ip sa d is s e n tie n s . P e r r i n L ’h o m m e 359f.

ad p r a e se n s: Siehe unten zu 15,4 ad p ra e s e n s. irae im p e tu s . . . c o m m o tio n e s in te r im u n t: Dieselben Begierden und

Ziele erscheinen 6,19,6

ira u ltio n e m d e sid e ra t, c u p id ita s opes, lib id o u o lu p t-

a tes.

r e c e p ta u ltio n e : Zum Durst nach Rache als abzulehnender Begierde vgl.

Tert. patient. 8,8; 10,9; Arnob. nat. 1,17. lib id in is u o lu p ta s c o r p o r is fin is est: ,Die Lustempfindung des Körpers

ist das Ende der Begierde6. Nur dieser Bezug ist inhaltlich möglich und liegt für den Leser wohl durch die feste Junktur u o lu p ta s c o rp o ris ^kör­ perliche Lust6, so etwa 2,2,24; 3,7,7; 3,15,19; Cic. de orat. 1,226; Cato 64; fin. 2,89; Sali. lug. 1,4; Quint, inst. 12,2,24) hinreichend nahe. Gegen die von B r a n d t ( z . St.) erwogene Auflösung des Hyperbatons ( lib id in is fin is u o lu p ta s c o r p o r is ) sichert die akatalektische dikretische Klausel c o r p o r is f in is e s t die überlieferte Wortfolge. a m b itio [...] h o n o res: Siehe oben zu 1,15 a m b itio n e . . . . c o n s e n e s c it: ,erlahmen6, wie 3,6,8; Cic. Cato 29 u ire s , vgl. ThLL IV

389,Iff. Siehe auch unten 434 Anm. 59 zu 15,16.

10,3 - 10,5

347

1 0 .3 u ir tu s [...] sin e u lla in te r m is s io n e p e r p e tu a est: Die u irtu s p e r ­

(auch 10,5f.), das heißt die u ir tu tis p e r p e tu ita s (10,5; zum Gedanken siehe auch unten zu 10,8 in m o r te ... ), stellt Laktanz gegen das auf den Augenblick beschränkte Laster (so auch ira 15,3; 19,1), zu diesem Gedan­ ken und zur Formulierung vgl. 6,21,10 (über das Gotteslob als Ohrenlust im Gegensatz zu verwerflichen Lüsten) h aec e s t u o lu p ta s u era quae co m es

p e tu a

e s t e t so c ia u ir tu tis , h aec n o n e s t cadu ca e t breu is u t illa e quas a d p e tu n t qui co rp o ri u t p e c u d e s s e r u iu n t, sed p e r p e t u a e t s i n e u l l a i n t e r m i s s i o ­ n e d electa n s. Der Ausdruck sin e u lla in te r m is s io n e erscheint bei Cicero

(nat. deor. 1,114) und Arnobius (nat. 4,36), vgl. ThLL VII,1 2226,78ff. Zum Nebeneinander von Adjektiv und synonymen Präpositionalausdruck (insbesondere bei s in e ) vgl. LHS II 795. ce p it: Siehe oben zu 1,18 c a p iu n t [ ...] u ir tu te m . ca rere ea p o ssu m u s: Der Dikretikus (nach W o jtc za k , C icero 29, in 9,9% der Klauseln bei Laktanz) deutet darauf hin, dass diese Reihenfol­

ge derjenigen von PKS (e a c ä re re Kretikus, 1,8%) vorzuziehen ist.

p össü m ü s,

katalektischer Jambus und

r e d ib u n t p r o tin u s: ,werden umgehend wieder Einzug halten6, nachklas­

sisch (Veil. 2,62,1; Curt. 6,2,15 etc.) geläufige Wendung. u itia , q u a e u ir tu te m s e m p e r im p u g n a n t: Vom ,Kampf zwischen Tu­

gend und Lastern spricht Laktanz öfter, vgl. 2,17,1; 6,3,13; epit. 24,3; ira 15,2; 19,lf.; auch etwa Val. Max. 4,1,2 ext. 1 0 .4 sib i d o m ic iliu m s ta b ile c o llo c a u it: Vgl. 4,3,20 d o m ic iliu m s ta b ile ,

epit. 49,1

d o m ic iliu m co llo ca re, ciceronisch formuliert: Cic. se d e m sta b ile m e t d o m ic iliu m c e r tu m ; Verr. II 3,6, vgl. ThLL

Marceli. 29 III 1644,Iff.

in o m n i a ctu : Wie 26,17; Sen. epist. 76,19; 120,10; Quint, inst. 2,13,8:

,in jeder einzelnen Handlung6. in se d it: In s id e r e transitiv als übertragenes (im eigentlichen Sinn 2,4,2)

,heimisch werden6 wie Apul. mund. 24 (vgl. ThLL VII,1 1885,22fr.)·

o p in io [ ...] c o g ita tio n e s [ ...] in s e d it

p e r p e tu a s ta tio n e m u n ie r it: ,mit einer ununterbrochenen Wache si­

chern6. Die Übertragung von a liq u id p r a e s id io m u n ire auf einen Gemüts­ zustand ist geläufig (Cic. Verr. II 3,3; vgl. ThLL VIII 1659,45ff.), s ta tio (siehe auch unten zu 27,16 s ta tio n e s ... ) in diesem Zusammenhang je­ doch ungewöhnlich, aber wohl wegen der Junktur (Caes. Gail. 1,21,3; Liv. 10,21,10; Petron. 102,5) mit dem im Kontext wichtigen Stichwort p e rp e tu u s (siehe oben zu 10,3 u irtu s ... ) gewählt. 10.5 u ir tu tis p e r p e tu ita s in d ic a t . . . : Ein Syllogismus: Die Vorsätze

(1.

e t u irtu s p e r p e tu a e s t

und 2.

e t so lu s a n im u s h u m a n u s u ir tu te m ca-

K o m m e n ta r p it)

stehen im Kausalsatz, die Folgerung proleptisch im Haupsatz. Dabei würde eigentlich genügen: a n im u s h u m a n u s p e rp e tu u s e s t . Die ausführliche Doppelung der entscheidenden Stichwörter ( u ir tu tis p e r p e tu ita s ; u ir tu te m ca p ere , dazu oben zu 1,18 c a p iu n t [ ...] u ir tu te m ) macht die Argumentation eindringlicher, hebt aber auch die Bedeutung der u irtu s für die Unsterb­ lichkeit heraus. p e r p e tu ita s : Wie 15,9, seit Cicero (vgl. ThLL X,1 1635,38.71ff.); zum

Gedanken siehe oben zu 10,3

u irtu s

...

1 0 .6 le n itu d o : ,Milde‘ ist eine Form der te m p e r a n tia , vgl. ira 18,3; Cic.

off. 1,46. Vor Laktanz erscheint das Wort nur vereinzelt (Cic. Verr. II 4,136; Arnob. nat. 3,28) in Prosa, vgl. ThLL VII,2 1149,14ff. tr a n q u illita s an im i: Die , Seelenruhe ‘ (bei Laktanz nur hier) bezeichnet

als Entsprechung der epikureischen αταραξία und der stoischen απάθεια und ευθυμία einen zentralen Wert, den die antike Ethik anstrebt, insbesondere als Freiheit von negativen Empfindungen und Erregungen (vgl. Cic. fin. 1,43.64; 5,23; Tusc. 3,9; off. 1,72; Senecas Schrift D e tr a n q u illita te a n im i [= dial. 9]). u ir tu s p e r p e tu a e t c o n sta n s: Siehe oben zu 10,2 u itia o m n ia . . . p ar sibi: Wie Ον. trist. 4,6,26 u t s i t [ ...] sib i p a r a e r u m n a , ThLL Χ,Ι

269,60f. u ir tu tis erg o fr u c tu s ac p r a e m iu m s e m p ite r n u m est: Der Gedanke,

dass die Tugend nach einem dauerhaften und üb er weit liehen Lohn ( p r a e ­ m iu m ) verlange, findet sich auch Cic. rep. 6,8 illa d iu in a u irtu s n o n s ta tu a s p lu m b o in h a e re n te s nec tr iu m p h o s a re sc e n tib u s la u re is, se d sta b ilio ra qu a­ ed a m e t u irid io ra p r a e m io r u m g e n e ra d e s id e r a t. Vgl. P e r r i n L ’h o m m e

360f. 1 0 .7 q u ia u ir tu s a d h u c ip sa est: Die Tugend muss bis zum Tod unun­

terbrochen bewahrt und bewiesen werden, sonst hatte man sie sich nicht wirklich angeeignet (10,3f.), erst danach (10,8) kann man den Lohn dafür erlangen. 1 0 .8 u itia c u m in a c tu su o fin iu n tu r: , Laster, wenn sie in ihrer Aus­

führung (in a c tu s u o : nachklassisch, vgl. Quint, inst. 12,2,8) beendet wer­ dend Laster bestehen hiernach im punktuellen Nachgeben gegenüber einem (sittlich verwerflichen) Handlungsimpuls, der eine unmittelbare Befriedi­ gung verspricht. in m o r te s u s c ip ie n d a s u m m u m e iu s officiu m : Die letzte möglicher­

weise von der Tugend auferlegte Pflicht ist es, um ihretwillen den Tod auf sich zu nehmen. Dieses Motiv passt einerseits zum Gedanken von Christus als Lehrer und Vorbild der Tugend (4,11,14; siehe auch unten zu 27,7 nec

10,9 - 10,10

349

m o n s tr a u it ta n tu m ... ), der selbst den Tod auf sich nahm ( m o r te m s u s c i­ p e r e : 4,20,5; 4,26,28), aber auch zu einer Verfolgungssituation, in der das Festhalten an der u ir tu s , die zum ewigen Heil führt, unter Umständen die

Bereitschaft voraussetzt, dafür den Tod auf sich zu nehmen, vgl. 6,17,25: u irtu s e s t m o r te m c o n te m n e r e , [ ...] u t c o a c ti d e u m relin q u ere ac fid e m p ro d e re m o r te m su sc ip e re m a lim u s lib e rta te m q u e d e fe n d a m u s a d u e rsu s in p o te n tiu m s tu lta m u eco rd em q u e u io le n tia m e t o m n e s sa e c u li m in a s a tq u e te r ro re s fo r titu d in e a n im i p ro u o c e m u s. Diese besondere Prägung des Be­ griffs der p e rp e tu a u irtu s bei Laktanz (siehe oben zu 10,3 u irtu s . . . ) wird

deutlich im Vergleich mit Cic. Tusc. 1,109 (aus 1,110 zitiert Laktanz 10,9): Im Leben müsse vom Einzelnen ein bestimmtes Maß an p e r fe c ta u irtu s erreicht werden, dann könne er auch beruhigt sterben; eher in diesem Sinn scheint Laktanz 12,12 (unten zu si ta m e n iu u e n ilis ... ) zu argumentieren. 10.9 Cicero: Siehe oben zu 2,10

M a rc u s T u lliu s.

in Tusculanis: Werkangabe wie 1,15,24; 3,13,14; ira 10,45; 22,2. quamuis dubitanter: Die Einschränkung bezieht sich darauf, dass die Lokalisierung des su m m u m bon u m nach dem Tod im Zitat nur eine Alter­ native darstellt. sensit . . . contingere: Dass das su m m u m bon u m erst nach dem Tod erlangt werde, findet sich bei Cicero so nicht. Vielmehr fasst Laktanz zu­ sammen, was dem folgenden Zitat entnommen werden soll. S e n s it ist also prägnant zu verstehen: Cicero ,spürte‘ diese Wahrheit, so dass sie anklin­ gen konnte. , fidenti animo . . . cognouimus*: Wörtlich aus Cic. Tusc. 1,110 (ohne Abweichungen). Doch unterscheidet sich der gedankliche Zusammenhang: Bei Laktanz ist an das vertrauensvolle Sterben desjenigen gedacht, der im irdischen Leben der Tugend bis zum Schluss treu geblieben ist und nun seinen Lohn erwarten darf. Bei Cicero ist eigentlich davon die Rede, dass derjenige beruhigt sterben könne, der einen so dauerhaften Ruhm ( fa m a ) wie die großen römischen Feldherrn erlangt habe. Vgl. B r y c e 147f. 10.10 qui autem se, ut ait idem . . . : Laktanz spielt auf Cic. Tusc. 1,72 (Sokrates über das zweifache Geschick der Seelen nach dem Tod; ein entsprechender Gedanke ist auch am Ende des s o m n iu m S c ip io n is Cic. rep. 6,29 formuliert, doch, abgesehen vom Stichwort u o lu p ta s , ohne wört­ liche Übereinstimmungen; vgl. O g i l v i e 63): n a m q u i s e h u m a n is u i t i i s c o n t a m i n a u i s s e n t e t se to to s lib id in ib u s d e d isse n t, [ ...] is d e u iu m quod­ d a m ite r esse, se clu su m a co n cilio d e o ru m ; qui a u te m se in te g ro s ca sto sq u e se r u a u is s e n t, [...], is a d illo s a quibus e s s e n t p r o fe c ti re d itu m fa c ile m p a te ­ re. Dabei entfernt er sich immer weiter von der Vorlage und schafft einen

fließenden Übergang vom Cicerobeleg zum Hinweis auf die Heilige Schrift:

K o m m e n ta r

Die Aussage se u itiis c o n ta m in a re stimmt wörtlich überein, der Dienst an der Lust entspricht inhaltlich der Hingabe an die Triebe bei Cicero, der Gedanke der jenseitigen Strafe lässt sich mit den referierten Worten des Sokrates über das unterschiedliche Geschick der befleckten und der reinen Seelen noch vereinbaren, auch wenn die Terminologie ( d a m n a tu s a e te r n a m lu e t p o e n a m ) christlich ist. Am Ende steht der Bezug auf den zweiten Tod aus den d iu in a e litte ra e . d iu in a e litte r a e s e c u n d a m m o r te m n o m in a n t: Laktanz erläutert be­

reits 2,12,8f. (wie auch anschließend 10,11) den Unterschied zwischen er­ stem und zweitem Tod (p r im a und se c u n d a mors), letzteren erklärt er: m o r s e s t a e te r n i d o lo ris p e rp e ss io , u el i t a : m o r s e s t a n im a r u m p ro m e r itis a d a e te r n a su p p lic ia d a m n a tio (2,12,9). Der Begriff, auf dessen biblische Begründung Laktanz erst hier verweist ( d iu in a e litte r a e , siehe auch oben zu 7,9 d iu in a e litte r a e ), stammt aus der Johannesoffenbarung (vgl. A u n e

III 1091-1093 mit weiterer Literatur): Der δεύτερος θάνατος könne den Ge­ rechten nichts anhaben (Offb 2,11; 20,6), für die Frevler bestehe er aus den Qualen im Feuersee (Offb 20,14; 21,8; bei Laktanz 26,6f. geschildert). Die christliche Latinität gebraucht se c u n d a m o r s (Vet. Lat. apoc. 21,8 [Tert. pudic. 19,8]) in diesem Zusammenhang (Tert. scorp. 12,8; fug. 7,2) und für die ewige Verdammnis (Cypr. mortal. 14; eleem. 6; Victorin. Poetov. in apoc. 2,2). Auch Ps. Apul. Asel. 28 wird zwischen dem leiblichen Tod und der ewigen Bestrafung unterschieden ( v a n R o o i j e n - D i j k m a n 81), doch fehlt dort die aus der Johannesoffenbarung entlehnte Rede vom zwei­ ten Tod. 1 0 ,1 1 s ic u ti d u a e u ita e . . . ita e t m o r te s d u a e . . . : Laktanz verbin­

det nun stimmig zwei bereits eingeführte Theologumena, das von den zwei Leben, dem begrenzten ( te m p o r a lis ) irdischen, das mit dem Leib verbun­ den ist, und dem nach dem Tod (5,16), und dasjenige von den den zwei Toden, dem unvermeidlichen leiblichen und dem aus der ewigen Verdammnis bestehenden, der nur die Frevler trifft (2,12,8f.; dazu auch vorhergehendes Lemma). Vgl. auch 6,3,1 du ae s u n t u ia e p e r quas h u m a n a m u ita m p ro g red i n ecesse est, u n a quae in ca elu m fe r a t, a lte ra quae a d in fe ro s d e p r im a t, epit 54,1; Cic. fin. 4,40 d u a ru m e n im u ita r u m n o b is e ru n t in s titu ta ca p ien d a . Varro rust. 3,1,1 du ae u ita e tr a d ita e s in t h o m in u m , ru s tic a e t u rban a. an im i: Diese Lesart der Handschriften BDPKS; Lesarten PS falsch bei a n im a e (HM) vorzuziehen. Dass unbeschadet des folgenden a lte ra p e r tin e n s ad a n im a m hier a n im u s verwendet werden kann (vgl. grundsätzlich B l a i s e s .v . a n im u s 1), zeigt der Sprachgebrauch gleich im Anschluss, wo vom der Auferstehung der a n im a e (11,1) und vom ewigen Leben des a n im u s (11,2) die Rede ist; zum Sprachgebrauch des Laktanz, (B ra n d t)

ist gegenüber

der öfter nach Ciceros Vorbild

a n im u s

verwendet, wo in konsequent Christ-

11,1

-

351

11,2

licher Terminologie a n im a zu erwarten wäre, P errin Siehe aber auch unten zu 11,5 c o rp o ris [ ...] a n im i [ ...]

L ’h o m m e 233-235. a n im a m .

fungi: Die Junktur m o r te fu n g i erscheint seit Ον. met. 11,583, dann öfter

in der nachklassischen Prosa, vgl. ThLL VI, 1 1589,63ff. 11.1 I m p le tis [...] te m p o r ib u s: Vielleicht im Anklang an biblischen

Sprachgebrauch, so etwa Vet. Lat. Marc. 1,15 (Aug. serm. novissimi 14D = 152A,1, ed. F. D o l b e a u , REAug 147 [1996] 107) im p le ta s u n t te m p o ra e t a p p ro p in q u a u it regn u m d e i ; Gal. 4,4 (Tert. adv. Marc. 5,4,2) cu m a u te m e u e n it im p le r i te m p u s, m is it d eu s filiu m su u m ; vgl. aber mort. pers. 39,3 n o n d u m lu ctu s te m p o re im p le to ; ThLL VII,1 634,71ff. c o n s e q u e n s e st ut: Wie 1,3,9; 3,22,10 etc., als feste Wendung nachklas­ sisch öfter (Gaius inst. 2,78; Tert. adv. Marc. 1,16,1 etc.), vgl. aber schon Cic. leg. 1,15 co n seq u en s e sse u id e tu r, u t sc rib a s tu id e m de legibus. r e su r g a n t a n im a e: Die Aussage von der , Auferstehung der Seelen zum

ewigen Leben‘ steht letztlich im Widerspruch zur christlichen Lehre und zu den dieser entsprechenden sonstigen Aussagen des Laktanz: Die Seele existiert nach dem Tod, der Trennung vom Leib, weiter (dazu ja der gan­ ze Abschnitt 9,1 - 11,10), bis es zur eigentlichen leiblichen Auferstehung (20,5; 23,1-5) kommt. Nur für diese (und die Auferstehung Christi: 4,10,1.3 etc.) verwendet Laktanz ansonsten die Ausdrücke resu rg ere und re su rre c ­ tio (20,5; 21,8; 22,8.10.13.15; 23,1; daneben: a n a s ta s is 23,2.5), im Einklang mit den terminologischen Gepflogenheiten der christlichen Latinität; dazu E. F a sc h e r , Anastasis-Resurrectio-Auferstehung. Eine programmatische Studie zum Thema , Sprache und Offenbarung^, ZNTW 40 (1941) 166-229; L e M oigne 255-264. Die Lehre von einer Auferstehung allein der Seelen hingegen wird vom frühen Christentum als häretisch ab gelehnt, vgl. etwa Tert. adv. Marc. 5,10,3; resurr. 38,3; L e M oigne 259-262. Offensichtlich stellt Laktanz den dogmatisch-terminologischen Aspekt gegenüber dem rhetorischen zurück: Er will vorerst den Gedanken von der Auferstehung zum ewigen Leben einführen, beschränkt ihn zunächst aber auf die See­ len, was noch näher an entsprechenden paganen Vorstellungen liegt, und verschiebt die Erörterung der fleischlichen Auferstehung (23,1-5 mit um­ fangreicher Erläuterung und Belegung aus paganen Quellen). u ita m p e r e n n e m : Für das ,ewige Leben‘ wie Pass. Perp. 2,2; Tert. paenit.

6,5; vgl. ThLL X,1 1322,lOff. fin e m [...] a c c e p it: Nachklassisch, vgl. ThLL VI, 1 796,60f. 11.2 in e lo q u ib ile s: Siehe oben zu 5,9 in elo q u ib ile. p e r e n n e s . . . p e n d it: Die Junktur p e re n n e s p o e n a e (neben in fin ita to r ­ m e n ta ]

zur Sache vgl. 26,6) vielleicht nach Cypr. mortal. 14

p e re n n ib u s

K o m m e n ta r p o e n is a e te r n a fla m m a to rq u e b it (vgl. ThLL X,1 1321,69ff.). Auffällig ist die lautliche ( p - und ^-Alliteration) und rhythmische (zwei Klauseln aus Spondeus und katalektischem Dikretikus) Stilisierung: p e r e n n e s p o e n a s e t _

_

_

_

_

_

^

in f in ità to r m e n t ä p r o p e c c a tis su is p e n d it.

1 1 .3 c o r p o r a li a tq u e terren a : Siehe oben zu 5,24 c o rp o ra lia e t te rre n a . q u ia ia m b o n is . . .

p o t it i su n t: Vgl. den Gedanken des bereits im

Diesseits erlangten Lohnes Mt 6,2.5.16. Laktanz bezieht sich darauf 6,18,3. q u o d iis e u e n it . . . n e g le g u n t: Gier nach Besitz und Idolatrie gehören

nach Laktanz zusammen: Beides geht zurück auf eine falsche Fixierung auf das Materielle, Irdische, Sichtbare und damit Vergängliche; vgl. etwa 2,1,14; 5,6,1-6. 1 1 .4 q u i . . . m ise r i fu erin t . . . ob ip sa m iu s titia m , . . . b e a ti sin t fu tu ri: Die Gedankenführung entspricht der Seligpreisung Vet. Lat.

Matth. 5,10 (Cypr. Fort. 12)

beati [ ...], qui p e r s e c u tio n e m p a s s i f u e r in t p r o p te r iu s titia m , quia ip s o r u m e s t regn u m ca elo ru m .

iu s titia m se q u e n te s: Die Junktur (wie 5,22; 2,17,11; 6,3,17; 6,9,2) klingt

bereits an die Bezeichnung für die Christen als iu s ti an (siehe unten zu 15.4 iu stu s . . . und zu 17,6 iu stu s p o p u lu s . . . ), eindeutig über diese 5,9,2 iu s titia m qu am n o s s e q u im u r ; 5,9,3 iu s tititia e s e c ta to re s . Siehe auch oben zu 1,3 iu s titia m . m ise r i . . .

u e x a ti: Die Übel (Verachtung und Armut) entsprechen den

9,17; 15,8 für die verfolgten Christen genannten; ausdrücklich wird der Bezug auf diese erst mit quod iis u tiq u e c o n tin g it . . . hergestellt. q u ia n e c a lite r u ir tu s te n e r i p o te s t: Um der u irtu s treu zu bleiben,

muss man die genannten Übel auf sich nehmen. Dahinter steht wieder­ um die Verfolgungssituation (siehe oben 6), u irtu s bezeichnet das ethisch zwingend gebotene und zum ewigen Leben führende Festhalten am Chri­ stentum. c a e le s te m r e lig io n e m : Umschreibung für das Christentum, wie 6,2,13. se q u u n tu r dei: Für diese Wortfolge der Handschriften PKS sprechen die

drei Kretiker r e lig io n e m se q u ü n tü r Attribuierung von re lig io n e m .

d e i)

und die Milderung der doppelten

1 1 .5 q u id ? [...] n o n n e: Die Wendung erscheint, vielleicht nach Cicero

(Verr. II 4,19.93; Phil. 2,20 etc.), öfter zur Einführung von neuen Gedanken (3,8,27; 3,10,2; 6,6,27 etc.), wie hier, oder von Autoritäten (13,6; 1,10,3; 6,11,9). c o r p o r is [...] a n im i [...] a n im a m : Hier eher als Trichotomie, wobei der

Geist (animus) der Seele unmittelbar zugeordnet ist, ähnlich etwa 5,23-

11,6

353

25. Sonst erscheinen a n im u s und a n im a öfter synonym in Opposition zu c o rp u s , siehe oben zu 10,10 a n i m i m o r tis e x p e r te m : Nur hier belegte Junktur, vielleicht mit poetischer

Nuance, vgl. ThLL V,2 1688,32-35. n ih il e n im T u lliu s a it e sse . . . u e tu s ta te : Nach Cic. Marceli. 11 n i h i l e s t e n i m opere e t m a n u f a c tu m , q u o d n o n c o n f i c i a t e t c o n su m a t u e t u s t a s . Es handelt sich um einen gnomischen Einschub in der Rede, zum sprichwörtlichen Charakter Curt. 5,1,34 cu m u e tu s ta s n o n opera so lu m m a n u f a c ta , sed e tia m ip s a m n a tu ra m p a u la tim ex ed en d o p e r im a t ; P e r ­ r i n U h o m m e 360 mit Anm. 559. Wörtlich zitiert Laktanz den Satz (und

den darauf folgenden) bereits 6,11,25. Auch später (15,12) nimmt er noch­ mals darauf Bezug. Auffallend sind die Änderungen, die mit der indirekten Wiedergabe einhergehen (vgl. L a u s b e r g S en eca 147 Anm. 55): Laktanz betont stärker das M e n s c h e n werk ( m a n ib u s h u m a n is la b o ra tu m statt o p e­ re e t m a n u f a c tu m ) , substantiviert con ficere zu c o n fe c trix (hier erstmals, dann bei Augustin, vgl. ThLL IV 171,46ff.), löst Ciceros Personifikation von u e tu s ta s auf, verstärkt die Aussage ( a d in te r itu m re d ig a tu r (wie Lucr. 5,877) statt c o n su m a t) und setzt den gegenüber Cicero neuen Aspekt des Unrechts als Verfallsursache ( in iu r ia h o m in u m ) neben dem Alter hinzu. Zur Bezeichnung Ciceros siehe oben zu 2,10 M a rc u s T ullius. 1 1 ,6 c o n te m p tu i p r a e s e n tiu m s tu d e n te s : ,die sich um Verachtung

des Ephemären bemühend Solches c o n te m n e re erscheint öfter bei Laktanz als erstrebenswertes (2,2,23; 3,12,8.23; 5,18,3) und schwer zu erreichen­ des (4,24,17) Ziel. - Schwierigkeiten bereitet die Endung von c o m te m p tu i. BHKS bieten -u , PM -ü , Nur D (als Korrektur aus -u ) -ui. Die Endung -u kann für den Ablativ, aber auch für den Dativ stehen (vgl. Gell. 4,16,5; LHS I 442; N e u e / W a g e n e r I 541-546). B r a n d t wählt -u und versteht dies, wie die zur Stelle übernommene Begründung von T h i l o zeigt, als Ab­ lativ, der eine Junktur s tu d e n te s in m e m o r ia m (vgl. Quint, inst. 10,2,6 in id so lu m s tu d e n t, u t ; 12,6,6 in qu am re m stu d e n d u m s i t) näher bestimmt (,die sich durch Verachtung auf Andenken hin bemühen6). Dazu erwägt B r a n d t die Ergänzung von n o m in is oder p o s t e r it a ti s , die dieses Text Ver­ ständnis verdeutlichen würde. Freilich zeigt schon dies, dass s tu d e n te s in m e m o r ia m nur mit Mühe im von B r a n d t postulierten Sinn aufzufassen ist. Hinzu kommt, dass die Verwendung von stu d e re mit Präpositionalkonstruktion bei Laktanz singulär wäre; sonst nämlich gebraucht er das Verb stets mit Dativ, Infinitivkonstruktion oder u t - Satz. Auch c o n te m p tu bereitet dem Leser als bloßer Ablativ Probleme, zumal man für das eigent­ lich geforderte ,in/durch Verachtung des Gegenwärtigen6 eher c o n te m p tis p r a e s e n tib u s (vgl. 11,3; 26,11; 27,1; 1,1,1; ira 2,4; 16,8) oder dergleichen erwarten würde. Näher liegt es also, eine Dativform für c o n te m p tu s an-

K o m m e n ta r

zunehmen: So ergibt sich zweimal eine glatte geschlossene Wortstellung (der Dativ zu c o n te m p tu s und s tu d e n te s sowie in m e m o r ia m und re li­ q u e ru n t). Zweitens kann man in m e m o r ia m zu relin q u ere ziehen wie 1,8,8 in m e m o r ia m c o n s e c r a r i ; 4,21,2 in m e m o r ia m s c r ip tu m (vgl. W i n g e r I 173 Anm. 1148); Sen. dial. 6,21,3 in m e m o r ia m tr a d ita e s e n e c tu tis u iro s (,Männer von historisch gesichertem hohen AlteP; zum finalen in ThLL VII,2 763,35ff.; zur Junktur in m e m o r ia m 766,35f.). Und drittens hat die Aussage so den einleitend formulierten passenden Sinn. Somit fragt sich nur noch, ob der Dativ hier mit der Endung -u oder -u i wiederzugeben ist. Ein ähnliches Problem liegt 1,1,7 vor, wo für einen zweifelsfreien Dativ D2MWKR c o n te m p tu i und D1VP c o n te m p tu bieten (vgl. ferner 6,13,14 mit B r a n d t z.St.). Ansonsten verwendet Laktanz -u i (vgl. 4,30,6; 6,4,10; 6,17,11 etc.). Selbst wenn hier also die Nebenform -u gebraucht war, dürf­ te -u i das von Laktanz Intendierte sein. Vielleicht sind -ü in PM und das in D hinzugefügte i Spuren einer undeutlichen Korrektur des auch 1,1,7 vorkommenden Fehlers im Archetypen. h i p la n e . . .

q u a e sie r u n t: Das Streben nach Ruhm bei der Nachwelt

erscheint auch in Ciceros philosophischen Schriften als Motivation für tu ­ gendhaftes Handeln, vgl. A.D. L e e m a n , Gloria. Cicero’s waardering van de roem en haar achtergrond in de hellenistische wijsbegeerte en de romeinse samenleving, Rotterdam 1949, 148-158. n o m e n in d e le b ile : Anspielung auf den Epilog von Ovids Metamorphosen

(bereits notiert bei

B ü n e m a n n z. St. 916), insbesondere auf 15,876 n om en q u e e r it in d e le b ile n o s tr u m (dort erscheint erstmals in d e le b ilis , dann

Ov. Pont. 2,8,5 und hier, vgl. ThLL VII,1 1133,60ff.). Der Zusammenhang passt genau: Ovid spricht von seinem Werk, das dem Altern widerstehen (Ov. met. 15,871f. o p u s exegi, quod [ ...] nec p o te r it [ ...] abolere u e tu s ta s , vgl. 10,5 u e tu s ta te ; 10,6 opera a n im i ) und ihm Fortleben auch über seinen leiblichen Tod hinaus verschaffen werde. Ovids Metamorphosen erschei­ nen für den Kenner als Beispiel eines Geist esWerkes, das in der Erinnerung überdauert. 1 1 .7 sin e n u tu e t a d m in ic u lo an im i: Der Geist gibt erst den ,Wink‘

zum Begehren und die ,Unterstützung‘ (15,16 für die Hilfe, die ein seniler Greis braucht, siehe unten 434 Anm. 60). (n u tu s )

q u a e ad o fficiu m . . . n o n r e d u n d e n t: ,was auf den Dienst oder Nutzen

des Körpers gar keine vorteilhafte Rückwirkung (keinen Rückfluss) h at‘, zur Formulierung vgl. Cic. Lig. 8 la u d e m a d u le sc e n tis p ro p in q u i e x is tim o e tia m ad m e u m a liq u em fr u c tu m red u n d a re.

1 1 .8 a b s tin e n tia c u p id ita tu m ac lib id in u m : Als Aspekte der wahren

Gottesverehrung eingeführt 5,8,6f.

355

11,9 - 12,1

patientia doloris, contem ptu mortis: Als Erweise der besonderen und beispielhaften u irtu s Jesu 4,26,27. dissociari: Ungewöhnlich für die Trennung von Leib und Seele im Tod (vgl. ThLL V,1 1493,65ff.73f.), wohl komplementär zu 5,23 a n im a e t co rp u s c o n so c ia ta formuliert. 11,9 quid quod ea quae . . . extrinsecus: Der Gedanke, dass das ver­ gänglich sein muss, was einer physischen Einwirkung von außen unterliegt, ist der Argumentation für die Vergänglichkeit alles Körperlichen in der Baibusrede (Cic. nat. deor. 3,29, als Referat des Karneades; siehe auch oben 328; vgl. B ryce 122) entlehnt: Cic. nat. deor. 3,29

Lact. inst. 7,11,9

cu m qu e o m n e a n im a l p a tib ile m n a tu ra m h a ­ beat, n u llu m e st eoru m quod effu giat a c c ip ie n ­ di a liq u id ex trin secu s id e st qu asi fe r e n d i et p a tie n d i n e c e ssita te m , et si o m n e a n im a l ta le e st im m o r ta le n u llu m est. ergo itid e m , si o m ­ ne a n im a l seca ri ac d iu id i p o te s t, n u llu m est eoru m in d iu id u u m n u llu m a e te rn u m ; atq u i o m n e a n im a l ad a c c ip ie n d a m u im ex tern a m et fe r e n d a m p a r a tu m e s t; m o rta le ig itu r o m n e a n im a l et disso lu b ile et d iu id u u m s it n ecesse est.

qu id quod ea quae u isib ilia su n t oculis et ta n g ib ilia m a ­ nu, quia ex tern a m u im p a ­ ti p o ssu n t, a etern a esse n on p o ssu n t, ea uero quae neque sub ta c tu m neque sub u isu m u en iu n t, sed ta n tu m m o d o uis eoru m et ra tio et effectu s a p ­ p a re t, a etern a su n t, quia n u l­ la m u im p a tiu n tu r e x trin ­

secus?

Die sinnliche Wahrnehmbarkeit (sehen und berühren) setzt Laktanz hinzu. - Umgekehrt erörtert Laktanz 20,7 - 23,5 ausführlich die Frage, wie die immaterielle Seele eine jenseitige Bestrafung erfahren kann. tangibilia: Hier und 12,3 erstmals belegt (so auch nach dem Material des ThLL-Archivs), dann bei Hieronymus (vgl. B l a is e s.v.). neque sub tactum neque sub uisum ueniunt: Siehe oben zu 1,9

sub

u isu m o cu lo ru m u e n it.

11,10 uisui pariter et tactui subiacet: Gesuchte Variation zu sub u i­ s u m /ta c tu m u en ire (11,9), vgl. die gängige Formulierung ocu lis su b ie c tu m esse (2,3,8; Hor. ars 181; Liv. 7,11,6 etc.); Ceis. 7,18 [sc. u e n a e ] u isu i su b tecta e.

12,1—32 W iderlegung der lukrezischen A rgum ente für die Sterb­ lichkeit der Seele:1 Der Widerlegung der epikureischen Argumente für die Sterblichkeit der Seele widmet Laktanz einen umfangreichen und relativ deutlich abgegrenz1

Zum Folgenden vgl. S. F r e u n d , Laktanz und die epikureische Seelenlehre, Studia Patristica 42 (2006) 379-384.

K om m entar

ten2, daher fast exkursartigen Abschnitt.3 Dieser zeigt einen klaren äuße­ ren Aufbau: Nach einleitendem Hinweis, dass nun die Widerlegung der Gegenargumente folge, und genauer Quellenangabe (§ 1 L u c re tiu s te r tio lib ro ) gibt Laktanz sieben a rg u m e n ta E p ic u r e i d o g m a tis (vgl. § 30) wieder (§§ 1-29), die aus den Argumenten für die Sterblichkeit der Seele bei Lukrez gewonnen sind: Dieser erläutert im dritten Buch seines Lehrgedichtes zunächst (1-416) die Stofflichkeit der Seele, dann (417-829) gibt er (nach moderner Zählung 29) Beweise4 für ihre Sterblichkeit, daraus folgert er schließlich (830-1094), dass die Todesfurcht unbegründet sei. Laktanz be­ zieht sich hier also auf einen zentralen Beweisgang im Werk des Lukrez. Dabei gibt Laktanz zunächst a rg u m e n ta des Lukrez wieder: das erste bis fünfte in fiktiver direkter Rede mit in q u it , das sechste in indirekter Rede mit a it (sechstes), das siebte als wörtliches Zitat. Anschließend widerlegt er die Gedanken. Am umfangreichsten und deutlich gegliedert sind die Widerlegungen der ersten beiden epikureischen a r g u m e n ta : 1. Seele und Körper entstehen und vergehen zugleich (§ 1): Dabei han­ delt es sich nicht um ein Argument des Lukrez, sondern um dessen Ausgangsthese (3,417b). Widerlegung (§§ 2-8): Laktanz unterscheidet zunächst (§§ 2-5) nach Platon (§2) zwischen der immateriellen Seele, die unsterblich und göttlichen Ursprungs ist, und dem materiellen Körper, sterblich und irdischen Ursprungs. Dann (§§ 6-8) wendet er sich gegen den Aspekt der Gleichzeitigkeit in der Ausgangsthese: Der Leichnam löse sich nach dem Tod erst langsam auf; diese Beobachtung passe vielmehr zu den Annahme, dass die Seele nach dem Tod aus dem Körper ent­ weiche wie die Flüssigkeit aus einem zerbrochenen Gefäß. In seiner Widerlegung greift Laktanz Gedanken und Formulie­ rungen aus dem ersten Beweis des Lukrez (3,425-444) auf, der lautet: Leichte, bewegliche Seelenatome zerstreuen sich, wenn der sterbende Körper sie nicht mehr Zusammenhalten kann. So spricht Laktanz wie Lukrez von der Feinheit (§§ 2f.) und raschen Beweglichkeit (§2) der Seele, übernimmt (§§ 3.6) die Formulierung d isso lu i a n im a m (Lucr. 3,337b), das Bild vom Körper als Gefäß der Seele (§ 4 aus Lucr. 3,440) und viertens den Vergleich mit der auslaufenden Flüssigkeit (§ 7), der 2 Neuansatz § 1 n u n c ; Abschluss § 32; Zusammenfassung und Neuansatz 13,1. 3 Ansonsten nimmt Laktanz auf die epikureische Seelenlehre nur in knappen doxographischen Bemerkungen Bezug: 13,7 fa ls a e st ergo D e m o c r iti et E p ic u r i e t D ic a e a rc h i de a n im a e d is s o lu tio n e s e n te n tia , opif. 18,2 a n im u m et a n im a in d if­ fe r e n te r a p p e lla n t ; ira 10,23 (Annahme von Atomen unterschiedlicher Größe) S ed p u te m u s a r tu s e t o ssa e t n e r u o s et s a n g u in e m de a to m is p o sse co n crescere: quid s e n s u s co g ita tio m e n s m e m o r ia in g e n iu m ? 4 Zur Einteilung der A rgum entation vgl. B a i l e y II 1064f.; M. E r l e r , G G P h2 4/1

(1994) 422f.

12,1

357

bei Lukrez (3,434f.) in einem Analogieschluss über das Nachlassen der Haltekräfte5 steht. Diese Anleihen sind dadurch möglich, dass Laktanz stillschweigend die Aussagen, die sich bei Lukrez auf die Feinheit der Seelenatome beziehen, auf die himmlisch-überirdische Natur der Seele in einem platonisch-dualistischen System überträgt. Dabei nützt Laktanz geschickt die Konvergenzen zwischen der philo­ sophischen Terminologie des Lukrez und seiner eigenen aus, die von Ciceros Platonwiedergaben beeinflusst ist (vgl. unten zu §§ 2-4).6 Auch das Lukrezzitat (2,999-1001, in § 5) stellt Laktanz in einen Zusammenhang, in dem es der Leser nicht mehr, wie bei Lukrez intendiert, materialistisch auf die unterschiedlichen Typen von Ato­ men, sondern dualistisch auf die unterschiedlichen Seinsformen von Leib und Seele bezieht. Schließlich wird eine Aussage umgekehrt, aus der Lukrez ein Argument für die Sterblichkeit der Seele gewinnt: Nur Atome, Leere und das All, nicht aber die Seele seien sicher vor äußerer Gewalteinwirkung (ic tu s , vgl. Lucr. 3,806-818). Laktanz po­ stuliert ohne Bezugnahme auf Lukrez eben diese Sicherheit für die immaterielle Seele (§3). 2. Der Verstand unterliegt Werden und Vergehen (§9). Dies gibt ver­ einfacht den zweiten Beweis des Lukrez wieder (3,445-458), gemein­ sam sind die tragenden Stichwörter c re sc e re , s e n e s c e r e , m e n s , p u e r i 7 . Während Lukrez die geistige Entwicklung in Analogie zur körperli­ chen setzt und daraus die Notwendigkeit des Todes ableitet, spricht Laktanz nur von der kognitiven. Widerlegung (§§ 9-13): Laktanz differenziert zunächst (§§ 9f.) zwi­ schen a n im a und m e n s : Es sei der Verstand, der sich entwickle, nicht aber die Seele, die das unveränderliche Lebensprinzip darstelle. Dann (§§ 11-13) erläutert Laktanz die Beteiligung der Seele an kognitiven Prozessen: Die Seele habe kein Wissen (§11 s c ie n tia ), gewinne aber durch die Sinneseindrücke stets an unverlierbarer Weisheit (§12 s a ­ p ie n t ia ). Der Verfall der Wahrnehmungsfähigkeit und des Gedächt­ nisses betreffe nicht die Seele, sondern den Verstand (§ 13). 3. Die Seele unterliegt dem Einfluss von Schmerz, Trauer und Trunken­ heit (§ 14). Der Einwand greift Material aus den folgenden Beweisen des Lukrez auf. Aus dem dritten Beweis (Lucr. 3,459-462: die Seele erleidet Kummer wie der Körper Krankheit und Schmerz erleidet, ist also sterblich wie er) stammen die Stichwörter d o lo r und lu ctu s 5 W ährend Lukrez mit co rp u s c o n q u a s s a tu m bzw. r a r e fa c tu m (3,441f.) ein plötzliches bzw. langsames Sterben meint, scheint Laktanz mit d isso lu to corpore (§ 7) den Abschluss eines Verwesungsprozesses zu meinen. 6 Siehe beispielsweise unten zu § 2 te n u is und c e le r ita te m , zu § 4 q u a si u a s c u lu m . . . und zu § 10 cla u stro . 7 Siehe unten zu S 9 c r e sc it . . .

358

K om m entar

(Lucr. 3,460f.), der wieder gegebene Gedanke eher aus dem vierten (Lucr. 3,463-473: körperliche Krankheiten können auch den Geist be­ einträchtigen, gemeinsames Stichwort d e m e n tir e 3,464) und fünften (3,476-486: Wein wirkt gleichermaßen auf Geist und Körper) Beweis des Lukrez. Laktanz verkürzt dies auf die Anfälligkeit der Seele für emotionale Ausnahmezustände und Trunkenheit. Die für die Argu­ mentation des Lukrez wichtige Analogie zwischen Geist und Körper lässt Laktanz weg. Damit verschiebt sich der gedankliche Schwer­ punkt aber völlig: Die Anfälligkeit der Seele ist nicht mehr, wie bei Lukrez, ein physiologisches Phänomen und ein Indiz für Körperlich­ keit, somit für Stofflichkeit und Vergänglichkeit der Seele, sondern ein ethisches: Die Seele sieht sich durch (übergroße) Trauer und Trun­ kenheit versucht und erscheint unter deren Einfluss sterblich. Widerlegung (§§ 15f.): Wegen der gegenüber Lukrez geänderten Stoß­ richtung des Einwandes kann die Antwort lauten, dass die Seele durch Tugend und Weisheit gegen m a e r o r (§15, aus d o lo r und lu c tu s ) und gegen u o lu p ta s [ ...] p o ta n d i (§ 15, aus e b r ie ta s ) gewappnet sei - ge­ gen Gemütsbewegungen also, von denen jede der Seele zur fa b r ic a tr ix m o r tis ( m o r s aus dem Stichwort m o r ta lis 8) werden könne. Dabei liegt auch kein physischer Begriff von Sterblichkeit mehr zugrunde, wie selbstverständlich bei Lukrez, sondern ein ethischer: Hier wie öfter bei Laktanz führt die u o lu p ta s zum ewigen Tod.9 4. Die Seele erfährt Krankheit, Kontrollverlust und Heilung (§ 17). Wie­ derum setzt sich das Argument aus Bruchstücken bei Lukrez zu­ sammen: Aus dem bereits § 14 verwendeten vierten Beweis (Lucr. 3,463-473) stammt das tragende Stichwort m o rb u s c o rp o ris (3,463). Hinter obliu io su i steht vielleicht der sechste Beweis (3,487-509: Epi­ lepsie wirkt auf Körper und Geist gleichermaßen; siehe unten zu § 17 o b liu io n e m s u i) . Die Möglichkeit von Erkrankung und Heilung gibt der siebte Beweis (3,510-525) vor. Der atomistische Aspekt dabei, dass durch Teilchenaustausch das Gleichgewicht gestört und durch die Heilung wieder hergestellt werde (3,513-516), fällt weg. Widerlegung (§§ 18L): Laktanz antwortet mit Ausführungen über die Rolle der Tugend im Zusammenspiel von Seele, Leib und Ver­ stand. Die Tugend nämlich könne verhindern, dass auch die See­ le von Schmerz und Kontrollverlust betroffen werde (§ 18a). Dann (§ 18b) erläutert Laktanz in Anlehnung an Lukrez, dass die m e n s in einer c e rta regio des Körpers lokalisiert sei (Lucr. 3,617) und sich bei deren Erschütterung (3,600) vorübergehend verlagere. Die folgende 8 Auch die Ju n k tu r fabricatrix mortis geht auf Lukrez zurück, siehe unten zu § 15

fabricatrix. 9 Vgl. etwa 10,11; 4,26,20; 6,1,9; 6,20,5.

12,1

359

Ausführung (§ 19) wiederholt letztlich ex negativo den bereits § 15 vorgetragenen Gedanken, dass die Tugend die Seele vor schädlichem Einfluss schütze: Aufgrund ihrer engen Verbindung mit dem vergäng­ lichen Körper könne die Seele, wenn sie der Tugend ermangle, von diesem negativ beeinflusst werden, was dann Auswirkungen auf den Verstand habe, die Seele aber nach der Trennung vom Körper nicht mehr beeinträchtige. Hier also ist der (gegebenenfalls beschädigte) Verstand offenbar als Funktion der Seele aufgefasst. 5. Die Seele ist, wie ein ausgerissenen Auge, ohne eigenständige Wahr­ nehmung, da sie Teil des Körpers ist (§ 20). Das Beispiel vom Auge, das getrennt vom Leib nichts sehen könne, entstammt dem zehnten Beweis des Lukrez (3,558-579: die Seele kann nur innerhalb eines Körpers existieren)10; eng verwandt ist der neunte: Die Seele gehört fest zum Körper wie ein Organ (3,548-557). Der ebenfalls anklingen­ de Gedanke, dass eine Wahrnehmung ohne die körperlichen Sinnesor­ gane unmöglich sei, entspricht in etwa dem vierzehnten (3,624-633). Laktanz verbindet also zwei an sich unterschiedliche Vorstellungen in diesem Einwand, nämlich die Vorstellung von der Lebensfähig­ keit der als Einzelorgan aufgefassten Seele getrennt vom Körper und die Vorstellung von der Möglichkeit einer Sinneswahrnehmung durch Seele ohne körperliche Wahrnehmungsorgane. Die letztgenannte Fra­ ge hat Laktanz bereits oben (9,8) als schwierig bezeichnet. Widerlegung (§ 21): Laktanz widerlegt weder den Einwand noch er­ klärt er die angedeuteten Schwierigkeiten, sondern er widerspricht le­ diglich der im Kausalsatz stehenden Aussage , die Seele ist ein Teil des Körpers^ (§ 20), indem er das Gegenteil behauptet (,die Seele ist Ge­ fäß des Körpers^) und durch Bilder (Gefäß/Inhalt, Haus/Einrichtung) illustriert. 6. D ie S eele is t s te r b lic h , w e il sie a llm ä h lich aus d e m K ö r p e r w e ic h t (§ 22). Der Gedanke und wichtige Schlagwörter11 stammen aus dem elften Beweis des Lukrez (3,526-547): Wie der menschliche Körper, so sterbe auch die Seele beim Tod allmählich ab, ansonsten müssten sich die Seelenatome an einer bestimmten Stelle sammeln. Die Widerlegung (§§ 22-25) besteht aus zwei sachlich-physiologischen Argumenten. So hänge erstens (§§ 22f.) die Geschwindigkeit des Ab­ sterbens von der Todesursache (Tod durch das Schwert oder langsam verzehrender Tod) ab, zweitens (§§ 24f.) sei das Weichen der Seele die Ursache für die zunehmende Gefühllosigkeit beim Sterben, da die Seele Wahrnehmung und Leben des Körpers erst ermögliche. 10 Siehe unten zu § 20 sicut oculus . . . 11 Zu den wörtlichen Übereinstim m ungen siehe unten zu § 22 sed paulatim . . . und zu § 24 corpus anima . . .

K om m entar

7. Die wörtlich zitierten Schlussverse (Lucr. 3,612-614) des zwölften Be­ weises (3,592-614), der lautet: Schon zu Lebzeiten spüre der Mensch, wie seine Seele erschüttert werde und sich beinahe vom Körper tren­ ne, erst recht fühle er sie im Tod entweichen. Widerlegung (§§ 27-29): Zunächst (§ 27) hält Laktanz dem Einwand polemisch das Bild eines im Sterben noch philosophierenden Epiku­ reers entgegen, dann (§ 28) formuliert er in ironischer Umkehr der epikureischen Grundaussage: , Wenn wir sind, ist der Tod nicht; wenn der Tod ist, sind wir nicht,, (siehe unten zu § 28 d u m s e n tit ... ) die Unmöglichkeit, Aussagen über den Tod zu treffen, schließlich (§ 29) präzisiert er den Einwand (Äußerungen v o r dem Tod seien gemeint), womit er zugleich seine vorausgehende Polemik gegenstandslos er­ scheinen lässt, und behauptet das Gegenteil: Sterbende sprächen nicht von einer Auflösung, sondern von einem Aufbruch oder Fort­ gang. Am Ende steht eine polemische Praeteritio der cetera E p ic u r e i d o g m a tis a rg u m e n ta (§ 30), die sich gegen die Metempsychose richten (§§ 31f.). Die Wiedergabe der Argumente für die Sterblichkeit der Seele wird weder Lukrez gerecht, weil die dortigen Argumente nur unvollständig12 und, wie gezeigt, großenteils nicht sachgerecht wiedergegeben sind, noch dem Epikureismus, weil dessen Kerngedanke fehlt, nämlich die Sterblich­ keit der Seele aufgrund ihrer atomaren Struktur13. Und selbst diese Ar12 Laktanz spricht in der P raeteritio am Ende (§ 30) vom Weglassen derjenigen Ar­ gumente, die sich gegen die Seelenwanderung richten. Tatsächlich fehlen die ent­ sprechenden Beweise, nämlich Lucr. 3,670-678: keine Erinnerung an frühere Exi­ stenz; 3,741-753: Vererbung von Eigenschaften, bestim m te Eigenschaften bestim m ­ ter G attungen; 3,754-764: veränderliche Seele wäre sterblich, beim E in tritt in einen jungen Körper ergibt sich aber eine Entwicklung; 3,776-783: Zahlenverhältnis See­ len - Körper. Auch darüber hinaus finden in den sieben von Laktanz formulierten Einwänden folgende Aspekte aus dem Beweisgang des Lukrez keinen unm ittelba­ ren Niederschlag: Lucr. 3,615-623: der Geist hat seinen festen Sitz in der Brust; 3,634-669: Teilung des Leibes bringt auch Teilung des Geistes mit sich (Beispiel: ab­ geschlagene Gliedmaßen); 3,679-712: Seele und Leib sind so eng verbunden, dass sie m iteinander gewachsen sein müssen, die Seele kann nicht etwa später eingehaucht sein; 3,713-740: M aden im verwesenden Körper sind Indizien für das Schwinden der Seelenatome; 3,784-799: jedes Ding hat seinen festen O rt, so die Seele den Körper; 3,800-805: eine Verbindung zwischen sterblichem Körper und unsterblicher Seele sei nicht plausibel; 3,806-829: unvergänglich, das heißt vor schädigenden Einflüs­ sen sicher, können nur Atome, die Leere und das All sein, die Seele hingegen ist ungeschützt: weder der Körper, der K rankheiten unterliegt schützt, noch ist sie selber gefeit vor Erkrankungen. Offensichtlich konzentriert sich Laktanz auf den ersten A bschnitt des Beweisgangs bei Lukrez (3,417-614) und fasst die unscharf getrennten Gedanken stark vereinfachend zusammen. 13 Vgl. Epicur. epist. Hdt. 63-68; M. E rler, G G P h2 4/1 (1994) 146L; Lucr. 3,94416. Wenn, wie im Fall des ersten und vierten Einwandes, atom istisch begründete Positionen des Lukrez aufgenommen sind, dann wird diese atomistische Grundlage

12,1

-

12,2

361

gumente widerlegt Laktanz nicht adäquat: Oft formuliert er lediglich die Gegenthese (so etwa § 21)*14 oder er beantwortet die naturphilosophischen Gedanken mit moralischen (so etwa § 15). Diese Beobachtungen legen die Vermutung nahe, dass es Laktanz weder um die Auseinandersetzung mit einer lebendigen epikureischen Schule, deren Existenz ohnehin kaum anzu­ nehmen ist,15 noch um eine Widerlegung der lukrezischen Argumentation geht. Vielmehr ist Lukrez der Stichwortgeber für eine kontrovers gestaltete Klärung wichtiger Einwände und Fragen im Zusammenhang mit der Un­ sterblichkeit der Seele und der Seelenlehre im Allgemeinen. Laktanz hat demnach einen Leser vor Augen, der Lukrez kennt und vielleicht schätzt (vgl. B r y c e 223-225), der aber der epikureischen Lehre weder tieferes Verständnis noch Sympathien entgegenbringt. Vielleicht erwägt dieser Le­ ser ernsthaft einzelne Bedenken gegen die Unsterblichkeit der Seele, deren atomistische Begründung hält er aber für indiskutabel. Diesem Leser er­ scheint die Lukrez entgegengehaltene Position, dass die Seele unsterblich (und schon gar nicht körperlich) sei, nicht als petitio principii, sondern als communis opinio, die durch Platons (§§ 2; 6) und Ciceros (§ 21) Autori­ tät belegt ist. Analogien, vielleicht Vorbilder für ein solches Vorgehen sind die dialogischen Beweisgänge für die Unsterblichkeit der Seele in Platons Phaidon (62c-84b) und Ciceros Tuskulanen (1,53-81). Die Rolle der Stich­ wortgeber, Kebes und Simmias bei Platon, ein junger Schüler bei Cicero, übernimmt bei Laktanz eben Lukrez. 12,1 L u c r e tiu s te r tio libro: Lucr. 3,417-829 (vgl. 356 mit Anm. 4). cum corpore . . .

in te r e a t n e c e s s e est: Laktanz gibt (wie 3,17,34)

prägnant die Ausgangsthese der Sterblichkeitsbeweise wieder; Lucr. 3,417f. n a tiu o s a n im a n tib u s e t m o r ta lis / e sse a n im o s a n im a sq u e le u is.

1 2 ,2 —4 I m m a te r ia litä t, h im m lisc h e r U r sp r u n g u n d U n s te r b lic h ­ k eit d er S eele:

Die Widerlegung des lukrezischen Einwandes (12,1) formuliert Laktanz in geradezu chirurgisch entfernt.- Auf das Fehlen dieses Aspektes hier hat, soweit ich sehe, bislang nur K a n y - T u r p i n (227) beiläufig hingewiesen.

14 Dazu richtig B ryce 269: „the whole performance is overcast by a pervasive p e t i t io p r i n c i p i i “. 15 Zwar fehlen verlässliche Zeugnisse über die (Nicht-)Existenz einer lebendigen epi­ kureischen Schule in der Zeit des Laktanz (Zusammenstellung des Belegmaterials bei S chmi d 776-780), doch dürfte, wie D. T i m p e , Der Epikureismus in der römi­ schen Gesellschaft der Kaiserzeit, in: M. E r l e r (Hrsg.), Epikureismus in der späten Republik und der Kaiserzeit, S tu ttg art 2000, 42-63, v.a. 62f., überzeugend darlegt, ein schulmäßig verfasster Epikureismus die sozialen Umwälzungen des frühen d rit­ ten Jahrunderts kaum überstanden haben (nach A l t h o f f , 51, freilich erlischt der Epikureismus erst im 5./6. Jh d t.). Jedenfalls ist unwahrscheinlich, dass Laktanz einer lebendigen epikureischen Schule mit einer so unzureichenden W iderlegung entgegengetreten wäre und sich ihr gegenüber allein auf Lukrez berufen hätte.

K o m m en ta r

Anlehnung an seine eigene Wiedergabe platonischer Argumente (zur Quel­ lenfrage siehe oben zu 8,4-6) 8,5f.: 8,5f.

1 2 ,2 -4

(5) f i e r i n o n p o s s e q u in s i t i m ­

co rp u s e t e r r a f i c t u m a tq u e s o lid a ­ tu m e s t, a n i m a n ih il in s e c o n c re ti, n i ­

a n im u s h u m a n u s , c u i­ u s s o lle r tia in u e n ie n d i c e le r i­ ta s c o g ita n d i [ . . . ] e t a r tiu m r e ­ m o r ta l is

ru m qu e

in n u m e r a b iliu m

s c ie n ­

tia , q u a c e te r a e c a r e a n t a n im a n ­ te s d iu in a e t c a e le s tis a p p a r e a t,

o rig o a n im i, q u i ta n ­ ta c a p ia t, ta n ta c o n tin e a t, n u lla r e p e r ia t u r in te rra , s iq u id e m ex c o n c r e tio n e te r r e n a n ih il h a ­ q u ia e t

(2)

h il p o n d e r i s t e r r e n i h a b e t, u t P l a to d is s e r e ­

ta n ta m p o s s e t h a b e re s o lle r ­ tia m , ta n ta m u im , ta n ta m c e le r ita te m , n is i o r ig in e m tr a h e r e t e caelo. (3) c o r p u s i g i tu r q u o n ia m f i c t u m ex p o n d e r o s o e t c o r ­ bat. n e c e n im

r u p tib ili e le m e n to e t ta n g ib ile e s t e t u is ib ile, c o r r u m p it u r [ ...] , a n im a a u te m q u ia

te ­

n u i t a t e s u a o m n e m ta c t u m f u g it, n u llo ic tu

d is s o lu i p o te s t. (4) erg o q u a m u is i n t e r se

b ea t a d m ix tu m : s e d n e c e s s e e s s e

c o n iu n c ta e t s o c ia ta n a s c a n tu r e t a lte r u m ,

in te r r a m r e s o lu t q u o d e s t in h o m in e p o n d e r o s u m e t d is s o ­ lubile, q u o d a u te m ten u e a tq u e su btile, id u e ro e s s e in d iu id u u m a c d o m ic ilio c o rp o r is u e lu t c a r ­ cere lib e r a tu m a d ca elu m e t a d n a tu r a m su a m p e r u o la r e .

quod e st de

te r r e n a c o n c r e tio n e f o r m a ­

tu m , q u a s i u a s c u lu m s i t a lte r iu s , q u o d e s t a c a e le s ti s u b t i l i t a t e d e d u c tu m , c u m u is a li­ q u a u tr u m q u e d is c r e u e r it, [ . . . ] u tr u m q u e in

n a tu r a m su a m r e c e d it: q u o d ex te r r a f u it, id i n te r r a m re s o lu itu r, q u o d ex c a e le s ti s p ir it u , id c o n s ta t a c u ig e t s e m p e r [ ...] .

Hier wird im Vergleich zu Kapitel 8 der Gegensatz zwischen immateriel­ ler Seele und materiellem Körper stärker betont, weniger wichtig sind die geistigen Fähigkeiten der Seele. 1 2 ,2 so lid u m [...] e t c o m p r e h e n s ib ile co rp u s: Vgl. 3,12,2 co rp u s [ ...] so lid u m e s t e t c o m p re h e n sib ile .

Siehe auch oben zu 4,12

c o m p re h e n sib ili.

c o r p u s [...] an im a : Zu dieser gedanklich grundlegenden Dichotomie bei

Laktanz siehe oben zu 5,9

quas . . .

c o n stitu e re t.

te n u is: Mit dem Begriff charakterisiert Laktanz öfter das Immaterielle

und Transzendente (siehe oben zu 4,12 te n u i), der Ausdruck bezeichnet aber auch im ersten Sterblichkeitsbeweis des Lukrez die Stofflichkeit der Seele, die aus feinen Atomen bestehe: Lucr. 3,425f. [sc. a n im a m ] te n u e m c o n sta re m in u tis / co rp o rib u s.

c o n c r e ti: Nach Ciceros Terminologie für Platons Definition des Körperli­

chen, vgl. Cic. Tim. 26

c o n c re tu m a tq u e c o r p o r e u m ;

siehe oben zu 12,2-4.

u t P la t o d isse r e b a t: Platon ist nach Ciceros Referat frei wiedergegeben,

siehe oben zu 12,2-4 und zu 8,4-6. Wenn Laktanz eine Fassung von Plat. Phaid. 80cd vorliegen hat (siehe oben zu 1,9 o m n e quod ... und unten zu 12,6 n o n e n im . . . ), könnte auch an diese Passage gedacht sein. so lle r tia m : Siehe oben zu 8,5 s o lle r tia .

363

12,3 - 12,5

c e le r ita te m : , Schnelligkeit ‘ als Eigenschaft der Seele geht auf platonische

Seelenvorstellungen in ciceronischer Wiedergabe zurück, der sich Laktanz hier wie 8,5 (siehe oben 328 zur Quelle) bedient; gedanklich entspricht dem hier aber auch die leichte Beweglichkeit, die Lukrez im ersten Sterblich­ keitsbeweis konstatiert; Lucr. 3,428f. [sc. a n im a ] m o b ilita te / p r a e s ta t. n isi o r ig in e m tr a h e r e t e caelo: Siehe oben zu 8,6 o rig o a n im i. 1 2 .3 c o r p u s . . .

o c c id it: Derselbe Gedanke im Platonreferat 8,6 (zum

Zusammenhang jener Passage mit dieser siehe oben zu 8,4-6):

n ecesse esse

in te r r a m reso lu t quod e s t in h o m in e p o n d e ro s u m e t d isso lu b ile.

su b a s p e c tu m e t su b t a c t u m u e n it: Siehe oben zu 1,9 sub u isu m o cu lo ru m u en it.

te n u ita te : Siehe oben zu 12,2 te n u is. n u llo ic tu d is s o lu i p o te s t: Die Formulierung klingt an Lukrez an, in

der Sache widerspricht Laktanz aber, vgl. Lucr. 3,176 (Begründung für die Stofflichkeit der Seele) [sc. n a tu ra a n im i] te lis ic tu q u e la b o ra t und 3,337f. crede a n im a m / [ ...] d i s s o l u i .

1 2 .4 in te r se c o n iu n c ta e t s o c ia ta n a sca n tu r: Zu den Aussagen des

Laktanz über die Beseelung des Menschen siehe oben zu 5,9

cu m p o s s e t

sem per . . .

q u o d e s t d e te r r e n a c o n c r e tio n e . . . s e m p ite r n u s est: Laktanz greift

Formulierungen aus dem Platonreferat 8,5f. auf, siehe oben zu 12,2-4. q u a si u a s c u lu m sit a lte riu s: Wie 2,3,8; vgl. Tert. resurr. 16, 2.4 ge­

braucht Laktanz den Deminutiv u a sc u lu m für das geläufige (siehe auch unten zu 12,21 co rp u s u el u as . . . ) Bild vom Körper als Gefäß der Seele. d isc r e tio : ,Scheidung‘, seit Caes. anal. frg. Pomp, gramm. V 144,17 (dazu

R. Papke, Caesars ,De analogia^, Diss. Eichstätt 1989, 212ff.); auch 4,29,6 (,Unterschied‘), hier für den Tod wie Tert. anim. 51,1 d is c r e tio c o rp o ris a n im a eq u e (ThLL V,1 1449,46.56f.). c a e le s ti s p ir itu [...] d iu in u s sp ir itu s: Siehe oben zu 3,11 s p ir itu m . 12.5 d o g m a : Wie 12,30 und Cic. ac. 2,106 für die epikureische Lehre, vgl.

ThLL V,1 1813,24ίΓ. , c e d it . . .

r e c e p t a n t Lucr. 2,999-1001. Der bei Laktanz überlieferte

Wortlaut weicht in drei Punkten von der direkten Lukrezüberlieferung ab: Laktanz bietet für den zweiten Vers (1000) in te r r a m se d statt in te r r a s et. Doch könnte das sprachlich unmögliche, aber in den Laktanzhandschriften gut belegte in te r ra ein Indiz dafür sein, dass ein zunächst mit Lu­ krez übereinstimmendes in /te r r a s /e t früh zu in /te r r a /s e d verschrieben und

K o m m en ta r

schließlich teilweise zu in te r r a m se d korrigiert wurde. Für m is s u m im sel­ ben Vers haben die Lukrezhandschriften falsches ( B a i l e y II 959) m is s u s , die Laktanzüberlieferung bewahrt also den richtigen Text. Im dritten Vers schließlich (1001) bietet die Laktanztradition fu lg e n tia statt des re lla tu m der Lukrezhandschriften. Es liegt wohl keine absichtliche Verfremdung vor, weil das lukrezische re lla tu m die von Laktanz benötigte Aussage (Rück­ kehr des Irdischen zur Erde und des Himmlischen zum Himmel) deutlicher hervortreten ließe, sondern entweder ein Merkfehler (vgl. fu lg e n tia Lucr. 5,483; 6,387) oder eine Sonderlesart in der Vorlage des Laktanz. Nichts­ destoweniger isoliert Laktanz die Verse aus dem Zusammenhang, so dass sie in anderem Licht erscheinen: Bei Lukrez befinden sich die Atome in einem Materiekreislauf, die Darstellung greift in poetischem Duktus (vgl. B a i l e y I 956f.) auf die mythische Vereinigung des Himmelsvaters und der Erdmutter zurück, die sich im befruchtenden Regen vollzieht und durch die Lukrez Werden und Vergehen des Lebendigen erläutert. Bei Laktanz hingegen erscheinen die Verse auf den der Erde zugehörigen Leib und die dem Himmlischen zugehörige Seele bezogen. im p r u d e n ti . . .

su b r e p sit: ,beim Ahnungslosen schlich sich die wahre

Vernunft enfi, vielleicht nach Plaut. Mil. 333 h ic o b sista m , n e im p r u d e n ti huc ea se su b r e p s it m ih i. S u b rep ere (,sich einschleichen‘, vgl. OLD s.v. 2) erscheint häufig bei Seneca (vgl. epist. 89,9 n e p ro uero fa ls a s u b r e p a n t ) und Quintilian. 1 2 ,6 q u o d c o llig it: Die sprachlich mögliche Lesart quo c o llig it (,woraus

er folgert, dass ... ‘) scheidet aus gedanklichen Gründen aus: Der Vorsatz der Schlussfolgerung, nämlich die gemeinsame Entstehung vom Leib und Seele, ist in den Augen des Laktanz keineswegs falsch (siehe oben zu 12,4 in te r se c o n iu n c ta ... ). d is s o lu i a n im a m : Hier nach Lucr. 3,337f. crede a n im a m [ ...] d is s o lu i ; die

lukrezische Junktur (ThLL V,1 1497,69ff.) verwendet Laktanz öfter, aber nur im siebten Buch und stets ablehnend (9,12; 12,3.27-29). n o n e n im [...] d iu tis s im e d u ra t: Der Gedanke, dass der Körper, zu­

mal wenn er einbalsamiert ( m e d ic a tu m , vgl. ThLL VIII 546,16ff.; anders Cic. Tusc. 1,108: c o n d ire ) wird, den Tod länger überdauern könne, findet sich auch Plat. Phaid. 80cd als Argument für die Unsterblichkeit der See­ le (die man, so die Gedankenführung, erst recht annehmen müsse, wenn schon nicht einmal der Körper sogleich verfalle): σώμα [...] δ δή νεκρόν καλοϋμεν, ω προσήκει διαλύεσθαι καί διαπίπτειν καί διαπνεϊσθαι, ούκ ευθύς τούτων ούδεν πέπονθεν (n o n [ ...] s im u l in te r it) , άλλ’ επιεικώς συχνόν επιμένει χρόνον (sed [ ...] in te g ru m p e r m u lto s d ie s m a n e t) [...]· συμπεσον γόφ το σώμα καί ταριχευθέν (m e d ic a tu m ), ώσπερ οί έν Αίγύπτω ταριχευθέντες, ολίγου δλον μένει άμήχανον δσον χρόνον (d iu tis s im e d u ra t). Einen anderen Gedanken

12,7

365

aus derselben Passage scheint Laktanz 1,9 o m n e quod . . . wiederzugeben. Dort freilich handelt es sich um einen Gemeinplatz (alles körperliche Le­ ben stirbt), und das hier Gesagte ist weiter verbreitet, wie beispielsweise Serv. Aen. 3,38 (über die stoische Lehre, dass die individuelle Seele so lan­ ge nach dem Tod bestehen bleibe wie der Körper) zeigt: u n d e A e g y p tii, p e r iti s a p ie n tia , c o n d ita d iu tiu s r e s e r u a n t ca d a u era , s c ilic e t u t a n im a m u l­ to te m p o re p e rd u r e t e t c o rp o ri s i t ob n o x ia , nec c ito a d a lio s tra n se a t. Die

offensichtliche Bekanntheit des Motivs, ferner, dass Laktanz sich (anders als 12,2) nicht auf Platon bezieht und dass er auch für die platonischen Unsterblichkeitsbeweise, die er 8,2-6 wiedergibt und zu deren Kontext die vorliegende Phaidonpassage gehört, aus Cicero schöpft, spricht gegen ei­ ne direkte Platonbenutzung an dieser Stelle. Nach K u r f e s s (P la to 388) hat Laktanz eine „lateinische Paraphrase des Phaedo [...] ausgeschrieben“, nach O g il v ie (80f.) ein Florilegium benutzt. Auch P e r r in (P la to n 221f.) verweist auf den gemeinplatonischen Charakter der Äußerung 1,8 und ver­ mutet für die vorliegende Stelle eine indirekte Benutzung. 12,7 uno te m p o ris p u n cto : Wie opif. 16,9, ein ciceronischer Ausdruck (Flacc. 60; div. 2,95). d eliq u esceret: ,zerfheßen‘; selten, nur hier bei Laktanz, auch nicht bei Lukrez; vgl. ThLL V,1 463,80ff. sp iritu : Siehe oben zu 3,11

s p ir itu m .

im m o uero . . . diffusus: Das Bild ist formuliert nach Lucr. 3,434-438 n u n c ig itu r q u o n ia m q u a ssa tis u n d iq u e u a sis / difflu ere u m o re m e t la tic e m d isced ere cern is, / e t n ebu la ac fu m u s q u o n ia m d is c e d it in au ras, / c re ­ de a n im a m quoque d iffu n d i m u lto q u e p e r ir e / ociu s e t c itiu s d isso lu i (in ) corpora p r im a . Denkbar wäre, dass Laktanz, der Lucr. 3,438 ohne in las,

die Verse 437f. so verstand: , Glaube also, dass auch die Seele sich zer­ streut und die Körper sich als erste viel schneller und rascher auflösen.‘ Bei Lukrez handelt es sich jedoch nicht um einen Vergleich, sondern ein Analogon, wie der Fortgang der Argumentation (3,440-444) zeigt: Die fei­ nen Seelenatome, die freigesetzt werden, wenn der Körper, das Gefäß der Seele, im Tod seine Haltekraft verliert, können von der Luft erst recht nicht zu einer fortbestehenden Seele zusammengehalten werden. In zwei wich­ tigen Punkten weicht Laktanz also von Lukrez ab: Während Lukrez mit co rp u s c o n q u a ssa tu m bzw. ra re fa c tu m (3,441f.) ein plötzliches bzw. lang­ sames Sterben meint ( B a il e y II 1071), bezieht sich Laktanz mit d isso lu to corpore anscheinend eher auf den Abschluss eines Verwesungsprozesses, seine Erklärung des Sterbevorgangs gibt er erst 12,23-25. Zum anderen fehlt bei Laktanz der atomtheoretische Gedanke, dass die Seele nur so lan­ ge als solche besteht wie ihr Zusammenhalt als Atomzusammenballung. Bei Laktanz lautet das Argument also: Wenn man ein gemeinsames Ende

K o m m en ta r

von Körper und Seele annimmt, dann müsste die Seele erst dann entwei­ chen und vergehen können, wenn vorher der Körper sich aufgelöst und ihr so den Weg freigegeben hat, wie ein zerbrochenes Gefäß der Flüssigkeit. d is s o lu to co rp o re: Siehe oben 357 mit Anm. 5. 1 2 .8 d ifflu it [...] ta b e s c it: Dahinter steht das Bild der Verwesung, vgl.

auch mort. pers. 35,3 (über den Tod des Galerius)

cu m ia m to tiu s c o rp o ris

m e m b ra d ifflu e re n t, h o rre n d a tabe c o n su m p tu s est.

in te r r a m q u e . . . o rig o est: Derselbe Gedanke schon 8,6; 12,4. in a e te r n u m m a n e t: Siehe oben zu 3,16 P la to .... 1 2 .9 c r e sc it . . . d e m in u itu r : Gedanke und Stichwörter aus Lucr. 3,445-

448

p r a e te r e a g ig n i p a r ite r cu m corpore e t u n a / c r e s c e r e s e n tim u s p a r iterq u e s e n e s c e r e m e n t e m . / n a m u el u t in firm o p u e r i ten ero q u e u a g a n tu r / corpore [...].

m en s: B randts Konjektur m e n s (statt se n su s in den Handschriften) ist

aufgrund von Lucr. 3,446 se n e sc e re m e n te m und des folgenden n o n id e m e s t a n im a e t m e n s überzeugend. Die alte Verschreibung scheint durch dar­ unter stehendes se n ib u s verursacht (übliche Zeilenlänge von 35 Zeichen, vgl. E. P ö h lm ann , Einführung in die Überlieferungsgeschichte und in die Textkritik der antiken Literatur. I: Altertum, Darmstadt 1994, 87, auch für Laktanz anzunehmen: B r a n d t I LXXIIf.; H eck Z u sä tze 184 Anm. 87). a p p a r e t e sse m o r ta le m : Während bei Lukrez die Sterblichkeit aus der

Analogie zum Körper folgt, an dessen Wachstum und Verfall sich der Tod anschließt, ergibt sich für Laktanz die Sterblichkeit schon aus der Verän­ derlichkeit. q u o u iu im u s [...] q u o c o g ita m u s: Beide Ablative sind instrumental:

,wodurch wir leben (vgl. 12,25 [...] womit wir denkend

a n im a [ ...] u iu ere id [sc. c o rp u s] e ffic ia t)

1 2 .1 0 m e n s erg o id e st in te lle g e n tia : Vgl. die entsprechenden Defi­

nitionen der

in te lle g e n tia Cic. inv. p e r s p ic it, quae s u n t und phil. frg. V

2,160 e st, p e r 97 e s t m e n tis

q u a m [sc. a n im u s] ea a cies.

sp ir a n d i a c c ip it fa c u lta te m : Die Seele bewirkt in den Augen des Lak­ tanz die Atmung, vgl. 2,11,19; P errin L ’h o m m e 269. c la u str o : Das Wort erscheint nur hier bei Laktanz. Der ,RiegeL als Syn­

ekdoche für den Leib als ,Gefängnis‘ der Seele (zu diesem Bild siehe oben zu 2,8 m e n s ... ) ist von Lukrez (1,415; 3,396) übernommen, vgl. ThLL III 1323,7ff.; P errin L ’h o m m e 386.

367

12,11 - 12,13

r e u o le t: Vgl. Sen. dial. 6,23,1 [sc. a n im i] le n io re s a d o rig in e m su a m reuo la n t ; P e r r i n L ’h o m m e

386 Anm. 53.

1 2 .1 1 d e in d e , q u o d . . . : Elliptische Einleitung eines Substantivsatzes

(KS II 269-279) wie 4,13,26 (vgl. d e in d e ut 4,26,31; richtig B r a n d t II 411 s.v. d e in d e ), also etwa: , Zweitens (vgl. 12,9 p r im u m ) (ist es so/kommt es hinzu), dass ... ‘ a n im a q u a m u is a d e o sit in sp ira ta : Zu den Aussagen des Laktanz über

die Beseelung des Menschen siehe oben zu 5,9

cu m p o s s e t s e m p e r

...

a n im a [...] te n e b r o s o d o m ic ilio [...] in clu sa : Vgl. oben zu 2,8 m e n s ... ;

zum Fehlen der Präposition vgl. L i m b e r g 36. Von einer Dichotomie car o /a n im a spricht Laktanz auch 4,17,16; 4,25,9; vgl. P e r r i n L ’h o m m e 5559; 62-64; 375-377. Loi (L a tta n z io 139 Anm. 195) sieht hinter der Ge­ genüberstellung von s p ir itu s und caro (Fleisch als dem Geist feindliche und der Konkupiszenz verfallene Größe) 4,25,6f. biblischen (ohne Stelle) bzw. 4,17,16f. exegetischen Einfluss, doch wird man eher popularisierte platonische Vorstellungen annehmen. sc ie n tia : Hier muss das Wissen schlechthin gemeint sein, und zwar im

Rahmen einer Differenzierung von absoluter s c ie n tia (vgl. oben zu 2,3 s c ie n tia u e r ita tis ), die der irdische Mensch ohnehin nicht haben kann, und der Seele eignender s a p ie n tia (siehe auch oben zu 1,3 s a p ie n tia e ) . Auf diese Weise muss Laktanz keinen Wissensverfall einräumen. 1 2 .1 2 d is c e n d o e t a u d ie n d o : Siehe oben zu 2,9 d isc e n d o e t a u d ien d o . si ta m e n iu u e n ilis a e ta s . . . e t si n im ia s e n e c tu s . . . : Gemeint ist

wohl: Weil die Entscheidung über ein gelungenes und tugendhaftes Leben in der Jugend fällt (vgl. Cic. Cato 26; 62 ), bleibt es ohne Einfluss auf die Seele, wenn im Alter die körperlichen Fähigkeiten nachlassen: In jener Lebensphase ist der Tugendkampf, zu dem diese Ausstattung nötig wäre, bereits entschieden. Siehe aber oben zu 10,8 in m o r te ... - Zum idio­ matischen Charakter der Formulierung a e ta s [ ...] d e c u rsa e s t vgl. ThLL V,1 232,52ff.; epit. 63,8 d ecu rso te m p o ra lis u ita e sp a tio aus Plaut. Stich. 81 d ecu rso a e ta tis s p a tio ; Cic. Quinct. 99; Cato 83 (falsch im Sinn einer Ciceroreminiszenz W o j t c z a k , C icero 60, mit Beispielen für hier nicht einschlägiges sp a tiu m a e ta tis ) . Der bloße Ablativus modi u ir tu te ist nach­ klassisch ( E g g e r 49; L i m b e r g 37). si n im ia s e n e c tu s fr e g e r it m em b ra : Vgl. Lucr. 3,451f. p o s t ubi ia m u a lid is q u a ssa tu m e s t u irib u s a eu i / a rtu s.

co rp u s e t o b tu sis c e c id e ru n t u irib u s

1 2 .1 3 a t e n im m e m o r ia d eficit: Der fictus interlocutor gibt den Gedan­

ken wieder, der sich Lucr. 3,453 findet: c la u d ic a t (labat) m en s. Zur Formulierung vgl. Cic. Cato 21

in g e n iu m , d e lira t lin gu a a t m e m o r ia m in u itu r.

K o m m en ta r

m e n s [...] fu tu r a d iu in a : Siehe unten zu 12,18f. ca rcerem : Siehe oben zu 8,6 u e lu t carcere. 1 2 .1 4 ea d em : Die betonte Anaphorik (vgl. id e m 1,10,3 mit H e c k /W lo -

SOK In st. I / I I z. St.) zeigt, dass a n im a als üb ergreifendes Stichwort ge­ meint ist, nicht etwa das zuletzt vorkommende Femininum m e n s (12,13). Zudem ist bei Lukrez von a n im u s und a n im a , nicht aber von m e n s die Re­ de. Nach der 12,9 getroffenen Unterscheidung zwischen m e n s und a n im a läge hier bei einem Bezug auf m e n s ein gedanklicher Rückschritt vor. d o lo r i e t lu c tu i o b n o x ia . . . e b r ie ta te d e m e n tit: Vgl. Lucr. 3,459-461 co rp u s [ ...] ip su m / su sc ip e re in m a n is m o rb o s d u ru m q u e d o l o r e m , / sic a n im u m cu ras a c ris lu c t u m q u e m e tu m q u e . 3,464 d e m e n tit (der a n im u s

im Fall einer Krankheit); 3,475-486 (Trunkenheit). Siehe auch oben 358 Anm. 8. 1 2 .1 5 n a m si c a r e a t u ir tu te : B r a n d t s Konjektur n a m {a n im a ) si

(vgl. 12,19) ist unnötig: Die Referenz auf a n im a mit e a d e m (12,14) setzt voraus, dass das Stichwort a n im a im ganzen Abschnitt präsent ist. m o r ti [...] o b n o x ia : Junktur (auch 20,7) ab Ov. met. 14,600, dann bei

den Christen (ThLL IX,2 128,19f.). m a e ro r q u i c o n tr a h itu r . . . : Mit m a e r o r (Cic. Tuse. 4,18 als a e g ritu ­

definiert) ist hier nicht nur die begründete Trauer über einen bestimmten Sachverhalt gemeint (vgl. ThLL VIII 41,68ff.), sondern eine habituelle , übermäßige TraueU in der Art einer depressiven Verstimmung. Zu verstehen ist also: , (übermäßige) Trauer, die man sich zuzieht, indem man . das heißt: ,in die man verfällt^, vgl. ThLL IV 762,79ff. Gegen das mehrheitlich überlieferte quo (,durch die sie [die Seele] bedrückt wird‘, vgl. 6,14,9; ThLL IV 762,34-62) sprechen der unklare Bezug und der harte Sub j ekt sWechsel. do fle b ilis

u t d o c u im u s: Durch u irtu s erlangt der Mensch von Gott die Gabe der

Unsterblichkeit, so beispielsweise 9,1-11,10; 3,12,1-36. fa b r ic a trix : Das Femininum ist ab Laktanz belegt (ThLL VI, 1 17,75ff.),

erstmals 6,22,3:

h is b la n d im e n tis e t s u a u ita tib u s [sc. d e u s] ti tilla t a n im a s: s c it e n im quia m o r tis e s t fa b r ic a tr ix u o lu p ta s ; hier wie dort geht es um den

Tugendkampf, in den Gott die menschlichen Seelen gestellt hat (anders epit. 63,7 fa b r ic a tr ix illa re ru m p r o u id e n tia ) . Hinter der Junktur steht Lucr. 3,472 n a m d o lo r ac m o rb u s le ti fa b r ic a to r (nur hier belegtes Bild, vgl. ThLL VI, 1 17,61f.) u terq u e est. Laktanz überträgt den Gedanken, der sich bei Lukrez auf Krankheit und Schmerz bezieht, die Körper und Geist gleichermaßen in Mitleidenschaft zögen und beiden auch den Tod brächten, auf das Gegensatzpaar u irtu s und u o lu p ta s , denen im m o r ta lita s und m o r s entsprechen. Siehe auch oben 358 mit Anm. 8.

12,16

-

12,18

369

1 2 .1 6 s ic u t o ste n d i: 10,1 Of.; 11,2; 3,19,3-10. a e te r n is [...] c r u c ia tib u s: wie epit. 54,3; ira 20,3; Min. Fel. 35,1; siehe unten zu 26,6 ad c ru c ia tu s s e m p ite r n o s . sp iritu : Siehe oben zu 3,11 s p ir itu m . o r ig in e m c e p it: Dass die Seele zu Gott selbst als ihrem Ursprung zu­

rückstrebt, sagt Laktanz 3,12,25; außerdem schreibt er diese Lehre Platon (8,5f.; 12,2) und den Stoikern (20,8) zu. Vgl. 9,11. 1 2 .1 7 m o r b u m co rp o ris: Vgl. Lucr. 3,463 m o r b is in co rp o ris. o b liu io n e m sui: Es ist keine Ohnmacht oder Amnesie, sondern ein vor­

übergehender Verlust bewusster Selbstkontrolle gemeint, vgl. Sen. dem. 1,1,7 nec e n im p e ric u lu m e st, n e te su b ita tu i c a p ia t o b liv io ; Ps. Quint, deci. 18,9 a d illu d [die erotische Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn] n is i p e r o b liu io n e m su i tra n sire n o n p o s s it ; Mar. Victorin. rhet. 1 praef.; ThLL X,2 108,21. Dahinter könnte anregend das sechste Argument für die Sterb­ lichkeit der Seele bei Lukrez stehen (3,487-509, v.a. 490 d e s i p it ; 505 re d it in s e n s u s ), dem zu Folge Körper und Geist gleichermaßen von einem epi­ leptischen Anfall betroffen werden. Vgl. ferner Lucr. 3,828 a d d e fu r o re m a n im i p r o p r iu m atq u e o b liu ia re ru m .

sic u t a e g r e s c it, ita e tia m s a e p e sa n a tu r: Vgl. Lucr. 3,521f. a n im u s

Der entscheidende Aspekt in beiden Fällen ist die Zustandsänderung, die sich in Erkrankung und Hei­ lung vollzieht: Bei Lukrez wird sie atomistisch erklärt und ist somit Indiz für die stoffliche Struktur und Sterblichkeit, bei Laktanz müsste sie mit der unsterblichen Seins weise der Seele unvereinbar erscheinen. siu e a e g re sc it [ ...] se u f le c titu r a m e d ic in a .

1 2 .1 8 n o n a n im a , se d m en s: Die 12,9 getroffene Unterscheidung zwi­

schen

und m e n s wird wieder aufgegriffen und verdeutlicht: Die m e n s ist an einer bestimmten Stelle im Körper angesiedelt und unter­ liegt krankheits- oder altersbedingten Beeinträchtigungen (12,18; 12,9f.). Zugleich steht die m e n s aber in Verbindung mit der a n im a , insofern die Schwächung der Seele durch den Kontakt mit dem Körper auf die m e n s übergreifen kann. Dass die m e n s für Laktanz zur Seele gehören und an ihrer unsterblichen Natur Anteil haben muss, ergibt sich aus 12,13 m e n s a n im a

[ ...] fu tu ra d iu in a .

c e r ta c o r p o r is r e g io n e c o n s is tit: Sprachlich und inhaltlich nach Lucr.

3,615-619:

d en iq u e c u r a n im i n u m q u a m m e n s c o n siliu m q u e / g ig n itu r in c a p ite a u t p ed ib u s m a n ib u su e, se d u n is / sed ib u s e t c e r t i s r e g io n ib u s o m n ib u s h a e re t, / s i n o n c e rta loca a d n a sc e n d u m re d d ita cu iqu e / s u n t [ ...] ? Vgl. 610 [se. a n im a m ] deficere in c e rta reg io n e lo c a ta m ; 606 [sc. a n im a ] n eq u ea t c o n s is te r e ; zur Sache ferner 784-799; 128-141.

K o m m en ta r

q u a si c o n q u a s s a ta se d e sua: Vgl. Lucr. 3,600 c o n q u a ssa tu r e n im tu m m e n s a n im a eq u e p o t e s t a s ; co n q u a tere

bei Laktanz nur hier.

e m ig ra t: Subjekt ist, wie die gerade genannte Lukrezparallele zeigt, m e n s ,

nicht

a n im a .

1 2 .1 9 c o n ta g io . . .

r e d u n d a t ad m e n te m : Die , (schädliche) Einwir-

kung‘ (hier die seit Lukrez gebräuchliche Form c o n ta g iu m , vgl. ThLL IV 626,78; 627,65f.; sonst bei Laktanz das bei Cicero belegte co n ta g io : 20,9; 2,14,1; 5,12,2; 6,23,16, vgl. ThLL IV 625,13) des Körpers und die Gemein­ schaft ( s o c ie ta s ) mit diesem schwächt die Seele, und dies wirkt sich negativ auf den Verstand aus. Der Grundgedanke scheint formuliert zu sein nach Cic. div. 1,63 (über die Ursache für die Hellsichtigkeit im Traum) e s t s o m ­ no seu o ca tu s a n im u s a so c ie ta te e t a co n ta g io n e corporis. Zum Motiv der co n ta g io c o rp o ris vgl. auch 20,9; 6,23,16; Cic. Tusc. 1,72; vgl. ThLL IV 625,26ff.; Macr. somn. 1,11,11. Zu red u n d a re a d siehe auch oben zu 11,7 quae ad o fficiu m ... in d u m e n tu m : Siehe oben zu 2,4 m o r ta li corpore in d u tu s. 1 2 .2 0 s ic u t o c u lu s . . . co rp o ris: Lucr. 3,563-565 s c ilic e t auolsus ra d i­ cibu s u t n eq u it u lla m / d isp ic e re ip se oculus re m se o r su m corpore to to , / sic a n im a atqu e a n im u s p e r se n il p o sse u id etu r. Zum Gedanken

auch Lucr. 3,548-557: Seele wie die Sinnesorgane Teil des Körpers, vgl. die Stichwörter oculi (549), p a r s (548). 1 2 .2 1 d issim ile : ,unähnlich‘, , etwas anderes^ (ThLL V,1 1471,31ff.), das

heißt, der von Lukrez herangezogene Vergleich ist unzulässig. Das Fehlen einer Negation spricht gegen B r a n d t s Entscheidung für a b sim ile (HM), das meist in Litotes steht (ThLL I 170,73ff.). c o r p u s u e l u a s e st a n im a e u e l r e c e p ta c u lu m : Auch Lukrez nennt

3,555 den Körper u as des a n im u s und illustriert damit beider Zusammen­ gehörigkeit. Hier ist aber sicher Cic. Tusc. 1,52 n a m co rp u s q u id em qu asi u as e s t a u t aliqu od a n im i re c e p ta c u lu m verkürzt zitiert. Dieselben Bilder gebraucht Laktanz 2,8,3. 1 2 .2 2 se d p a u la tim . . .

in c ip ie n s: Vgl. Lucr. 3,526-528 d en iq u e s a e ­

p e h o m in e m p a u la tim c e rn im u s ire / e t m e m b r a t i m u ita le m d ep erd ere se n su m ; / in pedibus p r im u m d ig ito s liu escere e t u n gu is.

sp ir itu m : Siehe oben zu 3,11 s p ir itu m . a n im a effletu r: seit der Komödie belegte Junktur (ThLL V,2 190,34ff.,

entgegen

W o j t c z a k , C icero

60, nicht ciceronisch).

1 2 .2 3 m a te r ia sa n g u in is c o n tin e a tu r sic u t lu m e n o le o . . . : Die hier

zugrunde liegende Theorie - die Seele als Lebensprinzip ist im Blut angesie­ delt wie die Leuchtkraft im Öl und wird entweder beim gewaltsamen Tod

12,24 - 12,28

371

vergossen oder durch das Fieber aufgezehrt - entwickelt Laktanz bereits opif. 17,3 mit denselben tragenden Stichwörtern (zur Herkunft der mit Nemes. nat. hom. 2 übereinstimmenden Gedanken - über Varro, der dieselbe Quelle wie Nemesios benutzt? - vgl. P e r r in L ’ou vrage II 395f.; L ’h o m m e 263f.) : n o n e n im s i a n im a sa n g u in e a u t p e r u u ln u s effuso a u t fe b r iu m calo­ re c o n su m p to u id e tu r e x tin g u i, c o n tin u o in m a te r ia sa n g u in is a n im a e ra tio p o n e n d a est, u e lu ti si u e n ia t in q u a e stio n e m lu m e n quo u tim u r, qu id s it, e t re sp o n d e a tu r o leu m esse, q u o n ia m c o n su m p to illo lu m en e x tin g u itu r, cu m s in t u tiq u e d iu e rsa , sed a lte ru m s i t a lte riu s a lim e n tu m , u id e tu r ergo a n im a s im ilis e sse lu m in i, quae n o n ip sa s it sa n g u is, se d u m o re sa n g u in is a la tu r u t lu m en oleo. Demgegenüber neu ist hier die Anwendung des Modells als

Erklärung für die fortschreitende Gefühllosigkeit im Sterbeprozess, der als , Erkalten ‘ (< f r ig e s c e r e , fachsprachlich, vgl. ThLL VI, 1 1323,63ff.) der Ex­ tremitäten ( m e m b ro ru m su m m a und fachsprachlich e x tre m a c o r p o r is , vgl. ThLL V,2 2005,75ff.) beginnt. Diese werden durch eigene Blutgefäße ( u e n a e e x ilio r e s , anscheinend nicht fachsprachlich, vgl. ThLL V,2 1480,31ff.) versorgt; da beim Tod die Blutzufuhr durch die Arterien versiegt ( d e f i­ c ie n te u en a f o n t is , allgemein üblich, vgl. ThLL V,1 1025,7f.; 1026,51ff.), trocknen zunächst dort die feineren Blutgefäße ( e x tr e m i ac te n u io re s r iu i , für Blutgefäße wie opif. 7,2; ansonsten für einen , Strom ‘ von Blut, vgl. OLD s.v. riu u s 3) aus. 1 2 .2 4 c o r p u s a n im a d e c e d e n te b r u te s c it: Vgl. Lucr. 3,545 [sc. a n i­

Laktanz stellt hier genau die Gegenbehauptung zu Lucr. 3,545-547 auf, siehe oben 359 mit Anm. 11. Das seltene b ru tes cere erscheint erstmals 2,5,40, dann hier, vgl. ThLL II 2212,17. m a ] c o n tr a d a su is e p a r tib u s o b b ru te sc a t.

1 2 .2 5 p r a e se n s a n im a s e n s u m tr ib u it co rp o ri: Atomistische Erklä­

rung Lucr. 3,391-395. 1 2 .2 6 q u o d . . . : Wie 22,7 wird ein umfangreiches wörtliches Zitat im

faktischen q u o d - Satz (KS II 277L; LHS II 573f.) vorausgeschickt (so etwa auch 5,12,9; Cic. fin. 2,36), die Stellungnahme folgt im Hauptsatz. ,q u o d s i . . . a n g u is 4: Lucr. 3,612b-614. Laktanz zitiert einen vollständi­

gen Satz, Vers 612 beginnt aber mit einem im Enjambement nachgetrage­ nen d isso lu i. 1 2 .2 7 sua: Gegen su i spricht, dass dieses ansonsten nachgestellt erscheint,

vgl. 12,17f.

o b liu io n e m su i a d tu te la m sui.

1,10,7

a d fa m a m su i ; 2,5,42 in u su m su i ; 5,17,18

sp iritu : Siehe oben zu 3,11 s p ir itu m . 1 2 .2 8 d u m s e n tit . . . n e c lo q u i p o te s t: Formuliert in Anspielung auf

die epikureische Lehre über das Ende der Empfindung im Tod, die Laktanz

K om m entar

3,17,30 ausdrücklich wiedergibt: qu an do n o s s u m u s, m o r s n o n e s t: qu an do m o r s est, n o s n o n su m u s. Vgl. Epicur. epist. Men. 125; KD II; Lucr. 3,830869, v.a. 838-841 ubi n o n e r im u s , cu m c o rp o ris a tq u e a n im a i / d is c id iu m fu e r it, quibus e su m u s u n ite r a p ti, / s c ilic e t h a u d n o b is qu icqu am , qui n o n e rim u s tu m , / a c c id e re o m n in o p o te r it se n su m q u e m o v e re .

1 2 .2 9 a t e n im p r iu sq u a m d is s o lu a tu r , in te lle g it se d isso lu tu ir i: Der

fiktive Einwand präzisiert das eigentlich im Lukrezzitat 12,26 Gemeinte: Sterbende empßnden und beschreiben ihre Auflösung natürlich v o r dem Tod. So kann neben der polemischen Entgegnung (12,27) und Retorsio (12,28) auch eine sachliche Auseinandersetzung erfolgen. p r iu sq u a m d isso lu a tu r : Gemäß nachklassischem Sprachgebrauch (LHS

II 600) setzt Laktanz in der Regel ( B r a n d t II 511) den Konjunktiv bei p riu sq u a m .

d isso lu tu ir i: Für d is so lu tu m iri. Diese Kurzformen des Inßnitv Futur Pas­

siv (vgl. KH 690) findet sich öfter bei Laktanz: 15,19 s u b la tu ir i ; 18,3 m iss u i r i ; 1,6,13; 3,1,5; 3,28,21; 4,13,18; 4,17,3; ira 13,10; weitere Belege bei N e u e / W a g e n e r III 177, die diese Formen aber den Abschreibern des 5. oder 6. Jahrhunderts zuweisen; demgegenüber zeigt S. B r a n d t , Inßnitivus futuri passivi auf -win, ALL 2 (1885) 349-354, zum siebten Buch v.a. 353, Nachtrag zu 1,6,13; 4,12,3 ALL 3 (1886) 457, dass die Formen für Laktanz begründet anzunehmen sind. 1 2 .3 0 c e te r a E p ic u r e i d o g m a tis a r g u m e n ta : Laktanz bricht die Reihe

der 29 Beweise für die Sterblichkeit der Seele bei Lukrez ausdrücklich ab, da sich die übrigen nur gegen die Lehre von der Seelenwanderung richteten, siehe oben 360 Anm. 12. P y th a g o r a e : Siehe oben zu 8,7 P y th a g o r a s . ren a sci: Laktanz verwendet das Wort zum einen für die von ihm abge­

lehnte Lehre von der Seelenwanderung (hier nach Pythagoras, 22,18 nach Vergil, 23,1 in scharfer Abgrenzung von r e s u rg e re ; epit. 63,9 und nach Pla­ ton), zum anderen auch für die Menschwerdung des Gottessohnes (4,11,14 re n a s c i eu m d en u o in c a r n e ; epit. 38,9 re n a tu s e s t ergo ex u irg in e sin e p a ­ tre ta m q u a m h o m o ; vgl. Phoen. 63). Vgl. L. BÖSING, Zur Bedeutung von „renasci“ in der Antike, MH 25 (1968) 145-178: , nach wachsen‘, im Zusam­ menhang mit der pythagoreischen Seelenwanderungslehre , wieder geboren werden ‘ (166-168), in der kaiserzeitlichen Mysteriensprache ,neu geboren werden ‘ (169-172), christlich ,(aus der Taufe) wieder geboren werden ‘ oder , (leiblich) auferstehen ‘ (172-177). m o d o in h o m in e . . . in u o lu cre: Vgl. 23,2; 3,19,19; epit. 31,7-10 und

Min. Fel. 34,6f. über Pythagoras und Platon:

co rp o rib u s d is s o lu tis so la s

12,31 - 13,1

373

a n im a s v o lu n t e t p e rp e tu o m a n e re e t in alia n o v a corpora sa e p iu s c o m m e a ­ re. a d d u n t is tis e t illa a d re to rq u e n d a m v e r ita te m , in p e c u d e s a ves beluas h o m in u m a n im a s redire. Gegen die Vorstellung von der Wiedergeburt in

Tiergestalt polemisiert auch Tert. apol. 48,If.; test. anim. 4,2; anim. 34,1; Cic. rep. 3,19 über Pythagoras und Empedokles: u n a m o m n iu m a n im a n ­ tiu m c o n d ic io n e m iu ris e sse d e n u n tia n t. Dies und der Vegetarismus der Pythagoreer sind weithin bekannt. 12.31 sententia . . . mimo dignior quam schola: Nach Min. Fel. 34,7 (wie hier über die Wiedergeburt in Tiergestalt) n o n p h ilo so p h i sa n e stu d io , sed m i m i c o n u icio d i g n a is ta s e n t e n t i a est. Der Mimos ist eine durch derben Spott und Obszönität gekennzeichnete Form weithin improvisierten Volkstheaters, vgl. L. B e n z , ,Mimos‘, DNP 8 (2000) 201-207. Laktanz kritisiert 6,20,30 seinen verderblichen Einfluss; übertragen als ,Posse‘ wird der m im u s 2,18,3; 5,20,12 erwähnt; vgl. C s e r c s e v i c s 137f. deliri: Siehe unten zu 13,9

quo n ih il . . .

12.32 satis est refutasse: Deutlicher Abschluss, siehe oben zu 12,1-32. Zur Kurzform re fu ta sse siehe oben zu 1,25 u io la ru n t. 13,1—6 t e s t i m o n i a d i u i n a für die U nsterblichkeit der Seele: Der Rückblick (§ 1 d e c la r a u i)1 markiert einen Neuansatz und zeigt, dass die Auseinandersetzung mit dem Epikureismus der diskursiven Bekräfti­ gung für die Unsterblichkeit der Seele diente (siehe oben zu 12,1-32). Bei dem nun hinzugefügten Belegmaterial, neutral als te s te s (§1) eingeführt, handelt es sich um te s tim o n ia d iu in a , also Zeugnisse aus paganer Offen­ barungsliteratur (siehe auch oben 33). Die Zitate ergänzen einander im Hinblick auf verschiedene Aspekte der Beweisführung für die Unsterblich­ keit der Seele (Kapitel 9-11), kommen christlicher Lehre immer näher und sind in einer Klimax der Autorität (vgl. §§ 4f.)2 angeordnet: 1.

Das Zitat aus dem C o rp u s H e r m e tic u m begründet die U n ste rb lic h ­ k e it der Seele mit ihrem göttlichen Anteil von der Erschaffung an, argumentiert also ontologisch-anthropologisch. 2 . Nach dem Apollorakel erhebt sich die Seele beim Tod in die göttliche Sphäre. Es kommt also das S c h ic k sa l d e r S eele n ach d e m Tod in den Blick. 1

D e c la r a r e ,

hier prägnant: , (hinreichend) erweisen‘, mit Acl ist ciceronisch (ThLL V,1 183,72ff.). 2 Gegen Löw 117 Anm. 406. Dessen Begründung, hier könne keine Klimax vorliegen, weil die Reihenfolge gegenüber 1,6,1 - 1,7,3 (Hermes - Sibyllen - Apollorakel) geändert sei, geht von falschen Voraussetzungen aus: Die von Laktanz am höchsten geschätzte Sibylle steht hier an der Spitze der Klimax, im ersten Buch hingegen sind die Apollorakel aus pragmatischen Gründen ans Ende gerückt, weil an diese eine längere Diskussion über die Dämonologie anknüpft (1,7,3-13).

K o m m en ta r

3. Die nur in Praeteritio erwähnten Sibyllenorakel fügen den Aspekt von A u fe rste h u n g u n d G e r ic h t hinzu. Die inhaltliche Entwicklung der Zitate ist also so angelegt, dass sie den Buchteil über die Unsterblichkeit der Seele abschließt und zum eschatologischen Hauptthema des Buches zurückführt. Als letzter Gedanke dieses Buchteils folgt, mit Neuansatz in fa ls a e s t ergo (13,7), eine nochmalige ne­ gative Abgrenzung. Zur Argumentation in diesem Abschnitte auch P e r r i n L ’h o m m e 361-365. so lu b ile m : Siehe oben zu 1,9 so lu b ile . c ita r e te s te s : Wie 1,5,2 (auch dort für pagane Autoren als Belegautori­

täten); gerichtssprachlich , Zeugen aufrufen‘, vgl. ThLL III 1200,45ff. a u c to r ita te [...] firm en tu r: Ciceronische Junktur, vgl. Cic. Phil. 12,29;

ThLL VI,1 811,Iff. 1 3 .2 n e q u e n u n c p r o p h e ta s in t e s tim o n iu m u o c a b o . . . : Die Prae­

teritio der Prophetenbelege (siehe oben zu 1,6 p r o p h e tis ; in te s tim o n iu m uocare hier nach dem Material des ThLL-Archivs erstmals belegt; vgl. aber Varro rust. 1,4,5 uoco a d te s tim o n iu m , dann etwa Rufin. Orig, in lev. 3.2 p. 302,26; Aug. c. Faust. 12,1) begründet Laktanz hier wie l,4 ,lf.; 1,5,1 (vgl. 4,5,3: ausdrückliche Rechtfertigung für die Berufung auf die Propheten im vierten Buch); ira 22,3 mit deren mangelnder Überzeugungskraft bei den Heiden (vgl. L a u s b e r g R h e to r ik § 883; anders 25,1: wörtliche Prophetenzitate würden zu weit führen). • ·

r a tio e t d iu in a tio : Paronomasie und Spiel mit der semantischen Anti­

these wie 4,26,2

n o n ta n tu m d iu in a tio p r o p h e ta r u m sed e tia m ra tio ip s iu s p a s s io n is d o c e t . Quint, deci. 301,16 quae [ ...] n u lla ra tio n e , n u lla d iu in a tio n e p r o u id e r i p o tu e r u n t .

ad c u ltu m . . . crea ri h o m in e m d o c e a n t: Dies formuliert Laktanz 6,1

auch selbst als Bestimmung des Menschen. ad im m o r ta lita te m [...] a c c ip ie n d a m : Die bei Laktanz häufige Junktur

(4,4,5; 6,25,8; epit. 64,1.7; vgl. 5,27 add. 12 a ccep to in m o r ta lita tis in d u m e n ­ to 21,8 p r a e m iu m ; 6,3,17; epit. 64,1 m e rc e d e m ) erscheint schon vorher in der christlichen Latinität (Cypr. unit. eccl. 2; mortal. 8; Firm. err. 25,2), aber auch schon Cic. Plane. 90 ego uero n e in m o r ta lita te m q u id em co n tra rem p u b lic a m a c c ip ie n d a m p u ta r e m .

se d e o s p o tiu s q u ib u s . . . : Die Notwendigkeit, für den paganen Leser

glaubhafte Zeugnisse anzuführen, bringt Laktanz auch 25,1; 1,4,2; 1,5,1; 3,30,9; ira 22,3f. (4 ea ig itu r q u a era m u s te s tim o n ia quibus illi p o s s in t a u t credere a u t c e rte n o n re p u g n a r e ) zum Ausdruck.

13,3

375

qui re sp u u n t u e rita te m : Gemeint sind die Gegner des Christentums, zur Periphrase vgl. 4,5,2 qui ea m [sc. u e r ita te m ] sub u e la m in e s tu ltitia e la te n te m a s p e r n a n tu r ac r e s p u u n t ; epit. 57,7. 13,3 H erm es: Gemeint ist Hermes Trismegistos, siehe oben zu 4,2

H er­

m es.

n a tu ra m hom inis . . . a deo factus: Die Richtung der Finalität bei Laktanz (,Hermes beschrieb die Natur des Menschen, u m seine Erschaffung zu erklären^) verwundert, man würde das Umgekehrte (,Hermes beschrieb, wie der Mensch erschaffen wurde, u m seine Natur zu erklären/), da es ja auf die Natur, nicht die Erschaffung des Menschen ankommt. haec in tu lit: Zur Einleitung eines griechischen Zitates auch 23,3; ira 22,8. καί . . . θαυμάζη: Das sonst nicht belegte Zitat ist aufgenommen als Frag­ ment 15 des C o rp u s H e r m e tic u m bei N o c k / F e s t u g i è r e (IV 113; vgl. S c o t t / F e r g u s o n IV 23f.; Testimonium 15 C o l p e / H o l z h a u s e n II 577). Die darin ausgedrückten Gedanken finden sich auch an anderen Stellen im C o rp u s H e r m e tic u m (vgl. Löw 161): die Zusammensetzung des Menschen aus einem göttlichen und einem sterblichen Teil (Ps. Apul. Asel. 10 h u m a ­ n ita s ex p a r te d iu in a , ex a lia p a r te effecta m o r ta lis e s t in corpore c o n si­ ste n s. 22 ex u traqu e n a tu ra [ ...], d iu in a a tq u e m o r ta l i ), seine dementspre­

chende Stellung in der Mitte zwischen Tierhaft-Irdischem und Göttlichem (Ps. Apul. Asel. 9 ex u tra q u e [sc. m a te r ia ] fo r m a tu s e s t, u t e t te r r e n u m cu ltu m e t d iv in ita tis p o s s e t habere d ile c tu m . 22 a d im m o r ta lita tis sp e m in ­ te n tio n e m q u e ; CH X 24f.), schließlich die Bewunderung der Schöpfung als Aufgabe des Menschen (CH IV 2 καί έθαύμασε καί έγνώρισε τον ποιήσαντα. CH XIV 4 ούτως έστίν άξιον νοήσαι καί νοήσαντα θαυμάσαι καί θαυμάσαντα εαυτόν μακαρισαι, τον πατέρα γνωρισαντα.). Besonders eng berührt sich das bei Laktanz Zitierte mit Ps. Apul. Asel. 8 (vgl. M ä h e H e r m e s I 15 Anm. 85.): inst. 7,13,7

Ps. Apul. Asci. 8

καί το αυτό

[ . . . ] ta le s q u e o m n e s e s s e p r a e c e p it (s e . d e u s )

έξ έκατέρων φύσεων

ex u tr a q u e n a tu r a

τής τε αθανάτου καί τής θνητής μίαν έποίει φύσιν την τού ανθρώπου, τον αυτόν πή μεν αθάνατον πή δε θνητόν ποίησας [...]

in u n u m c o n fu n d e n s m is c e n s q u e , q u a n tu m s a tis e s ­ s e d e b u is s e t. I ta q u e h o m in e m c o n f o r m a t ex a n im i a tq u e c o r p o r is id e s t ex a e te r n a a tq u e m o r t a l i n a tu r a , u t a n im a l it a c o n f o r m a tu m u tr a e q u e o r ig in i s u a e s a tis f a c e r e p o s s i t,

K om m entar ΐνα πάντα μεν όρων πάντα θαυμάζη.

et m ir a r i a tq u e (a d )o r a r e c a e le stia et in colere a tq u e gu bern are terren a.

• ·

Aufgrund dieser Ähnlichkeit haben F o w d e n (206 Anm. 67: „garbled quo­ tation“) und P e r r in (L ’k o m m e 364 Anm. 577) angenommen, Laktanz zitiere hier (möglicherweise verkürzt) aus dem Λόγος τέλειος die Vorlage zu Ps. Apul. Asel. 8. Dagegen spricht, dass die gemeinsamen Gedanken öfter im C o rp u s H e r m e tic u m Vorkommen (vgl. N o c k / F e s t u g iè r e II 276 Anm. 1), während die sprachliche Gestaltung deutlich abweicht. Laktanz geht es bei dem Zitat um das Nebeneinander von Sterblichem und Unsterb­ lichem, was sowohl seinem anthropologischen Dualismus (vgl. 2,8; 5,13; 2,8,68; 2,10,14; ira 5,13: W l o s o k G n o sis 216 Anm. 94; 258; Löw 161f.; 237) als auch insbesondere seiner eignen Argumentationslinie für die Un­ sterblichkeit der Seele entspricht (ll,9f. Gegensatz zwischen sterblichem Körper und unsterblicher Seele; 9,1-9 Analogie zwischen Gott und Seele). Dass der Mensch die Schöpfung bewundern solle, lehrt Laktanz 5,4. το αυτό: Der adverbielle Gebrauch in der Bedeutung „ebenso“ ist denkbar (vgl. Xen. mem. 3,8,5; Mt 27,44; 1 Kor 12,25; F . B l a s s / A . D e b r u n n e r / F . R e h k o p f , Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göt­ tingen 199017, 237; B a u e r / A l a n d s.v. αυτός 4b), eine Konjektur unnötig ( N o c k / F e s t u g i è r e IV 114 und C o l p e / H o l z h a u s e n II 577 erwägen αυτό τούτο, W a c h s m u t h bei B r a n d t z. St. καί (κατά) το αυτό oder κατά

το αυτό). πή μέν [...] πή δέ: orthographische Variante zu πή μέν [...] πή δέ bei N o c k / F e s t u g i è r e (IV 114), vgl. LSJ s.v. πη 3, L a m p e s.v. πή μέν [...] πή δέ, KB I 618. ινα πάντα μεν ορών πάντα θαυμάζη: Für die Originalfassung des Zita­ tes ist ein folgendes δέ-Glied anzunehmen (vgl. J.D. D e n n i s t o n , Greek Particles, Oxford 19502, 364f.; 369ff.), das möglicherweise die Erkenntnis Gottes (vgl. 5,4; CH IV 2; XIV 4; S c o t t / F e r g u s o n IV 484) oder die Auf­ gabe des Menschen in der Schöpfung (wie Ps. Asel. 8; S c o t t / F e r g u s o n IV 23 Anm. 4) zum Gegenstand gehabt haben könnte. Unklar ist, ob die­ ses Glied vor, bei oder nach Laktanz verloren gegangen ist, etwa durch Zeilensprung, vgl. F e r g u s o n s ( S c o t t / F e r g u s o n IV 484) Ergänzungs­ vorschlag nach CH XIV 4: (πάντα δέ θαυμάζων τον πατέρα γνωρίζη), oder ob es von Laktanz bewusst nicht mehr zitiert wurde. So vermutet P e r r i n (L ’k o m m e 364), dass Laktanz die Berufung des Menschen zu politischem Handeln (nach Ps. Apul. Asel. 8) weglässt. Vielleicht bricht Laktanz aber auch ab, weil das δέ-Glied mit seinen möglichen teleologischen Inhalten zu weit weg vom ontologischen Thema führen würde. Das μέν-Glied erscheint ihm hingegen noch sachdienlich, weil die Aufgabe, ,alles zu schauen^ (πάντα όράν), begründet, warum der Mensch έν μέσω steht. Wenn jedenfalls der

13,4 - 13,5

377

Abbruch nach dem μέν-Glied auf die Redaktion des Laktanz zurückgeht, liegt darin ein Indiz entweder für eine geradezu pedantische Zitiertechnik (das anstößige μέν hätte ja auch einfach gestrichen werden können) oder auch für ein wenig ausgeprägtes Interesse (oder Gefühl) für die Stilistik des Griechischen; für ein weiteres Beispiel siehe unten zu 19,9 ριψωσιν ... απαντα. 13.4 hunc fortasse . . . com putet: Zur unsicheren Einordnung des Her­ mes Trismegistos unter die te s tim o n ia d iu in a vgl. 1,6,1 s im ile d iu in o e t ob n im ia m u e tu s ta te m e t quod [ ...] deos re la tu s e s t ; Löw 106. in deos . . . ab A egyptiis honoretur: Ebenso l,6,2f., wo Cic. nat. deor. 3,56 als Quelle zitiert ist, epit. 4,4 und ira 11,12. Platoni aut Pythagorae: Siehe oben zu 1,6 P la to und zu 8,7 P y th a g o r a s . Beide sind wohl als Autoritäten in der Seelenlehre genannt und vielleicht nicht zuletzt wegen der Alliteration zusammengestellt. Laktanz nennt sie 4.2.4 diejenigen Philosophen, die a m o re in d a g a n d a e u e r ita tis in c e n s i a d A e g y p tio s e t M a g o s e t P e r s a s u squ e p e n e tr a s s e n t, u t ea ru m g e n tiu m r i­ tu s e t sa c ra co g n o sceren t. Nach ira 11,12 ist Platon besonders ehrwürdig,

Pythagoras besonders alt. 13,5 maius [...] testim om ium : Ein , gewicht igeres‘, d.h. in seiner Au­ torität weniger umstrittenes Zeugnis, als Hermes Trismegistos es bieten kann, Junktur wie Cic. fin. 2,31; Nep. Att. 16,1; Plin. nat. 7,114; Cypr. epist. 66,2,1. Polites quidam consuluit A pollinem M ilesium: Gemeint ist das Apollorakel von Didyma bei Milet, Apul. met. 4,32,5 als d e i M ile s ii u etu s tis s im u m [ ...] o ra cu lu m gerühmt.3 Das Orakel ist in der Zeit des Laktanz von großem Ansehen und Einfluss:4 Laktanz selbst (mort. pers. 11,7) be­ richtet, dass Kaiser Diokletian von dort Bestätigung und letzten Anstoß zum Beginn der Christenverfolgung erhalten habe. Inschriftlich belegt sind Weihungen des Diokletian und Maximian in Didyma.5 Anfragen an den Zu dessen Topographie und Geschichte beispielsweise P arke Oracles 1-111; K. T uchelt, ,D idym a‘, DNP 3 (1997) 544-549, mit weiterer L iteratur. Einen Überblick zur Geschichte und Bedeutung der O rakelstätten in der Zeit der Konstantinischen Wende gibt jetzt T.S. S cheer, Das antike Orakelwesen zwischen heidnischer Kaiserzeit und christlicher Spätantike, in: K. B rodersen (Hrsg.), P ro­ gnosis. Studien zur Funktion von Zukunftsvorhersagen in der L iteratur und Ge­ schichte seit der Antike, M ünster 2001, 73-95. R ehm Inschriften Nr. 89 und Nr. 90); zur Frage, ob auch der von Laktanz erwähnte Bescheid bezüglich des Vorgehens gegen die Christen einer Inschrift (Nr. 306) zu entnehm en ist, ebd. 202f. In einem Eus. v.C. 2,50 überlieferten Brief berichtet K onstantin aus eigener Erinnerung von einem Apollorakel aus Didyma und von einer Aussage des Gottes: έξ άντρου τίνος καί σκοτίου μυχού ούχί δ’ έξ ουρανού (ν.1. ανθρώπου) χρησαι, ώς αρα οί επί της γης έμπόδιον ειεν τού άληθεύειν αυτόν, καί δια

K om m entar

und dessen Bescheide zitiert Laktanz, der als erster christ­ licher lateinischer Autor theologische Orakel verwendet,*6 auch 4,13,11 und ira 23,12, an den A p o llo C la riu s l,7,1.9f. Nur hier ist der Name des Rat­ suchenden angegeben. Polites ist ein seit Homer (II. 13,533ff.; auch Paus. 6,6,7ff.) belegter Eigenname; eine Inschrift aus DidymaDidyma, zwischen 172 und 175, erwähnt einen Polites als Beteiligten an Bauarbeiten im Be­ reich des Heiligtums;7 R o b e r t (590) weist auf die Häufigkeit des Namens in der Umgebung von Didyma Didymahin und sieht darin ein Indiz für die Authentizität des Orakels. A p o llo M ile siu s

utrum ne m aneat . . . an dissoluatur: Die Formulierung der an das Orakel gerichteten Frage an das Orakel greift die gegensätzlichen Stand­ punkte der vorausgehenden Erörterung auf: a n im a m a n e t (5,27 add. 12; 6,7f.; 9,12; 12,6.8f.; 4,17,16) bzw. d is s o lu itu r (9,12; 12,3.6). 13,6 ψυχή ... πρόνοια: Das Orakel (frg. 50 F o n t e n r o s e ; Oraculum 126 in: Epigrammatum anthologia Palatina cum Planudeis et appendice nova, ed. E. C o u g n y , III, Paris 1890) ist erstmals hier belegt. Ein inhaltlich und sprachlich ähnliches, ebenfalls aus sechs Hexametern bestehendes Orakel gibt um 217 n. Chr. Philostrat gegen Ende seiner V ita A p o llo n ii (8,31) wieder: 2 4 6

’Αθάνατος ψυχή κού χρήμα σόν, αλλά προνοίας, ή μετά σώμα μαρανθέν, άτ’ έκ δεσμών θοος ίππος, ρηιδίως προθοροϋσα κεράννυται ήέρι κούφω δεινήν καί πολύτλητον άποστέρξασα λατρείην* σοι δε τί τώνδε όφελος, δ ποτ’ ούκετ’ έών τότε δόξεις; ή τί μετά ζωοΐσιν έών περί τώνδε ματεύεις;

Die Tübinger Theosophie, deren nicht erhaltene Vorlage ans Ende des 5. Jahrhunderts gehört, überliefert den Text mit einigen Abweichungen, vor allem im zweiten bis vierten Vers (Theosoph. Tub. 37):8

τούτο ψευδείς των τριπόδων τάς μαντείας ποιεΐσθαι. Nach Soz. 1,7,3 habe Licinius in Didyma ein Orakel über den Ausgang seines Kampfes mit K onstantin im Jahr 324 eingeholt. W eiterhin P arke Oracles 97-103; P ricoco Oracolo 190-194. Ein Orakel zum Fortbestand von Didyma zitiert Eus. Pr. Ev. 5,16,1. 6 Vgl. A.D. N ock, Oracles théologiques, REA 30 (1928) 280-290, v.a. 288; S. P rico­ co, L ’oracolo teologico, in: Metodologie della ricerca sulla ta rd a antichità. A cura di A. G arzya, Napoli 1990, 267-285, v.a. 277-285. 7 Vgl. R ehm Inschriften 40,3. 8 Nach E rbse ( Theosophien 13) benützt der Verfasser der Theosophie neben Laktanz (daher V. 3 βροτέην) eine andere, dem Original nähere Vorlage. Dagegen vermu­ tet P ricoco ( Oracolo 195-201) in der Version der Tübinger Theosophie spätere Änderungen des Orakeltextes und den ursprünglichen W ortlaut bei Laktanz.

13,6

2 4

6

379

Φυχή μέχρι ου δεσμοΐς προς σώμα κρατείται φθαρτόν, έοϋσ’ απαθής ταϊς τοϋδ’ άλγηδόσιν εΐκει* ήνίκα δ’ αυτε λύσιν βρότεον (-έην cod.) μετά σώμα μαρανθεν ώκίστην εύρητ’ , εις αιθέρα πασα φορεϊται αίεν άγήραος ουσα, μένει δ’ εις πάμπαν άτειρής. πρωτόγονος γόφ τούτο θεία διέταξε πρόνοια.

Wahrscheinlich entnimmt Laktanz das Orakel einer Sammlung von Apol­ lorakeln (dazu und zum Folgenden F r e u n d O r a c le s ). Doch stehen in die­ ser Frage zwei Forschungsmeinungen einander gegenüber: Die erste basiert hauptsächlich auf Erkenntnisse zu den anderen Apollorakeln bei Laktanz. Sie geht zurück auf W o l f f (178): Davon ausgehend, dass Augustin (civ. 19,23 ~ Porph. phil. or. fr. 344 S m it h ) ein ira 23,12 zitiertes Apollora­ kel Porphyrios zuschreibt,9 vermutet er auch hier ein von einem Philoso­ phen fingiertes Orakel und weist die Verse dem dritten Buch D e p h ilo s o ­ p h ia ex o ra cu lis des neuplatonischen Philosophen Porphyrios zu. Dem folgt beispielsweise P a r k e ( O ra cles 91). In leichter Abwandlung dieser These nimmt O g il v ie (24) an, dass Laktanz das Orakel in „a Christianized re­ daction“ von Porphyrios’ Schrift finde.10 Demgegenüber glaubt neben Ro9 Smith hingegen nim m t das Orakel nicht in seine Fragm entensam m lung zu Porphyrios’ D e p h ilo so p h ia ex o ra cu lis (fr. 303-350) auf. 10 Neuerdings betrachtet D igeser ( T o le r a tio n ; L a c ta n tiu s 95-108; E. DePalma Digeser, Porphyry, Lactantius, and the P aths to God, Studia P atristica 34 [2001] 521-528) D e p h ilo so p h ia ex o ra cu lis als Ausgangspunkt für die Apologie des Lak­ tanz: Aus bestim m ten Gemeinsamkeiten (Bild des ,Weges‘ zum Himmel oder zur W ahrheit; Benutzung von Orakeln; Jesus als frommer und göttlicher Weiser) glaubt sie folgern zu können, dass Laktanz auf D e p h ilo so p h ia ex o ra c u lis , worin sie eine explizit antichristliche Schrift sieht, antworte. Dabei nim m t sie aber nur ( T o lera ­ tio n 139) für die Orakel 4,13,11 (vgl. Aug. civ. 19,22f. « Porph. phil. or. frg. 343 Smith; mit deutlichen Abweichungen im Text, die D igeser, T o le ra tio n 139 Anm. 76 und L a c ta n tiu s 166 Anm. 66, völlig unzureichend mit Eingriffen des Laktanz in die griechischen Hexam eter erklärt, vgl. Freund O racles 278f.) und ira 23,12, eine Abhängigkeit an. Das letztere Orakel muss zwar, wie Aug. civ. 19,23 belegt, auch in der Schrift des Porphyrios vorgekommen sein. Doch besagt dies an sich ein Orakel de Iu d a e o r u m re lig io n e kann Laktanz auch unabhängig von Porphyrios interessiert haben - und erst recht für die Orakel in den D iu in a e in s titu tio n e s gar nichts: Selbst wenn Laktanz bei der Abfassung von D e ira (frühestens ab 315, eher 320 oder später, siehe oben 13 Anm. 50) die Schrift des Porphyrios gekannt und ein Orakel daraus entnom m en hätte, wäre das für die spätestens 311 abgeschlosse­ nen D iu in a e in s titu tio n e s noch nicht aussagekräftig. Dass das 1,7,1 zitierte Orakel Gemeingut war, zeigt seine Bezeugung auf einer Inschrift aus O inoanda bereits um 200 n. Chr. (Text bei A.S. H a ll, The Klarian Oracle at Oenoanda, ZPE 32 [1978] 263-268; zur D eutung S. P ricoco, Un oracolo di Apollo su dio, RSLR 23 [1987] 3-36) und Thesoph. Tub. 13 (kann nicht von Laktanz abhängen, da mehr zitiert wird, als dieser bietet). Angesichts der quantitiv und argum entativ m argi­ nalen Rolle, die Zitate aus Apollorakeln bei Laktanz spielen (siehe oben 52 Anm. 2), ist auch D igesers G rundthese, die D iu in a e in s titu tio n e s seien eine Entgegnung auf D e p h ilo sp h ia ex o ra c u lis , höchst fragwürdig; vgl. Freund O racles 281-284.

K om m entar BERT (590) insbesondere P r i c o c o ( O racolo 190-196; S to r ia 360f.), dass

hier tatsächlich auf den Orakelbetrieb in Didyma zurückgehender Bescheid vor liege.11 Gegen eine Vermittlung durch Porphyrios und für ein ausgehend von Didyma kursierendes Orakel sprechen folgende Erwägungen: (1) In der Zeit des Laktanz genießt das Orakel von Didyma noch immer hohes An­ sehen,12 die dortigen Orakelbescheide werden teilweise auf Inschriften ver­ öffentlicht.13 Die Voraussetzungen für eine weitere Verbreitung sind also gegeben. Zusammen mit dem Namen Polites (siehe oben zu 13,5) deutet all dies auf die Möglichkeit eines authentischen Orakels aus Didyma hin. (2) Das 1,7,1 zitierte Orakel des A p o llo C la riu s hat sich auch auf einer In­ schrift des zweiten Jahrhunderts in Oinoanda gefunden.14 Laktanz hatte also offensichtlich Zugang zu solchen weiter verbreiteten Orakelsprüchen. (3) Das bei Laktanz überlieferte Orakel gleicht inhaltlich und sprachlich auffallend dem viel früher belegten Philostr. VA 8,31 (siehe oben 378). Es liegt also entweder die Nachahmung eines bekannten Orakels15 oder ein geläufiger Typus vor. Beides jedenfalls spricht dagegen, dass Laktanz ein nur in einer bestimmten Quelle zugängliches Orakel zitiert. (4) Laktanz selbst fordert bei der Zusammenfassung der hiesigen Stelle epit. 65,6 ( quod si cu i p a r u m u id e tu r, [ ...] A p o llin is quoque M ile s ii re sp o n sa c o n s id e r e t .) zur Lektüre von Apollorakeln auf. Diese dürften also in Sammlungen all­ gemein zugänglich gewesen zu sein. - Dass auch Laktanz hier aus einer solchen Sammlung schöpft, liegt am nächsten. Das Orakel gibt einen weiten Konsens spätantiker Seelenlehre wieder.16 Laktanz findet darin nicht nur die Unsterblichkeit der Seele bestätigt, son­ dern auch weitere Aussagen, die er selbst über die Seele trifft: Sie sei im Körper wie in einem Gefängnis eingeschlossen, dadurch empfindlich gegen Schmerzen; der Tod sei eine Trennung von Leib und Seele, nach der die Seele in ihre himmlische Heimat zurückkehre. Ψυχή [...] δέσμοις προς σώμα κρατείται: Der Körper als Fessel der Seele ist ein verbreitetes platonisches Bild, vgl. Plat. Phaid. 67cd; 99c; Plot. 11 Ausdrücklich gegen eine V erm ittlung durch Porphyrios beispielsweise auch R ooijen- D ijkman 91; K raft/W losok 90. 12 13 14 15

van

Siehe oben 378 Anm. 5. Vgl. R ehm Inschriften 299-302, z.B. Nr. 496B; Nr. 504. Vgl. L. R obert, Un oracle gravé à Oinoanda, CRAI 1971, 597-619, v.a. 607f. P ricoco ( Oracolo 194f.) scheint davon auszugehen, dass bereits bei Philostrat ein bekanntes Orakel abgewandelt wird. Dafür spräche auch die abweichende Überlie­ ferung in der Tübinger Theosophie (siehe oben 379). 16 Vgl. P ricoco Storia 359f.; Oracolo 176-189: Insbesondere seien alle Them en der spätantiken de am m a-T rak tate (zusammengestellt bei F estugière III 1-26) ver­ treten: die eingeschränkte Existenz der Seele im irdischen Leib (V. lf.), Tod als Trennung von Leib und Seele (V. 3f.), Aufstieg der Seele in den Himmel (V. 4f.) und himmlischer Ursprung (V. 6).

381

13,7

Επη. 4,8,4; Porph. Abst. 1,33; CH VII 2; auch christlich Tat. orat. 15,4; bei Laktanz mit leicht abweichender Metaphorik 8,6 in der Wiedergabe Platons d o m ic ilio c o rp o ris u e lu t carcere lib e r a tu m ; 12,11; vgl. PRICO CO O racolo 177-180. φθαρτά νοούσα πάθη: Zugrunde liegt die in der Spät antike allgemein verbreitete Überzeugung, dass die Seele während ihres Aufenthalts auf der Erde den menschlichen Leiden unterworfen ist, vgl. PRICO CO O racolo 180182. Dass die Seele wegen ihrer Verbindung mit dem Körper Schmerzen empfindet, sagt auch Laktanz (12,14-19; 20,7-10). άνάλυσιν: Zur üblichen Vorstellung des Todes als Trennung von Leib und Seele siehe oben zu 5,27 add. 12 c o rp o ris ... ; PRICO CO O racolo 183f. βροτέην: ,dem Sterblichen eigen4, vgl. LSJ s.v. βρότειος. Siehe auch oben 379 Anm. 8. μετά σώμα μαρανθεν: ,nachdem der Körper zugrunde gegangen ist4, so auch im Philostr. VA 8,31 zitierten Orakel, V. 2 (siehe oben 378). είς αΙθέρα πάσα φορεΐτα?,: Vgl. 8,6 (Wiedergabe Platons) (sc. a n im u m ) a d ca elu m [ ...] p e ru o la re ] 12,5; 2,12,14; 3,18,5. Der αιθήρ erscheint im ge­ samten antiken Denken immer wieder als Ort, an den die Seelen nach dem Tod gelangen, vgl. R o h d e II 257L; J.H. W a s z i n k , , Aether4, RAC 1 (1950) 150-158, v.a. 154-156; P r i c o c o O racolo 186. άγήραος: Alterslosigkeit und Unsterblichkeit gehören seit Homer (II. 2,447; 8,539; Od. 5,136) topisch zusammen. quid? [...] nonne: Siehe oben zu 11,5

q u id ?

...

a deo de uiuis ac m ortuis iudicetur: Siehe unten zu 24,1 tu r ...

u e n ie t ig i­

quorum exem pla paulo post inferemus: Das Gottesgericht wird in den Sibyllenzitaten 20,2-4; 23,4; 24,1 erwähnt. Von einem Gericht über die Toten wird nur im Zitat 24,1 gesprochen; in den Zitaten 20,2-4 sieht Laktanz es aber, wie 20,1 zeigt, ebenfalls impliziert. 13,7 D em ocriti . . . sententia: 7,12 werden Dikaiarch und Demokrit (siehe auch oben zu 1,10 D e m o c r ito ), 8,8 und 3,17,14 alle drei als Vertreter einer Auflösung der Seele genannt. non auderent . . . futura praedicere: Laktanz beschreibt eine von einem m a g u s 17 durchgeführte Nekromantie. Solche Totenbeschwörungen sind nicht nur Motiv der Dichtung1718, sondern, wie auch die Erwähnun17 Öfter für Totenbeschwörer, vgl. ThLL VIII 151,12ff. 18 Hör. serm. 1,8; Sen. Oed. 530-658; Lucan. 6,507-830.

K om m entar

gen in der späteren Prosa19 nahe legen, realer Bestandteil der religiösen Vorstellungswelt in der Spätantike20. Das von Laktanz geschilderte Vor­ gehen (der Tote wird herbeigerufen, erscheint und verkündet Zukünftiges) entspricht dabei dem in anderen Quellen überlieferten ( O g d e n 163-190). Die Christen stehen solchen Praktiken meist (etwa Tert. apol. 23,1), aber nicht immer ablehnend gegenüber21. So gewinnt Justin aus den Toten­ beschwörungen sogar ein apologetisches Argument für die Unsterblichkeit der Seele.22 Laktanz selbst nennt zwar die n e c r o m a n tia 23 eine trügerische Erfindung der Dämonen (2,16,1), argumentiert aber auch damit (4,27,18f., mit Formulierungen, die denen an vorliegender Stelle entsprechen): Wenn jemand das wahre Wesen der Dämonen erkunden wolle, con greget eos qu i­ bus p e r itia e s t ciere ab in fe ris a n im a s, eu o cen t Io u e m N e p tu n u m [ ...] p a tre m q u e o m n iu m S a tu rn u m : re sp o n d e b u n t ab in fe ris o m n e s e t in te r r o ­ g a ti lo q u e n tu r e t de se ac deo fa te b u n tu r , p o s t h aec e u o c e n t C h ristu m : n o n a d e rit. Dass Laktanz dieser Totenbefragung tatsächlich Wahrheits­

gehalt zuschreibt, zeigt die anschließende Bewertung (4,27,20): qu id h ac p ro b a tio n e c e rtiu s p r o fe r r i p o te s t? Auch Hermes Trismegistos habe sein richtiges Wissen um Gott als den Vater und den Sohn aus dieser Quelle. Offensichtlich sieht Laktanz also im Totenbeschwörer eine Autorität, des­ sen Gegenbeweis die kritisierten Philosophen fürchten müssten.24 Der hier imaginierte Auftritt des m a g u s klingt an eine rhetorische Prosopopoiie an, in deren Rahmen auch Tote Reden halten können.25 Doch genügt in der Polemik des Laktanz schon die Anwesenheit des Totenbeschwörers. cieri: ,beschworen werden6, hier und 4,27,18 für eine magische Praxis, vgl. ThLL III 1056,60ff. 19 Apul. met. 2,5.29; Ps. Quint, deci. 10,4.8f.l9, dazu N. H ömke, Gesetzt den Fall, ein Geist erscheint. Komposition und Motivik der ps-quintilianischen „Declamationes maiores“ X, XIV und XV, Heidelberg 2002, 217-219. 20 M.W. D ickie, Magic and Magicians in the Greco-Roman World, London 2001,

237-239. 21 22

23 24

25

Die christlichen Positionen stellt O gden (158f.) zusammen; wegen ihrer biblischen Fundierung (1 Sam 28,3-25) wurde die Nekromantie z. T. akzeptiert. Justin. 1 apol. 18,3 νεκυομαντεΐαι [...] και ψυχών ανθρωπίνων κλήσεις [...] καί τα γινόμενα υπό των ταϋτα είδότων πεισάτωσαν υμάς ότι καί μετά θάνατον εν αίσθήσει είσίν αί ψυχαί. Erstm als Porph. Hör. epod. 5 praef., dann bei Laktanz (ThLL-A rchiv). Eine Schwierigkeit liegt aber noch im Acl nach scire, der ja ausdrückt (KS I 690; LHS II 356): ,Der Totenbeschwörer weiß, dass die Seelen aus der Unterwelt be­ schworen werden* usw. Das kann so aber nicht gemeint sein, denn natürlich muss Laktanz dieses Wissen von jedem Leser erwarten. Entscheidend für den magus und Grundlage seiner besondere A utorität wäre vielmehr seine Fähigkeit (vgl. 4,27,18 peritia ), also dass er ,die Seelen zu berufen versteht* (scire mit Infinitiv, KS I 669; LHS II 347) oder vielleicht auch ,weiß, wie sie berufen werden* (scire mit indirektem Fragesatz, vgl. Cic. de orat. 2,355). Vgl. M artin 292f.; Cic. Cael. 33.

383

13,8 - 13,9

13,8 animae rationem: das ,Wesen der Seele‘, ihr ,Sinn‘ in der Schöp­ fungsordnung (vgl. 1,6 r a tio n e m m u n d i), vgl. epit. 62,4. tam subtilis . . . effugiat: Vgl. opif. 1,7 p ro la q u eis [ ...] ta m su b tilib u s, u t oculos m e n tis e ffu g ia n t . Siehe auch oben zu 9,4 m e n tis oculis. 13,9 Aristoxenus, qui negauit . . . : Auf Aristoxenos von Tarent, einen von Pythagoreismus und Peripatos beeinflussten Philosophen und Mu­ siktheoretiker des vierten vorchristlichen Jahrhunderts (zu ihm F. W e h r l i , GGPh2 3 [1983] 540-546; S. G i b s o n , Aristoxenus of Tarentum and the Birth of Musicology, London 2005), und zwar ebenfalls auf seine See­ lenlehre, bezieht sich Laktanz auch opif. 16,13, ferner gibt es augenfällige Parallelen zu Passagen aus dem ersten Buch von Ciceros Tuskulanen: L act. opif. 16,13 (= A risto x en o s 120c W ehrli II)

C ic. T usc. 1 ,5 1 .2 4 .1 9

frg.

D ic a e a rc h u s q u i ­ dem et A r is to x e n u s , qu ia d i f f i c i l i s e r a t a n im i

L act. in st. 7 ,1 3 ,7 -9 ( = A risto x en o s frg. 120d W ehrli II)

(51)

q u id

aut

q u a lis

esset

nullum o m n in o a n im u m e ss e d ix e ru n t. (24) s i est A r is to x e n i h a r m o n ia [ s e . a n i m u s ] , d issolu etu r. q u id de D ica ea rch o d ica m , qui n i h i l o m n in o an im u m d ic a t e s s e ?

in telleg en tia ,

(19)

ut

m u lto

teres,

a n te

p ro x im e

A r is to x e n u s , idem qu e a n im u m

a u tem

m u sicu s

set]

ip siu s

esse

cen­

c o rp o r is

in te n tio n e m q u a n d a m , uelut in ca n tu e t fid ib u s, q u a e I αρμονία d i c i t u r : sic

ex

n a tu ra m o tu s

c o rp o r is et

figu ra

illu d ne ueri

a u tem

caue

um quam

sim ile

p u ta u eris

A r is to x e n u s

quod

d ic it, o m n in o

m en tem

n ullam esse,

ue-

p h ilo so p h u s,

[se.

falsa est [...] D i ­ ca ea rch i de a n im a e d isso lu tio n e sententia. [...] (8) sed qu ia non peruidebant a n im a e rationem, [...] interire d ix e ru n t. (9) q u id A r i ­ sto x e n u s, qui negauit o m n in o ullam e sse a n im a m , etiam cum uiuit in corpore? (7)

con pagibu s

u a rio s in

u isceru m

u im se n tie n d i ex istere.

m u s ic i tio n e m

quem

co n cen tu m q u e

n ia m

in

modos

o ffen sio n e tiu m a p p ella n t.

sicu t in fid ib u s ex in te n tio n e neruorum e f f i c i c o n c o r d e m so n u m a t q u e can tu m , sed

in te n ­

en im

neruorum gros

to tiu s

cieri ta m q u a m

h a r m o n ia m in fid ib u s e x c o n ­ s t r u c t i o n e c o rp o r is e t sed quasi

sin e

in te­ u lla

consonan­

h a r m o n ia m

ita ex ac

m u s ic i h a r m o ­ u o ca n t,

in conpage u ig o re

corporibus u isceru m m em brorum

u im s e n tie n d i ex sistere.

c a n tu sonos. D ie F o r tsetzu n g opif. 16,14f. la u tet: u o l u n t i g i t u r a n i m u m s i m i l i r a t i o n e c o n ­ s ta r e in h o m in e qua c o n co rs m o d u la tio c o n s ta t in fid ib u s, s c ilic e t u t s in g u la r u m

K om m entar co rp o ris p a r tiu m f ir m a c o n iu n c tio m e m b r o r u m gue o m n iu m c o n s e n tie n s in u n u m u ig o r

m o tu m

illu m se n sib ile m f a c ia t a n im u m q u e c o n c in n e t sic u t n e ru i bene in ­

ten ti co n sp ira n tem son u m :

(15)

et s ic u t in fid ib u s c u m aliq u id a u t in te r r u p tu m

a u t r e la x a tu m est, o m n is c a n e n d i r a tio tu r b a tu r et s o lu itu r , ita in c o rp o re c u m p a r s aliqu a m e m b r o r u m

d u x erit u itiu m , d e stru i u n iu e rsa co rru p tisq u e o m n ib u s

a tq u e tu rb a tis o ccid ere s e n s u m e a m q u e m o r t e m u ocari.

Man hat angezweifelt, dass Cicero alleinige Vorlage sein könne. Denn nach B r a n d t ( Q u e lle n 282; ihm folgt B ry c e 116) müsse Laktanz opif. 16, da er ausführlicher sei und bei der Widerlegung abweiche, neben diesem selbst auch Ciceros Quelle benützt haben. BÉLIS (239) vermutet, ebenfalls auf­ grund seiner zusätzlichen Angaben (244: Erklärungen, wie der Körper den m o tu s s e n s ib ilis , das heißt den a n im u s , hervorbringe, opif. 16,14, und, wie in diesem Vorstellungsmodell der Tod zu denken sei, opif. 16,15), eine Un­ abhängigkeit des Laktanz von Cicero; terminologisch blieben aber beide nahe am Originaltext (242f.; 245f.) und gäben die Lehre des Aristoxenos verlässlich wieder (244L). Auch nimmt W e h rli (II 38) beide Laktanzpassagen als Fragmente des Aristoxenos auf. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Laktanz Zugang zu Ciceros Vorlage (dies vermutet B r a n d t) oder zu einer sonstigen Quelle hatte, die auch die von Cicero benutzte Stelle im griechischen Original enthielt (BÉlis). Umgekehrt lassen die wörtlichen Übereinstimmungen (Gegenüberstellung oben: Fettdruck), das Nebeneinander von Dikaiarch und Aristoxenos, die als Vertreter einer völlig falschen und geradezu beispielhaft abstrusen Hal­ tung in der Seelenlehre erscheinen, und der Gedanke, dass diejenigen, die die Auflösung der Seele vertreten, dies aus Unkenntnis in der schwierigen Materie der Seelenlehre tun, an Cicero als Vorlage denken. Die ergänzenden Erklärungen, die Laktanz auch eigens als solche einführt (opif. 16,14 [sc. m u s ic i] u o lu n t ig itu r ... ), und die von Cicero abweichende Widerlegung können von Laktanz stammen (dazu P e r r in L ’ou vrage II 390b; L ’k o m m e 242-251). Auch kommt die vorliegende Stelle näher an Cic. Tusc. 1,19 als opif. 16,13-15, wie die gemeinsame Gedankenführung zeigt (Gegenüber­ stellung oben: Kästchen): ,Wie (Cicero: u e lu t/L a k ta n z : s i c u t ) sich aus der Spannung ( in te n tio ) bei der Leier (fid e s) das ergibt, was man Har­ monie nennt ( quae αρμονία d ic itu r /q u e m m u s ic i h a r m o n ia m u o c a n t ), so ( s i c / i t a ) entstehe auch im menschlichen Körper ( c o r p u s ) das Seelenhaf­ te ( m o tu s /u is s e n t ie n d i f i . Dennoch knüpft Laktanz hier auch an Aussagen aus opif. 16,13-15 an (Gegenüberstellung oben: Unterstreichungen), insbe­ sondere erscheint die Seele nicht als m o tu s , sondern als u is s e n tie n d i , was sich aber auch aus den Tuskulanen ergibt (siehe unten zu u im s e n tie n d i) . Man wird also mit Perrin ( L ’ou vrage II 390; L ’h o m m e 246-250) anneh­ men, dass Laktanz sein Wissen über Aristoxenos allein aus den genannten Cicerostellen schöpft. Bei der Abfassung der vorliegenden Stelle greift er

385

13,10 - 13,11

wahrscheinlich nochmals auf die Tuskulanen (insbesondere 1,19) zurück, gibt das dort Vorgefundene aber unter dem Einfluss seiner eigenen Dar­ bietung opif. 16,13-15 wieder. sicut [...] effici: Vgl. unten zu 14,12

u t [ ...] gerere.

com page uiscerum: Wie opif. 16,13 (siehe oben zu Cypr. epist. 10,2,2.

A r is to x e n u s

. ..);

uim sentiendi: Die Gleichsetzung der Seele mit der Wahrnehmungsfähig­ keit (die Junktur in diesem Sinn 3,1 als Eigenschaft der stoischen Weltsee­ le; Quint, inst. 7,10,10 als medizinisches Phänomen) nach Aristoxenos hier wie opif. 16,1 geht nicht auf diesen selbst zurück (so BÉLIS 240 mit Anm. 5: „traduction d’ocu^ot^), sondern ist aus Cic. Tusc. 1,24 erschlossen: si e s t A r is to x e n i h a r m o n ia [se. a n im u s], d isso lu e tu r. [ ...] h is s e n te n tiis o m ­ n ibu s n ih il p o s t m o r te m p e r tin e r e a d q u em q u a m p o te s t; p a r ite r e n im cu m u ita se n su s a m ittitu r ; n o n s e n tie n tis a u te m n ih il e s t u lla m in p a r te m quod in te r s it. Siehe oben zu A r is to x e n u s . . .

quo nihil dici delirius potest: Laktanzische Wendung, vgl. (ebenfalls über Philosophenmeinungen) 3,18,14 quo qu id d e liriu s d ic i p o s s it n o n uideo. 3,19,18 n u m q u a m qu icqu am in rebus h u m a n is d ic tu m e sse d e liriu s. Nur an diesen Stellen ist ein Komparativ zu d e liru s belegt (ThLL V,1 466,65f.). Mit dem Positiv charakterisiert Laktanz öfter Philosophen (12,31 Pythagoras; 2,5,10 die Philosphen allgmein; 2,8,49 Epikur; 5,3,8 der anti­ christliche Philosoph). 13.10 oculos quidem . . . caecum: Diese Antithese fügt Laktanz schlüs­ sig aus unterschiedlichen Motiven zusammen: Einen Gegensatz von co r und oculi in erkenntnistheoretischem Zusammenhang kennt Cicero, wenn er ac. 2,52 (vgl. 89f.) über die innere Wahrnehmung ( c o r ) als Korrektiv widersprechender Sinneswahrnehmung (o c u li) Enn. trag. 34 (s e d m ih i ne u tiq u a m co r c o n s e n tit cu m o cu lo ru m a sp e c tu ) zitiert. Von ocu li co rd is (so 4,26,4L; 6,9,15) spricht nach Vet. Lat. (= Vulg.) Eph. 1,18 das Christen­ tum (Cypr. laps. 35; zel. 5; Hier, epist. 54,13,2), auch im Gegensatz zu den Augen des Körpers (Aug. in epist. loh. 7,20; serm. coli. M o r i n p. 77,34). Auch das Motiv co r ca ecu m findet sich Acc. trag. 450 und christlich als corda caecata (Cypr. eleem. 12; Ps. Cypr. ad Novat. 2,8, nach Joh 12,40 , vgl. Jes 6,9; Mt 13,14f.; Tert. adv. Marc. 5,11,6; Mar. Victorin. in Eph. 2,4 p e r c a e c ita te m c o rd is). O cu li in c o lu m e s wie Quint, deci. 297 p. 175,4; Apul. met. 2,24,3. 13.11 plerisque . . . apparet: Die Kritik bezieht sich zunächst auf die genannten Philosophen Demokrit, Epikur, Dikaiarch und Aristoxenos und deren materialistische Position in der Seelenlehre, durch p le r is q u e erfährt sie aber eine Erweiterung, die zum Ende des Abschnitts über die Seelen-

K om m entar

lehre passt und die Übereinstimmungen mit Platon zwar bestehen, aber auch das Eigene der entfalteten Lehre hervortreten lässt. m entis acies . . . corporis: Der Ausdruck m e n tis a c ie s , , Schärfe des Geistes^, nur hier bei Laktanz, ist ciceronisch (de orat. 2,160; ac. 2,129 etc., vgl. ThLL I 402,28ff.). Zum Gedanken siehe oben zu 5,27 add. 15 p lu s m e n te ... uis ac ratio: ,das eigentliche Wesen (einer Sache)‘, auch 2,8,31; 4,26,24; 5,14,11, ciceronisch (Verr. II 3,199; nat. deor. 1,26 etc.).

Dritter Teil: Die Endzeitereignisse (Kapitel 14-27) 14.1 Quoniam . . . tribuatur: Überleitung (zur Formulierung vgl. ira 11.1 q u o n ia m c o n s titit de p r o u id e n tia , se q u itu r u t doceam u s u tru m n e m u l­ to r u m d eo ru m cred en d a s it an p o tiu s u n iu s.) von der Unsterblichkeit der Seele zu den Endzeitereignissen. Q u a te n u s neben qu an do ist (wie 14,12) wohl als ,wie‘ (vgl. OLD s.v. 4) zu verstehen und bezieht sich auf die allgemeinen Umstände, unter denen das ewige Leben in der vollendeten Welt anbricht, nicht im Sinn von , inwiefern ‘ auf die Bedingungen für die Erlangung der Unsterblichkeit. prauitatis [...] errores: Zur Begründung der Schlechtigkeit in der Verir­ rung vgl. 3,8,40; 5,12,7. decretis placitisque: Zur Formulierung vgl. 25,8

s ta tu ta e t p la c ita .

m ortales . . . interem erant: Der Gedanke, dass menschliche Erfinder oder Wohltäter später als Götter angesehen worden seien, gehört in die im ersten Buch ausführlich entfaltete euhemeristische Argumentation (1,8,8 - 1,19,7; zu den Quellen B r y c e 328-347; zum Euhemerismus bei Laktanz J.W. S c h i p p e r s , De Ontwikkeling der Euhemeristische Godencritiek in de Christelijke Latijnse Literatuur, Diss. Utrecht, Groningen/D jakart a 1952, 72-84; K. T h r a e d e , RAC 6 [1966] 886-888; W i n i a r c z y k 169-172; zur Geläufigkeit des Euhemerismus etwa Cic. nat. deor. 1,38; 2,62; weitere Stellen bei P e a s e N D I 262L). Die hier knapp angedeuteten Beispielfälle werden dort erläutert: artes inuenerant: 1,18,21 a r te s quoque in u e n to rib u s su is in m o r ta lita te m p e p e r is s e d ic u n tu r, u t A e sc u la p io m e d ic in a , V olcano fa b r ic a (zur in der la­ teinischen Patristik geläufigen Erfindertopik K. T h r a e d e , RAC 5 [1962] 1261-1263). usum [...] frugum docuerant: Ceres und Liber wird zugeschrieben, die Herstellung von Brot und Wein eingeführt zu haben (vgl. l,18,18f.). utilia [...] prodiderant: Der Sache nach eine Zusammenfassung der bei­ den vorgenannten Aspekte. Die Formulierung klingt an ein oben von Laktanz (1,11,35) angeführtes indirektes ( W i n i a r c z y k 135) Zitat aus Ennius’ (= frag. var. 118) Wiedergabe von Euhemerus’ ιερά αναγραφή (= test. 67 bei M. W i n i a r c z y k , Euhemeri Messeni reliquiae, Stuttgart/Leipzig 1991) an (über die Bedeutung des Hofes des Königs Jupiter): si quis q u id n o u i in u e n e r a t quod a d u ita m h u m a n a m u tile e sse t, eo u e n ie b a n t atqu e Io u i o ste n d e b a n t.

bestias interemerant: Gedacht ist in erster Linie an Herkules (1,18,6 ist nur er namentlich genannt, doch stehen qui ob n ecem b e stia ru m deos fie r i c r e d id is s e n t im Plural; die Taten des Herakles werden 1,9,2 erwähnt).

K om m entar

14.2 longe [...] semota: Lukrezischer (1,46 = 2,648, zitiert ira 8,1; 4,813; 5,579) Ausdruck, se m o u e re erscheint sonst nicht bei Laktanz. in prioribus libris: Der Rückverweis bezieht sich auf ein Grundmotiv des Werkes: Unsterblichkeit ist allein durch wahre iu s titia von Gott zu erlangen (vgl. etwa 2,12,14; 3,12,18; 4,25,5; 6,3,17; siehe auch oben zu 1,3 iu s titia m ) . Die Verknüpfung dieses Gedankens mit dem Euhemerismus, gemäß dem Sterbliche aufgrund ihrer Verdienste zu Göttern wurden (vgl. 1,8,8; 1,18,13), ist eigentlich nicht ganz stimmig, da keine bewusste Ver­ göttlichung vorliegt. praem ium largiatur: Ungewöhnliche Junktur, erst nach Laktanz und in christlicher Literatur (Ambr. epist. 9,68,4; Pass. Macc. 10,20 n o n tarn su p p lic ia [ ...] q u a m p r a e m ia la r g ie r is ) öfter belegt. 14.3 libidinibus: Die lib id o stellt Laktanz auch in der euhemeristischen Passage des ersten Buches als Triebfeder des Handelns der vermeintlichen Götter heraus, so etwa 1,9,1; 1,11,22; 1,17,9. caeleste praemium: Die Junktur auch epit. 23,3, mehrfach bei Cyprian (eleem. 22; epist. 37,2,2; 76,1,2), hier antithetisch zu in fe rn a su p p lic ia (vgl. ThLL X,2 713,27). inferna supplicia meruerunt: Dass die zu Göttern erhobenen Menschen zusammen mit ihren Verehrern nun ihre Strafe erwarten, sagt auch Min. Fel. 35,2. Die Bestrafung der Götzenanbeter ist unten 26,6 ausgeführt. Zwar stehen die Höllenstrafen ( s u p p lic ia ) meist im Plural (etwa 3,19,10; 5,19,1 etc.), die Antithese mit dem einen himmlischen Lohn ist hier wie 21,8 beabsichtigt. pendent: Die Junktur su p p lic ia p e n d e n t geht (entgegen H e u m a n n z. St.) nicht unmittelbar zurück auf Verg. Aen. 6,740 su p p lic ia e x p e n d u n t , sondern ist (von Vergil kommend?) nachklassisch üblich, vgl. Val. Max. 9,11,4; Tac. ann. 13,23,1; Ps. Quint, deck 3,8. propinquare: Siehe oben zu 9,1

p r o p in q u a n te sa e c u lo ru m fin e .

ostendam : Der (vage) Vorverweis wird insbesondere in den Darlegungen zur Datierung des Endes 14,6-11; 25,3-6 eingelöst. et iustis . . . irrogetur: Metaphorische Antithese mit den Formeln Je ­ mandem angemessenen Lohn bezahlen ‘ ( m e rc e d e m s o lu e r e : Liv. 8,11,3; 8,22,3; vgl. ThLL VIII 794,5ff.; m e rc e s d ig n a : Liv. 21,43,10; Val. Max. 3,8,6) und Jemandem eine verdiente Strafe auferlegen ‘ (p o e n a s irrogare: ThLL VII,2 438,29fr.; p o e n a m e r i t a : ThLL V ili 812,59ff.). 14.4 P lato . . . dixerunt: Dass Platon zwar richtig lehre, dass die Welt von Gott erschaffen sei, aber die näheren Umstände nicht erklären kön­ ne, sagt Laktanz auch 1,6; 3,2; vgl. 2,10,25. Wahrscheinlich bezieht sich

389

14,5 - 14,6

Laktanz nicht auf eine bestimmte Platonstelle oder diesem zugeschriebene Sentenz, sondern gibt einen (auf die Unkenntnis der Philosophen zurückge­ henden) populärphilosophischen Konsens wieder, nach dem die Weltentste­ hung unbestimmbar lange zurückliegt, vgl. Min. Fel. 11,8 (Caeciliusrede) sa ecu la in n u m e ra flu x e r u n t.

mundi [...] ornatus: Ciceronisch, vgl. nat. deor. 2,17 (neben ThLL IX,2 1020,53f. Cicero [...] in libro de diuinatione primo: Cic. div. 1,36

p u lc h e r );

(c o n d e m n e ­

m u s) e tia m B a b y lo n e m e t eos, qui e C a u ca so caeli sig n a s e r u a n te s n u m e r is e t m o d is s te lla r u m cu rsu s p e rse q u u n tu r, c o n d e m n e m u s, in q u a m , h os a u t s tu ltitia e a u t u a n ita tis a u t in p u d e n tia e , q u i q u a d r i n g e n ta s e p t u a g i n t a m i l i a a n n o r u m , u t ip s i d ic u n t, m o n u m e n t i s c o n p r e h e n s a c o n tin e n t, e t m e n t i r i iu d ic e m u s [...]. Zur Bezeichnung Ciceros siehe oben zu 2,10 M a rcu s T ullius. Die Zahlenangabe wird Cic. div. 2,97 wiederholt. Der ab­

wertende Ton und der Verdacht der Lüge finden sich also ebenfalls schon bei Cicero. Die C h a ld a e i gelten als Erfinder und Meister der Astrologie, vgl. ThLL Onom. II 367,34ff. 14.5 diuinae litterae: Siehe oben zu 7,9 d iu in a e litte ra e . Die biblisch fun­ dierte Sicherheit der Datierung ergibt sich für Laktanz aus der folgenden (14,7-13) Deutung des Schöpfungswerkes. ad scientiam ueritatis erudiunt: Zur Formulierung vgl. 3,11,3 ad u e ri s c ie n tia m [ ...] e r u d ir e ; Cic. Font. 43 a d re i m ilita r is s c ie n tia m [ ...] e ru d ito s . Siehe oben zu 2,3 s c ie n tia u e r ita tis . in secundo libro: Die Erschaffung der Welt ist 2,8,1 - 2,12,14 dargestellt, de [...] explicauimus: Ciceronisch, vgl. ThLL V,1 1736,76ff. 14.6 philosophi qui . . . : Siehe oben zu 14,4

P la to . . .

d ix e ru n t.

saeculorum milia: Vereinzelt erscheint m ille sa ecu la für eine sehr lange Zeit, so Sen. epist. 64,7; Manil. 1,129 (vgl. Plin. nat. 5,74). quo numero expleto: Nach der Erfüllung des sechsten Jahrtausends von der Erschaffung der Welt an. Zur Berechnung, wann dies eintreten wird, siehe unten zu 25,3-6. consum m ationem : Üblich in der nachklassischen Prosa, häufig in der christlichen Latinität für die Vollendung der Welt (ThLL IV 594,84; 597,55ff.), hier und 14,15 wie öfter (ThLL IV 597,75ff.) ohne Ergänzung. humanarum rerum statum : Derselbe Ausdruck (auch Apul. mund. 30 p. 358) für die Lebensumstände und den heilsgeschichtlichen Status der Menschheit 15,7 (Verschlechterung zu Beginn der Endzeit), 5,8,8 (Goldenes Zeitalter); siehe auch unten zu 26,17 in fo r m a n d o g e n e ris h u m a n i s ta tu .

Kommentar

in m elius reformari: Der Ausdruck erscheint in der christlichen (Tert. nat. 1,4,12; Cypr. epist. 13,6; Arnob. nat. 4,24; Aug. doctr. Christ. 1,19) und späten paganen (lui. Val. 1,44; Consult. 2,6) Latinität. quo ratio eluceat: Finales quo (,damit dadurch6 OLD s.v. quo2 3 ) ist sonst nicht sicher bei Laktanz belegt: 2,2,23 nur in V (D fehlt wegen einer Beschädigung des Randes), H e c k /W lo s o k vermuten Perseverationsfeh­ ler aus vorausgehendem quod und schreiben u t ; 4,21,2 unsicher gegen qu a . Freilich steht quo n u m e ro ex p leto hier zu fern, um den Fehler zu erklären. Zu ra tio elu cea t vgl. 3,25 d is p o s itio [ ...] r a tio n is e lu c e a t ; Tert. ieiun. 3,1 cu m e lu x e rit r a tio n is a u c to r ita s ; ThLL V,2 426,16ff. 14,7—14 Chiliadische Typologie der Schöpfungswoche und Chiliasmus als Grundlagen der Eschatologie: Ehe er die Endzeitereignisse schildert, gibt Laktanz eine Gesamtentwurf der Heilsgeschichte, der auf einer typologischen Deutung (zum exegeti­ schen Verfahren siehe unten zu 14,12 sa ep e d ix im u s ... ) der Bibel fußt. In diesen sind die anschließend dargestellten Ereignisse (Verfall, Antichrist, Wiederkunft Christi, Tausendjähriges Reich) einzuordnen: 1. Biblische Grundlage: Das Schöpfungshexaemeron und der siebte Tag als Ruhetag (§§ 7f.) : Schöpfungswerk in sechs Tagen vollendet, siebter Tag als Ruhetag geheiligt, nach Gen 2,2f. (§ 7), Erläuterungen zur Siebenzahl (§8). 2. Chiliadische Typologie der Schöpfungswoche (§§ 9-11): (a) Das Schöpfungshexaemeron steht für 6000 Jahre Weltgeschich­ te, da ein Tag Gottes 1000 Jahren entspricht (§ 9). (b) Da Gott sich während des Schöpfungshexaemerons abmühte ( la ­ b o ra re ) , , leidet6während der 6000 Jahre seine Verehrung ,Mühe6 ( la b o ra re , § 10). (c) Dem siebten Tag, an dem Gott ruhte und den er segnete, ent­ spricht eine tausendjährige Gottesherrschaft voller Gerechtig­ keit und Ruhe (§ 11). 3. Vertiefte typologische Deutungen zur Erschaffung des Menschen am sechsten Schöpfungstag (§§ 12-14): (a) Wiederholung der Deutungsgrundlage: Die stehen Schöpfungs­ tage je für ein Millennium der Weltgeschichte (§ 12). (b) Erste Vertiefung: Die Erschaffung des Menschen nach der Voll­ endung der Welt entspricht der Herausbildung des Gottesvolkes im sechsten Millennium (§ 13).1 1 Diese Typologie ist aus zwei Gründen nicht ganz stimmig: (1) Der zunächst (nam sicut . . . diligenter instructam) referierte biblische Gedanke (G ott erschafft den Menschen am sechsten Tag als Höhepunkt und Ziel der Schöpfung) bietet zwei A nhaltspunkte für eine typologische A usdeutung, nämlich erstens die Teleologie

14,7

391

(c) Zweite Vertiefung: Wie der sterbliche Mensch zum tausendjäh­ rigen Leben in der Welt erschaffen war, so ist der vollendete zur tausendjährigen Herrschaft mit Gott auferweckt (§ 14). Diesen Ausführungen hegen zwei wichtige Schemata frühchristlicher Es­ chatologie zugrunde, nämlich die chiliadische Typologie des Schöpfungsheptaemerons und der Chiliasmus: 1. Laktanz deutet einen jeden der sieben Schöpfungstage Gen 1,3 2,3 aufgrund von Ps 90,4 als Präßguration eines tausendjährigen d ie s m a g n u s (§§ 9; 12; 13), woraus sich eine große Weltwoche von insgesamt 7000 Jahren ergibt. Die Grundelemente dieser c h ilia d isc h en H e p ta e m e r o n ty p o lo g ie 2, nämlich das Verständnis des Hexaoder Heptaemerons als Bild der Geschichte, die Zuordnung von je tausend Jahren und die Vorstellung eines eschatologischen Sabbats, finden sich bereits im spätjüdischen und frühchristlichen Schrifttum.3 Die erste Entfaltung einer chiliadischen Heptaemerontypologie in eschatologischem Zusammenhang bietet der Barnabasbrief (15,3-7): Nach 6000 Jahren, die dem Schöpfungshexaemeron entsprechen, wer­ de die Welt vollendet, indem der Gottessohn das Böse vernichte und die Welt für den eschatologischen Sabbat verwandle.4 Irenäus greift das Modell auf (haer. 5,28,3). Beiläuhge Belege bei Cyprian und Victorinus von Pettau zeigen die weite Verbreitung der Heptaeme­ rontypologie in der westlichen Theologie.5

2 3

4 5

und Vollkommenheit, zweitens den späten Zeitpunkt. Der erste Gesichtspunkt wird aber nicht aufgegriffen und würde auch nicht ins negative Bild der ersten sechs Millennien (vgl. § 10 malitia praeualente) passen. Daher greift die folgende Ty­ pologie ( ita nunc . . . figuratur) nur auf den zweiten Gesichtspunkt zurück, und zwar in der Zeitangabe nunc sexto die magno : erst jetzt, im sechsten Millennium. (2) Merkwürdigerweise erst in der D eutung nachgetragen ist die Erschaffung des Menschen ,durch das W ort G ottes4, obwohl dieser Aspekt in den biblischen Aus­ gangstext gehört und Voraussetzung ist für die folgende typologische Erklärung als Herausbildung des wahren Gottesvolkes durch die Offenbarung (siehe unten zu 14,13 magno uerbo dei . . . ). Vgl. unten 394 Anm. 18 Grundlegend D a n i é l o u Semaine ; S chw a r t e Welt alt erlehre 62-273. Jub 4,30 (2. Jh d t. v. Chr.?) werden Gen 1,3 - 2,3 und Ps 90,4 zur Vorstellung von der tausendjährigen Dauer eines jeden Schöpfungstages verbunden: Adam sei 70 Jahre vor Ablauf des Jahrtausends gestorben, weil G ott ihm angekündigt hatte, dass er an dem Tag sterben werde, an dem er vom Baum der Erkenntnis esse (Gen 2,17). Hen(sl) 33,1 (vor 70 n. Chr.) findet sich die Idee einer 7000 Jahre währenden Welt, an deren Ende ein eschatologischer Sabbat steht und an die sich als achter Tag die Ewigkeit anschließt (vgl. 4 Es 7,30f.). Das Motiv der eschatologischen Sab­ batruhe kennt Hebr 4,3-11. Zum Einzelnen vgl. D a n i é l o u Semaine 1-4; K ö t t i n g 125-128; S chw a r t e Weltalterlehre 70-85. Vgl. D a n i é l o u Semaine 6-8; S chw a r t e Weltalterlehre 86-105. Vgl. Ps. Cypr. mont. 4; Cypr. Fort, praef. 2; 11; Victorin. Poetov. fabr. mund. 6; S ch w a r te Weltalterlehre 123f.; 159-162; 220-226; zur Verbreitung D a n i é l o u Semaine 16.

Kommentar

2. Die Ankündigung eines siebten Millennium als Zeit der Gerechtig­ keit und des Friedens auf der Welt (§11) sowie einer tausendjährigen Herrschaft der Auferweckten in dieser Welt (§ 14) entsprechen chi­ liastischer Lehre. Der wirkungsgeschichtlich grundlegende Text des Chiliasmus ist Offb 20,1-13:6 Der wiederkehrende Christus besiegt und fesselt den Teufel, dann errichtet er ein tausendjähriges Reich des Heiles, in dem er zusammen mit den auferweckten Märtyrern herrscht. Nach Ablauf der tausend Jahre wird der Teufel befreit und endgültig besiegt. Auf das allgemeine Gericht über die Toten folgt die Verwandlung der Erde. - Trotz dieser biblischen Fundierung fin­ den sich dezidiert chiliastische Endzeiterwartungen, ausgehend vom Zentrum Kleinasien, nur in heterodoxen Gruppen (insbesondere bei den Montanisten, so auch bei Tertullian) und einzelnen Autoren des zweiten und dritten Jahrhunderts:7 Justin, Irenäus, Hippolyt, Sex­ tus Julius Africanus, im lateinischsprachigen Raum Commodian und Victorinus von Pettau. Im Lauf des vierten Jahrhunderts verschwin­ det der Chiliasmus zunächst aus der griechischen, dann auch aus der lateinischen Theologie. Diese beiden Denkmuster sind ursprünglich verwandt,8 doch erscheint der Chiliasmus in und seit der Johannesoffenbarung auch unabhängig von der Heptaemerontypologie. Nebeneinander finden sich beide Schemata wieder bei Irenäus,9 der einerseits aus der Ruhe am siebten Tag (Gen 2,lf.) und der Gleichsetzung von 1000 Jahren mit einem Tag Gottes (2 Petr 3,8; Ps 90,4) folgert, dass die Welt mit Abschluss des sechsten Jahrtausends vollen­ det werde (haer. 5,28,3), und andererseits die tausendjährige Herrschaft 6 Vgl. W. B a u e r , ,Chiliasm us‘, RAC 2 (1954) 1073-1078; B i e t e n h a r d 11-29; B lum 724; 728f.; A u n e III 1069-1108 (mit weiterer L iteratur); zu den Ursprüngen B ie ­ t e n h a r d 33-126; B lum 724-727; zu weiteren Belegen für den Chiliasmus in der frühchristlichen L iteratur B lum 727L, kom m entierte Zusammenstellung der Quel­ lentexte bei N a r d i . 7 Überblick zum Chiliasmus in der P atristik bei B ö c h e r Chiliasmus (mit Quellen­ texten und weiterer L iteratur); vgl. ferner C. N a r d i , Il regno millenario nelle attese dei primi cristiani, in: M. N al din i (Hrsg.), La fine dei tem pi, Fiesole 1994, 50-74; O. B ö c h e r , Apokalyptische Strukturen in der Geschichte des M ittelalters und der Neuzeit, in: H. B a i e r (Hrsg.), Endzeiten - W endezeiten?, Nürnberg 2000, 1-18, v.a. 1-9. - Auf die konzeptionellen Entsprechungen zwischen Laktanz und Commodian als V ertretern eines späten lateinischen Chiliasmus weist M. S i m o n e t t i , Il mille­ narismo in Occidente: Commodiano e Lattanzio, Annali di storia dell’esegesi 15 (1998) 181-189, hin, die Unterschiede, und somit die Eigenständigkeit des Laktanz betont D a l e y ( Eschatologie 138). Für eine Einordnung der chiliastischen A utoren in die frühchristliche Eschatologie insgesamt vgl. etwa D a l e y Eschatologie 84-140; ders. Apocalypticism 6-19. 8 Vgl. D a n i é l o u Semaine 1-4; B lum 725f. 9 Vgl. D a n i é l o u Semaine lOf.; L u n e a u 93-103; S ch w a r te Weltalterlehre 105-118; 263f.

14,7

393

Christi auf Erden, die Irenaus in der Tradition des Chiliasmus erwartet, aus dem Sabbat ableitet (5,33,2). Eine Synthese beider Ansätze findet sich bei Hippolyt von Rom. Während Irenäus in Auseinandersetzung mit der Gnosis vor allem das Ineinandergreifen von göttlichem Schöpfungs- und Erlösungswerk in der Geschichte aufzeigen will, entwirft dieser einen chro­ nologischen Gesamtrahmen zur Berechnung der Parusie und zur Verortung der Gegenwart (Dan. 4,23,3 - 4,24,6):10 Auf 6000 Jahre Weltzeit, die sich aus dem Schöpfungshexaemeron und Ps 90,4 ergäben, folge ein 1000 Jahre währender eschatologischer Sabbat. Dieser entspreche dem tausendjähri­ gen irdischen Reich Christi, wie es die Johannesoffenbarung schildere. Aus dem Zeitpunkt der Geburt Christi, die ins Jahr 5500 falle, lasse sich auch der Zeitpunkt seiner Wiederkunft am Ende des sechsten Millenniums er­ rechnen. - Dieses zeitliche Gerüst (Weltgeschichte von sechs Millennien, Geburt Christi in der Mitte des letzten Millenniums) legen Hippolyt11 selbst, Julius Africanus12 und Ende des vierten Jahrhunderts noch Hilarian ihren chronographischen Werken zugrunde.13 Laktanz findet also bereits eine entfaltete chiliastische Heptaemerontypologie vor.14 Während im weiteren Verlauf seine Darstellung des chiliastischen Endzeitablaufs mit der Johannesoffenbarung übereinstimmt (siehe oben 46), folgt er hier, zumal wenn man die Datierung des Weitendes ,in höchstens 200 Jahren ‘ (25,5), also um 500 n. Chr.,15 hinzunimmt, einem Schema, das dem bei Hippolyt dargelegten - und in den Chronographien von Hippolyt selbst und Julius Africanus verwendeten - in etwa entspricht: Christi erstes Auftreten datiert in die Mitte des sechsten Millenniums, seine Parusie schließt die 6000 Jahre der Weltgeschichte ab, dann bricht als siebtes Millennium das Tausendjährige Gottesreich an. Die biblische Herleitung des chronologischen Rahmens beruht auf einer Typologie der Schöpfungswoche (Gen 1,3 - 2,3) und der Gleichsetzung von tausend Jah­ ren mit einem Tag (Ps 90,4). Demgegenüber nur bei Laktanz belegt sind drei typologische Einzelherleitungen:16 1. der gottferne Charakter der ersten sechs Millennien aus dem Tätig­ sein Gottes (§ 10, ausgehend von la b o ra re ), 2. die Bildung des Gottesvolkes im sechsten Millennium aus der Er­ schaffung des Menschen am sechsten Tag (§ 13) und 10 Vgl. K ö t t i n g 128f.; S chw a r t e Weltalterlehre 128-148. 11 Rekonstruktion A. B a u e r / R . H e l m , Hippolytus Werke 4: Die Chronik, Leipzig 19552 (GCS 46). 12 Dazu jetzt M. W a l l r a f f / W . A d l e r (Hrsg.), Sextus Iulius Africanus, Chronographiae. The extant fragments, Berlin/N ew York 2007. 13 S chw a r t e Weltalterlehre 148-158; 169-176; B lum 730. 14 Das arbeitet auch F à b r e g a (137-142) als Ergebnis seiner Quellenanalyse heraus. 15 Siehe aber unten zu 25,3-6. 16 S chw a r t e Weltalterlehre 166f.; 268f.

K om m entar

3. das Leben des auferweckten Menschen im Tausendjährigen Reich aus der tausendjährigen Lebenszeit des erschaffenen Menschen (§ 14). Der Bezug auf die nicht erreichte tausendjährige Lebenszeit Adams (§ 14) gehört zwar in die Tradition der chiliadischen Typologie der Schöpungswoche,17 findet sich aber nicht bei Hippolyt. Woher Laktanz sein Material hat und inwieweit er selbst redigiert, lässt sich nicht klären.18 Wahrscheinlich stellt Laktanz das, was ihm als christliche Lehre begegnet,19 aus verschie­ denen Vorlagen eigenständig systematisierend zusammen.20 14,7 M undum . . . sanxit: Hier und 14,11 gibt Laktanz Gen 2,2f. in Anlehnung an den (für diese Stelle in einheitlicher Fassung überlieferten) Wortlaut der Vetus Latina wieder: Vet. Lat. gen. 2,2f. (VL 2,34-36)

Lact. inst. 7,14,7

7,14,11

(2) et c o n s u m m a u it d e u s in die

m undum deus et hoc re ru m n a tu ra e a d m ira b ile o p u s [ . . . / sex d ie ru m sp a tio

p e rfe c tis o p e r i­

sex to o p e r a su a quae fe c it

bus

c o n s u m m a u it et re q u ie u it die s e p tim o ab o m n i­ bus o p e rib u s su is quae fe c it (3) et b e n e d ix it d ie m s e p tim u m e t s a n c tif ic a u it eu m quia in eo re q u ie u it ab o m n ib u s o p e rib u s quae in ch o a u it deus fa cere.

d iem q u e s e p tim u m , quo ab o p e rib u s su is

requieuerat, sanxit.

re q u ie u it d ie s e p tim o cu m ­ que b e n e d ix it

Die Haupt aussagen (Vollendung der Welt Schöpfung an sechs Tagen, Ru­ he vom Schöpfungswerk am siebten Tag, Heiligung des siebten Tages) sind erhalten, Wiederholungen (Ruhen am siebten Tag) und Redundanzen ( o p e­ ra su a quae f e c i t ) vermieden. Für , heiligen ‘ steht das pagan gebräuchliche 17 Siehe unten zu 14,14 ut mille ... 18 Die E rläuterung aus der doppelten Bedeutung von laborare (§ 10) ist ein mögli­ ches, aber kein sicheres Indiz für eine Urheberschaft des Laktanz in diesem Punkt: Denkbar wäre eine lateinische Vorlage oder eine geschickte Übersetzung aus dem Griechischen (z.B. κάμνειν). Hingegen könnten die oben 391 Anm. 1 beschriebenen Unstimmigkeiten darauf hindeuten, dass Laktanz § 13 eine Vorgefundene typologische D eutung unachtsam (und um das hier unpassende Motiv der vollendeten Schöpfung ergänzt) wiedergibt. Dazu würde passen, dass die Offenbarung G ottes durch Christus als Ursprung der Kirche im sechsten Millennium angedeutet, aber nicht klar ausgeführt ist (siehe unten zu 14,13 uerbo .. .). Rein hypothetisch müs­ ste eine Vorlage also folgende Typologie geboten haben: ,So wie der Mensch am sechsten Tag als Krönung der Schöpfung durch G ottes W ort ins Dasein gerufen wurde, so bilden sich erst im sechsten Millennium der wahre und gerechte Mensch und das Gottesvolk durch die Unterweisung C h risti/ 19 Dazu gehört in seiner Zeit die chiliadische Typologie der Schöpfungswoche, Belege oben 391 mit Anm. 5. 20 Zum Vorgehen vgl. unten zu 14,17 collecta ...

14,8

395

Verbum simplex sa n c ire (Junktur d ie m sa n c ire hier erstmals, vgl. ThLL V,1 1051,81f.) statt der nur in der christlichen Latinität üblichen und bei Laktanz gemiedenen Ableitung sa n c tific a re . rerum naturae [...] opus: Auch Plin. nat. 2,2; 8,44; vgl. ThLL IX,2 849,34f. arcanis sacrae scripturae: S a c ra s c r ip tu r a hier wie 4,5,9; 5,2,13; epit. 44,1 (Plural). Nach M onat (Bible I 39) wird dieser Ausdruck und über­ haupt der Begriff s a c e r von Tertullian und Cyprian gemieden, wohl wegen der paganen Konnotation oder der jüdischen Rede von den ίεραί γραφαί (B raun 457). S a cra s c r ip tu r a erscheint vor Laktanz nur bei Novatian (spect. 10,1, im Plural), danach aber häufig (Mar. Victorin. adv. Arium 4,33; Ambrosius). - Siehe oben zu 6,2 a rca n u m und für weitere Ausdrücke für die Bibel zu 7,9 d iu in a e litte ra e . consum m auit: Der Ausdruck opu s c o n su m m a re (,ein Werk vollenden^) ist nachklassisch üblich, vgl. ThLL IV 601,2ff. 14,8 hic est dies sabbati . . . nom en accepit: Zur Syntax siehe unten zu 19,3 haec e s t n o x ; der Genitivus epexegeticus d ie s sa b b a ti wie Tert. adv. Marc. 4,12,9, die Genitivkonstruktion ist üblich zur Bezeichnung ei­ nes Wochentages (vgl. ThLL V,1 1060,45ff.). Die Bekanntheit des Sabbats in Rom ist seit Augusteischer Zeit gut bezeugt (etwa Hör. sat. 1,9,69; Ov. rem. 220; Suet. Aug. 76,2; Tib. 32,2; OLD s.v. s a b b a ta ; W a l l r a f f 92 Anm. 11), Laktanz erwähnt ihn auch 4,17,1 und epit. 40,7. Der Etymolo­ gie hier liegt die Rückführung von TQXV/ sa b b ä t auf V/ seba (,sieben‘) zugrunde; ebenso, und ebenfalls die Bekanntheit des Sabbat voraussetzend, Thphl. Ant. Autol. 2,12,5 ετι μην καί περί τής έβδομης ημέρας, ήν πάντες μεν άνθρωποι όνομάζουσιν, οί δε πλείους άγνοοϋσιν* δτι παρ’ ΈβραΙοις δ καλείται σάββατον Ελληνιστί ερμηνεύεται έβδομάς (vgl. M a rc o v ich ζ. St.). Anson­ sten leitet man in der Antike das Wort meist (und möglicherweise richtig, vgl. ThHWAT II 863, aber B. E go, DNP 10 [2001] 1182), vom Verbal­ stamm / s b t (,aufhören‘) ab, vgl. etwa los. ant. lud. 1,1,1; Greg. Naz. or. 41,2; Suda s.v. σάββατον; Aug. c. Faust. 18,15 ( re q u ie s ) (vgl. M a ltb y s.v. s a b b a tu m ; Lampe s .v . σάββατον); polemisch (und sicher falsch) ist die Herleitung von den Σάβοι, den orgiastisch feiernden Anhängern des Sabazios, Plut. symp. 671e. Theophilos (siehe unten 568 Anm. 6) unterstreicht anhand der Etymologie, dass nur so, wie die eigentliche Bedeutung des allgemein bekannten Sabbat zu erklären ist, nämlich auf biblischer Basis, auch die rechte Erkenntnis des Schöpfungsgeschehens möglich ist. Wenn er hier die Quelle ist (so nachdrücklich B o w e n /G a r n s e y 420 Anm. 57, doch kann man beispielsweise isoliertes Sachwissen oder eine Materialsammlung zur Siebenzahl nicht völlig ausschließen), dann hat Laktanz den triumphie­ renden Hinweis auf die Priorität der Bibel (diesen Aspekt betont M o n a t

Kommentar

I 262) abgeschwächt und die Etymologie zwischen anderes (paganes?) Material zur Siebenzahl eingefügt. B ib le

se p te n a riu s n u m eru s: Entspricht έβδομάς (vgl. ThLL VI,3 2577,14ff.), so Varro frg. Gell. 3,10,1.14; für eine Zeitspanne von sieben Tagen etwa Plin. nat. 11,120. legitim us ac plenus: Junktur wie Cypr. epist. 3,2,2; 64,1,1. N u m e ru s le ­ g itim u s (vgl. ThLL VII,2 1113,7ff.) bezeichnet die ,gehörige Anzahl·, sonst nach dem Maßstab menschlicher Gepflogenheiten (etwa Cic. Verr. II 5,57), hier ist an die göttliche Heilsordnung gedacht. n a m et dies se p te m su n t . . . c re d u n tu r: Die kosmische Bedeutung der Siebenzahl erläutert Laktanz anhand dreier Beispiele aus der Astronomie: 1. d ies s e p te m s u n t quibus p e r u ice m re u o lu tis orbes c o n fic iu n tu r a n ­ n o r u m : „Es sind sieben Tage, durch deren wechselweise (seltenes p e r u icem wie Front, aq. 9,5; Liv. perioch. 59; Vulg. Ier. 16,21; üblicher ist der Plural) Wiederkehr (zu reu o lu ere für die periodische Wieder­ kehr der Jahreszeiten oder von Tag und Nacht vgl. OLD s.v. 3b) die Jahreskreise (vgl. ThLL IX,2 912,37ff.) sich vollenden.“ Zur For­ mulierung vgl. 2,9,11 d ie m quoque f e c it ac n o c te m , quae [ ...] orbes te m p o r u m [ ...] , quos u o ca m u s a n n o s, a lte rn a p e r u ices su c c e ssio n e co n ficia n t. Gemeint ist die siebentägige Planetenwoche, die sich vom

Ende des ersten vorchristlichen Jahrhunderts an neben der Achtta­ geswoche durchsetzt; vgl. Gell. 3,10,Iff.; Tert. apol. 16,9-11; Cass. Dio 37,18,IL; L e B ceuffle 255; W allraff 90-93; J. R üpk e , DNP 12/2 (2002)561. 2. s e p te m s te lla e quae n o n o c c id u n t : Gemeint ist das öfter (etwa Acc. trag. 566; Manil. 1,620; Sen. Tro. 439; Apul. mund. 11) als s e p te m s te lla e bezeichnete Sternbild Großer Bär oder Wagen (L e B ceuffle 82-89, v.a. 89; sonst oft S e p te n tr io n e s , vgl. Varro ling. 7,74; Gell. 2,21; 3,10,2; W alde /H ofmann s . v . ; M altby s . v . ) . Bei Homer (II. 18,489; Od. 5,275) ist (ohne Unterscheidung zwischen Großem und Kleinem, L e B ceuffle 82) Bär bzw. Wagen als das einzige Sternbild bezeichnet, das nicht untergehe; das stimmt für die bei Homer und Hesiod erwähnten Sternbilder (A. H eubeck [u.a.], A Commentary on Homer’s Odyssee, Oxford I 1988, 278), nach Aristoteles (poet. 1461a 20f.) ist nur das am besten sichtbare zirkumpolare Sternbild genannt. Die homerische Meinung ist übernommen Vitr. 9,5,4, als ausdrücklich homerisch wiedergegeben Gell. 2,21,3. 3. s e p te m sid e ra quae u o c a n tu r e r r a n tia : Die antike Astronomie kennt fünf Planeten, man rechnet aber bisweilen die Luminare Sonne und Mond hinzu (vgl. Plat. Tim. 38c; Hyg. astr. praef. 1,5; 4,14,4; Le B ceuffle 256-263; W. H übner , DNP 9 [2000] 1064L) und spricht

14,8

397

von sieben (etwa Gell. 3,10,2; Apul. mund. 2), zur Formulierung v. a. Plin. nat. 2,12 s e p te m s id e r a , quae ab in c e ssu u o ca m u s e rr a n tia (ThLL V,2 809,21ff.). Der Relativsatz q u o ru m ... c re d u n tu r bezieht sich auf deren Bedeutung in der Astrologie. Als Quelle dieser Angaben vermutet man Varro selbst (so van R ooijen D ijkman 101; O gilvie 46; 50) oder Gellius (so M onat B ib le II 124 Anm. 203), der das Fragment (106 S alvadore) aus den H e b d o m a d e s u el I m a ­ g in u m lib ri überliefert (3,10,1-17). Gellius scheint Laktanz aber erst zwi­ schen den D iu in a e in s titu tio n e s und der E p ito m e kennen gelernt zu haben, worauf das nachgetragene Zitat epit. 24,5 hinweist. Für die Verwendung Varros, den Laktanz mehrfach nennt (1,6,7.14 usw.; B randt Q u e lle n v.a. 268, aber gegen dessen direkte Benutzung) und zitiert (B randt II 266), sprechen das Stichwort s e p te n a r iu s n u m e ru s (wie Varro frg. Gell. 3,10,1.4.6 usw.) und das Vorkommen aller drei Beispiele (Woche: Varro frg. Gell. 3,10,6-8.14f. 17; S e p te n tr io n e s und Planeten: 3,10,2), dagegen allerdings die Tatsache, dass erstens bei Varro nicht erwähnt wird, dass die S e p te n ­ tr io n e s nicht untergingen, und dass zweitens bei Laktanz der gängige Aus­ druck S e p te n tr io n e s fehlt, der die Argumentation zusätzlich stützen würde. Die verbleibenden gemeinsamen Beispiele Woche und Planeten hängen zu­ sammen und müssen nicht zwingend aus Varro abgeleitet werden. Während in einer verbreiteten frühchristlichen Tradition die Sieben­ zahl als Symbol des Sündhaften und Weltlichen gilt, weil sie um eins unter der vollkommenen Acht bleibt (dazu F.J. D ölger , Zur Symbolik des alt­ christlichen Taufhauses, Antike und Christentum 4 [1934] 153-187, hier 173-176), steht sie, wie hier bei Laktanz, im chiliastischen Denken für die eschatologische Vollendung (Iren. haer. 5,30,4; Tert. anim. 37,4, vgl. J.H. W aszink , Tertullians eschatologische Deutung der Siebenzahl, in: T. K lauser /A . R ücker [Hrsg.], Pisciculi. Studien zur Religion und Kultur des Altertums [FS F.J. D ölger ], Münster 1939, 276-278). Materialsamm­ lungen zur Sieben als biblische Zahl ausgehend von den sieben Tagen der Schöpfungswoche finden sich beispielsweise Cypr. testim. 1,20; Fort. 11 p r i ­ m i in d is p o s itio n e d iu in a s e p te m d ie s a n n o ru m s e p te m m ilia c o n tin e n te s .

Siehe auch oben 62. quorum . . . creduntur: Grundlage der Astrologie bei der Horoskoper­ stellung ist die Stellung der fünf Planeten und der beiden Luminare, vgl. W. H übner, DNP 2 (1997) 124f. Die Beschreibung der unregelmäßigen Planetenbahnen lehnt sich wie 2,5,18 s te lla r u m [ ...] u a g a ru m d isp a re s c u r­ su s (Beschreibung eines Himmelsmodells des Archimedes nach Cic. rep. 1,22, vgl. B r y c e 260 Anm. 11) an Cicero an (de orat. 3,178; Tusc. 1,68). rerum ac tem porum uarietates: vgl. Cic. fam. 5,12,4; 13,29,2; Rhet. Her. 1,8,13.

Kommentar

14.9 dei opera: Siehe oben zu 5,4 propheta: Siehe oben zu 1,6

opera eiu s.

p ro p h e tis .

ante . . . unus: Ps 90(LXX 89) ,4 LXX χίλια ετη έν όφθαλμοϊς σου, κύριε, ώς ή ήμερα ή εχθές. Das einzige markierte und wörtliche Bibelzitat im siebten Buch (indirekt 20,5), das einzige aus dem Alten Testament außerhalb des vierten Buches ( O g i l v i e 107; M o n a t B ib le II 261f.). Laktanz übernimmt (aus einer Zwischenquelle?) eine Vetus Latina-Variante.21 Der bekannte (vgl. Jub 4,30; 2 Petr 3,8) Vers ist hier, wie öfter (Barn. 15,4; Iren. haer. 5,23,2; 5,28,3; Just. dial. 81,3; Hipp. Dan. 4,23,5; 4,24,5; Victorin. Poetov. fabr. mund. 6), der entscheidende Beleg für die chiliastische Deutung der Schöpfungswoche (siehe oben zu 14,7-14), also nicht, wie O g i l v i e (108) meint, „apparently at random“ zitiert. 14.10 laborauit [...] laboret: Die Typologie des Schöpfungshexaemerons (siehe oben zu 14,7-14) beruht auf der doppelten Bedeutung von laborare (,Mühen ertragen6): Im Sinn von ,sich mühen, arbeiten, tätig sein6 (ThLL VII,2 800,60ff., zur Konstruktion 802,48ff.) bezeichnet es das Schöpfungs­ handeln Gottes und im Sinn von , Mühen erdulden, in Bedrängnis sein, leiden6 (806,29ff.) dessen mangelnde Verehrung in den ersten sechs Millen­ nien. Mit laborare und la b o r beschreibt Laktanz sonst öfter (27,4; 3,12,25) das Leiden und die Anstrengung der Christen in der Welt. malitia: Siehe oben zu 2,1

e x tin c ta q u e . . .

m a litia .

14.11 perfectis . . . benedixit: Siehe oben zu 14,7

m undum . . .

benedixit: Klassisch selten und dann mit Dativ in der Bedeutung Rüh­ men6 (ThLL II 1866,29ff.), hier transitiv ,segnen6 nach Vet. Lat. gen. 2,3 (ThLL II 1869,32ff.; typisch für die christliche Latinität, vgl. M o h r m a n n 171). Nach M o n a t (B ib le II 47 Anm. 11) schickt Laktanz bewusst das klassische sa n c ire voraus (14,7), ehe nun das eher in die biblische Diktion gehörige ben edicere folgt. m alitia omnis aboleatur: Zur Formulierung vgl. 3,26,9 uno [ ...] la u a cro (gemeint ist die Taufe) m a litia o m n is a b o le b itu r , zur m a litia siehe oben zu 2,1 e x tin c ta q u e . . . m a litia . regnet per annos mille iustitia: Das Tausendjährige Reich (Offb 20,Ι ΙΟ), unten ausführlich dargestellt 24,2-15. Siehe auch oben zu 1,3 iu s titia m . 21 Victorin. Poetov. fabr. mund. 6 hat in oculis tuis. Unbegründet ist M onats (Bible I 262) Annahm e, Laktanz kenne die Stelle aus der Liturgie und bleibe daher näher am Bibeltext. Das ist zum einen, wenn m an von der LXX ausgeht, nicht der Fall, denn έν entspricht eher in als ante. Zum anderen fehlt κύριε auch in einem großen Teil der LX X -H andschriften. Laktanz und Victorinus haben unterschiedliche Vetus L atina-V arianten vorliegen.

399

14,12

requies a lab o rib u s: Präpositionalattribut nach requ ies wie 15,9 a m a lis ; epit. 66,7 a fo r m id in e ; Colum. 6,14,6 ab o p e r e ; vgl. ThLL I 13,33ff. quos m u n d u s iam d iu p e rfe rt: Im Rahmen der typologischen Deutung des Schöpfungshexaemerons müssen die gesamten 6000 Jahre der Weltge­ schichte als Zeit der Mühe und des Leidens erscheinen (siehe oben zu 14,10 la b o r a u it ... ). Anders als 25,6 wird nicht aus gegenwärtigen Nöten auf das baldige Ende geschlossen. 14,12 q u aten u s: Siehe oben zu 14,1

Q u o n ia m

...

saepe dixim us . . . p ra e m o n stra tio n e s esse: Laktanz erklärt die Grundlagen der typologischen Exegese, eines im frühen Christentum sehr gebräuchlichen hermeneutischen Ansatzes (dazu grundlegend J. DaniÉlo u , S a c r a m e n tu m fu tu r i. Etudes sur les origines de la typologie biblique, Paris 1950; J.-N. G u in o t, La typologia comme technique herméneutique, Cahiers de Biblia Patristica 2 [1989] 1-34; F.M. Y ou n g, Biblical Exegesis and the Formation of Christian Culture, Cambridge 1997, 192-201; Kann e n g ie sse r I 228-248, mit Bibliographie): Gestalten oder Episoden des Alten Testaments werden als Präfigurationen (τύποι, fig u r a e ) für Personen oder Ereignisse der christlichen Heilsgeschichte verstanden, so deutet Pau­ lus Adam auf Christus (1 Kor 15,21f.; 4-49). Dasselbe Deutungsmuster hat Laktanz mehrfach im vierten Buch angewendet (so etwa Josua, lateinisch I e s u s , als Präfiguration Christi 4,17,10-21; zur typologischen Exegese bei Laktanz M o n a t B ib le I 133-149; daher hier sa e p e d ix im u s , doch hat er das hermeneutische Muster noch nicht erläutert) und zieht es anschließend (15,1-6, dazu unten) für die ägyptischen Plagen heran. Das typologisch ge­ deutete alttestamentliche Modell wird häufig als fig u ra bezeichnet (auch 4,17,12; 4,26,3.40, vgl. ThLL VI,1 734,81ff.; C. C u rti [u . a.], La termi­ nologia esegetica nelLantichità, Bari 1987, 175). P r a e m o n s tr a tio erscheint hier erstmals und nur hier für die Präfiguration, vgl. ThLL X,2 724,30ff. m in o ra et exigua: Siehe unten zu 20,6

g ra u io ra .

u t [...] gerere: Hier u t parataktisch aufgefasst, daher mit Acl in der in­ direkten Rede (vgl. KS II 546c), mit der Bedeutung ,so wie beispielsweise^ (OLD s.v. u t 6); vgl. s ic u t [ ...] effici 13,9. Laktanz wiederholt knapp das 14,7-9 Dargelegte als Beispiel der nunmehr erläuterten Typologie. qui o rtu solis occasuque fin itu r: Der ,Tag‘ erscheint im üblichen Ver­ ständnis als Zeitspanne zwischen Sonnenaufgang und -Untergang (ThLL V,1 1024,77ff.), nicht als 24stündiger (Wochen-)Tag (1028,70ff.), obwohl dies die typologische Übertragung des Schöpfungsheptaemerons auf sieben Millennien vereinfachen würde: Wie Gen 1,5b.8b. 13 etc. sind die Nächte wohl lediglich als Abgrenzungen der Tage, nicht als eigene zeitliche Größe verstanden.

Kommentar

circuitus annorum: Junktur wie Sen. dial. 6,11,5; vgl. ThLL III 1105,64ff. 14,13 figuratio: Nur hier (wie Tert. adv. Hermog. 33,2; vgl. ThLL VI,1 739,13ff.20) für das Schöpfungshandeln Gottes (so fig u ra re 5,7; Loi L a t­ ta n z io 124f.) synonym mit fic tio (entsprechend dann fin g itu r [ ...] fig u ra tu r, vgl. 1,11,24.30; 2,10,3; epit. 11,1), sonst aber (1,11,24.30) für die poetische Allegorie (ThLL VI,1 740,3ff.). caelestis populi [...] sanctus populus: Gemeint ist das Volk Gottes nach der Vollendung. Als Gottesvolk (p o p u lu s oder p le b s d e i ) bezeichnet Laktanz die Christen, also das um Jesus Christus gescharte neue Volk Got­ tes (15,5; 4,11,2; 4,26,21-23; 5,13,10), das in der Endzeit zwar wegen seiner Treue zu Gott leiden muss ( iu stu s p o p u lu s 17,6; 5,2,4; a lu m n u s u e r ita tis p o p u lu s 15,18), aber letztlich von Gott so, wie er einst die Juden als sein Volk aus Ägypten nach Israel leitete (15,2.5), durch die Bedrängnisse der Endzeit geführt wird (15,4; 24,5; 26,3). Vgl. S p e ig l 21f.; V. Loi, P o p u lu s D e i - P le b s D e i. Studio storico-linguistico sulle denominazioni del “Po­ polo di Dio” nel latino paleo-cristiano, Salesianum 27 (1965) 606-628, zu Laktanz 612f. praeferebat in posterum : ,für die Zukunft/im Voraus (vgl. ThLL X,2 614,14ff.) darstellend p ra e fe r re wie Tert. bapt. 12 n a v ic u la [ ...] fig u ra m ecclesia e p ra e fe r e b a t und öfter technisch für die Präfiguration eines christ­ lichen Heilsereignisses in der Bibel. fictio: 2,10,13 und öfter für die Erschaffung des Menschen, vgl. ThLL VI, 1 648,19ff. in usum hom inis m olitus est deus: Vgl. 1,5,28 [sc. alle Dinge] h o m in is deu s f e c i t ; ira 13,8.

in u su m

deus ipsum hom inem sexto die ultim um fecit: Vet. Lat. gen. 1,30 (L) e t f e c it deu s h o m in e m . induxit . . . diligenter instructam : Vgl. 2,8,61

se d ne p e r s p ic e r e t h o m o d ei o p era , n o lu it eu m in d u cere in h u n c m u n d u m n is i p e r fe c tis o m n ib u s.

Den Rückschluss vom wohlgeordneten Haus auf den Herrn in Übertra­ gung auf die Welt und Gott kennt auch die stoische Theologie, vgl. Cic. nat. deor. 2,17; 3,26 (Chrysipp-Zitat, SVF II 1011): E t , s i d o m u s p u lch ra s i t j in te lle g a m u s ea m d o m in is ; in q u it , a e d ific a ta m e sse n o n m u rib u s; sic ig itu r m u n d u m d e o ru m d o m u m e x is tim a re d e b e m u s c. Laktanz führt den Gedanken ira 13,1-8 weiter aus. In Anknüpfung an stoisches Denken wird auch 17,11 und 2,5,32.37 (nach Cic. nat. deor. 2,154) die Welt mit einem Haus verglichen (vgl. B r y c e 104-106). magno uerbo dei [...] doctrina et praeceptis: Siehe auch oben 391 Anm. 1 und 394 Anm. 18. Nach Gen l,3a.6a etc. vollziehen sich die Schöp­ fungswerke, so auch die Erschaffung des Menschen (Gen 1,26a), durch das

401

14,14 - 14,16

Wort Gottes. Dieses Wort Gottes wird hier, freilich kurz und implizit, typologisch auf Gottes Selbstoffenbarung durch Jesus Christus in der Mitte des sechsten Millenniums gedeutet, vgl. die entsprechende christologische Aussage 4,8,8: il le [ ...] cu m noce ac so n o ex d e i ore p r o c e s s it s ic u t u erb u m , ea s c ilic e t ra tio n e , quia uoce eiu s a d p o p u lu m fu e r a t u su ru s, id e s t quod ille m a g is te r fu tu r u s e s s e t d o c tr in a e d ei e t c a e le stis a rca n i a d h o m in e s p e rfe re n d i.

figuratur: Siehe oben zu 5,7

fig u ra tu s est.

14.14 e terra fictus est: Siehe oben zu 5,13 perfectus homo: Siehe oben zu 5,22

h o m in e m fin x it . . .

h o m o p e rfe c tu s ac p le n u s.

uiuificatus: V iu ificare (wie 4,16,17; 4,19,9; epit. 42,2; ira 5,7) erscheint in der christlichen (pagan erst später, so etwa Avien. Arat. 501; Ps. Apul. Asel. 6; 30 etc.) Latinität sehr häufig ab Vet. Lat. (etwa I Cor. 15,22 [Tert. resurr. 48,9]), vgl. B la is e s .v . ut mille annis in hoc mundo uiueret: Laktanz geht davon aus, dass Gott die Lebenszeit des Menschen nach der Vertreibung aus dem Paradies auf tausend (2,12,21-23; dort ist die Annahme einer ursprünglich tausend­ jährigen Lebenszeit mit einem Varro-Zitat belegt, daher ist hier der Re­ kurs auf eine bereits belegte Behauptung möglich) und nach der Sintflut nochmals auf die seither geltenden 120 Jahre (2,13,3; epit. 22,5; nach Gen 6,3) verkürzt habe. Eine (nicht ganz) tausendjährige Lebensspanne Adams ist ein wichtiges Element in der chiliadischen Heptaemerontypologie (siehe oben zu 14,7-14): Aus der Androhung Gen 2,17 einerseits, dass die Men­ schen nach dem Genuss der Früchte vom Baum der Erkenntnis sterben würden, und der Tatsache andererseits, dass Adam die Vertreibung aus dem Paradies überlebt und nach Gen 5,5 im Alter von 930 Jahren stirbt, folgert man, dass Adam vor Ende des ersten tausendjährigen Tages stirbt, so schon Jub 4,30 (siehe oben 391 Anm. 3); dann christlich etwa Justin, dial. 81,3; Iren. haer. 5,23,2. in hoc eodem mundo: Der Chiliasmus (siehe oben zu 14,7-14) siedelt das Gottesreich in dieser Welt an, nicht in einer endzeitlich verwandelten. 14.15 consum m atio: Siehe oben zu 14,6

c o n su m m a tio n e m .

qualis exitus . . . im pendeat: Siehe unten 405 mit Anm. 3. diuinas litteras: Siehe oben zu 7,9

d iu in a e litte ra e .

fuerit scrutatus: Siehe oben zu 3,8

f u e r in t a d a eq u a ti.

14.16 saecularium prophetarum . . . uoces: Zum Prophetenbegriff siehe oben zu 1,6 p r o p h e tis ; zur Formulierung 19,9 S ib y lla cu m p r o p h e ­ tis co n g ru en s. Die hier gemeinten Propheten des nahen Endes sind Her­ mes Trismegistos, die Sibyllenorakel und Hystaspes, auf die sich Laktanz

402

Kommentar

15,18f.; 18,1-8; epit. 66,6; 68,1 bezieht (so richtig VAN R o o ije n -D ijk man 104). S a e c u la ris erscheint hier wie sonst bei Laktanz (4,26,9; 5,15,7; 5,22,11; epit. 44,1; vgl. Loi G e n itiv o 95f.) in der verbreiteten christlichen (vgl. B la is e s .v .) Bedeutung ,weltlich‘, ,vergänglich‘, pagan bezeichnet es einen Zusammenhang mit den Säkularfeiern (OLD s.v.). post breue tempus: Derselbe Ausdruck 4,21,2; epit. 41,7; Quint, inst. 1,12,10. Zur Datierung des Endes bei Laktanz siehe unten zu 25,3-6. mundi ultim am senectutem : ,das letzte Stadium im Greisenalter der Welt‘. Zum Motiv der se n e c tu s m u n d i vgl. etwa Lucr. 2,1144-1149 (hier aber nicht der Bezugsprunkt, richtig VAN R oo ijen -D ijk m a n 104 gegen B r a n d t z. St.); Cypr. Demetr. 3f.; E. Z o cca , La “senectus mundi”. Si­ gnificato, fonti e fortuna di un tema ciprianeo, Augustinianum 35 (1995) 641-677. Laktanz führt den Gedanken epit. 66,6 auf Hermes Trismegistos zurück und bezieht sich auf die Vorlage zu Ps. Apul. Asel. 26 h aec e t ta lis se n e c tu s u e n ie t m u n d i und NHC VI 73,19f. (M ahé H e r m è s II 185; vgl. Löw 230-232). 14,17 uatibus: Mit u a te s bezeichnet Laktanz pagane Seher (4,27,14; epit. 31,5; 37,4; opif. 18,10), insbesondere die Sibyllen (1,6,7; epit. 5,1), einmal auch die christlichen Propheten (5,18,16). Oft stehen die paganen u a te s als Autoritäten, wie hier, komplementär zu den christlichen p r o p h e ta e (18,1; 23,5; 5,18,3; epit. 3,2; 66,1), teilweise neben Philosophen und Dichtern (23,5; 5,18,3; epit. 3,2). extrem a illa conclusio: Vgl. 17,1 im m in e n te ia m te m p o r u m c o n c lu sio ­ ne] 25,3 p ro p in q u a re su m m u m illu m c o n c lu sio n is e x tre m a e d ie m . C o n c lu sio sonst bei Laktanz in der Bedeutung ,Folgerung‘, in derselben Wortverbin­ dung wie hier 1,16,17: a rg u m e n ti e x tre m a illa co n clu sio (dazu Cic. fin. 4,8; Quint, inst. 9,4,123); 2,8,45; etc.; im siebten Buch und epit. 65,8 nur für das Ende der Welt ThLL IV 78,83f. collecta ex om nibus et coaceruata: Wichtiger Hinweis auf die Arbeits­ weise und die Quellen: Laktanz will aus allen genannten Quellen, also den biblischen Schriften (siehe oben zu 1,6 p r o p h e tis ) und den paganen u a te s (insbesondere den Sibyllinen, daneben dem C o rp u s H e r m e tic u m und mög­ licherweise der Hystaspesapokalypse, dazu aber oben 53ff.) resümierend zusammenstellen ( c o llig e re , vgl. ThLL III 1612,14ff., gleichbedeutend mit co a ceru a re , vgl. ThLL III 1667,18ff.; zur Terminologie L au sb erg R h e to r ik § 434). Eine ähnliche methodische Bemerkung markiert 25,1 die Unterbre­ chung und 26,8 den endgültigen Abschluss der eschatologischen Ablauf­ schilderung. An jenen Stellen wird freilich stärker betont, dass das vorher Dargestellte der Lehre der p r o p h e ta e entspricht. Die gleichberechtigte Stel­ lung der nichtchristlichen Zeugnisse hier dürfte dem Interesse des paganen Lesers entsprechen.

403

15,1

su b n ectam : Ankündigung einer folgenden Ausführung (vgl. OLD s.v. su b n ecto lb) in dieser Form auch 24,1; mort. pers. 43,1; Val. Max. 1,8,7 etc.; Fronto p. 153 1. 4 VAN d e n H o u t . ___

___

··

15,1—6 D ie typologische D e u tu n g d e r B efreiung aus Ä g y p te n a u f die E n d zeit hin: Laktanz fasst zunächst (§§ 1-3) mit eigenen Worten, doch mit Anlehnun­ gen an die Vetus Latina die wichtigsten Ereignisse des alttestamentlichen Exodusgeschehens zusammen (vgl. auch M onat B ib le I 247), das er be­ reits 4,10,5-131 geschildert hat (Wortgleiches fett, Paraphrasiertes unter­ strichen) : 4 ,1 0 ,5 -8

(5) m a io re s n o s tr i, qui era n t p r in c ip e s H e b ra e o ru m , cu m s te r ilita te atqu e in o p ia laboraren t,

tr a n s ierunt in A e g y p tu m re i f r u m e n ta r ia e g ra tia

7 ,1 5 ,1 -4

V orlage

(1) E s t in arcan is s a n c ta r u m litte ra r u m

tr a nscendisse in A e g y p ­ tu m cogen te in o p ia re i f r u ­ m e n ta r ia e p r in c ip e m H e b ra e o ru m

G en 4 6 ,2 7

4 5 ,1 7

-

cu m o m n i d o m o et co g n a tio ­ ne. cu iu s p o s te r i cu m d i­ u tiu s in A eg y p to c o m m o ­ r a n te s in m a g n a m g e n te m c re u isse n t et grau i atqu e in to le r a n d o (2)

ibiqu e d iu tiu s c o m m o r a n ­

te s in to le r a b ili s e r u itu tis iu go p re m e b a n tu r .

(4 ,2 6 ,3 7 d eu s e n im p e r c u s ­ su ru s A eg yp tio s, u t ab ea p la g a in m u n e s fa c e r e t H e ­ braeos)

s e r u itu tis iu go p r e m e r e n ­ tu r ,

p e r c u s s it A e g y p tu m d eu s in sa n a b ili p la g a

(6) tu m m is e r tu s eoru m deus

E x 1 ,6 -8

E x 1 ,1 1 -1 4

Vet. Lat. exod. 12,13 (Cypr. te ­ stini. 2,22) non

erit in uobis p la ­ ga deminutionis, cum percu tiam terram A egypti (E x 3,7)

edu xit eos ac lib e ra u it de m a n u regis

A e g y p tio r u m

et p o p u lu m su u m lib e ra u it

E x 3,12; 12,17; 13,3 etc.

1 Vgl. dazu die Interpretation von C. I n g r e m e a u , Q uand un citoyen romain d ’Afrique écrit: “Nos ancètres, les Hébreux . . in: R .-P. D roit (Hrsg.), Les Grecs, les Romains et nous. L ’A ntiquité est-elle moderne?, Paris 1991, 349-365.

K om m entar p o s t an n os q u a d rin g en to s et tr ig in ta duce M o y se , p e r qu em p o ste a lex illis a deo d a ta est. ed u ctio n e o s te n d it u ir tu te m m a ie s ta tis su ae in

qua

deu s. (7) tr ansiecit e n im p o p u ­ lu m m e d io m a r i rubro p ra eced en te angelo et s c in ­ d e n te aquam , u t p o p u lu s p e r sic c u m g ra d i p o s se t,

(Ex 12,40f.)

(4) quod fa c in u s [ ...] ad p r a e ­ sen s u ir tu te m d e i h o m in i­ bus o s te n d e r e t (2) t r a d u c tu m m e d io m a r i, cu m d is c is s is flu c tib u s et in u tra m q u e p a r te m d im o tis

p e r sic c u m p o p u lu s g r a ­ d e re tu r.

qu em u eriu s, u t a it p o eta , , c u ru a ta in m o n tis fa c ie m c ir c u m s te tit u n d a c.

(8) qua re a u d ita ty ra n n u s A e g y p tio r u m cu m m a g n a su o ru m m a n u in s e c u tu s et m a re adhuc p a te n s te m e re in g ressu s co eu n tib u s aquis c u m o m n i ex ercitu d eletu s

Ex 14,21f.

(Verg. georg. 4,361) (3) co n a tu sq u e re x A e g y p ­ tio r u m p ro fu g o s in se q u i co eu n te in s ta tu m su u m pelago c u m o m n ib u s co p iis in te rc e p tu s est.

Ex 14,23

est.

Im vierten Buch stellt die Befreiung aus Ägypten den Anfang der Heilsge­ schichte und die Vorgeschichte des Wirkens Christi dar (4,10,4.19). Trotz der zahlreichen wörtlichen Übereinstimmungen ist im siebten Buch der Schwerpunkt in der Darstellung verschoben: Laktanz erwähnt Mose und den Engel nicht. Allein Gott bewirkt also die Rettung. Neu sind die Hin­ weise auf die Größe des Volkes und auf die Plagen. Die Paraphrase ist also auf die folgende typologische Auslegung ausgerichtet, die in der Befreiung des Volkes Israel aus Ägypten durch Gottes Eingreifen die Andeutung der kommenden Endzeitkatastrophen sieht. Anschließend (§§ 4-6) bietet Laktanz eine systematische typologische Exegese der referierten Exodusperikope: Zunächst (§ 4) stellt er dem vor­ läufigen Litteralsinn (Machterweis Gottes) den Ansatzpunkt für die eschatologische Typologie gegenüber: die Befreiung des unterdrückten Gottes­ volkes. Dann (§ 5) folgt die Ausdeutung, die in einer Anwendung auf die Gegenwart (tu n e , n u n c ) und einer dreifachen globalen Ausweitung (Un­ terdrückte, Unterdrücker, Umfang der p la g a e ) besteht: tu n c

u na p leb s d ei

a pu d u n a m g e n te m f u it

A eg y p tu s so la p e rc u ssa est,

nunc

popu lu s d ei ex o m n ib u s lin gu is con gregatu s

apud o m n es g e n te s c o m m o ra tu r et ab his d o m in a n tib u s p r e m itu r

u n iu e rsa s n a tio n e s id est orbem to tu m ca elestib u s p la g is u erb era ri

15,1

405

Der Fokus der Typologie liegt nicht, wie die Einleitung (§4 lib e ra b it ... ) anzudeuten scheint, auf einer Befreiungstat, sondern auf der Notwendigkeit der (Hauptsatz ist: n ecesse e s t . . . o rb em to tu m c a e le stib u s p la g is u erberar i) . Inwiefern diese p la g a e , wie im anschließenden Finalsatz ( u t ... liberetu r ) und schon im Referat des Exodusgeschehens (§ 2 p e r c u s s it [ ...] e t [ ...] lib e ra u it) gesagt, Mittel der Befreiung sind, wird nicht erklärt. Eine ergän­ zende Deutung bezieht sich schließlich (§ 6) auf die auch im Bibelreferat nachgetragene Vernichtung der ägyptischen Streitmacht (§ 3): So wie es für diese cla d es (, Niederlage ‘ und ,Katastrophe‘)2 der Ägypter Anzeichen (si­ gna) gegeben habe, so gebe es p ro d ig ia m ira n d a p e r o m n ia e le m e n ta m u n d i für die endzeitliche Vernichtung ( e x itu s ) 3 aller g e n te s (,Völker‘ oder ,Heiden‘, siehe unten zu 24,4 g e n te s . . . ). Vorzeichen der ägyptischen Nieder­ lage werden hier zwar erstmals erwähnt,4 doch liegt es für einen paganen Leser nahe, dass einer vernichtenden Niederlage entsprechende Prodigien vorausgehen.5 Neben der Ankündigung des Endes durch Vorzeichen im­ pliziert die Typologie außerdem die Vernichtung der Heiden. - Funktion dieser Typologie ist offensichtlich, die im Anschluss zu schildernden End­ zeitkatastrophen als Plagen, die zur Befreiung der Gottestreuen und zur Vernichtung ihrer Feinde führen, in einen heilsgeschichtlichen Sinnzusam­ menhang zu stellen. Jedoch wird aus der Darstellung des Laktanz nicht deutlich, inwiefern die Plagen zur Befreiung führen (§§ 2; 5); vor dem bib­ lischen Hintergrund des eskalierenden Machtkampfes zwischen Gott und dem Pharao erklärt sich der Zusammenhang hingegen schon. Die Befreiung des Volkes Israel und insbesondere der Zug durch das Rote Meer werden im frühen Christentum häufig typologisch gedeutet.6 Dem Grundverständnis als Bild für das erlösende Eingreifen Gottes ent­ spricht auch die vorliegende eschatologische Deutung. Näherhin geht sie von zwei Ansatzpunkten aus: 1.

Das Gottesvolk des Exodusgeschehens wird öfter als Typologie der Christen gesehen.7 So deutet beispielsweise schon Paulus den Wü­ stenzug auf die Bewährung der Christen hin (1 Kor 10,1-13),8 Cy-

2 ThLL III 1241,67ff. (, Niederlage4); 1240,68ff. (, K atastrophe4), für die E ndzeitkata­ strophen bei Laktanz 16,2; epit. 66,7. 3 Hier wie 14,15 qualis exitus humanis rebus impendeat zwischen , Geschick4 und ,E nde4, vgl. ThLL V,2 1537,31fL; 1534,49ff. 4 Gedacht ist wohl an die Plagen (Ex 7,1 - 11,10) und die T ötung der Erstgeborenen (Ex 12,29). 5 Vgl. R o s e n b e r g e r 97-101 mit den Belegen. 6 Vgl. K a n n e n g i e s s e r I 281-283; K. W e s s e l , ,Durchzug durch das Rote M eer4, RAC 4 (1959) 370-389, v.a. 376-383: verbreitete D eutung des Durchzugs durch das Rote Meer auf die Taufe hin; weitere L iteratur M o nat Bible II 118 Anm. 67f. 7 Zu den Christen als Volk G ottes allgemein siehe oben zu 14,13 caelestis populi . . . 8 Vgl. C .-B . J u l i u s , Die ausgeführten Schrifttypologien bei Paulus, Frankfurt 1999, 191-232.

406

K o m m e n ta r

prian in ähnlicher Weise die Undankbarkeit des Volkes in der Wüste, das zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurückkehren will, auf die Glau­ bensgefährdungen der Christen (Fort. 7)9. 2 . Der Ausdruck ,Plagen‘ (πληγή/ρ/α^α) wird in der frühchristlichen (und spätjüdischen) Tradition sowohl für das gottgesandte Unheil für Ägypten als auch für die als göttliche Strafe verstandenen End­ zeitkatastrophen verwendet.10 Irenäus erklärt die in der Apokalyptik angekündigten Plagen wie Laktanz als globale Ausweitung der ägyp­ tischen.11 Aufschlussreich ist eine redaktionelle Besonderheit: Im vierten Buch refe­ riert Laktanz den Ursprung des Pascha-Festes beim Auszug aus Ägypten (Ex 12,1-12): Die Israeliten sollen mit dem Blut des Pascha-Lammes ihre Türschwellen bezeichnen, um so von der letzten Plage (p la g a ), der Tötung der Erstgeborenen, verschont zu bleiben (4,26,37f.). Dies deutet er als Ty­ pologie auf die Erlösung durch Christus: Für diesen stehe das Lamm, und dem Zeichen an der Türschwelle entspreche ein Kreuz auf der Stirn des Christen (4,26,39). Dann (4,26,42) kündigt er für das letzte Buch eine Darlegung an, q u om odo u el in qua p la g a tu ti o m n e s s in t fu tu r i qui sig n u m hoc u e ri d iu in i sa n g u in is in su m m o c o rp o ris su i n o ta u e r in t. Offensicht­ lich sollen die Christen, weil sie gekennzeichnet sind, in den Endzeitplagen verschont werden.12 Davon ist im siebten Buch nirgends die Rede.13 Und 9 M o n a t ( Bible I 247) sieht hierin ein mögliches Vorbild für Laktanz. 10 Plaga (§§ 2; 5; auch 2,16,19; 3,1,8; etc.) erscheint seit P lautus in der Bedeu­ tung , Schlag4, daher ,W unde4 und ,Unglück4 (vgl. OLD s.v. plaga1) und ist selb­ ständig ( W a l d e / H o f m a n n s .v . 2) gegenüber πληγή, aber gleichbedeutend dam it (LSJ s.v.). In der christlichen Latiniät bezeichnet plaga insbesondere (entsprechend πληγή, vgl. Ex 11,1; 12,13 LXX; Offb 9,18 u.ö.; B a u e r / A l a n d s .v . 3) sowohl das Unheil für Ägypten (etwa Vet. Lat. exod. 12,13 [Cypr. testim . 2,22]) als auch das­ jenige der Endzeit (etwa Vet. Lat. apoc. 15,1 [Victorin. Poetov. in apoc. 15]; Cypr. testim . 3,34 plagae in apocalypsi), ferner (nach Lev 26,21 LXX) jedes als Strafe von G ott kommende Unheil ( B laise s .v . II 3). 11 Iren. haer. 4,30,4 Si quis autem diligentius intendat his quae a prophetis dicuntur

de fine et quaecumque Johannes discipulus Domini uidit in Apocalypsi, inueniet easdem plagas uniuersaliter accipere gentes, quas tunc particulatim accepit Aegyp­ tus. 12 Dass die mit einem Zeichen auf der Stirn versehenen Frommen im Gericht geschont werden, ist alttestam entliches (Ez 9,4.6) Motiv. Nach Offb 7,3; 9,4 wird auf die Rücksicht genommen, die das Siegel G ottes auf der Stirn tragen. Nach Offb 14,1 (ähnlich 22,4) träg t das Gefolge des Lammes dessen Namen und den Namen des Vaters auf der Stirn. Dieser G ruppe gegenüber stehen diejenigen, die das Zeichen des Gottesfeindes tragen: Offb 13,16; 14,9; 17,5. 13 B r a n d t (I 637) bezieht den Verweis auf 16,12-14, wo deutlich wird, dass den End­ zeitkatastrophen vor allem die Frevler und in geringerem Maße die G ottestreuen zum Opfer fallen. Doch passt der Vorverweis dazu nicht, weil die Gerechten weder irgendwie ,bezeichnet4 sind, noch alle ,sicher’ die Endzeitplagen überstehen. - Zu großzügig ist G l o n i n g (295L), der die ,Sicherheit4 in der letztendlichen E rrettung

15,1

407

doch passt der Gedanke in die hier gebotene Typologie:*14 Die Bibel be­ tont mehrfach, dass das Gottesvolk von den Plagen verschont bleibt (so etwa Ex 8,18; 9,6; 9,26); insbesondere trifft die entscheidende Tötung der Erstgeborenen nicht die Israeliten (Ex 12,13). - Denkbar wäre folgende redaktionsgeschichtliche Erklärung:15 Laktanz kannte bereits bei der Ab­ fassung des vierten Buches eine Tradition, die aus einer Exodustypologie nicht nur Endzeitplagen und Vernichtung der Gottesfeinde (§§ 5f.), son­ dern auch eine Verschonung der Christen aufgrund des Zeichens aus dem Blut Christi ableitet - dieser Gedanke findet sich, auch unter Rückgriff auf das Pascha-Zeichen beispielsweise bei Cyprian16 -, und verwies auf deren geplante Ausarbeitung im eschatologischen siebten Buch. Bei dessen ge­ nauerer Konzeption empfahl es sich dann aber angesichts der Verfolgung und Bedrängnis der Gottestreuen, von der an dramaturgisch hervorgehobe­ ner Stelle die Rede sein sollte (17,6-11),17 den Gedanken einer Bewahrung der Christen zurücktreten zu lassen. So deutet in der vorliegenden Exodus­ typologie nichts mehr daraufhin. Immerhin klingt später (16,12-14) noch an, dass die Christen von den Endzeitkatastrophen in geringerem Maße betroffen sind. 15,1 in a r a c a n is . . . : Siehe oben zu 6,2 a rca n u m und zu 7,9 d iu in a e litte ra e .

tr a n s c e n d is s e . . .

c o g n a tio n e : Geraffte Wiedergabe von Gen 45,17 -

46,27: Jakob zieht mit den Seinen nach Ägypten. In cu m o m n i d o m o e t co­ g n a tio n e könnte sich die umfangreiche Aufzählung der Mitziehenden (Gen 46,5-27) spiegeln.

14 15

16

17

17,10f.; 19,1-7 gegeben sieht und die Nichterwähnung eines Zeichens der Frommen für unproblem atisch erklärt, da sich aus dem Zusammenhang ergebe, dass die An­ hänger Christi gemeint seien. Nun ist aber genau das fehlende signum sanguinis der Bezugspunkt des Querverweises. Schon G l o n i n g (295f.) sieht den Zusammenhang zwischen 4,26,42 und 15,1-6, geht diesem aber nicht weiter nach. Auch H ecks (Zusätze 43 mit Anm. 37) Annahm e eines Autorversehens (Laktanz habe „bei der Redaktion dieses großen Werkes gelegentlich die Kontrolle verloren“ ; zu weiteren Autorversehen 198 Anm. 11; dann näher ausgeführt H ec k Autorverse­ hen 409-415.) wäre in diesem Sinn zu modifizieren. Doch dass der ins Leere gehende Vorverweis stehen bleibt, ist natürlich ein Autorversehen. Cypr. testim . 2,22 (Ex 12,13; Offb 14,1); 3,34; Demetr. 22. Dort ist freilich die Bewahrung der G ottestreuen durch das Zeichen spirituell verstanden, was der realistisch-m ateriellen Eschatologie des Laktanz fern steht. Insbesondere steht das 4,26,42 Angekündigte (Bewahrung derer, die das Zeichen tragen) in W iderspruch zu 17,7f., wo vom grausam en Verfolgungslos derer die Rede ist, die das Zeichen des Antichrist nicht tragen. Übrigens kann mit dem Vorverweis auch nicht das (bei Laktanz im siebten Buch unerwähnte) positive Zeichen der Gerechten, das die Johannesoffenbarung kennt, gemeint sein, da dort vom , Siegel· (Offb 7,3; 9,4) bzw. ,N am en‘ (Offb 14,1) ,G ottes auf der Stirn ‘ die Rede ist, nicht aber, wie 4,26,42, von einem signum ueri diuini sanguinis.

K o m m e n ta r

15.2 in magnam gentem creuissent: Zur Sache Ex 1,7; zu mit Akkusativ ,anwachsen zu‘ vgl. ThLL IV 1178,27ff.

crescere in

percussit A egyptum deus insanabili plaga: Hier ist wohl in erster Li­ nie an die letzte , Plage ‘ (siehe auch oben 406 mit Anm. 10), die Tötung der Erstgeborenen (Ex 10,5; 12,29), gedacht: Sie bleibt tatsächlich ,ungeheilt‘, während die anderen Plagen zurückgenommen werden, und ermöglicht den Auszug. Hier wie 4,26,37 (d e u s e n im p e rc u ssu ru s A e g y p tio s, u t ab ea p la ­ ga in m u n e s fa c e r e t H e b r a e o s ) orientiert sich Laktanz an der Diktion der Vetus Latina, insbesondere an exod. 12,13 (Cypr. testim. 2,22): n o n e r it in u obis plaga d e m in u tio n is , cu m p e rc u tia m te r r a m A egypti. P e r c u te r e

findet sich öfter für Strafen in Bibelübersetzungen und christlicher Latinität, vgl. ThLL X,1 1247,27ff. (neben p la g a : 36ff.), so auch mort. pers. 33,1 über Galerius: p e r c u s s it eu m deu s in sa n a b ili p la g a . Die Junktur in sa n a b ilis p la g a erscheint bereits Curt. 9,8,20 und Vet. Lat. deut. 32,24 (cod. 100, für LXX όπισθότονος [= Tetanus] ανίατος), doch ist an jenen beiden Stellen eine infizierte Wunde gemeint. traductum . . . graderetur: Der Durchzug durch das Rote Meer ist aus­ führlich und in biblischer Färbung geschildert, vgl. Vet. Lat. exod. 14,21f. (Ps. Mar. Victorin. phys. 18) e t d iu isa e s t a qu a; e t in tr a u e r u n t filii I s ­ ra el p e r m ed iu m m a re p e r siccu m ; e t aqua illi m u ru s e ra t d ex tra a tqu e sin is tr a .

15.3 rex Aegyptiorum : Wie 4,10,6 statt des nur in der christlichen Latinität gebräuchlichen p h a ra o . coeunte in statum suum pelago: Vgl. Ex 14,27 LXX άπεκατέστη το ύδωρ [...] επί χώρας. Zum Wortgebrauch p ela g u s siehe oben zu 4,18 p ela g u s. 15.4 ad praesens: Wie 6,2; 10,3; epit. 59,8 etc., ,für den Augenblick^ (nachklassisch öfter, vgl. ThLL X,2 847,50ff.); hier also ist gemeint: im vor­ läufigen Verständnis des Exodusgeschehens, das (mit q u a m u is [ ...] ta rn en ) dem durch die Typologie herausgearbeiteten christlich-eschatologischen gegenübergestellt ist. praesignificatio et figura maioris rei: Zur typologischen Exegese, die Laktanz hier beschreibt, siehe oben zu 14,12 sa e p e d ix im u s . . . (dort auch ähnliche Terminologie: m in o ra [ ...] m a g n o ru m fig u ra s e t p r a e m o n s tr a tio n e s e s s e ). Der Ausdruck p ra e s ig n ific a tio erscheint nur hier und Iren. haer. 4,20,5 (lateinische Übersetzung aus dem 4. Jhdt.), dort bezeichnet er aber die Vorankündigung in der Prophetie; vgl. ThLL X,2 892,67ff. tem porum consum m atione: Die Junktur wie 25,4, c o n su m m a tio (ab Veil. 2,116,3) auch 14,6.15 (dort ohne Attribut; anders 6,23,39: ,HöhepunkP), und ab Vet. Lat. Matth. 28,20 (Hil. trin. 2,1); Tert. orat. 5,1;

15,5 - 15,6

409

Cypr. testini. 1,4 öfter in der christlichen Latinität für die eschatologische , Vollendung^, vgl. ThLL IV 597,55ff. 15.5 tunc una plebs dei [...] nunc [...] populus dei: Zum Begriff des Gottesvolkes bei Laktanz siehe oben zu 14,13 c a e le stis p o p u li. populus dei ex om nibus linguis congregatus: Vgl. 4,26,36 (Christus am Kreuz) e x te n d it [ ...] m a n u s [ ...], u t [ ...] o s te n d e r e t [ ...] m a g n u m p o ­ p u l u m e x o m n i b u s l i n g u i s e t trib u b u s c o n g r e g a t u m sub alas su a s esse u e n tu ru m [...]. Zu lin gu a für ,Volk‘ in biblischer Sprache und christlicher

Latinität ThLL VII,2 1452,12ff. com m oratur et ab his dom inantibus premitur: Vgl. die Umkehrung der Verhältnisse in der c iu ita s s a n c ta 24,6: deu s cu m iu s tis d o m in a n tib u s c o m m o re tu r.

caelestibus plagis uerberari: Zu p la g a siehe auch oben 406 mit Anm. 10. Dieselbe Formulierung schon (Mitte 3. Jhdt.: J. D oignon, HLL 4 [1997] § 480.2) Ps. Cypr. ad Novat. 12,4 [sc. p h a ra o ] c a e le stib u s p la g is u erb era retu r. C a e le ste s p la g a e für die Plagen über Ägypten verwenden später etwa auch Ambrosiast. in Rom. 3,2; Rufin. Clement. 1,34,4. Laktanz sagt über die Bestrafung der Christenverfolger mort. pers. 1,5: qui iu s to s e x c a rn ifi­ ca vera n t, ca elestib u s p la g is [ ...] a n im a s p ro fu d e ru n t.

iustus et cultor dei populus: Gemeint sind die Christen (vgl. oben zu 14,13 c a e le stis p o p u li . . . ), auch sonst bezeichnet Laktanz die Christen als in s ti (adjektivisch wie 17,8; substantivisch 17,10; 18,5; 19,2.4L; 22,13; 24,46; 26,1.4.7)18 oder als c u lto re s d e i (16,14; 26,11, siehe dazu auch unten; 4,18,12; epit. 62,3; ira 14,3; vgl. unten zu 26,17 a u c to re . . .), beide Aus­ drücke sind nach 2,15,3; 5,1,6 gleichbedeutend. Dass die Gerechtigkeit nur im Christentum ihre Verwirklichung findet, erläutert Laktanz 5,15,1-11. 15.6 signa: Gedacht ist an die Plagen vor der entscheidenden Tötung der Erstgeborenen (Ex 7,14 - 10,29: in Blut verwandeltes Wasser, Frösche, Stechmücken, Bremsen, Viehseuchen, Geschwüre, Hagel, Heuschrecken, Finsternis): Sie entsprechen paganen Unheilsprodigien (vgl. die Zusam­ menstellung bei W ü l k e r ) , zudem hätte der Pharao daraus seine Unter­ legenheit gegenüber dem Gott Israels erkennen müssen. Zum bloß andeu­ tenden Charakter dieses Verweises siehe oben 405 mit Anm. 5. clades: Siehe oben 405 mit Anm. 2. 18 N ic h o l s o n ( Civitas 22 mit Anm. 77) folgert aus Eus. VC 50 (das Apollorakel verkünde, οί επί τής γης δίκαιοι hinderten es an der Verkündung der W ahrheit): giusti was a nickname for Christians recognized by pagans as well as Christians.“ Vgl. aber die zahlreichen Belege für eine theologisch begründete Selbstbezeichnung der Christen als insti (ThLL V II,2 725,4ff.) bzw. δίκαιοι (Lampe s .v . δίκαιος 6).

K om m entar

in ultimo: Der Ausdruck korrespondiert mit tu n e (also: ,in der Endzeit‘) und erscheint sonst eher fachsprachlich, (,am Ende [einer Äußerung]‘: Sen. contr. 1,1,15; Quint, deck 360,3; inst. 9,3,82; ,ganz hinten [in der Schlacht­ ordnung]F rontin. strat. 2,3,17a). prodigia miranda per om nia elem enta mundi: Von Endzeitvorzei­ chen, die den ganzen Kosmos ( e le m e n ta m u n d i wie 2,13,12; 4,18,12) er­ fassen, ist vielfach in der Bibel (etwa Mk 13,3-13.24-27 parr.) die Rede (p ro d ig ia , wie unten 16,8, in diesem Zusammenhang etwa Vet. Lat. Ioel 2,30 [Tert. adv. Marc. 4,29,9]). Kosmische Endzeitzeichen erwähnt Laktanz aber erst 16,5-14 (dazu unten), auch haben diese nicht bloß den Charakter von Prodigien, sondern sind eschatologische Katastrophen, die zu massen­ haftem Sterben (insbesondere unter den Heiden) führen. Die anschließend (15,7-11) geschilderten ersten Anzeichen des nahenden Endes sind sittliche und politische Verfallserscheinungen. exitus: Siehe oben 405 mit Anm. 3. 15,7—11 Endzeitlicher Verfall bis hin zum U ntergang Roms: Anknüpfend an die grundsätzlichen Erläuterungen zum Ende der sechs­ tausendjährigen Weltzeit (14,1-14) und zu dessen Vorzeichen (15,1-6, v.a. 15,6) schildert Laktanz einen sittlichen (§§ 7-9) und politischen (§§ lOf.) Verfallsprozess. Ausgangspunkt dieser Depravation ist die , Zunahme der Schlechtigkeit‘ (§ 7).19 Näherhin löst sich durch den Werteverfall die Ord­ nung des menschlichen Zusammenlebens immer weiter und in einander bedingenden Schritten auf: Durch den Schwund der Gerechtigkeit trium­ phieren die Habsüchtigen über die Gerechten, deswegen bricht das Rechts­ system zusammen (§ 8). Weil daher das Recht der Stärkeren gilt, gehen auch die übrigen Werte (fid e s, pax, h u m a n ita s, p u d o r , u e r ita s ) verloren, so dass auch kein Gemeinwesen mehr Sicherheit und Ordnung ( s e c u r ita s , reg im en , re q u ie s ) gewährleistet (§9). Aufgrund dieses inneren Zerfalls der Zentralgewalt kommt es allenthalben zu kriegerischen Unruhen und zu Kämpfe der kleineren politischen Einheiten (g e n te s und c iu ita te s ) unter­ einander (§ 10), die sich, beginnend in Ägypten,20 über die ganze Welt ausweiten (§ 11). Als Ursache der politischen Wirrnisse nennt Laktanz den Untergang Roms (§ 11). Dieser und der Übergang der Herrschaft auf den Orient bilden vorläufig den Schluss: Zum einen erscheint es Laktanz geboten, diese Ankündigung näher zu begründen (15,12-19), zum anderen ist damit auch ein konkreter Fixpunkt innerhalb der Endzeitereignisse er­ reicht (vgl. 25,6f.). Beim Neuansatz 16,1 knüpft Laktanz an den Untergang 19 Der A blativus absolutus nequitia inualescente lässt offen, ob die Zunahme der Schlechtigkeit Ursache (,weil . . . ‘) oder U m stand (,dadurch, dass . . . ‘) des Verfalls ist. 20 Siehe unten zu § 10 prima omnium Aegyptus.

411

15,7

Roms an. Die hier geschilderte allgemeine Depravation führt also erst zu den konkreten Endzeitereignissen (Bestrafung Ägyptens § 10, Untergang Roms § 11) hin. Eine sittliche, soziale und politische Depravation, wie Laktanz sie schil­ dert, kennt das pagane Denken in der Vorstellung der Dekadenz der Welt al­ ter bis zum Eisernen Zeitalter. Die klassische Darstellung findet sich bei Hesiod, doch entwickelt sich das Motiv fort.21 Im Zentrum steht das Schwin­ den der Gerechtigkeit - in der Überlieferung vom Eisernen Zeitalter am Ende,22 bei Laktanz am Anfang (§ 8 iu s titia ra r e sc e t) -, damit einher geht der Verfall der Werte und des Zusammenlebens. Das von ähnlichen Er­ scheinungen begleitete Ende des Goldenen Zeitalters hat Laktanz schon 5,5,9-14 unter Rückgriff auf die poetische Topik geschildert.23 Auch hier stimmt Laktanz mit der hesiodeischen Tradition zumindest in einzelnen Motiven,24 mit Ovids Fassung teilweise auch wörtlich überein: ··

15,8-10

(8)

ita

en im iu s titia ra rescet, ita impietas et a u a r itia et c u p id ita s et li­ bido crebrescet,

Das Eiserne Zeitalter nach Hes. op. 182-201 und Ον. m et. 1,128-150 Hes. op. 195f. ζήλος δ’ άνθρώποισιν όιζυροίσιν άπασι / [...] όμαρτήσει. 199f. ιτον προλιπόντ’ ανθρώπους / Αιδώς καί Νέμεσις. Ον. m et. l,149f. u ic ta iacet

pietas,

et uirgo caede m a d e n tis / u lti­ m a c a elestu m te rra s A s tra e a (die per­

sonifizierte Gerechtigkeit; vgl. 5,5,9) re liq u it). 131 a m o r scelera tu s habendi. u t si qui fo r te tu m fu e r in t boni, p ra ed a e s in t sc e le ra tis ac d iu e x e n tu r u n diqu e ab in iu stis , so li a u te m m a li o p u le n ti sin t, boni uero in om n ibu s co n tu m e liis atqu e in eg esta te ia c te n tu r.

Hes. op. 190-193 ουδέ τις ευόρκου χάρις έσσεται ουδέ δικαίου / ουδ’ αγαθού, μάλλον δε κακών ρεκτήρα καί υβριν / άνέρα τιμήσουσι· 193 βλάψει δ’ ο κακός τον άρείονα φώτα.

c o n fu n d etu r o m n e iu s et leges in te r ib ­ u n t. (9) n ih il qu isqu am tu n c h abebit n is i au t q u a e situ m a u t d efen su m m an u ,

Hes. op. 191 δίκη δ’ εν χερσί.

21 Siehe unten 552 mit Anm. 13. 22 Nach Hes. op. 199-201 verlassen Aidos und Nemesis die Erde, so dass den Menschen keine κακού [...] αλκή (201) mehr bleibt. Seit A rat (96—100) verlässt Dike (beispiels­ weis Verg. georg. 2,474 als iustitia wiedergegeben) die Erde und wird zum Sternbild der Jungfrau. Laktanz zitiert den enstprechenden Vers aus der A rat-Ü bersetzung des Germanicus (137) 5,5,9. 23 Dazu auch unten 553 mit Anm. 18. 24 Kenntnis und Benutzung des Hesiodtextes, wenigstens in Auszügen, erscheinen denkbar: Laktanz zitiert 2,14,7 zwei Hesiodverse (op. 122L), die aus der Darstellung des Goldenen Zeitalters stam m en, und referiert 1,5,8-10 aus der Theogonie. Vgl. aber O gilvie 20f.

K o m m en ta r

a u d a cia et u i s o m n ia p o ssid e b u n t, n on f i d e s in h o m in ib u s, n on pax, n on h u ­ m a n ita s, n o n p u d o r , n o n u e r it a s e r it

(10) o m n is en im te rr a tu m u ltu a b itu r, fr e m e n t ubique b e lla , o m n es g e n te s in a r m i s e ru n t et se in u ic e m o ppu gn abu n t, c iu ita te s in ­ te r se fin itim a e p ro elia b u n tu r.

H es. op. 192f. αιδώς / ούκ εσται, 194 επί δ ’ δρκον όμεΐται. Ο ν. m et. 1 ,1 2 9 131 fu g ere p u d o r u e r u m q u e f id e s q u e ; / in qu o ru m su b iere locu m fra u d esq u e dolu squ e / in sid ia eq u e et u is . O v. m et. l,1 4 2 f. p r o d it b e llu m , [ ...] / san g u in ea q u e m a n u c r e p ita n tia co n cu ­ tit a r m a . H es. op. 189 έτερος δ ’ ετέρου πόλιν έξαλαπάξει.

Gegenüber der Tradition vom Eisernen Zeitalter betont Laktanz besonders die konkret politischen Aspekte, also den Verfall des Rechtssystems (§ 8), der inneren Sicherheit (§ 9 se c u r ita s , reg im en , r e q u ie s ) und der Friedens­ ordnung (§§ 10f.). Dabei klingt sicherlich die Krise des römischen Reichs an, doch trennt Laktanz ausdrücklich die geschilderte Situation von der gegenwärtigen (§ 7). Das Zerbrechen der sozialen Beziehungen, das He­ siod (op. 182-188) und Ovid (met. 1,144-148) erwähnen, siedelt Laktanz erst in der Zeit unmittelbar vor der Wiederkunft Christi an (17,9). Frei­ lich kennt auch die jüdisch-christliche Apokalyptik solche Depravationserscheinungen, und zwar, wie Laktanz, als Vorzeichen oder Symptome der Endzeit: Ungerechtigkeit und Verfall der Sittlichkeit25 sowie Kriege26. Da­ bei steht die Gedankenführung des Laktanz den Synoptikern nahe: Wie bei diesen sind Kriege aller gegen alle (Mt 24,6f. parr.), Bedrängnis der Gerechten (Mk 13,9-11.13 parr.) und gesellschaftlicher Zerfall (Mk 13,12 parr.) beunruhigende Zeichen im Vorfeld der eigentlichen, den ganzen Kos­ mos erfassenden (16,5ff.; Mt 24,29-31 parr.) Endzeitereignisse und von diesen abgesetzt. Doch kennt auch die von Laktanz benutzte Apokalypse Ps. Apul. Asel. 25f. Vergleichbares: Zunächst (25) treiben n o c e n te s a n g eli (Laktanz zitiert sie 2,15,8) die Menschen a d o m n ia a u d a c ia e m a la [...], in bella, in ra p in a s, in fr a u d e s e t in o m n ia quae s u n t a n im a r u m n a tu ra e c o n tr a ria . Dann (26) folgen reinigende Katastrophen, mit denen Gott die

Welt wieder herstellt (Laktanz zitiert diese Passage 18,4). 15,7: propinquante: Siehe oben zu 9,1

p ro p in q u a n te sa e c u lo ru m fin e .

huius saeculi: Also des sechsten Millenniums. humanarum rerum statum in deterius [...] prolabi: In ähnlicher Formulierung, doch mit gegenteiliger Aussage charakterisiert Laktanz die 25 Siehe unten zu 17,9 tempus quo . . . Nicht unm ittelbar hierher gehört, entgegen G e f f c k e n z . St. (100) und van R o o i j e n - D i j k m a n 105, or. Sib. 4,152-158, da dort gut alttestam entlich der Verfall von δίκαιον und πίστις sowie der verbreche­ rische Umgang m iteinander Folgen der mangelnden Frömmigkeit sind, keine E nd­ zeitwehen oder -Zeichen. 26 Siehe unten zu 15,10 frement . .. und omnes gentes .. .

15,8

413

Endzeit 14,6: h u m a n a ru m re ru m s ta tu m in m e liu s re fo rm a ri. Dort ist der Blick freilich auf das Tausendjährige Reich gerichtet, hier auf die Endzeit­ wehen am Ende des sechsten Millenniums. inualescente: Nachklassisch (ThLL VII,2 115,59f.; 116,58ff.), vgl. 5,12,13 (für eine von den Verfolgern befürchtete Entwicklung) in u a le sc e n te iu s titia . iam: ,sogar‘, vgl. ThLL VII,1 124,61ff. nostra haec tem pora, quibus . . . : Zur Unterscheidung zwischen den gegenwärtigen Übeln (zur Formulierung vgl. etwa Cic. div. 2,4 h is [ ...] te m p o rib u s, quibus ita p r o la p sa e s t [sc. iu u e n tu s], u t ... ; fam. 13,60,1; Liv. praef. 8 haec te m p o ra , quibus nec u itia n o stra nec re m e d ia p a ti p o ss u m u s ) und denen der Endzeit bei Laktanz siehe unten zu 25,3-6. iniquitas et malitia: Nicht inhaltlich zu unterscheiden von der endzeitlichen n e q u itia : Es geht lediglich um das Ausmaß der Schlechtigkeit. Siehe auch oben zu 2,1 e x tin c ta q u e p r o tin u s o m n i m a litia . aurea: Zum Goldenen Zeitalter siehe unten zu 24,7-14. in illius [...] insanabilis mali comparatione: ,im Vergleich (siehe oben zu 5,27 add. 2) mit jenem unheilbaren (vgl. 15,2 p e r c u s s it A e g y p tu m d e ­ us in sa n a b ili p la g a ) Übel (zur Junktur Sen. dial. 4,5,5 m a iu s m a lu m e t in s a n a b ile )‘. 15,8 rarescet [...] crebrescet: Ungewöhnliche Verbalisierung (beide Ver­ ben nachklassisch in Prosa, ra re sc e re , vgl. OLD s.v. 2, nur hier bei Laktanz, cre b re sc ere , vgl. ThLL IV 1223,72ff., an entsprechender Stelle epit. 66,1) der öfter belegten Antithese aus ra ru s und creb er (etwa Rhet. Her. 4,19,26; Cic. fam. 12,30,1; Vitr. 8,2,8; Sen. epist. 114,18 etc.). im pietas . . . libido: Die p ie ta s würde den Begehrlichkeiten (wie etwa Cic. inv. 1,23; rep. 1,60) sittliche Schranken setzen, vgl. etwa 1,20,25; epit. 66,2; Cic. Cluent. 12; Sen. epist. 85,10. praedae sint sceleratis: Zur Formulierung vgl. 5,2,5 n e s im p lic ita s eo ru m p ra e d a e ac pabu lo s i t h o m in ib u s a s t u t i s ; epit. 66,2 si qui e r u n t boni, p ra e d a e ac lu d ib rio h a b e b u n tu r ; Suet. Galba 4,3 c u icu m q u e obu io p ra e d a e fu tu r a m [se. F o rtu n a m /; ThLL X,2 525,31ff. diuexentur [...] in om nibus contum eliis atque in egestate lacten­ tur: Das hier über die boni Gesagte entspricht der gegenwärtigen Lage der Christen, so etwa 11,3 in o p e s e t ob ip s a m iu s titia m c o n tu m e liis e t in iu r iis sa ep e u e x a ti ; 22,12 u e x a n tu r o m n ib u s c o n tu m e liis. D iu e x a re (auch 5,21,4; schon bei Plautus und Cicero; eher selten) für das Quälen von Menschen wie Suet. Cal. 2,3; Arnob. nat. 2,77, vgl. ThLL V,1 1592,42ff. confundetur omne ius et leges interibunt: Vgl. 17,9 (Tyrannei des Antichrist) c o n fu n d e n tu r o m n ia [ ...] co n tra iu ra n a tu ra e . C o n fu n d ere öfter

K o m m e n ta r

für die Nichtbeachtung oder Beseitigung von Rechtsnormen, vgl. ThLL IV 261,42ff.; leges in te r ib u n t wohl nach der ciceronischen (Catil. 3,19; off. 3,21; Phil. 5,8) Junktur legum in te r itu s . 15.9 aut quaesitum aut defensum manu: Laktanz verbindet die klas­ sischen Wendungen m a n u qu aerere (ThLL VIII 355,62ff., aber eigentlich: ,mit seiner Hände Arbeit erwerben^; vielleicht deswegen epit. 66,1 geändert zu m a n u p a r tu m ) und m a n u d efe n d e re (352,84ff.). non fides . . . non ueritas: Zur Zusammengehörigkeit der Werte Hör. carm. l,24,6f. P u d o r e t I u s titia e so ro r, / in c o r ru p ta F i d e s n u d a q u e V e ­ r i t a s , carm. saec. 57 F i d e s e t P a x e t H o n o s P u d o r q u e , zu deren Schwin­ den in der Eisernen Zeit Ov. met. 1,129 (siehe oben zu 15,7-1); jeweils ohne h u m a n ita s (im siebten Buch einziger Beleg des ansonsten über 50 Mal belegten Stichworts, vgl. H. B o l k e s t e i n , Humanitas bei Lactantius. Christlich oder orientalisch?, in: T. K l a u s e r / A . R ü c k e r [Hrsg.], Pisci­ culi. Studien zur Religion und Kultur des Altertums [FS F.J. D ö l g e r ] , Münster 1939, 62-65; P é t r é 213-217; M . L a u s b e r g , Christliche Näch­ stenliebe und heidnische Ethik bei Laktanz, Studia Patristica 13 [1975] 2934; B. C o l o t , H u m a n ita s et ses synonymes chez Lactance, in: C. M o u s s y (éd.), Les problèmes de la Synonymie en latin, Paris 1994, 101-121). In der Kurzfassung (epit. 66,1) erscheint dieselbe Begriffsreihe, nur ist h u m a n ita s durch m is e r ic o r d ia ersetzt, zu deren Gleichbedeutung 6,10,2. neque securitas . . . requies a malis ulla: Die Staatsmacht, die Sicher­ heit und Ordnung gewährleisten soll, bricht zusammen. Siehe auch oben zu 14,11 requ ies a laboribu s. Zu s e c u r ita s als Schlüsselbegriff kaiserlicher Politik und Propaganda vgl. A. K n e p p e , M e tu s te m p o ru m . Zur Bedeu­ tung von Angst in Politik und Gesellschaft der römischen Kaiserzeit des 1. und 2. Jhdts. n. Chr., Stuttgart 1994, 217-281. 15.10 terra tum ultuabitur: Zu Aufruhr als Zeichen der Endzeit vgl. Lk 21,9 δταν δε ακούσητε πολέμους καί ακαταστασίας, zum Ausdruck ( tu m u l­ tu a re nur hier bei Laktanz) Vet. Lat. psalm. 2,lf. (Tert. adv. Marc. 1,21,1) tu m u ltu a ta e s u n t g e n te s [ ...], a d s tite r u n t reges te r ra e .

frement ubique bella: Zur poetischen Junktur bella fr e m u n t (wie 2,4,36) ThLL VI, 1 1285,33fr. Endzeitliche Kriege sind ein sehr verbreitetes Motiv in der jüdischen, neutestamentlichen und frühchristlichen Eschatologie, oft erscheinen sie als erste eschatologische Zeichen, so etwa Hen(aeth) 99,4; ApcBar(syr) 70,3; or. Sib. 2,156; Mk 13,7f. parr.; Offb 6,1-8; 14,1-5; 16,1216; Tert. apol. 20,2; adv. Marc. 4,39,3; vgl. B o u s s e t 77f.; V o l z 157; H. H e g e r m a n n , TRE 20 (1990) 25f.; O. B ö c h e r , Der Krieg der Endzeit im antiken Judentum und im Neuen Testament, in: H. W lSSMANN (Hrsg.), Krieg und Religion, Würzburg 1994, 45-54; B u i t e n w e r f 270. Vgl. auch

15,10

Ps. Apul. Asci. 26 ( b ell)isq u e p e r siehe auch unten 486 Anm. 14).

d iu e rsa loca d is p e rsis

415 (zum Wortlaut

om nes gentes . . . proeliabuntur: Komplementäre Ausführung zu den überall ausbrechenden Kriegen: Sie entbrennen zwischen (früher friedlich nebeneinander lebenden) Ethnien ( g e n te s [ ...] se in u ic e m , siehe oben zu 5,23 in u ic e m ) und Städten ( in te r se [ ...] d u i t a t e s , ThLL Χ,2 1648,45ff.). Kämpfe zwischen Landesteilen und Nachbarn sind schon alttestamentliches Unheilsmotiv (Jes 19,2), gehören aber inbesondere zur Topik der End­ zeitkriege, so neben der Erhebung eines Volkes gegen das andere (Mk 13,8; Mt 24,6; Lk 21,10; or. Sib. 3,636; 4,83f.: gegenseitige Zerstörung von Städ­ ten, vgl. aber auch Hes. op. 187) insbesondere Vet. Lat. IV Esdr. 13,31 e t in a lisa lio co g ita b u n t bellare, d u i t a t e s d u i t a t e m e t locus lo cu m e t g en s a d g e n te m e t regn u m a d u e rsu s regnum . Tert. adv. Mare. 4,39,3 u id ea m u s e t quae sig n a te m p o rib u s im p o n a t: bella, o p in o r, e t regn u m su p e r regn u m e t g e n te m su p e r g e n te . Gesteigert zu Kämpfen unter Freunden und zwischen

allen etwa Ps. Philo antiq. 6,1; 47,5; 4 Es 6,24; ApcBar(syr) 70,3; or. Sib. 2,21f.; vgl. V o l z 156f. Siehe auch oben 62. prima om nium A egyptus . . . uelut flumine operietur: Ägypten gilt wegen der dortigen Zoolatrie in der paganen philosophischen (Cic. nat. deor. 1,43 mit P e a s e z. St. 289-291) und vor allem der christlichen apo­ logetischen (Arist. apol. 12,1; Thphl. Ant. Autol. 1,10,1; Tert. apol. 24,7, nach v a n R o o i j e n - D i j k m a n 107 hier vielleicht Vorlage; Min. Fel. 28,9 mit C l a r k e 324 Anm. 466) Literatur als besonders abergläubisch. Die genaue Quelle des Laktanz ist nicht klar: Kritik an der (ägypti­ schen) Zoolatrie findet sich or. Sib. frg. 3,22-28 G e f f c k e n , die Verwü­ stung Ägyptens wird or. Sib. 5,54-90 angekündigt. In den ersten Versen werden der Beginn der Zerstörungen (54f. an Isis: πρώτον μεν περί σειο βάσιν ναού πολυκλαύστου / μαινάδες άίξουσιν) und eine Nilüberschwemmung er­ wähnt (56-58), begründet als Strafe für die Unterdrückung Israels (68-70) und für Idolatrie und Zoolatrie (77-80). Dann folgt eine Verfluchung Ägyp­ tens (179-186), dazwischen (107-110) stehen die 18,6 von Laktanz zitierten Verse. Auch die Apokalypse im A s c le p iu s spricht vom Untergang Ägyp­ tens und kündigt Überschwemmungen durch den Nil an, der wegen des vergossenen Blutes über die Ufer getreten ist (Ps. Apul. Asel. 24 an den Nil: to r r e n ti sa n g u in e p le n u s a d u sq u e rip a s e ru m p e s u n daequ e d iu in a e n o n so lu m p o llu e n tu r sa n g u in e , sed to ta e r u m p e n tu r .) . Allerdings ist der von Laktanz gebrauchte Vergleich des vergossenen Blutes mit einem Fluss sehr geläufig.27 Laktanz verweist öfter auf die religiöse Verehrung von Tieren 27 ThLL V I, 1 966,34ff. F owden (38f.) nimmt aufgrund des Stichworts poena (Ps. Apul. Asel. 24 quasi de legibus a religione, pietate cultuque diuino statuetur praes­ cripta poena prohibitio) an, dass Laktanz sich hier auf den Asclepius beziehe. Dies

K om m entar

in Ägypten als schlimmste Form des Aberglaubens, die aber im Gegensatz zum Christentum widersinnigerweise nicht verfolgt werde (1,20,36; 2,5,36; 5,20,12; epit. 50,3). Insbesondere nimmt in Ägypten nach 1,13,10-13 die Idolatrie und somit der Abfall von Gott seinen Anfang. Wenn dort nun die Endzeitereignisse beginnen, passt das nicht nur zu deren Strafcharakter (zum Gedanken, dass nach göttlichem Willen der Drahtzieher eines Ver­ brechens als erster bestraft werde, Caes. Gail. 1,12,6), sondern auch zu deren Deutung aus den Plagen der Exodusüberlieferung (15,4-6). 15,11 peragrabit gladius orbem: Ungewöhnliche Formulierung (ThLL X,1 1185,23f.), das Bild nach Ez 14,17 LXX ρομφαία διελθάτω δια τής γης, vielleicht über or. Sib. 3,316 (Verfluchung Ägyptens) ρομφαία γόφ |διελεύσεται δια μέσον σεϊο| (zum Textproblem B u i t e n w e r f 217). m etens om nia . . . prosternens: Laktanz greift gleichermaßen auf die pagan-poetische wie auf die biblisch-apokalyptische Metaphorik zurück: Das , Niedermähen mit dem Schwert‘ ist poetisch ( m e te r e g la d io seit Verg. Aen. 10,512, m e te r e für , niedermachen ‘ aber auch mort. pers. 47,2; Tert. apol. 50,13, vgl. ThLL VIII 890,35ff.), und insbesondere das Bild der Ernte für die Vernichtung des Feindes im Kampf ist episch (etwa Horn. II. 11,6771; Apoll. Rhod. 3,1187; Catull. 64,353-355 u e lu t [ ...] m e s s o r [ ...] / [ ...] d e m e t i t a ru a / [sc. A c h ille s ] p r o s t e r n e t corpora fe r r o .). Ausgehend von Joel 4,13 kennt aber auch das jüdisch-christliche Schrifttum das Bild von der Ernte mit der Sichel für die Zeit des Gerichts und des Endes (Mk 4,29; Offb 14,15-19; zur Endzeit als Erntezeit etwa Jes 17,5; 18,4L; 24,13; Jer 51,33; Hos 6,11; 4 Es 4,28-32; or. Sib 1,387; 2,164; Mt 13,24-30). cuius uastitatis . . . haec erit causa: Hiermit korrespondiert 16,4 co n ­ fu s io ac p e r tu r b a tio h u m a n i g e n e ris c o n seq u etu r. Dass der Untergang des römischen Imperiums mit allgemeiner Verwüstung und Chaos verbunden ist, wird schon Cic. Catil. 3,19; Ps. Sali. rep. 13,6 ausgesprochen. Rom anum nom en . . . occidens seruiet: Die Worte des Laktanz28 ent­ halten zwei komplementäre Aussagen über die künftigen Ereignisse: Der römische Staat wird untergehen, der Orient wird wieder die Vorherrschaft über den Okzident erhalten. will Löw (240f.) hingegen ausschließen mit dem Verweis auf die antiägyptische Tradition. Tatsächlich deutet poena nicht auf eine Abhängigkeit, da es im Asclepius die Strafbewehrung eines Kult Verbotes, bei Laktanz (wie or. Sib 5,70 εϊνηκα ποίηνς) die eschatologische Bestrafung Ägyptens für die Zoolatrie bezeichnet. Weil hier aber, wie Löw (241) selbst sagt, „apokalyptische Traditionen zu einem neuen Ganzen verschmolzen sind“, kann m an eine Anregung durch den Asclepius nicht ausschließen. 28 Der von W i d e n g r e n Religionen 204 mit Anm. 22 als Indiz für eine poetische Vorlage angeführte Parallelismus m em brorum ergibt sich nur in dessen W iedergabe mit Auslassungen und Einrückungen, nicht aber im Text.

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(1)

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D ie B e s e itig u n g d es rö m isc h e n S ta a ts w e s e n s : Der Ausdruck to lle re ciceronisch29. N o m e n R o m a n u m bezeichnet zunächst, etwa bei

ist Cicero, die Gemeinschaft der Bürger und ist dann, etwa bei Tacitus, Syn­ onym für im p e r iu m . 3 0 Laktanz verwendet den Ausdruck in der üblichen positiven Konnotation patriotischer Zugehörigkeit.31 Der mögliche Untergang Roms32 wird in der römischen Literatur ins­ besondere während der Krisenzeit am Ende der Republik öfter bedacht.33 Die Geschichtsschreibung seit den Bürgerkriegen betrachtet Roms Schick­ sal aus einem grundlegend pessimistischen Blickwinkel.34 Demgegenüber e te r r a

29 Vgl. Cic. Flacc. 61 n o m e n c iv iu m R o m a n o r u m [...] s u s tu le r u n t , ferner für to lle re e te rra im Sinn ,von der Erde b e se itig e t (anders etwa Cato agr. 65,1: ,aus der Erde nehm en4): to lle re e u ita 6,5,17 (Lucr. 3,877; Cic. ac. 2,39; fat. 29; Lael. 47 etc.; Phil. 2,7; off. 3,61); e c iu ita te (Cic. dom. 44; har. resp. 55; Liv. 6,41,7; 23,2,7); Cic. Lael. 47 so le m [ ...] e m u n d o . 30 Beispielsweise Cic. Balb. 31; Verr. II 5,150; sehr häufig bei Livius (1,40,3; 4,33,5; 5,6,6 etc.), dazu H.J. M e t t e , Livius und Augustus, Gym nasium 68 (1961) 269-285; Ov. trist. 2,155f.; Veil. 1,12,4; Sen. dial. 11,16,6; Lucan. l,358f.; Plin. nat. praef. 16; Tac. ann. 1,42,1; 5,16,2; dazu jetzt umfassend und gegen das einseitige Verständnis als , Stam m 4 (OLD s.v. n o m e n 19; T. M o m m s e n , Römisches Staatsrecht III, Leipzig 18883, 608 Anm. 1) überzeugend auf Basis des M aterials aus dem T hesaurusArchiv G. P e r l , Nomen als organisatorischer Terminus, in: Panchaia. Festschrift für K. T h r a e d e , hrsg. von M. W a c h t , M ünster 1995, 160-168, hier 166L; daran anknüpfend, doch ohne Neues für vorliegende Stelle zu bieten, L. S c h w a r z , II fascino del ‘nom en’. Termine connotativo e organizzativo, Salesianum 58 (1996) 661-670, hier 668f. 31 Das n o m e n R o m a n u m sei bei Cannae beinahe untergegangen (2,16,16; im Zusam­ m enhang mit dem drohenden oder von Feinden beabsichtigten Untergang Roms auch Cic. Mur. 80; Catil. 3,19; 4,7; Ov. m et. 1,201; Liv. 6,2,2; 21,30,3 etc.; Flor, epit. 1,30), von Valerian der Lächerlichkeit bei den Barbaren preisgegeben wor­ den (mort. pers. 5,4). Insbesondere charakterisiert er Galerius gemäß dem üblichen Sprachgebrauch für äußere Feinde (so etwa Sali. Catil. 52,24; Liv. 2,35,7; 38,47,9; Veil. 2,27,1.) als ,feindlich dem n o m e n R o m a n u m i (mort. pers. 27,8). Sarkastisch nennt Laktanz nach dessen Selbstmord durch den Strick M aximian Ule R o m a n i n o m in is m a x im u s im p e r a to r (mort. pers. 30,6). K onstantin hingegen erscheint als Beschützer des n o m e n R o m a n u m (1,1,4). Vgl. N ic h o l s o n C iv ita s 23f. 32 Zum Motiv etwa R ehm U n terg a n g 9-32; W e r n e r 93-132; zur zeitgenössischen B etrachtung des römischen Niedergangs in der Spätantike D e m a n d t F all 44-70; umfassender Überblick zum Rombild bei F. K l i n g n e r , Rom als Idee, in: ders., Römische Geisteswelt. Essays zur lateinischen L iteratur, München 1965, 645-666, erstm als in: Die Antike 3 (1927) 17-34. 33 Vom Untergang des im p e r iu m spricht etwa Ps. Sali. rep. 5,3; 13,6; von Rom, das an seiner eigenen Größe zugrunde geht, Hör. epod. 16,If.; Prop. 3,13,60; Lucan. 1,70-72; Petron. 120 vers. 84f.; A nth. 462,5f.; Flor. epit. 1,47,6; von einer dro­ henden Eroberung beispielsweise Hör. epod. 7,9f. (P arther, unter dem Eindruck der Niederlage von Carrhae 53 v. Chr.); 16,10-14 (Inbesitznahm e durch siegreiche Barbaren); vgl. R ehm U n terg a n g 13f.; W e r n e r 93-102; B r a c h e r 250-261. 34 Vgl. allgemein V. P ö s c h l , Die römische Auffassung von der Geschichte, Gym­ nasium 63 (1956) 190-206, v.a. 193.202L; E. K o e s t e r m a n n , Das Problem der römischen Dekadenz bei Sallust und Tacitus, ANRW 1,3 (1973) 781-810; zu Li­ vius v o n H a e h l i n g 212f.; F. K l i n g n e r , Tacitus und die Geschichtsschreiber des

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steht eine vor allem in Augusteischer Zeit hervortretende Vorstellung von der göttlichen Zusage eines im p e r iu m sin e fin e (Verg. Aen. 1,279) und ei­ ner R o m a a e te r n a . 3 5 Doch kennt auch die Kaiserzeit den pessimistischen Blick auf die Gegenwart als Epoche des politischen (Monarchie als Ver­ fall) und kulturellen (Verfall der Beredsamkeit) Niedergangs.36 Aus dem R o m a a e te r n a - G e d a n k e n entwickelt sich später, auch im christlichen Den­ ken, die Vorstellung, dass auf das Ende Roms das Ende der Welt folgen müsse.37 Das jüdisch-christliche apokalyptische Schrifttum sieht dem Un­ tergang Roms zunächst mit Genugtuung entgegen,38 von Tertullian an er­ scheinen das Ende Roms und das Ende der Welt als nicht wünschenswertes Ereignis3940.So wertet auch Laktanz, wie die Parenthese h o r r e t a n im u s d ic e ­ re:40, die Ankündigung als u a s tita tis e t c o n fu sio n is [ ...] cau sa (25,11) und die späteren Ausführungen zum selben Thema (25,6-8) zeigen, den Un­ tergang des römischen Staates, dem er insgesamt loyal, aber im Einzelnen durchaus kritisch gegenüb er steht,41 als unheilvolles, aber auch unvermeidersten Jahrhunderts nach Christus, in: ders., Römische Geisteswelt. Essays zur la­ teinischen L iteratur, München 1965, 483-503, erstm als in: MH 15 (1958) 194-206. 35 Vgl. Liv. 4,4,4; 28,28,11; Überblick, weitere Belege und L iteratur bei R ehm 14f.; F uchs 36; 87f.; Zwierlein 47f.; M.D. D opico C ainzos, Le concept de 1naeternitas’ de Rome. Sa diffusion dans la société romaine, LEC 66 (1998) 259-279; für die Spätantike grundsätzlich V ittinghoff und F. P aschoud, Roma aeterna. Études sur le patriotism e romain dans l’Occident latin à l’époque des invasions, Neuchätel 1967. 36 Zusammenstellung des umfangreichen M aterials beispielsweise bei B r a c h e r 60106; 190-269. 37 Vgl. unten 25,6-8 und Kom m entar dazu; W e r n e r 103-132; K lein 64-73; erst Augustinus verbindet nicht mehr das Ende Roms und das Ende der Welt, dazu W e r n e r 133-153; Z w i e r l e i n 57-80. 38 Vgl. schon Dan 2,31-44; 7,19-26 für die Diadochenreiche, in der Rezeption auf Rom bezogen (siehe unten zu 16,1-4); für Rom dann etwa or. Sib. 3,175-195 (mit B u i t e n w e r f 184-190); 5,161.168-178; 8,9-159.165; 4 Es 5,3; ApcBar(syr) 39,5-7; Offb 14,8 (vgl. A u n e z . St.); 16,19; 17,16f.; 18,1-24; Victorin. Poetov. in apoc. 8,2; 13,2; Comm. apol. 925; 928; vgl. etwa B o u s s e t 77; F uchs 20f.; 62-73; 87-90 mit ausführlicher Diskussion des jüdischen und christlichen Belegmaterials; zur Geg­ nerschaft gegenüber Rom im Judentum M. H e n g e l , Messianische Hoffnung und politischer „Radikalismus“ in der „jüdisch-hellenistischen Diaspora“ , in: H ellholm 655-686, hier 669f. 39 Diese W andlung ist treffend herausgearbeitet bei B ousset 77-82; Näheres siehe unten zu 25,6-8. 40 Der pathetische Ausdruck wird sonst poetisch und rhetorisch rückblickend für schlimme Erinnerungen (6,17,7 recordari wie Ps. Quint, deci. 270,28; Verg. Aen. 2,12 meminisse , zitiert Plin. epist. 6,20,1; vgl. Liv. 2,29,4; C urt. 9,6,12; Stat. Theb. 8,108; Calp. deci. 10; Abscheu: Tac. hist. 4,58,5) oder unm ittelbare Befürchtungen (Liv. 2,37,6; Sen. Ag. 5; O ctavia 820) gebraucht. 41 So der Konsens in der jüngeren Forschung, umfassende Zusammenstellung der Be­ lege und Forschungsgeschichte bei W i n g e r 520-531, dort auch zu Loi, dessen Zu­ sammenstellung allen M aterials über die Bewertung römischer Wertbegriffe ( Valori 67-84: „Polemica antirom ana“ , 84-131 „Adesione di Lattanzio agli ideali della ‘Ro-

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liches Geschehen. Als te s tim o n ia d iu in a für den kommenden Untergang Roms führt Laktanz 15,18 die Sibyllenorakel und 15,19 in einer mit der hier gebrauchten übereinstimmenden Formulierung die Hystaspesapokalypse an. (2) D ie R ü c k k e h r d e r H e r r s c h a ft v o m O k zid e n t in d en O rie n t, d ie U n­ te rw e rfu n g des O k zid e n ts u n te r d en O rie n t: O rie n s und o ccid en s stellt Laktanz zwar bereits 2,9,5 in einer Darlegung der göttlichen Schöpfungs­ ordnung dualistisch gegenüber. Die an Rom geübte Vergeltung und die Rückkehr von Macht und Reichtum in den Orient erscheint aber als fe­ stes Motiv42 sowohl in den Sibyllenorakeln43 als auch in , Widerstandsora­ keln ‘44, wie sie vor allem im zweiten und ersten vorchristlichen Jahrhundert als Mittel antirömischer Propaganda anlässlich des römischen Ausgreifens im Orient Verwendung finden45. Für die Zeit des jüdischen Krieges (66 70 n. Chr.) ist mehrfach eine Weissagung bezeugt und als Grund für den Aufstand genannt, wonach der Orient wieder die Vormacht erringen und ein (los. bell. lud. 6,312-314)46 oder mehrere (Tac. hist. 5,13,2; Suet. Vesp. 4,5; vgl. Oros. hist. 7,9,2) Machthaber aus Judäa über die Welt herrschen werde.47 Aus demselben Zeitraum sind freilich auch andere vergleichbare

42 43

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45 46 47

m anitas’“) noch immer wichtig, dessen Urteil ( Valori 131f.: Laktanz entwickle sich im Lauf seines Lebens und in seinen Werken vom Gegner des römischen Staates zu dessen U nterstützer) aber überholt ist. Aus neuerer Zeit sind im Sinn der oben zi­ tierten Position beispielsweise zu nennen: Inglebert 140L; N icholson Civitas 23f. (siehe unten 573); H eck/ S chickler 26 Anm. 21. V. Zarini, Lactance et Rome au livre V des Institutions divines, in: B. G ain/G. N auroy (éds.), C hartae caritatis. Études de patristique et d ’A ntiquité tardive offertes à Y .-M . D uval, Turnhout 2004, 69-81, betont im Anschluss an Inglebert (117-144) die biblische Grundlage des Laktanz und eine daraus sich ergebende Distanz, die aber keine Feindschaft sei, bezieht sich dabei aber vor allem auf das Geschichtsbild im fünften Buch. F uchs (32) nimmt an, dass auch schon in der Vorlage des Laktanz der Untergang Roms „durchaus als unheilvoll gegolten“ habe und denkt insbesondere an die Hystaspesapokalypse. Doch unterschätzt F uchs (hier wie öfter) die Eigenständigkeit des Laktanz. Die negative W ertung dürfte auf ihn zurückgehen. Umfassend analysiert W indisch 53-70. Insbesondere or. Sib. 3,350-355; 4,145-148. Nach K ippenberg ( Orient 44-47; ähnlich B uitenwerf 222f.) äußert sich darin Romfeindschaft von einem , ge­ sam tvorderasiatischen4 (44) Standpunkt aus, die nicht von traditionalistischaristokratischen Schichten, sondern wegen des unerträglichen Tributregim es der publicani von den Bürgern der von den Römern im Osten unterworfenen Gebiete ausgeht. Loreto (466-477) hingegen sieht darin keine prim är antirömische Hal­ tung, sondern eine Überzeugung von der historischen Notwendigkeit des Untergangs und Herrschaftsübergangs. G auger 406-408. Überliefert Phleg. Mir. 3,1-14 (FGrHist 257 F 36 III); G auger 418-423. Auf Christus bezogen Heges. 5,44; Eus. h.e. 3,8. Dazu etwa G auger 408-411. Nach K ippenberg ( Orient 40-44) handelt es sich um eine jüdische W eiterentwicklung jenes in den Sibyllenorakeln belegten Vergel­ tungsschemas.

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Herrschaftsprophezeiungen überliefert.48 Seit WlNDlSCH nimmt man an, dass Laktanz hier noch Aussagen der Hystaspesapokalypse wiedergibt,49 die in die Reihe der Widerstandsorakel aus den ersten vorchristlichen Jahr­ hunderten oder aus der Zeit der Partherfeldzüge Trajans gehöre (siehe oben 54f.). Jedoch ist eine Abhängigkeit von der Hystaspesapokalypse nicht mit letzter Sicherheit zu beweisen,50 denn der Gedanke des dem Orient die­ nenden Okzidents findet sich in den Sibyllenorakeln,51 der Übergang der Herrschaft nach Asien ergibt sich aus dem 16,3 Geschilderten, das wieder­ um auf christlicher eschatologischer Tradition fußt.52 horret animus dicere: Wie 6,17,7), vergilisch (Aen. 2,12), in Prosa seit Liv. 28,29,4 (vgl. ThLL VI,3 2981,26ff.). 15,12—19 N otw endigkeit, dass R om untergeht: In geschickter Argumentation begründet Laktanz, schonend durch den Rückgriff auf bekannte Deutungsmuster (vgl. F uchs 88), die schockie­ rende (so seine Parenthese 15,11) Ankündigung vom Untergang Roms nun als eine zwingende (§ 12 nec m ir u m cu iq u a m d eb et u id e r i) Folgerung aus Vernunfteinsichten und Prophezeiungen von großer Autorität: 1. Der unausweichliche Untergang Roms wird durch drei Syllogismen hergeleitet: (a) allgemein weit gesetzlich: Rom ist Menschenwerk, Menschenwerk vergeht, also vergeht Rom (§ 12). (b) historisch weit gesetzlich: Alle großen Weltreiche sind vergangen, auch Rom ist ein Weltreich, also vergeht Rom (§ 14). 48 Tac. hist. 4,54,2: Weissagung von Druiden, gemäß derer der Brand des Kapitols im Jah r 68 den Übergang der Herrschaft an die T r a n sa lp in a e g e n te s einleitet. Suet. Galba 9,2: Galba bem üht sich um den Thron aufgrund einer alten Weissagung, dass ein Spanier zum Herrscher der Welt würde; von einer ähnlichen Prophezeiung über einen Punier spricht Hist. Aug. Pese. 8,3. 49 Siehe unten zu 15,19, v.a. 442. 50 Schon van R ooijen—D ijkman (177f. Anm. 33) warnt berechtigterm aßen vor ein­ seitiger Festlegung auf die Hystaspesapokalypse. 51 Zu o r ie n s d o m in a b itu r a tq u e o ccid en s s e r u ie t etwa or. Sib. 3,354f. δσσοι δ’ εξ 5Ασίης Ιταλών δόμον άμφεπόλευσαν, / είκοσάκις τοσσοϋτοι εν Άσίδι θητεύσουσιν. Zwar meint Laktanz 15,18 offenbar eine andere Sibyllenpassage als or. Sib. 3,350-355, nämlich or. Sib. 5,155-161, wie W in disch (51) einwendet, aber die Tatsache, dass Laktanz 15,18 nicht wörtlich zitiert und von m ehreren S ib y lla e spricht, lässt die Möglichkeit offen, dass er auch schon 15,11 mehrere Sibyllenpassagen vor Augen hat. 52 Kein unüberwindliches Hindernis dafür, hier eine W iedergabe der Hystaspesapoka­ lypse anzunehmen, stellt wiederum die Tatsache dar, dass Laktanz 15,19 zwar den Untergang Roms, nicht aber die Rückkehr der Herrschaft als Inhalt der H ystaspesa­ pokalypse zuschreibt: Der ganze A bschnitt 15,12-19 (siehe Kom m entar dazu) dient dazu, den Leser mit dem kommenden Untergang Roms vertraut zu machen. Diese Aussage steht also im M ittelpunkt. Dass dam it ein Übergang der Herrschaft in den Orient einhergeht, gehört schon zu den ab 16,1 ( q u o m o d o a u te m id fu t u r u m s it . . . ) geschilderten Einzelheiten.

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(c) auf Grundlage einer von einer Autorität (Seneca) übernomme­ nen Analogie von historischer und weltgesetzlicher Entwicklung: Roms geschichtliche Entwicklung gleicht einem Menschenleben, ein Mensch stirbt, also vergeht Rom (§§ 15-17a). 2. Der Untergang Roms wird durch drei Zeugnisse aus autoritativer Mantik belegt: (a) ungenannte p r o p h e ta e ohne klare Erwähnung Roms (§ 17b) (b) die Sibyllen unter Erwähnung Roms und Angabe von Gründen (§ 18) (c) Hystaspes unter Erwähnung Roms und weit vor dessen Grün­ dung (§ 19) Diese Argumentation greift nur das Ende Roms auf, nicht aber die 15,11 ebenfalls angekündigte Rückkehr der Herrschaft nach Asien. Tatsächlich wird Rom in der folgenden (16,1 - 26,7) Schilderung der Endzeitereignisse (25,7f. gehört nicht zum Ablauf) nicht mehr erwähnt. Das Zentrum des Geschehens liegt im Osten, wie 16,1-3 und 17,2 erahnen lassen. Auffallend ist das Fehlen jeglicher Polemik (auch nicht gegen eine R o m a a e te r n a - Idee, wie LÜh r , 23, meint), die Argumentation arbeitet sachlich und vernünf­ tig die Notwendigkeit heraus, dass auch Rom untergehen muss. Darin und in der Anknüpfung an zentrale Topoi römischen Selbst- und Geschichts­ verständnisses (§ 12 Leistungen in der römischen Geschichte nach Vergil und Cicero; § 13 Größe Roms unter den Weltreichen; Gesamtschau römi­ scher Geschichte im Lebensaltervergleich §§ 14-17) sowie in den te s tim o n ia d iu in a (§§ 17-19) stellt sich Laktanz auf Leser ein, die einer auch religiös begründeten Rom-Idee anhängen. 15,12 nec m iru m cu iq u am d e b e t uideri: Nachklassische Formel, vgl. Apul. apol. 56,1 e tia m n e cu iq u a m m ir u m u id e r i p o te s t ... ? Diet. 5,17; Mar. Victorin. rhet. 1,3 p. 167,15. reg n u m . . . co n firm atu m : Sicher nach Verg. Aen. 1,33 ( ta n ta e m o lis e ra t R o m a n a m co n d ere g e n te m .), da m o le s hier wie bei Vergil die Schwie­ rigkeit der Unternehmung (ThLL VIII 1340,13ff.), sonst bei Laktanz die (unbewegliche) Masse bezeichnet (etwa 1,1; 1,3,2 ta n ta e m o lis g u b e rn a c u ­ lu m s u s tin e r e ; 3,20,14) und da der ganze sz-Satz das Thema der Aeneis und insbesondere der Heldenschau (Aen. 6,756-853) aufnimmt, nämlich Entstehung und Erstarken Roms durch die Taten vieler bedeutender Män­ ner. Zu ta m d iu p e r to t e t ta le s u iro s a u c tu m aber insbesondere auch Cic. rep. 2,2 (zitiert unten zu 15,13 c e te r is o m n ib u s . . . ). Die Leistungen der großen Römer sind für Laktanz hier aber nur c a p ta tio b e n e u o le n tia e und argumentativer Ausgangspunkt. Entscheidend ist der folgende Gedanke, dass es sich um M e n s c h e n werk handelt, woraus er anschließend dessen Vergänglichkeit begründet.

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K om m entar

nihil est . . . mortalium: Der Gedanke allgemein nach Cicero (siehe oben zu 11,5 n ih il e n im T u lliu s ... ). Auch die , Sterblichkeit/ von Staaten wird in der antiken Geschichtsbetrachtung erwogen, so etwa Thuk. 2,64,3 (Pe­ rikies über Athen); Plat. rep. 546a (der Idealstaat); Polyb. 38,22 (Scipio äußert angesichts des brennenden Karthago) καί πόλεις καί έθνη καί δφχας απάσας δει μεταβαλεϊν ώσπερ ανθρώπους δαίμονα. Hemina hist. 24 quae n a ­ ta s u n t, ea o m n ia d e n a sc i a iu n t. Sali. Iug. 2,3 o m n ia q u e o rta o c c id u n t e t a u c ta se n e s c u n t. Sen. epist. 71,13-15; vgl. M. R u c h , Le thème de la croissance organique dans la pensée historique des Romains, de Caton à Florus, ANRW 1,2 (1972) 827-841; D e m a n d t F all 46; C a n c i k 108-111. Ein Zusammenhang mit dem möglichen Untergang Roms wird Ps. Sali, rep. 5,2 und später öfter ( se n e c tu s R o m a e , siehe unten zu 15,16 c o n se n u ­ i t , zur Geschichte des Motivs A. D e m a n d t , Metaphern für Geschichte. Sprachbilder und Gleichnisse im historisch-politischen Denken, München 1978, 37ff.; siehe auch unten 15,17 und zu 15,14-17) hergestellt. 15,13 et A egyptios . . . ad Rom anos quoque rerum sum m a peruenit: Die Abfolge von Weltreichen ist ein bekanntes Schema in der paganen und der jüdisch-apokalyptischen Literatur:53 1. Spätestens seit der ausgehenden Republik übernimmt die römische Geschichtsschreibung aus hellenistischen Vorlagen das Schema Assyrer, Meder, Perser, Makedonen und Römer,54 so Aemilius Sura (bei Veil. 1,6,6), in ähnlicher Formulierung wie bei Laktanz: du obu s regi­ bus P h ilip p o e t A n tio c h o [ ...] d e u ic tis su m m a im p e r ii a d p o p u lu m

R o m a n u m p eru en it.

2. Ausgangspunkt für den Gedanken Weltreichsabfolge in der jüdischchristlichen Literatur ist das Danielbuch: Zum einen ist im Traum Nebukadnezzars (Dan 2,31-45) von vier Weltreichen die Rede, die Metallen zugeordnet sind, am Ende steht das Gottesreich, zum an­ deren wird Daniels Vision von den vier Tieren gedeutet auf vier Rei­ che, deren letztes ein Reich der Unterdrückung ist und denen das 53 Überblick bei van R o o i j e n - D i j k m a n 108, M azza 1-42; C a n c i k 107f.; J. W ie s e h ö f e r , ,Weltreiche, W eltreichsidee‘, DNP 12/2 (2002) 459-463, und ders., The Medes and the Idea of the Succession of Empires, in: Continuity of Empire (?). Assyria, Media, Persia, edited by G. L a n f r a n c h i [u . a.], Padova 2003, 391-396, jeweils mit weiterer L iteratur. Zum Zusammenwirken der paganen und der jüdisch­ christlichen Vorstellung vgl. S. d e B o e r , Rome, the Translatio im perii’ and the E arly-C hristian Interpretation of Daniel II and VII, RSLR 21 (1985) 181-218. 54 Vgl. Dion. Hal. ant. 1,413-417; Tac. hist. 5,8,2; App. praef. 9; Aristid. or. 26,91; lust. 12,16,5; 15,4,10; 41,1,1-7; auch or. Sib. 4,49-124; O. S e e l , Eine römische Weltgeschichte, Nürnberg 1972; L ü h r 24-28; J. W i e s e h ö f e r , Vom „oberen Asien“ zur „gesamten bewohnten W elt“ . Die hellenistisch-römische W eltreiche-Theorie, in: M. D e l g a d o , K. K o c h , E. M a r s c h (Hrsg.), Europa, Tausendjähriges Reich und Neue Welt. Zwei Jahrtausende Geschichte und Utopie in der Rezeption des Danielbuches, Freiburg Schw eiz/Stuttgart 2003, 66-83, mit weiterer L iteratur.

15,13

423

Gottesreich folgt (Dan 7,1-28). Nur das erste Reich ist ausdrücklich mit dem babylonischen identifiziert (Dan 2,38), mit den weiteren sind wohl Medien, Persien und Griechenland gemeint55. Erweiterte Reihen finden sich dann etwa in den O ra cu la S ib y llin a .56. Schon vor Laktanz fließen in der lateinischen Patristik beide Traditionen zusammen: Tertullian (nat. 2,17,18) zählt Assyrer, Meder, Perser, Ägypter und Römer auf, anders als bei Laktanz fehlen also die Griechen. Alle auch bei diesem genannten Reiche bietet hingegen Minucius Felix (25,12: Assyrer, Meder, Perser, Griechen, Ägypter), der hier die Vorlage sein könnte. Dennoch unterscheidet sich Laktanz in zwei Gesichtspunkten von diesen: ··

1. Während bei Tertullian und Minucius Felix der Hinweis auf die vom wahren Gott gewollte Abfolge der Weltreiche die religiöse Begrün­ dung römischen Herrschaftsanspruchs widerlegen soll, geht es bei Laktanz um das Ende Roms57. 2. Während die Anordnung bei Tertullian und Minucius Felix, wenn man die Ägypter mit den Ptolemäern identifiziert, chronologisch zu verstehen ist, kann sie bei Laktanz nicht der geschichtlichen Abfol­ ge entsprechen. Wenn Laktanz nicht die Assyrer und Ägypter sei­ ner Vorlage Minucius Felix schlichtweg verwechselt, sondern bewusst neben die Römer gestellt hat, stehen dahinter vielleicht Erwägun­ gen wie später bei Augustin (civ. 18,2), nach denen römisches und assyrisches Reich die bedeutendsten der Geschichte seien und das assyrische Babylon das erste Rom, oder auch die Synchronisation des Endes des Assyrerreiches mit der Gründung Roms, wie sie En­ nius vornimmt58. Eine bessere Binnenklausel ist keine hinreichende Erklärung für eine absichtliche Vertauschung der Reihenfolge.59 55 Dazu etwa J.E. S t a n l e y , The Use of the Symbol of Four World Empires to Inspire Resistance to or Acceptance of Hellenism in Daniel 2, David 7, 4 Ezra 11-12, Reve­ lation 13, and antiquities of the Jews. Insights from the sociology of knowledge and sect analysis, Diss. Denver 1986; R.G. K r a t z , Translatio imperii. Untersuchungen zu den aramäischen Danielerzählungen und ihrem theologiegeschichtlichen Umfeld, Neukirchen-Vluyn 1991, 197-255; C ollins Daniel 166-170; D. B a u e r , Das Buch Daniel. NSK AT 22, S tu ttg art 1996, 77-91. 56 So or. Sib. 3,158-161: Ägypter, Perser, Meder, Äthiopier, Assyrer, Makedonen, Ägypter (Ptolem äer), Römer; 8,6-8: Ägypter, Perser, Meder, Assyrer, Makedonen; 11,19-314. Vgl. B u i t e n w e r f 177f. 57 Wie or. Sib. 4,145-192: Übergang der Herrschaft nach Asien; or. Sib. 8,14ff.: Strafe G ottes für Rom; angedeutet Dan 2,44; 7,26f., wo auf das letzte Reich die G ottes­ herrschaft folgt. 58 Enn. ann. 501 mit C. T r i e b e r , Die Idee der vier Weltreiche, Hermes 27 (1892) 321344, hier 327; 336; J. S w a i n , The theory of the four monarchies, C Ph 25 (1940) 1-35, hier 3. 59 Von HARTKE (354 Anm. 1) und L ü h r (23) angenommen. Doch auch mit Graecös et JEgyptiös ergäbe sich eine Klausel, ein Dikretikus. •·

··

K o m m e n ta r

Es kommt Laktanz jedenfalls hier nicht auf den geschichtlichen Verlauf, sondern auf einzelne Beispiele untergegangener Weltreiche an. Dement­ sprechend klingen weder der Gedanke einer Depravation an, wie er aus der Abfolge der Metalle von Gold zu Eisen im Danielbuch (vgl. Hier, in Dan. 1,2) deutlich wird, noch eine Übertragung der Herrschaft durch Gott (so Min. Fel. 25,12 deo d isp e n sa n te ] vgl. G oez 4-62). regim en [...] terrarum: Vgl. 1 praef. (des Tiberius).

reg im en te r ra e

4,12,20 (Christi); Val. Max.

qui quanto . . . tanto maiore decident lapsu: Je höher nun noch die Römer alle übrigen Völker überragen - c e te r is o m n ib u s (vgl. Apul. met. 8,2,1 und ThLL IX,2 615,21f.) regn is m a g n itu d in e a n tis ta n t (siehe oben zu 2,5 a n t is t e t ), ähnlich formuliert Cic. rep. 2,2 p r a e s ta r e n o stra e d u i t a t i s s ta tu m c e te r is d u i ta ti b u s , vgl. oben zu 15,12 regn u m ... -, desto tiefer wer­ den sie fallen (tautologisches d e c id e n t la p su , vgl. Cic. carm. frg. 6,30 la p su ta n d e m cecid ere u e tu s to ; Val. Max. 1,5,2 C a m illu s [ ...] su b ito la p su d e c id it ; ThLL VII,2 956,51ff.). Dass mächtige Reiche verfallen, ist Grundeinsicht der Geschichtsbetrachtung seit Herodot (1,5,4). Entsprechend findet sich der Gedanke, dass Rom auf dem Höhepunkt seiner Macht an eben dieser zugrunde gehe, so etwa Hör. epod. 16,2; Prop. 3,13,60; Petron. 120 vers. 84f.; Flor. epit. 1,47,6. quia plus . . . ceteris altiora: Ein Naturgesetz (die Allgemeingültigkeit ist hier durch Neutrum Plural betont), dass etwas zu Großes oder Mäch­ tiges instabil werde, wird öfter formuliert und in den politischen Bereich übertragen, so beispielsweise Sen. dial. 10,4,1; Oed. 909L; Ag. 87-89; vgl. dial. 6,23,5 in d ic iu m im m in e n tis e x itii n im ia m a tu r ita s e s t; a d p e tit fin is ubi in c r e m e n ta c o n su m p ta su n t. Der hier nur angedeutete Gedanke, dass Rom an seinem eigenen ,Gewicht‘ leide oder zugrunde zu gehen drohe, wird auch direkt ausgesprochen, so etwa Liv. praef. 4 res (der Gegenstand des Werks, also die Geschichte Roms, vgl. v o n H a e h l i n g 212 Anm. 92) e s t p r a e te r e a e t in m e n s i o p eris, u t quae su p ra s e p tin g e n te s im u m a n n u m re ­ p e ta tu r e t quae ab ex ig u is p ro fe c ta in itiis eo c re u e rit, u t ia m m a g n itu d in e la b o ret sua. Sen. dial. 2,2,2 C a to [ ...] a d u e rsu s u itia d u i t a t i s d e g e n e ra n ­ tis e t p e s s u m su a m o le s id e n tis s t e t i t ; Lucan. 1,70-72 su m m isq u e n e g a tu m / sta re diu n im io q u e g ra u es sub p o n d e r e l a p s u s / nec se R o m a f e r e n s ; Anth. 462,5f. (Seneca zugeschrieben) R o m a , / quae tu n c p a e n e su o p o n ­ d e r e la p s a r u it.

15,14—17 Der Lebensaltervergleich: Laktanz referiert einen Vergleich der römischen Geschichte mit den ein­ zelnen Altersstufen im Leben eines Menschen (§§ 14-16) und begründet damit, warum am Ende der Tod Roms stehen müsse (§ 17). Dieser Le-

15,14

425

bensaltervergleich - der älteste von vier erhaltenen1 - ist die vielleicht bekannteste und am meisten diskutierte Passage im siebten Buch.2 Um­ stritten sind die Quelle des Vergleichs, sein Umfang und die Wiederga­ betreue des Laktanz sowie die Zuordnung der historischen Ereignisse und Epochen zu den einzelnen Lebensaltersstufen. (1 ) Q u elle

Laktanz schreibt den nur bei ihm überlieferten Lebensaltervergleich „Sene­ ca“ (§ 14) zu. In der Forschung ist umstritten, ob Laktanz sich auf ein nicht erhaltenes Werk des Jüngeren Seneca bezieht oder auf die ebenfalls ver­ lorenen H is to r ia e des Älteren.3 Zugunsten des J ü n g eren Seneca4 werden vor allem folgende Gesichtspunkte angeführt: 1. Man denkt bei der Angabe „Seneca“ zwangsläufig zunächst an den Jüngeren. Wenn Laktanz sich auf den Vater berufen wollte, hätte er dies deutlich machen müssen.5 Auch ist ausgeschlossen, dass ein gebildeter Autor wie Laktanz beide verwechselt. 2. Laktanz zitiert sehr häufig aus Werken des Sohnes6 - auch aus ver­ lorenen, er kennt also mehr, als überliefert ist -, nie aber aus denen des Vaters7. 3. Der Lebensaltervergleich passt sprachlich8 und gedanklich9 zum Jün­ geren Seneca. Er könnte bei ihm als Exkurs gestanden haben.10 Gewichtiger sind jedoch die Gründe für eine Zuweisung an den

Ä lte r e n

1 Flor. epit. 1 praef. 4-8; Amm. 14,6,3-6; Hist. Aug. Car. 2,1 - 3,1. W achstums- und Lebensalterm etaphern sind in der antiken G eschichtsbetrachtung ein ganz geläu­ figes D arstellungsm ittel, so findet sich beispielsweise auch Cic. rep. 2,3 eine Bio­ graphie Roms bis bis zum M annesalter; für Weiteres die L iteratur bei H ä u s s l e r Neues 191, zu ergänzen A l o n s o - N u n e z . 2 W ichtig insbesondere H ä u s s l e r , der seine 1964 veröffentlichten Ansichten {Le­ bensaltervergleich 314-317) 1984 (Neues) bedachtsam revidiert, und L ü h r (2831) mit seiner umsichtigen Zusammenstellung alles Wesentlichen, ferner A l o n s o N u n e z (8-13) und H e l d m a n n (225-229). 3 Überblick, auch zur hier nur punktuell berücksichtigten älteren Forschung HRR II CXVIIIf.; A r c h a m b a u l t 196-198; v a n R o o i j e n - D i j k m a n 109; L a u s b e r g Seneca 3 mit Anm. 10 und Überblick 1957 mit Anm. 295; T r i l l i t z s c h 141-143; V o t t e r o 78. 4 Für diesen neben vielen anderen etwa K l o t z 441, bekräftigt BPhW 49 (1909) 1531; H ö h n 43; H a r t k e 395; K ü h n e n 78 mit Anm. 1; V i t t i n g h o f f 559 Anm. 1; H ä u s s l e r Lebensaltervergleich 315f.; G r i f f i n Eider Seneca und Seneca 194197.201; O g i l v i e 74; D e m a n d t Fall 46f. Anm. 2; H e l d m a n n 225. 5 Zur Geschichte dieses Argum ents H ä u s s l e r Neues 1 8 4 . 6 Übersicht B r a n d t II 263f., zur W ertung T r i l l i t z s c h 130-143. 7 So beispielsweise K lotz 440f. 8 So beispielsweise H a r t k e 395 (nach ihm etwa v a n R o o i j e n - D i j k m a n 109), siehe aber unten zu § 15 quibus se ipsa confecit und 427 Anm. 18. 9 Dazu vor allem G r i f f i n Seneca 194-201, siehe aber unten 427 mit Anm. 19. 10 So e t w a K ü h n e n 8 5 f .

426

Kommentar

Seneca11. Die Haupt argument e, die für den Jüngeren angeführt werden, sind nicht stichhaltig: 1. Es ist zu modern gedacht, dass Laktanz ausdrücklich etwas hinzu­ setzen müsse, um der möglichen Verwechslung zwischen dem Vater Lucius Annaeus Seneca und seinem gleichnamigen Sohn vorzubeu­ gen. Eine solche Klärung wäre weder nach den antiken Zitiergepflo­ genheiten gefordert,12 noch ist eine ab grenzende Bezeichnung für den Älteren Seneca gebräuchlich: Beide werden als Seneca zitiert.13 Übri­ gens liefe eine solche ungewöhnlich genaue Differenzierung auch der Intention der Namensnennung an dieser Stelle zuwider: Es geht ja nicht um die möglichst exakte Zuweisung, sondern um die Autorität des klangvollen Namens. 2. Es besagt nichts, dass Laktanz ansonsten nur den Jüngeren Seneca zitiert. Die Vermutung liegt durchaus nahe, dass Laktanz aus seiner Zeit als Lehrer der Redekunst Schriften des Älteren kennt, zumal beide Cicero als klassisches Vorbild schätzten.14 Das spricht gegen die mehrfach vermutete15 Verwechslung von Vater und Sohn, ohne sie völlig auszuschließen. Zu beiden Möglichkeiten jedenfalls passt, dass Laktanz das Zitat offensichtlich mit eigenen Worten und mög­ licherweise aus dem Gedächtnis wiedergibt.16 3. Der Lebensaltervergleich ist nicht wirklich schlüssig mit dem Werk des Jüngeren in Zusammenhang zu bringen.17 Insbesondere ergibt 11 F ür diesen neben vielen anderen etwa C a s t ig l io n i 455 u.ö.; R i c h t e r 302f.310f.; D ö r r i e 494f.; P. J a l , La guerre civile à Rome. Étude littéraire et morale, Paris 1963, 244; A. G a r z e t t i , Floro e l ’e tà adrianea, A thenaeum 42 (1964) 136-156, hier 148L; I. H a h n , Appien et le cercie de Sénèque, AAntHung 12 (1964) 169-206, v.a. 174-177; A r c h a m b a u l t 195; D e m a n d t Zeitkritik 119 Anm. 114; A. M o m i g l i a n o , Contributo alla storia degli studi classici e del mondo antico IV, Roma 1969, 242; L a u s b e r g Seneca 3 Anm. 10; T rillitzsch 141-143; L ü h r 30; B occiol ini P alagi 220; F a i r w e a t h e r 16; A l o n s o —N ùn e z 9-11; H ä u s s l e r Neues 184-186; L a u s b e r g Überblick 1957L; V o t t e r o 78; C a n f o r a 163. 12 So H ä u s s l e r Neues 184f. mit Verweis auf Cic. de orat. 2,142, wo Cicero als Cato nicht, wie sonst, den Censor, sondern dessen Sohn zitiert. 13 So beispielsweise Quint, inst. 9,2,41 der Vater, 9,2,8 der Sohn, vgl. T rillitzsch 143; B occiol ini P alagi 220-222. 14 Quintilian zitiert den Älteren Seneca (inst. 8,3,31; 9,2,41.98); zu dessen Hochschät­ zung Ciceros, vgl. contr. 1 praef. 6; suas. 6,17; G. C a l b o l i , DNP 11 (2001) 411. 15 So etwa C a s t i l g i o n i 474f. Anm. 1; D ö r r i e 495; S u s s m a n 141; T rillitzsch 143. 16 Dazu im folgenden P unkt (2). Beim Jüngeren Seneca, der wohl insgesamt leichter verfügbar ist, müsste das Fehlen eines wörtlichen Zitates mehr verwundern. 17 Man muss zwar nicht so weit gehen wie A l o n s o - N u n ez (9), der dem Jüngeren den Lebensaltervergleich schon deswegen abspricht, weil für diesen kein Geschichts­ werk belegt sei. Nichtsdestoweniger liegt ein solches als Rahm en näher als eine (moral)philosophische Schrift, zumal eine W eiterführung bis in die Gegenwart des Jüngeren Seneca fehlt.

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sich weder eine sprachliche Parallele, die auf diesen hinwiese,18 noch fügt sich der Lebensaltervergleich völlig glatt in seine ansonsten aus­ gedrückte politische Haltung19. Zudem sprechen folgende Argumente für den Älteren Seneca: 1. Ins Werk des Älteren lässt sich der Lebensaltervergleich völlig plausi­ bel einordnen, nämlich in die Einleitung der verlorenen H is to r ia e 20. 2. Die Zuweisung an den Vater (55 v. Chr. - 39/40 n. Chr.) ergibt, wenn man die historische Perspektive bedenkt, ein stimmiges Gesamtbild: Der Lebensaltervergleich mündet in den Prinzipat und ist auf die Augusteische Zeit zugeschnitten.21 Der Schwerpunkt darin liegt auf den historischen Entwicklungen des zweiten und ersten vorchristli­ chen Jahrhunderts, also der Zeit, deren letzte bewegende Ereignisse der Vater miterlebt h at22 und auf die er in seinen H is to r ia e zurück­ blickt, die ab in itio b ello ru m c iu iliu m 23, also mit den Unruhen der Gracchenzeit (ab 133 v. Chr.)24, einsetzen. 3. Die politische Haltung, die im Lebensaltervergleich zum Ausdruck kommt, wenn der Prinzipat als Endpunkt eines Verfalls dargestellt wird, passt gut zu den resignierend-distanzierten Äußerungen des Vaters über die politischen Verhältnisse seiner Zeit.25 Die positive, 18 Bislang hat man (d. h. H a r t k e 395), so weit ich sehe, nur die unten (zu § 15 quibus se ipsa confecit) besprochene Parallele Sen. clem. 1,3,5 angeführt; auch die vom Jüngeren Seneca her kommenden Untersuchungen von K ü h n e n (77-86) und G r i f ­ f i n (Seneca 194-201) nennen keine wörtlichen Übereinstim m ungen zwischen dem Lebensaltervergleich und dem Jüngeren Seneca (belanglos in diesem Zusammen­ hang sind die unten zu § 15 uiribus suis . . . und § 16 bellis lacerata angegebenen Parallelstellen aus Seneca). Auch passt der Periodenbau (siehe unten 429 Anm. 33) stilistisch nicht recht zum Jüngeren Seneca. 19 So kommt G r i f f i n (Seneca 201, Hervorhebung im Original) nur zu dem vorsich­ tigen R esultat: „Seneca the philosopher could have been the author.“ Auch muss man, um den Jüngeren Seneca als Verfasser annehm en zu können, in B rutus (§ 16) den G ründer den Republik sehen, obwohl aller W ahrscheinlichkeit nach der Caes­ arm örder gemeint ist (siehe unten 433 Anm. 58). 20 Entsprechend aufgenommen als Fragment 1 der Historiae HRR II 91f. und L. Anneaus Seneca Maior, O ratorum et Rhetorum sententiae diuisiones colores, ed. L. H ä k a n s o n , Leipzig 1989, 374; zur Stellung in den Historiae vgl. C a s t i l g i o n i 460.472; F a i r w e a t h e r 16. 21 So selbst K lotz (441), der den Jüngeren Seneca für den A utor hält, ihm aber eine Quelle in Augusteischer Zeit zuschreibt. 22 Nach Sen. contr. 1 praef. 11 konnte er aufgrund des bellorum ciuilium furor, qui tunc orbem totum peruagabatur, Cicero nicht mehr persönlich hören; suas. 6f. haben Ciceros rhetorischen K am pf gegen M arcus Antonius zum Gegenstand. 23 Sen. frg. 9 9 H a a s e / 9 7 , 2 V o t t e r o . Zum Werk insgesamt S u s s m a n 1 3 7 - 1 5 2 . 24 Dazu jüngst C a n f o r a 165f., ältere Forschung bei H ä u s s l e r Neues 186 Anm. 12. 25 So lobt er beispielsweise contr. 2 praef. 3f. seinen Sohn Mela, weil dieser sich der Philosophie, und nicht, wie seine Brüder, der politischen Karriere widme, und be­ richtet contr. 10 praef. 4-8 voller E ntrüstung (contr. 10 praef. 6) von der als Strafe

Kommentar

aber ebenfalls von einer pessimistischen Grundhaltung geprägte Her­ vorhebung des Caesarmörders Brutus - unter seiner Führung habe Rom die Freiheit noch einmal verteidigt, dann aber verloren (§ 16)*26 - lässt sich damit sehr gut vereinbaren und steht umgekehrt in un­ überwindlichem Widerspruch zu des Jüngeren Missbilligung gegen­ über der Tat des Brutus27. (2 ) W ied erg a b etreu e

Formal zerfällt die Wiedergabe des Lebensaltervergleichs in zwei Teile: einen ersten in Oratio obliqua (§ 14) und einen zweiten in Oratio recta, der aber nicht als Zitat gekennzeichnet,28 sondern als Reproduktion in eigenen Worten zu verstehen ist (§§ 15f.). Eine solche Zitierweise hat in den D iu in a e in s titu tio n e s keine unmittelbare Entsprechung.29 Das Ende der Wiedergabe aus Seneca wird durch einen deutlichen Neuansatz (§ 17 qu odsi haec ita s u n t) markiert. Laktanz zieht die für seine Argumentation benötigte Folgerung aus dem Dargelegten, nämlich dass Rom schließlich auch sterben müsse. Die Formulierung des Lebensaltervergleichs wird in der Forschung all­ gemein Laktanz zugeschrieben, doch hält man einen sprachlichen Einfluss der Vorlage für möglich30 und schreibt die Einfügung einer Sallustreminiszenz (§ 15 su b la ta e n im C a rth a g in e . . . , dazu unten) teils Laktanz selbst31, teils schon Seneca32 zu. Demgegenüber ist auf der Basis der vorliegenden

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vollzogenen Verbrennung der (historischen?) Werke des T itus Labienus, eines frei­ mütigen (contr. 10 praef. 5 libertas tanta) und politisch missliebigen Redners der Augusteischen Zeit (Näheres bei P.L. S c h m i d t , DNP 6 [1999] 1033), die diesen in V erbitterung und Selbstmord trieb. Zur politischen H altung des Älteren Sene­ ca jetzt die Erlanger D issertation von C. S a f f e r l i n g . Vgl. auch die Einordnung des Lebensaltervergleichs in die Gedankenwelt des Älteren Seneca bei R i c h t e r (302f.310f.), H ä u s s l e r (Neues 186f.) und F a i r w e a t h e r (16 mit Anm. 56). Siehe unten 433 Anm. 58. Sen. benef. 2 , 2 0 , 1 - 3 , dazu überzeugend H ä u s s l e r Neues 1 8 5 f . Man würde in diesem Fall ein inquit erw arten (etwa 2,10; 2,2,14; nach anfänglicher Oratio obliqua 3,27,9) oder eine entsprechende Einleitung (etwa 13,3; 2,3,24). K ü h n e n (77f. Anm. 1) verweist zwar auf 1,14,10-12 und l,22,10f., wo Laktanz von der Oratio obliqua in direkte eigene W iedergabe wechselt, doch handelt es sich nur um einzelne Sätze. Texte vergleichbaren Umfangs werden andernorts wörtlich zitiert (etwa 6,8,7-9), längere durchgängig in O ratio obliqua (etwa 8,5f.; 1,6,7-12) oder in einem Wechsel aus kommentierender Paraphrase und direkter oder indirekter Rede (etwa 3,16,1-13) wiedergebeben. So träg t C a s t i g l i o n i (460-473) stilistische Erwägungen zusammen, aus denen her­ aus manche Formulierungen auch schon für den Älteren Seneca denkbar erscheinen sollten. So H a r t k e 3 9 3 - 3 9 5 . Er analysiert Koloneinteilung und Rhythm ik mit dem Ergeb­ nis, dass sich Laktanz durch das von ihm eingefügte Sallustzitat (§ 1 5 ) auch noch für § 1 6 „durch das Unrhythmische Sallusts anstecken“ ( 3 9 5 ) lasse. So K ü h n e n und G r i f f i n Seneca 197f. Nach K ü h n e n (80 Anm. 2) beachte Laktanz auch selbst nicht immer die Klausel. Zudem falle gerade § 16 ad alteram infantiam

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429

Ergebnisse festzuhalten, dass Laktanz den Lebensaltervergleich in durch­ gängiger Stilisierung33 und sprachlich sehr eigenständig wiedergibt: In des­ sen beiden Teilen, dem indirekt und dem direkt wiedergegebenen, finden sich Formulierungen, die zweifellos auf Laktanz zurückgehen34. Diese sind verflochten mit Anklängen an Livius35, Sallust36 und Cicero37, die somit auch von Laktanz und nicht aus der Vorlage stammen. Insgesamt führen das Fehlen eines kenntlich gemachten wörtlichen Zitates aus Seneca, die Selbständigkeit in der sprachlichen Gestaltung und die Anklänge an an­ dere Schrift stellt er mit Autorität in historischen Fragen zu der Annahme, dass Laktanz den Lebensaltervergleich nicht direkt zitieren konnte und ihn aus dem Gedächtnis oder nach einer zusammenfassenden Zwischenquelle wiedergibt.38 Durch die Anlehnung an andere Autoren, aus der sich ei­ ne Übereinstimmung mit der Tendenz römischer Geschichtsbetrachtung in den angesprochenen Punkten ergibt, ersetzt er gewissermaßen die Beleg­ autorität eines wörtlichen Zitats. Dass Laktanz den Lebensalt er vergleich inhaltlich seiner Quelle entspre­ chend wiedergibt, wird man dennoch im Einklang mit der herrschenden

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34 35

36 37 38

reuoluta die unreine heroische Klausel auf eine erwiesenermaßen (opif. 10,14) laktanzische Formulierung. Der Einfluss des Sallust Anfang § 15 sei nicht allzu groß und könne schon bei Seneca Vorgelegen haben. Auffällig ist der system atische und weitgehend parallele Aufbau der beiden Pe­ rioden sublata enim . . . confecit (§ 15) und amissa enim . . . niteretur (§ 16): Zunächst zieht ein m it enim angeschlossener A blativus absolutus das Resümee der vorher geschilderten Ereignisse (sublata enim Carthagine und amissa enim liber­ tate). Davon hängt ein Relativsatz ab (quae . . . fu it und quam . . . defenderat ). Es folgt der H auptsatz, der die neue Entwicklung schildert (m anus . . . porrexit und ita consenuit). Ein davon abhängiger Nebensatz beschreibt den weiteren Verlauf ( donec . . . uteretur und tamquam . . . ualeret). Ein Nebensatz zweiter Ordnung hält schließlich die bleibenden Konsequenzen fest (quibus . . . confecit und nisi . . . niteretur). Siehe unten zu § 14 tum denique . . . ; § 15 m anus suas . . . ; imperio subiugatis\ § 16 regimen . . . ; ad alteram . . . Siehe unten zu § 14 sub [...] regibus . . . ; adulta; legibus . . . ; tum denique . . . ; § 15 bellorum . . . ; quibus se . .. Insgesamt zur Liviusrezeption im Lebensaltervergleich H e l d m a n n 225-229. Siehe unten zu § 14 sub [...] regibus . . . ; § 15 sublata enim . . . ; regimen . . . Vgl. auch R i c h t e r 310 mit Anm 51. Siehe unten zu § 14 disciplinis . . . ; legibus . . . ; § 16 regimen . . . Die anderen möglichen Erklärungen dieses Befundes sind weniger wahrscheinlich: W äre der Lebensaltervergleich zu umfangreich für eine vollständige W iedergabe in Oratio recta oder obliqua gewesen, h ätte Laktanz doch Entscheidendes (etwa Roms senectus) wörtlich zitieren, ansonsten paraphrasieren können (siehe auch oben 428 Anm. 29). Die Paraphrase ist auch kaum zu dem Zweck gesucht, die Reminiszen­ zen an andere Autoren unterzubringen: W ären Laktanz die pessimistischen Züge im Geschichtsbild des Sallust und des Livius wichtig, h ätte er m it größerer argum en­ tativer W irkung darauf ausdrücklich verweisen können. Dass schließlich Senecas W ortlaut Laktanz in seiner stilistischen Q ualität so wenig zitabel erschien, dass er sich zur Paraphrase genötigt sah, kann m an ausschließen.

Kommentar

Forschungsmeinung39 annehmen können.40 Kaum wird erst Laktanz eine ursprünglich enthaltene Rückkehr in die Jugend gestrichen haben:41 Auf einen wie auch immer nicht-linear angelegten Lebensaltervergleich hät­ te Laktanz vernünftigerweise nicht zurückgegriffen, auch nicht nach (un­ geschickter, wie H ahn meint) Manipulation. Gegen inhaltliche Eingriffe durch Laktanz spricht zudem, dass Laktanz erstens den Lebensalterver­ gleich viel detaillierter wiedergibt, als es für seine Argumentation nötig wäre,42 und dass zweitens der Lebensaltervergleich deutlich den Untergang der Republik in den Mittelpunkt rückt und weit vor der Zeit des Laktanz endet43. Offensichtlich soll mit der Autorität Senecas und aufgrund des­ sen plausibler Geschichtsanalyse belegt werden, dass der Untergang Roms auch gemäß paganem Denken notwendig ist. Diese argumentative Funk­ tion kann der von Laktanz wiedergegebene Lebensaltervergleich aber nur dann erfüllen, wenn er im Wesentlichen dem Original entspricht. Berechtigt hat man also angenommen,4445 dass der Tod Roms (§ 17) auch in der (pessimistischen) Vorlage präsent war. Die Zuweisung der hi­ storischen Ereignisse zu den einzelnen Phasen dürfte Laktanz getreu seiner Quelle, vielleicht aber gekürzt und an die Anschauungen anderer Autoren angeglichen wiedergeben. (3 ) H is to r is c h e Z u o rd n u n g

Der vorliegende Vergleich der römischen Geschichte mit den Entwicklungs­ phasen eines Menschen basiert auf den fünf geläufigen Lebensaltersstufen in fa n tia , p u e r itia , a d u le sc e n tia , iu u e n ta s 45 und s e n e c tu s , 4 6 Im Rahmen des 39 Vgl. etwa K ü h n e n 77 Anm. 1; B occiol ini P alagi 222; S u s s m a n 141. Meist wird die inhaltliche Übereinstim m ung mit Seneca eher stillschweigend vorausgesetzt. 40 Laktanz greift den Lebensaltervergleich nicht gezwungenermaßen auf, weil er ir­ gendwie seiner A rgum entation im Wege stünde, sondern knüpft positiv daran an. Das lässt erwarten, dass der Vergleich die für ihn entscheidende Ausrichtung, näm ­ lich die durchgängige Anwendung eines linearen biomorphen Schemas von der Kind­ heit bis zum Greisenalter, bereits enthielt. 41 Dies verm utet H a h n (24-27); doch sind weder seine „Unstimmigkeiten“ (26) echte Probleme (siehe unten 431 Anm. 49 und 432 Anm. 53) noch seine G rundthese von der unvollständig ,verfälschten4 (24) W iedergeburt (26) haltbar (siehe auch unten 433 mit Anm. 56 am Ende). 42 So h ätte m an beispielsweise schon an die bloße Aufzählung der Lebensaltersstufen die Notwendigkeit des Todes anknüpfen können. 43 H ätte Laktanz den Lebensaltervergleich in wesentlichen Punkten m anipuliert, so müsste er vor allem klarer herausgestellt haben, warum Rom nach 300 Jahren Siechtum, das auch die Blütezeit unter den guten Kaisern (m ort. pers. 3,4) umfasst, nun plötzlich ,sterben4 solle. 44 So auch D e m a n d t Zeitkritik 124: „Untergang Roms [...] zwar nicht angesprochen, aber unüberhörbar angedeutet44; H ä u s s l e r Neues 187: von Laktanz im Sinn Sene­ cas (des Älteren) angefügt. 45 Zur seit Fronto belegten Form iuuentus vgl. ThLL VII,1 744,41. 46 Klassisch ist Varro frg. Serv. Aen. 5,295, wo von infantia, pueritia, adulescentia, iuuenta und senecta die Rede ist. Weitere Belege ThLL VII,1 1350,25ff. Zu Varros

15,14

431

Lebensaltervergleichs werden bestimmte Phasen der römischen Geschichte den Lebensaltersstufen zugeordnet und die Ereignisse dieser Epoche teils unmittelbar historisch, teils in einer Metaphorik der menschlichen Ent­ wicklung dargestellt (siehe auch Tabelle unten). Die ersten beiden Altersstufen (§ 14 in f a n tia : Romulus, p u e r i t i a : übrige Könige)47 sind parallel formuliert und historisch scheinbar klar zugeordnet. Wenn dann aber die Vertreibung des Tarquinius Superbus und die Errich­ tung der Republik - entwicklungspsychologisch stimmig als Emanzipation von Autoritäten beschrieben - der a d u le sc e n tia zugeordnet werden, ergibt sich daraus,48 dass mit den c e te r i reges der p u e r itia nur diejenigen von Numa Pompilius bis Servius Tullius gemeint sein können. Vom Ausgang der a d u le sc e n tia an ist die Zuweisung der Altersstufengrenzen zu den hi­ storischen Daten nicht ganz klar: Der Übergang vom jungen zum reifen Erwachsenenalter ( iu u e n ta s ) wird durch ,das Ende des Punischen Krieges‘ (fin e P u n ic i b e lli ) markiert. Man hat an den entscheidenden Sieg im Zweiten Punischen Krieg 202 v. Chr. gedacht.49 Zusammen mit der fol­ genden Angabe su b la ta e n im C a rth a g in e (§ 15) liegt aber das Jahr 146 v. Chr. näher,50 in dem der Dritte Punische Krieg mit dem Sieg über Kar­ thago endet und das öfter in der antiken Historiographie als Einschnitt aufgefasst wird51. Die anschließende Expansion, im Vergleich die ακμή, geht über in den schlechten Gebrauch der eigenen Kräfte zum eigenen Modell H öh n 20f., dort 3-34 auch Übersicht zu den anderen Einteilungsschem ata für das Lebensalter. 47 Nur hier ist die Kindheit in frühe und späte unterteilt, sonst (siehe oben 425 Anm. 425) ist nur von infantia oder pueritia die Rede, vgl. D e m a n d t Zeitkritik 121; 48

A l o n s o - N ün e z 11. So H e l d m a n n (226L; vgl. aber schon K ü h n e n 80) in berechtigter K ritik der äl­ teren Forschung, die die Königszeit gänzlich in der pueritia ansiedelt ( H ä u s s l e r Lebens altervergleich 317b; H a h n 26; L ü h r 29; A l o n s o - N ün e z 12) oder die adu­ lescentia mit dem Konsulat des B rutus und Collatinus beginnen lässt ( D e m a n d t

Zeitkritik 122). 49 So etwa K lotz 433f.; H öh n 43; H ä u s s l e r Lebensaltervergleich 317; B r a c h e r 279. - H a h n (26) glaubt § 14 ausdrücklich den Ersten Punischen Krieg angespro­ chen, ohne aber zu erklären, wodurch, und sieht deswegen dann die Schwierigkeit, dass in Carthagine [...] sublata (§ 15) der „Anfang einer ganz neuen Epoche der römischen Geschichte“ liege, ohne dass „jedoch gleichzeitig ein neues biologisches Zeitalter“ (ebd.) beginne. Doch liegt das Problem nicht im Text, sondern in H ahns Verständnis desselben. 50 So etwa H a r t k e 354; K ü h n e n 80 mit abwägender Anm. 1; D e m a n d t Zeitkri­ tik 122; L ü h r 29; A l o n s o - N ünez 12; H e l d m a n n 228. Siehe unten zu 15,14 fine

Punici belli. 51 Polyb. 6,51; Poseidonios FG rH ist 87, F 42, dazu U. H a c k l , Poseidonios und das Jah r 146 v. Chr. als Epochendatum in der antiken Historiographie, Gym nasium 88 (1980) 151-166; Sali. Catil. 10,1; Veil. 2,1,1; Tac. hist. 2,38,1. Zu den W endepunk­ ten, der römischen Geschichte, die die antike Historiographie benennt, D e m a n d t (Fall 46 Anm. 2).

432

Kommentar

Schaden ‘ ( u irib u s su is m a le u te re tu r, quibus se ip sa c o n fe c it ), was man ge­ meinhin auf die krisenhafte Entwicklung von der Gracchenzeit an (ab 133 V. Chr.) bezieht.52 Somit treten bereits im hohen Erwachsenenalter die inneren Krisen zu Tage, deren Eskalation in den Bürgerkriege den , Beginn des Greisenalters ‘ (§ 16 p r im a s e n e c tu s )53 heraufführt.54 Dass der Eintritt ins Greisenalter mit einem Rückfall in eine zweite Kindheit verglichen wird (§ 16 qu a si ad a lte ra m in fa n tia m r e u o lu ta ), spielt auf ein in unterschiedli­ chen Formulierungen belegtes Sprichwort an, gemäß dem Alte wieder wie Kinder würden,55 und leitet über vom Verfall der frühen zu Gebrechlich­ keit und Unselbständigkeit der hohen se n e c tu s { c o n s e n u it) . 5 6 Diese letzte 52 So etwa H ä u s s l e r Lebensaltervergleich 317.320; A l o n s o - N i j n e z 11; H e l d m a n n 228. Dass dabei wenig Zeit für die iuuentus bleibt, kann m an m it H e l d m a n n (228f.) als prinzipielle Schwierigkeit des Vergleichs sehen. 53 Die richtige Bedeutung ,frühes G reisenalter‘, , Beginn des Greisenalters ‘ (vgl. ThLL X,2 1347,32ff. mit Querverweisen auf die übrigen Lebensaltersstufen, die sich öfter mit prim a im Sinn von ,frühe . . . ‘ verbunden finden; gegen ,erstes Greisenalter*) stellen H ä u s s l e r (Neues 186f. mit Anm. 13) und knapp H e l d m a n n (22 Anm. 42) heraus. Gegenüber H ä u s s l e r s bezüglich der Gedankenführung überzeugender Interpretation und H a h n s Verständnis des Textes (26: „haec fu it [...] erhält seine logische Fortsetzung unerwarteterweise nicht in dem unm ittelbar darauffolgenden Kolon“) ist aber syntaktisch klarzustellen, dass et haec (§ 16) nicht etwa epexegetisch den Inhalt des donec-Satzes (§ 15) aufnimmt (,und im eben Gesagten lag auch schon der Beginn des Greisenalters, insofern nämlich ...*), sondern korrelativ zum indikativischen (!) c u m -Satz (cum relativum , nicht historicum mit Konjunk­ tiv; vgl. KS II 333-336 und M. L a v e n c y , Problèmes du classement des propositions en cum , in: Syntaxe et Latin, éd. par C. T o u r a t i e r , A ix-en-Provence 1985, 279287; in haec liegt das charakteristische dem onstrative Element, sonst öfter tum ) neu ansetzt (,und dies war dann der Beginn des Greisenalters, als . . . *). 54 Unzutreffend also D e m a n d t Zeitkritik 122: ,,[D]ie iuventas[,] w ährt bei Seneca [...] bis zur Errichtung der K aiserherrschaft.“ Richtig gestellt bei H ä u s s l e r Neues 186f. 55 Belege O t t o Nr. 1626. Laktanz zitiert 2,4,14 ein auf dieses Sprichwort anspielendes Fragment des Jüngeren Seneca (121 H a a s e / 9 5 V o t t e r o (348f.): non inquit bis pueri sumus ut uulgo dicitur, sed semper. 56 Richtig L ü h r 29: „Reinfantilisierung im A lter“. - Verfehlt ist das Verständnis als Zyklus (Überblick zu entsprechenden auf Rom bezogenen Vorstellungen bei B r a ­ c h e r 274-289) oder (vorübergehende) tatsächliche Verjüngung, so etwa von M. P o h l e n z ( Causae civilium arm orum , in: Epitym bion für H. S w o b o d a , Reichen­ berg 1927, 202, auch in: ders., Kleine Schriften, Hildesheim II 1965, 140: neue Ju ­ gend unter dem K aisertum ), R i c h t e r (311: „Kreiskurve, die in ihren Ursprung zurückfließt“; vgl. 315), H a h n (25: „prim a senectus - altera infantia - conse­ nuit“ , Letzteres als ultima senectus), A l o n s o —N ù n e z (11: „prim a senectus is practically an altera infantia, i.e., it means th a t the cycle begins again“.) und H e l d m a n n (228f., 229: „nicht im Sinne eines Kreislaufs, der von neuem begin­ nen könnte, sondern als Rückkehr zu den Anfängen“) vertreten. Auch stellt die altera infantia neben der senectus (so H a h n 31; G r i f f i n Seneca 197) keine ei­ gene sechste Lebensaltersstufe dar. Gegenüber diesen Ansätzen ist Folgendes zu bedenken: (1) Prim a senectus bezeichnet nicht etwa das ,erste Greisenalter (von mehreren) *, sondern das , frühe* oder dessen Beginn (siehe oben 432 Anm. 53). (2) Altera infantia hat proverbiellen C harakter (siehe oben 432 Anm. 55). Vor die-

15,14

433

Stufe der Vergreisung57 wird mit dem Verlust der Freiheit erreicht, die Rom unter dem Caesarmörder Brutus noch hatte verteidigen wollen,58 alsem H intergrund entnähm e kein Leser der Formulierung quasi . . . reuoluta, dass Rom entgegen dem biomorphen Schema tatsächlich ins Kleinkindalter zurückkehre. (3) Und wenn man trotz dieser unüberwindlichen sprachlichen Hindernisse doch von einem , ersten GreisenalteU und einem , zweiten Säuglingsalter‘ ausgehen wollte, ge­ länge man zu dem surrealen und den veranschaulichenden Sinn des Lebensalterver­ gleichs ad absurdum führenden Bild, dass ein Greis ins Säuglingsalter (also nicht etwa in die Jugendkraft) zurückkehrt und der so entstandene Säugling dann unm it­ telbar wieder vergreist (consenescere, also nicht etwa heranwächst). (4) Es ist auch eindeutig nicht von einer positiven Verjüngung die Rede (so etwa fälschlich H e l d ­ m a n n 228 Anm. 43), sondern pejorativ (richtig L ü h r 29) von einem Rückfall (recci d it; zur negativen K onnotation vgl. m ort. pers. 29,5; 33,7) in die Hilflosigkeit und Unvernunft des Säuglingsalters (infantia, eigentlich die Unfähigkeit zu sprechen, vgl. ThLL VII,1 1349,82ff.; zur Hilflosigkeit 1350,44ff.; zur Unvernunft 1351,37ff.). (5) Welche banalen und negativen Konsequenzen Laktanz mit dem Rückfall der Alten ins Säuglingsalter, das Alter der Sprachlosigkeit, verbindet, zeigt (mit über­ einstim m ender Formulierung; darauf verweist schon K l o t z 431) opif. 10,14: senes amissis dentibus ita balbuttiunt, ut ad in fa n tia m denuo reuoluti esse uideantur. Vor dem H intergrund dieser Parallele ist ausgeschlossen, dass Laktanz mit quasi . . . reuoluta eine wirklich Rückkehr Roms ins Kleinkindalter oder gar seine Verjüngung ausdrücken will. (6) Alles, was eine (vorübergehende) Rückkehr in die Kindheit oder gar ein zyklisches Verjüngungsdenken implizieren würde, liefe der Intention des Laktanz zuwider, der ja im Rahm en eines linearen und eschatologisch aus­ gerichteten Geschichtsverständnisses die Unausweichlichkeit des Todes nach dem Greisenalter belegen will. Und wie unter P unkt (1) bis (5) gezeigt, findet sich auch nichts dergleichen im L aktanztext. Auch wird kaum die Vorlage eigentlich zyklisch angelegt gewesen und von Laktanz in ihrer G rundtendenz umgekehrt worden sein: Es untergrübe völlig den argum entativen Sinn der Bezugnahme auf die A utorität Senecas, wenn dort für jederm ann nachprüfbar letztlich das genaue Gegenteil des hier W iedergegebenen und für die Gedankenführung Benötigten stünde, nämlich: Rom müsse eben nicht sterben, sondern könne wieder jung werden. H a h n s (25-27) entsprechende Überlegungen, dass erst bei Laktanz die Verjüngung ihre negative K onnotation erhalten habe, sind nicht haltbar, da sie auf einem angenommenen „Gegensatz zwischen prim a senectus und altera infantiau (25) beruhen, der, wie gezeigt, nicht besteht. 57 K ü h n e n (79f.) erkennt darin eine eigene sechste Lebensaltersstufe. Doch zwingt nichts dazu, das nahe liegende Fünfstufenschem a formell durchbrochen zu sehen. 58 Man hat verm utet, dass mit Bruto hier Lucius Brutus, der Begründer der Republik gemeint sei. So verweist D e m a n d t (Zeitkritik 123) auf den Lebensaltervergleich Flor. epit. 1,3,1: Bruto Collatinoque ducibus et auctoribus [...] populus Rom anus ad uindicandum libertatis [...] decus [...] regem [...] destituit. H e l d m a n n (229 mit Anm. 48) zieht das zweite Buch bei Livius heran, wo B rutus als auctor und uindex libertatis erscheine. Nach G r i f f i n (Eider Seneca 19) sei der Satz, wie das enim zeige, erklärend, nicht chronologisch fort setzend: Es werde am Ende der Republik nochmals auf deren Anfang verwiesen. Die von L ü h r (29) erwogene bewusste Dop­ peldeutigkeit ist nicht völlig auszuschließen (der Name B rutus als Inbegriff der res publica), m utet aber etwas artifiziell an. Vermutlich ist aber M arcus B rutus der Cae­ sarm örder gemeint: (1) Laktanz erwähnt ansonsten nur 2,7,22 einen Brutus, und es ist der Caesarmörder, wie aus dem Zusammenhang (nach Val. Max. 1,7,1) klar wird. (2) Die Formulierung duce et auctore ist natürlich keineswegs auf Lucius B rutus festzulegen, vgl. Hör. carm. 2,7,2 Bruto [...] duce von M arcus Brutus; Veil. 2,56,3 -

Kommentar

so mit der Einrichtung des Prinzipats: Die Gebrechlichkeit ( c o n s e n u it )*59 lässt Rom auf die ,Stützung durch die Führenden^60 angewiesen sein. Ins­ gesamt ergibt sich folgendes Schema:

coniurationis auctoribus Bruto et Cassio; auch sind beide Ablative ganz geläufig. (3) Ein Verweis auf die G ründung der Republik ist an dieser Stelle zumindest für den frei wiedergebenden Laktanz überflüssig, während mit dem Scheitern der Cae­ sarm örder und dem unwiederbringlichen Verlust der res publica die nächste und letzte Phase des Greisenalters beginnt, das consenescere. Der Ablativus absolutus, in dem B rutus erwähnt wird, erläutert und begründet diese letzte Phase der senec­ tus, durch enim wird unm ittelbar an reccidit angeknüpft. Der Satz amissa enim . . . niteretur gehört somit sehr wohl in den zeitlichen Ablauf. Das Plusquam perfekt ist natürlich auch in diesem Fall zwingend erforderlich, weil die Verteidigung vor dem Verlust (am issa), der Verlust wiederum vor der Vergreisung (consenuit) liegt. (4) Nur vom Caesarm örder kann es sinnvollerweise libertatem d efen d era t heißen, beim Begründer der Republik müsste m an uindicauerat, instituerat oder derglei­ chen erwarten (richtig H ä u s s l e r Neues 185). (5) B rutus ist neben den zur D atie­ rung dienenden Königen Romulus und Tarquinius Superbus die einzige historische Persönlichkeit, die in diesem Durchgang durch die römische Geschichte namentlich genannt wird, und die einzige handelnde Person. Laktanz hat keinerlei erkennba­ re Veranlassung, ihn einzufügen, derart zu exponieren oder hierher zu versetzen, wird ihn also in dieser Rolle und an dieser Stelle vorgefunden haben. Wenn Sene­ ca nun den G ründer der Republik h ätte hervorheben wollen, wäre der O rt doch wohl eher die Vertreibung der Könige gewesen, nicht ein Rückverweis. Und selbst wenn Seneca aus kompositorischen Gründen den Rückverweis gewählt hätte, wä­ re eine Darstellung von der G ründung der Republik zu erwarten, die weit mehr Raum für die Tätigkeit eines Einzelnen lässt als das, was Laktanz bietet, näm ­ lich: Rom lehnt sich in der P u b ertä t gegen die beengend gewordenen A utoritäten auf. Hingegen passt es zu dem pessimistischen und prinzipatskritischen Tenor des gesamten Lebensaltervergleichs ausgezeichnet, wenn darin der Caesarm örder ent­ sprechend herausgestellt ist und wenn sein Scheitern dazu führt, dass Rom in die völlige Vergreisung eintritt. - Zur Bedeutung dieser Frage für die Zuweisung des Lebensaltersvergleichs an den Älteren Seneca siehe oben 428 mit Anm. 27. 59 In derselben Form erscheint das W ort auch in den Lebensaltervergleichen Flor. epit. 1 praef. 8; Hist. Aug. Car. 3,1. Consenecere kann auch das dezidiert gebrechlich Werden bezeichnen (ThLL IV 388,49ff.). 60 Bei adminiculum ist nicht an einen Krückstock (so R i c h t e r 302: „Krücke von Herrschenden“) zu denken (das wäre baculum; adm iniculum bezeichnet z.B. einen Stützpfahl für Reben, vgl. ThLL I 727,61ff., und Dinge, auf die ein Mensch sich ausnahmsweise stü tzt, 727,82ff.), sondern an eine übertragene , Stütze im A lter‘, also die (U nter-)Stützung durch jem anden, auf die ein Greis angewiesen ist (mehr­ fach, vgl. ThLL I 728,22ff.; siehe auch oben 11,7). Regere heißt sowohl ,regieren, h e rrs c h e t (OLD s.v. 10) als auch , (einen des Weges Unkundigen wohin) führen‘ (OLD s.v. 2), das substantivierte Partizip (nur ausnahmsweise für ,H errschende‘: Sen. dial. 11,11,4 cum regibus regna populique cum regentibus; Tac. ann. 12,54,2 contemptu regentium; Apul. P lat. 2,24 p. 255 regentes alii, ceteri inferiores) ist wegen der Doppeldeutigkeit gewählt. Der Plural muss nicht, wie R i c h t e r (310f.) annim m t, auf einen Thronwechsel im Julisch-Claudischen Kaiserhaus anspielen, es geht vielmehr um das Phänonem , dass sich die Macht in den Händen Einzelner, etwa schon Caesars, konzentriert.

1. in fa n tia

(Romulus)

metaphorisch

historisch

(14) p r im a m

su b

e n im d ix it

in ­

metaphorisch

reg e

R o m u lo

f u is s e

a qu o e t g e n ita e t q u a s i e d u c a ta s it R o m a ;

f a n tia m

a q u ib u s e t a u c ­

2 . p u e r itia

(Numa Pompilius bis Servius Tullius)

d e in d e p u e r i ­

ta s i t e t d i s c i p l i ­ su b c e te r is re g ib u s

n is p lu r ib u s i n ­

ti a m

s tit u tis q u e

fo r­

m a ta ;

3.

a d u le s c e n ­

tia (Vertreibung des Tarquinius Superbus bis Punische Kriege)

a t u e ro T a r q u in io r e ­

cum

ia m

g n a n te

a d u lta

qu asi

esse

co­

e p is s e t,

s e r u i ti u m n o n tu lis s e et

r e ie c to

su p erb a e

d o m i n a tio n is m a lu is s e

iu g o le g ib u s

o b te m p e r a r e

quam

re g ib u s

4 . iu u e n tu s

(Sieg über K ar­ thago bis Krise der Republik)

cum que

esset

a d u le s c e n ­ tia e iu s

tu m

d e n iq u e

f in e P u n i c i b e lli t e r ­

c o n f ir m a tis

m i n a ta

u ir ib u s

c o e p is s e

iu u e n e sc e re .

Ende der indirekten Rede

(15)

s u b la ta

e n im

C a r th a g in e , ta m d iu p e r ii

quae

a e m u la f u it,

im ­

m anus

s u a s in to t u m o r b e m te r r a m a r iq u e p o r r e ­ x it, donec ti s

re g ib u s

cu n c­

et

n a tio n ib u s

im p e r io

s u b iu g a tis

cum

ia m

m a te r ia u ir ib u s u te r e tu r ,

b e llo r u m d e fic e r e t, s u is

m a le

q u ib u s

ip s a c o n fe c it.

se

Kommentar

5. se n e c tu s (B ürgerkriege bis P rin z ip a t)

et haec fu it p rim a ei­ us sen ectu s, (16)

cu m bellis lacerata ciuilibus atque in ­ testin o m alo p re s­ sa rursus ad regi­ m e n singularis im p e­ rii reccidit

quasi ad al­ tera m in fa n tia m reuoluta.

a m issa en im liberta­ te, quam B ru to d u ­ ce et auctore d efen ­ derat,

ita consenuit, ta m q u a m su ­ sten ta re se ipsa non ualeret, n isi a d m in ic u ­ lo regentium n iteretu r.

15,14 non inscite: Hier wohl eher ,(in der Sache) treffend6 als ,geistvoll6 (L ü h r 23), ciceronisch (div. 2,30.62; fin. 5,38 etc.), dann in nachklassischer Kunstprosa (Colum. 4,27,2; Gell. 1,15,15 etc.; Fronto 3,1,4). genita et [...] educata: Übliche Verbindung bei Kindern, vgl. ThLL V,2 114,37ff. (auch Sen. contr. 1,7,2; 2,1,3). sub [...] regibus [...] aucta [...] superbae dom inationis: Zur Entar­ tung der Königsherrschaft und zur Formulierung vgl. Sali. Catil. 6,7 r e g iu m im p e r iu m , quod in itio c o n se ru a n d a e lib e r ta tis a tq u e a u g e n d a e rei p u b lic a e fu e r a t, in s u p e r b i a m d o m i n a t i o n e m q u e se c o n u o rtit. Die Junktur su perba d o m in a tio erscheint auch Liv. 23,7,5; 25,10,8.

disciplinis pluribus institutisque formata: Zu d is c ip lin a und in s titu ta als Mittel der Erziehung und charakterlichen Bildung (fo r m a r e , v.a. mit m o r e s , üblich in diesen Sinn ThLL VI,1 105,32ff.) vgl. etwa Sen. contr. 2,6,7; Colum. 7,12,7. Den Beitrag der Könige nach Romulus zur Heraus­ bildung römischer Bräuche und Einrichtungen schildert ausführlich Cic. rep. 2,26-40. adulta: Vgl. Liv. 2,1,6 (über den römischen Staat vor Tarquinius Super­ bus, siehe auch unten zu tu m d en iq u e ... ) res n o n d u m a d u lta e , dazu H e ld ­ mann 226-228. seruitium non tulisse: Die Junktur s e r u itiu m fe r r e ist eher gesucht und dichterisch (Ov. am. 1,2,18; Sen. Phaedr. 61; Tro. 910; vgl. ThLL VI, 1 536,11). legibus [...] quam regibus: Das Spiel mit Homoioteleuton und Antithetik bei rex und lex findet sich auch Rhet. Her. 2,26,40; Cic. off. 2,12 (vgl. ThLL VII,2 1256,15ff.). Vgl. auch Liv. 2,1,1 (über den Übergang von der

15,15

Königsherrschaft zur Republik) n u m , dazu H e l d m a n n 227.

437

im p e ria q u e legum p o te n tio r a qu am h o m i­

fine Punici belli: Wahrscheinlich sind die drei Punischen Kriege insge­ samt gemeint (der Plural ist nach ThLL II 1853,11.13 eher poetisch, vgl. aber Sali. Catil. 51,6, und ergäbe eine schwere doppelte Genitivendung, vgl. aber Cic. Scaur. 45), hier also das Ende des Dritten Punischen Krie­ ges (149 - 146 V . Chr., mit Blick auf dessen Feldherrn Scipio Aemilianus Cic. Manil. 60 sagt: duo bella m a x im a , P u n ic u m a tq u e H isp a n ie n se , ab uno im p e ra to re esse c o n fe c ta ). Man hat hat aber auch an den entscheidenden Zweiten (218 - 202/201 v. Chr.) gedacht, der als bellu m P u n ic u m schlecht­ hin bezeichnet werden kann, so beispielsweise Cic. Phil. 6,6; Liv. 25,5,10 a n te P u n ic i belli f in e m , allerdings ist der Bezug jeweils klar. Siehe oben 431 mit. Anm. 49f. tum denique confirmatis uiribus: Vgl. 5,21 (über die Entwicklung des Menschen) p o s t d e in d e c o n firm a tis u irib u s e r i g it u r ; Liv. 2,1,6 (über die Entwicklung Roms bis Tarquinius Superbus; siehe auch oben zu a d u lta ) d is s ip a ta e res n o n d u m a d u lta e d isc o rd ia fo r e n t, quas f o u it tra n q u illa m o d e ­ ra tio im p e r ii eoque n u tr ie n d o p e rd u x it, u t b o n a m fr u g e m lib e r ta tis m a tu r is ia m u irib u s fe r r e p o s s e n t.

coepisse iuuenescere: Die ungewöhnliche Abundanz aus inkohativem Verb und in cip e re (,Rom habe begonnen, ein iu u e n is zu werden^; vgl. ThLL VII,2 732,lf.) kommt wohl durch Vermeidung von iu u e n u isse : Die Perfektform ist zwar belegt, aber wenig gebräuchlich (ThLL VII,2 731,79; N e u e / W a g e n e r III 422; allgemein LHS I 536) und verliert den inkohativen Aspekt, der anscheinend wegen der Biomorphie (auch a d u le sc e n tia und se n e c tu s beginnen nicht plötzlich) so wichtig war, dass die Abundanz in Kauf genommen wurde. 15,15 sublata enim Carthagine . . . se ipsa confecit: Der Sieg über Karthago und seine Folgen sind wie Sali. Cat. 10,1 als Peripetie der römi­ schen Geschichte bewertet und in wörtlicher Übereinstimmung dargestellt: S ed ubi labore atqu e iu s titia res p u b lica c re u it, reges m a g n i bello d o m iti, n a tio n e s fe r a e e t p o p u li in g e n te s u i s u b a c ti, C arth ago aem u la im p e ­ r i R o m a n i ab s tir p e in te r iit, cu n cta m a ria terraequ e p a te b a n t, sa e u ire fo r tu n a ac m isc e re o m n ia coepit.

manus suas in totu m orbem [...] porrexit: Vgl. mort. pers. 3,4 (die Kirche während der guten Kaiser) m a n u s su a s in o r ie n te m o c c id e n te m q u e p o r r e x it (vgl. epit. 46,5). Der Ausdruck m a n u s su a s p o rr ig e re in für eine expansive Ausbreitung ist ungewöhnlich (vgl. ThLL VIII 362,Iff.). im perio subiugatis: Junktur wie ira 13,12; 23,14; su b iu g a re ist offen­ sichtlich ein spätes Wort (erste Belege Arnob. nat. 1,5 etc.; Ter. Maur.

K o m m e n ta r

559; Ampel. 32,5, vgl. OLD und B laise s .v .), bei Laktanz aber sehr häu­ fig (7,11; 15,15; insgesamt 16 Belege). bellorum m ateria deficeret: Vgl. Suet. Calig. 45,1 d e fic ie n te belli m a ­ te r ia (,Gelegenheit, Möglichkeit£, ThLL VIII 464,53fL); mit d eesse Liv. 10,37,1 etc. uiribus suis male uteretur: vgl. Ov. met. 7,440 m a g n is m a le u irib u s u su s , Sen. epist. 120,3 u id e s a u te m d iu itiis , n o b ilita te , u irib u s qu am m u lti m a le u ta n tu r.

quibus se ipsa confecit: vgl. Liv. praef. 4

h aec n o u a , quibus ia m p r id e m

p r a e u a le n tis p o p u li u i r e s s e i p s a e c o n f i c i u n t (Vorlage für die vorliegen­ de Stelle ?); Hör. epod. 16,2 su is e t ip sa R o m a u irib u s r u it\ Sen. dem.

1,3,5 (über die Monarchie)

h aec in m e n s a m u ltitu d o u n iu s a n im a e c ir c u m ­ d a ta illiu s s p ir itu reg itu r, illiu s ra tio n e f le c titu r p re s su ra se ac fr a c tu ra u irib u s su is, n is i co n silio s u s tin e r e tu r (entgegen H artke 395 hier nicht

Vorlage, siehe auch oben 425 mit Anm. 8 und 427 Anm. 18: Livius steht sprachlich näher, die u ires bezeichnen bei Laktanz, Livius und Horaz die selbst gefährdende Übermacht Roms, bei Seneca die zu zügelnde Kraft des Volkes); Petron. 120 vers. 84f. ip sa su a s u ires o d it R o m a n a iu v e n tu s / e t quas s tr u x it opes, m a le s u s tin e t. Zum Motiv E. DUTOIT, Le thème de da force qui se détruit elle-mème’ (Hor. epod. 16,2) et ses variations chez quelques auteurs latins, REL 14 (1936) 365-373. 15,16 prima [...] senectus: Siehe oben 432 Anm. 53. bellis lacerata: vgl. ThLL VII,2 825,77ff., Junktur wie Sen. benef. 5,16,6. intestino malo pressa: Zur Formulierung vgl. Plin. paneg. 34,2 e x c id is ti in te s tin u m m a lu m (sonst vom Körper: Cels. 4,22,1; Sen. nat. 4,13,6); Min. Fel. 28,4 (gefolterter Christ) m a lo p re ssu s. rursus: leichte Abundanz neben

recid ere

wie Suet. Iul. 17,1.

regim en singularis imperii: Junktur reg im en im p e r ii wie 4,13,24; mort. pers. 3,4 boni p r in c ip e s R o m a n i im p e r ii cla u u m reg im en q u e te n u e r u n t ; 18,14. Der Ausdruck im p e r iu m sin g u la re bezeichnet seit Cic. rep. 1,50 die Herrschaft eines Einzelnen (ThLL VII,1 570,44ff.). S tangls (246) im p e ­ r i zur Herrstellung eines Dikretikus würde eine (wohl allzu) auffällig ar­ chaisierende (vgl. LHS I 425) Anlehnung an Sallusts Sprache bedeuten (dagegen auch H artke 393 Anm. 1) . reccidit: Neben re c id i übliche Perfektbildung (auch mort. pers. 29,5), ent­ standen durch Synkopierung eines Reduplikationsperfekts * rececid i (vgl. LHS I 96; 587; OLD s.v.; N e u e /W a g ener III 367; S tangl 246). ad alteram infantiam reuoluta: Zur Formulierung hier und 22,7 den u o a d u te r u m reu o lu i a tq u e a d in fa n tia m regredi vgl. opif. 10,14 se n e s [ ...] ad

15,17 - 15,18

439

Zum sprichwörtlichen Charakter siehe oben 432 Anm. 55, zum richtigen Verständnis als Infantilität im Alter siehe oben 433 Anm. 56. in fa n tia m d en u o re u o lu ti esse u id e a n tu r.

Bruto duce: Eher Marcus Brutus, der Caesarmörder, als Lucius Brutus, der Begründer der Republik; siehe oben 433 Anm. 58. consenuit: ,vergreiste (vollends)‘, ähnlich Varro in seiner Schrift D e u ita p o p u li R o m a n i (frg. Non. p. 287,15 = frg. 395 S alvadore ): d is tr a c tio ­ ne c iu iu m e la n g u e s c it bon u m p r o p r iu m c iu ita tis atqu e a eg ro ta re in c ip it e t c o n se n e sc it. Siehe auch oben 434 Anm. 59.

sustentare [...] ualeret: V alere mit Inifinitv (wie etwa 3,17,26; epit. 3,16 etc.) ist dichterisch und nachklassisch, vgl. KS I 674; G laesener M o d es 32. adm iniculo regentium: , (Unter-)Stützung/Beistand durch Personen, die es (Rom) führen^, siehe oben 434 Anm. 60. 15.17 quid restat . . . senectutem : Zum geläufigen Gedanken, dass ein Staatswesen altert und stirbt, siehe oben zu 15,12 n ih il e s t ... contiones prophetarum [...] sub ambage aliorum nominum: C o n ­ tio n e s sind hier wie 22,5 (vgl. 4,18,19 hoc fu tu r u m e tia m S ib y lla c o n tio n a ­ ta e s t ; im Singular ,Versammlung^: 1,22,6; 5,19,10) ,öffentliche Ankündi­ gungen ‘ oder , Vorhersagen‘ (vgl. ThLL IV 733,37ff.; 734,6f.). Da p r o p h e ­ ta e bei Laktanz Überbegriff für biblisches (und inspiriertes) Schrifttum (siehe oben zu 1,6 p r o p h e tis ) ist, könnte an Stellen wie Offb 14,8; 16,9; 17,1-18; 18,1-8.10.21 gedacht sein, wo der Untergang Roms unter dem Decknamen (ungewöhnliches sub am bage wohl wegen des Genitivs; anders 4,17,21; 5,5,2: übliches per, kein Genitiv; vgl. ThLL I 1835,12f.) Babylon vorausgesagt wird (erklärt Tert. adv. Marc. 3,13,10; adv. lud. 9,15; Vic­ torin. Poetov. in apoc. 8,2). Wahrscheinlich nicht als Hinweis auf mehrere bestimmte Propheten und Decknamen, sondern verallgemeinernd zu ver­ stehen sind die Pluralformen p r o p h e ta e und a lio ru m n o m in u m : Bei der Praeteritio dieser Zeugnisse würde der Singular in unerwünschter Weise die Aufmerksamkeit auf den einen Propheten oder Decknamen fokussie­ ren. 15.18 Sibyllae tam en aperte interituram esse R om am loquun­ tur . . . : Der Untergang Roms wird mehrfach in den Sibyllenorakeln an­ gekündigt (dazu etwa F u c h s , v.a. 8.21.30-36.67L; D em a n d t F all 46; L o ­ r e t o ; G aug er 434.557; M azza 43-80), vgl. or. Sib. 2,17f.; 3,350-354; 5,143.159.162-178 (besonders scharfer Ausbruch); 5,386-397; 8,37-47.73106.125.142-159; 165 (3,364); 171-173. Die Begründung für den Untergang Roms als göttliche Strafe für Götzenverehrung und Verfolgung der Gotte­ streuen lässt daran denken, dass Laktanz insbesondere 5,155-161 meint, wo

440

K om m entar

von der Verehrung für Poseidon (156f.) und Zerstörung der Ίταλίης γαΐα (160f.) ής εΐνεκα πολλοί δλοντο / Εβραίων άγιοι πιστοί καί λαός αληθής die Rede ist. nom en eius: Dass Gegner der Christen am , Namen Gottes‘ ( n o m e n d ei oder d iu in u m ) Anstoß nehmen, sagt Laktanz auch 26,1; 2,17,11; 5,23,1; epit. 23,9; ira 17,11. Das könnte die Identifikation des zu verehrenden wah­ ren Gottes mit dem christlichen implizieren, wahrscheinlicher aber ist die Übernahme eines redundanten biblischen Ausdrucks (,Name Gottes‘ für ,G ott‘ etwa Apg 2,21; Phil 2,9; L. H a r t m a n n , EWNT 2 [19922] 12711273; ThHWAT II 949-959; B l a i s e s .v . 2; vgl. aber etwa auch Cic. p. red. in sen. 37 d e s id e r iu m m e i n o m in is ; fin. 5,62). Diese Redundanz fin­ det sich bei Laktanz auch 24,15; 26,13.17; 2,1,6; 6,6,3 etc.; tatsächlich die Bezeichnung ,G ott“ ist hingegen gemeint 2,1,10; 2,5,39; 2,8,30 etc. alum num ueritatis populum: Siehe auch oben zu 14,13 trucidarit: Zur Kurzform siehe oben zu 1,25

c a e le stis p o p u li.

u io la ru n t.

15,19 H ystaspes . . . : Laktanz führt Hystaspes und die Hystaspesapokalypse (siehe oben 53ff. und unten zu 18,2f.), deren Kenntnis er offensichtlich beim Leser nicht unbedingt voraussetzt,61 mit Angaben zur Person und zum Zustandekommen der Weissagung ein, ehe er deren Inhalt wiedergibt: (1 ) A n g a b en z u r P e r s o n d es H y s ta s p e s

Es handle sich bei Hystaspes um einen , Mederkönig aus uralter Zeit‘ ( M e ­ d o ru m rex a n tiq u is s im u s ). Die Meder erwähnt Laktanz nur hier, die Anga­ be ist also möglicherweise der Vorlage entnommen oder dient der archai­ schen und orientalischen Stilisierung.62 Sowohl das Königtum63 als auch das hohe Alter64 unterstreichen die Verlässlichkeit und Autorität des Zeu­ gen. Die Angabe, dass der Fluss Hydaspes nach Hystaspes benannt sei, 61 Die lateinische L iteratur kennt Hystaspes als Vater des Dareios, vgl. Nep. reg. 1,2; Plin. nat. 6,133; ein späterer Hystaspes C urt. 6,2,7. Die übrigen Belege für die von Laktanz angesprochene Hystaspesapokalypse kommen aus der griechischen L iteratur, siehe oben 54 Anm. 3. 62 Die Perser, von denen die Meder nicht immer unterschieden werden (vgl. J. W i e s e h ö f e r , DNP 7 [1999] 1094L), nennt Laktanz häufiger, zuletzt 15,13 in der Abfol­ ge der Weltreiche. In diese gehören nach anderer Überlieferung (Aemilius Sura bei Veil. 1,6,6; Tac. hist. 5,8,2; Min. Fel. 25,12) auch die Meder. Laktanz scheint also den Meder Hystaspes nicht mit einer der genannte Mächte in Verbindung bringen, sondern als Beobachter dieser historischen Entwicklung darstellen zu wollen. 63 W ichtig ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung von N ic h o l so n (Prophets 370 mit Anm. 36): Nach 1,4,8 sind Herrscher, die als prophetae auftreten, auf­ grund ihrer ohnehin bestehenden M achtstellung frei von Gewinnstreben und daher verlässlicher; 4,8,12f. hebt Laktanz heraus, dass David und Salomo zugleich pro­ phetae und Herrscher waren; 4,18,30f. gilt ein Zeugnis des David aufgrund seiner Erfahrung als König für besonders authentisch. 64 Im Verständnis des Laktanz stehen gerade alte Zeugen der ursprünglich allgemein verbreiteten Weisheit (vgl. 4,1,7) noch näher, dazu N ic h o l s o n Prophets 372-374.

15,19

441

findet sich nur hier.65 Sie kann der Vorlage entnommen oder eher von Laktanz erdacht66 sein. Jedenfalls verleiht diese Etymologie der Figur des Hystaspes Authentizität, unterstreicht ihr hohes Alter (Flussnamen gehen weit zurück) und ihren orientalischen Charakter, da der Hydaspes in der Dichtung als Sinnbild des reichen, weit entfernten, an Indien grenzenden Ostens gilt67. (2 ) A n g a b en zu m Z u s ta n d e k o m m e n d e r W eissa g u n g

Zurückgeführt wird die Weissagung auf eine Traumvision ( a d m ira b ile s o m ­ n iu m )68 in der Deutung eines Knaben (su b in te r p r e ta tio n e u a tic in a n tis 69 p u e r i) . Dass Träume als Zukunftsvoraussage verstanden und interpretiert werden, ist geläufig.70 Bis in die Spätantike sind Traumgesichter römischer Kaiser überliefert.71 Insbesondere sind Traumvisionen persischer Könige zu politisch-historischen Vorgängen belegt.72 Der deutende Knabe wird von W i n d i s c h als typologische Figur verstanden,73 von B e n v e n i s t e als der 65 Abhängig von Laktanz ist Isid. orig. 13,21,12, vgl. Maltby s.v . 66 So W in disch 45; vgl. folgende Anm. 67 Vgl. Verg. georg. 4,211 M e d u s H y d a sp e s (vielleicht Anregung für die Etymologie des Meders Hystaspes bei Laktanz?); Hör. carm. 1,22,8 (zitiert Lact. inst. 5,17,18); Sen. Med. 725; Lucan. 3,236; Petron. 123 v. 239; Stat. Theb. 9,441. 68 Die Ju n k tu r ist ungewöhnlich, a d m ira b ile (bei Laktanz sonst stets positiv, vgl. ThLL I 733,55ff.) heißt der Traum wohl wegen seines (staunende Bewunderung erregenden) W ahrheitsgehaltes, vgl. 2,7,22 illu t quoque s o m n iu m n o n m in o r is a d ­ m ir a tio n is f u i t quo C a e sa r A u g u s tu s d ic itu r esse s e r u a tu s ; opif. 18,10 bezeichnet a d m ira b ilis e u e n tu s das Eintreffen von prophetischen Träum en. 69 Laktanz verwendet u a tic in a r i (und u a tic in iu m ) ansonsten für Sibyllen (24,2; 1,6,9.12; ira 23,5; u a tic in iu m 4,6,3) und biblische Propheten (4,13,6; u a tic in iu m 24,20; 2,10,6; 4,30,8; 5,3,18), stets in positivem Sinne. 70 So Laktanz selbst opif. 18,10 in Anspielung auf die Bedeutung von Träum en in Bibel und paganer Welt: n a m et h is to r ia e saepe te s ta n tu r e x titis s e s o m n ia q u o ru m p r a e s e n s e t a d m ira b ilis fu e r i t e u e n tu s , e t resp o n sa u a tu m n o s tr o r u m ex p a r te s o m ­ n iis c o n s tite r u n t. Nach 2,14,14; 2,16,14 sind s o m n ia aber Blendwerk der Dämonen.

- Zur mantischen Bedeutung der Träum e etwa Cic. ac. 2,107; div. 1,12; 2,100ff.; C. W a l d e , DNP 12/1 (2002) 770L; in te r p r e ta tio häufig in diesem Sinne ThLL VII,1 2254,15ff., aber ungewöhnliches sub 2255,46f. 71 Vgl. bei Laktanz selbst die Traumgesichte (Engelserscheinungen im Schlaf, das Stichwort s o m n iu m wird vermieden, siehe vorige Anm.) des K onstantin (mort. pers. 44,5) und des Licinius (mort. pers. 46,3); allgemein W e b e r , v.a. 571f. 72 Vgl. insbesondere Hdt. 1,209f.: Kyros träu m t, wie der älteste von H ystaspes’ Söhnen mit Flügeln Asien und Europa überschatte; Cic. div. 1,46: Traum eines Perserkönigs mit D eutung durch einen Weisen; W in disch 46-48; H innel ls 134; H u l t g ä r d F o r m s 400-402; allgemein W e b e r 49-52. 73 Insbesondere W in disch (48f.) sucht zu erweisen, dass ein Träum e deutender Knabe „ein τόπος der antiken M antik war“ (49). C u m o n t (73) verweist ergänzend auf die Vorstellung vom παϊς άφθορος als Medium. Allerdings zeigen die von W in disc h angeführten Beispiele (Plut. Is. 14 p. 356e und Dion Chrys. 32,13: weissagende Kinder in Ägypten; Cic. div. l,31f. und Dion. Hai. ant. 3,70,1-73,2: der Fall des A ttus Navius; Artem . 5,47: ein υιός ohne A ltersbestim m ung) eher, dass mit einem solchen Topos in der griechisch-römischen Antike nicht zu rechnen ist (vgl. auch

K o m m e n ta r

junge Zoroaster erklärt, dem Quellen bereits im Knabenalter seherische Fähigkeiten zuschreiben74. H u l t g ä r d sieht im u a tic in a n s p u e r Jämäspa, eine Figur, die in der iranischen Apokalyptik häufiger als Medium er­ scheint.75 Jedenfalls wird Laktanz dieses Atmosphäre schaffende Element bewusst aus seiner Vorlage übernommen haben. Mit Recht weist WinDISCH darauf hin, dass der Träumende selbst nicht genannt wird, aber wohl mit dem Niederschreibenden ( a d m e m o r ia m p o s te r is tr a d id it) Hy­ staspes identisch sein muss.76 (3 ) A n g a b en zu m In h a lt d e r W eissa g u n g

In indirekter Rede gibt Laktanz den Inhalt der Prophezeiung wieder: subla tu ir i77 ex orbe im p e r iu m n o m e n q u e R o m a n u m . Der Wortlaut entspricht der Ankündigung dieses Sachverhalts in der vorausgegangenen Darstellung (15,11): R o m a n u m n o m e n [ ...] to lle tu r e te rra . Diese Korrespondenz, auf die bereits W i n d i s c h hingewiesen hat,78 ist von Laktanz gewollt und stellt die unerhörte Aussage vom Untergang Roms und dessen prophetische Vor­ aussage in möglichst engen Zusammenhang. Obwohl die Übereinstimmung also ein Werk des Laktanz ist und keinen Rückschluss auf den Zusammen­ hang oder Wortlaut in der Vorlage zulässt, hat vielleicht W i n d i s c h s An­ nahme eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass auch die 15,11 unmittelbar folgende Ankündigung der Rückkehr der Herrschaft (Stichwort im p e r iu m 15,19) nach Asien ( e t im p e r iu m in A s ia m r e u e r te tu r ) und vielleicht auch die Unterwerfung des Okzidents unter den Orient ( ac ru rsu s o rie n s d o m i­ n a b itu r atqu e o ccid en s s e r u ie t ) in der Laktanz vorliegenden Hystaspesapokalypse eine Entsprechung gehabt haben können.79 Damit wäre die Hystaspesapokalypse anderen romkritischen Schriften aus dem Osten zur Sei­ te zu stellen.80 Auch ergäben sich Parallelen zur jüdischen und mittelper­ sischen Apokalyptik: Im Danielbuch (1,6) deutet der jugendliche Daniel eine Statue aus verschiedenen Metallen, die dem König Nebukadnezzar im Traum erschienen war, in dem Sinn, dass damit die Abfolge von Reichen gemeint sei (Dan 2,1-49). Im mittelpersischen Bahman-Yast81 legt Ahura Mazda dem Zoroaster Traumvisionen über einen Baum mit Asten aus un43-46 zur Soziologie der Traum deuter), sondern m an eher von einem (in den Augen der Leser) „very oriental feature“ ( O gilvie 54 Anm. 11) auszugehen hat. Vgl. die biblischen Belege: die jugendlichen Josef und Daniel als Traum deuter bei Herrschern, Gen 41,12; Dan 1,6; 2,Iff. B e n v e n i s t e (378, mit Belegen); ihm folgen B i d e z / C u m o n t (II 367). H u l t g ä r d Forms 401. W in disch 45f. Zu dieser Kurzform des Infinitiv Futur Passiv siehe oben zu 12,28 dissolutuiri. W indisch 51f.; dieselbe Korrespondenz 18,2f. W indisch 51-69, vgl. B idez/C umont II 366f. D arüber besteht auch ein Konsens in der Forschung, siehe oben 53f. und zu 15,11 Romanum nomen ... (v.a. 419 m it Anm. 44 zu den , W iderstandsorakehF)· B ahm an-Y ast 1,3-11; 3,14-29 C ereti/1,1-7; 2,14-22 W idengren. W

74 75 76 77

78 79 80

81

eber

15,19

443

terschiedlichen Metallen ebenfalls auf eine depravative Herrschaftsabfolge hin aus.82 Aus dem Vergleich wird freilich deutlich: Bei Laktanz findet sich kein Hinweis auf den Inhalt des Traumes, sondern nur die offenbar zu­ sammenfassend wiedergegebene und aus der Deutung übernommene oder abgeleitete Ankündigung vom kommenden Untergang Roms. Ihm geht es um diese Angabe und ihre Verankerung in einer alten, orientalischen Weis­ sagung. Sichere Rückschlüsse über deren Gestalt und weitere Inhalt lassen sich aus Laktanz nicht gewinnen. - Das folgende m u lto a n te p r a e f a tu s 8384e s t qu am illa T ro ia n a g en s c o n d e re tu r ist sicher ein redaktioneller Zusatz des Laktanz und enthält nichts mehr aus der Hystaspesapokalypse. Die Worte illa T ro ia n a g en s c o n d e re tu r klingen deutlich an Vergil an: Aen. 1,33 ta n ­ ta e m o lis e ra t R o m a n a m c o n d e r e g e n t e m M und T ro ia n a g en s in vergilischer Diktion (wie Aen. 6,767; vgl. 4,425) als Bezeichnung für die Römer, die sich in der Aeneis bekanntlich6 (angedeutet in illa ) auf Troja zurück­ führen, zudem ist der Fall Trojas ein geläufiger chronologischer Fixpunkt (vgl. etwa 1,23,4; 4,5,6).85 Auf den Vers Aen. 1,33 und Vergils National­ epos insgesamt hat Laktanz auch schon 15,12 (siehe oben zu regn u m . . . c o n firm a tu m ) angespielt. Am Anfang (siehe oben zu 15,12 nec m ir u m cu iqu am d eb et u id e r i) und am Ende (Neuansatz 16,1) derjenigen Argumen­ tation, mit der Laktanz seinen römischen Lesern die Notwendigkeit eines kommenden Untergangs des im p e r iu m R o m a n u m verdeutlicht, steht also Vergil. Seinem Gründungsepos, in dem Dauerhaftigkeit und Herrschafts­ anspruch Roms durch Jupiters Zusage im p e r iu m sin e fin e d ed i (Verg. Aen. 1,279) göttlich begründet werden, stellt Laktanz die Weissagung des Hy­ staspes gegenüber.86 Mit m u lto a n te p r a e fa tu s e s t betont er nicht nur das höhere Alter des Hystaspes gegenüber der T ro ia n a g en s (noch weiter kann römische Geschichte nicht zurückgeführt werden, Laktanz nennt bewusst diesen äußersten Punkt und betont seine Überschreitung ,um vieles6, m u l­ t o ), das allein schon größere Glaubwürdigkeit mit sich bringt87, sondern 82 Eine Abfolge von W eltreichen kennt auch Laktanz (15,13), doch ist die Vorstellung so geläufig (siehe oben 15,13 et Aegyptios .. . ), dass sich keine Aussage darüber tref­ fen lässt, ob Laktanz sie in der ihm vorliegenden Fassung der Hystaspesapokalypse gefunden haben kann. 83 Praefari mit futurischem Acl, der den Inhalt der Prophezeiung wiedergibt, wie lust. 7,2,3; Aur. Vict. Caes. 26,4; vgl. ThLL X,2 652,18ff. 84 Zur Auffälligkeit von gentem condere ThLL V I,2 1859,43f. 85 Verfehlt ist es also, die Erwähnung einer Troiana gens auf die Hystaspesapokalypse zurückführen zu wollen und daraus eine Überlieferungsstation in Kleinasien zu erschließen, wie C o l p e (Hystaspes 1069) es tu t. 86 So prinzipiell, doch ohne die Anspielungen auf Vergil in Betracht zu ziehen, schon W I N D I S C H (45). 87 Zu diesem , Altersbeweis‘ bei Laktanz vgl. 4,5,5, allgemein in paganer und apologeti­ scher L iteratur P. P i l h o f e r , Presbyteron kreitton. Der Altersbeweis der jüdischen und christlichen Apologeten und seine Vorgeschichte, Tübingen 1990.

K om m entar

auch die Zuverlässigkeit der Weissagung, die bereits vor der Gründung Roms um dessen Ende weiß. Das fügt sich wiederum in den Kerngedanken des Abschnittes (15,12-19): Reiche erblühen und vergehen, auch Rom. 16,1—4 Politische Umwälzungen: Ende des röm ischen Reichs, Ty­ rannei eines Herrschers aus dem Norden: Laktanz schildert folgenden Ablauf der Ereignisse: 1. Die Zentralgewalt zerfällt (§ 1). 2. Zehn Könige etablieren sich; sie bekriegen einander, was zu einer allgemeinen Verheerung führt (§§ lf.). 3. Ein Feind aus dem Norden erscheint, unterwirft die drei in Asien herrschenden Könige und wird von den übrigen als p r in c e p s o m n iu m anerkannt (§3). 4. Der neue Machthaber errichtet eine Gewaltherrschaft, die alles bis­ lang Feststehende umstürzt (§4). Die zerfallende Zentralgewalt ist das römische Reich: Dadurch, dass der Tyrann aus dem Norden von Syrien aus regiert, ergibt sich eine Verlage­ rung der Herrschaft nach Asien. Somit sind, wie einleitend angekündigt (§ 1 qu om od o a u te m id fu tu r u m s i t , [ ...] o s te n d a m ), die Umstände, unter denen sich der Niedergang Roms und die Rückkehr der Herrschaft nach Asien (15,11) vollziehen, näher ausgeführt. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um die konkretisierende Ausdeu­ tung einer apokalyptischen Schilderung aus dem Danielbuch.1 In der Tier­ vision heißt es dort zunächst (Dan 7,7f.): „Danach sah ich in meinen nächtlichen Visionen ein viertes Tier; es war furchtbar und schrecklich anzusehen und sehr stark; es h a tte große Zähne aus Eisen. Es fraß und zerm alm te alles, und was übrig blieb, zertrat es m it den Füßen. Von den anderen Tieren war es völ­ lig verschieden. Auch h a tte es zehn Hörner. (8) Als ich die H örner betrachtete, da wuchs zwischen ihnen ein anderes, kleineres Horn em por und vor ihm w urden drei von den früheren H örnern ausge­ rissen; und an diesem Horn waren Augen wie M enschenaugen und ein Maul, das anm aßend redete.“

Diese Vision wird dann gedeutet (Dan 7,23-26): „Der (Engel) antw ortete mir: Das vierte Tier bedeutet: Ein viertes Reich w ird sich auf der Erde erheben, ganz anders als alle ande­ ren Reiche. Es w ird die ganze Erde verschlingen, sie zertreten und zerm almen. (24) Die zehn H örner bedeuten: In jenem Reich werden 1 Richtig schon B r a n d t I z.St., überzeugend dargelegt von van R o o i j e n - D ij k m a n 113-115, doch muss die Johannesoffenbarung nicht zwingend herangezogen werden.

16,1

445

zehn Könige regieren; doch nach ihnen komm t ein anderer. Dieser ist ganz anders als die früheren. Er stü rzt drei Könige, (25) er lästert über den H öchsten und unterdrückt die Heiligen des Höchsten. Die Festzeiten und das Gesetz will er ändern. Ihm werden die Heiligen für eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit ausgeliefert. (26) D ann aber w ird Gericht gehalten. Jenem König w ird seine M acht genommen; er w ird endgültig ausgetilgt und vernichtet.“

Darauf basiert, was sich bei Laktanz findet: Das Reich wird aufgeteilt auf zehn Könige, eine hinzukommende Tyrannengestalt stürzt drei Könige und errichtet eine nie gekannte Gewaltherrschaft. Diese Anwendung der Tier­ vision aus Dan 7 entspricht ihrer Rezeption in jüdischer und christlicher Apokalyptik und ihrem Verständnis in jüdischer und christlicher Litera­ tur:2 Unter dem vierten Tier bzw. Reich in Dan 7 wird allgemein das römische verstanden, die zehn Könige auf dessen Verfall hin gedeutet.3 Auch die Überwindung dreier Könige durch den Tyrannen gehört in die jüdisch-christliche Endzeiterwartung.4 Das bei Daniel nicht vorgegebene Element der Einigung der verbliebenen sieben Könige mit dem Tyrannen und seine Anerkennung als p r in c e p s o m n iu m (§ 3) erscheint Offb 17,13 für alle zehn: ουτοι μίαν γνώμην εχουσιν καί την δύναμιν καί εξουσίαν αυτών τώ θηρίω διδόασιν.5 2 Etwa 4 Es 11,1 - 12,35; Barn. 4,3-5; Offb 12,17 - 13,14, dazu R o l o f f Tiervision 16-53; Hipp. Dan. 4,14,1-4. Vgl. K ö t t i n g 130-133; G. P o d s k a l s k y , Byzantinische Reichseschatologie. Die Periodisierung der Weltgeschichte in den vier Großreichen (Daniel 2 und 7) und dem Tausendjährigen Friedensreiche (Apok. 20), München 1972; M. C a s e y , Son of Man. The interpretation and influence of Daniel 7, London 1980; R. B o d e n m a n n , Naissance d ’une exégèse. Daniel dans l’Église ancienne des trois premiers siècles, Tübingen 1986; B e a t r i c e Daniel 27-31; allgemein K a n n e n g i e s s e r 320-322. 3 Zum einmütigen Verständnis des vierten Tiers bzw. Reichs als das römische Reich im Judentum nach 70 n. Chr. R o l o f f Tiervision 22 mit Anm. 38; K a n n e n g i e s s e r 322; im C hristentum Hipp, antichr. 25,1 τίνες ουτοι άλλ’ ή οί 'Ρωμαίοι; Offb 17,12-14 werden die zehn Hörner als zehn noch nicht zur Macht gelangte Könige gedeutet, die mit dem Tier, also dem A ntichrist, zusammen herrschen, aber dann vom Lamm besiegt werden. Diese Aufteilung der Herrschaft auf zehn Könige deutet beispielsweise Iren. haer. 5,26,1 als Erklärung für den Dan 2,42f. vorausgesagten Untergang des römischen Reichs (vgl. Iren. haer. 5,30,2). Auch Tert. resurr. 24,18; 25,1 entnim m t aus Offb 17,12, dass die Herrschaft über das römische Reich auf zehn Könige aufgeteilt werden, der Staat zugrunde gehen und der Antichrist auftreten wird. Vgl. B o u s s e t 78. - Auf Dan 7,7.19, das (mit Rom gleichgesetzte) vierte Tier mit den eisernen Zähnen, spielt er auch 5,11,6 an. 4 Vgl. B oussE T 102f.; Iren. haer. 5,26,1 mit B e a t r i c e Daniel 29. Aufgrund von Dan 11,43 nimmt Hipp, antichr. 52,1 an, es handle sich um Könige von Ägypten, Libyen und Äthiopien; der erste Angriff des Tyrannen richte sich aber gegen Tyros und Sidon (52,2 nach Jes 23,4L). Bei Commodian besiegt der (von Osten heranrückende: apol. 906ff.) Antichrist drei Caesares (apol. 911) bzw. imperantes (instr. 1,41,6). 5 Offb 13,1 und 17,2 sowie Dan 7 stellt auch schon die antike Exegese zusammen, etwa Victorin. Poetov. in apoc. 13,2.

K om m entar

Insgesamt erscheint das Material aus dem Danielbuch mit den einigen Veränderungen: So formuliert Laktanz eine konkrete historisch-politische Vorausschau. Die Aussagen sind unverschlüsselt bereits auf das römische Reich übertragen. Im Rahmen dieser Konkretisierung hinzugefügte reali­ stische Begleitumstände sind die Kriege beim Zerfall und zwischen den zehn Königen sowie die Anerkennung des Tyrannen durch die übrigen sie­ ben Könige. Der Bezug auf Rom, Zerfall und Anerkennung des Tyrannen finden sich, wie gezeigt, bereits in der früheren Auslegungstradition. Da­ bei stammen die geographischen Angaben (der Tyrann kommt aus dem Norden, der Sturz der drei Könige findet in Syrien statt) nicht aus Dan 7. Ferner ist bei Laktanz der Tyrann aus dem Norden der erste von zwei eschatologischen Gegnern; der eigentliche Antichrist erscheint erst 17,2, auf seine Niederwerfung (19,6) folgt das Gericht (20,1). Während der Ty­ rann Dan 7,25 Gott lästert und die Frommen für 36 Monate unterdrückt, schreibt Laktanz dies erst dem Antichrist (17,4-11, v.a. 17,8) zu. Bei ihm trägt der Tyrann aus dem Norden eher Züge eines politischen Machthabers und beschleunigt den Fall der Welt in das endzeitliche Chaos. - Sicher ist jedenfalls, dass die von Laktanz hier wiedergegebene Tradition von Dan 7,7f.23-26 und dessen christlicher Rezeption Offb 13,lf.5.7.; 17,3.8.12f. aus­ geht. Laktanz entwickelt daraus eine konkrete Geschichtsprognose. Das Ablaufmuster ist zwar dem Danielbuch in seiner christlichen Re­ zeption insbesondere in der Johannesoffenbarung entnommen. Dessen Aus­ gestaltung aber stimmt in einigen Punkten mit der Darstellung der Tetrar­ chie in D e m o r tib u s p e r s e c u to r u m überein. Der §§ lf. geschilderte Ablauf findet sich auch mort. pers. 7,1-4: Machtaufteilung und Vergrößerung der Heere aufgrund der alles zugrunde richtenden Hab- und Machtgier der Herrscher führen zu unerträglich erhöhter Steuerlast, die die Landwirt­ schaft zum Erliegen bringt. Auch die Formulierungen sind ähnlich: 16,lf.

m ort. pers.

1 m u ltip lic a b itu r reg n u m et su m m a re ru m p o te s ta s p e r p lu rim o s d issip a ta et c o n c is a m in u e tu r. [ ...] o rb e m te rra e n o n ad regen du m , sed ad c o n ­ s u m e n d u m p a r tia n tu r . 2 H i e x e rc itib u s in im m e n su m a u ctis et a g ro ru m c u ltib u s d e s titu tis [ ...] d is p e r d e n t o m n ia [ ...] et u o ra b u n t.

7,1 D io c le tia n u s [ ...] cu m d is p e r d e r e t o m n ia . 2 tres [ ...] p a r tic ip e s reg n i su i fe c it in q u a t­ tu o r p a rtes orbe d iu iso et m u ltip lic a tis e x e r ­ c itib u s [...]. 3 adeo m a io r esse coeperat n u m e ­ ru s a c c ip ie n tiu m qu am d a n tiu m , u t e n o r m ita ­ te in d ic tio n u m c o n s u m p tis u irib u s co lo n o ru m d e s e r e r e n tu r a g ri et c u ltu r a e u e r te r e n tu r in s i­ luam . 4 [ ...] p r o u in c ia e quoque in fr u s ta c o n c i­ sa e. - Vgl. 26,2 (über Galerius) cu m s ta tu is s e t cen sibu s in s titu tis orbem te rr a e deuorare, [...].

Zum anderen lassen manche Aspekte in der Darstellung der Tyrannei § 4 an die Tetrarchie und deren Wertung durch Laktanz denken: Die Herr­ schaft sausübung ist wie mort. pers. 21,1 beschrieben mit dem seltenen

16,1

447

Ausdruck

orb em u e x a re , 6 die grundlegenden Verfassungs- (p r o p r iu m s i­ bi c o n s titu a t im p e r iu m ) und Gesetzesänderungen ( leges c o m m u te t e t su a s s a n c ia t ) haben eine ungefähre Parallele in der Errichtung der Tetrarchie

(mort. pers. 7,2)7 und den Gesetzgebungsmaßnahmen der Tetrarchen (et­ wa mort. pers. 7,6f.; 22,4f.; 23,1-9), deren katastrophale Auswirkungen Laktanz jeweils schildert. Schließlich kann man bei der Verlegung des Herr­ schaftssitzes an die Errichtung der neuen Herrscherresidenzen Nikomedien, Sirmium/Thessalonike, Mailand und Trier/York anstelle Roms den­ ken.8 Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Laktanz die Tetrarchie mit die­ ser Phase des eschatologischen Ablaufs in einer für den Leser eindeutigen Weise gleichsetzen will.9 Eher soll durch die Anspielungen einerseits das apokalyptisch Böse der Tetrarchenherrschaft verdeutlicht, andererseits der Apokalypse durch die merklichen Anklänge an die Zeitgeschichte Plausi­ bilität10 und Aktualität verliehen werden (siehe oben 6ff.). 16,1 m u ltip lic a b itu r reg n u m : Der Ausdruck könnte dreierlei meinen:

(1) eine Vergrößerung des Herrschaftsgebietes (wie Liv. 37,54,12; vgl. ThLL VIII 1596,49; so B o w e n / G a r n s e y : „Rome’s kingship will be extended“), eine solche stünde aber unmotiviert im Kontext; (2) eine (schwächende) 6 Vgl. epit. 66,3 (Entsprechung zu 16,4) u e x a b it o m n e m te r r a m und m ort. pers. 16,1 (über Diokletian, Galerius, M aximian) n e x a b a tu r ergo u n iv e r s a terra. Die Ju n k tu r o rb em u exa re lässt sich außerhalb von Laktanz nur Prud. perist. 4,82 nachweisen. Zum Gesam turteil über Diokletian auch m ort. pers. 9,11 c u m re m p u b lic a m ta lib u s c o n siliis e t ta lib u s so ciis e u e r te re t, c u m p ro scele rib u s su is n ih il n o n m e r e re tu r , ta m d iu ta m e n s u m m a fe lic ita te re g n a u it, q u a m d iu m a n u s su a s iu s to r u m sa n g u in e n o n in q u in a r e t. 7 Vgl. aber I. K ö n i g , Lactanz und das , System 4 der Tetrarchie, Labeo 32 (1986)

180-193 zu den Angaben des Laktanz über das tetrarchische System. 8 Allerdings erwähnt oder tadelt Laktanz (mort. pers. 7,10) nicht die Verlegung der Residenz nach Nikomedien an sich, sondern nur den plum pen Versuch, durch einen prunkvollen Ausbau (dazu auch Lib. or. 61,7) die Stadt Rom gleich zu machen 9 Das würde wohl augenfälligere Übereinstim m ungen erw arten lassen. Insbesondere bleibt offen, inwiefern das aus der Tradition übernom mene Schema (zehn Herrscher, Tyrann aus dem Norden besiegt drei und erringt Vormacht) sich bereits erfüllt haben soll. 10 Wie Laktanz hier nach Daniel das Ende des römischen Reichs darstellt, klingt zwar hauptsächlich an die Ereignisse der Tetrarchie an, hat aber auch viel Typisches an sich: Das A uftreten von U surpatoren ist in der unruhigen Zeit vor Diokletian, die Laktanz bewusst erlebt, etwas Alltägliches. Auch an das sich im Osten auf römi­ schem Territorium bildende Reich von Palm yra (252-273, vgl. F. M i l l a r , The Ro­ man Near East, C am bridge/Mass. 1993, 159-173) dürften sich Laktanz und m an­ che seiner Zeitgenossen noch erinnern. Schließlich ist es allgemeine Überzeugung in der Spätantike, dass das römische Reich durch inneren Zerfall und Aufteilung der Herrschaft zugrunde gehen muss (vgl. A. P a b s t , Divisio Regni. Der Zerfall des Im­ perium Romanum aus der Sicht der Zeitgenossen, Bonn 1986), wie es dann ja auch tatsächlich eintritt. - Laktanz zeichnet also, auf der Basis der biblischen Apokalyptik, ein durchaus realistisches Szenario, wie sich das Ende des römischen Reichs vollziehen könnte. Diesem Zweck dienen auch die Anspielungen auf die Tetrarchie.

K om m entar

Aufteilung der Herrschaftsmacht (so P e r r i n epit. 66,3: „Le pouvoir sou­ verain sera divisé“) passt zwar gedanklich zum Folgenden, doch lässt sich diese Verwendung nur schwer mit der Semantik von m u ltip lic a re (ThLL VIII 1596,25ff.) vereinbaren; (3) eine Vervielfachung der (negativ konnotierten) Königsherrschaft (so, zum entsprechenden Ausdruck epit. 66,3, H e c k / S c h i c k l e r : ,,[d]as Königtum wird sich vervielfachen“) ist somit das nächst liegende Verständnis.11 d isc o r d ia e c iu ile s [...] seren tu r: , Zwistigkeiten im Inneren säen‘ wie

Liv. 3,40,10 (vgl. ThLL V,1 1340,39ff.52ff.). n o n ad r e g e n d u m , se d ad c o n su m e n d u m : Vgl. Sen. controv. 4 praef.

7

ita u t regi p o s s e t nec c o n s u m i .

1 6 .2 u o ra b u n t: Das Verbum simplex nur hier bei Laktanz, B r a n d t

(z.St.) erwägt d e u o ra b u n t mit epit. 66,3; dem katalektischen Ditrochäus hier könnte gleichermaßen Molosser wie Dispondäus vorausgehen. Aller­ dings steht epit. 66,3 das Verb neben o ccu p a b u n t und p a r t ie n t u r ; hier neben den semantisch näher stehenden Ausdrücken d is p e rd e n t und c o m m in u e n t mag der Reiz des betont am Satzende stehenden Simplex größer sein. 1 6 .3 h o s tis p o te n tis s im u s . . . o rietu r: Feinde aus dem Norden sind ein

alttestamentliches Motiv (etwa Jer 1,13-15; 4,13; Ez 1,4; Joel 2,20 etc.). Dan 11,1-45 wird ein anmaßender und machtbesessener , König des Nor­ dens ‘ erwähnt, der unter anderem die Gottestreuen unterdrückt und göttli­ che Ehren für sich beansprucht. Insbesondere daraus und aus dem ,vierten Tier‘ Dan 7,7ff. entwickelt sich das Motiv des Antichrist (siehe unten zu 19,6 A n tic h r is tu s ) . Der ,Feind aus dem Norden ‘ (das Motiv könnte aus Dan 11 in den von Dan 7 bestimmten Kontext übertragen sein) ist aber noch nicht der Antichrist. Dieser wird erst ab 17,2 eingeführt und besei­ tigt den , Feind aus dem Norden ‘ (17,3). Im Gegensatz zum Antichrist wird der , Feind aus dem Norden ‘ nur im politischen, nicht aber im religiösen Bereich aktiv: Durch ihn geht das römische Reich zugrunde und wird die Abfolge der Endzeitkatastrophen angestoßen (16,5-14; vgl. 25,8). Die traditionsgeschichtliche Einordnung dieser verdoppelten Antichrist­ figur ist schwierig. Prinzipiell ist die Vorstellung, dass dem letzten Anti­ christ ähnliche Endzeit gestalten vorausgehen, durchaus geläufig (so etwa Tert. adv. Marc. 5,16,4 zu 1 Joh 2,18 και νυν αντίχριστοι πολλοί γεγόνασιν, vgl. 1 Joh 4,3). F u c h s (33) vermutet einen misslungenen Versuch des Laktanz, zwei unterschiedliche Vorstellungen miteinander in Einklang zu bringen. Öfter stellt man (so etwa S b a f f o n i II 188 Anm. 2; M c G in n 65-68) die zwei Endzeit gestalten des Laktanz auch neben Commodian: 11 Zwischen (2) und (3) die freie W iedergabe von S ä n c h e z S a l o r : „serän muchos los que ostenten el poder“.

16,4

449

Bei diesem erobert zunächst ein Gotenkönig Rom (apol. 809-822). Die­ sen besiegt dann eine erste Antichrist gestalt, ein N ero r e d iu iu u s , der Rom wieder stärkt und die Christen verfolgt (apol. 823ff.). Schließlich folgt ein zweiter Antichrist, ein rex ab o r ie n te (apol. 89Iff.; siehe auch unten zu 17,2 a lte r rex . . . ), der Rom zerstört und somit die Endzeitereignisse aus­ löst. Doch scheint Laktanz dieser Version fern zu stehen. Denn zum einen sind die Abläufe abgesehen vom Auftreten zweier Antichrist Charaktere ver­ schieden. Zum anderen referiert er mort. pers. 2,8f. am Ende des Kapitels über Nero entschieden ablehnend die Commodians Darstellung in man­ chem entsprechende Meinung einiger, dass Nero (mort. pers. 2,8 a fin ib u s (te r r a e ), nach or. Sib. 5,363) wiederkehren werde, u t quia p r im u s p e rs e c u tu s est, id e m e tia m n o u issim u s p e r s e q u a tu r e t a n tic h r is ti p ra e c e d a t a d u e n tu m (mort. pers. 2,8) und (u t p r a e c u )r s o r d ia b o li ac p ra e u iu s s it u e n ie n tis a d u a s ta tio n e m te r r a e e t h u m a (n i g e ) n e ris e u e r s io n e m (mort. pers. 2,9; zu p r a e c u r s o r ThLL X,2 521,51ff.). Vielleicht wird man eher eine seit Hippo­

lyt belegte Auslegungstradition zu Daniel und der Johannesoffenbarung im Hintergrund sehen (J enks 108-112): Hippolyt setzt zum einen das Reich des Antichrist mit dem aus Eisen und Ton gemischten Fuß aus Dan 2,33 sowie dem kleinen Horn Dan 7,8 (antichr. 28) gleich. Damit ist Rom (das eiserne Bein, die zehn Hörner) vom unmittelbar folgenden Reich des Anti­ christ getrennt. Das zweite der beiden Tiere aus Offb 13 (siehe unten 498 mit Anm. 20) identifiziert Hippolyt mit dem Antichrist (antichr. 49,1), der nach Offb 13,12 die Herrschaftsgewalt des ersten Tieres übernehme, das dem vierten Tier aus Dan 7 und somit dem römischen Reich entspre­ che (antichr. 49,2). Damit scheint die Voraussetzung geschaffen für die bei Laktanz vorliegende Trennung vom Untergang des römischen Reiches einerseits, der sich nach Dan 7,7f.23-26 durch die Aufspaltung in zehn Kö­ nigreiche und das Auftreten eines Tyrannen vollzieht (16,1-4), und dem Auftreten des Antichrist andererseits (17,2ff.). Angelegt ist diese Aufspal­ tung in der Zweizahl der Tiere in Offb 13 und insbesondere darin, dass das erste Tier in die Nähe des vierten Tieres aus Dan 7 gerückt (Offb 13,lf.5.7) und ihm politische Macht zugeschrieben (Offb 13,7.12) wird. Unter dem Einfluss der bei Hippolyt belegten Auslegung könnte also in einer stark glättenden Überarbeitung von Offb 13 aus dem ersten Tier und weiterem Material aus Dan 7 der nurmehr politische Tyrann des Kapitels 16, aus dem zweiten Tier, dem alle gottwidrigen Aktivitäten des ersten Tieres und weitere Antichrist-Motiv zugeschlagen werden, der Antichrist des Kapitels 17 entstanden sein. 16,4 insustentabili: wie mort. pers. 49,4, selten (ThLL VII,1 2065,45ff.) diuina et humana miscebit: Die Formulierung (sonst mit p e r m is c e r e ; vgl. ThLL Χ,Ι 1546,32ίΓ.) bezeichnet eine völlige Verrohung im Krieg (Sali.

K om m entar

lug. 5,2; Catii. 12,2; Caes. civ. 1,6,8) oder durch Habsucht (Ps. Sali. rep. 8,4), aufgrund derer auch das Göttliche nicht mehr respektiert wird. Hier ist wohl eher an eine allgemeine Charakteristik der alle Maßstäbe aufhe­ benden Tyrannei gedacht, nicht konkret an die Forderung nach göttlicher Verehrung des Herrschers; diese erhebt erst der Antichrist (17,4). e x e c r a b ilia : hier erstmals substantiviert, vgl. ThLL V,1 1835,43. n o u a c o n silia . . . le g e s c o m m u te t e t su a s sa n cia t: N o u a c o n silia sind

negativ konnotierte ,Umsturzpläne‘, Revolutionäre Ideen ‘ (vgl. Cic. Sull. 57; OLD s.v. n o u u s 10b). Der u t - Satz führt als appositiver Objektsatz aus, worin diese bestehen. Zur Sache vgl. Dan 7,25 προσδέξεται αλλοιώσαι καιρούς καί νόμον und die christliche Charakterisierung des endzeitlichen Widersachers als άνθρωπος τής ανομίας (2 Thess 2,3.7; Justin, dial. 32,3f.; L i e t a e r t P e e r b o l t e 94f.). Die weiteren dem Tyrannen aus dem Nor­ den zugeschriebenen umstürzenden Veränderungen bilden wohl eher zeit­ geschichtliche Ereignisse im Zusammenhang mit der Errichtung der Tetrar­ chie ab, als dass sie Reste einer Überlieferung sind, nach der der Antichrist zum Schein Jude wird (so B o u s s e t 110f.; v a n R o o i j e n - D i j k m a n 115). - Auch Ps. Apul. Asel. 25 ( n o u a c o n s titu e n tu r iu ra , lex n o u a ) erwähnt die Einführung neuer Gesetze im Rahmen einer antireligiösen Politik.12 c o n ta m in a b it d ir ip ie t s p o lia b it o c c id e t: Die asyndetisch aneinander­

gereihten Prädikate drücken prägnant aus, wie sich die soeben hypotaktisch dargestellten verwerflichen Planungen des Tyrannen tatsächlich auswirken. im m u ta to n o m in e a tq u e im p e r ii se d e tr a n sla ta : Dass sich im p e r ii

auf beide Ablativi absoluti beziehen dürfte (anders B o w e n / G a r n s e y : „he will change his name and move the seat of government“; B o u s s e t 11Of.), legt epit. 66,3 n o m e n im p e r ii sed e m q u e m u ta b it nahe (so auch F u c h s 33). Nun vollzieht sich das 15,11 ( to lle tu r te r ra e t im p e r iu m in A s ia m re u e rte tu r ) Angekündigte: Das im p e r iu m wird unter neuem Namen, das heißt in den Händen einer anderen, nicht genannten Nation weitergeführt, das Herrschaftszentrum ( se d e s im p e r ii wie mort. pers. 8,3; vgl. ThLL VII,1 575,13ff.; nach Suet. Cal. 8,5 sei von Caligula überliefert, se d e m ac d o ­ m ic iliu m im p e r ii ta e d io u rb is tra n sfe rre eo fsc. A n tiu m ] d e s tin a s s e ; G o e z 30f. ; zur Verlegung der Residenzen unter Diokletian siehe oben 447 mit Anm. 8) wird verlegt, und zwar weg von Rom, anscheinend nach Asien (klarer epit. 66,3: trib u s d e le tis A s ia m p o s s id e b it ) . Dadurch hört das im ­ p e r iu m R o m a n u m auf zu existieren. 12 F o w d e n (38f.) spricht sich für, Löw (241) gegen einen Rückgriff des Laktanz auf den Asclepius aus. Freilich ist Löw s Idee von einer einzigen Quelle zu eng, denn man wird kaum ausschließen wollen, dass Laktanz sich der Übereinstim m ung im Motiv bewusst ist und dass er sich diese zunutze machen will.

451

16,5

c o n fu sio ac c o n tu r b a tio h u m a n i g e n e r is c o n se q u e tu r : Entspricht

dem 15,11 Gesagten:

u a s tita tis e t c o n fu sio n is [ ...] cau sa

ist das Ende des

im p e r iu m R o m a n u m .

1 6 ,5 —14 D ie T y r a n n e n h e r r sc h a ft u n d d ie E n d z e itp la g e n :

Die Herrschaft des Tyrannen aus dem Norden setzt eine Endzeit katastrophe in Gang, die auf den ganzen Kosmos übergreift und dann wieder auf die gottlosen Menschen zurückfällt: Nach einer Verschlechterung der Verhält­ nisse im sozialen (Werteverfall: 15,7f.) und politisch-militärischen (Ende Roms, Herrschaft nach Asien: 15,10f.; Neustrukturierung der Verhältnisse: 16,1-3) Bereich folgt auf die daraus sich ergebende Tyrannei nie gekann­ ter Dimension (16,4), die im sozialen Bereich alles bislang Feststehende umstürzt, eine eschatologische Schreckenszeit (§ 5 d e te s ta b ile a tq u e a b o m i­ n a n d u m te m p u s ), eine Abfolge von Endzeitereignissen, die Katastrophen(vgl. 15,5 c a e le ste s p la g a e ) und Zeichencharakter (vgl. 15,6 p ro d ig ia m i­ ra n d a ) haben (§§ 5-11). Die einzelnen Phänomene sind bedachtsam an­ geordnet: Sie steigern sich von alltäglich und punktuell im Lebensbereich des Menschen erfahrbaren Ereignissen bis hin zu globalen und über bisher Gekanntes hinausgehenden. Laktanz zählt nicht nur auf, sondern schildert anhand von Ursachen, Folgen und Konkretisierungen einen Ereignisablauf:I.23 I. Ereignisse aus der menschlichen Erfahrungswelt (§§ 5-8) 1. Menschen (§ 5): Untergang von Städten durch Feuer, Schwert, Erdbeben, Überschwemmung, Seuchen, Hunger. 2. Natur (§§ 6-8) (a) Klima, Nutzpflanzen (§ 6): Klimaverschlechterung (ungün­ stiger Regen, Trockenheit, übermäßige Kälte und Hitze), Unfruchtbarkeit (in allen Kulturformen, Blüte ohne Früch­ te) (b) Wasser, Tierwelt (§§ 7f.): Wassermangel (Versiegen von Quellen und Flüssen, Verderben des Wassers), dadurch Tier­ sterben (Landtiere, Vögel und Fische) 3. Himmel (§ 8): durch p ro d ig ia in caelo (Kometen, Sonnenfinster­ nis, Verfärbung des Mondes, Sternschnuppen) Furcht bei den Menschen II. Ereignisse, die über bislang Erfahrenes hinausgehen (§§ 9-11) 1. Himmel (§§ 9f.) (a) Dauerhaftigkeit der Himmelsphänomene aus § 8: neue Stern­ bilder, Verfinsterung der Sonne, Verfärbung des Mondes, unregelmäßiger Mondlauf, Niedergehen der Sterne (b) in Folge dieser Veränderungen Aufhebung der natürlichen Ordnung (keine Unterscheidung zwischen Tag und Nacht, keine Beobachtung der Gestirnbahnen, keine Unterschei-

K om m entar

dung der Jahreszeiten, Verkürzung von Jahr, Monat und Tag, Sternenlosigkeit des Himmels) 2. Natur (§ 11): Einebnung der Berge, Unbefahrbarkeit des Meeres 3. Menschen (§ 11): Schrecken durch Posaunenschall Die katastrophalen Veränderungen der Natur werden zu Beginn des Gol­ denen Zeitalters (24,7f.) wieder aufgehoben (siehe unten 553 Anm. 16). In §12 nennt Laktanz den Beweggrund der Katastrophen (genannt werden Verheerung durch Feuer und Schwert, Hunger und Krankheit wie schon § 5), den Zorn Gottes, und als diejenigen, die anscheinend besonders ge­ troffen werden sollen, die Frevler. Sie beten nun vergebens und werden in tiefste Verzweiflung gestürzt. In §§ 13f. zieht Laktanz Bilanz: Die Welt ist völlig aus ihrer Ordnung geraten (§ 13). Die Frommen sind den bislang geschilderten Katastrophen in geringerem Maße zum Opfer gefallen, sogar gestärkt aus ihnen hervorgegangen (§ 14). Ihr Schicksal in der Endzeit tritt anschließend (17,1-11) in den Mittelpunkt. Solche Aufzählungen endzeitlicher Symptome, die oft Vorzeichen sind für das Kommen des Messias oder die Wiederkunft Christi, finden sich häufig in jüdisch-christlicher apokalyptischer Literatur,13 sie entsprechen aber kulturübergreifenden Grundmustern. Kerngedanke ist der Zerfall der Schöpfungsordnung, die Umkehrung des zum Wohl des Menschen Einge­ richteten ins vernichtende Chaos. Typisch ist ferner, dass die hier genann­ ten Katastrophen als eschatologische Drangsale oder Wehen14 mit vorzeichenhaftem Charakter dem Ende vorausgehen, aber noch nicht unmittel­ bar auf dieses hinführen, da erst noch ein Höhepunkt an Not und Bedräng­ nis aussteht.15 Schließlich ergeben sich in diesen Drangsalen Übereinstim­ mungen mit paganen Prodigien und Unheilsmotiven. Diese auch sonst in der frühchristlichen apokalyptischen Literatur beobachteten Annäherun­ gen erklären sich teilweise durch eine gemeinsame anthropologische und kulturelle Basis, teilweise aber wohl auch durch bewusstes Anpassen und Bemühen um Nachvollziehbarkeit und Plausibilität.16 13 Etwa Jub 23,13; ApcAbr 30,1-7; ApcBar(syr) 25,2 - 27,15; Hen(aeth) 80,1-8; 4 Es 5,1-12; 9,3; Phil. Alex, praem. 127ff.; Mk 13parr.; zu Offb siehe die Zusammenstel­ lung A u n e II 418f.; grundsätzlich zum Zeichencharakter und zur Topik M. D u b i s , Messianic Woes in First Peter. Suffering and Eschatology in 1 Peter 4:12-19, New York 2002, 5-36, mit weiterer L iteratur. 14 Zum Bild der ώδινες, das auch für die Unausweichlichkeit des folgenden Prozesses steht, vgl. Mt 24,8; Mk 13,8; W. R a d l , ώδίν, EW N T 3 (19922) 1209f. 15 Erst auf die Bedrängnis der G ottestreuen (17,4-11) folgt das Kommen des G ottes­ sohnes (19,lf.). Zur Abfolge W ehen/D rangsale mit Vorzeichencharakter - nochm a­ lige Steigerung der Not - Ende vgl. beispielsweise Mt 24,3-31 und, mit umfangrei­ chem Belegmaterial aus der jüdischen Apokalyptik, V olz 152-163. 16 Vgl. K ö t t i n g 133-135; B e r g e r , Hellenistisch-heidnische Prodigien und die Vor­ zeichen in der jüdischen und christlichen Apokalyptik, ANRW II 23/2 (1980) 14281469; A u n e II 416-419. Bei Laktanz fehlen beispielsweise relativ häufig belegte

16,5

453

Konkrete Quellen für die Motive des Endzeitgeschehens sind schwer zu ermitteln, da es sich oft um stereotype Motive handelt und Laktanz sie zu einer stimmigen Gesamtdarstellung zusammenfügt. Vielleicht geht er von einer Zusammenstellung von Endzeit plagen aus, redigiert und ergänzt sie.17 Eine wichtige Quelle für ergänzendes Material scheinen dabei die Sibyllenorakel zu sein.18 Auffällige Parallelen ergeben sich aber auch zur so genannten Apokalypse im hermetischen A s c le p iu s 19 . Dabei handelt es sich aber um allgemeine apokalyptische Motive, die Laktanz nicht nur im Corpus Hermeticum, sondern auch in christlicher Literatur vorgefunden hat. Der Kerngedanke der A s c le p iu s - A p o k a ly p s e , die gestörte Beziehung zwischen den Göttern und den Menschen, fehlt in den Endzeit Schilderun­ gen des Laktanz. Diese gestaltet er aber offenbar so, dass sich für den Leser merkliche Übereinstimmungen mit Außerchristlichem ergeben. Der Hystaspesapokalypse kommt entgegen verbeiteter Forschungsmeinung kei­ ne fassbare Bedeutung als Quelle zu.20 16,5 n u lli u ita iu cu n d a : Den Lebensüberdruss (vgl. Ps. Apul. Asel. 25 e t tu n c ta e d io h o m in u m n o n a d m ira n d u s u id e b itu r m u n d u s nec a d o ra n ­

angesichts der Drangsale der Endzeit (etwa auch Jub 23,13) drückt Laktanz 16,12 noch stärker aus. d u s)

17

18

19

20

Endzeitphänom ene wie Schwefelregen (erst 26,2) und wilde Tiere. Das könnte durch die Quellenauswahl, möglicherweise aber auch durch den Wunsch zu erklären sein, vielleicht skurril Erscheinendes wegzulassen. Solche liegen beispielsweise vor in der synoptischen Endzeitschilderung (Mt 24,331; Mk 13,1-37; Lk 21,5-36, dazu Tert. adv. Marc. 4,39,3; Cypr. m ort. 2; Fort. 11), aus der praktisch alle Motive bei Laktanz Entsprechungen haben; vgl. ferner Offb 6,12f. Etwa zu 16,5 or. Sib. 3,675-690: Erdbeben; Überschwemmung mit Blut; Untergang von Städten; Feuer, Schwert, Regenflut; zu 16,5f. or. Sib. 2,165f.: Hunger, K rank­ heit, Kriege, Änderung der Zeiten. Umgekehrt betrachtet erscheint beispielsweise vieles aus or. Sib. 8,215-250 bei Laktanz: Änderung der Jahreszeiten (214f.) 16,9; Einebnung der Berge, U nbefahrbarkeit des Meeres (234-237) 16,11; Versiegen von Quellen und Flüssen (238) 16,7; 239 wörtlich 16,11; 337-367 paraphrasiert 16,12. Ps. Apul. Asci. 25L; siehe insbesondere unten zu 18,3 post enumerationem ; 18,4 υδατι. - Vgl. I. G u a l a n d r i , Echi apocalittici nell’/n Rufinum di Claudiano, in: dies. (Hrsg.), Tra IV e V secolo. Studi sulla cultura latina tardoantica, Milano 1999, 53-74, die zeigt, dass Claudian apokalyptische Motive aus Laktanz und aus der Endzeitschilderung Ps. Apul. Asel. 25f. übernim m t. Siehe oben 63ff. - F uchs (32) sieht §§ 6-1 la „in störender Weise“ G ut aus der Hystaspesapokalypse eingeschoben, § 5 knüpfe an § 12 an. Tatsächlich aber führt der Gedankengang §§ 6-1 la vom Menschen weg zur Schilderung der den ganzen Kosmos in nie gekannter Weise treffenden und verändernden K atastrophe. Es gibt keinen Grund, Laktanz diese Darstellung aus jüdisch-christlichem apokalyptischem M aterial abzusprechen; insbesondere die Verklammerung mit 24,7f. zeigt, dass er eigenständig redigiert. Auch lässt sich zeigen, dass Laktanz in der von F uchs der Hystaspesapokalypse zugeschriebenen Passage andere Quellen als diese benützt, vgl. etwa zu 16,11 montes . . .

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eruentur funditus ciuitates: Hier wohl nicht nur als Bild äußerlicher Kriegszerstörung (vgl. 15,10), sondern auch für den Verlust von Sicherheit und Schutz. Die Vernichtung von Städten ist alttestamentliches Unheilsmotiv (Gen 19,29; Jes 1,7; 14,7; Jer 4,7; Ez 36,38 etc.) und endzeitliche Katastrophe in der Apokalyptik (or. Sib. 1,185-187; 3,493; 685f.; 4,84; 8,87; Offb 16,19). Zur Geläufigkeit von Gedanke und Formulierung in der paganen Literatur etwa Veil. 1,13,1; Sen. Tro. 663; ThLL VI, 1 1557,71ff. und die ciceronische Junktur d u i t a t e m fu n d itu s e u e rte re (dom. 35; Verr. II 2,114; Lael. 23 etc.). ferro atque igni: Geläufige Junktur (vgl. 5,9,3; epit. 66,4) für eine krie­ gerische Verheerung (Liv. 23,41,13; 31,7,13; Val. Max. 7,3,8; ThLL VI,1 583,44ff.; zur Sache Est 8,12x; 1 Makk 10,85; Jes 66,16; Dan 11,33), vgl. v.a. or. Sib. 3,689f. καί κρίνει πάντας πολεμώ θεός ήδε μαχαίρη / καί πυρί καί ύετω τε κατακλύζοντι. Siehe auch oben 63. terrae m otibus assiduis: Erdbeben, elementar beängstigende Unheil­ sprodigien ( W ü l k e r 18; R o s e n b e r g e r 92; grundsätzlich G.H. W a l d ­ h e r r , Erdbeben - das außergewöhnliche Normale. Zur Rezeption seismi­ scher in literarischen Quellen vom 4. Jahrhundert v. Chr. bis zum 4. Jahr­ hundert n. Chr., Stuttgart 1997), erscheinen häufig in den neutestamentlichen Endzeitschilderungen (Mk 13,8; Mt 24,7; Lk 21,11; Offb 6,12; 8,5; 11,19; vgl. or. Sib. 13,10; ApcBar(syr) 27,7; AssMos 10,4; wie hier Städte zerstörend: or. Sib. 1,185-187; 3,675.685f.; 8,87; Offb 11,13; 16,18f.), aber auch Ps. Apul. Asel. 25 nec te r ra c o n sta b it. eluuie aquarum: Gedacht ist an eine in die Reihe der katastrophalen Ereignisse gehörende Überschwemmung (wohl nach or. Sib. 3,690, dort durch Regen; siehe auch oben zu 16,5 fe rr o a tq u e ig n i ; vgl. or. Sib. 3,683f.; 5,115; auch Ps. Apul. Asel. 26 illu u io n e d ilu e n s ), nicht aber, wie C u m o n t (76, siehe oben 63) meint, an eine alles vernichtende Sintflut (vgl. Gen 9,11; vgl. etwa or. Sib. l,317f.; Endzeitmahnungen des Neuen Testaments vergleichen die alttestamentliche Sintflut lediglich mit den bevorstehenden Drangsalen: Mk 13,35; Mt 23,37-42; Lk 17,26-36; vgl. 2 Petr 2,4L; or. Sib. 1,131). • ·

morbis frequentibus et fame crebra: Seuchen und Hunger treten er­ fahrungsgemäß oft gemeinsam und im Zusammenhang mit Kriegen oder Naturkatastrophen auf (vgl. z.B. Cic. Phil. 1,13; Liv. 4,9,2f.; 28,46,15; Hyg. fab. 2,1; Tert. nat. 1,9,5; Arnob. nat. 1,10; D.C. S t a t h a k o p o u l o s , Famine and Pestilence in the Late Roman and Early Byzantine Empire, Burlington 2004, v.a. 46-48.177-182; als Prodigien: W ü l k e r 21L), in der griechischen Literatur findet sich häufig die Verbindung von λιμός und λοιμός (etwa Hes. op. 243; Hdt. 7,171; vgl. N o r d e n K u n s tp r o s a II 490; d e J o n g 199). Das jüdisch-christliche Schrifttum kündigt für die Endzeit Hunger und Seu-

16,6

455

chen an, so insbesondere Lk 21,11 (ein Teil der Handschriften fügt auch Mt 24,7 und Mk 13,8 die Seuchen hinzu; danach Tert. adv. Marc. 4,39,3; Cypr. mort. 2; Fort. 11 aus Mt 24,7); or. Sib. 2,23.156; 3,332; 8,175.352; 11,240; ApcAbr 30,7; Comm. apoi. 846; H.P. K o h n s , ,Hungersnot‘, RAC 16 (1994) 828-893, v.a. 884f. Siehe auch oben 63. 1 6 ,6 aer . . . p e s tile n s : Zur Formulierung vgl. opif. 11,8 (Zusammenhang

ist die Funktion des Zäpfchens im Rachenraum) n e [ . ../ te n e r itu d in e m d o ­ m ic ilii [ ...] p e s tile n ti aura c o r r u m p a t ; Cypr. Demetr. 7 a e re m p e s tile n s a u ­ ra c o rru m p a t. Gemeint ist hier, wie die syntaktisch zugehörigen Angaben über Niederschläge und Temperatur ( m o d o im p o r tu n is im b rib u s ... a e s ti­ bus n im iis ) zeigen, eine Verschlechterung des Klimas ( a e r und p e s tile n s in diesem Sinn: ThLL I 1050,69ff.; X,1 1923,72ff.), deren Konsequenzen dann insbesondere im Hinblick auf das Pflanzenwachstum ausgeführt wer­ den. Ähnliche Zusammenhänge Ps. Apul. Asel. 25 (eschatologisch) f r u c ­ tu s te r r a e c o rr u m p e n tu r nec fe c u n d a te llu s e r it e t a e r ip se m a e s to to rp o re la n g u e s c e t ; Tert. apol. 22,5 (Dämonenwirken) a e r p e s tile n te s h a u stu s su o s o ffu n d it ; Cypr. Demetr. 7 (Gotteszorn); vgl. Hör. carm. 3,23,5f. - Dahinter

steht bei Laktanz die Vorstellung, dass die göttliche Schöpfungsordnung ein ausgewogenes Klima vorsieht, welches das Pflanzenwachstum fördert (3,25; pagan etwa Cic. nat. deor. 2,117; Tusc. 1,68; alttestamentlich Lev 26,4; Dtn 11,14; 28,12; Ez 34,26; Joel 2,23; Sach 10,1), dass in der Endzeit aber dieses Gleichgewicht verloren geht ( V o l z 156; vgl. Jer 5,24f.; 1 Sam 12,17; Am 4,7; in der Apokalyptik etwa Hen(aeth) 80,2; christlich reflek­ tiert Rufin. Orig, in lev. 16,2 p. 496,4ff.; Ps. Aug. quaest. test. 115,39). Siehe auch oben 63. m o d o im p o r tu n is im b r ib u s m o d o in u tili s ic c ita te : Laktanz knüpft

an die alltägliche und in der paganen Literatur häufig erwähnte (etwa Varro rust. 1,41,2; Ον. met. 5,483; Sen. suas. 3,1; Colum. 3,2,4; Plin. nat. 18,315; Tac. hist. 4,74,2) Beobachtung an, dass ein Übermaß ( im p o r tu n u s , vgl. ThLL VII,1 664,24ff.; o p p o r tu n i : Sen. benef. 7,31,4; Arnob. nat. 1,21; in u tilis , vgl. ThLL VII,2 279,13ff.; oben 64 Anm. 62) an Regen das Gedei­ hen der Pflanzen ebenso schädigt wie große Trockenheit. Starken Regen, der die Saaten verdirbt, kündigt or. Sib. 8,180 an. Umgekehrt erwartet die alttestamentliche Prophetie günstige, das Wachstum fördernde Regenfälle für die eschatologische Heilszeit (Joel 2,23; vgl. epit. 67,4). Häufiger wer­ den schädliche Niederschläge in Form von Wolkenbrüchen und Hagel im Alten Testament (etwa Weish 16,16; Jes 28,2; Ez 13,11.13) und in der Apo­ kalyptik (etwa or. Sib. 3,690f.; Jub 23,13; ApcAbr 30,7; Offb 8,7; 11,19; 16,21; vgl. or. Sib. 3,753f.: keine Dürre und kein Hagel mehr nach der Vollendung) erwähnt. Dürre ist geläufiges alttestamentliches und apoka­ lyptisches Motiv, etwa Dtn 11,17; Jes 5,6; Jer 14,4; or. Sib. 3,539f.; Jub

K o m m e n ta r

23,13; ApcAbr 30,5; ApcBar(syr) 27,6; Offb 11,6; Comm. apol. 842f.; vgl. B o u s s e t 129-132; V o l z 156. nunc frigoribus nunc aestibus nimiis: Wiederum gängige komplemen­ täre Formulierung (vgl. ThLL VI,1 1336,51ff.), die den Verlust des rechten Maßes ausdrückt; die apokalyptische Tradition erwähnt insbesondere die Kälte (etwa Sach 14,6; or. Sib. 5,300.375; Jub 23,13; vgl. Mt 24,20; Mk 13,18). nec terra hom ini dabit fructum: Vgl. 6,4; 24,7. Unfruchtbarkeit der Erde ist Motiv der Apokalyptik, etwa or. Sib. 3,280f.; 540-542.647 (vgl. B u i t e n w e r f 254); 5,275; Comm. apol. 845; Hen(aeth) 80,3; Jub 23,18; Phil. Alex, praem. 128; vgl. 4 Es 6,22; V o l z 156. Auch Ps. Apul. Asel. 25 fr u c tu s te r ra e c o rr u m p e n tu r nec fe c u n d a te llu s e r it.

seges [...] arbor [...] uitis: Feld, Baum und Rebstock als die drei wich­ tigsten Anbauformen werden öfter im gleichen Zusammenhang genannt, etwa 1,20,7; Enn. scaen. 151-154; Verg. ecl. 5,32f.; georg. 2,262-273; Tib. 1,5,27-32; Varro rust. 1,9,5; Colum. 5,7,2f.; Plin. nat. 18,337; Apul. apol. 88; kein Wein und Öl in der Endzeit: Jub 23,18; vgl. Cypr. Demetr. 7. cum in flore spem m axim am dederint, in fruge decipient: Das die verzweifelte Lage der Menschen andeutende Motiv der durch Blüte Hoffnung weckenden, dann aber unfruchtbaren Kulturen hat offenbar kei­ ne genaue Entsprechung (siehe auch oben 64), aber zahlreiche ungefähre Parallelen in der Apokalyptik: Saat, die ohne Frucht bleibt, erscheint als Unheils- (Jer 12,13) und Endzeitmotiv (hier v.a. or. Sib. 8,178-181: Pflan­ zen kommen zum Blühen, werden aber durch ungünstiges Wetter vernich­ tet; ferner 4 Es 6,22; Hen(aeth) 80,2f.; vgl. Phil. Alex, praem. 127). Tert. apol. 22,5 (vgl. oben zu 16,6 a e r ... p e s tile n s ) beschreibt als das Wirken von Dämonen, dass erblühte Baum- und Feldfrüchte absterben. 16,7 fontes [...] cum fluminibus arescent: Wohl aus or. Sib. 8,237f. γή γόφ φρυχθεϊσα τοτ’ εσται / συν πηγαϊς, ποταμοί τε καχλάζοντες λείψουσιν (vgl. 16,11). Das Austrocknen von Quellen und Flüssen ist ein im Alten Testament häufig erwähntes Unheil (Jer 51,36; vgl. Jes 15,6; Hos 13,15 etc.), in der Apokalyptik ferner 4 Es 6,24; AssMos 10,4 (vgl. or. Sib. 2,199; 7,122); B o u s s e t 130. ne potus quidem: Laktanz unterscheidet also zwischen Regenmangel (s ic c ita s , 16,6), der zu Missernten führt, und dem noch unmittelbarer be­ drohenden Trink Wassermangel. aquae . . . mutabuntur: Wasser, das in Blut verwandelt (Offb 11,6; 16,10; Comm. apol. 844; vgl. Ex 7,20: Plage Ägyptens; blutige Bäche: or. Sib. 3,683; Regen: or. Sib. 2,20; 3,804; 5,378, dieser als Prodigium nach römischer Auffassung: W ü l k e r 11) oder bitter (Offb 8,11; vgl. Ex 15,23:

16,8

457

Wasser von Mara; salzig: 4 Es 5,9; 4 Bar 9,18; zu aqua a m a ra ThLL I 1820,75ff.) wird, ist ein Motiv der jüdisch-christlichen Apokalyptik. 16,8 deficient . . . quadrupedes . . . uolucres . . . pisces: Das Sterben der Landtiere, Vögel und Fische wird angekündigt or. Sib. 8,342-348; als alttestamentliches Unheilsmotiv Zef 1,3; Hos 4,3; apokalyptisch Jub 23,18; ApcEl 5,8f. (Fische); ApcZef 12,8 (Vögel); 4 Es 5,6f.; B o u ss e t 130. prodigia [...] in caelo mirabilia: Zur Formulierung vgl. Vet. Lat. Dan. 6,28 (Cypr. testim. 3,20) deu s [ ...] f a c i t sig n a e t p ro d ig ia m ira b ilia in caelo e t in te r r a . Nach den Zeichen in te r ra nennt Laktanz nun vier kosmische (in caelo) Endzeitprodigien, welche die Menschen in Schrecken versetzen: Kometen, Sonnenfinsternis, Farbe des Mondes und das Niedergehen von Sternen. Hier erwähnt er sie zunächst knapp und in außergewöhnlicher For­ mulierung, anschließend führt er sie nochmals näher aus (16,9f.). Bedroh­ liche, teilweise als deren Zerstörung gedeutete Veränderungen an Sonne, Mond und Sternen werden nicht nur in der paganen Antike als Unheils­ vorzeichen betrachtet (z.B. Cic. nat. deor. 2,14; Verg. georg. 1,438-465), sondern kündigen im Alten Testament den Gerichtstag Gottes (Jes 13,10; Joel 2,10), im Neuen Testament die Wiederkunft Christi und in der Apo­ kalyptik die Endzeit an (Mk 13,24f.; Apg 2,20; 2 Petr 3,10; Offb 6,12f.; vgl. 4 Es 7,39; TestXII.Lev 4,1; AssMos 10,5f.; or. Sib. 5,477-482; 7,124f.; 8,190-193; Barn. 15,5). Oft wird dabei ausdrücklich, wie auch bei Lak­ tanz, die Furcht und Verwirrung der Menschen erwähnt. Ebenso spricht die hermetische Endzeitdarstellung Ps. Apul. Asel. 25 von Veränderungen am Himmel. crines cometarum: Die ungewöhnliche abundante Genitivkonstruktion (ThLL III 1783,64ff.; zur Terminologie Le B c e u ffle 65-68) soll wohl den leuchtenden Schwanz ( c r in is , vgl. ThLL IV 1204,78ff.) hervorheben. Ko­ metenerscheinungen können seit alters und bis in die Spät zeit als Unheils­ zeichen gelten, vgl. Cic. nat. deor. 2,14; div. 1,18; Verg. georg. 1,488; Manil. 1,876 mit F. L ü h r, Kometen und Pest, WS 7 [1973] 113-125; Plin. nat. 2,92; Cass. Dio 78,30,1; Claud, rapt. Pros. 1,395ff.; W. G u n d el, ,Kometen‘, RE XI,1 (1921) 1143-1193, v.a. 1149; C. DE V o c h t, Ούδεις κομήτης δστις ού, Kleio 16 [1987] 122-127; R o s e n b e rg e r 93; 115f. mit Anm. 147. Vom Erscheinen eines neuen Kometen als Vorzeichen endzeitlicher Kämpfe sprechen or. Sib. 3,334f. αστήρ λάμψει, δν έροϋσιν κομήτην, / ρομφαίας λιμού θανάτοιό τε σήμα βροτοισιν. 8,191f. άκτινόεντα κομήτην / άνθρωποι καλέουσιν τον αστέρα (Anregung für c rin e s c o m e ta ru m ? ) ;V olz 155f. solis tenebrae: Der unübliche Ausdruck ( te n e b ra e bezeichnet üblicher­ weise die Abwesenheit von Licht in einem Raum oder in der Nacht, vgl. OLD s.v. 1, hier aber geht es um ein Nicht-Leuchten) ist wohl eine Sub­ stantivierung von Vet. Lat. Matth. 24,29 (Cypr. Fort. 11) so l te n e b r ic a b it

K om m entar

und unterstreicht, dass es sich um mehr als eine gewöhnliche (und na­ turwissenschaftlich erklärbare: Plin. nat. 2,54) Sonnenfinsternis ( d efectu s s o lis , vgl. Sen. epist. 94,56; Plin. nat. 2,46) handelt. Gemeinhin gilt eine Verdunkelung der Sonne in der Antike als Unheils Vorzeichen, vgl. Verg. georg. 1,466-468; F. B o l l , , Finsternisse6, RE VI,2 (1909) 2329-2364, v.a. 2334f.; P. H ä n d e l , ,prodighimi RE XXIII,2 (1959) 2283-2296, v.a. 2288; H. R i t t e r , Weltuntergang und Weltbefund, WZBerlin 40/6 [1991] 91-95; R o s e n b e r g e r 199; M. B a u m b a c h , Sonnenfinsternis in Mythos, Mantik und Magie der Antike, in: H . K ö h l e r [u.a.] (Hrsg.), „Stürmend auf fin­ sterem Pfad ... 66 Ein Symposion zur Sonnenfinsternis in der Antike, Hei­ delberg 2000, 13-34. Im Alten Testament begleitet die Verfinsterung der Sonne das Gerechtigkeit schaffende Eingreifen Gottes (Jes 13,10; Am 8,9; Joel 2,10; Zef 1,15), im Neuen Testament gehört sie zu den kosmischen Zei­ chen, die mit dem Kommen des Menschensohnes einhergehen (Mk 13,24; Mt 24,29), in der Apokalyptik kennzeichnet sie die Endzeit (Offb 6,12 mit A u n e II 413f.; vgl. AssMos 10,5; or. Sib. 5,346-351; Barn. 15,5). color lunae: Den Farben des Mondes (Zusammenstellung der Belege aus der römischen Literatur L u n A is 339-341) wird in der Antike zwar keine besondere Bedeutung beigemessen (W. G u n d e l , ,Mond6, RE XVI, 1 [1933] 76-105, v.a. 101f.). Die Verfärbung (Plut. Aem. 17,7f.), insbesondere in Rot (ThLL VII,2 1837,9ff.; L u n a i s 12; blutrot: L u n a i s 219-225), gilt aber als Ankündigung einer ihrerseits als Prodigium betrachteten (Plin. nat. 2,46; L u n a i s 264f.; 268-276) Mondfinsternis (Plut. mor. 933f ff.; vgl. Cass. Dio 65,11,1; L u n a i s 221; 264) und als Unheilszeichen, vgl. Ov. met. 4,332f.; 15,788-790; Sen. Phaedr. 788; Curt. 4,10,2; F. B o l l , RE VI,2 (1909) 2350; L u n a i s 9-13; 225-227; 234-242; 264-275. Biblische Texte stellen neben eine Verfinsterung der Sonne eine ebensolche des Mondes (Jes 13,10; Jo­ el 2,10; Mt 24,29, wo die Formulierung Vet. Lat. [Cypr. Fort. 11] lu na n o n d a b it lu m en su u m auch an eine ungewöhnliche Färbung denken lassen könnte) oder dessen blutrote Verfärbung (Joel 3,4; Apg 2,20; Offb 6,12; vgl. AssMos 10,5). cadentium siderum lapsus: An sich wäre bei sid e ra c a d e n tia (ThLL III 19,58ff.; la p s u s : ThLL VII,2 955,75ff.: , Untergang6; 957,45ff.: ,Bahn6) an ,untergehende Gestirne6 (wie etwa Verg. Aen. 2,9; 4,81) zu denken. Gemeint sind aber, wie 16,10 s te lla e [ ...] c re b e rrim a e c a d e n t zeigt, Stern­ schnuppen ( sid u s ca d en s wie Lucan. 5,562f.; zur Terminologie L e B c e u f f l e 74f.), die in der Antike entweder als am Himmel den Ort wechselnde ( s te lla e tr a n su e rs a e , tr a n s c u r r e n te s , vgl. Verg. Aen. 5,528; Sen. nat. 7,23,2; Amm. 25,2,4) oder - und diese Vorstellung liegt hier zugrunde - als vom Firma­ ment fallende ( s te lla e c a d e n te s , vgl. Sen. nat. 2,55,3; ThLL III 19,32ff.) Sterne erklärt werden und in jedem Fall als Unheilsprodigien (fa c e s ge-

16,9

459

nannt Cic. nat. deor. 2,14; Sen. nat. 1,1,3; W Ü LK ER lOf.) gelten, vgl. W . G u n d e l , ,Sternschnuppen‘, RE III A,2 (1929) 2439-2446, v.a. 23492441.2444L Als Endzeitmotiv wird ein herabfallender Stern beispielsweise Offb 8,10; or. Sib. 5,155-161; Comm. apoi. 903f.; 1111 s te lla e c a d u n t caeli erwähnt. 16,9 nec tam en haec usitato m odo fient: Laktanz hebt nun das Einzig­ artige an den soeben genannten, an sich häufiger beobachteten kosmischen Erscheinungen hervor, das sie zu Endzeit Vorzeichen macht. existent . . . astra: Ein neuer Stern ist or. Sib. 5,155 angekündigt, es kann auch an Kometen (epit. 66,5 c o m e ta e crebro a p p a r e b u n t ; siehe oben zu 16,8 c rin e s c o m e ta r u m ) gedacht sein; vgl. jedenfalls Vet. Lat. Matth. 24,30 (Cypr. Fort. 11) e t a p p a re b it tu n c sig n u m filii h o m in is in caelo. inuisa: , bislang noch nicht gesehen^ (ThLL VII,2 224.42ÌT.), nur hier bei Laktanz. sol . . . discernat: F u scare für eine Verdunkelung der Sonne hier erstmals (wie epit. 66,5; ThLL VI,1 1652,43ff.), siehe oben zu 16,8 so lis te n e b r a e ; in p e rp e tu u m betont, dass es sich nicht nur um einer gewöhnliche Son­ nenfinsternis handelt. Dass durch die Sonne Tag und Nacht abgegrenzt wird und durch diese Abgrenzung das Leben der Menschen seine elemen­ tare Ordnung erfährt, ist eine Grundeinsicht in paganem (Hes. Th. 124; op. 571-581; Cic. nat. deor. 2,101f.; Ov. met. 15,186-191) und biblischem (Gen 1,14; Jer 31,35; Verlust dieser Unterscheidung Ijob 17,12; Jes 60,19; 33,20.25) Denken. Der Zusammenbruch dieser kosmischen Ordnung ge­ hört zum Schreckensszenario der Endzeit ( V o l z 155L). - Zu dieser und den folgend geschilderten grundlegenden Änderungen in den Eigenschaf­ ten des Kosmos, die dessen Ordnung und Abläufe betreffen, vgl. Vet. Lat. Matth. 24,29 (Cypr. Fort. 11) u ir tu te s c a e lo ru m m o u e b u n tu r. AssMos 10,5; Barn. 15,5; Offb 6,12. luna non iam deficiet tribus horis: Laktanz geht wohl von der tatsäch­ lichen Maximaldauer einer Mondfinsternis von drei Stunden und 40 Minu­ ten (Liv. 44,37,6 ab h ora se c u n d a u squ e a d q u a rta m h o r a m ; allgemein zur kurzen Dauer Sen. nat. 7,12,4) aus: Die endzeitliche Mondfinsternis wird länger dauern als diese. Zur Monfinsternis und der blutroten Verfärbung des Mondes siehe oben zu 16,6 co lo r lu n a ; zur Formulierung Curt. 4,10,2 lu n a d e fic ie n s p r im u m n ito r e m s id e r is su i c o n d id it, d e in d e sa n g u in is co lo ­ re su ffu so lu m en o m n e fo e d a v it. Vet. Lat. apoc. 6,12 (Ps. Cypr. ad Novat. 17,2) lu n a to ta sa n g u in e a f a c ta est.

m eatus extraordinarios peraget: Auf die regelmäßigen Bahnen ( m e a ­ tu s , vgl. ThLL V ili 512,41ff.) der Gestirne, unter ihnen des Mondes, weist sowohl die pagane Literatur (Lucr. 5,76fL; Cic. nat. deor. 1,128; 2,13; Curt.

K o m m e n ta r

8,9,36; Apul. Socr. 2 p. 119f.: mund. 22: wie hier Zusammenhang mit den Jahreszeiten) als auch Laktanz mit Bezug auf die göttliche Schöpfungsord­ nung hin, vgl. 2,5,19 ( in e s t ergo sid e rib u s ra tio a d p e ra g e n d o s m e a tu s su o s a p ta ); 2,11,4; 3,5,2; epit. 21,4. Die Abweichung davon (apokalyptisches Motiv: Hen(aeth) 80,4.6f. V o l z 155) ist kosmisches Unheilsprodigium und trägt zur Furcht erregenden Orientierungslosigkeit in der Endzeit bei. Ver­ änderungen in der Bahn der Gestirne erwähnt auch Ps. Apul. Asel. 25 (n ec ca elu m a stro ru m cu rsib u s nec s id e r u m cu rsu s c o n s ta b it in c a e lo ) ais Endzeitzeichen. non sit hom ini prom ptum [...] agnoscere: ,Der Mensch kann nicht leicht [...] erkennen^, positiv etwa 1,12,10; hier wie etwa Ov. met. 3,96 u ox su b ito a u d ita est, neque e ra t cogn oscere p r o m p tu m , u n d e ; die Wendung ist zunächst dichterisch, in nachklassischer Prosa aber häufiger, vgl. ThLL X,2 1886,60ff. aut siderum cursus . . . agnoscere: Zur Formulierung 3,5,2

nam so ­

lis ac lu n ae u a rii cu rsu s e t m e a tu s s id e r u m e t ra tio te m p o r u m d e p re h e n sa e s t Der unregelmäßige Mondlauf hat zwei Konsequenzen: Die verlässliche

Sternenbeobachtung ist kaum mehr möglich, weil sie von der Mondbahn ausgeht (vgl. W. H ü b n e r , ,Mond‘, DNP 8 [2000] 359-362, v.a. 361), und die Zeiteinteilung durch Mondmonate (vgl. Plat. Tim. 37c) fällt weg. R a ­ tio n e m te m p o r u m lässt aber auch an den Wegfall von unterscheidbaren Jahreszeiten (erkennbar auch an den Gestirnen: Sen. suas. 1,4; Sen. nat. 2 ,11,2) denken, wie das durch e n im angeschlossene Folgende zeigt; der Ausdruck meint offenbar jede Form längerfristiger natürlicher Periodisierung, die dem Menschen Anhaltspunkte zur zeitlichen Orientierung gibt, siehe auch oben zu 3,25 caeli te m p e ra tio . aestas in hieme: Vgl. or. Sib. 5,300 αντί δε χειμώνος θέρος εσσεται, umge­ kehrt 8,215. Dass die Unterscheidung zwischen den Jahreszeiten verschwin­ det (epit. 66,5 h ie m e atqu e a e s ta te c o n fu s is ), ist Endzeitmotiv, etwa or. Sib. 2,327; 3,90; Hen(aeth) 80,2; V o l z 156. 16,10 annus . . . coartabitur: Verkürzte natürliche Zeiteinheiten beim endzeitlichen Zusammenbruch der kosmischen Ordnung ( V o l z 155f.) wer­ den auch erwähnt or. Sib. 8,202 (αιών wird halbiert, wenn man an der verderbten Stelle mit A. K u r f e s s , Mnemosyne 7 [1939], 320, ήμισυς liest; G e f f c k e n schlägt ύπτιος, ,umgestürzt, umgekehrt^, vor); Ps. Philo Bib. antiq. 19,3 (verkürzter Lauf von Sonne und Mond); Hen(aeth) 80,2 (ver­ kürzte Jahre neben Zeichen des endzeitlichen Chaos, vgl. S. U h l i g , Das äthiopische Henochbuch, Gütersloh 1984 [SHRZ 5,6], 664). Von einem ra­ scheren Vergehen der Zeit in den Tagen des Endes sprechen 4 Es 4,26; ApcBar(syr) 20,1; ApcAbr 29,13; Barn. 4,3. Nach Mt 24,22; Mk 13,20 wird die Endzeit um der Auserwählten willen verkürzt. B re u ia re (epit.

16,11

-

16,12

461

an entsprechender Stelle als einziges Verb) erscheint sonst in Texten zur christlichen Endzeit für deren Verkürzung (ThLL II 2170,77ff.). Sie­ he auch oben 65. - Der Ausdruck in a n g u stu m co a rta re kommt aus dem militärischen Bereich (vgl. Caes. Gail. 7,70,3; Liv. 27,46,2), Seneca (dial. 7,4,1) verwendet ihn bildlich ( K u e n 90), ebenso Laktanz (epit. praef. 3; dann Aug. in psalm. 118 enarr. 1,3). C o a rta re findet sich für Zeiträume nachklassisch öfter (ThLL III 1391,53-61). Das Wort ist zwar erstmals Cic. Att. 7,10 belegt, hier aber nicht ciceronisch (gegen W o j t c z a k 59). 6 6 ,6

stellae . . . appareat: Zum Niedergehen der Sterne siehe oben zu 16,8 c a d e n tiu m s id e r u m la p s u s ; zur dadurch verursachten Sternenlosigkeit des Himmels Offb 6,13 (vgl. 8,12; Tert. adv. Herrn. 34,2); or. Sib. 5,531 εμεινε δ’ ανάστερος αΙθήρ; 8,204.341. 16.11 m ontes . . . aequabuntur, mare innauigabile constituetur: Die Einebnung von Bergen (wie 26,2; vgl. Jes 34,3; 40,4; Hen(aeth) 1,6; AssMos 10,4; Offb 6,16) und die Unbefahrbarkeit des Meeres (vgl. or. Sib. 8,348; Comm. apoi. 1014) sind or. Sib. 8,234-237 (239 dann wörtlich zitiert) angekündigt in übereinstimmendem Wortlaut: όλει δ’ υψώματα βουνών, / [...]. / Ισα δ’ δρη πεδιοις εσται καί πάσα θάλασσα / ούκέτι πλοϋν εξει. Weitere Zitate bei Laktanz aus derselben Umgebung im Anschluss (wörtlich 8,239); 16.12 (siehe zu s a e u i e t ... ); 19,9 (8,224); 20,3 (8,241f.). Vgl. Ps. Apul. Asel. 25 nec te r ra c o n sta b it, nec n a u ig a b itu r m a re . In n a u ig a b ilis erstmals Liv. 5,13,1, d a n n hier, vgl. E g g e r 50f.; ThLL VII,1 1694,64ff. σάλπι,γξ ουρανόθεν . . . : or. Sib. 8,239 (so auch Cod. Vat. 1357, dazu G e f f c k e n XXV; übrige Handschriften der Sibyllenorakel und Const, or. s.c. 18,2: δ’ ουρανόθεν). Posaunenschall wird im Neuen Testament als An­ kündigung von Endzeitereignissen erwähnt, für das Kommen Christi Mt 24,31; 1 Thess 4,16 (Tert. resurr. 24,5; 41,7 tu ba d e i d e sc e n d e t de c a e lo ); für die Auferstehung der Toten 1 Kor 15,52; sieben Posaunen als Ankün­ digung der verschiedenen Endzeitplagen Offb 8,2 - 11,9; vgl. Comm. apol. 901.1001 ( v a n R o o i j e n - D i j k m a n 118: auch dort Einfluss der Sibyllinenorakel); zum Posaunenklang als Motiv jüdischer Apokalyptik: B o u s s e t 166f.; A u n e II 510f; vgl. W ü l k e r 18f. Bei Laktanz kündigt die Posaune als das letzte Endzeitzeichen allerdings noch nicht, wie meistens, unmit­ telbar Auferstehung bzw. Gericht an, sondern wirkt (wie die p ro d ig ia in caelo 16,8) Furcht erregend. 16,12—14 D ie W irkung der Plagen auf die M enschen: Am Ende der geschilderten Plagen geht Laktanz auf die Wirkung ein, die diese auf den Menschen haben. Dabei ergibt sich, dass sie sich als Mittel des Gotteszornes (§12 p e r ira m d e i , hier erstmals als Motivation des End­ zeitgeschehens genannt) in erster Linie gegen die Frevler (§ 12 h o m in e s, qui iu s titia m n o n a g n o u e r in t ) richten; sie sind von Verzweiflung und Ver-

462

K om m entar

nichtung in höherem Maße betroffen als die Gottestreuen, die Schonung erfahren (§ 14); vielleicht ist die Aussage über die Gottestreuen überhaupt (16,14: zwei Drittel Opfer, ein Drittel überlebt geläutert) nicht auf die Er­ eignisse in Kapitel 16 zu beziehen, sondern weist voraus auf das 17,1-11 (dazu unten) Geschilderte. Zum Vorverweis 4,26,42, den B r a n d t (I 637) hierauf bezieht, siehe oben 406. 16.12 saeuiet ferrum . . . dentibus strident: Der Abschnitt enthält alle Aussagen aus or. Sib. 8,350.352-355 (vgl. 2,305-309); auch das Vor­ hergehende (8,341-349) hat Entsprechungen in 16,10.7.11; weitere Zitate bei Laktanz aus derselben Umgebung 19,9 (8,224) und 20,3 (8,241f.). or. Sib. 8,350.352-355 πάσαι δ’ άνθρώπωπν ψυχαί βρύξουσιν όδοϋσιν τηκόμεναι δίψει λιμφ λοιμφ τε φόνοις τε καί καλέσουσιν καλόν το θανεΐν καί φεύξετ α π ’ αυτών

16,12 [...] den tibu s s tr id e n t sa eu iet fe r r u m

[.../

ignis f a ­

m es m orbu s [...] [...]

o p ta b itu r

m ors

et

n o n u en iet.

ουκέτι γάρ θάνατος κείνους, ου νυξ αναπαύσει· πολλά δ’ έρωτήσουσι μάτην θεόν ύψιμέδοντα.

nec n ox q u id em requ iem t i m o r i d a b it . [...] orabunt d e u m et n on exau diet [...]

ferrum ignis fames morbus: Bereits 16,5 erwähnte Endzeitplagen. super omnia: Hier wie etwa Liv. 31,18,3; Plin. nat. 29,68; Quint, inst. 2.15.12 etc. Adverbiale (,noch darüber hinaus6, vgl. ThLL IX,2 615,67ff.), nicht präpositionale Umschreibung eines Dativs zu im p e n d e n s (so LimBERG 25). m etus sem per im pendens: Wie Ciris 436 m e tu s im p e n d e n s ; Paul. sent. 2,23,1 im p e d e n te m e tu m o r t i s ; ThLL VII,2 542,37f. Hier gemeint ist eine Atmosphäre ständiger ( s e m p e r ) Angst und Bedrohung, die alles überschatten und so schon selbst als Übel erscheinen (vgl. Cic. Tusc. 3,25 m e tu s e s t o p in io m a g n i m a li im p e n d e n tis .) • ·

orabunt deum et non exaudiet: Vergebliches Bitten in der Endzeit wie or. Sib. 8,355 = 2,309. Der abrupte Subjektswechsel spiegelt sprachlich die Gehetztheit und Haltlosigkeit jener Zeit, folgt aber auch biblischer Diktion (,und der Herr wird . . . 6, vgl. etwa Dtn 29,19; Mi 4,7; Mt 24,50f.; Lk 12,26 etc.). optabitur mors et non ueniet: Das Ausbleiben des erwünschten Todes ist ein Motiv der Apokalyptik (Offb 9,6; or. Sib. 8,353f. = 2,307f.; ApcEl 2,5.32; Phil. Alex, praem. 135; vgl. Ijob 3,21), aber auch in der paganen

16,13 - 16,14

463

Literatur (Todeswunsch in der Katastrophe Plin. epist. 6,20,14; Wunsch und Ausbleiben Soph. El. 1007b; Ov. Ib. 123b; Sen. Tro. 954). ad oculos [...] accedet: Siehe oben zu 1,16

h is [ ...] acceden t.

sollicitudo ac uigilia: ,Besorgnis‘ und , Wachen ‘ nebeneinander sonst positiv für unausgesetzte Bemühung (Cic. Phil. 8,32; fin. 5,57; Sen. contr. 7,3,8; Cypr. zel. 1; epist. 43,3,1), hier aber negativ für die Ruhelosigkeit der Menschen in der Endzeit, dazu beispielsweise ApcBar(syr) 48,31; Jub 23,13; Phil. Alex, praem. 128; vgl. V o l z 153. plorabunt et gem ent et dentibus strident: Vgl. Vet. Lat. Matth. 8,12 (Cypr. testim. 1,23) illic e r it p lo r a tio e t s tr id o r d e n tiu m (Mt 13,42 etc.). G e m e re neben p lo ra re wie etwa Plaut. Amph. 1099; Sen. dial. 7,15,6; epist. 102,26; Comm. instr. 1,26,12. gratulabuntur m ortuis et uiuos plangent: Das chiastische gebaute komplementäre Oxymoron betont die endzeitliche Verkehrung: Mit den Toten freut man sich (ThLL VI,2 2253,36ff.), die Lebenden beweint man wie sonst die Toten (OLD s.v. p ia n g o 3a); vgl. Ps. Apul. Asel. 25 (Vorzug des Todes im Vergleich zum Leben); or. Sib. 13,116f. (Tote werden glücklich gepriesen); P o t t e r 299. 16.13 solitudo: Bewusst als Wortspiel nach Max. 7,2,1.

s o llic itu d o

(16,12) wie Val.

deform atus orbis atque desertus: Laktanz setzt bei seiner Paraphrase des folgenden Sibyllenzitates das öfter belegte (vgl. LSJ s.v. άκοσμιά und άκοσμος II) etymologische Wortspiel κόσμος άκοσμος (,die Welt/Ordnung [beides κόσμος] ohne Ordnung^) in ein alliterierendes ( d e f o r m a tu s o rb is atqu e d e s e r t u s im Hyperbaton um das Bezugswort) semantisches um: Ge­ wissermaßen ist der ,Erdkreis verbogen ‘ ( d e fo rm a re nicht: ,eine Form beschreiben‘, ThLL V 370,82fb, sondern: , entstellen ‘ wie opif. 13,5, ThLL V 371,45ff.) und verlassen. εστοα . . . ανθρώπων: or. Sib. 7,123 (vgl. καί πάλι κόσμος ... 13,147). 16.14 ita enim conficietur humanum genus, ut . . . : Massenhaftes Sterben ist apokalyptisches Motiv (etwa ApcBar(syr) 48,37; V o l z 157; zu den Anteilsangaben Offb 9,15.18: ein Drittel der Menschen getötet; vgl. 8,11: ein Drittel des Wassers verdorben; 11,13: ein Zehntel der Stadt zerstört), ebenso das Überleben eines dadurch in seiner Standhaftigkeit geprüften Teils (etwa Dan 12,10; V o l z 158). Ein Drittel der Menschen überlebt nach or. Sib. 3,544; 5,103; nach Sach 13,7-9 geht, wie hier, ein Drittel der Frommen als geläuterter (siehe auch unten zu 21,6f.) heili­ ger Rest aus den Endzeitkatastrophen hervor. Eine Vernichtung von neun Zehnteln ist erwähnt Jes 6,13 (ein Zehntel nicht vertrieben, aber dann auch

K o m m e n ta r

vernichtet); Am 5,3 LXX ή πόλις, έξ ής έξεπορεύοντο (Vet. Lat. ed. SABA­ TIER e g re d ie b a n tu r) χ ίλ ιο ι, ύπολειφθήσονται εκατόν, καί έξ ής έξεπορεύοντο εκατόν, ύπολειφθήσονται δέκα τω οΐκω Ισραήλ (dazu Hier, in Am. 2,5 1. 65 u t ubi q u o n d a m fu e r a t m u ltitu d o , p r o p te r n im ia m u a s tita te m , u ix d e c im a p a r s r e m a n e a t ); apokalyptisch Jub 10,9.11. Dafür, dass hier die Stelle aus

Arnos zugrunde liegt, sprechen das Zahlenverhältnis 1000 zu 100 und das aus dem Kontext bei Laktanz unerklärliche u n d e [ ...] p r o c e s s e r a n t (vgl. ThLL X,2 1498,8ff), das offensichtlich έξ ής έξεπορεύοντο entspricht. Auch verweist die Form p r o d ie n t insofern auf eine biblisch-christliche Vorlage, als e - statt fr-Futur bei p ro d ire seit der Vetus Latina und bei den Chri­ sten belegt ist (ThLL X,2 1595,47ff.; zum Phänomen N e u e / W a g e n e r III 327-329; vgl. LHS I 578). Die Angabe von neun Zehnteln als gegenüber den (primär durch Sach 13,7-9 vorgegebenen? - dazu auch B e r g e r A u fe r ­ steh u n g 70) zwei Dritteln deutlich höhere Opferrate verdeutlicht: Obwohl nur ein Drittel der Frommen überlebt, waren diese gegen die Plagen der Endzeit besser gefeit als die übrigen Menschen. Diese Plagen dienen ja zur Befreiung des c u lto r d ei p o p u lu s (15,6; hier c u lto re s dei, dazwischen werden die Frommen nicht als eigene Gruppe erwähnt). Die nur hier be­ legte Kombination beider Verhältnisangaben hängt also offenbar mit der Gesamtkomposition bei Laktanz zusammen. Siehe auch oben 65. cultoribus [...] dei: Siehe oben zu 15,5

iu stu s e t c u lto r d e i p o p u lu s .

17.1—11 Das A uftreten des Antichrist: Die eschatologische Dramaturgie setzt neu an: Ein Prophet Gottes tritt auf, wird aber vom Antichrist besiegt (§§ 1-3), letzterer errichtet eine wi­ dergöttliche Tyrannei und beginnt mit Verfolgungen der Gläubigen (§§ 49), was zu deren höchster Bedrängnis (§ 10) und zum rettenden Eingreifen Gottes (§11) führt. Trotzdem kündigt Laktanz einleitend die nähere Aus­ führung von bereits Erwähntem an (§ 1 se d p la n iu s qu o m o d o id e u e n ia t e x p o n a m ). Die gedankliche Anknüpfung liegt darin, dass die 16,14 als eige­ ne Gruppe ins Auge gefassten c u lto re s d ei insofern im Mittelpunkt stehen, als ihre Verfolgung durch den Antichrist nun den Fortgang der Handlung bestimmt. Erst jetzt wird geschildert, wie zwei Drittel der Frommen um­ kommen und ein Drittel geläutert überlebt (16,14; vgl. B e r g e r A u fe r ­ steh u n g 68.70). - Die Darstellung geht 19,lf. nochmals hinter den 17,10f. erreichten Stand der Schilderung zurück und berichtet Bedrängnis und Errettung ein zweites Mal, dazu unten zu 19,1 O p p re sso ig itu r ... 17.1—8 D ie B enutzung von Offb 11 und 13: Der Abschnitt weist Parallelen zu zwei Passagen der Johannesoffenbarung auf: Offb 11,3-14 ist die Rede von zwei Propheten Gottes, die von ei­ nem Tier als Sinnbild der gottfeindlichen Macht getötet, dann aber aufer­ weckt werden, Offb 13,1-18 vom Kommen zweier Tiere, die für sich gött-

465

17,1

liehe Verehrung erzwingen. Insbesondere folgende Übereinstimmungen in Grundgedanken und Einzelelementen zwischen der Johannesoffenbarung und Laktanz sind herauszustellen (vgl. die Gegenüberstellungen N Ü t z e l 92f.; F l u s s e r 68-70 und A u n e II 591f.; 727.): Offb 11 und 13

§§ 1-8

11,3 Καί δώσω τοις δυσίν μάρτυσίν μου καί προφητεύσουσιν [...].

1 [ ...] p ro p h e ta m agn u s m itte tu r a

11.6 ουτοι εχουσιν την εξουσίαν κλεισαι τον ουρανόν, iva μή ύετος βρέχη τάς ημέρας τής προφητείας αυτών, καί εξουσίαν εχουσιν επί των υδάτων στρέφειν αυτά εις αίμα καί πατάξαι την γην εν πάση πληγή οσάκις εάν θελήσωσιν.

deo [...].

2 u bicu m qu e h o m in es n o n a u d ie rin t eum , cla u d et caelu m et a b stin e b it im ­ bres, aqu am c o n u e rte t in sa n g u in e m et c r u c ia b it illo s s iti ac fa m e ,

11,5 καί ει τις αυτούς θέλει άδικήσαι πύρ εκπορεύεται εκ του στόματος αυτών καί κατεσθίει τους εχθρούς αυτών [...].

et qu icu m qu e c o n a b itu r eu m laedere, p ro ced et ign is de ore eius atqu e c o m ­ bu ret illu m .

11.7 καί όταν τελέσωσιν την μαρτυρίαν αυτών, τό θηρίον το άναβαινον εκ τής αβύσσου

p e ra c tisq u e operibu s ip siu s a lte r rex o r ie tu r e S y r ia [...].

ποιήσει μετ’ αυτών πόλεμον καί νικήσει αυτούς καί άποκτενει αυτούς.

3 hic p u g n a b it a d u ersu s p r o p h e ta m d ei et u in c e t et in te r fic ie t eu m

11.8 καί τό πτώμα αυτών επί τής πλα­ τείας τής πόλεως [...]. 9 καί βλέπουσιν εκ τών λαών καί φυλών καί γλωσσών καί εθνών το πτώμα αυτών ήμέρας τρεις καί ήμισυ καί τα πτώματα αυτών ούκ άφίουσιν τεθήναι εις μνήμα.

et in se p u ltu m iacere p a tie tu r ,

11.11 καί μετά τάς τρεις ήμέρας καί ήμισυ πνεύμα ζωής εκ τού θεού εισήλθεν εν αύτοις, καί έστησαν επί τούς πόδας αυτών, καί φόβος μέγας έπέπεσεν επί τούς θεωρούντας αυτούς.

sed p o s t d ie m te r tiu m re u iu isc e t

11.12 καί ήκουσαν φωνής μεγάλης εκ τού ουρανού λεγούσης αύτοις- ανάβατε ώδε. καί άνέβησαν εις τον ουρανόν εν τή νεφέλη, καί έθεώρησαν αυτούς οι εχθροί αυτών.

atqu e in sp e c ta n tib u s et m ira n tib u s c u n c tis r a p ie tu r in caelum .

K om m entar 13,13 και ποιεί σημεία μεγάλα, ΐνα και πυρ ποιή εκ του ουρανού καταβαίνειν εις την γην ενώπιον των ανθρώπων, 14 καί πλανά τους κατοικούντας επί τής γης διά τά σημεία ά έδόθη αυτώ ποιήσαι ενώπιον του θηρίου, [...]. 15 καί έδόθη αυτώ δούναι πνεύμα τη είκόνι τού θηρίου, ΐνα καί λαλήση ή εΐκών τού θηρίου καί ποιήση [ΐνα] όσοι εάν μη προσκυνήσωσιν τη είκόνι τού θηρίου άποκτανθώσιν. 13,16 καί ποιεί πάντας [...], ΐνα δώσιν αυτοΐς χάραγμα επί τής χειρός αυτών τής δεξιάς ή επί το μέτωπον αυτών [...]. 13,8 καί προσκυνήσουσιν αυτόν πάντες οί κατοικούντες επί τής γης, ου ου γέγραπται το όνομα αυτού εν τώ βιβλίω τής ζωής [...] 10 εΐ τις εις αιχμαλωσίαν, εις αιχμαλωσίαν υπάγει· εΐ τις εν μαχαίρη άποκτανθήναι αυτόν εν μαχαίρη άποκτανθήναι. vgl. 15 [...] όσοι εάν μη προσκυνήσωσιν τή είκόνι τού θηρίου άποκτανθώσιν. 13,5 καί έδόθη αυτώ στόμα λαλούν μεγάλα καί βλασφημίας καί έδόθη αυτώ έξουσία ποιήσαι μήνας τεσσεράκοντα [καί] δύο.

4 [ ...] et d a b itu r ei p o te s ta s , u t f a c ia t sig n a et p ro d ig ia , quibus u isis ir r e ti­ a t h o m in es, u t a d o re n t eum . 5 iubebit ig n em d escen d ere a caelo et so lem a su is cu rsib u s sta re et im a g in e m lo ­ qui, et fie n t haec sub uerbo e iu s : qu i­ bus m ira cu lis e tia m s a p ie n tiu m p lu ­ r im i a llic ie n tu r ab eo. [ ...] 7 qu icu m qu e c r e d id e rin t atqu e a cces­ s e r in t ei, sig n a b u n tu r ab eo ta m q u a m p ecu d es,

gemeinsame Struktur: 1. M ehrheit betet falschen G ott an. 2. G ottes Getreue a) erleiden Exil bzw. Gefangenschaft, b) werden getötet.

qui a u te m recus a u e r in t n o ta m eius, aut in m o n te s fu g ie n t aut c o m p re ­ h en si ex q u isitis c ru c ia tib u s n ecabu n tu r.

8 [ ...] et d a b itu r ei d eso la re orbem te rr a e m en sib u s q u a d ra g in ta duobus.

Die neuere quellenkritische Forschung zur Johannesoffenbarung vermutet teilweise, dass Laktanz nicht die Johannesoffenbarung benutze, sondern deren Quelle: B e r g e r (1976)1 nimmt an, dass bei Laktanz eine ältere apokalyptische Tradition bewahrt sei: Näherhin eine „apokalyptische Aus­ legungstradition“ (70) von Sach 13,7-9: Erst werde der Tod des Hirten (der gottgesandte Prophet 17,1-3), dann der Tod von zwei Dritteln (vgl. 16,14 du ae p a r te s in te r ib u n t e t te r tia quae f u e r it p ro b a ta r e m a n e b it) des getreuen Volkes geschildert. Jene bei Laktanz noch gut erkennbare Quelle erschei­ ne Offb 11,3-12 redaktionell bearbeitet. Auch F l u s s e r (1982, v.a. 23-29) vermutet eine gemeinsame Quelle für Laktanz und die Johannesoffenba­ rung, und zwar die Hystaspesapokalypse. Dabei handelt es sich F l u s s e r s Ansicht nach um eine jüdische Schrift, die bei Laktanz überliefert sei (siehe oben 57 Anm. 33) und Offb 11 und 13 zugrunde liege. Ebenso glaubt A u n e (1998, II 590-593; 726-728), dass Laktanz hier nicht die Johannesapoka­ lypse benutze, sondern die Hystaspesapokalypse oder „some Jewish source“ 1 B e r g e r Auferstehung 66-74; ihm folgt beispielsweise H. S e n g , Apk 11,1-14 im Zu­ sammenhang der Johannesapokalypse. Aufschluss aus Lactantius und Hippolytos, VetChr 27 (1990) 111-121.

17,1

467

(II 592), die auch Vorlage für Offb 11 und 13 sei. - Tatsächlich ist aber be­ wahrt Laktanz nicht etwa eine Quelle der Johannesoffenbarung, sondern er verbindet zwei Passagen daraus und vereinfacht sie.2 Dabei werden die zwei Propheten aus Offb 11 zu einem,3 die insgesamt drei ,Tiere‘ (θηρίον Offb 11,7; 13,1.11) zu einem Antichrist. Anstoß zur Zusammenfügung beider Perikopen könnte auch die parallele Erwähnung eines siegreichen ,Krieges‘ des Tieres gegen die Propheten (Offb 11,7) bzw. die ,Heiligen‘ (Offb 13,7) gegeben haben.4 Näherhin ist gegen die von B e r g e r , F l u s s e r und AuNE vorgebrachten Erwägungen zu bedenken: Es gibt keine grundlegenden Hindernisse, eine Benutzung der Johannesoffenbarung in freier Paraphra­ se durch Laktanz anzunehmen; vielmehr entspricht ein solches Vorgehen genau seiner sonstigen Praxis: Laktanz erwähnt die Johannesoffenbarung zwar nur einmal (epit. 37,8 s ic u t d o cet Io h a n n e s in R e u e la tio n e ), im sieb­ ten Buch ist ihre Benutzung aber an vielen Stellen wahrscheinlich5. Häufig bezieht sich Laktanz nicht in Form wörtlicher Zitate auf einen Bibeltext, sondern gibt ihn in freier Paraphrase6 wieder.7 Das entspricht der apo­ logetischen Technik des Laktanz, auf biblische Belege zu verzichten, da diese beim paganen Leser ohnehin kein Gewicht haben.8 Laktanz betont immer wieder, dass die von ihm dargestellten Endzeitereignisse den hei­ ligen Schriften oder den p r o p h e ta e entnommen seien9. Im Gegensatz zu der von B e r g e r , F l u s s e r und A u n e postulierten Quelle10 ist die Jo­ hannesoffenbarung eine im Christentum des dritten Jahrhunderts nach­ weisbar präsente Schrift.11 Die Abweichungen des Laktanz gegenüber der 2 So auch die überwiegende Forschungsmeinung, in älterer Zeit etwa C u m o n t (80) und N ü t z e l (69 Anm. 34; 79-82), in jüngerer P r i g e n t (52-54). 3 Siehe unten zu 17,1 propheta magnus. 4 Offb 11,7 τ ό θ η ρ ί ο ν [...] π ο ι ή σ ε ι μ ε τ ’ α υ τ ώ ν (sc. τ ω ν π ρ ο φ η τ ώ ν ) π ό λ ε μ ο ν κ α ί ν ι κ ή σ ε ι α υ τ ο ύ ς [...]. Offb 13,7 κ α ί έ δ ό θ η α ύ τ ώ (sc. τ ώ θ η ρ ί ω ) π ο ι ή σ α ι π ό λ ε μ ο ν μ ε τ ά τ ώ ν α γ ί ω ν κ α ί ν ι κ ή σ α ι α υ τ ο ύ ς [...]. Auch die Angaben zur Dauer in beiden Episoden sind gleich: Die 1260 Tage, während derer die Propheten nach Offb 11,3 auftreten, entsprechen den 42 M onaten, die nach Offb 13,5 die Macht des Tieres andauert. 5 Siehe oben 4 6 ; vgl. P r i g e n t 5 3 f . ; zur Benutzung der Johannesoffenbarung in der frühchristlichen L iteratur G. M a i e r , Die Johannesoffenbarung und die Kirche, T ü ­ bingen 1981, 1-171. 6 Auch dass eine solche Paraphrase in der Epitome gekürzt erscheint (epit. 66,7 fehlt der gottgesandte Prophet), liegt nahe. 7 Siehe etwa 15,1-3: Exodusgeschichte; 16,1-4: Dan 7,23-25; 19,5: 2 Thess 1,3-10; 26,4: Ez 39,9f. 8 So etwa 13,lf .; 25,1; 1,4,2; 1,5,1; 3,30,9; ira 22,3. 9 So etwa 18,1; 14,15; 14,5; 25,1; 26,8. 10 B e r g e r legt sich nicht auf eine namentlich bestim m te Vorlage fest, F l u s s e r und A u n e gehen von der Hystaspesapokalypse aus. Der letzteren Annahm e liegt aber das unhaltbare Axiom (und der Zirkelschluss) zugrunde, dass sich die H ystaspes­ apokalypse aus Laktanz erschließen lasse, weil sie dort in großem Umfang wieder­ gegeben sei; dazu oben 53ff. 11 Vgl. die Zitate A l l e n b a c h I 537-544; II 449-465.

468

K om m entar

Johannesoffenbamng lassen sich als sinnvolle Eingriffe erklären. Kürzun­ gen betreffen insbesondere solche Elemente, die ohne jüdisch-christliches Vorwissen völlig unverständlich bleiben oder die Gedankenführung ver­ zögern.12 Glättungen sind beispielsweise die Vereinheitlichung der Tem­ pora13 sowie die Beseitigung von Wiederholungen14 und Längen15. Die Nähe der Endzeit (17,1) kann gut als redaktionelle Ergänzung verstan­ den werden. Sie braucht auch keine Entsprechung in der Johannesoffenba­ rung. Laktanz bewahrt nicht etwa unverfälscht eine ältere Version, die in der Johannesoffenbarung stärker verändert vorliege, sondern komponiert und redigiert nach eigenen Schwerpunkten: Durch das positive Bild des Propheten (erfolgreiche Mission 17,2, keine allgemeine Freude über dessen Tod wie Offb 11,10)16 entsteht ein klarer Antagonismus zum Antichrist. Weil sich dieser als retardierendes Moment17 nach den in Kapitel 15 und 16 geschilderten Endzeitkatastrophen und vor der endgültigen Zuspitzung (17,2ff.) und Lösung (17,lOf., nochmals verzögert durch die Belege 18,Iff., endgültig aufgelöst 19,Iff.) in eine Gesamtdramaturgie fügt, steht eine be12 So sind insbesondere weggelassen: das Bußgewand (Offb 11,3), die Ölbäume (Offb 11,4), die Stadt (Offb 11,8), die ,Menschen aus allen Völkern4 (Offb 11,9), das Erdbeben, das die Stadt zerstört (Offb 11,3, ähnlich bei Laktanz schon 16,5), die ,Lästerungen4 (Offb 13,5f., stattdessen schildert Laktanz 17,4.6-8 Grausam keit und Hybris des r e x ), die Zahlenangabe 666 (Offb 13,18). Vor allem fehlen alle Bezüge auf das Tier vom Meer (Offb 13,1-10) und das Tier vom Land (Offb 13,11-18), die aus jüdisch-alttestam entlicher Tradition (Leviatan und Behemot oder Dan 7,1-7, vgl. G i e s e n 302; 310f.) zu erklären sind. 13 A u n e (II 592) sieht in der Tatsache, dass die Johannesoffenbarung Aorist, Futur und Präsens benutzt, während Laktanz alles im Futur wiedergibt, ein Indiz für die stärkere Redaktion in der Johannesoffenbarung und den ursprünglicheren Überlie­ ferungsstand bei Laktanz. Doch scheint gerade eine solche Vereinheitlichung ein nahe liegender Eingriff zu sein, und Laktanz sieht (siehe unten zu 24,9 p r o p h e t a e f u t u r o r u m p l e r a q u e s i c p r o f e r u n t e t e n u n t i a n t q u a s i i a m p e r a c t a ) im nicht durch­ gängigen Futur prophetischer Aussagen offenbar selbst ein Verständnishindernis. 14 Etwa die doppelte Erwähnung der A nbetung Offb 13,4.8. 15 Beispielsweise die um ständliche Schilderung, wie die Propheten u n b estattet dalie­ gen, Offb 13,8f. 16 B e r g e r ( A u f e r s t e h u n g 73) sieht in der Himmelfahrt 17,3 ( r a p e r e wie άρπάζειν in der griechischen Esra-A pokalypse 5,1) einen (ursprünglicheren) ,W underschluss4. Doch ist die Himmelfahrt vor aller Augen Offb 11,12 vorgegeben. Die sprachliche Darstellung entspricht derjenigen m ort. pers. 2,3 über die Himmelfahrt Christi: 17

r a p u i t i n c a e lu m . Nach B e r g e r ( A u f e r s t e h u n g

68) hat der A uftritt des Propheten bei Laktanz (17,lf.) im Hinblick auf die anschließend (17,6ff.) geschilderten Verfolungen „die Funktion, die Voraussetzungen für diese Bewährung der Gerechtigkeit zu schaf­ fen.44 Beim verfolgten i u s t u s p o p u l u s (17,6) denkt Laktanz aber sicher nicht nur an die durch die W under des Propheten Bekehrten (17,2), sondern an die Christen insgesamt, die bereits 15,5 und 16,14 ausdrücklich und als feste Größe im Zentrum des eschatologischen Geschehens in den Blick gekommen sind. Seine Funktion als retardierendes Moment in den Augen des Laktanz erklärt auch, warum der Prophet in der gerafften Darstellung epit. 66,7 unerwähnt bleiben kann.

469

17,1

wusste Gestaltung durch Laktanz zu vermuten, vielleicht unter Einfluss der Elija-Tradition. Die erste Erwähnung des Antichrist (17,2) ist einge­ fügt in den mit der Johannesoffenbarung gemeinsamen Handlungsrahmen. Damit beginnt dessen schrittweise und planvolle Einführung (ab 17,2 a lte r r e x ) bis hin zur Schilderung seiner Niederlage in Kapitel 26. Zugleich wird dabei die Verbindung mit dem ersten Endzeittyrannen (16,3) hergestellt. Laktanz nimmt deutlichen Bezug auf seine Darstellung der Christenver­ folgungen, wenn er die Bedrängnis der Gottestreuen wiedergibt (17,6). Dass, wie gezeigt, Laktanz einerseits der Johannesoffenbarung folgt und andererseits seine Abweichungen von dieser als redaktionelle Eingriffe er­ klärbar sind, spricht auch gegen die kühne Annahme von N icholson , dass die Auseinandersetzung zwischen dem Propheten Gottes und dem Anti­ christ als Vaticinium ex eventu die Konfrontation des Märtyrers Lukian von Antiochien mit dem Verfolger Theoteknos von Antiochien widerspie­ geln solle.18 17,1 conclusione: Siehe oben zu 14,17

e x tre m a illa c o n c lu sio .

p ro p h e ta m agnus: In der dem ganzen Abschnitt zugrunde liegenden Pas­ sage Offb 11,3-14 (siehe oben zu 17,1-8) ist von z w e i Propheten die Rede, die oft als Elija und Henoch gedeutet werden (etwa Tert. anim. 50,5; B o u sSET 134-139; A une II 610L). Laktanz referiert diese Tradition mort. pers. 2,9: du os p r o p h e ta s u iu o s esse tr a n s la to s in u ltim a ( te m p o ra ) a n te im p e ­ r iu m C h r is ti s a n c tu m ac s e m p ite r n u m . Es wird dort allerdings nicht klar, ob Laktanz nur die Vorstellung von einem eschatologisch wiederkehrenden N ero r e d iu iu u s , deren Vertreter zur Erläuterung die Versetzung zweier hi­ storischer Propheten in die Endzeit als Beispiel anzuführen scheinen, oder auch die Lehre von der Versetzung der Propheten selbst ablehnt. In letzte­ rem Fall wäre ferner zu erwägen, ob Laktanz sich nur an der Zweizahl oder aber auch am Wiedererscheinen historischer Propheten stört. Die Wieder­ kunft allein des Propheten Elija zum Beginn der Endzeit wird allerdings in jüdischer und christlicher Literatur öfter angekündigt, vgl. etwa Mal 18 N ic h o l s o n Prophecy 312-320 (siehe auch oben 9 Anm. 31). Er geht dabei aus von dem bei N ü t z e l (82) geäußerten Gedanken, die Vereinigung der zwei Prophe­ ten zu einem könne unter dem Eindruck einer historischen Persönlichkeit zustan­ de gekommen sein, dazu aber unten zu 17,1 propheta magnus. - Gegen N ic h o l ­ sons D eutung sprechen übrigens auch zwei dram aturgische Beobachtungen: (1) Im M ittelpunkt steht nicht die Auseinandersetzung zwischen den beiden Propheten, demjenigen G ottes und dem falschen, sondern der Höhepunkt der Verfolgungsnot. Laktanz h ätte also nicht dem M ärtyrer, sondern dem Verfolger ein Denkmal gesetzt. (2) Dieser Höhepunkt der Not läuft hinaus auf die Belagerung der Christen auf dem Berg und die R ettung durch den wiederkehrenden Christus (17,10f. und 19,1-5). Bei der Parusie handelt es sich aber um das zentrale (und zweifelsfrei noch aus­ stehende, denn wo wäre der Übergang vom vaticinium ex eventu zur tatsächlich Ankündigung?) Heilsereignis des siebten Buches, das freilich, nach N ic hol sons Deutung, zum Appendix einer verrätselten Reminiszenz gerät.

470

K om m entar

3,23; Mk 9,11; Mt 11,14; or. Sib. 2,187-189; Justin, dial. 49,2f.; Comm. instr. 1,41,8. Bei Commodian werden beide Traditionen vermischt: apol. 833-855 spricht er von Elija, ab 856 wechselt er in den Plural (nach Offb 1 1 ; vgl. S a l v a t o r e 208). c o n u e rta t ad: In christlichem Sinn (,bekehren zu‘, vgl. ThLL IV 868,62ff.; G l a e s e n e r S ig n ific a tio n 12), transitiv wie 4,14,7 u t [sc. filiu s d e i] eos [sc. h o m in e s ] c o n u e r te r e t ab im p iis e t u a n is cu ltib u s a d co g n o scen d u m e t co len d u m d e u m ; reflexiv 27,9; 22,14.

dei agnitionem : Häufig bei Laktanz (etwa 26,17; 3,9,13; epit. 23,3) und in der früheren christlichen Literatur (etwa Vet. Lat. Os. 6,6 [Cypr. testim. 3,1]; Tert. bapt. 5,2; Cypr. Demetr. 9; Novatian. trin. 7,1). 17.2 claudet caelum et abstinebit imbres: Nach Offb 11,6. Die Fä­ higkeit, die Wolken zu verschließen und Regen zu verhindern, wird in der biblischen Tradition dem Propheten Elija zugeschrieben (1 Kön 17,1; Lk 4,25; Jos. ant. 8,319.328). aquam conuertet in sanguinem: Nach Offb 11,6 (vgl. ferner Offb 8,8; 16,14); als erste Plage über Ägypten Ex 7,19-25. quicumque . . . comburet illum: Wörtlich nach Offb 11,5, siehe oben zu 17,1-8. Zum Motiv des Feuers aus dem Mund Victorin. Poetov. in apoc. 11.2 p o te s ta te m u e rb i d i c i t ] Hen(sl) 1,5; Hen(hebr) 22,4. C o m b u re t für die vernichtende Verbrennung (vgl. ThLL III 1760,47ff.; auch 26,4; 1,6,10; opif. 17,4; mort. pers. 14,2 etc.) ist a m b u re t vorzuziehen, das Laktanz (21,6, auch dort unklare Überlieferung; 4,14,14) für das Anbrennen (ThLL I 1877,31f.69) zu verwenden scheint. u irtu tib u s : Wie 4,13,17; 4,15,4 etc. verwendet Laktanz hier nach bibli­ schem Sprachgebrauch (Vet. Lat. Matth. 7,22 [Cypr. testim. 3,26], vgl. Tert. praescr. 44,6) u ir tu te s im Sinn von ,Wunder‘, vgl. M o h r m a n n 173; B l a i s e s.v. u irtu s 4.; Loi L a tta n z io 72. alter rex orietur e Syria malo spiritu genitus: Diese zweite bestim­ mende negative Herrschergestalt nach dem in erster Linie als Tyrann cha­ rakterisierten h o s tis p o te n tis s im u s aus dem Norden (16,3) wird im Folgen­ den immer klarer als endzeitlicher Widersacher Gottes herausgearbeitet (17,4: Anspruch auf göttliche Verehrung; 17,5-10: Auftreten als falscher Prophet, Verfolgung der Gottestreuen; 19,6: ausdrückliche Benennung als Antichrist). Die Angabe, dass der Antichrist aus Syrien komme, ist offenbar ohne unmittelbare Parallele.19 Laktanz spricht öfter allgemein von S y r ia , womit 19 Vgl. B o u s s e t 85; für Comm. apol. 823 rechtfertigt S al vato re , 204-206, das hand­ schriftlich überlieferte Cyrus gegen M artins K onjektur Syrus ; von B e r g e r Auf-

17,2

471

die gesamte Region zwischen Mittelmeer und Euphrat bezeichnet werden kann,*20 obwohl er konkret Palästina meint.21 Vielleicht steht hinter der An­ gabe, dass der Antichrist aus S y r ia komme, also die verbreitete Tradition, dass er aus dem jüdischen Volk, näherhin aus dem Stamm Dan, hervor­ gehen werde22. Siehe auch unten zu 17,10 a d m o tis ... und 499 mit Anm. 27. - M a lo s p ir itu g e n itu s bezeichnet die Abkunft vom Teufel selbst (siehe auch oben zu 3,11 s p ir itu m ), vgl. 2,8,5 (in der dualistischen Überarbei­ tung, dazu H e c k Z u sä tze 26) h u n c ergo m a lu m s p ir itu m G ra eci διάβολον a p p e lla n t23 . Laktanz unterscheidet also hier (anders mort. pers. 2,8f.) we­ nigstens andeutungsweise den Antichrist vom Teufel selbst (so etwa auch 2 Thess 2,9f.; Offb 12,9; vgl. B o u s s e t 8 8 -101; J e n k s 49-57). In der hier zugrunde liegenden Passage (siehe oben zu 17,1-8; vgl. v a n R o o i j e n D i j k m a n 121 f.) Offb 13 ist die Rede von einem Tier vom Meer (Offb 13,1) und einem vom Land (Offb 13,11), die beide dem Antichrist entsprechen; siehe unten zu 19,6 A n tic h r is tu s . euersor: Nur hier bei Laktanz, erstmals in der christlichen Latinität und erstmals bezogen auf die gesamte Menschheit (ThLL V,2 1026,36). perditor: In Ciceros Reden öfter über Menschen, die sich schädigend verhalten (vgl. ThLL X,1 1258,23ff.); 2,14,8 und öfter (vgl. ThLL X,1 1258,40ff.) über den Teufel. erstehung 334 Anm. 331 genannte Parallelen sind nicht einschlägig. Eine endzeit­ liche Herrschergestalt aus dem Osten wird aber beispielsweise auch or. Sib. 3,611 έκ Άσιης (vgl. B u i t e n w e r f 265); Comm. apoi. 892 (mit S alvatore 210f.; aber M. S o r d i , Commodianus, Carmen apol. 892 ss.: rex ab oriente , A ugustinianum 22 [1982] 203-210: hiermit ist Cyrus gemeint) erwähnt. Freilich ist der Osten als Herkunftsort der endzeitlichen W idersachergestalt geläufig, so kommen bei Comm odian (apol. 892) und Victorinus (in apoc. 13,2) Vorläufer des Antichrist aus dem oriens. B adil it a (338 Anm. 83) verweist auf or. Sib. 4,125, doch ist dort umge­ kehrt davon die Rede, dass ein F ürst aus Rom (gemeint ist der Nero rediuiuus) nach Syrien kommen und Jerusalem zerstören werde. 20 Vgl. OLD s.v. Syria a; so unspezifisch vielleicht wohl m ort. pers. 36,3; 41,1. Im vierten Jahrhundert gibt es fünf syrische Provinzen, darunter Palaestina , vgl. Ε.Μ. R u p r e c h t s b e r g e r , DNP 11 (2001) 1179. 21 So gehen die montes Syriae (26,2) auf die Situierung der Ereignisse Ez 38f. in Israel zurück (siehe unten zu 26,1-4). 4,10,14 heißt es: postea nero cum in deserta quadam

parte Syriae consedissent, amiserunt uetus nomen Hebraei, et quoniam princeps examinis eorum ludas erat, Iudaei appellati et terra quam incoluere Iudaea (dieses Toponym nur hier bei Laktanz). Uber Pontius Pilatus sagt Laktanz 4,18,4: tum legatus Syriam regebat (ebenso epit. 40,8; auch Tert. apol. 21,18), während dessen Zuständigkeitsbereich sonst üblicherweise mit Judäa angegeben wird (vgl. Lk 3,1; Joseph, ant. 18,35; Tac. ann. 15,44,3; Justin. 1 apol. 13,3). 22 So etwa Iren. haer. 5,30,2; Hipp, antichr. 14,2; Comm. apol. 932; B o u s s e t 84f. 113; F uchs 34; J e n k s 77-81; C.E. H ill , Antichrist from the tribe of Dan, JThS 46 (1995) 99-117. 23 Vgl. van R o o i j e n - D i j k m a n 121; B o u s s e t 91; unzutreffend sieht B e r g e r Aufer­ stehung Anm. 332 darin nur eine Charakterisierung als falscher Prophet.

472

K o m m en ta r

qui reliquias illius prioris m ali cum ipso sim ul deleat: Damit ist

deutlich die Verbindung zum 16,3f. Geschilderten hergesteht: Der (politi­ sche) Unterdrücker wird vom Antichrist beseitigt. Bei Laktanz folgen der Tyrann und der Antichrist also feindlich aufeinander, während sie Offb 12,18 - 13,18 miteinander verbündet sind (vgl. A u n e II 729). 17.3 p u gn ab it . . . in terficiet eum : Nach Offb 11,7. p o st d iem te r tiu m reu iu iscet: Nach Offb 11,11, dort ist aber von

Tagen die Rede (vgl. N ü t z e l 82). Drei Tage hegen vielleicht auch durch die Auferstehung Jesu am dritten Tag näher, auf die Laktanz mehrfach (4,10,3; 4,18,4; 4,19,6.8; 4,26,3; epit. 42,2; mort. pers. 2,2) Be­ zug nimmt. Man kann aber auch eine Glättung mit Blick auf den paganen Leser annehmen. d re ie in h a lb

17.4 m en d acioru m propheta: Irreführende Propheten und Pseudomes­

siasgestalten werden im jüdischen und christlichen Schrifttum für die End­ zeit angekündigt, vgl. etwa Mk 13,22; Mt 7,15; 24,24; 1 Joh 4,1-3; Offb 16,13; 19,20; 20,10; or. Sib. 2,167-170; B o u s s e t 108-112; L i e t a e r t P e e r bolte

211.

se ip su m c o n stitu e t ac u ocab it deum : Dass der endzeitliche Wider­

sacher Züge eines menschlichen Tyrannen ( rex [ ...] ta e te r r im u s ) trägt, der mit Gewalt und Verführung göttliche Verehrung für sich erzwingt (hier nach Offb 13,4-6), ist seit der Auseinandersetzung des Judentums mit Herrschern, die solche Ansprüche erheben (Jes 14,1; Ez 28,2; später Phil. Alex. Leg. 197-337; Jos. bell. lud. 2,84-203; ant. 18,256-304 über Caligula; or. Sib. 5,33f. über Nero; Asels 4,6.11; A u n e II 740.755), ein in der jüdi­ schen (etwa Dan 7,8.25; ll,36f.; AssMos 8,1-3; 4 Es 5,6; 11,29-35; 12,23-31; ApcBar(syr) 36,7-11: 40,1-3; or. Sib. 3,75-92; 611-615) und christlichen (etwa 2 Thess 2,3f.; Justin, dial. 32,3f.; 110,2; Did. 16,4; Barn. 4,4L) Litera­ tur gängiges Motiv und wird Bestandteil der Antichrist-Vorstellung (etwa Iren. haer. 5,25,1; 5,30,4; Hipp, antichr. 53; B o u s s e t 104-108; F u c h s 37b; J e n k s 69-72; L i e t a e r t P e e r b o l t e 207.209-211.341h). - Von der göttli­ chen Verehrung, die Diokletian für sich beansprucht, spricht Laktanz nur andeutungsweise (mort. pers. 7,1; 52,3), deutlicher Aur. Vict. Caes. 39,4. se coli iu b eb it ut dei filium: Zur Vorstellung vom Antichrist gehört,

dass er die Verehrung Christi für sich beansprucht, vgl. etwa Did. 16,4; Iren. haer. 5,25,4; L i e t a e r t P e e r b o l t e 181h; J e n k s 55-57. Das insbe­ sondere bei Hippolyt (antichr. 6,1 κατά πάντα γάρ έξομοιούσθαι βούλεται ό πλάνος τω υίω τού θεού) ausgeprägte Motiv von der negativen Nachahmung Christi fehlt bei Laktanz. d ab itu r ei p o testa s: Vgl. 17,8. Dass der Antichrist seine Handlungs­

möglichkeit allein aus der Souveränität Gottes erhält, wird immer wieder

473 betont, vgl. etwa 2 Thess 2,11; Offb 13,5; Iren. haer. 5,28,2; Cypr. epist. 54,13; Victorin. Poetov. in apoc. 11,7; J e n k s 72-76. sign a et prod igia, quibus uisis irretiat hom ines: Dass der endzeitli­

che Widersacher die Menschen durch verführt (hier nach Offb 13,13-15), wird in jüdischen und christlichen Texte gesagt, in der vorliegenden bib­ lischen Formulierung sig n a e t p ro d ig ia (, Zeichen und Wunder6, vgl. ThLL X,2 1608,42ff.) wie Vet. Lat. Matth. 24,24 (cod. 4); II Thess. 2,9 (cod. 75); zur Sache etwa Offb 16,14; 19,20; Did. 16,4; or. Sib. 2,167; 3,63-67; B o u s s e t 115-124; A. B i n g h a m K o l e n k o w , Relationships between Mi­ racle and Prophecy in the Greco-Roman World and Early Christianity, ANRW II 23.2 (1980) 1470-1506, v.a. 1492L; J e n k s 57-60. 17.5 ign em descendere: Dasselbe Wunder wie Offb 13,13. Das Motiv

erscheint häufig in der biblischen und jüdischen Literatur, etwa Gen 19,24; 2 Kön 1,10-14; Ez 38,22; Lk 9,54; or. Sib. 3,53f.84f.; 8,243. solem a suis cursibus stare: Unter den Zeichen, mit denen der Anti­

christ die Menschen verführt, ist or. Sib. 3,63f. das Anhalten von Meer, Sonne und Mond genannt. Nach Apul. met. 1,3,1 kann einer Hexe bewir­ ken, dass die Sonne anhält ( so le m in h ib e ri). Zur Verwendung von sta re für das Innehalten in einer Bewegung vgl. OLD s.v. 10b. im agin em loqui: Dasselbe Wunder wie Offb 13,15. Von sprechenden Sta­

tuen wird öfter berichtet (Suet. Cal. 57,1; Plut. Coriolanus 37,3; Athenag. leg. 26,3f.. - B r a n d t (z . St.) vergleicht epit. 66,8 (a c c ip ie t p o te s ta te m m i­ ra b ilia f a c ie n d i, [ ...] u t im a g o qu am p o s u e r it lo q u a tu r.) und erwägt den Ausfall eines Relativsatzes zu im a g o . Doch scheint in der E p ito m e der Schwerpunkt auf den Zeichen als solchen zu hegen, wozu die Anfertigung der Statue (nach Offb 13,14) passt, hier hingegen auf dem Vollzug sub uerbo e iu s , wofür die Entstehungsweise der Statue zweitrangig ist. sub uerbo eius: ,auf jemandes Befehlswort hin‘ wie 4,15,22, sonst nur Lucr. 4,785 o m n ia sub u erb o n e c re a t n a tu ra p a ra tq u e ? 17.6 eruere tem p lu m dei conabitur: Mit te m p lu m d e i bezeichnet Lak-

tanz hier wie öfter die Kirche als Gemeinschaft der Gottestreuen (Kirche als Tempel Gottes, den Christus in Erneuerung des davidischen Tempels errichtet: 4,13,22ff.; 4,10,1; 4,11,11; 4,25,2; 4,30,lOf. so la ig itu r ca th o lica ecclesia e s t quae u e ru m c u ltu m r e tin e t. [ ...] hoc te m p lu m dei. ira 2,6; vgl. S p e i g l 22f.; I n g r e m e a u C o lère 228), die versuchte ,Eroberung‘ oder ,Zerstörung‘ dieses Tempels bezeichnet sonst die Christenverfolgung (4,27,5: e x p u g n a re ; 5,2,2: e u e r te r e , dazu H. K o c h , Der ,Tempel Gottes‘ bei Laktantius, Philologus 76 [1920] 235-238; mort. pers. 1,2; 2,5f.; 15,7; 33,11). iu stu m p o p u lu m perseq uetur: Vgl. 5,5,11 iu s to s ac fid e le s deo p e r s e ­ q u u n tu r

(zu p e rse q u i für die Verfolgung der Christen ThLL X,1 1696,12ff.).

K o m m en ta r

bezeichnet hier öfter die verfolgten Christen (5,2,4; mort. pers. 3,2; zum Begriff des Gottesvolkes oben zu 14,13 c a e le stis p o p u li). Der Ausdruck ist also gleichbedeutend mit dem vorhergehenden. Die Ter­ minologie, mit der Laktanz die endzeitliche Bedrängnis der Gottestreuen schildert, entspricht genau derjenigen für die Christenverfolgung. Dass der Antichrist das Gottesvolk verfolgt, gehört zu seinen Charakteristika (so etwa Iren. haer. 5,25,3; Hipp, antichr. 56,1; 58,4; 61,9; Dan. 4,50,3; ApcEl 4,8-12). Iu s tu s p o p u lu s

pressura: Wie 4,26,19; 5,22,17. In der christlichen Latinität seit der Vetus

Latina häufig als Entsprechung für θλϊψις und für die Verfolgung gebraucht, vgl. ThLL X,2 1197,29ff.; G l a e s e n e r S ig n ific a tio n 14f. contritio: Nur hier bei Laktanz, erster Beleg außerhalb der Vetus Latina

(ThLL IV 779,83ff.24). 17,7 accesserin t ei: Siehe oben zu 1,16 h is [ ...] acceden t. sign ab u n tu r ab eo tam q u am pecudes: Nach Offb 13,16 (siehe oben

zu 17,1-8); dort ist aber von einem Zeichen auf der rechten Hand oder der Stirn die Rede. Laktanz steigert dies, indem er an eine Brandmarkung wie beim Vieh als Besitzerzeichen ( s ig n a r e , vgl. etwa Colum. 11,2,14.38; für Sklaven Novius Atell. 42) denken lässt (zu positiven Glaubenszeichen auf der Stirn 4,27,1-5). qui a u tem recusau erin t n o ta m eius: Offb 13,16f. ist nur von denjeni­

gen die Rede, die mit dem Zeichen des Tieres versehen werden; als οιτινες [...] ούκ ελαβον το χάραγμα werden aber Offb 20,4 die auferweckten Märty­ rer charakterisiert, die während des Tausendjährigen Reiches mit Christus herrschen werden. Bei Laktanz hingegen muss einem Teil der Gottestreuen die Flucht gelingen. in m on tes fugient: Die Flucht der Gottestreuen in die Berge (wie hier

und Mt 24,16; Mk 13,14; Lk 21,21) oder in die Einöde (wie 17,10 fu g ie n t in s o litu d in e s und Asels 4,13; Hipp, antichr. 61,24) ist Endzeitmotiv (vgl. Hebr 11,38; Iren. haer. 5,29,1; weitere Stellen B o u s s e t 139-143; D u l a e y E x ég ète I 285 mit Anm. 59). Victorinus von Pettau erklärt Offb 12,6 (καί ή γύνη εφυγεν εις την ερεμον [Vulg. fu g it in s o litu d in e m ],δ που εχει έτοιμασμένον από του θεού, ινα εκεί τρέφωσιν αυτήν ημέρας χΛιας διακοσίας εξήκοντα [Vic­ torin. Poetov. in apoc. 12,4 tr ie n n io e t m e n sib u s s e x , entsprechend 17,8 m e n sib u s q u a d ra g in ta d u o b u s , dazu unten].) als Flucht der endzeitlichen Kirche. In die Wiedergabe der Ereignisse aus Offb 11 und 13 (siehe oben zu 17,1-8) scheint also ein Element aus Offb 12 eingebunden. 24 Zu 780,61: Ps. Quint, deci. 15,10 ist nach Declamationes XIX maiores, ed. L. HÄK A N S O N , S tu ttg art 1982, contentionem , nicht contritionem zu lesen.

17,8 - 17,9

475

ex q u isitis cruciatibus: Dieselbe Junktur für die Qualen Gottestreuer

4,11,3; 5,9,10 (5,11,16: d o lo r e s ); epit. 47,5; Pass. Macc. 6,7; e x q u isitu s für Folterungen aber seit Cic. off. 3,100 (ThLL V,2 1822,15ff.). Vgl. 22,12 (über die Gegenwart) o m n e s , qui d e u m sequ i u o lu n t, [ ...] u e x a n tu r o m ­ n ibu s c o n tu m e liis e t e x c r u c ia n tu r m u ltip lic i g e n ere p o e n a r u m ; mort. pers. 15,5 (über die Diokletianische Verfolgung) to r m e n to r u m g e n e ra in a u d ita ex co g ita b a n tu r.

17.8 h om in es o b u olu et libris p rop h etaru m atq u e ita crem abit: Die

Szene hat keine Entsprechung in Offb 13,1-18, sie scheint von Laktanz aus Motiven der Christenverfolgung zusammengestellt zu sein. Entfernt erin­ nert sie an den Bericht des Tacitus über die Hinrichtungen der Christen als vermeintliche Brandstifter Roms, ann. 15,44,4: e t p e re u n tib u s a d d ita lu d ib ria , u t fe r a r u m te rg is c o n te c ti la n ia tu ca n u m in te r ir e n t, a u t c ru cib u s adfixi atqu e f la m m a ti, a tq u e ubi d e fe c is s e t d ie s in u su m n o c tu rn i lu m in is u reren tu r. Während der Diokletianischen Verfolgung werden die Heiligen

Schriften ( lib ri p o r p h e ta r u m epit. 40,3 als Quellenangabe) gezielt gesucht und verbrannt (mort. pers. 12,2 mit M o r e a u z . St. 275), für Galerius be­ zeugt Laktanz Christenverbrennungen (mort. pers. 11,8; 21,7-11; 22,2).25 m en sib u s qu adragin ta duobus: Dass der endzeitliche Widersacher 42

Monate lang herrschen kann, stimmt mit Offb 13,5 (vgl. Offb 11,2; 12,6, dazu Victorin. Poetov. in apoc. 12,4) überein und geht zurück auf Dan 7,25 εως καιρού καί καιρών καί εως ήμίσους καιρού (häufig in der frühchrist­ lichen Eschatologie übernommen: Justin, dial. 32,3f.; Iren. haer. 5,25,3; 5,30,4; Hipp, antichr. 61,9; Victorin. Poetov. in apoc. 11,2; Asels 4,12; ApcEl 2,52), verstanden als dreieinhalb Jahre ( G i e s e n 306; A u n e II 472f.). Ablativ zur Angabe eines Zeitraums wie 24,5; 1,21,2; 2,12,13; epit. 68,3 (vgl. L i m b e r g 39). 17.9 tem p u s quo . . . : Vgl. 15,8f. Der Verfall aller sittlichen Werte gehört

in die Endzeitdarstellung der jüdisch-christlichen Apokalyptik, so etwa Jub 23,14f.; 4 Es 5,lf.l0; or. Sib. 3,36-45; Mk 13,12; Mt 24,12; Lk 21,16; V o l z 153f. ; 156f. Auch im paganen Topos vom Eisernen Zeitalter (siehe auch oben zu 15,7-11) lösen sich die Werte und damit die menschliche Gemein­ schaft auf, so etwa Hes. op. 182-194 (Respektlosigkeit gegenüber den alten Eltern; Eidestreue, Gerechtigkeit und Güte werden missachtet; der Schlech­ te triumphiert über den Anständigen); Ov. met. 1,144-150 (Raub als Le­ bensgrundlage, Auflösung der freundschaftlichen und verwandtschaftlichen Bindungen, sogar zu den Eltern, Verfall der p i e t a s ; umfassend zur Topik B ö m e r M e t. I - I I I 67-70). Dergleichen enthält auch die Apokalypse Ps. 25 Eine entfernte spätjüdische Parallele für die Zeit des B ar-K ochba-A ufstandes nennt F l u s s e r (59f.), der freilich davon ausgeht, dass Laktanz hier die jüdische Hystaspesapokalypse ausschreibe.

K om m entar

Apul. Asel. 25 ( irre lig io su s p u ta b itu r p r u d e n s , fu r io s u s f o r tis , p ro bono h a ­ b eb itu r p e s s im u s , siehe auch das oben 412 Zitierte.) und anscheinend die Hystaspesapokalypse, wie Laktanz 18,2 ( d e s c r ip ta in iq u ita te ) andeutet. Daraus, dass ebenfalls die spätere iranische Apokalyptik den Sittenver­ fall in der Endzeit kennt (vgl. Bahman-Yast 4,6-15 C e r e t i / 2 , 28-30 WiDENGREN; Jämäsp-Nämag 17-24 B e n v e n i s t e / 8 - 1 0 M e s s i n a ; C u m o n t 81f.; B i d e z / C u m o n t II 371f.; W i d e n g r e n R e lig io n e n 201; C o l p e M e n ­ sc h e n so h n 90f.), kann man auf die Verbreitung der Vorstellung (vgl. etwa die orientalischen Parallelen zu Hes. op. 182-194 bei W e s t 199-203 und G a t z 18-27), nicht aber auf eine Abhängigkeit des Laktanz von irani­ schem Gedankengut schließen (grundsätzlich oben 53ff.). - Die Symptome dieses Werteverfalls scheint Laktanz teilweise römischem Empfinden gemäß zu formulieren: Recht und Ordnung, Militärdisziplin, Ehrfurcht vor dem Alter, o fficiu m p ie ta tis . Ein ähnliches Szenario vom Recht des Stärkeren zeichnet Laktanz auch 15,9f. (als Vorzeichen der nahenden Endzeit) und ira 16,8. Die Anordnung hier, gegliedert in einer vierfachen n o n - Anapher geht vom Äußerlich-Formalen zum Innerlich-Emotionalen, vom positiven Recht zum Naturrecht. iustitia proicietur et innocentia odio erit: Verbindung von iu s titia und in n o c e n tia wie epit. 52,8; ira 19,4; 24,8; vgl. 6,6,20; 6,24,29; epit. 52,2.8; 55,4. Siehe oben zu 1,3 iu s titia m . In n o c e n tia bezeichnet hier nicht die ,Unschuld‘ als jemandes Eigenschaft (so 21,7; vgl. ThLL VII,1 1706,49ff.), sondern, wie öfter bei Laktanz (etwa 5,17,31; 6,18,llf.), in einem etymo­ logisierenden Verständnis das ethische Prinzip der strikten Unterlassung fremdschädigenden Verhaltens (άβλάβεκχ, vgl. Cic. Tusc. 3,16), dazu M. S p a n n e u t , La non-violence chez les pères africains avant Constantin, in: D.P. G r a n f i e l d / J . J u n g m a n n (Hrsg.), Kyriakon. FS J . Q u a s t e n , Mün­ ster 1970, I 36-39; P.A. G r a m a g l i a , Non uccidere e non violenza nel se­ colo IV, in: Sangue e antropologia. Riti e culto, a cura di F. V a t t i o n i , Roma 1987, III 1603-1699, v.a. 1607ff. ( in n o c e n tia als „nonviolenza“); U. M a t t i o l i , L’in n o c e n tia in Lattanzio: basi classiche e bibliche, in: Tradi­ zione dell’ antico nelle letterature nelle arti d’Occidente. Studi in memoria di Μ. B e l l i n c i o n i S c a r p a t , Roma 1990, 44-66, v.a. 48-52; W i n g e r II 488-493. Dass die Gerechtigkeit verhasst sei, ist für Laktanz nicht nur Kennzeichen der Endzeit (vgl. 15,8 iu s titia r a r e s c e t ), sondern auch Cha­ rakteristikum der Gegenwart (22,12 iu s titia in u isa e s t ; 5,12,2; 6,4,10 iu stu s [ ...] c o n te m p tu i d e risu i odio s i t n ecesse e s t.) . Siehe auch oben zu 1,3 iu s ti­ tia m .

praedabuntur: Für das Berauben von Menschen (anders 5,9,15 m a r ia ; 6,18,8 absolut) neben Tac. ann. 12,49,1 vor allem in der Vetus Latina (vgl. ThLL X,2 589,74ff.). Zur Sache 15,9; or. Sib. 3,40.

477 lex aut ordo aut m ilitiae disciplina: L ex und ordo hier nicht als feste

Junktur, alle drei Begriffe zusammen beschreiben den Zusammenbruch von Sicherheit und Rechtsordnung in allen Bereichen; der Verlust der m ilitia e d is c ip lin a (epit. 66,3; zur Junktur ThLL VIII 959,59ff.) ist vielleicht ein realistisches Element in einer Zeit kriegerischer Wirren. non canos quisquam reuerebitur: C a n i für das Respekt gebietende

Alter wie mort. pers. 32,2 (Galerius fordert von Maximinus: ced a t a e ta ti e t h o n o re m d e fe ra t c a n is)] vgl. ThLL III 298,12ff.; mort. pers. 23,4 pran­ gert Laktanz an, dass die brutale Steuereintreibung unter Galerius auch auf Alter und Krankheit keine Rücksicht nimmt. Fehlende Ehrfurcht ge­ genüber greisen Eltern nennen Altes Testament (Mi 7,6) und Hesiod (op. 182-185, mit W e s t 199; 330-334; vgl. Ov. met. 1,144-150) als Zeichen eines dramatischen Sittenverfalls, in der Apokalyptik wird die Umkehrung aller Werte allerdings eher am Verlust der Elternliebe zu den Kindern ver­ deutlicht (so etwa Hen(aeth) 100,2; Mk 13,12). Verehrung des Alters wird im Alten Testament (etwa Lev 19,32) und der gesamten Antike gefordert und gehört zu den Tugenden, die man in die idealisierte Vergangenheit Roms zurückprojiziert (vgl. etwa Ov. fast. 5,57 m a g n a f u it q u o n d a m c a p i­ tis re u e r e n tia can i] Val. Max. 2,1,9; Dig. 5,6,6,5 praef. s e m p e r in c iu ita te n o stra se n e c tu s u en e ra b ilis f u it] H. B r a n d t , Wird auch silbern mein Haar. Eine Geschichte des Alters in der Antike, München 2002, v.a. 117-208). officium p ietatis: Zur Junktur Cic. Mil. 100; ThLL IX,2 524,35ff.; zur

Sache Cic. inv. 2,66

p ie ta te m , quae erga p a tr ia m a u t p a r e n te s a u t a lio s sa n g u in e c o n iu n c to s o fficiu m c o n se rv a re m o n e a t .

non sex u s aut infan tiae m iserebitur: Frauen und Kinder, hier in em­

phatischer Metonymie unter Betonung des (schwachen, vgl. opif. 12 ext.) Geschlechts und der Hilflosigkeit des Säuglingsalters (vgl. ThLL VII,1 1350,45ff.) angesprochen, sonst erscheinen m u lie re s e t p u e r i häufig als affektiv aufgeladener Inbegriff der Wehrlosigkeit und Schutzbedürftigkeit (vgl. das diesbezügliche rhetorische Kalkül Cic. inv. 1,103.105) wie etwa 5,13,12 (nach Min. Fel. 37,5); Cato orat. 146 S b l e n d o r i o C u g u s i ; Caes. Gail. 2,13,3; Cic. Cluent. 195; Sali. lug. 67,1; Liv. 5,21,11 etc. uno com m uniqu e latrocinio: Vgl. ira 16,8 ita q u a si c o m m u n i la tro c in io

Der freie Gebrauch von nisch, vgl. ThLL VII,2 1018,5ff. te r ra o m n is d ep o p u la b itu r.

la tro c in iu m

ist cicero-

17,10 secta to res u eritatis: Über die verfolgten Christen wie 4,26,18

(ohne Verfolgung epit. 59,1) und Tert. fug. 2,1, also nicht zoroastrisch, wie H u l t g ä r d ( A p o c a ly p tic is m 76) annimmt. segregab u n t se a m alis: Zur Formulierung vgl. Vet. Lat. Matth. 25,32

(Cypr. testim. 2,30; über die Scheidung durch den wiedergekehrten Chri-

478

K o m m en ta r

stus als Richter) seg reg a b it illo s ab in u ic e m . 18,2 spricht Laktanz in einem Referat der Hystaspesapokalypse von den fid e le s a n o cen tib u s se g re g a to s , dazu unten zu 18,2f. fugient in solitu d in es: Zur Formulierung Ps. Quint, deck 12,27; Cypr. epist. 57,4,3; 58,4,2. Eine Flucht der Gottestreuen hat Laktanz bereits 17,7 (in m o n te s f u g ie n t , dazu oben) erwähnt; nun führt sie alle Frommen

(denn iu s ti [ ...] seg reg a b u n t Sammlungsort dient.

se m a lis )

in Einöden, während der Berg als

ad m o tis om n ib u s copiis . . . m orabuntur: Erst hier erfährt man, dass

die in Gebirge (17,7) und Einöden geflohenen Gerechten sich auf einem einzigen Berg versammelt haben. Man soll wohl zunächst an eine systema­ tische Verfolgung selbst an jenen abgelegenen Orten denken, in welcher der Berg die letzte Zuflucht bietet. Der für eine Suche nach versprengten wehr­ losen Flüchtlingen eigentlich unnötige militärische Aufmarsch ist drama­ turgische Voraussetzung für den Endkampf zwischen dem Antichrist und dem wiederkehrenden Christus sowie Zeichen für die Bosheit des im p iu s. Zugleich erinnert die Szenerie dadurch an die aufwändige Belagerung einer befestigten Stadt. Tatsächlich ist 18,6 im Zitat or. Sib. 5,107 dann auch von der μακόφων πόλις die Rede. Der Entsatz dieser Belagerung ist bei Lak­ tanz der Ort für das Eingreifen des wiederkehrenden Christus (17,11; 19,5). Unklar ist die Einordnung dieser Episode in die eschatologische Tradition: Diese kennt zwar, ausgehend von älteren Vorstellungen über Angriffe auf den Berg Zion (Androhung: Dtn 28,49; Jer 1,15; Vertrauen auf Gottes Hilfe für Zion und seinen Machterweis an den Angreifern: Ps 2; Jes 24,23; 31,4f.) einen endzeitlichen Völkersturm auf Jerusalem, die Stadt auf dem Berg Zi­ on, und die Vernichtung der andrängenden Gottesfeinde (etwa Ez 38,1 39,29; Joel 2,1-11; Sach 14,1-5; Hen(aeth) 56,1 - 57,3; V o l z 149-152; da­ her der Berg Zion Ort des Gerichts ApcBar(syr) 40,lf.; Offb 14,1 mit A u n e II 803f.). Dieses Ereignis gibt Laktanz aber auch 26,lf. wieder. Es liegt also eine Dublette vor, weil Laktanz offenbar das Motiv von Völkersturm und Gericht zu Füßen des Zion in zwei überlieferungsgeschichtlichen Varianten und wohl aus zwei unterschiedlichen Quellen aufgreift: Während 26,lf. ei­ ne chiliastische, wohl aus Offb 20,7-10 übernommene Tradition vorliegt, die den Völkersturm nach dem Tausendjährigen Reich ansetzt, muss es sich hier um eine Überlieferung handeln, die mit dem Angriff der Gottes­ feinde auf den Berg Zion das Eingreifen Gottes oder möglicherweise das Erscheinen des Messias (vgl. V o l z 211f.) bzw. die Wiederkunft Christi verbindet. Laktanz kann die entsprechende Benennung (Jerusalem/Zion) als für seine Leser unwichtig oder irreführend weggelassen haben. B e r g e r (A u fe rste h u n g 68 mit Anm. 316; ähnlich M. P h i l o n e n k o , La sixième vi­ sion de IV Esdras et les Oracles d’Hystaspe’, in: ders./M. S i m o n [Hrsg.],

479 L’Apocalyptique. Etudes d’histoire des religions, Paris 1977, 129-135, der eine Abhängigkeit von 4 Es von der Hystaspesapokalypse annimmt) ver­ weist auf Ähnlichkeiten zwischen Laktanz und 4 Es 13,2-13.33-42: Der Messias bekämpft, besiegt und richtet vom Berg Zion aus die andrängen­ de Schar seiner Feinde, dann versammelt er um sich die Stämme Israels. Jedoch entsteht 4 Es 13 der Kampf erst durch das Erscheinen des Gott­ gesandten, von bedrängten Frommen ist nicht die Rede. Entscheidende Punkte aus der Darstellung des Laktanz fehlen also. Die Bedrängnis Ein­ geschlossener findet sich or. Sib. 3,652-673 (gottgesandter König herrscht in Jerusalem, Feinde umringen die Stadt, Gott vernichtet sie). Doch ist auch dort die messianische Gestalt, für die Laktanz 18,7 als Beleg die Ver­ se or. Sib. 3,652f. zitiert, bereits anwesend, auch geht das Gericht von Gott aus. Keine der genannten Stellen kommt mithin als alleinige Vorlage in Betracht. - Die Darstellung des Laktanz enthält also zwar gut belegte eschatologische Einzelmotive: Verfolgung und Flucht der Frommen, Völ­ kersturm und das Eingreifen Gottes zum Schutz der Bedrängten auf dem Berg (Zion), Vernichtung der Gottesfeinde, Kommen des Gottgesandten zum Höhepunkt der Not. Die Verbindung aber zwischen Verfolgungssze­ nario und Abwehr des Völkersturms, die eine spannungsreiche Dramatur­ gie ergibt, scheint nur bei Laktanz belegt zu sein und auf seine Redaktion zurückzugehen. Siehe auch oben 66. 17,11 clausos un dique . . .

disperd at: Der Entsatz der Bedrängten

wird nochmals 19,5-7 geschildert, dazu unten. regem m agnum : Der gottgesandte Retter, 19,4 als wiederkehrender Chri­

stus identifiziert, wird zunächst (wie der Antichrist, 17,2) als rex eingeführt und auch später (19,3f.; vgl. 20,1; 24,6) in neutestamentlicher Tradition (1 Tim 6,15; Offb 17,4) so bezeichnet (vgl. Loi L a tta n z io 230f.; Christus als derjenige, der das Gottesreich errichtet: 19,3 und epit. 67,8 re g n u m ; 4,12,21 to tiu s te r ra e r e g im e n ; S p e i g l 24-26), rex m a g n u s heißt Christus 24,15 (vgl. Hier. Victorin. Poetov. in apoc. 2: himmlisches Jerusalem als regis m a g n i c iu ita s ). W INDISCH (72) weist darauf hin, dass der rex als Retter auch mit dem folgenden (18,7) Sibyllenbeleg (or. Sib. 3,652) über­ einstimmt. Folgenreich für die Forschung, aber durch Laktanz selbst 18,2f. (dazu unten) ausgeschlossen ist die erstmals von C u m o n t (85) vertrete­ ne These, dass der Retter in der Hystaspesapokalypse vorgekommen sei. Ausgehend von dieser Annahme hat man im rex m a g n u s Mithras (so etwa B i d e z / C u m o n t II 372; W i d e n g r e n R e lig io n e n 200f.; 207f.), einen wie­ derkehrenden nationaliranischen Herrscher (so etwa C o l p e M e n sc h e n so h n 107-112; H y s ta s p e s 1068; vgl. 1072f.) oder die zoroastrische Erlösergestalt des Saosyant (so etwa H i n n e l l s 144, H u l t g ä r d A p o c a ly p tic is m 76; B o y ­ c e 397) sehen wollen (vgl. K i p p e n b e r g G e sc h ic h te 74).

K o m m en ta r

18,1—8 D ie te s tim o n ia d iu in a für G o ttes r ette n d es E ingreifen in der E ndzeit:

Mit

haec ita fu tu ra e sse cu m p r o p h e ta e o m n e s ex d e i s p ir itu tu m e tia m u a te s ex in s tin c tu d a e m o n u m c e c in e ru n t (§1) leitet Laktanz zu drei t e s t i ­ m o n ia d iu in a über, welche die vorhergehende Darstellung über die Endzei­ tereignisse belegen sollen. Als u a te s (§ 1) bezeichnet Laktanz Seher, deren

Wissen, obwohl es von Dämonen stammt, über die menschlichen Kennt­ nisse hinaus reicht und einzelne Offenbarungswahrheiten enthalten kann (siehe oben zu 14,7 u a tib u s). Die Zeugnisse sind so gewählt, dass sie vor allem das rettende Eingreifen Gottes durch die Sendung des Gottessohnes in der höchsten Bedrängnis (dargestellt 17,9-11) bestätigen. Darin also scheint Laktanz eine christliche Besonderheit zu sehen, die der Erläute­ rung und Untermauerung bedarf. Laktanz beruft sich sowohl auf göttlich inspirierte p r o p h e ta e (zu denken wäre wohl an biblisches Schrifttum, siehe oben zu 1,6 p r o p h e tis ) ,als auch insbesondere6 ( cu m . .. tu m ) auf u a te s , die ihr Wissen von Dämonen haben. Die Hervorhebung der letzteren erklärt sich wohl aus der Gedankenführung: Zur zweiten Gruppe gehört der zu­ nächst (§ 2) genannte Hystaspes; nach § 3 ist er von Dämonen beeinflusst. Die Zeugnisse sind formal in einer Klimax angeordnet und werden immer ausführlicher: 1. Hystaspes (§§ 2.3a): indirektes Zitat, zwei Korrekturen 2. Hermes Trismegistos (§§ 3b.4): wörtliches Zitat, zutreffende Erwäh­ nung einer neben dem Vatergott stehenden Rettergestalt 3. Sibyllenorakel (§§ 5-8): mehrere wörtliche Zitate, genaue Überein­ stimmung (§ 5 n o n a lite r ) Im Zentrum stehen die Belege für die endzeitliche Errettung durch Gott und die Gestalt des von Gott gesandten m a g n u s rex (17,11). Die christliche Vorstellung, dass sich Erlösung am Ende der Zeit durch ein heilsgeschicht­ lich begründetes göttliches Eingreifen vollzieht, steht paganem religiösen Denken auch in der Spätantike und trotz orientalischer Einflüsse fern.1 Laktanz führt seine Leser daher schrittweise an die eschatologische Er­ rettung durch eine göttliche Gestalt heran: Das erste Zeugnis belegt nur das göttliche Eingreifen in der Endzeit. Die Korrektur lenkt die Aufmerk­ samkeit auf den 17,11 noch in der menschlichen Dimension eines m a g n u s rex eingeführten Retter, den das zweite Zeugnis als eine eigene Gestalt neben dem Vater erweist. Erst das dritte Zeugnis enthält alle drei Aspek­ te: himmlischer König, endzeitlicher Retter, Gesandter (bzw. Sohn: von Laktanz § 5 hineingelesen, aber in den Zitaten so nicht gesagt) Gottes. Auf dieselben Zeugnisse beruft sich Laktanz epit. 68,1 am Ende seiner eschatologischen Ausführungen; dort steht Hermes Trismegistos am Anfang, 1 Vgl. C. A n d r e s e n , ,Erlösung4, RAC 6 (1966) 54-219, v.a. 76-98.

481

18,2

weil er das nächst liegende Beispiel ist.2 Ob die der Wahrheit am nächsten kommenden Sibyllen den § 1 genannten göttlich inspirierten Propheten zuzurechnen sind, oder ob damit in einer Praeteritio (wie 15,17) das (im weitesten Sinn) biblische Schrifttum gemeint ist, wird nicht klar. Jeden­ falls sollte § 1 nicht als Quellenangabe (so v a n R o o i j e n - D i j k m a n 122) verstanden werden, vielmehr steht dahinter die Absicht, das Gesagte in einer für den paganen Leser überzeugenden Weise zu untermauern. 18,1 spiritu: Siehe oben zu 3,11 s p ir itu m . ex in stin c tu daem onum : Sonst ohne Präposition (1,5,10 M u sa ru m in ­ s tin c tu [ ...] c a rm e n illu d e f f u d it ; 4,27,12), hier wie Tert. a c c id e r it ex s e r p e n tis in s ti n c tu ; ThLL VII,1 1984,57f.

anim. 16,1

quod

cecinerunt: In der paganen Latinität sehr häufig für , dichten ‘ bei p o e ta e

(Lucr. 2,600; Verg. ecl. 10,70; Tac. dial. 12,3 etc., bei Laktanz 22,6; 5,6,11) und, wie hier, ,verkünden‘ bei u a te s (Enn. ann. 214; Cic. div. 1,115; Verg. Aen. 5,224 etc. - auch Orakelsprüche und dergleichen heißen c a rm in a , vgl. ThLL III 464,9ff.), in der christlichen übernommen für p r o p h e ta e (4,5,8; 4,11,11; Tert. apol. 19,4 etc.), vgl. ThLL III 269,12ff. 1 8 ,2f. D as Z eugnis aus der H ystasp esap ok alyp se:

Als ,von Dämonen angetriebenen Seher‘ (vgl. 18,1) nennt Laktanz zu­ nächst Hystaspes (siehe oben 53ff.) und verweist zurück auf dessen Ein­ führung (15,19).3 Unmittelbar folgt das Zitat aus der Hystaspesapoka­ lypse, zunächst noch in abstrahierender Zusammenfassung (§ 2 d e s c r ip ta in iq u ita te ), dann gibt er mit eigenen Worten in indirekter Rede drei Hand­ lungsschritte wieder: (1) Die Gottestreuen sind von den ,Übeltätern‘4 ge­ trennt. Vor dem Hintergrund von 17,7.10 läge eine Flucht der Gläubigen nahe. Das ist aber nicht gesagt, wie W i n d i s c h (72f.) richtig zu bedenken gibt, indem er einschränkt: Es könne auch an eine bewusste Entfernung im Hinblick auf die erhoffte Vernichtung der Frevler gedacht sein. Laktanz erwähnt im Hystaspeszeugnis auch keine böse Verfolgergestalt und keine militärische Bedrohung.5 (2) Die Gottesfürchtigen erheben Klage im Ge­ bet und flehen um Jupiters Beistand. Die Gebetsschilderung entspricht in 2 Unter den dreien nur er zitiert, epit. 66,6; Löw 234; 251. 3 Der Rückverweis könnte ein Indiz dafür sein, dass Laktanz nicht m it allgemeiner Bekanntheit der Hystaspesapokalypse rechnen kann; vielleicht will er aber auch nur das beeindruckende mantische Szenario von 15,19 wieder evozieren. 4 Substantivisches nocens hier wie öfter (4,22,5; 4,26,21; 5,17,19; 6,14,4; ira 16,5). 5 Berechtigt ist daher W indischs (73) Hinweis, dass es sich in der H ystaspesapoka­ lypse auch um ein Szenario wie bei der biblischen Erzählung von der Vernichtung der sündhaften Städte Sodom und Gomorra (Gen 19,1-29) gehandelt haben könne: Die Schlechtigkeit nim m t überhand, G ott greift - rettend aus der Perspektive der um Hilfe flehenden Gerechten - durch die Vernichtung der Sünder ein.

482

K om m entar

Formulierung und Inhalt völlig antiker Konvention6 und hat nichts erkenn­ bar Orientalisches7. Mit ,Jupiter‘ ist der ,Zeus‘ wiedergegeben, der in der griechischen Hystaspesapokalypse, wie man annimmt, synkretistisch für Ahura Mazda stand.8 (3) Jupiter wendet sich der Welt zu,9 erhört die Menschen und vernichtet die Frevler. Auffälliger weise ist nicht von From­ men die Rede, sondern von einer Gruppe von Frevlern, die offenbar alle Menschen bedrängt und in deren Vernichtung sich die Bitten der Menschen erfüllt. - Die Weissagung des Hystaspes gibt Laktanz so wieder, dass sie auch sprachlich mit denjenigen Passagen aus der vorausgegangenen Dar­ stellung korrespondiert, die durch dieses Testimonium belegt werden sollen (so schon W i n d i s c h 72): D arstellung (17,9-11)

Testim onium aus H ystaspes (18,2)

vgl. 9 iu s titia p r o ic ie tu r et in n o c e n tia odio e r it . . . u a sta b itu r.

d e s c r ip ta in iq u ita te sa ecu li huius ex­ tr e m i

10 in s ti et s e c ta to re s u e r ita tis segre­

p io s ac fid e le s a n ocen tibu s

gabunt

tos [...].

se a m a lis

11 ex cla m a b u n t ad d eu m uoce m a g n a et au x iliu m c a d e s te im plorabunt , et exaudiet eos deu s et m itte t regem m a ­ gn u m de caelo, qui eos e r ip ia t ac li­ beret o m n esq u e im pios fe rro ign iqu e d isn erdat.

segrega­

eu m fle tu et g e m itu e x ten tu ro s esse ad caelu m m a n u s et im ploraturos fid e m I o u is : Io u em resp ectu ru m ad te r r a m et a u d itu r u m uoces h o m in u m atqu e im ­ pios e x tin c tu ru m

Mit quae o m n ia u era s u n t p r a e te r ... (vgl. 20,11) leitet Laktanz die Be­ wertung ein, die aus einer Korrektur und einer Ergänzung besteht: Falsch ist, dass bei Hystaspes Jupiter tut, was eigentlich Gott tut (§ 2). Durch Dämonentrug10 ist unterschlagen (s u b tr a c tu m ), dass der Sohn vom Vater gesandt wird und die Frommen befreit, die Bösen vernichtet (§ 3). Die Formulierung für die Rettungstat ist an 17,11 angeglichen:

6 Die Verbindung von gemitus und fletus ist gut belegt (etwa Cic. Verr. II 4,110; Gell. 10,3,13; Cypr. epist. 11,8,3), beide Hände gen Himmel zu erheben ist eine gewöhnliche Gebetsgeste bei Heiden und Christen (ThLL VIII 343,75ff.; S it tl 174; E. v o n S e v e r u s , , Gebet P, RAC 8 [1972] 1134-1258, hier 1231f.), implorare fidem Iouis (oder einer anderen G ottheit) eine übliche W endung (ThLL VII,1 646,27fL). 7 Eine orientalische Nuance wollen B i d e z / C u m o n t (II 372) im Erheben der Hände zum Gebet erkennen, siehe aber vorige Anm. 8 Vgl. B o y c e 380; allgemein d e J o n g 29-34. 9 Diese Aussage wäre dram aturgisch verzichtbar und suggeriert, der G ott habe das bisherige Geschehen nicht zur Kenntnis genommen und sei erst durch B itten der Frommen auf deren Not aufmerksam geworden sei. Das spräche dafür, dass Laktanz etwas Vorgefundenes übernim m t. 10 Ausführlich erläutert Laktanz das verblendende Tun der Dämonen 2,14,11-14.

18,2

483

v o ra u sg eh en d e D a r ste llu n g in n a rra ti­ ver Form (1 7 ,1 1 )

E rg ä n zu n g d es T estim o n iu m s aus H y ­ s ta sp e s (1 8 ,3 )

[ ...] deus [ ...] m itte t regem m a g n u m de caelo, qui eos e r ip ia t ac liberet o m n e s q u e i m p i o s fe rro ign iqu e d i­ sp erd a t.

m issuiri a p a tre tu n c filiu m dei, qui d e le tis omnibus m a lis pios liberet.

Im Hystaspeszeugnis (§ 2) fehlen demgegenüber also die Sendung einer Rettergestalt, welche (q u i) nicht nur die Bösen vernichten, sondern auch ausdrücklich die Frommen befreien ( lib e r e t ) soll. Dass es sich bei dieser 17,11 als m a g n u s rex eingeführten Rettergestalt um den Sohn Gottes han­ delt, fließt erst in der Ergänzung (§3) ein und wird gleich anschließend mit einem folgenden Zeugnis aus Hermes Trismegistos belegt. Seit C u m o n t (1931) hat die Hystaspesforschung den Laktanztext in § 3 (s e d e t illu d . . . lib e r e t ) so verstanden, als schließe er doch das Vor­ kommen einer Rettergestalt in der Hystaspesapokalypse nicht aus, und aus dem somit vermeintlich für Hystaspes belegten rettenden m a g n u s rex (vgl. 17,11) zum Teil weit reichende Schlussfolgerungen gezogen.11 B e a t r i c e (1999) wendet dagegen ein, dass Laktanz § 3 ausdrücklich vom Fehlen einer Rettergestalt spreche und er, wenn sie erwähnt worden wäre, zwei­ fellos apologetisch daran angeknüpft hätte.12 Tatsächlich kann Laktanz hier - entgegen einer in der Forschung verbreiteten Annahme13 - nur so verstanden werden, dass ein von Gott gesandter Befreier bei Hystaspes 11 N ach W

(70f.) findet Laktanz keine R ettergestalt bei Hystaspes vor, anders C u m o n t (v.a. 84-88), ihm folgen beispielsweise H inn ells (142-145) und vor allem C o l p e Menschensohn. Anders freilich M es s in a (Magi 79): Die H ystaspesapoka­ lypse kenne wohl einen göttlich gesandten R etter, der aber, und das meine Laktanz hier, nicht in der Endzeit auftrete. 12 B e a t r i c e Hystaspe 368-372; ähnlich, aber zurückhaltender schon van R o o i j e n D i j k m a n (123). 13 C u m o n t nimmt aus folgenden G ründen an, dass Laktanz eine R ettergestalt in sei­ ner Hystaspesapokalypse vorfinde: (1) Der magnus rex de caelo wäre das einzige Element aus den Sibyllenorakeln (nach W in disch 72, der den magnus rex auf das Sibyllenzitat 18,7 zurückführt), das zudem in einen aus Hystaspes entnom m enen Zusammenhang , interpoliert‘ sei (84). (2) Ein persönliches Eingreifen A hura Mazdas passe nicht in die mazdäische Eschatologie (84). (3) Der Eingriff bei der christ­ lichen Ü berarbeitung (Pseudo-Paulus bei Klemens, siehe oben 54 Anm. 3) sei ge­ ringer, wenn bereits eine R ettergestalt in der Hystaspesapokalypse erwähnt sei (84). (4) Wenn in der Hystaspesapokalypse keine R ettergestalt vorgekommen sei, stim ­ me die Aussage nicht, dass Jupiter bei Hystaspes das tue, was eigentlich G ott tue. Denn dieser schicke ja einen R etter. Der von Laktanz gerügte D äm onentrug bestehe darin, dass der Gesandte nicht als Sohn G ottes bezeichnet gewesen sei: ,,[L]es démons avaient substitué à ce nom vénérable celui d ’une divinité que Lactance s’est fait scrupule de nommer“ (85). Diesen Argum enten ist zu erwidern: (1) C u m o n t verkennt die A rgum entationsstruktur: Alle drei Testimonien bele­ gen gleichermaßen (in je unterschiedlichen Aspekten, siehe oben zu 18,1-8) die Darstellung, vor allem diejenige in 17,9-11. Das eigentliche Fragment ist 18,2. (2) Ein persönliches Eingreifen A hura Mazdas ist nur dann ausgesagt, wenn man, in disch

K o m m en ta r

gegenüber der 17,11 dargestellten christlichen Lehre fehlt; dass es sich da­ bei um den vom Vater gesandten Sohn handelt, ist neu und leitet über zum treffenderen Zeugnis des Hermes Trismegistos (18,3f.). In ähnlicher Weise ,korrgiert‘ Laktanz übrigens auch 1,7,2 ein Apollorakel anhand von Hermes Trismegistos. wie C u m o n t , 17,11 unberechtigterm aßen als wörtliches Fragment aus der Hystaspesapokalypse versteht und lediglich den m a g n u s rex zur Diskussion stellt. Die Hystaspeswiedergabe des Laktanz 18,2 beinhaltet nur, dass Ahura M azda die B itten der Menschen (nicht nur der Frommen) erhört und die Vernichtung der Frevler (wie auch immer, zum Beispiel durch eine N aturkatastrophe) herbeiführt. C u m o n t s (85) Vorstellung einer „intervention personelle“ beruht allein auf 17,11. Um C u m o n t s Problem zu lösen, nimmt van R o o i j e n —D i j k m a n (123) an, dass eine ursprüng­ lich vorhandene R ettergestalt in der griechischen Version der Hystaspesapokalypse getilgt worden sei. (3) Zu vergleichen sind 18,2 und Pseudo-Paulus. Beide Frag­ mente unterscheiden sich nicht nur durch die Erwähnung der R ettergestalt bei Pseudo-Paulus, sondern auch dadurch, dass bei Pseudo-Paulus ein detailliertes Kriegsszenario gezeichnet ist. 18,2 geht es offenbar eher um das U berhandnehm en der Schlechtigkeit. Die Fragmente basieren also offensichtlich nicht auf derselben Passage der Hystaspesapokalypse. (4) Die K orrektur und die Ergänzung aus 18,2f. müssen auf das H ystaspeszitat 18,2 bezogen werden: Der Name des handelnden G ottes ist fa lsc h und die Erwähnung des R etters fe h lt. Wenn Laktanz also nach dem Hystaspeszeugnis sagt: [sc. H y sta sp e s] I o u e m d ix it fa c tu r u m quod d e u s fa c ie t (18,2), dann heißt das, dass im vorausgehenden Zeugnis d eu s s ta tt I u p ite r einzuset­ zen ist, um eine richtige, mit der christlichen Lehre übereinstim m ende Aussage zu erhalten. Insbesondere aber ist C u m o n t s Verständnis der Ergänzung (18,3) sprach­ lich kaum haltbar: S u b tra h e re heißt nicht ,ersetzen*, sondern (bewusst) , weglassen* (vgl. OLD s.v. 6) und bezieht sich nicht nur auf filiu m d e i , sondern auf den ganzen Acl samt abhängigem Relativsatz, das illu d unterstreicht dies noch. Es ist also nicht bei Hystaspes ,der Sohn G ottes [sc. durch eine mazdäische R ettergestalt] ersetzt* (diese Namensvertauschung h ätte Laktanz doch wohl so klären müssen, wie er es gerade bezüglich Jupiter und G ott getan hat), sondern insgesamt ,die Tatsache weggelassen, dass vom Vater der Sohn gesandt werden wird, um [...] die Frommen zu befreien*. - H innel ls (142f.) erklärt das M onitum des Laktanz etwas anders als C u m o n t , indem er es auf ein Fehlen des im finalen ( H inn ells 143 Anm. 45, wohl sachlich berechtigt, obwohl wegen innerer Abhängigkeit ohnehin Konjunktiv stehen müsste, doch in keinem Fall ist daraus ein Argument für seine D eutung zu gewinnen) Relativsatz qui . . . liberet Ausgesagten bezieht: „Lactantius [...] ob­ jects not to the omission of the Son of God but to the failure to spell out the particular consequences of the saviour’s coming“ (143). Dagegen ist zu bedenken: (1) Dieser Deutungsversuch erscheint in sich unstimmig: Es h ätte also in der Lak­ tanz vorliegenden Hystaspesapokalypse zwar eine R ettergestalt Vorkommen müs­ sen, diese h ätte aber eben nicht (und zwar nicht einmal im weitesten Sinn - sonst h ätte Laktanz, der Übereinstimmendes sucht, ja wohl konkreter ,verbessert*) die Frevler vernichten und die Frommen befreien dürfen. Was h ätte eine ,R e tte r‘gestalt dann aber überhaupt für einen Sinn? (2) Nach dem M onitum fährt Laktanz 18,3 fort: quod H e r m e s ta rn en n o n d is s im u la u it. Es muss also eine im entscheidenden Punkt gegenüber Hystaspes richtige Aussage folgen. Im Zitat aus Hermes Tris­ megistos (18,4) aber ist weder von einer Vernichtung der Bösen noch von einer Befreiung der G uten die Rede, wie es nach H innel ls logisch notwendig wäre. (3) Eine Anaphorik von illu d [...] s u b s tr a c tu m auf qui [...] liberet ist sprachlich kaum denkbar.

485

18,3 - 18,4

18,3 missuiri: Zu dieser Kurzform des Infinitiv Futur Passiv siehe oben zu 12,28 d isso lu tu iri. filium dei: Die Bezeichnung ,Gottessohn‘ erscheint sonst hauptsächlich im vierten Buch, meist für den präexistenten Christus (etwa 4,6,1.3). Im siebten Buch (auch 18,5; 22,5; 24,1) wird sie für den wiederkehrenden Chri­ stus gebraucht. Vgl. Loi L a tta n z io 228f. λόγος τέλειος: Nach 4,6,4 (mit eindeutigerer Überlieferung) ist sicher rich­ tig Λόγος τέλειος als Titel des von Laktanz öfter zitierten (2,15,7; 6,25,11 unter dem Titel s e r m o p e r fe c tu s ) griechischen Traktats aus dem C o rp u s H e r m e tic u m hergestellt. Das Original ist verloren, erhalten sind eine la­ teinische Übersetzung (Ps. Apul. Asel.) und eine koptische (NHC VI, vgl. M a h é H e r m è s II 47-207). post enum erationem malorum de quibus diximus: Tatsächlich stim­ men zahlreiche Motive in der so genannten Apokalypse im A s c le p iu s (Ps. Apul. Asel. 25f.) mit Endzeitereignissen bei Laktanz überein (siehe auch oben zu 16,5-14): P s. A p u l. A sel. 25f.:

en tsp rech en d e E n d z e itm o tiv e b ei L ak­ tanz:

25 [ ...] m o rs u ita u tilio r in d ica b itu r; [ ...] p ro bono h a b eb itu r p e ssim u s.

V orzug d es T od es vor d em L eb en (1 6 ,5 .1 2 ); V erfall elem en tarer m o rali­ scher W erte (1 7 ,9 )

[ ...] n o v a c o n s titu e n tu r iura, lex n on a

u n erh örte n eu e R ech tsn o rm en (1 6 ,4 )

[ ...] so li n o cen tes an geli re m a n e n t, qui h u m a n ita te c o m m ix ti ad o m n ia a u d a ­ cia e m a la m ise ro s m a n u in ie c ta co m ­ p e llu n t, in bella, in ra p in a s [...].

V erführung u n d U n terd rü ck u n g durch den A n tich rist (1 7 ,4f.; vgl. 2,15,8; N ock/ F estugière I 330); K riege (15,10; 16,1.5); R a u b (1 7 ,9 )

tu n c nec te rr a c o n sta b it nec n au igabitu r m a re nec caelu m a stro ru m cu rsibu s nec s id e r u m cu rsu s c o n sta b it in caelo

V erlu st der F estig k eit der E rde (1 6 .5 .1 1 ) ; U n b efah rb ark eit des M eeres (1 6 .1 1 ) ; u n regelm äß ige B a h n en der G estirn e (16,9)

[ ...] fr u c tu s te rra e c o rru m p e n tu r nec fe c u n d a tellu s e r it et a e r ip se m a e sto to rp o re lan gu escet.

U n fru ch tb ark eit L uft (1 6 ,6 )

26 haec et ta lis sen ectu s v e n ie t m u n ­ di: irrelig io , in o rd in a tio , ir r a tio n a b ili­ ta s b o n o ru m o m n iu m .

sen ectu s m u n d i (14,16; V erw irrung (1 6 ,4 )

(16,6);

verd orb en e

ep it.

66,5);

18,4 έπαν δή . . . κόσμον: Ein koptische Übersetzung der Passage ist erhalten im NHC VI 73,23 - 74,1 (bei M a h é H e r m è s II 184-186, mit

K om m entar

Gegenüberstellung; Kommentar 241-243), eine lateinische Ps. Apul. Asel. 2614. Vgl. ferner Löw 226-230. ταϋτα: Die Ps. Apul. Asel. 25f. geschilderten Endzeitplagen, siehe oben zu 18,3 p o s t e n u m e r a tio n e m . πρώτου καί ενός θεοϋ δημιουργός: Diese Aussage ist für Laktanz der Fokus des Zitats, er bezieht sie auf eine göttliche Rettergestalt neben dem Vater, die in das eschatologische Geschehen eingreift. Im vorliegen­ den griechischen Zitat stehen vier Gottesbezeichnungen hintereinander,15 nämlich ό κύριος καί πατήρ (wie CH XIII 21; Ps. Apul. Asel. 20; 22f.; 26; 29; zur Bedeutung bei Laktanz siehe oben zu 6,1 p a tr i ac d o m in o ), θεός und τού πρώτου καί ενός θεού δημιουργός. Das Verständnis des letzten Glie­ des ist nicht ganz klar: Während die ältere Forschung teils verneint hat, dass das Genitivattribut zu δημιουργός den vom Sinn geforderten Kosmos bezeichnen könne und mit Verweis auf den abweichenden lateinischen Text (Ps. Apul. Asel. 26) von einer Textverderbnis ausgeht ( S c o t t / F e r g u s o n III 182f.; IV 26 Anm. 2; Weiteres bei N o c k / F e s t u g i È r e II 330), hält die neuere Forschung eine Bezeichnung des Kosmos mit ό πρώτος καί εις θεός für möglich ( M a h é H e r m e s II 241f.; C o l p e / H o l z h a u s e n I 290 Anm. 156; LÖW 228 mit Anm. 746; vgl. S. G e r s h , Middle Platonism and Neo­ platonism. The Latin Tradition, Notre Dame/Indiana 1986, I 370-373). Laktanz jedenfalls spaltet den vierten Ausdruck des Polysyndetons ab ,16 versteht den Genitiv als Genitivus subiectivus bzw. possessivus (zur la­ teinischen Entsprechung vgl. LHS II 65) und sieht, wie 4,6,9 ( illu m [den Gottessohn] T rism e g istu s δημιουργόν τού θεού [ ...] a p p e lla t ; vgl. epit. 37,2: του

14 Gegenüberstellung nach dem Text Apuleius, De philosophia libri, ed. C. M o r e s c h i n i , S tuttgart/L eipzig 1991, vgl. S c o t t / F e r g u s o n III 182-184; (Abweichen­ des nicht kursiv): c u m haec c u n c ta c o n tig e r in t, o A s c le p i, tu n c ille dominus et pater, deus prim ipotens et unius gubernator dei (ο κύριος καί πατήρ καί Θεός καί του πρώτου καί ενός θεοϋ δημιουργός), intuens in mores factaque nefaria, uoluntate sua (έπιβλέψας τοΐς γενομένοις καί την έαυτοϋ βούλησιν), quae est dei benignitas (τοϋτ’ εστιν τό αγαθόν), uitiis resistens et corruptelae omnium (άντερείσας τή αταξία), e r ­ ro re m reu o ca n s, m alignitatem omnem (την κακίαν έκκαθάρας) u el illu u io n e d ilu e n s u el ig n e c o n s u m e n s u el morbis pestilentibus (bell)isque per diuersa loca dispersis finiens (ενίοτε•·δε πολέμοις καί λοιμοΐς έκπαίσας, nach O gilvie [34] sei d isp e rsis der ,E rsatz‘ des Übersetzers, „apparently having a reading πολυσπέρεσι“) ad a n tiq u a m fa c ie m m u n d u m reuocabit (ήγαγεν). In der Übersetzung fehlt καί άποκατέστησεν τον έαυτοϋ κόσμον. Auf reu o ca b it folgt ein bei Laktanz nicht wiedergegebener Final­ satz: u t e t m u n d u s ip se a d o ra n d u s u id e a tu r a tq u e m ir a n d u s et ta n ti o p eris e ffe c to r

15

et r e s titu to r d eu s ab h o m in ib u s , qui tu n c e r u n t, fr e q u e n tib u s la u d u m p ra e c o n iis b e n e d ic tio n ib u s que celebretur. Im koptischen Text (NHC VI 73,25; M a h é H e r m e s II 184; 241) fehlt eine E ntspre­

chung zum vierten Glied, also zu καί [...] δημιουργός, so dass sich das G enitivattribut auf ,G o tt‘ bezieht. 16 Dass Laktanz nicht alle vier Glieder auf Christus beziehen kann, wogegen Löw (229 Anm. 750) argum entiert, steht außer Zweifel.

18,5

487

Gottessohn als o p ife x ) eindeutig belegt, im ,zum ersten und einzigen Gott gehörigen Werkmeister‘ einen prophetischen Vorverweis auf Jesus Christus (vgl. v a n R o o i j e n - D i j k m a n 125; C o l p e / H o l z h a u s e n I 290 Anm. 156; Löw 228f.). Wie die Einleitung des Zitates nahe legt (18,2: Hermes Trismegistos verhehle nicht, dass der Sohn vom Vater gesandt werde), scheint Laktanz in τού πρώτου καί ενός θεού δημιουργός auch die Vater-SohnBeziehung (der Gott, dem der δημιυοργός zugeordnet ist, wird ja vorher als πατήρ bezeichnet) und den Aspekt der Beauftragung oder Sendung (in δημιυοργός mit dem Genitivus possessivus oder subiectivus) impliziert zu sehen. Dieses Text Verständnis des Laktanz ist aus syntaktisch-stilistischen Gründen etwas schwierig: Der Subjekts Wechsel und das Herausbrechen des letzten Kolons aus dem o ... καί ... καί ... καί-Polysyndeton liegen fern, man würde zumindest den Artikel (καί (δ) τού πρώτου κτλ.) und Prädika­ te und Partizipien im Plural erwarten. Ansatzpunkt jener Interpretation war wohl die durch die hermetische Begrifflichkeit verursachte semanti­ sche Schwierigkeit der von Laktanz auch 4,6,9 zitierten Formel τού θεού δημιουργός. All das könnte möglicherweise darauf hindeuten, dass dieses kryptochristliche Verständnis des Hermeticums auf Laktanz selbst und sein nicht-muttersprachliches Griechisch zurückgeht. Zu einem ähnlichen Fall epit. 37,5 (Übersetzung uocare e x is tim a u im u s für καλεΐν νενομίκαμεν vgl. H e c k / W l o s o k T ext 160 Anm. 49. υδατι πολλω κατακλύσας [...] πυρί όξυτάτω διακαύσας [...] πολέμοις καί λοιμοις έκπαίσας: Feuer (16,5.12; 17,2), Überschwemmungen (16,5), Seuchen (16,12) und kriegerische Wirren (15,10f.; 16,1-3; 17,9) werden auch bei Laktanz erwähnt. Doch handelt es sich zum einen um verbreitete Endzeitmotive (vgl. M a h é H e r m è s II 242b), zum anderen haben die Ka­ tastrophen im A s c le p iu s , anders als hier, eine kathartische Wirkung und sind Mittel zur erlösenden Wiederherstellung der Weltordnung. Dennoch ist die Konvergenz zwischen seinrt Darstellung und dem nun folgendem Beleg von Laktanz gewollt. πή μέν [...] πή δε: Siehe oben zu 13,3 πή μεν [...] πή δε. έκπαίσας: Sehr seltenes Wort (vgl. LSJ s.v. έκπαίω), in vergleichbarer Be­ deutung Didym. Gen. 7,6 p. 187 ό πύργος [...] έκπαίων εχθρών έφοδον, deut­ lich ferner stehen Eur. HF 460 με δόξης έξέπαισαν ελπίδες und Plut. Brutus 51.5 ύπέστη δια των πολεμίων έκπαισάμενος. Eine nahe liegende Lösung wäre έκπιέσας ( M a h é H e r m è s II 185 nach J. B e r n a y s , Gesammelte Abhand­ lungen I, Berlin 1885, 334); B r a n d t s (I 642; auch N o c k / F e s t u g i è r e II 330; vgl. S t r u v e 157) Festhalten an έκπαίσας wenigstens für den Laktanztext wird aber durch D bestätigt. 18.5 dei filius . . . deleat: In der Zusammenfassung, die den Sibyllenbele­ gen vorausgeht, wiederholt Laktanz nochmals, was bereits in der Darstel-

K o m m en ta r

lung der Ereignisse (17,11: Rettungstat des gottgesandten m a g n u s rex ) und, korrigiert, in der Zusammenfassung des Hermesbeleges (18,3: Ret­ tungstat des vom Vater gesandten Gottessohnes) gesagt war: D a r ste llu n g (1 7 ,1 1 )

[...] deus [...] m itte t g em

re ­ caelo,

m a g n u m de qui eos e r ip ia t ac liberet o m n esq u e im pios fe rro ign iqu e d isp erd a t.

H erm es (1 8 ,3 )

S ib y llen (18,5)

m issuiri a patre tu n c filium dei, qui deletis om n ibu s m a ­ lis p io s liberet.

filius a su m m o pa­ tre m ittatur, qui et iusto s liberet de m a n ib u s im ­ piorum et in iu sto s cu m t y ­ ra n n is sa e u ie n tib u s deleat. d ei

Dass es sich bei dem von Gott Gesandten um den d e i filiu s (siehe oben zu 18,3 filiu m d e i ) handle, wird allerdings in den folgenden Sibyllenbelegen nicht erwähnt. a sum m o p a tre : Siehe oben zu 6,1

su m m o p a tr i ac d o m in o .

18.6 ήξει . . . ανθρώποισιν: Zitat or. Sib. 5,107-110. In Vers 107 haben die Sibyllinenhandschriften ΦΦ 5’ αυ statt καί, in Vers 108 κάκεϊ τις statt καί κέν τις (dies or. Sib. 5,108) und σθεναρός βασιλεύς έκπεμφθείς statt βασιλεύς πεμφθείς επί τούτον (dies überliefern sie nach Vers 102), in Vers 109 άνδρας statt φώτας und in Vers 110 τέλος έσται αφθιτον statt κρίσις έσται ύπ’ άφθίτου. ήξει [...] έξαλαπάξαι: Subjekt in der Vorlage ist ein Πέρσης (or. Sib. 5,93) als endzeitlicher Eroberer (vgl. G AUGER 508). Bei Laktanz muss sich der Leser den Antichrist als Handelnden denken. Offenbar soll die Belagerungs­ szenerie nur kurz angedeutet werden, im Mittelpunkt des Zitates steht der rettende gottgesandte König. μακάρων [...] πόλιν: Gedacht ist an einen Angriff auf Jerusalem (vgl. Sach 14,2; Dan 11,40-45). Durch die Verwendung des Zitates hier wird klar, dass in die Belagerung auf dem Berg bei Laktanz (17,10f.; 19,5) das Motiv des endzeitlichen Völkersturms auf den Berg Zion einfließt, siehe oben zu 17,10 a d m o tis. 18.7 καί . . . κακοιο: or. Sib. 3,652f. α π’ ήελίοιο θεός πέμψει: Der Sinn dieser Herkunftsangabe in der Vorlage ist umstritten (ägyptischer Königstitel; ,aus dem Osten ‘ im Sinn biblischer oder orientalischer Prophezeiungen, vgl. B u i t e n w e r f 272-275). Laktanz geht es um die Sendung durch Gott. 18.8 fcppaaGj* . . . βίαιους: or. Sib. 8,326-328, jedoch kennt Laktanz offen­ bar eine andere Version für Vers 326a als die direkte Überlieferung der O ra ­ cula S ib y llin a , die in den Handschriftengruppen ( G e f f c k e n XXI-XXIII) ΦΦ bietet: πράος πάσι φανείς ΐνα τοι ζυγόν δνπερ ύπήμεν, in Ω: πραύν πράος έξει ΐνα τό(ν) ζυγόν ήμών. Das Ende der ersten Vershälfte geben die Laktanzhandschriften als πραύς ιδού ήξει wieder, für das erste Metron bieten

489 aber weder sie noch die Konjekturen von R zach (bei B randt , vgl. I p. XCVI): δς ρά κε, und G effcken (163, nach Sach 9,9 ιδού ό βασιλεύς σου ερχεταί σοι [...] πραύς καί έπιβεβηκώς επί ύποζύγιον καί πώλον νέον): αυτός, eine überzeugende Lösung. Dass Theosoph. Sib. 13,346 und bei Sedulius der Versanfang fehlt, mag ein Indiz für ein frühes Verderbnis sein. Im drit­ ten Vers des Zitates (328) bieten die Handschriften der O ra cu la S ib y llin a λύση statt λύσει. 19,1 Oppresso igitur orbe terrae . . . : Nach der Testimoniensammlung im Kapitel 18 setzt Laktanz hier neu an. Dabei ist eine Besonderheit in der Gedankenführung festzuhalten: Die Situation, die Laktanz im Kapitel 19 voraussetzt, entspricht der 17,1-10 geschilderten: Die Gerechten ( in s ti 17,10; 19,2) sind von den weit überlegenen Truppen (17,10; 19,1) des gott­ losen Herrschers ( im p iu s 17,10; 19,6) auf einem Berg eingeschlossen (17,10; 19,5) und erflehen Gottes Hilfe (17,11; 19,2). Sein rettendes Eingreifen hin­ gegen, das Laktanz bereits 17,11 knapp geschildert und im Kapitel 18 mit Testimonien belegt hat, ist nun zunächst (19,1) wieder ausgeblendet und wird dann (19,2-9) ausführlich noch einmal geschildert. Doch ist diese Dop­ pelung durchaus beabsichtigt: Denn erst Kapitel 19 bringt die ausdrücklich christliche Ausdeutung des eschatologischen Heilshandelns Gottes, das im Mittelpunkt des siebten Buches steht. Noch Kapitel 17 gestaltet Laktanz so, dass die Darstellung der kommenden Ereignisse auch ohne christliches Verständnis nachvollzogen werden kann: Ein Gott hilft bedrängten From­ men, indem er einen m a g n u m regem (17,11) schickt. In immer weiterer Annäherung an die christliche Lehre sind die Zeugnisse im Kapitel 18 an­ geordnet: Zunächst ist vom Erbarmen und der Hilfe Jupiters (18,2), von der Entsendung des Gottessohnes (18,3-5) die Rede. Im Kapitel 19 folgt nun die christliche Ausdeutung: Beim Kommen dieses Retters handelt es sich um die Parusie, die die Christen für eine Osternacht erwarten (19,3f.), bei dem Retter selbst um den mit Macht wiederkommenden Christus (19,4L), bei seinem Gegenspieler um den Antichrist (19,6). Das für den eschatolo­ gischen Ablauf entscheidende rettende Eingreifen Gottes ist also bewusst und um der Darstellung willen doppelt geschildert. Damit scheiden quellenund literarkritische Erklärungen aus; erstere versucht C o lp e (H y s ta s p e s 1074b: 17,9-11 und 19,3-6 erzählen zweimal „dieselbe apokalyptische Epi­ sode“, einmal iranisch, einmal christlich), letztere NICHOLSON (P ro p h e c y 320-325: Kapitel 17 ist eine Dublette und nachträglich eingeschoben, um auf Zeitereignisse anzuspielen; siehe oben 9 Anm. 31) tyrannidem: Sonst bei Laktanz nur 5,6,6 für Jupiters Unrechtsregime am Ende des Goldenen Zeitalters. capto mundo [...] incubabit: Die Dativkonstruktion ist selten und spät, vgl. ThLL VII,1 1063,25ff.

K om m entar

diuino auxilio: Zur Formulierung vgl. mort. pers. 43,4; Cypr. Fort. 10 p r o m ittit a u x iliu m d iu in u m d e i s e r u is in p e rs e c u tio n ib u s n o n d e fu tu ru m .

19,2—7: D ie B esch reib u n g der W ied erk u n ft C h risti

Die Darstellung stimmt in den folgenden wichtigen Punkten mit dem Offb 19,11-21 geschilderten Sieg über das Tier und seinen Propheten überein (vgl. van R o o ij e n - D ijk m a n 126f.; F à b r e g a 134.): 1. Der Himmel ist geöffnet: § 2 a p e r ie tu r ca elu m m e d iu m und Offb 19,11 ειδον τον ουρανόν ήνεωγμένον. Dass Christus von dort herabkommt, wird bei Laktanz mehrfach gesagt ( d e s c e n d e r e ), in der Johannesof­ fenbarung ergibt es sich aus dem Kontext. 2. Christus führt eine himmlische Heeresmacht an: § 5 d u cem s a n c ta e m ilitia e [ ...] d e sc e n d e t c o m ita n tib u s a n g elis und Offb 19,14 τα στρα­ τεύματα εν τω ούρανω ήκολούθει αύτω. 3. Christus erscheint als Gerechtigkeit schaffender göttlicher Rächer (§4 iu d ex e t u lto r und bildlich Offb 19,15 πατεϊ την ληνόν τού οίνου τού θυ­ μού τής οργής τού θεού τού παντοκράτορος) und göttlicher König (§§ 3f. rex e t deu s und Offb 19,16 βασιλεύς βασιλέων καί κύριος κυρίων). 4. Die Stellung Christi wird durch ein Schwert und eine Flammener­ scheinung unterstrichen: Bei Laktanz fällt das Schwert vom Himmel, die Flamme geht ihm voraus (§ 5), in der Johannesoffenbarung flam­ men Christi Augen wie Feuer (Offb 19,12) und ein Schwert kommt aus seinem Mund (Offb 19,15). 5. In blutigem Kampf besiegt Christus den Antichrist (§§ 5f. und Offb 19,13.18-21). 6. Im Zusammenhang mit der Niederlage des Antichrist werden auch tyrannische Herrscher bestraft (§ 7 und Offb 19,18 ινα φάγητε σάρκας βασιλέων καί σάρκας χιλιάρχων καί σάρκας ισχυρών mit 19,21 καί οί λοιποί άπεκτάνθησαν). 7. Es wird zurückgeblickt auf die versuchte Verführung der Menschen durch den Antichrist (§ 6 se ip se C h ristu m m e n tie tu r ) beziehungs­ weise den falschen Propheten (Offb 19,20). 8. Auf den Sieg folgen die Fesselung des Teufels und die Errichtung des Tausendjährigen Reichs (20,8f.; 24,2ff. und Offb 20,1-6).1 Zwar wird die Parusie Christi öfter in der früchristlichen Literatur so ge­ schildert wie hier: Christus kommt, oft von kosmischen Zeichen begleitet, vom Himmel her und wird von einer Engelsmacht begleitet.2 Aber die Stel­ lung in einer chiliastischen Gesamtstruktur und die deutlich ausgeführte 1 Laktanz folgt an sich genau dem weiteren Ablauf Offb 20,Iff., baut aber die Auf­ erweckung derer, die am Tausendjährigen Reich teilhaben sollen, zu einer breiten Darstellung des Endgerichts aus (siehe unten zu 20,5f.). 2 So insbesondere Mt 24,19-31 parr.; ferner 2 Thess 1,6-10; vgl. Apg 17,31; 1 Kor 15,25-27; 1 Thess 1,10; 4,16f.; T it 2,13; Justin. 1 apol. 52,3; vgl. J.T . C a r r o l l ,

19,2

491

Schlachtmotivik weist auf Offb 19,11-21 als Vorlage. Dieser gegenüber hin­ zugefügt sind der Dunkel-Licht-Gegensatz (§§ 2f.), der auf die Ausgestal­ tung der Parusie mit Blitzerscheinungen wie Mt 24,27 zurückgeht, aber auch die Symbolik der Osternacht aufgreift (siehe unten zu § 2 lu m e n ... und zu § 3 d u plex ra tio . . . ) , und die Christus voranschreitende Flamme (§5, siehe unten zu d e s c e n d e t . . . , die Details der Schlacht (§5 Beginn zur dritten Stunde, §§ 5f. dreimaliges Entkommen des Antichrist, Gefangen­ nahme in der vierten Schlacht), die vielleicht dramaturgisch oder realistisch zu erklären sind (siehe unten zu § 5 ab h ora ... und § 6 q u a rto p r o e lio ), zudem aus offensichtlich redaktionellen Erwägungen der Rückbezug auf die Belagerungssituation (§ 5) und die Erläuterungen über Christus (§ 4). Ähnlich wie schon 17,1-12 erscheint hier statt des Tieres und des falschen Propheten nur der Antichrist. Offenbar in entsprechender Tendenz, die Darstellung zu vereinfachen und Anstöße oder Unverständliches zu ver­ meiden (siehe auch oben zu 17,1-8). sind Elemente der apokalyptischbildhaften Ausgestaltung weggelassen, nämlich Christus auf dem Pferd (Offb 19,11) mit Diademen (Offb 19,12) und blutgetränktem (Offb 19,13), beschriftetem (Offb 19,16) Gewand, der Engel und seine Aufforderung zur Anthropophagie (Offb 19,17f.), der See von Schwefel (Offb 19,20) und die Tötung der Verbündeten des Antichrist (Offb 19,21). 19,2 p e r ic u lo a n c ip iti: Die vor allem in der Geschichtsschreibung ge­

bräuchliche Junktur (ThLL X,1 1467,71f.) bezeichnet hier wie Veil. 2,2,3; Plin. nat. 9,152; Tac. ann. 4,59,1 (vgl. ThLL II 25,32ff.) den unmittel­ bar drohenden Untergang oder aber die von zwei Seiten drohende Gefahr (Sali. lug. 38,5; Nep. Them. 3,3; Curt. 7,7,7; Apul. met. 4,11,1; vgl. ThLL II 24,10fr.)· lib e r a to r e m : Bei Laktanz nur für den wiederkehrenden Christus hier wie 19,4; epit. 66,1; vgl. ThLL VII,2 1300,81ff. a p e r ie tu r c a e lu m m e d iu m : Das Offnen des Himmels nach Offb 19,11; die Formulierung vielleicht nach Verg. Aen. 9,20 m e d iu m u ideo d isc e d e ­ re ca elu m (Sen. nat. 7,20,3 als angemessenes Zitat beim Auftreten einer

ungewöhnlichen Erscheinung am Himmel). in te m p e s ta ac te n e b r o s a n o c te : Die feste Junktur in te m p e s ta n o x be­

zeichnet nach Varro ling. 6,7 die tiefe Nacht in te r u e sp e ru g in e m e t iu b a r (vgl. ThLL VII,1 2110,38fr.). Vom Kommen Christi q u a si in te m p e s ta n o c ­ te (Mt 25,6 μέσης δέ νυκτός) spricht Hier, in Matth. 25,6 1. 734, der, wie Laktanz, eine Parusieerwartung in der Osternacht kennt (siehe unten zu The R eturn of Jesus in Early Christianity, Peabody/M assachusetts 2000; O.D. V e n a , The Parousia and its Rereadings, B ern/F rankfurt 2001. - Zum Kommen der Messiasgestalt in der jüdischen Apokalyptik V olz 208f.

492

K o m m e n ta r

19.3

d u p lex r a tio ). Vgl. Verg. georg. e t o b te n ta d e n s e n tu r n o c te te n e b ra e .

l,247f.

in te m p e s ta s ile t n o x / s e m p e r

lu m en d escen d en tis dei ta m q u a m fulgur a p p a re a t: Mt 24,27 und Lk 17,24 wird das Kommen des Menschensohnes mit einem Blitz verglichen; zur Symbolik des Übergangs vom Licht zum Dunkel siehe aber auch unten zu 19,3 d u p lex ra tio ... ; d e sc e n d e re für die Parusie Christi wie 19,4.5; epit. 67,1; sonst eher für die Menschwerdung 4,10,1; 4,16,1; epit 38,8 (vgl. B l a i s e s . v . 2; ThLL V,1 642,46ff.). Während im vorhergehenden Satz Gott Vater mit d eu s bezeichnet war, ist es nun Christus (siehe unten zu 19,3 regis ac d e i).

δπποταν . . . μελαίνη: Fragment 6 G e f f c k e n aus den O ra cu la S ib y lli­ n a , auch Theosoph. Sib. 12. Anders als 18,6-8 geht es Laktanz bei den Sibyllenworten hier nicht mehr um das Kommen des Retters, das knapp vorausgesetzt wird, sondern um das aufstrahlende Licht in der Dunkelheit. Diesen Begleitumstand der Parusie deutet er dann (§3) auf die Osternacht hin aus. S t a d t m ü l l e r s (bei B r a n d t ) Konjektur ψολόεν τι für σκοτόεντι ist unnötig: Die Verwendung als zweiendiges Adjektiv ist denkbar (Belege aus or. Sib. bei G e f f c k e n 233 z. St.). Außerdem wird σκοτόεντι durch die Parallelüberlieferung Theosoph. Sib. 12,326 und durch te n e b ro sa in der vorausgehende Paraphrase gestützt. Die Ergänzung μέση (τ’ ) ένί νυκτί (vgl. K u r f e s s O ra cu la 103; v a n R o o i j e n - D i j k m a n 126; E r b s e F rag­ m e n ta 82; T h e o so p h ien 43) ist weder zur Vermeidung des Hiats (nach der Hephthemimeres und nach -η nicht unüblich in den O ra cu la S ib y llin a , vgl. N i e t o I b ä n e z 90-94) nötig, noch erscheint eine Verbindung von σκοτόεντι und μέση semantisch nahe liegend. 19.3 haec est nox quae: In hierzu paralleler Anapher 19,4 h ic e s t e n im lib e ra to r [ ...] qu em n o s C h ristu m u o ca m u s [ ...] und 19,6 h ic e s t a u te m qui a p p e lla tu r A n tic h r is tu s . Dieselbe Struktur (prädikatives h ie am Satz­ anfang, meist christlicher Schlüsselbegriff, darauf bezogener Relativsatz) auch 14,8 (d ie s s a b b a ti ); 26,8; 4,14,2; 6,2,13; 6,11,13; 6,21,10 etc.; vgl. M o ­ n a t B ib le I 236. a d u e n tu m : Siehe oben zu 1,24

u t in q u a rto . . .

regis ac dei: Diese beiden christologischen Titel verbindet Laktanz hier, 19.4 ( e t rex e t d e u s) und 20,1, jeweils für den machtvoll wiederkehrenden Christus; rex für diesen auch 17,11; 4,12,21; 4,14,20; epit. 67,3 (vgl. oben zu 17,11 regem m a g n u m ; Loi L a tta n z io 231), d eu s 19,2; 20,1 (Loi L a tta n z io 228). a nobis: Mit den Pronomina der ersten Person Plural bezeichnet Lak­ tanz öfter die Christen (meist im Hinblick auf die Lehre, so etwa 1,11; 7,4.9.11.13; 8,10 etc.; zur Gebetspraxis 25,8), daneben sich selbst als Au-

493

19,3

tor (so etwa 1,1.4.26; 5,27 add. 7; 7,4 etc.) oder die Menschen insgesamt (etwa 3,18; 5,17f.; 5,21; 6,4 etc.). peruigilio: Gemeint ist die Ostervigil (vgl. Cone. Hisp. a. 369B; Hier, vir. ill. 76,3; Cypr. Gall. iud. 61f.) ; nur hier bei Laktanz, vorher christlich Tert. bapt. 20,1 für Gebets wachen in der Taufvorbereitung (vgl. ThLL X.l 1874,61ff.). c e le b ra tu r: Im liturgischen (ThLL III 743,33ff. pagan; 75ff. christlich) Sinn nur hier (vgl. aber mort. pers. 52,4) christlich bei Laktanz, für das jüdische Paschafest 4,26,40, sonst für paganen Kult (z.B. 1,17,7; 1,21,2). d u p lex ra tio . . . re c e p tu ru s est: Laktanz spricht von einem ,doppelten Sinngehalt/ ( d u p lex r a tio )3 der Osternacht als Termin sowohl der Auferste­ hung Christi als auch seiner Wiederkunft. Dieser Deutung der Osternacht­ feier entsprechend hat Laktanz die betonte Symbolik des Übergangs vom Dunkel zum Licht, die allgemein in der Auferstehungsfeier der Osternacht eine besondere Rolle spielt,4 für die Parusie als Lichterscheinung inmit­ ten der dunklen Nacht betont.5* Die sprachliche Gestaltung spiegelt das Nebeneinander dieser beiden unterschiedlichen Aspekte wider: et

X

1 et

tu m

u ita m

postea

recepit

cu m passu s est

1 re g n u m orbis te r r a e

recepturus est

Die feste Erwartung der Parusie für die Osternacht ist eine Sondertraditi­ on, die Laktanz aber anscheinend aus Liturgie oder Katechese, das heißt wohl: aus seiner Gemeinde, kennt ( a n o b is [ ...] c e le b r a tu r ).7 Denn die älte­ ren Zeugnisse für eine Parusieerwartung, die terminlich mit dem Osterfest verknüpft ist, sind spärlich8; Laktanz belegt diese erstmals ausdrücklich für die Osternacht. Spätere Zeugnisse finden sich insbesondere bei Hierony3 Wie 2,6,1, in rhetorischer Prosa üblich, vgl. ThLL V,1 2264,39ff. 4 Vgl. K. B a u s , HKG(J) I 312L; M. K l ö c k e n e r , , Ostern IP, LThK 7 (1998) 1177L; W a l l r a f f 113-115. 5 Das Sibyllenzitat ist entsprechend gewählter Beleg, nicht Quelle ( s o B o u s s e t 1 5 8 ) . 7 Zur W iedergabe von Innerchristlichem bei Laktanz S p e i g l 1 9 . 8 Ein möglicherweise aus einer judenchristlichen Apokryphe des zweiten Jah rh u n ­ derts stam m endes Fragment, zitiert in den so genannten ,keltischen K atechesen‘ des Cod. Vat. Reg. Lat. 49, einer bretonischen Handschrift des 10. Jh d t.s (vgl. A. W i l m a r t , A nalecta Reginensia. E xtraits des m anuscrits latins de la reine Christine conservés au Vatican, C ittà del Vaticano 1933, 29-34; Text und Kom m entar bei A .F.J. K l i j n , Jew ish-C hristian Gospel Tradition, Leiden 1992, 131-133; zur Be­ deutung S t r o b e l 42 Anm. 3), bezeugt eine Parusieerw artung für die Woche nach Ostern: Isti V ili dies pascae in quo resurrexit Christus filius dei significant V ili dies postremi pascae in quo iudicabitur totum semen Adae. Tert. bapt. 19,2 setzt nach H u b e r 219f. eine solche für den Festtag selbst voraus.

494

K o m m e n ta r

mus, der von einer tr a d itio a p o sto lic a spricht,9 und ausdrücklich bei Isidor von Sevilla, der allerdings wörtlich von Laktanz abhängt10. Die Parusieerwartung für die Osternacht weist insbesondere auf die Quartadezimaner, die in betonter Anknüpfung an die Tradition des jüdischen Paschafestes nicht nur Ostern am 14./15. Nisan, in der Nacht des Paschafestes, feiern, sondern auch das erwartete Kommen des Messias, das auch das spätere Ju­ dentum mit dem Pascha verbindet, in den Mittelpunkt stellen.11 Vor allem L oi12 arbeitet die quartadezimanische Prägung im Osterverständnis des Laktanz heraus, geht aber davon aus, dass diese Prägung bei Laktanz auf spezifische Einflüsse einer bereits durch Irenäus von Lyon aus Kleinasien in den Westen vermittelten quartadezimanischen Tradition zurückgingen. Er verbindet dies mit der Annahme, dass das vierte Buch, in dem sich dieses Osterverständnis am deutlichsten abzeichne, in Gallien, näherhin in Trier entstanden sei.13 Trotz mancher Unklarheiten steht aber fest, dass Kleinasien Zentrum und Ausgangspunkt quartadezimanischen Denkens ist und dass dieses wohl bis ins vierte Jahrhundert lebendig bleibt.14 Die Er9 Hier, in M atth. 25,6 1. 742 Unde reor et traditionem apostolicam permansisse ut die

uigiliarum paschae ante noctis dimidium populos dimittere non liceat exspectan­ tes aduentum Christi et postquam illud tempus transierit, securitate praesumpta, festum cunctis agentibus diem. Siehe oben zu 19,2 intempesta ac tenebrosa nocte ;

10

11 12 13

14

vgl. H u b e r 221; S t r o b e l 43f.; als Nachklang in Kirchenordnungen des vierten und fünften Jahrhunderts, so in den Canones Hippolyti 38 und im Testamentum Domini 2,9; dazu im Einzelnen H u b e r 221-223; S t r o b e l 36; H. A u f d e r M a u r , Feiern im Rhythm us der Zeit I. Herrenfeste in Woche und Jahr, Regensburg 1983, 70-83; Zusammenstellung der Quellentexte bei R. C a n t a l a m e s s a , Ostern in der Alten Kirche, Bern 1981 (Original: La Pasqua nella Chiesa antica, Torino 1978). Isid. orig. 6,17,12 (zu Joh 13,1); zur Benutzung des Laktanz durch Isidor B r a n d t II 271-273. Es ist allerdings zu fragen, ob Isidor den L aktanztext ohne eigene Kenntnis einer solchen liturgischen Tradition wiedergegeben hätte, zumal er die Koinzidenz von geschehener Auferstehung und erw arteter Parusie noch ausdrücklich (eadem hora, qua) betont. Vgl. H u b e r 220L; S t r o b e l 29-36; G. V i s o n à , ,O stern/O sterfest/O sterpredigt Γ, T R E 25 (1995) 517-530, hier 517-520. Zu 19,3 knapp Lattanzio 248 Anm. 59 und 198 Anm. 154; ausführlich Libro quarto 63-65.78; Tipologia 193-195. Freilich verweist zum einen das von Laktanz angegebene D atum der Kreuzigung am 23. April (4,14,11), das Loi als H auptindiz heranzieht, keineswegs zwingend nach Gallien (dazu N ic h o l s o n Dates 304f. mit weiterer Literatur; zur Proble­ m atik dieses , geographischen4 Erklärungsm odells schon J. F o n t a i n e , Gnomon 44 [1972] 511-514, in seiner Rezension zu Loi Lattanzio ), zum anderen bleibt für ei­ ne Abfassung der Diuinae institutiones in Gallien auch kein Raum , da die erste Auflage des Werkes vor 311 fertig gestellt ist ( H ec k Zusätze 201), als Laktanz sich aber noch in Nikomedien befand (mort. pers. 35,lf. mit H eck Zusätze 144 Anm. 31). Überblick über die wichtigsten Quellen (v.a. Eus. h.e. 5,23-25) und Forschungsfra­ gen H. A uf d e r M a u r , Die Osterfeier in der Alten Kirche, M ünster 2003, 41-49, v.a. 48f.: Möglicherweise verschwindet die quartadezim anische Praxis in Kleinasien zwar schon in der ersten Hälfte des d ritten Jahrhunderts ( H u b e r 85). F ür Gallien

19,4 - 19,5

495

Wartung der Parusie für die Osternacht ist also vielmehr ein Indiz für die Abfassung des siebten Buches in Nikomedien oder Umgebung. 1 9 .4 lib e r a to r: Siehe oben zu 19,2 lib era to rem . iu d ex : Nach breiter neutestamentlicher Tradition (Apg 10,42; Röm 2,16; 2

Kor 5,10; 2 Tim 4,1.8; 1 Petr 4,5; Offb 19,11) ist der wiederkehrende Chri­ stus endzeitlicher Richter (21,7; vgl. 20,1; 24,1.2). In nicht spezifisch eschatologischem Zusammenhang erscheint aber auch Gott (Vater) als Richter, siehe unten zu 27,2 a e q u issim u m iu d ic e m \ vgl. ThLL VII,2 601,29ff. u lto r: Über den richtenden Christus bei Laktanz nur hier, üblicherweise

eher für den alttestamentlichen Gott, vgl. B r a u n 117; Gott als Rächer der Christenverfolgung Cypr. Fort. 12; epist. 59,4,1. Trotz der ira 17,14f.l7 getroffenen Unterscheidung zwischen gerechter u in d ic ta und ungerechter u ltio erscheint letztere oft bei Laktanz als Tun Gottes (vgl. etwa 5,23,1-5; I n g r e m e a u C o lere 337). r e x e t d eu s: Siehe oben zu 19,3 regis ac dei. C h r istu m : Den Namen Christi erwähnt Laktanz in den D iu in a e in s titu ­

außerhalb des vierten Buches nur hier, 19,6 und 5,3,4.9f. (Inhalts­ zusammenfassung der antichristlichen Propaganda). tio n e s

p r iu sq u a m d e sc e n d a t: Siehe oben zu 12,29 p r iu s q u a m d isso lu a tu r. 19.5 c a d e t r e p e n te g la d iu s e caelo: Wohl nach or. Sib. 3,672f.: feurige

Schwerter fallen vom Himmel, ehe die Vernichtung der Gottesfeinde be­ ginnt; or. Sib. 3,798f. werden Schwerter am Himmel (vgl. Joseph, bell. lud. 6,288), 4,174 Schwerterklirren als Endzeitzeichen genannt (unwahrschein­ lich ist F l u s s e r s , 52-55, Herleitung aus einer spätjüdischen Tradition). Vielleicht spricht er bewusst nur von e in e m Schwert, um den Blick auf den e in e n Kampf zwischen Christus und dem Antichrist zu richten. d u x s a n c ta e m ilitia e : Diese Junktur anscheinend nur hier; du x m ili­

ist ein in der paganen Latinität seltener Ausdruck (Hör. carm. 2,7,2). Die spätere christliche Literatur nennt Christus öfter dux m ilitia e ca e le ­ s tis (Ambr. in Luc. 1,14; 5,27; psalm. 43,12,4; Rufin. hist. 1,2,3; Quodv. prom. 5,13; die Junktur s a n c ta m ilitia ist selten: Apul. met. 11,15,5 im Zusammenhang mit dem Isis-Kult, vgl. W l o s o k G n o sis 186L; Römischer Religions- und Gottesbegriff, in: A&A 16 [1970] 39-53, hier 48, auch: R e s 27f.; Aug. op. monach. 22,26). In ähnlichem Sinn erscheint Christus 4,14,7 als p r in c e p s a n g e lo ru m , vgl. J.A. M c G u c k i n , Lactantius as Theologian: tia e

aber unter Bischof Irenaus von Lyon (f um 200) bezeugt Eus. h.e. 5,23,3f. eine Ablehnung der quartadezim anischen Auffassungen. Zu deren Fortdauer bis zum Konzil von Nizäa Eus. v.C. 3,18,2.6; K. B a u s , HKG(J) I 31 lf .; vgl. B. L o h s e , Das Passafest der Q uartadezim aner, Gütersloh 1953, 127f.

496

K o m m e n ta r

An Angelic Christology on the Eve of Nicea, RSLR 22 (1986) 492-497, v.a. 495f. Hier könnte sich die Bezeichnung aus dem Offb 19,11.14 vorgegebe­ nen Sachverhalt (Christus auf einem Pferd an der Spitze des Himmelshee­ res) ergeben. Tieferer Hintergrund ist aber wohl die verbreitete christliche Deutung der Umbenennung der Anführer- und Befreiergestalt Hoschea in Josua (LXX Ιησούς) Num 13,17 als Präfiguration des Erlösungshandelns Jesu Christi (etwa Barn. 12,8; Clem. paed. 1,60,3; Just. dial. 113,1; Tert. adv. Marc. 3,16,3-6; als dux c a e le stis m ilitia e Ambr. in psalm. 39,9,1; virg. 1,8,51; fid. 5,10,127 d u cem m ilitia e c a e le stis = Vet. Lat. los. 5,14 etc.), dazu Laktanz 4,17,12: qui cu m p r im u m A u s e s u o ca retu r, M o y s e s fu tu ra p r a e s e n tie n s iu s s it eu m Ie s u m u ocari, u t q u o n ia m d u x m i l i t i a e d electu s e s s e t a d u e rsu s A m a le c h [ ...] e t a d u e r s a r iu m d e b e lla re t p e r n o m in is fig u ra m e t p o p u lu m in te r r a m p r o m is s io n is in d u c ere t. Dementsprechend wird auch

Josuas Aussage Jos 15,14 LXX εγώ αρχιστράτηγος (Vet. Lat. [Cypr. testim. 2,19] d u x ) δυνάμεως κυρίου christologisch gedeutet (Justin, dial. 34,2; 61,1; Clem. paed. 1,65,3; Cypr. testim. 2,19), daher wohl Laktanz 4,2,5 s ta tu ­ e ra t [ ...] deu s a d p ro p in q u a n te u ltim o te m p o re d u c e m m itte r e (vgl. Loi L a tta n z io 214f.). Schon die jüdische

m a g n u m c a e litu s

Eschatologie kennt die Vorstellung, dass der Messias als Anführer eines siegreichen Endzeit­ kampf wiederkehren werde, vgl. M. H e n g e l , Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr., Leiden/Köln 19762, 281; V o l z 212-215. d e s c e n d e t . . . fla m m a in e x tin g u ib ilis : Das Kommen mit Engelsmacht

gehört zur Topik der Parusieschilderungen (hier nach Offb 19,1 Iff.; aber beispielsweise auch 2 Thess 1,7; vgl. Jes 63,19; Sach 14,5). Die Christus vorausgehende Flamme ist ungewöhnlich; die Apokalyptik kennt zwar das Motiv eines alle Frevler vernichtenden endzeitlichen Gerichtsfeuers (Dan 7,14; B o u s s e t 159-165), bei Laktanz aber kann die unauslöschliche Flaru­ n t an dieser Stelle der Darstellung keine unmittelbar zerstörerische Wir­ kung haben, gehört allerdings zur Topik des endzeitlich Kommenden, so etwa Ps 18,9; Dan 7,10; Tert. adv. Marc. 4,29,12; vgl. die flammenden Au­ gen Dan 10,6; Hen(sl) 1,5; Offb 1,14 und 19,12 ώς φλόξ πυρός, 2,18; das stark altt est ament lieh beeinflusste (vgl. P. K a t z , Έν πυρί φλογός, ZNTW 46 [1955] 133-138, v.a. 135) 1 Thess 1,8 έν πυρί φλογός. Insbeondere ent­ spricht a n te c e d e t eu m fla m m a Ps 97(LXX 96),3 πυρ εναντίον αυτού προπορεύσεται (zitiert Tert. adv. Marc. 4,29,12 ig n is a n te ip s u m p ro c e d e t] pudic. 2,7). In e x tin g u ib ilis , nur hier bei Laktanz, lässt an Gericht und Höllenfeuer (dafür häufig, vgl. ThLL VII,1 1333,56ff.) denken; wie 2 Thess l,8f. leitet die Erwähnung der Flamme zur ewigen Verdammnis für die Frevler über. u ir tu s a n g e lo r u m : Vgl. 2 Thess 1,7 μετ’ αγγέλων δυνάμεως αυτού, Vet.

Lat. (Tert. adv. Marc. 5,16,1)

cu m a n g elis u ir tu tis su a e.

4,14,17 ist Christus

19,5 als p r in c e p s oben zu 5,9

a n g e lo ru m a n g e lo s.

bezeichnet (vgl. Loi

497 L a tta n z io

215). Siehe auch

tr a d e t in m a n u s iu sto r u m : Die Heerscharen des Antichrist werden von

den belagerten Frommen selbst niedergemacht: Zunächst kämpfen also Menschen gegen Menschen, die ehemals Bedrängten siegen über ihre Ver­ folger; dann (19,6) Christus gegen den Antichrist. Hinter dem Ausdruck in m a n u s tra d e re (ab Tert. earn. 2,2; hauptsächlich in der christlichen Latinität) steht die biblische Vorstellung, dass Gott einen Gegner in die Hände der Seinen gibt (etwa Dtn 2,30; Jos 24,11; Ps. Philo antiq. 30,7; umge­ kehrt, von Christus Mt 17,21 parr.; 26,45 parr.; danach Lact. inst. 4,10,1). Ebenso formuliert Laktanz die Rache an den Verfolgern (dazu grundsätz­ lich H e c k G o tte s v e r ä c h te r 186-228) 26,12 (an Konstantin) m a lo s [ ...] in m a n u s tu a s id e m d eu s t r a d i d i t ; mort. pers. 3,2 (über Domitian) tr a d itu s in m a n u s in im ic o r u m lu it p o e n a s.

m u ltitu d in e m . . .

c ir c u m s e d e r it: Rückbezug auf die 17,10f. geschil­

derte Belagerungssituation, m u ltitu d o illa meint die 17,10 zusammenge­ zogene Heeresmacht. Zwischen resultativ-vorzeitigem c ir c u m s e d e r it (HM, ,sich zur Belagerung des Berges festgesetzt h at‘, vgl. ThLL III 1165,8f.; zwar die Lectio difficilior, doch bieten HM vielerorts eigenwillige Lesarten) und gleichzeitigem c ir c u m se d e b it (DPKS, ,belagern wird‘, vgl. Liv. 35,3,1; Tac. ann. 1,57,1: Imperfekt) ist keine sichere Entscheidung möglich. ab h o ra t e r tia u sq u e in u e sp e r u m : Schlachten beginnen zur dritten

Stunde nach Liv. 8,38,10; 27,2,7 ( a d n o c te m ); 35,1,4. Zum nachklassischen usque in u e sp e ru m vgl. Colum. 1,6,2; ThLL VII,1 753,3ff. Ein symbolischapokalyptischer Hintergrund der Zeitangabe könnte vielleicht in der Kreu­ zigung Jesu zur dritten Stunde nach Mk 15,25 (zu den abweichenden An­ gaben der anderen Evangelien J. G n i l k a , Das Evangelium nach Markus, EKK II/2, Solothurn/Düsseldorf 19944, 317) und der Kreuzabnahme am Abend (Mk 15,42) zu suchen sein. Nach Offb 12,11; 1 Kor 15,57 (vgl. A u n e II 702f.) ermöglicht der Kreuzestod Christi den eschatologischen Sieg der Gerechten. Zum Tod am Kreuz als siegreichem Kampf bestimmter Dauer Cypr. domin. orat. 34 e t d o m in u s h ora se x ta cru cifix u s a d n o n a m p ecca ­ ta n o stra sa n g u in e suo a b lu it e t u t re d im e re e t u iu ifica re n o s p o s s e t, tu n c u ic to r ia m su a m p a s s io n e p e rfe c it. Jedenfalls deutet die Apokalyptik öfter

an, dass dem endzeitlichen Geschehen eine vorgegebene Chronologie inne­ wohnt, vgl. Dan 7,12; 4 Es 4,36f.42; 13,58, dazu W. S c h e n k , Der Passi­ onsbericht nach Markus. Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Passionstraditionen, Gütersloh 1974, 37-39. Eine genauere Schilderung der Kampfereignisse gibt Laktanz 19,6, siehe unten zu 19,6 se ip se . . . flu e t sa n g u is m o re to r r e n tis: Vgl. or. Sib. 3,683f. ρεύσουσι δε πέτραι /

αιματι καί πεδίον πληρώσει πάσα χαράδρα. 3,320-322.696; 5,372; 8,349; zum

K o m m e n ta r

Bild des Sturzbaches (auch epit. 67,1) etwa Lucan. 7,635-637; Stat. Theb. 5,252f.; Sil. 13,566; Arnob. nat. 3,26; 4,4; zum häufigen sa n g u is f lu it ThLL VI,1 970,24ff. d eletis om nibus copiis im pius solus effugiet: Die Entsprechung zu 17,11 (in s ti [ ...] f u g i e n t [ ...]. [ ...] i m p i u s in fla m m a tu s ira u e n ie t cu m e x e rc itu m a g n o e t a d m o t is o m n i b u s c o p i i s c ir c u m d a b it m o n te m /.../.) illustriert den Vollzug der Rache. p e rib it ab eo: ,Wird von ihm weichen^, vgl. ThLL X,1 1337,70ff. (und nicht Passiv zu p e r d e r e , vgl. KS I 99L). 19,6 A n tic h ris tu s:15 ’Αντίχριστος (lateinisch A n tic h r is tu s , vgl. ThLL II 166,67-82; bei Laktanz auch mort. pers. 2,8) erscheint erstmals in den Jo­ hannesbriefen für einen (1 Joh 2,22; 4,3; 2 Joh 7) oder mehrere (1 Joh 2,18) Widersacher Christi, die den Lesern offenbar bekannt und vom Teu­ fel (διάβολος) unterschieden (1 Joh 3,8.10) sind. Generell bezeichnet der Begriff einen Gegner oder einen trügerischen Nachahmer Christi in eschatologischem Zusammenhang. Das Motiv ist jüdischen Ursprungs, eine besondere Rolle spielen der falsche Prophet (Dtn 13,2-6) und der sich göttliche Verehrung anmaßende Gewaltherrscher (Antiochos IV. Epipha­ nes im Buch Daniel).16 Der ,Antichrist‘ (auch Polyc. ep. 1,7) steht aber zunächst17 neben Figuren wie dem ψευδόχριστος (Mk 13,22; Mt 24,24), dem άνθρωπος τής ανομίας (2 Thess 2,3.8.9; Justin, dial. 32,3f.; 110,2), falschen Lehrern (2 Petr 2,1), dem κοσμοπλάνης (Did. 16,4), aber auch apokalypti­ schen Erscheinungen wie dem wiederkehrenden Nero (als ,Beliar‘ etwa or. Sib. 3,63-74; vgl. Asels 4,1-7)18. In der Johannesoffenbarung erscheinen neben anderen Widersacherfiguren19 insbesondere auch die beiden , Tiere ‘ (Offb 13,1-18) mit Zügen des Antichrist20. Ein umfassendes Bild vom end­ zeitlichen21 Antichrist, in dem die übrigen Widersachergestalten aufgehen, 15 Nach B o u s s e t s grundlegender M aterialsam m lung und neben S b a f f o n i s Zusam­ menstellung der Quellentexte vgl. A. A r r i g h i n i , L ’Anticristo nelle sacre scrit­ ture, nella storia, nella letteratu ra, Genova 19882, 9-35; J e n k s 1-24; F. S b a f f o n i , L ’Anticristo nel pensiero del cristianesimo antico, in: Μ. N al d in i (Hrsg.), La fine dei tem pi, Fiesole 1994, 24-49; L ietaer t P e e r b o l t e 4-15; A u n e II 751-755; M c ­ G inn 9-78; G.W. L o r e i n , The Antichrist Theme in the Intertestam ental Period, London/N ew York 2003; B a d i l i t a . 16 Vgl. A u n e II 753; J e n k s 169-192; L ie tae rt P e e b o l t e 224-343. 17 Vgl. J e n k s 117-366; L ie tae rt P e e r b o l t e 23-220. 18 Vgl. J e n k s 257-259; L ie tae rt P e e r b o l t e 146 Anm. 4; 331-335. 19 Beispielsweise falsche Apostel (Offb 2,2), falsche Propheten (Offb 16,13; 19,20; 20,10) oder ein Drache (Offb 12,1-8). 20 Vgl. Tert. resurr. 25,1; Victorin. Poetov. in apoc. 11,4; G ie se n 311; A. S t r o b e l , θηρίον, EW N T 2 (19922) 367-369, hier 3b; A u n e II 751-755; P r i g e n t 397-400. 21 Mit Recht stellt S b a f f o n i (I 15f.) der Vorstellung vom eschatologischen Antichrist diejenige gegenüber, gemäß derer der Antichrist als treibende Kraft hinter dem

19,6

499

bieten dann Irenaus (haer. 5,25-30) und Hippolyt ( D e a n tic h r is to ):*22 Der Antichrist handelt im Auftrag des Teufels; er ist böse und hochmütig; er täuscht und verführt durch Wunder, um für sich göttliche Verehrung zu erlangen; er bemächtigt sich der Weltherrschaft; zwei Zeugen Gottes treten gegen ihn auf; der Antichrist verfolgt die Gottestreuen; Christus kommt vom Himmel und vernichtet den Antichrist.23 Diese Züge trägt auch der Antichrist des Laktanz. Doch fallen bei ihm zwei Dinge auf, zum einen die narrative, nicht deskriptive Darstellungsweise,24, zum anderen folgende in­ haltliche Besonderheiten: 1. Das Verhältnis zwischen Teufel und Antichrist bleibt unklar.25 2. Laktanz unterscheidet vom eigentlichen Antichrist eine vorher kom­ mende Tyrannengestalt (siehe oben zu 16,3 h o s tis ... ), die den Un­ tergang des römischen Reiches herbeiführt (siehe oben zu 16,1-4) und die Endzeitkatastrophen anzustoßen scheint (siehe oben zu 16,5-14). 3. Bei Laktanz geht der Auftritt e in e s Propheten (siehe oben zu 17,1 p r o p h e ta m a g n u s ) der Herrschaft des Antichrist voraus.26 4. Während der Antichrist des Hippolyt (antichr. 5, vgl. H eid 203-207) den Juden die Sammlung in ihrem Land verspricht und „irgendwie jüdischen Charakter trägt“ (H eid 225), kommen die Juden oder Je­ rusalem (Iren. haer. 5,25,2) als Sitz des Antichrist bei Laktanz nicht ausdrücklich vor.27 5. Laktanz ergänzt das Ende des Antichrist durch den Völkersturm auf den Berg Zion (siehe oben zu 17,10 a d m o tis ... ). 6. Laktanz schildert ausführlich die Niederlage des Antichrist (siehe unten zu q u a rto p r o e lio ) und das Gericht über ihn. Die Quellen für die Antichristdarstellung des Laktanz lassen sich nicht isolieren. Anscheinend ist einschlägiges Gut aus der Johannesoffenbarung (v.a. Kapitel 11, 13 und 19, siehe oben zu 17,1-8 und 19,2-7) dem ver­ breiteten Antichrist-Schema angeglichen, ergänzt und im Hinblick auf den paganen Leser geglättet.

22 23 24

25 26

27

gegenwärtigen Tun falscher Lehrer und Häretiker erscheint, so etwa Iren. haer. 1,13,1; Tert. adv. Marc. 5,16,4-7; praescr. 4,2-5; Cypr. epist. 59,3. Zusammenstellung der wichtigsten weiteren Quellentexte bei S b a f f o n i , Auflistung der Belege bei B adilit a 521-532. Insbesondere J e n k s 49-98; vgl. B o u s s e t 76-169; S b a f f o n i I 13-15; M c G inn 5764. Vgl. G.A. B e n r a t h , ,Antichrist ΙΙΓ, T R E 3 (1978) 25; S b a f f o n i II 169f.; jetzt auch B ad ilita (324-343), der zwar über eine Paraphrase der einschlägigen Texte kaum hinauskomm t, aber in seiner ausführlichen G esam tdarstellung den Vergleich ermöglicht. Siehe oben zu 17,2 alter rex . . . ; zum Bruch bei der Einführung des Teufels siehe unten zu 24,5 princeps daemonum. Anders etwa Hipp, antichr. 4 6 , 3 f . ; v g l . J e n k s 9 3 - 9 5 . H eid 227f. Siehe aber oben zu 17,2 alter rex . . .

K o m m e n ta r

se ipse . . . lu a t poenas: Mit fünf Aussagen fasst Laktanz Aktivitäten des Antichrist zusammen: C h ristu m m e n tie tu r muss sich zurückbeziehen auf den Versuch des Antichrist, für sich Verehrung als Gottesohn zu erlan­ gen (siehe oben zu 17,4 se coli iu b eb it u t d e i filiu m ) und durch Wunder die Menschen zu täuschen (17,5). Das Folgende gibt nochmals das bereits 19,5 geschilderte Kampfgeschehen wieder. Dasjenige Ereignis, das die Synchro­ nisierung beider Darstellungen erlaubt und zeigt, dass tatsächlich zweimal dasselbe Ereignis gemeint sein muss, ist die Vernichtung der Truppen, die auf der Seite des Antichrist kämpfen:

19,5

19,6

[s c . m u l t i t u d o ] c o n c i d e t u r

con tra u e r u m d im ic a b it e t u i c t u s e f f u g i e t e t b e l l u m s a e p e re-

ab h o r a t e r t i a u s q u e in u e s p e r u m

n o u a b it et saepe u in cetu r, don ec q u a r­ to p ro elio

d e le tis q u e o m n ib u s c o p iis

c o n fe c tis o m n ib u s im p iis

i m p i u s s o l u s e f f u g i e t e t p e r i b i t ab eo

debellatu s et captus t a n d e m s c e le ru m

u irtu s sua.

s u o r u m lu at p o en a s.

Beide Darstellungen folgen einer unterschiedlichen Schwerpunktsetzung: 19,5 steht die Rache an all denjenigen im Zentrum, die die Christen ver­ folgt haben, und zwar durch die Bedrängten selbst; 19,6 die Niederlage des Antichrist. Den Angaben des Laktanz lässt sich folgender Ablauf entneh­ men: Die Auseinandersetzung zwischen Christus mit seinem Engelsheer und dem Antichrist mit seinen Truppen dauert vom Vormittag bis zum Abend; dabei nimmt der Antichrist dreimal trotz einer Niederlage den Kampf wieder auf, bis in der vierten Schlacht seine Heeresmacht gänz­ lich aufgerieben ist und er selbst in Gefangenschaft gerät. Das dreimalige Entkommen und die Niederlage des Antichrist q u a rto p ro e lio ist nur bei Laktanz (auch epit. 67,1) belegt und bislang motivgeschichtlich nicht be­ friedigend erklärt28. Das Entscheidende scheint nicht das Aufgreifen einer Zahlensymbolik zu sein, deren Sinn sich dem paganen Leser ohnehin nicht erschlösse, sondern das, was die Fortsetzung des Kampfes bis zur endgülti­ gen Gefangennahme ausdrückt, nämlich zum einen die einzigartige Bosheit und den verblendeten Stolz des Antichrist (Grundcharakteristika der Fi­ gur, vgl. J e n k s 64-69), der trotz vernichtender Niederlagen immer weiter kämpft, zum anderen die Schwere des Endzeitkampfes und die ernsthafte Verbissenheit, mit der er geführt wird, somit die Vollständigkeit und das Gewicht des Sieges, den Christus erringt. 28 Nach B o u s s e t (154) handelt es sich um eine „besonders archaistische Variante“ ; J e n k s (97) hingegen beobachtet ein gesteigertes Interesse am Schicksal des A nti­ christ eher für das dritte Jahrhundert, also spätere Zeit. C o l p e (Menschensohn 110) erwägt einen Zusammenhang m it dem Ende des vierten Weltreichs Dan 2,4045; 7,7.19.23, was aber wenig für sich hat.

19,7 - 19,9 1 9 .7 se d e t c e te r i p r in c ip e s . . .

501

c r u c ia tib u s tr a d e t: Traditionsge­

schichtlich erscheint die Erwähnung von Tyrannen, die zusammen mit dem Antichrist vom wiederkehrenden Christus verurteilt werden, gut motiviert: 1. Offb 19,19 kämpfen βασιλείς τής γης καί τα στρατεύματα αυτών als Ver­ bündete des Antichrist gegen Christus, Offb 19,21 (vgl. Offb 19,18) werden sie getötet. 2. Die Niederwerfung aller bösen Widersacher vor Beginn des Tausend­ jährigen Reiches (wie Offb 19,11 - 20,3) ist dramaturgisch notwendig. 3. Die Sammlung der Herrscher der ganzen Erde für den Endkampf gegen die Gottestreuen und deren Bestrafung (vgl. A u n e III 1064ff-) gehört zum Motiv des Völkersturmes, den Laktanz in der Belagerung auf dem Berg aufgreift (siehe oben zu 17,10 a d m o tis ... ). Dennoch bereiten die hier erwähnten p r in c ip e s Darstellung des Laktanz Verständnisprobleme:

ac ty r a n n i

innerhalb der

1. Bislang sind keine mit dem Antichrist verbündeten Herrscher er­ wähnt, nur Truppenzusammenziehungen und die große Heeresmacht des Antichrist selbst (17,10). 2. Der im Perfekt gehaltene Relativsatz qui c o n tr iu e r u n t o rb em lässt an historische Tyrannengestalten denken. Das würde jedoch deren Auferweckung voraussetzen. 3. Ein gemeinsames Gericht über den Teufel und seine zu diesem Zweck auferweckten m in is tr i wird 26,6f. geschildert. Das Verhältnis beider Verurteilungen zueinander bleibt unklar (siehe auch unten zu 24,5 p r in c e p s d a e m o n u m ). Offenbar ist Laktanz ein Gericht über den Antichrist und über sonstige Tyrannengestalten als Vollendung des Sieges und Vorbereitung des Tau­ sendjährigen Reiches so wichtig, dass er die genannten Unstimmigkeiten in Kauf nimmt. 1 9 .8 e x t in c t a m a litia . . . p e r tu lit s e r u itu te m : Wie schon 2,1 ( e x tin c ta m a litia )

und 14,11 angekündigt, erlangt die Welt nun in Vorbereitung des Tausendjährigen Reiches, das 24,7.11 in ganz ähnlichen Worten be­ schrieben wird, Ruhe (vgl. 27,2 p ro lab o rib u s re q u ie m ) von den aufgrund des moralischen Verfalls zu Beginn der Endzeit ins Unerträgliche gesteiger­ ten Plagen (15,8 im p ie te a s [ ...] creb rescet. 15,9 neque requ ies a m a lis u lla ; 16,1 nec u lla requ ies bellis e x itia lib u s e r i t) . Zur typologischen Deutung der s e r u itu s 15,2.4 1 9 .9 n o n c o le n tu r . . . a rd e b u n t: Die Beseitigung der Götzenverehrung

und die Zerstörung von Kultstätten, -gerät und Weihegeschenken wird, wie Laktanz selbst sagt ( S ib y lla cu m p r o p h e tis c o n g r u e n s ), sowohl in der Prophetie (etwa Jes 2,18-20; 30,22; Jer 50,2; Ez 6,4-6; Mi 1,7; Sach 13,2-6)

als auch in der Apokalyptik (folgende Sibyllenzitate und or. Sib. 3,606f.; 722f.) angekündigt. D U m a n u f a c ti gibt έργα χειροποίητα θεών aus dem folgenden Zitat (or. Sib. 6,318) wieder. Der Hinweis auf die manuelle Her­ stellung der Götterbilder gehört zur biblischen (Jes 2,8; Jer 10,3.14; Offb 9,20) und apologetischen (Justin. 1 apol. 9,1-5; Athenag. leg. 26; Thphl. Ant. Autol. 2,2,1; Tert. apol. 12,2-7; Min. Fel. 24,6-10; Cypr. Demetr. 12 m a n u h o m in is f a c ta s im u la c r a ) Kultkritik, findet sich aber auch in der paganen Literatur (Lucr. 6,53; Hör. sat. 1,8,3; Sen. frg. 120 H a a s e bei Lact. inst. 2,2,14f.; Mart. 8,24,5f. mit S c h ö f f e l 243f. z. St.); bei Laktanz auch 22,12; 26,6; 2,3,6; 5,22,21; ira 2,2. P u lu in a r ia sind die Kissen, auf denen die Götterbilder gelagert werden, vgl. A. S i e b e r t , ,Pulvinari DNP 10 (2001) 591; neben te m p la als Symbole für kultische Verehrung wie etwa Val. Max. 9,11,4; Sen. dial. 11,17,5; Arnob. nat. 1,64; 4,1. ρίψωσιν . . . απαντα: or. Sib. 8,224; weitere Zitate bei Laktanz aus dersel­ ben Umgebung 16,11 (siehe zu m o n te s ... und wörtlich 8,239); 16,12 (siehe zu s a e u ie t ... ); 20,3 (8,241f.). Der Vers hier wird auch Const, or. s.c. 18,2 zitiert. Die Handschriften der O ra cu la S ib y llin a haben ρίψουσιν, die Laktanzüberlieferung und Const, or. s.c. 18,2 (ρίψωσι τ’ ) den Konjunktiv Ao­ rist, kaum in Nachahmung homerischer Sprache (vgl. KG I 217f.), eher weil die Verse 223-226 als ausgreifende Umstandsschilderung im δταν-Satz zum Hauptsatz 227 σαρξ τότε [...] ήξει verstanden werden (vgl. or. Sib. 4,152161; 8,199-202). Bemerkenswert ist jedenfalls, dass Laktanz den im vor­ liegenden Ausschnitt unerklärlichen Konjunktiv reproduziert, etwa statt eines glättenden ρίψουσιν, siehe oben zu 13,3 ΐνα πάντα ... Das τρίψωσιν der meisten Laktanzhandschriften (DPHMKS) ist wohl Dittographie aus vorhergehendem p r a e d ix it beim Übergang ins Griechische. Zwar erscheint συντρίβω είδωλα nach LXX Ez 6,6 häufiger (A. Jo. 44; Ath. synops. 28,369; Didym. Zacch. 4,21; Chrys. synops. 56,353 etc.), ebenso aber ρίπτω είδωλα (or. Sib. 3,606; 13,135f.; vgl. Plut. mor. 282B etc.). έργα . . . κατακαυθήσονται: wohl or. Sib. 3,618, wo die Handschriften aber πυρος φλογί πάντα πεσεΐται statt θεών κατακαυθήσονται haben. Mit dem gemeinsamen Wortbestand έργα δε χειροποίητα beginnt zwar auch Vers 722, er beinhaltet aber ein hier ferner liegendes Bekenntnis früherer Idolatrie. Laktanz gibt also Vers 618 in ihm vorliegender Form (die von B u i t e n w e r f [268 Anm. 56] konstatierte „simplification“ geht kaum auf Laktanz zurück) wieder und zitiert später (24,13) die in der Überlieferung folgenden Verse 619-623, mit einer weiteren Abweichung von den Sibyl­ lenhandschriften (Vers 620). Auffallend lose ist das Genitivattribut in έργα θεών (,die Götter darstellende6oder ,den Göttern geweihte Bildwerke6, vgl. LSJ s.v. εργον III). Versus spondiaci sind in den O ra cu la S ib y llin a geläufig ( N i e t o I b ä n e z 253).

20,1

-

20,2

503

20.1 P o s t h aec: Die Auferstehung der Gläubigen nach der Wiederkunft

Christi findet sich auch 1 Thess 4,16 und insbesondere Offb 20,4-6, wo diese Auferstehung ebenfalls die Teilnahme der Märtyrer am Tausendjährigen Reich ermöglicht, doch ist dort nicht von einem Gericht über diese die Rede. Siehe unten zu 20,5f. inferi: Nach B ünem ann (z. St.) sind die Gräber gemeint, doch eher wird

die Unterwelt als Ort (ThLL VII,1 1390,27ff.) der Gefangenschaft (vgl. 21,7 c u sto d ia ) verstanden, vgl. Tert. anim. 57,11 n u lli [ ...] a n im a e o m n in o in fe ro s p a te r e ; F ine 79-84. su rg en t: Wohl vorzuziehen gegenüber r e s u r g e n t : Hier wäre dann das bloße

Aufstehen aus dem Grab zum Zweck des Gerichts gemeint, das als Ein­ zelakt von der heilvollen Auferstehung zum ewigen Leben unterschieden ist. Dazu passt es, wenn Laktanz über die im Gericht für verdammenswert befundenen Christen sagt: n o n re su rg e n t (21,8). Zwar heißt es 20,5 n o n re su rre c tu ro s esse im p io s in iu d ic iu m ; dort ist aber durch den Zusam­ menhang klar, dass nicht die endgültige Auferstehung zum Leben gemeint ist. iu d ic iu m m a g n u m : Hier und epit. 67,1 als unübliche Junktur ( iu d ic iu m

allein und in anderen Verbindungen ThLL VII,2 613,28ff.; anders Vet. Lat. [cod. 100] exod. 6,6 liberabo u os in iu d ic io m a g n o über die Befreiung aus Ägypten; m a x im u m 9,1; 24,2; su m m u m 2,12,19) für das endzeitliche Welt­ gericht; dieses 1,23; 9,1; 14,3; 15,18 als Gegenstand des siebten Buches, im Rückblick 24,2.6; 26,3. In den vorhergehenden Büchern wird immer wieder darauf verwiesen, etwa 2,12,19, oft im Hinblick auf Ethik und Ge­ rechtigkeit, etwa 2,17,6; 5,12,10; 6,18,11 (auf den Tag des Gerichts geduldig warten, vgl. 4,15,13); ira 20,3 (niemand entgeht Gottes Gericht, vgl. mort. pers. 50,7). Siehe unten 20,5f. zur Besonderheit der nun entfalteten Leh­ re vom Gericht. I u d ic iu m fa c e re auch 24,2; 2,12,19; epit. 67,3; vgl. ThLL VII,2 610,74ff. ip se r e x ac d eu s: Siehe oben zu 19,3 regis ac dei. su m m u s p a ter: Siehe oben zu 6,1 su m m o p a tr i ac d o m in o . e t iu d ic a n d i e t r e g n a n d i d a b it m a x im a m p o te s ta te m : Vgl. 4,14,20 e t regis s u m m i h o n o re m e t iu d ic is p o te s ta te m e t d e i n o m e n a c c e p it ; zum wiederkehrenden Christus als Richter oben zu 19,4 iu d ex und Herrscher

oben zu 19,3

regis ac dei.

20.2 όππότε . . . αρχή: or. Sib. 3,741-743. Der erste Vers (741) ist in der direkten Überlieferung der O ra cu la S ib y llin a unvollständig (καί τούτο τέλος αίσιον ήμαρ, vgl. or. Sib. 3,569), der zweite (742) fehlt. Vers 743 lau­ tet in ΦΦ nach der Penthemimeres: αγαθούς μεγάλοι κατ’ αρχήν (κατάρχην Φ). Den bei Laktanz überlieferten Schluss (κρίσις . . . ) hat or. Sib. 3,784.

K o m m e n ta r

R zach und G effck en folgen für die drei Verse dem bei Laktanz über­ lieferten Wortlaut und athetieren 742; B u iten w er f (285) hält ihn und

erklärt den Ausfall als Haplographie vor dem inhaltlich entsprechenden Vers 743, zum δε in Vers 743 KG II 276f. Der einleitende Temporalsatz (Vers 741) scheint bewusst als Anfang der Zitatenreihe gewählt, da er auf einen zurückliegenden , Schicksalstag‘ Bezug nimmt und somit zum 19,5 geschilderten Tag der Entscheidungsschlacht passt. Kern des Zitats sind die Stichworte κρίσις ήδε καί αρχή in Vers 743, die Laktanz auch schon einleitend vorwegnimmt (20,1 de [ ...] iu d ic io e t reg n o ). 20.3 ταρταρόεν . . . απαντες: or. Sib. 8,241f., auch Const, orat. s.c. 18,2, Theosoph. Sib. 13,351f. und in lateinischer Übersetzung Aug. civ. 18,23 zitiert; überall dort wird aber auch noch Vers 243 wiedergegeben. Weitere Zitate bei Laktanz aus derselben Umgebung 16,11 (siehe zu m o n te s ... und wörtlich 8,239); 16,12 (siehe zu s a e u ie t . ..) ; 19,9 (8,224); 20,3 (8,241f.). ταρταρόεν: Die direkte Sibyllenüberlieferung und Thesoph. Sib. 13,351 ha­ ben wie die meisten Laktanzhandschriften (DPHMKS) das geläufigere ταρταρέον (wie or. Sib. 5,178, vgl. LSJ s.v.; Aug. civ. 18,23 v. 25 T a rta r e u m ). Ταρταρόεις (,geartet wie der Tartaros^, vgl. S chw yzer I 526f. mit 526 Anm. 1 zu KB II 298) ist nur hier und im Zitat desselben Verses Const, orat. s.c. 18,2 belegt, damit aber hinreichend gesichert. βασιλήος: Die direkte Sibyllenüberlieferung und das Zitat des Verses Const, or. s.c. 18,2 bieten βασιλήες (Aug. civ. 18,23 v. 26 re g e s). Für Laktanz ist aber der Genitiv (auch Theosoph. Sib. 13,352) unabdingbar, da es ihm bei dem ganzen Zitat um Christus als Richter und Herrscher geht (vgl. 20,1), während ein Kommen von Königen hier sinnwidrig wäre (ähnlich G effcken z. St., der den Genitiv auch für die or. Sib. übernimmt). 20.4 ουρανόν . . . ανδρών: or. Sib. 8,413-416. In der direkten Sibyllen­ überlieferung bieten die Handschriftengruppen ΦΦ statt einer wörtlichen Ankündigung Gottes in der 1. Person Singular die 3. Person. In der Hand­ schriftengruppe Ω fehlen die Verse 414f., die beiden anderen Gruppen Φ und Φ haben 414 νέκυας μοίραν καταλύσας (G effcken folgt Laktanz) und 415 ήξει statt αξω. Im laktanzischen Wortlaut sind dieselben Verse zitiert Theosoph. Sib. 13,356-360. Das Zitat belegt zum einen die dem Gericht vorausgehende Auferweckung der Toten, zum anderen dient die Korrektur von Vers 416 dann (20,5) als Anknüpfungspunkt für die näheren Ausfüh­ rungen zum Gericht. ουρανόν είλίξω: Auch or. Sib. 8,233; hinter dem , Umwälzen ‘ des Himmels steht, wie or. Sib. 3,82 zeigt, das seit Jes 34,4 (LXX έλιγήσεται ό ουρανός) geläufige Bild des Zusammenrollens des Himmels für die endzeitliche Ver­ wandlung, siehe unten zu 26,5 ca elu m c o m p lic a b itu r.

20,5

505

γαίης κευθμώνας ανοίξω: Beleg zu 20,1 a p e r ie n tu r in fe ri. άναστήσω νεκρούς: Beleg zu 20,1 su rg e n t m o r tu i. θανάτου κέντρον: Dasselbe Bild nach Hos 13,14 ausgeführt 1 Kor 15,55f. 2 0 ,5f. D ie erste A u ferstehun g:

Laktanz knüpft an den letzten Vers des Sibyllenzitates an, in dem vom Gericht über die Frommen und Gottlosen die Rede ist: Zum Gericht wür­ den diejenigen auferweckt, ,die sich mit der Verehrung Gottes beschäftigt haben‘, nicht aber diejenigen, ,die Gott nicht erkannt haben‘ (§ 5). Die Gruppe dieser Auferweckten definiert Laktanz nicht eindeutig: So scheint zunächst denkbar, dass er mit qui s u n t in d e i re lig io n e u e r s a ti (§5) alle einbeziehen will, die - im Gegensatz zu denjenigen, qui d eu m n o n a g n o u e ru n t (§ 5) - jemals den wahren, einzigen Gott verehrt hätten. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Laktanz hier die Christen meint: Denn erstens benennt er die Christen häufig durch Umschreibung, wie hier etwa 6,9,18 [sc. sp e m im m o r ta lita tis ] deu s p o llic e tu r in su a re lig io n e u e r s a n tibus. Die Junktur d e i relig io steht für das Christentum auch 22,14 (vgl. 26,8 d eu m ac re lig io n e m e iu s ); 5,4,12; ira 1,9; vgl. C. A l o e S p a d a , L ’u so di religio e re lig io n e s nella polemica antipagana di Lattanzio, in: U. B i a n ­ c h i (ed.), The Notion of ‘Religion’ in Comparative Research, Roma 1994, 459-463. Zweitens widerspräche eine Einbeziehung von Nichtchristen in die endzeitliche Erlösung der Aussage, dass nur die Kirche, die Gemeinschaft der Christen, zum ewigen Heil gelangen kann (4,30,l l f .; Loi L a tta n z io 245247). Die mangelnde Eindeutigkeit der Formulierung rührt daher, dass der Schwerpunkt der Aussage auf dem Ausschluss derjenigen liegt, die Gott nicht erkannt haben und daher von der ersten Auferstehung ausgeschlos­ sen sind.1 Die Unterscheidung zwischen zwei Auferstehungen führt Laktanz hier ein.2 Die erste Auferstehung steht entsprechend dem chiliastischen Sche­ ma am Beginn des Tausendjährigen Reiches, dessen Anbruch im Anschluss (24,Iff., gleich nach den exkursartigen Erläuterungen 20,7-23,5) geschil­ dert wird. Nach Laktanz sind diejenigen, die Gott nicht erkannt haben, von dieser ersten Auferstehung zum Gericht ausgeschlossen, da für sie ein positives Urteil ( a b s o lu tio ) ohnehin ausgeschlossen ist (§ 5). Das Gericht schildert er hier knapp als Wägung (§6), später (21,6) knüpft er daran wie­ der an. Bei der secu n d a illa e t p u b lic a o m n iu m re su rre c tio (26,6) werden später, vor der endgültigen Vollendung der Welt, die in iu s ti und Götzen­ diener zur ewigen Bestrafung auferweckt. Dahinter steht anscheinend die Verbindung zweier unterschiedlicher Theologumena zur Auferstehung:3 1 Für ein ähnliches Problem siehe unten zu 24,2 iustos . .. 2 Bislang war nur von dem Gericht die Rede, siehe oben zu 20,1 iudicium magnum. 3

Ü b erb lick b eisp ielsw eise bei L e M o ig n e 2 6 2 -2 6 4 .

K om m entar

1. Eine gestaffelte Auferstehung findet sich sowohl bei Paulus4 als auch in der chiliastischen Konzeption der Johannesoffenbarung, der Laktanz insgesamt zu folgen scheint (siehe oben 46): Dort werden die Märtyrer vor der tausendjährigen Gottesherrschaft auferweckt, um daran teilzuhaben (Offb 20,4-6), erst danach wird das Gericht über alle Toten vollzogen (Offb 20,11-15). Diese Konzeption wird in der frühen christlichen Literatur öfter aufgegriffen.5 2. Dass diejenigen, die Gott nicht erkannt haben, von der Auferstehung zum Gericht ausgeschlossen sind, geht ebenfalls auf biblische Grund­ lagen zurück, doch ist hierbei aufgrund wörtlicher und inhaltlicher Übereinstimmungen die Vermittlung6 durch Cypr. testim. 3,31 si­ cher. Dort wird zum Stichwort eu m qui n o n c r e d id e r it ia m iu d ic a tu m esse (Laktanz: qui d e u m n o n a g n o u e ru n t, [ ...] ia m iu d ic a ti d a m n a tique s u n t) Folgendes zitiert: In eu a n g elio c a ta Io h a n n e m (Joh 3,18f.): qui n o n c r e d id e r it ia m iu d ic a tu s e st, quia n o n c r e d id it in n o m in e u n ­ ic i filii dei. H oc a u te m e s t iu d ic iu m , q u o n ia m lux u e n it in sa ecu lu m , e t m a g is d ile x e ru n t te n e b ra s qu am lu cem . D e hoc ip so in p s a lm o i (Ps 1,5) : p r o p te r e a n o n re su rg e n t im p ii in iu d ic iu m (Laktanz: n o n re su rre c tu ro s esse im p io s in iu d ic iu m ) neque p e c c a to re s in co n silio iu s to r u m (vgl. Ps. Cypr. tract. 64; aber Ambr. in psalm. 1,51,2).7

Auf die biblischen Grundlagen dieser beiden Ansätze bezieht sich allgemein s a n c tis litte r is c o n te s ta n tib u s (§5). Die Erklärung für den Ausschluss der Gottlosen von der Auferstehung, nämlich dass für diese ein Freispruch ( a b s o lu tio ) beim Gericht ohnehin nicht möglich sei, scheint Laktanz selbst harmonisierend einzufügen. Er stellt offenbar eigenständig die beiden Ge­ danken der gestaffelten Auferstehung und des Ausschlusses der Gottlosen von der Auferstehung zusammen. Aus der Mischung dieser an sich hetero­ genen8 Elemente ergibt sich eine im Vergleich mit der Johannesoffenbarung sehr pessimistische Konzeption in der individuellen Eschatologie9: Denn 4 1 Thess 4,13-18; 1 Kor 15,23f.; B ietenhard 52-65. 5 Etwa Iren. haer. 5,36,3; Justin, dial. 81,4; vgl. Tert. adv. Marc. 3,24,3.6; resurr. 25,2; Comm. instr. 1,44,Iff.; Aug. civ. 20,7; D a n i é l o u Théologie 349-353. M o n a t Bible 262 verm utet eine dieser Quellen als „interm édiaire“ des Bibeltextes für Laktanz, doch wird m an eine direkte Benutzung der Johannesoffenbarung annehmen und insbesondere deren K apitel 19 und 20 als Grundlage für die chiliastische Konzeption des Laktanz verm uten müssen. 6 So auch M on a t Bible 263. O gilvie (107) nim m t hingegen ein direktes Bibelzi­ ta t an und schließt anhand des Befundes unter Berufung auf das vierte Buch die V erm ittlung durch Cyprian aus (102). Das erklärt aber nicht die auffälligen Über­ einstimmungen mit Cyprian an vorliegender Stelle. 7 Zur weiteren Auslegungsgeschichte vgl. H. d e L a v a l e t t e , L ’interprétation du psaume 1,5 chez les pères ‘miséricordieux’ latins, RSR 48 (1960) 544-563. 8 Vgl. M o n a t Bible I 262 mit Anm. 208. 9 Vgl. auch unten zu 21,7 post mortem . . .

20,6

507

während dort die Auferweckung der Märtyrer kein Gericht beinhaltet und ihre Teilhabe an der tausendjährigen Herrschaft Christi eine Anerkennung ihrer Glaubenstreue darstellt (Offb 20,4), sind bei Laktanz auch die ge­ rade Erretteten dem Gericht unterworfen. Die zweite Auferweckung bei Laktanz ermöglicht dann lediglich ein Strafgericht (26,6 e x c ita b u n tu r in iu s ti a d c ru c ia tu s s e m p ite r n o s ) , keine Beurteilung (so Offb 20,12). 20.5 hi: Die Konjektur ii ist unnötig, h ic ist vor ta n tu m gebräuchlich,

vgl. 6,18,12; mort. pers. 9,1; Cic. Sull. 82; Mil. 43; ThLL VI,3 2725,11; wie hier mit Relativsatz beispielsweise Sen. nat. 2,22,3; Plin. epist. 7,24,2; Ps. Quint, deck 2,22. qui sunt in dei religion e uersati: Siehe auch oben 505. Hier ist der

Ausdruck durch das Perfekt, wie vom Zusammenhang verlangt, offen auch für solche Christen, die wieder vom Glauben abgefallen sind. sen ten tia de his in a b so lu tio n em ferri non p o test: Sonst verwendet

Laktanz s e n te n tia m fe r r e de in der Bedeutung ’eine Entscheidung treffen über’ im Zusammenhang mit philosophischen Streitfragen (1,17,1; 3,8,1; 3,14,17; 3,20,7). Hier aber liegt ein üblicher Sprachgebrauch aus dem Ge­ richtswesen zugrunde : s e n te n tia s fe r r e bezeichnet die Stimmabgabe der Richter, a b so lu tio (bei Laktanz nur hier; vgl. ThLL I 180,84ff.) den Frei­ spruch (etwa Cic. Cluent. 74; Font. 34; Val. Max. 8,1,1; Quint, deck 314,10; Ambr. in psalm. 37,13,lf.). 20.6 m ala op era cum b on is co llata ponderabuntur: Das Gericht

vollzieht sich in der vergleichenden Gewichtung guter und schlechter Wer­ ke, aus dem folgenden u t si p lu ra ... geht hervor, dass auch deren Zahl berücksichtigt wird (so auch 21,6). Dahinter steht das überaus geläufige Bild bewertenden Abwägens, mit p o n d e ra re wie 3,19,9 Cic. off. 1,15 etc.; als ausgeführter Waagschalenvergleich Cic. ac. 2,38; Tusc. 5,51 etc.; vgl. ThLL VII,2 1344,42fr. Im Alten Testament und in der Apokalyptik klingt öfter das Wägemotiv im Zusammenhang mit Gottes Richten oder dem Endgericht an, so etwa Ijob 31,5f.; Spr 24,12; Dan 5,25.27; Hen(aeth) 41,1; 4 Es 3,34; Offb 6,5, dazu Victorin. Poetov. in apoc. 6,2: libra e x a m in is, in qua sin g u lo ru m m e r ita o s t e n d e r it ; selten weiter ausgeführt, so etwa TestAbr A 12,10-18. Fern liegt hier die alte Vorstellung von der Wägung der Seele selbst, dazu L. K re tz e n b a c h e r , Die Seelenwaage. Zur religiösen Idee vom Jenseitsgericht auf der Schicksalswaage in Hochreligion, Bild­ kunst und Volksglaube, Klagenfurt 1958, 23-64; jetzt zusammengefasst bei F. W ag n er, Mene mene tekel u-pharsin, in: J. H o lz h au sen (Hrsg.), ψυχή - Seele - anima. FS K. A lt, Stuttgart/Leipzig 1998, 369-384. ut si . . . ad poenam : DoiGNON ( R e te n tis s e m e n t 303) sieht diese Stel­

le als „corollaire“ zu 3,19,1-6 (v.a. 3

a n im a s [ ...] a u t p ro iu s titia p r a e m io

K om m entar

Da jene Passage im dritten Buch wiederum Vorlage sei für Aug. epist. 104,3, insbesondere für die dor­ tige Cicerobenutzung, hänge Aug. epist. 104,3 a t Uli, quos T u lliu s qu asi co n su la res p h ilo so p h o s (gemeint sind nach D o i g n o n R e te n tis s e m e n t 299 „les philosophes qui descendent de Platon et de Socrate“) a p p e lla t, [ ...] a d jic i a u t p o e n a p ro sc e le rib u s s e m p it e r n a ) .

n o n ex tin g u i a n im a m se d e m ig ra re c e n se n t, e t u t m e r ita quoque eiu s ads e r u n t seu b o n a se u m a l a u el a d b e a titu d in e m u el a d m is e r ia m p e r m a n e r e von vorliegender Stelle ab ( D o i g n o n R e te n tis s e m e n t 303-305; siehe auch

unten 510 mit Anm. 13). Dagegen spricht allerdings, dass Augustin eine bei Cicero Vorgefundene, Laktanz hingegen hier und 3,19,3 (ähnlich 1,23; 27,3; 4,11,15, jeweils mit ausgeführtem Gegensatz p r a e m iu m - p o e n a ) aus­ drücklich christliche Lehre wiedergibt und dass die Gemeinsamkeiten mit Augustin sprachlich wie inhaltlich allgemein sind. Auffallend ist die syntaktische Struktur: Die Subjekte des u t - Satzes weichen ab vom Hauptsatz und werden nicht genannt, sondern ergeben sich logisch, aber nicht grammatikalisch, aus den sz-Sätzen (diejenigen, bei de­ nen die guten Werke überwiegen, und diejenigen, bei denen die schlechten Werke überwiegen). Doch bleibt die Syntax verständlich durch den streng parallelen Bau: si [ ...] d e n t u r a d [...], s i [ ...] c o m d e m n n e n tu r a d /.../, mit Assonanz bei den Prädikaten und gedanklicher Inkonzinnität u ita bea­ ta neben poen a . plura et grauia: Die Kombination eines Komparativs mit einem Positiv

ist bei Laktanz (14,12 m in o ra e t e x ig u a ; vgl. 12,23 e x tr e m i ac te n u io r e s ; opif. 20,1 p a u c is e t o b sc u riu s [...], q u a m d ecu it, p e r o r a u i) wie überhaupt in der späteren Latinität (Apul. met. 10,16,4 g r a tio s u m c o m m e n d a tio r e m q u e ; Arnob. nat. 1,32 p le b e ia atqu e h u m ilio r a ; 7,23 alos e t a d n o c e n d i lib i­ d in e m p r o m p tio r e s ; 7,43 p ro n iu s e t deo c o n u e n ie n s ; weitere Belege bei E. W Ö l f f l i n , Lateinische und romanische Comparation, Erlangen 1879, 66f.; K. S i t t l , Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache mit be­ sonderer Berücksichtigung des afrikanischen Lateins, Erlangen 1882, 10310; vgl. LHS I I 169) gut möglich. Der Ausdruck ist komplementär zu verstehen: zahlreicher und [auch entsprechend] gewichtig6; den von s u p e r a u e rin t ge­ forderten Komparativ bietet somit p lu ra allein. H e u m a n n s (von B r a n d t übernommene) Konjektur g ra u io ra ist daher unnötig. 20,7 fortasse d ixerit qu ispiam . . . : wie 6,22,2; ira 21,1, ciceronisch

(leg. agr. 2,32; Cato 8). Mit dem fiktiven Einwand beginnt eine bis 23,5 reichende Erläuterung über die Möglichkeiten von Gericht und Bestrafung nach dem Tod, durch welche die Schilderung der Endzeitereignisse unter­ brochen wird. Dabei sieht Laktanz die Bestrafung, nicht die Auferstehung 10 Das dort noch angeführte Beispiel 6,4,17 scheidet aus, der Text lautet amara et grauia, nur S hat grauiora.

509

20,8

(dieser nähert sich die Argumentation ab 22,7ff.) als erläuterungsbedürftig an. Mit der hier grundlegenden Frage, wie eine unsterbliche Seele leidens­ fähig sein kann, muss sich auch schon Tertullian in der verlorenen Schrift D e cen su a n im a e (vgl. H. T r ä n k l e , HLL 4 [1997] § 474.32) auseinan­ dergesetzt haben, wie er anim. 24,2 sagt. Zur Bedeutung des Themas im Neuplatonismus vgl. etwa S e t a i o l i 43. patibilis: Nach Cic. nat. deor. 3,29 ( o m n e a n im a l p a tib ile m n a tu ra m h a ­ beat)

öfter bei Laktanz (21,2; 2,8,38; 2,9,21; vgl. ThLL X,1 706,21ff.).

si m orti non est obn oxia, ne dolori quidem : Gedanke (Schmerzemp­

finden und Sterblichkeit der Seele) und Formulierung r i/ m o r t i o b n oxia schon 12,14f.

[sc. a n im a ] d o lo ­

20,8—10 D ie angeblich stoisch e E rklärung für die L eid en sfäh ig­ keit der Seele:

Den Stoikern schreibt Laktanz eine Erklärung für die Leidensfähigkeit der unsterblichen Seele zu, der zu Folge die Seelen der Frevler durch den Kon­ takt mit dem Körper etwas von dessen Natur annehmen, so auch die Emp­ findlichkeit für Schmerz. Eine damit weithin übereinstimmende Lösung desselben Problems entwickelt Servius in seinem Kommentar zur Anchisesrede, allerdings aus platonischem Denken schöpfend.11 Da sich für die Stoiker dergleichen nicht belegt findet, ist offen, warum Laktanz ihnen die geschilderte Lösung zuweist (vgl. oben zu 7,13 Z en o ... ): Die Stelle ist bei v o n A r n im unter den Chrysipp-Fragmenten (SVF II 813) aufgenommen, jedoch mit einem Hinweis auf Poseidonios. P o h l e n z ( S to a II 216) vermu­ tet einen von Poseidonios beeinflussten Vergilkommentar als Quelle. Eben­ falls eine indirekte Vermittlung von Poseidonios, doch über Seneca, Cicero und den A s c le p iu s 12 , wo jeweils vom unterschiedlichen Schicksal der Seelen 11 So Serv. Aen. 6,724 si ergo recipit naturam suam, quare poenas apud inferos pati­

tur? ideo quia res, quae simul diu fuit, non potest deposita ipsa re, statim ad suum nitorem reuerti. ut si speciem candidam missam in lutum polluas et eam statim auferas, non idcirco sordibus caret, sed ablutionem requirit, ut in pristinum nito­ rem possit redire: sic anima ex eo quod datur corpori inquinata, etiam si corpus deponat, necesse habet purgari. Daneben Aen. 6,739 poenas autem non perferunt animae, sed illius coniunctionis reliquiae, quae fuit inter animam et corpus: nam licet ista duo per se poenas perferre non possint, homo tamen perfert, qui de his duobus est factus. S etaioli (43-55) arbeitet den Unterschied beider Erklärungen heraus und weist die erstere einer älteren, traditionell platonischen, die letztere einer jüngeren, neuplatonischen Schicht im Servius vorliegenden Material zu. 12 Sen. dial. 6,25,1 (siehe auch oben 322 und 42 mit Anm. 50) Integer ille nihilque

in terris relinquens sui fugit et totus excessit; paulumque supra nos commoratus, dum expurgatur et inhaerentia uitia situmque omnem mortalis aeui excutit, deinde ad excelsa sublatus inter felices currit animas. Cic. rep. 6,29 (/.../ animus uelocius in hanc sedem et domum suam peruolabit, idque ocius faciet, si iam tum cum erit inclusus in corpore, eminebit foras, et ea quae extra erunt contemplans quam maxime se a corpore abstrahet, namque eorum animi qui se corporis uoluptati-

K om m entar

von Frevlem und Gerechten die Rede ist, nimmt VAN ROOIJEN—DlJKMAN (130f.) an. Eine umfassende quellenkritische Deutung der Stelle bietet DoiGNON (P la c itu m ): Weder aus den übrigen Stoikerfragmenten noch aus den erhaltenen antiken Vergilkommentaren lasse sich die Zuweisung dieser Leh­ re an die Stoiker erklären. Ausgangspunkt sei die Lehre, dass die Seelen der Gerechten und Ungerechten sich nach dem Tod an unterschiedlichen Orten aufhielten. Diese kenne Laktanz aus Cicero1314und dem hermetischen Schrifttum (Ps. Apul. Asel. 24), allerdings weise Cic. Tusc. 1,49 sie Platon und Pythagoras zu. Den Bezug auf die Stoiker finde Laktanz in Tertullians D e a n im a .1A Außerdem bezeichne Tertullian an anderer Stelle (anim. 24,2) die Seele, wie Laktanz hier, als im m o r ta le m [ ...], ta m e n p a ss ib ile m . Lak­ tanz ändere gegenüber Tertullian den Gegensatz s a p ie n te s /im p r u d e n te s zu dem stärker biblisch orientierten i u s t i / im p ii und füge die „orchestration“ (.P la c itu m 50) durch Vergilverse hinzu. Anstoß hierfür sei Arnobius (nat. 2,14), wo sich in einer Wiedergabe von Platons Seelenlehre Formulierun­ gen aus der Unterweltsschilderung im sechsten Aeneisbuch finden. Jedoch gehe Laktanz in seiner „ r e tr a c ta tio “ (P la c itu m 51) über Arnobius hinaus, indem er §§ 8f. weitere Formulierungen aus Vergil übernehme (siehe unten 511). Diesen Übernahmen verleihe Laktanz eine „consécration sto’fcienne“ (.P la c itu m 52) durch Wendungen15 und Gedanken aus Seneca; denn die Vorstellung, dass die Seele eine mittlere Natur zwischen Sterblichkeit und bus dediderunt, earumque se quasi ministros praebuerunt [...], corporibus elapsi circum terram ipsam volutantur, nec hunc in locum nisi multis exagitati saeculis revertuntur. Ps. Apul. Asci. 28 Cum fuerit animae e corpore facta discessio, tunc arbitrium examenque meriti eius transiet in summi daemonis potestatem, isque eam cum piam iustamque peruiderit, in sibi competentibus locis manere permit­ tit; sin autem delictorum illitam maculis uitiisque oblitam uiderit, desuper ad ima deturbans procellis turbinibusque aeris, ignis et aquae saepe discordantibus tradit, ut inter caelum et terram mundanis fluctibus in diuersa semper aeternis poenis agitata rapiatur, ut in hoc animae obsit aeternitas, quod sit immortali sententia aeterno supplicio subiugata. 13 Cic. cons. frg. 22 V itelli = Lact. inst. 3,19,5f. 14 Tert. anim. 54 ( « SVF II 814): (1) Quo igitur deducetur anima, iam hinc reddi­

mus. Omnes ferme philosophi, qui immortalitatem animae, qualiter uolunt, tamen uindicant, [...], quique aliquod illi tempus indulgent ab excessu usque in conflagra­ tionem uniuersitatis, ut Stoici, suas solas, id est sapientium, animas in supernis mansionibus collocant. (2) [...] Itaque apud illum [sc. Platonem] in aetherem sub­ limantur animae sapientes, apud Arium in aerem, apud Stoicos sub lunam. (3) Quos quidem miror, quod imprudentes animas circa terram prosternant, cum illas a sapientibus multo superioribus erudiri affirment. Ubi erit scholae regio in tanta distantia deuersoriorum? qua ratione discipulae ad magistras conuentabunt tanto discrimine inuicem absentes? quis autem illis postumae eruditionis usus ac fructus iamiam conflagratione perituris? (4) reliquas animas ad inferos deiciunt. 15 Sen. dial. 6,23,1 minimum enim faecis pondus traxerunt zu § 9 quendem fucum trahant; 25,1 inhaerentia uitia zu § 9 labes [...] inhaeserit; epist. 76,25 solutae corporibus animae manent zu § 8 animas hominum permanere.

20,8

511

Unsterblichkeit (§ 9 m e d ia m [ ...] n a tu ra m .) besitze, stamme aus Arnobius, sei aber auch von Seneca angestoßen. Freilich setzt D o i g n o n s Deutung eine Quellenbenutzung voraus, die in ihrer Komplexität kaum mehr sicher zu belegen ist. Auch ist die Vorstel­ lung, dass die Seelen der Verstorbenen an einen Ort der Strafe oder Beloh­ nung gelangen, allgemein verbreitet (vgl. Cic. Phil. 14,32; Sen. epist. 117,6 etc.) und muss nicht auf eine bestimmte Quelle zurückgeführt werden. Zu­ dem hegt eine andere Erklärung für den Verweis auf die Stoiker näher als diejenige über Tertullian und Arnobius16: Wahrscheinlich glaubt Laktanz, dass Vergil an der zitierten Stehe und überhaupt in Unterweltsschilderung und Anchisesrede stoische Positionen wiedergebe.17 Dafür sprechen folgen­ de Beobachtungen: (1) Der Anschluss in § 10 besagt ausdrücklich, dass auch Vergil in seinen Worten aus der Anchisesrede nichts anderes als die gerade zusammengefasste stoische s e n te n tia wiedergebe. Erst nach dem Vergilzitat (§ 11) folgt die Bewertung der angeblich stoischen Aussage, das Vergilzitat gehört ausdrücklich dazu. (2) In der Darstellung der stoischen Lehre (§§ 8f.) klingt Vergils Unterweltsschilderung, die Anchisesrede an, aus der Laktanz § 10 auch zitiert:18 §§ 8f.

Verg. Aen. 6

8 [sc. a n i m a s ] bea ta s a d se d e m c a e ­

730 i g n e u s e s t o llis u i g o r e t c a e le s tis

le s te m , u n d e illis o rig o s it,

o rig o / s e m i n i b u s

re m ea re uel in

cam pos qu osdam f o r ­

tu n a to s r a p i

f o r tu n a to r u m n e m o r u m s e ­ desque b e a ta s . / l a r g i o r h ic ca m p o s

639f.

a e th e r et lu m in e u e stit.

9 [...]

in elu ib ilem q u e n d a m f u c u m

trah an t

labem que te r r e n a m

741 i n f e c t u m e lu itu r s c e lu s 731 terren iq u e h e b e t a n t a r t u s 746 c o n c r e t a m [ . . . ] la b em

Wichtige Elemente der von ihm wiedergegebenen angeblich stoischen Leh­ re, nämlich das unterschiedliche Schicksal der Seelen19 und der Gedanke 16 Waszink (48*) sieht keine Indizien für eine Benutzung von Tertullians D e a n i­ m a durch Laktanz, ebenso van Rooijen-Dijkman 83. Zur Frage, ob Laktanz die Apologie seines Lehrers Arnobius kannte, siehe oben 4 mit Anm. 11. 17 K napp in diesem Sinn auch S etaioli 44 Anm. 256. Ü berhaupt muss die Vergilbe­ nützung hier nicht als „ r e tr a c t a tio “ (Doignon P l a c i t u m 51) derjenigen des Arno­ bius erklärt werden: Zum einen kennt Laktanz den Klassiker natürlich selbst, zum anderen benützt auch schon (falsch daher Doignon P l a c i t u m 50: ,,[L]es premiers indices s’en [sc. von der Rezeption des Strafortes in der vergilischen Unterwelt, S.F.] trouvent chez Arnobe.“) Minucius Felix, den Laktanz kennt (5,1,22), die vergilische Unterweltsschilderung (35,lf., dazu Freund Vergil 164-168). Siehe aber unten zu 20,8 ad s e d e m . . .

18 Auf diese Parallelen verweist auch D o i g n o n ( P l a c i t u m 52). 19 Vgl. den Hinweis der Sibylle am Scheideweg zwischen Elysium und T artarus Aen. 6,540-543, daraus zitiert Laktanz 6,3,6 und 6,4,1.

K om m entar

von der Beeinträchtigung der Seelen durch den Kontakt mit dem irdischen Körper20, sind in der Anchisesrede enthalten. (3) Laktanz zieht 3,4f. den Anfang der Anchisesrede (Aen. 6,726f.) als einzigen Beleg für den stoi­ schen Pantheismus heran; er sieht also offenbar die gesamte Anchisesrede als Wiedergabe stoischer Gedanken und gewinnt vielleicht hauptsächlich aus dieser die mit eigenen Worten wiedergegebene und den Stoikern zuge­ schriebene Lehre. (4) In den erhaltenen antiken Kommentaren wird zwar die Vergilpassage nicht mit stoischer Lehre in Verbindung gebracht,21 doch besagt das nichts für die Laktanz bekannten älteren Erklärungstraditionen, die das Problem der unsterblichen, aber leidensfähigen Seele und seine Lö­ sung auch fälschlich oder missverständlich in Zusammenhang mit stoischer Lehre, die sich in der Anchisesrede niederschlägt, gebracht haben könnte. Spezifisch stoisches Denken gibt das angebliche Zitat jedenfalls nicht wie­ der.22 20,8 animas [...] hom inum permanere: Vgl. Cic. Tusc. 1,18 qui d is c e ­ dere a n im u m in m o r te c e n se n t, a lii diu p e r m a n e r e , a lii s e m p e r (ThLL IX,1 1527,7ff.). puras: Vgl. 22,8; 3,12,3.25. impatibiles: 2,8,38 ( n o n

ergo deu s ex m a te r ia , quia se n su p r a e d itu m ex in se n sib ili, s a p ie n s ex b ru to , im p a tib ile de p a tib ili, ex p ers c o rp o ris de c o rp o ­ rali n u m q u a m p o te s t o riri, se d m a te r ia p o tiu s ex deo e s t.) und hier erstmals aktivisch als Antonym zu p a tib ilis (20,7; 21,2): ,unfähig zu leideiü (ThLL

VII,1 595,76ff.). P e r r i n (L ’h o m m e 527-529) sieht insofern eine Kühnheit in diesem Wortgebrauch, als 21,2 die Seelen grundsätzlich als p a tib ile s [ ...] deo bezeichnet sind und die folgende Aussage m ir is fr u a n tu r u o lu p ta tibus dem im stoischen Denken eigentlich nahe liegenden Verständnis von im p a tib ilis als απαθής widerspricht. ad sedem caelestem . . . remeare: Zur Rückkehr der Seele zu ihrem göttlichen Ursprung siehe oben zu 8,6 o rig o a n im i , zu den Quellen oben zu 8,2-6; zur Formulierung a d se d e m rem ea re Arnob. nat. 2,13 über die Verstorbenen: u o b is [ ...] a d se d e s re m e a n tib u s p a tr ia s (nach D o i g n o n P la ­ c itu m 51 Anm. 42 ein Indiz für die Benutzung des Arnobius, vgl. aber die nicht übertragene Verwendung der Junktur Lucan. 1,690 p a tr ia e se d e s re ­ m e a m u s in u r b is ; Tac. ann. 14,25,2 p a tr ia s in s e d e s ; Arnob. nat. 2,33 in 20 Aen. 6,730-732. Zum stoischen Gedankengut darin beispielsweise A u s t i n 223. 21 So D o i g n o n (Placitum 45f.) über Servius und Schol. Lucan. B 9,1, wo Aen. 6,736740 zitiert wird. 22 So hält H o v e n , da die Stoiker „rejetaient la croyance en un Hades Souterrain“ (78), das ganze Zitat für „fort suspect“ (77 Anm. 3). Ohne nähere Begründung und in der falschen Annahme, dass 20,8-10 und 7,13 zusammengehören, geht B r e n a hingegen von einer authentischen W iedergabe stoischer Gedanken aus.

20,9

513

p r o p r ia m s e d e m ;

Amm. 17,13,34 d e s tin a ta s [ ...] a d s e d e s ; zu den Diffe­ renzen zwischen Laktanz und Arnobius in der Seelenlehre H. K o c h , Z u Arnobius und Lactantius, Philologus 80 [1925] 467-472, hier 470f.). in cam p os qu osdam fortunatos: Der Ausdruck c a m p i f o r tu n a ti ist nur

hier belegt, q u o sd a m weist auf eine Laktanz bewusste Unschärfe in der Formulierung. C a m p i geht wohl zurück auf die c a m p i E ly s ii (6,4,1 vor einem Zitat von Verg. Aen. 6,542f.; vgl. Aug. civ. 10,30 P la to n ic e u id etu r d ix isse V ergilius in ca m p o s E ly s io s p u rg a ta s a n im a s m i s s a s ), f o r tu n a ti auf Verg. Aen. 6,639f. a m o e n a u ire c ta / f o r tu n a to r u m n e m o r u m sed esq u e beatas (vgl. Apul. Piat. 2,23 a n im a m f o r tu n a to r u m h a b itu ra m lo c a ; Prob. Verg. georg. l,36ff. quos [se. c a m p o s] a lii p u ta n t e sse fo r tu n a to r u m ; ThLL VI, 1 1197,25-46), zwei Bezeichnungen für die Gefilde der Seligen in Vergils Unterwelt, die hier offenbar im Hintergrund steht (vgl. oben 511). m iris u olu p tatib u s: Während u o lu p ta s sonst bei Laktanz (etwa 5,23;

12,15), ebenso wie bei Tertullian und Arnobius, negativ konnotiert und auf sinnliche Lust (vgl. 6,20,Iff.; verbindet den Menschen mit dem Tier 3,8,26; 3,11,6) bezogen ist, spricht er hier von der u o lu p ta s im himmli­ schen Paradies, so auch Cypr. mortal. 26 qu alis illic c a e le stiu m reg n o ru m u o lu p ta s sin e tim o r e m o r ie n d i e t cu m a e te r n ita te u iu e n d i qu am su m m a e t p e rp e tu a fe lic ita s ! Demetr. 26; epist. 58,10,1; vgl. Clem. str. 4,5; 7,11;

Eus. l.C. 6 (zu den noch uneinheitlichen Paradies Vorstellungen im frühen Christentum A m AT 390L). Zum angeblich stoischen Charakter der Aussage stehen die u o lu p ta te s in Widerspruch ( P e r r i n L ’k o m m e 528). 20,9 im piorum : Für Isaeus’ Konjektur im p io r u m spricht, dass 20,8 das

erste Glied der Antithese se d (sc. a n im a e ) eo ru m lautet, dass sich das im p i­ os der Handschriften gut daraus (schlechter aus H e u m a n n s und B r a n d t s im p ia s ) erklärt, dass die Junktur (im ) p ia a n im a bei Laktanz nicht belegt ist, schließlich die Parallelen: 2,1 p io r u m a n im is a d b ea ta m u ita m reu ocat i s ; 22,8 red iu iu a s iu s to r u m a n im a s (vgl. a n im a e h o m in u m (16,12; 20,8; 27,1; 6,3,5; 6,11,19; m o r tu o r u m a n im a s 2,2,6). se m alis cu p id ita tib u s inquinauerint: M a la c u p id ita s wie 3,23,5; 6,5,9;

mort. pers. 8,6, vorher Ter. Haut. 208, vgl. ThLL IV 1418,35f.; zu in q u in a re vgl. 6,23,36 c o n s c ie n tia m c u p id ita s in q u in a u it ; Cic. Tuse. 1,72 qui [ ...] se to to s lib id in ib u s d e d isse n t, quibus ca eca ti [ ...] fla g itiis se in q u in a u is s e n t ; ThLL VII,1 1812,80ff. m ed iam quandam [...] inter im m ortalem m ortalem q u e naturam :

(P la c itu m 50f.) sieht einen Zusammenhang mit der Lehre des Arnobius von der m e d ie ta s der Seele, ihrer Stellung zwischen Sterblichkeit und Unsterblichkeit (nat. 2,14.31.35; K a r p p 173f.; C. B u r g e r , Die theo­ logischen Positionen des älteren Arnobius, Diss. masch. Heidelberg 1970, D o ig n o n

K om m entar

65-67; die Konformität dieser Anschauung mit christlicher Lehre betonen neuerdings B. A m a t a , Problemi di antropologia arnobiana, Roma 1984, 13-104 und Löw 83). Doch wäre nicht einzusehen, warum Laktanz, der selbst die Unsterblichkeit der Seele vertritt und ihre Sterblichkeit bestreitet (etwa 10,1; 11,2; 12,1-32; 21,2; P e r r i n L ’h o m m e 334L), eine dem wider­ sprechende Anschauung des Arnobius hier als stoisch wiedergeben sollte. Wahrscheinlicher ist, dass er zur Verdeutlichung der wiedergegebenen Po­ sition die Formulierung von der Mittelstellung der Seele selbständig wählt. aliquid im b ecillita tis ex con tagion e carnis: Von einer Beeinflussung

der Seele durch den Körper spricht Laktanz auch 12,19 mit ähnlichen Wor­ ten: quia iu n c ta e s t a n i m a cu m copore [ ...] c o n t a g i o eiu s a e g re sc it e t i m ­ b e c i l l i t a s de s o c ie ta te fr a g ilita tis re d u n d a t ad m e n te m . Vgl. Cic. Tuse. 1,72 (über die Seelen der Gerechten) quibu squ e f u is s e t m in im a cu m c o rp o rib u s co n ta g io .

ineluibilem : ,Unabwaschbar‘, nur hier und ira 24,10 belegt (ThLL VII,1

1291,58fL). fucum : Hier erstmals für ,Befleckung‘, vgl. ThLL VI, 1 1462,32ff. lab em q u e terrenam : Die Junktur erscheint erstmals Min. Fel. 26,8 s p i­ r itu s [ ...] te r r e n is labibu s [ ...] d eg ra u a ti ThLL VII,2 771,66ff.), ira 5,7; 24,9. Siehe unten zu 21,4 labes te r r e n i co rp o ris.

bei Laktanz

extin gu ib iles: ,auslöschbar‘, selten, hier erstmals belegt, auch epit. 31,5

(ThLL V,2 1913,7ff.). cruciabiles: Nur hier bei Laktanz, erstmals im seltenen passivischen

(,quälbar‘) Gebrauch (ThLL IV 1217,62ff.). per corporis m acu lam , quae p ecca tis inusta: C o rp o ris ist Genitivus

subiectivus (,die vom Körper herrührende Befleckung^); m a c u la m in u rere für eine Sündenbefleckung wie 4,26,12; ira 24,10, vgl. ThLL VIII 26,39ff. 20.10 p oeta: Siehe oben zu 1,14 p o eta . quin . . . exp en d u n t: Verg. Aen. 6,735-740: Anchises erläutert seinem

Sohn Aeneas die künftige Wiedergeburt der nun in der Unterwelt befind­ lichen Seelen. 20.11 p ro p em o d u m uera: Die Einschränkung liegt darin, dass die See­

le zwar eine Bestrafung erfahren kann, aber dennoch unkörperlich ist, was Laktanz wiederum durch das folgende Vergilzitat untermauert; zum Wahr­ heitsgehalt der Dichtung nach Laktanz vgl. 22,4. diuortium : Bei Laktanz nur hier, für die Trennung der Seele vom Leib

in der christlichen Latinität seit Tert. anim. 7,3; vgl. ThLL V,1 1638,27ff.;

21,1

515

zur häufigen Dichotomie c o r p u s /a n im a Loi L a tta n z io 139 Anm. 194; zum Tod als Trennung von Leib und Seele oben zu 5,27 add. 12. ,par . . . som no6: Verg. Aen. 6,702. Vergil beschreibt, wie sich der Schat­ ten des Anchises den Versuchen des Aeneas entzieht, ihn zu berühren. spiritus: Siehe oben zu 3,11

s p ir itu m .

ipsa tenuitate incom prehensibilis: Zum Gedanken und zur Formulie­ rung vgl. 3,12,2 co rp u s quia so lid u m e s t e t c o m p re h e n sib ile , cu m so lid is e t co m p re h e n sib ilib u s c o n flig a t n ecesse e s t, a n im u s a u te m quia te n u is e s t e t in u isib ilis, cu m iis c o n g re d itu r h o stib u s qui u id e r i ta n g iq u e n o n p o s s u n t ; 2,14,14 s p ir itu s s u n t te n u e s e t in c o n p re h e n sib ile s . Siehe oben zu 4,12 te n u i e t co n p reh en sib ili.

corporales [...] com prehensibiles: Zum Begriffspaar ( i n ) co rp o ra lis c o m p r e h e n d e r e /( i n ) c o m p re h e n sib ilis vgl. 21,1; epit. 53,1 s ic u t co rp o ra lib u s co rp o ra lia , sic u tiq u e in c o rp o ra li in co rp o ra le sa c r ific iu m n e c e ssa riu m e s t ; opif. 16,11; Tert. anim. 6,5. Siehe auch oben zu 4,12 c o m p re h e n sib ili. cui subiacet posse omnia: Ungewöhnlich ist das unpersönliche su b ia cet a licu i mit Infititiv für: ,es gehört zu jemandes Weseff, ebenso ira 18,14 deo su b ia c e t cogitare sa p ere in te lle g e re p ro u id e re p r a e s ta r e (vgl. Tert. apol. 15,8 su b ia c e t in te lle g i). Sonst drückt Laktanz die Allmacht Gottes in Ver­ bindungen mit u irtu s aus, vgl. Loi L a tta n z io 70. 21,lf. D ie Erklärung für die Leidensfahigkeit der Seele: Laktanz legt den bereits aus dem vorausgehenden (20,11) Vergilzitat ent­ wickelten Gedanken zugrunde (§ 1 p r im u m e rg o )1, dass der Allmacht Got­ tes auch ein Umgang mit dem Unkörperlichen möglich ist, wie es sonst nur im Bereich des körperlichen Seins gedacht werden kann, und erklärt die Möglichkeit einer Bestrafung nun aus christlicher Perspektive (§1 d ic i­ m u s): Wie Engel und Dämonen, obwohl sie wie die Seele (20,11) unkörper­ liche Geistwesen ( s p ir itu s d e i , vgl. 4,8,6-9) sind,2 Gott fürchteten, weil sie seiner Strafgewalt unterlägen, so seien auch die als s p ir itu s existierenden (§ 2 in so lis s p ir itib u s u iu u n t) Seelen dem Zugriff des geistwesenhaften Gottes (§ 2 cui u irtu s ac sub s ta n tia s p ir ita lis e s t) ausgesetzt. Der Ver­ gleich mit Engeln und Dämonen kann, da er axiomatisch auf christliche Lehre aufbaut, nur illustrierende, nicht argumentative Funktion haben. Die entscheidende Begründung liegt in der Trennung von Materiellem und Immateriellem, wobei Laktanz Aussageformen aus der körperlichen Welt (§ 1 co m p reh en d ere , afficere, ca stig a re , to rq u ere, p u n ir e , § 2 tr a c ta b ilis ) 1 Primum weist nicht auf eine folgende Gliederung, sondern bezeichnet den Aus­ gangssatz der A rgum entation, vgl. ThLL X,2 1363,67ff. 2 Vgl. S c h n e w e i s 35-37 zur Anwendung des Begriffs spiritus auf menschliche Seele und Engel; 123-127 zu den Dämonen.

K om m entar

auf die unkörperliche überträgt, was den intendierten Gegensatz zwischen Materiellem und Immateriellem verwischt.3 Wie diese in körperlichen Ka­ tegorien gedachte Affizierung in der Unkörperlichkeit möglich ist, ist in den Augen des Laktanz nicht rational zu erklären, wie in e n a rra b ili qu odam m o ­ do (§ 1) und der Anschluss der folgenden Erläuterungen aus der Heiligen Schrift mit se d ta rn en (§ 3) zeigen. Ähnlich wie hier vergleicht Laktanz 4,8,6 die Herkunft des göttlichen Logos mit dem geistigen Sein der Engel und verweist auf die Offenbarung, da vernunftgemäße Erklärung unmög­ lich sei. Auffallend sind die wörtlichen Übereinstimmungen: p r i m u m nee s c ir i a quoqu am p o s s u n t nec e n a r r a r i opera d iu in a , s e d t a m e n s a n c t a e l i t t e r a e d o c e n t , in quibus ca u tu m e s t illu m d e i filiu m d ei e sse s e r m o n e m ite m q u e cete ro s a n g e l o s d e i s p i r i t u s esse. Das Erzittern von d a e m o n e s e t m in is tr i ta n ta e p o te s ta tis zieht Laktanz ira 23,13 als Indiz für das Furcht

und Gehorsam gebietende Wesen Gottes heran. 21.1 in c o rp o ra lia c o m p reh e n d at: Vgl. oben zu 20,11 ThLL VII,1 1025,6ff. angeli: Siehe oben zu 5,9

co rp o ra les

... ;

an gelos.

in e n a rra b ili [...] m odo: Wie 23,5; opif. 10,20; 11,15; vor Laktanz nicht belegte Junktur (vgl. ThLL VII,1 1293,29), dann vereinzelt, etwa Aug. serm. 26D(= 198 auctus),22. 21.2 quid ergo m iru m , si: Nachklassische Formel, auch 2,8,29; opif. 9,4; Val. Max. 5,1,1 ( m ir u m e s t ); Sen. nat. 1,5,11; Tert. apol. 39,14 etc. p a tib iles deo: Im prägnanten Dativus commodi deo (1,8,2; 4,18,33; 5,14,18; 5,17,14; vgl. oben zu 6,1 sim u s a e te r n u m deo regn u m und Min. Fel. 34,4 P la to [ ...] m u n d u m [ ...] a d d it [ ...] ip s i a r tific i deo so li e t so lu b i­ lem e t e sse m o r ta le m .) liegt, wie das Wieder aufgreifen der antithetischen Schlüsselbegriffe im m o r ta lis und p a tib ilis verdeutlicht, die Antwort auf die 20,7 aufgeworfene Frage, wie die unsterbliche Seele bestraft werden kön­ ne: Für Gott sind sie leidensfähig. Eine andere Erklärung gibt Tert. anim. 3 Nach V e r b e k e (469f.) verstehe Laktanz s p ir itu s stoisch-m aterialistisch, so dass sich nicht Immaterielles und Materielles, sondern Fein- und Grobstoffliches gegen­ über stünden. Dagegen wendet Loi ( L a tta n z io 155-161; bekräftigt und um wichtige terminologische Beobachtungen ergänzt von P e r r i n , L ’h o m m e 277-280) mit Recht ein: In Abgrenzung von der der soeben (20,7-11) zustim m end referierten stoischen Position stelle Laktanz nun die christliche Auffassung einer immateriellen Seele vor, die nach dem Tod von allem Irdischen befreit ist, vgl. 3,12,34 n on cadit e r ­ go in h o m i n e m beatitudo ilio m o d o quo p h ilo so p h i p u ta u e r u n t, sed ita cadit, n o n ut tu n c beatus sit, cu m u iu it in corpore, quod utique ut d is s o lu a tu r c o r r u m p i necesse est, sed tunc, cu m a n im a s o c ie ta te corporis liberata in solo s p ir itu uiuit. Die Uneindeutigkeit, auf die V e r b e k e hinweist, entsteht durch den facettenreichen s p i r i t u s - Begriff bei Laktanz (siehe oben zu 3,11 s p ir it u m ) und dadurch, dass er die

Im m aterialität der Seele terminologisch nicht eindeutig von deren Feinstofflichkeit abgrenzt, wie Stoa und Epikureismus sie lehren (siehe oben zu 4,12 te n u i).

21,3

517

24,2: Unsterblich ist die Seele wegen ihrer Göttlichkeit, leidensfähig ( p a s ­ sib ilis ) wegen ihres Geborenseins ( n a t i u i t a t i s ) . Zur Einordnung in beider Seelenlehre vgl. V e r b e k e 470. solid u m et con trectab ile: Dieselbe Junktur im selben gedanklichen Zu­

sammenhang 2,8,39

q u id q u id e s t e n im so lid o e t c o n tre c ta b ili corpore, a c c i­ p i t e x te r n a m u im ; quod a c c ip it u im , d isso lu b ile e s t; quod d isso lu itu r, in te r i­ bit. C o n tre c ta b ilis (,greifbar‘) erscheint nur an diesen Stellen bei Laktanz,

vorher nur Lucr. 4,660 (als Adverb ,mit einer Berührung^) und Tert. anim. 57,12 (ebenfalls neben s o lid u s , für die Wahrheit bereits erfolgter körperli­ cher Auferweckungen) belegt; vgl. ThLL IV 773,38ff. a solo deo tra cta b iles sunt: Die Präpositionalkonstruktion nach Ad­

jektiven auf

-b ilis ist ungewöhnlich (vgl. Rhet. Her. 3,4,7 la u d a b ile [ ...] ab [ ...] h o m in ib u s ; LHS II 97), hier steht sie wegen des Parallelismus zu a so lid is ... p a ti p o ss u n t.

spiritalis: also immateriell, der göttlichen Sphäre zugehörig; siehe auch

oben zu 15,19

s p ir ita li.

21,3—5 D ie Strafe im Feuer:

Unter Berufung auf die Heilige Schrift (§ 3 s a n c ta e litte r a e ) A erläutert Laktanz die Umstände der Bestrafung. Dabei stehen Besonderheiten des jenseitigen Fleisches (§3) und Feuers (§§ 3-5) im Mittelpunkt: Die Sünder erhielten ein besonderes Fleisch, um Qualen und insbesondere Feuer ausge­ setzt werden zu können (§ 3). Dieses Straffeuer (d iu in u s ig n is ) unterscheide sich vom gewöhnlichen Feuer dadurch, dass es keine Nahrung brauche, rein und flüssig sei (§ 4). Insbesondere könne es die Leiber der Sünder in dem Maße wieder herstellen, in dem es sie verzehre (§ 5). Die Aussage, dass die eschatologische Bestrafung der Sünder durch Feuer geschieht, ßndet sich allenthalben im alttestamentlichen, jüdisch-apokalyptischen und christli­ chen Schrifttum45, und zwar in zwei Ausprägungen: zum einen als einmalig die Frevler vernichtendes Feuer6 und zum anderen als feuriger Strafort7. Laktanz denkt hier, obwohl das Gericht an dieser Stelle noch etwas Punk­ tuelles und Ereignishaftes hat,8 an die dauerhafte Bestrafung und deren Möglichkeit. Eine entsprechende Antwort auf die in der apologetischen Praxis offenbar drängende Frage, wie man sich eine immerwährende Feu­ erstrafe physikalisch vorzustellen habe, bieten schon Tert. apol. 48,13-15 4 Gedacht ist wohl nicht an eine bestim m te Stelle, sondern an die Offenbarung ins­ gesamt, siehe oben zu 21,lf. 5 Belege bei B ö c h e r Licht 93f.; 102f.; 108. 6 Joel 3,3; Jes 66,15f.; 4 Es 13,10; Mt 3,13; 7,19; Joh 15,6; Hebr 10,27; Offb 1,16. 7 Jes 66,24; Jer 34,10; Mt 5,22; 18,9; ThLL VII,1 294,22ff. 8 Noch 20,1: Akt des Richtens; 21,6-8: im Feuer vollzieht sich auch das Richten; endgültiger Strafzustand erst 26,6f.

K om m entar

und Min. Fel. 35,3:9 Ausgehend von der stoischen Unterscheidung zwischen dem zerstörenden Feuer des alltäglichen Gebrauchs einerseits und dem mit Schaffenskraft, Seele und Vernunft begabten πυρ τεχνικόν10 andererseits er­ klären sie das Straffeuer nicht als ein übliches, sich durch Verbrennung von Materie nährendes, sondern als ein aus sich dauerhaftes, wie es in Blitzen und Vulkanen vorkomme. Dieses Feuer sei imstande, das an den Leibern der Sündern jeweils Verzehrte wiederherzustellen. Insbesondere zur Tertullianpassage sind auch begriffliche Übereinstimmungen zu erkennen (vgl. P e r r i n L ’k o m m e 529-531): Tert. apol. 48,13-15 13 Ideoque nec m o rs ia m ru r su s, ac r u r ­ su s re su rrectio , sed erim u s U dem , qui n u n c, nec a lii p o st, d ei q u id em cu lto res a pu d d eu m sem p e r, s u p e r in d u ti su b sta n tia p r o p r ia a e te r n ita tis ; p ro fa n i uero et qui n on in tegre ad deu m , in p o en a aeque iu gis ig n is, h aben tes ex ip sa n a tu r a eius, d iu in a sc ilic e t,

3-5

3 im p ii [ ...] r u r s u s carn e in d u ­ e n tu r [...].

4 d iu in u s [sc. ign is], [ ...] qu em labes [ ...] et fu m u s [ ...] cogit [ ...] ad c a e le ste m n a tu r a m [ ...] subu olare.

s u b m i n i s t r a t i o n e m in c o r r u p tib ilita tis .

4 [sc. ig n is] a e te r n u m pabu lu m s u b m in is tr a b it

14 N o u e ru n t et p h ilo so p h i d i u e r s i t a t e m arcan i et p u b lic i ig n is. I ta longe alius est,

3 n a tu ra [sc. ig n is] d iu e r s a est

qui u s u i h u m a n o , alius qui iu d ic io d ei a p ­ p a r e t [...]; n o n e n im a b s u m it quod exurit, sed du m erogat, r e p a ra t.

15 A deo m a n e n t m o n te s s e m p e r a rd e n te s [...]: hoc e r it te s tim o n iu m ig n is a e te r n i, hoc ex em p lu m iu gis iu d ic ii p o e n a m n u tr i­ en tis.

ab hoc n o stro , quo ad u ita e n eces­ s a ria u tim u r 4 q u a n tu m [ ...] a b s u m e t ta n tu m rep o n et

5 adu ret 3 ig n i sem p itern o 5 ig n is [...] a e te r n u m pabu lu m su b m in istra b it.

Die Übereinstimmungen sprechen dafür, dass Laktanz hier vor allem Tertullian ( v a n R o o i j e n - D i j k m a n 133f; P e r r i n L ’k o m m e 530: ihn und Minucius Felix) als Quelle verwendet hat. Er nimmt die folgenden Ver­ änderungen vor: (1) Während bei Tertullian vom Auferstehungsleib der Gottgefälligen und von der Feuerstrafe der Frevler die Rede ist, spricht Laktanz nur von den Frevlern und von deren besonderem Fleisch (§3 caro 9 Dass die Leiber der Sünder im Höllenfeuer erhalten bleiben (seruantur ) , lehrt bei­ spielsweise auch Cypr. Demetr. 24,1, doch gibt er keine nähere Erklärung. 10 SVF I 120; 171; II 774; 1021; 1027; 1133; 1134; Cic. nat. deor. 2,40f.; 57f.; Aug. civ. 8,5; S t e i n m e t z 538f. Zum πϋρ νοερόν siehe unten zu 21,5 et cremabit . ..

21,4

519

(2) Laktanz betont und be­ gründet ausdrücklich, dass es sich um flüssiges Feuer handle (§ 4 p u ru s ac liq u id u s e t in aqu ae m o d u m flu id u s ). Die Gleichsetzung des Straffeu­ ers mit vulkanischen Feuererscheinungen und Blitzen fehlt. (3) Laktanz ergänzt das Beispiel des Tityos (§ 5). - Ferner sprechen die Nähe zu Tertullian und die Tatsache, dass durch die Änderungen die Argumentation gezielt vertieft und darin für Laktanz typische Fragen (Problem der Kör­ perlichkeit, dualistischer Lösungsansatz; wahre Elemente im Mythos) an­ geschnitten werden, gegen einen prägenden bzw. unmittelbaren Einfluss iranisch-apokalyptischer Vorstellungen (siehe unten zu 21,6-8) an dieser Stelle. Das auffallende Interesse des Laktanz für die andauernde schmerzhafte Bestrafung der Frevler und Gottlosen könnte, abgesehen von der philoso­ phischen Frage nach der Leidensfähigkeit der Seele (vgl. 20,7), auch ange­ stoßen sein von eigenen Eindrücken aus der Verfolgungszeit. So schildert er detailliert die Hinrichtung von Christen unter Galerius, deren Feuertod durch Abwaschen des Gesichts mit kaltem Wasser verlängert wird (mort. pers. 21,7-11). [ ...] in so lu b ilis ac p e r m a n e n s in a e te r n u m ).

21.3 sanctae litterae: Siehe oben zu 7,9

d iu in a e litte ra e .

peccata [...] contraxerunt: Der erste Beleg für die später häußge Junktur, vgl. Ambr. Cain et Ab. 1,9,37; in psalm. 38,31,3; sacr. 2,6,17; ThLL IV 763,52ff. rursus carne induentur: Siehe oben zu 2,4

m o r ta li corpore in d u tu s.

superiecerit: Zum Ausdruck vgl. opif. 7,2

u iscera [ ...] su p e rie c ta p e lle

c o n tex it.

insolubilis: Nur hier bei Laktanz, seit Sen. benef. 4,12,1; vgl. ThLL VII,1 1935,27ff.; E g g e r 50f. perm anens in aeternum: Vgl. Vet. Lat. psalm. 111,9 (cod. 136) iu s titia eiu s p e r m a n e n s in a e te r n u m ; ThLL X,1 1526,23ff.; siehe auch oben zu 3,16 P la to ...

igni sempiterno: Zunächst in erläuternder Ergänzung zu c ru c ia tib u s wird hier deutlich, dass sich die Endzeitstrafen (20,6f. p o e n a ) durch Feuer voll­ ziehen. Die Junktur ist ciceronisch (nat. deor. 3,37; rep. 6,15; Catil. 4,18 für das Vestalische Feuer; ThLL VII,1 289,28ff.). 21.4 diuinus: Nicht als innere Charakterisierung des Feuers (,göttliches FeueP), sondern nur zur Klärung der Bezüge (,das Gott zu Gebote ste­ hende FeueP): In Antithese ( a t ille ) zum Alltagsfeuer ( ig n is n o s te r 21,3.4) ist ig n is d iu in u s das Mittel, durch das die Seelen vor Gott Strafe erfahren (vgl. 21,2 p a tib ile s [ ...] deo) .

K om m entar

purus ac liquidus et in aquae m odum fluidus: Lucr. 6,205 (6,349; vgl. 5,281; Verg. ecl. 6,33) erklärt Blitze als ig n is liq u id u s (vgl. ThLL VII,1 1485,28ff.). Die Vorstellung, dass das jenseitige Straffeuer flüssig sei, findet sich auch in der λίμνη τοϋ πυρός Offb 20,14f. (vgl. Offb 21,8; VAN R o o ije n D ijkm an 132f.), nach Dan 7,10 (Parallelen B ö c h e r L ic h t 94) geht ein ποταμός πυρός vom Thron des Endzeitrichters aus. sursum uersus urgetur . . . : Der Drang nach oben gehört seit Aristoteles zu den häufig angesprochenen Eigenschaften des Feuers, vgl. beispielswei­ se Aristot. cael. 296b (wegen seiner Leichtigkeit); SVF II 434; 991 (seinem Wesen nach ανωφερές); CH XIII 6; Ps. Apul. Asel. 2 ig n is so lu m , quod su r su m u e rsu s fe r tu r , u iu ific u m (mit C o lp e /H o lz h a u s e n I 255 Anm. 60); Sen. nat. 2,24,3; Amm. 33,5,14. Nach dem hier entwickelten Gedan­ kengang flackert das irdische Feuer deswegen nach oben, weil es sich von dem vergänglichen Gegenstand, von dem es sich ernährt (q u o t e n e t u r : ,ge4 und ,erhalten wird‘, vgl. OLD s.v. ten eo 13 und 15), und dem Rauch, der ihm begemischt ist, trennen will. Seiner eigentlichen c a e le stis n a tu ra (siehe auch oben zu 9,13f.) gemäß, der es auch wieder zustrebt, ist das Feuer unabhängig von Brennmaterial, frei von Rauch und flüssig. Somit ist das Feuer in der jenseitigen Welt (ille d iu in u s) die wahre Gestalt des irdischen ( n o s te r ) . Ähnliches (Trennung vom Vergänglichen, Streben zum himmlischen Ursprung) sagt Laktanz (4,12; 5,16f.; 6,2; 20,8f.) über die Seele. labes terreni corporis: Vgl. 27,2; Cypr. zel. 14 te r r e n i c o rp o ris in fe ­ s ta labes s p ir ita li u igore c a lc a n d a ; Min. Fel. 26,8; oben zu 20,9 labem qu e te rre n a m .

21,5 et crem abit . . . subm inistrabit: Das Feuer ersetzt stets das ver­ brannte Fleisch. Dies scheint dem über die Natur des Fleisches (21,3: es halte ohne Zerstörung dem ewigen Feuer stand) und des Feuers (21,4 p e r se ip s u m s e m p e r u iu it ac u ig e t sin e u llis a lim e n tis , hier dagegegen: sib i ip se p a b u lu m a lte rn u m s u b m in is tr a b it) Gesagten zu widersprechen. Es dürfte sich aber vielmehr um eine nähere Ausführung darüber handeln, warum das Fleisch unversehrt bleiben kann und das Feuer keiner fremden Nah­ rung bedarf. Jedenfalls tritt hier deutlicher die ursprünglich stoische, von den Christen aber in diesem Zusammenhang öfter herangezogene Vorstel­ lung eines unterscheidungsfähigen (πυρ νοερόν, vgl. SVF II 443; 806; 1050; Clem. ström. 7,34,4; protr. 4,53,3; Tert. Scap. 3,3; Min. Fel. 35,3; Aug. civ. 8,5; Serv. Aen. 6,746) und schöpferischen (πυρ τεχνικόν, siehe oben 518 mit Anm. 10) Feuers hervor, während das Fleisch keine Bedeutung mehr hat. pabulum subm inistrabit: Die Junktur ebenfalls übertragen 6,23,5 (u itiis ) und Sol. 32,9, dann etwa Ambr. exc. Sat. 1,45; vorher im Wortsinn Colum. 6,3,2.

21,6

521

quod poetae in uulturem T ityi transtulerunt: Dem Zeussohn Tityos hacken nach verbreiteter Überlieferung (seit Hom. Od. 11,576-581) zur Strafe für seine Annäherung an Leto in der Unterwelt zwei Geier (Hom. Od. 11,578 γϋπε) die stets nachwachsende Leber (oder das Herz: Apollod. 1,23 = 1,4,1) aus dem Leib, vgl. K. S c h e ru n g , ,Tityos‘, LIMC 8,1 (1997) 37-41. In der lateinischen Dichtung wird die Unterweltsqual des Tityos mehrfach erwähnt: Lukrez (3,984-994; von Serv. Aen. 6,596 neben Hör. carm. 3,4,77f. zitiert) gibt eine entmythisierende Deutung, bei den Elegi­ kern erscheint Tityos als Urbild des aus Liebe Gequälten (Prop. 2,20,31; Tib. 1,3,75; Ον. am. 3,12,25). Bezugspunkt hier ist die bekannteste und ausführlichste Schilderung Verg. Aen. 6,595-600 (P ich o n 218; M o n a t B i­ ble II 32 Anm. 173; C o u r c e lle P è r e s 28 Anm. 4; L e c te u r s 450); van R o o ijen -D ijk m an 134 denkt wegen des Plural p o e ta e an Vergil und Ovid, doch sagt der Plural, dass nicht die Vergilstelle im Besonderen, sondern das poetische Mythologumenon gemeint ist. Bei Vergil wird ein Geier er­ wähnt (Aen. 6,576; auch Sen. Phaedra 1233) und das Nachwachsen der Leber (Aen. 6,598 im m o r ta le ie c u r\ 6,600 nec fib ris requ ies d a tu r u lla re ­ n a tis ) her vor gehoben, auf das es Laktanz hier ankommt. M o n a t (B ib le I 57) sieht mit Recht einen Wechsel beziehungsweise eine Verengung der Perspektive: Während ansonsten die Bestrafung der Triebhaftigkeit des Tityos im Mittelpunkt der Rezeption und Auslegung steht, auch bezüglich der Leber (nach Serv. Aen. 6,596 der Sitz der lib id o ), geht es Laktanz nur um deren Nachwachsen, das als bekanntes mythologisches Detail in einer „pale transposition“ die Wirkung des Höllenfeuers illustrieren soll. Aller­ dings trägt neben den Zitaten aus dem sechsten Aeneisbuch 20,lOf. und 22,3.5.7.17 diese Bezugnahme dazu bei, die Unterweltsschilderung Vergils als paganen Verständnishintergrund der hier dargelegten christlichen Jenseitsvorstellungen präsent zu halten. sine ullo [...] detrim ento: Mit Genitiv wie Cic. Plane. 91; Nep. Hann. 5,2; Veil. 2,97,4. reuirescentium : Nur hier bei Laktanz, eigentlich ,wieder ergrünen ‘ oder , wieder erstarken ‘ (vgl. OLD s.v.), hier für den physischen Ersatz der ver­ brannten Körperteile. sensum doloris afficiet: Hier wie Cic. Verr. II 5,123; Arnob. nat. 2,14 ,fügt eine Schmerzempfindung zu‘, anders 20,9 s e n s u m d o lo ris a ttr ib u it (,verleiht die Fähigkeit zur Schmerzempfindung‘). 21,6f. Die Prüfung im Feuer: Der Gedankengang ist hier assoziativ: In den Erläuterungen zum Jenseits­ gericht (20,7 - 23,5), die als Exkurs die Schilderung des Endzeitablaufs unterbrechen, hat Laktanz zunächst das Strafleiden der gottlosen Seele im Feuer dargestellt (20,7 - 21,5). Nun kommt er auf die 20,6 erwähnten Ge-

K o m m e n ta r

rechten zurück: Sie werden nach dem Wägegericht im Feuer geprüft (§6 sed . . . e x a m in a b it.). Erst aus dem nächsten Satz (§ 6 tu m . . . re sp u a t.) wird klar, dass sowohl die für ungerecht als auch die für gerecht Befunde­ nen dem Feuer ausgesetzt werden, das aber nur die ersteren verbrennt, den letzteren aber nicht schaden.11 Schließlich (§ 7 ta n ta . . . te m p e r e t.) betont Laktanz, dass ille ig n is zwischen Gottlosen und Gerechten unterscheiden könne, u t im p io s u ra t, iu s tis te m p e r e t.12 Unklar ist, wie weit sich ille ig n is (§7) zurück bezieht. Es gibt dafür zwei Möglichkeiten: 1. Gemeint ist nur das ab § 6 eingeführte Prüfungsfeuer. Es ist vom Straffeuer (21,3-5) zu trennen, dessen Erläuterung mit 21,5 abge­ schlossen ist. Das Stichwort ig n is (§ 6) stellt lediglich die assoziative Anknüpfung dar. Die Darstellung springt zurück zum 20,6 erwähn­ ten Gericht. Das Straffeuer folgt für die Frevler im eschatologischen Ablauf - abweichend vom Text - auf die Feuerprobe und kommt in der Schilderung nicht mehr zur Sprache. 2. Gemeint ist das eine Feuer, von dessen Besonderheit seit 21,3 die Rede ist. Straf- und Prüfungsfeuer sind gemäß öfter belegten Vor­ stellungen im frühen Christentum (vgl. E d s m a n 200) dasselbe. Alle Seelen müssen dieses Feuer durchlaufen, für die der Frevler ist es schmerzhafte und andauernde Strafe, die der Gerechten werden da­ von nicht beeinträchtigt. Die vorhergehenden Ausführungen (20,7 21,5) sollten keine eigene Art von Feuer einführen, sondern erläutern, wie ein Feuer unsterbliche Seelen schmerzhaft strafen kann. Eine sichere Entscheidung ist nicht möglich. Anscheinend stehen zwei un­ terschiedliche Konzepte vom Jenseitsfeuer, nämlich als Straf- (siehe oben zu 21,3-5) und als Prüfungsfeuer, ohne wirkliche Verbindung nebenein­ ander. Zudem fällt auf, dass das Motiv vom Gericht durch Wägen (siehe oben zu 20,6 m a la opera . . . ) als drittes traditionelles Element nicht ganz stimmig13 und nur in vager14 zeitlicher Aufeinanderfolge angefügt ist. 11 Das einleitende tum (§ 6) ist epexegetisch: ,dabei‘(d. h. ,bei dieser Feuerprüfung‘). 12 Die Gedankenführung orientiert sich an Schlüsselbegriffen: (1) Etwas Göttliches ( aliquid dei) in den Unschuldigen wehrt die Kraft (uis ) der Flammen ab (§ 6). (2) Die Kraft (uis) der Unschuld ( innocentia ) wehrt das Feuer ab (§ 7). (3) Das Feuer ist unschädlich (innoxius) für die Unschuldigen, weil Gott ihm verliehen hat, die Frevler zu verbrennen und die Gerechten zu schonen (§ 7). 13 Der Relativsatz quorum peccata uel pondere uel numero praeualuerint greift das Wägemotiv auf (vgl. 20,6), der ihm syntaktisch parallele und inhaltlich oppositive quos autem plena iustitia et maturitas uitutis incoxerit (§6) hingegen basiert auf einer materialistisch dargestellten Feuerprobe. Ferner liegt im ersten Satzteil eine merkwürdige Katachrese vor durch die Vermischung von Wäge- und Feuermeta­ phorik: Diejenigen, deren Sünden überwiegen, erleiden (deswegen!) Verbrennungen. 14 Dass es sich um eine zeitliche Abfolge von Wägen und Feuerprüfung handelt, wird nicht ausdrücklich gesagt, geht aber aus der Vorzeitigkeit, mit der auf Gericht und Wägen Bezug genommen wird (§6 iudicauerit, praeualuerint), hervor.

21,6

523

Die hier erstmals bei Laktanz erwähnte Vorstellung von einer Prüfung im Feuer findet sich häufig im biblischen, apokalyptischen und christlichen Schrifttum,15 wo dafür öfter der Ausdruck δοκιμάζειν δια πυρός verwendet wird, der bei Laktanz als ig n i e x a m in a re (§ 6) erscheint. Eng verwandt sind die Motive vom Durchschreiten des jenseitigen Straffeuers, das den Gerech­ ten keinen Schaden zufügt,16 und von der Feuertaufe vor dem Eintritt ins Paradies17. Bei Laktanz fehlt, anders als bei vielen anderen, insbesondere den biblischen Zeugnissen für die Prüfung im Feuer, der Vergleich mit der Läuterung von Metall und somit jeder Aspekt der Reinigung der Seelen, wie er bei der Lehre vom Fegfeuer im Mittelpunkt steht.18 Die Prüfung 15 Ps 66(65 LXX),10 έδοκίμασας ήμάς, ο θεός, έπύρωσας ήμάς, ώς πυροϋται τό άργύριον. Weish 3,6; Sach 13,9 (den Sach 13,8f. entwickelten Gedanken, dass ein Drittel die Endzeit geläutert übersteht, gibt Laktanz 16,14 wieder); Jdt 8,27; eschatologisch: 1 Kor 3,13 έκαστου τό εργον οποίον έστιν τό πυρ δοκιμάσει. 15 εΐ τίνος τό εργον κατακαήσεται, ζημιωθήσεται, αυτός δε σωθήσεται, ούτως δε ώς διά πυρός. 1 Petr 1,7; or. Sib. 8,411; Hen(aeth) 52,1-9; Clem, ström. 6,11,86. Ein doppeltes Gericht durch Wä­ gung u n d Feuer wie bei Laktanz innerhalb eines eschatologischen Gesamtablaufs wird TestAbr A 12,13f. (F. S c h m i d t , Le Testament grec d ’Abraham. Introducti­ on, édition critique des deux recensions grecques, traduction, Tübingen 1986, 134) geschildert: καί ο μεν [se. άγγελος] προ προσώπου της τραπέζης ο τόν ζυγόν κατέχων έζύγιζεν τάς ψυχάς· καί ο πύρινος άγγελος, ο τό πυρ κατέχων, έδοκίμαζε διά πυρός τάς ψυχάς των ανθρώπων. Weitere Belege aus der apokalyptischen und patristischen Li­ teratur bei D.C. A l l i s o n , Testament of Abraham, Berlin/New York 2003, 270f. Nach Comm. apol. 995f. fällt bereits in der Endzeit Feuer vom Himmel, das die Gerechten verschont und die Frevler verbrennt. 16 So insbesondere or. Sib. 2,252-256. B r a n d t (II 257) nimmt diese Sibyllenpassage hier als Quelle an, allerdings wäre es die einzige Bezugnahme auf die ersten beiden Bücher (jüdisch, erstes vorchristliches Jahrhundert bis 70 n. Chr.: G a u g e r 439) bei Laktanz ( B r a n d t II 258). A. K u r f e s s , Oracula Sibyllina I/II, ZNW 40 (1941) 151-165, hier 162f. (vgl. K o n s t a n t i n 42f.), wertet die vorliegende Parallele (und einige weitere gemeinsame Endzeitmotive) als Indiz dafür, dass Laktanz das zweite Buch zwar nicht zitiert, aber gekannt habe. Doch fehlen bei Laktanz die für die­ se Vorstellung entscheidenden Bilder (,durchschreiten*, ,Feuerstrom‘ o.ä.). Weitere Belege im Testament des Isaak 5,24 (M. D e l c o r , Le Testament d ’Abraham. Intro­ duction, traduction du texte grec et commentaire de la recension grecque longue, suivi de la traduction des Testaments d ’Abraham, d ’Isaac et de Jacob d ’après les versions orientales, Leiden 1973, 202), in der Vision Esras 4-7.24.58 (Apocalypsis Esdrae, Apocalypsis Sedrach, Visio beati Esdrae, ed. O. W a h l , Leiden 1977, 49ff.; christlich, viertes Jahrhundert oder später) und bei R. B a u c k h a m , The Fate of the Dead. Studies on the Jewish and Christian Apocalypses, Leiden 1998, 320. 17 E d s m a n , v.a. 1-133: Im volkstümlichen und im heterodoxen Christentum, aber auch bei Origenes (dazu 1-15) gibt es die Vorstellung von einer endzeitlichen ,Taufe‘ im Feuer. Vgl. E. F l e i s c h h a c k , Fegfeuer. Die christlichen Vorstellungen vom Geschick der Verstorbenen geschichtlich dargestellt, Tübingen 1969, v.a. 27f.; E. K o c h , ,Fegfeuer‘, TRE 11 (1983) 69-78, v.a. 70; L e G o f f 72-78; M.P. C i c c a r e s e , La nascita del purgatorio, Annali di storia dell’esegesi 17 (2000) 133-150, v.a. 136138; A. M e r k t , Das Fegefeuer. Entstehung und Funktion einer Idee, Darmstadt 2005, 72-74. 18 Richtig etwa W o j t c z a k K o n c e p c j e 615. Daher kann man die Laktanzstelle nicht als Zeugnis für ein ,reinigendes Feuer‘ (so fälschlich G.L. M ü l l e r , LThK 3 [1995]

K o m m e n ta r

im Feuer bestätigt nur die ihm Wägegericht bereits gefällte Entscheidung und ist offensichtlich ein zum Stichwort ig n is aus der jüdisch-christlichen Tradition*19 übernommenes, aber im Endzeitablauf des Laktanz letztlich funktionsloses Element. 21,6 p ra e s trin g e n tu r: P r a e - (DPKS, die Lesart ist bei B r a n d t irrtüm­ lich nicht berücksichtigt) und p e r s tr in g e r e (HM) werden oft verwechselt (ThLL X,1 1755,57-59; X,2 940,29-31). Hier wäre einerseits eine Ver­ schreibung von p e r- zu p r a e - als Perseverationsfehler nach p r a e u a lu e r in t zu erklären, andererseits können von p r a e - sowohl p e r - als auch die B Lesart re- ausgegangen sein. Semantisch unterscheiden sich beide Varian­ ten kaum: Bei p e r s tr in g e r e (sonst nicht bei Laktanz) wäre von einem (oft negativ mit dem Aspekt der Verletzung konnotierten) ,berühren‘ auszu­ gehen (ThLL X,1 1755,74fr.): Die Seelen der Gerechten ,kommen mit dem Feuer in Berührung^ P r a e s tr in g e r e kann demgegenüber das bloße Touchieren bei einer Berührung implizieren (ThLL X,2 942,26ff.56ff.): Die Seelen , werden vom Feuer gestreift‘. Dieses Verb verwendet Laktanz zweimal in der üblichen (ThLL X,2 940,62ff.) Bedeutung ,blenden‘ (2,6,3 p u lc h ritu d o ac n ito r p r a e s tr in g it o c u lo s ; Entsprechung epit. 20,14). Für p r a e s tr in g e ­ re sprechen die bessere Bezeugung und die Tatsache, dass zum folgenden h a b en t e n im a liq u id in se d e i, quod u im fla m m a e re p e lla t ac r e s p u a t eine kurze, oberflächliche Berührung passt. quos . . . incoxerit: Das Gegenteil (die Seelen der Frevler sind durch den lange andauernden Kontakt mit dem Körper verunreinigt) sagt Lak­ tanz 12,9 und 20,9 (siehe oben 522 Anm. 13). Inkonzinn steht p le n a ius titia neben der Genitivkonstruktion m a tu r ita s u ir tu tis (,Vollendung der Tugend‘, vgl. ThLL VIII 494,17ff.). Die übertragene Verwendung von in ­ coquere für die dauerhafte Prägung der Seele ist ungewöhnlich (geläufig wäre im b u e re ) und vorher nur Pers. 2,74 ( in co cto g e n e ro su m p e c tu s h o n e ­ sto , K i s s e l 33: „die Brust vom Adel der Tugend durchglüht“) belegt (ThLL VII,1 1023,36ff.; K i s s e l 361L). Laktanz übernimmt den Sprachgebrauch des Persius, dessen Vers 2,74 er 2,4,11 zitiert und 6,2,12 parphrasiert. Doch während bei Persius das Bild des Färbens von Wolle hinter der Übertra­ gung steht (Pers. 2,65 c o x it ; K i s s e l 362-364), das bei Laktanz durch den Zusammenhang mit der Feuerprobe ausscheidet, liegt hier eine Assoziation ansprechen; mit angemessener Zurückhaltung ordnet sie L e G o f f ( 8 0 ) in die Entwicklung der Lehre vom Fegfeuer ein. 19 Parsische Vorstellungen von einem die Seele reinigenden Feuer üben sicher keinen direkten Einfluss auf Laktanz aus, insbesondere ist ein seit W i n d i s c h (26-31, siehe oben 67) vermuteter Einfluss des Hystaspesapokalypse auszuschließen. Das stoische πυρ φρόνιμον (siehe oben zu 21,5 e t c r e m a b i t . . . ), auf das M o n a t ( B i b l e I 5 7 ) verweist, steht sicher nicht im Zentrum des Darzustellenden, sondern fließt eher ins apologetische Kalkül ein. 1205)

21,7

525

mit der Verschmelzung oder Legierung von Metallen ( in coqu ere in diesem Sinn ThLL VII,1 1023,31ff.) näher. Andeutungsweise scheint also der bib­ lische Vergleich der Prüfung und Läuterung von Edelmetallen im Feuer (vgl. oben 523 Anm. 15) nachzuwirken. 21,7 innocentiae: Siehe oben zu 17,9

iu s titia p r o ic ie tu r

...

innoxius: ,ohne Schaden anzurichten‘ (wie epit. 67,5 lu pu s in te r p e c u d e s e rr a b it in n o x iu s , vgl. ThLL VII,1 1721,10ff.), von Feuer wie Verg. Aen. 2,683 ta c tu [ ...] in n o x ia [ ...] fla m m a . tem peret: Nur hier bei Laktanz erscheint te m p e ra re mit Dativ (,schonen‘; ciceronisch, vgl. OLD s.v. te m p e r ò 2b). Gegen das in einigen Handschriften überlieferte o b te m p e re t (aufgenommen Loi L a tta n z io 161) spricht dessen durchgängige Verwendung (3,15,9; 3,16,3.7 usw.) in der hier unpassenden Bedeutung , gehorchend Im späteren Latein verschwimmt zwar gelegentlich (ThLL IX,2 273,38; B l a i s e s .v . te m p e ro II 2) der Bedeutungsunterschied zwischen Kompositum und Simplex, aber kaum schon hier. nec tam en quisquam putet . . . faciat examen: Zum Modusgebrauch p u te t siehe oben zu 5,27 add. 1 N equ e n u n c a liq u is eo co n fu g ia t. Der vor­ weggenommene Irrtum (mit denselben Worten 6,12,4) leitet eine ergänzen­ de Klärung zur individuellen Eschatologie ein: Nach dem Tod warten alle Seelen in einem gemeinsamen Gefängnis auf das Weltgericht. Mit iu d ic a ri könnten zwei unterschiedliche Dinge gemeint sein: 1. Das allgemeine Gericht am Ende des sechsten Jahrtausends (20,5f.). In diesem Fall will Laktanz wohl eher die Aufmerksamkeit des Lesers auf die noch offen Frage lenken, was mit den Seelen der bis dahin Verstorbenen geschieht. Es wäre also zu verstehen: ,Man soll nicht meinen, dass das Gericht gleich nach dem Tod s ta tt fin de tz u ergän­ zen wäre: ,nur weil bislang über das Geschick der Seelen in dieser Zwischenzeit noch nichts gesagt wurdet 2. Eine vorläufige Art der Beurteilung (in moderner theologischer Ter­ minologie: das individuelle Gericht), in der die Entscheidung darüber getroffen wird, wo sich die Seele bis zur allgemeinen Auferstehung be­ finden werde. Tatsächlich wird im frühen Christentum öfter die An­ sicht vertreten, dass die Aufenthaltsorte der Seelen bis zum Jüngsten Tag nach Frevlern und Gerechten getrennt (so etwa Justin, dial. 5,3; Rufin. Orig, prine. 1 praef. 5) seien oder die Märtyrer (so etwa Tert. anim. 55,4 mit Pass. Perp. 13,8 und W a s z i n k 561f.; Cypr. epist. 31,3; 58,3; vgl. D a l e y E sc h a to lo g ie 118) bzw. alle Glaubenstreuen (Cypr. Fort. 12) direkt ins Paradies gelangten. Die Aussage würde also lauten: ,Man soll nicht meinen, dass gleich nach dem Tod eine Art von Beurteilung stattfindet‘, zu ergänzen wäre: , aufgrund derer sich bereits eine Einteilung der Seelen ergibt‘.

K om m entar

Für einen paganen Leser muss die erste Lösung näher liegen, da er nur von dem einen 20,5f. geschilderten Gericht wissen kann. Doch scheint Laktanz hier tatsächlich im Sinn der zweiten Lösung in einer innerchristlichen Diskussion Position zu beziehen. Denn im Folgenden ( o m n e s in u n a ... ) wendet er sich gegen die Vorstellung getrennter Aufenthaltsorte und spricht (wie etwa Iren. haer. 5,31,2) ausdrücklich von ein und demselben ,Gefäng­ nis ‘ für alle ( o m n e s in u n a c o m m u n iq u e c u s to d ia ). Dass die Seelen der Verstorbenen in einem ,Gefängnis‘ verweilen, wird 1 Petr 3,19 (έν φυλακή, vgl. Rufin. Orig, princ. 2,10,8) und (in Auslegung von Mt 5,25f.) Tert. anim. 58,8 ( c a re e r ) gesagt. Zur Formulierung te m p u s a d u e n ia t quo m a ­ x im u s iu d ex m e r ito r u m f a c ia t e x a m e n vgl. Cypr. epist. 58,10,1 d ie s [ ...] a d u e n ie t [...], cu m c o e p e rit p o p u lu m su u m d o m in u s recen sere e t d iu in a e c o g n itio n is e x a m in e sin g u lo ru m m e r ita recogn oscere.

iudex: Siehe oben zu 19,4

iu dex.

21.8 praem ium im m ortalitatis accipient: Siehe oben zu 13,2 tu m d ei . . . und zu 14,3 in fe rn a su p p lic ia . . .

a d cu l­

non resurgent: Gemeint ist die Auferstehung zum ewigen Leben, die Auferweckung aus dem Grab zum Gericht ist bereits erfolgt; siehe oben zu 20,1 su rg en t. cum impiis in easdem tenebras: Mit im p ii sind nun wieder wie 20,5 die erst gar nicht zum Gericht auferweckten Gottlosen gemeint. Dies wird aus ihrer Kontrastierung mit den im Gericht als Sünder entlarvten ( q u o ru m a u te m p ecca ta e t s e d e r a d e te c ta ) Christen (zu diesem Verständnis von 20,5 qm s u n t in re lig io n e d e i u e r s a ti siehe oben zu 20,5f.) deutlich, die noch 20.9 und 21,7 als im p ii bezeichnet wurden. Beide Gruppen könnten 20,3.5 gemeint sein. Dass jene Gottlosen sich in te n e b r is befinden, ist im Ablauf der Endzeitereignisse bislang eigentlich noch nicht gesagt worden. Lediglich 19,6f. war von der Verurteilung des Antichrist und der Gewaltherrscher die Rede, 20,5 davon, dass die im p ii nicht zum Gericht auferstehen. Laktanz knüpft hier aber offenbar an eine Vorstellung des Lesers von der finsteren Unterwelt an (vgl. 7,13), und natürlich müssen auch die Heiden irgendwo auf ihre endgültige Bestrafung (26,6f.) warten. ad certa supplicia destinati: Zur Formulierung siehe oben zu 1,25 a d a e te r n a su p p lic ia d e s tin a ti. Hinter der beiläufigen Andeutung steht offen­ bar die Lehre, dass für die Frevler jeweils bestimmte Jenseitsstrafen ( su p ­ p lic ia , zuletzt im Vergilzitat 20,9; christlich Tert. apol. 49,2; anim. 33,11; vgl. F i n e 97) vorgesehen sind; 26,7 spricht er nur von Feuer als Stra­ fe. Zu denken ist also wohl nicht an unterschiedliche Arten der Bestra­ fung, wie beispielsweise ApcPe 7-12 (äthiopischer Text; 21-34 griechischer Text, S c h n e e m e l c h e r II 570-574; vgl. B e r n s t e i n 283-287.299) ausge­ malt und etwa Bas. Is. 1,64; reg. br. 229 erwähnt, sondern unterschiedliche

22,1

527

Schwere, wie Aphrahat dem. 22,22 (P. B r u n s , Aphrahat, Unterweisungen II, Freiburg 1991, 515f.) ; Aug. civ. 21,16; enchir. 23,93 etc. 22,1—19 D ichterzeugnisse über Gericht und Auferstehung: Mit haec zurückweisend auf alle bisher angedeuteten Übereinstimmungen zwischen Christentum und Dichtung1 leitet Laktanz über zu einer Bezeu­ gung der Auferstehungslehre aus dichterisch-mythologischen Vorstellun­ gen. Im Zentrum der Argumentation steht, nach hinführender Begründung (§§ 1-4; vgl. § 6) und Beispiel für das Vorkommen von Einzel Wahrheiten in der Dichtung (§ 5), ein Vergilzitat (§ 7), das Laktanz zum einen als Testimonium für die Auferstehung deutet (§8) und von dem zum anderen die weitere Richtigstellung und Vertiefung ausgeht (§§ 9-19): I. Hinführung 1. Der Wahrheitsgehalt der Dichtung (§§ 1-4): Die Dichtung, die älteste literarische Gattung, hat entstellte Einzel Wahrheiten bewahrt. 2. Beispiel: die Unterweltsrichter (§5): Der wahre Kern des Mythos von Minos, Aiakos und Rhadamanthys ist, dass ein selbst sterblicher Gottessohn gerecht über die Toten richtet. 3. Wiederholung: entstellte Wahrheit in der Dichtung (§ 6) II. Vergilbeleg für den Auferstehungsglauben (§§ 7f.) Verg. Aen. 6,748-751 spricht von der Auferstehung zum Leben und von einer Periode von tausend Jahren, die aber falsch verstanden ist. III. Richtigstellungen (§§ 9-19) 1. Falsch ist die Vorstellung vom Trinken aus dem Lethestrom und der ständigen Rückkehr ins irdische Leben, statt dessen gibt es e in e Auferstehung am Ende der Zeit (§§ 9-17). (a) Erster möglicher Einwand, aufgrund dessen Vergil den Le­ thestrom eingefügt hat: ,Warum erinnert sich niemand an Geschehnisse aus dem früheren Leben?‘ (§ 9) (b) Richtigstellung (§§ 10-15): Die Christen, die kein Vergessen der Seelen lehren, müssen sich dementsprechend fragen las­ sen, warum man noch nie einen auferstandenen Menschen gesehen habe (§ 10). In eine so ungerechte und gewalttätige Zeit hinein, wie es die gegenwärtige ist, kann keine Aufer­ stehung erfolgen (§ 11-14), sondern erst, wenn am Ende der Zeiten das Böse beseitigt ist (§ 15).2 1 Vergilzitate über die Strafleiden der Seele (20,10), ihren Zustand nach der Trennung vom Körper (20,11), das Beispiel des Tityos (21,5), wohl die s u p p l i c i a 21,8. 2 Der Gedanke einer verdorbenen Welt, in die hinein ein Auferstandener nicht kom­ men möchte, lässt die christliche Richtigstellung (§§ 10-15) bruchlos in den zweiten angeblich von Vergil berücksichtigten Einwand (§§ 16f.) übergehen.

K o m m e n ta r

(c) Zweiter möglicher Einwand, aufgrund dessen Vergil den Le­ thestrom eingefügt hat: ,Warum sollte eine Seele, die das Leben in der irdischen Welt kennt, dorthin zurückkehren wollen?‘ (§§ 16f.). 2. Falsch ist die Vorstellung von der Auferstehung als Wiederge­ burt (§§ 173-19). Die Erwähnung Platons, der ganz in dichterisch-mythologischer Tradition stehend vorgeführt wird, leitet über zu den folgenden (23,1-3) Philoso­ phenbelegen. Argumentation und Gedankenführung beruhen auf der Benutzung dich­ terischer Zeugnisse. Dementsprechend schickt Laktanz grundsätzliche Über­ legungen zum Wahrheitsgehalt der Dichtung voraus (§§ 1-4):4 Wie öfter5 spricht er den p o e ta e Verlässlichkeit im sachlichen Kern (§4 ip sa r e s , vgl. 1,5,2; 1,11,23.29) einzelner Aussagen zu: Zwar kennten die Dichter nicht die ganze Wahrheit (§ 2 m y s te r iu m d iu in i s a c r a m e n ti n e s c ie b a n t , vgl. 1,5,2). Da aber immerhin in unsicherer Überlieferung (§§ 3.6 o p in io ) Spuren gött­ licher Offenbarung zu ihnen gelangt seien (§§ 1.6 a c c ip e r e ; a u d ita im Vergilzitat § 3),6 fänden sich bei den Dichtern einzelne Wahrheiten. Diese seien allerdings durch die poetische Ausgestaltung und Form ( p o e tic a li­ c e n tia § 6 wie 1,11,24; epit. 11,1; vgl. 1,21,29; § 2 in m o d u m c o m m e n tic ia e fa b u la e ) so entstellt, dass man sie nur bei richtigem Verständnis als sol­ che erkenne.7 Die folgende christliche Interpretation der Unterweltsrichter (§5) ist in erster Linie als Beispiel für das soeben geschilderte christliche Deutungsmuster für die Dichtung und nur in zweiter Linie als Beleg für eine Aussage der christlichen Eschatologie zu sehen. Denn zum einen ist dieses Zeugnis im Ablauf der Endzeitereignisse ein Nachtrag: Christus als Richter ist bereits in Kapitel 18 mit Zeugnissen vorbereitet und 19,4 einge­ führt. Zum anderen wird in § 6 nicht etwa die Untermauerung christlicher Lehre, sondern das Vorkommen christlicher Wahrheit in einem Mythologumenon als Ergebnis fest gehalten. Bei allen Erwähnungen der Dichtung im Allgemeinen ist aber stets in erster Linie an Vergil gedacht: So wird er zunächst (§3) exemplarisch für 3 Zur Überleitungsfunktion des Zitates siehe unten zu 22,17 o p a t e r . .. 4 Zum hinführenden Charakter der §§ 1-4 siehe auch unten zu 22,2 m e n t i o . .. 5 Vgl. insbesondere l,ll,23f.29f.34.; zudem l,5,2f.l4f.; 1,11,2; 1,19,5; 1,20,8; 2,10,12f.; 6,3,9. 6 1,5,14 geschieht diese Erkenntnis von Wahrem allerdings n a t u r a d u c e n t e . 7 Die kritische Anerkennung von Einzelwahrheiten ist das Grundprinzip des Laktanz im Umgang mit der Dichtung, so etwa 2,10,5f.; 6,3,9. Nach seiner Ansicht kann die Dichtung solche Erkenntnisspuren enthalten, weil sie Einsichten aus alter Zeit, vor dem Verlust von wahrer Gottesverehrung und Weisheit (4,4,2), bewahrt; vgl. M o ­ nat B i b l e I 56f.; 59; S w i f t G o l d e n A g e 145f.; M e s s m e r 21-23; G o u l o n C i t a t i o n s 147-152.

22,1

529

die Dichtung insgesamt zitiert, auch die Totenrichter evozieren die vergilische Unterwelt8. Dann (§§ 7-19) ist zwar durchweg von p o e ta e die Rede, aber die ausführlich besprochenen Zitate (§ 7 und § 17) stammen von Ver­ gil. Auch wenn die Aussage, dass Platon bezüglich der Wiedergeburt den Dichtern zu Unrecht vertraue (§ 19), zeigt, dass Laktanz durchaus an die poetische Tradition insgesamt denkt, wird als deren Repräsentant dennoch kein anderer Dichter als Vergil greifbar. Zwar weiß sich Laktanz in einer Vergil überlegenen Erkenntnissicher­ heit (§§ 2-4) und unterscheidet auf dieser Basis zwischen Wahrem und Irrtümlichem (§8) oder fälschlich Hinzugefügtem (§ 9). Insgesamt ist er aber bestrebt, Vergil soweit wie möglich als Zeugen für den christlichen Auferstehungsglauben zu präsentieren: Das Vergilzitat über die Auferste­ hung (§7) korrigiert Laktanz zwar zunächst (§8) und stellt ihm die christ­ liche Lehre gegenüber. Dann (§ 9 ita q u e p r a e te r a q u a m o b lu io n is u era s u n t c e te ra ) aber behauptet er eine dem gerade Gesagten eigentlich widerspre­ chende Übereinstimmung mit Vergil und reduziert die Diskrepanzen auf den Lethestrom. Dessen Deutung wird zum Leitmotiv der weiteren Argu­ mentation (§§ 9-17). Die Begründung, die Laktanz für Vergils Einfügung des Lethestroms gibt - Vergil wolle dem Einwand zu vor kommen, dass sich niemand an ein früheres Leben erinnere (§ 9) -, stellt ihn an die Seite der Christen, deren Auferstehungsglauben die pagane Welt mit Unglauben ge­ genübertritt, da es niemals Auferstandene gegeben habe (§ 10). Dies wird deutlich hervorgehoben durch die parallele Gegenüberstellung, die il li [sc. p o e ta e ] und n o s mit einer ähnlich ungläubigen ( quis u m q u a m ? und c u r erg o ? ) Frage konfrontiert zeigt: §9

5 10

ne quis illis opponeret: cur ergo n o n m e m in e r in t se aliquando uixisse aut qui fu e r in t aut quae g esser­ in t?

nobis [...] illud opponitur: to t ia m saecula tra n sieru n t: quis u m quam unus ab in feris resu rrexit, u t ex em pio eius fie ri posse credam us?

Die älteren Apologeten belegen zwar Jenseitsgericht und -strafen mit Zeugnissen aus der Dichtung, auch mit Verweisen auf die Unterweltsrich­ ter9, nicht aber die Auferstehung. Die auf Vergil basierende Argumentati­ on für den Auferstehungsglauben stammt von Laktanz selbst.10 Auf diese Weise begründet er auch die Lehre von der leiblichen Auferstehung, die in der Apologetik als paganem Denken fern stehend und besonders erklä8 Zur Belegung des Motivs siehe unten zu 22,5 i n d i c a r e a p u d i n f e r o s . .. 9 Siehe unten zu 22,5 i n d i c a r e a p u d i n f e r o s ... 10 Ähnlich B ryce 292-294, der von einer Entmythologisierung spricht; dass Laktanz diese lediglich „as a lover of poetry“ (293) anstrebe, greift aber zu kurz: Es geht ihm darum, in aller Ernsthaftigkeit die wahren Elemente in der paganen Vorstel­ lungswelt herauszuarbeiten und daran anzuknüpfen.

K o m m e n ta r

rangsbedürftig gilt11: Die ,Rückkehr in die Körper‘ ( r e u e r ti i n / a d c o rp o ra ) ist in zwei Vergilzitaten präsent,12 wird aber nicht näher diskutiert. Viel­ mehr gilt das Hauptaugenmerk den Aspekten, die Vergils Lehre von der Rückkehr der Seelen in die Körperlichkeit und die christliche Auferste­ hung unterscheiden, nämlich dem Zeitpunkt und den Umständen dieser Rückkehr (§ 18 ig n o ra b a n t [ ...] q u o m o d o a u t q u a n d o ): So stellt Laktanz klar, dass die Christen keine Rückkehr in die Welt mit ausgelöschter Er­ innerung an ein voriges Leben, sondern die einmalige Auferstehung am Ende der Zeiten (§ 15), und keine Wiedergeburt (§ 18) lehren. Die ar­ gumentativ entscheidende Übereinstimmung zwischen dem dichterischen, genauer gesagt vergilischen r e u e r ti i n / ad corpora und dem christlichen re ­ su rgere liegt dieser Diskussion implizit zugrunde und erscheint dadurch unanfechtbar. Die in der Apologetik geläufigen Argumente und die Beru­ fung auf Platon und Pythagoras folgt bei Laktanz erst auf die aus Vergil gewonnene Einführung des Auferstehungsgedankens.13 Vielleicht ist seine gesamte Gestaltung der Kapitel 22 und 23 als bewusste Neubearbeitung der apologetischen Begründung für die leibliche Auferstehung, insbeson­ dere derjenigen bei Minucius Felix (11,7-9; 34,6-10) zu sehen, die öfter anklingt14. 22,1 Figm enta haec esse poetarum quidam putant: Vgl. 7,13, wo Laktanz die Ansicht namentlich Epikur zuschreibt, dass Unterweltsgericht und -strafen eine Erfindung der Dichter seien. F ig m e n tu m p o e ta r u m er­ scheint auch 1,11,54; 2,10,8. Ein mögliches Misstrauen gegenüber dem Wahrheitsgehalt von Belegen aus der Dichtung setzt Laktanz aber öfter beim Leser voraus (1,6,6; 1,9,8; 1,11,24; 1,14,1; 1,16,4; 1,21,27.44). Vorbild ist hier Minucius Felix ( v a n R o o i j e n - D i j k m a n 134), der den Heiden Caecilius die mythologischen Beispiele auferweckter Toter aus der Dich­ tung ablehnen lässt (11,9): o m n ia is ta fig m e n ta m a le sa n a e o p in io n is e t in e p ta so la c ia a p o e tis fa lla c ib u s in d u lced in e c a rm in is lu sa a vo b is n i­

Nach Apg 17,32 scheiden sich die Geister der Zuhörer der Areopagrede am Stich­ wort άνάστασις, Unmut löst diese Lehre nach Apg 4,2 aus. In der Apologetik wird die leibliche Auferstehung öfter als paganem Denken unzugängliche Lehre ange­ sprochen, so etwa Tat. orat. 6,3; Athenag. leg. 36,3; res. 2-11; Tert. apol. 48,5 (vgl. resurr. 2,8); Min. Fel. 11,7; entsprechende pagane Zeugnisse: Lucian. Peregr. 13; Orig. c. Cels. 5,14; 7,32-36; Porph. Chr. 35; 93f.; vgl. N e s t l e 58-60; F ie dr o w i cz 269-271. Zu den verschiedenen argumentativen Strategien der christlichen Lite­ ratur, die Auferstehung darzustellen, vgl. W o l f s o n Im m ortality 74-103. - Dass diese Schwierigkeit in der Vermittlung auch der Anlass für die darstellerischen Be­ mühungen des Laktanz ist, arbeitet P e r r i n (Mort, v.a. 18f.) heraus. 12 § 7 rursus incipiant in corpora uelle reuerti (Verg. Aen. 6,751), § 17 iterumque ad tarda reuerti corpora (Verg. Aen. 6,720f.), § 16 in einer freien Wiedergabe als reuerti ad superos. § 13 übernimmt Laktanz reuerti [...] ad uitam neben resurgere. 13 Siehe auch unten zu 23,2 philosophi quoque. 14 Siehe unten zu 22,1 Figm enta . . . , 22,8 corporibus . . . , 22,10 tot iam saecula . . . 11

22,2 - 22,5

531

m ir u m credu lis in d e u m v e s tr u m tu r p ite r re fo r m a ta su n t. Vgl. Arnob. nat. 4,32 S ed p o e ta r u m , in q u iu n t, fig m e n ta s u n t h aec o m n ia e t a d u o lu p ta te m c o m p o sita e lu sio n es.

22.2 qui licet sint m ulto antiquiores

Vgl. 5,5,1

p o e ta e [ ...], qui p r io r e s m u lto fu e r u n t e t a n te n a tu m p h ilo so p h ia e n o m e n p ro sa p ie n tib u s h abeban tu r. Solche Gegenüberstellungen der Zeugnisse nach Gattungen

auch 1,8,8; epit. 7,1 (p o e ta e und

h is to r ic i ),

5,1,10 (p o e ta e und

o r a to r e s ).

m entio resurrectionis futurae: Hier sagt Laktanz, worum es in den allgemeinen Erwägungen zum Wahrheitsgehalt in der Dichtung geht: um dichterische Belege für die Auferstehung. Dass die Dichter die re su rre c tio lehren, war bisher noch nicht gesagt. Gedacht ist an die 22,7 zitierten und entsprechend gedeuteten Verse Vergils. Dort ist allerdings, wie Laktanz 22,15f. zeigt, nicht von einer zu k ü n ftig e n Auferstehung die Rede. m ysterium diuini sacramenti: Siehe oben zu 1,6 m y s te r iu m und zu 3,14 sa c r a m e n tu m . Die beiden Begriffe stehen als Synonyme nebeneinan­ der, zum Genitivus inhaerentiae hier Loi L a tta n z io 272 Anm. 182, als Erscheinung in der späten rhetorischen Prosa LHS II 63f. ; 794f. 22.3 opinionem: Hier wie 22,6; 26,10; 6,13,8; Min. Fel. 11,9 (siehe oben zu 22,1 F ig m e n ta . . . ) und öfter im philosophischen Sprachgebrauch für eine unzuverlässige allgemeine Anschauung (ThLL IX,2 716,65ff.). Maro: Für Vergil wie 22,7; 1,5,11; 1,13,12; 1,15,12; 5,10,3; epit. 3,4; auch Min. Fel. 19,2; daneben das in Prosa weiter verbreitete ( F r e u n d V ergil 136 Anm. 3) V ergiliu s 22,17; 3,29,8; 4,28,15; opif. 8,8; 18,11. sit mihi fas audita loqui: Verg. Aen. 6,266, passend aus der Einleitung zur Beschreibung der Unterwelt. Während bei Vergil der Schwerpunkt der Aussage auf fa s liegt, kommt es Laktanz auf a u d ita an (richtig M o n a t B ib le I 58): Dadurch wird der oben (22,lf.) angedeutete Überlieferungs­ prozess bestätigt, durch den als o p in io Einzel Wahrheiten bis zum Dichter gelangen konnten. 22.4 arcana: Siehe oben zu 6,2

arca n u m .

in parte [...] in parte: Für ,teils [...] teils‘ belegt ab Sen. epist. 83,27, vgl. ThLL X,1 458,78fìf. cum prophetis [...] consentiunt: Eine solche Übereinstimmung der Dichter mit den p r o p h e ta e (siehe oben zu 1,6 p r o p h e tis ) stellt Laktanz beispielsweise auch 23,5; 2,10,9 fest. 22.5 subest ratio: Auch Rhet. Her. 1,17,27; Curt. 4,14,19; Quint, inst. 9,3,6. prophetae assiduis contionibus praedicarent . . . filium dei: Die Aussage, dass der Gottessohn (siehe oben zu 18,3 filiu m d e i ) über die

K o m m e n ta r

Toten richten werde, sieht Laktanz zu Recht (siehe oben zu 19,4 iu d e x ) allenthalben in der Bibel (siehe oben zu 15,17 c o n tio n e s p r o p h e ta r u m ... ) belegt. annuntiatio: Hier wie epit. 68,1 , Ankündigung^, vgl. ThLL I 787,35ff. rectorem caeli: Als Gottesbezeichnung Sen. Thy. 1077; erweitert Plin. nat. 2,12 ( s id e r u m e tia m ip s o r u m caeliqu e r e c to r ) und in dem bei Laktanz (1,5,26) bewahrten Senecafragment 26 H a a s e ( re c to ris o rb is te r r a r u m ca e­ liq u e).

iudicare apud inferos Iouis filium tradiderunt . . . uel M inoem uel Aeacum uel Rhadamanthum: Laktanz sieht den über Toten rich­ tenden Gottessohn in Aiakos (zum Mythos und zur Ikonographie vgl. J. B o a r d m a n , LIMC 1,1 [1981] 311b), Minos (vgl. J. B a z a n t , LIMC 6,1 [1992] 570-574, v.a. 572) und Rhadamanthys (vgl. M. X a g o r a r i , LIMC 7,1 [1994] 626-628, v.a. 627, dort auch zu den Darstellungen aller drei Unterweltsrichter) angedeutet. Diese drei sind vor allem durch eine viel zitierte Platonstelle (Gorg. 523e-524a) im griechischen Raum als Söhne des Zeus und gerechte Richter in der Unterwelt bekannt.15 Die von Lak­ tanz wiedergegebene Begründung, warum nicht die göttlichen Zeussöhne Apoll, Liber oder Merkur, sondern die Sterblichen für das Amt der Un­ terweltsrichter in Frage kommen, ist bei Platon angedeutet (Gorg. 523e): τον κριτήν δει γυμνόν είναι, τεθνεώτα. In der lateinischen Literatur werden Minos, Rhadamanthys und Aiakos zusammen von Cicero (Tusc. 1,98)16, der aber keinen Bezug auf die Vaterschaft des Zeus nimmt, und Ovid (met. 9,435-437.440f.) erwähnt, wo sie nicht ausdrücklich als Unterweltsrichter Vorkommen. In Vergils Unterweltsschilderung erscheinen nur Minos (Aen. 6,432) und Rhadamanthys (6,566). - Worauf Laktanz sich hier stützt, ist nicht klar: Einerseits dürfte Platon indirekt einfließen, andererseits deutet er Vergil aus. Vielleicht liegt hier also eine (Laktanz schriftlich oder münd­ lich bekannte) Vergilerklärung zur Erwähnung des Minos oder Rhadaman­ thys vor, in der unter dem Einfluss der Gorgiasstelle (vgl. Tert. apol. 23,13 se c u n d u m c o n se n su m P la to n is e t p o e ta r u m ) die drei Unterweltsrichter zu­ sammen genannt und als (sterbliche) Söhne des Zeus bezeichnet waren. 15 Bezug auf diese Stelle nehmen Platoniker und Christen: Plut. mor. 121c f.; Justin. 1 apol. 8,4; Athenag. leg. 12,If.; Clem. ström. 5,9,58; Tert. apol. 23,13; 47,12; Porph. VP 22,53f. (vgl. 23,33); Elias in Porph. 33; Eus. PE 12,6,23 (vgl. 13,10,11). - Vgl. zu Aiakos, Minos und Rhadamanthys Demosth. or. 18,127 (häufig zitiert, etwa Lucian. Phal. 1,7. 16 Hier scheint sich Cicero, wie die Erwähnung des Triptolemos nahelegt, auf Plat, apol. 41a (also nicht auf die Gorgiasstelle) zu beziehen; vgl. Tusc. 1,10; off. 1,97 (nur Minos und Rhadamanthys). Jedenfalls scheint von Cicero nicht die entscheidene Anregung für Laktanz (vgl. van R o o i j e n - D i j k m a n 134f.) an dieser Stelle auszugehen.

22,6

533

Servius bezeugt eine solche Kommentierung zu Aen. 6,566 (vgl. zu 8,670): R h a d a m a n th u s M in o s A e a c u s filii I o v is e t E u ro p a e f u e r u n t: qui p o s te a f a c ti s u n t a p u d in fero s iu d ices.

Schon vor Laktanz nehmen die Christen in apologetischem Zusam­ menhang Bezug auf die mythischen Unterweltsrichter: Anknüpfend und das Übereinstimmende wie Laktanz abwägend setzt Justin (1 apol. 8,4), polemisch Athenagoras (leg. 12,lf.), Tatian (orat. 6,1; 25,2) und Tertullian (nat. 1,19,5; polemisch apol. 23,13, vgl. 47,12; spect. 30,4) das Gericht des Rhadamanthys und Minos in Beziehung zum Jenseitsgericht nach christ­ lichem Verständnis. Unter diesen nimmt allein Athenagoras auch auf die Vaterschaft des Zeus Bezug: Die drei Unterweltsrichter und ihr Vater Zeus selbst werden gerichtet werden. Nur Laktanz jedoch arbeitet gezielt die Gottessohnschaft des Jenseitsrichters als Parallele heraus. Darin liegt kein kleinlich-naives Weiterspinnen eines in der Apologetik vorgegebenen Ge­ dankens ( M o n a t B ib le I 58), sondern in der Sichtweise des Laktanz ein wichtiges religionsphänomenologisches Indiz für die Spuren der christlichen Wahrheit im paganen Denken. Ansonsten erwähnt Laktanz nur noch einmal im Zusammenhang mit einer anderen mythologischen Episode Minos (1,22,3) und als Richter Rha­ damanthys (3,20,17). 2 2 ,6 p o e t ic a lic e n tia : Der Ausdruck (vgl. ThLL VII,2 1356,14ff.) be­

zeichnet sowohl die größere sprachlich-stilistische Freiheit der Dichtung gegenüber der Kunstprosa (Quint, inst. 2,4,3; 4,1,58; vgl. Cic. de orat. 1,70; 3,153) als auch - und das meint Laktanz hier - die Möglichkeit dich­ terischer Fiktion, die zu sachlich unzutreffenden Aussagen führt (Colum. 9 ,2,2; Sen. nat. 2,44,1; Quint, inst. 2,4,18; Tert. nat. 2,7,9; adv. Marc. 1,3,1). Laktanz betont 1,11,24 (zur Bedeutung der Stelle vgl. W l o s o k R e s 517) und epit. 11,1, dass man die p o e tic a lic e n tia berücksichtigen müsse, um den wahren Kern dichterischer Aussagen zu erkennen. o p in io u e r ita te m . . . d is s ip a ta m m u ta u it: Für H e u m a n n s und Bü-

(z. St. 965) d is s ip a ta m (,die allgemeine Anschauung von der Wahrheit hat diese durch die Weitergabe und die uneinheitliche Ausdrucks­ weise verfälscht‘) sprechen 7,4 u e r ita te m s p a r sa m p e r sin g u lo s p e r se c ta sq u e d iffu sa m , 2,10,6 u e r ita s [ ...] u a riis se r m o n ib u s d is s ip a ta , ira 2,6 u e r ita te m [ ...] d is s ip a n t , die nahe liegende Haplographie (-m m u - ) und die sich er­ gebende geschlossene Wortstellung. Zwar ergibt sich so der seltenere Dispondeus (5,9 % statt katalektischer Dikretikus, 23,3 %, vgl. W o j t c z a k C icero 29), aber der Bezug von d is s ip a ta auf o p in io führt zu einem kaum sinnvollen Pleonasmus (die allgemeine Verbreitung der o p in io wird ausge­ führt), während eine Erklärung fehlt, wie es zur Entstellung der Wahrheit (um die geht es hier) kommt. NEMANNs

K o m m e n ta r

2 2 .7 n a m q u o d . . . c e c in e r u n t: Zur Syntax siehe oben zu 12,26 quod . . . ,

zu

can ere

(,dichten‘) siehe oben zu 18,1

cecin eru n t.

r u r su s ad u ita m r e s titu i: Die hier vorausgehende Paraphrase und die

fast wortgleiche 22,8 folgende ( r e s titu ti ru rsu s in u ita m ) lenken das Au­ genmerk auf die Entsprechungen zwischen Vergil und chistlichem Aufer­ stehungsglauben: R u rsu s erscheint im letzten Vers des folgenden Zitates. Mit iu s to s r e s titu a t a d u ita m beschreibt Laktanz 4,12,20 die Aufgabe des wiederkehrenden Christus. M a ro n e: Siehe oben zu 22,3 M aro. h a s o m n is . . . r e u e rti: Verg. Aen. 6,748-751, aus der Beschreibung der

Unterwelt. Die hier wiedergegebene Passage, der Schluss der kosmologi­ schen Anchisesrede (Verg. Aen. 6,724-751), beantwortet die unten (22,17) zitierte Frage des Aeneas. Die Verse werden auch Hier. adv. Rufin. 3,39 zitiert. L e th a e u m ad flu u iu m : Die Seelen trinken vor ihrer Rückkehr in die

Oberwelt aus dem Lethestrom, um die Ereignisse des früheren Lebens zu vergessen (vgl. Plat. rep. 621a). Laktanz spielt darauf bereits 3,18,16 (siehe unten zu 22,9 n e quis ... ) an. m ille r o ta m u o lu e r e p e r a n n o s: Das tausendjährige Warten der Seelen

auf ihre Wiedergeburt geht zurück auf Plat. Phdr. 249a f.; rep. 615a (vgl. A u s t i n 231); direkt auf Platon bezieht sich dafür Justin. 1 apol. 8,4. 2 2 .8 h a e c eo s r a tio fe fe llit . . . c u m d e o r eg n en t: Laktanz korrigiert

Vergil zunächst nur insofern, als dieser die tausend Jahre als Wartezeit nach dem individuellen Tod (p o s t m ille a n n o s m o r tis s u a e : Genitiv bei Zeitangaben, ausgehend von Wendungen wie p o s tr id ie eiu s d ie i nachklas­ sisch erweitert, wie Tac. ann. 1,62,1 se x tu m p o s t c la d is a n n u m ; vgl. E g g e r 48; LHS II 64) ansiedelt, und ergänzt ohne Hinweis auf die Diskrepanz zu Vergil die Teilhabe an der tausendjährigen Herrschaft (vgl. 24,15). Auch dass es bei Vergil um die Rückkehr der Seelen in die irdische Welt durch Wiedergeburt geht, lässt Laktanz durch das christliche re su rg e n t in den Hintergrund treten. c o r p o r ib u s in n o u a tis: Nach Min. Fel. 11,7 u e lle m ta m e n s c is c ita r i, u tru m n e cu m c o rp o rib u s, e t co rp o rib u s qu ibu s, ip s is n e an in n o u a tis re su rg a ­ tu r. Vgl. ThLL VII,1 1718,Uff. Zur Abhängigkeit von Minucius Felix siehe

oben 530 mit Anm. 14. ad s e m p ite r n a m b e a titu d in e m : Siehe oben zu 1,3 p r a e m iu m b e a titu d in is p e rp e tu a e .

s u s c ite t: Hier wie 23,1 a d regn u m u ita m q u e p e r p e tu a m , 24,3 ab in fe r is ,

27,1

a d u ita m lu cem q u e p e r p e tu a m

und epit. 67,3

a d a e te r n a m u ita m

für

535 die eschatologische Auferweckung, 4,18,4 für die Auferweckung Toter durch Jesus Christus; ferner erscheint das Wort in Bibelzitaten (über das Auf­ richten als erwählendes Handeln Gottes, etwa 4,12,8). Daneben steht die rectu s s t a t u s - Anthropologie 2,18,1 u icu m q u e ig itu r s a c r a m e n tu m h o m in is tu e r i ra tio n e m q u e n a tu ra e su a e n ititu r o b tin e re , ip se se ab h u m o s u s c ite t e t erecta m e n te ocu los su o s te n d a t in caelu m .

2 2 .9 p r a e te r a q u a m o b liu io n is u e r a su n t c e tera : Indem Laktanz das

Motiv vom Lethestrom (Verg. Aen. 6,749) isoliert und daran die eigent­ lich grundlegende Auseinandersetzung (einmalige eschatologische Aufer­ stehung, keine Wiedergeburt) anknüpft, kann er das Zitat insgesamt für wahr, also mit dem christlichen Auferstehungsglauben übereinstimmend erklären. q u a m fin x e r u n t: Nach Iren. haer. 2,33,2 habe Platon den Lethestrom

eingeführt, um zu erklären, warum sich die Seele nicht an ihre frühere Existenz erinnere. n e q u is . . . 2 2 ,1 0 cred a m u s: Siehe oben 529. Auf dem hier als Einwand

formulierten Gedanken basiert die Polemik gegen Pythagoras 3,18,16:

o

m ir a m e t sin g u la re m P y th a g o ra e m e m o r ia m e t o m is e r a m o b liu io n e m n o ­ s tr u m o m n iu m , qui n e s c ia m u s qui a n te f u e r im u s ! se d f o r ta s s e u el erro re aliquo u el g ra tia s i t effectu m , u t ille so lu s L e th a e u m g u rg ite m n o n a d tig e r it nec o b liu io n is a q u a m g u sta u e rit.

2 2 .1 0 a n im a s ad a lte r a m u ita m [...] r e d itu ra s: Mit a lte ra u ita ist

das Leben nach der Auferstehung, also die die ewige Seligkeit gemeint. Die Formulierung ist hier aber so gehalten, dass sie der bei Vergil vertretenen Wiedergeburt nicht zu widersprechen scheint und die Abgrenzung auf den Aspekt des Vergessene beschränkt werden kann. in e o d e m s e n s u ac figura: E o d e m se n su umschreibt die Kontinuität des

Bewusstseins, fig u ra die der individuellen Gestalt (ThLL VI,1 723,8ff), impliziert also die Leibhaftigkeit. Für die leibliche Auferstehung vermei­ det Laktanz das eigentlich dogmatisch einschlägige (ThLL III 485,36ff.; die Formel re su rre c tio c a rn is etwa Tert. praescr. 33,4; 36,5; Cypr. epist. 7 3 ,5,2) Stichwort ,Fleisch‘. Von caro spricht er nur 21,3, wo es um dessen Beschaffenheit geht, die eine Bestrafung ermöglicht. t o t ia m sa e c u la tr a n sie r u n t: q u is u m q u a m . . . : Der Einwand, dass

man noch keinen Auferstandenen gesehen habe, erscheint häufiger in der Apologetik, vgl. Justin. 1 apol. 19,3; Thphl. Ant. Autol. l,13,lf.; Orig. c. Cels. 2,16.55, vgl. 5,57f.; Comm. instr. l,24,15f. Laktanz folgt hier, jedoch ohne das gelehrte mythologische Beispiel (vgl. O g i l v i e 95), Min. Fel. 11,8 e t ta m e n ta n ta a e ta s a b iit, sa ecu la in n u m e ra flu x e r u n t: quis u n u s u llu s ab in fe ris u el P r o te s ila i s o r te re m e a u it, h o ra ru m s a lte m p e r m is s o c o m m e a tu ,

K o m m e n ta r u el u t ex em p lo c re d e re m u s?

Zur Abhängigkeit von Minucius Felix siehe

oben 530 mit Anm. 14. 22.11 hoc enim saeculo . . . proscriptionibus: Laktanz beschreibt zwei Kennzeichen der gegenwärtigen Ungerechtigkeit: (1) Menschen wer­ den ,durch offene Gewalt mit dem Schwert‘ ( u i fe r r o ) oder ,durch heim­ liche Intrige mit Gift£ ( in s id iis u e n e n is ) beseitigt (vgl. 1,20,25 c u p id ita te in u e n e n a e t in fe r r u m r u e n te ). Damit kann allgemein auf die Kämpfe um die Herrschaft im Reich angespielt sein, die seit dem Scheitern der zweiten Tetrarchie im Juli 306 ausgebrochen sind. Allerdings spricht Laktanz nur einmal vom Tod eines Kaisers durch Gift, nämlich mort. pers. 49,3 vom Selbstmord des Maximinus Daia. Es kann also auch an beliebige Morde (Giftmorde in diesem Zusammenhang epit. 56,5) im privaten Bereich ge­ dacht sein, die Laktanz als ein Indiz für die Ungerechtigkeit der Zeit wertet. (2) Die Menschen haben unter staatlichem Unrecht (willkürliche Folter, Gefängnisstrafen und Proskriptionen) und unter Armut zu leiden. Unter­ drückung und Verarmung durch staatliche Zwangsmaßnahmen beschreibt Laktanz für die Herrschaft des Diokletian (mort. pers. 7,3f.) und des Ga­ lerius (mort. pers. 15,5; 22,2). 22.12 iustitia inuisa . . . coguntur: Siehe auch oben zu 1,3 iu s titia m . Laktanz schildert die Christenverfolgung mit den auch sonst gebrauchten Wendungen: iu s titia in u isa wie 5,12,2; Hass auf die Christen (umschrieben mit qui d eu m sequ i u o lu n t , zu d e u m sequ i 1,1,19; 4,11,15; 4,25,7; 6,8,4; epit. 25,1) wie 5,1,6; 5,11,10 (siehe auch oben zu 17,9 iu s titia p r o ic ie tu r . . . ) ; Schmähungen wie 11,3 ( c o m tu m e liis [ ...] u e x a ti ); 5,22,10; grausame Fol­ terungen mit dem Ziel, zur Idolatrie zu zwingen wie 5,9,10 u e x a n t ergo e t e x q u isitis p o e n a r u m g e n e r ib u s e x c r u c i a n t p a ru m q u e h a b en t in te r ­ ficere quos o d e r u n t, n is i e tia m c r u d e lita s co rp o rib u s in lu d a t. Die Passage muss also während ( H e c k Z u sä tze 95f.; 145) oder unmittelbar nach ( v a n R o o i j e n - D i j k m a n 136: „nog verse herinnering“) der Verfolgungszeit ab­

gefasst sein. cultus manu factorum deorum: Siehe oben zu 19,9

n o n c o le n tu r . . .

22.13 resurgere aut reuerti [...] ad uitam: Siehe oben 530 Anm. 12. postlim inio: P o s tlim in iu m bezeichnet eigentlich die Wiedereinsetzung in einen früheren Rechtsstand bei einer Rückkehr (vgl. ThLL X,2 234,62ff.). Das Wort erscheint öfter im Zusammenhang mit der Rückkehr von Toten ins Leben: Apul. met. 2,28,1 redu cere [ ...] ab in fe ris s p ir itu m co rp u sq u e [ . . . ] p o s tlim in io m o r tis a n im a re (,nach der Heimkehr von den Toten‘); flor. 19,8 [sc. einen anscheinend Toten] u isp illo n u m m a n ib u s e x to r tu m u e lu t ab in fe ris p o s tlim in io d o m u m r e ttu lit e t [ ...] r e c r e a v it ; Tert. anim. 35,6 spricht in Abgrenzung von der Seelenwanderungslehre davon, dass der Prophet

537

22,14 - 22,18

Elija n o n ex p o s tlim in io u ita e , se d ex s u p p le m e n to p r o p h e tia e wiederkehren werde. Vgl. Zeno 1,1,5 m o r tu o r u m in p o s tlim in iu m u ita e a n im a s re d u c ta s in sp ira . Hier ist p o s tlim in io aber nur als adverbieller Ablativ (, wieder mit allen Rechten, in vollem Umfangt) gebraucht (vgl. ThLL X,2 236,38ff.). 22.14 se [...] conuerterent: Siehe oben zu 17,1 dei [...] religionem: Siehe oben zu 20,5

c o n u e rta t.

qui s u n t . . .

22.15 nec [...] iam ulterius: Pleonastisch wie Ov. met. 9,289f. nee ia m to le ra re labores / u lte riu s p o te r a m ; Diet. 4,22. Ähnlich 26,4 nec [ ...] ia m [ ...] a m p liu s wie episches nec ia m a m p liu s (Verg. Aen. 3,191.260 usw.); Diet. 2,12 neque a m p liu s r e s is ti ia m a p u d eos p o te r a t. Vgl. B Ü nem ann 967. resignata: (eigentlich: ,durch Entfernen des Siegels6) ,ungültig gemacht6 (vgl. OLD s.v. 1.; B laise s.v. 2.), so etwa 4,12,15; 4,26,13; Tert. paenit. 5,1; Flor. epit. 4,7,14.17 22.16 ne [...] m em ores animae reuerti ad superos recusarent: Para­ phrase zu den 22,7 zitierten Versen Verg. Aen. 6,750f. i m m e m o r e s s u p e r a u t con u exa r e u is a n t / ru rsu s e t in c ip ia n t in corpora u elle r e u e r t i .

22.17 o pater . . . cupido: Verg. Aen. 6,719-721, zur Einordnung siehe oben zu 22,7 h as o m n is . . . Ebenfalls im Zusammenhang mit der Kritik an der Vorstellung vom Lethestrom werden diese Verse zitiert Aug. civ. 10,30; serm. 241,5,5; vgl. S e t a i o l i 59f. Das Zitat hat doppelte Beleg- und somit eine Überleitungsfunktion: Zum einen formuliert und untermauert es den vorher angesprochenen Unwillen der Seelen, in die ihnen bekannte Welt zurückzukehren. Zum anderen verdeutlicht es insbesondere in ite ru m q u e a d ta rd a r e u e r ti / corpora, dass bei Vergil an eine Wiedergeburt gedacht ist. Von dieser Vorstellung grenzt Laktanz anschließend den christlichen Auferstehungsglauben ab. 22.18 renasci . . . reuolui . . . regredi: Hier erst spricht Laktanz aus, dass Vergils Vorstellung von der Rückkehr der Seelen in die Körperlichkeit, an die er 22,7-9 anknüpft, auf der Lehre von der Wiedergeburt beruht. Während in der Auseinandersetzung mit der Seelenwanderungslehre des 17 Wenn man den Übersetzungen folgt ( B o w e n / G a r n s e y 270 „to re-register a life expired“ ; F l e t c h e r I 275: „to have recalled the life which has run its course“ ; M o n a t Inst. IV 213: „avoir rappelé la vie qui était partie“; S a n c h e z S a l o r II 81: „devolver una vida ya acabada“ ; W i n g e r I 120: „ein abgelaufenes Leben zurückzu­ schenken“), müsste resignare 4,26,13 abweichend von den Belegen 22,15 und 4,12,5 ,erneut (durch Siegeln) zusprechen4, also ,wiedergeben4 oder ,erneuern4 bedeuten. Vielleicht ist jedoch von einer ab urbe condzia-Partizipialkonstruktion (LHS II 393f.) auszugehen und zu verstehen: „die Tatsache, dass das Leben abgelaufen ist, ungültig machen44.

K om m entar

Pythagoras (12,30f.; 23,3; 3,18,16; 3,19,19; epit. 63,9) die Polemik domi­ niert, erläutert Laktanz hier sachlich in einer Reihe dreier re-Komposita, die die Implikationen einer Wieder g e b ü rt schildern, die Schwierigkeit einer solchen Vorstellung. Ihre Entstehung ist mit der Unwissenheit ( ig n o ra b a n t , vgl. 22,2.6) der Dichter zu erklären. 22,19 unde: Nach Laktanz übernimmt Platon die bei Vergil repräsen­ tierte ältere dichterische Tradition. Dabei ist aber weniger an eine Quel­ lenbenutzung (so Löw 104 Anm. 371) zu denken als vielmehr an eine geistesgeschichtliche Entwicklung, in der die ursprüngliche Wahrheit im­ mer weiter in Vergessenheit gerät (vgl. 22,2). Der Zusammenhang, den Laktanz zwischen Platon und der poetischen Tradition herstellt, könnte ihm in einer platonisch beeinflussten Vergilauslegung bereits vorgegeben sein, vgl. S etaioli 126-128 mit Anm. 740. Siehe auch oben zu 3,5 u n de e s t illu d V erg ilia n u m .

Plato de anima disserens . . . ait: Der Beweis für die Unsterblichkeit der Seele aus ihrer Erinnerung (άνάμνησις) an früher Erlerntes findet sich bei Platon ausgeführt Men. 82b-86c und zusammengefasst Phd. 72e-73a (ειωθας θαμά λέγειν). Das im Menon geschilderte Experiment gibt Cice­ ro Tusc. 1,57 ausführlich, das Argument für die Unsterblichkeit aus dem Phaidon knapp Cato 78 (von Laktanz schon 8,5 benutzt) wieder, weswe­ gen man (so etwa K urfess P la to 388; P errin P la to n 220L; B ryce 124f.; vgl. O gilvie 80) in letztgenannter Stelle die nächst liegende Quelle für Laktanz annimmt, mit Recht: Cic. C at. 78 quod ia m p u e r i

§

cu m a rte s d ifficiles d is c a n t ita c e le r ite r res in n u m era b iles

a rrip ia n t, u t eas n o n tum p r im u m u id e a n tu r sed r e m in is c i et re c o rd a ri.

accipere

19

quod [sc. p u e r i] ea quae d is c a n t ita c e le r ite r ra p ia n t, u t n o n tunc p r im u m d iscere illa u i­ d e a n tu r sed reco g n o scere atqu e r e m in is c i.

Laktanz vereinfacht und verallgemeinert bei seiner leicht verkürzten Wie­ dergabe. Sein vorher eingeschobener Hinweis auf die leichte Auffassungs­ gabe von Kindern ( m o b ilia [ ...] in g e n ia e t a d p e r c ip ie n d u m f a c i l i a ) , der bei Cicero keine Entsprechung hat, legt eine natürliche Erklärung der Beobach­ tung nahe. Der Hinweis auf Platon unterstreicht die Bedeutung der älteren (22,2) dichterischen Aussagen über die Rückkehr der Seelen in die Körper­ lichkeit, an die Laktanz anknüpft: Auch Platon stehe in dieser Tradition, die noch einen Wahrheitskern bewahre, trage jedoch die Irrtümer weiter (Lethestrom, Seelenwanderung) und entwickle in diesem Zusammenhang die άνάμνησις-Lehre. In der apologetischen Tradition wird zum Beleg für

539

23,1 - 23,2

die christliche Auferstehungslehre auf ähnliche Ansätze bei Platon verwie­ sen. Dabei steht neben ihm der 23,2 genannte Pythagoras (Justin, dial. 5,6 - 6,1; Athenag. leg. 36,3; Thphl. Ant. Autol. 3,7,7-9; Tert. anim. 28,1; Min. Fel. 34,6), da es um die Entsprechungen und Unterschiede zwischen christ­ licher Auferstehung und Wiedergeburt geht, vgl. unten zu 23,2 p h ilo so p h i quoque.

uir sapiens: Siehe oben zu 1,6

P la to .

23.1 N on igitur . . . : Systematische Zusammenfassung der positiven Aus­ sagen und Abgrenzungen aus 22,9-18: resu rg en t et a deo corporibu s in d u e n tu r

s ta tt re n a sc i (vgl. 22,18)

p r io r is u ita e fa c to ru m q u e o m n iu m m e m o re s e ru n t

L ethestrom (vgl 22 9 16) ’ , ,, ... ... 17 . . .. s ta tt ständiger Rückkehr in die , , TT7 7J , Λ ΛrX schlechte W elt (vgl. 22,15)

in bonis ca elestib u s collo ca ti . . . deo g ra tia s

, 7 7, 7 agent, guod m alum omne deleuerit, guod eos , , ., ad regnum m tam que perpetuam su scita n t

corporibus induentur: Siehe oben zu 2,4

m o r ta li corpore in d u tu s.

praesenti deo: Formulierung und Vorstellung sowohl in der paganen (ThLL X.2 839,25ff.) als auch in der christlichen Latinität (839,55ff.). Die Gegenwart Gottes unter den Menschen gehört zur biblischen Vorstellung von (endzeitlicher) Erfüllung, so etwa Lev 26,llf.; Ez 37,27; Offb 21,3. m alum omne deleuerit: Wie 24,2 d e le u e r it in iu s titia m , zum Gebrauch von delere vgl. Cic. Verr. 149 tu r p itu d in e m a tq u e in fa m ia m d elere ac to lle re p o t e s t i s ; ThLL V,1 435,29ff. suscitarit: Zum Wort gebrauch siehe oben zu 22,8 siehe oben zu 1,25 u io la ru n t.

s u s c ite t ,

zur Kurzform

23.2 anastasi: Für die soeben umfassend definierte christliche Aufer­ stehung führt Laktanz den Fachausdruck ein. Die latinisierte Form zu άνάστασις (vgl. ThLL II 19,72ff.) erscheint auch 23,5 (zu resu rg ere und re su rre c tio siehe oben zu 11,1 re su rg a n t a n im a e ), vielleicht nach der Vetus Latina, jedenfalls lautet Offb 20,6 bei Victorin. Poetov. in apoc. 20,2 (zum Bibeltext des Victorinus D u la e y E x ég ète I 85-88): beatus e t sa n c tu s qui h a b et p a r te m in p r im a a n a sta se (vgl. Comm. instr. 1,44,1; apoi. 992). 23.2 philosophi quoque: Zur erläuternden Herleitung oder Abgrenzung der leiblichen Auferstehung zieht die christliche Apologetik öfter die Wie­ dergeburt slehre (Tert. nat. l,19,3f.; vgl. Orig. c. Cels. 7,32) bei Pythagoras (Tert. apol. 48,1-3) und Platon (siehe oben zu 22,19 P la to ... ) heran. Lak­ tanz, der sein Begründungskonzept auf die Dichtung aufbaut (siehe oben zu 22,1-19), hat in diesen Zusammenhang Platon bereits erwähnt (22,19).

K o m m e n ta r

Ergänzend setzt er sich nun kritisch mit der Metempsychose des Pythago­ ras auseinander (23,2) und verweist auf die stoische Wiederherstellung als Analogon (23,3). tam corrupte quam poetae: Zur Entstellung ( c o r r u m p e r e ) der Wahr­ heit durch die Dichter 22,4.6 Pythagoras: Siehe oben zu 8,7

P y th a g o ra s.

transire animas in noua corpora: T ra n sire in Zusammenfassungen der Seelenwanderungslehre des Pythagoras auch Sen. epist. 108,18; Hyg. fab. 112,3. Vgl. 3,19,19 (ebenfalls über Pythagoras) n ecesse n o n f u it u e te re s a n i m a s i n n o u a c o r p o r a in d u c e r e ; Min. Fel. 34,6 (über Pythagoras und Platon) a n i m a s u o lu n t [ ...] i n alia n o u a c o r p o r a sa e p iu s co m m ea re. ex hom inibus in pecudes et ex pecudibus in homines: Die See­ lenwanderung in Tiere kritisiert Laktanz an Pythagoras auch 12,30 (siehe oben zu m o d o in h o m in e . . . ) . se ipsum ex Euphorbum esse reparatum: Dass Pythagoras sich als Wiedergeburt des homerischen Helden Euphorbos (II. 16,806ff.) bezeich­ net, ist seit dem vierten Jahrhundert vielfach bezeugt (Heraclid. Pont, frg. 89 W e h r l i ; Call. frg. 191,49-63 P f e i f f e r ; DK 14,8; dazu R o h d e II 417-421; U. H ö f e r , RE VI, 1 [1907] 1173,23-42) und auch in Rom weit­ hin bekannt (Ov. met. 15,161 mit B ö m e r M e t. X I V - X V 300f.; Hyg. fab. 112,2f.). Es handelt sich also um Handbuch- ( v a n R o o i j e n - D i j k m a n 137) oder Allgemeinwissen. Tertullian nimmt ausführlich darauf Bezug (anim. 28,3-5; 31,3f.; 34,1; resurr. 1,5), Laktanz selbst auch 3,18,15; epit. 31,9. 23,3 Chrysippus: Den Stoiker Chrysipp von Soloi erwähnt Laktanz auch 1,5,20 (entsprechend epit. 4,3, nach Cic. nat. deor. 1,39; vgl. Min. Fel. 19,1 Of.); 1,6,9 (Varro-Fragment 56a C a r d a u n s ); 3,18,5 (entsprechend epit. 34,9, in einer Aufzählung von Selbstmördern); ira 10,36 (nach Cic. nat. de­ or. 2,16; 3,25, vgl. I n g r e m e a u C o lere 285b); epit. 24,4.6 (Zitat aus Περί πρόνοιας nach Gell. 7,1,1-6). Alle diese Stellen deuten auf eine nur indirekte Kenntnis hin. quem Cicero ait fulcire porticum Stoicorum: Das Wortspiel mit der Entsprechung von στοά und p o r tic u s (vgl. ThLL X,2 28,47fh; Pers. 3,54 mit K i s s e l z. St.) zitiert Laktanz aus Cic. ac. 2,75 C h r y s ip p u m , qui fu lc ire p u ta tu r p o r tic u m S to ic o ru m . Zur Bezeichnung Ciceros siehe oben zu 2,10 M a rcu s T ulliu s.

in libris quos de prouidentia scripsit . . . : Chrysipps vier Bücher umfassende Schrift περί προνοίας ist allgemein bekannt, vgl. K. H Ü l s e r , Die Fragmente zur Dialektik der Stoiker, Stuttgart I 1987. Laktanz zi­ tiert daraus aber nur hier und epit. 24,4.6 über Gell. 7,1,1-6, dürfte also

541

23,4

keine direkte Kenntnis des Werkes haben, vgl. F reund C h ry sip p 58-60. Die Angabe zum Zusammenhang de in n o u a tio n e m u n d i ( in n o u a tio bei Laktanz nur hier, ab Tertullian, vgl. ThLL VII,1 1715,3ff.; 47ff.) m u n d i ist wohl Übersetzung für die stoische αποκατάστασις τού παντός, die Wie­ derherstellung des Alls nach dem Weltenbrand (έκπύρωσις) und muss (in Übersetzung des Laktanz?) zusammen mit dem Zitat aus der anzunehmen­ den Zwischenquelle übernommen sein, da sie sich nicht aus dem Wortlaut ableiten lässt. haec intulit: Siehe oben zu 13,3

h aec in tu lit.

τούτου . . . σχήμα: Das Chrysipp-Zitat ist nur hier belegt (= SVF II 623 und 52 B L o n g / S e d l e y ; zum richtigen Wortlaut und ursprünglichen Zusammenhang F reund C h ry sip p 51-58) ist nur hier belegt. Es gehört in die stoische Lehre über den ewigen Zyklus von Weltenbrand und Wie­ derherstellung jeweils identischer Welten, vgl. A.A. L o n g , The Stoics on World-conflagration, The Southern Journal of Philosophy 23 (1985), Sup­ plement, 13-37; P. S t e in m e t z , GGPh2 4/2 (1994) 538. - Laktanz geht es bei dem Zitat um die Möglichkeit der Wiederherstellung des Menschen im selben Leib; dass die stoische Lehre von der ewigen Wiederkehr des Wel­ tenbrandes mit der einmaligen Auferstehung nach christlicher Vorstellung unvereinbar ist (vgl. Tat. orat. 6,1; Hipp. haer. 1,21,2---- 5; Orig. c. Cels. 5,20; Clem. ström. 5,1,9; W olfson I m m o r ta lity 74L: J. M a n sf e l d , Res­ urrection Added. The Interpretatio Christiana of a Stoic Doctrine, VChr 37 [1983] 218-233), erwähnt er nicht (richtig van R ooijen - D ijkman 138). περιόδψ τινί χρόνου: ,nach einem gewissen Zeitverlauf; περίοδος ist hier also nicht, wie sonst oft, Terminus technicus für den Zyklus, in dem sich Weltenbrand und Wiederherstellung vollziehen, vgl. F reund C h ry sip p 55. (έν) ω: Zur Notwendigkeit der nahe liegende Ergänzung (nach S t r u v e , 158, geht sie zurück auf die Laktanz-Ausgabe Venedig 1494) F reund C h ry sip p 53f. 23,4 ab humanis ad diuina: Zu den oben 33.

te s tim o n ia d iu in a

bei Laktanz siehe

δύσπιστον . . . αυτοις: or. Sib. 4,40-43.187.189(=46). Die Überlieferung der O ra cu la S ib y llin a bietet teilweise einen abweichenden Text: Vers 43 υπό ζόφον εμπαλι statt επί ζόφον έν πυρί in den Laktanzhandschriften, Vers 189 = 46 ζωήν θ’ αμα καί xócptv αυτοις statt τιμήν θ’ αμα καί βίον αυτοις. Laktanz zitiert ira 23,4 or. Sib. 4,51-53. Möglicherweise wird man in Erwägung ziehen müssen, dass Laktanz sechs aufeinander folgende Verse wiedergeben will, aber einmal in einen falschen Vers gerät: Verse 40-43 werden zitiert. Vers 44 ist nicht einmütig überliefert, vielleicht zu athetieren und könnte gut in der Laktanz vorliegenden Fassung gefehlt haben. Statt Vers 45 zitiert

K o m m e n ta r

Laktanz Vers 187. Beide Verse bieten das nötige δέ-Glied und entsprechen einander genau: 187 δσσοι δ’ εύσεβέουσι 45 ευσεβέες δε

πάλιν ζήσοντ’ μενοϋσιν

επί γαίης επί ζείδωρον άρουραν

Die Verse 189 und 46 sind wort gleich. - Wenn man nicht den skizzierten Zitierfehler des Laktanz annehmen möchte, wird man in dieser Entspre­ chung ein Motiv für seinen Sprung vermuten können, zumal Vers 188 nicht einmütig überliefert ist und ebenfalls in der Vorlage des Laktanz gefehlt haben könnte. Vielleicht überspringt Laktanz also nur einmal eine Passa­ ge, doch wird man auch nicht ganz ausschließen können, dass er den Text so vorfand, wie er ihn zitiert. Jedenfalls soll das Zitat in der vorliegenden Form offensichtlich nicht nur die leibliche Auferstehung, sondern den ge­ samten bis hierher geschilderten Endzeitablauf (Höhepunkt der Bosheit, Gericht, Feuerstrafe für die Frevler, Auferweckung der Gerechten zum Le­ ben) zusammenfassen und belegen. 23,5 non m odo prophetae . . . consentiunt: Die behauptete Über­ einstimmung der Sibylle ( u a tis ), der Dichter und Philosophen mit dem biblisch-christlichen Auferstehungsglauben (p r o p h e ta e ) beschränkt sich auf die Anschauung, dass die Seelen einmal Verstorbener in irgendeiner Weise wieder zum Leben kommen. Hier verwendet Laktanz a n a s ta s is also nicht, wie 23,lf. für den christlichen Auferstehungsglauben mit allen Implikatio­ nen. Es geht ihm um die Zusammenfassung einer Argumentation e co n ­ se n su o m n iu m .

anastasim: Das gräzisierende a n a s ta s in von DS ist eine erwägenswerte lectio difficilior. Für -im hingegen sprechen die Parallele Hier, in psalm. 103 vers. 18 1. 102 p o s t a n a s ta s im (G. M o r i n gibt in der Ausgabe Turnhout 1958, CCSL 78, dazu keine variae lectiones an; N e u e / W a g e n e r IV 27 und ThLL II 19,72ίΓ. weisen nur die vorliegende Stelle für den Akkusativ nach) und die Tatsache, dass a n a s ta s is 23,2 wie ein (lateinischer) reiner z-Stamm dekliniert wird. nemo quaerat . . . : Vgl. 27,15 n e m o [ ...] c o n fid a t ; 2,8,8 n e m o q u a e r a t ; zum Prohibitiv siehe oben zu 5,27 add. 1 N equ e n u n c . . . , zur Verwendung von n e m o in diesem Zusammenhang vgl. LHS II 237. si a principio . . . nouum fecit: Das Argument, dass der Schöpfergott auch eine Neuschöpfung in der Auferstehung vollbringen könne, wird häu­ fig in der christlichen Apologetik gebraucht, so etwa Justin. 1 apol. 10,3; 19,4-6; Tat. orat. 6,3; Thphl. Ant. Autol. l,8,2f.; 1,13,10; Athenag. res. 3,1; Tert. apol. 48,6; resurr. 11,6; Min. Fel. 34,9; Orig. Cels. 5,14.23. Der­ selbe Gedanke liegt auch dem 23,3 zitierten Chrysipp-Fragment (richtig v a n R o o i j e n - D i j k m a n 139) zugrunde.

24,1

543

in stitu it [...] restitu i u eterem [...] nouum : Chiastische Antithesen: in s titu e r e (für Gottes Schöpfungshandeln, siehe oben f o r m a t) neben re s titu e r e (vgl. Tert. adv. Marc. 2,10,1; und u e tu s neben nou u s.

zu 4,6 in s titu it ac Aug. epist. 127,1)

24,1 N u n c reliqua su b nectam : Mit deutlichem Neuansatz kehrt Lak-

tanz nach Ende der exkursartigen Erläuterungen über Gericht, Jenseits­ strafe und Auferstehung (20,7 - 23,5) zum Ablauf der Endzeitereignisse zurück. Den Anschluss stellt er durch eine Zusammenfassung in eigenen Worten und ein Sibyllenzitat her. Zu su b n e c ta m siehe oben zu 14,17. u en iet igitu r . . . iudicet: 13,6 und 2,17,1 spricht Laktanz von einem

Gericht über die Lebenden und die Toten, das Gott abhalten werde. Dass Christus kommen werde, um die Lebenden und die Toten zu richten, begeg­ net schon sehr früh in christlichen Bekenntnisformeln; vorher wird dabei, wie hier, die Gottessohnschaft erwähnt, vgl. Apg 10,42; 2 Tim 4,1; 1 Petr 4,5; Barn. 7,2; Iren. haer. 3,12,7.13; Tert. adv. Prax. 2,1 und virg. vel. 1,3 im Rahmen einer so genannten regula f i d e i : u e n tu ru m iu d ica re u iu o s e t m o r tu o s ; Hipp. Noet. 1,7; Trad. ap. 21; Novatian. trin. 11,8; Orig. dial. 1; Symb. Nie. (325); J.N.D. K elly , Altchristliche Glaubensbekenntnisse. Ge­ schichte und Theologie, Göttingen 19932 (Original: Early Christian Creeds, London 19723), v.a. 152. Laktanz gibt also eine geläufige christologische Glaubensformel wieder, die auch Porphyrios (Chr. 88) kennt, und fasst da­ mit zugleich die Kernaussage des folgenden Sibyllenzitates (or. Sib. 8,82f.) zusammen. Gott Vater wird durch die Adjektive su m m u s (4,6,3 s u m m i d ei filiu m ) und m a x im u s neben dem Sohn (siehe oben zu 18,3 filiu m dei ) her­ ausgehoben (Loi L a tta n z io 27f.: Überlegenheit des Vaters auch gegenüber dem Sohn). Sibylla testante atque dicente: Vgl. mort. pers. 2,8 S ib y lla d ic e n te ; Cypr. Fort. 11 1. 213 te s ta n te a p o ca lyp si e t d ic e n te . T e sta r i von der Sibylle wie 2,11,18; 2,16,1; epit. 5,3. πάσης . . . απαντα: or. Sib. 8,81-83. Die direkte Überlieferung weicht geringfügig ab: In Vers 81 ist die Wortfolge θνητών τότε, in Vers 82 fehlt o, und der Schluss lautet: δταν έλθών βήμασι κρίνη. Mit dem Zitat, insbe­ sondere mit ελθη [...] κρΐναι / ζώντων καί νεκύων ψυχας, kann Laktanz das formelhafte u e n ie t [ ...], u t u iu o s ac m o r tu o s iu d ic e t belegen. βήματι: ,Richtertribüne‘ (Lam pe s .v . βήμα B.2; B a u e r /A la n d s.v. 2; vgl. LSJ s.v. 2). K u r f e s s und G a u g e r ziehen das Wort anscheinend zu

έλθών und übersetzen „auf dem Throne erscheint“. Eher aber ist es wie or. Sib. 2,243 βήματι κρίνων ( K u r f e s s und G a u g e r : „richtet vom Thron“) als bloßer (mit επί or. Sib. 8,222) Dativ zu κρΐναι zu verstehen; es betont den autoritativen Charakter der Gerichtsentscheidung und die Machtstellung des Gottessohnes.

K om m entar

24,2—6 D ie Tausendjährige Herrschaft Christi: Die Darstellung, die Laktanz vom Tausendjährigen Gottesreich auf Erden gibt, stimmt in wichtigen Grundaussagen mit Offb 20,1 - 22,5 überein, die Laktanz hier wohl als Vorlage benutzt.1 In folgenden Punkten nimmt er Änderungen vor: 1. Das chiliastische Ablaufschema bei Laktanz entspricht in den folgen­ den zentralen Aspekten demjenigen der Johannesoffenbarung: Der Tausendjährigen Gottesherrschaft voraus gehen die Parusie Christi (19,2-5; Offb 19,11-16) und sein Sieg im Kampf gegen die gottwid­ rigen Mächte (19,5-8; Offb 19,17-21); gegen Ende des Tausendjähri­ gen Reichs wird das Böse nochmals befreit und endgültig vernichtet (26,1-4.7; Offb 20,7-10); die zweite, allgemeine Auferstehung (26,6; Offb 20,11-15) und die Verwandlung der Welt (26,5; Offb 21,1) fol­ gen. Während allerdings in der Johannesoffenbarung das Gericht in die Schilderung des Tausendjährigen Reichs eingebettet ist (Offb 20,4), wird es bei Laktanz nur rückblickend erwähnt (§ 6). 2. Im Tausendjährigen Reich herrschen mit Christus die in einer ersten Auferstehung zum Leben gekommenen Gerechten, diese Herrschaft umfasst auch eine richterliche Vollmacht (§§ 2-4, auch schon 22,8 und nochmals 24,15; Offb 20,4-6). Zwei wichtige Unterschiede sind aber zu beobachten: (a) Offb 20,4f. ist diese erste Auferstehung ausdrücklich auf die Blutzeugen beschränkt, während Laktanz von der Auferweckung aller ,Gerechten, die es von Anfang an gab‘, spricht (§ 2). (b) Offb 21,1 - 22,5 kommt das himmlische Jerusalem, in dem Gott bei den Menschen wohnt, erst nach dem Ende des Tausend­ jährigen Reiches vom Himmel.2 Allerdings entspricht es offen­ sichtlich verbreiteter Tradition, auch unter ausdrücklicher Be­ rufung auf die Johannesoffenbarung bereits das Tausendjährige Reich im himmlischen Jerusalem zu verorten.3 So entsteht auch bei Laktanz die s a n c ta c iu ita s , die dem himmlischen Jerusalem entspricht, bereits während des Tausendjährigen Reiches (§6). 1 Grundsätzlich zur Benutzung der Johannesoffenbarung oben 46. Die wichtigsten Übereinstim m ungen, die auch im Folgenden skizziert werden, stellt schon F à b r e g a (134-136; 142-145 zur A usgestaltung des Tausendjährigen Reichs nach der Offb) zusammen; van R o o i j e n —D i j k m a n (140) verm utet unnötigerweise eine indirekte Benutzung der Johannesoffenbarung „behalve de Sibylle“ . 2 Zum Motiv des himmlischen Jerusalem in der Johannesoffenbarung T h r a e d e 724726; S ö l l n e r 188-261; P. L e e , The New Jerusalem in the Book of Revelation. A study of Revelation 21 - 22 in the light of its background in Jewish tradition, Tübingen 2001. 3 So etwa Justin, dial. 80,5 mit 81,4; Tert. adv. Marc. 3,24,3-6; Victorin. Poetov. in apoc. 21,1 in regno ergo et in prima resurrectione exhibetur ciuitas sancta ; Comm. instr. 1,44,1.9; Überblick über die D eutungstradition T h r a e d e 728ff.

24,2

545

Auch fehlt bei Laktanz jede Angabe über die äußere Gestalt des himmlischen Jerusalem, dessen Größe und unvorstellbare Pracht in der Johannesoffenbarung detailliert ausgemalt wer­ den (Offb 21,10-21).4 3. Es leben noch Heiden, die der Teufel gegen Ende des Tausendjährigen Reichs gegen Christus führt (§ 4 g e n te s , vgl. 26,1; Offb 20,8 m έθνη). Während aber in der Johannesoffenbarung die Existenz der Heiden nur im Hinblick auf die endgültige Vernichtung des Bösen erwähnt wird, illustriert bei Laktanz deren Unterwerfung die Herrschaft der Gerechten und die Änderung der Macht Verhältnisse. 4. Während des Tausendjährigen Reichs liegt der Satan in Ketten (§5; Offb 20,1-3). In der Johannesoffenbarung wird dieser Sachverhalt, da er sich an die vorausgehende Kampfesschilderung (Offb 19,11-21) anfügt, am Anfang erwähnt, Laktanz schiebt ihn später ein. Hinter den Änderungen des Laktanz sind zwei in gewisser Weise komple­ mentäre Tendenzen zu erkennen: Zum einen kürzt und glättet Laktanz, indem er schwer verständliche jüdisch-christliche apokalyptische Motive weglässt, so insbesondere die Bezeichnung des Teufels als Schlange oder Drache und die Versiegelung seines Gefängnisses (Offb 20,2f.), die Be­ zeichnung der mit Christus herrschenden Gerechten als , Priester Gottes und ChristÜ (Offb 20,6), die Bezeichnung , Jerusalem ‘ und das Herabkom­ men des neuen Jerusalem vom Himmel (Offb 21,2)5. Auch unklare Akteure fehlen bei Laktanz, so der Engel als Bändiger des Drachens (Offb 20,1), die nicht näher bezeichnete, mit dem Richten beauftragte Gruppe (Offb 20,4), die Blutzeugen als eigene Gruppe (Offb 20,4)6. Zum anderen erweitert und konkretisiert er, indem er das Tausendjährige Reich, das in der Johannes­ offenbarung eher als Durchgangsepisode in der Entwicklung zum himmli­ schen Jerusalem zur Ehrung der Blutzeugen dient, als real bevorstehendes Geschehen detailliert ausführt. Das Tausendjährige Reich ist bei Laktanz ein im p e r iu m (§5). Die Heiden erscheinen als unterworfene Vasallen (§4), die s a n c ta c iu ita s als wirkliche Stadt und Zentrum der Welt (§ 6), Gott (in persona Christi) als Gründer und Herrscher (§§ 2.6), die Auferweckten als gerechte Funktionsträger im Staat (§ 3), die überlebenden Gerechten als glückliche Bevölkerung (§3), der gefesselte Teufel als besiegter und si­ cher eingekerkerter Feind (§ 5). - Dieses realistisch-futurische Element des Laktanz wird besonders deutlich im Vergleich mit anderen Schilderungen 4 Rezipiert wird diese Beschreibung beispielsweise Clem. paed. 2,119,1; Cypr. testim . 2,19; Victorin. Poetov. in apoc. 21,1-6; Comm. instr. l,44,37f. 5 Auch Offb 3,12; 21,10, dazu S ö l l n e r 191f.; ein in der Apokalyptik häufiges Motiv, vgl. T h r a e d e 728. 6 Auch Kennzeichen auf Hand und Stirn, trotz ihrer Erwähnung 17,7, übergeht Lak­ tanz hier.

K om m entar

des himmlischen Jerusalem: So fehlen bei Laktanz sowohl, wie gezeigt, die grellen apokalyptische Farben aus der Johannesoffenbarung und verwand­ tem Schrifttum (Herabkommen vom Himmel, unvorstellbare Größe und Pracht) als auch die Ansätze einer spirituellen (beispielsweise der Gegen­ satz zwischen dieser Welt und dem himmlischen Jerusalem als eigentlicher Heimat)7 oder allegorisierenden8 Deutung. Er spricht von einer vorstellba­ ren Stadt, die in vorstellbarer Weise tatsächlich über die Welt herrschen wird. 24.2 deleuerit iniustitiam : Zur Formulierung siehe oben zu 23,1

m a lu m

o m n e d e le u e rit.

iudicium que m axim um fecerit: Siehe oben zu 20,1

iu d ic iu m m a g n u m .

iustos qui a principio fuerunt: Die Aussage könnte so verstanden wer­ den, als erlangten ausnahmslos alle Gerechten, also ausdrücklich auch die vor- und somit nicht Christ liehen, das Heil. Doch geht es Laktanz an dieser Stelle in erster Linie um den allumfassenden Charakter der Wiedergut­ machung im Tausendjährigen Reich: Alle, die von Anfang an für Christus litten und ihm treu blieben, werden mit ihm herrschen dürfen (vgl. Offb 20,4). Daher ist a p r in c ip io innerchristlich (,die es je geben konnte^), nicht als absolute Zeitangabe (,von Anbeginn der Welt an‘) zu verstehen; ius ti steht für die verfolgten Christen (siehe oben zu 17,6 iu s tu m p o p u lu m p e r s e q u e tu r ) . Zum Ausschluss aller Nichtchristen vom Heil siehe oben zu 20,5f., v.a. 505. restaurauerit steht in der Überlieferung neben dem rhythmisch gleich­ wertigen in s ta u r a u e r it (dasselbe textkritische Problem Hier, interpr. lob. 10,17): In sta u ra re bezeichnet ein erneutes Stattfinden, so auch 2,7,20: lu dos in s ta u r a r i (vgl. ThLL VII,1 1975,72ff.), weiterhin eine Erneuerung (vgl. ThLL VII,1 1976,76ίΓ.) und Neueinrichtung (vgl. ThLL VII,1 1978,18ff.; bei Tertullian nur in diesem Sinne). Im Zusammenhang mit der Auferste­ hung ist in sta u ra re sonst erst Aug. in psalm. 24,13; 141,3 ( in s ta u r a tu m c o rp u s , vgl. ThLL VII,1 1977,39-42), Aug. in psalm. 118 serm. 19,3 auch die Konstruktion a d u ita m . Zu in sta u ra re gebildet (W a ld e /H o fm a n n I 705) ist r e s ta u r a r e , das eine Wiederherstellung bezeichnet (etwa Tac. ann. 3.72.2 th e a tr u m , erster Beleg; Fronto p. 214,12 VAN d en H o u t fa c u n ­ d ia m ). Gemäß der Unterscheidung Serv. Aen. 2,15 ( , in sta r* a u te m e s t a d s im ilitu d in e m : u n d e n o n r e s ta u r a ta , se d in s ta u r a ta d ic u n tu r a e d ific ia ad 7 So etwa das ανω Ιερουσαληήμ Gal 4,21-31, dazu S ö l l n e r 143-169; Hebr 11,8-16, dazu S ö l l n e r 170-187; Iren. haer. 5,36,1; Tert. coron. 3,20; adv. Marc. 3,24,2; T h r a e d e 729-735. Zur Motivgeschichte des Gegensatzes zwischen den zwei d u i­ tates bzw. zwischen Jerusalem und Babylon van O ort 274-359, zum Fehlen des Motivs bei Laktanz 287. 8 So etwa bei Origenes als ,Him m el‘, ,K irche‘, ,Seele‘, dazu T h r a e d e 731-733.

24,3

547

a n tiq u a m s im ilitu d in e m f a c ta .) impliziert re sta u ra re die Wiederinstand­ setzung des Alten, in sta u ra re dessen nachbildende Rekonstruktion. Tertullian verwendet re sta u ra re apol. 48,2 dafür, dass der Mensch anders als

nach der Seelenwanderungslehre in Menschengestalt auferstehe: u t e a d e m q u a lita s a n im a e in e a n d e m r e s ta u r e tu r ; ähnlich Mar. Victorin. in Eph. 1,1; vgl. ThLL VII,1 1976,64; 1977,23. Laktanz bezeichnet 26,15 Konstantin als denjenigen, durch den Gott s a n c ta m re lig io n e m su a m re sta u ra re t. - Eher für re sta u ra re spricht also, dass dieses nach der Unterscheidung des Servius besser für die Wiederbelebung der Gerechten passt, dass es bei Tertullian und Marius Victorinus einschlägig belegt ist und dass es 26,15 in freiem Gebrauch erscheint, während in sta u ra re 2,7,20 formelhaft ist. u a tic in a n s fu ren sq u e: Zu u a tic in a r i siehe oben zu 15,19 (441 Anm. 69).

Dass die Sibylle im fu r o r weissagt, ist eine verbreitete Ansicht (Cic. div. 1,4.34; 2,110; Verg. Aen. 6,100; Ov. met. 14,107). Laktanz zitiert 4,15,29 die Passage or. Sib. 3,814-817, in der die Sibylle selbst ankündigt, dass man sie für μαινομένη und ψεύστεφα (Laktanz: in sa n a e t m e n d a x ) erklären werde. Doch will er damit umgekehrt ihre Glaubwürdigkeit beweisen. κλϋτε . . . άρχει: or. Sib. frg. 4 G e f f c k e n , nur hier und abhängig hiervon Theosoph. Sib. 14,386 belegt, wo auch die Einleitung des Zitates (14,384) diejenige des Laktanz wiedergibt (καί άλλη δε Σίβυλλα ώσπερ μαινομένη έκβοα). 2 4 ,3 in c o r p o r ib u s u iu i . . . iu d ic e s: Laktanz unterscheidet zwei Grup­

pen: diejenigen, die zum Zeitpunkt von Parusie und Gericht noch k ö r­ perlich am Leben‘9 sind, und diejenigen, die auferweckt werden: (1) Die letztgenannte Gruppe ,steht den Lebenden vor‘ (p r a e e r u n t u iu e n tib u s ). Sie entspricht in ihrer Funktion den Märtyrern, die nach Offb 20,4-6 (sie­ he oben zu 24,2-6) auferweckt und mit Christus herrschen würden. Mit der Funktion dieser Auferweckten s ic u t iu d ic e s wird anscheinend deren Anteil an der Herrschaft realistisch illustriert: Iu d e x bezeichnet in der Zeit des Laktanz auch den , hohen Beamten ‘ oder , Statthalter^ mit administrativer und jurisdiktioneller Funktion (A. S t e i n w e n t e r , ,Iudex‘, RE IX,2 [1916] 2471; D e m a n d t S p ä ta n tik e 250; ThLL VII,2 599,84ff.); Laktanz selbst nennt im fünften Buch die für die Planung und Durchführung der Chri­ stenverfolgung Verantwortlichen fast durchweg iu d ic e s (etwa 5,2,3; M o n a t In st. V j2 38f.) - hier ist also wohl auch die Umkehrung jener ungerechten Verhältnisse der Verfolgungszeit im Tausendjährigen Reich ausgedrückt.10 Die Einschränkung aus Offb 20,4L, dass ausschließlich Märtyrer auferweckt 9 Der Ausdruck in corporibus uiui (vgl. in corpore uiuere 13,9; 3,12,34; Arnob. nat. 5,14) erklärt sich aus dem Gegensatz zu den Auferweckten, deren Lebensprinzip die unsterbliche Seele war und die nun erst zum körperlichen Leben auferstehen. 10 In der Gerichtsszene Offb 20,4 heißt es: καί ειδον θρόνους καί έκάθισαν επ’ αύτους καί κρίμα έδόθη αύτοϊς. Mit den nicht genannten Richtern sind wohl die M ärtyrer ge-

K om m entar

werden, um mit Christus tausend Jahre lang zu herrschen, gilt für Laktanz offensichtlich nicht: Er denkt hier an alle diejenigen, die zum Gericht auf­ erweckt (20,1.5) und im Gericht für gerecht befunden wurden (20,6; 21,8). (2) Die erstgenannte Gruppe der gerade Lebenden hat hingegen keine Ent­ sprechung in Offb 20,1-10. Ihre Erwähnung bei Laktanz erklärt, was mit den zum Zeitpunkt der Parusie noch nicht Verstorbenen geschieht und über wen die Auferweckten herrschen. Diese Gruppe, die im Moment der Parusie noch am Leben ist, in der Gnade Gottes steht und von den weiter­ hin existierenden Heiden (20,4) unterschieden wird, müsste der Logik der Ereignisse nach mit den bedrängten und vom wiederkehrenden Christus lebend befreiten Gottestreuen (die in s ti aus 17,10f.; 20,5) zu identifizieren sein. Die untergeordnete Stellung dieser Gerechten gegenüber den Aufer­ weckten erscheint etwas unmotiviert. Wahrscheinlich ging es Laktanz in erster Linie um eine Hervorhebung der auferweckten Märtyrer nach Offb 20,4L, aus der sich unbeabsichtigt eine Herabstufung der überlebenden Gerechten ergab. Ein Problem bereitet die Frage, ob diese Gruppe als be­ reits dem Gericht unterworfen zu denken ist: Die Aussage n o n m o r ie n tu r , sed . . . g e n e ra b u n t legt nahe, dass diese überlebenden Gerechten noch nicht das nach einem positiven Urteil zugeteilte p r a e m iu m im m o r ta lita tis (21,8) erlangt haben; vgl. W o jtc z a k K o n c e p c je 612-618. non m orientur, sed [...] infinitam m ultitudinem generabunt: Es ge­ hört zur Topik des eschatologischen Heils, dass niemand mehr stirbt (vgl. Jes 25,8; Hos 13,14; 1 Kor 15,26.54; für das Tausendjährige Reich und das himmlische Jerusalem Offb 20,14; 21,4) und dass die Menschen sich reicher Nachkommenschaft (ein grundlegendes Heilsmotiv, vgl. Gen 13,6) erfreuen (Jes 65,23; Hen(aeth) 10,17; erneutes Zunehmen der Bevölkerung nach der endzeitlichen Katastrophe Jes 6,12; 49,20 LXX; Phil. Alex, praem. 108L; V o lz 362.389b). Beide Motive, ebenfalls im chiliastischen Zusammenhang, bietet Comm. instr. 1,44,4 in c o r r u p ti e ru n t ia m tu n c sin e m o r te u iu e n te s , 9 g e n e r a n t ip s i p e r a n n o s m ille n u b en tes. - Loi ( L a tta n z io 250) sieht hier­ in wie in der Verwandlung der Natur 24,7f. „immagini del più sensuale materialismo“, wie sie für den kleinasiatischen Chiliasmus typisch seien. suboles eorum sancta et deo cara: Nach W lo so k ( C u m a e u m C a r ­ m e n 303) eine „monotheistische Fassung“ zu Verg. ecl. 4,49 (vgl. unten zu meint, deren Rehabilitierung und ehrenvolle Stellung dam it hervorgehoben werden soll ( G ie se n 431-434; A u n e III 1084f.). Es ist denkbar, dass die Rolle der ,Rich­ t e t bei Laktanz davon angeregt ist; da Laktanz nicht sagt, dass die Auferweckten das Endzeitgericht abhielten, muss bei ihm die Funktion als indices die besonde­ re Stellung der auferweckten Gerechten im Tausendjährigen Reich illustrieren. Die Herrschaftsbeteiligung der Gerechten ist ein verbreitetes jüdisch-apokalyptisches ( V olz 379-381) und neutestam entliches (J. W e h n e r t , Die Teilhabe der Christen an der Herrschaft mit Christus. Eine eschatologische Erw artung des frühen Chri­ stentum s, ZNTW 88 [1997] 81-96) Motiv.

24,4 - 24,5

549

24,llf.) cara d e u m su boles. D eo ca ru s (auch 2,8,5; 4,7,1; 6,25,4; epit. 33,6; ira 17,5) erscheint in der paganen Latinität selten (Cic. fin. 3,66 prädikativ; Val. Fl. 2,95), häufig in der christlichen (Tert. orat. 8,2; Cypr. Demetr. 12; epist. 38,1,2 usw.). hi: Siehe oben 81 Anm. 22. 24.4 gentes . . . seruituti: G e n te s für , Heiden ‘ in der Endzeit 24,15; 26,2.3; epit. 67,3.7; im Gegensatz zu Christen im Alltagsleben mort. pers. 11,1; positiv (Christen zusammengerufen aus den Heiden) 4,11,7; 4,20,11 etc.; sehr häufig in der lateinischen christlichen Literatur (ThLL VI,2 1862,68ff.) nach dem alttestamentlichen / g ò jim , έθνη , (Heiden-) Völker^ (im Gegensatz zum Volk Israel). Dass es während des Tausendjährigen Reiches Heiden gibt, geht aus Offb 20,8 hervor (siehe oben zu 24,2-6). Die , nicht vollständige Vernichtung^ ist (trotz des Futur I) nicht als eigenstän­ diges Geschehen, sondern als Bestandsaufnahme zu verstehen, wohl vor dem Hintergrund der 19,5f. geschilderten Endzeit kämpfe. Der ,Sieg Gottes‘ über die Heiden, für den einige von diesen übrig bleiben, muss die 26,3 geschilderte und dem chiliastischen Schema entsprechende Vernichtung des Teufels und aller Gottwidrigen sein. Der , Triumph der Gerechten über die Heiden ‘ hingegen und deren p e rp e tu a s e r u itu s (Caes. Gail. 7,77,9.16; Su­ et. Tib. 36,1 als Androhung) müssen wiederum bereits während des Tau­ sendjährigen Reiches stattfinden; der Finalsatz bezieht sich also auf den Kerngedanken des Hauptsatzes (,einige Heiden wird es noch geben‘). relinquentur in uictoriam dei: ,sie werden übrig gelassen werden für den Sieg Gottes‘, zum finalen in bei relin q u ere siehe oben zu 11,6 c o n t­ e m p tu i . . .

24.5 sub idem tem pus: Die ungefähre Zeitangabe (häufig in der Histo­ rikersprache, z.B. Liv. 32,7,4; Tac. ann. 2,27,1; Suet. Aug. 97,2, nur hier bei Laktanz) deutet an, dass die Fesselung nicht als nächst folgendes Ge­ schehen zu verstehen ist; in der chiliastischen Quelle Offb 20,1-10 (siehe oben zu 24,2-6) wird sie als erstes geschildert (Offb 20,1-4). princeps daemonum: Auch 26,1; epit. 67,2.6. Laktanz bezeichnet 2,14,4 den Teufel ( d ia b o lu s , vgl. 2,8,6) als p r in c e p s der m a li s p ir itu s , womit die bösen Dämonen gemeint sind, 2,14,6 unter Berufung auf Hermes Trismegistos (frg. 9 N o c k / F e s t u g i è r e IV 110) als d a e m o n ia rc h e s (auch 2,16,12; epit. 24,1) und 2,17,5 als p r in c e p s m a lo ru m (vgl. Mt 9,34 αρχών των δαι­ μόνιων, ThLL X,2 1288,60ff.). Christus wird umgekehrt 4,14,17 p r in c e p s a n g e lo ru m genannt. Der p r in c e p s d a e m o n u m hier (gefesselt für die Dau­ er des Tausendjährigen Reiches) und 26,1-7 (nochmals befreit an dessen Ende, um endgültig besiegt und ewig bestraft zu werden), ebenso epit. 67,2.6, entspricht genau dem Satan aus Offb 20,1-3 (Fesselung) und 7-10

K o m m e n ta r

(endgültige Niederlage). Eine gewisse Schwierigkeit bei der Identifikation des p r in c e p s d a e m o n u m besteht dennoch: Der Teufel ist im eschatologischen Ablauf nur einmal und andeutungsweise als Erzeuger des Antichrist erwähnt worden (siehe oben zu 17,2 a lte r rex . . . ). Nur letzterer ist bislang als Widersacher in Erscheinung getreten (17,2-12; 19,1-6); auch könnte ein paganer Leser nach der letzten Aussage über den Antichrist (19,6 ca p tu s [ ...] lu a t p o e n a s ) erwarten, dass dieser hier gemeint sei. Der Teufel ist seit 4,14,7 nicht mehr ausdrücklich genannt, allerdings lässt der Bezug auf die d a e m o n e s , von denen im Zusammenhang mit dem Antichrist nie die Rede war, erkennen, dass an den Teufel gedacht ist. m achinator om nium malorum: Ebenfalls für den Teufel opif. 19,8 add. 4 a u c to r e rro ru m m a lo ru m q u e o m n iu m m a c h in a to r und epit. 67,2 m a c h i­ n a to r m a lo r u m ; für Diokletian mort. pers. 7,1 sc e le ru m in u e n to r e t m a lo ­ ru m m a c h in a to r . Der pejorative (positiv hingegen, nämlich für den Schöp­ fergott 2,11,14; 4,6,1; vgl. Min. Fel. 5,7) Gebrauch von m a c h in a to r (wie etwa Cic. Catil. 3,6 h o ru m o m n iu m sc e le ru m im p r o b is s im u m m a c h in a to ­ re m ) erscheint bei Laktanz erstmals in christlicher Literatur, vgl. ThLL VIII 16,65ff. catenis uincietur . . . mille annis: Nach Offb 20,2f. wird der Teufel ge­ fesselt, in einen Abgrund (άβυσσος) geworfen, dieser geschlossen und ver­ siegelt. Demgegenüber lässt die Schilderung des Laktanz an eine sichere Gefängnishaft denken; zur realistischen Umgestaltung von Offb 20,1-10 siehe oben zu 24,2-6. Zum Ablativ m ille a n n is zur Angabe eines Zeit­ raums siehe oben zu 17,8 m e n sib u s . . . caelestis imperii: Die Junktur hier erstmals, dann öfter für das Gottes­ reich (dafür im p e riu m : ThLL VII,1 576,75ff.) etwa Firm. err. 21,5; Ambr. hex. 1,4,13. m alum [...] moliatur: Junktur wie Sen. nat. 5,18,9; Vulg. prov. 3,29. populum dei: Zum Begriff des Gottesvolkes siehe oben zu 14,13

c a e le stis

p o p u li

24,6 cuius: Der Bezug ist unklar: Eine Ankunft des regn u m c a e le ste (24,5) gemäß der Vaterunserbitte (etwa Cypr. domin. orat. 13 a d u e n ia t regn u m tu u m ) scheidet aus, denn erstens spricht Laktanz sonst nicht von der An­ kunft des Reichs, sondern Christi (19,3; 4,12,14), zweitens wird im Fol­ genden erst noch geschildert, wie sich die c iu ita s durch die Sammlung der Gerechten konstituiert. Näher liegt daher, das Bezugs wort aus dem unmit­ telbar vorausgehenden Ausdruck p o p u lu s d e i (24,5) zu entnehmen. Dabei wäre an Gott Vater zu denken. Aus inhaltlichen Gründen müsste man aber den 24,2 zuletzt erwähnten wiederkehrenden Christus erwarten. Allerdings fließen hier die Herrschaft Christi mit den auferweckten Gerechten (nach

24,7

551

Offb 20,4-6) und das Wohnen Gottes unter den Menschen im himmlischen Jerusalem (nach Offb 21,1-8) zusammen (siehe oben zu 24,2-6); zu den­ ken ist also wohl hier und beim folgenden c o n d ito r d eu s an Gott in Person Christi. con gregab u n tu r iu sti ex om ni terra: Nach Vet. Lat. Ier. 32(39 LXX),37

(Cypr. testim. 3,20; die von Cyprian kurz vorher zitierte Stelle Jer 31(38 LXX),31f. gibt Laktanz 4,20,6 wörtlich wieder) ecce ego congregabo eos ex o m n i te rra . Eine Sammlung der iu s ti war eigentlich schon 17,10 impliziert. Das folgende p era c to q u e iu d ic io , das wieder vor die 20,Iff. geschilderten Ereignisse zurückführt, zeigt freilich, dass die Bemerkung als Nachtrag zu verstehen ist. Anscheinend will Laktanz das Heilsmotiv von der Samm­ lung des zerstreuten Volkes (Ps 107,3; Jer 23,3; Ez 11,17 etc.; V o l z 345f.) aufnehmen. ciu itas sa n cta c o n stitu e tu r in m ed io terrae: C iu ita s s a n c ta bezeich­

net hier wie 26,1; epit. 67,3.6 nach Vet. Lat. apoc. 21,2 (Victorin. Poetov. apoc. 21,1); 21,10 (Cypr. testim. 2,19); 22,14 (Tert. pudic. 19,9) das himm­ lische Jerusalem; zur Verwendung von Offb 21,Iff. siehe oben zu 24,2-6. Zur Formulierung in m e d io te r ra e vgl. Vet. Lat. psalm. 73,12 (Cypr. te­ stim. 2,29) deu s [ ...] o p era tu s e s t sa lu te m in m e d io te r r a e ; Apul. Plat. 1,11 te r r a e in m ed io . Traditionell ist das neue Jerusalem Zentrum der Erde, vgl. Offb 14,1; or. Sib. 3,772 ( S ö l l n e r 121); V o l z 379-381. Laktanz denkt da­ bei aber nicht an die geographische Lage, sondern die politische Bedeutung als Zentrum des Tausendjährigen Reiches (so VAN O o r t 287). con d itor deus: C o n d ito r bezieht sich hier auf die göttliche (zur Frage,

ob Vater oder Sohn, siehe oben zu c u iu s) Gründung des himmlischen Je­ rusalem (vgl. Aug. civ. 1 praef.), wird aber häufiger bei (und vor: ThLL IV 146,83ff. Manil. 2,701; christlich Tert. praescr. 13,2; vgl. B r a u n 354375; 377f.; Loi L a tta n z io 107f.) Laktanz für den Schöpfergott gebraucht; in vorliegender Junktur auch 1,5,8; 2,9,2; re ru m c o n d ito r 5,1,1; 6,9,14; opif. 1,11; epit. 36,3; 64,5; ira 1,9; c o n d ito r neben anderen Gottesbezeichnungen epit. 2,5; 5,3; 21,3.4; ira 10,35.53; 22,7. και πόλιν . . . σελήνης: or. Sib. 5,420f. In der direkten Überlieferung Vers

421: φαιδροτέραν άστρων τε καί ήλιου ήδέ σελήνης. 24,7—14 D as T ausendjährige R eich als G old en es Z eitalter:

Dass die Endzeit das von den Dichtern erwähnte , Goldene Zeitalter^ brin­ ge, hat Laktanz bereits zwei Mal angekündigt.11 Diese Goldene Zeit ge­ hört ursprünglich in ein deszendentes Welalterschema, das durch die Ab11 2,1 (aureum denique ut poetae uocant saeculum deo ipso regnante florescat. 4,12,21

(tunc sublato de rebus humanis omni malo aureum saeculum ut poetae uocant, id est iustum ac pacificum tempus orietur.

K o m m e n ta r

folge von Metallen (von Gold bis Eisen) repräsentiert wird.12 Die Dichtung greift es seit Hesiod sehr häufig auf,13 dabei kann es auch zum Inbegriff einer Glücksutopie werden14. Um die Lehre vom Leben im Tausendjäh­ rigen Reich zu verdeutlichen, stellt Laktanz die Entsprechungen bei den Heilsmotiven in der biblischen Tradition, der paganen Dichtung, insbe­ sondere in Vergils vierter Ekloge, und den Sibyllenorakeln15 in folgendem Argumentationsaufbau heraus: I. Darstellung der paradiesischen Lebensverhältnisse im Tausendjähri­ gen Reich nach alttestamentlichen Motiven von der messianischen Heilszeit (§§ 7f.) II. Belege (§§ 9-14) 1. Pagane Dichtung (§§ 9-11) (a) historische Erläuterung: Dichterisches Motiv vom Goldenen Zeitalter geht zurück auf Wissen um die kommende Heils­ zeit im Tausendjährigen Gottesreich (§§ 9f.). (b) Zitat aus Vergils vierter Ekloge (§11) 2. O ra cu la S ib y llin a : drei Zitate (§§ 12-14) Auffälligerweise erläutert Laktanz zwar ausführlich, dass die Dichter das Goldene Zeitalter fälschlich in der Vergangenheit ansiedeln (§§ 9f.). Dann aber folgt ohne Einleitung nur ein längeres Zitat aus Vergils vierter Ekloge, das ohnehin im Futur steht (§ 11). Offensichtlich will Laktanz nicht nur den angeführten Vergilabschnitt, sondern die gesamte Topik einbeziehen. In seiner eigenen Darstellung der Heilszeit (§§ 7f.) erwähnt Laktanz vier Kennzeichen: erstens Helligkeit (§7), zweitens selbsttätiges Wachsen von Feldfrüchten sowie Hervorquellen von Honig, Wein und Milch (§ 7), drittens die Freude des Kosmos über die Beseitigung des sittlichen Zer12 Vgl. K u r f e s s A e t a s \ G a tz ; H. S c h w a b l, ,W eltalter‘, RE Suppl. 15 (1978) 783850; R. G ü n t h e r / R . M ü l l e r , Das goldene Zeitalter. Utopien der hellenistisch­ römischen Antike, Stuttgart 1988; H. H e c k e l , ,Zeitalter*, DNP 12/2 (2002) 706709. 13 Hes. op. 106-201, dann insbesondere Arat. 96-136; ferner Catull. 64,384-408; Verg. Aen. 8,813-829; georg. 2,473f.; 536-540; Varro rust. 3,l,4f.; Tib. 1,3,35-50; Ον. met. 1,89-150; Octavia 385-435; auch or. Sib. 3,373-380; vgl. G a t z 52-86; Κ. K u b u s c h , Aurea Saecula: Mythos und Geschichte. Untersuchungen eines Motivs in der antiken Literatur bis Ovid, Frankfurt 1986. 14 Insbesondere Verg. ecl. 4; Hör. epod. 16; vgl. K u r f e s s A e t a s 144L; G a t z 114143. - Eine kulturgeschichtliche Einordnung der Art und Weise, in der Laktanz mit dem Topos umgeht, bietet O. Nicholson, Golden Age and the End of the World: Myths of Mediterranean Life from Lactantius to Joshua the Stylite, in: M.J. Chiat/K.L. R e y e r s o n (Hrsg.), The Medieval Mediterranean. Cross-Cultural Contacts, St. Clouds/Minnesota 1988, 11-18, v.a. 13f. 15 Zur Vermischung biblischer und pagan-poetischer Heilsmotive in den Sibyllenora­ keln H. J e a n m a r ie , La Sibylle et le retour de Läge d ’or, Paris 1939; K u r f e s s A e t a s 148f.; G a u g e r 430-434.

553

24,7

falls (§ 7) und viertens den Tierfrieden (§ 8).16 In den Belegen (§§ 1114) werden dann nur die Fruchtbarkeit (insbesondere das Einzelmotiv von Wein, Milch und Honig) und der Tierfriede nochmals aufgegriffen. In diesen Aspekten wird zum einen die Übereinstimmung der Tradition besonders greifbar, zum anderen sucht Laktanz offensichtlich auch die poetische Aus­ schmückung der kommenden Heilszeit17. Auf den poetischen Topos vom Goldenen Zeitalter nimmt Laktanz auch schon im fünften Buch Bezug:18 Die Dichter wüssten von einer Gol­ denen Zeit unter der Herrschaft des Saturn (5,5,1-3), in der die Menschen miteinander in Gerechtigkeit, das heißt friedlich, bescheiden und solida­ risch (5,5,4-8) gelebt hätten, bis mit dem Eindringen Jupiters (5,5,9) die Verehrung eines Menschen als Gottes, Eigennutz und Gewalt aufgekommen seien (5,5,9-14); dieses Goldene Zeitalter könne erneut anbrechen, wennn nur die Menschen zur Gerechtigkeit zurückkehrten (5,8,3). Sowohl im fünf­ ten Buch als auch hier charakterisiert Laktanz das Goldene Zeitalter als dichterischen Topos und belegt seine Ausführungen mit Dichterzitaten,19 spricht von te m p o ra a u re a 20 unter der Herrschaft des Saturn21 und erwähnt als charakteristisches Motiv das Fließen von Milch und Honig22. - Doch unterscheidet sich der Umgang mit dem Motiv vom Goldenen Zeitalter im fünften Buch grundlegend von dem an dieser Stelle: Während Laktanz dort ausdrücklich für richtig erklärt, dass die Dichter die Goldene Zeit in der Vergangenheit ansiedeln (5,5,3), und entsprechend der paganen Zeit­ alterlehre einen folgenden Verfallsprozess schildert (5,5,9-14), bezeichnet 16 Diese Merkmale der Endzeit entsprechen, wie Laktanz für die Helligkeit andeu­ tet (siehe unten zu 24,7 t e n e b r a e i l l a e . . . ), vorher geschilderten Endzeitplagen: 1. Verdunkelung der Gestirne (16,8-10), 2. Unfruchtbarkeit (16,4-7), 3. Übergang des menschlichen Unfriedens auf den Kosmos (16,5-7) und Niedergang der Sitt­ lichkeit (17,9), 4. Kriege und Gewalt unter den Menschen (15,11; 16,3-5; 17,4-10). Mit deren Wiedergutmachung ist freilich eine übernatürlich heilvolle Endzeit an­ gebrochen, die der letztendlichen Verwandlung der Welt (26,5) vorausgeht. Diese eschatologische Heilszeit ist daher zu trennen von einer „Rückführung in den Ur­ zustand“ (Löw 230, der diesen Unterschied nicht ausreichend herausarbeitet), wie sie paganes und hermetisches Denken kennen (M a h é H e r m è s II 102-111). 17 So ließe sich das Vergilzitat kürzen, die Sibyllenzitate in § 13 und § 14 überschneiden sich. 18 Dazu insbesondere B u c h h e i t G o l d e n e Z e i t ; ders., Der Zeitbezug in der Weltal­ terlehre des Laktanz (inst. 5,5-6), Historia 28 (1978) 472-486; ders., Jupiter als Gewalttäter. Laktanz (inst. 5,6,6) und Cicero, RhM 125 (1982) 338-342. Zur Re­ zeption von Laktanz’ Darstellung des Goldenen Zeitalters in der Renaissance jetzt D.J. N o d e s , Restoring the Golden Age from Lactantius (ca. 240 - ca. 325) to Egidio of Viterbo (1469 - 1532), StudUmanistPiceni 20 (2000) 221-236. 19 Zitate aus Ciceros und Germanicus’ Arat-Ubersetzungen sowie aus Ovid (met. 1,111), siehe auch unten 561 Anm. 33. 20 § 9 wie 5,5,2; 5,7,2; 5,8,3. 21 § 9 und 5,5,3 S a t u r n o r e g n a n te . 22 § 7 und 5,5,7 (Zitat Ov. met. 1,111). • ·

K o m m e n ta r

er es hier als Irrtum der Dichter, die Goldene Zeit in die Vergangenheit zu datieren, und erläutert das Zustandekommen dieses Fehlers ausführlich (§§ 9f.). Er stellt sogar fest, dass die Goldene Zeit sich h o m in e reg n a n te gar nicht hätte ereignen können (§ 10), sondern der Gottesherrschaft auf Erden Vorbehalten ist, während im fünften Buch an die Herrschaftszeit des menschlichen Königs Saturn (vgl. 5,5,9; 1,13,8-14) gedacht ist, deren Segnungen die Menschen sich durch Gerechtigkeit und rechte Gottesver­ ehrung wieder erwerben könnten (5,8,3). Auch der Blickwinkel unterschei­ det sich in den beiden Darstellungen: Im fünften Buch geht es Laktanz insbesondere um die gesellschaftlichen Verhältnisse, für die er die Dich­ terzitate als Quellentexte heranzieht, hier hingegen um die wunderbare Verwandlung der Natur in der kommenden Heilszeit23. - Beide Deutungen des Goldenen Zeitalters (als vergangene Epoche des Monotheimus und der Gerechtigkeit oder als kommendes Tausendjähriges Gottesreich) stehen al­ so gedanklich unverbunden, letztlich sogar widersprüchlich nebeneinander. Laktanz knüpft zweimal in unterschiedlichem Zusammenhang an densel­ ben Mythos an und interpretiert ihn anti-polytheistisch oder eschatologisch24, jeweils nach den apologetischen Erfordernissen. Diese Umwertung des Goldenen Zeitalters stellt auch ein unüberwindliches Hindernis dafür dar, die Goldene Zeit des fünften Buches als politischen ( D i g e s e r ) 25 oder gesellschaftlichen ( F is h e r ) 26 Zukunftsentwurf des Laktanz zu verstehen. Ein ethischer Aspekt ist zwar vorhanden (§ 7 Beseitigung der sittlichen Missstände), steht aber im Hintergrund, so richtig S w i f t Golden Age 1 5 3 - 1 5 5 . 24 S w i f t ( Golden Age, hier 1 5 5 ) spricht von einem „polemical pragmatism“ bei Lak­ tanz’ Behandlung des Mythos vom Goldenen Zeitalter und verweist auf das „ethical element“ als verbindende Größe: Goldene Zeit und sittliche Ordnung gehören bei Laktanz zusammen. Ganz ähnlich geht Loi (Lattanzio 243f.) davon aus, dass das Goldene Zeitalter „per fini apologetici“ (243) jeweils als Interpretament des christ­ lichen Glaubens herangezogen wird. 25 Nach D i g e s e r (Lactantius 40-45) spreche sich Laktanz für eine Rückkehr zum Prinzipat aus, das er mit der Herrschaft des Saturn, also der Goldenen Zeit, gleich­ setze. Unvereinbar mit einem solchen Verständnis ist aber die Aussage § 9 quae utique fieri complerique non poterant homine regnante. 26 A.L. F is h e r , Lactantius’ ideas relating Christian truth and Christian society, JHI 43 (1982) 355-377, v.a. 374-376, erklärt die unterschiedlichen Konzeptionen des Goldenen Zeitalters redaktionsgeschichtlich: Das Goldene Zeitalter im älteren und ursprünglich eigenständigen fünften Buch sei eine Gesellschaftsutopie, im siebten Buch werde unter dem Druck der Verhältnisse die Goldene Zeit in das Tausend­ jährige Reich verlegt. Das Goldene Zeitalter des fünften Buches habe er nun bei der Erweiterung an seinem Platz gelassen, als „in a vision of a new intermediate era, less remote, less fantastic, and perhaps in some ways only a consoling utopian extension of what he could see or imagined that he saw in the Christian communi­ ty around him“ (376). - Die Unvereinbarkeit der beiden Deutungen des Goldenen Zeitalters ist damit aber nicht ausgeräumt, und die Bereitschaft des Laktanz, beide nebeneinander stehen zu lassen, ist mit apologetischem Pragmatismus ( S w i f t , L oi: siehe vorige Anm.) plausibler erklärt als mit einer nachträglichen Umdeutung auf die Christengemeinde ( F is h e r ) , die dem paganen Leser natürlich unverständlich 23

24,7

555

24,7 tenebrae illae . . . caelum: Mit illa e bezieht sich Laktanz auf die 16,8f. geschilderte Verfinsterung der Sonne (16,8 so lis t e n e b r a e ) und das Verlöschen der Gestirne (16,10 c a e l u m o m n e c a e c u m ); zu o ffu n d e tu r vgl. 16,9 lu n a [ ...] p e rp e tu o sa n g u in e o ffu s a ; zu o cca eca b itu r ca elu m Vet. Lat. Matth. 24,29 (Iunil. 2,24) so l o cca eca b itu r (ThLL IX,2 329,22ff.). Das Futur I im Relativsatz betont in absolutem Tempusgebrauch (statt Vorzeitigkeit durch Futur II) das Bevorstehen jener Ereignisse aus der Perspektive des Lesers bzw. Sprechers. luna . . . clarior fiet: Wörtlich nach Jes 30,26 LXX (über den Tag, an dem Gott sein Volk errettet; vgl. Hen(aeth) 91,16): καί εσται το φως τής σελένης ώς το φως τού ήλιου καί το φως τοϋ ήλιου εσται επταπλάσιον. Dass der Mond nicht mehr abnimmt (n e c m in u e tu r u lte r iu s , zur Formulierung 2,5,18), könnte eingefügt sein nach Jes 60,20 LXX (an das eschatologische Jerusalem): ή σελήνη σοι ούκ έκλείψει (vgl. V o l z 340). Lediglich der Vergleichspunkt qu am n u n c e s t (wiederum aus der Perspektive des Lesers bzw. Sprechers) scheint ergänzt zu sein. An entsprechender Stelle epit. 67,4 p e r id e m te m p u s e t s te lla e c a n d id io re s e ru n t e t c la r ita s so lis a u g e b itu r e t lu n a n o n p a tie tu r d e m in u tio n e m folgt ein weiteres freies Prophetenzi­ tat (Joel 2,23f. über den Frucht bringenden Regen), worin vielleicht ein Indiz dafür liegt, dass Laktanz hier nicht von einer thematischen Testi­ moniensammlung abhängen muss, sondern auch selbst biblische Zeugnisse Zusammentragen kann. septies tanto quam nunc: Seit Plautus (Amph. 943 etc.) erscheint der Ausdruck bis (Plaut. Pers. 152 t e r ) ta n to [ ...] qu am (vgl. LHS II 593; Bell. Afr. 19,4 q u a te r , ohne q u a m ), er wird aber in der Kunstprosa ge­ mieden. Laktanz könnte die Formulierung aus der Vetus Latina (Is. 30,26 ed. Sabatier aber: s e p te m p lic ite r ) übernommen haben; vgl. Hier, in Ezech. 14,45,18-25 1. 321. terra [...] aperiet fecunditatem suam: Dass die Erde selbst ihre Frucht­ barkeit ,öffnet‘, ist eine ungewöhnliche Vorstellung (anders etwa 3,25; 5,12; Tert. adv. Herrn. 29,1), hier zeigt sich darin die Freude der ganzen Schöp­ fung (siehe unten zu mundus ... ). Zu a p erire vgl. Cens. 22,11 n o m in a ­ tu m [ ...] A p r ile m [ ...] ab a p e rie n d o , quod tu n e f e r m e c u n c ta g ig n a n tu r e t n a sc e n d i cla u stra a p e r ia t n a tu r a ; ThLL II 214,22ff.

bleiben muss. Auf apologetisches Kalkül weist auch der Vergleich mit der E p i t o m e hin: Dort ist vom vergangenen Goldenen Zeitalter als Phase des ursprünglichen Monotheismus (epit. 20,1), nicht aber von dessen Wiedererreichung die Rede; das endzeitliche Goldene Zeitalter (vgl. epit. 67,4f.) ist nicht mehr erwähnt. Das Gol­ dene Zeitalter bleibt also in der Kurzfassung dort stehen, wo es ein strukturell wichtiges religionsgeschichtliches Interpret ament darstellt, und fällt dort weg, wo es als Beleg und zur Illustration der Seligkeit im Tausendjährigen Reich dient.

uberrimas fruges sua sponte generabit: Sowohl zur biblisch-apokalyp-ti-schen Heilszeit (Lev 26,4L; Jes 4,2; Am 9,13; or. Sib. 3,581; 630fb; V olz 387b) als auch zur paganen Vorstellung vom Goldenen Zeitalter gehört die überreiche Fruchtbarkeit (Zusammenstellung G atz 229), ins­ besondere zum Ertrag su a sp o n te etwa Hes. op. 117b; Lucr. 2,1157b; Verg. georg. 2,501; Aen. 7,203b; Ov. met. 1,90; 101b; 109. Dieses Motiv findet sich ebenso wie das folgende vom Überfließen von Wein, Milch und Honig im Vergilzitat 24,11 und im Sibyllenzitat 24,13. rupes . . . inundabunt: S u d a re intransitiv (,νοη etwas schwitzen6) wie etwa Lucr. 5,1129; Liv. 22,2,18; vgl. OLD s.v. lb; in u n d a re wie Verg. Aen. 11,382 in u n d a n t sa n g u in e f o s s a e ; vgl. ThLL VII,2 250,20ff. - Ein Über­ fluss an Honig, Wein und Milch (bildhaft für Wohlstand Plat. Gorg. 493e), die in unnatürlicher Weise hervortreten, ist Heilszeichen sowohl in biblischapokalyptischem Denken als auch im paganen Mythos vom Goldenen Zeit­ alter (Zusammenstellungen V olz 387b; G atz 229): Im biblischen Schrift­ tum finden sich der Honig aus dem Felsen (Dtn 32,13 LXX; Ps 81,17; or. Sib. 5,282), Ströme von Milch in der Wendung vom Land, in dem Milch und Honig fließen (Ex 3,8.17; 13,5; Ijob 20,17; Jer 11,15; 4 Es 2,19), und von den Rebhängen herabquellender Wein ist angedeutet in αποσταλάξει τα δρη γλυκασμόν (Am 9,13; Joel 4,18; vgl. Tert. adv. Marc. 3,5,3). Quel­ len, aus denen Wein, Milch und Honig kommen, sind angekündigt or. Sib. 2,318; 3,622; 8,211. Zur paganen Topik des Goldenen Zeitalters gehören Flüsse von Wein (etwa Verg. georg. 1,132; Hör. carm. 2,19,10; Lucian. Sat. 7) und Milch (etwa Verg. georg. 3,308-310; Ov. met. 1,111, zitiert 5,5,7) sowie aus Bäumen fließender Honig (etwa Verg. ecl. 4,30, zitiert 24,11; Hör. carm. 2,19,11b; Tib. 1,3,45). Der Honig aus dem Felsen ist also eher in der biblischen, der Fluss von Wein eher in der paganen Vorstellungswelt zuhause, Laktanz scheint dies aber ganz bewusst zusammenzufügen. mundus . . . laetabitur: Die Freude des Kosmos (ThLL VI, 1 1208,19ff.; VII,2 881,72ff.) über die Heilszeit ist biblisch-christliches (1 Chr 16,31; Ps 96,11; 97,1; Jes 42,10; vgl. Ambr. Hel. 21,80; Hier, in Is. 12,44,24) und paganes (Verg. ecl. 4,52 a sp ice, u en tu ro la e ta n tu r u t o m n ia s a e c lo ) Motiv, so heißt es schon h.Ap. 118 über die Reaktion der Welt auf die Geburt des Apollon: μείδησε δε γαΡ ύπένερθεν, vgl. H.J. T sch iedel , Ein Pfingstwunder im Apollonhymnos, ZRG 27 (1975) 22-39, hier 38f. Ähnlich wie Laktanz formuliert Commodian apol. 863f. (über den endzeitlichen Einzug der Erwählten; vgl. instr. 1,42,35): O m n ia u ire sc u n t a n te illo s, o m n i a g a u d e n t , / ex cip ere s a n c to s i p s a crea tu ra l a e t a t u r .

liberata dom inio . . . erroris: Die Freiheit der Welt von der Herrschaft (id o m in iu m wie 6,13,5 p e c c a ti und sonst selten mit Genitivus subiectivus; vgl. Sen. dial. 6,2,2 n o n [ ...] d e d it lo n g u m in se m a lis su is d o m in iu m , ThLL

24,8

557

V,1 1894,3ff.) des Bösen, Gottwidrigen, Verbrecherischen und Falschen ge­ hört sowohl zur biblischen Heilszeit (etwa Jes 11,9; Hab 2,14; or. Sib. 2,33; 3,376—380; 5,429f.; V olz 332f.) als auch zum paganen Goldenen Zeitalter (etwa Arat. 105-107; Ov. met. 1,91-93; vgl. Hes. op. 118-120; G atz 22f.). 24,8 non bestiae . . . placida erunt omnia: Der Tierfriede ist ein Heils­ motiv in biblischem Denken (Jes 11,6-8; 65,25; or. Sib. 3,788-795, die Verse 788-791.794 zitiert Laktanz 24,12; ApcBar(syr) 73,6; Phil, praem. 85-90) und der paganen Vorstellung vom Goldenen Zeitalter (etwa Verg. ecl. 4,22.24, vgl. das Zitat unten 24,11; Hör. epod. 16,51f.; Tib. 1,10,10; G atz 171-174); V. B u c h h eit , Tierfriede in der Antike, WJA 12 (1986) 143-167; ders. T ie r fr ie d e , v.a. 22f. leones . . . ludet: Die Beispiele für den Tierfrieden entnimmt Laktanz der viel zitierten (Iren. haer. 5,33,4; Clem. Alex. Strom. 6,50,2; Tert. adv. Herrn. 11,3; adv. Marc. 4,24,9) Passage Jes 11,6-8, wiedergegeben auch or. Sib. 3,788-795. Tatsächlich entspricht a d p ra e s e p e genau or. Sib. 3,791 (zi­ tiert unten 24,12) παρά φάτνη (ohne Gegenstück bei Jesaja). Andererseits können die Sibyllenorakel auch nicht alleinige Quelle sein, da Laktanz in zwei Punkten näher bei Jesaja liegt als diese: Während der Löwe or. Sib. 3,791f. (die Verse 792f. sind im Zitat 24,12 ausgelassen) nur ώς βοϋς Gras frisst, aber nicht m it einem Rind, entspricht s im u l bei Laktanz άμα Jes 11,7; und während or. Sib. 3,794 Schlangen bei Säuglingen schlafen (ein Anklang an die Heraklessage?), kommt bei Laktanz und Jes 11,8 ein Säug­ ling beim Spielen in Kontakt mit den Schlangen. Laktanz benutzt also neben or. Sib. 3,788-795 vor allem Jes 11,6-8: §

Jes 11,6-8 LXX

8

leones et uituli ad praese­ pe sim ul stabunt,

(6) [...] μοσχάριον καί ταύρος καί λέων αμα βοσκηθήσονται [...] (7) [...] καί λέων καί βούς αμα φάγονται άχυρα.

lupus ouem non rapiet,

(6) καί συμβοσκηθήσεται λύκος μετά άρνός [...]

canis non uenabitur, ac­ cipitres et aquilae non nocebunt,

(6) καί συμβοσκηθήσεται λύκος μετά άρνός, καί πάρδαλις συναναπαύσεται έρίφω, καί μοσχάριον καί ταύρος καί λέων άμα βοσκηθήσονται, καί παιδίον μικρόν άξει αυτούς· (7) καί βούς καί άρκος άμα βοσκηθήσονται, καί άμα τά παιδία αυτών εσονται.

infans ludet.

(8) καί παιδίον νήπιον επί τρώγλην άσπίδων καί επί κοίτην έκγόνων άσπίδων τήν χεΐρα επιβάλει.

cum

serpentibus

Laktanz verkürzt durch Zusammenfassungen (Löwen nur einmal; neben dem Kalb nicht auch Stier und Rind; Spielen des Kindes) und Auslas­ sungen. Außerdem ersetzt er die Paare Panther/Böcklein und Kuh/Bären durch (eher auf die Alltagserfahrung seiner Leser abgestimmte?) Aussagen

K o m m e n ta r

über die Wesensänderung beim Hund (wohl nicht wegen ihrer Aggressi­ vität, sondern wegen der häufig erwähnten Verwendung zur Jagd, vgl. 1,10,2; Varro rust. 2,9,5) sowie Habicht (sprichwörtliche Raubgier, vgl. Plaut. Pers. 409; Varro Men. 289; in dichterischer Bildersprache etwa Lucr. 3,752; Verg. Aen. ll,721f.) und Adler (in dichterischer Bildersprache etwa Verg. ecl. 9,13; zusammen als Beispiele für Greifvögel etwa Colum. 8,4,6; Sil. 5,282-284). G a t z (172) sieht in der Wortwahl se rp e n s statt a sp is bei Laktanz eine Annäherung an Verg. ecl. 4,24 o c c id e t e t se rp e n s. Auch Löwe/Kalb kommen nahe an Verg. ecl. 4,22 n o n m e tu e n t a r m e n ta leon es. praesepe: Neben dieser von den meisten Handschriften überlieferten ge­ läufigsten und klassischen Form (ThLL X,1 806,45ff.; 807,lOff.; vgl. Ov. fast. 1,663) ist auch das von B gebotene p r a e s e p iu m (ThLL X,1 807,15ff.) zu erwägen (zu p r a e s e p e m ThLL X,1 860,72ff.). Keinen Aufschluss bietet 4,11,12, wo in einem Bibelzitat (Vet. Lat. Is. 1,3)27 die Überlieferungsbe­ fund p r a e s e p iu m (DVPKSR) und p r a e s e p e m (B und HM vor Rasur) bietet. Letztlich ist nicht sicher zu entscheiden, ob die divergierenden Formen von B als ein hinreichendes Indiz für seine Zuverlässigkeit gegen die übrigen Handschriften anzusehen sind. 24,9 aureis tem poribus: Siehe oben zu 24,7-14. quorum error . . . fieri ac terminari: Dass biblische Prophezeiungen in der Vergangenheit formuliert sein können, aber trotzdem auf die Zukunft zu beziehen sind, ist ein häufig ausgesprochener Grundsatz frühchristli­ cher Bibelhermeneutik, so etwa Justin, dial. 114,1; Iren. epid. 67; Tert. adv. Marc. 3,5,2 fu tu ra in te r d u m p ro ia m tr a n s a c tis e n u n tia n tu r ; Hier, in Is. 2,5,25 1. 36; in Ezech. 6,19 1. 736; Aug. in psalm. 84,3; 125,10; in psalm. 103 serm. 2,7; epist. 199,12; civ. 20,30; M o n a t B ib le I 58. Durch diese Sichtweise können auch in der Vergangenheit gehaltene Propheten­ äußerungen auf Christus hin gedeutet werden (so wie etwa 4,12,8.10.12), wie es einem Kerninteresse der Patristik entspricht, vgl. D ASSMANN 16-20. Entsprechend stellt Laktanz auch bei seiner Wiedergabe aus der Johannes­ offenbarung, die zwischen allen drei Zeitstufen schwankt, konsequent das Futur her, dazu oben 468 Anm. 13. Umgekehrt beruft sich Laktanz aber auch auf das wörtliche Verständnis des überlieferten Tempus, so 4,14,13 a u t p r o p h e ta de p r a e te r itis lo q u eb a tu r p o tiu s qu am fu tu r is . - Bemerkenswert im Rahmen des bekannten bibelhermeneutischen Musters ist die einfühlsame psychologisierende Erklärung, die Laktanz dafür gibt, dass die Propheten ihre u isio n e s (vgl. etwa den Beginn des Jesajabuchs Vet. Lat. Is. 1,1 [cod. 50]: u isio qu am u id it I s a ia s .) in der Vergangenheit niederschreiben. 27 Auch die direkte und weitere indirekte Überlieferung der Vetus Latina (Vetus La­ tina 12/1: Esaias, ed. R. G r y s o n , Freiburg 1987-1993, 43-46) bietet -e, - i u m und -em .

24,10 - 24,11

559

sic [...] quasi iam peracta: Zur Korrelation sic [ ...] verkürzten Vergleichssatz mit q u a si vgl. LHS II 674f. spiritu: Siehe oben zu 3,11

q u a si

und zum

s p ir itu m .

24,10 uaticinia: Siehe oben 441 Anm. 69. uulgasset: Zur Kurzform siehe oben zu 1,25

u io la ru n t.

profani a sacramento: Präpositionalkonstruktion mit ab wie 2,15,2; 2,16,13 (nur für Laktanz belegt: ThLL X,2 1663,46ff.), mit Genitiv 26,8 u e ri p r o fa n o s , dazu unten, jeweils , nicht eingeweiht‘. P ro fa n u s verwen­ det Laktanz sonst ohne Ergänzung für Dinge (,unheilig‘, 1,21,12; 2,8,70; 4,10,11; 5,10,14; epit. 38,4; 58,2) und Personen (,gottlos‘, 1,21,18; 4,27,5; opif. 13,2; mort. pers. 10,3). Zu s a c r a m e n tu m siehe oben zu 3,14. 24,11 B eleg aus Vergils vierter Ekloge: Als Beleg für das poetische Goldene Zeitalter, hinter dem, das missverstan­ dene Wissen um die Heilszeit des Tausendjährigen Reiches stehe (24,9f.), zitiert Laktanz aus Vergils vierter Ekloge. Darin kündigt der Dichter ein glückliches, goldenes Welt zeit alt er an, das mit der Geburt eines Knaben (ecl. 4,8; zur umstrittenen Deutung C lausen 119-130) anbreche. Eingeleitet wird das Zitat durch einen den ersten beiden Vergilversen untergeordneten c u m - Satz, der den Rahmen vorgibt: Beseitigung der falschen Götterverehrung und des Verbrechens,28 Unterwerfung der Erde unter Gottes Herrschaft. Das aus Hauptsätzen im Futur bestehende Zitat ist bruchlos in die Syntax eingebunden und lediglich durch Versmaß und poetische Diktion erkennbar. Auch das eingeschobene tu n e e t gehört in den parataktischen Zusammenhang Vergils, nicht etwa zu einem ausgefallenen Verbum dicendi. Laktanz erwartet vom Leser die Kenntnis von Autor und Text. Die Reihenfolge, in der Laktanz die Verse wiedergibt, weicht ab von derjenigen der Vergilüberlieferung: Zusatz: cu m ... tu n c e t

Zitat: te r r a , , ced et ... a ra to r. ‘ , m o lli . . . m e lla . ‘ , nec u a rio s . . . a g n o s .c , ip sa e . . . le o n e s/

Verg. ecl. 4 38-41 28-30 42-45 21f.

Doch ist darin nicht, wie M o nteleo ne annimmt, die ursprüngliche Rei­ henfolge bewahrt,29 vielmehr stellt Laktanz selbst die Verse absichtsvoll 28 Einen Zusammenhang zischen der Verfall der Religion und der Sittlichkeit stellt Laktanz auch 5,8,5 her. 29 C. M o n t e l e o n e , L’Egloga quarta da Virgilio a Costantino. Critica del testo e ideo­ logia, Manduria 1975, und Sul testo dell’Egloga quarta di Virgilio, QuadFoggia 2/3 (1982/83) 33-74, glaubt, aus den Zitaten bei Laktanz und anderen Bezugnahmen auf die vierte Ekloge folgende ursprüngliche Versfolge ableiten zu können: 18-20.

K o m m e n ta r

um30: Laktanz lässt diejenigen Verse (18-20; 23-27; 31-37) weg, in denen auf den Knaben und auf Historisches oder Mythisches angespielt wird. Diese Motive würden in der Schilderung des eschatologischen Gottesreichs nur stören. Was bleibt, sind die heil vollen Naturphänomene in ihrer Rück­ wirkung auf den Menschen. Deren Darstellung bringt Laktanz in eine na­ türliche Abfolge: Am Anfang steht die grundsätzliche Aussage o m n is f e ­ r e t o m n ia te llu s (39) mit ihren Konsequenzen für das menschliche Leben (38-41): Dadurch, dass die Erträge der Natur nun von sich aus zur Ver­ fügung stehen, entfällt die Notwendigkeit, Handel und Landwirtschaft zu betreiben. Darin liegt die Bekräftigung des oben (22,7 te r r a uero a p e r ie t fe c u n d ita te m s u a m ) auf der Basis biblischer Heilsankündigungen Ausge­ sagten. Abgegrenzt (tu n e e t) sind die Veränderungen in Pflanzen- (28-30) und Tierwelt (42-45; 21f.). Auch dabei werden wichtige Motive aus 22,7 mit teilweise kleinen Veränderungen aufgegriffen: zunächst (28-30) Feld­ früchte und Wein, die ohne Anbau wachsen (28f.), und der Honig, der aus den Steineichen (22,7: Felsen) fließt (30), dann (21f.) der Überfluss an Milch und der Tierfriede. Indem Laktanz die Verse 42 bis 45 (Schafe färben ihre Wolle durch das Fressen entsprechender Pflanzen selbst) dazwi­ schen schiebt, gestaltet er den Übergang von der Pflanzen- zur Tierwelt bruchlos. Zugleich illustriert dieses ungewöhnliche Detail das Wohlleben der Gerechten im Tausendjährigen Gottesreich, wie es in den Augen des Laktanz vielleicht auch in den biblischen Texten Wein, Milch und Honig tun.31 Auffälligerweise liegt in der hier zitierten Vergilstelle gerade nicht die falsche Datierung des Goldenen Zeitalters in die Vergangenheit vor, die 23. 26-27. 31-41. 28-30. 42-45. 21f. 24f. Die überlieferte Reihenfolge sei erst im Zusammenhang mit der christlichen Ausdeutung durch Konstantin in der Oratio ad sanctorum coetum entstanden und in die Überlieferung gelangt (Egloga 7591; Testo 52-64). - Das ist aus den folgenden Gründen sehr unwahrscheinlich: (1) Die Vergleichstexte (v. a. Stat. Theb. 1,582; Verg. georg. 2,150-154; Hör. epod. 16,43-52; Tib. 1,3,35-50; Ov. met. 1,109-112; Symm. or. 3,9; Claud. 3,380-386) nehmen jeweils nur einzelne Motive aus der vierten Ekloge in einen anderen Zu­ sammenhang auf. Dass es dabei zu Auslassungen und in Einzelfällen zu einer anderen Abfolge kommt, besagt nichts. (2) Es erscheint kaum glaubhaft, dass Symmachus im Jahr 369 und Claudian um das Jahr 400 noch die , richtige ‘ Rei­ henfolge gekannt haben sollen, während alle Vergilhandschriften, auch diejenigen aus dem vierten Jahrhundert (vgl. B ü c h n e r 392), bereits die ,falsche‘ überliefern. (3) Es ist beinahe auszuschließen, dass sich eine vor allem in einer griechischen Übersetzung verbreitete Umstellung in der gesamten breiten Vergilüberlieferung durchsetzt und die ältere Tradition spurlos verdrängt. (4) Als Einschub in ein fortlaufendes Zitat wäre das tune et bei Laktanz unsinnig. 30 In diese Richtung gehen beispielsweise C o u r c e l l e Exégèses 294f.; S w i f t Golden Age 154 Anm. 32; M o n a t Bible I 60; W l o s o k Cumaeum Carmen 303; B r y c e 290. 31 Zu Wein, Honig, Milch und Getreide, die von selbst hervorkommen, siehe oben zu 24,7 uberrimas . . . und rupes . . . . • ·

24,11

561

Laktanz soeben (24,9) ausführlich erläutert hat, denn die Passage ist als Heilsankündigung im Futur gehalten.32 Laktanz schweigt zu dieser Un­ stimmigkeit, insbesondere hebt er nicht etwa Vergil als einen der Wahr­ heit besonders nahe kommenden p o e ta hervor. Wahrscheinlich sollen die übereinstimmenden Motive in der Prophetenparaphrase, dem Eklogenausschnitt und den Sibyllenzitaten für sich sprechen. Die Erläuterung der Fehl­ datierung ermöglicht die Einbeziehung des Topos vom Goldenen Zeitalter insgesamt. Vergil erscheint also zwar als ein besonders geeigneter Zeuge dieses im Heidentum überlieferten Wissens um das Tausendjährige Reich, soll aber nicht als einzelne Autorität hervortreten, sondern die Tradition insgesamt repräsentieren. Laktanz steht hier zwar am Anfang der breiten christlichen Rezep­ tion von Vergils vierter Ekloge33, beschränkt sich aber darauf, anhand des entsprechend ausgewählten und angeordneten Textes die Vorstellung von einer Heilszeit zu belegen34. Eine christliche Umdeutung bietet freilich erst35 Konstantins ,Rede an die heilige Versammlung^36, wo Vergils p u e r 32 Eine Korrektur Vergils müsste vielmehr bei der Datierung in der unmittelbaren Zu­ kunft (ecl. 4,4 uenit iam [...] aetas) einsetzen. Zu kurz greift B u c h h e i t ( Tierfriede 23), der postuliert, von der Erläuterung zum falschen Tempus bei den Propheten sei „sicher Vergil mit betroffen“. 33 Grundlegend zur Rezeptionsgeschichte der vierten Ekloge im Christentum C o u r c e l l e Exégèses; Übersicht über die Texte bei S. B e n k o , Virgil’s Fourth Eclogue in Christian Interpretation, ANRW II 31,1 (1980) 646-705. - Frühere christliche Bezugnahmen auf die vierte Ekloge sind sehr zweifelhaft: Zu der C o u r c e l l e Exégè­ ses 294 Anm. 2 und N a z z a r o 51 angesprochenen Stelle Cypr. hab. virg. 14 vgl. F r e u n d Vergil 384, wo der Verweis auf hiesige Stelle fehlt. Ferner sieht B u c h h e i t ( Goldene Zeit 219-222) als Vorlage für 5,7,lf. deus [ . . . ] adpropinquante ultimo tempore nuntium misit, qui uetus illud saeculum fugatamque iustitiam reduceret [ ...] . rediit ergo species illius aurei temporis. Verg. ecl. 4,4 ultima [ . . . ] uenit [ . . . ] aetas, 7 iam noua progenies caelo demittitur, 9 iam redit et uirgo, redeunt Sa­ turnia regna. Doch muss sehr fraglich erscheinen, ob das gemeinsame Vorkommen der überaus gebräuchlichen Vokabeln ultimus , (de)mittere und redire als bewusste Anspielung oder Bezugnahme des Laktanz gedeutet werden kann. Auch widersprä­ che ein solches Vorgehen der von H a g e n d a h l (Methods) treffend charakterisierten Zitiertechnik des Laktanz. 34 Dass Vergil hier nicht etwa christlich (um)gedeutet werde, betonen zu Recht bei­ spielsweise C o u r c e l l e ( Exégèses 295) und ausführlich B u c h h e i t ( Goldene Zeit 219-221, mit Doxographie). 35 Ungenau beispielsweise Antonio V. N a z z a r o , La IV Bucolica di Virgilio nell’antichità cristiana, in: Omaggio Sannita a Virgilio, a cura di Antonio V. N a z ­ z a r o , S. Giorgio del Sannio 1983, 47-84, hier 52. 36 Die bei Euseb im Anhang zur Vita Constantini überlieferte Rede zum Karfreitag gilt in der neueren Forschung als authentisch (anders aber beispielsweise M.R. C a t a u d e l l a , Constantino, Giuliano e VOratio ad sanctorum coetum, Klio 83 [2001] 167-181: nicht vor der Zeit Kaiser Julians), das heißt von Konstantin lateinisch abgefasst und dann ins Griechische übersetzt, die Datierung schwankt zwischen 324 (M.J. E d w a r d s , The Arian heresy and the Oration to the saints, VChr 49 [1995] 379-387), 325 (T.D. B a r n e s , Constantine’s „Speech to the assembly of the saints“.

K o m m e n ta r

(eel. 4,8) auf Christus und die n o u a p ro g e n ie s (ecl. 4,7) auf die Seligen der Endzeit bezogen werden.*37 Allerdings geht wahrscheinlich von Laktanz die Anregung zu dieser Vergilbenutzung in Konstantins Rede aus.38 Weitere christliche Deutungen dürften durch die vorliegende Laktanzstelle angestoßen sein.39 om nis feret om nia tellus: Die ähnlich lautende, aber in der Vergangen­ heit gehaltene Aussage Verg. georg. l,127f. (126f. zitiert Laktanz 5,5,5) ip sa q u e te llu s / o m n ia lib eriu s n u llo p o s c e n te fe r e b a t zitiert Tert. nat. 2,13,14 in seiner Darstellung des Goldenen Zeitalters unter Saturn. flauescet: Ein Teil der Vergilhandschriften (yRbf) hat fla u e s eit, doch fol­ gen Editoren R ib b e c k und M y n o r s sicher zu Recht den Codices eder, die wie bei den umgebenden Prädikaten (ecl. 4,11-45) Futur bieten. Place and date o f delivery, JThS 52 [2001] 2 6 -3 6 ) und 328 (B . B le c k m a n n , Ein Kaiser als Prediger. Zur Datierung der Konstantinischen Rede an die Versammlung der Heiligen, Hermes 125 [1997] 1 8 3 -2 0 2 ). 37 Const, or. s.c. 19-21, dazu insbesondere C o u r c e l l e Exégèses 297-308; G. R a d k e , Die Deutung der 4. Ekloge Vergils durch Kaiser Konstantin, in: R. C h e v a l l i e r (éd.), Présence de Virgile, Paris 1978, 147-174, moniert Oberflächlichkeit in Aus­ legung und Übersetzung, anders mit Recht W l o s o k (Beispiele 444-455) und L. C o r o n a t i , Osservazioni sulla traduzione greca della IV Ecloga di Virgilio, CCC 5 (1984) 71-84; nichts Neues bringt G. B e r n a r d i P e r in i, Virgilio, il Cristo, la Sibil­ la. Sulla lettura “messianica” della quarta egloga, AAPat 112 (1999/2000) 115-124, der 119 für die Vergilbenutzung folgenlos und unbegründet das gesamte siebte Buch der Diuinae institutiones als gleichzeitig mit der Kaiseranrede 26,1-17 (dazu un­ ten) datiert; zur umfangreichen älteren Literatur C o u r c e l l e Exégèses 296 Anm. 1; W. S u e r b a u m , Hundert Jahre Vergil-Forschung, ANRW II 31,1 (1980) 2-358, hier 312-315. - Den Unterschied zwischen der Vergilbenutzung bei Konstantin und bei Laktanz (dazu auch D e D e c k e r 88) bringt M o n a t (Bible I 60f.) auf den Punkt (61): Vergil erscheine bei Konstantin als „prophète messianique“, bei Laktanz nur als „témoin complémentaire d ’une annonce eschatologique“. 38 Dass durch die vorliegende Laktanzstelle die Aufmerksamkeit Konstantins auf die vierte Ekloge gelenkt wurde, vermuten etwa K u r f e s s Sibylle 12; Konstantin 42f.; W. S c h m id , ,Bukolik‘, RAC 2 (1954) 786-800, hier 791f.; nach W l o s o k (Beispiele 454f.) regt Laktanz die kryptochristliche Deutung bei Konstantin an. Ein Einfluss des Laktanz auf die Inhalte der Rede gilt als sicher, so etwa D e D e c k e r 79-81; C.M. O d a h l, God and Constantine: Divine sanction for imperial rule in the first Christian emperor’s early letters and art, CHR 81 (1995) 327-352; H.R. S e e l i g e r , LACL (20023) 440. M o n a t (Bible I 59; 61) sieht einen Widerspruch darin, dass die vierte Ekloge zwar auf Anregung des Laktanz in der Oratio ad sanctorum coe­ tum aufgenommen, epit. 68,3 aber weggelassen sei, und sieht darin ein Indiz für die Unechtheit der Epitome. Das Einsparen von Zitaten gehört aber zum Prinzip der Epitomierung bei Laktanz, dazu epit. praef. 3; H e c k / S c h i c k l e r 31-33 (mit weiterer Literatur); grundsätzlich gegen M o n a t s These, dass die Epitome Lak­ tanz abzusprechen sei, Μ. P e r r i n , L’authenticité lactancienne de l’Épitomé des Institutions divines. À propos d ’un livre récent, REAug 32 (1986) 22-40. 39 Dazu insbesondere J. D o ig n o n , “N ou s bons hommes de foi”: Cyprien, Lactance, Victorin, Optat, Hilaire (Augustin, De doctrina Christiana IV,40,61), Latomus 22 (1963) 795-805.

24,12

563

molli: Hier wie öfter bei Vergil Attribut von Teilen reifender Pflanzen (ecl. 2,50.72; 3,45; ThLL VIII 1371,28), ohne besonderen inhaltlichen Akzent (so C lausen 136). 24,12 p o e ta : Siehe oben zu 1,14

p o eta .

secundum Cym aeae Sibyllae carmina: Laktanz versteht Verg. ecl. 4,4f. ( u ltim a C u m a e i u e n it ia m c a rm in is a e ta s / m a g n u s ab in teg ro s a e ­ c lo ru m n a s c itu r o rd o .) so, dass sich Vergil auf ein Orakel der Sibylle von Cumae beziehe, vgl. F. D o r n se if f , Die sibyllinischen Orakel in der augu­ steischen Dichtung, in: J. I rm sch er /K . K um aniecki (Hrsg.), Römische Literatur der augusteischen Zeit, Berlin 1960, 43-51; W losok C u m a e u m C a r m e n ; R.G.M. N is b e t , Virgil’s Fourth Eclogue: Easterners and Wester­ ners, BICS 25 (1978) 59-78. Hier liegt also ein konkreter Fall für die 22,1-9 allgemein erläuterte Überlieferung von Einzelwahrheiten in der Dichtung vor. Ebenso wird ira 23,6 ein Ovidzitat eingeführt, das auf mehrere Sibyl­ lenzitate folgt (vgl. I ngrem eau C o lere 365). p ro lo c u tu s est: Anders als 5,4; 4,26,8 (,aussprechen‘) hier für die Vor­ hersage von Zukünftigem (ThLL IX,2 1836,21f.). ήδε . . . κοιμήσονται : or. Sib. 3,788-791.794. Die Laktanz vorliegen­ de Version der Sibyllinen weicht zum Teil von der direkten Überliefe­ rung ab: In Vers 788 bietet sie έν δε statt ήδέ und άμμις (Φ) bzw. άμα (Φ) statt άμμιγ’ (poetische Form zum Adverb άνάμιγα ,vermischt‘, vgl. LSJ s.v.; auch or. Sib. 3,146), in Vers 789 hat die Handschriftengruppe Φ βοσκηθήσονται (zum Versus spondiacus in den or. Sib. siehe oben zu 19,9 έργα .. . ); Vers 790 lautet: άρκτοι συν μόσχοις νομάδες (νομάδιον Φ) αύλισθήσονται. In Vers 791 ist άχυρον φάγετ’ έν φάτνη (επί φάτνης Φ) über­ liefert; das bei Laktanz gebotene lange -at im Hiat stellt keinen Anstoß dar (vgl. N ieto I bänez 90-93), kann also auf die Laktanz vorliegende Version zurückgehen. In Vers 794 haben Handschriften der Sibyllenorakel καί βρεφέεσσι (Φ) bzw. βρεφέεσσί τε (Φ) statt συν βρέφεσίν τε und άμα σφίσι statt άμ’ άσπισι, das S tadtm üller (bei B r a n d t , vgl. dort I p. XCVI) sicher richtig (vgl. Jes 11,8 LXX) aus dem in den Laktanzhandschriften Überlieferten rekonstruiert hat. - Die bei Laktanz nicht zitierten Verse 792f. lauten (nach Jes 10,6f.): ώς βοϋς* καί παΐδες μάλα νήπιοι έν δεσμοϊσιν / άξουσιν (εξουσιν Φ)· πήρον γάρ έπί χθονί Θήρα ποιήσει. Wahrscheinlich lässt er den mühelosen Umgang mit dem Tier weg, da das darin angesprochene landwirtschaftliche Arbeiten das erhabene Szenario des eschatologischen Tierfriedens in den Sibyllenorakeln (nach Jes 11,6-9, siehe oben zu 24,8) beeinträchtigen würde; die Fruchtbarkeit der Natur, die menschliche Arbeit unnötig macht, wird im folgenden Zitat geschildert. Auch die im Zusam­ menhang redundante Aussage, dass Gott die Tiere harmlos macht, stört die Folge eindrücklicher Bilder.

K o m m e n ta r

24.13 u b e rta te re ru m : Ciceronische (leg. 1,25; div. 2,30; vgl. leg. agr. 1,18) Junktur für eine von der Natur zum Nutzen des Menschen hervorge­ brachte Fülle. καί . . . απάντων: or. Sib. 3,619-623. Vers 618 zitiert Laktanz 19,9. In der direkten Sibyllenüberlieferung endet Vers 620 άσπετα ποίμνια μήλων. Das statt dessen bei Laktanz zu findende θρέμματα γαίης meint wohl Schafe oder Ziegen (vgl. LSJ s.v. θρέμμα 1, B a u e r / A l a n d s.v.) als Milchlieferan­ ten, die aber ohne landwirtschaftliche Haltung in der Natur Vorkommen (γαίης). Zum von selbst entstehenden Wein, Honig, Milch und Getreide siehe oben zu 24,7 u b e rrim a s ... und r u p e s ---χάρμην: Die epische , Kampfeslust ‘ (oder auch , Kam pf, vgl. LSJ s.v. χάρμη (A); nur hier in den Sibyllinen) stört hier, ist aber auch im Zusammenhang der Vorlage nicht gut verständlich: Die kriegerischen Auseinandersetzun­ gen sind dort bereits beendet, in den drei vorhergehenden Versen (or. Sib. 3,616-618) wird die allgemeine Verehrung Gottes geschildert (vgl. BuiTENWERF 267). Vielleicht steht aber auch χάρμη (metri causa?) für χάρμα , Freude ‘ (LSJ s.v. II; auch or. Sib. 3,583.770; 8,468). Laktanz jedenfalls muss, möglicherweise ohne sich der lexikalischen Schwierigkeit bewusst zu sein, ein auch für den Leser eindeutiges ,Freude‘ (sein Beleg für die Freude des Kosmos 24,7?) verstehen, sonst hätte er den syntaktisch selbständigen Vers wohl weggelassen. 24.14 εύσεβέων . . . δικαίοις: or. Sib. 5,281-283. Theosoph. Sib. 15,406408 werden die Verse offensichtlich nach Laktanz zitiert, die direkte Si­ byllenüberlieferung weicht in einigen Punkten ab: Vers 281 lautet dort Εβραίων δέ χθων αγία εστι πάντα δ’ οΐσει (Φ)40 bzw. Εβραίων δε μόνων ή χθων αγία έστί πάντα δ’ οΐσει (Φ). Zwar ist das Zitat für Laktanz nur mit den ευσεβείς brauchbar, doch wird er dies ebenso in seiner Version der Sibyllenorakel vorgefunden haben wie die anderen, inhaltlich unbedeuten­ den Abweichungen von der direkten Überlieferung. Diese spricht nämlich auch 3,573; 4,45.136; 5,36; 11,24 von ευσεβείς der Endzeit. Für die im Ge­ richt für gerecht Befundenen wird der Ausdruck 4,187 (zitiert 23,4) und 8,416 (zitiert 20,4) gebraucht. In Vers 282 haben die Sibyllenhandschriften μελισταγέος (vgl. LSJ s.v. μελισταγής) statt μελισταγέης41, das zu einem ansonsten nicht belegten dreiendigen Adjektiv μελιαστάγεος gehören muss (vgl. KB II 293 und oben zu 20,3 ταρταρόεν), und καί διά γλώσσης (wohl nach or. Sib. 5,240 γλώσσα μελισταγεοϋσα) statt ήδ’ από πηγής. In Vers 40 Die zur Gruppe Φ gehörende Sibyllenhandschrift A hat allerdings das laktanzische τάδ’ οΐσει. 41 Das Wort ist in der Laktanzüberlieferung zwar nicht eindeutig bewahrt, doch han­ delt es sich nur um orthographische bzw. phonetische (S: oci für ε) Abweichungen, und die eigentlich problematische Endung -εης ist durch die Lanktanzhandschriften und durch Theosoph. Sib. 15,407 gesichert.

565

24,15

283 bieten die Sibyllenhandschriften γάλα δ’ (Φ, μάλα τ’ Φ) άμβρόσιον. S t r u v e s (98) Konjektur des episch-poetischen γλάγος (ab Horn. II. 2,471 = 16,643, vgl. LSJ s.v.) überzeugt, wenngleich γάλα τ’ (nach D, vgl. or. Sib. 7,54) oder δ’ (wie codd. or. Sib. Φ) denkbar wären. 24,15 uiuent [...] uitam: Geläufige Figura etymologica (LHS II 38f.) wie 1,15,2; 5,8,10; ira 7,14; Gell. 17,19,6 u ita m q u e u iu e t tr a n q u illis s im a m . regnabunt cum deo pariter: Nach Offb 20,4 herrschen die Gläubigen mit Christus. Doch gehört die Gemeinschaft zwischen Göttern und Men­ schen auch zur Topik des Goldenen Zeitalters, insofern die personifizierte Gerechtigkeit (l,ll,15f.; Catuli. 68,153ff.; Octavia 397 etc.) und andere Götter (Horn. Od. 3,420; 5,201ff.; Catull. 64,384ff.; Ov. Pont. 1,6,29; fast. l,247ff.; G a t z 230) unter den Menschen weilen. reges gentium . . . in terra: Dass die heidnischen Könige mit Geschen­ ken von überall her ins himmlische Jerusalem kommen, findet sich Offb 21,24.26. Dort zwar nicht ausdrücklich erwähnt ist die Ehrerbietung für den , großen König‘ (siehe oben zu 17,11 reg em m a g n u m ), doch fügt sie sich zum Kommen und Geschenkebringen in der Johannesoffenbarung. Da­ hinter steht das Motiv der endzeitlichen Völkerwallfahrt zum Berg Zion, so etwa Ps 72,10f.; Jes 60,3.9.11; or. Sib. 3,772f. (Laktanz zitiert ira 22,8 die Verse 763-766 und 4,6,5 Vers 775); V o l z 358; Loi L a tta n z io 251 mit Anm. 73. Die Sprache ist hier biblisch geprägt: Vetus L atina M atth. 12,24 (Aug. civ. 20,5) regin a [ ...] u e n it a fin ib u s te r ra e . psalm. 21,28 (Cypr. testim . 2,29) c o n u e r te n tu r ad d o m in u m o m n es te r m in i te r ra e . psalm. 71,10 (Aug. in psalm. 71,13) reges T h a rsis et in su la e m u n e ra o ffe re n t; reges A ra b u m et Saba d o n a a d d u cen t. M atth. 2,2 (Cypr. testim . 2,29) u e n im u s a d o ra re illu m . psalm. 85,9 (cod. 135) o m n es gen tes, quas fe c is ti, u e n ie n t et a d o ra b u n t coram te, d o m in e, et h on orificabu n t n o m e n tu u m .

Is. 66,5 (Aug. epist. 88,9 p. 415,17) ut n o m e n d o m in i h o ­ n orificetu r. Mal. 1,14 (Cypr. testim . 2,29) n o m e n m e u m in lu stre est a pu d g e n te s.

psalm. 134,3 (cod. 136 Cas.) p s a llite n o m in i eius, q u o n ia m p ra e c la ru m . act. 2,5 (Aug. c. Fel. 1,5) h o m in e s ex o m n i n a tio n e , quae e st sub caelo Luc. 22,25 (Aug. cons, evang. 3,3,9) reges g e n tiu m d o m i­ n a n tu r eoru m .

15 reges g e n tiu m u e n ie n t a fin ib u s t e r ­ ra e cu m don is ac m u n eribu s, u t a d o r e n t et h o n o rific en t regem m a g n u m , cuius n o m e n e r it p r a e c la ­

ru m ac u en era b ile u n iu e rsis

n a tio n ib u s quae sub caelo eru n t et regibus qui d o m in a ­ b u n tu r in terra .

K om m entar

verwendet Laktanz auch 2,5,3; ira 24,2; belegt ist es seit der Vetus Latina und in der christlichen Latinität, vgl. ThLL VI,3 2938,42ff. Die Redundanz cu iu s n o m e n (statt zu erwartendem q u e m ) geht auf bibli­ sche Sprache zurück, siehe oben zu 15,18 n o m e n eiu s. H o n o rific a re

uniuersis nationibus quae sub caelo erunt: Derselbe Ausdruck 4,12,11 u n iu e rsis g e n tib u s quae sub caelo su n t.

25,1 Haec sunt quae: Zusammenfassender Rückbezug (mit denselben Worten 3,17,33; 6,23,33; epit. 62,3; Cic. de orat. 1,152) auf die 15,1 begon­ nene Darstellung der Endzeitereignisse (vor deren Beginn ebenfalls Ausfüh­ rungen über Quellen und Testimonien: 14,15-17), deren Abschluss 26,1-7 nachgetragen wird. Kapitel 25 unterbricht somit die Ablaufschilderung und hebt das Tausendjährige Reich hervor. quorum testim onia . . . non duxi: Den Verzicht auf wörtliche Prophe­ tenzitate (zu p o n e re für , anführen ‘ vgl. OLD s.v. 18b) begründet Laktanz hier mit der Topik einer Praeteritio um der Breuitas (große Zahl der Pro­ phetenzeugnisse) und Varietas (deren inhaltliche Übereinstimmung) wil­ len; 13,2 hingegen führt er die mangelnde Überzeugungskraft beim Publi­ kum an. tam m ultis uno spiritu sim ilia dicentibus: Geschicktes Argument in­ nerhalb der Praeteritio: Prophetenzitate wären zu eintönig, weil ,so viele Propheten in einem Sinn Ähnliches sagen‘, das heißt zugleich: inhaltlich übereinstimmen. Dagegen hält Laktanz im dritten Buch der paganen Phi­ losophie ihren Dissens vor (vgl. 3,7,9; 3,27,3-11), die Einmütigkeit der Propheten uno s p ir itu betont er auch 2,8,48 ( opu s m u n d i e t o p ific iu m d ei uno s p ir itu e t p a r i uoce te s ta n tu r [se. p r o p h e ta e /) und 5,3,19 ( illa ip sa fa c tu r u m p r o p h e ta e o m n e s u no s p ir itu p r a e d ix is s e n t .); bis dahin ist der Ausdruck uno s p ir itu nur in der Bedeutung ,in einem Atemzug (ausspre­ chen) ‘ belegt, so Rhet. Her. 3,12,21; Cic. de orat. 1,261; Val. Max. 5,5,3 (übertragen für eine schnelle Reise); Plin. epist. 5,20,4. esset infinitum: Auch 6,2,16; ciceronische (Verr. II 3,53; nat. deor. 1,28; ThLL VII,1 1427,37ff.) Formel für eine Praeteritio (,es hätte kein Ende‘). ne fastidium legentibus fieret: Ausdrücklicher Bezug auf das f a s tid iu m (rhetorisch: ThLL VI,1 317,83ff. 318,19ff.) der Leser auch epit. praef. 1; Plin. epist. 2,5,4 ad fa s tid iu m le g e n tiu m d e lic ia sq u e r e s p ic io ; Hier, epist. 125,15. ex om nibus collecta et translata congererem: Auch 14,7 ( co llecta ex o m n ib u s e t c o a c e ru a ta s u b n e c ta m ) beschreibt Laktanz seine Vorgehens­ weise mit dem Zusammentragen von Prophetenaussagen; dort allerdings ist damit, wie die folgende Darstellung zeigt, die Wiedergabe des Inhaltes in eigenen Worten und in einer zusammenhängenden Darstellung gemeint,

567

25,2 - 25,3

hier die Anführung thematisch geordneter Zitate in der Art einer bibli­ schen Testimoniensammlung (zu deren Verwendung D a s s m a n n 13-16). Hier wie 2,10 ( M a rc u s T u lliu s s e n te n tia m S o c ra tis de P la to n e tra n sfe re n s d ic e n tis ... ) ist nicht ganz klar, was Laktanz mit dem , Übertragen6 ( tr a n s ­ f e r r e ) meint: Möglich wäre , übersetzen6(OLD s.v. 6a), doch ist in beiden Fällen fraglich, warum Laktanz Sprachproblematik berühren sollte, wahr­ scheinlicher ist ,(in den eigenen Text) übertragen6, also ,übernehmen6, ,ab­ schreiben6 (OLD s.v. 2d), hier als Hendiadyoin mit c o llecta (in diesem Sinn übersetzen B o w e n / G a r n s e y : „piling up stuff gathered from all of them66). insectantur: Wie 5,1,1; gemeint ist christenfeindliche Haltung und Pro­ paganda, vgl. ThLL VII,1 1856,6ff. ueritatem consignatam teneri, quam recusant agnoscere: Die u e rita s c o n sig n a ta ist wohl nicht die (von Gott?) beglaubigte6Wahrheit (so die Einordnung ThLL IV 437,49), sondern die schriftlich vorliegende Wahrheit ( co n sig n a re wie ira 4,9; vgl. ThLL IV 436,72ff.). Gemeint ist hier also: Die Heiden haben die Wahrheit in der ihnen vorliegenden schriftlichen Tradi­ tion vor sich, weigern sich aber, sie anzuerkennen. Von der durch Gottes Gnade (l,l,6f.) möglichen, aber nicht praktizierten Wahrheitserkenntnis spricht Laktanz auch 7,4L 25,2 ex ipso fonte hauriat: Geläufiges Bild (vgl. Cic. Arch. 13), hier neben 1,1,22 erstmals für die Bibel (vgl. Paul. Noi. epist. 13,25; Sulp. Sev. chron. 1,1,5). Zur Aufforderung zur eigenen Lektüre 14,15; epit. 65,6 (ebenfalls in einer Praeteritio). in his libris com plexi sumus: Dieselbe Formel Cic. de orat. 1,22. 25,3—6 Der Zeitpunkt des W eitendes: Mit dem ciceronischen (siehe oben zu 20,7 fo r ta s s e d ix e r it q u is p ia m ) f o r ­ ta s s e q u isp ia m eingeleitet, führt eine fingierte Frage auf das Datum des Weitendes. Die gedankliche Struktur der Antwort, die Laktanz gibt, lässt sich folgendermaßen veranschaulichen: S ich eres W is s e n , a u f d e r O ffen baru n g basieren d:

A n w en d u n g fü r die D a tie ru n g des W eiten d es:

g2

W eitende zum Abschluss des sechsten M illenniums

Errechnung des W eitendes durch D atierung der Gegenwart

Vorzeichen des W eitendes

Anzeichen für baldigen U ntergang in der Gegenwart zu beobachten — ► §6 aber: B estand Roms, dessen Fall sicheres Endzeitindiz wäre

4

Zunächst geht Laktanz also von dem aus, was durch die Offenbarung fest­ steht: Das Weitende kommt am Schluss des sechsten Millenniums und ist

K om m entar

nahe (§3). Dass das Ende nicht mehr fern ist, kann man an den Zeichen (si­ gna) erkennen, welche die p r o p h e ta e angekündigt haben: Aufgrund derer ist ,an jedem einzelnen Tag‘ ( in d ie s s in g u lo s ) das Weitende zu erwarten und zu befürchten (§ 4). Darin scheinen zwei Arten von biblischen End­ zeitaussagen insbesondere aus den synoptischen Evangelien zusammenzu­ fließen: zum einen die Warnung vor dem nahen Ende, oft verbunden mit der Aufforderung zur Wachsamkeit, und zum anderen die Aufzählung von Endzeit Vorzeichen.1 Offen bleibt, an welche Endzeitzeichen gedacht ist und ob oder inwieweit sie erfüllt sein sollen. Vor diesem biblischen Hintergrund formuliert Laktanz nun (§ 5f.) Ant­ worten auf die Frage nach dem Termin des Weitendes. Zunächst (§ 5) geht er vom § 3 erwähnten Chiliasmus aus: Eine absolute Datierung setzt das Wissen voraus, wie viel Zeit seit der Erschaffung der Welt vergangen, wie weit also das sechste Millennium fortgeschritten ist. Mangels einer ausdrücklichen Angabe im biblischen Schrifttum2 verweist Laktanz auf nicht näher bezeichnete chronographische Autoren (§5 ii qui de te m p o r i­ bus s c r ip s e r u n t ), deren Berechnungen nicht mehr als 200 Jahre ergäben: Nach älterer Forschungsmeinung (vgl. v a n R o o i j e n - D i j k m a n 142f.) folgt Laktanz einer breiten chronographischen Tradition,3 die seit Julius Africa­ nus und Hippolyt die Geburt Christi ins Jahr 5500 nach der Weltschöpfung setzt,4 woraus sich ein Datum von etwa 500 n. Chr. - also etwa 200 Jahre nach Laktanz - für den Beginn des siebten Millenniums ergibt. Da Laktanz mit Hippolyt und Julius Africanus in der weltgeschichtlichen Konzeption, einer chiliastischen Heptaemerontypologie, übereinstimmt (14,7-14, dazu oben), kann man annehmen, dass Laktanz diese Tradition bekannt ist. Wichtige Argumente für eine schon früher in Erwägung gezogene5 zweite Quelle bietet N i c h o l s o n : Laktanz übernehme insgesamt das chronogra­ phische Gerüst des Theophilos von Antiochien,6 der zwar kein Datum für 1 Mt 24,42-51; 25,13; Mk 13,28-37; Lk 31,29-36; Apg 20,31; 1 Kor 16,13; 1 Thess 5,2; 2 P etr 3,10. 2 14,5f. h atte Laktanz das Wissen der Christen um Anfang und Ende der Welt dem Unwissen der Philosophen in dieser Frage gegenübergestellt und auf die d i u i n a e l i t t e r a e zurückgeführt, aber als D atierung nur angegeben: n o n d u m s e x t u m m i l l e s i ­ m u m a n n u m e s s e c o n c l u s u m (14,6). 3 Dazu L a n d e s , v.a. 137-156 (mit weiterer L iteratur) und die Übersicht 210; O. I r s h a i , D ating the Eschaton: Jewish and Christian A pocalyptic Calculations in Late Antiquity, in: A.I. B a u m g a r t e n (Hrsg.), Apocalyptic Time, Leiden [u.a.l 2000, 113-153, v.a. 139f. 4 F ür Julius Africanus ist das Zeugnis bew ahrt bei Georgius Syncellus, Ecloga chronographica, ed. A. M o s s h a m m e r , Leipzig 1985, p. 18,5ff. (dazu S ch w a r te W e l t a l ­ t e r l e h r e 150-152; Hipp. Dan. 4,23,3f. 5 So van R o o i j e n - D i j k m a n 143. 6 1,23,2 beruft sich Laktanz auf Theophilos von Antiochien und den bei diesem zi­ tierten (Autol. 3,29,2) paganen kaiserzeitlichen Historiker Thallos (FGrHist 256 2-3). N ic h o l so n ( S o u r c e , v.a. 296-308) zeigt, dass die Chronologien des Theophi-

25,3

569

das Weitende angebe (NICHOLSON S o u rce 294), wohl aber eines für die Erschaffung der Welt: Von dieser seien bis zum Tod des Kaisers Mark Au­ rel (180 n. Chr.) 5.695 Jahre vergangen.*7 Daraus ergebe sich ein Ende des sechsten Millenniums ungefähr im Jahr 4858 n. Chr., also von Laktanz aus gesehen in etwa 180 Jahren. - Laktanz kennt also beide Datierungsschema­ ta, sowohl das auf 500 als auch das auf 485 n. Chr. führende, von mehreren Chronographen (§ 5 ii qui de te m p o rib u s s c r ip s e r u n t) . Hier stellt er deren geringe Abweichung (§ 5 a liq u a n tu m ) und übereinstimmende Erwartung § 5 o m n is expectation dazu unten) des Weitendes in spätestens (§ 5 n o n a m p liu s q u a m ) zweihundert Jahren heraus. Damit ist jedoch im chiliastischen System des Laktanz nur der spätest mögliche Zeitpunkt angegeben, zu dem das siebte Millennium anbrechen muss, noch nicht aber der Beginn der Endzeitereignisse am Ende des sechsten Millenniums. Der zweite Ansatz beruht auf den § 4 bereits angesprochenen Vorzei­ chen für das Nahen der Endzeit: Nach Lage der Dinge ( res ip sa d e c la r a t ), heißt es nun (§ 6), stehe der endzeitliche Verfall in Kürze ( b re u i) bevor. Das einleitende e tia m deutet an, dass Laktanz schon die sich aus den Be­ rechnungen der Chronographen ergebende Terminierung als relativ nahe bevorstehend empfindet. Das von Laktanz hier vorgebrachte Argument setzt voraus, dass übereinstimmend die Gegenwart als eine auf la p su m ru in a m q u e hinführende Zeit verstanden wird. Überraschend im Nebensatz kommt eine Einschränkung: Solange Rom noch existiere, sei nichts davon zu befürchten (§6). Laktanz gibt also §§ 5f. drei unterschiedliche Antworten auf die Frage, wann das Ende der Welt komme, erstens: in längstens zweihundert Jah­ ren, zweitens: bald (so auch epit. 65,7: in p r o x im o ), die Lage weise schon darauf hin, und drittens: jedenfalls nicht, solange Rom noch existiere. Da­ mit nimmt Laktanz das ganze Spektrum der Antworten auf, die das frühe Christentum auf die Frage bereit hält, wann das Ende komme: Das Neue Testament spricht von einem baldigen, aber nicht sofortigen Eintritt der Endzeitereignisse, deren genaue Datierung nicht möglich sei.9 Tertullian und Cyprian wähnen sich in einer Verfallszeit, in der das Ende nicht mehr fern sein kann und die eschatologischen Vorzeichen der Bibel sich erfüllos und des Laktanz in allen D aten übereinstim m en. Tatsächlich spricht Laktanz auch davon, dass die A utoren, auf die er sich bezieht, die litterae sanctae (vgl. § 5) heranziehen, wie Theophilos es tu t. 7 Thphl. Ant. Autol. 3,28,7. 8 N ic h o l s o n (Source 305) errechnet irrtüm lich (briefliche M itteilung von Oliver Ni­ cholson) das Jah r 515. 9 Das Ende ist nahe (etwa Mt 10,23; 16,28; Mk 9 ,lparr.; 1 P etr 4,7), steht aber nicht unm ittelbar bevor (etwa Mt 24,12; Lk 21,9; 1 Kor 15,24; vgl. etwa G. K l e i n , ,Eschatologie IV ‘, T R E 10 [1982] 295L; B e r g e r Theologiegeschichte 42f.; 345; 392; 596; E r l e m a n n , v.a. 70-101), eine genaue D atierung wird verweigert (etwa Mk 13,32; Mt 24,36.42; Apg 1,7; vgl. E r l e m a n n 76-87).

K om m entar

len.10 Auch der Untergang Roms ist ein traditionelles Endzeitgeschehen.11 Nun wäre möglich, dass Laktanz, ähnlich wie Cyprian12, tatsächlich davon ausgeht, dass die Endzeitereignisse bereits begonnen haben: Die anhalten­ den Kriegswirren nach dem Scheitern des tetrarchischen Systems mit ihren insbesondere für den Osten verheerenden Folgen13 sähe er als die mög­ licherweise ersten Anfänge der endzeitlichen Katastrophenfolge (15,8-10 geschildert als sittlicher Verfall und Kriege, diese auch 16,1).14 Das erste Geschehnis, aufgrund dessen zweifelsfrei auf den Beginn der Endzeitereig­ nisse geschlossen werden könne, wäre dann der Untergang Roms. Für eine solche wirkliche Unsicherheit das Laktanz spricht vielleicht, dass das fol­ gende (25,8) Gebet, der Endzeittyrann möge „nicht rascher kommen, als wir annehmen“ (n e c itiu s qu am p u ta m u s [ ...] u e n ia t) davon auszugehen scheint, dass die eschatologischen Geschehnisse aufgrund der chronographischen Überlegungen eigentlich noch entfernt sein müssten, aber doch schon früher beginnen könnten. Doch wird man umgekehrt auch nicht ausschließen können, dass Nähe und terminliche Unsicherheit des Endes bei Laktanz eher aus der Topik christlicher Eschatologie als aus seiner individuellen Zeit Wahrnehmung zu erklären sind.15 25,3 iam superius ostendi . . . conclusionis extrem ae diem: Rück­ verweis auf 14,6 ( s c ia n t [ ...] n o n d u m s e x tu m m ille s im u m a n n u m e sse co n ­ clu su m . quo n u m e ro ex p leto c o n s u m m a tio n e m f ie r i n ecesse e s t.) und die Darlegung der Weltwoche 14,7-14. Mit m u ta tio is ta kann sich Laktanz kaum auf die noch nicht geschilderte endgültige Verwandlung der Welt 10 Tert. apol. 20,2f.; resurr. 22,2 (gegenwärtiger Verfall weist auf Endzeit hin, der Tag sei aber ,nur dem Vater bekannt*, vgl. Apg 1,7); pudic. 1,2; Cypr. Fort. 1; unit, eccl. 16; Demetr. 3-6; m ort. 25; epist. 58,lf .; vgl. D e m a n d t F a ll 56f. 11 Siehe unten zu 25,6-8. 12 Fort. 1 p r e s s u r a r u m e t p e r s e c u t i o n u m p o n d u s i n c u m b i t e t i n f i n e a d q u e in c o n s u m ­ 13

m a t i o n e m u n d i a n t i c h r i s t i t e m p u s i n f e s t u m a d p r o p i n q u a r e i a m coepit. D e m a n d t S p ä t a n t i k e 62-70 (62: „Der A bdankung Diocletians 305 folgten

zwanzig

Jahre Bürgerkrieg.“). 14 Innerhalb der von Laktanz gemachten Angaben wäre es immerhin denkbar, die Anfänge der Endzeitereignisse bereits in der Gegenwart des Laktanz zu sehen, der ja von einem Anbruch des siebten Millenniums in höchstens 200, vielleicht 180 Jahren ausgeht. Zwar gehören die Geschehnisse von der Etablierung der zehn Könige (16,1) an zu einem zusam menhängenden Ablauf: Noch während ihrer Herrschaft tritt der endzeitliche Tyrann auf (16,3), der das römische Reich (15,11 und 16,3) und Rom (25,8) zerstört. Dieser wiederum wird vom Antichrist beseitigt (17,2), den schließlich der wiederkehrende Christus besiegt (19,5f.). Aber schon hierfür kann eine Dauer von annähernd hundert Jahren zu veranschlagen sein. Vollends unklar ist, wie viel Zeit für die Ereignisse vor (Verfall, vgl. 15,7-9; kriegerische W irrnisse, vgl. 15,10; 16,1) und nach (Gericht, vgl. 20,Iff.) jener fassbar zusam menhängenden Abfolge anzusetzen ist. 15 Dafür spricht, dass Laktanz 15,7 die eigene, von Verfallserscheinungen geprägte Zeit der kommenden Periode eschatologischer K atastrophen gegenüberstellt: Die Gegenwart werde angesichts des Kommenden als Goldene Zeit erscheinen.

571

25,4 - 25,5

(26,5 te r r a m u ta b itu r ) beziehen, da der Ausdruck etwas Bekanntes vor­ aussetzt; vielmehr sind die Endzeitkatastrophen und das Tausendjährige Reich gemeint. Zum Wort gebrauch co n clu sio siehe oben zu 14,7 e x tre m a illa con clu sio.

propinquare: Siehe oben zu 9,1

p r o p in q u a n te sa e c u lo ru m fin e .

25.4 consum m atio tem porum : Siehe oben zu 15,4

te m p o r u m c o n su m ­

m a tio n e .

et expectanda [...] et timenda: Bei den biblischen Endzeitzeichen han­ delt es sich um Furcht einflößende Katastrophen, vgl. Mk 13,7f.l4-23parr. 25.5 com pleatur haec summa: Die Junktur wie Cic. Flacc. 32, vgl. ThLL III 2094,57ff.; mit h aec su m m a sind die sechstausend Jahre von der Erschaffung der Welt bis zum Ende des sechsten Millenniums gemeint. ii qui de tem poribus scripserunt: Siehe oben 568. colligentes ex: Zweifelsfrei trotz der in den meisten Handschriften ge­ störten Überlieferung {e x früh verschrieben): ex ist wiederholt, Objekt ist der indirekte Fragesatz q u a n tu s ... ; zu co llig ere ex in der Bedeutung , fol­ gern ‘ oder ,erschließen aus‘ (anders 14,7: ,zusammentragen‘; vgl. ThLL III 1612,14ff.) vgl. 10,1; 2,8,43.47; 2,10,21; 4,5,8; ThLL III 1617,15ff. aliquantum numeri eorum sum m a dissentiant: Die Bezüge im Text und die Überlieferung sind nicht ganz klar: Besser bezeugt als das über­ nommene d is s e n tia n t ist der Singular d is s e n tia t. Das setzt ein Verständnis von su m m a als Nominativ Singular (,deren Ergebnis differiert‘) und von a liq u a n tu m als Angabe des Unterschieds (wie 1,14,1; ThLL I 1604,6ff. ; vgl. KS I 402 Anm. 19; LHS II 136f.) voraus. N u m e r i wäre dann entwe­ der (,deren Gesamtzahl unterscheidet sich ein wenig‘) auf su m m a ( su m m a n u m e r i aber Vitr. 9,1,9; Manil. 2,311) oder (,das Ergebnis unterscheidet sich ein wenig an der Zahl·) partitiv (KS I 429b; ThLL I 1603,68ff.) auf a liq u a n tu m zu beziehen. Beides erscheint sprachlich schwierig. B r a n d t wählt daher d is s e n tia n t und versteht su m m a als Ablativ, erwägt (z. St.) aber dessen Athetese oder Ergänzung {{in ) s u m m a ). Wahrscheinlich ist su m m a als bloßer instrumentaler Ablativ (KS I 391f. ; bei d is s e n tir e etwa auch Quint, inst. 1,6,12; 7,3,12) in folgendem Sinn zu verstehen: Die Zah­ lenangaben der einzelnen Chronographen unterscheiden sich { d is s e n tir e , vgl. ThLL V 1457,50ff.) zwar etwas durch den Endbetrag, entscheidend ist aber die gemeinsame Aussage, die offensichtliche Nähe des Weitendes. omnis tam en expectatio . . . ducentorum uidetur annorum: Auf­ grund keiner der Berechnungen ergibt sich ein Termin für das Weitende, der später als in zweihundert Jahren liegt. Die zweihundert Jahre (zum Zu­ standekommen dieser Zahlenangabe siehe oben zu 25,3-6, v.a. 568) sind

K om m entar

also ein gerundeter Maximalwert. Wie weit die einzelnen Berechnungen tatsächlich darunter liegen, lässt Laktanz offen. O m n is e x p e c ta tio wird sonst qualitativ gebraucht (Jedwede A r t von Erwartung^, vgl. Cic. Verr. II 1,27; de orat. 1,205; part. 73; ThLL V,2 1885,51ff.), hier kann die ,Erwartung‘ aber nur bezüglich des Zahlenwertes differieren. Wären die un­ terschiedlichen Erwartungen all derer gemeint, die sich mit dieser Frage beschäftigen, müsste doch wohl der Plural (so etwa Cic. de orat. 2,289) stehen. D u c e n to r u m a n n o ru m ist wohl mit G l a e s e n e r ( S y n ta x e 232) als weiter Gebrauch des Genitivus qualitatis (vgl. die Verwendung bei Maß­ angaben LHS II 70) aufzufassen. 25,6—8 Das Ende Rom s und das Ende der Welt: Die Gedankenführung macht anlässlich des Stichwortes Rom eine bemer­ kenswerte Wendung weg von der Datierung des Weitendes und hin zur historisch-eschatologischen Bedeutung der Stadt: Das zunächst nur als zeitliches Orientierungsmerkmal herangezogene (§ 6) Junktim zwischen der Zerstörung Roms und dem Beginn der Endzeitnot (formuliert § 7) verselbständigt sich dann zur Aussage, Rom halte die Endzeitkatastrophe noch auf; es sei darum zu beten, dass diese und die Zerstörung Roms nicht früher als erwartet einträten (§8). Eine entsprechende Position formuliert Tertullian in seinen apologeti­ schen Schriften: Die Christen beteten für den Erhalt des römischen Reichs, weil danach das Ende komme, dessen Aufschub wegen der damit verbun­ denen Drangsale wünschenswert sei.16 Motivgeschichtlicher Hintergrund ist die 2 Thess 2,6f. belegte Vorstellung, dass in der Gegenwart eine hem­ mende Größe das Kommen des Antichrist und somit die Endzeitkatastro­ phen noch aufhalte; diese Größe identifiziert Tertullian mit dem römi­ schen Staat.17 Diese Position ermöglicht es, christliche Endzeiterwartung und Loyalität zum alternativlos gedachten römischen Staat zu vereinba16 Tert. apol. 32,1 E s t e t a lia m a i o r n e c e s s i t a s n o b i s o r a n d i p r o i m p e r a t o r i b u s , e t ita u n iu e rso orbe et s ta tu im p e r ii rebu squ e R o m a n is , qui u im m a x i m a m u n iu e rso orbi i m m i n e n t e m ip s a m q u e cla u su la m saeculi a c e rb ita te s h o rre n d a s c o m m in a n te m R o m a n i i m p e r i i c o m m e a t u s c i m u s r e t a r d a r i . 39,2; Scap. 2,6.

17 So ist 2 Thess 2,6f. von einem nicht näher bezeichneten κατέχον, dann einem κατέχων die Rede, dazu W. T r i l l i n g , EW N T 2 (19922) 671. Mit dem römischen Reich set­ zen dies Hipp. Dan. 4,21,3 (der κατέχων ist das ,vierte T ier‘ nach Dan 7, also das römische Reich, siehe oben zu 16,1-4) und Tert. resurr. 24,18 (I a m e n i m a r c a n u m i n i q u i t a t i s a g i t a t u r ; t a n t u m qui n u n c t e n e t [ t e n e a t ] , d o n e c d e m e d i o f i a t , [= Vet. Lat. II Thess. 2,7] q u is, n i s i R o m a n u s s t a t u s , c u i u s a b s c e s s i o in d e c e m r e g e s d i ­ s p e r s a a n t i c h r i s t u m s u p e r d u c e t ? ) gleich (so etwa auch Hier, epist. 121,11; 123,1; anders Comm. instr. l,42,37f. und Victorin. Poetov. in apoc. 11,4 mit D u l a e y E x é g è t e I 199: „Victorin comprend visiblement ό κατέχων comme ‘celui qui détient le pouvoir’.“). Zu dieser D eutung von 2 Thess 2,6f. B o u s s e t 78-83; F uchs 77f.; J e n k s 99-112; P.-G . M ü l l e r , Der Erste und Zweite Brief an die Thessalonicher. Übersetzt und erklärt. RNT, Regensburg 2001, 270-272 (mit weiterer L iteratur).

25,6

573

ren. Laktanz übernimmt diese Lösung der Sache nach von Tertullian18, gestaltet diesem gegenüber die Rolle Roms aber in bemerkenswerter Weise aus: Einführend wählt er die positive Formulierung in c o lu m i R o m a n ih il is tiu s u id e tu r e sse m e tu e n d u m (§ 6), obwohl der Gedanke nur den Unter­ gang Roms als Zeichen für den Anbruch der Endzeit erwarten ließe. Die historisch-eschatologische Bedeutung des als ca p u t illu d o rb is (§ 7) ge­ rühmten Rom fasst Laktanz, eingeleitet mit der emotionalisierenden g e m i­ n a tio , in die weit reichende Formel: illa illa e s t d u i t a s quae adh u c s u s te n ­ ta t o m n ia (§8). Der darin bereits angedeutete ursächliche Zusammenhang zwischen dem Ende Roms (in der Metapher lu m e n e ffo d ia t § 8) und der Welt erscheint dann auch in der negativen Formulierung: cu iu s in te r itu m u n d u s ip se la p su ru s e s t (§ 8). Einen Erklärungsansatz bietet N ic h o l s o n ( C iv ita s 11-15): Laktanz teile die traditionelle Hochschätzung Roms, die auch in seiner Zeit, obwohl die Stadt ihre Bedeutung als Zentrum der politischen Macht verloren habe, noch immer lebendig sei. Dementsprechend verbinde er Geschichtskonzep­ tionen, in denen Rom eine Schlüsselrolle spiele, mit christlichen Deutungs­ mustern, die von der Vorsehung und der Eschatologie ausgingen, zu einem christlichen Gesamtkonzept, das aber pagane Vorstellungen integriere.19 Auf zwei Besonderheiten der vorliegenden Passage ist aber noch hin­ zuweisen: (1) Tertullian spricht vom Bestand des römischen Staates und vom Gebet für dessen Erhalt und für die Kaiser.20 Laktanz selbst stellt in Kapitel 15 in erster Linie den Untergang des n o m e n (15,11) und im ­ p e r iu m R o m a n u m (15,19) als Endzeitereignis dar.21 Hier hingegen ist von der physischen Zerstörung22 der S t a d t 23 Rom in der Endzeit die Rede. Damit wird nicht mehr, wie bei Tertullian und in Kapitel 15, der realisti­ sche Zusammenhang zwischen dem Verfall der Welt in ein apokalyptisches Chaos und dem Ende des ordnungsstiftenden römischen Imperiums herge­ stellt, sondern der u rbs R o m a eine Art symbolische Rolle im Endzeitablauf 18 Vgl. auch die sprachliche Berührung § 8 p r e c a n d u s [...] d i f f e r r i zu Tert. apol. 32,1 p r e c a m u r d if f e r r i. Laktanz könnte aber auch um die biblische Vorlage wissen: Er zitiert 2 Thess 2,4 (4,30,2; 6,23,4; epit. 66,8; nicht bei Cyprian) und scheint die Eschatologie von 2 Thess zu kennen (19,6). 19 N ic h o l s o n C i v i t a s 15-19: So ergänze Laktanz den Lebensaltervergleich um den Tod (15,14-17), füge die Abfolge der Weltreiche (15,13) in den Rahm en der kosmo­ logischen Woche (vgl. 14,7-15) ein und gehe von einer Symmetrie im Geschichts­ verlauf aus, da sich ja in Rom zuletzt, nach der Vertreibung des Saturn (5,5,9, der Götzenkult ausgebreitet habe und die S tadt am Ende der Zeiten die K atastrophe aufhalten werde. 20 Siehe oben Anm. 16 21 Allgemeiner formuliert 15,18 S i b y l l a e [...] R o m a m i n t e r i t u r a m e s s e l o q u u n tu r . 22 So impliziert in § 6 i n c o l u m i u r b e R o m a (dieser Zustand wird sich ja ändern), ausdrücklich § 7 c a p u t [ . . . ] o c c i d e r i t ; § 8 l u m e n i l l u d e f f o d i a t, c u i u s i n t e r i t u [ ...] . 23 § 6 u r b s R o m a , § 7 c a p u t i l l u d o r b is , § 8 illa c i u i t a s , l u m e n illud.

K om m entar

zugesprochen.24 Dieser Endzeitablauf wird zudem als unabänderlich ange­ sehen. Im Vergleich mit Tertullian treten folgende Positionen des Laktanz besonders deutlich hervor: (a) Der Untergang des römischen Reichs ist zwar bedauerlich, aber im Rahmen eines fest liegenden weltgeschichtlichen Ablaufschemas un­ ausweichlich. (b) Die Stadt Rom hat eine Art symbolisch-zeichenhafte Bedeutung in der Endzeit: Solange sie besteht, muss man noch nicht mit den schlimmsten eschatologischen Katastrophen rechnen. Wird sie zer­ stört, beginnt das endzeitliche Chaos. (c) Gebetet wird nicht für den Bestand der Stadt Rom oder des Reichs, sondern für zeitliche Distanz zum Ende. Der Schwerpunkt verschiebt sich also von einer in den realpolitischen Gege­ benheiten begründeten Loyalität gegenüber dem römischen Staat als Ga­ ranten der Ordnung zur symbolischen Bedeutung der Stadt Rom und ih­ rer notwendigen Zerstörung in der Endzeit. Laktanz orientiert sich darin offenbar streng am chiliastischen Ablaufschema der Johannesoffenbarung: Babylon, also Rom, muss fallen, ehe der wiederkehrende Christus nach sei­ nem Sieg über die gottwidrigen Mächte das Tausendjährige Reich errichten kann.25 (2) Die Tendenz der Aussagen und die impliziten Wertungen ste­ hen in gewisser Spannung zum theologischen Gesamtduktus. Denn das zu fürchtende is tu d (§6) sind letztlich die von Laktanz als heilsgeschichtli­ ches Handeln Gottes dargestellten Ereignisse, die zur Vollendung der Welt führen.26 Umgekehrt sind die Formulierungen für die Rolle der u rbs R o m a in der Endzeit so stark zugespitzt, dass die (heidnische) Stadt Rom als einzige Rettung verheißende Größe erscheint. Auch wenn Laktanz also die von N ic h o l s o n herausgearbeitete Hoch­ schätzung der Stadt Rom zeigt, wird man die vorliegenden Aussagen weni­ ger als Teilaspekt einer auf Laktanz selbst zurückgehenden heilsgeschicht­ lichen Gesamtkonzeption sehen dürfen, in der er der Stadt Rom eine be­ sondere eschatologische Rolle zuwiese. Diese findet er vielmehr, wenn auch negativ besetzt, in der Johannesoffenbarung vor und verbindet sie mit der 24 Laktanz kann mit ciuitas [...] sustentat omnia (§ 8) nicht mehr meinen, dass die Stadt Rom, etwa aufgrund ihrer machtpolitischen oder militärischen Möglichkeiten, den Beginn des Endzeit Verfalls hemmen könne. Es muss um ihren ideellen Wert gehen. 25 So wird Offb 18,1-24 Babylons (zur Gleichsetzung mit Rom Victorin. Poetov. in apoc. 8,2 ruina Babylonis, id est duitatis Romanae ; Comm. instr. 1,41-45) Sturz angekündigt und geschildert, nach dem Jubel im Himmel darüber (Offb 19,1-10) folgen endzeitlicher K am pf (Offb 19,11-21; zur Benutzung durch Laktanz siehe oben zu 19,2-7) und Tausendjähriges Reich (Offb 20,1-6; siehe oben zu 24,2-6). 26 Allerdings ist in der eschatologischen Tradition das Ende kein ersehnenswertes Er­ eignis, siehe unten Anm. 27.

25,7

575

ihm von Tertullian geläufigen Deutung des „Hemmenden“ aus 2 Thess 2,6f. auf den römischen Staat. Für die skizzierte Überspitzung bei der positiven Hervorhebung Roms, die die Stadt als letzten Garanten rein weltlichen Heils erscheinen lässt, wird man vielleicht eine rhetorisch-psychologische Erklärung heranziehen müssen: Angesichts der beklemmenden Perspekti­ ven für die - möglicherweise nähere - Zukunft verweist Laktanz emphatisch auf den einzigen Punkt, der noch eine gewisse Sicherheit versprechen kann: Rom ist noch nicht gefallen, also kann das Ende noch fern liegen. Darin lie­ gen zwar Elemente eschatologischer Topik: Der Tag des Herrn ist bereits in der alttestamentlichen Tradition kein ersehnenswerter,27 und die Christen beten darum, das Ende nicht miterleben zu müssen28. Die besondere Aus­ gestaltung und Konzentration auf Rom ist aber sicherlich ein individuelles Moment des Laktanz. Es scheint beinahe, als überwiege bei ihm selbst die Angst des römischen Bürgers vor dem Chaos die Hoffnung des Christen auf das endzeitliche Heil. Vielleicht setzt er aber nur umsichtigerweise ei­ ne solche Einstellung für seinen Leser voraus. Eine rechte Lösung kann er nicht bieten: Die Endzeit und das Ende Roms kommen unaufhaltsam. 25,6 res ipsa declarat: Formel aus Ciceros Reden (Verr. II 4,63; Cluent. 47; Balb. 41 etc.), auch 1,21,42; 4,1,2. Bei der ,evidenten Sachlage6 ( res ip s a ) muss es sich also um die Verfallszeichen bestimmten Zeitumstände handeln. lapsum ruinamque: Unter Verwendung dieses Hendiadyoins beschreibt Laktanz 15,13 den Untergang des römischen Reichs. 25,7 caput illud orbis: Über Rom ab Ov. am. 1,15,23; fast. 5,93; met. 15,435; Liv. 1,16,6; 21,30,10; Sol. praef. 7; lust. 43,1,2; vgl. ThLL III 426,29ff.; in der späteren christlichen Literatur etwa Ambr. epist. extra coli. 5,4 to tiu s o rb is R o m a n i c a p u t R o m a n a m e c c le s ia m ; Paul. Noi. carm. 19,55; Hier, epist. 130,5 u rbs tu a , q u o n d a m o rb is c a p u t ; Prud. c. Symm. 1,496; 2,662. et ρύμη . . . fore aiunt: Zugrunde liegt ein Wortspiel, das sich zweimal in den O racu la S ib y llin a findet: 3,363f. εστοα καί Σάμος άμμος, έσειται Δήλος άδηλος, / καί 'Ρώμη ρύμη und 8,165f. εσται καί 'Ρώμη ρύμη καί Δήλος 27 So etwa Am 5,18-20; Joel 2,11.19f.; Hipp. Dan. 4,21,4f. 28 Aristid. apol. 16,6; Justin. 1 apol. 28,2; 2 apol. 7,1; Hipp. Dan. 4,5,4; 4,12,2; Tert. apol. 30,4; E r l e m a n n 75f. Im eschatologischen Lehrgebäude des Laktanz ist der Wunsch, dass das Ende nicht in die eigene Lebenszeit falle, auch gut begründet: Derjenige, der zu Beginn der Endzeitkatastrophen oder währenddessen am Leben ist, muss die Drangsale (16,5-14) und Verfolgungen (17,6-11) ertragen, steht in der Gefahr, verführt zu werden (17,5), gehört aber am Beginn des siebten Millenniums doch nicht zur führenden Schicht der Auferweckten (24,3). Diejenigen Gläubigen hingegen, die vor Beginn der Endzeitkatastrophen sterben und im Gericht für ge­ recht befunden werden, haben das beste Los.

άδηλος / καί Σάμος άμμος. Tert. pall. 2,3 nimmt auf die Sibyllenstellen Bezug, greift aber nur die Beispiele Samos und Delos auf. Ähnliche Wort­ spiele bei Laktanz: 16,13 κόσμος άκοσμος, 5,1,27 C y p r ia n u s /C o p r ia n u s ; mit Städtenamen ferner beispielsweise Aug. conf. 3,1 C a r th a g o /s a r ta g o . Umstritten ist, von welcher Bedeutung für ρύμη Laktanz hier aus­ geht und wie die Syntax aufzufassen ist: (1) Die Bedeutung ,Gasse‘ (LSJ s.v. II) nehmen K u r f e s s und G a u g e r (Übersetzung G a u g e r 86: „Rom wird sein eine Gasse“) sowie B u i t e n w e r f (224) für die Sibyllenorakel an. G a u g e r (übersetzt 497: „wenn die Hauptstadt der Welt untergeht und anfängt, eine Gasse zu sein“) und F l e t c h e r (I 481) übernehmen diese Bedeutung für Laktanz und verstehen somit ρύμη als Prädikatsno­ men bei weiter geführtem Subjekt c a p u t Der q u o d - Satz lässt sich dar­ an zwar gut als Satzattribut anschließen, doch die ,Gasse‘ müsste, auch wenn sie neben den anderen Niedergangsaussagen in den Sibyllinen noch irgendwie verständlich war, bei Laktanz völlig unsinnig erscheinen. (2) ,Umschwung‘ (LSJ s.v. I: „force, swing, rush“) im Sinn von ,Verfall· hin­ gegen legt N i k ip r o w e t z k y seiner Übersetzung der Sibyllenorakel (309: „Rome une mine“) zugrunde und B o w e n / G a r n s e y (437: „and the rush starts“) sowie S a n c h e z S a l o r (II 345: „y empiece a llegar su decadencia“) ihrer Übersetzung der Laktanzstelle, sie verstehen also ρύμη als neues Subjekt. Schwierigkeiten macht allerdings der Anschluss des q u o d -S & tze s in den genannten Laktanzübersetzungen: Die Wiedergabe als Relativsatz zu ρύμη, die B o w e n / G a r n s e y (437: „the rush starts that the Sibyls pre­ dict“) und S a n c h e z S a l o r (II 344: „ . .. su decadencia, de la cual hablan las Sibilas“) bieten, setzt voraus, dass Laktanz das griechische Femini­ num als Neutrum behandelt. Auch wenn man den q u o d -S a tz e s als Satzat­ tribut versteht („... und wenn der Umschwung begonnen hat, was den Worten der Sibyllen zu Folge geschehen wird, . . . “), bleibt die Schwierig­ keit, dass der Verweis auf die Sibyllen sich nicht auf die Gleichsetzung von R o m a und ρύμη bezöge, sondern - also entsprechend dem Gesamt­ sinn, nicht aber der Syntax des dortigen Wortspiels - darauf, dass die­ se unter Verwendung des Wortes ρύμη den Untergang Roms ankündigen. (3) Laktanz betrachtet ρύμη als Äquivalent zu r u in a , wohl ausgehend von der semantischen (OLD s.v. ru in a 1: „headlong rush“) und der lautlichen Nähe. Er versteht also das Sibyllenorakel: ,Rom wird eine ru in a senk. Da das Wort ru in a gleichermaßen ,Ruin‘ (OLD s.v. 3) wie , Ruine’ (OLD s.v. 4) beinhaltet, der ,Ruin‘ des ca p u t o rb is aber bereits in o c c id e r it ausgesagt ist, muss hier gemeint sein: „Wenn jene Hauptstadt der Welt untergegan­ gen und zur , Ruine ‘ geworden ist, was den Worten der Sibyllen zu Folge geschehen wird, . . . “. Der Verweis auf die Sibyllen beinhaltet also sowohl das Wortspiel als auch die Tatsache, dass diese den Untergang Roms an­ kündigen (vgl. 15,18). Dass auch Hör. epod. 16,2 su is e t ip sa R o m a u irib u s

25,8 auf die ρύμη aus or. Sib. 3,364 anspielt, zeigt C.W. and the Sibyl (E p o d e 16.2), CQ 29 (1979) 220f. r u it

577 M ACLEOD,

Horace

quis dubitet uenisse [...] finem: Zum AcI nach d u b ita re (auch 1,3,5; 2,5,20; 5,4,8) vgl. ThLL V,1 2090,64ff. (selten bei Cicero, Belege 69-72; vgl. E g g e r 50). uenisse [...] finem rebus humanis: Zum Dativ bei u e n it fin is Liv. 2,45,10; Sil. 17,47; vgl. ThLL VI,1 726,28f. (Genitiv etwa Cypr. testim. 1,89 su b ito u en ire fin e m m u n d i). 25,8 illa illa:

G e m in a tio (vgl. L a u s b e r g R h e to r ik §§ 616-618) wie 5,11,5 illa illa e s t u era b e s tia , 5,23,4 u e n ie t u e n ie t 29 ra b io sis ac u o ra cib u s lu p is m erc e s sua.

precandusque nobis et adorandus [...] ne: P re c a ri und a d o ra re zu­ sammen wie 4,13,7 = 4,29,10 = epit, 39,4 = Vet. Lat. Is. 45,14 e t a d o ra ­ b u n t te e t in te p re c a b u n tu r. Der ne-Satz ist Objektsatz zu p re c a ri (zu a liq u em p re c a ri u t vgl. ThLL X,2 1154,40ff.; 1157,42ff.; sonst aber nicht bei Laktanz) und steht zu a d o ra re (,anbeten‘) entweder από κοινού, oder a d o ra re ist als orare aufzufassen (vgl. ThLL I 821,10ff.), das christlich öfter neben p re c a ri steht (vgl. ThLL X,2 1154,35-40); jedenfalls liegt ein Hen­ diadyoin vor: „Wir müssen Gott im inständigen Gebet anflehen, dass . . . “. Der Aspekt des Kniens ist entgegen N i c h o l s o n ( C iv ita s 16 mit Anm. 48) keineswegs impliziert. deus caeli: Diese Gottesbezeichnung bei Laktanz nur hier, auch Tert. adv. Marc. 3,24,12; später etwa Ambr. Abr. 1,9,86; epist. 6,29,8; Loi L a tta n z io 21 .

si tam en [...] ne citius quam putamus: Laktanz denkt nicht daran, dass das Weitende hinausgeschoben und somit der chiliastische Gesamt­ rahmen geändert würde. Dieser steht für Laktanz unverrückbar fest, es sind die s ta tu ta e t p la c ita (zur Formulierung vgl. 14,1 d e c re tis p la c itis q u e ; s ta tu tu m hier substantivisch wie 2,16,14; 1,11,14, für ,Bestimmungen‘, vgl. B l a i s e s .v . 2.). Eigentlicher Inhalt des Gebets ist daher, dass das Ende nur „nicht noch eher als erwartet“ (n e c itiu s qu am p u ta m u s ; zum Rahmen die­ ser Erwartung oben zu 25,3-6) kommen möge. In gewissem Widerspruch dazu steht der Kondizionalsatz („sofern überhaupt“, ( s i ta m e n wie etwa 1,21,32; 2,11,13), der von einer Möglichkeit des ,Aufschubes‘ (d iffe r r e in diesem Sinn 1,5,28; 2,17,2; 3,17,4) spricht. Darin scheint Laktanz einen christlich-eschatologischen Topos (Beten um Aufschieben des Endes, so dass man es nicht miterleben muss: siehe oben 575 Anm. 28) aufzugreifen, der letztlich nicht in den chiliastischen Gedankengang passt. 29 So Monat Inst. V ; B r a n d t hat nur ueniet ; zur Bezeugung der geminatio in DKSR H ec k Gottesverächter 199 Anm. 49.

K om m entar

ty ra n n u s ille: Nach 16,4 führt der h o s tis p o te n tis s im u s aus dem Norden (zu ihm oben zu 16,3) das Ende des römischen Reichs herbei (siehe oben zu 16,4 im m u ta to n o m in e . . . ) . Dass er dabei die Stadt Rom zerstöre, wird zwar nicht gesagt (zur unterschiedlichen Darstellung dieses Endzeitereig­ nisses hier und 15,11-19; 16,4 siehe oben zu 25,6-8), doch ist wohl an ihn als die erste fassbare Endzeit gestalt zu denken, zumal der Antichrist, die zweite Gestalt, gar nicht mit Rom in Verbindung gebracht wird (vgl. 17,211). Als ty ra n n u s wird ansonsten keine der beiden Figuren bezeichnet; 18,5 und 19,6 ist davon die Rede, dass die mit dem Antichrist verbündeten ty r a n n i mit diesem der Bestrafung anheim fallen, 19,1 von der unerträgli­ chen ty r a n n is des Antichrist. Vom ,Feind aus dem Norden‘ heißt es aber 16.4 in s u s te n ta b ili d o m in a tio n e u e x a b it o rb em . abominabilis: Wahrscheinlich hat Laktanz das späte Wort (,verabscheuenswerF, ,verwünschenswerF) aus der Sprache der Bibelübersetzungen (Vet. Lat. apoc. 21,8 (cod. 51) für έβδελυγμένος, sonst Vulg.) übernom­ men, für den endzeitlichen Widersacher nur hier, vgl. ThLL I 120,59ff. facinus moliatur: Eher seltene Junktur, ab Sil. 11,196, vgl. ThLL VIII 1359,49f.; 16,4 (über den , Feind aus dem Norden‘) ex ecra b ilia m o lie tu r ; 24.5 (über den Teufel) m a lu m [ ...] m o lia tu r. lu m en illud effodiat: Ein nicht ganz stimmiges Bild: Zwar wird gelegent­ lich eine Stadt als lu m e n bezeichnet, hier erstmals Rom (vgl. ThLL VII,2 1820,60-68), und zwar meist mit einem Genitiv, der den Bezugsrahmen angibt (Cic. Manil. 11 g e n tiu m ; Plin. nat. 5,120 A s ia e ) . Auch wird das Bild vom Ausstechen der Augen (vgl. mort. pers. 8,4 über die Beseitigung einflussreicher Senatoren; nicht übertragen ocu los effodere 5,18,9) auf zwei Städte angewandt, so etwa Cic. nat. deor. 3,91 und lust. 5,8,4 (vgl. ThLL IX,2 451,41-45). Hier aber fehlt das zweite Auge für das Bild des Ausste­ chens und hätte auch neben dem Bild der (einzigartigen) ,Leuchte‘ keinen Platz. 26,1—4 Befreiung und endgültige Niederwerfung des Teufels: Entsprechend dem chiliastischen Schema wird der Antichrist kurz vor Ende des siebten Millenniums wieder befreit, sammelt ein Heer aus den verblie­ benen Heiden und wird endgültig besiegt. Die wichtigste Vorlage hier und 26,5-7 ist die Johannesoffenbarung. Laktanz ergänzt sie mit alttestamentlichen Motiven, die die Vernichtung der Gottesfeinde, insbesondere Gogs und Magogs nach Ezechiel 38f., zum Gegenstand haben. Zunächst (§ 1) folgt Laktanz fast wörtlich der Darstellung der Johan­ nesoffenbarung (Offb 20,7-9a):1 1 Laktanz lässt die Erwähnung von Gog und Magog weg, fügt die Herrschaft der Gerechten über die Heiden hinzu, die er schon 24,4 betont hat, trennt die Vorgänge

579

26,1 Offb 20,7-9a 7 Καί όταν τελεσθή τα χίλια έτη,

§

1

1 curri mille anni [...] coeperint term i­

nari,

λυθήσεται ο σατανάς εκ τής φυλακής αυτού

soluetur denuo [se. princeps daemo­ num ] et custodia emissus

8 καί έξελεύσεται πλανήσαι τα έθνη

exibit atque omnes gentes quae tunc erunt sub dicione iustorum concitabit,

τα εν ταΐς τέσσαρσιν γωνίαις τής γής,

(vgl. colligetur ex om ni orbe terrae)

τον Γ ώ γ καί Μ αγώ γ, συναγαγεΐν αυτούς εις τον πόλεμον,

ut inferant bellum sanctae d u ita ti, et colligetur ex om ni orbe terrae

ών ο αριθμός αυτών ώς ή άμμος τής θαλάσσης.

innumerabilis populus nationum

9 καί άνέβησαν επί τό πλάτος τής γής καί έκύκλευσαν την παρεμβολήν των αγίων καί την πόλιν την άγαπημένην.

et obsidebit et circumdabit d u ita tem .

Die Vernichtung der Frevler, die in der Johannesoffenbarung nur knapp erwähnt ist (Offb 20,9), ergänzt Laktanz nach dem Kampf Gottes gegen Gog und Magog im Buch Ezechiel (Ez 38f.). Diese Völker sind auch in der Johannesoffenbarung genannt; Laktanz ist der erste Christ, der diesem Verweis folgt.2 Laktanz paraphrasiert Ez 38,18-20a, annähernd wörtlich hingegen gibt er die Auswirkungen des Erdbebens auf Berge, Schluchten u n d B auw erke (E z 38,20b) w ie d e r:3 Ez 38,18-20; 39,4

§

38.18 εν τή ήμεροι εκείνη [...] άναβήσεται ο θυμός μου καί ο ζήλος μου.

tum ueniet nouissim a ira dei super gentes

(vgl. 39,4 [...] καί πεσή συ καί πάντες οι περί σε, καί τα έθνη τά μετά σού δοθήσονται εις πλήθη ορνέων [...].)

et debellabit eas usque ad unum ,

38.19 [...] εν τή ήμεροι εκείνη εσται σεισμός μέγας επί γής Ισραήλ.

ac prim um concutiet terram

(20a werden die A uswirkungen des E rdbebens auf Meeres- und Landtiere sowie die Menschen beschrieben)

quam ualidissime

2

des Aufstachelns und Sammelns und beschreibt den O rt, an dem die Gerechten umzingelt werden, knapper, da er die sancta duitas bereits 24,6 eingeführt hat. 2 Vgl. S. B 0 e , Gog and Magog. Ezekiel 38-39 as P re -te x t for Revelation 19,17-21 and 20,7-10, Tübingen 2001, 214f. 3 Laktanz nimmt die Niederwerfung als den wesentlichen Akt knapp vorweg. Dann (ac prim um ) folgt er dem A blauf der Vorlage (Erdbeben, Vernichtung).

K om m entar 20b καί ραγήσεται τα δρη,

e t a m o t u e iu s s c i n d e n t u r m o n t e s S y ­ riae

καί πεσοϋνται al φάραγγες

et s u b s id e n t u alles in a b r u p tu m

καί παν τείχος επί την γην πεσεΐται.

et m u r i o m n iu m d u i t a t u m con ciden t.

Auch hinter dem Anhalten der Sonne für drei Tage steht ein alttestamentliches Motiv.4 Der Anlass, es hier einzufügen, war für Laktanz wohl die Vernichtung der Frevler5 unter anderem durch Feuer, die Ez 38,22 vorge­ geben ist und von Laktanz als Verbrennung durch übermäßige Sonnenhitze (§2 a e stu s n im iu s ) gedeutet wird: Ez 38,22ba

§2

22b καί πυρ καί θειον βρέξω επ’ αυτόν καί επί πάντας τους μετ’ αυτού καί επ’ έθνη πολλά μετ’ αυτού. 22a Καί κρίνω αυτόν [...] υετφ κατακλύζοντι καί λίθοις χαλάζης.

et d e sc e n d e t aestu s n im iu s et a d u stio m a g n a su per perdu elles et im p io s p o ­ p u lo s et im b res su lphuris e t g r a n d i n e s l a p i d u m e t g u t t a e ig n i s .

Anschließend malt Laktanz aus, wie die gerade geschilderten Naturphäno­ mene, derer sich Gott zur Vernichtung der Frevler bedient, auf diese wir­ ken.6 Dann (§ 3) schafft er die Voraussetzungen für die nächste Szene, die wiederum aus Ezechiel stammt: Die Gerechten müssen die tödlichen Natur­ ereignisse irgendwo sicher überstehen und später herauskommen können, um die Waffen der Frevler einzusammeln, die ihnen dann sieben Jahre lang als Brennholz dienen können. Das Motiv vom Verbrennen der Waf­ fen übernimmt Laktanz (§ 4) aus Ez 39,9f.7 Dass alles von den Leichen der Getöteten übersät ist, ergibt sich ebenfalls aus Ezechiel (39,4). Das Ergebnis, dass nämlich damit alle Frevler ausgerottet seien, setzt Laktanz hinzu8: Ez 39,9a.4.9b.10 9a καί έξελεύσονται oi κατοικούντες τας πόλεις Ισραήλ

§4 tu n c ex ib u n t iu s ti de la teb ris su is

4 Zum Einzelnen siehe unten zu 26,2 statuet ... 5 Nur knapp erwähnt Offb 21,9c. 6 § ei liquescent spiritus eorum in calore et corpora conterentur in grandine et ipsi

se inuicem gladio ferient: et replebuntur montes cadaueribus et campi operientur ossibus.. Dass sich die Gottesfeinde gegenseitig mit dem Schwert töten, illustriert ihre völlige Verzweiflung. 7 Auch or. Sib. 3,649-651 (viele Jahre Heizen); 3,725-731 (sieben Jahre; zur Frage, ob es sich um eine Interpolation handelt, B u i t e n w e r f 283). Von diesen Passa­ gen allein kann Laktanz nicht abhängen, da dort das H eraustreten fehlt und der Zusammenhang aus Ez 38f. nicht so genau wiedergegeben ist wie bei Laktanz. 8 Die Einleitung mit sed et deutet an, dass nun nicht nur die am K am pf beteiligten Heiden, sondern alle vernichtet werden. Dass somit eigens bedacht ist, dass es unter ihnen nicht nur Wehrfähige gibt, scheint ein realistisches Element zu sein.

581

26,2 (4 επί τα δρη Ισραήλ, καί πεσή συ καί πάντες οΐ περί σε, καί τα έθνη τα μετά σου δοθήσονται εις πλήθη όρνεων, παντί πετεινω καί πασι τοις θηρίοις του πεδίου δέδωκά σε καραβρωθήναι.)

et inuenient om nia cadaueribus atque ossibus tecta, sed et genus omne im ­ piorum radicitus interibit nec erit in hoc m undo ulla iam natio amplius praeter solam gentem dei.

9b καί καύσουσιν εν τοίς όπλοις (es folgt eine A ufzählung der Waffen)· καί καύσουσιν εν αύτοίς πυρ επτά ετη. 10 καί ου μη λάβουσιν ξύλα εκ τού πεδίου ουδέ μη κόμψωσιν εκ των δρυμών, άλλ’ ή τα όπλα κατακαύσουσιν πυρί.

tum per annos septem perpetes intac­ tae erunt siluae nec excidetur de m o n ­ tibus lignum, sed arma gentium com­ burentur,

Die abschließende Verheißung von immerwährendem Frieden und Ruhe ( e t ia m n o n e r it bellum , se d p a x ac requ ies s e m p ite r n a ) entspricht alttestamentlichen Heilsankündigungen9. 26.1 paulo ante . . . uinciatur: Fesselung des Teufels 24,5 (siehe dort zu p r in c e p s d a e m o n u m ). regni sancti: Ungewöhnliche Junktur; sa n c tu s bezeichnet bei Laktanz einen spezifisch christlichen Charakter (Loi L a tta n z io 63 Anm. 160), so hier den des 24,2-6 beschriebene tausendjährigen Gottesreichs. sanctae ciuitati: Siehe oben zu 24,6

c iu ita s s a n c ta . . .

populus nationum: Eher die „(Menschen-) Masse“ (OLD s.v. p o p u lu s 4a) von „Heiden“ ( B l a i s e s.v . n a tio 4) als das „Heidenvolk“, also „die Heiden“ (Tert. scorp. 10,10; Ambr. Abr. 1,9,93 und öfter). 26.2 tune: Hier wohl wegen der besseren Bezeugung vorzuziehen gegen­ über tu m , für das sich B r a n d t entscheidet; zum Gebrauch vgl. B r a n d t II 556 s.v. tu n e. nouissim a ira: Ungewöhnliche Junktur; n o u is s im a ist wohl eher prädika­ tiv (,zum letzten Mal kommt der Zorn Gottes über die Heiden‘, vgl. OLD s.v. n o u issim u s 2) als attributiv ( B o w e n / G a r n s e y : „God’s final wrath“). Die Junktur n o u issim u s d ie s (Vet. Lat. Is. 2,2 [Tert. adv. Marc. 3,21,3]; loh. 6,39 [Tert. resurr. 34,9]) steht wohl im Hintergrund. „Zorn“ ist hier nicht als Gemütszustand, sondern als Akt verstanden, vgl. 26,3 do n ec ira [ ...] e t e x tre m u m iu d ic iu m t e r m i n e tu r ; ThLL VII,2 365,20ff. debellabit: Auch 19,6 für den Sieg über den Antichrist. usque ad unum: Hier: ,bis auf den letzten Mann‘ wie Arnob. nat. 7,48; Vulg. Rom. 3,12 aus ad u n u m o m n e s (dies für ein vollkommenes Aufreiben Caes. Gail. 2,42,5; Liv. 2,50,11 etc.). 9 So etwa Jes 2,4; 14,7; 26,3; Hos 2,20; Sach 9,8. Die Abwesenheit von Krieg gehört auch zum paganen Topos von der Goldenen Zeit (Belege über G atz 229 4b); pax neben requies wie Stat. Theb. 3,295f.; Tac. ann. 12,31,2; Ambr. fug. saec. 8,45.

K om m entar

scindentur m ontes Syriae: Das Bersten der Berge (auch Hab 3,6, beim Kommen des Herrn, öfter zitiert: Tert. adv. Marc. 4,22,12f.; Cypr. testim. 2,21; 3,20; Novatian. trin. 12,7) in Folge des Erdbebens übernimmt Laktanz aus Ez 38,20 (siehe oben zu 26,1-4). Dort (Ez 38,18; 39,4) ist als Schauplatz Israel genannt, was Laktanz hier mit der allgemeineren Anga­ be S y r ia andeutet (siehe oben zu 17,2 a lte r rex ... ). subsident ualles: So B r a n d t statt des einmütig überlieferten co lles nach epit. 67,7 s c in d e n tu r m o n te s e t s u b s id e n t u a lle s in a ltitu d in e m p ro fu n d a m ; überzeugend (trotz Iuvenc. 3,17; Sil. 1,9; Hab 3,6 LXX έτάκησαν βουνοί ocìgùvlol), da Laktanz hier Ez 38,20 πεσοϋνται αί φόφαγγες wiedergibt (siehe oben zu 26,1-4); vgl. 2,5,1 (Zitat Ov. met. 1,43). in abruptum: ,in die Tiefe ‘ (ThLL I 143,28ff.), vgl. 3,8 u el h ia u e r in t te r ra e u el d e s e d e r in t in a b r u p tu m ; zunächst vergilisch (Aen. 3,420; 12,684), dann in Prosa (Sen. nat. 6,1,8; Tac. hist. 1,48,4). statu et deus solem triduo ne occidat: Jos 10,12f. (zitiert Tert. ieiun. 10,10) zögert Gott den Untergang der Sonne hinaus, um dem Volk Israel einen vollständigen Sieg über die Amoriter zu ermöglichen (Anspielungen auf das Anhalten der Sonne Justin, dial. 113,4; 132,1; Tert. adv. Marc. 4,42,5; Min. Fel. 33,3, dazu aber B e a u j e u 149). Unklar ist aber, woher Laktanz die Dauer von drei Tagen nimmt. Vielleicht steht dahinter die aus Christi dreitägigem Aufenthalt im Grab abgeleitete allgemeine Vorstel­ lung, Kampf und Sieg gegen das Böse würden drei Tage dauern, deutlich ausgesprochen Firm. err. 24,2. inflammbit eum: Gedacht ist wohl daran, dass Gott die sonst glühende Sonne in loderndes Brennen versetzt (vgl. ThLL VII,1 1454,9ff.). descendet [...] super perduelles: Die Junktur d e sc e n d e re su p e r er­ scheint, unter dem Einfluss biblischer Sprache, im christlichen Latein (etwa 4,15,3: Lk 3,22; Tert. bapt. 8,3; adv. Marc. 5,9,10: Ps 72,6; Cypr. domin. orat. 34: Apg 2,15.17; vgl. ThLL V,1 644,41ff.); p e rd u e llis bezeichnet zu­ nächst den äußeren, dann den aufrührerischen inneren Feind, nur hier bei Laktanz und erstmals christlich für die Widersacher Gottes (ThLL X,1 1293,22ff.). adustio: Meist medizinisch; für eine Entflammung vor Laktanz (nur hier) nur Plin. nat. 14,127 ( p ic is ) , dann öfter in der christlichen Literatur (vgl. ThLL I 901,20ff.). imbres sulphuris: Hier nach Ez 38,22 (vgl. Gen 19,24; Ps 11,6); die Junktur auch Rufin. Orig, princ. 2,5,1, vgl. ThLL VII,1 422,80. grandines lapidum: Den Steinhagel übernimmt Laktanz aus Ez 38,22 (siehe oben zu 26,1-4; vgl. Ex 9,18-34; Ez 13,11), diese Formulierung er­ scheint hier erstmals, vgl. ThLL VI,2 2191,49f.; Vet. Lat. los. 10,11 (cod.

583

26,3 - 26,4

100) d o m in u s d e ie c it su p e r illo s la p id e s g ra n d in is de caelo ; Steinregen ist nach römischer Auffassung ein Prodigium (Liv. 1,31,2; Aug. civ. 3,31). g u tta e ign is: Nach Ez 38,22 (siehe oben zu 26,1-4); die Junktur hier

erstmals, vgl. ThLL VI,2 2372,11. 2 6 .2 liq u e s c e n t sp ir itu s: L iq u e sc e re bezeichnet das Vergehen (vgl. ThLL

VI,2 1482,13ff.) der Frevler im Straffeuer, ähnlich Tert. spect. 30,3 (über das Gericht am Jüngsten Tag) p e r s e c u to r e s C h r is tia n o r u m [ ...] s a e v io ­ rib u s qu am ip s i fla m m is s a e v ie r u n t [ ...] liq u e sc e n te s und Comm. instr. 2,39,19 n u llific a n te s d e u m [ ...] ab ign e p e r ib u n t, cu m m o n tib u s ip s i liq u e s­ c u n t [ M a r t i n , mss. Io-]. S p ir itu s (siehe auch oben zu 3,11 s p ir itu m ) muss hier das physische Lebensprinzip (paganer Sprachgebrauch, vgl. OLD s.v. 3b) bezeichnen, da im weiteren Zusammenhang die Tötung der Gottes­ feinde und ihre Auferstehung zur ewigen Strafe erwähnt werden. 2 6 .3 p o p u lu s [...] dei: Zum Begriff des Gottesvolkes siehe oben zu 14,13 c a e le stis p o p u li.

su b c o n c a u is terra e: Zum Ausdruck vgl. 3,25 p la n a c a m p o r u m ; Sen. nat.

6,12,1

con cau a te r r a r u m ; zum

substantivischen

co n ca u u m

ThLL IV 7,32ff.

o c c u lta b itu r : Zwar kennt die Bibel die Aufforderung, sich am Tag des

Herrn zu verbergen (Jes 2,10.19.21; anders Offb 6,15: Mächtige der Erde und Gottesfeinde verbergen sich). Doch ist das sichere Versteck hier auch dramaturgisch notwendig, um das Überleben der Gerechten zu ermögli­ chen. ira d e i a d u e r su s g e n te s: Der Ausdruck ira a d u e rsu s a liq u em ist in der

Geschichtsschreibung üblich (ThLL VII,2 364,16ff.), zur Formulierung und zum Gedanken bei Laktanz vgl. 16,2; ira 21,9 ira d iu in a in a e te r n u m m a n e t a d u e rsu s eos qui p e c c a n t in a e te r n u m ; 22,3 ira eiu s a d u e rsu s im p io s . 2 6 .4 in u e n ie n t o m n ia . . . te c ta : B r a n d t (z. St.) vermutet, dass nach

etwas von dem fehle, was epit. 67,7 an der entsprechenden Stelle bietet. Dort nämlich heißt es nach der Erwähnung der unter der Erde ver­ borgenen Gerechten (wie 26,3): tu n c f ie t te r r a e m o tu s e t s c in d e n tu r m o n te s te c ta

e t s u b s id e n t u a lles in a ltitu d in e m p ro fu n d a m e t c o n g e re n tu r in eam c o r­ p o ra m o r tu o r u m e t u o c a b itu r n o m e n eiu s P o ly a n d r iu m . Dann (epit. 67,8)

folgt die Verwandlung der Welt (wie unten 26,5). Gegen die Annahme ei­ nes Textausfalls spricht jedoch Folgendes: (1) Das Erdbeben, das Bersten der Berge, die Vertiefung der Täler und die umherliegenden Leichen er­ wähnt Laktanz bereits 26,2. Er kann dies kaum alles 26,4 wiederholt haben. Die nochmalige Erwähnung der erschlagenen Feinde ist Voraussetzung für das Ezechiel-Motiv vom Einsammeln der Waffen (siehe oben zu 26,1-4). (2) Was epit. 67,7 gegenüber der Passage 26,2-4 hinzukommt, ist die Er­ wähnung eines bewusst errichteten Leichenhaufens mit dem Namen P o ly -

K o m m e n ta r

nach Ez 39,1 lf. 16 LXX: Dort errichten die Einwohner Israels nach der Vernichtung Gogs aus den im ganzen Land umherliegenden Leichen der Feinde dieses so genannte πολυάνδριον. Offenbar beschränkt Laktanz im Hauptwerk dieses Motiv auf die alles bedeckenden ca d a u era und o ssa (26,2.4). Hingegen fällt epit. 67,7 gegenüber 26,4 das Verbrennen der Waf­ fen (nach Ez 39,9) weg. Die bedrohlichen Naturereignisse (Erbeben, Spal­ tung der Berge, Aufreißen der Täler) bilden im Hauptwerk den Auftakt der Kämpfe (26,2; Ez 38,20 in Gottes Androhung), epit. 67,7 stehen sie an deren Ende: Die eingesenkten Täler bieten den Platz für das P o ly a n d r iu m , das bei Laktanz weniger als aufragender Haufen, sondern eher als Ansamm­ lung zu denken ist. Offensichtlich gestaltet Laktanz also bei der Epitomierung insgesamt die Anordnung der aus Ez 38f. übernommenen Motive um. (3) Die vorgeschlagene Ergänzung passt gedanklich nicht in 26,4. Denn Inhalt des Satzes tu n c ex ib u n t ... o ssib u s te c ta sind im Gegensatz zu 26,2 und epit. 67,7 nicht mehr die endzeitlichen Kampfereignisse selbst, sondern der Anblick, der sich den Gerechten davon bietet. In dieses Szenario aber fügt sich weder ein bereits bestehender Leichenhaufen, da ja die Gebeine überall verstreut sind, wie es ausdrücklich heißt, noch dessen Errichtung durch das errettete Gottesvolk, wie es Ez 39,12-16 entspräche (das Passiv c o n g e re n tu r epit. 67,7 lässt die Entscheidung offen). Denn 26,4 sind die Kämpfe bereits zu Ende, nach der Vernichtung des Feindes können p a x e t requ ies s e m p ite r n a Einzug halten. Eine Leichensammlung wäre störend und, anders als Ez 38,11-16, angesichts der 26,5 geschilderten Verwandlung ohne kathartisches Moment. - Man wird also annehmen, dass Laktanz bei der Epitomierung den Text hier unter nochmaligem Rückgriff auf Ez 38f. überarbeitet hat. Offensichtlich wollte er dabei den Fixpunkt P o ly a n d r iu m einbeziehen, auf den die Passage in der E p ito m e geradezu hinausläuft. a n d riu m

n e c [...] ia m [...] a m p liu s: Siehe oben zu 22,15 nee [ ...] ia m u lte riu s. p e r a n n o s s e p te m . . .

c o m b u r e n tu r : Nach Ez 39,9f., siehe oben zu

26,1-4. p e r p e te s : Der seltene Plural (nur Nominativ/Akkusativ) hier und epit.

66,7 wie Calp. deck 48, vgl. ThLL X,1 1624,24f.41ff. in ta c ta e e r u n t silu a e n e c e x c id e tu r d e m o n tib u s lign u m : Dass die

Wälder unberührt bleiben und kein Holz geschlagen wird, geht zwar in der Sache von Ez 39,9f. aus, soll aber in seiner ausführlichen Beschreibung an die Topik des Goldenen Zeitalters anklingen, vgl. etwa Ov. met. l,94f. n o n d u m caesa su is [ ...] / m o n tib u s in liq u id a s p in u s d e sc e n d e ra t u n d a s (Topos von der Abwesenheit der Schiffahrt, G a tz 229 B.I.4a); l,101f. ra ­ stro q u e in ta c ta nec u llis / sa u c ia u o m e rib u s p e r se d a b a t o m n ia te llu s

(Topos von der Fruchtbarkeit der Erde ohne Zutun des Menschen, G a tz 229 B.I.l). Zum poetischen Ton vgl. zudem Lucan. 3,426-428 h a n c iu-

26,5

585

bet im m is s o silu a m p ro c u m b e re f e r r o ; / n a m u ic in a o p e ri belloque in ta c ta p r io r e / in te r n u d a to s sta b a t d e n s is s im a m o n tis .

ia m n o n e r it b e llu m . . .

r e q u ie s se m p ite r n a : Siehe oben 581 mit

Anm. 9. 2 6 .5 c u m u e r o c o m p le ti fu e r in t m ille an n i: Die Ereignisse des siebten

Millenniums sind also abgeschlossen, es beginnt die Vollendung der Welt. r e n o u a b itu r . . .

m u ta b itu r : Der dreigliedrige Ausdruck, der die Ver­

wandlung der Welt nach der Beseitigung des Bösen beschreibt, entspricht sinngemäß Offb 21,1 (Vet. Lat. [Aug. civ. 20,16] u id i [ ...] ca elu m n o u u m e t te r r a m n o u a m ; nach Jes 65,17; 66,22). Im ersten Glied fasst Laktanz die Erneuerung des ganzen Kosmos zusammen. Die Formulierung re n o u a ­ b itu r m u n d u s (epit. 67,8 re n o u a b it d eu s m u n d u m ) hat Parallelen in den Wiedergaben der stoischen άποκατάστασις-Lehre Cic. nat. deor. 2,118 ([sc . ab ig n e] ru r su m a n im a n te ac deo re n o v a tio m u n d i f ie r e t) und Sen. dial. 6,26,6 (s e m u n d u s re n o u a tu ru s e x tin g u a t). Dann übernimmt Laktanz die komplementäre Ausdrucksweise aus Offb 21,1, indem er von der Verwand­ lung von Himmel und Erde spricht: Das biblische (Jes 34,4; Vet. Lat. apoc. 6,14 ca elu m in u o lu i , bei Victorin. Poetov. in apoc. 6,5, der erklärt: eccle­ sia de m ed io f i t ; auch or. Sib. 8,233.413, von Laktanz zitiert 20,4) Motiv vom „Aufrollen des Himmels“ (c a e lu m c o m p lic a b itu r , zur Formulierung vgl. Vet. Lat. Is. 34,4 [Aug. conf. 13,15] ca elu m [ ...] p lic a b itu r ) passt deswegen nicht in den Zusammenhang, weil es ansonsten nicht Zeichen der heilvol­ len Erneuerung, sondern Schrecken erregende Begleiterscheinung des Got­ teszornes ist. Wahrscheinlich will Laktanz die Verwandlung des Himmels mit einem apokalyptischen Bild ausdrücken und missachtet die Wertigkeit (oder irrt sich darin). tr a n sfo r m a b it d e u s h o m in e s in s im ilitu d in e m a n g elo ru m : Vgl. 6,1 s im ile s a n g elis effecti. Das in den synoptischen Evangelien (Mk 12,25parr.; vgl. M o n a t B ib le II 47 Anm. 2) überlieferte Wort Jesu, dass die auferstan­ denen Menschen wie Engel (zu diesen oben zu 5,9 a n g e lo s) sein würden,

wird häufig zitiert, etwa Justin, dial. 81,4; insbesondere Tert. cult. fern. 1.2.5 e t u o b is ea d em tu n c s u b s ta n tia a n g elica r e p r o m is s a ; uxor. 1,1,5; adv. Marc. 5,10,14 etc. Mit dieser Wandlung der Menschen erfüllt sich in den Augen des Laktanz das Heilshandeln Gottes am Menschen in der kosmi­ schen Woche, vgl. Loi L a tta n z io 252. c a n d id i s ic u t n ix: „Weiß wie Schnee“ sind das Gewand des Hochbetag­

ten Dan 7,9, Kopf und Haare des Menschensohngleichen Offb 1,14 und das Gewand des verklärten Christus Mt 28,3 (vgl. Ambr. myst. 7,34; in psalm. 118 serm. 11,13 p. 241,26). Das strahlende Weiß steht hier also für die Unsterblichkeit, wie auch die Entsprechung epit. 67,8 ( p o s t h aec re n o u a b it

K o m m e n ta r deu s m u n d u m e t tr a n s fo r m a b it iu s to s in fig u ra s a n g e lo ru m , u t in m o r ta lita tis u e ste d o n a ti s e r u ia n t deo in s e m p ite r n u m .) nahe legt (so auch A m a t

299); anders die weißen Gewänder Offb 7,14 als Zeichen der Reinheit von Sünde (vgl. G i e s e n 199f.). u e r sa b u n tu r s e m p e r . . . se r u ie n t in a e ter n u m : Vgl. 6,1 su m m o p a tr i

Anscheinend formuliert ausgehend von Vet. Lat. apoc. 7,15 (Cypr. testim. 3,16) P r o p te r hoc s u n t i n c o n s p e c t u ac d o m in o in p e rp e tu u m s e r u ia m u s.

th ro n i d ei e t s e r u i u n t ei d ieb u s e t n o c tib u s in te m p lo eiu s, e t is qui se d e t in th ro n o in h a b ita b it su p e r eos. Das Angesicht Gottes zu schauen (vgl. ira

8,8), ist im Neuen Testament (Mt 5,8; Offb 22,4 etc.) „allgemeiner Aus­ druck für die eschatologische Vollendung“ ( G i e s e n 475; vgl. K. B e r g e r , EWNT 3 [19922] 438), so auch Cypr. Demetr. 26: E r im u s C h r is tia n i cu m C h risto sim u l g lo rio si, de deo p a tr e beati, de p e rp e tu a u o lu p ta te la e ta n te s s e m p e r in co n sp ectu dei. Vgl. Rufin. Orig. in lev. 13,5 p. 476,16; Vet. Lat. psalm. 67,4 (Cypr. testim. 2,28) iu s ti iu c u n d e n tu r e t e x u lte n t in co n sp ectu d ei e t la e te n tu r in iu c u n d ita te . O m n ip o te n s ais Epitheton Gottes 4,11,6;

4,13,22; 4,14,8; vgl. 1,8,7, hier substantivisch als Synonym für Gott (vgl. 1,1,15; ThLL IX,2 607,74ff.; Loi L a tta n z io 70). M o n a t ( B ib le II 47 Anm. 10) sieht Vet. Lat. apoc. 7,15 d ieb u s e t n o ctib u s jeweils aus stilistischen Gründen hier zu in a e te r n u m , 6,1 zu in p e r p e tu u m und epit. 67,8 zu in s e m p ite r n u m geändert. Insgesamt suche Laktanz eine klassischere Sprache, als er sie in der Vetus Latina vorfinde. Der Ausdruck d ieb u s e t n o c tib u s ist zwar nachklassisch, aber gewiss nicht anstößig (so etwa Sen. benef. 4,3,2; Plin. epist. 2,3,4). Eher geht es Laktanz darum, das Alltägliche und Anthropomorphe zu vermeiden. Entsprechend soll vielleicht das ergänzte sa c rific a re die Nuance von se ru ire klären. 2 6 ,6 e o d e m te m p o r e : Gleichzeitig mit der heilvollen Verwandlung der

Welt und der Gerechten vollzieht sich also die zweite Auferstehung und die Bestrafung der Frevler. In der Johannesoffenbarung wird zunächst die Bestrafung des Satans und seiner Anhänger abgeschlossen (Offb 20,11-15), dann die Verwandlung der Welt und Gottes Wohnen unter den Menschen im himmlischen Jerusalem (siehe oben zu 24,2-6) geschildert (Offb 21,1-8). se c u n d a illa e t p u b lic a o m n iu m r e su r re c tio : Die hier geschilderte

Auferstehung der Frevler zur Bestrafung entspricht im chiliastischen Ab­ lauf der Offb 20,11-15 beschriebenen. Die ausdrückliche Unterscheidung einer e r s te n (bei Laktanz 20,5f.) und z w e ite n Auferstehung ist bereits durch Vet. Lat. apoc. 20,5 (Ambr. in psalm. 1,54,1) beatus qui h a b et p a r ­ te m in p r im a re s u rre c tio n e vorgegeben. Dass von einer p u b lica o m n iu m re su rre c tio die Rede ist, passt eigentlich besser zur Konzeption von Offb 20, wo zunächst (Offb 20,4-6) die Blutzeugen auferweckt werden, die das Tausendjährige Gottesreich miterleben dürfen, und dann (Offb 20,11-15)

26,7

587

erst das Gericht über alle übrigen Menschen stattfindet. Laktanz hat hier offensichtlich die Vorgaben aus der Johannesoffenbarung nicht ganz an sei­ ne eigene, pessimistische Konzeption von Auferstehung und Gericht (siehe oben zu 20,5f.) angepasst. c r u c ia tu s se m p ite r n o s: Die Formulierung wie Tert. apol. 45,7; test, anim. 4,1; vgl. oben 12,16 a e te r n is [ ...] c r u c ia tib u s ; 21,3 c ru c ia tib u s e t ig n i s e m p ite r n o .

h i su n t q u i . . . : Ergänzt das 20,5f. Gesagte: Im Gericht, das nach der

ersten Auferstehung stattfand, wurde anhand der Taten über diejenigen ge­ urteilt, die Gott erkannt haben (wahrscheinlich sind die Christen gemeint, dazu oben 505). Hier nun geht es um die Übrigen, die aus Unkenntnis oder bewusst Heiden geblieben sind: Die beiden q u i - Sätze beschreiben diese aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln, nämlich dem der religiösen Pra­ xis (die Götzenverehrer; siehe auch oben zu 19,9 n o n c o le n tu r ... ) und der Glaubenshaltung (diejenigen, die die wahre Gotteserkenntnis nicht erlangt oder abgelehnt haben). Vielleicht steht dahinter die 1,1,7 formulierte Un­ terscheidung su c c u rre n d u m e sse h is e rro rib u s c re d id i, u t e t d o c ti ad u e ra m s a p ie n tia m d ir ig a n tu r e t in d o c ti a d u e ra m r e lig io n e m . d o m in u m m u n d i ac p a r e n te m : Ebenso 1,7,12; epit. 51,1; mort. pers.

24,5; vgl. Min. Fel. 18,4; 35,4; Novatian. trin. 3,1. a b n e g a u e r u n t : Für die bewusste Ablehnung der wahren Gotteserkennnt-

nis auch 5,27 add. 16

abn eg a to d e o ;

5,9,12.

26,7 d o m in u s illo r u m . . . c r e m a b itu r in a e ter n u m : Der ,Herr der Frevler6ist der Teufel (hier komplementär zu 26,5 d o m in o s u o ; zur Bezeich­ nung des Teufels als d o m in u s , dem die Frevler dienen, nach Mt 13,25 Tert. anim. 16,7; vgl. ThLL V,1 1935,7f.; zur Gestalt des Teufels oben zu 24,5 p r in c e p s d a e m o n u m ), seine m in is tr i die Dämonen (vgl. 2,14,3). Die ewige Bestrafung ( su p p lic iu m s e m p ite r n u m ) des Teufels und der Dämonen wird bereits 2,17,5 angekündigt. Laktanz verbindet hier zwei in der Johannes­ offenbarung unterschiedene Aspekte, nämlich die Bestrafung des Teufels und die Verurteilung der Frevler: Dort wird der Teufel nach seiner Nie­ derlage in der Schlacht am Ende des siebten Millenniums ,in den See von Feuer und Schwefel geworfen6 (Offb 20,10 έβλήθη εις την λίμνην τού πυρος καί θείου), in dem bereits das Tier und der falsche Prophet, die dem Anti­ christ entsprechen, ewige Qualen erleiden. Getrennt davon ist das Gericht nach der zweiten Auferstehung (Laktanz kennt dieses nicht, siehe oben zu 20,5f.; 26,6 secu n d a illa ... ). Die Frevler enden ebenfalls im ,See des Feu­ ers6 (Offb 20,15 έβλήθη εις την λίμνην τού πυρος). Laktanz hingegen deutet für den Teufel und die Dämonen eine Verurteilung an ( d a m n a b itu r ), wäh­ rend er gemäß seiner Aussage 20,5 ( qui d e u m n o n a g n o u e ru n t, [ ...] ia m

K o m m e n ta r in d ic a ti d a m n a tiq u e s u n t)

die ewige Bestrafung der

tu rb a im p io r u m

im

Feuer nur konstatiert. in c o n s p e c tu a n g e lo r u m a tq u e iu sto r u m : Die neutestamentlichen Be­

zugnahmen auf das Weltgericht setzen voraus, dass dieses vor aller Augen stattfindet (so etwa Mt 25,32; Joh 5,28; Röm 14,10; 2 Kor 5,10; Ambr. in psalm. 37,51,2 spricht von einem Gericht in co n sp ectu n o n so lu m h o m in u m , sed e tia m a n g e lo r u m ). Dass sich hier aber ausdrücklich die Bestrafung der Frevler (damit endet auch die Eschatologie der D iu in a e in s titu tio n e s ) vor den Augen der Gerechten und der Engel (zu diesen siehe oben zu 5,9 a n g e ­ lo s) vollzieht, ist wohl ein Element der Vergeltung in der Verfolgungszeit. Eine andere, auf dem dualistischen Grundzug im Denken des Laktanz (sie­ he oben zu 4,12 bona h o m in i p ro p o n i e t m a la ... ) beruhende Erklärung bietet K e n d e f f y ( W o rld 224): Selbst nach der Vollendung könne für das Laktanz das rein Gute ohne das Korrelat des m a lu m nicht gedacht werden. Zum Problem der Existenz ohne m a lu m vor dem Sündenfall und nach der Vollendung siehe oben zu 5,27 add. lOf. p e r p e tu o ig n i c r e m a b itu r in a e ter n u m : Vom ewigen Straffeuer spricht

Laktanz auch 21,3.5; 5,18,16; epit. 67,8. 2 6 ,8 —10 D ie ö ffe n tlic h e Z u r ü c k h a ltu n g d er C h r iste n :

Mit dem resümierenden h aec e s t ... (§8) schließt Laktanz den darstellen­ den Teil der D iu in a e in s titu tio n e s ab, indem er erläutert, warum sich die soeben dargelegte christliche Lehre bei den Heiden (§ 8 qui [ ...] fra g ilia co­ lu n t) und den philosophisch Gebildeten (§ 8 qui [ ...] in a n e m p h ilo so p h ia m tu e n tu r ) nicht habe durchsetzen können: Da den Christen von Gott die Bewahrung des Offenbarungsgeheimnisses (§ 8 a rc a n u m , § 9 m y s te r iu m ) aufgegeben sei, könnten sie sich nicht auf eine kontroverse Diskussion mit den Heiden einlassen, die von deren Seite despektierlich und polemisch ge­ führt würde (§ 8). Vielmehr müssten die Christen die ihnen anvertraute Offenbarung in ihrem Gewissen (§ 9) und geheim bewahren. Diese Zurück­ haltung bewirke aber die Entstehung von Gerüchten über unsittliches und verbrecherisches Verhalten der Christen (§ 10). Dass die Heiden das Christentum ablehnen, weil diesem eine hinrei­ chende Vertretung in der öffentlichen Diskussion fehle, hat Laktanz be­ reits zu Beginn des Werkes (1,1,7) und im Proömium des fünften Buches ausgeführt (5,l,20f.; vgl. ferner 7,14; 5,2,1). Neu ist hier die Begründung, die die Zurückhaltung der Christen ausdrücklich auf ihre Verpflichtung zum Schutz der Offenbarungsgeheimnisse, also auf eine christliche Arkandisziplin, zurückführt.10 Darauf, dass sich die Christen aufgrund ihrer Zu10 Dazu knapp T h o m a s (63), insbesondere aber Loi (Arcano 81-86), der aus 5,2,1416; 5,3,17 folgert, dass der Gegenstand dieser Arkandisziplin nach Laktanz insbe­ sondere die Heiligen Schriften seien, deren Kenntnis Teil der Initiation und somit

26,8

589

rückgezogenheit und Abgeschlossenheit nach außen Vorwürfen ausgesetzt sehen, nimmt die Kritik am Christentum und die Apologetik immer wieder Bezug.*11 Auffallen muss, dass die Äußerungen hier in einer gewissen Spannung zur ansonsten bekundeten Intention des Laktanz stehen, die christliche Wahrheit darzulegen und in der Auseinandersetzung mit den Gegnern des Christentums zu verteidigen (vgl. 1,6,17; 5,1,8; 6,1,1.3; 6,3,11). Anschei­ nend stoßen hier die grundsätzlichen Absichten des Laktanz und seine Vorstellungen über die beste Verteidigung des Christentums an die in der Verfolgungszeit engen Grenzen, die den Christen in ihrer Darstellung nach außen gesetzt sind. Darin dürfte in der ersten Auflage der Übergang zum paränetischen Schlusskapitel 27 und in der zweiten Auflage der Anknüp­ fungspunkt für die Kaiseranrede (siehe unten zu 26,11-17) liegen. 2 6 ,8 d o c tr in a s a n c to r u m p r o p h e ta r u m : Formulierung wie Gaudent,

serm. 9,23 e t lex e t o m n is s a n c to r u m p r o p h e ta r u m d o c tr in a ; vgl. Hier, epist. 51,4,6 d o c tr in a a p o sto lo ru m e t p r o p h e ta r u m ; zum christlichen d o c­ tr in a mit Genitiv des Lehrenden ThLL V,1 1786,31ff. Von s a n c ti p r o p h e ta e (geläufig in der christlichen Latinität, so etwa Vet. Lat. Luc 1,70 [cod. 3]; act. 3,21 [Tert. resurr. 23,12]; ThLL X,2 1996,14ff.) spricht Laktanz nur hier. ta m q u a m s t u lt it ia m . . . d e r id e n t: Den christlichen Glauben bezeich­

net Laktanz auch 3,1,10; 5,12,4.11; 5,17,lf.; 5,18,11 aus der Perspektive der Heiden als s tu ltitia und stellt deren vermeintliche s a p ie n tia gegenüber. Vorbild sind sind die Ausführungen 1 Kor 1,21-25; 3,18-20, vgl. insbeson­ dere Vet. Lat. I Cor. 1,23 (Cypr. testim. 2,1; 3,69) n o s a u te m p ra e d ic a m u s C h ristu m c ru c ifix u m , Iu d a e is q u id em sc a n d a lu m , g e n tib u s a u te m s tu ltiti­ a m , ip s is a u te m u o ca tis Iu d a e is e t G ra ecis C h ristu m d e i u ir tu te m e t d ei s a p ie n tia m . I Cor. 3,19 (Cypr. testim. 3,69; patient. 2) S a p ie n tia e n im h u iu s m u n d i s tu ltitia e s t a p u d d e u m (aufgenommen bei Laktanz 5,15,8 s i­ c u t e n im s a p ie n tia h o m in u m su m m a s tu ltitia e s t a p u d d e u m ). Zu u a n ita s gleichbedeutend neben s tu ltitia vgl. 4,13,14 uulgo p ro s tu ltis e t u a n is e t durch die Arkandisziplin geschützt sei. Die von Loi (Arcano 86-88) vertretene Zu­ weisung in den gallischen Raum ist aber nicht mehr zu halten (siehe oben 494 mit Anm. 13). Zur Arkandisziplin, die ihren Höhepunkt im vierten und frühen fünf­ ten Jahrhundert erreicht, und den Zeugnissen O. P e r l e r , ,Arkandisziplin‘, RAC 1 (1950) 667-676, v.a. 672f.; H. C l a s e n , Die Arkandisziplin in der Alten Kirche, Diss. masch. Heidelberg 1956; V. R e c c h i a , ,Arcano (disciplina dell’)S DPAC 1 (1983) 315-317; C. J a c o b , „Arkandisziplin“, Allegorese, Mystagogie. Ein neuer Zugang zur Theologie des Ambrosius von M ailand, Frankfurt 1990. Siehe auch oben zu 6,2

arcanum. 11 So etwa Plin. epist. 10,96,7f.; Tert. apol. 8,1-9; Min. Fel. 8,4; 9,1-7; 29,1 (Vertei­ digung gegen diesen Vorwurf, hier benutzt, siehe unten zu 29,10 de pudicis . . . ) ; Orig. c. Cels. 4,23; 6,27.40; F ie dr o w i cz 182-185.

K o m m e n ta r in e p tis h a b e m u r ; 5,3,25 epilogue ita q u e te tu u s a rg u it s tu ltitia e u a n ita tis e r r o r is ; epit. 48,2; ira 8,2; Cic. div. 1,36; Geli. 18,4,6.

d e fe n d e r e h a n c p u b lic e a tq u e a sserere: Polarer Ausdruck für das Ver­

treten einer Position wie 12,5; 3,27,11; Ps. Quint, deck 6,6; Tert. resurr. 57,11; bei Laktanz für das Konzept seiner Apologetik 1,1,10 quae [sc. uer ita s ] lic e t p o s s it sin e e lo q u en tia d e fe n d i, u t e s t a m u ltis sa e p e d e fe n sa , ta m e n c la r ita te ac n ito re s e r m o n is illu s tr a n d a e t q u o d a m m o d o a sse re n d a est, u t p o te n tiu s in a n im o s in flu a t e t ui su a in s tr u c ta e t luce o r a tio n is o rn a ta .

d e o iu b e n te [...] in tr a n o s tr a m c o n s c ie n tia m te n e a m u s: Mit densel­

ben Worten erläutert Cypr. Demetr. 1,1 die Zurückhaltung der Christen bei ihrer öffentlichen Verteidigung: s a n c tu m quoque iu b ea m u r in tra co n ­ s c ie n tia m n o s tr a m te n e re . Die Anfangsworte jenes apologetischen Werks zitiert Laktanz 5,4,3; siehe auch oben zu 1,16 co n tra u e r ita te m . . . Die Junktur in tra c o n s c ie n tia m ^innerhalb des Gewissens^, also etwa: ^ e r­ borgen im Inneren^, ,insgeheim bei sictk) erscheint seit Sen. benef. 3,1,4; 3,10,2; Quint, deck 345,14; Cypr. ad Donat. 14. is to s u eri p ro fa n o s: Vgl. oben zu 24,10 p r o fa n i a s a c r a m e n to , zum Ge­

nitiv (ab Apul. Socr. 3 p. 122 ThLL X,2 1663,46ff.; 1664,2ff.

p ro fa n a p h ilo so p h ia e tu rb a im p e r ito r u m )

2 6 .9 a b sc o n d i e n im te g iq u e m y s te r iu m [...] o p o r te t: Vgl. Vet. Lat.

I Cor. 2,7 (cod. g al.)

lo q u im u r d e i s a p ie n tia m in m y s te r io a b sc o n d ita m .

fid e lissim e . . . a n o b is , q u i n o m e n fid ei gerim u s: Spiel mit der Dop­

peldeutigkeit von f id e lite r „verlässlich“ und „im Glauben“ (vgl. ThLL VI, 1 660,76ff.) neben f i d e s ; ebenso epit. 61,1, doch in anderem Zusammenhang: fid e s quoque m a g n a iu s titia e p a r s e s t: quae m a x im e a n o b is, qui n o m e n fid e i g e rim u s, c o n se ru a n d a e st. Der Ausdruck n o m e n g erere (auch 1,20,3;

4,29,15) ist in nachklassischer Prosa üblich, vgl. ThLL VI,2 1935,67ff. 2 6 .1 0 ta c itu r n ita te m : Nur hier bei Laktanz; hier für das Unterlassen

von Äußerungen zu einer im Raum stehenden Frage wie etwa Cic. Brut. 231; Cypr. epist. 16,1,1; für die (pagane) Arkandisziplin (siehe oben zu 26,8-10) Arnob. nat. 5,18. m a la m c o n sc ie n tia m : Die Junktur erscheint bei Laktanz nur hier und

erstmals nach Vet. Lat. Hebr. 10,22 (recc. IDJ) in der christlichen Latinität, in der paganen ist sie ab Sali. lug. 62,8 belegt; vgl. ThLL IV 368,15ff. crim in a n tu r : Das Wort (,zum Vorwurf machen^, vgl. ThLL IV 1198,35ff.)

erscheint nur hier bei Laktanz. e x e c r a b ile s o p in io n e s: Die Junktur ist nur hier belegt, vgl. 3,15,19 d o c­ tr in a ex ecra b ilis

(ThLL V,1 1835,15ff.); gemeint sind die Christengräuel,

26,11

591

also irrige Aussagen über die Christen (zu o p in io in diesem Sinn ThLL IX,2 721,83ff.; siehe oben 589 mit Anm. 11). de pudicis et in n o cen tib u s . . . c re d u n t: Nach Min. Fel. 29,1

h aec e t h u iu sm o d i p r o p u d ia n o b is n o n lic e t nec a u d ire, e tia m p lu rib u s tu rp e d e fe n ­ dere e s t: ea e n im de c a stis fin g itis e t p u d ic is, quae f ie r i n o n crederem u s, n is i de vo b is p ro b a re tis.

26,11—17 D ie K aiseran red e: Die vorliegende so genannte zweite große Kaiseranrede richtet sich, wie die erste große (1,1,13-16) und die kleinen Kaiseranreden (2,1,2; 3,1,1; 4,1,1; 5,1,112; 6,3,1) nahe legen, an Konstantin. Sie weist folgende Gedankenfüh­ rung auf: 1. Die verbesserte Lage der Christen unter Konstantin (§11) 2. Die Taten des von Gott erwählten Konstantin, die zu dieser Verbes­ serung der Lage geführt haben (§§ 12-14) (a) Beseitigung christenfeindlicher Vorschriften (§ 12a) (b) Sorge für das Wohl der Menschen (§ 12b) (c) Sturz von Machthabern, die die gottlose Religion verteidigen und das Christentum beseitigen wollten (§§ 12c-14) 3. Die Qualitäten Konstantins, aufgrund derer ihn Gott erwählt hat und die ihn noch vor den guten Kaisern der Vergangenheit auszeichnen (§§ 15-17a) 4. Gebet für den Kaiser (§ 17b) Die vorliegende Kaiseranrede gehört wie der dualistische Zusatz nach 5,27 (dazu oben), die erste große Kaiseranrede zu Beginn des Werkes, die klei­ nen Kaiseranreden in den mittleren13 Büchern und die überarbeitete Fas­ sung der Erklärung für die Entstehung des Bösen im zweiten Buch (2,8,37), in die von Laktanz selbst begonnene, aber nicht mehr zu Ende gebrachte zweite Auflage (vgl. oben 76f.). Hier anzusprechen sind zwei Fragen: erstens die Stellung der Kaiseranrede im Text, da die Handschriften sie hinter 27,2 überliefern, wohin sie nicht gehören kann, und zweitens die zeitgeschichtli­ che Einordnung der politischen Anspielungen in der Kaiseranrede, aus der sich auch eine Datierung ergibt. 12 Handschrift V hat zusätzlich maxime , dazu H eck Zusätze 128f. 13 Zu Recht weist H eck (Zusätze 129) darauf hin, dass auch das siebte Buch zu Beginn eine kleine Kaiseranrede h ätte enthalten können (er verm utet 2,1 als mög­ lichen Standort), sich dies aber nicht mehr klären lässt: Die erste Langfassungs­ handschrift (K) setzt erst 3,19 ein. Somit bliebe als einziger möglicher Zeuge der mit der Langfassungstradition kontam inierte Codex G othanus membraneus I n. 55 (g), zur Familie von KS gehörig (vgl. B randt I p. LIIL; M.C. Tagliente, N ota sui codici di Lattanzio, A FLPer 16/17 [1978/1980] 13-31, dazu H eck Rez. Monat Inst. I /I I 594 Anm. 6; jetzt H eck/W losok Inst. I /I I XXII Anm. 67). Der enthält zwar keine Kaiseranrede zu Beginn des siebten Buches, könnte an dieser Stelle aber allein der K urzfassungstradition folgen.

K o m m e n ta r (1 ) P o s itio n im T ext

Die Handschriften der Langfassung (siehe oben 76ff.) (hier KS), die allein die Kaiseranrede enthalten, überliefern sie nach 27,2. Angeschlossen ist ein Stück aus D e o p ific io d e i (19,1-8; 20,l-2a), erst dann läuft der Text der Handschriften mit 27,3 weiter. H e c k erklärt diesund die Versetzung der Kaiseranrede aus einer Kontamination der Lang- mit der Kurzfassungstra­ dition.14 Schon im Humanismus hat man erkannt, dass die Kaiseranrede nicht hinter 27,2, sondern hinter 26,10 gehört. Die entscheidenden Argu­ mente dafür sind:15 (1) Die Kaiseranrede stört den Gedankengang an der Stelle, an der sie überliefert ist: (a) Die Aufforderung, standhaft Unbilden zu ertragen (27,3 p r o in d e ), passt zu der Feststellung, dass man sich durch Duldsamkeit und Gerechtigkeit im Diesseits ewigen Lohn erwürbe (27,2), würde jedoch unmotiviert auf das Gebet für das Wohl des Herrschers am Ende der Kaiseranrede (26,17) folgen, (b) Die zu Beginn der Kaiseranrede genannten fig m e n ta s o p ita (26,11) haben im überlieferten Zusammenhang keinen Bezugspunkt: Es könnten höchstens die a c e r b ita te s ac m is e r ia e quas p e r p e tim u r (27,2) aufgegriffen sein, doch nicht diese, sondern der himmli­ sche Lohn für ihr Ertragen stehen im Zentrum. (2) Hinter 26,10 fügt sich die Kaiseranrede schlüssig ein: (a) Zwischen den Ausführungen über die Christengräuel (26,10) und dem Beginn des paränetischen Schlusskapitels (27,1) liegt ein merklicher Einschnitt, in den eine Ergänzung passen kann, (b) Die feindselige Stimmung gegenüber den Christen (26,8f.) und die Chri­ stengräuel (26,10) bieten einen inhaltlich passenden Anknüpfungspunkt für den erleichterten Rückblick am Beginn der Kaiseranrede (26,11). (c) Ins­ besondere führt fig m e n ta (26,11) offensichtlich das Polyptoton ex ecra b iles o p in io n e s [ ...] f i n g u n t e t lib e n te r iis quae f i n x e r i n t c re d u n t (26,10) weiter, (d) Zum gebetsartigen Ausklang der Kaiseranrede (26,17) passt der folgen­ de Neuansatz (27,1 q u o n ia m d e c u rsis p r o p o s iti o p e ris s e p te m s p a tiis ) . 14 H ec k Zusätze 119f.: Ein R edaktor hat die Diuinae institutiones und De opificio dei in Kurz- und Langfassung vor sich und stellt daraus eine Neufassung von opif. 19f. aus drei B lättern (1. opif. 19,1-8; 2. 19,8 add. 1-5 und 19,9f., 3. 20,lf.) her. Das zweite B latt wird an richtiger Stelle eingelegt, die beiden anderen werden verbunden mit der zweiten Kaiseranrede, die sich ebenfalls auf einem Einlageblatt befindet. - Die spätere Langfassungsüberlieferung hat dann die Einlagenblätter mit der Kaiseranrede und dem gar nicht hierher gehörigen Stück opif. 19,1-8; 2 0 ,l-2 a hinter 27,2 (wohl Blattwechsel) eingesetzt. 15 Grundlegend H ec k Zusätze 135-137. - Davor hat zuletzt E m o n d s (59f.) für die Belassung der Kaiseranrede hinter 27,2 argum entiert: (1) 26,11 opera iustitiae facere greife 27,2 facientes opera iustitiae auf, (2) auch die erste Kaiseranrede (1,1,13-16) unterbreche den Zusammenhang. Dagegen H eck ( Zusätze 136L): (1) Das Aufgreifen der wenig spezifischen Formulierung opera iustitiae facere ergibt sich, wenngleich m it größerem A bstand auch dann, wenn 26,11 vorausgeht . (2) Die erste Kaiseranrede knüpft bruchlos an das Vorausgehende (1,1,12 quanto melius [...] de deo loquemur [...]? 13 quod opus nunc [...] incohamus /.../.) an.

26,11

593

(2 ) H is to r is c h e r R a h m e n u n d D a tie r u n g 16

Offensichtlich setzt die Kaiseranrede, die vom Ende der Verfolgungen aus­ geht (§§ llf.), einen anderen zeitlichen Rahmen voraus als die Umgebung, die von andauernder Repression (26,8-10) und Bedrohung (27,3) der Chri­ sten spricht. Nach näherer Betrachtung der politischen Anspielungen in der Kaiseranrede hat die Forschung diese zwei unterschiedlichen Situationen zuordnen wollen. Das frühere Datum, das man in Erwägung gezogen hat, ist das Jahr 313:17 Im Februar einigten sich Konstantin und Licinius auf die Duldung der Christen (so genanntes Mailänder Edikt), deren Verfolgung somit im ganzen Reich endete (vgl. mort. pers. 48,2-12). Maximinus Daia, der am längsten an einer antichristlichen Politik fest hielt,18 wurde am 30. April von Licinius geschlagen. Gegen diese Datierung der zweiten Kaiseranre­ de ins Jahr 313 spricht nun aber, dass gerade deren konkreteste Angaben (§§ 12-14) nicht zutreffen und Laktanz dies wusste. Denn es findet sich in dieser Zeit kein ehemaliger Herrscher, der von Konstantin entmachtet worden und in dessen Hand geraten wäre: Galerius starb bereits 311 ei­ nes natürlichen Todes19 und war nie Konstantin unterlegen. Maxentius wurde zwar 312 von Konstantin besiegt, aber nicht lebend gefangen (vgl. mort. pers. 44,9). Und den am jüngsten zurückliegenden Sieg über Maxi­ minus Daia errang nicht Konstantin, sondern Licinius.20 Auch brachte sich Maximinus Daia auf der Flucht um, so dass er nie in die Hände seiner Geg­ ner fiel (vgl. mort. pers. 49,1-7). Trotzdem hat vor Kurzem noch einmal D i g e s e r diese Datierung zu vertreten versucht. Sie muss dabei aber die klaren Aussagen des Laktanz (Konstantin hat die m a li gestürzt, sie sind in seiner Hand) als merkwürdige und christlichem Geschichtsverständnis widersprechende Andeutungen über die heilsgeschichtliche Rolle Konstan­ tins interpretieren.21 Die Frühdatierung ist somit nicht haltbar. 16 Umfassend hierzu H ec k Zusätze 138-143; 162-166. 17 Dazu im Einzelnen D e m a n d t Spätantike 68f. 18 Laktanz stellt ihn als Christenfeind bis zum Schluss dar (vgl. m ort. pers. 46,2), nach Euseb verkündet er das so genannte M ailänder Toleranzedikt nur υπό τής ανάγκης βεβιασμένος (h.e. 9,9a,10). 19 Dazu m ort. pers. 35,3. 20 Laktanz berichtet darüber ausführlich (mort. pers. 45,1 - 47,6), insbesondere auch davon, dass ein angelus dei dem Licinius seinen bevorstehenden Sieg verkündet (mort. pers. 46,3). 21 D i g e s e r Dating 50 (danach folgende Zitate; ganz knapp auch Lactantius 134): Die zweite Kaiseranrede gehöre in die Zeit zwischen der Veröffentlichung des Toleran­ zerlasses (Juni 313) und dem Tod von Maximinus Daia (A ugust/Septem ber 313; zur Datierung in den Juli aber B. B l e c k m a n n , DNP 7 [1999] 1072): Aufgrund des Toleranzerlasses seien die Christen nicht mehr krim inalisiert, und „all the evil men have been removed“: Licinius sei noch kein Verfolger, Maximian (seit 310), Diokle­ tian und Galerius (beide seit 311) bereits to t, Maximinus Daia abgesetzt. Daher ,hätten sie gelitten* oder ,würden leiden*. Schließlich: „Lactantius can say th a t all

K o m m e n ta r

Befriedigende Erklärungen ergeben sich hingegen bei der von H e c k in Anknüpfung an P i g a n i o l und M o r e a u vertretenen Spätdatierung ins Jahr 324,22 genauer gesagt in die Zeit kurz nach Konstantins Sieg über Licinius im September:23 Licinius war seit 308 Kaiser und seit 313 Verbün­ deter, Schwager und für den Osten zuständiger Mitherrscher Konstantins. Seit 316 kam es zwischen ihm und Konstantin aber zu fortgesetzten Span­ nungen. Licinius ging seit 321 gegen die Christen vor, auch praktizierte er offen pagane Kultformen.24 Zum Krieg kam es 323. Zweimal geschlagen, bei Hadrianopolis (dem heutigen Edirne) am 3. Juli 324 und bei Chrysopo­ lis am 18. September 324, fiel Licinius zusammen mit seinem neunjährigen Sohn gleichen Namens und seinem kurz vorher ernannten Mitherrscher Martinianus25 lebend in Konstantins Hände. Alle wurden nach Thessalo-

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of these men have been delivered into C onstantine’s hands because he believes th a t C onstantine’s respect for the Christian God marks the turning point in hum an af­ fairs. Thus, Constantine is ultim ately responsible for their defeat (inst. 7.27[sic!].15, 17).“ - Diese Interpretation der zweiten Kaiseranrede kann keinesfalls überzeugen: Laktanz spricht klar von Herrschern, die K onstantin auf Betreiben der göttlichen Vorsehung entm achtet hat (§ 12 te prouidentia [...]prouexit, qui posses [...] malos a re publica submouere) und die G ott in seine Hände gegeben hat (§ 12 in manus tuas idem deus tradidit). W arum sollte Laktanz im Jah r 313 so klare Angaben machen, wenn sie ganz offensichtlich nicht zutreffen? Auch führt die textferne Deutung, zu der D i g e s e r Zuflucht nehmen muss, um diesen eindeutigen Angaben zu entgehen, zu nichts Sinnvollem: K onstantin habe, so scheint D i g e s e r ja zu meinen, durch seine Hinwendung zum C hristentum den Lauf der Ereignisse gewendet und so auch irgendwie m ittelbar (?) den Sturz der christenfeindlichen Herrscher herbeigeführt. Das verkehrt die klare heilsgeschichtliche Aussage der Kaiseranrede (K onstantin ist das auserwählte Werkzeug der göttlichen Vorsehung: § 12 te prouidentia summae diuinitatis ad fastigium principale prouexit; § 14 te dextera dei potens [...] protegit; § 15 dominus [...] te potissimum delegit, per quem . . . ; § 17 te auctore ac ministro diuinitas uteretur ) in ihr theologisch völlig unhaltbares Gegenteil, das da lauten würde: K onstantin setzt den „turning point“ und bestim m t Heilsgeschichte, s ta tt sie nach G ottes Ratschluss zu vollziehen. H ec k Zusätze 142; P i g a n io l 369; M o r e a u I 19. Zu Licinius und den folgend skizzierten Ereignissen beispielsweise D emandt Spätantike 64-70; K ienast 290L; G rünewald 124-132; B leckmann Licinius (mit weiterer L iteratur 147L). Den Zeugnissen nach (vgl. C o r c o r a n 195 zur rechtlichen Form) entfernt Licini­ us die Christen aus der Verwaltung (Eus. h.e. 10,8,10; Hier, chron. a. Abr. 2336; Oros. hist. 7,28,18), geht gezielt gegen die Kirche vor (Eus. h.e. 10,8,14-18; 10,9,3; v.C. 1,51-56 und 2,1,1 - 2,2,3: sich bis zur Verfolgung steigernde M aßnahmen des Licinius gegen die Christen, zur Einordnung C a m e r o n / H all 227; Soz. h.e. 1,7,1) und pflegt offen pagane Kultform en (Eus. v.C. 2,4,2-4; 2,5,1-5, C a m e r o n / H a l l , 232, gegen Echtheit der dortigen Liciniusrede; 2,1 1 ,1 f.; 2,15; H. D e s s a u , Inscriptio­ nes Latinae selectae III,2, Berlin 1916, Nr. 8940; P. B r u u n , The Roman Imperial Coinage VII: Constantine and Licinius, London 1966, 425, Nr. 18; Soz. h.e. l,7,2f.; Suda s.v. Αυξέντιος), zur (nicht unproblem atischen) D eutung D e m a n d t Spätantike 70; B l e c k m a n n Licinius 174; C o r c o r a n 274f. Licinius erhob ihn nach der Niederlage von Hadrianopolis zum Augustus , vgl. B. B l e c k m a n n , DNP 7 (1999) 963f.

26,11

595

nike verbannt26. Mit dem Sturz des Licinius war Konstantin Alleinherr­ scher. - Es ist ganz offensichtlich diese politische Situation, die sich in der zweiten Kaiseranrede widerspiegelt: Die von Konstantin selbst27 gestürz­ ten m a li , die sich nun in seiner Hand befinden (§ 12), sind Licinius, dessen Sohn und Martinianus. Sie sind gegen das Christentum und zu Gunsten der alten Religion vorgegangen (§ 13). Sie erfahren in der Verbannung ihre Strafe und haben sie in ihrem Sturz erfahren (§ 14).28 Die Christen wer­ den nicht mehr verfolgt oder diskriminiert (§ 11). Das ist zwar, wie auch aus dem Text hervorgeht, kein jetzt erstmals erreichter Zustand (siehe unten zu 26,11 ex quo ... ), hat aber nach dem Sturz des als Verfolger ge­ brandmarkten Licinius wieder große Aktualität. Die , Aufhebung schlechter Vorschriften anderer^ und die , Korrektur ihrer Fehler^ (§ 12 a lio ru m m a ­ le co n su lta re sc in d e re , p e c c a ta c o rrig e re ) dürfte zwar auch den Rückblick auf das so genannte Mailänder Edikt beinhalten (siehe auch unten 597), bezieht sich aber in erster Linie auf Konstantins Aufhebung der von Licini­ us in Kraft gesetzten Rechts ver Ordnungen zu Ungunsten der Christen, die insbesondere Euseb zudem als inhuman beschreibt.29 In der Rücknahme dieser Regelungen liegt zudem also ein Akt der Fürsorge (§ 12 sa lu ti h o m i­ n u m [ ...] p r o u id e r e ). Auch die c le m e n tia , von der Laktanz spricht (§ 12), gehört ins politische Programm der Zeit, da es nach dem Sieg über Lici­ nius darum geht, dessen frühere Anhänger zu gewinnen, (siehe unten zu 26,11 sa lu ti . . . ). Schließlich passt die Aussage, Konstantin sei als einzi­ ger von allen Herrschern , hervorgetreterfi (§ 15 u n u s ex o m n ib u s e x t i t i s t i ), obwohl man sie allgemein panegyrisch verstehen könnte, auffallend gut zu 26 Vgl. Zos. 2,28,2; Ps. Aur. Vict. epit. 41,7; Zon. 13,1,23; B l e c k m a n n Licinius 174. 27 Das betont die Kaiseranrede (§ 12 posses [...] submonere, in manus tuas idem deus tradidit) im Einklang mit der Propaganda (Annahme des Titels uictor , dazu G r ü n e w a l d 134-144). 28 Die Aussage illi poenas sceleris sui et pendunt et pependerunt (§ 14) passt genau zur Situation: Sie befinden sich gerade in der Verbannung und sind bereits geschlagen und abgesetzt worden. Ein Bezug des Perfekts auf alle früheren Verfolger, den H ec k ( Zusätze 143; 163) zudem noch für möglich hält, ist denkbar, aber für die Erklärung des Polyptotons angesichts der historischen U m stände nicht zwingend nötig. 29 Der Codex Theodosianus (15,14,1) erwähnt die Aufhebung von Verfügungen des Licinius (mit dem sicher falschen D atum 16. Mai 324; O. S e e c k , Regesten der Kaiser und Päpste für die Jahre 311 bis 476 n. Chr., S tu ttg art 1919, 99, für ei­ ne K orrektur zum 16. Dezember 324). Euseb spricht ausdrücklich von inhum anen Verordnungen des Licinius (h.e. 10,8,12f.), dem Eingreifen K onstantins mit Rück­ sicht auf U nterdrückte (h.e. 10,9,3f.), den nunm ehr menschenfreundlichen Erlassen (h.e. 10,9,8) und der göttlichen Führung im K am pf (h.e. 10,9,5). Zu den Einzel­ heiten der Aufhebung jetzt C o r c o r a n 69L; 197; 276-279; 291f. Auch K onstantins Brief an die Orientalen (siehe unten 597 Anm. 36) regelt die Rehabilitierung und Entschädigung der von Licinius verfolgten und benachteiligten Christen (Eus. v.C. 2,30-41).

K o m m e n ta r

der gerade mit dem Sieg über Licinius errungenen ungefährdeten30 Al­ leinherrschaft nach vierzig Jahren der Herrschaftsteilung, die auch in der Propaganda31 betont wird.32 Wie damit bereits angedeutet, fügt sich die Kaiseranrede nicht nur in die politischen Gegebenheiten der Zeit nach dem Sieg über Licinius ein, sondern auch in den Ton der konstantinischen Selbstzeugnisse und der Propaganda:33 So zeigt die Darstellung vom Sturz des Licinius auffällige Parallelen zu einer Schilderung, die Konstantin selbst gibt (siehe unten zu 26,12 te p r o u id e n tia ... ). Auch enthält die Kaiseranrede viele Stichworte und Formulierungen, die auch in Konstantins Verlautbarungen nach dem Sieg über Licinius eine besondere Rolle spielen, so etwa p r o u id e n tia und d iu in ita s (siehe unten zu 26,12 p r o u id e n tia su m m a e d iu in ita tis ), c le m e n tia (siehe unten zu 26,12 s a lu ti h o m in u m . . . ) , Konstantin als a u c to r ac m i­ n is te r Gottes (siehe unten zu 26,16 a u c to re ac m in is tr o ) , der die ,Fehler anderer korrigiere^ (siehe unten zu 26,12 a lio ru m . . . ) und ,den Namen Gottes liebe‘ (siehe unten zu 26,13 tu a u te m . . . ). H e c k hat deswegen die durchaus nahe liegende Vermutung aufgestellt, dass Laktanz kaiserli­ che Dokumente benutzt habe.34 Überhaupt stimmt der Grundgedanke der Kaiseranrede, nämlich dass Konstantin aufgrund seiner positiven Eigen­ schaften vom Gott der ehemals verfolgten Christen erwählt sei und dessen heilsgeschichtliches Wollen in die Tat umsetze,35 mit Konstantins offiziel­ ler Lesart der Ereignisse des Jahres 324 überein36. Nach dem Sieg über 30 26,14 besagt die Form largitur, dass das quietum tranquillumque moderamen kein Wunsch (Parallelen in diesem Sinn bei H e c k , Zusätze 164), sondern eine Aussage ist: Nachdem K onstantin unter G ottes Schutz alle Gefahren (zuletzt den Krieg gegen Licinius) überstanden hat, ist seine Regierung unangefochten, die Lage ruhig. Auch dies passt viel besser ins Jah r 324 als ins Jah r 313. 31 Annahme des Titels uictor (sta tt pagan konnotiertem inuictus ), Krönung mit dem Diadem, Ernennung von Helena und Fausta zu Augustae, Umbenennung von By­ zanz in K onstantinopel, vgl. G r ü n e w a l d 134-139; B l e c k m a n n Constantinus 137. 32 Auch § 14 te dextera dei [...] protegit und § 14 te potissimum delegit ließen sich so verstehen, dass G ott unter den Herrschergestalten der vergangenen Jahrzehnte gerade K onstantin zum alleinigen Kaiser habe werden lassen. Die Tatsache, dass K onstantin noch über die früheren ,g u ten ‘ Kaiser gestellt wird (§§ 15f.), die eben­ falls Alleinherrscher waren, fügt sich gut in dieses Bild. 33 Überzeugend dargelegt von H eck Zusätze 162-166; eine Zusammenfassung der neuen Akzente in K onstantins Selbstdarstellung ab 324 gibt beispielsweise G i r a r d e t 72-76. 34 H ec k Zusätze 165; 167; Zusammenstellung des M aterials 163-165. 35 Vgl. insbesondere § 12 te prouidentia [...] prouexit\ § 14 te dextera dei [...] protegit; § 15 dominus [...] te potissimum delegit; § 17 te auctore ac ministro diuinitas

uteretur 36 Den so genannten , Brief an die Orientalen* richtet K onstantin im Jah r 324 an die Bewohner des Ostens, den er nach dem Sturz des Licinius gewonnen hat. Überliefert ist er Eus. v.C. 2,24-42 (zum Inhalt D ö r r ie s 43-50; C a m e r o n / H all 239). Darin verfügt K onstantin die Rückgabe der Rechte und Besitzungen an die Christen (Eus.

26,11

597

Maxentius 312 hingegen waren die Bezugnahmen konstantinischer Propa­ ganda auf den christlichen Gott noch weit zurückhaltender und offener formuliert, was ebenfalls gegen eine Frühdatierung ins Jahr 313 spricht.*37 Schließlich klingt die zweite Kaiseranrede an die Einleitung der Schrift D e m o r tib u s p e r s e c u to r u m (zwischen Herbst/W inter 313/314 und 316 ent­ standen)38 an, wo Licinius und Konstantin als von Gott zur Beendigung der Christenverfolgung ,erweckte‘ Herrscher bezeichnet werden:39 m ort. pers. 1,3.5.7

§§ 11.13f.

3 e x c ita u it en im d eu s p r in c ip e s qui

11 [ ...] te d e u s [...] e x c ita u it. [...] 12 te p r o u id e n tia s u m m a e d iu in ita tis ad fa s tig iu m p rin c ip a le p ro u e x it, qui

ty ra n n o r u m n e fa ria et c ru e n ta im p e ria

r e s c id e r u n t,

p o sse s u era p ie ta te a lio ru m m a le co n ­ su lta re s c in d e re , pecca ta co rrig ere,

h om in u m p a te r n a c le m e n tia p ro u id e re . (11 ad tu te la m g e n e r is h u m a n i /.../.) sa lu ti

h u m an o g e n e ri p r o u id e r u n t, [...].

13 illi en im , qui u t im p ia s relig io n es 5 Q u i in su lta u e ra n t deo, ia c e n t, [...]

d efen d eren t, ca e le stis (ac) sin g u la ris d ei cu ltu m to lle re u o lu eru n t, p r o flig a ti

ia c e n t [...] 7 D is tu le r a t en im p o e n a s eoru m deus

14 illi p o e n a s sceleris su i et p e n d u n t et p e p e n d e ru n t [...].

Die Darstellung in D e m o r tib u s p e r s e c u to r u m bezieht sich im Plural auf nicht genannte Herrscher und beschreibt deren Tun und deren göttliche Sendung in der Sache knapper und im Ton schmuckloser als die Kaise­ ranrede. Es ist eine sehr nahe liegende Erklärung dieses Befundes, dass Laktanz im Jahr 324 seine früheren Aussagen aus D e m o r tib u s p e rse c u v.C. 2,24; 2,30-37), spricht davon, dass er G ott seine Erfolge verdanke (Eus. v.C. 2,29,1) und stellt sich als im Dienst G ottes Handelnder (Eus. v.C. 2,28,2) dar. 37 Bei aller Unsicherheit und Kontroverse über die H altung K onstantins zum Chri­ stentum und ihre Entwicklung scheint doch hinreichend klar, dass sich K onstantin zunächst in der Darstellung nach außen eher auf einen solaren Monotheismus be­ zieht, seine offene Hinwendung zum C hristentum dann 324 ihren Abschluss findet, dazu aus der neueren L iteratur etwa knapp B l e c k m a n n Constantinus 138; mit reichem Belegmaterial W a l l r a f f 126-131, dessen Fazit 131: „Anders als bei der entscheidenden Schlacht 312 wird der Sieg über Licinius nun eindeutig m it dem C hristentum in Zusammenhang gebracht.“ Siehe auch unten zu 26,2 prouidentia . . . 38 Siehe oben 12 Anm. 49. 39 Auch entspricht der gedankliche Zusammenhang der Kaiseranrede mit ihrer konstrastierenden Anknüpfung an 26,8-10 dem m ort. pers. l,lf . Vorausgeschickten: Aus der Perspektive der Christen werden die veränderten Lebensum stände und die Situation nach dem Ende der Verfolgung geschildert.

K o m m e n ta r

andeutungsweise revidiert:40 Dabei streicht er Licinius und hebt Konstantin, vor allem dessen göttliche Sendung, in panegyrischem Ton und unter Rückgriff auf Formeln der kaiserlichen Selbstdarstellung heraus. Der umgekehrte Fall, den man bei einer Frühdatierung der Kaiseranrede ins Jahr 313 voraussetzen muss, nämlich dass die Kaiseranrede die um­ gearbeitete Vorlage sei und Licinius hinzugenommen beziehungsweise der Bezug auf Konstantin durch den Plural verwischt, die Darstellung der gött­ lichen Sendung gekürzt und die Panegyrik gestrichen worden sei, ist wenig wahrscheinlich. In jedem Fall ist die Spätdatierung der zweiten Kaiseranrede gegen­ über der Frühdatierung hinreichend gesichert. Die begeistert formulierte Kaiseranrede wird nicht allzu lange nach dem Sieg über Licinius im Sep­ tember 324, wohl aber schon unter Eindruck oder Benutzung der ersten konstantinischen Verlautbarungen zur Inbesitznahme des Ostens entstan­ den sein, also im letzten Viertel des Jahres 324 ( H e c k Z u sä tze 142; 167). Daraus ergibt sich auch der Anhalt für die Datierung der ersten Kaiseran­ rede (1,1,13-16), in der auch von den m a li die Rede ist, diese aber adh u c a d u e rsu s iu s to s in a liis te r r a r u m p a r tib u s s a e u iu n t (1,1,15): Sie gehört in die Zeit des Krieges mit Licinius, vielleicht schon in die Phase nach dem ersten Sieg bei Adrianopel im Juli 324.41 Die Tatsache, dass Laktanz ofto r u m

40 F ür einen weiteren Hinweis auf eine solche Revision siehe unten zu 26,15 anti­ quorum . . . 41 H ec k Zusätze 139-141; 167f. - D i g e s e r ( Dating 44-50; knapp Lactantius 134; 169f.) hingegen koppelt die D atierung der ersten Kaiseranrede von derjenigen der zweiten ab und schlägt als D atum für die erste das Jah r 310 bis zum Juli vor (Dating 50). Dabei zieht sie folgende Indizien aus der ersten Kaiseranrede heran: (1) Einen Terminus post quem für die erste Kaiseranrede erm ittelt H ec k ( Zusätze 140; nach P ig a n io l 368) folgendermaßen: K onstantin wird dort (1,1,13) als impera­ tor maxime angesprochen. Das wird in Beziehung gesetzt zu dem m ort. pers. 44,1012 Geschilderten (der Senat verleiht dem als Sieger über M axentius in Rom ein­ ziehenden K onstantin das primum nomen , Maximinus Daia sp ottet und schimpft daraufhin aduersus imperatorem maximum), das somit den Einzug in Rom am 29. Oktober 312 als Terminus post quem für die Anrede imperator maxime ergibt. Dazu beruft sich D i g e s e r ( D at in g 46f.; Lactantius 170) nun auf die Ergebnisse von G r ü n e w a l d (86-92), der gezeigt habe, dass K onstantin die Vorrangstellung erst beim Treffen mit Licinius im Jan u ar/F eb ru ar 313 übernom m en habe und dass das primum nomen nicht mit dem Titel eines maximus imperator identisch sein müsse. Daher könne Maximinus Daia auch unabhängig von einer Verleihung über einen imperator maximus spotten. Ferner belegten auch einige Handschriften für Paneg. 6,13,3 die Bezeichnung des K onstantin als maximus bereits im Jah r 310. (2) Die erste Kaiseranrede sei mit den politischen Verhältnissen des Jahres 310 vereinbar ( Dating 48). (3) Man könne auch schon vor 312 davon sprechen, dass K onstantin christenfeindliche Anordnungen aufgehoben habe (Dating 48-50). Dagegen in aller Kürze: Die Ergebnisse von G r ü n e w a l d zum Gebrauch des Titels maximus, auf die D i g e s e r sich bezieht, sprechen aus zwei gewichtigen Gründen so­ gar gegen eine Früh- und für eine Spätdatierung der ersten Kaiseranrede: Erstens stellt G r ü n e w a l d heraus, dass der Titel maximus erst 315 (!) zum regelmäßigen

599

26,11

fensichtlich beide Kaiseranreden nicht mehr in Einklang und die zweite Auflage nicht mehr zu Ende bringt, erklärt H eck plausibel mit seinem baldigen Tod, für den sich somit ein Datum in den Jahren 324 (ab Herbst) oder 325 ergibt.42 26,11 sa n ctissim e im perator: Vgl. mort. pers. 18,10 C o n s ta n tin u s , s a n c ­ tis s im u s a d u le s c e n s ;

als Kaiseranrede am Briefbeginn Plin. epist. 10,1,1 (für Trajan); Fronto p. 166,20 (epist. 8,1; für Antoninus Pius); vgl. Hist. Aug. Valer. 6,7; CIL XI 3878 (für Aurelian). Konstantins s a n c tita s (wohl im Hinblick auf Frömmigkeit u n d Moral, vgl. OLD s.v. 2 und 3; sonst bei Laktanz: 2,4,10 ,kultische Heiligkeit‘; 6,5,16; 6,23,8.31 ,Keuschheit‘) wird in der Kaiseranrede auch 26,15 und 26,17 hervorgehoben. figm en ta so p ita sunt: Gemeint sind die 27,10 (fin g u n t , fin x e r in t) an­

gesprochenen Christengräuel. Zum Gebrauch von 55,6,1 p e r s e c u tio n e s o p ita .

so p ire

vgl. Cypr. epist.

ex quo . . . : Rückblickende Perspektive wie 1,1,13 (erste Kaiseranrede; richtig H eck Z u sä tze 162). ad r estitu en d u m iu stitia e dom icilium : Es dürfte an die institutio­

nelle Wiederherstellung der Kirche gedacht sein (mort. pers. 3,4 ecclesia r e s titu ta e s t , über die Zeit der guten Kaiser nach Domitian; die Kirche heißt 4,30,11 d o m ic iliu m f i d e i ; vgl. Cypr. epist. 51,1 u n ita tis e t u e r ita tis d o m ic iliu m ; Ambr. hex. 3,1,5 s a n c tita tis d o m ic iliu m ); so gelobt Konstan­ tin Gott nach Eus. v.C. 2,55,2 τον άγιώτατόν σου οικον άνανεώσασθαι (vgl. Bestandteil von K onstantins K aisertitulatur und vorher nur sporadisch verwendet wurde (v.a. 90; 92; auch die Anrede K onstantins als maximus imperator Paneg. 12,26,5 im Jah r 313 wertet er als Ausnahme, 90 Anm. 168). Zweitens zeigt G rü­ n e w a l d , dass K onstantin erst in der Rivalität und im offenen Konflikt (in den Jahren 321 bis 324) mit Licinius system atisch den (sehr wohl als primum nomen zu verstehenden) Titel maximus heraushebt (128-132; 138; 175). Das heißt, dass der Titel maximus für das Jah r 310 (abgesehen von der textkritisch unsicheren Überlieferungsvariante zu Paneg. 6,13,3, die doch wohl aus der späteren T itu latu r zu erklären ist) singulär, im Jah r 324 während des Krieges mit Licinius eingeführt und besonders aktuell wäre. Ansonsten träg t D i g e s e r nur wenig aussagekräftige W ahrscheinlichkeitsargumente dafür zusammen, dass eine Frühdatierung der ersten Kaiseranrede nicht völlig ausgeschlossen sei. D arunter ist nichts, was zwingend für die Früh- und gegen die Spätdatierung spräche: Die Spätdatierung der ersten Kai­ seranrede ist, wie H ec k ( Zusätze 138-142) gezeigt hat, möglich, sinnvollerweise wird eine D atierung der Kaiseranreden aber von der zweiten ausgehen, die die kon­ kreteren A nhaltspunkte bietet, und zwar für eine Spätdatierung (dazu oben 594 Anm. 21). - D i g e s e r geht offensichtlich davon aus, dass K onstantin erst die ihm gewidmete Ü berarbeitung gelesen haben konnte (so etwa Second Edition 75f.). Und weil sie mit guten G ründen bei K onstantin Kenntnis und Benutzung der Diuinae institutiones bereits im Jah r 314 annim m t ( Dating ; Lactantius 115-143), muss sie die Kaiseranreden vorher datieren. Doch warum sollte K onstantin nicht die erste Auflage gekannt haben? 42 H ec k Zusätze 44; 168-170 mit Anm. 10.

K om m entar

162). Nicht ganz auszuschließen ist freilich die allgemeine , Wiedererrichtung einer Wohnstatt der Gerechtigkeit‘ (zum Gebrauch von d o m ic iliu m ThLL V,1 1876,12ff., der beide Möglichkeiten offen lässt), also eines gerechten Zusammenlebens, wie etwa 1,1,16 (erste Kaiseranrede) p e r qu em [Konstantin] rebu s h u m a n is iu s titia e t s a p ie n tia r e s titu ta e st. Siehe auch oben zu 1,3 iu s titia m . H e c k Z u sä tze

ad t u t e la m g e n e r is h u m a n i: Vgl. 1,1,16 (erste Kaiseranrede) a p a tr e a c c e p isti tu te la m R o m a n i n o m in is ;

2,14,1; panegyrisch Plin. epist. 10,102

d ie m , quo in te tu te la g e n e ris h u m a n i fe lic is s im a su c c e ssio n e tr a n s la ta est, [ ...] c e le b r a u im u s ; Sen. epist. 95,50. Vgl. CIL VI 1140 (über Konstantin) r e s titu to r i h u m a n i g e n e ris.

e x c it a u it: Siehe oben 597. q u o g u b e r n a n te : Q uo bezieht sich auf das vorausgehende te , zur Meta­

pher

gu b ern a re vgl. e tia m se n e x te n e a s.

1,1,14 (erste Kaiseranrede)

g u b ern a cu lu m rei p u b lic a e

rei p u b lic a e s ta tu m : Bei Cicero bezeichnet die Junktur konkret ,die

(gegenwärtige republikanische) Verfassung des (römischen) Staates‘ (etwa leg. agr. 2,8; leg. 3,20), dessen ,Zustand‘ (etwa fam. 1,7,10) oder abstrakt die ,StaatsfornT (etwa fin. 5,11; rep. 1,42), hier ist hingegen (wie mort. pers. 11,3; 29,1) ,das Geschick des Staates^ gemeint. c u lto r e s dei: Für die Christen wie sonst bei Laktanz (siehe oben zu 15,5

aber auch in der Sprache konstantinischer Propaganda (Optat, app. 3 p. 206,14; H eck Z u sä tze 162; siehe auch oben zu 26,17 a u c to re . . . iu stu s e t c u lto r d e i p o p u lu s.),

e m e r g e n te a tq u e illu s tr a ta u e r ita te : Zur Formulierung vgl. Cic. Clu­

ent. 130 d e p re ssa u e r ita s e m e r g it (vgl. ThLL V,2 478,23f.) und Cic. Cael. 66 sig n is quibus u e r ita s illu s tr a r i s o le t (öfter bei Laktanz, etwa 1,2,1; vgl. 7,5 se ip sa u e r ita s illu s tr a r e t su o lu m in e ; ThLL VII,1 399,lOf.) ; als Zeit der ans Licht kommenden Wahrheit charakterisiert auch Konstantin seine Herrschaft (Optat, app. 7 p. 211,6; Eus. v.C. 2,65,2; H e c k Z u sä tze 162). o p e r a iu s titia e facere: Der Ausdruck auch 27,2 (vgl. 26,17 c o n s u m m a s ),

Cypr. mortal. 26. Die Junktur opera iu s titia e findet sich häufig bei Laktanz (etwa 4,14,7; 5,8,8; mort. pers. 3,4) und in der christlichen Latinität (etwa Tert. adv. Marc. 2,12,2; 4,15,8; ieiun. 2,6f.; Cypr. eleem. 1.23; Ambr. off. 1,29,142; vgl. Jes 32,17; Röm 32,2.5; Jak 2,24; PÉTRÉ 246-250), nicht aber in der paganen. Siehe auch oben zu 1,3 iu s titia m . d e i n o m en : Siehe oben zu 15,18 n o m e n eiu s. n e m o in r e lig io su s . . . r e lig io si su m u s: Nach H e c k ( Z u sä tze 131) ist in

einer Constructio ad sensum zu

nem o

ein

n o s tr u m

hinzuzudenken (nicht

601

26,12

aber zu ergänzen), von dem der Relativsatz abhängt (zu dergleichen Ellip­ sen bei Laktanz S t a n g l 2 3 6 ). B r a n d t s Konjektur n e m o in re lig io so s [ ...] a p p e lla t würde zwar den harten Subjektswechsel in der n e m o - Anapher beseitigen, doch stellt auch die asyndetische Antithese, deren beide Glie­ der die gewandelte religionspolitische Lage aus zwei Blickwinkeln schildern (erstes n e m o Christengegner, zweites n e m o : Christen), keinen Anstoß dar. c o n te m p tis im a g in ib u s m o r tu o r u m : Vgl. Eus. v.C. 2,16,2 (über Lici­

nius und die Seinen) νεκρών είδωλα καμόντων εν άψύχοις άγάλμασι προβε­ βλημένοι, im Gegensatz zu Konstantin, der ευσεβείας θώρακι περιφραγμένος in den Krieg zieht ( H e c k Z u sä tze 162 Anm. 18). u iu u m c o lim u s e t u e r u m d eu m : Beide Attribute heben hier wie öfter

bei Laktanz ( u iu u s : 2,1,5 und 2,24 antithetisch zu m o r tu u s ; 4,14,17; ira 20,9; epit. 59,2; 20,10; u e r u s : z.B. 1,1,13; 2,1,5; 4,3,10; vgl. auch H e c k , Z u sä tze 162, mit Hinweis auf den Optat, app. 10 p. 214,10; 215,36 belegten Sprachgebrauch konstantinischer Propaganda) den Gott der Christen von den paganen Göttern ab, ihre Zusammenstellung (wie 2,1,5; epit. 20,10) führt Loi (L a tta n z io 51f.) zurück auf 1 Thess 1,9 έπεστρέψατε προς τον θεόν από των είδώλων δουλεύειν θεώ ζώντι καί αληθινώ. 2 6 ,1 2 t e p r o u id e n tia . . . m a ie sta s: Die Schilderung vom Sturz des Li­

cinius zeigt auffallende Ähnlichkeiten mit Konstantins eigener Darstellung in einem Eus. v.C. 2,46,2 (vgl. D ö r r i e s 55) überlieferten Brief (richtig H e c k Z u sä tze 162L): [...] του δράκοντος εκείνου από τής των κοινών διοικήσεως θεού του μεγίστου προνοία ήμετέρα δ ’ υπηρεσία διωχθέντος,

te p r o u id e n tia s u m m a e d iu in ita tis ad f a s t i ­ g iu m p r in c ip a le p ro u e x it, qui p o sse s [ ...] ip ­ so s den iqu e m a lo s a re p u b lica su bm ou ere, quos su m m a p o te s ta te d e ie c to s in m a n u s tu a s id e m deus tr a d id it

ήγούμαι καί πασι φανεραν γεγ ενησθαι την θείαν δύναμιν [...].

u t e s se t o m n ib u s c la ru m m a ie sta s .

quae

s it

uera

Unmittelbar anschließend ([...] καί τους ή φόβω ή απιστία άμαρτήμασί τισι περιπέσοντας έπιγνόντας τε το όντως δν ήξειν επί την αληθή καί ορθήν τού βίου κατάστασιν) blickt Konstantin aus politischen Erwägungen auf die irregelei­ teten Anhänger der gegnerischen Partei und deren einsichtsvolle Umkehr. Laktanz kann, gedanklich entsprechend, nur ohne solche Rücksichten, tri­ umphierend über die Bestrafung der Gegner sprechen (26,13 p r o flig a ti ta ­ cente vgl. Eus. h.e. 10,9,6 über den geschlagenen Licinius: βεβλημένος έκειτο, 26,14 illi p o e n a s sc e le ris su i e t p e n d u n t e t p e p e n d e r u n t). p r o u id e n tia s u m m a e d iu in ita tis : Die Formel greift über die wörtliche

Entsprechung zu Eus. v.C. 2,46,2 hinaus zwei wichtige Motive konstan­ tinischer Selbstdarstellung auf, nämlich p r o u id e n tia (allgemein, dazu P.

K eresztes , Constantine: Called by Divine Providence, Studia Patristica 18,1 [1985] 47-53; Eus. h.e. 10,5,18; seit 324 in der Münzprägung, da­ zu G rünewald 141f.) und d iu in ita s , so die Inschrift in s tin c tu d iu in ita tis auf dem Konstantinsbogen (vgl. G rünewald 78-86); die Junktur su m m a d iu in ita s erscheint bei Laktanz sonst nur im Zitat des so genannten Mai­ länder Edikts mort. pers. 48,3 (vgl. Eus. h.e. 10,5,4). Auch verwendet er d iu in ita s sonst nur ausnahmsweise wie hier im Sinn von ,Gottheit, G ott‘ (8,10, aber wegen eines Wortspiels; 4,3,3; vgl. 5,10,14), meist bezeichnet er damit die Eigenschaft der Göttlichkeit (etwa 1,13,1; 1,20,36). ad fa s tig iu m p r in c ip a le p r o u e x it: Zur Formulierung vgl. mort. pers.

4,2 (über den zur Macht gelangenden Kaiser Decius) p ro u e c tu s e s s e t a d illu d p r in c ip a le f a s tig iu m . Die Junktur fa s tig iu m p r in c ip a le ist für das Kaisertum sonst anscheinend ungebräuchlich (ThLL VI, 1 323,80f.; X,2 1291,40ff.), zum Ausdruck p ro u e h i a d fa s tig iu m vgl. Veil. 2,69,1 in co n ­ su la re p ro u e c tu s f a s tig iu m ; für Ruhm Cypr. patient. 18; epist. 76,1,3. a lio r u m m a le c o n s u lta r e s c in d e r e , p e c c a ta corrig ere: Zur Frage,

welche und wessen , Vorschriften‘ und ,Fehler‘ gemeint sind, siehe oben 595 mit Anm. 29. Auffällig ist die wörtlich Übereinstimmung mit einem Selbstzeugnis Konstantins (Eus. v.C. 2,31,2; vgl. oben 597 Anm. 36) über seine gottgegebene Aufgabe nach dem Sieg über Licinius: τας αλλοτρίας αμαρτίας 5top6oüv πεφύκαμεν (H eck Z u sä tze 163). Zur Formulierung co n ­ su lta re sc in d e re ( re sc in d e re ist der übliche Ausdruck für die Aufhebung einer Rechtsnorm, vgl. OLD s.v. 3) vgl. mort. pers. 1,3 (oben 597); 3,4 re ­ s c is s is ig itu r a c tis ty r a n n i (über das Ende der Christenverfolgungen nach Domitian); Sali. lug. 11,5. Der Ausdruck m a le co n su lta (zum Adverb beim substantivierten Partizip Perfekt Passiv vgl. LHS II 156) erscheint nach­ klassisch mehrfach (ThLL IV 586,76ff.). s a lu ti h o m in u m p a te r n a c le m e n tia p ro u id ere: Motiv der Fürsorge

wie mort. pers. 1,3 (oben 597); vgl. Eus. v.C. 2,13,2; 2,25 (Selbstzeugnis Konstantins); CIL XIV 131; H eck Z u s ä tz e 163. P a te r n a c le m e n tia meint hier wohl die vom Vater Constantius (vgl. mort. pers. 8,7: Constantius als einzig positive Gestalt unter seinen Mitherrschern; entsprechend Kon­ stantin selbst Eus. v.C. 2,49: μόνος δ’ ό πατήρ ό έμός ήμερότητος έργα μετεχειρίζετο) ererbte (vgl. ThLL X,1 697,31ff.) Milde (H eck Z u s ä tz e 163 Anm. 18); denkbar wäre angesichts des panegyrischen Kontextes auch das Ver­ ständnis als ,die dem Kaiser (in seiner vatergleichen Rolle) zukommende Milde‘ wie sie in offiziellen Texten für das vierte Jahrhundert belegt ist (Hil. coli, antiar. app. 1,1,1; ThLL X,1 700,32ff.). Eine Bedeutung ,fürsorglich‘, ,nachsichtig‘) hat das Wort nicht; der in diese Richtung gehende absolute (das heißt ohne ausdrücklichen Bezug auf eine Vatergestalt) Gebrauch (so etwa 4,3,3) wäre in christlicher Literatur für Gott als universellen Vater

26,13

603

zu erwarten, vgl. Cypr. epist. 55,6,1 (das Buß verfahren für die la p si muss so gestaltet sein, u t [ ...] ro g a re tu r d o le n te r p a te r n a c le m e n tia vgl. ThLL X,1 701,39ff.; B la ise s .v . 1.), kaum aber hier für den Kaiser. Konstantin erscheint nach dem Sieg über Licinius in Inschriften als c le m e n tis s im u s , so etwa CIL III 6751 (vgl. VI 1143; VII 1852) mit G rü n e w a ld 134f. ip so s d e n iq u e m a lo s . . .

tr a d id it: Zur Identifikation dieser m a li sie­

he oben 593ff. Zum Ausdruck m a li vgl. Eus. v.C. 2,42 (Konstantin 324 über das Ende der Christenverfolger): Ausgelöscht sei των μεν πονηρότατων καί μοχθηρότατων το ώς είπεϊν σπέρμα (vgl. H eck Z u sä tze 163). Der Aus­ druck deu s a liq u em in m a n u s a licu iu s tr a d it entspricht zwar einer bibli­ schen Wendung (siehe oben zu 19,5 tr a d e t ... ), doch liegt deren rein über­ tragene Verständnismöglichkeit (also: , Gott ermöglicht den Sieg über . . . ‘ - damit kann natürlich, wie 19,5, eine Gefangennahme Zusammenhängen) im Rahmen der konkreten Anspielungen auf Zeitereignisse fern. Auch zeigt 26.14 p o e n a s [ . . . ] p e n d u n t , dass die Feinde tatsächlich lebend gefangen sind. 2 6 ,1 3 illi . . .

p r o flig a ti ia cen t: Zur Formulierung vgl. Cic. Catil. 2,2

( qu a n to [ ...] illu m m a e ro re esse a fflic tu m e t p r o f l i g a t u m p u ta tis ? i a c e t ille n u n c p r o s tr a tu s .) und oben zu 26,12 te p r o u id e n tia ... Ähnlich

wird die Niederlage der Christenverfolger um Licinius auch von Konstan­ tin (Eus. v.C. 2,26,2 δσοι δε [...] το κρεΐττον ούκ εγνωσαν, καί τους τούτο πιστώς μετίοντας ύβρεσι καί κολάσεσιν άνηκέστοις ύποβαλεϊν έτόλμησαν, [...] πάσα δε τούτων πολέμων παράταξις εις αίσχίστην εληξεν ήτταν. 2,42) und Euseb (h.e. 10,7,1) dargestellt (H eck Z u sä tze 163). c a e le s tis (ac) sin g u la r is d e i c u ltu m to lle r e : C a e le s tis als Attribut

Gottes wie 6,8,4; sin g u la ris wie öfter (etwa 1,1,13; 1,3,12; vgl. Loi L a tta n ­ zio 49), nur hier im siebten Buch. Beides kann nicht unverbunden neben­ einander stehen. Der Codex Gothanus (dazu oben 591 Anm. 13) bietet e t (so auch B r a n d t und H eck ( Z u sä tze 130) e t nach 2,16,20 d e i u e ri e t s in ­ g u la r is ; 4,12,11 sin g u la ris e t u e ri d e i) , näher liegt aber wohl a c , vgl. 1,1,13 (erste Kaiseranrede) d ei sin g u la ris ac u e r i ; 1,6,4 s u m m i ac sin g u la ris d e i ; 4.29.14 su m m u s ille ac sin g u la ris d e u s ; epit. 23,9 s u m m i ac sin g u la ris d ei (vgl. 6,9,2 u e ri ac s in g u la r is ). Zu cu ltu s d ei siehe oben zu 5,22 in d e i cultu. Für die Beseitigung der oder die Abkehr von der wahren Gottesverehrung steht sonst (etwa 2,17,4; 3,10,9f.; 5,5,13; ira 8,7f.) re lig io n e m to lle re . tu a u te m n o m e n e iu s [...] d ilig is: Entspricht wörtlich Konstantins

Selbstaussage Eus. v.C. 2,55,2 (Brief an die Orientalen, siehe oben 597 Anm. 36) το μέν γάρ όνομά σου γνησίως αγαπώ (H eck Z u sä tze 163). p r a e p o lle n s: Nur hier bei Laktanz, ab Liv. 1,57,1 (ThLL X,2 766,79ff.). tu is g lo r iis b e a tis s im e fru eris: Der durchaus geläufige Plural g lo ria e

(,Ruhmestaten‘, vgl. ThLL VI,2 2061,62) nur hier bei Laktanz. Hier, 26,17

K om m entar

und 1,1,14 (erste Kaiseranrede) werden Konstantin auf­ fälligerweise irdische Güter, keine geistlichen (insbesondere keine u ita bea­ ta ) gewünscht und verheißen; H e c k ( Z u sä tze 155f.) erklärt dies plausibel mit der noch ausstehenden Taufe des Kaisers. tib i a d f e lic ita te m

2 6 .1 4 illi p o e n a s sc e le r is su i e t p e n d u n t e t p e p e n d e r u n t: Zur hi­

storischen Einordnung siehe oben 593ff. t e d e x te r a d e i p o te n s . . . p r o te g it: Vgl. 2,15,2 n o c e n t illi q u id em , sed iis a quibus tim e n tu r , quos m a n u s d e i p o te n s e t excelsa n o n p r o te g it, qui p r o fa n i s u n t a s a c r a m e n to u e r ita tis . mort. pers. 24,4 (über Konstantin) d ei m a n u s h o m in e m p ro te g e b a t. Zu p o te n s (im siebten Buch nur hier) als

Attribut Gottes Loi

L a tta n z io

73f.

m o d e r a m e n : Nur hier bei Laktanz, über die Regierung des Staates wie

Ov. met. 6,677 (vgl. ThLL VIII 1203,72ff.). c u m su m m a o m n iu m g r a tu la tio n e : Vgl. Cic. Verr. II 4,74 su m m a cu m g ra tu la tio n e ciu iu m .

la rg itu r: Siehe oben 596 Anm. 30. 2 6 .1 5 r e r u m d o m in u s ac recto r: Zur Gottesbezeichnung ( re ru m d o m i­

wie Apul. met. 5,8,3; Tert. apol. 48,10; fern liegt Verg. Aen. 1,281) I , 11,14 re c to r ac d o m in u s ; opif. 16,4 m u n d i d o m in u s e t r e c to r ; vgl. ira I I , 4. Vergleichbare Gottesbezeichnungen aus konstantinischen Schriften bei H e c k (Z u sä tze 164). nus

s a n c ta m r e lig io n e m : Für das Christentum 2,9,1; 4,5,9; 4,11,7; über des­

sen Förderung durch Konstantin mort. pers. 24,9 H aec f u it p r im a eiu s s a n c tio s a n c ta e re lig io n is r e s titu ta e . Vgl. άγιωτάτη θρησκεία in den konstantinischen Zeugnissen Eus. h.e. 10,6,1; v.C. 2,17. r e sta u r a r e t: Siehe oben zu 24,3 re s ta u ra u e r it. p r a e c ip u a u ir tu tis e t s a n c t it a t is e x e m p la p r a e b e r es: Vgl. zur Sache

mort. pers. 18,10 (Konstantins positive Anlagen und Charaktereigenschaf­ ten), zur Formulierung 4,25,5 (über Christus) s i d eu s ta n tu m f u is s e t [...], e x em p la u ir tu tis h o m in i p ra e b e re n o n p o s s e t ; 4,26,26. Die Wendung ex­ e m p lu m u ir tu tis (teilweise ergänzt durch ein zweites Glied, mehrmals e t f i de i ) p ra e b e re findet sich häufiger in der christlichen Literatur (Pass. Perp. 9,2; Cypr. epist. 9,1,2; 10,1,2; Aug. adult, coniug. 2,8,7, etc.), nicht aber in der paganen (vgl. ThLL X,2 389,29ff.). Zur s a n c tita s siehe oben zu 26,11 s a n c tis s im e im p e ra to r.

a n tiq u o r u m p r in c ip u m [...], q u o s . . . in te r b o n o s n u m era t: Als bo­

sind mort. pers. 3,4f. die Herrscher zwischen den Verfolgern Domitian und Decius bezeichnet, unter denen das römische Staatswesen n i p r in c ip e s

26,16

605

gedeiht und das Christentum sich verbreiten kann. Nun präzisiert Laktanz diese Aussage im Hinblick auf die veränderten Verhältnisse (H eck Z u s ä t­ ze 168; siehe auch oben 597). Zur festen Wendung boni p r in c ip e s ThLL X,2 1285,18ίΓ.; zur Gegenüberstellung mit m a li Plin. paneg. 4,1; 45,5 etc.; Ambr. epist. 74,2. p r a e te r ir e s: Hier , übertreffen ‘ (ThLL X,2 1024,73ff.), im Gegensatz zu

wie Veil. 1,17,7, mit Akkusativ der übertroffenen Sache wie etwa Ov. fast. 5,304 iu s tu m p r a e te r it ira m o d u m . aequare

2 6 ,1 6 illi q u id em : Natürlich die boni p r in c ip e s aus 26,15, nicht mehr die m a li

aus 26,13f.

ta n tu m s im ile s iu stis: H eck ( Z u sä tze 131 mit Anm. 9) übersetzt: „ein

klein wenig Gerechten ähnlich“, erwägt aber die Umstellung zu s im ile s ta n tu m („ihrer Natur nach Gerechten nur ähnlich“). Beide Lösungen kön­ nen nicht befriedigen: Adverbielles ta n tu m (OLD s.v. 7 „to such an extent or degree“) dürfte ohne ausdrückliche korrelative Bestimmung aus dem Kontext kaum als „ein klein wenig“ verstanden werden, worin in der vor­ geschlagenen Wiedergabe sogar die Kernaussage des Satzes liegt. Bei einer Umstellung ergäbe sich zwar ein für sich genommen verständliches „nur ähnlich“, neben dem aber fo r ta s s e gedanklich stört. Man müsste den Satz irgendwie als Verkürzung verstehen von: ,Sie waren ihrer Natur nach viel­ leicht Gerechten ähnlich, aber eben nur ähnlich/ Wahrscheinlich muss man doch von „so sehr Gerechten ähnlich“ ausgehen und einen Bezugspunkt aus dem Zusammenhang (26,15) annehmen: I lli q u id em leitet nicht einen neu­ en Gedanken ein, sondern führt lediglich weg vom zuletzt angesprochenen Konstantin ( n o n m o d o aequ ares, se d ... p r a e te r ir e s ) und noch einmal zu­ rück zu den a n tiq u i p r in c ip e s (etwa: ,was aber noch einmal jene betriffV). Über diese ist zuletzt gesagt worden, dass man sie für gut erachtet habe. Dafür ist nun fo r ta s s e ta n tu m s im ile s iu s tis fu e r u n t die nachgeschobene Erläuterung: , Vielleicht waren sie eben von Natur aus so sehr Gerechten ähnlich‘, nämlich, ,dass man sie, wie gesagt, als gut bezeichnet/ Daran fügt sich dann die Erklärung, warum es nur zu Ähnlichkeit mit Gerechten kommt, die die alten Kaiser gut erscheinen lässt ( qui e n im ... n o n p o te s t) . Die Antithese zu illi q u id em n a tu ra folgt schließlich 26,17 mit: tu u ero e t m o r u m in g e n ita s a n c tita te ... Dieses Verständnis von ta n tu m als Erläute­ rung zu 26,15 fa m a in te r bonos n u m e r a t passt zu der Beobachtung, dass die Rede von den ,guten Kaisern ‘ zurechtrückend mort. pers. 3,4f. aufgreift (siehe oben zu 26,15 a n tiq u o ru m ... ). q u i e n im . . .

n o n p o te s t: Dass wahre Gerechtigkeit wahre Gotteser­

kenntnis voraussetzt, ist ein Grundgedanke des Laktanz, so etwa 5,10,1317; 5,17,2; 6,9,7-14; epit. 54,4. u n iu e r s ita tis : Ab Cic. nat. deor. 1,39.

K om m entar

26,17 ingen ita: , angeboren ‘ wie 6,9,8

n a tu ra li e t in g e n ito b o n o ;

6,10,16

a n im a lib u s in g e n ita m e sse r a tio n e m .

dei agnitione: Gemeint ist die wahre Gotteserkenntnis, also die des christ­ lichen Gottes, wie etwa 17,1; 3,9,19; 3,28,1; epit. 23,3; wie hier im Zusam­ menhang mit dem ethisch richtigen Handeln 6,9,8.11.24; 6,23,40. in om ni actu : Siehe oben zu 10,4

in o m n i a ctu .

iu stitia e o p e ra consum m as: Die Wendung opera c o n su m m a re ist nach­ klassisch mehrfach belegt (ab Plin. epist. 10,39,6; ThLL IV 600,46ff.), zu opera iu s titia e siehe oben zu 26,11 opera ... e ra t [...] congruens, u t: Konstruktion wie 4,27,7; vgl. ThLL IV 302,74f. in form an d o generis h u m an i s ta tu : Mit fo r m a r e ist eine ordnende Gestaltung (vgl. 3,7,2; ThLL VII,1 1105,57ff.) gemeint wie Curt. 10,10,9 (die Bestattung Alexanders unterbleibt) c u ris o m n iu m a d fo r m a n d u m p u ­ b licu m s ta tu m a ta m s o lle m n i m u n e re a u e rs is (somit ist auch die von B r a n d t erwogene Konjektur re fo rm a n d o unnötig, dagegen auch H e c k Z u sä tze 131; 154L). G e n e r is h u m a n i s ta tu s (die Junktur auch Sen. epist. 90,37) bezeichnet hier wie 4,1,1 (p r io r e m illu m g e n e ris h u m a n i s ta tu m , über die Situation der verblendeten Menschheit vor der Offenbarung) eine bestimmte Situation der Menschheit innerhalb des Geschiehtsverlaufs. Die konstantinische Epoche erscheint somit als eine von Gott gewollte Konso­ lidierungsphase. Es geschieht doch noch einmal, was Laktanz 14,6 erst für die Zeit nach dem Ende des sechsten Millenniums ankündigt: h u m a n a r u m re ru m s t a t u m in m e liu s r e f o r m a r i .

a u c to re ac m in istro : Das komplementäre Begriffspaar charakterisiert Konstantin als „Vollzugsorgan göttlichen Willens“ ( H e c k Z u sä tze 155; vgl. 164): Er veranlasst politische Maßnahmen (vgl. ThLL II 1196,44ff.) und dient damit Gott, indem er dessen Pläne verwirklicht. Diese Bezeichnung entspricht Konstantins Selbstzeugnissen in der Formulierung ( a u c to r CIL VI 1132; VIII 7005; XIV 131; fa m u lu s Optat, app. 5 p. 208,31) und in der Sache (Eus. v.C. 2,28,2 την έμήν ύπερησίαν προς την εαυτού βούλησιν έζήτησέν τε καί εκρινεν [sc. το θειον]. 2,38 τα παρ’ ημών [die Entschädigungen für die unter Licinius verfolgten Christen] τω μεγίστω διακονεΐται θεώ. Konstantin als θεράπων, m in is te r oder c u lto r , Gottes 2,31,2; 2,55,1; zur Herkunft dieser Belege siehe auch 597 Anm. 36). d iu in itas: Siehe oben zu 26,12

p r o u id e n tia

...

co tid ian is p recib u s supplicam us: Vgl. Cic. p. red. in sen. 37

f r a te r

[ ...] c o tid ia n is p re c ib u s d e s id e r iu m m e i n o m in is re n o u a ri [ ...] coegit. Cypr. testim. 3,19 in p rece c o ttid ia n a \ Arnob. nat. 1,26 D e liu s A p o llo [ ...] ig n o ra t a n o b is c o tid ia n is ei p re c ib u s s u p p lic a r i ?, zum Gebet für den Kaiser bei

27,1

607

Tertullian siehe oben 572 Anm. 16. Ein Wunsch nach Fürbitte erscheint in Dokumenten Konstantins (Optat, app. 5 p. 210,8f.; Const, or. s.c. 26; CIL III 5725; D ö r r i e s 32; 145f.; 261; H e c k Z u sä tze 155). q u e m r e r u m c u s to d e m u o lu it esse: Entsprechend Konstantins Selbst­

zeugnis Optat, app. 3 p. 206,17f.

m e ip s u m , cu iu s cu rae n u tu su o [sc. su m m a e d iu in ita tis ] c a e le sti te r r e n a o m n ia m o d e ra n d a c o m m is it.

in a m o r i d iu in i n o m in is: Siehe oben zu 26,3 tu a u te m n o m e n . . . sa lu ta r e : Zum Gebrauch bei Laktanz Loi G e n itiv o 96f. 2 7 ,1 —16 E p ilo g :

Durch den Rückblick auf das Gesamtwerk (§ 1 d e c u rsis p r o p o s iti o p e ris s e p te m s p a tiis ) ist ein deutlicher Einschnitt und der Beginn des Epilogs markiert. Auch was dieser beinhalten soll, schickt Laktanz ausdrücklich voraus: die Ermutigung (§ 1 e x h o r te m u r ), sich von den Gütern der Welt ab- und der wahren relig io und s a p ie n tia (siehe auch oben zu 1,3 s a p ie n ­ tia e :), somit den ewigen p r a e m ia zuzuwenden. Dieses Stichwort wird am Ende (§ 16) wieder aufgegriffen. So entsteht durch die 1. Person Plural und die Tugendparänese eine lockere Ringkomposition (§§ 1-3.6.15L). Formal handelt es sich um einen christlichen Protreptikos, der, wie L a u s b e r g gezeigt hat (vgl. L a u s b e r g S en eca 151b), bei Seneca vergebe­ nen Mustern folgt, so etwa in der Aufforderung, sich möglichst bald um Umkehr und Besserung zu bemühen1, in der Ermunterung die sich be­ sonderes an diejenigen von fortgeschrittenem Alter richtet2, im Ruf zur Abkehr von den falschen Gütern3 und im Appell zur völligen Hinwendung an Gott, die der Hinwendung zur Philosophie im paganen Protreptikos entspricht4. Inhaltlich wiederholt der Epilog gedrängt Kerngedanken des Gesamt­ werkes. Diese Einzelaspekte sind zwar durch Stichwörter verbunden, der Gedankengang entwickelt sich dabei aber nicht stringent: 1 § 4 uniuersos igitur oportet operam dare, ut se quam p rim u m ad rectam uiam dirigant. Sen. epist. 53,9 si aeger esses [...] toto animo id ageres, ut quam p rim u m

morbo liberareris: quid ergo? non et nunc idem facies? omnia impedimenta dimitte et uaca bonae menti. 2 § 8 quanto quisque annis in senectutem uergentibus appropinquare cernit illum diem quo sit ei ex hac uita demigrandum, cogitet quam purus abscedat, quam innocens ad iudicem ueniat. Sen. epist. 68,14 ,et quando‘ inquis ,tibi proderit istud, quod in exitu discis, aut in quam rem?‘ in hanc, ut exeam melior. 3 §§ 9f.; 15. Dergleichen G üterreihen sind ein Topos der paganen P rotreptik, auch Min. Fel. 37,9f. aufgegriffen, vgl. L a u s b e r g Seneca 152. 4 § 9 qua ex uoragine liberet se quisque, dum licet, dum facultas adest, seque ad de­

um tota mente conuertat, ut illum diem securus expectet, quo praeses dominusque mundi deus de singulorum factis et cogitationibus iudicabit. Sen. epist. 53,11 totam huc conuerte mentem, huic adside, hanc [se. philosophiam] cole: ingens interuallum inter te et ceteros fiet.

608

K om m entar

1. Grundaussagen der Ethik (§§ 1-4): Der Mensch muss den Verlockun­ gen der irdischen Lust widerstehen und sich tugendhaft verhalten. Die damit verbundenen Mühen und Leiden muss er tapfer auf sich nehmen. Gott aber gewährt für das tugendhafte Verhalten einen un­ vergänglichen Lohn. Übergang: rechter Weg 2. Soteriologie (§§ 5-7): Gott Vater, der Schöpfer, sandte seinen Sohn, der den Menschen den Weg der Gerechtigkeit wies und vorausging. Übergang: Lockungen auf dem Weg des Todes 3. Güterlehre (§§ 8-11): Der Mensch soll, zumal angesichts des Todes, nicht vergängliche Güter sammeln, sondern Tugenden, die vor Gott im Gericht zählen. Übergang: wahre Güter 4. Einladung zur heilvollen Teilhabe (§§ 12f.): Das Christentum bietet Brot, das dauerhaft den Hunger stillt, eine nie versiegende Quelle und Heilung aller Gebrechen. Übergang: Auferweckung 5. Aufforderung zum Tugendkampf (§§ 14-16): Der Mensch darf sich nicht auf irdische Machtmittel verlassen, sondern muss tapfer für die Sache der Gerechtigkeit kämpfen, um den von Gott verheißenen Lohn zu erlangen. Die wieder aufgegriffenen Themen und Motive stammen insbesondere aus dem sechsten Buch, so insbesondere die Zwei-Wege-Lehre (6,3,1-4,3) und der Gedanke, dass Gott opferreiche Anstrengungen, die ins Bild der m ilitia gefasst sind, mit dem ewigen Leben belohnt. Wörtliche Entsprechungen ergeben sich zu 6,4,17: 6,4,17

§§ l-15f.

sic in o m n i hac u ita , quia n obis adu e r s a r iu m deus re se ru a u it,

16 d e u ic to a d u e r s a r io

u t p o s s e m u s capere u irtu te m , o m it­

te n d a e s t p r a e s e n s u o lu p ta s, ne h o s tis o p p r im a t, u ig ila n d u m , s t a ­ tio n e s agen dae, m i l i t a r e s e x p e d itio ­ n es obeu n dae [...], eo q u id em p r o m p ti­ us, quod n obis im p e r a to r n o s te r d e ­

us p r a e m ia c o n s titu it.

p ro

la b o rib u s

a e te r n a

1 quae [sc. p r a e m ia ] u t ca p ere p o s ­ sim u s, [...] o m itte n d a e su n t huius p r a e s e n tis u ita e illic ib ile s u o lu p ta te s 15 ta m q u a m d e s e r to r d o m in i et im p e ­ r a to r is et p a tr is su i p u n ie tu r. 16 in fa tig a b ile m m i l i t i a m d e o m i ­ lite m u s , s t a t i o n e s u ig ilia s q u e ce­ lebrem u s, co n g red ia m u r cu m h o s t e . 1 ad a e te r n a [...] p r a e m ia d irig a m u r (vgl. 2 p ro la b o rib u s requ iem [ ...] la r­ g ia tu r ) 16 p r a e m iu m u ir tu tis quod ip se p r o ­ m is it

27,1

609

Bemerkenswert ist schließlich, was sich aus den vorliegenden Äußerungen über den Adressatenkreis ergibt: Zum einen nämlich sindeinige Passagen des Epilogs auf eine doppelte Lesbarkeit hin gestaltet. So finden sich im Schlussteil Aussagen, die für einen christlich vorgebildeten Leser sehr kon­ kret auf Eucharistie und Taufe (§ 12), auf die Heilungen Christi in den Evangelien (§ 13) und auf die Kämpfe der Märtyrer (§§ 15f.) zu beziehen sind. Ein paganer Leser kann darin, auch nach der Lektüre des Gesamt­ werkes, nicht mehr als erbauliche Metaphern und die Aufforderung zum Tugendkampf sehen. Zum anderen klingt die Frage nach den Adressaten an bei der Verwendung der 1. Person Plural: Teilweise (§§ lf.6.16) kann sie sowohl als Aufforderung an ,uns Christen6 gelesen werden als auch im Sinn eines allgemeinen ethischen Hortativs. Wenn freilich davon die Rede ist, dass ,wir6 Haft, Folter und Tod zu ertragen haben (§3), müssen da­ mit die Christen gemeint sein, zumal vor den dann (§4) angesprochenen u n iu e rsi. Vielleicht ist darin eine Ausrichtung auf drei mögliche Lesergrup­ pen zu sehen: Mitchristen werden in der Verfolgung moralisch gestützt,5 ursprünglich pagane Leser, die mit dem Christentum sympathisierten (sie­ he oben zu 1,12-22) und durch das Werk vielleicht weiter gewonnen sind, werden ermutigt, den Schritt ins Christentum trotz der damit verbunde­ nen Gefahren zu wagen, und ein weiterhin distanziertes paganes Publikum findet eine Erklärung für den Opfermut der Christen. 27,1 decursis . . . p e ru e c ti sum us: Die Junktur sp a tiu m d ecu rrere (,einen Raum durchmessen6; als Ablativus absolutus im Singular Plaut. Stich. 81 a e ta t is ; Cic. Cato 83 (vgl. B r y c e 148, der den Einfluss aber wohl überschätzt); finit Lucr. 4,1196 a m o r is ; Ον. trist. 3,4a,33 u ita e ; Sen. dial. 10,1,1 te m p o r is etc.) erscheint mehrfach bei Laktanz, so als Ablati­ vus absolutus im Singular 7,2 te m p o r u m ; epit. 63,8 te m p o ra lis u ita e , finit opif. 15,6, wie hier {p r o p o s iti o p e r is ) übertragen für einen (gedanklichen) Abschnitt im literarischen Werk gebraucht. Dass die D iu in a e in s titu tio ­ n es sieben Bücher ( u o lu m in a ) umfassen sollen, sagt Laktanz auch 1,1,20 (dann epit. praef. 2). Zu p e ru e h i a d vgl. etwa Cic. Phil. 8,9; off. 2,19; ThLL X,1 1841.65ff. Der bildhafte Ausdruck vom Erreichen der (Wendeund) Zielmarkierung ( m e ta ) im Zirkus erscheint öfter für dichterische Wer­ ke (etwa Prop. 4,1,70), hier erstmals für Prosa (vgl. ThLL VIII 865,53ff.). Wahrscheinlich spielt Laktanz in dem gesamten Ausdruck auf ein Ende des Wagenrennens beim siebten Erreichen der m e ta (Prop. 2,25,26; Cassiod. var. 3,51,7 p. 106,4; ThLL VIII 864,28) an, so bezeichnet sp a tiu m auch die 5 Dass die Stärkung seiner durch die Verfolgung im Glauben erschütterten Mitchri­ sten ein Anliegen des Laktanz ist, sagt er auch 5,1,9: narri si luerari hos a morte, ad quam concitatissime tendunt, non potuerimus, si ab ilio itinere deuio ad uitam lucemque reuocare, quoniam ipsi saluti suae repugnant, nostros tamen confirma­ bimus, quorum non est stabilis ac solidis radicibus fundata et fixa sententia.

K om m entar

zu durchlaufende Runde (OLD s.v. lb). Siehe auch oben zu 5,27 add. 4 u n u m co lo rem ...

si

s u p e r e s t ut: Siehe oben zu 1,23 s u p e r e st ... e x h o r te m u r o m n e s ad: Das zunächst dichterische (ThLL V,1 1444,73f.)

(wie 6,20,8) ist transitiv (1445,37ff.) und mit a d (1446,15ff.) häufig in der nachklassischen (vgl. Val. Max. 5,1,8) und christlichen (vgl. etwa Tert. fug. 9,3 [sc. S p ir itu s ] o m n e s p a e n e a d m a r ty r iu m e x h o r ta tu r ) Latinität. e x h o rta ri

s u s c ip ie n d a m c u m u e r a r e lig io n e sa p ie n tia m : Mit denselben Wor­

ten formuliert Laktanz auch 1,1,25; 3,11,2; epit. 47,1 die Notwendigkeit, Weisheit und Religion gemeinsam anzunehmen. Siehe auch oben zu 1,3 s a p ie n tia e .

c o n te m p tis te r r e str ib u s: Dieselbe Aussage 1,4; 11,3; 5,17,34; 6,17,17

etc. ad a e te r n a . . . d irig a m u r: Von a e te r n a p r a e m ia für die Bemühung um

die Tugend spricht Laktanz auch 5,17,16; 6,4,17; vgl. 5,9; 14,2. Hinter ca e­ le s tis th e sa u ru s steht die geläufige Wendung th e sa u ru s in caelo aus den synoptischen Evangelien, Vet. Lat. Matth. 19,21 (Cypr. testim. 3,1; vgl. Mk 10,21; Lk 12,33; 18,22), gleich gesetzt mit der u ita a e te r n a Tert. adv. Marc. 4,36,6. D ir ig e r e verwendet Laktanz öfter für die natürliche (2,17,9), heilsnotwendige (27,4; 6,3,6; 6,8,5 im Zusammenhang mit der Zwei-WegeLehre) oder durch sein Werk zu erreichende (1,1,17) Ausrichtung des Men­ schen. o m itte n d a e [...] u o lu p ta te s : Zur Formulierung siehe oben zu 27,1-16

und 9,17

u o lu p ta s o m issa .

h u iu s p r a e s e n tis u ita e: Siehe oben zu 5,21 h u iu s p r a e s e n tis u ita e . illic ib ile s . . .

d e le n iu n t: I llic ib ilis (,verführend‘) ist nur hier belegt,

die gebräuchliche Adjektivbildung zu illic e re ist illeceb ro su s (ThLL VII,1 373,58f.; E g g e r 50L). Gedanke und Formulierung öfter bei Laktanz, so etwa 6,3,4 u itia [ ...] d e l e n i m e n t i s n a tu ra lib u s il l i c e r e a n im o s h o m in u m ; 6,20,5 deu s [ ...] u ir tu te m d e d it, u t e x p u g n a re t [ ...] u o l u p t a t e m [ ...], ne h o m in e m s u a u i t a t i b u s d e l e n i t u m [ ...] s e m p ite r n a m o r te m u lta r e t ; epit. 58,9. 2 7 ,2 s u b tr a c tu m h is la b ib u s terra e: Vgl. Cypr. Fort. 13 T e rris re p e n te su b tra h e ris, u t in regn is c a e le stib u s re p o n a ris. Zum nis des Genitivs labes te r ra e (also Rettung aus der

explikativen Verständ­ Welt, die Inbegriff des Untergangs ist, nicht aus deren Untergang) vgl. 20,9 labem qu e te r r e n a m (dazu oben); Cic. Cael. 52 a d [ ...] labern sc e le ris (ThLL VII,2 771,34ff.).

27,3 - 27,4

611

a e q u issim u m iu d ic e m : Hier erscheint wie 27,8.9 und z. B. 6,18,12 (eben­

falls a eq u issim u s iu d e x ) Gott Vater als Richter (Loi L a tta n z io 86-88; vgl. B r a u n 117f.; 130f.) ; zum wiederkehrenden Christus als endzeitlichem Richter siehe oben zu 19,4 iu dex. p a r e n te m q u e in d u lg e n tissim u m : Die Junktur für Gott wie 5,7,1; 6,24,4;

mit

p a te r

1,1,15; pagan in der Panegyrik, vgl. ThLL VII,1 1257,9f.

m erc e d e : Siehe oben zu 1,4 c a e le sti m erced e d iffid it. a c e r b ita te s . . . q u a s p e r p e tim u r : Siehe unten zu 27,3 ca reer . . . fa c ie n te s o p e r a iu s titia e : Siehe oben zu 26,11 opera iu s titia e fa c e re . 2 7 .3 p ro in d e: Für eine Aufforderung, die sich aus dem vorher Gesag­

ten ergibt; wie epit. 68,3 und oft nachklassisch mit Gerundiv (ThLL X,2 1805,21-25). si . . . u o lu m u s: Zu dieser Form, eine Aufforderung zu bekräftigen, vgl.

etwa 6,11,1; ira 24,11. T e r e n tia n a illa: Zitateinleitungen mit Adjektivbildungen zu Autorenna­

men und

il le

sonst im Singular 3,5; 2,2,18; 3,18,13

T e re n tia n u m illu d.

, m o le n d u m . . . c o m p e d e s 4: Ter. Phorm. 249. In der vorliegenden Fas­

sung ist der Vers nur hier belegt und setzt die für Terenz auszuschließen­ de Prosodie u ä p ü lä n d u m (statt uä~) voraus. Die direkte handschriftliche Überlieferung kennt insbesondere m o le n d u m e sse in p is t r i n o , m . u squ e in p . und m . m ih i e s s e / e s t u squ e in p . Laktanz könnte den Vers in zitierter Form vorgefunden (so B r a n d t z. St.) oder in der Erinnerung unterschied­ liche Fassungen (Don. Ter. Phorm. 249,2 erwähnt u squ e als Variante zu e sse ) kontaminiert haben. ca reer . . .

m ors: Ausdrücklicher Hinweis auf die Verfolgungszeit wie

22,11 (siehe aber dort zu

hoc e n im sa ecu lo . . . )

und 27,2, siehe oben 6ff.

u o lu p ta te m . . . p ra em io : Zur Strafe für die u o lu p ta s 10,10; zum p r a e ­ m iu m

für die

u irtu s

1,3; 3,12,llf.

2 7 .4 u n iu er so s: Betont hier die Allgemeinverbindlichkeit der Verpflich­

tung ( u n iu e rsi für Allgemeingültigkeit etwa 2,2,18; 5,14,20; ira 24,11), al­ so keine Abwendung von den bisher in der 1. Person Plural Ermutigten, vielmehr erweitert Laktanz den Kreis der Angesprochenen, siehe oben zu 27,1-16. ad r e c ta m u ia m d irig a n t: Zur Formulierung vgl. 6,16,11, zum Wieder­ aufgreifen der Zwei-Wege-Lehre im Epilog oben zu 27,1-16. o p e r a tisq u e : Vgl. Tert. praescr. 29,3 to t u ir tu te s , to t c h a r is m a ta p e r p e ­

die passivische Verwendung des Partizips Perfekt folgt dem Sprachgebrauch der Vetus Latina, vgl. ThLL IX,2 697,48ff. ra m o p era ta ]

K om m entar

co n so lato rem deum : Das bei Laktanz nur hier vorkommende c o n s o la to r bezeichnet in der christlichen Latinität insbesondere den παράκλητος aus Joh 14,16.26; 15,26; 16,7-14 (vgl. ThLL IV 478,34ff., darunter vorliegende Stelle). Doch denkt Laktanz hier nicht an den Heiligen Geist (zu seiner Pneumatologie Loi L a tta n z io 153-199; G rillmeier 336-340), sondern an Gott Vater (vgl. Hier, epist. 120,9; Aug. c. Arian. 19,9). Diejenigen, die sich um die Tugend bemühen, ,verdienen sich‘ ( m e r e r i wie etwa 5,18; zur theologischen Problematik siehe oben zu 5,19 qu am p e r n o s ip s i ... ) die ewige Seligkeit (5,26 als d iu in u m e t c a e le ste s o la c iu m bezeichnet). Gott ist Tröster, weil er die Aussicht auf dieses Heil und die Garantie dafür bietet, dass es den Gerechten auch zukommt. Dazu passt, dass Laktanz von der Wiederkunft Christi a d eos [die ihn bekennen und auf ihn hoffen] co n so la n d o s spricht (1,24): Die Verwandlung der Welt bei der Parusie ist Voraussetzung für die Verwirklichung des tröstenden ewigen Heils. h a b e re m eream u r: Zu m e r e r i mit Infinitiv (seit Seneca) vgl. ThLL VII 805,15ff.; G laesener M o d e s 33. 27,5 p a te r [...] n o ste r ac dom inus: Zu den Gottesprädikaten p a te r und d o m in u s siehe oben zu 5,5 u e ru m p a tr e m . Von p a te r n o s te r (wie Vet. Lat. Matth. 6,9 [Cypr. domin. orat. 7]) spricht Laktanz nur hier. co n d id it . . . d istin x it: Die genannten Teile der Schöpfung (vgl. 3,25) entsprechen den in den biblischen Schöpfungserzählungen erwähnten: Gen 1,1: Himmel, 16: Sonne und Sterne, 9f.: Land und Meer, 2,10-14: Ströme, die das Land einteilen. Hinzugesetzt sind die Verhältnisbestimmungen: Die Erde ist ins Gleichgewicht gebracht, von Bergen geschützt und vom Meer umgeben. in d u x it: Vgl. 2,9,5.11: Der Westen , lässt ‘ Dunkelheit und Nacht , werdend Diesen Sprachgebrauch leitet ThLL VII,1 1238,25f. von der Grundbedeu­ tung , einführen ‘ ab. Das von BHMS gebotene illu x it ist transitiv nur für , erheitern ‘ belegt (ThLL VII,1 387,64f.). lib ra ta m m a g n itu d in e sua te rra m : Die öfter erwähnte Vorstellung, dass die Erde in ein Gleichgewicht gebracht sei (ThLL VII,2 1351,24ff.), spricht Laktanz 3,3,4 ( quibus fu n d a m e n tis lib ra ta [sc. te r r a /), vielleicht nach Cic. Tusc. 5,69 (Dinge, über die nachzusinnen den Weisen glück­ lich macht: u n d e te r ra e t quibus lib ra ta p o n d e r ib u s ; vgl. Lucan. 1,57), als Grundfrage der paganen Naturphilosophie an. Die Größe Gottes ist na­ türlich nicht das Mittel für die Herstellung dieses Gleichgewichts, sondern versetzt ihn dazu in die Lage und zeigt sich somit darin. u a llau it m on tib u s: Vgl. 3,25

m u n im e n ta e t aggeres m o n tiu m .

in hoc o p ere m undi: O pu s m u n d i wie öfter (1,3,14; 2,8,3 etc.; ThLL IX,2 849,15ff.) für ,das aus der Welt bestehende Schöpfungswerk‘.

27,6

613

c o n fla u it ac p e r fe c it e n ih ilo : Unter Verwendung derselben Ausdrücke

ist die Erschaffung aus dem Nichts (vgl. zur Protologie des Laktanz Loi L a tta n z io 113) 1,3,13 geschildert: [sc. im m e n s ita te m ] ex n ihilo esse con­ fla ta m , quod opus n is i ab uno in c h o a ri perficique n o n p o tu it. d u c e m . . . p a n d e r e t: Zur Sendung Christi als d o c to r u ir tu tis und du x ,

der den Menschen die u ia s a lu tis auftun soll, vgl. 4,ll,14f.; Cypr. Demetr. 26 h ic n o b is u ia m u ita e a p e rit, [ ...] h ic a d c a e lo ru m regna p e r d u c it (vgl. v a n R o o i j e n - D i j k m a n 147). Loi L a tta n z io 262f. 2 7 ,6 h u n c . . . p a rea m u s: Vgl. 6,9,24 (über Gott als u eru s p a te r ) eu m q u e

so lu m p ie ta te d e b ita prosequam ur, huic paream u s, h u ic d e u o tissim e se ru ia m u s.

Cypr. Demetr. 26 (über Christus)

h u n c [ ...] se q u a m u r o m n es.

u e r id ic is . . . cu rsu : Lucr. 6,24-28, aus dem Lob der epikureischen Phi­

losophie im Proömium des sechsten Buches. Im ersten zitierten Vers (24) bietet die direkte Lukrezüberlieferung ig itu r statt h o m in u m , im vierten (27) tr a m ite statt lim ite . Laktanz ändert (entgegen T e s t a r d 202 Anm. 11) wohl nicht selbst, sondern findet den Text so vor: I g itu r würde nicht stören, sondern lediglich eine etwas anders formulierte Einleitung mit un­ mittelbarer Anbindung an die göttliche Sendung erfordern, tr a m e s sehr gut in die laktanzische Terminologie passsen (vgl. 5,18,11 a n g u stis sim u s tr a ­ m e s a d im m o r ta lita tis p r a e m iu m ) . L im e s erscheint sonst öfter bei Laktanz in der Bedeutung , (sittliche) Grenze^ (1,3,16; vgl. ThLL VII,2 1413,70ff.), im Rahmen des Zitates ist , (gerader, direkter) Pfad‘ (entsprechend über­ tragen etwa Sen. epist. 123,12; vgl. ThLL VII,2 1410,8ff.) zu verstehen. Die auf Epikur gemünzten Verse sind so ausgewählt und in den Zusam­ menhang des Laktanz eingesetzt, dass sie ganz genau in dessen Lehre und zum Erlösungshandeln Christi passend verstanden werden können: Der von Gott gesandte dux lehrt die im Irrtum befangenen Menschen die Wahrheit (27,5); sie wenden sich von den irdischen Begierden ab (27,lf.), und über­ winden die Angst vor den Mühen und Bedrängnissen, die mit dem Weg der Tugend verbunden sind (27,2f.). Denn Christus offenbart die im m o r ­ ta lita s , das su m m u m b o n u m , das anzustreben dem Menschen eingegeben ist - so Laktanz (8,1) in ähnlicher Formulierung: u n u m e s t ig itu r su m ­ m u m bonum im m o r ta lita s . [...] a d h a n c ten d im u s. Christus zeigt den schmalen Pfad (5,18,11) dorthin. Laktanz führt das Zitat nur knapp mit der Nennung des Verfassers ein. Auch Arnob. nat. 1,38 formuliert ein Lob Christi nach Lucr. 5,1-54 (Parallelen bei L e B o n n i e c 303-310; Litera­ tur H e c k K la s s ik e r 177f.), es besteht aber keine Verbindung mit Laktanz ( T e s t a r d 217f.). - Die Deutung des Zitates ist viel diskutiert (ältere Li­ teratur H e c k K la s s ik e r 176f. und T e s t a r d 200f.; 211): H e c k (K la s s ik e r 176-179) verweist auf den Kontrast zwischen der vorausgehenden Schöp­ fungsdarstellung (27,5) und dem materialistischen Weltbild des Epikureis-

K o m m e n ta r

mus. Vor diesem Hintergrund treibe Laktanz am Ende des Werkes sein apologetisches „Prinzip, Aussagen des Gegners zugunsten eigener Auffas­ sungen zu verwenden, [...] auf die Spitze“ (178), indem er den unterlege­ nen Lukrez , zwinge ‘ (179), seine, Laktanzens, Christologie zu verkünden. Nach T e s t a r d (v.a. 203-217) hingegen übertrage Laktanz das Elogium nicht aus rhetorisch-literarischen Erwägungen, sondern aus Interesse an der „amplification épique que Lucrèce fait subir à la personne et à la mis­ sion d’Epicure“ (209). Dabei stehe Laktanz unter dem Eindruck zahlreicher terminologischer Übereinstimmungen zwischen lukrezischen und biblischen Aussagen (211-216). Eine psychologische Erklärung bietet K a n y - T u r p i n (229L): Bei Laktanz stünden sich Ablehnung des Epikureismus und Wert­ schätzung des Dichters Lukrez gegenüber; hier nun versuche Laktanz eine Aufhebung dieses Gegensatzes, indem er zeige, wie es hätte lauten müssen, wenn der bewunderte Autor nur den r ic h tig e n Erlöser gekannt und gelobt hätte. Für B u c h h e i t ( T e s tim o n ia 312-314) schließlich geht es Laktanz nicht um einen Beleg für den christlichen Glauben, vielmehr würden Epi­ kur und Lukrez als Feinde des Christentums „in ihre Schranken verwiesen“ (314). - Freilich ist zu bedenken, dass sich Laktanz hier keineswegs, wie sonst oft, ausdrücklich mit dem Zitat auseinandersetzt. Vielmehr fügt er es bruchlos in den Gedankengang und in die Syntax (pom am -S atz) ein. Auch die Einleitung ( u t a it L u c r e tiu s ) ist knapp und frei von jeder Wer­ tung. Schon diese betont beiläufige Zitierweise schließt aus, dass es hier noch einmal um eine Verhältnisbestimmung zur Dichtung oder zum Epi­ kureismus geht. Vielmehr zitiert Laktanz das Epikurelogium wegen des soteriologisches Pathos (nach T e s t a r d ), der zum Stil des Epilogs passt, und als rhetorisches Kabinettstück: Gerade aus dem Materialisten Lukrez kann er etwas anführen, das sich ganz genau auf Christus anwenden lässt (nach H e c k ). Hinzu kommt vielleicht tatsächlich noch ein subjektives Moment im Sinn von K a n y - T u r p i n : Denn auch im dritten Buch lobt Laktanz, nachdem er Ciceros Hymnus auf die personifizierte Philosophie abgelehnt hat (3,13,14-16, Cic. Tusc. 5,5), Lukrez dafür, dass er wenigstens den F in ­ d e r der Weisheit und nicht diese selbst verherrliche (3,14,1 re c tiu s ita q u e L u c r e tiu s , cu m eu m la u d a t qui s a p ie n tia m p r im u s in u e n it, se d hoc in e p ­ te , quod ab h o m in e in u e n ta m p u ta u it . Vgl. K. S m o l a k , R e c tiu s ita q u e L u c re tiu s. Zur Kritik des Laktanz an Ciceros Philosophiehymnus, ZAnt

45 [1995] 351-358). Laktanz sieht also, bei aller entschiedenen Ablehnung des Epikureismus, offenbar eine wenigstens entfernte Parallele zwischen den beiden Erlösergestalten, nämlich dem Lehrer der Tugend, der allein zum ewigen Heil führt, im Christentum und dem Aufklärer Epikur bei Lukrez. Freilich dürfte diese vage Übereinstimmung zwischen Christentum und lukrezischem Epikureismus eher ein lediglich für Laktanz selbst bemer­ kenswerter Aspekt sein; der Leser hingegen soll den Ton und die Pointe

615

27,7 - 27,9

der Übernahme goutieren, kaum aber einen „Überlegenheitsanspruch des christlichen Glaubens,, (W alter 114) manifestiert sehen. 2 7 .7 n e c m o n s tr a u it ta n tu m , se d e tia m p r a e c e ssit: Die Aussage,

dass Christus den Weg zum Heil zeigte und auf diesem voranging, bein­ haltet zwei wesentliche Punkte der laktanzischen Soteriologie (Loi L a t­ ta n z io 252-264; C asey M a g is te r iu m 197-199; S t u d e r 262-264; kritische Würdigung G rillmeier 344f.): Christus lehrte die Menschen Gerechtig­ keit und Tugend und war ihnen in seinem Leben als Mensch und in seinem Kreuzestod Vorbild in der Ausrichtung auf diese Werte bis zur letzten Konsequenz. h o rreret: Der transitive Gebrauch ist (entgegen E gger 49; L imberg 37)

gut ciceronisch, vgl. ThLL VI,3 2980,60ff. u ia p e r d itio n is e t frau d is: Vgl. 6,4,2 ab itin e r e c a e le sti [ ...] in u ia m p e r d itio n is ;

6,7,4 p e r d itio n is auch oben zu 1,21 p e rd itio .

ac m o r tis u ia m ;

ThLL X,1 1257,28ff. Siehe

a d o p e r ta : Poetische Nuance, vgl. Tib. 1,1,70 te n e b r is m o r s a d o p e rta ca­ p u t;

ThLL I 805,65ff.

2 7 .8 q u a n to : Ablativus mensurae (KS I 401) zum hier komparativisch

aufgefassten

a p p ro p in q u a re ; im

Hauptsatz fällt das

ta n to

weg (KS II 484).

a n n is in s e n e c t u t e m u e r g e n tib u s: Derselbe Ausdruck Sen. dem. 1,11,1. a b sc e d a t: Für ,sterben‘ nur in der christlichen Latinität, vgl. ThLL I

146,26ff. q u id a m c a e c is m e n tib u s n ixi: N ix u s mit Ablativ (eigentlich: , gestützt

auf, so etwa 3,1,1) ist hier entweder verblasst (zur Stützung eines Abla­ tivus causae: ,einige von verblendetem Verstand^, höchstens ,einige wegen ihres ... ‘) oder prägnant als , einige im (falschen) Vertrauen auf ihren (doch) verblendeten Verstand^ zu verstehen; zur üblichen Junktur caeca m e n s 3,18,14; opif. 18,7; ThLL III 43,64ff. h a u r ie n d is lib id in ib u s in te n d a n t: Zu diesem Dativ der Sache bei in ­ te n d e r e

vgl. ThLL VII,1 2114,6ff.

2 7 .9 q u a e x u o ra g in e: V orago (, Abgrund‘, ,Strudef ) steht hier für die ins

Verderben führende Dynamik, die sich aus dem Streben nach vergänglicher Lust gerade angesichts des Todes ergibt, ähnlich für eine ,ausweglose Lage‘ 2,8,55; Sen. dial. 3,22,3 ei [ ...] bene o p ta te , qui u o s ex h ac u o ra g in e edu xit. se [...] c o n u e r ta t: Siehe oben zu 17,1 c o n u e r ta t ad. p ra eses: Als Gottesprädikat wie 2,16,8 p r a e s e s m u n d i (vgl. ThLL X,2

875,28ίΓ., v.a. 76fL), sonst (5,11,15 etc.) für Provinzstatthalter (vgl. ThLL X,2 871,59ff.).

K o m m e n ta r

p o tio r e m q u e : ,wichtiger‘, vgl. ThLL X,2 338,62ff.; bei in d ic a re wie Val.

Max. 2,2,4. b o n a [...] fallacia: Dieselbe Junktur 6,22,4; Sen. Oed. 6 o fa lla x bonum . 2 7 .1 0 a liis c e r te r e liq u e n d a su n t: Der Gedanke, dass zwangsläufig einst

ein Erbe in den Genuss der mühevoll erworbenen materiellen Güter kom­ men werde, ist ein Gemeinplatz in der paganen Dichtung (Hör. carm. 2,3,20; 2,14,25-28, weiteres Material bei R.G.M N isb e t /M . H u b b a r d , A Commentary on Horace: Odes, Book II, Oxford 1978, 237f.) und im biblischen Schrifttum (Koh 2,18; Sir 11,19; Ps 49,8; Lk 12,20). n ih il n o b is c u m ferre p o ssu m u s: Ebenfalls ein Gemeinplatz des bibli­

schen (Vet. Lat. I. Tim. 6,7 [ree. I] nec a u ferre p o ss u m u s q u ie q u a m ; vgl. Ijob 1,21; Koh 5,14; zum Motiv M. D ibeliu s /H . C o n zelm a n n , Die Pastoralbriefe. HNT, Tübingen 19664, 65) und pagan-populärphilosophischen Schrifttums (etwa Sen. epist. 102,24f.). u ita m b e n e a tq u e in n o c e n te r a cta m : Vgl. Cic. Cato 9 (ein Vorzug des

Alters)

c o n s c ie n tia bene a c ta e u ita e .

2 7 .1 1 a s ta b u n t . . . fid es: Die ungewöhnliche Personifikation (vgl. ThLL

II 955,78ff.) evoziert das Bild der geradezu physischen Gegenwart der ge­ nannten Tugenden beim Gericht vor Gott. Zu deren Aufzählung vgl. den Tugendkatalog Vet. Lat. Gal. 5,22 (Ambr. in psalm. 36,12,3) c a r i t a s , g a u ­ d iu m , p a x , p a t i e n t i a , b en ig n ita s, b o n ita s, f i d e s , m o d e s tia , c o n t i n e n t i a ; statt b e n ig n ita s (χρηστότης) oder b o n ita s (άγαθωσύνη, vgl. PÉTRÉ 184188.193L) kann Laktanz m is e r ic o r d ia eingesetzt haben (vgl. 5,6,4; PÉTRÉ 233L; H. PÉTRÉ, ,Misericordia‘. Histoire du mot et de l’idée du paganis­ me au christianisme, REL 12 [1934] 376-389, v.a. 385-387); zu c a rita s bei Laktanz PÉTRÉ 71L; zum Katalog auch K unick 202f. h a e c e st h e r e d ita s . . . p o te s t: Ein Indiz für die Rechtskenntnis des Laktanz sieht hierin C. F e r r in i , Die juristischen Kenntnisse des Arnobius

und des Lactantius, ZRG 15 (1894) 342-352, hier 350. Eher aber ist hier das paränetische Motiv vom Erbe (27,10 a liis c e rte reliq u en d a s u n t ) wei­ tergeführt. Laktanz gebraucht das Bild vom ,Erbe‘ 4,11,7; 4,20,7-13 im neutestamentlichen Sinn (Gal 4,7; Kol 3,24 etc.) für das von Gott zuge­ dachte Heil. 2 7 .1 2 e c q u is e s t q u i . . . : Eher als die echte (,Wer will sich diese Gü­

ter erwerben?‘) würde man zunächst vielleicht eine rhetorische Frage (vgl. mort. pers. 31,3; Cic. Verr. II 3,143; 4,25; Phil. 2,29) erwarten, in der na­ türlich der Relativsatz negiert sein müsste. So freilich drückt die Frage ein unmittelbares Angebot aus und bereitet emphatisch den folgenden Aufruf ( u e n ia n t ... ) vor.

617

27,13

u e n ia n t . . .

tr a h a n t: Zugrunde liegen drei Motive aus dem Johannes­

evangelium, nämlich die Einladung an die Dürstenden (Vet. Lat. loh. 7,37 [Cypr. testim. 1,22] s i quis s itit, u e n ia t e t bibat, qui c re d it in me; vgl. Jes 55,1; Offb 21,6), die Verheißung, nicht mehr hungern und dürsten zu müssen (6,35 [Cypr. testim. 1,22] ego su m p a n is u ita e . qui u e n e r it a d m e n o n e su r ie t, e t qui in m e c r e d id e r it n o n s i ti e t u m q u a m .), und die spru­ delnde Quelle, die nie mehr dürsten lässt und ewiges Leben schenkt (4,14 [Aug. in euang. loh. 15,14] qui a u te m b ib e rit ex aqua q u a m ego dabo ei, n o n s i ti e t in a e te r n u m ; se d aqua qu am ego dabo ei, f ie t in eo fo n s aquae s a lie n tis in u ita m a e te r n a m .). Der Ausdruck cibu s c a e le stis bezeichnet in

der frühen christlichen Latinität die Eucharistie (etwa Cypr. laps. 2; pa­ tient. 7; vgl. ThLL III 1041,71ff.), aqua s a lu ta r is das Wasser der Taufe (etwa Cypr. ad Donat. 3; unit. eccl. 11; ThLL II 361,9ff.), auf die hin auch Joh 4,14 gedeutet wird (etwa Tert. bapt. 9,4; Cypr. epist. 63,8,4). Auch h a u rire erscheint in diesem Zusammenhang, obwohl das Trinken, das sich ins johanneische Bild gut fügt, bei der Übertragung auf die Taufe stört, dazu Cypr. epist. 63,8,4: n e m in e m a u te m m o u e a t quod cu m de b a p tism o lo q u a tu r s c r ip tu r a d iu in a s itir e n o s d ic it e t bibere, [ ...] quia quod a u id a e t s itie n ti c u p id ita te s u s c ip itu r p le n iu s e t u b eriu s h a u ritu r. - Laktanz fordert

hier also eigentlich zur Teilhabe an Eucharistie und Taufe auf, geht aber wohl davon aus, dass ein paganer Leser unspezifisch an , geistige Nahrung6 (vgl. ThLL III 1043,7ff.) oder ,Erfrischung6 denkt, so seine eigene Meta­ phorik 1,1,9 u n iu e rso s [ ...] a d c a e le ste p a b u lu m co n u o ca m u s: n u llu s e n im s u a u io r a n im o cibu s e s t q u a m co g n itio u e r ita tis . 1,1,22 m itte m u s eos a d ip s u m d o c tr in a e u b e rrim u m ac p le n is s im u m fo n te m , cu iu s h a u stu a tq u e p o tu c o n c e p ta m u isc e rib u s s itim s e d e n t a rd o rem q u e re stin g u a n t.

d e p e r e n n i fo n te: Die gebräuchliche Junktur fo n s p e re n n is bezeichnet

eine nie versiegende Quelle, übertragen etwa Cic. Mil. 34 ThLL X,1 1319,62fr.

( g lo r ia e ) ,

vgl.

p le n is s im is fa u cib u s: Die Wendung p le n is fa u c ib u s (,in vollen Zügen6

oder ,aus vollem Hals6) erscheint in der Komödie und Rhet. Her. 3,14,24 dann hier, vgl. ThLL VI, 1 393,15ff. 2 7 ,1 3 c ib a tu a tq u e p o tu : Hier erstmals nebeneinander (vgl. ThLL X,2

371,13), das sonst nicht übertragen verwendete cib a tu s (nur hier christlich; ThLL III 1037,17f.) ist wegen des Homoioteleutons gewählt. e t c a e c i . . . r e u iu e sc e n t: Grundlage dieser sieben einzelnen Heilsverhei­

ßungen sind offensichtlich Berichte der Synoptiker über Heilungen Jesu. Am nächsten kommt Mt 11,5 = Lk 7,22 (Blinde, Lahme, Aussätzige, Tau­ be, Tote, Arme, denen das Evangelium verkündet wird), die Heilung von Stummen kann durch Kontamintion mit Summarien wie Mk 7,37 (Tau­ be; Stumme) oder Mt 15,31 (Stumme, Krüppel, Lahme, Blinde) oder als

Kommentar

Einzelepisode (Mk 9,17.25; Mt 7,37; 12,22; Lk 11,14) hinzukommen. Die a eg ro ti können aus den , Aussätzigen ‘ (Mt 11,5 = Lk 7,22) oder ,Krüppeln‘ (Mt 15,31) verallgemeinert sein, werden aber auch häufig (Mt 4,23f.; 8,16; etc.) erwähnt. Keine unmittelbare Vorlage haben die s t u l t i : Sie könnten entweder aus den , Armen, denen das Evangelium verkündet wird‘, (Mt 11,5 = Lk 7,22) erschlossen sein als geistig Arme, da die ihnen zugeordne­ te Heilung ja die Verkündigung ist, oder aus den mehrfach erwähnten (Mt 4,24; 8,16 etc.) Besessenen, wenn sie nicht gänzlich Zusatz des Laktanz im Sinn seiner aufklärerischen Intention sind. Die Toten stehen der Klimax und der Anküpfung wegen am Ende (so auch 4,26,3-16). 2 7 .1 4 q u isq u is e n im . . . : Der Gedanke knüpft nur an die Erweckung der

Toten (27,13) an. Einladung zur Teilhabe und Heilsverheißung (27,13f.) bleiben damit gedanklich etwas isoliert stehen. Dafür kommt wieder der Aspekt der u irtu s und ihrer Belohnung (vgl. 27,3 nec u ir tu te m sin e p r a e m io f o r e ) zur Geltung. u ir tu te c a lc a u e r it: Dieselbe Junktur Vet. Lat. (= Vulg., Satz fehlt in

LXX) Sirach 24,11 (Cypr. testim. 2,1; daraus zitiert Laktanz 4,8,15); Pass. Mar. Iac. 3,2; Aug. in psalm. 142,3. C alcare erscheint aber öfter in der christlichen Literatur und bei Laktanz, insbesondere für die Verachtung und moralische Überwindung (etwa 2,2,24; 6,12,36; 6,17,26 excelsa e t in ­ su p era b ili m e n te ) des Irdischen, vgl. ThLL III 138,49ff. a r b ite r [...] u era x : Bei Laktanz erscheint u era x nur hier, a r b ite r nur hier

als Gottesprädikat; beide werden überwiegend auf den Vater angewandt ( u era x Vet. Lat. loh. 8,26 [Tert. adv. Prax. 22,5]; Tert. adv. Prax. 11,4; Cypr. unit. eccl. 22; a r b ite r ThLL III 407,3ff.; B raun 130f.). Gedacht ist (umfassend) an Gott, nicht (ausdrücklich) an Christus, der nur für den Bibelkundigen in 27,12f. evoziert ist. ad u ita m . . .

s u s c ita b it: Vgl. 23,1 deo g ra tia s a g en t, quod [ ...] eos a d

regn u m u ita m q u e p e r p e tu a m s u s c ita r it.

2 7 .1 5 n e m o [...] co n fid a t: Siehe oben zu 23,5 n e m o qu aerat. d iu itiis [...] fa sc ib u s [...] r e g ia p o te s ta te : Dieselben Beispiele für trüge­

rische irdisch-menschliche Machtmittel (die f a s c e s , ,Liktorenbündel‘, sind sehr gebräuchliche Metapher für eine staatliche Machtstellung, vgl. ThLL VI, 1 304,57ff.) gibt Cypr. ad Donat. 11 Q u o s h o n o re s p u ta s esse, quos fa sc e s, qu am a fflu e n tia m in d iu itiis, qu am p o te n tia m in c a stris, in m a ­ g is tr a tu s p u rp u r a sp e c ie m , in p r in c ip a tu s lic e n tia p o te sta te m . im m o r ta le m is ta n o n fa ciu n t: Zur Ablehnung paganer Vorstellungen,

wie man sich ,unsterblich machen ‘ könne, siehe auch 14,3; 1,18,15; 3,12,11. r a tio n e m h o m in is a b ie c e r it: Gemeint ist der insbesondere 6,1 skizzier­

te Daseinszweck des Menschen. Vielleicht klingt im Rahmen der

m ilitia -

619

27,16

Metaphorik (siehe unten zu d e s e r to r ) der Wegwurf des Schildes an (vgl. Cic. Tusc. 2,54 ig n a u u s m ile s [ ...] a b iecto sc u to f u g ia t) . p r a e s e n tia se c u tu s: Nach 6,2 sind diejenigen vom Daseinszweck entfernt,

die sich

se q u e n te s p r a e s e n te m u o lu p ta te m

Irdischem hingeben.

in h u m u m [...] p r o str a u e r it: Wie ira 7,4; Prud. psych. 247; üblicher

wäre

h u m i p r o s te r n e r e

(Lucr. 5,1200, zitiert 2,3,11; Liv. 9,6,4 etc.).

d e se r to r: Eigentlich ,Deserteur‘ (vgl. ThLL V,1 690,33ff.; 691,3ff.), über­

tragen auf einen vom Glauben Abtrünnigen hier wie etwa Tert. praescr. 12,2 (neben weiterer Soldatenmetaphorik); Comm. instr. 2,7,1; vgl. H o p PENBROUWERS 66 ; 203. - Die rm7z7za-Metaphorik (hier und 27,16) ist in der frühen christlichen Literatur weit verbreitet, in der von Laktanz gebo­ tenen Form aber auch für pagane Leser nachvollziehbar. Zur christlichen m i l i t i a - Metaphorik A. H a r n a c k , Militia Christi. Die christliche Religion und der Soldatenstand in den ersten drei Jahrhunderten, Tübingen 1905, Zusammenstellung des Belegmaterials 93-114, 41f. zur Stelle; zu den ent­ sprechenden Motiven in der paganen Philosophie H. E m o n d s , Geistlicher Kriegsdienst. Der Topos der m ilitia s p ir itu a lis , in: O. C asel (Hrsg.), Hei­ lige Überlieferung. Festschrift I. H erw eg en , Münster 1938, 21-50; zur Synthese christlicher und paganer Kampfesmetaphorik bei Laktanz C. Lo C ic er o , II c e rta m e n col nemico. Sopravvivenza e rielaborazione di to p o i classici in un passo di Lattanzio ( d iv . in st. 6,4,15-24), Pan 14 (1995) 159-164. Insbesondere derjenige Christ erscheint im frühen christlichen Sprachgebrauch als m ile s C h r is ti , der seinem Glauben unter Lebensgefahr und vielleicht sogar als Märtyrer treu bleiben muss, vgl. H o ppe n b r o u w ers 71-73; 149-151. Darin spiegelt sich die Verfolgungszeit wieder, siehe oben 6ff. im p e r a to r is: Öfter übertragen für Gott oder Christus in der christlichen

Latinität, vgl. ThLL VII,1 560,27ff. 2 7 ,1 6 in te n d a m u s [...] iu s titia e : Korrektur zu 27,8 h a u rie n d is lib id in i­ bus in te n d a n t

(zur Formulierung siehe dort).

in se p a r a b ilis co m es: Die Gerechtigkeit erscheint Personifiziert als ,Ge-

fährthfi (vgl. ThLL III 1775,59ff.) wie etwa Petron. 124 vers. 144f.; Paneg. 3,21,4; Ambr. epist. extra coli. 14,87; die Junktur hier erstmals (ThLL III 1776,64ff.). d u m sp ir itu s h o s r e g it a rtu s: Verg. Aen. 4,336 (Aeneas verspricht,

sich lebenslang an Dido zu erinnern; der tragische Zusammenhang spielt hier allerdings keine Rolle, vgl. I ngrem eau S a c ré 346), zitiert auch Apul. flor. 16,33 und auf einem christlichen Grabstein des ausgehenden 4. Jhdt.s (inscr. christ. D iehl 63 B 15; C ourcelle L e c te u rs 330). Siehe auch oben zu 3,11 s p ir itu m .

Kommentar in fa tig a b ile m . . . m ilite m u s: In fa tig a b ilis (,unermüdlich‘) erscheint nur

hier bei Laktanz, nachklassisch öfter für eine Handlung, vgl. ThLL VII,1 1353,83ff. Zur Figura etymologica (siehe auch oben zu 24,15 u iu e n t . . . u ita m ) m ilita m m ilita r e ThLL VIII 960,35ff.; zum christlichen Gebrauch von m ilitia und m ilita r e ThLL VIII 958,75ff.; 967,42ff.; zum Dativus sym­ patheticus deo oben zu 6,1 simus sim u s a e te r n u m deo regn u m . s ta tio n e s u ig ilia sq u e c e le b r e m u s: Die militärischen Ausdrücke s t a ti o ­

(,Posten‘, ,Feldwache‘, vgl. OLD s.v. 4) und u ig ilia e (,Wache‘, , Nachtwache‘, vgl. OLD s.v. lb; A. N e u m a n n , RE Suppi. IX [1962] 1693-1698) häufig in Junktur (Caes. civ. 1,21,3; Liv. 2,39,3 etc.), die zugehörigen Verben wären insbesondere se ru a re und agere. In christlichem Gebrauch bezeichnet s ta tio eine (ursprünglich mit dem Fasten in Zusammenhang stehende) gottesdienstliche Versammlung der Christen ( B laise s.v. 8; C. M o h r m a n n , Statio, VChr 7 [1953] 221-245, hier 230), u ig ilia das (ge­ meinsame) Nachtgebet (B laise s.v.), beide Begriffe erscheinen aber auch in einer Soldatenmetaphorik, zusammen etwa Tert. orat. 29,3 d ie s t a ti o ­ n is, n o c te u ig ilia e m e m in e r im u s . Das Verb celebrare (allgemein ,tun, aus­ üben, durchführen^, vgl. ThLL III 745,63ff.; 746,16, und sakral ,begehen‘, christlich 743,75ff.) verdeutlicht dem Leser, der über Kenntnis des Chri­ stentums verfügt, die liturgische Bedeutung: Teilnahme an den Gebeten und Versammlungen. Der pagane Leser hingegen sieht in den Worten nur eine detaillierte Weiterführung der m ilitia - M e ta p h o ù k . n es

h o s te q u e m n o u im u s: Der christliche Leser assoziiert den sehr häufig

als h o s tis , zumal oft mit Attribut (ThLL VI,3 3064,32ff.). u t u ic to r e s . . .

u e tu s

oder

a n tiq u u s ,

bezeichneten Teufel

c o n seq u a m u r: Wiederum pagan als Fortsetzung der

razto’a-Metaphorik oder aus spezifisch christlichem Zusammenhang ver­ ständlich: Für Christen, die auch in unmittelbarer Bedrohung ihrem Glau­ ben treu bleiben, finden sich die Ausdrücke u ic to re s (Tert. scorp. 12,9; Cypr. epist. 10,4,4; Novatian. Cypr. epist. 30,5,1) und tr iu m p h a n te s (Tert. scorp. 12,10; Cypr. mortal. 26), entsprechend u ic to r ia und triu m p h u s (etwa Pass. Perp. 9,5). P r a e m iu m u ir tu tis ist das ewige Leben (vgl. 5,20; 10,6-9; 3 ,12,llf.), vgl. daher zur Stelle insgesamt Tert. scorp. 12,8 (über Märtyrer) u ic to rib u s quibu squ e p r o m it ti t [sc. d o m in u s] n u n c a rb o rem u ita e .

A

n h a n g

1. Literaturverzeichnis 1.1 V e r z e ic h n is d er v e r w e n d e te n T e x t a u s g a b e n Die zugrunde gelegten T extausgaben stehen jeweils an erster Stelle, die weiteren A ngaben sind chronologisch. Die Auflösung der K urztitel findet sich im folgenden ,Verzeichnis der abgekürzt zitierten L ite ra tu r4.

Laktanz D iu in a e in s titu tio n e s :

G esam tausgaben: B randt I (1890), ersetzt durch H eck / W losok (G esam t­ ausgabe, bislang erschienen: In st. I / I I 2005 und In st. I I I / I V 2007); H eumann (1736); B ünemann (1739); F ritzsche (1842/1844); M igne VI (1844; en th ält den Text von N. L englet - D ufresnoy , 1748); I saeus (1646) A usgaben einzelner Büchern: 1: M o n a t In st. I (1986); 2: M o n a t In st. I I (1987); 4: M o n a t In st. I V (1992); 5: M o n a t In st. V,1 (20002); 5/6: W in g e r (1999: I 93-251) Ü bersetzungen: deutsch: H e r g t (1787/1818); W in g e r (1999; I 93-251: Teile von Buch 3 und 4; Bücher 5 und 6 ganz); englisch: F l e t c h e r (1909); M c D o ­ n a ld (1964); B o w e n /G a r n s e y (2003); französisch: (siehe die A usgaben von M o n a t z u Buch 1 , 2, 4 und 5); spanisch: S ä n ch ez S a l o r (1990) D e op ificio d e i: P errin L ’ou vrage (1974); B randt II (1893) D e aue P h o e n ic e : B r a n d t II (1893) D e m o rtib u s p e r s e c u to r u m : C reed (1984); L aubmann (1897, bei B randt II);

M oreau (1954); S tädele (2003) D e ira dei: I ngremeau C olere (1982); B randt II (1893); K r a ft / W losok

(19744) E p ito m e : H eck / W losok E p it. (1994); B randt I (1890); P errin E p it. (1987)

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A nhang

2. Indizes 2 .1 N a m e n u n d S a c h e n Adrianopel 598 Aemilius Sura 422 Africa 3 A hura M azda 66, 442, 482-484

538, 577, 600 C onstantius Chlorus 3, 6, 602 Crispus 12 Cyprian 4, 35, 45, 46, 48-50, 74, 209,

Aiakos 175, 527, 532 Akademie 39, 232, 240, 275, 314, 315,

388, 391, 406, 407, 506, 551, 569, 570, 573 Dareios 54, 440

333 Antichrist 8, 9, 17, 19, 25-29, 31, 46-48, 66, 67, 167, 210, 281, 390, 407, 413, 445, 446, 448-450, 464, 467-474, 478, 479,485,

David 473 Decius 7, 602, 604

488-491, 495, 497-501, 526, 550, 570,572, 578, 581, 587 Antijudaism us 223 Antiochos IV. Epiphanes 498 Apameia 64 Aristipp 36, 321 Ariston 36, 321

Didyma 377, 378, 380 Dikaiarch 36, 312, 318, 321, 333, 381, 384, 385 Diokletian, 3, 6, 7, 9, 12, 377, 447, 450,

Aristoteles 36, 207, 208, 211, 213, 245, 320, 520 Aristoxenos 24, 36, 321, 383-385 Arles 12 Arnobius 4, 51, 320, 347, 510-514 Asclepiades 262 Athenagoras 51, 533 Beliar 498 Bithynien 3, 4, 10, 11 B rutus 427, 428, 431, 433, 434, 439 C arnuntum 6 Christus 495 Chrysopolis 594 Cicero 36, 39-42, 72, 74, 201, 203, 207, 209, 213, 214, 230, 232, 233, 237,239,240, 2 4 6 ,2 4 9 ,2 5 7 ,2 5 8 ,2 6 1 ,2 6 2 ,2 7 7 ,2 8 4 ,3 1 4 , 315, 321, 327, 328,330-333, 337, 340-342, 344,346-349, 352, 353, 361, 365,370, 384, 397, 417, 421, 426, 427,429,508-510, 532,

Demokrit 36, 101, 123, 125, 127, 147, 209, 213, 246, 312, 319-321, 333, 381, 385

472, 475, 536, 550, 593 Dom itian 604 Elija 469 Empedokles, 373 Epikur 22, 24, 36-38, 44, 76, 211, 213, 240, 246, 2 4 9 ,2 6 6 ,2 7 5 ,2 7 6 ,2 7 8 ,2 7 9 ,3 1 0 , 312, 321, 323, 333, 385, 530, 613, 614 Euhemerus 387 Euphorbos 540 Euseb 6, 7, 561, 593, 595, 603 Fausta 596 Festus 210 Galerius 3, 5, 6, 366, 408, 417, 446, 447, 475, 477, 519, 536, 593 Gallienus 4 Hadrianopolis 594 Helena 596 Henoch 469 Hermes Trismegistos 24, 25, 30, 41, 50, 51, 61, 251, 342, 373, 375, 377, 382, 401, 402, 480, 483, 484, 487, 549 Hesiod 412

Index: N am en und Sachen Hieronymus 48, 227, 262, 355, 494 Hippolyt 568 Horaz 44, 73, 438 Hystaspes 25, 34, 43, 53-56, 58-61, 6769, 165, 344, 401, 421, 440-443, 479-484 Ion 332 Jerusalem 478, 488 Juden 222 Julius Africanus 393, 568 Karneades 355 Karthago 422, 431, 435, 437 Kebes 361 Klemens von Alexandrien 51, 272 Konstantin 6, 11-13, 27, 77, 270, 293, 296, 377, 378, 417, 441, 497, 547, 560-562, 591, 593-607 Kyrill von Jerusalem 272 Kyros 441 Licinius 6, 10, 12, 13, 378, 441, 593-599, 601-603, 606 Livius 42, 221, 281, 417, 429, 433, 438 Lucius Domitius Alexander 6 Lukian (Märtyrer) 8 Lukrez 21, 24, 37, 38, 75, 213, 240, 241, 246, 278, 279, 319, 323, 356-366, 368-370, 372, 521, 614 Mailänder Edikt 595, 602 Mailand 447 Martinianus 594 Maxentius 6, 593, 597, 598 Maximian 3, 5, 6, 377, 417, 447, 593 Maximinus Daia 6, 7, 536, 593, 598 Milet 377 Minos 175, 527, 532, 533 Minucius Felix 35, 49, 74, 235, 423, 511, 518, 530, 534, 536 Mithras 66, 479 Mithridates IV. 55, 64 Nag Hammadi 50 Nebukadnezzar 422 Nero 449, 498 N e r o r e d iu iu u s 469

647

Nikomedien 3, 5, 10-12, 77, 447, 494, 495 Oinoanda 380 Origenes 523 Ovid 44, 73, 214, 237, 354, 412, 521, 532, 552, 553 Palmyra 447 Paulus 405 Persius 44, 524 Pherekydes 36, 40, 125, 321, 323, 332 Platon 22, 32, 36, 37, 41, 87, 95, 97, 99, 123, 125, 139, 149, 179,207-211, 229,239, 240, 242, 244, 258, 270, 321-323, 326-334, 337, 356, 361, 362, 365, 369, 372,377,386, 388,508,510,529,530, 532, 534, 535, 538540 Porphyrios 35, 53, 68, 223, 379, 380 Poseidonios 431 Pythagoras 36, 207, 242, 332, 333, 372, 373, 377, 385, 510, 530, 535, 539, 540 Quintilian 14, 364, 426 Rhadamanthys 175, 527, 532, 533 Romulus 431, 434, 436 Sallust 42, 72, 237, 428, 429, 438 Saosyant 479 Seneca der Ältere 42, 425-430, 432, 434, 438 Seneca der Jüngere 42, 61, 68, 72, 73, 201, 203, 239, 255, 260, 271, 298, 322,339, 346,348,364,421,424-427, 432, 461, 509511, 607, 612 Severus 6 Sicca Veneria 3 Siebenzahl 396 Simmias 361 Sokrates 36, 40, 201, 231, 320, 329, 332, 333, 349, 350 Stoa 39, 63, 207, 208, 232, 235, 239, 240, 270, 321-323, 344, 346,516 Straton 318, 319 Tarquinius Priscus 69 Tarquinius Superbus 431, 434, 436, 437 Taufe 4, 74, 265, 266, 268, 272, 286-288,

A nhang 372, 398, 405, 523, 604, 609, 617 Terenz 44, 227, 611 Tertullian 4, 35, 49, 51, 69, 74, 210, 214, 218, 239, 286, 322, 392, 418, 423,509-511, 513,518,519,533,540,541,546,547,569, 572-575, 607 Tetrarchie 3, 6, 9, 10, 446, 447, 450, 536 Teufel 17, 20, 47, 309, 392, 471, 490, 498, 499, 501, 545, 549, 550, 578, 581, 587, 620 Theophilos von Antiochien 50, 69, 71, 395, 568, 569 Theoteknos 9 Thessalonike 595 Tityos 521 Trajan 55, 420, 599

Trier 11, 12, 447, 494 Valerian 4, 417 Varro 62, 68, 69, 255, 256, 344, 350, 371, 374, 397, 401, 430 Vergil 26, 30, 34, 39, 42-44, 60, 67, 73, 177, 217, 221, 234, 235, 239, 372,421,443, 510, 511, 515, 521,527-529, 531, 534,535, 537, 538, 561-563 Vetus Latina 48, 74, 210, 220, 239, 282, 294, 320, 398, 403, 408, 464,474,476,539, 558, 566, 586 York 11, 447 Zenon 39, 43, 211, 232, 321-323 Zion 478, 488, 565 Zoroaster 54, 442

649

Index: Lateinische W örter

2.2 Lateinische Wörter 434

a d m in ic u lu m a d u e n tu s

221

n o titia d ei o r d in a tio

343 263

539 a n g e lu s 280 b e n e d ic e r e 398 c a p u t o r b is 575 d u i t a s s a n c ta 551 c la d e s 405 c o n d it o r 551 c o n s o la to r 612 c o n tio 439 c o n tr it io 474 d a e m o n ia r c h e s 549 d ia b o lu s 549 d is c r e tio 363 d is p o s itio 225 d iu in a u o x 231 d iu in a e litte r a e 206 dogm a 363 f a b r ic a t r i x 368 fig u r a 399 f ig u r a tio 400 g e n te s 549 g u b e r n a tio 249 h u m a n ita s 414 in n o c e n tia 476 iu d e x 495, 547 iu d ic iu m 503 iu s titia 205 iu s tu s 409 la b o r a r e 398

tr a d i t i o

la u a c r u m

tr a n q u illita s a n im i

a n a s ta s is

287

m a c h i n a to r m a g i s t e r iu m

550 220

277 m a l iti a 225 m y s te r iu m 209 n e c r o m a n tia 382 nom en 417 m a i e s ta s

277 p a te r n u s 602 p a tib ilis 512 p ie ta s 291 p la g a 406 p a te r

p r a e m o n s tr a tio pressu ra

399

474 549

p r in c e p s d a e m o n u m p r o p h e ta

210

287 r e c tu s s ta tu s 270 r e lig io 505 ren a sci 372 r e u e la r e 214 r u in a 576 s a b b a tu m 395 sacra s c r ip tu r a 395 s a c r a m e n tu m 241 s a c r a r iu m 242 s a e c u la r is 402 s a p ie n ti a 204 s e n e c tu s m u n d i 402 s p ir ita lis 286 s p ir it u s 238 s u b iu g a r e 437 su b rep ere 364 s u s c ita r e 534 p u r if ic a r e

t e s t i m o n i a d iu in a

u lto r u a te s u ir tu s

33,

206

214 495 402 219, 249

u ita b e a ta

201

u iu ific a r e

401

348

A nhang

2 .3 S te lle n

Bibel G en 46 1,1 612 235, 282, 318 1,3 391 1,3a 400 l,3ff. 391, 393 1,5b 399 1,6a 400 1,8b 399 l,9f. 612 1.12 48, 283, 311 1.13 399 1.14 283, 459 1,16 612 1,24-31 62 1.26 46, 254, 257 1,26a 400 l,26f. 340 1.27 48, 244, 278 1.28 48, 254, 257, 285 1.29 48, 283 1.30 46, 253, 400 2,lf. 392 2.2 46 2,2f. 62, 390, 394 2.7 48, 244, 250, 253, 284 2,9 283 2,10ff. 612 2.17 46, 300, 303, 391, 401 3,Iff. 300 3.5 48, 304 3.7 300 3,14ff. 301 3,19 284 3,22 300 5.5 46 6.3 401 9,11 454 13,6 548 19,Iff. 481 19,24 473, 582 19,29 454 41,12 442 45,17-27 407 45.17 - 46,27 403 46,5ff. 407

Ex

1,6-8 403 1.7 408 I , 11-14 403 3.7 403 3.8 556 3.12 403 3.17 556 7,1 - 11,10 405 7,14 - 10,29 409 7,19-25 470 7,20 456 8.18 407 9,6 407 9,18ff. 582 9,26 407 10.5 408 I I , 1 406 12.13 403, 406, 407 12.17 403 12,29 405, 408 12,40f. 404 13.3 403 13.5 556 14,21f. 404 14.23 404 14,27 408 15.23 456

Lev 19,32 477 26.4 455 26,4f. 556 2 6 ,llf. 539 26,21 406 N um

13.17

496

D tn 2,30 497 11.14 455 11.17 455 13,2ff. 498 28.12 455 28,49 478 29.19 462 30.15 260 30.19 260 32.13 556

651

Stellenindex Jos

W e ish

10,12f. 582 15,14 496 24,11 497

3.6 523 5.7 220 9,15 216 9,2f. 254 9,5 48 16,16 455

1 Sam

12,17 455 28,3-25 382

S ir

1 K ön

17,1

470

2 K ön

Ι,ΙΟίΓ.

473

1 C hr

16,31

556

Jdt

8.27

523

E st

8,12x

454

1 M akk

10,85

454

2 M akk

7.9

287

Ijo b

1,21 3,21 17,12 20.17 31,5f.

616 462 459 556 507

Ps

I, 545, 46, 506 2 478 I I , 6 582 18.9 496 49,8 616 66.10 523 72,6 582 72,10f. 565 81.17 556 90,4 45, 46, 62, 391-393, 398 96.11 556 97,1 556 97.3 496 104.27 253, 257 107.3 551 136,25 253 145,15 253 K oh

2,18 5,14

616 616

11,19 15,18 24,11 33,13

616 260 618 232

J es 47 1.1 558 l,13ff. 448 1.7 454 2.2 581 2,10 583 2,18ff. 501 2,19 583 2,21 583 2,4 581 2.8 502 4.2 556 4,13 448 5,6 455 6.9 385 6.12 548 6.13 463 10,6f. 563 ll,6ff. 557, 563 11.7 557 11.8 557, 563 11.9 557 13.10 457, 458 14.1 472 14.7 454, 581 17,5 416 18,1-6 232 18,4f. 416 19.2 415 23,4f. 445 24.13 416 24,23 478 25.8 548 26.3 581 28,2 455 29.16 232 30,22 501 30,26 555 31,4f. 478 32.17 600

A nhang 33,20 459 33,25 459 34,3 461 34,4 504, 585 40,4 461 42,10 556 45,9 232 49,20 548 55,1 617 60,3 565 60,9 565 60,11 565 60,19 459 60,20 555 63,19 496 64,7 232 65,17 585 65,23 548 65,25 557 66,15f‘ 517 66,16 454 66,22 585 66,24 517 Jer 1,15 478 4,7 454 5,24f. 455 10,3 502 10,14 502 11,15 556 12,13 456 14,4 455 15,6 456 23,3 551 31,31f‘ 551 31,35 459 32,37 551 34,10 517 50,2 501 51,33 416 51,36 456 Ez 47 1,4 448 6,4ff. 501 6,6 502 9,4 406 9,6 406 11,17 551 13,11 455, 582 13,13 455 14,17 416 28,2 472

34.26 455 36,38 454 37.27 539 38f. 471, 578 38,Iff. 478 38,Uff. 584 38,18 582 38,18-20a 579 38,20 582, 584 38,22 473, 580, 582, 583 39,4 579, 580, 582 39,9 584 39,9f. 467, 580, 584 39,llf. 584 39,12ff. 584 39,16 584 D an 47, 63 1.6 442 2, Iff. 442 2,31ff. 422 2.33 449 2,40ff. 500 2,42f. 445 2,44 423 5,25 507 5.27 507 7 9, 445, 446, 448, 449, 572 7,Iff. 423 7,1-7 468 7.7 445, 500 7,7f. 444, 446, 449 7,7ff. 448 7.8 449, 472 7.9 585 7.10 496, 520 7,12 497 7,14 496 7.19 445, 500 7,23 500 7.23- 25 467 7.23- 26 444, 446, 449 7,25, 446 450, 472, 475 7,26f. 423 10,6 496 11,Iff. 448 11.33 454 11,36 472 ll,40ff. 488 11,43 445 12.10 463 H os 2.20 581

Stellenindex 4.3 457 6,11 416 13.14 505, 548 13.15 456 Joel

2,Iff. 478 2.10 457, 458 2.11 575 2,19f. 575 2,20 448 2.23 455 2,23f. 555 3.3 517 3.4 458 4.13 416 4,18 556 30,26 48 Am

4.7 455 5.3 48, 464 5,18ff. 575 8,9 458 9.13 556 Mi

1.7 4.7 7.6

501 462 477

H ab

2.14 557 3.6 582 Z ef

1.3 457 1.15 458 S a ch

9.8 581 9.9 489 10,1 455 13,2ff. 501 13,7-9 463, 466 13.9 523 14,Iff. 478 14,2 488 14.5 496 14.6 456 M ai

3.23

470

Mt

3,13 517 4,23f. 618 4.24 618

5,8 586 5,10 48, 352 5,12 45 5,22 517 5,25 526 5,32 45 6,2 352 6,5 352 6,16 352 7,9f. 48, 262 7,13 220 7,15 472 7,24f. 204 7,37 618 8,12 463 8,16 618 9,17.25 618 9,34 549 10,23 569 11,5 617, 618 11,14 470, 618 12,22 618 13,14f. 385 13,24ff. 416 13,25 587 13,42 463 15,31 617, 618 16,24f. 266 16,28 569 17,21 497 18,9 517 19,21 217, 610 23,37ff. 454 24,3ff. 452, 453 24,6 415 24,6f. 412 24,7 454, 455 24,8 452 24,12 475, 569 24,16 474 24,19--31 490 24,20 456 24,22 460 24,24 472, 498 24,27 491, 492 24,29 457-459 24,29ff. 412 24,30 459 24,31 461 24,36 569 24,42 569 24,42ff. 568 24,50f. 462

653

654 25,6 491 25,13 568 25,32 48, 477, 588 25,33 295 25,41 295 26,45 497 27,44 376 28,3 585 Mk 4,29 416 7,37 617 8,34f. 266 9,1 569 9,11 470 12,25 585 13 452 1 3 ,Iff. 453 1 3 ,3 -1 3 410 1 3 ,7f. 414, 571 13,8 415, 452, 454, 13,9ff. 412 13,12 412, 475, 477 13,14 474 13,14ff. 571 13,18 456 13,20 460 13,22 472, 498 13,24 458 13,24--27 410 13,24f 58, 457 13,28ff. 568 13,32 569 13,35 454 15,25 497 15,42 497 Lk 3,1 471 3,22 582 4,25 470 7,22 617, 618 9,23f. 266 9,54 473 11,11 262 12,20 616 12,26 462 12,33 610 14,27 266 17,24 492 17,26ff. 454 18,4 45 18,22 217, 610 21,5ff. 453

Anhang 21.9 414, 569 21.10 415 21.11 454, 455 21.16 475 21,21 474 31,29ff. 568

Joh 3,18f. 4.14 5,28 6,35 6,39 7,37 12,40 13.1 14.16 14.26 15,6 15.26 16,7ff.

506 617 588 617 581 617 385 494 612 612 517 612 612

Apg 1,7, 569, 570 2,15, 582 2,17, 582 2.20, 457, 458 2.21, 440 4,2, 530 10,42, 495, 543 17,23, 273 17,25, 256 17.31, 490 17.32, 530 20,31, 568

R om 2.16 495 6,4 272 9,20 232 14.10 588 32.2 600 32,5 600

1 K or l,2 1 ff. 589 2,7 590 3,6f. 288 3,13 523 3.15 523 3,18ff. 589 9,24 296 1 0 ,1 -1 3 405 12,25 376 13.11 288

655

Stellenindex 15,21f. 15.23 15.24 15,25ff. 15.26 15.52 15.53 15.54 15,55f. 15,57 16.13

399 506 569 490 548 461 304 548 505 497 568

2 K or 2,14f. 214 4.18 260 5,10 495, 588 12.9 219

G al

2,9f. 2,11

471 473

1 T im

6.15 6.17

479 616

2 T im 4.1 495, 543 4,8 495 T it

2.13

490

H ebr

4,3-11 391 10,27 517 ll,8ff. 546 11,38 474 12,1b 296

4.7 616 4,21ff. 546 5,22 616

Jak

Eph

1 P e tr

1.18 385 2.6 287 3.16 288 4.13 288 4,22ff. 288 4.26 45

1.7 523 3,19 526 4.5 495, 543 4.7 569

P h il 2.9

440

K ol 3.9 288 3.24 616

1 T h ess 1.8 496 1.9 601 1.10 490 4,13ff. 506 4.16 461, 503 4,16f. 490 5.2 568

2 T h ess 1 ,3 -1 0 467 1 ,6 -1 0 490 1.7 496 l,8 f. 496 2.3 450, 498 2,3f. 472 2.4 573 2,6f. 498, 572, 575 2.7 450

2,24

600

2 P e tr

2.1 498 2,4f. 454 3.8 392, 398 3.10 457, 568 1 Joh

2.18 448, 498 2,22 498 3.8 498 3.10 498 4,Iff. 472 4,3 448, 498 2 Joh

7

498

O ffb

1.14 496, 585 1.16 517 2.11 350 2.18 496 2.2 498 3.12 545 6,Iff. 414 6.5 507 6.12 454, 458, 459 6,12f. 453, 457

Anhang 6.13 461 6.14 585 6.15 583 6.16 461 7.3 406, 407 7.14 586 8.2 - 11,9 461 8.5 454 8.7 455 8.8 470 8.10 459 8.11 456 8.12 461 9.4 407 9.6 462 9.15 463 9,18 406, 463 9,20 502 11 470, 474 11.2 475 11.3 467, 468 11.3- 12 466 11.3- 14 46, 464 ll,3ff. 469 11.4 468 11.5 470 11.6 456, 470 11.7 467, 472 11.8 468 11.9 468 11.10 468 11.12 468 11.13 454 11,19 454, 455 12 474 12,Iff. 498 12.6 474, 475 12,9 471 12.11 497 12,17 - 13,14 445 12,18ff. 472 13 449, 471, 474 13.1 445, 446, 471 13,If. 449 13,Iff. 498 13.1- 10 468 13.1- 18 46, 464, 475 13.2 449 13.4 468 13.4- 6 472 13.5 446, 449, 467, 473, 475 13,5f. 468 13.7 446, 449, 467

13.8 468 13,8f. 468 13.11 471 1 3 .1 1 18468 13.12 449 13.13 473 1 3 ,1 3 -1 5 473 13.14 473 13.15 473 13.16 406, 474 13,16f. 474 13.18 468 14.1 406, 407, 478, 551 1 4 ,Iff. 414 14.8 418, 439 14.9 406 14,15ff. 416 16.9 439 16.10 456 16,12ff. 414 16.13 472, 498 16.14 470, 473 1 6 ,1 8 f. 454 16.19 418, 454 16.21 455 1 7 ,Iff. 439 17.2 445 17.3 446 17.4 479 17.5 406 17,8 446 17.12 445 17,12f. 446 17,12ff. 445 17.13 445 17,13f. 46 17,16f. 418 1 8 ,Iff. 418, 439, 574 18.10 439 18.21 439 1 9 ,Iff. 574 1 9 ,1 -2 1 46 19.11 495, 496 19,1 Iff. 496, 501, 545 1 9 .1 1 16544 1 9 .1 1 21 490, 491 19.12 496 19.14 496 1 9 ,1 7 -2 1 544 19.18 501 19.19 501 19.20 472, 473, 498 19.21 501

657

Stellenindex 20.1 545, 548 2 0 ,Iff. 398, 545, 548, 549 20.2 67 2 0 ,2f. 545, 550 20.4 474, 507, 5 4 4 -5 4 7 , 565 2 0 ,4f. 544, 547, 548 20,4ff. 503, 506, 547, 551, 586 2 0 ,4 -6 544 20.5 548 20.6 350, 545, 548 2 0 .7 - 10 544 2 0 .7 - 10.14 47 2 0 .7 - 9a 578 20,7ff. 478 20.8 545, 549 2 0 .1 - 3 46 2 0 .1 - 10 47 2 0 .1 - 15 392 20.10 472, 498, 587 2 0 .1 1 - 15 544 2 0 ,llf f . 506, 586 2 0 .1 1 - 15 46 20,12 507 20.14 350, 548 20,14f. 520 20.15 587 21.1 544, 585 21.10 545 21,10ff. 545 2 1 ,Iff. 47, 544, 551, 586 21.2 545 21.3 539 21.4 548 21.6 617 21.8 350, 520, 548 21,9c 580 21,24 565 21,26 565 22.4 586 22.15 218

Außerkanonische Schriften A pcA br

29,13 460 30,Iff. 452 30.5 456 30,7 455 A p c B a r (sy r )

20.1 25.2 27.6

460 452 456

27.7 454 36,7ff. 472 39,5ff. 418 40,lf. 478 40,Iff. 472 48,31 463 48,37 463 70.3 414, 415 73,6 557 A pcE l

2,32 462 2.5 462 2,52 475 4,8ff. 474 5,8f. 457 A pcP e

7ff.

526

A pcZ ef

12.8

457

A s e ls

4,Iff. 498 4.6 472 4.11 472 4.12 475 4.13 474 A ssM o s

8,Iff. 472 10.4 454, 456, 461 10.5 458, 459 10,5f. 457 4 B ar

9.18

457

4 Es

2.19 556 3,34 507 4,26 460 4,28ff. 416 4,36 497 4,42 497 5,lf. 475 5,Iff. 452 5.3 418 5.6 472 5,6f. 457 5.9 457 5.10 475 6,22 456 6,24 415, 456 7,30f. 391 7,39 9.3 452

457

Anhang 11.1 - 12,35 445 ll,2 9 f f . 472 12,23ff. 472 13 479 13,2ff. 479 13.10 517 13,33ff. 479 13,58 497

H e n (a e th ) 1,6 461 10.17 548 41.1 507 5 2 ,Iff. 523 5 6 ,Iff. 478 8 0 ,Iff. 452 80.2 455, 460 8 0 ,2f. 456 80.3 456 80.4 460 8 0 ,6f. 460 91,16 555 99.4 414 100,2 477 H e n (hebr) 22.4 470

H e n (s l) 1,5

470, 496

4,47f. C e r e t i / 2 , 43 W id e n g r e n 62 4,49 C e r e t i / 2 , 44 W id e n g r e n 65 4,54f. C e r e t i / 2 , 47 W id e n g r e n 65 5 ,8 -1 0 C e r e t i / 2 , 63 W id e n g r e n 63 6.2 C e r e t i /3 ,2 W id e n g r e n 65 6.4 C e r e t i /3 ,4 W id e n g r e n 64 7 ,2 7 -3 5 C e r e t i / 3 , 3 1 -3 5 W id e n g r e n 66 7,36 C e r e t i / 3 , 36 W id e n g r e n 67 9,12 C e r e t i / 3 , 53 W id e n g r e n 67 9 ,1 4 -1 6 C e r e t i / 3,55f. W id e n g r e n 67

B u n d a h iS n 33,30

64

D in k a r t 7,10,10 V ___

67

_ _ _

___

J a m a s p —N a m a g 16 B e n v e n is t e / 7 M e s s in a 65 1 7 -2 4 B e n v e n is t e / 8 - 1 0 M e s s in a 476 2 7 -2 9 BENVENiSTE/12f. M e s s in a 63 42f. B e n v e n is t e /1 6 M e ssin a 62 57 B e n v e n is t e /2 6 M e s s in a 65 95f. BENVENiSTE/48f. M e s s in a 63 105 B e n v e n is t e /5 4 M e s s in a 67 361 B e n v e n is t e /1 1 5 M e s s in a 65

Sonstige antike Literatur A c c iu s

Jub 4,30 391, 398, 401 10,9 464 10.11 464 23,13 452, 453, 455, 456, 463 23,14f. 475 23.18 456, 457 33.1 391

trag. 315 450 566

286 385 396

A c t a c o n c ilio r u m

Cone. Hisp. a 369Β A m b r o s ia s te r

T e s tA b r A

in Rom.

12,10ff. 12,13f.

3.2

507 523

T e s tX I I .L e v 4.1

457

409

A m b r o s iu s

Abr. 1,9,86 1,9,93

577 581

Persische Literatur

Cain et Ab.

B a h m a n —Y a§t

epist.

56, 58, 62, 65 1 ,3 -1 1 C e r e t i / 1 , 1 - 7 W i d e n g r e n 442 3 ,1 4 -2 9 C e r e t i / 2 , 1 4 -2 2 W i d e n g r e n 442 4 ,6 -1 5 C e r e t i / 2 , 2 8 -3 0 W i d e n g r e n 476 4,16 C e r e t i / 2 , 31 W i d e n g r e n 65 4,18f. C e r e t i / 2 , 31 W i d e n g r e n 64 4 ,4 2 -4 6 C e r e t i / 2 ,4 1 f . W i d e n g r e n 64

395

1,9,37

519

6,29,8 577 9.6 8 .4 388 74.2 605

epist. extra coli. 5.4 575 14,87 619

493

Stellenindex exc. Sat. 1.45 520 fid. 5,10,127 496 fug. saec. 8.45 581 Hel. 21,80 556 hex. 1,4,13 550 2,3,11 249 3.1.5 599 4.1.1 256 in Luc. 1.14 495 5,27 495 in psalm. 1.51.2 506 37,13,lf. 507 37.51.2 588 38.31.3 519 39.9.1 496 in psalm. 118 serm. 11.3 585 myst. 7,34 585 off. 1,29,142 600 psalm. 43.12.4 495 sacr. 2,6,17 519 virg. 1,8,51 496 A m m ia n u s M a r c e llin u s

14,6,3fr. 425 24,4,8 211 25.2.4 458 33.5.14 520 A m p e liu s

1.2 343 32.5 438 A n t h o lo g ia L a tin a

462,5f. 417, 424 495-638 3 A phrahat

dem. 22,22

527

A p ic iu s

3.18.2

236

659

A p o llo d o r

1.23

521

A p o llo n io s R h o d io s

3,1187

416

A p p ia n

praef. 9 A p u le iu s

422 210

apol. 45.4 232 49.1 239 56.1 421 88 456 flor. 16,33 619 19.8 536 10 248 met. 1.3.1 473 2.5 382 2.24.3 385 2.28.1 536 2,29 382 4.11.1 491 4.32.5 377 5.8.3 604 8.2.1 424 8.17.3 317 10.16.4 508 11.1.4 288 11.4.3 231 11,25,2 278 mund. 1 263 2 397 5 283 11 396 21 283 22 460 24 347 30 389 34 340 P lat. 1.8 244 1.10 244 1.11 551 1,18 288 2,16 217 2.23 513 2.24 434 Socr. 2 460 3 590

9 221 17 273 Ps. Apul. Asel. siehe unter Corpus Hermeticum A ra t

96ff. 411 105ff. 557 A r is t id e s v o n A th e n

apol. 12,1 415 16,6 575 A e liu s A r is t id e s

or. 26,91

422

A r is t o t e le s

cael. 296b 520 EN 1 6,5 1140a 261 hist. anim. 570a 320 Met. A 14,352b 320 περί φιλοσοφίας f r g . 20 U n t e r s t e i n e r poet. 1461a 396

A r te m id o r

Jl. y

A r n o b iu s

nat. 1,5 437 1,10 454 1,17 346 1,21 455 1,26 606 1,28 212 1,32 508 1,36 217 1,38 613 1,64 502 2,7 320 2,13 512, 513 2,14 510, 513, 521 2,31 513 2,33 512 2,35 513 2,37 275 2,48 229 2,63 229 2,72 274 2,77 413 3,9 273

3,18 246 3,23 245 3,26 498 3,28 348 4,1 502 4,4 498 4,24 390 4,32 531 4,36 347 5,14 547 5,18 590 5,25 284 7,9 284 7,23 508 7,27 317 7,39 274 7,43 508 7,48 581 5,47

441

A th e n a g o r a s

211

leg. 7,9 284 12,If. 533 26 502 26,3f. 473 28,6 251 36,3 539 36,6 530 res. 2if. 530 3,1 542 A u g u s tin u s

adult, coniug. 2,8,7 604 bapt. 6,17,28 287 6,36,69 288 c. acad. 2,1,1 315 c. Arian. 19,9 612 c. Faust. 12,1 374 c. Parm . 2,19,38 277 civ. 1 praef. 551 1,18 289 3,31 583 8,5 518, 520 10,25 273

661

S tellen in d ex 10.30 513, 537 18.2 423 18.23 504 19,22f. 379 19.23 379 20,7 506 20.30 558 21,16 527 conf. 3.1 576 6.3 218 cons, euang. 3,2,6 315

A v ie n u s

A rat. 501 401 B a r n a b a s b r ie f

4.3 460 4,3ff. 445 4,4f. 472 7,2 543 12.8 496 15,3-7 391 15.4 398 15.5 457-459

d octr. Christ.

B a s iliu s

1.19 390 enchir. 23,93 527

Is. 1,64 526 reg. Br. 229 526

ep ist.

93.2 218 103.1 315 104.3 508 127.1 543 199,12 558 gen. ad litt. 11,15 250 in epist. loh. 7.20 385 in psalm. 24,13 546 39.24 257 84.3 558 103 serm. 2,7 558 118 enarr. 1,3 461 118 serm. 19,3 546 125,10 558 141.3 546 142.3 618 monach. 22,26 495 serm .

26D,22 516 241,5,5 537 serm. coli. M orin p. 77,34 385 Ps. Aug. quaest. test. 115,39 455 A u r e liu s V ic t o r

Caes. 26.4 443 39.4 472 Ps. Aur. Vict. epit. 41,7 595

B e llu m A fr ic u m

19,4

555

B u c o lic a E in s id le n s ia

1,44

231

C a e liu s A u r e lia n u s

acut. 1,11,78 282 2,9,39 282 C aesar

anal. frg. Pomp, gramm. V 144,17 civ. 1.6.8 450 1.21.3 620 Gail. 1.12.6 416 1.21.3 347 2.13.3 477 2.42.5 581 7.70.7 461 7,77,9 549 7,77,16 549 C a lp u r n iu s

deci. 10 418 48 584 C a n o n e s H ip p o ly t i

38

494

C a s s io d o r

var. 3,51,7

609

363

A n h an g C a s s iu s D io

37,18,If- 396 65.11.1 458 78.30.1 457 C a to

agr. 65.1 417 orat. 146 477 C a tu li

64,353ff. 64,384ff. 68,153ff.

416 552, 565 565

C o r n e liu s C e ls u s

1 praef. 16 340 4.22.1 438 7,18 355 C e n s o r in u s

4,9 320 22,11 555 C e tiu s F a v e n tiu s

19

236

C h a lc id iu s

comm. 257 315 C ic e r o

ac. 314 1,6 213 1,21 288 1.24 41, 231, 232 1,29 41, 231 1,34 240 1,39 232 1,41 259 1.43 232 1.44 213, 236 2.14 315 2.15 41, 315 2,21 41, 233 2.24 41 2.37 203 2.38 507 2.39 417 2,52 385 2.64 321 2.65 315 2,75 40, 540 2,86 319 2.106 363 2.107 441

2,112ff. 275 2.117 315 2,117f. 316 2.118 211, 239 2,118f. 41 2.119 211, 277 2.120 40, 41, 240, 257, 277, 320 2.121 275, 318, 319 2,124 315, 321 2,125f. 314 2.127 271 2.128 315 2.129 386 2.131 321, 322 2.132 232 2,134 322 frg. 14 343 ad Q. fr. 3.7.2 303 A rat. frg. 17 217 Arch. 13 567 A tt. 3,23,5 315 7,10 461

Balb. 31 417 41 575 B rut. 43 243 58 218 231 590 Cael. 5 203 33 382 52 610 66 600 carm. frg. 6,30 424 Catil. 2.2 603 3.6 550 3.18 249 3.19 414, 416, 417 4.7 417 Cato 8 508 9 616 13 312 21 367 26 367 29 346

663 51 341 52 319 62 367 64 346 77 238 78 41, 327-330, 332, 538 83 367, 609 Cluent. 10 345 12 413 47 575 74 507 130 600 195 477 cons. frg. 21 V itelli 41, 233, 327-329 frg. 22 V itelli 332, 510 de orat. 1,1 203 1,10 285, 288 1,22 567 1,70 533 1,152 566 1,205 572 1,213 233 1,226 345, 346 1,261 566 2,110 244 2,132 297 2,142 426 2,160 386 2,289 572 2,355 382 2,358 212 3,62 240 3,98 339 3,138 218, 333 3,153 533 3,161 214 3,171 276 3,178 397 div. 1,4 1547 1,18 457 1,21 441 l,31f. 441 1,34 547 1,36 40, 389, 590 1,112 332 1,115 481 1,42 231 1,46 441 1,63 41, 328, 340, 370

2,4 413 2,30 436, 564 2,62 436 2,95 365 2,97 389 2,100ff. 441 2,110 547 dom. 35 454 44 417 fam. 1,13,1 315 1,7,10 600 3,1,1 289 5,12,1 203 5,12,4 397 7,10,4 236 9,26,2 321 12,30, 1 413 13,29, 2 397 13,60, 1 413 fat.

29 417 31 315 fin. 1,18 213 1,30 41, 345 1,36 346 1,43 348 1,64 346, 348 2,19 211 2,31 377 2,36 371 2,40 341 2,86-88 203 2,89 346 2,93 321 2,105 203 2,113 289 3,1 346 3,28 203 3,66 549 3,67 257 4,8 402 4,15 344 4,20 203, 344 4,28 344 4,36 288 4,40 350 4,49 211 4,54 344 4,126 288 5,11 600

664 5.22 240 5.23 348 5,38 436 5,57 463 5,62 440 5,67 261 5,69 288 5,87 213 Flacc. 32 571 60 365 61 417 Font. 34 507 43 389 har. resp. 55 417 inv. 1,2 219 1.23 413 1,103 477 1,105 477 2,66 477 2,160 261, 366 Lael. 23 454 47 417 96 296 leg. 1,15 351 1,22 41, 337, 343 1.24 40, 251, 340, 341 1,24-26 41, 271, 342 l,24ff. 337 1.25 255, 344, 564 1.26 244, 286, 341 1.31 41, 337, 345 1,45 337, 346 1,60 261, 345 2,6 258 leg. agr. 1,18 564 2.32 508 2,8 600 3,20 600 Lig. 8 354 17 286 Manil. 11 578 60 437 Marceli. 11 40, 353

A nhang 29 347 Mil. 34 617 43 507 100 477 Mur. 14 40, 203 61 322 80 417 84 242 nat. deor. 1,4 240 1.18 209, 211, 284 1.19 239, 284 l,19ff. 276 1.20 207, 211 1,23 240 1.26 386 1.27 236, 237 1.28 566 1,33 211 1.36 211, 321, 322 1.38 387 l,38f. 322 1.39 41, 239, 285, 540, 605 1,43 415 1.53 246 1.54 228, 285 1,73 213 1,85 41, 249 1,103 257 1,110 279 1,114 347 1,123 249 1,128 459 2,101 249 2,101f. 459 2.117 455 2.118 585 2,121 261 2.13 247, 248, 459 2.14 457, 459 2.16 262, 540 2.17 41, 389, 400 2.19 239 2.20 315 2,29f. 239 2.37 240, 255 2,40f. 518 2,42 259 2,57f. 518 2,62 387 2,62-64 255

665 2,77 41, 285 2,98 228, 285 2,133 240 2,140 270, 271 2,151 257 2,153 270, 271 2,154 255, 400 2,154ff. 240 2,158 257, 261 2,159 255 3,25 540 3,26 41, 400 3,29 41, 329, 355, 509 3 ,3 0 -3 2 208 3,38 261 3,56 41, 51, 377 3,67 240 3,71 245 3,91 578 3,93 312 3,118 249

off. 1,15 1,22 1,46 1,58 1,72 1,97 1,118 2,12 2,19 3,13 3,21 3,54 3,61 3,117

507 240 348 230 348 532 216 436 609 344, 346 414 243 417 289

opt. gen. 19

221

p. red . in sen. 37

440, 606

parad 1



203

part. 6 33 73 572 77 289 90 290

5,8 414 5,38 337 6,6 437 8,9 609 8,32 463 10,16 202 12,29 374 14,32 511

phil. frg. V 97 M ü l l e r 366 IX 11 M ü l l e r 333 Pis. 42

345 frg. :2 236

Plane. 374 521

90 91

Quinct. 99

367

rep. 1,22 397 1,38 236 1,42 600 1,50 240, 438 1,54 236 1,60 413 1,66 217 2,2 421, 424 2,3 425 2,21 258 2,26ff. 436 2,55 296 3,9 315 3,19 373 3,27 310 6,8 324, 348 6,14 329 6,26 330 6,27 327, 328 6,29 349, 509

S. Rose. 55 315 56f. 218

Scaur. 437

45

Sest, 75

315

Phil.

Sull.

1,13 454 2,7 417 2,20 352 2,29 616 3,29 219

4 338 57 450 82 507

Tim 6

244

A nhang 7 284 26 362 41 344 47 41, 229

top. 11 77

295 33

Tuse. 1,10 532 1.18 512 1.19 383, 385 1.21 333 1.22 333 1.23 40, 252 1.24 321, 329, 383, 385 1,29 346 1,31 333 1,38 40, 41, 332 1,41 321 1.43 322 1.49 333, 510 1.50 332 1.51 321, 383 1.52 41, 370 1.53 327, 328 l,53ff. 361 1.55 328 1.56 330 1.57 328, 330, 331, 538 l,60ff. 339 1,63 209, 284 1,66 234, 327-329, 331, 340 1.68 255, 397, 455 1,68-70 247 1.69 271 1.70 41, 211, 239, 338 1.71 41 1.72 349, 370, 513, 514 1,77 321 1.79 212 1.80 332 1.98 532 1.99 40, 41, 230 1.108 364 1.109 349 1.110 40, 41, 349 1,172 40 2.43 289 2,46 240 2.54 619 3,9 348 3,16 476 3.25 462

3,30 245 3.69 211 4,18 368 5,5 614 5,51 507 5.69 41, 612 5,87 211 Verr. I 49 539 II 1,27 572 II 1,98 339 II 2,114 454 II 2,147 316 II 2,165 214 II 2,191 308 II 3,3 347 II 3,6 347 II 3,53 566 II 3,143 616 II 3,150 255 II 3,199 386 II 4,19 352 II 4,25 616 II 4,63 575 II 4,74 604 II 4,93 352 II 4,110 482 II 4,136 348 II 5,75 396 II 5,123 521 II 5,150 417 II 5,160 214 C IL III 6751 603 VI 1140 600 XI 6,7 599 C ir is 436 462 C la u d ia n 453 3,380ff. 560

rapt. Pros. l,395ff.

457

C o d e x T h e o d o s ia n u s 15.14.1 595 C o lu m e lla 1.6.2 497 3,2,4 455 4.27.2 436 5,7,2f. 456 6.3.2 520 7.12.1 436

667

Stellenindex 8.4.6 558 9,2,2 533 11,2,14 474 11,2,38 474 L u c a n i C o m m e n ta B e r n e n s ia 7.1 213 C o m m o d ia n

392

apol. 809ff. 449 823ff. 449 833ff. 470 842f. 456 863f. 556 891ff. 449 903f. 459 906ff. 445 995f. 523 844 456 845 456 846 455 892 471 901 461 925 418 928 418 932 471 992 539 1001 461 1014 461 9011 445

instr. l,24,15f. 535 1,26,12 463 1.41.6 445 1.41.8 470 l,41ff. 574 1,42,35 556 l,42,37f. 572 1.44.1 539, 544 1,44,4 548 1.44.9 544, 548 1,44,Iff. 506 l,44,37f. 545 2.7.1 619 2,39,19 583 C o n s u lt a t io 2.6 390 C o r p u s H e r m e t ic u m

CH I 12 251 IV 2 375, 376 IV 4 268

V 6 251, 252 VI 1 256 VII 2 381 XIII 6 520 XIII 21 486 XIV 4 375, 376 frg. 8a N o c k / F e s t u g i è r e frg. 8b N o c k / F e s t u g i è r e frg. 9 N o c k / F e s t u g i è r e frg. 14 N o c k / F e s t u g i è r e frg. 15 N o c k / F e s t u g i è r e NHC VI 51, 402, 485, 486

251 51, 251 549 51, 342 51, 375

Ps. A pul. Asci. 2 520 6 401 7 267 7f. 251 8 252, 262, 267, 375, 376 9 375 10 251 11 51, 267, 268, 342 14 350 16 260 19 251 20 486 22 375 22f. 486 24 415, 510 25 450, 453-457, 460, 461, 463, 476 25f. 412, 453, 485 26 51, 256, 402, 415, 454, 486 28 510 29 486 30 339, 401 C u r tiu s R u fu s

4,10,2 458, 459 4,14,19 531 5,1,34 353 6.2.7 440 6,2,15 347 7.7.7 491 8,9,36 460 9,6,12 418 9,8,20 408 10,10,9 606 C y p r ia n

ad Donat. 50 3 218, 617 4 288 11 618 14 590 Demetr. 50

668

1 218, 220, 590 3f. 402 3ff. 570 6 231 7 455, 456 9 470 12 502, 549 16 271, 286, 341 22 407 24 518 26 513, 586, 613 domin. orat. 1 220 6 243 13 550 34 497, 582 eleem. 1 600 6 350 7 217 12 385 16 50, 290 18 286 22 388 23 600 epist. 3.2.2 396 9.1.2 604 10.1.2 604 10.2.2 385 10,4,4 620 11.6.2 289 11.8.3 482 13,6 390 14,2,2 257 16.1.1 590 37.2.2 388 37.4.2 204 38.1.2 549 43.3.1 463 45.1.2 331 51.1 599 54,13 473 55.6.1 599, 603 57.4.3 478 58.4.2 478 58.10.1 513, 526 59.3 499 59.4.1 495 59,20,2 220 63,8,4 617 64.1.1 396 66.2.1 377

A nhang

69.2.2 287 73,10,3 249, 301 73.12.1 287 73.5.2 535 74.10.2 236 76.1.2 388 76.1.3 602 Fort. 1 570 4 288 10 48, 490 11 48, 391, 397, 453, 455, 543 12 495, 525 13 48, 610 praef. 2 391 hab. virg. 2 204 6 243 14 561 laps. 2 617 11 217 35 385 m ortal. 2 453, 455 8 374 12 219 14 50, 350, 351 25 570 26 513, 600, 620 patient. 4 255 7 304, 617 18 602 23 221 sent, episc. 6 231 10 287 29 287 testim . 1,4 409 1.20 397 1,89 577 2.1 618 2,13 224 2.19 496, 545 2.21 582 2.22 407 2,28-30 48 3.19 606 3.20 551, 582 3,31 506 3,34 406, 407

669

Stellenindex unit. eccl. 2 204, 374 11 617 16 570 22 618 zel. 1 463 5 385 6

E n n iu s

ann. 214 481 501 423 frg. var. 118 387 scaen. 43 231 151ff. 456

220

14 520 Ps. Cypr. ad Novat. 2,8 385 12,4 409 Ps. Cypr. mont. 4 391 Ps. Cypr. tract. 64 506 D e m o k r it

DK 68 A 139

320

D em o sth e n e s

or. 18,127

532

D ic t y s C r e te n s is

2,12 4,22 5,17

537 537 421

E p ik u r

epist. Hdt. 63ff. 360 73f. 213 76f. 276 epist. Men. 123f. 276 124 278 125 372 126 278 129f. 279 epist. Pyth. 88f. 213 frg. 304 U s e n e r KD 1 276 2 372

D id a c h e

E uhem erus

16,4

test.

472, 473, 498

67 WiNiARCZYK

D id y m o s

E u r ip id e s

Gen. 7,6 487

Heracl. 460 487 1346 256

D ig e s t e n

5,6,6,5 praef.

477

D io d o r

1,10,1-3

320

D io n C h r y s o s to m o s

32,13

441

D io n y s io s v o n H a lik a r n a ss

ant. l,413ff. 422 3,70ff. 441 D onat

Ter. Phorm . 249,2 611 E lia s

in Porph. 33 532

213

E u seb

h.e. 3,8 419 5,23,3f. 495 5,23ff. 494 8,2,4f. 7 8,6,10 7 8,6,8 7 8,7-10 7 8,12,6-11 7 9,9a,19 593 10,5,4 602 10,5,18 602 10.6.1 604 10.7.1 603 10,8,10 594 10,8,12f. 595 10,8,14ff. 594

387

10.9.3 10,9,3f. 10.9.5 10.9.6 10.9.8

594 595 595 601 595

l. C. 6 513 m. P. 3.1 7 4.8 7 5.3 7 9.2 7 PE 5.16.1 378 12,6,23 532 13,10,11 532 v.C.

l,51ff. 594 2,1,Iff. 594 2,4,2ff. 594 2,5,Iff. 594 2,11,lf. 594 2.13.2 602 2,15 594 2.16.2 601 2,17 604 2.24 597 2,24ff. 596 2.25 602 2.26.2 603 2.28.2 597, 606 2.29.1 597 2,30ff. 595, 597 2.31.2 602 2,38 606 2,42 603 2.46.2 601 2.49 602 2.50 377 2.55.2 599, 603 2.65.2 600 3.18.2 495 3.18.6 495 F ir m ic u s M a te r n u s

err. 21,5 24.2 25.2

550 582 374

F lo r u s

epit. 1 praef. 4ff. 425 1 praef. 8 434

1.3.1 433 1,30 417 1.47.6 417, 424 3.21.6 217 4,7,14 537 F r o n tin aq. 9.5 396 st rat. 2,3,17a 410 2.4.8 286 F r o n to p. 4,21f. VAN DEN HOUT p. 153,4 403 p. 166,20 599 p. 214,12 546 G a iu s inst. 2,78 351 G a u d e n tiu s serm. 9,23 589 18,36 287 G e lliu s 397 1,9,7 282 1,15,15 436 2,21,3 396 3,10,Iff. 396, 397 3,10,2 396, 397 4.16.5 353 7,1,Iff. 540 10,3,13 482 12,2,20 258 15.13.8 217 18.4.6 590 19.1.1 263 G e r m a n ic u s 137 411 H e g e s ip p 6,44 419 H e m in a hist. 24 422 H e r a k le id e s P o n tik o s frg. 89 W eh rli 540 H e r o d ia n Epim. 56 342

228

671

Stellenindex H erodot

1,209 441 1.5.4 424 7,171 454 H e s io d

op. 106ff. 552 117f. 556 118ff. 557 122f. 411 182-185 477 182-194 475, 476 182ff. 411, 412 187 415 189 412 19 Off. 411 191 411 192f. 412 195f. 411 199f. 411 199ff. 411 243 454 571ff. 459 Th. 124 459 H esy ch

s.v. θεοπίς

342

H ie r o n y m u s

adv. Rufin. 3,39 534 chron. а. Abr. 2336 594 epist. 51.4.6 589 54.13.2 385 70.5.2 3 120,9 612 121,11 572 123,1 572 125,15 566 130.5 575 in Am. 2.5 464 in Dan. 1.2 424 in Eph. 2.4.6 235 in Ezech. б, 19558 14,45,18ff. 555 in Is. 2,5,25 558

12.44.24 556 16,57 235 in M atth. 25,6 491, 494 in psalm. 103 vers. 18 542 interpr. lob. 10,17 546 vir. ill. 76,3 493 79 3 80.1 3 80.2 3, 262 80.3 12 H ila r iu s

coli, antiar. app. 1,1,1 602 H ip p o ly t

393, 394 499

antichr. 5 499 6.1 472 14,2 471 25.1 445 28 449 46,3f. 499 49.2 449 52.1 445 53 472 56.1 474 58.4 474 61.24 474 61,9 474, 475 Dan. 4.5.4 575 4.12.2 575 4,14,Iff. 445 4.21.3 572 4,21,4f. 575 4,23,3f. 568 4,23,3ff. 393 4.23.5 398 4.24.5 398 4.50.3 474 haer. l,21,2ff. 541 Noet. 1,7 543

H is to r ia A u g u s t a

Car. 2,Iff. 425 3.1 434

A nhang

Pese. 8,3

420

Valer. 6,7

599

H om er II.

2,447 381 2,471 565 8,539 381 ll,67ff. 416 13,533ff. 378 16,643 565 16,806ff. 540 18,489 396

Od. 3,420 565 5,136 381 5,201ff. 565 5,275 396 ll,576ff. 521 11,578 521 H o m e ris c h e H y m n e n Ap.

118

556

H o ra z

ars 181

355

carm. 1.22.8 441 l,24,6f. 414 2,3,20 616 2.7.2 433, 495 2,14,25ff. 616 2,19,10 556 2,19,llf. 556 3,4,77f. 521 3,23,5f. 455 3,24,42-44 216

1,8,3 1502 1,9,69 395 H y g in

astr. praef. 1,5 396 2,15,2 344 4,14,4 396

fab. 2,1 454 112,2f. 540 112,3 540 Ire n a u s

392

epid. 67

558

haer. 1,13,1 1,29,1 2,33,2 3,12,7 4,14,1 4,20,5 4,30,4 5,23,2 5,24,4 5,25,1 5,25,2 5,25,3 5,25ff. 5,26,1 5,28,2 5,28,3 5,29,1 5,30,2 5,30,4 5,33,4 5,36,1 5,36,3

499 251 535 543 256 408 406 398, 472 472 499 474, 499 445 473 391, 474 445, 397, 557 546 506

401

475

392, 398 471 472, 475

Is id o r

carm. saec.

orig.

57

epist.

6,17,12 494 13,21,12 441

1,1,48 230 1,12,12 213

Iu liu s V a le riu s 1,44 390

414

epod. 7,9f. 417 16 552 16,lf. 417 16.2 424, 438, 576 16,43ff. 560 16,51f. 557

I u s tin u s 5,8,4 J578 12,16,5 422 15,4,10 422 41,1,Iff. 422 43,1,2 575

sat.

Iu v e n c u s 3,17 582

1.8

381

673 J o s e p h u s F la v iu s

2,119,1 545 protr. 4,53,3 520 ström . 1,13,57,6 316 5,1,9 541 5,9,58 532 6,11,86 523 6,43,1 53 6,50,2 557 7,34,3 520

ant. 8,319 470 8,328 470 18,35 471 1 8 ,2 5 6 -3 0 4 472 b ell. Iud. 2 ,8 4 -2 0 3 472 6,312ff. 419

J u s t in

69

1 apol. 8,4 5 3 2 -5 3 4 9 , Iff. 502 1 0 ,If. 256 10,3 542 10,3f. 256 13,30 471 18,3 382 19,3 535 19,4ff 542 20,1 53, 67 28,2 575 44,12 53 52,3 221, 490 2 apol.

7,1

or. s.c.

4

19ff. 562 26 607 L a k ta n z ep it. praef. 1 praef. 2 praef. 3 1,3 248,

2,5

525

540

K ery g m a P e tr i von

D o b sc h ü t z

53

K le m e n s v o n A le x a n d r ie n p aed. 1,60,3 1,65,3

496 496

235, 531

3,5 4,2 4,3

244 211 540

4,4

51, 251, 377

4,5 5,1

226 402

7,1

286

frg. 191,49ff. P f e if f e r

3,4

5,3 291, 416, 543, 6,2f. 244, 284

K a llim a c h o s

frg. 18

551

3,16 439 3,2 402

539 450, 472, 475, 498 496 470 496 544 398, 401 506, 544, 585 472, 498 496 582 558 582

Juvenal 15,147

224, 566 609 461, 562 283

2,10 342 2,16,1 543

223

5,6ff. 3 2 ,3f. 34,2 4 9 ,2f. 61,1 80,5 81,3 81,4 110,2 113,1 113,4 114,1 132,1

273

18 71 18,2 461, 502, 504

575

dial.

5,3

K o n s ta n tin

531

9,2 251 11.1 400, 20.1 555 20,4 270 20,9 270 20,10 601 20,14 524 21.3 551 21.4 460, 21,5 212, 22,1 231 22,2 251, 22,3 202

528, 533

551 338 300

22,3f. 301 22,4 202, 301 22,5 401 22,10 290 23,3 242, 388, 23,6 231 23,9 440, 603 24,1 549 24,Iff., 260 24,3 296, 347 24,4 262, 540 24,5 397 24,6 540 24,11 301 25,1 536 25,2 221 26,2 321 26,4 226 26,5 316 26,6 321 28,3 321 28,5 322 28,9 219, 273 28,10 211 29,1 320 29,5 261 29,7 219, 289, 29,8 217 31,4 319 31,5 312, 402, 31,7ff., 372 31,9 540 32,1 231 33,6 321, 322, 33,10 308 34,7 321 34,9 213, 540 35,4 213, 236 35,5 226 36,3 551 37,2 486 37,3 280 37,4 402 37,5 317, 487 37,8 467 38,4 322, 559 38,8 492 38,9 372 39,4 577 39,7 220 40,3 475 40,7 395 40,8 471

470, 606

306

514

549

41,7 42,2 44,1 44,3 46,4 46,5 47,1 47,5 48,2 49,1 50,5 51,1 52,lf. 52,2 52,5 52,8 52,9 53,1 54,1 54,3 54,4 54,5 55,4 56,5 57,5 57,7 58,2 58,4 58,9 59,1 59,2 59,8 61,1 61,2 61,4 61,7 62,2 62,3 62,4 62,6 62,8 63,1 63,7 63,8 63,8f. 63,9 64,1 64,2 64,3 64,3f. 64,4 64,5 65,1

402 401, 472 395, 402 221 346 437 339, 610 227, 475 590 347 211 587 225 476 202 476 202 515 350 369 605 202 476 536 202, 260 375 559 270 610 477 601 227, 408 590 202 202 241 319 409, 566 383 246, 319 242, 330 239 240, 368 202, 210, 367 327 249, 372, 538 306, 374 246 263, 264 275 244 551 331

675 65,2 331 65,4 278, 286 65,5 320, 343 65,6 33, 38, 249, 333, 380, 567 65,7 569 65,8 242, 402 66,1 56, 61, 225, 337, 402, 413f., 491f. 66,If. 56 66,2 413 66,3 447, 448, 450, 477 66,3-6 56 66,4 454 66,5 61, 459, 485 66,6 402, 461, 481 66,7 405, 467, 468, 584 66,8 473, 573 66,10 56 67,1 498, 500, 503 67,If. 56 67,2 56, 257, 549, 550 67,3 202, 492, 503, 549, 551 67,3-£i 56 67,4, 455 555 67,4f. 555 67,5 525 67,6 56, 549, 551 67,7 549, 582 67,8 479, 585, 586, 588 68,1 55, 56, 61, 402, 480 68,3 475, 562, 611 68,4 7 68,5 270 frg. 2 227 4 202 inst. 1,1,1 310, 353 1,1,3 206 1,1,4 220, 298, 417 1,1,5 226, 228, 308 1,1,6 21, 229 l,l,6 f. 567 1,1,7 216, 289, 304, 354, 587 1,1,8 234 1,1,9 226, 617 1,1,10 297, 590 1,1,12 14, 76, 204, 258 1,1,12f. 592 1,1,13 598, 599, 601, 603 1,1,13 -16 13, 591, 592, 598 1,1,15 340, 586, 611 1,1,16 600

1,1,17 610 1,1,18 4 1,1,19 214, 226 , 298, 536 1,1,20 609 1,1,21 332 1,1,22 226, 567 , 617 1,1,23 528 1,1,23f. 528, 530 1,1,24 528 1,1,25 610 1,1,29 528 1,1,29f. 528 1,2,1 310, 600 1,2,1-6i 21 1,2,Iff. 249 1,2,2 213, 312, 319 1,2,3 213, 263, 333 1,2,5 311, 312, 319 1,2,25 413 1,3,1 249 1,3,1-24, 206 1,3,2 421 1,3,3 340 1,3,5 577 1,3,7 229 1,3,9 228, 234, 351 1,3,12 234, 277 , 603 1,3,13 228, 312 , 613 1,3,14 612 1,3,16 613 1,3,21 249 1,4,If. 374 1,4,Iff. 206 1,4,2 231, 374, 467 1,4,6 339 1,4,7 220 1,4,8 440 1,5,1 374, 467 1,5,1-28 33 1,5,2 374, 528 l,5,2f. 528 1,5,8 551 l,5,8ff. 411 1,5,9 233 1,5,10 321, 481 1,5,11 235, 531 1,5,I l f . 235 1,5,13 244 1,5,14 528 l,5,14f. 528 1,5,17 332 1,5,19 217, 312 1,5,20 285, 540

1,5,22 211 1,5,23 36, 209, 239 l,5,23f. 234 1,5,25 41, 233, 327, 328, 331 1,5,26 532 1,5,28 400, 577 1,6,1 33, 377 1,6,Iff. 373 1,6,1-5» 51 l,6,2f. 41, 377 1,6,2-5» 33 1,6,4 277, 603 1,6,6 530 1,6,6-17 33 1,6,7 402 1,6,7-12 68 1,6,7-13 69 l,6,7ff. 428 1,6,9 441, 540 1,6,10 470 1,6,12 441 1,6,13 35, 71, 372 1,6,14 223 1,6,16 276, 284 1,6,17 34, 53, 589 1,7,1 379, 380 1,7,1-12 33 1,7,2 484 1,7,8 281 1,7,9 52 1,7,10 52 1,7,12 587 1,8,1 36, 226, 234, 239 1,8,2 239, 276, 516 1,8,3 70 l,8,5f. 244, 284 1,8,6 229, 244 1,8,7 586 1,8,8 313, 354, 388, 531 l,8,8f. 387 l,8,8ff. 387 1,8,21 387 1,9,1 388 1,9,2 387 1,9,3 203 1,9,8 530 1,10,2 558 1,10,3 352 1,10,7 371 1,11,14: 577, 604 1,11,15» 565 1,11,2 528 1,11,22! 388

1,11,24 400, 530 1,11,29 243, 244 1,11,30 400 1,11,31 223 1,11,35 387 1,11,42 250 1,11,44 221, 326 1,11,54 530 1,11,57 331 1,12,1 214 1,12,10 460 1,12,Iff. 313 1,13,1 602 l,13,8ff.. 554 1 ,1 3 ,1 0 fr .

416

1,13,12 531 1,14,1 530, 571 l,1 4 ,1 0 flf.

1,15,2 1,15,8 1,15,12 1,15,16 1,15,24 1,15,26 1,16,14 1,16,17 1,16,4 1,16,6 1,16,7 1,17,1 1,17,7 1,17,9 1,18,3 1,18,6 1,18,13 1,18,15 1,18,18 1,18,25 1,19,5 1,19,7 1,20,3 1,20,7 1,20,8 1,20,20 1,20,21 1,20,25 1,20,36 1,21,2 1,21,12 1,21,18 1,21,27 1,21,29 1,21,32

428

565 319 531 203 349 263 397 402 530 245 397 507 493 388 289 387 388 618 214, 320 252 528 263 590 456 528 312 340 536 416, 602 475, 493 559 559 530 528 577

677 1,21,42: 575 1,21,44: 530 1,22,3 533 1,22,6 439 l,22,10f. 428 1,23,1 326 1,23,4 443 2,1,1 285, 310 2,1,2 77, 591 2,1,3 308, 310 2,1,4 258, 289 2,1,5 601 2,1,6 310, 440 2,1,10 440 2,1,14 270, 286, 341, 352 2,1,14f. 341, 342 2,l,14ff. 270 2,1,15 278, 286, 342 2,1,171. 342 2,1,18 260 2,2,6 513 2,2,7 303 2,2,8 239 2,2,10 328 2,2,11 263 2,2,14 428 2,2,141. 502 2,2,18 611 2,2,19 270, 272, 342 2,2,20 341 2,2,23 341, 353, 390 2,2,24 217, 346, 601, 618 2,3,2 218 2,3,6 502 2,3,7 338 2,3,8 355, 363 2,3,9 305 2,3,11 619 2,3,14 239 2,3,17 214 2,3,21 308 2,3,23 226, 316 2,3,24 428 2,3,25 227 2,3,38 512 2,4,2 347 2,4,5 308 2,4,10 599 2,4,11 524 2,4,14 432 2,4,15 312 2,4,19 244 2,4,22 206

2,4,24 316 2,4,36 414 2,4,48 239 2,5,1 582 2,5,1-42 21 2,5,3 244, 566 2,5,5 276 2,5,7ff. 232 2,5,10 385 2,5,13 317 2,5,18 397 2,5,19 319, 460 2,5,20 577 2,5,23 248, 283 2,5,29 245, 331 2,5,31 274 2,5,32 400 2,5,34 229 2,5,36 416 2,5,37 240, 256, 400 2,5,39 440 2,5,40 295 2,5,411. 236 2,5,42 307, 371 2,6,1 493 2,6,3 524 2,6,13 299 2,6,16 203 2,7,7 231 2,7,20 546, 547 2,7,22 441 2,8,Iff. 389 2,8,1-8ί 21 2,8,3 370, 612 2,8,3 add. 260, 281,295 2,8,31. 20 2,8,3ff. 293, 591 2,8,3-7' 76 2,8,19 276 2,8,24 227 2,8,29 255, 299, 516 2,8,30 440 2,8,31 386 2,8,33 260 2,8,38 509 2,8,39 517 2,8,40 250 2,8,43 571 2,8,45 402 2,8,47 571 2,8,48 239, 566 2,8,49 38, 213, 249, 385 2,8,5 319, 471, 549

Anhang 2.8.5 add. 239, 303 2,8,50 218 2.8.54 245 2.8.55 615 2.8.6 76, 549 2.8.6 add. 295 2.8.6 add. 2 250, 299 2.8.6 add. 3-5 260 2.8.7 276 2,8,7-12 21 2.8.8 542 2.8.8 - 2,10,3 21 2.8.8 - 2,9,15 20 2,8,8ff. 283 2,8,61 400 2.8.63 320 2.8.64 229, 252, 279, 2 8 2 2,8,64f. 226 2.8.65 230, 312 2.8.66 223 2.8.67 229 2.8.68 226, 260, 376 2.8.69 281 2.8.70 559 2.8.71 343 2.9.1 307, 320, 604 2,9,Iff. 283 2.9.2 282, 283, 551 2.9.3 201, 202 2,9,4-8 21 2.9.5 299, 419, 612 2.9.6 344 2.9.11 396, 612 2.9.12 256 2,9,16-19 21 2,9,21 509 2,9,26 289 2,10,Iff. 279, 283 2.10.2 269, 308, 313 2,10,2-4 20 2,10,2ff. 250 2.10.3 244, 260, 400 2,10,5f. 528 2.10.6 242, 441, 533 2.10.8 530 2.10.9 531 2,10,9f. 225 2.10.12 284, 528 2.10.13 284, 400 2.10.14 251, 252, 333 , 3 7 6 2.10.15 252, 263 2.10.16 234 2.10.16 - 2,11,14 21

2.10.17 2.10.172.10.18 2.10.182.10.21

208, 211 25 20, 207 212 22 208 571

2 10.22

212

.

2,10,23f. 208 2.10.25 210, 211, 388 2.10.26 5, 20, 202 2.11.1 340 2,11,4 460 2.11.13 319, 577 2.11.14 550 2.11.18 33, 70, 319, 543 2.11.19 320, 366 2.12.1 251 2.12.1- 14 21 2.12.10 290 2.12.11 239, 299 2.12.13 475 2.12.14 381, 388 2.12.15 283 2,12,15-14 20 2.12.16 303 2,12,16ff. 300, 301 2.12.17 325 2,12,17ff. 273 2.12.18 300 2.12.19 20, 503 2,12,Iff. 283 2.12.2 299 2,12,21 320 2,12,21ff. 401 2.12.3 259, 280, 281, 284 2.12.7 202, 258, 259, 281, 301, 344 2,12,7-9 18 2.12.8 259 2,12,8f. 350 2.12.9 350 2.13.1 225, 299 2.13.1- 13 20 2.13.3 401 2.13.6 223 2.13.7 287 2.13.12 341, 343, 410 2.14.1 281, 370, 600 2.14.1 - 2,16,21 20 2,14,Iff. 280 2.14.3 218, 281, 587 2.14.4 549 2.14.7 411 2.14.8 471 2.14.9 36

679 2,14,11 220 2,14,Uff. 482 2,14,14 259, 441, 515 2,15,2 242, 559, 604 2,15,3, 409 2,15,5, 273 2,15,5f. , 272 2,15,6ίί 273 2,15,7, 485 2,15,8, 412 2,16,1, 231, 382 2,16,3 287 2,16,5 281 2,16,50'. 280 2,16,6 281 2,16,8 281, 615 2,16,10 218 2,16,12 549 2,16,13 559 2,16,13f. 231 2,16,14 441, 577 2,16,16 417 2,16,19 406 2,16,20 341, 603 2,17,1 5, 260, 347 2,17,2 577 2,17,4 603 2,17,5 20, 549, 587 2,17,6 503 2,17,9 270, 282, 610 2,17,11 352, 440 2,17,lf. 18 2,18,1 242, 270, 342, 535 2,18,3 373 2,18,5 331, 342 2,18,6 270 2,19,5 218 2,29,10 343 2,29,25 343 2,31,2 606 3,1,1 77, 591, 615 3,1,5 372 3,1,6 229, 230 3,1,8 406 3,1,10 589 3,1,12 33, 231 3,1,13 262 3,3,3 319 3,3,4 612 3,3,6 275 3,4,lf. 321 3,4,2 315 3,4,3 227

3,4,7 227 3,4,11 275 3,4,12f . 227 3,5,2 460 3,6,3 299, 331 3,6,4 260, 285 3,6,5 275 3,6,7 315, 321 3,6,8 227, 346 3,6,20 275 3,7,2 606 3,7,7 321, 346 3,7,8 211, 321 3,7,9 566 3,7,10 275 3,8,1 507 3,8,6 321 3,8,20 322 3,8,26 513 3,8,27 352 3,8,32 221 3,8,35 344 3,8,38 211 3,8,40 387 3,9,10 276 3,9,11 249, 276, 277 3,9,12 212 3,9,13 470 3,9,14 307 3,9,16 255 3,9,17 278 3,9,19 273, 606 3,9,2 306 3,10,2 352 3,10,4 281 3,10,6 228 3,10,7f . 340 3,10,9f. 603 3,10,11 270, 341 3,11,2 610 3,11,3 389 3,11,6 513 3,11,9 298 3,11,14: 310 3,11,181 218 3,12,1 285 3,12,1- 36 18 3,12,Iff. 368 3,12,2 259, 362, 515 3,12,2ff. 219 3,12,3 512 3,12,6 202, 260 3,12,7 298

3,12,7f. 206 3,12,8 353 3,12,9flf. 325 3,12,11 618 3,12,llf. 611, 620 3,12,12 202 3 , 12 , 12fr. 203 3,12,13 202 3,12,14 306 3,12,14--18 202 3,12,18 344, 388 3,12,20 278 3,12,23 201, 202, 245, 353 3,12,25 281, 331, 342, 369; 398, 512 3,12,26 270 3,12,30 201, 202, 310 3,12,31 342 3,12,34 516, 547 3,12,35 206, 216, 297 3,13,1 325 3,13,2 333 3,13,3 5, 21, 201, 242, 334 3,13,7 330 3,13,8 218 3,13,12 3 3,13,13 230 3,13,14 349 3,13,14fr. 614 3,14,1 614 3,14,4 274 3,14,7 203 3,14,10 218 3,14,11 226, 333 3,14,17 507 3,14,20 220 3,15,5 227 3,15,7ff. 226 3,15,9 525 3,15,10 201, 217 3,15,14 338 3,15,15 321 3,15,19 346, 590 3,15,21 220 3,16,1 219 3,16,Iff. 428 3,16,3 525 3,16,7 525 3,16,10 331 3,16,16 320, 326 3,17,2 258, 339 3,17,4 577 3,17,11 316 3,17,14 381

3.17.19 276 3.17.20 311 3,17,20f. 246 3.17.21 319 3.17.23 38, 213, 249 3.17.24 212 3,17,26 439 3.17.28 337 3.17.29 249 3.17.30 372 3.17.33 312, 566 3.17.34 5, 21, 33, 213, 312, 333, 361 3.17.35 310 3,17,36 289 3.18.1 538 3.18.5 322, 381, 540 3.18.6 213, 535 3.18.13 227, 611 3.18.14 385, 615 3.18.15 540 3.18.16 332, 534 3.19.1 310 3,19,Iff. 507 3,19,3ff. 369 3,19,5f. 510 3.19.6 329 3.19.8 227 3.19.9 507 3.19.10 388 3.19.18 385 3.19.19 332, 372, 538, 540 3.20.7 507 3.20.11 270, 278 3.20.13 319 3.20.14 236, 256, 421 3.20.17 533 3,21,6 339 3.22.9 246 3.22.10 351 3,23,16 225 3.23.5 513 3.23.8 322 3.24.5 248 3.25.2 261, 303 3.25.5 218 3,26,1 238 3.26.9 287, 398 3,26,13 288 3,27,Iff. 315 3,27,3ff. 566 3.27.4 219 3.27.5 279 3.27.9 428

S te lle n in d e x

3,27,11 19, 590 3.27.13 202 3.27.15 259, 299 3.27.16 202, 270, 342 3.28.1 281, 606 3,28,4 319 3,28,12ff. 226 3.28.13 213 3,28,13f. 236 3.28.16 270 3.28.17 275 3.28.19 243 3.28.20 211 3.28.21 372 3,29,3ff. 278 3.29.8 531 3,29,13ff. 260 3.29.14 202 3.29.16 219, 297 3.29.17 346 3,29,19 229 3.30.1 213 3,30,Iff. 226 3.30.3 272, 343 3.30.9 374, 467 4.1.1 77, 591, 606 4.1.2 575 4.1.7 440 4.2.3 308 4.2.4 332, 377 4.2.5 337, 496 4.2.6 214 4.3.3 602 4.3.10 291, 601 4,3,14ff. 277 4,3,20 347 4.4.2 291, 528 4.4.3 343 4.4.5 325, 374 4,4,5f. 19 4.4.6 209, 234, 239, 244, 4.4.9 255 4.4.11 281 4.5.1 221 4.5.2 375 4.5.3 374 4.5.5 239, 443 4.5.6 443 4.5.8 481, 571 4.5.9 395, 604 4.6.1 550 4.6.2 223, 280, 281 4.6.3 441, 543

258, 307

681

4.6.4 51, 281, 485 4.6.5 565 4,6,9 209, 486, 487 4,6,65 239 4.7.1 549 4.7.2 225, 281 4.7.8 5, 19 4.7.9 202 4.8.1 298 4.8.6 516 4,8,6ff. 280, 281, 515 4.8.8 401 4.8.9 277, 281, 282 4.8.11 243 4,8,12f. 440 4.8.14 276 4.8.15 618 4,8,30 224 4.9.2 322 4.10.1 220, 225, 281, 308, 344, 351, 473, 492, 497 4.10.3 218, 351, 472 4.10.4 404 4.10.5 - 4,11,10 20 4.10.5- 13 403 4.10.5- 8 403 4.10.6 277, 408 4.10.11 559 4.10.14 471 4.10.18 222 4.10.19 308, 404 4.11.1 202, 222 4.11.2 400 4.11.3 475 4.11.6 586 4.11.7 222, 549, 604, 616 4.11.11 473, 481 4.11.14 226, 348, 372 4,ll,1 4 f. 613 4.11.15 508, 536 4,12,1 239 4,12,lf. 20 4,12,Iff. 221 4,12,5 537 4.12.8 535, 558 4.12.10 222, 558 4.12.11 566, 603 4.12.12 558 4.12.14 224, 550 4,12,14f. 221 4.12.15 344, 537 4,12,17 222 4.12.20 424, 534

4,12,21 5, 19, 225, 479, 492, 551 4,12,22 221 4,13,6 441 4,13,7 577 4,13,10 226 4,13,11 52, 378, 379 4,13,14 226, 589 4,13,17 470 4,13,18 372 4,13,22 308, 586 4,13,22ff. 473 4,13,24 438 4,13,26 367 4,14,1 222 4,14,7 470, 495, 550, 600 4,14,8 586 4,14,11 494 4,14,13 281, 558 4,14,14 470 4,14,17 272, 496, 549, 601 4,14,20 492, 503 4,15,1-31 20 4,15,2 287 4,15,3 582 4,15,4 470 4,15,8 287 4,15,13 503 4,15,16 294 4,15,21 263 4,15,22 473 4,15,26 35 4,15,26f. 69 4,15,28 339 4,15,29 547 4,16,1 492 4,16,1 - 4,20,2 20 4,16,4 220 4,16,11 222, 299 4,16,13 221 4,16,17 401 4,16,19 216 4,17,1 395 4,17,3 372 4,17,10ff. 399 4,17,12 496 4,17,16 367, 378 4,17,16f. 367 4,17,18 289 4,17,20 309 4,17,21 218, 439 4,18,4 471, 472, 535 4,18,12 409, 410 4,18,19 439

4,18,23 222 4,18,30f\ 440 4,18,33 516 4,19,1 222 4,19,6 472 4,19,8 472 4,19,9 401 4,20,1 549 4,20,4 221 4,20,5 346, 349 4,20,6 551 4,20,7ff.. 616 4,20,11 222 4,21,2 354, 390, 402 4,22,2 330 4,22,5 481 4,23,Iff. 226 4,24,Iff. 226 4,24,3 229 4,24,4 219 4,24,6 338 4,24,8 278 4,24,9 229 4,24,10 219 4,24,14 289 4,24,17 226, 229, 353 4,24,19 229 4,25,1 604 4,25,1-10 19 4,25,2 473 4,25,5 388 4,25,6f. 367 4,25,7 536 4,25,8 228 4,25,9 367 4,26,2 374 4,26,3 472 4,26,3-16 618 4,26,4f. 385 4,26,6 231 4,26,7 287 4,26,8 563 4,26,9 402 4,26,10 220 4,26,12 514 4,26,13 537 4,26,14 281 4,26,18 477 4,26,19 281, 474 4,26,20 358 4,26,21 481 4,26,21ff. 400 4,26,22 229, 273

683 4,26,23 279, 316 4,26,24 386 4,26,25 202 4,26,27 355 4,26,28 349 4,26,31 367 4,26,34 272 4,26,36 409 4,26,37 403, 408 4,26,37f. 406 4,26,39 222, 406 4,26,40 493 4,26,42 5, 202, 406, 407, 462 4,27,11 481 4,27,14 402 4,27,16 229 4,27,17 248 4,27,18 382 4,27,Iff. 474 4,27,20 382 4,27,4 202 4,27,5 473, 559 4,27,6 282 4,27,7 606 4,28,13 258 4,28,15 531 4,28,18f . 382 4,28,2 281 4,29,10 577 4,29,14 603 4,29,15 590 4,29,6 363 4,30,5 223 4,30,6 354 4,30,8 214, 441 4,30,10f. 473 4,30,11 599 4,30,1 lf . 505 4,30,14 224 4,30,15 201 5,1,1 77, 551, 567, 591 5,1,3-7 5 5,1,6 409, 536 5,1,8 589 5,1,9 344, 609 5,1,10 531 5,1,14 220 5,l,14ff. 588 5,1,15 34 5,1,20f. 588 5,1,22 49, 511 5,l,22ff. 4 5,1,27 576

5,2,1 588 5,2,2 3, 4, 11, 473 5,2,3 217, 547 5,2,3f. 290 5,2,4 400, 474 5,2,5 413 5,2,13 395 5,2,13ff. 298 5,3,1 211, 321 5,3,2 214 5,3,4 495 5,3,8 385 5,3,9f. 495 5,3,13 346 5,3,17 241, 588 5,3,18 441 5,3,19 223, 566 5,3,24 225 5,3,25 590 5,4,1 4 5,4,1-8 34 5,4,3 49, 218, 590 5,4,6 33 5,4,8 577 5,4,12 505 5,5,1 531 5,5,1 - 5,7,2 20 5,5,1-14 553 5,5,2 439, 553 5,5,3 553 5,5,5 217, 562 5,5,7 553, 556 5,5,9 411, 554, 573 5,5,9ff. 411, 553 5,5,11 473 5,5,13 300, 603 5,6,4 616 5,6,6 489 5,6,11 481 5,6,Iff. 352 5,7,1 611 5,7,2 273, 553 5,7,3 297 5,7,3ff. 260 5,7,4 297 5,7,5 297 5,7,9 298 5,7,10 297 5,8,3 553, 554 5,8,4 287 5,8,5 559 5,8,6f. 354 5,8,8 600

684 5,8,10 565 5,9,1-13,21 20 5,9,2 352 5,9,3 352, 454 5,9,4 281 5,9,6 227, 239 5,9,10 475, 536 5,9,15 476 5,10,3 531 5,10,13 281 5,10,13ff. 605 5,10,14 559, 602 5,11,5 5, 11, 577 5,11,6 445 5,11,10 536 5,11,15 5, 615 5,11,16 475 5,12,2 370, 476, 536 5,12,3-13,21 5 5,12,3ff. 289 5,12,4 589 5,12,6 310 5,12,7 387 5,12,10 221, 503 5,12,11 589 5,12,13 413 5,13,Iff. 305 5,13,2 345 5,13,8 305 5,13,10 400 5,13,12 305, 477 5,14,2 33, 289 5,14,7 273 5,14,9ff. 273, 280 5,14,11 229, 272, 386 5,14,12 272, 273 5,14,13 239 5,14,16 325 5,14,18 516 5,14,20 611 5,15,Iff. 409 5,15,7 402 5,15,8 589 5,16,8 218 5,16,10 278 5,17,If. 589 5,17,2 605 5,17,3 344 5,17,4 211 5,17,6 226 5,17,14 516 5,17,15 242 5,17,16 287, 345, 610

Anhang 5,17,17 201 5,17,18 371, 441 5,17,19 481 5,17,30 263 5,17,31 300, 346, 476 5,17,34 610 5,18,1- 11 19 5,18,2 310 5,18,3 231, 353, 402 5,18,9 578 5,18,9f. 344 5,18,11 220, 282, 589, 613 5,18,13 250 5,18,16 402, 588 5,19,1 342, 388 5,19,1- 13 5 5,19,10 33, 439 5,19,30 312 5,19,34 287 5,20,1- 21,6 5 5,20,2 206, 218 5,20,12 373, 416 5,20,13 310 5,20,14 319 5,21,1 227 5,21,4 413 5,21,8f. 290 5,21,10 310 5,22,4 219 5,22,4f. 219 5,22,6 290 5,22,21 502 5,22,10 536 5,22,11 402 5,22,llff. 260 5,22,12 219, 297 5,22,14 289 5,22,17 474 5,23,1 440 5,23,1- 5 5, 10, 19 5,23,Iff'. 495 5,23,4 577 5,23,5 206 6,1,1 :239, 589 6,1,2 :202 6,1,3 ,589 6,1,5 .312 6,1,7 :278 6,1,9 .308, 358 6,1,10 259 6,2,3 352 6,2,4 .338 6,2,9 .312

S te lle n in d e x

6,2,12 524 6,2,16 566 6,3,1 77, 350 6,3,Iff. 216, 273, 608 6,3,4 219, 610 6,3,5 19, 513 6,3,6 511, 610 6,3,6f. 206 6,3,8 295 6,3,9 528 6,3,10 18, 280 6,3,11 19, 589 6,3,13 347 6,3,17 19, 352, 374, 388 6,4,1 216, 295, 511, 513 6,4,2 220, 615 6,4,3 304 6,4,7 218 6,4,8 220, 290 6,4,10 354, 476 6,4,13 202, 286 6,4,141'. 260 6,4,15 281, 346 6,4,15--17 19 6,4,17 508, 608, 610 6,4,20 278 6,4,21 217 6,5,8 300 6,5,9 513 6,5,10 300 6,5, U f f . 273 6,5,16 599 6,5,17 417 6,5,19 272, 273, 306, 343 6,6,3 440 6,6,4 236, 325 6,6,7 310 6,6,9 297, 308 6,6,20 476 6,6,27 352 6,7,Iff. 216 6,7,4 220, 615 6,7,9 18, 216, 282 6,8,4 202, 536, 603 6,8,5 610 6,8,6 231 6,8,7ff. 428 6,8,16 331 6,9,2 352, 603 6,9,7ff. 605 6,9,8 606 6,9,11 288, 606 6,9,14 551

6,9,15 385 6,9,17 206 6,9,17ff. 344 6,9,18 505 6,9,20 218 6,9,22 216, 219, 321 6,9,23 202, 346 6,9,24 215, 288, 606, 613 6,10,2 261, 414 6,10,16 606 6,10,21 255 6,11,1 611 6,11,9 352 6,11,14 19 6,11,16 19 6,11,19 513 6,11,20 19 6,11,25 203, 353 6,12,2 19 6,12,17 231 6,12,24 290 6,12,26 214 6,12,30 308 6,12,36 219, 220, 618 6,12,41 19 6,13,5 556 6,13,8 531 6,13,10 344 6,13,14 19, 354 6,14,1 33 6,14,4 481 6,14,9 368 6,15,6ff. 260 6,15,7 296, 297 6,16,11 611 6,17,6-9 5 6,17,7 418, 420 6,17,10 202 6,17,11 354 6,17,17 610 6,17,19 296 6,17,25 349 6,17,26 618 6,18,3 19, 352 6,18,8 476 6,18,11 503 6,18,I lf ’. 476 6,18,12 507, 611 6,18,35 325 6,19,6 346 6,20,Iff. 513 6,20,3 297 6,20,5 358, 610

685

A nhang 6,20,7 6,20,8 6,20,9 6,20,18 6,20,30 6,21,4 6,21,6 6,21,10 6,21,11 6,21,12 6,22,2 6,22,3 6,22,4 6,22,10 6,23,4 6,23,5 6,23,8 6,23,16 6,23,17 6,23,20 6,23,24 6,23,28 6,23,31 6,23,33 6,23,34 6,23,36 6,23,38 6,23,40 6,24,1 6,24,2 6,24,4 6,24,7 6,24,11 6,24,19 6,24,29 6,25,4 6,25,8 6,25,9 6,25,10 6,25,11

270 610 202 280 373 218 319 347 201, 202 260 508 263, 368 616 214 573 520 236, 309, 599 370 284 308 295 263 599 217, 566 316 513 19 606 223 41 611 245 321 339 476 549 374 262 51, 251 485

ira 235 1,3 230, 248 i,3ff. :226 1,4 230 1,6 316 1,8 229 1,9 338, 505, 551 2,1 290 2,2 502 2,4 13 , 353 2,6 13 , 224, 473, 533 4,4 249, 257

4,6 339 4,7 249 4,9 567 5,7 ■ 401, 514 5,13 376 5,20 260 6,2 274 7,2 339 7,4 286, 619 7,5 270, 278, 341, 342 7,6 340 7,10 341 7,12 331 7,12f. 299 7,14 565 8,1 276, 388 8,2 590 8,7f. 603 8,8 586 9,1-3 239 9,3 240 9,4 319 10,1 246, 319 10,3 319 10,11 319 10,23 319, 320, 356 10,25 212 10,26 328, 331 10,30 282 10,31 319 10,33 213 10,35 255, 283, 310, 551 10,36 540 10,38 276 10,41 343 10,42 319, 331 10,43 284 10,45 331, 349 10,45f. 327', 329 10,47 213 10,49 211 10,52 319 10,53 551 11,4 236, 604 11,5 235 11,10 226 11,11 234 11,12 377 11,15 321 11,21 51 12,1 252 13,1 240, 255, 256 13,2 283

687

Stellenindex 13,3 287 13,3ff. 248 13,6 236 13,7 249, 311 13,8 257, 400 13,9 258 13,10 372 13,12 437 13,13 343 13,13ff. 260, 301, 302 13,14 295 13,16 261 13,17f. 303 13,24 216, 219 , 304 14,1 240, 270, 275 14,2 257, 278, 341 14,3 409 14,5 291 14,6 263 15,2 343, 347 15,3 258-260, 285, 347 15,7 286 15,9 284 15,11 211 16,5 481 16,8 353, 476, 477 17,5 549 17,11 440 17,13 211 17,14f. 495 17,17 495 18,3 348 18,10 284 18,13f. 251 18,14 515 19,1 285, 347 19,lf. 347 19,2 251, 338 19,3 308 19,4 476 20,2 219 20,3 369, 503, 601 20,5 228 20,10 286, 341 20,10f. 270 20,11 284 21,1 508 21,4 326 21,8f. 243 21,9 583 22,2 33, 263, 343, 349 22,3 374, 467, 583 22,3f. 374

22.7 22.8 23.3 23.4 23.5 23.6 23.12 23.13 23.14 24.2 24.7 24.8 24.9 24,11

551 375, 565 71 225, 541 441 563 52, 378, 379 516 437 566 207, 343 217, 476 325, 514 24,10 611

514

m ort. pers. l,lf. 597 1.2 473 1.3 597, 602 1.5 409, 597 1.7 597 2.2 472 2.3 468 2,5f. 473 2.8 449, 498, 543 2,8f. 449, 471 2.9 449, 469 3.2 474, 497 3.4 430, 437, 438, 599, 600, 602 3,4f. 604 4.2 602 5.4 417 7.1 472, 550 7,1-4 446 7.2 447 7,3f. 536 7.10 447 7,10f. 3 8.4 578 8.6 513 8.7 602 9.1 507 9.11 447 10.1 - 15,7 3 10.3 559 11.1 6, 549 11.3 600 11.7 377 12.2 475 14.1 - 15,7 4 14.2 470 15,5 7, 475, 536 15.7 473

688 16,1 447 16,4f. 7 16,5 7 16,8 7 18,10 599, 604 18,14 438 20,1 303 20,1 - 23,9 6 21,7 7 21,7ff. 519 22,2 7, 536 22,3 7 23,4 477 24,1 337 24,5 587 24,9 604 27,8 417 29,1 600 29,5 433, 438 30,6 417 31,3 616 32,2 477 32,3 211 33,1 408 33,11 473 33,7 433 35,1 5 35, If. 10, 494 35,3 366 36,3 471 37,2 312 39,3 351 41,1 471 43,1 403 43,4 490 44,5 441 44,9 593 44,10ff. 598 45, Iff. 593 45,4 298 45,5 206 46,2 593 46,3 441, 593 47,2 416 48,1 10 48,2ff. 593 48,3 602 49, Iff. 593 49,3 536 49,4 449 50,7 503 52,3 472 52,4 493

A n h an g opif. 1,7 339, 383 1,11 234, 276, 284, 1,12 204 1,14 203 2,3f. 261 2,6 261 2,6f. 261 2,9 341 2,10 38, 310 2,12,'7 259 3,1 203, 261, 279 3,13 261 4,2 223 4,3 286 4,7 212 4,13 319 4,16 261, 338 5,10 333 5,4 284 6,1 249 6,7 249 6,8 276 6,10 276 7,2 371, 519 8,2 286 8,3 278, 342 8,6 342 8,8 284, 531 8,15 276 8,16 282 8, Iff. 270 9,4 516 10,9 277, 295 10,14: 429, 433, 438 10,17' 248 10,20• 281, 516 10,26: 270, 278 10,27' 311 11,2 308 11,5 281 11,8 455 11,14: 287 11,15: 516 12,6 211 12,15: 284 12,17 256 12,18■ 252 13,2 559 13,5 463 14,1 338 15,6 609 16,1 385

689 16,4 342, 604 16,9 365 16,10 229 16,11 515 16,12 234, 259 16,13 383, 385 16,13ff. 384 16,14f. 383, 384 17,1 327, 331 17,3 371 17,4 470 17,7 280, 286 18,2 356 18,7 615 18,10 402, 441 18,11 531 19,Iff. 592 19,2 259 19,3 340 19,6 283 19,8 241 19,8 add. Iff. 592 19,8 add. 2 297, 298 19,8 add. 3 319 19,8 add. 4 550 19,8 add. 5 298 19,9 228 19,9f. 592 19,10 202, 270, 285, 308, 341 20,1 508 20,If. 4, 5, 17, 592 20,2 203 30,2 203 30,5 203 Phoen. 56 281 63 372 148 202 161-170 38 L ib a n io s

or. 61,7

3, 447

L iv iu s

praef. 4 424, 438 praef. 8 413 1,16,6 575 1,31,2 583 1,40,3 417 1.57.1 603 2.1.1 436

2,1,6 436, 43 2,29,4 418 2,35,7 417 2,37,6 418 2,39,3 620 2,45,10 577 2,50,11 581 2,54,4 224 3,40,10 448 4,4,4 418 4,9,2f. 454 4,33,5 417 5,6,6 417 5,13,1 461 5,21,11 477 6,2,2 417 6,41,7 417 7,11,6 355 8,11,3 388 8,12,1 221 8,22,3 388 8,38,10 497 9,6,4 619 10,21,10 347 10,37,1 438 21,30,10 575 21,30,3 417 21,43,10 388 22,2,18 556 23,2,7 417 23,7,5 436 23,41,13 454 25,5,10 437 25,10,8 436 27,2,7 497 27,16,5 317 27,46,2 461 27,49,2 220 28,28,11 418 28,29,4 420 28,46,15 454 31,7,13 454 31,18,3 462 32.7.4 549 35.1.4 497 35,3,1 497 37,54,12 447 38,47,9 417 44,37,6 459 45,42,2 276 periodi. 59 396

A nhang L u ca n

1,57 612 l,70ff. 417, 424 l,358f. 417 1,690 512 3,236 441 3,426ff. 584 5,562f. 458 6,507ff. 381 6,782-820 323 7,635ff. 498 9,881f. 219 L u k ia n

Peregr. 13 530 Phal. 1,7 532 Sat. 7 556 L u k rez

1.1- 3 38 1,46 388 l,66f. 338 1,220 246 1,248 246 1,415 366 1,451 246 1,628 214 l,1021ff. 246 1,1051 285 2,411 283 2,439 246 2,544 285 2,569ff. 246 2,600 481 2,646ff. 276 2,648 388 2,871ff. 320 2,897ff. 320 2,95ff. 246 2,999-1001 37 2,999ff. 357, 363 2,1057ff. 246 2,1090ff. 246 2,1105-1174 213 2,1144ff. 402 2,1157f. 556 3.1- 416 356 3,128ff. 369 3,176 363 3,187 319 3,226 319

3,244 283 3,337f. 356, 363, 364 3,391ff. 371 3,395 246 3,396 366 3,417-829 356 3,417f. 356, 361 3,417ff. 37, 360, 361 3,425f. 362 3,425ff. 356 3,428f. 363 3,434f. 357 3,434ff. 365 3,438 365 3,440 356 3,440ff. 365 3,441f. 357, 365 3,445f. 357 3,445ff. 366 3,451f. 367 3,453 367 3,459ff. 357, 368 3,460f. 358 3,463 369 3,463ff. 358 3,464 358, 368 3,472 368 3,475ff. 368 3,476ff. 358 3,487ff. 358, 369 3,513ff. 358 3,521f. 369 3,526ff. 359, 370 3,545ff. 371 3,548ff. 359, 370 3,555 370 3,558flf. 359 3,563ff. 370 3,576 214 3,580f. 304 3,592ff. 360 3,600 358, 370 3,606 369 3,610 369 3,612b- 614 37 3,612fF. 360, 371 3,615fF. 360, 369 3,617 358 3,624ff. 359 3,634ff. 360 3,670ff. 360 3,679flf. 360 3,713fr. 360

691

Stellenindex 3,741ff. 360 3,752 558 3,754ff. 360 3,776ff. 360 3,784ff. 360, 369 3,800ff. 360 3,806ff. 357, 360 3,828 369 3,830ff. 372 3,838ff. 372 3,877 417 3,94ff. 360 3,978ff. 323 3,984ff. 521 3,995ff. 324 3,1039- 1041 213 4,660 517 4,731 259 4,785 473 4,813 388 4,838 245 4,1196 609 5,Iff. 613 5,16f. 319 5,76ff. 459 5,91-109 214 5,110ff. 241 5,156f. 240 5,156ff. 37, 276 5,165-167 240 5,165f. 312 5,200ff. 279 5,218ff. 279 5,235-415 214 5,240-243 236 5,281 520 5,483 364 5,567 259 5,573 256 5,579 388 5,621 213 5,864ff. 257 5,867 257 5,877 353 5,1129 556 5,1200 619 6,24-2£5 37 6,24ff. 613 6,63 502 6,205 520 6,349 520 6,387 364

L ydus

mens. 2.4 54, 56, 62 M a c r o b iu s

somn. 1,11,11

370

M a n iliu s

1,129 389 1,620 396 1,876 457 2,311 571 2,701 551 4,893ff. 271 M a r iu s V ic to r in u s

adv. Arium 4,33 395 in Eph. 1.1 547 1.14 289 2.4 385 rhet. 1 praef. 369 1.3 421 M a r tia l

8,24,5f.

502

M in u c iu s F e lix

1.1 203 5.7 550 5,9 311 8.4 589 8.5 345 9,Iff. 589 11.4 332 11.5 201 11.7 530, 534 ll,7ff. 530 11.8 389, 535 12,1-4 216 12.3 325 13.3 317 16.5 216 17.2 271, 286 17,5f. 248 17.10 261 17.11 271 18.4 587 18,7 276 19.2 235, 531 19.4 209, 244 19,10 540 19.14 239

20,1 316 24,4 273 24,6ff. 502 25,12 423, 424, 440 26,8 218, 514, 520 28,4 438 28,9 415 29,1 589, 591 32,2 256 32,6 338 33,3 582 34,4 212, 239, 243, 516 34,6 539, 540 34,6f. 372 34,6ff. 530 34,7 373 34,9 542 35,1 369 35,lf. 511 35,2 388 35,3 518, 520 35,4 587 36,3-9 216 36,6 220 36,8f. 219 37,5 477 37,9 220 37,9f. 607 40,3 224

30,5,1 620 spect. 10,1 395 10,2 202 trin. 3,1 587 3,5 319 7,1 470 8,1 273 11,8 543 12,7 582

N e m e s io s

O r a c u la S ib y llin a

nat. hom. 2 371 N epos

Arist. 1,2 228 A tt. 13,6 250 16,1 377 Hann. 5,2 521 reg. 1,2 440 Them. 3,3 491 N ik o la o s von Damaskus

FGrHist 90 F 74 N o v a t ia n

cib. lud. 223 3,15 309 Cypr. epist. 30,2 288

64

N o v iu s

Atell. 42 474 O c ta v ia

385ff. 552 417f. 237 397 565 820 418 O d e n S a lo m o s

36,1-3.5-7

272

O p ta tiu s

app. 3 600, 607 5 606, 607 7 600 10 601 1,131 454 l,185ff. 454 l,317f. 454 1,387 416 2,17f. 439 2,156 414, 455 2,164 416 2,165f. 453 2,167 473 2,167ff. 472 2,187ff. 470 2,199 456 2,20 456 2,21f. 415 2,23 455 2,33 557 O O / I O r /j o 2,243 543 2,252ff. 523 2,305ff. 462 2,307f. 462 2,309 462 2,318 556 2,327 460

693 3,36ff 475 3,40 476 3,53f. 473 3,63f. 473 3,63flF. 473, 498 3,75flF. 472 3,82 504 3,84r. 473 3,90 460 3,146 563 3,158fr. 423 3,175fr. 418 3,280r. 456 3,316 416 3,320fr. 497 3,332 455 3,334r. 457 3,346 439 3,350fr. 419, 420, 439 3,354f. 420 3,363f. 575 3,364 70, 577 3,376ίΤ. 557 3,493 454 3,539r. 455 3,540ff. 456 3,544 463 3,569 503 3,573 564 3,581 556 3,583 564 3,6061. 502 3,611 471 3,611ff. 472 3,616ff. 564 3,618 70 502 3 ,6 1 9 -6 2 3 70 3,619ff. 564 3,622 556 3,630ff. 556 3,636 415 3 ,6 4 7 456 3,649fr. 580 3,652 479 3,652f. 70, 488 3,652fr. 479 3,6721. 495 3,675 454 3,675flf. 453 3,683 456 3,683f. 4 5 4 , 497 3,685f. 454 3,689f. 454

3,690 454 3,690f. 455 3,696 497 3,722 502 3,722f. 502 3,725ff. 580 3 ,7 4 1 -7 4 3 503 3,753f. 455 3,763ff. 565 3,770 564 3,772 551 3,772f. 565 3,784 503 3 ,7 8 8 -7 9 1 .7 9 4 70 3,788ff. 557, 563 3,791 557 3,794 557, 563 3,798f. 495 3,804 456 3 ,8 0 9 -8 1 4 71 3,814ff. 547 4 ,4 0 -4 3 70, 541 4,45 564 4,46 541 4,49ff. 422 4 ,5 1 -5 3 541 4,83f. 415 4,84 454 4,125 471 4,136 564 4,145ff. 419, 423 4,152ff. 412, 502 4,174 495 4,187 541, 564 4,189 541 5,33f. 472 5,35 564 5,102 488 5,103 463 5,107 478 5 ,1 0 7 -1 1 0 70, 415, 488 5,115 454 5,143 439 5 ,1 5 1 -1 6 1 70 5,155 459 5 ,1 5 5 -1 6 1 439 5,155ff. 420, 459 5,159 439 5,161 418 5 ,1 6 2 -1 7 8 439 5,168ff. 418 5,178 504 5 ,1 7 9 -1 8 6 415

A nhang 5,240 564 5,275 456 5,281-283 70 5,281ff. 564 5,282 556 5,300 456, 460 5,346ff. 458 5,363 449 5,372 497 5,375 456 5,378 456 5,386ff. 439 5,420f. 70, 551 5,429f. 557 5,477ff. 457 5,531 461 5,54-90 415 5,70 416 5,93 488 6,318 502 7.122 456 7.123 70, 463 7,124f. 457 7,54 565 8,1-3 71 8,6ff. 423 8,9fr. 418 8,14fr. 423 8,37ff. 439 8,73fr. 439 8,81-83 70 8,82f. 543 8,87 454 8,125 439 8,142fr. 439 8,165 70, 439 8,165f. 575 8,171-173 68, 439 8,175 455 8,178ff. 456 8,180 455 8,185 418 8,190fr. 457 8,191f. 457 8,199fr. 502 8,202 460 8,204 461 8,211 556 8,215 460 8,215ff. 453 8,217-250 71 8,222 543 8,224 70, 461, 462, 502, 504

8,233 504, 585 8,234ff. 461 8,237f. 58, 456 8,239 70, 461, 502, 504 8,241f. 461, 462, 502, 504 8,243 473 8,326-328 70, 488 8,341-355 58 8,341fr. 462 8,342ff. 457 8.348 461 8.349 497 8.350 462

8,352 455 8,352fr. 462 8,353f. 462 8,355 462 8,411 523 8,413 585 8,413-416 70, 504 8,416 564 8,468 564 ll,19ff. 423 11,24 564 11,240 455 13,10 454 13,1161. 463 frg. 2 G e f f c k e n 273 frg. 3,lf. G e f f c k e n 70 f r g . 3,12 G e f f c k e n 257 frg. 3,22-28 G e f f c k e n 415 frg. 4 G e f f c k e n 70, 547 frg. 5 G e f f c k e n 70, 319 frg. 6 G e f f c k e n 70 O r ig e n e s

c. Cels. 1,37 251 2,16 535 2,55 535 4.23 589 5,14 530, 542 5,20 541 5.23 542 5,57f. 535 6,27 589 6,40 589 7,32 539 7,32ff. 530 O r o siu s

hist. 7,9,2

419 7,28,18

594

695

Stellenindex O v id

am. 1,15,23 575 1,2,18 436 3,12,25 521 fast. l,247ff. 565 1,663 558 2,565 259 5,57 477 5,93 575 5,304 605 Ib. 123f. 463 met. 1,43 582 1,57 244 1,84 286, 341 1,84f. 271 l,89ff. 552 1,90 556 l,91ff. 557 l,94f. 584 l,101f. 556, 584 1,109 556 l,109ff. 560 1,111 553, 556 1,124 237 l,128ff. 411 1,129 414 l,129ff. 412 1,131 411 1,138-140 237 l,142f. 412 1,144-150 475 l,144ff. 412, 477 1,201 417 3,96 460 4,332f. 458 5,483 455 8,319 316 9,289f. 537 9,435ff. 532 9,440f. 532 11,583 351 14,107 547 14,411 259 14,600 368 15,161 540 15,186ff. 459 15,435 575 15,788ff. 458 15,871f. 354

Pont. 1,6,29 565 2.8.5 354 rem. 220 395 753 289 trist. 3,4a,33 609 4,3,79f. 219 4,6,26 348 P a n e g y r ic i L a tin i

3,21,4 619 6,13,3 598, 599 12.26.1 234 12.26.5 599 P a s s io M a c c h a b a e o r u m

10,20

388 6,7

475

P a s s io P e r p e t u a e

2.2 5.3 9,2 9.5 13,8

201, 351 260 604 620 525

P a u lin u s v o n N o la

carm. 19,55 epist. 13,25

575 567

P a u lu s

sent. 2.23.1

462

P a u s a n ia s

6,6,7ff.

378

P e r s iu s

2,65 2,74 3,54

524 524 540

P e tr o n

102.5 347 120 vers. 84f. 417, 424, 438 123 vers. 239 441 124 vers. 144f. 619 P h ila r g y r iu s

georg. 2,336 213 P h ilo v o n A le x a n d r ie n

aetern. 3 213

207

Leg. 197-337 472 praem. 85-90 557 108f. 548 127ff. 452 127 456 128 456, 463 135 462 Ps. Philo antiq. 6,1 415 19,3 460 30,7 497 47,5 415

615a 534 621a 534 Tim. 28a 284 28b ff. 209 28c 234, 244 33a 211 33d 256 37c 460 38c 396 43a 229 51a 211 90a-cl 270

P h ilo s t r a t

P la u t u s

VA 8,31

Amph. 943 555 1099 463 Epid. 152 245 617 218 Mil. 333 364 Pers. 152 555 409 558 Stich. 81 367, 609 _ ··

378, 380, 381

P h le g o n

Mir. 3,Iff.

419

P la t o n

apol. 41a 532 42a 36, 230 C rat. 400bc 332 Gorg. 493e 556 523e 532 523e-524a 532 leg. 10,903b 240 Men. 83b-86c 538 Phd. 62c-84b 361 67cd 380 70c - 72e 330 72b - 77e 330 72e-73a 538 80b-e 327 80c 212 80cd 330, 362, 364 99c 380 Phdr. 230a 320 245c 327, 328 249a 534 Prot. 321c 258 rep. 546a 422 585b 270

P lin iu s d e r A lt e r e

nat. 282 2,2 395 2,12 397, 532 2,46 458 2,54 458 2,92 457 2,158 237 2,160 248 2,162 248 2,212 332 3,39 258 5,74 389 5,120 578 6,133 440 7,2 :261 7,114 377 9,42 340 9,44 395 9,152 491 9,179 320 11,120 396 14,127 582 18,15 455 18,337 456

697

Stellenindex 29,68 462 33,2 237 36.1 240

P o r p h y r io

P lin iu s d e r J ü n g e r e

P o r p h y r io s

epist. 1,10,11 230 2.3.4 586 2.5.4 566 3.16.6 231 5.20.4 566 6.4.1 228 6.20.1 418 6,20,14 463 7.42.2 507 10.1.1 599 10.39.6 606 10,96,7f. 589 paneg. 4.1 605 34.2 438 44.1 255 45.5 605

Abst. 1.33 381 Chr. 35 530 88 543 93f. 530 phil. or. frg. 343 S mith frg. 344 S mith VP 22,53f. 532 23.33 532

Hör. epod. 5 praef. 382

P o s e id o n io s

FG rH ist 87 F 42 SVF II 813 509 P r is c ia n

gramm. II 392,22

P lo t in

Enn. 4.8.4

379 379

217

P robus

Verg. georg. l,36ff. 513

381

P lu ta r c h

P roperz

Aemilius Paullus 17,7f. 458 Brutus 51.5 487 Cicero 32.5 211 Coriolanus 37.3 473 Is. 14 (356e) 441 47 (370b) 63 mor. 121c f. 532 933f ff. 458 symp. 671e 395

2.20.31 521 2,25,26 609 3.6.31 246 3,13,60 417, 424 4,1,70 609 4.3.3 216 P r u d e n t iu s

c. Symm. 1,496 575 2,662 575 perist. 4,82 447 psych. 247 619 Q u in tilia n

P o ly b io s

6,51

431 38,22

P o ly k a rp

epist. 1,7 498 P o rc iu s L icin u s

frg. 3,2

231

422

deci. 252,22 221 279.3 221 297,11 385 301,16 374 314,10 507 345,14 590 360.3 410 inst. 1,3,13 234

431

Anhang 1.6.12 571 1.12.10 402 2.4.3 533 4,1,58 533 2.4.18 533 2.13.8 347 2.15.12 462 3.8.29 297 5,7,35 33 5,11,42 33 6.2.10 260 7.3.12 571 7,10,10 385 8,3,31 426 8,3,71 216 9.1.28 252 9.2.4 252 9.2.8 426 9,2,26 203 9,2,41 426 9,2,98 426 9.3.6 531 9,3,82 410 9,3,87 252 10.2.6 353 11.3.29 252 12.2.24 346 12.2.8 348 12.6.6 353 Ps. Quint, deci. 2,22 507 3.8 388 4.6 218 6.6 590 10.4 382 10,8f. 382 10,12-19 202 10,19 382 12.27 478 13,16 290 18,9 369 270.28 418 Q u o d v u ltd e u s prom. 5.13 495 R h e to r ic a a d H e r e n n iu m 1.17.27 531 1.8.13 397 2.18.18 332 2,26,40 436 3,12,21 566 3.14.24 617

3.4.7 517 4,19,26 413 R u fìn

Clement. 1,34,4 409 hist. 1,2,3 495 Orig, in lev. 3.2 374 13.5 586 16.2 455 Orig. princ. 1 praef. 5 525 2.5.1 582 20.10.8 526 S a llu s t

Catil. 1.1 271, 286, 341 2.8 271 6.7 436 10.1 431, 437 12.2 450 13.1 237 20,11 237 51.6 437 52,24 417 hist. frg. 1,49 217 lug1.3 216 1.4 346 2,3 422 5.2 450 11.5 602 38.5 491 62.8 590 67.1 477 85,10 276 Ps. Sail. rep. 5.2 422 5.3 417 8.4 450 13.6 416, 417 S c h o lia in L u c a n u m B

9.1

512 ··

S e n e c a d e r A lt e r e

contr. 1 praef. 11 427 1 praef. 6 426 1,1,15 410 1,7,2 436

699 2 praef. 3f. 427 2,1,24 262 2,1,3 436 2,6,7 436 7,3,8 463 10 praef. 4ff. 427 10 praef. 5 428 10 praef. 6 427 controv. 4 praef. 7 448 suas. 1,4 460 3,1 455 6,17 426 6f. 427 Seneca d er Jü n g e re Ag. 5 418 87ff. 424 benef. 1,5,6 212 2,20,Iff. 428 2,29,3 262 3,1,4 590 3,10,2 590 4,2,3 203 4,3,2 586 4,12,1 519 4,18,2 261 4,18,4 297 4,25,2 247, 255 5,6,4 258 5,13,1 289 5,16,6 438 6,23,4 240 6,35,2 220 7,31,4 455 8,4,2 262 8,5,3 262 8,5,8 262 clem. 1,1,7 369 1,3,5 427, 438 1,11,1 615 dial. 1,2,2- 7 219 1,6,If. 220 2,2,2 424 2,11,1 246 3,3,3 211 3,22,3 615 4,5,5 413

4,6f. 219 4,11,1 255 4,16 219 4,27,2 240 6,1,6 255 6,2,2 556 6,11,3 261 6,11,5 400 6,18,4 248 6,21,3 354 6,23,1 42, 367, 510 6,23,5 424 6,25,1 42, 322, 509 6,25,3 249 6,26,6 585 7,4,1 461 7,5,3 203 7,15,6 463 7,30,3 240 8,1,4 212 8,4,2 270, 271, 276 8,5,3f. 270 8,5,4 271 10,1,1 609 10,4,1 424 10,12, 4 230 10,18, 1 219 10,20, 1 290 11,11, 3 224 11,11, 4 434 11,16,'6 417 11,17, 5 502 12,8,3 239 12,8,4f. 271 12,11, 5. 220 12,12,:2 220 13,5 203 epist. 24,18 324 41,3 248 53,9 607 53,11 607 64,7 389 65,2 232 65,10 239 66,7 212 67,8 259 68,14 607 70,8 255 71,13ff. 422 73,15 272 74,15 278 76,19 347

76,25 510 83,27 531 84,11 220 85,1 203 85,10 413 89,9 364 89,19 221 90,3 232 92,25 277 92,30 239 94,56 270, 271, 458 95,47 271, 273 95,50 600 95,61 316 102,1 332 102,7 239 102,24f. 616 102,26 463 108,18 540 114,18 413 117,6 332, 511 120,10 347 123,12 613 frg. 26 H a a se 532 99 H a a se 427 120 H a a se 502 121 H a a se 432

Med. 725 441 n a t. praef. 13 271 praef. 17 271 1,1,3 459 2,11,2 460 2,22,3 507 2,24,3 520 2,44,1 533 2,55,3 458 4a praef. 19 234 4 a ,2,22 263 4 ,1 3 ,6 438 5,1,1 516 5,18,9 550 6,1,8 582 6,12,1 248, 583 6,24,1 259 7,12,4 459 7,20,3 491 7,22 282 7,23,2 260, 458

Oed. 6

616

530ff. 381 909f. 424 Phaedr. 61 436 788 458 Thy. 1077 532 Tro. 439 396 663 454 910 436 954 463 S e r v iu s

Aen. 2,15 546 2,336 323 3,38 365 5,735 322 6.566 533 6,596 521 6,724 509 6,739 509 6,746 520 8,670 533 S iliu s I ta lic u s

1.9 582 I , 60 217 5,282 558 9,537f. 228 I I , 196 578 13.566 498 15,22 290 17,47 577 S o lin u s

praef. 7 575 32.9 520 S o p h o k le s

El. 1007f.

463

Sozom enos

h.e. 1,7,1 594 l,7,2f. 594 1,7,3 S t a t iu s

Theb. 1,582 560 3,295f. 581 5,252f. 498 8,108 418 9,441 441

378

701

Stellenindex S to b a io s exc.

15.44.3 15.44.4

II A 6 342 XI 7 275

dial.

12.3 19.3

S u e to n

481 214

Germ.

Aug. 76.2 395 79.3 288 97.2 549 Cal. 2.3 413 8.5 450 57.1 473 Calig. 45.1 438 Galba 4.3 413 9.2 420

40.3

277

hist.

1.48.4 582 2.38.1 431 4.54.2 420 4.58.5 418 4.74.2 455 5.8.2 422, 440 5.13.2 419 T a tian orat.

6.1 533, 541 6.3 530, 542 15.4 381 25.2 533

lui. 4.2 228 17.1 438 Tib. 32.2 395 36.1 549

T eren tian u s M a u ru s 559 438

Vesp.

4.5

471 475

T erenz 419

Haut.

208

S u id a s

Θ 175

513

Phorm.

342

S u lp ic iu s S e v e r u s

249 780

chron. 1.1.5 567

T e rtu llia n

S y m b o lu m N ic a e n u m (3 2 5 ) Sym m achus

or. 3,9

560

T a c itu s

ann. 1.42.1 1.57.1 1.62.1 1.76.1 2.27.1 3.72.2 4.59.1 5.16.2 12.31.2 12.49.1 12.54.2 13.23.1 14.25.2

417 497 534 248 549 546 491 417 581 476 434 388 512

611 227 286, 395

adv. Hermog.

543

8,1 282 11.3 557 29.1 248, 555 33.2 400 34.2 461 39.1 260 adv. Iud. 223 9,15 439 adv. Marc.

1.3.1 1.16.1 2.2.6 2.4.4 2.5.1 2.5.7 2.10.1 2.12.2 3.5.2 3.5.3 3,7,6

533 351 301 262 218 260 543 600 558 556 221

A nhang

3.13.10 439 3,16,3ff. 496 3.24.12 577 3.24.2 546 3.24.3 506 3,24,3ff. 544 3.24.6 506 4,12,9 395 4.15.8 600 4,22,12f. 582 4.24.9 557 4.26.9 262 4.29.12 496 4.30.1 299 4.36.6 610 4.37.3 285 4.39.3 414, 415, 453, 455 4.42.5 582 5.9.10 582 5.10.3 351 5.11.6 385 5.16.4 448 5,16,4ff. 499 ad v. P rax.

2.1 543 11.4 618 anim .

2.3 332 6,5 515 7.3 514 16.1 481 16.7 587 18.7 232 24.2 509, 510, 517 28.1 539 28,3ff. 540 31,3f. 540 33.11 526 34.1 373, 540 35.6 536 37.4 397 43.11 278 46.2 246 50.5 469 51.1 363 54.1 322 54,Iff. 510 54.4 322 55.4 525 57.11 503 57.12 202, 517 58.8 526

apol.

3.1 218 7,3 223 8,Iff. 589 12,2ff. 502 15.8 515 16,9ff. 396 17.1 276 19,10 35 19.4 481 20.2 414 20,2f. 570 21,15 221 21,18 471 21,28 273 22.5 455, 456 22.7 334 22.9 334 23.1 382 23.13 532, 533 24.7 415 30.4 575 32.1 49, 572, 573 39.2 572 39.14 516 45.1 316 45.7 587 47.6 339 47.7 232 47.12 532, 533 48,If. 373 48,Iff. 539 48.2 547 48.5 530 48.6 542 48.10 604 48.12 260 48,13-15 49, 518 48,13ff. 517 49.2 526 50.13 416 b ap t.

5.2 470 8.3 582 9.4 617 12 400 19.2 493 20,1 493 cam.

2.2

497

coron.

3,20

546

703 cult. fern. 1.2.5 585 2.10 263 fug. 1.1 219 1.3 219 2.1 477 7.2 350 9.3 610 ieiun. 2,6f. 600 3.1 390 10.10 582 m art. 2.4 215 nat. 1.3.8 325 1,4,12 390 1.9.5 454 l,19,3f. 539 1.19.5 533 2.7.9 533 2,8,2 273 2.12.34 206 2.12.35 35 2,13,14 562 2,17,18 423 orat. 5.1 408 7.3 262 8.2 549 29.3 620 paenit. 5,1 537 6.5 351 pall. 2.3 576 patient. 4.3 257 8.8 346 10.8 346 praescr. 4,2ff. 499 12.2 619 13.2 551 29.3 611 33.4 535 36.5 535 44.6 470 pudic. 1,2 570 2,7 496

resurr. I , 5 540 2,8 530 I I , 6 542 16.2 363 16.4 363 18.3 231 22,2 570 24,18 445, 572 24.5 461 25.1 445, 498 25.2 506 38.3 351 41.7 461 53.5 278 56.3 304 57,11 590 Scap. 2,6 572 3.3 520 scorp. 10,10 581 12.8 350, 620 12.9 620 12.10 620 spect. 2.1 289 9,Iff. 296 30.3 583 30.4 533 test. anim. 4.1 587 4.2 373 uxor. 1.1.5 585 2,5,8 231 5,10,14 585 virg. vel. 1.3 543 T e s ta m e n tu m D o m in i

2,9

494

T h e o p h ilo s v o n A n tio c h ie n

Autol. l,8,2f. 542 1.10.1 415 l,1 3 ,lf. 535 1,13,10 542 2.2.1 502 2,3,2f. 273 2,10,1-4 256 2,12,5 395 2,13,4 344

Anhang 3,7,7-9 539 3,28,2 569

7,3,8 454 8,1,1 507 9,11,4 388, 502

T h e o s o p h ia S ib y lla r u m

V a rro frg.

12,326 492 13,346 489 13.351 504 13,351f. 504 13.352 504 13,356ff. 50 4 14,386 547 15,406ff. 564 15,407 564

397

T h u k y d id e s

Aug. civ. 7,6 322 Gell. 3,10,1 397 Gell. 3,10,1-17 397 Gell. 3,10,1.14 396 Gell. 3,10,2 397 Gell. 3,10,4 397 Gell. 3,10,6 397 Lact. inst. 1,6,9 540 Non. p. 287,15 439 Serv. Aen. 5,295 430 106 S alv a do re 397 ling. 5,61 344

2,64,3

6.7

T h e o s o p h ia T u b in g e n s is

2 53, 54 37 378 422

T ib u ll

1,1,10 557 l,l,35ff. 552 1,1,70 615 1.3.4 556 l,3,35ff. 560 1,3,75 521 l,5,27ff. 456 T r a d itio a p o s to lic a

21

543

U lp ia n

dig. 23.2.43.1 317 frg. Vat. 129 203 V a le r iu s F la c c u s

2,95

549

V a le r iu s M a x im u s

1 praef. 424 1,5,2 424 1.7.1 433 1.8.7 403 2,1,9 219, 477 2.2.4 616 3.2.7 ext. 219 3,8,6 388 4.1.2 ext. 347 4,1,12 277 5.1.1 516 5.1.8 610 5.5.3 566 7.2.1 463

491

7,74 396 Men. 289 558 rust. 1.4.5 374 1.9.5 456 1.41.2 455 2.8.2 255 2.9.5 558 3.1.1 350 3,l,4f. 552 3.14.5 319 V egoia, Prophezeiung von (Grom. p . I 350,17-351,11 L V elleiu s P a te r c u lu s 1,6,6 422, 440 1.12.4 417 1.13.1 454 1.17.7 605 2.1.1 431 2.2.3 491 2.27.1 417 2.56.3 433 2.62.1 347 2.69.1 602 2.86.1 258 2.92.5 277 2.97.4 521 2,116,3 408 V erg il Aen. 1,33 421, 443

a c h m a n n

)

59

705

Stellenindex 1,279 418, 443 1,281 604 1,672 274 2,9 458 2,12 418, 420 2,619 221 2,683 525 3,191 537 3,260 537 3,365 312 3,420 582 4,81 458 4,336 43, 619 4,425 443 5,224 481 5,476 202 5,528 458 5,736 312 6,100 547 6,266 43, 531 6,283f. 246 6,432 532 6,439 249 6,540ff. 511 6,542 295 6,542f. 513 6,566 532 6,576 521 6,595ff. 521 6,598 521 6,600 521 6,639f. 511, 513 6,702 43, 515 6,719-721 43, 235 6,719ff. 537 6,720f. 530 6.724- 727235 6.724- 751534 6,724f. 235 6,724ff. 43, 234, 235 6,726f. 43, 234, 512 6,727 233 6,730f. 511 6,730ff. 512 6,731 511 6,735-740 43, 234, 514 6.740 388 6.741 511 6,746 511 6,748-751 43, 235, 534 6,750f. 537 6,751 530 6,756ff. 421

6,767 443 7,203f. 556 8,582f. 217 8,813ff. 552 9,20 491 10,512 416 11,382 556 ll,721f,, 558 12,684 582 ecl.

2,50 563 2,72 563 3,45 563 4 43, 552, 559 4.4 561 4,4f. 563 4.7 561, 562 4.8 559, 562 4.9 561 4,1 Iff. 562 4,22 557, 558 4,24 557, 558 4,30 556 4,52 556 5,32f. 456 6,33 520 9,13 558 10,70 481 georg.

l,126ff. 562 1,132 556 l,247f. 492 l,438ff. 457 l,466ff. 458 1,488 457 2,150 560 2,262ff. 456 2,325-327 312 2,473f. 552 2,474 411 2,501 556 2,536ff. 552 3,244 43, 217 3,308ff. 556 3,482 220 4,211 441 4,221ff. 235 4,361 404 V etus L a tin a act.

2.5 565 22,3 316

394

apoc. 6,12 459 6,14 585 7,15 586 20,5 586 20,6 539 21,1 585 21,2 551 21,8 350, 578 21,10 551 22,14 551 I Cor. 2,7 590 3,19 589 1,23 589 15,22 401 II Cor. 2,14f. 214 4,18 260 9,9 243 Dan. 6,28 48, 457 deut. 32,24 408 Eph. 1,18 385 IV Esdr. 13,31 415 exod. 6,6 503 12,13 403, 406, 408 14,21f. 408 15,1 406 Gal. 4,4 351 5,22 616 gen. 1,12 283, 311 1,27 244 1,28 254, 285 1,29 283 1,30 400 2,2f. 46, 394 2,7 284 3,19 284 3,5 304 Hebr. 7,16 212 10,22 590 Ier. 32,37 551 Ioel 2,30 410

loh. 4,14 617 6,35 617 6,39 581 7,37 617 8,26 618 los. 10,11 582 5,14 496 Is. 1,1 558 1,3 558 2,2 581 30,26 555 34,4 585 40,8 243 45,14 577 66,5 565 Luc. 1,70 589 22,25 565 II Macc. 7,9 287 Mal. 1,14 565 Marc. 1,15 351 M atth. 2,2 565 5,10 352 6,9 612 7,13 220 7,22 470 7,9f. 262 8,12 463 12,24 565 19,21 610 24,10 458 24,24 473 24,29 457, 459, 555 24,30 459 25,32 477 28,20 408 Os. 6,6 470 psalm. 2,lf. 414 21,28 565 67,4 586 71,10 565 73,12 551 85,9 565 111,9 519 134,3 565

707

Stellenindex sap. 5,7 220 9,15 216 I Thess. 5,2 316 II Thess. 2,9 473 I Tim. 6,7 616 V ic to r in u s v o n P e t t a u

fabr. mund. 6 391, 398 in apoc. 2.2 350 6.2 507 8.2 418, 439, 574 11,2 470, 475 11,4 498, 572 11,7 473 12,4 474, 475 13.2 418, 445, 471 20.2 539 21,1 544 21,Iff. 545 V it r u v

1,2,5 339 1,2,7 248 5,12,1-6 237

6,1,10 8,1,7 8,2,8 9,1,9 9,5,4

303 248 413 571 396

V u lg a ta

Ier. 16,21 396 prov. 3,29 550 Rom. 3,12 581 X enophon

mem. 3,8,5 376 Z eno

1,1,5 537 1,36,13 257 Z o n a ra s

13,1,23

595

Z o sim o s

2,28,2

595