Kommentar zu den Staatskirchenverträgen der neuen Länder [1 ed.] 9783428582495, 9783428182497

Der vorliegende Kommentar behandelt die in den 1990er und 2000er Jahren von den sog. neuen Ländern mit den evangelischen

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German Pages 810 Year 2023

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Kommentar zu den Staatskirchenverträgen der neuen Länder [1 ed.]
 9783428582495, 9783428182497

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Axel Vulpius und Christian Hillgruber

Kommentar zu den Staatskirchenverträgen der neuen Länder

Duncker & Humblot · Berlin

Axel Vulpius (†) und Christian Hillgruber

Kommentar zu den Staatskirchenverträgen der neuen Länder

Axel Vulpius (†) und Christian Hillgruber

Kommentar zu den Staatskirchenverträgen der neuen Länder

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISBN 978-3-428-18249-7 (Print) ISBN 978-3-428-58249-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Verträge der sog. neuen Länder mit den evangelischen Landeskirchen, dem Heiligen Stuhl sowie den jüdischen Gemeinden aus den 1990er und 2000er Jahren stellen gewissermaßen die staatskirchenrechtlichen Verträge „der dritten Generation“ dar – nach den noch in der Zeit der Weimarer Republik und dann den in der frühen Bundesrepublik geschlossenen Verträgen. Den Auftakt in dieser jüngsten Vertragsgeneration bildete der Wittenberger Vertrag vom 15. September 1993, der – stil- wie inhaltsprägend – als Blaupause für alle weiteren Verträge dienen sollte. In seiner Bedeutung ist er daher kaum zu überschätzen und daher nicht ganz zu Unrecht als das „Loccum für die neuen Bundesländer“1 apostrophiert worden – in Anspielung auf den am 19. März 1955 in Loccum zwischen dem Land Niedersachsen und den evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen geschlossenen Vertrag, der in gleicher Weise für die Verträge der zweiten Generation den Ton gesetzt hatte. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dass der Wittenberger Vertrag und die auf ihm als Grundstock basierenden weiteren Verträge eine Kommentierung verdienen. Die Pläne dazu reichen mehr als 25 Jahre zurück. Damals schlug Konsistorialpräsident Dr. Hartmut Johnsen, der Verhandlungsführer auf kirchlicher Seite, dem Verhandlungsführer auf Seiten des Landes Sachsen-Anhalt und Mitautor dieses Kommentars, Herrn Ministerialdirigent a.D. Dr. Axel Vulpius (†), einen solchen Kommentar unter besonderer Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte vor. Der Verwirklichung des Projekts standen zunächst der viel zu frühe Tod des spiritus rector 2005, sodann weitere Hindernisse im Wege. Nun konnte das Werk endlich – ungeachtet mancher ihm sicherlich noch anhaftenden Unvollkommenheiten – abgeschlossen werden. Dabei wurden allerdings die Verträge mit den Jüdischen Gemeinden ausgeklammert; sie weisen – Instrument auch der Wiedergutmachung für schwerstes erlittenes Unrecht – zahlreiche Eigenheiten auf und bedürfen daher eigenständiger und besonderer Behandlung. Der vorliegende Kommentar möchte einen Beitrag zur Pflege des in seiner Bedeutung teils über-, teils unterschätzten Vertragsstaatskirchenrechts leisten. Kommentiert wird in erster Linie der Wittenberger Vertrag – die inhaltlich vergleichbaren Bestimmungen der übrigen evangelischen und katholischen Verträge, jeweils chronologisch geordnet, werden lediglich mitkommentiert, soweit es Abweichungen oder

1 Hermann Weber, Der Wittenberger Vertrag – Ein Loccum für die neuen Bundesländer?, NVwZ 1994, 759.

6

Vorwort

Ergänzungen gibt. Eine vorangestellte Synopse erleichtert das Auffinden der jeweils einschlägigen Regelungen. Auch wenn die Entstehungsgeschichte – dreißig Jahre nach Abschluss des Wittenberger Vertrages – in ihrer Bedeutung in den Hintergrund gerückt sein mag, so ist sie doch nicht irrelevant und wird daher überwiegend berücksichtigt. Eine Einleitung widmet sich allgemeinen Fragen einer vertraglichen Regelung des Staat-Kirche-Verhältnisses. Leider konnte die Publikation des Kommentars nicht mehr zu Lebzeiten von Axel Vulpius erfolgen. So dient er nun – als geistiges Vermächtnis – seinem ehrenden Andenken. Besonderer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Kirchenrecht der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, insbesondere Tim Weyersberg, Antonia von Strachwitz, Ann Kathrin Schnieders und Sophie Platz, für ihre ebenso umsichtige wie sorgfältige Mitarbeit und Redaktion. Bonn, im März 2023

Christian Hillgruber

Inhaltsverzeichnis Synopse der Vertragsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Fundstellen der Regierungsbegründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

Einleitung: Allgemeine Rechtsfragen im Hinblick auf vertragliche Regelungen des Staat-Kirche-Verhältnisses (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

Präambel – 1. Anstrich (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

Präambel – 2. Anstrich (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

Präambel – 3. Anstrich (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

Präambel – 4. Anstrich (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

Artikel 1 – Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Artikel 2 – Zusammenwirken (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Artikel 5 – Religionsunterricht (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Artikel 6 – Kirchliche Schulen (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen (Vulpius) . . . . . . . 295 Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Artikel 10 – Denkmalpflege (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Artikel 11 – Patronatswesen (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Artikel 12 – Anstaltsseelsorge (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Artikel 13 – Staatsleistung (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer (Hillgruber) 545 Artikel 16 – Spenden und Sammlungen (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Artikel 17 – Gebühren (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . 605 Artikel 19 – Feiertagsschutz (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629

8

Inhaltsverzeichnis

Artikel 20 – Seelsorgegeheimnis (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655 Artikel 21 – Friedhöfe (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671 Artikel 22 – Rundfunk (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699 Artikel 23 – Meldewesen (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737 Artikel 24 – Kirchliche Gerichtsbarkeit (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 751 Artikel 25 – Parität (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 Artikel 26 – Freundschaftsklausel (Hillgruber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 Artikel 27 – Sprachliche Gleichstellung (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 783 Artikel 28 – Inkrafttreten (Vulpius) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787

Synopse der Vertragsbestimmungen Wittenberger Vertrag

Evangelische Verträge

Katholische Verträge

Art. 1 Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit





Art. 2 Zusammenwirken

MV Art. 2, 3 Thüringen Art. 2 Sachsen Art. 2 Brandenburg Art. 2

Sachsen Art. 2, 13 Thüringen Art. 5, 29 MV Art. 3, 15, 25 LSA Art. 2, 12 Brandenburg Art. 22

Art. 3 Staatliche Theologenausbildung

MV Art. 4 Thüringen Art. 3 Sachsen Art. 3 Brandenburg Art. 3

Sachsen Art. 5 Thüringen Art. 13 MV Art. 6 LSA Art. 5 Brandenburg Art. 6

Art. 4 Kirchliche Hochschulen

MV Art. 5 Thüringen Art. 4 Sachsen Art. 4 Brandenburg Art. 4

Sachsen Art. 6 Thüringen Art. 10 MV Art. 5 LSA Art. 7 Brandenburg Art. 5

Art. 5 Religionsunterricht

MV Art. 6 Thüringen Art. 5 Sachsen Art. 5 Brandenburg Art. 5

Sachsen Art. 3 Thüringen Art. 12 MV Art. 4 LSA Art. 4 Brandenburg Art. 4

Art. 6 Kirchliche Schulen

MV Art. 5 Thüringen Art. 6 Sachsen Art. 6 Brandenburg Art. 4

Sachsen Art. 4 Thüringen Art. 8 MV Art. 5 LSA Art. 6 Brandenburg Art. 5

Art. 7 Schutz des Kirchenvermögens

MV Art. 7 Thüringen Art. 8 Sachsen Art. 8 Brandenburg Art. 6

Sachsen Art. 16 Thüringen Art. 19 MV Art. 16 LSA Art. 15 Brandenburg Art. 12

Art. 8 Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

MV Art. 1, 8 Thüringen Art. 7 Sachsen Art. 9 Brandenburg Art. 7

Sachsen Art. 14, 15 Thüringen Art. 4, 6, 7, 21 MV Art. 13, 14, 15 LSA Art. 13, 14 Brandenburg Art. 11, 12

10

Synopse der Vertragsbestimmungen

Wittenberger Vertrag

Evangelische Verträge

Katholische Verträge

Art. 9 Widmungsgarantie und Kirchengebäude

MV – keine Entsprechung Thüringen Art. 10 Sachsen Art. 11 Brandenburg Art. 9

Sachsen Art. 17 Thüringen Art. 20 MV – keine Entsprechung LSA Art. 15 Brandenburg – keine Entsprechung

Art. 10 Denkmalpflege

MV Art. 9 Thüringen Art. 9 Sachsen Art. 10 Brandenburg Art. 10

Sachsen Art. 19 Thüringen Art. 18 MV Art. 17 LSA Art. 17 Brandenburg – Art. 14

Art. 11 Patronatswesen

MV Art. 11, 13 Thüringen Art. 11 Sachsen Art. 12 Brandenburg Art. 11

Sachsen – keine Entsprechung Thüringen Art. 22 MV – keine Entsprechung LSA Art. 18 Brandenburg – keine Entsprechung

Art. 12 Anstaltsseelsorge

MV Art. 20 Thüringen Art. 12 Sachsen Art. 13 Brandenburg Art. 12

Sachsen Art. 12 Thüringen Art. 14 MV Art. 8 LSA Art. 10 Brandenburg Art. 8

Art. 13 Staatsleistung

MV Art. 13, 14, 15 Thüringen Art. 13 Sachsen Art. 14 Brandenburg Art. 13

Sachsen Art. 20 Thüringen Art. 23 MV Art. 20 LSA Art. 18 Brandenburg Art. 15, 16

Art. 14 Kirchensteuer

MV Art. 17 I-III Thüringen Art. 14 Sachsen Art. 16 Brandenburg Art. 14

Sachsen Art. 21 Thüringen Art. 25 MV Art. 18 I-III LSA Art. 19 I-III Brandenburg Art. 17

Art. 15 Verwaltung der Kirchensteuer

MV Art. 17 IV-VI Thüringen Art. 15 Sachsen Art. 17 Brandenburg Art. 15

Sachsen Art. 22 Thüringen Art. 26 MV Art. 18 IV-VI LSA Art. 19 IV-V Brandenburg Art. 18

Art. 16 Spenden und Sammlungen

MV Art. 19 Thüringen Art. 16 Sachsen Art. 18 Brandenburg Art. 16

Sachsen Art. 24 Thüringen Art. 27 MV Art. 19 LSA Art. 22 Brandenburg Art. 19

Art. 17 Gebührenbefreiung

MV Art. 16 Thüringen Art. 17 Sachsen Art. 19 Brandenburg Art. 17

Sachsen Art. 25 Thüringen Art. 24 MV Art. 25 LSA Art. 21 Brandenburg – Art. 20

Synopse der Vertragsbestimmungen

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Wittenberger Vertrag

Evangelische Verträge

Katholische Verträge

Art. 18 Diakonie und Bildungseinrichtungen

MV Art. 5, 21, 22 Thüringen Art. 18, 19 Sachsen Art. 7, 20 Brandenburg Art. 4, 8

Sachsen Art. 7, 9 Thüringen Art. 9, 15 MV Art. 5, 10 LSA Art. 8, 9 Brandenburg Art. 5, 7

Art. 19 Feiertagsschutz

MV Art. 23 Thüringen Art. 20 Sachsen Art. 21 Brandenburg Art. 18

Sachsen Art. 8 Thüringen Art. 3 MV Art. 7 LSA Art. 3 Brandenburg – Art. 2

Art. 20 Seelsorgegeheimnis

MV Art. 24 Thüringen Art. 21 Sachsen – keine Entsprechung Brandenburg Art. 19

Sachsen – keine Entsprechung Thüringen Art. 2 MV Art. 9 LSA Art. 1 III Brandenburg Art. 9

Art. 21 Kirchliche Friedhöfe

MV Art. 21 Thüringen Art. 22 Sachsen Art. 22 Brandenburg Art. 20

Sachsen Art. 18 Thüringen Art. 17 MV Art. 11 LSA Art. 16 Brandenburg – Art. 13

Art. 22 Rundfunk

MV Art. 25 Thüringen Art. 23 Sachsen Art. 23 Brandenburg Art. 21

Sachsen Art. 11 Thüringen Art. 16 MV Art. 13 LSA Art. 11 Brandenburg – Art. 10

Art. 23 Meldewesen

MV Art. 18 Thüringen Art. 24 Sachsen Art. 15 Brandenburg Art. 22

Sachsen Art. 23 Thüringen Art. 28 MV Art. 22 LSA Art. 20 Brandenburg Art. 21

Art. 24 Kirchliche Gerichtsbarkeit

MV – keine Entsprechung Thüringen Art. 25 Sachsen Art. 24 Brandenburg – keine Entsprechung

Sachsen – keine Entsprechung Thüringen – keine Entsprechung MV – keine Entsprechung LSA – keine Entsprechung Brandenburg – keine Entsprechung

Art. 25 Parität

MV Art. 26 Thüringen SP zu Art. 26 Sachsen Art. 25 Brandenburg Art. 23

Sachsen Art. 26 Thüringen SP zu Art. 31 MV Art. 23 LSA Art. 23 Brandenburg – Art. 24

12

Synopse der Vertragsbestimmungen

Wittenberger Vertrag

Evangelische Verträge

Katholische Verträge

Art. 26 Freundschaftsklausel

MV Art. 27 Thüringen Art. 26 Sachsen Art. 25 Brandenburg Art. 24

Sachsen Art. 26 Thüringen Art. 31 MV Art. 24 LSA Art. 24 Brandenburg Art. 23

Art. 27 Sprachliche Gleichstellung

MV – keine Entsprechung Thüringen SP zu Art. 2 IV Sachsen – keine Entsprechung Brandenburg Art. 25

Sachsen – keine Entsprechung Thüringen – keine Entsprechung MV – keine Entsprechung LSA – keine Entsprechung Brandenburg – keine Entsprechung

Art. 28 Inkrafttreten

MV Art. 28 Thüringen Art. 27 Sachsen Art. 26 Brandenburg Art. 26

Sachsen Art. 27 Thüringen Art. 30, 32 MV Art. 25, 26 LSA Art. 25, 26 Brandenburg Art. 25

Fundstellen der Regierungsbegründungen Land LSA MV Thüringen Sachsen Brandenburg

Ev. LT-Drs. 1/3087 LT-Drs. 1/4126 LT-Drs. 2/2100 LT-Drs. 1/4649 LT-Drs. 2/3442

Kath. LT-Drs. 2/4475 LT-Drs. 2/3100 LT-Drs. 1/3273 LT-Drs. 2/3612 LT-Drs. 3/6879

Einleitung: Allgemeine Rechtsfragen im Hinblick auf vertragliche Regelungen des Staat-Kirche-Verhältnisses I. Über den Sinn und Zweck vertraglicher Abmachungen zwischen Staat und Kirche Nachdem noch in den 1980er Jahren angenommen worden war, die Zeit der großen staatskirchenrechtlichen Verträge in Deutschland sei endgültig passé1, erlebten sie in und mit den neuen Ländern eine unerwartete Renaissance. In weniger als 15 Jahren entstand „ein flächendeckendes Netzwerk neuer Verträge“.2 Gerade in der unsicheren Nachwendezeit erschien es ungeachtet starker bundesverfassungsrechtlicher und zum Teil noch prononcierterer landesverfassungsrechtlicher Schutzgarantien den Ländern wie den Kirchen gleichermaßen angezeigt, ihre Beziehungen zueinander auf eine valide vertragliche Basis zu stellen. Mit dem Abschluss von Verträgen wollen Staat und Kirchen ihr Verhältnis auf eine feste und dauerhafte Rechtsgrundlage stellen. Zwar räumen schon das Grundgesetz und die Landesverfassungen den Kirchen mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit und weiteren grundrechtsähnlichen Garantien – Fortbestand des öffentlichrechtlichen Körperschaftsstatus, Selbstbestimmungsrecht, besonderer Eigentumsschutz, Fortbestand der Staatsleistungen bis zur deren Ablösung etc. – Rechtspositionen von erhöhter Bestandskraft ein. Aber auch Verfassungen können – wenn auch unter im Vergleich zu einfachen Gesetzen erschwerten Bedingungen – bis zur Grenze ihrer dauerhaft gestellten Grundsubstanz jederzeit geändert werden. Die Garantie der Religionsfreiheit kann als gesichert gelten. Das gilt auch für ihre korporative Dimension, obwohl diese anders als die individuelle Religionsfreiheit keinen (unmittelbaren) Menschwürdebezug aufweist, der sie als solche im Kern unabänderlich stellen würde (Art. 79 Abs. 3 GG). Für die darüber hinausgehenden verfassungsrechtlichen Garantien wird man dagegen von einer Fortgeltung auf unbestimmte Zeit nicht mehr ohne Weiteres ausgehen können. Mit dem Verlust vieler Mitglieder haben die Kirchen massiv an Stärke und Einfluss in einer zunehmend areligiös werdenden Gesellschaft verloren, durch 1

M. Germann, Die Staatskirchenverträge der Neuen Bundesländer: Eine dritte Generation im Vertragsstaatskirchenrecht, in: S. Mückl (Hrsg.), Das Recht der Staatskirchenverträge, 2007, S. 91 (98 m. Fn. 24) in Anlehnung an A. Boyer, Le droit des religions en France, 1993, S. 70, Fn. 1: „Le temps des concordats est passé.“ 2 S. Mückl, Verträge zwischen Staat und Kirchen, HSKR, 32020, Bd. 1, § 10, S. 433 (441 Rn. 11).

16

Einleitung

Skandale zudem erheblich an Reputation eingebüßt. Forderungen, ihre verfassungsrechtliche Sonderstellung zu beenden, stoßen daher auf erheblich mehr Widerhall als noch vor Jahrzehnten. Vor diesem Hintergrund kann es ein legitimes Bestreben der Kirchen sein, durch rechtlich bindende Verträge „ihre rechtlichen Positionen in eine unbestimmte Zukunft hinein vertraglich abzusichern“.3 Hinzu kommt, dass dadurch nach Verfassungs- oder Gesetzesrecht lediglich objektiv-rechtliche Gewährleistungen in Gestalt vertraglicher Ansprüche in subjektive öffentliche Rechte der Kirchen verwandelt werden können4: „Soweit einer vertragsgeschützten Kirche in einem Kirchenvertrag konkret fixierte öffentlich-rechtliche Ansprüche eingeräumt sind, können diese von dem jeweils betroffenen Rechtsträger im Verwaltungsgerichtsverfahren verfolgt werden“5 und setzen sich dort jedenfalls gegen untergesetzliches Recht durch. Neben diese sog. Absicherungsfunktion treten eine Kooperations-, eine Förderund eine Verpflichtungsfunktion staatskirchenvertraglicher Regelungen.6 Die Notwendigkeit zur Kooperation ergibt sich insbesondere bei den res mixtae, bei denen staatliche und kirchliche Zuständigkeiten gleichermaßen berührt und betroffen sind und – zur Vermeidung unzulässiger Übergriffe von der weltlichen in die geistliche Sphäre und umgekehrt – einer präzisen Zuordnung und Abschichtung bedürfen, die sich vertraglich-konsensual und in vereinbarten Formen institutionellen Zusammenwirkens am besten bewerkstelligen lässt. Darüber hinaus fördert der Staat mit bestimmten vertraglichen Zusagen die kirchliche Entfaltungs- und Wirkungsfreiheit über das (verfassungs-)gesetzlich Gebotene hinaus. Der Staat seinerseits kann unter Umständen ein berechtigtes Interesse daran haben, dass sich die Kirchen – ihn selbst insoweit partiell in seinem sozialstaatlichen Gewährungsleistungsauftrag entlastend – verlässlich an der Verwirklichung des säkularen Gemeinwohls beteiligen, indem sie sich etwa weiterhin diakonisch-karitativ in bisherigem Umfang engagieren. Was zunächst nur zu den rechtlich ungesicherten staatlichen Erwartungen an die Kirchen gehört, kann vertraglich unter Umständen zu einer im Synallagma zu Zusagen des Staates gegenüber den Kirchen liegenden kirchlichen „Gegenleistung“ werden, deren Erfüllung damit langfristig gesichert wird. 3 O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 32020, S. 1569 – 1598 (1585 Rn. 27). 4 Siehe – für Art. 23 Güstrower Vertrag – Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 2 M 99/99 –, juris, Rn. 23 – 26 = NVwZ 2000, 948 und für Art. 21 des Vertrages des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachen (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen) Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. November 2007 – 3 BS 410/07 –, juris, Rn. 12 = SächsVBl 2008, 71. 5 Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 2 M 99/99 –, juris, Rn. 22 = NVwZ 2000, 948 6 Siehe dazu näher H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 68 ff., 218 ff., 316 ff., 353 ff.

Einleitung

17

Den wechselseitigen Beziehungen in den rechtlichen Grundlagen die Gewähr der Dauer zu geben, ist daher das zentrale gemeinsame Anliegen von Staat und Kirche(n), das mit einem Vertragsschluss realisiert werden soll. Ganz in diesem Sinne heißt es prototypisch in der Eingangsformel des Wittenberger Vertrags, die Vereinbarung sei mit dem Ziel geschlossen worden, „unter veränderten politischen Bedingungen [Untergang der DDR, Wiedervereinigung; C. H.] die Grundlagen für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in einer freiheitlichen Gesamtordnung umfassend und dauerhaft zu gestalten“. Die Verträge sind dementsprechend sämtlich auf unbestimmte Zeit geschlossen und sehen keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vor.

II. Zulässigkeit des Vertrags als Handlungsform des Staates (vertragliche Selbstbindung) Aber darf sich der Staat überhaupt vertraglich binden? Dass er dies im Außenverhältnis zu anderen, ihm ebenbürtigen Staaten, also auf völkerrechtlicher Basis tun darf, ist allgemein anerkannt und wird im Grundgesetz sowohl für den Bund als auch für die Länder vorausgesetzt, wie sich u. a. aus den Art. 59 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 GG sowie Art. 32 Abs. 2 u. 3 GG ergibt. Es können auch Verträge zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Ländern geschlossen werden. Insoweit fehlt es allerdings – abgesehen von einigen Sonderbestimmungen für Verträge bestimmten Inhalts7 – an einer generellen verfassungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage. Eine allgemeine Befugnis der Länder, untereinander und mit dem Bund zu paktieren, wird aber teilweise aus ihrer (verfassungsrechtlichen) Staatsqualität hergeleitet. Andere Autoren schließen aus Art. 32 Abs. 3 GG, dass Bundesländer erst recht innerstaatliche Verträge abschließen können, wenn sie dies sogar mit ausländischen Staaten tun dürfen.8 Die Staatspraxis und auch die Rechtsprechung des BVerfG gehen ohne Weiteres wie selbstverständlich von der Zulässigkeit solcher Staatsverträge aus, vorausgesetzt die vertragschließenden Länder und der Bund bewegen sich dabei im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen. Wie aber steht es mit Verträgen, die die Länder mit den Kirchen schließen? Einige Länderverfassungen, insbesondere der neuen Länder, enthalten explizite Ermächtigungen zum Vertragsschluss, etwa die Verfassung Sachsen-Anhalts 7

Siehe Art. 29 Abs. 7 und 8 GG für Staatsverträge zwischen den Ländern über Änderungen des Gebietsbestandes bzw. eine Neugliederung sowie Art. 130 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 3 GG für Staatsverträge zwischen den Ländern über Verwaltungsorgane und sonstige der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienende Einrichtungen oder Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. 8 Siehe nur B. Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, Art. 20 GG (Bundesstaat IV) Rn. 164.

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Einleitung

(Art. 32 Abs. 4)9, die Verfassung Sachsens (Art. 109 Abs. 2 S. 3)10 und die Verfassung Mecklenburg-Vorpommerns (Art. 9 Abs. 2)11. Soweit es daran fehlt, könnte es allerdings durchaus zweifelhaft sein, ob der Staat sich gegenüber den Kirchen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts seiner Hoheitsgewalt unterliegen, vertraglich überhaupt wirksam binden kann. Die Kirchen sind zwar vom Staat getrennt und unabhängig; sie unterstehen aber der staatlichen Rechtsordnung. Solange der Protestantismus an der Verbindung der evangelischen Kirche mit dem Staat unbeirrt festhielt und sich ihm unterordnete, fehlte es schlicht an den Voraussetzungen für vertragliche Beziehungen zwischen ihnen. „Der Staat“, so Rudolf Sohm 1873, „ist geradezu dazu da, damit er die höchste Macht, d. h. der einzige Souverän über den Machtverhältnissen des menschlichen Leben sei. Die Kirche bildet keinen Staat über dem Staate, sie bildet keinen Staat neben dem Staate; sie ist eine Corporation im Staat. […] Die Kirchengewalt, ethisch der Staatsgewalt gleichberechtigt, ist der Staatsgewalt rechtlich nicht gleichgeordnet, sondern untergeordnet.“12 Waren Sohms Ansichten, die ein eigenständiges Kirchenrecht ausschlossen, in mancherlei Hinsicht singulär, so entsprach die Ablehnung des Vertrags als Rechtsinstrument im Verhältnis von Staat und Kirche doch traditionellem evangelischen Verständnis, das auch noch nach Ende der Verbindung von Thron und Altar 1918 nachwirkte. So betonte Hans Liermann noch 1927 mit großer Selbstverständlichkeit: „Gerade die Selbstbescheidung der Evang. Kirche, die im Staate, nicht über ihm ihres Glaubens leben will, legt nahe, jeden Gedanken an einen Vertrag des Staates mit der ,Untertanin‘ weit abzuweisen“13 (Hervor. im Original). Es gab deshalb auch nach 1919 auf evangelischer Seite teilweise durchaus noch grundsätzliche Vorbehalte gegen vertragliche Beziehungen zum Staat; man sah in einem solchen Vertrag „eine Beeinträchtigung der Hoheit des Staates, der aus eigenem Recht das Verhältnis von Staat und Kirche kraft der Verfassung regeln soll“.14 Diese Auffassung, die die grundlegende Umgestaltung des Staat-Kirche-Verhältnisses durch die Weimarer Reichsverfassung wohl noch nicht hinreichend reflektiert hatte, setzte sich aber in der Praxis nicht durch, sondern wich einer pragmatischen Haltung. Als klar wurde, dass es zum Abschluss von Konkordaten kommen 9 „Das Land und die Kirchen sowie ihnen gleichgestellte Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften können Fragen von gemeinsamen Belangen durch Vertrag regeln.“ 10 „Die Beziehungen des Landes zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften werden im übrigen durch Vertrag geregelt.“ 11 „Das Land und die Kirchen sowie die ihnen gleichgestellten Religions- und Weltanschauungsgesellschaften können Fragen von gemeinsamen Belangen durch Vertrag regeln.“ 12 R. Sohm, Das Verhältnis von Staat und Kirche aus dem Begriff von Staat und Kirche entwickelt, Tübingen 1873, S. 49 ff. (Hervorh. im Original). 13 H. Liermann, Das evangelische Konkordat, AöR 13 (1927), S. 381 (393). 14 So der – gegen das Badische Konkordat gerichtete – Antrag des Synodalen D. Holdermann aus dem Jahr 1927, zitiert nach: O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 52.

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würde, wurde vielmehr die Forderung nach Gleichbehandlung durch den Staat und damit ebenfalls nach Anbahnung vertraglicher Beziehungen erhoben. Das heißt aber noch nicht, dass der Staat solche Verträge, wenn sie nicht völkerrechtlicher Natur sind wie die Konkordate mit dem Heiligen Stuhl, schließen und sich damit gegenüber Kirchen binden darf. Es versteht sich nicht von selbst, dass der Staat mit Verbänden, auch mit autonomen Körperschaften, die seiner Rechtordnung unterstehen, paktieren kann. Allerdings geht das Grundgesetz in einigen Bestimmungen von der (Fort-)Geltung vertraglicher Grundlagen der Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche aus (vgl. Art. 123 Abs. 2 GG15; Art. 138 Abs. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG) und damit wohl auch von der Zulässigkeit des Vertrags als Handlungsform aus.16 Sie hat dadurch eine implizite bundesverfassungsrechtliche Anerkennung erfahren. Im Übrigen wird man die jahrzehntelange unangefochtene Vertragspraxis unter der Geltung des Grundgesetzes beginnend mit dem Loccumer Vertrag (1955) bis zum Evangelischen Kirchenvertrag Baden-Württemberg (2010) als eine Bestätigung dieser Auslegung des Grundgesetzes deuten dürfen.17 Das Schrifttum hält in sachlicher Übereinstimmung Verträge zwischen Staat und Kirche unisono für statthaft.18

III. Die Rechtsnatur der Verträge 1. Die Verträge mit dem Heiligen Stuhl Die Verträge der Länder mit dem Heiligen Stuhl sind nach heute praktisch nicht mehr bestrittener Auffassung völkerrechtlicher Natur.19 Der Heilige Stuhl ist ein Völkerrechtssubjekt kraft Herkommens20, und die Länder sind partiell völkerrechtsfähig. 15

Diese Vorschrift erfasst das Reichskonkordat; vgl. BVerfGE 6, 309 (341). Zumindest für die Staatsleistungen, vgl. A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 83 f. 17 Zur Bedeutung der Staatspraxis als „schöpferische[s] Moment der Rechtsfindung und Rechtsgewinnung“ im Verfassungsrecht siehe BVerfGE 62, 1 – Bundestagsauflösung I. 18 Nachweise bei S. Mückl, Verträge zwischen Staat und Kirchen, in: HSKR, 32020, Bd. 1, § 10, S. 433 (453 Rn. 32); M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 Rn. 21 a. E.; A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 85 f. hat schon die Weimarer Vertragspraxis als konkretisierende Ausprägung des offenen Systems der Weimarer Kirchenartikel gedeutet und angenommen, es sei in dieser Gestalt, also „im Sinne eines „System(s) der vertragsgesicherten, autonomen Trennungskirchen“ (U. Stutz, Konkordat und Codex, 1930, S. 699) grundgesetzlich rezipiert worden. 19 Aus der neueren Literatur siehe nur K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 27 – 39 mit zahlreichen Nachweisen auch zur teilweise abweichenden älteren Literatur. Im Grundsatz auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 123 – 131, dann aber mit problematischen Differenzierungen je nach Vertragsinhalt, a. a. O., S. 177 f. 20 B. Kempen/C. Hillgruber/C. Grabenwarter, Völkerrecht, 32021, § 10 Rn. 60 – 62. 16

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Insbesondere können sie im Rahmen ihrer Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten völkerrechtliche Verträge mit anderen Völkerrechtssubjekten schließen. Verfassungsrechtlich mit begrenzter eigener Vertragsabschlusskompetenz ausgestattet, können Drittstaaten und andere Völkerrechtssubjekte auf der Ebene der völkerrechtlichen Gleichordnung mit ihnen völkervertragliche Beziehungen knüpfen. Die verfassungsrechtliche Berechtigung der Länder mit dem Heiligen Stuhl Konkordate abzuschließen, folgt allerdings nicht aus Art. 32 Abs. 3 GG, denn Konkordate fallen nicht unter die Regelung der Art. 32 GG über die auswärtige Gewalt21, sondern aus Art. 30 GG, mit der praktischen wichtigen Konsequenz, dass der Abschluss der Konkordate, soweit deren Regelungsgegenstände in ihrer exklusiven Zuständigkeit liegen, nicht der Zustimmung der Bundesregierung nach Art. 32 Abs. 3 GG bedarf. „Die Länder können also im Bereich ihrer ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit ihre konkordatären Beziehungen ohne Ingerenz des Bundes gestalten.“22 Dass die neueren Staatskirchenverträge mit dem Heiligen Stuhl nicht mehr als Konkordat (Concordatio) bezeichnet werden, sondern den schlichten Namen „Vertrag“ (Conventio, Accordo) tragen, soll und kann ihre Rechtsnatur als völkerrechtliche Verträge ebenso wenig in Frage stellen wie ihr atypischer Inhalt.23 2. Die staatskirchenrechtlichen Verträge mit den evangelischen Landeskirchen Dagegen war die rechtliche Einordnung der Verträge der Länder mit den evangelischen Landeskirchen von Anfang an umstritten. a) Kein Völkervertragsrecht Lediglich eine Qualifizierung als völkerrechtliche Verträge scheidet mangels Völkerrechtsubjektivität der evangelischen Kirchen eindeutig aus. Ihre Organisation beschränkt sich auf die nationalstaatliche Ebene, ihr Status bestimmt sich nach Bundes- und Landesrecht. Verträge, die sie mit den Ländern schließen, können auch nicht mit Hilfe des Paritätsgrundsatzes auf die völkerrechtliche Ebene „hochgezont“ werden. Der Paritätsgrundsatz vermag nicht über den unterschiedlichen Status der Katholischen Kirche/des Heiligen Stuhls (= Völkerrechtssubjekt kraft Herkommens) und der evangelischen Landeskirchen (= Körperschaften des öffentlichen Rechts nach deutschem (Verfassungs-)Recht) hinwegzuhelfen und legitimiert daher 21

BVerfGE 6, 309 (362) – Reichskonkordat; B. Kempen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Bd. 2, Art. 32 Rn. 31. 22 BVerfGE 6, 309 (362) – Reichskonkordat. 23 Zutreffend S. Mückl, Verträge zwischen Staat und Kirchen, HSKR, 32020, Bd. 1, § 10, S. 433 (460 Rn. 40).

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weder eine Herabstufung der Konkordate, noch kann er die Staatskirchenverträge mit den evangelischen Kirchen auf die gleiche völkerrechtliche Ebene heben. Die Länder sind zwar aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, auch mit den evangelischen Landeskirchen Verträge zu schließen, wenn sie es mit dem Heiligen Stuhl als völkerrechtlicher Repräsentanz der katholischen Kirchen tun, und können dabei auch gehalten sein, soweit nicht die Eigenart der Vertragspartner und/oder die spezifische historische Entwicklung der jeweiligen Beziehungen Differenzierungen gebieten, inhaltlich gleiche oder zumindest vergleichbare, also gleichwertige Regelungen zu vereinbaren. Aber es steht nicht in der Rechtsmacht der Länder, den evangelischen Kirchen Völkerrechtssubjektivität zu verleihen und mit ihnen auf der Ebene des Völkerrechts zu paktieren.24 b) Staatsverträge, Verwaltungsverträge, Verträge sui generis? Als Bayern als erstes Land 1924 nicht nur mit dem Heiligen Stuhl paktierte, sondern auch mit den beiden Evangelischen Landeskirchen Verträge schloss, vertrat die bayerische Staatsregierung in der Regierungsvorlage zum Mantelgesetz die Rechtsauffassung, dass diese Verträge nicht die Eigenschaft von Staatsverträgen im Sinne des § 50 S. 1 der bayerischen Verfassung von 1919 hätten, vielmehr als „Staatsverwaltungsverträge“ anzusehen seien.25 Soweit sie Bestimmungen enthielten, die sich als Rechtssätze darstellen, bedürften aber auch sie zur Erlangung der Rechtswirksamkeit der Behandlung wie Landesgesetze.26 In der Regierungsbegründung des Gesetzentwurfs zu dem Vertrag des Freistaats Baden mit der Vereinigten EvangelischProtestantischen Landeskirche Badens vom 14. November 1932 heißt es: „Nach seinem Rechtscharakter ist der vorliegende Vertrag ein Staatsvertrag und bedarf nach § 29 Abs. 3 der Badischen Verfassung27 der Genehmigung durch den Badischen Landtag, und zwar in Gesetzesform.“28 Einer Bemerkung des Kultusministers Dr. Baumgartner im Haushaltsausschuss ist allerdings zu entnehmen, dass die Einstufung nicht ganz unumstritten war und vor allem aus Paritätsgründen erfolgte: „Es besteht eine Meinungsverschiedenheit darüber, ob es sich um einen Staatsvertrag oder Verwaltungsvertrag handle. Das Staatsministerium glaubt, dass ein Staatsver24 Siehe K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 41 – 47; M. Jestaedt, Universale Kirche und nationaler Verfassungsstaat, Essener Gespräche 37 (2003), S. 87 (110). 25 So auch H. Liermann, Das evangelische Konkordat, AöR 13 (1927), S. 381 (419): „Der evangelische Vertrag ist ein sog. Verwaltungsvertrag des Staates mit einer seiner Staatsgewalt unterworfenen Körperschaft des öffentlichen Rechts.“ 26 Wiedergegeben nach: O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 61. 27 Verfassung vom 21. März 1919, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1919 Nr. 28, S. 279 ff. Die Vorschrift des § 29 Abs. 3 lautet: „Alle Staatsverträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gesetzesform.“ 28 Drs. Nr. 4a, Badischer Landtag, Sitzungsperiode 1932/33, S. 15, zitiert nach: O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 66 f.

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trag möglich sei. Es wolle die Parität mit dem katholischen Konkordat gewahrt wissen.“29 Dieser Handhabung folgt die Staatspraxis seitdem bis heute.30 In der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zum Vertrag des Landes Berlin mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vom 20. Februar 2006 heißt es lapidar: „Nach Artikel 50 Abs. 1 Satz 4 der Verfassung von Berlin bedarf der Kirchenvertrag als Staatsvertrag der Zustimmung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Dazu ist ein Zustimmungsgesetz erforderlich.“31 Die Verträge werden zudem nicht nur unterzeichnet, sondern – nach Einholung der Zustimmung des Landtags in Gesetzesform – ratifiziert. Die Länder behandeln also durchgängig die evangelischen staatskirchenrechtlichen Verträge zumindest wie Staatsverträge, ungeachtet fehlender Staatsqualität oder auch nur Staatsähnlichkeit ihrer kirchlichen Vertragspartner. Sie betonen damit, dass sich Staat und evangelische Kirchen im Vertrag auf Augenhöhe begegnen.32 Außerdem soll auf diese Weise das Vereinbarte rechtlich in gleicher Weise abgesichert werden wie bei den Konkordaten.33 Die Zustimmungsbedürftigkeit des staatskirchenrechtlichen Vertrags in Gesetzesform kann sich zwar auch daraus ergeben, dass der Vertrag rechtlich verbindliche Außenwirkungen erzeugen soll34 oder eine Änderung bzw. Aufhebung bestehender Gesetze notwendig macht.35 Sie wird aber unabhängig davon stets aus der jeweiligen Verfassungsbestimmung über die Zustimmung des Landtags zu Staatsverträgen abgeleitet. 29

Bericht des Abg. Föhr über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag des Freistaats Baden mit der Vereinigten Evangelisch-Protestantischen Landeskirche Badens, Drs. Nr. 4a, S. 3, zitiert nach: O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 67. 30 Siehe die Nachweise bei K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 47 Fn. 112. 31 Abgeordnetenhaus Berlin Drs. 15/4764, S. 28. Siehe auch Gesetzentwurf der Landesregierung eines Gesetzes zu dem Evangelischen Kirchenvertrag Baden-Württemberg und zu der Römisch-katholischen Kirchenvereinbarung Baden-Württemberg, LT-Drucks. 14/1940, S. 6: „Die Vorschrift enthält die Zustimmung zu dem Vertrag gemäß Artikel 50 Abs. 2 LV. Mit der Zustimmung erhält der Vertrag Gesetzeskraft.“ 32 Vgl. dazu bereits O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 138: Der (badische) Kirchenvertrag ist „kein Verwaltungsvertrag, d. h. eine Abmachung, die der Staat mit einer ihm unterworfenen Organisation in dieser Eigenschaft der Subordination abschließt, sondern ein Vertrag zwischen Gleichgestellten, für ihre Sphären selbstherrlichen Größen. Der Staat hat in Übereinstimmung mit dieser Auffassung den Vertrag selbst als einen Staatsvertrag bezeichnet. Es entspricht nun der Übung, Verträge auf koordinationsrechtlicher Unterlage, wie z. B. völkerrechtliche Verträge, zu ratifizieren.“ 33 K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 60, 62. 34 So BVerfGE 42, 103 (115 f.) für Verträge zwischen den Ländern. 35 Siehe zum Beispiel Art. 2 des Gesetzes zum Evangelischen Kirchenvertrag SachsenAnhalt vom 3. Februar 1994 (GVBl. LSA 1993, 172).

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Diese Einschätzung der Verträge mit den evangelischen Kirchen als Staatsverträge oder Quasi-Staatsverträge steht in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der beteiligten Kirchen und dürfte daher als gemeinsamer Wille der Vertragsparteien maßgeblich sein36, es sei denn der (analogen) Anwendung der Regeln über Staatsverträge stehen unüberwindbare verfassungsrechtliche Einwände entgegen; solche sind aber nicht ersichtlich. Jedenfalls drängt sich eine andere rechtliche Einordnung nicht auf. Die Verträge lassen sich jedenfalls nicht als verwaltungsrechtliche Verträge i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG qualifizieren.37 Diese Vorschriften sind auf Verträge zwischen Staat und Kirche – wegen deren verfassungsrechtlicher Sonderstellung gegenüber dem Staat – nicht anwendbar.38 Die Kirchen sind ungeachtet ihres Körperschaftsstatus nicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie z. B. den Hochschulen vergleichbar. Zwar haben auch sie den Körperschaftstatus durch staatlichen Verleihungsakt erhalten, aber darin liegt lediglich im Sinne der „Gewährleistung eines öffentlichen Gesamtstatus“39 die besondere Anerkennung ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und ihrer staatsunabhängigen Existenz, keine Eingliederung in die Staatsund Verwaltungsorganisation. So bliebe nur noch – als Verlegenheitslösung – die Einordnung als Verträge sui generis. Sie wird vielfach mit unterschiedlicher Begründung vertreten. So ist bereits zum badischen Kirchenvertrag von 1932 davon gesprochen worden, es handle sich um „staatlich kirchliche[s] Zwischenrecht“, das „auf dem darauf gerichteten, gegenseitigen Anerkennungswillen als eigenständige Verbände“ beruhe: „Nicht im Staatsrecht, nicht im Kirchenrecht und nicht im Völkerrecht, sondern allein in diesem eigengewachsenen Koordinationsrecht hat der Staatskirchenvertrag seinen Rechtsboden“.40 Alexander Hollerbach hat diese auf der Gleichordnung von Staat und Kirche als Entitäten von je eigener unabgeleiteter Rechtssubjektivität und Rechtsgestaltungsmacht beruhende Ansicht zur These vom eigenen Rechtsraum des „Staat-Kirche-Rechts“ ausgebaut. Letztlich trägt danach der Vertrag zwischen Staat und Kirche seinen Rechtsgrund und auch seine Gewähr in sich selbst.41 Das pactum schafft selbst die lex contractus. Das kann man so sehen. Allerdings muss der Vertrag auch dann noch, um innerstaatlich und innerkirchlich Rechtswirkung zu ent36

A. A. K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 47 – 52. Siehe dazu näher K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 52 – 60. 38 Siehe Begründung des Regierungsentwurfs zum (B)VwVfG, BT-Drucks. 7/910, S. 77: Nicht erfasst würden „dagegen Verträge aus dem Bereich des Staats- und Verfassungsrechts, wie z. B. Staatsverträge und Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern, zwischen Bundesländern, aber auch zwischen Staat und Kirche“. 39 H. Weber, Grundprobleme des Staatskirchenrechts, 1970, S. 57. 40 O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 66 m. w. N. 41 A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 100 ff. 37

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falten, durch Staats- bzw. Kirchengesetz in die staatliche bzw. kirchliche Rechtsordnung integriert werden.42 Aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG) kann der Vertrag als Instrument der Gestaltung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche nicht hergeleitet werden.43 Die Autonomie, die hier den Religionsgesellschaften aus der Perspektive der staatlichen Verfassung eingeräumt ist, ist zunächst einmal Grundlage für die staatliche Anerkennung des von der Kirche für ihre eigene Ordnung selbst erlassenen Rechts.44 Man mag darüber hinaus im Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften auch noch die Basis für deren freiwillige Selbstbindungen gegenüber dem Staat erblicken. Dass aber auch der Staat sich in vertraglicher Form gegenüber der Kirche binden kann, lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen.45 Im Gegenteil: Sie ordnet Religionsgemeinschaften und Staat in der Weise einander rechtlich zu, dass jede Religionsgemeinschaft ihre Angelegenheiten selbständig ordnet und verwaltet, während dem Staat die am weltlichen Gemeinwohl orientierte Schrankenziehung durch das für alle geltende, also religions(gemeinschafts)neutrale Gesetz obliegt. Auf Vertragsschluss zielende Kooperationsansätze sind dieser Vorschrift nicht zu entnehmen.46

IV. Bindungswirkung Hinsichtlich der Bindungswirkung für den Staat muss, was häufig nicht geschieht, zwischen dem Vertrag selbst und dem (Zustimmungs-)Gesetz unterschieden werden.47 Das Zustimmungsgesetz schafft nicht den Vertrag, sondern macht ihn lediglich zu innerstaatlich, das Kirchengesetz zu innerkirchlich anwendbarem Recht.48 Das Gesetz ist auch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für den Vertrag. Er kommt viel42 So auch A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 106. 43 So aber H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 161 ff. 44 Siehe A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 93: „Der demokratische Rechts-, Sozial- und Kulturstaat des Grundgesetzes nimmt für seine freiheitliche Ordnung kein etatistisch-positivistisches Rechtssetzungs- oder Rechtsverleihungsmonopol in Anspruch.“ 45 Zutreffend K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 113. 46 Sie schließt allerdings auch nicht umgekehrt vertragliche Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche aus. 47 So auch bereits O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 67. 48 Als solches setzt es sich gegen untergesetzliches Recht durch. Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 2 M 99/99 –, juris, Rn. 31 = NVwZ 2000, S. 948 (Allgemeinverfügung); Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. November 2007 – 3 BS 410/07 –, juris, Rn. 12 = SächsVBl. 2008, 71 (gemeindliche Rechtsverordnung).

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mehr mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden zustande. Sollte die Ratifikation einmal unterbleiben, ginge der Rechtsanwendungsbefehl des Gesetzes schlicht ins Leere. Der zeitliche Ablauf des Verfahrens – Unterzeichnung des Vertrags, Einholung der Zustimmung des Landtags in Gesetzesform, Ratifikation – schließt den Fall aus, dass der Vertrag wirksam wird, ehe das Zustimmungsgesetz verabschiedet ist. Wird es nachträglich – vertragswidrig – aufgehoben, bleibt dessen Fortgeltung davon unberührt, es sei denn es liegt ein hinreichender Grund vor, der das Land zur Lösung vom Vertrag berechtigte (dazu sogleich näher). 1. Die Verträge mit dem Heiligen Stuhl Die Verträge mit dem Heiligen Stuhl sind bindende völkerrechtliche Verträge; gegen die durch sie begründeten Verpflichtungen kann keine Vertragspartei ihre innere Rechtsordnung ins Feld führen. Die Länder können sich also nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung des Vertrags zu rechtfertigen (siehe Art. 27 S. 1 Wiener Vertragsrechtskonvention – WVK). Im Gegenteil: Der Vertrag verpflichtet sie, das innerstaatliche Recht, soweit notwendig, dem Vertrag anzupassen. a) Treaty Override Das bedeutet indes nicht, dass der staatliche Gesetzgeber nicht in der Lage wäre, innerstaatlich wirksam das erlassene Zustimmungsgesetz wieder aufzuheben oder neues Gesetzesrecht zu setzen, das bewusst und gewollt49 mit Bestimmungen des Vertrags in Widerspruch steht. Er darf es zwar völkerrechtlich nicht, weil das Land damit den geschlossenen völkerrechtlichen Vertrag bricht, aber er kann es mit innerstaatlicher Gültigkeit und Wirkung tun. Das BVerfG hat entschieden, dass die Überschreibung eines völkerrechtlichen Abkommens durch innerstaatliches Gesetz („Treaty Override“) verfassungsrechtlich zulässig, d. h. möglich und innerstaatlich gültig ist.50 In der Ordnung des Grundgesetzes hätten völkerrechtliche Verträge in der Regel den Rang einfacher Bundesgesetze. Sie könnten daher durch spätere, ihnen widersprechende Bundesgesetze verdrängt werden. Etwas anderes ergebe sich weder aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes noch aus dem Rechtsstaatsprinzip. Das BVerfG stellt in seiner Begründung zwar auch maßgeblich darauf ab, dass nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG völkerrechtliche Verträge, welche die politischen Bezie49

Andernfalls greift in völkerrechtskonformer bzw. -freundlicher Auslegung die Vermutung zugunsten der Respektierung der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen; siehe nur BVerfGE 74, 358 (370); zuletzt E 141, 1 (30 Rn. 71). 50 BVerfGE 141, 1 (56).

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hungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, erst durch das dort vorgesehene Zustimmungsgesetz innerstaatliche Wirksamkeit erlangen und der mit dem Zustimmungsgesetz erteilte Rechtsanwendungsbefehl einem völkerrechtlichen Vertrag innerhalb der Normenhierarchie keinen Rang über den Gesetzen einräumt.51 Nun findet Art. 59 Abs. 2 GG ebenso wie Art. 32 GG auf Konkordate keine Anwendung. Die Feststellung, dass das (einfache) Gesetz – ohne eine dahingehende grundgesetzliche Ermächtigung – dem völkervertraglich Vereinbarten keinen höheren Rang als seinen eigenen verleihen könne52 und daher Regelungen eines völkerrechtlichen Vertrags in der innerstaatlichen Rechtsordnung auch entsprechend dem lex-posterior-Grundsatz durch ein späteres, gegenläufiges Bundesgesetz im Umfang des Widerspruchs außer Kraft gesetzt werden53, gilt aber auch für Verträge mit dem Heiligen Stuhl. Vor allem widerspricht die Annahme einer dauerhaften Bindung des Gesetzgebers an das einmal erlassene Zustimmungsgesetz nach zutreffender Ansicht des BVerfG dem Demokratieprinzip, mit dem es nicht zu vereinbaren wäre, wenn ein Parlament die Gesetzgeber späterer Legislaturperioden binden und in ihren Möglichkeiten beschränken könnte, gesetzgeberische Entscheidungen der Vergangenheit aufzuheben oder zu korrigieren, weil dadurch politische Auffassungen auf Dauer festgeschrieben würden.54 Zudem ist der Gesetzgeber gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nur an die verfassungsmäßige Ordnung, nicht jedoch an einfachrechtliche Regelungen gebunden. Diese soll er vielmehr – innerhalb der verfassungsrechtlichen Bindungen – durchaus ändern und neu gestalten können.55 Diese Erwägungen treffen auch auf völkervertragliche Bindungen durch Verträge mit dem Heiligen Stuhl zu. b) Selbstbindung des Gesetzgebers? Eine Vertragsbindung des Gesetzgebers kann daher nur durch das Verfassungsrecht angeordnet werden56 ; denn die gesetzgebende Gewalt ist (nur) an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Eine Bindung des Gesetzgebers an ein von ihm selbst erlassenes Gesetz kennt aber das Grundgesetz – von wenigen Ausnahmen abgesehen57 – nicht. 51

BVerfGE 141, 1 (18 ff. Rn. 43 ff.). BVerfGE 141, 1 (19 f. Rn. 46). Gegen die Annahme einer Rangzuweisung durch das als Rechtsanwendungbefehl verstandene Zustimmungsgesetz mit beachtlichen Gründen M. Schäfer, Treaty Overriding, 2020, S. 137 ff. 53 BVerfGE 141, 1 (20 f. Rn. 49 f.). 54 BVerfGE 141, 1 (21 f. Rn. 53). 55 BVerfGE 141, 1 (22 f. Rn. 54). 56 Insofern zutreffend M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 Rn. 23. 57 Zur Selbstbindung des Bundeshaushaltsgesetzgebers an das Haushaltsgrundsätzegesetz siehe Art. 109 Abs. 4 GG; zur Selbstbindung durch das die Maßstäbe der Finanzverteilung 52

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Eine solche Ausnahmevorschrift enthält das Grundgesetz für Verträge zwischen Staat und Kirche nicht.58 Das Bundesverfassungsgericht hat gerade in seiner Entscheidung zum Reichskonkordat hervorgehoben, dass „das Grundgesetz in seiner Völkerrechtsfreundlichkeit nicht so weit geht, die Einhaltung bestehender völkerrechtlicher Verträge durch eine Bindung des Gesetzgebers an das ihnen entsprechende Recht zu sichern“, vielmehr die Erfüllung der bestehenden völkerrechtlichen Vertragspflichten der Verantwortung des zuständigen Gesetzgebers überlasse.59 Auch die Fortgeltungsanordnung des Art. 123 Abs. 2 GG hat nicht zur Folge, dass der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich an die nach dem Grundgesetz in seine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit fallenden Bestimmungen des Reichskonkordats gebunden ist, also kein entgegenstehendes Recht setzen kann.60 Dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen nach Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG lässt sich, wie gesehen, nicht einmal die Zulässigkeit vertraglicher Bindung der staatlichen Seite entnehmen, geschweige denn eine dadurch eintretende Selbstbindung des staatlichen Gesetzgebers, die den lex-posterior-Grundsatz unanwendbar machte, steht das Selbstbestimmungsrecht doch gerade unter dem Schrankenvorbehalt des für alle geltenden Gesetzes. Die landesverfassungsrechtlichen Ermächtigungsvorschriften zum Abschluss von Verträgen zwischen Staat und Kirche enthalten sich einer Stellungnahme zur Bindung des Gesetzgebers; die auf sie angewandten Vorschriften über die Zustimmungsbedürftigkeit von Staatsverträgen in Gesetzesform enthalten keinen Hinweis, dass diese Zustimmung nicht revozierbar wäre.

nach Art. 106 f. GG konkretisierende und ergänzende Gesetz siehe BVerfGE 101, 158 (217, 219, 236). Zu der sich aus dem Verfassungsauftrag des Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG grundsätzlich ergebenden Bindung des Bundesgesetzgebers an das hoheitsrechtsübertragende Zustimmungsgesetz nach Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG, das nur aufgehoben werden dürfte, wenn die EU eine mit den verfassungsrechtlichen Strukturanforderungen des Art. 23 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG unvereinbare Entwicklung nähme, siehe C. Hillgruber, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Kommentar, 14. Aufl., 2018, Art. 23 Rn. 10 f. Zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber späterem wie früherem Gesetzesrecht mit der Folge, der Unanwendbarkeit der lex-posterior-Regel in Bezug auf die Zustimmungsgesetze zu den europäischen Verträgen siehe nur BVerfGE 75, 223 (244 f.); 85, 191 (204); 123, 267 (400); 126, 286 (301 f.); 140, 317 (335 Rn. 37); 141, 1 (16 Rn. 34). 58 Zu besonderen landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen (Art. 23 Abs. 2) und Baden-Württemberg (Art. 8) die für im Zeitpunkt der Verfassunggebung bereit existente staatskirchenrechtliche Verträge die lex posterior-Regel ausschließen siehe näher K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 92 f. Die Verfassung Hessens erklärt generell Gesetze für ungültig, die mit einem Staatsvertrag in Widerspruch stehen (Art. 67 S. 2). 59 BVerfGE 6, 309 (362 f.) – Reichskonkordat. 60 BVerfGE 6, 309 (342 ff.).

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c) Bindung des Gesetzgebers an seine Zustimmung aufgrund des Rechtsstaatsprinzips? Auch das Rechtsstaatsprinzip kann nicht für eine Selbstbindung des Gesetzgebers in Anspruch genommen werden.61 Das Rechtsstaatsprinzip ist „kein Einfallstor für eine den differenzierten Regelungen des Grundgesetzes zur Bindungswirkung völkerrechtlicher Regelungen widersprechende schematische ,Vollstreckung‘ von Völkerrecht“.62 aa) Verstoß einer den Vertragsinhalt missachtenden lex posterior gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz? Jüngst ist geltend gemacht worden, dass ein dem Zustimmungsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nachfolgendes Gesetz gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) verstoße, wie er in der Regelung in § 82 Abs. 2 GO-BT zum Ausdruck komme. Da der Gesetzgeber nicht das Recht habe, auf die inhaltliche Gestaltung eines völkerrechtlichen Vertrags Einfluss zu nehmen, sondern zu diesem nur in Gänze ja oder nein sagen könne, dürfe er auch nicht durch eine lex posterior die innerstaatliche Anwendung des Vertrags nachträglich nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten. Darin liege vielmehr ein Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes auf dem Gebiet der auswärtigen Gewalt.63 Es bedarf keiner Erörterung, inwieweit diese Überlegungen (mittels des Homogenitätsgrundsatzes nach Art. 28 Abs. 1 GG) auf das Landesverfassungsrecht übertragen werden können, obwohl sich nicht in allen Landtagsgeschäftsordnungen eine entsprechende Regelung zu Staatsverträgen findet.64 Denn der behauptete Verstoß gegen die Gewaltenteilung liegt nicht vor. Erlässt das gesetzgebende Organ nach Erlass des Zustimmungsgesetzes ein Gesetz, das inhaltlich (teilweise) mit dem Vertrag, dem zuvor gesetzlich die Zustimmung erteilt worden ist, unvereinbar ist, übt es nicht in Übergriff auf Zuständigkeiten der Regierung auswärtige Gewalt aus, sondern nimmt seine ureigene Legislativgewalt war. Er überschreibt nicht einzelne Vorschriften eines Abkommens, „um sich einen Vertrag ,maßzuschneidern‘“65, sondern aktualisiert und modifiziert – wenn auch ohne Rücksichtnahme auf eingetretene völkerrechtliche Bindungen – seinen im Zustimmungsgesetz artikulierten gesetzgeberischen Willen. Das hat zwar unzweifelhaft Rückwirkungen auf die in der Zuständig61 So schon O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 63. 62 BVerfGE 141, 1 (34 Rn. 79); für eine Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip abwägende Einzelfalllösung Sondervotum König, BVerfGE 141, 1 (44, 48 ff. Rn. 7 ff.). 63 M. Schäfer, Treaty Overriding, 2020, S. 204. 64 Keine vergleichbaren Regelungen kennen etwa die Geschäftsordnungen der Landtage Sachsens und Sachsen-Anhalts. Siehe demgegenüber aber z. B. § 80 GO-Landtag NRW und § 58 S. 2 GO Landtag Bayern. 65 So aber M. Schäfer, Treaty Overriding, 2020, S. 206.

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keit der Regierung liegende auswärtige Gewalt – der Erlass eines vertragswidrigen Gesetzes könnte die Regierung zur Abwendung eines fortwährenden Vertragsbruchs faktisch zu einer Kündigung des Vertrags nötigen –, aber das gilt für die aus demokratischen Gründen als zulässig erachtete Aufhebung des Zustimmungsgesetzes erst recht. Demgegenüber ist die Funktion des in den Geschäftsordnungen teilweise festgelegten Zwangs der Legislative, über den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zu einem Staatsvertrag nur in toto abstimmen zu können, beschränkt. Die Regelung nimmt Rücksicht darauf, dass Nachverhandlungen des Vertragstextes nach Unterzeichnung des Vertrags entweder gemäß Art. 10 Abs. 2 WVK gar nicht mehr rechtlich möglich oder jedenfalls politisch inopportun sind, weil sie die Regierung, die die Vertragsverhandlungen geführt und mit der Zustimmung zum Vertragsinhalt abgeschlossen hat, gegenüber dem Vertragspartner in eine prekäre Lage bringt. Das heißt aber nicht, dass die gesetzgebende Körperschaft nicht Einfluss auf den Umfang und die Reichweite der einzugehenden vertraglichen Verpflichtungen nehmen könnte. So kann das Parlament etwa die gesetzliche Zustimmung zu einem mehrseitigen Vertrag von der Anbringung eines Vorbehalts zu einer einzelnen Vertragsbestimmung abhängig machen, obwohl dies der Regierung ganz ungelegen kommt. Wenn aber die parlamentarische „Nachforderung“ der Anbringung eines völkerrechtlichen Vorbehalts zulässig ist, das Parlament also in dieser Weise auch unter Umständen nur eingeschränkt zustimmen kann, wird es wohl auch die einmal gesetzlich uneingeschränkte erteilte Zustimmung zum Vertrag durch ein davon teilweise abweichendes späteres Gesetz wieder partiell zurücknehmen dürfen. Vor diesem Hintergrund stellt eine mit dem Erlass einer lex posterior verbundene teilweise Revokation des Zustimmungsgesetzes zum Vertrag keinen schlechterdings unzulässigen Einbruch in den Kernbereich exekutivischer Exklusivkompetenz und Eigenverantwortung dar.66 Angesichts vielfältiger Gewaltenverschränkung und damit verbundener Durchbrechung eines strikt verstandenen Grundsatzes der Gewaltentrennung könnte aber nur unter dieser qualifizierenden Voraussetzung überhaupt ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Gewaltenteilung zum Nachteil der Regierung angenommen werden. bb) Gewohnheitsrechtliche Anerkennung der Bindung des Gesetzgebers? Schließlich kann auch nicht die Vertragspraxis selbst für eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung einer Selbstbindung des staatlichen Gesetzgebers angeführt wer66 So wohl M. Schäfer, Treaty Overriding, 2020, S. 206: „Es würde zu einem vom Grundgesetz nicht vorgesehenen Gewaltenmonismus führen, könnte der Bundestag nachträglich und einseitig auf den Vertragsinhalt zugreifen und auf diese Weise den Vollzug des Vertrages durch die deutschen Staatsorgane den eigenen Vorstellungen anpassen.“ Auf den Vertrag greift der Gesetzgeber aber, wie Schäfer selbst dargelegt hat, gar nicht zu, sondern lediglich – mittelbar – auf sein eigenes Produkt, das Zustimmungsgesetz.

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den.67 Die Bindungswirkung des Vertrags selbst ist unbestritten; die Frage ist allein, ob auch der Gesetzgeber an sein Zustimmungsgesetz gebunden ist. Angesichts dessen bisheriger Vertragstreue ist die Probe aufs Exempel insoweit schlicht noch nicht gemacht worden. d) Rückwirkungen einer veränderten Gesetzeslage auf den Fortbestand des Vertrags? Mit der Aufhebung des Zustimmungsgesetzes oder dem späteren Erlass eines neuen, vertragsüberschreibenden, das Zustimmungsgesetz implizit partiell aufhebenden staatlichen Gesetzes wird aber der völkerrechtliche Vertrag selbst nicht hinfällig. Er bleibt vielmehr dessen ungeachtet bindend68, und das Land begeht mit einer solchen Gesetzgebung Vertragsbruch. e) Die Lösung vom Vertrag unter den engen Voraussetzungen der clausula rebus sic stantibus Da ein ordentliches Kündigungsrecht in den Verträgen mit dem Heiligen Stuhl nicht vorgesehen ist, kommt eine Lösung von der Bindung an den Vertrag nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen der clausula rebus sic stantibus vorliegen. Art. 62 WVK, den der IGH in großen Teilen als Kodifizierung bestehenden Gewohnheitsrechts ansieht69, bestimmt in Abs. 1, dass eine von den Parteien nicht vorausgesehene grundlegende Änderung der beim Vertragsschluss gegebenen Umstände nicht als Beendigungs- oder Rücktrittsgrund geltend gemacht werden kann, es sei denn, das Vorhandensein der Umstände bildete eine wesentliche Grundlage für die Zustimmung zum Vertrag, und die Veränderung würde zu einer tiefgreifenden Umgestaltung des Ausmaßes der noch zu erfüllenden vertraglichen Verpflichtungen führen. Die Geltendmachung einer grundlegenden Änderung der Umstände ist daher an sehr enge Voraussetzungen geknüpft: „International law admits that a fundamental 67

So aber wohl M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 Rn. 23, der aber nicht hinreichend zwischen Vertrag und Gesetz unterscheidet. 68 Zutreffend hebt M. Schäfer, Treaty Overriding, 2020, S. 162 hervor, dass sich die Anwendung der lex-posterior-Regel „auf das Verhältnis des im Vertragsgesetz enthaltenen Rechtsanwendungsbefehls und der abkommensüberschreibenden Vorschrift beschränkt. Auf den Vertrag selbst kann der Gesetzgeber nicht durch eine neue Regelung zugreifen, weil er nicht Schöpfer des Vertrags ist.“ Vgl. auch M. Krumm, Legislativer Völkerrechtsbruch im demokratischen Rechtsstaat, AöR 138 (2013), S. 363 (372). Genau genommen findet also gar kein treaty overriding statt, sondern eine konkludente partielle Rücknahme des ursprünglich erteilten Rechtsanwendungsbefehls durch ein späteres, davon inhaltlich teilweise abweichendes Gesetz, also eine Änderung des gesetzgeberischen Willens. Davon bleibt die Geltung des völkerrechtlichen Vertrags unberührt, so dass ein – allerdings innerstaatliche Verdrängungswirkung – erzielender Vertragsbruch durch Gesetz vorliegt. 69 IGH, ICJ Reports 1973, 3 (18) – Fisheries Jurisdiction (United Kingdom/Iceland); IGH, ICJ Reports 1997, 7 (38) – Gabcˇ íkovo-Nagymaros.

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change in the circumstances which determined the parties to accept a treaty, if it has resulted in a radical transformation of the extent of the obligations imposed by it, may, under certain conditions, afford the party affected a ground for invoking the termination or suspension of the treaty.“70 Eine grundlegende Änderung der Umstände kann nach Art. 62 Abs. 2 WVK aber nicht geltend gemacht werden, wenn der sich auf die Änderung berufende Staat die Änderung selbst pflichtwidrig herbeigeführt hat. Daher können die Aufhebung des Zustimmungsgesetzes oder der Erlass eines späteren, mit den eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen des Landes in Widerspruch stehenden Gesetzes für sich genommen keine Gründe sein, die eine außerordentliche Kündigung des Vertrags rechtfertigen, sondern nur eine sich unbeeinflusst von den Vertragsparteien vollziehende grundlegende Änderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder als bestehend vorausgesetzten Umstände. Wie auch beim innerstaatlichen Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist im Übrigen in der Rechtsfolge vorrangig an eine Anpassung des Vertrages an die veränderten Verhältnisse zu denken; eine Kündigung des Vertrags kommt nur in Betracht, wenn eine Anpassung unmöglich oder einem Vertragsteil nicht zumutbar ist. Nach der in allen Verträgen enthaltenen Freundschaftsklausel dürfte das Land verpflichtet sein, mit dem Heiligen Stuhl als Vertragspartner in Verhandlungen in eine solche aus Gemeinwohlgründen für erforderlich erachtete Vertragsänderung einzutreten. Wenn schon Auslegungsstreitigkeiten durch amicabilis compositio beigelegt werden sollen, kann erst recht eine Vertragsänderung nicht eigenmächtig herbeigeführt werden, sondern ist – jedenfalls zunächst einmal – auf den Weg der Verhandlungen mit dem Ziel der Herbeiführung eines Konsenses zu verweisen. Scheitern die Verhandlungen, so mag sich gleichwohl das Land – berechtigt oder unberechtigt – auf die clausula rebus sic stantibus berufen. f) Völkerrechtliche Folgen eines innerstaatlich wirksamen Vertragsbruchs Auch wenn das Völkerrecht die innerstaatliche Wirksamkeit völkerrechtswidriger Rechtsakte nicht ausschließt, ist der damit verbundene Verstoß nicht unbeachtlich. Vielmehr stehen dem in seinem Vertrauen auf die Vertragstreue seines Kontrahenten enttäuschten Vertragspartner verschiedene Optionen offen, auf den Vertragsbruch zu reagieren. Er kann zunächst auf Vertragserfüllung bestehen; denn er hat einen Anspruch auf Herstellung des vertragsmäßigen Zustands. Bei weniger gravierenden Vertragsverletzungen kommen im Übrigen regelmäßig nur ein Recht zur ordentlichen Kündigung, das hier aber ausscheidet, weil ein solches Recht bewusst keiner Seite eingeräumt worden ist (siehe Art. 56 WVRK), oder – sub70

IGH, ICJ Reports 1973, 3 (20 f.) – Fisheries Jurisdiction (United Kingdom/Iceland).

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sidiär – eine Schadensersatzforderung in Betracht.71 Bei erheblichen Vertragsverletzungen (material breach) kann der andere Teil berechtigt sein, den Vertrag unabhängig von der Vereinbarung eines Kündigungsrechts zu beenden oder ihn zu suspendieren (Art. 60 Abs. 1 WVK). Daran dürfte der Heilige Stuhl, der an den ihn begünstigenden Vertragsregelungen festhalten will, aber gar kein Interesse haben. Es gibt auch kaum eigene Verpflichtungen aus den Verträgen gegenüber dem Land, deren Erfüllung er in Reaktion auf den Vertragsbruch seitens des Landes seinerseits einstellen könnte. Schadensersatzansprüche des Heiligen Stuhls sind nur bei gebrochenen finanzwirksamen Leistungspflichten der Länder vorstellbar. Andere Verträge mit dem vertragsbrüchigen Land, deren Erfüllung der Heilige Stuhl im Wege der Repressalie verweigern könnte, dürften im Regelfall gar nicht bestehen. Die Anwendung von Repressalien dürfte auch mit dem Selbstverständnis des Heiligen Stuhls kaum vereinbar sein. So bleiben dem Heiligen Stuhl tatsächlich kaum sinnvolle Reaktionsmöglichkeiten auf den in einer Aufhebung des Zustimmungsgesetzes oder dem in einer späteren vertragsüberschreibenden lex posterior liegenden Vertragsbruch. Mangels Parteifähigkeit (siehe Art. 34 Abs. 1 IGH-Statut) kann der Heilige Stuhl anders als Staaten nicht vor dem IGH gegen das vertragsbrüchige Land klagen, ungeachtet der von der Bundesrepublik Deutschland abgegebenen Unterwerfungserklärung nach Art. 36 Abs. 2 IGH-Statut.72 Der Heilige Stuhl hat sich – seinem Selbstverständnis entsprechend – auch keiner internationalen Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen.73 Daher kann der Heilige Stuhl das vertragsbrüchige Land nicht vor Gericht völkerrechtlich zur Verantwortung ziehen. Riskiert das Land den im Vertragsbruch liegenden Reputationsverlust, ist der Heilige Stuhl praktisch macht- und wehrlos. 2. Die staatskirchenrechtlichen Verträge mit den evangelischen Landeskirchen Für die Verträge der Länder mit den evangelischen Kirchen gilt im Ergebnis nichts anderes. a) Verbindlichkeit Auch sie begründen für die Vertragsteile, insbesondere den Staat „nicht nur eine moralische Verpflichtung, das in der Abmachung Zugesagte zu erfüllen, sondern eine Verpflichtung, die durchaus rechtlicher Natur ist, und die kein Kontrahent, ohne sich damit eines Rechtsbruches schuldig zu machen, verletzen darf. Die Kirchenverträge sind echte, die Vertragsteile rechtlich bindende Verträge, so daß kein Vertragsteil, 71

Vgl. BVerfGE 141, 1 (26 Rn. 63 m. w. N.). Auf die Frage, ob die Unterwerfungserklärung der Bundesrepublik auch die Länder als deren Gliedstaaten bindet, kommt es folglich nicht an. 73 K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 95. 72

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auch nicht der Staat, durch einseitiges Staatsgesetz ohne Zustimmung des andern Teils den Vertrag lösen kann“.74 Die Nichteinhaltung des Vertrages ist also im Regelfall nicht nur ein unfreundlicher Akt, sondern eine Rechtsverletzung. Etwas anderes gilt auch hier nur unter den Voraussetzungen der clausula rebus sic stantibus. b) Lösung vom Vertrag nur unter den Voraussetzungen der clausula rebus sic stantibus Eine vertraglich unbeschränkt und vorbehaltlos gegebene Garantie steht unter dem Vorbehalt der clausula rebus sic stantibus.75 Die clausula rebus sic stantibus ist nach der Rechtsprechung des BVerfG ungeschriebener Bestandteil des Bundesverfassungsrechts und findet auf Staatsverträge zwischen Ländern Anwendung.76 Da die Verträge der Länder mit den evangelischen Landeskirchen wie Staatsverträge behandelt werden, gilt hier Entsprechendes77: Nur wenn sich die Verhältnisse, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestanden haben, mittlerweile grundlegend geändert haben und angesichts dieser Veränderung das Festhalten am Vertrag oder an einer Einzelvereinbarung innerhalb des Vertrags für den Verpflichteten unzumutbar geworden ist, ist Raum für eine Anwendung des den Grundsatz „pacta sunt servanda“ einschränkenden ungeschriebenen Verfassungssatzes von der clausula rebus sic stantibus. Dabei bedarf es für die Bewertung „unzumutbar“ auch der Berücksichtigung der Interessen des aus dem Vertrag oder der einzelnen Vertragsvereinbarung Berechtigten; sie können infolge der grundlegenden Veränderung der Verhältnisse an Gewicht verloren, in anderen Fällen aber auch an Bedeutung gewonnen haben. Der Rückgang der Kirchenmitglieder ist jedenfalls bei den staatskirchenrechtlichen Verträgen der neuen Länder kein grundlegende Veränderung der Umstände, die die Länder zur Lösung von den Verträgen berechtigen könnte; denn die Zahl der Kirchenmitglieder lag – gemessen an der Gesamtbevölkerung – bereits bei Vertragsschluss mit den neuen Ländern sehr niedrig. Die clausula entbindet im Übrigen auch bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen nicht ohne weiteres von der unzumutbar gewordenen vertraglichen Verpflichtung oder gar von der Bindung an den Vertrag im Ganzen. Sie geht zunächst auf Anpassung des Vertrags an die veränderten Verhältnisse, u. U. also auf Milderung einer vertraglich übernommenen Verpflichtung und, wenn die inhaltliche Modifizierung einer ver74

O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 62. BVerfGE 34, 216 (230) – Coburg. 76 BVerfGE 34, 216 (231) – Coburg; 42, 345 (358) – Bad Pyrmont. 77 Das BVerfG hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Regel „in den verschiedensten Rechtsbereichen eine Rolle [spielt], insbesondere im Völkerrecht, im Kirchenrecht, im nationalen bürgerlichen Recht, im deutschen Verwaltungsrecht, im deutschen Verfassungsrecht“ (E 34, 216 [230] – Coburg) und daher den Charakter eines allgemeinen Rechtssatzes hat. 75

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traglich übernommenen Leistung nicht möglich erscheint, auf einen Ausgleich in Geld, soweit dies zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts der im Vertrag vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen nötig ist.78 Daraus hat das Bundesverfassungsgericht die Folgerung gezogen, dass der sich auf die clausula rebus sic stantibus Berufende grundsätzlich verpflichtet ist, mit dem aus dem Vertrag Berechtigten in ernsthafte Verhandlungen einzutreten, die die Anpassung der Vereinbarung an die neuen Verhältnisse zum Ziel haben79 ; das entspricht auch der Freundschaftsklausel.80 c) Vertragsbindung unter dem Vorbehalt des „für alle geltenden Gesetzes“ i. S. d. Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG? Demgegenüber soll nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht die einseitige staatliche Zuordnungsbefugnis durch das „für alle geltende Gesetz“ (Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG) die verfassungsrechtliche Grenze staatskirchenrechtlicher Bindungsmöglichkeiten der Gesetzgebung markieren.81 Das „für alle geltende Gesetz“ stelle einen unaufgebbaren staatlichen Kompetenzvorbehalt dar, damit der staatliche Gesetzgeber seiner unverzichtbaren Gemeinwohlverantwortung nachkommen könne.82 Diese Auffassung beruht auf der These, die Vertragsbindung wurzele im Selbstbestimmungsrecht der Kirche gemäß Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG, die schon zurückgewiesen worden ist, weil dieses Recht zwar aus kirchlicher Perspektive auch das Recht zum Vertragsschluss mit dem Staat zu begründen, aber nicht die Vertragsbindung des Staates herzuleiten vermag. Sie hat aber vor allem die den Vertrag als rechtliches Sicherungsinstrument entwertende Konsequenz einer „weitgehenden, praktisch unbegrenzten Lösungsmöglichkeit des Gesetzgebers von staatskirchenrechtlichen Bindungen“83 ; denn die sich in der Zeit wandelnde Gemeinwohlkonkre78

BVerfGE 34, 216 (232 f.) – Coburg; 42, 345 (358 f.) – Bad Pyrmont. BVerfGE 34, 216 (236 f.) – Coburg; 42, 345 (362) – Bad Pyrmont. 80 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 199 f. 81 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 168, 175. Anke sieht diese Deutung durch Art. 109 Abs. 2 Sätze 2 u. 3 der Verfassung des Freistaats Sachsen bestätigt (S. 167, 191 Fn. 619). Dies beruht auf einer eigenwilligen, jedenfalls keineswegs zwingenden Deutung der Formulierung „im übrigen“, der zufolge die mögliche vertragliche Regelung der Beziehungen des Landes zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften (Art. 109 Abs. 2 S. 3) ebenso wie das Selbstbestimmungsrecht (Art. 109 Abs. 2 S. 2) nur „im Rahmen des für alle geltenden Gesetzes“ möglich sein soll. Art. 109 Abs. 2 S. 2 handelt aber von der Entfaltung der Kirchen „frei von staatlichen Eingriffen“, die bei vertraglicher Regelung gar nicht in Rede stehen. 82 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 164. 83 So H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchen-verträge, 2000, S. 166 selbst. Zu Recht kritisch K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 113 f. 79

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tisierung ist Daueraufgabe des Gesetzgebers.84 Dem Staat hier eine einseitige Bestimmungsmacht über die Reichweite seiner vertraglichen Bindung einzuräumen, widerspricht jedoch der Grundidee des Vertrags konsensualer Begründung gleicher Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Entscheidend kann nur sein, dass der Staat bei Begründung der vertraglichen Verpflichtungen seine verfassungsrechtlichen Bindungen, insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und die Freiheitsrechte Dritter beachtet hat, da andernfalls bereits das Zustimmungsgesetz verfassungswidrig ist. Handelt es sich bei dem Vertrag mit den Kirchen aber um eine verfassungskonforme Regelung, muss sich der Staat daran grundsätzlich festhalten lassen. Die Grenze bilden allein nachträglich eingetretene, unvorhersehbare Umstände, die entweder zu einer – primär durch Anpassung zu behebenden – Vertragsstörung geführt haben85 oder es aus Gründen des Gemeinwohls zwingend erscheinen lassen, sich von dadurch begründeten Verpflichtungen wieder lösen zu können86, wie dies auch § 60 Abs. 1 S. 2 VwVfG für Verwaltungsverträge bestimmt. Hätten die Vertragsparteien, insbesondere die staatliche Seite es sich vorbehalten wollen, ihre Beziehungen jederzeit oder in angemessenen Zeiträumen neu zu bewerten und neu vertraglich zu ordnen, so hätten sie ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbaren müssen, was aber nicht geschehen ist. Daran müssen sie sich festhalten lassen. Dass eine Vertragspartei nach ihrer heutigen Interessenlage oder das Land angesichts veränderter Gemeinwohlerwägungen nicht mehr in den Vertragsschluss zu den ausgehandelten Vertragsbedingungen einwilligen würde, führt noch nicht zu einem die clausula aktivierenden Wegfall der Geschäftsgrundlage. Eine Änderung der einfachgesetzlichen Regelungen oder Verfassungsbestimmungen, die durch den Vertrag (zusätzlich) abgesichert werden sollen, kann grundsätzlich nicht als hinreichender Grund angesehen werden, sich, gestützt auf die clausula, vom Vertrag zu lösen; denn dann wäre die Reservefunktion des Vertrags, die 84 Nach H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 170 „müssen die Vertragspartner umso eher damit rechnen, dass durch gesellschaftliche Entwicklungen neue Anforderungen an die staatlichen Ordnungs- und Ausgleichfunktionen herangetragen werden, je mehr die Kirchen in ihrer gesellschaftlichen Rolle in Konkurrenz mit anderen Gruppen und Individuen um Förderung und Schutz durch den Staat angesprochen sind“. 85 Wenn die Aufrechterhaltung des bisherigen Rechtszustands staatlicherseits gerade versprochen wird – als eine solche Bestandsgarantie könnte z. B. die Gewährleistung des Sonnund Feiertagsschutzes nach Art. 19 Wittenberger Vertrag verstanden werden (vgl. H. Weber, Der Wittenberger Vertrag – Ein Loccum für die neuen Bundesländer?, NVwZ 1994, 759, 761; für die Parallelvorschrift des Art. 23 Güstrower Vertrag zweifelnd Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 2 M 99/99 –, juris, Rn. 24 = NVwZ 2000, 948) –, kann die – vertragswidrige – Änderung unmöglich als Wegfall der Geschäftsgrundlage angesehen werden; die Vertragsverpflichtung würde sonst regelrecht konterkariert. 86 So auch K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 97 – 99.

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gerade dann mobilisiert werden muss, wenn Verfassung und/oder Gesetz geändert/ aufgehoben werden, hinfällig. Im Übrigen ist allgemein eine Berufung auf die clausula rebus sic stantibus ausgeschlossen, wenn die grundlegende Änderung der bei Vertragsschluss bestehenden Umstände von einer Vertragspartei selbst mutwillig herbeigeführt worden ist. Das ergibt sich aus dem das Vertragsrecht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben.87 Eine vom Landesgesetzgeber – und damit dem Land als Vertragspartner zurechenbar – herbeigeführte Änderung der Gesetzeslage kann als zwingender Gemeinwohlgrund für eine Lösung vom Vertrag nur ausnahmsweise anerkannt werden, wenn nämlich der Erlass des Gesetzes mit Rücksicht auf verfassungsrechtliche Schutz- und Gewährleistungspflichten geboten erscheint.88 Ansonsten kann das Land nur, gestützt auf die Freundschaftsklausel, versuchen, in Verhandlungen mit den Kirchen eine konsensuale Anpassungslösung zu erreichen. Die Vertragsbindung kann aber nicht einfach unter einen einseitigen allgemeinen Gesetzesvorbehalt gestellt werden. d) Keine Selbstbindung des Gesetzgebers Von der danach bis zur Grenze einer drohenden schweren Beeinträchtigung des Gemeinwohls uneingeschränkten Bindung der Länder an die geschlossenen Verträge zu unterscheiden, ist auch bei den Verträgen mit den evangelischen Kirchen das Schicksal des Zustimmungsgesetzes. Auf die Verträge finden nach der Staatspraxis die landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen über Staatsverträge (entsprechende) Anwendung. Voraussetzung für die innerstaatliche Anwendung als geltendes Recht ist damit die in Gesetzesform erteilte Zustimmung, die mangels Selbstbindung des Gesetzgebers durch Aufhebung desselben rücknehmbar ist89 oder mit einem späteren Gesetz, sofern gewollt90, eingeschränkt oder modifiziert werden kann (s. o.).91

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Dieser Gedanke kommt etwa in § 162 Abs. 2 BGB zum Ausdruck, wenn danach für den Fall, dass der Eintritt einer Bedingung, unter der ein Rechtsgeschäft vorgenommen worden ist, wider Treu und Glauben herbeigeführt wird, der Eintritt als nicht erfolgt gilt. 88 Dem entspricht es, wenn eine Kündigung eines Verwaltungsvertrages nach § 60 Abs. 1 S. 2 VwVfG zur Verhütung oder Beseitigung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl nur in Betracht kommt, wenn eine außergewöhnliche Situation im Einzelfall das Eingreifen in den Vertrag vom Standpunkt der Allgemeinheit aus zwingend geboten erscheint. Eine Änderung der Gesetzeslage begründet jedenfalls nicht automatisch eine solche Lage. 89 Davon, dass die Verträge, genauer gesagt: das Zustimmungsgesetz vom Land einseitig aufgehoben werden könnten, ging die bayerische Staatsregierung schon beim Abschluss der Verträge mit den evangelischen Kirchen 1924 aus, nahm aber andererseits an, dass sie „auf Treu und Glauben gestellt sind und der Bayerische Staat verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß sie solange eingehalten werden, als die Gegenseite sich auf den Rechtsboden der Verträge stellt“; zitiert nach: O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, 1933, S. 63 m. Fn. 48. Mit letzterem dürfte die Vertragsbindung umschrieben worden sein.

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Man wird auch nicht annehmen können, dass sich der Gesetzgeber mit seinem Zustimmungsgesetz zu den staatskirchenrechtlichen Verträgen mit den evangelischen Kirchen weitergehend binden wollte, als mit einem solchen zu einem Vertrag mit dem Heiligen Stuhl, der, wie gesehen, mit Wirkung pro futuro aufhebbar ist.92 Dem wird entgegengehalten, dass die dualistische Spaltung zwischen Vertragsgeltung und Gesetzesgeltung93 bei auf völkerrechtlicher Ebene geschlossenen Verträgen nicht zuletzt auf dem Dualismus von Staats- und Völkerrecht beruht, der auch dem Grundgesetz zugrunde liegt94, während Rechtskollisionen in der innerstaatlichen Ordnung der Auflösung bedürfen.95 Aus der verfassungsrechtlichen Entscheidung, eine staatkirchenvertragliche Bindung des Gesetzgebers zuzulassen, folgt aber nicht notwendig ein Vorrang der Vertragsbindung vor abweichenden Gesetzesregelungen.96 Das Grundgesetz und die Landesverfassungen erlauben generell den Abschluss von Staatsverträgen mit Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften in Gesetzesform, ohne dass daraus ein Nachrang eines späteren vertragswidrigen Gesetzes gegenüber dem Staatsvertrag abgeleitet werden könnte. Im Übrigen bleibt von dem postulierten Vorrang praktisch ohnehin nichts mehr übrig, „wenn sich der Landesgesetzgeber bei Abweichungen von den vertraglichen Festlegungen auf die ihm auch nach der staatskirchenrechtlichen Einigung verbleibende Alleinbestimmungsmacht zur Schrankenziehung mittels des ,für alle geltenden Gesetzes‘ stützen kann“.97 Denn andere, die Kirchenfreiheit einschränkende Gesetze kann der Gesetzgeber von Verfassungs wegen ohnehin nicht wirksam erlassen.

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men. 91

Auch hier ist im Zweifel, soweit möglich, eine vertragskonforme Auslegung vorzuneh-

Vgl. auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 179. 92 K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 144. 93 Formulierung nach A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 73. 94 BVerfGE 111, 307 (318) – Görgülü. 95 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 187 f.; K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 144 – 146. 96 So aber H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 191 f. 97 So H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 204, der aber annimmt, dass die danach gebotene Abwägungslösung „vor dem beliebigen Zugriff der staatlichen Gesetzgebung bewahrt“ (ebd., S. 206), weil das vertragsabweichende Staatsgesetz eine Anpassung der Vertragsbindungen leisten müsse, „die einen Ausgleich für die vom gesetzlichen Eingriff betroffenen Vertragspositionen schafft“ (S. 207).

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e) Bindung des Gesetzgebers an die einmal erteilte Zustimmung zum Vertrag nach dem Vertrauensgrundsatz? Man wird wohl auch nicht den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Vertrauensgrundsatz mobilisieren können, um die – zeitlich unbegrenzte – Bindung des Gesetzgebers an seine einmal erteilte Zustimmung zum Vertrag – vorbehaltlich dessen Auflösbarkeit – zu begründen.98 Der Vertrauenstatbestand, der hier gesetzt worden ist, ist der Abschluss eines auf dauerhafte, stabile Rechtsbeziehungen gerichteten Vertrages. Wenn das Zustimmungsgesetz aufgehoben oder mit einem späteren Gesetz teilweise überspielt wird, handelt es sich um einen Fall unechter Rückwirkung, denn damit wird auf in der Vergangenheit begründete, dauerhaft bestehende vertragliche Rechtsbeziehungen und in diesem Rahmen geschaffene Rechtspositionen für die Zukunft (partiell) entwertend eingewirkt.99 Dies ist aber verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig, wenn nur die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt;100 denn die Möglichkeit, durch neue Gesetze auf bestehende Rechtslagen und Rechtsverhältnisse einzuwirken, ist jeglicher Gesetzgebung immanent. Auf den Fortbestand und die Unveränderlichkeit der Gesetzeslage kann sich daher ein schutzwürdiges Vertrauen im demokratischen Gesetzgebungsstaat im Regelfall nicht richten.101 Mit Ge98

149.

So aber K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 143 –

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Zur unrechten Rückwirkung bei Dauerrechtsverhältnissen siehe BVerfGE 31, 94 (99). Zu den Anforderungen im Einzelnen siehe BVerfGE 127, 1 (17 ff.); zuletzt E 148, 217 (255). 101 Selbst wenn und soweit der Vertrag expressis verbis auf die Gesetzeslage Bezug nimmt (vgl. Art. 1 Abs. 1; Art. 6 Abs. 2; Art. 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Abs. 3 S. 1; Art. 8 Abs. 3 S. 2; Art. 10 Abs. 2, Abs. 3 S. 1; Art. 13 Abs. 1 S. 2; Art. 14 Abs. 1; Art. 15 Abs. 2 S. 3; Art. 17; Art. 18 Abs. 3; Art. 20 S. 1; Art. 21 Abs. 2 S. 1; Art. 22 Abs. 2 Wittenberger Vertrag): Im Regelfall wird dabei die Änderbarkeit der Gesetze stillschweigend vorausgesetzt, so wenn nähere Regelungen „dem Landesrecht vorbehalten“ bleiben (Art. 6 Abs. 2 Wittenberger Vertrag) bleiben oder gesetzliche Bestimmungen für „unberührt“ erklärt werden (Art. 8 Abs. 3 S. 2; Art. 20 S. 1 Wittenberger Vertrag), Ansprüche sich „nach den dafür geltenden Bestimmungen“ richten (Art. 7 Abs. 3 S. 1 Wittenberger Vertrag), Förderung „unter Beachtung der Regelungen“ oder „im Rahmen der Gesetze“ oder für den Fall zugesagt wird, dass sie in „allgemeinen Gesetzen vorgesehen“ ist (Art. 10 Abs. 3 S. 1; 13 Abs. 1 S. 2, 18 Abs. 3 Wittenberger Vertrag), Unterstützung „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten“ versprochen wird (Schlussprotokoll zu Art. 7 Abs. 1 u. 2 Wittenberger Vertrag), sich eine Anerkennung „nach Maßgabe des geltenden Steuerrechts“ (Art. 7 Abs. 1 S. 2 Wittenberger Vertrag) oder „nach den landesrechtlichen Bestimmungen“ richtet (Art. 21 Abs. 2 S. 1 Wittenberger Vertrag), ein Recht „nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen“ bzw. „nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschiften“ eingeräumt wird (Art. 14 Abs. 1; Art. 22 Abs. 2 Wittenberger Vertrag), die Bauunterhaltung bestimmter Kirchengebäude staatlicherseits „nach den entsprechenden Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes“ sichergestellt wird (Schlussprotokoll zu Art. 9 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) oder „die auf Landesrecht beruhenden“ Gebührenbefreiungen auf die Kirchen erstreckt werden sollen. Eine Ausnahme bildet die vertragliche Zusage, dass bestimmte Regelungen des Denkmalschutzgesetzes keine Anwendung finden (Art. 10 Abs. 2 Wittenberger Vertrag) oder staatliche dienstrechtliche Regelungen nicht unmittelbar auf den kirchlichen Dienst Anwendung finden (Schlussprotokoll zu Art. 8 Abs. 1 Wittenberger Vertrag); hier liegen auf Dauer gestellte Bereichsausnahmen vor. Wenn der ge100

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setzesänderungen im Laufe der Zeit muss vielmehr stets gerechnet werden. Auch ein Zustimmungsgesetz zu einem unbefristet geltenden Vertrag enthält keine zukunftsgerichtete Garantie, es dauerhaft unangetastet zu lassen.102 Sonst käme dem Zustimmungsgesetz zum Vertrag faktisch die Wirkung einer „Änderungssperre“ für spätere Gesetzgeber zu. Vielmehr verliert das Vertrauen in die Beständigkeit der Rechtslage umso mehr an Gewicht, je älter das Gesetz ist, d. h. je länger sein Erlass zurückliegt. Niemand kann darauf vertrauen, dass eine für ihn günstige Regelung in aller Zukunft bestehen bleibt.103 Man kann daher letztlich allenfalls ausnahmsweise die Notwendigkeit von gleitenden Übergangsregelungen, etwa einen bloß stufenweise erfolgenden Abbau von vertraglich zugesagten staatlichen Förderleistungen oder andere, die (teilweise) Gesetzesaufhebung kompensierende Anpassungen erwägen104, um eine allzu abrupte „Kehrtwende“ von der gesetzlichen Zustimmung zum Vertrag zu deren gesetzlichem (Teil-)„Widerruf“ wenn nicht auszuschließen, so doch jedenfalls abzufedern. Für die finanziell bedeutsamsten Leistungen, die Staatsleistungen, wird das aber ohnehin nicht relevant; staatskirchenvertraglich novelliert unterliegen sie – bis zu einer gesetzlichen Ablösung, aber nur gegen Entschädigung – dem verfassungsrechtlichen Bestandsschutz nach Art. 138 Abs. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG.105 Aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und/oder aus ihrem Körperschaftsstatus (Art. 137 Abs. 3 u. 5 WRV i. V. m. Art. 140 GG) mag ein Gebot der Pflicht zu kirchenfreundlichem Verhalten oder der Rücksichtnahme auf die Kirchen folgen.106 Diese Gebote haben aber Grenzen, die insbesondere durch die für alle gleichen Gesetze im Sinne des Art. 137 Abs. 3 S. 1 GG markiert werden. Sie vermögen nicht das demokratisch legitimierte Gesetzgebungsrecht des Parlaments zu beschränken.

setzliche Schutz der Freiheit, den evangelischen Glauben zu bekennen und auszuüben, zugesagt wird (Art. 1 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) und der Schutz der Sonntage und der kirchlichen Feiertage gewährleistet wird (Art. 19 Wittenberger Vertrag), so dürfte darin allerdings eine vertragliche Bestandsgarantie des (verfassungs-)gesetzlichen status quo liegen. 102 Dagegen soll nach K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 148 der parlamentarische Gesetzgeber so lange gebunden sein, bis der Vertrag selbst nach den für ihn geltenden Regeln wirksam beendet worden ist. 103 BVerfGE 70, 69 (84); 145, 20 (94 Rn. 189). 104 Vgl. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 205 – 208. 105 Auch sonstige, staatskirchenvertraglich begründete vermögensrechtliche Positionen genießen, soweit sie religiösen/kirchlichen Interessen zu dienen bestimmt sind, verfassungsrechtlichen Schutz nach Art. 138 Abs. 2 WRV i. V. m. Art. 140 GG. 106 So K. G. Meyer-Taschendorf, Die Weitergabe von Meldedaten an die Kirchen, Essener Gespräche 15 (1981), S. 9 (43 ff.); D. Ehlers, Die gemeinsamen Angelegenheiten von Staat und Kirche, ZevKR 32 (1987), S. 158 (183).

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f) Folgen der Aufhebung des Zustimmungsgesetzes oder einer den Vertragsinhalt teilweise missachtenden lex posterior Ist der Rechtsanwendungsbefehl für den Vertrag bzw. eine einzelne Vertragsbestimmung durch wirksame Aufhebung des Zustimmungsgesetzes oder eine vom Vertragsinhalt (teilweise) abweichende lex posterior entfallen, hängt der Vertrag „in der Luft“. Er kann auch nicht mehr vor den staatlichen Gerichten durchgesetzt werden.107 Eine verwaltungsgerichtliche Feststellungs- oder Leistungsklage kann keinen Erfolg haben, weil das geltende Gesetzesrecht dem Vertrag die gesetzliche Grundlage seiner Anwendung entzogen hat. Es käme allenfalls ein konkretes Normenkontrollverfahren (Art. 100 Abs. 1 GG) in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht die lex posterior für verfassungswidrig hält. Ein Verfassungsverstoß ergibt sich aber, wie dargelegt, nicht (schon) daraus, dass das Gesetz die Bindung an den geschlossenen Vertrag missachtet. Eine Verfassungsbeschwerde der Kirchen kann ohnehin nicht auf die vertraglich eingeräumten Rechtspositionen gestützt werden, sondern nur auf Grundrechte oder grundrechtsgleiche verfassungsrechtliche Garantien, die unabhängig vom Vertrag (fort-)bestehen.108 „Das Vertragsrecht gestaltet die verfassungsrechtliche Stellung der Kirchen gegenüber dem Staat aber nicht auf der Ebene förmlichen Verfassungsrechts aus.“109 Die grundrechtlich (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG) geschützte kollektive grundrechtliche Freiheit zu religiösem Wirken bleibt unberührt; etwaige vertragliche Erweiterungen („positive Religionspflege“) nehmen an ihrem Schutz nicht teil. 3. Ergebnis Das Ergebnis ist ernüchternd. Die Erwartung, dass durch vertragliche Verankerung kirchlichen Rechtspositionen eine stärkere Bestandskraft und Durchsetzungsmacht gegenüber dem wechselhaften Willen des Gesetzgebers verschafft werden könne, trügt: Wenn es hart auf hart kommt, der staatliche Gesetzgeber seine Zustimmung zum Vertrag ganz oder teilweise revidiert, was in seiner Rechtsmacht steht,

107 Schiedsklauseln sehen die Verträge aber nicht vor; sie vertrauen gemäß den Freundschaftsklauseln ganz und gar auf die freundschaftliche Verständigung zwischen den Vertragsparteien. 108 S. Mückl, Verträge zwischen Staat und Kirchen, in: HSKR, 32020, Bd. 1, § 10, S. 433 (480 Rn. 73); D. Ehlers, „Problemstellungen“ des Vertragsstaatskirchenrechts, ZevKR 46 (2001), S. 286 (307). Eine Ausnahme bilden die eben erwähnten staatskirchenvertraglich novellierten Staatsleistungen, die dem Bestandsschutz nach Art. 138 Abs. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG unterfallen und deren entschädigungslose gesetzliche Aufhebung wegen des Zusammenhangs mit der korporativen Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG mittels Verfassungsbeschwerde abgewehrt werden könnte. 109 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 194.

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sind die vertraglich begründeten Rechtspositionen nicht mehr einklagbar.110 Der staatliche Gesetzgeber behält mit seiner jederzeit ausübbaren Kompetenz zu einseitiger Normsetzung auch in Widerspruch zu dem von ihm gebilligten Vertrag letztlich die Oberhand. Gegenüber Verfassungsänderungen, die ihnen, etwa indem sie das Handlungsinstrument des Vertrags ganz ausschließen, den Boden entziehen, können vertragliche Garantien ohnehin keinen Schutz bieten. Im Übrigen gilt: Wenn es schon im Allgemeinen keine Selbstbindung des Gesetzgeber gibt, dann erst recht nicht eine solche des verfassungsändernden Gesetzgebers. Wenn es soweit kommt, ist aber auch tatsächlich dem staatskirchenrechtlichen Vertrag die Grundlage entzogen, der auf einem respektvollen, ja freundschaftlichen Verhältnis zwischen Staat und Kirche beruht und dieses in Vertragsform bringt. Der Vertrag hat den Charakter eines modus vivendi, der solange trägt, wie die Verständigung anhält und die Partner sich wechselseitig an den Vertrag halten. Deshalb setzen die Verträge auch im Konfliktfall bzw. einem solchen vorbeugend auf Verhandlungen und eine einvernehmliche Lösung in „freundschaftlicher Weise“. Scheitert eine solche oder wird sie gar nicht mehr gesucht, ist der Rechtsboden der Verträge im Grunde bereits verlassen. Einseitige vertragswidrige gesetzliche Regelungen stellen insoweit eine die vertragliche Koordination aufkündigende Abkehr von einem partnerschaftlichen Verhältnis von Staat und Kirche dar.

V. Die gerichtliche Durchsetzung der wechselseitig eingegangenen Verpflichtungen Die eingegangenen staatskirchenvertraglichen Bindungen des Staates können von den Kirchen, wenn Bemühungen um eine außergerichtliche Streitbeilegung gemäß der Freundschaftsklausel gescheitert sind, vor den Verwaltungsgerichten (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO) eingeklagt111 und durchgesetzt werden, weil und soweit sie subjektive Rechtspositionen und damit subjektiv-öffentliche Rechte begründen. Die Verpflichtungen aus den Verträgen mit dem Heiligen Stuhl als völkerrechtlichen Verträgen sind als solche nicht vor den staatlichen Gerichten einklagbar. Klagen katholischer Bistümer können aber wohl auf das jeweilige Zustimmungsgesetz zum Konkordat gestützt werden, das mit dem Rechtsanwendungsbefehl für das Konkor-

110 A. A. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 204: „Die Staatskirchenverträge können danach die in sie gesetzten, mit der Absicherungsfunktion verbundenen Erwartungen der Vertragspartner jedenfalls zum Teil erfüllen.“ Siehe auch a. a. O., S. 210. 111 Ausdrücklich sehen die Verträge dies nur für Klagen der Kirchen gegen einen staatlichen Einspruch betreffend die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts vor; siehe nur Schlussprotokoll zu Art. 8 Abs. 4 Wittenberger Vertrag.

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dat insoweit ebenfalls individualschützende Wirkung zugunsten der katholischen Kirche begründet.112 Bestreitet das Land das Bestehen einer bestimmten vertraglichen Verpflichtung, so bietet sich für die Kirche die Erhebung einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO an. Ist die Höhe einer vom Land nach dem Vertrag geschuldeten Leistung streitig, so kann die Kirche die Leistung in der behaupteten Höhe mittels Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage begehren. Vertragswidriges Verhalten staatlicher Behörden kann je nach deren Rechtsnatur – Verwaltungsakt oder Verwaltungsrealhandeln – mittels Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) oder (vorbeugender) Unterlassungsklage als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage abgewehrt werden. Gegen vertragswidrige Rechtsverordnungen kommt eine verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Betracht. Hinzu treten die üblichen Formen vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nach §§ 47 Abs. 6, 80, 80a, 123 VwGO.113 Für die (wenigen) Verpflichtungen, die die Kirchen in den Verträgen gegenüber dem Staat übernommen haben, gilt nichts anderes. Auch eingegangene Verpflichtungen zu religiösem Wirken, etwa im Bereich der Anstaltsseelsorge oder der Wohlfahrtspflege sind von den Kirchen zu erfüllen und könnten staatlicherseits eingeklagt werden. Die Kirchen könnten – theoretisch – zu entsprechenden Vertragsleistungen verurteilt werden; eine Vollstreckung nach § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i. V. m. § 888 Abs. 1 ZPO analog dürfte allerdings schon nach § 888 Abs. 3 ZPO, im Übrigen bei genuin religiösem Handeln „wegen der staatsunverfügbare[n] religiöse[n] Ausfüllung“ ausgeschlossen sein.114

VI. Auswirkungen von kirchlichen Zusammenschlüssen Bei den evangelischen Kirchen, mit denen die neuen Länder staatskirchenrechtliche Verträge geschlossen haben, ist es zu Kirchenvereinigungen (Fusionen) gekommen, mit der Rechtsfolge des Untergangs der vereinigten Kirchen als eigenständiger 112 So auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 182. 113 Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 2 M 99/99 –, juris, Rn. 18 = NVwZ 2000, S. 948 (Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 80a VwGO); Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. November 2007 – 3 BS 410/07 –, juris, Rn. 14 ff. = SächsVBl. 2008, 71 (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 6 VwGO). 114 Vgl. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 359 – 361, wobei hier unklar bleibt, ob schon die Klagbarkeit oder erst die Vollstreckbarkeit ausgeschlossen sein soll.

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Rechtssubjekte und der Schaffung eines aus der Fusion hervorgegangenen neuen Rechtssubjekts. In einem solchen Fall stellt sich die Frage der Rechtsnachfolge in die Verträge auf kirchlicher Seite. So haben sich mit Vereinigungsvertrag vom 15. Februar 2008115 die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen zur Vereinigten Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) zusammengeschlossen. Gemäß Art. 1 Abs. 2 des Vereinigungsvertrags ist die vereinigte Kirche Rechtsnachfolgerin der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland und der in ihr zusammengeschlossenen Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen. Nach Art. 1 Abs. 3 ist die vereinigte Kirche Körperschaft des öffentlichen Rechts.116 Der Vereinigungsvertrag regelt zwar die Nachfolge in Mitgliedschaften, wie etwa in der EKD, aber nicht die Rechtsnachfolge in Verträge der vereinigten Kirchen. Eine solche Regelung könnte auch die staatliche Seite nicht verpflichten, sondern nur die Bereitschaft der vereinigten Kirche signalisieren, die Rechtsnachfolge anzutreten. Dagegen sind die anderen Nachfolgefragen eigene Angelegenheit der Kirchen, fallen also in den Anwendungsbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV und können daher von den Kirchen allein ohne staatliche Mitwirkung einer Regelung zugeführt werden. Über die Nachfolge in die Verträge muss mangels gewohnheitsrechtlicher Regeln über die „Kirchensukzession“117 zwischen Staat und Kirche(n) einvernehmlich entschieden werden. Dabei wird man die Kirchenverträge grundsätzlich trotz gewisser radizierter oder lokalisierter Elemente118 als nachfolgefähig anzusehen haben. „Mit ihren Vereinbarungen über Staatsleistungen an die Kirchen, die Beteiligung der Kirche an sozialen Diensten und weitere organisatorische Fragen sind die Verträge nicht so weit individualisiert, daß sie an eine Kirche in ihrer historischen Gestalt gebunden wären.“119 115 Abrufbar unter: https://www.ekmd.de/asset/e6rM5NQnSlKBSr92hehVAg/vereinigungs vertrag.pdf. 116 Siehe auch Art. 1 der Verfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Kirchenverfassung EKM – KVerfEKM) vom 5. Juli 2008 (ABl. S. 183), geändert am 24. November 2018 (ABl. S. 206): „Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland umfasst als Landeskirche das Gebiet der ehemaligen Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der ehemaligen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen. Sie ist Rechtsnachfolgerin der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen und der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland.“ 117 Begriff nach A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepubik Deutschland, 1965, S. 289. 118 A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 281. 119 K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 105.

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Grundsätzlich muss ein Vertragspartner einen ohne seine Zustimmung erfolgenden „Austausch“ des Vertragspartners nicht hinnehmen. Kein Vertragspartner muss sich einfach einen neuen Kontrahenten aufdrängen lassen.120 Der Vertragsschluss ist immer auch Vertrauenssache, und seine Vertragspartner sucht man sich selbst aus. Aber insoweit ist hier kein Grund ersichtlich, warum das Land Sachsen-Anhalt etwas gegen die Rechtsnachfolge der EKM in den Wittenberger Vertrag einzuwenden haben sollte. Die Tatsache, dass man den Wittenberger Vertrag mit allen auf dem Landesgebiet ansässigen Evangelischen Landeskirchen geschlossen hat, spricht dafür, dass man am Abschluss eines Vertrages interessiert war, der – schon aus Paritätsgründen – keine Landeskirche privilegiert oder diskriminiert. Um der Gleichbehandlung und der Vollständigkeit halber – ansonsten bliebe nur ein Torso übrig, der nicht das gesamte Landesgebiet abdeckt –, wird man wohl annehmen müssen, dass das Land selbst ein Interesse an der Rechtsnachfolge der EKM in die vertragliche Rechtsposition der in ihr vereinigten Kirchen hat, die seine Vertragspartner waren. Die Fortgeltung des Wittenberger Vertrags zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und nunmehr der EKM für die kirchlichen Gebietsteile der vormals selbständigen und nun zur EKM vereinigten Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen liegt daher im beiderseitigen Interesse. Anlässlich der Vereinigung zur und Gründung der EKM hat es einen Schriftwechsel zwischen dem Bischof der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und dem Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Thüringen auf der einen Seite und dem Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt auf der anderen Seite gegeben. Der Schriftwechsel wurde gemeinsam mit der Kirchenverfassung der EKM im Ministerialblatt von Sachsen-Anhalt veröffentlicht.121 Darin wird man jedenfalls die konkludente Anerkennung der Rechtsnachfolge der EKM in die Rechte und Pflichten ihrer beiden Gründungssubjekte erblicken müssen, also auch die Anerkennung der Sukzession der EKM in die vertraglichen Rechtspositionen hinsichtlich des Wittenberger Vertrags. Grundsätzlich dieselben Nachfolgefragen stellen sich im Zusammenhang mit der 2012 erfolgten Gründung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (kurz: Nordkirche), einem Zusammenschluss aus Nordelbischer Evangelisch-Lutherischer Kirche (NEK), Evangelisch-Lutherischer Landeskirche Mecklenburgs (ELLM) und Pommerscher Evangelischer Kirche (PEK).122 Die Nordkirche trat dabei die Rechtsnachfolge in den Güstrower Vertrag und weitere Vereinbarungen 120

A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 173. 121 MBl. LSA Nr. 7/2009 vom 27. 2. 2009, S. 125 ff., Bek. des MK vom 5. 2. 2009 – 1554013. 122 Fusionsvertrag vom 5. Februar 2009 (GVOBl. S. 94).

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ein.123 Hier tritt allerdings dem Land Mecklenburg-Vorpommern124 „ein gänzlich neuer Vertragspartner gegenüber, der nicht nur aus den Kirchen besteht, mit denen ohnehin vertragliche Beziehungen bestanden.“125 Dessen ungeachtet dürfte auch hier eine auf das Vertragsgebiet beschränkte und bezogene Fortsetzung der vertraglichen Beziehungen des Landes mit der aus der Fusion hervorgegangenen neuen Kirche ebenso interessengerecht wie auch gewollt sein. Im Regelfall dürfte daher für die Kirchensukzession nichts anderes gelten als für Änderungen der Gebietshoheit eines Landes, bei der „uneingeschränkt das Prinzip der vollen Rechtsnachfolge gilt“: Pro suo territorio, d. h. für das neue Kirchengesamtgebiet, soweit es sich mit dem Territorium des Landes deckt, tritt die vereinigte Kirche als neues kirchliches Rechtssubjekt in das Vertragsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten ein.126 Das schließt nicht aus, dass die Kirchensukzession einen vertraglichen Anpassungsbedarf auslöst.127 Hier ist nach Maßgabe der Freundschaftsklausel in erster Linie auf der Basis von Verhandlungen zwischen dem Land und dem kirchlichen Rechtsnachfolger, gegebenenfalls auch weiteren, fortexistierenden kirchlichen Vertragspartnern nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen. Äußerstenfalls kann hier ein Fall zulässiger Berufung auf die clausula rebus sic stantibus vorliegen.

VII. Verträge der Länder mit mehreren evangelischen Landeskirchen 1. Gläubigermehrheit Bei allen staatskirchenrechtlichen Verträgen mit evangelischen Landeskirchen, sind mehrere Kirchen als Vertragspartner des jeweiligen Landes beteiligt. Daher stellt sich die Frage nach der Anspruchsberechtigung. Liegt das Forderungsrecht 123 Siehe Einführungsgesetz zur Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Einführungsgesetz – EGVerf) vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234), Teil 1: Überleitungsbestimmungen, § 3 Abs. 1: „Die Verträge zwischen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern […] gelten als Recht der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland fort.“ 124 Im Übrigen auch Hamburg und Schleswig-Holstein. 125 K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 107. 126 Gegen die Anwendung des völkerrechtlichen Grundsatzes der beweglichen Vertragsgrenzen und für die territoriale Kontinuität der Verträge hingegen C. D. Classen, Rechtsnachfolge in Kirchenverträge, ZevKR 53 (2008), S. 421 (431 f.). 127 Zu einem möglichen Beispielsfall – § 4 Abs. 1 des Vertrags zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 20. Januar 1994 (Güstrower Vertrag) siehe einerseits K. Schier, Die Bestandskraft staatskirchenrechtlicher Verträge, 2009, S. 106 Fn. 181 und andererseits M. Germann/M. Hunger, Die Kontinuität der Staatskirchenverträge nach einer Vereinigung evangelischer Landeskirchen, DÖV 2007, 1532 (1539).

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bei allen kirchlichen Vertragspartnern gemeinschaftlich (Mitgläubigerschaft) oder kann jede Kirche für sich die vom Land geschuldete Leitung an alle verlangen oder gibt es – dritte Variante – insoweit ein Teilforderungsrecht jeder einzelnen Kirche (vgl. § 420 BGB)? Teilforderungen kann es überhaupt nur geben, wenn die Leistung teilbar ist, also nur bei vertretbaren Sachen und bei Geldschulden. Anteilsmäßige Teilgläubigerschaft der Kirchen käme daher insbesondere bei den Staatsleistungen (Art. 13 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) in Betracht. Die Zahlungen werden hier aber staatlicherseits insgesamt auf ein Konto einer der Kirchen getätigt. Die Aufteilung der Staatsleistung auf die Kirchen erfolgt nach Maßgabe einer zwischen ihnen zu treffenden Vereinbarung (Art. 13 Abs. 4 S. 1 Wittenberger Vertrag). Daher liegt hier Gesamtgläubigerschaft (vgl. § 428 BGB) vor.128 Die Leistung an einen der kirchlichen Gläubiger befreit den staatlichen Schuldner allen kirchlichen Vertragspartnern gegenüber. Soweit die Kirchen mit dem Vertrag eine Forderung auf eine unteilbare Leistung gemeinschaftlich erwerben, entsteht entweder Mit- oder Gesamtgläubigerschaft. Mitgläubigerschaft (vgl. § 432 BGB) ist anzunehmen, wenn nur an alle gemeinschaftlich geleistet werden kann, jeder aber die Gesamtleistung fordern kann. So verhält es sich etwa bei der vertraglichen Zusage des Sonn- und kirchlichen Feiertagsschutzes (Art. 19 Wittenberger Vertrag) oder der Theologenausbildung an einer Theologischen Fakultät einer bestimmten Universität (Art. 3 Wittenberger Vertrag) und auch bei dem Anspruch auf Erteilung evangelischen Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen (Art. 5 Wittenberg Vertrag) oder dem Anspruch auf Anstrengungen des Landes zur Aufrechterhaltung des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses (Art. 20 S. 2 Wittenberger Vertrag). Auch der Anspruch auf ein Hinwirken des Landes zugunsten von Drittsenderechten der Kirchen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Art. 22 Abs. 1) kann nur den Kirchen gemeinsam zustehen, aber von jeder einzelnen als vom Land zu erbringende Gesamtleistung geltend gemacht werden. Im Regelfall aber hat das Land als Vertragsschuldner die jeweils gegenüber „den Kirchen“ im Plural übernommene Leistung jedem kirchlichen Vertragspartner gegenüber zu erbringen, so dass es sich im Grunde um eine Mehrheit selbständiger vertraglicher Schuldverhältnisse handelt. So kann jede am Vertrag beteiligte Kirche für sich den Schutz der korporativen Religionsfreiheit und ihres Selbstbestimmungsrecht beanspruchen (Art. 1 Abs. 1 u. 2 Wittenberger Vertrag), besitzt grundsätzlich jede einzelne Kirche ein „den Kirchen“ eingeräumtes Anhörungs-, Beteiligungs-, Zustimmungs- oder Vetorecht bei bestimmten staatlichen Entscheidungen (Art. 2

128 Die Vereinbarung einer Gesamtgläubigerschaft erfolgt nur dann, wenn jeder der Gläubiger darauf vertrauen kann, der andere werde sein Interesse mit beachten, ihm das, was ihm gebührt, zukommen. Genau so liegt es hier im Verhältnis der vertragsbeteiligten Kirchen untereinander.

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Abs. 1 u. 2; Art. 3 Abs. 2, Abs. 3129; Art. 5 Abs. 3130), hat jede Kirche das Recht, Hochschulen oder Schulen (Art. 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) zu errichten und zu betreiben, eigene Prüfungsausschüsse für den Abschluss der wissenschaftlichen Ausbildung einzurichten (Art. 3 Abs. 4 Wittenberger Vertrag), eigene Einrichtungen im Bildungs- und Sozialbereich sowie im Gesundheitswesen sowie darauf bezogene Ausbildungsstätten zu unterhalten (Art. 18 Abs. 1 u. 2 Wittenberger Vertrag), Kirchensteuern zu erheben und deren Festsetzung und Erhebung an den Staat zu delegieren (Art. 14 und 15 Wittenberger Vertrag)131, Spenden zu erbitten und Sammlungen durchzuführen (Art. 15 f. Wittenberger Vertrag) oder privaten Rundfunk zu veranstalten (Art. 22 Abs. 2). Jede Kirche hat Anspruch auf Gebührenbefreiung (Art. 17) und auf Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Meldedaten (Art. 23 Wittenberger Vertrag) sowie ein Recht darauf, Friedhöfe zu unterhalten und anzulegen (Art. 21 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) und auf Zeugen- und Sachverständigenvereidigung durch ihre Kirchen- und Disziplinargerichte sowie auf Rechtshilfe durch die Amtsgerichte (Art. 24 Wittenberger Vertrag). Auch den Schutz ihres jeweiligen Kirchenvermögens (Art. 7 Wittenberger Vertrag) und die Wahrung ihres Status (Art. 8 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) kann jede einzelne Kirche für sich beanspruchen. Ausnahmsweise steht das Recht aber auch nur einer der Kirchen, etwa der örtlich zuständigen Kirche das Visitationsrecht nach Art. 5 Abs. 4 Wittenberger Vertrag oder der örtlichen zuständigen Kirchenleitung das Recht zur Ernennung des evangelischen Universitätspredigers (Art. 3 Abs. 5 Wittenberger Vertrag) zu. Gleiches dürfte für die Anstaltsseelsorge (Art. 12 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) gelten; berechtigt

129 Bei dem Recht der Kirchen zur Stellungnahme vor der Berufung eines Professors oder eines Hochschuldozenten für ein evangelisch-theologisches Fachgebiet unter Einschluss der Religionspädagogik an einer Hochschule (Art. 3 Abs. 2 Wittenberger Vertrag) und dem Zustimmungsvorbehalt der Kirchen vor Erlass von Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen in evangelischer Theologie (Art. 3 Abs. 3 Wittenberger Vertrag) besteht die Verpflichtung des Landes, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben bzw. die Zustimmung einzuholen, im Außenverhältnis aber nur gegenüber der Kirche, in deren Bereich die Hochschule ihren Sitz hat. Die innerkirchliche Abstimmung. d. h. die Abstimmung mit der oder den anderen Kirche(n) ist Sache dieser Kirche (siehe Schlussprotokoll zu Art. 3 Abs. 2 Abs. 2 und zu Art.3 Abs. 3 Wittenberger Vertrag). Der Staat ist hier also nur einer Kirche gegenüber in der Vertragsschuld. 130 Dagegen muss der zur Vertretung ihrer Anliegen gegenüber dem Staat bestimmte Beauftragte (Art. 2 Abs. 3 Wittenberger Vertrag) von den Kirchen gemeinsam bestellt werden. Sie haben also nur einen Anspruch auf eine gemeinsame Interessenvertretung in institutionalisierter Form. 131 Dessen ungeachtet wird das vom Staat vereinnahmte gesamte Aufkommen an Landeskirchensteuern in den Gebieten der einzelnen Landeskirchen „einem einheitlichen Konto der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen zugeführt“, und „die Kirchenprovinz Sachsen teilt die erhaltene Kirchensteuer auf die einzelnen steuerberechtigten Landeskirchen nach Bestimmungen auf, die die Kirchenprovinz Sachsen mit diesen vereinbart“ (Schlussprotokoll zu Art. 15 Abs. 1 Wittenberger Vertrag).

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ist hier je nach örtlicher Belegenheit die Landeskirche, in deren Gebiet die Anstalt gelegen ist. 2. Schuldnermehrheit Auf der Schuldnerseite können dieselben „Mehrheits-Verhältnisse“ wie auf Gläubigerseite auftreten: Teilschuld (Vgl. § 420 BGB), Gesamtschuld (vgl. § 421 BGB), gemeinschaftliche Schuld. Soweit die evangelischen Kirchen in den staatskirchenrechtlichen Verträgen überhaupt vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem Land übernehmen, liegen aber regelmäßig parallele, d. h. inhaltlich gleichgerichtete, kumulative Verpflichtungen, mithin rechtlich selbständige vertragliche Schuldverhältnisse vor; so etwa bei den Verkehrssicherungspflichten der Kirchen für die von ihnen für kirchliche oder diakonische Zwecke genutzten und entsprechend gewidmeten Gebäude (Art. 9 Abs. 1 S. 3 Wittenberger Vertrag) und die Verpflichtung, (in ihrem Eigentum stehende) denkmalswerte Gebäude nebst den dazugehörenden Grundstücken sowie deren Kunst- und Kulturgegenstände zu erhalten und zu pflegen (Art. 10 Abs. 1 S. 1 Wittenberger Vertrag).132 Sind „die“, also mehrere Kirchen zu einer Leistung verpflichtet, die sie nur zusammen erbringen können (Gesamtleistung), so liegt eine gemeinschaftliche Schuld der Kirchen vor, die dahin geht, dass eine jede von ihnen im Zusammenwirken mit der oder den anderen den Leistungserfolg herbeiführt. Ein solcher Fall liegt bei der Verpflichtung der Kirchen, sich für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) auf einen einheitlichen Zuschlagsatz zu einigen (Art. 14 Abs. 2 Wittenberger Vertrag), vor. Dagegen obliegt die Anzeigepflicht hinsichtlich der Beschlüsse über die Kirchensteuersätze jeder Kirche selbständig (Art. 14 Abs. 4 Wittenberger Vertrag). Demgegenüber trifft die Verpflichtung, der Vollstreckungsbehörde die durch Vollstreckungsmaßnahmen hinsichtlich kirchlicher Friedhofsgebühren entstehenden und nicht beitreibbaren Verwaltungskosten und Auslagen zu erstatten, ausschließlich den jeweiligen kirchlichen Träger, d. h. die Kirchengemeinden.

VIII. Gliederungen der Kirchen und selbständige Rechtsträger – bloß Drittbegünstigte oder Drittberechtigte aus den Verträgen? Zum Teil sind nach den staatskirchenrechtlichen Verträgen auch Dritte (Untergliederungen der Kirchen oder selbständige, aber mit den Kirchen verbundene 132

Hinsichtlich der Denkmalpflege durch Kirchengemeinden, Gliederungen, Anstalten und Stiftungen übernehmen die Kirchen eine auf zumutbaren Aufwand begrenzte Einwirkungspflicht. Diese Untergliederungen und Einrichtungen werden also nicht, was soweit sie rechtlich selbständig sind, auch unzulässig wäre, durch Vertrag zulasten Dritter selbst in Anspruch genommen.

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Rechtsträger wie die diakonischen Werke) in die vertraglichen Zusagen des Landes einbezogen. Hier stellt sich die Frage, ob es sich insoweit lediglich um reflexive Drittbegünstigungen handelt oder ein echter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, der dem Dritten ein eigenes Forderungsrecht gewährt, das neben dem Recht der Kirche(n) auf Leistung an den Dritten besteht. Bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter ist der Drittbegünstigte also nicht nur Leistungsempfänger, sondern selbst anspruchsberechtigt. Ob ein echter Vertrag zugunsten Dritter oder nur eine reflexive Drittbegünstigung vorliegt, ist durch Auslegung des Vertrages nach dem Parteiwillen zu ermitteln. Eine Drittberechtigung ist jedenfalls nicht zu vermuten. Unaufklärbarkeit geht zu Lasten des Dritten, so dass im Zweifel nur ein unechter Vertrag zugunsten Dritter mit für diesen bloß reflexhaft begünstigender Wirkung anzunehmen ist. Soweit sich die Garantie hinsichtlich der Freiheit zu Bekenntnis und Ausübung des evangelischen Glaubens (Art. 1 Abs. 1) auch auf alle sich im Land aufhaltenden Individuen bezieht, besteht schon wegen der unbestimmten Vielzahl der danach Drittbegünstigten auf deren Seite kein eigenes Forderungsrecht. Dagegen sind die diakonischen Werke selbst berechtigt, eigene Ausbildungsstätten für kirchlich orientierte Berufe zu errichten (Art. 4 Abs. 1 Wittenberger Vertrag) und Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen sowie darauf bezogene Ausund Weiterbildungseinrichtungen zu schaffen und zu betreiben (Art. 18 Abs. 1 u. 2 Wittenberger Vertrag). Für diese Deutung spricht insbesondere das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nach Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG, an dem auch selbständige Rechtsträger teilhaben, die der Kirche in spezifischer Weise zugeordnet und „nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen“133 Das gilt namentlich für diakonische Aufgaben durch selbständige Rechtsträger, die mit der Kirche organisatorisch-institutionell verbunden sind und so an deren eigenen Angelegenheiten mitwirken, wie etwa die privatrechtlich organisierte Diakonie.134 Die vertragliche Kirchengutsgarantie (Art. 7 Wittenberger Vertrag) kommt ebenso wie ihr verfassungsrechtliches Pendant (Art. 138 Abs. 2 WRV i. V. m. Art. 140 GG)135 nicht nur den Kirchen, sondern, soweit das Sacheigentum oder sonstige vermögenswerte Güter mit religiöser Zweckbestimmung ihnen selbst zustehen, den Kirchengemeinden und Gliederungen sowie ihren Anstalten, Stiftungen, Verbänden und Einrichtungen nicht nur reflexiv zugute, sondern vermittelt diesen ein eigenes Abwehr- und Schutzrecht. 133

BVerfGE 46, 73 (85). Siehe dazu näher A.-R. Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, 2003. 135 Zu dessen personellem Schutzbereich siehe nur S. Korioth, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Kommentar, Art. 140 (Art. 138 Abs. 2 WRV) Rn. 17. 134

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Einleitung

Auch der eigene Status von Kirchengemeinden, Gliederungen und Verbänden als Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 8 Wittenberger Vertrag) ist nicht nur im Verhältnis zu den Kirchen, die damit ihr Selbstverwaltungsrecht ausgeübt haben, sondern gegenüber diesen selbst seitens des Landes zu wahren. Ebenso steht den Kirchengemeinden und Gliederungen aus dem Vertrag ein eigenes (Dritt-)Recht zu, Spenden zu erbitten (Art. 16 Abs. 1 Wittenberger Vertrag). Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob mit dem Körperschaftsstatus der Gemeinden und Gliederungen auch begründet werden kann, dass diesen aus der Garantie des Schutzes des Sonntags und der kirchlichen Feiertage (Art. 19 Wittenberger Vertrag) ein eigenes subjektives (Vertrags-)Recht auf Beachtung des Sonn- und Feiertagsschutzes erwächst.136 Das Kirchensteuererhebungsrecht nach Art. 14 Abs. 1 Wittenberger Vertrag steht ebenso wie das verfassungsrechtliche nach Art. 137 Abs. 6 WRV i. V. m. Art. 140 GG neben den Kirchen, auch deren Kirchengemeinden und Gliederungen zu, soweit sie öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus besitzen. Einen direkten vertraglichen Anspruch auf Gebührenbefreiung haben nach Art. 17 Wittenberger Vertrag neben den Kirchen, ihren Gemeinden und Gliederungen als Drittberechtigte auch „ihre öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände“. Auch das Recht der Kirchengemeinden, neue kirchliche Friedhöfe anzulegen (Art. 21 Abs. 1 S. 2 Wittenberger Vertrag), stellt eine echte Drittberechtigung dar; dafür spricht, dass dieses vertragliche Recht eine Bestätigung des gesetzlichen Rechts nach § 19 Abs. 3 Bestattungsgesetz Sachsen-Anhalt137 darstellt: „Kirchengemeinden und Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, können eigene Friedhöfe anlegen, unterhalten und erweitern (kirchliche Friedhöfe).“ Im Übrigen steht auch der Betrieb und die Verwaltung kirchlicher Friedhöfe unter dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts gemäß Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG138, auf das sich auch die Kirchengemeinden selbst berufen können. Dagegen gilt die Widmungsgarantie für bestimmte Kirchengebäude (Art. 9) nur für die Kirche, der sie jeweils gehören.

136 So für Art. 23 des Güstrower Vertrags Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 2 M 99/99 –, juris, Rn. 27 = NVwZ 2000, 948: „Insoweit können sie auch eine Verletzung von Rechten der Kirche hinsichtlich ihres Zuständigkeitsbereichs selbst geltend machen.“ 137 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt (Bestattungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt – BestattG LSA) vom 5. Februar 2002 (GVBl. LSA S. 46), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 136). 138 Siehe dazu näher M. Kaltenborn, Das landesgesetzliche Verbot der Aufstellung von Grabsteinen aus Kinderarbeit. Vereinbarkeit mit der kommunalen und der kirchlichen Selbstverwaltungsgarantie und Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips, Rechtsgutachten, 2013 (abrufbar unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/as set/document/gutachten_zum_allgemeinen_aufstellungsverbot.pdf), S. 47 – 53 m. zahlr. Nachw. aus Lit. u. Rspr.

Präambel – 1. Anstrich A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt – als Ausdruck des gemeinsamen Willens, unter Beachtung des Grundrechts der Religionsfreiheit und des Grundsatzes der gegenseitigen Unabhängigkeit von Staat und Kirche die Eigenständigkeit und den Öffentlichkeitsauftrag der Kirche zu wahren Regierungsbegründung Unter dem ersten Anstrich werden die tragenden Gesichtspunkte des deutschen Staatskirchenrechts nach 1919, nämlich die Unabhängigkeit von Staat und Kirche und damit die Eigenständigkeit der Kirche, unter Hervorhebung des Grundsatzes der Religionsfreiheit betont; zusätzlich wird auch der daraus entwickelte Öffentlichkeitsauftrag der Kirche erwähnt. Wichtig war in diesem Zusammenhang, diese Gesichtspunkte so zu formulieren, daß sie als „Ausdruck des gemeinsamen Willens“ bezeichnet werden können.

Kommentierung Der erste Anstrich der Präambel betont den „Grundsatz der Unabhängigkeit von Staat und Kirche“, der nach der Beseitigung der letzten Restbestände eines Staatskirchentums mit der Weimarer Reichsverfassung seit 1919 gilt und unbestritten ist. Art. 137 Abs. 1 WRV bestimmt programmatisch: „Es besteht keine Staatskirche.“ Staat und Kirche sind damit institutionell vollständig getrennt. Auf ihre Eigenständigkeit und Staatsunabhängigkeit legten die kirchlichen Vertragspartner nach den Erfahrungen mit dem DDR-Regime verständlicherweise großen Wert. Die Betonung der wechselseitigen Unabhängigkeit diente unter diesen Umständen der Herstellung einer Vertrauensbasis, auf der die Anbahnung vertraglicher Beziehungen überhaupt erst möglich wurde. Die Übereinstimmung der Vertragspartner über die Eigenständigkeit der Kirchen wurde aber auch schon in der Präambel des Loccumer Vertrags hervorgehoben. Obwohl die Verfassung Sachsen-Anhalts selbst davon spricht, dass Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften vom Staat getrennt sind (Art. 32 Abs. 1) und „Forderungen nach deutlicher Trennung von Staat und Kirche […] einen erheblichen Teil der Verhandlungen [bestimmten]“1, wurde – auf staatlichen

1 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der nihil-obstat-Frage, JöR N.F. 43 (1995), S. 327 (328).

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Präambel – 1. Anstrich

Wunsch – in der Präambel des Vertrages der Terminus „Trennung“ vermieden2, „weil angesichts der aus den Erfahrungen der Vergangenheit herrührenden und somit durchaus verständlichen Tendenz in den neuen Ländern zur Abgrenzung, ja sogar zum Mißtrauen gegenüber allem Staatlichen eine solche Aussage auch hätte mißverstanden werden können“.3 Eine Überbetonung des Trennungsgrundsatzes sollte auch deshalb vermieden werden, weil in dem staatskirchenrechtlichen Vertrag ja gerade die res mixtae, die gemeinsamen Angelegenheiten zu regeln waren, in denen sich staatliche und religiös-kirchliche Belange berühren und es daher auf ein Zusammenwirken von Staat und Kirche ankommt.4 Mit dem Hinweis auf das zu beachtende Grundrecht der Religionsfreiheit wird, um eine Formulierung der Präambel des Loccumer Vertrags aufzugreifen, auf die „gebotene freiheitliche Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche“ hingewiesen, die ihre Vervollständigung durch die institutionellen Garantien, insbesondere das Selbstverwaltungsrecht nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRVerhalten. Zwar deutet das Bundesverfassungsgericht mittlerweile auch viele Garantien der mit Art. 140 GG rezipierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung als Ausfluss der Religionsfreiheit in ihrer Schutz- und Förderdimension“, als „funktional auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) angelegt“.5 Doch das vermag in dieser Pauschalität nicht zu überzeugen; es bleibt zumindest ein Rest an institutionellem „Überhang“.6 Gerade insoweit kann die Einräumung vertraglicher Ansprüche, die die kirchlichen Vertragspartner subjektiv berechtigen7, für diese einen rechtlichen Mehrwert haben. Die Religionsfreiheit und die institutionellen Garantien nach Bundes- und Landesverfassungsrecht bilden insgesamt die Grundlage der freiheitlichen Religionsverfassung der Bundesrepublik Deutschland, in die sich die staatskirchenrechtlichen Verträge einfügen.

2

Ein erster kirchlicher Vertragsentwurf hatte in der Präambel eines Passus über die „Beachtung des Verfassungsgrundsatzes der Trennung von Staat und Kirche“ vorgesehen. 3 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (278), ders., JöR N.F. 43 (1995), S. 327 (331): „Mit der Betonung der ,gegenseitigen Unabhängigkeit‘ und der ,Eigenständigkeit‘ der Kirchen glaubten die Verhandlungspartner, den Kern der Aussage der Reichsverfassung und der Landesverfassung getroffen zu haben, ohne einer zeitpopulären Tendenz zur Abkapselung der Kirchen das Wort zu reden.“ 4 A. Vulpius, JöR N.F. 43 (1995), S. 327 (330). 5 BVerfGE 102, 370 (387). 6 Zum Verhältnis der Religionsfreiheit zu den institutionellen Garantien der Art. 137 ff.WRV siehe eingehend C. Hillgruber, Individualität und Institutionalität. Die Charakteristika des deutschen Staatskirchenrechts nach hundert Jahren und ihre Zukunft im Horizont der Europäisierung, Essener Gespräche 54 (2019), S. 135 (137 ff.). 7 OVG Greifswald, NVwZ 2000, 948; H. de Wall, Subjektive Rechte aus Staatskirchenverträgen, ZevKR 45 (2000), S. 626 ff.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Die Vertragsparteien bekräftigen darüber hinaus ihren gemeinsamen Willen, „den Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen“ zu wahren. Sie nehmen damit einen spezifisch evangelisch geprägten, in der Präambel Loccumer Vertrag erstmals rezipierten und als geradezu „als authentische Auslegung des geltenden Staatskirchenrechts“ betrachteten8 „Leitbegriff des öffentlichen Wirkens der Kirchen“ auf9 , der als Umschreibung „des wesensmäßigen Tätigwerdens der Kirche“ gilt.10 Dabei geht es zum einen um den Auftrag zur Verkündung des Evangeliums in der Welt, zum anderen um die Übernahme von Mitverantwortung der Kirche(n) für das Gemeinwesen, für die Entwicklung von Staat und Gesellschaft. Es wird kritisiert, dass mit dieser Formulierung in staatskirchenrechtlichen Verträgen das säkulare Recht einen religiös begründeten „Auftrag“ übernehme, was sich mit seiner religiösen Neutralität nicht vertrage.11 Doch dürfte der Begriff mit seiner Verwendung in einem Vertrag zwischen Staat und Kirchen selbst „verweltlicht“ worden sein und „säkularisiert“ nicht mehr als die öffentliche Sichtbarkeit und Wirksamkeit der Kirchen zum Ausdruck bringen, zu der sie schon die ihnen zukommenden grundrechtlichen und grundrechtsähnlichen Rechtspositionen wie das Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV berechtigen. Auch die Kritiker konzedieren, dass der mit dem Begriff des „Öffentlichkeitsauftrags“ erhobene Anspruch der Kirchen auf öffentliches Wirken „auch eine rechtliche Basis“ hat: „Er hat zum Inhalt, öffentlich eigene Anliegen zu vertreten, öffentlich Religion zu praktizieren und am Diskurs des Gemeinwesens teilzuhaben.12 Einen Teilaspekt, nämlich das „Recht, zu öffentlichen Angelegenheiten Stellung zu nehmen“, gewährleistet explizit Art. 32 Abs. 1 S. 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt.13 Die Präambel verzichtet aber auf die Proklamierung einer leicht misszuverstehenden „gemeinsamen Verantwortung von Staat und Kirche“14, von der die Präambel des Loccumer Vertrags“ spricht, was Rudolf Smend zu der Annahme geführt hat, damit sei eine Wendung im Staatskirchenrecht eingeleitet worden, hin zu einem „positiven“ Freiheitsverständnis, ein Appell „an die positive Mittragung der öffentlichen Zustän8 Siehe dazu R. Smend, Der Niedersächsische Kirchenvertrag und das heutige deutsche Staatskirchenrecht, JZ 1956, 50 (52). 9 M. Morlok, Recht zum öffentlichen Wirken, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 35, S. 1407 (1420 Rn. 30). 10 R. Smend, JZ 1956, 50 (52). 11 Siehe nur M. Morlok, Recht zum öffentlichen Wirken, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 35, S. 1407 (1421 Rn. 33 m. w. N.). Vgl. auch R. Smend, JZ 1956, 50 (52). 12 Vgl. M. Morlok, Recht zum öffentlichen Wirken, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 35, S. 1407 (1421 f. Rn. 34). 13 Die öffentliche Kommunikation der Kirchen ist aber auch schon grundrechtlich abgesichert, sei es durch die Meinungs-, sei es durch die Religionsfreiheit; zur Abgrenzung zwischen Art. 4 und 5 GG siehe nur M. Morlok, Recht zum öffentlichen Wirken, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 35, S. 1407 (1452 f. Rn. 106). 14 K. Schlaich, Der Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen, in: HSKR, 21995, Bd. II, S. 131 (142 f.), hielt sie schon vor Jahrzehnten wegen des „allgemeinen Plurarismus der Gruppen und Verbände“ für obsolet.

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Präambel – 1. Anstrich

de durch die Kirche, also an einen Partner des Staates, […] einen Verbündeten und Mitarbeiter im Dienst der positiven Gerechtigkeitsprinzipien, z. B. des Rechts- und Sozialstaats“.15 Auch bei den gemeinsamen Angelegenheiten gibt es doch getrennte, je eigene Verantwortungsbereiche, der genaue Scheidung und Zuordnung auch eine Aufgabe des Vertrags ist. Entgegen der Formulierung „wahren“ dient der Vertrag aber nicht nur der Anerkennung sowie Sicherung der Realisierbarkeit des dem kirchlichen Selbstverständnis entsprechenden Öffentlichkeitsauftrags, sondern schafft für ihn auch in spezifischer Weise förderliche Rahmenbedingungen, wie sich aus den einzelnen Vertragsbestimmungen ergibt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Sachsen Präambel 4. Anstrich – in Anerkennung der Eigenständigkeit der Kirchen und ihres Öffentlichkeitsauftrages Regierungsbegründung d) Unter dem vierten Spiegelstrich werden die im Verhältnis des Freistaates zu den Kirchen maßgeblichen Grundsätze der Eigenständigkeit und des Öffentlichkeitsauftrages der Kirchen anerkannt.

2. Thüringen Präambel 1. Spiegelstrich – in dem Willen, die Eigenständigkeit der Kirche und den Grundsatz der gegenseitigen Unabhängigkeit von Staat und Kirche unter Beachtung des Grundrechts der Religionsfreiheit und des Öffentlichkeitsauftrags der Kirche zu wahren und zu sichern Regierungsbegründung Die Präambel betont die Eigenständigkeit der Kirchen und den Grundsatz der gegenseitigen Unabhängigkeit von Staat und Kirche.

15

R. Smend, JZ 1956, 50 (52).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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3. Sachsen Präambel 4. Anstrich – in Anerkennung der Eigenständigkeit der Kirchen und ihres Öffentlichkeitsauftrages Regierungsbegründung d) Unter dem vierten Spiegelstrich werden die im Verhältnis des Freistaates zu den Kirchen maßgeblichen Grundsätze der Eigenständigkeit und des Öffentlichkeitsauftrages der Kirchen anerkannt.

4. Brandenburg Präambel 4. Anstrich – in der Überzeugung, daß das Verhältnis von Staat und Kirche gleichermaßen von Unabhängigkeit und Kooperation geprägt ist und mit dem Ziel, dieses Verhältnis dauerhaft zu gestalten Regierungsbegründung Die Präambel legt die für den Abschluß des Vertrages wesentlichen Motivationen sowie die tragenden Rechtsgrundlagen für das Verhältnis von Staat und Kirche dar. … Nach dem vierten Spiegelstrich werden die im allgemeinen Teil der Begründung näher ausgeführten Überlegungen zum Verhältnis von Staat und Kirche zum Ausdruck gebracht.

Kommentierung Bemerkenswerterweise wird in der Präambel des Brandenburger Kirchenvertrags gleichrangig mit der Betonung der Unabhängigkeit von Staat und Kirche auch das Kooperationsverhältnis hervorgehoben. Im allgemeinen Teil der Regierungsbegründung (S. 26 f.) wird auf den Vertrag als bewährten „Regeglungsmechanismus“ hingewiesen. Der in Art. 36 Abs. 3 S. 1 der Verfassung Brandenburgs anerkannte, „herausgehobene[] Rang“ der Kirchen rechtfertige, „daß das Land seine Rechtsbeziehungen zur Kirche nicht einseitig durch Gesetz regelt, sondern sich durch einen Vertrag gegenüber der Kirche bindet“.

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Präambel – 1. Anstrich

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Die Präambel enthält keinen dem 1. Anstrich der Präambel des Wittenberger Vertrags vergleichbaren Passus. 2. Thüringen Die Präambel enthält keinen dem 1. Anstrich der Präambel des Wittenberger Vertrags vergleichbaren Passus. 3. Mecklenburg-Vorpommern Präambel 2. Anstrich – im Bewußtsein der Eigenständigkeit von Staat und Kirche, im gegenseitigen Respekt vor ihrem Selbstbestimmungsrecht und in Bereitschaft zur Zusammenarbeit Regierungsbegründung Die Präambel – benennt den Zweck des Vertrages, die Beziehungen zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Katholischen Kirche neu zu ordnen, – betont die Eigenständigkeit von Staat und Kirche.

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung des 1. Anstrichs der Präambel des Wittenberger Vertrags verwiesen werden. 4. Sachsen-Anhalt Präambel 1. Anstrich Verbunden in dem Bewußtsein, daß durch die Wiedervereinigung Deutschlands im Land Sachsen-Anhalt unter Beachtung des Grundrechts der Religionsfreiheit und des Grundsatzes der gegenseitigen Unabhängigkeit von Kirche und Staat die Voraussetzungen für ein partnerschaftliches Verhältnis geschaffen wurden. Regierungsbegründung Nach dem Vorbild älterer Staatskirchenverträge haben die Vertragschließenden dem Vertrag eine Präambel vorangestellt und darin die den Vertrag bestimmenden Leitgedanken niedergelegt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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a) Unter dem ersten Spiegelstrich wurde übereinstimmend der gesellschaftliche Umbruch nach der friedlichen Revolution und der Beitritt der ehemaligen DDR unter dem Geltungsbereich des Grundgesetzes als wesentliche Voraussetzung für den Vertragsschluss gewürdigt. Gleichzeitig wird der regulative Charakter des Vertrages betont, der eine zeitlich nicht befristete Rechtsgrundlage für die Beziehungen der Vertragspartner schaffen soll. Die Regelungen der Beziehungen sollen – auch zukünftig – nicht einseitig hoheitlich, sondern partnerschaftlich auf der Ebene der Gleichordnung erfolgen. Die Verfassungsbestimmungen über die Trennung von Staat und Kirche, wie sie in der Auslegung durch die Staatskirchenrechtslehre ihren adäquaten Ausdruck gefunden haben, werden dadurch nicht in Frage gestellt. Dies haben die Länder Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen z. B. auch im Schlussprotokoll zu den Art. 3 und 4 des Bistumserrichtungsvertrages zum Ausdruck gebracht, indem sie ausdrücklich auf Art. 140 des GG i. V. m. Art 137 Abs. 3 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung, d. h. auf die Unabhängigkeit der Kirchen bei der Ämterbesetzung, Bezug nahmen.

5. Brandenburg Präambel 2. u. 5. Anstrich – in Achtung der vom Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und von der Verfassung des Landes Brandenburg gewährleisteten Stellung der Katholischen Kirche im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat, … – in der Überzeugung, dass das Verhältnis zwischen Staat und Kirche von Eigenständigkeit und Zusammenarbeit geprägt ist, und mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen dem Land und der Katholischen Kirche gemeinsam zu gestalten Regierungsbegründung Die Präambel legt die für den Abschluss des Vertrages wesentlichen Motivationen sowie die tragenden Rechtsgrundlagen für das Verhältnis von Staat und Kirche dar. Neben dem Grundgesetz und der Landesverfassung werden das Preußenkonkordat und das Reichskonkordat wegen ihrer Bedeutung für die geschichtliche Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche erwähnt. […] […] Die Präambel würdigt nicht nur die Bedeutung der Religionsfreiheit des Einzelnen, sondern auch die der Katholischen Kirche als korporativem Grundrechtsträger. Es wird herausgehoben, dass Staat und Kirche grundsätzlich unterschiedlichen Sphären angehören und deshalb eigenständig und vom jeweils anderen unabhängig sind, dass sie aber wegen der vielen, vertraglich im einzelnen geregelten Überschneidungen beider Bereiche im Interesse des Gemeinwohls zum Zusammenwirken gehalten sind.

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung des 1. Anstrichs des Wittenberger Vertrags verwiesen werden.

Präambel – 2. Anstrich A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen – in der Absicht, in einer freien Gesellschaft und in einem religiös und weltanschaulich neutralen Staat die bildungs- und kulturpolitische sowie die diakonische Tätigkeit der Kirchen im Lande Sachsen-Anhalt zu fördern Regierungsbegründung Der Text im zweiten Anstrich unterstreicht den Wunsch des Landes, bei grundsätzlich weltanschaulich neutraler Haltung die zahlreichen, der Gesellschaft zugute kommenden Aktivitäten der Kirchen zu unterstützen.

Kommentierung Damit wird die Bedeutung des kirchlichen Wirkens für das säkulare Gemeinwohl zu einem zentralen Vertragsmotiv im Wittenberger Vertrag wie auch in den anderen Evangelischen Kirchenverträgen der neuen Länder.1 Was die Kirchen aus religiöser Motivation leisten, kommt auch Staat und Gesellschaft zugute, hat also einen säkularen Mehrwert und Kollateralnutzen. Gerade darin liegt das genuine Eigeninteresse des Staates am religiösen Wirken der Kirchen. Insbesondere die Aktivitäten der Kirchen im Bildungssektor und in der Sozialfürsorge und Wohlfahrtspflege entlasten den Staat zugleich bei der Erfüllung seines sozialstaatlichen Versorgungsauftrags, weil er dann – wenigstens teilweise – darauf verzichten kann, eigene Einrichtungen dieser Art vorzuhalten. Diese kirchlichen Anstrengungen zu unterstützen und etwa diakonische Einrichtungen zu fördern, damit die staatliche Letztverantwortung für die Leistungserbringung in der Daseinsvorsorge nicht (noch) mehr staatliche Eigenleistungen notwendig macht, ist Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips, aber auch eines sinnvollen wohltätigen Zusammenwirkens von Staat und Kirchen.2 Hinsichtlich der kirchlichen Beiträge zum Gemeinwohl kann der Staat grundsätzlich nur Erwartungen formulieren. In einem Vertrag kann er sich die Beiträge aber – 1

Siehe dazu H. Johnsen, Die Evangelischen Kirchenverträge in den neuen Ländern – Ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 43 (1998), S. 182 (195 f.); H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchen-verträge, 2000, S. 55 f. 2 Vgl. dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchen-verträge, 2000, S. 337 f.

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Präambel – 2. Anstrich

gewissermaßen als Gegenleistung für ihre staatliche Förderung – im Interesse der angestrebten Gemeinwohlverwirklichung auch rechtsverbindlich zusagen lassen. Auf diese Weise kann auch kirchlichen Bestrebungen nach Rückzug aus der Welt entgegengewirkt werden. „Das beharrliche Festhalten des Staates an bislang für den Geltungsbereich des Grundgesetzes gängigen vertraglichen Regelungen des Zusammenwirkens von Staat und Kirchen gegenüber einer auf Distanz bedachten Evangelischen Kirche in den neuen Ländern bringt eine staatliche Grundhaltung gegenüber den Kirchen zum Ausdruck, die einem Rückzug der Kirchen aus der Kooperation mit dem Staat konsequent entgegen- und für staatskirchenrechtliche Kontinuität auch in den vertraglichen Beziehungen eintritt.“3 In diesen Kontext fallen die vertraglichen Regelungen zur staatlichen Theologenausbildung (Art. 3), zu den kirchlichen Hochschulen (Art. 4), zum Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen (Art. 5), zu kirchlichen Schulen (Art. 6), zur Denkmalpflege (Art. 10), zu Diakonie und Bildungseinrichtungen (Art. 18) sowie zu kirchlichen Friedhöfen (Art. 21). Wenn der Staat deswegen, also aus säkularen Gründen die Kirchen fördert, verletzt er nicht das Neutralitätsprinzip.4 Staatliche Bewertung und Ungleichbehandlung ist bei staatlichen Fördermaßnahmen, auf dem Gebiet der Religion nicht anders als auf anderen Feldern, unvermeidlich, wenn sie nicht dem unsinnigen Gießkannenprinzip folgen soll oder man jedwede Förderung für unzulässig erachtet. Also kann sich nur die Frage stellen, nach welchen Kriterien die Differenzierung erfolgen darf. Aus Gründen der gebotenen Neutralität scheidet eine Anknüpfung an die jeweiligen Glaubensinhalte aus; nur säkulare Unterscheidungskriterien können angelegt werden. Das BVerfG hat eine Differenzierung nach der Größe und der daraus abzuleitenden gesellschaftlichen Relevanz für zulässig erklärt. Eine Unterscheidung nach dem Ertrag, den eine Religionsgemeinschaft für das weltliche Gemeinwohl abwirft, ist ebenfalls gerechtfertigt. Die Mitarbeit am Gemeinwohl ist freiwillig; aber der Staat darf bei Fördermaßnahmen seinerseits darauf achten, dass seine Ordnung nicht nur keinen Schaden nimmt, sondern in ihrer Wirksamkeit unterstützt wird. Das ist ebenso naheliegend wie legitim. Das Neutralitätsprinzip wird durch den Vertragsschluss auch deshalb nicht verletzt, weil der zweite Anstrich mit der Formulierung „in einer freien Gesellschaft und in einem religiös und weltanschaulich neutralen Staat“ das Neutralitätsprinzip gerade bekräftigt, mit der „freien Gesellschaft“ auch den gesellschaftlichen Pluralismus, d. h. die religiöse und weltanschauliche Vielfalt voraussetzt und die kirchlichen Vertragspartner allein wegen ihrer besonderen Beiträge zum säkularen Gemeinwohl und nicht wegen ihres Bekenntnisses, mit dem sich zu identifizieren ihm wegen der ihm aufgegebenen Neutralität verboten ist, fördert.

3 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 58. 4 So aber H. Dreier, Staat ohne Gott, 2018, S. 128.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Die staatliche Erwartungshaltung ist auch aus kirchlicher Sicht letztlich unproblematisch. Die Kirche muss den an sie gerichteten Erwartungen nicht entsprechen. Sie entscheidet selbstbestimmt, ob sie sich in eine Mitverantwortung für das Wohlergehen von Staat und Gesellschaft nehmen lässt oder lieber auf sich selbst zurückzieht und in grundrechtlich geschützter Distanz zum Staat verbleibt. Indem sie sich auf den Vertragsschluss und die einzelnen im Vertrag enthaltenen Regelungen eingelassen hat, hat sie sich aus freiem Willen und damit unter Wahrung ihrer Unabhängigkeit für ein geordnetes Zusammenwirken mit dem Staat auf bestimmten Tätigkeitsfeldern entschieden und muss sich diese Entscheidung nun auch als verbindlich entgegenhalten lassen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Präambel 1. und 6. Anstrich – auf der Grundlage der vom Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und von der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern gewährleisteten Stellung der Kirchen im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat, … – in Würdigung der Bedeutung, die christlicher Glaube, kirchliches Leben und diakonischer Dienst auch im religiös neutralen Staat für das Gemeinwohl und den Gemeinsinn der Bürger haben Regierungsbegründung Die Präambel – stellt klar, daß Grundlagen dieses Vertrages das Grundgesetz in Verbindung mit der Weimarer Reichsverfassung und die Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern sind. Das Grundgesetz garantiert in Artikel 4 die Glaubens- und Gewissensfreiheit, in Artikel 7 den Religionsunterricht und die Bekenntnisschule und regelt die Stellung der Kirchen in Artikel 140, der die Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung 136, 137, 138, 139 und 141 in das Grundgesetz inkorporiert. Dort ist u. a. festgelegt, daß keine Staatskirche besteht, daß die Religionsgemeinschaften das Recht der Selbstbestimmung haben und öffentlich-rechtliche Körperschaften sind. Artikel 9 Absatz 1 der Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern nimmt diese Bestimmungen nochmals auf. Artikel 9 Absatz 2 der Verfassung sieht vor, daß das Land und die Kirchen Fragen von gemeinsamem Belang durch Vertrag regeln können; …

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Präambel – 2. Anstrich

– greift die Erkenntnis auf, daß auch der weltanschaulich neutrale Staat auf die Existenz von Grundwerten in der Gesellschaft angewiesen ist, deren Formulierung und Vermittlung ihm gerade wegen seiner weltanschaulichen Neutralität in der Regel verwehrt ist. Die Begriffe Gemeinwohl und Gemeinsinn mahnen, unsere gesellschaftliche Ordnung nicht nur als Summe divergierender Einzelinteressen zu sehen.

2. Thüringen Präambel 2. und 4. Anstrich – mit dem Wunsch, zu einer Vereinbarung über die Wahrnehmung des Auftrages der Kirche in einem religiös-weltanschaulich neutralen Staat zu gelangen und dadurch insbesondere die bildungs- und kulturpolitische sowie die sozialdiakonische Tätigkeit der Kirchen im Freistaat Thüringen zu fördern, … – mit dem Ziel, die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche in einer freiheitlichen Grundordnung auf eine umfassende neue Grundlage zu stellen und dauerhaft zu gestalten Regierungsbegründung Die Vertragspartner haben eine Vereinbarung unter Berücksichtigung und inhaltlicher Fortbildung von historisch gewachsenen Rechten und Pflichten mit dem Ziel getroffen, die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche in einer freiheitlichen Grundordnung auf eine umfassende neue Grundlage zu stellen und dauerhaft zu gestalten.

3. Sachsen Präambel 2. Anstrich – mit dem Ziel, unter den neuen politischen Bedingungen einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung das Verhältnis zwischen Staat und Kirche partnerschaftlich neu zu ordnen Regierungsbegründung b) Unter dem zweiten Spiegelstrich kommt der regulative Charakter des Vertrags zum Ausdruck und die Absicht der Vertragsparteien, ihre Rechtsbeziehungen partnerschaftlich auf der Ebene der Gleichordnung zu lösen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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4. Brandenburg Präambel 1. u. 3. Anstrich – auf der Grundlage der Stellung der Kirche im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat, wie sie auch im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Landes Brandenburg garantiert wird, … – in Achtung der Religions- und Glaubensfreiheit des einzelnen und in Anerkennung der Bedeutung, die christlicher Glaube, kirchliches Leben und diakonischer Dienst auch im religiös neutralen Staat haben Regierungsbegründung Die Präambel legt die für den Abschluß des Vertrages wesentlichen Motivationen sowie die tragenden Rechtsgrundlagen für das Verhältnis von Staat und Kirche dar. Nach dem ersten Spiegelstrich werden die für die Vertragsparteien maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundlagen genannt, auf denen die Beziehungen von Staat und Kirche beruhen. … Nach dem dritten Spiegelstrich wird die Bedeutung der individuellen Glaubensfreiheit (vgl. Art. 4 Grundgesetz [GG]; 13 LV) unterstrichen und die Bedeutung des christlichen Glaubens, des kirchlichen Lebens und des diakonischen Dienstes der Kirchen auch im religiös neutralen Staat hervorgehoben. Diese Bedeutung resultiert daraus, daß das gesellschaftliche Leben insgesamt eine deutliche Prägung durch den evangelischen Glauben und seine verschiedenen Äußerungsformen erfahren hat und Teile der Bevölkerung ihre Lebensführung an den Maximen des Glaubens ausrichten. Diesen Umständen trägt der Staat Rechnung.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Präambel 2. Anstrich – in Anbetracht der neuen freiheitlichen Gesellschaftsordnung im Freistaat Sachsen, die es ermöglicht, die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat partnerschaftlich zu regeln Regierungsbegründung Nach dem Vorbild älterer Staatskirchenverträge haben die Vertragschließenden dem Vertrag eine Präambel vorangestellt und darin die den Vertrag bestimmenden Leitgedanken niedergelegt. …

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Präambel – 2. Anstrich

b) Unter dem zweiten Spiegelstrich wurden übereinstimmend der gesellschaftliche Umbruch nach der friedlichen Revolution und der Beitritt der ehemaligen DDR unter den Geltungsbereich des Grundgesetzes als wesentliche Voraussetzung für den Vertragsschluß gewürdigt. Gleichzeitig wird der regulative Charakter des Vertrages betont, der eine zeitlich nicht befristete Rechtsgrundlage für die Beziehungen der Vertragspartner schaffen soll. Die Regelung der Beziehungen soll – auch zukünftig – nicht einseitig hoheitlich, sondern partnerschaftlich auf der Ebene der Gleichordnung erfolgen.

2. Thüringen Die Präambel enthält keinen dem 2. Anstrich der Präambel des Wittenberger Vertrags vergleichbaren Passus. 3. Mecklenburg-Vorpommern Präambel 3., 4. u. 5. Anstrich – in Achtung vor der Religionsfreiheit des Einzelnen, – in dem gemeinsamen Anliegen, die Menschenwürde und die Menschenrechte zu achten und zu schützen, – in der Einsicht, daß christlicher Glaube, kirchliches Leben und karitatives Wirken einen Beitrag für das Gemeinwohl und den Gemeinsinn der Bürger in einer pluralen Gesellschaft leisten

Regierungsbegründung Die Präambel … – respektiert die Religions- und Glaubensfreiheit des Einzelnen, – erinnert neben den Abgrenzungen an gemeinsame Grundlagen, – weist darauf hin, daß auch eine plurale Gesellschaft auf Werte angewiesen ist, deren Formulierung und Vermittlung dem Staat wegen seiner weltanschaulichen Neutralität in der Regel verwehrt ist.

Kommentierung Bemerkenswert ist, dass die Achtung und der Schutz der Menschenwürde und der darauf basierenden Menschenrechte zum gemeinsamen Anliegen von Staat und Kirche erklärt werden. Das ist angesichts der ursprünglich ablehnenden Haltung der Ka-

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

65

tholischen Kirche zu den Menschenrechten5, die erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil endgültig überwunden wurde, nicht selbstverständlich, bringt aber die mittlerweile insoweit bestehende Übereinstimmung zum Ausdruck. Die Katholische Kirche kann damit auch insoweit zu einem gemeinsamen Wertefundament von Staat und Gesellschaft ihren Beitrag leisten. Die Idee der Menschenwürde hat verschiedene Wurzeln. Sie beruht auch auf der Vorstellung der Gottesebenbildlichkeit des Menschen (imago dei). Im Übrigen kann auf die Kommentierung des 2. Anstrichs der Präambel des Wittenberger Vertrags verwiesen werden. 4. Sachsen-Anhalt Einen dem 2. Anstrich des Wittenberger Vertrags vergleichbaren Passus enthält die Präambel des Konkordats nicht. 5. Brandenburg Präambel 2., 3. u. 4. Anstrich – in Achtung der vom Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und von der Verfassung des Landes Brandenburg gewährleisteten Stellung der Katholischen Kirche im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat, – in Respekt vor der Glaubensfreiheit des einzelnen und vor der Religionsfreiheit, – in Anerkennung der Bedeutung, die christlicher Glaube, kirchliches Leben und karitativer Dienst für Mitmenschlichkeit und Gemeinsinn der Bürger haben Regierungsbegründung Die Präambel legt die für den Abschluss des Vertrages wesentlichen Motivationen sowie die tragenden Rechtsgrundlagen für das Verhältnis von Staat und Kirche dar. Neben dem Grundgesetz und der Landesverfassung werden das Preußenkonkordat und das Reichskonkordat wegen ihrer Bedeutung für die geschichtliche Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Katholischer Kirche erwähnt. […] […] Die Präambel würdigt nicht nur die Bedeutung der Religionsfreiheit des Einzelnen, sondern auch die der Katholischen Kirche als korporativem Grundrechtsträger. […]

5 J. Isensee, Keine Freiheit für den Irrtum. Die Kritik der katholischen Kirche des 19. Jahrhunderts an den Menschenrechten als staatsphilosophisches Paradigma, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung, Bd. 104 (1987), S. 296 – 336.

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Präambel – 2. Anstrich

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung des 2. Anstrichs des Wittenberger Vertrags verwiesen werden.

Präambel – 3. Anstrich A. Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt – unter Berücksichtigung und inhaltlicher Fortbildung der historisch gewachsenen Rechte und Pflichten, wie sie insbesondere ihren Niederschlag im Vertrag des Freistaates Preußen mit den evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 und in dem zwischen dem Anhaltischen Staatsministerium und dem Evangelischen Landeskirchenrat für Anhalt abgeschlossenen Vertrag vom 4. Oktober 1924 in der Fassung des am 3. Februar 1930 vor dem Oberlandesgericht Naumburg geschlossenen Vergleichs und des im Anschluß daran vereinbarten Abkommens vom 18. / 20. März 1930 sowie in dem Vertrag zwischen dem Freistaat Braunschweig und der braunschweigischen evangelisch-lutherischen Landeskirche vom 8. August 1923 gefunden haben Regierungsbegründung Der dritte Anstrich entha¨ lt die fu¨ r die Geltung fru¨ herer beiderseitiger Rechte und Pflichten gefundene Kompromißformulierung. Die in der Zeit des Weimarer Staates getroffenen Vereinbarungen werden nur als Beispiele fu¨ r historisch gewachsene Rechte und Pflichten aufgefu¨ hrt, wie sie – geschrieben oder ungeschrieben – aus fru¨ heren Jahrhunderten u¨ berliefert sind. Das Gegenstu¨ ck zu dieser Deklaration findet sich im Schlußprotokoll zu Artikel 28 Abs. 2, in dem in der Gestalt einer einseitigen Erkla¨ rung der Kirchen die unterschiedlichen Auffassungen zur Fortgeltung der alten Vertra¨ ge zum Ausdruck kommen. Maßgeblich fu¨ r die zuku¨ nftigen Beziehungen zwischen Land und Kirchen ist jedoch der vorliegende Vertrag (siehe Artikel 28 Abs. 2).

Literatur H. v. Bose, Neue Entwicklungen im Staatskirchenrecht – der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt, LKV 1998, 295 (296); G. Burger, Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. 7. 1996, LKV 1997, 317; A. v. Campenhausen, Staatskirchenrecht in den neuen Ländern, HSKR IX, 1997, S. 207 Rn. 31 ff.; J. Depenbrock, Fortgeltung der Staatskirchenverträge in den neuen Bundesländern unter besonderer Berücksichtigung der Verträge mit den evangelischen Landeskirchen, ZevKR 1993, S. 413; ders., Fortgeltung des Reichskonkordats und des Preußenkonkordats in den neuen Bundesländern, NVwZ 1992 S. 736, mit Erwiderung von A. Vulpius, Zur Fortgeltung des Preußenkonkordats in den neuen Bundesländern, NVwZ 1994 S. 40; C. Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999, S. 14; A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR Bd. 1, 21994, § 7, S. 253 (264); St. Heitmann, Der Katholische Kirchenvertrag Sachsen, NJW 1997, 1420; H. Johnsen, Die evangelischen Staatskirchenverträge in den

68

Präambel – 3. Anstrich

neuen Bundesländern – Ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 1998, 182 (196 ff.); H. Kremser, Der Rechtsstatus der evangelischen Kirchen in der DDR und die neue Einheit der EKD, 1993, 236; J. Listl, Die Fortgeltung und die gegenwärtige staatskirchenrechtliche Bedeutung des Reichskonkordats vom 20. Juli 1933, FS für Carlen, 1989, S. 309; ders., Das Staatskirchenrecht in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, Essener Gespräche, Bd. 29 (1995), S. 160; ders., Die Bistumsgrenzen in Deutschland, FS für Kosteletzky, 1990, S. 252; ders., Abschluß und Fortgeltung des Reichskonkordats, in: Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland 1981, Bd. 2, S. 759 (Vorbemerkung); J. Listl. (Hg.) Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1987, Vorbemerkung: Abschluß und Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 24 ff. mit Lit.Nachw.; H. v. Mangoldt, Die Entfaltung staatskirchenrechtlicher Elemente im Verfassungsrecht der fünf Neuen Bundesländer. Die Kirchen und die Deutsche Einheit, Hohenheimer Protokolle, hrsg. von R. Puza und A. P. Kustermann, Bd. 37 (1991), S. 55; L. Renck, Die neuen Bundesländer und das Reichskonkordat, NVwZ 1994, 770; W. Rüfner, Geltung des Reichskonkordats, des preußischen Konkordats und des Preußischen Kirchenvertrags im Beitrittsgebiet, FS für W. Thieme 1993, S. 343; ders., Deutsche Einheit im Staatskirchenrecht, Essener Gespräche Bd. 26 (1992), S. 63; A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil obstat-Frage, JöR NF Bd. 43 (1995) S. 327 (332 f.); ders., Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in den neuen Ländern; Religionsfreiheit, 1996, S. 61 (65 ff.); H. Weber, Der Thüringer Evangelische Kirchenvertrag, FS für M. Kriele, 1997, S. 1009 (1015 ff.); ders., Der Wittenberger Vertrag – Ein Loccum für die neuen Bundesländer?, NVwZ 1994, 759 (760 f.); ders., Neue Staatskirchenverträge mit der Katholischen Kirche, FS für M. Heckel, 1999, S. 464; N. Zonker, Ergebnis langer Verhandlungen, die neuen Bistumsverträge in Ostdeutschland sind errichtet, HK 1994, S. 415 (416).

Bedeutung und Hintergrund Bei allen Kirchenvertragsverhandlungen in den neuen Ländern spielte die Frage des Verhältnisses zu früheren Regelungen eine herausragende Rolle.1 Während bei den westdeutschen Verträgen der 50er und 60er Jahre durchweg von einer Fortgeltung der alten evangelischen Kirchenverträge ausgegangen2 und die Fortgeltung zum Teil sogar verfassungsrechtlich abgesichert wurde,3 waren in den neuen Ländern wegen der Anwendung oder auch nur Bestätigung in der DDR-Zeit andere Voraussetzungen gegeben; die Fort- oder Wiedergeltung ist daher mit unterschiedlicher Be1 Zur Bedeutung „historischer Vorbilder“ für die westdeutschen Verträge vgl. die Grundsatzaussagen bei E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, hg. von J. Kaulitz und A. Schilberg, 1996, Vorwort, S. V und S. 74 ff. 2 Vgl. z. B. die Präambel, 3. Absatz, des „Loccumer Vertrags“ v. 19. 3. 1955, abgedr. bei J. Listl, Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, S. 759 ff. sowie bei M. Germann in Zusammenarbeit mit Chr. Waldhoff, Staatskirchenrecht und Kirchenrecht, 2000, Gliederung VL–Ns–E–EvKV Nds. Nr. 29; siehe dazu E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 89 ff. sowie U. Scheuner, ZevKR 1957/58 S. 17; W. Weber, Die Gegenwartslage des Staatskirchenrechts, VVDStRL Bd. 11 (1954) S. 156; H. Peters ebda. S. 201. 3 Art. 23 Verf.NRW, Art. 182 Verf.By, Art. 8 Verf. BW; offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob diese Bestimmungen konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hatten, vgl. dazu A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt, JöR NF Bd. 43 (1995) S. 333.

A. Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt

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wertung der evangelischen und der katholischen Verträge sowohl für die Zeit vor wie auch nach dem 3. Oktober 1990 umstritten. Da jedoch in den Verhandlungen in allen neuen Ländern fast ausnahmslos Vollverträge angestrebt wurden, hat die Fortgeltungsfrage an Bedeutung verloren. Im Unterschied zu üblichen Präambel-Aussagen, die Motive und Ziele zum Ausdruck bringen, haben die Aussagen zur Geltung früherer Verträge für die Vertragsparteien normativen Charakter, sei es, dass die Geltung bestätigt, d. h. die subsidiäre Anwendung vereinbart wird, dass sie verneint oder dass sie als Frage offengelassen wird. Eine Entscheidung der Rechtsfrage als solcher ist damit allerdings nicht verbunden, die jeweils für den Vertragsbereich getroffene Regelung gibt nur die Auffassung der Vertragsparteien wieder. Entstehungsgeschichte Die Frage des Verhältnisses zu den alten Verträgen war bereits in der 1. Sitzung Verhandlungsgegenstand; die kirchliche Seite wünschte, u. a. unter Hinweis auf das Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. 2. 19474 und auf westdeutsche Regelungen, eine Bestätigung der Fortgeltung in der Präambel, die staatliche Seite verneinte die Rechtsnachfolge des Landes Sachsen-Anhalt bezüglich Preußens und des früheren Landes Anhalt, vertrat die Ansicht, der neue Vertrag solle die alten Verträge gänzlich ablösen, und schlug die Formulierung „in Kenntnis …“ vor. Der kirchliche Gegenvorschlag lautete: „in Berücksichtigung …“, erstrebte aber jedenfalls irgendeinen Hinweis auf die geschichtliche Kontinuität. In der 6. Sitzung untermauerte die staatliche Seite ihre Haltung durch den Hinweis, die Kirchen selbst hätten die alten Verträge nicht mehr angewandt5 und lehnten nun auch die Übernahme fast aller wichtigen Bestimmungen in den neuen Vertrag (u. a. den bischöflichen Treueid, die politische Voranfrage vor der Bischofseinsetzung die staatliche Zustimmung zu Gebietsänderungen) ab; die Situation in den westlichen Bundesländern sei unmittelbar nach Kriegsende eine andere gewesen. Die kirchliche Seite votierte erneut für Bestätigung der Fortgeltung unter gleichzeitigem Ausschluss etwa bestehender alter Ansprüche. Dem in der 7. Sitzung eingebrachten staatlichen Vorschlag „in Kenntnis und unter inhaltlicher Fortbildung der Rechte und Pflichten“– beruhend auf der Überlegung, dass der preußische Vertrag nur eine Kodifizierung zuvor bestehender Rechte gewesen sei – stimmte sodann die kirchliche Seite nach Ersetzung von „Kenntnis“ durch „Berücksichtigung“ und unter Hinzufügung von „historisch gewachsenen Rechten“ zu. In der 14. Sitzung wurde nach Eintritt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig in die Verhandlungen die Zitierung des braunschweigischen Vertrages von 1923 hinzugefügt. In der 16. Sitzung vereinbarten die Verhandlungspartner, den Beispielcharakter der aufgeführten Verträge durch 4

Amtsblatt des Kontrollrats Nr. 14 v. 31. 3. 1947, A. 262. Z. B. hatte die Ev. Kirchenprovinz Sachsen noch während der Vertragsverhandlungen die nach dem Preuß. Kirchenvertrag vorgeschriebene Mitteilung anlässlich der Abtretung eines ganzen Kirchenkreises an die Braunschweigische Kirche erst auf ausdrückliche Anforderung der Regierung abgegeben. 5

70

Präambel – 3. Anstrich

„insbesondere“ zu unterstreichen, die von braunschweigischer Seite vorgeschlagene Erwähnung einschlägiger Gesetze aber abzulehnen. Kommentierung a) Der 3. Anstrich enthält eine doppelte Aussage, nämlich einerseits eine bewusste Nichtentscheidung des Verhältnisses zu den das Land Sachsen-Anhalt betreffenden Verträgen der Weimarer Zeit,6 andererseits einen Auslegungsgrundsatz für den ganzen Vertrag einschließlich künftiger Zusatzvereinbarungen. Er steht in engem Zusammenhang mit Art. 28 Abs. 2 (Novation). Die Formulierung zur Frage der Geltung älterer Verträge hat deutlich Kompromisscharakter; die Geltung wird weder bestätigt noch abgelehnt, die streitige Frage bleibt damit offen.7 Das Land wollte sich offensichtlich nicht der Gefahr irgendwelcher noch nicht vorhersehbarer Ansprüche aussetzen8, während die Kirchen u. a. befürchteten, bisher erbrachte staatliche Leistungen könnten nachträglich als ohne Rechtgrund gezahlt eingestuft werden.9 Die unterschiedlichen Auffassungen kommen im Schlussprotokoll zu Art. 28 Abs. 2 in Gestalt der nur einseitigen Erklärung der Kirchen zur Fortsetzung bis zum Inkrafttreten des neuen Vertrages zum Ausdruck. Das bewusste Offenhalten der Fortgeltungsfrage in der Präambel als normative Aussage widerlegt auch die Vermutung, das Land habe die Erklärung der Kirchen zu Art. 28 Abs. 2 halb akzeptiert, weil es dort nicht ausdrücklich widersprochen habe.10 Das bewusste Offenhalten der Geltungsfrage ist mit 6 Vertrag des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen v. 11. 5. 1931, Pr.GS S. 107, abgedr. bei Listl. Die Konkordate und Kirchenverträge, Bd. II, 1987 S. 759 ff.; Vertrag zwischen dem anhaltischen Staatsministerium und dem Ev. Landeskirchenamt für Anhalt v. 4. 10. 1924 i. d. F. des am 3. 12. 1930 vor dem OLG Naumburg abgeschlossenen Vergleichs und des Abkommens v. 18./20. 3. 1930, Ges. S. für Anhalt S. 13, abgedr. bei E. R. Huber, Staatskirchenrecht braunschweigischer Vertrag v. 8. 8. 1923, Ges. u. VO-S., S. 269; vgl. den Hinweis auf eine „Verspätung“ bei H. Johnsen, Die evangelischen Staatskirchenverträge, ZevKR 1998, S. 194. 7 Zur Streitfrage vgl. insbesondere H. Johnsen, Die evangelischen Staatskirchenverträge, ZevKR 1998, S. 169. 8 Vgl. hierzu auch den ausdrücklichen Verzicht der Evangelischen Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern auf Nachforderung von Staatsleistungen für frühere Jahre, Begründung zu Art. 28 des EvVMV, LT-Drs. 1/4126, S. 27; ferner den Hinweis von v. Campenhausen, man könne notfalls auf alte Bestimmungen zurückgreifen, Rhein.Merkur v. 17. 9. 1993, S. 25. Zur Streitfrage s. im Übrigen Erl. A. [c)] zu Art. 28. 9 So etwa C. Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999 S. 22 mit weit. Nachw.; ferner andeutungsweise H. Kremer, Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern v. 15. 9. 1997, LKV 1998, 302. 10 H. U. Anke spricht von der Förderungsfunktion und staatskirchenrechtlicher Kirchenförderung, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses S. 316. f.; für eine angebliche Akzeptanz durch das Land andeutungsweise H. Johnsen, Die evangelischen Staatskirchenverträge, ZevKR 1998, S. 1. Zur Streitfrage insgesamt A. Vulpius, Aktuelle Fragen des Verhältnisses von Kirche und Staat im vereinigten Deutschland, KuR 1995, S. 1 (6 ff.); ders., Betrachtungen zu den evangelischen Kirchenverträgen in den neuen Ländern, in: Chr. Grabenwarter/N. Lüdecke (Hrsg.), Standpunkte im Kirchen- und Staatskirchenrecht, Forschungen zur Kirchenrechtswissenschaft, 2002, S. 216 (221 ff.); vgl. im Übrigen A. v. Campenhausen,

A. Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt

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Blick auf die Anerkennung der Wiedergeltung des Reichskonkordats in der Präambel zum Katholischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt kein Verstoß gegen den Paritätsgrundsatz11. Das Offenhalten gilt auch im Verhältnis zur Frage der Geltung des braunschweigischen Vertrags im Gebiet der Braunschweigischen Kirche im Land Sachsen-Anhalt12. Die gesamte Fortgeltungsfrage ist allerdings vorwiegend von nur theoretischer Bedeutung13 angesichts der Regelung in Art. 28 Abs. 2, wonach sich die Beziehungen zwischen dem Land und den Kirchen künftig ausschließlich nach dem Ev. Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt richten14. b) Mit dem Wort „Berücksichtigung“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die Regelung der alten Verträge die neuen Vereinbarungen mitgeprägt haben, also voll gewürdigt wurden, nicht aber dass die Fortgeltung anerkannt wird. Diese Bezugnahme wird verstärkt durch die Worte „inhaltliche Fortbildung“, die eine deutliche Anknüpfung an die Tradition der alten Verträge zum Ausdruck bringen. Die zitierten Verträge werden als wichtiger Meilenstein neben anderen nicht genannten gesetzlichen Regelungen und Vereinbarungen aufgefasst. c) Neben der Aussage zur Geltungsfrage beinhaltet der 3. Anstrich einen Ansatzpunkt für die Auslegung des Vertrages. Durch die Worte „Berücksichtigung und inhaltliche Fortbildung“ wird die Einbettung in die geschichtliche Entwicklung, die Tradition des deutschen Staatskirchenrechts für das Vertragsgebiet zum Ausdruck gebracht, die neuen Vereinbarungen sollen nicht losgelöst von früheren Regelungen gesehen werden. Durch die nur beispielhafte Nennung der drei Verträge werden frühere Bestimmungen in Erinnerung gerufen und für die Auslegung empfohlen. Anknüpfungspunkte ergeben sich bereits im Vertragstext durch den Rückgriff auf alte Rechtsinstitute wie die Vereinigten Kirchen- und Schulämter (Art. 11 Abs. 2), Patronate (Art. 11 Abs. 1) und kirchliche Widmungen (Art. 9). Frühere staatskirchenrechtliche Regelungen sind als Auslegungshilfen auch für die Praktizierung der Freundschaftsklausel (Art. 26) anzusehen.

Staatskirchenrecht HSKR IX, 1997, § 207 Rdnr. 38; J. Depenbrock, Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 419 ff. 11 Näheres dazu in Erl. A. [b)] zu Art. 28. 12 Für die im Land Niedersachsen gelegenen Kirchengebiete bestanden anlässlich der Abfassung des „Loccumer Vertrags“ ebenso wie in den anderen westlichen Bundesländern wegen der Rechtsnachfolge des neuen Landes Niedersachsen keine Bedenken gegen die Annahme einer Fortgeltung alter Verträge, vgl. E. Ruppel (Fn. 2), S. 93. 13 H. Weber, NVwZ 1994, 761 Fn. 26: Der Streit sei „akademischer Natur“. 14 Siehe die Erl. A. [c)] zu Art. 28.

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Präambel – 3. Anstrich

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Verträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Präambel – 2. Anstrich – in Anknüpfung und Fortentwicklung der rechtlichen Regelungen, die insbesondere in dem Vertrag zwischen dem Freistaat Mecklenburg-Schwerin und der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Mecklenburg-Schwerin vom 2. Mai 1930 und in dem Vertrag zwischen dem Freistaat Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 ihren Niederschlag gefunden haben Regierungsbegründung Die Präambel – betont, daß der Kirchenvertrag der Fortentwicklung bestehender rechtlicher Regelungen dient und weniger der Neuschaffung von Rechtstiteln (Novation).

Kommentierung Von allen Evangelischen Kirchenverträgen in den Neuen Ländern ist in diesem Vertrag das Verhältnis zu den früheren Verträgen am deutlichsten formuliert. Zwar wird die Bestätigung einer Fortgeltung der früheren Verträge nicht ausdrücklich vereinbart, doch bedeutet, anders als in der Präambel, 3. Anstrich, des Vertrages Sachsen-Anhalt, „Anknüpfung“ zusammen mit „Fortentwicklung“ eine indirekte Geltungsbestätigung; der neue Vertrag soll die alten Verträge „weiterentwickeln“15 und „dient weniger der Neuschaffung von Rechtstiteln“16. Damit werden die alten Verträge jedenfalls zu einem wichtigen Ansatzpunkt für die Auslegung des neuen Vertrages. Nicht ganz eindeutig ist, ob die alten Verträge subsidiär gelten sollen. Wenn nach Art. 28 Abs. 2 nur die „in diesen Vertrag berührten Materien der Beziehungen zwischen Land und den Kirchen“ abschließend geregelt sind, bedeutet das im Umkehrschluss, dass für nicht geregelte Materien andere Regelungen heranzuziehen wären. Angesichts der angestrebten „Weiterentwicklung“ der alten Verträge durch den 15 MinPräs. Seite zu Beginn der 2. Lesung, LT-Protokoll der Sitzung am 20. 4. 1994, S. 6103; ähnlich Landesbischof Stier anlässlich der Vertragsunterzeichnung. Der Vertrag „setzt … bereits bewährte Wege fort“, Manuskript, S. 1; vgl. den Vertrag zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-Lutherischen Kirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 20. Januar 1995, hrsg. im Auftrag der EvangelischLutherischen Kirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche von N. Buske, 1995 S. 33. 16 Amtliche Begründung zur Präambel, S. 1, LT-Drs. 1/4126, S. 18.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

73

neuen Vertrag wird man bei etwa auftretenden Regelungslücken durchaus auf die alten Verträge zurückgreifen können. 2. Thüringen Präambel – 3. Anstrich – unter Berücksichtigung und inhaltlicher Fortbildung von historisch gewachsenen Rechten und Pflichten Regierungsbegründung (…) Die Vertragspartner haben eine Vereinbarung unter Berücksichtigung und inhaltlicher Fortbildung von historisch gewachsenen Rechten und Pflichten mit dem Ziel getroffen, die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche in einer freiheitlichen Grundordnung auf eine umfassende neue Grundlage zu stellen und dauerhaft zu gestalten.

Kommentierung Die Thüringer Formulierung stimmt fast wörtlich überein mit dem Präambel-Text Sachsen-Anhalt, jedoch ohne beispielhafte Nennung früherer Verträge.17 Sie bedeutet somit ebenfalls ein bewusstes Offenhalten der Fortgeltungsfrage18, zumal sich auch das Land Thüringen nicht als Rechtsnachfolger des früheren Landes Thüringen betrachtet. Das Offenhalten wird bestätigt durch das Schlussprotokoll zu Art. 27 Abs. 2, in dem von „etwa noch geltenden […] Regelungen“ die Rede ist, ferner durch die Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abg. Häßler durch die Landesregierung vom 10. 4. 199219, wonach die „Bindungswirkung […] nicht abschließend geklärt“ sei, sowie durch die Amtliche Begründung zu Art. 27 Abs. 220 und durch die Einbringungsrede von Ministerpräsidenten Dr. Vogel mit dem Hinweis auf „die rechtshistorisch wie verfassungsrechtlich problematischen Fragen der Fortgeltung und der Bindungswirkung“.21 Jedenfalls sind aber angesichts des Wortes „Berücksichtigung“ Auslegungsrückgriffe auf frühere Regelungen möglich. Eine subsidiäre Anwendung alter Vertragsbestimmungen verbietet sich aber sowohl im Hin17

Verträge mit der Thüringer evangelischen Kirche vom 19.9./24. 8. 1929, der evangelischlutherischen Kirche in Reuß ä. L. v. 19.9./14. 8. 1929 und des Landes Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen v. 11. 5. 1931, vgl. die Aufzählung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abg. Häßler v. 10. 4. 1992, LT-Drs. 1/2135. 18 So auch der Verhandlungsberater der Landesregierung H. Weber, Der Thüringer Evangelische Kirchenvertrag, FS für M. Kriele, 1997, S. 1016. 19 S. Fn. 17. 20 LT-Drs. 1/3273, S. 15. 21 LT-Protokoll der Sitzung am 22. 4. 1994, S. 8724; wenn der Abg. Schuchardt ebendort äußerte, es sei „nötig“, dass „auf die Feststellung der alten Verträge verzichtet“ werde – ebd., S. 8725 –, dann dürfte damit nur der Verzicht auf die Klärung der streitigen Fortgeltungsfrage gemeint gewesen sein, vgl. in dieser Richtung der Abg. Schwäblein, ebd., S. 8727.

74

Präambel – 3. Anstrich

blick auf den 4. Anstrich („neue Grundlage“) als auch auf das Schlussprotokoll zu Art 27 Abs. 2 („ […] durch diesen Vertrag ersetzt werden“). 3. Sachsen Präambel – 3. Anstrich – in Anknüpfung an die geschichtlich gewachsenen Grundlagen des Verhältnisses von Staat und Kirche und die Tradition des Preußischen Kirchenvertrages vom 11. Mai 1931 Regierungsbegründung Unter dem dritten Spiegelstrich wird der Wille der Vertragsparteien betont, die grundlegenden staatskirchenrechtlichen Prinzipien aufzunehmen, die sich in Rechtsprechung und Literatur entwickelt haben. Die Anknüpfung an die Tradition des Preußischen Staatskirchenvertrages unterstreicht, daß der Freistaat sich auch dieser Rechtstradition verpflichtet fühlt. Dies beinhaltet aber keine Anerkennung des Preußischen Staatskirchenvertrages als heute gültiges Recht. Im Übrigen kommt dieser Frage mit Inkrafttreten dieses Vertrages keine rechtserhebliche Bedeutung mehr zu, weil sich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Freistaat und den Kirchen zukünftig ausschließlich nach diesem Vertrag richten (vgl. Artikel 26 Abs. 2 und das Schlußprotokoll hierzu).

Kommentierung Der Wortlaut zur Frage der Fortgeltung alter Verträge erscheint distanziert; es wird nicht an ältere Regelungen, sondern an „geschichtlich gewachsene Grundlagen“ und an „die Tradition“ des Preußischen Kirchenvertrages angeknüpft. Das hat seinen Grund u. a. darin, dass es im „Kernland“ Sachsen, also den nichtpreußischen Gebieten, zuvor keinen evangelischen Kirchenvertrag gab,22 sondern lediglich in den ehemals preußischen Gebieten. Doch ergibt sich aus der Amtlichen Begründung und aus der im Schlussprotokoll zu Art. 26 Abs. 2 angegebenen Erklärung der Kirchen, dass die Vertragspartner eine Fortgeltung des Preußischen Kirchenvertrags nicht rundweg ablehnen wollten; das Land wünschte nur „keine Anerkennung“, weil die Fortgeltung „nicht zweifelsfrei“ sei, fühlte sich aber „der Rechtstradition verpflichtet“.23 Aus diesen Bemerkungen ist abzulesen, dass frühere für Gebiete im derzeitigen Land Sachsen geltende Regelungen jedenfalls als Auslegungshilfen herangezogen werden können.24 Eine subsidiäre Anwendung der alten Verträge ist dagegen durch Art. 26 Abs. 2 ausgeschlossen.

22

Vgl. dazu St. Heitmann, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1995, 93. 23 Amtliche Begründung, S. 3 und 39, LT-Drs. 1/4649. 24 Die Amtliche Begründung der sächsischen Regierung zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Brandenburg sowie dem Freistaat Sachsen über die Errichtung des

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

75

4. Brandenburg Präambel – 2. Anstrich – in Würdigung des Vertrages zwischen dem Freistaat Preußen und den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 Regierungsbegründung Nach dem zweiten Spiegelstrich wird der preußische Kirchenvertrag von 1931 wegen seiner besonderen historischen Bedeutung erwähnt. Die getroffene Formulierung la¨ ßt die Frage der Fort- (oder: Wieder-)geltung des Preußenvertrages offen und ist nicht als Bindung des Landes an den Vertrag zu interpretieren. Der Begriff „Würdigung“ ist der Präambel der Bistumserrichtungsverträge mit der katholischen Kirche in Bezug auf das Preußenkonkordat entnommen. Er ist bewusst schwächer als „Berücksichtigung“ und zeigt eher eine Distanzierung von der These der Fortgeltung als eine Bestätigung, wenngleich die Landesregierung trotz der distanzierenden Formulierung die Fortgeltungsfrage als offen betrachtet.25 Dem entspricht das Fehlen einer kirchlichen Erklärung zur Fortgeltungsfrage wie im Schlußprotokoll zu Artikel 28 Abs. 2 des sachsen-anhaltischen Vertrages.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Präambel – 3. Anstrich Absatz 1: – unter Berücksichtigung des in Geltung stehenden Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933, soweit es den Freistaat bindet, und in Würdigung des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 Absatz 3: – in der Absicht, auf der Grundlage und in inhaltlicher Fortbildung der oben genannten Verträge das Verhältnis zwischen dem Freistaat Sachsen und der Katholischen Kirche in freundschaftlichem Geist zu festigen und zu fördern

Bistums Görlitz v. 4. 5. 1994 bezeichnet den Preußischen Kirchenvertrag als einen „staatskirchenrechtlich bedeutsamen Markstein“, Begründung, S. 3 f., GVBl. Nr. 42 v. 19. 7. 1994. 25 Amtliche Begründung, S. 2 unter II. zur Präambel, LT-Drs. 2/3442.

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Präambel – 3. Anstrich

Regierungsbegründung a) Unter dem ersten Spiegelstrich wird der rechtliche Bezug betont, unter dem der vorliegende Staatsvertrag geschlossen wurde. Diesen bilden die grundlegenden Staatsverträge, nämlich das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 (Reichskonkordat) sowie der Vertrag des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 (Preußenkonkordat). Der erste Spiegelstrich stimmt damit inhaltlich vollständig mit der Präambel der Bistumserrichtungsverträge überein. Die Präambel trifft insoweit auch eine normative Aussage. Danach gilt das Reichskonkordat fort, soweit der vorliegende Vertrag nicht bezüglich solcher Materien, die in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fallen, abweichende Regelungen getroffen hat. Da der vorliegende Vertrag – ebenso wie der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen – ein sämtliche Regelungsmaterien umfassendes Vertragswerk (sogenannter Vollvertrag) darstellt, wird eine subsidiäre Anwendung des Reichskonkordates jedoch kaum praktisch werden. Der Grundsatz der Weitergeltung des Reichskonkordats ist bereits in den Verträgen zur Errichtung der Bistümer Görlitz und Magdeburg eingehend erörtert. Für das Preußenkonkordat gelten – soweit ehemals preußische Gebietsteile des Freistaates betroffen sind – im wesentlichen gleiche Erwägungen. Auch insoweit kann deshalb auf die Regierungsbegründungen zu den Bistumserrichtungsverträgen Bezug genommen werden. Der vorliegende Vertrag enthält neben ergänzenden Regelungen zu anderweitigen staatskirchenrechtlichen Fragen auch in einigen Punkten für den Freistaat Abänderungen des Reichskonkordats, die nach Artikel 123 Abs. 2 GG durch die Länder vorgenommen werden können, wenn sie für die jeweiligen Bereiche die Gesetzgebungskompetenz haben. Neben der Fortschreibung bewährter Grundprinzipien sieht der Vertrag auch auf die mittlerweile entstandene gesellschaftliche und kirchliche Situation abgestimmte Regelungen vor. b) (…) c) Unter dem dritten Spiegelstrich kommt der Wille der Vertragsparteien zu einem konstruktiven Miteinander zum Ausdruck. Durch die nochmalige Bezugnahme auf die vorgenannten Konkordate wird bewusst an die Traditionen des deutschen Staatskirchenrechts angeknüpft, das die beiden Seiten gewährte Rechtssicherheit und die Respektierung des jeweils eigenständigen Aufgabenkreises als wesentliche Voraussetzung ansieht, um gemeinsam für das Wohl der Menschen des Landes wirken zu können. Dieses Zusammenwirken soll nach dem gemeinsamen Wunsch in einem freundschaftlichen und kooperativen Geiste auch zukünftig fortgeführt werden.

Kommentierung Die Formulierung des Absatzes 1 zur Geltung der Konkordate ist dem Görlitzer Bistumserrichtungsvertrag26 entnommen und wird ergänzt durch den 3. Absatz mit Hinweisen auf das Verhältnis zu diesen Konkordaten. Bezüglich der Einschränkung „soweit es den Freistaat bindet“ verweist die Amtliche Begründung auf die Begründung zum Görlitzer Bistumserrichtungsvertrag, wonach das Reichskonkordat als fortgeltend betrachtet wird, „soweit der vorliegende Vertrag nicht bezüglich solcher Materien, die in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fallen, abweichende Re-

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Vertrag v. 4. 5. 1994 (Fn. 24).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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gelungen getroffen hat“27. Zu Recht wird die Geltung ganz generell schon daraus abgeleitet, dass „angesichts der Selbstverwaltungsgarantie der Katholischen Kirche es ansonsten freistünde, ihre Organisationsform nach eigenem Belieben festzulegen“.28 Zu den abweichenden Regelungen zählen sowohl bisher erlassene Gesetze, etwa zum Schulrecht,29 als auch der vorliegende Vertrag.30 Der Vertrag enthält keine Bestimmung über die Ausschließlichkeit seiner Regelungen, doch wird er in der Begründung als „Vollvertrag“ bezeichnet,31 der „sämtliche Regelungsmaterien“ umfasse, so dass eine subsidiäre Anwendung des Reichskonkordats „kaum praktisch“ werden könne.32 Das Wort „kaum“ lässt die Tür offen für unvorhergesehene Regelungslücken. Unterstrichen wird der Novationscharakter einerseits durch Absatz 3 der Präambel („inhaltliche Fortbildung“)33, andererseits durch Art. 13 Abs. 2 (Anwendung des Art. 14 RK betreffend Bischofseinsetzung in Meißen) sowie durch das Schlussprotokoll zu Art. 13 Abs. 1 bis 3, wodurch die Regelungen des Preußenkonkordats und des Reichskonkordats zur Bischofseinsetzung als geltend oder „unberührt bleibend“ bezeichnet werden, was den Umkehrschluss zulassen könnte, dass ohne diese Vertragsbestimmungen die Anwendung des Reichskonkordats ausgeschlossen wäre (konstitutiver Charakter). In die gegenteilige Richtung deutet das Schlussprotokoll zu Art. 13 mit dem Verzicht auf den Treueid des Bischofs gemäß Art. 16 RK, was die Fortgeltung dieser Konkordatsbestimmung voraussetzt. Letzteres spricht wiederum für den deklaratorischen Charakter der übrigen Bestimmungen des Art. 13 nebst Schlussprotokoll. Jedenfalls steht einer subsidiären Anwendung des Reichskonkordats nichts im Wege.34

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Amtliche Begründung, LT-Drs., 2/3612, S. 3; nach St. Heitmann, NJW 1997, 1422, sollte mit der zurückhaltenden Formulierung im Einvernehmen mit der Ortskirche die Geltung des Reichskonkordats zwar bestätigt, aber nicht „aufgewertet“ werden, abgedruckt bei J. Listl, Das Staatskirchenrecht in den neuen Ländern, Essener Gespräche 29 (1995), S. 160 (175 ff.). 28 Amtliche Begründung (Fn. 52) S. 2 f. 29 Das Reichskonkordat sei deshalb „reformbedürftig“ geworden, so Minister Heitmann anlässlich der 1. Lesung, LT-Protokoll der Sitzung am 12. 9. 1996, S. 2908. 30 Letzteres unterstreicht der Abg. Richter (SPD) anlässlich der 2. Lesung, LT-Protokoll der Sitzung am 12. 9. 1996, S. 2908. 31 Offenbar entgegen der ursprünglichen Absicht der Katholischen Kirche, vgl. St. Heitmann, NJW 1997, 1420 f. 32 Amtliche Begründung (Fn. 52), S. 3. 33 „Problembelastete Regelungsgegenstände“ sollten gegenwartsnah neu geregelt werden, St. Heitmann, NJW 1997, 1422. 34 So auch G. Burger, Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. 7. 1996, LKV 1997, 318. Als Fall der unmittelbaren Anwendung gelten die Aufrechterhaltung der Mitwirkungsrechte des Domkapitels in Meißen bei der Bischofswahl nach Art. 14 Abs. 1 RK, sog. deutsches Privileg, so Minister Heitmann anlässlich der 1. Lesung (Fn. 54), und das Vetorecht der Staatsregierung bei der Bischofsernennung, sog. Politische Klausel, so Minister Heitmann anlässlich der 1. Lesung des Görlitzer Vertrags, LT-Protokoll der Sitzung am 27. 5. 1994, 6887.

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Präambel – 3. Anstrich

Für die Auslegung des neuen Vertrages können angesichts des klaren Bekenntnisses zur Geltung des Reichskonkordats – nach der in der Begründung zum Ausdruck gekommenen Auffassung auch schon während der DDR-Zeit35 – diese Verträge in vollem Umfang herangezogen werden, als bewusste Anknüpfung „an die Tradition des deutschen Staatskirchenrechts“.36 2. Thüringen Absatz 1, 4. Halbsatz: – haben entschieden, eine Übereinkunft mit dem Ziel zu treffen, die Rechtslage der Katholischen Kirche im Freistaat Thüringen unter Berücksichtigung des in Geltung stehenden Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933, soweit es den Freistaat bindet, und in Würdigung des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 fortzubilden und auf Dauer zu regeln Regierungsbegründung ¨ bereinkunft mit dem Ziel getroffen, das Nach der Pra¨ ambel haben die Vertragspartner eine U Verha¨ ltnis zwischen der Katholischen Kirche und dem Freistaat Thu¨ ringen fortzubilden und auf Dauer zu regeln. Die Regelung erfolgt „unter Beru¨ cksichtigung des in Geltung stehenden Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juni 1933, soweit es den Freistaat bindet, und in Wu¨ rdigung des Vertrags des Freistaats Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929“. Die Bindung des Freistaats Thu¨ ringen an die genannten Vereinbarungen bleibt ausdru¨ cklich offen (vgl. oben 1.).

Kommentierung Die wortgleich dem Erfurter Bistumserrichtungsvertrag37 entnommene Bezugnahme auf die alten Konkordate entspricht der Regelung in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Doch wird die Bindungswirkung in der ausführlichen Amtlichen Begründung zur Geltungsfrage relativiert. Das Fazit der Landesregierung lautet, die Frage der Bindung bleibe mit der Formulierung „soweit es den Freistaat bindet“ sowie „in Würdigung“ ausdrücklich offen,38 während die Katholische Kirche zwar an der Fortgeltung festhält, jedoch in einem Schreiben vom 7. August 1995 nur zur Vertragsbedingung macht, „daß […] der Vertrag die Grundsatzfrage der Fortgeltung und der Anwendung des Reichskonkordats und des Preußenkonkordats, soweit es den Freistaat betrifft, offen läßt.“39 35

(Fn. 52), S. 3. (Fn. 52), S. 4. 37 Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen über die Errichtung des Bistums Erfurt vom 14. Juni 1994, GVBl. S. 791. 38 LT-Drs. 2/2100, S. 24. 39 Begründung (Fn. 63), S. 22 f. 36

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Die Relativierung auf Seiten der Landesregierung wird wiederum relativiert durch das Schlussprotokoll zu Art. 30, wonach „Übereinstimmung“ bestehe, „daß – soweit das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 den Freistaat bindet …“, einige Bestimmungen des Reichskonkordats zu den Ordensoberen und zur Bekenntnisschule nicht angewendet werden. Damit wird indirekt, ebenso wie nach dem Wortlaut in der Präambel, die Geltung des Reichskonkordats grundsätzlich anerkannt, das Ausmaß jedoch der offengebliebenen Frage des Bindungsumfangs zugeschrieben. Diese unklare Rechtslage wird bestätigt durch den bewussten Verzicht auf eine – von der Katholischen Kirche abgelehnte – Novationsklausel einerseits und durch die von beiden Seiten angestrebte, möglichst vollständige Regelung sowie eine „Vorrangklausel“ (Art. 30) andererseits.40 Dabei wurde allerdings eine Reihe von in der Begründung aufgeführten alten Konkordatsregelungen ausdrücklich nicht in die Neuregelung aufgenommen, weil sie überholt, anderweitig geregelt oder verzichtbar und damit „ohne praktische Bedeutung“ seien.41 Die thüringische Regelung, die im Verhältnis zum Reichskonkordat gelte, sofern es gelte, ist Ausdruck des Willens, eine umfassende vertragliche Neuregelung trotz Dissenses über die Geltung der alten Konkordate zu treffen. Bezüglich des Preußenkonkordats fehlt es im Gegensatz zu den Bistumserrichtungsverträgen an einer Bestätigung des sog. „Deutschen Privilegs“ bei der Bischofswahl, jedoch wird der dies regelnde Bistumserrichtungsvertrag für Erfurt (Art. 3) ausdrücklich in Art. 30 in Bezug genommen. Für die Vertragsanwendung ist festzustellen, dass die Ausfüllung von Regelungslücken und eine Auslegung bei Zweifelsfällen mit Hilfe älterer Konkordatsbestimmungen nur aufgrund äußerst sorgfältiger Einzelanalysen des wirklich Gewollten möglich sein werden. 3. Mecklenburg-Vorpommern Absatz 2: – unter Anerkennung der Fortgeltung des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 und unbeschadet einer Fortgeltung des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juli 1929

40 Begründung (Fn. 63), S. 22 f.; man habe damit zum gleichen Ergebnis wie mit Hilfe einer Novationsklausel kommen wollen, so Ministerpräsident Vogel anlässlich der Ersten und Zweiten Beratung, LT-Protokoll der Sitzung am 11. 7. 1997, S. 5353. 41 Vgl. die Amtl. Begr. (Fn. 63) unter II.3, S. 23 f. sowie die Einzelbegründung zu Art. 30, a. a. O. S. 30; vgl. auch die Überlegungen von H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 46 f.

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Präambel – 3. Anstrich

Regierungsbegründung Nach der deutschen Staatspraxis gilt das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 in Deutschland fort. Seine inhaltlichen Regelungen sind durch die Zusta¨ ndigkeitsordnung des Grundgesetzes im wesentlichen Gegensta¨ nde der Landesgesetzgebung und damit Landesrecht geworden. Die Frage der Fortgeltung des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 ist in der Pra¨ ambel offengelassen. Na¨ heres regelt Artikel 25.

Kommentierung Die Formulierung ist wörtlich der Präambel des Bistumserrichtungsvertrages vom 22. 9. 1994 (Hamburger Vertrag)42 entnommen und passt sich bezüglich des Reichskonkordats, da keine Einschränkungen wie in den anderen von den neuen Ländern geschlossenen Bistumsverträgen vorgesehen sind, der westdeutschen Rechtslage an.43 Regelungslücken können daher durch subsidiäre Anwendung des Reichskonkordats ausgefüllt werden, soweit im Vertrag nicht behandelte „Gegenstände“ (Art. 25 Abs. 1) betroffen sind. Das Reichskonkordat kann ferner in vollem Umfang für Auslegungsfragen herangezogen werden. Die auf das Preußenkonkordat bezogene einschränkende Formulierung „unbeschadet einer Fortgeltung“, die auch auf gewisse Hamburger Zweifel zurückzuführen sein dürfte, begegnet Auslegungsschwierigkeiten. Die Wendung „unbeschadet einer anderen Regelung“ wird in der Gesetzessprache als Hinweis auf die Aufrechterhaltung dieser Regelung verwendet.44 Stilistisch hat sie den Sinn von „ohne Rücksicht auf“. Demgegenüber unterstellt die Amtliche Begründung dieser Formulierung, dass sie die Frage der Fort- oder Wiedergeltung offenlasse;45 gemeint wäre dann aber nur das Motiv, nicht die Regelung selbst. Ein Offenlassen könnte aber nur durch eine Formulierung wie „unbeschadet der Möglichkeit einer künftig länderübergreifend einvernehmlichen Beurteilung oder auch unbeschadet der Fortgeltung“ oder „einer möglichen Fortgeltung“ zum Ausdruck kommen.46 Eine allenfalls im Umkehrschluss aus Artikel 25 Abs. 3 (ausdrückliche Aufrechterhaltung einzelner Bestimmungen des Preußenkonkordats) begründete Umdeutung wird erschwert durch Artikel 25 Abs. 4 (Unberührbarkeit der Fortgeltung), so dass Absatz 2 nur bei größtem Wohlwollen als Bestätigung des Offenlassens gedeutet werden kann. Gerade mit 42 Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung von Erzbistum und Kirchenprovinz Hamburg v. 22. 9. 1994, GVBl. 1994 S. 1026, GGS Gl Nr. 2222-1. 43 So auch zutreffend die Amtliche Begründung zur Präambel, LT-Drs. 2/3100, S. 17 letzter Absatz, neben einer ausführlichen Behandlung der Gesamtfrage S. 11 ff. 44 So z. B. in Art. 12 Reichkonkordat die Bezugnahme auf Art. 11 RK. 45 LT-Drs. 2/3100, S. 17; ebenso H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 471. 46 „Unbeschadet der unterschiedlichen Auffassungen der Länder über die Verbindlichkeit“ des Reichskonkordats, abgedruckt bei J. Listl, Das Staatskirchenrecht in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, Essener Gespräche 29 (1995), S. 160 (175 ff.).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Blick auf Artikel 25 Abs. 4, den die amtliche Begründung allerdings etwas anders gewichtet („objektive Fortgeltungsklausel“ für den Fall des Wegfalls des neuen Vertrags) wird man bei objektiver Auslegung und in Übereinstimmung mit der Auffassung der Katholischen Kirche zu einer vertraglichen Anwendungsbestätigung des Preußenkonkordats gelangen müssen, soweit dieses nicht durch den neuen Vertrag abgelöst worden ist (Art. 25 Abs. 1), allerdings ohne eine Aussage zum Geltungsbeginn nach dem 2. Weltkrieg. Das Preußenkonkordat könnte damit für die Ausfüllung von Regelungslücken wie auch für eine allgemeine Auslegung Verwendung finden. 4. Sachsen-Anhalt Präambel – 3. Anstrich – unter Berücksichtigung des in Geltung stehenden Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933, soweit es die Länder bindet, und in Würdigung des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl von 14. Juni 1929 Regierungsbegründung Unter dem dritten Spiegelstrich wird der rechtliche Bezug betont, unter dem der vorliegende Staatsvertrag geschlossen wurde. Diesen bilden die grundlegenden Staatsvertra¨ ge, na¨ mlich das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 (Reichskonkordat) sowie der Vertrag des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 (Preußenkonkordat). Der dritte Spiegelstrich stimmt damit inhaltlich vollsta¨ ndig mit der Pra¨ ambel des Bistumserrichtungsvertrags u¨ berein. Die Pra¨ ambel trifft insoweit auch eine normative Aussage. Da der vorliegende Vertrag – ebenso wie der Vertrag mit den Evangelischen Landeskirchen – ein sa¨ mtliche Regelungsmaterien umfassendes Vertragswerk (Vollvertrag) darstellt, wird eine Anwendung des Preußen- und Reichskonkordats jedoch kaum praktisch werden. Der Grundsatz der Weitergeltung des Reichskonkordats ist bereits in den Vertra¨ gen zur Errichtung des Bistums Magdeburg eingehend ero¨ rtert. Fu¨ r das Preußenkonkordat gelten – soweit ehemals preußische Gebietsteile des Landes Sachsen-Anhalt betroffen sind – im wesentlichen gleiche Erwa¨ gungen. Auch insoweit kann deshalb auf die Regierungsbegru¨ ndung zu dem Bistumserrichtungsvertrag Bezug genommen werden. Neben der Fortschreibung bewa¨ hrter Grundprinzipien sieht der Vertrag auch auf die mittlerweile entstandene gesellschaftliche und kirchliche Situation abgestimmte Regelungen vor.

Kommentierung Eines der Hauptanliegen der Katholischen Kirche bei allen Vertragsverhandlungen war die Bewahrung der Kontinuität ihres Vertragssystems, und zwar selbst dann, wenn sich die Kirche bei früheren Vertragsverhandlungen, wie z. B. bei der Frage der „Politischen Klausel“ anlässlich einer Bischofwahl, gegen die Aufnahme dieser Bestimmung in den Vertrag gewehrt hatte. Diesem generellen Wunsch sollte der 3. Anstrich gerecht werden.

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Präambel – 3. Anstrich

Reichskonkordat Die durch das Wort „Berücksichtigung“ deutlich unterstrichene Anerkennung der Fortgeltung des Reichskonkordats47 wird im zweiten Halbsatz durch die Einschränkung „soweit […] bindet“ relativiert. Diese – von dem unter der vorangegangenen Regierung verhandelten Entwurf abweichende – Formulierung ist der Präambel des Bistumserrichtungsvertrages Magdeburg48 entnommen; es handelte sich um eine von der damaligen Regierung wenig geschätzte, jedoch von der brandenburgischen und der sächsischen Regierung angestrebte Kompromissformel, wobei nicht beachtet wurde, dass diese Formulierung je nach Betonung einzelner Worte Unterschiedliches aussagt und auch von den verschiedenen Landesregierungen unterschiedlich ausgelegt wurde.49 Einerseits kann nämlich ganz generell die Bindungswirkung aus unterschiedlichen Erwägungen in Frage gestellt werden, also im Sinne von „falls“ (so offensichtlich die Auffassung in Thüringen); das aber erscheint wenig plausibel angesichts der zunächst klaren Aussage im ersten Halbsatz und auch im Hinblick darauf, dass es überhaupt zu Verhandlungen mit dem Staat über die Errichtung von Bistümern gekommen ist, die mit Blick auf die Eigenständigkeit der Kirche ohne eine entsprechende Vertragsbindung durch das Reichskonkordat nicht erklärlich gewesen wären.50 Ferner kann der zweite Halbsatz den Hinweis beinhalten, dass die Bindungswirkung nur in die Länderzuständigkeit fallenden Materien erfasst, was aber eine Selbstverständlichkeit wäre. Sodann kann der Halbsatz solche Konkordatsbestimmungen ausschließen wollen, die als überholt oder als verfassungswidrig betrachtet werden (so anscheinend das brandenburgische Verständnis51). Schließlich soll die Formulierung nach sächsischer Auffassung aussagen, „daß der Geltungsum47

Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich v. 20. 7. 1933, RGBl. II S. 679; abgedr. Bei J. Listl, S. 2 Fn. 2 und mit Literaturverweisen S. 1. In den Verhandlungen mit der ersten Landesregierung waren auf Wunsch der Katholischen Kirche Aussagen über das Verhältnis zu den früheren Konkordaten in den Vertragstext aufgenommen worden, auf Veranlassung der 1994 gebildeten neuen Regierung in die Präambel eingefügt; zur Gesamtproblematik, H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 469 ff., sowie die Amtliche Begründung zum Katholischen Kirchenvertrag Hamburg vom 29. 10. 2005, Bürgerschaft. Drs. 18/3300, S. 11 ff. 48 Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und den Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen über die Errichtung des Bistums Magdeburg vom 29. 6. 1994, GVBl. S. 770. 49 Zum Folgenden ausführlich A. Vulpius, Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in den neuen Ländern, Religionsfreiheit, Reihe Rechtsstaat in der Bewährung, hrsg. von der Deutschen Sektion der Internationalen Juristenkommission, Bd. 31 (1996), S. 71 ff. Dass damit, wie H. Weber, Neue Staatskirchenrechtsverträge, S. 471, meint, die Geltung des Reichskonkordats im Verhältnis zwischen dem Bund und dem Hl. Stuhl anerkannt wurde, wird man im Hinblick auf die beschränkte Landeskompetenz kaum annehmen können. 50 Vgl. dazu die Begründung zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Brandenburg sowie dem Freistaat Sachsen über die Errichtung des Bistums Görlitz v. 4. 5. 1994, GVBl. Sachsen S. 215, veröffentlicht in: LT-Drs. 1/4788, Begründung, S. 2. 51 Vgl. Amtliche Begründung zum Bistumsvertrag Magdeburg (Fn. 27), LT-Drs. Br. 1/ 2908, S. 3.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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fang und die Bindungswirksamkeit durch diesen Vertrag nicht erweitert werden sollten“; sie habe „nur bestätigenden Charakter“52, womit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass bereits bestehende Einschränkungen nicht etwa aufgehoben würden.53 Der ,soweit‘-Satz ist demnach ambivalent und darum wenig überzeugend, zumal die Vertragsabschlusskompetenz selbst auf Art. 11 eben dieses in seiner Geltung relativierten Reichskonkordats beruht. Es handelt sich um eine unter hohem Zeitdruck entstandene Verlegenheitsformulierung.54 Obwohl sich die sachsen-anhaltische Regierung anlässlich der Bistumsvertragsverhandlungen deutlich für eine uneingeschränkte Fortgeltung des Reichskonkordats ab 3. 10. 1990 ausgesprochen hatte,55 muss nach dem Regierungswechsel die brandenburgische Auffassung, also Betonung des Halbsatz-Wortes „soweit“ und nur eine Teilgeltung des Reichskonkordats als Regierungsmeinung unterstellt werden, im Gegensatz zu der kontinuierlich vertretenen Auffassung der Katholischen Kirche. Für diese Auslegung spricht die Erklärung von Ministerpräsident Dr. Höppner anlässlich der Vertragsunterzeichnung am 15. 1. 1998, in der er von „Zweifeln an der Angemessenheit einzelner Bestimmungen“ spricht, weil sie zum Teil überholt seien.56 Wer über die Teilgeltung entscheidet, bleibt jedoch offen. Die insgesamt positivere Geltungsaussage im Verhältnis zur Aussage zur Geltung des Preußischen Evangelischen Kirchenvertrags im Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt beruht auf der Qualität des Reichskonkordats als völkerrechtlicher Vertrag und damit als „Vereinbarung“, die gemäß Art. 11 des Einigungsvertrags vom 3. 10. 1990 in den neuen Ländern Geltung erlangte.57 Preußenkonkordat Auch die Formulierung „Würdigung“ bezüglich des Preußenkonkordats58, das allerdings in den ehemals anhaltischen Landesteilen nicht galt59, ist dem Bistumserrichtungsvertrag für Magdeburg nachgezeichnet. Zwar hatte die seinerzeit diesen Vertrag unterzeichnende Landesregierung eine Wiedergeltung des Preußenkonkordats, weil in das Reichskonkordat inkorporiert („Huckepackverfahren“), ab 3. 10. 52

Sächs. LT-Drs. 1/4788, S. 4. Vgl. auch oben unter I. 54 Kultusminister Schomburg bezeichnete in seiner Einbringungsrede anlässlich der 1. Lesung des Bistumsvertrages Magdeburg die „gefundene Kompromißformulierung“ als „akzeptabel“ Sachsen-Anhalt LT-Protokoll der Sitzung am 4. 5. 1994, S. 7254. 55 Sachsen-Anhalt LT-Drs. 1/3636, S. 16. 56 Presse- und Informationsdienst der Landesregierung v. 15. 1. 1998, S. 2. 57 Zur Frage, ob mit konstitutioneller oder deklaratorischer Wirkung vgl. den Meinungsstreit in der Literatur; Nachweise dazu in Fn. 7. 58 Vertrag des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen v. 11. 5. 1931, PrGS S. 107, abgedr. bei J. Listl (Fn. 2), Bd. II, S. 759. 59 In den Vorverhandlungen war daher sogar eine nachträgliche Erstreckung auf anhaltisches Gebiet ins Auge gefasst worden. 53

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Präambel – 3. Anstrich

1990 bestätigt,60 doch führte ein Meinungsumschwung nach dem Regierungswechsel zu einer eher skeptischen Haltung und infolgedessen zu einer distanzierten Formulierung.61 Der Begriff „Würdigung“ ist wesentlich schwächer als „Berücksichtigung“ im Evangelischen Kirchenvertrag; er drückt lediglich aus, dass das Konkordat zur Kenntnis genommen und seine frühere Bedeutung anerkannt wurde. Andererseits indizieren die verschiedenen Bezugnahmen auf das Preußenkonkordat im Vertragstext wiederum eine engere Rechtsbeziehung, zumal in der Amtlichen Begründung vom „rechtlichen Bezug“ die Rede ist62 und Ministerpräsident Dr. Höppner von einer „gewissen Tradition und Kontinuität früherer Konkordate“ sprach.63 Regelungslücken und Auslegungen Der 3. Anstrich ist im Zusammenhang zu sehen mit dem 4. Anstrich („mit dem Ziel, die Grundlagen für gemeinsame Anliegen den gegenwärtigen Erfordernissen anzupassen, fortzubilden und auf Dauer zu regeln“) sowie mit Art. 25, wonach die „behandelten Gegenstände“ als abschließend geregelt gelten.64 Soweit z. B. im Reichskonkordat andere „Gegenstände“ geregelt sind, etwa der behördliche Schutz für Geistliche (Art. 5 RK) oder der Missbrauch geistlicher Kleidung (Art. 10 RK), wird die Auslegung dieser Regelungen unter den oben genannten Gesichtspunkten („Angemessenheit und Verfassungsgemäßheit“) zu beurteilen sein.65 Offengeblieben ist dagegen die Anwendbarkeit derjenigen Regelungen des Preußenkonkordats, die kein Gegenstück im vorliegenden Vertrag finden; man wird allenfalls Tendenzen, die in Übereinstimmung mit heutigen Auffassungen stehen, be60 Vgl. Begründung, LT-Drs. 1/3636, S. 18; ebenso die h. M. in der Lit.: J. Listl, Staatskirchenrecht in den neuen Ländern, S. 179; A. Hollerbach, Vertragsstaatskirchenrecht und deutsche Wiedervereinigung, KuR 1995, S. 1 (10); J. Depenbrock, Fortgeltung, S. 413, 416; A. Vulpius, Zur Fortgeltung des Preußenkonkordats in den neuen Bundesländern, NVwZ 1994, S. 40. 61 Wenn sich allerdings die Amtliche Begründung zur Präambel – Buchst. d) – auf die Begründung zum Bistumsvertrag bezieht (LT-Drs. 2/4475, S. 3), wird sie der dort zum Ausdruck gekommenen früheren Regierungsauffassung nicht gerecht. 62 Ebenda. 63 S. Fn. 35. 64 Vgl. die Erl. zu beiden Vertragstexten sowie H. v. Bose, Neue Entwicklungen im Staatskirchenrecht – Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt, LKV 1998 S. 297 f. 65 Nicht zutreffend daher die Erklärung von Ministerin Schubert anlässlich der 1. Lesung im Landtag, die älteren Vereinbarungen hätten keine Bedeutung mehr (LT-Prot. der Sitzung am 20. 1. 1998 S. 5786). Ebenso die Aussage in der Amtl. Begründung zu Art. 25, ältere vertragliche Vereinbarungen seien nicht mehr gültig (LT-Drs. 2/4475 S. 57), so auch H. Weber, Neue Staatskirchenverträge S. 473; s. im Übrigen Erl. zu Art. 25, sowie die Aussage in der Amtl. Begr. zu Art. 25, ältere vertragliche Vereinbarungen seien nicht mehr gültig (LT-Drs. 2/ 4475); so aber auch H. Weber, Neue Staatskirchenverträge S. 473.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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rücksichtigen können, wobei das in der Präambel – 4. Anstrich angesprochene „anpassen“ und „fortbilden“ der alten „Grundlagen“ Anhaltspunkte bietet. Selbst als Auslegungshilfe wird das Preußenkonkordat angesichts widersprüchlicher Texte nur begrenzt herangezogen werden können, weil die Präambel auf eine „Berücksichtigung“ wie im Vertrag Mecklenburg-Vorpommern verzichtet und in der Präambel, 4. Anstrich, nur von „anpassen“ und „fortbilden“ die Rede ist.66 Ob in dieser Präambelregelung im Verhältnis zum Evangelischen Kirchenvertrag eine Verletzung des Paritätsgrundsatzes (Art. 23) zu sehen wäre – dafür spräche vielleicht, dass den Evangelischen Kirchen in Sachsen-Anhalt in höherem Maße eine Berücksichtigung des Preußischen Kirchenvertrages zugestanden wird als dem Preußen Konkordat, obwohl keine einschlägigen Unterschiede in Zielsetzung und Verfahren vorliegen und dem Preußenkonkordat verschiedentlich infolge der unterstellten „Transportierung“ durch Art. 2 des Reichskonkordats eine stärkere Rechtsposition beigemessen wird –, kann im Hinblick auf die umfassende Neuregelung nahezu aller Materien offen bleiben. 5. Brandenburg Präambel 6. Absatz: unter Berücksichtigung des in Geltung stehenden Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933, soweit es das Land Brandenburg bindet, und in Würdigung des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 Regierungsbegründung Neben dem Grundgesetz und der Landesverfassung werden das Preußenkonkordat und das Reichskonkordat wegen ihrer Bedeutung für die geschichtliche Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Katholischer Kirche erwähnt. Die in der Rechtswissenschaft umstrittene Frage der Fortgeltung des Preußenkonkordates konnte offen gelassen werden.

Kommentierung Dieser Passus der Präambel taucht in den anderen Verträgen mit dem Heiligen Stuhl auf. Auf die Kommentierung des 3. Anstrichs der Präambel des Vertrags Sachsen-Anhalts mit dem Heiligen Stuhl wird verwiesen.

66 H. v. Boses Auffassung, dass die sachsen-anhaltische Formulierung „prägnant“ sei und im Zusammenhang mit Art. 25 das Gewollte klar beschreibe, Neue Entwicklungen im Staatskirchenrecht, LKV 1998 S. 295 (297, 298), kann daher – unabhängig von der im übrigen überzeugenden umfassenden Darstellung der Problematik schwerlich beigetreten werden.

Präambel – 4. Anstrich A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt 4. Anstrich – mit dem Ziel, unter veränderten politischen Bedingungen die Grundlagen für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in einer freiheitlichen Gesamtordnung umfassend und dauerhaft zu gestalten Regierungsbegründung Im vierten Anstrich werden einerseits die gewu¨ nschte Dauerhaftigkeit, andererseits die Neuorientierung nach dem Untergang des fru¨ heren kirchenfeindlichen Staates zum Ausdruck gebracht.

Literatur Zum Vertragsanlass: A. v. Campenhausen, Kirche im zweiten Jahrzehnt der DDR, ZevKR 1994 S. 386; H. v. Bose, Neue Entwicklungen im Staatskirchenrecht – Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt, LKV 1998 S. 295; H. Johnsen, Die evangelischen Staatskirchenverträge in den neuen Bundesländern – Ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 1998 S. 182 (183 ff.); W. Rüfner, Deutsche Einheit im Staatskirchenrecht, Essener Gespräche Bd. 26 (1991) S. 60 (78 ff.); A. Vulpius, Der Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt, KuR 1998 S. 221 (223 f.) Leitz. 120. Zur Vertragsfunktion: A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungrecht, 5. Auflage 2022, §19 Rn. 1 ff.; A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 ff. (266 ff.); E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 106 ff.; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000. Zum Geltungsumfang: A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, §19 Rn. 15 ff.; A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (285 ff.); A. v. Campenhausen/P. Unruh, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Das Bonner Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Bd. 3, Art. 140 Rn. 78 ff. Zur Vertragsdauer: A. v. Campenhausen, in: A. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Das Bonner Grundgesetz, 6. Aufl. 2010. Bd. 3, Art. 140 Rn. 85; A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (276 ff.); H. U. Anke,

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Präambel – 4. Anstrich

Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 109 ff.

Bedeutung und Hintergrund Der 4. Anstrich enthält im Unterschied zum 3. Anstrich zwar nur Zielsetzungen, doch berühren diese, soweit sie den Vertragsumfang und die Dauerhaftigkeit ansprechen, grundsätzliche Fragen der Vertragsauslegung und akzentuieren die an den Vertrag geknüpften Erwartungen der Vertragsparteien. Der einleitende Hinweis auf den geschichtlichen Standort knüpft an entsprechende Standortbestimmungen im Preußischen Kirchenvertrag von 1931 und im Preußenkonkordat von 1929 an und stellt zugleich eine Begründung dafür dar, warum zu diesem Zeitpunkt ein Vertrag abgeschlossen wurde. Entstehungsgeschichte Der Wortlaut entspricht wortgleich dem von den Kirchen eingebrachten ersten Entwurf. Die Kirchen begleiteten ihn mit dem Wunsch, eine Begründung für den Abschluss eines neuen Vertrages zu geben. Dem in der 8. Sitzung eingebrachten staatlichen Änderungsvorschlag, diesen Gesichtspunkt durch die Formulierung „nunmehr in einer freiheitlichen Gesamtordnung“ noch stärker hervorzuheben, stimmten sie aber nicht zu. Einvernehmen bestand in der 1., 5. und 6. Sitzung über die Zielsetzung, alte etwa noch geltende Regelungen gänzlich abzulösen. Kommentierung Im 4. Anstrich bekunden die Vertragsparteien gemeinsame Auffassungen zum Vertragsschluss, zur Vertragsfunktion, zum Geltungsumfang und zur Vertragsdauer. a) Vertragsanlass Die schon so kurz nach Gründung des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommenen Verhandlungen waren in erster Linie veranlasst durch die stark geschwächte Stellung der Religionsgemeinschaften nach früherem DDR-Recht1 und in ihrem politischen und gesellschaftlichen Status. Der 4. Anstrich dokumentiert durch den Hinweis auf die „veränderten politischen Bedingungen“ und den Rahmen einer „freiheitlichen Gesamtordnung“ den Wunsch beider Vertragsparteien, der grundlegend neuen politischen Situation gerecht zu werden, wenngleich in von kirchlicher Seite gewünschter gedämpfter Form.2 Mit der „freiheitlichen Gesamtordnung“ ist 1 Die Kirchen figurierten nach gänzlicher Abschaffung der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur noch gemäß § 11 Abs. 3 ZGB als „andere rechtlich selbständige Organisationen und Vereinigungen“. Generell zur politischen Situation der Kirchen in der DDR H. Johnson, Die Evangelischen Staatskirchenverträge, S. 183 ff. sowie W. Rüfner, Essener Gespräche Bd. 26 (1991), S. 60 (78 ff.). 2 Vgl. demgegenüber die die neue Situation wesentlich stärker betonenden Formulierungen in den Präambeln des Kath. Kirchenvertrags Sachsen-Anhalt sowie fast aller anderen in

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die rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes und der Landesverfassung, die den rechtlichen Hintergrund bilden, gemeint, und zwar als historische Standortbestimmung und als Ausgangspunkt, nicht aber, wie im Loccumer Vertrag oder im Preußischen Kirchenvertrag in der Bedeutung, dass der Vertrag „im Sinne freiheitlicher Ordnung zu praktizieren sei“.3 Letzteres ist aber als selbstverständliche Folge der verfassungsrechtlichen Vorgaben vorauszusetzen und damit ebenfalls für die Vertragsauslegung maßgebend. b) Vertragsfunktion Den Vertragsparteien, die mit dem Vertrag die „Grundlagen für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche“ legen wollten, war natürlich bewusst, dass für dieses Verhältnis die Verfassungsbestimmungen von Bund und Ländern zur Religionsfreiheit und zur Selbständigkeit der Religionsgemeinschaften, d. h. also vor allem die religiöse Neutralität des Staates, ausschlaggebend sind. Die besonders kirchlicherseits gewünschten Wiederholungen4 waren – entgegen der Meinung von Ludwig Renck5 – angebracht, um nicht nur ein schwer verständliches Vertragsgerippe zu konzipieren und um in Gebieten mit abhanden gekommenem Verständnis für Religion und Kirche Kenntnisse über die Kirchen und ihre verfassungsgeschützte Stellung zu vermitteln. Dass hierfür Verträge ein geeignetes Instrument (Medium) sind,6 entspricht der deutschen Tradition mindestens seit 19297: Im Unterschied zum 1. Anstrich setzt der Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Bischof Demke erklärte allerdings anlässlich der feierlichen Unterzeichnung des Vertrages am 16. 9. 1993 in Wittenberg, die Vertragsregelungen seien nicht zuletzt ein Resultat der „Erfahrung der evangelischen Kirchen in der Zeit der DDR“ (Manuskr. S. 4). 3 E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht S. 133 f. 4 Ebenso z. B. zum Religionsunterricht (Art. 5) oder zum Seelsorgegeheimnis (Art. 20). 5 Bemerkungen zu den sog. Staatskirchenverträgen, ThürVBl. 1995 S. 32. 6 Nach R. Smend stellen sie eine „deutende Positivierung“ des geltenden Staatskirchenrechts dar, Der Niedersächsische Kirchenvertrag und das heutige Staatskirchenrecht, JZ 1956, S. 50. 7 Zur Funktion der Staatskirchenverträge A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 19 Rn. 1 ff.; ders., Art. Kirchenverträge, Theologische Realenzyklopädie, Bd. XXXII (2000) S. 85 f.; A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (266 ff.): Vertrag als Folgerung aus dem „Kompetenzmangel des neutralen Staates“ (270); E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht S. 106 ff.; H. U. Anke, Neubestimmung, S. 44 ff.; kritisch u. a. G. Czermak, Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften, Der Staat Bd. 29 (2000), S. 69 ff., der Staatskirchenverträgen nur eine untergeordnete Qualität als Verwaltungsvereinbarungen zuspricht, dabei aber u. a. übersieht, dass die von ihm speziell als verfassungswidrig betrachteten Vertragsbestimmungen gar nicht mehr auftauchen, wenngleich es den Kirchen auch unbenommen geblieben wäre, ihre Eigenständigkeit bis zu einer bestimmten Grenze freiwillig einzuschränken (vgl. A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen. a. a. O., S. 269); ferner wird übersehen, dass die Übertragung öffentlicher Aufgaben auf Körperschaften des öffentlichen Rechts gang und gäbe ist, dass der Staat ein legitimes Interesse an der ungestörten Tätigkeit sinnstiftender Einrichtungen hat, dass die Theologie von alters her zum Kern wissenschaftlicher Erkenntnis gehört

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Präambel – 4. Anstrich

4. Anstrich keine Akzente einseitiger Vertragsausrichtung. Mit der neutralen Formulierung „Verhältnis zwischen Staat und Kirche“ wird z. B. weder das Interesse der Kirchen an Freiräumen8 noch das staatliche Interesse an gesellschaftsfördernder kirchlicher Tätigkeit als vorherrschende Vertragstendenz angesprochen.9 Dass es sich auch bei vielen Vertragsbestimmungen nur um Regelungen mit Grundlagencharakter handelt, nicht aber um Detailregelungen, zeigt deren Ausfüllungsbedürftigkeit.10 c) Geltungsumfang Die Zielsetzung, eine umfassende Regelung zu schaffen, mündete in den Wunsch auf Abschluss eines sog. Vollvertrags kodifikatorischen Charakters, d. h. einer Regelung möglichst aller das Verhältnis zwischen dem Land und den sechs im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Land wirkenden Evangelischen Kirchen berührenden Fragen, ausgenommen der Detail-Fragen, für die zusätzliche Vereinbarungen vorgesehen sind, sowie dem Bundesrecht zugeordnete Materien, z. B. Eherecht oder Militärseelsorge.11 Nichtgeregeltes sollte ausdrücklich nicht geregelt werden, z. B. Ausbildungsvoraussetzungen für Geistliche. Damit geht die Zielsetzung der Vertragsparteien über die Vorstellungen der Vertragspartner westdeutscher Verträge, auch in Niedersachsen, hinaus, wobei allerdings auch Regelungen für spezifisch die neuen Länder betreffende Fragen, z. B. zum Kirchenvermögen, in die Vertragskonzeption einbezogen wurden. Die Bestätigung des Vollvertrags-Charakters enthält Art. 28 Abs. 2 (vgl. auch Art. 13 Abs. 1 Satz 2). In systematischer Hinsicht wird man sich an Alexander Hollerbachs Aufteilung der Vertragsgegenstände in Freiheitsrechte, Kooperationen und Leistungsbeziehungen12 orientieren können, wobei die mehr und mehr an Bedeutung gewinnenden Fragen von Bildung und Öffentlichkeitsarbeit (Hochschulen, Schulen, Religionsunterricht, Erwachsenenbildung, Rundfunk) zweckmäßigerweise noch als gesonderter

hat und damit auch nicht ausschließlich der Ausbildung des kirchlichen Nachwuchses dient, dass z. B. die Ablösung kirchlicher Rechte (Grundvermögen, Patronate, Kirchen- und Schulämter) ebenso wie z. B. ein gemeinsamer Bevollmächtigter der Kirchen als Ansprechpartner durchaus im Interesse des Staates und nicht nur der Religionsgemeinschaft liegt (vgl. dazu H. U. Anke, Neubestimmung, S. 40 f. mit Nachweis.), ferner dass z. B. das Beichtgeheimnis nicht deutlich verfassungsrechtlich abgesichert ist. und schließlich dass gerade der hier behandelte Vertrag schon vor seiner Unterzeichnung dem Landtag zugeleitet worden war, also keineswegs der „politischen Willensbildung … entzogen“ wurde. 8 Vgl. dazu H. Johnson, Staatskirchenverträge, S. 188. 9 Vgl. hierzu H. U. Anke, Neubestimmung, S. 40 ff. 10 So insbes. die Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Abs. 3, 4 und 5, sowie Art. 6 Abs. 2, 3 und 7, Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und 4, Art. 10 Abs. 2, Art. 11 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 und Art. 13 Abs. 4. 11 Absprachen mit der Ev. Kirche der Union bleiben laut Amtl. Begründung (Lt-Ds. 1/3087 Begr. S. 1) einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten. 12 Die vertragsrechtlichen Grundlagen, in HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (285 ff.).

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Regelungskomplex aufzuführen wären.13 Die Zielsetzung des 4. Anstrichs umfasst jedenfalls die Einbeziehung aller bekannten Materien der Kooperation zwischen dem Land und den Landeskirchen. d) Vertragsdauer Da der Vertrag keine Kündigungs- oder Überprüfungsbestimmung enthält,14 kommt dem hier eigens hervorgehobenen Wunsch auf dauerhafte Geltung vermehrte Bedeutung als Motiv und Auslegungshinweis zu;15 der Wunsch bezieht sich auf die Geltungsdauer des gesamten Vertrags wie auch auf diejenige der einzelnen Bestimmungen. Sie bedeutet aber nicht etwa eine Bestandsgarantie für die Kirchen selbst.16 Die Geltungsdauer kann zum einen durch allgemein für staatliche Verträge geltende Tatbestände beeinflusst werden, etwa in den von Joseph Listl – allerdings für Konkordate, also völkerrechtliche Verträge – zusammengestellten Fällen17, nämlich Übereinkunft, Untergang der Vertragsparteien, dauernde Nichtanwendung,18 Unmöglichkeit der Anwendung, Rücktritt wegen Vertragsverletzung19 sowie Anwendung der clausula rebus sic stantibus etwa bei Staatsumwälzungen. Zum Wegfall einer Vertragspartei kann auch eine einschneidende territoriale Veränderung zählen, zur Übereinkunft als Endigungsgrund auch ein Ablösungsvertrag. Alle diese Endigungsgründe dürften auch auf Verträge mit Evangelischen Kirchen anwendbar 13 Vgl. auch die Aufteilung bei A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 19 Rn. 15 in fünf typische Vertragsbereiche; doch erscheint z. B. die Zuordnung der Hochschulfragen zum Komplex „Interesse des Staates an der kirchlichen Organisation und der Geistlichkeit“ nicht zwingend, weil die Theologie als Kernwissenschaft des Hochschulbereichs anzusehen ist; nicht ganz überzeugend ist ferner die Zuordnung kreativer Tätigkeiten zu den „verfassungsrechtlichen Gewährleistungen“ statt zu den „gemeinsamen Angelegenheiten“, weil dann z. B. auch der Körperschaftsstatus oder die Kirchengutsgarantie den „Gewährleistungen“ zuzurechnen wären. 14 Anders z. B. die Überprüfungsklausel in Art. 10 Abs. 2 JüdVMV. 15 Die Dauerhaftigkeit wird auch besonders hervorgehoben von Bischof Demke anlässlich der Vertragsunterzeichnung (Ansprache, Manuskr. S. 3); vgl. auch H. Johnsen, Die Ev. Staatskirchenverträge, S. 188, sowie generell zur Gewichtung von Staatskirchenverträgen; A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, 21994), Bd. 1, § 7, S. 253 (273 f.). 16 Vgl. H. Johnsen, Bewegung im Staat-Kirche-Verhältnis, Deutsches Pfarrer Blatt 1995, S. 15 (17). 17 Konkordate aus der Sicht des Heiligen Stuhls, in: 60 Jahre Österreichisches Konkordat, hrsg. von H. Paarhamer, Fr. Potosching und A. Rinnerthaler, 1996 S. 20; ausführlich zu den Endigungsgründen A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 273 ff. 18 Dieses Argument dürfte z. B. für die mangelnde Fortgeltung der alten Kirchenverträge während der DDR-Zeit sprechen, vgl. A. Vulpius, Der Ev. Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil obstat-Frage, JöR (NF) Bd. 43 (1995), S. 327 (334 ff.). 19 Als einen solchen Fall kann man anlässlich der Bischofswahl in Meißen in der DDR-Zeit die Nichtanwendung des Art. 6 Abs. 1 PrK durch den Heiligen Stuhl werten.

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Präambel – 4. Anstrich

sein. Der Endigungsgrund der Übereinkunft findet vertragliche Grundlagen in der Freundschaftsklausel (Art. 26) und in der Paritätsklausel (Art. 25). Ein weiterer Endigungs- oder Teilendigungsgrund kann eine Verfassungsänderung bei einer der Vertragsparteien sein,20 durch die einer Vereinbarung die Grundlage entzogen wird.21 Auch ein abweichendes Gesetz, sog. lex posterior, führt zu einer Aufhebung einer Vertragsbestimmung oder – durch Unterlassen – zu einer Verweigerung der Umsetzung22 einer Vertragsbestimmung; denn der demokratisch legitimierte Gesetzgeber ist, abgesehen von seiner Bindung an die Verfassung, wozu allerdings auch die Religionsfreiheit zählt, grundsätzlich frei in seinen Entscheidungen. Diese Folge tritt auch dann ein, wenn ein Bundesgesetz im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung, etwa zum öffentlichen Dienst oder zum Meldewesen, das Zustimmungsgesetz des Landes gemäß Art. 72 Abs. 1 GG modifiziert.23 Dieselbe Rechtsfolge gilt aber auch für vom kirchlichen Zustimmungsgesetz abweichende spätere Kirchengesetze, weil auch die jeweils zuständige Synode demokratisch legitimiert ist.24 In allen Fällen der einseitigen Aufhebung, Teilaufhebung oder Verweigerung der Vertragsumsetzung bleibt jedoch jeweils die Vertragsverpflichtung bestehen; es liegt, wie im Völkerrecht, der Makel einer Vertragsverletzung vor.25 Ausgenommen 20 Ein von Anfang an vorliegender Verstoß gegen staatliches oder kirchliches Verfassungsrecht macht die Regelung ohnehin ungültig, vgl. A. Hollerbach, Verträge (Fn. 17) S. 268. 21 Vgl. A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen, in: HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (276 ff.) sowie J. A. Frowein, Buchbesprechung, ZaÖRV Bd. 26 (1966), S. 184. Anders liegt es allerdings, wenn – wie nach Art. 8 VerfBW – der Vertrag ausdrücklich auch gegenüber einer Verfassungsänderung Bestand hat. 22 Eine solche gesetzliche Verweigerung stellt § 4 Kommunalabgabengesetz in der Fassung der Bek. v. 13. 12. 1996 (GVBl.LSA S. 406) dar, durch den aufgrund eines die Regierungsvorlage abändernden Votums der Innenausschussmehrheit im Landtag mit nachfolgender Plenarbestätigung die Vertragsverpflichtung des Landes zur Gebührenbefreiung der Kirchen (Art. 18) negiert wurde. 23 Z. B. durch Änderung der landesrechtlichen Gerichtsorganisation, vgl. A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen, in: HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (258). 24 Dieser anscheinend bisher kaum diskutierte Fall ist zwar wegen der einschneidenden Sanktionsmöglichkeiten des Landes, vor allem Aussetzung von staatlichen Leistungen, wenig wahrscheinlich, aber keineswegs ausgeschlossen, etwa bei Änderungen der Ansicht einer Kirchensynode zur Frage, ob ein „Gemeinsamer Beauftragter“ (Art. 3 Abs. 2) tätig sein soll oder ob der Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche eine Unterrichtung über Vakanzen (Schlussprotokoll (2) zu Art. 2 Abs. 1) oder über Gebietsveränderungen (Art. 8 Abs. 2) zulässt. 25 So die h. L., vgl. A. v. Campenhausen/P. Unruh, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Das Bonner Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Bd. 3, Art. 140 Rn. 78 ff.; U. Scheuer, Kirchenverträge in ihrem Verhältnis zu Staatsgesetz und Staatsverfassung, in: FS für E. Ruppel, 1968, S. 312 (324 ff.); J. Müller-Volbehr, Das Staatskirchenrecht als Gegenstand der einfachen Gesetzgebung, HSKR, 21994, Bd. 1, § 8, S. 289 (297); A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen, in: HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (276 f.) in Abweichung von seiner früheren Auffassung, vgl. Verträge (Fn. 17), S. 262; H. U. Anke, Neubestimmung, S. 184 ff. sowie

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davon sind auch nicht vom Vertrag abweichende sog. Schrankenbestimmungen des „für alle geltenden Gesetzes“ (Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV/140 GG); denn wenn der Staat die Kirche in einem Bereich vertraglich privilegiert, z. B. im Enteignungs- oder im Denkmalpflegebereich, dann ist er auch bei künftigen Regelungen an solche Privilegierungen gebunden.26 In allen Fällen der Vertragsabweichung durch Gesetz kann die jeweils betroffene Vertragspartei sowohl im Rahmen des „Zusammenwirkens“ (Art. 2) als auch der Freundschaftsklausel (Art. 26) remonstrieren. Ob auch, abgesehen vom möglichen Vertragsrücktritt oder von einer Kündigung, Rechtsmittel eingelegt werden können, ist umstritten.27 Für die Anerkennung solcher Sanktionsmöglichkeiten spricht, dass beide Vertragsparteien freiwillig28 und mit jeweils eigenen Erwartungen und Anforderungen an den Vertragspartner in die Verhandlungen gegangen sind und oft auch in einer Art do ut des-Verfahren die Einzelregelungen aushandelten. Dabei gestatteten beide Parteien z. T. sogar Einschnitte in Kernbereiche ihrer Eigenständigkeit, so etwa die Kirchen bei der Regelung zur vermögensrechtlichen Vertretung (Art. 8 Abs. 4)29 oder zur Notifizierung von Gebietsänderungen (Art. 8 Abs. 2) und der Staat z. B. im Denkmalsrecht (Art. 10 Abs. 1 und 2) oder beim Gebührenprivileg (Art. 17). Die über Jahre sich hinziehenden Verhandlungen zweier eigenständiger Partner und zusätzlich der im 4. Anstrich ausdrücklich bekundete Wunsch nach einer dauerhaften Regelung können jedenfalls nicht bedeuten, dass sanktionslos die Bindung nur bis zur nächsten Regierungsbildung oder Neuwahl einer Synode bestehen soll. Auch die durchweg übliche vertragliche Absicherung bestehender Gesetze führt bei Sanktionslosigkeit ins Leere. Folgerichtig geht die h. L. davon aus, dass im Falle von Vertragsverletzungen des Staates auf der Verwaltungsebene – unabhängig von der streitigen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses30 – die Kirchen, und zwar auch deren Unterverbände,31 Fest-

BVerfGE 6, 363; a. A. u. a. L. Renck, Staatskirchenrechtliche Probleme des Verfassungsentwurfs für Thüringen, ThürVBl. 1995 S. 184; ders., Bemerkungen zu den sog. Staatskirchenverträgen, ThürVBl. 1995 S. 31 (35 f.) m. weit. Nachw. 26 Zur Güterabwägung allgemein vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 15 Rn. 34 ff.; A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, HStR VI § 138 Rn. 117 ff. 27 Dazu A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen, in: HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (284 f.); H. Weber, Rechtsschutz der Kirchen durch staatliche Gerichte, HSKR, 21995 Bd. 2, § 72, S. 1047 f.; W. Rüfner, Staatlicher Rechtsschutz gegen Kirchen und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, HSK, 32020, Bd. 3, § 78, S. 3267 ff.; K.-H. Kästner, Staatliche Justizhoheit und religiöse Freiheit, 1991 S. 156 ff. 28 Eine Vertragsabschlusspflicht für den Staat besteht nur dort, wo die Verfassung dies ausdrücklich vorschreibt, z. B. Art. 109 Abs. 2 Satz 3 VerfSa; zu dieser umstrittenen Frage ausführlich H. U. Anke, Neubestimmung, S. 28 ff. 29 Vgl. dazu K. Hesse, Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften, HStKiR I (1994) S. 521 (535). 30 Den aktuellen Überblick bietet H. U. Anke, Neubestimmung, S. 109 ff. 31 A. Hollerbach, Verträge (Fn. 17), S. 261 Anm. 2.

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Präambel – 4. Anstrich

stellungs- und Leistungsklagen gemäß § 42 f. VwGO erheben können,32 wobei hier wie auch bei anderen Rechtsmitteln immer erst Einigungsversuche im Rahmen der Freundschaftsklausel (Art. 26) vorgeschaltet werden müssen.33 In dem Sonderfall einer Abwehr eines staatlichen Einspruchs gegen die vermögensrechtliche Vertretung einer kirchlichen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung sieht der Vertrag ausdrücklich den Verwaltungsrechtsweg vor (Schlussprotokoll zu Art. 8 Abs. 2), eine Regelung, die die Entscheidung gegen den auch denkbaren Zivilrechtsweg beinhaltet, deshalb aber nicht etwa als argumentum e contrario für den Ausschluss des Rechtsweges bei staatlichen Vertragsverletzungen herangezogen werden kann.34 Vertragsverletzungen durch überschreibendes Gesetz oder durch (Teil-)Aufhebung des Zustimmungsgesetzes sind ungeachtet ihrer Vertragswidrigkeit wirksam.35 Gerichtlicher Rechtsschutz ist insoweit nicht zu erlangen: Es „besteht Konsens darüber, dass durch Kirchenvertrag oder Konkordat begründete Rechtspositionen vor den Verfassungsgerichten nicht unmittelbar wehrfähig sind.“36 Fraglich ist, welche Schritte umgekehrt das Land gegen Vertragsverletzungen durch kirchliche Gesetze ergreifen kann. Gegen Vertragsverletzungen auf Verwaltungsebene kann es in der Regel, d. h. falls nicht der kirchliche Eigenbereich betroffen ist, im normalen Verwaltungsrechtsweg vorgehen. Dagegen verbietet die Eigenständigkeit der Kirchen die Anrufung eines Kirchengerichts durch den Staat. Im Kirchenvertrag ist auch keine Schiedsinstanz vorgesehen. Demnach bleibt, will das Land nicht zum scharfen Mittel des Rücktritts greifen, nur die Möglichkeit, auf dem Weg über die Freundschaftsklausel (Art. 26) eine Schiedsstelle zu vereinbaren, eine Absprache, die aber die Zustimmungsmehrheit in der Synode voraussetzte.

32 A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen, in: HSKR, 21994, Bd. 1, § 7, S. 253 (284); H. Weber (Fn. 27), S. 1065. 33 Vgl. dortige Erl. sowie A. Hollerbach, Verträge (Fn. 17) S. 254. 34 Vgl. K.-H. Kästner (Fn. 27), S. 158 Anm. 73; H. U. Anke, Neubestimmung, S. 200. 35 Siehe dazu „Allgemeine Rechtsfragen im Hinblick auf vertragliche Regelungen des Staat-Kirche-Verhältnisses“, IV. Bindungswirkung. 36 F. Wittreck, Rechtsschutz durch staatliche Gerichte, HSKR, 32020, Bd. 3, § 77, S. 3203 (3254 Rn. 76 m. w. N.).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Mecklenburg-Vorpommern 1. Anstrich – auf der Grundlage der vom Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und von der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern gewährleisteten Stellung der Kirchen im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat Regierungsbegründung Die Präambel – stellt klar, dass Grundlagen dieses Vertrages das Grundgesetz in Verbindung mit der Weimarer Reichsverfassung und die Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern sind. Das Grundgesetz garantiert in Artikel 4 die Glaubens- und Gewissensfreiheit, in Artikel 7 den Religionsunterricht und die Bekenntnisschule und regelt die Stellung der Kirchen in Artikel 140, der die Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung 136, 137, 138, 139 und 141 in das Grundgesetz inkorporiert. Dort ist u. a. festgelegt, dass keine Staatskirche besteht, dass die Religionsgemeinschaften das Recht der Selbstbestimmung haben und o¨ ffentlich-rechtliche Ko¨ rperschaften sind. Artikel 9 Absatz 1 der Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern nimmt diese Bestimmungen nochmals auf. Artikel 9 Absatz 2 der Verfassung sieht vor, dass das Land und die Kirchen Fragen von gemeinsamen Belang durch Vertrag regeln ko¨ nnen; (…)

Kommentierung Die Präambel verzichtet auf jede Anknüpfung an die jüngste politisch-staatsrechtliche Entwicklung37; als Anstrich für die vertraglichen Vereinbarungen wird im Vorspann und in der Begründung zum Entwurf des Zustimmungsgesetzes lediglich auf die Ermächtigung zur vertraglichen Regelung in Art. 9 Abs. 2 der Landesverfassung, die „historischen Gepflogenheiten“ entspräche, Bezug genommen, ohne dass es Alternativen gebe.38 Der nahezu kodifikatorische Charakter des Vertrages ergibt sich aus Art. 28 Abs. 2.

37 Indirekt bestätigt MinPräs. Dr. Seite den Vertrag als eine Reaktion auf die „Erfahrungen der letzten Jahrzehnte“ (LT-Prot. der Sitzung am 20. 4. 1994, S. 6103); ähnlich der Abg. Gomolka – a. a. O., S. 6107 – sowie Landesbischof Stier anlässlich der Vertragsunterzeichnung. (Verzeichnis der Ansprachen, in: Vertrag zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-Lutherischen Kirchen Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 20. Januar 1994, hrsg. von Nobert Buske im Auftrag der Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Ev. Kirche, 1995 S. 29 (30)). 38 LT-Drs. 1/4126, S. 1, 2 und 6.

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Präambel – 4. Anstrich

2. Thüringen 4. Anstrich – mit dem Ziel, die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche in einer freiheitlichen Grundordnung auf eine umfassende neue Grundlage zu stellen und dauerhaft zu gestalten Regierungsbegründung Die Pra¨ ambel betont die Eigensta¨ ndigkeit der Kirchen und den Grundsatz der gegenseitigen Unabha¨ ngigkeit von Staat und Kirche. Die Vertragspartner haben eine Vereinbarung unter Beru¨ cksichtigung und inhaltlicher Fortbildung von historisch gewachsenen Rechten und Pflichten mit dem Ziel getroffen, die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche in einer freiheitlichen Grundordnung auf eine umfassende neue Grundlage zu stellen und dauerhaft zu gestalten.

Kommentierung Stärker als z. B. im sachsen-anhaltischen Vertrag kennzeichnet der 4. Anstrich die Zäsur gegenüber der DDR-Zeit.39 Daneben wird der kodifikatorische Charakter des Vertrages betont, der seine Entsprechung im Schlussprotokoll zu Art. 27 Abs. 2 findet, wenngleich die dort statuierte Ersetzung aller früheren Vertragsregelungen noch nicht die Vollständigkeit der Neuregelung zu bedeuten braucht, im Unterschied zu den Ausschließlichkeitsklauseln in Art. 28 Abs. 2 EVLSA und Art. 26 Abs. 2 EVSa.40 der Unterstreichung der gewünschten Dauerhaftigkeit der Vertragsgeltung entspricht das Fehlen jeglicher Revisionsklauseln, so dass Änderungen nur im Rahmen der Freundschaftsklausel (Art. 26) und nach allgemeinen Rechtsregeln angegangen werden können. 3. Sachsen 1. Anstrich – im Bewußtsein der gemeinsamen Verantwortung für das Wohl des Landes und geleitet von dem Wunsch, das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Freistaat Sachsen und den Kirchen zu festigen und zu fördern

39 Hierauf gingen MinPräs. Dr. Vogel und der Abg. Dr. Schuchardt anlässlich der 1. und 2. Beratung im Landtag besonders ein, LT-Protokoll der Sitzung am 22. 4. 1994, S. 8724, 8725 ff. und 8727 ff. 40 Auch H. Weber, Der Thüringer Evangelische Kirchenvertrag, FS für M. Kriele, 1997, S. 1009 (1016), spricht nur von „vollständiger Novation“, also Ersetzung des Bisherigen; nur die Staatsleistungen bezeichnet die Landesregierung als „abschließende Regelung“, LTDrs. 1/3273, Begründung, S. 13.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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2. Anstrich – mit dem Ziel, unter den neuen politischen Bedingungen einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung das Verhältnis zwischen Staat und Kirche partnerschaftlich neu zu ordnen Regierungsbegründung a) Unter dem ersten Spiegelstrich wird der Gemeinwohlbezug kirchlicher wie staatlicher Tätigkeit und ihre dienende Funktion für das Land hervorgehoben. Hieraus ergibt sich zugleich der Wille zu einem konstruktiven Miteinander. b) Unter dem zweiten Spiegelstrich kommt der regulative Charakter des Vertrags zum Ausdruck und die Absicht der Vertragsparteien, ihre Rechtsbeziehungen partnerschaftlich auf der Ebene der Gleichordnung zu lösen.

Kommentierung Die sächsische Präambel nennt im 1. Anstrich als vorrangiges Ziel des Vertrags die Festigung des freundschaftlichen Verhältnisses zwischen den Vertragsparteien, hebt mit dem Hinweis auf das Wohl des Landes41 die Bedeutung des kirchlichen Wirkens für die gesellschaftliche Entwicklung hervor und weist den Kirchen damit einen Sonderstatus zu. Der historisch-politische Vertragsanlass wird – gemessen an allen evangelischen Vertragsabschlüssen in den neuen Ländern – im 2. Anstrich des sächsischen Vertrags am Deutlichsten zum Ausdruck gebracht und in der Amtlichen Begründung durch den Hinweis auf die notwendige Auseinandersetzung „mit den Resultaten einer kirchenfeindlichen und atheistisch geprägten Politik zunächst der NSMachthaber und des SED-Systems“ stark unterstrichen.42 Gleichzeitig wird das partnerschaftliche Verhältnis betont und damit auch für Sachsen die Selbständigkeit der Kirchen (Art. 137 Abs. 3 WRV/140 GG) hervorgehoben, die, da sie nach dem 1. Anstrich etwas vollmundig auch „gemeinsam“ mit dem Land Verantwortung für das Wohl des Landes tragen wollen,43 rechtlich gleichgeordnet dem Land gegenübertreten.44 Dieser Akzent impliziert einen Auslegungsgesichtspunkt insbesondere bei der Bewertung des künftigen „Zusammenwirkens“ (Art. 2) und für die Praktizierung der Freundschaftsklausel (Art. 25); jedes einseitige Vorgehen einer der Vertragsparteien verstieße demnach gegen den Vertrag.

41

Die Amtliche Begründung sieht hierin den „Gemeinwohlbezug“ (LT-Drs. 1/4649, Begründung, S. 3) und St. Heitmann eine „Symbolkraft“ des Vertrages, siehe ders., Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1995, 90 (93). 42 LT-Drs. 1/4669, Begründung, S. 1. 43 Teilweise übernommen von Abs. 1 der Präambel des Loccumer Vertrages; zur Kritik vgl. die Nachweise bei G. Burger, Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. 7. 1996, LKV 1997, S. 317 (319). 44 BVerfGE 42, 312 (330 ff.); a. A. u. a. L. Renck, Der sogenannte Rang der Kirchenverträge, DÖV 1997 S. 330 ff.

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Präambel – 4. Anstrich

4. Brandenburg 1. Anstrich – auf der Grundlage der Stellung der Kirche im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat, wie sie auch im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Landes Brandenburg garantiert wird 4. Anstrich – In der Überzeugung, dass das Verhältnis von Staat und Kirche gleichermaßen von Unabhängigkeit und Kooperation geprägt ist, und mit dem Ziel, dieses Verhältnis dauerhaft zu gestalten Regierungsbegründung Nach dem ersten Spiegelstrich werden die fu¨ r die Vertragsparteien maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundlagen genannt, auf denen die Beziehungen von Staat und Kirche beruhen. (…) Nach dem vierten Spiegelstrich werden die im allgemeinen Teil der Begru¨ ndung na¨ her ausge¨ berlegungen zum Verha¨ ltnis von Staat und Kirche zum Ausdruck gebracht. fu¨ hrten U

Kommentierung Während der sachsen-anhaltische Vertrag vornehmlich den Vertrag selbst als Grundlagen-gestaltend ansieht, betont der 1. Anstrich – in Anlehnung an den Vertrag Mecklenburg-Vorpommern – an vorderster Stelle die dem Vertrag vorausgehenden staatskirchenrechtlichen Verfassungsgarantien. Der 1. Anstrich gibt keinen Hinweis auf den aktuellen Anlass für den Vertragsabschluss; auch die amtliche Begründung enthält sich trotz skizzenhafter Darstellung der Kirchenvertragsentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert – offenbar bewusst – jeder Bezugnahme auf die DDR-Zeit.45 Lediglich das Schlussprotokoll zu Art. 26 Abs. 2 bringt zum Ausdruck, dass es sich bei dem Vertrag um eine neue Rechtsgrundlage handelt. Aus dieser Konstellation aber Elemente einer Rechtskontinuität abzuleiten, hieße sie überzubewerten. Das Ziel, einen Vollvertrag abzuschließen, wird in der Präambel nicht angesprochen, ergibt sich aber aus der kodifikatorischen Novationsbestimmung des Art. 26 Abs. 2 und wird bestätigt durch die Ausführungen zur „Zielsetzung“ in der Begründung des Regierungsentwurfs des Zustimmungsgesetzes.46 An den gesamten Vertrag ist als Vertragspartei auch die Evangelische Kirche der Union (EKU) gebunden, auch wenn sie nur wegen vermögensrechtlicher Fragen betr. das Stift Heiligengrabe mitwirkte.47 Die EKU hat damit z. B. ein Recht auf Beteiligung an „regelmäßigen Begegnungen“ und an „Anhörungen“ (Art. 2 Abs. 1 und 2), wird durch den „Gemein45

Vgl. LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 1. LT-Drs. 2/3442, S. 1 Buchst. A. 47 Vgl. LT-Drs. 2/3442 Begründung, S. 1.

46

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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samen Beauftragten“ mitvertreten (Art.2 Abs. 4) und genießt das Gebührenprivileg (Art. 17).48 Die im 4. Anstrich und in der „Zielsetzung“ angesprochene Dauerhaftigkeit der Vereinbarung findet eine Korrektur an vier Vertragsstellen. So ist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 5 zusätzlich zur automatischen Erhöhung der Staatsleistung aufgrund der Gleitklausel eine Überprüfung der Gesamthöhe nach fünf Jahren vorgesehen. Gleiches gilt gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 3 für die Zuwendung an das Domstift Brandenburg sowie gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 3 für die finanzielle Unterstützung der Bauunterhaltung kirchlicher Gebäude. Schließlich enthält Art. 24 Abs. 2 eine allgemeine Revisionsklausel für den Fall einer wesentlichen Veränderung der für den Vertragsschluss wesentlichen Verhältnisse (clausula rebus sic stantibus). Im Übrigen existiert eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit49, im Rahmen derer innerkirchliche Streitigkeiten über Auslegung oder Verletzung des Vertrages behandelt werden können.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen 2. Absatz: – in Anbetracht der neuen freiheitlichen Gesellschaftsordnung im Freistaat Sachsen, die es ermöglicht, die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Katholischen Kirche in Recht und Freiheit zu ordnen Regierungsbegründung b) Unter dem zweiten Spiegelstrich wurden übereinstimmend der gesellschaftliche Umbruch nach der friedlichen Revolution und der Beitritt der ehemaligen DDR unter den Geltungsbereich des Grundgesetzes als wesentliche Voraussetzung für den Vertragsschluß gewürdigt. Gleichzeitig wird der regulative Charakter des Vertrages betont, der eine zeitlich nicht befristete Rechtsgrundlage für die Beziehungen der Vertragspartner schaffen soll. Die Regelungen der Beziehungen sollen – auch zukünftig – nicht einseitig hoheitlich, sondern partnerschaftlich auf der Ebene der Gleichordnung erfolgen.

48 An die Stelle der EKU ist seit 2003 die Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), in der sich die EKU und die Arnoldshainer Konferenz (AKf) vereinigt haben. 49 Vgl. VwGG der EKU v. 16. 6. 1990, ABl.EKD S. 360, übernommen durch KG über kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit in der EKiBB v. 14. 11. 1996, KABl. S. 214. Siehe zum Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsgesetzes der EKD für die UEK das Kirchengesetz zur Regelung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Union Evangelischer Kirchen in der EKD vom 9. November 2010 (ABl. EKD 2011 S. 21).

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Präambel – 4. Anstrich

Kommentierung Das Bekenntnis zur „neuen freiheitlichen Gesellschaftsordnung“ bezeichnet deutlich den Anlass für den Vertragsabschluss und den betonten Abstand zur DDR-Zeit,50 so dass Rückgriffe auf Regelungen dieser Epoche nicht angezeigt sind. Die Partnerschaft wird vor allem durch die Art. 2, 11, 13 und 26 bestätigt. 2. Thüringen 1. Absatz: – Der Heilige Stuhl und der Freistaat Thüringen haben … entschieden, die Rechtslage der Katholischen Kirche im Freistaat Thüringen … fortzubilden und auf Dauer zu regeln. Regierungsbegründung ¨ bereinkunft mit dem Ziel getroffen, das Nach der Pra¨ ambel haben die Vertragspartner eine U Verha¨ ltnis zwischen der Katholischen Kirche und dem Freistaat Thu¨ ringen fortzubilden und auf Dauer zu regeln. (…)

Kommentierung Die vergleichsweise nüchtern abgefasste Präambel betont u. a. als Ziel die Fortbildung der Rechtslage und eine Regelung auf Dauer.51 Der Kodifikationscharakter wird zwar nicht ausdrücklich herausgestellt, ergibt sich aber eindeutig aus Art. 30 (Vorrangklausel), aus dem Schlussprotokoll zu Art. 30 (Ausschluss bestimmter früherer Regelungen) und aus Neuregelungen auf möglichst allen Sachgebieten.52 Es fehlen danach Neuregelungen nur für die Hochschulausbildung, die noch zu regeln ist, sowie bezüglich des freien Verkehrs zwischen dem Heiligen Stuhl und den Kirchenangehörigen, des Nihil obstat-Erfordernisses im Falle der Annahme eines staatlichen Amtes durch Geistliche, des Treueids der Bischöfe und der Statuierung einer mitwirkenden Bundeskompetenz bei Ländervertragsverhandlungen, Bestimmungen, die als obsolet, nicht vertraglich zu regeln, anderweitig geregelt oder als überholt gelten und somit verzichtbar erschienen. Das gleiche gilt für die im Schlussprotokoll zu Art. 30 genannten Bestimmungen des Reichskonkordats, nämlich die Anforderungen an geistliche Ordensobere, die Bekenntnisschule sowie das Verbot der Mitgliedschaft in politischen Parteien für geistliche und Ordensleute. Da somit alle früheren Vereinbarungen des Reichs- und des Preußenkonkordats ersetzt oder ausdrück50 StMin. Heitmann und der Abg. Ziemann (LT-Protokoll der Sitzung am 12. 12. 1996, S. 3484 und 3482). 51 Vgl. auch die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/2100, S. 21. 52 Vgl. die Amtliche Begründung, ebd. S. 23 f.; MinPräs. Dr. Vogel bezeichnete diese Art der Vereinbarung als eine Ersatzregelung für eine Novationsklausel, LT-Protokoll der Sitzung am 11. 7. 1997, S. 5353.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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lich Gegenstand des Verzichts waren, können lediglich neu auftretende Fragen als noch ungeregelt gelten. 3. Mecklenburg-Vorpommern 1. Anstrich – einig in dem Wunsch, die Beziehungen zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Katholischen Kirche in Recht und Freiheit neu zu ordnen Kommentierung Der 1. Anstrich betont den historisch bedeutsamen Anlass für den Vertragsabschluss in einem demokratischen Rechtsstaat.53 Zur Frage des kodifikatorischen Charakters des Vertrags vgl. die Erläuterung zu Art. 25 Abs. 1. 4. Sachsen-Anhalt 1. Absatz – verbunden in dem Bewußtsein, dass durch die Wiedervereinigung Deutschlands im Land Sachsen-Anhalt … die Voraussetzungen für ein partnerschaftliches Verhältnis geschaffen wurden 4. Absatz – mit dem Ziel, die Grundlagen für gemeinsame Anliegen den gegenwärtigen Erfordernissen anzupassen, fortzubilden und auf Dauer zu regeln Regierungsbegründung a) Unter dem ersten Spiegelstrich wurde übereinstimmend der gesellschaftliche Umbruch nach der friedlichen Revolution und der Beitritt der ehemaligen DDR unter dem Geltungsbereich des Grundgesetzes als wesentliche Voraussetzung fu¨ r den Vertragsschluß gewu¨ rdigt. Gleichzeitig wird der regulative Charakter des Vertrages betont, der eine zeitlich nicht befristete Rechtsgrundlage fu¨ r die Beziehungen der Vertragspartner schaffen soll. Die Regelungen der Beziehungen sollen – auch zuku¨ nftig – nicht einseitig hoheitlich, sondern partnerschaftlich auf der Ebene der Gleichordnung erfolgen. Die Verfassungsbestimmungen u¨ ber die Trennung von Staat und Kirche, wie sie in der Auslegung durch die Staatskirchenrechtslehre ihren ada¨ quaten Ausdruck gefunden haben, werden dadurch nicht in Frage gestellt. Dies haben die La¨ nder Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen z. B. auch im Schlußprotokoll zu den Art. 3 und 4 des Bistumserrichtungsvertrages zum Ausdruck gebracht, indem sie ausdru¨ cklich 53 Dieser Gesichtspunkt wurde auch in der Einbringungsrede von MinPräs. Dr. Seite und dem Abg. Zabel besonders hervorgehoben (LT-Protokoll der Sitzung am 22. 10. 1997, S. 4288 und 4290).

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Präambel – 4. Anstrich

auf Art. 140 des GG i. V. m. Art 137 Abs. 3 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung, d. h. auf die ¨ mterbesetzung, Bezug nahmen. (…) Unabha¨ ngigkeit der Kirchen bei der A d) Die Formulierung unter dem vierten Spiegelstrich macht deutlich, dass mit dem Vertrag eine durch die Wiedervereinigung der alten und neuen Bundesla¨ nder mo¨ glich gewordene Anpassung fru¨ herer Vereinbarungen an die „gegenwa¨ rtigen Erfordernisse“ angestrebt wird. Ziel ist, diese anzupassen, fortzubilden und auf Dauer zu regeln. Hiermit korrespondiert die in Art. 25 enthaltene Regelung, wonach die in diesem Vertrag behandelten Gegensta¨ nde der Beziehungen zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und der Katholischen Kirche durch diesen Vertrag abschließend geregelt sind.

Kommentierung Die Katholische Kirche zeigte von Beginn der Verhandlungen an eine betont positive Einstellung zu den neuen staatlichen Verhältnissen und wünschte, das dies, wie geschehen, in der Präambel zum Ausdruck kommt;54 der 1. Absatz ist somit Indiz für eine künftige Auslegung der scharfen Abgrenzung gegenüber Regelungen aus der DDR-Zeit. Zutreffend wird ein partnerschaftliches Verhältnis aus der neuen verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes abgeleitet und ausdrücklich hervorgehoben. Die Betonung der Partnerschaft, die sodann im Vertragstext an vielen Stellen konkretisiert wird,55 wirkt manchen im ganz überwiegend protestantischen Land bestehenden Ressentiments entgegen und beugt als gemeinsam formuliertes Motiv künftigem einseitigen Vorgehen einer der Vertragsparteien vor. Das im 4. Anstrich etwas bürokratisch und sprachlich nicht ganz scharf formulierte Ziel mündet in das Votum zugunsten einer dauerhaften Regelung, die auch der grundsätzlichen Position des Heiligen Stuhls entspricht. Bei sämtlichen Vertragsverhandlungen in den neuen Ländern trat die Katholische Kirche für Vertragskontinuität ein, auch dort, wo, wie z. B. bei der Politischen Klausel (Voranfragen beim Staat anlässlich der Bischofwahl), Konkordatsbestimmungen seinerzeit erst gegen den heftigen Widerstand der Kirche begründet worden waren. Die beabsichtigte Vertragskontinuität ist ein wichtiges Auslegungskriterium bei künftigen Revisionsbestrebungen. Bezüglich einer Beendigung oder Teilbeendigung durch vom Vertrag abweichende Entscheidungen oder Gesetze gelten auf staatlicher Seite die für die evangelischen Verträge gültigen Gesichtspunkte. Für den Fall der Vertragsverletzung durch Diözesangesetze oder -dekrete steht eine kirchliche Gerichtsbarkeit nicht zur Verfügung. Auch die Vereinbarung einer Schiedsgerichtsentscheidung wäre im Hinblick auf die Einbindung der betroffenen Diözese in die weltweite Kirche nicht möglich. Es bliebe somit nur die Anrufung des Heiligen Stuhls auf dem Wege über die Freundschaftsklausel. Zu der in der Präambel nicht angesprochenen, aber in den Landtagsdebatten erwähnten Frage der kodifikatorischen Regelung kann auf die Erläuterungen zu Art. 25 verwiesen werden.

54 55

Vgl. auch H. v. Bose, Neue Entwicklungen, LKV 1998, 296. Insbesondere in den Art. 2, 5 Abs. 2 bis 4, 10, 11, 14 Abs. 2, 20, 21 und 24.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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5. Brandenburg 2. Absatz: in Achtung der vom Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und von der Verfassung des Landes Brandenburg gewährleisteten Stellung der Katholischen Kirche im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat 5. Absatz: in der Überzeugung, dass das Verhältnis zwischen Staat und Kirche von Eigenständigkeit und Zusammenarbeit geprägt ist, und mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen dem Land und der Katholischen Kirche gemeinsam zu gestalten Regierungsbegründung Es wird herausgehoben, dass Staat und Kirche grundsätzlich unterschiedlichen Sphären angehören und deshalb eigenständig und vom jeweils anderen unabhängig sind, dass sie aber wegen der vielen, vertraglich im einzelnen geregelten Überschneidungen beider Bereiche im Interesse des Gemeinwohls zum Zusammenwirken gehalten sind.

Kommentierung Der entsprechende Passus der Präambel entspricht dem 1. und 4. Anstrich der Präambel des evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg. Auf dessen Kommentierung wird verwiesen.

Artikel 1 – Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 1: (1) Das Land Sachsen-Anhalt gewährt der Freiheit, den evangelischen Glauben zu bekennen und auszuüben, den gesetzlichen Schutz. (2) Die Kirchen ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

Regierungsbegründung Zu Artikel 1 Absatz 1 unterstreicht durch die Zusage gesetzlichen Schutzes die schon in der Pra¨ ambel aufgefu¨ hrte Garantie der Religionsfreiheit. Diese Formulierung gibt ebenso wie die des Absatzes 2 bundesrechtliche Regelungen wieder, wie sie in Artikel 4 Abs. 1 und 2 sowie in Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 136 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 ¨ bereinstimmung mit Artikel 9 Abs. 1 ihren Niederschlag gefunden haben, gleichzeitig auch in U und 2 der Landesverfassung.

Kommentierung Die Bestimmungen sind (nahezu) wortgleich mit Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 des Loccumer Vertrags von 1955, der insoweit seinerseits auf dem preußischen Kirchenvertrag von 1931 beruht.1 Abs. 1 Schon der erste Spiegelstrich der Präambel spricht vom gemeinsamen Willen der Vertragsparteien, „unter Beachtung des Grundrechts der Religionsfreiheit und des Grundsatzes der gegenseitigen Unabhängigkeit von Staat und Kirche die Eigenständigkeit und den Öffentlichkeitsauftrag der Kirche zu wahren“. Entsprechend dieser Zielsetzung garantiert das Land Sachsen-Anhalt in Art. 1 den evangelischen Landeskirchen den gesetzlichen Schutz der evangelischen Bekenntnisfreiheit und der Freiheit der Religionsausübung. Damit ist die Religionsfreiheit nicht nur gemeinsame Geschäftsgrundlage der Vertragsparteien, sondern auch selbst Vertragsgegenstand. Die Freiheit, einen Glauben zu bilden und zu haben, ist in der Vorschrift nicht ausdrücklich garantiert. Sie sollte aber ersichtlich nicht ausgeklammert werden. In der 1 Vgl. Regierungsbegründung zum Niedersächsischen Kirchenvertrag (LT-Drs. 2/1906, S. 4415), abgedruckt in: J. Listl (Hrsg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1987, S. 119 ff.

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Artikel 1 – Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit

Begründung des Regierungsentwurfs des Zustimmungsgesetzes zum Evangelischen Kirchenvertrag wird vielmehr klargestellt, dass mit der Zusage des Art. 1 die bundesrechtlichen Garantien des Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG sowie des Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 WRV sowie die landesverfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. 9 Abs. 1 u. 2 LVerf bekräftigt werden sollten (LT-Drs. 1/3087, S. 3). Beide Normenkomplexe umfassen auch die Glaubensfreiheit, die in der Rechtsprechung des BVerfG zudem auf das forum externum erstreckt worden ist und das Recht des Einzelnen umfasst, sein gesamtes Leben an seinen Glaubensüberzeugungen auszurichten (BVerfGE 32, 98, 106). Die Tatsache, dass Vertragspartner des Landes Sachsen-Anhalt die evangelischen Landeskirchen sind, sowie der Zusammenhang mit der Garantie des Selbstverwaltungsrechts in Abs. 2 könnten die Annahme nahelegen, dass die Zusage des Art. 1 Abs. 1 nur der korporativen Seite der Glaubens-, Bekenntnis- und Ausübungsfreiheit gilt. Dem Wortlaut und der Begründung ist eine solche Engführung aber nicht zu entnehmen. Auch der erste Spiegelstrich spricht dafür, dass die Religionsfreiheit in all ihren Dimensionen (individuell, kollektiv und korporativ) Gewährleistungsgehalt sein sollte. Die Reichweite der Zusage beschränkt sich allerdings – angesichts der kirchlichen Vertragsparteien – auf das evangelische Bekenntnis. Auf das „evangelische Bekenntnis“ ohne näher Spezifizierung abzuheben, war trotz Vertragsbeteiligung bekenntnismäßig im Einzelnen unterschiedlich ausgerichteter Kirchen möglich, weil seit 1973 mit der Leuenburger Konkordie unter den reformatorischen Kirchen in Europa ein in den Grundzügen „gemeinsames Verständnis des Evangeliums“ besteht und damit die Kirchengemeinschaft zwischen den lutherischen, reformierten und den aus ihnen hervorgegangenen unierten Kirchen ermöglicht worden ist. Man gewährt einander Gemeinschaft an Wort und Sakrament unter Einschluss von Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und wechselseitiger Anerkennung der Ordination. Soweit auch die individuelle Religionsfreiheit von staatlicher Seite zugesichert wird, handelt es sich um einen unechten Vertrag zugunsten Dritter, bei der die evangelischen Landeskirchen gewissermaßen als Sachwalter des evangelischen Bekenntnisses fungieren. Zugesichert wird diesem Bekenntnis und seiner Ausübung der „gesetzliche Schutz“. Gemeint ist damit wohl – sogar in erster Linie – der verfassungsrechtliche Schutz, wobei das Land nur hinsichtlich seiner Verfassung, nicht aber der des Bundes, also des Grundgesetzes, eine Bestandsgarantie abgeben kann. Hinzu treten einfachrechtliche Gewährleistungen, Ausprägungen und Konkretisierungen. Der gesetzliche „Schutz“ umfasst auch die Garantie der Durchsetzung der materiellen Rechtsgarantien durch Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes (siehe Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG; Art. 21 Abs. 1 S. 1 LVerf). Damit dürfte indes der religions(verfassungs)rechtliche status quo zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht in toto gegen jede Änderung abgesichert worden sein; eine so weitgehende Selbstbeschränkung des sachsen-anhaltinischen (verfassungs-

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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ändernden) Gesetzgebers (siehe Art. 77 f. LVerf) wird man nicht annehmen können. Allerdings sollte schon nach der Präambel die Religionsfreiheit „beachtet“ werden. Daher dürfte mit Art. 1 Abs. 1 den evangelischen Landeskirchen die volle Religionsfreiheit nach Grundgesetz und Landesverfassung einschließlich der darin bereits enthaltenen Garantien für die korporative Entfaltung und Selbstbestimmung unter dem Vorbehalt ihrer verfassungsrechtlich zulässigen, verhältnismäßigen (siehe Art. 20 Abs. 2 S. 1 LVerf) Einschränkung vertraglich zugesagt sein. Der Menschenwürdekern der Bekenntnis- und Religionsausübungsfreiheit, zu dem deren korporative Seite allerdings nur gehört, soweit sie für die effektive Wahrnehmung der individuellen Religionsfreiheit schlechthin unverzichtbar ist, ist ohnehin einer Verfassungsänderung entzogen (Art. 79 Abs. 3 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 78 Abs. 3 i. V. m. Art. 4 LVerf) und auch ihre darüber hinaus gehende Kernsubstanz ist mit der Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 Abs. 2 GG; Art. 20 Abs. 2 S. 2 LVerf) absolut garantiert. Neben den schon in der Begründung als Referenzen angesprochenen Garantien der Religionsfreiheit auf bundes- und landesverfassungsrechtlicher Ebene kommt daher der Zusage des Art. 1 Abs. 1 GG sachlich kein eigenständiger Bedeutungsgehalt zu; sie hat allein Absicherungs- und Perpetuierungsfunktion2. Die Aufnahme in den Vertrag verdankt sich vor allem dem Bestreben, „ein das Verhältnis zwischen Staat und Kirchen möglichst umfassend darstellendes Vertragswerk vorzulegen“.3 Immerhin ergänzt sie die verfassungsrechtlichen Garantien um eine inhaltsgleiche vertragliche und schafft damit einen zusätzlichen Rechtstitel in der Hand der Kirchen. Art. 1 Abs. 1 des Thüringischen Vertrags verzichtet auf die Benennung des Gesetzes als Medium der Gewährleistung der Bekenntnis- und Religionsausübungsfreiheit. Es versteht sich aber von selbst, dass die Gewährleistung eine normative Verbürgung voraussetzt, die daher der Gewährleistungszusage immanent ist. Wenn der Thüringensche Vertrag in Art. 1 Abs. 1 die Freiheit gewährleistet, den evangelischen Glauben zu bekennen und öffentlich auszuüben, dann hebt er das exercitium religionis publicum hervor, das seit der Weimarer Reichsverfassung integraler Bestandteil der Religions(ausübungs-)Freiheit für alle Bekenntnisse ist und daher auch von der Formulierung des Art. 1 Abs. 1 des Wittenberger Vertrags mit umfasst ist. Auch Art. 1 Abs. 1 des Mecklenburger Vertrags ist inhaltsgleich, auch wenn hier vom „christlichen“ (und nicht vom evangelischen) Glauben und statt vom „gesetzlichen Schutz“ vom „Schutz durch Verfassung und Gesetz“. Letzteres begründet schon deshalb keinen sachlichen Unterschied, weil der „gesetzliche Schutz“ den verfassungsgesetzlichen mit umgreift, ja sogar vorrangig meint.

2

So auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 69 f. 3 A. Vulpius, Der evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil-obstat-Frage, JöR 43 (1995), S. 327 (329).

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Artikel 1 – Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit

Ungeachtet der Weite der Garantie des „christlichen“ Glaubens dürfte gegenüber den Vertragspartnern (inter partes) nur deren Bekenntnisfreiheit und die ihrer Mitglieder, also das „evangelische“, als Gewährleistungsinhalt geschuldet sein. Die Konkordate der neuen Länder mit dem Heiligen Stuhl enthalten Art. 1 Abs. 1 des Wittenberger Vertrags entsprechende Gewährleistungszusagen, den katholischen Glauben bekennen und (öffentlich auszuüben) zu dürfen. Insofern kann hinsichtlich des Gewährleistungsgehalts auf den obigen Kommentar verwiesen werden. Wenn das Konkordat mit Mecklenburg-Vorpommern dem karitativen Wirken der katholischen Kirche explizit gesetzliche Schutz zusagt, bedeutet das keine inhaltliche Erweiterung, weil dieses in Erfüllung eines religiös begründeten Auftrags erfolgt und deshalb Ausfluss des Grundrechts der ungestörten Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG), die ihrerseits ist an sich bereits im Begriff der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) enthalten ist.4 Das Konkordat mit Sachsen enthält zusätzlich die Gewährleistung des Rechts der katholischen Kirche, ihrer Untergliederungen sowie ihrer Mitglieder zur Bildung von Vereinigungen mit religiöser, karitativer und anderer kirchlicher Zielsetzung (Art. 1 Abs. 2). Damit wird die religiöse Vereinigungsfreiheit garantiert, die Bestandteil der kollektiven Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG ist5 und zudem in Art. 137 Abs. 2 WRV (i. V. m. Art. 140 GG) noch einmal explizit normiert ist. Die Vereinigungsfreiheit kommt auch der Kirche selbst als Teil ihrer korporativen Religionsfreiheit zu und konkretisiert sich im Recht der Selbstorganisation kraft Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 GG). Während die karitative Zielsetzung nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche Teil ihres Heilsauftrags ist und damit eine genuin religiöse Zielsetzung darstellt, weswegen es der gesonderten Aufführung dieser Zielsetzung an sich nicht bedurft hätte, dürfte eine „kirchliche Zielsetzung“ alle Vereinigungen der Kirche und ihrer Untergliederungen aufweisen, die, ohne unmittelbar selbst religiösen Zwecken zu dienen bestimmt zu sein, doch Hilfsfunktion dafür haben, der Kirche zuzuordnen und Ausdruck ihres organisatorischen Selbstverwaltungsrechts sind. Nach dem Schlussprotokoll zu Art. 1 Abs. 2 GG unterliegt die Betätigung dieser Vereinigungen im Rahmen der allgemein geltenden Gesetze keinen Beschränkungen. Damit wird gegen die Aktivitäten dieser Vereinigungen gerichtetes Sonderrecht ausgeschlossen. Das entspricht der verfassungsrechtlichen Garantie des Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV), auf das sich, von der Kirche abgeleitet, auch die von ihr oder ihren Untergliederungen geschaffen und ihr zugehörigen Vereinigungen berufen können und das nur unter dem Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes steht. Dem Schlussprotokoll zum Art. 1 Abs. 1 des Konkordats mit Thüringen ist zu entnehmen, dass die Vertragsparteien mit Recht davon ausgegangen sind, dass die reli4 5

BVerfGE 24, 236 (245) – Aktion Rumpelkammer. BVerfGE 83, 341 (354 f.); 105, 279 (293); BVerwGE 123, 49 (54),

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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giöse Vereinigungsfreiheit Teil der garantierten Religionsfreiheit ist. Den nach Maßgabe des kanonischen Rechts gebildeten katholischen Gemeinschaften, Organisationen und Verbänden wird – die Grundsatzaussage des Abs. 1 bekräftigend und spezifizierend – ebenfalls gesetzlicher Schutz zugesagt; ihre Tätigkeiten unterliegen keinen anderen als den allgemeinen Beschränkungen durch das für alle geltende Gesetz; hier wird die Formulierung der Schranke des Selbstbestimmungsrechts der Kirche nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 GG aufgegriffen; dieser Garantie unterfallen kirchliche Vereinigungen, wenn und soweit sie nicht unmittelbar religiöse Zwecke erfüllen, sondern lediglich die Institution funktional dabei unterstützen, ihrem religiösen Auftrag auch in ihrer organisatorischen Aufstellung nachkommen zu können. Der Schlusssatz „Das Grundrecht der Religionsfreiheit bleibt unberührt“ soll wohl klarstellen, dass ein weitergehender Schutz durch dieses Grundrecht durch die Garantie des organisatorischen Selbstbestimmungsrechts nicht ausgeschlossen wird, was sich allerdings von selbst versteht. Die Verträge mit den jüdischen Gemeinden garantieren – mit Ausnahme des Thüringenschen, der leidglich die zu erbringenden Staatsleistungen regelt – durchweg entsprechend in Art. 1 (Abs. 1), die Freiheit, den jüdischen Glauben und zu praktizieren und sagen gesetzlichen Schutz zu. Abs. 2 Abs. 2 ist nahezu wortlautidentisch mit Art. 32 Abs. 2 LVerf und inhaltgleich mit Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV, der von Art. 140 GG ebenso wie von Art. 32 Abs. 5 LVerfG in Bezug genommen wird.6 Diese Bestimmung weist daher auch denselben Gewährleistungsgehalt wie die genannten Verfassungsbestimmungen auf und bekräftigt vertragsrechtlich deren Geltung.7 Eine eigenständige normative Bedeutung würde diese Vertragsbestimmung erst und nur erlangen, wenn Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV und die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Garantien im Zuge von Verfassungsänderungen entfielen. Das Selbstverwaltungsrecht der Kirchen wie aller Religionsgemeinschaften sichert deren Eigenständigkeit und Unabhängigkeit vom Staat. Ein von der Kirche abgeleitetes Selbstbestimmungsrecht genießen nach Art. 137 Abs. 3 WRV auch religiöse Vereine wie die Diakonie, die einer berechtigten Kirche zugeordnet werden können; man wird annehmen können, dass das auch für die dieser Vorschrift nachgebildete vertragliche Garantie des Art. 1 Abs. 2 gilt. Der derivative Charakter dieses Selbstbestimmungsrechts schließt es aus, dass es gegen die Kirche in Stellung gebracht werden kann. Inwiefern kirchliche Unter- oder Nebenorganisationen eine relative Autonomie gegenüber „Mutter Kirche“ genießen, ist eine Frage des innerkirchlichen Organisationsrechts, in das sich der Staat nicht einzumischen hat. 6 Zur Rezeption des Art. 137 Abs. 3 GG in den Verfassungen der neuen Länder siehe C. Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999, S. 67 ff. 7 H. U. Anke (Fn. 2), S. 71.

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Artikel 1 – Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit

Da das Grundrecht der Religionsfreiheit neben seinem individualrechtlichen Gehalt auch korporative Bezüge aufweist, können die Kirchen auch ihr Selbstbestimmungsrecht auf die Religionsfreiheit stützen, soweit es sich dieser thematisch zuordnen lässt. Das gilt für alle Aspekte des Ordnens und Verwaltens der eigenen Angelegenheiten, die die genuin religiöse Dimension ihres Wirkens betreffen. Aber die eigenständige Organisationsgewalt der Religionsgemeinschaften und die besonderen Garantien des Ämterrechts, des Religionsunterrichts, der theologischen Fakultät, des Kirchenguts, der Staatsleistungen, der Korporationsqualität reichen weit darüber hinaus8. Insofern hat das Selbstbestimmungsrecht einen die korporative Religionsfreiheit ergänzenden Charakter. Es fügt der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Kirchen und Religionsgemeinschaften die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzu.9 Zu den traditionellen eigenen Angelegenheiten i. S. d. Art. 137 Abs. 3 WRV und damit auch des Art. 1 Abs. 2 des Wittenberger Vertrags zählen neben den genuin religiösen Angelegenheiten wie der Glaubenslehre und -verkündigung, Gottesdienstgestaltung und Liturgie in erster Linie die (Selbst-)Organisation der Kirche, d. h. die Entscheidung über einzurichtende und zu vergebende Ämter, Leitungsorgane und sonstige Gremien, deren Zusammensetzung und Bestellungsmodus, die Einrichtung und von Gerichten und die Zuweisung von Zuständigkeiten (Eigengerichtsbarkeit), ferner die Festlegung der Dienstverhältnisse kirchlicher Mitarbeiter und der Ausbildung für den kirchlichen Dienst, das kirchliche Finanzwesen und mit Rücksicht auf das Selbstverständnis auch das sozial-wohlfahrtliche Wirken (im evangelischen Bereich: die Diakonie), ferner die Erfüllung des damit in engem Zusammenhang stehenden, sich darin aber nicht erschöpfenden Öffentlichkeitsauftrags. Dieser Katalog ist aber nicht abschließend; je nach dem insoweit grundsätzlich maßgeblichen Selbstverständnis der Kirche(n) können weitere Angelegenheiten zu „eigenen“ werden. Allerdings kann der Kreis der Selbstbestimmungsangelegenheiten auch nicht einfach vollständig der Selbstdefinition der jeweiligen Kirche überlassen werden, die es damit selbst in der Hand hätte, den Umfang „ihrer“ Angelegenheiten unbegrenzt auszudehnen.10 Das kann aber auch im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt nicht hingenommen werden, weil dieser es dem Staat keineswegs stets erlaubt, diesem Selbstverständnis unter allen Umständen wirksam entgegenzutreten. Daher muss sich der Staat zumindest eine Plausibilitätskontrolle hinsichtlich behaupteter neuer eigener Angelegenheiten vorbehalten.

8 Zutreffend M. Heckel, AöR 134 (2009), S. 309 – 390. Zur – nicht in Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG enthaltenen – Vermögensverwaltung siehe BVerfGE 66, 1, 20 ff.; S. Magen, Körperschaftsstatus und Religionsfreiheit, 2004, S. 283 f. 9 BVerfGE 53, 366, 401; 137, 273, 306 Rn. 90. 10 A. A. M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 Rn. 33 im Anschluss an M. Heckel, Die Kirchen unter dem Grundgesetz, VVDStRL 26 (1968), 5 (41 ff.).

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Die Kirchen können ihre Angelegenheiten selbständig ordnen und verwalten. Ordnen meint „regulieren“ und erfasst damit insbesondere die Normsetzung, also den Erlass von Kirchenrecht zur normativ verbindlichen Regelung der eigenen Angelegenheiten. Unter „verwalten“ sind alle Vollzugtätigkeiten im engeren und weiteren Sinne zu verstehen, insbesondere die Anwendung kirchlichen Rechts durch Kirchenverwaltung und Kirchengerichte. Letztlich werden mit den beiden Begriffen sämtliche Handlungsformen erfasst, in denen sich kirchliche Selbstbestimmung manifestiert. Art. 1 Abs. 2 unterwirft ebenso wie Art. 137 Abs. 3 WRV das kirchliche Selbstbestimmungsrecht der Schranke des für alle geltenden Gesetzes.11 Um ein „für alle geltendes Gesetz“ zu sein, muss eine das kirchliche Selbstbestimmungsrecht einschränkende staatliche Norm selbstbestimmungsneutral sein, darf also kein Sonderrecht gegen die Kirche(n) sein. Dabei sind diese Neutralitätsanforderungen nicht nur formal, sondern auch materiell zu verstehen. Trifft ein Gesetz – trotz formeller Gleichbehandlung mit anderen Normadressaten – die Kirchen anders und härter, indem sie deren Selbstbestimmung in spezifischer Weise und intensiver als die anderer beeinträchtigt und damit ihren geistlichen Auftrag in Frage stellt.12 Gesetzlicher Beschränkung sind im Übrigen nicht alle Selbstbestimmungsangelegenheiten zugänglich. Es gibt zwar kaum eine kirchliche Aktivität, die nicht irgendeiner Weise in den außerkirchlichen, gesellschaftlichen Bereich „hinüberwirken“ würde, der grundsätzlich staatlicher Ordnung und Regulierung unterliegt. „Eine Regelung, die keine unmittelbaren Rechtswirkungen in den staatlichen Zuständigkeitsbereich hat, bleibt eine ,innere kirchliche Angelegenheit‘ auch dann, wenn sie dorthin mittelbare Auswirkungen hat.“13 Der Umstand allein, dass die kirchliche (Rechts-)Ordnung die des Staates berührt, die wegen dessen potentiellen Allzuständigkeit weit ausgreifen kann, legitimiert für sich genommen noch keine Beschränkung des Selbstbestimmungsrecht durch die staatliche Ordnung , weil dies andernfalls zur – mit dem Selbstbestimmungsrecht gerade unvereinbaren – Abhängigkeit der kirchlichen Ordnung von der staatlichen Ordnung führen würde.14 Würde bereits jede Berührung weltlicher Belange dazu führen, dass der Bereich eigener Angelegenheiten der Kirche schon als verlassen anzusehen wäre und deshalb das staatliche Gesetz uneingeschränkt zur Anwendung käme, bliebe angesichts der Tatsache, dass die Kirchen auftragsgemäß in der Welt und in die Welt hineinwirken und dabei 11 Nach BVerfGE 137, 273, 304 Rn. 85 soll im Überschneidungsbereich, also dort, wo sich der Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts und der korporativen Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG überlagern, an sich die speziellere Schranke des für alle geltenden Gesetzes maßgeblich sein. Zum Ausgleich der gegenläufigen Interessen soll aber dem Umstand Rechnung zu tragen sein, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die korporative Religionsfreiheit vorbehaltlos gewährleistet und insofern dem Selbstbestimmungsrecht und dem Selbstverständnis der Religionsgesellschaften besonderes Gewicht zuzumessen ist. 12 BVerfGE 42, 312 (334). 13 Ebd. 14 BVerfGE 42, 312 (335).

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Artikel 1 – Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit

stets und notwendig auf eine weltliche Rechtsordnung stoßen, von dem ihnen eingeräumten Selbstbestimmungsrecht praktisch nichts mehr übrig. Wenn jeder allgemein geltenden Vorschrift der staatlichen Rechtsordnung die Qualität als potentielle Schrankennorm zukäme, hätte es der Staat in der Hand, durch Normsetzung eigene Angelegenheiten der Kirche zugleich zum Gegenstand staatlichen Interesses zu erklären und das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen von vornherein zu relativieren, indem es unter Abwägungsvorbehalt mit vom Staat beliebig selbst definierten, angeblichen Gemeinwohlbelangen gestellt wird. Entgegen der wohl h. M. geht die Rechtsprechung des BVerfG nach wie vor mit Recht davon aus, dass es einen thematisch-gegenständlichen Bereich rein innerkirchlicher Angelegenheiten gibt, deren Behandlung in die exklusive Kompetenz der Kirche fällt und daher von bestimmender staatlicher Einflussnahme vollkommen frei ist. Nur eine unmittelbare tatbestandliche Dritt- oder Außenwirkung im weltlichen Bereich rechtfertigt es überhaupt, dass sich der Staat einer im Ausgangspunkt innerkirchlichen Angelegenheit annimmt und diese einer gesetzlichen Regelung unterwirft. Das ist dort der Fall, wo kirchliche Akte Rechtswirkung gegenüber Dritten, d. h. außerhalb der Kirche, ihrer Organisation und ihres Dienstes stehenden Personen, beanspruchen oder – etwa deliktisch – in Rechtspositionen Dritter eingegriffen wird. Soweit sich dagegen Mitglieder oder Bedienstete der Kirche – auf vertraglicher Basis oder aufgrund eines sonstigen, ihre Autonomie wahrenden Rechtsakts – freiwillig in die Kirche einordnen oder gar in ihren Dienst treten und diese mitgliedschaftliche oder dienstliche Eingliederung durch Austritt oder Entlassungsersuchen mit Wirkung für die Zukunft wieder beenden können, liegt darin kein Ausgreifen der Institution Kirche auf außerkirchliche Angelegenheiten, die ein Eingreifen des Staates unter Berufung auf den Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes rechtfertigen könnten.15 Wenn die Ausübung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts in Konflikt mit einem legitimerweise vom Staat zu schützenden, weltlichen Rechtsgut gerät, muss der Gesetzgeber eine Abwägung vornehmen, die über die (Reichweite) zulässiger Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts entscheidet. Ob und ggf. inwieweit gegen die Anwendung des von der Kirche autonom gesetzten und „verwalteten“ Rechts von denjenigen, die sich unter dieses Recht gestellt haben, vor staatlichen Gerichten um Rechtsschutz nachgesucht werden kann oder dies gegen das Selbstbestimmungsrecht der Kirche verstößt, ist nach wie vor umstritten und nicht abschließend geklärt. Die h. M. in der Literatur geht dahin, die formelle Letztentscheidung über die bürgerliche Wirksamkeit kirchlicher Selbstbestimmung durchgängig den staatlichen Gerichten zu überantworten, während die Rechtsprechung Bereiche ausschließlich eigener Angelegenheiten anerkennt, die staatlicher Gerichtsbarkeit nicht unterliegen. 15 Siehe dazu näher C. Hillgruber, Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und die Jurisdiktionsgewalt des Staates, in: FS Rüfner, S. 297 (307 f.).

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Richtiger Ansicht nach folgt aus der staatlicherseits zu respektierenden Eigenständigkeit des zur Regelung ihrer Angelegenheiten von den Kirchen gesetzten Rechts auch eine Begrenzung der Reichweite der staatlichen Justizgewährungspflicht; denn die staatlichen Gerichte sind grundsätzlich nur zur Entscheidung all der Rechtsfragen berufen, deren Beurteilung sich nach (verfassungsgemäßem) staatlichen Recht richtet. Der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ist eröffnet, wenn und soweit der Kläger einen im staatlichen Recht begründeten Anspruch gegenüber der Kirche geltend macht. Dagegen unterliegen kirchenrechtlich begründete Ansprüche nicht der staatlichen Gerichtsbarkeit. Ihre Zu- oder Aberkennung obliegt ausschließlich den nach den maßgeblichen innerkirchlichen Organisationsvorschriften zur Streitentscheidung berufenen kirchlichen Organen. Die staatliche Justizhoheit in Kirchensachen stellt aus der Binnenperspektive der Kirchen betrachtet Fremdbestimmung dar, die wohlmeinend kirchenfreundlich, aber auch missgünstig kirchenfeindlich ausfallen kann, so oder so aber in jedem Fall Fremdbestimmung bleibt. Wirklich selbstbestimmt ist nur derjenige, der das Letztentscheidungsrecht besitzt, d. h. selbst abschließend entscheiden kann, was rechtens ist und gelten soll, also auch Herr des gerichtlichen Verfahrens ist. Wenn eine Klage gegen eine kirchliche Maßnahme von einem staatlichen Gericht wegen des sachlichen Übergewichts der Kirchenfreiheit als unbegründet abgewiesen wird, hebt dies nicht den bereits in der Zuweisung der Entscheidungskompetenz an ein staatliches Gericht liegenden, verfahrensrechtlichen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht auf, sondern verhindert lediglich im Ergebnis eine Verletzung der materiellrechtlichen Rechtsposition der Kirche im staatlichen Gerichtsverfahren. Der Wittenberger Vertrag nimmt mit Art. 1 Abs. 2 zu dieser Streitfrage nach der Reichweite staatlicher Jurisdiktionsgewalt in Kirchensachen keine Stellung, sondern überlässt die Frage der weiteren Rechtsprechungsentwicklung. Wenn der Thüringensche Vertrag den Kirchen ausdrücklich das Recht zuspricht, ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinden zu verleihen oder zu entziehen, so stellt dies lediglich eine Explikation eines besonders wichtigen Aspekts des Selbstbestimmungsrechts dar, das die freie Ämterbesetzung einschließt. Schon die Weimarer Reichsverfassung hat diesen Aspekt nur aus historischen Gründen in Art. 137 Abs. 3 S. 2 WRV besonders hervorgehoben, und die Kirchen in den neuen Ländern, denen es vor allem um die Wahrung ihrer Unabhängigkeit ging, haben darauf, ebenfalls aus noch ganz präsenter geschichtlicher Erfahrung in und mit der DDR, großen Wert gelegt. Die Konkordate enthalten im jeweiligen Art. 1 Abs. 2 die zumeist wort-, jedenfalls inhaltsgleiche Selbstbestimmungsgarantien wie die evangelischen Kirchenverträge; das Thüringensche Konkordat hebt ebenso wie der Thüringensche Kirchenvertrag die Freiheit in der Verleihung und Entziehung kirchlicher Ämter hervor.

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Artikel 1 – Glaubensfreiheit und Eigenständigkeit

Die insoweit bestehende inhaltliche Übereinstimmung der Konkordate mit den evangelischen Kirchenverträgen erklärt sich aus der insoweit vom Staat geschuldeten Gleichbehandlung der Kirchen (Parität) sowie mit dem Umstand, dass schon das fortgeltende Reichskonkordat vom 20. Juli 193316 in Art. 1 Abs. 2 das Recht der katholischen Kirche anerkannt hat, „innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten“. Neben der Garantie der Glaubensfreiheit gehören die Selbstverwaltungsgarantie und das – darin bereits eingeschlossene, aber gleichwohl wegen ihrer Bedeutung für die Kirche nochmals besonders erwähnte und gewährleistete – Recht der freien Ämterbesetzung zum typischen Regelungsinhalt der tradierten Konkordate.17 Hinzu kommt, dass die Verträge im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu den evangelischen Kirchenverträgen geschlossen wurde, die als Orientierung dienten.18 Die Verträge mit den jüdischen Gemeinden, mit Ausnahme des sächsischen und thüringschen – letzter beschränkt sich auf die Regelung der zu erbringenden Staatsleistungen –, garantieren in Art. 1 Abs. 2, den anderen Verträgen folgend und sich zugleich insoweit nahtlos in den Korpus der zuvor abgeschlossenen Verträge des Bundes und der Länder mit den jüdischen Gemeinschaften einfügend19, ebenfalls das Selbstbestimmungsrecht, und zwar entweder nur des Landesverbands bzw. der Landesgemeinde (Mecklenburg-Vorpommern; Brandenburg) oder auch der jüdischen Kultusgemeinden. Wie das Rechtsverhältnis zwischen letzteren und dem Landesverband ausgestaltet ist und wie hier die Kompetenzen verteilt sind, ist ausschließlich innere Angelegenheit der jüdischen Religionsgemeinschaft und nicht Sache des Staates, dem gegenüber beide Selbstbestimmung in den Grenzen des für alle geltenden Gesetzes reklamieren können.

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RGBl. 1933 II S. 679. S. Haering, Verträge zwischen dem Heiligen Stuhl und den neuen Bundesländern 1994 – 1998, in: FS Listl, 1999, S. 761 ff., 780. 18 H. von Bose, Neue Entwicklungen im Staatskirchenrecht – Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt, LKV 1998, S. 295. 19 Siehe dazu S. Mückl, Verträge zwischen Staat und Kirchen, HStKR, § 10 Rn. 13 f. 17

Artikel 2 – Zusammenwirken A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 2: (1) Die Landesregierung und die Kirchenleitungen werden sich regelmäßig und bei Bedarf zu gemeinsamen Gesprächen über solche Fragen treffen, die ihr Verhältnis zueinander berühren oder von beiderseitigem Interesse sind. Schlussprotokoll: (1) Zwischen den Vertragsparteien besteht Übereinstimmung darüber, daß mit „regelmäßigen“ Treffen Zusammenkünfte gemeint sind, die möglichst einmal jährlich stattfinden. (2) Die Kirchen unterrichten die Landesregierung über Vakanzen und Neubesetzungen ihrer leitenden Ämter (z. B. Bischof, Kirchenpräsident, Konsistorialpräsident). (2) Bei Gesetzgebungsvorhaben und Programmen auf Sachgebieten, die die Belange der Kirchen unmittelbar betreffen, wird die Landesregierung die Kirchen angemessen beteiligen. Schlussprotokoll: Die „angemessene“ Beteiligung der Kirchen bei Gesetzgebungsvorhaben besteht in der Regel in der rechtzeitigen Anhörung vor der Beschlußfassung der Landesregierung über die Einbringung des Gesetzentwurfs. (3) Zur Vertretung ihrer Anliegen gegenüber dem Staat und zur Verbesserung der gegenseitigen Information bestellen die Kirchen einen gemeinsamen Beauftragten und richten am Sitz der Landesregierung eine Geschäftsstelle ein.

Regierungsbegründung Absatz l ist die Konkretisierung eines allgemeinen Grundsatzes, wie er in der sog. Freundschaftsklausel des Artikels 26 seinen Niederschlag gefunden hat. Diese Zusicherung unterstreicht die Bedeutung, die einem guten Verhältnis zwischen Staat und Kirchen von beiden Vertragspartnern beigemessen wird. Die Besprechungsgegenstände, die Anlaß zu den gemeinsamen, in der Regel mindestens einmal im Jahr (vgl. Schlußprotokoll) stattfindenden Gesprächen geben sollen, wurden bewußt auf beiderseitige Interessengebiete ausgeweitet. Damit den staatlichen Stellen die jeweils wichtigsten Gesprächspartner bei den Kirchen jederzeit bekannt sind, werden die Kirchen laut Schlußprotokoll die Landesregierung über die Besetzung ihrer leitenden Ämter unterrichten. Die im Preußischen Kirchenvertrag von1931 bei der Besetzung leitender Kirchenämter noch vorgesehene Voranfrage bei der Landesregierung (sog. Politische Klausel) entspricht nicht mehr dem Selbstverständnis und der Unabhängigkeit der Kirchen und wurde daher nicht übernommen. Absatz 2 begründet über Absatz 1 hinaus eine Beteiligungszusage bei Gesetzesausarbeitungen und bei der Entwicklung von Regierungsprogrammen. Hier ist jedoch im Unterschied zu Ab-

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Artikel 2 – Zusammenwirken

satz 1 eine Einschränkung auf diejenigen Vorhaben vorgesehen, die die Kirchen unmittelbar betreffen. Die übliche Beteiligung besteht, wie im Schlußprotokoll zum Ausdruck kommt, in der rechtzeitigen Anhörung vor einer Beschlußfassung. Unter „Programmen“ sind größere Tätigkeitsprogramme auf bestimmten Sachgebieten mit Auswirkungen auf die Bürger und auf gesellschaftliche Einrichtungen zu verstehen, nicht aber z. B. allgemeinpolitische Erklärungen. Absatz 3 enthält eine Zusicherung der Kirchen, die bereits in Gestalt der Einrichtung eines mit eigenen Mitteln getragenen „Evangelischen Büros“ und der Bestellung eines „Beauftragten“ verwirklicht worden ist.

Literatur Zusammenwirken: H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staats-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 231 ff.; St. Heitmann, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1995, 93 (94); W. Heun, Die Beauftragten in der Kirche, ZevKR 35 (1990), S. 382 ff.; K. Jüsten, Verbindungsstellen zwischen Staat und katholischer Kirche, HSKR, 32020, Bd. 1, § 37, S. 1489 ff.; H. E. Kalinna, Verbindungsstellen zwischen Staat und Kirchen im Bereich der Evangelischen Kirche, HSKR, 2 1995, Bd. 2, S. 181 ff.; St. Korta, Der Katholische Kirchenvertrag Sachsen, 2001, S. 97 ff.; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 208 ff. Ämterbesetzung: H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 354 ff., 371 ff.; H. v. Bose, Neue Entwicklungen im Staatskirchenrecht – Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt, LKV 1998, 295 (298); St. Haering, Staatliche Beteiligung an der Besetzung kirchlicher Ämter. Die aktuelle vertragliche Rechtslage für katholische Kirchenämter in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland und Berlin, FS Holotik, 1999, S 293 ff.; ders., Die Verträge zwischen dem Heiligen Stuhl und den neuen Bundesländern aus den Jahren 1994 bis 1998, FS Listl, 1999, S. 761 ff. (773 f.); G. Hartmann, Der Bischof. Seine Wahl und Ernennung, 1990; A. Hollerbach, Zur Problematik des staatlichen Treueids der Bischöfe, FS Obermayer 1996, S. 193 ff.; ders., Staat und Bischofsamt, in: G. Greshake (Hrsg.), Zur Frage der Bischofsernennungen in der römisch-katholischen Kirche, 1991, S. 51 ff.; H. Johnsen, Die Evangelischen Staatskirchenverträge in den neuen Bundesländern – ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 43 (1998), S. 182 (204 ff.); ders., in: Essener Gespräche Bd 29 (1995), Diskussionsbeitrag, S. 195 (206 f.); Joseph H. Kaiser, Die politische Klausel der Konkordate, 1949; M. Kaiser, Die Bestellung der Bischöfe in Geschichte und Gegenwart. Wahl oder Ernennung?, in: R. Puza/A. P. Kustermann, Eine Kirche – Ein Recht, Hohenheimer Protokolle Bd. 34 (1990), S. 47 ff.; ders., Dem Bischofsamt angemessen. Kritik der gegenwärtigen und Option für eine angemessene Bestellungspraxis, ebd., S. 73 ff.; St. Korta, Der katholische Kirchenvertrag Sachsen, 2001, S. 171 ff.; J. Listl, Die Besetzung der Bischofsstühle, FS Stimpfle 1991, S. 29 ff.; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 263 ff., 269 f.; E. L. Solte, Die Ämterhoheit der Kirchen, HSKR 21994, Bd. 1 S. 561 ff.; H. Weber, Neue Staatskirchenverträge mit der Katholischen Kirche in den neuen Bundesländern, FS Heckel, 1999, S. 463 (489 ff.); K. Weber/R. Raum, Die Besetzung kirchlicher Ämter nach dem Katholischen Kirchenvertrag Sachsen, 2001, S. 171 ff.

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Bedeutung und Hintergrund Die vertragliche Bestätigung der „gegenseitigen Unabhängigkeit von Staat und Kirche“ sowie der „Eigenständigkeit […] der Kirche“ (Präambel, 1. Anstrich) bedeutet keine Kontaktsperre zwischen den Kirchen und der Landesregierung1. Gerade die Selbständigkeit der Kirchen, aber zusätzlich auch die zahlreichen im Kirchenvertrag geregelten fachlichen Berührungspunkte erfordern vielmehr eine laufende Verständigung, eine Kooperation,2 die ein „Grundprinzip des Staatskirchenrechts“ widerspiegelt3 und für die Artikel 2 in abgestufter Form Regelungen enthält. Er knüpft damit an Artikel 2 des Loccumer Vertrags sowie an ähnliche Bestimmungen anderer westdeutscher Verträge an4. Entstehungsgeschichte Der bereits in der 1. Sitzung der Arbeitsgruppe behandelte Formulierungsvorschlag der Kirchen wurde zunächst daraufhin hinterfragt, ob die als Anlass für regelmäßige Staat-Kirchen-Gespräche bezeichneten „beiderseitigen Interessen“ sämtliche politischen Themen einbeziehen sollten. In der 4. Sitzung kamen die Verhandlungspartner überein, in Artikel 2 möglichst alle in verschiedenen Vertragsartikeln enthaltenen Beteiligungsbestimmungen zusammenzufassen. Die staatlichen Vertreter schlugen dazu in der 5. Sitzung für Absatz 1 eine abgeschwächte Formulierung vor, die verhindern sollte, dass zum Gesprächsanlass auch alle eher technischen Fragen werden könnten, indem nicht auf „gemeinsame Interessen“, sondern auf Betroffenheit der Kirche abgestellt werde. Doch machten die kirchlichen Vertreter geltend, dass gerade auch technische Regelungen, z. B. im Hochschulbereich, für die Kirchen von Bedeutung sein könnten. Bezüglich der Gesprächsanlässe verwiesen die Kirchen auf das bereits praktizierte Verfahren, wonach bisher schon bei den Treffen zwischen dem Ministerpräsidenten und den kirchlichen Leitungsmitgliedern praktisch alle politischen Fragen angesprochen worden seien. Die Verhandlungspartner einigten sich daraufhin auf eine Aufteilung von Artikel 2 in zwei Absätze: Während Absatz 1 „Spitzengespräche“ über einen weiten Themenkreis vorsehen sollte, wurde ein zusätzlicher Absatz 2 für eine Beteiligung der Kirchen im Gesetzgebungsbereich vereinbart, und zwar zeitlich vor der Beschlussfassung im Kabinett; die Kirchen wollten „Alibi-Beteiligungen“ verhindern. In einem 3. Absatz wurde neben der schon vorgeschlagenen Bestellung eines gemeinsamen Beauftragten aller im Land ansässigen Kirchen auf staatlichen Wunsch auch die Einrichtung einer dazugehörigen Geschäftsstelle eingefügt. 1

S. Regierungsbegründung zur Präambel, 1. Anstrich, LT-Drs. 1/3087, S. 3. Vgl. M. Germann, Das System des Staatskirchenrechts in Deutschland, HSKR 32020, Bd. 1, § 7, S. 261 (323 ff. Rn. 91 ff.). 3 A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR 2 1994, Bd. 1, S. 253 (281). 4 Vgl. dazu U. Scheuner, Die staatsrechtliche Tragweite des niedersächsischen Kirchenvertrages von Kloster Loccum, ZevKR 6 (1957/58), S. 1 (9 ff.); E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 209. 2

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Artikel 2 – Zusammenwirken

In der 7. Sitzung wurde Absatz 1, auch unter ausdrücklicher Beibehaltung von „Bedarfsgesprächen“, in der Endfassung ergänzt durch eine Erläuterung im Schlussprotokoll, bezüglich eines Jahresrhythmus, beschlossen. In der 8. Sitzung einigten sich die Verhandlungspartner darauf, in Absatz 2 auf staatlichen Vorschlag neben der kirchlichen Beteiligung im Gesetzgebungsverfahren auch eine Beteiligung bei der Vorbereitung von „Programmen“, nämlich Absichtserklärungen der Regierung zur künftigen Gestaltung ganzer Sachgebiete, vorzusehen, beides aber nur bei „unmittelbarer“ Betroffenheit der Kirchen. Damit beschlossen sie die Endfassung. Die staatliche Seite schlug sodann aber in der 16. Sitzung eine zusätzliche Schlussprotokoll-Notiz vor, wonach anstelle einer von Beginn der Verhandlungen an weder von den Kirchen noch vom Land angestrebten „Politischen Klausel“ eine Unterrichtung der Regierung über Vakanzen und Neubesetzungen der leitenden kirchlichen Ämter vorzusehen sei; dies deshalb, weil die Landesregierung wissen müsse, wer eigentlich ihre Hauptgesprächspartner sind. Dementsprechend wurde so die Endfassung eines Absatzes 2 des Schlussprotokolls zu Absatz 1 beschlossen. Das Schlussprotokoll zu Absatz 2 über die Art der Beteiligung der Kirchen im Gesetzgebungsverfahren, nämlich in Form einer rechtzeitigen Anhörung, war Gegenstand einer Diskussion in der 17. Sitzung und führte zur Endfassung dieser Regelung. Kommentierung a) Artikel 2 stellt gleich zu Beginn des Vertrages das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Staat und Kirchen heraus. Er kann in diesem Rahmen als Gegenstück zu Artikel 26 (Freundschaftsklausel) angesehen werden: Während auf Artikel 26 zurückgegriffen werden kann, wenn ein Konflikt droht oder schon eingetreten ist, dienen die Begegnungen nach Artikel 2 der Vorbeugung von Konflikten durch gegenseitige Information und generelle Kommunikation5 und treten zugleich an die Stelle früher vereinbarter staatlicher Mitwirkungs- und Informationsrechte6. Es handelt sich dabei weder um eine – unzulässige – Einmischung des Landes in innerkirchliche Angelegenheiten noch um „klerikale“ Beeinflussung der Landespolitik, sondern um eine beiderseitige Beratung, um ein Forum für ein „fruchtbares Zusammenwirken“7. Die Kirchen und das Land bieten sich gegenseitig als „Dialogpartner“8 an. Die Entscheidungen von Landesregierung und Kirchenleitungen sollen in Kenntnis der Position und Handlungsmöglichkeiten des jeweiligen Partners getroffen werden und setzen, um tatsächlich sich anbahnenden Konflikten vorzubeugen, eine „ernstliche Würdigung der Interessen und Anliegen des anderen Partners“ voraus9. Dabei diffe5

Vgl. H. Johnsen, Staatskirchenverträge, S. 206 f. Vgl. A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1995, 277 (278). 7 St. Heitmann, Die Entwicklung von Staat und Kirche aus der Sicht der „neuen“ Länder, ZevKR 39 (1994), S. 402. 8 Chr. Demke, Ansprache anlässlich der Vertragsunterzeichnung (unveröffentl. Manuskript). 9 E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 209. 6

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renziert Artikel 2 nach Gesprächen über allgemeine politische Themen (Abs. 1), Anhörung vor konkreten Regierungsmaßnahmen (Abs. 2) und organisatorischen Voraussetzungen auf kirchlicher Seite (Abs. 3). Trotz der Absicht, möglichst viele Vertragsregelungen über ein Zusammenwirken zwischen Staat und Kirchen in Artikel 2 zusammenzufassen, finden sich auch an anderen Stellen des Vertrages weitere konkretisierte Bestimmungen über ein gemeinsames Vorgehen10. b) Die Nennung von Landesregierung und Kirchenleitungen als Gesprächspartner in Absatz 1 bringt zum Ausdruck, dass es sich um „Spitzengespräche“ handeln soll, also auf Seiten des Landes um die Beteiligung von Kabinettsmitgliedern, auf Seiten der Kirchen um Mitglieder der Kirchenleitungen, wobei Vertretungen wie bei sonstigen Amtshandlungen möglich bleiben. Es wird unterschieden zwischen – relativ seltenen – Bedarfsgesprächen, also solchen aus konkretem Anlass, die meist auch mit dem Fachminister geführt werden, und „Routinegesprächen“ in regelmäßigem Abstand, nach Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Absatz 1 möglichst einmal jährlich; ein größerer (allerdings kein überlanger) Aufschub, ist danach zulässig, namentlich wenn er einvernehmlich gehandhabt wird. Die zweitgenannten Gespräche dienen der Information über künftige Aktivitäten sowie dem Erfahrungsaustausch über Zurückliegendes. Dabei hat jeder der beiden Vertragspartner einen Anspruch auf ein Gespräch im Sinne von Absatz 1. Die Gesprächsgegenstände sind weit gefasst. Während Fragen, die das „Verhältnis zueinander berühren“, noch eine beiderseitige allgemeine Betroffenheit – im Unterschied zur „unmittelbaren“ Betroffenheit nach Absatz 2 – voraussetzen, also Berührungspunkte etwa zum kirchlichen Selbstverständnis oder zu staatlichem und kirchlichem Handeln aufweisen oder die Unterstützung staatlicher oder kirchlicher Aufgaben und die Beseitigung von Hindernissen betreffen11, umfasst die Umschreibung „von beiderseitigem Interesse“ praktisch alle Politik- und Verwaltungsbereiche; diese Ausweitung auf das Interesse knüpft bei den Kirchen an ihren Öffentlichkeitsauftrag an, d. h. dem gewünschten Hineinwirken in das weltliche Geschehen, das bereits in der Präambel angesprochen wird; auf Seiten des Landes an den Wunsch auf kirchliche Beiträge zum Werte-bestimmten Gefüge des noch jungen Staates. Grenzen der Gesprächsgegenstände wird man in dreierlei Hinsicht zu ziehen haben: Es muss sich erstens um „beiderseitige“ Interessen handeln, d. h. nicht etwa um innerkirchliche oder innerverwaltungsmäßige Auseinandersetzungen oder solche mit Privatpersonen, Betrieben oder Gerichten oder auch mit anderen Bundesländern, im letztgenannten Fall, soweit eine Einwirkung des Landes außer 10

So z. B. Abs. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 3 Abs. 2, Art. 8 Abs. 2, Art. 9 Abs. 2, 10 Abs. 1 und 4, 26 sowie Satz 2 des Schlussprotokolls zu Art. 22 Abs. 1; zu einer Zusammenarbeit im weiteren Sinne einschließlich zusätzlicher Vereinbarungen vgl. H. U. Anke, Neubestimmung S. 226 ff. 11 Zu denken wäre an eine kirchliche Kritik an staatlichen Gesetzen oder staatliche Kritik etwa an Boykottaufrufen oder rechts- und linksextremen Äußerungen in Predigten.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

Diskussion steht. Ferner muss es um objektiv begründbare „Interessen“ der Kirchen oder des Landes gehen, also von Seiten der Kirche nicht z. B. um die Verschönerung von Grünflächen, Dienstbezeichnungen von Beamten oder technische Ausrüstung eines Schiffshebewerkes, von Seiten des Landes nicht um die Kleidung von Geistlichen, die Gestaltung von Taufhandlungen oder die Funktion der Pröpste. Umgekehrt können etwa eine diskriminierende Behandlung von Beamten aus antikirchlichen Motiven, die Gestaltung beiderseitiger Öffentlichkeitsarbeit oder die Entsorgung von Schadstoffen durchaus Gegenstand beiderseitiger Interessen sein. Dabei können die Gespräche auch kommunale Angelegenheiten12 oder auch Anliegen betreffen. Dass die Beteiligten sich „zu […] Gesprächen über […] Fragen treffen“, bringt zum Ausdruck, dass in der Regel bestimmte Gesprächsthemen vorab bestimmt werden sollen, also eine durchaus strukturierte Zusammenkunft stattfindet.13 c) Eine auf den ersten Blick nicht voll erkennbare Bedeutung hat die Informationspflicht der Kirchen bezüglich Vakanzen und Neubesetzungen leitender Ämter nach Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Absatz 1. Sie ersetzt als Restschatten die im Preußischen Kirchenvertrag von 1931, im Reichskonkordat von 1933 und in etlichen westdeutschen Verträgen enthaltene „Politische Klausel“,14 also die Voranfrage anlässlich der Besetzung eines leitenden kirchlichen Amtes, ob auf staatlicher Seite „Bedenken politischer Art“ gegen den Kandidaten bestehen.15 Diese Klausel wurde zwar schon in der Weimarer Zeit durch Einschränkungen relativiert,16 wurde später in der abgeschwächten Form mehr als vorbeugende Unterrichtung der Regierungen zur Vermeidung späterer atmosphärischer Strömungen im Verhältnis zum Staat oder einer fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung17 angesehen und galt insoweit nach herrschender Lehre als mit dem Grundgesetz, insbesondere mit

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Das war z. B. bei der Diskussion um die Kindergartenregelung der Fall. Vgl. dazu E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 209. 14 Vgl. zum Stand der Diskussion vor dem 2. Weltkrieg grundsätzlich W. Weber, Die politische Klausel in den Konkordaten, 1939, insb. S. 92 ff.; für die Zeit nach dem Krieg J. H. Kaiser, Die politische Klausel der Konkordate; ferner E. L. Sollte, Die Ämterhoheit der Kirchen, S. 566 ff.; A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 78 ff.; für die jüngsten Verträge A. v. Campenhausen, Vier neue Staatskirchenverträge in vier neuen Ländern, NVwZ 1995, 757 (759); H. Weber, Der Wittenberger Vertrag – ein Loccum für die neuen Bundesländer, NVwZ 1994, 759 (765); ders., Neue Staatskirchenverträge, S. 485. 15 Vgl. z. B. Art. 7 Abs. 1 Loccumer Vertrag. 16 So z. B. durch Abs. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 2 Ziff. 1 Reichskonkordat: „Ein staatliches Vetorecht soll nicht begründet werden“, wodurch vor allem die Vereinbarkeit mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV (keine staatliche Mitwirkung bei der kirchlichen Ämterverleihung) sichergestellt werden sollte; vgl. ferner Art. 7 Preußischer Kirchenvertrag von 1931, abgedr. bei J. Listl, Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, 1987, Bd. 2, S. 760, betreffend die Nichtanwendung der Politischen Klausel bei Synodalwahl des Bischofs. 17 Vgl. M. H. Müller, Die Mitwirkung des Staates bei der Besetzung kirchlicher Ämter, BayVBl 1996, 644 (645). 13

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Artikel 140 GG/137 Abs. 3 Satz 2 WRV vereinbar.18 Auch nur der Anschein einer Einflussnahme des Landes auf die kirchliche Stellenbesetzung sollte nach übereinstimmender Auffassung beider Vertragsparteien vermieden werden.19 Die gleichen Erwägungen führten – gerade auch auf Veranlassung des Landes – zu einem Verzicht auf die Festschreibung von Anstellungsvoraussetzungen für Geistliche (deutsche Staatsangehörigkeit, anerkanntes Reifezeugnis, dreijähriges Studium an einer deutschsprachigen Hochschule, sog. Triennium),20 die auch angesichts der zunehmenden Internationalisierung des Pfarrberufs, der zunehmenden Einstellung ausländischer Kräfte und der staatlichen Anerkennung ausländischer Schul- und Hochschulabschlüsse nicht mehr gerechtfertigt erschien.21 Die in Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Absatz 1 vorgesehene Anzeigepflicht vermittelt den staatlichen und mittelbar auch den kommunalen Stellen die rechtzeitige Kenntnis der verantwortlichen Gesprächspartner auf kirchlicher Seite, hat also „diplomatischen“ Charakter22 und ist durch Einfügung in das Schlussprotokoll genauso verbindlich wie alle anderen Vertragsbestimmungen.23 Die in Klammern gesetzten kirchlichen Personen sind nur beispielhaft aufgeführt; entscheidend ist, ob es sich um Hauptgesprächspartner für das Land handelt. Wird diese Funktion von einem Gremium oder durch einen Oberkonsistorialrat wahrgenommen, gilt die Anzeigepflicht für diese. Im Unterschied zu Artikel 3 Abs. 2 Ev. Vertrag Mecklenburg-Vor-

18

Vgl. etwa St. Korioth, in: G. Dürig/R. Herzog/R. Scholz, Grundgesetz, Kommentar, 99. EL September 2022, Art. 137 WRV Rn. 31; nach A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 65, ist das „Normenprogramm“ des Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV von vornherein in einem eingeschränkten Sinne zu verstehen, der eine Mitwirkung zulässt, sofern sie vertraglich vereinbart ist und unterhalb der Schwelle des absoluten Vetos bleibt; zweifelnd anscheinend St. Korta, Katholischer Kirchenvertrag, S. 177. 19 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 4; ferner A. Vulpius, Die Verhandlungen über den Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt vom 15. September 1993, in: E. v. Dietze (Hrsg.), Kirche als grenzüberschreitende Gemeinschaft, 1994, S. 20 (30); eine etwas abweichende Darstellung bei H. Johnsen, Staatskirchenvertrag, S. 205 20 Vgl. z. B. Art. 8 Loccumer Vertrag; Zu den Gründen für den Verzicht vgl. A. Vulpius, Aktuelle Fragen des Verhältnisses von Kirche und Staat im vereinigten Deutschland, KuR 1995, 1 (5 f.), 120, S. 13 (17 f.); zur Kritik an diesem Verzicht vgl. H. Weber, Wittenberger Vertrag, S. 765; zur Begründung für das Triennium vgl. E. L. Solte, Ämterhoheit, S. 564 ff.; Ch. Link, Staatskirchenrechtliche Probleme der nicht-akademisch vorgebildeten Geistlichen, ZevKR 17 (1972), S. 256 (272 ff.), unterstreicht ein legitimes staatliches Interesse, auch wegen der „Sozialtypik“ im Erscheinungsbild kirchlicher Organe am Triennium, das aber heute weitgehend überholt sein dürfte}; zur Rechtfertigung des Verzichts, u. a. wegen der nunmehr neu gestalteten Staatsleistung als Pauschalzahlung und wegen der innerkirchlichen Regelungen; H. v. Bose, Neue Entwicklungen, S. 299. 21 Ausführlich zu Politischer Klausel und Triennium s. Erl. B. II. 1. [3.] und B. II. 4. [3. a)] (Kath. Verträge Sachsen-Anhalt und Sachsen). 22 H. Johnsen, Essener Gespräche, Bd 29 (1995), Diskussionsbeitrag, S. 195. 23 Das übersieht H. Johnsen, Staatskirchenverträge, S. 205, wenn er anstelle einer echten Vertragspflicht nur „die Beschreibung eines diplomatisch korrekten Verhaltens, […] eine Höflichkeitsklausel“ annimmt; ähnlich in EssenerGespräche (Fn. 22): „Diplomatische Geste“.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

pommern erstreckt sich die Anzeigepflicht aber nicht auf Superintendenten, ebenso – trotz kommunalen Interesses – nicht auf Pröpste. d) Die Beteiligungszusage nach Absatz 2 scheint – auch angesichts der Formulierung des Schlussprotokolls („Gesetzentwurf“) – auf Regierungshandeln bei Gesetzentwürfen und Programmentwürfen beschränkt zu sein. Wenn aber sogar Regierungsprogramme, also für späteres Handeln zwar verbindliche Vorgaben, jedoch ohne Normsetzungsfunktion einbezogen werden, wäre der Ausschluss von Rechtsverordnungen sowie allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Allgemeinverfügungen mit Außenwirkungen, soweit sie kirchliche Belange berühren, unverständlich. Bezeichnenderweise erstrecken die Verträge in Brandenburg (Art. 2 Abs. 2 Ev. Vertrag), Sachsen (jeweils Art. 2 Abs. 3 Ev. und Kath. Vertrag) und Thüringen (Art. 2 Abs. 2 Ev. Vertrag und Art. 29 Abs. 2 Kath. Vertrag) die Beteiligung ausdrücklich auch auf Verordnungen bzw. „Rechtssetzungsvorhaben“ oder die „allgemeine Regelung von Angelegenheiten“. Man wird daher die Beteiligungspflicht auch auf Rechtssetzungsvorhaben außerhalb von Gesetzgebungsarbeiten analog anzuwenden haben.24 Absatz 2 verpflichtet nur die Landesregierung, nicht auch den Landtag. An sich bindet der – ratifizierte – Vertrag auch das Parlament; der Vertragstext ist aber derart konkret auf Regierungshandeln zugeschnitten, dass eine analoge Anwendung ausscheiden muss. Wohl aber kann die „gegenseitige“ Informationspflicht nach Absatz 3 durchaus auch dafür genutzt werden, dass die Kirchen von der Landesregierung z. B. Auskünfte über bevorstehende Anhörungen im Landtag, soweit kirchliche Belange betroffen sind, erbitten. Die bewusste Einschränkung des Gebots zur Beteiligung der Kirchen in staatlichen Rechtssetzungsverfahren auf Fälle einer „unmittelbaren“ Betroffenheit bringt zum Ausdruck, dass ein allgemeines weltanschauliches oder auch religiöses Interesse der Kirchen an einem Gesetzgebungsgegenstand, etwa beim Umweltschutz, bei der – kirchliches Eigentum nicht berührenden – Verkehrsplanung oder bei der Abfallbeseitigung, also Materien, von denen die Kirche wie jede andere Einrichtung betroffen sind, für Ansprüche auf eine herausgehobene kirchliche Beteiligung nicht ausreicht.25 Andererseits haben die Kirchen bei manchen Regelungen, die auf den ersten Blick die Kirchen als nicht unmittelbar betroffen erscheinen lassen, durchaus Beteiligungsrechte, etwa als Waldbesitzer bei Regelungen des Jagdrechts oder – wegen der Auswirkungen auf den kirchlichen Dienst – bei wichtigen Dienstrechts-

24 In der Praxis geschieht dies in Sachsen-Anhalt ebenso wie – bei identischer Vertragsformulierung – überwiegend in Mecklenburg-Vorpommern. 25 Nach § 39 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien, Allg. Teil (GGO LSA I), vom 04. 04. 2017 (MBl. LSA 2017, 238), zuletzt geändert durch Beschluss der Landesregierung vom 25. 01. 2022 (MBl. LSA 2022, S. 73) soll eine Beteiligung von „sonstigen Stellen“ stattfinden, „soweit ihre Belange berührt sind“, insofern weiter gefasst als Art. 2 Abs. 2 des Vertrages.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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regelungen.26 Soweit bereits nach § 28 VwVfG die Anhörung einer Kirche, in deren Rechte ein Verwaltungsakt eingreift, als „Beteiligte“ vorgeschrieben ist, liegt in der Regel kein Anwendungsfall des Artikels 2 Abs. 2 vor,27 doch kann z. B. eine normativ wirkende Allgemeinverfügung durchaus Beteiligungspflicht nach beiden Vorschriften auslösen. e) § 39 Satz 1 Nr. 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien, Allgemeiner Teil,28 enthält, wie erwähnt, nur eine Sollvorschrift für die Berücksichtigung „sonstiger Stellen, deren Beteiligung gesetzlich vorgeschrieben ist.“ Der ratifizierte Kirchenvertrag gilt zwar als „gesetzlich vorgeschriebene“ Regelung, doch hätte Artikel 2 Abs. 2, der bekanntlich nicht allen Bearbeitern präsent ist, als verbindliche Beteiligungsvorschrift in die Geschäftsordnung aufgenommen werden müssen, eine Sollvorschrift reicht nicht aus.29 Ob Absatz 2 eine gegenüber der Beteiligung anderer Einrichtungen gesteigerte Beteiligung der Kirchen erfordert, hängt von den Umständen ab: Werden Anhörungen in Gestalt von Großveranstaltungen mit 20 bis 30 Beteiligten abgehalten, reicht bei starker Betroffenheit der Kirchen eine nur kurze oder schriftliche Äußerungsmöglichkeit zur Ausfüllung einer „angemessenen“ Beteiligung nicht aus, so dass den Kirchen ein Anspruch auf gesonderte Beteiligung erwachsen kann.30 Die Beteiligung darf jedenfalls nie nur Alibi-Charakter haben und muss daher auch „rechtzeitig vor der Beschlußfassung der Landesregierung“ erfolgen (Schlussprotokoll zu Absatz 2), womit der ein Verfahren abschließender Beschluss gemeint ist, nicht schon die Vorabbilligung eines Referentenentwurfs oder etwa die Weisung an ein Fachressort über die Zielrichtung eines Entwurfs.31 Das Gebot der „Rechtzeitigkeit“ wird relativiert durch die Worte „in der Regel“; damit wird bei absolut eilbedürftigen Vorhaben Raum für Ausnahmen geschaffen, die jedoch restriktiv zu handhaben sind und die die Landesregierung nicht grundsätzlich von einer Anhörungspflicht entbindet, die auch ein Nachholen der Anhörung zum Inhalt haben kann, etwa mit dem Ziel, kirchliche Vorstellungen noch im weiteren Verfahren (parlamentarische Beratung oder Bundesrat) einzubringen. Eine Eilbedürftigkeit wird häufig für im Bundesrat 26

dare. 27

In der Juristenausbildung fungiert z. B. das Konsistorium als Wahlstation für Referen-

Vgl. St. Heitmann, Der Evangelische Kirchenvertrag, LKV 1995, 94. S. Fn. 25. 29 In der Praxis werden vor allem diejenigen Landesministerien dem Beteiligungsanspruch relativ gerecht, die ohnehin regelmäßig mit den Kirchen zusammenarbeiten, so z. B. in der Denkmalpflege, beim Feiertags- und beim Bestattungsrecht oder beim Dienstrecht; weniger bekannt ist das Beteiligungsgebot anscheinend im Sozialbereich. Im Übrigen enthält auch § 7 Abs. 2 Gemeinsame Geschäftsordnung, Besonderer Teil (GGO LSA II), vom 21. Juli 2020 (MBl. LSA S. 257) für die Beteiligung der Verbände nur eine Kannvorschrift („wenn dies angezeigt erscheint“). 30 In Art. 2 Abs. 2 Evangelischer Vertrag Thüringen sind sogar ausdrücklich „Besprechungen“ vorgesehen. 31 § 6 Abs. 2 und 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien (Fn. 25) unterscheidet zwischen Beschlussfassung (endgültige Beratung) und Vorberatung. 28

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Artikel 2 – Zusammenwirken

oder auf EU-Ebene zu behandelnde Entwürfe gegeben sein, zu denen das Land nur innerhalb sehr kurzer Fristen Stellung nehmen kann.32 f) Die Einbeziehung von „Programmen“ in das Beteiligungsgebot soll bewirken, dass den Kirchen nicht im Vorfeld gesetzlicher Regelungen oder im außergesetzlichen Bereich die Einbringung ihrer Belange abgeschnitten wird. Unter „Programmen“ sind allerdings nicht sämtliche Absichtserklärungen, vor allem keine allgemeinpolitischen Regierungserklärungen oder Erklärungen einzelner Minister zu verstehen, sondern formalisierte konkrete Tätigkeitsprogramme mit Auswirkungen auf die Bürger oder auf öffentliche oder private Einrichtungen.33 Es braucht sich dabei nicht nur um „abstrakt-generelle Vorschriften, z. B. Förderrichtlinien für Subventionen“, zu handeln,34 die, wenn sie Normcharakter haben, schon unter „Gesetzesvorhaben“ fallen. Ausschlaggebend ist die von einem Programm ausgehende Verbindlichkeit für sich anschließendes staatliches Handeln mit Auswirkungen auf kirchliche Belange.35 g) Die Nichtbeachtung der Anhörungspflicht ist eine Vertragsverletzung, stellt aber die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens einer Rechtsvorschrift nicht in Frage.36 Der Mangel kann u. U. auch durch Hinwirken auf eine Beteiligung der Kirchen im parlamentarischen Verfahren geheilt werden. Eine Beteiligungspflicht obliegt nur der Regierung, nicht den Kirchen im Rahmen ihrer Gesetzgebung.37 Werden im kirchlichen Gesetzgebungsverfahren Fragen von Wichtigkeit für das Land behandelt, ist das Land auf Gespräche nach Absatz 1 angewiesen, allerdings mit der Schwierigkeit, dass es überhaupt Kenntnis von dem im Gang befindlichen Verfahren und dem betreffenden Regelungsgegenstand erhalten muss. h) Absatz 3 schafft bezüglich der Bestellung eines „gemeinsamen Beauftragten“ der Kirchen einerseits eine – aber auch im kirchlichen Interesse liegende – Rechtspflicht gegenüber dem Land, das an einem festen Ansprechpartner interessiert ist, wenngleich damit nicht auf sämtliche Kontakte zwischen einzelnen Landeskirchen und dem Land verzichtet wird,38 andererseits „zwischenkirchliches Recht“ für alle

32 Vgl. dazu das Schlussprotokoll zu Art. 2 Abs. 2 Ev. Vertrag Mecklenburg-Vorpommern, in dem Bundes- und EU-Vorschriften ausdrücklich erwähnt sind; vgl. ferner H. U. Anke, Neubestimmung, S. 232 f. 33 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 4, sowie Begründung des Entwurfs eines Zustimmungsgesetzes der Ev. Kirche der Ev. Kirchenprovinz Sachsen zum Ev. Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt, Anl. zur Drs. 22/93 der KPS-Synode vom 28. – 31. 10. 1993, S. 5. 34 So aber St. Heitmann, Ev. Kirchenvertrag, LKV 1995, S. 93 (94), für den Kirchenvertrag Sachsen. 35 Ein typisches Beispiel war das Tourismus-Programm des Landes. 36 A. A. St. Heitmann, Der Ev. Kirchenvertrag, LKV 1995, S. 93 (94). 37 Anders Art. 2 Abs. 2 Ev. Vertrag Thüringen. 38 Vgl. dazu auch die Amtliche Begründung zum Ev. Kirchenvertrag Brandenburg, LT-Drs. 2/3442 Begründung, S. 3.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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im Land Sachsen-Anhalt bestehenden Ev. Kirchen.39 Letzteres findet seinen Niederschlag in einer Vereinbarung der drei hauptbeteiligten Kirchen (Landeskirche Anhalts, Landeskirche in Braunschweig, Kirchenprovinz Sachsen) über die Bestellung eines gemeinsamen Beauftragten am Sitz der Landesregierung in Magdeburg,40 wonach ein Beauftragter „die Beziehungen der Vertragskirchen zum Land Sachsen-Anhalt gestalten und fördern“ und die Verbindung zur Landesregierung, zu den Ministerien, zum Landtag und zu den Fraktionen sowie zu den politischen Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und anderen für das öffentliche Leben und die Kirchen bedeutsamen Einrichtungen und schließlich zum Katholischen Büro Magdeburg sowie anderen Beauftragten der EKD-Kirchen halten soll.41 Daneben wurde ein „Verbindungsausschuss“ gegründet, u. a. zur Beratung bei „grundsätzlichen Angelegenheiten“, zur Feststellung des Haushalts- und Stellenplans, zur Abstimmung der Aufträge und zur Erteilung von „Weisungen für die Dienstführung des Beauftragten“, wobei die nur geringfügig in Sachsen-Anhalt vertretenen Kirchen, nämlich Berlin-Brandenburg (Kirchenkreis Havelberg) und Thüringen (Enklave um Allstedt bei Bad Kösen) mit beratender Stimme an den Sitzungen teilnehmen können.42 Ergänzend wurde von den drei Vertragskirchen eine Dienstanweisung beschlossen, wonach der Beauftragte „unbeschadet der Zuständigkeit der Kirchenleitungen“ u. a. den „Organen und gesellschaftlichen Gruppen […] die Vorstellungen der Kirchen verdeutlichen“ und an Sitzungen des Landtags sowie an kulturellen und politischen Veranstaltungen teilnehmen soll.43 Der Beauftragte, dessen Bestellung für die Kirchen auch einen „gemeinschaftsfördernden“ Effekt44 haben kann, ist somit zwar weisungsabhängig, besitzt aber auch weiten Spielraum für eigene Initiativen und berät die entsendenden Kirchen. Dabei ist er zur Unterrichtung der Kirchen verpflichtet45, hat aber andererseits auch ein Anrecht auf Unterrichtung über alle sein Aufgabengebiet betreffenden Aktivitäten der Kirchenleitungen.46 Als Hauptgrund für die Bestellung eines Beauftragten und die Einrichtung einer gemeinsamen Geschäftsstelle wird die „Vertretung (der) Anliegen der Kirchen“ genannt, wenngleich sich aus der Entstehungsgeschichte und den Ansprachen von Mi39 Vgl. H. Johnsen, Staatskirchenverträge, ZevKR 43 (1998), S. 182 (188 f.); als Vorbild diente Art. 2 Abs. 2 Loccumer Vertrag. 40 Vereinbarung v. 28. 08./20. 10./29. 10. 1993 (ABl. KPS S. 208). 41 Abschnitt II der Vereinbarung, ebd. 42 Die Landeskirche Sachsens, zu deren Gebiet in Sachsen-Anhalt nur zwei halbe Grenzorte gehören, wirkt nicht mit; Der „Verbindungsausschuß“ dient zugleich auch der Absicherung des Beauftragten, der sich bei Zweifelsfragen oder bei aufgetretener Uneinigkeit zwischen den Kirchenleitungen Rückhalt verschaffen kann. 43 Dienstanweisung v. 19. 1. 1991 (ABl. KPS 1993, S. 209) i. d. F. v. 2. 7. 1998 (ABl. 1999, S. 78). 44 H. Johnsen, Staatskirchenverträge, ZevKR 43 (1998), S. 182 (189). 45 Abschn. III Abs. 2 Satz 1 der Vereinbarung (Fn. 40). 46 Ebd., Satz 2, 2. Halbsatz, und Abs. 3 sowie Ziff. 2.1.3 Satz 2 der Dienstanweisung (Fn. 43); zu den grundsätzlichen Fragen bezüglich kirchlicher Beauftragter vgl. W. Heun, ZevKR 35 (1990), S. 382 ff.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

nisterpräsident Prof. Dr. Münch und Kultusminister Sobetzko anlässlich der Vertragsunterzeichnung47 der besondere Nutzen der engen Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirchen für das Land ergibt, die sich auch nicht nur in der „Verbesserung der gegenseitigen Information“ erschöpft, d. h. dass auch staatliche Anliegen an den Beauftragten herangetragen werden können. Allerdings ist von den beiden Aufträgen, die der erstmalig in Deutschland vorgenommenen Bestellung eines „Bevollmächtigten … bei der Bundesrepublik Deutschland“ aus den Jahren 1949/1952 zugrunde lagen, nämlich „seelsorgerlicher Dienst“ und „diplomatischer Dienst“48, angeblich im Wesentlichen nur der zweitgenannte übrig geblieben.49 Der „diplomatische Dienst“ fußt auf der Erfahrung, dass nur ein aufgrund laufender persönlicher Kontakte zu Regierung und Parlament bekannter Repräsentant Aussicht hat, „kirchliche Sachbeiträge im politischen Raum zur Wirkung kommen zu lassen“.50 Diese „Mission“ wird verstärkt durch den vorgesehenen engen Kontakt zum Katholischen Büro, mit dem viele gemeinsame kirchliche Aufgaben partnerschaftlich wahrgenommen werden können.51

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 2: (1) Zur Klärung von Fragen, die das Verhältnis von Staat und Kirche betreffen oder von beiderseitigem Interesse sind, und zur Vertiefung ihrer Beziehungen treffen sich die Landesregierung und die Kirchenleitungen in regelmäßigen Begegnungen. (2) Bei Gesetzgebungsvorhaben und bei Programmen, die Belange der Kirchen unmittelbar berühren, wird die Landesregierung die Kirchen beteiligen. (3) Die Kirchen stimmen sich ab, um ihre Angelegenheiten gegenüber dem Land einheitlich zu vertreten. Sie bestellen einen gemeinsamen Beauftragten am Sitz der Landesregierung. Art 3: (1) Die Kirchen teilen der Landesregierung Personalveränderungen in der Kirchenleitung, bei den Landessuperintendenten und Superintendenten mit.

47 Beide unveröffentlicht; vgl. ferner St. Heitmann, Die Entwicklung von Staat und Kirche aus der Sicht der „neuen“ Länder, ZevKR 39 (1994), S. 402 (417). 48 Vgl. H. E. Kalinna, Verbindungsstellen, S. 189 f. 49 Nach Abschn. IVAbs. 2, 2. Hauptsatz, der „Vereinbarung“ (Fn. 40) steht der Beauftragte als ordinierter Geistlicher „auch als Seelsorger zur Verfügung“, doch wird davon nach Auskunft des Beauftragten in der Praxis nicht Gebrauch gemacht, abgesehen vom Angebot von – z. T. auch ökumenischen – Andachten. 50 H. E. Kalinna, Verbindungsstellen, S. 194. 51 H. E. Kalinna, ebenda, S. 192.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Die Bischöfe und die Leiter der obersten Kirchenverwaltungsbehörden treffen alsbald nach ihrer Bestellung mit der Landesregierung zu einem Gespräch über Fragen des Verhältnisses und der Zusammenarbeit von Staat und Kirchen zusammen (Kooperationsgespräch).

Regierungsbegründung Zu Artikel 2 Absatz 1 konkretisiert die allgemeine Bestimmung zur Kooperation aus der Präambel, indem er regelmäßige Konsultationen versieht. Absatz 2 gibt der Kirche ein Recht, bei Gesetzesinitiativen oder vor Erlaß von Programmen, die ihre Belange unmittelbar berühren, beteiligt zu werden. Dieses Beteiligungsrecht ist kein Anspruch, den Inhalt der Initiativen oder Programme in bestimmter Weise materiell bestimmen zu können. Absatz 3 sichert, daß die beiden evangelischen Landeskirchen möglichst einheitlich gegenüber dem Land auftreten und zum Beispiel bei der Zulassung von Schulbüchern für den Religionsunterricht einheitlich votieren. Zu Artikel 3 Absatz 1 trägt der Tatsache Rechnung, daß Kirche und Land zusammenarbeiten und daß deshalb das Land offiziell unterrichtet wird, wer in den Kirchen Verantwortung trägt. Absatz 2 ersetzt in einer für deutsche Kirchenverträge neuen Weise die bisherigen Einwendungsrechte des Staates, der bislang aus politischen oder rechtlichen Gründen Einwendungen gegen Kandidaten für die Kirchenleitung erheben konnte. Dieses Recht ist wegen der Trennung von Staat und Kirche nicht mehr zeitgemäß. Das vorgesehene Kooperationsgespräch dient der offiziellen Begegnung neuer kirchlicher Amtsträger mit der Landesregierung.

Kommentierung 1. Artikel 2 Abs. 1 stimmt mit Artikel 2 Abs. 1 Evangelischer Vertrag Brandenburg überein mit Ausnahme des Zusatzes „und zur Vertiefung ihrer Beziehungen“ und der Auslassung von Bedarfsgesprächen. Die „Vertiefung der Beziehungen“ unterstützt und konkretisiert die schon in der Präambel (5. Anstrich) angesprochene Kooperation zwischen Staat und Kirche,52 betont aber zugleich den angestrebten Erfahrungsaustausch und den beiderseitigen Wunsch, auch über grundsätzliche Fragen zu sprechen. Der Verzicht auf die Erwähnung der Bedarfsgespräche hängt mit der Praxis in Mecklenburg-Vorpommern zusammen, zwar Grundsatzgespräche auf oberster Ebene als „Jahresspitzengespräche“ zu führen, fachliche Fragen aber aufgrund festgestellter Beratungspunkte und nach Vorbesprechung mit dem Beauftragten (Absatz 3) mit dem Fachminister zu erörtern. Teilnehmer auf kirchlicher Seite sind bei Kollegialversammlungen in der Regel alle Kollegiumsmitglieder. 52 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4126, S. 19, sowie Ministerpräsident Dr. Seite: „Kooperation ist das Kennzeichen des gesamten Vertrages“ (1. Lesung, LT-Protokoll v. 20. 4. 1994, S. 6103) und „wir brauchen den partnerschaftlichen Dialog“ (1. Lesung Kath. Kirchenvertrag, Lt-Prot. v. 22. 10. 1997, S. 4289).

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Artikel 2 – Zusammenwirken

2. Artikel 2 Abs. 2 unterscheidet sich von Artikel 2 Abs. 2 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt dadurch, dass „betreffen“ durch „berühren“ ersetzt ist.53 Damit wird ebenso wie im Evangelischen Vertrag Brandenburg verdeutlicht, dass auch ein entfernter oder indirekter Zusammenhang mit kirchlichen Belangen Anlass zur Beteiligung gibt. Seitdem die sog. „Bäderrichtlinie“, an deren Ausarbeitung die Kirchen nicht beteiligt wurden, auf Klage der Kirchengemeinden von den Verwaltungsgerichten aufgehoben worden war,54 beachtet das Land sorgfältig die Beteiligungszusage. „Programme“ sind, da der Vertrag fünf Monate vor dem – mit anderer Akzentuierung versehenen – sächsischen Vertrag unterzeichnet wurde, im Sinne des bei Vertragsschluss allein vorliegenden Vertrags Sachsen-Anhalt, der erstmals die Einbeziehung der Programme enthielt, zu verstehen.55 Die Beteiligung der Kirchen kann auch in mehreren Stadien der Vorbereitung staatlicher Vorhaben stattfinden.56 Dass sich aus dem Recht auf Beteiligung kein Anspruch auf Berücksichtigung kirchlicher Stellungnahmen herleiten lässt, betont die Amtliche Begründung.57 3. Artikel 2 Abs. 3 hebt die Verpflichtung der Kirchen hervor, die Vertretung der kirchlichen Anliegen gegenüber dem Land zuvor untereinander abzustimmen, ein „nicht selbstverständliches“ Verfahren.58 Der gemeinsame Beauftragte wird auf der Grundlage einer „Vereinbarung zur gemeinsamen Finanzierung der Beauftragten beider Kirchen bei Landesregierung und Landtag“59 sowie einer Dienstanweisung beider Kirchen für jeweils sechs Jahre im Wechsel von einer der beiden Kirchen mittels einer Urkunde bestellt und erhält von ihnen Aufträge und Weisungen. Seine in der Dienstanweisung aufgeführten Aufgaben einschließlich seines Informationsrechts im Falle unmittelbarer Verhandlungen der Kirchenleitungen mit dem Land entsprechen im Wesentlichen denen des Beauftragten in Sachsen-Anhalt. Anstelle eines Seelsorge-Angebotes bietet der Beauftragte „die Möglichkeit zum Gespräch über Fragen von Kirche und Theologie“. Die Abstimmungsverpflichtung ist durch die Vereinigung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs mit der Pommerschen Evangelischen Kirche sowie der Nordelbischen Kirche zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland („Nordkirche“) 2012 hinfällig geworden. 53 In § 4 Abs. 5 S. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung, Teil II (GGO II), vom 02. 12. 2008, (AmtsBl. M-V 2009, 2) heißt es bezüglich der im Gesetzgebungsverfahren zu beteiligenden Verbände allerdings abweichend: „wenn deren satzungsmäßige Belange unmittelbar betroffen sind“; doch ist in diesen Fällen die Beteiligung als Sollregelung vorgeschrieben. 54 S. Erl. zu Art. 19. 55 S. Erl. A. [d)]. 56 So geschehen z. B. beim europäischen Fauna-Flora-Habitat-Programm. 57 S. Fn. 52. 58 A. v. Campenhausen, Der Güstrower Vertrag – Ein Schritt zur Normalisierung des Verhältnisses von Staat und Kirche, LKV 1995, S. 233; es handelt sich auch hier um die Herbeiführung einer einheitlichen Auffassung zwischen einer lutherischen und einer unierten Kirche. 59 In Kraft getreten am 1. 1. 1997 (unveröffentlicht).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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4. Artikel 3 Abs. 1 erweitert gegenüber dem Vertrag Sachsen-Anhalt die Anzeigepflicht auf die Landessuperintendenten und Superintendenten, vermittelt damit einen noch tieferen Einblick in das innerkirchliche Geschehen und kommt insofern auch den Kommunen entgegen. Zu den „Personalveränderungen“ wird man auch Vakanzen zu zählen haben, weil für jede Vakanz auch eine Vertretung und damit eine Veränderung eintritt. 5. Artikel 3 Abs. 2 regelt – als Sonderfall der Spitzengespräche nach Artikel 2 Abs. 1 – ein „Kooperationsgespräch“ möglichst kurzfristig nach der Bestellung der leitenden Personen, also ausschließlich der übrigen Mitglieder der Kirchenleitungen und der Superintendenten. Dieses Treffen, dessen Gesprächsgegenstände nicht begrenzt sind, soll landesspezifisch als Ersatz für die Politische Klausel dienen.60 2. Thüringen Art. 2: (1) Die Landesregierung und die Kirchen werden sich regelmäßig zu Gesprächen über solche Fragen treffen, die ihr Verhältnis zueinander berühren. Schlussprotokoll: Unter regelmäßigen Gesprächen sind Zusammenkünfte gemeint, die möglichst einmal jährlich stattfinden. (2) Sie werden sich vor der Regelung von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen maßgeblich berühren, rechtzeitig miteinander ins Benehmen setzen und sich zur Besprechung solcher Fragen zur Verfügung stellen. (3) Die Kirchen unterrichten die Landesregierung über Vakanzen und Neubesetzungen ihrer leitenden Ämter. (4) Die Kirchen werden untereinander eine enge Zusammenarbeit aufnehmen, um ihre Anliegen gegenüber dem Freistaat Thüringen einheitlich zu vertreten. Dazu und zur gegenseitigen Information bestellen sie einen gemeinsamen Beauftragten am Sitz der Landesregierung.

Regierungsbegründung Die Bestimmung ist Ausfluß der Partnerschaft von Staat und Kirche und dient der Erhaltung und Festigung der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Absatz 4 trägt dem Interesse des Landes Rechnung, daß die vier Vertragspartner koordiniert und einheitlich auftreten. Durch Satz 2 wird vereinbart, daß es einen gemeinsamen Beauftragten der Kirchen am Sitz der Landesregierung zur gegenseitigen Information gibt. Im Schlußprotokoll wird darauf hingewiesen, daß alle in diesem Vertrag verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen jeweils in männlicher und weiblicher Form gelten sollen.

Kommentierung 1. Absatz 1 nebst Schlussprotokoll entspricht nur teilweise Artikel 1 Abs. 1 Vertrag Sachsen-Anhalt. Zum einen wird auf die Nennung von Bedarfsgesprächen verzichtet, wenngleich in der Praxis die Themen für die im Durchschnitt jährlich statt60

Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 52).

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Artikel 2 – Zusammenwirken

findenden Gespräche häufig von den Kirchen benannt werden und so jedenfalls materiell der Bedarf Berücksichtigung findet. Zum anderen ist die Ausweitung auf Gesprächsthemen von beiderseitigem Interesse in Absatz 2 geregelt. 2. Absatz 2 enthält eine spezifisch thüringische Regelung zugunsten einer gegenseitigen Beteiligung anlässlich von „Regelungen, die die beiderseitigen Interessen maßgeblich berühren“. Die Pflicht zur Anhörung des jeweils anderen Vertragspartners bindet nicht nur das Land, sondern auch die Kirchen, für die ein solches Verfahren allerdings ungewohnt sein dürfte. Die Beteiligungspflicht ist nicht nur begrenzt auf Gesetzgebungsverfahren, sondern gilt für „Regelungen“ jeglicher Art, also auch für solche Einzelentscheidungen, durch die ein Sachverhalt abschließend „geregelt“ wird.61 Die beiderseitigen Pflichten werden aber begrenzt auf Fälle „maßgeblicher“ Betroffenheit, d. h. die jeweiligen Interessen dürfen nicht nur am Rande berührt sein. Die Abgrenzung kann im Einzelfall zu Schwierigkeiten führen, weil es nicht nur um „Belange“ geht und insbesondere das kirchliche Interesse an allen staatlichen Aktivitäten sehr ausgeweitet sein kann, so wie umgekehrt das staatliche Interesse in Sonderfällen möglicherweise bis in innerkirchliche Angelegenheiten hineinreicht, sei es bei organisatorischen Fragen oder sei es bei Stellungnahmen zur Landespolitik. Die vorgesehene Beteiligung besteht nicht nur in normalen Anhörungen, sondern es ist auch eine Bereitschaft zu Besprechungen vereinbart. Ob letztere immer auf Ministerebene stattfinden müssen, was bei den „Treffen“ nach Absatz 1 – mit Blick auf die Regelungen und die Praxis – in allen neuen Ländern anzunehmen ist, kann zweifelhaft sein. Wegen der Breite der möglichen Anlässe wird man zunächst Vorgespräche auf der Arbeitsebene, bei denen sich Streitfragen ausräumen lassen, für zulässig erachten können. 3. Absatz 3 enthält für die anzuzeigenden Personalveränderungen keine Umschreibung der „leitenden Ämter“. Ob man wie in Mecklenburg-Vorpommern die Anzeigepflichten entsprechend Absatz 2 des Schlussprotokoll zu Artikel 2 Abs. 2 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt einzugrenzen hat, kann dahinstehen; in der Praxis wurden von der Thüringischen Kirche Veränderungen innerhalb des gesamten Landeskirchenrates, also bezüglich aller Oberkirchenräte sowie eines Propstes, angezeigt. 4. Absatz 4 Satz 1 verpflichtet die Kirchen ausdrücklich zu einer innerkirchlichen Zusammenarbeit für die Vertretung gemeinsamer Anliegen gegenüber dem Land, die in den Verträgen in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen nur stillschweigend vorausgesetzt wird; dem Land erwächst daraus aber kein Anspruch auf einheitliche Stellungnahmen, sondern nur auf entsprechende Einigungsbemü61 Für das Land gilt bei Rechtsetzungsverfahren nach § 21 Abs. 1 Satz 1 die Gemeinsame Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen (ThürGGO) vom 13. Mai 2015 (GVBl. 2015, 81), zuletzt geändert durch Beschluss vom 21. Juli 2020 (GVBl. S. 444), nur eine Sollvorschrift, die eine Anhörung von „anderen Stellen“ vorsieht, „soweit dies durch Rechtsvorschrift oder im öffentlichen Interesse geboten ist.“ Art. 2 Abs. 2 Kirchenvertrag macht dagegen die Beteiligung der Kirchen zur Pflicht.

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hungen, wodurch, vor allem bei grundsätzlichen Fragen, dem „Interesse des Landes“ Rechnung getragen werden soll.62 Unterschiedliche Stellungnahmen zweier Kirchen wären somit keine Vertragsverletzung. 5. Die Bestellung eines „gemeinsamen Beauftragten“ nach Absatz 4 Satz 2 dient sowohl der „gegenseitigen“ Information, womit die Information des Landes wie der Kirchen gemeint ist, als auch der einheitlichen Vertretung der kirchlichen „Anliegen“ gegenüber dem Land. Er wird auf der Grundlage einer förmlichen Vereinbarung der Kirche in Thüringen, der Kirchenprovinz Sachsen63 und der Kirche von KurhessenWaldeck als Hauptbeteiligte auf zehn Jahre bestellt und leitet das Evangelische Büro, während ein „Verbindungsausschuss“ im Auftrag der Kirchenleitungen die Tätigkeit des Beauftragten regelt und die Aufträge der beteiligten Kirchen abstimmt; bei sich widersprechenden Aufträgen der Kirchen trifft der Vorsitzende in Abstimmung mit den zuständigen Dezernenten der beiden anderen Kirchen „eine vorläufige Entscheidung“.64 Die Landeskirche Sachsens ist wegen ihres nur sehr kleinen Gebietszipfels südlich von Zeulenroda nicht beteiligt. In einer Dienstanweisung werden die üblichen Aufgaben – „unbeschadet der Zuständigkeit der Kirchenleitungen“ – formuliert, einschließlich einer Informationspflicht und eines Informationsrechts der Beauftragten.65 3. Sachsen Art. 2: (1) Die Vertreter der Staatsregierung und der Kirchen werden sich regelmäßig und bei Bedarf zu Gesprächen über solche Fragen treffen, die ihr Verhältnis zu einander berühren oder für beide Seiten von besonderer Bedeutung sind. (2) Zur Vertretung ihrer Anliegen gegenüber dem Staat und zur Verbesserung der gegenseitigen Information bestellen die Kirchen einen Beauftragten und richten eine besondere Geschäftsstelle am Sitz der Staatsregierung ein. (3) Bei Rechtsetzungsvorhaben und Programmen, die Belange der Kirchen berühren, sind die Kirchen angemessen zu beteiligen. Schlussprotokoll: Die Beteiligung soll so rechtzeitig erfolgen, daß den Kirchen ermöglicht wird, noch vor der Beschlußfassung ihre Stellungnahme abzugeben. Bei eigenen Gesetzgebungsvorhaben wird die Staatsregierung den Kirchen rechtzeitig vor der Entscheidung über die Einbringung der Gesetzesvorlage Gelegenheit zur Äußerung geben. 62

Amtl. Begründung, LT-Drs. 1/3273, S. 11; in der „Vereinbarung zwischen den Evangelischen Kirchen in Thüringen über die Bestellung eines Beauftragten der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung Thüringen“ v. 1.10./23.11./15. 12. 1992 (ABl. Thür. Kirche 1993 S. 43) wird unter Ziff. 3.3 innerkirchlich verbindlich festgelegt, dass „in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung […] die übereinstimmende Entscheidung der vertragschließenden Kirchen erforderlich“ ist; über weniger grundsätzliche Fragen können die Kirchen danach gesondert verhandeln. 63 Zum Zusammenschluss dieser beiden Kirchen zur EKM siehe Fn. 70. 64 Zur Vereinbarung s. Fn. 69. 65 Dienstanweisung für die Beauftragte der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung in Thüringen v. 24. 9. 1999, geänd. durch Beschl. v. 29. 10. 2003.

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Regierungsbegründung Absatz 1 stellt auf das spezifische Verhältnis von Staat und Kirche ab. Staat und Kirche sind organisatorisch und institutionell voneinander unabhängig, sie beziehen sich jedoch in ihren jeweiligen Wirkungskreisen auf dieselben Menschen, denen sie verpflichtet sind. Unabhängig davon bestehen auch in verschiedenen Teilbereichen Berührungspunkte, die eine partnerschaftliche Zusammenarbeit (vor allem bezüglich der im Kirchenvertrag geregelten Aufgabenfelder) sachdienlich erscheinen lassen. Absatz 2 knüpft an den Grundgedanken des Absatzes 1 an und regelt die Institution eines Kirchenbeauftragen bei der Staatsregierung. Diese Einrichtung dient der Erleichterung der Zusammenarbeit von Staat und Kirche, aber auch der Koordination der Kirchen im Freistaat untereinander. Die Beteiligungsregelung des Absatzes 3 dient einmal der Institutionalisierung des angestrebten partnerschaftlichen Verhältnisses mit den Kirchen, gleichzeitig aber auch dem Ziel, den bei den Kirchen vorhandenen Sachverstand für den Freistaat nutzbar zu machen. Rechtsetzungsvorhaben im Sinne dieser Bestimmung sind Gesetze und Verordnungen. Programme können einmal Zielvorgaben für künftige Gesetzesvorhaben, aber auch allgemeine Förderrichtlinien für bestimmte Subventionstatbestände sein. Eine Beteiligung der Kirchen wird regelmäßig dann erforderlich sein, wenn der kirchliche Aufgabenkreis betroffen oder kirchliche Institutionen unmittelbar berührt sind.

Kommentierung 1. Die in Absatz 1 genannten Gesprächspartner (Vertreter der Staatsregierung und der Kirchen) sind nicht beschränkt auf Leitungspersonen,66 doch zeigt die Praxis, dass auf staatlicher Seite in aller Regel Kabinettsmitglieder67, auf kirchlicher Seite die Kirchenleitung die Gespräche führen.68 Eine Frequenz ist nicht vorgeschrieben; Sie ergibt sich aber aus dem Wort „regelmäßig“ und führt damit zu einem Jahresrhythmus. Die Formulierung für „beide Seiten von besonderer Bedeutung“ sind nahezu gleichbedeutend mit „von beiderseitigem Interesse“; ein gewisser Akzent liegt aber darauf, dass es sich nicht um relativ nebensächliche Dinge handeln soll. 2. Der gemäß Absatz 2 vorgesehene Beauftragte wird aufgrund einer Vereinbarung vom 10. 3. 199569 nur von der Landeskirche Sachsens, der Kirche der schlesischen Oberlausitz und der Kirchenprovinz Sachsen auf jeweils sechs Jahre bestellt; er erhält von den genannten Kirchen Weisungen, nimmt aber auch die Interessen der Thüringischen Kirche70 und der Kirche Berlin-Brandenburg wahr. Seine – im üblichen Rahmen liegenden – Aufgaben sind in der Vereinbarung und in einer veröffentlichten Dienstanweisung, die alle drei Jahre überprüft wird, festgelegt. 66

Nach St. Heitmann, Der Ev. Kirchenvertrag, LKV 1995, 93 (94), wird damit auch die „Arbeitsebene der Ministerialverwaltung“ einbezogen. 67 Vgl. auch St. Heitmann, ebd. 68 Zuweilen finden Gespräche gemeinsam mit Vertretern der Katholischen Kirche statt. 69 ABl. Sächs. Kirche Nr. 14/A 115. 70 Am 1. Januar 2009 vereinigten sich die Thüringische Landeskirche und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

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3. Präziser als in anderen Verträgen legt der Absatz 3 eine „angemessene“ Beteiligung der Kirchen bei allen „Rechtssetzungsvorhaben“ fest71; damit sind Rechtsverordnungen – für die Verwaltung rechtsetzend – und Allgemeine Verwaltungsvorschriften einbezogen. Unter „Programmen“ sind nach der Amtlichen Begründung „Zielvorgaben für künftige Gesetzesvorhaben, aber auch allgemeine Förderrichtlinien für bestimmte Subventionstatbestände“72 zu verstehen, wobei letztere allerdings für die Verwaltung auch rechtsverbindlich sind, also Recht setzen.73 Eine Beschränkung auf „Zielvorgaben für Gesetzgebungsvorhaben“ wird dem üblichen Begriff von Programmen nicht voll gerecht, der auf umfassende Absichtserklärungen der Landesregierung hinweist, von denen abzuweichen für eine Regierung in der Regel zumindest ein politisches Risiko ist.74 4. Das Schlussprotokoll zu Absatz 3 enthält eine differenzierte Regelung für Stellungnahmen der Staatsregierung zu Rechtsetzungsentwürfen Dritter, also solchen des Bundes einschließlich europäischer Rechtsetzungsakte, und zu eigenen Entwürfen. Im erstgenannten Fall gilt – wegen der häufig eintretenden Kurzfristigkeit – nur eine Sollvorschrift bezüglich der rechtzeitigen Einschaltung der Kirchen zur Ermöglichung einer Stellungnahme. Bei eigenen Gesetzesvorhaben wird die rechtzeitige Beteiligung rechtsverbindlich zugesagt,75 allerdings nur in der Form einer Anhörung, was aber eine Begegnung mii eingehenden Gesprächen nicht ausschließt. 4. Brandenburg Art. 2: (1) Zur Klärung von Fragen, die das Verhältnis von Staat und Kirche betreffen oder von beiderseitigem Interesse sind, treffen sich die Landesregierung und die Kirchenleitungen in regelmäßigen Begegnungen und bei zusätzlichem Bedarf. Schlussprotokoll: Die Kirchen unterrichten das Land über Vakanzen und Neubesetzungen ihrer leitenden Ämter.

71 § 12 Abs. 3 S. 3 der Geschäftsordnung der Sächsischen Staatsregierung vom 24. März 2020 (SächsABl. S. 426, 767) sieht eine Beteiligung von Körperschaften, Verbänden und sonstigen Organisationen vor der Beschlussfassung der Staatsregierung vor, soweit „eine Anhörung gesetzlich vorgeschrieben ist“, und verweist damit auch auf Art. 2 Abs. 3 des Kirchenvertrags. 72 LT-Drs. 1/4649, Begründung, S. 5. 73 Nach St. Heitmann, (Fn. 66) sind unter Programmen „abstrakt – generelle Vorschriften zu verstehen, die […] normähnliche Wirkungen entfalten“; diese Auslegung ist allerdings mit dem Wortsinn schwerlich zu vereinbaren. 74 S. im Übrigen Erl. A. [f)]. 75 In der Praxis erfolgt sie dennoch oft verspätet, vgl. J. Bergmann, Die Verhandlungen zum Vertrag zwischen den evangelischen Landeskirchen und dem Freistaat Sachsen aus kirchlicher Sicht, in: R. Tillmanns (Hrsg.), Staatskirchenverträge in Sachsen, 2001, S. 129 (149).

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Artikel 2 – Zusammenwirken

(2) Bevor durch Gesetz oder Rechtsverordnung allgemeine Fragen geregelt werden, die die Belange der Kirchen unmittelbar berühren können, wird die Landesregierung die Kirchen frühzeitig hören. Schlussprotokoll: Die Landesregierung wird bemüht sein, Artikel 2 Abs. 2 auch bei Initiativen des Landes gegenüber dem Bund und in Bezug auf die Europäische Union anzuwenden. (3) Zur Vertretung ihrer Anliegen gegenüber dem Staat und zur Verbesserung der gegenseitigen Information bestellen die Kirchen einen gemeinsamen Beauftragten und richten am Sitz der Landesregierung eine Geschäftsstelle ein.

Regierungsbegründung Die Bestimmung ist Ausfluß der Partnerschaft von Staat und Kirche und dient der Erhaltung und Festigung der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Absatz 1 enthält die in Verträgen zwischen Staat und Kirchen übliche Festlegung regelmäßiger Kontakte und zusätzlicher Besprechungen bei weiterem Bedarf. Aus der Zusammenschau mit Art. 24 Abs. 2 folgt, daß keine Seite sich einem Gesprächswunsch der anderen Seite entziehen darf. Im Schlußprotokoll wird festgelegt, daß die Kirche die Landesregierung über Vakanzen und Neubesetzungen ihrer leitenden Ämter unterrichtet. Diese Regelung entspricht staatskirchenrechtlicher Tradition. Durch sie wird gewährleistet, daß die Landesregierung jederzeit über ihre Ansprechpartner auf kirchlicher Seite informiert ist. Durch die Regelung in Absatz 2 soll den Kirchen ermöglicht werden, rechtzeitig ihre die einzelnen Rechtsetzungsvorhaben betreffenden Argumente vorzubringen. Im Schlußprotokoll wird bestimmt, daß die Landesregierung bemüht sein wird, die Kirche auch zu hören, wenn sie Rechtsetzungsinitiativen auf Bundes- oder Europaebene in Gang bringt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß die Kirche – unbeschadet ihrer Vertretung auf Bundesund Europaebene – Rechtsetzungsprozesse nur dann effektiv begleiten kann, wenn sie rechtzeitig beteiligt wird. Dies ist bei Prozessen, die auf Landesebene angestoßen werden, nur dann der Fall, wenn bereits auf Landesebene eine Befassung der Kirchen ermöglicht wird. Sie hat daher ein berechtigtes Interesse daran, daß sie auch dann gehört wird, wenn das Land beispielsweise über den Bundesrat die Schaffung eines Bundesgesetzes erreichen will. Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Europarechts gilt dies auch für die europäische Ebene. Durch Absatz 3 wird dem Interesse des Landes Rechnung getragen, daß die verschiedenen Vertragspartner auf kirchlicher Seite koordiniert und einheitlich auftreten. Zu diesem Zweck wird festgelegt, daß die Kirchen einen gemeinsamen Beauftragten bestellen und am Sitz der Landesregierung eine Geschäftsstelle einrichten. Der Beauftragte soll die Belange aller Kirchen vertreten und umgekehrt als Ansprechpartner der Landesregierung gegenüber allen Kirchen fungieren. Eine bilaterale Kontaktaufnahme wird dadurch allerdings nicht ausgeschlossen.

Kommentierung 1. Die von Artikel 2 Abs. 1 Ev. Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt etwas abweichende Formulierung der Eingangsworte von Absatz 1 ist ohne materielle Bedeutung; es brauchen auch in Brandenburg keine konkreten (Streit-)“Fragen“ aufgetaucht zu sein, um Anlass für eine Begegnung zu geben, sondern es reicht aus, wenn eine Ver-

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tragspartei selbst sich „Fragen“ stellt, über die sie mit der anderen Seite sprechen möchte. Einen Hinweis auf die Gesprächsfrequenz enthält Absatz 1 nicht; die „Regelmäßigkeit“ könnte auch einen 2-Jahres-Rhythmus indizieren, doch verbinden der Sprachgebrauch und die Regelungen in den anderen Ländern mit „regelmäßig“ kürzere Abständen. 2. Im Schlussprotokoll zu Absatz 1 fehlt für die Unterrichtung über Personalveränderungen eine Erläuterung des Begriffs „leitende Ämter“; in der Praxis werden darunter nicht nur die Bischöfe und die Leiter der Kirchenämter, sondern auch die beiden in Brandenburg amtierenden Generalsuperintendenten und ein Propst verstanden. 3. Absatz 2, wonach als Gesprächsanlass nur „allgemeine Fragen […], die die Belange der Kirchen berühren können“, gelten, geht offensichtlich davon aus, dass eine Beteiligung bei allen Fragen, zu denen die Kirchen schon kraft anderer Gesetze gehört werden, z. B. im Bau- und Bauplanungsrecht, ohnehin stattfindet.76 Die Formulierung „berühren können“ ist weiter gefasst als „berühren“; sofern eine derartige „Berührung“ nicht offensichtlich ist, können nur die Kirchen eine solche Berührungsmöglichkeit begründen. Dabei wird es sich u. a. um übliche Parallelregelungen im kirchlichen Bereich oder um indirekte Auswirkungen handeln. Absatz 2 benennt zwar nur Gesetze und Rechtsverordnungen, die Anhörungsanlass sein können; doch wird man angesichts der ausdrücklich formulierten Betonung der „Partnerschaft von Staat und Kirche“ in der Amtlichen Begründung77 auch bei der Vorbereitung Allgemeiner Verwaltungsvorschriften einen Anspruch auf Anhörung anzunehmen haben. Eine „frühzeitige“ Anhörung liegt nur dann vor, wenn sich die Landesregierung noch nicht endgültig festgelegt hat, also noch Einflussmöglichkeiten bestehen. „Programme“ sind nicht einbezogen. Das Schlussprotokoll bietet für Bundesrat und EU-Initiativen des Landes – wohl wegen oft kurzer Fristen – keinen Rechtsanspruch auf Anhörung, sondern nur einen Anspruch auf entsprechende „Bemühungen“. 4. Absatz 3 stimmt mit Artikel 2 Abs. 3 Ev. Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt wortgleich überein. Eine förmliche Vereinbarung zwischen den beteiligten Kirchen besteht nicht, die Dienstanweisung enthält die üblichen Bestimmungen. Vor Bestellung eines Beauftragten werden die anderen Kirchen kontaktiert.

76 Zur Beteiligung außerhalb der Landesregierung stehender Stellen an Gesetzentwürfen siehe § 22 Abs. 5 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Brandenburg (GGO) vom 15. März 2016, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 19. Oktober 2021. 77 LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 2.

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II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 2: (1) Die Staatsregierung und die Diözesanbischöfe werden sich regelmäßig und bei Bedarf zu Gesprächen über solche Fragen treffen, die ihr Verhältnis zueinander berühren oder für beide Seiten von besonderer Bedeutung sind. (2) Zur ständigen Vertretung ihrer Anliegen gegenüber dem Staat und zur Verbesserung der gemeinsamen Information bestellen die Diözesen Dresden-Meißen, Görlitz und Magdeburg einen gemeinsamen Beauftragten und errichten ein Katholisches Büro am Sitz der Landesregierung. (3) Bei Rechtsetzungsvorhaben und Programmen, die Belange der Katholischen Kirche berühren, ist diese angemessen zu beteiligen. Schlussprotokoll: Die Beteiligung soll so rechtzeitig erfolgen, daß der katholischen Kirche ermöglicht wird, noch vor Beschlußfassung ihre Stellungnahme abzugeben. Bei eigenen Gesetzgebungsvorhaben wird die Staatsregierung der katholischen Kirche rechtzeitig vor der Entscheidung über die Einbringung der Gesetzesvorlage Gelegenheit zur Äußerung geben. Art. 13: (1) Die Besetzung kirchlicher Ämter in den Bistümern Görlitz und Magdeburg richtet sich nach den Bestimmungen der jeweiligen Verträge über die Bistumserrichtung. Schlussprotokoll: Bezüglich der in den Bistumserrichtungsverträgen genannten kirchlichen Ämter bleibt Art. 9 Abs. 1 und 2 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juli 1929 unberührt. (2) Für die Besetzung des Bischöflichen Stuhles und der Kanonikate des Domkapitels gelten im Bistum Dresden-Meißen die Vorschriften des Artikels 14 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 entsprechend. Schlussprotokoll: Hinsichtlich der Besetzung des Bischöflichen Stuhles Dresden-Meißen gilt Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 in Verbindung mit den dort in bezug genommenen Bestimmungen. Bezüglich der Besetzung der Kanonikate des Domkapitels im Bistum Dresden-Meißen gilt Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 dieses Konkordates. (3) In den in Absatz 1 und 2 genannten Bistümern entfällt eine Mitteilungspflicht über die Besetzung von Pfarrstellen. Schlussprotokoll: Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, daß eine Pfarrstelle dauernd nur demjenigen übertragen werden darf, der ein mindestens dreijähriges theologisch-philosophisches Studium erfolgreich abgeschlossen hat. Im übrigen entscheidet der zuständige Diözesanbischof in Abweichung von Artikel 14 Abs. 2 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 und in Abweichung von Artikeln 9 und 10 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 frei über die Besetzung der Pfarrstellen. Schlussprotokoll zu Art. 13: Der Freistaat verzichtet auf die Ableistung des bischöflichen Treueids gemäß Artikel 16 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933.

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Regierungsbegründung Zu Artikel 2 Die Regelung des Absatzes 1 betrifft das Verhältnis des Freistaates zur katholischen Kirche in seinen praktischen Auswirkungen. Wesentlich ist nach Überzeugung der Vertragschließenden in erster Linie das Gespräch miteinander. Ungeachtet ihrer institutionellen und organisatorischen Trennung beziehen sich Staat und katholische Kirche in ihren Wirkungskreisen auf dieselben Menschen, denen sie verpflichtet sind. Daneben bestehen auch in verschiedenen Teilbereichen Berührungspunkte, die eine partnerschaftliche Zusammenarbeit (vor allem in den von diesem Vertrag erfaßten Aufgabenfeldern) sachdienlich erscheinen lassen. Die Gespräche sollen auf allen Ebenen stattfinden; die getroffene Regelung in Absatz 1 bezieht aber ausdrücklich die Spitzenebene ein, d. h. die Mitglieder der Staatsregierung und die Diözesanbischöfe. Absatz 2 knüpft an den Grundgedanken des Absatzes 1 an und sichert die Institution eines Beauftragten der katholischen Kirche bei der Staatsregierung und die Einrichtung eines Katholischen Büros, das der Beauftragte leitet. Das Katholische Büro ist organisatorisch als Kommissariat der Bischöfe ausgestaltet. Der Beauftragte soll in erster Linie Ansprechpartner der Staatsregierung sein und die Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat und der katholischen Kirche auf diese Weise erleichtern. Ihm obliegt gegenüber der staatlichen Seite die Koordination der Äußerungen der im Freistaat gelegenen Diözesen, die an dieser Stelle im Vertrag ausdrücklich benannt sind. Die Beteiligungsregelung des Absatzes 3 dient einmal der Institutionalisierung des angestrebten partnerschaftlichen Verhältnisses mit der katholischen Kirche, gleichzeitig aber auch dem Ziel, den bei der katholischen Kirche vorhandenen Sachverstand für den Freistaat nutzbar zu machen. Rechtsetzungsvorhaben im Sinne dieser Bestimmung sind Gesetze und Verordnungen. Programme können einmal Zielvorgaben für künftige Gesetzesvorhaben, aber auch allgemeine Förderrichtlinien für bestimmte Subventionstatbestände sein. Eine Beteiligung der Kirchen wird regelmäßig dann erforderlich, wenn der kirchliche Aufgabenkreis betroffen oder kirchliche Institutionen unmittelbar berührt sind. Zu Artikel 13 In Anlehnung an die früheren Staatskirchenverträge regelt Artikel 13 die Besetzung kirchlicher Ämter. Erfaßt von der Regelung sind dabei die Besetzung der Bischöflichen Stühle sowie der Kanonikate. Absatz 1 verweist bezüglich der Bistümer Görlitz und Magdeburg, die in dem ehemals preußischen Rechtskreis gelegen sind, auf die Verträge über die Bistumserrichtungen, die den Regelungen des Preußenkonkordats im wesentlichen nachgebildet sind. Auf die dort gemachten Erläuterungen wird Bezug genommen. Absatz 2 verweist bezüglich der Besetzung der dort genannten kirchlichen Ämter im Bereich des Bistums Dresden-Meißen auf Artikel 14 Reichskonkordat. Diese Regelung verweist ihrerseits in Absatz 1 Satz 2 bezüglich des Verfahrens im Hinblick auf die Besetzung des Bischöflichen Stuhles auf die Vorschriften, die für den Metropolitansitz der Kirchenprovinz Freiburg gelten, also auf die Bestimmungen des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Baden vom 12. Oktober 1932. Nach Artikel III des Badischen Konkordats ist bei der Besetzung des Bischöflichen Stuhles das Kathedralkapitel wahlberechtigt. Die Wahl erfolgt aufgrund einer vom Heiligen Stuhl zu erstellenden Dreier-Liste, die einen Kandidaten aus dem Bereich der Diözese enthalten muß. Die Liste wird vom Heiligen Stuhl unter Würdigung der Vor-

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schläge des Domkapitels und der jährlich einzureichenden Vorschläge des bisherigen Diözesanbischofs erstellt. Im Hinblick auf die Besetzung der Kanonikate ist das Badische Konkordat nicht anwendbar. Es verbleibt insoweit bei der Regelung des Artikels 14 Abs. 1 Satz 1 Reichskonkordat, der ein freies Besetzungsrecht der Kirche vorsieht. Bezüglich aller drei Bistümer besteht zugunsten der Staatsregierung bei Vorliegen politischer Bedenken die Möglichkeit, die Wahl des Bischofs zu beanstanden (jeweils Artikel 3 der Bistumserrichtungsverträge in Verbindung mit Artikel 6 Abs. 2 Preußenkonkordat bzw. Artikel III Abs. 2 des Badischen Konkordats). Im Falle einer Beanstandung staatlicherseits wird der Heilige Stuhl den Gewählten nicht zum Bischof ernennen. Die Vorschrift dient der Vermeidung von Konfliktfällen zwischen dem Staat und der Kirche, die entstehen könnten, wenn Kandidaten gewählt würden, die dem Staat grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen. Die von der Staatsregierung geäußerten Bedenken sind zu begründen. In Absatz 3 und dem hierzu ergangenen Schlußprotokoll sind Regelungen bezüglich der Besetzung von Pfarrstellen ergangen. Der Begriff „Pfarrstelle“ ist dabei in einem umfassenden Sinne zu verstehen und erfaßt sowohl Pfarrer als auch mit der Wahrnehmung eines geistlichen Amtes betraute Priester. Die Neuregelung ist Ergebnis einer beiderseitigen kritischen Bestandsaufnahme der altrechtlichen Grundlagen. Als einziges Erfordernis, das im übrigen schon allein wegen der prinzipiellen Notwendigkeit eines Ersatzes von Religionspädagogen durch Priester geboten war, ist die Voraussetzung eines mindestens dreijährigen theologisch-philosophischen Studiums fortgeschrieben worden. Die übrigen Beschränkungen des kirchlichen Besetzungsrechts nach Artikel 14 Reichskonkordat und Artikel 9, 10 Preußenkonkordat (Staatsangehörigkeit, Abitur) sind ebenso entfallen wie die Mitteilungspflichten über die Besetzung von Pfarrstellen. Dies gilt allerdings nicht für die Besetzung der Bischöflichen Stühle (Artikel VII des Badischen Konkordats). Damit bleibt sichergestellt, daß die Inhaber dieser herausgehobenen Funktionen auch weiterhin deutsche Staatsangehörige sein müssen. Der Freistaat hat im Schlußprotokoll auf die Ableistung des bischöflichen Treueids (Artikel 16 RK) verzichtet. Aus seinem heutigen Verständnis des Verhältnisses von Staat und Kirche ist der Treueid nicht mehr gerechtfertigt, weil er dem Gebot der Trennung von Staat und Kirche widerspricht und ein tatsächlich nicht bestehendes Subordinationsverhältnis der geistlichen gegenüber der weltlichen Leitung symbolisiert.

Kommentierung 1. Artikel 2 nebst Schlussprotokoll unterscheidet sich von Artikel 2 des Evangelischen Vertrags lediglich durch Präzisierung ohne abweichende Bedeutung. Die ausdrückliche Nennung der Diözesanbischöfe und der Wegfall des Wortes „Vertreter“ auf staatlicher Seite (Absatz 1) unterstreicht lediglich, dass sog. Spitzengespräche – neben Gesprächen auf allen anderen Ebenen78 – angestrebt werden. Dabei versteht sich von selbst, dass bei Verhinderung Vertretungen rechtlich zulässig sind, soweit sie nicht wie etwa für Kabinettsitzungen ausdrücklich ausgeschlossen werden. Auch dass die Vertretung der kirchlichen Anliegen eine „ständige“ sein soll (Absatz 2), liegt auf der Hand. Sprachlich unklar ist zwar die Vereinbarung einer „gemeinsamen“ statt einer „gegenseitigen“ Information, weil nicht gemeinsame Informationen von Dritten eingeholt werden sollen; doch das Gemeinte ist offensichtlich. 78

Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3617, Begründung, S. 6.

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Schließlich dient die Benennung der gemeinsamen Vertretung als „Katholisches Büro“ der Klarheit über diese Einrichtung.79 Übereinstimmend mit vergleichbaren Einrichtungen ist das Katholische Büro als „Kommissariat der Bischöfe“80 gestaltet. Eine Verpflichtung zu übereinstimmenden Stellungnahmen der Bischöfe ist nicht ausdrücklich vorgesehen, doch setzt ein gemeinsames Büro eine Vorabeinigung voraus.81 Absatz 3 mit Schlussprotokoll stimmt mit Artikel 2 Abs. 3 Ev. Vertrag überein. 2. Artikel 13 behandelt die komplizierte Regelung für die Besetzung der Bischofsstühle und Kanonikate in allen drei Bistümern des Landes. Vorausgeschickt wird im Schlussprotokoll zu Artikel 13 der generelle Verzicht des Landes auf die Entgegennahme des Bischöflichen Treueids gemäß Art. 16 des Reichskonkordats.82 3. Artikel 13 Abs. 1 und 2 spiegelt für die staatliche Beteiligung an der Besetzung kirchlicher Ämter durch die Verweisung auf die unterschiedlichen vertraglichen Grundlagen die Zugehörigkeit der Diözesen Dresden-Meißen, Görlitz und Magdeburg (die Diözesen Görlitz und Magdeburg erstrecken sich nur zu einem kleinen Teil auf sächsisches Gebiet) zu unterschiedlichen Rechtskreisen wider, nämlich dem sächsischen und dem ehemals preußischen.83 Die Unterschiede sind allerdings gering; sie bestehen vornehmlich in unterschiedlichen Verfahren bei der Bischofswahl und der Anwendung der Politischen Klausel sowie in unterschiedlichen Anforderungen an die leitenden kirchlichen Mitarbeiter.84 Ob die Einhaltung der in Artikel 13 vereinbarten Verfahren gerichtlich durchsetzbar ist85, kann hier dahingestellt bleiben, weil für die Durchsetzung staatlicher Ansprüche regelmäßig „nur“ die Freundschaftsklausel angerufen zu werden pflegt – so auch im Fall der Auseinandersetzung um die Bischofsnachfolge in Köln – und der Freistaat schon aus politischen Gründen kaum einen Prozess gegen die Kirche anstrengen dürfte, während umgekehrt die Kirche angesichts des immer populären „deutschen Privilegs“ bei der Bischofswahl kein Interesse an Vertragsverletzungen haben dürfte. a) Für die Bistümer Görlitz und Magdeburg gelten über die Verweisung jeweils auf Artikel 3 und 4 nebst Schlussprotokollen der Bistumserrichtungsverträge für 79 Das Katholische Büro arbeitet aufgrund einer – unveröffentlichten – Satzung v. 25. 6. 1992, also zu einer Zeit noch vor Inkrafttreten des Vertrages. 80 Siehe Erl. B. II. 4. [2.]. 81 Sie kommt in der Praxis in aller Regel auch zustande; auch die an sich selbstständige „Caritas“ wird zuweilen vom Katholischen Büro vertreten. 82 Zum Fehlen einer grundsätzlichen Treueidspflicht des Koadjators vgl. St. Haering, Staatliche Beteiligung, 1999, S. 301 ff. 83 Zu den Gründen für die umständliche Regelung sowie ausführlich zu den Einzelheiten vgl. K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 418 ff.; ferner H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, FS Heckel, 1999, S. 463 (483 ff.). 84 Eine Auflistung findet sich bei K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 429. 85 St. Korta, Der Katholische Kirchenvertrag Sachsen, S. 172, bezweifelt das unter Berufung auf H. de Wall.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

Görlitz86 und für Magdeburg87 die Regelungen der Artikel 6 und 7 des Preußenkonkordats (Absatz 1). Damit kommen für die Bestellung der Bischöfe das „deutsche Privileg“ der Bischofswahl (Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Preußenkonkordat) unter Vorschlagsberechtigung des Kathedralkapitels und aller in den preußischen Nachfolgeländern residierenden Bischöfe88 sowie die Politische Klausel (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 PrK),89 für die Bestellung des Koadjutors ebenfalls die Politische Klausel (Art. 7 PrK)90 und für die Verleihung der Dignitäten und die Besetzung der Kanonikate der Wechsel im Vorschlagsrecht bzw. zwischen jeweils Anhörung und Zustimmungsvorbehalt des Kathedralkapitels (Art. 8 PrK)91 zur Anwendung. Ferner gelten die allgemeinen Anstellungsvoraussetzungen (Triennium) gemäß der Verweisung im Schlussprotokoll zu Artikel 13 Abs. 1 des Kirchenvertrags für die in den Art. 3 und 4 der Bistumserrichtungsverträge Görlitz und Magdeburg genannten Personen, also den Bischof, den Koadjutor und die Mitglieder des Kathedralkapitels, auf Artikel 9 Abs. 1 und 2 Preußenkonkordat mit den dort vorgesehenen Dispensmöglichkeiten,92 nicht jedoch nach sächsischem Vertragsrecht für den Vakanz-Vertreter, den Weihbischof und sonstige leitenden Personen. Bezüglich der Anwendung der Politischen Klausel gab es die Feststellung in der Amtlichen Begründung, im Falle der Geltendmachung von Bedenken werde die Kir86 Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Brandenburg sowie dem Freistaat Sachsen über die Errichtung des Bistums Görlitz v. 4. 5. 1994, Anl. zum Ges. v. 23. 6. 1994 (GVBl., S. 1058). 87 Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und den Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und dem Freistaat Sachsen über die Errichtung des Bistums Magdeburg vom 13. 4. 1994, Anl. zum Gesetz vom 16. 6. 1994 (Sächs. GVBl., S. 1045); Art. 3 lautet: Die Besetzung des Bischöflichen Stuhls erfolgt entsprechend Artikel 6 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929. Schlussprotokoll Abs. 1: Die Ernennung eines Koadjutors erfolgt entsprechend Artikel 7 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929. Die Länder Brandenburg und Freistaat Sachsen wenden Artikel 16 des Konkordats zwischen dem Deutschen Reich und dem Heiligen Stuhl vom 20. Juli 1933 nicht an. Art. 4: (1). Das Kathedralkapitel wird gebildet aus dem Dompropst, vier residierenden und drei nichtresidierenden Domkapitularen (für Görlitz: besteht aus dem Dompropst und fünf residierenden Domkapitularen). (2) Der Diözesanbischof ernennt den Dompropst abwechselnd nach Anhörung und auf Ersuchen des Kathedralkapitels. Die Besetzung der Kanonikate erfolgt entsprechend Artikel 8 Abs. 2 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929. Schlussprotokoll zu Art. 3 und 4: Die Länder SachsenAnhalt, Brandenburg und der Freistaat Sachsen (für Görlitz: Das Land Brandenburg und der Freistaat Sachsen) erklären, dass Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 Satz 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 sowie die entsprechenden Bestimmungen der Verfassungen der Länder unberührt bleiben. 88 S. dazu Erl. B. II. 4. [4.]. 89 Wortlaut siehe Fn. 95. 90 Wortlaut von Art. 7 siehe Fn. 95; zur Kritik an der Beibehaltung der Politischen Klausel vgl. G. Burger, Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. 7. 1996, LKV 1997, S. 317 (319). 91 Wortlaut s. Fn. 144. 92 Wortlaut s. Fn. 87.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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che den Gewählten nicht zum Bischof ernennen.93 Anlass zu einer Klarstellung in Gestalt eines Briefes des Sächsischen Staatsministers der Justiz an den Nuntius vom 9. 2. 1997 mit dem – allerdings ohne Schlussfolgerungen versehenen – Hinweis auf das Letztentscheidungsrecht des Heiligen Stuhls nach dem Zusatzprotokoll zu Artikel III Abs. 2 Badisches Konkordat und auf die Artikel 140 GG/137 Abs. 3 Satz 2 WRV sowie der Antwort des Nuntius vom 9. 2. 1997 mit der Feststellung, dass „der Heilige Stuhl die Gründe der erhobenen Bedenken gewissenhaft überprüfen“ werde, in jedem Fall aber „seine Freiheit bei der letzten Entscheidung nicht beeinträchtigt“ sehe.94 Die Haltung des Heiligen Stuhls entspricht der völlig herrschenden Meinung über die Auslegung der Verfassungsartikel95, die ebenfalls für den Koadjutor gilt. Der Verzicht auf die Entgegennahme des bischöflichen Treueids ergibt sich aus dem Schlussprotokoll zu Artikel 13.96 b) Für das Bistum Dresden-Meißen kommen gemäß Absatz 2 nebst Schlussprotokoll für die Besetzung des Bischöflichen Stuhls über die Verweisung auf Artikel 14 Abs. 1 des Reichskonkordats gemäß dessen Satz 297 die „für den Metropolitansitz der Oberrheinischen Kirchenprovinz Freiburg getroffenen Regelungen“98 zur Anwen93 Vgl. LT-Drs. 2/3612, Begründung, S. 21 f.; diese Feststellung erfolgte trotz der Hinweise in den Schlussprotokollen zu den Art. 3 und 4 der Bistumserrichtungsverträge für Görlitz und Magdeburg auf die Art. 140 GG/137 Abs. 3 Satz 2 WRV, mit denen gerade auch auf Wunsch der Sächsischen Regierung in den Vertragsverhandlungen zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass kein staatliches Vetorecht besteht; zum Wortlaut der Schlussprotokolle s. Fn. 144. 94 Beide Briefe abgedruckt bei K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 426 f. 95 Siehe Erl. B. II. 4. [3. c)]. 96 Zum Fehlen einer grundsätzlichen Treueidspflicht des Koadjutors vgl. St. Haering, Staatliche Beteiligung, 1999, S. 301 ff. 97 Art. 14 Abs. 1 lautet: Die Kirche hat grundsätzlich das freie Besetzungsrecht für alle Kirchenämter und Benefizien ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinden, soweit nicht durch die im Artikel 2 genannten Konkordate andere Vereinbarungen getroffen sind. Bezüglich der Besetzung von Bischöflichen Stühlen findet auf die beiden Suffraganbistümer Rottenburg und Mainz wie auch für das Bistum Meißen die für den Metropolitansitz der Oberrheinischen Kirchenprovinz Freiburg getroffene Regelung entsprechend Anwendung. Das gleiche gilt für die erstgenannten zwei Suffraganbistümer bezüglich der Besetzung von domkapitularischen Stellen und der Regelung des Patronatsrechtes. 98 Sie ist enthalten in Art. III nebst Schluss- und Zusatzprot. des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Baden v. 12. 10. 1932, abgedr. bei J. Listl, (Fn. 16), Bd. 1, S. 135; Art. III lautet: (1) Nach Erledigung des Erzbischöflichen Stuhles reicht das Domkapitel dem Heiligen Stuhl eine Liste kanonisch geeigneter Kandidaten ein. Unter Würdigung dieser sowie der durch den Erzbischof jährlich einzureichenden Listen benennt der Heilige Stuhl dem Domkapitel drei Kandidaten, aus denen es in freier geheimer Abstimmung den Erzbischof zu wählen hat. Unter den drei Benannten wird mindestens ein Angehöriger der Erzdiözese Freiburg i. Br. sein. Schlussprot.: 1. Für den Fall der Bestellung eines Koadjutors cum iure successionis für den Erzbischof von Freiburg wird der Heilige Stuhl im Benehmen mit der Badischen Staatsregierung vorgehen. 2. Als Angehöriger der Erzdiözese Freiburg gilt auch ein aus der Erzdiözese stammender Geistlicher, der in derselben seine Studien ganz oder teilweise absolviert und wenigstens zeitweise im Dienste der Erzdiözese gestanden hat.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

dung.99 Da Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 Reichskonkordat nur die Bischofsbestellung betrifft und Absatz 1 Satz 3 bezüglich der Besetzung des Domkapitels das Bistum Meißen ausdrücklich nicht aufführt, gilt für die Besetzung der Kanonikate gemäß Satz 1 des Schlussprotokolls zu Absatz 2 Katholischer Kirchenvertrag Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 des Reichskonkordats, also ebenso wie für die sonstig leitenden Personen (außer dem Koadjutor) das freie Besetzungsrecht des Heiligen Stuhls. Artikel III Abs. 1 nebst Schlussprotokoll des Badischen Konkordats100 enthält für die Besetzung des Bischofsamtes vier Besonderheiten. Zum einen reicht im Rahmen des dort geregelten „deutschen Privilegs“101 nur das Kathedralkapitel aktuelle Vorschläge für geeignete Bischofkandidaten beim Heiligen Stuhl ein. Zweitens „würdigt“ der Heilige Stuhl bei der Zusammenstellung der Dreierliste neben den Kapitel-Vorschlägen lediglich die jährlich routinemäßig vorgelegten Vorschläge des zuständigen Bischofs, also nicht ad hoc eingereichte Vorschläge einer größeren Zahl von Bischöfen. Drittens muss gemäß Artikel III Abs. 1 Satz 3 die vom Heiligen Stuhl aufgestellte Liste einen Angehörigen der Diözese Dresden-Meißen enthalten, wobei laut Ziffer 1 des Schlussprotokolls zu Artikel III Abs. 1 dieser Kandidat nicht zwingend zu diesem Zeitpunkt in der Diözese zu wohnen braucht, sondern nur dort gebürtig sein und sein Studium ganz oder teilweise dort absolviert haben muss; mit der letztgenannten Besonderheit wird die Möglichkeit der Bestellung eines ortsverbundenen Kandidaten sichergestellt, wodurch manchen Differenzen wie z. B. anlässlich des „Kölner Investiturstreits“102 vorgebeugt werden kann. Viertens wird die Regelung für die Bestellung eines Koadjutors durch die Systematik der Zuordnung von Ziffer 1 des Schlussprotokoll zu Artikel III Abs. 1 nur als „Unterfall“ für die Bestellung eines Bischofs behandelt;103 doch ist für diesen Fall – im Unterschied zu den neueren Vertragsregelungen – ein Benehmen mit der Staatsregierung vorgesehen, (2) Vor der Bestellung des vom Domkapitel zum Erzbischof Erwählten wird der Heilige Stuhl beim Badischen Staatsministerium sich vergewissern, ob gegen denselben seitens der Staatsregierung Bedenken allgemein-politischer Art bestehen. Zusatzprot.: 1. Für den Fall eines seitens der Badischen Staatsregierung geltend gemachten Bedenkens allgemein-politischer Art soll der Versuch gemacht werden, gemäß Artikel XII des Konkordates zu einer Einigung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Badischen Staatregierung zu gelangen; führt aber der vorgesehene Versuch zu keiner Einigung, dann ist der Heilige Stuhl frei, die Besetzung des Erzbischöflichen Stuhles zu Freiburg zu vollziehen. Entsprechendes gilt auch für die im Schlussprotokoll Ziffer 1 zu Artikel III Absatz 1 des Konkordates vorgesehene Bestellung eines Coadjutors cum iure successionis für den Erzbischof zu Feiburg. Art. XII: Die Hohen Vertragsschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Konkordats auf freundschaftliche Weise beseitigen. 99 Die Anwendung des Badischen Konkordats wurde nach K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 422, vorgesehen, um die Bezugnahme auf den „Reichsstatthalter“ in Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 Reichskonkordat zu umgehen. 100 Zum Wortlaut siehe Fn. 169. 101 Siehe Erl. B. II. 4. [4.]. 102 A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 75. 103 Vgl. K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 433.

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das allerdings nicht mit dem Verfahren bei Anwendung der Politischen Klausel gleichzusetzen ist.104 Die Politische Klausel ist gemäß Artikel III Abs. 2 nebst Ziffer 1 des Schlussprotokoll und Nr. 1 des Zusatzprotokolls des Badischen Konkordats auf den Bischofswie auf den Koadjutor-Kandidaten anzuwenden,105 wobei gemäß dem Zusatzprotokoll zu Artikel III Abs. 2 die Anfrage beim Staatsministerium nicht vom Kathedralkapitel, sondern vom Heiligen Stuhl eingereicht wird, und ferner für den Fall staatlicher Bedenken, die aber ausdrücklich nur allgemein-politischer Art sein dürfen, zunächst ein Einigungsversuch vorgesehen ist, nach dessen Scheitern der Heilige Stuhl aber in der Besetzung frei ist. Die allgemeinen Anstellungsvoraussetzungen106 gelten gemäß der Verweisung in Artikel 13 Abs. 2 nebst Schlussprotokoll des Katholischen Vertrags auf Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Reichskonkordats und der Weiterverweisung auf Artikel VII Abs. 1 Badisches Konkordat107 für den Bischof und den Koadjutor, den Weihbischof und weitere leitende Personen, nicht aber für Vakanz-Vertreter.108 4.) Artikel 13 nebst Schlussprotokoll reduziert die Anzeigepflichten der Kirche sowie die Anstellungsvoraussetzungen für Pfarrstelleninhaber, wie sie in den früheren Konkordaten109, deren generelle Fortgeltung aber indirekt durch die Worte „in Abweichung“ anerkannt wird, festgelegt wurden. Der Wegfall der Anzeigepflicht für die Neubesetzung von Pfarrstellen, die ihren Grund in der Überprüfungsmöglichkeit der Einhaltung der Anstellungsvoraussetzungen durch das Land gemäß Artikel 10 Abs. 2 Preußenkonkordat hatte, ist eine Konsequenz aus der Beschränkung 104 A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 58, sieht darin einen Ausgleich für das nicht gewährte Wahlrecht. 105 Zur Aufrechterhaltung der Politischen Klausel vgl. A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 78 ff.; kritisch dazu, auch unter Hinweis auf den Verzicht auf die Politische Klausel im Evangelischen Kirchenvertrag, H. v. Bose, Neue Entwicklungen, LKV 1998, S. 295 (299). 106 Zu den Anstellungsvoraussetzungen für Pfarrstellen-Inhaber siehe Erl. 4. 107 Art. VII Abs. 1 lautet: Angesichts der in diesem Konkordat zugesicherten Dotation der Erzdiözese wird ein Geistlicher zum Ordinarius des Erzbistums Freiburg i. Br., zum Weihbischof, zum Dompropst, zum Domdekan oder zum Mitglied des Domkapitels oder des Ordinariats oder zum Dompräbendar oder zum Leiter oder Lehrer am Erzbischöflichen Priesterseminar und am Theologischen Konvikt nur bestellt werden, wenn er a) die deutsche Reichsangehörigkeit hat, b) ein zum Studium an einer deutschen Universität berechtigendes Reifezeugnis besitzt, c) ein mindestens dreijähriges philosophisch-theologisches Studium an einer deutschen staatlichen oder an einer deutschen kirchlichen Hochschule oder an einer päpstlichen Hochschule in Rom zurückgelegt hat. Bei kirchlichem und staatlichem Einverständnis kann von den in Absatz 1 zu a), b) und c) genannten Erfordernissen abgesehen werden; insbesondere kann das Studium an anderen deutschsprachigen Hochschulen als den zu c) genannten anerkannt werden. Schlussprot.: Das an einer österreichischen staatlichen Universität zurückgelegte philosophisch-theologische Studium ist entsprechend den Grundsätzen gleichberechtigt, die für die deutschen Universitäten gelten. 108 Vgl. K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 435; St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 312 f. 109 Zum Wortlaut der Art. 14 Abs. 2 RK und 9 PrK s. Fn. 88 und 87.

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der Anstellungsvoraussetzungen auf die Absolvierung eines dreijährigen theologisch-philosophischen Studiums (Satz 1 des Schlussprotokoll zu Abs. 3) für Pfarrer. Im Unterschied zu den Bischöfen, die gemäß Art. VII des Badischen Konkordats110 nach wie vor deutsche Staatsangehörige sein müssen, wird damit auf das Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit und folgerichtig einer in Deutschland anerkannten Reifeprüfung verzichtet. Der Begriff „Pfarrstelle“ (Satz 1 des Schlussprotokoll) ist nach der Amtlichen Begründung „in einem umfassenden Sinne“ zu verstehen, d. h. er bezieht sich auch auf nicht im Gemeindepfarrdienst tätige „mit der Wahrnehmung eines geistlichen Amtes betraute Priester“, also z. B. auf mit der Anstaltsseelsorge auf Dauer Beauftragte oder auf Religionslehrer.111 Diese Regelung trägt auch der Ersetzung von – nicht ausreichend vorhandenen – Religionspädagogen durch Priester,112 aber auch den europarechtlichen Erfordernissen Rechnung. 2. Thüringen Art. 29: (1) Die Landesregierung und die Bischöfe werden sich regelmäßig zu Gesprächen über solche Fragen treffen, die ihr Verhältnis zueinander berühren oder von beiderseitigem Interesse sind. Schlussprotokoll: Unter regelmäßigen Gesprächen sind Zusammenkünfte gemeint, die möglichst einmal jährlich stattfinden. (2) Sie werden sich vor der Regelung von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen maßgeblich berühren, rechtzeitig miteinander ins Benehmen setzen und sich zur Besprechung solcher Fragen zur Verfügung stellen. Art. 5: (1) Die Besetzung des Bischöflichen Stuhls von Erfurt erfolgt gemäß Artikel 3 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen über die Errichtung des Bistums Erfurt vom 14. Juni 1994 in Verbindung mit Artikel 6 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929. (2) Für die Besetzung des Bischöflichen Stuhles von Fulda gilt Artikel 6 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929. Bezüglich des Bischöflichen Stuhls von Dresden-Meißen findet die in Artikel III Abs. 1 des Badischen Konkordats vom 12. Oktober 1932 getroffene Regelung in Verbindung mit Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juni 1933 Anwendung. Im Fall der Besetzung des Bischöflichen Stuhls von Fulda richtet das Kathedralkapitel die Anfrage, ob Bedenken allgemeinpolitischer Natur bestehen, auch an den Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen. Im Fall der Besetzung des Bischöflichen Stuhls von Dresden-Meißen geht die entsprechende Anfrage vom Heiligen Stuhl aus. Schlussprotokoll zu Absatz 1 und 2: (1) Es besteht Einverständnis darüber, daß, sofern Bedenken allgemeinpolitischer Natur bestehen, solche in kürzester Frist vorgebracht wer110

Siehe Erl. 2; Fn. 174. Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3612, S. 22; dies gilt nicht für in der Seelsorge beschäftigte Hilfsgeistliche, vgl. St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 305; zur Gesamtsituation von nicht-akademisch vorgebildeten Geistlichen vgl. Chr. Link, Staatskirchenrechtliche Probleme (Fn. 20). 112 Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 182). 111

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den. Liegt nach Ablauf von 20 Tagen eine derartige Erklärung nicht vor, so wird der Heilige Stuhl berechtigt sein, anzunehmen, daß Bedenken gegen den Kandidaten nicht bestehen. Über die in Frage stehenden Persönlichkeiten wird bis zur Veröffentlichung der Ernennung volle Vertraulichkeit bewahrt werden. Ein staatliches Vetorecht wird dadurch nicht begründet. (2) Artikel 5 Absatz 2 gilt, solange keine andere Vereinbarung erfolgt. (3) Im Bistum Erfurt wird ein Geistlicher zum Ortsordinarius, zum Weihbischof, zum Generalvikar, zum Mitglied des Kathedralkapitels, zum Domvikar, zum Mitglied einer Diözesanbehörde oder zum Leiter oder Lehrer des Diözesanseminars nur bestellt, wenn er 1. deutscher Staatsangehöriger ist, 2. ein zum Studium an einer deutschen Universität berechtigendes Reifezeugnis besitzt, 3. ein mindestens dreijähriges philosophisch-theologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule, an einem bischöflichen Seminar zur wissenschaftlichen Vorbildung der Geistlichen oder an einer päpstlichen Hochschule in Rom absolviert hat. Schlussprotokoll: Das an einer österreichischen staatlichen Universität oder einer deutschsprachigen schweizerischen Universität absolvierte philosophisch-theologische Studium wird entsprechend den Grundsätzen für andere geisteswissenschaftliche Fächer als gleichberechtigt anerkannt. (4) Bei kirchlichem und staatlichem Einverständnis kann von den in Absatz 3 Nr. 1 bis 3 genannten Erfordernissen abgesehen werden; insbesondere kann das Studium an anderen deutschsprachigen Hochschulen als den in Nr. 3 genannten anerkannt werden. Schlussprotokoll: Im Fall des Absatzes 3 Nr. 1 gilt das staatliche Einverständnis als erteilt. (5) Mindestens zwei Wochen vor der beabsichtigten Bestellung eines Geistlichen im Bistum Erfurt zum Weihbischof, zum Generalvikar und zum Mitglied des Kathedralkapitels oder zum Leiter oder Lehrer am Diözesanseminar wird die zuständige kirchliche Stelle dem zuständigen Ministerium von dieser Absicht und von den Personalien des betreffenden Geistlichen Kenntnis geben. Schlussprotokoll zu Abs. 5 und 6: Ein staatliches Einspruchsrecht wird hierdurch nicht begründet. (6) Im Falle der Behinderung oder der Vakanz eines Bischöflichen Stuhls teilt das betreffende Kathedralkapitel dem Ministerpräsidenten den Namen desjenigen mit, der die vorübergehende Leitung der Diözese übernommen hat. (7) Die Diözesanbischöfe werden an die Geistlichen, denen ein Pfarramt dauernd übertragen werden soll, die in Absatz 3 Nr. 1 bis 3 und an sonstigen in der Pfarrseelsorge anzustellenden Geistlichen mindestens die in Nr. 1 und 2 genannten Anforderungen stellen. Im übrigen gilt Absatz 4 entsprechend.

Regierungsbegründung Zu Artikel 29 Diese Bestimmung ist Ausfluß der Partnerschaft von Staat und Kirche und dient der Erhaltung und Festigung der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Zu Artikel 5 Regelungsgegenstand ist die Besetzung kirchlicher Ämter der durch diesen Vertrag betroffenen Bistümer.

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Absatz 1 bestimmt die Besetzung des Bischöflichen Stuhls von Erfurt unter Bezugnahme auf die geltende Regelung in Artikel 3 des Bistumserrichtungsvertrags vom 14. Juni 1994, die eine Besetzung entsprechend Artikel 6 des Preußenkonkordats vom 14. Juni 1929 vorsieht. Für die Besetzung des Bischöflichen Stuhls von Fulda wird Artikel 6 des Preußenkonkordats vom 14. Juni 1929 für anwendbar erklärt. Es wird ferner bestimmt, daß im Fall der Besetzung das Kathedralkapitel die Anfrage, ob Bedenken allgemeinpolitischer Natur bestehen, auch an den Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen richtet. Bezüglich des Bischöflichen Stuhls von Dresden-Meißen wird auf die Regelungen in Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 des Reichskonkordats verwiesen, die nach Artikel 13 Abs. 2 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. Juli 1996 gelten. Diese schließen die Anwendbarkeit der in Artikel III Abs. 1 des Badischen Konkordats vom 12. Oktober 1932 enthaltenen Bestimmungen ein. Danach ist bei der Besetzung des Bischöflichen Stuhls das Kathedralkapitel wahlberechtigt. Die Wahl erfolgt auf Grund einer vom Heiligen Stuhl zu erstellenden Dreier-Liste, die einen Kandidaten aus dem Bereich der Diözese enthalten muß. Die Liste wird vom Heiligen Stuhl unter Würdigung der Vorschläg des Domkapitels und der jährlich einzureichenden Vorschläge des bisherigen Diözesanbischofs erstellt. Für diesen Fall ist bestimmt, daß die entsprechende Anfrage vom Heiligen Stuhl ausgeht. Im Schlußprotokoll zu Artikel 5 Abs. 1 und 2 finden sich ergänzende Vereinbarungen über das Verfahren zur Geltendmachung von Bedenken allgemeinpolitischer Natur. Ausdrücklich wurde vereinbart, daß ein staatliches Vetorecht dadurch nicht begründet wird. Im übrigen sieht Absatz 2 des Schlußprotokolls zu Artikel 5 Abs. 1 und 2 vor, daß Artikel 5 Abs. 2 gilt, solange keine andere Vereinbarung erfolgt. In Absatz 3 der hierzu im Schlußprotokoll bestehenden Regelung sind Bestimmungen bezüglich der Besetzung von bestimmten kirchlichen Ämtern ergangen. In Absatz 4 und der dazugehörigen Schlußprotokollbestimmung werden Ausnahmen von den Erfordernissen des Absatzes 3 formuliert. Die Regelungen in den Absätzen 5 und 6 betreffen kirchliche Mitteilungspflichten gegenüber dem Freistaat. In der zugehörigen Schlußprotokollregelung wird klargestellt, daß ein staatliches Einspruchsrecht hierdurch jedoch nicht begründet wird. In Absatz 7 werden die Anforderungen des Absatzes 3 Nr. 1 bis 3, einschließlich der Ausnahmeregelung in Absatz 4, auf die Geistlichen insgesamt übertragen.

Kommentierung 1. Artikel 29 nebst Schlussprotokoll stimmt mit Artikel 2 Abs. 1 bis 3 des Evangelischen Kirchenvertrags nahezu wörtlich überein, enthält allerdings keine Bestimmung über die Errichtung eines Katholischen Büros für die Diözesen Erfurt, Dresden-Meißen und Fulda, das aber unabhängig vom Vertrag errichtet wurde. 2. Artikel 5 regelt die Beteiligung des Freistaates bei der Besetzung kirchlicher Ämter in aller Ausführlichkeit. Da die Fortgeltung des Reichskonkordats ausdrücklich offengelassen wurde,113 andererseits mit Blick auf Artikel 30 nebst Schlussprotokoll möglichst alle Regelungsgegenstände der alten Verträge positiv oder negativ 113

Vgl. Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/2100, S. 23.

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durch den neuen Vertrag geregelt werden sollten,114 sind mit früheren Regelungen übereinstimmende Bestimmungen nur zum Teil durch Verweisungen, zum anderen Teil durch Neuformulierungen in den Vertrag aufgenommen worden. Dabei wurden auch im thüringischen Vertrag wegen der unterschiedlichen Rechtsgeschichte der drei auf thüringischem Gebiet bestehenden Bistümer Erfurt, Fulda und DresdenMeißen, letzteres mit kleinen Gebietsteilen, teilweise getrennte Vereinbarungen in den Absätzen 1 bis 5 getroffen. Ferner gilt auch ohne ausdrückliche Verweisung der Bistumserrichtungsvertrag für Erfurt115, nach dessen Absatz 2 des Schlussprotokoll zu Artikel 3116 der Freistaat die Nichtanwendung von Artikel 16 des Reichskonkordats (Treueid der Bischöfe)117 erklärt. Diese Erklärung ist so zu verstehen, dass der Freistaat generell, also auch bezüglich der Bischöfe in Fulda und Dresden-Meißen, auf die Entgegennahme eines Eides verzichtet. 3. Abs. 1 regelt für das Bistum Erfurt nur die Besetzung des Bischöflichen Stuhls und bedient sich dabei, um das „deutsche Privileg“ der Bischofswahl118 aufrechterhalten zu können, der Verweisung auf die entsprechenden Bestimmungen des Bistumserrichtungsvertrages119, die wiederum auf Artikel 6 des Preußenkonkordats120 verweisen. Damit finden die darin geregelten Verfahren sowohl für die Bischofwahl durch das Kathedralkapitel als auch für die Praktizierung der Politischen Klausel Anwendung. Gleiches gilt gemäß Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Artikel 3 Bistumserrichtungsvertrag121 für die Bestellung eines Koadjutors in Erfurt. Das Schlussprotokoll zu den Absätzen 2 und 3 des Katholischen Vertrages sieht für die Geltendmachung politischer Bedenken eine Ausschlussfrist vor und übernimmt sodann – mit anderen Worten – die Erklärung des Schlussprotokolls zu Artikel 14 Abs. 2 Nr. 2 des Reichskonkordats über den Ausschluss eines staatlichen Vetorechts auch bei Vor-

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Vgl. Amtliche Begründung (Fn. 184), S. 30. Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen über die Errichtung des Bistums Erfurt vom 14. 6. 1994, Anlage zum Gesetz v. 28. 6. 1994 (GVBl., S. 790). 116 Abs. 2 lautet: Der Freistaat wendet Art. 16 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 nicht an. 117 S. Fn. 106. 118 Siehe Erl. B. II. 4. [4.]. 119 Siehe Fn. 186; Art. 3 Errichtungsvertrag lautet: Die Besetzung des Bischöflichen Stuhls erfolgt entsprechend Artikel 6 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929. Schlussprot.: Die Ernennung eines Koadjutors erfolgt entsprechend Artikel 7 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929. Der Freistaat Thüringen wendet Artikel 16 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 nicht an. Schlussprotokoll zu Art. 3 und 4: Der Freistaat Thüringen erklärt, dass Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Artikel 137 Abs. 3 Satz 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 sowie Artikel 40 der Verf. des Freistaates Thüringen unberührt bleiben. 120 Wortlaut siehe Fn. 184. 121 Wortlaut siehe Fn. 119. 115

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Artikel 2 – Zusammenwirken

liegen politischer Bedenken122, die somit auch für die Bistümer Fulda und DresdenMeißen gilt. 4. Artikel 5 Abs. 2 fasst die Regelungen für die Bistümer Fulda und DresdenMeißen, die nicht von Artikel 3 des Bistumserrichtungsvertrags betroffen sind, zusammen. Zu der Verweisung für die Bischofswahl in Fulda auf Artikel 6 des Preußenkonkordats, d. h. auf das „deutsche Privileg“ einschließlich der Politischen Klausel, kann auf die Erläuterungen zu Artikel 13 Abs. 1 des Katholischen Kirchenvertrags Sachsen verwiesen werden; zu der Verweisung für das Bistum Dresden-Meißen auf Artikel 14 Abs. 1 des Reichskonkordats und gleichzeitig auf Artikel III Abs. 1 des Badischen Konkordats wird auf die Erläuterungen zu Artikel 13 Abs. 2 des sächsischen Vertrags verwiesen (gemäß Nr. 1 seines Schlussprotokolls),123 wobei Ziff. 1 des Schlussprotokolls zu Artikel III Abs. 1 auch eine Regelung für den Koadjutor und – über das Zusatzprotokoll – für die Politische Klausel enthält.124 Allerdings erscheint bedenkenswert, ob die alleinige Verweisung auf Absatz 1 des Art. III nicht ein Redaktionsversehen ist – so auch eine Stellungnahme aus dem Kultusministerium – weil dessen Absatz 2 die Anwendung der Politischen Klausel regelt, die in Art. 5 Abs. 2 Satz 4 und im Schlussprotokoll zu Absatz 1 und 2 Katholischer Vertrag als gegeben vorausgesetzt wird; dementsprechend wird man Artikel 5 Abs. 2 Satz 2 auszulegen haben. Die Sätze 3 und 4 betonen für die beiden Bistümer, dass die Anfrage, ob politische Bedenken gegen einen Kandidaten bestehen, auch an den Thüringischen Ministerpräsidenten zu stellen ist, wobei bezüglich Dresden-Meißen eine Anwendung der Politischen Klausel – wie erwähnt – vorausgesetzt wird; zugleich wird in Satz 4 daran erinnert, dass nach dem im Kirchenvertrag Sachsen herangezogenen Artikel III Abs. 2 des Badischen Konkordats die Anfrage nicht vom Kathedralkapitel, sondern vom Heiligen Stuhl zu stellen ist. Absatz 2 des Schlussprotokolls zu den Absätzen 1 und 2 über die nur vorläufige Geltung betrifft lediglich die Regelung des Absatzes 2 des Vertrages, was nur bedeuten kann, dass eine Neuregelung nicht als Ersatz für die auch durch Absatz 1 übernommenen preußischen Bestimmungen ins Auge gefasst wird, sondern nur für die Bestimmungen des Badischen Konkordats und daraus möglicherweise auch nur hinsichtlich der Anfrage durch den Heiligen Stuhl anstatt durch das Kapitel. 5. Die Absätze 2, 4 und 7 regeln die Anstellungsvoraussetzungen und die darauf bezogenen Dispensmöglichkeiten für Geistliche im Bistum Erfurt. Die Regelung, einschließlich der des Schlussprotokolls, entspricht im Prinzip Artikel 9 Abs. 1 und 2 des Preußenkonkordats125, wobei allerdings die Anknüpfung an die Vergüns122

Abs. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 lautet: Ein staatliches Vetorecht soll nicht begründet werden. 123 Siehe Erl. B. II. 1. [3.]. 124 Ziff. 1 Satz 2 des Zusatzprotokolls wendet die Politische Klausel auch auf Ziff. 1 des Schlussprotokolls zu Art. III Abs. 1 (Koadjutor) an. 125 Wortlaut s. Fn. 1577.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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tigung in Gestalt der Staatsleistung entfallen ist, andererseits im Schlussprotokoll zusätzlich die deutschsprachigen schweizerischen staatlichen Hochschulen den deutschen und österreichischen Hochschulen gleichgestellt werden. Der Koadjutor wird durch die Nennung des Weihbischofs und des Generalvikars erfasst, der Vakanz-Vertreter durch den Begriff „Ortsordinarius“.126 Eine Besonderheit besteht darin, dass ein Dispens von dem Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß dem Schlussprotokoll zu Absatz 4 von staatlicher Seite grundsätzlich als erteilt gilt. Für den in Absatz 3 genannten Personenkreis in den Bistümern Fulda und Dresden-Meißen überlässt der Vertrag die Regelung der Anstellungsvoraussetzungen den Ländern Hessen und Sachsen, in denen auch entsprechende vertragliche Vereinbarungen bestehen. Absatz 7 übernimmt mit der Unterscheidung zwischen künftigen Pfarramtsinhabern und sonstigen in der Seelsorge einzustellenden Geistlichen die Regelung des Artikels 10 Abs. 1 des Preußenkonkordats, also die üblichen Anstellungsvoraussetzungen für die Erstgenannten und für die übrigen Personen nur das Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit, auf das aber staatlicherseits gemäß dem Schlussprotokoll zu Artikel 1 im Einzelfall verzichtet wird, und des anerkannten Reifezeugnisses; für alle Anforderungen besteht nach Absatz 4 eine Dispensmöglichkeit. Da die geistlichen Religionslehrer nicht in der Seelsorge tätig sind, wird man sie ebenso wie nach Artikel 13 Abs. 3 des Katholischen Vertrags Sachsen zu den Pfarramtsinhabern zu rechnen haben. Entfallen ist demgegenüber die Regelung des Artikels 10 Abs. 2 Preußenkonkordat über die nachträgliche Übermittlung der Personalien zwecks Überprüfung der Einhaltung der Anstellungsvoraussetzungen für den in Absatz 7 genannten Personenkreis. 6. Absatz 5 übernimmt für das Bistum Erfurt die Regelung des Artikels 9 Abs. 3 Preußenkonkordat mit der Vorabunterrichtung über die Bestellung leitender kirchlicher Personen und deren Personalien, ausgenommen den Bischof und den Koadjutor, bezüglich derer die Unterrichtung im Rahmen des Verfahrens der Politischen Klausel stattfindet. Gemäß Absatz 6 gilt die Mitteilungspflicht ebenfalls für den Vakanz-Vertreter, allerdings beschränkt auf dessen Namen. Abweichend von Artikel 9 Abs. 3 Preußenkonkordat erfolgt die Unterrichtung über den Weihbischof und den Generalvikar bereits vor deren Bestellung. Dass diese Mitteilungen nur der Information dienen, aber nicht zu Einsprüchen berechtigen, kommt vorsorglich im Schlussprotokoll zu den Absätzen 5 und 6 zum Ausdruck. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 3: (1) Zur Klärung von Fragen und zur Vertiefung ihrer Beziehungen treffen sich die Landesregierung und die Diözesan-Erzbischöfe regelmäßig. 126 Vgl. St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 304, Fn. 40, unter Hinweis auf can. 406 §§ 1 und 2 CiC/1983.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

(2) Die Landesregierung unterrichtet die Erzbischöfe von Gesetzgebungsvorhaben und Programmen, die Belange der Kirche unmittelbar berühren, und hört sie an. (3) Die Erzbistümer vertreten ihre Angelegenheiten gegenüber dem Land einheitlich. Die Erzbischöfe bestellen einen gemeinsamen ständigen Beauftragten am Sitz der Landesregierung. Art. 15: (1) Die Kirche ist frei bei der Besetzung ihrer Ämter. Art. 25: (2) Unberührt bleibt der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung von Erzbistum und Kirchenprovinz Hamburg vom 22. September 1994. (3) Unberührt bleiben die Bestimmungen des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 über das Verfahren bei der Besetzung des Erzbischöflichen Stuhles, bei der Ernennung eines Koadjutors sowie bei der Besetzung der Kanonikate in Berlin. Diese Bestimmungen gelten für das Erzbistum Berlin auch in Bezug auf das Land Mecklenburg-Vorpommern, solange keine andere Vereinbarung erfolgt.

Regierungsbegründung Zu Artikel 3 Absatz 1 begründet eine Pflicht zu regelmäßigen Konsultationen zwischen der Landesregierung und den Erzbischöfen von Hamburg und Berlin. Absatz 2 gibt den Erzbischöfen das Recht, bei bestimmten Gesetzgebungsvorhaben und Programmen unterrichtet und mit ihren Stellungnahmen angehört zu werden. Er begründet kein Recht, den Inhalt der Vorhaben und Programme in bestimmter Weise materiell bestimmen zu können. Absatz 3 sichert, daß die beiden Erzbistümer gegenüber dem Land einheitlich auftreten, und zum Beispiel bei der Zulassung von Schulbüchern, für den Religionsunterricht einheitlich votieren. Zu Artikel 15 Die Freiheit der Kirche bei der Besetzung ihrer Ämter umfaßt gemäß Absatz 1 alle Stellen, nicht nur die von Kirchenbeamten. Artikel 15 Absatz 2 bestimmt in Konsequenz zur Anerkennung der Kirche als öffentlichrechtliche Körperschaft, daß kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist. Daraus folgt, daß zum Beispiel Lehrer aus dem kirchlichen Schuldienst in den Staatsdienst wechseln können, ohne Nachteile bei Dienstalter oder Versorgung zu erleiden. Weil kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, muß die Kirche grundsätzlich fachliche Ausbildung nach Standards gewährleisten, die denen des öffentlichen Dienstes des Staates gleichwertig sind. Zu Artikel 25 Absatz 1 bestimmt, daß die in diesem Vertrag berührten Materien durch diesen Vertrag abschließend geregelt werden. Für die praktische Rechtsanwendung hat das zur Folge, daß – von den Ausnahmen der Abs. 2 bis 4 abgesehen – keine anderen Verträge oder Vereinbarungen zwischen Land und Heiligem Stuhl Anwendung haben. Denn in diesem Vertrag sind u. a. alle

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Materien geregelt, die bislang im Reichskonkordat oder im sogenannten Preußenkonkordat geregelt sind. Absatz 2 stellt klar, daß der vierseitige Vertrag über die Errichtung des Erzbistums Hamburg unberührt bleibt. Absatz 3 bestimmt, daß die genannten Bestimmungen des „Preußen-Konkordates“ hinsichtlich der Mitwirkung der betroffenen Landesregierungen auch für das neue Erzbistum Berlin und auch für das Land Mecklenburg-Vorpommern gelten. Damit ist klargestellt, daß Mecklenburg-Vorpommern die gleichen Mitwirkungsrechte hat wie Berlin oder Brandenburg. Eine andere Vereinbarung, um diese überkommenen Mitwirkungsrechte den heutigen Erfordernissen anzupassen, ist aber ausdrücklich möglich. Absatz 4 ist eine abstrakte Fortgeltungsklausel, die ihre Wirkung nur in dem Fall entfaltet, daß der jetzige Kirchenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern ersatzlos außer Kraft treten sollte. Für die Dauer der Geltung dieses Vertrages ist die Bestimmung des Absatzes 1 bedeutsam.

Kommentierung 1. Artikel 3 Abs. 1 ist weiter gefasst als Artikel 2 Abs. 1 des Evangelischen Vertrags, indem die Gesprächsthemen nicht mehr eingegrenzt werden auf das Verhältnis von Staat und Kirche, so dass in den – in der Praxis nicht ökumenisch geführten – Spitzengesprächen jedes gewünschte Thema angesprochen werden kann. Unter „regelmäßig“ verstehen die Beteiligten bisher Gespräche, die alle 18 Monate stattfinden. Teilnehmer auf katholischer Seite sind üblicherweise die beiden Erzbischöfe in Hamburg und Berlin sowie ein Generalvikar, ein Weihbischof und der Beauftragte, auf staatlicher Seite der Ministerpräsident und die jeweils zuständigen Minister. 2. Artikel 3 Abs. 2 ist detaillierter formuliert als Artikel 2 Abs. 2 Evangelischer Vertrag, indem die „Beteiligung“ der Kirche in Gestalt von Vorabunterrichtung und Anhörungsrecht erläutert wird. Die Beschränkung auf eine nur passive Anhörung durch die Landesregierung wird aber in der Praxis einen echten Meinungsaustausch nicht ausschließen, zu dem die ausdrückliche vertragliche Zusage von Spitzengesprächen die Kirche grundsätzlich berechtigt.127 Zu den „Gesetzgebungsvorhaben“ werden in der Praxis zutreffend auch Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen mit Außenwirkung gezählt.128 3. Artikel 3 Abs. 3 Satz 1 legt deutlicher als Artikel 2 Abs. 3 Evangelischer Vertrag eine Einheitlichkeit der Stellungnahmen gegenüber dem Land fest. Die Bestellung eines gemeinsamen Beauftragten nach Satz 2 erfolgt durch persönliche Ermächtigungen. Gemäß Artikel 10 Abs. 2 des Bistumserrichtungsvertrags vom 22. 9. 1994129 leitet der „ständige Beauftragte“ in Schwerin eine „regionale Behörde“; zugleich als Beauftragter des Erzbischofs in Berlin.130 127

Siehe dazu Erl. A. [e)]. Siehe Erl. A. [d)]. 129 Anlage zum Gesetz zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Land Schleswig-Hol128

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Artikel 2 – Zusammenwirken

4. Artikel 15 Abs. 1 wiederholt in positiver Form die Aussage des Artikels 137 Abs. 3 Satz 2 WRV und bringt damit zum Ausdruck, dass einschränkende staatliche Befugnisse im Zusammenhang mit der Bischofwahl nicht zu einem Vetorecht führen können.131 Eine weitere Konsequenz ist der Wegfall der Anstellungsvoraussetzungen für Geistliche (Triennium); im Hinblick auf die kodifikatorische Natur des Vertrags nach Artikel 25 Abs. 1132 verdrängt Artikel 15 Abs. 1 mangels ausdrücklicher Aufrechterhaltung entsprechende frühere Bestimmungen des Preußenkonkordats und des Reichskonkordats. 5. Für die Bischofswahl waren auch in Mecklenburg-Vorpommern sowohl die Ortskirche als auch das Land stark an der Aufrechterhaltung des „deutschen Privilegs“ interessiert, also an der Wahl durch das jeweilige Metropolitankapitel anhand einer vom Heiligen Stuhl zusammengestellten Liste. Artikel 25 Abs. 3 sowie mittelbar auch Absatz 2 enthalten daher die entsprechende Regelung. a) Artikel 25 Abs. 2 bezieht sich mit der ausdrücklich erklärten Aufrechterhaltung des Bistumserrichtungsvertrags Hamburg133 nur auf den Landesteil Mecklenburg (früheres Bischöfliches Amt Schwerin) und bezüglich der Bischofsbestellung auf Artikel 6 Abs. 1 des Bistumserrichtungsvertrags134, der im Wesentlichen mit Artikel 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Preußenkonkordats übereinstimmt und damit das „deutsche Privileg“ für die Bischofsbestellung135, aber auch für die dem ehemaligen Land Preußen nicht zugehörigen Freistaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz vertragsrechtlich verbürgt.136 Die gemäß Artikel 6 Abs. 1 neben dem Kapitel ebenfalls vorschlagsberechtigten Erzbischöfe und Bischöfe residieren in

stein über die Errichtung von Erzbistum und Kirchenprovinz Hamburg v. 8. 11. 1994 (GVOBl. M.-V. S. 1026). 130 Vgl. die rechtliche Vollmacht des Erzbischofs in Hamburg vom 12. 1. 1995 (KABl. HH S. 8). 131 Siehe dazu Erl. A. [c)]. 132 So auch H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 487. 133 Siehe Fn. 129. 134 Art. 6 Abs. 1 lautet: Zur Neubesetzung des Erzbischöflichen Stuhles reichen sowohl das Metropolitankapitel als auch die Diözesanerzbischöfe und -bischöfe der Kirchenprovinz Hamburg, Köln und Paderborn, der Erzbischof von Berlin und der Bischof von Görlitz dem Heiligen Stuhl Listen von kanonisch geeigneten Kandidaten ein. Unter Würdigung dieser Listen benennt der Heilige Stuhl dem Metropolitankapitel drei Personen, aus denen es in freier geheimer Abstimmung den Erzbischof zu wählen hat. Bei der Aufstellung der Kandidatenliste und bei der Wahl wirken die nichtresidierenden Domkapitulare mit. 135 Siehe Erl. B. II. 4. [4.]. 136 Das frühere Bischöfliche Amt Schwerin wurde zwar als „Missionsgebiet“ durch Art. 2 Abs. 3 Preußenkonkordat dem Bistum Osnabrück einverleibt, doch wurden damit mangels Staatsverträgen nicht die Regelungen des Preußenkonkordats auf das Gebiet Schwerin erstreckt (vgl. die Verfassungen der katholischen Gemeinden in den Freistaaten MecklenburgSchwerin und Mecklenburg-Strelitz, jeweils v. 17. 11. 1930, KABl. Osnabrück S. 141 und 143).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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den Diözesen der Nachfolgeländer Preußens.137 „Kanonisch geeignete Kandidaten“ sind diejenigen, die die kirchlicherseits festgelegten Eignungsvoraussetzungen erfüllen.138 Eine Politische Klausel ist, auch mit Blick auf Artikel 15 Abs. 1, nicht vorgesehen, stattdessen eine Vorabunterrichtung über die Bestellung des Erzbischofs gemäß Artikel 6 Abs. 2 Bistumserrichtungsvertrag Hamburg.139 Sollte eine Landesregierung schwerwiegende Bedenken haben, kann sie diese somit auch ohne Politische Klausel rechtzeitig geltend machen. Bezüglich der Unterrichtung über die Bestellung eines Koadjutors gilt gemäß Artikel 6 Abs. 3 Bistumserrichtungsvertrag die gleiche Regelung, ebenso für die Bildung des Metropolitankapitels sowie die Bestellung des Dompropstes und der Domkapitulare gemäß Artikel 4 Abs. 3 (Schlussprotokoll zu Artikel 4 Abs. 3 und zu Artikel 6 Abs. 2 und 3), nicht dagegen für die in Artikel 5 Bistumserrichtungsvertrag angesprochene Bestellung eines Weihbischofs. Auf die Ablegung eines Treueids hat das Land gemäß Artikel 6 Abs. 3 des Bistumserrichtungsvertrags verzichtet.140 b) Für den Landesteil Vorpommern, dessen Gebiet kirchenrechtlich zur Kirchenprovinz Berlin gehört, finden mangels eines Erzbistumserrichtungsvertrags gemäß Artikel 25 Abs. 3 die Bestimmungen des Preußenkonkordats141 Anwendung, d. h. dessen Artikel 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 für die Bischofwahl,142 Artikel 7 für den Koadjutor143 und Artikel 8 für das Metropolitankapitel Berlin.144 „Das Verfahren bei der Besetzung […]“ schließt die Politische Klausel für die Bestellung des 137

Siehe Fn. 114. Vgl. can 378 § 1 CIC/1983 mit Qualifikationen wie Glaubensfestigkeit, Sittlichkeit und Klugheit sowie Schrift- und Rechtskenntnis. 139 Art. 6 Abs. 2 lautet: Das Metropolitankapitel informiert rechtzeitig vor der Veröffentlichung der Bestellung des Erzbischofs den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und die Landesregierungen von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein über die Person des Gewählten. Schlussprotokoll (1) Bis zur Veröffentlichung der Ernennung wird über die Person des Ernannten volle Vertraulichkeit gewahrt. (2) Die Information umfaßt insbesondere Namen, Vornamen, ggf. Ordensnamen, Geburtsdatum und -ort, derzeitigen Wohnsitz und Amtsstellung. 140 Art. 7 lautet: Die Freie und Hansestadt Hamburg sowie die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein verzichten auf die Ableistung des im Artikel 16 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 vorgesehenen Treueides. 141 Fn. 87. 142 Zum Wortlaut s. Fn. 184. 143 Zum Wortlaut s. Fn. 165. 144 Art. 8 lautet: (1) Die Dignitäten der Metropolitan- und der Kathedralkapitel verleiht der Heilige Stuhl, und zwar beim Vorhandensein zweier Dignitäten die erste (Dompropstei) auf Ansuchen des Kapitels, die zweite (Domdekanat) auf Ansuchen des Diözesanbischofs, beim Vorhandensein nur einer Dignität (Dompropstei oder Domdekanat) diese abwechselnd auf Ansuchen des Kapitels und des Diözesanbischofs. (2) Die Kanonikate der Kapitel besetzt der Diözesanbischof abwechselnd nach Anhörung und mit Zustimmung des Kapitels. Die Abwechslung findet bei residentialen und nichtresidentialen Kanonikaten gesondert statt. 138

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Artikel 2 – Zusammenwirken

Erzbischofs (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 PrK) und des Koadjutors (Art. 7 PrK) mit ein. Trotz der eindeutigen Formulierung sind aber die Artikel 6 Abs. 1 Satz 3 und 7 Preußenkonkordat im Hinblick auf Art. 140 GG/137 Abs. 3 Satz 2 WRV (Art. 9 Abs. 1 Verfassung Mecklenburg-Vorpommern) dahin auszulegen, dass die Kirche sich über vom Land geäußerte Bedenken hinwegsetzen kann.145 Nicht dagegen sind die Anstellungsvoraussetzungen (Triennium)146 sowie ein Treueid des Erzbischofs (Art. 16 Reichskonkordat) in Absatz 3 angesprochen.147 Für die Kanonikate besteht gegenüber dem für den Landesteil Mecklenburg geltenden Artikel 4 Bistumserrichtungsvertrag Hamburg die Besonderheit, dass sie gemäß Artikel 8 Abs. 1 Preußenkonkordat teilweise „auf Ansuchen“ des Metropolitankapitels in Berlin vom Heiligen Stuhl verliehen werden. Der letzte Halbsatz von Absatz 3 zeigt an, dass die Vertragsparteien eine Änderung der Regelung über die Anwendung des Preußenkonkordats ins Auge gefasst haben, vornehmlich wohl bezüglich der Politischen Klausel.148 4. Sachsen-Anhalt Art. 2: (1) Die Landesregierung und die Diözesanbischöfe werden sich regelmäßig und bei Bedarf zu gemeinsamen Gesprächen über solche Fragen treffen, die ihr Verhältnis zueinander berühren oder von beiderseitigem Interesse sind. Schlussprotokoll: Zwischen den Vertragsparteien besteht Übereinstimmung darüber, daß mit „regelmäßigen“ Treffen Zusammenkünfte gemeint sind, die möglichst einmal jährlich stattfinden. (2) Bei Gesetzgebungsvorhaben und Programmen auf Sachgebieten, die die Belange der Katholischen Kirche unmittelbar betreffen, wird die Landesregierung die Katholische Kirche angemessen beteiligen. Schlussprotokoll: Die „angemessene“ Beteiligung der Katholischen Kirche bei Gesetzesvorhaben besteht in der Regel in der rechtzeitigen Anhörung vor der Beschlußfassung der Landesregierung über die Einbringung eines Gesetzesentwurfs. (3) Zur Wahrnehmung solcher Aufgaben gegenüber dem Staat und zur Verbesserung der gegenseitigen Information bestellen die Diözesanbischöfe einen Beauftragten und richten

145 So die ganz herrschende Lehre vgl. die Zusammenfassung der Argumente bei H. U. Anke, Neubestimmung, S. 371 f.; zur ebenfalls eindeutigen Auffassung des Heiligen Stuhls vgl. Schreiben des Nuntius an den sächsischen Staatsminister vom 7. 1. 1997, abgedr. bei K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 426 f. 146 Weil sie nicht zum „Verfahren“ zählen; so auch H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 487; a. A. anscheinend St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 304. 147 Einer Analogie zum Verzicht auf den Treueid in Art. 7 Bistumserrichtungsvertrag Hamburg (so St. Hearing, Staatliche Beteiligung, S. 305) bedarf es im Hinblick darauf, dass Art. 25 Abs. 3 Kirchenvertrag allein auf das Preußenkonkordat verweist und die Bestimmungen des Reichskonkordats daher nicht anwendbar sind, nicht. 148 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3100, S. 25: „Überkommende Mitwirkungsrechte“.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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am Sitz der Landesregierung ein Katholisches Büro als Kommissariat der Bischöfe im Land Sachsen-Anhalt ein.

Regierungsbegründung Die Regelung des Abs. 1 betrifft das Verhältnis des Landes Sachsen-Anhalt zur Katholischen Kirche in seinen praktischen Auswirkungen. Wesentlich ist nach Überzeugung der Vertragschließenden in erster Linie das Gespräch miteinander. Ungeachtet ihrer institutionellen und organisatorischen Trennung beziehen sich Staat und Katholischen Kirche in ihren Wirkungskreisen auf dieselben Menschen, denen sie verpflichtet sind. Daneben bestehen auch in verschiedenen Teilbereichen Berührungspunkte, die eine partnerschaftliche Zusammenarbeit (vor allem in den von diesem Vertrag erfaßten Aufgabenfeldern) sachdienlich erscheinen lassen. Die Gespräche sollen auf allen Ebenen stattfinden; die getroffene Regelung in Abs. 1 bezieht aber ausdrücklich die Spitzenebene ein, d. h. die Mitglieder der Landesregierung und die Diözesanbischöfe. Die Besprechungsgegenstände, die Anlaß zu den gemeinsamen und in der Regel mindestens einmal im Jahr (vgl. Schlußprotokoll) stattfindenden Gesprächen geben sollen, wurden bewußt auf beiderseitige Interessengebiete ausgeweitet. Abs. 2 begründet über Abs. 1 hinaus eine Beteiligungszusage bei Gesetzesausarbeitungen und bei der Entwicklung von Regierungsprogrammen. Hier ist jedoch im Unterschied zu Abs. 1 eine Einschränkung auf diejenigen Vorhaben vorgesehen, die die Kirchen unmittelbar betreffen. Die übliche Beteiligung besteht, wie im Schlußprotokoll zum Ausdruck kommt, in der rechtzeitigen Anhörung vor einer Beschlußfassung. Unter „Programme“ sind größere Tätigkeitsprogramme auf bestimmten Sachgebieten mit Auswirkungen auf die Bürger und auf gesellschaftliche Einrichtungen zu verstehen, nicht aber z. B. allgemeinpolitische Erklärungen. Abs. 3 knüpft an den Grundgedanken des Abs. 1 an und sichert die Institution eines Beauftragten der Katholischen Kirche bei der Landesregierung und die Einrichtung eines Katholischen Büros, das der Beauftragte leitet. Das Katholische Büro ist organisatorisch als Kommissariat der Bischöfe ausgestaltet. Der Beauftragte soll in erster Linie Ansprechpartner der Landesregierung sein und die Zusammenarbeit zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und der Katholischen Kirche auf diese Weise erleichtern. Ihm obliegt gegenüber der staatlichen Seite die Koordination der Äußerungen der im Land Sachsen-Anhalt gelegenen Diözesen. Art. 12: (1) Die Katholische Kirche verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Landes oder der bürgerlichen Gemeinde. Schlussprotokoll: Das Land besteht nicht auf der Einhaltung der in den Artikeln 9 und 10 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 und in Artikel 14 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 3 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 genannten Erfordernissen. (2) Im Falle der Behinderung oder der Vakanz des Bischöflichen Stuhls teilt das Kathedralkapitel dem Ministerpräsidenten den Namen desjenigen mit, der die vorübergehende Leitung der Diözese übernommen hat. (3) Einige Tage vor der Bestellung eines Geistlichen im Bistum Magdeburg zum Ordinarius, zum Weihbischof oder zum Generalvikar wird die zuständige kirchliche Stelle dem Ministerpräsidenten von dieser Absicht und von den Personalien des betreffenden Geistlichen Kenntnis geben. Schlussprotokoll: (1) Das Land verzichtet auf die Anwendung der Artikel 6 und 7 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929, soweit sie sich auf

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Artikel 2 – Zusammenwirken

die Mitwirkung des Landes beziehen. (2) Das Land wendet Artikel 16 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 nicht an.

Regierungsbegründung In Abs. 1 wird klargestellt, daß die Katholischen Kirche ihre Ämter ohne Mitwirkung des Landes oder der Kommunen verleihen kann. Erfaßt werden von dieser Regelung die Besetzung der bischöflichen Stühle sowie der Kanonikate. Im Schlußprotokoll zu Abs. 1 verzichtet das Land Sachsen-Anhalt auf die Einhaltung der in Art. 9 und 10 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl und in Art. 14 Abs. 2 Ziff. 1 und Abs. 3 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich genannten Erfordernisse. Diese Artikel enthalten Regelungen, wonach ein Geistlicher zum Ordinarius nur bestellt wird, wenn er die deutsche Reichsangehörigkeit (Staatsangehörigkeit) besitzt, er ein zum Studium an einer deutsche Universität, berechtigendes Reifezeugnis besitzt, und ein mindestens dreijähriges philosophischtheologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule absolviert hat (Triennium). Eine beiderseitige kritische Bestandsaufnahme der altrechtlichen Grundlagen führte zu dem Ergebnis, daß das Land Sachsen-Anhalt auf Einhaltung dieser Voraussetzungen nicht mehr besteht. Ebenso verzichtet das Land auf die in Art. 9 Abs. 3 Preußenkonkordat enthaltene Festlegung, daß vor jeglicher Bestellung eines Geistlichen die Katholische Kirche der Landesregierung von dessen Personalien Kenntnis gibt. Abs. 2 regelt den Fall, daß der Bischofstuhl aufgrund von Krankheit oder Tod unbesetzt ist. Das Land Sachsen-Anhalt hat in diesem Fall ein Interesse zu erfahren, wer die vorübergehende Leitung der Diözese übernommen hat. Es handelt sich hier nur um eine Informationspflicht der Katholischen Kirche. In Abs. 3 ist niedergelegt, daß einige Tage vor der Bestellung eines Geistlichen im Bistum Magdeburg zum Ortsordinarius, zum Weihbischof oder zum Generalvikar dem Ministerpräsidenten von dieser Absicht und den Personalien des betreffenden Geistlichen Kenntnis gegeben wird. Hierdurch soll vermieden werden, daß der Ministerpräsident aus der Presse die Neubesetzung der leitenden Geistlichen der Diözese erfährt. Die Zeitspanne von „einigen Tagen“ trägt dem Anliegen der Katholischen Kirche Rechnung, daß die Information kurzfristig gegeben werden kann. Damit ist gewährleistet, daß eine Veröffentlichung des Namens des Geistlichen nicht vor der offiziellen Bekanntmachung erfolgt. Im Schlußprotokoll im ersten Absatz zu Abs. 3 versichert das Land, auf die Anwendung der Art. 6 und 7 des Vertrags des Staates Preußen mit dem Heiligen Stuhl, soweit sie die Mitwirkung des Landes betrifft, zu verzichten. Danach durfte niemand zum Erzbischof oder Bischof bestellt werden, von dem nicht durch Anfrage bei der Landesregierung festgestellt wurde, daß Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen. Hierbei handelt es sich um ein Recht des Landes, auf das das Land nunmehr verzichtet hat. Das Land Sachsen-Anhalt hat im Schlußprotokoll zweiter Absatz zu Abs. 3 auf die Ableistung des bischöflichen Treueeids (Art. 16 Reichskonkordat) verzichtet. Aus seinem heutigen Verständnis der Verhältnisse von Staat und Kirche ist der Treueeid nicht mehr gerechtfertigt, weil er dem Gebot der Trennung von Staat und Kirche widerspricht und ein tatsächlich nicht bestehendes Subordinationsverhältnis der Geistlichen gegenüber der weltlichen Leitung symbolisiert.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Kommentierung 1. Die Diözesanbischöfe im Sinne von Artikel 2 Abs. 1 sind der Bischof der Diözese Magdeburg und – für den Bereich Havelberg – der Erzbischof in Berlin.149 Die Treffen finden – ungeachtet der gleichfalls stattfindenden Gespräche auf unterer Ebene150 – häufig gemeinsam mit Vertretern der Evangelischen Kirchen, ansonsten nur mit den leitenden Personen der beiden Diözesen statt. Die sonstigen Bestimmungen der Absätze 2 und 3 stimmen mit Artikel 2 Abs. 1 und 2 des Ev. Vertrags überein, auf dessen Erläuterung151 verwiesen wird. 2. Die Errichtung eines gemäß Artikel 2 Abs. 3 von einem „ständigen Beauftragten“ geleiteten Katholischen Büros knüpft an die Tradition des Katholischen Büros in Bonn, jetzt in Berlin des Kommissariats der deutschen Bischöfe und dessen Leiter an.152 Die Tätigkeit des Beauftragten orientiert sich an den kirchlichen Aktivitäten nach den Absätzen 1 und 2, Aufgaben, die aber nicht als abschließend zu verstehen sind; der Beauftragte kann mit allen sonstigen Aufgaben, das Verhältnis zum Land betreffend, betraut werden. Er erhielt – nach Einrichtung des Büros am 1. 7. 1990 – seine Vollmachten und Weisungen von beiden Diözesanbischöfen; eine förmliche Dienstbeschreibung besteht nicht.153 Der Leiter der Länderkommissariate und die Generalvikare treffen sich regelmäßig als „Kirchenpolitisches Gremium“ zwecks Information und Aussprache.154 3. Artikel 12 Abs. 1 wiederholt die Regelung des Artikels 137 Abs. 3 Satz 2 WRV, von Artikel 32 Abs. 5 der Landesverfassung übernommen, die sich allerdings nicht nur auf Kirchenbeamte, sondern auf sämtliche kirchlichen Mitarbeiter bezieht.155 Die Schlussprotokolle zu den Absätzen 1 und 3 machen durch die Verzichtserklärung des Landes zweierlei deutlich: zum einen, dass jedenfalls die genannten Restbestimmungen des Preußenkonkordats und des Reichskonkordats 149 Grundsätzlich zum Verhältnis Staat – Katholische Kirche und zum Regelungsgehalt des Codex Iuris Canonici (CIC) vgl. A. Hense, Das Verhältnis von Kirche und Staat nach der Lehre der Katholischen Kirche, HSKR 32002, Bd. 1, § 3, S. 117 ff. (156 ff. Rn. 34 ff.), sowie den Hinweis auf can. 36 § 1 CIC bei St. Korta, Der Katholische Kirchenvertrag, S. 99 m. Fn. 432. 150 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/4475, S. 40. 151 S. A 4.a), b), d), e) und f). 152 Vgl. zur Geschichte K. Jüsten, Verbindungsstellen, HSKR 32020, § 37, S. 1489 (1492 ff. Rn. 7 ff.), der allerdings die Errichtung des Büros in Erfurt auf den 1. 1. 1991 datiert (S. 1504 Rn. 35). 153 Vgl. aber die Beschreibung der Tätigkeiten der Länderkommissariate bei K. Jüsten, ebd., S. 1502 ff. Rn. 34 ff.; die Bezeichnung eines Katholischen Büros als Kommissariat der Bischöfe bringt zum Ausdruck, dass es sich um eine gemeinsame Kirchenbehörde verschiedener Diözesen mit anvertrauten selbständigen Aufgaben handelt. 154 Vgl. K. Jüsten, ebd., S. 1501, Rn. 30. 155 Vgl. E.-L. Solte, Ämterhoheit, S. 562 f.; ausdrücklich auch zum Ausdruck gebracht in der Amtlichen Begründung zu Art. 15 Kath. Vertrag Mecklenburg-Vorpommern, LT-Drs. 2/ 3100, S. 22.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

von den Vertragsparteien als fortgeltend betrachtet werden,156 zum anderen, dass das Land auf die Einhaltung von insgesamt vier in den früheren Verträgen enthaltenen Regelungen verzichtet. a) Die Verzichtserklärungen betreffen erstens gemäß Schlussprotokoll zu Artikel 12 Abs. 1 die Festschreibung der Abstellungsvoraussetzungen für Geistliche nach den Artikeln 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1 des Preußenkonkordats157 und nach Artikel 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Reichskonkordat,158 also das sog. Triennium, das als „Gegenleistung“ für die Staatsleistung und die Errichtung staatlicher Theologischer Fakultäten sowie zum Zweck der Vergleichbarkeit von kirchlichem und staatlichem Dienst betrachtet worden war. Der Verzicht trägt der Auffassung Rechnung, dass zum einen derartige Voraussetzungen nicht vom Staat vorgeschrieben werden sollten, zum anderen dass die Internationalisierung aller Lebensbereiche einschließlich

156 Vgl. bestätigend die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/4475, S. 37 f.; zu den Gründen für die Verweisungen und zu deren Tatbeständen vgl. K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 418 ff. 157 Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Preußen vom 14. 6. 1929 (PrGS S. 152), abgedr. bei J. Listl, (Fn. 16), Bd. 2, S. 759, Art. 9 Abs. 1 und 2 lauten: (1) Angesichts der in diesem Vertrag zugesicherten Dotation der Diözesen und Diözesananstalten wird ein Geistlicher zum Ordinarius eines Erzbistums oder Bistums oder der Praelatura nullius, zum Weihbischof, zum Mitglied eines Domkapitels, zum Mitglied einer Diözesanbehörde oder zum Leiter oder Lehrer an einer Diözesanbildungsanstalt nur bestellt werden, wenn er a) die deutsche Staatsangehörigkeit hat, b) ein zum Studium an einer deutschen Universität berechtigendes Reifezeugnis besitzt, c) ein mindestens dreijähriges Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule oder an einem der gemäß Artikel 12 hierfür bestimmten bischöflichen Seminare oder an einer päpstlichen Hochschule in Rom zurückgelegt hat. (2) Bei kirchlichem und staatlichem Einverständnis kann von den in Abs. 1 zu a, b und c genannten Erfordernissen abgesehen werden; insbesondere kann das Studium an anderen deutschsprachigen Hochschulen als zu den zu c) genannten anerkannt werden. Schlussprot.: zu Art. 9 Abs. 1 Buchst. c: Das an einer österreichischen staatlichen Universität zurückgelegte philosophisch-theologische Studium wird entsprechend den Grundsätzen gleichberechtigt, die für andere geisteswissenschaftliche Fächer gelten werden. Art. 10: (1) Die Diözesanbischöfe (der Praelatus nullius) werden an die Geistlichen, denen ein Pfarramt dauernd übertragen werden soll, die in Artikel 9 Abs. 1 zu a bis c und an die sonstigen in der Pfarrseelsorge anzustellenden Geistlichen mindestens die dort zu a und b genannten Anforderungen stellen. Für beide Fälle gilt Art. 9 Abs. 2. 158 Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. 7. 1933 (RGBl. II, S. 679), abgedr. bei J. Listl, (Fn. 16) Bd. 1, S. 33; Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 lautet: Außerdem besteht Einvernehmen über folgende Punkte: 1. Katholische Geistliche, die in Deutschland ein geistliches Amt bekleiden oder eine seelsorgerliche oder Lehrtätigkeit ausüben, müssen: a) deutsche Staatsangehörige sein, b) ein zum Studium an einer deutschen höheren Lehranstalt berechtigendes Reifezeugnis erworben haben, c) auf einer deutschen staatlichen Hochschule, einer deutschen kirchlichen akademischen Lehranstalt oder einer päpstlichen Hochschule in Rom ein wenigstens dreijähriges philosophisch-theologisches Studium abgelegt haben. Abs. 3: Bei kirchlichem und staatlichem Einverständnis kann von den im Absatz 2, Ziff. 1 a, b und c genannten Erfordernissen abgesehen werden.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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des Berufs des Geistlichen ein Bestehen auf deutscher Nationalität und deutscher Vorbildung nicht mehr rechtfertigt.159 b) Als zweites bezieht sich dieser Verzicht (Schlussprotokoll zu Art. 12 Abs. 1) auf umfassende Mitteilungspflichten der Kirche bezüglich der Mitglieder des Kathedralkapitels, der Leiter oder Lehrer an einem Diözesanseminar und bei der Übertragung von Pfarrämtern an Geistliche.160 Sie werden ersetzt durch die Übermittlung des Namens eines Bischofsvertreters (Absatz 2) sowie der Personalien der Hauptgesprächspartner der Landesregierung, nämlich des Ortsordinarius, also des Bischofs, eines Weihbischofs oder eines Generalvikars (Absatz 3), letzteres allerdings im Unterschied zum Preußenkonkordat bezüglich der Personalien bereits vor der Bestellung. Hinsichtlich eines nachfolgeberechtigten Koadjutors ist gemäß Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Artikel 3 des Bistumserrichtungsvertrags für Magdeburg161 kraft Verweisung auf Artikel 7 des Preußenkonkordats vor dessen Bestellung die Landesregierung vom Heiligen Stuhl oder dessen Vertreter in Deutschland über die Person zu unterrichten.162 Der Verzicht auf die Anwendung der Politischen Klausel163 bezieht sich nur auf die „Mitwirkung des Landes“, nicht auch auf die kirchliche Unterrichtung über die betreffende Person, deren Bekanntheit umso wichtiger für die Landesregierung ist, als der Koadjutor beim Ausscheiden des Bischofs automatisch 159 Angesichts des Verzichts kann offen bleiben, ob das Triennium gegen Gemeinschaftsrecht verstößt; als ursprünglich staatliche Forderung fällt diese Regelung allerdings kaum unter die Privilegierung der kirchlichen Selbstbestimmung; vgl. dazu Chr. Waldhoff, Kirchliche Selbstbestimmung und Europarecht, JZ 2003, S. 978 (insb. S. 983); ferner H. Weber, Geltungsbereiche des primären und sekundären Europarechts für die Kirchen, ZevKR 47 (2002), S. 221 (235), dessen Ausführungen seine frühere Kritik am Verzicht auf das Triennium (s. Fn. 20) relativieren, sowie Chr. Grabenwarter, Die Kirchen in der Europäischen Union – am Beispiel von Diskriminierungsverboten in Beschäftigung und Beruf, in: Chr. Grabenwarter/N. Lüdecke, Standpunkte im Kirchen- und Staatskirchenrecht, 2002, S. 60 (insb. S. 68 ff.), und H. U. Anke, Neubestimmung, S. 379 ff. 160 Art. 9 Abs. 3 und Art. 10 Abs. 2 Preußenkonkordat, welche lauten: Art. 9 Abs. 3: Mindestens zwei Wochen vor der beabsichtigten Bestellung eines Geistlichen zum Mitglied eines Domkapitels oder zum Leiter oder Lehrer an einem Diözesanseminar wird die zuständige kirchliche Stelle der Staatsbehörde von dieser Absicht und, mit besonderer Rücksicht auf Abs. 1 dieses Artikels (gemeint ist das Triennium, Anm. d. Verf.) und gegebenenfalls auf Abs. 2 des Artikels 12 (betr. Lehrtätigkeit an einem Seminar, Anm. d. Verf.), von den Personalien des betreffenden Geistlichen Kenntnis geben. Eine entsprechende Anzeige wird alsbald nach der Bestellung eines Bistums- (Prälatur-)Verwesers, eines Weihbischofs oder eines Generalvikars gemacht werden. Schlussprotokoll zu Art. 9 Abs. 3 Satz 1: Ein staatliches Einspruchsrecht wird hierdurch nicht begründet. Art. 10 Abs. 2: Im Falle der dauernden Übertragung eines Pfarramtes wird der Diözesanbischof (Praelatus nullius) alsbald nach der Ernennung der Staatsbehörde von den Personalien des Geistlichen, mit besonderer Rücksicht auf Abs. 1 dieses Artikels (gemeint das Triennium, Anm. d. Verf.), Kenntnis geben. 161 Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und den Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen über die Errichtung des Bistums Magdeburg v. 13. 4. 1994 (Anl. zum Ges. v. 29. 6. 1994, GVBl. S. 770). 162 Ebenso St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 311. 163 Siehe dazu Näheres unter Erl. c).

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Artikel 2 – Zusammenwirken

an dessen Stelle tritt. Unter dem „Ordinarius“ im Sinne von Absatz 3 ist im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang nur der Bischof zu verstehen.164 c) Ein dritter Verzicht betrifft gemäß Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Artikel 12 Absatz 3 die Anwendung der Politischen Klausel vor der Bestellung des Bischofs oder eines Koadjutors, also die Entgegennahme einer Anfrage der Kirche bei der Landesregierung, ob gegen die Bestellung des Kandidaten politische Bedenken bestehen (Art. 6 Abs. 1 Satz 3, Art. 7 Preußenkonkordat).165 Mit der eingrenzenden Formulierung, „soweit sie sich auf die Mitwirkung des Landes beziehen“, kommt zum Ausdruck, dass nur die Bestimmungen über die Politische Klausel (Art. 6 Abs. 1 Satz 3, Art. 7) in Abweichung von Art. 3 des Bistumserrichtungsvertrags166 nicht angewendet werden sollen, während die Verfahrensregelung für die Bischofsbestellung167 aufrecht erhalten bleibt. Ein Verzicht auf die Anfrage nach Artikel 14 Abs. 2 Nr. 2 des Reichskonkordats war nicht erforderlich, weil Artikel 3 des Bistumserrichtungsvertrags für die Bischofsbestellung, der auch die Politische Klausel zuzurechnen ist, nur Artikel 6 des Preußenkonkordats für anwendbar erklärt. Das Land verzichtet auf die Anwendung der Politischen Klausel ohne weitere Begründung;168 zu beachten ist dabei immerhin, dass diese Anforderung an die Kirche zwar in der Weimarer Zeit abgerungen worden war, dass die Klausel aber bei den Vertragsverhandlungen für noch anwendbar erachtet wurde, natürlich unter dem Vorbehalt der kirchlichen Letztentscheidung.169 Der Verzicht ist allerdings nur bezüglich „eines Geistlichen im Bistum Magdeburg“ ausgesprochen, schließt also dem Wortlaut nach nicht den Erzbischof in Berlin (wegen des Gebiete um Havelberg) ein.170 Da aber die Schlussprotokoll-Erklärung aus politischen Gründen gezielt in Abweichung von Artikel 6 des Preußenkonkordats eine generelle Distanzierung des Landes von der Politischen Klausel zum Aus-

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Vgl. St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 304 mit Fn. 41. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 lautet: Der Heilige Stuhl wird zum Erzbischof oder Bischof niemand bestellen, von dem nicht das Kapitel nach der Wahl durch Anfrage bei der Preußischen Staatsregierung festgestellt hat, dass Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen. Art. 7: Zum Prälatus nullius und zum Koadjutor eines Diözesanbischofs mit dem Recht der Nachfolge wird der Heilige Stuhl niemand ernennen, ohne vorher durch Anfrage bei der Preußischen Staatsregierung festgestellt zu haben, dass Bedenken politischer Art nicht bestehen. 166 S. Fn. 161. 167 S. Erl. 4. 168 Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/4475, S. 49. 169 Zu der unglücklich gewählten Formulierung „Mitwirkung des Landes“ in Abs. 1 des Schlußprotokolls zu Art. 12 Abs. 3 vgl. H. v. Bose, Neue Entwicklungen, S. 299; zur Übereinstimmung der Vertragsregelung mit Art. 140 GG/137 Abs. 3 Satz 2 WRV vgl. die Erklärung der Länder im Schlussprotokoll zu den Art. 3 und 4 Bistumserrichtungsvertrag (Fn. 161). 170 Vgl. dazu St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 306. 165

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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druck bringen soll171 und die Amtliche Begründung bezüglich der Abgrenzung gegenüber dem Preußenkonkordat ausdrücklich auch den Erzbischof erwähnt,172 muss Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Artikel 12 Abs. 3 so verstanden werden, dass das Land generell auf jede Anwendung der Politischen Klausel verzichtet173, im Gegensatz zu den Anfrageverpflichtungen der Kirche gegenüber den Regierungen in Berlin (Art. 6 und 7 Preußenkonkordat) und Sachsen (Art. 3 nebst Schlussprotokoll Kath. Vertrag Sachsen) wegen der in den genannten Ländern liegenden Gebietsteile der Diözese Magdeburg. d) Schließlich verzichtet die Landesregierung in Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Artikel 12 Absatz 3 im Hinblick auf das „heutige Verständnis der Verhältnisse von Staat und Kirche“, nämlich „das Gebot der Trennung“, und darauf, dass sonst „ein tatsächlich nicht bestehendes Subordinationsverhältnis der Geistlichen gegenüber der weltlichen Leitung symbolisiert“ werde,174 auf die Entgegennahme des Treueids eines neu bestellten Bischofs „in die Hand“ des Ministerpräsidenten (früher Reichsstatthalter)175 gemäß Artikel 16 des Reichskonkordats.176 Dieser Verzicht bezieht sich ebenso wie der Verzicht auf die Politische Klausel nicht nur auf den Bischof in Magdeburg, sondern auch auf den Erzbischof in Berlin.177 Diese Frage verliert allerdings an Bedeutung, weil der Eid jeweils nur in einem Bundesland abzuleisten wäre,178 also in Sachsen-Anhalt nur zur Diskussion stünde, wenn der Erzbischof keinen Eid in Berlin oder in Brandenburg ablegte. Der Verzicht auf den Treueid steht zwar in Widerspruch zu Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Artikel 3 des Bistumserrichtungsvertrags179, wonach nur die Länder Brandenburg und Sachsen, bewusst

171 Vgl. H. v. Bose, Neue Entwicklungen, LKV 1998, S. 295 (298 f.); der Autor war maßgeblich an den Vertragsverhandlungen beteiligt. 172 LT-Drs. 2/4475, S. 50. 173 A. A. St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 305. 174 Amtliche Begründung (Fn. 98), S. 50. 175 Zur Zuständigkeit vgl. A. Hollerbach, Zur Problematik, FS Obermayer 1996, S. 193 (197) m. Nachw.; ders., Staat und Bischofsamt, S. 8 ff.; zum Treueid insgesamt vgl. die Gesamtdarstellung – jedoch noch ohne Berücksichtigung der Verträge in den neuen Ländern – bei U. M. Dahl-Keller, Der Treueid der Bischöfe gegenüber dem Staat, 1994; ferner, auch zur geschichtlichen Entwicklung, A. Hollerbach, Zur Problematik, a. a. O., S. 191 ff.; H. v. Bose, Neue Entwicklungen, LKV 1998, S. 295 (299); D. Pirson, Der Verfassungsstaat der Gegenwart und die Bischofsernennung, BayVBl. 1996, S. 641 (642 f.). 176 Art. 16 lautet: Bevor die Bischöfe von ihrer Diözese Besitz ergreifen, leisten sie in die Hand des Reichsstatthalters in dem zuständigen Lande bzw. des Reichspräsidenten einen Treueid nach folgender Formel: „Vor Gott und auf die heiligen Evangelien schwöre und verspreche ich, so wie es einem Bischof geziemt, dem Deutschen Reiche und dem Lande … Treue. Ich schwöre und verspreche, die verfassungsmäßig gebildete Regierung zu achten und von meinem Klerus achten zu lassen…“. 177 S. dazu Erl. c). 178 Vgl. A. Hollerbach, Zur Problematik, FS Obermayer 1996, S. 193 (197). 179 S. Fn. 161.

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Artikel 2 – Zusammenwirken

nicht auch Sachsen-Anhalt, auf die Entgegennahme des Treueids verzichteten,180 doch geht der früheren Festlegung die ausdrückliche gegenteilige Erklärung im jüngeren Vertrag trotz Fortgeltung des Bistumserrichtungsvertrags vor. Soweit trotz fehlender positiver Regelung auch für den Koadjutor eine Pflicht zur Ablegung des Treueids in analoger Anwendung hätte angenommen werden können,181 bezöge sich der Verzicht auch auf ihn. e) Alle vier Verzichtserklärungen sind einseitige, aber von der Kirche akzeptierte Aussagen der staatlichen Seite, die jedoch die Regelungen der Verzichtsgegenstände, insbesondere die Berücksichtigung der Vorbildungsvoraussetzungen durch die Kirche im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit dem staatlichen öffentlichen Dienst, sowie z. B. die Möglichkeit einer freiwilligen Unterrichtung des Landes oder der Kommunen über die Bestellung sonstiger Geistlicher, unberührt lassen. 4. Die Bischofsbestellung selbst ist in Artikel 12 nicht angesprochen, so dass allein Artikel 3 Bistumserrichtungsvertrag182 zur Anwendung kommt,183 und zwar gemäß Artikel 6 Abs. 1. Sätze 1 und 2 des Preußenkonkordats als sog. „deutsches Privileg“ (Wahl durch das Kathedralkapitel).184 Dieses Bischofswahlrecht des Kathedralkapitels stärkt die Ortskirche185 und kommt daher in der Regel den Wünschen und

180 Das Land Sachsen-Anhalt wollte nicht alle künftig Verantwortlichen festlegen und auch die Meinungsäußerung des künftigen Bischofs abwarten, so die Amtliche Begründung Zum Bistumserrichtungs-Vertrag Magdeburg, (Lt-Drs. Sachsen-Anhalt 1/3636, S. 19). 181 Vgl. dazu St. Haering, Staatliche Beteiligung, S. 301 f. 182 S. Fn. 87. 183 Art. 3 lautet: Die Besetzung des Bischöflichen Stuhls erfolgt entsprechend Artikel 6 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juli 1929. Schlussprot. zu Art. 3 und 4: Die Länder Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen erklären, dass Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 Satz 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 sowie die entsprechenden Bestimmungen der Verfassungen der Länder unberührt bleiben. Zur generellen Kritik an Vereinbarungen über das Verfahren der Bischofsbestellung vgl. L. Renck, Die Bischofsernennung in den Konkordaten, BayVBl. 1995, S. 682, mit Entgegnung von D. Pirson, Der Verfassungsstaat. 184 Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 lauten: (1) Nach Erledigung eines Erzbischöflichen und Bischöflichen Stuhles reichen sowohl das betreffende Metropolitan- oder Kathedralkapitel (zur Einrichtung eines Kathedralkapitels in Magdeburg vgl. Art. 5 Bistumserrichtungsvertrag – Fn. 84 – in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Preußenkonkordat bezüglich der Besetzung der Kanonikate, Anm. d. Verf.) als auch die Diözesanerzbischöfe und -bischöfe Preußens (heute zu verstehen als die Bischöfe in den preußischen Nachfolgeländern, Anm. d. Verf.; vgl. J. Listl, Die Besetzung, S. 42; es handelt sich um die Sitze in Köln, Paderborn, Berlin, Aachen, Hamburg, Essen, Fulda, Hildesheim, Limburg, Münster, Osnabrück, Trier, Magdeburg, Görlitz, vgl. K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 423, Fn. 18) dem heiligen Stuhle Listen von canonisch geeigneten Kandidaten ein. Unter Würdigung dieser Listen benennt der heilige Stuhl dem Kapitel drei Personen, aus denen es in freier, geheimer Abstimmung den Erzbischof oder Bischof zu wählen hat. (2) Bei der Aufstellung der Kandidatenliste und bei der Wahl wirken die nichtresidierenden Domkapitulare mit. 185 Vgl. A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 77; ähnlich St. Heitmann im Rahmen der 1. Lesung des Gesetzes zum Kathpöischen Kirchenvertrag Sachsen, LT-Prot. der 41. Sitzung

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Vorstellungen der Kirchenmitglieder entgegen. Nicht unwichtig ist dabei die Beteiligung der nichtresidierenden Domkapitulare an der Wahl (Art. 6 Abs. 2 Preußenkonkordat), die meist eine besondere Nähe zu den örtlichen Belangen haben. Nach katholischem Kirchenrecht (can. 377 § 1 CIC/1983)186 steht das Bischofswahlrecht zwar gleichberechtigt neben dem päpstlichen Bestellungsrecht,187 wobei vertragliche Vereinbarungen grundsätzlich Vorrang genießen (can. 3 CIC/1983), doch neigt in der Praxis der Heilige Stuhl zu möglichst restriktiver Haltung bei Forderungen auf Einräumung von Wahlrechten.188 Übereinstimmung besteht aber weitgehend darüber, dass der Heilige Stuhl nicht an die vor dem Wahlvorgang eingereichten Vorschläge gebunden ist, sondern sie nur in Gestalt einer „moralischen Verpflichtung“189 zu „würdigen“ braucht, also durchaus auch andere Kandidaten in die dem Domkapitel zu übermittelnde Liste aufnehmen kann.190 Schwierig wird es im Falle einer eher manipulativen Handhabung durch den Heiligen Stuhl, nämlich wenn sein Listenvorschlag aus einem „päpstlichen Wunschkandidaten, […] einem Blinden und einem Lahmen besteht“;191 in solchen Fällen wird nur noch die Freundschaftsklausel (Art. 24) angerufen werden können. Kommt das wahlberechtigte Domkapitel zu keiner satzungsgerechten Entscheidung oder verzichtet es, obgleich wahlpflichtig, auf eine solche Entscheidung, kann das Besetzungsrecht wegen mangelnder Umsetzbarkeit des nur in etlichen deutschsprachigen Bistümern geltende Privilegs – gegebenenfalls nach erfolgloser Anrufung der Freundschaftsklausel durch das an einer ortsnah orientierten Persönlichkeit interessierte Land – an den Heiligen Stuhl zurückfallen.192 (2. Wahlperiode), S. 2908; ders., Der katholische Kirchenvertrag Sachsen, NJW 1997, S. 1420. 186 Zur kirchenrechtlichen Regelung der Besetzung kirchlicher Ämter allgemein vgl. A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 61 ff.; St. Korta, Der Kath. Kirchenvertrag, S. 172 ff.; zur geschichtl. Entw. in Kurzfassung A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 52 ff. 187 Vgl. statt vieler H. Müller, Aspekte, S. 534. 188 Vgl. J. Listl, Die Besetzung, S. 32, unter Hinweis auf Abschnitt 20 des Dekrets des Zweiten Vatikanischen Konzils; ferner etwa A. Glässer, Das Kirchenrecht als konsekutives Recht und die Bestellung der Bischöfe, ThPG 130 (1982), S. 4; wegen dieser Zurückhaltung wurden in den neuen Kirchenverträgen anstelle positiver Neuregelungen der Bischofswahl Verweisungen auf alte Verträge vereinbart. 189 G. Hartmann, Der Bischof, S. 147. 190 Vgl. K. Weber/R. Raum, Die Besetzung, S. 423; A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 56; J. Listl, Die Besetzung, S. 43 ff.; A. Hopfauf, Die Ernennung von Bischöfen nach dem Preußischen Konkordat – Anmerkungen zur Kölner Bischofswahl, NJW 1989, S. 1263 f.; nach H. Müller, Aspekte, S. 334, ist durch den neu gefassten can. 377 § 1 CIC/1983 das Bischofswahlrecht eher aufgewertet worden, was „möglicherweise eine Öffnung für eine künftige Rechtsfortbildung“ bedeuten könne. 191 Kardinal Frings, zit. nach A. Hopfauf, (Fn. 190), S. 1264. 192 Dafür spricht auch, dass das Domkapitel eine rein kirchliche Einrichtung ist; ebenso J. Listl, Die Besetzung, S. 58 f., sowie G. Bier, Kirchliche Findung und staatliche Mitwirkung bei der Bestellung des Diözesanbischofs, in: Chr. Grabenwarter/N. Lüdecke (Hrsg.), Standpunkte in Kirche und Staatskirchenrecht, 2002, S. 30 (43); ferner G. May, Listen von Bi-

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Artikel 2 – Zusammenwirken

Der Heilige Stuhl kann allerdings das Bischofswahlrecht auch umgehen durch frühzeitige Einsetzung eines Koadjutors, der einem ausscheidenden Bischof automatisch nachfolgt und für den gemäß den Artikeln 6 und 7 Preußenkonkordat im Umkehrschluss das „deutsche Privileg“ nicht gilt. Ein solcher Ausschluss des Wahlrechts nimmt allerdings dem Kapitel die wichtigste Kompetenz, so dass nach A. Hollerbach eine etwa zweimalige Bestellung eines Koadjutors als unzulässig anzusehen und ein „behutsames Umgehen“ mit der Koadjutorbestellung in Diözesen mit Kapitelwahlrecht notwendig ist.193 5. Das Mitteilungsgebot „im Falle der Behinderung oder der Vakanz des Bischöflichen Stuhls“ nach Artikel 12 Absatz 2 besteht nur gegenüber dem Ministerpräsidenten, so dass der Kirche die Entscheidung abgenommen wird, welche Mitglieder der Landesregierung zu informieren sind. Das Gebot ist beschränkt auf die Person des Inhabers des Bischöflichen Stuhls, der auch ein Weihbischof oder ein Administrator sein kann. Gleiches gilt nach Absatz 3 für die Neubestellung eines Ordinarius, eines Weihbischofs oder eines Generalvikars. Damit sind alle anderen Informationspflichten bezüglich des kirchlichen Personals entfallen.194 Die relativ späte Unterrichtung soll einem durch Indiskretion verursachten Bekanntwerden vorbeugen.195 5. Brandenburg Art. 22: (1) Das Land und die (Erz-)Bistümer werden zur Pflege ihrer Beziehungen einen ständigen Kontakt unterhalten. Sie werden sich vor der Regelung von Angelegenheiten, die beiderseitige Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen und sich jederzeit zur Besprechung solcher Fragen zur Verfügung stellen. (2) Bevor durch Gesetz oder Rechtsverordnung allgemeine Fragen geregelt werden, die die Belange der Katholischen Kirche unmittelbar berühren können, wird die Landesregierung die Katholische Kirche frühzeitig hören. Schlussprotokoll: Die Landesregierung wird bemüht sein, Artikel 22 Absatz 2 auch bei Initiativen des Landes gegenüber dem Bund und in Bezug auf die Europäische Union anzuwenden.

schofskandidaten in deutschen Konkordaten und Kirchenverträgen, FS Listl, 1999, S. 745 (755 f.), allerdings ohne ausreichende Würdigung der vertraglichen Vereinbarungen und zu Unrecht in Ablehnung der Anwendbarkeit der Freundschaftsklausel, da es durchaus um eine Frage der Vertragsausübung geht, nämlich der Abwägung des Gewichts der Vertragszusage gegenüber den kirchlichen Erfordernissen; a. A. aus staatsvertraglichen Gründen A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 75 f.; A. Hopfauf (Fn. 190), S. 1265; G. Hartmann, Bischöfe, S. 150; nach innerkirchlichem Recht (can. 165 CIC/1983) ist eine solche Regelung vorgesehen. 193 Staat und Bischofsamt, S. 77. 194 Das ergibt sich bereits aus der erklärten Nichtanwendung der Art. 9 Abs. 3 und 10 Abs. 2 Preußenkonkordat gemäß dem Schlussprotokoll zu Abs. 1. 195 Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 172), S. 49 f.

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Regierungsbegründung Absatz 1 verpflichtet die Landesregierung und die (Erz-)Bistümer zu regelmäßigem Kontakt und zur Bereitschaft zu Kontakt bei Bedarf aus besonderen Anlässen. Die Bestimmung entspricht Art. 2 des Evangelischen Kirchenvertrages. Durch Absatz 2 soll sichergestellt werden, daß die Katholische Kirche ihre Argumente rechtzeitig in Normsetzungsprozesse einbringen kann, soweit sie von den Auswirkungen unmittelbar berührt sein kann. Da nicht nur landesrechtliche Normgebung die Rechtslage der Katholischen Kirche beeinflusst, sondern auch entsprechende Prozesse auf Bundes- und europäischer Ebene, wird die Landesregierung bemüht sein, bei Landesinitiativen auf diesen Ebenen entsprechend zu verfahren. Die Vertretung der Kirche beim Bund und der Europäischen Union reicht zur Gewährleistung einer effektiven Beteiligung nicht aus, wenn solche Normgebungsinitiativen vom Land ausgehen. Durch Absatz 3 soll der reibungslose wechselseitige Informationsfluss gewährleistet werden. Da auf dem Gebiet des Landes drei (Erz-)Bistümer bestehen, soll durch die Gründung eines Katholischen Büros eine Bündelung bewirkt werden. Entsprechende Einrichtungen bestehen in den anderen Bundesländern, beim Bund und bei den Europäischen Gemeinschaften.

Kommentierung Art. 22 entspricht in seinem Regelungsgehalt Art. 2 des Vertrags des Landes Sachsen-Anhalt mit dem Heiligen Stuhl. Vorgesehen ist nach Abs. 1 ein ständiger Dialog der Vertragspartner. Dialogpartner des Landes sind die (Erz-)Bistümer, die durch ihre (Erz-)Bischöfe vertreten werden. Wenn vorgeschrieben wird, dass hinsichtlich Angelegenheiten von beiderseitigem Interesse eine Kontaktaufnahme erfolgt, um sich ins Benehmen zu setzen, dann ist insofern mehr gefordert als eine bloße Anhörung, bei der der Anzuhörende lediglich die Gelegenheit erhält, seine Vorstellungen über die zu treffende Regelung in das Verfahren einzubringen, aber weniger als die Herstellung von Einvernehmen, d. h. Konsens. Es besteht eine gesteigerte Pflicht des Landes zur wechselseitigen Rücksichtnahme auf die jeweils geltend gemachten Interessen, mit dem ernsthaften Bemühen, ein Einvernehmen zu erzielen. Abs. 2 bestimmt ergänzend, dass die Kirche vor staatlicher Rechtsetzung, die ihre Belange unmittelbar berührt, frühzeitig anzuhören, um ihr so die Möglichkeit zu geben, das Rechtsetzungsverfahren in ihrem Sinne zu beeinflussen. Zu dem ständigen Dialog, der das Land für die Belange der Kirche sensibilisiert, tritt so noch ein Äußerungsrecht im Vorfeld der Gesetz- und Verordnungsgebung. Mit der ergänzenden einschlägigen Vorschrift des Schlussprotokolls soll sichergestellt werden, dass das Land, auch so etwas Initiativen auf Bundesebene oder der Ebene der Europäischen Union ergreift, die Kirche frühzeitig anhört.

Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 3: (1) Für wissenschaftlich-theologische Ausbildungsgänge bleibt die Theologische Fakultät der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg erhalten. (2) Vor der Berufung eines Professors oder eines Hochschuldozenten für ein evangelischtheologisches Fachgebiet unter Einschluss der Religionspädagogik an einer Hochschule im Sachsen-Anhalt wird den Kirchen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Werden Bedenken geäußert, die sich auf Lehre und Bekenntnis beziehen und im einzelnen begründet werden, wird die Landesregierung diese Stellungnahme beachten. Schlussprotokoll: (1) Die in Frage kommenden Stellen werden einvernehmlich festgelegt. (2) Die Stellungnahme der Kirchen wird nach Vorliegen des Berufungsvorschlages zu der zur Berufung vorgesehenen Person eingeholt. Die Landesregierung wendet sich dazu an die Kirchenleitung derjenigen Kirche, in deren Bereich die Hochschule ihren Sitz hat. Die innerkirchliche Abstimmung ist Sache dieser Kirchenleitung. (3) Wird innerhalb von sechs Wochen nach Zugang der Anforderung keine Stellungnahme abgegeben, wird davon ausgegangen, daß von seiten der Kirchen keine Bedenken geäußert werden. (4) Will die Landesregierung trotz fristgemäß geäußerter Bedenken das Berufungsverfahren für die ausgewählte Person fortsetzen, so werden die Bedenken mit Vertretern der Fakultät/ des Fachbereichs und der Kirchenleitung erörtert. Hält die Kirche ihre Bedenken aufrecht, wird eine Berufung nicht vorgenommen, es sei denn, die Wissenschaftsfreiheit würde ernsthaft gefährdet. (3) Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen in evangelischer Theologie werden erst nach der unter dem Gesichtspunkt des kirchlichen Amtes und der kirchlichen Lehre von den Kirchen gegebenen Zustimmung in Kraft gesetzt. Schlussprotokoll: Die Landesregierung holt die Zustimmung zu den Prüfungs-, Promotionsund Habilitationsordnungen bei derjenigen Kirche ein, in deren Bereich die Hochschule ihren Sitz hat. Die innerkirchliche Abstimmung ist Sache dieser Kirche.

Regierungsbegründung Zu Artikel 3 Absatz 1 garantiert den Fortbestand der einzigen Theologischen Fakulta¨ t im Land SachsenAnhalt, na¨ mlich an der Universita¨ t Halle-Wittenberg. Wissenschaftlich-theologische Ausbildungsga¨ nge umfassen die Ausbildung zu Pfarrern und zu anderen theologisch orientierten Berufen einschließlich der Religionspa¨ dagogik an nichttheologischen Fakulta¨ ten.

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

Absatz 2 entha¨ lt eine Regelung der Beteiligung der Kirchen bei der staatlichen Ernennung von Hochschullehrern (sog. Nihil obstat-Frage). An diesem Punkt u¨ berschneiden sich die Interessen der Kirchen, der Theologischen Fakulta¨ t und der staatlichen Aufsichtsbeho¨ rde in besonderem Maße; die Grundrechte der Religionsfreiheit und der Wissenschaftsfreiheit stehen in Konkurrenz zueinander. Wa¨ hrend die Kirchen den Standpunkt vertreten, daß die gebotene Neutralita¨ t des Staates in Religionsfragen im Streitfalle eine Letztentscheidung des Staates bei der Ernennung von Hochschullehrern ausschließt, sieht die Landesregierung den Staat als Garanten der ¨ bereinstimmung mit allen anderen umfassenden Wissenschaftsfreiheit und beansprucht – in U deutschen Staatsvertra¨ gen mit den Evangelischen Kirchen – ein Letztentscheidungsrecht der Regierung. Der Vertragstext entha¨ lt eine Kompromißlo¨ sung, die der Position der Kirchen in Fonentwicklung des deutschen Kirchenvertragsrechts weitgehend entgegenkommt, indem festgelegt wird, daß nicht nur eine kirchliche Stellungnahme eingeholt und zur Kenntnis genommen werden soll, sondern daß die Landesregierung diese Stellungnahme auch „beachten“ wird. Zur Erla¨ uterung regelt das Schlußprotokoll das Verfahren in allen Einzelheiten, einschließlich obligatorischer Ero¨ rterungen mit den Kirchen und der Fakulta¨ t im Falle einer ablehnenden Haltung der Kirchen und abweichender Auffassung der Regierung, und billigt der Landesregierung ein Festhalten an ihrer Auffassung nur fu¨ r den eng eingegrenzten Fall der ernsthaften Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit zu. Welche Tatbesta¨ nde eine solche Gefa¨ hrdung, die zweifellos ein Ausnahmefall bleiben wird, als existent erscheinen lassen, wird der Praxis u¨ berlassen werden mu¨ ssen; mißbra¨ uchliche Erwa¨ gungen zur Durchsetzung eines bestimmten Kandidaten oder der Versuch einer Verhinderung bestimmter wissenschaftlicher Projekte ko¨ nnten derartige Tatbesta¨ nde sein. Das Land bleibt in diesem Fall darlegungspflichtig; die geltend gemachten Gru¨ nde sind gegebenenfalls gerichtlich nachpru¨ fbar. ¨ bereinstimmung Die Personengruppen „Professoren“ und „Hochschuldozenten“ umfassen in U mit dem Hochschulrahmengesetz des Bundes die in der Regel beamteten, habilitierten Hochschullehrer, nicht jedoch Honorarprofessoren, Lektoren oder Assistenten. Welche Stellen im ¨ bereineinzelnen erfaßt werden, soll in gegenseitiger Absprache niedergelegt werden, wobei U ¨ bersicht dient, also nicht rechtsbestimmung daru¨ ber besteht, daß diese Aufstellung nur der U gru¨ ndend sein soll. Die Bezeichnung „Hochschule“ umfaßt Universita¨ ten, Fachhochschulen, Kunsthochschulen und Musikhochschulen. Absatz 3 tra¨ gt der Tatsache Rechnung, daß die wissenschaftlich-theologische Ausbildung vornehmlich der Pfarrerausbildung dient und die Kirchen die Sicherheit haben mu¨ ssen, daß die Ausbildungsinhalte der evangelischen Lehre entsprechen. Hier findet in besonderem Maße die in die Pra¨ ambel aufgenommene Erkla¨ rung ihren Niederschlag, daß der Staat weltanschaulich neutral ist und sich nicht anmaßt, u¨ ber religio¨ se Studieninhalte maßgeblich zu entscheiden. Er begibt sich insoweit seiner Pru¨ fungshoheit und ra¨ umt den Kirchen ein Vetorecht gegenu¨ ber den Pru¨ fungsordnungen ein. Pru¨ fungsordnungen umfassen auch das Pru¨ fungsverfahren und die Zusammensetzung der Pru¨ fungskommissionen. Bei Meinungsverschiedenheiten greift die Verpflichtung zu freundschaftlicher Einigung nach Artikel 26 Platz. Um der Gefahr einer langfristigen Verzo¨ gerung des Verfahrens vorzubeugen, soll laut Schlußprotokoll die kirchliche Zustimmung nur bei der o¨ rtlich zusta¨ ndigen Landeskirche eingeholt werden. ¨ bereinstimmung mit dem Hochschulrecht des Landes und Absatz 4 sichert den Kirchen in U dem Hochschulrahmenrecht des Bundes eine eigene Pru¨ fungskompetenz zu. Eigene Pru¨ fungsausschu¨ sse im Sinne von Absatz 4 sind kirchliche Gremien, die zwar nicht etwa universita¨ re

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Abschlu¨ sse (z. B. Magister- oder Diplompru¨ fungen), wohl aber kirchliche Pru¨ fungsabschlu¨ sse vermitteln ko¨ nnen, die an die Stelle der Ersten Theologischen Staatspru¨ fung treten. Absatz 5 bedeutet eine Abkehr von bisher gu¨ ltigen Vertra¨ gen mit den Evangelischen Kirchen. Wa¨ hrend der Preußische Kirchenvertrag von 1931, der niedersa¨ chsische Vertrag von 1955 und der hessische Vertrag von 1960 eine staatliche Ernennung unter Beteiligung der Kirchen vorsahen, wurde – dem gewandelten Selbstversta¨ ndnis der Kirchen entsprechend – umgekehrt eine Ernennung durch die zusta¨ ndige Kirchenleitung, allerdings nur im Einvernehmen mit der Fakulta¨ t, festgelegt. Das Amt des Universita¨ tspredigers ist ein Ehrenamt ohne u¨ ber organisatorische Maßnahmen hinausgehende staatliche Befugnisse.

Literatur von Campenhausen, Vier neue Staatskirchenverträge in den neuen Ländern, in: NVwZ 1995, S. 767 – 762; Hahnig/Vogel, Handbuch des evangelischen Kirchenrechts, S. 748 ff., insb. S. 751 ff.; Heckel, Die theologischen Fakultäten im weltlichen Verfassungsstaat, 1986 insb. S. 84 ff. und S. 88 zum Berufungsverfahren; Hollerbach, Theologische Fakultäten und staatliche Pädagogische Hochschulen, HSKR, Bd. 2, S. 550 ff.; Solte, Theologie an der Universität. Staats- und kirchenrechtliche Probleme der theol. Fakultäten, 1971, S. 106 ff.; Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, S. 277; Vulpius, Zur Nihil obstat-Frage in den neuen Evangelischen Kirchenverträgen – Erwiderung auf A. v. Campenhausen, NVwZ, 1995, S. 757, in: NVwZ 1996, S. 460 – 461; Weber, Der Wittenberger Vertrag – Ein Loccum für die neuen Bundesländer?, in: NVwZ 1994, S. 759 (764).

Abs. 1 Abs. 1 enthält eine Bestandgarantie für die einzige (evangelische) Theologische Fakultät im Land Sachsen-Anhalt. Sie soll insbesondere eine wissenschaftliche Ausbildung von Pfarrern und sonstigen kirchlichen Personals aber auch der Lehrer für den evangelischen Schulunterricht an den öffentlichen Schulen im Land SachsenAnhalt (Religionslehrerausbildung) gewährleisten. Die Bestandsgarantie gilt für wissenschaftlich-theologische Studiengänge; erfasst sein soll nach der Regierungsbegründung auch die Religionspädagogik an nicht-theologischen Fakultäten. Theologische Fakultäten bilden eine gemeinsame Angelegenheit (res mixta) von Staat und Kirche. Der Staat garantiert vertraglich den Fortbestand eines integralen Bestandteils der klassischen Volluniversität und betreibt damit zugleich positive Religionspflege zur Förderung eines christlich geprägten Kulturbereichs.1 Die Kirchen haben Interesse an einer qualitativ hochwertigen Ausbildung ihres (hauptamtlichen) Personals (Theologenausbildung) und der Existenz institutioneller Träger der kirchlichen Lehre. Zugleich liegt in der Bestandsgarantie auch ein Verzicht des Landes auf die Gründung einer neuen Fakultät ohne Zustimmung der kirchlichen Vertragspartner. 1 A. von Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl., Bd. 3, 2005, Art. 137 WRV Rn. 121.

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

Abs. 2 Abs. 2 betrifft die sog. Nihil-obstat-Frage, d. h. die Mitwirkung der Kirche bei der Ernennung von (habilitierten) Hochschullehrern im Bereich der evangelischen Theologie an einer Hochschule (Universität, Fachhochschule, Kunsthochschule oder Musikschule). Erfasst werden damit die habilitierten Professoren und Juniorprofessoren2, nicht aber Honorarprofessoren, Lektoren oder Assistenten.3 Die aus dem Hochschulrecht der DDR übernommene Personalkategorie des Hochschuldozenten gibt es nach dem seit dem 1. Juli 2021 geltenden Hochschulgesetz für das Land SachsenAnhalt (GVBl. LSA S. 368) nicht mehr. Die Kirche erhält vor der Berufung des Hochschullehrers die Gelegenheit zur Person des oder der zu Berufenden Stellung zu nehmen und kann Bedenken hinsichtlich der Lehre und/oder des Bekenntnisses äußern. Die im einzelnen zu begründende Stellungnahme der Kirche ist dann für die Landesregierung grundsätzlich bindend („beachten“). Das Schlussprotokoll sieht allerdings eine Ausnahme vor: Will die Landesregierung trotz fristgerecht geäußerter Bedenken das Berufungsverfahren für die ausgewählte Person fortsetzen, so werden die Bedenken mit Vertreten der Fakultät/des Fachbereichs und der Kirchenleitung erörtert. Hält die Kirche ihre Bedenken aufrecht, wird eine Berufung nicht vorgenommen, es sei denn, die Wissenschaftsfreiheit würde ernsthaft gefährdet. Diese Regelung stellt einen Kompromiss dar; die staatliche Seite war nicht bereit, der Kirche insoweit uneingeschränkt die Letztentscheidung zu überlassen, sondern wollte insoweit einen Missbrauchsvorbehalt bringen. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es, man wolle es der Praxis überlassen zu bestimmen, welche Tatbestände eine ernsthafte Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit darstellen. Es handle sich um einen eng gefassten Ausnahmetatbestand, der einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des kirchlichen Vetorechts entgegenwirken soll, bei dem die Bedenken gegen die Lehre oder das Bekenntnis nur vorgeschoben sind und in Wahrheit etwa dazu dienen sollen, einen bestimmten, von der Kirchenleitung favorisierten Kandidaten durchzusetzen oder ein bestimmtes wissenschaftliches Projekt zu verhindern. Die Darlegungslast für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls liegt beim Land; die Kirche kann gegen die trotz der von ihr geltend gemachten Bedenken vorgesehene Berufung, gestützt auf ihr Beteiligungsrecht nach Art. 3 Abs. 2 des Vertrags, verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Die Regelung geht einerseits weiter als die der alten Kirchenverträge, die den Kirchen lediglich ein Recht zu gutachterlicher Äußerung eingeräumt hatten (vgl. Art. 3 2

Siehe dazu Hans Michael Heinig/Hendrik Munsonius, Zur kirchlichen Beteiligung bei der Besetzung von Juniorprofessuren an Theologischen Fakultäten – am Beispiel des Wittenberger Vertrages, in: ZevKR 62 (2017), S. 89 (91 ff.). 3 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu Artikel 3. A. A. – Sinn und Zweck legten eine weite Auslegung nahe – C. Waldhoff, Theologie an staatlichen Hochschulen, in: HStKR, 3 2020, § 46, S. 1892 – 1977 (1930 Rn. 39).

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Abs. 2 des Loccumer Vertrags und Art. 11 Abs. 2 des Preußischen Kirchenvertrags)4, räumt aber, anders als von Teilen des Schrifttums gefordert5, den Kirchen kein absolutes Vetorecht ein, „weil auch die Kirchenfreiheit, d. h. der Zugriff auf die wissenschaftliche Lehre, ihre Grenzen an einem Kernbestand der Wissenschaftsfreiheit der Fakultät und der betroffenen Wissenschaftler finde“.6 Bei der Theologie handelt es sich um den Sonderfall einer bekenntnisgebundenen Wissenschaft, mit der Folge, dass die Wissenschaftsfreiheit ihre fachspezifische Grenze in den verbindlichen Grundaussagen der Bekenntnisschriften findet, in denen sich der Glaube äußert. Für eine theologische Fakultät wird ihr Lehr- und Forschungsauftrag wesentlich durch die Bekenntnismäßigkeit der Lehre mitbestimmt. Richtet der Staat theologische Fakultäten ein, so hat er das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft zu berücksichtigen, deren Theologie Gegenstand universitärer Lehre und Forschung ist. Das Recht zur Selbstverwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) verlangt nach einer Mitwirkung der Religionsgemeinschaft bei Berufungen an eine theologische Fakultät, an der „ihre“ Theologie bekenntnisgemäß stattfinden soll. Das muss entsprechend den Grundartikeln in den Kirchenverfassungen in Bindung an das in Rede stehende Bekenntnis erfolgen. Denn der säkulare Staat hat nicht die Kompetenz, über die Frage der Einhaltung der Bekenntnisbindung durch das wissenschaftliche Personal theologischer Fakultäten zu befinden. Er kann „keine Verantwortung für die geistliche Authentizität der kompetenten Amtswalter“ übernehmen, „da er die religiöse Wahrheitsfrage weder entscheiden kann noch will“.7 Das fällt vielmehr in die exklusive Zuständigkeit der jeweiligen Kirche.8 Nur die Kirche kann selbst bestimmen, was (noch) evangelische Theologie ist und sich im Rahmen des Bekenntnisses hält oder aus ihm ausbricht, in der Wahrheit des Evangeliums steht oder aus ihr herausfällt. Dabei werden die evangelischen Kirchen in aller Regel nur intervenieren, wenn selbst der traditionell weit gesteckte Rahmen evangelischer Theologie verlassen ist, d. h. die „dienen4 Nach BVerfGE 122, 89 (114) schließt das „jedoch weder die Pflicht des Staates aus, an seinen staatlichen theologischen Hochschulen das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen über die Bekenntnismäßigkeit der Lehre ihrer Theologie zu achten, noch das Recht der Kirche, beim Staat auf Abhilfe zu dringen, wenn sie diese Bekenntnismäßigkeit als verletzt ansieht.“ Nach A. von Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl., Bd. 3, 2005, Art. 137 WRV Rn. 124 soll in verfassungskonformer Auslegung „unbeschadet der altmodischen Redeweise in den älteren Kirchenverträgen, die Stellungnahme der Kirchenleitung keineswegs einen unverbindlichen, sondern einen rechtlich bindenden Charakter“ haben. 5 A. von Campenhausen, NVwZ 1995, S. 757 (760). 6 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil-obstat-Frage, JöR 43 (1995), S. 327 (353). 7 M. Heckel, Grundfragen der theologischen Fakultäten seit der Wende, in: Bürgerliche Freiheit und Christliche Verantwortung. Festschrift für Christoph Link, 2003, S. 213 (213 Fn. 3). 8 M. Heckel (Fn. 7), S. 255 f.

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de“ Ausrichtung auf die göttliche Offenbarung9 fehlt, wobei in Rechnung zu stellen ist, dass die Theologie auf der – wissenschaftlich angeleiteten – Suche nach der (ganzen) Wahrheit des Evangeliums ist, auch wenn diese bereits geoffenbart ist.10 Aus all dem folgt aber nicht, dass die Frage der Eignung eines Theologieprofessors insgesamt ausschließlich von der Kirche festgestellt werden kann.11 Die Bekenntnistreue in Lehre und Forschung ist nur ein Aspekt der Eignung, dafür allerdings conditio sine qua non. Begründete Bedenken der Kirche in dieser Hinsicht sind daher für den Staat beachtlich; ihm kommt demgegenüber nur eine Plausibilitätskontrolle zu. Diese schließt allerdings auch eine Missbrauchskontrolle als Weniger ein. Es ist nicht Aufgabe der Kirchenleitung, Berufungspolitik zu betreiben. Die Gründe, deretwegen die Kirchen Einwendungen gegen eine(n) Berufungskandidaten (Berufungskandidatin) erheben können, sind auf die Übereinstimmung im Bekenntnis beschränkt.12 Nur der Staat bzw. die mit Selbstverwaltungsrecht ausgestattete Hochschule entscheidet in Berufungssachen über die wissenschaftliche Befähigung nach allgemeinen wissenschaftlichen Maßstäben.13 Hält das Land die angeführten Bedenken für bloß vorgeschoben, das Veto deshalb für missbräuchlich, so darf es sich darüber ausnahmsweise hinwegsetzen. Damit erfüllt es zugleich seine Schutzpflicht gegenüber der Wissenschaftsfreiheit, die gegenüber der korporativen Religionsfreiheit der Kirche und ihrem Selbstbestimmungsrecht nur soweit zurücktreten muss, als tatsächlich fundierte Einwände im Hinblick auf die Bekenntnisbindung kirchlicherseits geltend gemacht werden.14 9

M. Heckel (Fn. 7), S. 234. Die evangelischen Kirchen überlassen es in erster Linie den evangelischen Fakultäten selbst, die Bekenntnismäßigkeit der Lehre zu wahren; vgl. BVerfGE 122, 89 (115); H. Weber, NVwZ 2000, S. 848 (856). Wenn die Kirche allerdings einen Berufungsvorschlag der Fakultät wegen fehlender Bekenntnistreue des Kandidaten ablehnt, müssten genau genommen dadurch auch Bedenken hinsichtlich der fortwährenden Bekenntniskonformität der Fakultätsmitglieder entstanden sein. 11 So aber A. von Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl., Bd. 3, 2005, Art. 137 WRV Rn. 124. 12 Insofern ist die Beteiligung der Kirche an Berufungsverfahren der theologischen Fakultät strukturell mit der Beteiligung der Gemeinden in bauaufsichtlichen Verfahren vergleichbar, bei denen über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB von der Baugenehmigungsbehörde nur im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden werden darf, das Einvernehmen aber nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden darf. 13 M. Heckel (Fn. 7), S. 260, 266 der betont, dass es zur „unaufgebbaren Kompetenz des Staates“ gehöre, „die Freiheit der Wissenschaft auch für seine Theologen zu gewährleisten“ (S. 261). 14 So wohl auch C. Waldhoff, Theologie an staatlichen Hochschulen, in: HStKR, 32020, § 46, S. 1892 – 1977 (1930 Rn. 40): „Aus allgemeinen rechtsstaatlichen Erwägungen wie aus dem in den Konkordaten niedergelegten wechselseitigen freundschaftlichen Verhalten von Staat und Kirche folgt, dass die Kirche die Beanstandung hinreichend substantiieren und auf 10

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Eine solche Missbrauchskontrolle dient dem Schutz der individuellen Wissenschaftsfreiheit desjenigen, dessen Berufung von der Kirche aus Gründen abgelehnt wird, die nicht tragfähig sind, und zugleich der kollektiven Wissenschaftsfreiheit der Fakultät, die den Berufungsvorschlag beschlossen hat und sich damit ihrem fachlichen Profil entsprechend ergänzen will. Zum Grundrecht der theologischen Fakultäten aus Art. 5 Abs. 3 GG gehört nicht nur das Recht, die Bekenntnismäßigkeit der in ihrem Bereich vertretenen konfessionellen Lehre zu wahren15, sondern auch und in erster Linie das Recht, in dem durch das Bekenntnis abgesteckten Rahmen, d. h. unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Kirche, sich wissenschaftlich frei zu entfalten, wozu auch die Entscheidung gehört, wer Fakultätsmitglied werden soll (Kooptation). Dieses Recht hat auch das Land, soweit es Dienstherr ist, zu wahren und zu schützen. Das berechtigt, ja verpflichtet das Land, einem Berufungsvorschlag der Fakultät zu folgen, wenn es keine, auch nur einer bloßen, das Selbstverständnis der Kirche zugrunde legenden Plausibilitätskontrolle durch die staatlichen Behörden standhaltenden Gründe für eine auf die angeblich fehlende Bekenntnistreue des Bewerbers gestützte Ablehnung durch die Kirche gibt.16 Es liegt in der Konsequenz nahe, dass das Land als Dienstherr grundsätzlich auch ein Abberufungs- oder Umsetzungsverlangen der Kirche entsprechen muss, wenn diese die Feststellung trifft, dass die vorausgesetzte Bekenntnistreue beim Stelleninhaber nachträglich weggefallen ist.17 Bei den Verhandlungen über den Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt hat die kirchliche Seite aber „keinerlei Interesse an einem Abberufungsrecht gegenüber Dissidenten gezeigt“.18 Das schließt zwar wohl die Annahme einer solchen vertraglichen Berechtigung aus, nicht aber ein entspre-

Tatsachen stützen muss und dass der Staat diese Tatsachengrundlage ggf. überprüfen darf. Die Grenze stellt die staatliche Bewertung der präsentierten oder ermittelten Tatsachen dar.“ 15 BVerfGE 122, 89 (115) – Lüdemann. 16 Die angeführten Gründe werden also nur daraufhin von Seiten der Universitätsleitung oder des Staates überprüft, ob sie schlechthin unhaltbar sind und daher davon auszugehen sind, dass andere, nicht in die Feststellungskompetenz der Kirche fallenden Ablehnungsgründe maßgeblich sind. 17 Dafür allgemein A. von Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Kommentar, 5. Aufl., Bd. 3, 2005, Art. 137 WRV Rn. 125: „Aus der fehlenden Regelung in den Verträgen folgen weder der Ausschluss einer kirchlichen Beanstandung noch deren Unbeachtlichkeit. Die Lehrverantwortung ist auch für die evangelische Kirche unverzichtbar.“ Ebenso M. Heckel (Fn. 7), S. 284 – 289 mit der Forderung, die Kirchenverträge und Hochschulgesetze in diesem Sinne verfassungskonform zu interpretieren. Fraglich ist, ob dies zwingend zur Entfernung des dissentierenden Theologen aus der theologischen Fakultät führen muss, so wohl M. Heckel, a. a. O.; anders die Lösung im Fall Lüdemann. Er kann jedenfalls nicht mehr in der kirchlichen Lehre und Geistlichen Ausbildung eingesetzt werden. Zur Frage der Kostentragung und der Ersatzgestellung siehe M. Heckel, Die theologischen Fakultäten im weltlichen Verfassungsstaat, 1986, S. 82 f. 18 A. Vulpius, JÖR 43 (1995), S. 327 (352).

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chendes, aus dem Selbstbestimmungsrecht (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) abzuleitendes Recht, wie es das BVerfG angenommen hat19 In Konkretisierung der sich aus der Freundschaftsklausel (Art. 26) ergebenden Verpflichtung der Vertragsparteien, sich auf der Basis gegenseitigen Vertrauens nach Kräften um eine einvernehmliche Lösung allfälliger Meinungsverschiedenheiten in der Auslegung und bei der Anwendung des Vertrags im Einzelfall zu bemühen, regelt das Schlussprotokoll (zu Artikel 3 Absatz 2) das Verfahren der Beteiligung der Kirche bei der Besetzung von (Junior-)Professuren im Bereich der evangelischen Theologie: Zunächst legen Staat und Kirche die Stellen, bei deren Besetzung die Kirche ein Mitwirkungsrecht haben soll, einvernehmlich fest. Im Rahmen eines Besetzungsverfahrens haben die Kirchen sodann das Recht, nach Vorliegen des Berufungsvorschlags der Fakultät zu der zur Berufung anstehenden Person Stellung zu nehmen. Nach dem Schlussprotokoll wendet sich die Landesregierung dazu an die Kirchenleitung derjenigen Landeskirche, in deren Bereich die Hochschule ihren Sitz hat. Für die Theologische Fakultät an der Universität Halle-Wittenberg ist das die durch Vereinigung der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen mit Wirkung zum 1. Januar 2009 gebildete Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, die für ihre fusionierten Vorgängerkirche in Rechtsnachfolge in die Rechte und Pflichten aus dem Wittenberger Vertrag eingetreten ist.20 Die innerkirchliche Abstimmung mit den anderen am Vertrag beteiligten Kirchen ist Sache dieser Kirche. Nach dem Hochschulgesetz vom 1. Juli 2021, durch das die Verträge mit den Kirchen und öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften nicht berührt werden sollen (§ 121 HSG LSA), liegt die Zuständigkeit für Berufungen von Professoren, die nunmehr Selbstverwaltungsangelegenheit der Hochschule ist (§ 55 Abs. 2 Nr. 7 HSG LSA), nicht mehr bei der Landesregierung, wie vom Schlussprotokoll vorausgesetzt, sondern beim Rektor der jeweiligen Hochschule. Das Verfahren muss insoweit angepasst werden. Die Verpflichtung, die Stellungnahme der Kirchen einzuholen und sie grundsätzlich zu beachten, muss nun den Rektor treffen. Er dürfte nur unter den gleichen engen Voraussetzungen wie bisher die Landesregierung, also im Fall eines Missbrauchs des Mitsprachrechts der Kirchen zu anderen Zwecken als der Sicherung des Bekenntniskonformität, befugt sein, sich über eine negative Stellungnahme der Kirchen hinwegzusetzen. Sollte der Rektor die bestehende Bindung an die Stellungnahme der Kirchen missachten, müsste das zuständige Ministerium rechtsaufsichtlich einschreiten (§ 55 Abs. 4 HSG LSA). Für die Abgabe ihrer Stellungnahme, um die sie ersucht werden, haben die Kirchen eine Frist von sechs Wochen. Geht innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme ein, wird fingiert, dass es seitens der Kirche keine Bedenken gegen die ins Auge gefasste Berufung gibt. 19

So auch BVerfGE 122, 89 (114) – Lüdemann. Art. 1 Abs. 2 des Vereinigungsvertrages (Amtsblatt der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland, 2007, S. 164 ff.). 20

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Auch die Bestimmung, wonach die Landesregierung, wenn sie trotz fristgemäß geäußerter Bedenken das Berufungsverfahren für die ausgewählte Person fortsetzen will, die Bedenken mit Vertretern der Fakultät/des Fachbereichs und der Kirchenleitung erörtert, muss sinngerecht nun so praktiziert werden, dass die Erörterung zwischen Rektor, Fakultät und der Kirchenleitung erfolgt. Über die Frage, ob unter den veränderten hochschulrechtlichen Rahmenbedingungen auch die Landesregierung mit dem die Rechtaufsicht über die Hochschule ausübenden Ministerium (§ 55 Abs. 4 HSG LSA) an der Erörterung zu beteiligen ist, was durchaus sinnvoll erscheint, da die Landesregierung im Außenverhältnis gegenüber den Kirchen für die Vertragserfüllung einzustehen hat, müssen die Vertragsparteien freundschaftlich-einvernehmlich (Art. 26) klären. Abs. 3 Diese Bestimmung trägt ausweislich der Regierungsbegründung dem Umstand Rechnung, dass die theologische Ausbildung in der Universität „vornehmlich der Pfarrerausbildung dient und die Kirchen die Sicherheit haben müssen, dass die Ausbildungsinhalte der evangelischen Lehre entsprechen“. Obwohl staatliche und nicht kirchliche Institution nimmt die theologische Fakultät zum Teil, nämlich bei der Geistlichenausbildung, „kirchliche Funktionen“ wahr.21 Dieser Zweck spricht allerdings dafür, auch die Studienordnungen in den Vorbehalt kirchlicher Zustimmung einzubeziehen, soweit ein Studiengang nach seiner Konzeption auf die Ausbildung des hauptamtlichen kirchlichen Personals zielt22; denn hier werden die Grundlagen gelegt und die Weichen gestellt; die Prüfungsordnungen nehmen darauf Bezug und knüpfen daran an. Die Regierungsbegründung kann für diese Sichtweise insoweit angeführt werden, als dort betont wird, dass der Staat sich aufgrund seiner weltanschaulichen Neutralität nicht anmaßen darf, „über religiöse Studieninhalte“ maßgeblich zu entscheiden. Dem entspricht die explizite Regelung in Art. 5 Abs. 4 des Konkordats Sachsens-Anhalts mit dem Heiligen Stuhl (siehe auch Art. 13 Abs. 5 des Konkordats Thüringens). Mit dem Zustimmungserfordernis erhalten die Kirchen ein Vetorecht gegen die genannten universitären Ordnungen, allerdings begrenzt auf die Gesichtspunkte „des kirchlichen Amtes und der kirchlichen Lehre“. Die Kirchen sind insoweit Hüter der Ämterordnung und der „Reinheit“ der Lehre. Das theologische Prüfungswesen unterliegt hinsichtlich der geistlichen Aspekte der Prüfungsfächer, ihrer Auswahl und Gewichtung sowie Prüfungsvoraussetzungen, und nur hinsichtlich dieser, dem Bestimmungsrecht der Kirchen. Bei Meinungsverschiedenheiten soll allerdings nach der Regierungsbegründung die Verpflichtung zur freundschaftlichen Einigung

21

M. Heckel (Fn. 7), S. 250. Zu den sich aus dieser funktionalen Ausrichtung ergebenden Grenzen des kirchlichen Mitwirkungsrechts beim Erlass von Studien- und Prüfungsordnungen siehe näher C. Waldhoff, Theologie an staatlichen Hochschulen, in: HStKR, 32020, § 46, S. 1892 – 1977 (1937 – 1940 Rn. 45 – 47). 22

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

nach Art. 26 Platz greifen; das ist sinnvoll, weil das Prüfungswesen ohne Prüfungsordnungen schlechterdings funktionsunfähig wäre. Prüfungsordnungen, zu denen auch die Promotion- und Habilitationsordnungen (siehe § 18 Abs. 8 und 11 HSG LSA) zählen, werden als Satzungen der Hochschule beschlossen und bedürfen der Genehmigung des Rektors, der Rektorin oder des nach der Grundordnung zuständigen Organs (§ 13 Abs. 1 HSG LSA). Das Schlussprotokoll regelt in prozeduraler Hinsicht, dass die Zustimmung bei derjenigen Kirche einzuholen ist, in deren Bereich die Hochschule ihren Sitz hat und die innerkirchliche Abstimmung mit den anderen, am Vertrag beteiligten Kirchen deren Sache ist; damit soll das Verfahren beschleunigt werden. Soweit das Schlussprotokoll hinsichtlich der Einholung der Zustimmung die Zuständigkeit der Landesregierung zuweist, ist dies mittlerweile durch die Hochschulreformen überholt. Die Kompetenz liegt vielmehr jetzt bei den für die Beschlussfassung über die Satzungen zuständigen Hochschulgremien (siehe § 13 Abs. 1 HSG LSA). Abs. 4 Die theologische Ausbildung der Pfarrer in staatlichen Universitäten, die über eine theologische Fakultät verfügen, ist nicht exklusiv. Die Kirchen können kraft ihres Selbstbestimmungsrechts eigene Ausbildungseinrichtungen schaffen, auf die das HSG LSA nur Anwendung findet, soweit dies gesetzlich bestimmt ist (§ 1 Abs. 1 S. 3 HSG LSA), und dort Prüfungen für den kirchlichen Dienst abnehmen. Dieses kirchliche Prüfungswesen und die eigenständige kirchliche Prüfungsberechtigung erkennt der Staat vertraglich an23, indem er den Kirchen weiterhin das Recht zubilligt, „eigene Prüfungsausschüsse für den Abschluss der wissenschaftlichen Ausbildung einzurichten“. Kirchliche Prüfungsausschüsse können nur kirchliche Prüfungsabschlüsse vermitteln, die an die Stelle staatlicher, namentlich der Ersten Theologischen Staatsprüfung treten. Abs. 5 Hatte der Loccumer Vertrag von 1955 noch die Ernennung der evangelischen Universitätsprediger der Landesregierung im Einvernehmen mit der Kirche zugewiesen (Art. 3 Abs. 3), so liegt diese Kompetenz nun bei der örtlich zuständigen Kirchenleitung, die im Einvernehmen mit der Theologischen Fakultät entscheidet. Entscheidend für den Rückzug des Staates in dieser Hinsicht ist der Umstand, dass das Amt des Universitätspredigers als reines Ehrenamt keine staatlichen Befugnisse vermittelt, deren Verleihung sich der Staat vorbehalten müsste. Evangelischer Universitätsprediger kann dabei nur ein ordiniertes, d. h. mit einem Pfarramt betrautes Mitglied der Fakultät sein.

23 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 98.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern ! Im Land Mecklenburg-Vorpommern bestehen Theologische Fakultäten an den Universitäten Rostock und Greifswald. Art. 4: (1) Die wissenschaftliche Pflege der evangelischen Theologie gehört zum Auftrag wissenschaftlicher Hochschulen und wird durch die evangelisch-theologischen Fakultäten an den Universitäten Greifswald und Rostock gewährleistet. (2) 1Die Anstellung eines hauptamtlichen Hochschullehrers an einer evangelisch-theologischen Fakultät bedarf hinsichtlich Lehre und Bekenntnis des Anzustellenden der Zustimmung der zuständigen Landeskirche. 2Die Landesregierung gibt der Kirche Gelegenheit zur Äußerung. 3Gegen ein ausdrückliches kirchliches Votum leitet sie eine Berufung nicht ein und nimmt eine Anstellung nicht vor. (3) 1Bei Entscheidungen über Studien- und Prüfungsordnungen für eine der evangelischtheologischen Fakultäten wird die zuständige Landeskirche mit dem Ziel des Einvernehmens beteiligt. 2Sie ist berechtigt, einen Vertreter in die Prüfungsausschüsse für die Abschlüsse der Ausbildung an der evangelisch-theologischen Fakultät zu entsenden. (4) Kirchenrecht und Staatskirchenrecht werden in der Lehre angemessen berücksichtigt. (5) 1Die Kirchen behalten das Recht, eigene Prüfungen für den Abschluss des Theologiestudiums durchzuführen. 2Ihre Zeugnisse werden staatlich anerkannt. (6) Die zuständige Landeskirche bestellt im Einvernehmen mit der evangelisch-theologischen Fakultät den evangelischen Universitätsprediger. (7) 1In Greifswald wird ein Hochschulinstitut für evangelische Kirchenmusik unterhalten. 2 Das Nähere, insbesondere die Finanzierung, wird zwischen dem Land und der Pommerschen Evangelischen Kirche in einer Vereinbarung geregelt. 3Diese ersetzt die Vereinbarung zwischen der Ernst-Moritz-Arndt-Universität und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 27. Februar 1992.

Regierungsbegründung Absatz 1 stellt klar, daß die evangelische Theologie zum Kanon der Wissenschaften geho¨ rt. Er greift die Garantie des Artikels 9 Absatz 3 der Landesverfassung fu¨ r die beiden evangelischtheologischen Fakulta¨ ten auf. Der Artikel 4 des Kirchenvertrages ist ein Vertrag im Sinne von Art. 9 Abs. 3 der Landesverfassung. Umfang und Ausstattung dieser Fakulta¨ ten orientieren sich nach den u¨ blichen Erfordernissen und Mo¨ glichkeiten. Nach Absatz 2 wird das Land niemanden zum hauptamtlichen Hochschullehrer an eine evangelisch-theologische Fakulta¨ t berufen, gegen dessen Lehre oder Bekenntnis die zusta¨ ndige Landeskirche ausdru¨ cklich Einwa¨ nde erhebt. Dem sa¨ kularen Staat steht kein Urteil u¨ ber Glaubensfragen zu. Das ist Sache der Kirche. Es liegt im Interesse des Landes, daß an den evangelisch-theologischen Fakulta¨ ten authentische evangelische Religion gelehrt wird; denn die evangelisch-theologischen Fakulta¨ ten dienen in erster Linie dem Nachwuchs an Geistlichen der o¨ rtlichen Landeskirchen. Aus der kirchenver-

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

traglichen Garantie der theologischen Fakulta¨ ten ist gleichzeitig die Verpflichtung herzuleiten, daß die Landeskirchen diese Fakulta¨ ten zur Ausbildung ihres Pfarrernachwuchses auch nutzen. Absatz 3 ra¨ umt der jeweiligen Landeskirche Mitbestimmungsrechte bei Entscheidungen u¨ ber Studien- und Pru¨ fungsordnungen fu¨ r die Fragen ein, bei denen der sa¨ kulare Staat auf das Urteil der Kirchen angewiesen ist. Die Kirchen haben die Mo¨ glichkeit, einen Vertreter in die Pru¨ fungsausschu¨ sse an der evangelisch-theologischen Fakulta¨ t zu entsenden. Soweit die Entscheidungen z. B. u¨ ber Pru¨ fungsordnungen innerhalb der Universita¨ t getroffen werden, hat diese die Kirche zu beteiligen. Das Mitwirkungsrecht gilt nicht nur fu¨ r die Abschlu¨ sse der hauptamtlichen Theologen, sondern z. B. auch fu¨ r die Abschlu¨ sse in Religionspa¨ dagogik. Absatz 4 stellt die Beru¨ cksichtigung der Rechtsausbildung sicher. Das heißt aber nicht, daß fu¨ r die dort genannten Fa¨ cher unbedingt eigene hauptamtliche Hochschullehrer berufen werden mu¨ ssen. Absatz 5 besta¨ tigt ein Recht der Kirchen, eigene Pru¨ fungen durchfu¨ hren zu ko¨ nnen. Dieses Recht bezieht sich auf jene Pru¨ fungen, die der Ordination vorausgehen und Voraussetzungen fu¨ r die Erlangung eines Pfarramtes sind. Absatz 6 lo¨ st die bisherige staatliche Zusta¨ ndigkeit bei der Bestellung des Universita¨ tspredigers zugunsten einer Entscheidung der Landeskirche ab. Dies tra¨ gt der Trennung von Staat und Kirche Rechnung und beru¨ cksichtigt den prima¨ r geistlichen Auftrag des evangelischen Universita¨ tspredigers. Absatz 7 sichert die Unterhaltung eines Instituts fu¨ r evangelische Kirchenmusik in Greifswald.

2. Thüringen ! Im Freistaat Thüringen besteht eine Theologische Fakultät an der FriedrichSchiller-Universität Jena und das Martin-Luther-Institut an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt. Art. 3: (1) 1Für die wissenschaftlich-theologische Ausbildung der Geistlichen und der Religionspädagogen bleibt die Evangelisch-Theologische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena erhalten. 2Der Freistaat Thüringen wird die Neugründung einer weiteren Evangelisch-Theologischen Fakultät nur im Benehmen mit den Kirchen vornehmen. Schlussprotokoll: Es besteht Übereinstimmung darüber, dass die Bestandsgarantie der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena daran gebunden ist, dass die Pfarrerausbildung auch in Zukunft ganz überwiegend in der Form des theologischen Studiums an den staatlichen Hochschulen und den bestehenden kirchlichen Hochschulen (Bethel, Neuendettelsau und Wuppertal) stattfindet. (2) 1Vor der Anstellung eines Professors und vor der unbefristeten Anstellung eines Hochschuldozenten für ein Fachgebiet der evangelischen Theologie oder der Religionspädagogik an einer Hochschule des Freistaats Thüringen wird den Kirchen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. 2Werden Bedenken geäußert, die sich auf die kirchliche Lehre und das Bekenntnis beziehen und im einzelnen begründet werden, wird die Landesregierung diese Stellungnahme beachten. Schlussprotokoll: 1Die Stellungnahme der Kirchen wird nach Vorliegen des Berufungsvorschlages und nach Festlegung der zur Berufung vorgesehenen Person durch das zuständige

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Ministerium eingeholt. 2Die Landesregierung wendet sich dazu an die Kirchenleitung derjenigen Kirche, in deren Bereich die Hochschule ihren Sitz hat. 3Die innerkirchliche Abstimmung ist Angelegenheit dieser Kirchenleitung. 4Wird innerhalb von sechs Wochen nach Zugang der Anforderung keine Stellungnahme abgegeben, wird davon ausgegangen, dass von Seiten der Kirchen keine Bedenken geäußert werden. 5Will die Landesregierung trotz fristgemäß geäußerter Bedenken das Berufungsverfahren für die ausgewählte Person fortsetzen, so werden die Bedenken mit Vertretern der Fakultät und der Kirchenleitung mit dem Ziel der Verständigung erörtert. (3) Die Promotions- und Habilitationsordnungen sowie die Prüfungsordnung im Fach Evangelische Theologie und die Prüfungsordnungen zur Erlangung der Lehramtsbefähigung für das Fach Evangelische Religion an allen Schularten und -stufen werden mit dem Ziel einer freundschaftlichen Verständigung im Benehmen mit den Kirchen genehmigt. (4) 1Die Kirchen behalten das Recht, eigene Prüfungsämter für den Abschluss einer wissenschaftlich-theologischen Ausbildung einzurichten. 2Die Wirkungen der kirchlichen Prüfungen im staatlichen Bereich richten sich nach den gesetzlichen Bestimmungen. (5) Den evangelischen Universitätsprediger ernennt die örtlich zuständige Kirchenleitung im Einvernehmen mit der Evangelisch-Theologischen Fakultät aus dem Kreis der ordinierten Mitglieder der Fakultät.

Regierungsbegründung Zu Artikel 3 In Absatz 1 Satz 1 wird erstmalig eine Bestandssicherung der Evangelisch-Theologischen Fakulta¨ t der Friedrich-Schiller-Universita¨ t Jena fu¨ r die wissenschaftlich-theologische Ausbildung der Geistlichen vereinbart. Das Schlußprotokoll fu¨ hrt aus, daß die Bestandsgarantie der Evangelisch-Theologischen Fakulta¨ t der Friedrich-Schiller-Universita¨ t Jena aber davon abha¨ ngig ist, daß die Pfarrer-Ausbildung auch in Zukunft ganz u¨ berwiegend in der Form des theologischen Studiums an den staatlichen Hochschulen und den bestehenden kirchlichen Hochschulen (Bethel, Neuendettelsau und Wuppertal) stattfindet. In ihrem Schreiben vom 14. Ma¨ rz 1994 an den Thu¨ ringer Ministerpra¨ sidenten haben die Bischo¨ fe der vier evangelischen Landeskirchen erkla¨ rt, daß sie um ihres Auftrages willen an einer qualifizierten Ausbildung ihrer Pfarrer festhalten. Sie haben bekra¨ ftigt, daß auch die Kirchen davon ausgehen, daß in den Evangelischen Kirchen in Thu¨ ringen ku¨ nftig ganz u¨ berwiegend Pfarrer angestellt werden, die ein zumindest dreija¨ hriges Studium an einer staatlichen Hochschule oder an einer der in Deutschland bestehenden kirchlichen Hochschulen (Bethel, Neuendettelsau, Wuppertal) absolviert haben. Satz 2 ra¨ umt den Kirchen fu¨ r den Fall der Neugru¨ ndung einer weiteren Evangelisch-Theologischen Fakulta¨ t in Thu¨ ringen ein Mitwirkungsrecht ein. Absatz 2 regelt die Mitwirkung der Kirche bei der personellen Besetzung von Lehrstu¨ hlen und von Dozentenstellen im Fachgebiet Evangelische Theologie oder Religionspa¨ dagogik an einer Hochschule. Im Schlußprotokoll geregelt wird festgestellt, daß die Landesregierung das Berufungsverfahren trotz der gea¨ ußerten Bedenken der Kirchen fortfu¨ hren kann, wenn die Bedenken mit den Vertretern der Fakulta¨ t und der Kirchenleitung mit dem Ziel der Versta¨ ndigung zuvor ero¨ rtert wurden.

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

Absatz 3 regelt Voraussetzungen fu¨ r die Genehmigung von Promotions- und Habilitationsordnungen sowie Pru¨ fungsordnungen im Fach Evangelische Theologie und der Pru¨ fungsordnungen zur Erlangung der Lehramtsbefa¨ higung fu¨ r das Fach Evangelische Religion an allen Schularten und -stufen durch das Land. Absatz 4 garantiert den Kirchen das Recht, eigene wissenschaftlich-theologische Pru¨ fungsa¨ mter einzurichten. Absatz 5 regelt die Ernennung des evangelischen Universita¨ tspredigers.

3. Sachsen ! Im Freistaat Sachsen besteht eine Theologische Fakultät an der Universität Leipzig und ein Institut für Evangelische Theologie an der Philosophischen Fakultät der TU Dresden. Art. 3: (1) 1Für wissenschaftlich-theologische Ausbildungsgänge bleibt die Theologische Fakultät der Universität Leipzig erhalten. 2Vor der Neugründung oder Verlegung einer evangelischen theologischen Fakultät wird die Staatsregierung eine gutachtliche Stellungnahme der Kirchen einholen. Schlussprotokoll: 1Die im Folgenden genannten Mitwirkungsrechte der Kirchen werden durch diejenige Kirche wahrgenommen, auf deren Territorium sich die Bildungseinrichtung befindet. 2Diese Kirche wird die weiteren betroffenen Kirchen beteiligen und gegebenenfalls abweichende Stellungnahmen der anderen Kirchen der staatlichen Stelle zur Kenntnis geben. (2) 1Vor der Berufung eines Professors oder Hochschuldozenten für ein evangelisch-theologisches Fachgebiet oder für evangelische Religionspädagogik an einer Hochschule des Freistaates wird den Kirchen Gelegenheit gegeben, zu einem Berufungsvorschlag sich gutachtlich zu äußern. 2Werden Bedenken geäußert, die sich auf die Heilige Schrift und das Bekenntnis stützen und die im Einzelnen begründet werden, wird der Freistaat diese Stellungnahme beachten. Schlussprotokoll (zu Satz 1): 1Den Kirchen wird eine angemessene Frist für ihre Stellungnahme eingeräumt. 2Vor Ablauf dieser Frist wird keine Entscheidung über die Berufungsvorschläge ergehen. (3) 1Das zuständige Staatsministerium wird Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen für theologische Fachgebiete erst genehmigen oder in Kraft setzen, wenn zuvor durch Anfrage bei den Kirchen festgestellt worden ist, dass Einwendungen nicht erhoben werden. 2Die kirchliche Mitwirkung in den Theologischen Prüfungskommissionen bleibt gewährleistet. Schlussprotokoll: Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Promotions- und Habilitationsordnungen werden die Kirchen Einwendungen nur erheben, wenn auf das Bekenntnis gestützte Bedenken bestehen. (4) 1Die Kirchen behalten das Recht, eigene Prüfungsämter für den Abschluss einer wissenschaftlichen Ausbildung einzurichten. 2Die kirchliche Prüfung steht der Hochschulprüfung gleich. Schlussprotokoll (zu Satz 2): Die Kirchen gewährleisten die Gleichwertigkeit der Prüfungsanforderungen mit den staatlichen Abschlussprüfungen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(5) Die evangelischen Universitätsprediger ernennen das zuständige kirchenleitende Organ im Einvernehmen mit der evangelischen theologischen Fakultät aus dem Kreis der ordinierten Professoren der Fakultät.

Regierungsbegründung Absatz 1 regelt den Umfang des Bestandsschutzes der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Der Freistaat folgt damit im Sinne positiver Religionspflege der Tradition, für die evangelische Theologie als Gegenstand von Forschung und Lehre einen eigenständigen Fachbereich zu unterhalten. Mit der (bekenntnisgebundenen) evangelischen Theologie als Wissenschaftszweig erfüllt der Staat seinen eigenen Kulturauftrag, die Theologie als eigenständigen, geschichtlich gewachsenen Wissenschaftszweig von erheblicher Bedeutung für die Entwicklung des christlichen Abendlandes zu bewahren und gleichzeitig der evangelischen Glaubenslehre unter den verschiedenen wissenschaftlichen Denkansätzen im Interesse der Pluralität innerhalb der Hochschule eine Artikulationsmöglichkeit zu eröffnen. Gleichzeitig ist die Theologische Fakultät Ausbildungsstätte für das geistliche Amt in den Kirchen und berührt damit in erheblichem Umfang deren Interessen. Als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche sind im Hinblick auf die Rechtsverhältnisse der Theologischen Fakultät Regelungen erforderlich, die eine vertrauensvolle Kooperation zwischen den Kirchen und dem Freistaat als dem Träger der Hochschuleinrichtung ermöglichen. Die in den Absätzen 2 bis 5 getroffenen vertraglichen Festlegungen sollen nach den Vorstellungen der Vertragsparteien einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten. Absatz 2 regelt Besonderheiten des Berufungsverfahrens für akademische Lehrer im Bereich der Theologischen Fakultät und der Religionspädagogik. Im Rahmen des Berufungsverfahrens sind die Kirchen zu beteiligen, nachdem der Berufungsvorschlag der Universität erstellt ist und bevor das Staatsministerium über die Berufung entschieden hat. Die Kirchen sind zur Abgabe einer gutachtlichen Stellungnahme berechtigt, aber nicht verpflichtet; ihre Stellungnahme kann sich auf alle im Rahmen des Berufungsverfahrens entscheidungserheblichen Gesichtspunkte beziehen. Das Schlußprotokoll stellt klar, daß die Entscheidung nicht ergehen darf, bevor die den Kirchen zu setzende angemessene Frist abgelaufen ist. Werden im Rahmen der gutachtlichen Stellungnahme von den Kirchen Bedenken gegen einzelne Kandidaten geäußert, so ist zu unterscheiden, ob sich die Einwände der Kirchen auf die Heilige Schrift und auf das Bekenntnis stützen. In diesem Falle ist der Staatsminister an die Bedenken grundsätzlich gebunden, es sei denn, die zu begründende Stellungnahme der Kirche erweist sich als willkürlich und mit den Grundsätzen der Freiheit von Forschung und Lehre als unvereinbar. Andere von den Kirchen vorgebrachte Aspekte (z. B. Erwägungen über die wissenschaftliche Qualifikation der Bewerber) fließen in die Entscheidungsfindung ein, allerdings ohne daß der nach dem Hochschulrecht zur Entscheidung Berufene an die Auffassung der Kirchen gebunden wäre. Absatz 3 behandelt die Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen für theologische Fachgebiete. In den nach dem Sächsischen Hochschulgesetz vom 4. August 1993 vorgesehenen Genehmigungsverfahren (§ 29 Abs. 4; § 36 Abs. 9; § 37 Abs. 5 SächsHG) sind die Kirchen zu beteiligen. Eine Genehmigung durch das Wissenschaftsministerium kann nur erfolgen, wenn die Kirchen keine Einwendungen erhoben haben. Bei staatlichen Prüfungsordnungen (evangelische Religionspädagogik im Lehramt) sind die Kirchen entsprechend einzubeziehen, wobei diese Prüfungsordnungen erst in Kraft gesetzt werden dürfen, wenn die Kirchen keine Einwendungen erhoben haben. Im Schlußprotokoll ist klargestellt, daß bei Promotions- und Habilitationsordnungen das Beanstandungsrecht der Kirche auf bekenntnisbezogene Einwendungen

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

verengt ist. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, daß die wissenschaftliche Ausbildung und Qualifizierung in einem bekenntnisgebundenen Raum stattfindet und die Kirchen deshalb eine wesentliche Mitverantwortung für die Wahrung ihrer Glaubenslehre tragen. Um einem Auseinanderfallen von kirchlicher Lehre und tatsächlicher Prüfungspraxis vorzubeugen, ist eine Mitwirkung der Kirchenvertreter in den theologischen Prüfungskommissionen vorgesehen. In Absatz 4 wurde das in der Selbstverwaltungsgarantie der Kirchen wurzelnde Recht anerkannt, in eigenen Prüfungen geeignete Kandidaten für den Pfarrdienst zu ermitteln. Entsprechend der Regelung im Hochschulrecht (§ 28 Abs. 1 SächsHG) wird diesen Prüfungen, die aufgrund der Prüfungsanforderungen und der bisherigen Praxis den universitären Abschlußprüfungen gleichwertig sind, die staatliche Anerkennung verliehen. Damit soll dem (im Regelfall größeren) Personenkreis, der ins Pfarramt strebt, ein akademischer Abschluß verliehen werden, ohne daß die Pfarramtsanwärter gleichzeitig sich einer staatlichen Prüfung unterziehen müssen. Das Verfahren für die Ernennung der Universitätsprediger ist in Absatz 5 geregelt. Im Rahmen der Autonomie der Universitäten sind diesen traditionell eigene Universitätsprediger zugeordnet, die im Sinne eines repräsentativen Ehrenamtes kirchliche Aufgaben für die Universität wahrnehmen.

4. Brandenburg ! Im Land Brandenburg existiert keine Fakultät bzw. kein Lehrstuhl für evangelische Theologie an einer staatlichen Hochschule. Art. 3: (1) Beabsichtigt das Land, einen Ausbildungsgang in evangelischer Theologie oder Religionspädagogik an einer Hochschule des Landes einzurichten, so wird es eine gutachterliche Stellungnahme der Kirchen einholen. Schlussprotokoll: Das Land wendet sich an die Kirche, in deren Bereich die Hochschule ihren Sitz hat. (2) 1Vor der Errichtung einer Professur und vor der Berufung eines Professors oder Einstellung eines Hochschuldozenten für ein evangelisch-theologisches Fachgebiet an einer Hochschule des Landes wird den Kirchen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. 2Werden bei der Berufung Bedenken geäußert und im Einzelnen begründet, die sich auf Lehre und Bekenntnis beziehen, wird die Landesregierung diese Stellungnahme berücksichtigen. Schlussprotokoll: 1Will das Land trotz kirchlicher Bedenken das Berufungsverfahren fortsetzen, so werden die Bedenken mit Vertretern der Fakultät und der Kirche erörtert. 2Hält die Kirche ihre Bedenken aufrecht, wird eine Berufung nicht vorgenommen, es sei denn, die Freiheit der Wissenschaft würde ernsthaft gefährdet. 3Die Protokollnotiz zu Absatz 1 gilt entsprechend. (3) 1Bei Entscheidungen über Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen für evangelisch-theologische Fachgebiete wird die zuständige Kirche mit dem Ziel des Einvernehmens beteiligt. 2Sie ist berechtigt, einen Vertreter als Mitglied in die jeweiligen Prüfungsgremien zu entsenden. (4) Die Kirchen behalten das Recht, eigene Prüfungen für den Abschluss des Theologiestudiums durchzuführen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Schlussprotokoll: 1Kirchliche Prüfungen für den Abschluss des Theologiestudiums sind in ihren Rechtsfolgen Prüfungen an den Hochschulen des Landes gleichgestellt, sofern sie diesen gleichwertig sind. 2Sie gelten staatlichen Hochschulprüfungen als gleichwertig, solange nicht das für Wissenschaft zuständige Ministerium feststellt, dass die Prüfungen den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen. 3Vor der Feststellung ist eine gemeinsame Erörterung mit den Kirchen erforderlich. (5) 1Evangelische Universitätsprediger ernennt die örtlich zuständige Kirchenleitung. 2Die Absicht, den Universitätsprediger zu ernennen, wird der örtlichen Hochschulleitung mitgeteilt.

Regierungsbegründung Zu Artikel 3 Durch die Bestimmung werden die Mitwirkungsrechte der Kirchen bei der Errichtung von Ausbildungsga¨ ngen in evangelischer Theologie und Religionspa¨ dagogik an einer Hochschule des Landes sowie im Personalbereich festgelegt. Die Gestaltung der theologischen und religionspa¨ dagogischen Ausbildung ist eine gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche. Dies ergibt sich fu¨ r den Staat daraus, daß die Hochschulen seinem Souvera¨ nita¨ tsbereich unterliegen, er fu¨ r die Fo¨ rderung von Kultur und Wissenschaft, also auch fu¨ r die theologischen Fa¨ cher, einzustehen hat. Fu¨ r die Kirche ergibt sich dies daraus, daß Theologie im Gegensatz zur Religionswissenschaft eine Bekenntnisbindung aufweist und damit dem kirchlichen Wirkungsbereich zugeho¨ rt. In Bereichen, in denen staatliche und kirchliche Rechte und Interessen derart miteinander verwoben sind, ist nach einem Ausgleich im Dialog zu suchen. Nach Absatz 1 holt das Land vor Errichtung eines Ausbildungsgangs in Theologie oder Religionspa¨ dagogik eine gutachterliche Stellungnahme der Kirche ein, und zwar, wie im Schlußprotokoll klargestellt wird, der Kirche, in deren Bereich sich die betreffende Hochschule befindet. Der Kirche wird damit nicht das Recht eingera¨ umt, ohne na¨ here Begru¨ ndung ein Veto einzulegen. Durch Absatz 2 wird die Mitwirkung der Kirche bei der personellen Besetzung von Dozentenstellen sowie der Einrichtung von Professuren geregelt. Das Schlußprotokoll entha¨ lt Verfahrensbestimmungen fu¨ r die Lo¨ sung von Meinungsverschiedenheiten bei der Berufung von Dozenten. Das Letztentscheidungsrecht verbleibt hiernach beim Land; es wird gegen den Willen der Kirche aber nur im Ausnahmefall einer ernsthaften Gefa¨ hrdungen der Wissenschaftsfreiheit ausgeu¨ bt werden. Durch Absatz 3 wird die Mitwirkung der Kirche bei Erlaß von Pru¨ fungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen in den betreffenden Fa¨ chern geregelt. Auch hier ist nach Mo¨ glichkeit das Einvernehmen mit der Kirche herzustellen, aber das Letztentscheidungsrecht verbleibt beim Land. Nach Absatz 4 behalten die Kirchen das Recht zur Abnahme eigener Pru¨ fungen fu¨ r den Abschluß des Theologiestudiums, die in ihren Rechtsfolgen den Pru¨ fungen an Hochschulen des Landes gleichgestellt sind. Im Schlußprotokoll wird festgelegt, daß die Gleichstellung nur erfolgt, wenn die kirchlichen Pru¨ fungen denen staatlicher Hochschulen gleichwertig sind. Diese Bestimmung ist der Regelung in § 9 Brandenburgisches Hochschulgesetz (BbgHSG) nachgebildet.

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

Die Ernennung von Universita¨ tspredigern ist u¨ berkommene Tradition im preußischen Staatskirchenrecht. Durch Absatz 5 wird jedoch klargestellt, daß die o¨ rtliche Kirchenleitung den Universita¨ tsprediger ohne Mitwirkung des Landes oder der Universita¨ tsleitung benennt.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen ! Im Freistaat Sachsen besteht ein Institut für Katholische Theologie an der Philosophischen Fakultät der TU Dresden. Art. 5: (1) 1Der Freistaat wird an der Technischen Universität Dresden das dort eingerichtete Fach katholische Religion in Lehramtsstudiengängen und das Fach katholische Theologie in Magisterstudiengängen erhalten. 2Die Ausbildung in diesen Fächern entspricht der Lehre und den Grundsätzen der katholischen Kirche. Schlussprotokoll: Die Festlegung des erforderlichen Lehrpersonals (Stellenplan) und der notwendigen Lehreinrichtungen (Sachausstattung) erfolgt im Benehmen mit dem zuständigen Diözesanbischof. (2) 1Professoren und Hochschuldozenten (Hochschullehrer) für katholische Theologie und katholische Religionspädagogik werden erst berufen oder eingestellt, wenn sich das zuständige Staatsministerium bei dem zuständigen Diözesanbischof vergewissert hat, dass im Hinblick auf Lehre und Lebenswandel keine Bedenken bestehen. 2Werden Einwendungen erhoben, sind diese vom Diözesanbischof gemäß den Umständen des Einzelfalles angemessen darzulegen. Schlussprotokoll: 1Vor der Erteilung eines Rufes oder dem Angebot einer Stelle im Sinne dieser Bestimmung wird das Staatsministerium die Äußerung des zuständigen Diözesanbischofs einholen. 2Hat der Diözesanbischof erklärt, keine Einwendungen zu erheben, kann das zuständige Staatsministerium die Berufung oder Einstellung vornehmen. 3Personalentscheidungen im Sinne dieser Bestimmung dürfen erst veröffentlicht werden, wenn der Diözesanbischof keine Einwendungen erhoben hat. 4Soweit die vorgeschlagenen Kandidaten nicht auf den priesterlichen Lebenswandel verpflichtet sind, ist ein Lebenswandel nach den Ordnungen der katholischen Kirche erforderlich. (3) 1Verstößt ein Hochschullehrer für katholische Theologie oder katholische Religionspädagogik gegen die Lehre der katholischen Kirche oder ist sein Lebenswandel mit den Grundsätzen der katholischen Kirche nicht mehr vereinbar und ist dies von seiten der Kirche festgestellt, wird der Diözesanbischof dies dem zuständigen Staatsministerium anzeigen. 2In diesem Falle kann der beanstandete Hochschullehrer seine Lehrtätigkeit in Fachgebieten der katholischen Theologie nicht mehr ausüben. 3Gleichzeitig nimmt das zuständige Staatsministerium unverzüglich Verhandlungen mit dem Diözesanbischof über die Art und den Umfang der zu leistenden Abhilfe auf. (4) Das zuständige Staatsministerium wird Studien- und Prüfungsordnungen für Fachgebiete der katholischen Theologie erst genehmigen oder in Kraft setzen, wenn zuvor durch Anfrage bei dem Diözesanbischof festgestellt worden ist, dass Einwendungen nicht erhoben werden.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Schlussprotokoll: 1Der zuständige Diözesanbischof ist berechtigt, einen Vertreter als Beobachter zu den mündlichen Abschlussprüfungen in Fachgebieten der katholischen Theologie zu entsenden. 2Die entsprechenden Termine sind ihm jeweils rechtzeitig im voraus anzuzeigen. Schlussprotokoll (zu Artikel 5 in Gänze): Bezüglich der katholischen theologischen Ausbildung an staatlichen Hochschulen besteht Einvernehmen, dass für das Verhältnis aller Lehrstühle für katholische Theologie und Religionspädagogik zum zuständigen Diözesanbischof im Freistaat gegenwärtig insbesondere die Apostolische Konstitution „Sapientia Christiana“ vom 15. April 1979 sowie die hierzu erlassenen Verordnungen vom 29. April 1979 und die zwei Dekrete der Kongregation für das katholische Bildungswesen vom 1. Januar 1983 gelten, welche an die Stelle der im Schlußprotokoll zu Artikel 19 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 genannten kirchlichen Vorschriften getreten sind.

Regierungsbegründung Zu Artikel 5 Absatz 1 gewährt der katholischen Kirche den Bestandsschutz für den Erhalt des Faches katholische Religion in Lehramtsstudiengängen sowie des Faches katholische Theologie in Magisterstudiengängen. Die Bedeutung dieser Studienrichtung ist für den Freistaat wie auch für die katholische Kirche gleichermaßen hoch, weil Lehrer für den katholischen Religionsunterricht in Sachsen fehlen und deshalb erhebliche Schwierigkeiten bestehen, katholischen Religionsunterricht in Sachsen anzubieten. Der Bestandsschutz erstreckt sich zugleich auf den dort eingerichteten Magisterstudiengang katholische Theologie (im Haupt- oder Nebenfach). Da die Durchführung des Religionsunterrichts eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Kirche ist, ist auch für die wissenschaftliche Ausbildung von Religionslehrern eine enge Abstimmung zwischen Staat und Kirche erforderlich. Gegenstand von Lehre und Forschung in diesen Fächern ist die katholische Glaubenslehre. Die Aussage in Satz 2, daß die Ausbildung in diesen Fächern der Lehre und den Grundsätzen der katholischen Kirche entspricht, folgt aus dieser Bekenntnisgebundenheit der Fächer. Im Schlußprotokoll zu Artikel 5 sind die innerkirchlichen Vorschriften, die eine wesentliche Konkretisierung der katholischen Glaubenslehre für den universitären Bereich betreffen, im einzelnen genannt. Sie binden auch den Staat in dem Umfang, als sie im Verhältnis zwischen dem Diözesanbischof und den Mitgliedern und Angehörigen der Hochschule (§ 81 Abs. 1 und 2 SächsHG) Fragen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre und ihrer Vermittlung betreffen. Allerdings bleiben hiervon die Statusregelungen des staatlichen Rechts unberührt. Die im Vertrag getroffenen und aus der Sicht der Vertragschließenden notwendigen Regelungen sollen eine vertrauensvolle Kooperation zwischen der katholischen Kirche und dem Freistaat als dem Träger der Hochschuleinrichtung ermöglichen. Dies bezieht auch eine Beteiligung des Diözesanbischofs bei Festlegung der Stellenpläne und der Sachausstattung ein, wie im Schlußprotokoll zu Absatz 1 ausdrücklich bestimmt ist. Daneben müssen Sicherungen getroffen werden, daß die Ausbildung den Grundsätzen der katholischen Glaubenslehre entspricht und vor allem von Lehrpersonen erfolgt, die das Vertrauen der katholischen Kirche genießen und ihre Grundsätze glaubhaft vermitteln können. Dieselben Erwägungen wirken sich auch auf den Magisterstudiengang in katholischer Theologie aus, weil katholische Theologie staatlicherseits nicht als universitäres Lehrfach angeboten werden kann, ohne daß kirchliche Mitwirkungsrechte beste-

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

hen, die eine Unterweisung entsprechend der katholischen Glaubens- und Sittenlehre sicherstellen. In Absatz 2 wird das Verfahren bei der Berufung von Hochschullehrern geregelt. Der Vertrag wiederholt insoweit die Legaldefinition des Begriffs „Hochschullehrer“ gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SächsHG. Inhaltlich lehnt sich die Bestimmung an Artikel 12 Abs. 1 Preußenkonkordat an, ohne ihr jedoch völlig zu entsprechen. Hinsichtlich des Verfahrens sind folgende Stufen zu unterscheiden: 1) Bezüglich der Ausschreibung und internen Vorprüfung der Kandidaten durch die nach Hochschulrecht berufenen Organe enthält diese Regelung keine Abweichung. Unbedenklich ist allerdings, wenn das zuständige Staatsministerium oder die Organe der Hochschule schon im Vorfeld mit dem Diözesanbischof Fühlung aufnehmen. 2) Die Beteiligungspflicht des Diözesanbischofs setzt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Erteilung eines Rufs oder das Angebot einer Stelle erfolgen würde. Bezüglich des Kandidaten, auf den die Entscheidung gefallen ist, ist bei dem Diözesanbischof anzufragen, ob Bedenken bestehen. Im Schlußprotokoll zu Absatz 2 (Satz 3) ist festgelegt, daß die Entscheidung für einen bestimmten Kandidaten erst veröffentlicht werden darf, wenn der Diözesanbischof keine Einwendungen erhoben hat. 3) Nach der Anfrage beginnt das innerkirchliche Prüfungsverfahren, dessen Gestaltung sich nach kirchlichem Recht bestimmt. Am Ende steht die Entscheidung, ob der Diözesanbischof Einwendungen erhebt. Entschließt sich der Bischof, Einwendungen zu erheben, so hat er diese in einer Form zu begründen, die gegebenenfalls – unter Berücksichtigung des in diesen Fällen großen Ermessensspielraumes – eine gerichtliche Willkürkontrolle ermöglicht. 4) Bestehen gegen den Kandidaten seitens des Diözesanbischofs keine Einwendungen und erteilt er das sogenannte „nihil obstat“, dann steht einer entsprechenden Ernennung und ihrer Veröffentlichung nichts mehr entgegen. Inhaltlich erstreckt sich das Einwendungsrecht des Diözesanbischofs auf Bedenken im Hinblick auf Lehre und Lebenswandel. Ihm bleibt daneben unbenommen, sich auch zur fachlichen Qualifikation des Kandidaten zu äußern, ohne daß allerdings eine insoweit vorgebrachte Kritik die staatlichen Organe binden könnte. Er darf das „nihil obstat“ nur verweigern, wenn Bedenken gegen den Vorgeschlagenen im Hinblick auf die katholische Glaubenslehre oder dessen Lebenswandel bestehen. Im Schlußprotokoll zu Artikel 5 Abs. 2 ist klargestellt, daß zu unterscheiden ist zwischen Kandidaten, die dem priesterlichen Lebenswandel verpflichtet sind, und sonstigen Kandidaten, die einen Lebenswandel nach den Ordnungen der katholischen Kirche führen müssen. Da die Aufgabe des Hochschullehrers, die katholische Glaubenslehre in ihren jeweiligen wissenschaftlichen Teildisziplinen den Studenten verantwortlich zu vermitteln, nicht zu trennen ist von dessen eigener Glaubwürdigkeit und seiner Vorbildfunktion, rechtfertigt sich auch aus staatlicher Sicht eine Einbeziehung der Lebensführung. Absatz 3 behandelt in Modifikation zum Preußenkonkordat den nachträglichen Entzug des „nihil obstat“. Auch hier gilt der Grundsatz, daß solche Hochschullehrer – unbeschadet der Vorschriften des Beamtenrechts – dann nicht mehr im Rahmen der Ausbildung von Lehrern für das Fach katholische Religion oder von Studenten der katholischen Theologie in Magisterstudiengängen verwendet werden dürfen, wenn sie nicht mehr auf der Grundlage der katholischen

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Glaubens- und Sittenlehre stehen oder durch ihren Lebenswandel ihre Vorbildfunktion nicht mehr erfüllen können. Andernfalls würde aus der Sicht der Kirche ein für die Vermittlung der katholischen Lehre nicht mehr qualifizierter Hochschullehrer künftige Religionslehrer ausbilden und der Freistaat liefe Gefahr, daß der jeweilige Ortsbischof den ausgebildeten Lehrern für das Fach katholische Religion die Missio canonica nicht erteilt und diese nicht im Schuldienst eingesetzt werden können (vgl. Artikel 3 Abs. 3). Die Entpflichtung des betreffenden Hochschullehrers hat auf Anzeige des zuständigen Diözesanbischofs zu erfolgen. Wie sich aus der Verwendung des Begriffs „festgestellt“ ergibt, ist eine Anzeige erst möglich, nachdem das hierfür vorgesehene innerkirchliche Verfahren durchgeführt wurde. Zwischen dem zuständigen Staatsministerium und dem jeweiligen Diözesanbischof ist dann über Art und Umfang der Abhilfe zu verhandeln. In ihrer Entscheidung ist die staatliche Seite nicht gebunden, insoweit ist die Benehmensregelung im Schlußprotokoll zu Artikel 5 Abs. 1 maßgeblich. Die Regelung des Absatz 4 legt fest, daß Studien- und Prüfungsordnungen des Freistaates oder der Hochschulen nur in Kraft treten dürfen, wenn der zuständige Ortsbischof keine Einwendungen erhoben hat. Dementsprechend ist die katholische Kirche, soweit es sich um eine Abschlußprüfung der Hochschule handelt, im Genehmigungs- oder Überprüfungsverfahren durch das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zu beteiligen (§ 25 Abs. 6, § 29 Abs. 4 SächsHG). Bei staatlichen Prüfungsordnungen wirkt die katholische Kirche im Verfahren mit. Ein Erlaß der entsprechenden staatlichen Prüfungsordnung wird nur erfolgen, wenn der Diözesanbischof keine Einwendungen erhoben hat. Diese Regelung sichert der katholischen Kirche die erforderliche Einflußnahme auf die Studiengestaltung und die Prüfungsgegenstände. Diese Mitwirkung der katholischen Kirche ist sachgerecht und notwendig, damit die Absolventen später den katholischen Religionsunterricht auf dem gebotenen Leistungsniveau und entsprechend der Lehre der katholischen Kirche erteilen können. Für den Magisterstudiengang „katholische Theologie“ gilt dies entsprechend. Auch insoweit können die Prüfungsmaßstäbe für einen akademischen Abschluß in katholischer Theologie nur im Einvernehmen mit der katholischen Kirche festgestellt werden. Die im Schlußprotokoll für einen Vertreter des Diözesanbischofs vorgesehene Möglichkeit der Teilnahme (nicht der Mitwirkung) an der mündlichen Prüfung soll diesem einen Eindruck über die Persönlichkeit und das Glaubenswissen des Kandidaten verschaffen.

2. Thüringen ! Keine den anderen Verträgen vergleichbare Regelung. ! Im Freistaat Thüringen besteht an der Universität Erfurt die einzige KatholischTheologische Fakultät in den Neuen Ländern. Am ehesten vergleichbare Bestimmung: Art. 13: (1) 1Der Freistaat Thüringen gewährleistet im Rahmen des Studiums zur Erlangung der Befähigung zum Lehramt die wissenschaftliche Vorbildung in katholischer Theologie und Religionspädagogik. 2Das Nähere bleibt besonderen Vereinbarungen vorbehalten. Schlussprotokoll: 1Gegenwärtig wird zur Erlangung der Befähigung zum Lehramt im Fach Katholische Religion die wissenschaftliche Vorbildung in Katholischer Theologie und Religionspädagogik durch das Philosophisch-Theologische Studium Erfurt wahrgenommen.

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

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Maßgebend dafür sind derzeit die Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Philosophisch-Theologischen Studium Erfurt einerseits und der Pädagogischen Hochschule Erfurt bzw. der Friedrich-Schiller-Universität Jena andererseits. 3Die Ausbildung in Katholischer Theologie und Religionspädagogik entspricht der Lehre und den Grundsätzen der katholischen Kirche. (2) 1Bei der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt wird gewährleistet, dass zum Prüfungsgespräch im Fach katholische Religion ein Vertreter des zuständigen Bischofs eingeladen wird. 2Die Lehrbefähigung für den katholischen Religionsunterricht erteilt der Freistaat Thüringen. (3) Bei der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt wird gewährleistet, dass bei dem Prüfungsgespräch im Fach katholische Religion der Prüfende außer der Lehrbefähigung für Katholische Religion auch die kirchliche Bevollmächtigung besitzt. (4) Für Erweiterungs-, Ergänzungs- und Zusatzprüfungen gilt Absatz 2 sinngemäß. (5) Das zuständige Ministerium trifft seine Entscheidung über Studien- und Prüfungsordnungen zur Ausbildung der Religionslehrer im Fach katholische Religion, nachdem es sich mit dem Ziel einer freundschaftlichen Verständigung mit den Bistümern ins Benehmen gesetzt hat. Schlussprotokoll: (1) 1Das zuständige Ministerium wird Prüfungsordnungen für das Lehramt im Fach Katholische Religion erst erlassen, wenn durch Anfrage bei den zuständigen Diözesanbischöfen festgestellt ist, dass Einwendungen im Hinblick auf die Übereinstimmung mit den verfassungsmäßig garantierten Grundsätzen der katholischen Kirche und mit den kirchlichen Anforderungen für die Ausbildung der Religionslehrer nicht erhoben werden. 2Einwendungen sind möglichst umgehend, spätestens bis zum Ablauf von vier Monaten, geltend zu machen. (2) 1Das Ministerium wird eine Änderung der Studienordnung im Fach Katholische Theologie und Religionspädagogik verlangen, wenn durch – möglichst umgehende – Anfrage bei den Diözesanbischöfen festgestellt worden ist, dass Einwendungen im Hinblick auf die Übereinstimmung mit den verfassungsmäßig garantierten Grundsätzen der katholischen Kirche und mit den kirchlichen Anforderungen für die Ausbildung der Religionslehrer erhoben werden. 2Einwendungen sind möglichst umgehend, spätestens bis zum Ablauf von vier Monaten, geltend zu machen. (3) Die kirchlichen Anforderungen für die Ausbildung der Religionslehrer ergeben sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aus dem Dekret Nr. 234/78/B der Kongregation für das Katholische Bildungswesen vom 1. Januar 1983 und den „Kirchlichen Anforderungen an die Studiengänge für das Lehramt in Katholischer Religion“ der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. September 1982. (4) Die Bistümer stellen sicher, dass sie ein einheitliches Votum abgeben.

Regierungsbegründung Zu Artikel 13 Die Gewa¨ hrleistung der wissenschaftlichen Vorbildung in Katholischer Theologie und Religionspa¨ dagogik an einer staatlichen Hochschule im Freistaat Thu¨ ringen soll durch die beabsichtigte Errichtung einer Katholisch-Theologischen Fakulta¨ t an der Universita¨ t Erfurt sichergestellt werden.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Fu¨ r die Zwischenzeit wird der gegenwa¨ rtig geltende Rechtszustand festgeschrieben. Danach wird die wissenschaftliche Vorbildung in Katholischer Theologie und Religionspa¨ dagogik weiter aufgrund von Kooperationsvereinbarungen mit den staatlichen Hochschulen durch das Philosophisch-Theologische Studium Erfurt wahrgenommen. Absatz 5 stellt klar, daß das zusta¨ ndige Ministerium seine Entscheidung u¨ ber Studien- und Pru¨ fungsordnungen zur Ausbildung der Religionslehrer im Fach Katholische Religion im Benehmen mit den Bistu¨ mern trifft. Das Schlußprotokoll zu Artikel 13 Abs. 5 gewa¨ hrleistet – gegensta¨ ndlich im einzelnen begrenzte – Einwendungsrechte der Bistu¨ mer. Sie gewa¨ hrleisten, daß der Katholische Religionsunter¨ bereinstimmung mit den Grundsa¨ tzen der Katholischen Kirche (vgl. Artikel 7 Abs. 3 richt in U des Grundgesetzes) erteilt wird.

3. Mecklenburg-Vorpommern ! Mangels Vorhandensein einer staatlich getragenen Einrichtung für katholische Theologie im Land Mecklenburg-Vorpommern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses enthält der Vertrag keine dem Wittenberger Vertrag entsprechende Bestimmung. ! Prima facie ist davon auszugehen, dass Art. 6 gewissermaßen die Schaffung einer den anderen Konkordaten entsprechenden Regelung absichert, sofern eine Einrichtung geschaffen werden soll. ! Im Jahre 2019 verständigten sich das Land Mecklenburg-Vorpommern und der Heilige Stuhl auf die Errichtung einer Professur für Katholische Theologie an der Universität Rostock. Die Professur mit der Bezeichnung „Katholische Theologie: Religionsphilosophie und Fundamentaltheologie“ wurde im September 2021 erstmals besetzt und ist der Philosophischen Fakultät zugeordnet. Die in Art. 6 vorgesehene gesonderte Vereinbarung zwischen dem Land und dem Heiligen Stuhl fand durch Notenwechsel zwischen dem Land, vertreten durch die Ministerpräsidentin, und dem Heiligen Stuhl, vertreten durch den Apostolischen Nuntius, vom 4. Juni 2019 statt. Auf Grundlage des Notenwechsels wurde das Nähere geregelt durch eine Vereinbarung zwischen dem Land, vertreten durch die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, der Universität Rostock, vertreten durch den Rektor, und dem Erzbistum Hamburg, vertreten durch den Erzbischof. Art. 6: Will das Land oder eine seiner Hochschulen eine wissenschaftliche Einrichtung für katholische Theologie oder Religionspädagogik errichten, so ist eine gesonderte Vereinbarung des Landes mit dem Heiligen Stuhl erforderlich. Schlussprotokoll: Artikel 6 bindet die Errichtung einer Hochschule oder wissenschaftlichen Einrichtung an eine gesonderte Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl. Diese Bestimmung hat derzeit keine praktischen Auswirkungen, da eine solche Einrichtung nicht existiert und für die Zukunft nicht geplant ist. Sie soll die Kirche davor schützen, daß staatliche Organe beanspruchen, von sich aus katholische Religion authentisch zu definieren und zu lehren.

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

Regierungsbegründung Artikel 6 bindet die Errichtung einer Hochschule oder wissenschaftlichen Einrichtung an eine gesonderte Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl. Diese Bestimmung hat derzeit keine praktischen Auswirkungen, da eine solche Einrichtung nicht existiert und fu¨ r die Zukunft nicht geplant ist. Sie soll die Kirche davor schu¨ tzen, daß staatliche Organe beanspruchen, von sich aus katholische Religion authentisch zu definieren und zu lehren.

4. Sachsen-Anhalt ! Im Land Sachsen-Anhalt besteht ein Institut für Katholische Theologie und ihre Didaktik an der Philosophischen Fakultät III (Erziehungswissenschaften) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Art. 5: (1) 1Das Land gewährleistet in den jeweiligen Lehramtsstudiengängen die Ausbildung im Fach Katholische Religion für die allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. 2Die Ausbildung in diesen Studiengängen entspricht der Lehre und den Grundsätzen der Katholischen Kirche. Schlussprotokoll: (1) Näheres wird durch besondere Vereinbarung geregelt. (2) Anstelle der im Schlußprotokoll zu Artikel 19 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 genannten kirchlichen Vorschriften gelten für das Verhältnis aller theologischen und religionspädagogischen Lehrstühle an den staatlichen Hochschulen im Land Sachsen-Anhalt zur kirchlichen Behörde zur Zeit des Vertragsabschlusses die Apostolische Konstitution „Sapientia Christiana“ vom 15. April 1979 sowie die hierzu erlassenen Verordnungen vom 29. April 1979 (A.A.S., LXXI, S. 469 – 521) und die zwei Dekrete der Kongregation für das katholische Bildungswesen vom 1. Januar 1983 (A.A.S., LXXV, S. 336 – 341). (2) 1Professoren und Professorinnen und sonstige Personen, die selbständig Lehraufgaben wahrnehmen und deren Beauftragung mit Lehraufgaben der staatlichen Zustimmung bedarf, werden erst berufen oder beauftragt, wenn sich die Landesregierung in einem vertraulichen Verfahren bei dem Diözesanbischof vergewissert hat, dass im Hinblick auf Lehre und Lebenswandel keine Bedenken bestehen. 2Werden Einwendungen erhoben, sind diese vom Diözesanbischof gemäß den Umständen des Einzelfalles angemessen darzulegen. Schlussprotokoll: Soweit die Vorgeschlagenen nicht auf den priesterlichen Lebenswandel verpflichtet sind, ist ein Lebenswandel nach den Grundsätzen der Katholischen Kirche erforderlich. (3) 1Verstößt eine solche Lehrperson gegen die Lehre der Katholischen Kirche oder ist ihr Lebenswandel mit den Grundsätzen der Katholischen Kirche nicht mehr vereinbar und ist dies von Seiten der Kirche festgestellt, wird der Diözesanbischof dies der Landesregierung anzeigen. 2In diesem Falle kann die Person ihre Lehrtätigkeit nicht weiter ausüben. 3Das Land wird für einen zur Erfüllung der Lehrbedürfnisse erforderlichen gleichwertigen Ersatz sorgen. 4Gleichzeitig nimmt die Landesregierung unverzüglich Verhandlungen mit dem Diözesanbischof über die Art und den Umfang der zu leistenden Abhilfe auf. (4) 1Prüfungsordnungen werden erst in Kraft gesetzt, wenn zuvor durch Anfrage bei dem Diözesanbischof festgestellt worden ist, daß begründete Einwendungen nicht erhoben werden. 2Entsprechendes gilt bei der Aufstellung von Studienordnungen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Schlussprotokoll: 1Der Diözesanbischof ist berechtigt, einen Vertreter als Beobachter zu den mündlichen Abschlußprüfungen in Fachgebieten der Katholischen Theologie zu entsenden. 2Die entsprechenden Termine sind ihm jeweils rechtzeitig im voraus anzuzeigen.

Regierungsbegründung Abs. 1 gewa¨ hrleistet der Katholischen Kirche in den jeweiligen Lehramtsstudienga¨ ngen die Ausbildung im Fach katholische Religion fu¨ r die allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Die Bedeutung dieser Studienrichtung ist fu¨ r das Land Sachsen-Anhalt wie auch fu¨ r die Katholischen Kirche gleichermaßen hoch, weil Lehrkra¨ fte fu¨ r den katholischen Religionsunterricht im Land Sachsen-Anhalt fehlen und deshalb erhebliche Schwierigkeiten bestehen, katholischen Religionsunterricht im Land Sachsen-Anhalt anzubieten. Das Schlußprotokoll zu Art. 5 Abs. 1 erster Absatz regelt, daß eine dezidierte Festlegung u¨ ber personelle und sa¨ chliche Ausstattung des Lehrstuhls durch gesonderte Vereinbarung erfolgen wird. Da die Durchfu¨ hrung des Religionsunterrichts eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Kirche ist, ist auch fu¨ r die wissenschaftliche Ausbildung von Religionslehrerinnen und -lehrern eine enge Abstimmung zwischen Staat und Kirche erforderlich. Gegenstand von Lehre und Forschung in diesen Fa¨ chern ist die katholische Glaubenslehre. Die Aussage in Satz 2, daß die Ausbildung in diesen Fa¨ chern der Lehre und Grundsa¨ tzen der Katholischen Kirche entspricht, folgt aus dieser Bekenntnisgebundenheit der Fa¨ cher. Im Schlußprotokoll zu Art. 5 zweiter Absatz sind die innerkirchlichen Vorschriften, die eine wesentliche Konkretisierung der katholischen Glaubenslehre fu¨ r den universita¨ ren Bereich betreffen, im einzelnen genannt. Sie binden auch den Staat insoweit, als sie im Verha¨ ltnis zwischen dem Dio¨ zesanbischof und den Mitgliedern und Angeho¨ rigen der Hochschule Fragen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre und ihrer Vermittlung betreffen. Allerdings bleiben hiervon die Statusregelungen staatlichen Rechts unberu¨ hrt. Die im Vertrag erwa¨ hnten und aus der Sicht der Vertragschließenden notwendigen Regelungen sollen eine vertrauensvolle Kooperation zwischen der Katholischen Kirche und im Land Sachsen-Anhalt als den Tra¨ ger der Hochschuleinrichtung ermo¨ glichen. In Abs. 2 wird das Verfahren bei der Berufung von Lehrpersonen geregelt. Inhaltlich lehnt sich die Bestimmung an Art. 12 Abs. 1 Preußenkonkordat an, ohne ihr jedoch vo¨ llig zu entsprechen. Hinsichtlich des Verfahrens sind folgende Stufen zu unterscheiden: 1. Bezu¨ glich der Ausschreibung und internen Vorpru¨ fung der zur Wahl stehenden Personen durch die nach Hochschulrecht berufenen Organe entha¨ lt diese Regelung keine Abweichung. Unbedenklich ist, wenn das zusta¨ ndige Kultusministerium oder die Organe der Hochschule schon im Vorfeld mit dem Dio¨ zesanbischof Fu¨ hlung aufnehmen. 2. Die Beteiligungspflicht des Dio¨ zesanbischofs setzt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Erteilung eines Rufs oder das Angebot einer Stelle erfolgen wu¨ rde. Bezu¨ glich der zur Wahl stehenden Person, auf den die Entscheidung gefallen ist, ist bei dem Dio¨ zesanbischof anzufragen, ob Bedenken bestehen. 3. Nach der Anfrage beginnt das innerkirchliche Pru¨ fungsverfahren, dessen Gestaltung sich nach kirchlichem Recht bestimmt. Am Ende steht die Entscheidung, ob der Dio¨ zesanbischof Einwendungen erhebt. Entschließt sich der Bischof, Einwendungen zu erheben, so hat er diese in einer Form zu begru¨ nden, die ggf. – unter Beru¨ cksichtigung des in diesen Fa¨ llen großen Ermessensspielraumes – eine gerichtliche Willku¨ rkontrolle ermo¨ glicht.

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Artikel 3 – Staatliche Theologenausbildung

4. Bestehen gegen die zur Wahl stehenden Person seitens des Dio¨ zesanbischofs keine Einwendungen und erteilt er das „nihil obstat“, steht einer Ernennung und ihrer Vero¨ ffentlichung nichts mehr entgegen. Inhaltlich erstreckt sich das Einwendungsrecht des Dio¨ zesanbischofs auf Bedenken im Hinblick auf Lehre und Lebenswandel. Ihm bleibt daneben unbenommen, sich auch zur fachlichen Qualifikation der zur Wahl stehenden Person zu a¨ ußern, ohne daß allerdings seine insoweit vorgebrachte Kritik die staatlichen Organe binden ko¨ nnte. Er darf das „nihil obstat“ nur verweigern, wenn Bedenken gegen die zur Wahl stehenden Person im Hinblick auf die katholische Glaubenslehre oder dessen Lebenswandel bestehen. Im Schlußprotokoll zu Art. 5 Abs. 2 ist klargestellt, daß zu unterscheiden ist zwischen Kandidaten, die dem priesterlichen Lebenswandel verpflichtet sind, und sonstigen Kandidaten, die einen Lebenswandel nach den Ordnungen der Katholischen Kirche fu¨ hren mu¨ ssen. Da die Aufgabe des Hochschullehrers, die katholische Glaubenslehre in ihren jeweiligen wissenschaftlichen Teildisziplinen den Studentinnen und Studenten verantwortlich zu vermitteln, nicht zu trennen ist von dessen eigener Glaubwu¨ rdigkeit und seiner Vorbildfunktion, rechtfertigt sich auch aus staatlicher Sicht eine Einbeziehung der Lebensfu¨ hrung. Abs. 3 behandelt in Modifikationen zum Preußenkonkordat den nachtra¨ glichen Entzug des „nihil obstat“. Auch hier gilt der Grundsatz, daß solche Lehrpersonen – unbeschadet der Vorschriften des Beamtenrechts – dann nicht mehr im Rahmen der Ausbildung von Lehrkra¨ ften fu¨ r das Fach katholische Religion verwendet werden du¨ rfen, wenn sie nicht mehr auf der Grundlage der katholischen Glaubens- und Sittenlehre stehen oder durch ihren Lebenswandel ihre Vorbildfunktion nicht mehr erfu¨ llen ko¨ nnen. Anderenfalls wu¨ rde aus der Sicht der Kirche eine fu¨ r die Vermittlung der katholischen Lehre nicht mehr qualifizierter Lehrperson Religionslehrkra¨ fte ausbilden und das Land Sachsen-Anhalt liefe Gefahr, daß der jeweilige Ortsbischof den ausgebildeten Lehrerinnen bzw. Lehrern fu¨ r das Fach katholische Religion die „missio canonica“ nicht erteilt und diese nicht im Schuldienst eingesetzt werden ko¨ nnten (vgl. Art. 4 Abs. 3). Die Entpflichtung der betreffenden Lehrperson hat auf Anzeige des zusta¨ ndigen Dio¨ zesanbischofs zu erfolgen. Wie sich aus der Verwendung des Begriffs „festgestellt“ ergibt, ist eine Anzeige erst mo¨ glich, nachdem das hierfu¨ r vorgesehene innerkirchliche Verfahren durchgefu¨ hrt wurde. Zwischen dem zusta¨ ndigen Kultusministerium und dem jeweiligen Dio¨ zesanbischof ist u¨ ber Art und Umfang der Ersatzgestellung, z. B. auch die finanziellen Auswirkungen aufgrund der erforderlichen erga¨ nzenden Personalausstattung, zu verhandeln. Zu Abs. 4 Die Regelung des Abs. 4 legt fest, daß Pru¨ fungsordnungen fu¨ r das Fach „Katholische Religion“ nur in Kraft treten du¨ rfen, wenn der zusta¨ ndige Ortsbischof keine begru¨ ndeten Einwendungen erhoben hat. Entsprechendes gilt fu¨ r die Aufstellung von Studienordnungen, jedoch mit dem Unterschied, daß das Land Sachsen-Anhalt nach dem Hochschulgesetz die Hochschulen nicht zur Aufstellung einer Studienordnung verpflichten kann. Die Hochschule hat dem Land die Studienordnung nur anzuzeigen. Diese Mitwirkung der Katholischen Kirche ist sachgerecht und notwendig, damit die Absolventinnen und Absolventen spa¨ ter den katholischen Religionsunterricht auf dem gebotenen Leistungsniveau und entsprechend der Lehre der Katholischen Kirche erteilen ko¨ nnen. Die im Schlußprotokoll fu¨ r einen Vertreter des Dio¨ zesanbischofs vorgesehene Mo¨ glichkeit der Teilnahme (Mitwirkung) an der mu¨ ndlichen Pru¨ fung, soll diesem einen Eindruck u¨ ber die Perso¨ nlichkeit und das Glaubenswissen der zur Wahl stehenden Person verschaffen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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5. Brandenburg ! Entspricht in etwa dem Vertrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit dem Heiligen Stuhl. ! Im Land Brandenburg existiert keine Fakultät bzw. kein Lehrstuhl für katholische Theologie an einer staatlichen Hochschule. Art. 6: Beabsichtigt das Land, einen Ausbildungsgang in katholischer Theologie und Religionspädagogik oder andere Studiengänge in der katholischen Theologie an einer Hochschule des Landes einzurichten, so wird eine gesonderte Vereinbarung mit der Katholischen Kirche getroffen.

Regierungsbegründung Derzeit besteht an keiner Hochschule des Landes Brandenburg ein Studiengang in katholischer Theologie oder Religionspa¨ dagogik. Sofern das Land einen bekenntnisgebundenen Studiengang in katholischer Theologie oder Religionspa¨ dagogik einfu¨ hren mo¨ chte, kann dies nur mit Zustimmung der Katholischen Kirche geschehen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 18. Juli 1996, 6 C 10/94, NJW 96, 3287). In Umsetzung dieser Vorgaben schreibt die Bestimmung vor, dass nicht nur die Zustimmung der Kirche einzuholen ist, sondern eine gesonderte Vereinbarung hieru¨ ber geschlossen wird.

Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 4: (1) Die Kirchen und ihre diakonischen Werke können eigene Ausbildungsstätten für kirchlich orientierte Berufe errichten, die die Eigenschaft staatlich anerkannter Hochschulen nach näherer Bestimmung des Landesrechts erhalten. (2) Das Weitere bleibt jeweils einer Vereinbarung zwischen der Landesregierung und den Kirchen vorbehalten.

Regierungsbegründung Die Bestimmung trägt dem hergebrachten Recht der Kirchen, kirchliche Hochschulen einzurichten, Rechnung. Die in Absatz 2 vorgesehenen Vereinbarungen können sich z. B. auf eine staatliche Kostenbeteiligung erstrecken.

Literatur Baldus, Manfred, Kirchliche Hochschulen, HSKR, 32020, Bd. 2, S. 1979 ff. Vgl. insb. Fn. 1 für eine Literaturauflistung; Heckel, Martin, Die theologischen Fakultäten im westlichen Verfassungsstaat, 1986, S. 207 ff.; Rhode/Rüfner, Kirchliche Hochschulen, 1. Aufl. 2012.

Kommentierung Abs. 1 Die Bestimmung trägt nach der Begründung des Regierungsentwurfs des Zustimmungsgesetzes dem hergebrachten, aus ihrem Selbstorganisationsrecht folgenden Recht der Kirchen, kirchliche Hochschulen oder sonstige Ausbildungsstätten einzurichten, Rechnung. Aus dem Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV folgt jedenfalls das Recht der Kirchen, zum Zweck der Ausbildung ihrer Geistlichen dazu bestimmte Ausbildungsstätten, auch Einrichtungen mit Hochschulcharakter, zu errichten.1 Wenn jede Religionsgemeinschaft ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde verleiht (Art. 137 Abs. 3 S. 2 GG), muss sie – als Annexgarantie dazu – auch die Möglichkeit haben, die entsprechende Ausbildung als Voraussetzung zur Erlangung bestimmter

1 A. v. Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 3, 2005, Art. 137 WRV, Rn. 37.

5

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Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

Ämter frei von staatlichen Einflüssen zu gestalten.2 Das Recht der Kirchen, das Ausbildungswesen unabhängig von staatlichen Vorgaben, selbst zu regeln und zu ordnen, dürfte sich über die Vorbereitung auf kirchliche Ämter hinaus auch auf ihre weiteren Dienste erstrecken. Die kirchliche Berufsausbildung und Hochschulausbildung unterliegt, da ihr nicht nur für den Bereich der Kirchen Bedeutung zukommt, auch der Verantwortung des Staates für das säkulare Gemeinwohl.3 Es handelt sich daher um eine res mixta. Namentlich die Prüfungsbefugnis sowie die Gleichstellung von Abschlüssen und akademischen Graden, die an diesen Hochschulen verliehen werden, mit denen der staatlichen Hochschulen betrifft die staatliche Verantwortung für die Qualität der Ausbildung (das fachliche Ausbildungsresultat) und bedarf daher staatlicher Anerkennung, auf deren Erteilung allerdings bei Vorliegen der Voraussetzungen der kirchliche Träger einen Anspruch hat.4 Bei der näheren gesetzlichen Ausgestaltung bedarf es einer Abwägung zwischen dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht einerseits und der staatlichen Gemeinwohlverantwortung andererseits Die ausdrückliche vertragliche Zu- und Absicherung des Rechts, eigene Ausbildungseinrichtungen zu schaffen, ist in den bisherigen evangelischen Kirchenverträgen nicht üblich gewesen und daher ein Novum.5 Die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt räumt ausdrücklich auch anderen Trägern als dem Land selbst das Recht ein, Hochschulen einzurichten und zu unterhalten (Art. 31 Abs. 1 S. 2 Verf LSA), die das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze haben. Das Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 01. 07. 20216 findet auf staatlich anerkannte Hochschulen, andere nichtstaatliche Hochschulen und nichtstaatliche Bildungseinrichtungen nur Anwendung, soweit dies gesetzlich bestimmt ist (§ 1 Abs. 1 S. 3 HSG LSA). Die Verträge mit den Kirchen und öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, und damit konkret (Art. 4) Wittenberger Vertrag, bleiben vom Hochschulgesetz unberührt (§ 121 HSG LSA). Kirchliche Ausbildungsstätten halten entweder ein komplementäres Angebot zu den theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten vor oder zeichnen sich – vor allem auf evangelischer Seite – durch „die größere Nähe zur verfassten Kirche

2

Vgl. für die Ausbildung zum kirchlichen Dienst BVerfGE 72, 278, 290; BVerwGE 124, 310, 314; VG Osnabrück, NVwZ 2000, 961, 962; NVwZ-RR 2004, 261, 262; Germann, in: Epping/Hillgruber, Beck OK-GG, Art. 140 Rn. 34.2. 3 BVerfGE 72, 278 (290). 4 Siehe nur M. Baldus, Kirchliche Hochschulen, in: HSKR Bd. 3, 32020, § 47, S. 1979 – 2033 (2009 Rn. 37 Fn. 133 m. w. N.). 5 Siehe H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 97 m. Fn. 155; M. Baldus, Kirchliche Hochschulen, in: HSKR Bd. 3, 32020, § 47, S. 1979 – 2033 (2007 Rn. 30). 6 GVBl. LSA 2021, 368.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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und eine hierdurch bedingte Orientierung ihres Selbstverständnisses an den Ansprüchen des kirchlichen Amtes“ aus.7 In Sachsen-Anhalt gibt es gegenwärtig zwei kirchliche Hochschulen, die 1926 durch das Konsistorium der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen in Aschersleben gegründete Evangelische Hochschule für Kirchenmusik Halle (Saale) und die 1993 den Status einer Hochschule erlangte, die 1899 gegründete, von der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten getragene Theologische Hochschule Friedensau. Die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik ist eine nach dem Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt anerkannte Hochschule in freier Trägerschaft. Träger ist die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland. Die Hochschule ist kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Satzung für die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik Halle vom 11. Juni 2021). Am 15. September 1990 erhielt das damals (seit 1981) sogenannte Theologische Seminar auf Beschluss des Ministerrates der DDR den Status einer staatlich anerkannten Hochschule. Die Theologische Hochschule Friedensau dürfte allerdings nicht unter dem Schutz der Garantie stehen, da sie nicht von einer der am Vertrag beteiligten Evangelischen Kirchen getragen wird. Das Katechetische Oberseminar Naumburg (Saale), das sich in der DDR zu einer vollwertigen Theologischen Hochschule entwickelt hatte und von 1990 bis 1993, mit Promotions- und Habilitationsrecht ausgestattet, den Namen „Kirchliche Hochschule Naumburg“ trug, ist 1993 ohne vertragskirchenrechtliche Übernahmeregelung aufgelöst worden.8 Das Landesrecht regelt die Voraussetzungen der staatlichen Anerkennung nichtstaatlicher Hochschulen als Hochschule, die erst die Befugnis begründet, Hochschulprüfungen abzunehmen und Hochschulgrade oder vergleichbare Bezeichnungen verleihen zu können (§§ 104, 106 Abs. 2 HSG LSA). Die staatliche Anerkennung kann nur erfolgen, wenn insbesondere die nichtstaatliche Hochschule Lehre, Studium und Forschung oder Kunstausübung auf Hochschulniveau gewährleistet und Wissenschaftsfreiheit garantiert ist (§ 105 HSG LSA). Bei der mit Blick auf das kooperative Verhältnis von Staat und Kirche wohlwollend vorzunehmenden Gleichwertigkeitsprüfung muss ungeachtet der Einforderung akademischer „Schwellenstandards“9 der kirchliche Charakter der Einrichtung, ihr spezifischer (Aus-)Bildungsauftrag und das bekenntnishaft geprägte Wissenschaftsverständnis aufgrund des Selbstord-

7 M. Baldus, Kirchliche Hochschulen, in: HSKR Bd. 3, 32020, § 47, S. 1979 – 2033 (1992 Rn. 8). 8 M. Baldus, Kirchliche Hochschulen, in: HSKR Bd. 3, 32020, § 47, S. 1979 – 2033 (1988 f. Rn. 6 Fn. 43). 9 Wissenschaftsrat, Kriterien für die Hochschulförmigkeit bekenntnisgebundener Einrichtungen im nichtstaatlichen Sektor, Drs. 3644 – 14 (24. 1. 2014).

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Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

nungsrecht der Kirchen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV) gebührend berücksichtigt werden.10 Die Verleihung des Promotions- und Habilitationsrechts ist an besondere, auch insoweit Gleichwertigkeit mit diesen akademischen Graden an staatlichen Hochschulen gewährleistende Voraussetzungen geknüpft (§ 105a HSG LSA). Die Studien-, Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen bedürfen der Feststellung der Gleichwertigkeit mit den Ordnungen der staatlichen Hochschulen durch das Ministerium (§ 106 Abs. 3 HSG LSA). Prüfungsentscheidungen, zu denen die kirchlichen Hochschulen aufgrund der hochschulrechtlichen Anerkennung befugt sind, unterliegen als Verwaltungsakte sog. Beliehener der Anfechtung im Verwaltungsrechtsweg.11 Kirchliche Hochschulen, die als Ersatzhochschulen staatlich anerkannt sind, unterstehen der staatlichen Aufsicht nach den insoweit für Einrichtungen in freier Trägerschaft geltenden Bestimmungen (siehe § 106 Abs. 6 HSG LSA). Fraglich ist, ob das staatliche Aufsichtsrecht über die kirchlichen Hochschulen ein Anordnungs-, Aufhebungs- oder Selbsteintrittsrecht der staatlichen Hochschulaufsicht im Sinne des § 55 Abs. 4 S. 2 – 5 HSG LSA einschließt. Dagegen wird teilweise angeführt, dass die staatlichen Belange durch die Möglichkeit des Entzugs oder der Einschränkung der Anerkennung hinreichend gewahrt seien (siehe § 107 Abs. 2 HSG LSA).12 Das überzeugt nicht. Der Entzug der Anerkennung ist ultima ratio und ein viel weitreichenderer Eingriff als die genannten Aufsichtsmaßnahmen. Die Instrumentarien der Rechtsaufsicht stehen daher den staatlichen Aufsichtsbehörden auch gegenüber anerkannten kirchlichen Hochschulen in vollem Umfang zu. Hält deren Träger eine Aufsichtsmaßnahme für einen unberechtigten Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht, kann und muss er ggf. – wie auch eine staatliche Hochschule – den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Zusätzlich kann die betroffene Kirche geltend machen, durch die unberechtigte, weil gesetzlich nicht gedeckte oder verfassungs- bzw. vertragswidrige, Aufsichtsmaßnahme gegenüber ihrer Hochschule werde sie in ihrem Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV und/oder in ihrem Vertragsrecht aus Art. 4 Abs. 1 des Wittenberger Vertrags verletzt. Aus dem Zusammenhang der Gewährleistung des Art. 4 mit der Bestandsgarantie des Art. 3 Abs. 1 wird man ableiten können, dass die Kirchen ungeachtet ihres Rechts, kirchliche Ausbildungseinrichtungen zu errichten und zu betreiben, den Ausbildungsauftrag der theologischen Fakultät(en) nicht durch Aufbau eines eigenen

10 M. Baldus, Kirchliche Hochschulen, in: HSKR Bd. 3, 32020, § 47, S. 1979 – 2033 (2009 Rn. 37, 2011 f. Rn. 40). 11 D. Ehlers/J.-P. Schneider, in: Friedrich Schoch/Jens-Peter Schneider (Hg.), VwGO, Losebl., 43. EL August 2022, § 40, Rn. 478. 12 M. Baldus, Kirchliche Hochschulen, in: HSKR Bd. 3, 32020, § 47, S. 1979 – 2033 (2009 Rn. 37, 2027 Rn. 66).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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konkurrierenden, parallelen Hochschulangebots unterlaufen sollen.13 Dies wäre jedenfalls ein unfreundlicher Akt. Die staatliche Anerkennung begründet keinen Anspruch auf eine staatliche Zuwendung, wie § 104 Abs. 1 S. 2 HSG LSA klarstellt. Auch Art. 4 Abs. 1 des Wittenberger Vertrages bildet insoweit keine Anspruchsgrundlage. Freiwillige Staatsleistungen wie Subventionen bleiben davon unberührt. Abs. 2 Ergänzende, die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirchen im Hinblick auf die kircheneigenen Ausbildungseinrichtungen näher ausgestaltende Regelungen bleiben gesonderten Vereinbarungen vorbehalten, in denen insbesondere Einzelfragen der Anerkennung und ggf. auch Förderungen dieser kirchlichen Einrichtungen entweder allgemein oder für jeweils eine einzelne Einrichtung geklärt werden können.14

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 5: (1) Die Kirchen und ihre diakonischen Werke haben das Recht, im Rahmen des Artikel 7 des Grundgesetzes Ersatz- und Ergänzungsschulen sowie Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. (2) Genehmigung, staatliche Anerkennung und Förderung dieser Einrichtungen regelt das Gesetz.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt das in Grundgesetz und Landesverfassung anerkannte Recht, Ersatz- und Ergänzungsschulen, aber auch Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. Absatz 2 stellt sicher, daß diese kirchlichen Einrichtungen an die staatlichen Gesetze gebunden sind, aber auch gleiche Förderung wie andere Einrichtungen erhalten.

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M. Baldus, Kirchliche Hochschulen, in: HSKR Bd. 3, 32020, § 47, S. 1979 – 2033 (2007 Rn. 33) spricht von einer „Obliegenheit“. 14 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 228.

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Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

Kommentierung Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Mai 199315 erkennt mit der Inkorporationsvorschrift des Art. 9 Abs. 1 auch das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen an, welches das Recht einschließt, selbst Ausbildungsstätten zu betreiben, und lässt gemäß Art. 16 Abs. 3 S. 2 freie Träger von Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen zu. Art. 5 Abs. 1 des Vertrags spricht das Recht, Hochschulen oder sonstige Bildungseinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten, nicht nur den Kirchen, sondern auch den diakonischen Werken, also eigenständigen Rechtsträgern, zu, die mit den Kirchen eng verbunden sind, ihnen zugeordnet werden können16 und nach dem Selbstverständnis der Kirchen kirchliche Aufgaben erfüllen, also an der Erfüllung des Auftrags der Kirchen teilhaben; sie besitzen daher ein von ihnen abgeleitetes, derogatives Selbstbestimmungsrecht im Sinne des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 GG. Die einschlägigen Regelungen über die materiellen Voraussetzungen, das Verfahren und die Folgen staatlicher Anerkennung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 enthalten die §§ 108 ff. des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landeshochschulgesetz – LHG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Januar 201117. Nach § 108 Abs. 1 S. 2 LHG M-V begründet die staatliche Anerkennung keinen Anspruch auf staatliche Zuschüsse. Eine kirchliche Hochschule im Sinne des Art. 5 Abs. 1 existiert in MecklenburgVorpommern nicht. 2. Thüringen Art. 4: Die staatliche Anerkennung kirchlicher Hochschulen richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen. Schlussprotokoll: Maßgebend sind derzeit die §§ 113 bis 116 und 128 des Thüringer Hochschulgesetzes vom 7. Juli 1992.

Regierungsbegründung Die für die staatliche Anerkennung kirchlicher Hochschulen maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen werden im Schlussprotokoll aufgeführt.

15 GVOBl. M-V S. 372, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. Juli 2016 (GVOBl. M-V S. 573). 16 Zu den Voraussetzungen näher A.-R. Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, 2003. 17 GVOBl. M-V 2011, 18, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2021 (GVOBl. M-V S. 1018).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Kommentierung Die Verfassung des Freistaats Thüringen vom 25. Oktober 199318 erkennt nicht nur mit der das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen nach Art. 137 Abs. 3 WRV einschließenden Inkorporation des Art. 140 GG gemäß Art. 40 das sich daraus ergebende Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, eigene Ausbildungsstätten zu betreiben, implizit an. Vielmehr erklärt Art. 28 Abs. 2 der Verfassung Hochschulen in freier Trägerschaft generell für zulässig, und Art. 28 Abs. 3 spricht den Kirchen und andere Religionsgesellschaften in Sonderheit das Recht, eigene Hochschulen und andere theologische Bildungsanstalten zu unterhalten, explizit zu. Art. 4 knüpft an diese verfassungsrechtlichen Garantien an und verweist hinsichtlich der staatlichen Anerkennung solcher Einrichtungen schlicht und einfach auf die (jeweils) geltenden gesetzlichen Bestimmungen (dynamische Verweisung). Maßgebend sind derzeit die §§ 122 bis 126 und 129 des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) vom 10. Mai 201819 Auch in Thüringen sind kirchliche Bildungseinrichtungen insoweit privilegiert, als die allgemein für eine staatliche Anerkennung bestehenden Voraussetzungen, dass eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen an der Bildungseinrichtung vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist (§ 121 Abs. 1 Nr. 2 ThürHG) und die Mitglieder und Angehörigen der Bildungseinrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken (§ 121 Abs. 1 Nr. 6 ThürHG) mit Rücksicht auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen dispensfähig sind, sofern das dortige Studium einem Studium an einer Hochschule des Landes gleichwertig ist (§ 122 Abs. 3 ThürHG). Im Übrigen bleiben die Verträge mit den Kirchen vom ThürHG unberührt (§ 129 Abs. 1 ThürHG). 3. Sachsen Art. 4: (1) 1Die Kirchen haben das Recht, eigene Ausbildungsstätten, insbesondere für Theologen, Religionspädagogen, Kirchenmusiker, Sozial- und Gemeindepädagogen sowie andere vergleichbare Berufe, einzurichten. 2Sie sind den staatlichen Lehreinrichtungen gleichgestellt, wenn sie den hochschulrechtlichen Bestimmungen entsprechen. (2) Die Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung sowie der Umfang der Beteiligung des Freistaates an deren Sach- und Personalkosten können durch besondere Vereinbarungen geregelt werden. Schlussprotokoll (zu Abs. 2): Eine entsprechende Vereinbarung kann sowohl allgemein als auch im Hinblick auf die konkrete kirchliche Lehreinrichtung erfolgen.

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GVBl. 1993 S. 625, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Oktober 2004 (GVBl. S. 745). 19 GVBl. S. 149, zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 23. März 2021 (GVBl. S. 115).

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Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

Regierungsbegründung Das in Absatz 1 niedergelegte Recht der Kirchen, für die Ausbildung der Geistlichen und kirchlichen Mitarbeiter eigene Lehreinrichtungen zu unterhalten, ist bereits durch Artikel 111 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung gewährleistet. Die Regelung im Kirchenvertrag konkretisiert die in Betracht kommenden Berufsgruppen, die in einer engen Beziehung zum kirchlichen Auftrag stehen. Die Regelung im Kirchenvertrag erfaßt dabei solche kirchliche Ausbildungsgänge, die dem Universitäts- oder dem Fachhochschulstudium gleichstehen. Die Frage der Anerkennung kirchlicher Lehreinrichtungen und vor allem die Anerkennung der dort erbrachten Prüfungsleistungen für den staatlichen Bereich bleibt den hochschulrechtlichen Regelungen des Landesrechts vorbehalten. In Absatz 2 ist die Möglichkeit eröffnet, diese Anerkennungsvoraussetzungen wie auch die Frage der staatlichen Kostenbeteiligung nicht einseitig hoheitlich, sondern auf der Ebene der Gleichordnung durch eine Vereinbarung mit den Kirchen zu regeln.

Kommentierung Nach Art. 111 Abs. 1 Verfassung des Freistaates Sachsen vom 27. Mai 199220 sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften berechtigt, zur Ausbildung von Pfarrern und kirchlichen Mitarbeitern eigene Lehreinrichtungen zu unterhalten. Diese sind staatlichen Lehreinrichtungen gleichgestellt, wenn sie den schul- und hochschulrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Diese Bestimmung spezifiziert die allgemeine Regelung des Art. 107 Abs. 4 Verfassung des Freistaates Sachsen, nach der Hochschulen in freier Trägerschaft nach näherer gesetzlicher Maßgabe zulässig sind. Diese verfassungsrechtliche Garantie des Art. 111 Abs. 1 ist ihrerseits Ausfluss des mit der (Art. 137 WRV einschließenden) Verweisungsnorm des Art. 109 Abs. 4 Verfassung des Freistaats Sachsen anerkannten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen. Art 4 Abs. 1 enthält eine nicht abschließende Aufzählung der Berufe, für die die Kirchen eigene Ausbildungsstätten schaffen können. Die Gleichstellung mit staatlichen Lehreinrichtungen ist an die Erfüllung der dafür geltenden hochschulrechtlichen Bedingungen geknüpft. Die Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung nichtstaatlicher Einrichtungen des Bildungswesens als Hochschulen regelt § 106 Abs. 1 Sächsisches Hochschulgesetz21. Kirchliche Einrichtungen des Bildungswesens sind dabei insoweit privilegiert, als Ausnahmen von der in Absatz 1 Nr. 3 genannten Voraussetzung, nach der im Regelfall eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden und aufeinander folgenden Studiengängen an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden sein müssen, zugelassen werden, wenn

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SächsGVBl. S. 243, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Juli 2013 (SächsGVBl. S. 502). 21 Vom 10. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 900), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. September 2021 (SächsGVBl. S. 1122).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

203

gewährleistet ist, dass das Studium in anderer Weise dem Studium an einer staatlichen Hochschule gleichwertig ist (§ 106 Abs. 2 Sächsisches Hochschulgesetz). Die in Abs. 2 vorgesehenen Vereinbarungen können sich explizit auch auf eine Beteiligung des Staates an den Sach- und Personalkosten der Ausbildungsstätten beziehen. Abs. 2 setzt dabei implizit voraus, dass der Freistaat die kirchlichen Ausbildungsstätten finanziell unterstützt, also ein Förderanspruch dem Grunde nach besteht. In Sachsen gab es ursprünglich drei in den Anwendungsbereich von Art. 4 des Vertrags fallende Hochschulen, von denen zwischenzeitlich eine in einer anderer aufgegangen ist, so dass nur noch zwei existieren. Die Evangelische Hochschule Sachsen22 ist eine staatlich anerkannte Stiftungshochschule, die aus Steuermitteln des Freistaates Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens finanziert wird. Sie ist der sozialarbeiterischen und diakonischen Ausbildung gewidmet. Trägerorgan ist die Stiftung „Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit Dresden“, eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts, die zugleich eine evangelische Einrichtung ist, die dem Diakonischen Werk der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens angeschlossen ist.23 Die vormals selbständige Evangelische Hochschule Moritzburg ist am 19. Juni 2020 in dieser zuvor Evangelischen Hochschule Dresden genannten Hochschule rechtlich aufgegangen. Der Studienstandort Moritzburg blieb dabei erhalten; der dortige Bachelorstudiengang Evangelische Religions- und Gemeindepädagogik ist in das Studienangebot der Evangelischen Hochschule Sachsen integriert worden. Die Evangelische Hochschule Moritzburg am Evangelisch-Lutherischen Diakonenhaus Moritzburg e. V. bildete als Diakonenausbildungsstätte der Sächsischen Landeskirche Frauen und Männer zu Religionspädagogen für den kirchlichen Dienst an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus. Mit Wirkung vom 1. September 1992 wurde die Evangelische Hochschule Moritzburg als Fachhochschule anerkannt. Die Hochschule für Kirchenmusik der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens ist aus der 1949 gegründeten Vorläufigen Landeskirchlichen Musikschule hervorgegangen.24

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Die Verfassung der Evangelischen Hochschule Dresden vom 10. Juli 1991, zuletzt geändert durch das Kuratorium am 01. Februar 2021, abrufbar unter: https://studip.ehs-dresden. de/sendfile.php?type=0&file_id=e1b58c6ec62ae02b64db05e29823147a&file_name=I+3+ Verfassung%21.pdf. 23 Siehe § 1 Abs. 1 u. 3 der Satzung „Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit Dresden“, abrufbar unter: https://studip.ehs-dresden.de/sendfile.php?type=0&file_id=df5f0d739e0 fb73e27725f421dc098ef&file_name=I+1+Satzung_202105.pdf. 24 Zur Geschichte siehe C. Wetzel, Von der Vorläufigen Landeskirchlichen Musikschule zur Hochschule für Kirchenmusik der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, in: Festschrift „50 Jahre Hochschule für Kirchenmusik Dresden“, 1999, S. 17 – 74.

204

Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

4. Brandenburg Art. 4: (1) Die Kirchen, ihre Einrichtungen und diakonischen Werke haben das Recht, a) Hochschulen, b) Schulen sowie c) Einrichtungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung zu errichten und zu betreiben. (2) Nähere Regelungen über die Genehmigung und Anerkennung solcher Einrichtungen sowie über die Förderung aus öffentlichen Mitteln trifft das Landesrecht. (3) Sofern Bildungsgänge, für die Abschlüsse vergeben oder staatliche Anerkennungen ausgesprochen werden, solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, wird die Gleichstellung im Rahmen des Landesrechts sichergestellt.

Regierungsbegründung Die Errichtung und das Betreiben von Bildungseinrichtungen gehören nach christlichem Selbstverständnis zu den zentralen Aufgabenfeldern der Kirche in der Gesellschaft. Hiervon werden alle Bereiche des Bildungswesens erfaßt. Durch Absatz 1 wird daher das Recht der Kirchen zur Unterhaltung von Bildungseinrichtungen verschiedener Art festgeschrieben. Dieses Recht ist auch in verschiedenen Landesgesetzen enthalten (…).

Kommentierung Die Landesverfassung gewährleistet ebenso wie das Grundgesetz (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften (Art. 36 Abs. 2 Verfassung des Landes Brandenburg vom 20. August 1992)25 sowie das Recht der Errichtung von Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen in freier Trägerschaft (Art. 32 Abs. 2, 33 Abs. 1 S. 2). Näher ausgestaltet wird dieses Recht durch die Regelungen über die staatliche Anerkennung nichtstaatlicher Hochschulen und Berufsakademien in Abschnitt 13 (§§ 83 ff.) Brandenburgisches Hochschulgesetz (BbgHG) vom 28. April 201426, über die Schulen in freier Trägerschaft in Teil 10, §§ 117 ff. Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz – BbgSchulG)27 und § 3 Abs. 1 Gesetz zur Regelung und Förderung der Weiterbildung im Land Brandenburg (Brandenburgisches Weiterbildungsgesetz – BbgWBG) vom 15. Dezember 199328,

25 GVBl.I/92, S. 298, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Mai 2019 (GVBl.I/19, [Nr. 16]). 26 GVBl.I/14, [Nr. 18], zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. September 2020 (GVBl.I/ 20, [Nr. 26]). 27 In der Fassung der Bekanntmachung vom 2. August 2002 (GVBl.I/02, [Nr. 08], S.78), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2021 (GVBl.I/21, [Nr. 18]). 28 GVBl.I/93, S. 498, zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 25. Januar 2016 (GVBl.I/16, [Nr. 5]).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

205

die allerdings sämtlich nicht kirchenspezfisch sind, sondern für alle sog. freien Träger in gleicher Weise gelten. Absatz 2 stellt klar, dass auch die kirchlichen Einrichtungen für die staatliche Anerkennung die insoweit landesrechtlich allgemein normierten tatbestandlichen Voraussetzungen (z. B. § 7 BbgWBG; §§ 83, 87 BbgHSG) erfüllen müssen. Das Land ist allerdings gehindert, das Recht der Kirchen zur Errichtung und Unterhaltung solcher Einrichtungen unmittelbar oder mittelbar durch überspannte Anforderungen an die Genehmigungs- und Anerkennungsfähigkeit zu unterlaufen. Dies gibt sich aus der Freundschaftsklausel, die die staatliche Seite zu einer wohlwollenden, kirchenfreundlichen Auslegung und Anwendung der Vertragsbestimmungen verpflichtet. Regelungen über die Förderung solcher Einrichtungen werden nach Absatz 2 Satz 2 durch Landesrecht getroffen. Nach § 83 Abs. 1 S. 3 BbgHSG begründet die staatliche Anerkennung einer in freier Trägerschaft befindlichen Einrichtung des Bildungswesens als Hochschule keinen Anspruch auf staatliche Zuschüsse. Für Weiterbildungseinrichtungen im Sinne des § 1 BbgWBG erfolgt die unter Haushaltsvorbehalt stehende und in erster Linie der Grundversorgung (§ 6 i. V. m. § 2 Abs. 3 BbgWBG dienende Förderung nach Maßgabe von § 27 BbgWBG). Die Bestimmung des Absatzes 3 stellt die Gleichstellung gleichwertiger Bildungsabschlüsse mit den Rechtswirkungen staatlicher Abschlüsse nach näherer Maßgabe des Landesrechts sicher. In diesem Sinne macht § 83 Abs. 2 Nr. 4 BbgHSG schon zur Voraussetzung der staatlichen Anerkennung, dass das Studium und die Abschlüsse aufgrund der Studien- und Prüfungsordnungen und des tatsächlichen Lehrangebots dem Studium und den Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichwertig sind. Zudem bedürfen die Studien-, Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen der Feststellung der Gleichwertigkeit mit den Ordnungen der staatlichen Hochschulen durch die für die Hochschulen zuständige oberste Landesbehörde (§ 85 Abs. 3 BbgHSG). In Brandenburg existiert lediglich eine Hochschule dieser Art: Die Theologische Hochschule Elstal ist eine durch das Land Brandenburg staatlich akkreditierte kirchliche Hochschule in Trägerschaft des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG29), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie hat im Jahr 2007 nach der Begutachtung durch den Wissenschaftsrat die institutionelle Akkreditierung als Fachhochschule erhalten und ist 2013 erfolgreich institutionell reakkreditiert worden. Damit hat sie das Recht, staatlich anerkannte Hochschulabschlüsse zu verleihen. Diese Hochschule fällt aber, da nicht von den evangelischen Kirchen getragen, die Vertragspartner des Landes Brandenburg sind, nicht in den Schutzbereich von Art. 4 des Vertrags.

29

den.

Der BEFG besteht mehrheitlich aus Baptistengemeinden, aber auch aus Brüdergemein-

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Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 6: (1) Die katholische Kirche hat das Recht, eigene Ausbildungsstätten, insbesondere für Theologen, Religionspädagogen, Kirchenmusiker, Sozial- und Gemeindepädagogen sowie andere vergleichbare Berufe einzurichten. Diese sind den staatlichen Lehreinrichtungen gleichgestellt, wenn sie den hochschulrechtlichen Bestimmungen entsprechen. (2) Die Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung sowie der Umfang der Beteiligung des Freistaates an deren Sach- und Personalkosten können durch besondere Vereinbarungen geregelt werden. Schlussprotokoll (zu Abs. 2): Eine entsprechende Vereinbarung kann sowohl allgemein als auch im Hinblick auf die einzelne kirchliche Lehreinrichtung erfolgen.

Regierungsbegründung In Übereinstimmung mit Artikel 111 Abs. 1 SächsVerf gewährleistet Absatz 1 das Recht der katholischen Kirche, eigene Hochschulen für die Ausbildung der Geistlichen und anderer kirchlicher Mitarbeiter einzurichten und zu unterhalten. Die Regelung im Kirchenvertrag konkretisiert die in Betracht kommenden Berufsgruppen, die regelmäßig in enger Beziehung zum kirchlichen Auftrag stehen. Die Regelung des Artikels 6 erfaßt dabei solche kirchlichen Ausbildungsgänge, die dem Universitäts- oder dem Fachhochschulstudium gleichstehen. Die Frage der staatlichen Anerkennung kirchlicher Lehreinrichtungen und vor allem die Anerkennung der dort erbrachten Prüfungsleistungen für den staatlichen Bereich bleibt den hochschulrechtlichen Regelungen des Landesrechts vorbehalten. In Absatz 2 ist die Möglichkeit eröffnet, diese Anerkennungsvoraussetzungen wie auch die Frage der staatlichen Kostenbeteiligung nicht einseitig hoheitlich, sondern auf der Ebene der Gleichordnung durch eine Vereinbarung mit den Kirchen zu regeln.

Kommentierung Die Regelungen entsprechen inhaltlich voll und ganz Art. 4 des Vertrags des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen vom 24. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1253). Auf dessen ergänzende Kommentierung wird insoweit verwiesen. 2. Thüringen Art. 10: (1) Die katholische Kirche hat das Recht, eigene Hochschulen zu unterhalten. (2) Die staatliche Anerkennung dieser Hochschulen richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

207

Regierungsbegründung Zu Artikel 10 Die für die staatliche Anerkennung kirchlicher Hochschulen maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich aus dem Thüringer Hochschulgesetz vom 7. Juli 1992 (GVBl. S. 3159) in der jeweils geltenden Fassung.

Kommentierung An die Stelle des in der Regierungsbegründung zum Zustimmungsgesetz (LTDrucks. 2/2100, S. 27) genannten Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) vom 7. Juli 1992 (GVBl. S. 315) ist das Thüringer Hochschulgesetz (ThürHG) vom 10. Mai 2018 (GVBl. 2018, 149) getreten. Maßgeblich für die Anerkennung ist der Achte Teil, §§ 122 ff. ThürHG. Siehe im Übrigen die Kommentierung zu Art. 4 des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Thüringen und den Evangelischen Kirchen in Thüringen vom 15. März 1994. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 5: (1) Die Kirche kann Ersatzschulen im Rahmen der Bestimmungen in Artikel 7 des Grundgesetzes, Ergänzungsschulen sowie Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen betreiben. (2) Staatliche Genehmigung, Anerkennung und Förderung dieser Einrichtungen regelt das Gesetz. (3) Das Land fördert diese Einrichtungen in gleichem Umfang wie Einrichtungen anderer Träger.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt das im Grundgesetz und in der Landesverfassung anerkannte Recht, Ersatz- und Ergänzungsschulen, aber auch Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. Absatz 2 bindet diese kirchlichen Einrichtungen durch ihre Förderung an die staatlichen Gesetze. Absatz 3 sichert, daß die kirchlichen Bildungseinrichtungen im gleichen Umfang wie andere gefördert werden. Er sieht also keine Privilegierung vor, verbietet aber Diskriminierung.

Kommentierung Die regierungsamtliche Begründung ist missverständlich, soweit sie davon spricht, dass durch Art. 5 Abs. 2 die kirchlichen Bildungseinrichtungen „durch ihre Förderung an die staatlichen Gesetze“ gebunden werden. Die Bindung an das staatliche Gesetz erfolgt durch dieses selbst, soweit es als „für alle geltendes Gesetz“ dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) wirksam Schran-

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Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

ken zu setzen vermag. Die staatliche Förderung, auf die – anders bei Privatschulen in kirchlicher Trägerschaft – kein Leistungsanspruch besteht (siehe § 108 Abs. 1 S. 2 LHG M-V), bei deren etwaiger Vergabe die Kirche aber auch nicht benachteiligt werden darf, sondern mit anderen freien Trägern gleich zu behandeln ist (Abs. 3), fügt dieser Bindung nichts hinzu. Will die Kirche für eine von ihr betriebene Hochschule die staatliche Anerkennung erlangen, muss sie dafür bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. 4. Sachsen-Anhalt Art. 7: (1) Von der Katholischen Kirche errichtete kirchliche Hochschulen können die Eigenschaft staatlich anerkannter Hochschulen nach näherer Bestimmung des Landesrechts erhalten. Schlussprotokoll: „Kirchliche Hochschulen“ im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 umfaßt auch ein Diözesanseminar gemäß Artikel 6 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und den Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen über die Errichtung des Bistums Magdeburg vom 13. April 1994. (2) Das weitere bleibt jeweils einer Vereinbarung zwischen der Landesregierung und der Katholischen Kirche vorbehalten.

Regierungsbegründung Abs. 1 gewährleistet das Recht der Katholischen Kirche, eigene Hochschulen einzurichten und zu unterhalten. Die Frage der staatlichen Anerkennung kirchlicher Lehreinrichtungen und vor allem die Anerkennung der dort erbrachten Prüfungsleistungen für den staatlichen Bereich bleibt den hochschulrechtlichen Regelungen des Landesrechts vorbehalten. Im Schlußprotokoll zu Abs. 1 ist klargestellt, daß der Begriff „kirchliche Hochschulen“ im Sinne dieses Artikels auch ein Diözesanseminar mit einschließt, das in Art. 6 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und den Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und dem Freistaat Sachsen über die Einrichtungen der Bistums Magdeburgs vom 13. April 1994 erwähnt ist. In Abs. 2 ist die Möglichkeit eröffnet, weitere Einzelheiten nicht einseitig hoheitlich, sondern auf der Ebene der Gleichordnung durch eine Vereinbarung mit den Kirchen (gemeint wohl: der Kirche) zu regeln.

Kommentierung Der Gewährleistungsgehalt des Art. 7 Abs. 1 entspricht Art. 4 des Vertrags mit den evangelischen Landeskirchen. Die im Schlussprotokoll enthaltene Klarstellung, dass das in Art. 6 Abs. 1 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und den Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen über die Errichtung des Bistums Magdeburg vom 13. April 199430 avisierte Diözesanseminar kirchliche Hochschule im Sinne von Art. 7 Abs. 1 ist, ist bedeutungslos, weil der Bischof von Magdeburg kein Diözesanseminar (Hochschule im Sinne des Kirchenrechts und Priester30

SächsGVBl. S. 1046.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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seminar) zur wissenschaftlichen Vorbildung der Geistlichen errichtet hat. Daher ist auch Abs. 2 bisher gegenstandslos. 5. Brandenburg Art. 5: (1) Die Katholische Kirche, ihre Ordensgemeinschaften und Einrichtungen haben das Recht, Hochschulen, Schulen in eigener Trägerschaft auf konfessioneller Grundlage sowie andere Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten zu errichten und zu betreiben. (2) Das Land betrachtet diese Bildungseinrichtungen als Bestandteil des pluralistischen Bildungssystem. (3) Die Genehmigung und Anerkennung solcher Bildungseinrichtungen sowie die Förderung aus öffentlichen Mitteln bestimmen sich nach Landesrecht. (4) Sofern Bildungsgänge, für die Abschlüsse vergeben oder staatliche Anerkennungen ausgesprochen werden, solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, wird die Gleichstellung im Rahmen des Landesrechts sichergestellt.

Denkschrift Die Bestimmung sichert in Absatz 1 das landesrechtlich bereits gewährleistete Recht der Katholischen Kirche auf Errichtung und Betrieb von Hochschulen, Schulen in eigener Trägerschaft sowie anderen Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten (vgl. Art. 30 Abs. 6, 32 Abs. 2, 33 Abs. 1 Satz 2 LV; §§ 78 BbgHG; 117, 118 BbgSchulG; 3 BbgWBG). […] Durch Absatz 2 wird zum Ausdruck gebracht, dass die von der Katholischen Kirche getragenen Bildungseinrichtungen elementarer Bestandteil dieses pluralistischen Bildungssystem sind. Das grundsätzliche Recht auf Einrichtung und Unterhaltung der genannten Bildungseinrichtungen wird nicht schrankenlos gewährleistet, sondern nach Maßgabe der zur Sicherung der erforderlichen Qualitätsstandards erlassenen landesrechtlichen Genehmigungs- und Anerkennungsvorschriften. Gleichermaßen wird durch den Vertrag kein Anspruch auf öffentliche Förderung solcher Vorhaben begründet, sondern landesrechtlichem Regelungsvorbehalt unterstellt. Dies wird in Absatz 3 klargestellt. Absatz 4 gewährleistet die Gleichstellung kirchlicher Ausbildungsabschlüsse im Rahmen des Landesrechts. Der Gleichwertigkeitsvorbehalt sichert die Vergleichbarkeit der Ausbildungsqualität. Kommentierung Die Regelung entspricht weitestgehend der in Art. 4 des Vertrags mit den in Brandenburg belegenen evangelischen Landeskirchen getroffenen Bestimmungen. Als zusätzliche Berechtigte werden hier explizit die katholischen Ordensgemeinschaften benannt, die zwar, päpstlich oder bischöflich approbiert, zur Kirche gehören (siehe

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Artikel 4 – Kirchliche Hochschulen

CIC 1983, Buch II, Teil III, Sektion I, Can. 573 ff.), aber rechtlich selbständig sind. Zu den gegenwärtig einschlägigen Vorschriften des BbfHG und BbGWBG siehe oben bei der ergänzenden Kommentierung des Art. 4 des evangelischen Kirchenvertrags.

C. Auflistung von Hochschulen in den Neuen Bundesländern Vgl. insb. Baldus, Manfred, Kirchliche Hochschulen, HSKR, Bd. 2, 22020, S. 602 ff. Eine Auflistung findet sich zudem auf https://de.wikipedia.org/wiki/Kirchliche_ Hochschule (siehe auch ehemalige Hochschulen).

I. Katholische Hochschulen Keine, die Katholisch-Theologische Fakultät Erfurt ist seit 2003 Teil der Universität Erfurt.

II. Evangelische Hochschulen 1. Evangelische Hochschule Moritzburg, seit 2020 mit der Evangelischen Hochschule Dresden zusammengelegt. 2. Evangelische Hochschule Dresden.

III. Freikirchen 1. Theologische Hochschule Elstal (Baptisten). 2. Theologische Hochschule Friedensau (Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten).

IV. Hochschulen für Kirchenmusik (nur evangelisch) 1. Hochschule für Kirchenmusik Dresden. 2. Evangelische Hochschule für Kirchenmusik Halle.

Artikel 5 – Religionsunterricht A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 5: (1) Das Land gewährleistet die Erteilung eines regelmäßigen evangelischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen. (2) Richtlinien und Lehrbücher für den evangelischen Religionsunterricht sind im Einvernehmen mit den Kirchen zu bestimmen. (3) Die Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts setzt eine kirchliche Bevollmächtigung (vocatio) voraus. Darüber ist bei der ersten Anstellung eine Bescheinigung der örtlich zuständigen Kirche vorzulegen. Handelt es sich um einen Pfarrer, so gilt die kirchliche Bevollmächtigung als zuerkannt. Die Bevollmächtigung kann befristet erteilt und in begründeten Fällen widerrufen werden. Schlussprotokoll: Als begründeter Fall für die Zurücknahme der Bevollmächtigung im Sinne des Satzes 4 ist die fehlende Übereinstimmung des Unterrichts mit den Grundsätzen der kirchlichen Lehre anzusehen. Die Vokation wird unwirksam, wenn der Lehrer aus der Kirche austritt. Die Kirchen werden sich darum bemühen, einheitliche Regelungen für die Erteilung der Vokation im Land Sachsen-Anhalt zu treffen. (4) Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts haben die Kirchen das Recht, sich nach einem mit der Landesregierung vereinbarten Verfahren durch Einsichtnahme zu vergewissern, daß der Inhalt und die Gestaltung des Religionsunterrichts den Lehren und Ordnungen der Kirche entsprechen. (5) Die vertragliche Gestellung von haupt- und nebenberuflichen Lehrkräften für den Religionsunterricht, die auf Dauer oder befristet aus dem Kirchendienst dazu abgeordnet werden, bleibt einer besonderen Vereinbarung vorbehalten.

Regierungsbegründung Artikel 5 enthält – in Übereinstimmung mit Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes und den Artikeln 27 Abs. 3 und 9 Abs. 3 der Landesverfassung – eine Garantie der Erteilung von Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach; die Garantie enthält keine Aussage über das Verhältnis zu anderen Unterrichtsfächern und erstreckt sich nicht auf Privatschulen. Sog. ökumenischer Religionsunterricht, also Unterricht in gemeinsamer Verantwortung der Evangelischen und der Katholischen Kirche, kann nicht Gegenstand eines Vertrages mit einer der beiden Kirchen sein. Inhaltsgleich z. B. mit den Formulierungen des hessischen Kirchenvertrags bedürfen nach Absatz 2 Richtlinien – einschließlich Rahmenrichtlinien und Lehrplänen – sowie Lehrbücher, nicht dagegen Arbeitshefte und vergleichbare Lehrmaterialien der kirchlichen Zustimmung. Des weiteren macht Absatz 3 die Unterrichtserteilung von einer kirchlichen Bevollmächtigung abhängig, die auch wieder zurückgenommen werden kann. Einige Rücknahmegründe führt das Schlußprotokoll beispielhaft auf. Bei den im Schlußprotokoll ferner erwähnten Bemühungen

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Artikel 5 – Religionsunterricht

der Kirchen um eine Einheitlichkeit der Vokationsordnungen können Schwierigkeiten im Verhältnis zu denjenigen Landeskirchen auftreten, deren Einzugsgebiet ganz überwiegend außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt liegt und die schon über anderslautende, u. U. mit weiteren Landeskirchen abgestimmte Vokationsordnungen verfügen. Das in Absatz 4 vorgesehen „Hospitationsrecht“ zielt nicht auf einen – grundsätzlich unzulässigen – Eingriff in Methodik oder Didaktik des Lehrers, sondern auf den religionsbezogenen Ablauf des Unterrichts.

Literatur Martin Heckel, Der Rechtsstatus des Religionsunterrichts im pluralistischen Verfassungssystem, 2002; Christian Link, Religionsunterricht, in: HSKR, 2. Aufl., Bd. 2, § 54, S. 439 ff.; Markus Ogorek, Religionsunterricht, in: HSKR, 3. Aufl., Bd. 2, § 44, S. 1799 ff.; Martin Richter, § 20 Schulische Bildung, Handbuch des evangelischen Kirchenrechts, 2016, S. 726 ff. Zur besonderen Situation in Brandenburg: Norbert Janz, Neuere Entwicklungen der schulischen Wertevermittlung in Brandenburg, in: ZevKR 54 (2008), S. 41 ff.; Claudio Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999, S. 221 ff.; Christian Starck, Religionsunterricht in Brandenburg, Art. 141 GG als Ausnahme von der Regel des Art. 7 Abs. 3 GG, FS Listl 70. Geburtstag, S. 391 ff. und Richard Puza, Rechtsfragen um den Religionsunterricht und das brandenburgerische Unterrichtsfach LER, a. a. O., S. 407 ff.

Kommentierung Nach Art. 7 Abs. 3 S. 1 GG ist der Religionsunterricht in den öffentlichen, d. h. vom Staat getragenen Schulen, mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Den Staat trifft insoweit eine Gewährleistungsfunktion. Der durchzuführende Religionsunterricht ist insoweit in die staatliche Veranstaltung „Schule“ integriert; zugleich wahrt der Staat insoweit seine Neutralität, indem der religiöse Unterrichtsinhalt von der jeweiligen Religionsgemeinschaft bestimmt wird; die Erteilung erfolgt „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ (Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG). Das Spezifikum des Religionsunterrichts besteht folglich in seiner konfessionellen Positivität und Gebundenheit (BVerfGE 74, 244 [252]; 110, 326 [333]; 123, 49 [53]). Im Hinblick auf diese Anforderung ist die Zulässigkeit eines konfessionsübergreifenden, interkonfessionellen, etwa eines christlich-ökumenischen Religionsunterrichts zweifelhaft. Er kommt überhaupt nur in Betracht, wenn und soweit sich Religionsgemeinschaften auf gemeinsame „Grundsätze“ für seine Erteilung verständigen können und ein auf dieser Grundlage erteilter Unterricht immer noch auf die Vermittlung bestimmter geteilter, basaler religiöser Glaubensinhalte gerichtet ist und nicht zur bloßen Religionskunde ohne religiöse Überzeugung und Identifikation wird (zum Streitstand siehe M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 7 Rn. 61). In Anknüpfung und Erfüllung der sich aus Art. 7 Abs. 3 GG und der inhaltgleichen Bestimmung des Art. 27 Abs. 3 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt vom

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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16. Juli 19921 ergebenden staatlichen Verpflichtungen sagt das Land Sachsen-Anhalt den evangelischen Landeskirchen in Art. 5 Abs. 1 die Durchführung evangelischen Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen des Landes zu. Art. 7 Abs. 3 GG vermittelt den kooperationswilligen Religionsgemeinschaften auch einen subjektiven Anspruch darauf, dass der Staat in Erfüllung seiner objektiven Gewährleistungspflicht einen Religionsunterricht nach ihren Grundsätzen in den öffentlichen Schulen – vorbehaltlich einer relevanten Nachfrage seitens der Elternbzw. Schülerschaft – prästiert. Insofern verschafft Art. 5 Abs. 1 den berechtigten Kirchen lediglich einen zweiten, vertraglichen Rechtstitel.2 Aus der staatlichen Verantwortung für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen als ordentliches Lehrfach ergibt sich das staatliche Bestimmungsrecht über Richtlinien, Lehrpläne, Prüfungsordnungen sowie die zur Anwendung kommenden Lehrmittel. Sie sind an den von der Religionsgemeinschaft festgelegten Grundsätzen auszurichten. Um die erforderliche inhaltliche Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Religionsgemeinschaft ex ante zu gewährleisten, muss der Staat die Religionsgemeinschaft bei der Entscheidung über die anhand dieser glaubensbezogenen Vorgaben erstellten Lehrpläne und Lehrmittel beteiligen, und inhaltlichen Einwänden Rechnung tragen (siehe dazu H. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 – III Rn. 1523). Dementsprechend sieht Art. 5 Abs. 2 vor, dass Richtlinien – einschließlich Rahmenrichtlinien und Lehrplänen – und Lehrbücher für den evangelischen Religionsunterricht im Einvernehmen mit den Kirchen zu bestimmen sind (siehe auch § 19 Abs. 3 S. 2 Schulgesetz LSA). Wenn die regierungsamtliche Begründung zum Vertrag davon Arbeitshefte und vergleichbare Lehrmaterialien ausnehmen will, überzeugt das nicht. Auch sie müssen den Grundsätzen entsprechen und daraufhin – vor ihrer Verwendung im Unterricht – von Seiten der Kirche überprüfbar sein. Das im Religionsunterricht eingesetzte Lehrpersonal muss nicht nur über die entsprechende, durch Hochschulstudium und Referendariat erlangte fachliche und pädagogische Qualifikation verfügen, sondern auch von der Kirche dazu spezifisch bevollmächtigt sein. Die Erteilung von evangelischem Religionsunterricht in der Schule setzt daher neben der Zuerkennung der staatlichen Lehrbefähigung auch die sog. vocatio durch die jeweilige Landeskirche voraus. Sie wird im Regelfall nur bei entsprechender Konfessionszugehörigkeit der Lehrkraft und unter der Voraussetzung 1

GVBl. LSA 1992, 600. Auf die umstrittene Frage, ob auch die Erziehungsberechtigten bzw. Schüler der betreffenden Konfession ein unter der Bedingung der Mitwirkung der jeweiligen Religionsgemeinschaft stehendes subjektives Recht auf Einrichtung und Erteilung von Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG haben (siehe dazu – selbst bejahend – M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 7 Rn. 69 – 71 m. w. N.), kommt es hier nicht an. 3 Ob die didaktische Vermittlung der Glaubenswahrheit von dieser ohne Weiteres getrennt werden kann, mit der Folge, dass sich das erforderliche Einvernehmen der Religionsgemeinschaft hinsichtlich der Unterrichtsmaterialien auf die „Aufbereitung“ nicht bezieht, erscheint mir sehr zweifelhaft. 2

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Artikel 5 – Religionsunterricht

erteilt, dass keine Zweifel an der Anerkennung aller wesentlichen Glaubensgrundsätze bestehen. Nach Art. 5 Abs. 3 ist die vocatio bei der ersten Anstellung durch Bescheinigung der örtlich zuständigen Kirche vorzulegen. Bei Pfarrern wird die kirchliche Bevollmächtigung als erteilt fingiert. Die Bevollmächtigung kann im Übrigen befristet erteilt und in begründeten Fällen widerrufen werden. Widerrufsgrund dürfte in erster Linie ein Unterricht in erheblicher Abweichung von den Glaubenslehren der Kirche sein. Der Religionsunterricht steht wie der gesamte Unterricht an staatlichen Schulen unter der umfassenden Aufsicht des Staates. Der Staat hat insbesondere über die Einhaltung der pädagogischen und didaktischen Standards, die leistungsgerechte Bewertung und die Wahrung der Rechte der Schüler und Erziehungsberechtigten zu wachen. Ohne dass ihr ein eigenes Aufsichtsrecht zukäme, muss sich die jeweilige Religionsgemeinschaft davon überzeugen können, dass der Religionsunterricht tatsächlich in Übereinstimmung mit den dazu von ihr aufgestellten Grundsätzen erteilt wird. Dazu muss ihr ein Hospitations- oder Visitationsrecht eingeräumt werden. Das folgt aus Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG. Gleichsinnig räumt Art. 5 Abs. 4 den Kirchen das Recht ein, sich nach näherer Maßgabe eine mit der Landesregierung zu vereinbarenden Verfahrens durch Einsichtnahme zu vergewissern, dass der Inhalt und die Gestaltung des Religionsunterrichts ihren Lehren und Ordnungen entsprechen.4 Die Durchführung des Religionsunterrichts setzt geeignetes und dazu bereites Lehrpersonal voraus; denn kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen (Art. 7 Abs. 3 S. 3 GG). Für die Fort- und Weiterbildung der staatlichen Religionslehrer nimmt das Land Leistungen des PädagogischTheologischen Instituts der Kirchenprovinz Sachsen in Anspruch.5 Soweit der Bedarf mit im Dienst des Staates stehenden Lehrkräften nicht gedeckt werden kann, muss der Staat auf kirchliches Personal zurückgreifen6, das auf der Grundlage sog. Gestellungsverträge tätig wird. Art. 5 Abs. 5 reflektiert diese Option, indem er die vertragliche Gestellung von haupt- und nebenberuflichen Lehrkräften für den Religionsunterricht, die auf Dauer oder befristet aus dem Kirchendienst dazu abgeordnet werden, einer besonderen Vereinbarung vorbehält. Der Religionsunterricht durch kirchliche Lehrkräfte wird durch den Gestellungsvertrag des Landes SachsenAnhalt mit den Evangelischen Kirchen geregelt (MBl LSA Nr. 59/1994):

4 § 20 S. 2 Schulgesetz LSA bestimmt, dass die näheren Umstände der Einsichtnahme vorher mit den Schulbehörden abzustimmen sind. 5 Vereinbarung über die Inanspruchnahme des Pädagogisch-Theologischen Instituts für Zwecke der Lehrerfortbildung und Lehrerweiterbildung für das Fach Evangelischer Religionsunterricht, Bek. des MK vom 15. 12. 1993. 6 Zur Vereinbarkeit mit Art. 7 Abs. 3 GG siehe F. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Kommentar, Bd. 12, 32013, Art. 7 Rn. 94.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Vertrag zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, der Evangelischen Landeskirche Anhalts, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Braunschweig, der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen über die Gestellung kirchlicher Lehrkräfte für den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen (Gestellungsvertrag Sachsen-Anhalt) vom 16. März 1994 (MBl LSA Nr. 59/1994; ABl. EKKPS S. 35): Zwischen dem Land Sachsen-Anhalt (im Folgenden: das Land), vertreten durch den Kultusminister, und der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, der Evangelischen Landeskirche Anhalts, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, (im Folgenden: die Kirchen), jeweils vertreten durch ihre kirchenordnungsmäßigen Vertreter, wird in dem Bestreben, die regelmäßige Erteilung des Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen zu gewährleisten, folgendes vereinbart: §1 Gegenstand des Vertrages (1) Die Vertragschließenden gehen davon aus, dass es gemäß geltendem Recht die Aufgabe des Landes ist, die Erteilung eines regelmäßigen Religionsunterrichtes als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen zu gewährleisten. (2) 1 Die Kirchen werden das Land im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen, geeignete Lehrkräfte für die Erteilung des Religionsunterrichts zu gewinnen. 2 Soweit die Erfordernisse des kirchlichen Dienstes dies zulassen, werden die Kirchen sich bemühen, für alle Schulformen auf Ansuchen der Schulbehörde kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, die nach ihrer kirchlichen Berufsausbildung oder einer besonderen kirchlichen Ausbildung geeignet sind, Religionsunterricht zu erteilen (kirchliche Lehrkräfte). (3) Beim Einsatz von staatlichen Lehrkräften ist das Land bemüht, dass den kirchlichen Lehrkräften eine entsprechende Unterrichtsmöglichkeit an einer im Bereich der Kirchengemeinde oder des Kirchenkreises gelegenen Schule verbleibt. (4) Die Beschäftigung von Geistlichen, Katecheten und sonstigen Lehrkräften zur Erteilung des Religionsunterrichts im Beamten- oder Angestelltenverhältnis des Landes wird durch diesen Vertrag nicht berührt. §2 Kirchliche Lehrkräfte (1) Als kirchliche Lehrkräfte kommen in Betracht

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Artikel 5 – Religionsunterricht

für den Sekundarbereich II und für den berufsbildenden Bereich (einschließlich der Schulen des Zweiten Bildungswegs) Pfarrerinnen und Pfarrer mit abgeschlossener zweiter theologischer Prüfung, Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen mit zweiter gemeindepädagogischer Prüfung, sonstige kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem durch Hochschulprüfung oder erster theologischer Prüfung abgeschlossenen theologischen Studium; für den Sekundarbereich I die unter 1. genannten Personen, Katechetinnen und Katecheten bzw. Gemeindehelferinnen und Gemeindehelfer mit dem katechetischen B-Abschluss oder einem diesem gleichgestellten Abschluss entsprechend den im Bereich des früheren Bundes der Evangelischen Kirchen geltenden Richtlinien; für den Primärbereich die unter 1. und 2. genannten Personen in Ausnahmefällen Katechetinnen und Katecheten mit einem katechetischen C-Abschluss oder einem diesem gleichgestellten Abschluss entsprechend den im Bereich des früheren Bundes der Evangelischen Kirchen geltenden Richtlinien. (2) Die kirchlichen Lehrkräfte werden gemäß ihrer schulformspezifischen Qualifikation und Eignung eingesetzt. (3) Die Kirchen werden dem Land auf entsprechendes Ersuchen über die Grundsätze Auskunft erteilen, nach denen die Bevollmächtigungen erteilt werden, und diesbezügliche Wünsche des Landes berücksichtigen. §3 Gestellung (1) Die Kirchen stellen die kirchlichen Lehrkräfte aufgrund dieses Gestellungsvertrages gegen ein Gestellungsgeld zur Verfügung. (2) Die Tätigkeit der kirchlichen Lehrkräfte ist hauptamtlich oder nebenberuflich möglich. (3) Die zuständigen Schulbehörden teilen den zuständigen kirchlichen Stellen rechtzeitig den Unterrichtsbedarf mit. Die kirchlichen Stellen unterrichten ihrerseits die Schulbehörden, wenn nach ihren Kenntnissen Religionsunterricht nicht entsprechend dem Unterrichtsbedarf erteilt wird. (Schlussprotokoll) (4) Die zuständigen kirchlichen Stellen benennen den Schulbehörden im Einvernehmen mit den betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die für die Erteilung des Religionsunterrichts vorgesehenen kirchlichen Lehrkräfte unter Beifügung eines Personalbogens (nach Muster der Anlage 1). (5) Die von den zuständigen kirchlichen Stellen benannten kirchlichen Lehrkräfte erhalten von den Schulbehörden einen Unterrichtsauftrag (nach Muster der Anlage 2), in dem – im Einvernehmen mit den kirchlichen Stellen – insbesondere die Zahl der wöchentlich zu erteilenden Unterrichtsstunden und die Dauer der Beauftragung festgelegt werden. Schulpfarrerinnen und Schulpfarrer sowie Schulkatechetinnen und Schulkatecheten erteilen mindestens 15 Wochenstunden Religionsunterricht.

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Den zuständigen kirchlichen Stellen wird eine Durchschrift des Unterrichtsauftrages übersandt. (6) Die Schulleiter nehmen soweit möglich bei der Festlegung des Stundenplanes Rücksicht auf die berechtigten Wünsche, die sich aus dem kirchlichen Dienstverhältnis ergeben. (7) Bei Erkrankung oder sonstigen Verhinderungen der kirchlichen Lehrkräfte werden sich die zuständigen kirchlichen Stellen im Benehmen mit den Schulbehörden um eine angemessene Vertretung bemühen. Dies gilt nicht, wenn die kirchlichen Lehrkräfte im Einvernehmen zwischen den kirchlichen Stellen und den Schulbehörden an Fortbildungs- oder sonstigen Maßnahmen, die im Interesse des Landes liegen, teilnehmen oder mitwirken. §4 Rechtsstellung der kirchlichen Lehrkräfte (1) Die kirchlichen Lehrkräfte treten in kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis zum Land Sachsen-Anhalt. Die Dienstverhältnisse zwischen den kirchlichen Anstellungsträgern und den Lehrkräften bleiben unberührt. (2) Die kirchlichen Lehrkräfte unterstehen der staatlichen Schulaufsicht, der Schulordnung und den Weisungen des Schulleiters nach den allgemeinen Bestimmungen. Die Teilnahme an Konferenzen und an Prüfungen richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen, die in den einzelnen Schulformen für die nebenamtlichen und nebenberuflichen Lehrkräfte gelten. (3) Die kirchlichen Lehrkräfte erhalten Urlaub in der Regel nach den allgemeinen Bestimmungen für Lehrkräfte im Schuldienst des Landes Sachsen-Anhalt. Der Urlaub gilt durch die Ferien als abgegolten. Sonderurlaub wird nach den für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen erteilt. (4) Hinsichtlich der gesundheitlichen Überwachung gelten die staatlichen Bestimmungen. §5 Gestellungsgeld (1) Das Land trägt die persönlichen Kosten der nach dieser Vereinbarung von den Kirchen eingesetzten Lehrkräfte entsprechend den Absätzen 2 bis 10. (2) Für kirchliche Lehrkräfte, die aufgrund dieses Vertrages hauptamtlich Unterricht erteilen, erstattet das Land die Dienstbezüge bzw. Vergütungen einschließlich der Versorgungskassenbeiträge oder der Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Besteht der Anspruch nicht für den vollen Kalendermonat, wird nur der Teil des Gestellungsgeldes gezahlt, der auf den Anspruchszeitraum entfällt. (Schlussprotokoll) (3) Für kirchliche Lehrkräfte, die mindestens die Hälfte der nach Landesrecht verbindlichen Unterrichtsstunden erteilen, erhalten die Kirchen die in Abs. 2 dargestellten Kosten anteilmäßig nach dem Verhältnis der Zahl der erteilten Stunden zu der Zahl der verbindlichen Wochenstunden erstattet. (Schlussprotokoll) (4) Für die Erteilung von Religionsunterricht durch nebenamtliche Lehrkräfte erstattet das Land den Kirchen je erteilter Unterrichtsstunde einen einvernehmlich festzulegenden Betrag, der regelmäßig der Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst angepasst wird, ohne dass es einer Änderung dieses Vertrages bedarf.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

(Schlussprotokoll) (5) Wird eine kirchliche Lehrkraft vorübergehend – z. B. bei Erkrankung – durch eine andere kirchliche Lehrkraft vertreten, so ändert sich das Gestellungsgeld dadurch nicht. (6) Wird bei Erkrankung einer hauptamtlich tätigen kirchlichen Lehrkraft ein Vertreter nicht gestellt, so wird das Gestellungsgeld für Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen und für in einem Kirchenbeamtenverhältnis stehende Lehrkraft für die Dauer von drei Monaten, in übrigen Fällen nur für die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt, jedoch nicht über die Beendigung des Unterrichtsauftrages hinaus. (7) Für Urlaub, der ausnahmsweise außerhalb der Schulferien genommen wird, entfällt die Zahlung des Gestellungsgeldes, soweit keine Vertretung gestellt wird. (8) Die zuständigen Kassen zahlen das Gestellungsgeld binnen vier Wochen nach Eingang der erforderlichen Nachweise an die Landeskirchen. Es können Abschlagszahlungen in Höhe von 50 v. H. des voraussichtlich zu erwartenden Gestellungsgeldes gewährt werden. (9) Reisekosten, Fahrtkosten und Wegstreckenentschädigung erstattet das Land den kirchlichen Lehrkräften nach für Landesbedienstete geltendem Recht unmittelbar. (10) Die Abführung etwaiger Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge obliegt den Landeskirchen. §6 Beendigung (1) Der Unterrichtsauftrag endet mit Ablauf der Zeit, für die er nach § 3 Abs. 5 erteilt ist. 2 Er kann von der Schulbehörde im Einvernehmen mit der zuständigen kirchlichen Stelle verkürzt oder verlängert werden; durch Kündigung seitens der Schulbehörde oder der zuständigen kirchlichen Stelle, wenn er unbefristet erteilt ist. Vor einer Kündigung durch die Schulbehörde wird diese sich mit der zuständigen kirchlichen Stelle über Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung der kirchlichen Lehrkraft verständigen; die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Ende des Schuljahres; (Schlussprotokoll) durch Widerruf seitens der Schulbehörde nach Rücksprache mit der zuständigen kirchlichen Stelle und nach Anhörung der Lehrkraft, wenn sich aus der Person der Lehrkraft, ihrem dienstlichen oder außerdienstlichen Verhalten oder aus ihrer Unterrichtstätigkeit schwerwiegende Bedenken gegen eine weitere Verwendung ergeben; mit Ablauf dieses Gestellungsvertrages. (2) Sind kirchliche Lehrkräfte nebenberuflich im Schuldienst tätig, so können die kirchlichen Stellen den Unterrichtsauftrag mit einer Frist von einem Monat zum Monatsschluss kündigen. Die kirchlichen Stellen werden für die Gestellung einer Ersatzkraft Sorge tragen. §7 Sprachliche Gleichstellung Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Vertrag gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

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§8 Schlussbestimmungen (1) Die Vertragschließenden werden etwa auftauchende Schwierigkeiten in der Durchführung dieses Vertrages in freundschaftlicher Weise beheben und notwendige Vertragsänderungen auch ohne vorherige Kündigung vereinbaren. (2) Dieser Vertrag tritt mit dem Tage seiner Unterzeichnung in Kraft und gilt bis zum 31. 12. 1997. Seine Gültigkeit verlängert sich jeweils um zwei Jahre, wenn er nicht mindestens ein Jahr vor Ablauf der Geltungsfrist zum Ende des nächsten Schuljahres gekündigt wird. (3) Zu Urkund dessen ist dieser Vertrag, einschließlich des Schlussprotokolls, das einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bildet, in siebenfacher Urschrift unterzeichnet worden; jede Vertragspartei erhält einen Originaltext.

Nähere Bestimmungen zum Einsatz der Lehrkräfte für den evangelischen Religionsunterricht und den Einsatz der kirchlichen Mitarbeiterinnen und kirchlichen Mitarbeiter für den evangelischen Religionsunterricht finden sich in Ziff. 2, 2.1 – 2.3 des Runderlasses des Ministeriums für Bildung, AZ 14 – 82105 vom 13. 12. 2019, gültig ab 21. 02. 20207. Der Religionsunterricht findet im Regelfall in den Räumen der öffentlichen Schule statt. Der o. a. Runderlass sieht allerdings in Ziff. 3.3 folgende Sonderregelungen vor: 3.3 Sonderregelungen 3.3.1 Die Kirchen sind mit Zustimmung des Landesschulamtes beim Vorliegen der Mindestschülerzahl gemäß Nummer 3.2 berechtigt, in kirchengemeindlichen Räumen Religionsunterricht zu erteilen. Im Vorfeld ist bei Ausschöpfung der verschiedenen Möglichkeiten der Nachweis zu führen, dass eine Lerngruppe nur in kirchengemeindlichen Räumen zustande kommt. Dieser Unterricht ist schulischer Religionsunterricht und an entsprechende Nachweispflichten gebunden. Die kirchlichen Mitarbeiterinnen und kirchlichen Mitarbeiter werden entsprechend vergütet. 3.3.2 Zur Erteilung des Unterrichts können kirchliche Mitarbeiterinnen und kirchliche Mitarbeiter eingesetzt werden, die durch die zuständige Kirche eine entsprechende Beauftragung und Bevollmächtigung erhalten haben. Der Unterricht wird entsprechend den Rahmenrichtlinien und Lehrplänen zum evangelischen Religionsunterricht oder katholischen Religionsunterricht durchgeführt und benotet. Die Leistungsbewertung erfolgt auf der Grundlage der einschlägigen Erlasse des Ministeriums für Bildung. Der Unterricht unterliegt der Schulaufsicht. Die erforderlichen Räumlichkeiten sind innerhalb des Schulgebäudes auf Antrag vom Schulträger kostenlos zur Verfügung zu stellen. In besonders begründeten Einzelfällen kann auch in kirchengemeindlichen Räumen unterrichtet werden, wobei die entstehenden Beförderungskosten und Raumkosten von der Kirche oder Religionsgemeinschaft zu tragen sind.

7 SVBl. LSA. 2020, 17, abrufbar unter: https://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/bsst/ document/VVST-VVST000011095.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

3.3.3 Findet der Unterricht in kirchengemeindlichen Räumen statt, so besteht für die notwendigen Schulwege sowie für die Dauer des Unterrichts der für Schulveranstaltungen geltende Versicherungsschutz.

Es wird aufgrund des dem Staat einen Ausgestaltungsspielraum in der Schulorganisation vermittelnden umfassenden Aufsichtsrechts fast allgemein als zulässig angesehen, dass die Durchführung von Religionsunterricht an einer Schule von einer Schülermindestzahl abhängig gemacht wird.8 Kritischen Stimmen9 ist allerdings zuzugeben, dass der Wortlaut des Art. 7 Abs. 3 GG insoweit unergiebig ist und Unterricht in anderen ordentlichen Lehrfächern unstreitig nicht an eine Mindestschülerzahl geknüpft werden darf. Einigkeit besteht aber jedenfalls insofern, als der Staat „religions(-unterrichts-)freundlich“ durch flexible Maßnahmen der Schulorganisation ggf. bei fehlender Schülerstärke in der einzelnen Schulklasse nach Möglichkeit zumindest einen klassen-, unter Umständen auch jahrgangs- und sogar schulübergreifenden Religionsunterricht anbieten muss.10 Der Vertrag schweigt sich zum Erfordernis einer Mindestschülerzahl für den Religionsunterricht in öffentlichen Schulen aus, obwohl die Diasporasituation der evangelischen und katholischen Christen in den neuen Ländern und die sich daraus ergebende geringe Zahl möglicher Teilnehmer am evangelischen Religionsunterricht unter den Schülern Veranlassung gegeben hätte, dieser Frage ein besonderes Augenmerk zu widmen. Man wird daher davon ausgehen müssen, dass die Vertragspartner stillschweigend von der üblichen Praxis der Festlegung einer zu erreichenden Schülermindestzahl durch die staatliche Seite ausgegangen sind und auch die Kirchen diese Praxis für grundsätzlich legitim erachtet haben. Die insoweit gegenwärtig geltende Regelung kann als durchaus kirchen- und religionsfreiheitsfreundlich angesehen werden. Nach § 13 Abs. 1 des Schulgesetzes Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 201811 kann die oberste Schulbehörde festlegen, dass der Unterricht bei Unterschreiten einer Mindestschülerzahl in bestimmten Fächern jahrgangsübergreifend erfolgen kann. Im o. a. Runderlass des Ministeriums für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt wird für evangelischen und katholischen Religionsunterricht festgelegt, dass die Mindestschüleranzahl sechs beträgt. Der Religionsunterricht wird gegenüber dem Ethikunterricht privilegiert, da für den Ethikunterricht eine Mindestschüleranzahl von acht festgelegt wurde.

8

M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 7 Rn. 53; H. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 – III Rn. 152. 9 Nachweise bei F. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Kommentar, Bd. 12, 32013, Art. 7 Rn. 94 Fn. 523 f. 10 M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 7 Rn. 53.1. 11 GVBl. LSA S. 244.

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Unter Ziff. 3.2 Bildung von Lerngruppen findet sich zudem folgende religionsunterrichtsfreundliche Regelung: „Schülerinnen und Schüler, die sich zur Teilnahme an einem der Unterrichtsangebote evangelischer Religionsunterricht, katholischer Religionsunterricht oder Ethikunterricht angemeldet haben, werden jeweils zu Lerngruppen zusammengefasst, deren Größe sich in etwa an der durchschnittlichen Klassenstärke der Schule orientiert. Diese Lerngruppen können an allgemeinbildenden Schulen klassenübergreifend (innerhalb eines Schuljahrganges) oder jahrgangsübergreifend (in der Regel zwei aufeinander folgende Schuljahrgänge) gebildet werden. Sollte eine Lerngruppe in Klassenstärke bei klassenübergreifender Zusammenfassung nicht gebildet werden können, ist zusätzlich jahrgangsübergreifend zusammenzufassen; kommt auch dann keine Lerngruppe in Klassenstärke zustande, kann der Unterricht trotzdem aufgenommen werden, wenn mindestens acht Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen. Für den Religionsunterricht wird abweichend von Satz 1 die Mindestschülerzahl von sechs zugelassen und darf diese nicht unterschreiten. Kommt an einer Schule keine Lerngruppe zustande, kann unter Beachtung der jeweiligen Mindest- und Höchstschülerzahl eine schulübergreifende Zusammenfassung erfolgen. Der Unterricht in den Fächern Evangelische Religion oder Katholische Religion ist unabhängig von dem Angebot des Ethikunterrichts an einer Schule anzubieten und einzurichten und vorrangig in den Klassen einzuführen, in denen bereits das Fach Ethik erteilt wird. An berufsbildenden Schulen sind neben klassen- und jahrgangsübergreifenden Lerngruppen auch schulformübergreifende Lerngruppen zulässig. Allerdings ist bei einer Regelmindestschülerzahl pro Klasse von 25 Schülern12 selbst die Zahl von 6 teilnehmenden Schülern am Religionsunterricht unter Umständen schwer zu erreichen, denn von der Gesamtzahl der Einwohner beträgt der Anteil der Mitglieder der evangelischen Landeskirchen lediglich 11,4 Prozent (Stand: 31. 12. 2020).13 Deshalb dürfte eine schulübergreifende Zusammenfassung der Schüler notwendig sein, um den evangelischen Religionsunterricht zu erhalten. Über die Teilnahme am evangelischen bzw. katholischen Religionsunterricht oder Ethikunterricht entscheiden gemäß Artt. 7 Abs. 2, 6 Abs. 2 und 4 Abs. 1 GG die Er12 Siehe zur Mindestjahrgangsstärken der verschiedenen Schularten die §§ 8 ff. der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung 2022 und die Aufnahme von Schülern und Bildung von Anfangsklassen an allgemeinbildenden Schulen (SEPl-VO 2022) vom 15. Oktober 2020 (GVBl. LSA 2020, 607). 13 Quelle: ELK, Deutsche Bischofskonferenz, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen fowid (Forschungsgruppe Weltanschauungen Deutschland), abrufbar unter: https:// fowid.de/meldung/religionszugehoerigkeiten-2020.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

ziehungsberechtigten. Nach der Vollendung des 14. Lebensjahres und damit Erlangung der aktiven Religionsmündigkeit steht der Schülerin oder dem Schüler die Entscheidung selbst zu. In Sachsen-Anhalt ist die Teilnahme am Ethikunterricht verpflichtend, sofern die einzelne Schülerin oder der einzelne Schüler nicht am Religionsunterricht teilnimmt (siehe Art. 27 Abs. 3 S. 2 Verfassung des Landes SachsenAnhalt; § 21 Schulgesetz LSA; Ziff. 4.2 des o. a. Runderlasses).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 6: (1) Das Land gewährleistet die Erteilung des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen. (2) Der evangelische Religionsunterricht wird in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche erteilt. Die Kirchen werden an der Erarbeitung der Rahmen-Richtlinien, der Lehrpläne und der Auswahl der Lehrmittel für den evangelischen Religionsunterricht beteiligt. Die Zulassung der Lernmittel, insbesondere der Schulbücher, für den evangelischen Religionsunterricht bedarf der Zustimmung der Kirchen. (3) Die Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts setzt eine kirchliche Bevollmächtigung (Vokation) durch die zuständige Landeskirche voraus. Einem ordinierten Pfarrer gilt die kirchliche Bevollmächtigung als erteilt. Die kirchliche Bevollmächtigung kann entzogen werden, wenn Gründe vorliegen, die ihrer Erteilung entgegenstünden. (4) Im Hinblick auf die kirchliche Bevollmächtigung können die staatlichen Prüfungsordnungen die Anwesenheit eines kirchlichen Beauftragten bei der Lehramtsprüfung für das Fach Evangelische Religion vorsehen. (5) Die Gestellung katechetischer Lehrkräfte wird in einer Vereinbarung geregelt.

Regierungsbegründung Zu Artikel 6 Absatz 1 verpflichtet in Anlehnung an das Grundgesetz das Land, an öffentlichen Schulen Religionsunterricht zu erteilen. Absatz 2 sichert die Übereinstimmung des Religionsunterrichts mit den Grundsätzen der beiden Kirchen. Auch hier liegt es im Interesse des Landes, daß das, was als evangelische Religion gelehrt wird, auch authentische evangelische Lehre ist. Da nur die Kirchen beurteilen können, was evangelische Lehre ist, bestimmt Absatz 3, daß die Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts eine kirchliche Bevollmächtigung voraussetzt. Absatz 4 wiederum schafft eine Voraussetzung dafür, daß sich die Kirche ein sachkundiges Urteil über die Vokationsbewerber verschafft.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Eine Vereinbarung nach Absatz 5 besteht derzeit mit der Pommerschen Evangelischen Kirche und mit der Katholischen Kirche, nicht mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs.

Kommentierung In Übereinstimmung mit § 8 Abs. 1 des Schulgesetzes für das Land MecklenburgVorpommern (Schulgesetz-SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 201014 garantiert Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 die Erteilung des (evangelischen) Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Problematisch könnte die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 1 Schulgesetz sein. Danach können die Unterrichtsfächer evangelische Religion, katholische Religion und Philosophieren mit Kindern oder Philosophie „zeitweilig auch als Fächergruppe angeboten werden“. Allerdings sollen innerhalb dieser Fächergruppe die einzelnen Fächer „unter Wahrung ihrer Eigenständigkeit und ihrer Besonderheiten und der Rechte der Schülerinnen, Schüler und Erziehungsberechtigten in kooperativer Form unterrichtet werden“ (§ 8 Abs. 3 S. 2 Schulgesetz). Wenn danach die Eigenheit des bekenntnisgemäßen Religionsunterrichts erhalten bleibt, erscheint der zusätzliche Philosophieunterricht „in kooperativer Form“ allerdings unschädlich und mit Art. 7 Abs. 3 GG vereinbar. Zur vorsorglichen Sicherstellung der Übereinstimmung des evangelischen Religionsunterrichts mit den Grundsätzen der am Vertrag Beteiligten werden diese an der Erarbeitung der Rahmen-Richtlinien, der Lehrpläne und der Auswahl der Lehrmittel für den evangelischen Religionsunterricht beteiligt. Die Zulassung der Lernmittel, insbesondere der Schulbücher, für den evangelischen Religionsunterricht bedarf der Zustimmung der Kirchen (§ 6 Abs. 2 S. 2 u. 3). Dem entsprechen die Regelungen der §§ 9 Abs. 3 S. 2, 11 Abs. 2 S. 1 Schulgesetz. Die Regelung für Lehrbücher muss auch für andere Unterrichtsmaterialien gelten. Bemerkenswerterweise erkennt die regierungsamtliche Begründung zu § 6 Abs. 2 an, dass es im Interesse des Landes, also im öffentlichen Interesse, liegt, dass „das, was als evangelische Religion gelehrt wird, auch authentische evangelische Lehre ist“. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 setzt die Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts eine kirchliche Bevollmächtigung (vocatio) voraus; das bestimmt auch § 100 Abs. 6 S. 1 Schulgesetz. Die regierungsamtliche Begründung stellt zutreffend auf die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates ab, die es ihm verwehrt, verbindliche Glaubensaussagen zu treffen; es können tatsächlich „nur die Kirchen beurteilen […], was evangelische Lehre ist“. 14 GVOBl. M-V S. 462, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Dezember 2019 (GVOBl. M-V S. 719).

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Artikel 5 – Religionsunterricht

Einem ordinierten Pfarrer gilt die kirchliche Bevollmächtigung als erteilt. Die Bevollmächtigung ist widerruflich. Sie kann entzogen werden, wenn Gründe vorliegen, die ihrer Erteilung entgegenstünden (Art. 6 Abs. 3 S. 2 u. 3). Damit die Kirche ex ante eine verlässliche Beurteilungsgrundlage für die Entscheidung über die Bevollmächtigung eines Vokationsbewerber gewinnen kann, können die staatlichen Prüfungsordnungen die Anwesenheit eines kirchlichen Beauftragten bei der Lehramtsprüfung für das Fach Evangelische Religion vorsehen (§ 6 Abs. 4). Der Religionsunterricht wird grundsätzlich durch im Dienst des Landes stehende Lehrer erteilt. Die Bestimmung des Art. 6 Abs. 5 behält die Gestellung katechetischer Lehrkräfte einer besonderen Vereinbarung zwischen Kirchen und Staat vor. Sie knüpft damit an die Regelung des § 100 Abs. 7 Schulgesetz an. Danach können für die Erteilung von Religionsunterricht Bedienstete der Religionsgemeinschaften, soweit diese Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und von deren öffentlichrechtlichen Verbänden, Anstalten und Stiftungen beschäftigt werden. Diese Lehrerinnen und Lehrer bedürfen für die Erteilung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen eines staatlichen Lehrauftrages. Sie unterstehen bei der Ausführung dieses Lehrauftrages der zuständigen Schulbehörde. Das Nähere regeln die mit den Religionsgemeinschaften getroffenen Vereinbarungen. Es gibt eine Vereinbarung über die Gestellung kirchlicher Mitarbeiter für die Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen vom 16. Oktober 1997 zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche, die für die Nordkirche fortgilt. Zudem existieren auf Grundlage der Gestellungsverträge erlassene Verwaltungsvorschriften.15

2. Thüringen Art. 5: (1) Der evangelische Religionsunterricht ist an den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach. (2) Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts haben die Kirchen das Recht, sich nach einem mit der staatlichen Schulaufsicht vereinbarten Verfahren durch Einsichtnahme zu vergewissern, daß der Inhalt und die Gestaltung des Religionsunterrichts den Grundlagen der Kirchen entspricht. (3) Richtlinien, Lehrpläne und Lehrbücher für den evangelischen Religionsunterricht sind im Einvernehmen mit den Kirchen zu bestimmen. (4) Zur Sicherung des Religionsunterrichts werden Lehrer mit kirchlicher Bevollmächtigung (Vocatio) im erforderlichen Umfang an den Schulen eingesetzt. Die Gestellung kirch15 So etwa die Verwaltungsvorschrift über Erstattungen an die Kirchen für die Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen vom 26. April 2018 (Mittl.bl. BM M-V S. 44), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. März 2022 (Mittl.bl. BM M-V 2022 S. 42).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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licher Lehrkräfte für den Religionsunterricht wird nach Maßgabe einer gesonderten Vereinbarung ermöglicht. (5) Die Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts setzt die Vocatio der zuständigen Kirche voraus. Die Kirche kann die Bevollmächtigung in begründeten Fällen widerrufen. Sie teilt den Widerruf der staatlichen Schulaufsicht mit. Mit dem Widerruf endet die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen. (6) Der Freistaat Thüringen gewährleistet im Bereich der Hochschulen im Rahmen des Studiums zur Erlangung der Befähigung zum Lehramt die wissenschaftliche Vorbildung in evangelischer Theologie und Religionspädagogik.

Regierungsbegründung Artikel 5 trifft Regelungen zum evangelischen Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen, in Übereinstimmung mit Artikel 25 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 46 des Thüringer Schulgesetzes.

Kommentierung Art. 5 Abs. 1 begründet die vertragliche Verpflichtung des Freistaats zur Erfüllung dessen, was ohnehin – bundes- wie landes(verfassungs)rechtlich – geschuldet ist: die Erteilung von Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen des Landes (Art. 7 Abs. 3 GG; Art. 25 Abs. 1 Verfassung des Freistaats Thüringen vom 25. Oktober 1993; § 46 Abs. 1, 2 S. 1 u. 2 Thüringer Schulgesetz (ThürSchulG)16. Das Recht der Kirchen, sich nach einem mit der staatlichen Schulaufsicht vereinbarten Verfahren durch Einsichtnahme zu vergewissern, dass der Inhalt und die Gestaltung des Religionsunterrichts den Grundlagen der Kirchen entspricht (Art. 5 Abs. 2; Hospitations- oder Visitationsrecht), sichert die inhaltliche Prägung des Religionsunterrichts durch die von den Kirchen festgelegten Grundsätze auch in der praktischen Durchführung des Unterrichts ab. Gleiches gilt für das erforderliche Einvernehmen der Kirchen mit den staatlichen Richtlinien, Lehrplänen und den durch Entscheidung des Kultusministeriums eingeführten Lehrbüchern (Schulbücher und weiteren Materialien) als Lernmitteln für den evangelischen Religionsunterricht (Art. 5 Abs. 3). Die Regelungen zur kirchlichen Bevollmächtigung der Religionslehrer (sog. vocatio; Art. 5 Abs. 4 S. 1, Abs. 5) und zur optionalen, einer gesonderten Vereinbarung bedürfenden Gestellung kirchlicher Lehrkräfte für den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen des Landes (Art. 5 Abs. 4 S. 2) entsprechen denen des Wittenberger Vertrags. Die Gewährleistung des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen setzt voraus, dass auch eine fachgerechte, qualitätsvolle Ausbil-

16 In der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (GVBl. S. 238), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Mai 2021 (GVBl. S. 215).

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Artikel 5 – Religionsunterricht

dung der Lehrkräfte an den Hochschulen des Landes garantiert ist.17 Auch insofern müssen die Voraussetzungen für dessen Durchführbarkeit vom Staat geschaffen und aufrechterhalten werden. Im Kontext dieser Funktionsgarantie steht die vom Freistaat in Art. 5 Abs. 6 übernommene Aufgabe, „im Bereich der Hochschulen im Rahmen des Studiums zur Erlangung der Befähigung zum Lehramt die wissenschaftliche Vorbildung in evangelischer Theologie und Religionspädagogik“ zu gewährleisten. 3. Sachsen Art. 5: (1) Der Freistaat gewährleistet die Erteilung eines regelmäßigen evangelischen Religionsunterrichtes als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen. Schlussprotokoll: 1Den Vertragspartnern ist bewusst, dass der Neuaufbau des Religionsunterrichts im Freistaat noch einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen wird. 2Die Kirchen verpflichten sich, für die Erteilung von Religionsunterricht kirchliche Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. 3Der Freistaat wird seinerseits die Ausbildung von Religionslehrern, die auch im gymnasialen Bereich unbeschränkt einsetzbar sind, beschleunigt vorantreiben. 4 Übergangsweise wird der Freistaat im Einvernehmen mit den Kirchen Stellen, die auch Teilzeitstellen sein können, für im Schuldienst tätige Pfarrer einrichten. 5In Fällen, in denen die faktischen Voraussetzungen bestehen und die Kontinuität gewährleistet ist, soll der Religionsunterricht in allen Jahrgangsstufen durchgeführt werden. 6Soweit aufgrund der geringen Zahl der in Betracht kommenden Schüler die Durchführung des Religionsunterrichts an einer Schule mit unverhältnismäßig großem Aufwand verbunden ist, kann der Religionsunterricht schulübergreifend abgehalten werden. 7Zu einem schulübergreifenden Religionsunterricht ist der Freistaat nur verpflichtet, wenn dieser mit zumutbarem organisatorischem Aufwand eingerichtet werden kann. (2) 1Richtlinien, Lehrpläne und Lehrbücher für den evangelischen Religionsunterricht bedürfen der Zustimmung der Kirchen. 2Bei der staatlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung von Religionslehrern und bei der Aufsicht über den Religionsunterricht sind die Kirchen nach Maßgabe einer besonderen Vereinbarung zu beteiligen. (3) 1Lehrkräfte im Fach Religion bedürfen vor ihrer ersten Anstellung einer Bevollmächtigung der örtlich zuständigen Kirche, mit der die Lehrerlaubnis (Vokation) im Fach Religion zuerkannt wird. 2Die Lehrerlaubnis kann auch befristet erteilt und in begründeten Fällen widerrufen werden. 3Handelt es sich um einen Pfarrer, gilt diese Lehrerlaubnis ohne besondere Bescheinigung als zuerkannt. (4) Die Gestellung von haupt- und nebenamtlichen Religionslehrern, die auf Dauer oder befristet aus dem Kirchendienst abgeordnet werden, bleibt einer besonderen Regelung vorbehalten.

17 M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 7 Rn. 51, 51a; siehe auch BVerwGE 123, 49 (73).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Zu Artikel 5 In Absatz 1 geht der Freistaat gegenüber den Kirchen die Verpflichtung ein, entsprechend dem Gebot des Grundgesetzes (Artikel 7 Abs. 3 Satz 1) sowie der Sächsischen Verfassung (Artikel 105 Abs. 1) die Erteilung des Religionsunterrichtes als ordentlichem Lehrfach zu gewährleisten. Ordentliches Lehrfach bedeutet, daß der Religionsunterricht Pflichtfach zu sein hat. Entsprechend der Regelung in der Sächsischen Verfassung wird für Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, Ethik als alternatives Pflichtfach angeboten. Die Entscheidung, inwieweit das Fach Religion (ebenso wie das Fach Ethik) versetzungsrelevant ist, bleibt den landesrechtlichen Schulregelungen vorbehalten. Das verfassungsrechtlich wie kirchenvertraglich vorgegebene Ziel eines flächendeckenden Angebots des Religionsunterrichts ist in naher Zukunft aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse nicht erreichbar, weil die erforderliche Anzahl von qualifizierten Religionslehrern insbesondere für den gymnasialen Bereich nicht zur Verfügung steht und auch für absehbare Zeit nicht zur Verfügung stehen wird. Die ausführliche Regelung im Schlußprotokoll sieht Grundsätze vor, die der derzeitigen Situation gerecht werden und eine Verbesserung bewirken sollen. Im Schlußprotokoll ist deshalb für die Kirchen die Verpflichtung festgeschrieben, im Rahmen des Möglichen eigene Mitarbeiter für die Durchführung des Religionsunterrichtes zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt wurde dem Freistaat Sachsen aufgegeben, nachhaltig die Ausbildung qualifizierter Religionslehrer zu fördern. Der derzeit bestehende personelle Engpaß soll kurzfristig durch sogenannte Schulpfarrstellen, die auch Teilzeitstellen sein können, abgemildert werden. Bei den Inhabern dieser Schulpfarrstellen handelt es sich um voll ausgebildete Pfarrer, die aus ihrem kirchlichen Dienstverhältnis für einen bestimmten Zeitraum beurlaubt und für die Dauer ihrer Beurlaubung im Schuldienst angestellt werden. Für die im Schuldienst tätigen Pfarrer gelten dieselben Vergütungsregelungen wie für vergleichbare Lehrer. Die nähere rechtstechnische Ausgestaltung dieser Schulpfarrstellen obliegt dem Staatsministerium für Kultus, das zugleich auch die Zahl der auszuweisenden Stellen im Benehmen mit den Kirchen festlegen wird. Die hier getroffene Regelung verändert die Gesamtzahl der haushaltsmäßig festgelegten Stellen nicht. Bislang wird Religionsunterricht im Freistaat im Wesentlichen nur in gewissen Jahrgangsstufen erteilt. Da dies für das Erreichen der Bildungsziele nachteilig ist, wurde klargestellt, daß eine durchgehende Erteilung des Religionsunterrichtes schon jetzt überall dort möglich sein soll, wo die faktischen Voraussetzungen (insbesondere geeignete Lehrpläne und qualifiziertes Lehrpersonal) gegeben sind und im Sinne der Kontinuität entweder in den vorangegangenen Jahrgangsstufen bereits Religionsunterricht erteilt wurde oder der Religionsunterricht für die nachfolgenden Jahrgangsstufen gesichert ist. Abschließend enthält das Schlußprotokoll noch Bestimmungen über die Durchführung des Religionsunterrichtes bei geringem Schülerinteresse. Der Religionsunterricht soll dann schulübergreifend durchgeführt werden, wenn dies von der Schulverwaltung mit organisatorisch verhältnismäßigem Aufwand zu leisten und für die Schüler nicht mit unzumutbaren Belastungen verbunden ist. Die hierzu erforderlichen Ausführungsregelungen werden durch das Staatsministerium für Kultus getroffen. Absatz 2 trägt dem Umstand Rechnung, daß der Religionsunterricht eine unter der Organisationshoheit des Freistaates stehende schulische Veranstaltung ist. Gleichzeitig erfolgt der Religionsunterricht bekenntnisgebunden, und seine Inhalte werden wesentlich von den Kirchen

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Artikel 5 – Religionsunterricht

mitgeprägt (Artikel 105 Abs. 2 SächsVerf). Das Einvernehmenserfordernis bezüglich der Richtlinien, Lehrpläne und Lehrbücher für den Religionsunterricht entspricht dieser gemeinsamen Verantwortung von Staat und Kirche. Weiterhin setzt die geforderte inhaltliche Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre voraus, daß die Kirchen bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Religionslehrer mitwirken, um die Vermittlung ihrer Glaubensgrundsätze sicherzustellen. Die Bekenntnisgebundenheit des Religionsunterrichts bedingt Aufsichtsrechte der Kirche, die ihnen eine Kontrolle der Unterrichtspraxis erlauben sollen (Artikel 105 Abs. 2 Satz 3 SächsVerf). Die nähere Ausgestaltung dieser Mitwirkungserfordernisse soll jeweils durch Vereinbarung erfolgen. In Absatz 3 ist die kirchliche Lehrerlaubnis (Vokation) für Religionslehrer geregelt. Unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung der Dienstverhältnisse zum Freistaat (bzw. den Gemeinden) setzt die Erteilung von Religionsunterricht das Vertrauen der Kirchen voraus, in deren Namen der betreffende Lehrer unterrichtet. Dem entspricht es, die Bestellung zum Religionslehrer von der Vokation der Kirche abhängig zu machen und im Falle späterer Abweichung von kirchlichen Lehrinhalten eine Widerrufsmöglichkeit zu schaffen. Die in Absatz 3 vorgenommene Einschränkung der Widerrufsmöglichkeit auf begründete Fälle soll unter Achtung des Selbstentscheidungsrechts der Kirchen in Fragen der Glaubenslehre nur Fälle des willkürlichen Entzugs der Vokation ausschließen. Die Vertragsparteien gehen jedoch davon aus, daß ein Widerruf der Vokation nur bei schwerwiegenden Abweichungen von der kirchlichen Lehre in Betracht kommt. In Absatz 4 ist im Interesse einer dem Wesen des Gegenstandes entsprechenden einvernehmlichen Regelung vorgesehen, daß Vereinbarungen über die Gestellung haupt- oder nebenamtlicher Lehrkräfte aus dem kirchlichen Dienst getroffen werden.

Kommentierung Die Gewährleistung nach Art. 5 Abs. 1 GG entspricht der grundgesetzlichen (Art. 7 Abs. 3 GG) und der landesverfassungsrechtlichen (Art. 105 Abs. 1 S. 1 Verfassung des Freistaates Sachsen18) Garantie des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen als ordentliches Lehrfach (siehe auch § 18 Abs. 1 Sächsisches Schulgesetz19). Das Erfordernis der Zustimmung der am Vertrag beteiligten Kirchen zu den vom Staat aufgestellten Richtlinien, Lehrplänen und den zur Verwendung bestimmten Lehrbüchern für den evangelischen Religionsunterricht ergibt sich aus der Verantwortung der Kirchen für den Inhalt des Religionsunterrichts, der nach ihren Grundsätzen zu erteilen ist; das schließt das Einvernehmen mit den dafür geltenden Leitlinien sowie den verwendeten Lehrmaterialien ein. Dass der Religionsunterricht nach den Grundsätzen der Kirchen und Religionsgemeinschaften erteilt wird, lässt das allgemeine Aufsichtsrecht des Freistaates unberührt (Art. 105 Abs. 2 S. 1 Verfassung des Freistaats Sachsen). Die Religionsge18

Vom 27. Mai 1992 (SächsGVBl. S. 243), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Juli 2013 (SächsGVBl. S. 502). 19 In der Fassung der Bekanntmachung vom 27. September 2018 (SächsGVBl. S. 648), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Mai 2021 (SächsGVBl. S. 578).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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meinschaften haben aber das Recht, im Benehmen mit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Erteilung des Religionsunterrichtes zu beaufsichtigen (Art. 105 Abs. 2 S. 3 Verfassung des Freistaats Sachsen). Dieses „Aufsichtsrecht“ bezieht sich aber nur auf den zu vermittelnden Glaubensinhalt, auf die didaktische Aufbereitung des Stoffs nur insofern, als sie geeignet sein muss, die Glaubensinhalte den Schülern anschaulich zu vermitteln. Soweit Art. 5 Abs. 2 S. 2 vorsieht, dass die Kirchen auch bei der staatlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung von Religionslehrern und – ohne (explizite) Beschränkung auf die inhaltlichen Aspekte, auf die sich die kirchlichen Grundsätze beziehen – bei der Aufsicht über den Religionsunterricht nach Maßgabe einer besonderen Vereinbarung zu beteiligen sind, geht dies deutlich über das seitens des Staates insoweit verfassungsrechtlich Geschuldete hinaus.20 Die Regelung zum Erfordernis der kirchlichen vocatio (Art. 5 Abs. 3) und zur Gestellung im Kirchendienst stehenden Personals für den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen (Art. 5 Abs. 4) entsprechen inhaltlich ganz den korrespondierenden Regelungen im Wittenberger Vertrag (Art. 5 Abs. 3, 5; siehe die dortige Kommentierung) und dem geltenden sächsischen Landesrecht (siehe § 18 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Sächsisches Schulgesetz). Wird der Religionsunterricht von Bediensteten der Kirchen erteilt, erhalten sie dafür gemäß § 18 Abs. 3 S. 2 Sächsisches Schulgesetz einen angemessenen finanziellen Ersatz. Das Schlussprotokoll zur Art. 5 Abs. 1 reflektiert zeitbezogen die Schwierigkeiten des Neuaufbaus des Religionsunterrichts nach den Verheerungen der SED-Diktatur. Gegenwärtig noch immer bedeutsam sind die Regelungen zur praktischen Durchführung des Religionsunterrichts. Er soll „in Fällen, in denen die faktischen Voraussetzungen bestehen und die Kontinuität gewährleistet ist“, „in allen Jahrgangsstufen durchgeführt werden“. Soweit aufgrund der geringen Zahl der in Betracht kommenden Schüler die Durchführung des Religionsunterrichts an einer Schule mit unverhältnismäßig großem Aufwand verbunden ist, kann der Religionsunterricht schulübergreifend abgehalten werden. Die stellt allerdings unter dem Vorbehalt, dass schulübergreifender Religionsunterricht vom Freistaat mit zumutbarem organisatorischem Aufwand eingerichtet werden kann. Damit ist sichergestellt, dass trotz erwartbar geringer Zahl von Schülern, die daran (und nicht am Ethikunterricht; siehe Art. 105 Abs. 1 S. 1 Verfassung des Freistaats Sachsen) teilnehmen wird, im Rahmen des schulorganisatorisch Möglichen und hinsichtlich des Aufwands Vertretbaren Religionsunterricht stattfinden kann. Eine konkretisierende Regelung findet sich in der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung des Religionsunter20 Vgl. H. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 – III Rn. 155; F. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Kommentar, Bd. 12, 32013, Art. 7 Rn. 100 m. w. N. in Fn. 544.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

richts und des Ethikunterrichts im Freistaat Sachsen (VwV Religion und Ethik) – Az.: 31 – 6520.40/351 – vom 29. September 200421. Nach Ziff. 3.3 dieser Verwaltungsvorschrift sind im Einvernehmen mit den Kirchen die Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion grundsätzlich für Anmeldungen aller Schüler offen. Die Entscheidung über die Teilnahme von Schülern anderen Bekenntnisses oder ohne Bekenntnis trifft der betreffende Religionslehrer nach Maßgabe der Bestimmungen seiner Kirche. Nach Ziff. 5.2 ist der Unterricht in den Fächern Evangelische Religion und Katholische Religion dann einzurichten, wenn eine Gruppe von mindestens acht Schülern gebildet werden kann. Bei der Stundenplanung soll der Unterricht in den Fächern Evangelische Religion und Katholische Religion möglichst parallel zum Fach Ethik, in der Regel mit der gleichen Wochenstundenzahl wie das Fach Ethik, nicht von vornherein zu ungünstigen Zeiten, z. B. in Randstunden und im Bedarfsfall maximal zwei aufeinander folgende Klassen- oder Jahrgangsstufen übergreifend erteilt werden (Ziff. 5.3). Bei der Gruppenbildung kann nur mit schriftlicher Genehmigung des Regionalschulamtes von den Bestimmungen in Ziff. 5.2 und 5.3 Satz 1 Buchst. d und Satz 2 wie folgt abgewichen werden: mehr als zwei aufeinander folgende Klassenstufen übergreifende Gruppe, zwei oder mehr Schulen übergreifende Gruppe, verschiedene Schularten übergreifende Gruppe, sofern nach dem Lehrplan der jeweiligen Schulart unterrichtet wird, Gruppe mit weniger als acht Schülern (Ziff. 5.4). Die zuständigen Stellen der Kirchen haben in Wahrnehmung ihrer fachaufsichtlichen Befugnisse zur Gestaltung des Religionsunterrichts das Recht zur Hospitation des schulischen Religionsunterrichts ihres Bekenntnisses. Die Modalitäten sind vorher mit dem Schulleiter abzustimmen. Der Schulleiter berichtet dem Regionalschulamt (Ziff. 6.3). 4. Brandenburg Art. 5: Über die Durchführung des evangelischen Religionsunterrichts in den Schulen im Land Brandenburg werden gesonderte Vereinbarungen getroffen. Schlussprotokoll: Die Vertragsparteien behalten sich vor, ihre Rechtsauffassungen zum evangelischen Religionsunterricht in den Schulen im Land Brandenburg darzulegen.

Regierungsbegründung Nach § 9 Abs. 2 BbgSchulG haben die Kirchen das Recht, in den Schulen Religionsunterricht zu erteilen. Das Schulgesetz trifft keine Aussagen über die Ausgestaltung des evangelischen Religionsunterrichts in den Schulen. Nach § 9 BbgSchulG sind nähere Einzelheiten durch gesonderte Vereinbarung zu regeln. Art. 5 des Vertrages entspricht § 9 Abs. 3 BbgSchulG.

21 MBl. SMK S. 414, zuletzt geändert durch die Verwaltungsvorschrift vom 12. März 2007 (MBl. SMK S. 69).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Über die Stellung des Religionsunterrichts in den Schulen besteht zwischen den Vertragsparteien Dissens. Die Vertragsparteien halten deshalb im Schlußprotokoll fest, daß sie sich ungeachtet der vertraglichen Festlegung vorbehalten, einander ihre abweichenden Ansichten zum Religionsunterricht darzulegen. Anmerkung: Brandenburg nimmt die Anwendbarkeit des Art. 141 GG für ihr Gebiet für die allgemeinbildenden Schulen in Anspruch; der Religionsunterricht ist kein ordentliches Schulfach im klassischen Sinne. Vgl. Richter, § 20 Schulische Bildung, Handbuch des evangelischen Kirchenrechts, S. 728. Eine Auflistung der Vorschriften Brandenburgs bezüglich des Religionsunterrichts: https:// mbjs.brandenburg.de/media_fast/6288/informationen_zum_religionsunterricht_teil_1.pdf

Kommentierung Die dilatorische Regelung im Vertrag ist vor dem Hintergrund des Streits um die Einführung des Schulfachs Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) in Brandenburg zu sehen. Während in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen der Religionsunterricht an den Schulen als ordentliches Lehrfach eingerichtet wurde, hat das Land Brandenburg in seinem Schulgesetz von einer entsprechenden Regelung abgesehen. Stattdessen sollte für alle Schüler das Fach LER, das – unter Wahrung von Offenheit und Toleranz gegenüber der religiösen oder weltanschaulichen Gebundenheit von Schülern – bekenntnisfrei, religiös und weltanschaulich neutral unterrichtet wird, verbindlich sein (§ 11 Abs. 2 u. 3 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz – BbgSchulG) vom 12. April 1996 (GVBl. I S. 102). Hinsichtlich des Religionsunterrichts bestimmte § 9 Abs. 2 dieses Gesetzes, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften das Recht haben, Schülerinnen und Schüler in den Räumen der Schule nach ihrem Bekenntnis zu unterrichten (Religionsunterricht). Sie übernehmen die Verantwortung dafür, dass der Religionsunterricht entsprechend den für den Schulunterricht geltenden Bestimmungen durchgeführt wird. Der Religionsunterricht wird durch Personen erteilt, die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften beauftragt werden. Am Religionsunterricht nehmen Schülerinnen und Schüler teil, deren Eltern eine dahingehende schriftliche Erklärung abgeben. Bei Schülerinnen und Schülern, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, tritt die eigene Erklärung an die Stelle der Erklärung der Eltern. Der Schulträger stellt die Räume unentgeltlich zur Verfügung. Gegen diese gesetzlichen Bestimmungen richteten sich ein Normenkontrollantrag der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages und vier Verfassungsbeschwerden von zahlreichen katholischen und evangelischen Eltern und Schülern, von drei Bistümern und von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Das Verfassungsgericht schlug den Verfahrensbeteiligten eine Vereinbarung zur Beilegung der Verfahren nach Maßgabe eines von ihm gemachten Vergleichsvor-

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Artikel 5 – Religionsunterricht

schlags vor, der u. a. eine Änderung des Brandenburgisches Schulgesetzes mit folgendem Inhalt (§ 2 Abs. 1) vorsah22 : „1. Der Religionsunterricht wird in der Regel in Lerngruppen mit einer Teilnehmerzahl von mindestens 12 Schülerinnen und Schülern durchgeführt. 2. Der Religionsunterricht soll in die regelmäßige Unterrichtszeit integriert werden. Durch die zeitliche Gestaltung soll nicht ausgeschlossen werden, dass Schülerinnen und Schüler, die den Unterricht in dem Fach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde besuchen, zusätzlich am Religionsunterricht teilnehmen können. 3. Lehrkräften des Landes Brandenburg, die neben dem staatlichen Unterricht im Auftrag von Kirchen oder Religionsgemeinschaften Religionsunterricht erteilen, wird die Erteilung dieses Unterrichts mit bis zu acht Unterrichtsstunden je Woche auf die Pflichtstundenzahl angerechnet, sofern die Mindestgruppengröße von 12 Schülerinnen und Schülern erreicht wird; bei einer Teilzeitbeschäftigung erfolgt die Anrechnung in entsprechend gekürztem Umfang. Den genannten Lehrkräften wird die Teilnahme an Veranstaltungen ihrer Kirche oder Religionsgemeinschaft zur religionspädagogischen Fort- und Weiterbildung unter den für Fort- und Weiterbildung üblichen Bedingungen ermöglicht. 4. Personen, die im Auftrag von Kirchen oder Religionsgemeinschaften Religionsunterricht erteilen, können auch dann an den Beratungen der schulischen Mitwirkungsgremien teilnehmen, wenn sie nicht in einem Dienstverhältnis zum Land Brandenburg stehen. 5. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht werden von denjenigen, die diesen Unterricht erteilen, entsprechend den Grundsätzen der Leistungsbewertung nach § 57 des Brandenburgischen Schulgesetzes bewertet, sofern die Kirchen oder Religionsgemeinschaften dies wollen. Die Note wird auf Antrag der Eltern der Schülerin und des Schülers in das staatliche Zeugnis (§ 58 des Brandenburgischen Schulgesetzes) aufgenommen; bei Schülerinnen und Schülern, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, tritt der eigene Antrag an die Stelle des Antrags der Eltern. Durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des Brandenburgischen Schulgesetzes kann auch bestimmt werden, welche Bedeutung die Religionsnote für die Versetzung der Schülerin oder des Schülers und für den Erwerb von Abschlüssen und Berechtigungen hat. 6. Den Kirchen und Religionsgemeinschaften, deren Beauftragte Religionsunterricht erteilen, werden zu den dadurch entstehenden Kosten nach Maßgabe des Haushalts staatliche Zuschüsse gewährt. 7. Schülerinnen und Schüler, deren Eltern gegenüber der Schule erklären, dass ihr Kind wertorientierten Unterricht zu den Gegenstandsbereichen des Faches LebensgestaltungEthik-Religionskunde allein in Form des Religionsunterrichts erhalten soll, und den Besuch eines solchen Unterrichts nachweisen, sind von der Verpflichtung zur Teilnahme am Unterricht in dem Fach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde befreit. Bei Schülerinnen und Schülern, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, tritt die eigene Erklärung an die Stelle der Erklärung der Eltern.“

Aufgrund dieses Vorschlags beschloss der Landtag Brandenburg das Dritte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes vom 10. Juli 200223. Dieses Gesetz enthält insbesondere dem Vergleichsvorschlag des BVerfG entsprechende 22 23

BVerfGE 104, 305 (308 f.). GVBl. I, S. 55.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regelungen über die Teilnehmerzahl für Lerngruppen im Fach Religion, die Einordnung dieses Unterrichtsfachs in die Unterrichtszeit, die Grundlagen für die Bewertung der Leistungen im Religionsunterricht und deren Aufnahme in das Zeugnis sowie Regelungen für Lehrkräfte, die im Auftrag von Kirchen und Religionsgemeinschaften Religionsunterricht erteilen, sowie schließlich über die Befreiung von der Teilnahme am Unterricht in dem Fach LER (siehe § 9 Abs. 3 – 7, § 11 Abs. 3 S. 4 u. 5, 88 Abs. 1 S. 4 BbgSchulG).24 Seit dem Inkrafttreten des Dritten Änderungsgesetzes kommt der Religionsunterricht „materiell den Kriterien eines ordentlichen Lehrfachs nahe“25, auch wenn er im Schulfachkanon und in der Unterrichtsorganisation nicht vollständig gleichgestellt ist.26 So sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 der auf der Grundlage von § 9 Abs. 6 BbgSchulG erlassene Religions- und Weltanschauungsunterrichtsverordnung (RWUV) vom 29. April 2013 (GVBl II Nr. 34)27 Schule und staatliche Schulbehörden im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Einfügung des Religionsunterrichts in den geordneten Schulbetrieb verantwortlich. Bei der Gestaltung des Stundenplans sieht die Schule unter Nutzung aller schulorganisatorischen Möglichkeiten die Einordnung des in der Schule stattfindenden Religionsunterrichts in die regelmäßige Unterrichtszeit vor. Der Religionsunterricht soll nicht nur in Randstunden erteilt werden. Die RWUV sieht im Übrigen vor, dass der Religionsunterricht durch Lehrkräfte der Kirche oder Religionsgemeinschaft erteilt wird (§ 2 Abs. 1), und zwar nach curricularen Vorgaben der Kirche oder Religionsgemeinschaft, die denen der staatlichen Rahmenlehrpläne gleichwertig sind und allgemeine und fachliche Ziele, didaktische Grundätze und Empfehlungen zu Formen der Leistungsbewertung enthalten, die sich an den allgemeinen und fachlichen Zielen orientieren (§ 2 Abs. 2). Der Religionsunterricht wird in Lerngruppen von in der Regel mindestens zwölf Schülerinnen und Schülern durchgeführt (§ 7 Abs. 1 S. 1). Um diese Mindestgruppengröße zu erreichen, können klassenübergreifende oder jahrgangsstufenübergreifende Lerngruppen gebildet werden. Jahrgangsstufenübergreifende Lerngruppen sollen im Hinblick auf die Gleichwertigkeit des Unterrichts und der Leistungsbewertung nicht mehr als zwei Jahrgangsstufen umfassen. In der Primarstufe können in be24 Die noch anhängigen bundesverfassungsgerichtlichen Verfahren wurden daraufhin eingestellt, eine nicht zurückgenommene Verfassungsbeschwerde von zwölf Beschwerdeführern verworfen (BVerfGE 106, 210). 25 BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 08. Januar 2004 – 1 BvR 1406/02 –, Rn. 10, durch den eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen worden ist. 26 Zu den Anforderungen im Einzelnen siehe BVerfGE 74, 244 (251 f.); BVerwGE 42, 346 – 353; M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 7 Rn. 48 ff.; siehe auch BVerwGE 123, 49 (73). 27 Sie ist an die Stelle der Verordnung über den Religionsunterricht an Schulen (Religionsunterrichtsverordnung – RUV) vom 1. August 2002 (GVBl. II S. 481) getreten, die durch § 19 S. 1 RWUV aufgehoben worden ist.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

sonderen Fällen drei Jahrgangsstufen umfasst sein. Wenn es zur Durchführung des Religionsunterrichts erforderlich ist, können schulübergreifende Lerngruppen gebildet werden (§ 7 Abs. 2 S. 1 – 4). Wenn auch unter Anwendung der Möglichkeiten gemäß Absatz 2 die Mindestgruppengröße am ersten Unterrichtstag des Schulhalbjahres nicht erreicht ist, weil die regionalen Verhältnisse dies in besonderer Weise erschweren, kann die Mindestgröße um bis zur Hälfte unterschritten werden. Die Möglichkeit der Bildung von Lerngruppen in den Räumen der Kirche oder Religionsgemeinschaft bleibt unberührt (§ 7 Abs. 3 S. 1 u. 2). Damit wird, soweit dies schulorganisatorisch machbar ist, Religionsunterricht in evangelischer Religion an den öffentlichen Schulen auch bei sehr geringer Nachfrage ermöglicht. Als letzte Rückfalloption bleibt die Bildung noch kleinerer Lerngruppen und deren Unterrichtung in den Räumen der Kirche. Nach § 9 Abs. 7 BbgSchulG sollen mit den Kirchen Durchführungsvereinbarungen hinsichtlich des Religionsunterrichts geschlossen werden. Dies ist geschehen durch die Vereinbarung über die Durchführung des Religionsunterrichts im Land Brandenburg zwischen dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg und den Kirchen vom 3. Juni 2006 (Abl. MBJS/06, [Nr. 6], S. 312), zuletzt geändert durch Vereinbarung vom 12. Dezember 2016 (Abl. MBJS/17, [Nr. 1], S. 2).

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 3: (1) Der Freistaat gewährleistet die Erteilung eines regelmäßigen katholischen Religionsunterrichtes als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen. Schlussprotokoll: 1Die Vertragspartner sind sich bewusst, dass der Neuaufbau des Religionsunterrichts noch einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen wird. 2Die Bistümer verpflichten sich, für die Erteilung von Religionsunterricht kirchliche Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. 3Der Freistaat wird seinerseits die Ausbildung von Religionslehrern, die auch im gymnasialen Bereich unbeschränkt einsetzbar sind, beschleunigt vorantreiben. 4 Übergangsweise wird der Freistaat im Einvernehmen mit den Bistümern Stellen, die auch Teilzeitstellen sein können, für im Schuldienst tätige Geistliche und diplomierte Theologen einrichten. 5

Der Religionsunterricht soll baldmöglichst in allen Jahrgangsstufen durchgeführt werden. Soweit aufgrund der geringen Zahl der in Betracht kommenden Schüler die Durchführung des Religionsunterrichts an einer Schule mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, kann der Religionsunterricht schulübergreifend abgehalten werden. 7Zu einem schulübergreifenden Religionsunterricht ist der Freistaat nur verpflichtet, wenn dieser mit zumutbarem organisatorischem Aufwand eingerichtet werden kann.

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(2) 1Gegenstand des katholischen Religionsunterrichts ist die Vermittlung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre. 2Er soll zu religiösem Leben und zu verantwortlichem Handeln in Kirche und Gesellschaft motivieren. 3Richtlinien, Lehrpläne und Lehrbücher für den ka-

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tholischen Religionsunterricht bedürfen der kirchlichen Zustimmung. 4Die Beteiligung der Kirche an der staatlichen Aus- und Fort- und Weiterbildung von Religionslehrern und bei der Aufsicht über den Religionsunterricht wird durch besondere Vereinbarung geregelt. Schlussprotokoll (zu Abs. 2 S. 3): Zuständig für die Erteilung der kirchlichen Zustimmung ist der Diözesanbischof, in dessen Bistum der Religionsunterricht erteilt wird. (3) 1Lehrkräfte im Fach katholische Religion bedürfen vor ihrer ersten Anstellung einer Bevollmächtigung zur Erteilung des Religionsunterrichts durch den zuständigen Diözesanbischof (Missio canonica). 2Für Priester gilt sie als erteilt. 3Die Bevollmächtigung kann auch befristet erteilt und in begründeten Fällen widerrufen werden. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Die innerkirchlichen Regelungen über den Entzug einzelner Rechte bleiben unberührt, insbesondere was ihre Auswirkungen auf die Zulassung zur Lehrtätigkeit als Religionslehrer betrifft. Schlussprotokoll (zu Abs. 3 S. 1): Zuständig ist der Diözesanbischof, in dessen Bistum die betreffende Ausbildungseinrichtung gelegen ist. (4) Die Gestellung von haupt- und nebenamtlichen Religionslehrern, die auf Dauer oder befristet aus dem Kirchendienst abgeordnet werden, bleibt einer besonderen Regelung vorbehalten.

Regierungsbegründung In Absatz 1 geht der Freistaat gegenüber der katholischen Kirche die Verpflichtung ein, entsprechend dem Gebot des Grundgesetzes (Artikel 7 Abs. 3 Satz 1) sowie der Sächsischen Verfassung (Artikel 105 Abs. 1) die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach zu gewährleisten. Ordentliches Lehrfach bedeutet, daß der Religionsunterricht Pflichtfach zu sein hat. Entsprechend der Regelung in der Sächsischen Verfassung wird für Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, Ethik als alternatives Pflichtfach angeboten. Die Entscheidung, inwieweit das Fach Religion (ebenso wie das Fach Ethik) versetzungsrelevant ist, bleibt den landesrechtlichen Schulregelungen vorbehalten. Das Schlußprotokoll zu Absatz 1 enthält eine Übergangsregelung, weil das Angebot eines flächendeckenden katholischen Religionsunterrichts in allen Jahrgangsstufen weiterhin problembehaftet ist. Als weitere Schwierigkeit tritt hinzu, daß aufgrund der in weiten Gebietsteilen Sachsens bestehenden Diasporasituation der katholischen Kirche die Durchführung des Religionsunterrichts auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stößt. Die Regelung im Schlußprotokoll sieht deshalb Grundsätze vor, die der momentanen Situation gerecht werden und eine Verbesserung bewirken sollen. Eines der wesentlichen Probleme bei der Umsetzung des Religionsunterrichts ist der Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal. Das Schlußprotokoll schreibt deshalb für die katholische Kirche die Verpflichtung fest, im Rahmen des Möglichen eigene Mitarbeiter für die Durchführung des Religionsunterrichts zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt wird dem Freistaat aufgegeben, nachhaltig die zügige Ausbildung von Religionslehrern zu fördern. Ebenso wie für die evangelischen Kirchen sind auch für die katholische Kirche Schulpfarrstellen, die auch Teilzeitstellen sein können, vorgesehen. Bei den Inhabern dieser Stellen handelt es sich um voll ausgebildete Geistliche und diplomierte Theologen, die aus ihrem kirchlichen Dienstverhältnis für einen bestimmten Zeitraum beurlaubt und für die Dauer ihrer Beurlaubung im Schuldienst angestellt werden. Wie im Bereich

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Artikel 5 – Religionsunterricht

der evangelischen Kirche bestehen aber eine Reihe praktischer Probleme, durch die eine Umsetzung dieses Vorhabens wesentlich erschwert wird. Im Gegensatz zu den Gestellungsverträgen (Absatz 4), die vertragliche Beziehungen allein zwischen der Kirche und dem Freistaat entstehen lassen, wird bei den Schulpfarrstellen ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Freistaat und dem Stelleninhaber begründet. Für diese gelten dieselben Vergütungsregelungen wie für vergleichbare Lehrer. Die nähere rechtstechnische Ausgestaltung dieser Schulpfarrstellen obliegt dem Staatsministerium für Kultus, das zugleich auch die Zahl der auszuweisenden Stellen im Benehmen mit den Kirchen festlegen wird. Die hier getroffene Regelung verändert die Gesamtzahl der haushaltsmäßig festgelegten Stellen nicht. Das Schlußprotokoll enthält die Zielbestimmung, einen flächendekkenden katholischen Religionsunterricht in allen Jahrgangsstufen anzubieten und durchführen zu können. Diese Zielvorgabe ist nahezu erreicht. Bei geringem Schülerinteresse soll der Religionsunterricht dann schulübergreifend durchgeführt werden, wenn dies von der Schulverwaltung mit vertretbarem Aufwand zu leisten und für die Schüler nicht mit unzumutbaren Belastungen verbunden ist. Die hierzu erforderlichen Ausführungsregelungen werden durch das Staatsministerium für Kultus getroffen. Absatz 2 trifft in Satz 1 und 2 eine Bestimmung des Gegenstands und der Zielsetzung des Religionsunterrichts. In Übereinstimmung mit der herrschenden Auslegung zum geltenden Verfassungsrecht ist der Religionsunterricht als bekenntnisgebundene Vermittlung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre in dem Vertrag definiert. Damit wird zugleich die Bestimmung des Artikels 21 Reichskonkordat modifiziert und eine dem Leitbild des Grundgesetzes entsprechende Ausrichtung des Religionsunterrichts festgelegt. Die diesbezüglichen Richtlinien, Lehrpläne und Lehrbücher bedürfen nach Satz 3 aufgrund der gemeinsamen Verantwortung des Freistaates und der katholischen Kirche einer Zustimmung der katholischen Kirche. Der Bekenntnisbezug des Religionsunterrichts setzt weiter voraus, daß die katholische Kirche bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung mitwirkt, um die Vermittlung ihrer Glaubensgrundsätze sicherzustellen. Aus dem gleichen Grunde sind der katholischen Kirche Möglichkeiten des Einblicks in die Unterrichtspraxis einzuräumen. Die nähere inhaltliche Ausgestaltung dieser Mitwirkungsrechte erfolgt jeweils durch Vereinbarung zwischen dem Staatsministerium für Kultus und der katholischen Kirche. In Absatz 3 ist festgelegt, daß Lehrer für das Unterrichtsfach katholische Religion einer Bevollmächtigung durch die katholische Kirche bedürfen (sog. Missio canonica). Dies gilt bereits vor Aufnahme des Vorbereitungsdienstes. Zuständig ist hierfür nach der Bestimmung im Schlußprotokoll der Ortsbischof, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die betreffende Ausbildungsstätte befindet, an welcher der betreffende Lehrer seine Ausbildung abgeschlossen hat. Diese Bevollmächtigung ist, unabhängig von dem rechtlichen Rahmen erforderlich, innerhalb dessen der Betreffende Religionsunterricht erteilt. Damit wird dem Vertrauensverhältnis gegenüber der katholischen Kirche Rechnung getragen, das für die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts notwendig ist. In Satz 2 ist festgelegt, daß bei Priestern die Missio canonica als erteilt gilt. Nach Satz 3 kann die Bevollmächtigung in begründeten Fällen auch widerrufen werden. Diese vorgenommene Einschränkung der Widerrufsmöglichkeit auf begründete Fälle soll unter Achtung des Selbstentscheidungsrechts der Kirchen in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre Fälle des willkürlichen Entzugs der Bevollmächtigung ausschließen. Im Schlußprotokoll zu Artikel 3 Abs. 3 ist im Hinblick auf die Zulassung zur Lehrtätigkeit klargestellt, daß die innerkirchlichen Regelungen über den Entzug einzelner Rechte unberührt bleiben. Dies hat naturgemäß besondere Auswirkungen für die Priester, bei denen die Bevollmächtigung als erteilt

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gilt. Wurde einem Priester innerkirchlich die Berechtigung zur Unterrichtstätigkeit entzogen, dann verliert er sie auch gegenüber dem Staat. Allerdings hat die Kirche dies der staatlichen Seite gesondert anzuzeigen, weil bei Priestern der Staat wegen der Bevollmächtigungsfiktion eine Berechtigung nicht mehr gesondert überprüfen muß. In Absatz 4 ist im Interesse einer dem Wesen des Gegenstands entsprechenden einvernehmlichen Regelung vorgesehen, daß Vereinbarungen über die Gestellung haupt- oder nebenamtlicher Lehrkräfte aus dem kirchlichen Dienst getroffen werden. Eine solche Gestellungsvereinbarung ist – gemeinsam mit den evangelischen Kirchen – am 7. September 1994 (ABl. des Sächsischen Kultusministeriums, S. 581) abgeschlossen worden.

Kommentierung Die Regelungen entsprechen weitestgehend denen des Vertrags Sachsens mit den evangelischen Landeskirchen. An die Stelle der vocatio tritt die missio canonica. Art. 3 Abs. 2 S. 1 stellt klar, dass der katholische Religionsunterrichts inhaltlich von der Kirche determiniert wird und daher der Vermittlung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre zu dienen bestimmt ist. Die damit verbundene Erwartung eines säkularen Nutzens wird in Art. 3 Abs. 2 S. 2 festgehalten. Der Religionsunterricht soll zu religiösem Leben und so „zu verantwortlichem Handeln in Kirche und Gesellschaft motivieren“. Die in Art. 3 Abs. 2 S. 4 angesprochene und einer besonderen Vereinbarung vorbehaltene Beteiligung der Kirche an der Aufsicht des Staates bezieht sich nur auf die inhaltliche Ausrichtung auf die katholische Glaubenslehre und ist durch Einräumung eines Hospitations- oder Visitationsrechts zu realisieren. Eine gesonderte Vereinbarung zur staatlichen Aufsicht existiert nicht. Es gibt jedoch eine Verwaltungsvorschrift Religion und Ethik28, die die staatliche Schulaufsicht über den Religionsunterricht und die Beteiligung der Kirchen regelt. Diese ist mit den Kirchen abgestimmt. Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung des Religionsunterrichts und des Ethikunterrichts im Freistaat Sachsen (VwV Religion und Ethik) j MBl. SMK S. 414 j Az.: 31 – 6520.40/351 j Vom 29. September 2004 j In der Fassung der Zweiten Änderungsverwaltungsvorschrift vom 12. März 2007 (MBl. SMK S. 69): A. Religionsunterricht Gesetzliche Grundlagen Gema¨ ß Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes und Artikel 105 der Sa¨ chsischen Verfassung ist Religionsunterricht ordentliches Lehrfach. Gema¨ ß § 18 des Schulgesetzes fu¨ r den Freistaat Sachsen wird der Religionsunterricht an den o¨ ffentlichen Schulen mit Ausnahme der Fach28

Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung des Religionsunterrichts und des Ethikunterrichts im Freistaat Sachsen (VwV Religion und Ethik) vom 24. September 2004 (MBl. SMK S. 414), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 30. August 2005 (MBl. SMK S. 292) und Verwaltungsvorschrift vom 12. März 2007 (MBl. SMK S. 69).

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Artikel 5 – Religionsunterricht

¨ bereinstimmung mit den Grundsa¨ tzen der Kirschulen nach Bekenntnissen getrennt und in U chen und Religionsgemeinschaften erteilt. Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach Die Fa¨ cher Evangelische Religion und Katholische Religion sind ordentliche Lehrfa¨ cher und unterliegen grundsa¨ tzlich den gleichen Bestimmungen wie die anderen Unterrichtsfa¨ cher. Teilnahmeregelungen 3.1 Evangelische und katholische Schu¨ ler nehmen am Religionsunterricht ihres Bekenntnisses teil, sofern sie nicht von den Eltern abgemeldet werden oder nach dem Eintritt der Religionsmu¨ ndigkeit selbst von ihrem Abmelderecht Gebrauch machen. 3.2 Die schriftliche Erkla¨ rung u¨ ber die ku¨ nftige Nichtteilnahme hat zum Ende des Schuljahres zu erfolgen. Eine Abmeldung ist aus Gru¨ nden der Glaubens- und Gewissensfreiheit auch wa¨ hrend des Schuljahres mo¨ glich. Auf die sich daraus ergebende Pflicht zum Besuch des Faches Ethik wird verwiesen (siehe Teil B Nr. 3.1 Satz 1). Hat sich ein Schu¨ ler abgemeldet, kann er erst zum na¨ chsten Schuljahr die erneute Teilnahme am Religionsunterricht erkla¨ ren. 3.3 Im Einvernehmen mit den Kirchen sind die Fa¨ cher Evangelische Religion und Katholische Religion grundsa¨ tzlich fu¨ r Anmeldungen aller Schu¨ ler offen. Die Entscheidung u¨ ber die Teilnahme von Schu¨ lern anderen Bekenntnisses oder ohne Bekenntnis trifft der betreffende Religionslehrer nach Maßgabe der Bestimmungen seiner Kirche. 3.4 Schu¨ ler, die einer anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft angeho¨ ren und auf Grund dessen nicht am Unterricht in den Fa¨ chern Evangelische Religion oder Katholische Religion teilnehmen, ko¨ nnen ersatzweise die religio¨ se Unterweisung ihrer Gemeinschaft besuchen. Die Entscheidung daru¨ ber ist zwischen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft und dem Staatsministerium fu¨ r Kultus abzustimmen. Eine Teilnahmebesta¨ tigung der Kirche oder Religionsgemeinschaft wird als Bemerkung in das Zeugnis aufgenommen; eine Benotung der Leistungen erfolgt nicht. 4. Lehrkra¨ fte fu¨ r die Fa¨ cher Evangelische Religion und Katholische Religion 4.1 Lehrkra¨ fte, die das Fach Evangelische Religion erteilen, mu¨ ssen einer evangelischen Kirche angeho¨ ren und im Besitz der kirchlichen Unterrichtserlaubnis (vocatio) sein. 4.2 Lehrkra¨ fte, die das Fach Katholische Religion erteilen, mu¨ ssen der katholischen Kirche angeho¨ ren und im Besitz der kirchlichen Bevollma¨ chtigung (missio canonica) sein. 4.3 Die Fa¨ cher Evangelische Religion und Katholische Religion werden erteilt von: a) haupt- oder nebenamtlichen Lehrkra¨ ften mit staatlicher Lehrbefa¨ higung, einer unbefristeten Lehrerlaubnis oder einer Unterrichtsgenehmigung im Fach Evangelische Religion oder Katholische Religion b) Pfarrern, Geistlichen oder sonstigen kirchlichen Mitarbeitern und katechetischen Lehrkra¨ ften gema¨ ß dem Vertrag u¨ ber die Gestellung kirchlicher Mitarbeiter fu¨ r den Religionsunterricht an o¨ ffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen vom 7. September 1994, gea¨ ndert durch Vertrag vom 17. Dezember 1999. 4.4 In Ausnahmefa¨ llen du¨ rfen mit Zustimmung des Regionalschulamtes auch Lehrkra¨ fte befristet die Fa¨ cher Evangelische Religion oder Katholische Religion unterrichten, solange sie berufsbegleitend an einer entsprechenden Weiter- oder Fortbildungsmaßnah-

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

239

me teilnehmen, diese aber noch nicht abgeschlossen haben und sie eine vorla¨ ufige kirchliche Bevollma¨ chtigung nach Teil A Nr. 4.1 oder 4.2 besitzen. 4.5 Staatliche Lehrkra¨ fte, die gema¨ ß Teil A Nr. 4.1 bis 4.3 die Qualifikation fu¨ r die Fa¨ cher Evangelische Religion oder Katholische Religion haben, sollen vorrangig, erforderlichenfalls auch an mehreren Schulen, im Religionsunterricht eingesetzt werden. 5. Schulorganisatorische Regelungen 5.1 Der Unterricht in den Fa¨ chern Evangelische Religion oder Katholische Religion ist unabha¨ ngig von dem Angebot des Ethikunterrichts an einer Schule einzurichten. Er ist vorrangig in den Klassenstufen einzufu¨ hren, in denen bereits das Fach Ethik erteilt wird. 5.2 Der Unterricht in den Fa¨ chern Evangelische Religion und Katholische Religion ist dann einzurichten, wenn eine Gruppe von mindestens acht Schu¨ lern gebildet werden kann. 5.3 Bei der Stundenplanung soll der Unterricht in den Fa¨ chern Evangelische Religion und Katholische Religion a) mo¨ glichst parallel zum Fach Ethik, b) in der Regel mit der gleichen Wochenstundenzahl wie das Fach Ethik, c) nicht von vornherein zu ungu¨ nstigen Zeiten, z. B. in Randstunden und d) im Bedarfsfall maximal zwei aufeinander folgende Klassen- oder Jahrgangsstufen u¨ bergreifend erteilt werden. Verschiedene Schularten u¨ bergreifender Religionsunterricht an allgemein bildenden Schulen ist zu vermeiden. 5.4 Bei der Gruppenbildung kann nur mit schriftlicher Genehmigung des Regionalschulamtes von den Bestimmungen in Teil A Nr. 5.2 und 5.3 Satz 1 Buchst. d und Satz 2 wie folgt abgewichen werden: a) mehr als zwei aufeinander folgende Klassenstufen u¨ bergreifende Gruppe, b) zwei oder mehr Schulen u¨ bergreifende Gruppe, c) verschiedene Schularten u¨ bergreifende Gruppe, sofern nach dem Lehrplan der jeweiligen Schulart unterrichtet wird, d) Gruppe mit weniger als acht Schu¨ lern. Die Schulleiter beantragen rechtzeitig beim Regionalschulamt schriftlich eine Ausnahme nach Satz 1 mit Begru¨ ndung. Die Bestimmungen fu¨ r die Kursbildung in der Sekundarstufe II gema¨ ß § 12 Abs. 1 der Oberstufen- und Abiturpru¨ fungsverordnung bleiben unberu¨ hrt. 5.5 Der Religionsunterricht wird grundsa¨ tzlich entsprechend den jeweils geltenden Stundentafeln erteilt, sofern die personellen Voraussetzungen gema¨ ß Teil A Nr. 4 vorliegen. Die Sa¨ chsische Bildungsagentur sichert vorrangig jeweils fu¨ r das Gebiet der Regionalstelle die fla¨ chendeckende Absicherung des Religionsunterrichts mit einer Wochenstunde. Teil A Nr. 5.3 Satz 1 Buchst. b bleibt hiervon unberu¨ hrt. Die Bestimmungen fu¨ r die Wochenstundenzahl in der Sekundarstufe II gema¨ ß § 10 Abs. 2 i. V. m. § 13 Satz 2 der Oberstufen- und Abiturpru¨ fungsverordnung bleiben davon unberu¨ hrt. 5.6 Der Unterricht in den Fa¨ chern Evangelische Religion und Katholische Religion ist in schulischen Ra¨ umen zu erteilen. In besonders begru¨ ndeten Ausnahmefa¨ llen kann er in kirchlichen Ra¨ umen und auch außerhalb der u¨ blichen Unterrichtszeit stattfinden. Fu¨ r

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Artikel 5 – Religionsunterricht die Verlegung des Unterrichtsortes beantragt der Schulleiter die vorherige schriftliche Genehmigung durch das Regionalschulamt. Auch dieser Unterricht untersteht der ¨ bernahme ggf. entstehender zusa¨ tzlicher Unterrichtsstaatlichen Schulaufsicht. Die U wegekosten ist vorab mit dem Schultra¨ ger einvernehmlich zu kla¨ ren.

5.7 Außerhalb des Religionsunterrichts ko¨ nnen religio¨ se Veranstaltungen wie Andachten, Feiern oder – als gemeinsame Veranstaltungen von Schule und Kirche – Gottesdienste durchgefu¨ hrt werden. Dabei sind stundenplantechnische oder schulorganisatorische Bedingungen zu beachten. Die Teilnahme an diesen außerunterrichtlichen Veranstaltungen ist fu¨ r Schu¨ ler und Lehrkra¨ fte freiwillig. 6. Mitwirkung der Kirchen ¨ berein6.1 Der Religionsunterricht wird unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts in U ¨ stimmung mit den Grundsatzen der Kirchen erteilt. 6.2 Die Unterrichtsinhalte sind in den fu¨ r die einzelnen Schularten erlassenen Lehrpla¨ nen festgelegt, die im Einvernehmen mit den betreffenden Kirchen erstellt werden. 6.3 Die zusta¨ ndigen Stellen der Kirchen haben in Wahrnehmung ihrer fachaufsichtlichen Befugnisse zur Gestaltung des Religionsunterrichts das Recht zur Hospitation des schulischen Religionsunterrichts ihres Bekenntnisses. Die Modalita¨ ten sind vorher mit dem Schulleiter abzustimmen. Der Schulleiter berichtet dem Regionalschulamt. 7. Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen An berufsbildenden Schulen sind die Fa¨ cher Evangelische Religion und Katholische Religion zu erteilen, sofern die personellen Voraussetzungen gema¨ ß Teil A Nr. 4 vorliegen. An Beruflichen Schulzentren kann Religionsunterricht klassenstufen-, jahrgangsstufen- und schulartu¨ bergreifend erteilt werden. B. Ethikunterricht Gesetzliche Grundlagen Gema¨ ß Artikel 105 Abs. 1 der Sa¨ chsischen Verfassung ist Ethik ordentliches Lehrfach an den o¨ ffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen. Auf die §§ 19 und 20 des Schulgesetzes fu¨ r den Freistaat Sachsen wird verwiesen. Ethik als ordentliches Lehrfach Das Fach Ethik unterliegt grundsa¨ tzlich den gleichen Bestimmungen wie die anderen Unterrichtsfa¨ cher. Teilnahmeregelungen 3.1 § 19 Abs. 1 des Schulgesetzes fu¨ r den Freistaat Sachsen regelt, dass die Schu¨ ler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, den Unterricht im Fach Ethik besuchen. Bis zum Eintritt der Religionsmu¨ ndigkeit entscheiden die Eltern, ob die Kinder am Religions- oder am Ethikunterricht teilnehmen. 3.2 Die Teilnahme evangelischer oder katholischer Schu¨ ler am Ethikunterricht setzt die Abmeldung vom Religionsunterricht voraus. 3.3 Ist ein Schu¨ ler nicht abgemeldet und kann ihm der Besuch des Unterrichts in den Fa¨ chern Evangelische Religion oder Katholische Religion nicht ermo¨ glicht werden, teilen die Eltern oder der religionsmu¨ ndige Schu¨ ler spa¨ testens drei Wochen nach Schul-

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

241

jahresanfang der Schulleitung schriftlich mit, ob der Schu¨ ler am Ethikunterricht teilnimmt. 4. Lehrkra¨ fte fu¨ r das Fach Ethik 4.1 Das Fach Ethik darf nur von Lehrkra¨ ften erteilt werden, die eine Lehrbefa¨ higung fu¨ r das Fach Ethik oder eine unbefristete Lehrerlaubnis oder eine Unterrichtsgenehmigung im Fach Ethik haben. 4.2 In Ausnahmefa¨ llen du¨ rfen mit Zustimmung des Regionalschulamtes auch Lehrkra¨ fte befristet das Fach Ethik unterrichten, solange sie berufsbegleitend an einer entsprechenden Weiter- oder Fortbildungsmaßnahme (Zertifikatskurs) teilnehmen, diese aber noch nicht abgeschlossen haben. 4.3 Lehrkra¨ fte, die bereits seit Jahren fachfremd Ethik unterrichten, haben bis zum Ende des Schuljahres 2007/2008 den Nachweis ihrer Eignung zu erbringen. Der Nachweis kann insbesondere durch die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme oder an einem Zertifikatskurs gefu¨ hrt werden. Ist die Teilnahme an einer solchen Weiterbildung nicht zumutbar oder nicht mo¨ glich, so muss die Eignung durch die regelma¨ ßige Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von ca. zwei Wochen im Schuljahr nachgewiesen werden. 4.4 Fru¨ here Staatsbu¨ rgerkundelehrer, Lehrer mit Lehrbefa¨ higung fu¨ r Marxismus-Leninismus und ehemalige Freundschaftspionierleiter du¨ rfen nur in Ausnahmefa¨ llen und nach Feststellung ihrer Eignung durch das zusta¨ ndige Regionalschulamt im Ethikunterricht eingesetzt werden. 5. Schulorganisatorische Regelungen 5.1 Das Fach Ethik kann grundsa¨ tzlich unabha¨ ngig von dem Angebot der Fa¨ cher Evangelische Religion oder Katholische Religion an einer Schule eingerichtet werden. 5.2 Der Unterricht im Fach Ethik ist in der Regel dann einzurichten, wenn eine Gruppe von mindestens acht Schu¨ lern gebildet werden kann und entsprechend ausgebildete Lehrkra¨ fte zur Verfu¨ gung stehen. 5.3 Bei der Stundenplanung soll der Unterricht im Fach Ethik mo¨ glichst parallel zu den Fa¨ chern Evangelische Religion und Katholische Religion und in der Regel mit der gleichen Wochenstundenzahl wie diese Fa¨ cher erteilt werden. 5.4 Der Ethikunterricht wird grundsa¨ tzlich entsprechend den jeweils geltenden Stundentafeln erteilt, sofern die personellen Voraussetzungen gema¨ ß Teil B Nr. 4 vorliegen. Die Sa¨ chsische Bildungsagentur sichert vorrangig jeweils fu¨ r das Gebiet der Regionalstelle die fla¨ chendeckende Absicherung des Ethikunterrichts mit einer Wochenstunde. Teil B Nr. 5.3 bleibt hiervon unberu¨ hrt. Die Bestimmungen fu¨ r die Wochenstundenzahl in der Sekundarstufe II gema¨ ß § 10 Abs. 2 i. V. m. § 13 Satz 2 der Oberstufen- und Abiturpru¨ fungsverordnung bleiben davon unberu¨ hrt. 6. Ethikunterricht an berufsbildenden Schulen An berufsbildenden Schulen ist das Fach Ethik zu erteilen, sofern die personellen Voraussetzungen gema¨ ß Teil B Nr. 4 vorliegen.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

C. In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. August 2004 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sa¨ chsischen Staatsministeriums fu¨ r Kultus zur Durchfu¨ hrung des Religionsunterrichts und des Ethikunterrichts im Freistaat Sachsen vom 11. Juni 1999 (MBl. SMK S. 277) außer Kraft.

2. Thüringen Art. 12: (1) Der katholische Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach. (2) Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts hat die katholische Kirche das Recht, sich nach einem mit der staatlichen Schulaufsicht vereinbarten Verfahren durch Einsichtnahme zu vergewissern, daß der Inhalt und die Gestaltung des Religionsunterrichtes den Grundsätzen der katholischen Kirche entsprechen. (3) Richtlinien, Lehrpläne und Lehrbücher für den katholischen Religionsunterricht sind im Einvernehmen mit der katholischen Kirche festzulegen. (4) Die Erteilung des katholischen Religionsunterrichtes setzt die Missio canonica durch den zuständigen Diözesanbischof voraus. Die Kirche kann die Missio canonica in begründeten Fällen widerrufen. Sie teilt den Widerruf der staatlichen Schulaufsicht mit. Mit dem Widerruf endet die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen. (5) Zur Sicherung des Religionsunterrichtes werden Lehrer mit Missio canonica in erforderlichem Umfang an den Schulen eingesetzt. Die Gestellung kirchlicher Lehrkräfte für den Religionsunterricht wird nach Maßgabe einer gesonderten Vereinbarung ermöglicht.

Regierungsbegründung Artikel 12 trifft Regelungen zum katholischen Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen in Übereinstimmung mit Artikel 25 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und den einschlägigen Regelungen des Thüringer Schulgesetzes.

Kommentierung Die Regelungen entsprechend weitgehend denen im Vertrag des Freistaats mit den evangelischen Landeskirchen. Es fehlt im Bereich allerdings eine Art. 5 Abs. 6 jenes Vertrags korrespondierende Gewährleistung der Möglichkeit zur wissenschaftlichen Vorbildung in katholischer Theologie zur Erlangung der Befähigung zum Lehramt im Rahmen eines Studiums an einer Hochschule des Landes. Im Großteil Thüringens existieren klassenübergreifende, stufenübergreifende, schul- und auch schulartübergreifende Unterrichtsgruppen, die zum Teil in Pfarrräumen unterrichtet werden.29 Geplant ist nun ein konfessionell-kooperativer Religionsunterricht.

29

Siehe: https://www.bistum-erfurt.de/bildung_kultur_engagement/religionsunterricht/.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Die Verwaltungsvorschrift zur Organisation des Schuljahres 2021/2022 vom 03. Mai 202130 bestimmt, dass im Einzelfall der Religionsunterricht in Abstimmung mit dem Schulamt auch schul- oder schulartübergreifend erteilt wird. Bei der Bildung von Klassen, Kursen und Gruppen im Religionsunterricht und im Ethikunterricht sollen die durchschnittlichen Klassen-, Kurs- und Gruppengrößen der jeweiligen Schule nicht überschritten werden. Es besteht auch die Möglichkeit, aus schulorganisatorischen Gründen den Religionsunterricht und Ethikunterricht 14-tägig einzurichten (Punkt III. 1.). 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 4: (1) Das Land gewährleistet die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen. Der katholische Religionsunterricht kann jahrgangs- und schulartübergreifend erteilt werden. Land und Kirche können eine von der allgemeinen Schulorganisation abweichende Organisation des katholischen Religionsunterrichts vereinbaren. (2) Der katholische Religionsunterricht wird in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Katholischen Kirche erteilt. Die Kirche wird an der Erarbeitung der Rahmen-Richtlinien und Lehrpläne, an der Auswahl der Lehrmittel und der Zulassung der Lernmittel beteiligt. Ihre Zustimmung ist erforderlich, soweit der Inhalt des Religionsunterrichts einschließlich seiner Didaktik berührt wird. (3) Die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts setzt eine kirchliche Bevollmächtigung (missio canonica) durch den zuständigen Erzbischof voraus. Dieser kann die kirchliche Bevollmächtigung entziehen. (4) Die Gestellung katechetischer Lehrkräfte wird durch Vereinbarung geregelt.

Regierungbegründung Absatz 1 gewährleistet wie § 7 Abs. 1 [jetzt: § 8 Abs. 1; C.H.] des Schulgesetzes MecklenburgVorpommern den Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirche. Der Religionsunterricht ist damit konfessionsgebunden. Wegen der Diaspora-Situation der Katholischen Kirche und der deshalb geringen Zahl der Schüler des katholischen Religionsunterrichtes kann das Land den Religionsunterricht jahrgangs- oder schulart-übergreifend erteilen. Eine darüber hinausgehende Abweichung der Organisation des Religionsunterrichtes von der allgemeinen Schulorganisation bedarf einer Vereinbarung zwischen Land und Kirche. Absatz 2 sichert die Übereinstimmung des katholischen Religionsunterrichtes mit den Grundsätzen der Katholischen Kirche gemäß Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes. Es liegt auch im Interesse des Landes, daß das, was als katholische Religion gelehrt wird, authentische katholische Lehre ist. Um dies sicherzustellen, ist es zweckmäßig, die Kirche schon bei der Erarbeitung der Rahmen-Richtlinien, der Lehrpläne und der Auswahl der Lehrmittel und der Zulassung der Lernmittel zu beteiligen. 30 Az: 22/5025, ABl. TMBJS 2021, 5, abrufbar unter: https://landesrecht.thueringen.de/ bsth/document/VVTH-VVTH000009422.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

Absatz 3 zieht die Konsequenz daraus, daß nur die Kirche selbst beurteilen kann, was kirchliche Lehre ist, und knüpft die Erteilung des katholischen Religionsunterrichtes an die kirchliche Bevollmächtigung. Sie kann entzogen werden. Das Land wird deshalb Religionslehrer außerhalb der Gestellung nach Abs. 4 entweder nur im Angestellten-Verhältnis oder als Beamte mit mehreren Unterrichtsfächern einstellen. Absatz 4 schafft die Grundlage für Vereinbarungen über katholische Lehrkräfte. Solche Vereinbarungen mit der Katholischen Kirche sind seit 1992 in Kraft.

Kommentierung Art. 4 entspricht im Wesentlichen Art. 6 Abs. 1 – 3, Abs. 5 des Güstrower Vertrags (siehe daher in erster Linie die dortige Kommentierung); an die Stelle der vocatio tritt die missio canonica. Art. 4 Abs. 2 S. 3 verdeutlicht, dass sich die erforderliche Zustimmung der Kirche zu den Rahmen-Richtlinien und Lehrplänen sowie ihre Beteiligung an der Auswahl der Lehrmittel und der Zulassung der Lernmittel allein auf den – nach den Grundsätzen der Katholischen Kirche durchzuführenden und insoweit maßgeblich von ihr bestimmten – Inhalt des Religionsunterrichts einschließlich der davon nicht zu trennenden Didaktik bezieht. Angesichts der außerordentlich geringen Anzahl von Katholiken in MecklenburgVorpommern von etwa 3 % reflektiert Art. 4 Abs. 1 S. 2 – 3 erforderlich werdende Modifikationen und Anpassungen des katholischen Religionsunterrichts. Der Unterricht kann zum einen, falls mangelnder hinreichender Anzahl von dafür in Betracht kommenden Schülern in einer Klasse notwendig, jahrgangs- oder sogar schulartübergreifend erteilt werden. Ganz allgemein kann „eine von der allgemeinen Schulorganisation abweichende Organisation des katholischen Religionsunterrichts“ Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung zwischen Land und Kirche sein. Eine Vereinbarung über die Gestellung von kirchlichen Lehrkräften für den katholischen Religionsunterricht besteht schon seit 1992. Aufgrund der geringen Schüleranzahl kann der Unterricht nicht an allen Schulen (und in dem jeweiligen Stundenplan verankert) stattfinden. Für die betroffenen Schüler findet der Religionsunterricht als ordentliches und anerkanntes Schulfach (mit Zeugnisnote) – bei gleichzeitiger Anwahl des evangelischen Religionsunterrichts – in der Schule selber aber auch ohne Zeugnisnote am „außerschulischen“ Lernort statt.31 4. Sachsen-Anhalt Art. 4: (1) Das Land gewährleistet die Erteilung eines regelmäßigen katholischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen.

31

Diese Information findet sich auf: https://sankt-otto.de/religionsunterricht.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Lerninhalte und Lehrbücher für den katholischen Religionsunterricht sind im Einvernehmen mit den Diözesanbischöfen festzulegen. (3) Die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts setzt eine kirchliche Lehrbefähigung (missio canonica) durch den zuständigen Diözesanbischof voraus. Darüber ist bei der ersten Anstellung eine Bescheinigung des zuständigen Diözesanbischofs vorzulegen. Handelt es sich um einen Priester, so gilt die kirchliche Lehrbefähigung als erteilt. Die kirchliche Lehrbefähigung kann auch befristet erteilt und in begründeten Fällen widerrufen werden. Schlussprotokoll: Mit dem Ablauf der Frist oder mit dem Widerruf der kirchlichen Lehrbefähigung erlischt die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen. Die Katholische Kirche wird sich darum bemühen, einheitliche Regelungen für die Erteilung und den Entzug der missio canonica im Land Sachsen-Anhalt zu treffen. Zuständig für den Entzug der missio canonica ist der Diözesanbischof, in dessen Diözese der Religionsunterricht erteilt wird. (4) Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts hat der zuständige Diözesanbischof das Recht, sich nach einem mit der Landesregierung vereinbarten Verfahren durch Einsichtnahme zu vergewissern, daß der Inhalt und die Gestaltung des Religionsunterrichts der Lehre und den Grundsätzen der Katholischen Kirche entsprechen. (5) Die vertragliche Gestellung von haupt- und nebenberuflichen Lehrkräften für den Religionsunterricht, die auf Dauer oder befristet aus dem Kirchendienst dazu abgeordnet werden, bleibt einer besonderen Vereinbarung vorbehalten. (6) Die Beteiligung der Katholischen Kirche an der staatlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung von Religionslehrkräften wird durch besondere Vereinbarung geregelt.

Regierungsbegründung In Abs. 1 geht das Land Sachsen-Anhalt gegenu¨ ber der Katholischen Kirche die Verpflichtung ein, entsprechend dem Gebot des GG (Art. 7 Abs. 3 Satz 1) sowie der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Art. 27 Abs. 3 und Art. 9 Abs. 3) die Erteilung des katholischen Religionsunterrichtes als ordentliches Lehrfach zu gewa¨ hrleisten. Die Garantie entha¨ lt keine Zusage u¨ ber das Verha¨ ltnis zu anderen Unterrichtsfa¨ chern und erstreckt sich nicht auf Privatschulen. Ordentliches Lehrfach bedeutet, daß der Religionsunterricht Pflichtfach zu sein hat. Nach Abs. 2 bedu¨ rfen Lerninhalte – die Rahmenrichtlinien und Lehrpla¨ ne enthalten – sowie Lehrbu¨ cher der kirchlichen Zustimmung, nicht dagegen Arbeitshefte und vergleichbare Lehrmaterialien. In Abs. 3 ist festgelegt, daß Lehrkra¨ fte fu¨ r das Unterrichtsfach katholische Religion einer Bevollma¨ chtigung durch die Katholische Kirche bedu¨ rfen (missio canonica). Dies gilt bereits mit Beginn des Vorbereitungsdienstes. Zusta¨ ndig ist hierfu¨ r der Ortsbischof, in dessen Zusta¨ ndigkeitsbereich sich die Ausbildungssta¨ tte befindet, an welcher die betreffende Lehrkraft ihre Ausbildung abschließt. Diese Bevollma¨ chtigung ist, unabha¨ ngig von dem rechtlichen Rahmen erforderlich, innerhalb dessen der Betreffende Religionsunterricht erteilt. Damit wird dem Vertrauensverha¨ ltnis gegenu¨ ber der Katholischen Kirche Rechnung getragen, das fu¨ r die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts notwendig ist. In Satz 3 ist festgelegt, daß bei Priestern die missio canonica als erteilt gilt. Nach Satz 4 kann die Bevollma¨ chtigung in begru¨ ndeten Fa¨ llen auch widerrufen werden. Diese vorgenommene Einschra¨ nkung der Widerrufsmo¨ glichkeit auf begru¨ ndete Fa¨ lle soll – unter Achtung des Selbstentscheidungsrechtes der Kirche in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre – Fa¨ lle des willku¨ rlichen Entzugs der Bevollma¨ chtigung aus-

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Artikel 5 – Religionsunterricht

schließen. Mit dem Widerruf der kirchlichen Lehrbefa¨ higung erlischt das Recht zu Erteilung von katholischem Religionsunterricht. Wurde einem Priester innerkirchlich die Berechtigung zur Unterrichtsta¨ tigkeit entzogen, dann verliert er sie auch gegenu¨ ber dem Staat. Allerdings hat die Kirche dies der staatlichen Seite gesondert anzuzeigen, weil bei Priestern der Staat wegen der Bevollma¨ chtigungsfiktion eine Berechtigung nicht mehr gesondert u¨ berpru¨ fen muß. Die Katholischen Kirche wird sich bemu¨ hen, einheitliche Regelungen fu¨ r die Erteilung und den Entzug der missio canonica zu treffen. Das in Abs. 4 vorgesehene „Hospitationsrecht“ zielt nicht auf einen – grundsa¨ tzlich unzula¨ ssigen Eingriff in Methodik und Didaktik von Lehrkra¨ ften – sondern auf den religionsbezogenen Ablauf des Unterrichtes. Der Bekenntnisbezug des Religionsunterricht gibt der Katholische Kirche die Mo¨ glichkeit, sich Einblick in die Unterrichtspraxis zu verschaffen. Die na¨ here inhaltliche Ausgestaltung dieser Mitwirkungsrechte erfolgt durch Vereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Katholischen Kirche. In Abs. 5 ist im Interesse einer dem Wesen des Gegenstandes entsprechenden einvernehmlichen Regelung vorgesehen, daß Vereinbarungen u¨ ber die Bestellung haupt- oder nebenamtlicher Lehrkra¨ fte aus dem kirchlichen Dienst getroffen werden. Ein solcher Gestellungsvertrag ist bereits abgeschlossen worden. Die Bekenntnisbindung setzt weiter voraus, daß die Katholische Kirche bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung mitwirkt (Abs. 6), um die Vermittlung ihrer Glaubensgrundsa¨ tze sicherzustellen. Die na¨ here Ausgestaltung bleibt einer besonderen Vereinbarung zwischen der Katholischen Kirche und dem Kultusministerium vorbehalten.

Kommentierung Die in Art. 4 getroffenen Regelungen entsprechen denen des Wittenberger Vertrags. An die Stelle der Bevollmächtigung der Lehrkräfte durch die evangelische Kirche (vocatio) tritt bei der katholischen Kirche die als missio canonica bezeichnete kirchliche Lehrbefähigung, die vom jeweiligen zuständigen Diözesanbischof erteilt und ggf. entzogen wird. Ein Gestellungsvertrag im Sinn des Art. 4 Abs. 5 ist schon vor dem Vertragsschluss am 1. Juni 1994 abgeschlossen worden (MBl LSA Nr. 29/1994). Art. 4 Abs. 6 zieht die notwendige Konsequenz aus der inhaltlichen Prägung des katholischen Religionsunterrichts durch die Glaubenslehre und Grundsätze der Katholischen Kirche. Sie entfaltet eine Vorwirkung in dem Sinne, dass bereits die Ausbildung, aber auch die Fort- und Weiterbildung der katholischen Religionslehrer daran orientiert sein muss. Da nur die Katholische Kirche selbst dies authentisch beurteilen kann, muss sie daran insoweit mitwirken dürfen. Die nähere Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens bleibt einer besonderen Vereinbarung der Vertragspartner vorbehalten. Davon haben das Land und das Erzbistum Magdeburg Gebrauch gemacht durch die Vereinbarung über die Inanspruchnahme des Bistums Magdeburg für Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte für das Fach Katholischer Religionsunterricht vom 03. 11. 1997. Im Kontext der die Voraussetzung für den Religionsunterricht bildenden Ausbildung von Religionslehrern steht die Regelung des Art. 5 Abs. 1, nach der das Land in

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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den jeweiligen Lehramtsstudiengängen eine der Lehre und den Grundsätzen der Katholischen Kirche entsprechende Ausbildung im Fach Katholische Theologie für die allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen gewährleistet. 5. Brandenburg Art. 4: (1) Das Land gewährt der Katholischen Kirche das Recht, Schülerinnen und Schüler in allen Schulformen und Schulstufen in den Räumen der öffentlich getragenen Schulen regelmäßig katholischen Religionsunterricht zu erteilen, der mit ihren Grundsätzen in Übereinstimmung steht. Der Religionsunterricht soll in die regelmäßige Unterrichtszeit integriert werden. (2) Die Erteilung des katholischen Religionsunterrichts setzt eine kirchliche Bevollmächtigung (missio canonica) durch den zuständigen (Erz-)bischof voraus. Die Bevollmächtigung kann befristet erteilt werden. Der (Erz-)bischof kann die kirchliche Bevollmächtigung entziehen. Die Bevollmächtigung wird nur Personen mit einer hinreichenden Ausbildung erteilt. (3) Es ist Sache der Katholischen Kirche, Rahmenlehrpläne zu erlassen, Lehrmittel auszuwählen und Lernmittel zuzulassen, die denen des staatlichen Unterrichts gleichwertig sind. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Die (Erz-)bistümer oder die von Ihnen Beauftragten haben Zutritt zum Religionsunterricht, um sich davon zu überzeugen, dass Inhalt und Gestalt des katholischen Religionsunterrichts den Grundsätzen der Katholischen Kirche entsprechen. Schlussprotokoll (zu Art. 3 in Gänze): (1) Die Vertragsparteien verständigen sich auf die in Artikel 4 genannten Grundsätze unbeschadet der unterschiedlichen Rechtsauffassungen über die Frage, welche Stellung dem Religionsunterricht nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in den öffentlich getragenen Schulen zukommt. (2) Das diesbezügliche Landesgesetz, das mit Einverständnis der Katholischen Kirche verabschiedet wurde, entspricht den in Artikel 4 dargelegten Grundsätzen. (3) Die Vertragsparteien erklären ihre Bereitschaft, nach einer angemessenen Zeit von höchstens drei Jahren, in der mit der jetzigen Regelung Erfahrungen gesammelt werden, die Situation des katholischen Religionsunterrichts an den öffentlich getragenen Schulen zu überprüfen. Die Regelungen werden erforderlichenfalls entsprechend den Erkenntnissen, die man inzwischen gewonnen hat, unter Berücksichtigung der Umstände im Benehmen mit der Katholischen Kirche weiterentwickelt. (4) Modifizierungen der jetzigen Regelung werden per Notenwechsel festgelegt.

Denkschrift/Regierungsbegründung Die Kirchen haben nach § 9 Abs. 2 BbgSchulG das Recht, mit ihren Grundsa¨ tzen u¨ bereinstimmenden Religionsunterricht in Ra¨ umen der Schule zu erteilen. Nach § 9 Abs. 7 BbgSchulG sollen mit den Kirchen Durchfu¨ hrungsvereinbarungen geschlossen werden. Dies ist durch die Vereinbarung u¨ ber die Durchfu¨ hrung des Religionsunterrichts im Land Brandenburg zwischen dem Ministerium fu¨ r Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg und den Kirchen vom 1. August 2002 geschehen. Die Vertragsbestimmungen entsprechen dem geltenden Recht, wie auch durch Absatz 2 der Protokollnotiz zu Art. 4 hervorgehoben wird.

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Artikel 5 – Religionsunterricht

Durch Absatz 1 wird das landesrechtlich verbu¨ rgte Recht auf Erteilung von Religionsunterricht vertraglich festgeschrieben. Fu¨ r die Schulen ergibt sich die Anforderung, den Religionsunterricht gleichberechtigt zu den staatlichen Unterrichtsfa¨ chern in den Stundenplan einzuordnen. Durch Absatz 2 wird sichergestellt, dass nur solche Personen zur Erteilung von katholischem Religionsunterricht berufen werden, die das Vertrauen der zusta¨ ndigen Bischo¨ fe haben. Da¨ bereinstimmung des Unterrichts mit den Grundsa¨ tzen der Katholischen Kirche durch wird die U sichergestellt. Weiterhin wird sichergestellt, dass nur Personen mit hinreichender Ausbildung zur Erteilung von katholischem Religionsunterricht berufen werden. Die Sicherung der pa¨ dagogisch-inhaltlichen Qualita¨ t des Religionsunterrichts ist notwendig, da nach der Vereinbarung vom 1. August 2002 die Erteilung von Zensuren fu¨ r den Religionsunterricht vorgesehen ist und dies die Gleichwertigkeit der Leistungsbewertungen zu Schulnoten in anderen Unterrichtsfa¨ chern erfordert. Deshalb muss eine hinreichende Kompetenz des Lehrpersonals und eine schulstufenangemessene sowie dem Stand der Pa¨ dagogik entsprechende Qualita¨ t der Unterrichtsmaterialien gewa¨ hrleistet sein. Durch Absatz 3 wird dieser Qualita¨ tsstandard ebenfalls gesichert. Da der katholische Religionsunterricht in der Verantwortung der Katholischen Kirche stattfindet, sind der Erlass von Rahmenlehrpla¨ nen, die Auswahl der Lehrmittel und die Zulassung der Lernmittel ihre Aufgabe. ¨ bereinstimmung des Religionsunterrichts mit den Damit die zusta¨ ndigen (Erz-)Bistu¨ mer die U kirchlichen Grundsa¨ tzen nachpru¨ fen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Berichtigung von Fehlentwicklungen einleiten ko¨ nnen, ist es erforderlich, ihnen den Zugang zu diesem Unterricht zu ero¨ ffnen. Durch die Protokollnotiz zu Absatz 3 wird dies besta¨ tigt. Zwischen den Vertragsparteien ist streitig, ob das Land @ wie die Kirche meint @ nach Art. 7 Abs. 3 GG dazu verpflichtet ist, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach zu veranstalten, oder ob das Land nach Art. 141 GG von dieser Pflicht befreit ist. Der Vertrag entha¨ lt keine Festlegung auf eine Rechtspositionen; dies wird durch eine entsprechende Protokollnotiz klargestellt. Die auf der Grundlage der Vereinbarung vom 1. August 2002 gewonnenen Erfahrungen werden nach einem angemessenen Zeitraum auszuwerten und gegebenenfalls eine Weiterentwicklung der derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu pru¨ fen sein. Eine Vera¨ nderung der einschla¨ gigen rechtlichen Bestimmungen ist Sache des Landes. Wegen der unmittelbaren Betrof¨ berlegungen fenheit der Katholischen Kirche erscheint es allerdings sachgerecht, diese in die U einzubeziehen. Dies wird durch Absatz 3 der Protokollnotiz zu Art. 4 zum Ausdruck gebracht.

Kommentierung Anders als der im November 1996 geschlossene Vertrag des Landes Brandenburg mit den evangelischen Landeskirchen lässt das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Brandenburg vom 12. November 2003 die Frage nach der Erteilung konfessionsgebundenen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen nicht offen. Es ist nach dem durch einen vom BVerfG vermittelten Vergleich beendeten Streit um die Grundgesetzkonformität des Unterrichtsfachs Lebenskunde Ethik Religion und somit nach den Streitigkeiten vor dem BVerfG zustandegekommen. Das Konkordat reflektiert daher auch in Sachen Religionsunterricht den Stand nach dem Dritten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

249

(siehe Abs. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 4). Demnach ist auch nach dem Vertrag – schulgesetzkonform (vgl. Art. 4 Abs. 2 des Schlussprotokolls) – katholischer Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in der inhaltlichen Verantwortung und durch von der Kirche gestellte, mit missio canonica ausgestattete Lehrkräfte gewährleistet. Dem gefundenen Kompromiss eigentümlich erlässt die Katholischen Kirche selbst die Rahmenlehrpläne wählt die Lehrmittel aus und lässt die Lernmittel zu, wobei die Kirche garantiert, dass die denen des staatlichen Unterrichts gleichwertig sind. Ob Religionsunterricht unter diesen Voraussetzungen den Anforderungen des Art. 7 Abs. 3 GG vollauf entspricht, ist zweifelhaft. Diesbezüglich sowie zur Frage, ob Art. 141 GG für Brandenburg mit der Folge Anwendung findet, dass Art. 141 GG hier nicht gilt, halten die Vertragsparteien ihre unterschiedlichen Rechtsstandpunkte aufrecht (siehe Abs. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 4). Die Vertragsparteien vereinbarten, nach Ablauf von drei Jahren die Situation des katholischen Religionsunterrichts an den öffentlich getragenen Schulen im Licht der gemachten Erfahrungen zu überprüfen und ggf. durch Notenwechsel zu modifizieren.

Artikel 6 – Kirchliche Schulen A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 6: (1) Die Kirchen haben das Recht, allgemeinbildende Schulen in kirchlicher Trägerschaft auf konfessioneller Grundlage einzurichten und zu betreiben. (2) Nähere Regelungen des Verfahrens zur staatlichen Anerkennung solcher Schulen und ihre Mitfinanzierung aus öffentlichen Mitteln bleiben dem Landesrecht vorbehalten.

Regierungsbegründung Artikel 6 sichert – Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes folgend – die Gründung privater kirchlicher Schulen zu; für berufsbildende Schulen gilt Artikel 18 dieses Vertrages. Die in Absatz 2 hervorgehobenen näheren Regelungen finden sich in Art. 28 der Landesverfassung sowie in den §§ 14 ff. des Schulgesetzes in der Fassung vom 30. Juni 1994 (GVBl. LSA S. 314).

Kommentierung Das in Art. 6 Abs. 1 vertraglich anerkannte Recht der Kirchen zur Errichtung und zum Betrieb allgemeinbildender Schulen ergibt sich bereits aus den verfassungsrechtlichen Garantien der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG; Art. 28 Abs. 1 S. 1 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt). Bei den allgemeinbildenden Schulen handelt es sich um sog. Ersatzschulen, also um Privatschulen, „die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen“.1 Diese Schulen weisen die grundsätzlich gleichen Bildungsgänge wie entsprechende öffentliche Schulen auf und führen zu gleichen Abschlüssen, etwa der Erlangung der allgemeinen Hochschulreife bei Gymnasien (sog. Akzessorietät der Ersatzschule gegenüber der öffentlichen Schule). Art. 6 Abs. 2 verweist hinsichtlich des Verfahrens zur staatlichen Anerkennung kirchlicher Bekenntnisschulen und ihre Mitfinanzierung aus öffentlichen Mitteln auf das Landesrecht (Schulrecht). Die Voraussetzungen, die für eine Genehmigung erfüllt werden müssen, ergeben sich unmittelbar aus der Bundes- und gleichlautend der Landesverfassung. Ersatzschulen bedürfen gemäß Art. 7 Abs. 4 S. 2 GG und Art. 28 Abs. 1 S. 2 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt der staatlichen Genehmigung, auf deren Ertei1 BVerfGE 27, 195 (201 f.); 90, 107 (121 f.); 90, 128 (139 f.); siehe auch BVerwGE 105, 20 (24); 112, 263 (266).

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Artikel 6 – Kirchliche Schulen

lung bei Erfüllung der Voraussetzungen – Gleichwertigkeit der Ersatzschule mit öffentlichen Schulen hinsichtlich der Lehrziele, Einrichtungen und der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte – ein verfassungsrechtlicher Anspruch besteht.2 Es muss mit anderen Worten der gleiche Bildungserfolg in der Ersatz- wie in der öffentliche Schule ungeachtet der unterschiedlichen Bildungswege garantiert sein. Außerdem darf die Ersatzschule nicht zu einer sozialen Selektion der Schüler beitragen und muss die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte ausreichend gesichert sein (Art. 7 Abs. 4 S. 3 u. 4 GG; Art. 28 Abs. 1 S. 2 u. 3 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt). Die zur Genehmigung hinzutretende Anerkennung einer Ersatzschule stattet diese mit hoheitlichen Befugnissen aus, insbesondere dem Recht, Prüfungen abzunehmen, über Versetzungen zu entscheiden und Abschlüsse zu verleihen. Der Ersatzschulbegriff in Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG umfasst nicht das Recht der Privatschule, nach den für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und mit gleicher Außenwirkung wie öffentliche Schulen Zeugnisse zu verteilen (sog. „Öffentlichkeitsrechte“). Die Verleihung von Öffentlichkeitsrechten, mit deren Wahrnehmung die Privatschule als Beliehene hoheitliche Funktionen ausübt, kann der Gesetzgeber von einer besonderen Anerkennung abhängig machen, auf die Art. 7 Abs. 4 GG keinen Anspruch gewährt und für deren Erteilung besondere, über die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG hinausgehende Anforderungen im Landesrecht gestellt werden dürfen. Insbesondere kann der Gesetzgeber die Anerkennung einer genehmigten Ersatzschule und die damit verbundene Verleihung der Öffentlichkeitsrechte von der Anpassung der Schule an Anforderungen abhängig machen, die für öffentliche Schulen gelten.3 Die Einzelheiten, namentlich hinsichtlich der Voraussetzungen der Genehmigungs- und Anerkennungsfähigkeit einer (kirchlichen) Ersatzschule regelt der Dritte Abschnitt des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt4, §§ 14 – 18g, insbesondere die §§ 16 und 17 sowie die Verordnung über Schulen in freier Trägerschaft (SchifTVO) vom 4. August 20155. Anerkannte Ersatzschulen sind gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 SchulG LSA verpflichtet, die für öffentliche Schulen geltenden oder staatlich genehmigten Bestimmungen bei der Aufnahme, Versetzung sowie bei Prüfungen und Abschlüssen zu beachten und die Gleichwertigkeit der Leistungsbewertung zu sichern. Mit der Anerkennung erhält die Ersatzschule das Recht, Zeugnisse zu erteilen, die dieselbe Berechtigung verleihen wie die der öffentlichen Schulen (§ 17 Abs. 3 S. 3 SchulG NRW).

2

BVerfGE 27, 195 (200); BVerfGK 18, 469 (471); BVerwGE 112, 263 (266). BVerwGE 112, 263 (270 f.). 4 In der Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 2018 (GVBl. LSA S. 244). 5 GVBl. LSA 2015, 390, 569, zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. Juni 2020 (GVBl. LSA S. 316). 3

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Als Ausübung grundrechtlicher Freiheit ist die Gründung und Unterhaltung einer Privatschule zunächst einmal Sache des freien Trägers. Der Staat muss allerdings nach der Rechtsprechung Vorsorge dagegen treffen, dass das Grundrecht des Art. 7 Abs. 4 GG wegen der darin enthaltenen Anforderungen, wegen der seinem Träger durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG entstehenden Bindungen, praktisch kaum noch wahrgenommen werden kann. Insofern kann sich aus diesem Grundrecht ein Anspruch auf staatliche Förderung privater Ersatzschulen ergeben. Das verfassungsrechtliche Förderungsgebot gilt allerdings der Institution als solcher und als Ganzes6, so dass sich daraus kein verfassungsunmittelbarer Förderanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers ergibt. In der konkretisierenden Ausgestaltung der Förderung kommt dem Staat jedenfalls eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Der konkrete Leistungsanspruch des einzelnen Ersatzschulträgers wird durch das Gesetz bestimmt.7 In der Praxis hat sich ein System der Mischfinanzierung etabliert; der Staat übernimmt einen angemessenen Teil der Kosten der privaten Ersatzschulen. Dabei ist sowohl die Übernahme eines Teils der konkret zu deckenden Kosten als auch die Leistung von Pauschalen möglich. Wartefristen vor Einsetzen der staatlichen Finanzhilfe sind mit der staatlichen Schutz- und Förderpflicht grundsätzlich vereinbar. Die Förderung muss jedoch insgesamt so ausgestaltet sein, dass sich die Wartefrist nicht als Sperre für die Errichtung neuer Schulen auswirkt.8 Der Vertrag setzt in Art. 6 Abs. 2 voraus, dass es eine Mischfinanzierung gibt, d. h. der Staat sich an der Finanzierung der Ersatzschulen beteiligt. Ein vollständiger Rückzug des Staats aus der teilweisen Finanzierung kirchlicher Bekenntnisschulen wäre daher vertragswidrig. Nach § 18 Abs. 1 S. 1 SchulG LSA gewährt das Land den anerkannten Ersatzschulen in freier Trägerschaft auf Antrag eine Finanzhilfe als Zuschuss zu den laufenden Personal- und Sachkosten. Gemäß § 18 Abs. 2 SchulG LSA erhalten Finanzhilfen auch Ersatzschulen, die die Gewähr dafür bieten, dass sie dauernd die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen. Davon ist nach dreijährigem ununterbrochenem Betrieb genehmigter Schulen auszugehen.9 Die Gewährung der Finanzhilfe setzt die Gemeinnützigkeit des Schulträgers im Sinne des § 52 der Abgabenordnung voraus (§ 18 Abs. 3 S. 1 SchulG LSA). Was den Umfang der Finanzhilfe angeht, so richtet sich der Zuschuss nach der Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Schule be6

BVerfGE 90, 107 (114 f.); 112, 74 (84 f.). BVerfGE 90, 107 (117). 8 BVerfGE 90, 107 (LS 2, 117). 9 Finanzhilfe kann auch vor Ablauf der Dreijahresfrist, aber nicht vor Ablauf des ersten Schuljahres auf Antrag gewährt werden, wenn der Träger einer Schule die Anerkennungsvoraussetzungen an einer anderen Schule im Land Sachsen-Anhalt bereits erbracht hat (§ 8 Abs. 2 S. 1 SchifT-VO). 7

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Artikel 6 – Kirchliche Schulen

suchen. Er wird als jährlicher Pauschalbetrag (Schülerkostensatz) gewährt.10 Er setzt sich aus folgenden Teilbeträgen je Schüler zusammen: 1. den Personalkosten für Lehrkräfte, 2. den Personalkosten für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Grundschulen sowie für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Betreuungskräfte an Förderschulen und 3. den Sachkosten (§ 18a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 SchulG LSA). Die öffentliche Bekenntnisschule ist zwar grundgesetzlich nach wie vor ein zulässiger Schultypus, der aber nach sachsen-anhaltinischem Schulrecht nicht vorgesehen ist (siehe zu den öffentlichen Schulen § 2 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 SchulG LSA). Das bedeutet zugleich, dass der Ausschlussgrund des Art. 7 Abs. 5 GG, dem zufolge eine private Bekenntnisgrundschule nur zuzulassen ist, wenn eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht, in Sachsen-Anhalt generell nicht greift. In Sachsen-Anhalt gibt es folgende evangelische Bekenntnisschulen: 1.

Evangelische Grundschule des Vereins Evangelische Grundschule Magdeburg e.V. Träger ist der 2001 gegründete Verein evangelische Grundschule Magdeburg e.V., dessen satzungsgemäßer Zweck die Errichtung und Trägerschaft einer evangelischen Bekenntnisgrundschule und aller dem Schulzweck dienlichen oder förderlichen Einrichtungen (insbesondere Hort) ist.

2.

Die Evangelische Domgrundschule Magdeburg in Trägerschaft des Kuratoriums des Ökumenischen Domgymnasiums Magdeburg e.V., dessen Zweck es ist, ökumenisch geprägte Schulen in freier Trägerschaft zu betreiben.11

3.

Die von der Diakonie Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen getragene Evangelische Grundschule Wolfen.

4.

Evangelische Grundschule Halberstadt Sankt Laurentius in Trägerschaft des Christlichen Schulvereins Halberstadt e.V. – staatlich anerkannte Ersatzschule.

5.

Evangelische Grundschule „Martin Luther“ Oppin in Trägerschaft der Evangelischen Grundschule Halle Saalkreis e.V. – staatlich anerkannte Ersatzschule.

6.

Evangelische Grundschule im Martinszentrum in Trägerschaft der Evangelischen Landeskirche Anhalt – staatlich anerkannte Ersatzschule.

7.

Evangelische Grundschule Dessau in Trägerschaft der Evangelischen Landeskirche Anhalt – staatlich anerkannte Ersatzschule.

8.

Evangelische Grundschule Köthen in Trägerschaft der Evangelischen Landeskirche Anhalts – staatlich anerkannte Ersatzschule.

9.

Evangelische Bartholomäischule Zerbst in Trägerschaft der Evangelischen Landeskirche Anhalt – staatlich anerkannte Ersatzschule. 10

Siehe dazu näher § 10 SchifT-VO. Siehe Satzung in der Neufassung vom 10. 02. 2016, abrufbar unter: https://www.dom grundschule-magdeburg.de/media/modelfield_files/dokumente/dokument/datei/Satzung_Kura torium_Neufassung_gem._Vorstandsbeschluss_10.02.16.pdf. 11

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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10. Förderschule in Neinstedt, betrieben von der Evangelischen Stiftung Neinstedt. 11. Evangelische Grundschule Ilsenburg, betrieben von der Evangelischen Stiftung Neinstedt. 12. Freie Evangelische Schule Weißenfels in Trägerschaft des Evangelischen Schulvereins Halle e.V. Von diesen zwölf evangelischen Bekenntnisschulen stehen nur vier in unmittelbarer Trägerschaft einer am Vertrag beteiligten Kirche, nämlich der Evangelischen Landeskirche Anhalt. Jedenfalls die von der Diakonie getragene Schule dürfte ebenfalls in den Anwendungsbereich der Vertragsbestimmung fallen. Bei den Trägern der anderen Schulen handelt es sich um private Schulträgervereine, die sich selbst als evangelisch verstehen, aber nicht den evangelischen Kirchen selbst zugerechnet werden können. Diese Schulen genießen Privatschulfreiheit nach den einschlägigen Verfassungsbestimmungen und Regelungen des SchulG LSA, aber werden nicht von Art. 6 Abs. 1 erfasst.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 5: (1) Die Kirchen und ihre diakonischen Werke haben das Recht, im Rahmen des Artikel 7 des Grundgesetzes Ersatz- und Ergänzungsschulen sowie Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. (2) Genehmigung, staatliche Anerkennung und Förderung dieser Einrichtungen regelt das Gesetz.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt das in Grundgesetz und Landesverfassung anerkannte Recht, Ersatz- und Erga¨ nzungsschulen, aber auch Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. Absatz 2 stellt sicher, dass diese kirchlichen Einrichtungen an die staatlichen Gesetze gebunden sind, aber auch gleiche Fo¨ rderungen wie andere Einrichtungen erhalten.

Kommentierung Art. 5 Abs. 1 garantiert in Übereinstimmung mit Art. 7 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 5 Abs. 3 GG Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Mai 199312 u. a. die Freiheit zur Gründung privater Schulen in der Trägerschaft der Kirchen oder ihrer diakonischen Werke, sei es als Ersatz-, sei es als Ergänzungsschulen. 12 GVOBl. M-V S. 372, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. Juli 2016 (GVOBl. M-V S. 573).

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Artikel 6 – Kirchliche Schulen

In Bezug auf Genehmigung, staatliche Anerkennung und Förderung dieser Schulen verweist Art. 5 Abs. 2 auf „das Gesetz“. Die einschlägigen Regelungen enthalten die §§ 116 ff. des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz – SchulG M-V)13. Voraussetzungen, Grundlagen und Höhe der staatlichen Finanzhilfe ergeben sich aus §§ 127 ff. SchulG M-V. Details regelt die Verordnung für Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulverordnung – PschVO M-V) vom 2. Juni 201014. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine Reihe von evangelischen Bekenntnisschulen. Einen Überblick über die Mitgliedsschulen des Ev. Schulbundes Nord e.V. gibt die Homepage (https://evangelischer-schulbund-nord.de/mitglieder-2/schulen/ mecklenburg-vorpommern/). 2. Thüringen Art. 6: (1) Das Recht zur Errichtung von Schulen in kirchlicher Trägerschaft wird gewährleistet. (2) Der Freistaat Thüringen wird Schulen in kirchlicher Trägerschaft im Rahmen der staatlichen Gesetze anerkennen und angemessen fördern.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt die Formulierung von Artikel 26 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thu¨ ringen. Durch Absatz 2 wird die Anerkennung und Fo¨ rderung von Schulen in kirchlicher Tra¨ gerschaft nach Maßgabe der allgemeinen staatlichen Gesetze festgestellt.

Kommentierung Art. 6 entspricht inhaltlich Art. 6 des Wittenberger Vertrags und bekräftigt vertraglich für die Kirchen das von Art. 26 Abs. 1 Verfassung des Freistaats Thüringen generell gewährleistete Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft. Die Verfassung enthält auch schon die Zusage, dass die als Ersatzschulen genehmigten Schulen in freier Trägerschaft Anspruch auf öffentliche Zuschüsse haben und verweist für das Nähere auf das Gesetz. Die Anerkennungsbedingungen sowie die Voraussetzungen, die Art und den Umfang der staatlichen Finanzhilfe regeln die §§ 10, 17 ff. des Thüringer Gesetzes über

13 In der Fassung vom 10. September 2010 (GVOBl. M-V S. 462, 2011 S. 859, 2012 S. 524), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Dezember 2019 (GVOBl. M-V S. 719, 2020 S. 864). 14 GVOBl. M-V 2010, 450, Mittl.bl. BM M-V 2010, 486, zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. März 2021 (Mittl.B. BM M-V S. 58/GVOBl. M-V S. 516).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Schulen in freier Trägerschaft (ThürSchfTG) vom 20. Dezember 201015, auf das § 13 Abs. 1 S. 2 Thüringer Schulgesetz (ThürSchulG) verweist. In Thüringen bestehen folgende, von der durch die Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland 2008 errichteten Evangelischen Schulstiftung in Mitteldeutschland getragene, staatlich anerkannte evangelische Bekenntnisschulen.16 – Christliches Spalatin-Gymnasium Altenburg. – Evangelische Grundschule Ufhoven. – Ev. Grundschule Eisenach „Katharina von Bora“. – Evangelisches Gymnasium Meiningen. – Evangelische Grundschule Erfurt. – Ev. Grundschule Gotha. – Christliches Gymnasium Jena. – Evangelische Grundschule Jena. – Evangelisches Gymnasium Mühlhausen. – Evangelische Regelschule Mühlhausen. – Evangelische Grundschule Mühlhausen. – Evangelische Grundschule Nordhausen. – Johannesschule Saalfeld. – Evangelische Grundschule Sömmerda.

3. Sachsen Art. 6: Die Kirchen haben das Recht, Schulen in eigener Trägerschaft auf konfessioneller Grundlage einzurichten und zu betreiben. Schlussprotokoll: Die Festlegung der Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung dieser Schulen und ihre Finanzierung aus öffentlichen Mitteln bleibt dem Landesrecht oder einer Vereinbarung vorbehalten.

15 GVBl. 2010, 522, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 31. Juli 2021 (GVBl. S. 387). 16 Liste nach: https://evangelischer-schulbund-nord.de/mitglieder-2/schulen/thuringen/. Übersicht übe die Anzahl der insgesamt in freier Trägerschaft befindlichen Schulen in Thüringen unter: http://www.schulstatistik-thueringen.de/?DocID=0UY&dimension=[stammschu le].[schultr_ae_ger]:in%20freier%20Tr_ae_gerschaft; dort auch die Namen sämtlicher Schulen in freier Trägerschaft, abrufbar unter: http://www.schulstatistik-thueringen.de/?DocID=0UY& dimension=[stammschule].[schultr_ae_ger]:in%20freier%20Tr_ae_gerschaft.

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Artikel 6 – Kirchliche Schulen

Regierungsbegründung Die vertraglich festgelegte Garantie von Schulen in kirchlicher Trägerschaft trägt der traditionellen Rolle der Kirchen im Schulsystem Rechnung. Sie entspricht dem Gebot des Artikels 102 Abs. 3 Satz 1 Sächsische Verfassung, der das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft gewährleistet. Die Fragen der näheren Ausgestaltung der staatlichen Anerkennung und Förderung bleiben – so die Klarstellung im Schlussprotokoll – dem Landesgesetzgeber vorbehalten. Entsprechende gesetzliche Bestimmungen enthält das Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft vom 12. Februar 1992 (GVB1. 37).

Kommentierung Art. 6 ist wort- und bedeutungsgleich zu Art. 6 Abs. 1 Wittenberger Vertrag. Die Privatschulgründungsfreiheit ist auch in der Sächsischen Verfassung gewährleistet (Art. 102 Abs. 3 S. 1). Das Schlussprotokoll verweist wie Art. 6 Abs. 2 Wittenberger Vertrag hinsichtlich der Voraussetzung der staatlichen Anerkennung als Ersatzschule mit der Rechtsfolge der Beleihung mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen sowie hinsichtlich der finanziellen Unterstützung auf das Landesrecht. Einschlägig sind hier die Vorschriften des Sächsischen Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft vom 8. Juli 201517, insbesondere die §§ 8, 13 f. Darauf verweist das Sächsisches Schulgesetz (siehe § 3 Abs. 1 S. 3 u. 4). Eine Besonderheit des Sächsischen Rechts besteht darin, dass Schulen in freier Trägerschaft, welche die Aufgaben von Schulen in öffentlicher Trägerschaft wahrnehmen, also Ersatzschulen eine gleichartige Befreiung gewähren, einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich durch den Freistaat haben, wenn Unterricht und Lernmittel an diesen Schulen unentgeltlich sind (siehe Art. 102 Abs. 4 S. 2 i. V. m. S. 1 Verfassung des Freistaats Sachsen). In Sachsen existieren über 70 evangelische Schulen (Grund-, Ober-, Förderschulen und Gymnasien) an 52 Standorten, die den Charakter staatlich anerkannter Ersatzschulen in freier Trägerschaft haben.18 4. Brandenburg Art. 4: (1) Die Kirchen, ihre Einrichtungen und diakonischen Werke haben das Recht, a. Hochschulen, b. Schulen sowie c. Einrichtungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung zu errichten und zu betreiben. 17

SächsGVBl. S. 434, zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 16. August 2021 (SächsGVBl. S. 839). 18 Siehe die Übersicht, abrufbar unter: https://www.ev-schulen-sachsen.de/schullandschaft/ schulfinder.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Nähere Regelungen über die Genehmigung und Anerkennung solcher Einrichtungen sowie über die Förderung aus öffentlichen Mitteln trifft das Landesrecht. (3) Sofern Bildungsgänge, für die Abschlüsse vergeben oder staatliche Anerkennungen ausgesprochen werden, solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, wird die Gleichstellung im Rahmen des Landesrechts sichergestellt.

Regierungsbegründung Die Errichtung und das Betreiben von Bildungseinrichtungen geho¨ ren nach christlichem Selbstversta¨ ndnis zu den zentralen Aufgabenfeldern der Kirche in der Gesellschaft. Hiervon werden alle Bereiche des Bildungswesens erfaßt. Durch Absatz 1 wird daher das Recht der Kirchen zur Unterhaltung von Bildungseinrichtungen verschiedener Art festgeschrieben. Dieses Recht ist auch in verschiedenen Landesgesetzen enthalten (vgl. § 97 BbgHSG; § 118 Brandenburgisches Schulgesetz [BbgSchulG]; § 3 Abs.1 Brandenburgisches Weiterbildungsgesetz [BbgWBG]). Nach Absatz 1 wird kein Anspruch auf bedingungslose Anerkennung solcher Einrichtungen eingera¨ umt. Durch Absatz 2 wird klargestellt, daß die landesrechtlich normierten Anerkennungsvoraussetzungen (z. B. § 7 BbgWBG; §§ 97,98 BbgHSG) ihre Geltung behalten. Das Land ist allerdings gehindert, das Recht der Kirchen zur Errichtung und Unterhaltung solcher Einrichtungen unmittelbar oder mittelbar durch u¨ berspannte Anforderungen an die Genehmigungs- und Anerkennungsfa¨ higkeit zu beseitigen. Regelungen u¨ ber die Fo¨ rderung solcher Einrichtungen werden nach Absatz 2 Satz 2 durch Landesrecht getroffen (derzeit beispielsweise § 27 BbgWBG). ¨ bereinstimmung mit dem Landesrecht (vgl. z. B. § 99 Die Bestimmung des Absatzes 3 stellt in U BbgHSG) die Gleichstellung gleichwertiger Bildungsabschlu¨ sse mit den Rechtswirkungen staatlicher Abschlu¨ sse sicher.

Kommentierung Art. 4 Abs. 1 garantiert u. a. die Freiheit der Gründung von Schulen in freier Trägerschaft der Kirchen. Dieses Recht ergibt sich bereits aus Art. 30 Abs. 6 S. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg vom 20. August 199219, der ganz allgemein das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft nach Maßgabe von Artikel 7 Abs. 4 GG gewährleistet. Hinsichtlich Genehmigung, Anerkennung und der Förderung aus öffentlichen Mitteln verweist Art. 4 Abs. 2 auf das Landesrecht. Dabei gewährt Art. 30 Abs. 6 der Verfassung des Landes Brandenburg den freien Trägern bereits verfassungsunmittelbar dem Grunde nach einen Anspruch auf einen öffentlichen Finanzierungszuschuss. Im Übrigen finden sich die einschlägigen Regelungen über die Genehmigung und die Anerkennung von Ersatzschulen in §§ 120 ff. des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz – BbgSchulG) in der Fassung

19 GVBl. I/92, S.298, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Mai 2019 (GVBl. I/19, [Nr. 16]).

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Artikel 6 – Kirchliche Schulen

der Bekanntmachung vom 2. August 200220, die über die Gewährung des Betriebskostenzuschusses in §§ 124, 124a BbgSchulG. Ergänzend treten die Verordnung über die Genehmigung und Anerkennung von Ersatzschulen (Ersatzschulgenehmigungsverordnung – ESGAV) vom 9. Mai 200821 und die Verordnung über die Bewilligung von Zuschüssen an die Träger von Ersatzschulen (Ersatzschulzuschussverordnung – ESZV) vom 17. April 201222 hinzu. Es gibt eine beachtliche Vielzahl von evangelischen Schulen in Brandenburg.23

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 4: Die katholische Kirche, einschließlich der zu ihr gehörenden Orden und Kongregationen sowie anderer kirchlicher Einrichtungen, hat das Recht, Schulen in eigener Trägerschaft auf konfessioneller Grundlage einzurichten und zu betreiben. Schlussprotokoll: Der Freistaat, der selbst keine Schulen auf konfessioneller Grundlage anbietet, wird die katholischen Schulen fördern. Die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln und die Festlegung der Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung bleiben dem Landesrecht oder einer Vereinbarung vorbehalten.

Regierungsbegründung Die Regelung des Artikels 4 ist inhaltlich der Regelung des Artikels 102 Abs. 3 SächsVerf nachgebildet, die das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft gewährleistet. Die nunmehr vertraglich festgelegte Garantie von Schulen in kirchlicher Trägerschaft, würdigt die traditionelle Rolle der Kirchen im Schulsystem, die schon quantitativ zu den wichtigsten freien Trägern von Schulen geworden sind. Die Fragen der näheren Ausgestaltung der staatlichen Anerkennung und Förderung bleiben – so die Klarstellung im Schlußprotokoll – dem Landesgesetzgeber vorbehalten. Entsprechende gesetzliche Bestimmungen enthält das Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft vom 4. Februar 1992 (SächsGVBl. S. 37). Daneben bleibt, was im Schlußprotokoll ebenfalls nochmals betont wurde, die Möglichkeit von vertraglichen Vereinbarungen erhalten, die dem partnerschaftlichen Geist des Zusammenwirkens von Staat und Kirche am besten entsprechen. Im Schlußprotokoll war weiterhin festzulegen, daß der Freistaat keine Schulen auf konfessioneller Grundlage anbietet. Die katholische Bekenntnisschule, deren Beibehaltung und Neueinrichtung das Reichskonkordat (Artikel 23) auf der Volksschulebene unter den dort bezeichneten 20 GVBl. I/02, [Nr. 08], S. 78, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2021 (GVBl. I/ 21, [Nr. 18]). 21 GVBl. II/08, [Nr. 12], S. 166. 22 GVBl. II/12, [Nr. 24], zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 27. Juli 2021 (GVBl. II/21, [Nr. 73]). 23 Eine Übersicht ist abrufbar unter: https://www.berliner-privatschulen.de/brandenburg/ evangelisch.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Voraussetzungen gewährleistet, ist im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse im Freistaat keine geeignete Schulform. Die Regelung des Artikels 23 Reichskonkordat wird deshalb durch diese Bestimmung gegenstandslos. Gleiches gilt für Artikel 24 Reichskonkordat, der besondere Anforderungen an die Lehrer aufstellt, die an katholischen Bekenntnisschulen unterrichten.

Kommentierung Art. 4 des Konkordats entspricht Art. 4 des evangelischen Kirchenvertrags des Freistaats. Das Schlussprotokoll betont die religiös-weltanschauliche Neutralität und den daraus folgenden Verzicht auf – von Art. 7 Abs. 5 GG als zulässig vorausgesetzte – öffentliche Bekenntnisschulen und verweist hinsichtlich der staatlichen Teilfinanzierung und die Anerkennungsvoraussetzungen auf das Landesrecht (siehe dazu die Kommentierung von Art. 4 des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen) bzw. besondere Vereinbarungen mit der Katholischen Kirche, die es insoweit aber nicht gibt. In Sachsen existieren folgende katholische Bekenntnisschulen: – Bischöfliche Maria-Montessori-Grundschule Bautzen. – „CSW – Christliches Sozialwerk gGmbH Förderschule ,St. Franziskus‘ Dresden, Schulzentrum zur Förderung des Lernens und der geistigen Entwicklung“ (Förderschule). – St.-Benno-Gymnasium Dresden, vom Bistum Dresden-Meißen getragen. – Bischöfliches Maria-Montessori-Schulzentrum Leipzig (Grundschule, Oberschule, Gymnasium). – Kloster St. Marienstern Panschwitz-Kuckau, Förderschule (G), getragen von der Zisterzienserinnen-Abtei Klosterstift St. Marienstern, Körperschaft des öffentlichen Rechts. – Peter-Breuer-Gymnasium Zwickau, vom Bistum Dresden-Meißen getragen.

2. Thüringen Art. 8: (1) Das Recht zur Errichtung von Schulen in kirchlicher Trägerschaft wird gewährleistet. (2) Der Freistaat Thüringen wird Schulen in kirchlicher Trägerschaft im Rahmen der staatlichen Gesetze anerkennen und angemessen fördern.

Regierungsbegründung ¨ bereinstimmung mit Artikel 26 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Absatz 1 gewa¨ hrleistet in U Thu¨ ringen das Recht zur Einrichtung von Schulen in kirchlicher Tra¨ gerschaft. Durch Absatz 2 wird die Anerkennung und Fo¨ rderung von Schulen in kirchlicher Tra¨ gerschaft nach Maßgabe der allgemeinen staatlichen Gesetze festgestellt.

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Artikel 6 – Kirchliche Schulen

Kommentierung Art. 4 entspricht exakt Art. 4 des Evangelischen Kirchenvertrags des Freistaats Thüringens (zur ergänzenden Kommentierung siehe ebd.). In Thüringen gibt es folgende katholische Bekenntnisschulen: – Bergschule St. Elisabeth Heiligenstadt ist ein staatlich anerkanntes katholisches Gymnasium in der Trägerschaft des Bistums Erfurt. – Edith-Stein-Schule, staatlich anerkanntes katholisches Gymnasium mit staatlich anerkannter katholischer Regelschule, in Trägerschaft des Bistums Erfurt. – St. Franziskus-Schule, Katholische Förderschule, bis 01. 07. 2021 in Trägerschaft der Kongregation der Franziskanerinnen vom hl. Märtyrer Georg zu Thuine, einer katholischen Ordensgemeinschaft, seit 01. 07. 2021 in Trägerschaft der Raphael Gesellschaft gGmbH, korporatives Mitglied im Caritasverband für das Bistum Erfurt e.V.

3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 5: (1) Die Kirche kann Ersatzschulen im Rahmen der Bestimmungen in Artikel 7 des Grundgesetzes, Ergänzungsschulen sowie Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen betreiben. (2) Staatliche Genehmigung, Anerkennung und Förderung dieser Einrichtungen regelt das Gesetz. (3) Das Land fördert diese Einrichtungen in gleichem Umfang wie Einrichtungen anderer Träger.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt das im Grundgesetz und in der Landesverfassung anerkannte Recht, Ersatz- und Erga¨ nzungsschulen, aber auch Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. Absatz 2 bindet diese kirchlichen Einrichtungen durch ihre Fo¨ rderung an die staatlichen Gesetze. Absatz 3 sichert, dass die kirchlichen Bildungseinrichtungen in gleichem Umfang wie andere gefo¨ rdert werden. Er sieht also keine Privilegierung vor, verbietet aber Diskriminierungen.

Kommentierung Art. 5 des Konkordats entspricht weitgehend Art. 5 des Evangelischen Vertrags. Abs. 3 betont den – in der Regierungsbegründung zum Evangelischen Kirchenvertrag gleichfalls betonten – Gleichbehandlungsanspruch kirchlicher Träger von Privatschulen mit anderen freien Trägern hinsichtlich der (finanziellen) Förderung. Im Übrigen ist auf die ergänzende Kommentierung des Evangelischen Kirchenvertrags Mecklenburg-Vorpommern zu verweisen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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In Mecklenburg-Vorpommern existieren folgende katholische Bekenntnisschulen: – Edith-Stein-Schule Ludwigslust (Grundschule), getragen von der Bernostiftung – Katholische Stiftung für Schule und Erziehung in Mecklenburg und SchleswigHolstein. – Don-Bosco-Schule Rostock (Grundschule, Gymnasium und Regelschule), getragen von der Bernostiftung – Katholische Stiftung für Schule und Erziehung in Mecklenburg und Schleswig-Holstein. – Niels-Stensen-Schule Schwerin (Grundschule, Gymnasium und Regelschule), getragen von der Bernostiftung – Katholische Stiftung für Schule und Erziehung in Mecklenburg und Schleswig-Holstein.

4. Sachsen-Anhalt Art. 6: (1) Die Katholische Kirche, einschließlich der zu ihr gehörenden Orden und religiösen Genossenschaften sowie anderer kirchlicher Einrichtungen, hat das Recht, Schulen in freier Trägerschaft auf konfessioneller Grundlage einzurichten und zu betreiben. (2) Nähere Regelungen des Verfahrens zur staatlichen Anerkennung solcher Schulen und ihrer Mitfinanzierung aus öffentlichen Mitteln bleiben dem Landesrecht vorbehalten; das Land wird die katholischen Schulen gleichermaßen wie andere Schulen in freier Trägerschaft fördern.

Regierungsbegründung Die Regelung des Abs. 1 ist inhaltlich der Regelung des Art. 28 der Landesverfassung SachsenAnhalts nachgebildet, die das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Tra¨ gerschaft gewa¨ hrleistet. Die nunmehr vertraglich festgelegte Garantie von Schulen in kirchlicher Tra¨ gerschaft wu¨ rdigt die traditionelle Rolle der Kirchen im Schulsystem, die schon quantitativ zu den wichtigsten freien Tra¨ gern von Schulen geworden sind. Die Frage der na¨ heren Ausgestaltung der staatlichen Anerkennung, Genehmigung und Fo¨ rderung bleibt in Abs. 2 dem Landesgesetzgeber vorbehalten. Entsprechende gesetzliche Bestimmungen entha¨ lt die Ersatzschulverordnung. Zusa¨ tzlich wurde festgehalten, daß das Land die katholischen Schulen gleichermaßen wie andere Schulen in freier Tra¨ gerschaft fo¨ rdern wird.

Kommentierung Art. 6 entspricht Art. 6 des Wittenberger Vertrag. Abs. 1 reflektiert die Vielfalt möglicher Träger katholischer Bekenntnisschulen (Orden und religiösen Genossenschaften sowie anderer kirchliche Einrichtungen, insbesondere Stiftungen). Zum einschlägigen Landesrecht, auf das in Abs. 2 hinsichtlich des Verfahrens zur staatlichen Anerkennung solcher Schulen und ihrer Mitfinanzierung aus öffentlichen Mitteln verwiesen wird, siehe die Kommentierung von Art. 6 Abs. 2 Wittenberger Vertrag. Das Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 2 S. 2 garantiert die – selbstver-

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Artikel 6 – Kirchliche Schulen

ständliche – Gleichbehandlung katholischer Bekenntnisschulen mit den Schulen in anderer freier Trägerschaft. Es gibt eine kleine Anzahl von der katholischen Edith-Stein-Schulstiftung des Bistums Magdeburg getragener katholischer Bekenntnisschulen in Sachsen-Anhalt: – Liborius-Gymnasium Dessau. – Sankt Hildegard-Schule Haldensleben. – Elisabeth-Gymnasium Halle. – St. Mauritius-Sekundarschule Halle. – Sankt Franziskus-Grundschule Halle (Saale). – St. Mechthild-Grundschule Magdeburg. – Norbertusgymnasium Magdeburg. – St. Martin-Grundschule Oschersleben.

5. Brandenburg Art. 5: (1) Die Katholische Kirche, ihre Ordensgemeinschaften und Einrichtungen haben das Recht, Hochschulen, Schulen in eigener Trägerschaft auf konfessioneller Grundlage sowie andere Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten zu errichten und zu betreiben. (2) Das Land betrachtet diese Bildungseinrichtungen als Bestandteil des pluralistischen Bildungssystem. (3) Die Genehmigung und Anerkennung solcher Bildungseinrichtungen sowie die Förderung aus öffentlichen Mitteln bestimmen sich nach Landesrecht. (4) Sofern Bildungsgänge, für die Abschlüsse vergeben oder staatliche Anerkennungen ausgesprochen werden, solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, wird die Gleichstellung im Rahmen des Landesrechts sichergestellt.

Denkschrift/Regierungsbegründung Die Bestimmung sichert in Absatz 1 das landesrechtlich bereits gewa¨ hrleistete Recht der Katholischen Kirche auf Errichtung und Betrieb von Hochschulen, Schulen in eigener Tra¨ gerschaft sowie anderen Aus-, Fort- und Weiterbildungssta¨ tten (vgl. Art. 30 Abs. 6, 32 Abs. 2, 33 Abs. 1 Satz 2 LV; §§ 78 BbgHG; 117, 118 BbgSchulG; 3 BbgWBG). Schulen in freier Tra¨ gerschaft gewa¨ hrleisten neben den Schulen in o¨ ffentlicher Tra¨ gerschaft die Vielfalt der Bildungsga¨ nge (vgl. § 117 Abs. 1 BbgSchulG). Durch Absatz 2 wird zum Ausdruck gebracht, dass die von der Katholischen Kirche getragenen Bildungseinrichtungen elementarer Bestandteil dieses pluralistischen Bildungssystems sind. Das grundsa¨ tzliche Recht auf Einrichtung und Unterhaltung der genannten Bildungseinrichtungen wird nicht schrankenlos gewa¨ hrleistet, sondern nach Maßgabe der zur Sicherung der erforderlichen Qualita¨ tsstandards erlassenen landesrechtlichen Genehmigungs- und Anerkennungsvorschriften. Gleichermaßen wird durch den Vertrag kein Anspruch auf o¨ ffentliche Fo¨ rderung

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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solcher Vorhaben begru¨ ndet, sondern landesrechtlichem Regelungsvorbehalt unterstellt. Dies wird in Absatz 3 klargestellt. Absatz 4 gewa¨ hrleistet die Gleichstellung kirchlicher Ausbildungsabschlu¨ sse im Rahmen des Landesrechts. Der Gleichwertigkeitsvorbehalt sichert die Vergleichbarkeit der Ausbildungsqualita¨ t.

Kommentierung Art. 5 des Konkordats entspricht im Wesentlichen Art. 4 des Evangelischen Kirchenvertrags des Landes Brandenburg. Der Beitrag konfessioneller Privatschulen auch und insbesondere der Katholischen Kirche wird aber deutlich positiver bewertet als in dem insoweit sprachlosen Art. 4 des Evangelischen Kirchenvertrags (siehe Art. 5 Abs. 2 und die Denkschrift zum Vertrag, die insoweit davon spricht, „dass die von der Katholischen Kirche getragenen Bildungseinrichtungen elementarer Bestandteil“ eines pluralistischen Bildungssystems sind). In Brandenburg gibt es folgende katholische Schulen: – Integrative katholische Grundschule, getragen von der St. Florian-Stiftung Neuzelle. – Katholische Marienschule Potsdam (Grundschule), getragen vom Erzbistum Berlin. – Katholische Marienschule Potsdam (Gymnasium), getragen vom Erzbistum Berlin. – Katholische Schule Bernhardinum Fürstenwalde (Grundschule), getragen vom Erzbistum Berlin. – Katholische Schule Bernhardinum Fürstenwalde (Gymnasium), getragen vom Erzbistum Berlin. – Katholische Schule Bernhardinum Fürstenwalde (Oberschule), getragen vom Erzbistum Berlin. – Katholische Schule St. Hedwig Petershagen (Grundschule), getragen vom Erzbistum Berlin.

Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 7: (1) Das Eigentum und andere Vermögensrechte der Kirchen, ihrer Kirchengemeinden und Gliederungen sowie ihrer Anstalten, Stiftungen, Verbände und Einrichtungen genießen gemäß Art. 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 138 Abs. 2 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1991 besonderen staatlichen Schutz. Soweit sie unmittelbar kirchlichen, sozialen oder diakonischen Zwecken dienen, werden sie nach Maßgabe des geltenden Steuerrechts als gemeinnützig anerkannt. Schlussprotokoll zu Artikel 7 Absatz 1: Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten wird das Land kirchliche Waldbesitzer bei der Bewirtschaftung ihres Waldbesitzes unterstützen. (2) Bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften werden das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften auf kirchliche Belange Rücksicht nehmen und gegebenenfalls den Kirchen bei der Beschaffung gleichwertiger Ersatzgrundstücke Hilfe leisten. Schlussprotokoll zu Artikel 7 Absatz 2: (1) Es besteht Einvernehmen darüber, dass Artikel 7 Abs. 2 keinen Anspruch auf Übereignung eines staatlichen oder kommunalen Grundstücks begründet, sondern eine Unterstützung bei der Suche nach einem Ersatzgrundstück und – im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten – gegebenenfalls eine Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Grundstücke im Falle mehrerer Interessenten bewirken soll. (2) Wird bei Enteignungen kirchlicher Körperschaften ein Anspruch auf Entschädigung im Land geltend gemacht und hängt die Anerkennung des Anspruchs von der Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen der Beteiligten ab, so werden die Landesund Kommunalbehörden berücksichtigen, dass der Schutz des Vermögens der Kirchen ein herausgehobener ist. Stehen sonstigen Körperschaften beim Grundstückserwerb Hindernisse entgegen, so gelten diese in der Regel auch für Kirchen; eine generelle Ausnahmeregelung ist nicht möglich. (3) Sofern die Kirchen von früheren vermögensrechtlichen Eingriffen betroffen sind, richten sich Ansprüche nach den dafür geltenden Bestimmungen. Erwachsen den Kirchen daraus keine Ansprüche und ist das Land Begünstigter eines solchen Vermögensverlustes, so wird es einen gerechten Ausgleich wohlwollend prüfen. Die Landesregierung wird sich ferner dafür verwenden, dass in gleicher Weise dort verfahren wird, wo kommunale Gebietskörperschaften oder andere Rechtsträger begünstigt worden sind. Schlussprotokoll zu Artikel 7 Absatz 3: Die Vertragsparteien nehmen in Aussicht, Einzelfälle durch besondere Vereinbarungen zu regeln. Sie sind sich darüber einig, dass nur Fälle aus der Zeit zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 2. Oktober 1989 in Betracht kommen.

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

Regierungsbegründung Absatz 1 enthält eine Ausformung der sog. Kirchengutsgarantie, die sich auf alle Vermögensrechte bezieht. Der in Bezug genommene Artikel 138 Abs. 2 der Deutschen Verfassung vom 2. August 1919 lautet: „Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen werden gewährleistet.“ Das Recht auf „besonderen“ Schutz durch die öffentliche Hand wurde zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. November 1990 (NVwZ 1991 S. 774 ff.) bestätigt; danach geht der Schutz über den normalen Schutz von Vermögensrechten hinaus. Soweit im Schlussprotokoll eine Unterstützung bei der Bewirtschaftung kirchlicher Forsten angesprochen ist, wird dem bereits durch den im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Entwurf eines Landeswaldgesetzes Rechnung getragen. Angestrebt werden z. B. eine kostenlose Beratung und eine entgeltliche Betreuung. Absatz 2 bezieht sich auf künftige gesetzliche Enteignungsverfahren bei den für die Enteignung zuständigen Behörden. Hier werden zwar nicht etwa kirchliche Grundstücke von jeglicher Enteignung freigestellt, doch wird eine möglichst weitgehende Rücksichtnahme auf kirchliche Belange zugesichert. Ein besonderer Akzent liegt auf der Hilfe bei der Beschaffung von Ersatzgrundstücken, die unter bestimmten Voraussetzungen anstelle einer Geldentschädigung von der Enteignungsbehörde festgesetzt werden kann. Der im Laufe der Jahrhunderte eingetretene Verlust des größten Teils ihres Grundbesitzes veranlasst die Kirchen, den Umfang des bestehenden Grundbesitzes nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten. Einzelheiten über mögliche Hilfen staatlicher oder kommunaler Steilen – als Begünstigte oder auch nur als Ratgeber –, die sich allerdings immer nur im Bereich des Ermessens bewegen, enthält das Schlussprotokoll. Unterstützung bei der Suche nach einem Ersatzgrundstück im Sinne des Schlussprotokolls ist vor allem Hilfe beim Nachweis der den Gemeinden und Landkreisen bereits bekannten Grundstücke. Diese Regelung steht auch in Übereinstimmung mit Artikel 87 Abs. 3 der Landesverfassung, weil die kommunalen Gebietskörperschaften schon nach allgemeine Rechtsgrundsätzen Amtshilfe zu leisten haben. Besteht kein Spielraum für eine Ermessensentscheidung – etwa bei Entscheidungen im Rahmen des Flurbereinigungsgesetzes oder des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes –, so kann Artikel 7 Abs. 2 auch keine Anwendung finden. Absatz 3 versucht, unabhängig von der bundesgesetzliehen Regelung der Konsequenzen vermögensrechtlicher Eingriffe in der Vergangenheit künftig Billigkeitsentscheidungen die Wege zu öffnen. Es handelt sich bei dieser Vertragsbestimmung um einen Ausfluss der Freundschaftsklausel (Artikel 26), die z. B. dazu führen kann, dass sich das Land auch bei im Vertrag nicht ausdrücklich aufgeführten Begünstigten, etwa dem Bund, für eine gerechte Regelung einsetzt. Da die Kirchen von den unterschiedlichen Staatssystemen in den letzten sechs Jahrzehnten regelmäßig benachteiligt wurden, sind in manchen Fällen Rechtssituationen eingetreten, die als offensichtlich unbillig anzusehen sind, wenngleich bundesgesetzliehe Regelungen keine Abhilfe schaffen. In Anbetracht der schon erwähnten gesteigerten Kirchengutsgarantie sollen sich das Land und die Kommunen zu einer wohlwollenden Prüfung eines gerechten Ausgleichs bereitfinden. In Betracht zu ziehen sind etwa unter Druck zustande gekommene Enteignungen von Pfarrgrundstücken, die nunmehr – möglicherweise unbebaut – zu einem neuen Spekulationsobjekt geworden sind, aber auch etwa gelöschte Nießbrauchsrechte. Das Schlussprotokoll verweist auf die zeitliche Begrenzung der in Betracht kommenden Eingriffe. Rechtsansprüche werden durch Absatz 3 nicht begründet.

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Literatur A. v. Campenhausen/P. Unruh, in: H. v. Mangoldt/Fr. Klein/Chr. Starck, Das Bonner Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Bd. 3, Art. 138 Rn. 22 ff., ders./H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, § 31 Rn. 1 ff.; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge. 2000; M. Germann, Die kirchliche Vermögensverwaltung nach evangelischem Kirchenrecht, in: Essener Gespräche 47 (2013), S. 57 ff.; K.-H. Kästner, Der verfassungsrechtliche Schutz des Vermögens von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, HSKR, 32020, Bd. 3, § 69, S. 2799 ff.; B. Kämper/M. Schulten, Die Selbstbestimmung der Kirchen und anderen, Religionsgemeinschaften über ihr Vermögen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 70, S. 2819 ff.; Th. Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, 1995; R. Mainusch, Die öffentlichen Sachen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften: Begründung und Konsequenzen ihres verfassungsrechtlichen Status, 1995; J. Lücke, Die Weimarer Kirchengutsgarantie als Bestandteil des Grundgesetzes, JZ 1998 S. 534; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht 1996 S. 401 ff.; U. Scheuner, Fortfall gemeinschaftlicher Kirchenbaulasten, ZevKR 14 (1968/69), S. 353 ff., Gesammelte Aufsätze S. 263 ff.; Th. D. Wedeking, Die Kirchengutsgarantien und die Bestimmungen über die Leistungen der öffentlichen Hand an die Religionsgemeinschaften im Verfassungsrecht des Bundes und der Länder, 1971.

Bedeutung und Hintergrund Regelungen über den Schutz des sog. Kirchenguts reichen bis in die Reformationszeit zurück, fußen also nicht etwa nur auf Bestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landrechts oder des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803. Der Schutz hat 1919 Eingang in die Weimarer Reichsverfassung (Art. 138 Abs. 2) und infolgedessen 1949 in das Grundgesetz (Art. 140), aber auch in etliche Landesverfassungen gefunden, so in Sachsen-Anhalt (Art. 32 Abs. 5), Brandenburg (Art. 37 Abs. 1), Mecklenburg-Vorpommern (Art. 9 Abs. 1), Sachsen (Art. 109 Abs. 4) und Thüringen (Art. 40). Der Schutz des Kirchenvermögens ist zu unterscheiden von der Garantie der Widmung kultischer Gebäude und Einrichtungen zu kirchlichen Zwecken (Art. 9 Abs. 1), wobei letztere auch im Eigentum anderer Vermögensträger stehen können und einen Widmungsakt voraussetzen. Ferner enthalten alle Verträge in den neuen Ländern im Unterschied zu Artikel 138 Abs. 2 WRV getrennte Regelungen zum allgemeinen Schutz des Eigentums und zum speziellen Schutz bei Enteignungen, weshalb sich auch eine getrennte Kommentierung empfiehlt. Entstehungsgeschichte Alle drei Absätze des Artikels 7 gehen auf den Vorentwurf der Kirchen zurück. Zu Absatz 1 wurde in der 9. Sitzung die Beibehaltung der Betonung des „besonderen“ Schutzes, in der 11. Sitzung auf Antrag des Landes die Bezugnahme auf Artikel 140 GG/138 Abs. 2 WRV beschlossen. Bezüglich Absatz 1 Satz 2 waren sich die Verhandlungspartner bewusst, dass die Gemeinnützigkeit bundesrechtlich abschließend geregelt war; dennoch wurde auf Wunsch der Kirchen der Hinweis auf das geltende Steuerrecht beibehalten. In der 14. und 17. Sitzung vereinbarten die Ver-

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

handlungspartner auf Antrag der Kirchen, eine good will-Erklärung bezüglich der Forstwirtschaft im Vorgriff auf das in Vorbereitung befindliche Waldgesetz in das Schlussprotokoll aufzunehmen, u. a. wegen der Sorge der Kirchen vor einer Konkurrenz der osteuropäischen Staaten. Für die Regelung des Kirchengutschutzes bei Enteignungsverfahren in Absatz 2 schlug das Land in der 9. Sitzung die Übernahme der Formulierung im hessischen Kirchenvertrag vor, die nur ein Entgegenkommen des Landes bei der Gewährung einer Entschädigung im Land vorsieht. Auf Antrag der Kirchen wurde jedoch in der 17. Sitzung die Endfassung als Kompromisslösung vereinbart, allerdings verbunden mit den Klarstellungen im Schlussprotokoll zu Absatz 2. Nach mehrfachen Verhandlungen mit den Kommunalverbänden wurde in der 17. und der 24. Sitzung die Einbeziehung der kommunalen Gebietskörperschaften beschlossen. Absatz 3 war Gegenstand langer Diskussionen in acht Sitzungen, wobei das Land regelmäßig darauf verwies, dass es sich um Materien der Bundesgesetzgebung handle. Dem Kompromissvorschlag des Landes bezüglich einer „wohlwollenden Prüfung“ stimmten die Kirchen in der 13. und 16. Sitzung zu, der Vermittlung des Landes bezüglich einer entsprechenden Handhabung durch die Kommunen sowie dem Vorschlag des Landes, im Schlussprotokoll Einzelvereinbarungen zu erwähnen, in der 17. Sitzung. Kommentierung a) Absatz 1 Satz 1 begründet zusätzlich zu den verfassungsrechtlichen Absicherungen eine vertragliche Garantie des Kirchenvermögens, was u. a. zur Folge hat, dass die Kirchen bei Verstößen gegen die Kirchengutsgarantien nicht nur den Rechtsweg beschreiten können, sondern auch den Anspruch haben, im Rahmen der Freundschaftsklausel auf eine Beseitigung der Meinungsverschiedenheit hinzuwirken. Angesichts der Rechtsverletzungen in der Zeit seit 1933 lag den Kirchen an einer mehrfachen Absicherung ihrer Rechte. Die Regelung ist – systematisch gesehen – etwas verwirrend im Zusammenhang mit den Artikeln 9, 11 und 13 zu sehen. Während Artikel 7 eine Garantie für das gesamte kirchliche Vermögen einschließlich Baulastansprüchen und von den Kirchen als res sacrae (heilige Sachen) gewidmete Gegenstände enthält, bestätigt Artikel 9 Abs. 1 und 2 die Widmungsgarantie, allerdings beschränkt auf acht benannte Kirchen; Artikel 11 Abs. 1 beendet staatliche Baulastpflichten aus Patronaten, finanziell kompensiert durch erhöhte Staatsleistungen nach Artikel 13 Abs. 11, während Artikel 9 Abs. 3 und 4 eine künftige Regelung für von den Kirchen genutzte staatliche Gebäude und die Baulastablösung ankündigt. Bei der Konzipierung von Artikel 7 Abs. 1 wurde unter weitgehendem Verzicht auf eine eigenständige Formulierung die Regelung des Art 138 Abs. 2 WRV über-

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Vgl. auch die Amtliche Begründung zu Art. 13, LT-Drs. 1/3087 S. 13.

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nommen.2 Die Unterschiede sind zum Teil sprachlicher, zum Teil klarstellender Art; durch den Wegfall der Erwähnung der Zwecke, denen betroffenes kirchliches Vermögen dient, wird Missverständnissen wegen des Umfangs der Vermögensrechte vorgebeugt, ohne aber, wie die Verweisung auf den Inhalt der Verfassungsbestimmung zeigt („im Sinne“), abweichende Tatbestände zu schaffen. Auch das Wort „gemäß“ im Unterschied zu „in dem Umfang“ oder „nach Maßgabe“3 bedeutet keine Modifizierung der vertraglichen Absicherung der Verfassungsgarantie.4 Richtungweisend für die Auslegung sind damit Literatur und Rechtsprechung zu Artikel 140 GG/138 Abs. 2 WRV. b) Geschützt werden neben dem kirchlichen Eigentum an Sachen sämtliche vermögenswerten Rechte bzw. „Rechte an Vermögen“ – gleichgültig auf welche Weise sie einmal erworben wurden5 –, also Geldleistungen ebenso wie Naturalleistungen, etwa das Zurverfügungstellen von Räumen6, vor allem aber auch Nutzungsrechte aus kirchlichen Widmungen7. Es gehören ferner Ansprüche aufgrund von Baulasten8 und sonstige Ansprüche zugunsten des kirchlichen Verwaltungs- und Finanzvermögens dazu, ohne Rücksicht auf die in Art. 138 Abs. 2 nur beispielhaft genannten Zwecke.9 Die Gegenmeinung will den Schutz beschränken auf Vermögensbestandteile und -rechte, die unmittelbar dem Gottesdienst oder der Seelsorge dienen, also auf die res sacrae, sowie auf kirchliche Schulen, Hochschulen, Krankenhäuser und Friedhöfe.10 Wenn aber die ratio legis in der Absicht zu sehen ist, durch den Schutz des Kir2 Art. 138 Abs. 2 lautet: „Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen werden gewährleistet“. 3 So einige katholische Verträge. 4 Zutreffend H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 83 ff. mit ausführlicher Begründung. 5 Oft wird übersehen, dass ein erheblicher Teil des Kirchenvermögens aus Schenkungen und Erbschaften stammt mit der Zielbestimmung, dem Seelenheil des Schenkers oder jedenfalls der Religionspflege zu dienen. 6 Die meisten althergebrachten Naturalleistungen, z. B. Gestellung von Abendmahl- und Messweinen, wurden inzwischen in Geldleistungen umgewandelt. 7 Vgl. BVerwGE 87, 115 (122). 8 Vgl. BVerwGE 38,76 (79); dazu näher Erl. d). 9 Ebenso A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 11; K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2809 Rn. 18; P. Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Die Grundrechte, hrsg. von K. A. Bettermann/H. C. Nipperdey/H. Scheuner, Bd. IV/1, 1960, S. 111 (220 f.); M. Morlok, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. III, Rn. 28 ff. zu Art. 138 i. V. m. Art. 140, Rn. 28 ff.; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 412, u. a. mit dem Hinweis darauf, dass während der Verfassungsberatungen 1919 „sonstiges Vermögen“ nur aus sprachlichen Gründen an die Stelle von „Fonds“ gesetzt worden sei; ferner U. Scheuner, Fortfall S. 360; BVerfGE 99, 100 (120 f.); auch alle privatrechtlichen Forderungen sind einbezogen, vgl. K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2808 Rn. 17; BVerfGE 99, 100 (120 f.); missverständlich BVerfGE 18, 392 (398). 10 D. Ehlers in: Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 9. Aufl. 2021, Art. 140/138 WRV Rn. 8; B. Jeand’Heur/St. Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000 Rn. 353; U. K. Preuß in:

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chengutes im öffentlichen Interesse – zur Wahrung der Religionsfreiheit und der kirchlichen Selbständigkeit – die Handlungsfähigkeit der Kirchen materiell aufrechtzuerhalten,11 dann ist es wenig einleuchtend, die kirchlichen Vermögenswerte in schützenswerte und nicht schützenswerte aufzuteilen; außerdem provozierte man dann willkürliche Vermögensumschichtungen. c) Der unter b) genannte Schutzzweck erstreckt sich allerdings nicht auf sämtliche nichtvermögenswerte Berechtigungen; er deckt z. B. nicht die Zuständigkeit für Beurkundungen12 oder lautes Zeitläuten der Kirchenglocken.13 Gleiches gilt für die Rechte, auf die die verfügungsberechtigte Kirche – z. B. auch vertraglich (Art. II Abs. 2) – verzichtet hat. Im Übrigen sind die kirchlichen Rechte an Vermögenswerten eingeschränkt durch Regelungen für Enteignungen14, zur Gefahrenabwehr, also Polizei- und Baurecht einschließlich Brandschutzbestimmungen und Strafverfolgungsrecht oder durch Regelungen auf statistischem Gebiet; dies sind Folgerungen aus den „Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ (Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV), ein Rechtssatz, der auch im Rahmen des Kirchengutschutzes anzuwenden ist,15 allerA. Azzola u. a. (Hg.), Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Alternativkommentar) Art. 140 Rn. 67; ähnlich Th. D. Wehdeking, Kirchengutsgarantie, S. 36 f. Fn. 143 trotz Einbeziehung der nur mittelbar kirchlichen Zwecken dienenden Vermögensrechte, die dem „weltlich-politischen Bereich“ dienen, wogegen zu sagen ist, dass dieser Tätigkeitsbereich zum einen zum Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen zählt und auch der Gewinnung von Gläubigen dient oder auch zur Bekräftigung der kirchlichen und religiösen Position; zum anderen wären die hierfür bereitgestellten Mittel meist nicht zu unterscheiden von solchen, die unmittelbar der Seelsorge dienen, zu erkennen z. B. am Aktienbesitz des Vatikans; einschränkend auch J. Lücke, Kirchengutsgarantie, S. 540; R. Mainusch, Die öffentlichen Sachen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, 1995, S. 182, nach Darstellung des Diskussionsstandes mit dem Hinweis auf den Wortlaut von Art. 138 Abs. 2 WRV, wobei er aber die „anderen Rechte der Religionsgesellschaften […] an […] sonstigem Vermögen“ unberücksichtigt lässt; Mainuschs weiterer Hinweis auf die „Berücksichtigungsklauseln“ im vertraglichen Schutz von Kirchengut bei Enteignungen überzeugt deshalb nicht, weil sich dieser Schutz auf formelle Enteignungsverfahren im Interesse des Gemeinwohls bezieht, der sich im Übrigen auch auf das Kultus- und Unterrichtsvermögen erstrecken kann, während Art. 138 Abs. 2 WRV vor sämtlichen Beeinträchtigungen kirchlicher Rechte schützt. 11 Vgl. P. Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Kommentar, Art. 140/138 Abs. 2 WRV Rn. 26; J. Heckel, Kirchengut und Staatsgewalt in: FS Smend 1952, S. 130; K. Hesse, Das neue Bauplanungsrecht und die Kirchen, ZevKR 5 (1956), S. 62 (74); K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2801 – 2803 Rn. 3 – 5; U. Scheuner, Fortfall, ZevKR – 141968/69 S. 353; BVerwGE 87, 115 (121 f.); ferner B. Jeand’Heur/St. Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts (Fn. 10) Rn. 351, wobei zur dortigen Argumentation anzumerken ist, dass die in Art. 138 Abs. 2 WRV – allerdings nicht in Art. 7 Abs. 1 Ev. Kirchenvertrag – aufgeführten Zwecke die Einbeziehung jeglicher Vermögenswerte abdeckt, weil – jedenfalls nach heutigen Vorstellungen – alle kirchlichen Vermögenswerte der Durchführung kirchlicher Aktivitäten dienen. 12 BVerfGE 18, 392 (396). 13 LG Aschaffenburg, NVwZ 2000, 965 (966). 14 Vgl. die Erl. zu Abs. 2 unten unter k). 15 Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 1; M. Heckel, Staat-Kirche-Kunst, 1968, S. 244 f.; K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2814 Rn. 26;

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dings mit den gleichen Güterabwägungserfordernissen16 wie bei Anwendung des Artikels 137 Abs. 3 WRV. Bei dieser Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit das einzuschränkende Recht unmittelbar der Ausübung des Glaubens dient und deshalb einen verstärkten Schutz verlangt. Schließlich setzt das Gebot des Kirchengutschutzes voraus, dass das zu schützende Recht überhaupt noch Bestand hat, also nicht etwa aus Gründen des Zeitablaufs oder als unverwirklichbar obsolet geworden ist oder gar ohne Baugenehmigung errichtet wurde.17 d) Besonderheiten ergeben sich für den Schutz von Ansprüchen aus Baulasten, die sich sowohl auf Bauunterhaltung und Modernisierung als auch auf Wiederherstellung von Gebäuden, häufig einschließlich des Zubehörs, erstrecken. Baulasten können sich aus Patronaten, aus Zusicherungen im Anschluss an Säkularisierungen aufgrund des Reichsdeputionshauptschlusses sowie aus sonstigen Rechtstiteln, z. B. „Herkommen“, ergeben. Nichtkirchliche Eigentümer kirchlicher Gebäude, insbesondere das Land oder Erbbauberechtigte, tragen Baukosten als Erhaltungskosten selber.18 Baulastansprüche zugunsten von Kircheneigentum können sich gegen das Land – soweit nicht durch Art. 11 Abs. 1 aufgehoben –, gegen Kommunen und öffentlich-rechtliche Stiftungen oder auch gegen Privatpersonen und -einrichtungen richten,19 müssen aber rechtlichen Bestand haben, dürfen also nicht etwa wegen des Wegfalls der Zweckbestimmung obsolet geworden sein.20 Ist z. B. eine Baulast zugunsten einer Kirche in ihrer Eigenschaft als örtlich dem Gottesdienst dienendes Gebäude bestellt, so entfällt sie im Zeitpunkt der Entwidmung.21 Andererseits ändern die Einführung der Kirchensteuer oder organisatorische Veränderungen einer baulastpflichtigen Kommune nichts an bestehenden Verpflichtungen, ebenso wenig in den meisten Fällen eine Veränderung der konfessionellen Zusammensetzung der Bürger der Kommune;22 ein gesunkener konfessioneller Anteil der Ortsbevölkerung Chr. Meyer, Die Vermögensverwaltung, S. 916; BVerwGE 87, 115 (125); a. A., zumindest in der Begründung, J. Lücke Kirchengutsgarantie, S. 541 f. Zu Recht sieht z. B. die Amtliche Begründung zum Thüringer katholischen Kirchenvertrag die Pflicht zum Gebäudeschutz dann nicht als gegeben an, wenn ein Gebäude entgegen den baurechtlichen Bestimmungen errichtet wurde und keinen Bestandsschutz genießt (LT-Drs. 2/2100, S. 28 zu Art. 19). 16 Hierzu BVerfGE 87, 115 (121). 17 BVerwGE 28, 179 sowie BVerwG DVBl. 1999, 695. 18 Siehe aber Art. 9 Abs. 3. 19 Zur Vielfältigkeit der Baulasten vgl. umfassend Th. Lindner, Baulasten umfassend, passim; ferner A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, §31 Rn. 1 ff.; mit weiteren Nachweisen sowie speziell zu den kommunalen Baulasten S. Böhland, Kommunale Baulastverpflichtungen vor dem Hintergrund des Einigungsvertrages, ZevKR 46 (2001), S. 141 ff. 20 BVerwGE 28, 179 (182 f.) und 38, 76 (82). 21 Vgl. J. Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, HSKR, 2 1994, Bd. 1, § 35, S. 1048; zu anderen Fällen des Wegfalls BVerwG, DVBl. 1979, 116 (117 f.). 22 Vgl. BVerwGE 38, 76 (81); ferner M. Dröge, Baulast an kirchlichen Gebäuden, HSKR, 3 2020, Bd. 3, § 64, S. 26650 f. Rn. 31 sowie A. v. Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht, § 32, S. 272 f. und Th. Lindner, Baulasten, S. 238 ff. und 268 ff., alle mit Nachweisen für

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schwächt im Übrigen eher die Finanzkraft der Kirche und unterstreicht die Notwendigkeit steigender finanzieller Hilfe. Die Baulast richtet sich nach den „Bedürfnissen der Gegenwart“.23 Dazu zählen z. B. bei Pfarrwohnungen auch moderne, allgemein übliche Installationen. e) Der Kirchenschutz des Artikels 7 Abs. 1 geht über den normalen Schutz des Eigentums (Art. 14 GG und Art. 18 Landesverfassung) mit den darin niedergelegten Einschränkungen hinaus.24 Keine Einigkeit besteht allerdings über das Ausmaß. Nach wohl überwiegender Meinung sind nur die res sacrae von jeder Beeinträchtigung ausgenommen, während die übrigen Vermögensrechte den verfassungsrechtlichen Schutz je nach dem „Intensitätsgrad ihrer Funktionsbezogenheit“, also abgestuft „nach Maßgabe ihres Religionsbezuges“,25 genießen; der Schutzumfang verschiebe sich hin bis zum normalen Eigentumsschutz, während Art. 140 GG /138 Abs. 2 nur für die res sacrae ausnahmslos gelte.26 Diese Auffassung steht aber nicht nur im Widerspruch zu der These, dass sich Art. 138 Abs. 2 auf sämtliche kirchlichen Vermögenswerte bezieht, sondern sie nimmt für einige Bereiche diesem Artikel jede eigenständige Bedeutung. Wenn Artikel 138 Abs. 2 GG grundsätzlich einen „besonderen“ Schutz gewährleistet, dann gilt das auch für nichtkultisches Vermögen. Bei jeder Maßnahme, die kirchliches Vermögen tangiert, einschließlich solcher durch oder aufgrund des „für alle geltenden Gesetzes“ sowie z. B. bei Beurteilung der Frage, ob ein kirchliches Recht obsolet geworden ist, ist vielmehr gesondert zu prüfen, ob der Umstand, dass es sich um kirchliches Vermögen handelt, eine weniger einschneidende Maßnahme oder Entscheidung angezeigt erscheinen lässt.27 die leicht schwankende Rechtsprechung; zu der speziell die Kommunen treffende Verantwortlichkeit vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 4 ff.; auch R. Weber, Wegfall der Geschäftsgrundlage für die aus städtischen Patronaten entstehenden Baulastverpflichtungen an kirchlichen Gebäuden in den neuen Bundesländern, LKV 2001, 49, bringt außer den zahlenmäßigen keine neuen Argumente, v. a. nicht vom Verpflichtungsgrund her. 23 A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 7; ebenso J. Isensee (Fn. 21), S. 1023, auch unter Berufung auf eine Entscheidung des PrOVG von 1908 (Bd. 53, 226 (229). 24 Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 10 ff. mit Nachweisen. Eine besonders überzeugende Abgrenzung liefert S. Grundmann, Art. Säkularisation, EvStL, 2. Aufl., 1987, Bd. 2 Sp. 3037; das BVerwG spricht von der „besonderen Funktion des Kirchengutes gegenüber Zugriffen des Staates“ und von einem „eigenständigen Schutzbereich“, BVerwGE 87, 115 (122); vgl. auch die Amtliche Begründung zum Vertrag, LT-Drs. 1/3087 S. 7. 25 A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 13 im Rückgriff auf K. Hesse (Fn. 11) S. 75. 26 Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 13, K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2804 Rn. 9; Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 916. 27 Als Beispiel für eine gesetzliche Rücksichtnahme auf das Kirchengut verweisen A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 14 Fn. 39 auf § 15 Abs. 3 Sachenrechtsbereinigungsgesetz, wonach bei juristischen Personen als Grundstückseigentümern, die nach ihrem Statut Grundvermögen nicht veräußern dürfen (insb. also die

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Kriterium ist der gegenüber den normalen Eigentümerinteressen wichtigere, weil dem Gemeinwohl dienende Verwendungszweck des kirchlichen Vermögens. Dass bei einer solchen Abwägung, insbesondere anlässlich von Enteignungsverfahren, die kultische Bedeutung einerseits und die mögliche Substituierbarkeit des betroffenen Vermögensrechts andererseits eine wesentliche Rolle spielen, ist einleuchtend. f) Begünstigte des Kirchenschutzes sind nach Artikel 7 Abs. 1 sämtliche kirchlichen Einrichtungen, unabhängig von ihrer Rechtsform,28 also unter Einschluss nichtrechtsfähiger Institutionen. Der Unterschied in der Formulierung gegenüber Artikel 138 Abs. 2 WRV ist ohne Bedeutung, weil nach allgemeiner Auffassung auch Artikel 138 Abs. 2 das Vermögen aller religiösen Einrichtungen schützt.29 g) Der Rechtsweg bei Klagen wegen Beeinträchtigung des Kirchengutes richtet sich nach dem „Charakter des geltend gemachten Anspruchs“ bzw. nach dem Charakter des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird.30 Eine Verfassungsbeschwerde wird sich in aller Regel auf eine Verletzung der Religionsfreiheit (Art. 4 GG und Art. 9 Landesverfassung) stützen können. h) Absatz 1 Satz 2 enthält eine steuerliche Zusicherung, die allerdings außerhalb der Landeskompetenz liegt, solange der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis nach Artikel 105 Abs. 2 GG Gebrauch gemacht hat. Letzteres ist bezüglich der Gemeinnützigkeit und der daraus folgenden Steuerbegünstigung geschehen,31 worauf auch der Hinweis auf „das geltende Steuerrecht“ Bezug nimmt. Diese Vertragsregelung, die in keinem der übrigen Verträge in den neuen Ländern einschließlich des katholischen und des jüdischen Vertrages in Sachsen-Anhalt aufgenommen worden ist, könnte seine Wirkung nur bei Wegfall der Steuergesetze des Bundes oder einer veränderten Umschreibung der Gemeinnützigkeit in künftigen Steuergesetzen von Bund und Ländern entfalten. Nach Bundesrecht sind die Kirchen und ihre Gliederungen als öffentlich-rechtliche Körperschaften befreit von der Körperschaftssteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftssteuergesetz), ferner von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 Gewerbesteuergesetz), und zwar für kirchliche Krankenhäuser und Altenheime, nicht aber für WirtschaftsKirchen), der Nutzer statt eines Erwerbs auf eine Erbbaurechtsbestellung verwiesen werden kann. 28 Vgl. BVerfGE 99, 100 (120). 29 Vgl. K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2806 Rn. 13; J. Lücke, Verfassungsgarantie, S. 534 (539); Chr. Meyer, Vermögensverwaltung S. 916 und Fn. 35; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 411 sowie BVerfGE 46, 73 (86). 30 K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2815 Rn. 29: maßgeblich sei „der Rechtscharakter des Streitgegenstands“; R. Mainusch, Die öffentlichen Sachen, S. 175; BVerwGE 87, 115 (119). Ein Beispiel: Ein staatlicher Anspruch auf Entwidmung ist vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen, weil Widmung und Entwidmung öffentlich-rechtlichen Charakter haben. 31 Zum folgenden vgl. die Gesamtdarstellung bei M. Droege, Förderung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften im Abgabenrecht, HSKR, 32020, § 74, S. 3073 (3104 ff. Rn. 32 ff.).

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betriebe (außer Forstbetrieben) wie etwa kirchliche Gärtnereien, Andenkenläden oder Spirituosenherstellung, von der Erbschafts- und Schenkungssteuer (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a Erbschaftssteuergesetz), von der Grundsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Grundsteuergesetz) für der religiösen Unterweisung, der kirchlichen Wissenschaft, dem Unterricht, der Erziehung oder der kirchlichen Verwaltung dienende Grundstücke, ausgenommen Dienstwohnungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 Grundstückssteuergesetz), dem Gottesdienst gewidmeter Grundbesitz (§ 4 Nr. 1) sowie für kirchliche Friedhöfe (§ 4 Abs. 2) und schließlich von der Umsatzsteuer, soweit nicht gewerbliche Betriebe im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Nr. 6, 2 Abs. 1 und 2 sowie 4 des Körperschaftssteuergesetzes gehalten werden (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Umsatzsteuergesetz im Umkehrschluss); für bestimmte kirchliche Zweckbetriebe gilt ein ermäßigter Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 8). Begünstigt werden nicht nur öffentlich-rechtliche Körperschaften, sondern auch privatrechtlich organisierte Verbände, Einrichtungen und Vereine, deren Steuerbefreiung unter den Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung vorgesehen ist.32 i) Die im Schlussprotokoll zu Artikel 7 Abs. 1 enthaltene Zusicherung hinsichtlich der Bewirtschaftung des kirchlichen Waldbesitzes bezieht sich auf Bestimmungen des Landeswaldgesetzes, das zur Zeit der Vertragsunterzeichnung erst im Entwurf vorlag.33 Nach dessen § 24 ist eine kostenlose Beratung (Absatz 2) neben einer entgeltlichen Betreuung (Absatz 3) vorgesehen.34 k) Absatz 2 konkretisiert den zusätzlich vertraglich zugesicherten Schutz des Kirchengutes im wichtigsten Fall, nämlich im Rahmen formeller Enteignungsverfahren, in zweifacher Hinsicht: durch Rücksichtnahme auf die „kirchlichen Belange“ und gegebenenfalls durch Hilfeleistung bei der Beschaffung von Ersatzgrundstücken. Ersteres bezieht sich auf die Entscheidungen darüber, ob überhaupt eine Enteignung vorgenommen werden soll und bejahendenfalls, ob insbesondere eine Entschädigung in Land festzusetzen ist; die daneben zugesagte Hilfestellung bei der Ersatzlandsuche soll sodann die praktische Umsetzung ermöglichen oder erleichtern. Die Regelung geht davon aus, dass Enteignungen von Kirchenvermögen – als schwerstwiegender Eingriff in das Kirchengut – grundsätzlich zulässig sind; Artikel 14 GG sowie die Durchführungsgesetze35 sind dabei als „für alle geltende“ Schrankengesetze (Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV)36 anzusehen.37 32

Zu den Einzelheiten vgl. M. Droege (Fn. 31). Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/1087, Begründung zu Art. 7, S. 7 sowie Gesetz vom13. 4. 1994 (GVBl. S. 520). 34 Die von H. U. Anke (Fn. 4) S. 170 Fn. 543 angezweifelte rechtliche Bindung besteht in der Dauerzusage der den Kirchen versprochenen Unterstützung, die künftig auch auf andere Weise geleistet werden kann; im Fall einer Streichung des § 24 Landeswaldgesetz läge eine Vertragsverletzung vor. 35 Insbesondere das Enteignungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. 04. 1994 (GVBl. LSA S. 508), ferner als häufigster Anwendungsfall § 41 des Straßengesetzes SachsenAnhalt v. 6. 7. 1993 (GVBl. LSA S. 334) sowie u. a. § 94b des Wassergesetzes Sachsen-Anhalt vom 16. 03. 2011 (GVBl. LSA 2011, 492), § 32 des Naturschutzgesetzes vom 10. 12. 2010 33

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Das Kirchengut wird allerdings nicht nur durch die allgemeine Kirchengutsgarantie, sondern auch durch das Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 GG) geschützt38, das insofern eine verfassungsimmanente Schranke des Artikels 14 GG darstellt. Das gilt vor allem für die res sacrae, also die unmittelbar der Ausübung des Gottesdienstes und der Seelsorge dienenden Sachen; jede Enteignung einer Kirche oder eines – u. U. wertvollen – Kunstgegenstandes wie Abendmahlskelche oder Kruzifixe wäre ein einschneidender Eingriff in den Schutzbereich des Artikels 4 GG und erforderte eine Abwägung des Gewichts der drei betroffenen Verfassungsbestimmungen.39 Über diese Abwägung besteht überwiegend Einigkeit dahingehend, dass die res sacrae vor jeder gegen den kirchlichen Willen vorgenommenen Enteignung geschützt sind.40 Für alle übrigen Bestandteile des Kirchenvermögens sind zwar grundsätzlich – unter den in Artikel 14 Abs. 3 des Grundgesetzes aufgeführten Bedingungen – Enteignungen zulässig,41 doch bedeutet die in Absatz 2 enthaltene Zusicherung, dass das Land sich bei jedem Vorhaben des verfassungsrechtlichen Kirchengutschutzes bewusst sein wird und deshalb Enteignungsentschädigungen von der Güterabwägung abhängig machen wird, wie belastend sie sich für die betroffene Kirche auswirken würden.42 Gleiches gilt sodann auch für Art und Umfang der Entschädigung, die in der Regel nicht nur „angemessen“ ausfallen darf, sondern den vollen Wertaus(GVBl. LSA 2010, 569), § 19 des Denkmalschutzgesetzes v. 21. 10. 1991 (GVBl. LSA 1991, 368, ber. 1992, S. 310) und insbesondere §§ 85 ff. BauGB. 36 Zur Anwendbarkeit im Rahmen des Kirchengutschutzes vgl. oben c). 37 A. A. K.-H. Kästner, Buchbespr. AöR 123 (1998), S. 333 (334). 38 BVerfGE 99, 100 (118 ff.): „Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 2 WRV konkretisiert den Schutz der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG im Hinblick auf kirchliches Eigentum und andere Rechte“ (S. 127.) 39 Vgl. BVerwGE 87, 115 (126 f.). 40 Vgl. oben e) sowie H. U. Anke, Neubestimmung, S. 173; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 31 Rn. 12 f.; C. Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999, S. 105 m. Fn. 418, dort unter Bezugnahme auf die Protokolle der Beratungen zu Art. 37 Abs. 1 der Landesverfassung Brandenburg; K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2811 f. Rn. 22 m. weit. Nachw., der allerdings die Enteignung einer Kirche dann als zulässig erachtet, wenn die kirchliche Widmung auch danach bestehen bleibt, oder bei Auferlegung einer Dienstbarkeit, in der Praxis schwer vorstellbare Fälle; ferner H. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 407 ff., auch mit der Begründung, dass die Entwidmung einer res sacrae ausnahmslos nur von der Kirche selbst vorgenommen werden könne; a. A. für Ausnahmefälle wie Talsperrenbau oder Kohleabbau; B. Jeand’Heur/St. Korioth (Fn. 10) S. 243; J. Müller-Volbehr, Körperschaftsstatus und Sachenrecht der Kirchen, ZevKR 33 (1988) S. 173; B. Schlink, Neuere Entwicklungen im Recht der kirchlichen öffentlichen Sachen und der res sacrae, NVwZ 1987, 637; D. Schütz, res sacrae, HSKR, 21995, Bd. 2, § 38, S. 13. 41 Einige Enteignungsgesetze schließen allerdings die Enteignung kirchlicher Grundstücke zur Beschaffung von Ersatzland im Rahmen eines anderen Enteignungsverfahrens von vornherein aus, so z. B. § 90 Abs. 2 Nr. 2 BauGB oder § 16 Nr. 1 Buchst. c Landbeschaffungsgesetz. 42 A. v. Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht, § 32, S. 274; S. Grundmann (Fn. 24) S. 3035 f.; Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 915; K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2812 f. Rn. 23 f.

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gleich erfordert.43 Die erste in Artikel 7 Abs. 2 enthaltene Zusage bezüglich der Berücksichtigung kirchlicher Belange erstreckt sich auch auf Entscheidungen über eine Entschädigung in Form von Land im Falle von Grundstücksenteignungen; da nach kirchlichem Recht Grundstücke grundsätzlich nicht veräußert werden dürfen, weil sie ähnlich wie der Grundstock einer Stiftung der Dauerfinanzierung aller kirchlichen Aktivitäten dienen,44 sind diese Entscheidungen für die Kirchen von großer Wichtigkeit; sie sind in aller Regel an einer Entschädigung in Form von Land45 stark interessiert. Für das „pflichtgemäße Ermessen“ der Enteignungsbehörde, das „unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten“ ausgeübt werden soll (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, § 15 Abs. 3 Landesenteignungsgesetz, § 100 Abs. 4 BauGB), hat das Land im Schlussprotokoll zu Artikel 7 Abs. 2 für seine eigenen Behörden wie für die Kommunalbehörden die Berücksichtigung des Umstands, dass der Kirchengutschutz ein „herausgehobener“ ist46, zugesagt.47 Durch diese Zusage wird zwar der Ermessensspielraum der Enteignungsbehörde nicht beseitigt, wohl aber zugunsten der Kirchen eingeengt. Wo allerdings kein Ermessensspielraum besteht, wie etwa nach Festlegung des Flurbereinigungsplans gemäß § 56 ff. des Flurbereinigungsgesetzes, kann auch keine Bevorzugung der Kirchen erfolgen.48 Eine etwas strengere Regelung dokumentiert Absatz 2 Satz 2 des Schlussprotokolls für Fälle, in denen einer Körperschaft beim Grundstückserwerb, also auch dem Erwerb von Ersatzland, Beschränkungen auferlegt werden. Im Unterschied zum Loccumer Vertrag49 will das Land hierbei keine generelle Ausnahmeregelung

43 Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 331 Rn. 12 f.; K.-H. Kästner, Schutz des Vermögens, S. 2813 Rn. 24; H. U. Anke, Neubestimmung, m. weit. Nachw.; im Ergebnis auch J. Lücke, Kirchengutsgarantie, S. 544. 44 Zur Unveräußerlichkeit im evangelischen Bereich vgl. B. Winkel, Zum Grundsatz der Unveräußerlichkeit kirchlichen Vermögens, in: ZevKR 46 (2001), S. 418 – 439; B. Kämper/ M. Schulten, Die Selbstbestimmung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften über ihr Vermögen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 70, S. 2819 (2869 f. Rn. 94). Zu den Charakteristika kanonischer Vermögensverwaltung vgl. B. Kämper/M. Schulten, a. a. O., S. 2860 ff. Rn. 74 ff. 45 Vgl. § 15 Enteignungsgesetz Sachsen-Anhalt sowie § 100 BauGB. 46 Vgl. Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 7. 47 Im Unterschied zu Art. 18 Abs. 2 des Loccumer Vertrags ist zwar die Berücksichtigung kirchlicher Belange nicht ausdrücklich für Grundstücksverkehrsgenehmigungen zugestanden, doch wirkt sich die Kirchengutsgarantie immer auch auf Folgeverfahren aus, vgl. E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 418. 48 Vgl. den ausdrücklichen Hinweis in der Amtliche Begründung (Fn. 46). 49 Vgl. die Amtliche Begründung zu Art. 18 Abs. 2, abgedr. bei J. Listl, Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, 1987, Bd. 2 S. 119 (127). Allerdings sollte Art. 18 Abs. 2 Satz 2 des Loccumer Vertrages über ein Entgegenkommen bei Grundstücksverkehrsgenehmigungen auch nur vorübergehend ein Hindernis für den Landerwerb durch die Kirche in künftigen Gesetzen beseitigen helfen (Auskunft des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forst v. 6. 12. 2001).

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konzedieren, hält aber dennoch die Tür für eine Ausnahmeregelung durch die Worte „in der Regel“ offen.50 Die zweite in Absatz 2 enthaltene Zusage des Landes bezieht sich auf die Umsetzung einer von der Enteignungsbehörde festgesetzten Entschädigung in Form von Land. Hierfür sollen Landes- und Kommunalbehörden „Unterstützung bei der Suche nach einem Ersatzgrundstück“ leisten und im Falle mehrerer Interessenten „eine Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Grundstücke“ vornehmen (Abs. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 7 Abs. 2). Da Land und Kommunen nicht nur selbst über mögliches Ersatzland verfügen, sondern auch den besten Überblick über den Grundstücksmarkt haben, das Land sogar Enteignungen zur Beschaffung von Ersatzland vornehmen kann (§ 2 Nr. 3 Landesenteignungsgesetz, § 90 Abs. 1 Nr. 1 BauGB), sollten die Kirchen bei der Suche nach Ersatzgrundstücken nicht auf den freien Grundstücksmarkt allein angewiesen sein. Die gleichzeitige zugesicherte Bevorzugung gegenüber anderen Grundstücksinteressenten ist zwar eine Beschränkung des die Behörden grundsätzlich bindenden Neutralitätsgebotes bzw. Gleichbehandlungsgrundsatzes bezüglich aller „Interessenten“, rechtfertigt sich jedoch aus dem der Allgemeinheit dienenden Zweck sowie aus der auch hierauf ausstrahlenden Kirchengutsgarantie. Andererseits begründet die vertragliche Unterstützungszusage keinen Anspruch auf Übereignung eines staatlichen oder kommunalen Grundstücks (Abs. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 7 Abs. 2), sondern stellt nur den möglichen Nachweis eines Ersatzgrundstücks in Aussicht.51 l) Die Inpflichtnahme auch der Kommunen hat allerdings nach derzeitiger Rechtslage nur für die genannten Hilfsleistungen Bedeutung, nicht dagegen für die Entscheidungen im Enteignungsverfahren, weil durchweg nicht die Kommunen als Entscheidungsbehörde fungieren, sondern die „höhere Verwaltungsbehörde“ (§ 104 Abs. 1 BBauG), d. h. in Sachsen-Anhalt das Landesverwaltungsamt (§ 16 Abs. 1 Landesenteignungsgesetz); anders nur im Fall einer Zuständigkeitsänderung durch Landesgesetz aufgrund der Versorgungsermächtigung in § 104 Abs. 2 BauGB. Gewisse Einwirkungsmöglichkeiten der Kommunen sind ansonsten nur in deren Eigenschaft als „Begünstigte“ denkbar. Die Mitwirkungsverpflichtung für die Ersatzlandsuche ist im Übrigen als Ausfluss der Amtshilfepflicht zu betrachten.52 m) In Absatz 3 haben die Vertragsparteien versucht, praktisch Unlösbares lösbar zu machen, um Belastungen, die für die Kirchen aufgrund von Enteignungen vor und während der DDR-Zeit, also rückreichend bis 1933 (Satz 2 des Schlussprotokolls zu Art. 7 Abs. 3), durch die Vermögensgesetzgebung des Reiches, der Besatzungsmächte oder der DDR eingetreten sind, für einige Bereiche abzumildern. Sowohl während der Zeit des Nationalsozialismus als auch in der Besatzungs- und DDR-Zeit ist Kir50

Hindernisse für juristische Personen können sich z. B. aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grundstücksverkehrsgesetzes wegen „ungesunder Verteilung des Grund und Bodens“, also wenn sich die erwerbende Kirche als nicht wirtschaftsfähig erweist, ergeben. 51 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 7. 52 Amtliche Begründung (Fn. 46).

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chenvermögen einschließlich Grundstücken und Grundpfandrechten ohne Gewährung von gleichwertigem Ersatz enteignet worden, wofür nach der geltenden Rechtslage oft keine Rückerstattungsansprüche geltend gemacht werden können.53 Ein Teil der enteigneten Grundstücke befindet sich im Eigentum der öffentlichen Hand, ebenso auch Kunstgegenstände; sie gelten dort als Bestandteile des öffentlichen Vermögens und werden bei Bedarf zu Marktpreisen verkauft. Da dem Land auf diesem Gebiet die Gesetzgebungszuständigkeit fehlt, konnten die Vertragsparteien lediglich auf Billigkeitsentscheidungen abstellen, in deren Rahmen das Land kirchliche Wünsche auf „einen gerechten Ausgleich wohlwollend prüfen“ will.54 Typische Fälle sind z. B. Enteignungen, deren Zielsetzung später weggefallen ist oder die einen politischen Hintergrund hatten, ferner eindeutig falsche Anwendung von DDR-Recht oder etwa die Nichterteilung der staatlichen Genehmigung einer Erbschaft. Ein „gerechter“ Ausgleich ist in Gestalt von Geldleistungen, in einer Rückgabe unter günstigen Bedingungen oder auch in Form einer Mitnutzung denkbar. Für besonders schwierige Fälle werden Einzelvereinbarungen in Aussicht genommen (Satz 1 des Schlussprotokolls zu Art. 7 Abs. 3). Jedenfalls gibt diese Vertragsbestimmung den Kirchen das Recht, einschlägige Fälle anzusprechen, sowie auf ernsthafte Befassung der Behörden mit derartigen Fällen. Konsequenzen aus der Regelung des Artikel 7 Abs. 3, die in andere Verträge außer in den evangelischen Vertrag Brandenburg nicht übernommen wurden, sind bisher nicht bekannt geworden. Absatz 3 Satz 3 enthält eine Bemühungsklausel dergestalt, dass das Land eine Einwirkung auf die Kommunen mit der gleichen Zielsetzung wie nach Satz 2 zusagt.

53

Eine detaillierte Aufstellung der Bodenreformmaßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg mit Beschreibung der komplizierten Bundesregelungen bringen T. Möhlenbrink, Kirche und Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) 1945 bis 1949, 1997, insbes. S. 151 ff. sowie die Rezension von H. Kremser, ZevKR 43 (1998), S. 545. Neben unmittelbar enteigneten Grundstücken und Nießbrauchsrechten kommen auch weggefallene Baulastpflichten durch Enteignung des Großgrundbesitzes privater Patronatsherren in Betracht, vgl. dazu Th. Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, 1995, S. 279 f. m. Nachw. Soweit diese Lasten nicht als erloschen gelten, sind sie gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 abgegolten und gem. Art. 11 Abs. 1 aufgehoben (vgl. auch Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 12 f. zu den Art. 11 u. 13). 54 Nach Auffassung des Landes wäre dies ein Ausfluss der Freundschaftsklausel, (LTDrs. 1/3087, Begründung, S. 8); ebenso die Kirchenleitung der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen, Begründung des Entwurfs eines Zustimmungsgesetzes, Anl. zur Drs. Nr. 32/93 der Synode vom 28. – 30. 10. 1993. Vgl. im Übrigen dazu A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (279). Die Amtliche Begründung hält als Folge dieser Zusage eine Einwirkung auf Entscheidungen des Bundes für möglich, auch wenn der Vertragstext keinen entsprechenden Hinweis enthält, so dass nur an Bundesratsinitiativen zu denken wäre oder an Entscheidungen in Fällen, in denen der Bund Begünstigter ist.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 7: (1) Das Land gewährleistet den Kirchen, ihren Kirchengemeinden, Gliederungen und rechtsfähigen Vermögensträgern das Eigentum und andere Rechte gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes und Artikel 9 Absatz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919. (2) Die Enteignungsbehörde nimmt auf die Belange der Kirchen Rücksicht Ist ein anderer als das Land Begünstigter der Enteignung, so wird sich die Landesregierung gegebenenfalls dafür verwenden, daß der Begünstigte geeignetes Ersatzland den Kirchen als Entschädigung zur Verfügung stellt. (3) Soweit die Kirchen von früheren vermögensrechtlichen Eingriffen betroffen sind, richten sich ihre Ansprüche nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie für die Kirchen. Absatz 2 schützt die besonderen Aufgaben der Kirche, ohne daß er im Einzelfall eine Enteignung kirchlichen Grundes verbieten würde. Bei der Abwägung über die Zulässigkeit einer Enteignung ist auf die kirchlichen Belange Rücksicht zu nehmen. Absatz 3 stellt klar, daß die Kirchen hinsichtlich früherer vermögensrechtlicher Eingriffe genauso gestellt sind wie alle anderen. Sonderrechte für die Kirchen gibt es hier nicht.

Kommentierung 1. Absatz 1 enthält die traditionelle Kirchengutsgarantie, wobei die Frage der Rechtsform begünstigter kirchlicher Einrichtungen durch das Kriterium der Rechtsfähigkeit festgelegt wird, also keine Beschränkung auf öffentlich-rechtliche, aber ein Ausschluss nichtrechtsfähiger Einrichtungen erfolgt ist. Der vertragliche Schutz wird damit gegenüber dem verfassungsrechtlichen Schutz nach Artikel 140 GG/138 Abs. 2 WRV eingeengt.55 2. Absatz 2 geht von der Zulässigkeit von Enteignungen auch des Kirchenguts aus, betont aber die – verfassungsrechtlich vorgesehene – Pflicht, auf kirchliche Belange Rücksicht zu nehmen. Satz 2 regelt Hilfeleistungen bei der Beschaffung von Ersatzgrundstücken, wobei ein Tätigwerden des Landes zwar nur für diejenigen Fälle vorgesehen ist, in denen nicht das Land der Begünstigte ist, wozu auch Behörden des Bundes, aber auch Private zählen würden, doch ist mit dem Land davon auszugehen, dass die in Satz 1 genannte Rücksichtnahme sich auch auf Enteignungen zugunsten des Landes erstreckt.56 Die Erwähnung „gleichwertiger“ Ersatzgrundstü55

Vgl. oben A. I. 4. f. Mündliche Auskunft der Landesregierung; diese Auffassung lässt sich auch mit der zugesagten Rücksichtnahme auf kirchliche Belange begründen. Enteignungsbehörde ist der Innenminister (§ 9 Abs. 1 des Enteignungsgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern v. 2. 3. 1993, GVOBl. M-V 1993, 178). 56

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

cke erinnert daran, dass Entschädigungen für Kirchen den vollen Wertausgleich mit sich bringen müssen. 3. Absatz 3 schließt eine irgendwie geartete Hilfestellung bezüglich früher enteigneten Kirchenguts, zu dem in Mecklenburg-Vorpommern vor allem auch viele Erbbaurechtsgrundstücke zählen, ausdrücklich aus; eine Bevorzugung der Kirchen wurde sowohl von dem dafür zuständigen Innenministerium als auch im Landtag abgelehnt.57

2. Thüringen Art. 8: (1) Das Eigentum und andere Vermögensrechte der Kirchen und ihrer religiösen Vereine werden nach Maßgabe von Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung) gewährleistet. (2) Bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften werden die Landesbehörden auf die kirchlichen Belange Rücksicht nehmen. Beabsichtigen die Kirchen oder ihre religiösen Vereine, in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen entgegenkommen. Schlussprotokoll zu Artikel 8 Abs. 2: Bei Vermögensverlusten durch Enteignung vor dem 3. Oktober 1990 richten sich die Ansprüche nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Regierungsbegründung Die Vorschrift regelt die Frage des kirchlichen Eigentumsschutzes in Übereinstimmung mit Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung.

Kommentierung 1. Absatz 1 enthält die in den Verträgen übliche Bezugnahme auf Artikel 138 Abs. 2 WRV in Übereinstimmung mit Artikel 40 der Landesverfassung. Als Begünstigte werden wie in Artikel 138 Abs. 2 WRVauch kirchliche Vereine aufgeführt, sodass insofern eine Übereinstimmung der Vertrags- mit der Verfassungslage besteht. 2. Absatz 2 formuliert für eventuelle Enteignungsverfahren neben der zugesagten Rücksichtnahme auf kirchliche Belange eine betont „vorsichtige“ Zusage des Freistaates58, im Falle eines von den Kirchen gewünschten Erwerbs von Ersatzgrundstücken den Kirchen entgegenzukommen. Die Zusage schließt Fälle drohender Enteignung mit ein.

57 Der CDU-Abg. Dr. Gomulka bedankte sich als Vertreter seiner Fraktion während der 1. Lesung einerseits bei der Landesregierung dafür, dass sie den Kirchen „keine Sonderrechte“ eingeräumt habe, andererseits bei den Kirchen dafür, dass sie diese Regelung akzeptiert hätten (LT-Protokollvom 20. 4. 1994 S. 6106); vgl. auch die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4126, S. 22. Beides wohl eine Reaktion auf die damalige öffentliche Meinung. 58 Vgl. insbes. das Thüringer Enteignungsgesetz vom 23. 3. 1994 (GVBl. S. 329), die Klassifizierung als „vorsichtig“ stammt von H. Weber. Der Thüringer Evangelische Kirchenvertrag, FS M. Kriele, 1997 S. 1021, der bei den Vertragsverhandlungen als Berater fungierte.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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3. Ein besonderes Entgegenkommen des Landes und der Kommunen im Falle erzwungener früherer Enteignungen wird im Schlussprotokoll ausdrücklich ausgeschlossen.

3. Sachsen Art. 8: (1) Das Eigentum und andere vermögenswerte Rechte der Kirchen und ihrer Gliederungen werden in dem Umfang des Artikels 138 Abs. 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11, August 1919 gewährleistet. (2) Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf kirchliche Belange Rücksicht nehmen. Bei der Beschaffung gleichwertiger Ersatzgrundstücke werden sie im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften den Kirchen entgegenkommen.

Regierungsbegründung In Absatz 1 wurde die Kirchengutsgarantie des Artikels 138 Abs. 2 Weimarer Reichsverfassung, die sowohl nach dem Grundgesetz (Artikel 140) als auch nach der Landesverfassung (Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf) fortgilt, in den Kirchenvertrag übernommen. Damit verpflichtet sich der Freistaat gegenüber den Kirchen, die staatsrechtlich bedingten Besonderheiten kirchlicher Vermögensrechte zu beachten, die inhaltlich von der Gewährleistung des Eigentums abweichen (vgl. BVerwGE 87, 115, 121 ff.). Absatz 2 knüpft an die Kirchengutsgarantie des Absatzes 1 an und bestimmt, daß Landesbehörden im Rahmen von Enteignungsverfahren die Bedeutung des potentiell betroffenen vermögenswerten Rechts für den kirchlichen Auftrag zu berücksichtigen haben. Soweit eine Enteignung unumgänglich ist, soll den Kirchen, die in ihrer wirtschaftlichen Basis durch die Säkularisation geschwächt wurden, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften ein Ausgleich in erster Linie nicht durch Entschädigungszahlungen, sondern durch Ersatzlandbeschaffung gewährt werden.

Kommentierung 1. Absatz 1 bezieht sich wie die übrigen Staatskirchenverträge inhaltlich in Übereinstimmung mit Artikel 109 Abs. 4 der Landesverfassung auf Artikel 138 Abs. 2 WRV.59 Als Begünstigte werden neben den Kirchen zwar nur deren Gliederungen aufgeführt; da jedoch eine ausdrückliche Beschränkung auf öffentlich-rechtliche Körperschaften – so der Loccumer Vertrag – oder auf rechtsfähige Einrichtungen – so der Vertrag Mecklenburg-Vorpommern – fehlt, ist die Bezugnahme auf Artikel 138 Abs. 2 WRV so zu verstehen, dass auch nicht-öffentliche Einrichtungen einbezogen sind. 2. Absatz 2 bestätigt den Kirchen die Berücksichtigung kirchlicher Belange durch das Land im Falle notwendig werdender Enteignungsverfahren60 und sagt Entgegenkommen bei der Suche nach Ersatzgrundstücken zu. Nach Auffassung der Landesregierung bedeutet dies, dass bei Enteignung ein Ausgleich „in erster Linie nicht durch Entschädigungszahlungen gewährt werden“ 59 Die Landesregierung zieht in der Amtlichen Begründung daraus die Konsequenz, „daß die staatsrechtlich bedingten Besonderheiten kirchlicher Vermögensrechte“ beachtet werden müssten (LT-Drs. 1/4649, S. 12). 60 Das Sächsische Enteignungs- und Entschädigungsgesetz vom 18. 7. 2001 (SächsGVBl. S. 453) verweist im Wesentlichen auf die Enteignungsbestimmungen des Bundesbaugesetzes.

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

soll.61 Enteignungsbehörde ist die Landesdirektion Sachsen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Enteignungsgesetz).

4. Brandenburg Art. 6: (1) Den Kirchen, ihren Körperschaften, Einrichtungen und Werken gleich welcher Rechtsform werden ihr Eigentum und andere Vermögensrechte im Umfang des Artikels 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sowie Artikel 37 Abs. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg gewährleistet. (2) Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften im Rahmen des gesetzlichen Ermessens auf die kirchlichen Belange Rücksicht nehmen. Beabsichtigen die kirchlichen Körperschaften oder andere kirchliche Einrichtungen in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen Unterstützung gewähren. (3) Soweit die Kirchen von früheren vermögensrechtlichen Eingriffen betroffen sind, richten sich ihre Ansprüche nach den gesetzlichen Bestimmungen. Schlussprotokoll: Die Vertragsparteien nehmen in Aussicht, gegebenenfalls Einzelfälle, insbesondere soweit den Kirchen aus früheren vermögensrechtlichen Eingriffen keine Ansprüche erwachsen und das Land Begünstigter dieses Vermögensverlustes ist, wohlwollend jeweils durch gesonderte Vereinbarungen zu regeln. Die Vertragsparteien klären einvernehmlich die Folgen der vermögensrechtlichen Eingriffe in das Eigentum des Stiftes Marienfließ und des Klosters Stift zum Heiligengrabe. Das Land wird sich dort, wo kommunale Gebietskörperschaften oder andere kommunale Rechtsträger dauerhaft begünstigt worden sind, für die Aufnahme von Verhandlungen einsetzen. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, daß nur Fälle aus der Zeit zwischen 30. Januar 1933 und den 2. Oktober 1990 in Betracht kommen.

Regierungsbegründung In Absatz 1 wird die Kirchengutsgarantie nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 2 WRV sowie Art. 37 Abs. 1 LV wiederholt. Über die Grundrechtsgewährleistung nach Art. 14 GG, Art. 41 LV hinaus bewirkt die Kirchengutsgarantie einen Schutz der öffentlichen Funktion des Kirchenvermögens als Mittel zur Erfüllung der kirchlichen Aufgaben. Es beinhaltet damit in erster Linie das Verbot einer neuen Säkularisation. Nach Absatz 2 Satz 1 sind die Landesbehörden verpflichtet, bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften im Rahmen des gesetzlichen Ermessens auf die kirchlichen Belange Rücksicht zu nehmen. Hieraus folgt, daß die Belange der Kirche, ihrer Körperschaften, Einrichtungen oder Werke weder das den Enteignungsbehörden in der Regel eingeräumte Ermessen 61 Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4649, S. 12; G. Burger, Staatskirchenrecht in Sachsen, 1998, S. 91, schließt aus dem Wortlaut des Satzes 2, dass danach an Erleichterungen bei der Erteilung von Grundstücksverkehrsgenehmigungen, nicht aber an eine Bevorzugung gegenüber Dritten gedacht sei; diese Interpretation ist aber nicht zwingend.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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aufheben noch für sich genommen eine Ermessensreduzierung auf Null herbeiführen, aber im Rahmen der Ermessensausübung als Abwägungspunkt von erheblichem Gewicht zugunsten der Kirche zu berücksichtigen sind. Der in Absatz 2 Satz 2 festgehaltenen Absicht des Landes zur Unterstützung der Kirche bei der Ersatzlandbeschaffung liegt die Erwägung zugrunde, daß die durch die Säkularisierung und die Eingriffe in den Jahren von 1933 bis 1945 und sodann bis zur Wiedervereinigung geschwächte wirtschaftliche Stellung der Kirchen nicht noch weiter vermindert werden soll. Darüber hinaus ist eine Aufrechterhaltung der mit den enteigneten oder veräußerten Gebäuden oder Grundstücken verbundenen kirchlichen Funktionen oftmals nur durch den Erwerb eines neuen Grundstücks zu ermöglichen. Soweit daher das Land die Möglichkeit zur Bereitstellung eines gleichwertigen Ersatzgrundstücks hat oder die Kirche beim Erwerb eines solchen Grundstücks unterstützen kann, wird dies geschehen. Eine unbedingte Pflicht zur bevorzugten Überlassung von Landesgrundstücken folgt hieraus nicht. Vielfältige Eingriffe in das Eigentum sind nicht mehr vollständig rückgängig zu machen. Es besteht ein umfangreiches Gefüge von Rechtsvorschriften, durch das die Rückgängigmachung von Eingriffen beziehungsweise die Entschädigung für erlittene und nicht rückgängig zu machende Vermögensverluste im Einzelnen geregelt ist. Die Kirchen sollen hierbei gegenüber anderen Geschädigten weder bevorzugt noch benachteiligt werden. Dies wird durch Absatz 3 verdeutlicht. Durch das Schlußprotokoll wird klargestellt, daß Absatz 3 nur die Regelung von Grundrechtseingriffen aus der Zeit der beiden Diktaturen zum Gegenstand hat. Sofern entsprechende Einzelfälle auftreten, in denen die Kommunen Begünstigter des Vermögensverlustes sind, wird sich das Land für die Aufnahme von Verhandlungen einsetzen, um eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. Dies wird im Schlußprotokoll festgehalten.

Kommentierung 1. Absatz 1 übernimmt fast wortgleich die Formulierung des Loccumer Vertrags zum Kirchengutschutz, erweitert demgegenüber aber durch die Formulierung „gleich welcher Rechtsform“ den Kreis der begünstigten kirchlichen Einrichtungen in Übereinstimmung mit Artikel 138 Abs. 2 WRV und Artikel 37 Abs. 1 der Landesverfassung auf die nichtöffentlichen und nichtrechtsfähigen Einrichtungen. Auf eine Betonung des „besonderen“ Schutzes wird zwar im Vertragstext verzichtet; doch hebt die Amtliche Begründung den über Artikel 14 GG und Artikel 41 Abs. 1 der Landesverfassung hinausreichenden Schutz des Kirchengutes hervor, wobei dieser verstärkte Schutz in Anlehnung an die Theoriediskussion in der Fachliteratur mit der „öffentlichen Funktion“ des Kirchenvermögens begründet wird.62 Inhaltlich entspricht der Schutz der von Literatur und Rechtsprechung entwickelten Auslegung der Kirchengutschutz-Artikel der Verfassung. 2. Absatz 2 sagt für Enteignungsverfahren eine Rücksichtnahme des Landes zu, aber beschränkt in Übereinstimmung mit § 18 des Enteignungsgesetzes und bundesgesetzlichen Bestimmungen auf ein Tätigwerden der Landesbehörden.63 Der Ermes62

LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 31. § 18 Abs. 1 des Enteignungsgesetzes des Landes Brandenburg v. 19. 10. 1992 (GVBl.I/ 92, [Nr. 22], S.430): Enteignungsbehörde ist das Ministerium des Innern. 63

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

sensspielraum wird allerdings durch diese Bestimmungen nicht aufgehoben.64 Die in Satz 2 für den Fall der Suche nach einem Ersatzgrundstück gegebene Hilfezusage wird über Enteignungsverfahren hinaus auch für Veräußerungen von kircheneigenen Grundstücken zugesagt, wenn auch unter Hinweis auf die „geltenden Bestimmungen“; damit werden vor allem Veräußerungen getroffen, die im Vorgriff auf Enteignungen erfolgen. Doch weist die Amtliche Begründung ausdrücklich darauf hin, dass aus diesen Regelungen keine Pflicht zur bevorzugten Überlassung landeseigener Grundstücke abzuleiten ist.65 Die Zusagen gehen über die Zusicherung nach Artikel 7 Abs. 2 des sachsen-anhaltischen Vertrages insofern hinaus, als sie Hilfe schon dann gewährleisten, wenn die Kirchen den Erwerb gleichwertiger Ersatzgrundstücke „beabsichtigen“, d. h. noch vor der Festsetzung durch die Entscheidungsbehörde; damit wird der Ermessensspielraum der Behörde bei der Entscheidung über eine Entschädigung in Land nach § 16 Abs. 3 des Enteignungsgesetzes jedenfalls eingeengt.66 3. Absatz 3 spricht ebenso wie Artikel 7 Abs. 3 des Evangelischen Vertrags Sachsen-Anhalt die unbefriedigende Situation der Kirchen im Falle früherer, nach Bundesrecht nicht rückgängig zu machender Enteignungen an, unterstreicht aber zunächst den Bestand des geltenden Rechts.67 Im Schlussprotokoll erklärt sich jedoch das Land bereit, Einzelfälle, in denen das Land Begünstigter aus Vermögensverlusten der Kirchen aus der Zeit nach 1933 ist, über Einzelvereinbarungen wohlwollend zu regeln, also nicht nur, wie in Sachsen-Anhalt, wohlwollend zu prüfen. Die Zusage gilt nach Absatz 1 Satz 2 des Schlussprotokolls in besonderem Maße für das Eigentum der Stiftungen Marienfließ und zum Heiligengrabe68, bezüglich dessen eine einvernehmliche Regelung angekündigt wird. Schließlich sagt das Land eine Einwirkung auf die Kommunen in vergleichbaren Fällen zu, schließt aber nur kurzfristig eintretende Begünstigungen aus (Abs. 2 des Schlussprotokolls). 64

LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 31. Ebd., S. 32. 66 Die Amtliche Begründung erwähnt sowohl die Unterstützung bei der Ersatzlandbeschaffung als auch das Bedürfnis der Kirchen nach Entschädigung in Land, Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3442, S. 31 f. 67 Aus der Sicht der Landesregierung wird damit betont, dass die Kirchen insoweit gegenüber anderen Geschädigten weder bevorzugt noch benachteiligt werden sollen (LT-Drs. 2/ 3442, Begründung, S. 31). 68 Das Stift „Marienfließ“, eine kirchliche Stiftung, ist inzwischen teilweise mit Austauschflächen für enteigneten Grundbesitz abgefunden worden; weitere Anträge sind gestellt. Das Stift „Zum Heiligengrabe“, eine Stiftung der Evangelischen Kirche der Union (EKU), – zur Übertragung des Stifts an die Evangelische Kirche durch Kabinetts-Ordre vom 11. 10. 1858 vgl. J. Heckel, Die Evangelischen Dom- und Kollegialstifter Preußens, 1924 S. 335 m. Fn. 2, – deren Grundbesitz zum preußischen Vermögen gehörte, ist nach Einigung zwischen Bund und Land über eine Zuordnung des noch verfügbaren Land- und insbesondere Forstvermögens an das Land zurückübertragen worden. Zur Bauunterhaltung kirchlicher Gebäude, insbesondere des Stifts „Marienfließ“, vgl. auch die Staatsleistung gemäß Art. 13 Abs. 2. Die Regelungen für beide Stifte sind die ersten bekannt gewordenen Fälle einer Umsetzung der good will-Zusage. 65

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 16: (1) Das Eigentum und andere vermögenswerte Rechte der Katholischen Kirche und ihrer Gliederungen werden gewährleistet. Schlussprotokoll zu Artikel 16 Abs. 1: Der Umfang der Gewährleistung bemißt sich nach Artikel 138 Abs. 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919. (2) Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf kirchliche Belange Rücksicht nehmen. Bei der Beschaffung gleichwertiger Ersatzgrundstücke werden sie im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der Kirche entgegenkommen.

Regierungsbegründung Nach Absatz 1 und der hierzu getroffenen Regelung im Schlußprotokoll wurde die Kirchengutsgarantie des Artikels 138 Abs. 2 Weimarer Reichsverfassung, die sowohl nach dem Grundgesetz (Artikel 140) als auch nach der Landesverfassung (Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf) fortgilt, in den Kirchenvertrag übernommen. Damit verpflichtet sich der Freistaat gegenüber den Kirchen, die staatsrechtlich bedingten Besonderheiten kirchlicher Vermögensrechte zu beachten, die inhaltlich von der Gewährleistung des Eigentums abweichen (vgl. BVerwGE 87, 115, 121 ff.). Die vertraglich festgelegte Gewährleistung der Eigentumsrechte umfaßt die katholische Kirche als Organisationseinheit einschließlich ihrer Untergliederungen wie auch die ihr zugehörenden Orden, Kongregationen und religiösen Verbände. Absatz 2 knüpft an die Kirchengutsgarantie des Absatzes 1 an und bestimmt, daß Landesbehörden im Rahmen von Enteignungsverfahren die Bedeutung des potentiell betroffenen vermögenswerten Rechts für den kirchlichen Auftrag zu berücksichtigen haben. Soweit eine Enteignung unumgänglich ist, soll der Kirche im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften ein Ausgleich in erster Linie nicht durch Entschädigungszahlungen, sondern durch Ersatzlandbeschaffung gewährt werden.

Kommentierung Die Regelung stimmt fast wortgleich mit der Formulierung des Artikels 8 des evangelischen Vertrags überein.69 Die Verlagerung der inhaltlichen Bezugnahme auf Artikel 138 Abs. 2 WRV in das Schlussprotokoll hat keine besondere Bedeutung. Übereinstimmung besteht auch zwischen den beiden Amtlichen Begründungen, wobei die Begründung zum katholischen Vertrag noch deutlich macht, dass zu den in Absatz 1 genannten „Gliederungen“ auch Orden, Kongregationen und religiöse Verbände zählen.70

69 H. Kremser, der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. 7. 1996, LKV 1997, 317 (318), führt dies zutreffend auf die gewünschte Einhaltung der Parität zurück, bestätigt durch St. Heitmann, Der Katholische Kirchenvertrag Sachsen, NJW 1997, 1420 (1422). 70 LT-Drs. 2/3612, Begründung, S. 25.

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

2. Thüringen Art. 19: (1) Das Eigentum und andere Vermögensrechte der Katholischen Kirche und ihrer religiösen Vereine werden nach Maßgabe von Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung) gewährleistet. Schlussprotokoll zu Artikel 19 Abs. 1: Ein Abbruch von gottesdienstlichen Gebäuden ist nur nach vorherigem Einvernehmen mit der zuständigen kirchlichen Behörde zulässig. Vom Einvernehmen kann nur abgesehen werden, wenn aus zwingenden Gründen der Gefahrenabwehr ein Abbruch geboten ist. (2) Bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften werden die Landesbehörden auf kirchliche Belange Rücksicht nehmen. Beabsichtigen die Katholische Kirche oder ihre religiösen Vereine in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen entgegenkommen. Schlussprotokoll zu Artikel 19 Abs. 2: Bei Vermögensverlusten durch Enteignung vor dem 3. Oktober 1990 richten sich die Ansprüche nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Regierungsbegründung Die Vorschrift regelt die Frage des kirchlichen Eigentumsschutzes in Übereinstimmung mit Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung. Das Schlußprotokoll zu Artikel 19 Abs. 1 lässt abweichend von Artikel 17 Abs. 2 des Reichskonkordats einen Abbruch von gottesdienstlichen Gebäuden aus zwingenden Gründen der Gefahrenabwehr auch ohne vorheriges Einvernehmen mit der zuständigen kirchlichen Behörde zu. Die Bindung der Kirchen an das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht bleibt unberührt; der in der Bestimmung gewährleistete Schutz kann deshalb nur für Gebäude gelten, die in Übereinstimmung mit den baurechtlichen Vorschriften errichtet worden sind oder baurechtlichen Bestandsschutz genießen.

Kommentierung Artikel 19 Abs. 1 sowie Abs. 2 nebst Schlussprotokoll stimmen in ihren Formulierungen mit Artikel 8 des evangelischen Vertrages überein. Das Schlussprotokoll zu Artikel 19 Abs. 1 bezieht als neuartige Regelung Rechtsfragen des Abbruchs gottesdienstlicher Gebäude – gemeint ist auf staatliche Veranlassung – ein, die sowohl baupolizeiliche Gesichtspunkte als auch solche der Entwidmung71 betreffen. Soweit Satz 2 des Schlussprotokolls einen Abriss aus Gründen der Gefahrenabwehr auch ohne kirchliche Zustimmung erlaubt, handelt es sich um die Anwendung eines „für alle geltenden Gesetze“ (Art. 137 Abs. 3 WRV), die auch im Rahmen des Kirchengutschutzes (Art. 138 Abs. 2 WRV) geboten ist72 und z. B. den staatlichen Schutz für solche Gebäude gelten lässt, die in Übereinstimmung mit den baurecht71 72

Vgl. dazu die Erl. zu Art. 9 Abs. 1 Evangelischer Kirchenvertrag. Vgl. die Erl. oben A.(c) mit Fn. 15.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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lichen Vorschriften errichtet wurden oder baurechtlichen Bestandsschutz genießen.73 Die nach Satz 1 geforderte kirchliche Zustimmung ist eine Konkretisierung des absoluten Schutzes der res sacrae vor allen Eingriffen der öffentlichen Hand.74 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 16: (1) Das Land gewährleistet der Kirche, ihren Kirchengemeinden und rechtsfähigen Vermögensträgern das Eigentum und andere Rechte gemäß den Bestimmungen des Artikels 140 des Grundgesetzes und des Artikels 9 Abs. 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919. (2) Die Enteignungsbehörde nimmt auf die Belange der Kirche Rücksicht. Ist ein anderer als das Land Begünstigter der Enteignung, so verwendet sich die Landesregierung dafür, daß der Begünstigte der Kirche geeignetes Ersatzland als Entschädigung zur Verfügung stellt. (3) Soweit die Kirche von früheren vermögensrechtlichen Eingriffen betroffen ist, richten sich ihre Ansprüche nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Regierungsbegründung Die Absätze 1 bis 3 wiederholen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie. Sie schützen die besonderen Aufgaben der Kirche, ohne im Einzelfall eine Enteignung kirchlicher Grundstücke zu verbieten. Allerdings ist bei der Abwägung über die Zulässigkeit einer Enteignung auf die kirchlichen Belange Rücksicht zu nehmen. Hinsichtlich früherer vermögensrechtlicher Eingriffe ist die Kirche mit all ihren im Lande belegenen Trägern und Einrichtungen, einschließlich der karitativen, gestellt wie alle anderen. Sonderrechte für die Kirche gibt es nicht.

Kommentierung Der Wortlaut des Artikels 17 stimmt mit der Fassung des Artikels 7 des evangelischen Vertrags überein, so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann.75 Der Wegfall des Wortes „gegebenenfalls“ in Absatz 2 ist ohne inhaltliche Bedeutung. Der in der Amtlichen Begründung zu Artikel 23 (Parität) enthaltene Hinweis auf die unterschiedliche Behandlung der beiden Kirchen bezüglich vermögensrechtlicher Ansprüche76 bezieht sich nicht auf die Regelungen zum Schutz des Kirchengutes. 4. Sachsen-Anhalt Art. 15: (1) Das Eigentum und andere Vermögensrechte der Katholischen Kirche werden gewährleistet. 73

So zutreffend die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/2100, S. 28. Vgl. die Erl. oben A. (k). 75 Vgl. oben B. III. 76 LT-Drs. 2/3100, S. 25. 74

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

Schlussprotokoll zu Artikel 15 Abs. 1: Der Umfang der Gewährleistung bemißt sich nach Artikel 140 des Grundgesetzes und nach Artikel 32 Absatz 5 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919. (2) Bei Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften werden das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften auf kirchliche Belange Rücksicht nehmen und gegebenenfalls der Katholischen Kirche bei der Beschaffung gleichwertiger Ersatzgrundstücke Hilfe leisten. Schlussprotokoll zu Artikel 15 Abs. 2: (1) Es besteht Einvernehmen darüber, daß Artikel 15 Absatz 2 keinen Anspruch auf Übereignung eines staatlichen oder kommunalen Grundstücks begründet, sondern eine Unterstützung bei der Suche nach einem Ersatzgrundstück und – im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten – gegebenenfalls eine Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Grundstücke im Falle mehrerer Interessenten bewirken soll. (2) Wird bei Enteignung kirchlicher Körperschaften ein Anspruch auf Entschädigung in Land geltend gemacht und hängt die Anerkennung des Anspruchs von der Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen der Beteiligten ab, so werden die Landes- und Kommunalbehörden berücksichtigen, daß der Schutz des Vermögens der Katholischen Kirche ein herausgehobener ist. Stehen sonstigen Körperschaften beim Grundstückserwerb Hindernisse entgegen, so gelten diese in der Regel auch für die Katholische Kirche; eine generelle Ausnahmeregelung ist nicht möglich. (3) und (4) sind abgedruckt in den Erläuterungen zu Art. 9 des Evangelischen Kirchenvertrages Sachsen-Anhalt.

Regierungsbegründung Nach Abs. 1 und der hierzu getroffenen Regelung im Schlußprotokoll wurde die Kirchengutsgarantie des Art. 138 Abs. 2 Weimarer Reichsverfassung, die sowohl nach dem GG (Art. 140) als auch der Landesverfassung (Art. 32 Abs. 5) fortgilt, in den Kirchenvertrag übernommen. Damit verpflichtet sich das Land Sachsen-Anhalt, gegenüber den Kirchen, die staatsrechtlich bedingten Besonderheiten kirchlicher Vermögensrechte zu beachten, die inhaltlich von der Gewährleistung des Eigentums abweichen (vgl. BVerwGE 87, 115, 121 ff.). Die vertraglich festgelegte Gewährleistung der Eigentumsrechte umfaßt die Katholischen Kirche als Organisationseinheit einschließlich ihrer Untergliederungen wie auch die ihr zugehörenden Orden, Kongregationen und religiösen Verbände. Abs. 2 knüpft an die Kirchengutsgarantie des Abs. 1 an und bestimmt, dass Landesbehörden im Rahmen von Enteignungsverfahren die Bedeutung des potentiell betroffenen vermögenswerten Rechts für den kirchlichen Auftrag zu berücksichtigen haben. Soweit eine Enteignung unumgänglich ist, sollte der Katholischen Kirche im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Gelegenheit gegeben werden, anstelle der grundsätzlich in Geld zu gewährenden Entschädigung eine Entschädigung in Land zu erhalten. Der im Laufe der Jahrhunderte eingetretene Verlust des größten Teils ihres Grundbesitzes veranlaßt die Katholische Kirche, den Umfang des bestehenden Grundbesitzes nach Möglichkeit aufrecht zu erhalten. Einzelheiten über mögliche Hilfe staatlicher oder kommunaler Stellen – als Begünstigte oder als Ratgeber –, die sich allerdings immer nur im Bereich des Ermessens bewegen, enthält das Schlußprotokoll. Unterstützung bei der Suche nach einem Ersatzgrundstück im Sinne des Schlussprotokolls ist vor allem Hilfe beim Nachweis der den Gemeinden und Landkreisen bereits bekannten Grundstücke. Diese Regelung steht auch in Übereinstimmung mit Art 87 Abs. 3 der Landesverfassung, weil die kommu-

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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nalen Gebietskörperschaften schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Amtshilfe zu leisten haben. Besteht kein Spielraum für eine Ermessensentscheidung – etwa bei Entscheidungen im Rahmen des Flurbereinigungsgesetzes oder des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes –, so kann Art. 15 Abs. 2 auch keine Anwendung finden. Abs. 3 bestätigt die bereits in Abs. 1 erwähnte verfassungsrechtlich abgesicherte Kirchengutsgarantie bezüglich der Widmung der im Eigentum des Landes stehenden Gotteshäuser und kirchlichen Gebäude für kirchliche Zwecke; eine Nutzung für andere Zwecke, etwa musikalische oder Zwecke der Kunstbetrachtung wird dadurch nicht ausgeschlossen, darf aber die kirchliche Nutzung nicht beeinträchtigen. Im Rahmen seiner Baulastpflicht hat das Land für die Unterhaltung dieser Gebäude zu sorgen. Der Nutzer, die Katholischen Kirche, übernimmt im Rahmen der Widmung die Verkehrssicherungspflichten gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch für die von ihr genutzten Gebäude. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst das Schneeräumen, Streuen bei Eisglätte, Überwachung der Bausubstanz auf Baumängel, die zur Gefährdung von Personen führen könnten u. a.m. Im Schlußprotokoll ist festgelegt, daß die Bauunterhaltung nur im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wahrgenommen wird. Ein kirchlicher Anspruch auf Durchführung besonderer Unterhaltungspflichten besteht nicht. Mit Satz 4 übernimmt das Land eine Vermittlerrolle in bezug auf vergleichbare Rechtsbeziehungen zwischen den Kirchen und den Kommunen. Unter „anderen Körperschaften“ sind immer nur nichtkirchliche zu verstehen. In Abs. 4 wird an das Ablösungsgebot des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Art. 140 GG bzw. Art. 32 Abs. 5 Landesverfassung, jeweils i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) angeknüpft, weil es dem Prinzip der Trennung von Staat und Kirche entspricht und für beide Seiten grundsätzlich vorteilhaft ist. Die Katholische Kirche hat ein Interesse, sich keinen Nutzungsbeeinträchtigungen aufgrund fehlender Eigentümerstellungen auszusetzen. Der baulastverpflichtete Staat wird die Belastungen der Bauunterhaltungspflicht, die erfahrungsgemäß in der praktischen Abwicklung in erheblichem Umfang streitanfällig sind, abwenden wollen. Die Regelung sieht die Übereignung des Grundstücks, die nach den Umständen des Einzelfalls mit einer Entschädigungszahlung für den Verzicht auf die Baulast verbunden sein kann, als den Regelfall der Ablösung an.

Kommentierung 1. Artikel 15, der systematisch übersichtlicher als der Evangelische Kirchenvertrag den Kirchengutschutz sowie die – hier nicht wiedergegebene – Widmungsgarantie und die Baulastbestimmungen in einem Artikel zusammenfasst, ist in seinen Absätzen 1 und 2 nebst Schlussprotokoll im Wesentlichen den Regelungen des Evangelischen Kirchenvertrags nachgebildet. Die in Absatz 1 zum Ausdruck kommende Kirchengutsgarantie erhält allerdings in Anlehnung an Artikel 16 des sächsischen Vertrags ihre inhaltliche Ausfüllung erst durch die Bestimmungen des Schlussprotokolls; materiell stimmt diese Garantie aber mit Artikel 7 Abs. 1 des Evangelischen Kirchenvertrags und seiner Auslegung überein. Letzteres wird in der Amtlichen Begründung durch den Hinweis auf die „staatsrechtlich bedingten Besonderheiten kirchlicher Vermögensrechte“ und die Erstreckung der Begünstigung auf sämtliche Einrichtungen der Katholischen Kirche unterstrichen.77 77

LT-Drs. 2/4475, S. 51 f.

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Artikel 7 – Schutz des Kirchenvermögens

2. Gleiches gilt hinsichtlich der Zusage des Landes für Enteignungsverfahren. Absatz 2 und das Schlussprotokoll zu Artikel 2 haben die Regelungen des Evangelischen Kirchenvertrags wortgleich übernommen, so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann. 5. Brandenburg Art. 12: (1) Den (Erz-)Bistümern, den (Erz-)Bischöflichen Stühlen, den (Metropolitan-)Kathedralkapiteln, den Kirchengemeinden und den Gesamtverbänden sowie den kirchlichen Einrichtungen gleich welcher Rechtsform werden ihr Eigentum und andere Rechte an dem Vermögen gewährleistet. Schlussprotokoll: Das Eigentum und andere Rechte an dem Vermögen werden nach Maßgabe des Artikels 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 gewährleistet. (2) Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften im Rahmen des gesetzlichen Ermessens auf die kirchlichen Belange Rücksicht nehmen. Beabsichtigen kirchliche Körperschaften oder andere kirchliche Einrichtungen in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen Unterstützung gewähren. (3) Soweit die Katholische Kirche von früheren vermögensrechtlichen Eingriffen betroffen ist, richten sich ihre Ansprüche nach den gesetzlichen Bestimmungen. (4) Die kirchlichen Bestimmungen betreffend die Verwaltung des Kirchenvermögens werden im Land Brandenburg amtlich verkündet.

Regierungsbegründung In Absatz 1 wird die Kirchengutsgarantie nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 2 WRV sowie Art. 37 Abs. 1 LV wiederholt. Die Gewährleistung bewirkt über den in Art. 14 GG und Art. 41 LV enthaltenen allgemeinen Schutz des Eigentums hinaus eine Verbürgung der öffentlichen Funktion des Kirchenvermögens als Mittel zur Erfüllung der kirchlichen Aufgaben und steht vor dem Hintergrund der geschichtlichen Erfahrungen mit Einziehungen von Kirchengut einer neuen Säkularisierung entgegen. In Absatz 2 Satz 1 wird diese Verbürgung für die Anwendung enteignungsrechtlicher Entscheidungen konkretisiert. Sie gebietet in besonderer Weise die Berücksichtigung kirchlich-religiöser Belange bei enteignungsrechtlichen Entscheidungen und misst diesen Belangen bei Güterabwägungen ein erhebliches Gewicht zu. Der in Absatz 2 Satz 2 festgehaltenen Absicht des Landes zur Unterstützung der kirchlichen Körperschaften und Einrichtungen bei der Beschaffung von Ersatzgrundstücken liegt die Erwägung zugrunde, dass die durch die Säkularisierung, die Eingriffe im Dritten Reich und in der Zeit nach 1945 bis zur Wiederherstellung der Deutschen Einheit geschwächte Stellung der Kirchen nicht noch weiter vermindert werden soll. Die mit enteigneten Grundstücken verbundenen kirchlichen Funktionen können oftmals nur durch die Beschaffung von Ersatzgrundstücken aufrecht erhalten werden.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Absatz 3 betrifft rechtswidrige Vermögenseingriffe, insbesondere Enteignungen, aus den Zeiten des Dritten Reiches, der sowjetischen Besatzung und der DDR. Diese sind nach Bundesrecht ungeachtet ihrer Unvereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oftmals nicht rückgängig zu machen. Allerdings greifen hier Entschädigungsregelungen, die auch den kirchlichen Einrichtungen zugutekommen, soweit sie von solchen Eingriffen betroffen sind. Die in Absatz 4 vorgesehene amtliche Bekanntmachung der kirchlichen Bestimmungen zur Verwaltung des Kirchenvermögens entspricht den Publizitätsbedürfnissen der Teilnehmer des Rechtsverkehrs.

Kommentierung Hinsichtlich der Abs. 1 bis 3 wird auf die Kommentierung zu Art. 6 Abs. 1 – 3 des Evangelischen Kirchenvertrags des Landes Brandenburg verwiesen. Abs. 4 schreibt – zum Schutz des Rechtsverkehrs, der die Kenntnis der Zuständigkeiten voraussetzt – die amtliche Bekanntmachung der kirchlichen Bestimmungen betreffend die Verwaltung des Kirchenvermögens vor.

Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 8: (1) Kirchen, ihre Kirchengemeinden, Gliederungen und Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst. Schlussprotokoll: (1) Die Feststellung, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, folgt aus dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie besagt nicht, dass der kirchliche Dienst öffentlicher Dienst im Sinne des staatlichen Dienstrechts ist. Angesichts der Selbständigkeit der Kirchen und der gegenüber dem staatlichen öffentlichen Dienst unterschiedlichen Aufgaben des kirchlichen Dienstes finden staatliche dienstrechtliche Regelungen nicht unmittelbar auf den kirchlichen Dienst Anwendung. Sie werden jedoch in den Grundsätzen von den Kirchen übernommen, was zusätzlich die Bezeichnung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst rechtfertigt. (2) Die Vertragspartner lassen sich davon leiten, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen in den öffentlichen Dienst und umgekehrt durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine unangemessenen Nachteile hat. (2) Die Kirchen werden Beschlüsse über die beabsichtigte Errichtung und Veränderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts der Landesregierung sowie den räumlich beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften rechtzeitig vor dem Wirksamwerden anzeigen. (3) Die Errichtung und Veränderung öffentlich-rechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich privater Stiftungen bleiben unberührt. Schlussprotokoll: Es besteht Einvernehmen darüber, dass nur besonders wichtige Einrichtungen als öffentlich-rechtliche Stiftungen oder Anstalten errichtet werden sollen. (4) Die Vorschriften der Kirchen über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden der Landesregierung vor ihrem Erlass vorgelegt. Die Landesregierung kann innerhalb eines Monats Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße Vertretung nicht gewährleistet ist. Schlussprotokoll: (1) Die Vorschriften der Kirchen über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden auf Ersuchen der zuständigen kirchlichen Stelle als Bekanntmachung des Kultusministeriums veröffentlicht. (2) Für die Klage gegen den Einspruch ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

Regierungsbegründung Der in Absatz I bestätigte Rechtsstatus als Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde den Evangelischen Kirchen in Sachsen-Anhalt durch § 2 des Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens (Anlage II Kap. IV Abschn. I Nr. 5 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 i. V. m. § I des Verfassungsgesetzes vorn 20. September 1990, GBI. I S. 1627, 1934) zuerkannt. Er erstreckt sich auch auf alle Untergliederungen wie Kirchengemeinden, Kirchenkreise oder Propsteien sowie auf die Werke wie etwa das Diakonische Werk. Die Qualifizierung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst findet im Schlussprotokoll ihre Erläuterung und Abgrenzung. Sie entspricht dem Körperschaftsstatus der Kirchen und trägt der Übernahme eines Großteils staatlicher Dienstrechtsregelungen durch die Kirchen Rechnung, bedeutet aber keine Gleichsetzung mit dem staatlichen öffentlichen Dienst. Die Ausgestaltung des kirchlichen Personalrechts ist ausschlaggebend für Konvergenzbestimmungen im staatlichen Recht wie etwa die Anrechnung von Dienstzeiten. Grundsätzlich sollen Mitarbeiter aus dem kirchlichen Dienst, die in den staatlichen öffentlichen Dienst überwechseln wollen, vorbehaltlich entgegenstehender gesetzlicher und tarifvertraglicher Bestimmungen nicht schlechter gestellt werden als andere Bewerber aus dem öffentlichen Dienst. Die Vertragsbestimmung ermöglicht damit auch nicht etwa die erleichterte Übernahme von Pfarrern oder Katecheten als Religionslehrer in den Schuldienst. Absatz 2 regelt das künftige Zusammenwirken bei der Errichtung und Veränderung kirchlicher Körperschaften des öffentlichen Rechts. Er bezieht sich sowohl auf organisatorische als auch auf räumliche Maßnahmen; in beiden Fällen besteht ein staatliches Interesse an der Kenntnis des jeweils geltenden Standes. Im Unterschied zu älteren Staatskirchenverträgen ist keine obligatorische staatliche Mitwirkung mehr vorgesehen. Allerdings soll die jetzt festgelegte frühzeitige Unterrichtung der Landesregierung sowie der betroffenen Kommunen als unterer Verwaltungsbehörden die Möglichkeit zur Geltungmachung von Vorschlägen oder Bedenken, etwa bei der Neuabgrenzung von Pfarrbezirken, einräumen. Absatz 3 trägt den allgemeinen stiftungsrechtlichen Grundsätzen der Stiftungsaufsicht Rechnung. Im Genehmigungsverfahren können alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte, auch kommunale, Berücksichtigung finden. Absatz 4 zieht die – für Regelungen in den Staatskirchenverträgen üblichen – Konsequenzen aus dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts für den Teilbereich der vermögensrechtlichen Vertretung. Die im Schlussprotokoll vorgesehene Bekanntmachung durch das Kultusministerium. etwa im Ministerialblatt, dient der zuverlässigen Unterrichtung aller mit Kirchenangelegenheiten befassten Behörden.

Literatur Körperschaften des öffentlichen Rechts allg.: G. Barwig, Die Geltung der Grundrechte im kirchlichen Bereich, 2004; E. D. Bohl, Der öffentlich-rechtliche Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften, 2001; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, § 18 Rn. 1 ff., §30 Rn. 1 ff.; ders., Körperschaftsstatus der Kirchen und Religionsgemeinschaften, ZevKR 46 (2001), S. 165 ff.; E. Friesenhahn, Die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, HSKR, 1. Aufl. (1974), Bd. 1, S. 545 ff.; H. M. Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, 2003; A. Hollerbach, Die Kirchen als Körper-

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schaften des öffentlichen Rechts, Essener Gespräche 1 (1969) S. 46 ff.; ders., Grundlagen des Staatskirchenrechts, HStR VI, 1. Aufl., 1989, § 138 Rn. 124 ff.; B. Jeand’Heur/St. Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, S. 156 ff. (Rn. 217 ff.); P. Kirchhof, Die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, HSKR, Bd. 2, 2 1994, § 22, S. 651 ff.; St. Korioth, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 140/137 WRV, Rn. 63 ff.; B. Lindner, Entstehung und Untergang von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Unter besonderer Berücksichtigung der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, 2002, insb. S. 95 ff.; St. Magen, Körperschaftsstatus und Religionsfreiheit, 2004; K. MeyerTeschendorf, Der Körperschaftsstatus der Kirchen, AöR 103 (1978), S. 289 ff.; M. Morlok, in: H. Dreier, Grundgesetz, 2018, Art. 140/137 WRV, Rn. 77 ff.; G. Robbers, Sinn und Zweck des Körperschaftsstatus im Staatskirchenrecht, FS M. Heckel, 1999, S. 411 ff.; P. Unruh, in: H. v. Mangold/F. Klein/Chr. Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 140/137 WRV, Rn. 193 ff.; H. Weber, Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes, 1966. Kirchlicher Dienst: A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2020, § 30 Rn. 4 ff.; K.-H. Kästner, Staatliche Justizhoheit und kirchliche Freiheit, 1991, S. 123 ff.; H. Maurer, Freiheit und Bindung kirchlicher Amtsträger, ZevKR 19 (1974), S. 30 ff. = Abhandlungen zum Kirchenrecht und Staatskirchenrecht, 1998, S. 3 ff.; H. Munsonius, Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zu Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, HSKR, 32020, Bd. 3, § 54; K. v. Notz, Lebensführungspflichten im evangelischen Kirchenrecht, 2003; D. Pirson, Das kircheneigene Dienstrecht der Geistlichen und Kirchenbeamten, HSKR, Bd. 2, 21995, § 64, S. 845 ff.; W. Rüfner, Individualrechtliche Aspekte des kirchlichen Dienst- und Arbeitsrechts, HSKR, Bd. 2, 21995, § 66, S. 901 ff.; H. de Wall, Der „Typenzwang“ im kirchlichen Dienstrecht und die Teilzeitschutzverhältnisse, ZevKR 49 (2004), S. 360 ff. Europäisches Recht: A. Bleckmann, Von der individuellen Religionsfreiheit des Art. 9 EMRK zum Selbstbestimmungsrecht der Kirchen. Ansätze zu einem „Europäischen Staatskirchenrecht“, 1995; C. D. Classen, Europarecht und Staatskirchenrecht, HSKR, 32020, Bd. 1, § 11, S. 483 ff.; Chr. Grabenwarter, Die Kirchen in der Europäischen Union – am Beispiel von Diskriminierungsverboten in Beschäftigung und Beruf, in: ders./N. Lüdecke, Standpunkte im Kirchen- und Staatskirchenrecht, 2002, S. 60 ff.; St. Hobe, Die Verbürgung der Religionsfreiheit in der EU- Grundrechtscharta, FS Rüfner, 2003, S. 317 ff.; A. Hollerbach, Europa und das Staatskirchenrecht, ZevKR 35 (1990), S. 250 ff.; G. Robbers, Die Fortentwicklung des Europarechts und seine Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, Essener Gespräche 27 (1993), S. 81 ff.; ders., Europarecht und Kirchen, HSKR, 2. Aufl., Bd. 1 (1994), S. 315 ff.; R. Streinz, Auswirkungen des Europarechts auf das deutsche Staatskirchenrecht, Essener Gespräche 31 (1997), S. 53 ff.; M. Vachek, Das Religionsrecht der Europäischen Union im Spannungsfeld zwischen mitgliedschaftlichen Kompetenzreservaten und Art. 9 EMRK, 2000; H. de Wall, Neue Entwicklungen im Europäischen Staatskirchenrecht, ZevKR 47 (2002), S. 205 ff.; H. Weber, Die individuelle und kollektive Religionsfreiheit im europäischen Recht einschließlich ihres Rechtsschutzes, ZevKR 47 (2002), S. 265 ff. Rechtsschutz: A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, § 36 Rn. 1 ff.; M. Germann, Staatliche und kirchliche Gerichtsbarkeit, FS Listl, 2004, S. 627 ff.; C. Hillgruber, Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und die Jurisdiktionsgewalt des Staates, FS Rüfner, 2003, S. 297 ff.; K.-H. Kästner, Staatliche Justizhoheit und religiöse Freiheit, 1991; ders., Entscheidungsmaßstäbe und Prüfungsbefugnis kirchlicher Gerichte in den evangelischen Kirchen, FS Rüfner, 2003, S. 423 ff.; ders., Tendenzwende in der Rechtspre-

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

chung zu staatlichem Rechtsschutz in Kirchensachen, NVwZ 2000, S. 889; W. Rüfner, Staatlicher Rechtsschutz gegen Kirchen und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 78, S. 3203 ff.; P. Unruh, in: A. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Stark, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 140/137WRV Rn. 129 ff.; H. Weber, Kirchlicher Rechtsschutz und staatliche Gerichtsbarkeit, ZevKR 49 (2004), S. 385; ders., Kontroverses zum Rechtsschutz durch staatliche Gerichte im kirchlichen Amtsrecht, NJW 2003, S. 267; F. Wittreck, Rechtsschutz der Religionsgemeinschaften durch staatliche Gerichte, HSKR, 32020, Bd. 3, § 77, S. 3173 ff. Mittelbare Kirchenverwaltung und Orden: W. A. Achilles, Die Aufsicht über kirchliche Stiftungen, 1986, S. 159; A. Albrecht, Mittelbare Kirchenverwaltung, FS Listl, 1999, S. 449; ders., Kirchliche Stiftungen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 71, S. 2889 ff.; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirchen-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 390 f.; W. Busch, Die Vermögensverwaltung und das Stiftungsrecht im Bereich der katholischen Kirche, HSKR 2. Aufl., Bd. 1 (1994), S. 947; A. v. Campenhausen, Kirchliche Stiftungen, in: W. Seifert/A. v. Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts, 21999, S. 473; ders., Grenzprobleme staatlicher und kirchlicher Organisationsgewalt, ZevKR 14 (1968/69), S. 278; C. Heinrichsmeier, Das kanonische Veräußerungsverbot im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1970; J. Jurina, Staatliche Einflussnahme auf die kirchliche Vermögensverwaltung, FS Hollerbach, 2001, S. 836; B. Kämper/M. Schulten, Die Selbstbestimmung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften über ihr Vermögen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 70, S. 2819 ff. Rn. 27 ff., 86 ff.; R. Meinusch, Staatskirchenrechtliche Überlegungen zur kirchlichen Organisationsgewalt, ZevKR 49 (2004), S. 285; B. Primetshofer, Die Religionsverbände, HbKathKR, 21999, S. 613; ders., Ordensrecht, 4. Aufl. 2003; W. Rüfner, Die Gründung juristischer Organisationen des öffentlichen Rechts durch die Kirchen, FS Listl, 1999 S. 431; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 222; A. Sailer, Die Ordensgemeinschaften und die Rechtsstellung ihrer Angehörigen, HSKR, 32020, Bd. 1, § 29, 1131 ff.

Bedeutung und Hintergrund Bestimmungen über den Rechtsstatus der Kirchen und deren Beziehungen zum Staat gehören zum festen Bestandteil der Staatskirchenverträge der Nachkriegszeit; sie führen sich aber z. B. in Preußen zumindest auf das 18. Jahrhundert zurück.1 Der Status der Großkirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts ist über Artikel 140 GG in Artikel 137 Abs. 5 Satz 1 WRV geregelt und in Artikel 32 Abs. 5 der Landesverfassung Sachsen-Anhalt übernommen. Er findet in den neuen Ländern seine gesetzliche Bestätigung in § 2 Nr. 1 und 2 des noch von der DDR kurz vor deren Ende erlassenen Kirchensteuergesetzes,2 gibt allerdings grundsätzlich der rechtstheoretischen Einordnung einige Rätsel auf, ebenso die Folgeregelung, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist. Die außerordentlich umfangreiche Literatur und Rechtsprechung kann in einer Kommentierung des Artikels 8 nur ansatzweise behandelt werden, ist vielmehr überwiegend Gegenstand von Verweisungen unter Verzicht auf ausführliche Begründungen.

1

Vgl. dazu § 17 Teil II Tit. 11 ALR. Anl. II Kap. IV Abschn. I zum Einigungsvertrag v. 31. 8. 1990, Anl. zum Gesetz vom 23. 9. 1990 (BGBl. II S. 885). 2

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Entstehungsgeschichte Bereits in der ersten Verhandlungssitzung griffen die Kirchen die Statusfrage auf und unterstrichen dabei, dass die Klassifizierung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst keine Gleichstellung bedeute. Bezüglich der staatlichen Beteiligung an der Errichtung kirchlicher Körperschaften machten die Kirchen in der 2. und 3. Sitzung deutlich, dass ihrer Ansicht nach staatliche Einsprüche grundsätzlich in das Selbstbestimmungsrecht eingriffen, weshalb im Vertrag nur noch eine Unterrichtung staatlicher Stellen vorgesehen werden könne; dem stimmten die Landesvertreter vorab zu, so dass bereits die vorläufige Endfassung des Absatzes 2, allerdings – vornehmlich aus Gründen der regionalen Planung – unter Einbeziehung der Kommunen als Unterrichtungsadressaten, beschlossen werden konnte. In der 11. Sitzung problematisierte die staatliche Seite die Frage, ob angesichts der Sonderregelungen für den kirchlichen Dienst im Bundesbesoldungsgesetz, im Bundesangestelltentarifvertrag und in anderen Bundesbestimmungen der kirchliche Dienst überhaupt im Vertrag des Landes angesprochen werden sollte. Die Kirchen bejahten eine solche Berücksichtigung, weil dadurch eine Klarstellung etwa für die Herauslösung des kirchlichen Dienstes aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Erleichterung der Übernahme kirchlicher Bediensteter in den staatlichen Dienst bewirkt werde, ferner zugleich eine Selbstverpflichtung der Kirche bezüglich der Gestaltung des kirchlichen Dienstes eintrete. Daraufhin brachten die Landesvertreter in der 13. Sitzung eine für das Schlussprotokoll vorgesehene ausführliche Erläuterung des Unterschieds zwischen kirchlichem und staatlichem öffentlichen Dienst sowie zur Möglichkeit des Überwechselns ein und betonten im Übrigen, dass auch kirchliche Angestellte und Arbeiter grundsätzlich zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne gehörten. Die Kirchen stimmten unter Zurückstellung der Bedenken, dass die Erläuterung eine Festschreibung des gegenwärtigen Rechtszustands bedeuten könnte, dem Formulierungsvorschlag zu, während die staatliche Seite einen zusätzlichen Vorschlag bezüglich der Beteiligung kirchlicher Mitarbeiter an staatlichen Veranstaltungen zurückzog. Somit konnte die Fassung des Absatzes 1 nebst Schlussprotokoll beschlossen werden, abgesehen von der Ersetzung des Wortes „überwiegend“ im Schlussprotokoll bezüglich der Übernahme staatlicher dienstrechtlicher Regelungen durch die Worte „in den Grundsätzen“ in der 15. und 16. Sitzung auf kirchlichen Wunsch. In der 23. Sitzung wurde die ursprünglich für Artikel 1 vorgesehene Aussage zum Körperschaftsstatus wegen des Sachzusammenhangs in die Organisationsbestimmungen des Artikels 8 eingeordnet. Hinsichtlich der Neuerrichtung kirchlicher Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Absatz 3) wurde in der 2. Sitzung kirchlicherseits ein staatliches Interesse an der Mitwirkung grundsätzlich anerkannt und in der 10. Sitzung im beiderseitigen Einvernehmen ein staatlicher Genehmigungsvorbehalt vorgesehen, ergänzt auf staatlichen Wunsch durch den Hinweis, dass Bestimmungen über private Stiftungen unberührt bleiben sollen. In der 19. Sitzung einigten sich die Verhandlungspartner auf staatlichen Wunsch darauf, in Übereinstimmung mit dem Loccumer Ergän-

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

zungsvertrag im Schlussprotokoll eine Begrenzung auf „besonders wichtige Fälle“ vorzusehen. Zur vermögensrechtlichen Vertretung (Absatz 4) gab es bereits in der 2. Sitzung aufgrund eines kirchlichen Vorschlags Übereinstimmung bezüglich einer Unterrichtung des Landes und dessen Einspruchsmöglichkeiten, doch bestand Unklarheit über die Rechtsmittel der Kirchen. Dem in der 16. Sitzung kirchlicherseits eingebrachten Vorschlag auf Bestimmung des OVG als ständige Instanz – über den Verwaltungsrechtsweg bestand Einigkeit – widersprachen in der 17. und 19. Sitzung die staatlichen Vertreter mit dem Argument, dass nach Bundesrecht (VwGO) eine von den Ländern einzuführende zweitinstanzliche Zuständigkeit in derartigen Fällen ausgeschlossen sei; der davon abweichende Loccumer Vertrag sei vor Erlass der VwGO unterzeichnet worden. Stattdessen wurde für das Schlussprotokoll zu Absatz 4 ein allgemeiner Hinweis auf den Verwaltungsrechtsweg vereinbart. Ein in der 17. und 19. Sitzung eingebrachter kirchlicher Vorschlag auf ein vereinfachtes Verfahren bei Vermögensübertragungen wurde in der 20. Sitzung im Hinblick auf die bundesrechtlichen Bestimmungen der Grundbuchordnung zurückgezogen. Kommentierung a) Artikel 8 fasst die allgemeinen organisatorischen Regelungen zusammen; spezielle Regelungen finden sich z. B. in den Artikeln 2 Abs. 3 (einschl. Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Absatz 1), 3, 9 Abs. 1 Satz 3, 10 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2, 12 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 3 und 4, 15 Abs. 1 (Satz 2 des Schlussprotokolls), 16 Abs. 2 Satz 2 sowie 23 (Absatz 1 des Schlussprotokolls). Dabei wird durchweg das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen3 berücksichtigt, soweit nicht öffentliche Belange wie staatliche oder kommunale Planungsaufgaben (Absatz 2) oder die Sicherheit des Rechtsverkehrs (Absätze 3 und 4) entgegenstehen. Zu unterscheiden sind Vereinbarungen bezüglich der kirchlichen Gebietskörperschaften (Gemeinden, Kreise, Landeskirche und aus ihnen gebildeten Verbänden (Absätze 1 und 2) von solchen über die Einrichtungen der sog. mittelbaren Kirchenverwaltung (Anstalten, Stiftungen –Absatz 3), während Absatz 4 alle kirchlichen Einrichtungen betrifft. b) Absatz 1 ist nahezu wortgleich Artikel 1 Abs. 4 des Hessischen Kirchenvertrages vom 26. 4. 1960 entnommen. Der 1. Halbsatz, der den Status der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts in Übereinstimmung mit Artikel 140 GG/137 Abs. 5 Satz 1 WRV und Artikel 32 Abs. 5 der Landesverfassung bestätigt,4 schafft 3

Siehe dazu Erl. zur Präambel, 1. Anstrich. Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. J. Neumann, Die Kirchen und ihr Charakter als Körperschaften des öffentlichen Rechts, in: Religion – Staat – Gesellschaft, 2001, S. 11 (15 ff.); P. Kirchhof, Die Kirchen als Körperschaften, § 22, S. 658 ff.; H. M. Heinig, Religionsgemeinschaften, S. 74 ff.; H. Weber, Religionsgemeinschaften, S. 46 ff.; St. Korioth, Loyalität im Staatskirchenrecht? Geschriebene und ungeschriebene Voraussetzungen des Körperschaftsstatus nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV, in: GS Jeand’Heur, 1999, S. 221 (224 ff.); zur Entstehung neuer Körperschaften vgl. neben der Errichtung neuer Kirchengemeinden durch Synodalbeschluss z. B. die Neugründung der Evangelischen Kirche 4

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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die Voraussetzung für den 2. Halbsatz. Die dort vorgenommene Einstufung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst bereitet allerdings Verständnisschwierigkeiten, weil Kernmerkmal derartiger Körperschaften die Wahrnehmung unter staatlicher Aufsicht stehender Aufgaben ist, während die kirchlichen Körperschaften dieses Merkmal gerade nicht aufweisen, sondern gemäß Artikel 140 GG/137 Abs. 3 WRVund Artikel 32 Abs. 2 Landesverfassung über ein Selbstbestimmungsrecht verfügen. Für die Praxis ist zur Erläuterung dieses Status die Feststellung ausreichend, dass es sich bei den Kirchen um nichtstaatliche, aber dennoch öffentlich-rechtliche Körperschaften eigener Art5 handelt, ohne dass eine Gleichstellung mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften gegeben ist,6 ihnen aber dennoch gegenüber anderen nichtstaatlichen rechtsfähigen Gruppierungen herausgehobene Befugnisse zugebilligt werden.7 Zu den Befugnissen zählen die Organisationsgewalt, d. h. das Recht auf Schaffung eigener Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, die Dienstherreneigenschaft einschließlich der Disziplinargewalt, die öffentlich-rechtliche Rechtsetzungsbefugnis, das Parochialrecht, also die Befugnis, Kirchenmitglieder ohne Rückfrage als Mitglieder der Kirchengemeinde ihres Wohnsitzes zu behandeln,8 ferner das Steuererhebungsrecht, die Position der Konkursunfähigkeit9, das Recht, Gebäude oder Gegenstände zu kirchlichen öffentlichen Sachen zu erklären,10 sowie zahlreiche Einzelberechtigungen, gemeinhin als „Privilegienbündel“ bezeichnet11, obwohl sie sich

Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz durch Vertrag vom 21./24. 11. 2003 (ABl. EKD 2004 S. 56), dazu M. Richter, Gründung und Neubildungsvertrag für die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, ZevKR 49 (2004), S. 739. 5 So auch Art. 7 Abs. 1, 2. Halbsatz, Evangelischer Vertrag Brandenburg, P. Kirchhof, Kirchen als Religionsgemeinschaften, S. 657; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 18 Rn. 5 ff.; G. Robbers, Sinn und Zweck, S. 417; St. Korioth, Grundgesetz, Art. 137 Rn. 69; A. Hollerbach, Kirchen als Körperschaften, S. 53 sprechen von Körperschaften „sui generis“ bzw. „besonderer Art“, A. Hollerbach, ebd., vermittelnd auch von „Juristischen Personen des Staatskirchenrechts“ und P. Unruh, Grundgesetz, Art. 137 WRV Rn. 193; vgl. ferner BVerfGE 30, 113 (119) und 30, 366 (386 f.) sowie BVerfGE 66, 1 (20): Körperschaften von „besonderer Wirksamkeit und Wichtigkeit in der Gesellschaft“. 6 Vgl. dazu BVerfGE 18, 383 (386 f.), 30, 415 (428), zuletzt E 102, 370 (387 f.); A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 18 Rn. 7: Die Kirchen „leben nicht nach öffentlichem Recht, sondern nach Kirchenrecht“, im Anschluss an A. Hollerbach, Kirchen als Körperschaften S. 58. 7 Die folgende Darstellung orientiert sich an der Zusammenstellung bei P. Kirchhof, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 670; vgl. ferner die Auflistung in BVerfGE 102, 370 (371 f.). 8 Vgl. dazu eingehend E. Sperling, Ist das Parochialprinzip noch zeitgemäß?, VerwArch 85,1994, S. 380 ff. 9 Vgl. hierzu BVerfGE 66, 1. 10 Vgl. dazu R. Mainusch, Die öffentlichen Sachen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, Jus Eccl. 54 (1995). 11 Zur Kritik dieses Begriffs vgl. G. Robbers, Sinn und Zweck, S. 424.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

ganz normal aus dem Körperschaftsstatus ableiten, aber auch abdingbar sind.12 Unter letztere fallen z. B. baurechtliche, arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Bestimmungen oder Sonderrechte wie etwa die Mitwirkung in Rundfunkgremien oder die Befreiung von Verwaltungsgebühren.13 Allerdings haben nicht alle kirchlichen Handlungen öffentlich-rechtlichen Charakter;14 auch können die Kirchen jederzeit privatrechtliche Einrichtungen gründen, z. B. Krankenhäuser, und privatrechtliche Verträge schließen,15 desgleichen Rechte gegenüber dem Staat vor den Zivilgerichten geltend machen.16 Die kirchlichen Körperschaften sind wie andere Religionsgemeinschaften grundrechtsfähig, sie nehmen insbesondere die sog. kollektive Religionsfreiheit für sich in Anspruch.17 Die Bindung der Kirchen an die Grundrechte wird üblicherweise unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob die Kirchen in Wahrnehmung staatlicher bzw. kommunaler Aufgaben Dritten gegenüber öffentlich-rechtlich handeln und dabei an die Grundrechte gebunden sind, soweit nicht das Selbstbestimmungsrecht Ausnahmen rechtfertigt, oder ob es sich um Aktivitäten im innerkirchlichen Bereich handelt,18 die in aller Regel – abgesehen aber z. B. von Verletzungen der Artikel 1 Abs. 1 oder 2 Abs. 2 GG – unabhängig von staatlichen Regelungen wahrgenommen werden können. 12

Vgl. H. Weber, Religionsgemeinschaften, S. 130 f. Eine Systematisierung versucht H. M. Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, S. 299 ff. 14 So zählt z. B. das BVerwG das Zeitschlagen am Kirchturm – im Unterschied zum liturgischen Glockenläuten (vgl. dazu BVerfGE 68, 62) – nicht zu den öffentlich-rechtlichen Handlungen (BVerwG NJW 1994 S. 956); a. A. und grundsätzlich zum gesamten Fragenbereich A. Hense, Glockenläuten und Uhrenschlag, 1998, insb. S. 300 ff. 15 Vgl. BVerfGE 70, 138 (164). 16 Vgl. BVerfGE 53, 366 (387); unterschiedliche Meinungen in Literatur und Rechtsprechung zur Frage eines sog. öffentlichen Gesamtstatus sind wiedergegeben bei H. Weber, Der Körperschaftscharakter der Religionsgemeinschaften in der Bundesrepublik Deutschland nach dem „Zeugen-Jehovas-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts, in: Religion-Staat-Gesellschaft, G. Besier/H. Siewert (Hg.), 2001, S. 47 (52 f.); vgl. ferner A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 18, Rn. 5 ff.; E. D. Bohl, Der öffentlich-rechtliche Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften, 2001, S. 83 m. Nachw. 17 Zur Grundrechtsfähigkeit vgl. H. M. Heinig, Religions- und Weltanschauungsfreiheit, HSKR, 32020, Bd. 1, § 14, S. 559 (576 f. Rn. 29 ff.); G. Barwig, Geltung der Grundrechte, S. 47 ff.; BVerfGE 19, 129 (132), 42, (321 ff.). 18 Vgl. H. Weber, Bindung der Kirchen an staatliche und kirchliche Grundsätze und das Verhältnis der Grundrechtsgewährleistungen zueinander, ZevKR 42 (1997), S. 282 ff.; ders., Grundrechtsbildung der Kirchen und Religionsgemeinschaften, HSKR 2. Aufl. Bd. 1 (1994), S. 573 ff.; G. Barwig, Geltung der Grundrechte, S. 57 ff.; M. Morlok, Grundgesetz, Art. 140/ 137 WRV, Rn. 81 ff.; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 15 Rn. 52 f.; B. Jeand’Heur/St. Korioth, Grundzüge, S. 152 ff. Rn. 212; im Kirchensteuerrecht vgl. Schlesw.-Holst.OVG Urt. v. 21. 6. 2000 und dazu W. Heun, das Gesetz in Staat und Kirche, ZevKR 49 (2004), S. 443 (459 ff.); einen Überblick über Grundrechte „in“ der Kirche gibt H. Ehneg, Grundrechte in der Kirche, FS Nik. Beckas, 1989, S. 9 ff. 13

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c) Zur Rechtfertigung des öffentlich-rechtlichen Status werden bezüglich Sinn und Zweck verschiedene Begründungen genannt.19 Alle Begründungen können allerdings – abgesehen von der Hervorhebung der besonderen Bedeutung korporierter Religionsgemeinschaften – nicht verdecken, dass die ursprüngliche Einfügung in die Weimarer Verfassung ein historisch und politisch bedingter, umkämpfter Kompromiss, eine Weimarer „Verlegenheitslösung“20 ohne überzeugende Grundierung war,21 so dass die nachträglichen Rechtfertigungen eher Auslegungshilfen darstellen und einer Harmonisierung mit dem geltenden Recht dienen. Man kann daher für die Praxis den öffentlich-rechtlichen Status der Kirchen schlicht als übernommene ver19 Vgl. u. a. P. Kirchhof, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 665; ferner A. v. Campenhausen, Körperschaftsstatus, S. 165, 167 und 171: „Pflege von Gemeinschaftsinteressen“, kritisch gegenüber dieser Begründung J. Isensee, Verfassungsstaatliche Erwartungen an die Kirche, Essener Gespräche 25 (1991), S. 104 (114), sowie St. Korioth, Loyalität (Fn. 4), S. 242, und H. M. Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, S. 262 ff.; anders, auch unter Berufung auf A. v. Campenhausens Umschreibung mit „sozialer Nützlichkeit“, G. Robbers, Sinn und Zweck, S. 416 ff.: „Anerkennung eines über das Gesellschaftlich-Politische oder Ökonomische hinauseichenden geistigen Bereichs in seiner Eigentümlichkeit als Teil der Öffentlichkeit“ mit dem Zusatz: „konsequenter Ausdruck der Trennung von Staat und Kirche“; vgl. ferner A. Hollerbach, Grundlagen, § 138 Rn. 129: Besondere Bedeutsamkeit für die öffentliche Gesamtordnung; ähnlich schon G. J. Ebers, Staat und Kirche im neuen Deutschland, 1930, S. 189: Besondere Bedeutung für das soziale und staatliche Leben (in Auswertung der Entstehungsgeschichte); M. Morlok, Grundgesetz, Art. 137 WRV Rn. 73 ff., sieht als Verfassungsziele den vorteilhaften Rechtsstatus für die Kirchen, einen „Mehrwert“ für den Staat durch die „soziale Nützlichkeit“ der Kirchen, einen Bestandsschutz und ein „Mittel zur Erhaltung der Religionsfreiheit“; aus der Rechtsprechung vgl. BVerfGE 19, 129 (133): „Besondere Bedeutung der öffentlichen Wirksamkeit“, 30, 415 (428): Bekräftigung von „Eigenständigkeit und Unabhängigkeit“, und 102, 370 (393) „Mittel zur Entfaltung der allgemeinen Religionsfreiheit“, dies, obgleich die Religionsfreiheit ja auch nichtkorporierten Religionsgemeinschaften zusteht; zur entsprechenden Kritik vgl. Chr. Hillgruber, Über den Sinn und Zweck des staatskirchenrechtlichen Körperschaftsstatus, in: Chr. Grabenwarter/ St. Lüdecke (Hg.), Standpunkte im Kirchen- und Staatskirchenrecht, 2002, S. 79 (84 ff.); ferner St. Muckel, Körperschaftsrechte für die Zeugen Jehovas?, Jura 2001, S. 456; B. Röger, Die Aberkennung des Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften, FS Rüfner, 2003, S. 749 (751 f.) sowie R. Tillmanns, Kirchensteuer kein Mittel zur Entfaltung grundrechtlicher Religionsfreiheit, FS Rüfner, 2003, S. 919 (923 ff.) und wohl auch A. v. Campenhausen, Körperschaftsstatus, S. 167: bejahend dagegen H. Weber, Die Anerkennung von Religionsgemeinschaften durch Verleihung von Körperschaftsrechten in Deutschland, FS Rüfner, 2003, S. 959 (969 f.); ders. – zu den Konsequenzen aus der grundrechtlichen Sicht des BVerfG –, Der Körperschaftsstatus (Fn 16), S. 71 ff.; vgl. auch BVerfGE 105, 117 (121): „Angebot des Staates zur Kooperation“; zahlreich sind auch die Kritiker des Körperschaftsstatus, vgl. die zusammenfassende Darstellung bei K. Meyer-Teschendorf, Der Körperschaftsstatus der Kirchen, AöR 103 (1978), S. 289 ff.; in neuerer Zeit L. Renck, Zum Körperschaftsstatus der Bekenntnisgemeinschaften, LKV 1993, S. 374; M. Klein, Institutionalisierende Verfassungswidrigkeiten im Verhältnis von Staat und Kirche unter dem Grundgesetz, 1993, insb. S. 203. 20 St. Korioth, Loyalität (Fn. 4), S. 229. 21 Zur Diskussion in den Gremien der Verfassungsgebenden Nationalversammlung und deren nachträgliche Bewertung vgl. E. R. Huber/W. Huber, Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. IV, 1988, S. 123 f.; G. J. Ebers, Staat und Kirche (Fn. 19), S. 185 ff.; Chr. Hillgruber, Sinn und Zweck (Fn. 19), S. 84 ff.; H. M. Heinig, öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, S. 92 ff.

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fassungsrechtliche Grundentscheidung demokratischer Parlamente zur Bestätigung eines 1919 bestehenden Rechtsstatus mit zusätzlichen Angeboten an noch nicht korporierte Gemeinschaften ansehen,22 ein Status, der bei Erfüllung bestimmter staatlich vorgegebener Voraussetzungen23 die Ausübung der grundsätzlich allen Religionsgemeinschaften zustehenden religiösen Aktivitäten durch zusätzliche staatliche Gewährleistungen und Befreiungen von staatlichen Beschränkungen erleichtert.24 d) Absatz 1, 1. Halbsatz, bedeutet eine vertragliche Absicherung der Einstufung der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, die auch durch § 2 Nr. 1 des Kirchensteuergesetzes der DDR25 erfolgt war26, und sodann, weil die Kirchen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts der neuen Länder am 3. 10. 1990 (Art. 3 i. V. m. Art. 1 EV) bereits Körperschaften waren, gemäß Artikel 140 GG/ 137 Abs. 5 Satz 1 WRV sowie Artikel 32 Abs. 5 der Landesverfassung unter die Verfassungsgarantien fiel.27 Die Zuordnung durch § 2 Nr. 1 des Kirchensteuergesetzes, also nicht durch Verwaltungsakt, war konstitutiv, weil – wie auch die Aussage des § 3 und die Abwei22 Diese eher positivistische Einschätzung im Sinne einer Kontinuitätswahrung (vgl. auch M. Morloks These, Fn. 19) erhält eine gewisse Bestätigung z. B. durch Art. 121 Abs. 1 Verf. Baden-Württemberg-Hohenzollern vom 18. 05. 1947 (RBl. 41 S. 1): Die Religionsgemeinschaften und ihre Gliederungen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts bestehen, bewahren dem Grunde nach ihre Rechte, die ihnen kraft Vertrages, Gesetz oder eines Rechtstitels am 1. Januar 1933 zugestanden haben. 23 Vgl. dazu BVerfGE 102, 370. 24 Nach H. Weber, Rechtschutz der Kirchen durch staatliche Gerichte, HSKR, Bd. 2, 21995, § 72, S. 1047 (1054), soll der Körperschaftsstatus den Kirchen „ihre Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich weltlicher Rechtsgeltung“ erweitern helfen, die nach H. de Wall/M. Germann, Verfassungshandbuch Sachsen-Anhalt, in: M. Kilian (Hg.), 2004, S. 542 (559), mit dem Selbstverständnis der Kirchen besser zu vereinbaren sind als die Formen des allgemeinen Rechtsverkehrs; St. Magen sieht im Körperschaftsstatus „objektive Gewährleistungsgehalte der Religionsfreiheit“, Körperschaftsstatus, S. 289 und passim, wenngleich dadurch keine Unterscheidung zu nichtkorporierten Religionsgemeinschaften zum Ausdruck kommt; zu künftigen Überlegungen vgl. ausführlich A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 18, Rn. 10 ff. 25 Siehe Fn. 2. 26 Zum rechtswirksamen Zustandekommen des Gesetzes vgl. H. Weber, Körperschaftsstatus für die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland?, ZevKR 41 (1996), S. 172 (180 ff.) gegen L. Renck, Körperschaftsstatus (Fn 19), S. 375. 27 Die in Art. 137 Abs. 5 WRV enthaltene Voraussetzung, dass die betroffene Religionsgemeinschaft „bisher“ schon Körperschaften des öffentlichen Rechts war, kann sich nicht auf den über 70 Jahre zurückliegenden Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Verfassung, sondern nur auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Einigungsvertrags beziehen; so auch H. Weber, Körperschaftsstatus (Fn 26), S. 189; a. A. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht, § 17, S. 134, 140; St. Korioth, in: Dürig/Herzog/Scholz (Hg.), Grundgesetz, Art. 137 WRV, Rn. 71; E. Friesenhahn, Die Kirchen als Körperschaften, S. 573, dessen Auffassung aber dem von ihm gegebenen Hinweis auf Art. 121 Verf. Baden-Württemberg-Hohenzollern (Fn. 22) widerspricht, weil dort als Stichtag für den öffentlich-rechtlichen Status der jüdischen Religionsgemeinschaften der 1. 1. 1993, also nicht der 11. 8. 1919 bestimmt wird.

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chung vom Wortlaut des Art. 138 Abs. 5 Satz 1 WRV vermitteln – die DDR spätestens mit der neuen Verfassung von 1968/73 den Körperschaftsstatus definitiv abgeschafft hatte, den Status der Kirchen ausdrücklich an die Bestimmungen der Verfassung (Art. 39 Abs. 2) gebunden und die Kirchen als „rechtlich selbständige Organisationen und Einrichtungen, soweit sie zivilrechtliche Beziehungen eingehen“ (Art. 11 Abs. 2 Zivilgesetzbuch), eingeordnet hatte27a, auf die subjektive Befindlichkeit der Kirchen28, auf „geduldetes“ kirchliches Handeln und auf punktuelle Ähnlichkeiten mit Körperschaften kann es dabei angesichts der Eindeutigkeit eines grundsätzlich neuen Rechtssystems der DDR nicht ankommen.29 Zum Teil werden mit 27a Zum Wegfall der Unterscheidung vom Zivilrecht vgl. E. Jacobi zur Scheidung von privatem und öffentlichem Recht in der DDR. FG Smend, 1952, S. 145 f. 28 So gibt z. B. die Umschreibung der Kirchengemeinde in der Neufassung der Kirchengemeindeordnung der Sächsischen. Kirche vom 13. 4. 1983 (KABl. S.A. 33) als „rechtsfähige Körperschaft eigener Art“, vgl. H.-T. Conring/H. D. Knoth, Buchrezension Burger, ZevKR 45 (2000), S. 441 (443), nur eine kircheninterne Meinung zum Körperschaftscharakter wieder, verleiht der Kirchengemeinde aber nicht einen in der DDR nichtexistierenden öffentlichrechtlichen Charakter. 29 Vgl. vor allem die ausführliche Behandlung bei H. Weber, Körperschaftsstatus (Fn. 26), S. 177 ff., einschließlich der von ihm zitierten Stellungnahme des Bundesministers des Inneren und des Kultusministers des Landes Sachsen-Anhalt (Fn. 25); ferner A. Vulpius, Der Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinde Sachsen-Anhalt, KuR 1998, S. 221 (227 f.); St. Korioth, in: Dürig/Herzog/Scholz, Art. 137 WRV Rn. 71; W. Rüfner, Deutsche Einheit im Staatkirchenrecht, Essener Gespräche 26 (1992), S. 61 und 97, zweifelnd S. 94; für A. Hollerbach, Grundlagen, S. 138, Rn. 128, ist das von ihm abgelehnte Modell des Laizismus durch die Unterstellung unter das Regime des Privatrechts nicht nur ein Mittel zur Beseitigung aller Vorrechte, sondern auch und erst recht zur Verstoßung der Kirchen aus dem öffentlichen Wirkraum und zur Preisgabe der Kirchen an das Kampffeld „liberaler Selbstbehauptung“; vgl. ferner S. Mampel, Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, 21982, Art. 39 Rn. 30, der schon die Körperschaftszusage der Verfassung von 1949 nur als Bestätigung des Status einer juristischen Person betrachtet; ebenso, auch gezielt auf den Körperschaftsstatus, S. Grundmann, Das Verhältnis von Kirche und Staat im zweigeteilten Deutschland, in: D. Th. Heckel, Kirche und Staat, 1960, S. 31 (45 f.), der u. a. den DDR-Wissenschaftler Ulrich Krüger bezüglich der Verfassung von 1969/1974 mit den Worten zitiert; „Wenn also die Verfassung der DDR die Bezeichnung Körperschaft öffentlichen Rechts für Kirchen […] gebraucht, so kann das nur als traditionelle Wortwahl angesehen werden und die Bedeutung der Anerkennung als juristische Person haben. Eine privilegierte Stellung […] ist daraus nicht ableitbar.“ (Das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche in Deutschland, FS Jacobi 1957, S. 260, 285); ferner die im ostdeutschen Union-Verlag, also praktisch mit amtlicher Genehmigung erschienene Veröffentlichung von W. Meineke, Die Kirche in der volksdemokratischen Ordnung der Deutschen Demokratischen Republik, 1962, S. 101 ff., der ebenfalls für die Rechtslage nach 1949 feststellt, dass der Körperschaftsstatus unter dem sozialistischen Recht der DDR „gegenstandslos und hinfällig“ sei (103), weil er nur eine „Einbeziehung […] in den Mechanismus der bürgerlichen Klassenherrschaft“ dokumentiere (102); ebenso, wenn auch aus anderem politischen Blickwinkel, E. Jacobi, Staat und Kirche nach der Verfassung der DDR, ZevKR 1 (1951), S. 113 (125 f.), K. W. Rommel, Religion und Kirche im sozialistischen Staat der DDR, 1975, S. 46 ff., 50 ff., beide m. weit. Nachw.; für die Zeit nach der Verf. von 1968/1974 vgl. noch H. Weidemann, Zur Rechtsstellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften nach der neuen Verfassung in Mitteldeutschland, DVBl. 1969, S. 10 (12); G. van Wissen, Die Glaubensfreiheit in der Verfassung der DDR, in: P. Neumann/R. Tillmanns (Hg.), Verfassungsrechtliche Probleme bei der Neukon-

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Blick auf den kirchlichen Dienst ohne Berücksichtigung des staatlichen Rechts, also ohne öffentlich-rechtlichen Bezug, Rückschlüsse auf den Körperschaftscharakter aus innerkirchlich fortbestehendem „Beamtenapparat, Laufbahnwesen, Amtsbezeichnungen und Dienstbetrieb“ gezogen30, was aber die staatliche Anerkennung oder Verleihung des Körperschaftsstatus nicht ersetzen kann, wenn es das Rechtsinstitut einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in einem Staat überhaupt nicht gibt. Die Hauptmerkmale einer Körperschaft des öffentlich-rechtlichen Rechts waren in der DDR entfallen. Das Organisationsrecht auf Gründung öffentlich-rechtlicher Anstalten und Stiftungen entfiel, weil der Staat entsprechende Genehmigungen nicht erteilte. Die Dienstherrneigenschaft, soweit es um eine öffentlich-rechtliche Außenwirkung ging, war durch Abschaffung eines staatlichen Beamtenrechts weggefallen,31 ebenso mangels staatlicher Anerkennung die öffentlich-rechtliche Rechtsetzungsbefugnis, etwa im Friedhofs- und Steuerrecht. Das öffentlich-rechtliche Steuererhebungsrecht war abgeschafft, das Vermögensrecht einschließlich des Rechts auf Schaffung von res sacrae wurde vom Staat nicht beachtet.32 Auch die stituierung der neuen Länder, 1997, S. 25 (41); zum Stand des kirchlichen Rechts unter der DDR-Verfassung insgesamt auch P. Müller, Wege und Irrwege, ZevKR 49 (2004), S. 191 (210 mit Fn. 101 und passim); vgl. auch die ausführliche, insoweit vom BVerwG (NJW 1998, S. 253) nicht beanstandete Begründung im Urteil des OVG Berlin, NVwZ 1997, 196 (400) sowie NVwZ 1996, 478 (479), KirchE 25 (1997), S. 49 (60 ff.). Siehe auch die Amtliche Begründung zu Art. 8 (LT-Drs. 1/3087, Begründung S. 8), OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17. 10. 2005 – 2 L 5310 (unveröff.), S. 5; VG Halle (Saale), Urteil vom 22. November 2001 – 3 A 1794/98 –, juris, Rn. 26. Grundsätzlich a. A. A. v. Campenhausen, Staatskirchenrecht in den neuen Bundesländern, HStR, 1. Aufl., 1997, Bd. IX, § 207 Rn. 45 ff.; P. Kirchhof, Die Kirchen als Körperschaften, S. 679; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 72 f.; H. Kremser, Der Rechtsstatus der evangelischen Kirchen in der DDR und die neue Einheit der EKD, 1993, S. 52 f.; Chr. Link, Zeugen Jehovas und Körperschaftsstatus, ZevKR 43 (1998), S. 1 (9) mit w. Nachw. (Fn. 13); H. Reis, Konkordat und Kirchenvertrag in der Staatsverfassung, JöR NF 17 (1968), S. 373 ff. 30 So z. B. H. Kremser, Rechtsstatus (Fn. 29), S. 52; ähnlich A. v. Campenhausen, Staatskirchenrecht in den neuen Bundesländern (Fn. 29), S. 52, wobei dies seiner These widerspricht, dass „das kirchliche Amtsrecht als solches nicht vom Staat verliehen“ ist und die Kirchen hierüber allein entscheiden, während die Zuerkennung kirchlicher Dienstherrnfähigkeit (sc. durch Verleihung des Körperschaftsstatus) die Anerkennung im weltlichen Bereich bewirke (ders./H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 30, Rn. 4); gerade an dieser Anerkennung fehlte es in der DDR, doch konnte es innerkirchlich durchaus „Kirchenbeamte“ geben; die von v. Campenhausen (Fn. 29, Rn. 47) herangezogenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen beweisen lediglich das Vorhandensein atypischer Verträge für Kirchen; vgl. A. Vulpius, Vertrag mit der Jüdischen Gemeinde (Fn. 29), S. 228. 31 Vgl. bereits für das Jahr 1958 E. Jacobi, Kirchliches Dienstrecht und staatliches Arbeitsrecht in der Deutschen Demokratischen Republik, FS Nikisch, 1958, S. 83 (108): „Erläßt die Kirche […] Ordnungen, so sind das vom Standpunkt des Staates aus nur innerkirchliche Konventionen, an die sich die Kirche zwar binden kann, die die DDR aber nicht als Recht anerkennt“; zu den von A. v. Campenhausen herangezogenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen siehe Fn. 30. 32 Vgl. nur die Enteignung großer Kirchen sowie die Darstellung bei Chr. Meyer, Die Vermögensverwaltung und das Stiftungsrecht im Bereich der evangelischen Kirche, HSKR,

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Rechte aus dem „Privilegienbündel“, seien es baurechtliche Vergünstigungen, Gebührenbefreiungen, Senderechte oder die Mitwirkung in Gremien der Rundfunkanstalten, wurden nicht respektiert. Weder nach der rechtlichen Begrifflichkeit noch nach inhaltlichen Rechten war somit spätestens seit den 70er Jahren eine öffentlich-rechtliche Körperschaft in der DDR noch existent.33 e) Während Artikel 137 Abs. 5 Satz 3 GG zwar Zusammenschlüsse öffentlichrechtlicher Religionsgemeinschaften einzelnen korporierten Religionsgemeinschaften gleichstellt, jedoch deren Gliederungen nicht erwähnt, wenn auch unausgesprochen einschließt,34 erstreckt Absatz 1, 1. Halbsatz, den Körperschaftsstatus ausdrücklich auch auf Kirchengemeinden35, Gliederungen und Verbände und sichert damit die Verfassungsbestimmungen vertraglich ab. Zu den „Gliederungen“ zählen vor allem die Kirchenkreise.36 Unter „Verbände“ fallen zum einen Kirchengemeindeverbände37, ferner rechtlich begründete Verbindungen von Landeskirchen oder ihrer Konsistorien.38 Die Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland (EMK), der in zwei Stufen sich entwickelnde Zusammenschluss der provinzsächsiBd. 1, 21994, § 33, S. 907 (922), wonach die Kirchen wie Betriebe behandelt wurden und von der Vermögensgarantie nichts übriggeblieben war (staatlicher Genehmigungsvorbehalt für Eigentumserwerb, ferner für Erbschaften, Schenkungen und Kaufpreise sowie Vorkaufsrechte und Zwangshypotheken). 33 A. Hollerbach, HbKathKR, 1. Aufl. 1983, § 114, S. 1078, resümiert wie folgt: Frühere Einzelgewährleistungen seien nach der Verfassung von 1968/1973 weggefallen; „das gilt zunächst schon für die Stellung der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Eine solche Qualifizierung ist mit dem sozialistischen Rechts- und Staatssystem nicht verträglich. Geblieben ist aber die Anerkennung der juristischen Personalität der Kirchen und ihrer Gliederungen als solcher“. 34 Vgl. E. Friesenhahn, Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 567 f.; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 18 Rn. 32 f.; ders., Grundgesetz Art. 137, Rn. 32, 234; St. Korioth, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 137, Rn. 93; BVerfGE 66, 366 (393 f.). 35 Das gilt auch für neue Kirchengemeinden, „Basis der Organisationsstruktur“ A. v. Campenhausen, Die Organisationsstruktur der evangelischen Kirchen, HSKR, Bd. 1, 2 1994, § 12, S. 383 (384); dazu auch Erl. n). 36 So auch § 2 Nr. 1 Kirchensteuergesetz (Fn 2); die Landeskirche Anhalts kennt keine Kirchenkreise; die in der Amtlichen Begründung (LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 8) aufgeführten Propsteien sind bisher keine rechtsfähigen Organisationseinheiten, das Diakonische Werk ist privatrechtlich organisiert; eine weitere „Gliederung“ ist das Kirchspiel, eine Zusammenfassung von Kirchengemeinden, ohne deren Körperschaftscharakter aufzuheben (Art. 26 Abs. 2 der GrundO der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen); vgl. z. B. die Bildung eines Kirchspiels Schwanebeck, in Kraft getreten am 1. 1. 2006, ABl. der Föderation 2005, Nr. 12, S. 347. 37 Vgl. für die Katholische Kirche W. Busch, Die Vermögensverwaltung und das Stiftungsrecht im Bereich der katholischen Kirche, HSKR, 21994, Bd. 1, § 34, S. 947 (959). 38 Oft werden mit besonderen Sachaufgaben betraute Zusammenschlüsse auch privatrechtlich gestaltet, so z. B. der Evangelische Medienverbund e.V. Fn. 23 zu Art. 22); zur Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen vgl. H. U. Anke/B. Guntau, Die Organisation der evangelischen Kirche in Deutschland, HSKR, 32020, Bd. 1, § 211, S. 835 (860 f. Rn. 30).

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schen und der Thüringischen Kirche39 dürften, wie auch in § 1 Abs. 3 des Kooperationsvertrages zum Ausdruck gebracht, in ihrer ersten Stufe ebenfalls unter die in Absatz 1 genannten Verbände fallen.40 Jedenfalls muss es sich um Verbände handeln, die aus den genannten Gebietskörperschaften gebildet werden; dies wird deutlich in Art. 14 Abs. 1 des katholischen Vertrags mit den Worten „[…] die aus ihnen gebildeten Verbände“ zum Ausdruck gebracht.41 Nicht von Absatz 1 umfasst sind sonstige von den Kirchen gebildeten Verbände, Bruder- und Schwesternschaften oder Werke.42 Die Möglichkeit, öffentlich-rechtliche Verbände, Anstalten und Stiftungen mit staatlicher Zustimmung zu errichten, ist in Absatz 3 geregelt. Zusammenschlüsse auf Bundesebene wie die Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) oder die Union Evangelischer Kirchen (UEK)43 sind ebenfalls öffentlich-rechtliche Körperschaften. f) Das Erlöschen des Körperschaftstatus wird in der Literatur und Rechtsprechung hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Auflösung einer ganzen Religionsgemeinschaft behandelt, die bei den hier zur Diskussion stehenden altkoporierten Großkirchen nicht zur Diskussion steht, sieht man von einer Abschaffung des Status durch eine Verfassungsänderung ab.44 Der Körperschaftsstatus einer Gliederung oder eines Verbandes kann jedoch durchaus erlöschen, zum einen durch deren Auflösung mittels Kirchenbeschlusses, etwa aus Anlass einer Fusion45 oder aus Ersparnisgründen, bei Verbänden auch wegen Wegfalls der Aufgabe,46 zum anderen automatisch wegen Verlustes etwa aller Mitglieder einer Gemeinde oder wegen sonstiger fakti-

39 Vgl. den Vertrag zwischen der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen über die Bildung der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland v. 27. 3. 2004 (ABl. EKD S. 515; Zustimmungsgesetz KPS ABl. S. 82, ZustimmungsgesetzThüringische Kirche ABl. S. 57), in Kraft getreten am 1. 7. 2004. 40 S. dazu auch Art. 7 Abs. 2 Evangelischer Vertrag Thüringen. 41 Ebenso Art. 9 Abs. 1 Evangelischer Vertrag Sachsen und Art. 7 Abs. 1 Evangelischer Vertrag Thüringen sowie § 2 Nr. 1 Kirchensteuergesetz der DDR (Fn. 2). 42 Eine Ausnahme bildet die Evangelische Brüderunität – Herrnhuter Brüdergemeine; ferner eine innerhalb größerer Anstalten etwa von Diakonissen gegründete eigene Gemeinde, die dann in die Landeskirche eingebunden ist. 43 Zu dieser Neugründung vgl. J. Winter, Die Union Evangelischer Kirchen als Beitrag zur Strukturreform der evangelischen Kirche in Deutschland, ZevKR 49 (2004), S. 239. 44 R. Röger will für eine Statusaberkennung im Einzelfall ein einfaches Gesetz genügen lassen, weil Art. 137 Abs. 5 WRV nur eine organisatorische Übergangsbestimmung sei (Die Aberkennung des Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften im Lichte der Schutzpflichtlehre, FS Rüfner 2003, S. 49), kann aber damit die Verfassungsgarantie nicht aus der Welt schaffen. 45 Zum Erlöschen durch Zusammenlegung katholischer Kirchengemeinden in NordrheinWestfalen vgl. W. Meller, Änderungen in den rechtlichen Strukturen auf Ortsebene, KuR 2000, S. 69 ff. 46 Z. B. durch Ankündigung einer Föderation.

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scher Bedeutungslosigkeit.47 Eines hoheitlichen Aktes – actus contrarius – bedarf es im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht und die Organisationsgewalt48 der Kirchen und im Umkehrschluss aus Artikel 137 Abs. 5 Satz 3 WRV sowie aufgrund des Absatz 2 des Vertrages, wonach auch die Errichtung keines Hoheitsaktes bedarf49, nicht,wohl aber einer Unterrichtung der Landesregierung und der betroffenen Kommune, denen damit eine öffentliche Bekanntmachung anheimgestellt wird. Demgegenüber können dem Körperschaftstatus zugehörige Teilrechte gesetzlich entzogen werden, soweit sie nicht zu den Essentialien zählen50 oder grundrechtsgebunden sind. In Betracht kommen, unabhängig von – im vorliegenden Fall bestehenden – vertraglichen Bindungen, etwa Gebührenbefreiung, Amtshilfen oder Kommunikationszusagen. g) Die Bestätigung der Qualifizierung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst durch Absatz 1, 2. Halbsatz, folgt den Regelungen in den westdeutschen Verträgen.51 Die Aussage bezieht sich, da sie unmittelbar an den auf den Körperschaftsstatus bezogenen 1. Halbsatz und damit an das Spezifikum des kirchlichen Dienstrechts anschließt,52 allein auf die Fähigkeit der Kirchen, Geistliche und Mitarbeiter 47

Zur Gesamtproblematik vgl. B. Lindner, Entstehung und Untergang von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Unter besonderer Berücksichtigung der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, 2002, insb. S. 95 ff.; H. M. Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, 2003, S. 354 ff.; G. Held, Die kleinen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften im Staatskirchenrecht der Bundesrepublik, 1974, S. 144 ff.; J. Lehmann, Die kleinen Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts im heutigen Staatskirchenrecht, 1959, S. 134 f.; P. Kunig/R. Uerpmann, Zum Verlust des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts am Beispiel der altkorporierten jüdischen Glaubensgemeinschaft Adass Isroel, DVBl. 1997, S. 248; H. Weber, Die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften, ZevKR 34 (1989), S. 338 (362 f.); OVG Berlin, NVwZ 1998, S. 396 (397 ff.) – insoweit nicht durch das BVerwG-Urteil vom 15. 10. 1997 (NJW 1997, 253) beanstandet. 48 Vgl. P. Kirchhof, Die Kirchen als Körperschaften, S. 670. 49 Vgl. B. Lindner, Entstehung und Untergang (Fn. 47), S. 111 unter entspr. Anwendung des Vereinsrechts; OVG Berlin (Fn. 47) S. 398 sowie bei Mitgliederverlust D. Ehlers, in: M. Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1999, Art. 140/137 WRV, Rn. 20a; a. A. (Aufhebung nur auf Antrag) St. Korioth in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Kommentar, Art. 140/137 WRV, Rn. 81; H. M. Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften (Fn. 47), S. 358 ff.; VG Berlin NVwZ 1995, 513 (515) – aufgehoben –; nicht überzeugend ist dabei der Rückschluss aus dem Rechtsstatus staatlicher Körperschaften; denn am „Mantel“ einer nicht mehr existierenden Kirchengemeinde besteht weder ein öffentliches noch ein kirchenpolitisches Interesse; unrealistisch wäre auch die Vorstellung, dass der Wegfall einer von der Kirche aufgehobenen Gemeinde oder Föderation davon abhängig sei, ob der Landtag dies bestätigt oder auch nicht. 50 Dazu dürfen jedenfalls die Organisationsgewalt, die Dienstherrnfähigkeit, die öffentlichrechtliche Rechtsetzungsbefugnis, das Parochialrecht, das Besteuerungsrecht und die Widmungsbefugnis gehören. 51 Vgl. Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Evangelischer Vertrag Niedersachsen, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Evangelischer Vertrag Schleswig-Holstein, Art. 1 Abs. 4 Evangelischer Vertrag Hessen, Art. 2 Abs. 3 Evangelischer Vertrag Rheinland-Pfalz. 52 Kirchlicher Dienst in einem weiteren Verständnis, also nicht allein auf Körperschaften bezogen, umfasst auch Arbeitsverhältnisse in privatrechtlich verfassten kirchlichen Einrich-

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der Kirchenverwaltung im nicht dem staatlichen Arbeitsrecht unterliegenden Beamtenstand zu beschäftigen. Das Schlussprotokoll zu Absatz 1 erläutert auch nur für das kirchliche Dienstrecht den Unterschied zum staatlichen Beamtenrecht.53 Soweit kirchliche Mitarbeiter nicht als Kirchenbeamte, sondern auf vertraglicher Grundlage beschäftigt werden – und die Kirchen sind frei in der Wahl des Angestelltenverhältnisses54 –, besagt der 2. Halbsatz, wenn auch ohne große rechtliche Relevanz,55 lediglich, dass sie Beschäftigte einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft sind, wobei auf ihre vertraglichen Beziehungen, jedenfalls solange die Kirchen nicht ein eigenes Arbeitsrecht schaffen56, das staatliche Arbeitsrecht Anwendung findet.57 Da aber die Erstreckung des staatlichen Beamtenrechts durch das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und den daraus folgenden spezifisch religionsbezogenen Charakter der Tätigkeiten erheblich eingeschränkt ist, kommen zahlreiche arbeitsrechtliche Bestimmungen, vor allem auch im Bereich des Koalitions- und Mitbestimmungsrechts, nicht zur Anwendung.58 Das kirchliche Beamtentum als innerkirchliche Regelung leitet sich nicht von der Dienstherrnfähigkeit als Ausfluss des Korporationsstatus ab, sondern folgt, ohne auf staatliche Zuordnungsbestimmungen wie etwa § 135 Satz 2 BRRG angewiesen zu sein, aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.59 Zusätzlich bewirkt die in Artungen und Organisationen, vgl. dazu z. B. A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts HStR, 1. Aufl., Bd. IV, 1989, § 139 Rn. 41, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG. 53 Ebenso die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 8 f. 54 Vgl. BVerfGE 70, 138 (164); einer der Vorteile der Entscheidung für Beamtenrechtspositionen liegt im Gewinn eines „abgestuften Instrumentariums der disziplinarischen Reaktionsmöglichkeiten“, so die Amtliche Begründung zu Art. 7 Evangelischer Vertrag Brandenburg, LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 32. 55 Vgl. H. Weber, Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes, 1966, S. 116 f. 56 Vgl. dazu J. Joussen, Die Anwendung des staatlichen Arbeitsrechts auf Arbeitsverhältnisse zu Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, HSKR, 32020, Bd. 3, § 57, S. 2375 (2395 Rn. 33 f.). 57 BVerfGE 70, 138 (165); 137, 273 (308 f.). 58 Zum Gesamtkomplex vgl. G. Thüsing, Das kollektive kirchliche Dienst- und Arbeitsrecht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 59, S. 2483 ff.; R. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 8. Aufl. 2020; H. Schliemann, Kurze Einführung in das Kirchenrecht und in das kirchliche Arbeitsrecht, GreifRecht 2018, S. 1 ff.; P. Unruh, in: H. v. Mangoldt/Fr. Klein/Chr. Starck, Grundgesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2018, Art. 140/137 WRV, Rn. 74 ff.; J. M. Schubert, Die Kirchen als Arbeitgeber – Die Folgen von „Egenberger“ und „Chefarzt“ für Diakonie und Caritas, EuZA 2020, S. 320 ff. 59 Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 30, Rn. 4: „Selbstverständlich ist das kirchliche Amtsrecht als solches nicht vom Staat verliehen“; a. A. H. Munsonius, Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zu Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, HSKR, 32020, Bd. 3, § 58, S. 2449 (2452 f. Rn. 6), die Dienstherrenfähigkeit beim Körperschaftsstatus verortend; ferner mit weiteren Konsequenzen K.-H. Kästner, Staatliche Justizhoheit, S. 123 ff.; J. Listl, Staatliche und kirchliche Gerichtsbarkeit, DÖV 1989, S. 409 (410); B. Jeand’Heur/St. Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, Rn. 242;

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tikel 8 Abs. 1 enthaltene vertragliche Bestätigung der vom Staat verliehenen öffentlich-rechtlichen Dienstherrneigenschaft, dass das kirchliche Amts- und Dienstrecht auch im staatlichen Bereich als öffentlich-rechtlich und damit hoheitlich wirkend anerkannt wird.60 Das setzt allerdings zum einen eine nicht vertragliche, sondern einseitig kirchengesetzliche Regelung der Beschäftigungsverhältnisse voraus, zum anderen, wie auch in Absatz 1 Satz 4 des Schlussprotokolls vereinbart, dass das staatliche Beamtenrecht jedenfalls in den „Grundsätzen“61 übernommen wird und dadurch einen kirchlichen Beamtenstatus kenntlich macht. Das schließt nicht aus, dass auch abweichende kirchliche Regelungen im staatlichen Bereich als gültig anerkannt werden,62 sofern sie nicht gegen ein „für alle geltendes Gesetz“, also vor allem gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen. Die Kirchen sind kraft ihres Selbstbestimmungsrechts und des Rechts auf Religionsfreiheit nicht an alle Verfassungsbestimmungen gebunden, so insbesondere nicht strikt an Artikel 33 Abs. 2 bis 5 GG63 und Artikel 19 Abs. 4 GG64 sowie nicht an Artikel 9 Abs. 3 GG.65 Doch darf das kirchliche Dienstrecht nie den typischen Beamtenrechtscharakter, insbesondere nicht durch fehlende soziale Absicherung, verlieren, weil die Beschäftigten sonst au-

H. de Wall, Der „Typenzwang“, S. 374; die Befugnis, ohne staatliche Mitwirkung innerkirchliches Beamtentum einzuführen, lässt daher auch einen Rückschluss von der Praktizierung kirchlichen Amts- und Dienstrechts auf das Bestehen einer staatlich anerkannten Körperschaft des öffentlichen Rechts in der DDR nicht zu (s. Erl. d)) und Fn. 30. 60 Vgl. A. Hollerbach, Grundlagen (Fn. 52), Rn. 130: „Eine Art Dreingabe“. 61 Dazu zählen nach A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 30, Rn. 9: Lebenszeitprinzip, hauptberufliche Bindung, Leistungsprinzip, Laufbahnprinzip, Fürsorgepflicht der Kirche, Treuepflicht, Alimentationsprinzip und Legalitätsprinzip; zu Abweichungen und Differenzierungen aufgrund des Selbstbestimmungsrechts sowie einer daraus abzuleitenden Güterabwägung vgl. H. de Wall, Der „Typenzwang“, S. 369, 379 mit w. Nachweisen. 62 S. auch die Entstehungsgeschichte, wonach die Verhandlungspartner die ursprünglich vorgesehene „überwiegende“ Berücksichtigung beamtenrechtlicher Regelungen abschwächten durch die Formulierung „in ihren Grundsätzen“; weiteren Aufschluss gibt der Vertragstext, der keine verfassungsrechtliche Entsprechung hat, nicht, was die Anwendung erschwert. 63 Vgl. H. Munsonius, Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zu Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, HSKR, 32020, Bd. 3, § 58, S. 2449 (2454 ff. Rn. 9 ff.); P. Kirchhof, Die Kirchen und die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, HSKR, Bd. 1, 21994, § 22, S. 677 f.; BVerfG NJW 1980, 1041 sowie bereits BVerfGE 28, 345 (351) und 66, 241 (250); a. A. H. Weber, Rechtsprobleme eines Anschlusses der Pfarrer und Kirchenbeamten an die gesetzliche Rentenversicherung der Angestellten, ZevKR 22 (1977), S. 346 (366, 397 f.); sowie E. Wufka, Art. 33 V GG und das kirchliche Dienstrecht, ZevKR 16 (1971), S. 196 (200 ff.); H. de Wall, Typenzwang, S. 375 ff.; nach A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, §30, Rn. 5. Fn. 17 ist Artikel 33 Abs. 5 GG nur „eingeschränkt“ anwendbar, nach Prüfung in jedem Einzelfall. 64 Vgl. P. Kirchhof, Kirchen und Religionsgemeinschaften (Fn. 63); R. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 200 f.; a. A. H. Weber, Anmerkungen zu zwei BVerfG-Beschlüssen, NJW 1980, S. 1042 (1043); ders., Rechtsprobleme (Fn. 63), S. 264. 65 Vgl. BVerfGE 57, 247.

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tomatisch unter das staatliche Arbeits- und Sozialrecht fallen.66 Für entsprechende Entscheidungen sind aber in jedem Einzelfall Abwägungen erforderlich. Die Angleichung an das staatliche Beamtenrecht geschieht auch im Interesse der Mitarbeiter, weil nur auf dies Weise „ein Wechsel aus dem kirchlichen in den (sc. staatlichen) öffentlichen Dienst und umgekehrt“ (Abs. 2 des Schlussprotokolls zu Abs. 1) ermöglicht bzw. erleichtert wird.67 Im Übrigen besteht in Literatur und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass, wie in Absatz 1 Satz 2 des Schlussprotokolls zu Abs. 1 ausgeführt, der kirchliche Dienst nicht mit dem staatlichen Dienst vergleichbar ist;68 daher wird in der staatlichen Beamtengesetzgebung in aller Regel der kirchliche Dienst von der Anwendung ausgenommen.69 h) Die kirchlichen dienstrechtlichen Regelungen der der früheren EKU, jetzt UEK, angehörenden Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelischen Landeskirche Anhalts orientieren sich, abgesehen von den vor allem die Pfarrer betreffenden spezifischen kirchlichen Aspekte, weitgehend am staatlichen Beamtenrecht. Im Unterschied zu den der VEKLD angeschlossenen Kirchen (Braunschweigische und Sächsische Kirche) gelten für sie die EKU-, z. T. auch die EKD-Regelungen, zu denen jeweils landeskirchliche Ausführungsgesetze hinzutreten, bezüglich des EKD-Disziplinarrechts Ausführungsbestimmungen der EKU (UEK). aa) EKD-Pfarrdienstgesetz:70 Danach stehen Pfarrerinnen und Pfarrer auf Lebenszeit in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zur Kirche (§ 2 Abs. 1, 2 S. 1), sind an die „Ordnung der Kirche“ (§ 3 Abs. 1) und an „dienst66

Vgl. Chr. Link, Steuergerechtigkeit im kirchlichen Dienstrecht, ZevKR 4 (1955), S. 435 (446): „Strukturelles Minimum“; z. B. ist eine Anbindung an die Sozialversicherung nicht als beamtenschädlich angenommen worden, solange die finanzielle Absicherung gewährleistet ist, vgl. H.-P. Hübner, Pfarrer in der Sozialversicherung, 1992; a. A. H. Weber, Rechtsprobleme (Fn. 63). 67 Von A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 30, Rn. 9, unter Bezugnahme auf frühere Arbeiten plastisch als „Typenzwang“ bezeichnet; vgl. ferner H. de Wall, Typenzwang, S. 369 ff. 68 Vgl. statt vieler schon E. Friesenhahn, Die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, HSKR, 1. Aufl. 1974, Bd. 1, § 11, S. 564. 69 § 135 Abs. 1 BRRG, § 29 Abs. 1 BBesG und § 1 Abs. 2 Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (Landesbesoldungsgesetz – LBesG LSA) vom 8. 2. 2011 – GVBl. LSA 2011, 68 –, ferner § 1 Abs. 3 BeamtVG und § 1 Abs. 2 BPersVG sowie § 1 Abs. 1 Personalvertretungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt i. d. F. der Bek. v. 16. 3. 2004 (GVBl. LSA S. 205, bericht. S. 491), zuletzt geändert durch Gesetz v. 17. 6. 2003 (GVBl. LSA S. 126). 70 EKU-Gesetz vom 15. 6. 1996 (ABl. EKD S. 470), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. 4. 2005 (ABl. EKD S. 245), bericht. durch Beschluss vom 27. 2. 2003 (ABl. EKD S. 134). Das Pfarrerdienstrecht ist mittlerweile durch eine EKD-Gesetzgebung vereinheitlicht worden; siehe Kirchengesetz zur Regelung der Dienstverhältnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Pfarrdienstgesetz der EKD – PfDG.EKD) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 15. Februar 20211 (ABl. EKD S. 34), Berichtigung vom 15. Mai 2021 (ABl. EKD S. 131), zuletzt geändert am 24. Juni 2021 (ABl. EKD S. 158).

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liche Anordnungen“ (§ 58 Abs. 2) gebunden und haben sich in ihrer Lebensführung dienstlich und außerdienstlich an ihrem kirchlichen Auftrag zu orientieren (§ 3 Abs. 2).71 Wenn sie sich politisch betätigen, müssen sie erkennen lassen, dass das anvertraute Amt sie an alle Gemeindeglieder weist und mit der ganzen Kirche verbindet. Sie haben die Grenzen zu beachten, die sich hieraus für Art und Maß ihres politischen Handelns ergeben. (§ 34 S. 2).72 Bei Amtspflichtverletzungen findet ein – gesondert geregeltes – Lehrbeanstandungsverfahren statt (§ 45 Abs. 1). bb) EKD-Kirchenbeamtengesetz:73 Es statuiert für nicht im Pfarrdienst beschäftigte Kirchenbeamte ebenfalls ein „öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis“ (Kirchenbeamtenverhältnis – § 1 Abs. 2), das auf Lebenszeit, auf Probe, auf Widerruf oder auf Zeit begründet werden kann (§ 6 Abs. 1), und eine Amtsausübung nach den Ordnungen der Kirche (§ 18 S. 1); es erklärt Anordnungen und Richtlinien für verbindlich, soweit sie nicht Schrift und Bekenntnis widersprechen (§ 20), und verpflichtet bei politischen Äußerungen und politischer Tätigkeit zur Rücksichtnahme auf das kirchliche Amt (§ 27). cc) Besoldungs- und Versorgungsgesetz der EKD74 : Besoldung und Versorgung richten sich nach den entsprechend anzuwendenden Bestimmungen des für die Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten jeweils geltenden Besoldungs- und Versorgungsrechts, soweit in diesem Kirchengesetz oder aufgrund dieses Kirchengesetzes nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 2 Abs. 1). Zu den sonstigen Bezügen gehören Anwärter- und Vikarsbezüge, Dienstwohnung (§§ 24 f.) und vermögenswirksame Leistungen (§ 1 Abs. 3). dd) EKD-Disziplinargesetz:75 Dieses Kirchengesetz gilt für Amtspflichtverletzungen von Pfarrerinnen, Pfarrern, Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten und an-

71 Vgl. allgemein zur Lebensführung K. v. Notz, Lebensführungspflichten im evangelischen Kirchenrecht, 2003. 72 Zum Gesamtkomplex vgl. H. Maurer, Freiheit und Bindung kirchlicher Amtsträger, ZevKR 19 (1974), S. 30 ff. = Abhandlungen zum Kirchenrecht und Staatskirchenrecht, 1998, S. 3 ff.; ders., Die Pflichten des Pfarrers aus Ordination und Dienstverhältnis, ZevKR 32 (1987), S. 572 (588 ff.) = Abhandlungen, S. 46 ff. 73 Kirchengesetz über die Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Kirchenbeamtengesetz der EKD – KBG.EKD) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 15. März 2021 (ABl. EKD S. 70), Berichtigung vom 15. April 2021 (ABl. EKD S. 118), geändert am 24. Juni 2021 (ABl. EKD S. 158), zuletzt berichtigt am 1. September 2021 (ABl. EKD S. 222). 74 Kirchengesetz über die Besoldung und Versorgung der Pfarrerinnen und Pfarrer sowie der Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Besoldungs- und Versorgungsgesetz der EKD – BVG-EKD) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 15. April 2021 (ABl. EKD S. 101), Berichtigung vom 15. Mai 2021 (ABl. EKD S. 132). 75 Disziplinargesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DG.EKD) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 15. Januar 2021 (ABl. EKD S. 2), Berichtigung vom 15. Februar 2021 (ABl. EKD S. 66), zuletzt geändert am 24. Juni 2021 (ABl. EKD S. 158).

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deren Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zu einem kirchlichen Dienstherrn stehen. (§ 2 Abs. 1).76 ee) EKD Mandatsgesetz77: Es sieht vor, dass einem Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag oder zur gesetzgebenden Körperschaft eines Landes auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub ohne Bezüge zu erteilen ist (§ 2 Abs. 2 S. 1). Hat ein Kirchenbeamter die Wahl zum Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages oder der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes angenommen, so ruhen vom Tage der Annahme der Wahl für die Dauer der Mitgliedschaft seine Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis mit Ausnahme der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und des Verbots zur Annahme von Belohnungen und Geschenken. Nimmt das Mandat in der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes die Arbeitskraft des Kirchenbeamten nicht voll in Anspruch, so kann der Rat abweichend von Absatz 1 auf Antrag des Kirchenbeamten die Arbeitszeit bis auf 30 vom Hundert der regelmäßigen Arbeitszeit ermäßigen (§ 4 Abs. 1 u. 2).78 ff) Die Koalitionsfreiheit und die Interessenvertretung der Mitarbeiter spielen im kirchlichen Amts- und Dienstrecht nur eine untergeordnete Rolle.79 Nach § 1 Abs. 1 des EKD-Mitarbeitervertretungsgesetzes80 sind für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Dienststellen der Körperschaften, Anstalten, Stiftungen und Werke sowie der rechtlich selbstständigen Einrichtungen der Diakonie innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Gliedkirchen nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes Mitarbeitervertretungen zu bilden. Das gliedkirchliche Recht kann für Personen, die im pfarramtlichen Dienst, in der Ausbildung oder Vorbereitung dazu stehen, andere Regelungen vorsehen (§ 2 Abs. 2 S. 1). i) Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Absatz 1 enthält eine Art Absichtserklärung für eine gerechte Bewertung des jeweils anderen öffentlichen Dienstes im Falle des Überwechselns von Pfarrern und Kirchenbeamten in den „öffentlichen Dienst“ – gemeint ist der staatliche öffentliche Dienst – und von staatlichen Beamten in den kirch76 Zur Disziplinargewalt insgesamt vgl. W. Strietzel, Das Disziplinarrecht der deutschen evangelischen Landeskirchen und Ihrer Zusammenschlüsse, 1988; ferner H. Maurer, Die Aufgabe disziplinarischen Handelns in der Kirche, NVwZ 1993, S. 609 ff. = Abhandlungen zum Kirchenrecht und Staatskirchenrecht, 1998, S. 93 ff. 77 Kirchengesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland über die Rechtsverhältnisse beim Erwerb von Mandaten in gesetzgebenden Körperschaften und kommunalen Vertretungen (Mandatsgesetz) vom 9. November 1989 (ABl. EKD 1989 S. 533), zuletzt geändert am 12. November 2014 (ABl. EKD 2014 S. 361). 78 Zur Zulässigkeit derartiger Regelungen vgl. BVerfGE 42, 312. 79 Vgl. G. Thüsing, Das kollektive kirchliche Dienst- und Arbeitsrecht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 58, S. 2483 ff. 80 Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 1. Januar 2019 (ABl. EKD S. 2), zuletzt geändert am 11. September 2020 (ABl. EKD S. 199).

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lichen Dienst.81 Die „Vermeidung unangemessener Nachteile“ soll nach der Amtlichen Begründung bedeuten, dass kirchliche Bewerber für den staatlichen Dienst nicht schlechter zu stellen sind als „andere Bewerber aus dem öffentlichen Dienst“ (gemeint ist der staatliche Dienst oder der Dienst in anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften).82 Für die Anrechnung von Vordienstzeiten haben die Kirchen bezüglich staatlicher Vordienstzeiten eine Mussvorschrift erlassen,83 während das staatliche Recht lediglich Kannvorschriften enthält,84 wobei die Bemühensklausel des Absatzes 2 des Schlussprotokolls zu einer möglichst entgegenkommenden Haltung der staatlichen Behörden führen soll.85 j) Das europäische Recht, d. h. das Recht der Europäischen Union, bewirkt bisher keine Beeinträchtigungen des Status der Kirchen in Deutschland als Körperschaften des öffentlichen Rechts und des daraus resultierenden kirchlichen Dienstrechts. Die Europäische Union besitzt keine originären Zuständigkeiten für das Staatskirchenrecht.86 Wohl aber ergeben sich mittelbare Auswirkungen aufgrund von Regelungen anderer Querschnittsbereiche, wobei regelmäßig die Frage auftritt, ob das nach deutschem Recht garantierte Selbstbestimmungsrecht einschließlich der Personalhoheit der Kirchen tangiert wird. Das EU-Recht kennt eine solche absolute Garantie nicht, obwohl die Union den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, achtet und ihn nicht beeinträchtigt (Art. 17 Abs. 1 AEUV). Außerdem gehören zu den Grundprinzipien der Gemeinschaft die Achtung der nationalen Identität (Art. 6 Abs. 3 EGV), zu der jedenfalls nach deutscher Auffassung das eigene Staat-Kirche-Verhältnis zählt. Die Europäische Grundrechtecharta garantiert in Art. 10 Abs. 1 die Religionsfreiheit unter dem Vorbehalt der Einschränkungsmöglichkeiten nach Art, 52 Abs. 1; in-

81 Zu den jedenfalls im Jahr 1991 bestehenden, nicht unerheblichen Unterschieden zwischen dem kirchlichen und dem staatlichen Beamtenrecht vgl. P. v. Tiling, Zur Dienstherrnfähigkeit der Kirchen, ZevKR 36 (1991), S. 276 ff. 82 LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 8 f. 83 Vgl. § 8 Abs. 3 Satz 1 Verordnung über die Besoldung der Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Union (Pfarrbesoldungsordnung – PfBesO) vom 31. März 1993 (ABl. EKKPS S. 64) – zuletzt geändert durch 8. Verordnung zur Änderung des Besoldungs- und Versorgungsrechts vom 4. September 2008 (ABl. EKD S. 334). Siehe ferner Kirchengesetz zur Vereinheitlichung des Besoldungsrechts in der EKM vom 16. November 2008 (ABl. S. 311). 84 Vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 1b) BeamtVG und § 29 Abs. 1 BBesG; zur Ermessensbindung vgl. VG Hannover, ZevKR 48 (2003), S. 325. 85 Zur Beurteilung einer gemischten, d. h. teils öffentlich-rechtlichen, teils privatrechtlichen Tätigkeit und der „Freistellung“ vgl. A. v. Campenhausen/J. E. Christoph (Hg.), Göttinger Gutachten, 1994, S. 254 ff. sowie den dort in Fn. 44 zitierten unveröffentlichten Beschl. des BVerwG v. 21. 11. 1980. 86 Vgl. dazu C. Hillgruber, Das Verhältnis von Recht und Religion in der Europäischen Union, in: S. Mückl/A. Uhle (Hg.), Kirche u. Staat in West-, Süd- und Nordeuropa, 2020, S. 49 (57 ff.).

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haltlich dürfte Art. 10 gemäß Artikel 52 Abs. 3 die gleiche Bedeutung zuzusprechen sein wie Artikel 9 der Menschenrechtskonvention.87 Fragen der Religionsfreiheit der Kirchen und deren Selbstbestimmungsrecht werden im Zusammenhang mit Regelungen von Querschnittsmaterien akut. Das kirchliche Dienstrecht unterliegt grundsätzlich dem in das allgemeine nationale Arbeitsrecht eingreifenden Unionsrecht, weil letzteres keinen Unterschied zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten kennt, doch erlauben Ausnahmebestimmungen bisher ganz überwiegend die Aufrechterhaltung der deutschen Regelungen für den kirchlichen Dienst. Allerdings fallen Kirchenbeamte, auch wenn sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, z. B. im Kirchensteuer- und Friedhofswesen, nicht unter die Ausnahmebestimmungen für die „öffentliche Verwaltung“ (Art. 45 Abs. 4 AEUV).88 aa) Das Freizügigkeitsgebot (Art. 45 ff. AEUV) untersagt grundsätzlich die Diskriminierung von EU-Ausländern89 wegen ihrer Staatsangehörigkeit. Da im Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt auf die Regelung von Anstellungsvoraussetzungen für Geistliche (Triennium) verzichtet wurde, entsteht grundsätzlich keine Kollision mit dem kirchlichen Dienstrecht, sieht man von den auch im EU-Recht anerkannten berufsspezifischen Anforderungen, bei Pfarrern z. B. entsprechende Sprachkenntnisse, ab.90 Anders liegt es im Falle der Beibehaltung herkömmlicher Anstellungsvoraussetzungen, insbesondere bei den Erfordernissen der deutschen Staatsangehörigkeit und eines deutschen oder deutschsprachigen Studiums, in den Katholischen Verträgen Sachsen (für leitende Kleriker) und Thüringen (für alle Kleriker); dies dürfte gegen EU-Recht verstoßen.91 bb) Die sog. Antidiskriminierungsrichtlinie 20/78 vom 27. 11. 200092 firmiert als Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und verbietet Diskriminierungen aufgrund der Religion oder Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung. Ausnahmen gelten nach Artikel 4 Abs. 1 für besondere berufsspezifische Anforderungen, nach Absatz 2 für Religionsgemeinschaften bezüglich besonderer 87 Zur Frage, inwieweit damit auch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht mit gewährleistet ist, siehe näher C. Hillgruber, Völkerrecht und Staatskirchenrecht, HSKR, 32020, § 8, S. 513 (530 ff., Rn. 32 ff.). 88 Rechtsprechungsnachweise bei M. Vachek, Religionsrecht, S. 308 f., der allenfalls eine Ausnahme bei Durchführung von Verwaltungszwang für möglich hält. 89 Zur Richtlinie 2000/43 mit dem Diskriminierungsverbot bezüglich ethnischer Herkunft v. 29. 6. 2000 (ABl. L 180/22), deren Anwendung für die Kirchen ohnehin selbstverständlich sein dürfte, vgl. H. Weber, Geltungsbereiche des primären und sekundären Europarechts für die Kirchen, ZevKR 47 (2002), S. 221 (238). 90 Vgl. H. Vachek, Religionsrecht, S. 304 ff. mit Rspr.-Nachw. 91 S. dazu ausführlich die Erl. zu Art. 2. 92 ABL. Nr. L 303, auch als Beilage zu NJW-Heft 37/2001, S. 8.

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religiöser Ausrichtung.93 In Bezug auf die konfessionelle Zugehörigkeit betont die Richtlinie, dass sich die Beschäftigten „loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation“ zu verhalten hätten.94 Für die Praxis wird man – auch bei Praktizierung des Freizügigkeitsgebotes – als allgemeine Richtschnur für die Auswahl und Behandlung von Geistlichen und Kirchenbeamten zugrunde legen können, dass zwar jede gewollte, vor allem gezielte Diskriminierung des geschützten Personenkreises gegen EU-Recht verstieße,95 aber jede nicht willkürliche Einzelentscheidung auf die beruflichen Anforderungen und auf den spezifischen religiösen Auftrag der Kirchen96 Rücksicht nehmen darf. cc) Das Gleichbehandlungsgebot und – betreffend die Arbeitswelt – die EGRichtlinie 76/207 (geändert durch Richtlinie 73/2002 v. 23. 9. 2002, Abl. Nr. L 269/15 mit Tendenzschutzklausel, Art. 2 Abs. 6) sowie – betr. außerhalb der Arbeitswelt – Richtlinie 113/2004 untersagen jede Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts im Berufsleben. Da die Evangelischen Kirchen seit langem die Frauenordination eingeführt haben und auch sonst keine Geschlechterdiskriminierung kennen, bringen diese Gebote für sie keine Beschwer. Für Religionsgemeinschaften wie die Katholische Kirche, die den Zugang zu fast allen geistlichen Ämtern Männern vorbehalten, bietet die Ausnahmebestimmung des Artikels 2 Abs. 6 der erstgenannten Richtlinie die Möglichkeit abweichender mitgliedstaatlicher Regelungen, wenn die geschlechterspezifische Regelung „eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ ist.97 dd) Das europäische Kollektivarbeitsrecht bringt für das kirchliche Dienstrecht keine Einschnitte. So kennt die Richtlinie 94/45 bei sinngemäßer Auslegung ihres Artikels 8 Abs. 3 Ausnahmemöglichkeiten auch für Kirchen als „Tendenzbetrieben“.98 Ähnliches gilt nach Artikel 3 Abs. 2 der EG-Richtlinie 14/2002 vom 11. 3. 2002 über Informations- und Anhörungsrechte der Arbeitnehmer.99

93

Zu Einzelheiten vgl. Chr. Grabenwarter, Kirchen, S. 66 ff.; H. M. Heinig, Öffentlichrechtliche Religionsgemeinschaften, 2003, S. 472 ff.; H. Weber, Geltungsbereiche (Fn. 112), S. 238 ff.; H. de Wall, Neue Entwicklungen, S. 210 ff.; kritisch gegenüber der Richtlinie J. H. Bauer, Europäische Antidiskriminierungsrichtlinien und ihr Einfluss auf das deutsche Arbeitsrecht, NJW 2001, S. 2672 ff. 94 Vgl. dazu Chr. Grabenwarter, Die Kirchen, S. 76 f.; Chr. Waldhoff, Kirchliche Selbstbestimmung und Europarecht, JZ 2003, S. 978 (985 f.); im Übrigen umfassend D. Kehlen, Europäische Antidiskriminierung und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, 2003. 95 Vgl. auch die Richtlinie 86/613 v. 19. 12. 1986 (ABl. Nr. L 359.) 96 Vgl. dazu auch A. Hollerbach, Europa, S. 278 f. 97 Die deutschen Verfassungsbestimmungen zur Religionsfreiheit dürften dazugehören. 98 Vgl. z. B. die Auslegungsüberlegungen bei G. Müller-Volbehr, Europa und das Arbeitsrecht der Kirchen, 1999, S. 112 ff. 99 Im Einzelnen vgl. H. Vachek, Religionsrecht, S. 316 ff.; ferner H. M. Heinig, Öffentlichrechtliche Religionsgemeinschaften, S. 470 f.; G. Robbers, Europarecht, S. 330.

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k) Die lange umstrittene Frage, ob Pfarrern und Kirchenbeamten neben dem Rechtsschutz durch kirchliche Gerichte100 oder durch Schlichtungsstellen auch ein staatlicher Rechtsschutz auf der Grundlage des „für alle geltenden Gesetzes“ (Art. 137 Abs. 3 WRV) zusteht101 oder nicht,102 dürfte mit der Änderung der Rechtsprechung des BGH seit dem Jahre 2000 und der des Bundesverwaltungsgerichts seit 2014 entschieden sein, dass eine umfassende Kontrollkompetenz staatlicher Gerichte besteht, aber inhaltlich mit Rücksicht auf die zu wahrende kirchliche Eigenständigkeit eingeschränkt ist.103 Die aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Justizgewährungspflicht des Staates104 wird jedenfalls für vermögensrechtliche Streitigkeiten im Bereich des kirchlichen Dienstrechts105 grundsätzlich, d. h. jedenfalls unter Bejahung der Zulässigkeit, anerkannt.106 Das gilt unabhängig davon, ob das kirchliche Recht ausdrücklich auf den Schutz durch staatliche Gerichte verweist oder nicht,107 und ebenso unabhängig davon, ob eine kircheneigene Verwaltungsgerichts100 Vgl. dazu überregional das EKD-Ges v. 6. 11. 2003 (ABL. S. 408, 409) sowie K.-H. Kästner, Evangelische Kirchengerichtsbarkeit zwischen Selbstbehauptung und Selbstüberschätzung, ZevKR 49 (2004), S. 171 ff.; ders., Entscheidungsmaßstäbe, S. 423 ff. 101 So nahezu einhellig die Lit. u. a. ausführlich P. v. Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Art. 140/Art. 137 WRV, Rn. 122 ff.; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht §36, Rn. 1 ff.; ferner H. Weber, Rechtsschutz, S. 1047 ff.; K.-H. Kästner Justizhoheit, S. 12 ff., 32 ff., 70 ff., 101 ff. und passim; ders., Vergangenheit und Zukunft der Frage nach rechtsstaatlicher Judikatur in Kirchensachen, ZevKR 48 (2004), S. 301 ff.; grundsätzlich zur Gesamtproblematik M. Germann, Gerichtsbarkeit, S. 627 ff. 102 So mit durchaus beachtlichen Argumenten C. Hillgruber, Selbstbestimmungsrecht S. 297, insb. 304 ff.; ferner bis vor kurzem die gesamte höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. u. a. BGHZ 34, 372 und 46, 96; BVerfGE 66, 241 und NJW 1994, S. 3367; BAG NJW 1990, S. 2082 (2083); ferner OVG Magdeburg, NJW 1998, S. 3070; einen Überblick geben Chr. Kirchberg, Staatlicher Rechtsschutz in Kirchensachen, NVwZ 1999, S. 734 f., insb. zu den Kammerbeschlüssen des BVerfG, und P. J. Tettinger, Anmerkungen zu aktuellen Akzentuierungen staatlichen Rechtsschutzes in kirchlichen Angelegenheiten, FS Rüfner 2003, S. 887 f. 103 Maßgebende Urteile: BGH, NJW 2000, 1555; BGHZ 154, 306 (311 f.); BVerwGE 149, 139; auch BverwGE 153, 282. Zusammenfassend W. Rüfner, Staatlicher Rechtsschutz gegen Kirchen und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 78, S. 3267 (3272 Rn. 10). 104 Vgl. dazu BverfG, NJW 2003, S. 1424 sowie K.-H. Kästner, Vergangenheit und Zukunft der Frage nach staatlicher Judikatur in Kirchensachen, ZevKR 48 (2003), S. 301 ff. 105 Bei statusrechtlichen oder „verkappten“ statusrechtlichen Streitigkeiten, die vor allem das kirchliche Amts- und Organisationsrecht betreffen, fällt die Abgrenzung schwer; vgl. etwa BVerwGE 95, 381 oder 66, 244; vgl. ferner H. Weber, Kirchlicher Rechtsschutz, S. 396 ff.; dass allerdings der von Weber anerkannte Justizgewährungsanspruch des Staates z. B. auch für das Bischofsbestellungsverfahren Geltung haben soll, erscheint eher zweifelhaft; nicht unter die staatliche Justizgewährungspflicht fällt die Vollstreckung kirchlicher Entscheidungen, so OVG NRW, Beschl. v. 28. 3. 2002, Rn. 5. 106 Vgl. A. v. Campenhausen, Neues zum staatlichen Rechtsschutz im kirchlichen Bereich, ZevKR 45 (2000), S. 622 ff., K.-H. Kästner, Tendenzwende, S. 899 ff.; H. Weber, Kirchlicher Rechtschutz, S. 386. 107 Vgl. BGH NJW 2003, 2097 (2098).

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barkeit besteht; in letzterem Fall wird aber das staatliche Gericht in aller Regel die Erschöpfung des kirchlichen Rechtsweges unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses zur Voraussetzung machen108, vorausgesetzt, dass das kirchliche Verfahren – auch in zeitlicher Hinsicht – rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht.109 Diese verfahrensbezogene Subsidiarität bietet eine dem Vorbehalt eines Schiedsverfahrens ähnliche Chance für eine außergerichtliche Regelung ohne Kostenfolge. Staatliche Gerichtsentscheidungen dürfen zwar grundsätzlich auch kirchliches Recht zugrunde legen110, aber nie in das Selbstbestimmungsrecht eingreifen, was auch dazu führt, dass eine Entscheidung immer nur für den Einzelfall und im Wege der Güterabwägung getroffen werden kann. An Schiedsgerichtsentscheidungen einer Religionsgemeinschaft sind die staatlichen Gerichte gebunden.111 Kirchliche Maßnahmen wie Versetzung, Entlassung, Gehaltskürzungen oder irgendwelche Diskriminierungen sind grundsätzlich nachprüfbar, doch kann sich die genannte Einzelfall-Beurteilung immer nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze wie das Willkürverbot, unter das auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip fällt, auf die Wahrung der guten Sitten, also z. B. keine diskriminierenden Persönlichkeitsverletzungen, und den ordre public-Grundsatz (Art. 6 EGBGB) beziehen112, nicht aber etwa darauf, ob ein Pfarrer für diese oder jene seelsorgerische Aufgabe geeignet ist oder ob eine religiöse Aussage gegen das religiöse Selbstverständnis verstößt (Vorwurf mangelnder Loyalität). l) Absatz 2, der anlässlich der Errichtung neuer oder in Veränderung bestehender kirchlicher Körperschaften lediglich eine Unterrichtung der staatlichen und kommunalen Stellen vorsieht, betrifft, wie sich schon aus der Stellung von Absatz 3 ergibt, nur die in Absatz 1 genannten kirchlichen Gebietskörperschaften, also die Landeskirchen, ihre Gliederungen und daraus gebildete Verbände.113 Auch nur auf diese be108 Vgl. BVerfG NJW 1999, 349 (350); BGH NJW 2003, 2097 (2099); H. Weber, Kirchlicher Rechtsschutz, S. 400 f., mit gewissen Vorbehalten; D. Ehlers, Staatlicher Rechtsschutz gegenüber den Religionsgemeinschaften in amts- und dienstrechtlichen Angelegenheiten, ZevKR 27 (1982), S. 269 (289); A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, HStR VI, § 138, Rn. 156. 109 Vgl. D. Ehlers in: M. Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 140/137 WRV Rn. 18; H. Weber, Kirchlicher Rechtschutz, S. 402; K.-H. Kästner, Vergangenheit und Zukunft, S. 309 f. 110 Vgl. W. Rüfner, Staatlicher Rechtsschutz gegen Kirchen und kirchliches Selbstbestimmungsrecht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 78, S. 3267 (3274 Rn. 13). 111 BGH NJW 2000, S. 1555 (1556 f.). 112 BVerfGE 70, 138 (168); BGH NJW 2003 S. 2097 (2099). 113 Vgl. W. Rüfner, Gründung, S. 440 f.; H. Weber, Der Thüringische Evangelische Kirchenvertrag, FS M. Kriele, 1997, S. 1009 (1924); ders., Der Wittenberger Vertrag – ein Loccum für die neuen Bundesländer?, NVwZ 1994, S. 759 (763), A. Hollerbach, Der verfassungsrechtliche Schutz kirchlicher Organisationen, HStR VI, 1989, § 139 Rn. 16; St. Heitmann, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1995, S. 93 (96); a. A. J. Jurina, Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, FS Rüfner 2003, S. 383 (384 f.). Wenn in der Praxis diese Vereinbarung

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ziehen sich die richtig verstandenen Verfassungsgarantien der Artikel 140 GG/137 Abs. 5 Satz 1 WRV und 32 Abs. 5 Landesverfassung sowie die Regelung in § 2 Nr. 1 des DDR-Kirchensteuergesetzes.114 Andere Körperschaften fallen ebenso wie Anstalten und Stiftungen unter die Regelung des Absatzes 3.115 Unter „Änderungen“ sind sowohl räumliche als auch organisatorische Maßnahmen116 mit Außenwirkung zu verstehen, z. B. Veränderung der Gebietsgrenzen, Zusammenlegungen oder Aufhebungen.117 Soweit organisatorische Änderungen betroffen sind, kommen aber nur wesentliche Maßnahmen wie etwa die Zuordnung zu anderen Superintendenturen oder Propsteien in Betracht; das staatliche Interesse an rein innerkirchlichen Entscheidungen ist begrenzt, anders allerdings oft das kommunale Interesse. Die Anzeige bedarf keiner Form, insbesondere nicht der z. B. nach Artikel 4 Abs. 1 des Hessischen Vertrages geforderten Vorlage einer Organisationsurkunde; doch kann sich letzteres in Interesse einer exakten Veröffentlichung in einem staatlichen oder kommunalen Amtsblatt empfehlen. Die vorzeitige Unterrichtung der staatlichen Stellen, die ein Element der Kooperation zwischen Kirche und Staat ist und notfalls zunächst auch vertraulich erfolgen kann, bedeutet zwar eine Belastung der Kirche, doch soll sie dem Land und der Kommune die Möglichkeit bieten, noch vor dem Vollzug Bedenken, etwa wegen Widerspruchs zur kommunalen Planung, so rechtzeitig geltend zu machen, dass noch die Möglichkeit für eine Änderung besteht, d. h. dass Zeit für die staatliche und kommunale Meinungsbildung118 im üblichen Verwaltungsablauf und für eine Entscheidungsübermittlung bleibt.119 Die Entscheidung setzt einen kirchlichen Beschluss mit aufschiebender Wirkung voraus. Staatliche oder kommunale Bedenken sind für die Kirchen nicht bindend120 ; aus dem Kooperationsgebot dürfte aber die kirchliche Verpflichtung resultieren, die Be-

verschiedentlich nicht eingehalten würde, hätte die Landesregierung im Interesse der Vertragswürdigung vorstellig werden sollen. 114 In diesen Bestimmungen ist der von P. Unruh, in: A. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 140/137 WRV Rn. 196, geforderte, grundsätzlich erforderliche Akt der staatlichen Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft – sozusagen vorauseilend – zu sehen; s. dazu auch die Entstehungsgeschichte; vgl. ferner St. Heitmann, Evangelischer Kirchenvertrag (Fn. 145), der diese Rechtsfolge aus dem ratifizierten Vertrag ableitet; ebenso R. Mainusch, Staatskirchenrechtliche Überlegungen, S. 285 (301), und, für den Loccumer Vertrag, E. Ruppel, Konkordat und Ergänzungsvertrag zum Evangelischen Kirchenvertrag in Niedersachsen, DVBl. 1966, S. 207 (209). 115 Vgl. dazu A. Hollerbach, Der verfassungsrechtliche Schutz kirchlicher Organisationen, HStR VI, 1989, § 139, Rn. 16. 116 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 9. 117 So auch ausdrücklich Art. 14 Abs. 3 Satz 1 Konkordat Sachsen-Anhalt. 118 Die rechtzeitige Unterrichtung der Kommunen trat bei den Verhandlungen an die Stelle eines zunächst von den Kommunen geforderten Anhörungsrechts. 119 Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 151); eine achtwöchige Wartezeit, wie in Art. 11 Loccumer Vertrag vorgesehen, dürfte die Kirchen allerdings überfordern. 120 Vgl. BVerfGE 18, 385 (388).

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denken zu prüfen121 und ggf. in Anwendung des Artikels 2 Abs. 1 mit dem Land zu erörtern. m) Absatz 3 ist Ausfluss der Organisationsgewalt der Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaft122 und bezieht sich auf alle Einrichtungen der sog. mittelbaren Kirchenverwaltung, deren Einrichtung zu den eigenen Angelegenheiten i. S. von Artikel 137 Abs. 3 Satz 1 WRV gehört.123 Für diese Einrichtungen bedarf es, wenn der öffentlich-rechtliche Status erreicht werden soll – und nur dieser ermöglicht z. B. die Beschäftigung von auch im staatlichen Bereich anerkannten Kirchenbeamten124 –, eines staatlichen Hoheitsakts125 auf gesetzlicher Grundlage126, wofür bei ausreichender Konkretisierung auch das Ratifizierungsgesetz zum Kirchenvertrag ausreichen kann.127 Aufgeführt sind in Absatz 3 zwar nur Anstalten und Stiftungen, doch besteht bei den Kirchen ebenso aus der Selbstverwaltung erwachsender Bedarf an zusätzlichen Körperschaften (nicht Gebietskörperschaften, für die Absatz 1 sowie die Verfassungsgarantien gelten)128, z. B. Hochschulen129, die damit auch zur mittelbaren Kirchenverwaltung zählen und wie Anstalten und Stiftungen zu behandeln sind. Körperschaften werden gemeinhin verstanden als mitgliedschaftlich organisierte Einrichtungen, Anstalten demgegenüber als ein Verbund von sachlichen und persönlichen Ressourcen unter Ausgliederung aus der normalen Verwaltung130 und Stiftungen als Anstalten mit festem Stiftungskapital und festgelegtem Stifterwillen; kirchlich sind Stiftungen dann, wenn sie einem kirchlichen Zweck dienen und dabei von 121

Vgl. auch W. Rüfner, Gründung, S. 438. Vgl. A. v. Campenhausen, Grenzprobleme, S. 284; a. A. A. Albrecht, Mittelbare Kirchenverwaltung, S. 451 f., 462 f. 123 Vgl. für Stiftungen ausführlich W. A. Achilles, Aufsicht, S. 159 ff.; E. D. Menges, Die kirchliche Stiftung in der Bundesrepublik Deutschland, 1995, S. 72 ff.; einen Überblick über die Vielfalt der Einrichtungen jeglicher Rechtsform, allerdings nach dem Stand von 1955, gibt G. Wasse, Die Werke und Einrichtungen der evangelischen Kirche, ZevKR 4 (1955), S. 74 ff. 124 Zum wachsenden Bedarf vgl. A. Albrecht, Mittelbare Kirchenverwaltung, S. 449 f. und A. v. Campenhausen, Grenzprobleme, S. 385 ff. 125 Neben der Bezeichnung „Genehmigung“ treten, praktisch gleichbedeutend, in mehreren Verträgen und Gesetzen die Begriffe „Anerkennung“ oder „Zustimmung“. 126 Vgl. W. Rüfner, Gründung, S. 432 ff. m. Nachw.; zur Rechtfertigung der staatlichen Mitwirkung vgl. A. v. Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts, S. 487 ff. 127 Dieser Hoheitsakt deckt aber noch nicht in jedem Fall die staatliche Akzeptanz der kirchlichen Vorschriften über die vermögensrechtliche Vertretung (Absatz 4) ab, kann aber damit verbunden werden. 128 Vgl. auch W. Rüfner, Gründung, S. 440 f. 129 Vgl. z. B. die Einrichtung der Hochschule für Kirchenmusik in Halle als Körperschaft des öffentlichen Rechts (KiGes. v. 19. 11. 1994, ABl. S. 165), Neufassung der Satzung v. 30. 7. 2004 (ABl. S. 260); Zur Rechtsfrage vgl. A. v. Campenhausen (Fn. 148), Rn. 245; ders., Grenzprobleme, S. 287. 130 Vgl. dazu R. Mainusch, LKStR, Bd. 1, 2000, Sp. 117 f.; Beispiele für öffentlich-rechtliche Anstalten sind vor allem Versorgungskassen, aber z. B. auch Domkirchen, vgl. W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 960. 122

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einer Kirche errichtet werden, organisatorisch mit der Kirche verbunden sind oder satzungsmäßig einer kirchlichen Aufsicht unterstellt sind.131 Rechtsgrundlagen für kirchliche Stiftungen sind für die Kirchenprovinz Sachsen das Stiftungsgesetz vom 19. 11. 1994,132 für die Landeskirche Anhalts das Stiftungsgesetz vom 9. 5. 1985,133 deren §§ 2 jeweils als Umschreibung der Erfüllung landesrechtlicher Vorschriften die Anerkennung durch die Kirche und die staatliche Genehmigung angeben. Auf staatlicher Seite gelten die §§ 12 und 13 des Stiftungsgesetzes Sachsen-Anhalt (StiftG LSA) vom 20. Januar 2011134 ; kirchliche Stiftungen des bürgerlichen Rechts unterliegen nicht der Rechtsaufsicht des Landes, wenn die betreffende Kirche Rechtsvorschriften erlassen hat, die im Wesentlichen den staatlichen Vorschriften entsprechen, und die Stiftungen entsprechend diesen Vorschriften von der zuständigen Kirchenbehörde beaufsichtigt werden (§ 12 Abs. 2 StiftG LSA). Diese Aufsicht liegt bei der Kirchenleitung (Kirchenprovinz: § 8 Abs. 1 kirchliches Stiftungsgesetz) bzw. beim Landeskirchenrat (Anhalt: § 8 Abs. 1 Stiftungsgesetz).135 Eine kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts bedarf zur Erlangung der Rechtsfähigkeit der Genehmigung durch das für die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche zuständige Ministerium. Die Staatskirchenverträge und das jeweilige kirchliche Recht finden Anwendung (§ 13 StiftG LSA). Für kirchliche Anstalten und Körperschaften bestehen keine gesonderten Vorschriften; beide sind aber wegen der Vergleichbarkeit ihrer Zweckbestimmung und der Entstehung durch Kirchengesetz weitgehend wie Stiftungen zu behandeln und besitzen wie diese Grundrechtsfähigkeit.136 Unter genehmigungspflichtigen Veränderungen sind z. B. Zweckerweiterungen und andere wesentliche Satzungsänderungen sowie Auswechslungen des Trägers 131 Nicht zu verwechseln mit staatlichen Stiftungen unter kirchlicher Verwaltung, so z. B. der Schweizer Geistlichen Hilfsfonds in Thüringen; zur geschichtlichen Entwicklung der Stiftungen vgl. A. v. Campenhausen, Kirchliche Stiftungen in Vergangenheit und Gegenwart, in: ders., Kirchenrecht und Kirchenpolitik, 1996, S. 229 f. (Erstdruck JGNKG 82 – 1984 – S. 119 ff.); ders., Handbuch des Stiftungsrechts, S. 475 ff.; zur Definition vgl. Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 938 f.; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, §31, Rn. 25 ff. (weniger dezidiert), ausführlicher in der älteren Fassung: Staatskirchenrecht, § 32 II, S. 278 ff.; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 248 ff.; BVerfGE 24, 236 (246 f.), 46, 73 (86 f.); ferner § 26 Stiftungsgesetz i. d. F. des Ges. v. 1. 1. 1997 (GVBl. S. 144); zu kirchlichen Stiftungen allgemein A. v. Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts, S. 473 ff.; als Stiftungen kommen z. B. Krankenhäuser, Akademien oder Altenheime in Betracht, sofern jeweils Stiftungsvermögen vorhanden ist. 132 ABl. EKD 1995 S. 113, i. d. F. des Ges. v. 18. 11. 2000 (ABl. S. 201). 133 ABl. S. 19. 134 GVBl. LSA 2011, 14, zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 17. Juni 2014 (GVBl. LSA S. 288, 341). 135 Zu praktischen Fragen der Stiftungsaufsicht vgl. B. Andrick/J. Sauerbaum, Stiftung und Aufsicht, 2001; zur Begründung der kirchlichen Aufsicht vgl. C. Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999, S. 138 f. 136 Vgl. für private kirchliche Stiftungen BVerfGE 46, 76 (82 f.).

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oder auch Vereinigungen von Trägern zu verstehen137, aber auch die Auflösung.138 Auf die staatliche Genehmigung besteht grundsätzlich ein Rechtsanspruch, weil die Kirchen zur Erledigung ihrer Angelegenheiten derartige Einrichtungen benötigen139, was aber eine Prüfung vor allem der formalen Voraussetzungen, nämlich Charakter als kirchliche Stiftung, kirchliche Aufsicht, Verhältnis zur Landeskirche, rechtliche Vertretung und dem Stiftungszweck angepasste Stiftungsmittel oder deren Absicherung140, nicht ausschließt. Entscheidungen etwa zur Namensgebung, zur Sitzbestimmung und zur Art der Beaufsichtigung fallen unter das Selbstbestimmungsrecht der Kirche. Angesichts der gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen bedarf die Anerkennung keines Gesetzes.141 Der öffentlich-rechtliche Status einer Einrichtung der mittelbaren Kirchenverwaltung ist selten erforderlich und wird daher kaum beansprucht.142 Auch sollen nach dem Schlussprotokoll zu Absatz 3 nur besonders wichtige Einrichtungen diesen Status erhalten, eine Anforderung, die auch in die Genehmigungsprüfung einbezogen werden kann.143 Die Alternative zur öffentlich-rechtlichen Stiftung sind privatrechtlich gestaltete kirchliche Stiftungen, auf deren Regelung Satz 2 vorsorglich hinweist. Sie unterliegen den §§ 80 ff. BGB,144 allerdings subsidiär gegenüber landesrechtlichen Bestimmungen über kirchliche Stiftungen (§ 80 Abs. 3 Satz 1 BGB), und fungieren als normale, in den allgemeinen Rechtsverkehr integrierte Rechtssubjekte, wenn auch weitgehend unter kirchlicher Aufsicht.145 Für ihre Errichtung, Veränderung oder Auflösung ist eine Genehmigung erforderlich. Für den Fall, dass die Kirchen sich für eine nichtrechtsfähige, unselbständige Stiftung entscheiden, die sich an eine kirchliche Einrichtung anlehnt, gelten für Verwal-

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Vgl. R. Mainusch, Überlegungen, S. 303. Vgl. deren ausdrückliche Einbeziehung in Art. 7 Abs. 3 Evangelischer Vertrag Brandenburg. 139 Vgl. A. v. Campenhausen, Grenzprobleme, S. 287; R. Mainusch, Überlegungen, S. 305; A. Albrecht, Mittelbare Kirchenverwaltung, S. 451. 140 Vgl. hierzu auch R. Mainusch, Überlegungen, S. 304 f. sowie zum streitigen Umfang der Prüfberechtigung E. D. Menges, Kirchliche Stiftung (Fn. 158), S. 93 f., ferner Nr. 7 b) zu Art. 7 Abs. 1 des Abschlussprotokolls. zum Niedersächsischen Ergänzungsvertrag vom. 4. 3. 1965 (GVBl. 1966 S. 4). 141 So erfolgte die Genehmigung der öffentlich-rechtlichen Kirchlichen Stiftung Kunst und Kulturgut der Kirchenprovinz Sachsen (Satzung i. d. F. v. 8. 4. 2002 – ABl. S. 95) durch Schreiben des Kultusministeriums v. 12. 7. 2000 unter Bezugnahme auf Art. 8 Abs. 3 des Evangelischen Kirchenvertrags; vgl. zur (umstrittenen) Genehmigungsform R. Mainusch, Überlegungen, S. 300 einerseits und A. Albrecht, Mittelbare Kirchenverwaltung, S. 458 andererseits. 142 Eine Ausnahme bildet z. B. die Stiftung Kunst und Kulturgut (Fn. 176). 143 Zur Eingrenzung vgl. A. v. Campenhausen, Grenzprobleme, S. 288 mit Nachw. 144 I. d. F. des Ges. v. 15. 7. 2002 (BGBl. I S. 2634); vgl. dazu B. Andrick, Die kirchliche Stiftung im modernisierten Stiftungerecht, KuR 2003, S. 15 = Nr. 270 S. 13. 145 Vgl. dazu ausführlich W.-A. Achilles, Aufsicht, S. 132 ff. BVerfGE 46, 73 (85 ff.). 138

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tung und Aufsicht die für die kirchliche Vermögensverwaltung geltenden Bestimmungen.146 n) Absatz 4 Satz 1 soll den Geschäftspartnern der Kirchen Klarheit und Sicherheit im Rechtsverkehr verschaffen, aber auch die kirchliche Handlungsfähigkeit gewährleisten.147 Der Körperschaftsstatus bringt Selbständigkeit und verschiedene Privilegien im Rechtsverkehr mit sich, was andererseits klare Verantwortungsstrukturen erfordert. Deshalb räumt Satz 2 wie in fast allen Staatskirchenverträgen148 dem Land bei Bedenken bezüglich einer rechtlich angemessenen Vermögensvertretung, nicht aber der wie auch immer gearteten Geschäftsführung der Kirchen149 eine Einspruchsmöglichkeit ein.150 Nicht von dem Prüfungsverfahren betroffen ist die Form der kirchlichen Regelung, und keinesfalls darf der Einspruch den Charakter einer Aufsicht annehmen.151 Die Kirchen entscheiden vielmehr in eigener Verantwortung über ihre Organisation und ihre Rechtsvertretung. Vorzulegen sind die Bestimmungen über die Zuständigkeit der kirchlichen Organe für rechtlich verbindliches Handeln und über die dafür geforderten formellen Bedingungen,152 gleichgültig ob in der Grundordnung, in Gesetzen oder Verordnungen oder in Anordnungen festgelegt,153 wobei Absatz 4 davon ausgeht, dass die Kirchen 146

Zu Einzelheiten vgl. Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 925 ff. Vgl. zu letzterem die Amtliche Begründung zu Art. 9 Abs. 3 Evangelischer Vertrag Sachsen, LT-Drs 1/4649, Begründung, S. 14. 148 Eine Ausnahme machen der Evangelische und Katholische Kirchenvertrag Brandenburg; zur geschichtlichen Entwicklung vgl. J. Jurina, Staatliche Einflußnahme auf die kirchliche Vermögensverwaltung, FS Hollerbach, 2001, S. 836 ff. 149 Vgl. U. Scheuner, Die staatkirchenrechtliche Tragweite des niedersächsischen Kirchenvertrages von Kloster Loccum, ZevKR 6 (1957/58), S. 1 (17); A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 259. 150 Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung vgl. ausführlich D. Pirson, Kirchliches Recht in der weltlichen Rechtsordnung, FS Ruppel, 1968, S. 277 (291 ff.), der auf Gewohnheitsrecht zurückgreifen möchte; man kann aber auch das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Rechtsvertretung bei allen juristischen Personen, insbesondere bei Körperschaften des öffentlichen Rechts, als ungeschriebenen, aber in vielen Einzelgesetzen verankerten Rechtssatz und damit als ein „für alle geltendes Gesetz“ ansehen; K. Hesse führt das staatliche Einspruchsrecht allein auf die vertragliche Vereinbarung zurück (Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften, HSKR, Bd. 1, 21994, S. 521 [535]). 151 Vgl. dazu Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 919; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 390; richtiger wäre allerdings, auch wegen der gerichtlichen Überprüfbarkeit, die Formulierung „wenn eine ordnungsgemäße Vertretung nicht gewährleistet erscheint.“ 152 Vgl. E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 222; Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 918; ebenso schon Art. 2 Abs. 1 PrKV. 153 Für die der EKU, jetzt UEK angeschlossene Kirchenprovinz Sachsen, die Landeskirche Anhalts und die Kirche Berlin-Brandenburg-Oberlausitz gilt § 3 des EKU-Kirchengesetzes über die Vermögens- und Finanzverwaltung (VFVG) v. 6. 6. 1998 (ABl. EKD 1999 S. 137) sowie § 3 der Kirchlichen Verwaltungsordnung (VwO) v. 1. 7. 1998 i. d. F. der VO v. 6. 6. 2001 (ABl. EKD S. 418), beide abgedr. im MBl. LSA Nr. 33/2001 S. 612; diese Bestimmungen gelten für die Kirchenprovinz Sachsen i. V. m. den Art. 33 (Rechtsvertretung durch Gemein147

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allein schon im Eigeninteresse den Erlass solcher Bestimmungen als Verpflichtungen ansehen154 ; sie würden sonst auch keine anspruchsvollen Geschäftspartner finden. Kommen sie allerdings ihrer Verpflichtung nicht nach, wird man im Interesse der Geschäftswelt ersatzweise eine staatlich übliche Regelung anzuordnen haben.155 Der Sicherheit im Rechtsverkehr dient auch, dass durch die geltenden kirchlichen Regelungen die Bestimmungen des ohnehin überholten preußischen Gesetzes über die Kirchenverfassung der evangelischen Landeskirchen156 abgelöst sind. Die Vertretungsregelungen der Landeskirchen differieren. Häufig ist der Vorsitzende (oder sein Vertreter) des Gemeinde- oder Kreiskirchenrates bzw. des Kirchenvorstandes vertretungsberechtigt, benötigt aber für verpflichtende Rechtsgeschäfte zusätzlich die Unterschriften von einem oder zwei zusätzlichen Ratsmitgliedern; das Konsistorium, der Landeskirchenrat bzw. das Landeskirchenamt werden durch den Konsistorialpräsidenten oder den Vorsitzenden der Kirchenleitung (so KPS; Berlin-Brandenburg-Oberlausitz), durch das ständige Mitglied des Landeskirchenrates oder den Dezernenten bzw. das Mitglied des Landeskirchenamtes (Anhalt; Braunschweig) oder durch den Landeskirchenrat als Ganzes (Thüringen) vertreten. Die Genehmigungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte, so üblicherweise der Erwerb, die Veräußerung oder die Belastung von Grundstücken – Genehmigungsstellen sind das Konsistorium/die Kirchenleitung157 –, ergeben sich aus den veröffentlichten Rechtsvorschriften der Kirchen. Nur diese veröffentlichten Regelungen sind auch für Dritte maßgeblich, nicht schon allgemein übliche, aber unveröffentlichte Veräußerungsverbote.158 Für ein unter Verletzung solcher Regelungen abgeschlossenes Rechtsgeschäft besteht keine Verhandlungsvollmacht, so dass es wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) nichtig ist bzw., wie im Verhältnis zu einer Kommune, dekirchenrat), 57 und 90 der Grundordnung i. d. F. der Bek. v. 1. 7. 1993 (Abl. S. 77), für die Landeskirche Anhalts i. V. m. Abs. 6 der Präambel und §§ 6 Abs. 1, 14, 15, 63 und 64 der Verfassung i. d. F. v. 15. 5. 1969 (ABl. 2, 1969 S. 42), zuletzt geänd. durch Ges. v. 22. 11. 1993 (ABl. 6, 1994 S. 4 ff.) sowie § 5 der GeschO v. 22. 1. 1995 (ABl. 3, 1995 S. 2), für den Bereich der früheren Kirche Berlin-Brandenburg i. V. m. Art. 20 Abs. 4 Nr. 15, 23 Nr. 15, 54 Abs. 8, 79 Abs. 3 Nr. 9, 85 und 96 Abs. 3 der Grundordnung v. 19. 11. 1994 (KABl. S. 182); für die der VELKD angehörenden Kirchen gelten für die Landeskirche Braunschweig § 48 Kirchengemeindeordnung i. d. F. der Bek. v. 1. 10. 1996 (KABl. S. 78), zuletzt geänd. am 26. 2. 1994 (ABl. 1995 S. 51), für die Propsteien § 50 Propstei i. d. F. der Bek. v. 1. 4. 1995 (ABl. S. 51), für den Kirchenverband § 91 KirchengemeindeO, für die Landeskirche Art. 83 i. V. m. Art. 81 Abs. 1 und 89 der Verfassung v. 7. 5. 1984 (ABl. S. 14), zuletzt geänd. am 1. 4. 1995 (KABl. S. 50), für die Ev.-Luth. Kirche Thüringen §§ 12 Abs. 5, 56e Abs. 5 und 82 Abs. 2 der Verfassung v. 2. 11. 1951 (ABl. S. 161), zuletzt geänd. durch Ges. v. 25. 3. 1995 (ABl. Nr. 5 S. 77). 154 Vgl. Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 919. 155 Vgl. W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 958. 156 Ges. v. 8. 4. 1924 (PrGS S. 12); vgl. dazu LVG Schleswig, Kirche 1, 182 (183 ff.); a. A. OVG Lüneburg, Kirche 2, 345 (351). 157 Vgl. z. B. § 31 VwO EKU (Fn. 188). 158 Vgl. E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 224; W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 955 mit Fn. 39.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

schwebend unwirksam, abhängig von einer nachträglichen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.159 Es verbleibt lediglich eine mögliche Organhaftung auf Schadensersatz.160 Selbst bei arglistiger Täuschung oder fahrlässiger Vorschriftenverletzung ist das Rechtsgeschäft bei fehlender Genehmigung nichtig, weil der – zuweilen auch unerfahrene – kirchliche Vertreter durch das Genehmigungserfordernis geschützt werden soll und weil dem Geschäftspartner zugemutet werden kann, dass er sich über die kirchliche Rechtsvertretung genauso kundig macht wie über staatliches Recht.161 Die Vorlagepflicht „vor Erlass“ bezieht sich nur auf neu erlassene Bestimmungen, wenngleich sich auch für ältere Regelungen162 die Veröffentlichung in einem staatlichen Mitteilungsblatt empfiehlt, aber auf Änderungen beschränkt. o) Absatz 4 Satz 2 sieht eine zeitlich befristete Einspruchsmöglichkeit für die Landesregierung vor, die zuvor eine Prüfung der „Ordnungsmäßigkeit“ vorzunehmen hat. Maßstab für die Prüfung sind staatliche Mindesterfordernisse an die Klarheit der Vertretungsregelung.163 Da auch die Kommunen Selbstverwaltungskörperschaften sind, lassen sich deren Vertretungsregelungen als Prüfkriterien verwenden.164 Es handelt sich dabei um eine „eingeschränkte Überprüfungspflicht“ des Staates bezüglich kirchlicher Regelungen, die einerseits „für die potentiellen Geschäftspartner transparent“ sein sollen und andererseits der Kirche die „eigene Handlungsfähigkeit gewährleisten“ soll165, wobei allerdings immer auch die kirchlichen Besonderheiten und damit das kirchliche Selbstbestimmungsrecht zu berücksichtigen sind. Nicht zu prüfen und auch für auf die Regelung vertrauende Dritte irrelevant ist dabei, ob die zugrunde liegenden Beschlüsse ordnungsgemäß zustande gekommen sind.166 Da der Einspruch, soweit ihm nicht stattgegeben wird, nur durch Gerichtsentscheid entkräf-

159 Vgl. M. Ziller/B. Kämper, Kirchengemeinden als Körperschaften im Rechtsverkehr, NVwZ 1994, S. 109 (113); Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 926 ff.; W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 966 ff.; C. Heinrichsmeier, Das kanonische Veräußerungsverbot im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1970, S. 125; OLG Braunschweig, ZevKR 37 (1992), S. 205, 207 ff.; OLG Frankfurt, NVwZ 2001, S. 958 f.; LAG Sachsen-Anhalt, Kirche 38 (2000), 3, und schon RGZ 157, 207 (210 f.). 160 So § 3 Abs. 4 Satz 2 VFVG EKU (Fn. 188). 161 Vgl. E. Scholz, Formnichtigkeit Arglisteinrede, NJW 1950, S. 81 (82 ff.); W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 964 ff.; OLG Braunschweig, ZevKR 37 (1992), S. 205 (208); eine mittlere Meinung vertritt W. Hamel, Formen und Vertretungsmacht bei Rechtsgeschäften der öffentlichen Hand, DVBl. 1955, S. 796 (797). 162 Vgl. auch die Amtliche Begründung zum Evangelischen Vertrag Sachsen. LT-Drs 1/ 4649, Begründung, S. 14 sowie das die Vergangenheit betreffende Schlussprotokoll zu Art. 21 Abs. 3 Konkordat Thüringen. 163 Vgl. W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 956 m. Nachw. 164 Vgl. E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 223. 165 Amtliche Begründung zum Evangelischen Vertrag Sachsen, LT-Drs 1/4649, Begründung, S. 14. 166 Vgl. E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 223.

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tet werden kann, kommt ihm aufschiebende Wirkung zu.167 Wirkungslos sind selbst verbindliche Vorgaben durch die Landesregierung, was jedoch Vorschläge für eine Neuregelung natürlich nicht ausschließt. Um der Kirche eine sinnvolle Korrektur zu erleichtern, ist der Einspruch eingehend zu begründen, dies auch zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens, mit dem die Kirche gemäß Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Abs. 4 gegen den Einspruch vorgehen kann. Wegen früherer Unsicherheiten über den Rechtsweg168 wurde der Verwaltungsrechtsweg ausdrücklich festgelegt, weil es sich um einen Streit zwischen zwei öffentlich-rechtlichen Körperschaften über die Organisation einer dieser Körperschaften handelt.169 Nicht festgelegt wurde mit Blick auf die bundesrechtlich geregelte Systematik170 und mögliche künftige Änderungen der Gerichtsorganisation die Instanz, so dass vorbehaltlich anderer Regelungen das erstinstanzliche Verwaltungsgericht mit entsprechenden Berufungsmöglichkeiten zuständig ist. Die Gerichtsentscheidung kann nur negativ feststellen, dass die kirchliche Regelung den Erfordernissen des öffentlichen Rechtsverkehrs nicht entspricht, nicht aber Regelungen vorschreiben; sie greift damit im Falle der Klageabweisung nicht in die innerkirchliche Organisationsfreiheit ein, sondern verpflichtet lediglich die klagende Kirche, eine andere Regelung zu beschließen.171 Die „ordnungsgemäße“ kirchliche Rechtsvertretung kann in der Öffentlichkeit nur Wirkung entfalten, wenn sie bekanntgemacht wird. Ausreichend ist zwar die Veröffentlichung in kirchlichen Amtsblättern; um aber die Kenntnisnahme für Dritte zu erleichtern, sieht Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Abs. 4 eine Bekanntmachung in staatlichen Amtsblättern vor, allerdings nur auf Ersuchen der Kirche.172 Liegt ein Ersuchen vor, ist das Land zur Veröffentlichung verpflichtet; eine Wirksamkeitsvoraussetzung ist dies aber nicht.173

167

So auch ausdrücklich das Schlussprotokoll zu Art. 15 Abs. 4 Konkordat. Vgl. Art. 10 Abs. 2 Loccumer Vertrag (OVG) einerseits und Art. 3 Abs. 2 Hessischer Kirchenvertrag (OLG) andererseits. 169 So auch die h. L., vgl. dazu E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 228; H. U. Anke, Neubestimmung (Fn. 186), S. 391. 170 Vgl. A. Hollerbach, Verträge, (Fn. 184), S. 258. 171 Zur Problematik vgl. Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 919; E. Friesenhahn, Die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, HSKR, 1. Aufl., Bd. 1, 1974, S. 545 (578); H. U. Anke, Neubestimmung (Fn. 186), S. 390; für den katholischen Bereich J. Jurina, Staatliche Einflußnahme (Fn. 148), S. 842. 172 Vgl. dazu die Veröffentlichung des EKU-Vermögensverwaltungsgesetzes vom 6. 6. 1998 und der EKU-VerwaltungsO vom 1. 7. 1998 durch Bek. des MK v. 12. 2. 2001, MBl. LSA 2001 Nr. 33/2001, S. 612 und 613. 173 Vgl. Chr. Meyer, Vermögensverwaltung, S. 927; W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 956. 168

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 1: (3) Kirchen, ihre Kirchengemeinden und Gliederungen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. (4) Kirchlicher Dienst ist öffentlicher Dienst. Die Kirchen sind Dienstherren nach öffentlichem Recht. Art 8: (1) Die Kirchen zeigen Beschlüsse über die Errichtung und Veränderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts der Landesregierung an. (2) Die Vorschriften der Kirche über die vermögensrechtliche Vertretung der öffentlichrechtlichen kirchlichen Körperschaften, Anstalten und rechtsfähigen Vermögensträgern werden der Landesregierung vor ihrem Erlass vorgelegt. Diese kann innerhalb eines Monats Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet ist. (3) Die Kirchen üben die Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen aus.

Regierungsbegründung Zu Artikel 1 Absatz 1 präzisiert den allgemeinen rechtlichen Schutz der freien Religionsausübung für den christlichen Glauben. Absatz 2 bestätigt das Selbstverwaltungsrecht der Kirchen im Rahmen des für alle geltenden Gesetzes. Absatz 3 erstreckt den öffentlich-rechtlichen Status der Kirchen ausdrücklich auch auf ihre Kirchengemeinden und Gliederungen, zum Beispiel den von ihnen gebildeten Probsteien. Absatz 4 bestimmt in der Konsequenz zu Absatz 3, dass der kirchliche Dienst öffentlicher Dienst ist. Daraus folgt, dass zum Beispiel Lehrer aus dem kirchlichen Schuldienst in den Staatsdienst wechseln können, ohne Nachteile bei Dienstalter oder Versorgung zu erleiden. Wenn kirchlicher Dienst als öffentlicher Dienst anerkannt ist, dann setzt dies auch voraus, dass die Kirchen grundsätzlich Zugangsvoraussetzungen aufstellen, die denen des öffentlichen Dienstes des Staates gleichwertig sind. Zu Artikel 8 Absatz 1 konkretisiert die Zusammenarbeit zwischen der Kirche und dem Land. Absatz 2 trägt der Tatsache Rechnung, dass es auch im Interesse des Landes und des Rechtsverkehres liegt, dass die öffentlich-rechtlichen Körperschaften der Kirchen ordnungsgemäß verwaltet und vertreten werden. Absatz 3 ist ein Ausfluss des allgemeinen Selbstverwaltungsrechts der Kirchen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Kommentierung 1. Artikel 1 Abs. 3 stimmt mit Artikel 8 Abs. 1 Vertrag Sachsen-Anhalt auch insofern überein, als ausdrücklich alle „Gliederungen“ als Körperschaften einbezogen werden.174 Die im Bereich der Mecklenburgischen Kirche als rechtlich selbständige Organisationseinheiten fungierenden „Verbände“ wurden in den Verhandlungen als unter „Gliederungen“ fallend angesehen und daher nicht ausdrücklich aufgeführt. 2. Artikel 1 Abs. 4 Satz 2 erläutert Satz 1 mit der Bestätigung der kirchlichen Dienstherrnfähigkeit175 und bietet mit dem Zusatz „nach öffentlichem Recht“ die Klarstellung, dass das in den staatlichen Bereich hineinwirkende kirchliche Amtsund Dienstrecht sich der staatlich verliehenen Dienstherrnfähigkeit verdankt. Als Evangelisch-Lutherische Kirche gelten in der Landeskirche Mecklenburgs für das Pfarrerdienstrecht, das Recht der Kirchenbeamten und das Disziplinarrecht die Regelungen der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).176 Für die Pommersche Kirche sind die Regelungen der EKU (UEK) maßgebend177, entsprechend für das Disziplinarrecht das Disziplinargesetz der EKD178, ebenfalls jeweils mit Ausführungsgesetzen. 3. Nach Artikel 8 Abs. 1 reicht ebenso wie nach Artikel 7 Abs. 2 des Vertrages Brandenburg eine nachträgliche Anzeige für die Unterrichtung der staatlichen – nicht einbezogenen die kommunalen – Stellen über die Errichtung oder Veränderung von Gebietskörperschaften aus, was eine Vorabunterrichtung aber nicht ausschließt. Diese Bestimmung regelt – abgesehen von der Regelung des Artikels 3 Abs. 1 – die Materie „Anzeigepflichten“ bezüglich Gebiets- und Personalveränderungen ab174 Die in der Amtlichen Begründung, LT-Drs. 1/4126, S. 20 als Beispiel irrtümlich aufgeführten Propsteien (Ratzeburg: Propsteien) haben nach Auskunft der Kirche keinen Körperschaftsstatus. 175 Die ausdrückliche Betonung der Dienstherrnfähigkeit sollte im Land aufgekommene Zweifel am öffentlich-rechtlichen Status des kirchlichen Dienstes ausräumen. 176 PfarrG v. 17. 10. 1995 (ABl. VELKD VI S. 274, ABl. EKD 1996 S. 1), zuletzt geänd. durch Ges. v. 22. 10. 2002 (ABl. VELKD VII S. 194, ABl. EKD 2003 S. 63); vgl. dazu H. de Wall, Die Rechtsstellung des Pfarrers in den lutherischen Landeskirchen Deutschlands, FS Listl, 2004, S. 137; ferner KirchenbeamtenG. v. 17. 10. 1995 (ABl. VELKD VI S. 292, ABl. EKD 1996 S. 44), bericht. ABl. VELKD VII S. 90, zuletzt geänd. durch Ges. v. 22. 10. 2002 (ABl. VELKD VII S. 194, ABl. EKD 2003 S. 63, 64); DisziplinarG i. d. F. v. 22. 4. 1994 (ABl. VELKD VI S. 222, ABl. EKD S. 309); i. d. F. der Bek. v. 4. 5. 2001 (ABl. VELKD VII S. 150, ABl. EKD S. 384); kritisch dazu G. Tröger, Überlegungen zu einigen Problemen im kirchlichen Disziplinarrecht, insbesondere im Disziplinarrecht der VELKD, ZevKR 49 (2004), S. 221 ff. Besoldung und Versorgung: Bestimmungen der Landeskirche, d. h. BesoldungsG v. 4. 11. 1979 (KABl. S. 89) i. d. F. der Bek v. 8. 3. 1999 (KABl. S. 34), zuletzt geänd. durch Beschl. v. 15. 11. 2003 (KABl. S. 120, ABl. EKD 2004 S. 46); VersorgungG v. 17. 11. 1991 (KABl. S. 149) i. d. F. der Bek. v. 27. 5. 2003 (KABl. S. 121 ABl. EKD 2004 S. 46) nebst Ausführungsbestimmungen. 177 Siehe dazu Erl. A. [h)]. 178 Siehe ebd. zu ee).

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

schließend im Sinne von Artikel 28 Abs. 2. Eine Genehmigungspflicht für die Errichtung anderer Körperschaften sowie Anstalten und Stiftungen ist nicht vorgesehen; die Errichtung sonstiger Körperschaften ist zwar nach Auffassung der Landeskirche Mecklenburgs wie die Errichtung von Gebietskörperschaften zu betrachten, doch unterliegen nach deutschem Staatskirchenvertragsrecht die nicht mit mitgliedschaftlichen Gliederungen vergleichbaren Einrichtungen der mittelbaren Kirchenverwaltung, sollen sie öffentlich-rechtlichen Status erhalten, grundsätzlich dem Genehmigungsvorbehalt. Für kirchliche Stiftungen ist ohnehin nach § 11 Abs. 1 S. 2 des Landesstiftungsgesetzes179 die staatliche „Anerkennung“ vorgesehen. Nicht verfassungsrechtlich mit Körperschaftsstatus ausgestattete Körperschaften und Anstalten können nicht anders behandelt werden.180 4. Artikel 8 Abs. 2 stimmt inhaltlich mit Artikel 8 Abs. 4 des Vertrags SachsenAnhalt überein; allerdings werden in Satz 1 anstelle von Stiftungen ganz allgemein „rechtsfähige Vermögensträger“ (gemeint sind „andere“) aufgeführt, wodurch auch sonstige Einrichtungen wie etwa Brüdergemeinden einbezogen werden. Unter die „rechtsfähigen Vermögensträger“ sollen trotz der nicht ganz eindeutigen Formulierung laut Amtlicher Begründung181 nur öffentlich-rechtliche Einrichtungen fallen; eine andere Auslegung wäre auch kaum nachvollziehbar. Eine gerichtliche Entscheidung im Falle eines Streits über den Einspruch ist nicht erwähnt; doch kann der „Einspruch“ nicht nur als unverbindliche Erhebung von Bedenken angesehen werden, sondern als verwaltungsaktsähnliche Maßnahme, so dass bei Nichteinigung eine Klage möglich sein dürfte, neben der Möglichkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung. 5. Artikel 8 Abs. 3 bestätigt den schon gesetzlich vorgesehenen staatlichen Verzicht auf die Aufsicht des Landes über kirchliche Stiftungen.182 2. Thüringen Art. 7: (1) Die Kirchen, die Kirchengemeinden und die aus ihnen gebildeten Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst.

179 Stiftungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesstiftungsgesetz – StiftG M-V) vom 7. Juni 2006, GVOBl. M-V 2006, S. 366, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. November 2012 (GVOBl. M-V S. 502, 503). 180 A. A. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 30 Rn. 12 ff.; P. Kirchhof, Die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, HSKR, Bd. 1, 21994, § 22, S. 670 ff. 181 Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4126, S. 22; öffentlich-rechtliche Einrichtungen sind immer „rechtsfähig“. 182 Vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 Landestiftungsgesetz (Fn. 219); zur kirchlichen Regelung vgl. für die Landeskirche Mecklenburg Ges. v. 15. 11. 1992 (KABl. S. 91), zuletzt geänd. durch Ges. v. 31. 10. 1993 (KABl. 1994 S. 4), für die Pommersche Kirche Ges. v. 14. 11. 1993 (KABl. 1994 S. 27).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Schlussprotokoll: Die Vertragsschließenden lassen sich davon leiten, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen in den staatlichen Dienst und umgekehrt durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine unangemessenen Nachteile zur Folge haben. (2) Die Kirchen werden Beschlüsse über die Bildung und Veränderung ihrer Kirchengemeinden und der aus ihnen gebildeten Verbände dem zuständigen Ministerium mitteilen. Die Errichtung öffentlich- rechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen bedarf der Genehmigung des zuständigen Ministeriums. (3) Die Vorschriften der Kirchen über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden dem zuständigen Ministerium vorgelegt. Das Ministerium kann Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet wird. Der Einspruch ist bis zum Ablauf zweier Monate seit Vorlage zulässig. Über den Einspruch entscheidet auf Klage der Kirche das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Regierungsbegründung Die Regelung entspricht § 2 des Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens. Die Anerkennung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst wird im Schlussprotokoll dahingehend erläutert, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen in den staatlichen Dienst und vice versa durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine unangemessenen Nachteile zur Folge haben soll. Die Absätze 2 und 3 regeln die staatliche Wirkung von kirchlichen Beschlüssen über die Bildung und Veränderungen kirchlicher Rechtspersonen sowie Fragen der vermögensrechtlichen Vertretung.

Kommentierung 1. Die Regelung des Absatzes 1 verzichtet – übereinstimmend mit Artikel 137 Abs. 5 WRV und Artikel 40 der Landesverfassung – auf die Nennung von „Gliederungen“, doch gelten diese als einbezogen183. Im Übrigen entspricht Absatz 1 dem Artikel 8 Abs. 1 Vertrag Sachsen-Anhalt mit der Maßgabe, dass die „Verbände“ sachdienlich eingegrenzt werden. Zu diesen Verbänden zählt auch die Förderung Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland (Zusammenschluss der Thüringischen Kirche und der Kirchenprovinz Sachsen).184 Zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften gehören seit Mitte der 90er Jahre auch die Superintendenturen185 ; nicht aber die Propsteien. 2. Das in Absatz 1 2. Halbsatz angesprochene Dienstrecht erstreckt sich auf die Pfarrer einschließlich einiger Diakone und auf wenige Kirchenbeamte; vor allem ist innerhalb der Thüringischen Kirche der größte Teil der Mitarbeiter und Diakone

183

Siehe Erl A. [e)]. Siehe Erl. A. [e)], dort Fn. 39. 185 Vgl. Gesetz v. 25. 3. 1995 (KABl. S. 77, ABl. EKD S. 318). 184

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

im Angestelltenverhältnis beschäftigt, so dass das kirchliche Dienstrecht186 auf sie keine Anwendung findet. 3. Absatz 2 Satz 1 bezieht sich auch dem Wortlaut nach nur auf die kirchlichen Gebietskörperschaften und lässt für diese eine nachträgliche Unterrichtung des zuständigen Ministeriums genügen. Satz 2 spricht für die mittelbare Kirchenverwaltung nur Anstalten und Stiftungen und auch nur deren Errichtung an. In Übereinstimmung mit der Auslegung der übrigen Verträge sind hier die kirchlichen Körperschaften, soweit sie nicht Gebietskörperschaften sind, einzubeziehen. Für die nicht erwähnten Veränderungen und Auflösungen kirchlicher Stiftungen gilt – in analoger Anwendung – § 16 des Stiftungsgesetzes.187 Staatliche Genehmigungen werden durch Ministerialbescheid unter Bezugnahme auf Absatz 2 Satz 2 des Vertrages in Verbindung mit der jeweils geltenden Regelung des Stiftungsgesetzes erteilt.188 4. Absatz 3 sieht eine Vorlagepflicht dem Wortlaut nach erst nach Erlass der Vorschriften vor. Abgesehen davon, dass eine nachträgliche Gesetzesänderung weitaus mühevoller ist als eine Entwurfsänderung, ist der Unterschied zum Konkordat, der in Artikel 21 Abs. 1 eine Vorabvorlage vorsieht, auch eine Paritätsfrage, über die die kurzen Amtlichen Begründungen keinen Aufschluss geben. Hier wird sich eine Anrufung der Freundschaftsklausel (Art. 26) durch den Freistaat empfehlen, um das offensichtlich Gewollte umzusetzen. Dem Freistaat wird zwei Monate Zeit für die Einspruchserhebung gegeben, was aber kein schlüssiger Hinweis auf eine gewollte, nur nachträgliche Vorlage sein dürfte. Die Benennung des Oberverwaltungsgerichts als zuständiges Gericht in Satz 3 ist offensichtlich Artikel 2 Abs. 2 PrKV und Artikel 10 Abs. 2 des Loccumer Vertrags nachgebildet. Dabei wird übersehen, dass inzwischen der Bund durch die Verwaltungsgerichtsordnung nahezu alle erstinstanzlichen Zuständigkeiten des OVG beseitigt hat,189 so dass dem Land als Vertragspartner die Zuständigkeit und Verhandlungsvollmacht für eine anderweitige Zuständigkeitsvereinbarung fehlte. Die insoweit unwirksame Vereinbarung190 kann auch nicht etwa auf

186 Für die Besoldung gilt das PfarrerbesoldungsG v. 17. 3. 1991 (KABl. S. 63), zuletzt geänd. durch Gesetz v. 17. 11. 2001 (ABl. 2002 S. 21, Bericht S. 71), für die Versorgung das VersorgungsG v. 21. 1. 1992 (ABl. S. 38), zuletzt geänd. durch Gesetz v. 5. 4. 2003 (ABl. S. 85, ABl. EKD S. 207); zum Verzicht auf die – vom Land ursprünglich gewünschte – Regelung der Anstellungsvoraussetzungen vgl. H. Weber, Der Thüringische Evangelische Kirchenvertrag, FS M. Kriele 1997, S. 1009 (1026 ff.), sowie die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3273, S. 12. 187 Thüringer Stiftungsgesetz (ThürStiftG) vom 16. Dezember 2008 (GVBl. 2008, 561), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 6. Juni 2018 (GVBl. S. 229, 261) 188 Vgl. z. B. die Genehmigung des Zentralen Pfarrereivermögensfonds v. 15. 4. 2003 (Thür.StA Nr. 27/2003 S. 1271); kirchenrechtlich gilt nur die StiftungsaufsichtsVO v. 13. 8. 2002 (ABl. S. 180). 189 So H. Quaritsch, Kirchenvertrag und Staatsgesetz – zum Problem der Einwirkung nachträglicher Verfassungs- und Gesetzesänderungen auf die von Staat und evangelischen Kirchen geschlossenen Verträge, FS Schack, 1966, S. 107 (138 mit Fn. 64). 190 Vgl. A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 258; Bejahung der Zuweisung an das OVG durch K. Hesse, Der

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§ 47 Abs. 1 VwGO gestützt werden, weil die Klage gegen den staatlichen Einspruch dem Wesen nach als Anfechtungsklage und nicht als Antrag auf Normenkontrolle zu werten ist. Da aber jedenfalls von den Vertragsparteien der Verwaltungsrechtsweg gewollt war, kann die Bestimmung vertragsfreundlich als Zuweisung an das im ersten Rechtszug zuständige Verwaltungsgericht umgedeutet werden.191 3. Sachsen Art. 9: (1) Die Kirchen, ihre Kirchengemeinden und Kirchenbezirke oder Kirchenkreise sowie die aus ihnen gebildeten Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst. Schlussprotokoll: Aus dem Charakter des kirchlichen Dienstes als öffentlich-rechtlichem Dienst folgt keine Anwendung der Regelungen des Beamtenrechts. Die Kirchen werden jedoch soweit möglich eine Angleichung ihrer dienstrechtlichen Bestimmungen an die beamtenrechtlichen Grundsätze vornehmen. (2) Die Kirchen werden Beschlüsse über die beabsichtigte Errichtung oder Veränderung von kirchlichen Körperschaften dem zuständigen Staatsministerium sowie den räumlich beteiligten Gebietskörperschaften rechtzeitig anzeigen. Die Errichtung öffentlich-rechtlicher Stiftungen bedarf der Genehmigung des zuständigen Ministeriums. (3) Die Vorschriften der Kirchen über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden dem zuständigen Staatsministerium vor ihrem Erlass vorgelegt. Das Staatsministerium kann innerhalb eines Monats Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet ist. Schlussprotokoll: Die Kirchen werden die in Absatz 3 genannten Vorschriften nicht in Kraft setzen, bevor die Einspruchsfrist abgelaufen ist. Hat das zuständige Staatsministerium Einspruch eingelegt, sind die Kirchen nicht berechtigt, diese Vorschriften in Kraft zu setzen, bevor der Einspruch nicht zurückgenommen oder auf Klage der Kirchen rechtskräftig für unbegründet erklärt wurde.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt die durch das Kirchensteuergesetz getroffene Regelung (§ 2 Nr. 1), wonach die evangelischen Kirchen im Freistaat einschließlich ihrer Kirchengemeinden und Gemeindeverbände Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Zur Klarstellung ist ausgeführt, dass sowohl die Kirchenbezirke (Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens) wie auch die Kirchenkreise (Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz) ebenso den Körperschaftsstatus besitzen wie Verbände, die sich aus den vorgenannten kirchlichen Körperschaften gebildet haben (Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 137 Abs. 5 WRV).

Rechtsweg durch staatliche Gerichte im kirchlichen Bereich, 1956, S. 108 lag vor der strikten Bundesregelung. 191 So auch A. Hollerbach, a. a. O., S. 259 für den Fall einer nachträglichen Zuständigkeitsänderung.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

Die Festlegung, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, folgt aus dem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Damit ist – was im Übrigen mit dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen nicht zu vereinbaren wäre – keine Geltung der Regelungen des staatlichen Beamtenrechts verbunden. Wie im Schlussprotokoll festgelegt, werden die Kirchen die Grundsätze des staatlichen Beamtenrechts weitgehend übernehmen, um sachlich eine möglichst große Einheit im Bereich des öffentlichen Dienstrechts herzustellen. Dies erleichtert zudem die nach bundesrechtlichen Vorgaben (§ 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG; § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) BeamtVG) zu entscheidende Anrechnung kirchlicher Vordienstzeiten bei Übertritt in den staatlichen Dienst. Die Regelung des Absatzes 2 vereinfacht insoweit die Problematik der Erlangung des Körperschaftsstatus bei der Neuerrichtung oder Veränderung bestehender kirchlicher Organisationseinheiten im Sinne des Absatzes 1. Die vertragliche Regelung überlässt diese Frage grundsätzlich dem kirchlichen Gesetzgeber und verlangt nur noch eine Anzeige bei dem zuständigen Staatsministerium bzw. den betroffenen Gebietskörperschaften. Bei der Entstehung öffentlich-rechtlicher kirchlicher Stiftungen ist eine Genehmigung des zuständigen Staatsministeriums vorgesehen; im Übrigen bleibt der Bereich dieser Stiftungen dem Landesgesetzgeber überlassen. In Absatz 3 ist eine Verfahrensbestimmung bezüglich der Vertretungsregeln der Kirchen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten getroffen. Ungeachtet des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts der Kirchen besteht eine eingeschränkte Überwachungspflicht des Staates, damit die Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs Regelungen erlassen, die einerseits für ihre potentiellen Geschäftspartner transparent sind und andererseits ihre eigene Handlungsfähigkeit gewährleisten. Soweit ein Einspruch erfolgt ist, sind die Kirchen gehindert, ihre Vertretungsregelungen in Kraft zu setzen. Erfolgt zwischen dem Staatsministerium und den Kirchen keine gütliche Einigung, steht den Kirchen nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 VwGO offen.

Kommentierung 1. Absatz 1 entspricht inhaltlich im Wesentlichen Artikel 8 des Vertrages Sachsen-Anhalt, wobei die Formulierung „die aus ihnen gebildeten Verbände“ deutlicher als im sachsen-anhaltischen Vertrag zum Ausdruck bringt, dass es sich dabei nicht um alle sonstigen kirchlichen Verbände handelt. Die an sich selbstverständliche Einbeziehung der Kirchenbezirke entspricht der besonderen Organisationsform der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. 2. Bezüglich des kirchlichen Dienstes formuliert das Schlussprotokoll zu Absatz 1 klar das Gemeinte. Allerdings fehlt eine ausdrückliche Erwähnung der beiderseitigen Bemühungen um die Erleichterungen eines Wechsels vom kirchlichen in den staatlichen öffentlichen Dienst und umgekehrt; doch verweist die Amtliche Begründung192 auf die Erleichterung aufgrund der Anrechnungsmöglichkeiten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG und § 11 Abs. 1 Nr. 1b) BeamtVG des Bundes.193 Satz 2 des Schlussprotokolls ist im Hinblick auf das kirchliche Selbstbestimmungs192

LT-Drs. 1/4649, Begründung, S. 13. In der Praxis wird im Verhältnis zur Sächsischen Kirche die Versorgung im Falle des Überwechselns vorerst pragmatisch gehandhabt, indem die jeweils übernehmende Seite die Gesamtzahlung übernimmt. 193

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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recht mit den Formulierungen „soweit möglich“ und „Angleichung“ vorsichtig abgefasst, wenngleich der Bezugspunkt des Möglichen den kirchlichen Handlungsspielraum stärker einschränkt als wohl gewollt.194 Für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen gelten für das Pfarrerdienstrecht, das Recht der Kirchenbeamten und das Disziplinarrecht die Regelungen der VELKD195, für Besoldung und Versorgung der Pfarrer und Kirchenbeamten die Bestimmungen der Sächsischen Kirche.196 Für die Kirche schlesische Oberlausitz, die Kirchenprovinz Sachsen und die Kirche in Berlin-Brandenburg sind die Bestimmungen der EKU, jetzt UEK, und bezüglich des Disziplinarrechts der EKD maßgebend.197 3. Absatz 2 Satz 1 sieht wie Artikel 8 Abs. 2 Vertrag Sachsen-Anhalt eine Vorabunterrichtung der staatlichen und kommunalen Stellen vor. Die Beschränkung auf Körperschaften im Sinne des Absatzes 1 (Gebietskörperschaften) wird in der Amtlichen Begründung198 bestätigt. Satz 2 erwähnt nur die Genehmigung öffentlichrechtlicher Stiftungen.199 Die Errichtung kirchlicher öffentlich-rechtlicher Körperschaften – außer Gebietskörperschaften – und Anstalten richtet sich damit nach den allgemeinen organisationsrechtlichen Vorschriften des Freistaates, setzt aber jedenfalls einen staatlichen Hoheitsakt voraus. Die kirchlichen Körperschaften und Anstalten unterstehen aber dennoch der kirchlichen Aufsicht.200 4. Absatz 3, dem die Amtliche Begründung eine zweifache Legitimation, nämlich Transparenz für Geschäftspartner und Handlungsfähigkeit der Kirche verleiht,201 stimmt mit Artikel 8 Abs. 4 Vertrag Sachsen-Anhalt überein mit der Maßgabe, dass als Adressat der Anzeige das „zuständige Ministerium“ genannt wird.202 Das 194 Die Amtliche Begründung formuliert klarer: „werden die Grundsätze […] weitgehend übernehmen“. 195 Siehe Erl. zu Art. 8 Vertrag Mecklenburg-Vorpommern. 196 PfarrbesoldungsG v. 26. 3. 1996 (ABl. S. A 89, ABl. EKD S. 214) i. d. F. der Bek. v. 1. 10. 2001 (KABl. S. A229, ABl. EKD S. 509); KirchenbeamtenbesoldungsG v. 26. 3. 1996 (ABL. S. A94, ABL EKD S. 214) i. d. F. der Bek. v. 1. 10. 2001 (ABl. A258, Abl. EKD 2002 S. 17); Landeskirchliches VersorgungsG v. 25. 3. 1991 (ABl. A29, ABl. EKD S. 287) i. d. F. der Bek. v. 8. 7. 2001 (ABl. S. A174, ABl. EKD S. 426), zuletzt geänd. durch Ges. v. 18. 11. 2002 (Abl. S. A9, ABl. EKD 2003 S. 100). 197 Siehe Erl. A. [h)]. 198 LT-Drs. 1/4649, S. 13. 199 Zur staatlichen Anerkennung siehe § 14 Sächsisches Stiftungsgesetz vom 7. 8. 2007 (SächsGVBl. S. 386), zuletzt durch Art. 6 des Gesetzes vom 26. 4. 2018 (SächsGVBl. S. 198); vgl. im Übrigen die Stiftungsgesetze der Sächsischen Kirche v. 5. 4. 1995 (ABl. S. A 66, ABl. EKD S. 316) und der Kirche der schlesischen Oberlausitz v. 22. 10. 1995 (KABl. Nr. 3 S. 1). 200 Vgl. dazu Art. 82 Abs. 2 der Landesverfassung und das Sächsische VerwaltungsorganisationsG v. 25. 11. 2003 (SächsGVBl. S. 899). 201 LT-Drs. 1/4649, S. 14. 202 Derzeit das Staatsministerium der Justiz, das in Stiftungsangelegenheiten im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern entscheidet, vgl. die Amtliche Begründung zum Kath. Vertrag Sachsen, LT-Drs 2/3612, Begründung, S. 25.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

Schlussprotokoll enthält keine Veröffentlichungsbestimmungen, was aber eine – als sinnvoll anzusehende – Veröffentlichung kirchlicher Rechtsvertretung nicht ausschließt, und regelt die an sich selbstverständliche Stillhaltepflicht bis zur möglichen Einlegung eines staatlichen Einspruchs sowie die aufschiebende Wirkung von Einsprüchen.203 Dass für die gegen einen Einspruch gerichtete Klage der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, unterstützt die Amtliche Begründung,204 die gleichzeitig zum Ausdruck bringt, dass sich die Anzeigepflicht nur auf neu gefasste Vertretungsregelungen bezieht, während bestehende Regelungen als genehmigt gelten. Dennoch dürfte sich kirchlicherseits eine Überprüfung aller Regelungen und ggf. die Veröffentlichung einer aktualisierten Fassung im Interesse der Geschäftspartner empfehlen. 4. Brandenburg Art. 7: (1) Die Kirchen, ihre Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst eigener Art. Schlussprotokoll: (1) Die Feststellung, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, folgt aus dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie besagt nicht, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst im Sinne des staatlichen Dienstrechts ist. Angesichts der Selbständigkeit der Kirchen und der gegenüber dem staatlichen öffentlichen Dienst unterschiedlichen Aufgaben des kirchlichen Dienstes finden staatliche dienstrechtliche Regelungen nicht unmittelbar auf den kirchlichen Dienst Anwendung. Sie werden jedoch in ihren Grundsätzen von den Kirchen übernommen, was zusätzlich die Bezeichnung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst rechtfertigt. (2) Die Folgen eines Wechsels aus dem kirchlichen Dienst in den öffentlichen Dienst und umgekehrt richten sich nach den jeweils für die Vertragsparteien maßgeblichen dienstrechtlichen Vorschriften sowie tarif- und arbeitsvertragsrechtlichen Bestimmungen und Richtlinien. (3) Die Vertragsparteien lassen sich davon leiten, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen in den staatlichen öffentlichen Dienst und umgekehrt durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine Nachteile zur Folge haben soll. (2) Die Kirchen werden Beschlüsse über die Errichtung oder Veränderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts der Landesregierung sowie den beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften anzeigen. (3) Die Einrichtung, Umwandlung und Auflösung öffentlich-rechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit bedürfen der Genehmigung durch die Landesregierung. Die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich privater Stiftungen bleiben unberührt. (4) Die Aufsicht über die in ihrem Bereich bestehenden Stiftungen und Anstalten, die kirchlichen oder diakonischen Zwecken dienen, sowie über die privatrechtlichen kirchlichen Stiftungen im Sinne des Stiftungsgesetzes für das Land Brandenburg vom 27. Juni 1995 (GVBl. I, S. 198) obliegt den Kirchen.

203 204

So auch das Schlussprotokoll zu Art. 3 Abs. 2 des Hessischen Vertrages. LT-Drs. 1/4649, S. 14.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(5) Die Vorschriften der Kirchen über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden auf Antrag der Kirchen im Amtsblatt des Landes Brandenburg veröffentlicht.

Regierungsbegründung Die evangelischen Kirchen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV, durch Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporiert; Art. 36 Abs. 3 Satz 2 LV). Die Gewährung des Körperschaftsstatus umfasst nach allgemeiner Meinung nicht nur die vertragschließenden Landeskirchen, sondern auch deren Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Verbände. In Absatz 1 wird dieser Umstand für das Landesrecht klargestellt. Eine wichtige mit dem Körperschaftsstatus verbundene Rechtsfolge stellt die Möglichkeit dar, die Dienstverhältnisse ihrer Beschäftigten öffentlich-rechtlich auszugestalten. Diese Ausgestaltung ist u. a. deshalb vorteilhaft, weil sie dem Arbeitgeber ein abgestuftes Instrumentarium disziplinarischer Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, während das Arbeitsrecht nur die Abmahnung oder Kündigung ohne Zwischenformen kennt. Darüber hinaus befreit die öffentlichrechtliche Ausgestaltung in vielfältiger Weise von den Erfordernissen des Arbeits- und Sozialrechts. Wegen der besonderen Bedeutung der Möglichkeit zur öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der kirchlichen Dienstverhältnisse wird dieses Recht in Absatz 1 gesondert erwähnt. Zugleich wird allerdings deutlich gemacht, dass es sich um einen öffentlichen Dienst eigener Art handelt. Im Schlussprotokoll wird diese Aussage vertieft und deutlich gemacht, dass kirchlicher Dienst nicht öffentlicher Dienst im Sinne des staatlichen Dienstrechts ist. Die in Absatz 2 formulierte Anzeigepflicht trägt der Notwendigkeit Rechnung, dass die Existenz von Körperschaften des öffentlichen Rechts den zuständigen staatlichen Stellen bekannt sein muss. In Absatz 3 werden Aussagen zu Errichtung, Umwandlung und Auflösung von Anstalten und Stiftungen getroffen. Hinsichtlich privater Stiftungen trifft das Stiftungsgesetz des Landes eingehende Regelungen; diese Regelungen bleiben unberührt. Hinsichtlich öffentlich-rechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit trifft das Landesrecht keine Regelungen; deren Errichtung, Umwandlung (Rechtsformänderung oder Zweckänderung) und Auflösung werden der Genehmigungspflicht unterworfen. Diese Aufzählung ist abschließend. Weitere Mitwirkungserfordernisse staatlicher Stellen bestehen nicht. Von Absatz 3 werden nicht nur neugegründete, sondern auch bereits bestehende Anstalten und Stiftungen erfasst. Es wird mithin auch für das Domstift Brandenburg und die Stifte Lindow, Marienfließ und Zehdenick eine von Art. V Abs. 2 der Verordnung über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden vom 9. Februar 1946 (Kirchenpatronatsverordnung) abweichende Regelung getroffen. Nach dieser Bestimmung bedurften noch Satzungsänderungen der genannten Einrichtungen sowie Beschlüsse über die Veräußerung und Belastung des Stiftsvermögens der staatlichen Genehmigung. Eine solche Regelung wird nicht mehr als zeitgemäß angesehen, da sie dem Grundsatz der kirchlichen Autonomie widerspricht. Einer Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Regelung von 1946 bedarf es nicht, da die Kirchenpatronatsverordnung bereits durch die Anordnung über die Aufhebung von gesetzlichen Bestimmungen aus dem Bereich des Ministeriums des Innern der DDR vom 25. Juni 1962 aufgehoben worden ist.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

Absatz 4 ist Ausdruck des Rechtsgedankens, dass die Kirche in ihrem Bereich autonom wirken kann. Absatz 5 ist Ausfluss des Publizitätsprinzips. Der Rechtsverkehr muss über die vermögensrechtliche Vertretung der öffentlichrechtlichen juristischen Personen informiert sein.

Kommentierung 1. Artikel 7 stimmt in Absatz 1 nebst den Absätzen 1 und 3 des Schlussprotokolls sowie den Absätzen 2, 3 und 5 im Wesentlichen mit Artikel 8 des Evangelischen Vertrags Sachsen-Anhalt überein. Hinzugetreten ist in Anwendung des brandenburgischen Stiftungsgesetzes Absatz 4, der in der Erl. 5 behandelt wird. Nach der Vereinigung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg mit der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz205 heißt die neue Körperschaft Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. 2. Absatz 1 führt im 1. Halbsatz anstelle von „Gliederungen“ nur Kirchenkreise auf. Der nach Brandenburg hineinragende Propstsprengel Wittenberg der Kirchenprovinz Sachsen hat bisher zwar keinen Körperschaftsstatus; sollte er ihn später erhalten, wäre die Propstei analog zu behandeln. Im 2. Halbsatz umschreibt die Formulierung „öffentlicher Dienst eigener Art“ treffend die Rechtsqualität des kirchlichen Dienstes, die durch das Schlussprotokoll noch im Sinne des Vertrages Sachsen-Anhalt erläutert wird. Die vier vertragschließenden Kirchen, die ehemalige Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg, die Evangelische Kirche der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen, die ehemalige Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz und die Pommersche Kirche, gehörten alle der EKU, jetzt UEK, an, so dass für sie das Amts- und das Dienstrecht der entsprechenden EKU- (UEK) und EKD-Vorschriften gelten. Für die Ev.-Lutherischen Landeskirchen Mecklenburgs und Sachsens gelten die VELKD- Vorschriften. Bemerkenswert ist der zusätzlich eingefügte Absatz 2 des Schlussprotokolls über die Folgen eines Wechsels, weil auch auf tarif- und arbeitsrechtliche Bestimmungen verwiesen wird. Der amtlichen Begründung206 ist aber ebenso wie den weiteren Vertragsbestimmungen zu entnehmen, dass Artikel 7 Abs. 1 nur die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse betrifft. Der Hinweis auf tarif- und arbeitsrechtliche Bestimmungen kann sich also nur auf die Übernahme eines Pfarrers oder Kirchenbeamten in ein staatliches Angestelltenverhältnis oder umgekehrt auf die Übernahme eines staat205

Vgl. KiGes. vom 15. 11. 2003 (KABl. Nr. 3 S. 7, ABl. EKD 2004 S. 56) sowie Änderung der Grundordnung durch Gesetz vom 21./24. 11. 2003 (KABl. 2004 Nr. 3, S. 7, ABl. EKD 2004, S. 61); nach Art. 3 Abs. 1 des Neubildungsvertrags (Vertrag über die Bildung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz v. 21./24. 11. 2003, ABl. 2004 S. 56) bleibt das jeweils geltende Recht der beiden Kirchen, also auch die Vertragsbindungen, bis zum Jahr 2008 bestehen; vgl. zum Vertrag insgesamt M. Richter, Grundordnung und Neubildungsvertrag für die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, ZevKR 49 (2004), 739. 206 LT-Drs. 2/3442, Begründung zu Art. 7, S. 32.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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lichen oder kommunalen Beamten in ein kirchliches Angestelltenverhältnis beziehen. 3. Absatz 2 lässt in Abweichung von Artikel 8 Abs. 2 Vertrag Sachsen-Anhalt auch eine nur nachträgliche Unterrichtung über Errichtung oder Veränderung kirchlicher Gebietskörperschaften genügen, so dass in diesen Fällen mögliche Einwendungen des Landes praktisch ohne Bedeutung bleiben und allenfalls Anlass zu künftigen Änderungen geben können. Die Anzeige dient damit allein der Information und ggf. der öffentlichen Bekanntmachung.207 4. Absatz 3 entspricht bezüglich der mittelbaren Kirchenverwaltung im Wesentlichen Artikel 8 Abs. 3 Vertrag Sachsen-Anhalt, doch wird als genehmigungsbedürftig neben der „Umwandlung“ von Einrichtungen ausdrücklich auch die Auflösung aufgeführt. Die Bestimmung bedeutet durch die Beschränkung der Genehmigungspflicht auf Errichtung, Umwandlung und Auflösung zugleich eine Abweichung von der – 1962 aufgehobenen – Kirchenpatronatsverordnung vom 9. 2. 1946.208 Eine Veröffentlichung ist nicht vereinbart, wird aber praktiziert.209 5. Absatz 4 bestätigt ausdrücklich die sich schon aus dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht ergebende Aufsichtsbefugnis der Kirchen bezüglich öffentlichrechtlicher wie privatrechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen.210 6. Absatz 5 enthält im Unterschied zu den Verträgen der anderen Länder für die kirchlichen Vertretungsregelungen keine Vorlagepflicht, sondern nur eine Veröffentlichungspflicht des Landes für den Fall eines kirchlichen Ersuchens, als „Ausfluss des Publizitätsprinzips“;211 das Land entledigt sich damit zwar seiner Verantwortung, belastet aber die Geschäftspartner mit der Aufgabe, nicht nur die kirchlichen Regelungen ausfindig zu machen, sondern sie auch auf ihre „Ordnungsgemäßheit“, also ihre Rechtswirkung zu überprüfen. Ob das Land dabei auch eine rechtlich unwirksame Regelung im Amtsblatt veröffentlichen kann, unterliegt Zweifeln.

207

Amtliche Begr., a. a. O., S. 33. Dort Art. V Abs. 2 (VOBl. Prov. Brandenburg S. 110); vgl. dazu die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3442, Begründung zu Art. 7, S. 33). 209 Vgl. etwa die Bekanntmachung der Genehmigung der Ev. Schulstiftung vom 28. 8. 2003 (ABl. Nr. 38/2003, S. 876). 210 Das in Abs. 4 aufgeführte staatliche Stiftungsgesetz wurde durch Gesetz vom 20. 4. 2004 (GVBl.I/04, [Nr. 07], S. 150) abgelöst, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 8. 5. 2018 (GVBl.I/18, [Nr. 8], S. 3); kirchliche Stiftungen und kirchliche Aufsicht sind in den neuen §§ 2, 4 und 5 geregelt; vgl. im Übrigen das kirchliche Stiftungsgesetz BerlinBrandenburg vom 16. 11. 1996 (KABl. 1997 S. 5) und das Stiftungsges. der Schles. Niederlausitz v. 22. 10. 1995 (KABl. Nr. 3 S. 1). 211 Vgl. Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3442, Begründung zu Art. 7, S. 33; ferner die Veröffentlichungen des Vermögensgesetzes der Berlin-Brandenburgischen Kirche i. d. F. der Bekanntmachung vom19. 2. 1998 (KABl. Br. Nr. 22/1998 S. 512) und des Görlitzer Vermögensverwaltungsgesestzes vom 1. 1. 2000 (ABl. Br. Nr. 4/2000 S. 44). 208

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 15: (1) Die Bistümer, die Bischöflichen Stühle, die Domkapitel, die Pfarreien und Kirchengemeinden sowie die aus ihnen gebildeten Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst. Schlussprotokoll: Aus dem Charakter des kirchlichen Dienstes als öffentlichem Dienst folgt keine Anwendung der Regelung des staatlichen öffentlichen Dienstrechts. Die katholische Kirche wird jedoch soweit möglich eine Angleichung ihrer dienstrechtlichen Bestimmungen an die Grundsätze des staatlichen öffentlichen Dienstrechts vornehmen. (2) Geringfügige Gebietsänderungen der Bistümer, die im Interesse der öffentlichen Seelsorge erfolgen, sind der Staatsregierung anzuzeigen. Im Übrigen erfolgen Änderungen der Diözesanorganisation und -zirkumskription im Einvernehmen mit der Staatsregierung. (3) Die Bistümer werden Beschlüsse über die beabsichtigte Errichtung, Aufhebung und Änderung von kirchlichen Körperschaften dem zuständigen Staatsministerium sowie den räumlich unmittelbar berührten Gebietskörperschaften rechtzeitig anzeigen. Die Errichtung öffentlich-rechtlicher kirchlicher Stiftungen bedarf der Genehmigung des zuständigen Staatsministeriums. (4) Die Vorschriften der Bistümer über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden dem zuständigen Staatsministerium vor ihrem Erlass vorgelegt. Das Staatsministerium kann innerhalb eines Monats Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet ist. Schlussprotokoll: Die Bistümer werden die in Absatz 4 genannten Vorschriften nicht in Kraft setzen, bevor die Einspruchsfrist abgelaufen ist. Hat das zuständige Staatsministerium Einspruch eingelegt, sind die Bistümer nicht berechtigt, diese Vorschriften in Kraft zu setzen, bevor der Einspruch nicht zurückgenommen oder durch gerichtliche Entscheidung rechtskräftig für unwirksam erklärt wurde. Art. 14: (1) Orden und religiöse Genossenschaften unterliegen in Bezug auf ihre Gründung, Niederlassung und Bestätigung ausschließlich den Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

Regierungsbegründung Zu Artikel 15 In Absatz 1 ist der Grundsatz festgelegt, dass die einzelnen Bistümer und ihre Untergliederungen Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Für die Bistümer Görlitz und Magdeburg ist bezüglich der Bistümer selbst, der Domkapitel und der Bischöflichen Stühle bereits in den beiden Bistumserrichtungsverträgen eine entsprechende Regelung getroffen worden. Bezüglich des Bistums Dresden-Meißen erfolgt im Wege dieses Vertrages eine entsprechende Anerkennung, die den Körperschaftsstatus bestätigt, der jedenfalls durch Artikel 13 Reichskonkordat dem bereits damals bestehenden Bistum Dresden-Meißen, seinem Domkapitel sowie seinem Bischöflichen Stuhl verliehen wurde. In Übereinstimmung mit Artikel 13 Reichskonkordat und § 2 Nr. 2 Kirchensteuergesetz wurde der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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für Kirchengemeinden (im Bereich des Bistums Dresden-Meißen: Pfarreien) und den aus ihnen gebildeten Verbänden ebenfalls anerkannt. Im letzten Halbsatz des Absatzes erfolgt die Aussage, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist. Diese rechtliche Qualität ergibt sich aus dem Körperschaftsstatus der katholischen Kirche und der damit verbundenen Dienstherrnfähigkeit. Wie im Schlussprotokoll klargestellt, werden die Kirchen die Grundsätze des staatlichen Beamten- und Dienstrechts weitgehend übernehmen, um sachlich eine möglichst große Einheit im Bereich des öffentlichen Dienstrechts herzustellen. Dies erleichtert zudem die nach bundesrechtlichen Vorgaben (§ 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG; § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) BeamtVG) zu entscheidende Anrechnung kirchlicher Vordienstzeiten bei Übertritt in den staatlichen Dienst. Die Bestimmung des Absatzes 2 ist im Wesentlichen Artikel 11 Reichskonkordat und Artikel 2 Abs. 9 Preußenkonkordat nachgebildet. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass bezüglich solcher Änderungen der Diözesanorganisation und -zirkumskription, die über im Interesse der örtlichen Seelsorge liegende geringfügige Gebietskorrekturen hinausreichen, ein Einvernehmen mit dem Freistaat (wie auch mit weiteren betroffenen Ländern) herzustellen ist. Absatz 3 vereinfacht die Erlangung des Körperschaftsstatus bei der Neuerrichtung oder Veränderung bestehender kirchlicher Organisationseinheiten im Sinne des Absatzes 1. Die vertragliche Regelung überlässt diese Frage allein den innerkirchlichen Vorschriften, die zugleich festgelegte Anzeigepflicht soll der Staatsverwaltung sowie den unmittelbar räumlich betroffenen Gemeinden (d. h. in deren Territorium die Änderung fällt) nicht nur in Kenntnis setzen, sondern ihnen auch die Möglichkeit eröffnen, etwaige Bedenken gegenüber der katholischen Kirche geltend zu machen. Das Letztentscheidungsrecht der katholischen Kirche bleibt unberührt, auch was die Zuerkennung des Körperschaftsstatus anbelangt, die nunmehr nach dem Regelungszustand dieses Vertrages unmittelbar und automatisch mit dem kirchlichen Gründungsakt zusammenfällt. Absatz 4 enthält eine Verfahrensbestimmung bezüglich der Vertretungsregeln der Bistümer in vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Ungeachtet des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts der Kirchen besteht eine eingeschränkte Überwachungspflicht des Staates, dass die Bistümer als öffentlich-rechtliche Körperschaften im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs Regelungen erlassen, die einerseits für ihre potentiellen Geschäftspartner transparent sind und andererseits ihre eigene Handlungsfähigkeit gewährleisten. Soweit ein Einspruch erfolgt ist, sind die Bistümer gehindert, ihre Vertretungsregelungen in Kraft zu setzen. Erfolgt zwischen dem Staatsministerium der Justiz und den Bistümern keine gütliche Einigung, steht den Bistümern nach allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 VwGO offen. Die derzeit geltenden Vertretungsregelungen, die dem Staatsministerium der Justiz bekannt sind, werden von diesen Regelungen nicht erfasst und gelten als akzeptiert. In Stiftungsangelegenheiten handelt das Staatsministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern. Zu Artikel 14 Artikel 14 gewährleistet die freie Betätigung von Orden und religiösen Genossenschaften im Freistaat. Diese unterstehen als religiöse Vereinigungen dem Schutz des Grundgesetzes wie auch der Sächsischen Verfassung und regeln nach Maßgabe des innerkirchlichen Rechts ihre Angelegenheit selbständig (Artikel 140 GG bzw. Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 2 Weimarer Reichsverfassung). Die Grenze der Betätigungsfreiheit bildet lediglich das für alle geltende Gesetz.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

Diese Regelung war erforderlich, weil das Reichskonkordat in Artikel 15 Absätze 2 und 3 spezifische Einschränkungen dieser Freiheit vorsieht. Danach waren die Orden und religiösen Kongregationen im Falle internationaler Erstreckung Beschränkungen unterworfen, die verfassungsrechtlich zumindest bedenklich sind und in der Form heute nicht mehr hingenommen werden können. Die getroffene Regelung stellt deshalb klar, dass für das Gebiet des Freistaates die entsprechenden Regelungen des Reichskonkordats gegenstandslos geworden sind.

Kommentierung 1. Artikel 15 Abs. 1, der die verfassungsrechtlich verankerte Körperschaftszusage – z. T. zusätzlich zu der Bekräftigung in den Bistumserrichtungsverträgen Görlitz und Magdeburg – vertraglich bestätigt, enthält keine wesentliche Abweichung von sonstigen Konkordaten. Die Bezeichnung „Domkapitel“ schließt Kathedralkapital ein. „Pfarreien“ ist die nur im Bistum Dresden-Meißen gebräuchliche Bezeichnung für Kirchengemeinden. Kirchenbeamte existieren nicht; für die Geistlichen besteht eine Priesterbesoldungsordnung, im Bistum Görlitz eine Priesterbesoldungs- und -versorgungsordnung.212 2. Das Schlussprotokoll zu Artikel 15 Abs. 1 schließt im Unterschied zum Evangelischen Vertrag die Anwendung des „staatlichen öffentlichen Dienstrechts“, (statt des „Beamtenrechts“), also auch des Richterdienstrechts auf den kirchlichen Dienst aus, lässt aber bei der Berücksichtigung beamtenrechtlicher Grundsätze Raum für die Übernahme von staatlichem Richterrecht. Für die innerkirchliche Gerichtsbarkeit, die sich allerdings nahezu ausschließlich mit Eheprozessen befasst, besteht in Dresden und Görlitz jeweils eine Außenstelle des gemeinsam mit den Bistümern Erfurt und Magdeburg eingerichteten Offizialats.213 3. Artikel 15 Abs. 2 nimmt ebenso wie das Schlussprotokoll zu Artikel 14 Abs. 2 des Katholischen Vertrags Sachsen-Anhalt214 indirekt Bezug auf Artikel 11 RK und Art. 2 Abs. 9 PrK;215 es bezieht sich, wie sich aus der Stellung vor Absatz 3 ergibt, nur auf die Zuordnung, Zusammensetzung und Umgrenzung der Bistümer. 4. Artikel 15 Abs. 3 betrifft sowohl die Anzeigepflicht bei Errichtung kirchlicher Gebietskörperschaften mit Ausnahme der Bistümer, der Bischöflichen Stühle und der Domkapitel (Satz 1)216 als auch die Genehmigung öffentlich-rechtlicher Stiftungen (Satz 2).217 Die Anzeigen müssen ebenso wie die nach Artikel 8 Abs. 2 des Evangelischen Vertrags Sachsen-Anhalt bereits vorab und auch gegenüber den betroffenen Kommunen abgegeben werden.218 Der Genehmigungsvorbehalt gilt nach Satz 2 212

KABl. Nr. 1 v. 15. 1. 2003. Siehe Erl. B. II. 4. [2.]. 214 Siehe dazu Erl. B. II. 4. [4.]. 215 Vgl. R. Raum, Verhandlungen (Fn. 277) sowie die Regierungsbegründung, LT-Drs. 2/ 3612, S. 24. 216 Siehe Erl. B. II. 4. [3.]. 217 Stiftungsordnungen bestehen in den Bistümern Dresden-Meißen und Görlitz. 218 Siehe Erl. A. [n)]. 213

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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sowohl für Stiftungen als auch analog für andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen der mittelbaren Kirchenverwaltung in Anwendung der allgemeinen organisationsrechtlichen Bestimmungen des Freistaats. Da jede Errichtung der staatlichen Genehmigung bedarf, ist auch eine die Stiftungsbestimmungen maßgeblich berührende Änderung, sei es eine Zweck- oder eine Vermögensänderung mit Ausnahme von Zustiftungen, genehmigungsabhängig.219 5. Artikel 15 Abs. 4 nebst Schlussprotokoll stimmt im Wesentlichen mit Artikel 9 Abs. 3 einschließlich Schlussprotokoll des Evangelischen Vertrags überein, wobei die Amtliche Begründung als zuständiges Ministerium das Staatsministerium der Justiz, in Stiftungsangelegenheiten im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern angibt.220 Eine Veröffentlichung der kirchlichen Regelungen ist nicht vorgesehen, dürfte sich aber empfehlen. Das Bistum Dresden-Meißen verfügt über kein eigenes Vermögensverwaltungsgesetz, sondern richtet sich, auch bezüglich der Genehmigungsvorbehalte, nach den CIC-Bestimmungen, wonach der Gemeindepfarrer die alleinige Vertretung wahrnimmt (can 532).221 Im auf ehemals preußischem Gebiet liegenden Bistum Görlitz gilt das Vermögensverwaltungsgesetz vom 1. 1. 2000.222 Die im Unterschied zum Evangelischen Vertrag ausdrücklich hervorgehobene „gerichtliche Entscheidung“ über einen Einspruch ist gleichbedeutend mit der Regelung im Schlussprotokoll zu Artikel 9 Evangelischer Vertrag (auf Klage der Kirchen).223 6. Artikel 14 stimmt wortgleich mit Artikel 13 des Katholischen Vertrags Sachsen-Anhalt überein,224 wobei die Amtliche Begründung auch hier auf die Notwendigkeit einer Korrektur der Regelung des Artikels 15 RK225 verweist. 2. Thüringen Art. 6: (1) Die Bistümer Erfurt, Dresden-Meißen und Fulda, der Bischöfliche Stuhl und das Kathedralkapitel von Erfurt, die im Freistaat Thüringen gelegenen Kirchengemeinden bzw. die Pfarreien und die aus den Kirchengemeinden gebildeten Gesamtverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst. Schlussprotokoll: (1) Die Rechtsstellung anderer Erzbistümer und Bistümer, deren Bischöflichen Stühle, Kathedralkapitel sowie Kirchengemeinden bzw. Pfarreien und aus diesen Kir219 So auch St. Korta, Der Katholische Kirchenvertrag Sachsen, 2001, S. 195, allerdings unter Rückgriff auf das staatliche Stiftungsgesetz. 220 LT-Drs. 2/3612, Begründung, S. 25. 221 Vgl. auch W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 1001 f. 222 KABl. 2000 Nr. 1, veröffentlicht im Sächs. ABl. Nr. 17 vom 27. 4. 2000, S. 349. 223 Vgl. R. Raum, Verhandlungen (Fn. 277), S. 118. 224 Siehe Erl. B. II. 4. [5.]. 225 LT-Drs. 2/3612, Begründung, S. 23. Die Ersetzung der einschränkenden Bestimmungen des Reichskonkordats RK wurde von Staatsminister Heitmann im Rahmen der 1. Lesung des Zustimmungsgesetzes als wichtige Neuregelung hervorgehoben, LT-Prot., 2. Wahlperiode, Sitzung vom 12. 9. 1994, S. 2908.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

chengemeinden bzw. Pfarreien gebildeter Gesamtverbände bleibt hiervon unberührt. (2) Die Vertragschließenden lassen sich davon leiten, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen in den staatlichen Dienst und umgekehrt durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine unangemessenen Nachteile zur Folge hat. (2) Orden und nach Maßgabe des kanonischen Rechts gebildete religiöse Gemeinschaften sowie kirchliche Anstalten und Stiftungen werden in ihrer kirchlichen Rechtsstellung anerkannt. Anstalten und Stiftungen erlangen die Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit nach Richtlinien, die mit den Diözesanbischöfen vereinbart werden. Diejenigen Orden und religiösen Gemeinschaften sowie kirchlichen Anstalten und Stiftungen, denen ein öffentlich-rechtlicher Status nicht zukommt, erwerben die Rechtsfähigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Schlussprotokoll: Solange eine Vereinbarung über die Richtlinien nicht erzielt worden ist, bleibt es bei der bisherigen Rechtslage. Soweit Orden und religiöse Gemeinschaften in der Vergangenheit ein öffentlich-rechtlicher Rechtsstatus zugekommen ist, wird ihnen der Freistaat Thüringen diesen Status für die Zukunft wieder einräumen; die betroffenen kirchlichen Organisationen werden die entsprechenden Nachweise liefern. Art. 4: (1) Die gegenwärtige Diözesanorganisation und -zirkumskription der Katholischen Kirche im Freistaat Thüringen bleibt bestehen. Änderungen bedürfen eines Vertrages, es sei denn, es handelt sich um Grenzverlegungen, die lediglich im Interesse der örtlichen Seelsorge erfolgen. Schlussprotokoll: Die gegenwärtige Diözesanorganisation und -zirkumskription der Katholischen Kirche im Freistaat Thüringen richtet sich – für das Bistum Erfurt nach dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen über die Errichtung des Bistums Erfurt vom 14. Juni 1994; – für das Bistum Dresden-Meißen nach der Apostolischen Konstitution „Sollicitudo omnium Ecclesiarum“ vom 24. Juni 1921; – für das Bistum Fulda nach Artikel 2 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 in Verbindung mit dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen über die Errichtung des Bistums Erfurt vom 14. Juni 1994. Art. 7: (1) Die Bistümer werden Beschlüsse über Bildung und Veränderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts dem zuständigen Ministerium mitteilen und eine Ausfertigung der Organisationsurkunde vorlegen. (2) Die kirchlichen Körperschaften erlangen die Rechtsfähigkeit kraft ihrer Errichtung durch den zuständigen Diözesanbischof. Die Errichtungsurkunde ist im Staatsanzeiger für den Freistaat Thüringen zu veröffentlichen, die Veröffentlichung wird auf Ersuchen des betreffenden Bistums durch das zuständige Ministerium veranlasst. (3) Entsprechendes gilt für die Umwandlung, Zusammenlegung und Aufhebung dieser Körperschaften. Art. 21: (1) Die Vorschriften der Bistümer über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, selbständigen Anstalten und selbständigen Stiftungen des öffentlichen Rechts werden dem zuständigen Ministerium vor ihrem Erlass vorgelegt. Die Vorschriften werden eine geordnete Vertretung der betreffenden Institutionen gewährleisten.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Das zuständige Ministerium kann Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet erscheint. Der Einspruch ist bis zum Ablauf von zwei Monaten seit der Vorlage zulässig. Die Bistümer sind im Falle eines Einspruchs gehalten, die betreffenden Vorschriften zu überprüfen. (3) Die kirchlichen Bestimmungen über die vermögensrechtliche Vertretung der in Absatz 1 genannten Institutionen werden im Staatsanzeiger für den Freistaat Thüringen und in den Amtsblättern der Bistümer veröffentlicht. Die Veröffentlichung im Staatsanzeiger wird auf Ersuchen der zuständigen kirchlichen Stellen durch das zuständige Ministerium veranlasst. Entsprechendes gilt für die Bestimmungen über einen Genehmigungsvorbehalt von kirchlichen Oberbehörden und anderer Vorschriften des kirchlichen Vermögensverwaltungsrechts, wenn deren Veröffentlichung der Sicherheit im Rechtsverkehr dient. Schlussprotokoll: (1) Der Freistaat Thüringen nimmt zur Kenntnis, dass als kirchliches Recht über die kirchliche Vermögensverwaltung derzeit gilt – im Bereich des Bistums Erfurt das kirchliche Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens im Bereich des Bistums Erfurt vom 30. März 1996 (Staatsanzeiger für den Freistaat Thüringen Nr. 35 vom 2. September 1996 S. 1647 – 1651 = Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Erfurt Nr. 5 vom 2. Mai 1996); – im Bereich des Bistums Fulda das Kirchenvermögensverwaltungsgesetz vom 20. April 1979, veröffentlicht im Hessischen Staatsanzeiger 2/79, S. 1450 ff. mit Änderungen vom 12. Dezember 1995, veröffentlicht im Hessischen Staatsanzeiger 3/96, S. 216 f. gemäß Einführungsgesetz zum Kirchenvermögensverwaltungsgesetz für den thüringischen Teil des Bistums Fulda vom 30. September 1996 (Staatsanzeiger für den Freistaat Thüringen Nr. 7 vom 17. Februar 1997 S. 359 – 365 = Kirchliches Amtsblatt für die Diözese Fulda vom 21. Januar 1997, Stück II, Nr. 17, S. 7); – im Bereich des Bistums Dresden-Meißen die Bekanntmachung über die Errichtung der Römisch-Katholischen Kirche und ihrer Behörden im Bistum Meißen vom 29. November 1922 (Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Meißen Nr. 1 vom 1. Januar 1923, S. 1) und die Bekanntmachung des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung vom 30. Dezember 1931 (Sächsische Staatszeitung Nr. 1 vom 2. Januar 1932, S. 5 = Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Meißen Nr. 1 vom 1. Januar 1932 S. 9). (2) Der Freistaat Thüringen erhebt keinen Einspruch gegen die vorläufige Weitergeltung der für die Bistümer Fulda und Dresden-Meißen erlassenen Vorschriften. Sie sind im Staatsanzeiger für den Freistaat Thüringen (Nr. 32/1994, S. 2178 – 2184) unter Hinweis auf ihre Geltung als kirchliches Recht vorsorglich nochmals bekanntgemacht worden. (3) Der Freistaat Thüringen stellt klar, dass das Preußische Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens vom 24. Juli 1924 (Preußische Gesetzessammlung 1924, S. 585) als staatliches Recht auch in den ehemals preußischen Teilen des Freistaats Thüringen nicht mehr fortgilt; damit entfallen auch die darin enthaltenen Vorschriften über die staatlichen Aufsichts-, Mitwirkungs- und Genehmigungsrechte. (4) Die katholische Kirche verpflichtet sich, innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages eine möglichst für den ganzen Freistaat Thüringen einheitliche kirchliche Regelung der Vermögensverwaltung herbeizuführen.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

Regierungsbegründung Zu Artikel 6 Durch Absatz 1 werden das Bistum Erfurt sowie die mit Gebietsteilen in den Freistaat Thüringen hineinreichenden Bistümer Dresden-Meißen und Fulda, die im Freistaat Thüringen gelegenen Kirchengemeinden bzw. die Pfarreien und die aus den Kirchengemeinden bzw. Pfarreien gebildeten Gesamtverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts bestätigt. Im Hinblick auf die geltende Regelung in Artikel 1 Abs. 2 des Bistumserrichtungsvertrags vom 14. Juli 1994 ist die Feststellung des öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus des Bistums, des Bischöflichen Stuhls und des Kathedralkapitels von Erfurt deklaratorisch. Anders als bei den Bistümern, Kirchengemeinden und Gesamtverbänden handelt es sich bei den Bischöflichen Stühlen und Kathedralkapiteln nicht um Gebietskörperschaften; ihre Rechtsstellung richtet sich nach dem für ihren Sitz maßgeblichen Landesrecht. Auf eine Bestätigung der Bischöflichen Stühle und der Kathedralkapitel von Dresden-Meißen und Fulda als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch Thüringer Recht wurde deshalb verzichtet. Absatz 1 des Schlussprotokolls zu Artikel 6 Abs. 1 stellt aber klar, dass eine nach Bundesrecht bzw. nach sächsischem oder hessischem Landesrecht gegebene Eigenschaft dieser Rechtspersonen als Körperschaften des öffentlichen Rechts von der Regelung im Thüringer Vertrag unberührt bleibt. Entsprechendes gilt für die Rechtsstellung der Erzbistümer und Bistümer, deren Gebiet nicht in das Gebiet des Freistaats Thüringen hineinreicht, sowie deren Bischöfliche Stühle, Kathedralkapitel, Kirchengemeinden bzw. Pfarreien und der aus diesen Kirchengemeinden bzw. Pfarreien gebildeten Gesamtverbände. Die Regelung entspricht im Übrigen § 2 des Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens. Die Anerkennung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst wird im Schlussprotokoll dahingehend erläutert, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen in den staatlichen Dienst und vice versa durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine unangemessenen Nachteile zur Folge haben soll. Absatz 2 trifft Regelungen über kirchliche Orden und religiöse Gemeinschaften sowie Anstalten und Stiftungen und ihre staatliche Anerkennung. Die Bestimmung im Schlussprotokoll zu Artikel 6 Abs. 2 verweist auf die geltende Rechtslage. Zu Artikel 4 Die Bestimmung entspricht traditionellem Konkordatsrecht in Deutschland. In der hier geregelten Weise ist bereits bei der Errichtung des Bistums Erfurt durch den Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen über die Errichtung des Bistums Erfurt vom 14. Juni 1994 (GVBl. S. 791) verfahren worden. Der Verweis auf kirchenrechtliche und konkordatsrechtliche Bestimmungen im Schlussprotokoll gibt nachrichtlich die Bestimmungen wieder, auf denen die gegenwärtige Diözesanorganisation und -zirkumskription der Katholischen Kirche im Freistaat Thüringen beruht. Zu Artikel 7 Diese Regelung legt die kirchlichen Mitteilungspflichten bei der Bildung und Veränderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts fest und ergänzt insoweit die durch Artikel 6 getroffene Regelung über die staatliche Anerkennung der Körperschaftsrechte von Rechtspersonen kirchlichen Rechts.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Zu Artikel 21 Die Bestimmungen des Artikels 21 nebst Schlussprotokoll betreffen die bestehenden kirchlichen Bestimmungen zur vermögensrechtlichen Vertretung. Absatz 1 enthält die kirchliche Verpflichtung zu einer geordneten Vertretung ihrer Institutionen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Absatz 2 enthält die Einspruchsrechte des Landes im Falle, dass eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet erscheint. Absatz 3 regelt die Frage der Publikation kirchlicher Regelungen im staatlichen Bereich aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs. Im Schlussprotokoll zu Artikel 21 Abs. 3 werden die in den betroffenen Bistümern z. Zt. geltenden kirchlichen Regelungen zur Vermögensverwaltung festgestellt. Absatz 2 des Schlussprotokolls betrifft die vorläufige Weitergeltung bestehender Vorschriften. Durch Absatz 3 des Schlussprotokolls stellt der Freistaat Thüringen klar, dass das Preußische Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens vom 24. Juli 1924 als staatliches Recht auch in den ehemaligen preußischen Teilen des Freistaats Thüringen nicht mehr fortgilt. In der Folge entfallen die darin enthaltenen Vorschriften über die staatlichen Aufsichts-, Mitwirkungs- und Genehmigungsrechte. Die kirchlichen Regelungen der im Freistaat Thüringen gelegenen Bistümer über die Vermögensverwaltung sind derzeit sehr unterschiedlich. In Absatz 4 des Schlussprotokolls zu Artikel 21 Abs. 2 verpflichtet sich die Katholische Kirche, eine möglichst für den ganzen Freistaat Thüringen einheitliche kirchliche Regelung der Vermögensverwaltung herbeizuführen.

Kommentierung 1. Artikel 6 Absatz 1, 1. Halbsatz zählt die vom Vertrag betroffenen Bistümer auf226, beschränkt aber die Aussage für den Bischöflichen Stuhl, der im Bistum Erfurt auch Vermögensträger ist, und das Kathedralkapitel auf die Diözese Erfurt, weil nach Auffassung der staatlichen Seite Körperschaftsaussagen für kirchliche Einrichtungen nur bei deren Sitz in Thüringen gemacht werden können.227 Die Erwähnung der „Pfarreien“ bezieht sich auf die so bezeichneten Kirchengemeinden im Bistum Dresden-Meißen. Die Bezeichnung „Gesamtverbände“ bedeutet dasselbe wie „Verbände“. Absatz 1 des Schlussprotokolls ergänzt die Körperschaftszusage für die Bischöflichen Stühle und Kathedralkapitel der beiden übrigen Bistümer, die ihren Sitz nicht in Thüringen haben, durch eine Verweisung auf die Rechtslage in deren Sitzländern228 und bezieht Kirchengemeinden und Pfarreien ohne Gebietsanteile in Thü-

226 Die Körperschaftszusage für das Bistum, den Bischöflichen Stuhl und das Kapitel in Erfurt wiederholt die Zusage nach Art. 1 Abs. 2 des Bistumserrichtungsvertrags Erfurt v. 14. 7. 1994 (GVBl. S. 790). 227 Siehe dazu die Ergänzungen in Abs. 1 des Schlussprotokolls sowie die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/2100, S. 26; ferner H. Weber, Neue Staatskirchenverträge mit der Katholischen Kirche in den neuen Bundesländern, FS M. Heckel, 1999, S. 463 (481). 228 Ebenfalls jeweils mit Bestätigung des Körperschaftsstatus.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

ringen ein für den Fall, dass sie rechtlich in das Land Thüringen, etwa durch Grundstückskäufe, „hineinragen“. 2. Artikel 6 Absatz 1 2. Halbsatz stellt die Dienstherrenfähigkeit der als öffentlich-rechtliche Körperschaften organisierten, kirchlichen Rechtspersonen klar. Während sich Rechte und Pflichten der Geistlichen nach den Bestimmungen des CIC richten, sind Besoldung und Versorgung in der Priesterbesoldungsordnung geregelt.229 Zusätzlich gilt eine Rahmenordnung für Ständige Diakone. Für die Gerichtsbarkeit ist der Sitz des Interdiözesanen Offizialats Erfurt.230 Absatz 2 des Schlussprotokolls entspricht wortgleich dem Schlussprotokoll zu Artikel 7 des Evangelischen Vertrags. 3. Artikel 6 Absatz 2 enthält drei Regelungen. Satz 1 knüpft bezüglich der Rechtsstellung von Ordensgemeinschaften und anderen religiösen Gemeinschaften sowie Anstalten und Stiftungen an die bestehende Rechtsstellung an, und zwar auch dann, wenn diese Rechtsstellung nach heutigem Recht oder Rechtsverständnis nicht mehr eingeräumt werden würde. Dies gilt nach Satz 2 des Schlussprotokolls auch für solche Ordensgemeinschaften, die früher einen öffentlich-rechtlichen Status besaßen, wobei unter „früher“ auch die Zeit vor 1933, also vor einer eventuellen Auflösung durch die nachfolgenden Diktaturen zu verstehen sein dürfte. Für neu zu errichtende Einrichtungen beschränkt Absatz 2 Satz 2 die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach angekündigten Richtlinien auf Anstalten und Stiftungen, spart also Ordensgemeinschaften aus. Absatz 2 Satz 3 verweist diejenigen Einrichtungen, denen ein Korporationsstatus „nicht zukommt“, zur Erlangung der Rechtsfähigkeit auf privatrechtliche Rechtsformen, wobei offenbleibt, nach welchen Kriterien die Auswahl zu erfolgen hat. Auf jeden Fall wird es zunächst auf die kirchlichen Initiativen und den Gestaltungswillen der Kirchen ankommen. Auch wenn Artikel 6 nicht wie im Schlussprotokoll zu Artikel 4 Abs. 2 des Konkordats Sachsen-Anhalt das Kriterium „Wichtigkeit“ der von der Kirche als öffentlich-rechtliche Körperschaft vorgeschlagenen Einrichtungen enthält, wird der Freistaat die Geeignetheit für einen Körperschaftsstatus zu prüfen und bei Ordensgemeinschaften die in den Sätzen 1 und 2 zum Ausdruck kommende, einen Korporationsstatus ablehnende Konzeption geltend zu machen haben. Soweit die in Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Richtlinien noch nicht bestehen, muss im Falle kirchlicher Anträge nach Satz 1 des Schlussprotokolls auf die Vorschriften des Stiftungsgesetzes zurückgegriffen werden.231 Auch das Verfahren bei Änderun-

229 KABl. Nr. 11/2001 v. 1. 11. 2001, zuletzt geändert durch Regelung v. 1. 1. 2004 (unveröffentlicht). 230 Siehe Erl. B. II. 4. [2.]; das Offizialat befasst sich nahezu ausschließlich mit Eheprozessen. 231 Vgl. die staatliche „Genehmigung“ der Katholischen Schulstiftung im Bistum Erfurt – Edith-Stein-Schule Erfurt – Bergschule St. Elisabeth, Katholisches Gymnasium, v. 2. 9. 2003, veröff. im Thüringer StA Nr. 40/2003, S. 1887.

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gen einschließlich Auflösungen richtet sich vor der Vereinbarung von Richtlinien nach dem Stiftungsrecht, fällt also nicht unter Artikel 7. 4. Artikel 4 erinnert für Bistumsveränderungen an die Regelung des Artikels 11 RK, d. h. an Verträge mit der zuständigen staatlichen Stelle, nach der Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes also mit den betroffenen Ländern.232 Beispiele für nicht vertragsabhängige geringfügige Veränderungen im seelsorgerlichen Interesse sind Neuzuordnungen von Kirchengemeinden oder Teilen von ihnen. Üblicherweise enthalten die Bistumserrichtungsverträge eine vollständige Auflistung der zum jeweiligen Bistum gehörenden Städte und Landkreise (Zirkumskription)233, die jede Änderung leicht identifizierbar macht. 5. Artikel 7 bezieht sich, ohne dass die Stellung des Artikels dies erkennen lässt, nur auf Gebietskörperschaften im Sinne von Artikel 6 Abs. 1.234 Für die darunter fallenden Kirchengemeinden und deren Verbände stellt Absatz 2 Satz 1 fest, dass sie ihre Rechtsfähigkeit – und damit, wie in Artikel 6 Abs. 1 vertraglich bestätigt, automatisch kraft Verfassungsrechts auch ihren öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus – durch ein Dekret des Diözesanbischofs erlangen (can 515 § 2 i. V. m. can 113 § 1 CIC). Für die Errichtung der Bistümer, der Bischöflichen Stühle und der Kathedralkapitel gilt, in Abweichung von den Absätzen 1 und 2, als Voraussetzung für die Durchführung Artikel 4 Satz 2, also der Abschluss einer Vereinbarung mit dem Freistaat235, für die Errichtung von Anstalten und Stiftungen sowie von Nichtgebietskörperschaften Artikel 6 Abs. 2 Satz 2. Die übrigen Mitteilungspflichten der Kirche sind, etwas unsystematisch, in Absatz 1 geregelt, wobei auch geringfügige Bistumsveränderungen (Art. 4 Satz 2, 2. Halbsatz) ebenfalls unter die Regelung fallen. Sie wird ergänzt durch eine Vorlagepflicht bezüglich der Organisationsurkunde, also einer Ausfertigung des Bischofsdekrets. Eine Veröffentlichung im Staatsanzeiger auf Ersuchen des zuständigen Bischofs ist gemäß Absatz 2 Sätze 2 und 3 für die Errichtungsurkunde – ein Unterfall der „Organisationsurkunde“ – nach Absatz 1 und gemäß Absatz 3 für die Dekrete über die Veränderung oder Aufhebung dieser Körperschaften vorgesehen; das „Entsprechende“ in Absatz 3 bezieht sich dabei nur auf Absatz 2 Sätze 2 und 3. 6. Artikel 21 enthält eine ausführliche Regelung bezüglich der kirchlichen Rechtsvertretung. Während Absatz 1 das übliche Verfahren, d. h. die Vorlage der Vorschriften, allerdings ausdrücklich vor dem Zeitpunkt ihres Erlasses behandelt, verbunden mit der Zusicherung einer ordnungsgemäßen Qualität dieser Vorschriften, sieht Absatz 2 in Abweichung vom Evangelischen Vertrag und von sonstigen Verträ232

Siehe dazu Erl. B. II. 4. [4.] mit Fn. 275. Vgl. dazu § 2 nebst Schlussprotokoll des Bistumserrichtungsvertrags Erfurt (LT-Drs, 1/ 3481, GVBl. 1994 S. 790); mit der Apostolischen Konstitution „Solicitudo omnium Ecclesarium“ vom 24. 6. 1991 wurde das Bistum Dresden-Meißen (AAS Anno, XIII Vol XIII S. 409) wiedererrichtet. 234 Vgl. auch die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/2100, S. 26. 235 Vgl. auch Art. 1 des Bistumserrichtungsvertrages Erfurt. 233

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

gen im Falle eines staatlichen Einspruchs nur eine Überprüfungspflicht der Kirche vor, nicht jedoch die Möglichkeit einer gerichtlichen Entscheidung; die Kirche wünschte keinen staatlichen Eingriff in ihr Selbstbestimmungsrecht. Offen bleibt das Verfahren im Falle einer wiederum unbefriedigenden Regelung oder gar Beibehaltung der alten nach der kirchlichen Überprüfung. Da hier die Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr zur Diskussion steht und das Land u. U. für Schäden von Geschäftspartnern haftbar gemacht werden kann, dürfte die Möglichkeit eines erneuten Einspruchs dem Sinn der Vertragsbestimmung entsprechen. Streitschlichtend könnte allerdings die Anrufung der Freundschaftsklausel (Art. 31) Erfolg haben. Absatz 3 regelt detailliert die Veröffentlichungspflichten und erstreckt sich auch auf die Veröffentlichung von Genehmigungsvorbehalten, deren Unkenntnis bekanntlich eine Gefahr für alle Geschäftspartner bedeutet.236 Das Schlussprotokoll, das sich auch auf die Absätze 1 und 2 bezieht, geht auf das Problem der bei Vertragsschluss noch geltenden ungeprüften und in den Bistümern Fulda und Dresden-Meißen noch auf die Weimarer Zeit zurückgehenden Bestimmungen ein und sieht vorsorglich ihre erneute Bekanntmachung vor sowie ferner, dass gemäß Absatz 4 die Kirche innerhalb von drei Jahren „möglichst für den ganzen Freistaat“ eine „einheitliche kirchliche Regelung“ herbeiführt. Die letztgenannte Vereinbarung ist allerdings problematisch; denn sie kann auch zu einer uneinheitlichen Regelung führen, ein für Gesprächspartner gefährliches Ergebnis. Absatz 4 bringt aber das Bemühen der Kirche um eine einheitliche Vertretungsregelung zum Ausdruck.237 7. Absatz 3 des Schlussprotokolls zu Artikel 21 zeigt mit der vom Freistaat festgestellten Unwirksamkeit des Preußischen Gesetzes von 1924 einen der Gründe für die nach Absatz 4 vereinbarte baldige Neuregelung auf. Da die Frage der Grundgesetzwidrigkeit des Gesetzes umstritten ist238, hätte sich allerdings anstelle einer „Feststellung“ der Unwirksamkeit möglicherweise eine formelle Aufhebung des Landesrecht gewordenen Gesetzes für den Bereich Thüringen empfohlen.

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Siehe Erl. A. [p)]. Tatsächlich lagen solche einheitlichen Regelungen acht Jahre nach Vertragsschluss noch nicht vor; vgl. dazu auch R. Raith, Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen vom 11. Juli 1997, KuR 2003, S. 141 (151). 238 Für die Verfassungswidrigkeit W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 910; K. Hesse, Die Entwicklung des Staatskirchenrechts seit 1945, JöR N.F. 10 (1961), S. 3 (S. 49); LG Dortmund, KirchE 5, 337 (339 f.), sowie bezüglich des parallelen Preußischen Gesetzes betr. die Kirchenverfassung der Evangelischen Landeskirche vom 8. 4. 1924 LVG Schleswig, KirchE 2/ 182 (185 f. – teilweise verfassungswidrig); für eine Fortgeltung als Gewohnheitsrecht wegen kontinuierlicher Anwendung durch die Katholische Kirche W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 971; R. Puza, Die Verwaltung des Kirchenvermögens, HbKathKR, 21999, S. 1093 (1094) sowie OVG Lüneburg, KirchE 2, 345 (351 ff.), jedenfalls bezüglich einzelner Bestimmungen; für eine Teilfortgeltung wegen Übernahme als kirchliches Recht U. v. Loewenick, Das Kirchenvermögensverwaltungsrecht der Katholischen Kirche in den Kirchengemeinden Nordrhein-Westfalens – vom Kulturkampfgesetz zur kirchlich übernommenen Norm, Diss. Bonn 1993, S. 234 ff. 237

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 13: (1) Das Land erkennt die kirchlichen Körperschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts an. (2) Die Erzbistümer zeigen Beschlüsse über die Errichtung und Veränderung von kirchlichen Körperschaften der Landesregierung an. Art. 15: (2) Kirchlicher Dienst ist öffentlicher Dienst. Die Kirche achtet darauf, dass die Vorbildung der kirchlichen Bediensteten der der staatlichen gleichwertig ist. Art. 14: (1) Die Vorschriften der Kirche über die vermögensrechtliche Vertretung der öffentlich-rechtlichen kirchlichen Körperschaften und rechtsfähigen Vermögensvertreter werden der Landesregierung vor ihrem Erlass vorgelegt. Diese kann innerhalb eines Monats Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet ist. Die Landesregierung sorgt im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs für die erforderliche Veröffentlichung. (2) Die Kirche übt die Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen aus.

Regierungsbegründung Zu Artikel 13 Absatz 1 sichert den kirchlichen Körperschaften den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes. Die Kirche hat einen Rechtsanspruch auf Anerkennung einer Institution, wenn sie nachweist, dass diese Institution nach Kirchenrecht den Status einer eigenen kirchlichen Körperschaft hat. Absatz 2 verpflichtet die Kirche, die Errichtung oder Veränderung von Körperschaften anzuzeigen, die den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft haben oder erlange wollen. Zu Artikel 15 Die Freiheit der Kirche bei der Besetzung ihrer Ämter umfasst gemäß Absatz 1 alle Stellen, nicht nur die von Kirchenbeamten. Artikel 15 Absatz 2 bestimmt in Konsequenz zur Anerkennung der Kirche als öffentlich-rechtliche Körperschaft, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist. Daraus folgt, dass zum Beispiel Lehrer aus dem kirchlichen Schuldienst in den Staatsdienst wechseln können, ohne Nachteile bei Dienstalter oder Versorgung zu erleiden. Weil kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, muss die Kirche grundsätzlich fachliche Ausbildung nach Standards gewährleisten, die denen des öffentlichen Dienstes des Staates gleichwertig sind. Zu Artikel 14 Absatz 1 zieht die Konsequenz aus dem erhöhten Vertrauen, das öffentlich-rechtliche Körperschaften genießen. Ihre Vertretung muss eindeutig und bekannt sein. Deshalb liegt ihre Veröffentlichung auch im Interesse des Landes, insbesondere, weil Publikationen der nur kleinen Katholischen Kirche im Lande nur wenige erreichen. Absatz 2 sichert der Kirche die eigene Aufsicht über ihre Stiftungen und konkretisiert insoweit das allgemeine Selbstbestimmungsrecht der Kirche.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

Kommentierung 1. Artikel 13 Abs. 1 sichert, wie sich aus dem unmittelbar anschließenden Absatz 2 ergibt, allen kirchlichen Körperschaften, also auch solchen der mittelbaren Kirchenverwaltung, den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus zu, wobei diese Zusicherung für Gebietskörperschaften im Hinblick auf Artikel 140 GG/137 Abs. 5 WRV nur als Bestätigung verstanden werden kann, während sie für sonstige kirchliche Körperschaften, wie sich aus Absatz 1 Satz 2 der Amtlichen Begründung239 ergibt, die Zusage einer Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft bedeutet. Diese Aufteilung leitet sich auch aus Artikel 1 Abs. 3 des Evangelischen Vertrags durch die dort vorgenommene Beschränkung der „automatischen“ Körperschaftsgarantie für Gebietskörperschaften her; eine unterschiedliche rechtliche Handhabung der staatlichen Körperschaftsgarantie wäre schon aus Paritätsgründen nicht möglich. Die davon abweichende Auslegung, dass Absatz 1 nur die Gebietskörperschaften betrifft und Einrichtungen der mittelbaren Kirchenverwaltung allenfalls in Artikel 14 Abs. 1 angesprochen sind, im Übrigen aber für Anstalten und Stiftungen die Regelungen des Stiftungsgesetzes240 gelten, scheitert an der zitierten „Anerkennung“, die nach staatkirchenrechtlichem Sprachgebrauch die Verleihung von Körperschaftsrechten an Einrichtungen der mittelbaren Kirchenverwaltung zum Ausdruck bringt; zudem bezieht sich auch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 offensichtlich mit der Bezeichnung „öffentlich-rechtliche Körperschaften“ auf beide Arten kirchlicher Körperschaften. Für die „Anerkennung“ einer neu errichteten kirchlichen Körperschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaft soll nach der Amtlichen Begründung241 nur der Nachweis erforderlich sein, dass eine „Institution nach Kirchenrecht den Status einer eigenen kirchlichen Körperschaft hat“,242 womit allerdings nur die Rechtsfähigkeit nach kirchlichem Recht gemeint sein kann, weil z. B. nach staatlichem Recht weitere Voraussetzungen vorliegen müssen.243 2. Die Anzeigepflicht nach Artikel 13 Abs. 2 bezieht sich sowohl auf die Errichtung und Veränderung – und damit auch auf das Erlöschen – von Gebietskörperschaften als auch auf die Veränderung „anerkannter“ Körperschaften, während die Be239

LT-Drs. 2/3100, S. 21. Fn. 210. 241 Amtliche Begr., a. a. O., S. 33. 242 H. Weber, Neue Staatskirchenverträge mit der Katholischen Kirche in den neuen Bundesländern, FS M. Heckel, 1999, S. 463 (480); er bezeichnet diese Regelung als „sehr weitgehend“. 243 Kirchliche Anstalten und Stiftungen sind nicht erwähnt; die Einbeziehung von „Verbänden“ in die Regelung für Gebietskörperschaften wurde in den Vertragsverhandlungen für „selbstverständlich“ erklärt, so dass sie wie Gebietskörperschaften behandelt werden können; der Auffassung von St. Haering, Die Verträge zwischen dem Heiligen Stuhl und den neuen Bundesländern aus den Jahren 1994 bis 1998, FS Listl, 1999, S. 761 (782 Fn. 104), dass Ordensgemeinschaften unter Art. 13 fallen, kann mit Blick auf die üblichen Ordensstrukturen und die in anderen Verträgen bestehenden Bestimmungen nicht beigepflichtet werden. 240

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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stimmung im Falle der Errichtung von Nichtgebietskörperschaften, deren „Anerkennung“ förmlich beantragt werden muss, leerläuft. Ausgenommen sind Bistümer, Bischöfliche Stühle und Metropolitankapitel, deren Errichtung und Veränderung, wie auch aus dem Abschluss des Bistumserrichtungsvertrags ersichtlich, gemäß Artikel 11 RK einer Vereinbarung mit dem Land bedürfen. Absatz 2 regelt abgesehen von der Information über die Bestellung von Leistungspersonen gemäß Artikel 4 Abs. 3 des Bistumserrichtungsvertrags Hamburg Anzeigepflichten bezüglich Gebiets-, Organisations- und Personalveränderungen abschließend im Sinne von Artikel 25 Absatz 1. 3. Artikel 15 Abs. 2 siedelt – systematisch gesehen nicht ganz überzeugend – die an sich aus dem Körperschaftsstatus abgeleitete Aussage, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, bei der Bestimmung über die Freiheit der Ämterbesetzung an, verzichtet andererseits auf eine Erläuterung des Begriffs eines kirchlichen öffentlichen Dienstes. Da die Katholische Kirche fast keine Kirchenbeamten beschäftigt, gibt es für sie auch keine bistumsspezifische Regelung. Wohl aber hat das Erzbistum Hamburg eine Priesterordnung244 und eine Ordnung für die Ständigen Diakone245 erlassen. Offizialate unterhalb der Erzbischöflichen Ordinariate bestehen nicht. Satz 2 enthält im Unterschied zu den übrigen Verträgen keine kirchliche Zusage einer Angleichung der kirchlichen Pfarrer- und Kirchenbeamtenregelungen an das staatliche Dienstrecht, dies wohl auch im Hinblick darauf, dass es praktisch keinen Wechsel dieses Personenkreises in einen anderen öffentlichen Dienst und umgekehrt gibt, weshalb auf eine vertragliche Regelung verzichtet wurde. Eine Berücksichtigung der Grundsätze des staatlichen Beamtenrechts ist allerdings schon wegen einer Abgrenzung gegenüber versicherungspflichtigen Angestelltenverhältnissen nötig. Im Übrigen legt Satz 2 eine Angleichung der Angestelltenvoraussetzungen, die in Artikel 14 RK und Artikel 8 PrK stringent geregelt sind, nahe, wenn auch weniger zwingend als in den genannten Konkordaten. 4. Artikel 14 Abs. 1 stimmt im Wesentlichen mit Artikel 8 Abs. 1 des Evangelischen Vertrags überein. Das gilt trotz der begrifflich zweideutigen Einbeziehung der „rechtsfähigen Vermögensträger“; worunter aber nach der Amtlichen Begründung, in Übereinstimmung mit den übrigen Verträgen, nur öffentlich-rechtliche Einrichtungen zu verstehen sind;246 in Betracht kommen danach Nichtgebietskörperschaften, Anstalten und Stiftungen sowie ausnahmsweise öffentlich-rechtlich gestaltete Ordensgemeinschaften. Satz 3 verpflichtet zwar nur die Landesregierung zur Veröffentlichung der kirchlichen Rechtsvertretungsregelungen,247 doch korrespon244 Priesterbesoldungs- und VersorgungsO, Beil. 1 zum KABl. Hamburg (4. Jg.) Nr. 10 v. 15. 11. 1998, S. 144. 245 DiakonO. KABl. Hamburg Bd. 2 v. 15. 5. 1996, S. 81, in Kraft getreten am 1. 6. 1996. 246 Siehe LT-Drs. 2/3100, S. 22. 247 Vgl. z. B. die Veröffentlichung des Kirchenvermögensverwaltungsgesetzes für das Erzbistum Hamburg i. d. F. v. 1. 3. 2003 (KABl. Hamburg Bd. 9 Art. 64 S. 85 v. 15. 5. 2003) durch Bek. d. Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur v. 10. 3. 2004 (MBl.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

diert damit die kirchliche Verpflichtung, diese Regelungen zur Verfügung zu stellen. Die staatliche Verpflichtung entfällt selbstverständlich bei beanstandeten Bestimmungen, wobei der in Satz 2 als Möglichkeit vorgesehene staatliche Einspruch aufschiebende Wirkung hat. 5. Artikel 14 Abs. 2 erwähnt die kirchlichen Stiftungen nur unter dem Gesichtspunkt der Aufsicht; die Regelung entspricht § 11 des staatlichen Stiftungsgesetzes. 4. Sachsen-Anhalt Art. 14: (1) Die Bistümer, die Bischöflichen Stühle, die Kathedralkapitel und die Kirchengemeinden sowie die aus ihnen gebildeten Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst. Schlussprotokoll: (1) Die Feststellung, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, folgt aus dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie besagt nicht, dass der kirchliche Dienst öffentlicher Dienst im Sinne des staatlichen Dienstrechts ist. Angesichts der Selbständigkeit der Katholischen Kirche und der gegenüber dem staatlichen öffentlichen Dienst unterschiedlichen Aufgaben des kirchlichen Dienstes finden staatliche dienstrechtliche Regelungen nicht unmittelbar auf den kirchlichen öffentlichen Dienst Anwendung. Sie werden jedoch in ihren Grundsätzen von der Katholischen Kirche übernommen, was zusätzlich die Bezeichnung des kirchlichen Dienstes als öffentlicher Dienst rechtfertigt. (2) Die Vertragsparteien lassen sich davon leiten, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen in den öffentlichen Dienst und umgekehrt durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine unangemessenen Nachteile zur Folge hat. (2) Die Katholische Kirche wird Beschlüsse über die beabsichtigte Errichtung, Aufhebung und Änderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts der Landesregierung sowie den räumlich beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften rechtzeitig vor dem Wirksamwerden anzeigen. Die Errichtung und Veränderung öffentlich-rechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich privater Stiftungen bleiben unberührt. Schlussprotokoll: (1) Es besteht Einvernehmen darüber, dass nur besonders wichtige kirchliche Einrichtungen als öffentlich-rechtliche Stiftungen oder Anstalten errichtet werden sollen. (2) Geringfügige Gebietsänderungen der Bistümer, die im Interesse der örtlichen Seelsorge erfolgen, sind dem Land anzuzeigen. Im Übrigen erfolgen Änderungen der Diözesanorganisation und -zirkumskription im Einvernehmen mit der Landesregierung. (3) Die Vorschriften der Bistümer über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden der Landesregierung vor ihrem Erlass vorgelegt. Die Landesregierung kann innerhalb eines Monats Einspruch erheben, wenn eine ordnungsgemäße vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet ist. Schlussprotokoll: (1) Die Vorschriften der Bistümer über die vermögensrechtliche Vertretung der kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werMecklenburg-Vorp. 2004 S. 296 (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 15 Abs. 1: Vertretung durch den Kirchenvorstand, § 16: Genehmigungsvorbehalte).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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den auf Ersuchen der zuständigen kirchlichen Stelle als Bekanntmachung des Kultusministeriums im Ministerialblatt des Landes Sachsen-Anhalt veröffentlicht. (2) Für die Klage gegen den Einspruch ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Art. 13: Orden und religiöse Genossenschaften unterliegen in Bezug auf ihre Gründung, Niederlassung und Betätigung ausschließlich den Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

Regierungsbegründung Zu Artikel 14 In Abs. 1 ist der Grundsatz festgelegt, dass die einzelnen Bistümer und ihre Untergliederungen Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Für das Bistum Magdeburg ist bezüglich des Bistum selbst, der Domkapitel und der bischöflichen Stühle bereits im Bistumserrichtungsvertrag eine entsprechende Regelung getroffen worden. Im letzten Halbsatz des Absatzes erfolgt die Aussage, dass kirchlicher Dienst Öffentlicher Dienst ist. Diese rechtliche Qualität ergibt sich aus dem Körperschaftsstatus der Katholischen Kirche und der damit verbundenen Dienstherrnfähigkeit. Wie im Schlussprotokoll klargestellt, werden die Kirchen die Grundsätze des staatlichen Beamten- und Dienstrechts weitgehend übernehmen, um sachlich eine möglichst große Einheit im Bereich des öffentlichen Dienstrechts herzustellen. Dies erleichtert zudem die nach bundesrechtlichen Vorgaben (§ 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG; § 11 Abs. 1 Nr. 1b BeamtVG) zu entscheidende Anrechnung kirchlicher Vordienstzeiten bei Übertritt in den staatlichen Dienst. Grundsätzlich sollen Mitarbeiter aus dem kirchlichen Dienst, die in den staatlichen öffentlichen Dienst überwechseln wollen, vorbehaltlich entgegenstehender gesetzlicher und tarifvertraglicher Bestimmungen nicht schlechter gestellt werden als andere Bewerber aus dem Öffentlichen Dienst. Die Vertragsbestimmung ermöglicht damit nicht etwa die erleichterte Übernahme von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Lehrkräfte für den Religionsunterricht in den Schuldienst. Abs. 2 vereinfacht die Erlangung des Körperschaftsstatus bei der Neuerrichtung oder Veränderung bestehender kirchlicher Organisationseinheiten im Sinne des Abs. 1. Die vertragliche Regelung überlässt diese Frage allein den innerkirchlichen Vorschriften, die zugleich festgelegte Anzeigepflicht soll der Landesverwaltung sowie den unmittelbar räumlich betroffenen Gemeinden (d. h. in deren Territorium die Änderung fällt) nicht nur in Kenntnis setzen, sondern ihnen auch die Möglichkeit eröffnen, etwaige Bedenken gegenüber der Katholischen Kirche geltend zu machen. Das letzte Entscheidungsrecht der Katholischen Kirche bleibt unberührt, auch was die Zuerkennung des Körperschaftsstatus anbelangt, die nunmehr nach dem Regelungszustand dieses Vertrages unmittelbar und automatisch mit dem kirchlichen Gründungsakt zusammenfällt. Das Schlussprotokoll zu Abs. 2 legt fest, dass nur besonders wichtige kirchliche Einrichtungen als öffentlich-rechtliche Stiftungen oder Anstalten errichtet werden sollen. Änderungen der Diözesanorganisation, die über ein im Interesse der örtlichen Seelsorge liegende geringfügige Gebietskorrekturen hinausreichen, bedürfen eines Einvernehmens mit der Landesregierung. Abs. 3 enthält eine Verfahrensbestimmung bezüglich der Vertretungsregeln der Bistümer in vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Ungeachtet des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts der Kirchen besteht eine eingeschränkte Überwachungspflicht des Staates, dass die Bistümer als öffentlich-rechtliche Körperschaften im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs Regelungen erlassen, die einerseits für ihre potentiellen Geschäftspartner trans-

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parent sind, und andererseits ihre eigene Handlungsfähigkeit gewährleisten. Sobald ein Einspruch erfolgt ist, ist das Bistum gehindert, seine Vertretungsregelung in Kraft zu setzen. Erfolgt zwischen der Landesregierung und dem Bistum keine gütliche Einigung, steht dem Bistum nach allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 VwGO offen, was in das Schlussprotokoll ausdrücklich aufgenommen wurde. Die im Schlussprotokoll vorgesehene Bekanntmachung durch das Kultusministerium dient der zuverlässigen Unterrichtung aller mit Kirchenangelegenheiten befassten Behörden. Zu Artikel 13 Art. 13 gewährleistet die freie Betätigung von Orden und religiösen Genossenschaften im Land Sachsen-Anhalt. Diese unterstehen als religiöse Vereinigungen dem Schutz des GG wie auch der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und regeln nach Maßgabe des innerkirchlichen Rechts ihre Angelegenheiten selbständig. Die Grenze der Betätigungsfreiheit bildet lediglich das für alle geltende Gesetz. Diese Regelung war erforderlich, weil das Reichskonkordat in Art. 15 Abs. 2 und 3 spezifische Einschränkungen dieser Freiheit vorsieht. Danach waren die Orden und religiösen Kongregationen im Falle internationaler Erstreckung Beschränkungen unterworfen, die verfassungsrechtlich zumindest bedenklich sind und in der Form heute nicht mehr hingenommen werden können. Die getroffene Regelung stellt deshalb klar, dass für das Gebiet des Landes SachsenAnhalt die entsprechenden Regelungen des Reichskonkordats gegenstandslos geworden sind.

Kommentierung 1. Die durch Artikel 14 Absatz 1 erfolgte Absicherung der verfassungsrechtlichen Körperschaftszusage248 unterscheidet sich von Artikel 8 Abs. 1 des Evangelischen Vertrags darin, dass anstelle der Nennung von „Gliederungen“ die betreffenden Organisationseinheiten249 enumerativ aufgeführt sind.250 Die Bischöflichen Stühle sind als gelegentliche Vermögensträger einbezogen. Bezüglich der mitgenannten Verbände kommt klar zum Ausdruck, dass es sich nur um Zusammenschlüsse der genannten Körperschaften handelt.251 Danach hat der Verband der Diözesen Deutschlands Kör-

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Für die Bistümer, Bischöflichen Stühle und die Kathedralkapitel enthält bereits Art. 1 Abs. 2 des Bistumserrichtungsvertrages Magdeburg v. 13. 4. 1994 eine vertragliche Absicherung des Körperschaftsstatus; vgl. ferner § 2 Abs. 1 Nr. 2a) und e) des Kirchensteuergesetzes der DDR (Fn. 2), das allerdings für Brandenburg durch Ges. v. 25. 6. 1999 (GVBl. S. 251) abgelöst u. a. mit der Folge, dass keine gesetzliche Körperschaftszusage mehr gegeben ist, der vertraglich zugesicherte Körperschaftscharakter vielmehr Voraussetzung für das Kirchensteuer-Erhebungsrecht ist; zur Frage der verfassungsrechtlichen Garantie vgl. E. Friesenhahn, Die Kirchen, S. 568. 249 Nicht aufgeführt und nicht dazugehörig sind die Kirchenprovinzen; zu den Kathedralkapiteln allgemein vgl. R. Puza, Die Dom- und Stiftskapitel, HbKathKR, 21999, § 42 S. 475 ff. m. Nachw. 250 Betroffen ist neben dem Bistum Magdeburg das Erzbistum Berlin bezüglich der Gebiete um die Stadt Havelberg, vgl. Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/4475, S. 39. 251 Zur Rechtsnatur der Orden siehe Erl. 6; zu den „öffentlichen Vereinen“ ohne Körperschaftscharakter, zu denen auch die meisten Bruderschaften gehören, vgl. H. Schnitzer, Die öffentlichen Vereine, HbKathKR, 21999, S. 584.

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perschaftsstatus252, nicht dagegen die Deutsche Bischofskonferenz (Gesellschaft bürgerlichen Rechts)253 trotz ihrer vor allem auf dem 2. Vatikanum eingeräumten Befugnisse.254 Auch die Dekanate – mit eigener Dekanatsordnung – sind keine rechtlich selbständigen Gliederungen und damit keine Körperschaften des öffentlichen Rechts255. 2. Das in Artikel 14 Absatz 1, 2. Halbsatz angesprochene Dienstrecht256 spielt in der Katholischen Kirche eine geringere Rolle als im evangelischen Bereich, weil die meisten mit Entscheidungen betrauten Positionen mit Geistlichen (Klerikern) besetzt werden,257 die ihrerseits mit der „Inkardination“258 bereits festumrissene Rechte und Pflichten nach den Bestimmungen des Codex Iuris Canonici übernommen haben,259 und zwar insbesondere bezüglich der Lebensführung, der Loyalität („Dienstliche Gemeinschaft“) und zum Recht auf Lebensunterhalt („Alimentation“). Auch die „ständigen Diakone“ gehören zu den Klerikern.260 Mit der Übertragung eines Amtes an Kleriker werden zusätzlich amtsbezogene Rechte und Pflichten begründet, die in von der Deutschen Bischofskonferenz koordinierten und vom Diözesanbischof erlassenen Regelungen enthalten sind. Erst in jüngster Zeit werden vermehrt auch Laien entweder als Kirchenbeamte – meist im Rechts- und Finanzwesen – oder als Angestellte eingestellt,261 für die ebenfalls amts252 Vgl. Bekanntmachung des Bundesministers des Innern vom. 24. 9. 1968 (BAnz. Nr. 192 v. 16.10. S. 1); dazu K. E. Schlief, Die Organisationsstruktur der katholischen Kirche, HSKR, 21994, Bd. 1, S. 348 (365 ff.). 253 Vgl. dazu St. Haering, Die Organisation der katholischen Kirche in Deutschland, HSKR, 32020, Bd. 1, § 20, S. 793 (809 ff. Rn. 29 ff.). 254 Vgl. u. a. cc) 372 § 2, 377 und 3, 433 § 1, 825,1112 § 1, 1231 CIC 1983. 255 Zur Funktion und Organisation der Dekanate vgl. K.-Th. Geringer, Das Dekanat, HbKathKR, 2. Aufl. 1999, S. 481. 256 Kurze Zusammenfassung bei H. Kalb, Kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht in Deutschland und Österreich, HbKathKR, 3. Aufl. 2015, § 20, S. 324 ff. 257 Vgl. can 274 § 1 CIC 1983: Allein Kleriker können Ämter erhalten, zu deren Ausübung Weihegewalt und kirchliche Leistungsgewalt erforderlich ist; zur Erläuterung vgl. zuletzt J. Winter, Zum Amtsverständnis der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche, FS Rüfner 2003, S. 975. 258 Die Diakonenweihe, zugleich Einordnung in einen Heimatverband, vgl. cc 265 ff. CIC. 259 Zu den Rechten und Pflichten vgl. cc 273 bis 289 CIC, insb. zum Verbot, öffentliche Ämter mit Entscheidungsgewalt anzunehmen (can 285 § 3); vgl. ferner H. Heinemann, Der Pfarrer, HbKathKR 2. Aufl. 1999, S. 486 (500 ff.); zur Möglichkeit der Amtsenthebung „selbst ohne schwere Schuld“ vgl. cc 1740 ff. CIC sowie ausführlich M. Landau, Amtsenthebung bei Pfarrern im geltenden lateinischen Recht, in: Ch. Grabenwarter/N. Lüdecke, Standpunkte im Kirchen- und Staatskirchenrecht, 2002, S. 117 ff. 260 Zu den Ausnahmebestimmungen vgl. can 288 CIC; zur Regelung für Diakone allgemein vgl. D. Pirson, Das kircheneigene Dienstrecht der Geistlichen und Kirchenbeamten, HSKR, Bd. 2 , 21995, § 63, S. 845 (851 f.); A. Weiß, Der Ständige Diakon, HbKathKR, 3. Aufl. 2015, § 24, S. 388 ff. 261 Die frühere Begründung für die relativ geringe Zahl, dass nämlich der Bischof jederzeit in der Lage sein sollte, sich von Mitarbeitern zu trennen (vgl. J. Jurina, Dienst- und Arbeits-

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bezogene beamtenähnliche oder – bei Angestellten – vertraglich festgelegte Rechte und Pflichten gelten.262 Für Pfarrer und Kirchenbeamte hat der Magdeburger Diözesanbischof eigene Bestimmungen in Gestalt einer internen Priesterordnung sowie einer Besoldungs- und Versorgungsordnung, deren Regelungen grundsätzlich Sache der Diözesangesetzgebung ist263, erlassen, von denen aber im Einzelfall auch abgewichen werden kann.264 Für beide Gruppen gibt es auch gemeinsame Regelungen wie z. B. die Mitarbeitervertretungsordnung265, ergänzend zu vom Verband der Diözesen Deutschlands beschlossenen Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretung (MAVO),266 deren § 3 Abs. 2 zwar die Anwendung auf Kleriker einschließlich Ordensgeistliche ausschließt, aber für Kirchenbeamte Geltung hat.267 Für die Gerichtsbarkeit gilt nach katholischem Kirchenrecht grundsätzlich, dass dem Diözesanbischof kraft göttlichen Rechts auch die richterliche Gewalt, jedenfalls in 1. Instanz, übertragen ist, die er aber in aller Regel nicht selbst ausübt, sondern einem Offizialat überträgt.268 Für die Bistümer Magdeburg, Dresden-Meißen, Erfurt und Görlitz ist mit Genehmigung der Apostolischen Signatur vom 13. 4. 1996 als gemeinsames erstinstanzliches Gericht ein interdiözesanes Offizialat mit Sitz in Erfurt mit Außenstellen in den anderen Diözesen eingerichtet worden.269 Als zweite Instanz ist ein Metropolitan-(Erzbischöfliches) Gericht vorgesehen,270 während die oberste Instanz der Papst bildet, persönlich oder durch das Gericht des Apostolischen Stuhls (Rota Romana), das wiederum von der Apostolischen Signatur, zugleich oberstes Verwaltungsgericht, kontrolliert wird.271 recht in der katholischen Kirche, Essener Gespräche 10 (1976), S. 57 (69) unter Berufung auf K. Meister) dürfte heute nicht mehr ausschlaggebend sein. 262 Vgl. dazu die Erklärungen der Deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst und zur Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, beide v. 22. 9. 1993, sowie ihre Inkraftsetzung im (späteren) Bistum Magdeburg am 15. 12. 1993 (brosch.), ferner die Ordnungen der paritätisch besetzten Kommission zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechts (KODA). 263 Wenn auch koordiniert von der Bischofskonferenz, vgl. D. Pirson, Dienstrecht (Fn. 260), S. 851). 264 Zu einigen westdeutschen Diözesangesetzen vgl. J. Jurina, Dienst- und Arbeitsrecht (Fn. 261) S. 70 ff. 265 Vom 24. 11. 2003 (brosch.). 266 I. d. F. des Beschl. v. 25. 11. 1985. 267 Vgl. F. Bleistein/A. Thiel, Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 8. Aufl. 2019, § 3 Rn. 25. 268 Can 391 CIC; der Generalvikar ist zur Mitwirkung nicht ermächtigt. 269 Für den arbeitsrechtlichen Bereich besteht in Magdeburg eine paritätisch besetzte Schlichtungsstelle mit einem unabhängigen Richter als Vorsitzenden. 270 Für Magdeburg und Erfurt der Erzbischof in Paderborn, für Dresden-Meißen der Erzbischof in Berlin. 271 Can 1445 CIC; vgl. dazu den Überblick bei G. May, Grundfragen kirchlicher Gerichtsbarkeit, HbKathKR, 21999, § 108, S. 1153 ff., sowie P. Wirth, Gerichtsverfassung und Gerichtsordnung, ebd S. 1153 ff., und K. Lüdicke, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, ebd., § 114, S. 1222 (1228 ff.).

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3. Artikel 14 Abs. 2 Satz 1 entspricht weitgehend Artikel 8 Abs. 2 Evangelischer Vertrag, erwähnt aber zusätzlich auch die Aufhebung katholischer Gebietskörperschaften als anzeigepflichtige Änderung. Hinzu treten im Hinblick auf die Sonderregelung in Absatz 2 des Schlussprotokolls Anzeigen über geringfügige Gebietsänderungen der Bistümer, worunter vor allem unterschiedliche Zuordnungen und Teilzuordnungen von Kirchengemeinden zu verstehen sind, nicht dagegen wesentliche Änderungen der Diözesanorganisation und -zirkumskription. Letztere, nämlich Errichtung und Veränderung von Bistümern, Bischöflichen Stühlen und Kathedralkapiteln, fallen in Übereinstimmung mit Artikel 11 RK unter die Regelung des Absatzes 2 Satz 2 des Schlussprotokolls zu Absatz 2, d. h. sie erfordern, wie auch das Verfahren beim Abschluss des Bistumserrichtungsvertrages vom 13. 4. 1994 zeigte, eine Vereinbarung mit dem Land.272 Absatz 2 Satz 1 kann, sieht man von der Regelung des Artikels 12 Abs. 2 und 3 ab, als abschließende Regelung des „Gegenstandes der Beziehungen“ im Sinne von Artikel 25 Abs. 1, nämlich aller Anzeigepflichten gegenüber dem Land, angesehen werden, so dass z. B. eine Unterrichtung über die Anstellung von Klerikern und über deren Vorbildungsvoraussetzungen gemäß Artikel 10 Abs. 2 PrK außer Betracht bleibt. Satz 2 schließt ebenfalls an den Evangelischen Vertrag (Art. 8 Abs. 3) an, wenngleich öffentlich-rechtliche Anstalten im katholischen Kirchenrecht nicht berücksichtigt sind.273 Für das katholische Stiftungsrecht, das bisher wegen der geringen Zahl von Stiftungen274 nur untergeordnete Bedeutung hat, gelten die cc 1299 ff. in Verbindung mit cc 113 ff.275 sowie die Diözesan-Stiftungsordnung vom 29. 8. 2001. Soweit Bischöfliche Stühle in Form einer öffentlich-rechtlichen Stiftung errichtet werden,276 fallen sie unter die Regelung des Absatzes 2 Satz 2, bedürfen also der staatlichen Genehmigung. 4. Das Schlussprotokoll zu Artikel 14 Abs. 2 entspricht in Satz 1 der Regelung des Evangelischen Vertrags. Die Sätze 2 und 3 bestätigen – übereinstimmend mit Artikel 11 Abs. 1 Sätze 2 und 4 RK und Artikel 2 Abs. 9 Satz 1 PrK – grundsätzlich die Mitwirkung des Landes bei Gebiets- oder Organisationsveränderungen der Diözesen, bringen aber gleichzeitig zum Ausdruck, dass hierfür – abweichend von Artikel 11 Abs. 1 Satz 3 RK – das Land für seinen Bereich auch dann für die Mitwirkung zuständig ist, wenn die Veränderung der Bistumsgrenze die Landesgrenze überschreitet.277 Hierbei wird Bezug genommen auf den Zuständigkeitsstreit zwischen 272

Siehe Erl. 4. Vgl. R. Mainusch, Staatskirchenrechtliche Überlegungen, S. 306; zum Begriff vgl. A. Hollerbach, LKStKR, Bd. 1, 2000, S. 118 f. 274 Im Bistum Magdeburg gibt es bisher keine öffentlich-rechtliche Stiftung. 275 Dazu ausführlich E. D. Menges, Kirchliche Stiftung (Fn. 123) S. 103 ff., 232 ff., ferner W. Busch, Vermögensverwaltung, S. 985 f. 276 Vgl. dazu W. Rüfner, Die Gründung, S. 431, 442 Fn. 49. 277 Vgl. zur entspr. Regelung im Konkordat Sachsen R. Raum, Die Verhandlungen zu den Staatskirchenverträgen aus der Sicht des Freistaates Sachsen, in: R. Tillmanns/R. Raum, Staatskirchenverträge im Freistaat Sachsen, 2005, S. 45 (118): „Souveränitätsrecht“ des Lan273

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Bund und Ländern anlässlich der Verhandlungen über die Bistumserrichtungsverträge,278 in dessen Verlauf der Bund zumindest eine „Rahmenkompetenz“ beanspruchte und einen von den Ländern auszufüllenden Rahmenvertrag vorbereitet hatte, während die Länder sich mit dem Argument durchsetzten, die Kulturhoheit sei auf die Länder übergegangen, so dass nach Artikel 70 GG kein Raum für eine Mitwirkung der Bundesregierung bestehe.279 Die Einvernehmensregelung nach Satz 3 bezieht sich nur auf die organisatorische Zusammensetzung des Bistums sowie auf dessen Grenzen, nicht, wie die Einordnung in das Absatz 2 erläuternde Schlussprotokoll vermuten lassen könnte, auch auf die innere Organisation der Bistumsgliederungen. Das ergibt sich aus den Regelungen des Artikels 11 RK, bei denen es ersichtlich um Bistumserrichtung, Errichtung von Kirchenprovinzen und entsprechende Zuordnung zu Kirchenprovinzen sowie um Zuordnungen von Kirchengemeinden zu Bistümern geht, ferner aus Artikel 2 PrK, der detailliert die Zuordnung der kirchlichen Körperschaften betrifft. Damit unterscheidet sich das Schlussprotokoll von der Regelung des Absatzes 2 Satz 1 bezüglich der Automatik bei der Entstehung von Gebietskörperschaften. Für die Beschränkung auf eine Anzeigepflicht bei nur geringfügigen Gebietsänderungen der Bistümer (Satz 2) gelten als Auslegungskriterien die Belange der Seelsorge einerseits und die Auswirkungen auf das öffentliche Leben andererseits. In Betracht dürfte für ersteres eine Neuordnung von Kirchengemeinden kommen; als nicht mehr geringfügige Organisationsänderung wäre eine Verlegung des Bischöflichen Stuhls anzusehen. 5. Artikel 14 Abs. 3 nebst Schlussprotokoll stimmt mit Artikel 8 Abs. 4 einschließlich Schlussprotokoll des Evangelischen Vertrages mit der Ausnahme überein, dass als Ort der Veröffentlichung durch das Kultusministerium das Ministerialblatt vorgesehen ist. Die vermögensrechtliche Vertretung der Pfarrei (Pfarrgemeinde) obliegt nach katholischem Kirchenrecht grundsätzlich dem Pfarrer (can 532 CIC), z. T. aber unter Beteiligung des Vermögensverwaltungsrates. Doch wurde, vor allem in ehemaligen preußischen Gebieten, als Partikularnorm die Rechtsvertredes; nicht zuzustimmen ist im Hinblick auf die übereinstimmende Regelung in Art. II RK und Abs. 2 Satz 2 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 2 sowie auf die Konzeption des Bistumserrichtungsvertrags die Auffassung von St. Korta, Der Katholische Kirchenvertrag Sachsen, 2001, S. 163, dass bei Nichteinigung das Selbstversorgungsrecht der Kirchen Vorrang besitzt. 278 Vgl. dazu Chr. Halm, Die Errichtung des Erzbistums und der Kirchenprovinz Hamburg durch Vertrag v. 22. 9. 1994, 2000, S. 45 ff.; A. Vulpius, Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in den Neuen Ländern, in: Religionsfreiheit, hrsg. von der Deutschen Sektion der internationalen Juristenkommission, 1996, S. 61 (68 f.). 279 Der auf D. v. Schenk fußenden Argumentation der Bundesregierung, der Bund sei in entsprechender Anwendung von Art. 32 GG i. V. m. Art. 11 Einigungsvertrag nach wie vor für den Abschluss von Konkordaten zuständig, ist entgegenzuhalten, dass nach Auffassung des BVerfG Art. 32 GG gerade nicht auf Konkordate anwendbar ist und dass im Übrigen die anstehenden Konkordate nicht diplomatische Beziehungen, sondern praktische Absprachen zwischen den einzelnen Diözesen und den betroffenen Ländern zum Gegenstand haben.

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tung durch den Kirchenvorstand eingeführt,280 eine Regelung, die der Heilige Stuhl gegenüber der Deutschen Bischofskonferenz als z. T. vorkodifikatorisches Recht genehmigte. Auf der Diözesanebene vertritt der Bischof die Diözese „in allen ihren Rechtsgeschäften“ (can 393). Einzelheiten ergeben sich aus dem Kirchenvermögensverwaltungsgesetz.281 Der Bischof ebenso wie der Kirchenvorstand sind aber bei einer Reihe von Rechtsgeschäften von Genehmigungen der übergeordneten Stelle abhängig, teilweise jedoch nur bei Überschreitung vorgegebener Wertobergrenzen.282 6. Artikel 13 regelt die Selbstbestimmung und Organisationsfreiheit der Orden in einem gesonderten Artikel, woraus deutlich wird, dass Orden nicht als Teil der mittelbaren Kirchenverwaltung (Art. 14 Abs. 2 Satz 2) anzusehen sind und die Kirche sie auch nicht als öffentlich-rechtliche Körperschaften zu errichten beabsichtigt.283 Artikel 13 sichert in gewollter Abweichung von einschränkenden Bestimmungen des Reichskonkordats284 die im Übrigen auch grundsätzlich verbürgte volle Selbstbestimmung der Ordensgemeinschaften zu,285 einschließlich kirchlicher Aufsicht und kirchlicher Vorgaben,286 wenn auch bezüglich Errichtung und Betätigung unter dem Vorbehalt der für alle geltenden Gesetze. Orden und religiöse Genossenschaften werden üblicherweise unter der Bezeichnung „Ordensgemeinschaften“ zusammengefasst,287 nach katholischem Kirchenrecht aber unterteilt in Institute des geweihten Lebens (Bindung durch Gelübde, cc 573 ff. CIC), diese wiederum aufgeteilt 280 Vgl. § 1 i. V. m. §§ 20, 21, 27 und 28 (Bistums- und Kapitelvertretung) Kirchenvermögensverwaltungsgesetz v. 11. 3. 1997, veröffentlicht durch Bekanntmachung des MK v. 13. 3. 1997 (MBl. LSA S. 906). 281 Ebd., zum Gesamtkomplex vgl. die Ausarbeitung W. B., „Vermögensverwaltung“ der gleichnamigen GmbH. Wiesloch, S. 962 ff. 282 Vgl. z. B. cc 638 § 3, 1291 ff. CIC, ferner § 31 Kirchenvermögensverwaltungsgesetz; zu Einzelheiten vgl. C. Heinrichsmeier, Das kanonische Veräußerungsverbot im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1970, insbesondere S. 125 ff. 283 Wenngleich öffentlich-rechtliche Orden vor allem in Bayern existieren und auch im evangelischen Bereich als öffentlich-rechtliche Bruderschaft vorkommen, wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass religiösen Orden der Korporationsstatus nicht zukomme, vgl. E. Friesenhahn, Die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, HSKR, 1. Aufl., Bd. 1, 1974, § 11, S. 545 (566); W. Rüfner, Die Gründung, S. 442; a. A. J. Listl, Ordensgemeinschaften, S. 849 f. m. Nachw.; siehe außerdem die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Konkordat Thüringen. 284 Art. 15 Abs. 2 RK forderte für Ordensobere die deutsche Staatsangehörigkeit, ferner untersagt Art. 15 Abs. 3 RK, von Ausnahmen abgesehen, die Unterstellung von Ordensangehörigen unter ausländische Provinzialobere. 285 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/4475, S. 50. 286 Vgl. für die Vermögensverwaltung B. Primetshofer, Religionsverbände, S. 613; zur rechtlichen Vertretung ders., Die zivilrechtliche Relevanz mangelhafter innerkirchlicher Vertretungsbefugnis bei Rechtsgeschäften von Ordensinstituten, FS Heinemann, 1986, S. 259 f. 287 Vgl. A. Sailer, Die Ordensgemeinschaften und die Rechtsstellung ihrer Angehörigen., HSKR, 32020, Bd. 1, § 29, S. 1131 (1136 ff. Rn. 8 ff.); J. Listl, Ordensgemeinschaften, S. 842 ff.

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

in Ordensinstitute (cc 607 ff. CIC) und Säkularinstitute (cc 710 ff. CIC),288 sowie in Gesellschaften des apostolischen Lebens (Verpflichtung durch Weihe, cc 731 ff. CIC).289 Der Begriff „Genossenschaften“ umgreift nicht nur die in Artikel 15 RK aufgeführten „Kongregationen“, d. h. nach neuer Terminologie die „Säkularinstitute“, sondern auch die „Gesellschaften des apostolischen Lebens“, unterstrichen auch durch Artikel 6 Abs. 2 Konkordat Thüringen mit der übergreifenden Formulierung „Religiöse Gemeinschaften“. Als privatrechtliche Rechtsform wählen die Religionsgemeinschaften je nach ihrem Gestaltungswillen meist den eingetragenen Verein, zuweilen auch handelsrechtliche Gesellschaften.290 Unter den das Selbstbestimmungsrecht beschränkenden, für alle geltenden Gesetzen im Sinne des Artikels 137 Abs. 3 Satz 1 WRV sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der in der Literatur herrschenden Meinung alle Gesetze zu verstehen, die für jedermann gelten, also nicht speziell nur die Kirchen betreffen, allerdings unter zwingender Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen im Wege einer Güterabwägung bezüglich der kirchlichen Rechte, den Erfordernissen der Allgemeinheit und den Anforderungen des Rechtsstaats.291 Beispiele für die Auswirkungen auf Ordensgemeinschaften bieten vor allem das Arbeitsund das Versicherungsrecht, das allerdings für Ordensangehörige auch zahlreiche Ausnahmen kennt, weil die Mitgliedschaft in einer Ordensgemeinschaft und die entsprechende Tätigkeit kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Arbeits- und Versicherungsrechts darstellen, andererseits aber eine Kranken- und Altersversicherung sichergestellt sein muss. Wird z. B. ein Ordensangehöriger für einen Dritten tätig, so ist zu unterscheiden, ob das Ordensmitglied als Arbeitnehmer des Dritten tätig ist oder ob er bei diesem Dritten für seine Ordensgemeinschaft über einen Gestellungsvertrag arbeitet.292

288

Dazu R. Wiegand, Die Säkularinstitute, HbKathKR, 21999, § 60, S. 633 ff. Vgl. dazu R. Henseler, Die Gesellschaften des apostolischen Lebens, HbKathKR, 21999 S. 642 f.; zu den Abgrenzungsschwierigkeiten B. Primetshofer, Ordensrecht, S. 329 ff. 290 J. Listl, Ordensgemeinschaften, S. 850 f. 291 Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 15 Rn. 34 ff.; St. Korioth, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 140/137 WRV Rn. 44 ff.; H. M. Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, 2003, S. 156 ff.; BVerfGE 46, 73 (95), 53, 366 (400), 66, 1 (22), 72, 278 (289). 292 Für das Verfahren der Ordensgestellung hat die Deutsche Bischofskonferenz eine Unterkommission bestellt; zu diesem Fragenbereich vgl. J. Listl, Ordensgemeinschaften, S. 855 ff.; W. Rombach, Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit für Mitglieder geistlicher Gemeinschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, FS Rüfner, 2003, S. 780 ff., jeweils m. Nachw. 289

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

363

5. Brandenburg Art. 11: (1) Die (Erz-)Bistümer, die (Erz-)Bischöflichen Stühle, die (Metropolitan-)Kathedralkapitel, die Kirchengemeinden sowie die aus Kirchengemeinden gebildeten Gesamtverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Ihr Dienst ist öffentlicher Dienst eigener Art. Schlussprotokoll: (1) Die Feststellung, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst ist, folgt aus dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Recht. Sie besagt nicht, dass kirchlicher Dienst öffentlicher Dienst im Sinne des staatlichen Dienstrechts ist. Angesichts der Selbständigkeit der Kirche und der gegenüber dem staatlichen öffentlichen Dienst unterschiedlichen Aufgaben des kirchlichen Dienstes finden staatliche dienstrechtliche Regelungen nicht unmittelbar auf den kirchlichen Dienst Anwendung. Sie werden jedoch unter Wahrung der kirchlichen Eigenart in ihren Grundsätzen von der Kirche übernommen, was zusätzlich die Bezeichnung des kirchlichen Dienstes als öffentlichen Dienst eigener Art rechtfertigt. (2) Die Folgen eines Wechsels aus dem kirchlichen Dienst und umgekehrt richten sich nach den jeweils für die Vertragsparteien maßgebenden dienstrechtlichen Vorschriften sowie tarif- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen und Richtlinien. (3) Die Vertragsparteien lassen sich davon leiten, dass ein Wechsel aus dem kirchlichen Dienst in den öffentlichen Dienst und umgekehrt durch Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen keine Nachteile zur Folge haben soll. (2) Die (Erz-)Bistümer werden Beschlüsse über die Errichtung und Veränderung von kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts der Landesregierung sowie den räumlich betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften anzeigen. Die Beschlüsse werden im Amtsblatt des jeweiligen (Erz-)Bistums veröffentlicht. (3) Die Errichtung, Umwandlung und Auflösung öffentlich-rechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit bedürfen der Genehmigung durch die Landesregierung. Die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich rechtsfähiger Stiftungen des bürgerlichen Rechts bleiben unberührt. Art. 12: (4) Die kirchlichen Bestimmungen betreffend die Verwaltung des Kirchenvermögens werden vom Land Brandenburg amtlich verkündet.

Regierungsbegründung Zu Artikel 11 Die katholischen (Erz-)Bistümer sind nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 5 Satz 1 WRV sowie Art. 37 Abs. 3 Satz 2 LV Körperschaften des öffentlichen Rechts. Aus dem Körperschaftsstatus folgt die Organisationshoheit, d. h. das Recht der Kirchen, durch autonome Organisationsentscheidung eigene rechtsfähige (Unter-)Einheiten zu schaffen, die am Körperschaftsstatus teilhaben. Deshalb erstreckt sich der Körperschaftsstatus der (Erz-)Bistümer auch auf die in Absatz 1 Satz 1 genannten Einheiten und Stellen. Eine weiteres aus dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts fließendes Recht ist die Dienstherrenfähigkeit, d. h. das Recht zur öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung ihrer Dienstverhältnisse. Die Katholische Kirche hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Wegen der Eigenständigkeit der Kirche, die keine Staatsaufgaben erfüllt, ist der kirchliche Dienst auch bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung kein staatlicher öffentlicher Dienst. Weder steht der kirchliche Bedienstete in einem Dienstverhältnis zum Staat, noch sind staatliche Bestimmun-

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

gen zum öffentlichen Dienstrecht unmittelbar auf den kirchlichen Bereich anwendbar. Durch Absatz 1 Satz 2 und die hierzu ergangene Schlussprotokollnotiz wird deshalb klargestellt, dass der kirchliche Dienst öffentlicher Dienst eigener Art ist. Die in Absatz 2 vorgesehene Anzeige von Errichtungen und Veränderungen öffentlich-rechtlicher kirchlicher Körperschaften ist Ausdruck partnerschaftlichen Zusammenwirkens von Staat und Kirche. Neben dem Land sollen auch diejenigen kommunalen Gebietskörperschaften unterrichtet werden, die durch Änderungen von Pfarreien, Dekanaten oder anderen auf ihrem Gebiet belegenen kirchlichen Rechtsträgern betroffen sind. Weiterhin ist die Veröffentlichung solcher Beschlüsse im Amtsblatt des jeweiligen (Erz-)Bistums vorgesehen. Die öffentliche Bekanntmachung der Schaffung oder Veränderung solcher rechtlich selbständigen juristischen Personen ist zur Information der Teilnehmer des Rechtsverkehrs erforderlich. Nicht erforderlich ist hingegen eine Bekanntmachung in staatlichen Verkündungsblättern. Es ist ohnehin davon auszugehen, dass insoweit interessierte Teilnehmer des Rechtsverkehrs in den kirchlichen Verkündungsblättern Aufschluss über solche Beschlüsse suchen werden. In Absatz 3 werden Aussagen zu Errichtung, Umwandlung (Rechtsformänderung, Zweckänderung) und Auflösung kirchlicher Anstalten und Stiftungen getroffen. Die Errichtung, Umwandlung und Auflösung rechtsfähiger, kirchlicher Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind im Stiftungsgesetz für das Land Brandenburg geregelt. Die Regelungslücke für öffentlich-rechtliche Anstalten und Stiftungen, zu deren Errichtung die Katholische Kirche ebenfalls berechtigt ist, wird durch den Vertrag geschlossen. Weitere staatliche Mitwirkungs- und Vorbehaltsrechte bestehen nicht. Zu Artikel 12 In Absatz 1 wird die Kirchengutsgarantie nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 2 WRV sowie Art. 37 Abs. 1 LV wiederholt. Die Gewährleistung bewirkt über den in Art. 14 GG und Art. 41 LV enthaltenen allgemeinen Schutz des Eigentums hinaus eine Verbürgung der öffentlichen Funktion des Kirchenvermögens als Mittel zur Erfüllung der kirchlichen Aufgaben und steht vor dem Hintergrund der geschichtlichen Erfahrungen mit Einziehungen von Kirchengut einer neuen Säkularisierung entgegen. In Absatz 2 Satz 1 wird diese Verbürgung für die Anwendung enteignungsrechtlicher Entscheidungen konkretisiert. Sie gebietet in besonderer Weise die Berücksichtigung kirchlich-religiöser Belange bei enteignungsrechtlichen Entscheidungen und misst diesen Belangen bei Güterabwägungen ein erhebliches Gewicht zu. Der in Absatz 2 Satz 2 festgehaltenen Absicht des Landes zur Unterstützung der kirchlichen Körperschaften und Einrichtungen bei der Beschaffung von Ersatzgrundstücken liegt die Erwägung zugrunde, dass die durch die Säkularisierung, die Eingriffe im Dritten Reich und in der Zeit nach 1945 bis zur Wiederherstellung der Deutschen Einheit geschwächte Stellung der Kirchen nicht noch weiter vermindert werden soll. Die mit enteigneten Grundstücken verbundenen kirchlichen Funktionen können oftmals nur durch die Beschaffung von Ersatzgrundstücken aufrecht erhalten werden. Absatz 3 betrifft rechtswidrige Vermögenseingriffe, insbesondere Enteignungen, aus den Zeiten des Dritten Reiches, der sowjetischen Besatzung und der DDR. Diese sind nach Bundesrecht ungeachtet ihrer Unvereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oftmals nicht rückgängig

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

365

zu machen. Allerdings greifen hier Entschädigungsregelungen, die auch den kirchlichen Einrichtungen zugute kommen, soweit sie von solchen Eingriffen betroffen sind. Die in Absatz 4 vorgesehene amtliche Bekanntmachung der kirchlichen Bestimmungen zur Verwaltung des Kirchenvermögens entspricht den Publizitätsbedürfnissen der Teilnehmer des Rechtsverkehrs.

Kommentierung 1. Artikel 11 Abs. 1 sichert sowohl dem Erzbistum Berlin als auch den Bistümern Görlitz und Magdeburg sowie deren – erschöpfend aufgeführten – rechtsfähigen Gliederungen den Körperschaftsstatus zu. Die Bezeichnung „Gesamtverbände“ bezieht sich vornehmlich auf den – inzwischen aufgelösten – Gesamtverband aller Gemeinden in Ost-Berlin; der Begriff kann künftig als gleichbedeutend mit „aus ihnen gebildeten Verbänden“ betrachtet werden. Orden sind im Vertrag nicht angesprochen. 2. Ergänzend zu der im Schlussprotokoll vorgenommen detaillierten Umschreibung des kirchlichen Dienstes vermittelt Absatz 1 Satz 2 die Besonderheit des Dienstes mit der Bezeichnung „eigner Art“ und in Absatz 1 Satz 4 des Schlussprotokolls durch „Wahrung der kirchlichen Eigenart“. Kirchenbeamte werden nur in Schulen und in der Schulaufsicht beschäftigt. Für sie „gelten die für Beamte des Bundes geltenden Vorschriften“.293 Eine zusätzlich zu den CIC-Bestimmungen geltende Priesterordnung besteht nicht. Das Schlussprotokoll übernimmt im Übrigen im Wesentlichen die Formulierung des Artikels 14 Abs. 1 Katholischer Vertrag Sachsen-Anhalt, wobei Absatz 2 des Schlussprotokolls zu lesen ist als „eines Wechsels aus dem kirchlichen in einen anderen öffentlichen Dienst“. Absatz 3 des Schlussprotokolls bestimmt – wechselfreudiger als nach dem sachsen-anhaltischen Vertrag –, dass den Wechselnden keine Nachteile entstehen dürfen. 3. Artikel 11 Abs. 2 entspricht Artikel 7 Abs. 2 des Evangelischen Vertrages, d. h. die Bestimmung bezieht sich nur auf Gebietskörperschaften, wie sich auch aus der Aufzählung der betroffenen Körperschaften in der Denkschrift zum Vertrag294 ergibt. Nicht unter die Anzeigepflicht nach Absatz 2 fallen Veränderungen der Bistümer, über die gemäß Artikel 11 RK eine Vereinbarung mit dem Land zu treffen ist. Die vorgesehene Veröffentlichung im zuständigen kirchlichen Amtsblatt „soll die Veröffentlichung in staatlichen Verkündungsblättern ersetzen“,295 was aber, sollte sich ein entsprechender Bedarf ergeben, eine staatliche Veröffentlichung nicht ausschließt. 4. Artikel 11 Abs. 3 entspricht inhaltlich Artikel 7 Abs. 3 und 4 des Evangelischen Vertrags. Der in Abweichung davon erfolgte Verzicht auf eine Aussage zur kirchli293

Kirchengesetz i. d. F. v. 11. 9. 2004, (KABl. S. 3). LT-Drs. 3/6879, Denkschrift zum Vertrag, zu Art. 11, S. 50 f.; aufgeführt sind Pfarreien, Dekanate und andere in deren Gebiet gelegene kirchliche (sc. öffentlich-rechtliche) Rechtsträger. 295 Denkschrift ebd. 294

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Artikel 8 – Kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen

chen Aufsicht296 bedeutet keine Abweichung von der im staatlichen Stiftungsgesetz enthaltenen Regelung; die in Absatz 5 Satz 3 der Denkschrift zu Artikel 11 erwähnte „Regelungslücke“297 ist inzwischen durch das Stiftungsgesetz298 geschlossen. Eine kirchliche Stiftungsordnung existiert nicht; zur Anwendung kommen die Bestimmungen des CIC. 5. Artikel 12 Abs. 4 entspricht Artikel 7 Abs. 5 des Evangelischen Vertrags. Allerdings wird für die amtliche Veröffentlichung der Vertretungsregelung nicht ein Antrag der Kirche vorausgesetzt, sondern die Bestimmung verpflichtet beide Vertragspartner zur Veröffentlichung. Das Wort „verkündet“ deutet nicht etwa auf einen konstitutiven Akt hin; es ist vielmehr gleichbedeutend mit „veröffentlicht“.299 Im Bistum Görlitz gilt das Vermögensverwaltungsgesetz vom 1. 1. 2000.

296

Siehe Art. 7 Abs. 4 Ev. Vertrag. Siehe die Denkschrift (Fn. 295). 298 Siehe Fn. 210. 299 So bezeichnet die Denkschrift diese Maßnahme auch als Bekanntmachung. 297

Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 9: (1) Im Rahmen seiner Möglichkeiten gewährleistet das Land die uneingeschränkte Widmung der Domgebäude in Magdeburg, Havelberg, Halberstadt und Halle sowie der Stiftskirche in Quedlinburg für kirchliche und diakonische Zwecke. Ergibt sich aus der Klärung der Eigentumsfrage, dass das Land Eigentümer der in Satz 1 aufgeführten Gebäude ist, stellt es die damit verbundene notwendige Bauunterhaltung sicher. Im Rahmen der Widmung nehmen die Kirchen die Verkehrssicherungspflichten für die von ihnen genutzten Gebäude wahr. Schlussprotokoll zu Art. 9 Abs. 1: (1) Die Eigentumsfrage wird im Vermögenszuordnungsverfahren oder in einem anderen ordentlichen Verfahren geklärt. Das Land wird für eine umgehende Einleitung des Zuordnungsverfahrens Sorge tragen. Bis zum Abschluss der Verfahren wird das Land zur Sicherung des Widmungszwecks nach den entsprechenden Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes im Rahmen der durch den Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel die Bauunterhaltung sicherstellen. Eine Eigenleistung der Kirchen wird dabei nicht zur Voraussetzung gemacht, soweit es sich nicht um zweckgebundene Mittel handelt. (2) Ergibt sich aus einem Verfahren zur Klärung der Eigentumsfrage, dass das Land nicht Eigentümer der Domgebäude ist, bleiben historisch gewachsene Bauunterhaltungspflichten unberührt. (3) Das Land wird unter Beteiligung der Kirchen die Möglichkeit prüfen, die in Absatz 1 Satz 1 aufgeführten Gebäude zentral verwalten zu lassen, um damit eine organisatorische Grundlage für die Gewährleistung des Widmungszwecks sowie für die Einrichtung von Dombaukommissionen und – soweit erforderlich – Dombauhütten zu schaffen. (4) Die zuständige Kirchengemeinde entscheidet über die Nutzung der in Absatz 1 Satz 1 genannten Gebäude. Sie gewährleistet, dass die Kirchengebäude wegen ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung der Öffentlichkeit in angemessener Weise zugänglich gemacht werden. (5) Die Regelungen für die Nutzung des Domgebäudes zu Havelberg sollen althergebrachte Rechte angemessen berücksichtigen. (6) Die Widmung des Domes zu Zeitz bleibt weiteren Vereinbarungen vorbehalten. (2) Das Land gewährleistet die Widmung der Kirchengebäude der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegialstifts Zeitz für kirchliche und diakonische Zwecke. (3) Hinsichtlich staatlicher Gebäude, die kirchlichen und diakonischen Zwecken gewidmet sind oder in den vergangenen 60 Jahren gewidmet waren und nicht anderen Bestimmungen dieses Vertrages unterliegen, werden die Landesregierung und die Kirchen innerhalb von

368

Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

zehn Jahren in Verhandlungen über mögliche Eigentumsübertragungen und endgültige Regelungen der Baulast eintreten. Dabei sind auch die rechtsgeschichtlichen Zusammenhänge zu berücksichtigen. (4) Soweit sich Grundstücke und Gebäude im Sinne von Absatz 3 im Eigentum kommunaler oder anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts befinden, wird sich das Land für die Aufnahme entsprechender Verhandlungen einsetzen.

Regierungsbegründung Absatz 1 bestätigt die bereits zu Artikel 7 erwähnte, verfassungsrechtlich abgesicherte Kirchengutsgarantie bezüglich der Widmung der Dome bzw. der Stiftskirche in Quedlinburg für kirchliche Zwecke; eine Nutzung für andere Zwecke, etwa musikalische oder Zwecke der Kunstbetrachtung, wird dadurch nicht ausgeschlossen, darf aber die kirchliche Nutzung nicht beeinträchtigen. Bezüglich des Domes zu Zeitz, der sich im Eigentum der Stadt Zeitz befindet, wird im Schlussprotokoll (Absatz 6) auf gesonderte Vereinbarungen verwiesen. Zum Domgebäude zählen in der Regel das eigentliche Kirchengebäude und der Kreuzgang. Überbaute Teile des Kreuzganges dienen z. T. von alters her nichtkirchlichen Zwecken; etwa bestehende althergebrachte Rechte sollen daher laut Schlussprotokoll (Absatz 5) z. B. in Havelberg Berücksichtigung finden. Dass die kirchliche Widmung nicht etwa feuerpolizeiliche Maßnahmen ausschließt, ergibt sich aus dem allgemeinen Polizeirecht. Die im Schlussprotokoll (Absatz 4) aufgeführte Gewährleistungspflicht der Domkirchengemeinden, die Kirchengebäude der Öffentlichkeit in angemessener Weise zugänglich zu machen, ergibt sich schon aus § 1 Abs. 4 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Oktober 1991 (GVBl. LSA S. 368). Sie ist aber auch eine Konsequenz aus den sonstigen öffentlichen Zuschüssen zur Bauunterhaltung, z. B. aus Mitteln zur Förderung des Tourismus. Das Kultusministerium beabsichtigt daher, unmittelbar nach Inkrafttreten des Vertrages Verhandlungen mit den Kirchen über möglichst einheitliche Öffnungszeiten einzuleiten, ein Problem, das sich darüber hinaus für alle sehenswerten evangelischen Kirchengebäude stellt. Der Hinweis auf Öffnungszeiten der Dome in „angemessener“ Weise bezieht sich sowohl auf die Dauer als auch auf die regionale Einheitlichkeit, die den Besuchern eine gewisse Sicherheit vermitteln soll. Die Vertragspartner gingen gleichzeitig davon aus, dass auch über sonstige historisch bedeutsame Kirchengebäude Absprachen zu treffen sind. Ebenso bedarf die Frage der Domführungen in manchen Fällen noch der Klärung, wozu auch Absprachen mit Reisegruppen gehören werden. Absatz 1 Satz 2 des Vertrages nimmt Bezug auf das noch ausstehende Vermögenszuordnungsverfahren und seine Konsequenzen. Für den Fall, dass die zurzeit im Grundbuch als Volkseigentum eingetragenen Dome nicht dem Land zugeordnet werden, muss geprüft werden, wieweit noch Unterhaltungsverpflichtungen aufgrund älterer Rechtstitel bestehen (vgl. Absatz 2 des Schlussprotokolls). Wird eine staatliche Verwaltung der Dome notwendig, so könnte sich die organisatorische Eingliederung in eine Anstalt oder Stiftung empfehlen, um den besonderen Belangen dieser einzigartigen Kulturdenkmäler Rechnung zu tragen. Einen hierauf gerichteten Prüfungsauftrag, der auch die Beteiligung der Kirchen vorsieht, enthält das Schlussprotokoll (Absatz 3). Im Rahmen dieses Verfahrens werden auch der Gebäudebestand und Rechte Dritter zu klären sein. Nicht unmittelbar zu den Domgebäuden gehörende Gebäude fallen u. U. unter die Regelungen nach den Absätzen 3 und 4 des Artikels 9.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Absatz 2 erstreckt die Widmungsgarantie in etwas schwächerer Form auf die Kirchen der letzten noch durchgehend bestehenden früheren preußischen Domstiftung, d. h. auf die Dome zu Naumburg und Merseburg sowie zwei weitere Kirchen in Zeitz. Dabei werden auch die auf Grund gewohnheitsrechtlicher Übung entstandenen hergebrachten Rechte dieser Stiftung zu berücksichtigen und in gemeinsam mit den Kirchen abzufassenden Richtlinien niederzulegen sein. Zu den Rechtsbeziehungen zwischen den Vereinigten Domstiftern und den Kirchengemeinden vergleiche auch Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Artikel 11 Abs. I. Absatz 3 enthält eine Absichtserklärung über Verhandlungen bezüglich solcher kirchlich genutzter Grundstücke, die sich in staatlichem Eigentum befinden und nicht anderen Bestimmungen des Vertrages, z. B. Absatz 1 oder Artikel 7 Abs. 3, unterliegen. Für entsprechende Verhandlungen wurde ein weiter zeitlicher Rahmen vorgesehen. Dies war auch deshalb notwendig, weil noch gar nicht zu übersehen ist, um welche Objekte es sich handelt; gerade bezüglich der Feststellung des Eigentums ist mit einer langwierigen Suche nach entsprechenden Unterlagen zu rechnen. Mit Absatz 4 übernimmt das Land eine Vermittlerrolle in Bezug auf vergleichbare Rechtsbeziehungen zwischen den Kirchen und den Kommunen. Unter „anderen Körperschaften“ sind immer nur nichtkirchliche zu verstehen.

Literatur H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 287 ff.; Th. Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, 1995; R. Mainusch, Die öffentlichen Sachen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften,1995, insb. S. 197 ff.; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 449 ff.

Bedeutung und Hintergrund Die Sorge der Kirchen vor einer Zweckentfremdung der Dome und Stiftskirchen, wie sie am deutlichsten in Gestalt der Inbesitznahme der Quedlinburger Stiftskirche durch die Nationalsozialisten eingetreten war, bewog die Vertragspartner zu einer auch vertraglichen Garantieregelung. Das war vor allem deshalb aktuell, weil zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen jedenfalls die Dome zu Magdeburg, Havelberg, Halberstadt und Halle noch als „Volkseigentum“ figurierten und der künftige, im Vermögenszuordnungsverfahren zu bestimmende Eigentümer noch unbekannt war. Die Verhandlungen gestalteten sich deshalb schwierig, weil die Kirchen das Eigentum an den Domen zwar aus finanziellen Gründen nicht selbst erwerben, es andererseits aber auch nicht dem Land überlassen wollten; ihnen schwebte die Einbringung in eine vom Staat unabhängige, kirchlich gelenkte Stiftung vor, die aber vom Land zu finanzieren gewesen wäre. Demgegenüber vertrat das Land grundsätzlich die Auffassung, dass eine vollwirksame Bauunterhaltungspflicht schon haushaltsrechtlich nur bestehe, wenn die Dome in Landeseigentum überführt würden; anderenfalls erfolge die Bauförderung nach Grundsätzen der Denkmalpflege, wie das auch in früheren Jahrhunderten der Fall gewesen sei.

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

Mit der Regelung des Artikels 9 haben die Vertragsparteien versucht, für die äußerst verwickelten Eigentums- und Bauunterhaltungsfragen Lösungen zu finden. Dabei wurde allerdings – ähnlich wie in anderen Verträgen – nicht immer klar getrennt zwischen auf einzelnen Rechtstiteln gegründeten Baulasten und Bauunterhaltungspflichten des Eigentümers oder der Denkmalpflege. Im Übrigen bestand bei beiden Vertragsparteien ein Interesse daran, nach Möglichkeit Eigentum und Bauunterhaltungspflicht zusammenzuführen und auf diese Weise den seit Jahrhunderten bekannten Streitigkeiten zwischen Staat und Kirche die Grundlage zu entziehen. Demgegenüber trat der Wunsch auf Zusammenführung von Eigentümerstellungen und Nutzungsberechtigung1 jedenfalls für die Dome zurück. Entstehungsgeschichte Artikel 9 wurde in 21 Sitzungen (von insgesamt 26) diskutiert und in den Zwischenzeiten mit den bei den Verhandlungen nicht vertretenen Kirchen und Ministerien abgestimmt. Die in Absatz 1 geregelte Widmungsgarantie wurde bereits in der 2. Sitzung angesprochen und eine Vertragsbestimmung über künftiges Eigentum an den in Volkseigentum überführten Domen und über staatliche Baulasten ins Auge gefasst. Während sich die Kirchen in der 4., 5. und 6. Sitzung gegen eine Übernahme der Domgebäude durch den Staat aussprachen und für eine Offenhaltung der Eigentumsfrage plädierten, weil die Regelungsfragen historisch bedingt seien, trat das Land für klare Vertragsentscheidungen ein, weil die Bauunterhaltungspflichten von der Eigentumsfrage abhingen. Nach Bildung zweier Unterkommissionen für die weiteren Beratungen forderten die Kirchen auch eine Vorabprüfung, ob die Überführung der Kirchengebäude rechtmäßig, also überhaupt wirksam gewesen sei, was sodann von der Oberfinanzdirektion als im Rahmen des Zuordnungsverfahrens üblich zugesichert wurde. Nachdem in der 9. Sitzung vereinbart worden war, auch den Dom zu Havelberg (Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg), die Michaelskirche in Zeitz (Vereinigte Domstifter) und eventuell die Schlosskirche in Wittenberg (Evangelische Kirche der Union und Universität Halle) in die Beratungen einzubeziehen, konzentrierten sich die Verhandlungen in den folgenden Sitzungen auf Fragen der Bauunterhaltung. Während die Kirchen erneut für eine feste Zusicherung des Landes unabhängig von der Eigentumsfrage eintraten, erklärten die Landesvertreter, dass sich nach eigenen Feststellungen auch der Preußische Staat als Voreigentümer trotz Drängens der Kirchen nicht auf eine umfassende Bauunterhaltungspflicht festgelegt und nur im Sinne der heutigen Denkmalpflege Bauleistungen finanziert habe; feste Zusagen könnten daher nur für den Fall der Überführung in Landeseigentum gegeben werden. Nachdem das Land in der 17. und in der 19. Sitzung als allgemeine Zielsetzung eine künftig unter Beteiligung der Kirchen zu schaffende zentrale Verwaltung der 1 Dieses Interesse betont G. Burger, Staatskirchenrecht in Sachsen, 1998, S. 114, in gleicher Weise.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Dome vorgeschlagen hatte und die schwierigen Fragen der Unterhaltung der Domnebengebäude, der Instandhaltung des Inventars und der Betreuung der Domschätze dem Vermögenszuordnungsverfahren, späteren Verhandlungen oder der Auseinandersetzung über kirchlich genutztes Landeseigentum überlassen und einzelne Aussagen der Formulierung des Schlussprotokolls vorbehalten worden waren, stimmten die Verhandlungspartner in der 19., 20. und 21. Sitzung – unter Zurückstellung der Besorgnisse einzelner Domgemeinden – der Endfassung des Absatzes 1 zu. Die Einbeziehung der Stiftskirche in Quedlinburg erfolgte, obwohl die Kirche bereits der Stadt auf deren Antrag zugeordnet worden war. Regelungen für die Schlosskirche und das Augustinerkloster in Wittenberg wurden besonderen Vereinbarungen mit der Evangelischen Kirche der Union überlassen, ebenso schon in der 13. Sitzung die Regelung der kirchlichen Nießbrauchsrechte am Schloss Mansfeld. In Absatz 1 Satz 1 des Schlussprotokolls wurde auf Antrag der Kirchen die Möglichkeit der Klärung von Eigentumsfragen auch „in einem anderen ordentlichen Verfahren“ aufgenommen für den Fall, dass im Zuordnungsverfahren eine unwirksame Übertragung der Dome in Volkseigentum festgestellt werden sollte. Als Satz 2 wurde eine vom Land vorgeschlagene Bemühensklausel in der 17. Sitzung beschlossen, als Satz 3 eine von den Kirchen in der 16. Sitzung beantragte Finanzierungszusicherung für die Übergangszeit. Absatz 3 des Schlussprotokolls – im Wesentlichen in der 17. Sitzung auf Wunsch beider Seiten konzipiert – trug der einvernehmlich ins Auge gefassten zentralen Verwaltung der Kirchengebäude Rechnung, unter Übernahme der von den Kirchen gewünschten Erwähnung von Dombaukommissionen und -hütten. Absatz 4 Satz 1 des Schlussprotokolls über die Nutzung der Kirchengebäude wurde auf kirchlichen Antrag in der 23. Sitzung formuliert, Satz 2 auf staatlichen Antrag zur Absicherung angemessener Öffnungszeiten und Führungen, wobei die Kirchen Wert darauf legten, Führungen als Teil ihres Verkündigungsauftrags zu verstehen. Die „Angemessenheit“ der Öffnungszeiten sollte nach übereinstimmender Auffassung sowohl die Öffnungsdauer als auch die regionale Einheitlichkeit umfassen. Einem in der 17. Sitzung geäußerten Wunsch der Kirchen, die Zuständigkeit für Führungen bereits vertraglich der zuständigen Kirchengemeinde zuzusprechen, stimmte die staatliche Seite nicht zu. Mit der Erwähnung einer für den Dom zu Havelberg zu treffenden Nutzungsregelung wurde in der 17. Sitzung einer Bitte des Landkreises Stendal entsprochen. Absatz 6 des Schlussprotokolls wurde in der 16. und 17. Sitzung mit Blick auf die laufenden Verhandlungen über eine Nutzung des Domes zu Zeitz durch die Katholische Kirche beschlossen. Die in Absatz 2 vorgesehene Einbeziehung der im Eigentum der Vereinigten Domstifter stehenden Kirchen wurde auf kirchlichen Vorschlag in der 9., 16. und 21. Sitzung vereinbart, wobei mit dem Wort „Kirchengebäude“ neben den Domen zu Merseburg und Naumburg auch zwei Kirchen in Zeitz einbezogen werden sollten. Die gegenüber Absatz 1 schwächer formulierte Widmungsgarantie (Wegfall von „uneingeschränkt“) wurde vom Land mit den hergebrachten Rechten der Vereinigten Domstifter bezüglich Nutzung und Führungen begründet. Die ursprünglich von den

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

Kirchen vorgeschlagene Bestandsgarantie für die Domstifter wurde wegen nicht erkennbaren Interesses der Kirchen, eine Erwähnung der Pfarrwohnungen als nicht „vertragswürdig“ fallen gelassen. Für die schon in der 2. Sitzung angesprochene Regelung des Absatzes 3 bezüglich staatlicher, aber kirchlich genutzter Gebäude konnte während der Vertragsverhandlungen keine vollständige Liste erstellt werden. Die Endfassung des Absatzes wurde nach Klarstellung in der 8. Sitzung, dass durch die Einbeziehung auch der in der Vergangenheit kirchlichen Zwecken dienenden Gebäude etwa erfolgten unrechtmäßigen Enteignungen Rechnung getragen werden sollte, in der 12. und 13. Sitzung beschlossen. Der einem kirchlichen Antrag folgende Zusatz in Satz 2 bezüglich der Berücksichtigung rechtsgeschichtlicher Zusammenhänge hatte das Ziel, Unklarheiten im Falle fehlender Grundbucheintragungen abzuhelfen. Staatlichen Bedenken wegen einer vielleicht nur kurzzeitigen kirchlichen Widmung sollte in den angekündigten Verhandlungen entsprochen werden. Absatz 4 als Bemühensklausel wurde auf Vorschlag der Kirchen beschlossen, unter gleichzeitiger Klarstellung, dass es sich dabei nicht etwa um eine staatliche Aufsichtsmaßnahme handle. Kommentierung a) Die in Absatz 1 Satz 1 ausgesprochene Widmungsgarantie ist ein Unterfall der allgemeinen Kirchengutsgarantie.2 Der Widmungsbegriff ist dem öffentlichen Sachenrecht entnommen und bedeutet die Bestimmung einer Sache für den öffentlichen Zweck, hier also einen kirchlichen Zweck, durch einen hoheitlichen, hier kirchlichen Akt unter Zustimmung des Eigentümers. Kirchliche Widmung kann nur von einer Religionsgemeinschaft in Ausübung der Religionsfreiheit3 vorgenommen werden. Die Rechte aus einer kirchlichen Widmung zählen zum geschützten Kirchengut. Sie haben Geltung bis zur Entwidmung, die ebenfalls nur durch einen kirchlichen Akt erfolgen kann; dazu kann die betroffene Kirche allerdings verpflichtet werden.4 Die Widmungsgarantie des Artikels 9 Abs. 1 entfaltet ihre Wirkung nicht nur im Falle kirchlichen Eigentums an den genannten Kirchengebäuden, sondern auch bei dem (erwarteten) nichtkirchlichen Eigentum. Als öffentlich-rechtlicher Akt verleiht die Widmung der gewidmeten Sache öffentlich-rechtlichen Schutz gegenüber staatlichen wie privaten Eingriffen. Nach katholischem Kirchenrecht erfolgt die Widmung sakraler Gebäude durch einen kirchlichen Weihe- oder Segnungsakt, im evangelischen Bereich durch Bestimmung der Sache zum Kulturgegenstand oder durch feierliche Indienststellung.5

2

Siehe Erl. zu Art. 7 Abs. 1. Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 30 Rn. 29 f. 4 Vgl. BVerfGE 99, 100 (128). 5 Vgl. P. Axer, Recht der kirchlichen Sachen (res sacrae), HSKR, 32020, Bd. 3, § 60, S. 2535 (2547 Rn. 20). 3

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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b) Das Land gewährleistet für die aufgeführten Kirchengebäude im Unterschied zur schwächer gefassten Gewährleistung nach Absatz 2 die uneingeschränkte Widmung. Sie schließt jede nichtkirchliche Nutzung, z. B. Staatsempfänge oder nichtkirchliche Musikveranstaltungen, aus, es sei denn, die Kirche stimmt einer solchen Nutzung ausdrücklich zu.6 Absatz 4 Satz 1 des Schlussprotokolls unterstreicht die ausschließliche Befugnis der zuständigen Kirchengemeinde zu Nutzungsentscheidungen. Zur uneingeschränkten Nutzung gehören z. B. Domführungen – nach kirchlichem Verständnis als Teil der Verkündigung –, was allerdings im Falle von Fremdeigentum nicht automatisch die Festsetzung und Einbehaltung von Gebühren durch die Kirchengemeinde einschließt. c) Eingeschränkt werden die Rechte aus der Widmung wie alle Kirchengutsrechte durch die „Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ (Art. 137 Abs. 3 WRV)7, so z. B. durch bauordnungsrechtliche und feuerpolizeirechtliche Bestimmungen oder Regelungen der Denkmalpflege wie etwa die Festlegung allgemeiner, in der Region geltender Öffnungszeiten, soweit letztere nicht den Widmungszweck, also insbesondere Gottesdienste, beeinträchtigen.8 Ausdrücklich werden in Absatz 1 Satz 3 den Kirchen als Nutzer der Dome die Verkehrssicherungspflichten, z. B. Wegereinigung und Haftpflichtversicherung, auferlegt. Die in Absatz 4 Satz 2 des Schlussprotokolls vorgesehene „Angemessenheit“ der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit „bezieht sich sowohl auf die Dauer als auch auf die regionale Einheitlichkeit, die den Besuchern eine gewisse Sicherheit vermitteln soll“9. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus den Worten „im Rahmen seiner Möglichkeiten“; da im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Eigentumszuordnungsverfahren noch nicht abgeschlossen waren10, diente diese Formulierung der Entlastung des Landes für den Fall einer Zuordnung an eine unabhängige Stiftung oder für den Fall von Einwirkungen durch Bundesorgane. Bezüglich der Stiftskirche in Quedlinburg, die schon während der Vertragsverhandlungen in städtischem Eigentum stand, bezieht sich die Einschränkung darauf, dass die Einhaltung der Widmungsgarantie nur im Wege der Kommunalaufsicht durchgesetzt werden kann.11 d) Zu den „Domgebäuden“ und der „Stiftskirche“ nach Absatz 1 Satz 1 zählen die für den Gottesdienst bestimmten Räume sowie Kreuzgang und Schatzkammer12, soweit sie sakralen Zwecken dienen. Bei sonstiger Nutzung wie z. B. durch das Prig6

Laut § 3 Nr. 2 Satz 2 des Pachtvertrages zwischen der Stadt Zeitz und der Katholischen Gemeinde über die Nutzung des Domes zu Zeitz v. 22. 4. 1993 – siehe unten m) (6) – ist „eine ausschließliche profane Nutzung“ durch die Stadt als Verpächter ausgeschlossen. 7 Siehe Erl. A. [c)] zu Art. 7. 8 Vgl. dazu Abs. 4 Satz 2 des Schlussprotokolls sowie § 1 Abs. 4 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt v. 21. 10. 1991 (GVBl. LSA S. 368). 9 Amtliche Begründung zu Art. 9, LT-Drs. 1/3087, S. 10. 10 Zur späteren Zuordnung an das Land siehe unten f). 11 Eine mündliche Zusage der Stadt lag bei Vertragsschluss vor. 12 Zu den Domschätzen in Halberstadt und Quedlinburg siehe unten k).

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

nitzmuseum im Dom zu Havelberg gelten die Gebäudeteile als entwidmet.13 Zum Domkomplex gehörende Überbauungen der Kreuzgänge, angebaute Pfarrerdienstwohnungen und Bürogebäude sowie getrennt liegende, aber zum Domkomplex gehörende Gebäude wurden in den Verhandlungen als „Domgebäude“ behandelt, deren Regelung späteren Vereinbarungen vorbehalten blieb. Während die Fortsetzung der Nutzungsberechtigung für kirchlich genutzte Gebäudeteile unstrittig war, blieb die Frage der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Nutzung offen, um die Vertragsverhandlungen nicht zu verzögern. Eine unentgeltliche Überlassung kann, soweit darauf ein Rechtsanspruch besteht, in künftigen Verhandlungen sowohl als Staatsleistung im Sinne von Artikel 138 Abs. 1 WRV als auch als ein unter die Kirchengutsgarantie des Artikels 138 Abs. 2 WRV fallender Vermögenswert angesehen werden. Als Staatsleistung unterfiele sie Artikel 13, d. h. mangels ausdrücklicher vertraglicher Anerkennung wäre sie durch die Gesamtleistung nach Artikel 13 Abs. 1 Satz 1 vertraglich abgegolten; als Kirchengut wäre der Unentgeltlichkeitsanspruch verfassungsrechtlich geschützt.14 e) Die Widmungsgarantie bezieht sich auf Gebäude, die entweder kirchlichen oder diakonischen Zwecken dienen; die Aufzählung ist nicht kumulativ zu verstehen, d. h. die Nutzung zu nur einem der beiden Zwecke ist nicht gewährleistungshindernd.15 f) Absatz 1 Satz 2 nebst Schlussprotokoll nimmt auf das zur Zeit des Vertragsschlusses geltende Zuordnungsverfahren16 hinsichtlich der Dome Bezug,17 gegen dessen Ergebnisse ein sich benachteiligt fühlender Beteiligter den Rechtsweg hatte beschreiten können. Mit der an sich selbstverständlichen Zusage des Landes, im Falle der Zuordnung eines Domes an das Land seine Eigentümerpflichten zur Bauunterhaltung wahrnehmen zu wollen, wird umgekehrt zum Ausdruck gebracht, dass für den Fall der Zuordnung an eine andere Einrichtung, insbesondere an eine Kirche, eine über die Denkmalpflege hinausreichende Bauunterhaltungspflicht staat-

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Die im Dom zu Havelberg von der Katholischen Kirche genutzte Kapelle unterliegt allerdings noch der vertraglich abgesicherten Widmung zugunsten der Katholischen Kirche. 14 Bezüglich des Domnebengebäudes in Magdeburg, das vom Konsistorium der Ev. Kirche der Ev. Kirchenprovinz Sachsen genutzt wird, siehe unten m) (1). 15 In anderen evangelischen Verträgen, z. B. in Art. 9 Abs. 2 des brandenburgischen und Art. 11 Abs. 2 des sächsischen Vertrags, wurde ebenfalls „und“ durch „oder“ ersetzt. 16 Das von der Oberfinanzdirektion im Auftrag der Bundesregierung autonom betriebene Zuordnungsverfahren für ehemaliges DDR-Vermögen oder das in Volkseigentum überführtes Vermögen ist geregelt im Vermögenszuordnungsgesetz vom 22. 3. 1991 i. d. F. vom 29. 3. 1994 (BGBl. S. 709), zuletzt geändert durch Art. 3 Gesetz vom 3. 7. 2009 (BGBl. I S. 1688); die Anspruchsgrundlage bietet für Verwaltungsvermögen, darunter die Dome, Art. 21 Abs. 1 u. 2, für das Finanzvermögen Art. 22 Abs. 1 u. 2 des Einigungsvertrags v. 18. 9. 1990 (BGBl. II S. 889, 897 f.). 17 Zu den späteren Zuordnungsbescheiden siehe unten i); die Stiftskirche in Quedlinburg war bereits 1991 der Stadt Quedlinburg zugeordnet worden.

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licherseits nicht gesehen wird.18 Diese Haltung geht auch darauf zurück, dass der Preußische Staat, wie verschiedenen Archivakten zu entnehmen war, offensichtlich nie eine auf einer Baulast beruhende Bauunterhaltungspflicht für die Dome anerkannt hatte, sondern seine Beiträge zur Baufinanzierung als freiwillige Leistungen des Staates oder des Landesherrn betrachtete, was außerdem den Rückschluss zulassen könnte, dass Preußen die vier Dome als rechtlich selbständige Anstalten19 ansah. g) In Verbindung mit den Absätzen 1 Satz 3 und 2 des Schlussprotokolls spiegelt Absatz 1 Satz 2 die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Vertragsparteien wider. Indem Absatz 1 Satz 2 für den Fall der Zuordnung des Domeigentums an das Land festlegt, dass dann „die damit verbundene notwendige Bauunterhaltung sichergestellt werde“, nimmt er nur auf die Eigentümerpflichten für die Bauunterhaltung Bezug. Diese Auffassung des Landes wird unterstrichen durch Absatz 1 Satz 3 des Schlussprotokolls, wonach vor der Zuordnung eine Bauunterhaltung durch das Land nur im Rahmen der Denkmalpflege erfolgt, d. h. nur soweit hierfür die – bekanntlich sehr begrenzten und in Konkurrenz zu anderen Objekten der Denkmalpflege stehenden – Mittel zur Verfügung stehen. Um aber im Vertrag keine abschließende rechtliche Entscheidung zu treffen, wurde auf Wunsch der Kirchen mit Absatz 2 des Schlussprotokolls für den Fall, dass die Dome nicht dem Land zugeordnet würden, als Merkposten an die „historisch gewachsenen Bauunterhaltspflichten“ erinnert, was den kirchlichen Standpunkt nicht untergehen lassen sollte, dass Preußen baulastpflichtig gewesen sei und diese Pflichten auf das Land Sachsen-Anhalt übergegangen seien.20 Der Unterschied zu den genannten Bauunterhaltungspflichten des Landes ist vor allem darin zu sehen, dass für den Fall einer auf einem Rechtstitel beruhenden 18 Dem entspricht Abs. 2 des Schlussprotokolls, wonach im zweitgenannten Fall das Land sich (nur) an „historisch gewachsene Bauunterhaltungspflichten“ gebunden sieht, die dann nachzuweisen wären. 19 Eine vergleichbare Rechtsgrundlage besteht beim Dom zu Köln. Ein möglicher Hinweis darauf, dass auch schon vor dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 einzelne Dome in Sachsen-Anhalt weder dem Staat noch der Kirche gehörten, zeigt die Handhabung durch König Jerôme im Jahr 1810 bezüglich des Domes zu Halberstadt, der zunächst zusammen mit dem Vermögen des Domkapitels und des Bistums säkularisiert (Dekret v. 1. 12. 1810, vgl. J. Heckel, Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifter Preußens, 1924, S. 275 Fn. 5), bald darauf aber wieder, wohl weil die Säkularisierung nicht vom Reichsdeputationshauptschluss gedeckt war, „den Dompredigern“, anscheinend Mitgliedern des den Dom verwaltenden Domkapitels, zurückgegeben worden war. Offen bleibt allerdings, ob es sich dabei um eine rechtlich wirksame Rückübereignung gehandelt hat. Jedenfalls wurde im Grundbuch weder die Kirche (eine Domgemeinde existierte noch nicht) noch etwa der Landesherr als Eigentümer eingetragen. Im Übrigen heißt es in § 35 RDHS, den säkularisierenden Landesherren wurden die entsprechenden Vermögenswerte zugesprochen „unter dem bestimmten Vorbehalte der festen und bleibenden Ausstattung der Domkirchen, welche beibehalten werden“ (die Dome selbst waren somit nicht Gegenstand der Säkularisierung, sondern nur die der Domausstattung dienenden Vermögen). Folgerungen für Baulasten hat Preußen aber anscheinend nicht gezogen. 20 Solche staatlichen Leistungen wären dann auch nicht etwa durch Art. 13 Abs. 1 abgegolten, weil sie „in diesem Vertrag ausdrücklich“ vorgesehen sind, sofern es sich nicht um Patronatsverpflichtungen handelt. Anders im Falle staatlichen Eigentums (Art. 13 Abs. 1).

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staatlichen Baulast das Land z. B. bei restloser Zerstörung des Gebäudes auch für einen Wiederaufbau oder auch bei Änderung der Umstände für einen wünschenswerten Anbau einstehen müsste, Lasten, die auch von einem späteren neuen Eigentümer zu übernehmen wären.21 h) Für die Nutzung des Domes zu Havelberg enthält Absatz 5 des Schlussprotokolls einen Erinnerungsposten hinsichtlich künftiger Nutzungsvereinbarungen über das seit Jahrzehnten in mehreren Obergeschossen des Kreuzganges untergebrachte Prignitzmuseum. Nachdem das Museum in verschiedenen Zeitphasen die Verwaltung und Bauunterhaltungsplanung des gesamten Domgebäudes wahrgenommen hatte, sollte diese Protokollbestimmung auf eine künftige faire Behandlung durch den neuen Eigentümer hinwirken.22 Vereinbarungen über den Dom zu Zeitz gemäß Absatz 6 des Schlussprotokolls wurden inzwischen getroffen.23 i) Seiner Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 2 des Schlussprotokolls auf Einleitung des Zuordnungsverfahrens ist das Land unverzüglich nachgekommen. Da die Oberfinanzdirektion als Zuordnungsbehörde eine Vorabeinigung zwischen den in Betracht kommenden Einrichtungen – soweit möglich – für sinnvoll hielt, um späteren Prozessen vorzubeugen, fanden Absprachen des Landes mit der Evangelischen Kirche der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen bezüglich der Dome zu Magdeburg, Halberstadt und Halle und mit der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg bezüglich des Doms zu Havelberg statt. Dabei erwies sich, dass die Kirchenleitungen vorwiegend aus Kostengründen einer Zuordnung an das Land den Vorzug gaben, während insbesondere die Domgemeinden in Magdeburg und Halberstadt, auch im Hinblick auf frühere schlechte Erfahrungen mit totalitären Regierungen, Bedenken äußerten, die aber schließlich wegen der drohenden Höhe der Bauunterhaltungskosten zurückgestellt wurden. Die Oberfinanzdirektion ordnete daraufhin alle vier Dome dem Land Sachsen-Anhalt zu.24 Die Renovierungsarbeiten waren an allen Domen entsprechend Absatz 1 Satz 3 des Schlussprotokolls fortgesetzt worden. k) Umstritten war vor allem die Frage des Eigentums an den beiden wertvollen Dom- bzw. Kirchenschätzen in Halberstadt und Quedlinburg. (1) Über das Eigentum am Halberstädter Domschatz gab es, soweit erkennbar, keine verlässlichen Unterlagen. Hätte es sich um Kultgegenstände zur Verwendung im Gottesdienst gehandelt, so wären sie, wie z. T. in früheren Jahrhunderten, als zum sog. „kleinen Inventar“ gerechnet worden und wahrscheinlich der Domgemeinde zugefallen; eine solche Verwendung findet jedoch seit langer Zeit nicht mehr statt. Als nicht mehr für den Gottesdienst bestimmte Gegenstände, die aber von alters her im Domgebäude untergebracht waren, waren die Ausstellungsstücke als Bestandteile 21

Vgl. Th. Lindner, Baulasten, S. 305 f., sowie zu Fragen der Einbeziehung des Zubehörs und zur „Notwendigkeit“ S. 307 ff. m. weit. Nachw. 22 Näheres siehe unten m) (2). 23 Siehe dazu unten m) (6). 24 Zu den Bescheiden s. unten m) (1) bis (4); die Quedlinburger Stiftskirche war bereits 1991 der Stadt zugeordnet worden.

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des Domes anzusehen. Zwar beanspruchte die Domgemeinde das Eigentum am Domschatz, zumal sie ihn seit ihrem Bestehen betreut und mit hohem Einsatz gegen alle staatlichen Begehrlichkeiten geschützt hatten; aber ein Eigentumserwerb, sei es auch kraft Gewohnheitsrecht, ist schwerlich nachweisbar, zumal der Domschatz nach irrtümlicher Säkularisierung des Domes im Jahr 1810 „wenig später“ den beiden „Dompredigern“ und nicht „der Gemeinde“ zurückgegeben worden war.25 Da der Domschatz außerdem dringend renovierungsbedürftig war und das Land zu einem hohen Kostenaufwand über die normalen Denkmalpflegemittel unter Beteiligung des Eigentümers hinaus sich nur im Falle einer Eigentumszuordnung bereit erklärte, entschied sich die Oberfinanzdirektion mit Bescheid vom 4. 7. 1997 für eine Zuordnung des Schatzes an das Land.26 Im Anschluss an eine Anfechtungsklage der Domgemeinde schlossen die inzwischen als Eigentümerin eingetragene Domstiftung des Landes27 und die Domgemeinde am 2. 3. 1998 eine Vereinbarung über „das Präsentations- und Nutzungsrecht am Halberstädter Domschatz“, wonach der Domgemeinde Präsentation und Nutzung unentgeltlich überlassen wurde, unter Verwendung etwaiger Gewinne aus Führungen für Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen. Sicherungs- sowie restauratorische und konservatorische Maßnahmen übernahm das Land, die faktische Sicherung die Domgemeinde.28 (2) Der Domschatz in Quedlinburg, während der amerikanischen Besatzung gestohlen und per Feldpostpäckchen nach Texas geschickt, Ende der 80er Jahre von einem Privatmann aufgespürt, nach schwierigen Gerichts- und Vergleichsverhandlungen gegen eine Abfindungssumme dem zuständigen Quedlinburger Pfarrer überreicht und sodann in einem im Linienflugzeug festgeschnürten Paket nach Deutsch-

25 Vgl. Akten des Geheimen Archivs Westfalens Rep. 12 II Nr. 4 Bl. 77. A. A. B. Syderhelm, Die Geschichte des Halberstädter Domschatzes seit der Auflösung des Domkapitels 1810, Untersuchungen einer Ev.-Lutherischen Kirchengemeinde mit einem mittelalterlichen Kirchenschatz, in: Das Heilige sichtbar machen, Domschätze in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, hg. vom Landesamt für Denkmalpflege, 2010, die in einer ausführlichen Untersuchung eine Eigentumsübertragung an eine damals schon bestehende Domgemeinde annimmt. Hier muss offen bleiben, ob das Eigentum an die Domprediger in ihrer Eigenschaft als Rechtsvertreter der „Anstalt Dom“ oder aber eines Pfarrbezirks Domgemeinde übertragen wurde. 26 Die Kritik von H. Johnsen, Die Evangelischen Staatkirchenverträge in den neuen Bundesländern – ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 1998, S. 220, an diesem angeblich von einem „dominanten Verhalten des Landes“ bestimmten Verfahren leuchtet nicht ein, denn zum einen agiert die Oberfinanzdirektion im Zuordnungsverfahren völlig weisungsfrei, zum anderen war das Verhalten des Landes durch das Haushaltrecht vorgezeichnet, solange keine Baulastpflicht nachweisbar war. 27 Siehe unten l). 28 In der „Präambel“ heißt es zur Vermeidung einer Festlegung der Eigentumsverhältnisse, die „offizielle Hoheit“ über den Domschatz habe über die Jahrhunderte zwischen Kirche und Staat gewechselt. Diese Vereinbarung wie auch alle übrigen Nutzungsvereinbarungen sind nicht veröffentlicht.

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

land transportiert29, wurde von der Stiftsgemeinde als Eigentum reklamiert. Demgegenüber belegen aber die §§ 2 und 6 des Vertrages zwischen dem preußischen König und der St. Servatii-Kirchengemeinde vom 11. 12. 1854, wonach das gesamte Domgebäude nebst Inventar mit Ausnahme der für den Gottesdienst oder die Ausschmückung der Kirche benötigten Gegenstände, zu denen ersichtlich die Stücke der Schatzkammer nicht gehörten, an den Preußischen König übertragen wurden, den Eigentumsverlust der Kirche.30 Da spätere Rückübertragungen des Schatzes nicht nachweisbar sind,31 ist von einem Eigentumsübergang auf die Stadt gemeinsam mit der Zuordnung der Stiftskirche auszugehen, so dass die Oberfinanzdirektion auch keine Veranlassung für einen gesonderten Zuordnungsbescheid sah. l) Den in Absatz 3 des Schlussprotokolls niedergelegten Prüfungsauftrag bezüglich einer zentralen Verwaltung der zugeordneten Dome hat das Land mit Beschluss vom 7. 9. 199632in Form der Errichtung einer „Stiftung zum Erhalt und zur Nutzung der Dome, Kirchen und Klöster in Landeseigentum (Domstiftung)“ abgeschlossen und die neue Stiftung der schon bestehenden Stiftung „Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt“ zugeordnet. Die Domgebäude wurden der Stiftung als Stiftungskapital übertragen. Nach Nr. 3 des Kabinettbeschlusses geht die Landesregierung „im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 der Satzung davon aus, dass die traditionell gewachsenen Nutzungsbefugnisse der Kirchen gewahrt bleiben“. Gemäß der Satzung vom gleichen Datum33 bezweckt die Stiftung, deren Kuratorium neben fünf staatlichen Vertretern drei Vertreter der Evangelischen Kirche und einen Vertreter der Katholischen Kirche angehören, „die Dome, Kirchen und Klöster des Landes in Bezug auf ihre historische, kunsthistorische, denkmalpflegerische und land29

Vgl. die Darstellung bei F. Goßlau, Verloren, gefunden, heimgeholt, 1994, und S. Kogelfranz/W. Korte, Quedlinburg – Texas und zurück, 1994. 30 § 2 lautet: Ausgeschlossen von der Abtretung des Kirchengebäudes nebst vorgedachtem Zubehör bleiben die zur Ausübung des Gottesdienstes erforderlichen Kirchengeräte sowie die zur Ausschmückung der Kirche vorhandenen oder noch zu verwendenden beweglichen Gegenstände, soweit sie in dem vorstehenden § 1 nicht bezeichnet und in der Anlage dazu nicht aufgeführt sind. § 6: Der St. Servatii-Kirchengemeinde wird die Zusicherung erteilt, dass die wertvolle Sammlung von Antiquitäten und Merkwürdigkeiten, welche in dem sogenannten Cythengewölbe neben der Schlosskirche aufbewahrt werden, auch dort verbleiben und fernerhin wie bisher vorgezeigt werden können. 31 Im Vertrag zwischen dem Preußischen Staat und der Stadtgemeinde Quedlinburg über die Übereignung des Schlossgebäudes an die Stadt vom 3. 5. 1937 war die Stiftskirche ausgenommen. Auch in der fälschlich von der DDR-Regierung gegebenen Bestätigung vom 19. 9. 1990, dass der Schatz der Kirche gehöre, sowie in der Aushändigung des Schatzes an den Stiftspfarrer ist kein Eigentumsübergang an die Kirche zu sehen. 32 MBl. S. 1388; über die Entwicklung aus kirchlicher Sicht vgl. H. Johnsen, Die Evangelischen Staatskirchenverträge (Fn. 26), S. 182 (219 f.). 33 Anlage 1 zum Beschluss der Landesregierung vom 7. 5. 1996 (MBl. S. 1388), geändert durch Beschluss vom 16. 1. 1997 (Bekanntmachung des MK, MBl. 1996 S. 1686 i. d. F. der Berichtigung – MBl. 1997 S. 1869) sowie erneut geändert durch Beschluss des Kuratoriums vom 20. 5. 1998 (MBl. S. 2023) mit der neuen Bezeichnung „Stiftung zum Erhalt und zur Nutzung der Dome, Kirchen und Klöster des Landes Sachsen-Anhalt (Domstiftung)“.

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schaftsprägende Bedeutung unter Beachtung ihrer Widmung und der Nutzungsbefugnisse der Kirchen zu verwalten“, d. h. vor allem baulich zu betreuen und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Direktor der Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten ist zugleich Direktor der Domstiftung (§ 8 Abs. 2 der Satzung). Dem weiterhin in Absatz 3 des Schlussprotokolls genannten Zweck, eine „organisatorische Grundlage“ für Dombaukommissionen und -hütten zu schaffen, wurde zwar durch die Errichtung der Domstiftung grundsätzlich entsprochen, doch wurde auf solche Einrichtungen bisher verzichtet und sie wurden durch Beratungsgremien ersetzt. m) Im Einzelnen ergibt sich für die in Absatz 1 Satz 1 und 6 genannten Kirchengebäude folgendes: (1) Die Domgebäude zu Magdeburg wurden nacheinander mit vier Bescheiden der Oberfinanzdirektion Magdeburg dem Land zugeordnet34 und sodann an die staatliche Domstiftung übertragen. Es wurde eine Absprache über die Verkehrssicherheitspflichten der Domgemeinde getroffen. Die Bedingungen für die Nutzung des vom Konsistorium der Evangelischen Kirche der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen belegten Domnebengebäudes, nämlich zwei Obergeschosse des Kreuzgangs, waren umstritten, weil sich die Kirche auf ein seit Ende des 19. Jahrhunderts entstandenes Gewohnheitsrecht auf kostenlose Nutzung berief, während das Land diese Nutzung nicht als geschütztes Kirchengut ansah, sondern den Verzicht auf eine Nutzungsvergütung in der Vergangenheit als Staatsleistung wertete, die gemäß Artikel 13 Abs. 1 Satz 2 abgegolten sei. Als Kompromiss kam ein Nutzungsvertrag zustande, demzufolge das Land zwar auf Mietzahlungen verzichtete, aber einen Zuschuss zu den Bauunterhaltungskosten beanspruchen kann. (2) Das Domgebäude zu Havelberg wurde als letztes am 22. 3. 1995 dem Land zugeordnet und anschließend an die Domstiftung übertragen, die drei Vereinbarungen abschloss: eine allgemeine Nutzungsvereinbarung mit der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, eine Nutzungsvereinbarung mit der Katholischen Gemeinde Wittenberge über die mit Zustimmung der Evangelischen Domgemeinde erfolgte Fortsetzung der Nutzung einer Kapelle mit Nebenräumen und ein – unter Bezugnahme auf Absatz 5 des Schlussprotokolls geschlossener – Mietvertrag mit dem Landkreis Stendal über die entgeltliche Nutzung zweier Obergeschosse des Kreuzgangs sowie weiterer Räume durch das Prignitzmuseum. Die Vereinbarung mit der evangelischen Domgemeinde über die Nutzung des Domes und des größten Teils der Domgebäude trifft die deutliche Unterscheidung zwischen „großem“ und „kleinem“ Inventar und belastet mit der Instandhaltung des ersteren – enumerativ aufgelistet35 – 34

Bescheide vom 4. 10., 20. 10. und 7. 11. 1994 sowie vom 5. 12. 1995. Auf diese Weise wurde die schwierige Differenzierung zwischen Bestandteilen und Zubehör – vgl. dazu H. Lecheler, FS für Obermayer, 1986, S. 217 ff. – umgangen. Vgl. im Übrigen das Gutachten „Zur unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung des konsistorialen Dienstgebäudes in Magdeburg“ in: A. v. Campenhausen/C. Thiele (Hg.), Göttinger Gutachten II, 2002, S. 182 ff. 35

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

die Domstiftung, für letzteres die Domgemeinde. Im Übrigen obliegt die Bauunterhaltung der Domstiftung. Die Führungen werden, unter möglicher Beteiligung des Prignitzmuseums, unter Festlegung der üblichen Öffnungszeiten von der Domgemeinde durchgeführt, die außerdem die Verkehrssicherungspflichten und städtischen Abgaben übernimmt. (3) Der Dom zu Halberstadt wurde kurz vor Vertragsunterzeichnung als erster Dom durch Bescheid vom 21. 7. 1993 dem Land zugeordnet sowie je eine Nutzungsvereinbarung für den Dom und den Domschatz mit der Evangelischen Stadt- und Domgemeinde abgeschlossen.36 Die Nutzungsvereinbarung mit der Domgemeinde sichert ihr die unentgeltliche Nutzung des Domes und der Domgebäude mit Ausnahme der im Gebäude befindlichen Wohnungen, die unter Beteiligung der Domgemeinde vermietet werden. Die Domgemeinde entscheidet allein über die Nutzung des Domes, verantwortet die Domführungen zu festgelegten Öffnungszeiten und übernimmt die laufenden städtischen Gebühren sowie die Verkehrssicherung, ferner die Unterhaltung des einzeln aufgelisteten „kleinen“ Inventars; der Domstiftung obliegt die Bauunterhaltung und die Unterhaltung des „großen“ Inventars. (4) Der Dom zu Halle wurde mit Bescheid vom 13. 12. 1994 dem Land zugeordnet. (5) Die Stiftskirche in Quedlinburg wurde mit Bescheid vom 18. 9. 1991 der Stadt Quedlinburg zugeordnet.37 Die Führungen werden von der Stiftsgemeinde verantwortet. (6) Für den Dom zu Zeitz, der in der Kriegs- und Nachkriegszeit sehr stark beschädigt worden war, sieht Absatz 6 des Schlussprotokolls für den Fall einer späteren Nutzung durch die Evangelische Kirche, die den Dom nach Kriegsende nicht mehr genutzt hatte, gesonderte Vereinbarungen vor. Zur Zeit des Vertragsschlusses bestanden ein Pachtvertrag für Domnebengebäude sowie ein Erbbaurechtsvertrag zwischen der Stadt und der Katholischen Kirchengemeinde.38 Mit der Übernahme der Instandsetzung und der Ingebrauchnahme des Domes durch die Katholische Kirche wurde die verfassungsrechtlich geschützte Widmung wirksam. n) Absatz 2 trifft eine Sonderregelung für die den Vereinigten Domstiftern zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz gehörenden Dome und Kirchen, nämlich die Dome zu Merseburg und zu Naumburg sowie die Michaeliskirche und die Franziskaner Klosterkirche in Zeitz, insofern, als im Unterschied zur „uneingeschränkten“ Widmung in Absatz 1 nur abgeschwächt „die Widmung“ gewährleistet wird. Dies bringt zum Ausdruck, dass die kirchliche Nutzung zwar keineswegs unterbunden werden darf, dass aber den Domstiftern gewisse überkommene Rechte be-

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Zum Inhalt der Vereinbarung siehe oben k) (1). Zum Domschatz siehe oben k) (2); Unterbringung und Sicherung des Domschatzes wurden mit öffentlichen Mitteln finanziert, die Präsentation der Kirchengemeinde überlassen. 38 Beide Verträge v. 22. 4. 1993 mit Ergänzung des Pachtvertrages v. 22. 2. 1996. 37

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stätigt werden.39 Während in Anpassung an neuere Entwicklungen nach Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Artikel 11 für den Patronatsbereich das herkömmlich dem Domkapitel zustehende Präsentationsrecht für die Besetzung der Pfarrstelle in eine Besetzung durch die Domgemeinde „im Benehmen“ mit den Vereinigten Domstiftern umgewandelt worden ist, bleiben andere Recht der Domstifter, vor allem bauliche und Ausstattungsentscheidungen sowie solche über Öffnungszeiten, Führungen, den Vertrieb von Informationsmaterial und die Unterhaltung des Inventars bestehen, alle Regelungen getroffen im Einvernehmen mit der Kirche. Für das ehemalige Franziskanerkloster mit Klosterkirche, Kreuzgang und Tonsurkapelle in Zeitz haben die Domstifter mit der Stadt Zeitz am 18. 04. 2001 einen für 99 Jahre geltenden Erbbaurechtsvertrag geschlossen, der mit Zustimmung der Evangelischen Kirche der Stadt eine kulturelle Nutzung, insbesondere für Theaterzwecke, musikalische Aufführungen und sonstige kulturelle Veranstaltungen einräumt, unter Neugestaltung des Innenraums. Damit ist eine weitgehende Entwidmung der Kirche erfolgt; zwischen der Stadt und der Kirche wurde lediglich vereinbart, dass auf Wunsch der Kirchengemeinde ein- oder zweimal pro Jahr Gottesdienste stattfinden können. Die nach Artikel 9 Abs. 1 gewährleistete Widmung der Dome und Kirchen sichert das Land im Wege der Stiftungsaufsicht.40 Die Vereinigten Domstifter als einzige durchgehend bestehende ehemals preußische, vor 1815 sächsische Stiftung, die sich auf das 10. Jahrhundert zurückführt und deren Vermögen nicht infolge des Reichsdeputationshauptschlusses säkularisiert worden war, unterstand früher der staatlichen Verwaltung, in der DDR-Zeit der Behörde für Inneres des Rates des Bezirks.41 Gemäß einer Satzungsänderung im Jahr 1994 figurieren die Vereinigten Domstifter als selbständige Stiftung des öffentlichen Rechts unter der Stiftungsaufsicht des Kultusministers, der auch die zuvor vom Kapitel gewählten Mitglieder des Domkapitels ernennt und Genehmigungsbehörde für den jährlichen Haushaltsplan sowie für Satzungsänderungen ist.42 39 Zwar enthalten jeweils die § 1 der drei Nutzungsrichtlinien für die Dome zu Merseburg und zu Naumburg sowie für die Michaeliskirche in Zeitz, jeweils vom 24. 10. 1996, die vertragswidrige Zusicherung der „uneingeschränkten kirchlichen Nutzung“, doch zeigen die nachfolgenden Regelungen, dass dennoch gewisse Einschränkungen vorgesehen sind. Eine Korrektur wird von den Domstiftern angestrebt. 40 Die staatliche Widmungsgarantie wurde schon nach Art. 6 Abs. 1 des Preußischen Evangelischen Kirchenvertrags zugesichert, vgl. die Amtliche Begründung zum Staatsgesetz zu Art. 6 Abs. 1, abgedr. bei E. R. Huber/W. Huber, Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. IV, 1988, S 714. 41 Zur Geschichte der Vereinigten Domstifter von der Reformationszeit bis 1924 vgl. J. Heckel, Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifter Preußens, insbesondere Brandenburg, Merseburg, Naumburg, Zeitz, 1924; ferner F. Range, Die Entwicklung des Merseburger Domkapitels von den Anfängen bis zum Ausgang des 14. Jahrhunderts, Diss. Greifswald 1910. 42 Vgl. die Satzung der Vereinigten Domstifter vom 27. 1. 1994, Bekanntmachung des MK v. 14. 7. 1994 (MBl. S. 2039), in Kraft getreten am 1. 7. 1994, zuletzt geändert durch Beschluss vom 8. 3. 2017 (MBl. S. 181).

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

Während zur Zeit des Vertragsschlusses den Domstiftern nur die Südhälfte des Domes zu Merseburg gehörte, für die Nordhälfte aber der Preußische Staat im Grundbuch eingetragen und diese im DDR-Integrationsregister bereits als Volkseigentum registriert war, folgte im Anschluss an eine Vereinbarung zwischen dem Land und den Domstiftern über eine Ablösung der Bauunterhaltungspflichten vom 31. 08. 1999 die Zuordnung auch der Nordhälfte wieder – nach ca. 300 Jahren – an die Domstifter.43 Die vom Domkapitel gleichfalls verwalteten Kirchen und sonstigen Gebäude in Zeitz sind im Grundbuch als Eigentum des Kirchenkatasteramtes und des Prokuraturamtes zu Zeitz eingetragen, deren Rechtsnachfolger die Vereinigten Domstifter sind. o) Absatz 3 schließt an ähnliche Bestimmungen z. B. des Loccumer Vertrags (Art. 17) oder des hessischen Kirchenvertrages (Art. 6) an, begründet aber bewusst keinen Anspruch auf Übereignung, auch weil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch keine Auflistung der in Frage kommenden Grundstücke vorlag44, und weil das Land keine Zusagen über die Ablösung etwaiger Baulasten in noch unbekannter Höhe geben wollte. Die Beschränkung auf staatliche Grundstücke schließt u. a. kommunale Grundstücke aus. Unter gewidmeten Grundstücken und Gebäuden sind, auch in Anlehnung an Artikel 17 Abs. 1 Satz 1 des Loccumer Vertrags („die ausschließlich evangelischen ortskirchlichen Zwecken gewidmet sind“), nicht nur sakrale Gebäude, sondern z. B. auch Pfarrwohnungen und kirchliche Verwaltungsgebäude zu verstehen45, wie auch die Einbeziehung der diakonischen Zwecke zeigt. Ziel der Regelung ist die Zusammenführung von Nutzung und Eigentum. Bei früher kirchlichen, aber enteigneten Grundstücken ergibt sich eine Überschneidung mit der Regelung des Artikels 7 Abs. 3, wenngleich Artikel 9 Abs. 3 durch die Eingrenzung auf gewidmete Objekte nicht auf das gesamte enteignete Grundvermögen anwendbar ist, dafür aber den Kirchen eine stärkere Position vermittelt. Die weitere Einschränkung, dass die Objekte nicht anderen Bestimmungen des Vertrages unterliegen dürfen, bezieht sich z. B. auf die in Absatz 1 genannten Kirchengebäude;46 nicht dagegen dürfte der „gerechte Ausgleich“ nach Artikel 7 Abs. 3 gemeint sein, weil letzterer auch zu einer Entschädigungszahlung führen könnte und nicht dem Grundsatz dient, nach Möglichkeit kirchlich genutzten Grundbesitz in kirchliche Hand zu geben. Beide Bestimmungen können auch kumulativ Anwendung finden, indem die Kirchen eine Rückübereignung als „gerechten Ausgleich“ deklarieren. Die rückwirkende zeitliche Begrenzung stimmt mit der Zeitangabe des Schlussprotokolls zu Artikel 7 Abs. 3 überein.

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Bescheid der OFD Magdeburg vom 16. 11. 1999. Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs 1/3087, Begründung, S. 11. 45 Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 44); ferner E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 451; Chr. Meyer, Vermögensverwaltung in der evangelischen Kirche, HSKR, Bd. 1, 2. Aufl. (1994), S. 911. 46 Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 44). 44

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

383

Die Problematik des Absatzes 3 liegt in der „Baulast“47, von der sich das Land als Eigentümer in der Regel gerne befreien möchte, aber wegen hoher Forderungen vor einer Ablösung regelmäßig zurückschreckt. Die Kirchen wiederum müssen bei einem endgültigen Verzicht auf staatliche Aufwendungen zur Bauunterhaltung48 die künftigen Belastungen und die Geldentwertung einkalkulieren.49 Absatz 3 Satz 2, der die Berücksichtigung „rechtsgeschichtlicher Zusammenhänge“ postuliert, soll sowohl kirchlichen Besorgnissen wegen Schwierigkeiten beim Nachweis von Baulasten, Widmungen oder von früherem Eigentum als auch staatlichen Bedenken für den Fall nur ganz kurzzeitiger Widmung in der Vergangenheit Rechnung tragen.50 p) Absatz 4 weist dem Land übereinstimmend mit Artikel 7 Abs. 4 eine „Vermittlerrolle“51 für Verhandlungen im Sinne von Absatz 3 mit Kommunen zu; eine rechtliche Verpflichtung wurde den Kommunen im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltung, gerade auch in finanzieller Hinsicht, nicht auferlegt, auch weil dann möglicherweise finanzielle Ansprüche gegen das Land gemäß Artikel 87 Abs. 3 Satz 2 der Landesverfassung geltend gemacht worden wären. In Frage kommende Objekte sind bisher nicht benannt worden. Da die Kirchen keine Objekte im Eigentum anderer staatlicher Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen benennen konnten, unterblieb eine Ausweitung der Verhandlungen auf diese Einrichtungen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Enthält keine entsprechende Bestimmung. 2. Thüringen Art. 10: (1) Für staatliche Grundstücke und Gebäude, die kirchlichen oder diakonischen Zwecken gewidmet sind, bleiben diese Widmung und die Bauunterhaltungspflicht des Freistaates Thüringen bis zum Abschluss von Vereinbarungen nach Absatz 2 bestehen. 47

Zur Baulast siehe Erl. A. [d)] zu Art. 7. So sind z. B. seit der Ablösung der Baulasten gemäß Art. 6 und 7 des hessischen evangelischen Kirchenvertrags vom 18. 2. 1960 die Baukosten um ein Vielfaches gestiegen, so dass die Ablösesumme kaum ein ausreichender Ausgleich war. 49 „Baulast“ ist auch hier nicht rechtstechnisch zu verstehen; auch bei fehlendem Rechtstitel zugunsten der Kirche befreit sich das Land im Falle der Übereignung von seinen Eigentümer-Bauunterhaltungspflichten. 50 Siehe auch oben Erl. A. [g)]. 51 Vgl. Amtliche Begründung (Fn. 44). 48

384

Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

(2) Der Freistaat Thüringen und die Kirchen werden möglichst bald in Vereinbarungen über eine Übertragung des Eigentums an solchen Grundstücken und Gebäuden an die Kirchen und über endgültige Regelungen der Baulast eintreten.

Regierungsbegründung Diese Bestimmung trifft eine Übergangsregelung für kirchlich gewidmete staatliche Grundstücke und Gebäude.

Kommentierung 1. Absatz 1 beschränkt sich auf Bestimmungen für staatliche Grundstücke und Gebäude und gestaltet sie mit Blick auf Absatz 2 als Übergangsregelung.52 Zum einen wird das Fortbestehen der Widmungen bekräftigt, zum andern die – für Eigentümerpflichten selbstverständliche – Fortsetzung der staatlichen Bauunterhaltungspflichten festgestellt. Es bleibt offen, ob im Unterschied zu Absatz 2 und zu Artikel 11 Abs. 1 des sächsischen Vertrages bewusst nicht von Baulastpflichten gesprochen wird; die Formulierung jedenfalls deutet auf eine Bezugnahme auf allgemeine Eigentümer- und Denkmalpflegepflichten hin. 2. Absatz 2 enthält die Vereinbarung baldiger Verhandlungen (ohne Zeitangabe) über Eigentumsübertragung an die Kirchen, verbunden mit „endgültigen Regelungen der Baulast“. Diese Bestimmung ist so auszulegen, dass „Baulast“ als Oberbegriff für auf Rechtstitel gestützte Baulasten und für Eigentümerpflichten gemeint ist. Wo keine Bauunterhaltspflichten des Freistaates wie z. B. bei den zahlreichen von den Kirchen genutzten forstfiskalischen Grundstücken bestehen, kann an die Stelle von Ablösungszahlungen des Staates auch eine Kaufpreiszahlung der Kirchen treten, sofern die kirchlichen Nutzungsrechte nicht zum geschützten Kirchengut zählen oder durch Staatsleistungen abgegolten sind. Unter „möglichst bald“ ist eine kürzere Zeitspanne als die in Artikel 9 Abs. 4 des Kirchenvertrags Sachsen-Anhalt genannten zehn Jahre zu verstehen. Von Baulastverpflichtungen bezüglich in kirchlichem Eigentum stehenden Gebäuden ist der Freistaat gemäß Artikel 13 Abs. 1 Satz 2 aufgrund des jährlichen Gesamtzuschusses (Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2) und einer für die Jahre 1995 bis 1998 gezahlten Abgeltung (Art. 13 Abs. 4) befreit.53 3. Sachsen Art. 11: (1) Für Kirchen und kirchliche Gebäude, die im Eigentum des Freistaates stehen und zu kirchlichen oder diakonischen Zwecken genutzt werden, wird der Widmungszweck uneingeschränkt gewährleistet. Im Rahmen seiner Bauunterhaltungspflicht wird der Freistaat für die Unterhaltung dieser Gebäude oder Gebäudeteile sorgen. 52

Vgl. Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3273, S. 13. Zur Gesamtregelung vgl. auch H. Weber, Der Thüringer Evangelische Kirchenvertrag, FS für M. Kriele, 1997, S. 1009 (1021 ff.). 53

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

385

Schlussprotokoll zu Art. 11 Abs. 1 Satz 2: Der Freistaat erkennt seine Baulastpflicht an folgenden Schlosskapellen an: (1) Augustusburg (2) Schloss Weesenstein. Die Kirchen werden bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche auf Erfüllung staatlicher Baulastpflichten auf die wirtschaftliche Lage Rücksicht nehmen. (2) Durch Vereinbarung mit den Kirchen kann sich der baulastpflichtige Eigentümer verpflichten, das kirchlichen oder diakonischen Zwecken gewidmete Grundstück unter Ablösung der Baulast, gegebenenfalls gegen eine Entschädigung, zu übereignen.

Regierungsbegründung Absatz 1 regelt den Fall, dass kirchliche oder diakonische Nutzung und Eigentum an Grundstücken auseinanderfallen. Aufgrund der verfassungsrechtlich gesicherten Kirchengutsgarantie (Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 138 Abs. 2 WRV) besteht ein Schutz der Kirche gegen den Entzug der Nutzung von Grundstücken, soweit sie mit staatlicher Zustimmung (die auch durch eine entsprechend lange Duldung erteilt werden kann) kirchlichen oder diakonischen Zwecken gewidmet sind. Dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe entspricht der Inhalt des Satzes 1. In Satz 2 wird bekräftigt, dass der Freistaat seiner durch Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 WRV verfassungsrechtlich abgesicherten Verpflichtung zum Bauunterhalt nachkommt. Die staatliche Baulastpflicht ist jedoch nicht zwangsläufig an die Eigentümerstellung des Freistaates geknüpft. Sie setzt in jedem Einzelfall den Nachweis einer altrechtlichen Baulastverpflichtung voraus und wird nur in dem Umfang der altrechtlichen Baulastverpflichtungen gewährt. Im Schlussprotokoll ist eine (nicht abschließende) Aufzählung der Schlosskapellen erfolgt, für die bereits nach dem jetzigen Erkenntnisstand eine Baulastpflicht des Freistaates anzuerkennen ist. Die im Schlussprotokoll weiterhin vorgesehene Rücksichtnahmeklausel soll dem Freistaat angesichts des erheblichen Bedarfs an Wiederaufbauleistungen die Möglichkeit geben, seine Baulastverpflichtungen gegenüber den Kirchen schrittweise umzusetzen. In Absatz 2 wird an das Ablösungsgebot des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung (Artikel 140 GG bzw. Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 WRV) angeknüpft, das einmal dem Prinzip der Trennung von Staat und Kirche entspricht und für beide Seiten grundsätzlich vorteilhaft ist. Die Kirchen haben häufig ein Interesse, sich keinen Nutzungsbeeinträchtigungen aufgrund fehlender Eigentümerstellung auszusetzen. Der baulastverpflichtete Staat wird die Belastungen der Bauunterhaltspflicht, die erfahrungsgemäß in der praktischen Abwicklung in erheblichem Umfang streitanfällig sind, abwenden wollen. Die Regelung sieht die Übereignung des Grundstücks, die nach den Umständen des Einzelfalles mit einer Entschädigungszahlung für den Verzicht auf die Baulast verbunden sein kann, als den Regelfall der Ablösung an. Da Absatz 2 keinen Zwang zu einem Ablösungsvertrag statuiert, sondern vor allem Modellcharakter hat, sind die dort festgelegten Grundsätze auch auf andere Baulastverpflichtete als den Freistaat übertragbar.

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

Kommentierung 1. Absatz 1 verzichtet auf eine Widmungsgarantie für kirchliches Eigentum, die ohnehin durch die Kirchengutsgarantie des Artikels 8 sowie verfassungsrechtlich gewährleistet ist, und beschränkt die vertragliche Garantie auf staatliche Gebäude. Unbebaute Grundstücke sind nicht einbezogen. Die Formulierung, dass der Widmungszweck gewährleistet wird, unterscheidet sich sprachlich vom Vertrag Sachsen-Anhalt („Widmung gewährleistet“) und vom Thüringer Vertrag („Widmung bleibt bestehen“); doch ergeben der Zusammenhang und die Begründung, die vor allem den Schutz vor dem Entzug der kirchlichen Nutzung betont,54 dass mit dieser Formulierung nichts Abweichendes ausgesagt werden soll. 2. Absatz 1 Satz 2 beschränkt die Bauunterhaltungs-Zusage für von den Kirchen genutzte Gebäude auf Fälle, in denen eine Baulast besteht, und benennt im Schlussprotokoll ohne Anspruch auf Vollständigkeit55 zwei Schlosskapellen, für die eine Baulastpflicht ausdrücklich anerkannt wird.56 Unklar bleiben könnte, was bei nicht beweisbarer Baulastpflicht zu geschehen hat; in diesem Fall greifen unzweifelhaft die normalen Eigentümerpflichten sowie die Verpflichtungen aus dem Denkmalschutzgesetz.57 Ein Unterschied läge u. a. darin, dass die auf Rechtstiteln beruhende Baulast auch einen Wiederaufbau im Falle völliger Zerstörung oder einen Erweiterungsbau umfasst,58 was die sonstigen Bauunterhaltungspflichten übersteigen würde. Satz 2 des Schlussprotokolls schränkt allerdings die vertragliche Vereinbarung über die Erfüllung und Geltendmachung von Bauunterhaltungspflichten des Freistaats – nicht aber die Baulastpflicht selbst – ein in Gestalt der Anknüpfung an die „wirtschaftliche Lage“ des Freistaats, auf die bei der Geltendmachung Rücksicht zu nehmen ist. Das bedeutet einen Haushaltsvorbehalt, der den Kirchen jederzeit entgegengehalten werden kann59, wenngleich die Kirchen ihrerseits versuchen können, den Vorbehalt durch Widerlegung der wirtschaftlichen Zwangslage des Freistaats auszuräumen, vor allem wenn es sich um relativ niedrige Kosten handelt. 3. Absatz 2 ist lediglich ein Erinnerungsposten für eine mögliche Eigentumsübertragung kirchlich genutzter Grundstücke an die Kirche, allerdings hier grundsätzlich nur gegen Ablösung der Baulast, womit aber keineswegs immer die Zahlung einer

54

LT-Drs. 1/4649 Begründung, S. 15. Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 62). 56 Dazu, dass staatliche Baulastpflichten aus staatlichen Patronaten nicht etwa durch den „Gesamtbetrag“ nach Art. 14 Abs. 1 abgelöst wurden, siehe Satz 2 Schlussprotokoll zu Art. 14 Abs. 1. 57 § 8 des Sächs. Denkmalschutzgesetzes v. 16. 3. 1993 (GVBl. S. 229). 58 Siehe dazu oben unter 4. g). 59 Die Amtliche Begründung (Fn. 62) schränkt den Vorbehalt allerdings auf eine „schrittweise“ Umsetzung von Pflichten ein, was der Wortlaut nicht abdeckt. 55

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

387

Entschädigung verbunden sein soll.60 Eine Verpflichtung wird nicht begründet, auch nicht zu Verhandlungen. 4. Brandenburg Art. 9: (1) Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass aufgrund von Artikel IV der Verordnung über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden vom 9. Februar 1946 das Eigentum an staatlichen Gebäuden und Grundstücken des Landes, der kommunalen Gebietskörperschaften und der ehemaligen Kirchenpatrone auf die nutznießenden kirchlichen Stellen übergegangen ist und etwa bestehende Baulasten der früheren Eigentümer im Zusammenhang mit dem Eigentumsübergang erloschen sind. Schlussprotokoll zu Art.9 Abs. 1: Soweit die Kirchen unter Berufung auf Art. IV Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden Ansprüche gegen das Land geltend machen, wurden diese Ansprüche unter Beachtung der übereinstimmenden Rechtsauffassung der Vertragsparteien geprüft und, soweit sie gerechtfertigt sind, erfüllt. Soweit die Kirchen gegenüber kommunalen Gebietskörperschaften Ansprüche geltend machen, wird sich das Land für eine einvernehmliche Lösung einsetzen. (2) Grundstücke und Gebäude des Landes, die kirchlichen oder diakonischen Zwecken gewidmet sind oder am 31. Januar 1933 gewidmet waren und die nicht Absatz 1 unterliegen, wird das Land, sofern nicht die Kirchen es beantragen, in das Eigentum der Kirchen übertragen und Regelungen zur Baulast mit den Kirchen vereinbaren. (3) Soweit sich Grundstücke und Gebäude im Sinne von Absatz 2 im Eigentum kommunaler Gebietskörperschaften oder anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts befinden, wird sich das Land für die Aufnahme entsprechender Verhandlungen einsetzen.

Regierungsbegründung Im Gebiet des heutigen Landes Brandenburg gab es vormals mehr als 550 staatliche Patronate und eine Reihe weiterer Patronate zugunsten der Kommunen oder privater Patrone. Der jeweilige Patron war Inhaber des Kirchengebäudes und trug die Baulast. Im Gegenzug standen ihm verschieden Ehrenrechte (Glockengeläut und Fürbitte zum Geburtstag, Begräbnisplatz in der Kirche, bevorzugter Platz beim Gottesdienst usw.), das Recht zur Benennung der Geistlichen, die Vermögensaufsicht über die Gemeinde und verschiedene andere Rechte zu. Das Patronat wurde 1946 in Brandenburg durch Art. I Abs. 1 der Kirchenpatronatsverordnung aufgehoben. Zugleich bestimmte Art. IVAbs. 1 der genannten Verordnung, dass das Eigentum 60 Das in der Amtlichen Begründung (Fn. 62) S. 16 hierfür herangezogene Ablösungsgebot des Art. 138 Abs. 1 WRV kann sich aber nur auf staatliche Baulasten aufgrund von Rechtstiteln, die in Sachsen keine weite Verbreitung haben, beziehen; normale Eigentümerlasten sind keine gegenüber den Kirchen bestehende „Staatsleistungen“ und begründen daher keine zwingenden Ablöseverpflichtungen. Die neue Belastung der erwerbenden Kirchen kann aber eine Ausgleichszahlung des Freistaats, der sich von einem ertragslosen Grundstück trennen möchte, nahelegen. Die Entschädigung kann selbstverständlich in Raten gezahlt werden; a. A. anscheinend S. Korta, Der katholische Kirchenvertrag Sachsen, 2001, S. 202. Eine Verpflichtung wird aber nicht begründet.

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

an den bislang dem Staat gehörenden Kirchengebäuden auf die Kirchen übergeht und sämtliche Baulasten (gemeint waren die Kirchenbaulasten i.S.v. Art. 132 EGBGB) der ehemaligen Patrone erloschen sind. Der Eigentumsübergang fand kraft Gesetzes statt. Nach der Anweisung vom 20. Juni 1946 zur Ausführung der Kirchenpatronatsverordnung ist vorgesehen, dass lediglich eine Grundbuchberichtigung vorzunehmen ist. Wo diese Berichtigung nicht stattgefunden hat, ist sie nachzuholen; die Berichtigung erfolgt nach Art. 17 dieses Vertrages gebührenfrei. Durch Absatz 1 des Vertrages wird die Rechtsauffassung der Vertragsparteien zur Klarstellung festgehalten. Soweit Bauwerke betroffen sind, die sich derzeit in kommunalem Besitz befinden, wird sich das Land für eine einvernehmliche Klärung des Falles einsetzen, da das Land ein Interesse daran hat, dass diese Fragen einvernehmlich gelöst werden. Eine entsprechende Klarstellung erfolgt durch das Schlussprotokoll zu Absatz 1. Nach Art. IV Abs. 2 der Kirchenpatronatsverordnung blieben die Bestimmungen der Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Mark Brandenburg vom 8. September 1945 unberührt, d. h. solche ehemals dem Patronat unterliegenden, kirchlichen Zwecken gewidmeten Gebäude, die im Zuge der Bodenreform in Volkseigentum überführt worden sind, sind nicht in Kircheneigentum übergegangen. Es ist deshalb möglich, dass sich heute noch entsprechende Gebäude und Grundstücke im Eigentum des Landes befinden. Da nach übereinstimmender Ansicht der Vertragsparteien solche Gebäude oder Grundstücke, die kirchlichen Zwecken gewidmet sind, nicht im Eigentum des Landes stehen sollen, verpflichtet sich das Land zur Übertragung in das Eigentum der Kirche, sofern sich solche Objekte in Landeseigentum befinden sollten (Absatz 2). Es befinden sich auch kirchlichen Zwecken gewidmete Grundstücke und Gebäude im Eigentum anderer öffentlicher Träger, vornehmlich der Kommunen. Werden in diesen Fällen Ansprüche geltend gemacht, wird das Land sich für die Aufnahme von Verhandlungen zwischen dem öffentlichen Träger und der Kirchengemeinde einsetzen, da das Land ein Interesse an der konfliktfreien Erledigung dieser Fragen hat. Dies wird in Absatz 3 klargestellt.

Kommentierung 1. Die Rechtslage der staatlichen oder ehemals staatlichen Kirchengebäude und kirchlich genutzten Grundstücke ist geprägt von der Kirchenpatronatsverordnung aus dem Jahr 1946.61 Danach wurden die über 500 staatlichen und weitere kommunale wie private Patronate62 mit allen Rechten und Verbindlichkeiten aufgehoben (Art. I) und der entsprechende Grundbesitz, soweit er am 31. 1. 1933 in vollem Umfang kirchlichen Zwecken gewidmet war, unter Wegfall aller Baulasten der Kirche übertragen (Art. IV Abs. 1). Absatz 1 enthält eine vertragliche Bestätigung dieser Rechtslage. Da die Eigentumsübertragung kraft Gesetzes erfolgte, wurde für 61 VO über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden vom 9. 2. 1946 (VOBl. der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg, S. 101). Die VO wurde zwar durch die Anordnung über die Aufhebung von gesetzlichen Bestimmungen aus dem Bereich des Ministeriums des Innern der DDR v. 25. 6. 1962 aufgehoben, aber durch Art. 9 Abs. 1 und das Schlussprotokoll zu Art. 11 Abs. 2 in seiner ursprünglichen Rechtswirkung bestätigt. 62 Näheres zu Patronaten s. Erl. zu Art. 11 Abs. 1.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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deren Umsetzung gemäß einer Anweisung der Provinzialverwaltung vom 20. 6. 1946 (Abschnitt III) lediglich eine Grundbuchberichtigung vorgesehen.63 Im Schlussprotokoll zu Artikel 9 Abs. 1 ist für den Fall, dass eine solche Grundbuchberichtigung unterblieben ist, eine Überprüfung und eine – gemäß Artikel 17 des Kirchenvertrages für die Kirchen kostenlose – Erledigung zugesagt, verbunden mit einer Bemühensklausel bezüglich eines gleichgerichteten Vorgehens der Kommunen. Auf eine vertragliche Widmungsbestätigung wurde – wohl mit Blick auf Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 WRV64 – in Artikel 9 verzichtet. 2. Ausgenommen von einer Eigentumsübertragung an die Kirchen aufgrund der Kirchenpatronatsverordnung von 194665 war gemäß deren Artikel IV Abs. 2 der der Bodenreform unterliegende Großgrundbesitz66 , der weitgehend in Volkseigentum umgewandelt wurde. Soweit sich derartiger Grundbesitz noch oder wieder in Landeseigentum befindet, verpflichtet sich gemäß Absatz 2 das Land, diese Grundstücke auf Antrag der Kirchen auf die Kirchen zu übertragen. Gleiches gilt für alle sonstigen kirchlichen oder diakonischem Zwecken gewidmeten staatlichen Grundstücke und Gebäude67 einschließlich solcher, die in der Zeit des Nationalsozialismus entwidmet worden waren. Im Unterschied zu Artikel 3 Abs. 3 des Kirchenvertrags Sachsen-Anhalt wird damit ein – antragsabhängiger – Rechtsanspruch auf Eigentumsübertragung begründet, der jedoch in der Praxis für die nicht unter die Kirchenpatronatsverordnung fallenden Grundstücke daran geknüpft ist, dass eine Einigung über die Ablösung der Bauunterhaltungspflichten zustande kommt. Die Bezeichnung „Baulast“ umfasst auch hier – schon von der Interessenlage her – auch die allgemeinen Eigentümerpflichten. Forderungen der Kirchen auf Ablösung der „Baulast“ für in Volkseigentum überführten Grundbesitz kann das Land allerdings nicht die Regelung des Artikels IV Abs. 1 der Kirchenpatronatsverordnung über das Erlöschen von Baulasten entgegenhalten, weil gerade dieser Grundbesitz von der Verordnungsregelung ausgenommen worden war und die Verordnung als „revolutionärer Akt“68 einer entschädigungslosen Enteignung gleichkam, die nach heutigem Recht keine Grundlage mehr hat.

63 Vgl. Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3442, Begründung S. 34 betreffend die Anweisung der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg zur Ausführung der VO über das Kirchenpatronatsrecht (s. Fn. 53). 64 Siehe dazu Erl. oben A. [a)]. 65 Siehe Fn. 53. 66 VO über die Bodenreform in der Provinz Mark Brandenburg vom 8. 9. 1945 (VOBl. S. 8). 67 Dazu gehören auch solche, die nicht „am 31. Januar 1933 in ihrem vollen Umfang Zwecken der evangelischen Kirche […] gewidmet“ und deshalb nicht den Kirchen übereignet worden waren (Art. IV Abs. 1 KirchenpatronatsVO), soweit für diese, insbesondere für die vereinigten Schul- und Kirchenämter, nicht Sonderbestimmungen (Art. 11) bestehen und soweit eine Trennung durchführbar ist. 68 A. Albrecht, Patronatswesen, HSKR, Bd. 2, 21995, § 40, S. 47 (54).

390

Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

3. Nach Absatz 3 übernimmt das Land die Vermittlerrolle für die Aufnahme von Verhandlungen der Kirchen mit anderen nichtkirchlichen Eigentümern,69 und zwar nicht nur Kommunen, sondern auch mit anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts, auf die in Brandenburg in einigen Fällen kirchlich genutztes Eigentum übergegangen ist.

II. Katholische Verträge 1. Sachsen Art. 17: (1) Für Kirchen und andere kirchliche Gebäude, die im Eigentum des Freistaates stehen und zu kirchlichen oder karitativen Zwecken genutzt werden, wird der Widmungszweck uneingeschränkt gewährleistet. Im Rahmen seiner Baulast wird der Freistaat für die Unterhaltung dieser Gebäude oder Gebäudeteile sorgen. Schlussprotokoll: Der Freistaat erkennt seine Baulastpflicht an der Kathedrale (Hofkirche) in Dresden sowie an folgenden Schlosskapellen an: 1. Hubertusburg 2. Pillnitz 3. Moritzburg. Die Katholische Kirche wird bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche auf Erfüllung staatlicher Baulastverpflichtungen auf die wirtschaftliche Lage des Freistaates Rücksicht nehmen. (2) Durch Vereinbarung mit dem jeweiligen Bistum kann sich der baulastpflichtige Eigentümer verpflichten, das kirchlichen oder karitativen Zwecken gewidmete Grundstücke unter Ablösung der Baulast, gegebenenfalls gegen eine Entschädigung, zu übereignen.

Regierungsbegründung Absatz 1 regelt den Fall, dass kirchliche oder karitative Nutzung und Eigentum an Grundstücken auseinanderfallen. Aufgrund der verfassungsrechtlich gesicherten Kirchengutsgarantie (Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 138 Abs. 2 Weimarer Reichsverfassung) besteht ein Schutz der Kirche gegen den Entzug der Nutzung von Grundstücken, soweit sie mit staatlicher Zustimmung (die auch durch eine entsprechend lange Duldung erteilt werden kann) kirchlichen oder karitativen Zwecken gewidmet sind. Dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe entspricht der Inhalt des Satzes 1. In Satz 2 wird bekräftigt, dass der Freistaat seiner durch Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung verfassungsrechtlich abgesicherten Verpflichtung zum Bauunterhalt nachkommt. Die staatliche Baulastpflicht ist jedoch nicht zwangsläufig an die Eigentümerstellung des Freistaates geknüpft. Sie setzt in jedem Einzelfall den Nachweis einer altrechtlichen Baulastverpflichtung voraus und wird nur in dem Umfang der altrechtlichen Baulastverpflichtung gewährt. Im Schlussprotokoll ist eine Aufzählung der Schlosskapellen erfolgt, für die nach dem jetzigen Erkenntnisstand eine Baulastpflicht des Freistaates anzuerkennen ist. 69 Die Amtl. Begründung (Fn. 55), S. 35 erklärt dies mit dem Eigeninteresse des Landes an der „konfliktfreien Erledigung dieser Fragen“.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Die im Schlussprotokoll weiterhin vorgesehene Rücksichtnahmeklausel soll dem Freistaat angesichts des erheblichen Bedarfs an Wiederaufbauleistungen die Möglichkeit geben, seine Baulastverpflichtungen gegenüber der katholischen Kirche schrittweise umzusetzen. In Absatz 2 wird an das Ablösungsgebot des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung (Artikel 140 GG bzw. Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) angeknüpft, weil es einmal dem Prinzip der Trennung von Staat und Kirche entspricht und für beide Seiten grundsätzlich vorteilhaft ist. Die katholische Kirche hat häufig ein Interesse, sich keinen Nutzungsbeeinträchtigungen aufgrund fehlender Eigentümerstellung auszusetzen. Der baulastverpflichtete Staat wird die Belastungen der Bauunterhaltspflicht, die erfahrungsgemäß in der praktischen Abwicklung im erheblichen Umfang streitanfällig sind, abwenden wollen. Die Regelung sieht die Übereignung des Grundstücks, die nach den Umständen des Einzelfalls mit einer Entschädigungszahlung für den Verzicht auf die Baulast verbunden sein kann, als den Regelfall der Ablösung an.

Kommentierung 1. Absatz 1 entspricht fast wortgleich Artikel 17 Abs. 1 Sätze 1 und 3 des sachsenanhaltischen Vertrags. Der Amtlichen Begründung ist zu entnehmen, dass die Vertragsparteien nicht durchweg von einer Baulastpflicht des Freistaates gegenüber der Kirche im Falle staatlichen Eigentums an kirchlichen Gebäuden ausgingen, sondern „den Nachweis einer altrechtlichen Baulastverpflichtung“ voraussetzten.70 Nachgewiesene Baulastpflichten bezüglich der in Absatz 1 genannten Gebäude sind nicht durch die Gesamtabgeltung aller kirchlichen Ansprüche gemäß Artikel 20 abgegolten.71 Die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflichten durch die Katholische Kirche ist nicht ausdrücklich erwähnt, kann aber als üblich betrachtet werden. Auf eine Vermittlerrolle des Freistaates in Bezug auf Verhandlungen mit Kommunen wurde verzichtet, weil in kommunalem Eigentum stehende kirchliche Gebäude nicht bekannt waren. Im Schlussprotokoll ist die Baulastpflicht für vier Kirchengebäude geregelt. Die sog. Rücksichtnahmeklausel in Satz 2 des Schlussprotokolls soll laut Amtlicher Begründung dem Freistaat die Möglichkeit geben, seinen Baulastverpflichtungen „schrittweise“ nachzukommen.72 2. Von der in Absatz 2 angesprochenen Möglichkeit, kirchlich genutzte staatliche Grundstücke der Kirche zu übertragen, ist zuerst in einem Fall („Geistliches Haus“ in Dresden) unter Gewährung eines staatlichen Zuschusses zum Wiederaufbau eines Trümmergrundstücks Gebrauch gemacht worden.

70

LT-Drs. 2/3612, Begründung, S. 26. Vgl. Schlussprotokoll a) Satz 3 zu Art. 20. 72 Siehe dazu oben Erl. B. I. 4. [2.] mit Fn. 67.

71

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

2. Thüringen Art. 20: (1) Für staatliche Grundstücke und Gebäude, die kirchlichen oder diakonischen Zwecken gewidmet sind, bleiben diese Widmung und die Bauunterhaltungspflicht des Freistaates Thüringen bis zum Abschluss von Vereinbarungen nach Absatz 2 bestehen. (2) Der Freistaat Thüringen und die Katholische Kirche werden möglichst bald in Verhandlung über eine Übertragung des Eigentums an solchen Grundstücken und Gebäuden an die Kirche und über endgültige Regelungen der Baulast eintreten.

Regierungsbegründung Diese Bestimmung trifft eine Übergangsregelung für kirchlich gewidmete staatliche Grundstücke und Gebäude.

Kommentierung Die Formulierung stimmt wortgleich mit Artikel 10 des evangelischen Vertrags überein, so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann.73 Die Abgeltung von Baulastpflichten bezüglich in kirchlichem Eigentum stehenden Gebäuden ist in Artikel 23 Abs. 1 geregelt. 3. Mecklenburg-Vorpommern Enthält keine entsprechende Bestimmung. 4. Sachsen-Anhalt Art. 15: (1) … (2) … (3) Für Gotteshäuser und andere kirchliche Gebäude, die im Eigentum des Landes stehen und zu kirchlichen oder karitativen Zwecken genutzt werden, wird der Widmungszweck gewährleistet. Im Rahmen seiner Baulastpflicht wird das Land für die Unterhaltung dieser Gebäude sorgen. Im Rahmen der Widmung nimmt die Katholische Kirche die Verkehrssicherungspflichten für die von ihr genutzten Gebäude wahr. Das Land wird sich gegenüber den Kommunen dafür einsetzen, dass der Widmungszweck kommunaler kirchlicher Gebäude erhalten bleibt. Schlussprotokoll: Die Baulastpflicht für die Unterhaltung dieser Gebäude wird im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wahrgenommen. (4) Durch Vereinbarung mit der jeweilig zuständigen kirchlichen Stelle kann sich der baulastpflichtige Eigentümer verpflichten, das kirchlichen oder karitativen Zwecken gewidmete Gebäudegrundstück unter Ablösung der Baulast, gegebenenfalls gegen eine Entschädigung zu übereignen. 73 Dass zu den Bauunterhaltungsleistungen auch solche der Denkmalpflege zählen, bestätigte die Abg. Arenhövel, Sitzung vom 11. 7. 1997, LT-Prot., S. 5358.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Nach Abs. 1 (…) Abs. 2 (…) Abs. 3 bestätigt die bereits in Abs. 1 erwähnte verfassungsrechtlich abgesicherte Kirchengutsgarantie bezüglich der Widmung der im Eigentum des Landes stehenden Gotteshäuser und kirchlichen Gebäude für kirchliche Zwecke; eine Nutzung für andere Zwecke, etwa musikalische oder Zwecke der Kunstbetrachtung wird dadurch nicht ausgeschlossen, darf aber die kirchliche Nutzung nicht beeinträchtigen. Im Rahmen seiner Baulastpflicht hat das Land für die Unterhaltung dieser Gebäude zu sorgen. Der Nutzer, die Katholischen Kirche, übernimmt im Rahmen der Widmung die Verkehrssicherungspflichten gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch für die von ihr genutzten Gebäude. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst das Schneeräumen, Streuen bei Eisglätte, Überwachung der Bausubstanz auf Baumängel, die zur Gefährdung von Personen führen könnten u. a. m. Im Schlussprotokoll ist festgelegt, dass die Bauunterhaltung nur im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wahrgenommen wird. Ein kirchlicher Anspruch auf Durchführung besonderer Unterhaltungspflichten besteht nicht. Mit Satz 4 übernimmt das Land eine Vermittlerrolle in bezug auf vergleichbare Rechtsbeziehungen zwischen den Kirchen und den Kommunen. Unter „anderen Körperschaften“ sind immer nur nichtkirchliche zu verstehen. In Abs. 4 wird an das Ablösungsgebot des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Art. 140 GG bzw. Art. 32 Abs. 5 Landesverfassung, jeweils i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) angeknüpft, weil es dem Prinzip der Trennung von Staat und Kirche entspricht und für beide Seiten grundsätzlich vorteilhaft ist. Die Katholische Kirche hat ein Interesse, sich keinen Nutzungsbeeinträchtigungen aufgrund fehlender Eigentümerstellungen auszusetzen. Der baulastverpflichtete Staat wird die Belastungen der Bauunterhaltungspflicht, die erfahrungsgemäß in der praktischen Abwicklung in erheblichem Umfang streitanfällig sind, abwenden wollen. Die Regelung sieht die Übereignung des Grundstücks, die nach den Umständen des Einzelfalls mit einer Entschädigungszahlung für den Verzicht auf die Baulast verbunden sein kann, als den Regelfall der Ablösung an.

Kommentierung 1. Absatz 3 Satz 1 beschränkt die Widmungsgarantie auf staatliche Gebäude, die kirchlichen oder karitativen Zwecken dienen; unbebaute Grundstücke einschließlich Friedhöfe74 sind vertraglich nicht einbezogen, doch wird deren Widmung durch die verfassungsrechtlich verbürgte Kirchengutsgarantie gewährleistet. Die gegenüber dem zeitlich vorausgehenden, fast gleichlautenden Artikel 15 Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Konkordats und dem Artikel 9 Abs. 1 Satz 1 des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen-Anhalt fehlende Verstärkung des Schutzes einer „uneingeschränkten“ Widmung ist ohne Bedeutung, da eine andere irgendwie eingeschränkte Widmung im Vertrag nicht vorgesehen ist. Satz 2 ist Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 des Sächsischen Konkordats nachgebildet. Er sagt die Erfüllung der „Baulastpflicht“ des Landes zu; da aber das Land generell eigene Baulastpflichten aufgrund einzelner Rechtstitel bisher nicht anerkannt hat und 74

Siehe aber Art. 16.

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Artikel 9 – Widmungsgarantie und Kirchengebäude

ferner das Schlussprotokoll zu Absatz 3 einen Haushaltsvorbehalt enthält, den das Land bei Vorliegen eines Rechtsanspruchs der Kirchen kaum geltend machen könnte, ist der Begriff „Baulastpflicht“ so auszulegen, dass er nicht nur nachgewiesene, auf Rechtstiteln beruhende und nicht als Patronatsverpflichtungen aufgehobene (Art. 18 Abs. 1 Satz 3) Baulastverpflichtungen, sondern vor allem Eigentümer- und denkmalpflegerische Pflichten des Landes umfasst. Dem entspricht die Amtliche Begründung, wonach kein „kirchlicher Anspruch auf Durchführung besonderer Unterhaltungspflichten besteht“75, worunter die nicht unbedingt notwendigen Baumaßnahmen, vor allem Erweiterungsbauten und Schönheitsreparaturen fallen würden. Die Sätze 3 und 4 entsprechen der üblichen Regelung für die Verkehrssicherungspflichten und enthalten die Zusage einer Vermittlerrolle des Landes bezüglich kirchlicher Gebäude in kommunalem Eigentum, die sich aber nur auf die Erhaltung der Widmung, nicht auf Baulastpflichten bezieht. 2. Absatz 4 enthält lediglich einen Merkposten für die mögliche Übereignung staatlicher, aber kirchlich genutzter Grundstücke an die Katholische Kirche, jedoch keine ausdrückliche Absichtserklärung hierzu. Die Katholische Kirche sah sich nach Auskunft des Bischöflichen Ordinariats in Magdeburg durch ein Auseinanderfallen von Eigentum und Nutzungsberechtigung nicht etwa beschwert; anders anscheinend die Auffassung in Sachsen.76 Die Beziehung des Landes als „baulastpflichtiger Eigentümer“ ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Bezeichnung „Baulast“ jegliche Bauunterhaltungspflicht umfasst, denn die Bestimmung will und kann offensichtlich nicht ausschließen, dass auch bei Fehlen einer auf Rechtstiteln beruhenden Baulast eine Eigentumsübertragung vereinbart wird.77 Auch sieht Absatz 4 im Übertragungsfall zwar eine – anscheinend zur generellen Voraussetzung gemachte – Ablösung der Baulast, aber nur „gegebenenfalls“ eine „Entschädigung“ vor; die Ablösung kann somit auch ohne Entschädigung (Ablösungszahlung) erfolgen, was im Falle einer auf Rechtstiteln beruhenden staatlichen Baulastpflicht kaum durchsetzbar erscheinen würde, es sei denn dass die Kirche ein besonderes Interesse an einer vom Land unabhängigen Bauverwaltung hat. 5. Brandenburg Enthält keine entsprechende Regelung.

75 LT-Drs. 2/4475, S. 52; vgl. im Übrigen auch H. Weber, Neue Staatskirchenverträge mit der Katholischen Kirche, FS M. Heckel, 1999, S. 463 (479 f.). 76 Vgl. die Amtliche Begründung zu Art. 17 des sächsischen katholischen Vertrags, LTDrs. 2/3612, S. 26. 77 Bei der Vereinbarung über die Zuordnung der Nordhälfte des Doms zu Merseburg an die Vereinigten Domstifter – siehe oben A. [n)] – erkannte das Land zwar eine rechtlich begründete Baulast nicht an, sagte aber dennoch die Ablösesumme wegen Befreiung von den Eigentümerpflichten zu.

Artikel 10 – Denkmalpflege A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 10: (1) Die Kirchen verpflichten sich, denkmalswerte Gebäude nebst den dazugehörenden Grundstücken sowie deren Kunst- und Kulturgegenstände zu erhalten und zu pflegen. Sie werden dafür Sorge tragen, dass ihre Kirchengemeinden, Gliederungen, Anstalten und Stiftungen entsprechend verfahren, soweit diese Verpflichtungen im Einzelfall nicht zu unzumutbaren Belastungen der Kirchengemeinden, Gliederungen, Anstalten und Stiftungen führen. Die Denkmalbehörden haben bei Kulturdenkmalen der Kirchen, die dem Gottesdienst oder sonstigen Kulthandlungen zu dienen bestimmt sind, die kultischen und seelsorglichen Belange, die von der zuständigen Kirchenleitung festzustellen sind, vorrangig zu beachten. Vor der Durchführung von Maßnahmen setzen sich die Behörden mit der zuständigen Kirchenleitung ins Benehmen. (2) Die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes über gefahrenabwendende Maßnahmen der Denkmalbehörden, die diese zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben treffen, über Genehmigungspflichten sowie über die Ablieferung von Funden und über Enteignungen finden keine Anwendung auf Kulturdenkmale, die in kirchlichem Eigentum stehen, soweit sie dem Gottesdienst und sonstigen Kulthandlungen zu bestimmt sind und die Kirchen im Einvernehmen mit der obersten Denkmalbehörde eigene Vorschriften zum Schutz dieser Kulturdenkmale erlassen. (3) Bei der Vergabe der Mittel des Landes für die Denkmalpflege werden die Kirchen unter Beachtung der Regelungen des Denkmalschutzgesetzes angemessen berücksichtigt. Das Land wird sich dafür einsetzen, dass die Kirchen auch von solchen Einrichtungen Hilfen erhalten, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Kultur- und Denkmalpflege tätig sind. (4) Das Land wird darauf hinwirken, dass bei der Gestaltung der im Land Sachsen-Anhalt liegenden nichtkirchlichen reformationsgeschichtlichen Gedenkstätten die Kirchen beteiligt werden.

Regierungsbegründung Zu Artikel 10 Artikel 10 enthält gegenseitige Zusicherungen zur Denkmalpflege. Die besondere Situation im Land Sachsen-Anhalt, die darin besteht, dass etwa die Hälfte aller Kirchen und Kapellen (zusammengerechnet) ungenutzt bleibt und dadurch dem Verfall ausgesetzt ist, zwingt zu den relativ einschneidenden Belastungen durch Anwendung der Bestimmungen des Denkmalschutzrechts, zur Zeit geregelt im Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Oktober 1991 (GVBI. LSA S. 368). Abgemildert werden die Belastungen durch die Befreiung von Verpflichtungen bei Unzumutbarkeit (Absatz I Satz 2) und durch die ausdrückliche Zusicherung der vorrangigen Berücksichtigung der kultischen und historischen Belange (Absatz 1

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Artikel 10 – Denkmalpflege

Satz 3). Die Unzumutbarkeit muss sich auf die Leistungsfähigkeit der jeweils betroffenen Kirchengliederung (Kirchengemeinde, Kirchenkreis) beziehen. Kultische Belange sind z. B. betroffen bei einer von kirchlichen Trägern gewünschten Änderung der Stuhlanordnung im Interesse neuer Gottesdienstordnungen oder bei Vorkehrungen zugunsten sonstiger Gemeindeveranstaltungen. Nicht darunter fallen Veränderungswünsche der Kirchen aus wirtschaftlichen Erwägungen, weil solche Motive auch bei anderen verpflichteten Einrichtungen keine Berücksichtigung finden und hier eine Sonderbehandlung der Kirchen nicht begründbar wäre. Absatz 2 ermöglicht eine weitgehende Freistellung der Kirchen von Verpflichtungen des Denkmalschutzrechts in Bezug auf sakrale Kulturdenkmäler, wenn die Kirchen eigene Schutzvorschriften erlassen. Die dabei erwähnten historischen Schatzfunde sind allerdings auch ohne solche Schutzvorschriften von der Ablieferungspflicht befreit, wenn die Fundstelle zum Kirchengelände gehört, weil in diesen Fällen davon ausgegangen wird, dass die Fundsache nie herrenlos war. Allgemeine Vorschriften zur Gefahrenabwehr bleiben unberührt.

Literatur F. Hammer, Denkmalschutz im staatlichen und kirchlichen Recht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 66, S. 2711 ff.; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 100 f., 274 ff.; G. Burger, Staatskirchenrecht in Sachsen, 1998, S. 121 ff.; A. Frhr. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, § 24 Rn. 1 ff.; C. Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999, S. 162 ff.; M. Heckel, Staat Kirche Kunst, 1968; ders., Gesammelte Schriften Staat, Recht, Kirche, Geschichte, Bd. 2, 1989, S. 1075 ff.; A. Hollerbach, Kunst- und Denkmalpflege, HbKathKR 21999, S. 1009 ff.; B. M. Kremer, Denkmalschutz und Denkmalpflege im Bereich der Kirchen, HSKR, Bd. 2, 21995, § 42, S. 77 ff.; D. Martin/H. Ahrensdorf/A. Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, Kommentar, Loseblattsammlung, 2001 ff.; A. Reich, Denkmalschutzgesetz Sachsen-Anhalt, 2000; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 485 ff.

Bedeutung und Hintergrund Seit dem 19. Jahrhundert engagieren sich die Kirchen ebenso wie staatliche Stellen intensiv für die Erhaltung kirchlicher Gebäude, wobei der Staat Denkmalpflege und Denkmalschutz1 für kirchliche Gebäude einordnen muss in Regelungen für sämtliche Kulturdenkmale. Insofern standen die Vertragsverhandlungen im Schnittpunkt der auf die Artikel 4 GG und 140 GG in Verbindung mit den Artikeln 137 Abs. 3 und 138 Abs. 2 WRV gestützten kirchlichen Forderungen einerseits und der politischen Konzeption des soeben geschaffenen Denkmalschutzgesetzes des Landes2 andererseits, dessen Grundlage wiederum Artikel 36 Abs. 4 der Landesver1

Die Unterscheidung wird darin gesehen, dass der Denkmalschutz sich „verbietend oder gebietend an nichtstaatliche Rechtsträger“ wendet, während die Pflege „in betreuender Tätigkeit durch die staatliche Verwaltung“ besteht, vgl. A. v. Campenhausen/de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 24 Rn. 5 Fn. 3. 2 Gesetz vom 21. 10. 1991 (GVBl. S. 368), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. 12. 2005 (GVBl. LSA S. 769, 801); dazu neben D. Martin/H. Ahrensdorf/A. Flügel,

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fassung mit dem Bekenntnis zu Schutz und Pflege der Denkmale von Kultur und Natur bildet und dessen ausführliche Regelungen Artikel 10 – wenn auch nicht vertraglich abgesichert – ergänzen sowie als Auslegungshilfe fungieren sollen. Sachsen-Anhalt verfügt wegen der zahlreichen kleinen, früher meist von Gutsherren betreuten Ortschaften über die proportional größte Kirchendichte in der Bundesrepublik, was angesichts des starken Rückgangs der Zahl der Kirchenmitglieder und des fast durchweg schlechten Erhaltungszustands3 zu großen Problemen führt. Trotz der – auch mit Blick auf die Bauunterhaltungskosten zugestandenen – hohen Staatsleistungen sahen sich die Kirchen nicht in der Lage, alle kirchlichen Gebäude in absehbarer Zeit mit eigenen Mitteln zu restaurieren, während andererseits die staatliche Denkmalpflege eine strenge Inpflichtnahme der Eigentümer und Besitzer von Denkmalen einforderte. Hauptstreitpunkte in der Denkmalpflege sind erfahrungsgemäß kirchliche Veränderungswünsche, während Veräußerungen an den denkmalpflegerischen Pflichten des jeweiligen Eigentümers grundsätzlich nichts ändern. Insgesamt aber zeigte sich auch bei den Vertragsverhandlungen, in denen die Kirchen eine vertragliche Absicherung ihrer Rechte ausdrücklich wünschten, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Land und den Kirchen in der Denkmalpflege recht problemlos verläuft. Entstehungsgeschichte Während bis zur 13. Sitzung mehr allgemeine Fragen, auch im Zusammenhang mit dem noch in der parlamentarischen Beratung befindlichen Denkmalschutzgesetz, erörtert wurden, legten die Verhandlungspartner in der 14. und 15. Sitzung vorab die Formulierung des Absatzes 4 über die Beteiligung der Kirchen an nichtkirchlichen reformatorischen Gedenkstätten fest. In der 16. und 17. Sitzung wurden die Grundsatzfragen der künftigen Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und den Denkmalbehörden erörtert. Während die staatliche Seite für eine „strenge“ Regelung eintrat, weil die Hälfte aller ca. 3.000 denkmalswerten Kirchen und Kapellen ungenutzt seien und Gefahr liefen zu verfallen, verwiesen die Kirchen auf Regelungen in Baden-Württemberg und Niedersachsen, denen zufolge den Kirchen in verschiedener Hinsicht, insbesondere bei Entscheidungen im Interesse liturgischer Zwecke, weitgehend freie Hand gelassen wurde. Die staatliche Seite hielt eine Zustimmungspflicht bei allen Veränderungen für unverzichtbar, die Kirchenvertreter sahen dagegen eine Überschneidung von Zielen des Denkmalschutzes mit der Ausübung der Denkmalschutzgesetz, S. Goliasch, Das neue Denkmalschutzrecht in Sachsen-Anhalt, LKV 1994, S. 281 mit kritischer Erwiderung von F. Niebaum/J. Eschenbach, Verwirrung „System“, LKV 1995, S. 143. 3 Zur Denkmalpflege in der DDR vgl. H. Magirius, Zur Geschichte der Denkmalpflege in der früheren DDR, in: R. Grötz/H. Lange/H. Beu (Hrsg.), Denkmalschutz und Denkmalpflege. 10 Jahre Denkmalschutz Nordrhein-Westfalen, 1991 S. 285 ff.; zur Situation in dem Gebiet der Ev. Kirchenprovinz Sachsen vgl. H. Schultze, Kirche und Denkmalpflege in der Kirchenprovinz Sachsen in der Zeit der DDR und in den 10 Jahren seit der friedlichen Revolution, Diss. Münster 2000, S. 341 ff.

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Religionsfreiheit, z. B. wenn die Innenausstattung, etwa die Stuhlordnung, aus liturgischen Gründen verändert, Beratungsräume für kirchliche Gremien geschaffen oder Altäre verlegt werden sollen. Die Landesvertreter schlugen daraufhin eine Ausnahmeregelung zugunsten liturgischer Entscheidungen vor, nicht aber für Entscheidungen aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen, weil hier eine Besserstellung der Kirchen nicht zu rechtfertigen sei. In der 19. Sitzung unterbreitete die staatliche Seite auf der Grundlage der vorangegangenen Diskussion, insbesondere in Anlehnung an die baden-württembergische Regelung, eine Neuformulierung der zunächst vorgeschlagenen Fassung der Absätze 1 und 2, unter Beibehaltung des schon aufgrund eines kirchlichen Vorschlags unstreitig gestellten Absatzes; sie fand – unter Hinzufügung einer Zumutbarkeitsklausel für den Fall einer Überforderung der Kirchengemeinden – in der 20. Sitzung als Endfassung die kirchliche Zustimmung. Kommentierung a) Absatz 1 stellt einen Kompromiss dar zwischen dem Streben der Kirchen nach Selbstbestimmung in der Denkmalpflege und den Vorstellungen des Landes – als Garant der Erhaltung des gemeinschaftlichen kulturellen Erbes – über die Pflichten der Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen.4 Die Regelung folgt nicht der Maximalforderung, alle einschlägigen Entscheidungen über kulturellen Zwecken dienende kirchliche Gebäude den Kirchen zu überlassen5. Diese Position würdigt auch nicht ausreichend, dass als Kulturdenkmale anerkannte kirchliche Gebäude, die ja auch keineswegs immer nur mit kirchlichen Mitteln errichtet und über Jahrhunderte hinweg instand gehalten worden sind, ein entscheidender Bestandteil des Kulturbildes einer Stadt oder einer Gemeinde sind, gleichgültig ob noch sakral genutzt oder nicht; ferner dass der Staat die Verantwortung für das Gesamtbild eines Landes, für dessen kulturellen Bestand und seine kulturelle Ausstrahlung, für die städtebauliche Gestaltung und für die künstlerische und auch touristische Attraktivität trägt.6 Insofern sind Denkmalschutzgesetze als für alle Eigentümer und Besitzer von Kul4 Absatz 1 sagt nichts über den Rechtsstatus betroffener Gebäude aus; Art. 10 ist daher im Sinne des Denkmalschutzgesetzes auszulegen, so dass gemäß § 9 Abs. 2 DSchG (Fn. 2) als Verpflichtete jeweils „Eigentümer, Besitzer und andere Verfügungsberechtigte“ von Kulturdenkmalen gelten. 5 So insbes. B. M. Kremer, Denkmalschutz, S. 84 ff., vor allem unter Berufung auf W. Loschelder, Staatliche und kirchliche Kulturverantwortung auf dem Gebiet des Denkmalschutzes, FS Mikat, 1989, S. 616 ff.; Kremer rekurriert in erster Linie auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 140 GG/137 Abs. 3 WRV und will das Denkmalschutzrecht nicht als „Schrankengesetz“ i. S. von Art. 137 Abs. 3 Satz 1 anerkennen; doch überzeugt seine Bezugnahme auf andere Grundrechte und auf die Rechtsprechung nicht; schon Kremers Resultat, dass bei Anlegung seiner Maßstäbe von 16 Denkmalschutzgesetzen der Länder praktisch 13 verfassungswidrig seien, gibt zu Zweifeln an seiner Auffassung Anlass. 6 Vgl. M. Heckel, Staat, S. 125 ff.; ders., Gesammelte Schriften, S. 1093 ff.; F. Hammer, Denkmalschutz im staatlichen und kirchlichen Recht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 66, S. 2711 (2714 f. Rn. 3 f.); H. U. Anke, Neubestimmung, S. 280: „Endverantwortung des Staates“; ferner BVerfGE 10, 20 (36 f.) sowie 36, 321 (331) und 100, 226 (242): „eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang“.

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turdenkmalen geltende Schrankengesetze im Sinne von Artikel 140 GG/ 137 Abs. 3 WRV7. Auf der anderen Seite dürfen Denkmalschutzentscheidungen die verfassungsrechtlich abgesicherte Religionsfreiheit (Art. 4 GG) keinesfalls beeinträchtigen, wofür insbesondere die Absätze 2 und 3 Gewähr bieten sollen. b) Absatz 1 Satz 1 formuliert die Denkmalpflegepflicht der Kirchen, wie sie Artikel 36 Abs. 4 der Landesverfassung8 und § 9 Abs. 2 des Denkmalschutzgesetzes9 für alle Eigentümer und Besitzer, z. B. auch Erbbauberechtigte, und sonstige Nutzer denkmalswerter Gebäude vorsehen.10 Gegenstand der Verpflichtung sind zunächst „Gebäude“, worunter nicht nur Sakralgebäude, sondern z. B. auch Verwaltungsgebäude und Pfarrwohnungen fallen, aber auch Ruinen, Grotten und unterirdische Grabstätten, ferner Grabmale, bauliche Kreuzigungsdarstellungen, Steinkreuze und Kreuzwegstationen,11 also ganz allgemein ortsfeste Bauten.12 Einbezogen in Satz 1 sind sodann die „dazugehörigen Grundstücke“, d. h. bei Grabmalen u. U. der kirchliche Friedhof, bei Kreuzwegstationen dazugehörige Treppenwege, ferner die dazugehörigen „Kunst- und Kulturgegenstände“, worunter sowohl unbewegliche Gegenstände wie etwa Orgeln, festverankerte Altäre oder Skulpturen als auch bewegliche wie nichteingebaute Kanzeln, Bestuhlung, Kruzifixe und Beleuchtungskörper ebenso fallen wie Gemälde, Bibliotheksgegenstände oder archäologische Funde.13 Die Verpflichtungen beziehen sich auf „denkmalswerte“ Gebäude und Gegenstände. Die Entscheidung hierüber obliegt der Denkmalsbehörde, die gemäß § 18 DSchG die Aufgabe hat, die betreffenden Objekte in der Regel in ein Verzeichnis aufzunehmen oder jedenfalls den Eigentümer oder Besitzer über die Einstufung als denkmalswert zu unterrichten. Kriterium ist entsprechend dem Denkmalschutzrecht des Landes nicht nur der historische Wert, sondern auch der kulturell-künstlerische, der wissenschaftliche, der kultische sowie der technisch-wissenschaftliche

7 Vgl. M. Heckel, Staat, S. 225 ff.; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 24 Rn. 1 f.; a. A. B. M. Kremer, Denkmalschutz, S. 87 ff. 8 Art. 36 Abs. 4 lautet „Das Land sorgt, unterstützt von den Kommunen, für den Schutz und die Pflege der Denkmale von Kultur und Kunst“. 9 Siehe Fn. 2. § 9 Abs. 2 S. 1 lautet: „Die Eigentümer, Besitzer und anderen Verfügungsberechtigten von Kulturdenkmalen sind verpflichtet, diese nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu pflegen, instandzusetzen, vor Gefahren zu schützen und, soweit möglich und zumutbar, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ 10 Die erfassten Objekte sind nicht identisch mit denen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 DSchG, der z. B. auch Parks und Landschaftsteile einbezieht. 11 Weitere Beispiele bei A. Flügel, in: D. Martin/H. Ahrensdorf/A. Flügel, Denkmalschutzgesetz, Loseblattsammlung, Nr. 2.2.1 (Ziff. 1) zu § 2. 12 § 2 Abs. 2 Nr. 1 DSchG spricht präziser von Baudenkmalen. 13 Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 DSchG sind „Ausstattungsstücke und Zubehör […], sofern sie mit einem Baudenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden, wie diese zu behandeln“ (gemeint sind Denkmale); vgl. im Übrigen auch E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 492.

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oder die städtebauliche Bedeutung (§ 2 Abs. 1 DSchG)14, wobei der Ermessensspielraum der Behörde lediglich begrenzt ist durch das allgemeine Merkmal des Ermessensmissbrauchs, den die Kirchen ggf. durch Anrufung der Freundschaftsklausel und auf dem Rechtsweg geltend machen können. Die Zusage, Denkmalwürdiges „zu erhalten und zu pflegen“, umfasst alle Maßnahmen, die aus fachlicher Sicht zur Werterhaltung unumgänglich sind.15 Die geforderte Erhaltung bedeutet zugleich den Ausschluss eines Abrisses. Die Pflicht zur Pflege gebietet die Abwehr von Gefahren für das Kulturdenkmal wie etwa Nässeschäden oder Diebstahl und verbietet z. B. auch eine herabwürdigende Nutzung.16 c) Absatz 1 Satz 2 enthält die Zusage der Kirchen, die Einhaltung der Pflichten nach Absatz 1 durch alle nachgeordneten kirchlichen Einrichtungen sicherzustellen. Auf welche Weise dies erfolgt, ob durch Kirchengesetze oder Weisungen, ist Sache der Kirchen, die in jedem Fall selber Vertragspartner und Verpflichtete bleiben. Die außer den Kirchengemeinden einzubeziehenden sonstigen Gliederungen sind vor allem die Kirchenkreise. Unter „ihren Anstalten und Stiftungen“ sind nur solche zu verstehen, auf deren Verhalten die Kirchen Einfluss nehmen, eine rechtliche „wirksame Aufsicht ausüben können“17; rechtlich unabhängige Einrichtungen gehören nicht dazu und unterliegen dem allgemeinen Denkmalschutz. Die vertragliche Ausnahmebestimmung, dass die Denkmalpflegepflichten nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen dürfen, bezieht sich zwar gemäß Satz 2 nur auf die genannten nachgeordneten Einrichtungen, nicht auf die Kirchen insgesamt, deren Vertragspflichten bestehen bleiben; doch erstreckt sich nach § 10 Abs. 4 und 5 DSchG die Zumutbarkeitsklausel auf alle Denkmalschutzverpflichteten. Unzumutbar ist eine Belastung, die in keinem Verhältnis zum Umfang der Mittel steht, über die die betroffene kirchliche Einrichtung verfügt.18 Dieser Punkt ist für jeden Einzelfall einer erforderlichen Maßnahme zu prüfen. In aller Regel kann allerdings eine Kirchengemeinde eine ihr gehörende größere Pfarrkirche nicht allein erhalten. Die Erhaltungspflicht schließt aber zielgerichtete Bemühungen um die Gewinnung von Geldgebern, ferner die Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung des Bau-

14 Einzelheiten ergeben sich auch aus den Nr. 2.2 bis 2.9 der Verwaltungsvorschriften vom 16. 12. 1997 (MBl. S. 2127). 15 Zur Umgestaltung s. Erl. d). 16 Vgl. H. Ahrensdorf, in: Denkmalschutzgesetz (Fn. 11), Erl. 3.3.2 zu § 9; dort auch weitere Erläuterungen der Denkmalpflegepflichten. 17 E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 495. 18 Z. B. ist nach § 10 Abs. 4 und 5 DSchG eine „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“ dann gegeben, „wenn die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen oder andere Einkünfte […] nicht herangezogen werden können“; dies wird angesichts geringer Eigenmittel der Kirchengemeinden und der begrenzten landeskirchlichen Zuweisungen häufig der Fall sein; ausführliche Erläuterungen zur Unzumutbarkeit bei D. Martin in: Denkmalschutz (Fn. 11), Nr. 5.2 zu § 10 und S. Goliasch, Denkmalschutzrecht (Fn. 2), S. 283; ferner in BVerfGE 100, 226 (242 ff.) sowie BGHZ 99, 24 (34 ff.).

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zustandes sowie die Offenlegung aufgetretener Mängel und die Unterrichtung der Denkmalbehörde ein. d) Absatz 1 Satz 3 trägt dem Grundrecht auf Religionsfreiheit sowie der Kirchengutsgarantie und dem Selbstverwaltungsrecht der Kirchen Rechnung durch eine Ausgleichsregelung für die miteinander konkurrierenden Rechte und Aufgaben der Kirchen und denen des Landes in Wahrnehmung seiner Kulturverantwortung. Die vorrangige Beachtung kirchlicher Belange bei Entscheidungen der Denkmalpflege unterliegt allerdings zwei Einschränkungen. Zum einen muss es sich um Kulturdenkmale handeln, die sakralen Zwecken zu dienen bestimmt sind19, also insbesondere Kirchengebäude, Taufkapellen oder Friedhöfe; zum anderen um kultische oder seelsorgerliche Belange. Mit der erstgenannten Einschränkung werden Entscheidungen über Verwaltungsgebäude oder Pfarrwohnungen, aber auch Kindergärten und Altenheime von der Vorrangigkeit bei Entscheidungen ausgenommen, soweit es sich nicht um für gottesdienstliche Zwecke wie Trauungen, Taufen oder Einsegnungen oder für seelsorgerliche Gespräche bestimme Räume, die dafür besonders hergerichtet sein müssen, handelt. Mit der Beschränkung auf kultische oder seelsorgerliche Belange folgten die Vertragsparteien nicht der Auffassung, dass Entscheidungen hinsichtlich sakraler Gebäude nicht nach Zwecken getrennt, sondern nur einheitlich unter Vorrang der kirchlichen Auffassungen getroffen werden könnten.20 Die Gestaltung der Bedachung oder des Außenputzes sind in aller Regel für die Religionsausübung irrelevant, so dass sie allgemeinen denkmalpflegerischen Entscheidungen zur Wahrung des hergebrachten Charakters als Kunstdenkmal unterworfen werden kann, es sei denn dass etwas durch eine Farbwahl nach Meinung der Kirchengemeinde das Andachtsgefühl der Kirchbesucher oder durch Verwendung bestimmter Materialien die Akustik beeinträchtigen würde.21 Umgekehrt sind die Position des Altars, der Kanzel oder des Taufbeckens, die Anordnung der Bestuhlung, die Beleuchtung und die Farbgebung und Helligkeit der Fenster maßgebliche Rahmenbedingungen für den Gottesdienst, eingeschlossen die Berücksichtigung neuer liturgi19 Mit dieser Formulierung werden auch sakrale Gegenstände einbezogen, die nicht mehr genutzt werden, im Unterschied zu Art. 9 Abs. 3 des Evangelischen Vertrages Mecklenburg-Vorpommern, demzufolge die geschützten Gegenstände grundsätzlich noch heute religiösen Zwecken dienen müssen. 20 So aber B. H. Kremer, Denkmalschutz, S. 89 ff. und wohl auch A. v. Campenhausen/ H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 24 Rn. 4 f.; sowie A. Hollerbach, Kunst- und Denkmalpflege, S. 1114; a. A. M. Heckel, Staat S. 237 f.: Differenzierung nach Sachgesichtspunkten, Zielen und Funktionen. 21 Wie schwierig im Einzelfall Entscheidungen sein können, zeigt sich etwa im Falle, dass eine Kirchengemeinde auf die Darstellung von Engeln verzichten und deshalb sich von einem kunsthistorisch wertvollen Orgelprospekt trennen will – hier wohl Vorrang der Denkmalschutzforderung – oder wenn eine Gemeinde aus Gründen der Einheit des Kirchenraumes einen wertvollen Lettner beseitigen oder in Erinnerung an alte Zisterzienser-Grundsätze gar einen barocken Turm abreißen lassen will; ferner wenn bei der Renovierung der Orgel die Gemeinde eine modernere Ausstattung anstelle der alten, musikhistorisch wertvollen Orgelkonstruktion wünscht – hier wohl Vorrang des kirchlichen Wunsches.

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scher Elemente,22 und unterliegen daher nahezu ausschließlich der Entscheidungsmacht der Kirchen.23 Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme und Ausstattung von Räumen für Besprechungszwecke, soweit dadurch nicht die Gesamtwirkung eines Kirchenraumes beeinträchtigt wird. Voraussetzung für die Beachtung kultischer und seelsorgerlicher Gesichtspunkte ist allerdings eine schlüssige theologische Begründung. Hinsichtlich der Pflicht zur Offenhaltung von Kulturdenkmalen für die Allgemeinheit findet Satz 3 auch Anwendung, wenn z. B. der Gottesdienst durch Besucher gestört würde; missbräuchliche Behinderungen von Besuchern, also etwa Schließung anlässlich einer Orgelprobe oder während einer Ausschmückung des Kirchen-Innenraumes, ebenso Wünsche auf unverhältnismäßig frühe Schließung vor Gottesdiensten rechtfertigen dagegen keine vorrangige Beachtung. Bei allen Entscheidungen und insbesondere in Zweifelsfällen bezüglich der Berücksichtigung künstlerischer Gesichtspunkte ist die Denkmalbehörde gehalten, den sakralen Charakter des Kulturdenkmals im Blick zu behalten und – auch im Hinblick auf die Kunstfreiheit24 – Kunstwerke religiösen Charakters im Sinne ihrer kirchlichen Tradition zu behandeln und zu erhalten.25 Anders verhält es sich bei auf wirtschaftlichen Erwägungen beruhenden Gestaltungswünschen der Kirchen.26 Die vorrangige Beachtung kirchlicher Belange27 bedeutet, dass abweichende Entscheidungen der Denkmalbehörde nur als seltene Ausnahme in Betracht kommen können und in jedem Einzelfall einer gründlichen, die absolute Notwendigkeit dieser Entscheidung nachweisenden Begründung bedürfen28. Weil in solchen Fällen eine Beeinträchtigung der freien Religionsausübung vorliegen wird, gegen die die Kirchen die Freundschaftsklausel und auch die Gerichte anrufen können, wird ein sol-

22

Vgl. M. Heckel, Staat, S. 115. Wenn z. B. in einer Naumburger Kirche die Denkmalbehörde den Einbau zu heller Fenster mit Blendwirkung für die Gottesdienstbesucher durchsetzte, verstieß sie gegen das Recht der Kirchen auf eigenständige Gottesdienstgestaltung. 24 Zur Auswirkung des Art. 5 Abs. 3 GG auf den Denkmalschutz allgemein vgl. M. Heckel, Staat, S. 71 ff.; ferner A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 24 Rn. 5 ff. 25 Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 24 Rn. 5 ff..; M. Heckel, Staat, S 97 ff.; ders., Ges. Schriften, S. 1087. 26 Beispiele wären Absichten, bessere Zugänge oder auffallende Werbung für eine kostenpflichtige Turmbesteigung oder für die Besichtigung eines Domschatzes zu schaffen. 27 In § 8 Abs. 5 DSchG heißt es „zu berücksichtigen“; nach H. Ahrensdorf ist danach auf kirchliche Belange „besonders Rücksicht“ zu nehmen, in: Denkmalschutzgesetz (Fn. 11), Erl. 7 zu § 8. 28 Nach Ansicht von A. Reich, Denkmalschutzgesetz, § 8 Rn. 8, verbietet § 8 DSchG jedes Abweichen von festgestellten kirchlichen Belangen. 23

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cher Konfliktfall kaum auftreten.29 Die Praxis zeigt auch, dass weitgehend das Prinzip der Einmütigkeit herrscht, wobei sich eine wachsende Selbständigkeit der unteren Denkmalschutzbehörde zu entwickeln scheint. Auf kirchlicher Seite hat die Kirchenprovinz Sachsen Fragen des Inventars, der Glocken und der Orgeln ab einem Wert von 50.000 Euro in die kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung durch das Konsistorium einbezogen; ansonsten entscheiden die Kirchenkreise. Maßgeblich für die Entscheidung über die Vorrangigkeit aus kultischen oder seelsorgerlichen Gründen ist eine Feststellung der zuständigen Kirchenleitung, also nicht z. B. einer Synode, des Bischofs oder eines Sachverständigen oder gar der Mehrheit der Gemeindemitglieder. Die Zuständigkeit richtet sich nach der innerkirchlichen Regelung; danach kann die Stellungnahme der Kirchenleitung auch an die Zustimmung eines anderen Gremiums oder einer Person gebunden werden. Die Feststellung der Kirchenleitung muss nachvollziehbar sein und kann von der Denkmalbehörde daraufhin geprüft werden, ob es sich tatsächlich um gottesdienstliche Belange handelt, nicht aber etwa auf die Zweckmäßigkeit oder Angemessenheit.30 e) Eine zusätzliche Absicherung dagegen, dass denkmalpflegerische Entscheidungen über den Kopf der Kirchengemeinde hinweg getroffen werden, formuliert Absatz 1 Satz 4, der für jeden Fall der Durchführung einer staatlichen Maßnahme, nicht allerdings schon im Stadium der Planung, die Kontaktaufnahme mit der zuständigen Kirchenleitung31 vorsieht. Im Hinblick auf die Endverantwortung des Landes für die Denkmalpflege ist zwar kein Einvernehmen vorgesehen; das „Benehmen“ bedeutet aber nicht nur eine Unterrichtung, sondern der Kirchenleitung ist Gelegenheit zu eingehender Prüfung, Stellungnahme und, falls gewünscht, zur Erörterung zu geben; unzumutbare Fristsetzung oder pro forma-Kontakte stellen eine Vertragsverletzung dar. f) Absatz 2 ermöglicht – in Anlehnung an die baden-württembergische Denkmalschutzregelung32 und an § 4 Abs. 4 des sachsen-anhaltischen Denkmalschutzgesetzes – eine weitgehende Freistellung der Kirchen von Maßnahmen der Denkmalschutzbehörden33, und zwar unter zwei Voraussetzungen: Zum einen muss es sich um sakralen Zwecken dienende Gebäude handeln,34 allerdings begrenzt auf Kircheneigentum35 ; zum anderen müssen die kircheneigenen Vorschriften zum Schutz ihrer 29 Denkbar wären Fälle wie Verstellung des Durchblicks durch den Kirchenraum durch eine große Lichtbild-Leinwand oder das Bekleben einer kunsthistorisch wertvoll bemalten Kanzeltreppe mit Sinnsprüchen. 30 Zum Gesamtproblem vgl. M. Heckel, Staat, S. 177 f. 31 Zum Begriff s. Erl. d). 32 § 11 Abs. 2 des Gesetzes in der Fassung vom 6. Dezember 1983 (GBl. 1983, 797). 33 Eher missverständlich spricht die Amtliche Begründung von der „Freistellung von Verpflichtungen des Denkmalschutzgesetzes“, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 11. 34 Siehe dazu Erl. d). 35 Zur Kritik daran vgl. M. Heckel, Staat, S. 183 ff.; dahinter steht aber der Wunsch des Landes, für staatliche Gebäude die Denkmalpflege selbst in die Hand zu nehmen, im seltenen

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Kulturdenkmale erlassen, die der Zustimmung der obersten Denkmalbehörde, also des zuständigen Ministeriums bedürfen, eine Regelung, die § 4 Abs. 4 DSchG bezüglich der Übertragung von Aufsichtsmaßnahmen an die Kirchen konkretisiert.36 Das Angebot der Freistellung der Kirchen von aufsichtsrechtlichen Maßnahmen ist ein Vertrauensbeweis in Anbetracht der jahrhundertealten erfolgreichen kirchlichen Denkmalpflege, in der Regel in enger Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen vorgenommen; es setzt aber auch eine effektive kirchliche Organisation voraus, weil insbesondere die Entscheidung über Umbauten, Umnutzungen oder gar Abriss in voller Verantwortung für den Denkmalbestand zu treffen sind, erfordert also eine voll funktionsfähige Verwaltung und erfahrenes Fachpersonal,37 was bei der notwendigen Zustimmung des Landes auch Gegenstand der Überprüfung ist. Letzteres ist kein unzulässiger Eingriff in die inneren Angelegenheiten der Kirchen, weil die Zuständigkeitsübertragung38 nur bei gesicherter Wahrnehmung dieser öffentlichen Aufgabe durch die Kirchen verantwortbar ist und die Kirchen diesem Eingriff vertraglich zugestimmt haben. Andererseits ist die Zustimmung des Landes selbstverständlich gebunden an die Grundsätze der Religionsfreiheit der Kirchen, d. h. an die vorrangige Betrachtung der kultischen und seelsorgerlichen Belange (Absatz 1 Satz 3) und an das geltende Denkmalschutzrecht. Willkürliche, d. h. das normale Maß übersteigende Anforderungen dürfen an die kirchliche Regelung und Organisation nicht gestellt werden. Eine förmliche Übertragung der Zuständigkeit ist nach Absatz 2 nicht erforderlich – im Unterschied zu § 4 Abs. 4 DSchG –, aber empfehlenswert. Im Übrigen ist aber § 4 Abs. 4 DSchG zur Auslegung heranzuziehen, also vor allem dessen Satz 2 über die Unterrichtung der Denkmalbehörden über getroffene Entscheidungen, und zwar auch weil Kontrollmöglichkeiten für das Land bestehen bleiben müssen.39 g) Befreit werden können die Kirchen von vier Maßnahmenbündeln. Im Vordergrund stehen dabei gefahrenabwehrende Maßnahmen. Darunter fallen nicht etwa die jedem Eigentümer obliegenden Pflichten der Gefahrenabwehr in Gestalt von Verkehrssicherungspflichten, sei es innerhalb oder außerhalb von Gebäuden40, sondern die Vorbeugung gegen Zerstörung oder Beeinträchtigung des Kulturdenkmals, also in erster Linie Vorkehrungen für die Instandhaltung einschließlich Maßnahmen zum Fall des Eigentums Dritter deren Rechte und Pflichten nicht zu beeinträchtigen und im Übrigen Streitigkeiten mit den Kirchen zu vermeiden. 36 B. M. Kremer, Denkmalschutz, S. 99, bezeichnet dies als „ungewöhnliche gesetzliche Lösung“. 37 Vgl. E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 490: zusätzliche Stellen und Fachkräfte; ferner M. Heckel, Staat, S. 152 f. Wegen aller dieser Belastungen haben die Kirchen jedenfalls bis 2002 auf den Erlass eigener Vorschriften verzichtet und werden dies nach Auskunft jedenfalls der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen auch in Zukunft tun. 38 Zur Zulässigkeit einer solchen Übertragung, insbesondere durch Vertrag, vgl. F. Hammer, Denkmalschutz im staatlichen und kirchlichen Recht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 66, S. 2711 (2727 f. Rn. 21); M. Heckel, Staat, S. 146 ff.; H. U. Anke, Neubestimmung, S. 272 ff., 358. 39 Siehe dazu Erl. g). 40 So insbesondere auch die Amtl. Begründung (Fn. 33).

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Schutz vor Diebstahl, Immissionen und Beschädigungen durch Besucher sowie das Beeinträchtigungsverbot gemäß den Verwaltungsvorschriften zum Denkmalschutzgesetz.41 Sodann die Befreiung bzw. Übernahme von Genehmigungsaufgaben z. B. für Instandsetzungen, Umgestaltungen oder Entfernung von Kulturdenkmalen.42 Ferner die Ablieferung von Funden (Schatzregal), also von beweglichen Sachen, die entweder herrenlos sind oder so lange verborgen gelegen haben, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist.43,44 Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Verpflichtung ohnehin dann nicht besteht, wenn die Fundstelle zum Kirchengelände gehört, weil dann eine fortdauernde Verfügungsmacht der Kirche unterstellt wird, die Fundsache also nicht als herrenlos gilt.45 Schließlich entfallen Möglichkeiten der Enteignung zur Durchsetzung denkmalpflegerischer Maßnahmen oder zur Sicherung von Grabungen (§ 9 DSchG), die allerdings bei kirchlicher Nutzung ohnehin unter dem Vorbehalt der Kirchengutsgarantie stehen und jedenfalls für die res sacrae keine Anwendung finden würden.46 Absatz 2 gilt zwar dem Wortlaut nach nur für kirchliches Eigentum; dem Regelungssinn nach dürfte die Regelung aber auch auf Kulturdenkmale anwendbar sein, für die den Kirchen ein Erbbaurecht zusteht, zumal § 4 Abs. 4 DSchG eine Beschränkung auf kirchliches Eigentum nicht kennt und § 9 Abs. 2 DSchG bezüglich der Erhaltungspflicht neben Eigentümern auch „andere Verfügungsberechtigte“ aufführt.47 Ein Vorgehen nach Absatz 2 befreit die Denkmalbehörden nicht von allen sonstigen Aufgaben wie u. a. die Beratungs-, Forschungs-, und Dokumentationspflichten (§ 5 Abs. 2 DSchG). Offen bleibt zunächst die Frage, was geschieht, wenn zwar die kirchlichen Vorschriften mit den Vorgaben des Landes übereinstimmen, aber in der Praxis nicht eingehalten werden. Es erscheint ausgeschlossen, dass das Land einem irgendwie gearteten Verfall eines Kulturdenkmals tatenlos zusehen muss. Vielmehr kann es dann die vertraglich festgelegten Denkmalpflichten der Kirchen nach Absatz 1 einfordern, außerdem die Freundschaftsklausel anrufen, die Zustimmung zu den kirchlichen Vorschriften zurücknehmen und notfalls gerichtlich vorgehen.48 Ferner wären unmittelbare Aufsichtsmaßnahmen der oberen und obersten Denkmalbehörde möglich, erforderlichenfalls auch Auflagen bei der Mittelvergabe49; denn es ist – in Parallele zu § 4 Abs. 4 DSchG – mangels anderslautender Konkretisierung in Absatz 1 Satz 3 davon auszugehen, dass es sich bei dem Aufgabenverzicht nach Absatz 2 nur um die Be41

§ 9 DeSchG i. V. m. Nr. 9 dds RdErl. des Mk vom 16. 12. 1997 (MBl. S 2127). Die vollständigen Genehmigungspflichten enthält § 14 DSchG. 43 Vgl. Nr. 12 der Verwaltungsvorschriften (Fn. 41). 44 Vgl. dazu § 12 DSchG. 45 Vgl. die Amtliche Begründung (Fn. 33). 46 Siehe Erl. A. [k)] zu Art. 7. 47 Der gleichfalls genannte Besitzer fällt aus den o. g. Gründen nicht unter Art. 10 Abs. 2. 48 Vgl. dazu A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 24 Rn. 19 ff.; eines Rückgriffs auf Art. 36 Abs. 4 Landesverfassung, wie C. Fuchs, Staatskirchenrecht, S. 182, meint, bedarf es dafür nicht. 49 Siehe Erl. h). 42

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freiung der Kirchen von Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörde handelt, eine Aufsicht durch obere Denkmalbehörden aber bestehen bleibt. h) Absatz 3 enthält Zusagen des Landes bezüglich finanzieller Zuwendungen, die ihre Umsetzung in den §§ 9 Abs.1, 4 und 20 Abs. 1 und 2 DSchG sowie in den dazu ergangenen Richtlinien50, aber auch in anderen Gesetzesbestimmungen und Programmen, z. B. im Rahmen der Städtebauförderung51, gefunden haben. Die Zusage der „angemessenen“ Berücksichtigung bei der Vergabe von Denkmalpflegemitteln in Satz 1 bestätigt die ohnehin bestehende Verfassungsgarantie der Gleichbehandlung mit anderen Kulturträgern und ist somit, rechtlich gesehen, nur ein Merkposten,52 politisch eine Reaktion auf die Benachteiligung der Kirchen bei der Mittelvergabe in der DDR-Zeit53 und soll ausschließen, dass sich das Land etwa darauf beruft, die Kirchen verfügten über genügend andere Mittel aufgrund Kirchensteuer und Staatsleistung.54 Es besteht aber kein Rechtsanspruch auf Mittelbewilligung und kein Recht auf Vollfinanzierung.55 Die Bewilligung von Denkmalmitteln kann grundsätzlich von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig gemacht werden. Derartige Auflagen müssen sich aber an den allgemeinen Pflege- und Schutzgrundsätzen orientieren, und es dürfen auf diesem Umweg nicht etwa die „kultischen und seelsorgerischen Belange“ (Absatz 1 Satz 3) übergangen werden, die Bewilligung also von der Zurückstellung gottesdienstbezogener Forderungen der Kirchen abhängig gemacht werden.56 Unzulässig wäre auch mittels Auflagen ein Eingriff in die gemäß Absatz 2 den Kirchen vorbehaltenen Entscheidungen, es sei denn sie sind zum Schutz eines Denkmals unerlässlich und erfordern eine aufsichtsrechtliche Maßnahme. Die einem kirchlichen Wunsch folgende Verpflichtung des Landes nach Satz 2, sich für die Vermittlung von Drittmitteln einzusetzen, erfasst drei Bereiche: auf nationaler Ebene Bundesmittel einzusetzen, etwa im Rahmen des Städtebauförderungs- und Dorferneuerungsprogramms, auf internationaler Ebene vor allem Mittel der Europäischen Union sowie internationaler Organisationen und drittens Befür-

50 Richtlinien des Landes Sachsen-Anhalt über die Gewährung von Zuwendungen zur Erhaltung und zur Pflege von Kulturdenkmalen vom 13. 10. 1997 (MBl. S. 1847). 51 Vgl. D. Martin, Denkmalschutzgesetz (Fn. 11), Nr. 2 zu § 20. 52 Vgl. B. Kremer, Denkmalschutz, S. 103 Fn. 106; zu der die Anwendung des Gleichheitssatzes nicht anerkennenden Haltung von G. Czermak vgl. A. v. Campenhausen, Der Güstrower Vertrag – Ein Schritt zur Normalisierung des Verhältnisses von Staat und Kirche, LKV 1995, S. 233 (235). Zu weitergehenden Wünschen der Kirchen vgl. H. Johnsen, Die evangelischen Staatskirchenverträge in den neuen Bundesländern – ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 43 (1998), S. 182. 53 Vgl. H. U. Anke, Neubestimmung, S. 101. 54 Vgl. A. v. Campenhausen, Der Güstrower Vertrag (Fn. 52). 55 Vgl. auch Nr. 5 der Richtlinien (Fn. 50). 56 Vgl. M. Heckel, Staat, S. 180

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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wortung der Berücksichtigung der Kirchen bei Förderprogrammen von Stiftungen und der Verteilung von Lotto- und Totomitteln.57 i) Absatz 4 trägt der Besorgnis der Kirchen Rechnung, bei Gestaltung nichtkirchlicher reformationsgeschichtlicher Gedenkstätten übergangen zu werden; dies betrifft vor allem Einrichtungen in der Lutherstadt Eisleben und der Lutherstadt Wittenberg. Die am 22. 05. 1997 in Kraft getretene Satzung der Stiftung Luthergedenkstätten58 sieht in Durchführung der Vertragsvereinbarung eine Mitgliedschaft von drei Kirchenvertretern im 11-köpfigen Kuratorium (§ 6) vor, das Entscheidungen über alle grundsätzlichen Angelegenheiten der Stiftung trifft (§ 7), sowie von weiteren Theologen in den beiden wissenschaftlichen Beiräten (§ 9). Von den drei Kirchenmitgliedern vertritt eines die Evangelische Kirche der Union, ein zweites den Lutherischen Weltbund.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 9: (1) Die Kirchen und das Land tragen gemeinsam Verantwortung für Schutz und Erhalt der kirchlichen Denkmale. (2) Die Kirchen stellen sicher, dass ihre Denkmale erhalten bleiben und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, sofern hieran ein öffentliches Interesse besteht. Insoweit sind Enteignungen nach dem Denkmalschutzgesetz unzulässig. (3) Bei Entscheidungen über Denkmale, die gottesdienstlichen, kultischen oder gleichartigen kirchlichen Zwecken unmittelbar dienen, berücksichtigen die Denkmalschutzbehörden die von den kirchlichen Oberbehörden festgestellten Belange. Die kirchliche Oberbehörde entscheidet im Benehmen mit der obersten Denkmalschutzbehörde, falls die untere Denkmalschutzbehörde oder das fachlich zuständige Landesamt die geltend gemachten Belange nicht anerkennt. (4) Durch Vereinbarungen können den Kirchen Aufgaben des Denkmalschutzes übertragen werden. (5) Das Land nimmt bei der Förderung nach dem Denkmalrecht, auch bei der Vergabe von Mitteln, Rücksicht auf die besonderen denkmalpflegerischen Aufgaben der Kirchen. Es 57

Nach Auskunft des Kultusministeriums ist das Land regelmäßig bemüht Lotto/TotoMittel, Stiftungsmittel und Spenden von Sponsoren einzuwerben; ferner wurde kontinuierlich von potentiellen Sponsoren eine „Kirche des Jahres“ ausgewählt; daneben ist durch RdErl. eine „Richtlinie über die kumulierte Anwendung von Förderprogrammen“ v. 24. 11. 1997 (MBl. S. 1938) herausgegeben worden, derzufolge für bestimmte Zwecke, insbesondere die Denkmalpflege und andere Sanierungsaufgaben, Mittel aus mehreren Programmen bewilligt werden dürfen. 58 Errichtet durch Beschluss der Landesregierung zur Errichtung der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt v. 18. 3. 1997 (MBl. S. 962).

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setzt sich dafür ein, dass die Kirchen von solchen Einrichtungen Hilfe erhalten, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Kultur- und Denkmalpflege tätig sind.

Regierungsbegründung Absatz 1 drückt in einer für deutsche Kirchenverträge neuen Weise die gemeinsame Verantwortung von Kirchen und Land für die kirchlichen Denkmale aus. Die historischen Kirchengebäude bestimmen in besonderer Weise das Bild unseres Landes. In Absatz 2 verpflichten sich die Kirchen, ihre Denkmale zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Konsequenterweise werden Enteignungen insoweit ausgeschlossen, als die Kirchen jenen Verpflichtungen nachkommen, deren Nichterfüllung nach dem Denkmalrecht eine Enteignung zulässig macht. Absatz 3 spiegelt den besonderen verfassungsrechtlichen Rang der Glaubensfreiheit wider. Gleichzeitig dient die Bestimmung auch einem richtig verstandenen Denkmalschutz. Denn der beste Denkmalschutz ist die bestimmungsgemäße Verwendung des Denkmals. Allerdings muss dann, wenn sich die kirchlichen Vorstellungen zu bestimmten gottesdienstlichen Formen ändern, diesen Änderungen Rechnung getragen werden, z. B. bei der Stellung des Altars als Ansichtsaltar oder Altartisch. Durch eine Vereinbarung nach Absatz 4 können den Kirchen Aufgaben nach dem Denkmalschutz übertragen werden. Die Kirchen sind daran interessiert, eine solche Vereinbarung möglichst bald abzuschließen. Absatz 5 konkretisiert die allgemeine Verpflichtung von Land und Kirche, vertrauensvoll auf dem Gebiet des Denkmalschutzes zusammenzuarbeiten.

Kommentierung 1. Artikel 9 sichert die wörtlich übereinstimmende Regelung des § 10 DSchG59 vertraglich ab. Absatz 1 fordert nicht nur, wie der brandenburgische Vertrag, das Zusammenwirken von Land und Kirchen bei Denkmalpflege und Denkmalschutz, sondern konstatiert eine gemeinsame Verantwortung und honoriert damit die großen kirchlichen Anstrengungen in der Vergangenheit auf diesem Gebiet.60 Dem entspricht auch die Formulierung des Absatzes 2, die auf Einzelheiten denkmalrechtlicher Verpflichtungen und deren Objekte verzichtet, so dass ein Rückgriff auf das Denkmalschutzrecht des Landes als vereinbart unterstellt werden kann. Die Zugänglichmachung für die Allgemeinheit wird davon abhängig gemacht, dass daran ein öf59 Gesetz v. 30. 11. 1993 i. d. F. der Bekanntmachung. vom 6. 1. 1998 (GVOBl. M-V 1998, 12), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 383, 392); dazu S. Goliasch, Das neue Denkmalschutzrecht in Mecklenburg-Vorpommern, LKV 1994 S. 431 ff. 60 Die Besonderheit dieser Bestimmung die in § 10 Abs. 1 DSchG übernommen wurde, wurde während der 2. Lesung von den Abg. Dr. Gomolka und Rehberg besonders unterstrichen (LT-Protokolle, 1. Wahlperiode, S. 6106 und 6116); ähnlich die Amtliche Begründung (LT-Drs. 1/4126, S. 24), sowie A. v. Campenhausen, Der Güstrower Vertrag (Fn. 52) sowie wortgleich in: Vier neue Staatskirchenverträge in vier neuen Ländern, NVwZ 1995, S. 757 (761).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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fentliches Interesse besteht,61 ein vom Land auszufüllender, nachprüfbarer Rechtsbegriff, für dessen Ausfüllung die Kirchen Nachweise, z. B. Befragungen, verlangen können; eine ganz geringe Besucherzahl, die in keinem Verhältnis zum Aufwand steht, kann zu einer Verneinung des öffentlichen Interesses führen. Die in Absatz 2 Satz 2 aufgeführte Unzulässigkeit einer Enteignung spricht nur eine logische Selbstverständlichkeit aus, weil nach allgemeinem Denkmalschutzrecht Enteignungen ohnehin nur in Frage kommen, wenn Denkmalpflegeverpflichtungen verletzt werden (§ 21 DSchG). Gänzlich ausgenommen von Enteignungen sind in aller Regel die res sacrae62 ; bei ernsthafter Gefährdung käme eine Ersatzvornahme in Betracht. 2. Rechtlichen Bedenken begegnet der in § 10 Abs. 3 DSchG übernommene Absatz 3, demzufolge die von den Kirchen festgestellten Belange bei Denkmalschutzentscheidungen von den Denkmalbehörden zu berücksichtigen sind und im Konfliktfall die Letztentscheidung bei der kirchlichen Oberbehörde liegt. Zum einen ist diese Regelung widersprüchlich, weil ein Konfliktfall im Sinne des Satzes 2 gar nicht mehr eintreten kann, wenn die Feststellung der kirchlichen Belange – im Unterschied zum nachgiebigeren „beachten“ in Artikel 1 Abs. 1 Satz 3 des Vertrages Sachsen-Anhalt – von den Denkmalbehörden zu „berücksichtigen“ sind. Zum anderen schließt die Regelung die staatliche Verantwortung und Letztentscheidung aus; die kirchliche Oberbehörde wird so zur Berufungsinstanz gegen Entscheidungen der staatlichen Behörden.63 Zwar wird die kirchliche Entscheidungszuständigkeit eingeschränkt, indem sie sich nur auf Denkmale bezieht, die „unmittelbar“ kultischen Zwecken dienen; doch darunter fallen nach allgemeinem Sprachgebrauch auch Kirchen als Ganzes, so dass sich eine Auslegung, wonach z. B. die Dachgestaltung oder die Stützpfeiler einer Kirche nicht unter das Letztentscheidungsrecht der Kirchen fallen, nur mit „Verrenkungen“ vornehmen ließe. Bei strenger Auslegung bleibt auch fraglich, ob das Land sich überhaupt vertraglich von der kulturstaatlichen Verantwortung befreien kann.64 Es wird im beiderseitigen Interesse liegen, im Konfliktfall durch Anrufung der Freundschaftsklausel zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. 61

Nur auf das Zugänglichmachen bezieht sich der Vorbehalt des öffentlichen Interesses, nicht auf die Erhaltungszusage. 62 Siehe Erl. A. [f)]. 63 Dies sind die Landräte und Bürgermeister der kreisfreien Städte als untere Denkmalschutzbehörden (§ 3 Nr. 2 DSchG) und das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 DSchG). 64 Zu den Bedenken vgl. M. Heckel, Gesammelte Schriften, S. 1093, und H. U. Anke, Neubestimmung, S. 281 ff.; die Regelung wird gerechtfertigt von A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, §24 Rn. 19 ff., trotz des Hinweises auf Rn. 4, dass die kultische Funktion eines Denkmals dieses der staatlichen Kulturverantwortung nicht entziehen kann, sowie ders., Der Güstrower Vertrag (Fn. 52); ferner durch B. M. Kremer, Denkmalschutz, S. 96; die rechtfertigende Argumentation in der Amtlichen Begründung, der beste Denkmalschutz sei eben die bestimmungsgemäße Verwendung des Denkmals, trifft den entscheidenden Punkt nicht, weil die bestimmungsgemäße Verwendung z. B. einer Kirche kei-

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Artikel 10 – Denkmalpflege

Unter „gleichartigen Zwecken“ im Sinne von Absatz 3 Satz 1 sind insbesondere seelsorgerische und Beratungszwecke zu verstehen. In jedem Fall sind die aufgeführten „Zwecke“ im Hinblick auf die rechtlichen Bedenken eng auszulegen.65 Die betreffenden Denkmale müssen den Zwecken tatsächlich „dienen“, also nicht nur „zu dienen bestimmt“ sein, nämlich früher einmal gedient haben; für die letztgenannten gilt nur die allgemeine Pflicht zur Berücksichtigung religiöser Belange durch die Denkmalschutzbehörde. Eine Ausnahme wird man für typische Kultgegenstände wie historische Abendmahlskelche oder Lesepulte, etwa unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Wiederverwendung annehmen müssen. 3. Absatz 4 umschreibt in Übereinstimmung mit § 10 Abs. 4 DSchG mögliche Vereinbarungen über die Übertragung von Aufgaben an die Kirchen nicht näher. Somit könnten sämtliche staatlichen Denkmalpflege- und Denkmalschutzaufgaben Gegenstand solcher Vereinbarungen sein. Da jedoch Absatz 3 die Überlassung der Letztentscheidung der Kirchen auf gottesdienstlichen, kultischen und gleichartigen Zwecken dienende Gegenstände beschränkt, stehen den Kirchen andere Aufgaben und Maßnahmen nach Absatz 4 nicht zu. Durch Vereinbarung vom 3. 5. 199666 wurden beiden Landeskirchen, und zwar den kirchlichen Oberbehörden, also den Bauämtern, vier Aufgabenbereiche für in kirchlichem Eigentum stehende Denkmale übertragen: Genehmigung der Beseitigung, Veränderung, örtlichen Verbringung, Nutzungsänderung und Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes in der Umgebung von Denkmalen (§ 7 Abs. 1 DSchG), Einholung von Auskünften und Vornahme von Prüfungen und Untersuchungen (§ 9 DSchG), behördliche Schutz- und Unterhaltungsmaßnahmen (§ 16 DSchG) und Durchsetzung der Erhaltung (§ 20 DSchG). In allen Fällen handelt es sich um Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörden, so dass Aufsichtsmaßnahmen und andere Funktionen der obersten Denkmalschutzbehörde und der Denkmalfachbehörden unberührt bleiben. Das erforderliche Benehmen mit den unteren Denkmalschutzbehörden und die Zusammenarbeit mit den übrigen Denkmalbehörden schließt in jedem Einzelfall deren Unterrichtung ein, eine Regelung, die insbesondere auch für denkmalswerte Pfarrwohnungen Gültigkeit hat. Im Verlauf der Zusammenarbeit zwischen den staatlichen und den kirchlichen Behörden wurde klargestellt, dass nach der Aufgabenübertragung Genehmigungen im Einvernehmen mit dem zuständigen Landesamt ergehen müssen, im Konfliktfall die Letztentscheidung aber in Übereinstimmung mit der Regelung das Absatzes 3 bei der kirchlichen Behörde, allerdings im Benehmen mit dem Kultusministerium, neswegs durch eine Einzelentscheidung etwa über die Gestaltung eines Portals, die Restaurierung eines Ornats oder die Wahl der Dachdeckung beeinträchtigt wird. 65 Dafür spricht auch das in der Amtlichen Begründung enthaltene Beispiel der Stellung des Altars als Ansichtsaltar oder Altartisch, das so eng nur mit der Gottesdienstgestaltung verknüpft ist, dass staatliche Einwendungen im Hinblick auf die Religionsfreiheit in keinem Fall durchgreifen würden. 66 Vereinbarung zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 3. 5. 1996 (ABl. S. 499).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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liegt. Ein Interesse an der Aufgabenübertragung hatten die Kirchen auch deswegen, weil die örtlichen Bereiche der sechs Gebietskonservatoren nicht mit den Kirchengrenzen übereinstimmen und daher immer mit wechselnden Partnern bei wechselnden Ansichten hätte verhandelt werden müssen. 4. Absatz 5 stimmt inhaltlich mit Artikel 10 Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt überein. Die Vertragsparteien wollten mit dieser Regelung die gemäß Absatz 1 eingegangenen Verpflichtungen von Land und Kirchen konkretisieren und der Versuchung entgegenwirken, dass unter Hinweis auf die Kirchensteuer und auf die Steuerleistungen die Kirchen bei der Vergabe öffentlicher Denkmalförderungsmittel benachteiligt werden.67 2. Thüringen Art. 9: (1) Die Kirchen verpflichten sich, im Rahmen ihrer Möglichkeiten denkmalgeschützte Gebäude nebst den dazugehörigen Grundstücken sowie den Kunst- und Kulturgegenständen zu erhalten und zu pflegen. Sie werden Veräußerungen und Veränderungen nur im Benehmen mit dem Ziel der Verständigung mit den staatlichen Denkmalbehörden vornehmen und dafür sorgen, dass die Kirchengemeinden und sonstigen kirchlichen Verbände entsprechend verfahren. Schlussprotokoll: Bei dem Gottesdienst gewidmeten Gegenständen (res sacrae) sind religiöse Belange vorrangig zu berücksichtigen. Sofern staatlicher Denkmalschutz und liturgische Interessen der Kirchen in Konflikt geraten, haben in der Interessenabwägung die liturgischen Belange Vorrang. (2) Bei der Vergabe der Mittel des Freistaates Thüringen für Denkmalpflege werden die Kirchen angemessen berücksichtigt. Der Freistaat Thüringen wird sich dafür einsetzen, dass die Kirchen auch von solchen Einrichtungen Hilfe erhalten, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Denkmalpflege tätig sind. (3) Soweit das Schatzregal Anwendung findet, werden diese Kulturdenkmäler den Kirchen auf Antrag als Dauerleihgabe überlassen.

Regierungsbegründung Diese Regelung entspricht den Bestimmungen des Thüringer Denkmalschutzgesetzes vom 7. Januar 1992 (GVBl. S. 17, 550).

Kommentierung 1. Absatz 1 Satz 1 enthält die vertragliche Zusicherung der Kirchen auf Erfüllung der Eigentümerpflichten, die auch in Artikel 30 Abs. 2 Satz 2 der Landesverfassung besonders hervorgehoben werden.68 Satz 1 weicht jedoch – entgegen der Aussage der 67

Zu dieser Argumentation s. Erl. A. [h)] sowie A. v. Campenhausen, Der Güstrower Vertrag (Fn. 52). 68 Art. 30 Abs. 2 lautet: Die Denkmale der Kultur, Kunst, Geschichte und die Naturdenkmale stehen unter dem Schutz des Landes und seiner Gebietskörperschaften. Die Pflege der

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Artikel 10 – Denkmalpflege

Amtlichen Begründung69 – von § 7Abs. 1 DSchG ab, der nur auf die Zumutbarkeit der Pflichterfüllung abstellt, während Satz1 weitgehend eine Erfüllung bis zur Grenze des Möglichen einfordert. Weitere Abweichungen beinhaltet Satz 2, in dem im Unterschied zu den §§ 8 Abs. 2 und 30 Abs. 3 DSchG, die nur eine Anzeigepflicht im Falle der Veräußerung eines Denkmals kennen, ein Benehmen der Kirchen mit der Denkmalbehörde mit dem Ziel der Verständigung vorsieht, eine Regelung, die einem staatlichen Zustimmungsvorbehalt nahekommt, jedenfalls aber zu einem Kompromiss verpflichtet; ferner wird in Satz 2 auch in Fällen von Veränderungen, also der Umgestaltung (nur) ein Benehmen mit der Denkmalbehörde vereinbart, während nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) DSchG jede Umgestaltung einer staatlichen Erlaubnis bedarf. Im erstgenannten Fall der Veräußerung ist von einem Vorrang der Vertragsbestimmung auszugehen, an die das Denkmalschutzgesetz anzupassen ist; bei der Umgestaltung bindet dagegen das vereinbarte Verfahren nur die Kirchen, während der Freistaat dann, wenn keine Verständigung erzielt wird, die im Gesetz vorgesehene Erlaubnis verweigern kann. 2. Das Schlussprotokoll mit der zweimaligen Herausstellung des Vorrangs religiöser und liturgischer Belange, auch bei der Interessenabwägung (Schlussprotokoll Satz 2), kommt ebenfalls einem Letztentscheidungsrecht der Kirchen nahe; im Konfliktfall muss demzufolge der Freistaat seine Interessen, d. h. denkmalpflegerische Bedenken, zurückstellen. Dies kann sich jedoch nicht auf jeden Fall der Umgestaltung oder andere Anlässe beziehen, z. B. auf eine totale Modernisierung einer gotischen Kirche oder die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Sicherung einer Wandbemalung, etwa noch vor den Weihnachtsgottesdiensten; unter „Vorrang“ ist in derartigen Fällen eine weitgehende Zurückstellung von denkmalpflegerischen und Schutzüberlegungen zu verstehen, nicht aber ein Verbot der Inpflichtnahme der Kirchen und von Schutzüberlegungen im Falle von Gefährdung eines Denkmals (§ 11 Abs. 1 DSchG) oder gar der Ersatzvornahmen in derartigen Fällen (§ 11 Abs. 2 DSchG). 3. Die in Absatz 2 Satz 1 vereinbarte Angemessenheit von Zuwendungen des Freistaates bezieht sich auf das Verhältnis zu konkurrierenden Zuwendungsempfängern.70 Bei der Einwerbung von Drittmitteln geht es im Freistaat in erster Linie um Lotto/Toto-Mittel, aber auch um Mittel überregionaler Stiftungen und aus Programmen des Bundes.

Denkmale obliegt in erster Linie ihren Eigentümern. Sie sind der Öffentlichkeit im Rahmen der Gesetze unter Beachtung der Rechte anderer zugänglich zu machen. 69 LT-Drs. 1/3273, S. 13; dort wird eine Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes (Ges. v. 7. 1. 1992, GVBl. S. 17, 550) konstatiert; jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 2004 (GVBl. 2004, 465), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GVBl. S. 731, 735); vgl. im übrigen S. Goliasch, Das neue Denkmalschutzrecht in Thüringen, LKV 1993, 15 ff. 70 Siehe Erl. A. [h)]; vgl. im Übrigen auch die Denkmalförderungsrichtlinie vom 18. 12. 1992 (ABl. 1993 S. 8).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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4. Absatz 3 weicht von den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes bezüglich beweglicher Bodendenkmale (Schatzregal, §§ 16 ff. DSchG) ab, indem zwar die allgemeine Regelung anwendbar bleibt, die Funde aber im Fall des Eigentumserwerbs durch den Freistaat (§ 17 DSchG) den Kirchen als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt werden müssen.71 3. Sachsen Art. 10: (1) Die Kirchen und der Freistaat bekennen sich zu ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Schutz und Erhalt der kirchlichen Kulturdenkmale. (2) Die Kirchen verpflichten sich, ihre Kulturdenkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten, zu pflegen und nach Möglichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. (3) Die Kirchen haben für die Erhaltung ihrer Kulturdenkmale Anspruch auf angemessene Kostenerstattung durch den Freistaat nach Maßgabe der Gesetze und werden bei der Vergabe staatlicher Mittel entsprechend berücksichtigt. Der Freistaat wird sich dafür verwenden, dass die Kirchen auch von solchen Einrichtungen und Behörden Fördermittel erhalten, die auf nationaler und internationaler Ebene auf dem Gebiet der Kultur- und Denkmalpflege tätig sind.

Regierungsbegründung Den evangelischen Kirchen ist über die Jahrhunderte ein wertvoller Bestand an Kulturdenkmalen überkommen. Die Regelungen des Staatskirchenvertrages tragen der kulturpolitischen Bedeutung dieses in der Obhut der Kirchen stehenden Kulturguts ebenso wie den verfassungsrechtlichen Besonderheiten Rechnung. Mit dem in Kraft getretenen Sächsischen Denkmalschutzgesetz vom 16. März 1993 (GVB1. 229) hat der Gesetzgeber einen Ausgleich geschaffen zwischen der generellen staatlichen Verantwortung für Kulturgüter und der häufig kirchlichen Zwecken dienenden aktuellen Funktion dieser Kulturgüter. Vor diesem Hintergrund war die kirchenvertragliche Regelung auf wenige Schwerpunkte zu beschränken. Absatz 1 enthält das Bekenntnis, dass die Bewahrung der kirchlichen Kulturgüter eine Angelegenheit gemeinsamer Verantwortung von Staat und Kirche ist. Die Vertragsregelung trägt damit der Sächsischen Verfassung Rechnung, die bestimmt, dass Baudenkmale der Kirchen, unbeschadet des Eigentumsrechts, Kulturgut der Allgemeinheit sind. Absatz 2 unterstreicht die Pflichten der Kirchen, die sich aus ihrer Eigentümerstellung oder – in den Fällen des Artikel 11 nach Maßgabe des konkreten Nutzungsverhältnisses – aus ihrer Besitzerstellung ergeben. Entsprechend der Regelung des 5 8 Abs. 1 SächsDSchG sind diese Pflichten an eine Zumutbarkeitsgrenze gekoppelt. Da Kulturgut gleichzeitig Allgemeingut ist, war im Kirchenvertrag sicherzustellen, dass es im Rahmen des Möglichen auch der Allgemeinheit zugänglich gemacht wird. Absatz 3 sieht entsprechend der Regelung des Artikels 112 Abs. 2 SächsVerf nach Maßgabe der Gesetze eine angemessene Kostenerstattung durch den Freistaat für den Erhalt von Kulturdenkmalen vor.

71

Vgl. auch die entsprechende Regelung im Vertrag Brandenburg.

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Artikel 10 – Denkmalpflege

Kommentierung 1. Die Vertragspartner haben im Hinblick auf Artikel 112 Abs. 2 der Landesverfassung72 und auf die §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 2 und 18 DSchG73, durch die „ein Ausgleich zwischen der staatlichen Verantwortung für Kulturgüter und der häufig kirchlichen Zwecken dienenden aktuellen Funktion dieser Kulturgüter“ geschaffen worden sei,74 auf detaillierte Regelungen zur Denkmalpflege und Denkmalschutz verzichtet, damit aber auch auf eine vertragliche Absicherung einzelner Rechte. Entscheidend und ausreichend war für sie das Bekenntnis zu gemeinsamer Verantwortung gemäß Absatz 1, das zugleich auch eine Pflicht zur Zusammenarbeit begründet.75 2. Absatz 2 enthält die Verpflichtung der Kirchen zu Einhaltung der Denkmalpflege- und Denkmalschutzvorschriften einschließlich der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit, beides eingeschränkt durch die Vorbehalte des Zumutbaren (bei der Pflege) und des Möglichen (bei der Zugänglichmachung), was sich in erster Linie auf die Finanzierbarkeit bezieht. Ausgefüllt wird die Verpflichtung durch die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes, die eine vorrangige Beachtung der von der oberen Kirchenbehörde festzustellenden gottesdienstlichen Belange (§ 18 Abs. 1 DSchG), die Herstellung des Benehmens mit der zuständigen kirchlichen Behörde vor staatlichen Entscheidungen und Maßnahmen (§ 18 Abs. 2 DSchG) sowie die Möglichkeit der Freistellung der Kirchen von Maßnahmen und Genehmigungen der Denkmalschutzbehörden im Falle des Erlasses kirchlicher Vorschriften (§ 18 Abs. 3 DSchG) regeln und Enteignungen kirchlichen Besitzes zu Dankmalschutzzwecken ausschließen (§ 18 Abs. 4 DSchG). Von der Möglichkeit der Freistellung haben die Kirchen aus Kapazitätsgründen keinen Gebrauch gemacht. 3. Absatz 3 Satz 1 sichert in Übereinstimmung mit Artikel 112 Abs. 2 der Landesverfassung einen Rechtsanspruch auf Mittelzuweisungen zu, allerdings eingeschränkt durch zwei Vorbehalte. Der Vorbehalt der Angemessenheit bezieht sich nicht auf das Verhältnis zu anderen Zuwendungsempfängern, sondern auf das Verhältnis zu den tatsächlichen Aufwendungen; die „Erstattung“ muss in einem gesunden Verhältnis zu den Gesamtkosten stehen. Der Vorbehalt der Gesetzeslage relativiert den Anspruchscharakter insofern, als das Land sich die Auswahl der Fi-

72 Art. 112 Abs. 2 lautet: Die Baudenkmale der Kirchen und Religionsgemeinschaften sind, unbeschadet des Eigentumsrechts, Kulturgut der Allgemeinheit. Für ihre bauliche Unterhaltung haben die Kirchen und Religionsgemeinschaften daher Anspruch auf angemessene Kostenerstattung durch das Land nach Maßgabe der Gesetze. 73 Gesetz vom 3. 3. 1993 (SächsGVBl. S. 222), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 21. Mai 2021 (SächsGVBl. S. 578); dazu S. Goliasch, Das neue Denkmalschutzrecht: Sachsen, LKV 1994, 207 ff. 74 Amtl. Begründung LT-Drs. 1/4649, S. 14. 75 Zur Gesamtsituation des sächsischen Denkmalschutzes vgl. G. Burger, Staatskirchenrecht, S. 121 ff.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

415

nanzierungsobjekte und die Festlegung der Finanzierungsvoraussetzungen vorbehält.76 Satz 2 enthält die übliche staatliche Zusage zu Bemühungen um die Einwerbung von Drittmitteln.77 4. Brandenburg Art. 10: (1) Die Vertragsparteien wirken bei Schutz, Pflege und Erhaltung der kirchlichen Kulturdenkmale zusammen. (2) Die Kirchen verpflichten sich, im Rahmen des ihnen Zumutbaren ihre Kulturdenkmale nebst den dazugehörenden Grundstücken sowie deren Kunst- und Kulturgegenstände zu erhalten, zu pflegen und der Allgemeinheit zugänglich zu machen. (3) Bei Entscheidungen über kirchliche Denkmale, die dem Gottesdienst oder sonstigen kirchlichen Handlungen zu dienen bestimmt sind, haben die Denkmalschutz- und Denkmalfachbehörden die von den Kirchen festgestellten Belange der Religionsausübung zu achten. In Streitfällen entscheidet das für Denkmalschutz zuständige Ministerium im Benehmen mit der zuständigen kirchlichen Stelle. Schlussprotokoll: Das Land strebt an, mit den Kirchen wie bisher zu übereinstimmenden Lösungen zu gelangen. (4) Das Land trägt zur Erhaltung und Pflege der Denkmale nach Maßgabe der Gesetze und der ihm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bei. Das Land wird sich dafür einsetzen, dass die Kirchen auch von solchen Einrichtungen Hilfen erhalten, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Kultur- und Denkmalpflege tätig sind. (5) Bewegliche Bodendenkmale von gottesdienstlicher oder sonstiger kultischer Bedeutung, die auf kirchlichem Grund entdeckt werden und herrenlos oder so lange verborgen gewesen sind, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, werden, sofern sie in das Eigentum des Landes übergehen, den Kirchen unentgeltlich als Leihgabe überlassen. Einzelheiten werden jeweils durch gesonderte Vereinbarungen geregelt.

Regierungsbegründung Der Denkmalschutz wird durch die Verfassung (Art. 34 Abs. 2 LV) zu einer öffentlichen Aufgabe erhoben. Die brandenburgische Kulturlandschaft ist wesentlich durch kirchliche Sakralbauten geprägt. Schutz und Pflege des kirchlichen Denkmalbestandes berühren daher in besonderer Weise die beiderseitigen Interessen von Staat und Kirche. Durch Absatz 1 wird klargestellt, dass die Vertragsparteien den Denkmalschutz als gemeinsame Aufgabe begreifen und bei Erfüllung dieser Aufgabe zusammenwirken wollen. Nach Absatz 2 verpflichtet sich die Kirche, ihre Kulturdenkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten, zu pflegen und der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Die Erhaltungspflicht entspricht der Regelung nach § 12 Denkmalschutzgesetz (DSchG). Mit der Verpflichtung 76 Vgl. dazu die Verwaltungsvorschrift v. 20. 12. 1996 – VwD – Denkmalförderung – (ABl. 1997 S. 1088). 77 Siehe Erl A 4 h).

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Artikel 10 – Denkmalpflege

zur Zugänglichmachung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass kulturhistorisch bedeutsame Werke Allgemeingut sind und der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollen (für den staatlichen Bereich vgl. Art. 34 Abs. 2 Satz 2 LV). Für Entscheidungen über solche Denkmale, die dem Gottesdienst oder sonstigen kirchliche Handlungen zu dienen bestimmt sind, trifft Absatz 3 darüber hinaus die Bestimmung, dass die Belange der Religionsausübung zu beachten sind. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass denkmalrechtliche Belange hinsichtlich Nutzung, Erhaltung und Zugänglichmachung der betroffenen Denkmale mit den religiösen Belangen nicht immer ohne weiteres vereinbar sind, die Bedeutung dieser Denkmale aber nicht nur im kulturellen Wert, sondern insbesondere in ihrer Widmung für kultische Zwecke liegt und diese Widmung nicht unberücksichtigt bleiben darf. Wenn im Konfliktfall eine Einigung zwischen staatlichen und kirchlichen Stellen nicht herbeigeführt werden kann, verbleibt das Letztentscheidungsrecht bei dem für Denkmalschutz zuständigen Ministerium. Das Land wird sich allerdings stets bemühen, Einvernehmen mit der Kirche herzustellen; bislang ist noch kein Fall aufgetreten, in dem gegen das Votum der Kirche entschieden worden wäre. Im Schlussprotokoll wird diese Praxis festgehalten und das Bemühen um einvernehmliche Lösung betont. Die Erhaltung und Pflege der kirchlichen Denkmale kann nicht ausschließlich aus kirchlichen Mitteln gewährleistet werden. Nach Absatz 4 erhält die Kirche daher finanzielle Hilfen vom Land. Außerdem wird das Land die Kirche bei der Gewinnung von Drittmitteln unterstützen. Absatz 5 trifft Regelungen für bewegliche Bodendenkmale, die dem sog. Schatzregal (§ 20 DSchG) unterliegen und infolgedessen in das Eigentum des Landes übergehen. Diese werden der Kirche, sofern sie es wünscht, unentgeltlich als Dauerleihgabe überlassen. Es ist jeweils eine Überlassungsvereinbarung zu schließen, durch die restauratorische oder konservatorische Belange, die wissenschaftliche Erforschung oder die Zugänglichmachung für die Allgemeinheit geregelt werden können. Diese Fragen können nicht abstrakt geregelt werden, sondern bedürfen der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.

Kommentierung 1. Absatz 1 unterstreicht in Anlehnung an Artikel 9 Abs. 1 des Vertrages Mecklenburg-Vorpommern die Gemeinsamkeit der Verantwortung von Land und Kirchen für Denkmalpflege und Denkmalschutz, indem er das beiderseitige Zusammenwirken herausstellt.78 Damit wird den Kirchen, denen ein großer Teil der Kulturdenkmale im Land gehört, eine herausgehobene Position in der Denkmalpflege zugesprochen. Das Bekenntnis zum Zusammenwirken verpflichtet die Denkmalbehörden zur Kontaktaufnahme mit den Kirchen vor jeglicher Entscheidung. 2. Absatz 2 enthält die schon nach § 7 des Denkmalschutzgesetzes79 bestehende allgemeine Pflicht der Kirchen zur Wahrnehmung von Denkmalpflege und -schutz, 78 Die Verantwortung des Landes bekräftigt schon Art. 34 Abs. 2 und 3 der Landesverfassung: (2) Das kulturelle Leben in seiner Vielfalt und die Vermittlung des kulturellen Erbes werden öffentlich gefördert. Kunstwerke und Kultur stehen unter dem Schutz des Landes. (3) Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände unterstützen die Teilnahme am kulturellen Leben und ermöglichen den Zugang zu den Kulturgütern. 79 Gesetz vom 22. 7. 1991 (GVBl. S. 311); dazu S. Goliasch, Das neue Denkmalschutzrecht in Brandenburg, LKV 1993 S. 218 ff. Nunmehr: Gesetz über den Schutz und die Pflege der

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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deren Objekte vor dem Hintergrund von § 2 DSchG von Absatz 2 vorausgesetzt werden.80 Ausdrücklich hinzugefügt wird die Verpflichtung, die Kulturdenkmale der Allgemeinheit zugänglich zu machen (vgl. § 7 Abs. 2 S. 3 DSchG). Der Vertrag setzt damit die Regelung des Artikels 34 Abs. 2 Satz 2 der Landesverfassung über die Offenhaltung der Baudenkmale im kirchlichen Bereich um. Die genannten Pflichten, die nicht nur, wie in Sachsen-Anhalt, die Kirchengemeinden, sondern auch die Landeskirchen binden, stehen unter Vorbehalt des Zumutbaren, also auch die Pflicht zur Zugänglichmachung; im Falle fehlender Geldmittel und fehlenden Personals kann daher die Offenhaltungspflicht entfallen. Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit sind in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. 3. Absatz 3 sieht im Gegensatz zu den meisten anderen Verträgen in den neuen Ländern keine Vorrangigkeit bei der Beachtung der Belange der Religionsausübung vor, doch bewirkt auch hier das Grundrecht auf Religionsfreiheit, dass diese Belange in aller Regel zu berücksichtigen sind.81 Das gilt auch gegenüber dem zuständigen Ministerium, dem als oberste Denkmalbehörde gemäß Satz 2 im Streitfall die Endentscheidung, wenn auch im Benehmen mit der Kirche, obliegt. Dass sich die Vertragsparteien dieser Rechtsposition der Kirchen bewusst sind, zeigt das im Schlussprotokoll niedergelegte Ziel, bei Meinungsverschiedenheiten eine Übereinstimmung zu finden; diese Bestimmung kann als eine Art Sollvorschrift zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung betrachtet werden.82 Die Denkmalbehörden sind an die Feststellung der Kirchen, was zu den Belangen der Religionsgemeinschaften gehört, gebunden, wobei die innerkirchliche Zuständigkeit für diese Feststellung offengelassen ist. Denkmalschutzbehörden sind die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Denkmalschutzbehörden (§ 16 Abs. 1 DSchG) und das zuständige Ministerium als oberste Denkmalschutzbehörde (§ 16 Abs. 3 DSchG), Denkmalfachbehörde das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege (§ 17 Abs. 1 DSchG). Die Benehmensregelung in Satz 2 bezieht sich nur auf Entscheidungen über für kirchliche Handlungen bestimmte Kulturdenkmale; aus Absatz 1 ist aber der Auftrag an die Denkmalbehörden abzuleiten, auch bei allen an-

Denkmale im Land Brandenburg (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz – BbgDSchG) vom 24. Mai 2004 (GVBl.I/04, [Nr. 09], S. 215). 80 § 2 Abs. 1 BbgDSchG lautet: Denkmale sind Sachen, an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, wissenschaftlichen, technischen, künstlerischen, städtebaulichen oder volkskundlichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht; § 2 Abs. 2 Nr. 1 BbgDSchG unterscheidet sodann zwischen Bau-, Garten- und technischen Denkmalen. 81 Bei Entscheidungen über Denkmale, die der Religionsausübung dienen, haben die Denkmalschutzbehörde und die Denkmalfachbehörde die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften festgestellten Belange der Religionsausübung „zu beachten“ (§ 21 S. 1 DSchG). Enteignungsentscheidungen (§ 23 DSchG) unterliegen ohnehin dem generellen Enteignungsverbot für res sacrae, s. Erl. A. [k)] zu Art. 7. 82 Unterstrichen wird aus staatlicher Sicht das Einigungsbestreben durch den Hinweis in der Amtlichen Begründung, dass noch in keinem Fall gegen das kirchliche Votum entschieden worden sei (LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 35).

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Artikel 10 – Denkmalpflege

deren, kirchliche Kulturdenkmale betreffenden Entscheidungen zunächst Kontakt mit den Kirchen aufzunehmen. 4. In Absatz 4 sagt das Land – auch auf der Grundlage von Artikel 34 Abs. 2 Landesverfassung – finanzielle und sonstige Hilfen zu, erhält aber einen Haushaltsvorbehalt bei der Vergabe von Denkmalmitteln aufrecht und beschränkt sich auf Zuschüsse („trägt bei“), insbesondere auf die Mitfinanzierung bei der Vergabe von Bundesmitteln, die ganz im Vordergrund der Denkmalpflegefinanzierung steht. 5. Absatz 5 trifft eine Sonderregelung für das sog. Schatzregal. Im Unterschied zu Artikel 10 Abs. 2 Vertrag Sachsen-Anhalt wird den Kirchen zwar keine Dauerverfügungsmacht über auf ihren Grundstücken entdeckte Bodendenkmale zugesprochen, selbst wenn es sich um kirchliche Kultgegenstände handelt, wohl aber die Überlassung als Dauerleihgabe. Voraussetzung ist, dass diese Funde in Landeseigentum übergegangen sind, was insbesondere bei erlaubten Grabungen oder bei wissenschaftlichem Wert der Fall ist.83 Die Regelung gilt nicht für über der Erde, etwa in alten kirchlichen Gebäuden, gefundene kirchliche Gegenstände, die als normale Denkmale zu behandeln sind.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 17: (1) Die Kirche und das Land tragen gemeinsam Verantwortung für Schutz und Erhalt der kirchlichen Denkmale. (2) Die Kirche stellt sicher, dass ihre Denkmale erhalten bleiben und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, sofern hieran ein öffentliches Interesse besteht. Insoweit sind Enteignungen nach dem Denkmalschutzrecht unzulässig. (3) Bei Entscheidungen über Denkmale, die gottesdienstlichen, kultischen oder gleichartigen kirchlichen Zwecken unmittelbar dienen, berücksichtigen die Denkmalschutzbehörden die von den kirchlichen Oberbehörden festgestellten Belange. Die kirchliche Oberbehörde entscheidet im Benehmen mit der obersten Denkmalschutzbehörde, falls die untere Denkmalschutzbehörde oder das fachliche Landesamt die geltend gemachten Belange nicht anerkennt. (4) Durch Vereinbarungen können der Kirche Aufgaben des Denkmalschutzes übertragen werden. (5) Das Land nimmt bei der Förderung nach dem Denkmalrecht, auch bei der Vergabe von Mitteln, Rücksicht auf die besonderen denkmalpflegerischen Aufgaben der Kirche. Es setzt sich dafür ein, dass die Kirchen auch von solchen Einrichtungen Hilfe erhält, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Kultur- und Denkmalpflege tätig sind.

83

Zu Einzelheiten vgl. § 12 DSchG sowie die Amtliche Begründung (Fn. 65).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Absatz 1 bestimmt die gemeinsame Verantwortung von Kirche und Land für die kirchlichen Denkmale. Absatz 2 verpflichtet die Kirche, ihre Denkmale zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Konsequenterweise werden Enteignungen ausgeschlossen, soweit die Kirche den Verpflichtungen nachkommt, deren Nichterfüllung nach dem Denkmalrecht eine Enteignung zulässig macht. Die Verpflichtungen der Katholische Kirche, die keine gesonderten Baulastmittel des Landes erhält, sind natürlich unter Beachtung der §§ 6 und 20 des Denkmalschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern, z. B. der Zumutbarkeit, zu bestimmen. Absatz 3 spiegelt den besonderen verfassungsrechtlichen Rang der Glaubensfreiheit wider. Gleichzeitig dient die Bestimmung auch einem richtig verstandenen Denkmalschutz. Denn der beste Denkmalschutz ist die bestimmungsgemäße Verwendung des Denkmals. Allerdings muß dann, wenn sich die kirchlichen Vorstellungen zu bestimmten gottesdienstlichen Formen ändern, diesen Änderungen Rechnung getragen werden, z. B. bei der Stellung des Altars als Ansichtsaltar oder Altartisch. Absatz 4 gibt die Möglichkeit, kirchlichen Behörden Aufgaben des Denkmalschutzes zu übertragen. Die praktische Bedeutung dieser Bestimmung ist bei der Katholischen Kirche wegen der vergleichsweise geringen Zahl ihrer Denkmale gering. Absatz 5 konkretisiert die allgemeine Verpflichtung zur Zusammenarbeit auch auf dem Gebiet des Denkmalschutzes.

Kommentierung Artikel 17 stimmt wörtlich mit Artikel 9 des Evangelischen Vertrags überein. Eine Übertragung von Aufgaben gemäß Absatz 4 ist nach Aussage der Kirche aus Kapazitätsgründen und wegen guter Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden nicht beabsichtigt. 2. Thüringen Art. 18: (1) Die Katholische Kirche verpflichtet sich, im Rahmen ihrer Möglichkeiten denkmalgeschützte Gebäude nebst den dazugehörigen Grundstücken sowie deren Kunst- und Kulturgegenständen zu erhalten und zu pflegen. Sie wird Veräußerungen und Veränderungen nur im Benehmen mit dem Ziel der Verständigung mit den staatlichen Denkmalbehörden vornehmen und dafür sorgen, dass die Kirchengemeinden bzw. Pfarreien und sonstigen kirchlichen Verbände entsprechend verfahren. Schlussprotokoll: Bei den dem Gottesdienst gewidmeten Gegenständen (res sacrae) sind religiöse Belange vorrangig zu berücksichtigen. Sofern staatlicher Denkmalschutz und liturgische Interessen der Kirche in Konflikt geraten, haben in der Interessenabwägung liturgische Belange Vorrang. (2) Bei der Vergabe der Mittel des Freistaates Thüringen für Denkmalpflege wird die Katholische Kirche angemessen berücksichtigt. Der Freistaat Thüringen wird sich dafür einsetzen, dass die Kirche auch von solchen Einrichtungen Hilfe erhält, die auf nationaler und internationaler Ebene für Denkmalpflege tätig sind.

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Artikel 10 – Denkmalpflege

(3) Soweit das Schatzregal Anwendung findet, werden diese Kulturdenkmäler der Katholischen Kirche auf Antrag als Dauerleihgabe überlassen.

Regierungsbegründung Diese Regelung entspricht den Bestimmungen des Thüringer Denkmalschutzgesetzes vom 7. Januar 1992 (GVBl. S. 17, 550).

Kommentierung Artikel 18 stimmt fast wortgleich mit Artikel 9 des Evangelischen Vertrags überein, so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann. Eine Übertragung von Aufgaben hat die Katholische Kirche aus Kapazitätsgründen nicht beantragt. 3. Sachsen Art. 19: (1) Die Katholische Kirche und der Freistaat bekennen sich zu ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Schutz und Erhalt der kirchlichen Kulturdenkmale. (2) Die Katholische Kirche verpflichtet sich, ihre Kulturdenkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten, zu pflegen und nach Möglichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schlussprotokoll: Die kultischen und seelsorgerischen Belange sollen dabei vorrangig berücksichtigt werden. (3) Die Katholische Kirche hat für die Erhaltung ihrer Kulturdenkmale Anspruch auf angemessene Kostenerstattung durch den Freistaat nach Maßgabe der Gesetze und wird bei der Vergabe staatlicher Mittel entsprechende berücksichtigt. Der Freistaat wird sich dafür verwenden, dass die Katholische Kirche auch von solchen Einrichtungen und Behörden Fördermittel erhält, die auf nationaler und internationaler Ebene auf dem Gebiet der Kulturund Denkmalpflege tätig sind.

Regierungsbegründung Der katholischen Kirche ist ebenso wie den evangelischen Kirchen über die Jahrhunderte ein wertvoller Bestand an Kulturdenkmalen überkommen. Die Regelungen dieses Vertrages tragen der kulturpolitischen Bedeutung des in der Obhut der katholischen Kirche stehenden Kulturguts ebenso wie den verfassungsrechtlichen Besonderheiten Rechnung. Mit dem in Kraft getretenen Sächsischen Denkmalschutzgesetz vom 3. März 1993 (SächsGVBl. S. 229) hat der Gesetzgeber einen Ausgleich geschaffen zwischen der generellen staatlichen Verantwortung für Kulturgüter und der häufig kirchlichen Zwecken dienenden aktuellen Funktion dieser Kulturgüter. Vor diesem Hintergrund war die kirchenvertragliche Regelung auf wenige Schwerpunkte zu beschränken. Absatz 1 enthält das Bekenntnis, dass die Bewahrung der kirchlichen Kulturgüter eine Angelegenheit gemeinsamer Verantwortung von Staat und Kirche ist. Die Vertragsregelung trägt damit der Sächsischen Verfassung Rechnung, die bestimmt, dass Baudenkmale der Kirchen, unbeschadet des Eigentumsrechts, Kulturgut der Allgemeinheit sind.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Absatz 2 unterstreicht die Pflicht der katholischen Kirche, die sich aus ihrer Eigentümerstellung oder – in den Fällen des Artikels 17 nach Maßgabe des konkreten Nutzungsverhältnisses – aus ihrer Besitzerstellung ergeben. Entsprechend der Regelung des § 8 Abs. 1 SächsDSchG sind diese Pflichten an eine Zumutbarkeitsgrenze gekoppelt. Da Kulturgut gleichzeitig Allgemeingut ist, war im Kirchenvertrag sicherzustellen, dass es im Rahmen des Möglichen auch der Allgemeinheit zugänglich gemacht wird. Diese Pflichten sind im Rahmen der Abwägung mit den seelsorgerischen und kultischen Bedürfnissen der katholischen Kirche in Einklang zu bringen. Insoweit enthält das Schlussprotokoll einen klarstellenden Hinweis, der die bestehende Verfassungs- und Gesetzeslage widerspiegelt. Absatz 3 sieht entsprechend der Regelung des Artikels 112 Abs. 2 SächsVerf nach Maßgabe der Gesetze eine angemessene Kostenerstattung durch den Freistaat für den Erhalt von Kulturdenkmalen vor.

Kommentierung Artikel 19 stimmt nahezu wortgleich mit Artikel 10 des Evangelischen Vertrags überein. Zusätzlich verweist das Schlussprotokoll auf die sich aus den Verfassungsbestimmungen ergebende, erforderliche Interessenabwägung in Bezug auf die seelsorgerischen und kultischen Bedürfnisse der Kirche, unterstreicht in Übereinstimmung mit den meisten anderen Staatskirchenverträgen deren Vorrangigkeit gegenüber den Anforderungen des staatlichen Denkmalschutzes84 und sichert die entsprechende Bestimmung des § 18 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes85 vertraglich ab. 4. Sachsen-Anhalt Art. 17: (1) Die Katholische Kirche verpflichtet sich, denkmalswerte Gebäude nebst den dazugehörenden Grundstücken sowie deren Kunst- und Kulturgegenstände zu erhalten und zu pflegen. Sie wird dafür Sorge tragen, dass ihre Kirchengemeinden, Anstalten und Stiftungen entsprechend verfahren, soweit diese Verpflichtungen im Einzelfall nicht zu unzumutbaren Belastungen der Kirchengemeinden, Anstalten oder Stiftungen führen. Die Denkmalbehörden haben bei Kulturdenkmalen der Katholischen Kirche, die dem Gottesdienst oder sonstigen Kulthandlungen zu dienen bestimmt sind, die kultischen und seelsorgerlichen Belange, die von dem zuständigen Diözesanbischof festzustellen sind, vorrangig zu beachten. Vor der Durchführung von Maßnahmen setzen sich die Behörden mit dem zuständigen Diözesanbischof ins Benehmen. (2) Die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes über gefahrenabwehrende Maßnahmen der Denkmalbehörden, die diese zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben treffen, über Genehmigungspflichten sowie über Ablieferung von Funden und über Enteignungen finden keine Anwendung auf Kulturdenkmale, die im kirchlichen Eigentum stehen, soweit sie dem Gottesdienst und sonstigen Kulthandlungen zu dienen bestimmt sind und die Katholische Kirche im Einvernehmen mit der obersten Denkmalbehörde eigene Vorschriften zum Schutz dieser Kulturdenkmale erlässt.

84 85

Siehe die Erl. A. [d)]. Fn. 73.

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Artikel 10 – Denkmalpflege

(3) Bei Vergabe der Mittel des Landes für die Denkmalpflege wird die Katholische Kirche unter Beachtung der Regelungen des Denkmalschutzgesetzes angemessen berücksichtigt. Das Land wird sich dafür einsetzen, dass die Katholische Kirche auch von solchen Einrichtungen Hilfen erhält, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Kultur- und Denkmalspflege tätig sind.

Regierungsbegründung Der Abs. 1 enthält gegenseitige Zusicherungen zur Denkmalpflege. Die besondere Situation im Land Sachsen-Anhalt, die darin besteht, dass etwa die Hälfte aller Kirchen und Kapellen ungenutzt bleibt und dadurch dem Verfall ausgesetzt ist, zwingt zu den relativ einschneidenden Belastungen durch Anwendung der Bestimmungen des Denkmalschutzrechts, zur Zeit geregelt im Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Oktober 1991 (GVBl. LSA S. 368) zuletzt geändert am 13. 4. 1994 (GVBl. LSA S. 508). Abgemildert werden die Belastungen durch die Befreiung von Verpflichtungen bei Unzumutbarkeit (Abs. 1 Satz 2) und durch die ausdrückliche Zusicherung der vorrangigen Berücksichtigung der kultischen und historischen Belange (Abs. 1 Satz 3). Die Unzumutbarkeit muss sich auf die Leistungsfähigkeit der jeweils betroffenen Kirchengliederung (Kirchengemeinde, Anstalten und Stiftungen) beziehen. Kultische Belange sind z. B. betroffen bei einer von kirchlichen Trägern gewünschten Änderung der Stuhlanordnung im Interesse neuer Gottesdienstordnungen oder bei Vorkehrungen zugunsten sonstiger Gemeindeveranstaltungen. Nicht darunter fallen Veränderungswünsche der Katholischen Kirche aus wirtschaftlichen Erwägungen, da solche Motive auch bei anderen verpflichteten Einrichtungen keine Berücksichtigung finden und hier eine Sonderbehandlung der Katholischen Kirche nicht begründbar wäre. Abs. 2 ermöglicht eine weitgehende Freistellung der Katholischen Kirche von Verpflichtungen des Denkmalschutzrechts in Bezug auf sakrale Kulturdenkmale, wenn die Katholische Kirche eigene Schutzvorschriften erlässt. Die dabei erwähnten historischen Schatzfunde sind allerdings auch ohne solche Schutzvorschriften von der Ablieferungspflicht befreit, wenn die Fundstelle zum Kirchengelände gehört, weil in diesen Fällen davon ausgegangen wird, dass die Fundsache nicht herrenlos war. Allgemeine Vorschriften zur Gefahrenabwendung bleiben unberührt. In Abs. 3 sichert das Land der Katholischen Kirche eine angemessene Berücksichtigung bei der Vergabe der Mittel für die Denkmalpflege zu. Das Land wird sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass die Katholische Kirche auch von Einrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene Hilfe erhält, die für die Kultur- und Denkmalpflege tätig sind.

Kommentierung Denkmalpflege und Denkmalschutz sind im Katholischen Kirchenrecht zwar nicht durch eine Grundsatznorm abgedeckt, jedoch der Intention nach in etlichen Einzelbestimmungen des CIC vorgesehen.86 Die Verpflichtung nach Absatz 1 stimmt somit mit den innerkirchlichen Regelungen überein. Zur Auslegung der mit Artikel 10 des Evangelischen Vertrages übereinstimmenden Vertragsbestimmungen wird auf die dortigen Erläuterungen verwiesen. Die Katholische Kirche hat jedoch 86 Vgl. A. Hollerbach, Kunst- und Denkmalpflege, S. 1109 ff.; B. M. Kremer, Denkmalschutz, S. 81.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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die Absicht erklärt, zu gegebener Zeit eigene Verantwortung im Sinne von Absatz 2 zu übernehmen. 5. Brandenburg Art. 14: (1) Die Katholische Kirche und das Land Brandenburg wirken bei Schutz, Pflege und Erhaltung der kirchlichen Kulturdenkmale zusammen. (2) Die Katholische Kirche verpflichtet sich, im Rahmen des ihr Zumutbaren ihre Kulturdenkmale nebst den dazugehörenden Grundstücken sowie deren Kunst- und Kulturgegenstände zu erhalten, zu pflegen und der Allgemeinheit zugänglich zu machen. (3) Bei Entscheidungen über kirchliche Denkmale, die dem Gottesdienst oder sonstigen kirchlichen Handlungen zu dienen bestimmt sind, haben die Denkmalschutz- und Denkmalfachbehörden die von der zuständigen Kirchenleitung festgestellten Belange der Religionsausübung zu beachten. In Streitfällen entscheidet der für Denkmalschutz zuständige Minister im Benehmen mit der zuständigen kirchlichen Stelle. (4) Das Land trägt zur Erhaltung und Pflege der Denkmale nach Maßgabe der Gesetze und der ihm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bei. Das Land wird sich dafür einsetzen, dass die Katholische Kirche auch von solchen Einrichtungen Hilfen erhält, die auf nationaler und internationaler Ebene für die Kultur- und Denkmalpflege tätig sind. (5) Bewegliche Bodendenkmale von gottesdienstlicher oder sonstiger kultischer Bedeutung, die auf kirchlichem Grund entdeckt werden und herrenlos oder so lange verborgen gewesen sind, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, werden, sofern sie in das Eigentum des Landes übergehen, der Kirche unentgeltlich als Leihgabe überlassen. Einzelheiten werden jeweils durch gesonderte Vereinbarung geregelt.

Regierungsbegründung Schutz, Erhaltung und Pflege kirchlicher Kulturdenkmale sind nicht nur für die Katholische Kirche eine bedeutsame Aufgabe, sondern auch für das Land (vgl. Art. 34 Abs. 2 Satz 2 LV). Deshalb sieht Absatz 1 eine Zusammenarbeit von Land und Kirche im Bereich der Denkmalpflege vor. Absatz 2 wiederholt die in § 12 BbgDSchG enthaltene Erhaltungspflicht der Kirche hinsichtlich des in ihrem Eigentum stehenden Denkmalgutes. Darüber hinaus verpflichtet sich die Kirche dazu, dieses Gut im Rahmen des Zumutbaren der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hierdurch wird eine Vermittlung des kulturellen Erbes (vgl. Art. 34 Abs. 2 Satz 1 LV) sichergestellt. Bei denkmalrechtlichen Entscheidungen, die regelmäßig mit Eingriffen in die Rechte der betroffenen Eigentümer verbunden sind, hat das Land die Belange der Betroffenen mit dem denkmalpflegerischen Interesse der Öffentlichkeit abzuwägen. Soweit es sich um der Religionsausübung dienende Denkmale handelt, insbesondere um Kirchengebäude, wird durch Absatz 3 (ebs. § 22 Satz 1 BbgDSchG) in besonderem Maße die Beachtung der religiösen Belange im Rahmen der zu treffenden denkmalrechtlichen Entscheidung vorgesehen. Kirchlicher Widerspruch kann damit nur durch denkmalpflegerische Belange von besonderem Gewicht überwunden werden. Sofern sich die Denkmalbehörden und die zuständigen kirchlichen Stellen nicht einigen können, ist eine Letztentscheidung der obersten Denkmalschutzbehörde (des Ministe-

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Artikel 10 – Denkmalpflege

riums für Wissenschaft, Forschung und Kultur, § 3 Abs. 1 BbgDSchG) erforderlich, die im Benehmen mit der zuständigen kirchlichen Stelle zu treffen ist (ebs. § 22 Satz 1 BbgDSchG). Bislang sind in Brandenburg sämtliche denkmalrechtlichen Entscheidungen über der Religionsausübung dienende Denkmäler der Katholischen Kirche im Einvernehmen mit der Kirche getroffen worden; das Land wird bemüht sein, die Praxis einvernehmlicher Entscheidungen auch künftig fortzuführen. In Absatz 4 ist eine Beteiligung des Landes bei Erhaltung und Pflege der kirchlichen Denkmale vorgesehen (ebs. § 12 Abs. 4 BbgDSchG). Hierfür ist die Erwägung maßgebend, dass Erhaltung und Pflege der Denkmale sich sehr kostenintensiv gestalten kann und der Kirche die Aufbringung der hierfür benötigten Mittel nur im Rahmen des Zumutbaren abverlangt werden kann. Da die Erhaltung des kulturellen Erbes nicht nur von Land, Landkreisen und Gemeinden, sondern auch auf nationaler und internationaler Ebene gefördert wird (Bund, Europäische Union, Deutsche Stiftung Denkmalschutz u. a.), liegt die Gewinnung von Mitteln zur Erhaltung kirchlicher Denkmale aus diesen Quellen im Interesse von Land und Kirche. Soweit das Land Möglichkeiten hat, die Kirche im Kontakt mit den hierzu berufenen Stellen bei der Gewinnung solcher Mittel zu unterstützen, wird dies geschehen; das wird in Absatz 4 Satz 2 klargestellt. Absatz 5 trifft Regelungen für bewegliche Bodendenkmale, die nach dem „Schatzregal“ (§ 20 BbgDSchG) in das Eigentum des Landes übergehen, aber auf kirchlichem Grund entdeckt worden sind und wegen gottesdienstlicher oder kultischer Bedeutung für die Katholische Kirche von Interesse sind. Auf Wunsch der Kirche werden diese Gegenstände der Kirche unentgeltlich als Dauerleihgabe überlassen. Einzelheiten sind durch gesonderte Vereinbarungen zu regeln, durch die neben Fragen der wissenschaftlichen Erforschung und der öffentlichen Zugänglichkeit insbesondere konservatorische und restauratorische Fragen geregelt werden können, um die Erhaltung des Gegenstands sicherzustellen (vgl. § 12 Abs. 1 BbgDSchG).

Kommentierung Der Inhalt der Vorschrift entspricht vollständig den Regelungen des Art. 10 Abs. 1 – 5 des evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg, auf dessen Kommentierung verwiesen wird.

Artikel 11 – Patronatswesen A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 11: (1) Die im Land Sachsen-Anhalt bestehenden staatlichen Patronatsrechte sind, soweit dieser Vertrag keine abweichenden Vereinbarungen enthält, aufgehoben. Schlussprotokoll: (1) Der Begriff „Patronatsrecht“ umfaßt die Gesamtheit der Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten einschließlich der Unterhaltspflichten. (2) Die Besetzung der Pfarrstellen für die in Artikel 9 Abs. 2 genannten Kirchen erfolgt im Benehmen mit den Vereinigten Domstiftern zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz. Sonstige Rechtsbeziehungen zwischen den Vereinigten Domstiftern und den zuständigen Kirchen bleiben unberührt. (3) Die Prälatur Michaelstein wird ohne staatliche Mitwirkung durch die zuständigen kirchlichen Behörden besetzt; die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig verzichtet auf die Zahlung einer Abtspräbende. (2) Bezüglich der früher vereinigten Kirchen- und Schulämter werden die Vertragsparteien darauf hinwirken, daß sowohl die kommunalen Gebietskörperschaften als auch die Kirchengemeinden und Gliederungen die erforderlichen Auseinandersetzungsverträge abschließen oder die bereits abgeschlossenen Verträge durchführen.

Regierungsbegründung Artikel 11 zieht in Absatz 1 einen Schlußstrich unter die hergebrachten Patronatsrechte, die nach allseitiger Überzeugung heute ganz überwiegend als überholt anzusehen sind, allenfalls im dörflichen Bereich noch eine sinnvolle Rolle spielen. Die Regelung ist allerdings auf staatliche Patronate beschränkt. Die Zukunft der – vermutlich noch zahlreichen – kommunalen Patronate, für die es noch keine Übersicht gibt, bleibt Einzelverhandlungen mit den betroffenen Kommunen überlassen. Entsprechendes gilt für private Patronate. Dem Wegfall der staatlichen Unterhaltungspflichten wurde bei der Bemessung der Dotationen (Artikel 13) Rechnung getragen. Die in Absatz 2 des Schlußprotokolls aufgeführte besondere Regelung im Verhältnis zu den Vereinigten Dornstiftern entspricht deren neuer Stiftungssatzung; schon bisher erfolgt bereits regelmäßig vorweg eine Anhörung. Die gleichfalls erwähnten „sonstigen Rechtsbeziehungen“ betreffen z. B. beiderseitige Rechte und Pflichten bezüglich bestimmter Pfarrwohnungen. Für den Sonderfall der nicht als Patronat im engeren Sinne, sondern nur noch als Titulatur bestehenden Prälatur Michaelstein wird im Schlußprotokoll in Übereinstimmung mit der Rechtslage in Niedersachsen eine Einzelentscheidung getroffen. Absatz 2 nimmt Bezug auf die preußischen Regelungen der Auseinandersetzung über die früher vereinigten Kirchen- und Schulämter. Letztere wurden durch das preußische Gesetz vom

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07. September 1938 rechtswirksam getrennt; die Verfahren für die Auseinandersetzungen sind jedoch noch nicht überall abgeschlossen. Es besteht Einvernehmen darüber, daß die in Preußen vorgesehene Schiedsregelung und die Zuständigkeitsbestimmungen für die Gerichtsbarkeit keine Gültigkeit mehr besitzen. Über den heute zulässigen Rechtsweg bei Streitigkeiten müssen die Gerichte entscheiden.

Literatur Zu Absatz 1: A. Albrecht, Patronatswesen, HSKR, Bd. 2, 21995, § 40, S. 47 ff.; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 294 ff.; J. Harder, Die katholischen und evangelischen Staatspatronate in Deutschland, ArchKathKR 1955, S. 6 ff. und 313 ff.; J. Heckel, Der Ratspatronat im Freistaat Sachsen, Rechtgutachten, 1930; Th. Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, 1995, S. 29 ff. und 47 ff.; E. Meyer, Die Entwicklung des evangelischen Patronatsrechts im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik, ZevKR Bd. 5, (1956), S. 84 ff., 404 ff.; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 497 ff.; Sperl, Art. Patronat, EvStL 21975, Sp. 1784 ff.; E. Sperling, Zur Rechtslage der Patronate, ZevKR 21 (1976), S. 244 ff.; A. Thier, Patronatswesen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 63, S. 2609 ff. Zu Absatz 2: H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 1999, S. 294 ff., 313 ff.; G. Arndt, Die organisch vereinigten Kirchen- und Schulämter in Preußen, ihre Trennung und Vermögensauseinandersetzung, 1926; A. v. Campenhausen/C. Thiele (Hrsg.), Zur Rechtsstellung der Schul- und Küsterschullehen in Sachsen, in: Göttinger Gutachten II, 2002, S. 310 ff.; V. Hoheisel, Das Recht der Küsterschule, 1929, S. 1; M. Kapischke, Zur Vermögensauseinandersetzung des vereinigten Küsterschulamtes, LKV 2001, S. 62 ff.

Bedeutung und Hintergrund Die umfangreiche Literatur über das Patronatsrecht beweist die Bedeutung, die Patronate in der Staatskirchengeschichte besaßen, vermittelt allerdings kein einheitliches Bild. Die regelmäßige Zusammenfassung der von beiden christlichen Kirchen eingeräumten Rechte von Patronen mit – vor allem finanziellen – Verpflichtungen in ein- und demselben Rechtsinstitut reicht zurück bis ins Mittelalter1 und kam sowohl dem finanziellen Interesse der Kirchen als auch dem Wunsch Außenstehender – Privatpersonen wie auch Städten und Klöstern – auf Einflussnahme ebenso wie auf öffentliches Ansehen entgegen. Im Zuge der wachsenden Eigenständigkeit der Kirchen, mündend in die Selbstständigkeitsgarantie des Artikel 137 Abs. 3 WRV, rückte die wirtschaftliche Funktion der Patronate immer weiter in den Vordergrund, während die Bestimmungsrechte des Patrons „immer mehr als Beschränkung der natürlichen Lebensäußerung des Kirchenregiments und der Gemeinde und nicht als eine Förderung des kirchlichen Gemeindelebens“ betrachtet wurden.2 Dies führte in vielen Fällen im 19. Jahrhundert bereits zur Aufhebung von Patronaten, sofern die Kir1 Vgl. A. Thier, Patronatswesen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 63, S. 2609 (2612 ff. Rn. 3 ff.) und Th. Lindner, Baulasten, S. 29, die den Ursprung auf das 12. Jahrhundert datieren. 2 Vgl. E. Meyer, Entwicklung, Teil I, S. 88.

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chen dadurch keine finanziellen Nachteile erlitten, und die Patronate verloren an rechtlicher und gesellschaftlicher Bedeutung, wobei nicht übersehen werden darf, dass an kleinen Orten, in denen Dienstleistungen gehobener Art nicht zur Verfügung stehen, der Patron als Privatperson auch heute noch als Helfer, Ratgeber und Finanzier eine wichtige Rolle spielen kann.3 Die in Absatz 2 angesprochene, von Patronatsrechten meist unabhängigen Auseinandersetzungen über das Vermögen der ehemals dauernd vereinigten oder auch „organisch verbundenen“ Kirchen- und Schulämter, in Preußen auch als Schulund Küsterämter oder Küsterschulen, in Sachsen meist als Kirchschullehn bezeichnet, aber von rein kirchlichen Schulen zu unterscheiden, beschäftigten Staat, Kirchen und dann auch die Gerichte seit der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts in zunehmenden Maße. Ihre Entstehung verdanken sie dem Übergang des zuvor fast ausschließlich kirchlich betriebenen in ein vom Staat verantwortetes Schulwesen, in dessen Rahmen den kirchlichen Küstern nicht nur, wie bisher, der kirchliche, sondern auch der staatliche Unterricht übertragen worden war. Vor allem in ländlichen Gebieten übernahmen dabei im 19. Jahrhundert in erster Linie die Volksschulen, die überwiegend danach eigene Rechtspersönlichkeit erwarben, die kirchlichen Schulgebäude mit den dazugehörenden Erträgen der Besoldung der Lehrkräfte und der Bauunterhaltung dienenden Grundstücken. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es erste Bestrebungen der Lehrkräfte, sich von den sog. niederen Küsterdiensten zu befreien, und seit Ende des Jahrhunderts kam es zu verschiedenen Ansätzen zugunsten einer Vermögensauseinandersetzung bezüglich der kirchlicherseits und staatlicherseits eingebrachten Vermögenswerte. Dennoch gab es 1911 in Preußen noch über 11.000 evangelische und über 2.000 katholische ungeteilte Ämter4, und auch nach dem 1. Weltkrieg führten wohl der Wunsch der Kirchen, ihren Einfluss auf den Unterricht zu behalten, und des Staates, nicht durch Wegfall der kirchlichen Gehaltszuschüsse und durch kirchliche Entschädigungsforderungen belastet zu werden5, häufig zum Fortbestehen dieser Ämter. Erst 1938 erfolgten in Preußen, in Sachsen allerdings schon 1921, die endgültige Auflösung der noch vereinigten Ämter und eine generelle Regelung des Vorgehens bei der Vermögensauseinandersetzung. Dennoch meldete 1993 die Kirchenprovinz Sachsen für ihren Bereich noch rund 500, 1995 noch rund 350 unerledigte Verfahren. 3 Vgl. E. Sperling, Rechtslage, S. 263 f. sowie A. Thier, Patronatswesen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 63, S. 2609 (2611 Rn. 2); ferner die kurze Bemerkung in der Amtlichen Begründung zu Art. 11 Abs. 1, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 12 sowie die Diskussion der Berlin-Brandenburgischen Provinzialsynode über die Beseitigung der brandenburgischen Patronate durch Verordnungen der Provinzialverwaltung und der Kirche der Altpreußischen Union, in deren Rahmen die Synodalen Pachali und Dr. Böhm daran erinnerten, welche hilfreiche Rolle die Privatpatrone in der nationalsozialistischen Zeit gespielt hatten; die Synode sprach diesen ausdrücklich ihren Dank aus (Verhandlungen der Berlin-Brandenburgischen Provinzialsynode, 1. Tagung (6. – 9. 10. 1946), S. 180 ff.). In Mecklenburg-Vorpommern werden vereinzelt sogar noch neue kirchliche Patronate begründet. 4 Vgl. G. Arndt, Kirchen- und Schulämter, S. 22. 5 Vgl. V. Hoheisel, Recht der Küsterschule, S. 391.

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Entstehungsgeschichte a) Zu Absatz 1: In der 2. und 6. Sitzung kündigte die kirchliche Seite die Zusammenstellung der bestehenden staatlichen Patronate an, während die Evangelische Kirche Anhalts mitteilte, dass für ihren Bereich keine Unterlagen über noch unerledigte Fälle vorhanden seien. Auf der Grundlage der Vorschläge der zum Bereich „Staatsleistungen“ gebildeten Unterkommission, die u. a. die zusätzliche finanzielle Ablösung staatlicher Verpflichtungen aus Patronaten behandelt hatte, wurde in der 8. Sitzung die Endfassung des Absatzes 1 beschlossen. In der 10. Sitzung warf die kirchliche Seite die Frage auf, ob auch Regelungen für kommunale und private Patronate einbezogen werden sollten. Demgegenüber äußerte die staatliche Seite Zweifel, ob es unabhängig von der Frage der staatlichen Zuständigkeit zweckdienlich sei, ohne Rücksicht auf örtliche Gegebenheiten, insbesondere in kleinen Orten, Patronate ausnahmslos aufzuheben; von einer Erweiterung wurde daraufhin abgesehen. In der 16. Sitzung erhielt auf Antrag der Braunschweigischen Kirche, die im Übrigen erklärte, dass in ihrem Gebiet keine Patronatsprobleme existierten, die Fassung des Absatzes 3 des Schlussprotokolls bezüglich der Prälatur Michaelstein in Anlehnung an eine entsprechende Regelung im Loccumer Vertrag die Zustimmung, in der 19. Sitzung auf Wunsch der staatlichen Seite die Umschreibung der „Patronatsrechte“ in Absatz 1 des Schlussprotokolls, unter Einbeziehung der Erwähnung der staatlichen Unterhaltungspflichten für die Dome. In der 23. Sitzung erörterten die Verhandlungspartner die auf historisch gewachsenen Rechtsbeziehungen fußenden Patronatsrechte und -pflichten der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz und beschlossen – in Übereinstimmung mit der neuen Satzung der Domstifter – die Endfassung des Absatzes 2 des Schlussprotokolls, durch die auch die Bauunterhaltung der betroffenen Pfarrwohnungen abgesichert werden sollte. b) Zu Absatz 2: Während nach dem Vorentwurf der Kirchen auf das Verfahren für die Auseinandersetzung bezüglich des Vermögens der früher vereinigten Kirchenund Schulämter im Vertrag anhand der Bestimmungen des preußischen Gesetzes über die Trennung der Ämter Bezug genommen, eine schon vorliegende Vertragsgenehmigung anerkannt und eine noch nicht erfolgte Genehmigung nachträglich erteilt werden sollte, verwies die staatliche Seite in der 12. Sitzung darauf, dass die Fortgeltung des preußischen Rechts umstritten und daher zu empfehlen sei, die Vertragsverhandlungen nicht durch Warten auf die Klärung dieser Frage aufzuhalten; vielmehr werde eine Kurzfassung mit nur einer allgemeinen Bemühensklausel vorgeschlagen. Diese Fassung wurde nach kurzer Diskussion vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Ministerien, die in der folgenden Sitzung mitgeteilt werden konnte, beschlossen. Der Vertreter der Anhaltischen Kirche hatte mitgeteilt, dass in Anhalt die Fragen der Trennung und der Auseinandersetzung bereits 1924 geregelt worden seien. Die nochmals in der 19. Sitzung aufgeworfene Frage, ob wenigstens das im preußischen Gesetz vorgesehene Schiedsverfahren sowie eine Aussage über den Rechtsweg in den Vertrag aufgenommen werden sollten, wurde mit Blick auf die laufenden Arbeiten der Landesregierung sowie darauf verneint, dass man die Ent-

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scheidung über den Rechtsweg späteren Gerichtsentscheidungen überlassen sollte. Einigkeit bestand jedoch darüber, dass durch das preußische Gesetz die ehemals vereinigten Kirchen- und Schulämter rechtskräftig geteilt wurden. Kommentierung a) Unter einem Patronat ist die Gesamtheit der Rechte und Pflichten eines Patrons gegenüber der kirchlichen Einrichtung zum Zweck der Betreuung dieser Einrichtung zu verstehen.6 Patrone können natürliche wie auch juristische Personen sein. Zu den Patronatsrechten gehören u. a. die Präsentation (Vorschlagsrecht) von Geistlichen oder anderen kirchlichen Mitarbeitern, Ehrenplätze in Kirchen, Mitsprache bei baulichen, früher auch bei organisatorischen Entscheidungen und zuweilen auch gewisse Einkünfte; die Pflichten bestehen vor allem in primären oder subsidiären Bauunterhaltungspflichten, zu denen auch die Ergänzung der Ausstattung sowie Umbauten oder Ersatzbauten zählen können. Patronate verdanken ihre Entstehung zunächst der Stiftung von Kirchen, im Übrigen aber zahlreichen anderen Rechtstiteln wie einseitigen oder vertraglichen Zusagen, Gewohnheitsrechten oder Säkularisierungen. Rechtsgrundlagen waren in Preußen das Allgemeine Landrecht (ALR), ansonsten Gemeines oder kanonisches Recht.7 Als wichtigste Unterscheidung gilt die Aufteilung in lastenfreie also ohne finanzielle Verpflichtungen ausgestattete und Lastenpatronate. Ferner werden Privatpatrone – auch solche vom Landesherrn persönlich übernommene –, kommunale sowie landesherrliche Patronate unterschieden, bei letzteren wiederum echte – auch „fiskalische“ genannt – und sog. unechte, nämlich erstere als ausdrücklich kirchlich verliehene bzw. mit kirchlicher Zustimmung entstandene, letztere kraft Säkularisierung oder andere obrigkeitliche Maßnahmen ohne kirchliche Verleihung, vor allem kraft Übernahme der kirchlichen Gewalt in der Reformationszeit zustande gekommen.8 Schließlich gibt es persönliche und dingliche Patronate, wobei die letztgenannten mit dem Grundeigentum oder dem Besitz verbunden sind und der jeweilige Eigentümer, sofern er die Voraussetzungen erfüllt9, die Rechte und Pflichten übernimmt.

6 Die „Legaldefinition“ des Abs. 1 des Schlussprotokolls meint dasselbe, ist aber zu umfassend formuliert, so dass ungewollt z. B. auch Kirchenmitgliedschaftsrechte oder allgemeine Vertragsverpflichtungen darunter fallen könnten. Zur Definition vgl. u. a. E. Sperling, Rechtslage, S. 244; Patronate sind auch nicht auf sakrale Gebäude beschränkt, vgl. BGH KirchE 3, 140 (159). 7 Zu den Patronatsbestimmungen des ALR im Einzelnen vgl. E. Sperling, Rechtslage, S. 246 ff., zur Vereinbarung von Pfarrbesetzungsrechten mit Art. 137 Abs. 3 Satz 2 vgl. A. Thier, Patronatswesen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 63, S. 2609 (2620 – 2622 ff. Rn. 11). 8 Vgl. dazu A. Thier, Patronatswesen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 63, S. 2609 (2616 ff. Rn. 7 ff.); Th. Lindner, Baulasten, S. 48 ff.; im Übrigen sehr klar umschrieben bei A. v. Campenhausen/C. Thiele (Hrsg.), Zu Rechtsverhältnissen am Berliner Dom, in: Göttinger Gutachten II, Jus Ecclesiasticum, Bd. 69 (2002), S. 250 ff. 9 Zum Fall der Straffälligkeit eines Eigentümers vgl. RGZ 62, 220.

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b) Absatz 1 betrifft nur staatliche Patronatsrechte, worunter, wie sich aus der Entstehungsgeschichte und der Amtlichen Begründung10 ergibt, nur Patronatsverhältnisse mit staatlicher Beteiligung zu verstehen sind, also solche, die das Land oder eine Landeseinrichtung betreffen, diese aber – vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 des Schlussprotokolls – ausnahmslos, soweit sie zur Zeit des Vertragsschlusses Bestand hatten11, also auch die dinglichen Patronate.12 Eine Aufhebung kraft Vertrages war deshalb notwendig, weil nach herrschender Auffassung über die Aufhebung lastenfreier Patronate nur die Kirchen zu entscheiden haben, während bei der Verfügung über Lastenpatronate Staat und Kirche zu beteiligen sind, zumal u. U. auch noch geltende staatliche Normen aufgehoben werden müssen. Sehr missverständlich ist die Formulierung „staatliche Patronatsrechte“, weil dem Wortlaut nach staatliche Patronatspflichten bestehen bleiben könnten. Erst Absatz 1 des Schlussprotokolls stellt klar, dass sowohl Rechte als auch Pflichten gemeint sind, und zwar solche des Landes wie der Kirchen. Zu lesen ist Absatz 1 des Vertrages als Aufhebung bestehender „Rechte und Pflichten aus staatlichen Patronaten“.13 Kommunale und private Patronate bleiben von Absatz 1 unberührt. Da ihre Aufhebung in einigen Fällen eine Enteignung mit Entschädigungsfolgen hätte bedeuten können14 und außerdem die Entscheidung darüber den unmittelbar Betroffenen überlassen bleiben sollte, wurde – im Unterschied zu Artikel 11 Abs. 1 des sächsischen Vertrages – von ihrer Einbeziehung abgesehen.15 Ebenso von Artikel 11 Abs. 1 nicht betroffen sind andere Rechte und Pflichten, die sich z. B. aus Observanzen, d. h. örtlich begrenztem Gewohnheitsrecht, aus sog. Herkommen, also einer gewohnheitsrechtlich gehandhabten bilateralen 10

LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 12. Im Bereich der Anhaltischen Kirche waren aufgrund der Abgeltung gemäß Nr. 1 des vor dem OLG Naumburg am 3. 2. 1930 abgeschlossenen Vergleichs zwischen der Evangelischen Landeskirche Anhalts und dem anhaltischen Staatsministerium alle staatlichen Patronatsverpflichtungen abgelöst. 12 Nicht beizupflichten ist der Auffassung C. Thieles, Kirchenjuristentagung 1998, ZevKR 43 (1998), S. 521 (524), dass gutsherrliche Patronate, die nach 1945 über die Bodenreform in staatliches Eigentum übergegangen waren, als Privatpatronate nicht unter die Aufhebung fielen, weil die Vertragsparteien ihre Rechtsbeziehung vollständig von Patronatsverpflichtungen, unabhängig von deren Ursprung, befreien wollten, soweit sie darüber verfügen konnten; auch ehemalige Patronate des Landesherrn fallen unter Art. 11 Abs. 1; anders liegt es – außerhalb der Rechtsbeziehung zum Land –, wenn Privatpatronate enteigneter Patrone treuhänderisch von der Landeskirche wahrgenommen werden, vgl. E. Meyer, Entwicklung, Teil II, S. 407 f. 13 Vgl. dazu auch H. Weber, Der Wittenberger Vertrag – ein Loccum für die neuen Bundesländer, NVwZ 1994, 759 (763); zudem die Formulierung in Art. 18 Abs. 1 Satz 3 des Konkordats Sachsen-Anhalt. 14 Nach E. Sperling, Rechtslage, S. 267, sind allerdings etwaige Alimentationsansprüche des Patrons inzwischen gegenstandslos geworden. 15 Die Amtliche Begründung (Fn. 10) weist Regelungen für kommunale Patronate ausdrücklich „Einzelverhandlungen mit den betroffenen Kommunen“ zu; dies nicht zuletzt in der Überlegung, dass in Einzelfällen bei örtlichen Besonderheiten die Aufrechterhaltung von Patronaten im beiderseitigen Interesse liegen kann (vgl. Amtliche Begründung, ebd. sowie E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 514). 11

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Übung16, oder aus auf eine Kommune übergegangene Ansprüche gegen einen Patron herleiten.17 Dass die finanziellen Belange der Kirchen durch die Patronatsaufhebung nach Auffassung der Vertragsparteien nicht unerheblich betroffen wurden, zeigt die Aufstockung der Staatsleistung gemäß Art. 13 Abs. 1.18 Der Vorbehalt bezüglich abweichender Vereinbarungen im Vertrag bezieht sich vor allem auf die Bauunterhaltungszusagen des Landes nach den Absätzen 1 Satz 3 und 2 des Schlussprotokolls zu Artikel 9 Abs. 1 zugunsten der Dome für den Fall, dass staatliche Patronatsverpflichtungen festgestellt werden sollten. c) Die Aufhebung trat ein mit Inkrafttreten des staatlichen und des kirchlichen Zustimmungsgesetzes. Wenngleich vermögenswerte Rechte der Kirchen aus Patronaten auch unter die allgemeine Kirchengutsgarantie (Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 2 WRV) fallen, konnten sie durch vertraglichen Verzicht aufgehoben werden.19 Abgegolten wird die Aufhebung durch die Erhöhung der Staatsleistung nach Artikel 13 Abs. 120; die ehemaligen finanziellen Patronatsverpflichtungen sind damit Teil der allgemeinen Staatsleistung geworden. Sie sind allerdings zuweilen schwer abzugrenzen von etwa noch geltenden Einzelforderungen, z. B. vom Recht der Kirchen auf kostenlose Überlassung staatlicher Gebäude; hinsichtlich hierfür erforderlicher Entschädigungen wird es bei fehlendem Beweismaterial z. B. auf die typischen Merkmale eines Gewohnheitsrechts ankommen, d. h. auf den erkennbaren beiderseitigen Willen, eine bestimmte Zuwendung oder Kostenfreistellung nicht nur für einen aktuellen Zweck, sondern bewusst auf Dauer zu gewähren. d) Absatz 2 des Schlussprotokolls zu Artikel 11 Abs. 1 enthält eine historisch begründete Sonderregelung für die Besetzung der Pfarrstellen der den Vereinigten Domstiftern zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz gehörenden Dome zu Merseburg und Naumburg sowie der Michaelis- und der Franziskanerklosterkirche in Zeitz. Während in früheren Satzungen der Vereinten Domstifter entsprechend hergebrachter Rechte dem Domkapitel das Präsentationsrecht für die Beset16 Vgl. dazu H. Weber, Neue Staatskirchenverträge mit der Katholischen Kirche in den neuen Bundesländern, FS M. Heckel, 2000, S. 463 (478); zu beiden Rechtsinstituten vgl. M. Droege, Baulast an kirchlichen Gebäuden, HSKR, 32020, Bd. 3, § 64, S. 2639 (2652 Rn. 17) mit Nachw. sowie früher schon RGZ 11, 212 und 12, 292. 17 Das konnte aufgrund § 6 Abs. 2 der VO über die Auseinandersetzung des Vermögens bisher vereinigter Schul- und Kirchenämter vom 30. 10. 1938 (PrGS S 103) eingetreten sein; zu den Rechten des Patrons vgl. II A 2 Abs. 2 und 12 der Ausführungsanweisung zu dem Gesetz über die Trennung dauernd vereinigter Schul- und Kirchenämter vom 7. September 1938 und der VO über die Auseinandersetzung des Vermögens bisher vereinigter Schul- und Kirchenämter vom 13. Oktober 1938 (PrGS S. 106). 18 Bei vormals „echten“ Patronaten fallen sie jedoch nicht unter die Staatsleistungsgarantie nach Art. 138 Abs. 1 WRV, vgl. J. Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, HSKR, Bd. 1, 21994, § 35, S. 1009 (1018); A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 32 Rn. 10 ff. 19 Siehe Erl. A. [c)] zu Art. 7. 20 Verhandlungsbasis waren rund 2 Mio. DM pro Jahr mit jährlicher Steigerung entsprechend der Steigerung der Staatsleistung.

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zung der genannten Pfarrstellen zuerkannt worden war, einigten sich die Vertragsparteien, auch im Hinblick auf den – allerdings nicht unmittelbar einschlägigen – Artikel 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV, auf eine Benehmensregelung, die sodann in die neu gefasste Satzung der Domstifter vom 21. 01. 199421 aufgenommen wurde. e) Als weitere Besonderheit werden in Absatz 3 des Schlussprotokolls in Anlehnung an die niedersächsische Regelung22 Rechte der Braunschweigischen Kirche bezüglich der Besetzung der Prälatur Michaelstein aufrechterhalten, falls dieses als Ehrentitulatur behandelte Amt künftig wieder besetzt werden sollte.23 Auf eine Präbendenzahlung für diesen Fall wurde ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Loccumer Vertrag verzichtet. f) (1) Um die noch nicht vollzogene Auseinandersetzung über das Vermögen etlicher früherer vereinigter Kirchen- und Schulämter zu beschleunigen, enthält Absatz 2 eine Bemühensklausel, die beide Vertragsparteien zur Einflussnahme auf die Verhandlungen zwischen den betroffenen Kommunen und den Kirchengemeinden verpflichtet. Eine Auseinandersetzungsregelung durch Staatskirchenvertrag kam wegen der in jedem Einzelfall gesondert gelagerten Rechtssituation sowie deshalb nicht in Betracht, weil das Land die Kommunen nicht zu einem Handeln verpflichten wollte, das zu finanziellen Ausgleichszahlungen hätte führen können.24 Ursache für die notwendig gewordene Auseinandersetzung war das preußische Gesetz über die Trennung dauernd vereinigter Schul- und Kirchenämter25. Das Gesetz sowie die Durchführungsverordnung vom 13. 10. 193826 wurden durch das Zweite Rechtsbereinigungsgesetz vom 26. 02. 199827 aufgehoben; die als Verwaltungsvorschrift anzusehende, die Rechtsvorschriften konkretisierende Anweisung vom 13. 10. 199828 wurde damit gegenstandslos. Das durch § 3 des Trennungsgesetzes geschaffene Schiedsgerichtsverfahren war ohnehin nicht mehr anwendbar, ebenso der nach § 3 Halbsatz 1 des Gesetzes und nach § 11 der Verordnung vorgesehene Genehmigungsvorbehalt für die Vermögensauseinandersetzung, ersetzt durch die Bestimmungen über die Genehmigung von Grundstücksgeschäften durch die Kommunalaufsicht und die kirchlichen Aufsichtsbehörden. (2) Die bereits einleitend beschriebenen Kirchen- und Schulämter29 waren in der Vergangenheit in ein Konglomerat von Rechtsbeziehungen eingebettet. Die doppelte 21

Vgl. § 12 Abs. 2 der Satzung (MBl. LSA S. 2039). Art. 21 Abs. 3 des Loccumer Vertrags. 23 Das ehemalige Klostervermögen wird seit langem vom Braunschweigischen Klosterund Studienfonds verwaltet; ein Patronat besteht nicht. 24 Vgl. Art. 87 Abs. 3 Satz 3 der Landesverfassung. 25 Siehe Fn. 17. 26 Siehe Fn. 17. 27 GVBl. S. 80. 28 Siehe Fn. 17. 29 Siehe oben „Bedeutung und Hintergrund“. 22

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Funktion der Amtsinhaber als Lehrkraft und als Küster war unteilbarer Gegenstand des Hauptamtes.30 Die Besoldungsansprüche richteten sich oft zu einem Teil gegen das Land oder die Kommune, zum anderen Teil gegen die Kirchengemeinde, zuweilen auch allein gegen die Kirchengemeinde, und gegen das als Pfründe eingesetzte Vermögen. Letzteres war überwiegend aus kirchlichen, später auch aus staatlichen Dotationen entstanden, ist rechtlich weitgehend als Stiftung zu betrachten31, wurde von den Schulen oder Schulverbänden genutzt und, soweit sie Rechtsfähigkeit besaßen, als Träger gehalten, während nach überwiegender Meinung die Vermögensgegenstände zum Stellenvermögen der Dotateure gehörten.32 Die Rechtsbeziehungen zwischen den Dotateuren wurde als „Gemeinschaft“33, aber „inhaltlich eher (einer) Gesellschaft“ vergleichbar34 bezeichnet. (3) Das preußische Gesetz betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. 07. 190635 hatte zwar noch keine Trennung der Ämter dekretiert, aber immerhin die Möglichkeit hierfür geschaffen, verbunden mit Bestimmungen für eine angemessene Vermögensauseinandersetzung auf Antrag der Beteiligten. Vor allem die unterschiedlichen Auffassungen über die rechtliche Bewertung der Vermögensbestandteile, nämlich ob für die Eigentumsbestimmung oder für Entschädigungen die Zweckbestimmung oder das frühere Eigentum der jeweiligen Dotateure maßgeblich sei, führte zu zahlreichen Gerichtsverfahren und höchstrichterlichen Entscheidungen.36 Nachdem auch in der Weimarer Zeit trotz der von der Verfassung geforderten weitgehenden Trennung von Staat und Kirche und verschiedener gesetzlicher und verwaltungsmäßiger Initiativen37 längst nicht alle Ämter aufgeteilt und eine Vermögensauseinandersetzung erfolgt waren, sollte durch das Gesetz vom 7. 9. 1938 und seine Durchführungsbestimmungen in Preußen ein Schlussstrich gezogen werden, indem die Ämter kraft Gesetzes getrennt, d. h. Lehrkräfte jedenfalls im Hauptamt von der gleichzeitigen Küstertätigkeit entbunden und die Auseinandersetzung im Wege von Vereinbarungen verfahrensmäßig geregelt werden. Wegen des Kriegsausbruchs und zahlreicher Hindernisse in der DDR-Zeit blieb jedoch eine grö-

30 „Der Küsterlehrer […] ist eine Person mit zwei Seelen, zwei Diensten, zwei Gehaltsquellen und zwei Disziplinarrechten“, Victor Hoheisel, Recht der Küsterschule, S. 199. 31 So RGZ 133, 69 (75) und OLG Dresden, ZevKR 2 (1952/1953) S. 108 sowie A. v. Campenhausen/C. Thiele, Rechtsstellung, S. 314, 317. 32 Vgl. Starke, Die Eigentumsverhältnisse am Dotationsvermögen der Küsterschulen, JW 1925, S. 1019 f.; RGZ 127, 251 (521 f.); M. Kapischke, Vermögensauseinandersetzung, S. 63. 33 RGZ 127, 251 (253); BGHZ 6, 296 (301). 34 BGHZ 6, 296 (301). 35 PrGS S. 335. 36 Einen Gesamtüberblick über die Problematik gibt RGZ 127, 251 mit zahlreichen Hinweisen; vgl. ferner RGZ 133, 69 und 111, 53, ferner RG JW 1925, 2441 und 1926, 1447 sowie 1930, 1202; aus der Literatur vgl. u. a. G. Arndt, Kirchen- und Schulämter, und V. Hoeisel, Recht der Küsterschule, S. 140 ff. 37 Vgl. dazu G. Arndt, Kirchen- und Schulämter, S. 41 ff.

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ßere Zahl von Vermögensauseinandersetzungen stecken, was den Anlass zur Abfassung des Artikels 11 Abs. 2 gab. (4) Die noch nicht erledigten Auseinandersetzungsverfahren setzten sich bei Vertragsschluss zusammen aus Fällen, in denen überhaupt noch keine Vereinbarung getroffen, solchen, in denen zwar eine Vereinbarung getroffen, aber noch nicht von den Aufsichtsbehörden genehmigt oder noch nicht beurkundet waren, und Fällen mit noch fehlendem Grundbucheintrag. Als außerordentlich erschwerend erweist sich, dass in der DDR-Zeit ein Teil dieser Grundstücke auf der Grundlage der bewusst nicht veröffentlichten „Gemeinsamen Anweisung zur Berichtigung der Grundbücher im Liegenschaftskataster“ der Ministerien für Finanzen und Inneres vom 11. 10. 196138 stillschweigend im Grundbuch als „Eigentum des Volkes“ eingetragen und infolgedessen nach der Wiedervereinigung dem Zuordnungsverfahren unterworfen wurden. Die noch unerledigten Fälle gliedern sich bezüglich der in erster Linie zur Diskussion stehenden Grundstücke, von denen das Schulgebäude nach Möglichkeit der politischen Gemeinde, dazugehörende Äcker und Wiesen der Kirchengemeinde zugewiesen werden sollen, hauptsächlich wie folgt: – Grundstücke, die im Grundbuch eindeutig als kirchliches Eigentum ausgewiesen sind (z. B. „Küstergrundstücke“); hier wären, falls die zuständige politische Gemeinde nachweist, dass Teile auf früheren Dotationen der öffentlichen Hand beruhen, Ausgleichsverhandlungen zu führen; – Grundstücke, die im Grundbuch als „Schule“ oder z. B. als „Schul- und Küsteramt“ oder „Schulverband“ eingetragen sind; für sie könnte, da diese Bezeichnungen häufig ohne eine exakte Nachprüfung der Eigentumsfrage aufgenommen worden waren, die Kirchengemeinde entweder, falls sie noch zuordnungsfähig ist, eine Eigentumszuordnung beantragen, ferner, wenn die Kirchengemeinde noch bestehende Eigentumsrechte nachweisen kann,39 einen Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen40 oder aber bei Eigentumsverlust und fehlender Einigung, aber berechtigtem Anspruch, Übertragung oder Entschädigung verlangen. – Grundstücke, für die eine Kirchengemeinde Ansprüche geltend machen kann, die aber entgegen den Rechtsbestimmungen der DDR oder unter grobem Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze als Volkseigentum im Grundbuch eingetragen oder als ehemaliges Volkseigentum einem anderen Rechtsträger zugeordnet worden sind; hierfür gilt die nach Artikel 237 § 2 Abs. 1 EGBGB – inzwischen abgelaufene – Ausschlussfrist zum 30. 09. 1998 für eine Geltendmachung der Unzuläs38 Abgedruckt bei G. Fieberg/H. Reichenbach, Enteignung und öffentliche Vermögensfragen in der ehemaligen DDR, RWS-Dok. 7, 21952, Nr. 4. 7a. 39 Das RG unterstellte in derartigen Fällen eine tatsächliche Vermutung zugunsten kirchlichen Eigentums, wenn Grundstücke einer Schule vor Erwerb der Rechtsfähigkeit zugewendet worden waren, vgl. im Überblick dazu M. Kapischke, Vermögensauseinandersetzung, S. 63 m. Nachw.; dies wurde wieder aufgenommen u. a. vom OLG Dresden, ZevKR 44 (1999), S. 551 und vom LG Leipzig, LKV 1996, 303. 40 So auch die in Fn. 39 zitierten Entscheidungen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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sigkeit der Überführung in Volkseigentum. Wurde die Frist versäumt, so haben der alte oder der neue Rechtsträger, ohne dass zivilrechtliche Ansprüche ausgeschlossen wären, das Eigentum erworben.41 Sind dies eine Kommune oder das Land, so bleibt nur der Weg der Beantragung einer Billigkeitsentscheidung nach Artikel 7 Abs. 3 Satz 3.42 Für alle Gerichtsverfahren ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.43 (5) Die Zusage des „darauf hinwirken“ bedeutet ein nachträgliches und wiederholtes Tätigwerden. Eine einmalige schriftliche Empfehlung der Landesregierung reicht nicht aus, zumal die Kommunen häufig aufgrund der Grundbuchlage in der Vorhand sind; hinzutreten müssen weitere Maßnahmen wie etwa Bitten um Unterrichtung über den Sachstand, Vermittlung in Einzelfällen oder Behandlung der Gesamtproblematik im Rahmen einer Tagung. In vielen Fällen wird ferner, wie erwähnt, ein Tätigwerden des Landes gemäß Artikel 7 Abs. 3 Satz 2 angezeigt sein. (6) Im Gebiet der Evangelischen Kirche Anhalts gilt die Auseinandersetzung als bereits im Jahr 1924 geregelt.44 Im Gebiet der Landeskirche Braunschweigs existieren keine ungeteilten Kirchen- und Schulämter mehr.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 13: (1) An die Stelle aller bisherigen kirchlichen Ansprüche aus den staatlichen Patronaten tritt eine hälftige Beteiligung des Landes an den Baulasten solcher kirchlicher Gebäude, die bislang dem Patronat unterstanden. (2) Die Verpflichtung des Landes nach Absatz 1 wird durch eine pauschale jährliche Zahlung abgegolten. Das Land zahlt jährlich 7 Millionen Deutsche Mark in monatlichen Raten,

41 Vgl. LG Halle, LKV 2001, 86 ff. mit kritischer Kommentierung durch M. Kapischke, Vermögensauseinandersetzung, S. 64, der in der Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Kirchengemeinde eine Verletzung des Artikel 140 GG/138 Abs. 2 WRV sah. 42 Siehe Erl. A. [m)] zu Art. 7. 43 Vgl. BGHZ 6, 296 (297 ff.); OLG Dresden, ZevKR 2 (1952/53), S. 108 ff., 44 (1999), 551 ff.; LG Halle LKV 2000, 86 (87). 44 Vgl. Abschn. I der Vereinbarung zwischen dem Anhaltischen Staatsministerium und dem Evangelischen Landeskirchenrat für Anhalt vom 4. 10. 1924 in Verbindung mit dem laut Vereinbarung zum 1. 1. 1925 in Kraft getretenen Gesetz betreffend die Aufhebung der organischen Verbindung von Kirchenämtern und Lehrerstellen vom 7. 6. 1919 (GS S. 59), erläutert durch die dazugehörige Vorlage des Anhaltischen Staatsministeriums (LT-Drs. Nr. 26, S. 1), beides nicht berührt von dem vor dem OLG Naumburg geschlossenen, die Vereinbarung vom 4. 10. 1924 abändernden Vergleichs vom 3. 2. 1930.

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erstmals für das Jahr 1994. Nach fünf Jahren überprüfen die Vertragspartner gemeinsam diesen Betrag. Sie berücksichtigen dabei den Bedarf und ihre Haushaltslage. (3) Die Kirchen beteiligen sich an den Baulasten mindestens mit dem gleichen Betrag wie das Land. Art 11: Zur Vermögensauseinandersetzung der früher vereinigten Kirchen- und Schulämter wirken die Vertragspartner darauf hin, dass die Kommunen und die Kirchengemeinden die erforderlichen Verträge abschließen oder die bereits abgeschlossenen Verträge durchführen.

Regierungsbegründung Zu Artikel 13 Auf dem Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern bestanden ehemals sogenannte Landesherrliche Patronate an ca. 500 evangelischen Kirchen. Zu den Patronatspflichten des Landesherrn gehörte unter anderem die Vermögenssorge für die örtlichen Kirchen und bei deren finanziellem Unvermögen eine subsidiäre Kirchenbaulast. Diese Patronatspflichten des Landes bzw. des Landesherrn wurden dem Grunde nach auch zwischen 1949 und 1989 anerkannt, wenn auch nur rudimentär erfüllt. Sie werden jetzt durch die Leistungen nach Artikel 13 ersetzt. Eventuelle Verpflichtungen Dritter aus Patronaten werden hierdurch nicht berührt. Absatz 1 und 3 bestimmen, dass die Verpflichtung aus dem landesherrlichen Patronat, die früher von Ort zu Ort nach der Vermögenslage des Kirchenärars und der sonstigen Verpflichteten unterschiedlich war, mit der Hälfte der Baulast pauschaliert wird. Absatz 2 trägt der Tatsache Rechnung, dass die Baulast nicht nur nach dem jeweiligen Baubedarf bemessen wurde, sondern immer unter dem Vorbehalt des Vermögens der großherzoglichen Kasse stand. Außerdem hatte der Landesherr als Oberbischof (Summus Episcopus) bzw. als Patronatsherr das Recht, Art und Umfang der Bauunterhaltsleistungen weitgehend zu bestimmen. Damit war sichergestellt, dass die Bauunterhaltsleistungen nur nach Maßgabe seines Haushaltes anfielen. Deshalb ist heute der Betrag begrenzt. Das Land hat bereits früher auf seine Mitwirkungsrechte bei der Besetzung von Pfarrstellen verzichtet, die Baulastverpflichtung aber weiter erfüllt. Die historischen Kirchengebäude sind auch ein dominierender Faktor im Bild unseres Landes. Ihr Erhalt liegt auch im öffentlichen Interesse. Zu Artikel 11 Die bis 1919 gemeinsamen Kirchen- und Schulämter sind vermögensrechtlich bislang noch nicht in allen Fällen getrennt. Das soll jetzt geschehen.

Kommentierung 1. Patronate spielten im Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern, vor allem im Bereich der Mecklenburgischen Kirche, d. h. in den ehemaligen Ländern Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, eine bedeutende Rolle. Eine Ablösung der überwiegend lastenfreien Patronate im Gebiet der Pommerschen Kirche auf der Rechtsgrundlage des Preußischen Allgemeinen Landrechts für die Patronatsablösung bereitete keine Probleme. Hauptgegenstand der Verhandlungen waren die bei Vertragsschluss noch vorhandenen rund 500 sog. fiskalischen

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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d. h. landesherrlichen Patronate45 im Bereich der Mecklenburgischen Kirche und eine damals noch unbekannte Zahl sog. ritterschaftlicher, d. h. von der Bodenreform betroffener Patronate.46 Die Kirchen waren besonders betroffen von der Enteignung auch des im Erbbaurecht vergebenen Grundbesitzes.47 Wegen des Ausmaßes des Patronatswesens im Land strebten die Kirchen zunächst eine gesonderte Vereinbarung an, stimmten dann aber der Regelung des Artikels 12 zu. 2. Absatz 1 enthält eine Vereinbarung über die Ablösung der Baulastpflichten aus den staatlichen Patronaten – durch Artikel 12 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 13 Abs. 1 nunmehr in einen Teil der Staatsleistungen umgewandelt48, und zwar in Gestalt der Zusage des Landes auf Übernahme jeweils der Hälfte der Bauunterhaltungskosten.49 Nicht berücksichtigt wurden dagegen Kostenbeiträge aufgrund von Baulastverpflichtungen aus ritterschaftlichen Patronaten50, weil das Land hier keine Pflichtennachfolge anerkannte. Im Gegenzug verzichtete das Land auf die Geltendmachung alter Patronatsrechte.51 Durch die Ablösung der Bauunterhaltungspflichten ist die Lastenseite aller staatlichen Patronate aufgehoben. 3. Absatz 2 pauschaliert die nach Absatz 1 anerkannte hälftige Beteiligung des Landes an den Bauunterhaltungskosten. Die – gemessen an den ursprünglichen Vorstellungen der Kirchen niedrige – Summe wurde damit begründet, dass auch frühere Zahlungen des Landesherrn sich nicht am Bedarf, sondern an der aktuellen Vermögenslage orientierten und der Landesherr, mit Blick auf seinen Haushalt, den Zahlungsumfang selber bestimmt habe52; gegenüber kritischen Äußerungen wurde u. a. auch auf die geringen für die Denkmalpflege zur Verfügung stehenden Mittel und auf den außerordentlich hohen Nachholbedarf bei den denkmalswerten kirchlichen Gebäuden verwiesen. Auf beide Gesichtspunkte nimmt Absatz 2 Satz 4 Bezug. Die fünf Jahre nach Vertragsschluss vorgesehene Überprüfung der Geldleistung (Absatz 2 Satz 3), die nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen hatte, also sowohl eine Erhöhung wie eine Verringerung zur Folge haben durfte, fand 1999 statt und führte zu einer gemeinsamen Erklärung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie der beiden Landeskirchen vom 19. 01. 200053 mit dem Ergebnis einer Fortsetzung der bisher geleisteten Zahlungen 45

Siehe Erl. A. [a)]. Zur Rechtsituation vgl. A. v. Campenhausen, Der Güstrower Vertrag – Ein Schritt zur Normalisierung des Verhältnisses von Staat und Kirche, LKV 1995, 233 (266, Fn. 12). 47 Vgl. dazu E. Meyer, Entwicklung, S. 419. 48 J. Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, HSKR, Bd. 1, 2 1994, S. 1009 (1018 f., 1058 f.), betrachtet Baulastpflichten aus landesherrlichen Patronaten schon vorher als Staatsleistung. 49 Die nur hälftige Beteiligung hatte das Land auch damit begründet, dass die alte Kirchenbaulast nur eine subsidiäre Verpflichtung gewesen sei, nämlich nur bei „finanziellen Unvermögen“ der Kirche (vgl. Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4126, S. 25), und konnte sich mit dieser Auffassung auch auf die Konstitution des Landes Mecklenburg-Schwerin von 1824 stützen, wonach der Landesherr sich „bei Unvermögen des Kirchenärars“ die Baukosten mit der politischen Gemeinde teilen konnte (§ 6 Konstitution v. 27. 12. 1824 – GS MecklenburgSchwerin 2. Folge, 4. Band, hrsg. v. H. F. W. Raabe, 1852, Nr. 3189 S. 132 ff.), zit. nach E. Meyer, Entwicklung, S. 419. 50 Vgl. E. Meyer, Entwicklung, S. 415; J. Heckel, Ratspatronat, 1930, S. 58, 62. 51 Auf sie war allerdings weitgehend schon in der Weimarer Zeit verzichtet worden. 52 Vgl. die Amtl. Begr., LT-Drs. 1/4126, S. 25. 53 MittBl. Min. Bildung, Wiss. und Kultur, S. 110. 46

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für weitere fünf Jahre. Die letzte solche Erklärung datiert auf den 11. Mai 2020 und sieht für die Jahre 2020 bis 2024 einen jährlichen Betrag in Höhe von 3.579.000,00 Euro vor.54 4. Die in Artikel 13 von den Kirchen eingegangene Verpflichtung zur mindestens hälftigen Beteiligung an den Baukosten ist nicht zur Voraussetzung der staatlichen Beiträge gemacht worden; die Nichteinhaltung hätte jedoch die Überprüfungsgespräche negativ beeinflusst. Gerichtlich erzwingen lassen sich kirchliche Zahlungen für kirchliche Gebäude nicht; wohl aber kann die Nichteinhaltung im Rahmen der Freundschaftsklausel (Artikel 27) geltend gemacht werden. 5. Der Wortlaut des Artikels 11 entspricht zwar fast wortgleich Artikel 11 Abs. 2 des Vertrages Sachsen-Anhalt; die rechtliche Situation der mecklenburgischen sog. Küsterschulländereien weicht aber in den früher nichtpreußischen Gebieten, also im Gebiet der ehemaligen Freistaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz und damit im Gebiet der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, erheblich ab. Geschichtlich vorausgegangen war für Mecklenburg-Schwerin ein mit Gesetzeskraft ausgestatteter Trennungs- und Auseinandersetzungsvertrag für Küsterschullehrer außerhalb von Städten vom 27. 03. 1926,55 durch den ein Eigentumsübergang bezüglich der Küsterschulgrundstücke an die politische Gemeinde und eine Aufteilung der übrigen Ländereien und des Vermögens kraft Gesetz festgelegt wurden; für städtische Küsterschulen, die heute praktisch nicht mehr existieren, galt § 27 Abs. 1 und 2 des Volksschullehrergesetzes vom 7. 7. 192156 in der Fassung des genannten Vertrages. Für den früheren Staat Mecklenburg-Strelitz, in dessen Gebiet sich heute der größte Teil der unerledigten Fälle befindet, wurden die Küstereigrundstücke und -ländereien durch Gesetz vom 6. 2. 192257 getrennt (§ 3 Abs. 1 in der Vertragsform) und sämtliche Grundstücke den politischen Gemeinden übertragen (§ 6a Abs. 2); die ihrerseits in die bisher vom Freistaat übernommenen Entschädigungsverpflichtungen58 eingetreten sind (§ 6a Abs. 4). Im Bereich der Pommerschen Evangelischen Kirche stimmt die Rechtslage bezüglich der Auseinandersetzung der Schul- und Kirchenämter-Vermögen im Anschluss an die durch das preußische Gesetz vom 7. 9. 193859 erfolgte Trennung der Ämter60 mit derjenigen für die ehemals 54 Gemeinsame Erklärung des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern sowie der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zu Artikel 13 Absatz 2 des Vertrages zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 20. Januar 1994 (Güstrower Vertrag), Bekanntmachung des Justizministeriums vom 11. Mai 2020, VV Meckl.Vorp. Gl.-Nr. 2220-6, AmtsBI. M-V 2020, S. 487. 55 RBl. S. 84 mit geringfügiger Berichtigung S. 98. 56 RBl. S. 791. 57 Mtl. Anz. Nr. 9, geändert durch Gesetz vom 23. und 24. 06. 1924 (Amtl. Anz. Nr. 39), vom 9. 4. 1930 (Amtl. Anz. Nr. 20) und vom 29. 6. 1931 (Amtl. Anz. Nr. 31). 58 Vgl. dazu den Rahmenvertrag zwischen dem Land Mecklenburg-Strelitz und der evangelisch-lutherischen Landeskirche von Mecklenburg-Strelitz über die Regelung des Eigentumserwerbs an den ritterschaftlichen Küstereigrundstücken v. 12. 8./20. 8. 1930 mit Rückwirkung zum 1. 4. 1927 (Abs. 2 mit Umwandlung von Kornrenten in Goldmark) sowie z. B. die Vereinbarung zwischen dem Freistaat Mecklenburg-Strelitz und der evangelisch-lutherischen Landeskirche vom 11. und 29. 5. 1929, u. a. über die Küstereien im „Land Stargard“, in dem zum Ausgleich für die Grundstücksverluste anstelle festgelegter Kornrenten, u. a. für bestehende Weide- und Holzbezugsrechte, Geldrenten festgelegt wurden. 59 Siehe Fn. 17.

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preußischen Gebiete in Sachsen-Anhalt überein. Angesichts der geringen Zahl von Objekten besteht allerdings die Übung, ohne Rückgriff auf staatliche Vermittlung, nur bei anstehenden Eigentumsveränderungen gemeinsam mit der betroffenen Kommune pragmatische Lösungen auf der Grundlage historischer Fakten zu suchen. In allen drei Landesteilen waren die Auseinandersetzungen bei Vertragsschluss noch nicht abgeschlossen.61 Um bei den als Volkseigentum ausgewiesenen Grundstücken die Antragsfristen zu wahren, stellte die Landeskirche Mecklenburgs schon 1995 pauschal Anträge bei der Oberfinanzdirektion auf Restitution und Zuordnung. Das Land machte seine in Artikel 11 zugesagten Vermittlungs- und Einwirkungsaktivitäten von einer Bestandsaufnahme der Kirchen abhängig. Bei seiner künftigen Mitwirkung wird es u. a. auch um Prüfung der Frage gehen, ob die Kirchengemeinden noch Ansprüche gegen die Kommunen auf Entschädigungszahlungen geltend machen können, und zwar im Bereich Mecklenburg-Schwerin auf der Grundlage des Vertrages vom 28. 7. 1928 und im Gebiet Mecklenburg-Strelitz auf der Grundlage des Rahmenvertrages vom 12./20. 8. 1930, soweit die Zahlungsverpflichtungen auf die politischen Gemeinden übertragen sind und daher nicht als Staatsleistungen nach Artikel 12 abgegolten wurden.

2. Thüringen Art. 11: (1) Die im Freistaat Thüringen bestehenden staatlichen Patronate sind aufgehoben. (2) Bezüglich der früher vereinigten Kirchen- und Schulämter werden die Vertragspartner darauf hinwirken, dass sowohl die kommunalen Gebietskörperschaften als auch die Kirchengemeinden und etwa weiter betroffene kirchliche Gliederungen zügig die erforderlichen Auseinandersetzungsverträge abschließen oder die bereits abgeschlossenen Verträge durchführen.

Regierungsbegründung Absatz 1 regelt die Aufhebung von staatlichen Patronatsrechten. Absatz 2 trifft eine Regelung wegen der Auseinandersetzung von früher vereinigten Kirchenund Schulämtern.

Kommentierung 1. Absatz 1 ist Artikel 11 Abs. 1 des Vertrages Sachsen-Anhalt nachgebildet, wobei auf einen Hinweis auf Ausnahmeregelungen innerhalb des Vertrages verzichtet wurde; letztere bezogen sich auf mögliche Patronatsverpflichtungen des Landes bezüglich der Dome und auf Denkmalschutzverpflichtungen, die allerdings in aller Regel keine Patronatsverpflichtungen sind. Unter „staatlichen Patronatsrechten“ sind, ebenso wie im Vertrag Sachsen-Anhalt,62 Patronatsrechte aus staatlichen Patro60 Es handelte sich bei Vertragsschluss nur noch um rund 20 Ämter mit den Grundbucheintragungen „Schule und Kirche“, „Küsterei“ oder „Küstereivermögen“. 61 Das Land schätzte die unerledigten Fälle im Jahr 2000 auf 88; eine von der Landeskirche Mecklenburg in Auftrag gegebene Bestandsaufnahme ergab mehrere hundert betroffene Einzelgrundstücke einschließlich der in Volkseigentum überführten oder umgeschriebenen. 62 Vgl. das dortige Schlussprotokoll zu Art. 11 Abs. 1.

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naten63 zu verstehen. Diese Auslegung wird bestätigt durch Artikel 13 Abs. 1 Satz 2, demzufolge der Freistaat von den Baulastpflichten gegenüber den Kirchengemeinden befreit ist; als staatliche Ablösungszahlung wurden gemäß Artikel 13 Abs. 1 jährlich 1,1 Mio. DM und gemäß Artikel 13 Abs. 4 Jahreszahlungen in Höhe von jeweils 275.000 DM vorgesehen. Mit dieser Regelung sollten auch „die rechtshistorisch wie verfassungsrechtlich problematischen Fragen nach der Fortgeltung und nach der Bindungswirkung“ der altkirchlichen Verträge aus den 30er Jahren „durch eine staatskirchenrechtliche Neuordnung der Vertragsbeziehungen überflüssig“ gemacht werden.64 2. Absatz 2 entspricht Artikel 11 Abs. 2 des Vertrages Sachsen-Anhalt, unterstreicht jedoch das Interesse an einer schnellen Erledigung der Vermögensauseinandersetzung zusätzlich durch das Wort „zügig“. Die Kirchen- und Schulämter, auch Küsterschulen, Küsterei und Schullehn genannt, spielen in Thüringen keine große Rolle mehr, so dass ursprünglich auf die Aufnahme einer Bestimmung in den Vertrag verzichtet werden sollte. Problemfälle wurden erst in jüngster Zeit bekannt, doch begnügt sich die Landesregierung trotz der vertraglichen ,Zusicherung‘, selbst aktiv zu werden65, mit der Befürwortung einer einvernehmlichen Regelung in den an sie herangetragenen Einzelfällen. Die Kirche wird vor allem dann tätig, wenn eine Kommune für ein zur Diskussion stehendes Grundstück einen Zuordnungsantrag stellt oder eine Eigentumsänderung anstrebt. 3. Sachsen Art. 12: (1) Die im Freistaat bestehenden Patronate werden aufgehoben. Bei Privatpatronaten entfällt die Baulastverpflichtung ohne Entschädigung. Im Übrigen soll eine Ablösung bestehender Baulastpflichten durch Vereinbarung angestrebt werden. (2) Der Freistaat wird die Zusammenarbeit mit den Kirchen, den Gemeinden und den kommunalen Spitzenverbänden die Vermögensauseinandersetzung der bisher noch nicht getrennten Kirchschullehen, Küsterschulvermögen sowie Kirchen- und Schulämter zügig durchführen. Schlussprotokoll: Unbeschadet der staats- und kirchenaufsichtlichen Genehmigungserfordernisse sind die innerkirchlich zuständigen Stellen und die Gemeinden berechtigt, die Auseinandersetzung durch entsprechende Vereinbarungen beschleunigt durchzuführen. Die 63 Also auch die kirchlichen Rechte auf Bauunterhaltungszahlungen; vgl. auch die Gemeinsame Begründung zu den Vorlagen der Kirchenleitung für Kirchengesetze über die Zustimmung zu den Kirchenverträgen Sachsen und Thüringen (S. 2), Anlage zur Vorlage der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen auf der 1. Tagung der XII. Synode v. 17. – 19. 9. 1994 in Magdeburg (Drs. 9/94); kirchlicherseits waren die staatlichen Patronate bereits durch § 2 Abs. 1 des Patronatsgesetzes des Thüringer Landeskirchentages (Thüringische Landeskirche) v. 7. 7. 1921 (Thür. Kirchenbl. 1921 Nr. 4) aufgehoben. 64 Einbringungsrede von Ministerpräsident Dr. Vogel, LT-Protokolle, 1. Wahlperiode, S. 8724; zur historischen Entwicklung des Kirchenpatronats in Thüringen vgl. G. Arndt, Das Kirchenpatronat in Thüringen, Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte NF, 1927. 65 Siehe dazu Erl. A. [f) (5)].

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Vertragsparteien begrüßen und empfehlen solche einvernehmlichen Regelungen durch die örtlich Beteiligten, auch solange die im Vertrag angestrebte Klärung noch nicht erfolgt ist.

Regierungsbegründung Absatz 1 enthält die Abschaffung der Patronatsrechte. Der Inhalt der Patronate bestimmt sich für die preußischen Gebietsteile nach dem ALR und für die kursächsischen Teile nach der Kursächsischen Kirchenordnung von 1580 gemäß kanonischem Vorbild (vgl. Arndt, AevKR 1937, 297, 299). Ihrem Inhalt nach umfassten diese Rechte im Regelfall das Recht auf Präsentation der Geistlichen, auf Ernennung des Patronatsältesten, auf Selbsteintritt in den Gemeindekirchenrat, auf Zustimmung zu Geschäften der Vermögensverwaltung (cura benificii) sowie bestimmte Ehrenrechte (besonderer Platz in der Kirche) – (vgl. hierzu die Übersicht von Meyer, ZevKR 1956, 84 ff.; 404 ff.). Der Patron übernahm dafür zugunsten der Kirchengemeinde Schutzpflichten oder beteiligte sich am Bauunterhalt für Kirche und Pfarrhaus (sogenannte belastete Patronate). Nach der übereinstimmenden Auffassung der Vertragsparteien sind diese Sonderrechte, die Privatpersonen, kommunalen Gebietskörperschaften oder dem Land zustanden, mit dem heutigen Verständnis der kirchlichen Selbstverwaltung nicht mehr vereinbar. Die Pflichten aus diesen Patronaten werden dementsprechend ebenfalls aufgehoben, zumal die belasteten „Patrone“ häufig nur schwerlich zu bestimmen wären und nach der wirtschaftlichen Situation der Bevölkerung diese Personen kaum über die entsprechenden Mittel verfügen dürften, die erheblichen Kosten im Zusammenhang mit einer Baulast zu tragen. Die Situation bei den öffentlichen Patronaten war differenzierter. Von den Trägern hoheitlicher Gewalt wurden die Patronatsrechte bereits früher nicht oder nur noch eingeschränkt ausgeübt (vgl. Meyer, a. a. O.), und infolge der Bindung des Staates oder der Gemeinden an die verfassungsrechtlichen Vorgaben wäre eine Ausübung der Patronatsrechte im Übrigen mittlerweile obsolet. Das Patronat war wesentlich stärker durch die Baulastverpflichtung der öffentlichrechtlichen Körperschaft geprägt. Jedenfalls gegenüber dem Freistaat sind diese Rechte durch Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 WRV verfassungsrechtlich geschützt. Soweit aber entsprechende Baulasten an Patronatsverhältnissen feststellbar sind, ist nach dem Leitbild des Artikels 138 Abs. 1 WRV eine Ablösung anzustreben. Dabei wird regelmäßig bei der Bemessung der Höhe der Ablösung zu berücksichtigen sein, dass die Baulastverpflichteten keine Patronatsrechte mehr innehaben. Absatz 2 stellt die Absicht der Vertragsparteien fest, unter Beteiligung der Kommunen und ihrer Spitzenverbände auf die Auseinandersetzung des von den Kommunen und Kirchengemeinden für Schulzwecke gebildeten gemeinsamen Vermögens hinzuwirken, soweit entsprechende Auseinandersetzungen nicht bereits vor dem Zweiten Weltkrieg erfolgt sind. Die je nach Rechtskreis als Kirchschullehen (Landeskirche Sachsens), Küsterschulvermögen (Kirche der schlesischen Oberlausitz) oder Kirchen- und Schulämtern (Kirchenprovinz Sachsen) bezeichneten selbständigen Vermögensmassen sind aufgrund des nun erheblichen Zeitabstandes und der zusätzlichen Schwierigkeiten durch die Regelungen über Grund und Boden in der ehemaligen DDR nur äußerst mühsam auseinanderzusetzen, zumal die Grundbucheintragungen nicht immer eindeutig zwischen Schul- und Kirchschullehen unterschieden haben. Im Schlussprotokoll hierzu ist klargestellt, dass die örtlich Beteiligten durch entsprechende Abwicklungsvereinbarungen bereits jetzt die offenen Fragen regeln können. Ein entsprechender Interessenausgleich auf lokaler Ebene ist grundsätzlich zu begrüßen, weil dort eine an den örtlichen Gegebenheiten angepasste Lösung am leichtesten gefunden werden kann.

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Artikel 11 – Patronatswesen

Kommentierung 1. Im Freistaat, in dem teils kursächsisches, teils preußisches, teils kanonisches Patronatsrecht galt, bestanden zur Zeit des Vertragsschlusses nur wenige und meist lastenfreie Patronate.66 Deshalb und weil sie Patronatsrecht als ausschließlich in die kirchliche Zuständigkeit fallend ansahen67, zeigten die Kirchen bei den Verhandlungen wenig Interesse an einer vertraglichen Regelung, während es dem Land an abschließenden Bestimmungen lag, nachdem Aufhebung oder Fortbestand in Sachsen schon seit etwa 200 Jahren diskutiert worden waren.68 Die Mehrzahl der bei Vertragsschluss noch verbliebenen Patronatsrechte stammten aus städtischen Patronaten. 2. Absatz 1 Satz 1 hebt „rechtsgestaltend“69 sämtliche Patronatsrechte auf, wovon aber bei den Patronaten nur die Rechte ganz betroffen sind, nicht auch alle Baulastverpflichtungen, d. h. die wichtigsten kirchlichen Rechte. Das ergibt sich aus den Sätzen 2 und 3 mit besonderen Regelungen für die Baulastpflichten, die unterschieden werden danach, ob es sich um solche aus Privatpatronaten oder aus anderen handelt. Da Rechte der Kirchen aus Baulastverpflichtungen unter die Kirchengutsgarantie nach Artikel 140 GG/138 Abs. 2 WRV fallen70, war ihre teilweise Aufhebung ebenso wie die Aufhebung ihrer sonstigen Patronatsrechte nach Satz 1 nur mit Zustimmung der Kirchen zulässig, die nur widerstrebend gegeben wurde, weil der Wegfall der Baulastpflichten nach Satz 271 fallweise einen nicht unerheblichen Vermögensverlust bedeutet. Der Begriff der Privatpatronate, deren Baulastverpflichtungen nach Satz 2 entfallen sind, ist, wie sich erst aus der Amtlichen Begründung ergibt72, anders zu verstehen als im Staatkirchenrecht üblich, nämlich gegensätzlich zu „öffentlichen Patronaten“. Zu letzteren werden nach der Begründung solche aller „Träger hoheitlicher Gewalt“ gezählt, also vornehmlich des Landes und der Kommunen, gleichgültig ob es sich bei 66

Vgl. E. Meyer, Entwicklung, S. 415; J. Heckel, Ratspatronat, 1930, S. 58, 62. So z. B. auch E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 516, sowie E. Meyer, Patronatsrecht, S. 90, jedenfalls für lastenfreie Patronate. 68 Zur historischen Entwicklung des Patronatsrechts in Sachsen vgl. J. Heckel, Ratspatronat, und G. Arndt, Das Kirchenpatronat im ehemaligen Königreich, jetzt Freistaat Sachsen, Sonderabdruck aus Fischers Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Bd. 58, Heft 5/6, 1925. 69 S. Heitmann, Der Evangelische Vertrag Sachsens aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1995, 93 (94). 70 Die in der Amtlichen Begründung (LT-Drs. 1/4449, S. 17) vertretene Auffassung, die Aufhebung der Baulastverpflichtungen berühre auch die Staatsleistungsgarantie nach Art. 138 Abs. 1 WRV, wird von H. U. Anke, Neubestimmung, S. 294 Fn. 392 zu Recht in Zweifel gezogen. 71 Der Wegfall wird mit den Argumenten begründet, die Patrone seien „schwer zu bestimmen“ und verfügten kaum über die erforderlichen Mittel. 72 Vgl. auch R. Raum, Die Verhandlungen zu den Staatskirchenverträgen aus der Sicht des Freistaates Sachsen, in: R. Tillmanns (Hrsg.) Staatskirchenverträge im Freistaat Sachsen, 2002, S. 45 (90), betont ausdrücklich die fehlende Zuständigkeit der „Staatsregierung“. 67

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den dem Land zustehenden Patronaten um „unechte“ landesherrliche oder um verliehene, also um „private“ Patronate handelt.73 Dahinter steht der Gedanke, dass Land und Kommunen grundsätzlich über entsprechende Mittel verfügen und infolgedessen leistungsfähige Schuldner sind, deren Patronate den Kirchen nicht entschädigungslos genommen werden können; ferner dass die Kirchengutsgarantie nach Artikel 140 GG/138 Abs. 2 WRV den Freistaat zur Einhaltung der Bauunterhaltungspflichten zwingt.74 Satz 3 sieht daher Einzelvereinbarungen über die Ablösung vor. Bei der Bewertung der Baulastverpflichtungen werden allgemeine Grundsätze der Kapitalisierung anzuwenden sein; das in der Amtlichen Begründung75 aufgeführte Minderungsargument, es seien dafür ja die Patronatsrechte entfallen, kann nur geringfügig Berücksichtigung finden, weil die Mitwirkungsrechte der staatlichen Patrone mit Blick auf Artikel 137 Abs. 3 WRV seit langem nicht mehr ausgeübt wurden und irgendwelche Alimentationspflichten ebenfalls seit langem gegenstandslos geworden sind.76 3. Absatz 277 enthält zusammen mit dem Schlussprotokoll für die noch nicht durchgeführte Auseinandersetzung der Kirchenschullehn (Landeskirche Sachsen), Küsterschulvermögen (Kirche des schlesischen Niederlausitzes) bzw. Kirchenund Schulämter (Kirchenprovinz Sachsen und Kirche Berlin-Brandenburg) zwei Regelungen, wobei die Worte „nicht getrennt“ sich nicht auf die früher vereinigten Ämter, sondern auf die noch verbliebenen „selbständigen Vermögensmassen“ dieser Ämter78 bezieht. So werden im Schlussprotokoll die politischen Gemeinden und die Kirchengemeinden aufgefordert, auf örtlicher Ebene einvernehmliche Absprachen über die Vermögensauseinandersetzung zu treffen; nach Absatz 1 sollen daneben durch gemeinsame Initiativen von Land, Kirchen und kommunalen Spitzenverbänden grundsätzliche Lösungen entwickelt werden. Den örtlichen Vereinbarungen gemäß Schlussprotokoll wird, wie aus Satz 2 zu ersehen, deutlich der Vorzug gegeben. Eine „zügige Durchführung“ durch das Land verstieße gegen Artikel 82 Abs. 2 der Landesverfassung, weil die Durchführung der Auseinandersetzung in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung eingreifen würde. Absatz 2 ist daher verfassungskonform so zu verstehen, dass das Land seinerseits (nur) auf die zügige Auseinandersetzung hinwirken will79, in Übereinstimmung mit den Vertragsregelungen

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Siehe dazu Erl. A. [a)]. So auch die Amtliche Begründung. 75 LT-Drs. 1/4649, S. 16 ff. 76 Vgl. statt vieler E. Sperling, Rechtslage, S. 262. 77 Der nur in der Gesetzblatt-Fassung stehende Druckfehler im 1. Halbsatz, wo es statt „mit“ fälschlich „in“ heißt, ist im Gesetzblatt der Sächsischen Kirche (ABl. 1994 A S. 94) korrigiert. 78 Vgl. die Amtliche Begründung, S. 18. 79 So auch die Amtliche Begründung; R. Raum, Verhandlungen (Fn. 72) betont ausdrücklich die fehlende Zuständigkeit der „Staatsregierung“; der Verzicht auf Baulasten aus staatlichen Patronaten sei politisch nicht durchsetzbar gewesen. 74

444

Artikel 11 – Patronatswesen

in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, was aber jedenfalls eigene Initiativen der Landesregierung erfordert80. Die Rechtslage ist in den einzelnen Kirchengebieten unterschiedlich. Während in den ehemals preußischen Gebieten (Kirchenprovinz Sachsen, schlesische Niederlausitz, Kirche Berlin-Brandenburg) das preußische Gesetz über die Trennung dauernd vereinigter Schul- und Kirchenämter vom 7. 9. 193881 maßgebend ist, geht im Gebiet der Sächsischen Landeskirche die Trennung der Küster- und Schulämter schon auf das Gesetz über die Trennung des Küster- und Schuldienstes der Volksschullehrer vom 10. 6. 192182 zurück, ohne dass darin allerdings die Auseinandersetzung der Kirchschullehen geregelt wurde; vielmehr wurden Kirche und Schule auf eigene Vereinbarungen verwiesen und für den Fall der Nichteinigung ein weiteres Gesetz in Aussicht genommen, jedoch nicht erlassen.83 Da das Land bis 1996 keine eigenen Initiativen ergriffen hatte, schlossen die Sächsische Landeskirche und der Sächsische Städte- und Gemeindetag im Sinne des Schlussprotokolls am 2. 7. 1996 eine „Rahmenvereinbarung zur Regelung der vermögensrechtlichen Fragen über Kirchschullehen“84, deren Anwendung einerseits den Kommunen, andererseits als „wichtige und inzwischen hinreichend bewährte Grundsätze“ den Kirchenamtsräten und den Kirchengemeinden empfohlen wurde. Eckpunkte der Vereinbarung sind die Übertragung der von den Kommunen genutzten Kirchschulgebäude an die Kommunen gegen Geldentschädigung und die Übertragung anderer Grundstücke an die Kirchen gegen Entschädigung für kommunale Investitionen und Ablösung des kostenlosen Mietrechtsanspruchs für Dienstwohnungen der Kirchenschullehrer und Kantoren durch die Kommunen. Auf kirchlicher Seite wurden die weiteren Verhandlungen von den Bezirkskirchenämtern geführt, 80

Siehe Erl. A. [f) (5)]. PrGS S. 93; das Gesetz wurde als sächsisches Landesrecht formell aufgehoben durch das Sächsische Rechtsbereinigungsgesetz v. 17. 8. 1998 (GVBl. S. 151). 82 GBl. S. 20. 83 Einen Gesamtüberblick über die Entstehung der Kirchschullehen und die dazu ergangene Gesetzgebung geben A. v. Campenhausen/C. Thiele, Rechtsstellung, S. 310 ff.; vgl. ferner LG Leipzig, LKV 1956, 303 f.; Rückschlüsse auf die früheren Auffassungen zur Vermögensauseinandersetzung vermittelt einerseits die AusführungsVO vom 20. 8. 1921 (GBL. S. 298) zum Schulgemeindegesetz vom 11. 7. 1921 (GBl. S. 231), wonach bei Grundbuchänderungen die vorangehende Prüfung vorgeschrieben war, „ob das Lehn die Eigenschaft eines Schullehns […] oder eines Kirchschullehns […] besitzt“, andererseits das Schulbezirksgesetz vom 17. 7. 1926 (GBl. S. 156) i. V. m. der AusführungsVO vom 9. 12. 1926 (GBl. S. 423) mit dem Hinweis auf die erstgenannten Regelungen sowie aus der nationalsozialistischen Zeit das Sächsische Gesetz vom 14. 11. 1939 (GBl. S. 53) und die AusführungsVO v. 14. 11. 1939 (GBl. S. 54) [zit. nach A. v. Campemhausen/C. Thiele, Rechtsstellung, S. 320]. Noch bestehende kirchliche Ansprüche wurden bestätigt durch Entscheidungen des OLG Dresden, ZevKR 2 (1952/53), S. 108 ff. und 44 (1999), S. 551 ff., abgelehnt wegen früherer Grundbucheintragung zugunsten der Kommune schon 1830 durch LG Leipzig, LKV 2000, 365 f. sowie LG Bautzen, LKV 2000, 266; a. A. A. v. Campenhausen/Thiele, a. a. O., zugleich mit einer ausführlichen Darstellung der geschichtlichen Entwicklung in Sachsen. 84 ABl. der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens S. A 170, ABl. EKD S. 455. 81

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

445

die, oft unter Berufung auf die Rahmenvereinbarung, in den meisten Fällen zu befriedigenden Ergebnissen führten und in der Regel die Fristen nach Artikel 237 EGBGB durch entsprechende Anträge wahren konnten. 4. Brandenburg Art. 11: (1) Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass unbeschadet der Regelung nach Absatz 3 im Land Brandenburg durch die Verordnung über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden vom 9. Februar 1946 das Kirchenpatronat als staatsrechtliche Einrichtung aufgehoben ist. (2) Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Vermögensauseinandersetzung getrennter Schul- und Kirchenämter aufgrund der in Absatz 1 genannten Verordnung erfolgt ist. Schlussprotokoll: Soweit die Kirchen oder kommunalen Gebietskörperschaften unter Berufung auf Artikel II der Verordnung über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden Ansprüche gegeneinander geltend machen, wird sich das Land für eine einvernehmliche Lösung einsetzen. Das Land wird sich außerdem für eine einvernehmliche Lösung derjenigen Fälle einsetzen, in denen Ansprüche unter Berufung auf Artikel III Satz 2 der Verordnung über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden geltend gemacht werden. (3) Für die Gebiete des Landes Brandenburg, in denen die in Absatz 1 genannte Verordnung keine Geltung erlangt hat, wird die Aufhebung von Patronatsverhältnissen und die Vermögensauseinandersetzung von getrennten Schul- und Kirchenämtern durch gesonderte Vereinbarungen geregelt.

Regierungsbegründung Durch Art. I Abs. 1 der Kirchenpatronatsverordnung wurde das Kirchenpatronatsrecht als staatsrechtliche Einrichtung aufgehoben (vgl. Begründung zu Art. 9 des Entwurfs). In Absatz 1 wird klargestellt, dass die Aufhebung wirksam war und die betroffenen Patronate nicht mehr bestehen. Absatz 2 trifft Regelungen zum sog. Küster-Schul-Vermögen. In früherer Zeit unterlagen die Schulen in Preußen der kirchlichen Aufsicht. Diese kirchlichen Schulämter waren zumeist mit Kirchenämtern, die kirchliche Aufgaben wahrnahmen, vereinigt. Die vereinigten Ämter bestanden nach Einführung der staatlichen Schulaufsicht als gemeinsame Ämter von bürgerlicher Gemeinde und Kirchengemeinde fort. Diese vereinigten Ämter wurden durch das preußische Gesetz über die Trennung dauernd vereinigter Schul- und Kirchenämter vom 7. September 1938 getrennt. Das zu diesen Ämtern gehörende Vermögen sollte zwischen Kirchengemeinde und Kommune auseinandergesetzt werden, wobei nach Möglichkeit der Abschluss einer Vereinbarung beider Parteien anzustreben war. Sofern es zu einer solchen Vereinbarung nicht kam, sollte eine Schiedsstelle entscheiden. Da in den allermeisten Fällen weder eine Vereinbarung der Parteien noch eine Auseinandersetzung aufgrund Schiedsspruchs zustande kam, wurde die Auseinandersetzung in der Mark Brandenburg mit der Kirchenpatronatsverordnung nachgeholt. Art. II Abs. 1 dieser Verordnung be-

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Artikel 11 – Patronatswesen

stimmte, dass bei Unterbleiben der Auseinandersetzung diese dadurch nachgeholt wurde, dass das Schulzwecken dienende Gehöft mit Inventar und die Dienstwohnung des Trägers des ehemals vereinigten Amtes nebst zugehörigen Hofgebäuden und Gärten in das Eigentum der Gemeinde übergeht, während das übrige Vermögen des vormals vereinigten Amtes der Kirchengemeinde zufällt. In der Anweisung vom 20. Juni 1946 zur Ausführung der Kirchenpatronatsverordnung wird festgestellt, dass der Eigentumswechsel sich mit Inkrafttreten der Verordnung kraft Gesetzes vollzogen hat und nur noch durch Grundbuchberichtigung durchgeführt werden muss. Hieraus folgt, dass die Vermögensauseinandersetzung bereits erfolgt ist und nur noch die Grundbuchberichtigung, die in der DDR zumeist unterblieb, nachzuholen ist. In Absatz 2 wird dieser Sachverhalt klargestellt. Das Land hat ein Interesse daran, dass die Auseinandersetzung zwischen den Kommunen und Kirchengemeinden möglichst konfliktfrei durchgeführt wird. Deshalb wird im Schlussprotokoll festgehalten, dass das Land sich für eine einvernehmliche Lösung einsetzen wird, wenn Kirchen oder kommunale Gebietskörperschaften im Hinblick auf die Auseinandersetzung des Vermögens der vormals vereinigten Kirchen-Schul-Ämter gegeneinander Ansprüche geltend machen. Dies gilt auch für den Fall, dass Ansprüche geltend gemacht werden, die auf Art. III Satz 2 der Kirchenpatronatsverordnung gestützt werden. Dies betrifft die Fälle, in denen aufgrund des preußischen Gesetzes über die Trennung dauernd vereinigter Schul- und Kirchenämter vom 7. September 1938 bzw. der Verordnung über die Auseinandersetzung des Vermögens bisher vereinigter Schul- und Kirchenämter vom 13. Oktober 1938 Vereinbarungen getroffen wurden, wonach im Rahmen einer freiwilligen oder durch Schiedsspruch vermittelten Vermögensauseinandersetzung die eine Seite der anderen gegenüber Zahlungsverpflichtungen übernahm und dafür Vermögenswerte erhielt. Die hierbei übernommenen Zahlungsverpflichtungen sind mitunter nicht erbracht worden und sind nunmehr nachzuholen. Die Kirchenpatronatsverordnung hat nur in den Landesteilen Geltung erlangt, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung Teil der Provinz Mark Brandenburg waren. Heute gehören allerdings einige Gebiete zum Land Brandenburg, die damals nicht dazu gehörten, insbesondere im Westen und Südwesten des Landes. In diesen Gebieten hat die genannte Verordnung keine Geltung erlangt. Daher ist die Aufhebung der Patronate sowie die Auseinandersetzung des Vermögens der vormals vereinigten Schul- und Kirchenämter – die Ämter sind nicht mehr vereinigt, da deren Trennung im Jahr 1938 für den ganzen preußischen Staat erfolgt ist – nachzuholen. Diese Auseinandersetzung bleibt einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten, da hierzu umfangreiche Vorarbeiten erforderlich sind und der Abschluss des Vertrages nicht verzögert werden soll. Betroffen sind nach bisherige Ermittlungen ca. 60 – 70 staatliche Patronate.

Kommentierung 1. Absatz 1 bekräftigt in Parallele zu Artikel 9 Abs. 1 des Vertrages die seinerzeitige Bestandskraft der Kirchenpatronatsverordnung vom 9. 2. 194685, durch die kraft 85 VO über das Kirchenpatronatsrecht und gemeinsame Angelegenheiten der Gemeinden und Kirchengemeinden (VOBl Prov. Brandenburg S. 101), aufgehoben durch die Anordnung über die Aufhebung von gesetzlichen Bestimmungen aus dem Bereich des Ministeriums des Innern der DDR vom 25. 06. 1962.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Gesetzes sämtliche Kirchenpatronate, darunter über 800 Staatspatronate86, als „staatsrechtliche Einrichtungen“ aufgehoben (Artikel I Abs. 1) und Übertragungen des Eigentums an kirchlich genutzten staatlichen, kommunalen und privaten Grundstücken auf die Kirchen (Artikel IV Abs. 1) dekretiert wurden, unter Aufhebung der Baulasten (Artikel I Abs. 3) einschließlich Verpflichtungen der Kommunen (Artikel III Satz 1) mit Ausnahme der im Rahmen der Auseinandersetzung über die vereinigten Schul- und Kirchenämter übernommenen Ausgleichsleistungen.87 Die Aufhebung betraf die Patronate nur in ihrer Eigenschaft als „staatsrechtliche Einrichtung“ (Artikel I Abs. 1 Kirchenpatronats VO), in Absatz 1 nochmals hervorgehoben; dies nimmt Bezug auf die Unterschiedlichkeit der Rechtsnatur der Patronate, nämlich einerseits der insbesondere bei lastenfreien Patronaten allein der kirchlichen Zuständigkeit unterliegende Bestand an Patronatsrechten und -pflichten; deren Schicksal ausschließlich von kirchlichen Entscheidungen abhängt88 ; andererseits hat es in der Geschichte des Patronatswesens zahlreiche staatliche oder auch gewohnheitsrechtliche Regelungen gegeben, vor allem die Patronatsbestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landrechts, und nur diese Regelungen und die davon betroffenen Patronate oder Patronatsbestandteile, soweit sie überhaupt noch Geltung besaßen, wurden aufgehoben.89 Absatz 1 stellt nicht, wie Artikel 11 Abs. 1 des Vertrages Sachsen-Anhalt, eine einvernehmliche Aufhebung aller staatlichen Patronate dar, sondern eine einvernehmliche Bestätigung der Rechtswirksamkeit des unter seinerzeitigen Umständen erfolgten Gesetzgebungsaktes.90 Da es zur vollständigen 86

Vgl. die Stellungnahme des Abg. Grünbaum, Verhandlungen der Berlin-Brandenburgischen Provinzialsynode, 1. Tagung (6. – 9. 10. 1946), S. 183. 87 Die Brandmarkung dieser Aktion als „revolutionären Akt“ (A. Albrecht, Patronatswesen, S. 54) oder als „revolutionäre Ordnung des Eigentums“ (Synodaler Pachali, Verhandlungen – Fn. 45 – S. 182) wurde allerdings relativiert durch die Hinweise auf Probleme mit der Patronatsrechte-Ausübung durch die – inzwischen stark politisierten – Kommunen sowie darauf, dass wegen der Bodenreform die Privatpatrone nicht mehr im Lande seien und die – fast nur dinglichen – Patronatsrechte auf Neusiedlergremien übergegangen seien, was ebenfalls zu Problemen führe; daher habe es beim Erlass der Verordnung durchaus ein Einvernehmen mit der Kirche gegeben; die finanzielle Seite wurde in der Debatte allerdings nicht angesprochen (vgl. ebd., S. 182 ff.). 88 Die Begründung neuer Patronate ist allerdings nach innerkirchlichem Recht sowohl der Evangelischen als auch der Katholischen Kirche grundsätzlich ausgeschlossen, vgl. A. Albrecht, Patronatswesen, S. 50. Zur „Distanzierung der römisch-katholischen Kirche vom Patronatsrecht“ siehe A. Thier, Patronatswesen, HSKR, 32020, Bd. 3, § 63, S. 2609 (2625 f. Rn. 16 f.). 89 Vgl. dazu A. Albrecht, Patronatswesen S. 50 ff., sowie E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 511 ff.; so konnten z. B. Lastenpatronate nach § 610 II 11 ALR nur im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben werden. Die KirchenpatronatsVO war zwar ein einseitiger Akt, doch scheint ein Einverständnis der Kirche vorgelegen zu haben, vgl. dazu den Redebeitrag des Synodalen Grünbaum (Fn. 86). 90 Ähnlich wurden nach den Artikeln 21 des Loccumer und des Hessischen Kirchenvertrages lediglich „die landesrechtlichen Vorschriften über Patronate“ bzw. „über nicht mit Lasten verbundene Patronate“ aufgehoben, wovon aber die kirchlichen Patronatsrechte nicht berührt wurden, vgl. E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 510 ff.

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Artikel 11 – Patronatswesen

Aufhebung auch eines kirchlichen Aktes bedurfte, hatte die Evangelische Kirche der altpreußischen Union durch Notverordnung vom 5. 3. 194691 die brandenburgischen Patronate auch als „kirchliche Einrichtung“ aufgehoben. Damit sind im Bereich der ehemaligen Mark Brandenburg alle Rechte und Pflichten entschädigungslos erloschen.92 Für die Besetzung der Pfarrstellen bestimmte § 3 der kirchlichen Notverordnung, dass sie künftig abwechselnd durch die Kirchenbehörde und durch Kirchengemeindewahl erfolgen sollte. 2. Absatz 2 setzt die Wirkung der Trennung der früheren Schul- und Kirchenämter durch das preußische Gesetz vom 7. 9. 193893 voraus94 und verweist auf Artikel II der Kirchenpatronatsverordnung vom 9. 2. 194695, der im Unterschied zum preußischen Gesetz vom 7. 9. 1938 und zu den übrigen Verträgen in den neuen Ländern die noch ausstehende Vermögensauseinandersetzung unmittelbar und pauschal regelt, derart, dass das Schulgebäude und die Dienstwohnung der politischen Gemeinde, das sonstige Vermögen der Kirchengemeinde zugesprochen wird.96 Laut der dazu ergangenen Anweisung vom 20. 6. 1946 sollte der Eigentumswechsel kraft Gesetzes vollzogen sein und nur einer Grundbuchberichtigung bedürfen.97 Artikel II Abs. 2 der Verordnung wendet die Regelung auch auf bisher nur teilweise vorgenommene Vermögensauseinandersetzungen an98, nicht zu verwechseln mit früher übernommenen privatrechtlichen Verpflichtungen aufgrund einer vollständig durchgeführten Auseinandersetzung, z. B. nach dem preußischen Gesetz vom 7. 9. 1938 und seinen Durchführungsbestimmungen, die gemäß Artikel III Satz 2 der Verordnung unberührt bleiben99. Bezüglich der letztgenannten Verpflichtungen sagt das Land in Absatz 2

91

KABl. der Kirchenprovinz Berlin-Brandenburg, S. 36. Gemäß § 4 der NotVO (Fn. 51) konnte allerdings besonders bewährten Patronen, worunter vor allem Bewährung in der NS-Zeit, nämlich Unterbringung gefährdeter Pfarrer, verstanden wurde, ein „Ehrenpatronat“ verliehen werden, das die Fortdauer der bisherigen Ehrenrechte sowie ein Anhörungsrecht vor Besetzung der Pfarrstelle einschloss. 93 PrGS S. 103, siehe Erl. A. [f) (1)]. 94 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 36. 95 Siehe Fn. 85. 96 Art. II (1) lautet: Soweit über das Vermögen getrennter Schul- und Kirchenämter eine Auseinandersetzung nicht durchgeführt ist, wird diese dadurch bewirkt, dass das Schulzwecken dienende Gehöft mit Inventar und die Dienstwohnung des Trägers des ehemals vereinigten Amtes nebst zugehörigen Hofgebäuden und Gärten in das Eigentum der Gemeinde, das übrige Vermögen der ehemals vereinigten Stelle aber in das Eigentum der Kirchengemeinde übergeht. 97 Vgl. die Amtliche Begründung, S. 36 f. 98 Art. II (2) lautet: Ist die Vermögensauseinandersetzung bisher nur teilweise erfolgt, so ist das bisher nicht einbezogene Vermögen nach den Grundsätzen des Absatz 1 zu verteilen. 99 Art. III lautet: Die kraft öffentlichen Rechts geschuldeten Leistungen der Gemeinden und der Kirchengemeinden an die Gemeinden fallen fort. Ausgenommen sind die Leistungen, die bei den Auseinandersetzungen über das Vermögen getrennter Schul- und Kirchenämter übernommen sind. 92

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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des Schlussprotokolls zu Absatz 2 eine vermittelnde Einflussnahme zu.100 Demgegenüber betrifft die in Absatz 1 des Schlussprotokolls zugesagte Einwirkung des Landes nur den endgültigen Vollzug der staatlich geregelten Auseinandersetzung nach Artikel II der Verordnung in Gestalt oft noch nicht vorgenommener Grundbucheintragungen.101 Da die Modalitäten der Auseinandersetzung kraft Rechtsverordnung festgelegt wurden, besteht kein Spielraum mehr für Überlegungen, ob die Kirchen dabei benachteiligt wurden und eine unzulässige Kirchengutverletzung vorlag. 3. Da die Kirchenpatronatsverordnung vom 9. 2. 1946102 nur für das Gebiet der früheren Mark Brandenburg, das nicht mit dem jetzigen Land Brandenburg identisch ist, Geltung besaß, kündigt Absatz 3 gesonderte Verhandlungen über die Aufhebung der Patronate und über die Vermögensauseinandersetzung bezüglich getrennter Schulund Kirchenämter in den übrigen Gebieten des Landes an, in deren Rahmen auch die Ablösung noch bestehender Baulasten zu regeln sein wird. Es handelt sich dabei vornehmlich um Gebietsstreifen im Westen und Südwesten des Landes, nämlich im Westen um die heutigen Kirchenkreise Delitzsch, Bad Liebenwerda sowie Elbe Fläming, in denen noch im Jahr 2000 über 80 staatliche Patronate existierten; ferner im Gebiet der früheren Oberlausitz, wo 2002 noch etwa 10 staatliche Patronate bestanden103, sowie im Norden um Gebietsstreifen der heutigen Kirchenkreise Pasewalk, Neustrelitz und Parchim in der früheren Provinz Pommern und des Landes Mecklenburg. Sollte keine Einigung zustande kommen, wären die Kirchen auf Anrufung der Freundschaftsklausel und auf Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges angewiesen.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Enthält keine entsprechende Bestimmung. 2. Thüringen Art. 22: (1) Die im Freistaat Thüringen bestehenden staatlichen Patronate sind aufgehoben. (2) Bezüglich der früher vereinigten Kirchen- und Schulämter werden die Vertragsschließenden darauf hinwirken, dass sowohl die kommunalen Gebietskörperschaften als auch die Kirchengemeinden bzw. die Pfarreien und etwa weiter betroffene kirchliche Gliederungen zügig die erforderlichen Auseinandersetzungsverträge abschließen oder die bereits abgeschlossenen Verträge durchführen. 100

VO. 101

Nicht aber bezüglich alter öffentlich-rechtlicher Forderungen, vgl. Art. III Satz 1 der

Vgl. die Amtliche Begründung, S. 37. Siehe Fn. 85. 103 Vgl. zu diesen Gebieten E. Meyer, Entwicklung, Teil II S. 413. 102

450

Artikel 11 – Patronatswesen

Regierungsbegründung Absatz 1 regelt die Aufhebung von staatlichen Patronatsrechten. Absatz 2 trifft eine Regelung wegen der Auseinandersetzung von früher vereinigten Kirchenund Schulämtern. 1. Der Wortlaut stimmt nahezu wörtlich mit Artikel 10 des evangelischen Vertrags überein. Soweit aufgrund staatlicher Patronate noch Baulastverpflichtungen bestehen, sind sie durch Artikel 23 Abs. 1, 2 und 4 abgelöst. 2. Ehemalige katholische Kirchen- und Schulämter mit noch ausstehender Vermögensauseinandersetzung sind bisher nur in ganz wenigen Fällen im Eichsfeld bekannt geworden. Schwierigkeiten haben sich nach Auskunft des Bischöflichen Ordinariats nicht ergeben; die Landesregierung oder eine kommunale Gebietskörperschaft wurden nicht eingeschaltet.

3. Mecklenburg-Vorpommern Enthält keine entsprechende Bestimmung. 4. Sachsen-Anhalt Art. 18 Abs. 1 Satz 3: Die staatlichen Patronate sind aufgehoben.

Regierungsbegründung (…) Abs. 1 S. 3 zieht einen Schlussstrich unter die hergebrachten Patronatsrechte, die nach allseitiger Überzeugung heute ganz überwiegend als überholt angesehen werden und allenfalls im dörflichen Bereich noch eine sinnvolle Rolle spielen. Die Zukunft der kommunalen Patronate bleibt Einzelverhandlungen mit den betroffenen Kommunen überlassen. Entsprechendes gilt für private Patronate. Dem Wegfall der staatlichen Unterhaltungspflichten wurde bei der Bemessung der Dotationen Rechnung getragen. (…) Konkrete Informationen über noch bestehende Patronate waren zur Zeit der Vertragsverhandlungen nicht vorhanden und sind nach Auskunft des Bischöflichen Ordinariats bisher nicht bekannt geworden. Neue Patronate können gemäß can. 1450 § 1 CIC/1917 nicht mehr begründet werden. Die Formulierung, dass „die staatlichen Patronate“ aufgehoben sind, gibt den Willen der Vertragsparteien präziser wieder als Artikel 1 Abs. 1 des evangelischen Vertrages, dessen eigentlicher Sinn erst durch das Schlussprotokoll geklärt wird.104

5. Brandenburg Enthält keine entsprechende Bestimmung. 104

Siehe Erl. A. [b)].

Artikel 12 – Anstaltsseelsorge A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 12: (1) 1Das Land räumt den Kirchen die Möglichkeit ein, in staatlichen Krankenhäusern, Heimen, Justizvollzugsanstalten, Polizeiausbildungsstätten und sonstigen Einrichtungen des Landes Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen abzuhalten sowie seelsorgerlich tätig zu werden. 2Die dafür notwendigen Räume werden vom Land zur Verfügung gestellt. (2) Werden diese Aufgaben von einem dafür freigestellten Pfarrer im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen, geschieht für die Justizvollzugsanstalten sowie für die Polizeiausbildungsstätten und andere Polizeieinrichtungen die Berufung durch die zuständige Kirchenleitung im Einvernehmen, für die sonstigen Einrichtungen im Benehmen mit der Landesregierung. (3) Näheres wird durch besondere Vereinbarung geregelt.

Regierungsbegründung ¨ bereinstimmung mit den KirArtikel 12 regelt Einzelheiten fu¨ r die sog. Anstaltsseelsorge. In U chenvertra¨ gen in anderen Bundesla¨ ndern werden entsprechende Seelsorgeaktivita¨ ten geschu¨ tzt. Damit die Zusicherung nicht unter Hinweis auf fehlende Ra¨ ume unterlaufen werden kann, wird die Bereitstellung entsprechender Ra¨ ume ausdru¨ cklich erwa¨ hnt. Dabei braucht es sich aber nicht um Ra¨ ume zu handeln, die ausschließlich seelsorgerlichen Zwecken dienen. Sonstige Kosten tragen vorbehaltlich abweichender Absprachen die Kirchen. Absatz 2 ra¨ umt – abweichend vom bisher geltenden Staatskirchenrecht – den Kirchen in der Anstaltsseelsorge eine selbsta¨ ndigere Stellung ein, indem fu¨ r hauptamtliche Anstaltsseelsorger durchweg die Berufung durch die Kirchen und nicht durch die Anstalt oder die Landesverwaltung vorgesehen ist, und zwar in aller Regel nur im Benehmen mit dem zusta¨ ndigen Landesminister; lediglich fu¨ r Justizvollzugsanstalten und Polizeieinrichtungen wird aus Sicherheitsgru¨ nden ein Einvernehmen verlangt. Einzelheiten, z. B. das Vorgehen bei Abberufungen oder Sicherheitsvorkehrungen, sollen gema¨ ß Absatz 3 Einzelvereinbarungen u¨ berlassen bleiben. Dabei werden auch Sonderbestimmungen wie etwa § 25 Abs. 2 des Gesetzes u¨ ber Hilfen fu¨ r psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. Januar 1992 (GVBl. LSA S. 88) zu beru¨ cksichtigen sein.

Kommentierung Art. 12 regelt die sog. Anstaltsseelsorge. Die Zulassung von Religionsgesellschaften „zur Vornahme religiöser Handlungen“ in öffentlichen Anstalten wird durch Art. 141 WRV i. V. m. Art. 140 GG gewährleistet. Sie begründet das Recht der Religionsgemeinschaften auf Zutritt zu den Anstalten, dort Gottesdienste für

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

die daran interessierten Anstaltsinsassen bzw. Anstaltsbewohner abzuhalten und auf Wunsch auch in anderer Weise seelsorgerisch tätig zu sein.1 Damit sollen zugleich denjenigen, die aus rechtlichen oder faktischen Gründen eine Fortbewegung von ihrem Aufenthaltsort (Kaserne, Justizvollzugsanstalt; Krankenhaus, Altenheim) zu einer Kirche oder einem anderen kirchlichen Versammlungsraum zur Religionsausübung oder zur Inanspruchnahme seelsorgerischer Dienste nicht möglich ist, entsprechende Angebote vor Ort bereit gestellt werden können. Aus der Sicht der Religionsgemeinschaften geht es daher um die Möglichkeit der Ausübung kollektiver Religionsfreiheit in Räumen, die vom Staat in Vorsorge und Obhut genommen worden sind und seiner Verfügungsgewalt unterliegen; für die reflexhaft begünstigten Anstaltsinsassen oder Anstaltsbewohner um eine Förderung ihrer individuellen Religionsfreiheit. Fraglich ist, ob der funktionale Zusammenhang hinreicht, um ein subjektives Leistungsrecht des einzelnen aus Art. 4 Abs. 1 zu begründen.2 Die ratio des Art. 141 WRV besteht insbesondere darin, „solchen Personen eine Sonderseelsorge zu gewährleisten, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem Sonderstatusverhältnis und der damit verbundenen Herauslösung aus ihrem sozialen Umfeld an der allgemeinen Seelsorge nicht teilnehmen können“.3 Bei den Sonderrechtsverhältnissen wie dem Strafgefangenen- und Soldatenverhältnis dürfte der Staat mit Blick auf seine Schutzpflicht aus Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG gehalten sein, durch positive Vorkehrungen die Ausübung der Religionsfreiheit zu ermöglichen. Das besondere Gewaltverhältnis begründet hier auch eine besondere Gewährleistungsverantwortung für die Grundrechtsermöglichung durch Leistung staatlicher Hilfe. Hier gilt in besonderer Weise, dass die Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG nicht nur ein individuelles Abwehrrecht beinhaltet, sondern dem Staat auch im positiven Sinn gebietet, Raum für die Betätigung der Religionsfreiheit zu schaffen und zu sichern4, im übertragenen wie im wörtlichen Sinne; so müssen tatsächlich Räume für Gottesdienste und andere religiöse Formate wie Seelsorge-

1

BVerwGE 123, 49 (54). Mit Recht nehmen A. v. Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht, 42006, S. 199 (nun weniger dezidiert dies., Religionsverfassungsrecht, 52022, § 26, Rn. 4) an, dass das Zutrittsrecht der Religionsgemeinschaften der eigenständige, über die kollektive Religionsfreiheit der Religionsgemeinschaften nach Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG hinausgehende Gewährleistungsgehalt des Art. 141 WRV ist. 2 Verneinend BVerwGE 63, 215 (218); VG Augsburg, Beschluss vom 18. September 2012 – Au 3 E 12.1151 –, juris, Rn. 27 = NVwZ-RR 2013, 81 – 82 = KirchE 60, 118 – 122; bejahend M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 150: „Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG verstärkt das Recht aus Art. 141 WRV zu einem kompensatorischen Leistungsanspruch gegenüber dem Staat“; siehe auch A. Schilberg, Anstaltsseelsorge, in: HSKR, Bd. 2, 32020, § 56, S. 2343 – 2371 (2354 Rn. 22). 3 M. Heintzen, Polizeiseelsorge, in: HSKR, Bd. 2, 32020, § 55, S. 2329 – 2341 (2334 Rn. 5). 4 Siehe für die öffentliche Schule BVerfGE 41, 29 (49 f.).

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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gespräche bereitstehen. Seiner diesbezüglichen Gewährleistungsverantwortung5 kommt der Staat durch die institutionelle Garantie der Anstaltsseelsorge nach. Wie das ausdrücklich in Art. 141 WRV genannte Beispiel der Krankenhäuser6 zeigt, ist der Anwendungsbereich der Anstaltsseelsorge aber nicht auf Sonderstatusverhältnisse beschränkt, sondern erfasst als „sonstige öffentliche Anstalten“ auch öffentliche Einrichtungen, in denen die Wahrnehmung der Religionsfreiheit aufgrund faktischer Einschränkungen der Bewegungsfreiheit erheblich erschwert ist wie bei Heimbewohnern.7 Einen korrespondierenden individuellen grundrechtlichen Anspruch dürfte es insoweit allerdings wohl nicht geben, weil die Erschwernis nicht vom Staat zu verantworten ist. Eine Abweichung von der staatlichen Neutralitätspflicht in Sachen Glauben und Weltanschauung liegt in der Anstaltsseelsorge nicht. Der Zulassungsanspruch besteht für alle Religionsgemeinschaften8, und nicht anders als im Bereich der öffentlichen Schule9 ist auch hier die vom Staat geschuldete Neutralität nicht als Abwehr und Ausschluss jeden religiösen Bezugs in öffentlichen Einrichtungen und Anstalten, sondern als plurale Offenheit zu verstehen, die zugleich jede Identifikation des Staates mit einem bestimmten religiösen Bekenntnis vermeidet. Es versteht sich von selbst, dass die Anstaltsseelsorge nicht den Anstaltszweck gefährden darf. Namentlich in Justizvollzugsanstalten muss die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt gewährleistet bleiben. Daraus ergibt sich ein Mitentscheidungsrecht des Staates hinsichtlich des in der Anstaltsseelsorge eingesetzten Personals. Zwar ist die Seelsorge in den Anstalten eigene Angelegenheit der Religionsgemeinschaften. Sie müssen daher grundsätzlich auch selbstbestimmt entscheiden können, wer in der einzelnen Anstalt diese Aufgabe übernehmen soll10; in sicherheitssensi-

5 Zutreffend A. Hollerbach, Freiheit kirchlichen Wirkens, in: HStR 2, Bd. VI, § 140 Rn. 10 f.: „treuhänderische Verantwortung für die Erfüllung der religiösen Bedürfnisse der Menschen, soweit diese durch die anstaltliche Ordnung gehindert sind, sie von sich aus in Freiheit zu erfüllen“. 6 Einen Spezialfall der Krankenhausseelsorge regelt § 30 Abs. 4 S. 2 IfSG. 7 Dann kann es aber wohl auch bei Sonderstatusverhältnissen nicht entscheidend auf eine „anstaltliche“ Ordnung des Dienstes ankommen. Entgegen der Annahme von M. Heintzen, Polizeiseelsorge, in: HSKR, Bd. 2, 32020, § 55, S. 2329 – 2341 (2335 Rn. 5, 2336 Rn. 7 m. w. N.) dürften daher neben kaserniert zu leistendem Dienst auch die Erschwernisse durch Schichtdienst, heimatferne Verwendung oder häufige Versetzungen eine hinreichende Legitimation für Sonderseelsorge in polizeilichen Dienststellen i.S.d. Art. 141 WRV darstellen, die infolgedessen unter diese Bestimmung fällt. 8 Nach h. M. zudem auch für Weltanschauungsgemeinschaften, was aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 7 WRV sowie aus Art. 3 Abs. 1 u. Abs. 3 GG hergeleitet wird; siehe dazu A. Schilberg, Anstaltsseelsorge, in: HSKR, Bd. 2, 32020, § 56, S. 2343 – 2371 (2348 Rn. 10). 9 Siehe dazu BVerfGE, 29 (50). 10 Die frühere Praxis der „Bestellung von eigens für diese Aufgabe freigestellten Pfarrern durch die zuständige Behörde (siehe etwas § 157 Abs. 1 StVollzG), wenn auch im Einvernehmen mit der Kirche“ (A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalts aus

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

blen Bereichen wie dem Strafvollzug oder der Polizei darf der Staat sich insoweit aber eine Kontrollbefugnis durch das Erfordernis seines Einvernehmens vorbehalten.11 Unmittelbar aus Art. 141 GG lässt sich keine Verpflichtung des Staates ableiten, die Finanzierung der Anstaltsseelsorge durch die Religionsgemeinschaften zu übernehmen. Eine solche Finanzierung mag aber naheliegen, soweit der Staat „Verursacher der Anstaltsseelsorge“ ist oder genauer: die Unmöglichkeit der Religionsausübung unter Inanspruchnahme von Angeboten der jeweiligen Religionsgemeinschaft außerhalb der Anstalt und damit die Notwendigkeit kompensatorischer Anstaltsseelsorge zu verantworten hat, wie dies bei den besonderen Gewaltverhältnissen der Fall ist. Das betrifft die Militärseelsorge12, die Polizeiseelsorge13 und die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten14. Ein anderer Grund kann das besondere öffentliche Interesse an einer kontinuierlichen Anstaltsseelsorge sein.15 Eine gleichheitsgerechte Förderung ist aber selbstredend auch darüber hinaus nicht ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund bekräftigt Art. 12 des Wittenberger Vertrags die Rechtslage, wie sie bereits bundes- und landesverfassungsrechtlich (Art. 141 GG, Art. 32 Abs. 5 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt; Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG, Art. 9 Abs. 1 u. 2 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) sowie einfachrechtlich gilt. der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (280)) entsprach der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Kirche im Bereich der Anstaltsseelsorge nicht. 11 Siehe etwa § 110 Abs. 1 Erstes Buch Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt – JVollzGB I LSA) vom 18. Dezember 2015 (GVBl. LSA 2015, 666), zuletzt geändert durch Art. 2 G zur Durchführung von Zwangsbehandlungen und Fixierungen im Zusammenhang mit dem Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen im LSA vom 25. 3. 2021 (GVBl. LSA S. 120): „Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft in der Regel im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.“ Nach der Neuregelung der Art. 72 ff. GG durch das FöderalismusreformG v. 28. 8. 2006 (BGBl. I S. 2034) fällt der Strafvollzug einschließlich des Untersuchungshaftvollzugs in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 70 Abs. 1 GG). Das StVollzG gilt gem. Art. 125a Abs. 1 GG seit dem 1. 9. 2006 als Bundesrecht fort, kann aber durch Landesrecht ersetzt werden. Das JVollzGB I LSA ersetzt nach seinem § 166 in seinem Geltungsbereich das vorliegende StVollzG mit Ausnahme einiger hier nicht einschlägiger Vorschriften 12 Hier sieht Art. 2 Abs. 2 des Militärseelsorgevertrags – Vertrag der Evangelischen Kirche in Deutschland mit der Bundesrepublik Deutschland vom 22. Februar 1957 (KABl. 1958 S. 14) – die Kostentragung durch den Staat vor. 13 Hier tragen nach § 9 der Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den Evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt über den kirchlichen Dienst an Polizeibeamten (Polizeiseelsorgevereinbarung) vom 30. Juni 1994 (ABl. EKKPS S. 98) aber die Kirchen die Kosten. 14 Hier sieht Art. 6 der Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den Evangelischen Kirchen im Land Sachsen-Anhalt zur Regelung der seelsorgerischen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten (Gefängnis-Seelsorge-Vertrag) vom 24. März 1994 (ABl. EKKPS S. 95) eine Kostenerstattung durch das Land vor. 15 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (280).

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Das Land räumt gemäß Art. 12 Abs. 1 den Kirchen das Recht zur Abhaltung von Gottesdiensten oder anderen religiösen Veranstaltungen und die Freiheit zur seelsorgerischen Betätigung für seine Einrichtungen ein und sagt die Bereitstellung dafür notwendiger Räumlichkeiten zu.16 Art. 141 GG sieht Seelsorge in allen öffentlichen Anstalten vor, unabhängig davon, welche Körperschaft ihr Träger ist; daher müssen auch kommunale Anstalten und Anstalten sonstiger Träger öffentlicher Gewalt den Religionsgemeinschaften für diesen Zweck Zugang gewähren.17 Man wird nicht annehmen können, dass die vertragliche Verpflichtung aus Art. 12 Abs. 1 hinter der verfassungsrechtlichen Gewährleistung zurück bleiben sollte. Daher dürfte das Land zumindest verpflichtet sein, bei nichtstaatlichen Einrichtungen in der Hand anderer öffentlicher Träger darauf hinzuwirken, dass in diesen seelsorgerliche Besuche und kirchliche Handlungen entsprechend Art. 12 Abs. 1 ermöglicht werden, wie dies beispielsweise Art. 12 Abs. 2 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg explizit vorsieht. Art. 12 Abs. 2 weist die Berufung des dafür vorgesehenen kirchlichen Personals als eigene Angelegenheit der Kirchen den Kirchenleitungen zu, behält der Landesregierung lediglich in der sicherheitsrelevanten Bereichen des Strafvollzugs und der Polizei das Einvernehmen, also die Notwendigkeit staatlichen Einverständnisses vor, während bei allen anderen Ausprägungen der Anstaltsseelsorge nur das Benehmen herzustellen ist, also der Landesregierung die Möglichkeit der Stellungnahme und deren Berücksichtigung durch die Kirchen geboten ist. Soweit das staatliche Einverständnis notwendig ist, dürfte ein Widerruf desselben nur aus wichtigem Grund in Betracht kommen, also wenn sich tatsächlich aus dem Verhalten Sicherheitsbedenken gegen die Fortsetzung der Anstaltsseelsorge durch den kirchlicherseits berufenen Seelsorger ergeben. Details über Fragen einer möglichen Abberufung und Sicherheitsvorkehrungen sollen Gegenstand besonderer Vereinbarung werden (siehe die nachfolgend angeführten Vereinbarungen im Bereich der Polizei- und Gefängnisseelsorge). Die Bestellung der Anstaltsseelsorger selbst vornehmen zu können, war bei den Verhandlungen über den Wittenberger Vertrag ein Anliegen der Kirchen, die besonderen Wert auf ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit legten. Die bis dahin in der Bundesrepublik überwiegend geübte Praxis der Bestellung von eigens für diese Aufgabe freigestellten Pfarrern durch die zuständige Behörde, wenn auch im Einvernehmen mit der Kirche (siehe nur Art. 6 S. 2 Loccumer Vertrag18), wurde nicht fortge-

16 Zu dieser staatlichen Leistung als notwendiger Bedingung für eine zweckgemäße Durchführung der Anstaltsseelsorge siehe H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-KircheVerhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 311 f. 17 A. Schilberg, Anstaltsseelsorge, in: HSKR, Bd. 2, 32020, § 56, S. 2343 – 2371 (2349 Rn. 13). 18 Zu den Ausgestaltungen im Einzelnen siehe A. von Campenhausen, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Kommentar, Bd. 3, 52005, Art. 140 GG/Art. 141 WRV Rn. 20.

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setzt19, sondern durch einen Berufungsmodus ersetzt, bei dem die Beauftragung durch die Kirchen selbst erfolgt, grundsätzlich im Benehmen, bei besonders sicherheitsrelevanten Anstalten und Einrichtungen im Einvernehmen mit der Landesregierung.20 Die Frage der Kostentragung ist in Art. 12 nicht angesprochen, so dass davon auszugehen ist, dass nach dem Vertrag der Staat nur die Kosten der zur Verfügung zu stellenden Räume zu tragen hat, die Kirchen dagegen die sonstigen Kosten der Seelsorge durch das von ihr dazu beauftragte Personal. Eine abweichende Regelung der Kostenfrage kann aber Gegenstand von bereichsspezifischen Sondervereinbarungen im Sinne des Art. 12 Abs. 3. Art. 12 Abs. 3 behält die nähere Ausgestaltung besonderen Vereinbarungen zwischen den Vertragspartnern vor. Eine besondere Vereinbarung dieser Art besteht für die Gefängnisseelsorge: Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den Evangelischen Kirchen im Land Sachsen-Anhalt zur Regelung der seelsorgerischen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten (Gefängnis-Seelsorge-Vertrag) vom 24. März 1994 (ABl. EKKPS S. 95; ABl. Anhalt 1995 Bd. 1, S. 1; ABl. EKD 1995 S. 495) Das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister für Justiz und Bundesangelegenheiten, im Folgenden „das Land“ genannt und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, vertreten durch die Kirchenleitung, die Evangelische Landeskirche Anhalts, vertreten durch den Landeskirchenrat, die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig, vertreten durch das Landeskirchenamt, haben zur Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten, Jugendanstalten und Jugendarrestanstalten des Landes Sachsen-Anhalt folgende Vereinbarung geschlossen. Artikel 1 Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten, Jugendanstalten und Jugendarrestanstalten bildet einen Teil der den Kirchen obliegenden allgemeinen Seelsorge. Die evangelische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten, Jugendanstalten und Jugendarrestanstalten wird durch Pfarrer und andere Mitarbeiter – im Folgenden Gefängnisseelsorger genannt – im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen. Die Freiheit der Verkündigung und das Beicht- und Seelsorgegeheimnis sind zu wahren.

19 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (280); ders., Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil-obstat-Frage, JÖR 43 (1995), S. 327 – 354 (341). 20 Wenn H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 272 davon spricht, die Kirchen seien „damit eine Bindung für ihre selbstbestimmte Ämterbesetzung“ eingegangen, erscheint das vor dem Hintergrund der bisherigen Praxis zweifelhaft. Das Selbstbestimmungsrecht dürfte angesichts der hier berührten staatlichen Interessen jedenfalls einschränkbar sein.

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Artikel 2 Der Gefängnisseelsorger wird von der zuständigen Kirche im Einvernehmen mit dem Ministerium für Justiz- und Bundesangelegenheiten des Landes berufen. Der Gefängnisseelsorger steht im Dienst seiner Kirche. Er untersteht entsprechend dem Pfarrerdienstrecht bzw. dem kirchlichen Arbeitsrecht der Dienst- und Disziplinaraufsicht seiner Kirche. Der Gefängnisseelsorger ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Dienstes die ihn betreffenden Bestimmungen über den Justizvollzug zu beachten. Der Gefängnisseelsorger arbeitet in seinem Dienst mit den Vollzugsbediensteten eigenverantwortlich zusammen. Er hat das Recht auf Teilnahme an den Dienstbesprechungen und allgemeinen Konferenzen. Er ist bei allen kirchlichen Veranstaltungen berührenden Maßnahmen der Anstaltsleitung vorher zu hören. Artikel 3 Zu den Rechten des Gefängnisseelsorgers gehört die Inanspruchnahme aller Einrichtungen und die Veranlassung organisatorischer Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, seine Aufgaben gemäß Artikel 4 zu erfüllen. Der Gefängnisseelsorger hat Anspruch auf die Bereitstellung von Räumen, die für die Ausübung des Dienstes notwendig sind (gottesdienstliche Räume und Dienstzimmer). Die Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in einer Justizvollzugsanstalt erfolgt durch das Land im Einvernehmen mit der Kirche. Der Gefängnisseelsorger kann im Einvernehmen mit der Anstaltsleitung freiwillige Helfer, unterstützende Gruppen sowie Seelsorger und Seelsorgehelfer für den Dienst in der Einrichtung hinzuziehen. Artikel 4 Der Gefängnisseelsorger hat nach Maßgabe seiner Beauftragung im wesentlichen folgende Aufgaben: – regelmäßiges Feiern von Gottesdiensten, – Einzelseelsorge einschl. der Zellenbesuche und Aussprache mit einzelnen Gefangenen, – Abnahme der Beichte und Spendung der Sakramente, – Durchführung kirchlicher Kasualhandlungen, – Angebot von Gruppenarbeit, Kursen und Unterweisungsstunden, – Beteiligung bei Besuchen und Beteiligung bei Ausführung von Gefangenen in seelsorgerlich begründeten Fällen, – besondere Krankenseelsorge bei Krankheitsfällen innerhalb der Vollzugsanstalt, – seelsorgerliche Beratung und seelsorgerlicher Beistand auch für die Angehörigen der Gefangenen in Partnerschafts-, Ehe- und Familienangelegenheiten, – Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für die Gefangenen und ihre Familien, – beratende Mitwirkung bei der Anschaffung von Büchern für die Gefangenenbücherei und einvernehmliche Mitwirkung bei der Anschaffung und Ausgabe religiöser Bücher und Schriften,

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– Bereitschaft zur Seelsorge an Mitarbeitern des Justizvollzuges, unbeschadet der Zuständigkeit des Gemeindepfarrers, – Mitwirkung bei der Weiterbildung der Mitarbeiter im Justizvollzug, – Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit zu Themen des Justizvollzugs in Gesellschaft und Kirche. Artikel 5 Urlaubs- und Dienstbefreiung der Gefängnisseelsorger richten sich nach dem Pfarrerdienstgesetz bzw. der kirchlichen Arbeitsvertragsordnung. Der Gefängnisseelsorger ist verpflichtet, seinen Dienst betreffende Weiterbildungen wahrzunehmen. Er hat das Recht, an kirchlichen Veranstaltungen, Kursen und Tagungen, die mit dem Dienst in Verbindung stehen, in angemessenem Umfang ohne Anrechnung auf seinen Erholungsurlaub teilzunehmen. Die Vertretung bei Abwesenheit und die Urlaubsvertretung regelt der Gefängnisseelsorger nach Abstimmung mit der Kirche im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Die Krankheitsvertretung regelt die Kirche im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Artikel 6 Das Land erstattet den Kirchen für die Dauer der Tätigkeit des Gefängnisseelsorgers die von ihnen nach den jeweiligen kirchlichen Bestimmungen aufzubringenden Personalkosten. Der Erstattungsbetrag ist monatlich im voraus an die von der Kirche genannte Kasse zu zahlen. Das Land erstattet ferner die nach kirchlichen Bestimmungen zu zahlenden Beihilfen, Reisekosten und Umzugskosten und Trennungsgeld sowie notwendige Auslagen aus Anlass einer dienstlichen Vertretung. Über die nach Maßgabe der kirchlichen Bestimmungen für die Gefängnisseelsorge anfallenden Versorgungsaufwendungen als Teil der Personalkosten wird zwischen dem Land und der zuständigen Kirche jeweils eine gesonderte Vereinbarung geschlossen. Das Land erstattet den Sachkostenaufwand. Artikel 7 Die Kirche ist berechtigt, in Absprache mit der Anstaltsleitung, Visitationen bezüglich der Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten, Jugendanstalten und Jugendarrestanstalten durchzuführen. Im Einvernehmen mit dem Ministerium für Justiz und Bundesangelegenheiten beruft die Kirche mindestens einmal jährlich eine Zusammenkunft der Konferenz der Evangelischen Gefängnisseelsorge in Sachsen-Anhalt mit Vertretern der Kirche und des Ministeriums für Justiz und Bundesangelegenheiten über Fragen der Anstaltsseelsorge und des Justizvollzuges ein. Artikel 8 Der Gefängnisseelsorger hat das Recht, auf dem kirchlichen Dienstweg Beschwerde bei dem Ministerium für Justiz und Bundesangelegenheiten einzulegen, wenn Konflikte in der Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung auftreten, die nicht anderweitig behoben werden können.

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Das Ministerium für Justiz und Bundesangelegenheiten wird Beschwerden der Anstaltsleitung über die Tätigkeit des Gefängnisseelsorgers alsbald an die Kirchen weiterleiten. Die Kirchen bemühen sich, Beschwerden im Gespräch mit dem Gefängnisseelsorger im Beisein eines Vertreters des Ministeriums für Justiz und Bundesangelegenheiten zu klären. Das Ergebnis wird in einem Protokoll festgehalten. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Gefängnisseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen seinen weiteren Dienst ergeben und können diese nicht einvernehmlich zwischen Land, zuständiger Kirche und Gefängnisseelsorger ausgeräumt werden, so kann das Land seine Abberufung verlangen. Der betroffene Gefängnisseelsorger hat das Recht, vor einer Entscheidung von der Kirchenleitung und dem Ministerium für Justiz und Bundesangelegenheiten gehört zu werden. Artikel 9 Die Vertragschließenden werden sich bemühen, eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung der Bestimmungen dieser Vereinbarung einvernehmlich beizulegen. Artikel 10 Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Vertrag gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form. Artikel 11 Diese Vereinbarung tritt am 24. März 1994 in Kraft. Diese Vereinbarung gilt zunächst für die Dauer von 5 Jahren; sie verlängert sich stillschweigend jeweils um weitere 5 Jahre, wenn sie nicht 12 Monate vor Ablauf der Frist gekündigt wird.

Eine weitere besondere Vereinbarung in diesem Sinne ist für den Bereich der Polizeiseelsorge geschlossen worden: Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den Evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt über den kirchlichen Dienst an Polizeibeamten (Polizeiseelsorgevereinbarung) vom 30. Juni 1994 (ABl. EKKPS S. 98; ABl. Anhalt 1995 S. 3) Das Land Sachsen-Anhalt (im Folgenden: das Land), vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister des Innern und die Evangelische Landeskirche Anhalts, die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig, die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen sowie die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen (im Folgenden: die Kirchen), jeweils vertreten durch ihre kirchenordnungsgemäßen Vertreter, schließen in Ausführung des Vertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit den Evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt) und den darin enthaltenen Regelungen über die Polizeiseelsorge folgende Vereinbarung:

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

§1 Das Land gewährleistet die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes an den Polizeibeamten (Polizeiseelsorge) durch die Evangelischen Kirchen in Sachsen-Anhalt. §2 Der Dienst der Polizeiseelsorge steht allen Polizeibeamten zur Verfügung, insbesondere sofern sie zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften verpflichtet sind, unbeschadet der Zuständigkeit des örtlichen Pfarramtes. §3 Der Dienst der Kirche umfasst Gottesdienst, Seelsorge und die Gestaltung des berufsethischen Unterrichts. §4 (1) Die Kirchen beauftragen Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter (im Folgenden Polizeiseelsorger) im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern mit der Ausübung der Polizeiseelsorge im Haupt- und Nebenamt. Diese sind bei Gottesdienst und Seelsorge an staatliche Weisungen nicht gebunden. Für diesen Dienst gelten ausschließlich die Ordnungen der Kirchen. (2) Der Polizeiseelsorger steht im Dienst seiner Kirche. Er untersteht entsprechend dem Pfarrerdienstrecht bzw. dem Kirchlichen Arbeitsrecht der Dienst- und Disziplinaraufsicht seiner Kirche. §5 (1) Die Kirchen bestellen einen der Polizeiseelsorger zu ihrem Beauftragten für diesen Dienst. (2) Der Beauftragte für Polizeiseelsorge und die leitenden Behörden der Kirchen sind Ansprechpartner des Landes für die Polizeiseelsorge. §6 (1) Das Land unterstützt die Teilnahme der Polizeibeamten an kirchlichen Tagungen und religiösen Bildungsveranstaltungen. Es gewährt den Polizeibeamten hierfür nach Bedarf Sonderurlaub gemäß den Bestimmungen der Verordnung über den Urlaub der Beamten im Land Sachsen-Anhalt – UrlVO vom 9. 11. 1993 (GVBl. LSA 93, S. 688). (2) Wenn die Kirchen Gottesdienste und Sprechstunden für Polizeibeamte anbieten, wird den Beamten die Teilnahme durch Dienstbefreiung ermöglicht, sofern dringende dienstliche Erfordernisse nicht entgegenstehen. Die Termine für diese kirchlichen Dienste sind im Einvernehmen mit den polizeilichen Dienststellen festzusetzen. (3) Die Bildung eines Beirates zur Unterstützung der Polizeiseelsorge wird vom Land begrüßt. Das gleiche gilt für die Bildung freiwilliger Arbeitsgemeinschaften, die in der Regel außerhalb der Dienstzeit zusammentreffen. §7 (1) Dem Polizeiseelsorger sind die zur Wahrnehmung seines Amtes erforderlichen Räume und sonstigen sächlichen Mittel in angemessenem Rahmen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. (2) Desgleichen werden die Kirchen die Polizeiseelsorge bei Bedarf durch Überlassung von Räumen unterstützen.

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§8 (1) Zur sachgerechten Wahrnehmung des Dienstes ist den Polizeiseelsorgern Gelegenheit zu geben, den Dienst der Polizeibeamten im Einsatz kennenzulernen, soweit dies aus dienstlichen und rechtlichen Gründen zu vertreten ist. (2) Bei Einsätzen geschlossener Verbände soll der zuständige Polizeiseelsorger eingeladen werden, diese Verbände zu begleiten, sofern nicht dienstliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. §9 Die Kosten für die Polizeiseelsorge tragen die Kirchen; § 7 bleibt unberührt. § 10 (1) Die Kirche übernimmt einen Teil des berufsethischen Unterrichts bei der Ausbildung der Polizeibeamten. Er wird unter der Fachaufsicht der zuständigen schulischen Einrichtungen nach den geltenden Lehrplänen erteilt. (2) Die Kirche schlägt den schulischen Einrichtungen vor, wer einen Lehrauftrag für den berufsethischen Unterricht erhalten soll. (3) Der Stundensatz für den von der Kirche übernommenen Teil des berufsethischen Unterrichts in den einzelnen Ausbildungsgängen wird durch Absprache zwischen den Vertragsschließenden festgelegt und in die Lehrpläne aufgenommen. (4) Den Unterrichtenden wird im Rahmen der geltenden Lehrpläne und der von den schulischen Einrichtungen vorgegebenen Themen Freiheit bei der Gestaltung des Lehrstoffes eingeräumt. Zur Festlegung der Themen des berufsethischen Unterrichts können die Unterrichtenden Vorschläge machen. (5) Das Land zahlt für den berufsethischen Unterricht angemessene Lehrvergütungen. Die Höhe richtet sich nach den jeweils geltenden Regelungen für den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen. § 11 (1) Der Polizeiseelsorger hat das Recht, auf dem kirchlichen Dienstweg Beschwerde bei dem Minister des Innern einzulegen, wenn Konflikte in der Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Polizei auftreten. (2) Der Minister des Innern wird Beschwerden der Verantwortlichen der Polizei über die Tätigkeit des Polizeiseelsorger alsbald an die Kirchen weiterleiten. Die Kirchen bemühen sich, Beschwerden im Gespräch mit dem Polizeiseelsorger zu klären. Das Ergebnis wird in einem Protokoll festgehalten. (3) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Polizeiseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen seinen weiteren Dienst ergeben und können diese nicht einvernehmlich zwischen Land, zuständiger Kirche und Polizeiseelsorger ausgeräumt werden, so kann das Land seine Abberufung verlangen. Der betroffene Polizeiseelsorger hat das Recht, vor einer Entscheidung von der Kirchenleitung bzw. vom Minister des Innern gehört zu werden. § 12 Die Vertragsschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

§ 13 Personen und Funktionsbezeichnungen in dieser Vereinbarung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form. Diese Vereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft. Krankenhausseelsorgefragen werden direkt zwischen den Trägern und den Kirchen verhandelt.21

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 20: (1) 1In öffentlichen Krankenhäusern, Heimen, Justizvollzugsanstalten, Polizeiausbildungsstätten und ähnlichen öffentlichen Einrichtungen werden die Kirchen seelsorgerlich tätig. 2Sie sind zu Gottesdiensten und religiösen Veranstaltungen berechtigt. 3Der Träger stellt den Raum. (2) Werden die Aufgaben von einem Pfarrer im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen, erfolgt dessen Berufung für die Justiz- und Polizeieinrichtungen im Einvernehmen mit der Landesregierung, für die sonstigen Einrichtungen im Benehmen mit dem Träger. (3) Näheres, unter anderem die Abberufung, wird durch Vereinbarung geregelt.

Regierungsbegründung Absatz 1 nimmt die in allen Kirchenvertra¨ gen angesprochene Sonderseelsorge auf. Allerdings regelt er nicht einseitig ein Recht der Kirchen, dort seelsorgerlich ta¨ tig zu werden, sondern stellt durch seine indikativische Formulierung klar, dass hier eine beiderseitige Verpflichtung besteht. Es liegt auch im Interesse des Landes, dass die Kirchen in den genannten Institutionen seelsorgerlich ta¨ tig werden. Als Landesgesetz verpflichtet der Vertrag insoweit auch die Tra¨ ger o¨ ffentlicher Krankenha¨ user zur kostenlosen Bereitstellung von Ra¨ umen fu¨ r Krankengottesdienste und Krankenseelsorge im erforderlichen Umfang. Absatz 2 regelt die Berufung dieser „Anstaltsgeistlichen“ nach Art der Institution unterschiedlich. Wer innerhalb der Landesregierung fu¨ r die Mitwirkung bei der Berufung zusta¨ ndig ist, richtet sich nach staatlichem Organisationsrecht.

Kommentierung Art. 20 des Güstrower Vertrags entspricht inhaltlich weitestgehend Art. 12 des Wittenberger Vertrags. Die Formulierung der Wahrnehmung des Auftrags in indikativischer Form („werden die Kirchen seelsorgerisch tätig“) könnte durchaus als Übernahme einer entsprechenden Verpflichtung zu individueller seelsorgerischer Betreuung von Anstaltsinsassen oder -nutzern gedeutet werden, während die Kirchen 21 Siehe Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung, LT-Drs. 7/5096 vom 17. 10. 2019, S. 4.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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„zu Gottesdiensten und religiösen Veranstaltungen“ lediglich „berechtigt“ sind.22 Darin wird ein staatliches Interesse an der Seelsorge in öffentlichen Einrichtungen deutlich, das vertraglich abgesichert werden soll. Art. 20 Abs. 1 erfasst – anders als Art. 12 Abs. 1 des Wittenberger Vertrags – alle öffentlichen Einrichtungen im Land Mecklenburg-Vorpommern, unabhängig davon, ob das Land selbst, Kommunen oder andere Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten des öffentlichen Recht deren Träger sind und erfüllt damit umfassend die Verpflichtungen des Landes aus Art. 140 GG i. V. m. Art 141 WRV und aus Art. 9 Abs. 1 Verfassung Mecklenburg-Vorpommern. Es existieren folgende, das Nähere regelnde Vereinbarungen im Sinne des Art. 20 Abs. 3: Vereinbarung zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs sowie der Pommerschen Evangelischen Kirche zur Regelung der seelsorgerlichen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Gefängnisseelsorgevertrag) vom 16. Oktober 199723. Artikel 1 (1) Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten bildet einen Teil der den Kirchen obliegenden allgemeinen Seelsorge. (2) Die evangelische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten wird durch Pastorinnen/Pastoren und Pfarrerinnen/Pfarrer im Haupt- und Nebenamt – im folgenden Anstaltspfarrer genannt – wahrgenommen. (3) Die Freiheit der Verkündigung und das Beicht- und Seelsorgegeheimnis werden gewährleistet. Artikel 2 (1) Der Anstaltspfarrer steht im Dienst seiner Landeskirche. (2) Er untersteht gemäß den Bestimmungen des Pfarrerdienstrechts der Dienst-, Lehr- und Disziplinaraufsicht seiner Landeskirche. Er ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Dienstes die ihn betreffenden Bestimmungen über den Justizvollzug und über die Untersuchungshaft zu beachten und in allen dienstlichen Belangen Verschwiegenheit zu wahren, auch über das Dienstverhältnis als Anstaltspfarrer hinaus. (3) Der Anstaltspfarrer ist in seinem Dienst frei. Er hält Kontakt zu den Vollzugsbediensteten. Er hat das Recht, wie die übrigen Beamten des Justizvollzugsdienstes, an den Dienstbesprechungen und allgemeinen Beamtenkonferenzen teilzunehmen. Er ist bei allen kirchliche Belange berührenden Maßnahmen der Anstalt vorher zu hören. Artikel 3 (1) Zu den Rechten des Anstaltspfarrers gehören die Inanspruchnahme aller Einrichtungen und die Veranlassung organisatorischer Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, seine Aufgaben gemäß Artikel 4 zu erfüllen.

22 Siehe dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 403. 23 KABl S. 160.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

(2) Der Anstaltspfarrer hat Anspruch auf die Bereitstellung der für die Ausübung seines Dienstes nötigen Räume (gottesdienstlicher Raum und Dienstzimmer). Die Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in einer Justizvollzugsanstalt erfolgen durch das Land Mecklenburg-Vorpommern im Einvernehmen mit den Kirchen. (3) Der Anstaltspfarrer kann mit Zustimmung des Anstaltsleiters freiwillige Helfer, unterstützende Gruppen sowie Seelsorger und Seelsorgehelfer für seinen Dienst in der Einrichtung hinzuziehen. Artikel 4 – Der Anstaltspfarrer hat im Wesentlichen folgende Aufgaben: – Abhaltung regelmäßiger Gottesdienste; – Einzelseelsorge einschließlich der Zellenbesuche und Aussprache mit den einzelnen Gefangenen; – Abnahme der Beichte und Spendung der Sakramente; – Durchführung kirchlicher Kasualhandlungen; – Angebot von Gruppenarbeit, Kursen und Unterweisungsstunden; – Beteiligung bei Besuchen und Begleitung bei Ausführung von Gefangenen in seelsorgerlich begründeten Fällen; – besondere Krankenseelsorge bei Krankheitsfällen innerhalb der Vollzugsanstalt; – seelsorgerliche Beratung und seelsorgerlicher Beistand, auch für die Angehörigen der Gefangenen in Partnerschafts-, Ehe- und Familienangelegenheiten; – Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für die Gefangenen und ihre Familien; – beratende Mitwirkung bei der Anschaffung von Büchern für die Gefangenenbücherei und einvernehmliche Mitwirkung bei der Anschaffung und Ausgabe religiöser Bücher und Schriften; – Angebot der Seelsorge an Mitarbeiter des Justizvollzuges, unbeschadet der Zuständigkeit des Gemeindepastors; – Mitwirkung bei der Weiterbildung der Mitarbeiter im Justizvollzug; – Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit in Gesellschaft und Kirche. Artikel 5 (1) Der Anstaltspfarrer wird von der Landeskirche im Einvernehmen mit dem Ministerium für Justiz und Angelegenheiten der Europäischen Union berufen. (2) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Anstaltspfarrers schwerwiegende Bedenken gegen die Weiterführung seines Dienstes ergeben, und können diese nicht einvernehmlich zwischen dem Land, den Kirchen und dem Anstaltspfarrer behoben werden, so kann das Land seine Abberufung verlangen. (3) Im Falle schwerwiegender Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt kann das Ministerium für Justiz und Angelegenheiten der Europäischen Union die Tätigkeit des Anstaltspfarrers unter gleichzeitiger Mitteilung der Gründe an die Landeskirche vorerst bis zur Klärung des Sachverhaltes untersagen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(4) Der betroffene Anstaltspfarrer ist vor einer Entscheidung nach Absatz 2 von der zuständigen kirchlichen Stelle und vom Ministerium für Justiz und Angelegenheiten der Europäischen Union zu hören. Artikel 6 (1) Der Anstaltspfarrer setzt regelmäßige Dienstzeit im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter fest. (2) Urlaubsgewährung und Dienstbefreiung des Anstaltspfarrers richten sich nach den Bestimmungen des Pfarrerdienstrechts. (3) Der Anstaltspfarrer ist verpflichtet, an Weiterbildungsveranstaltungen, die seinen Dienst betreffen, teilzunehmen. Er hat das Recht, an kirchlichen Veranstaltungen, Kursen und Tagungen, die mit seinem Dienst in Verbindung stehen, in angemessenem Umfang, ohne Anrechnung auf seinen Erholungsurlaub, teilzunehmen. (4) Die Vertretung bei Abwesenheit und die Urlaubsvertretung regelt der Anstaltspfarrer nach Abstimmung mit seiner Landeskirche im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Die Krankheitsvertretung regelt die Landeskirche im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Artikel 7 (1) 1 Das Land erstattet den Kirchen für die Tätigkeit der Anstaltspfarrer eine jährliche, jeweils zum 1. Juli des Jahres fällige Pauschale. 2 Die Zahlung ist an die Evangelisch Lutherische Landeskirche Mecklenburgs zu leisten. 3 Die Kirchen einigen sich über die Aufteilung des Betrages untereinander. (2) Die Pauschale beträgt für das Jahr 1997 DM 80.000,–. 2 In den Folgejahren erhalten die Kirchen eine jährliche Pauschale in Höhe von DM 200.000,–; Artikel 14 des Vertrages zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 20. Januar 1994 findet entsprechende Anwendung. (3) Die Kirchen verpflichten sich, zumindest einen hauptamtlichen sowie so viele nebenamtliche Pfarrer zur Verfügung zu stellen, dass die sich aus Artikel 4 ergebenden Aufgaben erfüllt werden können. (4) Die Kultusgegenstände werden in den Justizvollzugsanstalten im Benehmen mit den Anstaltspfarrern aus Haushaltsmitteln beschafft; die Kultusgegenstände gehen in das Eigentum des Landes über. Artikel 8 Die Landeskirchen sind berechtigt, Visitationen bezüglich der Seelsorge im Benehmen mit der Anstaltsleitung in den Justizvollzugsanstalten durchzuführen. Artikel 9 (1) Der Anstaltspfarrer hat das Recht der Beschwerde beim Ministerium für Justiz und Angelegenheiten der Europäischen Union, wenn Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung auftreten, die nicht anderweitig behoben werden können. (2) Das Ministerium für Justiz und Angelegenheiten der Europäischen Union wird die Landeskirche über diese Beschwerde alsbald unterrichten und sie vor seiner Entscheidung anhören.

466

Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

(3) Das Ministerium für Justiz und Angelegenheiten der Europäischen Union wird Beschwerden der Anstaltsleitung über die Tätigkeit eines Anstaltspfarrers alsbald an die Landeskirche weiterleiten. (4) Die Landeskirchen werden sich bemühen, Beschwerden im Gespräch mit dem Anstaltspfarrer im Beisein eines Vertreters des Ministeriums für Justiz und Angelegenheiten der Europäischen Union zu klären. Die Gesprächsergebnisse sind protokollarisch festzuhalten. Artikel 10 Die Vertragschließenden werden bestrebt sein, zwischen ihnen eventuell entstehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von Bestimmungen dieser Vereinbarung auf partnerschaftliche Weise zu beseitigen. Artikel 11 Diese Vereinbarung tritt mit der Unterzeichnung in Kraft. Vereinbarung über den kirchlichen Dienst in der Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 24. Mai 199624 Das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dieser vertreten durch den Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs, vertreten durch den Oberkirchenrat sowie die Pommersche Evangelische Kirche, vertreten durch das Konsistorium schließen folgende Vereinbarung: 1.

Gemäß Artikel 4 Absatz 2 des Grundgesetzes und unter Bezugnahme auf Artikel 20 des Vertrages des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 20. Januar 1994 wird ein kirchlicher Dienst für die Polizeibediensteten des Landes vereinbart.

2.

Der kirchliche Dienst wendet sich an alle Polizeibediensteten unbeschadet der Zuständigkeit des örtlichen Pfarramtes. Er umfasst die Seelsorge und pastorale Dienste an Polizeibediensteten sowie die Mitwirkung im berufsethischen Unterricht für aktive und in der Ausbildung befindliche Polizeibedienstete.

3.

Die von der Kirche mit der Ausübung des kirchlichen Dienstes beauftragten Pfarrer und kirchlichen Mitarbeiter werden im Einvernehmen mit der Landesregierung berufen. Das Einvernehmen kann nur aus wichtigem Grunde verweigert werden.

4.

Den Beauftragten für den kirchlichen Dienst wird vor Aufnahme und für die Dauer ihrer Tätigkeit die Möglichkeit geboten, sich durch Hospitation bei Polizeibehörden und Dienststellen den notwendigen Einblick in die Arbeit der Polizei zu verschaffen.

5.

Das Land gewährleistet die Teilnahme der Polizeibediensteten an kirchlichen Seminaren, Tagungen und religiösen Bildungsveranstaltungen. Es gewährt hierfür nach Bedarf Sonderurlaub gemäß den Bestimmungen der Sonderurlaubsverordnung.

24

ABl. M-V 2014 S. 1154 = KABl S. 55.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

467

6.

Werden im Rahmen des Artikels 20 des Vertrages des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen für Polizeibedienstete angeboten, wird diesen die Teilnahme ermöglicht, soweit die dienstlichen Belange nicht entgegenstehen. Die erforderlichen Räume zur Durchführung religiöser Veranstaltungen werden nach Möglichkeit in den Einrichtungen der Polizei zur Verfügung gestellt. Die Termine sind im Einvernehmen mit den Polizeidienststellen festzulegen.

7.

Der kirchliche Dienst wird durch das Land im Rahmen der dafür im Haushaltsplan bereitgestellten sachlichen Mittel unterstützt. Insbesondere sind den Beauftragten für den kirchlichen Dienst die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Räume zur Verfügung zu stellen.

8.

Der berufsethische Unterricht für Polizeibedienstete und die Mitwirkung der Kirche daran werden gewährleistet. Die Vertreter der Kirche, die sich an der Durchführung des berufsethischen Unterrichts beteiligen, können bei der Erstellung der Lehrpläne mitwirken. Die Genehmigung der Lehrpläne erfolgt durch das Land.

9.

Die Personalkosten für die Pfarrer oder kirchlichen Mitarbeiter tragen die Kirchen; Nummer 7 bleibt unberührt. Das Land zahlt für den berufsethischen Unterricht die üblichen Lehrstundenvergütungen.

10. Zur Unterstützung und Durchführung des kirchlichen Dienstes in der Polizei wird die Bildung eines Beirates vorgesehen, in dem das Land und die Kirchen vertreten sind. 11. Die Vertragsschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen. 12. Diese Vereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft.

Über die Seelsorge im Strafvollzug bestimmt das Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe in Mecklenburg-Vorpommern (Strafvollzugsgesetz MecklenburgVorpommern – StVollzG M-V) vom 7. Mai 201325, dass den Gefangenen religiöse Betreuung durch einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin nicht versagt werden darf. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin in Verbindung zu treten (§ 69). Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen teilzunehmen (§ 70 Abs. 1 StVollzG M-V). Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger oder die Seelsorgerin soll vorher gehört werden (§ 70 Abs. 2 StVollzG M-V). Es ist eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen für Seelsorge vorzusehen (§ 93 Abs. 2 S. 1 u. 2 StVollzG M-V). Gemäß § 97 Abs. 1 StVollzG M-V werden Seelsorger oder Seelsorgerinnen im Einvernehmen mit dem für Justiz zuständigen Ministerium durch die jeweilige Religionsgemeinschaft im Haupt- oder Nebenamt bestellt oder vertraglich verpflichtet. 25 GVOBl. M-V 2013, 322, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. November 2020 (GVOBl. M-V S. 1254, 1283).

468

Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen (§ 97 Abs. 1 StVollzG M-V). Mit Zustimmung des für Justiz zuständigen Ministeriums darf der Anstaltsseelsorger oder die Anstaltsseelsorgerin sich freier Seelsorgehelfer oder Seelsorgehelferinnen bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen hinzuziehen (§ 97 Abs. 3 StVollzG M-V). Entsprechende Regelungen enthalten das Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft in Mecklenburg-Vorpommern (Untersuchungshaftvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – UVollzG M-V) vom 17. Dezember 200926 in den §§ 29, 30 Abs. 1 u. 3, 77 Abs. 1 S. 2 und 81 und das Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – SVVollzG M-V) vom 7. Mai 201327 in den §§ 74 f., 98 Abs. 2 S. 1 u. 2 und 102. 2. Thüringen Art. 12: (1) 1In staatlichen Krankenhäusern und Justizvollzugsanstalten sowie in den sonstigen öffentlichen Anstalten des Freistaats Thüringen, in denen eine seelsorgerliche Betreuung üblich ist, werden die Kirchen zu Gottesdienst und Seelsorge zugelassen. 2Besteht in diesen Einrichtungen das Bedürfnis nach regelmäßigem Gottesdienst und Seelsorge, wird der Freistaat Thüringen dafür Sorge tragen, dass im Rahmen der vorhandenen Gebäude geeigneter Raum zur Verfügung gestellt wird. ¨ blich bezeichnet eine Praxis, die sich auf der Grundlage von Artikel 141 Schlussprotokoll: U

der Weimarer Reichsverfassung entwik[k]elt hat. Geeigneter Raum sind auch Mehrzweckra¨ ume. Das Na¨ here kann durch besondere Vereinbarung geregelt werden. Die Vertragschließenden sind sich daru¨ ber einig, daß hieraus kein Rechtsanspruch auf den Abschluß einer Vereinbarung hergeleitet werden kann. (2) Bei entsprechenden Einrichtungen anderer Träger wird der Freistaat Thüringen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten darauf hinwirken, dass eine entsprechende seelsorgerliche Betreuung erfolgen kann.

Regierungsbegründung Im Zusammenhang mit dem Schlußprotokoll regelt diese Bestimmung die Mo¨ glichkeit der An¨ blichkeit und des Bedu¨ rfnisses. staltsseelsorge auf der Basis der U

26

GVOBl. M-V 2009, 763, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. November 2020 (GVOBl. M-V S. 1254, 1287). 27 GVOBl. M-V 2013, 348, 430, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 21. November 2020 (GVOBl. M-V S. 1254, 1290).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

469

Kommentierung Art. 12 Abs. 1 deckt sich inhaltlich weitgehend mit Art. 12 Abs. 1 des Wittenberger Vertrags und dient der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 141 WRV sowie Art. 40 Verfassung Thüringens. Die Vorschrift stellt allerdings die Bereitstellung eines Raums in den vorhandenen Gebäuden für Gottesdienst und Seelsorge unter den Vorbehalt eines regelmäßigen Bedürfnisses. Art. 12 Abs. 2 entspricht Art. 12 Abs. 2 des Vertrags Brandenburgs mit den evangelischen Landeskirchen (siehe die Kommentierung dort). Die Seelsorge in den Thüringer Gefängnissen ist geregelt durch eine Vereinbarung der Thüringer Landesregierung mit den Evangelischen Landeskirchen von 199428. Die Regelungen zur Gefängnisseelsorge entsprechen denen in den anderen neuen Ländern; siehe §§ 80 f., 105 Abs. 2 S. 1 u. 2, 108 Abs. 2 S. 3, 109 Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch (ThürJVollzGB) vom 27. Februar 201429 sowie §§ 32 Abs. 1 – 3, 61 Abs. 3, 65 Abs. 2, 66 Thüringer Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (ThürSVVollzG) vom 23. Mai 201330. Es existiert ferner eine Vereinbarung über die Wahrnehmung der evangelischen Seelsorge und des berufsethischen Unterrichts in der Polizei des Freistaats Thüringen vom 8. Juni 199531: Zwischen dem Freistaat Thüringen vertreten durch den Thüringer Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Thüringer Innenminister, und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, vertreten durch den Landeskirchenrat der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, vertreten durch die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, vertreten durch den Bischof wird über die Wahrnehmung der evangelischen Seelsorge und des berufsethischen Unterrichts in der Polizei des Freistaats Thüringen folgende Vereinbarung geschlossen: Abschnitt I §1 Der Freistaat Thüringen gewährleistet den evangelischen Kirchen die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes an den Polizeibediensteten nach Maßgabe der nachstehenden Regelungen. §2 Der Dienst der Kirchen wendet sich an die in den Polizeibildungseinrichtungen und der Bereitschaftspolizei tätigen Polizeibediensteten und an die des polizeilichen Einzeldienstes, unbeschadet der Zuständigkeit des Ortspfarrers.

28

ABl. EKKPS 1995 S. 43. GVBl. 2014, 13. 30 GVBl. 2013, 121, 122. 31 Thüringer Staatsanzeiger Nr. 27/1995 vom 10. 07. 1995, 290 = ABl. EKKPS 1996 S. 113. 29

470

Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

§3 Mit der Wahrnehmung des Dienstes der Kirchen in der Polizei werden Pfarrer und Pastorinnen (im Folgenden Polizeipfarrer) betraut. Aufgaben des Polizeipfarrers können auch auf andere geeignete kirchliche Mitarbeiter übertragen werden. In Ausübung von kirchlicher Lehre und Seelsorge sind die mit dem Dienst an der Polizei Beauftragten an staatliche Weisungen nicht gebunden. Sie unterstehen der Dienstaufsicht der Kirchen und sind ausschließlich ihr für ihre Amtsführung verantwortlich. §4 Der Dienst der Kirchen umfasst Gottesdienste, Seelsorge, kirchliche Tagungen und religiöse Bildungsveranstaltungen (Abschnitt II). Außerdem wirken sie im berufsethischen Unterricht mit (Abschnitt III). §5 Zur sachgerechten Wahrnehmung seines Dienstes wird dem Polizeipfarrer Gelegenheit geboten, den Dienst der Polizeibediensteten im Einsatz kennenzulernen, soweit dies aus dienstlichen und rechtlichen Gründen zu vertreten ist. Abschnitt II §6 (1) Im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Religionsausübung unterstützt der Freistaat die Teilnahme der Polizeibediensteten an kirchlichen Tagungen und religiösen Bildungsveranstaltungen. Dazu gewährt er Sonderurlaub im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen. (2) Wenn die Kirchen besondere Gottesdienste und Sprechstunden für Polizeibedienstete anbieten, wird ihnen die Teilnahme durch Dienstbefreiung ermöglicht, soweit dienstliche Erfordernisse nicht entgegenstehen. §7 Dem Polizeipfarrer sind die zur Wahrnehmung seines Amtes erforderlichen Räume und sonstigen sächlichen Mittel im angemessenen Rahmen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. §8 Die Kosten für die Polizeiseelsorge tragen die Kirchen, § 7 bleibt unberührt. Abschnitt III §9 Der Unterricht im Fach Berufsethik wird in der Zuständigkeit und Verantwortung des Freistaats erteilt. Ziel des berufsethischen Unterrichts ist es, den Polizeivollzugsbeamten zu helfen, ethisch verantwortlich zu entscheiden. Der berufsethische Unterricht soll dazu durch die Schärfung des sittlichen Wertebewusstseins Einfluss auf die ethische Grundhaltung der Beamten nehmen und in ihnen den Willen stärken, die für gut erkannten sittlichen Maßstäbe ihrem Handeln im Beruf und Privatleben zugrunde zu legen. § 10 (1) Umfang und Inhalt des weltanschaulich neutral erteilten berufsethischen Unterrichts werden in den jeweiligen, vom Thüringer Innenministerium genehmigten Aus- und Fortbildungsplänen sowie dem Studienplan der Verwaltungsfachhochschule festgelegt. Fragen, die das religiös-kirchliche Leben betreffen, sind nicht im berufsethischen Unterricht, sondern in

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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der Polizeiseelsorge zu behandeln. Vor Erstellung der Lehr- und Studienpläne sowie vor Änderungen erhalten die Kirchen die Gelegenheit zur Stellungnahme. (2) Den Lehrbeauftragten wird Freiheit bei der Gestaltung des Lehrstoffes eingeräumt. § 11 (1) Die Kirchen können für den berufsethischen Unterricht ihnen geeignet erscheinende Personen als Lehrbeauftragte vorschlagen. (2) Um eine möglichst enge Wechselbeziehung zwischen berufsethischem Unterricht und dem Polizeidienst herzustellen, erhält der Lehrbeauftragte die Gelegenheit, an Besprechungen über Aus- und Fortbildungsfragen an den Polizeibildungseinrichtungen und in der Bereitschaftspolizei teilzunehmen und sich zu den in sein Aufgabengebiet fallenden Fragen zu äußern. § 12 Im Landeskriminalamt und im Polizeipräsidium einschließlich der nachgeordneten Dienststellen wird der berufsethische Unterricht für die Beamten der Schutz- und Kriminalpolizei im Rahmen der örtlichen Fortbildung erteilt; hierfür ist mindestens eine Stunde in jedem zweiten Monat vorzusehen. § 13 Der Freistaat zahlt an die Lehrbeauftragten für den berufsethischen Unterricht die jeweils übliche Vergütung für nebenamtliche Lehrkräfte. Abschnitt IV § 14 Die Vertragschließenden werden alle in Zukunft auftretenden Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen. § 15 Diese Vereinbarung tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Staatsanzeiger für den Freistaat Thüringen in Kraft.

3. Sachsen Art. 13: (1) Gottesdienst und Seelsorge in staatlichen Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten, Polizeiausbildungsstätten und entsprechenden Einrichtungen des Freistaates werden gewährleistet. Der Staat wird dafür Sorge tragen, dass die notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Schlussprotokoll: Der Freistaat trägt die Bau- und Unterhaltungslast an Räumen in Justizvollzugsanstalten und staatlichen Krankenhäusern, die überwiegend gottesdienstlichen Zwecken dienen, solange das entsprechende Gebäude als Justizvollzugsanstalt oder Krankenhaus Verwendung findet oder gefunden hat. Im Falle einer Nutzungsänderung entfallen die Rechte der Kirchen an den ihnen zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten. (2) Werden diese Aufgaben von einem dafür freigestellten Pfarrer im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen (Anstaltspfarrer), geschieht die Berufung durch die Kirchenleitung im Benehmen mit dem zuständigen Staatsministerium. (3) Näheres wird durch besondere Vereinbarung geregelt.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Die zwischen dem Freistaat Sachsen und den evangelischen Kirchen geschlossene Vereinbarung zur Regelung der seelsorgerischen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten vom 25. Januar 1993 bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Absatz 1 schreibt die Gewährung der Seelsorge in solchen staatlichen Einrichtungen fest, die dadurch gekennzeichnet sind, daß der dort befindliche Personenkreis in seiner Bewegungsmöglichkeit eingeschränkt und deshalb am Besuch des Gottesdienstes wie auch allgemein in der Nachfrage nach seelsorgerlicher Betreuung gehindert ist. Dies trifft naturgemäß vor allem für Krankenhäuser und Justizvollzugsanstalten zu, wo die Geistlichen regelmäßig über die rein seelsorgerliche Betätigung hinaus Betreuungsaufgaben übernehmen, die im Interesse der jeweiligen Anstalten liegen. Mit dieser Bestimmung haben die Vertragsparteien den verfassungsrechtlich (Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 141 WRV) vorgegebenen Rahmen ausgefüllt und letztlich eine im beiderseitigen Interesse liegende Festlegung getroffen. Die Zurverfügungstellung von Räumen durch die Anstaltsleitung ist notwendige Voraussetzung für eine zweckentsprechende Durchführung der Anstaltsseelsorge. Im Schlussprotokoll ist eine Regelung über die Grenzen der Bauunterhaltspflicht an sakralen Räumen innerhalb einer Anstalt getroffen. Die vorrangige Verantwortung für die Auswahl der Geistlichen, die in den genannten Sonderseelsorgebereichen tätig werden, fällt gemäß Abs. 2 den Kirchen zu. Diese werden vorher mit der Anstaltsleitung in Kontakt treten und entsprechend den Grundsätzen eines partnerschaftlichen Miteinanders die Haltung der staatlichen Seite berücksichtigen. Absatz 3 überlässt weitere Regelungen für die jeweiligen Sonderseelsorgebereiche Vereinbarungen, die zwischen den zuständigen Ministerien und den Kirchen zu treffen sind. Für den Bereich der Justizvollzugsanstalten besteht bereits eine solche Vereinbarung. Das Schlussprotokoll stellt – insbesondere im Hinblick auf die dort getroffenen Einzelregelungen über Berufung und Abberufung von Seelsorgern – klar, dass diese Vereinbarung von dem Staatskirchenvertrag unberührt bleibt.

Kommentierung Art. 13 entspricht weitgehend Art.12 des Wittenberger Vertrags Fraglich ist, ob die Gewährleistung einseitige staatliche Verpflichtung im Sinne einer Zulassung der Kirchen zu Gottesdienst und Seelsorge ist oder auch die Kirchen ihrerseits seelsorgerische Dienste in den Einrichtungen des Freistaats schulden.32 Der Wortlaut ist insoweit nicht eindeutig. Dem Vertragscharakter entspräche die Annahme beiderseitiger Verpflichtung zur Kooperation zwecks Durchführung der Anstaltsseelsorge. Davon geht auch die Regierungsbegründung aus, die von einer „im beiderseitigen Interesse liegende[n] Festlegung spricht“.33 Art. 13 Abs. 1 ist nach seinem Wortlaut in seinem sachlichen Anwendungsbereich auf Einrichtungen des Freistaats beschränkt. Für sonstige öffentliche Einrich32 So gedeutet von H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 33 LT-Drucks. 1/4649, Begründung zu Art. 13, S. 18.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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tungen im Freistaat in anderer Trägerschaft gilt mit Blick auf Art. 140 GG i. V. m. Art. 141 WRV und Art. 109 Abs. 4 Verfassung Sachsen das oben insoweit zum Wittenberger Vertrag Gesagte. Anders als Sachsen-Anhalt begnügt sich Sachsen nach Art. 13 Abs. 2 hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung durch einen Anstaltspfarrer generell mit seinem Benehmen. Es existieren in Sachsen die folgenden besonderen Vereinbarungen zur Anstaltsseelsorge im Sinne des Art. 13 Abs. 3: Vereinbarung des Freistaats Sachsen mit den Evangelischen Kirchen im Freistaat Sachsen zur Regelung der seelsorgerischen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten vom 25. Januar 199334 Der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Sächsischen Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Sächsischen Staatsminister der Justiz und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, vertreten durch das Landeskirchenamt, die Evangelische Kirche des Görlitzer Kirchengebietes, vertreten durch die Kirchenleitung, die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, vertreten durch die Kirchenleitung, haben zur Regelung der seelsorglichen Tätigkeit der Kirchen in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen die folgende Vereinbarung abgeschlossen: Artikel 1 (1) Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten bildet einen Teil der den Kirchen obliegenden allgemeinen Seelsorge. (2) Die evangelische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten wird bis auf weiteres durch Pfarrer und Pastorinnen im Nebenamt – im Folgenden Anstaltspfarrer genannt – wahrgenommen. (3) Die Freiheit der Verkündigung und das Beicht- und Seelsorgegeheimnis werden gewährleistet. Artikel 2 (1) Der Anstaltspfarrer steht im Dienst seiner Landeskirche. (2) Er untersteht gemäß den Bestimmungen des Pfarrerdienstrechts der Dienst-, Lehr- und Disziplinaraufsicht seiner Landeskirche. Der Anstaltspfarrer ist verpflichtet, die für den Vollzug geltenden Vorschriften und Anordnungen zu beachten. In allen dienstlichen Belangen hat er Verschwiegenheit zu wahren, auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses als Anstaltspfarrer. (3) Der Anstaltspfarrer ist in seelsorglichen Angelegenheiten in seinem Dienst frei. Er hat für die Dauer seiner Tätigkeit innerhalb der Anstalt grundsätzlich die gleichen Rechte wie die Vollzugsbediensteten. Er arbeitet mit den im Vollzug Tätigen zusammen und nimmt an den Dienstbesprechungen und allgemeinen Beamtenkonferenzen teil. Bei Maßnahmen der Anstaltsleitung, die die Belange seines Dienstes berühren, ist er vorher zu hören.

34

ABl. EVLKS 1993 S. A 36 = ABl. EKKPS 1994 S. 97.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Artikel 3 (1) Zu den Rechten des Anstaltspfarrers gehören die Inanspruchnahme aller Einrichtungen und die Veranlassung organisatorischer Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, seine Aufgaben gemäß dieser Vereinbarung zu erfüllen. (2) Der Anstaltspfarrer hat Anspruch auf die Bereitstellung der für die Ausübung seines Dienstes nötigen Räume (gottesdienstlicher Raum und Dienstzimmer). Die Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in einer Justizvollzugsanstalt erfolgen durch den Freistaat Sachsen im Einvernehmen mit den Kirchen. (3) Der Anstaltspfarrer kann im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter freiwillige Helfer, unterstützende Gruppen sowie Seelsorger und Seelsorgehelfer für seinen Dienst in der Justizvollzugsanstalt hinzuziehen. Dies gilt auch für Dolmetscher. Artikel 4 (1) Der Anstaltspfarrer hat im wesentlichen folgende Aufgaben: – Abhaltung regelmäßiger Gottesdienste, – Einzelseelsorge einschließlich der Zellenbesuche und Aussprache mit den einzelnen Gefangenen, – Abnahme der Beichte und Spendung der Sakramente, – Durchführung kirchlicher Kasualhandlungen, – Angebot von Gruppenarbeit, Kursen und Unterweisungsstunden, – Beteiligung bei Besuchen und Begleitung bei Ausführung von Gefangenen in seelsorglich begründeten Fällen, – besondere Krankenseelsorge bei Krankheitsfällen innerhalb der Vollzugsanstalt, – seelsorgliche Beratung und seelsorglicher Beistand auch für die Angehörigen der Gefangenen in Partnerschafts-, Ehe- und Familienangelegenheiten, – Mitwirkung bei der Behandlungsuntersuchung der Gefangenen, bei der Aufstellung, Durchführung und Änderung des Vollzugsplanes sowie bei der Freizeitgestaltung der Gefangenen, – Möglichkeit zur Äußerung in Gnadensachen und in den zur Entlassung von Gefangenen führenden Verfahren, – Mitwirkung und Beratung bei der Wiedereingliederung der Gefangenen, – Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für die Gefangenen und ihre Familien, – beratende Mitwirkung bei der Anschaffung von Büchern für die Gefangenenbücherei und einvernehmliche Mitwirkung bei der Anschaffung und Ausgabe religiöser Bücher und Schriften, – Angebot der Seelsorge an Mitarbeitern des Justizvollzugs, unbeschadet der Zuständigkeit des Gemeindepfarrers, – Mitwirkung bei der Weiterbildung der Mitarbeiter im Justizvollzug, – Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit in der Gesellschaft und Kirche.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Die Aufgaben und Rechte des Anstaltspfarrers aus dieser Vereinbarung bzw. der Dienstordnung erstrecken sich auch auf Inhaftierte, die nicht dem evangelischen Glauben angehören, jedoch seelsorgliche Betreuung durch einen evangelischen Anstaltspfarrer wünschen. Artikel 5 (1) Der Anstaltspfarrer wird von der Landeskirche im Benehmen mit dem Staatsministerium der Justiz berufen. (2) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Anstaltspfarrers schwerwiegende Bedenken gegen die Weiterführung seines Dienstes ergeben, und können diese nicht einvernehmlich zwischen dem Freistaat Sachsen, der Landeskirche und dem Anstaltspfarrer behoben werden, so kann der Freistaat Sachsen seine Abberufung verlangen. (3) Der betroffene Pfarrer hat das Recht, vor einer Entscheidung von der zuständigen kirchlichen Stelle und vom Staatsministerium der Justiz gehört zu werden. Artikel 6 (1) Urlaubsgewährung und Dienstbefreiung des Anstaltspfarrers richten sich nach den Bestimmungen des Pfarrerdienstrechts. (2) Der Anstaltspfarrer ist verpflichtet, an seinen Dienst betreffenden Weiterbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Er hat das Recht, an kirchlichen Veranstaltungen, Kursen und Tagungen, die mit seinem Dienst in Verbindung stehen, in angemessenem Umfang ohne Anrechnung auf seinen Erholungsurlaub teilzunehmen. (3) Die Vertretung bei Abwesenheit und die Urlaubsvertretung regelt der Anstaltspfarrer nach Abstimmung mit seiner Landeskirche im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Die Krankheitsvertretung regelt die Landeskirche im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Artikel 7 Der Ersatz der Personal- und Sachkosten für die Tätigkeit der Anstaltspfarrer wird zwischen den Landeskirchen und dem Freistaat Sachsen im Rahmen einer besonderen Vereinbarung geregelt. Artikel 8 Die Landeskirchen sind berechtigt, im Rahmen ihrer Aufsicht (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1) im Benehmen mit dem Anstaltsleiter Visitationen in den Justizvollzugsanstalten durchzuführen. Artikel 9 (1) Zweifels- oder Streitfragen sind zunächst zwischen dem Anstaltsleiter und dem Anstaltsseelsorger mit dem Ziel einer Klärung oder Einigung zu erörtern. (2) Über Beschwerden des Anstaltspfarrers gegen den Leiter der Anstalt unterrichtet das Staatsministerium der Justiz die Landeskirche und gibt ihr Gelegenheit, sich vor der Entscheidung zu äußern. (3) Das Staatsministerium der Justiz wird Beschwerden der Anstaltsleitung über die Tätigkeit eines Anstaltspfarrers unverzüglich an die Landeskirche weiterleiten. (4) Die Landeskirchen werden sich bemühen, Beschwerden im Gespräch mit dem Anstaltspfarrer im Beisein eines Vertreters des Staatsministeriums der Justiz zu klären. Die Gesprächsergebnisse sind in einer Niederschrift festzuhalten.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Artikel 10 Die Vertragsschließenden werden zwischen ihnen eventuell entstehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von Bestimmungen dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen. Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen über den kirchlichen Dienst in der Polizei vom 30. September 199635 Der Freistaat Sachsen (im Folgenden: der Freistaat) und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, die Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz, die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen (im Folgenden: die Kirchen) schließen in Ausführung des Vertrages des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen) vom 24. März 1994 und den darin enthaltenen Regelungen folgende Vereinbarung: Kirchlicher Dienst in der Polizei §1 Gewährleistung des kirchlichen Dienstes in der Polizei Der Freistaat gewährleistet die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes in der Polizei durch die Kirchen. Der Dienst der Kirchen umfasst vor allem Seelsorge, Gottesdienst und Mitwirkung an der Aus- und Fortbildung im Bereich Ethik. Polizeiseelsorge §2 Inhalt des seelsorgerlichen Dienstes (1) Der seelsorgerliche Dienst der Kirchen gilt allen Polizeibediensteten. Er wendet sich auch an die bei der Bereitschaftspolizei und in den Aus- und Fortbildungsstätten untergebrachten Polizeibediensteten. Die Zuständigkeit der örtlichen Kirchengemeinden bleibt unberührt. (2) Zum seelsorgerlichen Dienst der Kirchen gehören persönliche Begleitung der Polizeibediensteten, Besinnungstage, Seminare und weitere Angebote. §3 Polizeiseelsorger (1) Die Kirchen beauftragen Pfarrer und andere kirchliche Mitarbeiter (im Folgenden: Polizeiseelsorger) im Benehmen mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern mit der Ausübung der Polizeiseelsorge. Diese sind bei Gottesdienst und Seelsorge an staatliche Weisungen nicht gebunden. Für diesen Dienst gelten ausschließlich die Ordnungen der Kirchen. (2) Der Polizeiseelsorger steht im Dienst seiner Kirche. Er untersteht der Lehr-, Dienst- und Disziplinaraufsicht seiner Kirche. (3) Der Polizeivollzugsdienst ist gehalten, auch andere Pfarrer um seelsorgerliche Hilfe zu ersuchen, sofern dies erforderlich ist.

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ABl. EVLKS 1997 S. A 30 = ABl. EKKPS S. 114.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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§4 Teilnahme an kirchlichen Angeboten (1) Der Freistaat unterstützt das Abhalten von Gottesdiensten und Sprechstunden für Polizeibedienstete. Er ermöglicht die Teilnahme der Polizeibediensteten während der Dienstzeit, sofern nicht dringende dienstliche Erfordernisse entgegenstehen. Die Termine für diese kirchlichen Dienste werden im Einvernehmen mit den Dienststellen festgesetzt. (2) Der Freistaat unterstützt die Teilnahme der Polizeibediensteten an kirchlichen Tagungen, religiösen Bildungsveranstaltungen und Besinnungstagen gemäß den landesrechtlichen Bestimmungen. §5 Bereitstellung von Räumen (1) Dem Polizeiseelsorger sind die erforderlichen Räume einschließlich Büroausstattung unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Die dienstlich veranlassten Porto- und Fernsprechkosten trägt die jeweilige Dienststelle. (2) Bei Bedarf erhalten die Polizeiseelsorger unentgeltlich ein Dienstzimmer einschließlich Ausstattung und Büromaterial. Dies gilt insbesondere für die Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Polizei. (3) Die Kirchen werden die Polizeiseelsorge ihrerseits durch Überlassung von Räumen unterstützen. §6 Begleitung im Dienst (1) Zur sachgerechten Wahrnehmung des Dienstes soll den Polizeiseelsorgern Gelegenheit gegeben werden, den Dienst der Polizeibediensteten im Einsatz kennenzulernen. (2) An Einsätzen geschlossener Einheiten kann der zuständige Polizeiseelsorger auf eigene Gefahr teilnehmen, sofern nicht dienstliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. (3) Für die dem Polizeiseelsorger entstehenden Schäden haftet der Freistaat nur, sofern die Schäden durch Polizeibedienstete grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht worden sind. §7 Pauschalbetrag Der Freistaat erstattet den Kirchen einen jährlichen Pauschalbetrag für die den Kirchen entstehenden Kosten der Polizeiseelsorge. Näheres bestimmt eine gesonderte Vereinbarung. §8 Beschwerde und Abberufung (1) Der Polizeiseelsorger hat das Recht, auf dem kirchlichen Dienstweg Beschwerde beim Staatsministerium des Innern einzulegen, wenn Konflikte in der Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Polizei auftreten. (2) Das Staatsministerium des Innern wird Beschwerden der Verantwortlichen der Polizei über die Tätigkeit des Polizeiseelsorgers alsbald an die jeweils zuständige Kirche weiterleiten. Die Kirche bemüht sich, Beschwerden im Gespräch mit dem Polizeiseelsorger zu klären. Das Ergebnis wird in einem Protokoll festgehalten. (3) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Polizeiseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen seinen weiteren Dienst ergeben und können

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

diese nicht einvernehmlich zwischen Freistaat, zuständiger Kirche und Polizeiseelsorger ausgeräumt werden, so kann der Freistaat seine Abberufung verlangen. Der betroffene Polizeiseelsorger hat das Recht, vor einer Entscheidung von der Kirchenleitung bzw. vom Staatsministerium des Innern gehört zu werden. Unterricht Ethik §9 Mitwirkung an der Aus- und Fortbildung im Bereich Ethik (1) Die Kirchen übernehmen einen Teil der Aus- und Fortbildung der Polizeibediensteten im Bereich Ethik. (2) Der Unterricht im Bereich Ethik erfolgt im Rahmen der geltenden Lehrpläne. An der Erarbeitung der Lehrpläne und der Unterrichtsinhalte werden die Kirchen beteiligt. Zur Festlegung der Themen für den Unterricht im Bereich Ethik können die Unterrichtenden Vorschläge machen. (3) Die Kirchen schlagen den Dienststellen vor, wer einen Lehrauftrag für den Unterricht im Bereich Ethik erhalten soll. Welche Unterrichtseinheit von kirchlichen Beauftragten erteilt wird, ist zwischen diesen und der zuständigen Dienststelle festzulegen. (4) Die Vergütung für den von den Kirchen zu übernehmenden Teil des berufsethischen Unterrichts in den einzelnen Ausbildungsgängen wird nach den üblichen Lehrvergütungen festgelegt. Die Zahlungen erfolgen an die jeweiligen kirchlichen Körperschaften. Auf die Erstattung der Reisekosten finden die Vorschriften des sächsischen Reisekostengesetzes in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Reisekosten werden unmittelbar an den Unterrichtenden ausgezahlt. Die Kosten werden von der mittelbewirtschaftenden Dienststelle in ihrem Zuständigkeitsbereich getragen. Weitere Bestimmungen § 10 Fortbildung (1) Der Freistaat unterstützt die Polizeiseelsorger und die Lehrbeauftragten für den Unterricht im Bereich Ethik bei der Fortbildung zu Fragen des kirchlichen Dienstes in der Polizei und des Unterrichts im Bereich Ethik. (2) Die Kosten für die Fortbildung der Polizeiseelsorger tragen die Kirchen. Die Kosten der Fortbildung zu Fragen des Unterrichts im Bereich Ethik können vom Freistaat getragen werden, sofern die Teilnahme aus dienstlichen Gründen erforderlich ist und das Sächsische Staatsministerium des Innern dem zugestimmt hat. § 11 Sprecher für den kirchlichen Dienst in der Polizei Die Kirchen bestellen einen der Polizeiseelsorger zum Sprecher für den kirchlichen Dienst in der Polizei. Der Sprecher der Polizeiseelsorger ist unbeschadet der Zuständigkeit der leitenden Kirchenbehörden Ansprechpartner des Freistaates. Er hat ein Vorspracherecht beim Landespolizeipräsidenten, gegebenenfalls beim Amtschef des Staatsministeriums des Innern.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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§ 12 Freundschaftsklausel Die Vertragsschließenden werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beilegen. § 13 Inkrafttreten Diese Vereinbarung tritt am Tage nach ihrer Unterzeichnung in Kraft.

3. Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen zur Regelung der Seelsorge in staatlichen Krankenhäusern (Evangelische Krankenhausseelsorgevereinbarung – EvKSV –) vom 23. Dezember 199736 Der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Staatsminister für Soziales, Gesundheit und Familie, – der Freistaat – sowie die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, vertreten durch das Ev. Luth. Landeskirchenamt, und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsens, vertreten durch die Kirchenleitung, – die Kirchen – haben gemäß Artikel 13 Abs. 3 des Vertrages des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen) vom 24. März 1994 (SächsGVBl. S. 1253) zur Regelung der Seelsorge in den staatlichen Krankenhäusern des Freistaates Sachsen folgende Vereinbarung geschlossen: Artikel 1 (1) Die Seelsorge in den Krankenhäusern und Heimen bildet einen Teil der allgemeinen Seelsorge der Kirchen. Sie unterstützt den Heilungs- und Gesundungsprozess des Patienten und trägt dazu bei, sein mit der Krankheit verbundenes Leid zu bewältigen. Mit ihrer Regelung sichert der Freistaat die freie Religionsausübung des Patienten. (2) Die evangelische Seelsorge in Krankenhäusern einschließlich Maßregelvollzugseinrichtungen und Heimen, die in unmittelbarer Trägerschaft des Freistaates dem Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie (Staatsministerium) nachgeordnet sind (Krankenhäuser), wird durch Krankenhausseelsorger wahrgenommen. Krankenhausseelsorger sind Pfarrer und Pfarrerinnen sowie andere durch die jeweilige Kirche oder eine ihrer Gliederungen beauftragte Mitarbeiter im Haupt- und Nebenamt. (3) Die Freiheit der Verkündigung und das Beicht- und Seelsorgegeheimnis werden gewährleistet. Artikel 2 (1) Zur Ausübung seines Dienstes kann der Krankenhausseelsorger die Einrichtungen des Krankenhauses in Anspruch nehmen. Er berücksichtigt dabei die für Krankenhäuser geltenden Bestimmungen. Bei Todesnot und in anderen dringenden Fällen hat er jederzeit Zutritt. Die Krankenhausleitung wird bei Bedarf organisatorische Maßnahmen treffen, die zur Ausübung des Dienstes des Krankenhausseelsorgers geeignet und erforderlich sind. Sie weist auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Krankenhausseelsorge hin. (2) Der Freistaat stellt die für den Dienst des Krankenhausseelsorgers erforderlichen Räume zur Verfügung (gottesdienstlicher Raum und Dienstzimmer). Die Planung, Gestaltung und 36

ABl. EVLKS 1998 S. A 18.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Einrichtung von Gottesdiensträumen erfolgen durch den Freistaat im Einvernehmen mit den Kirchen. Für die Dauer des Bestehens eines Krankenhauses im Sinne des Artikels 1 Abs. 2 Satz 1 wird der Widmungszweck einer bestehenden Anstaltskirche oder -kapelle gewährleistet. Soweit diese zweckentfremdet genutzt sind, soll ihre widmungsgemäße Nutzung wieder ermöglicht werden, sobald die haushaltsrechtlichen Gegebenheiten dies zulassen. Bei der Planung von Krankenhausneubauten soll der erforderliche Gottesdienstraum vorgesehen werden. (3) Der Krankenhausseelsorger kann im Einvernehmen mit der Krankenhausleitung geeignete freiwillige Helfer, unterstützende Gruppen sowie Seelsorger, Seelsorgehelfer und Dolmetscher für seinen Dienst hinzuziehen. (4) Die Krankenhausleitung stellt dem Krankenhausseelsorger die für seine Tätigkeit nötigen Informationen zur Verfügung. Die Übermittlung von Patientendaten ist nur mit Zustimmung des Patienten zulässig. Sozial- und datenschutzrechtliche Bestimmungen sind zu beachten. (5) Bei der Aufnahme in das Krankenhaus wird auch die Konfession des Patienten erfragt. Die Angabe bleibt dem Patienten anheimgestellt. Der Krankenhausseelsorger wird über den Namen des Patienten informiert. Artikel 3 (1) Der Krankenhausseelsorger hat im wesentlichen folgende Aufgaben: – Regelmäßige Feier von Gottesdiensten, – Einzelseelsorge einschließlich der Besuche am Krankenbett und der Aussprache mit den einzelnen Patienten sowie Personen ihres Vertrauens, – Beichte und Heiliges Abendmahl, – Durchführung kirchlicher Kasualhandlungen, – Angebot von Gruppenarbeit, Kursen und Unterweisungsstunden, – Angebote für Gespräche mit Patientengruppen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung medizinischen Fachpersonals, – seelsorgerliche Beratung und Begleitung, auch für die Angehörigen von Patienten, in allen Lebensfragen, – Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst des Krankenhauses, – Seelsorge gegenüber den Mitarbeitern des Krankenhauses, unbeschadet der Zuständigkeit des Gemeindepfarrers, – beratende Mitwirkung bei Fragen der sozialen Hilfen für die Patienten und ihre Familien, – beratende Mitwirkung bei der Anschaffung von Büchern und Zeitschriften für die Patientenbibliothek, – Mitwirkung an der Bearbeitung von Patientenbeschwerden, – Mitwirkung daran, daß die Grundsätze der Menschenwürde bei der medizinischen Behandlung und Betreuung, insbesondere auch von sterbenden Patienten, gewahrt bleiben, – besondere Unterstützung von Patienten im Kindesalter sowie von Kindern von Patienten,

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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– Mitwirkung an der Weiterbildung der Mitarbeiter des Krankenhauses, insbesondere hinsichtlich ethischer Fragen, – Informations- und Öffentlichkeitsarbeit. (2) Die Aufgaben und Rechte des Krankenhausseelsorgers aus dieser Vereinbarung erstrecken sich auch auf Patienten und deren Familien, die nicht dem evangelischen Glauben angehören, jedoch seelsorgerliche Betreuung durch einen evangelischen Krankenhausseelsorger wünschen. (3) Die Rechte des Gemeindepfarrers eines Patienten werden durch diese Vereinbarung nicht berührt. Artikel 4 (1) Der Krankenhausseelsorger steht im Dienst seiner Kirche. Er wird von ihr im Benehmen mit dem Staatsministerium berufen. (2) Er untersteht der Dienst-, Lehr- und Disziplinaraufsicht seiner Kirche. Er ist verpflichtet, bei Ausübung seines Dienstes die für die Krankenhäuser geltenden Bestimmungen zu beachten. In allen dienstlichen Belangen hat er Verschwiegenheit zu wahren, auch nach Beendigung der Tätigkeit als Krankenhausseelsorger. (3) Der Krankenhausseelsorger ist in seelsorgerlichen Angelegenheiten in seinem Dienst frei. Er soll, soweit dies mit seinen beruflichen Aufgaben zu vereinbaren ist, im Interesse des Patienten mit einem vorhandenen therapeutischen Team zusammenarbeiten. Mit Zustimmung der Krankenhausleitung ist er auch berechtigt, an Dienstbesprechungen teilzunehmen. Bei Maßnahmen der Krankenhausleitung, die die Belange seines Dienstes berühren, ist er vorher zu hören. (4) Der Krankenhausseelsorger ist verpflichtet, an seinen Dienst betreffenden Weiterbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Er hat das Recht, an kirchlichen Veranstaltungen, Kursen und Tagungen, die mit seinem Dienst in Verbindung stehen, in angemessenem Umfang, ohne Anrechnung auf seinen Erholungsurlaub, teilzunehmen. (5) Bei Erkrankung, Urlaub oder sonstiger Verhinderung des Krankenhausseelsorgers stellt die Kirche im Benehmen mit der Krankenhausleitung eine Vertretung. (6) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeitdes Krankenhausseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen die Weiterführung seines Dienstes ergeben und können diese nicht einvernehmlich zwischen dem Freistaat, der Kirche und dem Krankenhausseelsorger behoben werden, so kann der Freistaat seine Abberufung verlangen. Der Krankenhausseelsorger hat das Recht, vor der Entscheidung von den zuständigen kirchlichen Stellen und dem Staatsministerium gehört zu werden. Artikel 5 (1) Der Freistaat erstattet den Kirchen einen jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 141.537,– DM (in Worten: einhunderteinundvierzigtausendfünfhundertundsiebenunddreißig Deutsche Mark) für die den Kirchen entstehenden Kosten der Krankenhausseelsorge. Die Zahlungen erfolgen monatlich im voraus zu jeweils einem Zwölftel auf ein von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens zu benennendes Konto. Die interne Verteilung zwischen den Kirchen regelt diese selbst. (2) Ändern sich in der Folgezeit die Gesamtzahl der evangelischen Kirchenglieder im Freistaat, die Gesamtbevölkerung im Freistaat oder die Gesamtzahl der staatlichen Krankenhausbetten (Planbetten) im Sinne des § 1 Abs. 2 dieses Vertrages einschließlich des Maß-

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

regelvollzuges und der Heimplätze um mindestens 5 Prozent, ist der Freistaat berechtigt und auf Verlangen der Kirchen verpflichtet, den Betrag nach Absatz 1 entsprechend anzupassen. (3) Eine Anpassung wird mit dem 1. Januar des auf den Eintritt der Änderung folgenden Jahres wirksam. Artikel 6 Die Kirchen sind berechtigt, im Rahmen ihrer Aufsicht (Artikel 4 Abs. 2 Satz 1) im Benehmen mit der Krankenhausleitung Visitationen in den Krankenhäusern durchzuführen, soweit dadurch nicht Rechte von Patienten und medizinische Belange beeinträchtigt werden. Artikel 7 (1) Zweifels- oder Streitfragen sind zunächst zwischen der Krankenhausleitung und dem Krankenhausseelsorger mit dem Ziel einer Klärung oder Einigung zu erörtern. (2) Über Beschwerden des Krankenhausseelsorgers gegen die Krankenhausleitung unterrichtet das Staatsministerium die Kirche und gibt ihr Gelegenheit, sich vor der Entscheidung zu äußern. (3) Das Staatsministerium leitet Beschwerden der Krankenhausleitung über die Tätigkeit eines Krankenhausseelsorgers unverzüglich an die Kirche weiter. (4) Die Kirchen werden sich bemühen, Beschwerden im Gespräch mit dem Krankenhausseelsorger im Beisein eines Vertreters des Staatsministeriums zu klären. Die Gesprächsergebnisse sind in einer Niederschrift festzuhalten. Artikel 8 Bei der Abgabe eines Krankenhauses wird der Freistaat sich dafür einsetzen, daß Seelsorge nach diesen Maßstäben auch unter neuer Trägerschaft ausgeübt werden kann. Der Freistaat informiert die Kirchen rechtzeitig über beabsichtigte Trägerwechsel. Artikel 9 Diese Vereinbarung tritt am 1. Januar 1998 in Kraft.

Nach § 70 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes vom 16. Mai 201337 darf den Gefangenen religiöse Betreuung durch einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger in Verbindung zu treten. Nach § 71 Abs. 1 SächsStVollzG haben die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen. Sie können gemäß § 71 Abs. 3 SächsStVollzG von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden. Nach § 101 SächsStVollzG werden Seelsorger im Benehmen mit der Aufsichtsbehörde von der jeweiligen Religionsgemeinschaft bestellt. Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen. Mit Zustimmung des Anstaltsleiters darf der Anstaltsseelsorger sich freier Seelsor37 SächsGVBl. S. 250, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. August 2019 (SächsGVBl. S. 663).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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gehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen zuziehen. Entsprechende Regelungen enthalten die §§ 19 f. und 81 Sächsisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz vom 14. Dezember 201038 sowie die §§ 75 f. und 102 Sächsisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz vom 16. Mai 201339. 4. Brandenburg Art. 12: (1) In Heimen, Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten und ähnlichen öffentlichen Einrichtungen des Landes sowie bei der Polizei sind Gottesdienste, Seelsorge und andere religiöse Handlungen der Kirchen nach Maßgabe der bestehenden Bedürfnisse zu ermöglichen. Dafür werden ihnen geeignete Räume unentgeltlich zur Verfügung gestellt. (2) Bei Einrichtungen anderer öffentlicher Träger wird das Land darauf hinwirken, dass in diesen seelsorgerliche Besuche und kirchliche Handlungen entsprechend Absatz 1 möglich sind. (3) Näheres wird durch gesonderte Vereinbarung geregelt. Bereits geschlossene Vereinbarungen über die Seelsorge in besonderen Einrichtungen bleiben unberührt. Schlussprotokoll (zu Art. 12 in Gänze): Die in Artikel 12 Abs. 1 genannten Einrichtungen unterrichten ihre Bewohner, Patienten und Insassen u¨ ber die Mo¨ glichkeiten, seelsorgerliche Besuche zu empfangen und an kirchlichen Handlungen teilzunehmen. Dies schließt eine Bekanntgabe des Namens, der Adresse und der Erreichbarkeit des zusta¨ ndigen Seelsorgers ein. Bewohner, Patienten und Insassen der genannten Einrichtungen werden daru¨ ber hinaus – mo¨ glichst im Rahmen der Aufnahme in die Einrichtung – befragt, ob sie mit der Weitergabe der Tatsache ihres Aufenthalts in der Einrichtung an den fu¨ r sie jeweils zusta¨ ndigen Seelsorger einverstanden sind. Die Angabe der Konfessionszugeho¨ rigkeit im Aufnahmeformular stellt nur dann eine entsprechende Einversta¨ ndniserkla¨ rung dar, wenn dort auf die beabsichtigte und ermo¨ glichte Weitergabe der Daten an den Seelsorger ausdru¨ cklich hingewiesen wird und der Betroffene nicht widerspricht. Das Bedu¨ rfnis fu¨ r seelsorgerliche Besuche und kirchliche Handlungen wird vom Bewohner, Patienten oder Insassen der Einrichtung bestimmt. Soweit der Betroffene seinen ausdru¨ cklichen Willen nicht a¨ ußern kann und sich auch im Einzelfall der mutmaßliche Wille des Betroffenen nicht deutlich erkennbar aus den na¨ heren Umsta¨ nden ergibt, sind die na¨ chsten Angeho¨ rigen oder andere Bezugspersonen zu befragen.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt die Gewa¨ hrleistung der sog. Sonderseelsorge nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 141 WRV; Art. 38 LV. Entscheidendes Kriterium fu¨ r seelsorgerliche Betreuung in den genannten Einrichtungen ist das Bestehen eines Bedu¨ rfnisses. Das Bedu¨ rfnis wird allein vom Bewohner, Patienten oder Insassen der Einrichtung bestimmt; gegen seinen Willen findet eine Be38

SächsGVBl. S. 414, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 22. August 2019 (SächsGVBl. S. 663). 39 SächsGVBl. S. 294, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. August 2019 (SächsGVBl. S. 663).

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

treuung nicht statt. Die Einrichtung hat die Seelsorge durch unentgeltliche Zurverfu¨ gungstellung geeigneter Ra¨ ume zu unterstu¨ tzen. Die Regelung bindet unmittelbar nur das Land, also insbesondere nicht die Gemeinden, die Tra¨ ger vieler Einrichtungen nach Absatz 1 sind. Die getroffenen Vereinbarungen und die im Schlussprotokoll festgelegte Verfahrensweise sind sachgerecht und sollten deshalb u¨ berall Anwendung finden. Das Land wird deshalb gema¨ ß Absatz 2 darauf hinwirken, daß auch bei Einrichtungen anderer o¨ ffentlicher Tra¨ ger in dieser Weise verfahren wird. Die Regelung von Einzelheiten ist nach Absatz 3 einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten. Bereits geschlossene Vereinbarungen bleiben allerdings unberu¨ hrt. Hierbei handelt es sich derzeit um die Vereinbarung u¨ ber die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten. Im Schlussprotokoll sind verschiedene Verfahrensbestimmungen enthalten, die die Umsetzung der in Absatz 1 formulierten Grundsa¨ tze gewa¨ hrleisten sollen. Es soll insbesondere sichergestellt werden, daß allein der Patient, Einwohner oder Insasse der Anstalt das Bedu¨ rfnis bestimmt und nicht die Leitung der Einrichtung. Zugleich wird durch die Bestimmungen der Datenschutz gewa¨ hrleistet. Ferner soll die Unterrichtung u¨ ber das bestehende Angebot seelsorgerlicher Betreuung sichergestellt werden. Wenn der Bewohner, Patient oder Insasse der Einrichtung seinen ausdru¨ cklichen Willen nicht mehr a¨ ußern kann, ist der mutmaßlicher Wille entscheidend; der Wille des Betreffenden ist nicht durch eine Entscheidung der Leitung der Einrichtung zu ersetzen. Dieser Wille kann sich aus a¨ ußeren Umsta¨ nden ergeben, so wenn beispielsweise der Betreffende Pfarrer ist oder sein Engagement in der Kirchengemeinde bekannt ist. Stehen keine Erkenntnisse zur Verfu¨ gung, die auf den mutmaßlichen Willen schließen lassen, ist dieser durch Befragung von Angeho¨ rigen oder anderen Bezugspersonen zu ermitteln. Die Befragung dient allein der Feststellung des mutmaßlichen Willens des Bewohners, Patienten oder Insassen der Einrichtung; sie beinhaltet kein eigenes Entscheidungsrecht der Angeho¨ rigen.

Kommentierung Art. 12 Abs. 1 des Brandenburger Kirchenvertrags entspricht weitgehend Art. 12 Abs. 1 des Wittenberger Vertrags, stellt die Gewährleistung der Anstaltsseelsorge aber – entsprechend der landesverfassungsrechtlichen Gewährleistung (Art. 38 S.1 Verfassung Brandenburg) – unter den expliziten Vorbehalt „nach Maßgabe der bestehenden Bedürfnisse“. Dagegen ist nichts zu erinnern. Auch Art. 141 WRV (i. V. m. Art. 140 GG) macht Gottesdienst und Seelsorge in öffentlichen Anstalten davon abhängig, dass es eine Nachfrage nach Gottesdiensten und seelsorgerischer Zuwendung durch die jeweilige Religionsgemeinschaft gibt („soweit das Bedürfnis […] besteht]“). Das entspricht dem Angebotscharakter der Anstaltsseelsorge. Ein Bedürfnis liegt allerdings schon dann vor, wenn sich Angehörige der Kirche in der fraglichen Anstalt befinden und nicht im Vorhinein eine religiöse Betreuung durch sie abgelehnt haben.40 Das Recht der Kirche Zugang zur Anstalt zu erhalten, um ihre religiösen Dienste anbieten zu können, ist nicht von einem ausdrücklichen Wunsch der Anstaltsinsassen oder -bewohner abhängig. Dass der Besuch von Gottesdiensten oder 40 Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 3, 72018, Art. 141 WRV Rn. 1.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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die Inanspruchnahme seelsorgerischer Dienste auch den Kirchenmitgliedern frei steht, versteht sich von selbst und entspricht dem bundes- wie landesverfassungsrechtlichen Verbot jeglichen Zwangs der Teilnahme an einer religiösen Handlung (Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 4 WRV; Art. 38 S. 2 i. V. m. Art. 13 Abs. 3 Verfassung Brandenburg).41 Art. 12 Abs. 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass verfassungsrechtlich Anstaltsseelsorge „außer im Heer, in Krankenhäusern, Strafanstalten“ auch in allen „sonstigen öffentlichen Anstalten“ gewährleistet ist und verpflichtet daher das Land die Erfüllung dieser Verfassungspflicht sicherzustellen, wofür insbesondere die Ausübung aufsichtlicher Befugnisse in Betracht kommen dürfte (s. o.). Konkretisierende Regelungen sind gemäß Art. 12 Abs. 3 besonderen Vereinbarungen vorbehalten, die zum Teil schon vor Abschluss des Vertrags geschlossen worden sind und dann ihre Gültigkeit behalten. Dazu zählt die Vereinbarung zwischen dem Land Brandenburg und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg zur Ausführung der Vereinbarung vom 2. Dezember 1993 über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten sowie die nachfolgend abgedruckteVereinbarung zwischen dem Land Brandenburg und der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg zur Ausführung der Vereinbarung vom 2. Dezember 1993 über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten42 : Das Land Brandenburg und die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg haben in Ausführung von Artikel 7 der Vereinbarung vom 2. Dezember 1993 über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten vereinbart: 1. Als Gefängnisseelsorger für die Justizvollzugsanstalten Brandenburg an der Havel, Cottbus und Spremberg werden drei hauptamtliche Pfarrer oder Pfarrerinnen berufen. Für die Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel wird außerdem ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin im diakonisch-sozialpädagogischen Bereich angestellt. Der für die Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel tätige Seelsorger sowie der oder die diakonisch-sozialpädagogisch Mitarbeitende sind gleichzeitig für die Justizvollzugsanstalt Potsdam zuständig. Der Seelsorger der Justizvollzugsanstalt Cottbus ist zugleich für die Seelsorge in der Justizvollzugsanstalt Luckau verantwortlich.

41 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 90 hält die Brandenburgische Regelung zwar für restriktiv, sieht aber aufgrund des Schlussprotokolls sichergestellt, „dass die Kirchen mit der Möglichkeit der Anstaltsseelsorge in den staatlichen Einrichtungen präsent sind“. 42 Abgedruckt als Anlage zur Verordnung mit Gesetzeskraft über die Errichtung von Stellen für die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten des Landes Brandenburg vom 8. November 1996 (KABl.-EKiBB 1997 S. 166). Durch § 1 Abs. 1 besagter Verordnung wurden mit Wirkung vom 1. November 1996 drei landeskirchliche Pfarrstellen sowie eine landeskirchliche Stelle für eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter im diakonisch-sozialpädagogischen Bereich für die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten des Landes Brandenburg errichtet.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

2. Für die Vollzugsanstalt Frankfurt (Oder) wird eine Pfarrstelle im Nebenamt mit einem Beschäftigungsumfang von 50 vom Hundert für die Gefängnisseelsorge eingerichtet. Für die Justizvollzugsanstalten in Neuruppin, Prenzlau, Wriezen sowie Oranienburg wird jeweils eine nebenamtliche Pfarrstelle mit einem Beschäftigungsumfang von 15 vom Hundert eingerichtet. 3. Die Personalkosten für die Gefängnisseelsorger werden auf der Basis der Vorjahresgehälter und -vergütungen in den Quartalen I – III als Abschlagszahlungen durch das Land Brandenburg erstattet. Im IV. Quartal erfolgt eine genaue Abrechnung der Personalkosten für das laufende Jahr. Zu den Personalkosten gehören bei den Kirchenbediensteten im Angestelltenverhältnis auch die Arbeitgeberanteile für die Versorgung. Die Versorgungslasten der beamteten Gefängnisseelsorger werden endgültig im Rahmen des StaatKirche-Vertrages geregelt. Bis dahin werden sie ebenfalls mit den Personalkosten erstattet. 4. Die Sachkostenpauschale für die Gefängnisseelsorger beträgt im Jahr 1996 10.000 Deutsche Mark. Sie ist nach Ablauf von zwei Jahren aufgrund der dann vorliegenden Erfahrungswerte zu überprüfen. 5. Beide Seiten kommen überein, dass bei erheblichen Änderungen der Belegungszahlen, bei Schließung oder Neueröffnung von Vollzugsanstalten die vorliegende Vereinbarung geändert werden kann.

Es besteht ferner eine Vereinbarung vom 13. April 1995 über die Polizeiseelsorge43 : Vereinbarung zwischen der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, vertreten durch die Kirchenleitung, und dem Ministerium des Innern wird im Bewusstsein der Notwendigkeit berufsethischer Bildung und der Möglichkeit einer Seelsorge in der Polizei, die in Artikel 38 der Verfassung des Landes Brandenburg zum Ausdruck kommt, folgende Vereinbarung geschlossen: §1 (1) Die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg stellt im beiderseitigen Einvernehmen durch Berufung eine Pfarrerin beziehungsweise einen Pfarrer zur Planung und Durchführung der Aus- und Fortbildung der Polizeibediensteten des Landes Brandenburg in berufsethischen Fragen zur Verfügung. (2) Seine/Ihre Tätigkeiten nach Absatz 1 stimmt der/die Pfarrer(in) mit dem Ministerium des Innern ab und unterliegt insoweit dessen Fachaufsicht. §2 (1) Für die Ausübung der oben genannten Tätigkeit wird der/die Pfarrer(in) von der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg in eine von ihr getragene Pfarrstelle berufen und unter Fortzahlung seiner/ihrer Bezüge für die Aufgaben nach diesem Vertrag freigestellt.

43

Abgedruckt als Anlage zur Verordnung mit Gesetzeskraft über die Errichtung einer Pfarrstelle für die Seelsorge im Polizeidienst des Landes Brandenburg vom 10. März 1995 (KABl.-EKiBB S. 42). Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1995 eine landeskirchliche Pfarrstelle für die Seelsorge im Polizeidienst des Landes Brandenburg errichtet.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Für die Zeit der Freistellung untersteht der/die Pfarrer(in) auch weiterhin der Dienst- und Lehraufsicht seiner/ihrer Kirche. Er/Sie ist Mitglied des vom Konsistorium bestimmten Pfarrkonvents und nimmt an den Zusammenkünften des Pfarrkonvents teil. (3) Die Dienstbezüge des/der freigestellten Pfarrer/s(in) werden der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg durch das Land Brandenburg erstattet. Die Höhe der Erstattung beläuft sich derzeit auf ca. 7.000 Deutsche Mark monatlich. Sie wird im Rahmen von allgemeinen Besoldungs- beziehungsweise Tariferhöhungen automatisch angepasst. Versorgungs- beziehungsweise sozialversicherungsrechtliche Ansprüche und Lasten sowie sonstige finanzielle Belastungen (zum Beispiel Beihilfen und Ansprüche nach dem Bundesreisekostengesetz) werden durch das Land Brandenburg weder abgegolten noch erstattet. §3 Die Berufung erfolgt grundsätzlich für die Dauer von sechs Jahren. Vor Ablauf der Berufungszeit kann das Land Brandenburg ohne Einhaltung einer Frist aus wichtigem Grund die Beendigung des Einsatzes nach § 1 Abs. 1 verlangen. Die Stelle kann nach Ablauf des festgesetzten Zeitraums mit Zustimmung der Pfarrerin oder des Pfarrers erneut übertragen werden; dabei kann der Zeitraum von sechs Jahren unterschritten werden. §4 Diese Vereinbarung wird mit Wirkung vom 1. Januar 1995 für die Dauer von sechs Jahren geschlossen. Sie verlängert sich stillschweigend jeweils um weitere sechs Jahre, wenn sie nicht sechs Monate vor Ablauf der Frist von einem der Unterzeichner gekündigt wird. §5 Diese Vereinbarung wird in zweifacher Ausfertigung ausgestellt.

Zur Krankenhausseelsorge siehe näher die Richtlinien für Krankenhausseelsorge im Bereich der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vom 20. Februar 2015 (KABl. S. 46), zur Altenheimseelsorge die Richtlinien für Altenpflegeheimseelsorge im Bereich der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz vom 20. Februar 2015 (KABl. S. 49). Das Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Untersuchungshaft im Land Brandenburg (Brandenburgisches Justizvollzugsgesetz – BbgJVollzG) vom 24. April 201344 bestimmt in § 81, dass Gefangenen religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger nicht versagt werden darf. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten. Nach § 82 Abs. 1 BbgJVollzG haben die Gefangenen das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen. Sie können von der Teilnahme am Gottesdienst oder an anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden (§ 82 Abs. 3 BbgJVollzG). In der Anstalt sind bedarfsgerechte Einrichtungen für Seelsorge vorzusehen (§ 107 Abs. 2 S. 1 u. 2 BbgJVollzG). 44 GVBl.I/13, [Nr. 14], zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 19. Juni 2019 (GVBl.I/19, [Nr. 43], S. 25).

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Das Gesetz über den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – BbgSVVollzG) vom 16. Mai 2013 enthält entsprechende Regelungen für in der Sicherungsverwahrung Untergebrachte in den §§ 74, 75 Abs. 1 u. 3, 94 Abs. 2 S. 1 u. 2. Nach § 111 Abs. 1 BbgJVollzG wird die Anstalt mit der für die religiöse Betreuung der Gefangenen erforderlichen Anzahl von Seelsorgerinnen oder Seelsorgern (Anstaltsseelsorgerinnen, Anstaltsseelsorger) ausgestattet. Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger werden von der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde berufen. Sie wirken in enger Zusammenarbeit mit den anderen im Vollzug Tätigen eigenverantwortlich an der Erreichung des Vollzugsziels mit. Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen (§ 111 Abs. 2 BbgJVollzG). Mit Zustimmung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters darf die Anstaltsseelsorgerin oder der Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen zuziehen (§ 111 Abs. 2 BbgJVollzG). Die Anstaltsseelsorgerin oder der Anstaltsseelsorger der Justizvollzugsanstalt nehmen auch die Aufgaben der Seelsorgerinnen und Seelsorger der Einrichtung wahr (§ 98 Abs. 1 BbgSVVollzG). Ist für die Angehörigen einer Religionsgemeinschaft aufgrund ihrer geringen Anzahl eine Anstaltsseelsorgerin oder ein Anstaltsseelsorger im Hauptamt nicht bestellt oder vertraglich verpflichtet, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen (§ 98 Abs. 2 BbgSVVollzG).

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 12: (1) Gottesdienst und Seelsorge in staatlichen Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten, Polizeiausbildungsstätten und entsprechenden Einrichtungen des Freistaates werden gewährleistet. Der Freistaat wird dafür Sorge tragen, daß die notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Schlussprotokoll: Der Freistaat trägt die Bau- und Unterhaltungslast an Räumen in Justizvollzugsanstalten und staatlichen Krankenhäusern, die überwiegend gottesdienstlichen Zwecken dienen, solange das entsprechende Gebäude als Justizvollzugsanstalt oder Krankenhaus Verwendung findet oder gefunden hat. Im Falle einer Nutzungsänderung entfallen die Rechte der Kirchen an den ihnen zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten. (2) Werden diese Aufgaben von einem dafür freigestellten Seelsorger im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen (Anstaltspfarrer), geschieht die Berufung durch den Diözesanbischof im Benehmen mit dem zuständigen Staatsministerium. (3) Näheres wird durch besondere Vereinbarung geregelt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Die zwischen dem Freistaat Sachsen und der katholischen Kirche geschlossene Vereinbarung zur Regelung seelsorgerischer Tätigkeit in den Justizvollzuganstalten vom 15. Januar 1993 bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Absatz 1 legt die Gewährung der Seelsorge in solchen staatlichen Einrichtungen fest, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der dort befindliche Personenkreis in seiner Bewegungsmöglichkeit eingeschränkt und deshalb am Besuch des Gottesdienstes wie auch allgemein in der Nachfrage nach seelsorgerlicher Betreuung gehindert ist. Dies trifft naturgemäß vor allem für Krankenhäuser und Justizvollzugsanstalten zu, wo die Geistlichen regelmäßig über die rein seelsorgerische Betätigung hinaus Betreuungsaufgaben übernehmen, die im Interesse der Anstalten liegen. Mit dieser Bestimmung haben die Vertragsparteien den verfassungsrechtlich (Artikel 140 GG und Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils in Verbindung mit Artikel 141 Weimarer Reichsverfassung) vorgegebenen Rahmen ausgefüllt und letztlich eine im beiderseitigen Interesse liegende Festlegung getroffen. Die Zurverfügungstellung von Räumen durch die Anstaltsleitung ist notwendige Voraussetzung für eine zweckentsprechende Durchführung der Anstaltsseelsorge. Im Schlussprotokoll ist eine Regelung über die Grenzen der Bauunterhaltspflicht an sakralen Räumen innerhalb einer Anstalt getroffen. Die vorrangige Verantwortung für die Auswahl der Geistlichen, die in den genannten Sonderseelsorgebereichen tätig werden, fällt gemäß Absatz 2 den jeweiligen Bistümern zu. Diese werden vorher mit der staatlichen Seite in Kontakt treten und entsprechend den Grundsätzen eines partnerschaftlichen Miteinanders deren Einwände berücksichtigen. Absatz 3 überlässt weitere Regelungen für die jeweiligen Sonderseelsorgebereiche Vereinbarungen, die auf der Ebene der zuständigen Ministerien und der Bistümer zu treffen sind. Für den Bereich der Justizvollzugsanstalten besteht bereits eine solche Vereinbarung. Das Schlussprotokoll stellt – insbesondere im Hinblick auf die dort getroffenen Einzelregelungen über Berufung und Abberufung von Seelsorgern – klar, dass diese Vereinbarung von diesem Vertrag unberührt bleibt.

Kommentierung Art. 12 entspricht inhaltlich Art. 13 des Evangelischen Kirchenvertrag Sachsens; auf die dortige Kommentierung wird verwiesen. Es bestehen folgende besondere Vereinbarungen im Sinne des Art. 12 Abs. 3: Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit dem Bistum Dresden-Meißen, dem Bistum Görlitz und dem Bistum Magdeburg über den kirchlichen Dienst in der Polizei vom 30. September 1996 Der Freistaat Sachsen (im Folgenden: der Freistaat) und das Bistum Dresden-Meißen, das Bistum Görlitz, das Bistum Magdeburg (im Folgenden: die katholische Kirche) schließen folgende Vereinbarung: Kirchlicher Dienst in der Polizei § 1 Gewährleistung des kirchlichen Dienstes in der Polizei

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Der Freistaat gewährleistet die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes in der Polizei durch die katholische Kirche. Der Dienst der katholischen Kirche umfasst vor allem Seelsorge, Gottesdienst und Mitwirkung an der Aus- und Fortbildung im Bereich Ethik. Polizeiseelsorge § 2 Inhalt des seelsorgerlichen Dienstes (1) Der seelsorgerliche Dienst der katholischen Kirche gilt allen Polizeibediensteten. Er wendet sich auch an die bei der Bereitschaftspolizei und in den Aus- und Fortbildungsstätten untergebrachten Polizeibediensteten. Die Zuständigkeit der örtlichen Pfarreien bleibt unberührt. (2) Zum seelsorgerlichen Dienst der katholischen Kirche gehören persönliche Begleitung der Polizeibediensteten, Besinnungstage, Seminare und weitere Angebote. § 3 Polizeiseelsorger (1) Die katholische Kirche beauftragt Priester und andere kirchliche Mitarbeiter (im Folgenden: Polizeiseelsorger) im Benehmen mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern mit der Ausübung der Polizeiseelsorge. Diese sind bei Gottesdienst und Seelsorge an staatliche Weisungen nicht gebunden. Für diesen Dienst gelten ausschließlich die Ordnungen der katholischen Kirche. (2) Der Polizeiseelsorger steht im Dienst seiner Kirche. Er untersteht der Lehr-, Dienst- und Disziplinaraufsicht seiner Kirche. (3) Der Polizeivollzugsdienst ist gehalten, auch andere Priester oder kirchliche Mitarbeiter um seelsorgerliche Hilfe zu ersuchen, sofern dies erforderlich ist. § 4 Teilnahme an kirchlichen Angeboten (1) Der Freistaat unterstützt das Abhalten von Gottesdiensten und Sprechstunden für Polizeibedienstete. Er ermöglicht die Teilnahme der Polizeibediensteten während der Dienstzeit, sofern nicht dringende dienstliche Erfordernisse entgegenstehen. Die Termine für diese kirchlichen Dienste werden im Einvernehmen mit den Dienststellen festgesetzt. (2) Der Freistaat unterstützt die Teilnahme der Polizeibediensteten an kirchlichen Tagungen, religiösen Bildungsveranstaltungen und Besinnungstagen gemäß den landesrechtlichen Bestimmungen. § 5 Bereitstellung von Räumen (1) Dem Polizeiseelsorger sind die erforderlichen Räume einschließlich Büroausstattung unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Die dienstlich veranlassten Porto- und Fernsprechkosten trägt die jeweilige Dienststelle. (2) Bei Bedarf erhalten die Polizeiseelsorger unentgeltlich ein Dienstzimmer einschließlich Ausstattung und Büromaterial. Dies gilt insbesondere für die Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Polizei. (3) Die katholische Kirche wird die Polizeiseelsorge ihrerseits durch Überlassung von Räumen unterstützen. § 6 Begleitung im Dienst (1) Zur sachgerechten Wahrnehmung des Dienstes soll den Polizeiseelsorgern Gelegenheit gegeben werden, den Dienst der Polizeibediensteten im Einsatz kennenzulernen. (2) An Einsätzen geschlossener Einheiten kann der zuständige Polizeiseelsorger auf eigene Gefahr teilnehmen, sofern nicht dienstliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(3) Für die dem Polizeiseelsorger entstehenden Schäden haftet der Freistaat nur, sofern die Schäden durch Polizeibedienstete grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht worden sind. § 7 Pauschalbetrag Der Freistaat erstattet der katholischen Kirche einen jährlichen Pauschalbetrag für die der Kirche entstehenden Kosten der Polizeiseelsorge. Näheres bestimmt eine gesonderte Vereinbarung. § 8 Beschwerde und Abberufung (1) Der Polizeiseelsorger hat das Recht, auf dem kirchlichen Dienstweg Beschwerde beim Staatsministerium des Innern einzulegen, wenn Konflikte in der Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Polizei auftreten. (2) Das Staatsministerium des Innern wird Beschwerden der Verantwortlichen der Polizei über die Tätigkeit des Polizeiseelsorgers alsbald an die katholische Kirche weiter-leiten. Die katholische Kirche bemüht sich, Beschwerden im Gespräch mit dem Polizeiseelsorger zu klären. Das Ergebnis wird in einem Protokoll festgehalten. (3) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Polizeiseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen seinen weiteren Dienst ergeben und können diese nicht einvernehmlich zwischen Freistaat, zuständiger Kirche und Polizeiseelsorger ausgeräumt werden, so kann der Freistaat seine Abberufung verlangen. Der betroffene Polizeiseelsorger hat das Recht, vor einer Entscheidung von der jeweiligen Kirchenleitung bzw. vom Staatsministerium des Innern gehört zu werden. Unterricht Ethik § 9 Mitwirkung an der Aus- und Fortbildung im Bereich Ethik (1) Die katholische Kirche übernimmt einen Teil der Aus- und Fortbildung der Polizeibediensteten im Bereich Ethik. (2) Der Unterricht im Bereich Ethik erfolgt im Rahmen der geltenden Lehrpläne. An der Erarbeitung der Lehrpläne und der Unterrichtsinhalte wird die Kirche beteiligt. Zur Festlegung der Themen für den Unterricht im Bereich Ethik können die Unterrichtenden Vorschläge machen. (3) Die Kirche schlägt den Dienststellen vor, wer einen Lehrauftrag für den Unterricht im Bereich Ethik erhalten soll. Welche Unterrichtseinheit von kirchlichen Beauftragten erteilt wird, ist zwischen dieser und der zuständigen Dienststelle festzulegen. (4) Die Vergütung für den von der katholischen Kirche zu übernehmenden Teil des berufsethischen Unterrichts in den einzelnen Ausbildungsgängen wird nach den üblichen Lehrvergütungen festgelegt. Die Zahlungen erfolgen an das jeweilige Bistum. Auf die Erstattung der Reisekosten finden die Vorschriften des sächsischen Reisekostengesetzes in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Reisekosten werden unmittelbar an den Unterrichtenden ausgezahlt. Die Kosten werden von der mittelbewirtschaftenden Dienststelle in ihrem Zuständigkeitsbereich getragen. Weitere Bestimmungen § 10 Fortbildung (1) Der Freistaat unterstützt die Polizeiseelsorger und die Lehrbeauftragten für den Unterricht im Bereich Ethik bei der Fortbildung zu Fragen des kirchlichen Dienstes in der Polizei und des Unterrichts im Bereich Ethik. (2) Die Kosten für die Fortbildung der Polizeiseelsorger trägt die katholische Kirche. Die Kosten der Fortbildung zu Fragen des Unterrichts

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

im Bereich Ethik können vom Freistaat getragen werden, sofern die Teilnahme aus dienstlichen Gründen erforderlich ist und das Sächsische Staatsministerium des Innern dem zugestimmt hat. § 11 Sprecher für den kirchlichen Dienst in der Polizei Die katholische Kirche bestellt einen der Polizeiseelsorger zum Sprecher für den kirchlichen Diens in der Polizei. Der Sprecher der Polizeiseelsorger ist unbeschadet der Zuständigkeit der jeweiligen Kirchenleitung Ansprechpartner des Freistaates. Er hat ein Vorspracherecht beim Landespolizeipräsidenten, gegebenenfalls beim Amtschef des Staatsministeriums des Innern. § 12 Freundschaftsklausel Die Vertragsschließenden werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beilegen. § 13 Inkrafttreten Diese Vereinbarung tritt am Tage nach ihrer Unterzeichnung in Kraft. Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit der katholischen Kirche über den Ersatz von Kosten des kirchlichen Dienstes in der Polizei vom 30. September 1996 Der Freistaat Sachsen (im Folgenden: der Freistaat) und das Bistum Dresden-Meißen, das Bistum Görlitz, das Bistum Magdeburg (im Folgenden: die Kirchen) schließen in Ausführung des Paragraphen 7 der Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit der katholischen Kirche über den kirchlichen Dienst in der Polizei vom 30. September 1996 folgende Vereinbarung: § 1 Pauschalbetrag (1) Der Freistaat erstattet den Kirchen für das Jahr 1996 einen Pauschalbetrag für die den Kirchen entstehenden Kosten der Polizeiseelsorge in Höhe von 23.300 DM, für die Jahre ab 1997 in Höhe von jeweils 35.000 DM. (2) Der Sachkostenbeitrag wird dem Bistum Dresden-Meißen vierteljährlich nachträglich überwiesen. Die Verteilung dieser Mittel auf die einzelnen Bistümer wird von diesen gesondert vereinbart. § 2 Inkrafttreten Diese Regelung tritt am Tage nach ihrer Unterzeichnung in Kraft.

2. Thüringen Art. 14: (1) In staatlichen Krankenhäusern und Justizvollzugsanstalten sowie in den sonstigen öffentlichen Anstalten des Freistaats Thüringen, in denen eine seelsorgerliche Betreuung üblich ist, wird die katholische Kirche zu Gottesdienst und Seelsorge zugelassen. Besteht in diesen Einrichtungen das Bedürfnis nach regelmäßigem Gottesdienst und Seelsorge, wird der Freistaat Thüringen im Rahmen der vorhandenen Gebäude dafür Sorge tragen, daß geeigneter Raum zur Verfügung gestellt wird. ¨ blich“ bezeichnet eine Praxis, die sich auf der Grundlage von ArSchlussprotokoll: (1) „U tikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 141 der Weimarer Reichsverfassung entwickelt hat. „Geeigneter Raum“ sind auch Mehrzweckra¨ ume.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Das Na¨ here kann durch besondere Vereinbarung geregelt werden. Die Vertragschließenden sind sich daru¨ ber einig, daß hieraus kein Rechtsanspruch auf den Abschluß einer Vereinbarung hergeleitet werden kann. (2) Bei entsprechenden Einrichtungen anderer Träger wird der Freistaat Thüringen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten darauf hinwirken, daß eine entsprechende seelsorgerliche Betreuung erfolgen kann.

Regierungsbegründung Artikel 14 nebst Schlussprotokoll regeln die Mo¨ glichkeit der Anstaltsseelsorge sowie der Seel¨ blichkeit und des Bedu¨ rfnisses. sorge in staatlichen Krankenha¨ usern auf der Basis der U

Kommentierung Art. 14 ist nahezu wortgleich und inhaltsidentisch mit Art. 12 des Evangelischen Kirchenvertrags Thüringen. Die Seelsorge in den Thüringer Gefängnissen ist geregelt durch eine Vereinbarung der Thüringer Landesregierung mit der Katholischen Kirche von 1994. Es besteht eine Vereinbarung über die Wahrnehmung der katholischen Seelsorge und des berufsethischen Unterrichts in der Polizei des Freistaats Thüringen vom 8. Juni 199545 : Zwischen dem Freistaat Thüringen, vertreten durch den Thüringer Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Thüringer Innenminister, und dem Bistum Erfurt, dem Bistum Dresden-Meißen sowie dem Bistum Fulda, jeweils vertreten durch seinen Generalvikar wird über die Wahrnehmung der katholischen Seelsorge und des berufsethischen Unterrichts in der Polizei des Freistaats Thüringen folgende Vereinbarung geschlossen: Abschnitt I § 1 Der Freistaat Thüringen gewährleistet den Bistümern die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes an den Polizeibediensteten nach Maßgabe der nachstehenden Regelungen. § 2 Der Dienst der Kirche wendet sich an die in den Polizeibildungseinrichtungen und der Bereitschaftspolizei tätigen Polizeibediensteten und an die des polizeilichen Einzeldienstes, unbeschadet der Zuständigkeit des Ortspfarrers. § 3 Mit der Wahrnehmung des Dienstes der Kirche in der Polizei werden von der Kirche Pfarrer (im folgenden Polizeipfarrer) betraut. Aufgaben des Polizeipfarrers können auch auf andere geeignete kirchliche Mitarbeiter übertragen werden. In Ausübung von kirchlicher Lehre und Seelsorge sind die mit dem Dienst an der Polizei Beauftragten an staatliche Weisungen nicht gebunden. Sie unterstehen der Dienstaufsicht der Kirche und sind ausschließlich ihr für ihre Amtsführung verantwortlich. § 4 Der Dienst der Kirche umfaßt Gottesdienste, Seelsorge, kirchliche Tagungen und religiöse Bildungsveranstaltungen (Abschnitt II). Außerdem wirken sie im berufsethischen Unterricht mit (Abschnitt III). 45 Thüringer Staatsanzeiger Nr. 27/1995 vom 10. 07. 1995, 290; zitiert nach: Rechtsgrundlagen der katholischen Polizeiseelsorge in den Ländern der Bundesrepublik, 31997.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

§ 5 Zur sachgerechten Wahrnehmung seines Dienstes wird dem Polizeipfarrer Gelegenheit geboten, den Dienst der Polizeibediensteten im Einsatz kennenzulernen, soweit dies aus dienstlichen und rechtlichen Gründen zu vertreten ist. Abschnitt II §6 (1) Im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Religionsausübung unterstützt der Freistaat die Teilnahme der Polizeibediensteten an kirchlichen Tagungen und religiösen Bildungsveranstaltungen. Dazu gewährt er Sonderurlaub im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen. (2) Wenn die Kirche besondere Gottesdienste und Sprechstunden für Polizeibedienstete anbietet, wird ihnen die Teilnahme durch Dienstbefreiung ermöglicht, soweit dienstliche Erfordernisse nicht entgegenstehen. § 7 Dem Polizeipfarrer sind die zur Wahrnehmung seines Amtes erforderlichen Räume und sonstigen sächlichen Mittel im angemessenen Rahmen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. § 8 Die Kosten für die Polizeiseelsorge trägt die Kirche, § 7 bleibt unberührt. Abschnitt III § 9 Der Unterricht im Fach Berufsethik wird in der Zuständigkeit und Verantwortung des Freistaats erteilt. Ziel des berufsethischen Unterrichts ist es, den Polizeivollzugsbeamten zu helfen, ethisch verantwortlich zu entscheiden. Der berufsethische Unterricht soll dazu durch die Schärfung des sittlichen Wertebewußtseins Einfluß auf die ethische Grundhaltung der Beamten nehmen und in ihnen den Willen stärken, die für gut erkannten sittlichen Maßstäbe ihrem Handeln im Beruf und Privatleben zugrunde zu legen. § 10 (1) Umfang und Inhalt des weltanschaulich neutral erteilten berufsethischen Unterrichts werden in den jeweiligen, vom Thüringer Innenministerium genehmigten Aus- und Fortbildungsplänen sowie dem Studienplan der Verwaltungsfachhochschule festgelegt. Fragen, die das religiös-kirchliche Leben betreffen, sind nicht im berufsethischen Unterricht, sondern in der Polizeiseelsorge zu behandeln. Vor Erstellung der Lehr- und Studienpläne sowie vor Änderungen erhält die Kirche die Gelegenheit zur Stellungnahme. (2) Den Lehrbeauftragten wird Freiheit bei der Gestaltung des Lehrstoffes eingeräumt. § 11 (1) Die Kirche kann für den berufsethischen Unterricht ihnen geeignet erscheinende Personen als Lehrbeauftragte vorschlagen. (2) Um eine möglichst enge Wechselbeziehung zwischen berufsethischem Unterricht und dem Polizeidienst herzustellen, erhält der Lehrbeauftragte die Gelegenheit, an Besprechungen über Aus- und Fortbildungsfragen an den Polizeibildungseinrichtungen und in der Bereitschaftspolizei teilzunehmen und sich zu den in sein Aufgabengebiet fallenden Fragen zu äußern. § 12 Im Landeskriminalamt und im Polizeipräsidium einschließlich der nachgeordneten Dienststellen wird der berufsethische Unterricht für die Beamten der Schutz- und Kriminalpolizei im Rahmen der örtlichen Fortbildung erteilt; hierfür ist mindestens eine Stunde in jedem zweiten Monat vorzusehen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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§ 13 Der Freistaat zahlt an die Lehrbeauftragten für den berufsethischen Unterricht die jeweils übliche Vergütung für nebenamtliche Lehrkräfte. Abschnitt IV § 14 Die Vertragschließenden werden alle in Zukunft auftretenden Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen. § 15 Diese Vereinbarung tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Staatsanzeiger für den Freistaat Thüringen in Kraft.

3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 8: (1) In öffentlichen Krankenhäusern, Heimen, Justizvollzugsanstalten, Polizeiausbildungsstätten und ähnlichen öffentlichen Einrichtungen wird die Kirche seelsorgerlich tätig. Sie ist zu Gottesdiensten und religiösen Veranstaltungen berechtigt. (2) Der Träger stellt den Raum. Um die seelsorgerliche Betreuung zu ermöglichen, teilt er der zuständigen kirchlichen Stelle die Namen der Personen mit, die sich zum katholischen Glauben bekennen, soweit die Mitteilung deren Willen nicht widerspricht. Schlussprotokoll: Das Bedu¨ rfnis fu¨ r seelsorgerliche Dienste und kirchliche Handlungen wird vom Bewohner, Patienten oder Insassen gegenu¨ ber der jeweiligen Einrichtung bestimmt. Die in Artikel 8 genannten o¨ ffentlichen Einrichtungen unterrichten ihre Bewohner, Patienten und Insassen u¨ ber die Mo¨ glichkeiten, seelsorgerliche Besuche zu empfangen und an kirchlichen Handlungen teilzunehmen. Dies schließt eine Bekanntgabe des Namens, der Adresse und der Erreichbarkeit des zusta¨ ndigen Seelsorgers ein. Bewohner, Patienten und Insassen der genannten Einrichtungen in o¨ ffentlicher Tra¨ gerschaft werden daru¨ ber hinaus – mo¨ glichst im Rahmen der Aufnahme in die Einrichtung – befragt, ob sie mit der Weitergabe der Tatsache ihres Aufenthaltes in der Einrichtung an den fu¨ r sie jeweils zusta¨ ndigen Seelsorger einverstanden sind. Die Angabe der Konfessionszugeho¨ rigkeit im Aufnahmeformular stellt nur dann eine entsprechende Einversta¨ ndniserkla¨ rung dar, wenn dort auf die beabsichtigte und ermo¨ glichte Weitergabe der Information an den Seelsorger ausdru¨ cklich hingewiesen wird und der Betroffene nicht widerspricht. Die Vertragsparteien sind sich einig, dass der Artikel 8 Abs. 2 sich ausschließlich auf o¨ ffentliche Tra¨ ger bezieht. Gegenu¨ ber freien Tra¨ gern wird das Land darauf hinwirken, daß auch diese unter den gleichen Voraussetzungen in geeigneter Weise dem zusta¨ ndigen Seelsorger die no¨ tigen Mitteilungen zukommen lassen. Na¨ heres wird durch gesonderte Vereinbarung geregelt. (3) Die Kirche beruft die Seelsorger. Der Zutritt zu einer Justiz- oder Polizeieinrichtung setzt das Einverständnis der Landesregierung zur Person des Seelsorgers voraus; die Landesregierung kann ihr Einverständnis aus wichtigem Grund widerrufen. Der Zutritt zu sonstigen Einrichtungen erfolgt im Benehmen mit dem Träger. Näheres wird durch Vereinbarung mit dem Land oder dem Träger geregelt.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Regierungsbegründung Absatz 1 regelt die Seelsorge in besonderen Institutionen. Damit wird Art. 140 Grundgesetz i. V. m. der Art. 141 Weimarer Verfassung umgesetzt. Hier wird kein einseitiges Recht der Kirchen, sondern eine beiderseitige Verpflichtung begru¨ ndet. Denn es liegt auch im Interesse des Landes, dass die Menschen, fu¨ r die es aufgrund seiner Fu¨ rsorgepflicht besondere Verantwortung tra¨ gt, seelsorgerlich betreut werden ko¨ nnen. Absatz 2 verpflichtet als Landesgesetz die Tra¨ ger der genannten Institutionen, den Raum fu¨ r die Seelsorge kostenlos zu stellen. Wegen der Diaspora-Situation der katholischen Gla¨ ubigen ist die besondere Meldeverpflichtung notwendig, um die seelsorgerliche Betreuung zu ermo¨ glichen. Diese Meldungen betreffen nur diejenigen, die sich zum katholischen Glauben bekennen; damit wird den Belangen des Datenschutzes Rechnung getragen. Artikel 8 Abs. 2 ist insoweit gege¨ bermittlung nu¨ ber dem Datenschutzgesetz eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage fu¨ r die U der perso¨ nlichen Daten. Der Wille der Betroffenen wird durch Nachfrage festgestellt. Absatz 3 verlangt bei Seelsorgern, die ja von der Kirche berufen werden, wegen der staatlichen Verantwortung fu¨ r die Sicherheit und fu¨ r sonstige Funktionserfordernisse bei besonders sicherheitsrelevanten Bereichen das Einversta¨ ndnis der Landesregierung, das aus wichtigem Grund widerrufen werden kann.

Kommentierung Art. 8 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 1 entsprechen Art. 20 Abs. 1 des Güstrower Vertrags. Die Feststellung, ob es ein Bedürfnis für katholische Anstaltsseelsorge gibt, wird durch die Regelung des Art. 8 Abs. 2 S. 2 erleichtert, der zufolge der Anstaltsträger der zuständigen kirchlichen Stelle die Namen der Personen mitteilt, die sich zum katholischen Glauben bekennen, soweit die Mitteilung deren Willen nicht widerspricht. Solche Fragen zur Bedürfnisabfrage sind, sofern die Freiwilligkeit der Beantwortung gewährleistet ist, erlaubt.46 Da die Anstaltsseelsorge kirchliche Angelegenheit ist, steht die Berufung der Seelsorger der Kirche zu. Die Landesregierung behält sich mit Blick auf die Sicherheitsinteressen bei der Polizei und der Justiz ihr Einverständnis zum Zutritt vor, der im Übrigen im Benehmen mit dem jeweiligen Träger erfolgt (Art. 8 Abs. 3 S. 1 – 3). Es bestehen folgende die Regelungen des Vertrags konkretisierende Vereinbarungen im Sinne des Art. 8 Abs. 3 S. 4: Vereinbarung über den kirchlichen Dienst der katholischen Kirche in der Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 20./30.08./06. 09. 1996 Das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dieser vertreten durch den Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern einerseits und das Erzbistum Berlin, vertreten durch den Erzbischof von Berlin und das Erzbistum Hamburg, vertreten durch den Erzbischof von Hamburg (im Folgenden: Katholische Kirche) andererseits schließen folgende Vereinbarung: 46 Siehe nur M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 152.1.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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1.

Gemäß Artikel 5 Abs. 3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 2 des Grundgesetzes ist jedermann die ungestörte Religionsausübung zu gewährleisten. Das Land gewährleistet deshalb die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes an den Polizeibediensteten durch die Katholische Kirche.

2.

Der kirchliche Dienst wendet sich an alle Polizeibediensteten unbeschadet der Zuständigkeit des örtlichen Pfarramtes. Er umfaßt die Seelsorge und pastorale Dienste an Polizeibediensteten sowie die Mitwirkung im berufsethischen Unterricht für aktive und in der Ausbildung befindliche Polizeibedienstete.

3.

Die von der Kirche mit der Ausübung des kirchlichen Dienstes beauftragten Geistlichen und kirchlichen Mitarbeiter üben die Seelsorge in der Polizei unter kirchlicher Aufsicht aus und werden im Einvernehmen mit der Landesregierung berufen. Das Einvernehmen kann nur aus wichtigem Grunde verweigert werden.

4.

Den Beauftragten für den kirchlichen Dienst wird vor Aufnahme und für die Dauer ihrer Tätigkeit die Möglichkeit geboten, sich durch Hospitation bei Polizeibehörden und Dienststellen den notwendigen Einblick in die Arbeit der Polizei zu verschaffen.

5.

Das Land gewährleistet die Teilnahme der Polizeibediensteten an auswärtigen kirchlichen Seminaren, Tagungen und religiösen Bildungsveranstaltungen. Es gewährt hierfür nach Bedarf Sonderurlaub gemäß den Bestimmungen der Sonderurlaubsverordnung.

6.

Werden durch die Katholische Kirche Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen für Polizeibedienstete angeboten, wird diesen die Teilnahme ermöglicht, soweit die dienstlichen Belange nicht entgegenstehen. Die Termine sind im Einvernehmen mit den Polizeidienststellen festzulegen.

7.

Der kirchliche Dienst wird durch das Land im Rahmen der dafür im Haushaltsplan bereitgestellten sachlichen Mittel unterstützt. Insbesondere sind den Beauftragten für den kirchlichen Dienst (z. B. für Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen) die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Räume zur Verfügung zu stellen.

8.

Der berufsethische Unterricht für Polizeibedienstete und die Mitwirkung der Kirche daran werden gewährleistet. Der Kirche wird Gelegenheit gegeben, bei der Erstellung der Lehrpläne mitzuwirken. Die Genehmigung der Lehrpläne erfolgt durch das Land.

9.

Die Personalkosten für die Geistlichen oder kirchlichen Mitarbeiter tragen die Kirchen; Nr. 7 bleibt unberührt. Der berufsethische Unterricht wird der Kirche durch eine Pauschale am Ende eines Kalenderjahres vergütet. Die Höhe der Vergütung wird durch gesonderte Vereinbarung jeweils festgelegt.

10. Zur Unterstützung und Durchführung des kirchlichen Dienstes in der Polizei wird eine Gemeinsame Konferenz eingerichtet. 11. Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen. 12. Diese Vereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft. Dieser Vertrag ist dreifach ausgefertigt. Jeder Vertragspartner erhält eine Ausfertigung.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Gefängnisseelsorgevertrag Vereinbarung zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Erzbistum Berlin sowie dem Erzbistum Hamburg zur Regelung der seelsorgerlichen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Gefängnisseelsorgevertrag) Das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch das Justizministerium (im Folgenden: das Land), und das Erzbistum Berlin, vertreten durch den Erzbischof von Berlin sowie das Erzbistum Hamburg, vertreten durch den Erzbischof von Hamburg (im Folgenden: die katholische Kirche) schließen zur Regelung der seelsorgerlichen Tätigkeit der katholischen Kirche in den Justizvollzugsanstalten des Landes Mecklenburg-Vorpommern und in Ergänzung des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern folgende Vereinbarung: Artikel 1 (1) Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten bildet einen Teil der der katholischen Kirche obliegenden allgemeinen Seelsorge. (2) Die katholische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten wird durch Anstaltsseelsorger im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen. Als Anstaltsseelsorger werden Priester bestellt. Zu deren Unterstützung können Diakone, Gemeindereferenten und andere Mitarbeiter mit gleichwertiger theologischer und pastoraler Ausbildung zur Ausübung der Seelsorge beauftragt werden. Sie üben ihre Tätigkeit in Zusammenarbeit mit dem Anstaltsseelsorger oder mit dem zuständigen Ortspfarrer aus, wenn dieser zum Anstaltsseelsorger bestellt wurde. Die für die Anstaltsseelsorger geltenden Bestimmungen dieser Vereinbarung, insbesondere Artikel 5, gelten entsprechend für die in Satz 3 genannten Geistlichen und pastoralen Mitarbeiter. (3) Die Freiheit der Verkündigung und das Beicht- und Seelsorgegeheimnis werden gewährleistet. (4) Die Rechte und Pflichten der der Seelsorge nachfolgenden kirchlichen Dienste, zum Beispiel der caritativen Arbeit, in den Justizvollzugsanstalten werden durch diese Vereinbarung nicht berührt. Artikel 2 (1) Der Anstaltsseelsorger steht im Dienst seines jeweiligen Erzbistums. (2) Er untersteht der Dienstaufsicht seines Diözesanbischofs. Er ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Dienstes die ihn betreffenden Bestimmungen über den Justizvollzug und über die Untersuchungshaft zu beachten und in allen dienstlichen Belangen Verschwiegenheit zu wahren, auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses als Anstaltsseelsorger. (3) Der Anstaltsseelsorger ist in seinem Dienst frei. Er hält Kontakt zu den Vollzugsbediensteten. Er hat das Recht, wie die übrigen Beamten des Justizvollzugsdienstes, an den Dienstbesprechungen und allgemeinen Beamtenkonferenzen teilzunehmen. Er ist bei allen die kirchlichen Belange berührenden Maßnahmen der Anstalt vorher zu hören.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Artikel 3 (1) Zu den Rechten des Anstaltsseelsorgers gehören die Inanspruchnahme aller Einrichtungen und die Veranlassung organisatorischer Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, seine Aufgaben gemäß dieser Vereinbarung zu erfüllen. (2) Der Anstaltsseelsorger hat Anspruch auf die Bereitstellung der für die Ausübung seines Dienstes nötigen Räume (gottesdienstlicher Raum und Dienstzimmer). Die Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in einer Justizvollzugsanstalt erfolgen durch das Land im Einvernehmen mit den Kirchen. (3) Der Anstaltsseelsorger kann mit Zustimmung des Anstaltsleiters freiwillige Helfer, unterstützende Gruppen sowie Seelsorger und Seelsorgehelfer für seinen Dienst in der Einrichtung hinzuziehen. Artikel 4 (1) Der Anstaltsseelsorger hat im wesentlichen folgende Aufgaben: – Feier regelmäßiger Gottesdienste, – Einzelseelsorge einschließlich der Zellenbesuche und Aussprache mit den einzelnen Gefangenen, – Abnahme der Beichte und Spendung der anderen Sakramente, – Durchführung kirchlicher Kasualhandlungen, – Angebot von Gruppenarbeit, Kursen und Unterweisungsstunden, – Beteiligung bei Besuchen und Begleitung bei Ausführung von Gefangenen in seelsorglich begründeten Fällen, – besondere Krankenseelsorge bei Krankheitsfällen innerhalb der Vollzugsanstalt, – Seelsorgliche Beratung und seelsorglicher Beistand auch für die Angehörigen der Gefangenen in Partnerschafts-, Ehe- und Familienangelegenheiten, – Möglichkeit zur Äußerung bei Angelegenheiten des Vollzugsplanes sowie bei der Freizeitgestaltung der Gefangenen, – Möglichkeit zur Teilnahme an Vollzugsplankonferenzen, – Beratung und Hilfe bei der Wiedereingliederung der Gefangenen, – Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für die Gefangenen und ihre Familien, – beratende Mitwirkung bei der Anschaffung von Büchern für die Gefangenenbücherei und einvernehmliche Mitwirkung bei der Anschaffung und Ausgabe religiöser Bücher und Schriften, – Angebot der Seelsorge an Mitarbeiter des Justizvollzuges, unbeschadet der Zuständigkeit des Ortspfarrers, – Mitwirkung bei der Weiterbildung der Mitarbeiter im Justizvollzug, – Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit in Gesellschaft und Kirche. (2) Die Aufgaben und Rechte des Anstaltsseelsorgers erstrecken sich auch auf Inhaftierte, die nicht dem katholischen Glauben angehören, jedoch seelsorgliche Betreuung durch einen katholischen Anstaltsseelsorger wünschen.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

Artikel 5 (1) Der Anstaltsseelsorger wird von der Kirche im Einvernehmen mit dem Justizministerium berufen. (2) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Anstaltsseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen die Weiterführung seines Dienstes ergeben, und können diese nicht einvernehmlich zwischen dem Land, der Kirche und dem Anstaltsseelsorger behoben werden, so kann das Land seine Abberufung verlangen. (3) Im Falle schwerwiegender Gefährdung der Sicherheit und Ordnung kann das Land die Tätigkeit des Anstaltsseelsorgers unter gleichzeitiger Mitteilung der Gründe an die zuständige erzbischöfliche Behörde vorerst bis zur Klärung des Sachverhaltes untersagen. (4) Der betroffene Anstaltsseelsorger ist vor einer Entscheidung nach Abs. 2 von der zuständigen erzbischöflichen Behörde und vom Justizministerium zu hören Artikel 6 (1) Urlaubsgewährung und Dienstbefreiung des Anstaltsseelsorgers richten sich nach den kirchlichen Vorschriften. (2) Der Anstaltsseelsorger ist verpflichtet, an Weiterbildungsveranstaltungen, die seinen Dienst betreffen, teilzunehmen. (3) Die Vertretung bei Abwesenheit und die Urlaubsvertretung regelt der Anstaltsseelsorger nach Abstimmung mit seiner zuständigen kirchlichen Stelle im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Die Krankheitsvertretung regelt die zuständige kirchliche Stelle im Einvernehmen mit dem Anstaltsleiter. Artikel 7 (1) Das Land erstattet der katholischen Kirche für die Tätigkeit der Anstaltsseelsorger eine jährliche, jeweils zum 1. Juli des Jahres fällige Pauschale. Die Zahlung ist an das Erzbischöfliche Amt Schwerin zu leisten. Die Erzbistümer einigen sich über die Aufteilung des Betrages untereinander. (2) Die Pauschale wird erstmals für das Jahr 1999 gezahlt und beträgt DM 30.000, ab dem Jahr 2000 jährlich 60.000 DM. Artikel 20 Abs. 4 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern vom 15. 09. 1997 findet entsprechend Anwendung. Die Vertragspartner gehen dabei davon aus, daß der zeitliche Umfang der katholischen Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten der Arbeitszeit eines etwa mit halber Stelle im öffentlichen Dienst Beschäftigten des Landes Mecklenburg-Vorpommern entspricht. (3) Die katholische Kirche wird in dem Maße Anstaltsseelsorger zur Verfügung stellen, daß die sich aus Artikel 4 ergebenden Aufgaben erfüllt werden können. (4) Die Kultusgegenstände werden in den Justizvollzugsanstalten im Benehmen mit den Anstaltspfarrern aus Haushaltsmitteln beschafft; die Kultusgegenstände gehen in das Eigentum des Landes über. Artikel 8 Der jeweilige Diözesanbischof ist berechtigt, Visitationen bezüglich der Seelsorge im Benehmen mit der Anstaltsleitung in den Justizvollzugsanstalten durchzuführen oder durchführen zu lassen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Artikel 9 (1) Der Anstaltsseelsorger hat das Recht der Beschwerde beim Justizministerium, wenn Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung auftreten, die nicht anderweitig behoben werden können. (2) Das Justizministerrum Mecklenburg-Vorpommern wird die zuständige erzbischöfliche Behörde über diese Beschwerde alsbald unterrichten und sie vor seiner Entscheidung anhören. (3) Das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern wird Beschwerden der Anstaltsleitung über die Tätigkeit eines Anstaltsseelsorgers alsbald an die zuständige erzbischöfliche Behörde weiterleiten. (4) Die katholische Kirche wird sich bemühen, Beschwerden im Gespräch mit dem Anstaltsseelsorger im Beisein eines Vertreters des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern zu klären. Die Gesprächsergebnisse sind protokollarisch festzuhalten Artikel 10 Die Vertragspartner werden eine in Zukunft zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen. Artikel 11 Diese Vereinbarung tritt mit der Unterzeichnung in Kraft.

4. Sachsen-Anhalt Art. 10: (1) Das Land räumt der Katholischen Kirche die Möglichkeit ein, in staatlichen Krankenhäusern, Heimen, Justizvollzugsanstalten, Polizeiausbildungsstätten und sonstigen Einrichtungen des Landes Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen abzuhalten sowie seelsorgerlich tätig zu werden. Die dafür notwendigen Räume werden vom Land zur Verfügung gestellt. (2) Werden diese Aufgaben von einem dafür freigestellten Seelsorger im Haupt- oder Nebenamt wahrgenommen, geschieht für die Justizvollzugsanstalten sowie für die Polizeiausbildungsstätten und andere Polizeieinrichtungen die Berufung durch den zuständigen Diözesanbischof im Einvernehmen, für die sonstigen Einrichtungen im Benehmen mit der Landesregierung. (3) Näheres wird durch besondere Vereinbarungen geregelt

Regierungsbegründung Abs. 1 legt die Gewa¨ hrung der Seelsorge in solchen staatlichen Einrichtungen fest, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der dort befindliche Personenkreis in seiner Bewegungsmo¨ glichkeit eingeschra¨ nkt und deshalb am Besuch des Gottesdienstes wie auch allgemein in der Nachfrage nach seelsorgerischer Betreuung gehindert ist. Dies trifft naturgema¨ ß vor allem fu¨ r Krankenha¨ user und Justizvollzugsanstalten zu, wo die Geistlichen regelma¨ ßig u¨ ber die rein seelsorgerlichen Beta¨ tigungen hinaus Betreuungsaufgaben u¨ bernehmen, die im Interesse der Anstalten liegen. Mit dieser Bestimmung haben die Vertragsparteien den verfassungsrechtlich (Art. 140 GG i. V. m. Art. 141 Weimarer Reichsverfassung) vorgegebenen Rahmen ausgefu¨ llt und letztlich eine im beiderseitigen Interesse liegende Festlegung getroffen. Diese Zurver-

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

fu¨ gungstellung von Ra¨ umen durch die Anstaltsleitung ist notwendige Voraussetzung fu¨ r eine angemessene Durchfu¨ hrung der Anstaltsseelsorge. Die vorrangige Verantwortung fu¨ r die Auswahl der Geistlichen, die in den genannten Sonderseelsorgebereichen ta¨ tig werden, fa¨ llt gem. Abs. 2 den jeweiligen Bistu¨ mern zu. Diese werden vorher mit der staatlichen Seite in Kontakt treten und entsprechend den Grundsa¨ tzen eines partnerschaftlichen Miteinanders deren Einwa¨ nde beru¨ cksichtigen. Abs. 3 u¨ berla¨ ßt weitere Regelungen fu¨ r die jeweiligen Sonderseelsorgebereiche Vereinbarungen, die auf der Ebene der zusta¨ ndigen Ministerien und der Bistu¨ mer zu treffen sind. Fu¨ r den Bereich der Polizeieinrichtungen besteht bereits eine solche Vereinbarung.

Kommentierung Die Regelung des Art. 10 ist inhaltsidentisch mit Art. 12 des Wittenberger Vertrags, auf den daher hinsichtlich der Kommentierung verwiesen werden kann. Die Beauftragung mit Aufgaben der Anstaltsseelsorge (Art. 10 Abs. 2) fällt katholischerseits in die Zuständigkeit des Diözesanbischofs. Es existieren folgende besondere Vereinbarungen i. S. d. Art. 10 Abs. 3: Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Justizministerin, mit dem Bistum Magdeburg zur Regelung der seelsorgerischen Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten des Landes vom 6. Juli 2000 Die genannte Vereinbarung ist unpubliziert. Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt (im folgenden: das Land) und dem Bistum Magdeburg, dem Erzbistum Berlin (im folgenden: die Kirche) über den kirchlichen Dienst an Polizeibeamten (Polizeiseelsorgevereinbarung) vom 05. November 200147 §1 ln Ausführung des Art. 10 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen Anhalt vom 15. Januar 1998 gewährleistet das Land die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes an den Polizeibeamten (Polizeiseelsorge) durch die Katholische Kirche als Teil der ihr obliegenden allgemeinen Seelsorge. §2 Der Dienst der Polizeiseelsorge steht allen Polizeibeamten zur Verfügung, insbesondere sofern sie zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften verpflichtet sind, unbeschadet der Zuständigkeit des örtlichen Pfarrers. §3 Der Dienst der Kirche umfasst Gottesdienst, Seelsorge und die Gestaltung des berufsethischen Unterrichts.

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Abl. Nr. 03/2013.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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§4 (1) Die Kirche beauftragt Pfarrer (Polizeipfarrer) im Einvernehmen mit dem Ministerium des lnnern mit der Ausübung der Polizeiseelsorge im Haupt- und Nebenamt. Aufgaben des Polizeipfarrers können auch auf andere pastorale Mitarbeiter übertragen werden. Diese sind bei Gottesdienst und Seelsorge an staatliche Weisungen nicht gebunden. Für diesen Dienst gelten ausschließlich die Ordnungen der Kirchen. (2) Die Polizeipfarrer und andere pastorale Mitarbeiter stehen im Dienst ihrer Kirche. Das Land hat keine dienst- und disziplinarrechtliehen Befugnisse. §5 Die Kirche ernennt einen Polizeidekan. Diesem obliegt die Koordinierung und Leitung der polizeiseelsorgerischen Tätigkeit. Er ist Ansprechpartner des Landes für die Polizeiseelsorge. §6 (1) Das Land unterstützt die Teilnahme der Polizeibeamten an kirchlichen Tagungen und religiösen Bildungsveranstaltungen (z. B.: Werkwochen, Seminare, Einkehrtage und Exerzitien). Es gewährt den Polizeibeamten hierfür nach Bedarf Sonderurlaub gemäß den Bestimmungen der Verordnung über den Urlaub der Beamten im Land Sachsen-Anhalt – UrlVO vom 09. 11. 1993 (GVBI. LSA 1993, S. 688) in der jeweils geltenden Fassung. (2) Wenn die Kirche Gottesdienste und Sprechstunden für Polizeibeamte anbietet, wird den Beamten die Teilnahme durch Dienstbefreiung ermöglicht, sofern dringende dienstliche Erfordernisse nicht entgegenstehen. Die Termine für diese kirchlichen Dienste sind im Einvernehmen mit den polizeilichen Dienststellen festzusetzen. (3) Die Bildung gemeinsamer Gremien zur beratenden Begleitung, Unterstützung und Förderung der Polizeiseelsorge wird vom Land begrüßt. §7 (1) Den Polizeipfarrern sind zur Wahrnehmung ihres Amtes Räume und sonstige sächliche Mittel in erforderlichen Umfang unentgeltlich durch das Land zur Verfügung zu stellen. (2) Desgleichen wird die Kirche die Polizeiseelsorge bei Bedarf durch Überlassung von Räumen unterstützen. §8 (1) Zur sachgerechten Wahrnehmung des Dienstes ist den Polizeipfarrern Gelegenheit zu geben, den Dienst der Polizeibeamten im Einsatz kennen zu lernen, soweit dies aus dienstlichen und rechtlichen Gründen zu vertreten ist. (2) Bei Einsätzen geschlossener Verbände soll der zuständige Polizeipfarrer eingeladen werden, diese Verbände zu begleiten, sofern nicht dienstliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. §9 Die Kosten für die Polizeiseelsorge trägt die Kirche; § 7 bleibt unberührt.

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

§ 10 (1) Der berufsethische Unterricht bei der Ausbildung der Polizeibeamten wird unter der Fachaufsicht der zuständigen schulischen Einrichtungen nach den geltenden Lehrplänen durch die Katholische und Evangelische Kirche erteilt. Die vertragschließende Kirche übernimmt grundsätzlich im Umfang der Hälfte des gesamten Stundenansatzes den berufsethischen Unterricht bei der Aus-, Weiter- und Fortbildung der Polizeibeamten. (2) Die Kirche schlägt den schulischen Einrichtungen vor, wer einen Lehrauftrag für den berufsethischen Unterricht erhalten soll. (3) Der Stundenansatz für den von der Kirche übernommenen Teil des berufsethischen Unterrichts in den einzelnen Ausbildungsgängen wird durch Absprache zwischen den Vertragschließenden festgelegt und in die Lehrpläne aufgenommen. (4) Den Unterrichtenden wird im Rahmen der geltenden Lehrpläne und der von den schulischen Einrichtungen vorgegebenen Themen Freiheit bei der Gestaltung des Lehrstoffes eingeräumt. Zur Festlegung der Themen des berufsethischen Unterrichts können die Unterrichtenden Vorschläge machen. (5) Das Land ·zahlt für die Erteilung des berufsethischen Unterrichts durch Lehrbeauftragte der Kirche eine angemessene Vergütung. § 9 bleibt unberührt. § 11 (1) Die Polizeipfarrer haben das Recht, auf dem kirchlichen Dienstweg Beschwerde bei dem Minister des lnnern einzulegen, wenn Konflikte in der Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Polizei auftreten. (2) Der Minister des lnnern wird Beschwerden der Verantwortlichen der Polizei über die Tätigkeit eines Polizeipfarrers alsbald an die Kirchen weiterleiten. Die Kirche bemüht sich, Beschwerden im Gespräch mit dem Polizeipfarrer zu klären. Das Gesprächsergebnis wird in einem Protokoll festgehalten. (3) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit eines Polizeipfarrers schwerwiegende Bedenken gegen seinen weiteren Dienst ergeben und können diese nicht einvernehmlich zwischen den Parteien ausgeräumt werden, so kann das Land seine Abberufung verlangen. Der betroffene Polizeipfarrer hat das Recht, vor einer Entscheidung von der Kirchenleitung bzw. vom Minister des lnnern gehört zu werden. § 12 (1) Für die Kirche ist gegenüber dem Land das Bistum Magdeburg zuständig. (2) Bei Anwendung dieser Vereinbarung sind den Polizeipfarrern die anderen pastoralen Mitarbeiter im Sinne des§ 4 Abs. (1) gleichgestellt. § 13 Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen. § 14 Personen und Funktionsbezeichnungen in dieser Vereinbarung gelten im staatlichen Bereich jeweils in männlicher und weiblicher Form. § 15 Diese Vereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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5. Brandenburg Art. 8: (1) In Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten, Heimen und ähnlichen Einrichtungen des Landes sowie bei der Polizei sind seelsorgerliche Besuche und kirchliche Handlungen nach Maßgabe der bestehenden Bedürfnisse zu ermöglichen. Der Träger stellt geeignete Räume unentgeltlich zur Verfügung. (2) Bei Einrichtungen anderer öffentlicher Träger wird das Land darauf hinwirken, dass in diesen seelsorgerliche Besuche und kirchliche Handlungen entsprechend Absatz 1 möglich sind. (3) Näheres wird durch gesonderte Vereinbarung geregelt. Bereits geschlossene Vereinbarungen über die Seelsorge bleiben unberührt. Schlussprotokoll: (1) Das Bedu¨ rfnis fu¨ r seelsorgerliche Besuche und kirchliche Handlungen wird vom Bewohner, Patienten oder Insassen gegenu¨ ber der jeweiligen Einrichtung bestimmt. Es ist grundsa¨ tzlich vom Vorliegen eines Bedu¨ rfnisses auszugehen, solange sich Personen mit katholischer Konfessionszugeho¨ rigkeit in der Einrichtung befinden und sie nicht eine religio¨ se Betreuung abgelehnt haben. (2) Die in Artikel 8 Absatz 1 genannten Einrichtungen unterrichten ihre Bewohner, Patienten und Insassen u¨ ber die Mo¨ glichkeiten, seelsorgerliche Besuche zu empfangen und an kirchlichen Handlungen teilzunehmen. Dies schließt eine Bekanntgabe des Namens, der Adresse und der Erreichbarkeit des zusta¨ ndigen Seelsorgers ein. (3) Bewohner, Patienten und Insassen der genannten Einrichtungen werden daru¨ ber hinaus @ mo¨ glichst im Rahmen der Aufnahme in die Einrichtung @ befragt, ob sie mit der Weitergabe der Tatsache ihres Aufenthalts in der Einrichtung an den fu¨ r sie jeweils zusta¨ ndigen Seelsorger einverstanden sind. Die Angabe der Konfessionszugeho¨ rigkeit im Aufnahmeformular stellt nur dann eine entsprechende Einversta¨ ndniserkla¨ rung dar, wenn auf die beabsichtigte und ermo¨ glichte Weitergabe der Daten an den Seelsorger ausdru¨ cklich hingewiesen wird und der Betroffene nicht widerspricht. (4) Soweit der Betroffene seinen ausdru¨ cklichen Willen nicht a¨ ußern kann und sich auch im Einzelfall der mutmaßliche Wille des Betroffenen nicht deutlich erkennbar aus den na¨ heren Umsta¨ nden ergibt, sind die na¨ chsten Angeho¨ rigen oder andere Bezugspersonen zu befragen.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt die in Art. 140 GG i. V. m. Art. 141 WRV sowie in Art. 38 LV enthaltene Garantie der Seelsorge in o¨ ffentlichen Einrichtungen. Daru¨ ber hinaus wird den Tra¨ gern der Einrichtungen die Unterstu¨ tzung der Seelsorge durch unentgeltliche Bereitstellung geeigneter Ra¨ umlichkeiten aufgegeben. Seelsorge ist nach Maßgabe der vorhandenen Bedu¨ rfnisse zu ermo¨ glichen. Im Schlussprotokoll wird festgehalten, dass allein das Bedu¨ rfnis des Bewohners, Patienten oder Insassen der Einrichtung entscheidend ist. Grundlegend fu¨ r diese Festlegung und die weiteren, im Schlussprotokoll enthaltenen Bestimmungen zur Feststellung der vorhandenen Bedu¨ rfnisse sind Erfahrungen aus der Zeit der DDR, wo gelegentlich die jeweilige Leitung der Einrichtung das Fehlen jedes Seelsorgebedu¨ rfnisses behauptet und infolgedessen Seelsorgern den Zutritt zur Einrichtung verweigert hat. Nach Absatz 3 des Schlussprotokolls wurde eine Widerspruchslo¨ sung gewa¨ hlt, wonach das Bedu¨ rfnis bei fehlendem Widerspruch angenommen wird. Eine Lo¨ sung, wonach das Bedu¨ rfnis

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Artikel 12 – Anstaltsseelsorge

nach seelsorgerlicher Betreuung nur bei ausdru¨ cklichem Verlangen des Betroffenen angenommen wu¨ rde, wu¨ rde der besonderen Situation von Patienten, Bewohnern oder Insassen der in Absatz 1 genannten o¨ ffentlichen Einrichtungen nicht gerecht. Na¨ here Umsta¨ nde zur Feststellung vorhandener Bedu¨ rfnislagen bei nicht a¨ ußerungsfa¨ higen Patienten, Bewohnern oder Insassen nach Absatz 4 des Schlussprotokolls ko¨ nnen beispielsweise Engagement des Betroffenen in der Kirchengemeinde, das Beisichfu¨ hren religio¨ ser Symbole oder aus anderen Umsta¨ nden bekannte religio¨ se Haltung des Betroffenen sein. Viele Einrichtungen, insbesondere Heime oder Krankenha¨ user befinden sich in anderer, vornehmlich kommunaler oder privater Tra¨ gerschaft. Diese Tra¨ ger werden durch Absatz 1 nicht gebunden, aber da die dort getroffene Regelung sachgerecht ist und dem Geist des Grundgesetzes und der Landesverfassung entspricht, wird sich das Land dafu¨ r einsetzen, dass alle Tra¨ ger von Einrichtungen in entsprechender Weise verfahren und Seelsorgehandlungen ermo¨ glichen. Dies wird durch Absatz 2 zum Ausdruck gebracht. Einzelheiten sind nach Absatz 3 gesonderter Regelung vorbehalten. Fu¨ r die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten liegt bereits eine Regelung vor, diese bleibt unberu¨ hrt.

Kommentierung Die Regelung des Art. 8 entspricht wörtlich der des Art. 12 des evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg. Es besteht eine Vereinbarung zwischen dem Land Brandenburg, vertreten durch die Justizministerin, und den Erzbistümern Berlin und Görlitz über die Gefängnisseelsorge vom 12. März 2007.

Artikel 13 – Staatsleistung A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 13: (1) Das Land zahlt an die Kirchen im Land Sachsen-Anhalt anstelle früher gewährter Dotationen für kirchenregimentliche Zwecke und Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie anderer auf älteren Rechtstiteln beruhenden Zahlungen einen Gesamtzuschuß (Staatsleistung). Über diese Staatsleistung hinaus werden weitere Leistungen nur erbracht, wenn sie in diesem Vertrag oder den allgemeinen Gesetzen vorgesehen sind. (2) Die Staatsleistung beträgt: 1991 18.500.000 DM 1992 25.750.000 DM (3) Ändert sich in der Folgezeit die Besoldung der Beamten im Staatsdienst, so ändert sich die Staatsleistung auf der Grundlage der für das Jahr 1992 vereinbarten Höhe entsprechend. Zugrundegelegt wird das Eingangsamt für den höheren nichttechnischen allgemeinen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, 7. Dienstaltersstufe, 2 Kinder. Schlussprotokoll: Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Gleitklausel für die Erhöhung der Staatsleistungen ab 1993 gilt und im jeweiligen Haushaltsjahr wirksam wird. (4) Durch Vereinbarung der Kirchen untereinander wird die Staatsleistung auf die Kirchen aufgeteilt. Die Vereinbarung ist der Landesregierung anzuzeigen. (5) Die Staatsleistung wird mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im voraus unter Berücksichtigung der Vereinbarung nach Absatz 4 an die Kirchen gezahlt. Schlussprotokoll: (1) Die Kirchen beschließen über ihre Einnahmen und Ausgaben auf der Grundlage öffentlicher Haushaltspläne und unterliegen der Kontrolle durch kircheneigene unabhängige Rechnungsprüfungsstellen. (2) Eine Prüfung der Verwendung der Mittel durch staatliche Stellen findet nicht statt. (6) Für eine Ablösung der Staatsleistung gilt Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919.

Regierungsbegründung Der Artikel trifft eine Pauschalregelung für die Staatsleistungen, die insbesondere als Folge der Verstaatlichungen des kirchlichen Grundbesitzes auf der Grundlage des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 eingeführt wurden und zu den hergebrachten staatlichen Verpflichtungen zählen. Bei der Bemessung der Pauschalleistungen wurde auch die Ablösung der Bauunterhaltungspflichten aus staatlichen Patronaten (Artikel 11 Abs. 1) berücksichtigt.

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Artikel 13 – Staatsleistung

Der Ausschluss weiterer Leistungen vorbehaltlich der aufgeführten Ausnahmen bezieht sich nur auf Leistungen auf der Grundlage von Rechtsansprüchen; freiwillige Leistungen bleiben unberührt. Die in Absatz 2 für die Jahre 1991 und 1992 aufgeführten Summen leiten sich nicht aus Einzelberechnungen her, sondern sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Kirchen und der Landesregierung. Der Charakter der Pauschalleistung wird durch Absatz 1 Satz 2 unterstrichen, demzufolge alle anderen als die im Vertrag ausdrücklich aufgeführten Zahlungspflichten als abgegolten zu betrachten sind. Gemeint sind hier natürlich nur öffentlich-rechtliche Verpflichtungen; Verpflichtungen aufgrund von Eigentum oder privat-rechtliehen Verträgen bleiben bestehen. Zu den nicht abgegoltenen Verpflichtungen zählen z. B. etwa bestehende Bauunterhaltungspflichten für die Dome (Artikel 9 Abs. 1) oder nach dem Denkmalschutzgesetz (Artikel 10). Absatz 3 enthält die übliche Gleitklausel, womit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass sich die staatlichen Dotationen ganz überwiegend auf Personalausgaben (Pfarrer und Verwaltungspersonal) beziehen. Wie bei den anderen Staatskirchenverträgen besteht Einigkeit zwischen den Vertragsparteien darüber, dass bei der Berechnung des Grundbetrages die für verheiratete Beamte mit zwei Kindern geltende Stufe des Ortszuschlags zugrunde zu legen ist. Da sich die Staatsleistung nach den Absätzen 1 und 2 auf das ganze Landesgebiet bezieht, müssen die Geldbeträge auf die sechs Landeskirchen aufgeteilt werden. Absatz 4 überlässt die Aufteilung den Kirchen und legt nur eine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Staat fest. Über die Zahlungsweise bis zum Abschluss der vorgesehenen Vereinbarung hat eine Absprache stattgefunden. Im Schlussprotokoll zu Absatz 5 wird in Übereinstimmung mit der Staatspraxis in den sog. alten Bundesländern sowie mit dem in der Präambel zum Ausdruck gebrachten Grundsatz der Unabhängigkeit der Kirchen eine Prüfung der Mittelverwendung, die wegen der Pauschalierung ohnehin nicht sinnvoll vorgenommmen werden könnte, ausgeschlossen. Das Schlussprotokoll erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die kirchlichen Haushaltspläne öffentlich verhandelt werden und von jedermann eingesehen werden können. Absatz 6 verweist – ebenfalls in Übereinstimmung mit den anderen Staatskirchenverträgen – bezüglich der endgültigen Ablösung von Staatsleistungen auf die Verfassungsbestimmungen des Bundes und des Deutschen Reiches; das darin vorausgesetzte Gesetz ist bisher nicht erlassen worden.

Kommentierung Staatsleistungen nennt man die bestehenden Verpflichtungen der öffentlichen Hand zu Geldleistungen oder geldwerten (Natural-)Leistungen an Religionsgemeinschaften bzw. deren Verschonung durch Abgabenbefreiungen (sog. negative Staatsleistungen). Diese Staatsleistungen sind ein Surrogat für altes Kirchenvermögen, das früher die wirtschaftliche Grundlage für die Unterhaltung der Kirchen war und in verschiedenen historischen Schüben (am umfangreichsten infolge der entsprechenden Bestimmungen des sog. Reichsdeputationshauptschlusses von 1803, aber auch früher) zum Staatsvermögen eingezogen (d. h. säkularisiert) wurde. Im Gegenzug wurde ty-

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pischerweise die Finanzierung des kirchlichen Bedarfs in den Staatshaushalt übernommen. Unter den Staatsleistungen ragen nach ihrer praktischen Bedeutung und ihrem Umfang Dotationen für den Personal- und Sachaufwand kirchlicher Leitungs- und Verwaltungsfunktionen sowie Baulasten für Kirchengebäude und Pfarrhäuser heraus. Schon aus dem Ablösungsauftrag des Art. 138 Abs. 1 WRV folgt indirekt, dass die Länder die auf altem Recht beruhenden Staatsleistungen weder einfach einstellen noch ohne vorheriges, die dabei anzuwendenden Grundsätze normierendes Reichsgesetz selbst ablösen dürfen. Zu der vorgesehenen Ablösung der in ihrem Bestand zunächst implizit durch Art. 138 Abs. 1 sowie explizit gemäß Art. 173 WRV aufrechterhaltenen und fortwährenden Staatsleistungen, d. h. ihrer Aufhebung gegen Entschädigung ihres Kapitalwerts ist es in der Zeit der Weimarer Republik nicht gekommen, insbesondere weil das dafür erforderliche Reichsgrundsätzegesetz, das die Prinzipien der Ablösung hätte festlegen sollen, nicht erlassen wurde. Daher wurde bei Gründung der Bundesrepublik Deutschland der Ablösungsauftrag des Art. 138 Abs. 1 WRW als Teil der sog. Weimarer Kirchenartikel fortgeschrieben und über Art. 140 GG in das Grundgesetz aufgenommen. Auch unter dem Grundgesetz kann eine Ablösung durch Landesgesetzgebung nur und erst erfolgen, wenn zuvor der kompetenziell an die Stelle Reiches getretene Bund ein Grundsätzegesetz erlassen hat (Art. 138 Abs. 1 S. 2 WRV i. V. m. Art. 140 GG). Die Einlösung dieses bisher unerfüllten Gesetzgebungsauftrags könnte gegen den säumigen Bund von Seiten der Länder, die bei ihrer eigenen Ablösungsgesetzgebung an das Bundesgrundsätzegesetz anschließen müssen, im Wege eines Bund-Länder-Streits eingefordert werden, wobei das BVerfG nur die Verfassungswidrigkeit der Untätigkeit des Bundesgesetzgebers feststellen könnte (§ 67 S. 1 BVerfGG).1 Dieses Feststellungsurteil ist nicht nach Maßgabe von § 35 BVerfGG vollstreckbar. Die Staatsleistungen können und sollen folglich abgelöst werden; dafür bedarf es aber einer angemessenen Abschlusszahlung seitens des Staates. Das Ablösungsgebot schließt also nur eine entschädigungslose Beendigung der Staatsleistungen aus. Der Ablösungsvorbehalt begründet zugleich eine Bestandsgarantie der Staatsleistungen bis zu ihrer anstehenden Ablösung. Die einstweilen fortbestehenden Leistungsansprüche sind Teil des Vermögens der Kirche; ihre Verwendung unterliegt daher dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 GG) und keiner staatlichen Kontrolle. „Die verschiedentlich in den Staatskirchenverträgen enthaltenen Zweckangaben weisen nur auf den historischen Anknüpfungspunkt und die Berechnungsgrundlage hin.“2 1 Siehe M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 125.2. 2 M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 122.3.

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Artikel 13 – Staatsleistung

Mit Art. 13 Abs. 1 erkennt das Land Sachsen-Anhalt vertraglich seine Staatsleistungsschuld aus „Dotationen für kirchenregimentliche Zwecke und Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie anderer auf älteren Rechtstiteln beruhenden Zahlungen“ an. Mit „Dotationen für kirchenregimentliche Zwecke“ dürften jene Staatsleistungen gemeint sein, deren Schuld Folge der allmählichen Auflösung des landesherrlichen Kirchenregiments, insbesondere der Überführung staatlicher Kirchenbehörden in die Hand der Kirchen selbst (Verselbständigung der Konsistorien) im Laufe des 19. Jahrhunderts ist.3 Die Vertragspartner sind zu Recht davon ausgegangen, dass die Pflicht zu Staatsleistungen in der ehemaligen DDR nicht (wirksam) aufgehoben worden ist. Die DDR-Verfassung von 1949 hatte ihren Fortbestand zunächst anerkannt, indem sie in Art. 45 den Auftrag erteilt hatte, die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden öffentlichen Leistungen an die Religionsgemeinschaften durch Gesetz abzulösen. Dazu ist es aber nicht gekommen. Auch die Voraussetzungen einer gewohnheitsrechtlichen Derogation lagen nicht vor.4 Die Zahlungen waren zum einen nicht vollständig dauerhaft eingestellt worden; sporadisch war es vielmehr zu Auszahlungen gekommen. Im Übrigen haben jedenfalls die kirchlichen Gläubiger gegenüber ihrem staatlichen Schuldner nicht auf die Ansprüche verzichtet und auch nicht durch sonstiges Verhalten den Eindruck erweckt, sie hätten sich mit der weitgehenden Einstellung der Zahlungen abgefunden. Die Vertragsparteien waren sich über die Staatsleistungen als Gegenstand des Vertrags dem Grunde nach von Anfang an einig. Mit der vertraglichen Anerkennung der Staatsleistungspflichten durch das Land Sachsen-Anhalt geht nach Art. 13 Abs. 1 geht zugleich mit Zustimmung der kirchlichen Vertragspartner deren Umwandlung in einen Gesamtzuschuss einher. Darin liegt die Zusammenfassung verschiedener, einzelner Staatsleistungen zu einer Gesamtleistung. Die Staatsleistungen werden damit auf eine neue vertragliche Rechtsgrundlage gestellt (Novation) und pauschaliert abgegolten.5 Es handelt sich um eine „bereinigte Zusammenfassung der Altverbindlichkeiten“6, die ihrerseits unter dem Bestandsschutz des Art. 138 Abs. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG bis zur gesetzlichen Ablösung bei gleichzeitiger ihrem Wert entsprechender Abgeltung.7

3

Siehe dazu H. de Wall, Die Fortwirkung der Säkularisation im heutigen Staatskirchenrecht, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Bd. 38 (2004), S. 53 (68). 4 Siehe dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 298 f.; M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 126.3. 5 Vgl. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 82, 172 m. w. N. in Fn. 549. 6 Ebd. 7 Siehe nur H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 172.

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Die Vorenthaltung oder eigenmächtige Kürzung dieses Gesamtzuschusses würde zugleich die Bestandsgarantie für Staatsleistungen nach Art. 138 Abs. 1 GG verletzen und wäre daher als Entzug kirchlichen Vermögens – zumindest über Art. 14 Abs. 1 GG – im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG rügefähig.8 Art. 13 Abs. 1 S. 2 stellt klar, dass daneben weitere Leistungspflichten sich nur aus anderen Bestimmungen des Vertrags sowie aus allgemeinen Gesetzen ergeben können, im Übrigen aber die Abs. 2 genannten Summe die Gesamtsumme an Staatsleistungen an die evangelischen Landeskirchen darstellt. Damit sollen alle öffentlichrechtlichen Zahlungspflichten gegenüber den Kirchen abgegolten sein, also auch kommunale9, während ausweislich der Regierungsbegründung Verpflichtungen aufgrund von Eigentum oder privat-rechtliehen Verträgen daneben bestehen bleiben. Zu den nicht abgegoltenen Verpflichtungen zählen insbesondere fortbestehende Bauunterhaltungspflichten für die Dome (Artikel 9 Abs. 1) oder nach dem Denkmalschutzgesetz (Artikel 10). Eine Zusammenfassung der einzelnen geschuldeten Staatsleistungen an die Kirchen zu einer einzigen Gesamtleistung ist nach allgemeiner Meinung10 auf staatsvertraglicher Basis ebenso zulässig wie andere Modifikationen von Staatsleistungen, etwa die Umwandlung alter Naturalleistungspflichten in eine Geldrente. Die Umgestaltung und Ablösung von Staatsleistungen kann im Wege vertraglichen Einvernehmens ohne gesetzliche Grundlage erfolgen. Dazu ist es auch im Übrigen teilweise und bereichsspezifisch bereits gekommen. Die einvernehmliche Ablösung hat sich vor allem bei der Bereinigung von Kirchenbaulasten des Staates bewährt. Über die Höhe der Staatsleistungen gingen die Auffassungen der Vertragsparteien bei Verhandlungsbeginn weit auseinander. „Nachdem sich Hochrechnungen aufgrund der im Preußischen Kirchenvertrag und in sonstigen Verträgen vereinbarten Zahlungen auch unter Hinweis auf andere staatliche Zuwendungen als unerfüllbar erwiesen hatten und Berechnungen von Pfarrgehältern und Pensionen erhebliche Unklarheiten mit sich brachten, wurden auf staatlichen Vorschlag […] alle Bezugsdaten beiseite gelassen, und es wurde auf der Grundlage des geschätzten kirchlichen Gesamtbedarfs und der voraussichtlichen Leistungsfähigkeit des Staates ein Pauschalbetrag ausgehandelt“.11 Der Vertrag hat insoweit Vergleichscharakter.12 Angesichts 8

Vgl. dazu auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 195. 9 Zu der umstrittenen Frage, ob auch kommunale Leistungen „Staatsleistungen“ im Sinne des Art. 138 Abs. 1 WRV sind, siehe M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 3 2020, Art. 140 GG Rn. 122.6. 10 Siehe nur M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 126, 126.1. 11 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil-obstat-Frage, JÖR 43 (1995), S. 327 – 354 (339).

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Artikel 13 – Staatsleistung

der Rücksichtnahme auf die prekäre Haushaltssituation des Landes Sachsen-Anhalt kann wohl auch ausgeschlossen werden, dass sich in dem festgesetzten Gesamtzuschuss eine verdeckte zusätzlich Subventionierung der Landeskirchen verbirgt.13 „Die weitgehende Außerachtlassung der geschichtlichen und rechtlichen Grundlagen“ der zu erbringenden Staatsleistungen hat Kritik auf sich gezogen.14 Die beschworene „Gefahr staatlicher Willkür“15 ist angesichts der Tatsache, dass sich die Kirchen auf diese Regelung freiwillig vertraglich eingelassen haben, als eher gering zu veranschlagen. Wieso sich wegen des freihändig festgesetzten Gesamtzuschusses „Zweifel an der Legitimation der staatlichen Leistungen im Hinblick auf die Verfassungsgebote der Neutralität und Parität“ ergeben sollen – Staatsleistungen werden auch in pauschalierter Form nur an Religionsgemeinschaften erbracht, wenn und soweit sie von Vermögenssäkularisationen betroffen waren, was einen sachgerechten Differenzierungsgrund darstellt – erscheinen ebenso wenig begründet wie die Sorge, die Pauschalsumme sei nicht mehr (voll und ganz?) durch Art. 138 Abs. 1 WRVabgesichert.16 Dafür müsste der Nachweis geführt werden, dass bzw. inwieweit der Gesamtzuschuss die Summe, die sich aus einer Addition der durch ihn ersetzten überkommenen Staatsleistungsschulden ergibt, übersteigt. Dieser Nachweis dürfte nicht zu führen sein. Abs. 2 legt für die Haushaltsjahre 1991 und 1992 jeweils pauschal eine sich steigernde Gesamtsumme an Staatsleistungen fest. Bei der Bemessung der Pauschalleistung wurde die „überdurchschnittlich große Zahl von – überwiegend reparaturbedürftigen – Kirchen und Kapellen in Sachsen-Anhalt“ berücksichtigt; außerdem wurde die Summe noch mit Rücksicht auf die gemäß Art. 11 Abs. 1 erfolgte Ablösung der Bauunterhaltungspflichten aus staatlichen Patronaten (Artikel 11 Abs. 1) erhöht.17 Die Staatsleistungen entwickeln sich, wie sich aus Abs. 3 ergibt, dynamisch (sog. Gleitklausel); die im jeweiligen Haushaltsjahr zu erbringenden Leistungen sollen 12

H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 299 Fn. 417. 13 Zu dieser Problematik siehe H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 299 f. 14 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 305. 15 Ebd. 16 So aber H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 305; R. Puza, Kirche und Staat – Vertragliche Partnerschaft mit Zukunft, NVwZ 1995, 460 (461). 17 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil-obstat-Frage, JÖR 43 (1995), S. 327 – 354 (339). Kritisch zur Einbeziehung der Baulasten aus den abgelösten staatlichen Patronaten, weil diese nicht zu den Staatsleistungen im Sinne des Art. 138 Abs. 1 WRV zählen, H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 304.

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sich dabei ab 1993 an der Anpassung der Besoldung für Beamte orientieren, wobei das Eingangsamt für den höheren nichttechnischen allgemeinen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, 7. Dienstaltersstufe, 2 Kinder, bei der Berechnung des Grundbetrags zugrunde gelegt wird. Das ist nachvollziehbar, soweit die festgelegte Gesamtsumme Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung umfasst, die – sachgerecht – am Gehalt der akademisch vorgebildeten öffentlichen Bediensteten ausgerichtet wird.18 Hinsichtlich anderer Dotationen und sonstiger Leistungen drängt sich dieser Maßstab nicht unmittelbar auf – hier hätte eine Orientierung an der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse (Lebenshaltungskosten- bzw. Verbraucherpreisindex) nahegelegen. Der gewählte Maßstab ist aber angesichts der Tatsache, dass „sich die staatlichen Dotationen ganz überwiegend auf Personalausgaben (Pfarrer und Verwaltungspersonal) beziehen“, worauf die Regierungsbegründung abstellt19, und wegen des Einvernehmens der Vertragspartner darüber unbedenklich. Fraglich ist, ob der Maßstab unverändert gültig geblieben ist. Zum einen gibt es mittlerweile auch ein Besoldungsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (Landesbesoldungsgesetz – LBesG LSA) vom 8. Februar 201120, nachdem die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Besoldung des Beamten der Länder, der Kommunen und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts nach Art. 74a GG. aufgehoben durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (vom 28. 08. 2006 (BGBl. I S. 2034) mit Wirkung zum 01. 09. 2006 weggefallen ist. Dies hindert aber nicht die fortwährende Bezugnahme des Vertrags auf die Bundesbesoldungsordnung. Allerdings gibt es in der Beamtenbesoldung keine Dienstaltersstufen mehr; diese sind vielmehr durch sog. Erfahrungsstufen abgelöst worden (siehe § 27 BBesG). Man wird in sachgerechter ergänzender Vertragsauslegung annehmen müssen, dass Abs. 2 nunmehr auf die siebte Erfahrungsstufe Bezug nimmt. Im Haushaltsjahr 2021 beliefen sich der Gesamtzuschuss gem. Art. 13 für die evangelischen Gliedkirchen in Sachsen-Anhalt auf 30, 7 Millionen Euro. Abs. 4 bestimmt, dass die Aufteilung der vereinbarten Gesamtleistung des Staates an die evangelischen Landeskirchen, Sache der Kirchen selbst ist, die dies untereinander durch Vereinbarung regeln, die der Staatsregierung als res inter alios acta lediglich anzuzeigen ist. Indem die Kirchen insoweit zu wechselseitiger Abstimmung über die anteilsmäßige Empfangszuständigkeit hinsichtlich der auszukehrenden Gesamtleistung verpflichtet werden, wird der staatliche Schuldner insoweit über die an

18 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 382; H. Weber, Der Thüringer Evangelische Kirchenvertrag, in: FS Martin Kriele, 1997, S. 1009 (1027). 19 Ebenso Begründung zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen LT-Drucks. 1/4649, S. 25. 20 GVBl. LSA 2011, 68; zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Juli 2020 (GVBl. LSA S. 334, 364).

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Artikel 13 – Staatsleistung

seine Gläubiger jeweils mit schuldbefreiend zu bewirkenden Teilleistungen informiert.21 Von der Staatsleistungssumme, die das Land Sachsen-Anhalt an die Evangelische Kirchenprovinz Sachsen bzw. inzwischen an die EKM überweist erhalten nach dem von den Landeskirchen ausgehandelten Verteilungsschlüssel • die Evangelische Kirche Anhalts 11,14 %, • die Evang.-Lutherische Landeskirche in Braunschweig 1,70 %, • die Evang.-Lutherische Landeskirche Sachsens 0,05 %, • die Evang. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz 0,29 %, • die Evang.-Lutherische Kirche in Thüringen (heute EKM) 0,73 %, • die Evang. Kirche der Kirchenprovinz Sachsen (heute EKM) 86,09 %. Abs. 5 legt die Modalitäten der Leistungsbewirkung fest. Der jährliche Gesamtbetrag wird in monatlichen Raten an die Kirchen jeweils im Voraus ausgekehrt, wobei sich der auf die jeweilige Landeskirche entfallende Betrag nach dem Verhältnis richtet, das zwischen den Kirchen gemäß Abs. 4 vereinbart worden ist. Das Schlussprotokoll zu Art. 13 Abs. 5 stellt klar, dass die Kirchen auch über die Verwendung ihrer Einnahmen aus den – anders als staatliche Subventionen – nicht zweckgebundenen Staatsleistungen als Teil ihres Vermögens frei bestimmen können22 ; sie entscheiden darüber auf der Grundlage öffentlicher Haushaltspläne und unterliegen hierbei lediglich der Kontrolle durch kircheneigene unabhängige Rechnungsprüfungsstellen, nicht hingegen irgendeiner staatlichen Kontrolle. Eine Verwendungsprüfung durch staatliche Stellen erschien im Übrigen auch aufgrund der Pauschalierung untunlich.23 Wegen der Zweckfreiheit der Staatsleistungen ergibt sich daher entgegen Anke auch kein Anpassungsbedarf, „wenn die Bezugsgrößen für die Berechnung, die frühere wie aktuelle seelsorgerische Versorgung und der landeskirchliche Aufwand, nach Vertragsschluss im Rahmen allgemeiner Sparmaßnahmen drastisch gekürzt werden“.24 Das berührt die Höhe der – in Art. 13 Abs. 1 – zu einer Gesamtleistung zusammengefassten, geschuldeten Staatsleistungen nicht. Eine Anwendung der 21

Zum Schutzzweck dieser Bestimmung siehe auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 367. 22 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 83 spricht von einer „verfassungsrechtlich zwingend vorgegebene[n] Konsequenz aus der Rechtsnatur der Staatsleistungen als rechtsverbindliche Leistungsverpflichtungen des Staates gegenüber den Kirchen“. 23 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil-obstat-Frage, JÖR 43 (1995), S. 327 – 354 (339). Siehe auch Begründung zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen LT-Drucks. 1/4649, S. 25. 24 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 310.

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Grundsätze vom Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 60 Abs. 1 VwVfG LSA [analog]) kommt hier gar nicht in Betracht.25 Abs. 6 verweist für die Ablösung auf Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 WRV., der gemäß Art. 32 Abs. 5 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt auch als Landesverfassungsrecht gilt. Zu einer Ablösung ist es aber bisher aus politischen, vor allem aber fiskalischen Gründen nicht gekommen. Da es bei der Ablösung um die Aufhebung einer wiederkehrenden Zahlungspflicht handelt und es dafür einer einmaligen Entschädigung ihres wirtschaftlichen Wertes bedarf, ist dies bei einer Gesamthöhe der Staatsleistungen der Länder im Haushaltsjahr 2021 von etwa 672 Millionen Euro eine sehr hohe Summe und eine Belastung, die auf einen Schlag kaum ein Landeshaushalt zu tragen vermag, auch wenn die Höhe der finanziellen Belastung der Länder mit den Staatsleistungen sehr unterschiedlich ist. Sachsen-Anhalt hat im Haushaltsjahr 2021 37,1 Millionen Euro für Staatsleistungen an die evangelischen Landeskirchen und die Katholische Kirche ausgegeben.26 Die Durchführung der Ablösung ist Sache der Landesgesetzgeber, aber zuvor muss der Bund die Grundsätze der Ablösung gesetzlich regeln. Das bestimmt Art. 138 Abs. 1 WRV. Eine gesetzliche Ablösung durch die Länder setzt also ein Grundsätzegesetz des Bundes voraus. Im Mai 2020 haben die damaligen Oppositionsfraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entwurf eines Grundsätzegesetzes zur Ablösung der Staatsleistungen vorgelegt (BT-Drucks. 19/19273). Nach diesem Gesetzentwurf können die Staatsleistungen durch einmalige Zahlungen oder durch Ratenzahlungen abgelöst werden; der Wert der Leistungen wird in Anlehnung an den Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen nach § 13 Absatz des Bewertungsgesetzes aus dem 18,6-fachen der Leistung berechnet. Die Ablösung soll danach innerhalb von 20 Jahren abgeschlossen sein. Der Gesetzentwurf weist in die richtige Richtung. Die Ablösung muss durch Geldleistung auf der Grundlage des Äquivalenzprinzips erfolgen, d. h. einen angemessenen, weil vollständigen Ausgleich darstellen. Da es sich bei den Staatsleistungen nicht etwa um staatliche Subventionen, sondern um Entschädigungsleistungen handelt, die durch entschädigungslos gebliebene Enteignungen entstanden sind, ist grundsätzlich voller Wertausgleich zu leisten. Als Bemessungsgrundlage der Ablösesumme dient die Höhe der Staatsleistungen, wie sie im Jahr 2020 getätigt werden, da sich ein ursprünglicher Wert nicht mehr rekonstruieren lässt. 25

So aber H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 310 unter Berufung auf J. Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: HSKR, Bd. I, S. 1009 (1056). 26 Siehe den Entwurf des Haushaltsplans für die Haushaltsjahre 2020 und 2021, Einzelplan 13, Allgemeine Finanzverwaltung. Die Zuschüsse an den Landesverband Jüdischer Gemeinden in Höhe von 1,6 Millionen sind keine Staatsleistungen im rechtlichen Sinne, sondern Fördermittel, mit denen auf die historische Schuld der Verfolgung und Ermordung der deutschen Juden und die infolgedessen eingetretene Dezimierung und Marginalisierung jüdischen Lebens in Deutschland reagiert und ein Stück Wiedergutmachung geleistet wird.

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Artikel 13 – Staatsleistung

Die bisher erbrachten Staatsleistungen können nicht auf die Zahlung angerechnet werden, da sie nur als Kompensationszahlungen für wirtschaftliche Gewinne dienen, die die Kirchen aufgrund der Enteignungen nicht aus ihrem Vermögen erzielen konnten. Die Ablösung kann aber nur durch eine Kompensation für den Wert des verlorenen Eigentums erfolgen. Bis zu einer vollständigen Ablösung der Staatsleistungen haben die Länder daher nach dem Entwurf die bisherigen Staatsleistungen an die Kirchen als entgangenen Gewinn weiter zu zahlen. Die Möglichkeit einer Ratenzahlung kann die mit einer Ablösung einhergehende jährliche Belastung der Landeshaushalte auf ein vertretbares Maß reduzieren. Als angemessene Entschädigung gilt zwar nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung27 eine Kapitalisierung der jährlichen Staatsleistungen mit dem Faktor 25 (als Reziprokwert eines Zinsfußes von 4 %), ein Wert, hinter dem das nach dem sich an der steuerlichen Bewertung gemäß § 13 Abs. 2 Bewertungsgesetz orientierenden Gesetzentwurf vorgesehene 18,6-fache der Jahresleistung zurückbliebe28 ; doch darf bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung nicht unberücksichtigt bleiben; dass der Anspruch auf die jährlichen Staatsleistungen nach dem Gesetzentwurf bis zur Zahlung der letzten Ablösungsrat erhalten bleiben soll (sukzessive Ablösung)29. Eine finanzielle Entflechtung der Staat-Kirche-Beziehungen ist anzustreben. Eine Ablösung strebt die Koalitionsparteien der sog. Ampelkoalition an.30 Die Kirchen sind dazu auch bereit. In Relation zu den Gesamteinnahmen der Kirchen machen die Staatsleistungen nur einen geringen Anteil aus.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 12: (1) Das Land erfüllt durch Staatsleistungen an die Kirchen seine Verpflichtungen gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes und Artikel 9 Absatz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 Satz 1 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919. 27 Siehe nur M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 124.3. 28 H. de Wall, Die Fortwirkung der Säkularisation im heutigen Staatskirchenrecht, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Bd. 38 (2004), S. 53 (76) sieht die steuerliche Bewertung als „groben Anhaltspunkt“ für eine den bisherigen Leistungen äquivalente Ablösung an. 29 Zu alternativen Lösungen und möglichen Mischformens siehe M. Germann, in: Epping/ Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 GG Rn. 124.3. 30 Koalitionsvertrag, S. 111: „Wir schaffen in einem Grundsätzegesetz im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen.“

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Die Staatsleistungen bestimmen sich nach den Artikeln 13 bis 15 dieses Vertrages. (3) Die Kirchen einigen sich über die Verteilung der Staatsleistungen untereinander. Sie teilen das Ergebnis der Landesregierung mit. Art. 13: (1) An die Stelle aller bisherigen kirchlichen Ansprüche aus den staatlichen Patronaten tritt eine hälftige Beteiligung des Landes an den Baulasten solcher kirchlichen Gebäude, die bislang dem Patronat unterstanden. (2) 1Die Verpflichtung des Landes nach Absatz 1 wird durch eine pauschale jährliche Zahlung abgegolten. 2Das Land zahlt jährlich 7 Millionen Deutsche Mark in monatlichen Raten, erstmals für das Jahr 1994. 3Nach fünf Jahren überprüfen die Vertragspartner gemeinsam diesen Betrag. 4Sie berücksichtigen dabei den Bedarf und ihre Haushaltslage. (3) Die Kirchen beteiligen sich an den Baulasten mindestens mit dem gleichen Betrag wie das Land. Art. 14: (1) Das Land zahlt den Kirchen anstelle aller früher gewährten Dotationen für Kirchenleitungen, Pfarrerbesoldung und Pfarrerversorgung sowie anstelle aller anderen, auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Zahlungen einen Gesamtzuschuss. (2) Der Gesamtzuschuss beträgt jährlich 13 Millionen Deutsche Mark und wird in monatlichen Raten gezahlt, erstmals für das Jahr 1994. (3) 1Ändert sich die Besoldung der Beamten im Landesdienst, so ändert sich der Gesamtzuschuss entsprechend. 2Als Berechnungsgrundlage dient das Eingangsamt für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst (Besoldungsgruppe A 13 des Bundesbesoldungsgesetzes, 7. Dienstaltersstufe, 2 Kinder). Art. 15: Zur Abgeltung aller sonstigen vermögenswerten Ansprüche der Kirchen und ihrer Gliederungen, die nicht in diesem Vertrag oder in allgemeinen Gesetzen begründet sind, zahlt das Land den Kirchen einmalig 13 Millionen Deutsche Mark in fünf gleichen Jahresraten, beginnend im Jahr 1994.

Regierungsbegründung Zu Artikel 12 Das Land hat die Verpflichtungen aus Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 der Verfassung von 1919 zu erfüllen. Dort ist bestimmt, dass die (1919 bestandenen und) auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgemeinschaft bis zu einer Ablösung bestehen bleiben. Diese Ablösung muss nach Grundsätzen des Reiches bzw. des Bundes erfolgen, die bislang noch nicht aufgestellt sind und auf absehbare Zeit auch nicht zu erwarten sind. Absatz 2 reiht nunmehr auch früheren Patronatsverpflichtungen (Artikel 13) unter die Staatsleistungen ein. Absatz 3 trägt der Tatsache Rechnung, dass in Mecklenburg-Vorpommern zwei selbständige evangelische Landeskirchen existieren, deren Anspruch auf Staatsleistungen auf rechtlich unterschiedlichen Grundlagen beruht. Zu Artikel 13 Auf dem Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern bestanden ehemals sogenannte Landesherrliche Patronate an ca. 500 evangelischen Kirchen. Zu den Patronatspflichten des Landesherrn gehörte unter anderem die Vermögenssorge für die örtlichen Kirchen und bei deren

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Artikel 13 – Staatsleistung

finanziellem Unvermögen eine subsidiäre Kirchenbaulast. Diese Patronatspflichten des Landes bzw. des Landesherrn wurden dem Grunde nach auch zwischen 1949 und 1989 anerkannt, wenn auch nur rudimentär erfüllt. Sie werden jetzt durch die Leistungen nach Artikel 13 ersetzt. Eventuelle Verpflichtungen Dritter aus Patronaten werden hierdurch nicht berührt. Absatz 1 und 3 bestimmen, dass die Verpflichtung aus dem landesherrlichen Patronat, die früher von Ort zu Ort nach der Vermögenslage des Kirchenärars und der sonstigen Verpflichteten unterschiedlich war, mit der Hälfte der Baulast pauschaliert wird. Absatz 2 trägt der Tatsache Rechnung, daß die Baulast nicht nur nach dem jeweiligen Baubedarf bemessen wurde, sondern immer unter dem Vorbehalt des Vermögens der großherzoglichen Kasse stand. Außerdem hatte der Landesherr als Oberbischof (Summus Episcopus) bzw. als Patronatsherr das Recht, Art und Umfang der Bauunterhaltsleistungen weitgehend zu bestimmen. Damit war sichergestellt, dass die Bauunterhaltsleistungen nur nach Maßgabe seines Haushaltes anfielen. Deshalb ist heute der Betrag begrenzt. Das Land hat bereits früher auf seine Mitwirkungsrechte bei der Besetzung von Pfarrstellen verzichtet, die Baulastverpflichtung aber weiter erfüllt. Die historischen Kirchengebäude sind auch ein dominierender Faktor im Bild unseres Landes. Ihr Erhalt liegt auch im öffentlichen Interesse. Zu Artikel 14 Hier sind die Staatsleistungen geregelt, die früher als Leistungen des Staates für die zentrale Kirchenleitung (Kirchenregiment) und die Pfarrbesoldung gewährt wurden. Die sogenannten „kirchenregimentlichen Dotationen“ sind ein Ergebnis der Trennung von Staat und Kirche. Bis 1919 waren die obersten Kirchenbehörden Teil der landesherrlichen Verwaltung. Im Zuge der Trennung von Staat und Kirche wurden daraus rein kirchliche Verwaltungen, mit der Verpflichtung des Staates, zum Unterhalt dieser Behörden beizutragen (Art. 140 GG, Art. 138 WRV). Die Gewährung von Pfarrbesoldungszuschüssen ist historisch ein Bedarfszuschuss des Staates an jene Pfarrstellen, die sich wegen fortschreitender Entziehung des Kirchengutes nicht mehr selbst tragen konnten. In den Ländern wurden hierzu in der Folge unterschiedliche Regelungen getroffen. So wurden die Pfarrbesoldungszuschüsse in Preußen bis 1932 per Gesetz geregelt, während in Mecklenburg-Schwerin hierzu 1930 ein Vertrag zwischen dem Land und der Kirche geschlossen wurde, in Mecklenburg-Strelitz dagegen Staatsverordnungen von 1906 und 1911 weiterhin Grundlagen für Zahlungen waren. Da Pfarrer ähnlich wie der höhere Dienst (Eingangsamt) besoldet werden, wurde dieses Amt wie in den Kirchenverträgen anderer Länder als Besoldungsgrundlage für den Zuschuss und für künftige Änderungen gewählt. Zu Artikel 15 Aus alter Zeit bestanden noch verschiedene Einzelverpflichtungen des Landes, wie Holzrechte, Predigerwitwen-Mietentschädigung, Umzugskostenentschädigungen, Zuschüsse zur Emeriten-Besoldung etc. Sie werden durch diese Regelung einvernehmlich abgegolten. Eventuelle Verpflichtungen Dritter werden hierdurch nicht bewährt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Kommentierung Die Ablösung bestehender finanzieller Verpflichtungen des Staates ist in den Artikeln 12 bis 15 Güstrower Vertrag differenzierend geregelt. Art. 12 stellt gewissermaßen den vor die Klammer gezogenen Teil dar, was Ausdruck in Absatz 2 gefunden hat. Mit Absatz 1 bekennt sich das Land zur Leistung der landesverfassungsrechtlich und grundgesetzlich bis zur Ablösung in ihrem Bestand garantierten Staatsleistungen. Absatz 3 bestimmt das Verfahren für die Verteilung der Staatsleistung unter den Kirchen. Mit der Fusion der auf dem Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern ansässigen Landeskirchen zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland („Nordkirche“) ist die Vorschrift obsolet geworden. Art. 13 betrifft die Baulasten aus landesherrlicher Patronatsverpflichtung. Sie werden – anders als in Sachsen, wo sie gemäß Art. 11 Abs. 1 S. 2 des Evangelischen Kirchenvertrags aufrechterhalten worden sind – mit einem Pauschalbetrag zu etwa der Hälfte abgegolten. Die Gesamtleistung des Landes in Höhe von 7 Millionen DM ab dem Jahr 1994 wird mit dem Vorbehalt einer Überprüfung der Höhe nach 5 Jahren unter Berücksichtigung des Bauunterhaltsbedarfs und der Haushaltslage des Landes versehen. Zuletzt haben das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommerns und die Nordkirche durch gemeinsame Erklärung vom 11. Mai 2020 gemäß Art. 13 Abs. 2 S. 1 Güstrower Vertrag den Betrag für die Jahre 2020 bis 2024 auf jährlich 3.579.000,00 Euro festgelegt.31 Die Kirchen tragen im Übrigen die Baulasten selbst (Art. 13 Abs. 3). Art. 14 erfasst die (eigentlichen) Staatsleistungen i. S. d. Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 WRV, kirchenregimentliche Dotationen, Pfarrbesoldungszuschüsse und – gewissermaßen als Auffangtatbestand – „aller anderen, auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Zahlungen“ (Abs. 1).32 Auch diese Leistungen gehen mit Wirkung ab 1994 in einem Gesamtzuschuss von jährlich 13 Millionen DM auf (Abs. 2), der sich nach Maßgabe der üblichen Gleitklausel dynamisch entwickelt. Art. 15 sieht für „verschiedene Einzelverpflichtungen des Landes, wie Holzrechte, Predigerwitwen-Mietentschädigung, Umzugskostenentschädigungen, Zuschüsse zur Emeriten-Besoldung etc.“, die sämtlich keine Staatsleistungen im technischen Sinne des Art. 138 Abs. 1WRV darstellen33, wenn es sich auch um überkommene Natural- und Geldleistungspflichten handelt, deren Ablösung durch einen einmaligen, in fünf Jahresraten von 1994 bis 1998 zu zahlenden Gesamtbetrag von 13 Millionen 31 Bekanntmachung des Justizministeriums vom 11. Mai 2020, VV Meckl.-Vorp. Gl.Nr. 2220 – 6, AmtsBI. M-V 2020, S. 487. 32 Die pauschalierende Zusammenfassung zu einem jährlichen Gesamtzuschuss beruht in ihrer Summe auf einer Ermittlung und Addition der einzelnen historischen Staatsleistungsansprüche der Kirchen. Siehe dazu U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 302 m. Fn. 431. 33 U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 302 f.

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Artikel 13 – Staatsleistung

DM vor. Diese Bestimmung ist mit ihrer vollständigen Erfüllung 1998 hinfällig geworden. 2. Thüringen Art. 13: (1) 1Der Freistaat Thüringen zahlt an die Kirchen anstelle früher gewährter Dotationen für kirchenregimentliche Zwecke und Zuschüsse für Zwecke der Pfarrerbesoldung und -versorgung, anstelle aller Geld- und Sachleistungen aufgrund staatlicher Baulastverpflichtungen an Gebäuden im kirchlichen Eigentum sowie anstelle aller anderen auf älteren Rechtstiteln beruhenden Zahlungen einen jährlichen Gesamtzuschuss (Staatsleistung). 2Die Kirchen stellen den Freistaat Thüringen von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden, insbesondere aus Baulastpflichten, frei. 3Über die Staatsleistung hinaus werden weitere Leistungen an die Kirchen und ihre Kirchengemeinden nur erbracht, wenn sie in diesem Vertrag oder den allgemeinen Gesetzen vorgesehen sind. (2) Die Staatsleistung beträgt 1994 1.100.000 DM für die Abgeltung der Baulasten, 18.240.000 DM für die Abgeltung aller anderen älteren Titel. (3) 1Ändert sich nach dem 1. Januar 1994 die Besoldung der Beamten im Staatsdienst, so ändert sich die Staatsleistung auf der Grundlage der für das Jahr 1994 vereinbarten Höhe entsprechend. 2Zugrunde gelegt wird das Eingangsamt für den höheren nichttechnischen allgemeinen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, 7. Dienstaltersstufe, verheiratet, 2 Kinder. (4) Darüber hinaus erfolgt in den Jahren 1995 bis 1998 eine Erhöhung der Staatsleistung für die Abgeltung von Baulasten in Höhe von jährlich 275.000 DM. (5) 1Durch Vereinbarung der Kirchen untereinander wird die Staatsleistung auf die Kirchen aufgeteilt. 2Die Vereinbarung ist dem zuständigen Ministerium anzuzeigen. (6) Die Staatsleistung wird mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im Voraus unter Berücksichtigung der Vereinbarung nach Absatz 5 an die Kirchen gezahlt. Schlussprotokoll: Ein Nachweis über die Verwendung der Mittel ist nicht erforderlich. (7) Für eine Ablösung der Staatsleistung gilt Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung.

Regierungsbegründung In Artikel 13 sind die Staatsleistungen an die Evangelischen Kirchen behandelt. Nach älterer Rechtslage hatten die Kirchen Anspruch auf bestimmte Staatsleistungen; für das preußische Staatsgebiet handelte es sich um Pfarrbesoldungszuschüsse, wie sie im Vertrag zwischen dem Freistaat Preußen und den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 bzw. im Preußischen Besoldungsgesetz vom 3. Juli 1931 geregelt waren. Für den Bereich des Landes Thüringen handelt es sich vor allem um den Vertrag zwischen dem Land Thüringen und den Thüringer Evangelischen Kirchen vom 19. September/24. August 1925 sowie um den Vertrag zwischen dem Land Thüringen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Reuß ä.L vom 19. September/14. August 1929 nebst Nachtragsvertrag vom 13. November 1929. Der Umfang der Bindungswirkung der genannten Verträge und Gesetze für den Freistaat Thüringen ist nicht abschließend geklärt. Es ist Ziel dieses Vertrages, unter Beachtung von Artikel 40 der Verfassung

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung und Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung eine einvernehmliche Regelung zu erzielen, die einerseits das kirchliche Selbstbestimmungsrecht wahrt, andererseits Staatsleistungen auf eine neue Rechtsgrundlage stellt und abschließend regelt. In diesem Zusammenhang konnte eine Freistellung des Freistaats Thüringen von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden insbesondere aus Baulastpflichten erzielt werden.

Kommentierung Art. 13 entspricht weitgehend Art. 13 des Wittenberger Vertrags. Ebenso wie jener erfasst diese vertragliche Neuregelung sämtlich bisher auf hergebrachten Rechtstiteln erbrachte Staatsleistungen, und zwar einschließlich der Verpflichtungen aus Baulasten34, und ersetzt diese durch einen Gesamtzuschuss (Art. 13 Abs. 1 u. 2), der sich dynamisch entsprechend der Beamtenbesoldung entwickelt (Gleitklausel des Art. 13 Abs. 3), wobei hinsichtlich der Abgeltung der Baulasten für vier Jahre (1995 bis 1998) jährlich um jeweils 275.000 DM erhöht. Im Gegenzug verpflichten sich die kirchlichen Vertragspartner dazu, den Freistaat von sämtlichen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden, insbesondere aus Baulastpflichten, freizustellen (Art. 13 Abs. 1 S. 2). 3. Sachsen Art. 14: (1) 1Der Freistaat zahlt zur Abgeltung der Ansprüche der Kirchen aus Staatsleistungen einen jährlichen Gesamtbetrag. 2Die Kirchen regeln die Verteilung des Gesamtbetrags unter sich durch Vereinbarung. Schlussprotokoll: 1Zwischen den Vertragsparteien besteht Übereinstimmung, dass von der getroffenen Abgeltungsklausel sämtliche Ansprüche aus der Staatsleistungsgarantie gemäß Artikel 109 Abs. 4 der Verfassung des Freistaates Sachsen in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 und gemäß Artikel 112 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen erfasst sind. 2Damit entfallen diese Ansprüche unabhängig davon, ob die entsprechenden Rechtsgrundlagen den Parteien bei Vertragsschluss bereits bekannt waren. 3Die Ansprüche aus staatlichen Baulastverpflichtungen gemäß Artikel 11 Abs. 1 Satz 2 dieses Vertrages bleiben unberührt. (2) Die Höhe der Zahlung des Freistaates nach Absatz 1 beträgt für das Jahr 1993: 25 Millionen DM. Schlussprotokoll: 1Die Mittel stehen zur freien Verfügung der Kirchen. 2Eine Prüfung der Verwendung dieser Mittel durch staatliche Stellen findet nicht statt. 3Soweit im Hinblick auf die bisher geleisteten Abschlagszahlungen für die Jahre 1991 und 1992 Rückzahlungspflichten einzelner Kirchen zugunsten des Freistaates entstanden sind, werden diese erlassen. 4Im 34

Kritisch insoweit U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 303 f., weil die Regelung auch Baulasten erfasst, die nicht Staatsleistung im Sinne des Art. 138 WRV darstellen, namentlich staatliche Kirchenpatronatslasten. Zur Aufhebung der staatlichen Patronatsrechte siehe Art. 11 Abs. 1 des Vertrags.

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Artikel 13 – Staatsleistung

übrigen erfolgt unter Berücksichtigung der bereits gewährten Leistungen eine Nachzahlung, deren Höhe sich nach denselben Grundsätzen bemisst, die für die Feststellung des Gesamtbetrages maßgebend waren. 5Für das Jahr 1990 werden keine Zahlungen geleistet. (3) 1Ändert sich in der Folgezeit die Besoldung der Beamten im Staatsdienst, so ändert sich die in Absatz 2 festgesetzte Summe in entsprechender Höhe. 2Zugrunde gelegt wird das Eingangsamt für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, siebente Dienstaltersstufe, verheiratet, zwei Kinder. Schlussprotokoll: 1Maßgebend ist die Besoldungsordnung für Beamte aus dem Beitrittsgebiet. 2Berücksichtigungsfähig sind Besoldungsänderungen, die ab dem 1. Januar 1994 wirksam werden. (4) Der Freistaat leistet an die Kirchen jeweils monatlich im Voraus ein Zwölftel des jährlichen Gesamtbetrages. Schlussprotokoll: 1Die Zahlungen erfolgen auf ein von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens zu benennendes Konto, das dem zuständigen Staatsministerium bekanntgegeben wird. 2Eine Leistung auf dieses Konto wird erst vorgenommen, nachdem die vertragschließenden Kirchen dem zuständigen Staatsministerium gegenüber ihre Einigung über die interne Verteilung der Beträge schriftlich mitgeteilt haben. 3Diese Mitteilung ist für den Freistaat bindend, solange sie nicht von einer der beteiligten Kirchen gegenüber dem zuständigen Staatsministerium widerrufen wird. 4Soweit keine Einigung zwischen den beteiligten Kirchen besteht, sind die jeweils fälligen Gelder nach den Vorschriften der Hinterlegungsordnung vom 10. März 1937 (RGBl. I S. 285), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. August 1990 (BGBl. I S. 1765), zu hinterlegen.

Regierungsbegründung Die Staatsleistungen sind durch das Grundgesetz (Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 WRV) sowie durch die Sächsische Verfassung (Artikel 112 Abs. 1, Artikel 109 Abs. 4 i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 WRV) gewährleistet. Nachdem die Staatsleistungen teilweise schon während der NS-Zeit und dann später in der DDR nicht mehr in Übereinstimmung mit den altrechtlichen Grundlagen erbracht wurden, ist aufgrund der langen Zeitspanne eine ausführliche und eingehende Neuberechnung erforderlich geworden. Maßgebliche Zielvorstellung für beide Parteien war dabei, dass die Staatsleistungen zunächst betragsmäßig festgelegt und dann auf eine neue Schuldgrundlage gestellt werden, um zukünftig Auseinandersetzungen um die Feststellung und Bewertung der zugrunde liegenden Ansprüche zu vermeiden. Damit wird zugleich eine erhebliche, für beide Seiten vorteilhafte, Vereinfachung erzielt. Absatz 1 stellt für den festgelegten Gesamtbetrag eine eigenständige Schuldgrundlage dar. Hierdurch entfallen – wie im Schlussprotokoll zu Absatz 1 ausdrücklich hervorgehoben wurde – die auf einzelnen Rechtstiteln beruhenden Ansprüche der Kirchen gegenüber dem Freistaat, soweit sie ihre Grundlage in der Staatsleistungsgarantie haben. Ausgenommen von der Gesamtabgeltung werden mussten die – bislang nur bruchstückhaft erfassten – staatlichen Baulastverpflichtungen, die in Artikel 11 Abs. 1 Satz 2 dieses Vertrages geregelt sind. Die Verteilung des Gesamtbetrages ist eine innere Angelegenheit der Kirchen. Dementsprechend geht der Kirchenvertrag davon aus, dass die Aufteilung der Mittel zwischen den vertragschließenden Kirchen im Wege einer Vereinbarung erfolgt. Absatz 2 legt für das Jahr 1993 als Gesamtbetrag eine Summe in Höhe von 25 Mio. DM fest. Zugrunde gelegt wurde dabei die nachfolgend erläuterte Berechnung, die sich auf das Jahr 1992

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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bezieht und die deshalb bei den anzusetzenden Personalkosten von einem Besoldungsansatz in Höhe von 67 % der Westbesoldung als jährlichem Durchschnittsmittel ausgeht. Für die jeweiligen Kirchen ergibt sich dabei im Einzelnen folgendes: a) Evangelische-Lutherische Landeskirche Sachsens (1) Landeskirchenamt/Bezirkskirchenämter Rechtsgrundlage für diese Leistung ist, daß die höheren Kirchenbeamten, die Leitungsfunktionen innerhalb der Kirchen ausgeübt haben, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung Staatsbeamte waren (vgl. Gesetz vom 16. April 1873). Mit der durch die Weimarer Reichsverfassung angeordneten Trennung von Staat und Kirche ist dieser Zustand des landesherrlichen Kirchenregiments verfassungswidrig geworden und durch das Trennungsgesetz vom 17. Juli 1926 im früheren Freistaat aufgehoben worden. Aufgrund der Staatsleistungsgarantie mußte der Staat den Besoldungsaufwand der nunmehr in den kirchlichen Dienst übergeleiteten Beamten übernehmen. Von dieser Leistung erfaßt sind die Mitarbeiter des Landeskirchenamtes und der Bezirkskirchenämter (frühere Kircheninspektionen). Zugrunde gelegt wurde die damals bestehende und nicht die – wesentlich höhere – heutige Stellenzahl, weil die Staatsleistungen nicht nach dem derzeitigen Bedarf, sondern allein in Höhe ihres historischen Umfangs gewährt werden dürfen. Entsprechend dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 20. 12. 1932 wurden für Pensionsleistungen 25 Prozent und für Sachleistungen 15 Prozent der Personalkosten angesetzt. Für das Landeskirchenamt und die Bezirkskirchenämter ergab dies einen Gesamtansatz in Höhe von 4.624.601,50 DM. (2) Superintendenturen Die Superintendenten waren neben ihren seelsorgerlichen Funktionen ebenfalls Bestandteile des Kirchenregiments. Entsprechend dem Ansatz in der Regierungsvorlage Nr. 22 aus dem Jahre 1931 wurde der damals vorgesehene Erstattungssatz für den Besoldungsaufwand (5.376) und für die Sachkosten (39.000) auch für die (6.294)

(83.223)

derzeitigen Aufwendungen übernommen, wobei allerdings die Anzahl der Superintendenturen auf den damaligen Stand (31) zu beschränken war. Bezüglich der Personalkosten für Hilfskräfte wurden im Vergleichswege insgesamt 4 Stellen (BAT VII) zugebilligt. Der Gesamtbetrag belief sich damit auf 2.107.543,50 DM. (3) Landessynode Die Kostentragungspflicht des Freistaates ergibt sich aus dem Gesetz vom 30. März 1868 i. V. m. dem Gesetz vom 10. Juli 1912. Angesetzt wurde der tatsächliche Aufwand in Höhe von 145.431 DM. (4) Zuschuß zum Besoldungsaufwand Dieser Anspruch ergibt sich unmittelbar aus dem Urteil des Staatsgerichtshofs vom 20. 12. 1932 i. V. m. dem Schiedsspruch des Reichsgerichts vom 17. 2. 1926. Zu berücksichtigen waren nur die im Gemeindedienst stehenden Pfarrer. Anzusetzen waren insoweit: 8.232.628,12 DM. (5) Versorgungsleistungen an Pfarrer und deren Hinterbliebene. Nach der Rechtslage im früheren Freistaat Sachsen (Gesetze vom 1. Dezember 1837, 8. April 1872, 3. Mai 1892,

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Artikel 13 – Staatsleistung 21. Juni 1912 und 25. Juli 1923) hatten der Pfarrer im Ruhestand bzw. seine Angehörigen einen direkten Anspruch auf Zahlung der Pension gegen den Staat. Nachdem die Pfarrer mittlerweile sämtlich rentenversichert sind, kam eine Übernahme dieses Systems nicht mehr in Betracht. Der Anspruch wurde dadurch ermittelt, daß der Ansatz im Haushaltsplan 1922 durch einen Vergleich der jeweiligen Besoldungen auf heutiges Niveau hochgerechnet wurde, wobei ein Betrag von 7.565.147,80 DM festgestellt wurde.

(6) Aufgewertete Leistungen Nach dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 20. 12. 1932, das insoweit selbst den maßgeblichen altrechtlichen Titel im Sinne des Artikels 112 Abs. 1 SächsVerf bildet, wurde der ehemalige Freistaat zu Zahlungen für bestimmte Zwecke verurteilt. In dieser Entscheidung hat der Staatsgerichtshof als Entschädigung für weggefallene Stolgebühren (310.000,– RM), als Ablösungsrente für den geistlichen Getreidezehnten (1.000,– RM), für den Gottesdienst in der vormaligen evangelischen Hofkirche (12.000,– RM) und für die Augusteische Priester-, Witwenund Waisenstiftung (3.000,– RM) jährlich insgesamt 326.000,– RM angesetzt. Dieser Betrag war nach dem allgemeinen Lebenshaltungskostenindex mit dem Faktor 425,83 % aufzuwerten; dies ergab eine Gesamtsumme in Höhe von 1.388.205,80 DM. Die Gesamtsumme beläuft sich auf der Basis des Jahres 1992 (67 % – Westbesoldung) auf 24.063.556,– DM. Bei einem Ansatz von 100 % der Westbesoldung ergibt das 34.600.834,– DM. b) Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz Diese Kirche gehört dem preußischen Rechtskreis an. Die Ansprüche unterscheiden sich deshalb in Art und Umfang von denen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. (1) Leistungen für die Konsistorialbehörde Maßgebend war insoweit der preußische Kirchenvertrag, der insgesamt für die evangelischen Kirchen 4,95 Mio RM als Dotation für kirchenregimentliche Zwecke festgesetzt hatte. Dieser Betrag wurde auf das einzelne Kirchenmitglied umgerechnet und mit der Zahl der im Gebiet der Kirche der schlesischen Oberlausitz im Jahre 1950 lebenden Kirchenmitglieder multipliziert. Der so errechnete – nach der Kirchenmitgliederzahl auf das heutige Territorium entfallende Betrag – mußte entsprechend der Besoldungsentwicklung aufgewertet werden. Die ansatzfähigen Leistungen beliefen sich danach auf 376.085,42 DM. (2) Pfarrbesoldungszuschüsse Pfarrbesoldungszuschüsse wurden in unterschiedlicher Höhe durch die preußischen Pfarrbesoldungsgesetze (Gesetze vom 2. 7. 1898, 17. 12. 1920, 7. 8. 1922, 25. 5. 1926 und 30. 4. 1928) festgelegt. Diese Gesetze stellen zwar nicht in ihrer jeweiligen Höhe, aber dem Grunde nach Staatsleistungen im Sinne des Artikels 138 Abs. 1 WRV dar. In Übereinstimmung mit dem Gutachten des Senats von Berlin aus dem Jahre 1960 (S. 10) wurde als verfassungsrechtlich verfestigter Durchschnittswert von einem Erstattungssatz in Höhe von einem Drittel ausgegangen. Ausgehend von dem von der Kirche mitgeteilten Gesamtbesoldungsaufwand ergab sich damit ein ansatzfähiger Betrag in Höhe von 1.017.937,90 DM. (3) Zuschüsse zur Altersversorgung Für die Zuschüsse zur Altersversorgung, die in den Pfarrbesoldungsgesetzen ausdrücklich eingeschlossen waren, gelten dieselben Grundsätze wie für die Pfarrbesoldungszuschüsse.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Auch insoweit wurde der Ansatz in Höhe eines Drittels für angemessen erachtet. Danach errechnete sich unter Zugrundelegung der von der Kirche angegebenen Aufwendungen ein Betrag in Höhe von 470.074,43 DM. Die Gesamtsumme beläuft sich auf der Grundlage von 67 % der Westbesoldung für 1992 auf 1.612.577,20 DM. Aufgewertet auf 100 % entspricht dies 2.347.980,90 DM. c) Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen Da diese Kirche ebenso wie die Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz dem preußischen Rechtskreis entstammt, ergeben sich dieselben Berechnungsansätze. Eine Abweichung war insoweit geboten, weil innerhalb der Kirchenprovinz ein besonders hoher Rückgang an Kirchenmitgliedern vorhanden war, die Pfarrerdichte wesentlich geringer und dementsprechend auch die Anzahl der Versorgungsberechtigten größer ist. Bei der Berechnung der Pfarrbesoldungszuschüsse wurde deshalb – wie bei sämtlichen anderen Kirchen – nur ein Verhältnis von einem Pfarrer auf jeweils etwa 1.200 Kirchenmitglieder den Berechnungen zugrunde gelegt. Danach ergaben sich für diese Kirche: (1) Leistungen für die Konsistorialbehörde – 196.218,71 DM, (2) Pfarrbesoldungszuschüsse – 456.863,70 DM, (3) Altersversorgung – 187.471,65 DM. Insgesamt entsprach dies einem Betrag – bezogen auf das Besoldungsniveau 67 % West – in Höhe von 840.554,06 DM. Aufgewertet auf 100 % der Personalkosten entspricht dies 1.219.064,20 DM. Die Kirchenprovinz hat dem Berechnungsansatz widersprochen, diesen aber als Grundlage für einen Vergleichsabschluss akzeptiert. Für die evangelischen Kirchen insgesamt errechnete sich damit für das Jahr 1992 ein Anspruch in Höhe von 26.515.687,– DM. Aufgewertet auf das Niveau West (100 % Besoldung) entspricht dies 38.167.879,– DM. Für das Jahr 1993 war die allgemeine Erhöhung der Beamtenbesoldung und der Anstieg der Ostbesoldung (im Jahresdurchschnitt 77 %) zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Lage und die schwierige finanzielle Situation des Freistaates wurde ein Abschlag vorgenommen und einvernehmlich zwischen den Parteien der gerundete Betrag von 25 Mio. DM festgelegt. Gleichzeitig wurde im Vergleichswege bestimmt, dass Rückzahlungen nicht erfolgen, soweit die vom Staatsministerium für Kultus getätigten Abschlagszahlungen 1991 und 1992 höher waren als die vom Freistaat geschuldeten Leistungen. Sofern die Abschlagszahlungen unter den geschuldeten Beträgen lagen, erfolgt eine Nachzahlung auf der Grundlage der vorstehend dargestellten Berechnungsansätze. Im Schlussprotokoll wurde klargestellt, dass ein Verwendungsnachweis nicht zu fordern ist, weil dies grundsätzlich dem Charakter einer Staatsleistung widerspräche. Diese verlangt – im Gegensatz zu einer Subvention – keine konkrete Zweckbestimmung (vgl. Isensee, Handbuch des Staatskirchenrechts II, S. 76). Im Übrigen würde es dem Grundgedanken der Gesamtabgeltung zuwiderlaufen, wenn die aus den alten Rechtstiteln abgeleiteten Verwendungszwecke staatlicherseits überprüft werden müssten. Absatz 3 regelt das Verfahren der Anpassung der Höhe des Gesamtbetrages an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung. Entsprechend der Regelung in Kirchenverträgen anderer Bundesländer wurde als Parameter einheitlich die Veränderung der Beamtengehälter gewählt, zumal der Sachkostenanteil bei den evangelischen Kirchen nach der dargestellten Berechnung nur

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Artikel 13 – Staatsleistung

etwa 7 % beträgt. Durch die Anlehnung an die für Beamte aus dem Beitrittsgebiet geltenden Besoldungsregelungen ist sichergestellt, dass sowohl allgemeine Besoldungserhöhungen als auch Anhebungen der Ost-Besoldung Berücksichtigung finden. Bei der Feststellung der für das Jahr 1994 geschuldeten Zahlung wird zu beachten sein, dass für das Jahr 1993 als Durchschnittssatz 77 % der Westbesoldung zugrunde gelegt ist, der Besoldungsstand im Beitrittsgebiet zum 1. 1. 1994 aber bereits 80 % beträgt. Absatz 4 legt eine monatliche Zahlungsweise und – nach den hierzu im Schlussprotokoll getroffenen ergänzenden Bestimmungen – die Zahlungsmodalitäten fest. Um zu verhindern, dass der Freistaat möglicherweise in Streitigkeiten zwischen den Kirchen über die Verteilung der Gelder verwickelt wird, sind im Schlussprotokoll zu Absatz 4 entsprechende Schutzregelungen getroffen worden.

Kommentierung Die Regelung entspricht weitgehend der des Wittenberger Vertrags. Die bisherigen Staatsleistungen werden ausweislich des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 1 – mit Ausnahme der in Art. 11 Abs. 1 S. 2 geregelten Bauleistungen – saldiert und auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt (Novation). Die Gleitklausel des Art. 14 Abs. 3 bezieht nach dem Schlussprotokoll auf die Besoldungsordnung für Beamte aus dem Beitrittsgebiet. Dadurch war gewährleistet, dass sowohl allgemeine Besoldungsanpassungen als auch spezielle Besoldungserhöhungen für die Beamten im Beitrittsgebiet, die deren Besoldungsniveau sukzessive auf das der Beamten der alten Bundesländer heben sollten, Berücksichtigung fanden. § 73 Satz 1 BBesG in der Fassung des Gesetzes vom 10. 09. 200335 ermächtigte die Bundesregierung, durch Rechtsverordnungen, die bis zum 31. 12. 2009 zu erlassen waren, für die Besoldung Übergangsregelungen zu bestimmen, die den besonderen Verhältnissen im Beitrittsgebiet Rechnung trugen. Diese Verordnungsermächtigung erstreckte sich nach Satz 2 der Bestimmung insbesondere darauf, die Besoldung entsprechend den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen und ihrer Entwicklung im Beitrittsgebiet abweichend vom Bundesbesoldungsgesetz festzusetzen und regelmäßig anzupassen. Nach § 2 Abs. 1 der auf dieser Grundlage erlassenen Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung erhielten Beamte, Richter und Soldaten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet wurden, abgesenkte Dienstbezüge. Die Besoldungsabsenkung nach § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV war für Beamte und Soldaten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 bis zum 31. 12. 2007 anzuwenden (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV) und galt für Beamte und Soldaten höherer Besoldungsgruppen sowie für Richter bis zum 31. 12. 2009 (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV).36 Der sächsische Besoldungsgesetzgeber hat nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht auf die Länder durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG in der Fassung des 28. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 35 36

BGBl I S. 1798. Zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung siehe BVerwGE 148, 328.

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28. 08. 200637 mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. 01. 200838 angeordnet, dass das Bundesbesoldungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 06. 08. 200239, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 19. 07. 200740, mit Ausnahme einiger konkret bezeichneten Bestimmungen sowie die aufgrund des Bundesbesoldungsgesetzes erlassenen Verordnungen als Landesrecht fortgelten (Art. 1 Nr. 4 mit der Einfügung des § 17 SächsBesG, Art. 2). Auch der evangelische Kirchenvertrag Sachsen geht, wie das Schlussprotokoll zu Art. 14 Abs. 4 zeigt davon aus, dass es sich bei der Frage der internen Verteilung der vom Freistaat gegenüber der Gesamtheit der Kirchen geschuldeten Staatsleistungen unter den am Vertrag beteiligten evangelischen Landeskirchen um deren eigene Angelegenheit handelt und sie sich daher untereinander darüber verständigen werden. Zugleich trifft das Schlussprotokoll Vorsorge für den Fall, dass eine solche Einigung unter den Kirchen nicht zustande kommen sollte: Dann sollen die jeweils fälligen Gelder nach den Vorschriften der Hinterlegungsordnung hinterlegt werden. Bei ausgeschlossener Rücknahme wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den empfangszuständigen Gläubiger geleistet hätte (siehe § 378 BGB). Aufgrund von Art. 17 des Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 23. November 2007 trat die hier in Bezug genommene Hinterlegungsordnung mit Wirkung zum 1. Dezember 2010 außer Kraft. Ihr folgten die von den jeweiligen Bundesländern erlassenen Hinterlegungsgesetze, für Sachsen das Sächsische Hinterlegungsgesetz vom 11. Juni 2010 (SächsGVBl. S. 154). Es regelt das sog. formelle Hinterlegungsrecht, die Zuständigkeiten und das Verfahren (Annahme, Verwaltung und Herausgabe). Man wird in ergänzender Vertragsauslegung davon auszugehen haben, dass die Sächsische Hinterlegungsordnung nach dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien an die Stelle der außer Kraft getretenen Hinterlegungsordnung von 1937 treten soll, zumal sie sich inhaltlich kaum unterscheiden. 4. Brandenburg Art. 13: (1) Das Land zahlt den Kirchen anstelle früher geleisteter Zahlungen für Zwecke des Kirchenregiments, der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie anstelle anderer, früher auf besonderen Rechtstiteln beruhender Zahlungen einen Gesamtzuschuss als Leistungen des Landes an die Kirchen nach Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 Satz 1 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sowie Artikel 37 37

BGBl I S.2034. SächsGVBl S. 3. 39 BGBl I S. 3020. 40 BGBl I S. 1457, 1458. 38

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Artikel 13 – Staatsleistung

Abs. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg. Die Gesamtleistung beträgt jährlich 17 Millionen Deutsche Mark und wird zum 31. März eines jeden Jahres gezahlt, erstmals für das Jahr 1997. Ändert sich in der Folgezeit die Besoldung der Beamten im Staatsdienst, so ändert sich die in Satz 2 festgesetzte Summe in entsprechender Höhe. Zugrunde gelegt wird das Eingangsamt für den höheren nichttechnischen allgemeinen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, siebente Dienstaltersstufe, verheiratet, 2 Kinder. Unbeschadet der Regelung nach Satz 3 und 4 werden die Vertragsparteien nach fünf Jahren eine Erhöhung des Betrages nach Satz 2 prüfen. Schlussprotokoll: Die bisher direkt an die Kirchengemeinde Neuzelle gezahlten Staatsleistungen sowie die Versorgungslasten der beamteten Seelsorger in Justizvollzugsanstalten sind Bestandteil der Pauschale. Die Kirchen werden den Betrag nach Absatz 1 zur Begleichung unmittelbar fälliger Verbindlichkeiten verwenden. Zur Überprüfung der Leistungen des Landes nach fünf Jahren wird ein besonderer Briefwechsel vereinbart. (2) Zur Sicherung des Bestandes des Domstiftes Brandenburg – insbesondere für die Erhaltung der Gebäude und der Gegenstände, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben – zahlt das Land einen Betrag von jährlich 2 Millionen Deutsche Mark. Der Betrag wird jeweils auf Anforderung der Kirche gezahlt, erstmals für das Jahr 1997. Nach fünf Jahren werden die Vertragsparteien diesen Bedarf überprüfen. (3) Das Land unterstützt die Unterhaltung der Bausubstanz kirchlicher Gebäude, insbesondere des Klosters Lehnin und der Stifte Lindow, Marienfließ und Zehdenick, durch Bereitstellung eines Betrages von jährlich 3 Millionen Deutsche Mark. Die Vergabe der Mittel erfolgt durch das für die Angelegenheiten der Kirchen zuständige Ministerium. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Das Land wird darauf hinwirken, dass Baumaßnahmen im Sinne von Absatz 3 auch aus Mitteln der kommunalen Gebietskörperschaften und aus sonstigen öffentlichen Mitteln unterstützt werden.

Regierungsbegründung Absatz 1 dient der Konkretisierung der den Kirchen nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs.1 WRV sowie nach Art. 37 Abs. 2 LV zustehenden Leistungen. Die nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Satz 1 WRV; Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LV vorgesehene Ablösung ist nicht möglich, da die Aufstellung der Grundsätze für diese Ablösung dem Bund vorbehalten ist (Art. 138 Abs. 1 Satz 2 WRV) und dies bisher nicht erfolgt ist. Eine derartige Ablösung würde eine Aufhebung unter Erbringung einer Gegenleistung erfordern und nicht etwa einen entschädigungslosen Untergang der Leistungen gegen den Willen des berechtigten Rechtsträgers darstellen. Sie würde daher hohe finanzielle Belastungen mit sich bringen und wird vom Land deshalb auch nicht angestrebt. Die Staatsleistungen beruhen historisch auf zwei Quellen: der Finanzierung des sog. „Kirchenregiments“, also der in Zeiten des Staatskirchentums hoheitlich wahrgenommenen kirchenleitenden Aufgaben, und der Gewährung eines Zuschusses zur Pfarrbesoldung und -versorgung. Als nach Abschaffung des Staatskirchentums die kirchenleitenden Aufgaben von einer staatlichen zu einer kirchlichen Aufgabe wurden, konnte die Finanzierung schon nach dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben nicht ohne weiteres eingestellt werden. Deshalb wurde durch

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Art. 138 WRV die Pflicht festgeschrieben, die Leistungen bis zu einer Ablösung weiterhin zu erbringen. Die Bezuschussung der Pfarrbesoldung und -versorgung war notwendig geworden, weil vielen Pfarreien infolge der Einziehung umfangreichen Kirchenguts die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen worden war und der von diesem Gut nutznießende Staat hierfür einen Ausgleich zu erbringen hatte. Daneben können eine Reihe weiterer vermögensrechtlicher Ansprüche der Kirchen gegen den Staat bestehen wie z. B. Holzrechte, Umzugskostenentschädigungen, Predigerwitwen, Mietentschädigungen, Zuschüsse zur Emeriten-Besoldung usw. Diese Ansprüche sind im Einzelnen hinsichtlich ihres Bestehens und ihres Umfangs schwer überschaubar. Durch den Vertrag werden sie abgelöst. Zur Gewährleistung beiderseitiger Planungssicherheit wird eine Pauschalsumme vereinbart. Diese Pauschalsumme liegt unter der Summe der kirchlicherseits geltend gemachten Ansprüche; allein die Kostentragung des Kirchenregiments und die drittelweise Bezuschussung der Pfarrbesoldung und -versorgung ergäbe nach Angaben der Kirche eine Summe von ca. 35 Mio. DM. Eine solche einvernehmliche Ersetzung aller vermögensrechtlichen Ansprüche der Kirche ist – im Gegensatz zu einer unzulässigen einseitigen Einstellung der Leistungserbringung durch das Land – verfassungsrechtlich unbedenklich und entspricht im Übrigen auch der Vertragspraxis der anderen Länder. Die Pauschalsumme nach Absatz 1 ist jeweils zum 31. März [1996; richtig: des jeweiligen Jahres; C.H.] zu erbringen. Die Kirchen haben gegenüber den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen im Bereich der Besoldung und Versorgung in Vorlage zu treten. Deshalb ist zum 31. März jeden Jahres ein nicht durch Einnahmen ausgleichbarer kassenmäßiger Bedarf gegeben, der die vollständige Inanspruchnahme des vom Land gewährten Betrages zur Folge hat. Im Schlussprotokoll wird klargestellt, dass die Kirchen den Betrag nicht für die Bildung von Rücklagen verwenden, sondern allein für die Begleichung unmittelbar fälliger Verbindlichkeiten heranziehen. Das Land hat eine Stiftung „Stift Neuzelle“ gegründet. Die historischen Ansprüche der Kirchengemeinde Neuzelle werden durch die Stiftung nicht übernommen. Diese Ansprüche werden durch die Pauschale abgegolten. Um diesen Umstand klarzustellen, werden die Ansprüche der Kirchengemeinde Neuzelle im Schlussprotokoll gesondert angesprochen. Weiterhin wird im Schlussprotokoll auf die Versorgungslasten der Seelsorger in Justizvollzugsanstalten hingewiesen. Dieser Hinweis ist erforderlich, weil unter Nr. 3 der Vereinbarung zwischen dem Land Brandenburg und der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg zur Ausführung der Vereinbarung vom 2. 12. 1993 über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten vereinbart worden ist, dass die Versorgungslasten der beamteten Gefängnisseelsorger endgültig im Rahmen des Staatskirchenvertrages geregelt werden. Die Regelung wird in der Weise getroffen, dass die Versorgungslasten in der Pauschale enthalten sind. In Absatz 1 Satz 3 und 4 ist die in Staatskirchenverträgen übliche Gleitklausel enthalten, die die Leistungen von der Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst abhängig macht. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Staatsleistungen historisch auf die Übernahme von Personalkosten zurückgehen. Die Gleichbehandlung des staatlichen und des kirchlichen öffentlichen Dienstes ist der Natur der Sache nach gerechtfertigt.

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Artikel 13 – Staatsleistung

Da die festgesetzte Summe erheblich unter den Erwartungen der Kirche liegt, werden die Parteien unabhängig von einer Erhöhung der Pauschale aufgrund der Gleitklausel nach fünf Jahren gemeinsam prüfen, ob eine Erhöhung des Betrages zu vereinbaren ist. In Absatz 2 wird darüber hinaus die Gewährung von Leistungen vorgesehen, die zweckgebunden für die Erhaltung des Domstifts Brandenburg und seiner kulturellen Substanz, insbesondere der baulichen Substanz des Brandenburger Doms, einzusetzen sind. Das Domstift Brandenburg hat für die Geschichte des Landes Brandenburg seit Beginn der deutschen Besiedlung der Mark eine herausgehobene Bedeutung („Wiege der Mark“). Daher tritt das Land in besonderem Maße für seine Erhaltung ein. Nach Absatz 3 stellt das Land einen Betrag von 3 Mio. DM jährlich für Maßnahmen zur Unterhaltung der Bausubstanz kirchlicher Gebäude zur Verfügung. Grund hierfür ist die Erwägung, dass für die Durchführung der kirchlichen Arbeit das Vorhandensein funktionsfähiger Räumlichkeiten Voraussetzung ist. Die Weiterführung der kirchlichen Arbeit liegt auch im Interesse des Landes, insbesondere in den Landesteilen, in denen die Kirche ein Faktor von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung ist. Die kirchliche Gebäudesubstanz ist weithin zerfallen, da die Verwaltungsbehörden der DDR Erhaltungsmaßnahmen bewusst behindert haben (beispielsweise durch die Verweigerung von Baugenehmigungen u. ä.), um die Arbeitsfähigkeit der Kirchen zu schwächen. Das Land ist bemüht, zur Beseitigung der Folgen dieser Politik beizutragen. Die Stifte Lindow, Marienfließ und Zehdenick sowie das Kloster Lehnin werden beispielhaft aufgeführt. Die Stifte befanden sich ursprünglich in staatlichem Besitz und wurden erst nach 1945 auf staatlichen Wunsch kirchlicher Nutzung zugeführt. Das Land will deshalb zum Erhalt der baulichen Substanz beitragen. Der in Absatz 3 genannte Betrag wird der Kirche nicht insgesamt zur Verfügung gestellt, sondern von dem für die Angelegenheiten der Kirchen und Religionsgemeinschaften zuständigen Ministerium im Einzelfall nach den für Projektförderungen geltenden Grundsätzen ausgereicht. Die Kirche kann nicht allein mit Unterstützung des Landes die Erhaltung der kirchlichen Bausubstanz sicherstellen. Hierzu bedarf es vielmehr des Eintretens weiterer Geldgeber, auch der Kommunen. Das Land wird sich deshalb dafür einsetzen, dass die Kirche auch von Dritten Mittel erhält. Die Kommunen sind gehalten, die jährlichen Landeszuweisungen aufgrund des Gemeindefinanzierungsgesetzes auch zugunsten der Erhaltung kirchlicher Gebäude einzusetzen. Da nicht feststeht, ob die in Absatz 2 und 3 genannten Beträge auch zukünftig in gleicher Höhe benötigt werden, werden die Parteien nach fünf Jahren gemeinsam überprüfen, ob der Bedarf in dieser Höhe fortbesteht. Sofern dies nicht der Fall ist, wird eine Anpassung des Betrages vereinbart.

Kommentierung Art. 13 Abs. 1 stellt nach dem Vorbild des Art. 13 Abs. 1 – 3 des Wittenberger Vertrags die Staatsleistungen (kirchenregimentliche Dotationen, Pfarrbesoldung und -versorgung sowie alle „anderen, früher auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Zahlungen“) auf eine neue vertragliche Grundlage und ersetzt die Vielzahl einzelner Staatsleistungsansprüche durch einen pauschalierten Gesamtzuschuss.

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Die Einbeziehung von Versorgungslasten der beamteten Seelsorger in Justizvollzugsanstalten (Schlussprotokoll zu Art. 13 Satz 1), die keinen Staatsleistungscharakter haben, in diese Abgeltungsregelung erscheint nicht sachgerecht.41 Ausweislich der Regierungsbegründung sollen auch alle anderen vermögensrechtlichen Ansprüche der Kirchen gegen den Staat („wie z. B. Holzrechte, Umzugskostenentschädigungen, Predigerwitwen, Mietentschädigungen, Zuschüsse zur Emeriten-Besoldung usw.“), die im Einzelnen hinsichtlich ihres Bestehens und ihres Umfangs schwer überschaubar seien, mit dem Gesamtzuschuss nach Art. 13 Abs. 1 abgelöst werden. Auch hierbei handelt es sich nicht um Staatsleistungen im eigentlichen Sinne. Der Gesamtzuschuss, der zunächst, beginnend mit dem Jahr 1997, jährlich 17 Millionen DM beträgt, ist dynamisiert und mit der üblichen Gleitklausel an die Entwicklung der Beamtenbesoldung gekoppelt. Die Auszahlung erfolgt nicht in monatlichen Raten, sondern in der Gesamtsumme jeweils zum 31. März jeden Jahres. Um den Kirchen, die mit der Höhe des Gesamtzuschusses nicht zufrieden waren, die Zustimmung zu dieser Regelung zu erleichtern, sieht Art. 13 Abs. 1 S. 5 vor, dass die Vertragsparteien unabhängig von einer Erhöhung der Pauschale aufgrund der Gleitklausel nach fünf Jahren gemeinsam prüfen, ob eine Erhöhung des Betrages vereinbart werden soll. Für diese Prüfung des Gesamtzuschusses wird im Schlussprotokoll (zu Art. 13 Satz 3) ein Briefwechsel vereinbart. Angesichts der Zweckfreiheit der Staatsleistungen problematisch erscheint die im Schlussprotokoll (zu Art. 13 Abs. 1 Satz 2) enthaltene Vorgabe, nach der die Kirchen den Gesamtzuschuss nach Absatz 1 zur Begleichung unmittelbar fälliger Verbindlichkeiten verwenden werden, also damit keine Rücklagen bilden dürfen. Die Mittelverwendung ist bei Staatsleistungen in die selbstbestimmte Entscheidungsmacht der Kirchen gestellt. Allerdings besteht aufgrund der Regelung zur Zahlungsmodalität ohnehin die Notwendigkeit für die Kirchen, zur Befriedigung von Besoldungs- und Versorgungsansprüchen in Vorlage zu treten, so dass mit dieser Regelung die Kirchen wohl nicht zu etwas verpflichtet werden, was sie nicht ohnehin tun müssten. Zur Befriedigung eines Sonderbedarfs – der Sicherung des Bestandes des Domstiftes Brandenburg – zahlt das Land Brandenburg ab 1997 jährlich auf Anforderung der Kirche zusätzlich 2 Millionen DM. Nach fünf Jahren soll überprüft werden, ob der Bedarf noch in gleicher Höhe besteht. Andernfalls soll eine entsprechende Anpassung erfolgen.

41 Kritisch U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 304. Dass diese Versorgungslasten im Vertrag mit geregelt werden sollten, bestimmte allerdings in der Tat Ziff. 3 der Vereinbarung zwischen dem Land Brandenburg und der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg zur Ausführung der Vereinbarung vom 2. Dezember 1993 über die Seelsorge in Justizvollzugsanstalten (siehe die Kommentierung zu Art. 12 – Anstaltsseelsorge).

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Artikel 13 – Staatsleistung

Schließlich bestimmt Art. 13 Abs. 3 in vergleichbarer Weise, dass das Land für die Unterhaltung der Bausubstanz bestimmter kirchlicher Gebäude, insbesondere des Klosters Lehnin und der Stifte Lindow, Marienfließ und Zehdenick, einen weiteren Betrag von jährlich 3 Millionen DM bereitstellt; auch hier erfolgt nach fünf Jahren die Überprüfung und ggf. Anpassung des Leistungsumfangs. Die Auskehrung der Mittel erfolgt durch das für die Angelegenheiten der Kirchen und Religionsgemeinschaften zuständige Ministerium für Baumaßnahmen im Einzelfall nach den für Projektförderungen geltenden Grundsätzen. Die Kommunen, auf deren Gebiet sich die fraglichen kirchlichen Gebäude befinden, sollen sich nach dem Willen des Landes an der Bauunterhaltung beteiligen. Sie werden angehalten, die jährlichen Landeszuweisungen aufgrund des Gemeindefinanzierungsgesetzes auch zugunsten der Erhaltung kirchlicher Gebäude einzusetzen.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 20: Der Freistaat zahlt zur Abgeltung der Ansprüche der Bistümer aus Staatsleistungen einen jährlichen Gesamtbetrag in Höhe von 1.000.000. DM. Dieser Betrag ändert sich entsprechend den nach dem 31. Dezember 1993 wirksam werdenden Änderungen der Besoldung der Beamten im Staatsdienst. Schlussprotokoll: a) Zwischen den Vertragsparteien besteht Übereinstimmung, dass von der getroffenen Abgeltungsklausel sämtliche Ansprüche aus der Staatsleistungsgarantie gemäß Artikel 109 Abs. 4 Sächsischer Verfassung in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 und gemäß Artikel 112 Abs. 1 Sächsischer Verfassung erfasst sind. Damit entfallen diese Ansprüche unabhängig davon, ob die entsprechenden Rechtsgrundlagen den Parteien bei Vertragsschluss bereits bekannt waren. Die Ansprüche aus staatlichen Baulastverpflichtungen gemäß Artikel 17 dieses Vertrages bleiben unberührt. b) Die Mittel stehen zur freien Verfügung der Bistümer. Die Bistümer regeln die Verteilung des Gesamtbetrages unter sich. Eine Prüfung der Verwendung dieser Mittel durch staatliche Stellen findet nicht statt. c) Die Zahlungen erfolgen in zwölf Monatsraten auf ein vom Bistum Dresden-Meißen zu benennendes Konto, das dem zuständigen Staatsministerium bekanntgegeben wird. Eine Leistung auf dieses Konto erfolgt, nachdem die Bistümer dem zuständigen Staatsministerium gegenüber ihre Einigung über die interne Verteilung der Beträge schriftlich mitgeteilt haben. Diese Mitteilung ist für den Freistaat bindend, solange sie nicht von einem der beteiligten Bistümer gegenüber dem zuständigen Staatsministerium widerrufen wird. Soweit keine Einigung zwischen den Bistümern besteht, sind die jeweils fälligen Gelder nach den Vorschriften der Hinterlegungsordnung vom 10. März 1937 (RGBl. I S. 285), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. August 1990 (BGBl. I S. 1765), zu hinterlegen. d) Für die Jahre 1991 und 1992 verbleibt es bei den bislang geleisteten Abschlagszahlungen. Von den Vertragsparteien werden keine Nach- oder Rückforderungen erhoben. Für das Jahr 1990 werden keine Zahlungen geleistet.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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e) Maßgebend ist die Besoldungsordnung für Beamte aus dem Beitrittsgebiet. Zugrundegelegt wird das Eingangsamt für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, 7. Dienstaltersstufe, verheiratet, zwei Kinder.

Regierungsbegründung Die Staatsleistungen sind durch das Grundgesetz (Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) sowie durch die Sächsische Verfassung (Artikel 112 Abs. 1, Artikel 109 Abs. 4 i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) gewährleistet. Nachdem die Staatsleistungen teilweise schon während der NS-Zeit und dann später in der DDR nicht mehr in Übereinstimmung mit den altrechtlichen Grundlagen erbracht wurden, ist aufgrund der langen Zeitspanne eine ausführliche und eingehende Neuberechnung erforderlich geworden. Maßgebliche Zielvorstellung für beide Parteien war dabei, dass die Staatsleistungen zunächst betragsmäßig festgelegt und dann auf eine neue Schuldgrundlage gestellt werden, um zukünftig Auseinandersetzungen um die Feststellung und Bewertung der zugrunde liegenden Ansprüche zu vermeiden. Damit wird zugleich eine erhebliche, für beide Seiten vorteilhafte, Vereinfachung erzielt. Die nun getroffene Regelung stellt für den festgelegten Gesamtbetrag eine eigenständige Schuldgrundlage dar. Hierdurch entfallen – wie im Schlussprotokoll unter a) ausdrücklich hervorgehoben wurde -die auf einzelnen Rechtstiteln beruhenden Ansprüche der Kirchen gegenüber dem Freistaat, soweit sie ihre Grundlage in der Staatsleistungsgarantie haben. Ausgenommen von der Gesamtabgeltung werden die – bislang nur bruchstückhaft erfassten – staatlichen Baulastverpflichtungen, die in Artikel 17 dieses Vertrages geregelt sind. Die Verteilung des Gesamtbetrages ist eine innere Angelegenheit der beteiligten Bistümer. Dementsprechend sieht der Kirchenvertrag eine interne Aufteilung der Gelder vor. Satz 1 legt als Gesamtbetrag eine Summe in Höhe von 1.000.000 DM fest. Zugrundegelegt wurde dabei die nachfolgend erläuterte Berechnung, die sich auf das Jahr 1992 bezieht und die deshalb bei den anzusetzenden Personalkosten von einem Besoldungsansatz in Höhe von 67 % der Westbesoldung als jährlichem Durchschnittsmittel ausgeht. Für die einzelnen Bistümer ergibt sich dabei folgendes: a) Bistum Dresden-Meißen (1) Aufwendungen für Gehalts- und Sachleistungen an den Bischof und die Ordinariatsverwaltung Diese Leistungen, die bereits vom früheren Königreich Sachsen und später dann vom ehemaligen Freistaat Sachsen gewährt wurden, beruhen auf Gewohnheitsrecht. Für die Feststellung der Höhe wurden die Ansätze im Haushaltplan für das Jahr 1928 zugrundegelegt, die eine Aufschlüsselung der betreffenden Leistungen enthielten. Gemäß dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 20. 12. 1932 wurde für die Sachkosten eine Erhöhung um 15 % und für die Ruhegehaltsaufwendungen eine um 25 % der im Haushaltsplan angesetzten Personalkostenzuschüsse vorgenommen. Nach einer vergleichenden Betrachtung der jeweiligen Besoldungsleistungen und entsprechender Aufwertung auf Grundlage von 67 % der Westbesoldung war insoweit ein Gesamtbetrag in Höhe von 417.792,50 DM anzusetzen.

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Artikel 13 – Staatsleistung

(2) Staatsleistungen zugunsten einzelner Pfarreien und kirchlicher Institute im Bistum: Anzusetzende Staatsleistungen waren die Stolgebühren (Gesetz vom 22. 05. 1876) sowie die auf Gewohnheitsrecht beruhenden Besoldungszuschüsse für Geistliche, die Beiträge für die Besoldung der Geistlichen in Schirgiswalde und Neuleutersdorf sowie die pauschalen Tagegelder für Krankenbesuche. Da bezüglich der Stolgebühren zugunsten der evangelischen Landeskirche Sachsens durch das Urteil des Staatsgerichtshofes vom 20. 12. 1932 eine entsprechende betragsmäßige Festlegung erfolgt ist, wurde für sämtliche vorstehend aufgeführten Leistungen ein entsprechendes Berechnungsverfahren gewählt. Daraus ergab sich – auf der Grundlage von 67 % Westbesoldung – ein Betrag in Höhe von 156.468,66 DM. (3) Stiftungsmäßige Leistungen: Noch bis 1945 wurden seitens des Staates Leistungen aufgrund von Stiftungen an das Bistum gewährt. Unabhängig von ihrer stiftungsrechtlichen Grundlage unterfallen diese Leistungen der Staatsleistunsgarantie aus Artikel 138 Abs. 1 WRV, weil der Staat historisch eine Zinszahlungspflicht übernommen hat, die sich mit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung verfassungsrechtlich verfestigt hat. Eine Aufwertung wurde nicht vorgenommen, weil Basis für diese Zahlungen ein fester Kapitalstock war. Entsprechend der Festlegung im Haushalt 1945 waren deshalb insgesamt 10.322,47 DM anzusetzen. Insgesamt ergab sich damit für das Bistum Dresden-Meißen auf der Grundlage des Jahres 1992 (67 % Westbesoldung) ein Anspruch in Höhe von 584.583,63 DM. Bei einem Ansatz von 100 % der Westbesoldung beläuft sich der Betrag auf 756.268 DM. b) Bistum Görlitz: Das Bistum gehört dem preußischen Rechtskreis an. Die Ansprüche unterscheiden sich deshalb in Art und Umfang von denen des Bistums Dresden-Meißen. (1) Aufwand für Domkapitel und Ordinariat: Maßgebliche Berechnungsgrundlage war insoweit das Preußenkonkordat aus dem Jahre 1929, das für die katholische Kirche in Preußen als Dotation insgesamt 2,8 Mio. Reichsmark festgesetzt hatte. Dieser Betrag wurde auf das einzelne Kirchenmitglied umgerechnet und mit der Zahl der im Gebiet des Bistums im Jahre 1950 lebenden Kirchenmitglieder multipliziert. Der so errechnete (nach der Kirchenmitgliederzahl auf das heutige Territorium entfallende Betrag) mußte entsprechend der Besoldungsentwicklung aufgewertet werden. Die ansatzfähigen Leistungen beliefen sich danach auf 83.656 DM. (2) Pfarrbesoldungszuschüsse: Pfarrbesoldungszuschüsse wurden in unterschiedlicher Höhe durch die preußischen Pfarrbesoldungsgesetze (Gesetze vom 02. 07. 1898, 17. 12. 1920, 07. 08. 1922, 25. 05. 1926, 30. 04. 1928 und 03. 07. 1931) festgelegt. Diese Gesetze stellen zwar nicht in ihrer jeweiligen Höhe, aber dem Grunde nach Staatsleistungen im Sinne des Artikels 138 Abs. 1 WRV dar. In Übereinstimmung mit dem Gutachten des Senats von Berlin aus dem Jahre 1960 (Seite 10) wurde als verfassungsrechtlich verfestigter Durchschnittswert von einem Erstattungssatz in Höhe von einem Drittel ausgegangen. Auf der Grundlage des vom Bistum Görlitz mitgeteilten Gesamtbesoldungsaufwands ergab sich damit ein ansatzfähiger Betrag in Höhe von 224.174,11 DM.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(3) Zuschüsse zur Altersversorgung: Für die Zuschüsse zur Altersversorgung, die in den Pfarrbesoldungsgesetzen ausdrücklich eingeschlossen war, gelten dieselben Grundsätze wie für Pfarrbesoldungszuschüsse. Auch insoweit wurde der Ansatz in Höhe eines Drittels für angemessen erachtet. Danach errechnete sich unter Zugrundelegung der von dem Bistum angegebenen Aufwendungen ein Betrag in Höhe von 34.762,24 DM. Die Gesamtsumme beläuft sich auf der Grundlage von 67 % der Westbesoldung für das Jahr 1992 auf 342.592, 82 DM. Aufgewertet auf 100 % entspricht dies 498.982,43 DM. c) Bistum Magdeburg Ebenso wie das Bistum Görlitz entstammt das Bistum Magdeburg dem preußischen Rechtskreis. Es ergeben sich deshalb dieselben Berechnungsansätze wie bei dem Bistum Görlitz. Eine Ausnahme besteht insoweit, als das Bistum Magdeburg keine Leistungen für die Altersversorgung seiner Pfarrer erbringt. Für das Bistums Magdeburg war deshalb anzusetzen: 1. Aufwand für Domkapitel und Ordinariat – 38.285,82 DM, 2. Pfarrbesoldungszuschüsse – 109.137,79 DM. Der Anspruch des Bistums für das Jahr 1992 bei 67 % der Personalkosten West beläuft sich auf 147.423,61 DM. Bei 100 % der Personalkosten entspricht dies 216.558,93 DM. Insgesamt errechnete sich ein Betrag zugunsten der katholischen Kirche im Freistaat auf der Basis des Jahres 1992 (67 % Besoldung) in Höhe von 1.074.599 DM. Aufgewertet auf das Niveau West (100 % Besoldung) entsprach dies 1.471.809 DM. Für das Jahr 1993, das Grundlage für die kirchenvertragliche Festlegung bilden sollte, war die allgemeine Erhöhung der Beamtenbesoldung und der Anstieg der Ostbesoldung (im Jahresdurchschnitt 77 % der Westbesoldung) zu berücksichtigen. Gleichzeitig war zugunsten des Bistums Magdeburg bezüglich zukünftiger Leistungen für die Altersversorgung eine pauschale Kompensation einzubeziehen. Im Hinblick auf die allgemein angespannte wirtschaftliche Lage und die schwierige finanzielle Situation des Freistaates Sachsen wurde ein Abschlag vorgenommen und einvernehmlich zwischen den Parteien der gerundete Betrag von 1.000.000 DM festgelegt. Gleichzeitig wurde – Schlussprotokoll unter d) – bestimmt, dass durch die Abschlagszahlungen für 1991 und 1992, die seitens des Staatsministeriums für Kultus ausbezahlt wurden, die Ansprüche aus Staatsleistungen erfüllt sind und beiderseits keine Forderungen mehr erhoben werden. Für das Restjahr 1990 werden keine Staatsleistungen gezahlt. Im Schlussprotokoll – unter b) – wurde klargestellt, dass ein Verwendungsnachweis nicht zu fordern ist, weil dies grundsätzlich dem Charakter einer Staatsleistung widerspräche. Diese verlangt – im Gegensatz zu einer Subvention – keine konkrete Zweckbestimmung. Im Übrigen würde es dem Grundgedanken der Gesamtabgeltung zuwiderlaufen, wenn die aus alten Rechtstiteln abgeleiteten Verwendungszwecke staatlicherseits überprüft werden müssten. Satz 2 des Vertrages regelt in Verbindung mit dem Schlussprotokoll unter e) das Verfahren der Anpassung der Höhe des Gesamtbetrages an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung. Entsprechend der Regelung in Kirchenverträgen anderer Bundesländer wurde als Parameter einheitlich die Veränderung der Beamtengehälter gewählt, zumal der Sachkostenanteil nicht erheblich ins Gewicht fiel. Durch die Anlehnung an die für Beamten aus dem Beitrittsgebiet geltenden Besoldungsregelungen ist sichergestellt, dass sowohl allgemeine Besoldungserhöhungen als auch Anhebungen der Ostbesoldung Berücksichtigung finden.

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Artikel 13 – Staatsleistung

Das Schlussprotokoll legt unter c) eine monatliche Zahlungsweise und die Zahlungsmodalitäten fest. Um zu verhindern, dass der Freistaat möglicherweise in Streitigkeiten zwischen den einzelnen Bistümern über die Verteilung der Gelder verwickelt wird, sind im Schlussprotokoll unter c) Sätze 3 und 4 entsprechende Schutzregelungen getroffen worden.

Kommentierung Art. 20 entspricht inhaltlich Art. 14 des Evangelischen Kirchenvertrages Sachsen, auf den hinsichtlich der Kommentierung verwiesen wird. 2. Thüringen Art. 23: (1) Der Freistaat Thüringen zahlt an die Katholische Kirche anstelle früher gewährter Dotationen der Diözesen und Diözesananstalten und von Zuschüssen für die Pfarrbesoldung und -versorgung, anstelle aller Geld- und Sachleistungen aufgrund staatlicher Baulastverpflichtungen an Gebäuden im kirchlichen Eigentum sowie anstelle aller anderen auf älteren Rechtstiteln beruhenden Zahlungen einen jährlichen Gesamtzuschuss (Staatsleistung). Die Katholische Kirche stellt den Freistaat Thüringen von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden bzw. die Pfarreien, insbesondere aus Baulastpflichten, frei. Über die Staatsleistung hinaus werden weitere Leistungen an die Katholische Kirche und ihre Kirchengemeinden bzw. Pfarreien nur erbracht, wenn sie in diesem Vertrag oder den allgemeinen Gesetzen vorgesehen sind. (2) Die Staatsleistung beträgt 1997 998.000 DM für die Abgeltung der Baulasten, 5.056.000 DM für die Abgeltung aller anderen älteren Titel. (3) Ändert sich nach dem 1. Januar 1997 die Besoldung der Beamten im Staatsdienst, so ändert sich die Staatsleistung auf der Grundlage der für das Jahr 1997 vereinbarten Höhe entsprechend. Zugrunde gelegt wird das Eingangsamt für den höheren nichttechnischen allgemeinen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, 7. Dienstaltersstufe, verheiratet, 2 Kinder. (4) In den Jahren 1998 bis 2001 erfolgt darüber hinaus eine Erhöhung der Staatsleistung für die Abgeltung von Baulasten in Höhe von jährlich 225.000 DM. (5) Durch Vereinbarung der Bistümer untereinander wird die Staatsleistung auf die Bistümer aufgeteilt. Die Vereinbarung ist dem zuständigen Ministerium anzuzeigen. (6) Die Staatsleistung wird mit einem Zwölftel des Jahresbeitrages jeweils monatlich im Voraus unter Berücksichtigung der Vereinbarung nach Absatz 5 an die Bistümer gezahlt. Schlussprotokoll: Ein Nachweis über die Verwendung der Mittel ist nicht erforderlich. (7) Für eine Ablösung der Staatsleistung gilt Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung.

Regierungsbegründung In Artikel 23 sind die Staatsleistungen an die Katholische Kirche behandelt. Durch die getroffenen genannten Regelungen konnte Einigkeit über die bestehenden unterschiedlichen Auffassungen über geltend gemachte historische Ansprüche der Katholischen Kirche gegenüber dem

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Freistaat Thüringen auf die Gewährung von Staatsleistungen hergestellt werden. Mit dem Basisjahr 1997 wird nunmehr der Rechtsanspruch der Katholischen Kirche auf Staatsleistungen eingeräumt. Der Umfang der Bindungswirkung der vorkonstitutionellen Verträge und Gesetze für den Freistaat Thüringen ist nicht abschließend geklärt. Es ist Ziel dieses Vertrags, unter Beachtung von Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 und Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung eine einvernehmliche Regelung zu erzielen, die einerseits das kirchliche Selbstbestimmungsrecht wahrt, andererseits Staatsleistungen auf eine neue Rechtsgrundlage stellt und abschließend regelt. In diesem Zusammenhang konnte eine Freistellung des Freistaats Thüringen von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden, insbesondere aus Baulastpflichten, erzielt werden

Kommentierung Die Regelung des Art. 23 entspricht inhaltlich der des Art. 13 des Evangelischen Kirchenvertrags Thüringen, auf dessen Kommentierung verwiesen wird. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 20: (1) Das Land erfüllt durch Staatsleistungen an die Kirche seine Verpflichtungen gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes und Artikel 9 Absatz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 Satz 1 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919. (2) Das Land zahlt anstelle aller früher gewährten Dotationen für Kirchenleitungen, Pfarrerbesoldung und Pfarrerversorgung sowie anstelle aller anderen, auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Zahlungen einen Gesamtzuschuss an die Erzbistümer. (3) Der Gesamtzuschuss beträgt jährlich 750.000 Deutsche Mark und wird in monatlichen Raten gezahlt, erstmals für das Jahr 1996. (4) Ändert sich die Besoldung der Beamten im Landesdienst, so ändert sich der Gesamtzuschuss entsprechend. Als Berechnungsgrundlage dient das Eingangsamt für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst (Besoldungsgruppe A 13 des Bundesbesoldungsgesetzes, siebente Dienstaltersstufe). (5) Zur Abgeltung aller sonstigen vermögenswerten Ansprüche der Kirche und ihrer Einrichtungen, die nicht in diesem Vertrag oder in allgemeinen Gesetzen begründet sind, zahlt das Land den Erzbistümern einmalig 2 Millionen Deutsche Mark. (6) Die Erzbistümer einigen sich über die Verteilung der Staatsleistungen untereinander. Sie teilen das Ergebnis der Landesregierung mit.

Regierungsbegründung Absatz 1 erkennt die Verpflichtung des Landes aus Art. 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 Satz 1 der Weimarer Verfassung an, die Staatsleistungen an die Religionsgemeinschaften beizubehalten bis eine Ablösung erfolgt. Diese Ablösung muss nach Grundsät-

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zen des Bundes erfolgen, die bislang noch nicht aufgestellt sind und auf absehbare Zeit auch nicht zu erwarten sind. Erfasst sind die Staatsleistungen, die 1919 auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhten. Absatz 2 fasst alle früheren Leistungen aus den verschiedenen vertraglichen oder gesetzlichen Rechtstiteln des Landes Preußen für Vorpommern, soweit es heute zu Mecklenburg-Vorpommern gehört, und den beiden mecklenburgischen Großherzogtümern zusammen. In Preußen waren dies Zuschüsse für die zentralen Kirchenleitungen (mit dem Anteil berücksichtigt, der rechnerisch auf die wenigen katholischen Gemeinden in Vorpommern entfiel) und Pfarrerbesoldungszuschüsse. In den mecklenburgischen Herzogtümern waren das einzelne, dauernde Leistungen, zu denen sich die Großherzöge gegenüber der Katholischen Kirche verpflichtet hatten. Absatz 3 beziffert in heutiger Währung den Gesamtzuschuss. Er ist so errechnet, dass die historischen Verpflichtungen nach damaligem Wert in damalige Pfarrerbesoldungen umgerechnet wurde. Absatz 4 bestimmt das Amt A 13 zum Maßstab für eine Anpassung des Gesamtzuschusses. Dieser Maßstab ist sachgerecht, da der Gesamtzuschuss hauptsächlich historische Personalkostenzuschüsse ersetzt. Absatz 5 sieht zur Abgeltung aller sonstigen Ansprüche eine Einmalzahlung vor. Damit hat die Katholische Kirche auf die Nachforderung aller denkbaren Staatsleistungen, die vor Vertragsabschluss bestanden haben könnten, verzichtet. Die Einmalzahlung wird in vier Jahresraten ab 1998 gezahlt.

Kommentierung Die Regelung des Art. 20 entspricht inhaltlich der der Art. 14 und 15 des Evangelischen Kirchenvertrags Mecklenburg-Vorpommern. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen. 4. Sachsen-Anhalt Art. 18: (1) Das Land zahlt an die Katholische Kirche anstelle früher gewährter Dotationen für kirchenregimentliche Zwecke und Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie anderer auf älteren Rechtstiteln beruhenden Zahlungen einen Gesamtzuschuß (Staatsleistung). Die Staatsleistung umfaßt auch Zuschüsse auf Grund der Errichtung des Bistums Magdeburg. Die staatlichen Patronate sind aufgehoben. Schlussprotokoll: (1) Die Katholische Kirche beschließt über ihre Einnahmen und Ausgaben auf der Grundlage der für öffentliche Haushaltspläne geltenden Normen und unterliegt ausschließlich der Kontrolle durch kircheneigene unabhängige Prüfstellen. (2) Eine Prüfung der Verwendung der Mittel durch staatliche Stellen findet nicht statt. (2) Über diese Staatsleistung hinaus werden weitere Leistungen nur erbracht, wenn sie in diesem Vertrag oder in den allgemeinen Gesetzen vorgesehen sind.

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(3) Die Staatsleistung beträgt: 1991: 4.200.000,00 DM 1992: 5.300.000,00 DM Schlussprotokoll: (1) Ändert sich in der Folgezeit die Besoldung der Beamten im Staatsdienst, so ändert sich die Staatsleistung auf der Grundlage der für das Jahr 1992 vereinbarten Höhe entsprechend. Zugrunde gelegt wird das Eingangsamt für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung, 7. Stufe, zwei Kinder. (2) Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Gleitklausel für die Anpassung der Staatsleistung ab 1993 gilt und in jedem Haushaltsjahr wirksam wird. (3) Die Staatsleistung wird mit 1/12 des Jahresbetrages jeweils monatlich im Voraus an die Katholische Kirche gezahlt. (4) Für eine Ablösung der Staatsleistung gilt Artikel 140 des Grundgesetzes und Artikel 32 Absatz 5 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919.

Regierungsbegründung Staatsleistungen sind durch das GG (Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) sowie durch die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Art. 32 Abs. 5 Landesverfassung i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung) gewährleistet. Nachdem die Staatsleistungen teilweise schon während der NS-Zeit und dann später in der DDR nicht mehr in Übereinstimmung mit den altrechtlichen Grundlagen erbracht wurden, ist aufgrund der langen Zeitspanne eine ausführliche und eingehende Neuberechnung erforderlich geworden. Maßgebliche Zielvorstellung für beide Parteien war dabei, dass die Staatsleistungen zunächst betragsmäßig festgelegt und dann auf eine neue Schuldgrundlage gestellt werden, um zukünftig Auseinandersetzungen um die Feststellung und Bewertung der zugrundeliegenden Ansprüche zu vermeiden. Damit wird zugleich eine erhebliche, für beide Seiten vorteilhafte Vereinfachung erzielt. Die nun getroffene Regelung stellt für den festgelegten Gesamtbetrag eine eigenständige Schuldgrundlage dar. Hierdurch entfallen die auf einzelnen Rechtstiteln beruhenden Ansprüche der Kirche gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt, soweit sie ihre Grundlage in der Staatsleistungsgarantie haben. Ausgenommen von der Gesamtabgeltung werden die staatlichen Baulastverpflichtungen, die in Art. 15 dieses Vertrages geregelt sind. Die Verteilung des Gesamtbetrages ist eine innere Angelegenheit der beteiligten Bistümer. Die Staatsleistung umfaßt auch Zuschüsse aufgrund der Errichtung des Bistums Magdeburg. Gesonderte Zahlungen erfolgen diesbezüglich nicht. Abs. 1 S. 3 zieht einen Schlussstrich unter die hergebrachten Patronatsrechte, die nach allseitiger Überzeugung heute ganz überwiegend als überholt angesehen werden und allenfalls im dörflichen Bereich noch eine sinnvolle Rolle spielen. Die Zukunft der kommunalen Patronate bleibt Einzelverhandlungen mit den betroffenen Kommunen überlassen. Entsprechendes gilt für private Patronate. Dem Wegfall der staatlichen Unterhaltungspflichten wurde bei der Bemessung der Dotationen Rechnung getragen. Im Schlussprotokoll zu Abs. 1 wird in Übereinstimmung mit der Staatspraxis in den sogenannten alten Bundesländern sowie mit dem in der Präambel zum Ausdruck gebrachten Grundsatz

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der Unabhängigkeit der Kirchen eine Prüfung der Mittelverwendung, die wegen der Pauschalierung ohnehin nicht sinnvoll vorgenommen werden könnte, ausgeschlossen. Das Schlussprotokoll erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die kirchlichen Haushaltspläne öffentlich verhandelt werden und von jedermann eingesehen werden können. Der Charakter der Pauschalleistung wird durch Abs. 2 unterstrichen, demzufolge alle anderen als die im Vertrag ausdrücklich aufgeführten Zahlungspflichten als abgegolten zu betrachten sind. Damit entfällt künftig u. a. auch die Berufung auf die in Art. 4 des Preußenkonkordats aufgeführte Dotation des früheren Freistaates Preußen. Das gleiche gilt in Bezug auf die beiden Vereinbarungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Anhalt vom 04. Januar 1932 über die Erstattung der Pensionslasten für die größeren katholischen Schulen im Freistaat Anhalt und über die Staatsleistungen an die katholischen Kirchengemeinden. Von dem Ausschluss sind natürlich nur öffentlich-rechtliche Verpflichtungen betroffen, Verpflichtungen aufgrund von Eigentum oder privatrechtlichen Verträgen bleiben bestehen. Die in Abs. 3 für die Jahre 1991 und 1992 aufgeführten Summen leiten sich nicht aus Einzelberechnungen her, sondern sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Kirchen und der Landesregierung. Im Schlussprotokoll zu Abs. 3 ist im Abs. 1 die übliche Gleitklausel enthalten, womit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass sich die staatlichen Dotationen ganz überwiegend auf Personalausgaben beziehen. Wie bei den anderen Staatskirchenverträgen besteht Einigkeit zwischen den Vertragsparteien darüber, dass bei der Berechnung des Grundbetrages die für verheiratete Beamtinnen und Beamte mit zwei Kindern geltende Stufe des Familienzuschlages zugrunde zu legen ist. Die Gleitklausel gilt rückwirkend ab dem 01. 01. 1993. Damit wurde die Parität zwischen dem Vertrag mit den Evangelischen Kirchen hergestellt. Das Schlussprotokoll legt im dritten Absatz eine monatliche Zahlungsweise fest. Das Schlussprotokoll zu Abs. 3 im Abs. 4 verweist ebenfalls in Übereinstimmung mit den anderen Staatskirchenverträgen bezüglich der endgültigen Ablösung von Staatsleistungen auf die Verfassungsbestimmungen des Bundes und des Deutschen Reichs; das darin vorausgesetzte Gesetz ist bisher nicht erlassen worden.

Kommentierung Die Regelung des Art. 18 entspricht weitgehend der von Art. 13 des Wittenberger Vertrags. Die Staatsleistungen werden auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt und mit einem Gesamtzuschuss pauschaliert, der alle bisherigen Einzelansprüche konsumiert. Davon ausgenommen bleiben lediglich die staatlichen Baulastverpflichtungen (siehe Art. 15 Abs. 3 S. 2 des Vertrags). Demgegenüber ist dem mit der Aufhebung der staatlichen Patronate verbundene Wegfall der staatlichen Unterhaltungspflichten bei der Festsetzung des Gesamtzuschusses Rechnung getragen worden. 5. Brandenburg Art. 15: (1) Das Land zahlt der Katholischen Kirche anstelle früher geleisteter Zahlungen für Zwecke des Kirchenregiments, der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie anstelle anderer, früher auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhender Zahlungen einen Gesamtzuschuss. Die Gesamtleistung beträgt jährlich 1.000.000 EUR und wird jeweils mo-

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natlich im Voraus in Höhe eines Zwölftels des Gesamtbetrages gezahlt, erstmals für das Jahr 2004. Nach fünf Jahren werden die Vertragsparteien eine Erhöhung des Betrages nach Satz 2 prüfen. Schlussprotokoll: Der Gesamtzuschuss nach Absatz 1 wird erbracht als Leistung des Landes an die Katholische Kirche nach Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 Satz 1 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sowie Artikel 37 Absatz 2 der Verfassung des Landes Brandenburg. (2) Das Land unterstützt die Unterhaltung der Bausubstanz kirchlicher Gebäude durch Bereitstellung eines Betrages von jährlich 100.000 EUR. Die Vergabe der Mittel erfolgt durch das für die Angelegenheiten der Kirchen zuständige Ministerium. Nach fünf Jahren werden die Vertragsparteien diesen Betrag überprüfen. Art. 16: (1) Das Land zahlt der Katholischen Kirche für Zwecke der Katholischen Kirchengemeinde Neuzelle einen Betrag von jährlich 50.000 EUR. (2) Die Pflicht des Landes zur baulichen Unterhaltung der ehemaligen Stiftskirche in Neuzelle und das Recht der Katholischen Kirchengemeinde Neuzelle, diese uneingeschränkt als Pfarrkirche gemäß dem Kanonischen Recht zinsfrei zu nutzen, werden gewährleistet. Hierdurch wird eine Nutzung der Stiftskirche durch die Stiftung Stift Neuzelle nicht ausgeschlossen, soweit der sakrale Charakter des Hauses gewahrt bleibt. Die Kirchenbaulastverpflichtung wird durch die Stiftung Stift Neuzelle, im Falle von deren Auflösung durch ihren Rechtsnachfolger wahrgenommen. Schlussprotokoll: Eventuelle auftretende Meinungsverschiedenheiten über die Wahrung des sakralen Charakters des Hauses werden dem Bischof von Görlitz unterbreitet, der nach Würdigung aller Gründe entscheiden wird. (3) Weitere Ansprüche der Katholischen Kirchengemeinde Neuzelle gegen das Land, gegen die Stiftung Stift Neuzelle oder deren Rechtsnachfolger bestehen nicht.

Regierungsbegründung Zu Artikel 15 Absatz 1 dient der Konkretisierung der Leistungen, die der Katholischen Kirche nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 WRV sowie Art. 37 Abs. 2 LV zustehen. Die nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Satz 1 WRV sowie Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LV vorgesehene Ablösung ist nicht möglich, da dem Bund die Aufstellung der Grundsätze für die Ablösung vorbehalten ist (Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Satz 2 WRV) und dies bislang nicht erfolgt ist. Die Staatsleistungen wurzeln in den Säkularisierungen der Reformationszeit und der Zeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als der Staat durch Einziehung des Kirchengutes der Kirche ihre wirtschaftliche Grundlage entzog und dadurch sorgepflichtig wurde. Die Staatsleistung wurde historisch im Wesentlichen als Finanzierung des „Kirchenregiments“, also der kirchenleitenden Ämter und Aufgaben (Bischof, Weihbischof, Generalvikar, bischöfliches Ordinariat), und als Zuschuss zur Besoldung und Versorgung der Pfarrer (i. d. R. ca. ein Drittel des hierfür aufzubringenden Betrages) erbracht. Daneben existiert eine Fülle von nach Entstehungsgrund und Umfang kaum überschaubaren Ansprüchen auf Natural- und Geldleistungen. An die Stelle dieser historisch begründeten, durch die genannten verfassungsrechtlichen Verbürgungen bis zu einer Ablösung garantierten Leistungen tritt nach Absatz 1 Satz 1 eine pauschalierte jährliche Leistungsverpflichtung.

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Artikel 13 – Staatsleistung

Die Leistungshöhe nach Absatz 1 Satz 2 liegt weit unter den am historischen Maßstab und an der Parität mit der Evangelischen Kirche orientierten Erwartungen der Kirche. Mit Rücksicht auf die gegenwärtig geringe Leistungsfähigkeit des Landes wurde jedoch ein Betrag von nur einer Mio. vereinbart und auf die Aufnahme einer in Verträgen zwischen Staat und Kirche ansonsten üblichen „Gleitklausel“, wonach die Höhe der Staatsleistungen entsprechend der Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst anzupassen ist, verzichtet. Da hierin ein Entgegenkommen der Katholischen Kirche liegt, werden die Vertragsparteien nach fünf Jahren prüfen, ob eine Entspannung der finanziellen Lage des Landes eingetreten ist, die eine Erhöhung des Betrages ermöglicht. Nach Absatz 2 stellt das Land jährlich einen Betrag von 100.000,@ zur Erhaltung der Bausubstanz kirchlicher Gebäude zur Verfügung. Da Renovierung und Sanierung kirchlicher Gebäude in der Zeit der DDR durch Vorenthalten von Material, Verweigerung von Baugenehmigungen und in anderer Form bewusst behindert worden ist, ist die Substanz in vielfacher Weise geschädigt. Durch die Unterstützung von Baumaßnahmen will das Land zur Beseitigung der Folgen dieser Politik beitragen. Die Summe nach Absatz 2 wird nicht pauschal ausgereicht, sondern projektbezogen vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur zugewendet. Die Vergabe erfolgt in Absprache mit den (Erz-)Bistümern. Sofern Auswahlentscheidungen zu treffen sind, sind pastorale Bedürfnisse für die Nutzung bestimmter Gebäude vorrangige Auswahlkriterien. Die Kostenbeteiligung der Kirche wird erwartet, ebenso soll möglichst die finanzielle Beteiligung Dritter, insbesondere der Kommunen, angestrebt werden. Zu Artikel 16 Durch diese Bestimmung werden die Rechtsbeziehungen zwischen der Katholischen Kirchengemeinde Neuzelle und der Stiftung Stift Neuzelle geklärt. Die Stiftung ist Eigentümerin der von der Kirchengemeinde als Pfarrkirche genutzten Stiftskirche, der als Pfarrhaus genutzten ehemaligen Sommerabtei sowie verschiedener als Gartenflächen genutzter Liegenschaften. Nach der Säkularisierung des Katholischen Klosterstifts Neuzelle im Jahr 1817 wurden durch den preußischen Staat verschiedene Dotations- und Nutzungsrechte zugunsten der Katholischen Kirchengemeinde Neuzelle begründet, deren Fortdauer bzw. Umfang teilweise ungeklärt sind. Durch das Konkordat wird die zukünftige Rechtsausstattung klargestellt. Die in Absatz 1 genannte jährliche Dotation, die in Absatz 2 genannte Berechtigung zur Nutzung der Stiftskirche und die weiterhin in Absatz 2 genannte Kirchenbaulast stellen eine abschließende Aufzählung der aus den Säkularisierungsfolgen entstandenen kirchlichen Rechte in Bezug auf das Stift Neuzelle dar. Weitere Rechte bestehen nach Absatz 3 insoweit nicht. Dementsprechend werden über die sonstigen von der Katholischen Kirchengemeinde Neuzelle genutzten Liegenschaften der Stiftung Stift Neuzelle, insbesondere die als Pfarrhaus genutzte ehemalige Sommerabtei, Nutzungsvereinbarungen zwischen diesen Parteien geschlossen. Absatz 3 erfasst allein Rechte, die historisch begründet sind und sich unmittelbar oder mittelbar aus der Säkularisierung des vormaligen Klosterstifts ergeben, beispielsweise Naturalleistungsrechte und Rechte auf unentgeltliche Nutzung von Liegenschaften. Andere auf Gesetz, Vertrag oder anderen Rechtstiteln beruhende Ansprüche werden hiervon nicht erfasst, insbesondere wird die vertragliche oder sonstige Begründung neuer Rechtspflichten nicht ausgeschlossen. Die Stiftung Stift Neuzelle als Eigentümerin der Stiftskirche und Kirchenbaulastverpflichtete hat ein Interesse daran, die für das Ensemble in Neuzelle zentrale, kunst- und kulturhistorisch

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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bedeutsame Stiftskirche zu nutzen, beispielsweise zur Durchführung von Konzerten. In Absatz 2 Satz 2 wird klargestellt, dass die Stiftung Stift Neuzelle, die Eigentümerin der Stiftskirche ist, nicht aufgrund der Nutzung der Kirche durch die Kirchengemeinde von jeglicher eigenständigen Nutzung ausgeschlossen ist. Allerdings hat die kirchliche Nutzung Vorrang, und der vom katholischen Kirchenrecht bestimmte sakrale Charakter des Hauses darf durch die Art der von der Stiftung gewählten Nutzung nicht angetastet werden. Das kanonische Recht schließt indes die Veranstaltung von Konzerten, Ausstellungen und Besichtigungen nicht aus. In Zweifelsfällen obliegt dem Bischof von Görlitz die Feststellung der Vereinbarkeit einer von der Stiftung gewünschten Nutzung mit dem kanonischen Recht, aber solche Zweifelsfälle dürften eher selten sein.

Kommentierung Art. 15 entspricht im Wesentlichen Art. 13 Abs. 1 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg, auf dessen Kommentierung verwiesen wird. Anders als nach dem Evangelischen Kirchenvertrag erfolgt die Auszahlung des vereinbarten jährlichen Gesamtzuschusses von 1.000.000 EUR in monatlichen Raten. Eine dynamische Entwicklung des Gesamtzuschusses nach Maßgabe einer Gleitklausel ist nicht vorgesehen; auf die übliche Gleitklausel wurde mit Rücksicht auf die „gegenwärtig geringe Leistungsfähigkeit des Landes“ verzichtet. Als Kompensation soll die Überprüfung des Betrages nach fünf Jahren dienen (Art. 15 Abs. 1 S. 3). Das überzeugt nicht; weil dies – zusätzlich zur Gleitklausel – auch im Evangelischen Kirchenvertrag vorgesehen ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 S. 5). Zudem wird eine damit in Aussicht gestellte Erhöhung des Gesamtzuschusses davon abhängig gemacht, dass „eine Entspannung der finanziellen Lage des Landes eingetreten ist“. Zusätzlich leistet das Land als bescheidenen Beitrag zu Unterhaltung kirchlicher Gebäude jährlich 100.000 DM; diese Summe liegt weiter unter den Bauunterhaltungsleistungen des Landes nach Art. 13 Abs. 2 u. 3 des Evangelischen Vertrags, was sich auch nicht allein mit der geringen Anzahl katholischer Kirchen erklären lässt, sondern wiederum der Finanzlage des Landes geschuldet sein dürfte. Auch insoweit ist eine Überprüfung nach 5 Jahren vorgesehen. Artikel 16 enthält Sonderregelungen für die Katholische Kirchengemeinde Neuzelle. Es wird ein jährlicher Zuschuss von 50.000 EUR seitens des Landes gezahlt, das im Übrigen auch die Bauunterhaltung durch die Stiftung gewährleistet (Abs. 1 u. 2).

Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 14: (1) Die Kirchen, ihre Kirchengemeinden und Gliederungen sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen auf Grund von Steuerordnungen Kirchensteuern einschließlich Mindestbetragskirchensteuern sowie Kirchgeld zu erheben. (2) Für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) werden sich die Kirchen auf einen einheitlichen Zuschlagsatz einigen. (3) Die Kirchensteuerordnungen einschließlich ihrer Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse der Kirchensteuersätze bedürfen der staatlichen Anerkennung. (4) Die Kirchen werden ihre Beschlüsse über die Kirchensteuersätze der Landesregierung anzeigen. Sie gelten als anerkannt, wenn sie den anerkannten Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen. Art. 15: (1) Auf Antrag der Kirchen ist die Verwaltung (Festsetzung und Erhebung) der Landeskirchensteuer, soweit sie anerkannt ist, den Finanzämtern zu übertragen. Soweit die Steuer vom Arbeitslohn in Betriebsstätten im Land Sachsen-Anhalt erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, die Kirchensteuer nach dem anerkannten Satz einzubehalten und abzuführen. Schlussprotokoll: Die Kirchen sind damit einverstanden, dass das gesamte Aufkommen an Landeskirchensteuern in den Gebieten der einzelnen Landeskirchen einem einheitlichen Konto der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen zugeführt wird. Die Kirchenprovinz Sachsen teilt die erhaltene Kirchensteuer auf die einzelnen steuerberechtigten Landeskirchen nach Bestimmungen auf, die die Kirchenprovinz Sachsen mit diesen vereinbart. (2) Für die Verwaltung der Kirchensteuern erhält das Land eine Entschädigung, deren Höhe sich nach dem vereinnahmten Kirchensteueraufkommen richtet. Der jährliche Vomhundertsatz wird gesondert vereinbart. Die Finanzämter sind verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen und unter Berücksichtigung des Datenschutzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Auskunft zu geben. Schlussprotokoll: Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass mit der Zahlung dieser Entschädigung alle im Zusammenhang mit der Kirchensteuerverwaltung stehenden Leistungen abgegolten sind. (3) Die Vollstreckung der Kirchensteuer obliegt den Finanzämtern. Sie unterbleibt, wenn die Kirchen in besonders begründeten Einzelfällen darauf verzichten.

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Regierungsbegründung Zu Artikel 14 Der Artikel enthält in Absatz l das Kirchensteuerprivileg der Kirchen (vgl. Artikel 137 Abs. 6 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 in Verbindung mit Artikel 140 des Grundgesetzes). Die Einführung der Kirchensteuer erfolgte durch Anlage II Kap. IV Abschnitt I Nr. 5 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 in Verbindung mit § I des Verfassungsgesetzes vom 20. September 1990 (GBI. I S. 1627). Mindestbetragskirchensteuer, d. h. Steuer, die auch bei niedrigen Steuerleistungen mindestens zu zahlen ist, sowie Kirchgeld gelten als Unterfälle der Kirchensteuer; denkbar sind aber auch andere Abgabeformen. Die Absätze 2 bis 4 orientieren sich an den üblichen Kirchensteuerregelungen. Zu Artikel 15 Artikel 15 regelt die sog. Verwaltung – einschließlich Vollstreckung – der Kirchensteuer in herkömmlicher Weise. Die Aufteilung des Steueraufkommens auf die einzelnen Landeskirchen wird laut Schlussprotokoll auf Dauer von der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen vorgenommen. In Absatz 2 Satz 3 werden den Kirchen die notwendigen Auskünfte zugesichert; um allerdings allzu aufwendige Auskunftspflichten – etwa bezüglich des Steueraufkommens bestimmter Altersgruppen in bestimmten Orten – auszuschließen, wurden Einschränkungen vorgesehen. Absatz 3 überträgt die Einziehung der Kirchensteuer in hergebrachter Art den staatlichen Stellen. Dass den Kirchen die „Steuerhoheit“ dennoch erhalten bleibt, zeigt Satz 2, demzufolge die Kirchen – etwa in besonderen Härtefällen – auf die Durchführung der Vollstreckung Einfluss nehmen können; entsprechende Ersuchen brauchen aber nicht besonders begründet zu werden.

Kommentierung I. Art. 14 Abs. 1 erkennt das Steuerungserhebungsrecht der Kirchen an, wie es sich aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV sowie Art. 32 Abs. 5 Verfassung Sachsen-Anhalt ergibt. Darin liegt eine „zusätzliche Stärkung und Sicherung“.1 Das Besteuerungsrecht gehört zu den verfassungsunmittelbaren Befugnissen von Religionsgesellschaften, die an den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV anknüpfen. Der Staat ist verpflichtet, den Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus das Besteuerungsrecht als hoheitliche Befugnis zu verleihen. Die Kirchen sind daher nicht wie bürgerlich-rechtliche Vereine darauf angewiesen, Mitgliedsbeiträge nach Maßgabe des Zivilrechts zu erheben. Sie können vielmehr nach näherer Maßgabe landesrechtlicher Regelungen öffentlich-rechtlich Steuern von ihren Mitgliedern erheben, die nach herkömmlicher Praxis von der staatlichen Steuerverwaltung mit eingezogen werden. Damit unterstützt der Staat die korporierten Religionsgemeinschaften mit seiner Steuerverwaltung im Vollzug und bei der ggf. erforderlichen Vollstreckung. Für den damit verbundenen (Mehr-)Aufwand 1

H. Marré, Das kirchliche Besteuerungsrecht, HSKR, Bd. 1, 21994, S. 1101 (1113).

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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entschädigt die Kirche den Staat mit einer Pauschale aus dem Kirchensteueraufkommen. Da die „bürgerlichen Steuerlisten“, von denen Art. 137 Abs. 6 WRV spricht, nicht existieren, wird die Kirchensteuer im Regelfall als Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer erhoben. Es kommen aber auch andere Bemessungsgrundlagen alternativ oder kumulativ in Betracht. So wird mitunter neben der Kirchensteuer als Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer auch ein obligatorisches Kirchgeld ohne Anbindung an staatliche Steuertarife erhoben, und zwar auch von den Kirchenmitgliedern, die keine sonstige Kirchensteuer zahlen. Art. 14 Abs. 1 sieht darüber hinaus die Möglichkeit der Erhebung einer Mindestbetragskirchensteuer als neuer Kirchensteuerart vor.2 Den steuererhebenden Kirchen fällt dabei die Aufgabe zu, Art und Höhe der zu erhebenden Kirchensteuer, insbesondere die Hebesätze festzulegen. Die Festsetzung und Einziehung einschließlich der eventuell erforderlichen zwangsweiser Beitreibung wird dagegen regelmäßig den staatlichen Finanzämtern übertragen. Die Pflicht des Arbeitgebers, die Lohnsteuer einzubehalten und an den Staat abzuführen (§ 38 Abs. 3 S. 1 EstG), schließt den als Kirchensteuer erhobenen Zuschlag zur Lohnsteuer mit ein; darin liegt, da der Arbeitnehmer insoweit nicht unmittelbar für die Kirchen tätig, sondern für die staatliche Steuererhebung in die Pflicht genommen wird, kein Eingriff in die Religionsfreiheit, sondern lediglich eine Berufsausübungsregel, die grundrechtskonform ist.3 Wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung bedarf es neben den landesrechtlichen Bestimmungen über die Kirchensteuererhebung, die die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass kirchlicher Steuergesetze bilden, auch darauf aufbauender Steuerordnungen der Kirchen selbst, die ihre Geltungsgrundlage im Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 GG haben. Aus dem Zusammenspiel der aufeinander abgestimmten Regelungen von Staat und Kirche ergibt sich sodann der Steuertatbestand und die an ihn geknüpften Rechtfolgen. Die landesrechtlichen Bestimmungen, auf die in Art. 14 Abs. 1 verwiesen wird, sind im Kirchensteuergesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KiStG LSA) vom 7. Dezember 20014 enthalten.

2

Die dafür notwendige gesetzliche Grundlage wurde mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 des Zustimmungsgesetzes zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt vom 03. 02. 1994, GVBl. LSA S. 172, geschaffen. 3 Siehe dazu BVerfGE 19, 226 (240); Begründung der Staatsregierung zum Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen, LT-Drucks. 1/4649, S. 30 f.; Begründung der Landesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag zwischen dem Land Brandenburg und den evangelischen Landeskirchen, Begründung zu Art. 15, LT-Drucks. 2/3442, S. 43. 4 GVBl. LSA 2001, 557, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. November 2020 (GVBl. LSA S. 638).

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Ob die in Art. 14 Abs. 2 begründete Pflicht der Kirchen, sich für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) auf einen einheitlichen Zuschlagsatz zu einigen, bereits aus dem Gleichheitssatz folgt, ist umstritten. Das BVerfG hat eine unterschiedliche Höhe der Hebesätze innerhalb der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche für Kirchenglieder in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, die mit dem unterschiedlich hohen Durchschnittseinkommen begründet wurde, für gleichheitswidrig erachtet, weil die Anknüpfung der Kirchensteuer an die Einkommensteuer eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen gebietet.5 Die Entscheidung ist auf erheblichen Widerspruch in der Literatur gestoßen.6 Es ist allerdings fraglich, ob auch unterschiedliche Hebesätze verschiedener Landeskirchen in ein und demselben Land als gleichheitswidrig anzusehen sind. Dagegen spricht die Unabhängigkeit der jeweiligen Kirche mit je eigenem Selbstbestimmungsrecht im Sinne des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Man wird daher davon auszugehen haben, dass die Kirchen mit Art. 14 Abs. 2 insoweit eine über ihre Bindung an den Gleichheitssatz bei der Kirchensteuererhebung hinausgehende Pflicht zur Verständigung auf einen einheitlichen Hebesatz vertraglich übernommen haben. Dass sich das staatliche Interesse an dem Abstimmungsgebot „sachlich über die Begrenzung des staatlichen Verwaltungsaufwands rechtfertigen lässt“7, muss bezweifelt werden. Da der Staat für diesen Aufwand aus dem Kirchensteueraufkommen entschädigt wird, dürfte dieses Interesse das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen kaum überwiegen. Eine gesetzliche Regelung dieses Inhalts wäre daher selbstbestimmungswidrig. Die Kirchen können sich aber selbstverständlich vertraglich auf eine solche Regelung einlassen. Auch das ist Teil ihres Selbstbestimmungsrechts. Die Abstimmungspflicht bezieht sich nur auf die konfessionsgleichen kirchlichen Vertragspartner.8 Die Steuerordnungen der Kirchen sind zwar autonomes Satzungsrecht von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die kraft des den Kirchen zustehenden Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) erlassen werden. Das Kirchensteuerrecht gehört aber zu den gemeinsamen Angelegenheiten von Staat und Kirche (vgl. BVerfGE 19, 206 (217); 44, 37 (57); 73, 388 (399)).

5

BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19. August 2002 – 2 BvR 443/01 –, juris, Rn. 73 ff. Siehe die Nachweise bei M. Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 140 Rn. 112. 7 So H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 368. 8 Ebenso H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 368. 6

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Die Kirchensteuerordnung und die Kirchensteuerbeschlüsse bedürfen gemäß Art. 14 Abs. 3 der staatlichen Anerkennung als Voraussetzung ihrer Geltung in der staatlichen Rechtsordnung und für die staatliche Kirchensteuerverwaltung. Das Anerkennungserfordernis soll insbesondere die Übereinstimmung des kirchlichen Rechts mit den landesrechtlichen Kirchensteuergrundlagen gewährleisten. Nur bei Verstößen gegen das Landeskirchensteuergesetz oder anderes zwingendes Recht, namentlich Verfassungsrecht, darf die staatliche Anerkennung versagt werden.9 Die Religionsgemeinschaften sind bei Inanspruchnahme des Hoheitsrechts der Besteuerung an die grundgesetzliche Ordnung, vor allem an die Grundrechte, gebunden (vgl. BVerfGE 30, 415 (422)). Die Religionsgemeinschaften können nicht erwarten, dass der Staat ihnen seine Hoheitsgewalt zur Verfügung stellt oder sie bei der Durchsetzung von Maßnahmen unterstützt, wenn hierauf gerichtete staatliche Akte zu einer Grundrechtsverletzung führen dürften (vgl. F. Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 294). Aus der Verfassungsbindung der Kirchen bei der Ausübung der hoheitlichen Befugnis der Steuererhebung folgt nicht nur, dass die Prüfung, ob die kirchlichen Steuernormen rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügen, im Streitfall den staatlichen Gerichten obliegt. Vielmehr wird man daraus auch auf eine Befugnis des Staates schließen dürfen, die Steuerordnungen insoweit einer vorsorglichen Kontrolle zu unterziehen. Auch dies rechtfertigt die Regelung des Art. 14 Abs. 3, nach der die Kirchensteuerordnungen einschließlich ihrer Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse der Kirchensteuersätze der staatlichen Anerkennung bedürfen. Sie gelten als anerkannt, wenn sie den anerkannten Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen (Art. 14 Abs. 4 S. 2). Zum Zwecke der staatlichen Anerkennung sind sie der Landesregierung anzuzeigen (Art. 14 Abs. 4 S. 1). Art. 15 Abs. 1 gibt den Kirchen das antragsgebundene Recht auf staatliche Kirchensteuerverwaltung.10 Die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter ist als bloße Option ausgestaltet, weil der Kirchensteuereinzug durch den Staat „nicht von allen kirchlichen Instanzen unterstützt“ wurde.11 Das durch die Kirchensteuergesetze der Länder eröffnete und durch Art. 15 staatskirchenvertraglich abgesicherte Angebot, staatliche Hilfe für die Verwaltung der Kirchensteuer in Anspruch zu nehmen, geht über den Gewährleistungsgehalt des

9 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 392 f. 10 Vgl. dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 81. 11 A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (280).

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Art. 137 Abs. 6 WRV hinaus (vgl. W. Rüfner, Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Kirchensteuer, NJW 1971, S. 15 (18)). Die Höhe der als Prozentsatz des Kirchensteueraufkommens zu leistenden Entschädigung für die staatliche Kirchensteuerverwaltung bleibt einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten (Art. 15 Abs. 2 S. 2). Im Jahre 1990 wurde nach Auskunft des zuständigen Ministeriums für Bildung eine mündliche Vereinbarung zwischen den Kirchen und dem damaligen Ministerpräsidenten getroffen, die einen Verwaltungskostenbeitrag i. H. v. drei Prozent des Kirchensteueraufkommens vorsieht. Das Land überweist das gesamte Kirchensteueraufkommen auf ein einheitliches Konto der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen, der die Aufgabe zufällt, es anteilig an die einzelnen Landeskirchen nach Maßgabe des unter ihnen vereinbarten Verteilungsschlüssels auszukehren (siehe Schlussprotokoll zu Art. 15 Abs. 1). Die dem Staat aufgrund des Art. 137 Abs. 6 WRV i. V. m. Art. 140 GG obliegende Pflicht, eine geordnete Kirchensteuerverwaltung sicherzustellen, schließt Informationshilfe ein. In diesem Sinne verpflichtet Art. 15 Abs. 2 S. 3 die Finanzämter dazu, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen und unter Berücksichtigung des Datenschutzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Auskunft zu geben.12 Das betrifft insbesondere die kirchensteuerrelevanten (Melde-)Daten und entspricht der gesetzlichen Verpflichtung der Finanzbehörden, Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge und Steuerbeträge an korporierte Religionsgemeinschaften zur Festsetzung von solchen Abgaben mitzuteilen, die an diese Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen (§ 31 Abs. 1 S. 1 AO). Die Finanzbehörden dürfen ihnen auf Ersuchen auch Namen und Anschriften ihrer Mitglieder, die dem Grunde nach zur Entrichtung von Abgaben im Sinne des Satzes 1 verpflichtet sind, sowie die von der Finanzbehörde für die Körperschaft festgesetzten Abgaben übermitteln, soweit die Kenntnis dieser Daten zur Erfüllung von in der Zuständigkeit der Körperschaft liegenden öffentlichen Aufgaben erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegenstehen (§ 31 Abs. 1 S. 2 AO). Art. 15 Abs. 3 regelt schließlich die staatliche Kirchensteuervollstreckung (S. 1), die auf Ersuchen der Kirchen in besonders gelagerten Härtefällen unterbleiben kann (S. 2).

12 Siehe dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 79 f.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 17: (1) Die Kirchen und Kirchengemeinden sind berechtigt, nach Maßgabe der Gesetze von ihren Mitgliedern Kirchensteuern und Kirchgeld zu erheben. (2) Für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) verständigen sich die Kirchen auf einen einheitlichen Zuschlagsatz. (3) 1Die Kirchensteuerordnungen, die Kirchensteuerbeschlüsse, ihre Änderung und Ergänzung bedürfen der staatlichen Anerkennung. 2Diese kann nur bei einem Verstoß gegen die staatlichen Steuerbestimmungen versagt werden. 3Die Kirchensteuerbeschlüsse gelten als anerkannt, wenn sie den Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen. (4) 1Festsetzung und Erhebung der Kirchensteuer sind den Finanzämtern übertragen. 2Soweit die Steuer durch Abzug vom Arbeitslohn in Betriebstätten im Land Mecklenburg-Vorpommern erhoben wird, sind die Arbeitgeber verpflichtet, die Kirchensteuer einzubehalten und abzuführen. (5) 1Für die Verwaltung der Kirchensteuer erhält das Land eine Entschädigung in Höhe eines Anteils des Kirchensteueraufkommens, der einvernehmlich festgelegt wird. 2Die Finanzämter geben den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten die erforderlichen Auskünfte. 3Dabei ist dem Datenschutz Rechnung zu tragen. (6) 1Die Vollstreckung der Kirchensteuern obliegt den Finanzämtern. 2Sie unterbleibt, wenn die Kirchen darauf verzichten.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt die verfassungsrechtliche Gewährleistung, landesweite Kirchensteuern und örtliches Kirchgeld zu erheben. Absatz 2 sichert, dass die beiden Kirchen gleiche Kirchensteuersätze festlegen. Absatz 3 garantiert die Übereinstimmung der Kirchensteuerordnungen mit den staatlichen Kirchensteuergesetzen. Absatz 4 bestimmt die Finanzämter und nicht etwa eigene kirchliche Steuerbehörden als zuständige Stellen für die Kirchensteuer und statuiert eine Pflicht der Arbeitgeber, diese Kirchensteuer im staatskirchlichen Auftrag einzubehalten und abzuführen. Absatz 5 gewährt dem Staat für die Verwaltung der Kirchensteuer eine Entschädigung. Sie ist grundsätzlich kostendeckend festzusetzen. Absatz 6 stellt sicher, dass die Vollstreckung von Kirchensteuern nur mit Zustimmung der Kirchen erfolgt.

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Kommentierung Art. 17 des Güstrower Vertrags entspricht inhaltlich Art. 14 f. des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung verwiesen wird. Die Verpflichtung der Kirchen zur Verständigung auf einen einheitlichen Zuschlagsatz für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) nach Art. 17 Abs. 2 bezieht sich nur auf die am Vertrag beteiligten beiden evangelischen Landeskirchen. Diese Verpflichtung ist mit der Gründung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, in der die als Vertragspartner fungierenden beiden Landeskirchen aufgegangen sind, hinfällig geworden. Art. 17 Abs. 3 S. 2 stellt klar, dass die erforderliche staatliche Anerkennung der kirchlichen Steuerordnungen und -beschlüsse nur bei einem Verstoß gegen die staatlichen Steuerbestimmungen versagt werden darf. Einschlägig ist hier das Gesetz über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Mecklenburg-Vorpommern (Kirchensteuergesetz Mecklenburg-Vorpommern – KiStG M-V) vom 30. Oktober 2014.13 Auch Verstöße gegen sonstiges zwingendes Recht, namentlich Verfassungsrecht, müsste zu einer Versagung der Anerkennung führen. Die in Art. 17 Abs. 5 S. 1 vorgesehene Vereinbarung über die Entschädigung für die staatliche Kirchensteuerverwaltung liegt in der aktuell gültigen Fassung als Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Land und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland vom 19. 6. bzw. 3. 6. 2013 vor. Die Vereinbarung sieht einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von drei Prozent des Kirchensteueraufkommens vor. Art. 17 Abs. 6 S. 2 legt fest, dass eine Vollstreckung von Kirchensteuerschulden unterbleibt, wenn die Kirchen darauf verzichten. Damit behält die Kirche ungeachtet der staatlichen Kirchensteuerverwaltung ihre Steuerhoheit und das letzte Wort. 2. Thüringen Art. 14: (1) 1Die Kirchen und Kirchengemeinden sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen aufgrund von Steuerordnungen Kirchensteuern, insbesondere auch Kirchengeld, zu erheben. 2Die Kirchensteuerordnungen und die Kirchensteuerbeschlüsse einschließlich ihrer Änderungen und Ergänzungen bedürfen der staatlichen Anerkennung. (2) Die Kirchen werden sich für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) auf einen einheitlichen Zuschlagsatz, bei Erhebung einer Mindestbetragskirchensteuer sowie eines Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe auf einheitliche Beträge einigen. (3) Die Kirchen werden ihre Kirchensteuerbeschlüsse und deren Änderungen und Ergänzungen dem zuständigen Ministerium unverzüglich anzeigen; Kirchensteuerbeschlüsse gel13 GVOBl. M-V S. 586, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2018 (GVOBl. M-V S. 171).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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ten als anerkannt, wenn sie den anerkannten Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): 1Tritt eine wesentliche Änderung der für die Höhe der Kirchensteuer maßgeblichen Verhältnisse ein, wird das zuständige Ministerium die Kirchen auf die Notwendigkeit einer Anpassung der Kirchensteuerhebesätze schriftlich unter Darlegung der Gründe hinweisen und Verhandlungen mit dem Ziel einer Verständigung führen. 2 Die Genehmigungsfiktion entfällt dann mit Ablauf des Haushaltsjahres, das auf das Jahr des Zugangs des Schreibens folgt. Art. 15: (1) 1Auf Antrag der Kirchen hat das zuständige Ministerium die Verwaltung der anerkannten Landeskirchensteuern den Finanzämtern zu übertragen. 2Soweit die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn in Thüringer Betriebsstätten erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, auch die Kirchensteuer nach dem anerkannten Satz einzubehalten und abzuführen. (2) 1Der Freistaat Thüringen erhält für die Verwaltung der Kirchensteuer eine Vergütung, deren Höhe sich nach dem vereinnahmten Kirchensteueraufkommen richtet. 2Sie wird als jährlicher Vomhundertsatz gesondert vereinbart. 3Die Finanzämter sind verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen und eines vertretbaren Verwaltungsaufwandes unter Berücksichtigung des Datenschutzes Auskunft zu geben. Schlussprotokoll: Die Kirchen gewährleisten die Wahrung des Steuergeheimnisses nach Maßgabe der zu seinem Schutz erlassenen staatlichen Bestimmungen. (3) Die Vollstreckung der Kirchensteuern wird auf Antrag der Kirchen den Finanzämtern oder, wenn die kommunalen Gebietskörperschaften zustimmen, diesen übertragen.

Regierungsbegründung Zu Artikel 14 Die Regelung in Absatz 1 entspricht Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 6 der Weimarer Reichsverfassung. Die Regelungen in den Absätzen 2 und 3 entsprechen den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens im Einigungsvertrag. Die Möglichkeit der Erhebung einer Mindestbetragskirchensteuer wird neu eingeführt. Absatz 3 regelt die Genehmigungsfiktion von Kirchensteuerbeschlüssen bei unverändertem Sachstand. Das Schlussprotokoll zu Absatz 3 trifft Regelungen betreffend die Anpassung der Kirchensteuerhebesätze. Zu Artikel 15 Durch Absatz 1 wird die Verwaltung der Kirchensteuern auf den Freistaat und die staatlichen Finanzämter übertragen. Absatz 2 regelt die Vergütung, die der Freistaat für die staatliche Kirchensteuerverwaltung erhält, sowie die Verpflichtung der staatlichen Finanzämter zur Auskunft.

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Im Schlussprotokoll zu Absatz 2 ist zusätzlich bestimmt, dass die Kirchen die Wahrung des Steuergeheimnisses nach Maßgabe der zu seinem Schutze erlassenen staatlichen Bestimmungen gewährleisten. Absatz 3 regelt den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten, da es sich bei Kirchensteuern um Steuern im Sinne der Abgabenordnung handelt.

Kommentierung Art. 14 f. entsprechen weitestgehend Art. 14 f. des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung insoweit verwiesen wird. Die landesrechtlichen Bestimmungen, nach deren Maßgabe die Kirchensteuerhebung zu erfolgen hat, finden sich im Thüringer Gesetz zur Regelung des Kirchensteuerwesens (Thüringer Kirchensteuergesetz – ThürKiStG –) vom 3. Februar 200014. Ergänzend werden die Kirchen mit dem Schlussprotokoll zu Art. 15 Abs. 2 auf das Steuergeheimnis verpflichtet, was sich aus der hoheitlichen Natur des Steuererhebungsrechts legitimiert. Die Verpflichtung der Kirchen, sich für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) auf einen einheitlichen Zuschlagsatz, bei Erhebung einer Mindestbetragskirchensteuer sowie eines Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe auf einheitliche Beträge einigen, bezieht sich nicht nur auf die evangelischen Landeskirchen, die Vertragsparteien sind, sondern auf alle Kirchensteuer erhebenden Religionsgemeinschaften, wie sich aus dem Verweis auf das einheitliche Gesetz zur Regelung des Kirchensteuerwesens vom 31. 08. 199015 (siehe § 10 S. 2) in der Regierungsbegründung ergibt.16 Das ist nur wegen der Freiwilligkeit des Vertragsschlusses (volenti non fit iniuria) mit dem Selbstbestimmungsrecht jeder einzelnen Kirche vereinbar. Die Regierungsbegründung zu Art. 15 Abs. 3 geht fehl. Dieser Absatz regelt nicht den Rechtsschutz zu den staatlichen Gerichten, sondern die Zuständigkeit zur Vollstreckung der Kirchensteuern. 3. Sachsen Art. 16: (1) 1Die Kirchen sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Kirchensteuern als Landeskirchen- oder als Ortskirchensteuern zu erheben. 2Kirchensteuern sind die Kirchensteuer vom Einkommen und vom Vermögen, Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen sowie das besondere Kirchgeld bei glaubensverschiedener

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GVBl. 2000, 12, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2018 (GVBl. S. 669). Anlage II Kap. IV Abschnitt I Nr. 5 zum Einigungsvertrag vom 31. 08. 1990, BGBl. II, S. 885. 16 So auch dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 368 m. Fn. 64. 15

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Ehe. 3Die einzelnen Kirchensteuerarten können sowohl einzeln als auch nebeneinander erhoben werden. Schlussprotokoll: Die Kirchen sind berechtigt, in ihren Kirchensteuerordnungen Mindestbeträge und Obergrenzen festzulegen. (2) Für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommenssteuer (Lohnsteuer) einigen sich die vertragschließenden Kirchen auf einen einheitlichen Zuschlagssatz. Schlussprotokoll: 1Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass eine Verständigung über einen einheitlichen Zuschlagssatz Voraussetzung für die staatliche Verwaltung der Kirchensteuer ist. 2Erfolgt keine Einigung über den Zuschlagssatz mit anderen kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaften, so wird das Staatsministerium der Finanzen nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen darüber befinden, ob bezüglich der vertragschließenden Kirchen die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter erfolgen kann. (3) Die Kirchensteuerordnungen einschließlich ihrer Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse über die Kirchensteuersätze bedürfen staatlicher Anerkennung. (4) 1Die Kirchen werden ihre Beschlüsse über die Kirchensteuersätze dem Staatsministerium der Finanzen vorlegen. 2Sie gelten als anerkannt, wenn sie den anerkannten Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen und die landesrechtlichen Grundlagen sich nicht geändert haben. Schlussprotokoll (zu Abs. 4): Die Kirchen werden ihre Kirchensteuerbeschlüsse auch dann vorlegen, wenn sie denen des vorangegangenen Haushaltsjahres entsprechen. Art. 17: (1) 1Die Verwaltung der Kirchensteuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie des Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe wird den Finanzämtern übertragen, wenn die landesrechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. 2Soweit die Steuer vom Arbeitslohn in Betriebsstätten im Freistaat erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, die Kirchensteuer nach dem genehmigten Satz einzubehalten und abzuführen. Schlussprotokoll (zu S. 1): Die vertragschließenden Kirchen werden dem Staatsministerium der Finanzen ein von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens einzurichtendes Konto benennen, auf das die Kirchensteuereinnahmen der betreffenden Kirchen insgesamt zu überweisen sind, nachdem die Kirchen sich über die Aufteilung der Kirchensteuereinnahmen geeinigt und dies dem Staatsministerium der Finanzen angezeigt haben. (2) 1Für die Verwaltung der Kirchensteuer erhält der Freistaat eine Entschädigung, deren Höhe sich nach dem vereinnahmten Kirchensteueraufkommen richtet. 2Das Nähere wird durch Vereinbarung geregelt. 3Die Finanzämter sind nach Maßgabe der Vorschriften der Abgabenordnung und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen kirchensteuerrechtlichen Angelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen Auskunft zu geben. (3) 1Maßnahmen der Finanzbehörden, die den Erlass, die abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen, die Stundung oder die Niederschlagung der Einkommens-(Lohn-) oder Vermögenssteuer betreffen, erstrecken sich auch auf diejenigen Kirchensteuern, die als Zuschläge zu diesen Steuern erhoben werden. 2Das Recht der kirchlichen Stellen, die Kirchensteuer aus Billigkeitsgründen abweichend festzusetzen, zu stunden, ganz oder teilweise zu erlassen oder niederzuschlagen, bleibt unberührt.

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Schlussprotokoll: 1Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Finanzämter nur zur bloßen Datenübermittlung verpflichtet sind. 2Die Aufbereitung des Datenmaterials nach bestimmten Ordnungsgesichtspunkten ist durch diese Bestimmung nicht umfasst. (4) Den Finanzämtern obliegt die Vollstreckung der von ihnen verwalteten Kirchensteuern.

Regierungsbegründung Zu Artikel 16 Die kirchenvertraglichen Regelungen über das Kirchensteuerrecht beschränken sich nach übereinstimmender Auffassung der Vertragsparteien auf grundlegende Fragen, die einer vertraglichen Festlegung unterworfen werden sollen. Die Vertragsparteien erachten das im Rahmen des Einigungsvertrages erlassene Kirchensteuergesetz der DDR, das in Sachsen als Landesrecht fortgilt, als eine für beide Seiten befriedigend gelöste Regelungsmaterie und orientieren sich an den dort getroffenen Regelungen. Absatz 1 der Regelung beschreibt abschließend die Arten der Kirchensteuern, die durch die Kirchen und die Kirchengemeinden erhoben werden dürfen. Abhängig davon, wem das Aufkommen zusteht, können sie landeskirchliche wie auch ortskirchliche Steuern darstellen, wobei in der Regel Zwischenformen gewählt werden dürften. Die jeweiligen Kirchensteuerarten können auch kumulativ erhoben werden. Die Entscheidung über eine Anrechnung, wenn mehrere Kirchensteuerarten in einer Person zusammentreffen, bleibt den kirchlichen Steuerordnungen überlassen. Da insoweit eine Abweichung von der Systematik der Zuschlagsbemessung vorliegt, wurde im Schlussprotokoll festgehalten, dass die Kirchen Mindest- oder Höchstbeträge festlegen können. Mindestkirchensteuerbeträge führen bei Personen, bei denen eine Einkommens- oder Vermögenssteuerschuld in sehr geringem Umfang entstanden ist, zu einem Mindestbetrag, der anzusetzen ist, soweit die nach dem Zuschlagssatz errechnete Kirchensteuer unter diesem Betrag liegt. Höchststeuersätze können entweder in absoluten Beträgen oder in einem Prozentsatz des zu versteuernden Einkommens ausgedrückt werden. Die Festlegung von Mindest- und Höchstsätzen ist geeignet, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Kirchensteuer Ausdruck der Kirchenmitgliedschaft ist und die Leistungspflichten nach unten wie auch nach oben nicht völlig außer Verhältnis hierzu stehen dürfen. Absatz 2 sieht vor, dass die am Vertragsschluss beteiligten Kirchen sich auf einen einheitlichen Zuschlagssatz einigen, der Voraussetzung für die staatliche Verwaltung der Steuer ist. Wird eine solche Einigung nicht erzielt, ist im Schlussprotokoll als Rechtsfolge festgelegt, dass eine staatliche Verwaltung der Kirchensteuer unterbleiben muss. Im Falle einer Nichteinigung mit anderen Kirchen wird die Finanzverwaltung zu prüfen haben, ob sie gem. § 10 Satz 2 KiStG die Verwaltung ganz ablehnt oder – insbesondere wenn es sich bei der abweichenden Religionsgemeinschaft um eine kleinere handelt – lediglich die Verwaltung der übrigen übernimmt (vgl. Engelhardt, Kirchensteuer in den neuen Bundesländern, Köln 1991, S. 79). Absatz 3 regelt die Anerkennungspflicht für kirchliche Steuerordnungen und -beschlüsse. Eine solche Anerkennung ist erforderlich, weil die kirchlichen Steuerordnungen in den staatlichen Bereich hineinwirken und den Kirchen staatliche Zwangsmittel für die Beitreibung eingeräumt werden. Dennoch ist die Festlegung der Hebesätze bezüglich der verschiedenen Kirchensteuerarten in erster Linie eine innerkirchliche Angelegenheit. Der Freistaat Sachsen hat deshalb – im Unterschied zu den Regelungen in älteren Kirchenverträgen (vgl. Schlussprotokoll zu Artikel 22 Abs. 2 des Evangelischen Kirchenvertrages Rheinland-Pfalz vom 31. März 1962) – davon abgesehen, abstrakte Anerkennungsvoraussetzungen aufzustellen (ebenso § 6 Abs. 3

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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KiStG). Die Versagung der Anerkennung wird ausnahmsweise nur in Betracht kommen können, wenn die kirchlichen Steuerordnungen bzw. -beschlüsse formell rechtswidrig sind oder so übersetzte Hebesätze enthalten, die gesamtwirtschaftlich nicht mehr vertretbar erscheinen. Absatz 4 behandelt das Anerkennungsverfahren. Vorgesehen ist, dass die Kirchen und Kirchengemeinden ihre Steuerordnungen und -beschlüsse sowie jede Änderung derselben dem Finanzministerium vorzulegen haben. Die Anerkennung gilt für ein Steuerjahr. In Abweichung vom Kirchensteuergesetz (§ 6 Abs. 3) wurde bestimmt, dass die staatliche Anerkennung fingiert wird, wenn weder die kirchlichen noch die landesrechtlichen Grundlagen sich geändert haben. Dadurch wird einmal die Finanzverwaltung bei der Überprüfung entlastet. Weiterhin wird zugunsten der Kirchen ein gewisser Vertrauensschutz gewährleistet. Diese müssen bei unveränderter Rechtslage davon ausgehen können, dass ihren Kirchensteuerbeschlüssen durch eine veränderte staatliche Haltung nicht die Rechtswirksamkeit versagt wird. Zu Artikel 17 Absatz 1 umschreibt die Kirchensteuerarten, die einer staatlichen Verwaltung durch die Finanzämter unterstellt werden können. Das Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen wurde – in Übereinstimmung mit der Regelung des Kirchensteuergesetzes – ausgenommen, weil hierdurch der überwiegend freiwillige Charakter des Kirchgeldes zum Ausdruck kommen sollte. Die Vertragsparteien gehen – wie sich aus der Gesamtregelung ergibt – grundsätzlich davon aus, dass die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter entsprechend der bisherigen Praxis im Freistaat den Regelfall darstellt, wobei die gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere die Einheitlichkeit der Zuschlagsätze) weiterhin vorliegen müssen. Das Kirchensteueraufkommen in Sachsen wird maßgeblich durch Zuschläge zur Lohnsteuer bestimmt, die nach dem geltenden Kirchensteuerrecht vom Arbeitgeber abzuführen sind. Die Einbindung des Arbeitgebers rechtfertigt sich – unabhängig von dessen eigener weltanschaulichen Ausrichtung – aus seiner Mitwirkungspflicht bei der Erfüllung staatlicher steuerlicher Verwaltungsaufgaben. Sie ist deshalb verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 19, 226, 240) und stellt ein wesentliches Element des vertraglich zu regelnden Kirchensteuersystems dar. Absatz 2 enthält den Grundsatz, dass die staatliche Finanzverwaltung für ihre Verwaltungstätigkeit eine Entschädigung beanspruchen kann, die sich prozentual nach den von den Finanzämtern vereinnahmten Kirchensteuergeldern richtet. Die Höhe des Vergütungssatzes wie auch verwaltungstechnische Fragen des Einzugsverfahrens sind durch Vereinbarung zu regeln, was – allerdings zeitlich befristet – bereits erfolgt ist (Vereinbarung des Staatsministeriums der Finanzen mit den Kirchen vom 22. 06. 1992). Die Datenübermittlung erfolgt nach Maßgabe der vorrangigen bundesrechtlichen Regelungen der Abgabenordnung (§ 31) und unter Beachtung des Sächsischen Datenschutzgesetzes. Wie im Schlussprotokoll festgelegt, beschränkt sich der Anspruch auf die Übermittlung der vorhandenen Rohdaten; die Ordnung der Daten ist Angelegenheit der Kirchen. Absatz 3 stellt klar, dass bei den als Zuschlagssteuern erhobenen Kirchensteuern vom Einkommen und vom Vermögen die genannten Entscheidungen der Finanzbehörden auch für die Kirchen Bindungswirkung haben. Dieser Grundsatz ergibt sich aus dem Charakter der Annexbesteuerung und ist notwendige Folge der Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzbehörden. Die Finanzbehörden sollen nicht gezwungen werden, bei der Beitreibung der Kirchensteuer dem Steuerschuldner nachteiligere Maßstäbe anlegen zu müssen als bei den staatlichen Steuern. Dementsprechend entfällt für die Kirchen gemäß § 40 Abs. 3 FGO auch eine Klagemöglichkeit gegen entsprechende Entscheidungen der Finanzbehörden.

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Zugunsten des Steuerschuldners sind die Kirchen zu einer von den Finanzbehörden abweichenden Entscheidung berechtigt. Sie können -mit Bindungswirkung für das Vollstreckungsverfahren – die Steuer aus Billigkeitsgründen abweichend festsetzen (§ 163 AO), ganz oder teilweise erlassen (§ 227 AO), stunden (§ 222 AO) oder niederschlagen (§ 261 AO). Abgesehen von diesen Einwirkungsmöglichkeiten, stellt Absatz 4 klar, dass das Vollstreckungsverfahren in staatlicher Verantwortung steht und die Kirche über die in Absatz 3 genannten Maßnahmen hinaus keine Einwirkungsmöglichkeiten hat. Will die Kirche Vollstreckungsmaßnahmen vermeiden, kann sie die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis niederschlagen oder die Vollstreckungsvoraussetzungen beseitigen, indem sie den Anspruch stundet (§ 257 Abs. 1 Nr. 4 AO). Im Interesse eindeutig abgegrenzter Verantwortungsbereiche hat die Kirche jedoch keinen Einfluss auf die einzelne Vollstreckungsmaßnahme.

Kommentierung Die Regelung des Art. 16 entspricht weitgehend der des Art. 14 des Wittenberger Vertrags. Ausweislich der Regierungsbegründung orientiert sich die Regelung an dem Kirchensteuergesetz der DDR, das in Sachsen zunächst als Landesrecht fortgalt. Es ist sodann durch ein eigenes Sächsisches Kirchensteuergesetz abgelöst worden.17 Art. 16 Abs. 1 S. 1 bestimmt, dass die Kirchensteuer, je nach dem, wem das Aufkommen (ggf. zu einem bestimmten Anteil) zufallen soll, als Landeskirchen- oder als Ortskirchensteuer erhoben werden kann. Art. 16 Abs. 1 S. 2 legt abschließend die möglichen Kirchensteuerarten fest, die alternativ oder kumulativ gewählt werden können. Das Schlussprotokoll zu Art. 16 Abs. 1 räumt den Kirchen das Recht ein, für die zu erhebende Kirchensteuer Mindestbeträge und Obergrenzen festzulegen. Ebenso wie nach Art. 14 Abs. 2 des Wittenberger Vertrags sind die am Vertrag beteiligten Landeskirchen verpflichtet, sich auf einen einheitlichen Zuschlagssatz für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschläge zur Lohn- und Einkommensteuer zu verständigen, andernfalls der Freistaat die Erhebung und Einziehung der Kirchensteuer durch seine Finanzämter nicht übernimmt (siehe auch Schlussprotokoll zu Art. 16 Abs. 2 Satz 1). Das Schlussprotokoll begründet darüber hinausgehend, auch eine Bemühenspflicht, sich mit anderen zur Kirchensteuererhebung berechtigten Religionsgemeinschaften über einen einheitlichen Hebesatz zu einigen. Kommt eine solche Einigung nicht zustande, so behält sich das Staatsministerium der Finanzen vor, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen darüber zu befinden, ob dessen ungeachtet hinsichtlich der vertragschließenden Kirchen eine staatliche Verwaltung der Kirchensteuer stattfindet.18 Art. 16 Abs. 3 unterwirft die kirchlichen Steuerordnungen und -beschlüsse staatlicher Anerkennung. Die Regierungsbegründung rechtfertigt dieses Erfordernis 17

Sächsisches Kirchensteuergesetz vom 14. Februar 2002 (SächsGVBl. S. 82), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. März 2019 (SächsGVBl. S. 244). 18 Siehe dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 368.

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damit, „dass die kirchlichen Steuerordnungen in den staatlichen Bereich hineinwirken und den Kirchen staatliche Zwangsmittel zur Beitreibung eingeräumt werden“ (LT-Drucks. 1/4649, S. 29). Eine Versagung soll nur ausnahmsweise, etwa bei formeller Rechtswidrigkeit der Ordnungen oder Beschlüsse oder deutlich überhöhten Hebesätzen, in Betracht kommen (ebd.). Aber auch Verstöße gegen zwingendes materielles Recht (z. B. das Sächsische Kirchensteuergesetz) dürften zur Versagung der Anerkennung führen. Art. 16 Abs. 4 regelt das Anerkennungsverfahren mit einer Pflicht zur Vorlage der Kirchensteuerbeschlüsse (S. 1). Die Anerkennung gilt jeweils für ein Steuerjahr. Sie wird fingiert, wenn sich weder die kirchenrechtlichen noch die landesrechtlichen Rechtgrundlagen geändert haben (S. 2). Art. 17 Abs. 1 nimmt das Kirchgeld – mit Ausnahme des Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe19 – von den Kirchensteuerarten aus, deren Verwaltung im Übrigen den staatlichen Finanzämtern übertragen wird. Damit soll nach der Regierungsbegründung dem überwiegend freiwilligen Charakter des Kirchgelds Rechnung getragen werden. Eine Vereinbarung über die von den Kirchen für die staatliche Kirchensteuerverwaltung zu leistende Entschädigung ist bereits – zeitlich befristet – mit der Vereinbarung des Staatsministeriums der Finanzen mit den Kirchen vom 22. 06. 1992 geschlossen worden (Regierungsbegründung, S. 31). Eine neuere Vereinbarung liegt nach Auskunft der Sächsischen Staatskanzlei nicht vor. Art. 17 Abs. 2 S. 3 gewährleistet die verfassungsrechtlich gebotene Informationshilfe des Staates bei der Kirchensteuererhebung, indem die Datenübermittlung nach Maßgabe der Abgabenordnung (§ 31 Abs. 1) und unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften des Sächsischen Datenschutzgesetzes20 zugesagt wird. Art. 17 Abs. 3 und 4 entsprechen Art. 15 Abs. 3 des Wittenberger Vertrags. Die Vollstreckung ist Angelegenheit der staatlichen Finanzbehörden (Art. 17 Abs. 4). Sie entscheiden auch über eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO), ganz oder teilweisen Erlass (§ 227 AO), Stundung (§ 222 AO) und Niederschlagung (§ 261 AO) solcher Kirchensteuern, die als Zuschlag zur Einkommenoder Vermögenssteuer erhoben werden (Art. 17 Abs. 3 S. 1); davon bleibt das Recht der kirchlichen Stellen zu gleichen Maßnahmen unberührt (Art. 17 Abs. 3 S. 2).

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Das Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe ist eine Form der Kirchensteuer, die nach Maßgabe der kirchensteuerrechtlichen Vorschriften der Bundesländer (hier: § 4 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 4 Sächsisches Kirchensteuergesetz) und konkretisierenden Bestimmungen der steuerberechtigten Kirchen selbst als besonderes Kirchgeld von jenen Kirchenmitgliedern erhoben, die zur Einkommensteuer zusammen mit ihrem Ehegatten veranlagen lassen und selbst über kein oder ein geringeres Einkommen als der Ehegatte verfügen, der als allein- oder besserverdienender Ehepartner keiner steuerberechtigten bzw. steuererhebenden Kirche ist. 20 Sächsisches Datenschutzgesetz vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 22. August 2019 (SächsGVBl. S. 663).

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

4. Brandenburg Art. 14: (1) Die Kirchen sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften Kirchensteuern einschließlich Kirchgeld zu erheben und dafür eigene Kirchensteuerordnungen zu erlassen. (2) Für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) oder Vermögensteuer werden sich die Kirchen auf einen einheitlichen Zuschlagsatz einigen. (3) Die Kirchen werden ihre Beschlüsse über die Kirchensteuersätze der Landesregierung anzeigen. Die Kirchensteuerordnungen und Kirchensteuerbeschlüsse sowie ihre Änderungen bedürfen der staatlichen Anerkennung. Die Kirchensteuerbeschlüsse gelten als anerkannt, solange sie dem zuletzt anerkannten Beschluss entsprechen und die rechtlichen Grundlagen sich nicht geändert haben. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Kirchensteuersätze nicht das in anderen Ländern übliche Niveau überschreiten sollen. Art. 15: (1) Auf kirchlichen Antrag ist die Verwaltung (Festsetzung und Erhebung) der Kirchensteuer den Finanzämtern zu übertragen. Schlussprotokoll: Die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter setzt voraus, dass sich alle an dem Verfahren teilnehmenden Kirchen auf eine einheitliche Bemessung und einheitliche Vomhundertsätze als Zuschlag zur Maßstabsteuer einigen. (2) Für die Verwaltung der Kirchensteuer erhält das Land eine Entschädigung. Das Nähere wird durch Vereinbarung geregelt. (3) Die Finanzbehörden sind verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen die Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die zur Durchführung der Besteuerung, zur Entscheidung über Erlass- und Stundungsanträge sowie zur Feststellung ihrer Anteile erforderlich sind. Schlussprotokoll: Die Erteilung der Auskünfte und das Zurverfügungstellen der Unterlagen erfolgen unter Beachtung der Vorschriften der Abgabenordnung (Steuergeheimnis) und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen. (4) Soweit die Festsetzung und Erhebung der Kirchensteuer den Finanzämtern übertragen ist, obliegt auch die Vollstreckung der Kirchensteuer den Finanzämtern nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Sie unterbleibt, wenn die Kirchen aus besonderen Gründen im Einzelfall darauf verzichten.

Regierungsbegründung Zu Artikel 14 Wie für das staatliche Gemeinwesen gilt auch für die Kirche der Grundsatz, dass jedes Mitglied einer Gemeinschaft zur Erfüllung der gemeinschaftlichen Aufgaben seinen Beitrag leisten muss. In Deutschland hat sich in verschiedenen Kirchenfinanzierungssystemen die Kirchensteuer als übliche Finanzierungsquelle etabliert. Die historische Entwicklung des Kirchensteuersystems begann nach der Säkularisation ca. 1875 in Preußen zunächst als Ortskirchensteuersystem. In Art. 137 Abs. 6 WRV wurden die verschiedenen Rechtslagen zusammengefasst und erhielten Verfassungsrang, der durch Art. 140 GG fortgeführt wurde. Die bundesverfassungsrechtliche Garantie ermöglicht den Kirchen, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben. Aufgrund des

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bundesverfassungsrechtlichen Regelungsauftrages war nach der deutschen Einheit eine landesrechtliche Ausgestaltung des kirchlichen Besteuerungsrechts erforderlich. Dem wurde durch das Gesetz zur Regelung des Kirchensteuerwesens (KiStG) in der Fassung des Einigungsvertrages, das als Landesrecht fortgilt, Rechnung getragen. Das KiStG legt den Rahmen fest, innerhalb dessen die anerkannten Kirchen sowie die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durch Erlass eigener Steuerordnungen ihre Angehörigen zu öffentlich-rechtlichen Abgaben heranziehen können. Durch Artikel 36 Abs. 4 LV wird die Berechtigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften zur Steuererhebung landesverfassungsrechtlich verbrieft. Mit dem Vertrag als vereinbartem Recht soll das bundes- und landesverfassungsrechtlich garantierte kirchliche Steuererhebungsrecht eine zusätzliche Stärkung und Sicherung erfahren. Darüber hinaus soll diese einheitlich staatlich-kirchliche Rechtsquelle das Verständnis des kirchlichen Besteuerungsrechts als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche bestärken. Die kirchensteuerrechtlichen Festlegungen des Vertrages konzentrieren sich auf Fragen von grundlegender Bedeutung. Absatz 1 bestätigt ausdrücklich das Recht der Kirche zur Kirchensteuererhebung und zum Erlass eigener das staatliche Kirchensteuer-Rahmengesetz ausfüllender Steuerordnungen. Absatz 2 gewährleistet, dass die Kirchen innerhalb des Landes einheitliche Kirchensteuerzuschlagsätze beschließen. Die einheitliche Bemessung ist Grundvoraussetzung für die staatliche Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter. Kommt keine Einigung der am staatlichen Erhebungsverfahren teilnehmenden Kirchen zustande, kann das Land die Übernahme der Verwaltung ablehnen. Absatz 3 regelt das Erfordernis der staatlichen Anerkennung der kirchlichen Steuerordnungen und Hebesatzbeschlüsse. Die Anerkennungsakte sind erforderlich, da die kirchlichen Steuerordnungen in den staatlichen Bereich hineinwirken und den Kirchen die Inanspruchnahme staatlicher Zwangsmittel für die Beitreibung eingeräumt wird. Hinsichtlich der Festsetzung der Hebesätze für die kirchensteuergesetzlich zugelassenen Kirchensteuerarten handelt es sich vorrangig um innerkirchliche Angelegenheiten. Im Vertrag wird daher – wie in § 6 Abs. 3 KiStG – davon abgesehen, abstrakte Anerkennungsvoraussetzungen aufzustellen. Die Versagung der Anerkennung wird ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn z. B. kirchliche Steuerordnungen bzw. -beschlüsse formell rechtswidrig sind oder darin festgesetzte Hebesätze im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Lage unvertretbar erscheinen. Die staatliche Anerkennung der Hebesatzbeschlüsse beschränkt sich jeweils auf ein Steuerjahr. Abweichend von § 6 Abs. 3 KiStG sieht der Vertrag vor, dass die staatliche Anerkennung fingiert wird, wenn sich die kirchlichen und landesrechtlichen Grundlagen nicht geändert haben. Dies dient zum einen der Entlastung der Finanzbehörde bei der Überprüfung. Zum anderen beinhaltet die Bestimmung einen gewissen Vertrauensschutz zugunsten der Kirchen. Das Schlussprotokoll stellt klar, dass die Hebesätze sich im Rahmen der im übrigen Bundesgebiet üblichen Norm bewegen. Zu Artikel 15 Das KiStG eröffnet – wie in allen anderen Ländern – den Kirchen die Möglichkeit, die Kirchensteuer vom Einkommen und Vermögen sowie das Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe von den Finanzämtern verwalten zu lassen. Die Kirchen machen von dieser Möglichkeit bezüglich

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

der Kircheneinkommensteuer und des Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe Gebrauch. Damit verbunden ist das verfassungsrechtlich bestätigte Verfahren der Einbehaltung und Abführung der Kirchenlohnsteuer durch die Arbeitgeber. Die Einbindung des Arbeitgebers rechtfertigt sich – unabhängig von dessen eigener weltanschaulichen Ausrichtung – aufgrund seiner Mitwirkungspflicht bei der Erfüllung staatlicher steuerlicher Verwaltungsaufgaben. Absatz 1 dokumentiert die gesetzlich geregelte Möglichkeit der Übertragung der Verwaltung der Kirchensteuer auf die Finanzämter. Damit wird das bisher schon praktizierte Verwaltungsverfahren beibehalten. Die gesetzlichen Voraussetzungen, wie insbesondere die Einheitlichkeit der Hebesätze innerhalb des Landes, müssen weiterhin vorliegen. Das Schlussprotokoll weist ausdrücklich auf diese Bedingung für die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter hin. Absatz 2 bestätigt, dass das Land für die Inanspruchnahme von Rechts- und Verwaltungshilfe der Finanzämter eine angemessene Entschädigung beanspruchen kann. Absatz 3 berücksichtigt, dass den Kirchen die zur Durchführung ihrer Restzuständigkeiten bei der Besteuerung (Stundung, Erlass, Niederschlagung) sowie die zur Ermittlung des jeweiligen Anteils am Gesamtkirchensteueraufkommen benötigten Informationen erteilt werden. Das Schlussprotokoll stellt klar, dass bei der Auskunftserteilung die durch das Steuergeheimnis und datenschutzrechtliche Bestimmungen geschützten übrigen Verhältnisse der Betroffenen nicht offenbart werden dürfen. Durch Absatz 4 wird gewährleistet, dass die Vollstreckung den Finanzämtern vorbehalten ist. Das Vollstreckungsverfahren kann im Falle staatlicher Verwaltung nicht vom übrigen Erhebungsverfahren abgekoppelt werden. Die Kirchen können nur im begründeten Einzelfall auf die Vollstreckung Einfluss nehmen.

Kommentierung Die Regelungen der Art. 14 f. entsprechen inhaltlich weitgehend denen des Art. 14 f. des Wittenberger Vertrags. Ausweislich der Regierungsbegründung soll mit Art. 14 des Vertrags als vereinbartem Recht „das bundes- und landesverfassungsrechtlich garantierte kirchliche Steuererhebungsrecht eine zusätzliche Stärkung und Sicherung erfahren. Darüber hinaus soll diese einheitlich staatlich-kirchliche Rechtsquelle das Verständnis des kirchlichen Besteuerungsrechts als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche bestärken.“ Die landesrechtlichen Vorschriften, auf die Art. 14 Abs. 1 verweist, enthält das Gesetz über die Erhebung von Steuern durch Kirchen und andere Religionsgemeinschaften im Land Brandenburg (Brandenburgisches Kirchensteuergesetz – BbgKiStG) vom 18. Dezember 200821. Nicht nur die am Vertrag beteiligten evangelischen Landeskirchen, sondern alle an dem Verfahren der staatlichen Kirchensteuerverwaltung teilnehmenden Kirchen 21 GVBl.I/08, [Nr. 18], S. 358, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. April 2019 (GVBl. I/19, [Nr. 6]).

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müssen sich gemäß Art. 14 Abs. 2 auf eine einheitliche Bemessung und einheitliche Vomhundertsätze als Zuschlag zur Maßstabsteuer einigen (siehe Schlussprotokoll zu Art. 15 Abs. 1). Das ist nur deshalb mit dem Selbstbestimmungsrecht (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) der katholischen Kirche vereinbar, weil sie sich auf diese Vertragsbedingung freiwillig eingelassen hat. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen erfährt eine Selbstbeschränkung durch die konsentierte Vorgabe, dass die Kirchensteuersätze nicht das in anderen Ländern übliche Niveau überschreiten sollen (Schlussprotokoll zu Art. 14 Abs. 3). Hinsichtlich des Erfordernisses der staatlichen Anerkennung der kirchlichen Steuerordnungen und Hebesatzbeschlüsse und möglichen Gründen der Versagung wird auf die Kommentierung des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen verwiesen. Die nähere Regelung der Entschädigung Landes für die Verwaltung der Kirchensteuer (insbesondere Bemessung und Höhe) wird gemäß Art. 15 Abs. 2 S. 2 einer besonderen Vereinbarung vorbehalten.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 21: (1) Die Bistümer sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Kirchensteuern als Diözesan- oder als Ortskirchensteuern zu erheben. Kirchensteuern sind die Kirchensteuer vom Einkommen und vom Vermögen, Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen sowie das besondere Kirchgeld bei glaubensverschiedener Ehe. Die einzelnen Kirchensteuerarten können sowohl einzeln als auch nebeneinander erhoben werden. (2) Für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) einigen sich die Bistümer auf einen einheitlichen Zuschlagsatz. Schlussprotokoll: Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass eine Verständigung über einen einheitlichen Zuschlagsatz Voraussetzung für die staatliche Verwaltung der Kirchensteuer ist. Erfolgt keine Einigung über den Zuschlagsatz mit anderen kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaften, so wird das Staatsministerium der Finanzen nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen darüber befinden, ob bezüglich der Bistümer die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter erfolgen kann. (3) Die Kirchensteuerordnungen einschließlich ihrer Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse über die Kirchensteuersätze bedürfen staatlicher Anerkennung. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Die Bistümer werden ihre Beschlüsse über die Kirchensteuersätze dem Staatsministerium der Finanzen vorlegen; sie werden sie auch dann vorlegen, wenn sie denjenigen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen. Sie gelten als anerkannt, wenn sie den anerkannten Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen und die landesrechtlichen Grundlagen sich nicht geändert haben. Art. 22: Die Verwaltung der Kirchensteuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie des Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe kann den Finanzämtern übertragen werden, wenn die landesrechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Soweit die Steuer vom Ar-

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

beitslohn in Betriebsstätten im Freistaat erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, die Kirchensteuer nach dem genehmigten Satz einzubehalten und abzuführen. Den Finanzämtern obliegt die Vollstreckung der von ihnen verwalteten Kirchensteuern. Schlussprotokoll: a) Die Bistümer werden dem Staatsministerium der Finanzen ein vom Bistum Dresden-Meißen einzurichtendes Konto benennen, auf das die Kirchensteuereinnahmen der Bistümer insgesamt zu überweisen sind, nachdem sich die Jurisdiktionsbezirke über die Aufteilung der Kirchensteuereinnahmen geeinigt und dies dem Staatsministerium der Finanzen angezeigt haben. b) Für die Verwaltung der Kirchensteuer erhält der Freistaat eine Entschädigung, deren Höhe sich nach dem vereinnahmten Kirchensteueraufkommen richtet. Das Nähere wird durch Vereinbarung geregelt. Die Finanzämter sind nach Maßgabe der Vorschriften der Abgabenordnung und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen kirchensteuerrechtlichen Angelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen Auskunft zu geben. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Finanzämter nur zur bloßen Datenübermittlung verpflichtet sind. Die Aufbereitung des Datenmaterials nach bestimmten Ordnungsgesichtspunkten ist durch diese Bestimmung nicht umfasst. c) Maßnahmen der Finanzbehörden, die den Erlass, die abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen, die Stundung oder die Niederschlagung der Einkommen- (Lohn-) und Vermögensteuer, betreffen, erstrecken sich auf diejenigen Kirchensteuern, die als Zuschläge zu diesen Steuern erhoben werden. Das Recht der kirchlichen Stellen, die Kirchensteuer aus Billigkeitsgründen abweichend festzusetzen, zu stunden, ganz oder teilweise zu erlassen oder niederzuschlagen, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Zu Artikel 21 Nach übereinstimmender Auffassung der Vertragsparteien konzentrieren sich die kirchensteuerrechtlichen Regelungen des Vertrages auf solche Fragen, die von grundlegender Bedeutung sind. Das im Rahmen des Einigungsvertrages erlassene Kirchensteuergesetz der DDR gilt in Sachsen als Landesrecht fort. Die dort getroffenen Regelungen werden von beiden Vertragsparteien als ausreichend und befriedigend erachtet. Absatz 1 enthält eine abschließende Aufzählung der möglichen Kirchensteuerarten, die durch die Kirchen und die Kirchengemeinden erhoben werden dürfen. Diese Kirchensteuern können, danach unterschieden, wem ihr Aufkommen zusteht, diözesane wie auch ortskirchliche Steuern darstellen. Daneben können Zwischenformen gewählt werden. Die einzelnen Kirchensteuern können auch kumulativ erhoben werden. Treffen mehrere Kirchensteuerarten in einer Person zusammen, bleibt die Entscheidung über eine Anrechnung den kirchlichen Steuerordnungen vorbehalten. Da insoweit eine Abweichung von der Systematik der Zuschlagsbemessung vorliegt, wurde im Schlussprotokoll festgehalten, dass die Kirchen Mindest- oder Höchstbeträge festlegen können. Mindestkirchensteuerbeträge führen bei Personen, bei denen eine Einkommen- oder Vermögensteuerschuld in sehr geringem Umfang entstanden ist, zu einem Mindestbetrag, der auch anzusetzen ist, soweit die nach dem Zuschlagssatz errechnete Kirchensteuer unter diesem Betrag liegt. Höchststeuersätze können entweder in absoluten Beträgen oder in einem Prozentsatz des zu versteuernden Einkommens ausgedrückt werden. Die Festlegung von Mindest- und

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Höchstsätzen trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kirchensteuer Ausdruck der Kirchenmitgliedschaft ist und die Leistungspflichten nach unten wie auch nach oben nicht völlig außer Verhältnis hierzu stehen dürfen. Nach Absatz 2 haben sich die durch den Vertrag betroffenen Bistümer auf einen einheitlichen Zuschlagssatz zu einigen, der Voraussetzung für die staatliche Verwaltung der Steuer ist. Kommt eine solche Einigung nicht zustande, so sieht das Schlussprotokoll vor, dass eine staatliche Verwaltung der Kirchensteuer unterbleiben muss. Im Falle einer Nichteinigung mit anderen Kirchen oder Religionsgemeinschaften obliegt der Finanzverwaltung die Prüfung, ob sie gem. § 10 Satz 2 KiStG die Verwaltung ganz ablehnt oder – insbesondere wenn es sich bei der abweichenden Religionsgemeinschaft um eine kleinere handelt – nur die Verwaltung der übrigen übernimmt. Absatz 3 regelt das Erfordernis der Anerkennung kirchlicher Steuerordnungen und -beschlüsse. Da die kirchlichen Steuerordnungen in den staatlichen Bereich hineinwirken und den Kirchen die Inanspruchnahme staatlicher Zwangsmittel für die Beitreibung eingeräumt wird, bedarf es eines solchen Anerkennungsakts. Im Übrigen handelt es sich jedoch bei der Festsetzung der Hebesätze hinsichtlich der verschiedenen Kirchensteuerarten vorrangig um eine innerkirchliche Angelegenheit. Der Freistaat Sachsen hat deshalb – im Unterschied zu den Regelungen in älteren Kirchenverträgen (vgl. Schlussprotokoll zu Artikel 22 Abs. 2 des evangelischen Kirchenvertrages Rheinland-Pfalz vom 31. März 1962) – davon abgesehen, abstrakte Anerkennungsvoraussetzungen aufzustellen (ebenso § 6 Abs. 3 Kirchensteuergesetz). Die Versagung einer Anerkennung wird nur ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn zum Beispiel kirchliche Steuerordnungen bzw. -beschlüsse formell rechtswidrig sind oder darin festgesetzte Hebesätze im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Lage unvertretbar erscheinen. Das Schlussprotokoll zu Artikel 21 Abs. 3 enthält Regelungen, die das Anerkennungsverfahren betreffen. Die Kirchen und die Kirchengemeinden haben ihre Steuerordnungen und -beschlüsse bzw. entsprechende Änderungen dem Finanzministerium vorzulegen. Die Gültigkeit der erteilten Anerkennung von Kirchensteuerbeschlüssen bleibt auf ein Steuerjahr beschränkt. Abweichend von § 6 Abs. 3 Kirchensteuergesetz wurde vereinbart, dass die staatliche Anerkennung fingiert wird, wenn weder die kirchlichen noch die landesrechtlichen Grundlagen sich geändert haben. Dies dient zum einen der Entlastung der Finanzverwaltung bei der Überprüfung. Zum anderen beinhaltet diese Bestimmung einen gewissen Vertrauensschutz zugunsten der Kirche. Sie muss bei unveränderter Rechtslage darauf vertrauen dürfen, dass ihre Kirchensteuerbeschlüsse ungeachtet einer veränderten staatlichen Haltung rechtswirksam bleiben. Zu Artikel 22 In Satz 1 werden diejenigen Kirchensteuerarten aufgezählt, deren Verwaltung durch die Finanzämter möglich ist. Das Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen wurde – in Übereinstimmung mit der Regelung des Kirchensteuergesetzes – ausgenommen, weil hierdurch der überwiegend freiwillige Charakter des Kirchgeldes zum Ausdruck kommen sollte. Soweit eine Verwaltung der Kirchensteuer durch die staatlichen Finanzämter erfolgt, findet eine Gesamtabrechnung bezüglich der katholischen Kirche statt. Die Verteilung der vereinnahmten Gelder ist eine interne Angelegenheit der Kirche. Die Grundsätze zur verwaltungstechnischen Abwicklung sind im Schlussprotokoll zu a) im Einzelnen geregelt. Die Verwaltung der Kirchensteuer kann auch zukünftig durch die Finanzämter erfolgen, wie dies auch bisher der Fall war. Die gesetzlichen Voraussetzungen, wie insbesondere die Einheitlichkeit der Zuschlagsätze, müssen weiterhin vorliegen. Der wesentliche Anteil des Kirchen-

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

steueraufkommens im Freistaat Sachsen ist aus Zuschlägen zur Lohnsteuer zu erwarten, die nach den geltenden kirchensteuerrechtlichen Regelungen vom Arbeitgeber abzuführen sind. Die in Satz 2 festgelegte Einbindung des Arbeitgebers rechtfertigt sich – unabhängig von dessen eigener weltanschaulicher Ausrichtung – aufgrund seiner Mitwirkungspflicht bei der Erfüllung staatlicher steuerlicher Verwaltungsaufgaben. Sie ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 19, 226, 240) und stellt ein wesentliches Element des vertraglich zu regelnden Kirchensteuersystems dar. Das Schlussprotokoll enthält unter b) den Grundsatz, dass der Staat von der Kirche für die Inanspruchnahme seiner staatlichen Finanzverwaltung eine Entschädigung beanspruchen kann. Sie richtet sich prozentual nach den von den Finanzämtern vereinnahmten Kirchensteuergeldern. Die Höhe des Vergütungssatzes wie auch verwaltungstechnische Fragen des Einzugsverfahrens sind durch Vereinbarung zu regeln, was bereits erfolgt ist (Vereinbarung des Staatsministeriums der Finanzen mit den Kirchen vom 22. 06. 1992). Die Datenübermittlung erfolgt im Rahmen der vorrangigen bundesrechtlichen Regelungen des § 31 Abgabenordnung und unter Beachtung des Sächsischen Datenschutzgesetzes. Der Anspruch auf Datenübermittlung beschränkt sich – wie im Schlussprotokoll festgelegt – auf die Übermittlung der vorhandenen Rohdaten, wobei die Ordnung dieser Daten den Kirchen obliegt. Die Regelung des Schlussprotokolls unter c) dient der Klarstellung, dass bei den als Zuschlagssteuern erhobenen Kirchensteuern vom Einkommen und vom Vermögen die genannten Entscheidungen der Finanzbehörden für die Kirche bindenden Charakter haben. Dies folgt aus der Tatsache, dass es sich hierbei um eine Annexbesteuerung handelt und stellt sich im übrigen als eine notwendige Folge einer etwaigen Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzbehörden dar. Die Finanzbehörden sollen nicht gezwungen werden, bei der Beitreibung der Kirchensteuer dem Steuerschuldner nachteiligere Maßstäbe anlegen zu müssen als bei den staatlichen Steuern. Dementsprechend entfällt für die Kirchen gemäß § 40 Abs. 3 FGO auch eine Klagemöglichkeit gegen entsprechende Entscheidungen der Finanzbehörden. Die Kirchen können eine von den Finanzbehörden abweichende Entscheidung treffen, wenn diese lediglich zugunsten des Steuerschuldners erfolgt. Sie können – mit Bindungswirkung für das Vollstreckungsverfahren – die Steuer aus Billigkeitsgründen abweichend festsetzen (§ 163 AO), ganz oder teilweise erlassen (§ 227 AO), stunden (§ 222 AO) oder niederschlagen (§ 261 AO). Durch Satz 3 wird klargestellt, dass die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens alleine den Finanzämtern obliegt. Zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen kann die Kirche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis niederschlagen oder die Vollstreckungsvoraussetzungen beseitigen, indem sie den Anspruch stundet (§ 257 Abs. 1 Nr. 4 AO). Im Falle staatlicher Verwaltung der Kirchensteuer hat die katholische Kirche jedoch keinen Einfluss auf die Durchführung der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme.

Kommentierung Art. 21 f. entspricht – in Verbindung mit den bezogenen Bestimmungen des Schlussprotokolls – inhaltlich Art. 16 f. des Evangelischen Kirchenvertrages Sachsen nebst Schlussprotokoll, auf den hinsichtlich der Kommentierung verwiesen wird.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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2. Thüringen Art. 25: (1) Die Bistümer und Kirchengemeinden bzw. Pfarreien und Gesamtverbände sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen aufgrund von Steuerordnungen Kirchensteuern, insbesondere auch Kirchgeld, zu erheben. Die Kirchensteuerordnungen und die Kirchensteuerbeschlüsse einschließlich ihrer Änderungen und Ergänzungen bedürfen der staatlichen Anerkennung. (2) Die Bistümer werden sich für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) auf einen einheitlichen Zuschlagssatz, bei Erhebung einer Mindestbetragskirchensteuer sowie eines Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe auf einheitliche Beträge einigen. (3) Die Bistümer werden ihre Kirchensteuerbeschlüsse und deren Änderungen und Ergänzungen dem zuständigen Ministerium unverzüglich anzeigen. Die Kirchensteuerbeschlüsse gelten als anerkannt, wenn sie den anerkannten Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Tritt eine wesentliche Änderung der für die Höhe der Kirchensteuer maßgeblichen Verhältnisse ein, wird die für die Anerkennung der Kirchensteuerbeschlüsse zuständige Landesbehörde die Bistümer auf die Notwendigkeit einer Anpassung der Kirchensteuerhebesätze schriftlich unter Darlegung der Gründe hinweisen und Verhandlungen mit dem Ziel einer Verständigung führen. Die Genehmigungsfiktion entfällt dann mit Ablauf des Haushaltsjahres, das auf das Jahr des Zugangs des Schreibens folgt. Art. 26: (1) Auf Antrag der Bistümer hat das zuständige Ministerium die Verwaltung der anerkannten Kirchensteuern den Finanzämtern zu übertragen. Soweit die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn in Thüringer Betriebsstätten erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, auch die Kirchensteuer nach dem anerkannten Steuersatz einzubehalten und abzuführen. (2) Der Freistaat Thüringen erhält für die Verwaltung der Kirchensteuer eine Vergütung, deren Höhe sich nach dem vereinnahmten Kirchensteueraufkommen richtet. Sie wird als jährlicher Vomhundertsatz gesondert vereinbart. Die Finanzämter sind verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen und eines vertretbaren Verwaltungsaufwandes unter Berücksichtigung des Datenschutzes Auskunft zu geben. Schlussprotokoll: Die Bistümer gewährleisten die Wahrung des Steuergeheimnisses nach Maßgabe der zu dessen Schutz erlassenen staatlichen Bestimmungen. (3) Die Vollstreckung der Kirchensteuern wird auf Antrag der Bistümer den Finanzämtern oder, wenn die kommunalen Gebietskörperschaften zustimmen, diesen übertragen.

Regierungsbegründung Zu Artikel 25 Die Regelung in Absatz 1 entspricht Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 6 der Weimarer Reichsverfassung.

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Die Regelungen in den Absätzen 2 und 3 entsprechen den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens im Einigungsvertrag. Die Möglichkeit der Erhebung einer Mindestbetragskirchensteuer wird neu eingeführt. Absatz 3 regelt die Genehmigungsfiktion von Kirchensteuerbeschlüssen bei unverändertem Sachstand. Das Schlussprotokoll zu Absatz 3 trifft Regelungen betreffend die Anpassung der Kirchensteuerhebesätze. Zu Artikel 26 Durch Absatz 1 wird die Verwaltung der Kirchensteuern auf den Freistaat und die staatlichen Finanzämter übertragen. Absatz 2 regelt die Vergütung, die der Freistaat für die staatlichen Kirchensteuerverwaltungen erhält, sowie die Verpflichtung der staatlichen Finanzämter zur Auskunft. Im Schlussprotokoll zu Absatz 2 ist zusätzlich bestimmt, dass die Kirchen die Wahrung des Steuergeheimnisses nach Maßgabe der zu seinem Schutze erlassenen staatlichen Bestimmungen gewährleisten. Absatz 3 regelt die Vollstreckung der Kirchensteuer.

Kommentierung Die Bestimmungen der Art. 25 f. entsprechen vollständig denen der Art. 14 f. des Evangelischen Kirchenvertrags Thüringen. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 18: (1) Die Erzbistümer und die Kirchengemeinden sind berechtigt, nach Maßgabe der Gesetze von ihren Mitgliedern Kirchensteuer und Kirchgeld zu erheben. (2) Für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) verständigen sich die Erzbistümer auf einen einheitlichen Zuschlagsatz. (3) Die Kirchensteuerordnungen, die Kirchensteuerbeschlüsse, ihre Änderung und Ergänzung bedürfen der staatlichen Anerkennung. Diese kann nur bei einem Verstoß gegen die staatlichen Steuerbestimmungen versagt werden. Die Kirchensteuerbeschlüsse gelten als anerkannt, wenn sie den Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen. (4) Festsetzung und Erhebung der Kirchensteuer sind den Finanzämtern übertragen. Soweit die Steuer durch Abzug vom Arbeitslohn in Betriebsstätten im Land Mecklenburg-Vorpommern erhoben wird, sind die Arbeitgeber verpflichtet, die Kirchensteuer einzubehalten und abzuführen. (5) Für die Verwaltung der Kirchensteuer erhält das Land eine Entschädigung in Höhe eines Anteils des Kirchensteueraufkommens, der einvernehmlich festgelegt wird. Die Finanzämter geben den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten die erforderlichen Auskünfte. Die kirchlichen Stellen wahren das Steuergeheimnis. (6) Die Vollstreckung der Kirchensteuer obliegt den Finanzämtern. Sie unterbleibt, wenn die Erzbistümer darauf verzichten.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Zu Artikel 18 Absatz 1 wiederholt die verfassungsrechtliche Gewährleistung, landesweit Kirchensteuern und örtlich Kirchgeld erheben zu dürfen. Absatz 2 sichert, dass die beiden Erzbistümer gleiche Kirchensteuersätze festlegen. Absatz 3 garantiert die Übereinstimmung der Kirchensteuerordnungen mit den staatlichen Kirchensteuergesetzen. Absatz 4 bestimmt die Finanzämter und nicht etwa eigene kirchliche Steuerbehörden als zuständige Stellen für die Kirchensteuer und statuiert eine Pflicht der Arbeitgeber, diese Kirchensteuer im staatlichen Auftrag einzubehalten und abzuführen. Absatz 5 gewährt dem Land für die Verwaltung der Kirchensteuer eine Entschädigung. Sie ist grundsätzlich kostendeckend festzusetzen. Die kirchlichen Stellen, die mit der Besteuerung befasst sind, unterliegen dem Steuergeheimnis und dürfen die Daten nur zu steuerlichen Zwecken verwenden. Absatz 6 stellt sicher, dass die Vollstreckung von Kirchensteuern nur mit Zustimmung der Kirchen erfolgt. Hier sind zur Wahrung des Rechtsfriedens einheitliche Entscheidungen auch zu eventuellen Kirchengeldern erforderlich.

Kommentierung Die Regelung des Art. 18 entspricht inhaltlich der des Art. 17 des Evangelischen Kirchenvertrags Mecklenburg-Vorpommern. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen. 4. Sachsen-Anhalt Art. 19: (1) Die Bistümer, ihre Kirchengemeinden und die aus ihnen gebildeten Verbände sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen auf Grund von Steuerordnungen Kirchensteuern einschließlich Kirchgeld zu erheben. Schlussprotokoll: Kirchensteuer und Kirchgeld können sowohl einzeln als auch nebeneinander erhoben werden. Die Bistümer sind berechtigt, in ihren Kirchensteuerordnungen Mindestbeträge und Obergrenzen festzulegen. (2) Für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommenssteuer (Lohnsteuer) werden sich die Bistümer auf einen einheitlichen Zuschlagsatz einigen. (3) Die Kirchensteuerordnungen einschließlich ihrer Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse der Kirchensteuersätze bedürfen der staatlichen Anerkennung. Schlussprotokoll: Die Bistümer werden ihre Beschlüsse über die Kirchensteuersätze der Landesregierung anzeigen. Sie gelten als anerkannt, wenn sie den anerkannten Beschlüssen des vorhergehenden Haushaltsjahres entsprechen. (4) Auf Antrag der Bistümer ist die Verwaltung (Festsetzung und Erhebung) der Kirchensteuer, soweit sie anerkannt ist, den Finanzämtern zu übertragen. Soweit die Steuer vom Arbeitslohn in Betriebsstätten im Land Sachsen-Anhalt erhoben wird, sind die Arbeitge-

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

ber verpflichtet, die Kirchensteuer nach dem anerkannten Satz einzubehalten und abzuführen. Schlussprotokoll: (1) Die Bistümer werden dem Ministerium der Finanzen ein einzurichtendes Konto benennen, auf das die Kirchensteuereinnahmen der Bistümer insgesamt zu überweisen sind. (2) Für die Verwaltung der Kirchensteuer erhält das Land eine Entschädigung, deren Höhe sich nach dem vereinnahmten Kirchensteueraufkommen richtet. Der jährliche Vomhundertsatz wird gesondert vereinbart. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass mit der Zahlung dieser Entschädigung alle im Zusammenhang mit der Kirchensteuerverwaltung stehenden Leistungen abgegolten sind. Die Finanzämter sind verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen und unter Berücksichtigung des Datenschutzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Auskunft zu geben. (5) Den Finanzämtern obliegt die Vollstreckung der von ihnen verwalteten Kirchensteuern.

Regierungsbegründung Nach übereinstimmender Auffassung der Vertragsparteien konzentrieren sich die kirchensteuerrechtlichen Regelungen des Vertrages auf solche Fragen, die von grundlegender Bedeutung sind. Abs. 1 regelt die Verwaltung der Kirchensteuer. Damit ist die Katholische Kirche berechtigt, aufgrund von Steuerordnungen Kirchensteuer und Kirchgeld zu erheben. Die einzelnen Kirchensteuern können auch kumulativ erhoben werden. Treffen mehrere Kirchensteuern in einer Person zusammen, bleibt die Entscheidung über die Anrechnung den kirchlichen Steuerordnungen vorbehalten (Schlussprotokoll zu Abs. 1). Da insoweit eine Abweichung von der Systematik der Zuschlagsbemessung vorliegt, wurde im Schlussprotokoll festgehalten, dass die Kirche Mindest- oder Höchstbeträge festlegen kann. Mindestkirchensteuerbeträge führen bei Personen, bei denen eine Einkommens- oder Vermögenssteuerschuld in sehr geringem Umfang entstanden ist, zu einem Mindestbetrag, der auch anzusetzen ist, soweit die nach dem Zuschlagssatz errechnete Kirchensteuer unter diesem Betrag liegt. Höchststeuersätze können entweder in absoluten Beträgen oder in einem Prozentsatz des zu versteuernden Einkommens ausgedrückt werden. Die Festlegung von Mindest- und Höchstsätzen trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kirchensteuer Ausdruck der Kirchenmitgliedschaft ist und die Leistungspflichten nach unten wie auch nach oben nicht völlig außer Verhältnis hierzu stehen dürfen. Nach Abs. 2 haben sich die durch den Vertrag betroffenen Bistümer auf einen einheitlichen Zuschlagsatz zu einigen, der Voraussetzung für die staatliche Verwaltung der Steuer ist. Die Kirchenmitglieder im Bereich Havelberg, die zum Erzbistum Berlin gehören, sollen keine höhere oder niedrigere Kirchensteuer zahlen als im übrigen Land Sachsen-Anhalt. Abs. 3 regelt das Erfordernis der Anerkennung kirchlicher Steuerordnungen und Beschlüsse. Da die kirchlichen Steuerordnungen in die staatlichen Bereiche hineinwirken und der Kirche die Inanspruchnahme staatlicher Zwangsmittel für die Beitreibung eingeräumt wird, bedarf es eines solchen Anerkennungsakts. Im Übrigen handelt es sich jedoch bei der Festsetzung der Hebesätze hinsichtlich der verschiedenen Kirchensteuerarten vorrangig um eine innerkirchliche Angelegenheit. Das Land Sachsen-Anhalt hat deshalb – im Unterschied zu den Regelungen in älteren Kirchenverträgen (vgl. Schlussprotokoll zu Art. 22 Abs. 2 des Ev. Kirchenvertra-

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ges Rheinland-Pfalz vom 31. März 1962) – davon abgesehen, abstrakte Anerkennungsvoraussetzungen aufzustellen. Die Versagung einer Anerkennung wird nur ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn z. B. kirchliche Steuerordnungen bzw. Beschlüsse formell rechtswidrig sind oder darin festgesetzte Hebesätze im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Lage unvertretbar erscheinen. Das Schlussprotokoll zu Abs. 3 enthält Regelungen, die das Anerkennungsverfahren betreffen. Die Kirche und die Kirchengemeinden haben ihre Steuerordnungen und Beschlüsse bzw. entsprechende Änderungen dem Finanzministerium vorzulegen. Die Gültigkeit der erteilten Anerkennung von Kirchensteuerbeschlüssen bleibt auf ein Steuerjahr beschränkt. Dabei wurde vereinbart, dass die staatliche Anerkennung fingiert wird, wenn weder die kirchlichen noch die landesrechtlichen Grundlagen sich geändert haben. Dies dient zum einen der Entlastung der Finanzverwaltung bei der Überprüfung. Zum anderen beinhaltet diese Bestimmung einen gewissen Vertrauensschutz zugunsten der Kirche. Sie muss bei unveränderter Rechtslage darauf vertrauen dürfen, dass ihre Kirchensteuerbeschlüsse ungeachtet einer veränderten staatlichen Haltung rechtswirksam bleiben. In Abs. 4 werden diejenigen Kirchensteuerarten aufgezählt, deren Verwaltung durch die Finanzämter möglich ist. Das Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen wurde – in Übereinstimmung mit der Regelung des Kirchensteuergesetzes – ausgenommen, weil hierdurch der überwiegend freiwillige Charakter des Kirchgeldes zum Ausdruck kommen sollte. Soweit eine Verwaltung der Kirchensteuer durch die staatlichen Finanzämter erfolgt, findet eine Gesamtabrechnung bezüglich der Katholischen Kirche statt. Die Verteilung der vereinnahmten Gelder ist eine interne Angelegenheit der Kirche. Die Grundsätze der verwaltungstechnischen Abwicklungen sind im Schlussprotokoll im Einzelnen geregelt. Die Verwaltung der Kirchensteuer kann auch zukünftig durch die Finanzämter erfolgen, wie dies auch bisher der Fall war. Die gesetzlichen Voraussetzungen, wie insbesondere die Einheitlichkeit der Zuschlagsätze, müssen weiterhin vorliegen. Der wesentliche Anteil des Kirchensteueraufkommens im Land Sachsen-Anhalt ist aus Zuschlägen zur Lohnsteuer zu erwarten, die nach den geltenden kirchensteuerrechtlichen Regelungen vom Arbeitgeber abzuführen sind. Die in Satz 2 festgelegte Einbindung des Arbeitgebers rechtfertigt sich – unabhängig von dessen eigener weltanschaulicher Ausrichtung – aufgrund seiner Mitwirkungspflicht bei der Erfüllung staatlicher steuerlicher Verwaltungsaufgaben. Sie ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 19, 226, 240) und stellt ein wesentliches Element des vertraglich zu regelnden Kirchensteuersystems dar. Das Schlussprotokoll (zu Art. 19 Abs. 4, dort Abs. 2) enthält den Grundsatz, dass der Staat von der Kirche für die Inanspruchnahme seiner staatlichen Finanzverwaltung eine Entschädigung beanspruchen kann. Sie richtet sich prozentual nach den von den Finanzämtern vereinnahmten Kirchensteuergeldern. Die Höhe des Vergütungssatzes wie auch verwaltungstechnische Fragen des Einzugsverfahrens sind durch Vereinbarung zu regeln, die durch mündliche Abrede zwischen dem Land und den Kirchen im Jahr 1990 getroffen wurde. Gegenwärtig beträgt der Verwaltungskostenbeitrag drei Prozent des Kirchensteueraufkommens. Der Anspruch auf Datenübermittlung beschränkt sich – wie im Schlussprotokoll festgelegt – auf die Übermittlung der vorhandenen Daten, wobei die Ordnung dieser Daten den Kirchen obliegt. Durch Abs. 5 wird klargestellt, dass die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens allein den Finanzämtern obliegt. Zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen kann die Kirche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis niederschlagen oder die Vollstreckungsvorausset-

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

zungen beseitigen, indem sie den Anspruch stundet (§ 257 Abs. 1 Nr. 4 AO). Im Falle staatlicher Verwaltung der Kirchensteuer hat die Katholischen Kirche jedoch keinen Einfluss auf die Durchführung der einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen.

Kommentierung Art. 19 hat in verdichteter Form denselben Inhalt wie Art. 14 f. des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung verwiesen wird. Ergänzend wird lediglich hervorgehoben, dass für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommenssteuer (Lohnsteuer) erforderliche Einigung auf einen einheitlichen Zuschlagsatz nach Art. 19 Abs. 2 sich nur auf die katholischen Bistümer im Land bezieht. 5. Brandenburg Art. 17: (1) Die (Erz-)Bistümer, die Kirchengemeinden und die Gesamtverbände sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen aufgrund von Steuerordnungen Kirchensteuer, einschließlich Kirchgeld, zu erheben. Die Kirchensteuerordnung und ihre Änderungen und Ergänzungen sowie die Kirchensteuerbeschlüsse bedürfen der staatlichen Anerkennung. Schlussprotokoll: Das Genehmigungsverfahren richtet sich nach dem Gesetz über die Erhebung von Steuern durch Kirchen und andere Religionsgemeinschaften im Land Brandenburg vom 25. Juni 1999 (GVBl. I S. 251). (2) Die (Erz-)Bistümer werden sich bei der Gestaltung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) und zur Vermögenssteuer über einen einheitlichen Zuschlag und bei der Erhebung eines Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe über eine einheitliche Bemessung verständigen. (3) Die Kirchensteuerbeschlüsse gelten als anerkannt, wenn sie den Bedingungen entsprechen, die mit den (Erz-)Bistümern vereinbart werden. Soweit die Kirchensteuer als einheitlicher Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) und zur Vermögenssteuer oder als Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe erhoben wird, werden die (Erz-)Bistümer ihre Kirchensteuerbeschlüsse dem Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg anzeigen. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): (1) Ein (Erz-)Diözesan- oder Ortskirchensteuerbeschluss, durch den die Steuer als einheitlicher Zuschlag zur Einkommenssteuer (Lohnsteuer) erhoben wird, gilt als anerkannt, wenn der Zuschlag den im Vorjahr erhobenen Vomhundertsatz nicht übersteigt. (2) Ein (Erz-)Diözesan- oder Ortskirchensteuerbeschluss, durch den die Erhebung eines Kirchgeldes bestimmt ist, gilt als anerkannt, wenn das Kirchgeld sich in einem Rahmen hält, der zwischen dem Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg und den (Erz-)Bistümern vereinbart wird. Art. 18: (1) Das Land übernimmt auf Antrag der (Erz-)Bistümer die Verwaltung der Kirchensteuer, die in Zuschlägen zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) und zur Vermögenssteuer besteht, sowie des Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe, sofern sich die Kirchen auf eine einheitliche Bemessung und auf einheitliche Vomhundertsätze als Zuschlag zur Maßstabsteuer einigen. Soweit die Einkommensteuer durch Steuerabzug vom Arbeitslohn in

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Brandenburgischen Betriebsstätten erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, auch die Kirchensteuer nach dem genehmigten Steuersatz einzubehalten und abzuführen. Das Land erhält als Entschädigung für die Verwaltung der Kirchensteuer einen Vomhundertsatz des durch die Finanzkassen vereinnahmten Aufkommens, der zwischen den Vertragsparteien zu vereinbaren ist. Die Finanzämter erteilen gemäß den Vorschriften der Abgabenordnung und unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen den von den (Erz-)Bistümern genannten Stellen in allen kirchensteuerrechtlichen Angelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen die erforderlichen Auskünfte. (2) Ist die Verwaltung der Kirchensteuer den Finanzämtern übertragen, so obliegt auch die Vollstreckung der Kirchensteuer den Finanzämtern nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Schlussprotokoll (zu Abs. 2): Die Vollstreckung unterbleibt, wenn die (Erz-)Bistümer im Einzelfall aus besonderen Gründen darauf verzichten.

Regierungsbegründung Zu Artikel 17 Absatz 1 Satz 1 bestätigt das auch durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV; 36 Abs. 4 LV gewährleistete Recht der Katholischen Kirche, von ihren Mitgliedern Kirchensteuern zu erheben. Den landesrechtlichen Rahmen der Kirchensteuererhebung (vgl. das BbgKiStG vom 25. Juni 1999) füllt die Kirche aus durch Kirchensteuerordnungen, die die zu erhebenden Kirchensteuerarten beinhalten (Zuschlag zur Einkommen- oder Vermögenssteuer, Steuer vom Grundbesitz, Kirchgeld [Ortskirchensteuer], Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe) und durch Kirchensteuerbeschlüsse, durch die die Höhe der Kirchensteuer festgelegt wird (Hebesätze). Nach Absatz 1 Satz 2 bedürfen Kirchensteuerordnungen und -beschlüsse der staatlichen Anerkennung. Die Anerkennung ist erforderlich, weil die kirchlichen Steuerordnungen in den staatlichen Bereich hineinwirken und den Kirchen die Inanspruchnahme staatlicher Zwangsmittel für die Beitreibung eingeräumt wird. Die Festsetzung der Hebesätze für die kirchensteuergesetzlich zugelassenen Kirchensteuerarten ist vorrangig eine innerkirchliche Angelegenheit. Die Versagung der Anerkennung wird daher nur ausnahmsweise in Betracht kommen, etwa bei formeller Rechtswidrigkeit der Beschlüsse oder wenn die festgesetzten Hebesätze im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Lage schlechterdings unvertretbar sind. Absatz 2 gewährleistet, dass die (Erz-)Bistümer innerhalb des Landes einheitliche Kirchensteuerzuschlagssätze beschließen. Die einheitliche Bemessung ist Grundvoraussetzung für die staatliche Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter nach Art. 18. Kommt keine Einigung sämtlicher am Kirchensteuereinzugsverfahren teilnehmenden Kirchen zustande, kann das Land die Übernahme der Verwaltung ablehnen. Absatz 3 fingiert abweichend von § 6 BbgKistG eine staatliche Anerkennung von Kirchensteuerbeschlüssen. Die Voraussetzungen sind im Schlussprotokoll festgehalten. Weiterhin wird eine Anzeigepflicht gegenüber dem Ministerium der Finanzen festgelegt. Zu Artikel 18 Absatz 1 eröffnet – wie in allen anderen Bundesländern – den Kirchen die Möglichkeit, die Kirchensteuer vom Einkommen und Vermögen sowie das Kirchgeld in glaubensverschiedener

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Artikel 14 – Kirchensteuer/Artikel 15 – Verwaltung der Kirchensteuer

Ehe von den Finanzämtern verwalten zu lassen. Die Kirchen machen von dieser Möglichkeit bezüglich der Kircheneinkommensteuer und des Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe Gebrauch. Damit verbunden ist das verfassungsrechtlich unbedenkliche Verfahren der Einbehaltung und Abführung der Kirchenlohnsteuer durch den Arbeitgeber. Die Einbindung des Arbeitgebers rechtfertigt sich unabhängig von dessen eigener weltanschaulicher Ausrichtung aufgrund seiner Mitwirkungspflicht bei der Erfüllung staatlicher steuerlicher Verwaltungsaufgaben. Die Verwaltung der Kirchensteuer durch die Finanzämter setzt voraus, dass sämtliche am staatlichen Kirchensteuereinzugsverfahren teilnehmenden Kirchen (neben den katholischen [Erz-] Bistümern also insbesondere auch die evangelischen Landeskirchen) sich auf einheitliche Hebesätze einigen. Ein Einzugsverfahren mit unterschiedlichen Hebesätzen innerhalb eines Landes ist nicht möglich. Das Land kann für die kirchliche Inanspruchnahme von Rechts- und Verwaltungshilfe der Finanzämter eine angemessene Entschädigung beanspruchen. Für die Wahrnehmung ihrer Restzuständigkeiten bei der Besteuerung (Stundung, Erlass, Niederschlagung) sowie für die Ermittlung des jeweiligen Anteils am Gesamtkirchensteueraufkommen benötigen die Kirchen Informationen der Finanzämter, die ihnen von diesen zu erteilen sind. Bei der Auskunftserteilung dürfen die durch das Steuergeheimnis und datenschutzrechtliche Bestimmungen geschützten übrigen Verhältnisse der Betroffenen nicht offenbart werden. Durch Absatz 2 wird gewährleistet, dass die Vollstreckung der Kirchensteuer den Finanzämtern vorbehalten ist. Das Vollstreckungsverfahren kann im Falle staatlicher Verwaltung nicht vom übrigen Erhebungsverfahren abgekoppelt werden. Die (Erz-)Bistümer können nur im begründeten Einzelfall auf die Vollstreckung Einfluss nehmen.

Kommentierung Art. 17 f. entsprechen inhaltlich den Art. 14 f. des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg, auf dessen Kommentierung verwiesen wird.

Artikel 16 – Spenden und Sammlungen A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 16: (1) Die Kirchen, ihre Kirchengemeinden und Gliederungen sind berechtigt, von ihren Mitgliedern – unabhängig von Kirchensteuern einschließlich Kirchgeld – Spenden und andere freiwillige Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) Für die Kirchen gelten darüber hinaus alljährlich zwei allgemeine Haus- und Straßensammlungen für kirchliche Zwecke als genehmigt. Die Sammlungszeiten werden im Benehmen mit der Landesregierung festgelegt.

Regierungsbegründung Der Artikel sichert den Kirchen die Spendenwerbung bei ihren Mitgliedern – Spendenaufrufe gegenüber anderen Personen sind ohnehin zulässig – und Straßensammlungen in dem im Land Sachsen-Anhalt üblichen Umfang zu. Die Haus- und Straßensammlungen sind allerdings gemäß Absatz 2 mit dem zuständigen Ministerium terminlich abzustimmen, damit keine Überschneidungen mit anderen genehmigten Sammlungen stattfinden.

Kommentierung Die Kirchen und ihre Untergliederungen rufen seit jeher innerhalb und außerhalb der Gottesdienste zu Geld- oder Sachleistungsspenden auf und führen Sammlungen durch. Nach der berühmten Lumpensammlerentscheidung des BVerfG handelt es sich dabei um eine spezifische Ausdrucksform der Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG), zu der nicht nur kultische Handlungen und die Ausübung sowie Beachtung religiöser Gebräuche wie der Gottesdienst, sondern auch die aus religiös-karitativen Motiven veranstaltete Sammlungen als Akt tätiger Nächstenliebe gehören.1 Die Kirchen können, wenn sie zu christlicher Mildtätigkeit aufrufen, auch auf ihren Öffentlichkeitsauftrag und ihr Selbstbestimmungsrecht berufen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV).2 Der Staat hat das Spenden- und Sammelwesen wegen der potenziell konkurrierenden, gleichfalls nicht gleichlaufenden Interessen von Spendensammlern und Spendern sowie dem Interesse der Allgemeinheit an einem transparenten und seriösen

1

BVerfGE 24, 236 (246 – 248) – Aktion Rumpelkammer. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 105. 2

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Artikel 16 – Spenden und Sammlungen

Sammlungsaktivitäten seit jeher seinem ordnenden und regelnden Zugriff unterworfen, der Missständen vorbeugen soll.3 Das (Reichs-)Sammlungsgesetz von 19344 unterwarf Sammlungen aller nicht NS-Organisationen einschließlich der Kirchen einem repressiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach freiem, ungebundenem behördlichen Ermessen. Ausgenommen waren lediglich Sammlungen von einer christlichen Religionsgesellschaft öffentlichen Rechts bei Gottesdiensten in Kirchen und in kirchlichen Versammlungsräumen (§ 15 Nr. 4 Sammlungsgesetz).5 „Das Gesetz sollte ein Instrument der Machthaber zur Sicherung der NSDAP und ihrer Gliederungen sein und diente zur Bekämpfung der freien Wohlfahrtstätigkeit und der Kirchen.“6 Das Sammlungsgesetz galt in der Bundesrepublik zunächst als Landesrecht fort. Das BVerwG bestätigte die Vereinbarkeit der Genehmigungspflichtigkeit mit dem Grundgesetz, aber nur sofern dem Antragsteller die Genehmigung zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.7 Das Sammlungsgesetz wurde erst 1966 vom BVerfG für verfassungswidrig und nichtig erklärt, weil die darin enthaltenen Genehmigungsvorbehalte die Zulassung grundrechtlich geschützter karitativer Tätigkeit in das freie, rechtlich ungebundene Ermessen der Behörden stellten.8 Daraufhin wurde das Sammlungswesen in rechtsstaatlich einwandfreier Weise in Landesgesetzen neu geregelt.9 Sie führten sämtlich zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere der Unterbindung von Betrügereien, von unlauterem

3 O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 32020, S. 1569 – 1598 (1572 Rn. 5). 4 Gesetz zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlicher Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 5. November 1934 (RGBl. I S. 1086). 5 Zur NS-Praxis der Anwendung des Sammlungsgesetzes als „Lenkungsmittel zur Verfolgung staatspolitisch erwünschter Ziele und zur Unterbindung politisch nicht genehmer Zwecke“ siehe nur BVerfGE 20, 150 (Rn. 19). 6 BVerfGE 20, 150 (Rn. 29). 7 BVerwGE 10, 199 (201 Rn. 17). § 4 der zum Sammlungsgesetz ergangenen Durchführungsverordnung vom 14. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1250) hatte die Genehmigung u. a. davon abhängig gemacht, dass für die Durchführung der Sammlungen oder sammlungsähnlichen Veranstaltungen ein hinreichendes öffentliches Bedürfnis besteht. Dies widerspreche dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG. „Dieses Grundrecht will die Persönlichkeit nicht zuletzt in ihrer sittlichen Grundhaltung schützen. Zu ihrer Entfaltung gehört auch die karitative Liebestätigkeit. Weder die Sittengesetze noch die Rechte Dritter noch die verfassungsmäßige Ordnung lassen eine Einschränkung dieser Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt des hinreichenden, von einer Behörde festzustellenden öffentlichen Bedürfnisses zu. Sieht man von Notzeiten ab, so ist eine solche Einschränkung nur totalitären Staaten gemäß, die auch die Gedanken und Empfindungen ihrer Bürger lenken und reglementieren wollen, nicht aber den Grundsätzen der freiheitlichen Verfassung der Bundesrepublik.“ 8 BVerfGE 20, 150. 9 Siehe die Einzelnachweise bei O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 32020, S. 1569 – 1598 (1574 Rn. 9 Fn. 11, 12 u. 13).

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Wettbewerb und sonstigen Unregelmäßigkeiten ein (präventives) Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Sammlungen wie Haus- und Straßensammlungen ein. In Reaktion auf die NS-Unterdrückungspraxis auch hinsichtlich kirchlicher Sammlungen hatten sich die Kirchen seit den 1950er Jahren ihre karitative Tätigkeit, insbesondere die Sammlung von Gaben für karitative Zwecke, in den Kirchenverträgen und Konkordaten als legitime Aufgabe der Kirchen anerkennen und die Berechtigung dazu garantieren lassen. So bestimmt Art. 14 Abs. 1 des Loccumer Vertrags der evangelischen Landeskirchen mit dem Land Niedersachsen vom 19. März 195510, dass die Kirchen und Gemeinden berechtigt sind, von ihren Angehörigen freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu sammeln, weil „die Erfüllung von Werken der Nächstenliebe […] ein wesentlicher Teil christlicher Religionsausübung“ ist.11 Nach Art. 14 Abs. 2 dieses Vertrages kann jede Kirche alljährlich in ihrem Gebiet eine Haussammlung zum Besten ihrer bedürftigen Gemeinden ohne besondere staatliche Ermächtigung veranstalten. Das entsprach bereits der geltenden Rechtslage. „Die Bestimmungen des Loccumer Vertrages sind zum Vorbild für die sammlungsrechtlichen Regelungen in den folgenden Verträgen mit den Kirchen geworden.“12 In der DDR unterlagen, wie in der NS-Zeit, „öffentliche“ Sammlungen, die von Haus zu Haus, auf Straßen oder aufgrund von Aufforderungen an einen nicht von vornherein begrenzten Personenkreis veranstaltet wurden, ausnahmslos der Genehmigung, über deren Erteilung die Behörden nach freiem, d. h. politischem Ermessen entschieden.13 Da das DDR-Sammlungsrecht denselben verfassungsrechtlichen Einwänden wie das Reichssammlungsgesetz begegnet, konnte es wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz eigentlich gemäß Art. 9 Abs. 1 des Einigungsvertrags nicht als Landesrecht in den neuen Ländern fortgelten14 ; es wurde aber dessen ungeachtet noch jahrelang angewandt, bis es dort durch Sammlungsgesetze nach westdeutschem Vorbild abgelöst wurde.15 Eine Ausnahme bildete das Land Sachsen-Anhalt, das zwar mit

10 Abgedruckt bei J. Listl (Hg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1987, S. 115. 11 Regierungsbegründung, LT-Drs. 2/1906, S. 4415, zitiert nach: J. Listl (Hrsg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik, Bd. 2, 1987, S. 119 ff. (124). 12 O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 32020, S. 1569 – 1598 (1581 Rn. 21). 13 Siehe § 3 Abs. 1 der Verordnung über das öffentliche Sammlungs- und Lotteriewesen v. 18. 2. 1965 (GBl. II S. 238). 14 So zutreffend O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 32020, S. 1569 – 1598 (1575 Rn. 11). 15 Siehe die Nachweise bei O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 3 2020, S. 1569 – 1598 (1579 Rn. 16 m. Fn. 31 – 34).

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Wirkung zum 1. Januar 1997 ebenfalls die Geltung der DDR-Verordnung aufhob16, aber auf den Erlass eines Sammlungsgesetzes verzichtete.17 Das galt aber noch nicht zum Zeitpunkt des Abschlusses des Wittenberger Vertrags, weshalb die Kirchen Wert auf eine Art. 14 des Loccumer Vertrags vergleichbare kirchenvertragliche Regelung legten. Die Regelung beinhaltet eine „vertragliche Mindestgarantie des kirchlichen Sammlungswesens“.18 Danach sind die Kirchen und ihre Gliederungen ohne Weiteres, also erlaubnisfrei, berechtigt, von ihren Mitgliedern Geld- oder Sachspenden oder geldwerte Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. Außerdem dürfen sie zwei öffentlichen Haus- und Straßensammlungen pro Jahr veranstalten, ohne dafür einer besonderen Genehmigung zu bedürfen. Soweit die Bundesländer das Sammlungsrecht aufgehoben haben, sind vormalige Erlaubnis- und Anzeigepflichten für Sammlungen gänzlich entfallen. Ein präventives Einschreiten ist dort nur noch gestützt auf die Generalklauseln des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht zum Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung – etwa durch unlautere Zwecke oder Sammelmethoden oder bei zweckwidriger Verwendung des Sammelertrags – möglich. Die Kirchen sind in Sachsen-Anhalt landesrechtlich in derselben Weise wie sonstige gemeinnützige Organisationen, die Spenden einwerben, von bisherigen administrativen Beschränkungen seit 1997 befreit. Was als vertragliche Privilegierung gedacht war, hat seinen Sinn verloren und allenfalls noch Reservefunktion für einen unwahrscheinlichen Fall der Wiedereinführung eines restriktiven Sammlungsgesetzes. Man wird die Verpflichtung der Kirchen gemäß Art. 16 Abs. 1 S. 2, die Zeiten für die jährlich zwei genehmigungsfrei durchführbaren Haus- und Straßensammlungen im Benehmen mit der Landesregierung festzulegen, angesichts des Wegfalls aller gesetzlichen Anzeige- und Erlaubnispflichten (Wegfalls der Geschäftsgrundlage) für hinfällig erachten müssen; denn ansonsten unterstünden allein die Kirchen noch einer solchen Abstimmungspflicht, was erkennbar nicht dem Willen der Vertragsparteien entspricht.

16 Anlage Nr. 6 des Gesetzes zur Bereinigung des zu Landesrecht gewordenen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Rechtsbereinigungsgesetz) vom 26. 6. 1996 (GVBl. S. 210). 17 Mittlerweile haben alle Bundesländer bis auf Rheinland-Pfalz, das Saarland und Thüringen ihre Sammlungsgesetze aufgehoben. Zu dieser Entwicklung und den Beweggründen siehe näher O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 32020, S. 1569 – 1598 (1579 – 1581 Rn. 17 – 19). 18 O. Luchterhandt, Kirchliches Sammlungswesen, HSKR, Bd. 1, 32020, S. 1569 – 1598 (1584 Rn. 26).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 19: (1) Die Kirchen, ihre Kirchengemeinden und Gliederungen sind berechtigt, Spenden und andere freiwillige Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) Den Kirchen wird in der Regel zweimal jährlich eine Genehmigung für eine allgemeine Haus- und Straßensammlung für kirchliche Zwecke erteilt.

Regierungsbegründung Absatz 1 bestätigt das traditionelle Recht der Kirchen zu Sammlungen bei ihren Mitgliedern und in Absatz 2 zu allgemeinen Haus- und Straßensammlungen.

Kommentierung Art. 19 Abs. 2 hat den Charakter einer vertraglichen Zusicherung der Erteilung der für eine Haus- und Straßensammlung erforderlichen Genehmigung in zwei Fällen pro Jahr. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wurde noch die in der DDR erlassene Verordnung über das öffentliche Sammlungs- und Lotteriewesen vom 18. 2. 1965 (GBl. II S. 238) angewandt. Diese Verordnung wurde durch das Sammlungsgesetz vom 17. 6. 1996 (GVBl. S. 266) abgelöst. Mit dessen Aufhebung durch Art. 3 des Vierten Gesetzes zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau v. 28. 10. 2010 (GVBl. S. 615) mit Wirkung vom 13. 11. 2010 sind alle Erlaubnispflichten entfallen. Insofern ist Art. 19 Abs. 2 obsolet geworden. 2. Thüringen Art. 16: (1) Die Kirchen und ihre Kirchengemeinden sind berechtigt, von ihren Mitgliedern, unabhängig von Kirchensteuern und Kirchgeld, Spenden und andere freiwillige Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) 1Für die Kirchen und ihre diakonischen Einrichtungen gelten darüber hinaus alljährlich zwei allgemeine öffentliche Haus- und Straßensammlungen für kirchliche Zwecke als genehmigt. 2Die Termine dieser Sammlungen werden in Absprache mit der zuständigen Landesbehörde festgelegt.

Regierungsbegründung Infolge der Regelung in Absatz 2 werden die Kirchen und ihre diakonischen Einrichtungen im Thüringer Sammlungskalender berücksichtigt.

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Artikel 16 – Spenden und Sammlungen

Kommentierung Nach dem Thüringer Sammlungsgesetz (ThürSammlG) v. 8. 6. 1995 (GVBl. S. 197), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 8. Juli 2009 (GVBl. S. 592) bedürfen Sammlungen von Geld- oder Sachspenden bzw. von Spenden geldwerter Leistungen, die durch unmittelbare Einwirkung von Person zu Person bewirkt werden, einer Erlaubnis. Das ThürSammlG findet keine Anwendung auf Sammlungen, die von Kirchen, Religionsgesellschaften und weltanschaulichen Gemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und ihren Gliederungen auf ihnen gehörenden Grundstücken, in Kirchen oder sonstigen dem Gottesdienst oder der Pflege der Weltanschauung dienenden Räumen bzw. in örtlichem Zusammenhang mit kirchlichen, anderen religiösen oder der Pflege der Weltanschauung dienenden Veranstaltungen oder in Form von nicht erlaubnispflichtigen Haussammlungen und Sammlungen bei ihren Angehörigen durchgeführt werden (§ 13 Nrn. 1 – 3 THürSammlG). Erlaubnisfrei sind gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 ThürSammlG auch Sammlungen, die in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einer Versammlung oder einer sonstigen Veranstaltung in geschlossenen Räumen unter den Teilnehmern der Veranstaltung durchgeführt werden. Das gilt auch für die Kirchen und ihre Untergliederungen, insbesondere bei nicht religiösen Zwecken dienenden Veranstaltungen. Richtet sich eine Haussammlung an jedermann, dann unterliegt sie grundsätzlich der Erlaubnispflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ThürSammlG). Die Erlaubnispflichtigkeit von Altmaterialsammlungen bestimmt sich in Thüringen nach den allgemeinen Vorschriften. Straßensammlungen von Kirchen bedürfen der Erlaubnis, wenn sie den räumlichen Rahmen verlassen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ThürSammlG). Die Veranstaltung einer Sammlung von Geld- oder Sachspenden oder geldwerten Leistungen durch Spendenbriefe, durch öffentliche Aufrufe, durch Aufstellen von Sammelbehältern oder in der Form der persönlichen Mitgliederwerbung ist erlaubnisfrei, unterliegt aber staatlicher Überwachung (§ 9 ThürSammlG). Soweit danach überhaupt eine Erlaubnis erforderlich ist, besteht auf deren Erteilung ein Anspruch, wenn keine Gefahr besteht, dass durch die Sammlung oder durch die Verwendung des Sammlungsertrags die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gestört wird, gewährleistet ist, dass die Sammlung ordnungsgemäß durchgeführt und der Ertrag der Sammlung ihrem Zweck entsprechend verwendet wird (§ 2 Abs. 1 Nrn. 1 – 3 ThürSammlG). Die Erlaubnis soll versagt werden, wenn die gleichzeitige Durchführung mehrerer Sammlungen in demselben Gebiet voraussichtlich zu einer erheblichen Belästigung der Bevölkerung führen würde (§ 2 Abs. 3 ThürSammlG). Hier gewinnt Art. 16 Abs. 2 seine Bedeutung. Zwei Haus- und Straßensammlungen pro Jahr gelten als genehmigt, ohne dass – sofern Erlaubnispflichtigkeit nach dem ThürSammlG bestehen sollte – es noch der Einholung einer behördlichen Er-

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laubnis bedürfte, und zur Vermeidung einer Erlaubnisversagung gemäß § 2 Abs. 3 ThürSammlG bedarf es im Interesse der Kirchen einer Festlegung der Termine dieser Sammlungen in Absprache mit der zuständigen Landesbehörde. 3. Sachsen Art. 18: (1) Die Kirchen und Kirchengemeinden sowie die kirchlichen Werke und Einrichtungen sind berechtigt, freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) 1Für die Kirchen und ihre diakonischen Einrichtungen gelten darüber hinaus alljährlich zwei allgemeine öffentliche Haus- und Straßensammlungen als genehmigt. 2Die Termine dieser Sammlungen sollen mit dem zuständigen Staatsministerium abgestimmt werden.

Regierungsbegründung In Absatz 1 wurde das Recht der Kirchen festgelegt, um Gaben für kirchliche Zwecke zu bitten. Die Sammlung für kirchliche (und insbesondere auch diakonische) Zwecke ist Ausfluss des kirchlichen Selbstverständnisses und deshalb durch Artikel 4 Abs. 2 GG geschützt (vgl. BVerfGE 24, 236, 247 ff.). Das Bitten um Spenden sowie die Organisation von Sammlungen ist Bestandteil des durch den Öffentlichkeitsauftrag geschützten kirchlichen Wirkens in der Gesellschaft. Dementsprechend war der Adressatenkreis, der durch entsprechende Maßnahmen angesprochen werden kann, nicht nur auf Kirchenmitglieder zu beschränken. Aus den oben dargestellten Gründen konnten den Kirchen in Absatz 2 abstrakt zwei allgemeine öffentliche Haus- und Straßensammlungen genehmigt werden, deren Termine rechtzeitig vorher mit dem zuständigen Staatsministerium abzustimmen sind. Damit wird zugleich klargestellt, dass im Einzelfall möglicherweise erforderliche Sondernutzungserlaubnisse entfallen.

Kommentierung Die Vorschrift entspricht ihrem Sinngehalt nach Art. 16 des Wittenberger Vertrags. Art. 18 Abs. 2 ist ebenso wie Art. 16 Abs. 2 des Wittenberger Vertrags gegenstandslos geworden, nachdem Sachsen das Sammlungsgesetz vom 22. 11. 1996 (SächsGVBl. S. 444) mit Art. 9 des Gesetzes zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Sächsisches DienstleistungsrichtlinienG) v. 28. 12. 2009 (SächsGVBl. S. 438) aufgehoben hat. 4. Brandenburg Art. 16: (1) Die kirchlichen Körperschaften, Einrichtungen und Werke sind berechtigt, Spenden und andere freiwillige Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) Die Kirchen und ihre diakonischen Werke können mit staatlicher Genehmigung Hausund Straßensammlungen durchführen. In der Regel wird zweimal jährlich eine Genehmigung erteilt.

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Artikel 16 – Spenden und Sammlungen

Regierungsbegründung Die Spendensammlung und die Veranstaltung sonstiger Sammlungen dienen diakonischen Zwecken und unterliegen im Rahmen der Religionsausübung dem Schutz von Art. 4 GG, 13 LV. Zugleich wirken die Kirchen hierdurch in der Öffentlichkeit und erfüllen damit ihren Öffentlichkeitsauftrag (vgl. Art. 36 Abs. 3 Satz 1 LV). Dementsprechend wird den Kirchen in Absatz 1 das Recht zur Spendensammlung eingeräumt. Das Recht zur Veranstaltung von Haus- und Straßensammlungen wird in Absatz 2 gewährleistet, wobei jährlich in der Regel zwei Sammlungen genehmigt werden. Die staatliche Genehmigung ist erforderlich, um terminliche Kollisionen mit anderen Sammlungen zu vermeiden sowie die Modalitäten der Sammlung abzustimmen.

Kommentierung Für Art. 16 Abs. 2 gilt das zu Art. 19 Abs. 2 des Güstrower Vertrags Ausgeführte entsprechend. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt das Sammlungsgesetz vom 3. 6. 1994 (GVBl. S. 194)19, das allerdings keine Anwendung fand auf Sammlungen, die von Kirchen und ihren Gliederungen auf ihnen gehörenden oder von ihnen genutzten Grundstücken, in Kirchen oder sonstigen, dem Gottesdienst dienenden Räumen, in örtlichem Zusammenhang mit kirchlichen oder anderen religiösen dienenden Veranstaltungen, in Form von Haussammlungen bei ihren Angehörigen durchgeführt werden. Gleiches galt für Sammlungen, die von Orden und religiösen Kongregationen nach ihren kirchenrechtlichen Regelungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts durchgeführt werden (§ 13 Abs. 1 u. 2 Sammlungsgesetz). Das Sammlungsgesetz ist mit Wirkung vom 1. August 2006 durch Artikel 22 Nr. 2 des Gesetzes vom 28. Juni 2006 des Ersten Gesetzes zum Abbau von bürokratischen Hemmnissen (GVBl. I S. 74) aufgehoben worden. Mit dem Wegfall der Erlaubnispflichtigkeit für Haus- und Straßensammlungen ist die Regelung des Art. 16 Abs. 2 gegenstandslos geworden.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 24: (1) Die Bistümer und ihre Kirchengemeinden sowie die katholischen Organisationen und Verbände sind berechtigt, freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) Für die Bistümer und ihre karitativen Einrichtungen gelten darüber hinaus alljährlich zwei allgemeine öffentliche Haus- und Straßensammlungen als genehmigt. Die Termine dieser Sammlungen stimmt das Bistum mit dem zuständigen Staatsministerium ab.

19 Zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 17. Dezember 2003 (GVBl. I S. 298, 305).

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Regierungsbegründung Absatz 1 gewährt der Kirche das Recht, freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu erbitten. Unter kirchlichen Zwecken sind auch karitative Zwecke zu verstehen. Solche Sammlungen sind Ausfluss des kirchlichen Selbstverständnisses und deshalb durch Artikel 4 Abs. 2 Grundgesetz verfassungsrechtlich geschützt (vgl. BVerfGE 24, 236, 247 ff.). Die Durchführung von Sammlungen sowie das Bitten um Spenden sind Teil des durch den Öffentlichkeitsauftrag geschützten kirchlichen Wirkens in der Gesellschaft. Von daher war der Adressatenkreis, der durch entsprechende Maßnahmen angesprochen werden kann, nicht nur auf Kirchenmitglieder zu beschränken. Absatz 2 enthält in abstrakter Form die Genehmigung zweier allgemeiner öffentlicher Hausund Straßensammlungen. Deren Termine sind von der Kirche vorher rechtzeitig mit dem zuständigen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie abzustimmen. Diese Regelung ersetzt die hierzu erforderlichen konkreten staatlichen Genehmigungen.

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung von Art. 18 des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Sachsen und den Evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen vom 24. 3. 1994 verwiesen werden. Der bereits durch den Vertrag selbst erteilten Genehmigung von jährlich zwei Haus- und Straßensammlungen bedarf es nicht mehr; damit ist auch die Pflicht, sich insoweit mit dem zuständigen Staatsministerium terminlich abzustimmen, hinfällig geworden. 2. Thüringen Art. 27: (1) Die Bistümer und ihre Kirchengemeinden bzw. Pfarreien sind berechtigt, von ihren Mitgliedern, unabhängig von Kirchensteuern und Kirchgeld, Spenden und andere freiwillige Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) Für die Bistümer und ihre karitativen Einrichtungen gelten darüber hinaus alljährlich zwei allgemeine öffentliche Haus- und Straßensammlungen für kirchliche Zwecke als genehmigt. Die Termine dieser Sammlungen werden in Absprache mit der zuständigen Landesbehörde festgelegt.

Regierungsbegründung Infolge der Regelung in Absatz 2 werden die Kirchen und ihre diakonischen Einrichtungen im Thüringer Sammlungskalender berücksichtigt.

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung von Art. 16 des Vertrags des Freistaates Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen vom 15. März 1994 verwiesen werden.

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Artikel 16 – Spenden und Sammlungen

3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 19: (1) Die Erzbistümer, die Kirchengemeinden und die sonstigen kirchlichen Einrichtungen sind berechtigt, Spenden und andere freiwillige Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) Der Kirche wird in der Regel zweimal jährlich eine Genehmigung für eine allgemeine Haus- und Straßensammlung für kirchliche Zwecke erteilt.

Regierungsbegründung Die Absätze 1 und 2 bestätigen das traditionelle Recht der Kirchen zu Sammlungen bei ihren eigenen Mitgliedern und zu allgemeinen Sammlungen. Die Bestimmung der kirchlichen Zwecke, für die gesammelt werden darf, obliegt im Rahmen der allgemeinen Gesetze der Kirche.

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung von Art. 19 des Evangelischen Kirchenvertrags Mecklenburg-Vorpommern (Güstrower Vertrages vom 20. 1. 1994) verwiesen werden (s. o.). Das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Sammlungsgesetz ist mittlerweile aufgehoben, die Genehmigungszusage nach Art. 19 Abs. 2 damit obsolet geworden. 4. Sachsen-Anhalt Art. 22: (1) Die Katholische Kirche, ihre Kirchengemeinden und Gliederungen sind berechtigt, von ihren Mitgliedern – unabhängig von Kirchensteuern einschließlich Kirchgeld – Spenden und andere freiwillige Leistungen für kirchliche Zwecke zu erbitten. (2) Sollte durch Landesrecht für Sammlungen ein allgemeiner Genehmigungsvorbehalt eingeführt werden, gelten für die Katholische Kirche alljährlich insgesamt zwei allgemeine Haus- und Straßensammlungen für kirchliche Zwecke als genehmigt. Die Sammlungszeiten werden dann im Benehmen mit der Landesregierung festgelegt.

Regierungsbegründung Abs. 1 gewährt der Kirche das Recht, freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu erbitten. Unter kirchlichen Zwecken sind auch karitative Zwecke zu verstehen. Solche Sammlungen sind Ausfluss des kirchlichen Selbstverständnisses und deshalb durch Art. 4 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützt (vgl. BVerfGE 24, 236, 247 ff.). Die Durchführung von Sammlungen sowie das Bitten um Spenden sind Teil des durch den Öffentlichkeitsauftrag geschützten kirchlichen Wirkens in der Gesellschaft. Von daher war der Adressatenkreis, der durch entsprechende Maßnahmen angesprochen werden kann, nicht nur auf Kirchenmitglieder zu beschränken. Abs. 2 enthält in abstrakter Form die Genehmigung zweier allgemeiner öffentlicher Haus- und Straßensammlungen für den Fall, dass es im Land Sachsen-Anhalt wieder ein Sammlungsgesetz gibt. Die Termine sind im Benehmen mit der Landesregierung zu bestimmen. Die Katholische Kirche soll gegenüber den Evangelischen Kirchen, für die im Evangelischen Kirchenvertrag in Art. 16 Abs. 2 zwei Sammlungen als genehmigt gelten, nicht schlechter gestellt werden. Zwar läuft dieser Art. des Evangelischen Kirchenvertrages zur Zeit ins Leere, würde aber mit

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der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes wieder aufleben. Somit ist die Parität zwischen den Evangelischen Kirchen und der Katholischen Kirche gewahrt.

Kommentierung Art. 22 Abs. 2 enthält eine Regelung, die nur relevant werden könnte, wenn das Land Sachsen-Anhalt wieder ein Sammlungsgesetz erlassen und darin Haus- und Straßensammlungen auch von Kirchen und ihren Gliederungen einem Erlaubnisvorbehalt unterwerfen würde. Wie oben ausgeführt, hat das Land die bis dahin fortgeltende DDR-Sammlungs- und Lotterieverordnung mit Wirkung vom 1. 1. 1997 insoweit aufgehoben, als sie das Sammlungsrecht regelte, und darauf verzichtet, ein eigenes Sammlungsgesetz zu erlassen. Art. 22 Abs. 2 ist daher gegenwärtig, wie auch die Regierungsbegründung hervorhebt, bedeutungslos. 5. Brandenburg Art. 19: Die Katholische Kirche und ihre Einrichtungen sind berechtigt, Spenden und andere freiwillige Leistungen für ihre Zwecke zu erbitten. Sie können mit staatlicher Genehmigung Haus- und Straßensammlungen durchführen. Schlussprotokoll: In der Regel werden alljährlich zwei allgemeine Haus- und Straßensammlungen genehmigt.

Regierungsbegründung Die Spendensammlung und Veranstaltung sonstiger Sammlungen dienen karitativen Zwecken und fallen in den Schutzbereich der Art. 4 GG, 13 LV. Mit solchen Veranstaltungen wird zugleich der kirchliche Öffentlichkeitsauftrag erfüllt (vgl. Art. 36 Abs. 3 Satz 1 LV). Die Sammlung bedarf der staatlichen Erlaubnis (§ 1 Abs. 1 SGBbg), um terminliche Kollisionen mit anderen Sammlungen zu vermeiden und die Modalitäten der Sammlung abzustimmen. Dies gilt nicht für Sammlungen auf kirchlichen Grundstücken oder Haussammlungen bei Mitgliedern sowie für Sammlungen, die mit kirchlichen Veranstaltungen in Zusammenhang stehen (§ 13 Abs. 1 SGBbg), zum Beispiel gottesdienstliche Kollekten oder Kirchgeldsammlungen; für diese Sammlungen besteht keine Erlaubnispflicht. Soweit Erlaubnispflicht besteht, wird in der Regel zweimal jährlich eine Erlaubnis erteilt.

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung von Art. 16 des Vertrags zwischen dem Land Brandenburg und den evangelischen Landeskirchen in Brandenburg vom 8. 11. 1996 verwiesen werden (s. o.). Mit der Aufhebung des Sammlungsgesetzes sind die Erlaubnispflichten entfallen und die Regelung des Art. 19 Abs. 2 ist obsolet geworden.

Artikel 17 – Gebühren A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 17: Mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages wird das Land die auf Landesrecht beruhenden Gebührenbefreiungen für das Land auf die Kirchen, ihre Kirchengemeinden und Gliederungen sowie ihre öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände erstrecken. Schlussprotokoll zu Art. 17: Für Amtshandlungen, die auf Grund eines Gesetzes auch von privaten (beliehenen) Unternehmen wahrgenommen werden, besteht keine Gebührenfreiheit.

Regierungsbegründung Der Artikel legt in Übereinstimmung mit den historisch gewachsenen Rechten der Kirchen und mit anderen vergleichbaren Kirchenverträgen eine Gebührenbefreiung für die Kirchen im gleichen Umfang wie für Landesbehörden fest, soweit die Gebühren auf der Grundlage von Landesgesetzen erhoben werden; Gebühren auf Grund von Bundesgesetzen, für die den Kirchen aber in aller Regel ebenfalls Gebührenfreiheit zusteht, oder auf Grund kommunaler Satzung ohne landesgesetzliche Grundlage fallen nicht hierunter. Soweit Landesgesetze diesem Privileg nicht Rechnung tragen, sollen sie entsprechend ergänzt werden; dem wird durch Artikel 2 des Ratifizierungsgesetzes Rechnung getragen. Unberührt bleiben darüber hinausgehende Gebührenbefreiungen, z. B. Befreiung von Rundfunkgebühren für Behinderteneinrichtungen, wenn die Kirchen Träger solcher Einrichtungen sind.

Literatur M. Droege, Förderung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften im Abgabenrecht, HSKR, 32020, Bd. 3, § 74, S. 3073 Rn. 42 ff.; G. Hammer, Steuer- und Gebührenbefreiungen der Kirchen, HSKR, 21994, Bd. 1, 3 36, S. 1065; H. Weber, Verfassungsunmittelbare Gewährleistung der Gerichtsgebührenfreiheit der Kirchen? BVerwG, NVwZ 1996, 786 und 787, JuS 1997, S. 113; F. Wittreck, Rechtsschutz der Religionsgemeinschaften durch staatliche Gerichte, HSKR 32020, Bd. 3, § 77, S. 3203.

Bedeutung und Hintergrund Die Gebührenbefreiung der Religionsgemeinschaften (sog. persönliche Gebührenbefreiung) gehört, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, zum Standardinhalt der deutschen Staatskirchenrechtsverträge wie auch der Gebührengesetze. Sie bezieht sich auf die staatlichen und kommunalen Verwaltungskosten wie auf die Ge-

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Artikel 17 – Gebühren

richtskosten, ist allerdings nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts1 keine Konsequenz des Reichsdeputationshauptschlusses von 18032 und ist damit keine negative Staatsleistung im Sinne des Art. 138 Abs. 1 S. 1 WRV i. V. m. Art. 140 GG.3 Die Gebührenfreiheit gilt nur für Amtshandlungen auf dem Gebiet des vertragsschließenden Landes; für Amtshandlungen in anderen Bundesländern sind die dortigen Gesetze und Verträge anzuwenden.4 Freistellungen der Kirchen mit Sitz in anderen Bundesländern werden z. T. von der Gegenseitigkeit abhängig gemacht. Entstehungsgeschichte Die im kirchlichen Vorentwurf vorgeschlagene Befreiung von landesgesetzlichen Steuern (z. B. Getränke-, Hunde- oder Vergnügungssteuern) wurde in der 12. Sitzung mangels Relevanz und mangels kirchlichen Interesses einvernehmlich gestrichen. Zur Befreiung von landesgesetzlichen Gebühren gab das Land in der 14. Sitzung seine grundsätzliche Zustimmung, in der 16. Sitzung allerdings mit der Einschränkung für Fälle, in denen Amtshandlungen auch von privaten Unternehmern wahrgenommen werden. In der 20. und 21. Sitzung diskutierten die Verhandlungspartner die Frage, ob die Freistellung durch den Vertrag selbst (Wunsch der Kirche) oder auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung des Landes eintreten solle, und entschieden sich mit Blick auf die praktische Handhabung für eine Verpflichtung, die aber gleichzeitig mit dem Ratifizierungsgesetz zu realisieren sei. Nach Erörterung der Frage einer Gleichstellung bei der Gebührenbefreiung mit dem Land in der 22. Sitzung wurde in der 24. Sitzung beschlossen, wie im niedersächsischen und im hessischen Vertrag eine Befreiung nur in dem Umfang vorzusehen, in dem auch das Land befreit ist. Kommentierung a) Gebühren im Sinne des Art. 17 sind Gegenleistungen für Amtshandlungen. Darunter fallen Verwaltungsgebühren des Landes einschließlich der sog. mittelbaren Landesverwaltung, also der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, und kommunale Verwaltungsgebühren im übertragenen wie im eigenen Bereich sowie Gerichtsgebühren und solche der Justizverwaltung. Personalkörperschaften sind „durch staatlichen Hoheitsakt geschaffene, rechtsfähige, mitgliedschaftlich verfasste Organisationen des öffentlichen Recht, die öffentliche Aufgaben

1

BVerfGE 19, 1 (12) = KirchE 7, 183. S. dazu unten Erl. e); grundlegend zum Reichsdeputationshauptschluss K. D. Hömig, Der Reichsdeputationshauptschluß vom 25. 2. 1803 und seine Bedeutung für Staat und Kirche, 1996. 3 M. Droege, HSKR I 32020, Bd. 3, § 74, S. 3073 (3116 Rn. 46). 4 Vgl. exemplarisch die Landesgesetze zur Kostenfreiheit bei Gerichtskosten, abgedruckt bei Otto, in: Korintenberg (Begr.), Gerichts- und Notarkostengesetz: GNotKG, 22. Aufl. 2022, Rn. 14 ff. 2

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mit in der Regel hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnehmen“;5 dazu gehören z. B. die Kammern der Gewerbetreibenden, die Rechtsanwaltskammern oder auch Wasser- und Abwasserverbände. Eine Anstalt ist ein „Bestand von Mitteln, sächlichen oder persönlichen, die in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen Zweck zu dienen bestimmt sind“6 ; dazu gehören z. B. Bundesoder Landesanstalten, Stadtwerke, öffentliche Museen, Schulen und Friedhöfe, aber auch Sparkassen und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Stiftungen sind „rechtsfähige Organisationen zur Verwaltung eines von einem Stifter zweckgebunden übergebenen Bestandes an Vermögenswerten“.7 Gemeinsam mit den „Auslagen“, die aber von Art. 17 nicht erfasst werden8, bilden die Gebühren die Kosten von Amtshandlungen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungskostengesetzes9). Nicht zu den Gebühren zählen trotz ihrer Bezeichnung Rechtsanwaltsgebühren, weil nicht behördlich veranlasst, ferner „Beiträge“, insbesondere Anlieger- und Erschließungsbeiträge, die einen Ersatz für einmalige öffentliche Leistungen darstellen,10 sowie Eintrittsgelder, Postgebühren oder sog. Standgebühren. b) Von Art. 17 betroffen sind nur „auf Landesrecht beruhende“ Gebührenbefreiungen. Hat der Bund eine Gebührenfreistellung geregelt oder im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 i. V. m. Art. 72 des Grundgesetzes ausdrücklich für den Länderbereich ausgeschlossen11, so entfällt eine Freistellungspflicht des Landes gegenüber den Kirchen. Anders liegt es, wenn ein Bundesgesetz eine Materie zunächst erschöpfend regelt, aber darüber hinausgehende Landesregelungen „unberührt“ oder „in Kraft bleiben“ lässt,12 also nicht kraft Bundeskompetenz verdrängt. Allerdings muss das Land dann von diesem „Freibrief“ Ge-

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H. Maurer/C. Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 20. Aufl. 2020, § 23, Rn. 38. H. Maurer/C. Waldhoff, a. a. O., § 23, Rn. 48 unter Verweis auf O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 1924, S. 331. 7 H. Maurer/C. Waldhoff, a. a. O., § 23, Rn. 57. 8 Ein Antrag auf Erlass ist aufgrund § 12 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwKostG LSA) vom 27. 6. 1991 (GVBl. S. 154), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Mai 2010 (GVBl. LSA S. 340), möglich, s. unten k). 9 Vgl. Fn. 8. 10 Zu Möglichkeiten des Erlasses vgl. M. Droege, HSKR, 32020, Bd. 3, § 74, S. 3073 (3121 f. Rn. 53). 11 So z. B. Gebühren in der Verwaltungs- und Arbeitsgerichtsbarkeit nach § 2 Abs. 4 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes des Bundes (GKG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 27. Februar 2014 (BGBl. I S. 154), zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2099) oder bezüglich Gebührenermäßigungen für Notargeschäfte (§ 91 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 Gerichts- und Notarkostengesetz vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586), zuletzt geändert durch Artikel 47 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436). 12 So z. B. § 2 Abs. 3 S. 1 u. 2 GKG (Fn. 11) sowie § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 3 Gerichtsvollzieherkostengesetz vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 623), zuletzt geändert durch Artikel 20 des Gesetzes vom 5. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4607). 6

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brauch gemacht haben, soll eine Pflicht zur Gleichstellung der Kirchen entstehen.13 Das ist in Sachsen-Anhalt z. B. für die Gerichtsvollzieherkosten nicht geschehen. Auf Landesrecht beruhen auch Gebühren aufgrund kommunaler Satzungen, soweit sie durch ein vom Land ergangenes Kommunalabgabengesetz vorgeschrieben sind.14 c) Eine Gebührenbefreiung ist nur insoweit vereinbart, als sie „für das Land“ gilt, von Hermann Weber als „Meistbegünstigungsklausel“ bezeichnet.15 Keine Befreiung für das Land besteht für Gebühren, die nicht an bloße Verwaltungs- oder Gerichtshandlungen anknüpfen, sondern an andere Leistungen; dazu zählen Wasser- und Stromlieferungen (Benutzungsgebühren) oder auch Sendungen der Rundfunkanstalten. Ausgenommen sind auch Gebühren für Widerspruchsbescheide16 sowie in Fällen, in denen „die Gebühr einem Dritten zur Last zu legen“ ist.17 Zu beachten sind ferner in speziellen Landesgesetzen geregelte Ausnahmen von der Gebührenfreiheit des Landes wie z. B. für Amtshandlungen von Vermessungsingenieuren.18 Andererseits führen nach Inkrafttreten des Vertrages landesgesetzlich eingeführte Gebührenbefreiungen für das Land auch zu der Verpflichtung, diese auf die Kirchen zu erstrecken. Schließlich schließt das Schlussprotokoll eine Gebührenbefreiung aus für Amtshandlungen, die auch von sog. beliehenen Unternehmen vorgenommen werden (siehe auch § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwKostG LSA).19 Die Bindung der Freistellung der Kirchen an eine Gebührenbefreiung für das Land ist allerdings für die Position der Kirchen dann ohne Wirkung, wenn die Kirchen nicht in ihrer Eigenschaft als Religionsgemeinschaften tätig werden, sondern kraft Bundes- oder Landesrechts als Wahrnehmer bestimmter Funktionen und Auf-

13 So für Gerichtsvollzieherkosten z. B. in Brandenburg (siehe § 6 Abs. 1 Nr. 1 Justizkostengesetz für das Land Brandenburg (Brandenburgisches Justizkostengesetz – JKGBbg) vom 3. Juni 1994 (GVBl. I/94, [Nr. 13], S. 172), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. Juni 2018 (GVBl. I/18, [Nr. 14], S. 27) und in Mecklenburg-Vorpommern (siehe § 7 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über die Kosten im Bereich der Justizverwaltung und über Gebührenbefreiung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesjustizkostengesetz – LJKG) vom 7. Oktober 1993 (GVOBl. M-V 1993, 843), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. November 2015 (GVOBl. M-V S. 462). 14 Vgl. dazu unten i). 15 H. Weber, Rechtsschutz der Kirchen durch staatliche Gerichte, HSKR, 21995, Bd. 2, § 72, S. 1047 (1059). 16 § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwKostG LSA (Fn. 8). 17 § 2 Abs. 1 letzter Halbs. VwKostG LSA (Fn. 8); dies ist z. B. dann der Fall, wenn eine Behörde, etwa in Bausachen, zur Beurteilung eines Antrags ein gebührenpflichtiges Gutachten einholt, dessen Gebühr dann der Antragsteller zu zahlen hat. 18 § 10 Abs. 2 Gesetz über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land Sachsen-Anhalt (ÖbVermIngG LSA) vom 22. Mai 1992, zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 27 des Gesetzes vom 15. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 648, 681). 19 Vgl. dazu unten f).

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gaben, z. B. als Betreiber von Kindergärten oder Behinderteneinrichtungen oder als Träger der Jugendhilfe.20 d) Die Gebührenbefreiung des Art. 17 erstreckt sich – mit den unter b) und c) genannten Voraussetzungen – auch auf die Gerichtskosten. Diese sind zwar durch das Gerichtskostengesetz des Bundes21 geregelt, und zwar nach § 2 Abs. 1 GKG auch für die Länder und die nach deren Haushaltsplänen verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen; gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 GKG bleiben aber landesrechtliche Gebührenbefreiungen für Verfahren der ordentlichen und der Finanzgerichtsbarkeit unberührt. Zur ordentlichen Gerichtsbarkeit zählt auch die freiwillige Gerichtsbarkeit, gleichgültig ob sie ausdrücklich neben der streitigen genannt wird oder nicht, für deren Bereich die Länder – falls gewünscht – von der Gebühreneinzugspflicht befreit sind (§ 2 Abs. 2 GNotKG) und selbst zusätzliche Vorschriften erlassen können. Das Land Sachsen-Anhalt hat nur für die ordentliche Gerichtsbarkeit und die Landesjustizverwaltungen sich selbst, die mittelbare Landesverwaltung und die Kommunen von Gebühren befreit; nur insoweit besteht auch ein vertraglicher Anspruch der Kirchen auf Freistellung. Ausgeschlossen hat der Bund gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 GKG Gebührenbefreiung für Bund und Länder bei Verfahren der Verwaltungs- und der Arbeitsgerichtsgerichtsbarkeit. Für Verfahren vor den Sozialgerichten besteht allgemeine Gebührenpflicht mit Ausnahme der in § 183 SGG genannten Personen. e) Verschiedentlich wird in Literatur und Rechtsprechung angenommen, dass unabhängig von einer vertraglich vereinbarten Gebührenbefreiung ein Recht der Kirchen aufgrund von Art. 138 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG als sog. „negative Staatsleistung“ bestehe.22 Dies geschieht mit der Begründung, die Gebührenfreiheit sei Teil einer Kompensation der Säkularisation des Kirchenguts aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 und damit verfassungsrechtlich abgesichert. Demgegenüber lehnen das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht sowie andere Autoren diese Herleitung ab, weil eine Gebührenbefreiung keine fortlaufende, regelmäßig wiederkehrende Leistung, außerdem eine Nachfolgeregelung für die erst nach dem Reichsdeputationshauptschluss in Preußen eingeführte Stempelsteuer gewesen sei, ferner weil die Freistellung aus Gründen der Gemeinnützigkeit der Kirchen, nicht aber zum Zweck des Bestandsschutzes des Kirchenvermögens gewährt worden sei.23 Als zusätzliche Argumente für diese Auffas-

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Z. B. nach § 64 Abs. 2 des Zehnten Sozialgesetzbuchs. S. Fn. 11. 22 So insbes. A. Hollerbach, Anmerkung, JZ 1965, S. 614; J. Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, HSKR, 21994, Bd. 1, S. 1009 (1025 f.); A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, § 32 Rn. 15; OVG Lüneburg, NVwZ 1987, 704 = KirchE 25, 1 – 5; VGH Kassel, Recht der Landwirtschaft 1976, 193 (zit. nach H. Weber, JuS 1997, S. 113 (117 Fn. 43). 23 BVerfGE 19, 1 (15 f.); BVerwG NVwZ 1996, 786 f. =, KirchE 34, 45 – 48; vgl. auch schon BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 1977 – BVerwG VII B 154.75 – KirchE 16, 140; H. Weber (Fn. 23 S. 117); ders., Rechtsschutz der Kirchen S. 1059; H.-J. Brauns, Staatsleis21

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sung ließe sich anführen, dass auch die anderen privilegierten öffentlichen Einrichtungen nicht aus Gründen des Bestandsschutzes, sondern wegen ihres Tätigwerdens im Gemeininteresse gebührenbefreit sind, woraus sich ein allgemeiner Rechtsgedanke ableiten ließe. Schließlich ist zu bedenken, dass die Gebührenbefreiungen in den einzelnen Ländern völlig unterschiedlich und der jeweiligen Tradition oder Grundauffassung entsprechend geregelt sind24; bei Annahme einer verfassungsgeschützten Staatsleistung wäre dann jede Einschränkung anfechtbar. Der Entscheidung kommt allerdings keine allzu große Bedeutung zu, weil auch bei Anerkennung als Staatsleistung die Kirchen Einschränkungen vertraglich zustimmen können und dies auch häufig getan haben; nur bei der Einlegung von Rechtsmitteln könnten sich die Kirchen dann nicht nur auf Art. 4 GG, sondern auch auf Art. 138 Abs. 1 WRV i. V. m. 140 GG stützen. f) Die zusätzliche Einschränkung des Schlussprotokolls für Gebühren auch für von beliehenen Unternehmern vorgenommene Amtshandlungen sind dort ohne Bedeutung, wo sie auch für das Land gelten25 und ein vertraglicher Anspruch auf Freistellung deswegen ohnehin entfällt. Beliehene Unternehmer sind „Privatpersonen (natürliche oder juristische Personen des Privatrechts), denen die Kompetenz zur selbständigen hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen übertragen worden ist“.26 Dies können sowohl Personen wie z. B. Schiffskapitäne, Jagdaufseher oder Bezirksschornsteinfeger als auch Institutionen wie etwa Privatschulen sein. Grund für die Versagung der Freistellung ist die Erwägung, dass den Privaten andererseits auch keine Beschränkung ihrer Einnahmen wegen Gemeinnützigkeit eines Betroffenen oder des an seiner Tätigkeit bestehenden öffentlichen Interesses zugemutet werden kann. Voraussetzung wäre die Bestellung durch ein Gesetz, weil auch Gebührenbefreiungen nur durch Gesetz eingeräumt werden können. g) Nicht zu den beliehenen Unternehmern rechnen die Notare, die „unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes“ sind (§ 1 Bundesnotarordnung). Gleichwohl enthält das Bundesrecht Teilbefreiungen für Kirchen und ihre Gliederungen,27 und zwar – abgestuft nach der Höhe – zwischen 30 und 60 % des Geschäftswertes

tungen an die Kirchen und ihre Ablösung, 1970, S. 42 ff.; B. Jeand’Heur/S. Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, Rn. 346 Fn. 4. 24 In Brandenburg z. B. grundsätzlich eingeschränkt, dafür unter Einbeziehung kirchlicher Vereine, in Sachsen ohne Gerichtsgebührenbefreiung und als reiner Bestandsschutz der bestehenden Rechtsvorschriften. 25 So nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 VwKostG LSA. (Fn. 8) sowie nach § 4 Abs. 4 S. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG-LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1996 (GVBl. LSA S. 405), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes vom 15. Dezember 2020 (GVBl. LSA S. 712) i. V. m. § 2 Abs. 2 § 2 VwKostG LSA. 26 H. Maurer/C. Waldhoff (Fn. 5), a. a. O., Rn. 58. 27 Vgl. dazu Schwarz, in: Korintenberg (Fn. 4), a. a. O., § 91, Rn. 13.

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(§ 91 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 GNotKG).28 Die Kostenfreiheit gemäß § 64 Abs. 2 S. 2 SGB X erstreckt sich auch auf Angelegenheiten der Notare. h) Auf kirchlicher Seite berechtigt sind neben den ausdrücklich genannten Landeskirchen und den Kirchengemeinden auch andere „Gliederungen“, also insbesondere die Kirchenkreise und Probsteien, die als Bestandteile der Landeskirchen ebenfalls Körperschaftscharakter haben.29 Gleiches gilt für kirchliche Anstalten, Stiftungen und Verbände, soweit sie öffentlich-rechtlich organisiert sind.30 Eine als eingetragener Verein organisierte kirchliche Einrichtung wie etwa das Diakonische Werk oder auf Bundesebene das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik oder auch das Comenius-Institut fallen dagegen nicht unter Art. 17.31 i) Das Land hat sich zur Freistellung von den seiner Gesetzgebungszuständigkeit unterliegenden Gebühren lediglich verpflichtet, so dass im Unterschied zu anderen Staatskirchenverträgen, in denen die Freistellung durch den Vertrag selbst erfolgt, die Gebührenbefreiungen z. T. erst durch zusätzliche Gesetzesdurchführungen realisiert werden müsste. Dies wurde damit begründet, dass den zahlreichen Bearbeitern in den kirchlichen Einrichtungen sowie den Landes- und kommunalen Behörden die Anwendung erleichtert werden sollte, indem als Rechtsgrundlage allein die entsprechenden Fachgesetze verwendet zu werden brauchten. j) Der Verpflichtung zur Umsetzung der Gebührenbefreiung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages, also am 15. 02. 1994,32 ist das Land mit der durch das Ratifizierungsgesetz33 erfolgten Modifizierung des Verwaltungskostengesetzes34 sowie des Justizkostengesetzes35, bei letzterem durch die Erstreckung der Gebührenbefrei-

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Auch diese Gebührenbefreiung ist beschränkt auf juristische Personen des öffentlichen Rechts und schließt eine Freistellung für Angelegenheiten wirtschaftlicher Unternehmen, die überwiegend mit Gewinnerzielungsabsichten geführt werden, sowie Erbbaurechtsbestellungen mit wirtschaftlichem Ziel aus, vgl. Schwarz, in: Korintenberg (Fn. 4), a. a. O., § 91, Rn. 15 ff.; auch eine zum Zweck der Verwaltung kirchlicher Grundstücke errichtete GmbH ist nicht von Gebühren befreit, vgl. Sächs. OVG, SächsVBl. 2001 S. 18 (Leitsatz); bei Grundstückserwerb wird Befreiung dann nicht gewährt, wenn eine Weiterveräußerung beabsichtigt ist (§ 144 Abs. 2 Satz 3 KostO); als Wirtschaftsunternehmen gelten aber z. B. nicht Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser oder Friedhöfe. 29 Vgl. dazu Art. 8 des Vertrages sowie § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens, Anl. II Kap. IX Nr. 5 zum Einigungsvertrag v. 31. 8. 1990. 30 Eine Mischung zwischen einer öffentlich-rechtlichen Anstalt und einer Körperschaft ist die Hochschule für Kirchenmusik in Halle; ein Beispiel für eine öffentlich-rechtliche Stiftung ist die Kirchliche Stiftung Kunst und Kulturgut in der Kirchenprovinz Sachsen. 31 Beispiele für Stiftungen des privaten Rechts sind die Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg und das Paul-Gerhard-Stift in Wittenberg. 32 Bek. v. 28. 2. 1994 (GVBl. S. 434). 33 Ges. v. 3. 2. 1994 (GVBl. S. 172). 34 Neufassung des § 2 Abs. 1 VwKostG LSA. v. 27. 6. 1991 (Fn. 8). 35 Ergänzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Justizkostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (JKostG LSA) vom 23. August 1993 (GVBl. LSA S. 449).

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ung auf die Kirchengemeinden und sonstigen Gliederungen sowie die öffentlichrechtlichen Verbände, Anstalten und Stiftungen, nachgekommen. k) Eine Befreiung von der Erstattung von Auslagen sieht Art. 17 nicht vor. Erlassen werden kann die Auslagenerstattung jedoch nach § 12 Abs. 2 VwKostG LSA36 aus Billigkeitsgründen und nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 3 des JKostG37ebenfalls aus Billigkeitsgründen oder wenn es zur Förderung öffentlicher Zwecke geboten ist.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 16: Auf Landesrecht beruhende Befreiungen und Ermäßigungen von Steuern und Gebühren für das Land gelten auch für die Kirchen, ihre Kirchengemeinden und Gliederungen.

Regierungsbegründung Dieser folgt der historischen Stellung der Kirchen, die früher Teil der Staatsverwaltung waren und als solche an der staatlichen Steuer- und Gebührenbefreiung teilnahmen. Diese Steuerbefreiung ist insoweit ein altes Recht der Kirchen, das erst nach den Grundsätzen künftiger Bundesgesetzgebung abgelöst werden kann. Die Steuer- und Gebührenbefreiung umfaßt nicht den Verzicht auf die Erhebung von Auslagen.

Kommentierung 1. Art. 16 regelt ebenso wie der Evangelische Vertrag Brandenburg die Zahlungsbefreiung unmittelbar durch den Vertrag, wobei jedoch kirchliche Anstalten, Stiftungen und Verbände nicht einbezogen werden. Fehlt es somit an einer vertraglichen Absicherung für die letztgenannten Einrichtungen, so besteht dennoch ein Anspruch der Kirchen jedenfalls auf Gleichbehandlung mit den vergleichbaren Einrichtungen der Katholischen Kirche, deren öffentlich-rechtliche Körperschaften vertraglich von den Steuern und Gebühren freigestellt werden, wobei die öffentlich-rechtlich verfassten Anstalten und Verbände sich noch unter „Körperschaften“ subsumieren lassen, nicht allerdings Stiftungen. Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in den Gebührengesetzen des Landes, die durchweg auf den öffentlich-rechtlichen Charakter der gebührenbegünstigten kirchlichen Einrichtungen abstellen. Die in Art. 16 nicht genannten öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Verbände der Evangelischen Kirchen sind damit in den Kostengesetzen den Einrichtungen der Katholischen Kirche gleichgestellt, wenngleich nicht vertraglich abgesichert.

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Vgl. Fn. 8. Vgl. Fn. 35.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Art. 16 bezieht auch Landessteuern in die Freistellungsregelung ein. Zu diesen Steuern gehören aber nur solche, die auch dem Land auferlegt werden, so dass diese Bestimmung allenfalls Bedeutung für künftige Landessteuern hat, im Übrigen aber leerläuft. 2. Die Befreiung des Landes und der Kirchen von Verwaltungsgebühren außerhalb der Gebühren der kommunalen Selbstverwaltung ist in § 8 Abs. 1 Nr. 6 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (VwKostG M-V) vom 4. Oktober 199138 geregelt. Ausgenommen sind Gebühren, die Dritten aufzuerlegen sind, was für die Kirchen nicht in Betracht kommen dürfte, sowie Gebühren des Geologischen Landesamts, der Kataster- und Vermessungsbehörden, des Landesamts für Gesundheit und Soziales, soweit es sich um Amtshandlungen im Bereich des Gesundheitswesens handelt, des Landesamts für Brand- und Katastrophenschutz für Angelegenheiten der Kampfmittelbeseitigung und der für die Städtebauförderung des Landes Mecklenburg-Vorpommern zuständige Bewilligungsstelle (Abs. 4), nicht aber generell für Gebühren beliehener Unternehmer. Ein möglicher Erlass von sonst zu erstattenden Auslagen richtet sich nach den Bestimmungen der Haushaltsordnung (§ 19 VwKostG M-V). Das Kommunalabgabengesetz (KAG M-V)39 befreit in § 5 Abs. 6 Nr. 3 die Kirchen von Verwaltungsgebühren im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung, soweit die anlassgebende Amtshandlung unmittelbar der Durchführung kirchlicher Zwecke im Sinne des § 54 AgO dient.40 Ein Erlass der Erstattung von Auslagen ist nicht vorgesehen. Das Gesetz über die Kosten im Bereich der Justizverwaltung und über Gebührenbefreiung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LJKG) vom 7. Oktober 199341 regelt in § 7 Abs. 1 Nr. 1 die Gebührenbefreiung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie bei Amtshandlungen der Justizverwaltungsbehörden für Kirchen mit Sitz im Lande; für die Freistellung auswärtiger kirchlicher Antragsteller ist Gegenseitigkeit Voraussetzung (Abs. 5). Einbezogen sind auch Gerichtsvollziehergebühren (§ 7 Abs. 2 LJKG), eine Landesregelung, die gemäß § 2 Abs. 3 LJKG zulässig ist. 3. Zur Frage der verfassungsrechtlichen Absicherung der Gebührenbefreiungen vertritt das Land die Auffassung, dass es sich um „ein altes Recht der Kirchen“ handle, „das erst nach den Grundsätzen künftiger Bundesgesetzgebung abgelöst werden“ könne,42 das heißt als „negative Staatsleistung“ im Sinne von Art. 138 Abs. 1 WRV 38 Ges. v. 14. 10. 1991 (GVOBl. M-V 1991, 366), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Mai 2019 (GVOBl. M-V S. 158). 39 Ges. v. 1. 06. 1993 (GVOBl. S. 522). Siehe nunmehr AG M-V in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V 2005, 146), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. Juli 2021 (GVOBl. M-V S. 1162). 40 Vgl. dazu oben B. I. 3. 41 GVOBl. M-V S. 843), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. November 2015 (GVOBl. M-V S. 462). 42 LT-Drs.1/4126 S. 24.

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Artikel 17 – Gebühren

zu betrachten ist. Hiergegen bestehen jedoch die zum Evangelischen Vertrag Sachsen-Anhalt dargelegten Bedenken. 2. Thüringen Art. 17: Auf Landesrecht beruhende Gebührenbefreiungen für den Staat gelten auch für die Kirchen, ihre Kirchengemeinden sowie ihre öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände. Schlussprotokoll zu Art. 17: Für Amtshandlungen, die aufgrund eines Gesetzes von privaten (beliehenen) Unternehmern vorgenommen werden, besteht auch für die Kirchen keine Gebührenfreiheit.

Regierungsbegründung Diese Regelung entspricht den nach Landesrecht vorgesehenen staatlichen Gebührenbefreiungen und erstreckt sie auf die Kirchen, Kirchengemeinden sowie ihre öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände. Ausgenommen bleiben solche Amtshandlungen, die aufgrund eines Gesetzes von privaten (beliehenen) Unternehmern vorgenommen werden.

Kommentierung 1. Art 17 befreit die Kirchen von der Gebührenpflicht unmittelbar durch den Vertrag. Eine Ausnahme gilt laut Schlussprotokoll für Amtshandlungen beliehener Unternehmer. Im Unterschied zu Sachsen-Anhalt setzt die Ausnahme voraus, dass die Amtshandlung tatsächlich von einem solchen Unternehmer vorgenommen wurde; die diesbezügliche Möglichkeit reicht nicht aus. 2. Von Verwaltungsgebühren außerhalb der kommunalen Selbstverwaltung sind die öffentlich-rechtlich verfassten Kirchen nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Thüringer Verwaltungskostengesetzes (ThürVwKostG) vom 23. September 200543 befreit unabhängig von allgemein gebührenfreien Amtshandlungen (§ 2 ThürVwKostG). Ausnahmen bestehen für bestimmte Tätigkeiten von Sachverständigen in Bausachen (§ 3 Abs. 5 Nr. 1 ThürVwKostG), sowie für bestimmte Entscheidungen in der Wohnungsbewirtschaftung (§ 3 Abs. 5 Nr. 2 ThürVwKostG). Weitere Freistellungen auf Grund anderer Gesetze sind möglich (§ 3 Abs. 6 ThürVwKostG). Der ebenfalls mögliche Erlass von Auslagen-Erstattungen richtet sich nach den Vorschriften der Haushaltsordnung (§ 16 Abs. 3 ThürVwKostG). 3. Das Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG)44 verweist für Gebührenbefreiungen bei Verwaltungs-Amtshandlungen im eigenen Wirkungsbereich der Kommunen in § 11 Abs. 4 auf § 3 ThürVwKostG. 43 GVBl. 2005, 325, zuletzt geändert durch Artikel 56 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GVBl. S. 731, 769). Vormals § 3 Abs. 1 Nr. 2 ThürVwKostG vom 7. 8. 1991 (GVBl. S. 285, 321). 44 In der Fassung der Bekanntmachung vom 19. September 2000 (GVBl. 2000, 301); vormals ThürKAG v. 7. 8. 1991 (GVBl. S. 285, 329).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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4. Die Befreiung der Kirchen von Gebühren der ordentlichen Gerichte einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit45 sowie der Justizverwaltungsbehörden regelt § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Thüringer Justizkostengesetzes (ThürJKostG) vom 28. Oktober 201346, allerdings mit der – die Kirchen aber nicht berührenden – Einschränkung, dass die freigestellte Religionsgemeinschaft „die zur Bestreitung ihrer Bedürfnisse erforderlichen Mittel ganz oder teilweise durch Abgaben ihrer Mitglieder“ aufbringt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 ThürJKostG). Befreit sind auch freie Wohlfahrtsverbände wie das Diakonische Werk sowie andere als mildtätig oder gemeinnützig anerkannte Vereine und Stiftungen ohne öffentlich-rechtlichen Status (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 ThürJKostG). 5. Die Freistellung gilt auch für Beteiligte mit Sitz außerhalb Thüringens, sofern die Gegenseitigkeit verbürgt ist (§ 6 Abs. 2 ThürJKostG). Ein Erlass von AuslagenErstattungen ist nicht vorgesehen. 3. Sachsen Art. 19: Den Kirchen und ihren Gliederungen sowie ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbänden bleiben die auf Landesrecht beruhenden Gebührenbefreiungen erhalten.

Regierungsbegründung In Anlehnung an entsprechende Bestimmungen nahezu aller Kirchenverträge wurde den Kirchen eine Gebührenbefreiung eingeräumt. In Übereinstimmung mit der bestehenden Gesetzeslage im Freistaat beschränkt sich die Befreiung auf Verwaltungsgebühren (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 SächsVerwKG) und umfasst nicht die im Justizbereich anfallenden Gebühren. Die gefundene vertragliche Regelung trägt dem gemeinwohlbezogenen Aufgabenkreis der Kirchen Rechnung. Deshalb soll die Erfüllung kirchlicher Aufgaben nicht durch die Erhebung von Verwaltungsgebühren erschwert werden.

Kommentierung 1. Die Regelung beschränkt sich auf einen vertraglich abgesicherten Bestandsschutz. Zum Bestand gehört jedoch nur eine Befreiung von den Verwaltungsgebühren nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 des Sächsischen Verwaltungskostengesetz vom 5. April 2019 (SächsVwKostG)47 nicht jedoch eine Freistellung von Gebühren im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung und von Gerichtsgebühren. Wie sich aus der Amtlichen Begründung ergibt48, erfolgte die Zusage der Freistellung in diesem Umfang im Hinblick auf den „gemeinwohlbezogenen Aufgabenkreis der Kirchen“, wo45

Siehe oben A. 4. d). GVBl. 2013, 295, zuletzt geändert durch durch Artikel 5 des Gesetzes vom 2. Juli 2016 (GVBl. S. 2226, 227). Vormals ThürJKostG v. 22. 10. 1992 (GVBl. S. 285, 334). 47 SächsGVBl. S. 245; vormals § 4 Abs. 1 Nr. 5 VkoG v. 15. 4. 1992 (GVBl. S. 174). 48 Anl. zur LT-Drs. I/4649 S. 33. 46

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Artikel 17 – Gebühren

durch zum Ausdruck kommt, dass das Land die Gebührenbefreiung nicht als „negative Staatleistung“, sondern als Entlastung einer gemeinnützigen Einrichtung betrachtet. Eine von den Kirchen angestrebte Freistellung auch der privatrechtlich organisierten Einrichtungen wurde vom Land nicht akzeptiert. 2. Von der Gebührenbefreiung ausgenommen sind wirtschaftliche Unternehmen der Kirchen (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 SächsVwKostG), ferner Fälle, in denen die Gebühr einem Dritten auferlegt werden kann (§ 12 Abs. 1S. 2 SächsVwKostG). Die Regelung von Ausnahmen bei Amtshandlungen beliehener Unternehmer wurde den Spezialgesetzen überlassen. 3. Die Nichterhebung von Auslagen können im Kostenverzeichnis bestimmt werden (§ 13 Abs. 2 SächsVwKostG). Im Übrigen richtet sich der Kostenerlass nach den Vorschriften der Haushaltsordnung (§ 21 SächsVwKostG). 4. Brandenburg Art. 17: (1) Die Kirchen sind von der Zahlung der auf Landesrecht beruhenden Verwaltungsgebühren befreit, soweit die Amtshandlung unmittelbar der Durchführung kirchlicher Zwecke im Sinne des § 54 der Abgabenordnung dient. (2) Die Befreiung gilt auch für Gebühren, die die ordentlichen Gerichte in Angelegenheiten der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Arbeitsgerichtsbarkeit, die Gerichtsvollzieher, die Justizverwaltungsbehörden und die Behörden der Arbeitsgerichtsverwaltung erheben. Von den Kirchen gebildete juristische Personen des Privatrechts, die unmittelbar kirchliche Zwecke verfolgen, sind von der Zahlung der Gebühren nach der Kostenordnung und der Gebühren in Justizverwaltungsangelegenheiten befreit. Schlussprotokoll zu Art. 17: Die Gebührenbefreiung nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 gilt für die vertragsschließenden Kirchen, ihre Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Verbände sowie ihre sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit.

Regierungsbegründung Die Regelung in Absatz 1 entspricht der persönlichen Gebührenbefreiung der evangelischen Kirchen nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Gebührengesetz, die Regelung in Absatz 2 Satz 1 entspricht der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Justizkostengesetz und die Regelung in Absatz 2 Satz 2 entspricht der Befreiung nach § 6 Abs.2 Justizkostengesetz. Das Schlussprotokoll stellt klar, dass nicht nur die Landeskirchen selbst, sondern auch ihre Gemeinden, Kirchenkreise und Verbände sowie die sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit von der Gebührenbefreiung erfasst sind. Der Vertrag sieht vor, dass zwar die Kirchen nicht wie in den meisten anderen Ländern in vollem Umfang an der staatlichen Gebührenfreiheit teilhaben, aber verschiedene im derzeitigen Landesrecht bestehende Gebührenbefreiungen festgeschrieben und damit die Kirchen vor einseitiger Entziehung geschützt werden.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Kommentierung 1. Artikel 17 statuiert im Unterschied zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt nicht nur eine Verpflichtung zur Gebührenfreistellung der Kirchen, sondern stellt die Kirchen durch den Vertrag selbst bzw. durch dessen Ratifizierung frei. Allerdings passt der Vertrag die Freistellung lediglich der bestehenden Gesetzeslage an; damit sollen „die Kirchen vor einer einseitigen Entziehung geschützt werden“.49 2. Der Wortlaut des Absatzes 1 ist im Wesentlichen § 8 Abs. 1 Nr. 5 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg)50 und § 5 Abs. 6 Nr. 3 des Kommunalabgabengesetzes51 entnommen. Die in Absatz 1 enthaltene Bezugnahme auf Amtshandlungen, die der Durchführung kirchlicher Zwecke im Sinne des § 54 der Abgabenordnung dienen, bringt gegenüber der Gebührenbefreiung in dem nach anderen Verträgen üblichen Umfang gewisse Einschränkungen;52 es sollte offenbar keine unverhältnismäßig starke Bevorzugung gegenüber anderen gebührenbegünstigten Organisationen gewährt werden. § 54 AO fordert als Voraussetzung für eine steuerbegünstigte Zuwendung – hier analog zu betrachten – zum einen, dass die betroffene Religionsgemeinschaft „selbstlos“ tätig ist, wobei Selbstlosigkeit gemäß § 55 AO vorliegt, wenn nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, also gewerbliche oder sonstige Erwerbszwecke verfolgt werden und wenn die Mittel nur für satzungsmäßige Zwecke, nicht aber für Zuwendungen an Mitglieder, und bei Auflösung nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AO). 3. Absatz 1 setzt weiter voraus, dass die betreffende Amtshandlung „unmittelbar“ kirchlichen Zwecken dient. Zwar wird dabei nur auf § 54 AO verwiesen, doch muss die Bezugnahme auf § 54 AO so verstanden werden, dass auch § 57 AO, der die „Unmittelbarkeit“ erläutert, zur Auslegung heranzuziehen ist. Kriterium für die Unmittelbarkeit ist danach, dass die Kirche die Zwecke „selbst verwirklicht“ oder durch Hilfspersonen verwirklichen lässt (§ 57 Abs. 1). Diese Voraussetzung schließt zwar im Steuerrecht eine Weitergabe von Mitteln an andere Körperschaften für steuerbegünstigte Zwecke oder eine Zuführung in eine Rücklage nicht aus (§ 58 AO); eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen muss sich jedoch an dem zugrunde liegenden Rechtsgedanken orientieren, dass nur die „typisch kirchlichen Bereiche im engeren Sinne“53 gefördert werden sollen, gleichgültig allerdings, von wem 49

Abs. 3 der Amtl. Begründung zu Art. 17, LT-Drs 2/3442 S. 18. Ges. v. 18. 10. 1991 (GVBl. S. 452). Siehe nunmehr Gebührengesetz für das Land Brandenburg (GebGBbg) vom 7. Juli 2009 (GVBl. I/09 [Nr. 11], S. 246), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2014 (GVBl. I/14, [Nr. 32]). 51 Ges. v. 27. 6. 1991 i. d. F. der Bek. v. 15. 6. 1999 (GVBl. S. 231). Siehe nunmehr Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 2004 (GVBl. I/04, [Nr. 08], S. 174), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2019 (GVBl. I/19, [Nr. 36]). 52 So auch die Amtl. Begründung (Fn. 49). 53 So OVG NRW, KirchE 15, 29. 50

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Artikel 17 – Gebühren

die dafür erforderlichen Aktivitäten dann tatsächlich betrieben werden.54 Das Merkmal der Ausschließlichkeit der Wahrnehmung kirchlicher Zwecke (§ 56 AO) braucht dagegen nicht herangezogen zu werden, abgesehen davon, dass Kirchen in ihrem unmittelbaren Tätigwerden immer ausschließlich kirchliche Zwecke verfolgen.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 25: Der Katholischen Kirche sowie ihren öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände bleiben die auf Landesrecht beruhenden Gebührenbefreiungen erhalten.

Regierungsbegründung In Übereinstimmung mit inhaltsgleichen Regelungen fast aller übrigen Kirchenverträge wurde den Kirchen eine Gebührenbefreiung eingeräumt, die sich an den derzeit gesetzlich festgelegten Gebührenbefreiungen ausrichtet. In Übereinstimmung mit dem im Freistaat geltenden Recht bleibt die Befreiung auf Verwaltungsgebühren (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 SächsVerwKG) beschränkt. Gerichtsgebühren werden von der Regelung nicht erfasst. Die Regelung findet ihren Grund darin, dass die Kirchen gemeinwohlbezogene Aufgaben wahrnehmen. Daher soll die Erfüllung kirchlicher Aufgaben nicht durch die Erhebung von Verwaltungsgebühren erschwert werden.

Kommentierung Der Wortlaut von Art. 25 sowie die Amtliche Begründung55 stimmen mit den Formulierungen im Evangelischen Vertrag inhaltlich überein. Die Nichterwähnung der „Gliederungen“ als Teile der Katholischen Kirche ist unschädlich. 2. Thüringen Art. 24: Auf Landesrecht beruhende Gebührenbefreiungen für den Staat gelten auch für die Bistümer, die Bischöflichen Stühle, die Kathedralkapitel, die Kirchengemeinden, die Pfarreien und Gesamtverbände sowie für die öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände der Kirche.

54 Beispiele aus der Rechtsprechung: Keine Unmittelbarkeit beim Bau einer Heizungsanlage in der von einer Kirche getragenen Schule (BVerwG KirchE 7, 140) oder bei Amtshandlungen bezüglich eines Gebäudes, das auch für Kongresse anderer Berufsgruppen dient (BFH, BStBl II, 1972, S. 204). Zu weiteren Einzelentscheidungen zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 des Gebührengesetzes NRW v. 23. 11. 1971 (GV. NRW. S. 354; siehe nunmehr Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW); Bekanntmachung der Neufassung vom 23. 08. 1999, GV. NRW 1999 S. 524), dem die brandenburgischen Regelungen nachgebildet sind, z. B. Ablehnung bezüglich kirchlicher Krankenhäuser, vgl. G. Hammer, Steuer- und Gebührenbefreiungen, HSKR, 21994, Bd. 1, § 36, S. 1065 (1092 Fn. 130). 55 Anl. zur LT-Drs. 2/3612 S. 40 f.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Diese Regelung entspricht der nach Landesrecht vorgesehenen staatlichen Gebührenbefreiung und erstreckt sie auf die Bistümer, die Bischöflichen Stühle, die Kathedralkapitel, die Kirchengemeinden bzw. Vereine und Gesamtverbände sowie auf die öffentlichrechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände der Kirche. Ausgenommen bleiben solche Amtshandlungen, die aufgrund eines Gesetzes von privaten (beliehenen) Unternehmern vorgenommen werden.

Kommentierung Der Wortlaut stimmt mit den Formulierungen im evangelischen Vertrag und dessen Amtlicher Begründung56 überein; lediglich die „Gliederungen“ werden der Organisation der Katholischen Kirche angepasst. Allerdings fehlt eine Ausnahmeregelung für Gebühren beliehener Unternehmer, die nur in der Begründung erwähnt wird. Dieser Unterschied zwischen den beiden Verträgen kann jedoch im Hinblick auf das das Land bindende Paritäts-Gebot nicht zu unterschiedlicher Handhabung führen, in diesem Fall zu einer unbegründbaren Bevorzugung der Katholischen Kirche. Das Land ist daher entweder gehalten, den evangelischen Vertrag anzugleichen oder die Zustimmung der Katholischen Kirche zur Gleichbehandlung beider Kirchen zu unterstellen. Ein dritter Weg wäre, in die Gebührengesetze auch für das Land eine Ausnahme von der Gebührenbefreiung im Tätigkeitsbereich beliehener Unternehmer einzufügen oder in allen „besonderen gesetzlichen Vorschriften“ (§ 3 Abs. 6 ThürVwKostG), die beliehene Unternehmer betreffen, Ausnahmen von der Gebührenbefreiung für das Land oder für die Kirchen vorzusehen. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 25: Auf Landesrecht beruhende Befreiungen und Ermäßigungen von Steuern und Gebühren für das Land gelten auch für die kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Regierungsbegründung Absatz 1 bestimmt, dass die in diesem Vertrag berührten Materien durch diesen Vertrag abschließend geregelt wird. Für die praktische Rechtsanwendung hat das zur Folge, dass – von den Ausnahmen der Abs. 2 bis 4 abgesehen – keine anderen Verträge oder Vereinbarungen zwischen Land und Heiligem Stuhl Anwendung haben. Denn in diesem Vertrag sind u. a. alle Materien geregelt, die bislang im Reichskonkordat oder im sogenannten Preußenkonkordat geregelt sind. Absatz 2 stellt klar, dass der vierseitige Vertrag über die Errichtung des Erzbistums Hamburg unberührt bleibt. Absatz 3 bestimmt, dass die genannten Bestimmungen des „Preußen-Konkordates“ hinsichtlich der Mitwirkung der betroffenen Landesregierungen auch für das neue Erzbistum Berlin und auch für das Land Mecklenburg-Vorpommern gelten. Damit ist klargestellt, dass MecklenburgVorpommern die gleichen Mitwirkungsrechte hat wie Berlin oder Brandenburg. Eine andere 56

LT-Drs. 2/2100 S. 29.

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Artikel 17 – Gebühren

Vereinbarung, um diese überkommenen Mitwirkungsrechte den heutigen Erfordernissen anzupassen, ist aber ausdrücklich möglich. Absatz 4 ist eine abstrakte Fortgeltungsklausel, die ihre Wirkung nur in dem Fall entfaltet, dass der jetzige Kirchenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg- Vorpommern ersatzlos außer Kraft treten sollte. Für die Dauer der Geltung dieses Vertrages ist die Bestimmung des Absatzes 1 bedeutsam.

Kommentierung Artikel 25 weicht insofern vom evangelischen Vertrag ab, als er alle kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts für freistellungsberechtigt erklärt. Unter „Körperschaften“ fallen auch Anstalten und Verbände, nicht aber Stiftungen.57 4. Sachsen-Anhalt Art. 21: Das Land wird die auf Landesrecht beruhenden und für das Land geltenden Gebührenbefreiungen auf die Bistümer, die Bischöflichen Stühle, die Kathedralkapitel, die Kirchengemeinden und die aus ihnen gebildeten Verbände sowie auf ihre öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Verbände erstrecken. Schlussprotokoll zu Art. 21: Für Amtshandlungen, die auf Grund eines Gesetzes auch von privaten (beliehenen) Unternehmen vorgenommen werden, besteht keine Gebührenfreiheit.

Regierungsbegründung Der Artikel legt in Übereinstimmung mit den historisch gewachsenen Rechten der Katholischen Kirche und mit anderen vergleichbaren Kirchenverträgen eine Gebührenbefreiung für die Katholische Kirche im gleichen Umfang wie für Landesbehörden fest, soweit die Gebühren auf der Grundlage von Landesgesetzen erhoben werden; Gebühren aufgrund von Bundesgesetzen, für die den Kirchen aber in aller Regel ebenfalls Gebührenfreiheit zusteht, oder aufgrund kommunaler Satzungen ohne landesgesetzliche Grundlage fallen nicht hierunter. Unberührt bleiben darüber hinausgehende Gebührenbefreiungen, z. B. die Befreiung von Rundfunkgebühren für Behinderteneinrichtungen, wenn die Kirche Träger solcher Einrichtungen ist. Das Schlussprotokoll stellt klar, dass von der Gebührenbefreiung solche Amtshandlungen nicht erfasst werden, die aufgrund eines Gesetzes von privaten beliehenen Unternehmen vorgenommen werden (z. B. TÜV).

Kommentierung In Übereinstimmung mit dem Evangelischen Vertrag hat das Land nur eine Verpflichtung zur Freistellung der Katholischen Kirche übernommen. Deren Gliederungen werden im Einzelnen aufgeführt, weil sie im öffentlichen Leben des Landes nicht ebenso bekannt sind wie die evangelischen. Ein Zeitpunkt für die Umsetzung wird nicht angegeben, vermutlich weil – irrtümlich – angenommen wurde, dass die Umsetzung bereits mit dem Inkrafttreten des Evangelischen Vertrags erfolgt sei.58 Die 57 58

Vgl. oben B. II. 1. Vgl. dazu oben A. 4. i).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Ausnahmeregelung für Amtshandlungen beliehener Unternehmer entspricht der Regelung im Evangelischen Kirchenvertrag. 5. Brandenburg Art. 20: Die Katholische Kirche, die (Erz-)Bistümer, die (Erz-)Bischöflichen Stühle, die (Metropolitan-)Kathedralkapitel, die Kirchengemeinden und die aus Kirchengemeinden gebildeten Gesamtverbände sowie die sonstigen öffentlich-rechtlichen kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit sind von der Zahlung der auf Landesrecht beruhenden Verwaltungsgebühren befreit, soweit die Amtshandlung unmittelbar der Durchführung kirchlicher Zwecke dient. Schlussprotokoll: (1) Kirchliche Zwecke sind die in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen genannten Zwecke. (2) Die Befreiung gilt auch für Gebühren, die die ordentlichen Gerichte in Angelegenheiten der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Arbeitsgerichtsbarkeit, die Gerichtsvollzieher, die Justizverwaltungsbehörden und die Behörden der Arbeitsgerichtsverwaltung erheben. Von der Katholischen Kirche gebildete juristische Personen des Privatrechts, die unmittelbar kirchliche Zwecke verfolgen, sind von der Zahlung der Gebühren nach der Kostenordnung und der Gebühren in Justizverwaltungssachen befreit.

Regierungsbegründung Während in vielen Bundesländern die Kirchen in vollem Umfang an der staatlichen Gebührenfreiheit teilhaben, hat das brandenburgische Landesrecht eine differenzierte Regelung getroffen. Diesem Rechtszustand trägt die Bestimmung Rechnung. Die Bestimmung schreibt die persönliche Gebührenfreiheit der Katholischen Kirche nach § 8 Abs. 1 Buchst. 5 GebG Bbg fest. Kirchliche Zwecke im Sinne dieser Norm sind die in § 54 AO genannten Zwecke. Die in Absatz 2 des Schlussprotokolls vorgesehene Regelung entspricht § 6 Abs. 1 Buchst. 1 und Abs. 2 JKGBbg.

Kommentierung Die Vorschrift ist in der Kombination mit den ergänzenden Regelungen im Schlussprotokoll sinnidentisch mit Art. 17 des Evangelischen Kirchenvertrag Brandenburgs. Auf dessen Kommentierung wird verwiesen.

Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 18: (1) Die Kirchen und ihre diakonischen Werke haben das Recht, im Bildungs- und Sozialbereich sowie im Gesundheitswesen eigene Einrichtungen für die Betreuung und Beratung besonderer Zielgruppen zu unterhalten. (2) 1Die Kirchen und ihre diakonischen Werke haben das Recht, im Bildungs- und Sozialbereich sowie im Gesundheitswesen eigene Einrichtungen für die Aus- und Weiterbildung kirchlicher Mitarbeiter zu unterhalten. 2Sofern Bildungsgänge solchen im staatlichen Bereich entsprechen, ist eine staatliche Anerkennung der Abschlüsse zuzusprechen. Schlussprotokoll: Artikel 4 Abs. 1 bleibt unberührt. (3) Soweit Einrichtungen nach den Absätzen 1 und 2 allgemeine Aufgaben erfüllen und ohne Rücksicht auf eine Kirchenzugehörigkeit in Anspruch genommen werden können, haben sie einen Anspruch auf Förderung im Rahmen der Gesetze. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): 1Unter „allgemeinen Aufgaben“ sind solche zu verstehen, die die Kirchen und ihre Einrichtungen ersatzweise für ein Tätigwerden des Staates wahrnehmen. 2Im Übrigen besteht Einvernehmen darüber, dass eine Förderung in anderen Fällen unberührt bleibt.

Regierungsbegründung Der Artikel bestätigt den Kirchen und insbesondere den Diakonischen Werken das Recht auf Errichtung eigener Bildungs- und Betreuungsstätten, und zwar sowohl für Bildungsangebote an alle Bürger (Absatz 1) als auch zur Aus- und Fortbildung kirchlicher Mitarbeiter (Absatz 2). Entsprechendes für den Hochschulbereich ist in Artikel 4 geregelt (vgl. Schlussprotokoll). Wichtig für die kirchlichen Mitarbeiter ist die Zusicherung einer staatlichen Anerkennung der Abschlüsse unter den aufgeführten Bedingungen (Absatz 2 Satz 2); Bildungsgänge „entsprechen“ dann solchen im staatlichen Bereich, wenn staatlicherseits festgestellt wird, dass sie gleichwertig sind. Zielgruppen im Sinne des Absatzes 1 sind z. B. Senioren, Ausländer oder Drogengefährdete. Absatz 3 verweist auf die Möglichkeit staatlicher finanzieller Förderung, wobei allerdings ein Anspruch nur im Rahmen bestehender Gesetze begründet wird; freiwillige Förderungen sind aber laut Schlussprotokoll nicht ausgeschlossen. Die als Voraussetzung u. a. geforderte „Allgemeinheit“ der zu erfüllenden Aufgaben wird im Schlussprotokoll näher umschrieben. Die staatliche Anerkennung von Abschlüssen setzt z. B. im Bereich der Lehrerausbildung die Einhaltung der Vorschriften für die Staatsprüfungen voraus.

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Kommentierung Die Kirchen haben nach ihrem Selbstverständnis auch einen Bildungsauftrag, den sie nicht nur mit in ihrer Trägerschaft befindlichen Schulen und Hochschulen erfüllen, sondern auch durch sonstige Bildungseinrichtungen, die sich an die verschiedensten Adressatenkreise richten. Religiös geprägt und bekenntnismäßig akzentuiert fallen solche kirchlichen Bildungsangebote, mit denen theologisch begründete Zielsetzungen verfolgt werden, unter die vom BVerfG denkbar weit verstandene Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG) und sind darüber hinaus vom Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) gedeckt. Die Kirchen engagieren sich dabei sowohl auf dem Feld der berufsbezogenen Weiterbildung als auch dem der allgemeinen, insbesondere politischen Bildung.1 Teilweise ist die Bildungsarbeit kirchenintern und pastoral ausgerichtet; zum größeren Teil wirkt sie aber in die Gesellschaft hinein und ist damit Teil der Erfüllung des Öffentlichkeitsauftrags. Neben die Erwachsenenbildung tritt die Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Mittlerweile verfolgt selbst die Betreuung von Kleinkindern Bildungsziele, so dass auch die Kindertageseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft am Bildungsauftrag der Kirchen teilhaben. Die Kirchen, Kirchengemeinden und kirchlichen Verbände sind teils unmittelbar teils mittelbar Träger diverser Bildungseinrichtungen. Daneben gibt es auch rechtlich selbständige Einrichtungen, die aber mit den Kirchen verbunden sind und ihnen unter bestimmten Voraussetzungen2 mit der Folge zugeordnet werden können, dass sie in den personellen Anwendungsbereich des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV einbezogen werden können. Die organisationsrechtliche Ausgestaltung und die Regelung der Finanzierung unterliegt dem kirchlichen Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Art. 30 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt lässt als Träger von Einrichtungen der Berufsausbildung und der Erwachsenenbildung neben dem Land und den Kommunen auch freie Träger – wie die Kirchen – zu und erteilt zudem dem Land hinsichtlich der Erwachsenenbildung einen Förderauftrag. Soweit kirchliche Einrichtungen der Erwachsenenbildung, die zum pluralen Angebot auf diesem Sektor des Bildungswesens gehören, staatlich anerkennt oder gefördert werden sollen, müssen sie den diesbezüglichen staatlichen Anforderungen genügen; für Einrichtungen der Erwachsenenbildung siehe insoweit §§ 2 ff., 4 ff. 1 Zu den unscharfen Begrifflichkeiten siehe nur W. Bock, Kirchliche Erwachsenenbildung, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 48, S. 2035 (2037 Rn. 4). 2 Siehe dazu BVerfGE 46, 73 (85 ff.); 53, 366 (391); 70, 138 (162 ff.) sowie P. Unruh, Das karitativ-diakonische Wirken der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften im Verfassungsstaat, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 49, S. 2069 (2093 – 2095 Rn. 40 – 44).

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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des Gesetzes zur Förderung und Weiterentwicklung der Erwachsenenbildung im Land Sachsen-Anhalt (Erwachsenenbildungsgesetz Sachsen-Anhalt – EBG LSA) vom 25. März 2021 (GVBl. LSA 2021, 126). Dieses Gesetz enthält keine Sonderregelungen für Einrichtungen der Erwachsenenbildung in Trägerschaft der Kirchen. Die außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 ist Teil der Jugendarbeit, deren Angebot eine Leistung der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) ist3, die als Aufgabe sowohl von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe als auch von Trägern der freien Jugendhilfe, u. a. der Kirchen, wahrgenommen wird (§ 3 Abs. 1, 2 S. 1 SGB VIII), die dabei – unter Wahrung der „Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsstruktur“ (§ 4 Abs. 1 S. 2 SGB VIII) – „partnerschaftlich“ zusammenwirken (§ 4 Abs. 1 S. 1 SGB VIII: Kooperations- und Koordinationsgebot). Durch die Vielfalt der Träger soll unterschiedlichen Wertorientierungen Rechnung getragen werden (§ 3 Abs. 1 SGB VIII). Die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege sind anerkannte Träger der freien Jugendhilfe (§ 75 Abs. 3 SGB VIII).4 Eine Übersicht über die Bildungseinrichtungen der Föderation evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland in Sachsen-Anhalt und Thüringen findet sich unter: https://www.ekmd.de/attachment/aa234c91bdabf36adbf227d333e5305b/98a4ce2d 22274cc585ab9edddd39f353/broschuere_kirche_bildet.pdf). Hingewiesen sei auf die folgenden: Die von einem gemeinnützigen Verein getragene Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg bringt auf Tagungen, in Workshops und Seminaren und mit Formaten im digitalen Raum Erwachsene und Jugendliche, Fachleute und Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft, Bildung und Religion zusammen, um aktuelle politische Fragen und Zukunftsthemen der ökologischen und soziokulturellen sowie spirituellen Transformation zu diskutieren.5 Das Pädagogisch-Theologische Institut (PTI) der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland und der Evangelischen Landeskirche Anhalts mit einer 3 Zum frühkindlichen Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen siehe § 22 Abs. 3 S. 1 SGB VIII. 4 Das Land Sachsen-Anhalt gewährt auf Antrag Zuwendungen zur Umsetzung eines Jahresprogramms von Maßnahmen der außerschulischen Jugendbildung, der Aus- und Fortbildung von ehrenamtlichen Mitarbeitern in der Jugendarbeit und der Ausbildung von Jugendleitern (juleica) nach Nr. 2.1 der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Jugendarbeit, der Jugendverbände, der Jugendsozialarbeit sowie des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (RdErl. des MS vom 15. 12. 2015 – 44 – 5170 – MBl. LSA Nr. 4/ 2016 vom 08. 02. 2016 in der geltenden Fassung). 5 Allgemein zu den kirchlichen Akademien als Form der Erwachsenenbildung siehe nur W. Bock, Kirchliche Erwachsenenbildung, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 48, S. 2035 (2044 – 2046 Rn. 21 – 26).

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Arbeitsstelle im Kloster Drübeck hält Angebote in Religions- und Gemeindepädagogik vor und bietet Kurse in Aus-, Fort- und Weiterbildung an. Das Institut bildet die künftigen Pfarrerinnen und Pfarrer der EKM im pädagogischen Vikariat aus. Ein Schwerpunkt liegt auf den Fortbildungen für Ehrenamtliche, Erzieherinnen, Religions- und Ethiklehrkräften und kirchliche Mitarbeiter(innen) im gemeinde- und religionspädagogischen Dienst. Dazu zählen u. a. die gemeindepädagogische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Familien, der Elementarbereich sowie die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden sowie die Weiterbildung staatlicher Lehrer sowie kirchlicher Mitarbeiter zum Erwerb der Lehrbefähigung für den Evangelischen Religionsunterricht. Das Pastoralkolleg der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen ist eine Institution der innerkirchlichen beruflichen Fortbildung für Hauptamtliche im Verkündigungsdienst. Das Evangelische Kinder- und Jugendbildungswerk in Sachsen-Anhalt e.V. (EKJB) ein 2000 gegründetes Netzwerk evangelischer Kinder- und Jugendbildungsarbeit im Land Sachsen-Anhalt. Das EKJB ist ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe. Die Evangelische Erwachsenenbildung im Land Sachsen-Anhalt ist eine Einrichtung der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelischen Landeskirche Anhalts. Sie steht in der Tradition des allgemeinen Bildungsauftrages der Evangelischen Kirche mit ihren Gemeinden, Werken und Einrichtungen und richtet sich mit ihrem breit gefächerten Bildungsangebot an alle Erwachsen ungeachtet ihrer Religions- und Kirchenzugehörigkeit. Die Evangelische Erwachsenenbildung ist eine durch das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt als förderungsfähig anerkannte Einrichtung der Erwachsenenbildung. Auch die Evangelische Heimvolkshochschule Alterode ist eine staatlich anerkannte und geförderte Einrichtung der Erwachsenenbildung. Burg Bodenstein ist eine Evangelische Familienferienstätte, die Urlaubs- und Erholungsangebote mit freizeitpädagogischen, thematischen und geistlichen Angeboten verbindet. Träger ist die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen. Geschlechtsspezifische Bildungsarbeit leisten die Frauenarbeit der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland/Frauenarbeit der EKM und die Evangelische Männerarbeit Mitteldeutschland. Auch die Diakonie Mitteldeutschland versteht sich zum Teil als Bildungseinrichtung, etwa in der Arbeit mit evangelischen Kindertagesstätten sowie bei der religionspädagogischen Aus- und Fortbildung für Erzieherinnen und Erzieher. Das Weiterbildungsseminar ist die zentrale Fortbildungsstelle. Die Diakonie Mitteldeutschland ist darüber hinaus in den Bereichen Gesundheit, Altenhilfe, Behindertenhilfe, Familien- und Sozialberatung, Suchtberatung, Migranten- und Ausländerhilfe und Kinder- und Jugendhilfe tätig.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Die 1991 gegründete Evangelische Erwachsenenbildung Anhalt (eeb Anhalt) ist eine Bildungseinrichtung der Evangelischen Landeskirche Anhalts. Sie widmet sich der Seniorenbildung, der musikalischen und kulturellen Bildung sowie der Aus- und Fortbildung von Gästeführern und Ehrenamtlichen durch Vortragsveranstaltungen und Studienfahrten. Das karitativ-diakonische Wirken der Kirchen erfasst insbesondere den Bereich sozialer Sicherheit und das Gesundheitswesen. Dazu gehören insbesondere der Betrieb von Kindertagesstätten, von Jugend-, Behinderten- und Altenhilfeeinrichtungen und Krankenhäusern. Das vorgehaltene Leistungsangebot richtet sich regelmäßig an die Allgemeinheit und nicht nur an die Kirchenmitglieder. Als Teil der freien Wohlfahrtspflege ist die Diakonie und das übrige karitative Engagement der Kirchen in die Erfüllung des Sozialstaatsauftrags nach Art. 20 Abs. 1 GG einbezogen und eingebunden.6 Hauptakteure sind die Diakonischen Werke. Die Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., ist der Wohlfahrtsspitzenverband, unter dessen Dach die privatrechtlich organisierten, rechtlich selbständigen, aber mit den jeweiligen Landeskirchen institutionell verbundenen 17 Diakonischen Werke der evangelischen Landeskirchen, darunter das Diakonische Werk Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland e.V. agieren. In den Leitungsgremien üben die Landeskirchen bestimmenden Einfluss aus, was die Zuordnung der Diakonischen Werke zu den Landeskirchen erlaubt.7 Die angebotenen sozialen Dienstleistungen umfassen u. a. die Alten- und Behindertenhilfe, Krankenpflege, Kinder-, Jugendund Familienhilfe, die Suchtkrankenhilfe, Hospizdienste, Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken sowie Integrationshilfen und Beratung für Flüchtlinge. Die Diakonischen Werke haben einen „doppelten Charakter als Werke der Kirche und als Wohlfahrtsverbände“.8 Das karitativ-diakonische Wirken wird vom Schutzbereich des Grundrechts der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG) erfasst9 ; denn es nimmt ein Stück des Auftrags der Kirche in der Welt wahr.10 Zugleich fällt diese Tätigkeit, sofern sie in organisierter Form von den Kirchen oder ihnen zugeordneten selbständigen Rechtsträgern ausgeübt wird, als eigene Angelegenheit in den Bereich der kirchlichen

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Siehe dazu näher P. Unruh, Das karitativ-diakonische Wirken der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften im Verfassungsstaat, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 49, S. 2069 (2104 f. Rn. 57). 7 Zum Fehlen eines „klaren und einheitlichen kirchenrechtlichen System[s]“ für die Zuordnung der diakonischen Einrichtungen und Werke siehe J. Winter, Die diakonischen Werke und Einrichtungen, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 51, S. 2189 (2208 f. Rn. 29 f.). 8 J. Winter, Die diakonischen Werke und Einrichtungen, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 51, S. 2189 (2210 Rn. 32). 9 Grundlegend BVerfGE 24, 236 (246 – 249) – Aktion Rumpelkammer. 10 BVerfGE 46, 73 LS 1; 53, 366 (391); 70, 138 (162).

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Selbstverwaltung nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV.11 Der Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen für Wohltätigkeitszwecke, d. h. in karitativ-diakonischer Absicht, wie etwa der eines Krankenhauses, genießt darüber hinaus auch den besonderen Eigentumsschutz des Religionsguts nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Abs. 2 WRV.12 Gemäß Art. 32 Abs. 3 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt werden die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften unterhaltenen sozialen und karitativen Einrichtungen nach Maßgabe der Gesetze als gemeinnützig anerkannt, geschützt und gefördert. Diese verfassungsrechtlichen Garantien werden einfachgesetzlich näher ausgeformt. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist bei der Auswahl der Leistungserbringer ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen (§ 2 Abs. 3 SGB V). Bei der sozialen Pflegeversicherung ist gleichfalls „die Vielfalt der Träger von Pflegeeinrichtungen zu wahren sowie deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit zu achten. Dem Auftrag kirchlicher und sonstiger Träger der freien Wohlfahrtspflege, kranke, gebrechliche und pflegebedürftige Menschen zu pflegen, zu betreuen, zu trösten und sie im Sterben zu begleiten, ist Rechnung zu tragen. Freigemeinnützige und private Träger haben Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern“ (§ 11 Abs. 2 SGB XI). Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, zu der u. a. Angebote der Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII), zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 – 25 SGB VIII) sowie Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a-37, 39, 40 SGB VIII) rechnen, können Leistungen ebenfalls von freien Trägern der Jugendhilfe wie den Kirchen erbracht werden (siehe § 3 SGB VIII), die insoweit mit der öffentlich Jugendhilfe „partnerschaftlich zusammenarbeiten“ (§ 4 Abs. 1 SGB VIII), wobei den freien Trägern ein bedingter Vorrang eingeräumt wird (§ 4 Abs. 2 SGB VIII). Die freien Träger der Jugendhilfe sind darüber hinaus staatlicherseits zu fördern (siehe § 4 Abs. 3, §§ 74, 74a SGB VIII). Das Nähere über Inhalt und Umfang der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege regelt das Landesrecht (§ 26 SGB VIII). In Sachsen-Anhalt gilt das Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz – KiFöG LSA) vom 5. März 2003 (GVBl. LSA 2003, 48).13 Es schreibt u. a. vor, dass bei der von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe aufzustellenden Bedarfsplanung in allen Phasen auch mit den Trägern der freien Jugendhilfe „das 11 Zusammenfassend P. Unruh, Das karitativ-diakonische Wirken der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften im Verfassungsstaat, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 49, S. 2069 (2095 – 2097 Rn. 45 – 49). 12 Siehe P. Unruh, Das karitativ-diakonische Wirken der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften im Verfassungsstaat, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 49, S. 2069 (2111 Rn. 64). 13 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2021 (GVBl. LSA S. 618).

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Benehmen herzustellen“ ist (§ 10 Abs. 1 KiFöG LSA). Die Kirchen betrachten die Kinderbetreuung in kirchlichen oder mit der Kirche verbundenen Einrichtungen als Teil ihres diakonischen Auftrags und ihres Verkündungsauftrags.14 Der weit überwiegende Teil der kirchlichen Kindertageseinrichtungen wird von Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbänden oder speziell dafür gegründeten, rechtlich unselbständigen Zweckverbänden betrieben, daneben gibt es diakonische Träger, die zumeist privatrechtlich als eingetragener Verein organisiert sind. Teilweise wird die Trägerschaft aber auch auf ein weiteres verselbständigtes Privatrechtssubjekt übertragen15 Die Finanzierung regelt das Landesrecht. Nach § 11 Abs. 1 KiFöG LSA wird die Förderung und Betreuung in Tageseinrichtungen sowie in Tagespflegestellen gemeinsam durch das Land, die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Gemeinden und Verbandsgemeinden, in deren Gebiet die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie die Eltern finanziert. Das Land und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe beteiligen sich durch Zuweisungen. Die Eltern leisten Beiträge, und der kirchliche Träger hat zumeist einen Eigenanteil zu tragen. Im Bereich der Sozialhilfe sollen die örtlichen und überörtlichen Träger (§ 3 SGB XII) insbesondere mit den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts zusammenarbeiten. Sie achten dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben (§ 5 Abs. 2 SGB XII). Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden anerkannt und sollen nicht beeinträchtigt werden (§ 5 Abs. 1 SGB XII). Ohne insoweit bereits konkrete Subventionsansprüche zu vermitteln, verpflichtet § 5 Abs. 3 S. 2 SGB XII die Träger der Sozialhilfe, die Verbände der freien Wohlfahrtspflege, zu denen auch die Kirchen zählen, in ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Sozialhilfe angemessen zu unterstützen. Die Leistungserbringung durch die freien Träger hat Vorrang (§§ 5 Abs. 4 S. 1, 75 Abs. 2 SGB XII). Auch das Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886)16 schreibt ohne besondere Erwähnung der kirchlichen Träger die Beachtung der Vielfalt der Krankenhausträger vor. „Dabei ist nach Maßgabe des Landesrechts insbesondere die wirtschaftliche Sicherung freigemeinnütziger und privater Krankenhäuser zu gewährleisten. Die Gewährung von Fördermitteln nach diesem Gesetz darf nicht mit Auflagen verbunden werden, durch die die Selbständigkeit und Unabhängigkeit 14 R. Penßel, Kindertageseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 53, S. 2247 (2249 f. Rn. 2). 15 Siehe zu den unterschiedlichen Formen kirchlicher Trägerschaft R. Penßel, in: HSKR, 3 2020, Bd. 2, § 53, S. 2247 (2253 – 2255 Rn. 6 – 8). 16 Zuletzt geändert durch das Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5162).

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

von Krankenhäusern über die Erfordernisse der Krankenhausplanung und der wirtschaftlichen Betriebsführung hinaus beeinträchtigt werden“ (§ 1 Abs. 2 KHG).17 Dem entsprechend sieht das Krankenhausgesetz Sachsen-Anhalt (KHG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 2005 (GVBl. LSA 2005, 203)18 vor, dass im Rahmen der Sicherstellung der Krankenhausversorgung der Bevölkerung „öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Krankenhausträgern ausreichend Raum zu geben“ ist (§ 2 Abs. 1 S. 2 KHG LSA). Unter den freigemeinnützigen Krankenhausträgern ragen die christlichen Kirchen heraus. In diesen verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rahmen fügen sich die Regelungen des Art. 18 des Wittenberger Vertrags ein; sie dienen der vertraglichen „Absicherung bestehender Rechtspositionen“.19 Er erkennt zunächst deklaratorisch das aus der Religionsfreiheit und dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen fließende Recht an, Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitswesens sowie der sozialen Fürsorge zu schaffen und zu unterhalten. Obwohl sie nach Art. 18 Abs. 1 der „Betreuung und Beratung besonderer Zielgruppen“ dienen sollen, darf sich ihr Angebot doch an die Allgemeinheit richten. Art. 18 Abs. 2 S. 1 erweitert diese Garantie auf spezifische Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung eigner Mitarbeiter. Bei Äquivalenz mit staatlichen Ausbildungsgängen sind die Abschlüsse staatlicherseits anzuerkennen (Art. 18 Abs. 2 S. 2). Soweit Einrichtungen nach Art. 18 Abs. 1 „allgemeine Aufgaben erfüllen und ohne Rücksicht auf eine Kirchenzugehörigkeit“ von der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden können, also echtes Substitut für staatliche Einrichtungen dieser Art sind, sind sie nach näherer Maßgabe der Gesetze zu fördern. Damit wird dem Grunde nach ein Förderungsanspruch anerkannt, wie er sich für die soziale Tätigkeit der Kirchen bereits aus Art. 32 Abs. 3 und allgemein aus Art. 33 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt ergibt, im Übrigen wird aber auf die Anspruchsvoraussetzungen des einfachen Rechts und damit u. a. auf die §§ 4 Abs. 3, 74, 74a und 77 SGB VIII, aber auch das einschlägige Landesrecht Bezug genommen.20 Die Förderung erklärt sich v. a. daraus, dass der Staat hier durch die Tätigkeit der Kirchen von eigenen sozialstaatlichen Anstrengungen partiell entlastet wird.21

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Siehe zu dem zuletzt genannten Aspekt auch BVerfGE 82, 209 (231 ff.). Zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Mai 2019 (GVBl. LSA S. 76). 19 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 99 f. 20 Siehe dazu auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 106 f. 21 Zur Staatsaufgabenentlastung durch die karitativ-diakonische Tätigkeit der Kirchen siehe nur H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 338. 18

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Art. 18 Abs. 3 schließt ausweislich des Schlussprotokolls andere Förderungen, bei denen die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 3 nicht vorliegen, nicht aus.22

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 5: (1) Die Kirchen und ihre diakonischen Werke haben das Recht, im Rahmen des Artikels 7 des Grundgesetzes Ersatz- und Ergänzungsschulen sowie Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. (2) Genehmigung, staatliche Anerkennung und Förderung dieser Einrichtungen regelt das Gesetz. Art. 21: Die Kirchen nehmen in Erfüllung ihres Auftrages Aufgaben als anerkannte Träger der freien Jugendhilfe im Rahmen der Gesetze wahr. Art. 22: (1) 1Die Kirchen und ihre diakonischen Werke nehmen in Erfüllung ihres Auftrages Aufgaben der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege wahr. 2Sie unterhalten Heime, Dienste und sonstige Einrichtungen für Betreuung und Beratung. (2) Sie haben Anspruch auf gleiche Förderung wie andere freie Träger der Wohlfahrtspflege. (3) Ein nach Verfassung oder Gesetz bestehender Vorrang in der Aufgabenerfüllung für die freien Träger der Wohlfahrtspflege ist von allen öffentlichen Stellen zu beachten.

Regierungsbegründung Zu Artikel 5 Absatz 1 wiederholt das in Grundgesetz und Landesverfassung anerkannte Recht, Ersatz- und Ergänzungsschulen, aber auch Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. Absatz 2 stellt sicher, dass diese kirchlichen Einrichtungen an die staatlichen Gesetze gebunden sind, aber auch gleiche Förderung wie andere Einrichtungen erhalten. Zu Artikel 21 In einer für einen Kirchenvertrag neuartigen Weise wird klargestellt, dass die Kirchen anerkannte Träger der freien Jugendhilfe sind und im Rahmen der Gesetze an der staatlichen Erziehungsund Sozialarbeit mitwirken. Zugleich bringt der Vertrag die Erwartung zum Ausdruck, dass die Kirchen ihren Beitrag auf diesem Gebiet leisten. Für die staatliche Förderung gilt Art. 22 Abs. 2 und 3 sinngemäß.

22 Siehe dazu A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (279).

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Zu Artikel 22 Absatz 1 regelt gleiches für die Aufgaben der Kirche auf dem Gebiet der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege. Er stellt fest, dass die Diakonie zum Auftrag der Kirchen gehört, dessen Erfüllung auch im öffentlichen Interesse liegt. Absatz 2 sichert den Kirchen auf diesem Gebiet den Anspruch auf gleiche öffentliche Förderung wie anderen Trägern. Absatz 3 wiederholt und bestätigt den Grundsatz der Subsidiarität, der ohnehin in vielen Bereichen des Sozial- und Jugendrechts gilt, hier nochmals zugunsten der Kirchen und ihrer Einrichtungen.

Kommentierung Art. 5 garantiert den Kirchen u. a. das Recht, sonstige Bildungseinrichtungen (außer Schulen oder Hochschulen) zu errichten und deckt sich insoweit ausschnittweise (nämlich im Hinblick auf das Bildungswesen) mit dem Garantiegehalt des Art. 18 Abs. 1 u. 2 des Wittenberger Vertrags. Art. 21 und 22 Abs. 1 setzen insoweit einen sich vom Wittenberger Vertrag und den anderen evangelischen Kirchenverträgen anderen Akzent, als sie die Erwartungen des Staates an das kirchliche diakonische Wirken in der Jugendhilfe sowie in der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege offen artikulieren und in den vertraglichen Bestimmungen dergestalt festschreiben und verankern, dass sie als Verpflichtung der Kirchen zu entsprechender Tätigkeit verstanden werden können23, auch wenn diese Verpflichtung nicht erzwungen werden kann und soll. Art. 22 Abs. 2 gibt den Kirchen hinsichtlich der Förderung ihrer diakonischen Einrichtungen einen Gleichbehandlungsanspruch mit anderen freien Wohlfahrtsträgern, was sich im Übrigen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt, und setzt zugleich den Förderauftrag des Art. 16 Abs. 4 der Landesverfassung um, dem zufolge Land, Gemeinden und Kreise Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenbildung fördern. Art. 22 Abs. 3 erhebt die Beachtung eines gesetzlich bestimmten Vorrangs freier Träger zu einer vertraglichen Zusage gegenüber den Kirchen. Einschlägige einfachgesetzliche Bestimmungen finden sich im Gesetz zur Förderung der Weiterbildung in Mecklenburg-Vorpommern (Weiterbildungsförderungsgesetz – WBFöG M-V) vom 20. Mai 2011 (GVOBl. M-V 2011, 342), im Gesetz zur Einführung der Elternbeitragsfreiheit, zur Stärkung der Elternrechte und zur Novellierung des Kindertagesförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (Kindertagesförderungsgesetz – KiföG M-V) vom 4. September 2019 (GVOBl. M-V 2019, 558) und das Krankenhausgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landes-

23 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 402 f. m. w. N.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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krankenhausgesetz – LKHG M-V) vom 20. Mai 2011 (GVOBl. M-V 2011, 327)24. Mit Rücksicht auf die Organisationsfreiheit der Kirchen kraft ihres Selbstbestimmungsrechts finden die Vorschriften des Vierten Abschnitts über innere Strukturen der Krankenhäuser auf Krankenhäuser, die von Kirchen, Religionsgemeinschaften oder ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf deren Rechtsform betrieben werden, keine Anwendung (§ 3 Abs. 3). 2. Thüringen Art. 18: 1Die Kirchen nehmen an der Erwachsenenbildung mit eigenen Einrichtungen teil. 2 Diese werden im Rahmen der geltenden Bestimmungen in die finanzielle Förderung der Erwachsenenbildung durch den Freistaat Thüringen einbezogen. Art. 19: 1Die Kirchen und ihre diakonischen Werke haben das Recht, im Bildungs- und Sozialbereich sowie im Gesundheitswesen Einrichtungen für die Betreuung und Beratung besonderer Zielgruppen zu unterhalten. 2Die Förderung dieser Einrichtungen erfolgt nach Maßgabe der Gesetze.

Regierungsbegründung Zu Artikel 18 Diese Regelung nennt die kirchliche Erwachsenenbildung. Im Hinblick auf deren finanzielle Förderung wird auf die geltenden Bestimmungen verwiesen, nach denen sie auf der Grundlage des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes vom 23. April 1992 (GVBl. S. 148) durch die Thüringer Verordnung zur Förderung von Einrichtungen der Erwachsenenbildung vom 16. September 1992 (GVBl. S. 496) geleistet wird. Zu Artikel 19 Diese Bestimmung trägt Artikel 41 der Verfassung des Freistaats Thüringen Rechnung.

Kommentierung Art. 19 enthält in komprimierter Form die Garantien, die Art. 18 des Wittenberger Vertrags beinhaltet. Bereits Art. 41 der Verfassung des Freistaats Thüringen erkennt die von den Kirchen unterhaltenen Bildungsstätten und sozialen und karitativen Einrichtungen als gemeinnützig an und sagt ihre Förderung zu, ohne aber bereits der konkretisierenden gesetzlichen Ausgestaltung vorzugreifen.25 Art. 18 greift aus dem Bereich des Bildungswesens den Aspekt der Erwachsenenbildung heraus und billigt auch und gerade insoweit das Recht zu, Einrichtungen zu schaffen und zu betreiben, und sichert ihre Einbeziehung in staatliche Fördermaßnahmen zu. 24

185).

Zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 16. Mai 2018 (GVOBl. M-V S. 183,

25 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 107.

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Einschlägige einfachgesetzliche Bestimmungen enthalten u. a. das Thüringer Erwachsenenbildungsgesetz (ThürEBG) vom 18. November 2010 (GVBl. 2010, 328)26, das Thüringer Gesetz über die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege als Ausführungsgesetz zum Achten Buch Sozialgesetzbuch (Thüringer Kindergartengesetz – ThürKigaG) vom 18. Dezember 2017 (GVBl. 2017, 276)27 sowie das Thüringer Krankenhausgesetz (ThürKHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (GVBl. 2003, 262)28. Einen Überblick über den Beitrag der Evangelischen Kirchen im Freistaat Thüringen für das Bildungswesen und die Wohlfahrtspflege am Beispiel der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) bietet das Landeskirchenamt DER EKM unter: https://www.ekmd.de/asset/RC6p8MwuRKmbGATLjqNtGQ/ubersichtbeitrag-ev-kirchen-thuringen.pdf?ts=1550500830535. 3. Sachsen Art. 7: (1) Die kirchliche Jugendarbeit steht unter staatlichem Schutz; sie wird im Rahmen der allgemeinen staatlichen Förderung und innerhalb der jugendpolitischen Gremien des Freistaates angemessen berücksichtigt. (2) Die Freiheit der Kirche, in der Erwachsenenbildung tätig zu sein, wird durch den Freistaat gewährleistet. Art. 20: (1) 1Die Kirchen und ihre diakonischen Werke haben das Recht, im Sozial- und Gesundheitswesen eigene Einrichtungen für die Betreuung und Beratung besonderer Zielgruppen zu unterhalten. 2Soweit diese Einrichtungen gemeinwohlbezogene Aufgaben erfüllen und unabhängig von der Kirchenzugehörigkeit in Anspruch genommen werden können, haben deren Träger Anspruch auf eine angemessene Förderung. Schlussprotokoll (zu Satz 2): Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass die kirchlichen Träger Fördermittel in derselben Höhe beanspruchen können wie kommunale oder andere freie Träger, die vergleichbare Leistungen erbringen. (2) Für die Aus-, Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in den in Absatz 1 genannten Bereichen können die Kirchen oder ihre diakonischen Werke eigene Bildungsstätten betreiben. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Die Abschlüsse an den kirchlichen Ausbildungseinrichtungen werden staatlich anerkannt, wenn die Gleichwertigkeit mit entsprechenden staatlichen Ausbildungsgängen gewährleistet ist. Die Entscheidung hierüber trifft das zuständige Staatsministerium. Diese Bildungsstätten sind nach allgemeinen Grundsätzen zu fördern.

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Zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Oktober 2021 (GVBl. S. 507). Das ThürEBG wird ergänzt durch die Verordnung zur Durchführung des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes (ThürEbVO) vVom 23. Juli 2018 (GVBl. 2018, 366). 27 Zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 31. Juli 2021 (GVBl. S. 387). 28 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Juli 2019 (GVBl. S. 209).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Zu Artikel 7 Absatz 1 stellt die kirchliche Jugendarbeit unter staatlichen Schutz und trifft eine Bestimmung, die eine Benachteiligung der Träger kirchlicher Jugendarbeit bei der Vergabe von Fördermitteln und bei der Repräsentanz in entsprechenden Gremien verbietet. Die Kirchen betreiben Jugendarbeit auf allen Ebenen ihrer Organisation und durch verselbständigte kirchliche Jugendverbände. Die kirchliche Jugendarbeit dient einmal dem Ziel der Einübung in den christlichen Glauben, aber auch der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, des sozialen Engagements und des gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins. Der Freistaat erkennt die soziale und kulturelle Bedeutung kirchlicher Jugendarbeit an, die während der Zeit der totalitären Systeme des Nationalsozialismus und Kommunismus massiver Behinderung ausgesetzt war. Absatz 2 betrifft den Bereich der Erwachsenenbildung. Die kirchliche Erwachsenenbildung erfasst von ihrem Verständnis und aus ihrer geschichtlichen Entwicklung nicht nur die rein pastorale, seelsorgerliche Wissensvermittlung (Bibelstunden, Glaubensseminare oder Kirchenmusik), sondern gleichzeitig in breitem Umfang auch die nicht religiös geprägte Wissensvermittlung, die seit jeher in kirchlichen Bildungszentren oder Akademien angesiedelt ist. Da sich das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen auf beide Bereiche der Erwachsenenbildung erstreckt, war auch entsprechend umfassend der vertragliche Schutzumfang festzulegen. Als Bereicherung für den Bürger liegt ein vielfältiges Angebot im Rahmen der Erwachsenenbildung zugleich im Interesse des Freistaates, der die Erwachsenenbildung durch freie Träger verfassungsrechtlich geschützt hat (Artikel 108 Abs. 2 SächsVerf). Entsprechend Artikel 108 Abs. 1 SächsVerf werden die kirchlichen Bildungsstätten in eine allgemeine Förderung angemessen einbezogen. Zu Artikel 20 Mit der Regelung des Absatz 1 wird anerkannt, dass Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitsbereich zu den klassischen Betätigungsfeldern kirchlichen Wirkens gehören. Sie sind Ausfluss tätiger Nächstenliebe und stellen nach christlichem Grundverständnis eine wesentliche Aufgabe innerhalb der Gesellschaft dar (vgl. BVerfGE 24, 236, 248 f.). Der Freistaat achtet diesen verfassungsrechtlich geschützten Wirkungskreis der Kirchen. Gleichzeitig würdigt er, dass die Kirchen als Träger dieser Einrichtungen Aufgaben übernommen haben, die in beiden Bereichen ansonsten der Staat im Rahmen seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge erfüllen müsste. In Satz 2 sind die Voraussetzungen festgelegt, unter denen eine staatliche Förderung in Betracht kommt, soweit diese Einrichtungen nicht aufgrund eigener Einnahmen kostendeckend betrieben werden. Nach Artikel 110 Abs. 2 SächsVerf wird – wie im Schlussprotokoll klargestellt – weiterhin zu beachten sein, dass vergleichbare Leistungsträger den gleichen Anspruch haben. Absatz 2 legt fest, dass die Mitarbeiter in diesen Einrichtungen eine berufliche Qualifizierung an kirchlichen Ausbildungsstätten erwerben können. Während Artikel 4 des Vertrages für die kirchliche Hochschulausbildung Anwendung findet, ergänzt diese Bestimmung den durch Artikel 111 Abs. 1 SächsVerf vorgegebenen Schutz für solche Bildungsstätten, die unterhalb der Hochschulebene angesiedelt sind. Bezüglich ihrer staatlichen Anerkennung und Förderung enthält das Schlussprotokoll eine weiterführende Regelung.

Kommentierung Art. 7 setzt mit der Zusage des staatlichen Schutzes und der staatlichen Förderung kirchlicher Jugendarbeit in Anerkennung ihrer kulturellen und sozialen Bedeutung

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

(Abs. 1) und der Garantie freier kirchlicher Erwachsenenbildung (Abs. 2) besondere Akzente. Art. 7 Abs. 2 stellt eine Sonderregelung für einen Teilbereich der Bildungsarbeit der Kirchen dar, den Art. 18 Abs. 1 des Wittenberger Vertrags umfassend garantiert. Art. 7 Abs. 2 verwirklicht und spezifiziert mit seiner vertraglichen Garantie die verfassungsrechtliche Zusage, dass Einrichtungen der Erwachsenenbildung außer durch den Freistaat und die Träger der Selbstverwaltung auch durch freie Träger wie die Kirchen unterhalten werden können und Erwachsenenbildung zu fördern ist (Art. 108 Abs. 2 u. Abs. 1 Verfassung des Freistaates Sachsen). Art. 20 Abs. 1 entspricht hinsichtlich des Engagements der Kirchen im Sozialund Gesundheitsbereich im Regelungsgehalt Art. 18 Abs. 1 u. 3 des Wittenberger Vertrags. Die vertragliche Garantie korrespondiert der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der diakonischen und karitativen Arbeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften nach Art. 109 Abs. 2 Verfassung des Freistaats Sachsen. Den Trägern von auch dem säkularen Gemeinwohl dienlichen und den Staat in seiner sozialstaatlichen Daseinsvorsorge entlastenden (zu diesem Motiv siehe die Regierungsbegründung) kirchlicher Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitsbereich wird – in Übereinstimmung mit Art. 110 Abs. 1 Verfassung des Freistaats Sachsen29 – ein Anspruch auf angemessene Förderung zuerkannt; die Angemessenheit zu konkretisieren, fällt in die Zuständigkeit des staatlichen Gesetzgebers. Dabei ist der besondere Gleichheitssatz des Art. 110 Abs. 2 Verfassung des Freistaats Sachsen zu beachten, dem zufolge freie Träger mit vergleichbarer Tätigkeit und gleichwertigen Leistungen den gleichen Anspruch haben (siehe auch Schlussprotokoll zu Art. 20 Abs. 1 S. 2). Art. 20 Abs. 2 betrifft kirchliche Ausbildungsstätten für die Arbeit in den Wohlfahrtspflegeeinrichtungen ohne Hochschulcharakter und ist – in Verbindung mit dem Schlussprotokoll – gleichbedeutend mit Art. 18 Abs. 2 des Wittenberger Vertrags. Eine entsprechende (Anerkennung-)Verpflichtung des Freistaats ergibt sich aus Art. 111 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Sachsen. Danach sind die Kirchen berechtigt, zur Ausbildung von kirchlichen Mitarbeitern eigene Lehreinrichtungen zu unterhalten. Diese sind staatlichen Lehreinrichtungen gleichgestellt, wenn sie den schul- und hochschulrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Einfachgesetzliche Regelungen enthält u. a. das Gesetz über die Weiterbildung im Freistaat Sachsen (Weiterbildungsgesetz – WBG) vom 29. Juni 1998 (SächsGVBl. S. 270)30. Bildungseinrichtungen in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens sind in der Evangelischen Erwachsenenbildung Sachsen (EEB) als Verbund zusammengeschlossen. 29 (1) Werden durch die Kirchen und Religionsgemeinschaften im öffentlichen Interesse liegende gemeinnützige Einrichtungen oder Anstalten unterhalten, so besteht Anspruch auf angemessene Kostenerstattung durch das Land nach Maßgabe der Gesetze. 30 Zuletzt geändert durch Artikel 33 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Nach dem Sächsischen Gesetz über Kindertageseinrichtungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2009 (SächsGVBl. S. 225)31 können, ja sollen in erster Linie Kindertageseinrichtungen von Trägern der freien Jugendhilfe, unter die die Kirchen fallen, betrieben werden (§ 9 Abs. 1 u. 2). Ist der Träger einer Kindertageseinrichtung ein Träger der freien Jugendhilfe, hat er im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit einen Eigenanteil an den Personal- und Sachkosten der Einrichtung aufzubringen (§ 16). Die Kosten werden im Übrigen durch Landeszuschüsse, einen Gemeindeanteil sowie Elternbeiträge gedeckt (siehe dazu näher Abschnitt 3 des Gesetzes, §§ 13 ff.). Nach dem Sächsischen Krankenhausgesetz vom 19. August 1993 (SächsGVBl. S. 675)32 soll bei der Durchführung des Gesetzes zwecks Sicherstellung einer bedarfsgerechten und humanen Versorgung der Bevölkerung in leistungsfähigen sowie sparsam und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern (§ 1 Abs. 1) die Vielfalt der Krankenhausträger gefördert und freigemeinnützigen und privaten Trägern, zu den die insbesondere die kirchlichen gehören, ausreichend Raum zur Mitwirkung an der Krankenhausversorgung gegeben werden. Das Gesetz regelt in seinem dritten Abschnitt die öffentliche Förderung. 4. Brandenburg Art. 4: (1) Die Kirchen, ihre Einrichtungen und diakonischen Werke haben das Recht, a) Hochschulen, b) Schulen sowie c) Einrichtungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung zu errichten und zu betreiben. (2) Nähere Regelungen über die Genehmigung und Anerkennung solcher Einrichtungen sowie über die Förderung aus öffentlichen Mitteln trifft das Landesrecht. (3) Sofern Bildungsgänge, für die Abschlüsse vergeben oder staatliche Anerkennungen ausgesprochen werden, solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, wird die Gleichstellung im Rahmen des Landesrechts sichergestellt. Art. 8: Die Kirchen und ihre diakonischen Werke und Einrichtungen haben das Recht, im Jugend- und Sozialbereich sowie im Gesundheitswesen für die Betreuung und Beratung besonderer Zielgruppen eigene Einrichtungen zu unterhalten. Die Träger der Einrichtungen, die dem Gemeinwohl dienende Aufgaben erfüllen, werden in gleicher Weise bei der Vergabe von Fördermitteln berücksichtigt wie andere Träger, die vergleichbare Leistungen erbringen.

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Zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 21. Mai 2021 (SächsGVBl. S. 578). Zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 26. April 2018 (SächsGVBl. S. 198). 32

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Regierungsbegründung Zu Artikel 4 Die Errichtung und das Betreiben von Bildungseinrichtungen gehören nach christlichem Selbstverständnis zu den zentralen Aufgabenfeldern der Kirche in der Gesellschaft. Hiervon werden alle Bereiche des Bildungswesens erfasst. Durch Absatz 1 wird daher das Recht der Kirchen zur Unterhaltung von Bildungseinrichtungen verschiedener Art festgeschrieben. Dieses Recht ist auch in verschiedenen Landesgesetzen enthalten (vgl. § 97 BbgHSG; § 118 Brandenburgisches Schulgesetz [BbgSchulG]; § 3 Abs.1 Brandenburgisches Weiterbildungsgesetz [BbgWBG]). Nach Absatz 1 wird kein Anspruch auf bedingungslose Anerkennung solcher Einrichtungen eingeräumt. Durch Absatz 2 wird klargestellt, dass die landesrechtlich normierten Anerkennungsvoraussetzungen (z. B. § 7 BbgWBG; §§ 97,98 BbgHSG) ihre Geltung behalten. Das Land ist allerdings gehindert, das Recht der Kirchen zur Errichtung und Unterhaltung solcher Einrichtungen unmittelbar oder mittelbar durch überspannte Anforderungen an die Genehmigungs- und Anerkennungsfähigkeit zu beseitigen. Regelungen über die Förderung solcher Einrichtungen werden nach Absatz 2 Satz 2 durch Landesrecht getroffen (derzeit beispielsweise § 27 BbgWBG). Die Bestimmung des Absatzes 3 stellt in Übereinstimmung mit dem Landesrecht (vgl. z. B. § 99 BbgHSG) die Gleichstellung gleichwertiger Bildungsabschlüsse mit den Rechtswirkungen staatlicher Abschlüsse sicher. Zu Artikel 8 Die Unterhaltung von Einrichtungen der Sozialarbeit und des Gesundheitswesens gehört nach christlichem Selbstverständnis zu den klassischen Betätigungsfeldern kirchlicher Arbeit in der Gesellschaft. Durch Satz 1 wird die Würdigung des kirchlichen Wirkens in diesem Bereich durch das Land zum Ausdruck gebracht. Zugleich wird hierdurch anerkannt, dass die Kirche sich in einem Bereich engagiert, in dem ohne das kirchliche Tätigwerden der Staat aktiv werden müsste. Durch Satz 2 wird die Benachteiligung kirchlicher Träger gegenüber öffentlichen oder privaten Trägern untersagt. Zudem ist der Bestimmung entsprechend Art. 45 Abs. 3 Satz 1 LV ein Auftrag zur Förderung solcher Einrichtungen zu entnehmen.

Kommentierung Art. 4 Abs. 1 erkennt u. a. das Recht der Kirchen, ihrer Untergliederungen und diakonischen Werke an, Einrichtungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung zu errichten und zu betreiben, gleich ob sich diese auf die eigenen Mitarbeiter beschränkt oder die Angebote sich an die Allgemeinheit richten. Diese verfassungsrechtlich aus der Religionsfreiheit (siehe Art. 13 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg) und dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht (Art. 36 Abs. 2 Verfassung des Landes Brandenburg) folgende Berechtigung, die auch einen Aspekt des (in Art. 36 Abs. 3 S. 1 Verfassung des Landes Brandenburg anerkannten Öffentlichkeitsauftrags der Kirchen) ist einfachgesetzlich in § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung und Förderung der Weiterbildung im Land Brandenburg (Brandenburgisches Weiterbil-

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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dungsgesetz – BbgWBG) vom 15. Dezember 1993 (GVBl. I/93, S. 498) anerkannt. Die Voraussetzungen staatlicher Anerkennung Förderung solcher Einrichtungen regelt das Landesrecht. Verwiesen sei hier auf die §§ 7 ff., 27 BbgWBG. Die Anerkennungsvoraussetzungen dürfen, wie die Regierungsbegründung hervorhebt, nicht die Errichtung und den Betrieb solcher Einrichtungen unzumutbar erschweren. Bei Gleichwertigkeit der Bildungsgänge an den kirchlichen Einrichtungen mit vergleichbaren staatlichen besteht ein Anspruch auf staatliche Anerkennung von Abschlüssen (Art. 4 Abs. 3). Als Beispiel einer solchen Bildungseinrichtung sei hier nur auf die Evangelische Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung (EAE) als eine anerkannte Landesorganisation im Sinne des Brandenburgischen Weiterbildungsgesetzes und Werk der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) verwiesen. Art. 8 bestätigt das selbstverständliche Recht der Kirchen, diakonische Einrichtungen zu unterhalten, die, wenn, sie gemeinwohldienlich Aufgaben erfüllen, unter den gleichen Bedingungen gefördert werden wie entsprechende Einrichtungen anderer Träger. Die Voraussetzungen für eine staatliche Förderung ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen. Verwiesen sei hier nur auf die §§ 14 ff. des Zweiten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches – Kinder- und Jugendhilfe – (Kindertagesstättengesetz – KitaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 2004 (GVBl. I/04, [Nr. 16], S. 384)33 und das Gesetz zur Entwicklung der Krankenhäuser im Land Brandenburg (Brandenburgisches Krankenhausentwicklungsgesetz – BbgKHEG) vom 8. Juli 2009 (GVBl. I/09, [Nr. 13], S. 310)34.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 7: (1) Die kirchliche Jugendarbeit wird im Rahmen der allgemeinen staatlichen Förderung und innerhalb der jugendpolitischen Gremien des Freistaates angemessen berücksichtigt. (2) Die Freiheit der Kirche, in der Erwachsenenbildung tätig zu sein, wird durch den Freistaat gewährleistet. Art. 9: (1) Die Bistümer, kirchlichen Verbände und karitativen Organisationen haben das Recht, im Pastoralbereich sowie im Sozial- und Gesundheitswesen eigene Einrichtungen für die Betreuung und Beratung besonderer Zielgruppen zu unterhalten. Soweit diese Einrichtungen gemeinwohlbezogene Aufgaben erfüllen und unabhängig von der Kirchenzugehörigkeit in Anspruch genommen werden können, haben deren Träger Anspruch auf eine angemessene Förderung. 33

Zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2021 (GVBl. I/21, [Nr. 42]). 34 Zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. April 2019 (GVBl. I/19, [Nr. 13]).

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Schlussprotokoll (zu Satz 1): Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass die kirchlichen Träger Fördermittel in derselben Höhe beanspruchen können wie kommunale oder andere freie Träger, die vergleichbare Leistungen erbringen. (2) Für die Aus-, Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in den in Absatz 1 genannten Bereichen kann die katholische Kirche eigene Bildungsstätten betreiben.

Regierungsbegründung Zu Artikel 7 Absatz 1 trifft eine Bestimmung, die eine Benachteiligung der Träger kirchlicher Jugendarbeit bei der Vergabe von Fördermitteln und bei der Repräsentanz in entsprechenden Gremien verbietet. Der Freistaat erkennt damit die soziale und kulturelle Bedeutung katholischer Jugendarbeit an. Die Regelung erstreckt sich auf alle Ebenen der Organisation der katholischen Kirche und gleichzeitig auf verselbständigte katholische Jugendverbände. Die Förderungswürdigkeit katholischer Jugendarbeit rechtfertigt sich, weil diese neben dem Ziel der Vermittlung des christlichen Glaubens auch der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, des sozialen Engagements und des gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins dient. Absatz 2 betrifft den Bereich der Erwachsenenbildung. Die katholische Erwachsenenbildung erfasst von ihrem Verständnis und aus ihrer geschichtlichen Entwicklung nicht nur die rein pastoralen Bereiche (Bibelstunden, Glaubensseminare oder Kirchenmusik), sondern gleichzeitig in breitem Umfang auch die nicht religiös geprägte Wissensvermittlung, die seit jeher in kirchlichen Bildungszentren oder Akademien angesiedelt ist. Da sich das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen auf beide Ebenen der Erwachsenenbildung erstreckt, war auch entsprechend umfassend der vertragliche Schutzumfang festzulegen. Als Bereicherung für den Bürger liegt ein vielfältiges Angebot im Rahmen der Erwachsenenbildung zugleich im Interesse des Freistaates, der die Erwachsenenbildung durch freie Träger verfassungsrechtlich geschützt hat (Artikel 108 Abs. 2 SächsVerf). Entsprechend Artikel 108 Abs. 1 SächsVerf werden die katholischen Bildungsstätten in eine allgemeine Förderung angemessen einbezogen. Zu Artikel 9 Absatz 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass kirchliche Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens sowie des Pastoralbereichs seit jeher den klassischen Betätigungsfeldern kirchlichen Wirkens zuzurechnen sind. Sie sind Ausfluss tätiger Nächstenliebe und stellen nach christlichem Grundverständnis eine wesentliche kirchliche Aufgabe innerhalb der Gesellschaft dar (vgl. BVerfGE 24, 236, 248 ff.). Der Freistaat achtet diesen verfassungsrechtlich geschützten Wirkungskreis der Kirchen. Die Regelung verdeutlicht die Anerkennung und Würdigung der Leistungen der Kirche auf diesen Feldern durch den Freistaat, handelt es sich doch hierbei überwiegend um Aufgaben, die der Staat ansonsten im Rahmen seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge erfüllen müsste. Können solche Einrichtungen von der Kirche aufgrund eigener Einnahmen nicht kostendeckend betrieben werden, so sieht Satz 2 vor, dass eine finanzielle Unterstützung der Einrichtungen durch den Freistaat möglich ist. Nach Artikel 110 Abs. 2 SächsVerf wird – wie im Schlussprotokoll klargestellt – weiterhin zu beachten sein, dass vergleichbare Leistungsträger den gleichen Anspruch haben. Absatz 2 räumt der Kirche bzw. ihren karitativen Verbänden die Möglichkeit ein, die Aus-, Fortund Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in eigenen Bildungsstätten zu organisieren. Während Artikel 6 des Vertrages für die kirchliche Hochschulausbildung Anwendung findet, ergänzt diese

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Bestimmung den durch Artikel 111 Abs. 1 SächsVerf vorgegebenen Schutz für solche Bildungsstätten, die unterhalb der Hochschulebene angesiedelt sind. Bezüglich ihrer staatlichen Anerkennung und Förderung enthält das Schlussprotokoll eine weiterführende Regelung.

Kommentierung Die Garantien der Art. 7 und 9 entsprechen vollständig denen der Art. 7 und 20 des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen; auf dessen Kommentierung wird verwiesen. 2. Thüringen Art. 9: Die Katholische Kirche nimmt an der Erwachsenenbildung mit eigenen Einrichtungen teil. Diese werden im Rahmen der geltenden Bestimmungen in die finanzielle Förderung der Erwachsenenbildung durch den Freistaat Thüringen einbezogen. Art. 15: Das Recht der Kirche und ihrer karitativen Einrichtungen, im Sozialbereich zu wirken, wird vom Freistaat Thüringen anerkannt. Die Förderung dieser Einrichtungen erfolgt nach Maßgabe der Gesetze.

Regierungsbegründung Zu Artikel 9 Diese Regelung nennt die kirchliche Erwachsenenbildung. Für die finanzielle Förderung der kirchlichen Erwachsenenbildung wird auf die geltenden Bestimmungen verwiesen, vor allem auf das Thüringer Erwachsenenbildungsgesetz vom 23. April 1992 (GVBl. S. 148) und die Thüringer Verordnung zur Förderung von Einrichtungen der Erwachsenenbildung vom 16. September 1992 (GVBl. S. 496) in der jeweils geltenden Fassung. Zu Artikel 15 Diese Bestimmung trägt Artikel 41 der Verfassung des Freistaats Thüringen Rechnung.

Kommentierung Es kann auf die Kommentierung der Art. 18 f. des Evangelischen Kirchenvertrags Thüringen verwiesen werden. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 5: (1) Die Kirche kann Ersatzschulen im Rahmen der Bestimmungen in Artikel 7 des Grundgesetzes, Ergänzungsschulen sowie Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen betreiben. (2) Staatliche Genehmigung, Anerkennung und Förderung dieser Einrichtungen regelt das Gesetz. (3) Das Land fördert diese Einrichtungen in gleichem Umfang wie Einrichtungen anderer Träger

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Art. 10: (1) Die Kirche und ihre Einrichtungen nehmen in Erfüllung ihres Auftrages Aufgaben als anerkannte Träger der freien Jugendhilfe wahr. (2) Die Kirche und ihre karitativen Einrichtungen nehmen in Erfüllung ihres Auftrages Aufgaben der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege wahr. Dafür unterhalten sie Heime und sonstige Einrichtungen. (3) Die kirchlichen Einrichtungen haben Anspruch auf gleiche Förderung wie andere freie Träger. (4) Ein nach Verfassung oder Gesetz bestehender Vorrang in der Aufgabenerfüllung für die freien Träger ist von allen öffentlichen Stellen zu beachten.

Regierungsbegründung Zu Artikel 5 Absatz 1 wiederholt das im Grundgesetz und in der Landesverfassung anerkannte Recht, Ersatz- und Ergänzungsschulen, aber auch Hochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen zu betreiben. Absatz 2 bindet diese kirchlichen Einrichtungen durch ihre Förderung an die staatlichen Gesetze. Absatz 3 sichert, dass die kirchlichen Bildungseinrichtungen in gleichem Umfang wie andere gefördert werden. Er sieht also keine Privilegierung vor, verbietet aber Diskriminierungen. Zu Artikel 10 Absatz 1 stellt klar, dass die Kirche und ihre Einrichtungen anerkannte Träger der freien Jugendhilfe sind und an der öffentlichen Erziehungs- und Sozialarbeit mitwirken. Absatz 2 bestimmt die Mitwirkung der Kirche und ihrer Einrichtungen bei der Gesundheit- und Wohlfahrtspflege. Absatz 3 sichert den kirchlichen Einrichtungen den Anspruch auf gleiche Förderung wie anderen Trägern. Absatz 4 wiederholt und bestätigt den Grundsatz der Subsidiarität, der ohnehin in vielen Bereichen des Sozial- und Jugendrechtes gilt, nochmals zugunsten der Kirchen und ihrer Einrichtungen.

Kommentierung Art. 5 und 10 entsprechen inhaltlich Art. 5 und Art. 21 f. des Evangelischen Kirchenvertrags (Güstrower Vertrag), auf deren Kommentierung verwiesen wird. 4. Sachsen-Anhalt Art. 8: (1) Die Katholische Kirche, einschließlich der zu ihr gehörenden Orden und religiösen Genossenschaften sowie anderer kirchlicher und karitativer Einrichtungen, hat das Recht, im Bildungs- und Sozialbereich sowie im Gesundheitswesen eigene Einrichtungen für die Betreuung und Beratung besonderer Zielgruppen zu unterhalten.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Die Katholische Kirche hat das Recht, im Bildungs- und Sozialbereich sowie im Gesundheitswesen eigene Einrichtungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu unterhalten. Sofern Bildungsgänge solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, ist eine staatliche Anerkennung der Abschlüsse zuzusprechen. (3) Soweit Einrichtungen nach den Absätzen 1 und 2 allgemeine Aufgaben erfüllen und ohne Rücksicht auf Kirchenzugehörigkeit in Anspruch genommen werden können, haben sie Anspruch auf Förderung im Rahmen der Gesetze. Schlussprotokoll (zu Abs. 3): Unter „allgemeinen Aufgaben“ sind solche zu verstehen, die die Katholische Kirche anstelle eines Tätigwerdens des Staates wahrnimmt. Im Übrigen besteht Einvernehmen darüber, dass eine Förderung in anderen Fällen unberührt bleibt. Art. 9: (1) Die kirchliche Jugendarbeit wird gewährleistet und im Rahmen der allgemeinen staatlichen Förderung und innerhalb der jugendpolitischen Gremien des Landes angemessen berücksichtigt. (2) Die Freiheit der Katholischen Kirche, in der Erwachsenenbildung tätig zu sein, wird durch das Land gewährleistet. Nähere Regelungen des Verfahrens zur Anerkennung von kirchlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ihrer Mitfinanzierung aus öffentlichen Mitteln bleiben dem Landesrecht vorbehalten.

Regierungsbegründung Zu Artikel 8 Abs. 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass kirchliche Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens sowie im Bildungsbereich seit jeher den klassischen Betätigungsfeldern kirchlichen Wirkens zuzurechnen sind. Sie sind Ausdruck tätiger Nächstenliebe und stellen nach christlichem Grundverständnis eine wesentliche kirchliche Aufgabe innerhalb der Gesellschaft dar (vgl. BVerfGE 24, 236, 248 ff.). Das Land Sachsen-Anhalt achtet diesen verfassungsrechtlich geschützten Wirkungskreis der Kirchen. Die Angebote richten sich grundsätzlich an alle Bürger. Abs. 2 räumt der Kirche bzw. ihren karitativen Verbänden die Möglichkeit ein, die Aus-, Fortund Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in eigenen Bildungsstätten zu organisieren. Diese Bestimmung ergänzt den vorgegebenen Schutz für solche Bildungsstätten, die unterhalb der Hochschulebene angesiedelt sind. Sofern die Bildungsgänge solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, ist eine staatliche Anerkennung der Abschlüsse im Rahmen der Gesetze zuzusprechen. Diese Regelung ist für die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von besonderer Wichtigkeit. Die Regelung in Abs. 3 verdeutlicht die Anerkennung und Würdigung der Leistungen der Kirche auf diesen Feldern durch das Land Sachsen-Anhalt, handelt es sich doch hierbei überwiegend um Aufgaben, die der Staat ansonsten im Rahmen seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge erfüllen müsste (vgl. Schlussprotokoll zu Abs. 3). Können solche Einrichtungen von der Kirche aufgrund eigener Einnahmen nicht kostendeckend betrieben werden, so ist eine finanzielle Unterstützung der Einrichtungen durch das Land Sachsen-Anhalt möglich. Zu Artikel 9 Abs. 1 betrifft eine Bestimmung, die eine Benachteiligung der Träger kirchlicher Jugendarbeit bei der Vergabe von Fördermitteln und bei der Repräsentanz in entsprechenden Gremien verbietet. Das Land Sachsen-Anhalt erkennt damit die soziale und kulturelle Bedeutung katholi-

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

scher Jugendarbeit an. Die Regelung erstreckt sich auf alle Ebenen der Organisation der Katholischen Kirche und gleichzeitig auf verselbständigte katholische Jugendverbände. Die Förderungswürdigkeit katholischer Jugendarbeit rechtfertigt sich, weil diese neben dem Ziel der Vermittlung des christlichen Glaubens auch der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, des sozialen Engagements und des gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins dient. Abs. 2 betrifft den Bereich der Erwachsenenbildung. Die katholische Erwachsenenbildung erfasst von ihrem Verständnis und aus ihrer geschäftlichen Entwicklung nicht nur die rein pastoralen Bereiche (Bibelstunden, Glaubensseminare oder Kirchenmusik), sondern gleichzeitig im breiten Umfang auch die nicht religiös geprägte Wissensvermittlung, die seit jeher in kirchlichen Bildungszentren und Akademien angesiedelt ist. Da sich das Selbstbestimmungsrecht der Kirche auf beide Ebenen der Erwachsenenbildung erstreckt, war auch entsprechend umfassend der vertragliche Schutzumfang festzulegen. Als Bereicherung für die Bürger liegt ein vielfältiges Angebot im Rahmen der Erwachsenenbildung zugleich im Interesse des Landes SachsenAnhalt, das die Erwachsenenbildung durch freie Träger unterstützt. Nähere Regelungen des Verfahrens zur Anerkennung von kirchlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ihrer Mitfinanzierung aus öffentlichen Mitteln bleiben dem Landesrecht vorbehalten.

Kommentierung Art. 8 deckt sich inhaltlich vollständig mit Art. 18 des Wittenberger Vertrages, auf dessen Kommentierung verwiesen werden kann. Art. 9 gewährleistet die an sich schon von der Garantie des Art. 7 mit umfasste kirchliche Jugendarbeit und Tätigkeit in der Erwachsenenbildung noch einmal explizit und bezieht sie – in gleicher Weise wie andere Träger der freien Jugendhilfe und Erwachsenenbildung in die Praxis staatlicher Anerkennung und Förderung ein, die sich aber im Einzelnen nach den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen richtet. Die 1990 gegründete Katholische Erwachsenenbildung im Land Sachsen-Anhalt e.V. ist ein vom Bischof anerkannter Träger der Erwachsenenbildung im Bistum Magdeburg und eine nach dem Erwachsenenbildungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (EBG LSA) anerkannte Einrichtung der Erwachsenenbildung.35 Die karitativen Einrichtungen der Katholischen Kirche weisen eine Vielfalt an Trägerschaftsformen auf. Die meisten karitativen Verbände, Einrichtungen und Dienste sind im Deutschen Caritasverband zusammengeschlossen. Dessen Mitglieder üben ihre eigenen, satzungsmäßig festgelegten Tätigkeiten aber selbständig aus.36 Karitativ tätig sind auch viele Ordensgemeinschaften. Karitative Einrichtungen können in der Trägerschaft von Pfarreien sein, von zumeist als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten Ordengemeinschaften, kirchlichen Vereinen – zumeist eingetragene Vereine bürgerlichen Rechts –, rechts35

Weitere katholische Einrichtungen der Erwachsenenbildung sind der Übersicht „Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt Alle Einrichtungen im Überblick“ zu entnehmen, die unter: https://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MK/MK/ Textdokumente/Publikationen/Bildung/erwachsenenbildung.pdf abrufbar ist. 36 G. Sydow, Karitative Einrichtungen und Verbände in der Katholischen Kirche, in: KSKR, 32020, Bd. 2, § 50 Rn. 12.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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fähigen privatrechtlichen Stiftungen und gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung.37 5. Brandenburg Art. 5: (1) Die Katholische Kirche, ihre Ordensgemeinschaften und Einrichtungen haben das Recht, Hochschulen, Schulen in eigener Trägerschaft auf konfessioneller Grundlage sowie andere Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten zu errichten und zu betreiben. (2) Das Land betrachtet diese Bildungseinrichtungen als Bestandteil des pluralistischen Bildungssystems. (3) Die Genehmigung und Anerkennung solcher Bildungseinrichtungen sowie die Förderung aus öffentlichen Mitteln bestimmen sich nach Landesrecht. (4) Sofern Bildungsgänge, für die Abschlüsse vergeben oder staatliche Anerkennungen ausgesprochen werden, solchen im staatlichen Bereich gleichwertig sind, wird die Gleichstellung im Rahmen des Landesrechts sichergestellt. Art. 7: Die Katholische Kirche und ihre karitativen Einrichtungen haben das Recht, im Sozialbereich zu wirken und eigene Einrichtungen zu unterhalten. Die Träger der Einrichtungen, die dem Gemeinwohl dienende Aufgaben erfüllen, werden im Rahmen rechtlicher Regelungen bei der Vergabe von Fördermitteln in gleicher Weise berücksichtigt wie andere Träger, die vergleichbare Leistungen erbringen.

Regierungsbegründung Zu Artikel 5 Die Bestimmung sichert in Absatz 1 das landesrechtlich bereits gewährleistete Recht der Katholischen Kirche auf Errichtung und Betrieb von Hochschulen, Schulen in eigener Trägerschaft sowie anderen Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten (vgl. Art. 30 Abs. 6, 32 Abs. 2, 33 Abs. 1 Satz 2 LV; §§ 78 BbgHG; 117,118 BbgSchulG; 3 BbgWBG). Schulen in freier Trägerschaft gewährleisten neben den Schulen in öffentlicher Trägerschaft die Vielfalt der Bildungsgänge (vgl. § 117 Abs. 1 BbgSchulG). Durch Absatz 2 wird zum Ausdruck gebracht, dass die von der Katholischen Kirche getragenen Bildungseinrichtungen elementarer Bestandteil dieses pluralistischen Bildungssystems sind. Das grundsätzliche Recht auf Einrichtung und Unterhaltung der genannten Bildungseinrichtungen wird nicht schrankenlos gewährleistet, sondern nach Maßgabe der zur Sicherung der erforderlichen Qualitätsstandards erlassenen landesrechtlichen Genehmigungs- und Anerkennungsvorschriften. Gleichermaßen wird durch den Vertrag kein Anspruch auf öffentliche Förderung solcher Vorhaben begründet, sondern landesrechtlichem Regelungsvorbehalt unterstellt. Dies wird in Absatz 3 klargestellt. Absatz 4 gewährleistet die Gleichstellung kirchlicher Ausbildungsabschlüsse im Rahmen des Landesrechts. Der Gleichwertigkeitsvorbehalt sichert die Vergleichbarkeit der Ausbildungsqualität.

37

A. a. O., § 50 Rn. 36 – 54.

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Artikel 18 – Diakonie und Bildungseinrichtungen

Zu Artikel 7 Die Schaffung karitativer Einrichtungen gehört nach kirchlichem Selbstverständnis zum kirchlichen Auftrag. Die Regelung gewährleistet das Recht der Kirchen zur Schaffung und Unterhaltung solcher Einrichtungen. Durch Satz 2 wird eine Benachteiligung kirchlich getragener Sozialeinrichtungen gegenüber Einrichtungen anderer Träger bei der Fördermittelvergabe ausgeschlossen. Weiterhin folgt hieraus entsprechend Art. 45 Abs. 3 Satz 1 LV ein Auftrag des Landes zur Förderung solcher Einrichtungen.

Kommentierung Art. 5 und 7 entsprechen inhaltlich Art. 4 und 8 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg, auf deren Kommentierung verwiesen wird.

Artikel 19 – Feiertagsschutz A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 19: Der Schutz der Sonntage und der kirchlichen Feiertage wird gewährleistet.

Regierungsbegründung Der Artikel sichert – übereinstimmend mit Artikel 139 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 in Verbindung mit Artikel 140 des Grundgesetzes – den Schutz kirchlicher Feiertage. Der gesetzliche Schutz im Land Sachsen-Anhalt ist im Einzelnen in den §§ 3 ff des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage vom 22. Mai 1992 (GVBI. LSA S. 356) geregelt. Artikel 19 hat nicht die Funktion, die anerkannten kirchlichen Feiertage festzulegen oder aufrechtzuerhalten, statuiert also keinen Bestandsschutz, sondern nur den sog. Durchführungsschutz. Nach § 2 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage bestehen zur Zeit in Sachsen-Anhalt, und zwar ganz überwiegend bundeseinheitlich, insgesamt folgende anerkannte Feiertage: der Neujahrstag, der Tag Heilige Drei Könige (6. Januar), der Karfreitag, der Ostermontag, der 1. Mai, der Tag Christi Himmelfahrt, der Pfingstmontag, der Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober), der Reformationstag (31. Oktober), der Buß- und Bettag, der I. Weihnachtsfeiertag und der 2. Weihnachtsfeiertag.

Literatur P. Unruh, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2018, Art. 139 WRV; G. Dirksen, Das Feiertagsrecht, 1961; P. Häberle, Feiertagsgarantien als kulturelle Identitätsmerkmale des Verfassungsstaates, 1987; ders., Der Sonntag als Verfassungsprinzip, 1988; A. Hollerbach, Freiheit kirchlichen Wirkens, HStR Bd. VI, § 140 Rn. 60 ff.; ders., in: P. Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Erl. zu Art. 3; K.-H. Kästner, Der Sonntag und die kirchlichen Feiertage, HStKiR 2. Aufl. 1995, Bd. 2, S. 337 ff.; A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, 2. Aufl. 1991; A. Pahlke, Ess. Gespräche Bd. 24, 1990, S. 53 ff.; D. Pirson, EvStL 3. Aufl., Stichwort Sonn- und Feiertage II, Sp. 3149 ff.; R. Richardi, Sonn- und Feiertagsschutz im Arbeitsleben, Ess. Gespräche Bd. 24, 1990, S. 117 ff.; W. Rüfner, Die institutionelle Garantie der Sonn- und Feiertage, Festschrift Heckel, 1999, S. 447 ff.; P. Tettinger, Der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe, KuR 1999, S. 91 ff.; H. de Wall, Zum subjektiven Recht der Kirchen auf den Sonntagsschutz, NVwZ 2000, S. 857 ff.

Bedeutung und Hintergrund Der Sonn- und Feiertagsschutz blickt auf eine mindestens 2000-jährige Geschichte zurück, ist vor allem jüdischen und christlichen Ursprungs (5. Buch Moses 5,14)

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Artikel 19 – Feiertagsschutz

und hat seine erste staatliche Bestätigung durch Kaiser Konstantin im Jahre 321 in Gestalt einer gesetzlichen Arbeitsfreistellung erhalten. Den religiösen Motiven folgten vor allem im 19. Jahrhundert soziale, gesundheitliche und sozialpsychologische Motive; Einigkeit besteht heute darüber, dass auch der herkömmliche Wochenrhythmus, der Familienleben und Kommunikation fördern soll, Gegenstand des Sonntagsschutzes ist. Vielseitige Freizeitwünsche, Aufrechterhaltung von Kunstdarbietungen, Bedarf an Dienstleistungen, bestimmte industrielle Erfordernisse und ausländische Konkurrenz haben in den letzten Jahrzehnten den Sonn- und Feiertagsschutz zur Diskussion gestellt; wer am Sonntag Reiseproviant kaufen oder ein Fitness-Center aufsuchen will, sieht sich durch Arbeitsverbote behindert, worauf der Staat mit zahlreichen Ausnahmeregelungen reagiert hat. Die Kirchen haben durch wiederholte Erklärungen und „Gemeinsame Worte“ zur Aufrechterhaltung des Sonn- und Feiertagsschutzes aufgerufen, und zwar nicht nur mit religiösen, sondern auch mit kulturellen und sozialpsychologischen Argumenten.1 Entstehungsgeschichte Während im Vorentwurf der Kirchen für den Staatskirchenvertrag eine Zusicherung des staatlichen Schutzes nur für die kirchlichen Feiertage enthalten war, einigten sich die Vertragspartner in der 7. Sitzung auf Vorschlag des Landes, die Sonntage einzubeziehen, zusätzlich zu „sonstigen kirchlichen Feiertagen“. Eine Diskussion über Artikel 139 WRV zeigte gleichzeitig, dass die Kirchen die nach dem Feiertagsgesetz anerkannten kirchlichen Feiertage gern im Schlussprotokoll festgeschrieben sehen wollten. In der 13. Sitzung äußerten die staatlichen Vertreter Bedenken gegen eine solche Festschreibung, was zu Übereinstimmung darüber führte, dass im Vertrag nicht der Bestandsschutz, sondern nur der „Durchführungsschutz“ angesprochen werden sollte; wohl aber könnten im Schlussprotokoll die bestehenden staatlichen anerkannten kirchlichen Feiertage nachrichtlich aufgeführt werden. Einem kirchlichen Vorschlag in der 15. Sitzung, in Artikel 19 doch nur „kirchliche Feiertage“ aufzuführen, wurde im Hinblick auf die „unterschiedliche Funktion“ einiger Feiertage einvernehmlich nicht entsprochen. In der 20. Sitzung wurde einvernehmlich das „sonstige“ vor „kirchliche Feiertage“ gestrichen, weil Sonntage nicht nur als kirchliche Feiertage anzusehen seien. Die staatlichen Vertreter unterbreiteten sodann den Wunsch des Innenministeriums, im Schlussprotokoll auch auf inhaltliche Bestimmungen des Feiertagsgesetzes hinzuweisen, worauf jedoch mit Blick auf weitere Regelungen des Feiertagsschutzes in anderen Gesetzen verzichtet wurde. Wegen der Gefahr von Missverständnissen einigten sich die Vertragsparteien in der 21., 22. 1 Vgl. Gemeinsame Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofkonferenz v. 17. 07. 1979, Gemeinsames Wort der Deutschen Bischofkonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland v. 25. 01. 1988 (beide Texte, z. T. auszugsw., abgedr. in Ess. Gespräche Bd. 24 (1990) S. 181 ff.) sowie Gemeinsame Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofkonferenz v. 16. 09. 1999 (alle Texte gesondert beim Kirchenamt der EKD erhältlich).

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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und 25. Sitzung darauf, auf ein Schlussprotokoll ganz zu verzichten und die bestehenden Feiertage in die Amtliche Begründung aufzunehmen. Kommentierung a) Artikel 19 hatte zur Zeit des Vertragsschlusses in den westdeutschen evangelischen Staatskirchenverträgen kein Vorbild; sein Wortlaut entspricht aber nahezu ganz Artikel 1 Abs. 2 des Niedersächsischen Konkordats von 1965.2 Nach Absicht der Vertragsparteien sollte Artikel 19 im Wesentlichen mit den Artikeln 140 GG/ 139 WRV3 übereinstimmen,4 die von Artikel 32 Abs. 5 der Landesverfassung übernommen worden sind, was aber nur für Schutzumfang und Schutzzweck, nicht für den Schutzgegenstand zutrifft. Letzterer wurde vielmehr abweichend von Artikel 139 WRV – dem Charakter eines Staatskirchenvertrages entsprechend – auf die „kirchlichen Feiertage“ beschränkt, d. h. unter Aussparung der „politischen“ Feiertage (1. Mai; 3. Oktober); andererseits wurde er auf die von Artikel 139 nicht umfassten, staatlich nicht anerkannten religionsbezogenen Feiertage ausgeweitet. Insofern handelt es sich nicht um eine bloße Wiederholung der Verfassungsgarantie. Der Begriff „kirchlicher Feiertag“ wird im Feiertagsrecht unterschiedlich verwendet; in den westdeutschen Feiertagsgesetzen ist er in der Regel gleichbedeutend mit den „religiösen Feiertagen“ in den Gesetzen der neuen Länder,5 ebenso in Teilen der Literatur.6 Im allgemeinen Sprachgebrauch umfasst er aber sämtliche religionsbezogenen Feiertage der Kirchen, seien sie staatlich anerkannt oder nicht.7 In letzterem Sinne ist Artikel 19 zu verstehen. Das zeigen z. B. in übereinstimmender Terminologie auch die Schlussprotokolle zu Artikel 21 Ev. Kirchenvertrag Sachsen und zu Artikel 20 Ev. Kirchenvertrag Thüringen.8 Artikel 19 zielt auf eine Gewährleis2

Art. 1 Abs. 2 lautet: Der Schutz der Sonntage und der kirchlichen Feiertage bleibt gewährleistet (Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Lande Niedersachsen v. 26. 02. 1965 – GVBl. S. 1922, abgedr. bei J. Listl, Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1987, S. 56 ff.; vgl. dazu die Erläuterungen bei E. G. Mahrenholz, Das Niedersächsische Konkordat und der Ergänzungsvertrag zum Loccumer Vertrag, ZevKR 12 (1966/67), S. 217 (256); Art. 31 des Reichskonkordats v. 20. 07. 1933 regelt nur eine Sonn- und Feiertags-Freistellung für „sportliche und andere Jugendorganisationen“. 3 Art. 139 lautet: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. 4 Vgl. Amtl. Begr., Lt-Ds 1/3087, Begr. S. 16. 5 Vgl. dazu § 6 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage (FeiertG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2004 (GVBl. LSA 2004, 538), zuletzt geändert durch § 13 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. November 2006 (GVBl. LSA S. 528). 6 Vgl. z. B. G. Dirksen, Feiertagsrecht, S. 134; A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, S. 80 f. 7 So auch A. v. Campenhausen, GG, Rn. 16; A. Hollerbach, Freiheit, Rn. 63; K.-H. Kästner, Sonn-und Feiertage zwischen Kultus, Kultur und Kommerz, DÖV 1994, S. 464 (472) sowie die Rechtsprechung, vgl. BVerfG NJW 1995 S. 3378 (3379); BayVerfGH NJW 1982, S. 2656 (2658); BerlVerGH NJW 1995 S. 3379 (3380). 8 Vgl. dazu die Amtl. Begr. zu Art. 21 Ev. Vertrag Sachsen (Lt-DS 1/4649, Begr. S. 34).

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Artikel 19 – Feiertagsschutz

tung des gesamten staatlichen Sonn- und Feiertagsschutzes, wie er in den §§ 2, 5 und 6 des Feiertagsgesetzes für „staatlich anerkannte“, für die sog. „stillen“ und für die „religiösen“ Feiertage geregelt ist.9,10 Artikel 19 weicht ferner insofern von Artikel 139 WRV ab, als er keinen „gesetzlichen“ Schutz vorsieht. Da aber den Kirchen an einer Garantie jeglichen Schutzes, auch des verwaltungsmäßigen gelegen war, hatten die Vertragsparteien auf diese Einschränkung verzichtet, so dass vertraglich jedes staatliche Handeln im Sonn- und Feiertagsrecht einbezogen worden ist. Die weitere Abweichung vom Wortlaut des Artikels 139 WRV, wonach der Sonnund Feiertagsschutz „gewährleistet“ wird im Unterschied zu „bleiben geschützt“, dokumentiert eine zeitlich bedingte Abweichung. Während Artikel 139 WRV auf den im Jahre 1919 vorgefundenen gesetzlichen Schutz mit den damals schon normierten Einschränkungen Bezug nahm,11 orientiert sich Artikel 19 an den durch Literatur und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Sonn- und Feiertagsschutzes. Trotz des Verzichts in Artikel 19 auf die in Artikel 139 WRV enthaltene Umschreibung der Schutzziele, nämlich die Sicherung der Arbeitsruhe und die Ermöglichung seelischer Erhebung, sind diese im Hinblick darauf, dass eine weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen der Bundes- und der Landesverfassung ausdrücklich angestrebt wurde und dass diese Schutzziele den Kern des deutschen Sonnund Feiertagsschutzes ausmachen, als auch von Artikel 19 mitumfasst anzusehen.12 Bezüglich der Sonntage und der staatlich anerkannten Feiertage13 ist Artikel 19 somit einerseits als materiell mit den verfassungsrechtlichen Zusicherungen übereinstimmend, andererseits als zusätzliche vertragliche Schutzzusage zu verstehen, ergänzt durch die Schutzregelung für nicht anerkannte kirchliche Feiertage. Im Folgenden werden daher für die Auslegung des Artikels 19 die Rechtsfolgen aus den Arti9 Wenn die Amtl. Begr. (Fn. 5) die „Übereinstimmung mit Art. 139 WRV“ konstatiert, so ist dies als Bestätigung der Konformität mit den grundgesetzlichen Mindesterfordernissen zu verstehen; die Schutzzusage des Vertrages geht jedoch darüber hinaus. 10 Zur Zeit des Vertragsschlusses fanden gemäß § 4 Feiertagsges. v. 22. 05. 1992 (Fn. 5) nur die teilgeschützten ev. Feiertage Gründonnerstag und Heiligabend als Feiertage mit erhöhtem Schutz (§ 5) Berücksichtigung; mit der Abschaffung des Buß- und Bettages als staatlich anerkannter Feiertag durch Ges. v. 16. 12. 1994 (GVBl. S. 1644) ist dieser Feiertag hinzugekommen (§ 4 Abs. 2 neu). Siehe nunmehr Gesetz über die Sonn- und Feiertage (FeiertG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2004 (GVBl. LSA 2004, 538), zuletzt geändert durch § 13 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. November 2006 (GVBl. LSA S. 528). 11 Vgl. A. Pahlke, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 66; K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 346. 12 H. M. Heinig/M. Morlok kommen für den nahezu gleichlautenden Art. 23 Ev. Kirchenvertrag Mecklenburg-Vorpommern zum selben Ergebnis, leiten dies allerdings aus dem „Gesamtkontext des Vertrages“ ab, Der vertragliche Sonn- und Feiertagsschutz als subjektives Recht der Kirchen – Eine Besprechung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 22. 12. 1999 – 2 M 99/99, KuR 2001, S. 29. 13 Die Begriffe „staatlich anerkannt“ sind gleichbedeutend mit „gesetzlich“ oder „gesetzlich anerkannt“ in den Feiertagsgesetzen der Länder, vgl. K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 362; A. Hollerbach, Kommentar BW, Rn. 15.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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keln 140 GG/139 WRV sowie der hierauf bezogene Diskussionsstand in Literatur und Rechtsprechung zugrunde gelegt. b) Artikel 19 bindet auf staatlicher Seite als Vertragspartner nur das Land einschließlich aller Landes- und Kommunalbehörden, wobei das Land auf dem Gebiet des Sonn- und Feiertagsschutzes sowohl nach Landes- wie auch nach Bundesrecht tätig wird. Das Sonn- und Feiertagsrecht bewegt sich im Schnittpunkt zahlreicher Gesetze. Dazu zählen vor allem das Feiertagsgesetz des Landes14 sowie des Ladenschlussgesetzes des Landes15, das Arbeitszeitgesetz16, die Restbestimmungen der Gewerbeordnung17 sowie mehrere weitere Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes, darunter das Entgeltfortzahlungsgesetz18, die Straßenverkehrsordnung19, Bestimmungen des Immissionsschutzrechts20 sowie bestimmte Termin- und Fristenregelungen im Bürgerlichen und im Verfahrensrecht21. Während das Feiertagsgesetz den direkten Schutz von Sonn- und Feiertagen abdeckt, die staatlich anerkannten Feiertage festlegt (§ 2)22 und den Schutzumfang für anerkannte und nicht anerkannte Feiertage bestimmt, regeln das Ladenschlussgesetz die Öffnungszeiten und damit die Betriebsverbote für Verkaufsstellen des Einzelhandels, das Arbeitszeitgesetz den Beschäftigungsschutz für Arbeitnehmer, die Gewerbeordnung Veranstaltungsund Beschäftigungsverbote und das Verkehrsrecht Sonntagsfahrverbote. Die meisten 14

S. Fn. 6. Gesetz über die Ladenöffnungszeiten im Land Sachsen-Anhalt (Ladenöffnungszeitengesetz Sachsen-Anhalt – LÖffZeitG LSA) vom 22. November 2006 (GVBl. LSA 2006, 528), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 20. Januar 2015 (GVBl. LSA S. 28, 31). 16 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl. I, S. 1170), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3334). 17 U. a. § 55e der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3504). 18 Vgl. § 2 des Entgeltfortzahlungsgesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1065), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 22. November 2019 (BGBl. I S. 1746). 19 Vgl. § 30 Abs. 3 und 4 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091). 20 Vgl. u. a. Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26. 08. 1998 (GMBl., S. 503). 21 Vgl. dazu im einzelnen A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, S. 89 ff. 22 Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren es: Neujahr, Heilige Drei Könige, Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Tag der Deutschen Einheit, Reformationstag und der 1. und 2. Weihnachtsfeiertag (Amtl. Begr. – Fn. 5 – in Übereinstimmung mit § 2 Feiertagsges.); der Tag der Deutschen Einheit wurde vom Bund kraft Zuständigkeit aus der Natur der Sache durch Art. 2 Abs. 2 Einigungsvertrag i. V. m. Art. 1 EinV v. 23. 09. 1990 (BGBl. II S. 885), der 1. Mai durch Ges. v. 04. 08. 1953 (BGBl. I S. 778) eingeführt; der ursprünglich als Feiertag anerkannte Buß- und Bettag wurde vom Land durch Ges. v. 16. 12. 1994 (GVBl. S. 1640) herausgenommen (zur rechtlichen Bewertung vgl. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 17; K.-H. Kästner, Zur Verfassungsmäßigkeit feiertagsrechtlicher Konsequenzen der Einführung der Pflegeversicherung, ZevKR 41, 1996, S. 272; ders., Der Sonntag, S. 349; BVerfG NJW 1995, S. 3378; BayVerfGH BayVBl. 1996, S. 305). 15

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Bundesgesetze, ausgenommen naturgemäß die Fristen- und Verfahrensgesetze, enthalten Ermächtigungen für Durchführungsbestimmungen und Einzelfallentscheidungen der Länder und ihrer Behörden,23 die die Bundesgesetze als „eigene Angelegenheiten“ (Art. 83 GG) ausführen, die aber bei der Ausübung des durchweg vorhandenen Gesetzgebungs- und Verwaltungsermessens nicht nur an die Ermächtigungsnorm, sondern im Rahmen des offen gelassenen Spielraums24 auch an die Verfassungsbestimmungen des Bundes wie des Landes25 ebenso wie an die vertragliche Garantie des Artikels 19 gebunden sind.26 Auf kirchlicher Seite sind die im Rubrum aufgeführten sechs Evangelischen Kirchen jeweils für ihre Gebiete gebunden, wobei zur Landeskirche in Braunschweig, zur Kirche in Berlin-Brandenburg, zur Landeskirche Sachsens und zur Kirche in Thüringen jeweils nur sehr kleine Gebietsteile gehören. c) Der Umfang der materiellen Bindung lässt sich meist nur in jedem Einzelfall entscheiden. Das Land ist grundsätzlich verpflichtet, zur Ausfüllung der Verfassungsbestimmungen wie auch des Artikels 19 Schutzvorschriften zu erlassen und Schutzmaßnahmen zu treffen. Da aber Artikel 19 den Schutz der Sonn- und kirchlichen Feiertage nur allgemein zusagt, also keine eigenen vertraglichen Schutztatbestände geschaffen hat, müssen zur Bemessung des zugesagten Schutzumfangs auch andere Rechtssätze herangezogen werden. Als Richtschnur für denjenigen Teil des Artikels 19, der mit dem Inhalt von Artikel 139 WRV übereinstimmt und nach dem Willen der Vertragsparteien auch übereinstimmen soll27, also für den Schutz der Sonntage und der staatlich anerkannten Feiertage, können die zu den Verfassungsbestimmungen entwickelten Grundsätze herangezogen werden; es gilt dasjenige als vertraglich vereinbart, was nach Literatur und Rechtsprechung Gegenstand des verfassungsrechtlichen Schutzes einschließlich der hierfür gewährten Entscheidungsspielräume ist, bei den Feiertagen beschränkt auf den Schutz kirchlicher Feiertage. Soweit sich Artikel 19 auf die nicht staatlich anerkannten kirchlichen Feiertage erstreckt, müssen Umfang und Grenzen anhand allgemeiner Rechtsgrundsätze bestimmt werden, d. h. insbesondere anhand des Verhältnismäßigkeitsprinzips, wobei das in diesem Bereich vorherrschende Grundrecht der Religionsfreiheit eine mitentscheidende Rolle spielt. Dabei müssen die Gewährung von Ausnahmen oder die Herausnahme von Feiertagen aus dem Schutzbereich auch hier in angemessenem Verhältnis zum Schutzzweck stehen, der weder generell noch im Einzelfall ausgehöhlt werden darf. Im Folgenden orientiert sich die Kommentierung am Dis23 Vgl. insbes. §§ 13 Abs. 2, 3, 4 und 5, 15 Abs. 1 und 2, 17 Abs. 2 und 23 Abs. 1 ArbZG, §§ 55e Abs. 2 Satz 1, 60b sowie 64 bis 68 GewO (letztere im Umkehrschluss, vgl. P. J. Tettinger/R. Wank, Gewerbeordnung, 6. Aufl. 1999, Rn. 23 bis 29 zu § 69a), ferner § 46 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 StVO. 24 Vgl. A. v. Campenhausen, GG Rn. 11; H. de Wall, Zum subjektiven Recht, S. 862. 25 Vgl. P. Lerche, in: Th. Maunz/G. Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 83 Rn. 83; ferner BVerfGE 79, 118 (123); OVG Greifswald, NVwZ 2000, S. 945 (947). 26 S. dazu OVG Greifswald, NVwZ 2000, S. 948 (949 f.) und H. de Wall (Fn. 25). 27 Vgl. die Amtl. Begr. (Fn. 5).

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kussionsstand zur Umsetzung der Artikel 140 GG/139 WRV und zur Regelung des Schutzes von nicht anerkannten kirchlichen Feiertagen. Dass die vertragliche Gewährleistung auch eine zusätzliche, über den verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen hinausreichenden Schutz bieten kann, ergibt sich nicht nur aus vertraglichen Verfahrensbestimmungen (Freundschaftsklausel) und aus drohenden politischen Folgen im Falle von Vertragsverletzungen, sondern auch aus der Möglichkeit, durch den Vertrag erworbene subjektive Rechte geltend machen zu können.28 d) Art. 139 WRV enthält einen Schutzauftrag an den Gesetzgeber, der für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen unter anderem ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert. Grundsätzlich hat die typische „werktägliche Geschäftigkeit“ an Sonn- und Feiertagen zu ruhen. Der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz ist nur begrenzt einschränkbar. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe sind zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich; in jedem Falle muss der ausgestaltende Gesetzgeber aber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren.29 Darüber hinaus müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen.30 Artikel 19 garantiert in Übereinstimmung mit der vom BVerfG so ausgelegten Verfassungsbestimmung einen unterschiedlich eingeschränkten sowie einen abgestuften Schutz. Der Wortlaut enthält zwar ebenso wie Artikel 139 WRV keine Einschränkungen, doch hat die Feiertagsgarantie wie alle sonstigen Verfassungsgarantien nur Rechtswirkungen innerhalb der verfassungsimmanenten Grenzen. Der verfassungsrechtliche Schutz der Sonn- und Feiertage wird fast einhellig als institutionelle Garantie, also Schutz einer Institution gesehen,31 die ihre Ausprägung durch Schutzgesetze erhält. Doch findet sie ebenso wie die Grundrechte ihre Beschränkung in den allgemeinen Verfassungsgrundsätzen wie auch in kollidierenden Grundrechten. Zu ersteren zählen insbesondere das Kulturstaatsprinzip, das Sozialstaatsprinzip und das Verhältnismäßigkeitsprinzip,32 d. h. zum Beispiel, dass Arbeitsverbote an Sonntagen nicht ohne Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der überwiegenden Mehrheit der Bürger und somit auf das Funktionieren öffentlicher Dienstleistungen vorgenommen werden dürfen; und umgemünzt auf die Grundrechtskonkurrenzen33 28

S. hierzu Erl. k). BVerfGE 125, 39 (85 m. w. N.). 30 BVerfGE 125, 39 (87). 31 Vgl. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 11; A. Hollerbach, Verfassung BW, Rn. 9; ders., Freiheit, Rn. 60, K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 339; BVerwGE 79, 236 (238); BayVerGH NJW 1982, S. 2656; kritisch zum Umfang W. Rüfner, Die institutionelle Garantie, S. 448 mit Nachw.; D. Pirson, EvStL Sp. 3150; A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, S. 38 ff. 32 Vgl. insbes. BVerwGE 79, 118 (123); 90, 336 (341). 33 Vgl. dazu A. Pahlke, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 73 ff. 29

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bedeutet dies Einschränkungen u. a. aufgrund der Überschneidung mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (private Aktivitäten; Touristik), der Pressefreiheit (Tageszeitungen), der Kunstfreiheit (Theater, Museen), der Versammlungsfreiheit,34 der Berufsfreiheit (z. B. unaufschiebbare Arbeiten)35 und mit dem Eigentumsrecht (Gewerbebetrieb), alles Rechte, mit denen die Gesetzgeber von Bund und Ländern den Sonn- und Feiertagsschutz zum „schonenden Ausgleich“ bringen müssen.36 Alle Gesetzgebungs- und Verwaltungsentscheidungen haben daher nicht nur die der Sonn- und Feiertagsgarantie zugrundeliegenden Schutzzwecke, sondern auch die daraus resultierenden Beschwernisse für das Wohl des Einzelnen wie für das Gemeinwohl abzuwägen und zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass Artikel 19 im Rahmen des gesamten Rechtssystems einen unterschiedlich weit reichenden Schutz garantiert. e) Der Schutz der Sonntage meint einen absoluten Bestandsschutz im Hinblick auf den seit Jahrhunderten bestehenden Wochenrhythmus im Interesse der geistigen und religiösen Besinnung, der Erholung und der Kommunikation.37 Dieser absolute Bestandsschutz der somit auch den gesamten Tag umfasst, leitet sich aus dem Charakter der Bundesrepublik als Kultur- und Sozialstaat her sowie aus der ausdrücklichen Nennung der Sonntage im Unterschied zu den von den Ländern erst zu bestimmenden anerkannten Feiertagen in Artikel 19 und in Artikel 139 WRV, so dass Alternativen von vornherein ausgeschlossen sind. Wer ihn ablehnt, übersieht, welche fundamentale Stellung der Sonntag im persönlichen Leben jedes Einzelnen als „Zufluchtsort“ nach den Mühen jeder Woche und als verlässliche Kommunikations-Chance hat.38 Neben dem Bestandsschutz stehen die Rahmenbedingungen für den Schutzumfang in Gestalt von Beschäftigungs- und Arbeitsverboten sowie Ruhegarantien, 34

Vgl. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 33; A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, S. 70 f. Vgl. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 23; A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, S. 71 f.; W. Däubler, Sonntagsarbeit aus technischen und wirtschaftlichen Gründen, Der Betrieb, Beil. 7/88, S. 6. 36 A. v. Campenhausen, GG, Rn. 23, der auch besonders auf die Kollision mit der Religionsfreiheit religiöser Minderheiten hinweist (Rn. 26), zugleich unter Verweisung auf den Grundsatz der „Praktischen Konkordanz“ (K. Hesse); ferner K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 354 f.; BVerwGE 79, 118 (123). 37 Vgl. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 9 und 11 mit Nachw.; A. Hollerbach, Verfassung BW, Rn. 9; ders., Freiheit, Rn. 60; M. Morlok, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 139 WRV, Rn. 12. 38 Vgl. auch BVerfGE 125, 39 (86): „Die gemeinsame Gestaltung der Zeit der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung, die in der sozialen Wirklichkeit seit jeher insbesondere auch im Freundeskreis, einem aktiven Vereinsleben und in der Familie stattfindet, ist insoweit nur dann planbar und möglich, wenn ein zeitlicher Gleichklang und Rhythmus, also eine Synchronität, sichergestellt ist. Auch insoweit kommt gerade dem Sonntag im Sieben-Tage-Rhythmus und auch dem jedenfalls regelhaft landesweiten Feiertagsgleichklang besondere Bedeutung zu. Diese gründet darin, dass die Bürger sich an Sonn- und Feiertagen von der beruflichen Tätigkeit erholen und das tun können, was sie individuell für die Verwirklichung ihrer persönlichen Ziele und als Ausgleich für den Alltag als wichtig ansehen.“ 35

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die den Sonntagsschutz erst konkretisieren. Schließlich umfasst der Sonntagsschutz, auch als Ausfluss des Grundrechts auf Religionsfreiheit, Verbote der Störung der Gottesdienste. Dabei geht es nicht nur um den polizeilichen Schutz vor Störungen, also etwa vor lautstarken Veranstaltungen oder Arbeiten in unmittelbarer Nähe von Gottesdiensten,39 sondern das Gebot des Sonntagsschutzes bezieht auch den „abstrakten“ Schutz der Sonntagsruhe zur Gottesdienstzeit ein, also generell Verbote „öffentlich bemerkbarer“ Aktivitäten, z. B. auch Belustigungen.40 f) Im Unterschied zum Sonntag, der durchweg als fester kultureller, sozialer und gesundheitspolitischer Bestandteil des Gemeinwesens gilt und daher nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht, befinden sich sonstige Feiertage wesentlich stärker in Konkurrenz insbesondere zu wirtschaftlichen Aktivitäten, von denen im modernen Staat das Wohlergehen aller Bürger abhängig ist. Abweichend von der Übung in früheren Jahrhunderten, in denen teilweise bis zu 30 % aller Tage als Feiertage galten, kann sich der moderne Staat immer nur eine begrenzte Zahl staatlich anerkannter, d. h. grundsätzlich arbeitsfreier Tage leisten,41 deren Auswahl im föderalen Staat weitgehend in die Zuständigkeit der Länder fällt.42 Die Auswahl orientiert sich an der Tradition und an den vorherrschenden religiösen und politischen Überzeugungen, doch setzt die Anerkennung kirchlicher Feiertage die Einführung als religiös bedeutsam durch die Kirchen voraus. Daraus folgt, dass auch vertraglich kein absoluter Bestandsschutz für nicht auf Sonntage fallende kirchliche Feiertage vereinbart werden konnte.43 Allerdings herrscht Übereinstimmung darüber, dass der Gesetzgeber „eine angemessene Zahl“ an Feiertagen bestehen lassen muss, weil sonst die Feiertagsgarantie leerlaufen würde.44 Der Landesgesetzgeber braucht sich dabei nicht an der Anerken39

Vgl. § 4 Abs. 1 Feiertagsges., ferner die vorgeschriebene Rücksichtnahme auf Zeiten des Hauptgottesdienstes nach §§ 6 Abs. 1 Satz 3, 7 Abs. 4 Satz 4 LÖffZeitG. 40 Vgl. BVerwG NJW 1982, S. 899. 41 S. Fn. 23. 42 Das BVerfG betont allerdings, dass „auch dem jedenfalls regelhaft landesweiten Feiertagsgleichklang besondere Bedeutung“ zukommt (E 125, 39 [86]). 43 Vgl. die Amtl. Begr. (Fn. 5) und die Vertragsbegründung des Konsistoriums der Ev. Kirche der Ev. Kirchenprovinz Sachsen (Synodalvorlage v. 25. 10. 1993, Anl. zur Ds 32/93, S. 15); für das staatliche Recht A. Hollerbach, Freiheit, Rn. 63; P. Häberle, Der Sonntag, S. 28; BVerfG NJW 1995, S. 3378 (3579); BVerwG NJW 1982, S. 899; BayVerfGH BayVBl 1996, S. 305 (306); BerlVerfGH NJW 1995, S. 3379 (3380); a. A. E. Wolf, Der letzte Buß- und Bettag, JZ 1995, S. 139; vgl. auch die Kennzeichnung des Sonntags als „geborener“, der sonstigen Feiertage als „gekorene“ Feiertage durch R. Richardi, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 118; unklar das Petitum von L. Renck, der zwar ausführlich die staatliche Anerkennung kirchlicher Feiertage kritisiert, aber nicht erkennen lässt, ob er an deren Stelle andere, z. B. muslimische Feiertage anerkannt sehen möchte (Bestandsschutz für kirchliche Feiertage, NVwZ 1993, S. 648 ff.). 44 Vgl. BayVerfGH NJW 1982, S. 2656 (2658); BVerfG NJW 1995, S. 3378 (3379); A. v. Campenhausen, GG, Rn. 11; A. Hollerbach, Verfassung BW, Rn. 10; K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 338; Th. Maunz, in: Th. Maunz/G. Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand 2002, Art. 139 WRV, Rn. 4; für das Niedersächsische Konkordat schon E. G. Mahrenholz (Fn. 2),

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nungspraxis benachbarter Bundesländer zu orientieren, weil gerade Feiertage ein „Spiegelbild der jeweiligen spezifischen religiösen und kulturellen Traditionen“ eines Landes sind.45 Den anerkannten Feiertagen sichert die verfassungsrechtliche Schutzgarantie den gleichen Schutz wie den Sonntagen zu, einschließlich des Schutzes vor Beeinträchtigungen von Gottesdiensten. Ein „erhöhter Schutz“ für besonders ernste, sog. „stille“ Feiertage (z. B. Karfreitag),46 wird ebenso wie für bestimmte Sonntage (z. B. Totensonntag) zuerkannt. g) Noch stärker abgeschwächt ist der zwar nicht von Artikel 139 WRV, aber von Artikel 19 umfasste Schutz sonstiger, staatlich nicht anerkannter Feiertage, der sog. religiösen Feiertage.47 Der Schutz beschränkt sich herkömmlicherweise, d. h. nach den Feiertagsgesetzen der Länder, vor dem Hintergrund des Grundrechts auf Religionsfreiheit48 auf den polizeilichen Schutz der Gottesdienste vor unmittelbaren Störungen und auf die – unbezahlte – Freistellung von Schülern, Auszubildenden und Arbeitnehmern von ihren Tätigkeiten.49 Zusätzlich werden Gottesdienste am Gründonnerstag und am Heiligabend besonders geschützt,50 ferner nach Bundesrecht durch das Ladenschlussgesetz51 in den §§ 3 Abs. 1 Nr. 5 (Bäckereien), 8 Abs. 1 Nr. 1 (Personenbahnhöfe), 9 Abs. 1 Satz 1 (Flug- und Fährhäfen), 15 (Heiligabend allgemein) und 19 Abs. 2 (Marktverkehr), wenngleich diese Tage nicht als „offizielle“ Feiertage der Kirchen gelten. h) Die Schutzmaßnahmen für Sonntage und staatlich anerkannte Feiertage bestehen – von der Bestandsgarantie abgesehen – vor allem in Verboten störender Aktivitäten gegenüber den in den Verfassungen vorgesehenen Schutzzielen der „Arbeitsruhe“ und der „seelischen Erhebung“ (Art. 140 GG/139 WRV).52 S. 256, der diesen Grundsatz auch aus der Bekenntnisfreiheit ableitet; unzulässig im Hinblick auf die staatliche Neutralität sind Erwägungen bezüglich des religiösen Stellenwertes kirchlicher Feiertage (so aber OVG Berlin NJW 1990, S. 2269 ff.); missverständlich auch K.-H. Kästner (Der Sonntag, S. 347), der Staat sei berechtigt, kirchlichen Feiertagen allein wegen Resonanz in der Bevölkerung die Anerkennung zu entziehen, was allenfalls in gemeinsamer Beurteilung mit den Kirchen geschehen kann (so auch Kästner ebenda S. 349); A. Hollerbach hält eine Auswahl anzuerkennender Feiertage aufgrund der „Stärke der jeweiligen religiös-kirchlichen Tradition“ für zulässig und geboten (Verfassung BW, Rn. 17). 45 Vgl. A. Pahlke, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 69. 46 Vgl. § 5 Feiertagsgesetz. 47 S. Fn. 23. 48 A. A. H. U. Anke, Neubestimmung S. 89; H. M. Heinig/M. Morlok (Fn. 13), S. 30 sprechen bezüglich des Ev. Vertrages Mecklenburg-Vorpommern von einem vertraglichen Schutz des auf Art. 4 GG fußenden „grundrechtlichen Mindeststandards“. 49 Vgl. §§ 4 und 6 Feiertagsgesetz; die Freistellung gilt grundsätzlich für den ganzen Tag. 50 Vgl. § 4 Abs. 2 Feiertagsgesetz. 51 S. Fn. 15. 52 § 3 Abs. 1 Feiertagsgesetz nennt zwar nur die Arbeitsruhe; die Bindung an die Bundesund die Landesverfassung zwingt aber darüber hinaus alle Behörden und Gerichte auch zur

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Das BVerfG betont die Verknüpfung der tradierten religiösen und sozialen Aspekte des Sonn- und Feiertagsschutzes. Obgleich in dieser Norm selbst der religiöschristliche Bezug nicht ausdrücklich erwähnt wird, habe Art. 139 WRV nach seiner Entstehungsgeschichte, seiner systemischen Verankerung in den Kirchenartikeln und seinen Regelungszwecken neben seiner weltlich-sozialen auch eine religiöschristliche Bedeutung. Er sichere mit seinem Schutz eine wesentliche Grundlage für die Rekreationsmöglichkeiten des Menschen und zugleich für ein soziales Zusammenleben und ist damit auch Garant für die Wahrnehmung von Grundrechten, die der Persönlichkeitsentfaltung dienen. Er erweise sich so als verfassungsverankertes Grundelement sozialen Zusammenlebens und staatlicher Ordnung und ist als Konnexgarantie zu verschiedenen Grundrechten zu begreifen.53 Die zahlreichen Stellungnahmen zu dieser „programmatischen Aussage“ in der Literatur decken sich damit weitgehend. i) Die Arbeitsruhe soll der geistigen, physischen und psychischen Erholung dienen, sie soll dabei Gelegenheit zu menschlichen Kontakten, besonders innerhalb der Familie54 bieten, und zwar für Sonntage im althergebrachten, für möglichst viele Bürger übereinstimmenden Wochenrhythmus,55 und schließlich „eine Atmosphäre der äußeren und inneren Ruhe, frei von Hektik und Geschäftigkeit“56 und damit eine Voraussetzung für die „seelische Erhebung“ schaffen. Zur Verwirklichung dieses Zieles bestehen gesetzliche Arbeits- und Beschäftigungsverbote57 sowie u. a. Immissions-(Geräusch-)Verbote.58 Das Arbeitsverbot kann selbstredend nicht für alle Bürger gelten, sollen die genannten Ziele erreicht werden; denn zum einen wird in der modernen Gesellschaft Erholung weitgehend in Freizeitaktivitäten, Veranstaltungsbesuchen und Reisen gesucht, wofür Angebote bestehen müssen.59 Zum anderen kann auch an Sonn- und Feiertagen nicht auf Dienstleistungen zur Befriedigung normaler Bedürfnisse des privaten und öffentlichen Lebens (Post, Verkehr, Wasser, Elektrizität, Rundfunk, Telefon) einschließlich Berücksichtigung der „seelischen Erhebung“, auch soweit dieses Schutzziel über den konkreten Schutz von Gottesdiensten (§ 4 Feiertagsgesetz) hinausgeht. 53 BVerfGE 125, 39 (80 ff.). 54 Vgl. K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 343, auch mit Hinweis auf D. Pirson, EvStL Sp. 3150; ferner A. Pahlke, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 63; R. Richardi, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 149. 55 Überblick bei P. Häberle, Der Sonntag, S. 58 f.; R. Richardi, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 121, 133; A. v. Campenhausen, GG, Rn. 7 ff. 56 BayObLG NJW 1985, S. 3091. 57 Vgl. § 3 Feiertagsgesetz, § 9 Abs. 1 LaÖffZeitG, § 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz; § 55e Abs. 1 GewO. 58 Nachweise hierzu bei A. v. Campenhausen, GG, Rn. 35; Glockengeläut und Kirchenmusik fallen, soweit der Schutz des Art. 4 GG reicht, nicht unter das Verbot (vgl. Th. Maunz – Fn. 44). 59 Derartige Angebote werden von J. Winter (Zum kirchlichen Schutz von Sonn- und Feiertagen, KuR 1998, S. 139 (140)) im Anschluss an Spaemann als Arbeiten „für“ den Sonntag bezeichnet.

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der Bewältigung von Notsituationen (Krankenhäuser, Apotheken, Polizei) ebenso wie auf unaufschiebbare Arbeiten (Landwirtschaft, Lebensmitteltransporte; bestimmte Produktionsvorgänge) verzichtet werden.60 Bei Naturkatastrophen wie große Überschwemmungen oder Erdbeben tritt der Schutzgedanke ohnehin zurück.61 Die meisten Schwierigkeiten bereiten die Abgrenzung der der Freiheit dienenden Tätigkeiten.62 Dafür, aber auch bezüglich anderer Ausnahmen, werden als Maßstäbe Kriterien wie Nicht-Werktagsarbeit, öffentliche Bemerkbarkeit von Tätigkeiten, Sonntagsgerechtigkeit und Nicht-Gewerbecharakter verwendet,63 die jedoch häufig, wie z. B. beim aus Alltäglichkeit und Entgeltlichkeit hergeleiteten Gewerbecharakter, jedenfalls als alleiniges Kriterium nicht überzeugen können.64 Erkennbar bleibt aber das Bestreben, Sonn- und Feiertage so weit wie möglich aus dem Alltagsgeschehen herauszuheben. j) Das gleichrangig neben dem Schutzziel der Arbeitsruhe stehende65 Ziel der „seelischen Erhebung“ hat vor allem einen traditionellen religiösen Bezug66, dem ur60

Von J. Winter (Fn. 59) als Arbeiten „trotz“ Sonntag bezeichnet. Zu den zahlreichen gesetzlichen Ausnahmen von Arbeits- und Beschäftigungsverboten vgl. § 3 Abs. 2 Feiertagsgesetz, §§ 4 bis 8 Ladenöffnungszeitengesetz Sachsen-Anhalt – LÖffZeitG LSA, §§ 10 und 13 Arbeitszeitgesetz, § 55e GewO; insgesamt dürften sie bis zu 25 % aller Berufstätigen betreffen, vor allem im Gaststätten-, Unterhaltungs- und Verkehrsbereich sowie im Gesundheitswesen; zur Ladenschluss-Aufhebung wegen Hochwasser-Katastrophen vgl. SächsOVG, SächsVBl. 2003, S. 23, mit kritischer Anmerkung von J. Rozek, ebenda S. 24 ff. 62 Vgl. dazu statt vieler A. Mattner, Das Recht auf individuelle Freizeitgestaltung oder das Recht auf die Freizeit der anderen, DÖV 1989, S. 621 ff. 63 Zur Bewertung dieser Kriterien vgl. z. B. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 34 f. 64 Vgl. z. B. die Sonntagsöffnungserlaubnis für Bäckereien und Blumengeschäfte; zur umfangreichen Judikatur vgl. BVerwG NJW 1994, S. 1975 (Musical); BVerwGE 79, 236 (Video-Kassetten); BVerwGE 90, 337 (Bräunungsstudio; dazu kritisch W. Rüfner, Die institutionelle Garantie, S. 460); BVerwGE 67, 363 (Backgewerbe); BVerwGE 79, 118 (Gebrauchtwagenmarkt); BVerwGE 59, 336 (Friseurbetrieb); BVerwGE 94, 244 (Reisebedarf an Tankstellen); OVG Rh.-Pf. DVBl. 1992, S. 44 (Friseur-Seminare); VGH Mannheim NJW 188, S. 2258 sowie ThürOVG ThürVBl. 1996, S. 211 (Trödelmärkte); VGH Kassel NJW 1988, S. 2257 (Kfz-Selbstwaschplatz); vgl. aber § 3 Abs. 3 Feiertagsgesetz Sachsen-Anhalt i. d. F. des Änderungsgesetzes v. 8. 7. 1994 (GVBl. S 802) sowie gewisse Umweltschutz-Argumente (Lt-Prot., 1. Wahlp. v. 26. 06. 1994, S. 7385); OVG Greifswald NVwz 2000, S. 945 (Fremdenverkehrsregelung); OVG LSA (Magdeburg) DVBl. 1999, S. 1447 (Sonntagsverkauf in Großstädten); BVerwG NJW 1982, S. 899 (Tanzveranstaltungen während Gottesdienstzeit); zur – grundsätzlich zu bejahenden – Frage, ob und inwieweit auch Rundfunkanstalten dem Sonn- und Feiertagsschutz unterworfen sind, vgl. A. Pahlke, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 72, 114, und die Diskussionsbeiträge von W. Böckenförde (ebenda S. 108) u. P. Bockelt (ebenda S. 114); ferner R. Richardi, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 198, sowie A. v. Campenhausen, GG, Rn. 36; A. Hollerbach, Verfassung BW Rn. 13; im Rahmen eines Symposions über „Der Sonntag und die Medien – Die Medien am Sonntag“ am 3. 2. 2003 in Bonn berichteten Vertreter öffentlicher und privater Rundfunkanstalten, ihre Sonntagsprogramme stellten sich auf die größere Aufnahmebereitschaft an Sonntagen und auf die wachsende Nachfrage ihrer Zuschauer/Zuhörer nach kirchlichen Sendungen ein. 65 W. Rüfner, Institutionelle Garantie, S. 456. 61

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sprünglichen Anlass für die Einführung von Sonn- und Feiertagen, wobei der Verfassungsgeber aber beabsichtigte, „auf einen dezidiert christlichen Akzent […] zugunsten einer breiten ethisch-kulturellen Dimension zu verzichten“.67 Die vorgesehene Arbeitsruhe soll die seelische Erhebung als wichtiges Element der menschlichen Existenz ermöglichen68,weshalb nicht nur der Gottesdienstschutz, sondern auch Arbeitsverbote und allgemeine Ruheregelungen69 sowie der Bestandsschutz für Sonntage und eine Mindestzahl von Feiertagen diesem Schutzziel dienen. Insgesamt soll das Gesamtklima eines Ruhetages entstehen, die Möglichkeit zum Innehalten in der Geschäftigkeit des Alltags. k) Soweit an nichtanerkannten Feiertagen von Kirchenmitgliedern Ansprüche auf Ausbildungs- und Arbeitsbefreiung geltend gemacht werden, wird diesen in der Regel unter dem Vorbehalt entsprochen, dass keine „betrieblichen Notwendigkeiten“ entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Feiertagsgesetz). Da davon auszugehen ist, dass jeder Mitarbeiter im Prinzip für die Arbeit eines Betriebes notwendig ist, muss dieser Vorbehalt eng ausgelegt werden, soll der aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit abgeleitete Anspruch nicht leerlaufen, weshalb z. B. das Schlussprotokoll zu Art. 21 Ev. Vertrag Sachsen nur „zwingende“ betriebliche Erfordernisse anerkennt. So kann der Vorbehalt nicht durchweg an eine bestimmte Funktion geknüpft werden, da auch für deren Ausführung in Urlaubs- und Krankheitsfällen regelmäßig eine Vertretung zu bestehen pflegt, die ebenfalls bei Gottesdienstbesuchen heranzuziehen wäre. Vielmehr können „betriebliche Notwendigkeiten“ immer nur in Einzelfällen entstehen, in denen bei Abwesenheit eines Antragstellers ad hoc Störungen des Betriebsablaufs eintreten würden. Mit der gesetzlichen Intention sind allerdings, auch wenn § 6 Abs. 1 Feiertagsgesetz die Freistellung nicht auf die Zeit des Gottesdienstes beschränkt, bei Schwierigkeiten im Betrieb zeitliche Begrenzungen oder auch die Verweisung auf einen gleichwertigen Gottesdienst zu anderer Zeit vereinbar. Eine Lohnbzw. Gehaltszahlung für die Zeit der Abwesenheit ist nicht vorgeschrieben. l) Als Maßstab für dasjenige, was mit dem gebotenen Sonn- und Feiertagsschutz nicht mehr vereinbar ist,70 werden in der Literatur verschiedentlich die dem Recht der institutionellen Förderung entnommenen Begriffe „Kernbereich“ oder „Wesenskern“ der Sonn- und Feiertagsgarantie herangezogen, als Bereiche, die nicht angetastet werden dürfen.71 Doch helfen derlei Begriffe wenig weiter, weil für ihre Um66

Vgl. Th. Maunz (Fn. 41), Rn. 2 unter Hinweis auf die Einreihung in den Abschnitt „Religion und Religionsgemeinschaften der WRV“. 67 A. Pahlke, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 56. 68 Vgl. K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 342 f.; A. Pahlke, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 60; B. Jeand’Heur/St. Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, Rn. 155. 69 Vgl. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 31 f. 70 Vgl. auch die von D. Pirson gesuchte „Grenze“ der Ausnahmeregelungen, also des „Umschlags der tatsächlichen Praxis in die Verfassungswidrigkeit“, in: Ess. Gespräche, Bd. 24, 1990, S. 96 (Diskussionsbeitr.). 71 Ausführlich dazu K.-H. Kästner, Zur Verfassungsmäßigkeit (Fn. 23), S. 304 ff.; ders., Der Sonntag, S. 339.

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schreibung ebenfalls wieder Kriterien gesucht werden müssen und weil außerdem im Sonn- und Feiertagsrecht sowohl in den „Kernbereich“ eingegriffen werden darf (Flutkatastrophen; Großveranstaltungen; Festwochen) als auch außerhalb eines Kernbereichs jeder Eingriff einer sachlichen Begründung, einer „besonderen Legitimation“72 bedarf. So bleibt für die Klärung von Grenzfällen nur ein gegeneinander Abwägen der vor allem auch langfristig zu bewertenden Grundkonzeption des Sonnund Feiertagsschutzes und des Allgemeininteresses an der Genehmigung von Ausnahmen, mit anderen Worten eine Anwendung der erprobten Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips unter dem erkenntnisleitenden Gesichtspunkt der Wahrung des von den Verfassungen, den Gesetzen und Artikel 19 gewollten Regel-Ausnahme-Verhältnisses.73 m) Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben, vor allem die Genehmigung oder Ablehnung von Ausnahmen wegen „dringender Gründe“ (§ 7 Feiertagsgesetz) – Verstöße werden in der Regel als Ordnungswidrigkeiten74 geahndet, Störungen mit allgemeinen polizeilichen Mitteln unterbunden –, obliegt den zuständigen Behörden des Landes, in Sachsen-Anhalt entsprechend der Gemeinde- und der Landeskreisordnungen den Gemeinden oder Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft ab 5.000 Einwohnern (§ 8 Abs. 1 Feiertagsgesetz), im Übrigen den Landkreisen, die ebenso wie Landesverwaltungsamt über Beschwerden entscheiden.75 In seltenen, meist auch politisch relevanten Beschwerdefällen werden das Ministerium des Innern (für Ausnahmen von Veranstaltungsverboten) und das Ministerium für Wirtschaft (Anträge auf Genehmigung von Sonntagsarbeit) eingeschaltet. Die genannten Behörden sind grundsätzlich an die Rechtsverordnungen und weiteren Durchführungsbestimmungen des Bundes gebunden, handeln im daraus vorgegebenen Rahmen nach pflichtmäßigem Ermessen. Die Ermessensentscheidungen müssen sich aber an den Verfassungsbestimmungen von Bund und Land orientieren, d. h. der Sonn- und Feiertagsschutz darf nicht durch überwiegende Ausnahmen ausgehöhlt werden,76 das Regel-Ausnahme-Verhältnis77 darf nicht umgekehrt werden, wenn72

Vgl. A. v. Campenhausen, GG, Rn. 11; W. Rüfner, Institutionelle Garantie, S. 459; BVerfGE 79, 127 (143, 147 ff.). Siehe auch BVerfGE 125, 39 (87 f.). 73 Auch das BVerfG spricht von einem „Regel-Ausnahme-Gebot“ (E 125, 39 [88]). 74 Z. B. nach § 8 Feiertagsgesetz. 75 Zur Zuständigkeit für die Ausführung der Bundesregelungen vgl. die Anl. zu der auf der Grundlage des Gesetzes über die Regelung der Zuständigkeiten im Immissions-, Gewerbeund Arbeitsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten v. 8. 5. 1991 (GVBl. S. 81) erlassenen Verordnung über die Regelung von Zuständigkeiten im Immissionsschutz-, Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten (ZustVO GewAIR) vom 14. Juni 1994 (GVBl. S. 636, ber. S. 889), zuletzt geändert durch § 1 Siebente ÄndVO vom 10. 12. 2019 (GVBl. LSA S. 988). 76 Vgl. die Nachweise bei P. Häberle, Der Sonntag, S. 36, 47 ff., 91 f.; sowie A. v. Campenhausen, GG, Rn. 6, 39 ff. und K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 346, 363. 77 Vgl. R. Richardi, Sonn- und Feiertagsschutz, S. 161; B. Rüthers, Ess. Gespräche, Bd. 24 (1990), S. 160 (Diskussionsbeitr.); M. Morlok, in: H. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. III, Art. 139 WRV, Rn. 8, 24 f.; W. Rüfner, Institutionelle Garantie, S. 450.

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gleich völlig einsichtig ist, dass auf längere Sicht der Sonntagsschutz schwinden wird, wenn es an einer „Sonntagshaltung“ der Bürger fehlt.78 n) Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Behörden können die Kirchen auch dann einlegen, wenn sie selbst nicht Antragsteller für Ausnahmegenehmigungen oder von Sonntagsaktivitäten nicht unmittelbar Betroffene sind. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob den Kirchen aus der allgemeinen Sonnund Feiertagsgarantie ein subjektives Recht auf Einhaltung der Verfassungszusagen zusteht.79 In seiner Entscheidung zu den Adventssonntagen in Berlin hat das BVerfG angenommen, das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG werde „in seiner Bedeutung als Schutzverpflichtung des Gesetzgebers durch den objektivrechtlichen Schutzauftrag für den Sonn- und Feiertagsschutz aus Art. 139 WRV (i. V. m. Art. 140 GG) konkretisiert“ und vermittle insofern „den christlichen Religionsgemeinschaften einen grundrechtsverankerten Mindestschutz der Sonntage und ihrer staatlich anerkannten Feiertage“.80 Zwar lasse sich allein aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG „keine staatliche Verpflichtung herleiten, die religiös-christlichen Feiertage und den Sonntag unter den Schutz einer näher auszugestaltenden generellen Arbeitsruhe zu stellen und das Verständnis bestimmter Religionsgemeinschaften von nach deren Lehre besonderen Tagen zugrunde zu legen. Das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG erfahre jedoch eine Konkretisierung durch die Sonn- und Feiertagsgarantie nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV: Die Sonn- und Feiertagsgarantie wirke ihrerseits als in der Verfassung getroffene Wertung auf die Auslegung und Bestimmung des Schutzgehalts von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ein und sei deshalb auch bei der Konkretisierung der grundrechtlichen Schutzpflicht des Gesetzgebers zu beachten. Art. 139 WRV enthalte einen Schutzauftrag an den Gesetzgeber […], der im Sinne der Ge78

Vgl. J. Isensee, Ess. Gespräche Bd. 24 (1990), S. 169 (Diskussionsbeitr.); A. v. Campenhausen, GG, Rn. 6; H. Weber, Neuralgische Punkte in den Grundsatzfragen des Staatskirchenrechts, FS Maurer, 2001, S. 469 (484). 79 Im Hinblick auf die Klassifizierung der Artikel 140 GG/139 WRV als institutionelle Garantie verneint die ganz überwiegende Meinung grundsätzlich ein solches Recht, vgl. K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 339 f.; A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, S. 38 ff.; W. Rüfner, Institutionelle Garantie, S. 448; BVerfG NJW 1995, S. 3378 (3379); OLG Münster NJW 1987, S. 2603; a. A. H. de Wall, Die Einrichtungsgarantien des Grundgesetzes als Grundlagen subjektiver Rechte, Der Staat 1999, S. 377 ff.; ders., Zum subjektiven Recht der Kirchen auf den Sonntagsschutz, NVwZ 2000, S. 857; H. M. Heinig/M. Morlok, Feiertag! Feier? Die Garantie des Sonn- und Feiertagsschutzes als subjektives Recht im Lichte des Art. 139 WRV, NVwZ 2001, S. 846 (848); zur Bejahung eines subjektiven Rechts auf Wahrnehmung der freien Religionsausübung vgl. J. Müller-Volbehr, Ess. Gespräche Bd. 24 (1990), S. 114 (Diskussionsbeitr.); ferner A. v. Campenhausen, GG, Rn. 38; D. Pirson, EvStL Sp 3153 sowie den Referatsbeitrag von R. Rausch, erläutert von C. Thiele, Kirchenrechtslehrertagung 2000, ZevKR 45 (2000), S. 538 (540), auch unter Berufung auf ein unveröffentlichtes Gutachten von J. Isensee, wonach ein subjektives Recht der Kirchen jedenfalls in den Ländern bestehe, in denen die Sonn- und Feiertagsgarantie Teil des Grundrechtskatalogs der Verfassung sei. 80 BVerfGE 125, 39 (77 Rn. 131, 84 Rn. 148).

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währleistung eines Mindestschutzniveaus dem Grundrechtsschutz aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG insoweit Gehalt gibt“.81 Die funktionale Ausrichtung der so genannten Weimarer Kirchenartikel auf die Inanspruchnahme des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gelte auch für die Gewährleistung der Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung in Art. 139 WRV. Art. 139 WRV habe nach seiner Entstehungsgeschichte, seiner systemischen Verankerung in den Kirchenartikeln und seinen Regelungszwecken neben seiner weltlich-sozialen auch eine religiös-christliche Bedeutung. Er sichere mit seinem Schutz eine wesentliche Grundlage für die Rekreationsmöglichkeiten des Menschen und zugleich für ein soziales Zusammenleben und sei damit auch Garant für die Wahrnehmung von Grundrechten, die der Persönlichkeitsentfaltung dienen. Er erweise sich so als verfassungsverankertes Grundelement sozialen Zusammenlebens und staatlicher Ordnung und ist als Konnexgarantie zu verschiedenen Grundrechten zu begreifen. Die Gewährleistung von Tagen der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung sei darauf ausgerichtet, den Grundrechtschutz – auch im Sinne eines Grundrechtsvoraussetzungsschutzes – zu stärken und konkretisiere insofern die aus den jeweils einschlägigen Grundrechten folgenden staatlichen Schutzpflichten.82 Mit der grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates für die Religionsfreiheit oder mit anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten lässt sich der Sonntagsschutz indes nicht begründen.83 Jeder Christ hat ein Recht darauf, den Sonntag heilig zu halten. Hindert der Staat ihn daran, ist dies ein Eingriff in seine Religionsfreiheit und löst den Abwehrmechanismus aus. Erfolgt eine Beeinträchtigung durch private Dritte löst dies die staatliche Schutzplicht gegenüber privaten Ein- und Übergriffen aus. Doch darum geht es beim Sonntagsschutz nicht, sondern vielmehr darum, dass am Sonntag grundsätzlich alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten sind, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören (z. B. § 3 S. 1 Feiertagsgesetz NRW). Dieses Verbot mit Erlaubnisvorbehalt erfüllt keine grundrechtliche Schutzpflicht. Weder der einzelne Gläubige noch die christlichen Kirchen haben einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass jedermann, also auch der Nichtchrist, die Sonntagsruhe befolgt. Das allgemeine Ruhehalten am Sonntag ist nicht christliche Kulthandlung, zu der Dritte auch gar nicht verpflichtet werden könnten, sondern eine bürgerliche Pflicht, welche auch aus Rücksicht auf den christlichen Kultus auferlegt ist.84 Aber auch der Verweis auf eine mögliche Funktion des Sonn- und Feiertagsschutzes als „Grundrechtsvoraussetzungsschutz“ führt nicht weiter: Unter Grundrechtsvoraussetzungen versteht man herkömmlich „Faktoren rechtlicher oder realer Art, 81

BVerfGE 125, 39 (79 Rn. 136). BVerfGE 125, 39 (80 Rn. 139). 83 Siehe zum Nachfolgenden C. Hillgruber, Individualität und Institutionalität – Die Charakteristika des deutschen Staatskirchenrechts nach hundert Jahren und ihre Zukunft im Horizont der Europäisierung, in: Essener Gespräche, Bd. 54 (2019) S. 135 (146 – 148). 84 So auch schon richtig G. Anschütz, Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat, Kommentar, Bd. 1, 1912, Art. 14 Nr. 6, S. 281. 82

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von denen die effektive Geltung der Grundrechtsnormen oder die Möglichkeit ihrer praktischen Wahrnehmung abhängt, die jedoch nicht Bestandteil der Grundrechtsnormen sind“85. Die Grundrechtsnorm deckt ihre Voraussetzungen nicht ab und nimmt sie auch nicht in sich auf.86 Wenn es also um Voraussetzungsschutz gehen sollte, ist dieser gerade nicht in der grundrechtlichen Garantie der Religionsfreiheit selbst anzusiedeln, sondern eben dort, wo er angeordnet worden und geregelt ist, in Art. 139 WRV und, was seine näheren Ausformung betrifft, in den Feiertagsgesetzen. Die Verfassungsbestimmungen über den Sonn- und Feiertagsschutz werden durch Artikel 19 vertraglich abgesichert, wodurch den Kirchen erweiterte Rechte, nämlich Ansprüche auf Einhaltung der Vertragszusagen erwachsen sind.87 Nur bei Anerkennung einer solchen Rechtsfolge88 hat der Abschluss von Staatskirchenverträgen mit Vereinbarungen wie Artikel 19 einen Sinn.89 Die Kirchen können somit nach erfolgloser Anrufung der Freundschaftsklausel (Art. 26) Rechtsmittel gegen behördliche Ausnahme-Entscheidungen einlegen, allerdings nur soweit ihr Rechtsschutzinteresse reicht, dies würde z. B. fehlen bei der Erlaubnis von Sonntagsarbeit in Einzelfällen oder bei Störungen politischer Feiertage. Seit der Subjektivierung des Art. 139 WRV (i. V. m. Art. 140 GG) durch das Bundesverfassungsgericht (s. o.) erschöpft sich der den Kirchen zukommende Vorteil der Vertragsbestimmung gegenüber der Verfassungsbestimmung in ihrer Absicherungsfunktion.

85 J. Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen, HStR IX, 32011, § 190 Rn. 49. 86 Ebd., Rn. 55. 87 Vgl. dazu im Zusammenhang mit dem Streit über Verkaufszeiten in Badeorten Mecklenburg-Vorpommerns OVG Greifswald, NVwZ 2000, S. 948 (949), einem Gutachten von H. de Wall folgend (teilweise wiedergegeben in: H. de Wall, Subjektive Rechte aus Staatskirchenverträgen, ZevKR 45 (2000), S. 626 (627 f.)); ders., Zum subjektivem Recht, (Fn. 74), S. 860; zustimmend H. M. Heinig/M. Morlok, Der vertragliche Sonn- und Feiertagsschutz, (Fn. 13), S. 25 ff.; ferner K. Westphal, Die Garantie der Sonn- und Feiertage als Grundlage subjektiver Rechte, 2003, S. 187 ff. 88 Wobei offen bleiben kann, ob der Rückschluss des OVG Greifswald (Fn. 77) aus dem von den Verfassungstexten abweichenden Wortlaut des Vertrages, nämlich Zusicherung des Sonntagsschutzes speziell für die „kirchlichen Feiertage“, wesentlich für die Annahme eines subjektiven Rechts der Kirchen spricht; denn auch bei gleichlautenden Verfassungsbestimmungen dürfte der Vertragscharakter den Ausschlag geben. 89 So insbes. auch H. M. Heinig/M. Morlok, (Fn. 13), S. 28; auf diese Weise kann auch die von W. Rüfner, Die institutionelle Garantie, S. 455, beklagte mangelnde gerichtliche Kontrolle aktiviert werden.

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 23: Der staatliche Schutz der Sonntage und der kirchlichen Feiertage wird gewährleistet.

Regierungsbegründung Die Bestimmung des Artikels 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung, wonach der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt sind, wird hier landesrechtlich wiederholt.

Kommentierung 1. Artikel 23 entspricht nahezu wortgleich Artikel 19 des Ev. Vertrages SachsenAnhalt und sagt in Übereinstimmung mit Artikel 9 Abs. 1 der Landesverfassung, der die Artikel 140 GG/139 WRV übernommen hat, den Sonn- und Feiertagsschutz in gleichem Umfang zu. Die zusätzliche Formulierung eines „staatlichen“ Schutzes hat keine abweichende Bedeutung. Zwar betont die Amtliche Begründung, Artikel 23 wiederhole nur landesrechtlich die Aussage des Artikels 139 WRV, was nahelegen könnte, die vertragliche Zusicherung erstreckte sich nur auf die staatlich anerkannten Feiertage. Doch bezieht Artikel 23 sämtliche kirchlichen Feiertage ein, worunter gemäß § 7 des bei Vertragsschluss bereits geltenden Feiertagsgesetzes90 gerade auch die nicht anerkannten verstanden werden. Auch nach der Satzstellung bezieht sich „staatlich“ auf den Schutz, nicht auf die Feiertage. Schließlich zeigt der wörtlich übereinstimmende Artikel 2 Abs. 1 des Jüdischen Vertrages,91 der bekanntlich keine gesetzlich anerkannten Feiertage kennt, dass mit dieser Terminologie sämtliche Feiertage der jeweils betroffenen Religionsgemeinschaft gemeint sind. Der Begriff „staatlicher Schutz“ präzisiert demnach nur die zum Ausdruck kommende staatliche Verantwortung.

90 Jetzt: Gesetz über Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – FTG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 2002 (GVOBl. M-V S. 145), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Juni 2021 (GVOBl. M-V S. 1010). Nach § 2 sind gesetzliche Feiertage: Neujahrstag, Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Reformationstag, 1. und 2. Weihnachtsfeiertag; sonstige geschützte ev. Feiertage sind gemäß § 6 Karsamstag und Heiligabend. 91 Vertrag zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Mecklenburg Vorpommern vom 14. Juni 1996, GVOBl. M-V S. 557.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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2. Die auf der Grundlage von § 13 Abs. 2 Satz 1 ArbZG erlassene Bedarfsgewerbeordnung92 lässt zusätzlich Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot zu, die sich durchweg als sonntagsgerecht erweisen. Demgegenüber hat das OVG Greifswald eine inzwischen teilweise zurückgenommene Allgemeinverfügung des Wirtschaftsministeriums, die als „Bäder- und Fremdenverkehrsregelung 1999 – 2003“93 für 193 Städte und Gemeinden und für den Landkreis Rügen Verkaufsbeschränkungen weitgehend aufgehoben hatte, wegen fehlenden öffentlichen Interesses zu Recht als „offensichtlich rechtswidrig“ bezeichnet, weil die Ausnahmen vom generellen Ladenschluss unverhältnismäßig umfangreich und daher unvereinbar waren mit den verfassungs- und vertragsrechtlichen Zusagen.94 2. Thüringen Art. 20: Der Schutz der Sonntage und der staatlich anerkannten Feiertage wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Der Freistaat Thüringen wird gesetzliche Regelungen treffen, um den Schutz der Gottesdienste an kirchlichen Feiertagen, die nicht gesetzliche Feiertage sind, zu treffen.

Regierungsbegründung Diese Regelung entspricht Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung. Die darüber hinausgehende Regelung im Schlussprotokoll verweist auf das zukünftige Thüringer Feiertagsgesetz.

Kommentierung Artikel 20 beschränkt die konkrete vertragliche Gewährleistung in Übereinstimmung mit den Artikeln 140 GG/139 WRV und dem die Bundesbestimmungen übernehmenden Artikel 40 der Landesverfassung auf die Sonntage und die anerkannten kirchlichen Feiertage. Für nicht anerkannte kirchliche Feiertage ist gemäß Schlussprotokoll nur ein (polizeilicher) Schutz der Gottesdienste vorgesehen, jedoch im Unterschied zu § 3 Abs. 3 und 4 des Feiertagsgesetzes95 keine vertragliche Verpflich92 Landesverordnung über die Zulassung der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonnund Feiertagen (Bedarfsgewerbeverordnung – BedGewVO M-V) vom 31. August 1998 (GVOBl. M-V 1998, 802). 93 Vfg. v. 22. 7. 1998, nur in den Veröffentlichungsblättern der betroffenen Städte und Kreise abgedruckt. 94 Beschl. v. 4. 2. 2000, NVwZ 2000, S. 945 (947); vgl. auch Beschl. v. 22. 12. 1999, NVwZ 2000, S. 948 bezüglich der Klagebefugnis der Kirchen mit Literaturnachweisen. 95 Thüringer Feier- und Gedenktagsgesetz (ThürFGtG) vom 21. Dezember 1994 (GVBl. 1994, 1221), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2019 (GVBl. S. 22); § 2 ThürFGtG sieht als gesetzliche kirchliche Feiertage vor: Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Reformationstag, 1. und 2. Weihnachtsfeiertag, § 3 als evangelische „religiöse Feiertage“: Dreikönigstag, Gründonnerstag und Buß- und Bettag.

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tung zur Freistellung von Gottesdienstbesuchern. Als Schutzziel nennt § 4 Abs. 1 ThürFGtG in Abweichung von den Artikeln 140 GG/139 WRV nur die Arbeitsruhe; doch halten sich die übrigen Bestimmungen – z. T. sehr detailliert – an die in Wissenschaft und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des Sonn- und Feiertagsschutzes sowie der Ausnahmen, und damit an die verfassungsrechtlich vorgesehene Zielsetzung.96 3. Sachsen Art. 21: Der Schutz des Sonntags und der kirchlichen Feiertage wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Die Festlegung gesetzlicher und kirchlicher Feiertage erfolgt durch Landesgesetz. Soweit ein kirchlicher Feiertag nicht zugleich gesetzlicher Feiertag ist, gewährleistet der Freistaat, daß 1. Schüler und Auszubildende sowie 2. Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, soweit keine zwingenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen, den Hauptgottesdienst besuchen können und in dem dafür erforderlichen Umfang von ihrer Ausbildungs- und Arbeitsstelle fernbleiben können.

Regierungsbegründung Der Schutz des Sonntags und der staatlich anerkannten Feiertage ist grundgesetzlich und landesverfassungsrechtlich (Artikel 140 GG bzw. Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils i. V. m. Artikel 139 WRV) festgelegt. In der Kompetenz des Landesgesetzgebers liegt die nähere Festlegung der zu schützenden kirchlichen Feiertage wie auch die Konkretisierung des Schutzumfangs von Sonn- und Feiertagen (BVerwGE 79, 118, 122; 236, 241). Dabei muss allerdings die besondere Zweckbestimmung dieser Tage hinreichend geschützt sein (BVerwG a. a. O.). Die vertragliche Regelung, die sich an dem bereits in Kraft getretenen Gesetz über Sonnund Feiertage vom 10. November 1992 (GVB1. 536) orientiert, ermöglicht den Kirchen, Gottesdienste abzuhalten, die von den Kirchengemeindemitgliedern aufgrund der Befreiungsregelung auch tatsächlich besucht werden können. Durch die vertragliche Regelung ist der Landesgesetzgeber – innerhalb des verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmens – nicht in seiner Gestaltungsfreiheit beschränkt, welcher kirchliche Feiertag zugleich als gesetzlicher bestimmt wird.

Kommentierung 1. Artikel 21 präzisiert den Sonntagsschutz noch stärker als die anderen Verträge in den neuen Ländern, indem der Wortlaut den Sonntag in der Einzahl direkt als Institution anspricht, also nicht nur den Schutz aller Sonntage vertraglich zusagt; damit wird der Bestandsschutz ausdrücklich zugesichert. Satz 1 des Schlussprotokolls korreliert allerdings nicht mit Artikel 19 Vertrag Sachsen-Anhalt, der „kirchliche Feier96 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung bringt das ThürOVG (ThürVBl. 1996 S. 221), aus Anlass einer Beschwerde gegen die Verweigerung der Genehmigung eines Trödelmarktes an zwei Sonntagen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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tage“ als Oberbegriff für anerkannte und nicht anerkannte kirchliche Feiertage im Unterschied zur einengenden Bedeutung in Satz 1 verwendet; Satz 2 stellt aber die Bedeutung als Oberbegriff wieder her, und folgerichtig unterscheidet das Feiertagsgesetz97 „gesetzliche Feiertage“ (§ 1), zu denen auch der Buß- und Bettag gehört, von „religiösen Feiertagen“ (§ 3). Satz 2 des Schlussprotokolls sichert für die letztgenannten Feiertage die üblichen Freistellungen zu, allerdings beschränkt auf die Zeiten des Hauptgottesdienstes. 2. Der vertragliche Sonn- und Feiertagsschutz geht wie in den übrigen vier neuen Ländern über den verfassungsmäßigen Schutz der Artikel 140 GG/139 WRV und des Artikels 109 Abs. 4 der Landesverfassung, der die Bundesbestimmungen übernimmt, hinaus. In dem von den Verfassungen abgedeckten Bereich gelten die von Literatur und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze,98 die weitergehenden Zusagen sind durch die §§ 3, 5 und 6 SächsSFG umgesetzt worden. 4. Brandenburg Art. 18: Der Schutz der Sonntage und der gesetzlich anerkannten kirchlichen Feiertage wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Die gesetzlich anerkannten kirchlichen Feiertage werden durch Landesgesetz festgelegt. Neben den Sonntagen und den gesetzlich anerkannten Feiertagen achtet das Land auch die sonstigen kirchlichen Feiertage. Das Land trifft im Rahmen des geltenden Rechts Regelungen, die es den in Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Schulverhältnissen stehenden Angehörigen der Kirchen ermöglichen, an den sonstigen kirchlichen Feiertagen den Gottesdienst zu besuchen.

Regierungsbegründung Die Bestimmung wiederholt die Gewährleistung des Sonn- und Feiertagsschutzes nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV; Art. 14 LV; § 1 Feiertagsgesetz (FTG). Die gesetzlich anerkannten Feiertage sind in § 2 Abs. 1 FTG aufgezählt. Im Schlussprotokoll ist festgehalten, dass das Land auch die nicht gesetzlich anerkannten Feiertage achtet. Ein solcher Tag ist beispielsweise der Buß- und Bettag. Weiterhin folgt aus dem Schlussprotokoll die Verpflichtung des Landes, im Rahmen des geltenden Rechts Regelungen zu schaffen, die es den in Beschäftigungs-, Ausbil97 Gesetz über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen (SächsSFG) vom 10. November 1992 (SächsGVBl. S. 536), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 30. Januar 2013 (SächsGVBl. S. 2). Nach § 1 Abs. 1 SächsSFG sind gesetzliche Feiertage: Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam (in durch RVO festgelegten Regionen), vgl. Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über den regionalen Feiertag Fronleichnam (FronleichnamsVO) vom 4. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 417), geändert durch die Verordnung vom 30. Mai 1995 (SächsGVBl. S. 160), Reformationsfest, Buß- und Bettag, 1. und 2. Weihnachtsfeiertag; „religiöse“ ev. Feiertage (§ 3 Abs. 1 SächsSFG): Erscheinungstag (6.1.) und Gründonnerstag. 98 Vgl. insbes. das bemerkenswerte obiter dictum des Sächs. OVG (Bautzen) im Rahmen des Beschl. v. 20. 8. 1999 (SächsVBl. 1999, S. 301 – 302) zu der den Sonn- und Feiertagsschutz weitgehend aufhebenden Allgemeinverfügung der Stadt Leipzig v. 5. 6. 1999; vgl. andererseits SächsOVG, SächsVBl. 2003, S. 23 mit krit. Anm. von J. Rozek, ebenda S. 24 ff.

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Artikel 19 – Feiertagsschutz

dungs- und Schulverhältnissen stehenden Angehörigen der vertragschließenden Kirchen ermöglichen, an den sonstigen Feiertagen am evangelischen Gottesdienst teilzunehmen. Dem Bedürfnis nach Teilnahme am Gottesdienst an solchen Festtagen trägt derzeit bereits § 7 FTG Rechnung, wonach der Arbeitgeber von dort umschriebenen Ausnahmefällen abgesehen dem Arbeitnehmer oder Auszubildenden die Teilnahme am Gottesdienst zu ermöglichen hat.

Kommentierung 1. Artikel 18 einschließlich Schlussprotokoll berücksichtigen zwar alle kirchlichen Feiertage, sagen aber nur den staatlich anerkannten Feiertagen99 einen vertraglichen Schutz zu, während das Land die nicht anerkannten „religiösen“ Feiertage laut Satz 2 des Schlussprotokolls nur „achten“ will. Das schließt für letztere aber einen sich aus dem Recht auf Religionsfreiheit herleitenden polizeilichen Gottesdienstschutz nicht aus, sondern macht nur deutlich, dass ein Feiertagsschutz durch Arbeitsund Beschäftigungsverbote für diese Feiertage nicht vorgesehen ist. Die in Satz 3 des Schlussprotokolls ausgesprochene Ermöglichung des Gottesdienstes an nicht anerkannten Feiertagen ist in § 7 Feiertagsgesetz umgesetzt. Die Formulierung „im Rahmen des geltenden Rechts“ bedeutet keine Einschränkung, sondern den Hinweis auf die angestrebte Einordnung in die jeweiligen Rechtsbereiche, z. B. in das öffentliche Dienstrecht. Die Freistellungsregelung ist ausdrücklich begrenzt auf die Gottesdienstzeiten. Aus den „stillen“ Feiertagen, an denen Tanzveranstaltungen untersagt sind (§ 6 Abs. 2 Feiertagsgesetz100), wurden im Jahr 1997 Gründonnerstag und Karsamstag herausgenommen.101 2. Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot sind für sonntagsgerechte Serviceleistungen auf der Grundlage von § 13 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz in der Bedarfsgewerbeverordnung102, Ausnahmen von Verkaufsverboten nach dem Ladenschlussgesetz durch die Ladenschluss-Ausnahme-Verordnung103 geregelt. Die – umstrittene – Öff99 Vgl. dazu § 2 Abs. 1 Feiertagsgesetz v. 21. 3. 1991 (GVBl. I S. 44), zuletzt geändert durch Art. 3 des Ges. v. 6. 7. 1998 (GVBl. I S. 167); darunter fallende kirchliche Feiertage sind: Neujahrstag, Karfreitag, Ostersonntag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstsonntag, Pfingstmontag, Reformationsfest, 1. und. 2. Weihnachtsfeiertag; der Buß- und Bettag wurde durch Ges. v. 19. 12. 1994 (GVBl. I S. 514) als gesetzlich anerkannter Feiertag abgeschafft und in die teilgeschützten „stillen“ Feiertage eingeordnet, vgl. ferner K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 359 mit Fn. 89. 100 Gesetz über die Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz – FTG) vom 21. März 1991 (GVBl. I/91, [Nr. 06], S. 44), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2003 (GVBl. I/03, [Nr. 15], S. 287). 101 Vgl. Nr. 4 des Ges. v. 7. 4. 1997 (GVBl. I S. 12). 102 Verordnung über die Zulassung der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung (Bedarfsgewerbeverordnung – BedGewV) vom 13. November 1998 (GVBl. II/98, [Nr. 29], S. 622). 103 Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen in Kur-, Ausflugs- und Erholungsorten (Ladenschluss-Ausnahmeverordnung – LSchlAV) vom 9. Mai 2005 (GVBl. II/05, [Nr. 13], S. 238), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. November 2006 (GVBl. I/06, [Nr. 15], S. 158, 160).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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nung von Saunen, Bräunungs- und Fitnessstudios sowie von automatischen oder Selbstwaschanlagen an Sonn- und Feiertagen (§ 4 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 Feiertagsgesetz) erlaubte das Änderungsgesetz vom 7. 4. 1997.104 3. Satz 1 des Schlussprotokolls bekräftigt, dass die staatliche Anerkennung kirchlicher Feiertage im Hinblick auf die daraus resultierenden Grundrechtseingriffe nur – wie üblich – durch Gesetz, nicht z. B. durch Rechtsverordnungen vorgenommen werden kann, es sei denn es liegt eine gesetzliche Verordnungsermächtigung vor. Die Ermächtigung zur Anordnung einmaliger Feier-, Gedenk- oder Trauertage gemäß § 2 Abs. 3 Feiertagsgesetz105 erlaubt als einmalige Regelung die Form einer Allgemeinverfügung, bezieht sich aber in aller Regel nicht auf kirchliche Feiertage, sondern auf Tage des Gedenkens z. B. der Opfer einer Großkatastrophe. 4. Die vertragliche Schutzzusage entspricht inhaltlich dem üblichen Sonn- und Feiertagsschutz in der Bundesrepublik; die Amtliche Begründung verweist daher folgerichtig auf die Übereinstimmung mit den Artikeln 140 GG/139 WRV. Soweit sie sich außerdem auf Artikel 14 der Landesverfassung bezieht, in der als Schutzziel nur die Arbeitsruhe, nicht auch die „seelische Erhebung“ aufgeführt ist,106 kann dies dahingestellt bleiben, weil Artikel 14 wegen Verstoßes gegen höherrangiges Bundesrecht möglicherweise nichtig ist107 und weil in jedem Fall für landesrechtliche Regelungen oder Entscheidungen die Artikel 140 GG/139 WRV maßgeblich sind. § 3 Abs. 2 Feiertagsgesetz verbietet zwar nur Störungen der „äußeren Ruhe des Tages“, doch wird man zur Umschreibung dieses Schutzzweckes die für die Auslegung von Artikel 139 WRV entwickelten Kriterien der „öffentlichen bemerkbaren Arbeiten“, der Beachtung der Sonntagsgerechtigkeit und vor allem das Verhältnismäßigkeitsprinzip hinsichtlich der erlaubten gegenüber verbotenen Arbeiten anzuwenden haben.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 8: Der Schutz des Sonntags und der kirchlichen Feiertage wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Die Festlegung gesetzlicher und kirchlicher Feiertage erfolgt durch Landesgesetz. Soweit ein kirchlicher Feiertag nicht zugleich gesetzlicher Feiertag ist, gewährleistet der Freistaat, dass 104

GVBl. I/97 S. 32. Neugefasst durch Ges. v. 19. 12. 1994 (GVBl. I S. 514). 106 Art. 14 lautet: (1) Das Land schützt die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe. (2) Die mit Sonn- und Feiertagen verbundenen Traditionen sind zu achten. (3) Das Nähere regelt ein Gesetz. 107 So K.-H. Kästner, Der Sonntag, S. 356 f.; ferner W. Schatzschneider, Maschinenlaufzeiten und Feiertagsschutz, NJW 1989, S. 681 (683); A. Mattner, Sonn- und Feiertagsrecht, S. 179 f.; vgl. auch A. Hollerbach, Verfassung BW, Rn. 27. 105

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Artikel 19 – Feiertagsschutz

1. Schüler und Auszubildende sowie 2. Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, soweit keine zwingenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen, den Hauptgottesdienst besuchen können und in dem erforderlichen Umfang von ihrer Ausbildungs- und Arbeitsstelle fernbleiben können.

Regierungsbegründung Der Schutz des Sonntags und der staatlich anerkannten Feiertage ist auf Bundes- und Landesebene verfassungsrechtlich gewährleistet (Artikel 140 GG bzw. Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils in Verbindung mit Artikel 139 Weimarer Reichsverfassung). Dabei obliegt dem Landesgesetzgeber die nähere Ausgestaltung hinsichtlich der konkreten Festlegung der einzelnen kirchlichen Feiertage wie auch des Schutzumfangs von Sonn- und Feiertagen (BVerwGE 79, 118, 122). Die Regelung orientiert sich am Sächsischen Gesetz über Sonn- und Feiertage vom 10. November 1992 (SächsGVBl. S. 536). Sie garantiert der Kirche die Möglichkeit, dass ihre Mitglieder die Gottesdienste auch tatsächlich besuchen können. Die Regelung beschränkt die Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers nicht, welcher kirchliche Feiertag gleichzeitig als gesetzlicher Feiertag anerkannt wird.

Kommentierung Angesichts des mit Artikel 21 des Ev. Vertrages übereinstimmenden Wortlautes kann auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden. § 3 Abs. 1 SächsSFG108 enthält folgende katholische „religiöse“ Feiertage: Frühjahrsbußtag (Aschermittwoch), Fronleichnam (soweit nicht gesetzlicher Feiertag109), Johannestag (24. 6.), Peter und Paul (29. 6.), Mariä Himmelfahrt (15. 8.), Allerheiligen (1. 11.) und Mariä Empfängnis (8. 12.). Eine Erweiterung durch Rechtsverordnung (§ 3 Abs. 2 SächsSFG) ist nicht erfolgt. 2. Thüringen Art. 3: Der Schutz der Sonntage und der staatlich anerkannten kirchlichen Feiertage wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Der Freistaat Thüringen wird gesetzliche Regelungen treffen, um den Schutz der Gottesdienste an kirchlichen Feiertagen, die nicht gesetzliche Feiertage sind, zu gewährleisten.

Regierungsbegründung Diese Regelung entspricht Artikel 40 der Verfassung des Freistaats Thüringen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung. Der Freistaat 108

Vgl. Fn. 97. § 3 Abs. 1 SÄchSFG. Die Aufteilung ist geregelt in Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über den regionalen Feiertag Fronleichnam (FronleichnamsVO) vom 4. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 417), geändert durch die Verordnung vom 30. Mai 1995 (SächsGVBl. S. 160). 109

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verpflichtet sich, gesetzliche Regelungen zu treffen, um den Schutz der Gottesdienste an kirchlichen Feiertagen, die nicht gesetzliche Feiertage sind, zu gewährleisten.

Kommentierung Im Hinblick auf den mit Artikel 20 des Ev. Vertrages übereinstimmenden Wortlaut wird auf die dortigen Erläuterungen verwiesen. Katholische „religiöse“ Feiertage sind gemäß § 3 ThürFGtG110: Dreikönigstag, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen und Fronleichnam in den Gemeinden, in denen er nicht gesetzlicher Feiertag ist.111 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 7: Der staatliche Schutz der Sonntage und der kirchlichen Feiertage wird gewährleistet.

Regierungsbegründung Artikel 7 wiederholt landesrechtlich die Bestimmung des Art. 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 139 der Weimarer Verfassung, wonach der Sonntag und die staatlich anerkannten Festtage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt sind.

Kommentierung Artikel 7 stimmt mit Artikel 23 des Ev. Vertrages überein, so dass auf die dortige Erläuterung verwiesen werden kann. 4. Sachsen-Anhalt Art. 3: Der Schutz der Sonntage und kirchlichen Feiertage wird gewährleistet.

Regierungsbegründung Der Artikel sichert – übereinstimmend mit der Art. 139 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 i. V. m. Art. 140 GG – den Schutz kirchlicher Feiertage. Der gesetzliche Schutz im Land Sachsen-Anhalt ist im Einzelnen in den §§ 3 ff. des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage vom 22. Mai 1992 (GVBl. LSA S. 356), zuletzt geändert durch 2. ÄndG v. 16. 12. 1994 (GVBl. LSA S. 1044), geregelt. Art. 3 hat nicht die Funktion, die anerkannten kirchlichen Feiertage festzulegen oder aufrecht zu erhalten, statuiert also keinen Bestandsschutz, sondern nur den sogenannten Durchführungsschutz. Nach § 2 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertages bestehen z. Z. in Sachsen-Anhalt, und zwar ganz überwiegend bundeseinheitlich, insgesamt folgende staatlich anerkannte Feiertage: der Neujahrstag, der Tag der Heiligen Drei Könige (06. Januar), der Karfreitag, der Ostermontag, der 01. Mai, der Tag Christi Himmelfahrt, der Pfingstmontag, der Tag der Deutschen Einheit (03. Oktober), der Reformationstag (31. Oktober), der 1. und der 2. Weihnachtsfeiertag. 110 111

S. Fn. 109. Siehe § 3 Abs. 1 Nr. 2 ThürFGtG.

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Artikel 19 – Feiertagsschutz

Kommentierung Artikel 3 stimmt wortgleich mit Artikel 19 des Ev. Vertrages überein, so dass auf die dortige Erläuterung verwiesen werden kann. 5. Brandenburg Art. 2: Der Schutz der Sonntage und der gesetzlich anerkannten kirchlichen Feiertage wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Die gesetzlich anerkannten kirchlichen Feiertage werden durch Landesgesetz festgelegt. Neben den Sonntagen und den gesetzlich anerkannten kirchlichen Feiertagen achtet das Land auch die sonstigen katholischen Feiertage. Das Land trifft im Rahmen des geltenden Rechts Regelungen, die es den in Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Schulverhältnissen stehenden Angehörigen der Katholischen Kirche ermöglichen, an den sonstigen katholischen Feiertagen den Gottesdienst zu besuchen.

Regierungsbegründung Der hier angesprochene Sonn- und Feiertagsschutz ist verfassungsrechtlich verbürgt (Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV; Art. 14 LV). Die gesetzlich anerkannten Feiertage sind in § 2 FTG genannt. Die Möglichkeit zum Gottesdienstbesuch an anderen katholischen Feiertagen (beispielsweise Dreikönige, Fronleichnam, Allerheiligen) wird durch § 7 FTG in dem dort beschriebenen Rahmen gewährleistet.

Kommentierung Die Vorschrift entspricht Art. 18 des evangelischen Kirchenvertrags Brandenburgs. Auf dessen Kommentierung wird verwiesen.

Artikel 20 – Seelsorgegeheimnis A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 20: Unberührt bleiben die gesetzlichen Bestimmungen, nach denen Geistliche, ihre Gehilfen und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, berechtigt sind, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist. Das Land wird für die Aufrechterhaltung dieses Schutzes des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses eintreten.

Regierungsbegründung Artikel 20 verweist auf die bundesgesetzlich festgelegten Tatbestände der Zeugnisverweigerung im Zusammenhang mit dem Beichtgeheimnis, für die dem Land eine Regelungsbefugnis fehlt, solange der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch macht. Da eine verfassungsrechtliche Absicherung des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses fehlt und der Bund durch Gesetzesänderung Korrekturen vornehmen könnte, verpflichtet sich das Land in Satz 2, im Rahmen seiner Kompetenzen, und sei es auch nur als Mitwirkender bei der Bundesgesetzgebung, sich für eine Aufrechterhaltung dieser Rechte einzusetzen.

Kommentierung

I. Religionsrechtliche Verschwiegenheitspflichten In Fortentwicklung des historisch überkommenen Beichtgeheimnisses unterliegt heute dasjenige, was im Rahmen der Seelsorge einem Geistlichen anvertraut wird, religionsrechtlich einer Verschwiegenheitsverpflichtung. Die evangelischen Kirchen kennen Verschwiegenheitspflichten für unterschiedliche Situationen. Das Beichtgeheimnis gilt als unverbrüchlich (vgl. § 2 Abs. 4 S. 2 SeelGG EKD, § 30 Abs. 1 PfDG EKD). Informationen, die im Rahmen der allgemeinen Seelsorge erlangt worden sind, sind vertraulich zu behandeln und unterliegen daher einer Schweigepflicht (§ 2 Abs. 5 SeelGG EKD). Sie ergibt sich für den Pfarrer aus § 4 Abs. 1 lit. c) SeelGG EKD und als Dienstpflicht aus dem Pfarrdienstgesetz (§ 30 Abs. 2 PfDG EKD). Werden Pfarrer von der Person, die sich ihnen anvertraut hat, von der Schweigepflicht entbunden, sollen sie gleichwohl sorgfältig prüfen, ob und inwieweit sie Aussagen oder Mitteilungen verantworten können. Hinzu tritt wie in der katholischen Kirche die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 31 Abs. 1 PfDG; S. 79). In absoluten Ausnahmefällen wird ein Bruch des Beichtgeheimnisses in Erwägung gezogen, wobei der Beichtende selbst nicht verraten werden darf. Die einschlä-

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Artikel 20 – Seelsorgegeheimnis

gigen Gesetze sehen aber keinerlei Ausnahmen vor, weder für das Beicht- noch für das allgemeine Seelsorgegeheimnis. Nur die Amtsverschwiegenheit kennt normierte Grenzen (siehe § 31 Abs. 2 PfDG EKD). Pfarrer müssen bei Verletzung ihrer Verschwiegenheitspflicht mit Disziplinarmaßnahmen gemäß §§ 9 ff. DG EKD rechnen; in Betracht kommen je nach Schwere des Verstoßes Geldbuße, Kürzung der Bezüge, Versetzung auf eine andere Stelle, Versetzung in den Ruhestand oder Entzug der Rechte aus der Ordination (S. 84).

II. Staatliche Rücksichtnahme auf religionsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtungen Die religionsrechtliche Verschwiegenheitspflicht kann mit Auskunfts- und Anzeigepflichten nach staatlichem Recht kollidieren. Diesen potenziellen Konflikt löst das geltende staatliche Recht mit Hilfe der Einräumung von Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechten (§ 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO; §§ 376, 383 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; § 98 VwGO; s. a. § 65 Abs. 2 S. 1 VwVfG) und durch staatskirchenrechtliche Anerkennung des Seelsorgegeheimnisses (siehe nur Art. 9 Reichskonkordat von 1933, dessen Schutzgehalt aus Gründen der Parität auch den evangelischen Kirchen zugute kommt) zugunsten des Religionsrechts auf. Das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB stellt die Geistlichen im Sinne eines Tatbestandsausschlusses1 von der Anzeigepflicht nach § 138 StGB generell frei. Diese Vorschriften nehmen Rücksicht auf die besondere Vertraulichkeit der in der Beichte oder im Seelsorgegespräch stattfindenden Kommunikation. Geschützt wird sowohl das Interesse des Gläubigen an der Geheimhaltung und Diskretion wie auch das Interesse des Geistlichen an der Einhaltung der Verschwiegenheitsverpflichtung, die ihm kirchenrechtlich auferlegt ist. Zu dieser individuellen Schutzrichtung tritt als weiteres, kollektives Schutzobjekt die Funktionsfähigkeit der Seelsorge als sozial wichtiger Institution hinzu. So schützt das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO in erster Linie das Vertrauensverhältnis zwischen dem Geistlichen und demjenigen, der sich ihm anvertraut.2 Dem Rat- und Hilfesuchenden soll die Möglichkeit eröffnet sein, sich mit einem Geistlichen zu besprechen, ohne befürchten zu müssen, dass dieser die ihm mitgeteilten Tatsachen und Umstände als Zeuge offenbaren muss. Zugleich wird dadurch der Glaubens- und Religionsfreiheit des Zeugen, dessen auf 1

Zur verfassungsrechtlichen Vorzugswürdigkeit dieser Deutung gegenüber der Annahme eines Rechtfertigungsgrundes vgl. B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 158 – 162. 2 BVerfG, Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279 (322).

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der Verschwiegenheitspflicht beruhende Konfliktsituation und seiner Berufsfreiheit angemessen Rechnung getragen und die Funktionstüchtigkeit der Seelsorge erhalten.3 Sowohl der Beichtvater/Seelsorger als auch das Beichtkind bzw. der um Seelsorge nachsuchende Gläubige machen mit der Beichte oder dem seelsorgerischen Gespräch von ihrer individuellen Religionsausübungsfreiheit (Art. 4 Abs. 2 GG) Gebrauch. Auch die Kirchen selbst, für die Beichte und Seelsorge konstitutive Institutionen darstellen, können insoweit wegen korporativer Dimension den Schutz der Religionsfreiheit reklamieren.4 Unter Geistlichen sind alle Religionsdiener zu verstehen, „denen unter Heraushebung aus der Gemeinde das Amt des religiösen Vollzugs und der seelischen Betreuung nach der in der Gemeinschaft herrschenden Ordnung anvertraut ist“. Nach der Rechtsprechung des BGH gilt als Geistlicher im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO auch ein Laie, der keine kirchliche Weihe erhalten hat, aber im Auftrag der Kirche hauptamtlich als Anstaltsseelsorger einer Justizvollzugsanstalt selbstständig Aufgaben wahrnimmt, die zum unmittelbaren Bereich seelsorgerischer Tätigkeit gehören.5 Entscheidend sei, dass ihm Aufgaben der Seelsorge zur selbständigen Wahrnehmung übertragen sind und in diesem Bereich zwischen ihm und dem betreuten Gefangenen ein auf ihn bezogenes eigenständiges Vertrauensverhältnis begründet wird.6 Auch das Bundesverfassungsgericht hat es für eine angemessene Begrenzung des Zeugnisverweigerungsrechts ausreichen lassen, dass ein Seelsorger, der nicht den Status eines ordinierten Pfarrers oder eine vergleichbare Stellung innehatte, von der Kirche hauptamtlich mit der seelsorgerischen Tätigkeit beauftragt worden war.7 Der Körperschaftsstatus der Kirche biete eine hinreichende Gewähr dafür, 3 Vgl. Weigend, Gutachten für den 62. Deutschen Juristentag 1998, C 81 f.; Radtke, ZevKR 2007, S. 617 (626 ff.); Fischedick, DÖV 2008, 584 (585 ff.); ders., Die Zeugnisverweigerungsrechte von Geistlichen und kirchlichen Mitarbeitern, 2006, S. 33 ff.; Neumann, Zeugnisverweigerungsrechte und strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen, 2005, S. 111 ff., 128 ff., 138 f. m. w. N. 4 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 104 unterstellt die seelsorgerische Aufgabenwahrnehmung auch dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV und entsprechendem Landesverfassungsrecht. Hier dürfte aber die Religionsfreiheit lex specialis sein. 5 So aus dem Schrifttum auch MüKo-StPO/Kreicker, 2. Aufl. 2023, Rn. 19; Radtke, ZevKR 2003, S. 385 (395); Ling, GA 2001, S. 325 (330 ff.); v. Campenhausen/Christoph, Göttinger Gutachten. Kirchenrechtliche Gutachten in den Jahren 1980 – 1990, 1994, S. 271 ff.; Baumann, JuS 1991, S. 466 (467); Peters, Strafprozess, 4. Aufl. 1985, S. 350; Stein, ZevKR 1976, S. 418 (419). 6 BGH, Beschluss vom 15. November 2006 – StB 15/06 –, juris, Rn. 9 = BGHSt 51, 140 (142). 7 BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2007 – 2 BvR 26/07, juris, Rn. 12 = NJW 2007, 1865 (1866).

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dass von dem Zeugnisverweigerungsrecht nicht unangemessen Gebrauch gemacht werde.8 Eine Beschränkung auf hauptamtliches Personal würde allerdings mit den Regelungen im Recht der evangelischen Kirchen in Widerspruch stehen, nach denen Seelsorgeaufgaben auch ehrenamtlich geleistet werden können.9 Letztlich spricht vor allem die Religionsfreiheit der Seelsorgesuchenden wie der Seelsorger selbst für eine den Anwendungsbereich der Geistlichenprivilegien an die Wahrnehmung und Inanspruchnahme seelsorgerischer Dienste unabhängig vom Status des Seelsorgers knüpfende funktionale Betrachtungsweise, die zugleich die Funktionsfähigkeit der Seelsorge als Aspekt korporativer Religionsfreiheit gewährleistet.10 Zudem fungiert die Religionsgemeinschaft, wenn sie die Seelsorgeaufgaben auch auf besonders beauftragte Laien überträgt, gleichsam als „Garantin der Seelsorge und des Seelsorgegeheimnisses“.11 Sachlich ist als Schutzgehalt nur genuin seelsorgerische Tätigkeit erfasst. Es muss sich folglich, damit das Geistlichenprivileg handelt um eine von religiösen Motiven und Zielsetzungen getragene Zuwendung handeln, die der Fürsorge für das seelische Wohl des Beistandssuchenden, der Hilfe im Leben oder Glauben benötigt, dient. Zu ihr gehören dagegen nicht Gespräche, Erkenntnisse oder Tätigkeiten des Geistlichen auf dem Gebiet des täglichen Lebens bei Gelegenheit der Ausübung von Seelsorge ohne Bezug zum seelischen Bereich. Deshalb ist ein Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO nicht anzuerkennen, soweit es sich bloß um eine karitative, fürsorgerische, erzieherische oder verwaltende Tätigkeit des Geistlichen handelt, wobei die im Einzelfall möglicherweise schwierige Abgrenzung zwar objektiv, aber in Zweifelsfällen auch unter Berücksichtigung der Gewissensentscheidung des Geistlichen zu beurteilen ist.12 Die Annahme der Unterscheidbarkeit seelsorgerischer und nichtseelsorgerischer Teile eines Gesprächs ist verfassungsrechtlich auch unter dem Gesichtspunkt der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG) nicht zu beanstanden.13 8 Vgl. BVerfGE 33, 367 (383 f.); BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2007 – BvR 26/07, juris, Rn. 12 = NJW 2007, 1865 (1866); Ling, GA 2001, S. 325 (326). 9 B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 145 f. 10 Vgl. dazu B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 127 f., 132. 11 H. de Wall, Der Schutz des Seelsorgegeheimnisses und das Seelsorgegeheimnisgesetz der EKD (SeelGG EKD), ZevKR 56 (2011), 4 (12). 12 BGH, Beschluss vom 20. Juli 1990 – StB 10/90 –, juris, Rn. 6 = BGHSt 37, 138 (140); BGH, Beschluss vom 15. November 2006 – StB 15/06 –, juris, Rn. 11 = BGHSt 51, 140 (141 ff.); BGH, Urteil vom 15. April 2010 – 4 StR 650/09 –, juris, Rn. 30 f.; Rogall, in: SKStPO § 53 Rn. 66. 13 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Januar 2007 – 2 BvR 26/07 –, juris, Rn. 14.

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Ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung des § 139 Abs. 2 StGB ist das Bestehen einer zwingenden religionsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht; denn nur dadurch kann die eine Gewissensnot hervorrufende Pflichtenkollision entstehen, die diese Vorschrift vermeiden will.14 Das Geistlichenprivileg des § 139 Abs. 2 StGB findet – anders als Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 StPO (siehe § 53a Abs. 1 StPO)15 – keine Anwendung auf die berufsmäßigen Gehilfen des Geistlichen. Die explizite Einführung des Gehilfenprivilegs in § 139 Abs. 3 S. 3 StGB im Jahr 2004 unter unveränderter Fortgeltung des § 139 Abs. 2 StGB bestätigt diese gesetzgeberische Entscheidung, die nicht durch abweichende Auslegung korrigiert werden kann.16 Die Wahrung des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses ist Teil der sich aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG) in seiner Abwehrfunktion ergebenden staatlichen Pflicht zur Unterlassung von Eingriffen. Nun unterliegt das Grundrecht der Religionsfreiheit nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG an sich verfassungsimmanenten Schranken durch gegenläufige Grundrechtspositionen sowie durch sonstige Rechtsgüter von Verfassungsrang, die auf der Grundlage gesetzlicher Bestimmungen zur Geltung gebracht werden können. Das BVerfG rechnet das Zwiegespräch mit dem Seelsorger aber sogar dem durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) geschützten Kernbereich unantastbarer privater Lebensgestaltung zu, der dem staatlichen Zugriff schlechthin entzogen ist. Der Schutz der Beichte und der Gespräche mit Beichtcharakter zählt zum verfassungsrechtlichen Menschenwürdegehalt der Religionsausübung und bedarf daher umfassenden Schutzes vor staatlicher Kenntnisnahme.17 Aber auch wenn man diese Einschätzung nicht teilen sollte, stellt § 139 Abs. 2 StGB ungeachtet eines dadurch entstehenden Schutzdefizits namentlich für die gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG staatlicherseits zu schützenden Rechtsgüter Leib und Leben mit Rücksicht auf die gebotene Schonung der Religionsfreiheit (noch immer) eine zumindest vertretbare Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers dar.18 Das Privileg analog § 139 Abs. 3 S. 1 HS. 1 StGB davon abhängig zu machen, dass sich der Geistliche ernsthaft bemüht hat, den Seelsorgesuchenden von der Tat 14 B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 155 f. 15 Zu bei der Seelsorge mithelfenden Personen im Sinne des § 53a Abs. 1 S. 1 StPO Stromberg, MDR 1974, 892. 16 Siehe dazu näher B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 146 – 149. 17 BVerfGE 109, 279 (322): siehe auch BT-Drucks. 16/5846 S. 35 [zu § 53b StPO-E, dem jetzigen § 160a Abs. 1 Satz 1 StPO]; ähnlich dort S. 25. 18 B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 166 ff.

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abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden, wäre zwar ein wirksameres Mittel zum Schutz der Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG als ein bedingungsfreier Verzicht auf eine strafbewehrte Anzeigepflicht. Eine solche strafbewehrte Bemühenspflicht griffe wohl auch nicht in Art. 4 Abs. 1 GG ein, weil eine entsprechende Bemühenspflicht ohnehin den moraltheologischen Grundsätzen der Kirchen und Religionsgemeinschaften entspricht. Sie würde aber den Geistlichen mit einer bisher nicht bestehenden rechtlichen Verhaltenspflicht belegen und belasten und ist daher mit einem intensiveren Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verbunden. Sie wäre daher für den Geistlichen nicht gleich milde wie § 139 Abs. 2 StGB.19 Eine strafbewehrte Pflicht zur Erfolgsabwendung unter Wahrung der Verschwiegenheitspflicht, durch die der Schutz von Leib und Leben verstärkt würde, wäre dem Geistlichen dagegen wohl zumutbar; denn der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit wiegt nicht sehr schwer. Durch eine solche Bemühenspflicht würde auch der Schutz auch normativ betrachtet verbessert. Der praktische Nutzen wäre aber gering. Angesichts der ohnehin bestehenden moralisch-religiösen Verpflichtung angesichts der erlangten Kenntnis von der Bedrohungslage für Leib und Leben eines anderen nicht untätig zu bleiben, würde sich die Pflichtenlage des Geistlichen faktisch nicht verändern. Außerdem würde ein Verstoß gegen die Bemühenspflicht kaum nachweisbar sein. Wenn über die Tatsache und den Inhalt der Beichte oder des seelsorgerischen Gesprächs Stillschweigen zu bewahren ist, dann wird in aller Regel auch nicht bekannt werden, dass eine Situation bestanden hat, die die besagte Bemühenspflicht auslöst. Da es bei der Schutzpflicht aber auf deren tatsächliche Wirksamkeit ankommt, und das Schutzniveau faktisch nicht angehoben würde, dürfte die Etablierung einer strafbewehrten Bemühenspflicht auch nicht die im Vergleich zu § 139 Abs. 2 StGB angemessenere und daher von Verfassungs wegen zwingend vorzuziehende Lösung sein.20 Es ist zudem zu berücksichtigen, dass nur dann erwartet werden kann, dass sich jemand in seelsorgerischen Gesprächen vollumfänglich öffnet, wenn er unbedingt auf die Verschwiegenheit des Gesprächspartners vertrauen kann. Jede Ausnahme von dieser Verschwiegenheit gleich in welchem Umfang und zu welchem Zweck würde dieses Vertrauen in größtem Maße beeinträchtigen, ja erschüttern. Die absolute Verschwiegenheitspflicht schützt daher auch das mit dieser unverzichtbaren Funktionsbedingung untrennbar verbundene Institut der Beichte und der Seelsorge.21

19 B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 190 – 192. 20 B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 200 – 204. 21 B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 212 f.

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Schließlich ist zu bedenken, dass ohne das Beicht- bzw. Seelsorgeangebot und den Schutz der kirchlicherseits zugesicherten Verschwiegenheit die fraglichen Informationen gar nicht erlangt würden, umgekehrt aber gerade das vom Beichtenden oder Seelsorgesuchenden selbst gesuchte Gespräch die Chance bietet, diesen von seinem Vorhaben abzubringen. Diese Einwirkungsmöglichkeit, möglicherweise sogar erfolgversprechender als eine Pflicht zur Anzeige, entfiele bei Abschaffung des Geistlichenprivilegs.

III. Die vertragliche Verpflichtung des Landes nach Satz 2 Die in Rede stehenden Regelungen zum Schutz des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses sind – mit Ausnahme der jeweiligen § 65 Abs. 2 S. 1 LVwVFGe – solche des Bundesrechts. Die Länder können sie weder abschaffen noch in ihrem Anwendungsbereich ausweiten. Solche Regelungen wären daher mangels Länderkompetenz verfassungswidrig und nichtig. Dementsprechend erklärt Art. 20 S. 1 diese Bestimmungen (des Bundesrechts) auch lediglich für „unberührt“, und das Land verpflichtet sich ausweislich der Regierungsbegründung in Satz 2 lediglich, aber immerhin, „im Rahmen seiner Kompetenzen, und sei es auch nur als Mitwirkender bei der Bundesgesetzgebung, sich für eine Aufrechterhaltung dieser Rechte einzusetzen“. Dies hat bezogen auf den Fortbestand der bundesrechtlichen Regelung, den das einzelne Land nicht garantieren kann, den Charakter einer Bemühenszusage, für das eigene diesbezügliche Verhalten bestehen dagegen zumindest Unterlassungsverpflichtungen. So darf sich das Land jedenfalls an (Bundesrats-)Initiativen, diese Rechte abzubauen oder zu vermindern, nicht beteiligen, sondern muss sich vielmehr dem, soweit es in seiner Rechtsmacht steht, widersetzen.22 Das betrifft insbesondere das Abstimmungsverhalten des Landes über einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundesrat. Die Vertreter des Landes dürften einem solchen Gesetzentwurf nicht zustimmen und müssten ggf. die Anrufung des Vermittlungsausschusses und sodann die Einlegung eines Einspruchs gemäß Art. 77 Abs. 2 u. 3 GG beantragen. 1. Rechtliche Wirksamkeit der Verpflichtung? Es ist allerdings fraglich, ob das Land insoweit gegenüber den Kirchen als Vertragsparteien eine rechtliche wirksame Verpflichtung eingehen kann, dergestalt, dass die Vertreter des Landes im Bundesrat gehalten sind, entsprechend abzustimmen. Das würde allgemein voraussetzen, dass sich Verfassungsorgane gegenüber Pri-

22 Vgl. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 215 f.; A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil-obstat-Frage, JöR 43 (1995), S. 327 (340).

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vaten in der Ausübung ihrer Kompetenzen jenseits ihrer Grundrechtsbindung und über diese hinaus – vertraglich binden können. Durchgreifende Zweifel an der Zulässigkeit der hier konkret in Rede stehenden vertraglichen Verpflichtung ergeben sich schon aus dem Umstand, dass die Mitglieder der Landesregierung, die das Land im Bundesrat vertreten, keinen Weisungen anderer Verfassungsorgane unterliegen. Eine „Instruktion“ der Mitglieder der Landesregierung im Bundesrat durch das Landesvolk, auch eine bloß rechtlich unverbindliche in der Weise, dass sich die Vertreter im Bundesrat daran orientieren und sie zur Richtschnur ihres Handelns im Bundesrat machen, ist nach der Struktur des Bundesrats ausgeschlossen.23 Auch das Landesparlament kann keine verbindlichen Vorgaben für das Abstimmungsverhalten machen, sondern die Landesregierung oder ein Mitglied der Landesregierung lediglich – auch wegen der Haltung der Landesregierung im Bundesrat – nach Landesverfassungsrecht zur Rechenschaft ziehen; diese Kompetenz liegt in der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament begründet. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund erscheint es ausgeschlossen, dass vertraglich ein Anspruch eines Grundrechtsträgers auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten von Mitgliedern der Landesregierung geschaffen werden könnte. Es dürfte sich daher folglich bei der Verpflichtung nach Art. 20 S. 2 überhaupt nur um eine politische, keine rechtlich-verbindliche Zusage des Landes handeln. 2. Klagbarkeit Sie ist schon deshalb auch nicht einklagbar. Eine auf die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung gerichtete Klage wäre – auch bei Erfolglosigkeit eines zunächst durch die Freundschaftsklausel gebotenen Verständigungsversuchs – unzulässig, weil die Vertragsbestimmung keine Rechtspflicht begründet. Im Übrigen würde es sich, eine wirksam begründete vertraglich Rechtspflicht des Landes einmal unterstellt, bei einer Klage auf Unterlassung einer Zustimmung zu einem Gesetzentwurf im Bundesrat um eine materielle verfassungsrechtliche Streitigkeit handeln, für die ungeachtet fehlender doppelter Verfassungsunmittelbarkeit – die klagenden Kirchen sind keine Verfassungsorgane – nicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet wäre. Wenn nämlich Verfassungsorgane Kompetenzstreitigkeiten als Organstreitigkeiten gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG und entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassung vor dem Bundesverfassungsgericht bzw. den Verfassungsgerichten der Länder auszutragen hätten, kann nicht zugleich für Klagen von Bürgern, die auf eine bestimmte Ausübung oder Nichtausübung von Kompetenzen gerichtet sind, der Verwaltungsrechtsweg gegeben sein.24 23 24

BVerfGE 8, 104 (119 f.). Vgl. W.-R. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 16. Aufl. 2019, § 3 IV 2 Rn. 130, S. 46.

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Sinn der Ausklammerung verfassungsrechtlicher Streitigkeiten aus dem Anwendungsbereich der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO ist es, die verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeiten auf die Gewährung von Rechtsschutz in Verwaltungsangelegenheiten zu beschränken. Dagegen sollen die Verwaltungsgerichte insbesondere nicht die Befugnis haben, sich in die Willensbildung und Betätigung oberster Verfassungsorgane einzumischen. Vielmehr sollen die diesbezüglichen Streitigkeiten dem qualifizierten Entscheidungsvorbehalt verfassungsgerichtlicher Erkenntnis unterstellt werden.25 Aber auch ein verfassungsgerichtliches Verfahren zur Durchsetzung eines vertraglich begründeten Anspruchs auf ein bestimmtes Staatsorganhandeln steht nicht zur Verfügung. 3. Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Menschenwürdekerns der Religionsfreiheit Davon unberührt bleibt die Möglichkeit gegen ein – mit oder ohne Zustimmung des Landes zustande gekommenes – Änderungsgesetz mit der Rüge der Verletzung der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG) Verfassungsbeschwerde zu erheben. Eine solche Verfassungsbeschwerde wäre auch erfolgreich, weil nach der o. a. Rechtsprechung des BVerfG beim Beicht- und Seelsorgegeheimnis der absolut geschützte Menschenwürdekern der Religionsfreiheit in Rede steht. Die Vertragsparteien gingen dagegen beim Abschluss des Wittenberger Vertrags dagegen ausweislich der Regierungsbegründung noch irrig davon aus, dass „eine verfassungsrechtliche Absicherung des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses fehlt“. Daher entsteht durch die Verneinung eines vertraglichen Anspruchs der Kirchen auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten des Landes im Bundesrat hinsichtlich einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über das Zeugnisverweigerungsrecht von Geistlichen und ihren Gehilfen über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekannt geworden ist, und aufgrund der fehlenden Klagbarkeit eines solchen Anspruchs letztlich auch keine Schutzlücke. Die Kirchen können unter unmittelbarer Berufung auf die korporative Seite der Religionsfreiheit die Wahrung des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses gegen seine gesetzliche Aushöhlung und Durchbrechung erfolgreich verteidigen.

25 Ehlers/Schneiders, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht (41. EL Juli 2021), VwGO § 40 Rn. 140.

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Artikel 20 – Seelsorgegeheimnis

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Verträge mit den evangelischen Landeskirchen 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 24: Geistliche sind auch in Verfahren, die dem Landesrecht unterliegen, berechtigt, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden ist.

Regierungsbegründung Das Zeugnisverweigerungsrecht ist an sich im Bundesrecht verankert. Daher ist dieser Artikel nur eine subsidiäre Vorschrift für den Fall, dass in einem dem Landesrecht unterliegenden Verwaltungsverfahren keine gesonderten Zeugnisverweigerungsrechte für Geistliche vorgesehen sind.

Kommentierung Es wird auf die Kommentierung von Art. 19 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg verwiesen (s. u.). 2. Thüringen Art. 21: Unberührt bleiben die gesetzlichen Bestimmungen, nach denen Geistliche, ihre Gehilfen und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, berechtigt sind, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekannt geworden ist. Der Freistaat Thüringen wird für die Aufrechterhaltung dieses Schutzes des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses eintreten.

Regierungsbegründung Durch Satz 2 verpflichtet sich der Freistaat, für die Aufrechterhaltung des gesetzlichen Schutzes des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses einzutreten.

Kommentierung Es wird auf die Kommentierung der inhaltsgleichen Regelung in Art. 20 Wittenberger Vertrag verwiesen. 3. Sachsen Keine vergleichbare Bestimmung.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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4. Brandenburg Art. 19: Geistliche, ihre Gehilfen und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, sind auch in Verfahren, die dem Landesrecht unterliegen, berechtigt, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist.

Regierungsbegründung Die Bestimmung ist entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen (§§ 53, 53a Strafprozessordnung, § 383 Zivilprozessordnung) nachgebildet. Für das Landesrecht findet sich eine entsprechende Festlegung beispielsweise in § 65 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Soweit andere Landesgesetze eine Zeugenpflicht begründen, ohne ausdrücklich das Recht zur Aussageverweigerung zu regeln, war bislang § 65 Abs. 1 VwVfG analog anzuwenden, da die Bestimmung Ausdruck allgemeiner rechtsstaatlicher Grundsätze ist. Nunmehr wird das Aussageverweigerungsrecht ausdrücklich für alle dem Landesrecht unterliegenden Bereiche festgeschrieben.

Kommentierung Anders als der Wittenberger Vertrag bestimmt Art. 19 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg für das Landesrecht, dass – unabhängig von der Anwendbarkeit des § 65 LVwVfG oder spezieller landesrechtlicher Regelungen – für Geistliche (ordinierte Pfarrer) und ihr Hilfspersonal ein Aussageverweigerungsrecht bezüglich dem, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden, für alle dem Landesrecht unterliegenden Bereiche zukommt. Die Vertragsbestimmung hat folglich teils bestätigenden und bekräftigenden, zum Teil – bei fehlender landesgesetzlicher Regelung – ergänzenden Charakter.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Keine vergleichbare Vorschrift 2. Thüringen Art. 2: Unberührt bleiben die gesetzlichen Bestimmungen, nach denen Geistliche, ihre Gehilfen und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, berechtigt sind, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut oder bekannt geworden ist. Der Freistaat Thüringen wird für die Aufrechterhaltung dieses Schutzes des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses eintreten.

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Artikel 20 – Seelsorgegeheimnis

Regierungsbegründung Diese Regelung über das seelsorgerische Zeugnisverweigerungsrecht entspricht den einschlägigen Bestimmungen des Prozessrechts des Bundes. Der Freistaat Thüringen verpflichtet sich durch Satz 2 darüber hinaus, für die Aufrechterhaltung dieses Schutzes einzutreten.

Kommentierung Es wird auf die Kommentierung des Art. 20 des Wittenberger Vertrags verwiesen. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 9: Geistliche sind auch in Verfahren, die dem Landesrecht unterliegen, berechtigt, das Zeugnis über die Angelegenheiten zu verweigern, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden sind.

Regierungsbegründung Artikel 9 schützt landesrechtlich und damit praktisch nur subsidiär das Zeugnisverweigerungsrecht für Geistliche für den Fall, dass in einem beamtenrechtlichen Verfahren kein gesondertes Zeugnisverweigerungsrecht für Geistliche vorgesehen ist.

Kommentierung Es wird auf die Kommentierung von Art. 19 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg verwiesen. 4. Sachsen-Anhalt Art. 1: (…) (…) (3) Unberührt bleiben die gesetzlichen Bestimmungen, nach denen Geistliche, ihre Gehilfen und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, berechtigt sind, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist. Das Land wird für die Aufrechterhaltung dieses Schutzes des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses eintreten.

Regierungsbegründung Abs. 3 verweist auf die bundesgesetzlich festgelegten Tatbestände der Zeugnisverweigerung im Zusammenhang mit dem Beichtgeheimnis, für die dem Land eine Regelungsbefugnis fehlt, solange der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch macht. Da eine verfassungsrechtliche Absicherung des Seelsorge- und Beichtgeheimnisses fehlt und der Bund durch Gesetzesänderung Korrekturen vornehmen könnte, verpflichtet sich das Land in Satz 2, im Rahmen seiner Kompetenzen, und sei es auch nur als Mitwirkender bei der Bundesgesetzgebung, sich für eine Aufrechterhaltung dieser Rechte einzusetzen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Kommentierung Die Regeln zum Ablauf und den Wirkungen der Beichte waren bis zum 20. Jahrhundert im Corpus Juris Canonici enthalten, der als umfassende Sammlung des kanonischen Rechs erst mit dem CIC von 1917 abgelöst wurde. Nach heutigem katholischem Verständnis, das sich kirchenrechtlich in den can. 959 ff. des CIC von 1983 niederschlägt, stehen das persönliche Sündenbekenntnis des Pönitenten und die Absolution durch den Priester im Zentrum des Bußsakraments. Die Versöhnung mit Gott und der Kirche und damit die Vergebung der Sünden können nur im Rahmen der sakramentalen Bußformen (Einzelbeichte, außerordentliche Generalabsolution bei Todesgefahr oder schwerer Notlage) erfolgen. Allein der Priester kann das Bußsakrament spenden; dafür muss er neben der Weihegewalt die Befugnis zu Absolution (facultas) besitzen. Gem. can. 988, 989 CIC 1983 ist jeder Gläubige ab Vollendung des 7. Lebensjahres verpflichtet, einmal im Jahr seine schweren Sünden zu beichten. Nichtsdestotrotz ist in weiten Teilen der Kirche die traditionelle Praxis der Einzelbeichte außer Übung gekommen. Was der Beichthörer durch die Beichte von dem Beichtenden erfährt, unterliegt dem Beichtgeheimnis. In Fortentwicklung des Beichtgeheimnisses unterliegt heute dasjenige, was im Rahmen der Seelsorge einem Geistlichen anvertraut wird, einer Verschwiegenheitsverpflichtung. Das Beichtsiegel wird mit der christlichen Liebe begründet, die den Nächsten nicht ohne Not bloßstellt (MT 18, 15). Erst das 4. Laterankonzil von 1215 verschriftlichte die bis dahin traditionell geltenden Grundsätze des Beichtgeheimnisses: Ein Priester sollte danach in keiner Weise den Sünder verraten dürfen. Wer eine ihm offenbarte Sünde preisgab, sollte das Priesteramt einbüßen und in strenge Klosterzucht genommen werden. Das Beichtsiegel wurde in der Praxis aber nicht strikt gehandhabt. In päpstlichen Dekretalen wurde der Beichtvater ermächtigt, alles zur Verhinderung einer geplanten Straftat zu unternehmen, solange dabei die Person des Beichtenden nicht enthüllt wurde, dies also ohne Verrat des Beichtkindes geschehen könne. Das Beichtgeheimnis hatte in der mittelalterlichen Dekretistik nur den Stand eines Grundsatzes mit nicht unerheblichen Ausnahmen. Erst das Tridentinum hat das Beichtgeheimnis allgemeiner und kategorischer aufgefasst. Von nun an wurde es von den Theologen strenger gehandhabt und keiner Güterabwägung mehr unterzogen.26 Can. 983 § 1 CIC 1983 erklärt nun das Beichtsiegel für unverletzlich. Die Verpflichtung, das Geheimnis der sakramentalen Beichte zu bewahren, gilt absolut. Eine Entbindung vom Beichtgeheimnis ist nach katholischem Kirchenrecht nicht möglich, auch nicht durch Erlaubnis des Pönitenten, weil dadurch nicht nur er, sondern auch das Bußsakrament als solches geschützt werden soll. Nach zutreffender Auffassung hat das Beichtgeheimnis auch durch das Motu Proprio „Sacramentorum sanctitatis tutela“ von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahr 2001 keine Einschrän26 Zur Kirchenrechtsgeschichte der Beichte siehe B. Görmar, Der verfassungsrechtliche Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit und das Geistlichenprivileg nach § 139 Abs. 2 StGB, Dissertation 2022 (noch unveröffentlicht), S. 57 ff.

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Artikel 20 – Seelsorgegeheimnis

kung erfahren; dieses begründet vielmehr eine kircheninterne Pflicht zur Information der Glaubenskongregation bei bestimmten Verstößen gegen das sechste Gebot durch den Klerus begründet. Darüber hinaus wird ein allgemeines Seelsorgegeheimnis, ohne explizite Regelung im Corpus Iuris Canonici, als bestehend vorausgesetzt; es bezieht sich auf Gespräche und Situationen, die nicht die Voraussetzungen einer sakramentalen Beichte erfüllen, aber der allgemeinen Seelsorge zuzuordnen sind. Die Einordnung und damit verbunden auch die Absolutheit ist allerdings umstritten. Soweit es als secretum commissum verstanden wird, erscheint eine Offenbarung des Geheimnisses zur Abwendung größeren Schadens bei geplanten Taten immerhin denkbar. Auch bei einer Deutung als secretum naturale wird bei Fruchtlosigkeit der Einwirkung auf den Schädiger eine Pflicht zur Verhinderung des Schadens als Folge christlicher Liebeslehre erwogen. Das Seelsorgegeheimnis dürfte daher nicht ebenso absolut gelten wie das Beichtgeheimnis. Der mit dem Geheimnis betraute Geistliche ist in seiner Handhabung etwas freier. Auf den Bruch des Beichtgeheimnisses steht nach katholischem Kirchenrecht die Tatstrafe der Exkommunikation (can. 1388 § 1 Fall1 CIC 1983). Unter Umständen kommt, wenn der Geheimnisverrat zur Verhinderung eines geplanten Verbrechens erfolgt ist, der Strafausschlussgrund nach can. 1323 Nr. 5 CIC 1983 im Sinne einer Nothilfe zur Abwehr eines anders nicht abwendbaren Angriffs gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit in Betracht. Sonstige Personen, die das Beichtgeheimnis betrifft, werden im Falle des Bruchs mit einer gerechten Strafe belegt (can. 1388 § 1 Fall 2 CIC 1983). Hinsichtlich der Regelung des Art. 1 Abs. 3 kann auf die Kommentierung des Art. 20 des Wittenberger Vertrags verwiesen werden. 5. Brandenburg Art. 9: Geistliche, ihre Gehilfen und Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, sind auch in Verfahren, die dem Landesrecht unterliegen, berechtigt, das Zeugnis über dasjenige zu verweigern, das ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist.

Regierungsbegründung Die Bestimmung sichert das Seelsorgegeheimnis durch Einräumung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Seelsorger und ihre Hilfskräfte. Die Bestimmung gibt kein absolutes Zeugnisverweigerungsrecht für den betroffenen Personenkreis, sondern umfasst nur solche Umstände, die dem Betroffenen gerade in seiner Eigenschaft als Seelsorger bekannt geworden sind. Die Sicherung des Seelsorgegeheimnisses ist Ausdruck rechtsstaatlicher Grundsätze und bundesrechtlich mehrfach verankert (vgl. §§ 53 Abs. 1 Satz 1 Buchst. 1, 53 a StPO, § 383 Abs. 1 Buchst. 4 ZPO). Für dem Landesrecht unterliegende förmliche Verwaltungsverfahren enthält

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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§ 65 Abs. 2 Satz 1 VwVfGBbg eine Verweisung auf die zivilprozessualen Vorschriften. Durch den Vertrag wird das Seelsorgegeheimnis nunmehr umfassend gesichert.

Kommentierung Es wird auf die Kommentierung von Art. 19 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg verwiesen.

Artikel 21 – Friedhöfe A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 21: (1) Die kirchlichen Friedhöfe genießen den gleichen staatlichen Schutz wie die kommunalen Friedhöfe. Die Kirchengemeinden haben das Recht, neue Friedhöfe anzulegen. Schlussprotokoll: Das Land wird sich dafür verwenden, dass die kommunalen Gebietskörperschaften, soweit erforderlich, Vereinbarungen mit Trägern evangelischer Friedhöfe über die Errichtung oder Instandsetzung von Friedhofsbauten abschließen. Unberührt bleibt darüber hinaus der mögliche Abschluss von Vereinbarungen über die Beteiligung der kommunalen Gebietskörperschaften an den Kosten eines Grundstückserwerbs und an den Verwaltungskosten, wenn sonst eine Erhöhung der Gebühren zu unzumutbaren Belastungen für die betroffenen Bürger führen würde. (2) Die Anerkennung der Benutzungs- und Gebührenordnung für kirchliche Friedhöfe richtet sich nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag des kirchlichen Rechtsträgers im Vollstreckungsverfahren durch die zuständige kommunale Vollstreckungsbehörde eingezogen. Die durch Vollstreckungsmaßnahmen entstandenen und nicht betreibbaren Verwaltungskosten und Auslagen sind der Vollstreckungsbehörde vom kirchlichen Träger zu erstatten.

Regierungsbegründung Der Artikel statuiert Friedhofsrechte der Kirchen, die mit dem Betreiben eigener Friedhöfe die Kommunen entlasten. Die Kommunen sollen daher auch Amtshilfe beim Einzug der Gebühren leisten (Absatz 2 Satz 2). Allerdings müssen sich die Kirchen bei ihrer Tätigkeit im Rahmen des allgemeinen Friedhofsrechts sowie des Planungs- und Baurechts bewegen, weshalb ein staatlicher Genehmigungsvorbehalt für die Friedhofsordnungen vorgesehen ist (Absatz 2 Satz 1). Rechtsgrundlage für das Friedhofswesen in Sachsen-Anhalt sind die Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 17. April 1980 (GBL I S. 159) sowie die Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung vom 17. April 1980 (GBL I S. 162), die als Landesrecht fortgelten. Für den Abschluss von in § 9 Abs. 3 der Durchführungsbestimmung erwähnten Vereinbarungen zwischen den Kirchen und den Kommunen über die Errichtung und Instandsetzung von Friedhofsbauten soll sich das Land laut Schlussprotokoll einsetzen. Ferner wird im Schlussprotokoll auf die Möglichkeit weiterer Vereinbarungen über eine mögliche Beteiligung der Kommunen an den Grundstückserwerbs- und Verwaltungskosten hingewiesen.

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Artikel 21 – Friedhöfe

Literatur H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 105, 394, 397 f. und passim; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, § 23 Rn. 1 ff.; H. Engelhardt, Bestattungswesen und Friedhofsrecht, HSKR, 2. Aufl. 1995, Bd. 2, S. 105 ff.; J. Gaedke/T. F. Barthel, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 13. Aufl. 2021; H. Schnell, Bestattungswesen und Friedhöfe, HSKR, 32020, Bd. 3, § 61, S. 2567 ff.; E. Sperling, Kirchliche Friedhöfe zwischen Bekenntnisfreiheit und Schrankenvorbehalt, DÖV 1993, S. 197 ff.; ders., Neue Akzente im Recht der kirchlichen Friedhöfe, ZevKR 33 (1988), S. 35 ff.; P. Unruh, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 137 WRV Rn. 69 ff.; A. Vulpius, Der Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinde Sachsen-Anhalt, KuR 1998 S. 221 ff.; ders., Verträge mit der Jüdischen Gemeinschaft, NVwZ 1996, 759 ff.; H. Weber, Benutzungszwang für Trauerhallen (Friedhofskapellen) und friedhofseigene Leichenkammern auf kirchlichen Friedhöfen, ZevKR 33 (1988), S. 15 ff.

Bedeutung und Hintergrund Die beim Betrieb kirchlicher Friedhöfe auftretenden zahlreichen Rechtsfragen gehen überwiegend darauf zurück, dass die beiden Großkirchen die Bestattung Verstorbener von alters her als Teil der kirchlichen Verkündigung betrachten – im evangelischen Bereich verankert in Kirchengesetzen und -verordnungen, im katholischen Bereich geregelt im CIC can. 1240 ff. und 1176 ff. – und dass es infolgedessen in früheren Jahrhunderten ausschließlich kirchliche Friedhöfe gab.1 Erst allmählich wurden die Bestattungen und der Betrieb von Friedhöfen der staatlichen gesundheitspolizeilichen Aufsicht unterstellt und die Anlage von Friedhöfen als kommunale Aufgabe erkannt, wenngleich vielerorts, vor allem in ländlichen Gebieten, immer noch ausschließlich kirchliche Friedhöfe bestehen, im Übrigen häufig kirchliche neben kommunalen Friedhöfen.2 Das Friedhofsrecht berücksichtigt einerseits die religiösen und ethischen Grundsätze, enthält andererseits vor allem Bestimmungen des Gesundheitsrechts, daneben wirtschaftliche Regelungen und solche des Naturschutzes und Denkmalschutzes. Es ist in Bestattungsgesetzen oder -verordnungen der Länder geregelt, ergänzt durch Bundesgesetze (u. a. Infektionsschutzgesetz sowie Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft), und in Kirchengesetzen und -verordnungen. Die kirchenvertraglichen Bestimmungen betreffen nur Ausschnitte aus dem Friedhofsrecht, auf die sich die nachfolgende Kommentierung auch im Wesentlichen beschränkt.

1 Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. u. a. R. Smend, Kirchenrechtliche Gutachten in den Jahren 1946 – 1969, 1972, S. 310 ff. 2 In Sachsen-Anhalt gab es zur Zeit der Vertragsverhandlungen über 600 kirchliche Friedhöfe, in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen befindet sich nach wie vor jedenfalls die Mehrzahl der Friedhöfe in kirchlicher Hand.

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Entstehungsgeschichte Der der Formulierung von Artikel 21 zugrunde liegende kirchliche Entwurf wurde in der 3. Sitzung von den Kirchen als Nachbildung der Bestimmungen des schleswig-holsteinischen und des rheinland-pfälzischen Kirchenvertrags bezeichnet, wozu die staatliche Seite insbesondere eine Prüfung des Begriffs „Anerkennung“ in Absatz 2 Satz 1 ankündigte. Zur Frage der Hilfe der Kommunen bei der Einziehung von Gebühren aus Dienstleistungen kirchlicher Friedhöfe teilten die staatlichen Vertreter in der 12. Sitzung mit, dass einer Übernahme der Vollstreckungsmaßnahmen, nicht aber der nichteintreibbaren Vollstreckungskosten zugestimmt werden könne. Zur Kostenfrage allgemein berichtete die kirchliche Seite von der Tendenz, aus Kostengründen kirchliche Friedhöfe an die Kommunen abzugeben, wenn die Kommune, deren Aufgabe von der Kirche übernommen werde, sich nicht an den Kosten beteilige. In der 20. und 21. Sitzung wurde auf staatlichen Vorschlag die Endfassung von Absatz 2 Satz 2 sowie des Schlussprotokolls vereinbart, für das Schlussprotokoll unter Bezugnahme auf noch geltendes DDR-Recht und – auf kirchlichen Wunsch – erweitert um eine mögliche kommunale Beteiligung an den Kosten des Grundstückserwerbs und der Verwaltung; im Bereich der Braunschweigischen Kirche sind nach gegebener Information die Gemeinden sogar zur Verfügungsstellung von Grundstücken verpflichtet. Absatz 2 Satz 1 wurde in der 21. und 23. Sitzung problematisiert; einerseits verwies das Land zur Frage der Gebührenordnung auf das noch geltende DDR-Recht, auf mögliche Rechtsänderungen und auf das durch Artikel 87 Absatz 3 der Landesverfassung garantierte Selbstverwaltungsrecht der Kommunen, anderseits erklärten die Kirchen, eine Fortführung kirchlicher Friedhöfe sei nicht möglich, wenn die Kommunen kostendeckende Gebühren nicht genehmigten. Unter Berücksichtigung der vorgetragenen Argumente einigten sich die Vertragspartner auf die Endfassung. Kommentierung a) Der Friedhof als abgegrenztes Grundstück zur Aufnahme einer Vielzahl Verstorbener wird als unselbständige, nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts eingestuft3, die nach den Friedhofsbestimmungen der Länder entweder von einer Kommune oder einer staatlichen Einrichtung oder aber von einer Religionsgemeinschaft mit Körperschaftsstatus betrieben wird. Die von den Kirchen – in der Regel von den Kirchengemeinden, vereinzelt aber auch von den Kirchenkreisen oder Stiftungen – gehaltenen, wenn auch nicht notwendig in kirchlichem Eigentum stehenden Friedhöfe gliedern sich in kirchliche Friedhöfe, die neben einem kommunalen Friedhof am Ort oder im selben Stadtteil bestehen, und sog. kirchliche „Monopolfriedhöfe“4 als einzige Friedhöfe in erreichbarer Nähe Verstorbener in Verbindung mit kom3 Vgl. H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 109; E. Sperling, Neue Akzente, S. 42; T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 1, Rn. 31; BVerwGE 17, 130 (133); BGHZ 19,130 (133), 25, 200 (206). 4 Der Begriff „Monopol“ ist unglücklich gewählt; Monopol bedeutet im Sprachgebrauch eine wirtschaftliche Machtstellung, also ein Plus gegenüber einem der Konkurrenz ausge-

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munalrechtlichem Benutzungszwang. „Monopolfriedhöfe“ gelten auch ohne gesetzliche oder satzungsmäßige Regelung als verpflichtet, auch Verstorbene, die nicht der den Friedhof betreibenden Kirche angehören, aufzunehmen, den Friedhof relativ neutral und auch für Nichtmitglieder wegen deren Recht auf negative Religionsfreiheit akzeptabel zu gestalten5 und Grabstellen unter denselben Bedingungen zur Verfügung zu stellen6 wie für Kirchenmitglieder7. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob der kirchliche Betreiber die genannten, wenn auch auf hergebrachten Rechten beruhenden Einschränkungen auf Dauer dulden muss, sofern die Kirchen sich nicht wie etwa in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und mittelbar auch in Sachsen kirchenvertraglich dazu verpflichtet haben, oder ob er zur Wahrung seiner Eigenständigkeit auch verlangen kann, dass die Kommune zusätzlich einen eigenen Friedhof anlegt.8 Dies dürfte vor allem auch für den – sicher seltenen – Fall gelten, dass ein Kommunalfriedhof geschlossen wird und der daneben bestehende kirchliche Friedhof ohne kirchliche Zustimmung automatisch zum „Monopolfriedhof“ mutiert. Notfalls kommen auch gesonderte Grabfelder für Nichtmitglieder auf kirchlichen Friedhöfen in Betracht.9 Zusammenfassend kann man die Interessenlage des kirchsetzten Betrieb. Doch sind „Monopolfriedhöfe“ längst auch eine Last für die Kirche, sofern nicht angemessene Einnahmen kircheneigene Mittel ersparen helfen; denn sie sind mit wesentlichen Einschränkungen verbunden, und der eigentliche kirchliche Auftrag, eine Stelle der Verkündigung zu schaffen, wird durch Zugeständnisse der verschiedensten Art verwässert. Eine „missionarische Funktion“ (so E. Sperling, Kirchliche Friedhöfe, S. 199) dürften kirchliche Friedhöfe schon lange nicht mehr haben. 5 Z. B. indem bei Benutzung von Friedhofsgebäuden – nicht aber von kirchlichen Friedhofskapellen, etwa mit einer Altarausstattung – durch Konfessionslose die christlichen Symbole verhüllt werden; nicht geduldet zu werden brauchen allerdings „kirchenfremde Bestattungsgebäude“ (vgl. OVG Bremen, NVwZ 1995, 804[(805]). 6 Die kirchliche Bestattungszeremonie bleibt allerdings auf sämtlichen Friedhöfen unangetastet; zur Rechtslage auf kommunalen Friedhöfen vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 23 Rn. 4 ff. sowie Art. 1 Abs. 4 Evangelischer Kirchenvertrag Mecklenburg-Vorpommern. 7 Die Gleichbehandlung aller Nutzer von „Monopolfriedhöfen“ wird abgeleitet vom staatlich ortsgebundenen Nutzer, ferner von der im Westfälischen Frieden von 1648 statuierten Verpflichtung der Kirchen, bei „Monopolfriedhöfen“ auch Mitglieder anderer Konfessionen aufzunehmen; vgl. dazu A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht § 23 Rn. 7; H. U. Anke, Neubestimmung, S. 398 f.; OVG Koblenz, NVwZ 1990, 96 (97) mit Nachweisen auch für die Erstreckung der Regelung auf Konfessionslose. 8 Bejahend H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 121; E. Sperling, Kirchliche Friedhöfe, S. 197, 199; L. Renck, Bekenntnisfreiheit und kirchliche Friedhöfe , DÖV 1992, S. 485 (487 f.); das Argument von H. de Wall, Die Befugnis der Kirchen zur Differenzierung nach dem Glauben, NVwZ 1995, 769 (770), die fehlende Aufgabenwahrnehmung durch die Kommune dürfe nicht eine Schlechterstellung der Bürger zur Folge haben, berücksichtigt die kirchlichen Rechte zu wenig; E. Sperling spricht von der „Bereitschaft“ der Kirchen, ihren Friedhof als Monopolfriedhof zur Verfügung zu stellen (Kirchliche Friedhöfe, S. 187). 9 Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 des sächsischen Bestattungsgesetzes vom 8. 7. 1994 (SächsGVBl. S. 1321) ebenso wie nach Art. 149 Abs. 2 Bayerische Verfassung („ohne räumliche Begrenzung“) allerdings ausgeschlossen; gesonderte Grabfelder können künftig für die Bestattung von Muslimen an Bedeutung gewinnen.

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lichen Betreibers eines „Monopolfriedhofs“ auf zweierlei Weise beschreiben: als Zwang, den Friedhof auch für Nichtmitglieder zu öffnen, oder – sowohl der ursprüngliche Ansatz – als dem religiösen Auftrag gerecht werdende Weiterführung des eigenen Friedhofs trotz Beanspruchung des Bestattungswesens durch den Staat unter Akzeptanz der Bedingung einer Öffnung für alle Bürger. b) Eine Religionsgemeinschaft als Friedhofsbetreiber wird nach überwiegender Meinung gegenüber dem Benutzer hoheitlich tätig.10 Doch bezöge sich dann eine solche abgeleitete staatliche Autorisierung auf den gesamten Betrieb kirchlicher Friedhöfe, der aber gerade als eigene Angelegenheit der Kirche zu klassifizieren ist. Auch gibt es z. B. im Privatschulrecht Gesetzesbestimmungen mit der ausdrücklichen Zulassung Privater für den Betrieb von Ersatzschulen, ohne dass deswegen der private Betreiber den Schülern hoheitlich gegenübertritt11 außer bei der Vergabe von Berechtigungen, deren Ausübung aber regelmäßig gesondert verliehen wird. An ausdrücklichen Ermächtigungen zum Erlass staatlich-hoheitlicher Friedhofsordnungen durch die Kirchen fehlt es dagegen in den Bestattungs- und Friedhofsgesetzen.12 Auch die Einziehung von Gebühren für die Nutzung kirchlicher Friedhöfe durch die Kommunen (Artikel 21 Abs. 2 Satz 2) ist kein Indiz für eine hoheitliche Tätigkeit, weil kommunale Amtshilfe auch für andere öffentlich-rechtliche Körperschaften ohne hoheitliche Tätigkeiten als Folge geleistet wird. Gegen eine kommunal-hoheitliche Tätigkeit spricht schließlich auch, dass die Kirchen bei Verletzung der Friedhofsordnung keine Ordnungswidrigkeitsbußen verhängen können. Die Frage der kommunal-hoheitlichen Betätigung der Kirchen kann jedoch letztlich offen bleiben, weil allgemeine Übereinstimmung darüber besteht, dass das Benutzungsverhältnis bei kirchlichen 10 Vgl. H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 110; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 23 Rn. 8 bei Monopolfriedhöfen; E. Sperling, Neue Akzente, S. 44; H. Weber, Benutzungszwang, S. 28 ff.; OVG Koblenz, NVwZ 1990, 96 (97); OVG Lüneburg, NVwZ 1995, 809; A. L. Renck, Rechtsprobleme der Benutzung kirchlicher Friedhöfe, DÖV 1993, S. 517 (519) sowie auch A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, HStR VI, § 138 Rn. 132 und § 140 Rn. 9, weil es für die Ermächtigung der Kirche, sei es durch Beauftragung, Beleihung, Gewohnheit oder gar durch den Körperschaftsstatus, in aller Regel an einer tragfähigen Rechtsgrundlage fehlen dürfte; anders bei ausdrücklicher gesetzlicher Beauftragung wie nach Art. 22 Abs. 2 Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen, nach Satz 1 des Schlussprotokolls zu Art. 16 Konkordat Sachsen-Anhalt und nach § 3 Abs. 1 und 2 des Friedhofgesetzes Berlin vom 1. November 1995 (GVBl. S. 707), die alle eine gesetzliche Ermächtigung der Kirchen für den Erlass von Friedhofsordnungen enthalten, ein wohl unverzichtbares Erfordernis, wie es L. Renck mit bemerkenswerter Begründung herausgearbeitet hat. Zu denken wäre zwar möglicherweise an die als Auftrag aufzufassenden Bestimmungen der Friedhofsgesetze über die alternative Mitwirkung der Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus (vgl. § 19 Abs. 3 des Bestattungsgesetzes Sachsen-Anhalt vom 5. 2. 2002 – GVBl. LSA 2002, 46, der lautet: Kirchengemeinden und Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, können eigene Friedhöfe anlegen, unterhalten und erweitern (kirchliche Friedhöfe)); doch schafft diese Bestimmung nur eine Alternative, enthält aber keine Aussage über die Rechtsform. 11 Vgl. W. Loschelder, Kirchen als Schulträger, HSKR, Bd. 2, 21995, § 55, S. 511, 513 und 535. 12 Ausnahmen siehe Fn. 10.

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Friedhöfen kraft der kirchlichen Autonomie gegenüber allen Benutzern öffentlichrechtlich gestaltet ist, worauf auch schon die Beschränkung der nichtkommunalen Friedhofsbetreiber auf Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus hinweist und vermittels der Satzungsgewalt mit verbindlichen Regelungen ausgestattet werden kann. Ausnahmen bestehen, wenn der kirchliche Träger ausdrücklich privatrechtliche Verträge abschließt, was grundsätzlich zulässig ist und z. B. bei Familiengrabstätten dem Benutzer eine rechtlich stärkere Position einräumen kann.13 c) Die staatskirchenrechtliche Einordnung kirchlicher Friedhöfe hat sich gewandelt. Während bis vor kurzem die herrschende Meinung den Betrieb kirchlicher Friedhöfe als gemeinsame Angelegenheit von Staat (Kommune) und Kirche ansah,14 setzt sich in jüngster Zeit zu Recht die Auffassung durch, dass die Kirchen ihre Friedhöfe als Teil der religiösen Verkündigung15 im Rahmen des Rechts auf Religionsfreiheit und damit als eigene Angelegenheit betreiben.16 Dies hat zur Folge, dass die Kirchen als Friedhofsträger keiner allgemeinen Staats- bzw. Kommunalaufsicht unterliegen17, wohl aber den „Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ im Sinne von Artikel 140 GG/137 Abs. 3 Satz 1 WRV.18 13

Vgl. OVG Koblenz, NVwZ 1990, 96 (97 f.), und wohl auch BGHZ 25, 200 (206 ff., 210). Vgl. P. Mikat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Die Grundrechte, hrsg. von K. A. Bettermann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner, Bd. IV/1, 1960, S. 199 f.; K. Hesse, Rechtsschutz durch staatliche Gerichte im kirchlichen Bereich, 1956, S. 155; H. Weber, Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes, 1966, S. 56, 96; W. Rüfner, Essener Gespräche Bd. 7 (1972), S. 13 f.; BVerwGE 25, 364 (366); OVG Bremen, NVwZ 1995, 804 (805). 15 So z. B. § 1 Satz 2 der VO zu den kirchlichen Friedhöfen in der Kirchenprovinz Sachsen (FriedhofsVO) vom 9. 2. 1996 (ABl. S. 29; ABl. EKD S. 211), aufgehoben durch Gesetz vom 27. 9. 2003, (ABl. EKD 2004 S. 23); eine überzeugende Zusammenfassung der Motive liefert die Präambel zum Friedhofgesetz der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg vom 7. 11. 1992 (KABl. 1993 S. 95). 16 So schon R. Smend, Kirchenrechtliche Gutachten, 1972, S. 304 ff.; vgl. ferner H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 109; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 23 Rn. 2 ff..; A. v. Campenhausen/P. Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 137 WRV Rn. 66 f.; E. Sperling, Neue Akzente, S. 39 f.; ders., Der Rechtsstatus der kommunalen und kirchlichen Friedhöfe, ZevKR 24 (1979,) S. 345 (353); B. Jeand’Heur/S. Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 2000, S. 234 Rn. 340. 17 Die gegenteiligen Bestimmungen des DDR-Rechts, die zur Zeit des Vertragsschlusses formell als Landesrecht weitergalten, insbesondere die §§ 2 Abs. 2 und 6, 9 Abs. 1, 10, 14 Abs. 1 und 16 der VO über das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 17. 4. 1980 (GBl. DDR I S. 159) sowie §§ 1 Abs. 2, 8, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 17. 4. 1980 (GBl. DDR I S. 162), sind zwar nur zum Teil durch Nr. 03 der Bek. der Neufassung des zu Landesrecht gewordenen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 1. 1. 1997 (GVBl. S. 246), fußend auf § 6 Abs. 1 sowie der Anlage zum Rechtsbereinigungsgesetz vom 26. 6. 1996 (GVBl. S. 210), für überholt erklärt worden, doch müssen sie durchweg als schon bei Vertragsschluss unvereinbar mit Art. 4 GG und Art. 140 GG/137 Abs. 3 WRV und daher als nicht mehr anwendbar angesehen werden. Die DDRBestimmungen wurden inzwischen durch § 32 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 des Bestattungsgesetzes vom 5. 2. 2002 (GVBl. S. 46) aufgehoben. 18 Siehe dazu Erl. A. [c)] zu Art. 7. 14

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d) Absatz 1 Satz 1 sagt den Kirchlichen Friedhöfen keinen herausgehobenen Schutz zu19 , sondern nur die Gleichbehandlung mit kommunalen Friedhöfen. Es gibt allerdings bei allen kirchlichen Friedhöfen Tatbestände, deren Schutz seine Rechtsgrundlage in Artikel 4 Abs. 2 GG hat. Dazu gehören insbesondere der Schutz des ungestörten Ablaufs der Beisetzungsfeierlichkeiten20 oder etwa ein (nicht abhängig vom „Schutz“) in der Friedhofsordnung vorgesehener Genehmigungsvorbehalt für das Auftreten eines Laienpredigers auf kirchlichen Friedhöfen.21 Im Übrigen umfasst der vertraglich zugesicherte staatliche Schutz neben dem allgemeinen polizeirechtlichen Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die auf Bundesrecht beruhende zwingende Verfolgung von Verstößen gegen einschlägige Tatbestände des Strafgesetzbuchs. Dazu gehören die ungestörte Gottesdiensthandlung (§ 167 StGB) einschließlich der Bestattungsfeier (§ 167a StGB), und zwar auch gegen „beschimpfenden Unfug“ (§ 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB), ferner der Schutz des Körpers oder der Asche Verstorbener sowie der Aufbahrungs-, Beisetzungs- und Totengedenkstätte (§ 168 StGB), sodann der Schutz der Grabmale gegen Beschädigung oder Zerstörung (§ 304 StGB) und der Schutz des gesamten Friedhofs gegen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB); schließlich ist nach § 132a Abs. 3 StGB das Tragen von Kleidungen, die kirchlicher Amtskleidung ähnlich sieht, durch nichtkirchliche Trauerredner strafbar.22 e) Das Recht der Kirchen nach Absatz 1 Satz 2, neue Friedhöfe anzulegen, setzt das Recht, bestehende Friedhöfe fortzuführen, voraus und umfasst ferner das Recht, bestehende Friedhöfe zu erweitern und alte Friedhöfe, etwa auf Kirchhöfen, wieder zu aktivieren. Die Regelung betrifft nur die Berechtigung gegenüber Staat und Kommunen; die innerkirchliche Berechtigung richtet sich nach den Friedhofsbestimmungen der jeweiligen Kirche. Absatz 1 Satz 2 sichert das Recht der Kirche auf das Betreiben von Friedhöfen in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 3 des seit dem 1. 3. 2002 geltenden Bestattungsgesetzes23 ebenso wie mit dem bis dahin geltenden § 9 Abs. 1 und 3 der DDR-Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen24 vertraglich ab. Grundsätzlich gehört die Betreibung von Friedhöfen – allerdings vorbehaltlich eines Bedarfs – zu den Pflichtaufgaben der Kommunen im Sinne von § 4 der Gemein19 Der aber unabhängig von Art. 21 für Kirchliche Friedhöfe als geschütztes Kirchengut besteht, s. Erl. A. [b)] zu Art. 7. 20 Vgl. dazu auch E. Sperling, Rechtsstatus (Fn. 16), S. 354. 21 Vgl. T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 9, Rn. 17. 22 Zu Einzelheiten sowie zum Schutz von Leichen und Leichenbeigaben vgl. T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 14, Rn. 15 ff., 21 ff. 23 Wortlaut s. Fn. 9. 24 Siehe Fn. 17; § 9 Abs. 1 lautete: Über die Neuanlage von Friedhöfen entscheidet der zuständige Rat des Kreises durch Beschluss. Erweiterungen sowie die Einstellung der Bestattung auf kommunalen oder kirchlichen Friedhöfen bedürfen seiner Zustimmung. Abs. 3: Für die Errichtung und Erhaltung der zum Betreiben des Friedhofs erforderlichen Bauwerke und Anlagen sind die Rechtsträger bzw. Eigentümer verantwortlich.

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deordnung.25 Der Bedarf hängt einerseits von der Zahl der Todesfälle im Gemeindegebiet, andererseits davon ab, ob bereits ein anderer, etwa auch ein kirchlicher Friedhof den Bedarf deckt. Die vorgeschriebene Bedarfsprüfung unterstreicht die Subsidiarität der kommunalen Bereitstellungspflicht. Die Kirchen sind ihrerseits, zum Teil anders als in früheren Jahrhunderten26, gegenüber den Kommunen frei in ihrer Entscheidung zur Anlegung, Erweiterung oder Schließung eines Friedhofs. Innerkirchlich gilt jedoch das Betreiben eines Friedhofs nach wie vor als wichtige Aufgabe.27 Dies ist Teil ihrer religiösen Betätigung und daher auch nicht abhängig von staatlicher oder kommunaler Genehmigung.28 Wohl aber sind die gesundheitspolizeilichen Bundes- und Landesbestimmungen29 sowie die Landschaftsschutzbestimmungen30 einschließlich des Grundwasserschutzes zu berücksichtigen; ferner muss das Friedhofsgrundstück im kommunalen Flächennutzungsplan Berücksichtigung finden können, und es muss aufschließbar und verkehrstechnisch anzubinden sein. Schließlich sind auch für alle Bauten die bundes- und landesrechtlichen Vorschriften zu beachten31, alles Ausfluss der „Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ (Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV), die im Wirkungsbereich dieser Gesetze auch staatliche und kommunale Aufsichtsrechte einschließen. Die Verwirklichung des Rechts der Kirchen ist im Verhältnis zur Kommune nicht von einem örtlichen Bedarf abhängig, kann aber innerkirchlich eine Bedarfsprüfung voraussetzen.32 Stellt die Kirchengemeinde mit Zustimmung ihrer Aufsichtsbehörde33 ein entsprechendes religiöses Bedürfnis fest, so ersetzt dies gegenüber der öffentlichen Hand die sonst für Friedhöfe geltende Bedarfsprüfung, und die Kirchengemeinde kann unter Berufung auf § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB eine Berücksichtigung

25 Vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 Bestattungsgesetz (Fn. 9), der lautet: Die Gemeinden sind verpflichtet, Friedhöfe anzulegen, zu unterhalten und zu erweitern, wenn dafür ein öffentlicher Bedarf besteht (Gemeindefriedhöfe); vgl. im Übrigen T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 2, Rn. 6. 26 Vgl. H. Engelhard, Bestattungswesen, S. 111; T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 2, Rn. 18. 27 Vgl. E. Sperling, Neue Akzente, S. 39: die Kirche als „Hüterin des Grabes“; vgl. ferner T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 2, Rn. 19; für kircheneigene Friedhöfe spricht sich auch die Entschließung der Grundstückskommission der EKD zur kirchlichen Trägerschaft von Friedhöfen vom 5. 11. 1992 aus. 28 Das Bestattungsgesetz (Fn. 9) hat daher auch von einem Genehmigungsvorbehalt abgesehen; vgl. im Übrigen A. v. Campenhausen/P. Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 137 WRV Rn. 70; T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 2, Rn. 22. 29 Für den Bund vgl. u. a. das Seuchenneuordnungsgesetz v. 20. 7. 2000 (BGBl. I S. 1045), das das Infektionsschutzgesetz (IfSG) beinhaltet. 30 Vgl. dazu BVerwG NVwZ 1998, 852 (853). 31 So auch ausdrücklich die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 16. 32 So § 13 Abs. 2 Friedhofsverordnung (Fn. 17). 33 Vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 Friedhofsverordnung (Fn. 17).

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ihrer Forderung verlangen.34 Eine Ausnahme könnte allerdings vorliegen, wenn sich die kirchliche Forderung im Rahmen der Ortsplanung nach Prüfung aller Möglichkeiten vernünftigerweise nicht verwirklichen lässt und der Kirchengemeinde daraufhin z. B. ein gesondertes Grabfeld auf einem kommunalen Friedhof angeboten wird. Gleiches muss gelten, wenn das kirchliche Vorhaben offensichtlich rechtsmissbräuchlich betrieben sein sollte, etwa um einen ungeliebten kommunalen Friedhof unrentabel werden zu lassen. Problematisch ist die Frage der Berechtigung der Kommune, Erschließungsbeiträge (§ 133 Abs. 1 BBauG) und Anliegerbeiträge (§§ 6 und 8 Kommunalabgabengesetz35) zu erheben. Eine Befreiung der Kirchen lässt sich jedenfalls nicht auf die Gebührenbefreiung nach Artikel 18 stützen, weil diese Beiträge keine Verwaltungsgebühren, sondern Ersatzleistungen für kommunale Vorleistungen sind, von denen auch das Land nicht befreit ist. Eine Heranziehung der Kirchen als Friedhofsträger hat das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich gerechtfertigt, allerdings auch die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses anerkannt36 ; doch sind die Kirchengemeinden zur Zahlung hoher Summen meist nicht in der Lage und können sich nur, um eine Schließung des Friedhofs zu vermeiden, auf Verhandlungen mit den Kommunen über einen Erlass zurückziehen mit dem Hinweis, dass der Betrieb des Friedhofs die öffentliche Hand entlaste.37 Das Recht der Kirchen auf Anlegung eines Friedhofs umfasst auch das Recht auf dessen Aufgabe, und zwar sowohl in Form der Beendigung von Bestattungen bei Fortbestehen des Friedhofs (Schließung), etwa aufgrund voller Belegung oder wegen Gesundheitsgefährdung, als auch durch Entwidmung, etwa mit dem Ziel einer anderen Verwendung.38 Eine Aufgabe ist ferner die aus Kostengründen vorgenommene Umwidmung in Gestalt der Übergabe an die Kommune39; sie kann durch kommunale Zuschüsse oder durch Gebührenerlass abgewendet werden. f) Satz 1 des Schlussprotokolls sieht Initiativen des Landes zugunsten kommunaler Hilfen für bauliche Maßnahmen auf kirchlichen Friedhöfen vor. Die dort genannten Vereinbarungen zwischen Kommunen und Kirchengemeinden gehen zurück auf die Kann-Vorschrift des § 13 der Ersten Durchführungsbestimmung zu § 9 Abs. 3 der DDR-Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen.40 Auch wenn das Be-

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Zur Berücksichtigung bei kommunalen Planungen vgl. H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 112 f. 35 Gesetz v. 11. 6. 1991 i. d. F. der Bek. vom13. 12. 1996 (GVBl. LSA 1996, 405). 36 Vgl. BVerwGE 38, 147 sowie BVerwG DVBl. 1979, 784. 37 Vgl. H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 144. 38 Zu Einzelfragen vgl. H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 144 f.; ferner BVerwG NVwZ 1993, 674 (Leitsatz). 39 In der Stadt Magdeburg wurden in den 90er Jahren drei von vier kirchlichen Friedhöfen abgetreten. 40 Fn. 17.

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stattungsgesetz vom 5. 2. 200241 derartige Vereinbarungen nicht mehr vorsieht, soll die Verpflichtung des Landes bezüglich entsprechender Initiativen, zu denen auch Aktivitäten ohne eine spezielle Anrufung durch eine Kirchengemeinde oder Kommune gehören, bestehen bleiben, letzteres auch deshalb, weil Kirchengemeinden sich oft vor einer Anrufung der Landesregierung scheuen, um örtliche Verstimmungen zu vermeiden.42 Im Übrigen setzen die Kirchengemeinden stark auf Ehrenamtliche und Nachbarschaftshilfen. Eine kirchenvertragliche Verpflichtung der Kommunen verbot sich im Hinblick auf deren Selbstbestimmungsrecht.43 Betroffen sind vor allem Leichenhallen und Trauerhallen (für nichtkonfessionsgebundene Benutzer), u. U. auch Verwaltungsgebäude und Krematorien. g) Die Vereinbarungen nach Satz 2 des Schlussprotokolls betreffen die Grundstückserwerbs- und die Verwaltungskosten.44 Grundsätzlich soll sich der Friedhof als öffentlich-rechtliche Anstalt selbst tragen. Satz 2 beschränkt zwar die Zweckbestimmung kommunaler Finanzhilfen auf das Niedrighalten der Friedhofgebühren45 im Interesse der Bürger, schließt aber sonstige freiwillige finanzielle Hilfen nicht aus, sondern sie erweisen sich als Erinnerungsposten für den wichtigsten Fall. Andere, im Schlussprotokoll nicht aufgeführte Gründe für eine Kostenbeteiligung der Kommune können die Vermeidung eines kommunalen Friedhofs oder dessen Erweiterung oder aber die Gegenleistung für die Aufnahme von Nichtmitgliedern auf kirchlichen Friedhöfen sein. Beim letztgenannten Zweck darf es allerdings nicht zu einem Druck auf die Kirchengemeinden kommen, von ihrem Recht der Nutzungsbeschränkung auf ihre Mitglieder abzugehen. Ebenfalls kann die Kommune keine Erhöhung kircheneigener Zuschüsse zur Gewährleistung niedriger Friedhofsgebühren fordern. h) Absatz 2 enthält Teilaussagen zu den Friedhofsordnungen als Benutzungs- und Gebührenordnungen sowie eine Regelung zu deren Durchsetzung. Da zur Zeit des Vertragsschlusses das Friedhofsrecht des Landes noch nicht neu geregelt war, legte das Land in Anlehnung an die Vertragsregelung in Rheinland-Pfalz und an die noch geltenden DDR-Vorschriften Wert auf Spielräume für eine künftige Gesetzesregelung zur Einschaltung des Landes oder der Kommune vor dem Wirksamwerden einer Friedhofsordnung; daher der Hinweis auf die „landesrechtlichen Bestimmungen“, die durch den Vertrag nicht präjudiziert werden sollten, ferner auf die Verwendung des unbestimmten Begriffs „Anerkennung“. Das später verabschiedete Bestattungsgesetz vom 5. 2. 200046 enthält jedoch in Übereinstimmung mit den Regelungen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen keinen staat41

Fn. 9. Bisher wurden nur wenige Vereinbarungen abgeschlossen; jedoch zeigten sich einige Kommunen auch ohne formelle Vereinbarung zur Finanzierung von Instandsetzungen bereit. 43 Anders in Sachsen auf der Grundlage von Art. 118 Abs. 1 Landesverfassung. 44 Zu den Erschließungs- und Anliegerbeiträgen siehe Erl. e). 45 Zu den Friedhofsgebühren insgesamt siehe Erl. h). 46 Fn. 9. 42

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lichen oder kommunalen Genehmigungsvorbehalt für Friedhofsordnungen,47 so dass Absatz 2 Satz 1 spätestens seit Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes ohne Bedeutung ist. Kirchliche Friedhofsordnungen sind nach dem kirchenrechtlich gültigen Zustandekommen, d. h. Beschluss des Gemeindekirchenrats, Genehmigung durch die kirchliche Aufsichtsbehörde (Konsistorium) und öffentliche Bekanntgabe (§§ 5 und 6 Friedhofsordnung der Kirchenprovinz Sachsen), als Satzungen für die Benutzer verbindlich, sofern sie nicht gegen übergeordnetes Recht, z. B. das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit48 oder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz49, verstoßen. Dies folgt nach der herrschenden Lehre aus dem hoheitlichen Handeln der Kirchengemeinde als Friedhofsträger, lässt sich aber auch aus der öffentlich-rechtlichen Anstaltshoheit des kirchenrechtlichen Friedhofs ableiten.50 Staatliche oder kommunale Genehmigungen gelten in Übereinstimmung mit dem Bestattungsgesetz und mit den Regelungen über die Anlage neuer kirchlicher Friedhöfe als weder erforderlich noch geboten.51 Dies schließt jedoch gesundheitspolizeiliche Überprüfungen, z. B. nach den Infektionsschutzbestimmungen52 einschließlich der Verhängung von Bußgeldern durch die zuständige Behörde53, nicht aus.54 Die Verordnungsermächtigung in § 28 Nr. 1 Bestattungsgesetz betrifft – aufgrund kirchlicher Intervention im Gesetzgebungsverfahren – folgerichtig nur hygienische Anforderungen55; die Amtliche Begründung56 bezieht den Vorbehalt der „Anmerkung“ auf die Einhaltung des Planungs- und Baurechts, die aber nur bei der Anlegung des Friedhofs, nicht aber bei dem Erlass von Friedhofsordnungen eine Rolle spielt und im Übrigen nur in dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch geltenden DDR-Recht 47

Vgl. auch die Ausführungen der Amtl. Begr. zu § 26 des Bestattungsgesetzes, LT-Drs. 3/ 4655, S. 40 f., in Abkehr von § 10 Abs. 2 der DDR-VO über das Bestattungs- und Friedhofswesen (Fn. 17), der allerdings bereits in der bereinigten Fassung v. 1. 1. 1997 (Fn. 17) nicht mehr enthalten war. 48 Vgl. BVerfGE 17, 119 (120). 49 Vgl. OVG Lüneburg NVwZ 1995, 809 (811). 50 Siehe Erl. b); vgl. auch E. Sperling, Neue Akzente, S. 40 f., und – für Gebührenordnungen – auch A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 23 Rn. 6, sowie T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 3, Rn. 42; verneinend H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 117, und H. Weber, Benutzungszwang, S. 29. 51 Vgl. H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 117; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 23 Rn. 4 ff.; a. A. mit Blick auf westdeutsche Regelungen R. Mainusch, Die öffentlichen Sachen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, 1995, S. 212, wenn auch mit dem Vorbehalt des staatlichen Missbrauchs; zu Nutzungsregelungen für kirchliche Friedhofsgebäude vgl. H. Weber, Benutzungszwang; siehe auch die abweichende Regelung in Art. 22 Abs. 3 Evangelischer Kirchenvertrag Thüringen. 52 S. Fn. 29. 53 Vgl. auch § 29 Abs. 2 i. V. m. § 28 Nr. 1 Bestattungsgesetz. 54 Siehe Erl. e). 55 Vgl. die Amtliche Begründung zum Bestattungsgesetz (Fn. 47), S. 22 Nr. 8. 56 S. Fn. 29.

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Artikel 21 – Friedhöfe

eine Rechtsgrundlage fand.57 Werden im Rahmen der kirchlichen Friedhofsverwaltung Gesetzesverstöße festgestellt, können sich die zuständigen Behörden an die kirchliche Aufsichtsbehörde wenden.58 Die kirchlichen Friedhofsordnungen enthalten in der Regel unterschiedliche Satzungsbestimmungen für „Monopolfriedhöfe“ mit erweitertem Benutzerkreis und solche für andere kirchliche Friedhöfe.59 Die Regelung des Bestattungs- und Friedhofszwangs kann naturgemäß nicht in Friedhofsordnungen aufgenommen, sondern nur durch Gesetze oder kommunale Satzungen eingeführt werden. Für die oft auch als Bestandteil der Friedhofsordnung positionierte Gebührenordnung ist die Frage umstritten, ob darin für Nichtmitglieder höhere Gebühren vorgesehen werden können als für Kirchenmitglieder. Grundsätzlich soll der Friedhofshaushalt als Anstaltshaushalt, für den auch kein Gewinn ausgewiesen werden darf, ausgeglichen sein. Doch scheitern Gebührenerhöhungen häufig an der fehlenden Zahlungskraft der Bürger, so dass die Kirchengemeinden mit Hilfe ehrenamtlich arbeitender Kräfte und Zuschüssen aus eigenen Mitteln aushelfen müssen.60 Damit können ebenso wie etwa aufgrund anstehender Zinszahlungen für die Kosten der Anlegung höhere Gebühren, wenn auch nicht willkürlich hohe61, gerechtfertigt sein, jedenfalls bei Friedhöfen ohne „Monopol“-Charakter. Häufig wehren aber die Kommunen durch Zuschüsse Unterschiede bei der Gebührenhöhe ab in der Erkenntnis, dass die Kirchen ihnen mit dem Betreiben eines Friedhofs hohe Belastungen abnehmen.62 i) Absatz 2 Satz 2 sieht den Gebühreneinzug auf kirchlichen Antrag durch die kommunale Vollstreckungsbehörde vor,63 weil die Kirchen über keine eigenen Zwangsvollstreckungseinrichtungen verfügen. Die Vollstreckung setzt einen aufgrund einer gültigen Satzung, also auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erteilten Gebührenbescheid mit Rechtsmittelbelehrung voraus. Hat die Kirchengemeinde ausnahmsweise einen privatrechtlichen Vertrag über eine Grabnutzung abgeschlossen, muss sie zur Durchsetzung ihrer Forderungen den ordentlichen Rechtsweg beschreiten. Die Vollstreckung der Gebührenbescheide erfolgt nach Übersendung des Voll57

Siehe Erl. f). Vgl. die Amtliche Begründung zu § 26 Bestattungsgesetz (Fn. 47), S. 41. 59 Zum Inhalt vgl. T. F. Barthel, in: J. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Kap. 3, Rn. 56 f., insbes. S. 81; E. Sperling, Neue Akzente, S. 44 ff.; H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 118 sowie § 25 Bestattungsgesetz (Fn. 9). 60 Vgl. dazu OVG Lüneburg, ZevKR 4 (1955), S. 222 (223), sowie OVG Bremen, NVwZ 1995, 804 (805 f.), wenngleich das dort angeführte Argument der „Verhaltenssteuerung“, also der Werbung für Kirchenmitgliedschaft nicht überzeugt. 61 Vgl. OVG Bremen (Fn. 61) sowie OVG Lüneburg, NVwZ 1995, 807 (808). 62 Zum Gesamtkomplex vgl. H. Engelhardt, Bestattungswesen, S. 121 f.; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 23 Rn. 4 ff.; J. E. Christoph, Besprechung Gaedke, ZevKR 38 (1993), 123 (124); OVG Lüneburg, ZevKR 34 (1989), S. 206; Niedersächsisches OVG, DVBl. 1993, 266 (267 f.); OVG Bremen, NVwZ 1995, 804. 63 Zur Vollstreckung in westdeutschen Ländern vgl. z. B. OVG Bremen (Fn. 61). 58

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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streckungsauftrags und des Bescheids (einschließlich Widerrufsbescheids) an die Kommune gemäß § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes64 auf der Rechtsgrundlage des Artikels 21. k) Die Zusage der Vollstreckung durch die kommunale Vollstreckungsbehörde ist eine Unterform der Amtshilfe,65 die in der Regel nicht kostenlos gewährt wird.66 Absatz 2 Satz 3 enthält dennoch keine Regelung für den Ersatz von Vollstreckungskosten,67 es sei denn die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckungsgebühr und die Auslagen beim Schuldner nicht beitreiben.68 Der Kommune sollen jedenfalls keine zusätzlichen Kosten entstehen. Unter „Verwaltungskosten“ dürfen die für die einzelnen Amtshandlungen festgesetzten Gebühren sowie der „Verwaltungsaufwand“ bei Vollstreckungsersuchen zu verstehen sein, da die „Auslagen“ in Absatz 2 Satz 3 des Vertrages zusätzlich aufgeführt sind. Eine Aufstellung üblicher Auslagen – u. a. Kosten für Ferngespräche, der öffentlichen Bekanntmachung, Reisekosten, Honorare für Sachverständige, Schreiben – enthält § 14 Abs. 2 Verwaltungskostengesetz69. l) Der Rechtsweg für die Benutzer kirchlicher Friedhöfe orientiert sich am öffentlich-rechtlich hoheitlichen Benutzerverhältnis, das den Verwaltungsrechtsweg impliziert.70

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 10: (1) Die kirchlichen Friedhöfe genießen den gleichen Schutz wie die kommunalen Friedhöfe.

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In der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 2. 2015 (GVBl. LSA 2015, 50, 51). Zur Amtshilfe für Kirchen und dem Verhältnis zur Vollstreckungshilfe vgl. D. Ehlers, Rechts- und Amtshilfe, HSKR, 32020, § 79, S. 3315 (3332 Rn. 26). 66 Vgl. D. Ehlers (Fn. 65) S. 3336 Rn. 31. 67 Anders Art. 20 Abs. 4 Satz 2 Evangelischer Vertrag Brandenburg. 68 Vgl. § 7b Abs. 2 Vollstreckungsgesetz. 69 Gesetz vom 27. 6. 1991 (GVBl. LSA 1991, 154), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. 5. 2010 (GVBl. LSA S. 340). 70 Der Verwaltungsrechtsweg wird in ständiger Rechtsprechung bejaht, vgl. BVerwGE 25, 364 (366); BayVGH, ZevKR 38 (1993), S. 477 (480); OVG Lüneburg, NVwZ 1995, 807 und 1995 S. 809; OVG Bremen, NVwZ 1995, 804; ferner überwiegend auch in der Literatur, vgl. E. Sperling, Neue Akzente, S. 47; ders., Die öffentliche-rechtliche Regelungsbefugnis der Kirche, DÖV 1994, 207 (209); H. Weber, Benutzungszwang, S. 29; Chr. Meyer, Die Vermögensverwaltung und das Stiftungsrecht im Bereich der evangelischen Kirche, HSKR, Bd. 2, 2 1995, § 33, S. 907 (914). 65

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Artikel 21 – Friedhöfe

(2) Die Kirchengemeinden haben das Recht, im Rahmen der Gesetze neue Friedhöfe anzulegen. (3) Auf kirchlichen Friedhöfen ist die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zu ermöglichen, wenn dort kein Gemeindefriedhof vorhanden ist. (4) Die Kirchen haben das Recht, auf öffentlichen Friedhöfen Gottesdienste und Andachten zu halten.

Regierungsbegründung Absatz 1 trägt der Tatsache Rechnung, daß in Mecklenburg und Vorpommern insbesondere im ländlichen Raum die kirchlichen Friedhöfe weithin die einzigen öffentlichen Friedhöfe sind. Sie werden deshalb wie die kommunalen Friedhöfe geschützt. Nach Absatz 2 können die Kirchen neue Friedhöfe anlegen. Absatz 3 legt fest, daß auf kirchlichen Friedhöfen die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zuzulassen ist, wenn der kirchliche Friedhof der einzige im Ort ist. Das in Absatz 4 bestätigte Recht der Kirchen, auf öffentlichen Friedhöfen Gottesdienste und Andachten zu halten, ist unbestritten. Hier wird es auch vertraglich abgesichert.

Kommentierung Artikel 10 sichert nur die wichtigsten Rechte und Pflichten der Träger kirchlicher Friedhöfe – das sind mehr als die Hälfte aller Friedhöfe im Land – einschließlich der „Monopolfriedhöfe“ vertraglich ab und überlässt die Verwaltungs-, Finanzierungsund Vollstreckungsregelungen dem Bestattungsrecht.71 Die Besonderheiten der Regelung des Bestattungsgesetzes bestehen in der Möglichkeit, kirchliche MonopolPositionen durch Vereinbarungen der Kommune mit anderen Friedhofsträgern zu 71 Bestattungsgesetz v. 3. 7. 1998 (GVOBl. M-V 1998, 617); zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Juli 2021 (GVOBl. M-V S. 1164, ber. 1326). § 14 Abs. 3 lautet: Die in Absatz 1 Nr. 1 und 3 genannten Körperschaften darunter die Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus] können Friedhöfe einrichten und unterhalten. Auf kirchlichen Friedhöfen ist Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zu ermöglichen, wenn die Gemeinde keinen eigenen Friedhof unterhält und auch keine Vereinbarung nach Absatz 2 Satz 2 geschlossen hat. In diesen Fällen hat sich die Gemeinde an den Kosten des Friedhofs zu beteiligen, die nicht durch Benutzungsentgelte gedeckt werden können. Absatz 4: Erhebt der Träger eines kirchlichen Friedhofs Benutzungsentgelte in der Form von öffentlich-rechtlichen Gebühren, so sind diese auf seinen Antrag von den Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte, den Bürgermeistern der amtsfreien Gemeinden und den Amtsvorstehern der Ämter im Wege der Vollstreckungshilfe nach den für die Verwaltungsvollstreckung geltenden Vorschriften beizutreiben. Kosten der Vollstreckungshilfe, die nicht durch Zahlung des Pflichtigen gedeckt werden, hat der Träger des kirchlichen Friedhofs der Vollstreckungsbehörde zu erstatten. Absatz 5 Der Träger des Friedhofs regelt die Ordnung, Benutzung und Gestaltung sowie die Ausübung gewerblicher Tätigkeit durch eine Friedhofssatzung. Der Träger ist verpflichtet, die Bestattungen zu dokumentieren, wobei Name, Lebensdaten der oder des Verstorbenen und Ort der Bestattung aufzunehmen sind. Absatz 6: Die Einrichtung oder Erweiterung von Friedhöfen bedarf der Genehmigung, die die Landräte oder die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte im Benehmen mit den zuständigen Wasserbehörden erteilen. Die Genehmigung ist öffentlich bekanntzugeben.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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vermeiden, sowie in der Verpflichtung der Kommunen zur Kostenbeteiligung an kirchlichen Friedhöfen und dem Genehmigungsvorbehalt für Anlegung oder Erweiterung kirchlicher Friedhöfe, der aber offenbar nur unter gesundheitspolizeilichen Gesichtspunkten angewendet werden soll. Die Evangelische Landeskirche Mecklenburgs hat zur Unterstützung ihrer Kirchengemeinden eine Musterfriedhofsordnung vom 11. 3. 198772 erstellt. Absatz 2 umfasst wie bei den anderen Verträgen nach ungeschriebenem Recht auch die Erweiterung bestehender Friedhöfe.73 Die Verpflichtung zur Aufnahme aller Verstorbenen bei „Monopolfriedhöfen“ nach Absatz 3 wird abhängig gemacht vom Fehlen eines kommunalen Friedhofs; die Verpflichtung des Friedhofsträgers bleibt auch dann bestehen, wenn eine andere Religionsgemeinschaft am Ort einen Friedhof unterhält; sie erstreckt sich dann aber nicht auf die Angehörigen der anderen Religionsgemeinschaft. 2. Thüringen Art. 22: (1) Kirchliche Friedhöfe genießen staatlichen Schutz. (2) Die Bestattung Nicht- und Andersgläubiger auf kirchlichen Monopolfriedhöfen wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Diese Gewährleistung steht unter der Voraussetzung, dass die für den Friedhof geltenden Vorschriften, insbesondere die über die Benutzung der Grabstätten, über die Liegedauer und über eine mögliche Entwidmung, anerkannt werden. (3) Die Benutzungs- und Gebührenordnungen für kirchliche Friedhöfe bedürfen der Genehmigung der für das Bestattungswesen zuständigen Behörden. Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag des kirchlichen Rechtsträgers im Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingezogen. Der Freistaat Thüringen bestimmt die zuständigen Vollstreckungsbehörden. Die durch Vollstreckungsmaßnahmen entstehenden und nicht beitreibbaren Verwaltungskosten und Auslagen sind vom kirchlichen Träger zu erstatten. Schlussprotokoll: Es besteht Übereinstimmung darüber, dass die staatliche Genehmigung der Benutzungsordnung nur aus ordnungsrechtlichen, insbesondere bau- und seuchenpolizeilichen Gründen versagt werden darf.

Regierungsbegründung Durch Absatz 2 wird die Bestattung Nicht- oder Andersgla¨ ubiger auf kirchlichen Monopolfriedho¨ fen unter der Voraussetzung gewa¨ hrleistet, dass die fu¨ r den Friedhof geltenden Vorschriften, insbesondere die u¨ ber die Nutzung der Grabsta¨ tten, u¨ ber die Liegedauer und eine mo¨ gliche Entwidmung, anerkannt werden. Diese Regelung tra¨ gt der einschla¨ gigen Rechtsprechung Rechnung.

72

KABl. S. 10. Dies wird ausdrücklich bestätigt durch die Amtliche Begründung zu Art. 5 Abs. 2 des Jüdischen Vertrages (vgl. LT-Drs. 2/1718, S. 9). 73

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Artikel 21 – Friedhöfe

Die Regelung in Absatz 3 formuliert den staatlichen Genehmigungsvorbehalt fu¨ r die Benutzungs- und Gebu¨ hrenordnungen kirchlicher Friedho¨ fe sowie die bei der Gebu¨ hrenvollstreckung zu beachtenden Regelungen. Im Schlussprotokoll zu Absatz 3 ist klargestellt, dass die staatliche Genehmigung der Benutzungsordnungen nur aus ordnungsrechtlichen, insbesondere bau- und seuchenpolizeilichen Gru¨ nden, versagt werden darf.

Kommentierung 1. Absatz 2 legt für „Monopolfriedhöfe“ die Bestattung von Nichtmitgliedern vertraglich fest, also unter ausdrücklichem Verzicht der Kirchen auf die Geltendmachung anderslautender Forderungen, allerdings mit den im Schlussprotokoll zu Absatz 2 enthalten drei Einschränkungen. Diese beziehen sich zunächst generell auf die für den kirchlichen Friedhof geltenden Vorschriften, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass der kirchliche Träger auf seinem Friedhof spezifisch christlich geprägte Bestimmungen zur Anwendung bringen kann, nämlich z. B. die Anbringung christlicher Symbole, das Verbot unchristlicher Merkmale (z. B. Teufelszeichen, Tierkreiszeichen oder Horoskope) oder die christliche Ausstattung von Trauerhallen; dies wirft allerdings die Frage auf, wieweit sich Nichtmitglieder im Fall eines Friedhofszwanges hiergegen wehren können74 oder auf einen anderen Friedhof ausweichen müssen. Die ferner vorgesehene „Anerkennung“ der Regelung über die Liegedauer und Entwidmung nimmt offenbar Bezug auf das Urteil des OVG Koblenz vom 19. 4. 198975, in dem der Kirche für „Monopolfriedhöfe“ das Recht auf (nachträgliche) Befristung der Liegedauer zugesprochen wurde. 2. Die in Absatz 3 Satz 1 enthaltene Genehmigungspflicht für Benutzungs- und Gebührenordnungen erhält durch das Schlussprotokoll die Einschränkung, dass sich die Genehmigung nur auf die Einhaltung ordnungsrechtlicher Vorschriften, also auf die „Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ (Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV) beziehen darf, nicht auf sonstige Bestimmungen zur Friedhofsgestaltung oder auf Zweckmäßigkeitsfragen, also auf eigene Angelegenheiten der Kirchen im Sinne von Artikel 137 Abs. 3 Satz 1 WRV. Damit entspricht die Regelung materiell Artikel 22 Abs. 1 Satz 2 des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen bezüglich der Genehmigungspflicht bei Anlegung und Erweiterung von Friedhöfen nach Maßgabe des Bestattungsgesetzes. 3. Sachsen Art. 22: (1) Die kirchlichen Friedhöfe unterstehen demselben staatlichen Schutz wie die kommunalen Friedhöfe. Die Kirchengemeinden sind berechtigt, nach Maßgabe der Gesetze neue Friedhöfe anzulegen und bestehende zu erweitern. 74

Siehe Erl. A. [a)] mit Fn. 5. NVwZ 1990, 96; vgl. auch den Hinweis auf die „einschlägige Rechtsprechung“ in der Amtlichen Begründung, LT-Drs. 1/3273, S. 14. 75

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Die kirchlichen Friedhofsträger können nach den für die Gemeinden geltenden Grundsätzen Benutzungs- und Gebührenordnungen erlassen. (3) Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag des kirchlichen Friedhofsträgers im Wege der Vollstreckungshilfe eingezogen. Schlussprotokoll: Von der staatlichen Vollstreckungshilfe sind nach übereinstimmender Auffassung der Vertragsparteien nur solche Gebühren erfasst, die nach der Gebührenordnung für die Benutzung und Unterhaltung der Friedhofsanlagen erhoben werden. Dagegen sind Gebühren für kirchliche Beisetzungsfeierlichkeiten, Fremdleistungen anderer Unternehmen sowie etwaige Gebühren für kirchliche Amtshandlungen nicht im Wege der Verwaltungsvollstreckung betreibbar.

Regierungsbegründung Zu Artikel 22 Das Bestattungswesen im Freistaat Sachsen ist durch die Besonderheit charakterisiert, dass der überwiegende Anteil von Friedhöfen in Trägerschaft der evangelischen Kirchen steht. Damit wird die gemeindliche Pflichtaufgabe, für ein ordnungsgemäßes, würdiges und gesundheitlich unbedenkliches Bestattungs- und Friedhofswesen Sorge zu tragen, in weitem Umfang von den Kirchen erfüllt. Hieraus rechtfertigt sich die in Abs. 1 ausgedrückte allgemeine Schutzpflicht des Staates. Das Bestattungs- und Friedhofswesen ist zudem eine kirchliche Aufgabe, weil Beisetzungen und Friedhofspflege unmittelbar religiöse Bezüge aufweisen. Nach übereinstimmender Auffassung der Vertragsparteien sind die Grundsätze der Benutzung und insbesondere der Gebührenerhebung für kirchliche Friedhöfe den für die Gemeinden geltenden Rechtsvorschriften anzugleichen, zumal nach ständiger Rechtsprechung entsprechende Gebührenbescheide durch die staatlichen Verwaltungsgerichte nachgeprüft werden können (vgl. BVerwGE 25, 364; OVG Lüneburg KirchE7,196, Nds. OVG DVB1. 1993, 266, 267). Die Regelung in Abs. 2 des Staatskirchenvertrages stellt in Verbindung mit den jeweiligen landesgesetzlichen Bestimmungen des Bestattungs- bzw. Kommunalabgabenrechts eine Rechtsgrundlage für den Erlass von Benutzungs- und Gebührenordnungen für kirchliche Friedhofsträger dar. Die Beschlussfassung, Genehmigungspflichten durch übergeordnete Kirchenbehörden sowie die Bekanntmachung dieser Satzungen richten sich nach innerkirchlichem Recht. In Absatz 3 wird die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag des kirchlichen Friedhofsträgers die Friedhofsgebühren im Wege der Vollstreckungshilfe einzuziehen. Diese Vertragsbestimmung wird durch das Schlussprotokoll insoweit präzisiert, als der Umfang der kirchlichen Gebühren, die der Vollstreckungshilfe unterliegen, genauer eingegrenzt wird. Da die Kirchen mit der Unterhaltung von Friedhöfen eine gemeindliche Pflichtaufgabe ausführen, können sie grundsätzlich Vollstreckungshilfe, die ein Unterfall der Amtshilfe ist, in Anspruch nehmen (vgl. Engelhardt, VwZG, § 1 Anmerkung 3 b). Soweit der hoheitliche Aufgabenbereich verlassen wird (z. B. durch den Bestattungsgottesdienst), entfällt die Grundlage für eine Vollstreckungshilfe (Engelhardt, Handbuch des Staatskirchenrechts II, S. 793). Daraus ergeben sich die im Schlussprotokoll niedergelegten Einschränkungen. Diese Regelung des Staatskirchenvertrages entspricht der geltenden Rechtslage und dient im Interesse der Rechtssicherheit einer eindeutigen Klarstellung, die für Staats- wie auch Kirchenbehörden handhabbar ist.

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Artikel 21 – Friedhöfe

Kommentierung 1. Der sächsische Vertrag nimmt eine Sonderstellung ein, indem er in Artikel 22 Abs. 2 eine Rechtsgrundlage für dem staatlichen Recht zuzuordnende Benutzungsund Gebührenordnungen und damit für ein staatlich-hoheitliches Tätigwerden des kirchlichen Friedhofsträgers schafft.76 Eine Genehmigung der Benutzungs- und Gebührenordnung ist nicht vorgesehen. Der Erlass dieser Anstaltsordnungen wird den Kirchen allerdings freigestellt; machen die Träger davon Gebrauch, so sind die Anstaltsordnungen „nach den für die Gemeinden geltenden Grundsätzen“ zu erlassen, was insbesondere bedeutet, dass „Monopolfriedhöfe“ auch Nichtmitgliedern offenstehen müssen77, dass nach Möglichkeit keine räumliche Absonderung vorgenommen wird78 und dass die Kommunen sich an den ungedeckten Friedhofkosten zu beteiligen haben.79 Schwierigkeiten entstehen in Sachsen bei der Anlegung und Unterhaltung von Trauerhallen und bei der Regelung von Abständen zwischen der Friedhofsgrenze und Neubauten.80 Während nach sächsischem Landesrecht schon Mitte des 19. Jahrhunderts aus gesundheitspolizeilichen Gründen die Kommunen zur Errichtung von Leichenhallen auch auf den – fast durchgehend bestehenden – kirchlichen Friedhöfen verpflichtet waren und in der DDR-Zeit keine rechtlichen Änderungen vorgenommen, sondern nur Absprachen getroffen wurden, sind Neubauten, Ei76 Vgl. die Amtl. Begr., LT-Drs. 1/4649, Begründung, S. 35 sowie St. Heitmann, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1995, S. 93 (97), der erläutert, dass mit dieser Regelung „der Streit bezüglich der Erforderlichkeit einer staatlichen Ermächtigungsgrundlage gegenstandlos“ geworden sei; die Regelung geht auch darauf zurück, dass sich in Sachsen 80 bis 85 % der Friedhöfe in kirchlicher Trägerschaft befinden und deshalb „eine weitgehende Gleichstellung kirchlicher und kommunaler Friedhöfe erreicht“ werden sollte, so Abg. Franke, LT-Protokolle, 1. Wahlperiode, 97. Sitzung, S. 6766. 77 Vgl. § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Bestattungsgesetz v. 8. 7. 1994 (SächsGVBl. S. 1321), zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 26. 4. 2018 (SächsGVBl. S. 198)), der lautet: (1) Auf nichtgemeindlichen Friedhöfen […], sind die in § 2 Abs. 2 genannten Verstorbenen aufzunehmen, soweit in zumutbarer Entfernung keine gemeindlichen Friedhöfe bestehen. Dies gilt auch dann, wenn es sich um andersgläubige oder konfessionslose Verstorbene handelt. Diese sind nach Möglichkeit ohne räumliche Absonderung von anderen Grabstellen zu bestatten; […]: (2) Die Gemeinden haben sich an dem Kostenaufwand anderer Träger […] angemessen zu beteiligen, soweit die Kosten nicht durch Einnahmen aus den für die Nutzer zumutbaren Gebühren gedeckt werden können. […]. Vgl. auch § 2 Abs. 2 lit. b) der Friedhofsordnung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens: „Ferner werden […] bestattet) Angehörige anderen Glaubens und Personen, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören, wenn ein kommunaler Friedhof am Ort nicht vorhanden ist, wenn der Friedhofsträger den kirchlichen Friedhof der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt hat oder wenn er ihre Bestattung im Einzelfall genehmigt.“ (VO vom 9. 5. 1995, KABl. S. 82). 78 § 4 Abs. 1 Satz 3 Bestattungsgesetz (Fn. 77). 79 § 4 Abs. 2 Bestattungsgesetz; die finanzielle Beteiligung geschieht auch in Anwendung von Art. 110 Abs. 1 der Landesverfassung, wenngleich sich der dort begründete Anspruch im vorliegenden Fall gegen die Kommune richtet; Art. 110 Abs. 1 lautet: Werden durch die Kirchen […] im öffentlichen Interesse liegende gemeinnützige Einrichtungen oder Anstalten unterhalten, so besteht Anspruch auf angemessene Kostenerstattung; anders noch vor Erlass des Bestattungsgesetzes P. Zweghert, Essener Gespräche Bd. 28 (1995), S. 211. 80 Vgl. H.-T. Conring/H. D. Knoth, Rezension, ZevKR 45 (2000 S. 441 (442).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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gentum und Unterhaltung nach 1990 zum Streitpunkt geworden, zumal Leichenhallen z. T. auch als Aufbewahrungsräume und damit als Teil der Bestattungsfeier genutzt wurden. Hier muss, weil altes Recht nicht aufgehoben wurde, gemäß § 4 Abs. 2 Bestattungsgesetz81 der Ausgleich über die angemessene Beteiligung der Kommunen durch Vereinbarungen mit dem kirchlichen Träger gefunden werden. Dabei ist der Umstand, dass die Kirchen die gemeindliche Pflichtaufgabe (§ 2 Abs. 1 Bestattungsgesetz) übernommen haben, aber auch eine sonst erforderlich werdende übermäßige Erhöhung der Friedhofsgebühren dem Gemeinwohl widerspräche, zu berücksichtigen. Eine Abstandsregelung gegenüber Wohn- und Gewerbegebäuden enthält § 5 Abs. 5 Bestattungsgesetz zwar nur für den Fall der Anlage neuer Friedhöfe (siehe § 5 Abs. 6 Bestattungsgesetz), doch gilt dieser Grundsatz im Interesse der „Ruhe und Würde des Friedhofs“ auch für den Abstand von Neubauten außerhalb schon bestehender Friedhöfe.82 2. Absatz 1 Satz 2 bestätigt zwar das Recht der Kirchen auf Anlegung neuer und Erweiterung bestehender Friedhöfe, verweist aber wie die übrigen Verträge auf die Gesetze, was in Sachsen bedeutet, dass Anlegung und Erweiterung von einer schriftlichen Genehmigung anhängig gemacht werden.83 Aus § 1 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Bestattungsgesetz ergibt sich aber, dass die Genehmigung keine Ermessensentscheidung darstellt, sondern nur der Prüfung der Einhaltung der gesundheitspolizeilichen Vorschriften dient, also den Grundsatz der Religionsfreiheit nicht berührt. 3. Absatz 3 nebst Schlussprotokoll enthält die übliche Zusage der Vollstreckungshilfe durch die Kommunen.84 Dabei unterstreicht das Schlussprotokoll die Beschränkung der Vollstreckungshilfe auf den üblichen Einzug „echter“ Friedhofsgebühren für die Benutzung und Unterhaltung des Friedhofs; indirekt wird damit ausgeschlossen, dass der kirchliche Friedhofsträger Ausgaben für Fremdleistungen durch Gebührenbescheide festsetzt. 4. Brandenburg Art. 20: (1) Die Kirchen haben das Recht, im Rahmen der rechtlichen Bestimmungen Friedhöfe als öffentliche Bestattungsplätze zu unterhalten, neue Friedhöfe anzulegen und beste81

Fn. 86. Vgl. SächsOVG, SächsVBl. 1998, 34. 83 Vgl. § 1 Abs. 3 Bestattungsgesetz (Fn. 77). 84 Vgl. dazu §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für den Freistaat Sachsen vom 17. 7. 1992 (GVBl. S. 327); jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. 9. 2003 (SächsGVBl. S. 614, 913), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 5. 4. 2019 (SächsGVBl. S. 245). Nach R. Raum, Die Verhandlungen zu den Staatskirchenverträgen aus der Sicht des Freistaates Sachsen, in: R. Tillmanns (Hrsg.) Staatskirchenverträge im Freistaat Sachsen, 2001, S. 45 (93), ist damit eine frühere Unsicherheit über die Zuständigkeit beigelegt worden. 82

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Artikel 21 – Friedhöfe

hende zu erweitern. Sie genießen den gleichen staatlichen Schutz wie die kommunalen Friedhöfe. (2) Die Kirchen regeln die Benutzung ihrer Friedhöfe und die Gebühren unter Beachtung der landesrechtlichen Bestimmungen in eigener Verantwortung. Bei der Festsetzung der Gebühren sind sie an die für die Gemeinden geltenden abgabenrechtlichen Grundsätze gebunden. (3) Auf kirchlichen Friedhöfen ist die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zu ermöglichen, wenn dort kein Gemeindefriedhof vorhanden ist. Dabei sind die kirchlichen Vorschriften zu beachten. Schlussprotokoll: Wenn das Gebührenaufkommen für die Unterhaltung kirchlicher Friedhöfe in Gemeinden, in denen die Bereitstellung ausreichender ortsnaher Bestattungsflächen ohne den kirchlichen Friedhof nicht gewährleistet ist, nicht ausreicht, wird der kirchliche Träger vor einer Schließung des Friedhofs mit den betroffenen Gemeinden über eine angemessene Beteiligung an dem Kostenaufwand, kostensparende kommunale Hilfen oder die Übertragung der Trägerschaft verhandeln. Kommt eine Einigung nicht zustande, soll die Kommunalaufsichtsbehörde unterrichtet werden. (4) Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag des Trägers eines kirchlichen Friedhofs im Verwaltungsvollstreckungsverfahren durch die zuständige kommunale Vollstreckungsbehörde beigetrieben. Der kirchliche Träger belässt der kommunalen Vollstreckungsbehörde von jeder beigetriebenen Forderung einen Kostenbeitrag in Höhe von 7,5 von Hundert. Uneinbringliche Vollstreckungskosten (Gebühren und Auslagen) werden der Vollstreckungsbehörde vom kirchlichen Träger erstattet. (5) Die Kirchen haben das Recht, auf öffentlichen Friedhöfen Gottesdienste und Andachten zu halten.

Regierungsbegründung Absatz 1 gebietet dem Land eine gleichma¨ ßige Behandlung kommunaler und kirchlicher Friedho¨ fe. Hierdurch wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass in vielen Gemeinden nur kirchliche Friedho¨ fe bestehen und die Kirche insoweit o¨ ffentliche Aufgaben wahrnimmt. Nach Absatz 2 ist den Kirchen die eigenverantwortliche Regelung der Benutzung ihrer Friedho¨ fe und der Friedhofsgebu¨ hren gestattet. Hierbei ist der durch das Landesrecht gesetzte Rahmen zu beachten. Bei der Gebu¨ hrenfestsetzung sind die Kirchen nur an die in § 6 Kommunalabgabengesetz festgelegten Grundsa¨ tze gebunden. Absatz 3 entha¨ lt die Verpflichtung der Kirchen, auf ihren sog. Monopolfriedho¨ fen die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zu ermo¨ glichen. Hierbei sind allerdings die kirchlichen Vorschriften zu beachten, da Beisetzung und Friedhofsgestaltung religio¨ se Bezu¨ ge aufweisen und den Kirchen nicht zuzumuten ist, auf ihren Friedho¨ fen den religio¨ sen Maximen zuwiderlaufende Handlungsweisen hinzunehmen. Die Schlussprotokollnotiz tra¨ gt dem Umstand Rechnung, dass das Gebu¨ hrenaufkommen vielerorts nicht ausreicht, den Erhaltungsaufwand fu¨ r die Friedho¨ fe zu bestreiten. Dies wu¨ rde in vielen Fa¨ llen die Kirchengemeinden zur Schließung des Friedhofs veranlassen. In Gemeinden, in denen der kirchliche Friedhof die einzige ortsnahe Bestattungsfla¨ che ist, ist die Schließung dieser Friedho¨ fe nicht wu¨ nschenswert, wenn anderenfalls die Gemeinden Bestattungsfla¨ chen anzulegen ha¨ tten. Deshalb soll die Kirchengemeinde vor Realisierung einer etwaigen Schließungsabsicht mit der Kommune u¨ ber kostensparende Hilfen verhandeln. Kommt eine solche

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Einigung nicht zustande, soll die Kommunalaufsichtsbeho¨ rde unterrichtet werden, um dieser das Ergreifen vermittelnder Schritte zu ermo¨ glichen. Absatz 4 bietet den Kirchen die Mo¨ glichkeit, sich zur Realisierung nicht erfu¨ llter Gebu¨ hrenforderungen kommunaler Vollstreckungshilfe zu bedienen. Hierdurch wird den Kirchen, die u¨ ber keine eigenen Vollstreckungsbeho¨ rden verfu¨ gen, die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe mit dem damit verbundenen Kostenrisiko erspart. Dies ist dadurch gerechtfertigt, daß die Kirchengemeinden im Bestattungswesen weitgehend o¨ ffentliche Aufgaben u¨ bernehmen. Die Belassung eines Kostenbeitrags von 7,5 v. H. entspricht der vorgesehenen Regelung der Vollstreckungshilfe kommunaler Vollstreckungsstellen zugunsten der Zweckverba¨ nde. Sie tra¨ gt dem Umstand Rechnung, dass die Gebu¨ hren und Auslagen allein nicht die Kosten der Vollstreckung kompensieren. Durch die Regelung in Satz 3 wird gewa¨ hrleistet, dass die Gemeinden bei Uneinbringlichkeit der Vollstreckungskosten nicht mit ihrer Forderung ausfallen. Absatz 5 schreibt das Recht der Kirchen fest, nicht nur auf kirchlichen, sondern auch auf anderen o¨ ffentlichen Friedho¨ fen Gottesdienste und Andachten zu halten.

Kommentierung 1. Der Vertrag weicht – auch ausführlicher formuliert – in einigen Punkten vom Vertrag Sachsen-Anhalt ab. Rechtsgrundlage auf staatlicher Seite für die zahlreichen evangelischen Friedhöfe im Land ist das Bestattungsgesetz vom 7. 11. 200185, auf kirchlicher Seite das Friedhofsgesetz vom 7. 11. 1992.86 2. Absatz 1 Satz 2 interpretiert das Recht der Kirchen, neue Friedhöfe anzulegen, zutreffend dahingehend, dass sich dieses Recht auch auf die Unterhaltung und Erweiterung bestehender Friedhöfe erstreckt. Der Hinweis auf die Begrenzung dieses Rechts durch die rechtlichen Bestimmungen bezieht sich auf das „für alle geltende Gesetz“ im Sinne von Artikel 137 Abs. 3 Satz 1 WRV, also vor allem auf die gesundheitspolizeilichen Vorgaben des Bundes- und Landesrechts. Die Bezeichnung der kirchlichen Friedhöfe als „öffentliche Bestattungsplätze“ unterstreicht die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe anstelle der Kommunen, insbesondere bei den in Brandenburg weit verbreiteten „Monopolfriedhöfen“.87 3. Absatz 2 Satz 1 bringt zum Ausdruck, dass das Betreiben von Friedhöfen zu den eigenen Angelegenheiten der Kirchen zählt.88 Genehmigungen der Friedhofs- und Gebührenordnungen sind ebenso wenig vorgesehen wie bei der Anlegung von Friedhöfen. Mit der Bindung an landesrechtliche Bestimmungen und an die abgaberechtlichen Grundsätze (Satz 2) wird u. a. die Einhaltung der Vorschriften des Kommunal-

85 GVBl.I/01, [Nr. 16], S. 226, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Oktober 2018 (GVBl.I/18, [Nr. 24]). 86 KABl. S. 202. 87 Vgl. die Amtliche Begründung. LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 45. 88 Siehe Erl. A. [c)].

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abgabengesetzes einbezogen, d. h. kostendeckende Gebühren unter gegenwartsnaher Kalkulation.89 4. In Absatz 3 Satz 1 sagen die Kirchen ausdrücklich für „Monopolfriedhöfe“ die Aufnahme von Nichtmitgliedern zu, was allerdings nicht ausschließt, dass sie, um dieser Konsequenz zu entgehen, auf Dauer auch einen zusätzlichen kommunalen Friedhof fordern können.90 Welche kirchlichen Vorschriften dabei nach Satz 2 zu beachten sind, bedarf der Präzisierung.91 Zweifellos braucht der kirchliche Träger keine antichristlichen Aktivitäten zu dulden. Doch erfordert die negative Religionsfreiheit, dass Nichtmitgliedern gestattet wird, auf kirchlichen „Monopolfriedhöfen“ nichtchristliche Begräbnisriten einschließlich des Einsatzes von Laienpredigern zu praktizieren; letzteres kann zwar von einer Genehmigung abhängig gemacht werden, doch dürfte die Versagung der Genehmigung nur zulässig sein bei begründeten Einwänden gegen die Person des Predigers, etwa wenn dieser sich regelmäßig als betont antichristlich geriert. Nicht zu dulden brauchen kirchliche Träger z. B. auch Formen der Geisterbeschwörung oder betont unfeierliche Musik, zumal wenn sich dadurch andere Friedhofsbesucher gestört fühlen können. Christliche Symbole auf dem Friedhof sind nicht zu beanstanden, in Trauerhallen, nicht aber in christlichen Friedhofskapellen92, für die naturgemäß kein Benutzungszwang besteht, pflegen sie bei Feiern für Nichtmitglieder verhängt zu werden. 5. Das Schlussprotokoll zu Absatz 3 trägt den immer häufiger werdenden Schließungen oder Abgaben kirchlicher Friedhöfe Rechnung und legt ein Verfahren zur Vorbeugung fest, zugleich im Interesse der Kommunen, die andernfalls zusätzlich finanziell belastet würden. Zwar fordert die Gebührengestaltung bei öffentlich-rechtlichen Anstalten eine Anpassung der Gebühren an die Unkosten, doch können den Benutzern oft kostendeckende hohe Gebühren nicht zugemutet werden; hierfür formuliert das Schlussprotokoll Strategien. Ausgeschlossen werden kommunale Hilfen bei fehlendem Bedarf an Begräbnisplätzen. Die vorgesehene Einschaltung der Auf-

89

Die Amtliche Begründung (Fn. 74) verweist ausdrücklich auf § 6 Kommunalabgabengesetz. i. d. F. v. 15. 06. 1999 (GVBl. S. 231). Jetzt: Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 2004 (GVBl. I/04, [Nr. 08], S. 174), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2019 (GVBl. I/ 19, [Nr. 36]). 90 Siehe Erl. A. [c)]; § 28 Abs. 2 Satz 2 Bestattungsgesetz (Fn. 85) formuliert für die Aufnahme auf „Monopolfriedhöfen“: „soweit es die religiöse […] Ordnung der jeweiligen Religionsgemeinschaft zulässt“; für die Evangelische Kirche vgl. dazu § 2 der Kirchlichen Friedhofsgesetzes (Fn. 86). 91 Die Amtliche Begründung (Fn. 87) erwähnt die zu berücksichtigenden „religiösen Gefühle“ bei Beisetzungen und Friedhofgestaltung; vgl. im Übrigen die §§ 7, 9 und 31 ff. des Friedhofgesetzes (Fn. 86). 92 Vgl. dazu z. B. § 20 Abs. 3 der Musterfriedhofsordnung der Landeskirche Mecklenburgs (Fn. 72).

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sichtsbehörde schafft keine Weisungsbefugnis gegenüber der Kommune, sondern dient nur der Vermittlung.93 6. In Absatz 4 Satz 2 wird der kommunalen Vollstreckungsbehörde zusätzlich zu den anfallenden Gebühren und dem Auslagenersatz, die der Schuldner zu tragen hat, ein erfolgsabhängiger Kostenbeitrag zugesprochen. 7. Absatz 5 formuliert das durch die Religionsfreiheit gesicherte Recht, auch auf nichtkirchlichen Friedhöfen Gottesdienste abhalten zu können, ein angesichts der niedrigen Zahl von Kirchenmitgliedern in Brandenburg sachdienlicher Hinweis.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 18: (1) Die kirchlichen Friedhöfe unterstehen demselben staatlichen Schutz wie die kommunalen Friedhöfe. Die Kirche ist berechtigt, nach Maßgabe der Gesetze neue Friedhöfe anzulegen und bestehende zu erweitern. (2) Die Träger kirchlicher Friedhöfe können nach den für die Gemeinden geltenden Grundsätzen Benutzungs- und Gebührenordnungen erlassen. Schlussprotokoll: Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag des kirchlichen Trägers im Wege der Vollstreckungshilfe eingezogen. Von der staatlichen Vollstreckungshilfe sind nach übereinstimmender Auffassung der Vertragsparteien nur solche Gebühren erfasst, die nach der Gebührenordnung für die Benutzung und Unterhaltung der Friedhofanlagen erhoben werden. Dagegen sind Gebühren für kirchliche Beisetzungsfeierlichkeiten, Fremdleistungen anderer Unternehmen sowie etwaige Gebühren für kirchliche Amtshandlungen nicht im Wege der Verwaltungsvollstreckung betreibbar.

Regierungsbegründung Der weitaus überwiegende Anteil von Bürgern des Freistaates Sachsen, die konfessionsgebunden sind, gehört der evangelischen Kirche an. Dementsprechend stehen die meisten im Freistaat Sachsen belegenen Friedhöfe in Trägerschaft der evangelischen Kirche. Die originär gemeindliche Pflichtaufgabe, für ein ordnungsgemäßes, würdiges und gesundheitlich unbedenkliches Bestattungs- und Friedhofswesen Sorge zu tragen, wird jedoch vor allem in den überwiegend katholisch geprägten Gebieten auch von der katholischen Kirche erfüllt. Dies rechtfertigt die in Absatz 1 zum Ausdruck gebrachte Schutzpflicht des Staates hinsichtlich katholischer Friedhöfe. Beisetzungen und Friedhofspflege haben seit jeher starke religiöse Bezüge. Das Bestattungsund Friedhofswesen ist daher zugleich eine kirchliche Aufgabe. Die Vertragsparteien sind sich darin einig, dass die Grundsätze der Benutzung und insbesondere der Gebührenerhebung für kirchliche Friedhöfe den für Gemeinden geltenden Rechtsvorschriften anzugleichen sind. 93 Vgl. die Amtl. Begr. (Fn. 87); das Bestattungsgesetz sieht keine kommunale Kostenbeteiligung vor; vgl. dazu auch E.-R. Hönes, Zum neuen Brandenburgischen Bestattungsgesetz, NVwZ 2002, 962 (964).

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Dies gilt umso mehr, weil nach ständiger Rechtsprechung Gebührenbescheide als Leistungsbescheide der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegen (vgl. BVerwGE 25, 364). Absatz 2 enthält für die Kirche eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Benutzungs- und Gebührenordnungen. Die kirchlichen Friedhofsträger haben sich dabei an den Grundsätzen des kommunalen Gebührenrechts zu orientieren. Die Beschlussfassung, die Genehmigungspflichten durch übergeordnete Kirchenbehörden sowie die Bekanntmachung solcher Satzungen richten sich nach innerkirchlichem Recht. Das Schlussprotokoll zu Absatz 2 gewährt dem kirchlichen Friedhofsträger die Möglichkeit, Vollstreckungshilfe bei der Beitreibung der ihm zustehenden Friedhofsgebühren zu beantragen. Hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden Vollstreckungshilfe enthält das Schlussprotokoll weitere Konkretisierungen. Da die Kirchen mit der Unterhaltung von Friedhöfen eine gemeindliche Pflichtaufgabe ausführen, können sie grundsätzlich Vollstreckungshilfe, die ein Unterfall der Amtshilfe ist, in Anspruch nehmen (vgl. Engelhardt, VwZG, § 1 Anm. 36). Die Gewährung von Vollstreckungshilfe ist jedoch auf den Bereich der hoheitlichen Aufgabenwahrnehmung beschränkt. Soweit dieser Bereich verlassen wird (z. B. durch den Bestattungsgottesdienst oder die -zeremonie), findet eine Vollstreckungshilfe nicht statt. Entsprechende Einschränkungen enthält das Schlussprotokoll.

Kommentierung Artikel 18 ist im Wesentlichen an den Wortlaut des Artikels 22 des Evangelischen Vertrages angeglichen; die Verlagerung von Artikel 22 Abs. 2 in das Schlussprotokoll ist rechtlich ohne Bedeutung. Gleiches gilt für die wichtigsten Aussagen der Amtlichen Begründung.94 2. Thüringen Art. 17: (1) Kirchliche Friedhöfe genießen staatlichen Schutz. (2) Die Bestattung Nicht- oder Andersgläubiger auf kirchlichen Monopolfriedhöfen wird gewährleistet. Schlussprotokoll: Die Gewährleistung steht unter der Voraussetzung, dass die für den Friedhof geltenden Vorschriften, insbesondere über die Benutzung der Grabstätten, über die Liegedauer und über eine mögliche Entwidmung, anerkannt werden. (3) Die Benutzungs- und Gebührenordnungen für kirchliche Friedhöfe bedürfen der Genehmigung der für das Bestattungswesen zuständigen Behörden. Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag des kirchlichen Rechtsträgers im Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingezogen. Schlussprotokoll: (1) Es besteht Übereinstimmung darüber, dass die staatliche Genehmigung der Benutzungsordnungen nur aus ordnungsrechtlichen, insbesondere bau- und seuchenpolizeilichen Gründen versagt werden darf. (2) Der Freistaat Thüringen bestimmt die zuständigen Verwaltungsvollstreckungsbehörden. Die durch die Vollstreckungsmaßnahmen entstehenden und nicht beitreibbaren Verwaltungskosten und Auslagen sind vom kirchlichen Träger zu erstatten. 94

Vgl. LT-Drs. 2/9612, Begründung, S. 27 f.

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Regierungsbegründung Durch Absatz 2 wird die Bestattung Nicht- oder Andersgla¨ ubiger auf kirchlichen Monopolfriedho¨ fen unter der Voraussetzung gewa¨ hrleistet, daß die fu¨ r den Friedhof geltenden Vorschriften, insbesondere die u¨ ber die Nutzung der Grabsta¨ tten, u¨ ber die Liegedauer und eine mo¨ gliche Entwidmung, anerkannt werden. Diese Regelung tra¨ gt der einschla¨ gigen Rechtsprechung Rechnung. Die Regelung in Absatz 3 formuliert den staatlichen Genehmigungsvorbehalt fu¨ r die Benutzungs- und Gebu¨ hrenordnungen kirchlicher Friedho¨ fe sowie die bei der Gebu¨ hrenvollstreckung zu beachtenden Regelungen. Im Schlußprotokoll zu Absatz 3 ist klargestellt, daß die staatliche Genehmigung der Benutzungsordnungen nur aus ordnungsrechtlichen, insbesondere bau- und seuchenpolizeilichen Gru¨ nden, versagt werden darf.

Kommentierung Artikel 17 entspricht wortgleich Artikel 22 des Evangelischen Vertrags. Die Verlagerung des dortigen Absatz 3 Sätze 3 und 4 in das Schlussprotokoll zu Artikel 17 ist rechtlich ohne Bedeutung. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 11: (1) Die kirchlichen Friedhöfe genießen den gleichen Schutz wie die kommunalen Friedhöfe. (2) Die Kirchengemeinden haben das Recht, im Rahmen der Gesetze neue Friedhöfe anzulegen. (3) Auf kirchlichen Friedhöfen ist die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zu ermöglichen, wenn dort kein kommunaler Friedhof vorhanden ist. (4) Die Kirche hat das Recht, auf öffentlichen Friedhöfen Bestattungsfeiern und sonstige Gottesdienste abzuhalten.

Regierungsbegründung Absatz 1 schu¨ tzt die wenigen katholischen kirchlichen Friedho¨ fe wie kommunale. Absatz 2 gewa¨ hrleistet das Recht der Kirche, neue Friedho¨ fe anzulegen. Absatz 3 legt fest, daß auf kirchlichen Friedho¨ fen die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zuzulassen ist, wenn der kirchliche Friedhof der einzige im Ort ist. Absatz 4 besta¨ tigt das Recht der Kirche, auf o¨ ffentlichen Friedho¨ fen Bestattungsfeiern und sonstige Gottesdienste zu halten.

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Artikel 21 – Friedhöfe

Kommentierung Artikel 11, der sich nur auf eine sehr kleine Zahl von Friedhöfen bezieht,95 entspricht nahezu wortgleich Artikel 10 des Evangelischen Vertrags, so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann.96 4. Sachsen-Anhalt Art. 16: (1) Die kirchlichen Friedhöfe genießen den gleichen staatlichen Schutz wie die Kommunalfriedhöfe. Die Kirchengemeinden haben das Recht, neue Friedhöfe anzulegen. Schlussprotokoll: Die Träger kirchlicher Friedhöfe können nach den für die Kommunen geltenden Grundsätzen Benutzungs- und Gebührenordnungen erlassen. Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag des kirchlichen Trägers im Vollstreckungsverfahren durch die zuständig kommunale Vollstreckungsbehörde eingezogen. Die durch die Vollstreckungsmaßnahmen entstehenden und nicht betreibbaren Verwaltungskosten und -auslagen sind der Vollstreckungsbehörde vom kirchlichen Träger zu erstatten.

Regierungsbegründung Der weitaus u¨ berwiegende Anteil konfessionsgebundener Bu¨ rgerinnen und Bu¨ rger des Landes Sachsen-Anhalt geho¨ rt den Evangelischen Kirchen an. Dementsprechend stehen die meisten im Land Sachsen-Anhalt gelegenen Friedho¨ fe in Tra¨ gerschaft der Evangelischen Kirchen. Die origina¨ r kommunalgemeindliche Pflichtaufgabe, fu¨ r ein ordungsgema¨ ßes, wu¨ rdiges und gesundheitlich unbedenkliches Bestattungs- und Friedhofswesen Sorge zu tragen, wird in einigen Gegenden auch von der Katholischen Kirche erfu¨ llt. Dies rechtfertigt die zum Ausdruck gebrachte Schutzpflicht des Staates hinsichtlich katholischer Friedho¨ fe. Beisetzungen und Friedhofspflege haben seit jeher starke religio¨ se Bezu¨ ge. Das Bestattungsund Friedhofswesen ist daher zugleich eine kirchliche Aufgabe. Die Vertragsparteien sind sich darin einig, dass die Grundsa¨ tze der Benutzung und insbesondere der Gebu¨ hrenerhebung fu¨ r kirchliche Friedho¨ fe den fu¨ r kommunale Gemeinden geltenden Rechtsvorschriften anzugleichen sind. Dies gilt umso mehr, da nach sta¨ ndiger Rechtsprechung Gebu¨ hrenbescheide als Leistungsbescheide der Nachpru¨ fung durch die Verwaltungsgerichte unterliegen (vgl. BVerwGE 25, 364). Das Schlussprotokoll entha¨ lt fu¨ r die Kirche eine Erma¨ chtigungsgrundlage zum Erlass von Benutzungs- und Gebu¨ hrenordnungen. Die kirchlichen Friedhofstra¨ ger haben sich dabei an den Grundsa¨ tzen des kommunalen Gebu¨ hrenrechts zu orientieren. Die Beschlussfassung, die Genehmigungspflichten durch u¨ bergeordnete Kirchenbeho¨ rden sowie die Bekanntmachung solcher Satzungen richten sich nach kirchlichem Recht. Das Schlussprotokoll gewa¨ hrt des Weiteren den kirchlichen Friedhofstra¨ gern die Mo¨ glichkeit, Vollstreckungshilfe bei der Beitreibung der ihnen zustehenden Friedhofsgebu¨ hren zu beantragen. Hinsichtlich des Umfangs der zu gewa¨ hrenden Vollstreckungshilfe entha¨ lt das Schlussprotokoll weitere Konkretisierungen. Da die Kirche mit der Unterhaltung von Friedho¨ fen eine gemeindliche Pflichtaufgabe ausfu¨ hren, kann sie grundsa¨ tzlich Vollstreckungshilfe, die ein Unterfall der Amtshilfe ist, in Anspruch nehmen. Die Gewa¨ hrung der Vollstreckungshilfe ist jedoch auf den Bereich der hoheitlichen Aufgabenwahrnehmung beschra¨ nkt. Soweit dieser Bereich ver95 96

Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/2100, S. 21. Siehe Erl. B. I. 1.

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lassen wird (z. B. durch den Bestattungsgottesdienst oder die -zeremonie), findet eine Vollstreckungshilfe nicht statt.

Kommentierung Trotz der relativ geringen Zahl katholischer Kirchengemeinden in Sachsen-Anhalt betreibt die Kirche einige kirchliche Friedhöfe und erfüllt damit den kirchlichen Auftrag zur Beisetzung Verstorbener auf einem geweihten Land.97 Artikel 16 einschließlich der Sätze 2 und 3 des Schlussprotokolls entsprechen Artikel 21 Abs. 1 und 2 Sätze 2 und 3 des Evangelischen Kirchenvertrags. Da der Katholische Vertrag noch auf der Grundlage der DDR-Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 17. 4. 1980 in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des zu Landesrecht gewordenen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 1. 1. 199798 abgeschlossen wurde und in der Neufassung einige Bestimmungen dieser bis zum Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 5. 2. 200299 geltenden Verordnung als mit dem Grundgesetz und der Landesverfassung unvereinbar angesehen wurden100, entschieden sich die Vertragsparteien für eine Neuregelung bezüglich der Benutzungs- und Gebührenordnung in Satz 1 des Schlussprotokolls und übernahmen im Wesentlichen als Ermächtigungsgrundlage die Formulierung des Artikels 22 Abs. 2 des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen101; damit wurde für katholische Friedhöfe eine von der Regelung für evangelische Friedhöfe abweichende Regelung getroffen, sofern man der herrschenden Meinung bezüglich der rechtlichen Qualifizierung der kirchlichen Friedhofsordnung nicht folgt und kirchliche Friedhofsordnungen durchweg als staatlich-hoheitliche Regelungen betrachtet.102 5. Brandenburg Art. 13: (1) Die katholischen Friedhöfe genießen den gleichen staatlichen Schutz wie die kommunalen Friedhöfe. (2) Die katholischen Kirchengemeinden haben das Recht, im Rahmen der Gesetze neue Friedhöfe anzulegen oder bestehende zu erweitern. (3) Die Katholische Kirche hat das Recht, auf öffentlichen Friedhöfen Gottesdienste zu halten. (4) Die Träger kirchlicher Friedhöfe können in Anlehnung an die für die Gemeinden geltenden Grundsätze Benutzungs- und Gebührenordnungen erlassen.

97

Vgl. CIC can. 1240 § 1 und can. 1176. Vgl. Nr. 03 der Bk. (GVBl. S. 2, 46). 99 GVBl. S. 46. 100 Siehe auch Erl. A. [c)] mit Fn. 17. 101 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/4475, S. 53. 102 Siehe dazu Erl. A. [b)]. 98

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Artikel 21 – Friedhöfe

(5) Auf kirchlichen Friedhöfen ist die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zu ermöglichen, wenn dort kein kommunaler Friedhof vorhanden ist. Dabei sind die kirchlichen Vorschriften zu beachten.

Regierungsbegründung Absatz 1 gebietet dem Land eine gleichma¨ ßige Behandlung kommunaler und kirchlicher Friedho¨ fe. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass hierdurch o¨ ffentliche Aufgaben wahrgenommen werden (vgl. § 1 Abs. 1 BbgBestG). ¨ bernahme von Friedhofstra¨ gerAbsatz 2 gewa¨ hrleistet das Recht der Katholischen Kirche zur U schaften. Dieser Verbu¨ rgung ist landesrechtlich durch §§ 26 Abs. 2; 28; 29 BbgBestG gewa¨ hrleistet und ausgestaltet. Aus Absatz 3 folgt das Recht der Katholischen Kirche, nicht nur auf kirchlichen, sondern auch auf o¨ ffentlichen Friedho¨ fen Gottesdienste zu halten. Absatz 4 gewa¨ hrleistet das landesrechtlich durch § 34 BbgBestG umgesetzte Recht zur eigenverantwortlichen Regelung der Nutzung kirchlicher Friedho¨ fe durch Friedhofsordnungen sowie das Recht zum Erlass von Gebu¨ hrenordnungen. Beim Erlass von Gebu¨ hrenordnungen ist der kirchliche Friedhofstra¨ ger an die in § 6 KAG festgelegten Grundsa¨ tze gebunden. Wa¨ hrend auf kommunalen Friedho¨ fen unabha¨ ngig von Konfession und Weltanschauung bestattet wird (§ 27 Abs. 3 BbgBestG), liegt die Bestattung von Verstorbenen, die nicht der Katholischen Kirche angeho¨ rt haben, im Ermessen des kirchlichen Friedhofstra¨ gers (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 BbgBestG). Abweichend hiervon wird durch Absatz 5 festgelegt, dass auf sogenannten Monopolfriedho¨ fen die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbenen zu ermo¨ glichen ist, auch wenn es sich um Konfessionslose oder Andersgla¨ ubige handelt. Allerdings sind hierbei die kirchlichen Vorschriften zu beachten, da Beisetzung und Friedhofsgestaltung religio¨ se Bezu¨ ge aufweisen und es kirchlichen Friedhofstra¨ gern nicht zuzumuten ist, auf ihren Friedho¨ fen Praktiken hinzunehmen, die ihren religio¨ sen Grundsa¨ tzen widersprechen.

Kommentierung Die Vorschrift entspricht Art. 20 Abs. 1 – 3 und 5 des evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg, auf dessen Kommentierung verwiesen wird.

Artikel 22 – Rundfunk A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 22: (1) Das Land wird darauf hinwirken, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Kirchen angemessene Sendezeiten für Zwecke der Verkündigung und der Seelsorge zur Verfügung stellen. In den Aufsichtsgremien (Rundfunkräte, Programmausschüsse und vergleichbare Gremien) sollen die Kirchen vertreten sein. Schlussprotokoll: Dem Anliegen von Absatz 1 ist für den Mitteldeutschen Rundfunk durch § 14 Abs. 3 und § 19 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 des Staatsvertrages über den Mitteldeutschen Rundfunk vom 30. Mai 1991 (Anlage zum Gesetz vom 25. Juni 1991, GVBl. LSA S. 111) sowie für das Zweite Deutsche Fernsehen durch Artikel 3 § 11 Abs. 3 und § 21 Abs. 1 Buchst. d des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991 (Anlage zum Gesetz vom 2. Dezember 1991, GVBl. LSA S. 478) Rechnung getragen. Bei Änderung bestehender und Abschluss neuer Rundfunk-Staatsverträge werden die Vertragsparteien wegen der Berücksichtigung kirchlicher Interessen vorher miteinander in Verbindung treten. (2) Das Recht der Kirchen, privaten Rundfunk nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften zu veranstalten oder sich an Rundfunkveranstaltern des privaten Rechts zu beteiligen, bleibt unberührt. Schlussprotokoll: Zu Absatz 2 wird auf § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 23 Abs. 2 und § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Gesetzes über privaten Rundfunk in Sachsen-Anhalt vom 22. Mai 1991 (GVBl. LSA S. 87) hingewiesen.

Regierungsbegründung Der Artikel trägt in Absatz 1 dem üblichen Rundfunkrecht Rechnung und sichert den Kirchen das Eintreten des Landes für eine Einräumung von Sendezeiten und für eine Vertretung in den Aufsichtsgremien zu. Da das Land Sachsen-Anhalt gegenwärtig und voraussichtlich auch künftig Rundfunksender nur gemeinsam mit anderen Bundesländern betreibt, kann es die genannten Privilegien nicht allein durchsetzen. Die Zusicherung gilt auch für sonstige öffentlich-rechtliche Sender, soweit das Land Einfluss auf deren Gestaltung nehmen kann. Absatz 2 verweist bezüglich kircheneigener, also „privater“ Sender auf das Landesrundfunkrecht. Über die gegenwärtige Rechtslage zu beiden Absätzen informiert das Schlussprotokoll.

Literatur A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, 5. Auflage 2022, § 34 Rn. 1 ff.; C. D. Classen, Präsenz und Mitwirkung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in den Massenmedien, HSKR, 32020, Bd. 2, § 38, S. 1515 (1545 ff. Rn. 61 ff.); M. Cornils,

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Artikel 22 – Rundfunk

Die Kirchen in den Rundfunkgremien, in: ZevKR 54 (2009), S. 417 ff.; D. Dehnen, Zur Verfassungsmäßigkeit des sogenannten Drittsenderechts der Kirchen im öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Rundfunk, DVBl. 1986, 17 ff.; N. P. Flechsig, in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, hrsg. von W. Hahn und Th. Vesting, 2003; M. Heckel, Kirchen im Medienrecht, in: Verwaltete Kirche, Lebendige Kirche, FS Hammer, 1989, S. 135 ff.; G. Herrmann, Rundfunkrecht, 1994; A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003; Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 I, II Rn. 517 ff.; P. Lerche, Kirchen und neue Entwicklungen im Rundfunk, Essener Gespräche Bd. 13 (1978), S. 89 ff.; Chr. Link, Der Anspruch der Kirchen auf Präsenz in den öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Massenmedien des Rundfunks und des Fernsehens, HSKR, Bd. 2, 21995, § 48, S. 251 ff.; ders., Die gesetzlichen Regelungen der Mitwirkung der Kirchen in den Einrichtungen des Rundfunks und Fernsehens, HSKR, Bd. 2, 21995, § 49, S. 285 ff.; ders., Kirchen und neue Medien, ZevKR Bd. 32 (1989), S. 117 ff.; Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten in Rundfunk und Fernsehen, AöR 108 (1983), S. 248 ff.; R. Ricker, in: R. Ricker/P. Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, Kap. B I – II, C, E, F und G; K. Schlaich, Der Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen, HSKR, Bd. 2, 21995, § 44, S. 131 ff.; Chr. Starck, in: H. v. Mangoldt/F. Klein/Chr. Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, 4. Aufl.1991, Art. 5 Abs. I, II, Rdnr. 91 ff.; D. B. Trapp, Religiöse Neutralität und Rundfunkfreiheit. Drittsendungsrechte für Religionsgemeinschaften, 2013.

Bedeutung und Hintergrund Das Interesse der Kirchen an einer Präsenz im Rundfunk – hier als Oberbegriff für Hörfunk und Fernsehen verwendet1 – folgt aus dem kirchlichen Öffentlichkeitsauftrag2, der in dieser Ausprägung seinen Ursprung im „Kirchenkampf“ des 19. Jahrhunderts hat3, wenngleich der theologische Anspruch, das Evangelium in die Welt zu tragen, also der „Sendungsauftrag“4, für beide Großkirchen schon seit Jahrhunderten fester Bestandteil ihres Selbstverständnisses ist.5 Zusammengefasst formuliert Karl Forster: „Der Heilsdienst der Kirche muss sich im Weltdienst beweisen.“6 1

Zur Definition vgl. § 2 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag, Kap. 1 des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland v. 31.08. 1991, Anl. zum Ges. v. 12. 12. 1991 (GVBl. S. 478, 489, 481); siehe nunmehr § 2 Abs. 1 S. 1, Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland (Medienstaatsvertrag – MStV) vom 14./28. 4. 2020 (GVBl. LSA 2020, 492, 493): „Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans mittels Telekommunikation. Der Begriff schließt Angebote ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind.“ 2 Siehe dazu auch den 1. Anstrich der Präambel mit Erl.; zur Kritik an diesem Begriff und weitere Nachweise bei K. Schlaich, Öffentlichkeitsauftrag, S. 131 f. mit Fn. 3; M. Morlok, Das Recht der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften zum öffentlichen Wirken, HSKR, Bd. 2, 32020, § 35, S. 1407 (1420 f. Rn. 30 ff.; vgl. ferner W. Huber, Kirche und Öffentlichkeit, 2. Aufl. 1991, insb. S. 511 ff., sowie BVerfGE 24, 236 (248) bezüglich kirchlicher Sammlungen. 3 Vgl. K. Schlaich, Öffentlichkeitsauftrag, S. 132. 4 A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, § 24 Rn. 1. 5 Vgl. zum Grundsätzlichen K. Schlaich, Öffentlichkeitsauftrag, passim; W. Huber (Fn. 2) S. 49 ff. und passim; K. Forster, Kirchliche Präsenz in Hörfunk und Fernsehen, in: Essener Gespräche Bd. 13 (1978), S. 9 ff., beide mit theologischen Nachw.

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Auf den enorm angewachsenen Einfluss der Massenmedien, insbesondere des Fernsehens7, auf das gesamte gesellschaftliche Leben haben die Kirchen seit den 50er Jahren durch Grundsatzerklärungen reagiert; richtungsweisend für die evangelische Kirche sind der publizistische Gesamtplan der Evangelischen Kirche in Deutschland von 19798 und die Studie „Die neuen Informations-Kommunikationstechniken von 19859; für die Katholische Kirche das Konzilsdekret „Inter mirifica“ von 196410 sowie die Pastoralinstruktion „Communio et Progressio“ von 1971.11 Die Kirchen wollten mit ihrem Engagement der Gefahr eines areligiösen Klimas im Medienbereich vorbeugen, aber dennoch der Gefahr einer „electronic church“ entgehen.12 Das Interesse des Landes an Regelungen über die Beteiligung der Kirchen gründet in der Verantwortung des Staates für ein über Rundfunksendungen vermitteltes vollständiges Bild aller wesentlichen politischen sowie kulturellen und damit auch religiösen Strömungen im Lande, wie es auch das Bundesverfassungsgericht im Laufe der Jahrzehnte formuliert hat.13 Bei den Verhandlungen über die Staatskirchenverträge der 50er und 60er Jahre hatten die Vertragspartner noch keinen Anlass zur Absicherung kirchlicher Rechte im Rundfunkbereich gesehen. Erst in den niedersächsischen Ergänzungsvertrag zum Loccumer Vertrag und in das Niedersächsische Konkordat, beide aus dem Jahr 1965, haben angesichts der steigenden Bedeutung der Massenmedien Rundfunkbestimmungen Eingang gefunden.14 Eine Garantie der „öffentlichen Ausübung 6

(Fn. 5), S. 28, Leitsatz I. 1 Satz 2. Die durchaus auch gefährlichen Beeinflussungsmöglichkeiten des Fernsehens finden ihre literarische Begründung in dem von Chr. Starck („Grundversorgung“ und Rundfunkfreiheit, NJW 1992, S. 3263) zitierten Goethe Vers: „Dummes aber vors Auge gestellt, hat ein magisches Recht; weil es die Sinne gefesselt hält, bleibt der Geist ein Knecht“). 8 Vorgelegt von der Kammer der EKD für Publizistische Arbeit und im Auftrag der EKD, hrsg. von der Kirchenkanzlei. 9 Hrsg. vom Kirchenamt im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland. 10 AAS 56 (1964), S. 145. 11 AAS 63 (1971) S. 593; weitere Nachweise, auch zu den deutschen Übersetzungen, bei Ch. Link, Anspruch der Kirchen, S. 253 ff.; ferner bei K. Forster (Fn. 5), S. 16 ff.; D. Dehnen, Kirche als Kommunikationsmedium, in: Das Recht der Kirche, hrsg. von G. Rau/H.-R. Reuter/K. Schlaich, Bd. III, 1994, S. 633 ff.; Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 254 ff. 12 Vgl. Chr. Link, Anspruch der Kirchen, S. 252. 13 Vgl. insb. BVerfGE 12, 205; 57, 295; 73,118; 74, 297; 83, 238; 88, 25; 97, 298; 121, 30. 14 Art. 2 des Ergänzungsvertrages zum Vertrag über die evangelischen Landeskirchen im Land Niedersachsen vom 4. 3. 1965 (GVBl. 1966, S. 3), abgedr. bei J. Listl, Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, 1987, Bd. 2, S. 140, lautet: Das Land wird bei den Rundfunkanstalten, an denen es beteiligt ist, darauf bedacht bleiben, dass die Satzungen Bestimmungen enthalten, nach denen für die evangelischen kirchlichen Sendungen angemessene Sendezeiten eingeräumt werden und den Kirchen eine angemessene Vertretung ihrer Interessen an den Fragen des Programms ermöglicht wird. – Art. 12 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Niedersachsen vom 26. 2. 1965 7

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der Katholischen Religion“ war bereits in Artikel 1 Abs. 1 des Reichskonkordats von 1933 enthalten. Keines der fünf neuen Länder verfügt allein über eigene Rundfunkanstalten. das Land Sachsen-Anhalt betreibt gemeinsam mit den Freistaaten Sachsen und Thüringen in drei Länderfunkhäusern den öffentlich-rechtlichen „Mitteldeutschen Rundfunk“ (MDR)15 sowie gemeinsam mit allen Bundesländern das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) und das „Deutschlandradio“16. Daneben sind mehrere private Rundfunkveranstalter zugelassen, deren Rechtsverhältnisse durch das Mediengesetz17 geregelt sind, so dass ein sog. „Duales Rundfunksystem“ entstanden ist. Entstehungsgeschichte Artikel 22 wurde auf der Grundlage des Vorentwurfs der Kirchen (ursprünglich Art. 21) beraten unter Hinzuziehung des zuständigen Referenten der Staatskanzlei, der in der 11. Sitzung auf die bereits bestehenden Rechtsgrundlagen (Staatsverträge, Gesetze) verwies, in denen die kirchlichen Belange durchweg berücksichtigt seien; grundsätzlich sei es problematisch, Absichtserklärungen für die Beteiligung der Kirchen im Rundfunk, abgesehen von der Mitwirkung in Aufsichtsgremien, abzugeben, weil das Land immer nur einer von mehreren Trägern des für Sachsen-Anhalt maßgebenden Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) sei, was auch geraten erscheinen lasse, in Artikel 22 nur „drauf hinwirken“ statt, wie von den Kirchen vorgeschlagen, „dafür Sorge tragen“ zu formulieren. Die kirchliche Seite machte deutlich, dass sie im Rahmen von Zusicherungen nach Absatz 1 nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, nicht auch für den Privatfunk Vereinbarungen anstrebe. Die Verhandlungspartner ei(GVBl. S. 192), abgedr. bei J. Listl (ebd.) S. 31, lautet: Das Land wird bei den Rundfunkanstalten, an denen es beteiligt ist, darauf bedacht bleiben, dass die Satzungen Bestimmungen enthalten, nach denen das Programm das religiöse Empfinden der katholischen Bevölkerung nicht verletzt, der katholischen Kirche angemessene Sendezeiten eingeräumt werden und ihr eine angemessene Vertretung ihrer Interessen an den Fragen des Programms ermöglicht wird. – Die beiden übereinstimmenden Schlussprotokolle verweisen auf die schon bestehende Umsetzung der Regelung in den Rundfunkstaatsverträgen und sehen bei Veränderung dieser Verträge vor, dass die Vertragspartner vorher miteinander in Verbindung treten. 15 Vgl. den Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 30. 05. 1991, Anl. zum Gesetz vom 25. 06. 1991 (GVBl. LSA S. 111); siehe nunmehr den Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 12. 01. 2021. 16 Zu beiden vgl. den Rahmenvertrag (Fn. 1); er umfasst u. a. den Rundfunkstaatsvertrag (Art. 1), den ARD-Vertrag (Art. 2), den ZDF-Vertrag (Art. 3) und den Deutschlandradio-Vertrag; der Rundfunkstaatsvertrag ist auch für den Privatfunk von Bedeutung, weil nach seinem § 1 Abs. 2 die Landesmediengesetze nur unter dem Vorbehalt der Bestimmungen dieses Vertrages Regelungen treffen dürfen und in seinen §§ 19 ff. die Zulassungserfordernisse sowie Regelungen über die Meinungsvielfalt, Programmgrundsätze und „Drittsendungen“ enthalten sind. Die Regelungen zum privaten Rundfunk sind nunmehr in den §§ 50 ff. Medienstaatsvertrag (Fn. 1) enthalten. 17 Gesetz vom 31. 07. 2000 (GVBl. LSA S. 462), nunmehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2013 (GVBl. LSA 2013, 2, 3); zuvor galt das Gesetz über den privaten Rundfunk in Sachsen-Anhalt vom 22. 05. 1991 (GVBl. LSA S. 87).

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nigten sich vorbehaltlich einer Stellungnahme der Landesregierung auf die Formulierung „wirken darauf hin“. Zu Absatz 2 unterrichtete die staatliche Seite darüber, dass für den Fall eines kirchlichen Interesses an eigenen Rundfunkveranstaltungen eine Lizenz nach den für alle geltenden Bestimmungen beantragt werden müsse; die Kirchen können unter den privaten Betreibern keine Sonderstellung einnehmen. Da von staatlicher Seite Bedenken gegenüber dem kirchlichen Wunsch, eine kirchliche Beteiligung an allen „Programmorganen“ zu erlangen, geäußert wurden, weil damit auch anstaltsinterne Organe angesprochen würden, einigten sich die Verhandlungspartner in der 12. und 13. Sitzung auf den Klammerzusatz „(Rundfunkräte, Programmausschüsse und vergleichbare Gremien)“. Unter „vergleichbare Gremien“ falle, erläuterte die staatliche Seite in der 14. Sitzung, z. B. nicht der Verwaltungsrat des MDR, zumal er vom Rundfunkrat gewählt werde und seine Besetzung schon deshalb der Einflussnahme durch das Land weitgehend entzogen sei. Für die in Absatz 2 anzusprechende kirchliche Beteiligung am Privatfunk wurde die von der staatlichen Seite in der 14. Sitzung eingebrachte Formulierung als Endfassung gebilligt, abgesehen von der späteren Korrektur, „Rundfunkanstalten“ durch „Rundfunkveranstalter“ zu ersetzten. Gleichzeitig bezeichnete die staatliche Seite die in den Absätzen 1 und 2 enthaltenen Zusicherungen im Hinblick auf die Rundfunkstaatsverträge und die Rechtsprechung an sich als verzichtbar; falls sie aber beibehalten werden sollten, seien Protokollerklärungen über den derzeitigen Rechtszustand erforderlich. Diese wurden in der 12. Sitzung und in einer Neufassung in der 15. Sitzung von den Kirchen gebilligt. Kommentierung a) Artikel 22 gewährleistet keine zusätzlichen vertraglichen Rechte zu den bereits grundgesetzlich gesicherten Rechten nach den Artikeln 4 GG (Religionsfreiheit) und 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Rundfunkfreiheit), die in den Artikeln 9 und 10 der Landesverfassung wortgleich übernommen wurden, sondern sagt nur dort, wo das Land Einflussmöglichkeiten besitzt, nämlich bei Ausübung seiner Mitwirkungsrechte bei der Veranstaltung des Dreiländerfunks MDR18 und des bundesweiten Rundfunks19 sowie bei der Mediengesetzgebung, ein Eintreten für die kirchlichen Rechte, vor allem auch für die Gleichstellung der Kirchen mit anderen gesellschaftlichen Kräften,20 zu. Während die Freiheit der kirchlichen Verkündigung (Art. 4 Abs. 1 und 2) im Rahmen von Rundfunksendungen nur den unmittelbar aus der Verfassung abgeleiteten „immanenten“ Schranken unterliegt21, können sonstige Rundfunkrechte der Kirchen trotz deren Eigenschaft als eigenständige Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG/ 18

Siehe dazu oben. Siehe Fn. 16. 20 Vgl. D. Dehnen, Das Niedersächsische Konkordat, JZ 1965, 341 (344). 21 Vgl. BVerfGE 32, 98 (107); zu Schranken aufgrund Art. 140 GG /137Abs. 3 WRV vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, §15 Rn. 34 f.; Chr. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 4 Abs. 1, 2 Rn. 86 f. 19

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137 Abs. 3 WRV)22 nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze, also solcher, die nicht speziell Rundfunkrechte der Kirchen, sondern Rechte und Pflichten für jedermann treffen23, wozu auch Teile der Mediengesetze24 und Rundfunkstaatsverträge25 gehören, wahrgenommen werden.26 Das Bundesverfassungsgericht sieht in der Rundfunkfreiheit nicht nur ein Freiheitsgrundrecht gegenüber staatlichen Eingriffen, sondern hat die Rundfunkfreiheit zu einem „objektiven Prinzip der Gesamtrechtsordnung“ entwickelt,27 d. h. zu einer Art institutioneller Garantie für einen Teil der staatlichen Daseinsvorsorge; das Grundrecht habe dafür „dienenden“ Charakter für die „Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung“ auf der Grundlage einer „Vielfalt“ von Angeboten.28 Als wichtigste Grundsätze arbeitete das Gericht in ständiger Recht22

Dazu und zum Verhältnis von Art. 4 und 5 GG vgl. Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 271 ff.; Chr. Link, Anspruch der Kirchen, S. 275 f.; ders., Kirchen und Neue Medien, S. 139; G. Hermann, Rundfunkrecht, § 10 Rdnr. 61; P. Schiwy, in: R. Ricker/ P. Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997 S. 138 f.; D. Dehnen, Verfassungsmäßigkeit, S. 19 f.; C. Fuchs, Das Staatskirchenrecht der neuen Bundesländer, 1999, S. 266 ff.; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, § 35, S. 305, formuliert: „Wo sich kirchliche Stellungnahmen in das gruppenpluralistische Konzert der Meinungen einfügen und als eine Stimme unter vielen erscheinen, tritt der spezifische Schutz des Art. 4 GG zurück zugunsten des Schutzes durch Art. 5 I GG“; z. T. abweichend P. Lerche, Kirchen und neue Entwicklungen, S. 104 f. mit Fn. 46. 23 Vgl. dazu C. Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 5 Rn. 121 f.; ferner, insbesondere zum Erfordernis der Güterabwägung im Rahmen der Rechtsprechung des BVerfG, A. v. Campenhausen/H. de Wall, Religionsverfassungsrecht, §15 Rn. 34 ff.; P. Schiwy (Fn. 22) S. 120 sowie 134 ff. mit Beispielen für vom BVerfG anerkannte „allgemeine Gesetze“. 24 Vgl. C. Grabenwarter (Fn. 23) sowie z. B. BVerfGE 95, 220 (235). 25 Vgl. etwa §§ 8, 10 und 11 MDR-Vertrag (Fn. 15), § 3 Rundfunkstaatsvertrag und Medienstaatsvertrag (Fn. 1) sowie §§ 5 und 8 ZDF-Vertrag und § 6 Deutschlandradio-Vertrag (beide Fn. 1). 26 Zu einer möglichen Einwirkung des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen vom 5. 5. 1989 und der EG-Fernsehrichtlinie vom 3. 10. 1989 sowie sonstiger europarechtlicher Regelungen vgl. Chr. Link, Gesetzliche Regelungen, S. 310; A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 27 ff.; ders., Rundfunk zwischen demokratischer Willensbildung und dem Zugriff der EG, JZ 1993, 545, 551; M. Paschke, Medienrecht, 22001, Rn. 122 ff., 146 ff. sowie BVerfGE 89, 155 und 92, 203; zur Nichtanwendung des Rundfunkstaatsvertrags und der darin festgelegten Rechte der Kirchen auf Mediendienste vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrags (Fn. 1). Siehe aber nunmehr den Medienstaatsvertrag (Fn. 1), der zugleich zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1808 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 11. 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) dient. 27 BVerfGE 57, 295 (319 ff.) und 74, 297 (323 f.). 28 Übersichten über die gesamte Rechtsprechung des BVerfG geben u. a. C. D. Classen, Präsenz und Mitwirkung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in den Massenmedien, HSKR, 32020, Bd. 2, § 38, S. 1515 (1529 f. Rn. 26 ff.); Chr. Link, Anspruch der Kirchen, S. 266 f.; Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 255 ff.; grundsätzlich Th. Vesting, Rundfunk in der Informationsgesellschaft, Der Staat 31 (1992), S. 584 (589 ff.);

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sprechung für das Betreiben von Rundfunk die durch Pluralität der Angebote bewirkte Vielfalt als Zeichen der Neutralität und damit das Gebot der Ausgewogenheit des Programms eines Veranstalters heraus29 (sog. Binnenpluralität) oder aber – im Privatfunkbereich – aufgrund einer Vielzahl konkurrierender Veranstalter und Programme eine Gesamtausgewogenheit (sog. Außenpluralität). Als Vorgaben für die Programmgrundsätze jeder einzelnen Sendung gelten vor allem: Die Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung, Sachlichkeit der Beiträge zur Vermeidung des Charakters eines „Propagandainstituts“30, journalistische Fairness sowie Achtung anderer Meinungen, also Toleranz.31 b) Für die Kirchen als sog. „gesellschaftlich relevante Gruppe“32 sind im Rundfunkwesen fünf Bereiche relevant: aa) Im Vordergrund steht die kirchliche Verkündigung, abgeleitet vornehmlich aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit33, Sie umfasst die Übertragung von Gottesdiensten sowie sonstiger religiöser Handlungen34, oft in Gestalt sog. „Drittsendungen“, also in der Verantwortung der Kirchen stehend, und ist Gegenstand der Gewährleistung nach Absatz 1 Satz 1. bb) Die Berücksichtigung kirchlicher Belange im Gesamtprogramm, insbesondere die Berichterstattung über kirchliche Ereignisse sowie Stellungnahmen, also das sog. „zu-Wort-Kommen“. Die Umsetzung wird abgeleitet aus der Vielfalt-Verpflichtung der Veranstalter, zählt bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten zur „Grundversorgung“35 und wird vor allem von den Kirchenredaktionen der Rundfunkanstalten unter den Fernsehurteilen des BVerfG am eindrücklichsten BVerfGE 57, 295; zur Kritik an der Rechtsprechung und der Unterstützung durch Teile der Literatur, insbesondere wegen Vernachlässigung des individuellen Akzents in BVerfGE 83, 238, vgl. u. a. Chr. Starck, Grundversorgung (Fn. 7), S. 3257; ders., in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Rn. 104; U. Scheuner, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit, 1982, S. 15 ff.; Chr. Pestalozza, Der Schutz vor der Rundfunkfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland, NJW 1981, 2158 ff.; R. Richter, in: Rundfunkverfassungsrecht, S 110 ff. 29 Regelmäßig wird das Gebot der Ausgewogenheit nur auf das Programm bezogen, während mindestens ebenso wichtig die Ausgewogenheit bei der Auswahl der Redakteure sein dürfte, für die der Intendant als Garant der Vielfalt zu sorgen hat, eine Forderung, die bekanntlich häufig vernachlässigt wird; vgl. dazu BVerfGE 59, 231 (259 f., 266); A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 72. 30 R. Ricker, Rundfunkverfassungsrecht, S. 360. 31 Vgl. §§ 2a, 41 Rundfunkstaatsvertrag, § 58 ZDF-Vertrag, §8 MDR-Vertrag und teilweise § 6 Deutschlandradio-Vertrag (für alle s. Fn. 1 und 16) sowie § 13 Mediengesetz (Fn. 17) und §§ 3, 26 Abs. 2, 51 Medienstaatsvertrag; ferner die Rechtsprechung (Fn. 12) sowie die zusammenfassende Darstellung etwa bei A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. 100 ff., und Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 255 ff. 32 Siehe BVerfGE 12, 205 (263). 33 Zur dogmatischen Herleitung siehe C. D. Classen, Präsenz und Mitwirkung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in den Massenmedien, HSKR, 32020, Bd. 2, § 38, S. 1515 (1560 f. Rn. 93 – 95). 34 Näheres siehe Erl. e). 35 Vgl. BVerfGE 12, 205 (262 f.); 57, 295 (322 ff.).

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wahrgenommen, deren Konzeption allerdings nicht immer mit denen der Kirchen übereinstimmen.36 Dieser Bereich ist nicht Gegenstand des Vertrages. cc) Die kirchliche Mitwirkung in Aufsichts- und Beratungsgremien der Rundfunkanstalten, die sich ebenfalls aus dem Vielfaltsgebot ableitet, allerdings nicht zum Zweck der Vervollständigung im Konzert der säkularen Interessengruppen, sondern zu Einbringung aus der Religion abgeleiteter Gesichtspunkte. Sie ist in Absatz 1 Satz 2 vertraglich abgesichert. dd) Der Schutz der Kirchen und der religiösen Überzeugungen ihrer Mitglieder vor Verletzungen jeder Art. Er leitet sich her aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit und dem Anspruch auf Toleranz im Rahmen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), erfordert in jedem Einzelfall eine Güterabwägung und hat seinen Niederschlag in § 8 Abs. 2 Satz 1 MDR-Vertrag, § 41 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag, nun §§ 3, 51 Abs. 1 S. 1 Medienstaatsvertrag und in § 12 Abs. 2 Mediengesetz gefunden, ist aber in Artikel 22 nicht angesprochen. ee) Das Recht der Kirchen auf Eigenveranstaltung von Rundfunk im Rahmen des Privatfunk-Angebots37: Es ist Ausfluss der Rundfunkfreiheit und Gegenstand der Vereinbarung in Absatz 2 Rundfunkstaatsvertrag, allerdings ohne sonstige Zusagen für die Berücksichtigung kirchlicher Belange im Privatfunk. c) Absatz 1 enthält nur für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Zusagen bezüglich der Berücksichtigung kirchlicher Belange.38 Im Hinblick auf den Mitteldeutschen Rundfunk als Dreiländeranstalt und auf den von allen 16 Ländern abgeschlossenen Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland39, also mangels eines alleinigen Entscheidungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt konnte das Land lediglich einer Bemühungsklausel zustimmen. Sie ist zwar nur in Satz 1 enthalten, erstreckt sich aber, sinngemäß auch auf die in Satz 2 angesprochene kirchliche Vertretung in den Aufsichtsgremien; denn auch hierfür muss jedes Mal ein Konsens mit den übrigen Ländern gesucht werden. Das „darauf hinwirken“ bedeutet ein eindeutiges Engagement des Landes bei allen neuen Verhandlungen über die Rundfunkstaatsverträge, wenngleich die Einwirkungsmöglichkeiten gering sind und allenfalls bei knappen Mehrheitsentscheidungen wirksam werden können. Die Bemühungsklausel gilt schließlich auch für einschlägige Gesetzesregelungen. Das Mediengesetz40 trifft allerdings gemäß seinem § 1 Regelungen nur für den Privatfunk – neben Sonderbestimmungen über 36 Zu den Kirchenredaktionen vgl. ausführlich M. Fischer, Kirchliche Beiträge im Fernsehen, 2001, S. 120 ff. 37 Siehe dazu C. D. Classen, Präsenz und Mitwirkung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in den Massenmedien, HSKR, 32020, Bd. 2, § 38, S. 1515 (1560 f. Rn. 93 – 95). 38 Die Zusagen betreffen nicht das Satelliten- und Kabelfernsehen, soweit es nicht deutsche öffentlich-rechtliche Sendungen enthält. 39 Fn. 1. 40 Fn. 17. Maßgeblich ist nunmehr der Medienstaatsvertrag (Fn. 1).

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die Verbreitung von Rundfunkprogrammen über Mediendienste –, ferner für die Übertragungskapazitäten und über Pilotprojekte. Doch sind gesetzliche Regelungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Sachsen-Anhalt kompetenzmäßig nicht grundsätzlich ausgeschlossen, ebenso wenig wie Durchführungsbestimmungen zu den Staatsverträgen, und die Darstellung der einschlägigen Bestimmungen der Rundfunkstaatsverträge in Satz 1 des Schlussprotokolls zu Absatz 1 beschreibt nur die Rechtslage zur Zeit des Vertragsschlusses, bringt aber keine Ausschließlichkeit zum Ausdruck. Eine dem Schlussprotokoll zu Artikel 23 Abs. 1 des Evangelischen Vertrags Sachsen entsprechende Regelung, wonach eine Bindung des Landes entfällt, soweit die Vertragszusagen bei Neuverhandlungen über den Dreiländerfunk nicht durchsetzbar erscheinen, enthält Artikel 22 zwar nicht; aus dem vorsichtigen „darauf hinwirken“ ist jedoch die gleiche Rechtsfolge abzuleiten, d. h. das Land kann auch dann einem neuen Vertrag zustimmen, wenn darin die kirchlichen Belange nicht dem Antrag des Landes entsprechend geregelt sind. d) In Absatz 1 Satz 1 werden als Bemühensziel „angemessene Sendezeiten“, also kirchlichen Fragen gewidmete Programmteile genannt. Zur Verfügung gestellt werden Sendezeiten vor allem für sog. „Drittsendungen“ (Fremdsendungen)41, also solche, die in der Verantwortung der Kirchen veranstaltet werden, wobei technische Hilfen etwa von Seiten der Kirchenredaktionen der Anstalten die Regel sind. Übertragungen kirchlicher Veranstaltungen sind aber auch in der Verantwortung der Rundfunkanstalten, dann im Einvernehmen mit den Kirchen, möglich, ebenso im Rahmen von Kooperationsverträgen42, „Drittsendungen“ wie auch andere Übertragungen kirchlicher Ereignisse – also nicht lediglich Berichterstattungen –, ferner Verlautbarungen wie etwa das „Wort zum Sonntag“ oder auch Beratungssendungen gehören zu den Pflichtaufgaben der Rundfunkanstalten, weil die Kirchen unbestritten zu den „maßgeblichen gesellschaftlichen Kräften“43 im Land Sachsen-Anhalt zählen.44 Eine Angemessenheit der Sendezeiten und Sendeplätze ist gegeben, wenn die kirchlichen Sendungen in – auch zeitlich – verständigem Verhältnis zu den normalerweise im Land abgehaltenen Gottesdiensten und sonstigen Veranstaltungen der Kirchen, andererseits in einem plausiblen Verhältnis zum Gesamtprogramm stehen. 41 Siehe dazu eingehend D. B. Trapp, Religiöse Neutralität und Rundfunkfreiheit. Drittsendungsrechte für Religionsgemeinschaften, 2013. Eine ausführliche verfassungsrechtliche Begründung hierfür, die sich vornehmlich auf Art. 4 Abs. 2 GG und Art. 140 GG /137 Abs. 3 WRV stützt, bringt auch – mit weiteren Nachw. – R. Ricker, Rundfunkverfassungsrecht, S. 394 f.; vgl. ferner D. Lorenz, Das Drittsendungsrecht der Kirchen insbesondere im privaten Rundfunk, 1988; zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit vgl. D. Dehnen (Fn. 22), ferner L. Renck, Bekenntnisverfassungsrecht und kirchliches Drittsendungsrecht, NVwZ 2000, 868 (869 ff.) aus der Sicht seiner Tendenz der generellen Eindämmung kirchlicher Rechte. 42 Zu derartigen Verträgen mit privaten Veranstaltern vgl. N. P. Flechsig, Kommentar, § 42 Rn. 95 sowie BVerfGE 74, 297 (349 f.). 43 BVerfGE 57, 295 (325). 44 So z. B. auch § 11 Abs. 3 ZDF-Vertrag und § 11 Abs. 3 MDR-Vertrag.

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Ferner legt der Begriff Vergleiche mit den Zusagen und der Praxis in anderen Bundesländern nahe. Die Zuhörer- bzw. Zuschauerquote ist nicht ausschlaggebend, kann aber, vor allem wenn die Nachfrage deutlich steigt oder sinkt, in die zu treffenden Programm-Entscheidungen einbezogen werden. Ein weiterer Maßstab ist die Religions- bzw. Konfessionsdichte der Bevölkerung, doch kann der kirchliche Wunsch auf „Mission“ ein zu berücksichtigender Faktor sein.45 Die Zusage der Angemessenheit der Sendezeiten bezieht sich nicht nur auf die Sendedauer, sondern auch auf die Sendeplätze.46 Die Kirchen brauchen gänzlich ungeeignete Sendeplätze nicht zu akzeptieren; vielmehr sind für die Übertragung von Gottesdiensten die für die Abhaltung von Gottesdiensten üblichen Zeiten zu berücksichtigen.47Auch die Anrechnung der Übertragung besonderer Gottesdienste auf sonstigen kirchlichen Fragen gewidmete Sendungen ist unzulässig.48 e) Sendungen der Verkündigung beinhalten religiöse Eigenaussagen der Kirchen, also Gottesdienstübertragungen und rundfunkeigene kirchliche Andachten oder z. B. das „Wort zum Sonntag“ und das „Wort zum Tag“. Es geht dabei um Glaubensaussagen, Bibelauslegungen oder die Umsetzung von Glaubensfragen im Alltagsleben.49 Zur Seelsorge zählen Sendungen zur Beratung oder Betreuung, etwa für Senioren, Kranke und Suchtkranke, Ausländer, vereinsamte Menschen oder Behinderte. Als Oberbegriff wird man für beide Zwecke im Unterschied zu Meinungsäußerungen im Rahmen von Interviews und Talkshows sowie zu Berichten Dritter über kirchliche Ereignisse und Verlautbarungen von „religiösen Sendungen“50 sprechen können. 45 In der Praxis haben sich in Sachsen-Anhalt nach Auskunft des Evangelischen Rundfunkbeauftragten bezüglich der Angemessenheit keine Schwierigkeiten ergeben, zumal der Umfang der Sendezeiten, soweit es um reine Übertragungen geht, immer unter dem Gesichtspunkt der kirchlichen Kapazitäten gesehen werden muss und im Übrigen derzeit nach innerkirchlicher Arbeitsteilung nur der Hörfunk zur Debatte steht, während für kirchliche Fernsehsendungen im Dreiländereck die Sächsische Kirche verantwortlich zeichnet. Zu einer für das ZDF getroffenen Vereinbarung wie auch zum Gesamtproblem vgl. Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 276 ff. 46 Ausführlich dazu Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 245 ff.; ferner für den Privatfunk Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Mitwirkung, S. 306. 47 Vgl. N. P. Flechsig, Kommentar, § 43 Rdnr. 29. 48 Vgl. Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 284 f. 49 Zur Umschreibung vgl. u. a. K. Forster (Fn. 5) S. 40, 11 ff. 50 So § 11 Abs. 3 MDR-Vertrag (Fn. 14) und für den Privatfunk § 42 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag, § 68 Medienstaatsvertrag (Fn. 1); § 27 Abs. 2 Mediengesetz (Fn. 16) und § 11 Abs. 3 ZDF-Vertrag (Fn. 1) formulieren: „gottesdienstliche Handlungen und Feierlichkeiten sowie sonstige religiöse Sendungen“; A. v. Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, § 35, S. 305, spricht von „Verkündigungssendungen im engeren Sinne“, während Chr. Link, Anspruch der Kirchen, S. 275, diese Umschreibung nur für Gottesdienste und Andachten verwendet; in der Aufzählung von M. Heckel, Kirchen im Medienrecht, S. 138, fallen unter beide Begriffe, also Verkündigung und Seelsorge, insbesondere Gottesdienste, Lehrerklärungen, Hirtenworte, kulturelle, soziale und politische Stellungnahmen sowie Verlautbarungen „zur Wahrung des Wächteramtes“ in politischen Existenzkrisen, nicht dagegen

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Werden den Kirchen bestimmte Sendezeiten eingeräumt (Drittsendungen), so tragen sie dafür die Programmverantwortung, also die Verantwortung für „Inhalt und Gestaltung“ der Sendung (§ 11 Abs. 4 MDR-Vertrag).51 Nicht eindeutig geklärt ist, inwieweit die Kirchen dabei an die allgemeinen Programmgrundsätze gebunden sind und damit auch der Intendanten-Aufsicht unterliegen. Das beginnt bei der Überprüfung, ob es sich überhaupt um eine „religiöse Sendung“ mit dem Privileg des Drittsendungsrechts handelt.52 Grundsätzlich können die Kirchen entscheiden, was zur „Verkündigung“ zählt, doch wird eine Grenze dieses Selbstentscheidungsrechts bei offensichtlichem Missbrauch zu ziehen sein.53 Der Inhalt kirchlicher Sendungen steht in erster Linie unter dem Schutz der Religionsfreiheit (Art. 4 GG, Art. 9 Landesverfassung), der keine Beschränkungen außer den immanenten Schranken der jeweiligen Verfassung kennt, also vor allem die Schranken aufgrund anderer Grundrechte wie z. B. der Schutz der Menschenwürde (Art. 1 GG, Art. 4 Landesverfassung).54 Nähern sich Sendungsinhalte allerdings z. B. Meinungsäußerungen zu allgemeinen weltlichen, insbesondere politischen Fragen, parallel zu Stellungnahmen anderer Gruppen, dann genießen sie nur den Schutz der Meinungsfreiheit, die den Schranken der „allgemeinen Gesetze“ sowie den Bestimmungen über den Jugendschutz und die persönliche Ehre unterliegt (Art. 5 Abs. 2 GG, Art. 1 Abs. 2 Landesverfassung).55 Dabei bereitet die Abgrenzung regelmäßig Schwierigkeiten, z. B. wenn Stellungnahmen zu tagespolitischen Fragen aus den Glaubensinhalten abgeleitet werden.56 Hier wird der Konkurrenzgedanke im Verhältnis zu Verlautbarungen nichtkirchlicher Stellen bedeutsam sein, zumal wenn kirchliche Äußerungen erkennbar eine bestimmte politische Richtung zu unterstützen suchen. Der unterschiedliche Schutzumfang wirkt sich nicht nur auf die Berücksichtigung der Programmgrundsätze, sondern auch auf die Aufsichtsrechte des Intendanten

„Informationen über die Kirche und über andere Religionsgemeinschaften wie über die Gesellschaft in kirchlicher Sicht und Beurteilungen“. 51 § 14 Abs. 4 MDR-Vertrag (Fn. 14). 52 Vgl. dazu A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap., Rn. 75 und Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 282 für Wahlwerbesendungen der Parteien sowie BVerfGE 67, 67 (70), andererseits auch OKR Roepke und E.-W. Böckenförde, in: Essener Gespräche Bd. 13 (1978), Disk. S. 46 f., 52 f. 53 Die Frage, was als religiös anzusehen ist, richtet sich nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht nur nach dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft, sondern ist objektivierbar und überprüfbar, vgl. BVerfGE 61, 152 (159 f.) vgl. ferner Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 270 ff. 54 Vgl. z. B., bezogen auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, R. Ricker, Rundfunkverfassungsrecht, Rn. 192. 55 Siehe hierzu Erl. a). 56 Vgl. dazu die Diskussionsbeiträge von Mai, Forster, Kampe, Frost, Scheuner, Roepke, Isensee, Mörsdorf und Mikat, in: Essener Gespräche (Fn. 52) Disk. S. 34 f., 40, 44 ff.; ferner Chr. Link/A. Pahlke, Kirchliche Sendezeiten, S. 282 ff.

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aus57, der gegenüber seinen Aufsichtsgremien für das Gesamtprogramm rechenschaftspflichtig ist. Von den Programmgrundsätzen können vor allem die Gesichtspunkte verfassungsmäßige Ordnung58, Wahrheit59, Sachlichkeit60, journalistische Fairness sowie Jugend- und Ehrenschutz61 berührt sein; ferner aber auch Ausgewogenheit des Programms.62 Letztere betrifft nicht die innerkirchliche Ausgewogenheit, also etwa die Berücksichtigung aller kirchlichen Richtungen, sondern die Ausgewogenheit des Gesamtprogramms der Anstalt, so dass der Intendant notfalls das Recht bzw. die Pflicht zum Einschreiten haben würde, wenn durch wiederholte politische einseitige Äußerungen63 das Gesamtprogramm in eine Schieflage zu geraten droht. Andere mögliche Anlässe zum Einschreiten des Intendanten könnten die Verherrlichung gewalttätiger sog. Befreiungsbewegungen oder antisemitische Äußerungen sein.64 Umstritten ist ferner, ob die Rundfunkanstalt kirchliche Sendungen als solche kennzeichnen darf oder gar muss.65 Das Recht dazu wird man der Anstalt aber zubilligen müssen, damit sie kenntlich machen kann, dass sie bei kirchlichen Sendungen nur für die Einhaltung der Programmgrundsätze verantwortlich gemacht werden kann.66 f) Das „zur Verfügung stellen“ schließt eine Anforderung kirchlicher Sendungen durch die Anstalten aus; eine Beteiligung steht im Belieben der Kirchen, abhängig 57 Vgl. K. Holzamer, Essener Gespräche (Fn. 52), Disk., S. 44. Holzamer soll solche Aufsichtsrechte später noch stärker relativiert haben; O. Grabert, Öffentlich-rechtliche Fragen der Programm-Verantwortlichkeit des Rundfunkintendanten, 1979, S. 109; A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap., Rn. 74 f.; G. Herrmann, Rundfunkrecht, § 10 Rn. 57 ff.; Mai (Fn. 52), Disk, S. 35 und 50; K. Forster (Fn. 452), Disk.m, S. 40; P. Lerche, Kirchen und neue Entwicklungen, S. 104; D. Dehnen, Verfassungsmäßigkeit, S. 19; M. Fischer, Kirchliche Beiträge (Fn. 36) S. 53 ff. 58 Kritisch dazu A. Hesse, Rundfunkverfassungsrecht, 4. Kap., Rn. 101. 59 Vgl. dazu O. Grabert (Fn. 57), S. 84 ff. 60 Vgl. dazu BVerfGE 12, 205 (263); Bethge, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 5, Rn. 103. 61 A. A. O. Grabert (Fn. 57), S. 108 f. mit Fn. 340; zusammenfassend zum Ehrenschutz R. Ricker, Rundfunkverfassungsrecht S. 437 ff.; zur Verletzung von Strafgesetzen sowie Bestimmungen der Verfassung vgl. K. Holzamer (Fn. 57) Disk. S. 44. 62 Vgl. speziell dazu P. Lerche, Kirchen und neue Entwicklungen S. 106. 63 Dass es derartiges gibt, zeigen die Beiträge des ZDF-Intendanten K. Holzamer, Positionen. Erfahrungen und Erwartungen im Verhältnis der Kirchen zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Nachkriegsentwicklung, in: Essener Gespräche Bd. 13 (1978), S. 63 und Disk., S. 44, sowie des saarländischen Intendanten Mai (ebd.), Disk., S. 50 und des EKDFernsehbeauftragten Schneider (ebd.). 64 Vgl. im Übrigen G. Herrmann, Rundfunkrecht, § 10 Rn. 60. 65 Zum Meinungsstand vgl. die Diskussion im Rahmen der Essener Gespräche (Fn. 52), darunter Holzamer (S. 44, 62), Mai (S. 50), Schneider (S. 51), Böckenförde (S. 53) und Forster (S. 53 f.). 66 N. P. Flechsig, Kommentar, § 42 Rn. 31 und 58, geht sogar in Parallele zur Regelung für Wahlsendungen der politischen Parteien von einer Kennzeichnungspflicht aus.

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von ihren Kapazitäten. Da jedoch religiöse Sendungen zur „Grundversorgung“67 gehören, müssen sich die Rundfunkanstalten um deren Berücksichtigung bemühen und notfalls die Berichterstattung über kirchliche Themen ausweiten. g) Eine Kostentragungspflicht der Kirchen für Drittsendungen im öffentlichrechtlichen Rundfunk ist zwar umstritten68, dürfte im Hinblick auf die verfassungsrechtlich begründete Verpflichtung der Anstalten, kirchliche Fragen zu berücksichtigen, aber abzulehnen sein; kirchliche Drittsendungen stellen daher eher eine Entlastung dar.69 Eine solche Kostentragung ist daher auch in keinem Staatsvertrag vorgesehen.70 h) Absatz 1 Satz 2 erstreckt die Bemühenszusage des Landes in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung 71 auf die Mitwirkung kirchlicher Vertreter in den Rundfunkräten und Programmausschüssen,72 wobei die letztgenannte Bezeichnung offensichtlich § 24 MDR-Vertrag 199173 entnommen ist, wenngleich die dortigen Programmausschüsse keine echten Aufsichtsgremien sind, sondern nur dem Rundfunkrat zuarbeiten.74 Ob zu den angesprochenen Gremien auch rein interne Gremien der Anstalt ohne Aufsichtsbefugnisse gehören, ist unklar.75 Zu bedenken ist dabei, dass sich jede verantwortungsbewusste Einrichtung Gremien zur internen Meinungsbildung und Selbstkontrolle schafft; gestaltet man diese Gremien öffentlich, verfehlen sie ihren Zweck und werden durch andere Formen der Selbstevaluation ersetzt. Die Amtliche Begründung fasst „Rundfunkräte, Programmausschüsse und vergleichbare Gremien“ als „Aufsichtsgremien“ zusammen.76 Man wird daher davon auszugehen haben, dass sich Satz 2 nur auf aufsichtführende sowie den Intendanten extern beratende Gremien77 erstreckt. Andererseits sind die „Verwaltungsräte“ (MDR, ZDF) nicht nur aufsichtsführend, sondern auch verwaltungsmäßig handelnd tätig. Zwar können durchaus auch kirchliche Vertreter hineingewählt werden (§ 22 MDR-Vertrag 2021, § 24 Abs. 1 b) ZDF-Vertrag), doch ist das in der Praxis nicht üblich, 67

BVerfGE 73, 118 (157 f.). Vgl. A. v. Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, § 35, S. 305 f.; N. P. Flechsig (Fn. 42). 69 Vgl. dazu auch Chr. Link, Anspruch der Kirchen, S. 283. 70 Der Evangelische Vertrag Thüringen enthält in Art. 23 Abs. 2 Nr. 1 indirekt einen Ausschluss der Kostentragung für kirchliche Sendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 71 Vgl. BVerfGE 83, 238 (332 ff.). 72 Zur Begründung siehe Erl. b) cc). 73 In § 21 MDR-Vertrag 2021 nicht mehr enthalten. 74 Deutlicher die Bezeichnung „Rundfunkorgane“ in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen. 75 A. v. Campenhausen/H.de Wall, Staatskirchenrecht, § 35, S. 302, zählt „veranstalterinterne Programmbeiräte“ dazu, wobei allerdings der Begriff „Beirat“ eine Beratung durch Externe nahelegt; in BVerfGE 83, 238 ist nur von „anstaltsinternen Programmbeiräten“ (S. 338) und von „Rundfunkrats- und Rundfunkausschussmitgliedern“ (S. 335) die Rede. 76 Vgl. LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 17. 77 Hierunter fällt gemäß §§ 20, 21 ZDF-Vertrag auch der Fernsehrat. 68

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und die Sollvorschrift zeigt an, dass eine solche kirchliche Beteiligung keineswegs zwingend ist. Die Sollvorschrift hält im Übrigen den Kirchen die Entsendungsmöglichkeit zu Aufsichtsgremien offen und unterstreicht gleichzeitig die Verpflichtung des Landes zur Unterstützung entsprechender kirchlicher Vorschläge. Die Anzahl der Vertreter der Kirchen als „gesellschaftlich relevante Gruppe“78 kann nur in einem angemessenen Verhältnis zur Vertretung anderer „relevanter“ Gruppen (z. B. Gewerkschaften, Verleger) stehen.79 Die Rechtsposition der kirchlichen Vertreter, die nach innerkirchlichen Vorschriften benannt werden80, ist nicht eindeutig. Die Vertreter gelten zwar bei ihrem Handeln als unabhängig, weil sie zur Sicherstellung der „Vielfalt“ gesamtgesellschaftliche Interessen vertreten sollen81 und deshalb an kirchliche Weisungen nicht gebunden sind82, doch bleibt es den Kirchen unbenommen, ebenso wie die Benennung auch Regelungen für die Abberufung zu treffen.83 Benennung und Abberufung werden sich im Prinzip durch die kirchlichen Vertreter an einer wirkungsvollen Einbringung religiöser Gesichtspunkte zu orientieren haben, auch weil diese nur dann mit Respekt bei den übrigen Gremienmitgliedern rechnen können.84 Unter „religiösen Gesichtspunkten“ wird man u. a. die Unterstützung kirchlicher Senderechte, Beanstandung verunglimpflichender Sendungen oder Förderung kirchlicher Repräsentanz in Talkshows zu verstehen haben. Gerade weil die Kirchen eine in den Rundfunkstaatsverträgen herausgehobene Gruppe sind, wird es zur Pflicht der Anstalten gehören, Stellungnahmen zu kirchlichen bzw. religiösen Fragen entsprechend zu berücksichtigen. Andererseits dürfen sich die Aktivitäten kirchlicher Vertreter nicht als eine Art Zensur auswirken.85 Insofern besteht die Aufgabe der kirchlichen Gremienvertreter in

78 Zur Kritik an diesem Begriff vgl. Chr. Degenhart, Anmerkung zur BVerfGE v. 16. 6. 1981, DÖV 1981, 960 (963). 79 Zur tatsächlichen Umsetzung von Abs. 1 Satz 1 siehe Erl. i). 80 Die Evangelische Kirche der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen und die Evangelische Landeskirche Anhalts entsenden keine Vertreter in den MDR-Rundfunkrat, zugunsten eines Vertreters der Evangelischen-Lutherischen Landeskirche Sachsens. 81 BVerfGE 83, 238 (333): „Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit“; ebenso § 20 Abs. 1MDR-Vertrag 1991 (= Art. 17 Abs. 1 S. 2 MDR-Vertrag 2021) für den Rundfunkrat: „Interessen der Allgemeinheit“. 82 A. A. z. B. D. Dehnen, Kirche als Kommunikationsmedium (Fn. 10) S. 633 (643). 83 Vgl. zum Fragenkomplex C. D. Classen, Präsenz und Mitwirkung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in den Massenmedien, HSKR, 32020, Bd. 2, § 38, S. 1515 (1554 Rn. 79); Chr. Link, Kirchliche Mitwirkung, S. 301 ff. sowie die Diskussionsbeiträge von Forster, Holzamer, Albus und Roepke in: Essener Gespräche (Fn. 52), S. 54, 63, 70 und 84. 84 Vgl. dazu die Diskussionsbeiträge von Forster, Holzamer , Scheuner, Niemeyer und Roepke, in: Essener Gespräche (Fn. 52), S. 72 f., 74 ff., 78 f., 83 f. und 86 f. 85 Vgl. die Diskussionsbeiträge von Starck, Forster, Scheuner und Niemeyer, in: Essener Gespräche (Fn. 52), S. 51, 54, 68 und 70.

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einer Gratwanderung, die allerdings nicht zu dem manchmal zu beobachtenden Schweigen führen darf.86 i) Satz 1 des Schlussprotokolls zu Absatz 1 enthält zwar nur Angaben über die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon erfolgte Umsetzung von Artikel 22 Abs. 1; da aber das Schlussprotokoll Bestandteil des Vertrages ist und damit auch die Zustimmung der Kirchen gefunden hat, besteht seine Bedeutung auch darin, dass nicht nur das Land, sondern auch die Kirchen die Bestimmung der angeführten Rundfunkverträge für ausreichend, aber auch geboten hielten.87 Darunter fallen die Regelungen für kirchliche Sendungen88 ebenso wie solche über die Beteiligung von Kirchenvertretern in Aufsichtsgremien.89 Als vereinbart ist aber nicht nur der Wortlaut der aufgeführten Bestimmungen, sondern auch der qualitative Standard anzusehen, so dass Neufassungen vor allem auch unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen sind. Satz 2 trägt der Tatsache Rechnung, dass bei Vertragsschluss mit Änderungen aufgrund neuer Rundfunkverträge zu rechnen war. Die Verpflichtung des Landes, vor Zustimmung zu weiteren Vertragsabsprachen mit den Kirchen Verbindung aufzunehmen, ergibt sich zwar schon aus Artikel 2 Abs. 2 des Kirchenvertrags, doch unterstreicht Satz 2 die besondere Notwendigkeit der frühzeitigen Einschaltung der Kirchen, die Gelegenheit erhalten müssen, nicht nur zu Neuerungen Stellung zu nehmen, sondern auch zusätzliche Wünsche, etwa aufgrund unbefriedigender Auswirkungen schon bestehender Bestimmungen, einzubringen. Die Kontaktaufnahme muss so rechtzeitig erfolgen, dass die kirchlichen Belange noch wirksam in den Vertragsverhandlungen berücksichtigt werden können, also nicht nur Alibi-Charakter haben. 86 Eine „advokatorische Funktion“ (vgl. die Diskussionsbeiträge von Schneider, Forster, Holzamer, Scheuner und Niemeyer, in: Essener Gespräche (Fn. 52) S. 70, 73 ff. und 79) trifft die Aufgabe jedenfalls nicht. 87 A. A. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 103; die Amtliche Begründung (Fn. 76), Begr. S. 17 spricht zwar nur von „Information“, vernachlässigt damit aber die kirchliche Zustimmung zum Vertrag. 88 § 11 Abs. 3 MDR-Vertrag lautet: Den evangelischen Kirchen, der Katholischen Kirche und den jüdischen Gemeinden sind auf Wunsch angemessene Sendezeiten zur Übertragung religiöser Sendungen einzuräumen.; § 11 Abs. 3 ZDF-Vertrag lautet: Den Evangelischen Kirchen, der Katholischen Kirche und den Jüdischen Gemeinden sind auf Wunsch angemessene Sendezeiten im Fernsehvollprogramm „Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)“ für die Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und Feierlichkeiten sowie sonstiger religiöser Sendungen, auch solcher über Fragen ihrer öffentlichen Verantwortung, zu gewähren. 89 § 16 Abs. 1 Nr. 3 MDR-Vertrag 2021 lautet: Der Rundfunkrat setzt sich zusammen aus: … 3. einem Mitglied der evangelischen Kirchen, im amtsperiodenweisen Wechsel aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, […] 5. einem Mitglied der katholischen Kirche, im amtsperiodenweisen Wechsel aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, […] 7. einem Mitglied der jüdischen Kultusgemeinden, im amtsperiodenweisen Wechsel aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, § 21 Abs. 1 ZDF-Vertrag lautet: Der Fernsehrat besteht aus 60 Mitgliedern, nämlich […] d) zwei Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland, e) zwei Vertretern der Katholischen Kirche in Deutschland, f) einem Vertreter des Zentralrates der Juden in Deutschland, […].

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Fraglich kann bei Veränderung des Rundfunkrechts die Bindung der Vertragsparteien an den alten Standard sein. Da die Kirchen den Rechtszustand bei Vertragsschluss gebilligt haben, können sie bei Rechtsänderungen keine Ansprüche auf weitergehende Rechte, sondern nur Vorschläge geltend machen. Entsprechendes gilt für eine Minderung kirchlicher Rechte aufgrund von Landesinitiativen. Weitergehende Ansprüche der Kirchen wie auch des Landes können allerdings im Rahmen des „Zusammenwirkens“ (Art. 2 Abs. 2) oder der Freundschaftsklausel (Art. 26) zur Sprache gebracht werden.90 Da sich die Bemühensklausel auch auf nichtvertragliche Gesetzesregelungen bezieht91, ist das Land in analoger Anwendung von Absatz 1 Satz 2 auch gehalten, vor Entscheidungen über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk berührende Gesetze die Kirchen einzuschalten, weil hierbei allein das Land Entscheidungen trifft (arg. ad maiorem). k) Absatz 2 behandelt für den Privatfunkbereich nur das Veranstaltungsrecht, nicht auch die Berücksichtigung religiöser Sendungen oder sonstiger kirchlicher Belange92 und die kirchliche Repräsentanz in Aufsichtsgremien.93 Grundsätzlich sind die Kirchen schon wegen der objektiv geforderten Meinungsvielfalt, also der Einbringung der Meinung aller „gesellschaftlich relevanten Kräfte“, aber auch im Hinblick auf das Recht der Berufsfreiheit94 kraft Bundesrecht berechtigt, selbst Rundfunk zu veranstalten95 – daher auch die zurückhaltende Formulierung „bleibt unberührt“. Den langjährigen Streit darüber, ob die Rundfunkfreiheit überwiegend eine objektivrechtliche Verpflichtung für den Gesetzgeber auf Sicherstellung der Pluralität des Programms schafft96 oder auch ein gewichtiges subjektives Recht auf Zulas-

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Das gilt insbesondere für die Berücksichtigung kirchlicher Interessen im Privatfunk, auf deren Regelung die Kirchen zunächst verzichtet hatten. 91 Siehe Erl. c). 92 Dass auch im landesweit vereinbarten Privatfunk die Kirchen angemessen zu berücksichtigen sind, folgt aus § 29 Abs. 2 Medienges. (Fn. 16), wenngleich für kirchliche „Drittsendungen“ ein Ersatz der Selbstkosten des Veranstalters – zur Kritik an dieser Einschränkung im Hinblick auf entfallende Werbeeinnahmen und auf die Beschneidung des Programms, vgl. R. Ricker, Rundfunkverfassungsrecht, S. 396 f. – verlangt werden kann (§ 27 Abs. 2 Medienges.), der die Ressourcen der Kirchen in der Regel überfordert. 93 Auch diese ist rundfunkrechtlich gesichert; einen guten Überblick über die Berücksichtigung aller kirchlichen Belange im Privatfunk geben C. D. Classen, Präsenz und Mitwirkung der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften in den Massenmedien, HSKR, 3 2020, Bd. 2, § 38, S. 1515 (1563 ff. Rn. 100 ff.); Chr. Link, Kirchen und neue Medien, ZevKR Bd. 32 (1989) S. 117 (133 f.). 94 Vgl. dazu U. Scheuner (Fn. 28) S. 44 ff., 63 mit weit. Nachw. 95 Vgl. Chr. Link, Anspruch der Kirchen, S. 273, 277 f. mit Nachweis. sowie G. Burger, Staatskirchenrecht in Sachsen, 1998, S. 136; die vertragliche Zusicherung wurde umgesetzt u. a. in § 20 Rundfunkstaatsvertrag bzw.§ 53 Medienstaatsvertrag (Fn. 1) und in den §§ 3 Abs. 2, 5 Abs. 1 Nr. 2 und 7 Abs. 2 Mediengesetz (Fn. 17). 96 So zunächst die Ableitung aus BVerfGE 57, 295 (319 ff.) und 87, 181 (197 f.), ebenso zuvor BVerfGE 39, 159 (107); ferner statt vieler R. Ricker, Rundfunkverfassungsrecht, S. 116 ff., 121 f.

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sung als privater Rundfunkveranstalter gewährt,97 wenn auch unter vom Gesetzgeber vorzugebenden Voraussetzungen, hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1998 zugunsten der zweitgenannten Auffassung entschieden;98 Absatz 2 bestätigt vertraglich dieses Recht. Machen die Kirchen von diesem Recht Gebrauch99, was vor allem eine Kapazitäts- und Kostenfrage ist, so haben sie hinsichtlich der Voraussetzungen für die Auswahl der Zuzulassenden (§ 14 Mediengesetz) durch die Medienanstalt Sachsen-Anhalt (§§ 40 ff. Mediengesetz) die gleiche Rechtsposition wie alle übrigen Antragsteller, wie sich auch aus der Einschränkung „nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften“ ergibt; sie unterstehen insofern der Aufsicht der Medienanstalt. Fraglich könnte dabei sein, ob an ein kirchliches Programm dieselben Anforderungen gestellt werden können wie an das Programm anderer privater Veranstalter100, weil auf diesem Wege entgegen Art. 140 GG /137 Abs. 3 WRV in den kirchlichen Selbstbestimmungsbereich eingegriffen würde. Letzteres wäre jedenfalls bei der Vielfaltsforderung der Fall; denn keinesfalls könnte von den Kirchen eine Berücksichtigung abweichender religiöser Auffassungen verlangt werden.101 Kirchen sind verfassungsrechtlich geschützte „Tendenzbetriebe“, bringen aber gerade in dieser Funktion ihren Beitrag zur Vielfalt des Gesamtprogramms, die unter dem Gesichtspunkt der „Außenpluralität“ nur von der Gemeinschaft der privaten Veranstalter, nicht von jedem einzelnen gefordert wird.102 Wohl aber müssen die Kirchen in 97 So eine verbreitete Meinung in der Lit., vgl. u. a. Chr. Starck, Grundversorgung (Fn. 7) 3260 f.; R. Scholz, Das dritte Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts, JZ 1981, 561 (566); Chr. Pestalozza (Fn. 28), S. 2160 f. 98 Vgl. BVerfGE 97, 298 (321 ff.): „Grundrechtsbeachtungsanspruch“; gemäß §§ 12 Abs. 2 und 14 Abs. 1 Nr. 2 Mediengesetz (Fn. 17) gehören die Kirchen trotz ihres öffentlich-rechtlichen Status, der grundsätzlich eine Mitwirkung im Privatfunk ausschließt, jedenfalls zu den Zulassungsberechtigten. 99 Der Evangelische Medienverband e.V., vornehmlich getragen von der Evangelischen Kirche der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen (KPS) und der Evangelischen Landeskirche Anhalts (vgl. die Satzung v. 29. 10. 1992, ABl. KPS 2000 S. 45: ABl. EKD S. 444), ist – geringfügig – beteiligt an dem Sender „Sachsen-Anhalt-Welle“ (SAW), was bisher allerdings nur zu äußerst kurzen Sendezeiten und ungünstigen Sendeplätzen (1,5 Minuten gegen 5 Uhr morgens, vornehmlich „für Lastwagenfahrer“) geführt hat, dies allerdings auch aus Kostenund Kapazitätsgründen. 100 Grundsätzlich gelten für Veranstalter des Privatfunks wegen der fehlenden Gebührenabsicherung (BVerfGE 73,118 [157 f.]; 74, 297 [325]) nicht die gleichen Anforderungen an die Programmbreite und die Vielfalt wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, zumal wenn ein Ausgleich durch die plurale Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums geschaffen wird (so geschehen durch § 42 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 Mediengesetz (je einem Mitglied der Evangelischen Landeskirchen Sachsen-Anhalt, der Katholischen Kirche und der Jüdischen Gemeinden). 101 Vgl. dazu M. Heckel, Kirchen im Medienrecht (Fn. 50), S. 142. 102 Vgl. BVerfGE 73, 118 (157 ff.), 83, 238 (297); danach darf die Vielfaltsforderung private Sendungen auch nicht ungebührlich erschweren oder gar ausschließen; gegen eine Senkung der Anforderungen F. R. Jach, Programm- und Organisationsforderungen für private Veranstalter in der dualen Rundfunkordnung, DÖV 1992, 730 (732 ff.); zur Frage, ob die Vielfalt auch tatsächlich vorliegen muss und wie sich das Ausscheiden eines der Vielfalt mit begründenden Veranstalters auf die insgesamt geforderte Ausgewogenheit auswirkt, vgl.

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Konkurrenz zu den übrigen Bewerbern die anderen gesetzlichen Bedingungen erfüllen, so z. B. ein hohes Maß an Toleranz (allerdings nicht religiöser) und Weltoffenheit der Programminhalte (§ 10 Abs. 1 Mediengesetz). Gleichfalls sind die Kirchen auch als Veranstalter des Privatfunks an die Programmgrundsätze (§ 3 Mediengesetz) gebunden, also insbesondere an die Berücksichtigung der verfassungsmäßigen Ordnung, an die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit und von Ehe und Familie, an die Bestrebungen der internationalen Verständigung, den Schutz der persönlichen Ehre sowie an die anerkannten journalistischen Grundsätze, d. h. Sachlichkeit, Wahrheit und Trennung von Kommentar und Berichterstattung. Keine Bindung besteht dort, wo Glaubensfragen betroffen sind wie bei manchen Religionsgemeinschaften bezüglich der Gleichstellung von Mann und Frau. Schließlich besteht auch für die Kirchen eine Bindung an die formellen Bedingungen.103 Absatz 2 besagt aber nicht, dass das Land solche gesetzlichen Hürden aufrichten darf, die den Kirchen eigene Rundfunkveranstaltungen praktisch unmöglich machen würden, also etwa die Bindung an Produktionsfirmen innerhalb des Landes, wenn die Kirchen eine für ganz Deutschland tätige kirchliche Produktionsstätte benutzen wollen. Eine Beteiligung der Kirchen an Veranstaltern des Privatfunks steht einer Alleinveranstaltung gleich.104 Auch eine Veranstaltergemeinschaft mit öffentlich-rechtlichen Anstalten ist zulässig.105 l) Das Schlussprotokoll zu Absatz 2 enthält nur einen „Hinweis“ auf die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende gesetzliche Regelung zugunsten der Mitwirkungsrechte der Kirchen im Privatfunk. Nachdem die Kirchen auch dem „Hinweis“ zugestimmt haben, kann der entsprechende Standard wie auch derjenige nach dem Schlussprotokoll zu Absatz 1 als zugesichert gelten. Das angeführte Privatfunkgesetz von 1991 wurde inzwischen durch das Mediengesetz vom 31. 7. 2000106 ersetzt, das dem Standard des Jahres 1991entspricht107, und jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2013 gilt. Eine Kontaktaufnahme zwischen dem Land und den Kirchen im Fall von Gesetzesänderungen schreibt zwar das Schlussprotokoll zu Absatz 2 nicht vor; doch wird man entweder Satz 2 des Schlussprotokolls zu Absatz 1 entsprechend oder aber Artikel 2 des Kirchenvertrages anwenden können.108

P. Lerche, Beteiligung Privater im Rundfunkbereich und Vielfaltsstandard, NJW 1982, 1676 (1677 ff.) sowie BVerfGE 74, 297 (330). 103 Vgl. §§ 24 ff. Mediengesetz sowie z. B. für die Vorlagepflicht bezüglich zurückliegender Sendungen BVerfGE 95, 220 (235 ff.). 104 Zur Praxis in Sachsen-Anhalt siehe Fn. 99. 105 Vgl. BVerfGE 83, 238 (305 ff.). 106 Fn. 17. 107 Das Mediengesetz enthält Regelungen für die Zulassung der Kirchen; § 12 Abs. 2), des § 29 Abs. 2 und für die Vertretung in der „Versammlung“ der Medienanstalt (§ 42 Abs. 1 Nrn. 3 – 5). 108 Die Kirchen wurden beim Anhörungsverfahren beteiligt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 25: (1) Das Land wird darauf hinwirken, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkveranstalter den Kirchen angemessene Sendezeiten für die Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und Feierlichkeiten sowie sonstiger religiöser Sendungen, auch solche über Fragen der öffentlichen Verantwortung, gewähren. In den Aufsichtsgremien (Rundfunkräten, Programmausschüssen) sollen die Kirchen angemessen vertreten sein. (2) Das Recht der Kirchen, privaten Rundfunk nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu veranstalten oder sich an Rundfunkveranstaltern zu beteiligen, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Absatz 1 wiederholt die entsprechenden Bestimmungen des NDR-Staatsvertrages bzw. des Landesrundfunkgesetzes. Absatz 2 bestätigt das Recht der Kirchen, nach Maßgabe der Gesetze privaten Rundfunk veranstalten zu dürfen.

Kommentierung 1. Absatz 1 Satz 1 sagt den Kirchen Bemühungen des Landes für die Einräumung angemessener Sendezeiten sowohl für den öffentlich-rechtlichen als auch – im Unterschied zu den meisten Verträgen der übrigen neuen Länder – für den privaten Rundfunk zu109, wenngleich das Land für den Privatfunk – von den Bestimmungen des Rundfunkvertrages/Medienstaatsvertrags (§§ 50 ff.) abgesehen – die volle Gesetzgebungszuständigkeit besitzt, ein bloßes „Bemühen“ daher wenig verständlich ist, während die Beschränkung auf die Bemühensklausel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Hinblick auf den gemeinsam mit den Ländern Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein betriebenen Norddeutschen Rundfunk notwendig war. Dementsprechend wurde für den Privatfunk bereits vor Vertragsschluss gemäß § 17 des Rundfunkgesetzes vom 13. 7. 1991 und nach dessen Aufhebung

109

Die Zusage war für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei Vertragsschluss schon umgesetzt in § 15 Abs. 2 des vom Land mit abgeschlossenen Vertrags über den Norddeutschen Rundfunk (NDR) vom 17./18. 12. 1991, Anl. zum Ges. v. 18. 2. 1992 (GVOBl. S. 74), maßgeblich ist nunmehr § 16 Abs. 2 des NDR-Staatsvertrag) vom 4. bis 9. 3. 2021 (Fn. 123), nach dessen § 2 Abs. 2 ein „Landesfunkhaus Schwerin“ errichtet wurde; ferner in §§ 11 Abs. 2 und 21 Abs. 1 c) des Staatsvertrags über die Körperschaft des öffentlich Rechts „Deutschlandradio“ vom 17. 6. 1993, Anl. zum Ges. v. 10. 11. 1993 (GVOBl. S. 921); geändert durch Gesetz vom 23. 7. 1998 (GVOBl. S. 696); Anl. zum Ges. vom 5. 12. 1991 (GVOBl. S. 494), nach Vertragsschluss zuletzt geändert durch § 25 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag vom September 2002, Anl. zum Gesetz vom 3. 2. 2003 (GVBl. S. 110) mit gleicher Regelung.

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Artikel 22 – Rundfunk

gemäß § 32 des Landesrundfunkgesetzes vom 21. 3. 2000110 jeder private Veranstalter zur Einräumung von Sendezeiten für religiöse Sendungen – gegen Selbstkostenerstattung – verpflichtet, ferner die Gesamtheit der privaten Veranstalter gemäß § 22 zum „Zu-Wort-Kommen“ aller weltanschaulichen Gruppen. „Gottesdienstliche Handlungen und Feierlichkeiten sowie sonstige religiöse Sendungen“ umschreiben die Artikel 22 des Evangelischen Vertrages Sachsen-Anhalt enthaltenen Begriffe „Verkündigung“ und „Seelsorge“ und decken damit auch alle in kirchlicher Verantwortung veranstalteten Sendungen ab. Die Hervorhebung der „Fragen der öffentlichen Verantwortung“ soll ebenso wie nach Artikel 21 Abs. 1 Evangelischer Vertrag Brandenburg111 zum Ausdruck bringen, dass zu den kirchlichen Aufgaben auch Stellungnahmen zu nichtreligiösen Themen, allerdings aus religiöser Sicht112, gehören.113 Das Zur-Verfügung-Stellen kirchlicher „Drittsendungen“ durch private Veranstalter114 steht allerdings unter dem Vorbehalt der Kostentragung durch die Kirchen.115 2. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 stimmen mit Artikel 22 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 2 des Ev. Vertrags Sachsen-Anhalt überein.116 2. Thüringen Art. 23: (1) Der Freistaat Thüringen wird darauf hinwirken, dass in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie in Vollprogrammen privater Rundfunkveranstalter im Rahmen des gesetzlich geregelten Programmauftrages das Leben der Evangelischen Kirche in den Eigensendungen der Anstalten angemessen berücksichtigt wird. 110

Gesetz vom 9. 7. 1991 (GVBl. S. 194), und Gesetz vom 21. 3. 2000 (GVBl. S. 85) durch dessen Art. 4 das Gesetz vom 9. 7. 1991 aufgehoben wurde; nunmehr Gesetz vom 20. 11. 2003 (GVOBl. M-V 2003, 510). Zu den gesetzgeberischen Möglichkeiten im Bereich des Privatfunks, für den jedenfalls das Vielfaltsangebot gilt, vgl. D. Lorenz, Drittsendungsrecht (Fn. 41) S. 64 ff.; zur Gesamtproblematik vgl. M. Fischer, Kirchliche Sendezeiten (Fn. 36) S. 182 ff. 111 Siehe Erl. B. I. 4. 112 Zur Warnung vor Parteilichkeit und „Interessenvertretung wie andere Gruppen“ vgl. M. Heckel, Die Kirchen im Medienrecht, FS Hammer 1989, S. 135 (138). 113 Siehe dazu auch Erl. A. [e)]. 114 Vgl. § 32 Abs. 1 Landesrundfunkgesetz. (Fn. 126) und für bundesweiten Privatfunk § 24 Abs. 1 (später § 42 Abs. 1) Rundfunkstaatsvertrag/§68 Abs. 1 Medienstaatsvertrag; grundlegend dazu D. Lorenz, Drittsendungsrecht (Fn. 41); M. Fischer, Kirchliche Sendezeiten (Fn. 36) S. 182 ff., ferner A. Hesse, Rundfunkrecht S. 263 f. 115 Vgl. § 32 Abs. 1 Rundfunkgesetz (Fn. 126) sowie für bundesweiten Privatfunk § 42 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag /§ 68 Abs. 1 Medienstaatsvertrag. Zur Entgeltpflicht D. Lorenz, Drittsendungsrecht (Fn. 41) S. 62 ff. 116 Die Zusagen waren bei Vertragsschluss bezüglich der Gremienmitgliedschaft bereits umgesetzt in § 17 Abs. 2 Nr. 2 (jetzt: § 18 Abs. 2 Nr. 2) NDR-Vertrag (Fn. 125) und in § 21 Abs. 1 d) ZDF-Vertrag, siehe ferner die Regelung in § 52 Abs. 1 Nr. 1 Rundfunkgesetz für den Medienausschuss der den privaten Rundfunk überwachenden Landesanstalt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Landesrechtliche Vorschriften, nach denen 1. die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie die privaten Veranstalter von Vollprogrammen, diese gegebenenfalls gegen Erstattung der Selbstkosten, den Kirchen auf Wunsch angemessene Sendezeiten zur Übertragung religiöser Sendungen einzuräumen haben, 2. alle Rundfunkveranstalter in ihren Sendungen die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer achten müssen, bleiben aufrechterhalten. Schlussprotokoll: Religiöse Sendungen sind nicht auf die Übertragung gottesdienstlicher oder liturgischer Handlungen beschränkt. (3) In den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie der Landesanstalt für privaten Rundfunk sind die Kirchen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen vertreten. (4) Das Recht der Kirchen, gemäß den gesetzlichen Vorschriften privaten Rundfunk zu veranstalten oder sich an Rundfunkgesellschaften des Privatrechts zu beteiligen, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Die Regelungen zum Rundfunkrecht tragen den landesrechtlichen Bestimmungen Rechnung, wie sie etwa durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 18. Dezember 1991 (GVBl. S. 635), dem Gesetz über den Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk vom 25. Juni 1991 (GVBl. S. 118) bzw. durch das Thüringer Privatrundfunkgesetz vom 31. Juli 1991 (GVBl. S. 255) in Thüringen gelten. Im Schlussprotokoll zu Absatz 2 wird erläutert, dass religiöse Sendungen im Sinne des Vertrages sich nicht auf die Übertragung gottesdienstlicher oder liturgischer Handlungen beschränken.

Kommentierung 1. Artikel 23 regelt die verschiedenen Materien in unterschiedlicher Weise. Während Absatz 1 eine Bemühensklausel für die Gewährleistung der kirchlichen Repräsentanz in den öffentlich-rechtlichen wie den privaten Rundfunkprogrammen enthält, werden in den Absätzen 2 und 3 feste Zusagen in Gestalt einer vertraglichen Absicherung von „Drittsendungsrechten“ der Kirchen, der wichtigsten Programmgrundsätze und der Vertretung der Kirchen in den Aufsichtsgremien gegeben. Die letztgenannten Zusicherungen stimmen zwar mit den Regelungen in den vom Freistaat mir anderen Ländern abgeschlossenen Rundfunkverträgen und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts überein, doch sind die Einwirkungsmöglichkeiten des Freistaates beschränkt auf die Einbringung der zugesagten Regelungen in die Vertragsverhandlungen ebenso wie nach Absatz 1. Die Eingrenzung „nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen“ in Absatz 3 bezieht sich nur auf das Ausmaß der kirchlichen Beteiligung, relativiert jedoch nicht den zum Ausdruck gebrachten Grundsatz. Die unterschiedliche Regelung kann sich nicht auf entsprechende Aussagen des Bundesverfassungsgerichts berufen; denn das Gericht hat alle in Artikel 23 enthaltenen Regelungen als verfassungsmäßig geboten bezeichnet, jedenfalls dann,

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Artikel 22 – Rundfunk

wenn sich das jeweilige Land gesetzlich für die Einführung des „dualen Systems“ entschieden hat. Auch die Landesverfassung117 enthält keine Ansatzpunkte für unterschiedliche Regelungen. Sollte sich somit in Zukunft die Rechtsprechung ändern und sollten zugunsten der Kirchen zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehende Bestimmungen auf Verlangen der Mehrheit der Vertragspartner der Rundfunkstaatsverträge entfallen oder abgeschwächt werden, wird der Freistaat entweder die Kirchen um Zustimmung bitten oder den Kirchenvertrag anpassen müssen. 2. Absatz 1 betrifft nur die von den Rundfunkanstalten verantworteten Sendungen, nicht „Drittsendungen“118, und beschränkt die Regelungen für den Privatfunk auf Vollprogramme.119 Der Begriff „Programmauftrag“ ist § 6 des MDR-Vertrags120 entnommen. Er umfasst danach vor allem die Vermittlung eines objektiven und umfassenden Überblicks über „das internationale, nationale und länderbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen“ (Absatz 1 MDR-Vertrag) und soll den „Belangen aller Bevölkerungsgruppen“ Rechnung tragen (Absatz 3); er findet seine Entsprechung u. a. für private Programme in § 5 Abs. 3 ZDF-Vertrag121 und in § 3 Landesmediengesetz.122 Die Berücksichtigung des „Lebens der Evangelischen Kirche“ ist weit auszulegen; hierunter fallen nicht nur kirchliche Nachrichten, also Berichte über kirchliche Ereignisse und Stellungnahmen, sondern auch die Einbringung religiöser Gesichtspunkte in kulturelle, historische und philosophische Sendungen. Die „Angemessenheit“ der Berücksichtigung kirchlichen Lebens beurteilt sich nach dem objektiven Anteil, den kirchlichen Fragen im Rahmen des behandelten

117 Art. 11 Abs. 2 Landesverfassung übernimmt – mit anderem Wortlaut – die Regelung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, und Art. 12 lautet: (1) Das Land gewährleistet die Grundversorgung durch öffentlich-rechtlichen Rundfunk und sorgt für die Ausgewogenheit der Verbreitungsmöglichkeiten zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Veranstaltern. (2) In den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den vergleichbaren Aufsichtsgremien über den privaten Rundfunk sind die politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen nach Maßgabe der Gesetze zu beteiligen. 118 Siehe dazu Absatz 2 Nr. 1. 119 Nach thüringischem Landesrecht ist ein Vollprogramm „ein täglich mindestens fünf Stunden verbreitetes Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Programms bilden; Zeiten für Fensterprogramme bleiben dabei unberücksichtigt.“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 Landesmediengesetz i. d. F. der Bek. vom 5. 3. 2003 (GVBl. S. 117)), siehe nunmehr Thüringer Landesmediengesetz (ThürLMG) vom 15. 7. 2014 (GVBl. 2014, 385), in dem die Legaldefinition des Vollprogramms nicht mehr enthalten ist; die Abweichung von § 2 Abs. 2 Nr. 3 Rundfunkstaatsvertrag, der eine Stundenangabe nicht enthält, dürfte, da es sich um Definitionen handelt, mit Blick auf § 1 Abs. 2 dieses Vertrages (Kap. 1 des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland v. 31. 8. 1991, Anl. zum Gesetz vom 19. 12. 1991 (GVBl. S. 425) rechtsunerheblich sein. 120 Vertrag vom 30. 5. 1991, Anl. zum Gesetz vom 25. 6. 1991 (GVBl. S. 118). 121 Art. 3 des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland. 122 Gesetz i. d. F. der Bek. vom 5. 3. 2003 (GVBl. S. 117), nunmehr Thüringer Landesmediengesetz (ThürLMG) vom 15. 7. 2014 (GVBl. 2014, 385).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Themas bzw. des behandelten Wissensbereichs nach allgemeinem Verständnis haben. 3. Unter den „landesrechtlichen Vorschriften“ nach Absatz 2 sind nicht nur die allein für den Freistaat getroffenen Regelungen, also insbesondere das Landesmediengesetz123, sondern auch die mit landesgesetzlicher Zustimmung versehenen Rundfunkstaatsverträge zu verstehen, weil anderenfalls für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der fast ausschließlich durch Staatsverträge geregelt ist, keine Zusicherungen bestünden. Die „religiösen Sendungen“ nach Nr. 1 des Schlussprotokolls sind nicht inhaltlich erläutert, erstrecken sich jedoch jedenfalls über „gottesdienstliche“ oder „liturgische Sendungen“ hinaus auf weitere kirchenbezogene Inhalte in Anbetracht des „Öffentlichkeitsauftrags“ der Kirchen.124 Unter „liturgische Sendungen“ fallen insbesondere auch kirchliche Einweihungsfeiern, ohne dass sie Gottesdienste wären. Eine Kostentragung durch die Kirchen wird für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk indirekt dadurch ausgeschlossen, dass sie ausdrücklich nur für den Privatfunk als möglichbezeichnet wird.125 Wie sich aus der Benennung der Kirchen in Nummer 1 als Sendungs-Berechtigte uns aus der Einräumung von Sendezeiten ergibt, bezieht sich die Zusicherung auf kirchliche „Drittsendungen“;126 Die in Nummer 2 aufgeführten Programmgrundsätze entsprechen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, sind in den Verträgen und dem Landesmediengesetz umgesetzt127 und ihre Einhaltung wird von den Kirchen eingefordert. 4. Absatz 3 enthält bezüglich der Gremienmitgliedschaft der Kirchen im Unterschied zu den meisten anderen Verträgen keine Sollbestimmung, sondern sagt den Kirchen die Vertretung zu.128 Diese Zusagen wurden sowohl vor wie nach Vertragsschluss umgesetzt.129 Absatz 5 stimmt wortgleich mit Art. 22 Abs. 2 des Evangeli-

123 124

burg. 125

Fn. 151. Vgl. auch die Formulierung in Art. 21 Abs. 1 Evangelischer Kirchenvertrag Branden-

Siehe dazu auch Erl. A. [g)]. Von diesem Recht haben die Kirchen im Fernsehen aus Kapazitätsgründen noch keinen Gebrauch gemacht; Gottesdienstübertragungen übernimmt die Kirchenredaktion des MDR, der weitere wöchentliche Sendeplätze zur Verfügung stehen; im Hörfunk bestehen kirchliche Sendeplätze, gemeinsam für die Evangelischen Kirchen, die Freikirchen und die Katholische Kirche. 127 Vgl. § 8 Abs. 2 MDR-Vertrag (Fn. 149), §§ 3 Abs. 1, 41 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag/ §§ 3, 51 Abs. 1 Medienstaatsvertrag, § 5 Abs. 2 ZDF-Vertrag, § 6 Abs. 2 DeutschlandradioVertrag und § 3 Landesmediengesetz (Fn. 151). 128 Zur Problematik solcher Zusagen siehe Erl. 1. 129 Vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 3 MDR-Vertrag (Fn. 149), § 21 Abs. 1 d) ZDF-Vertrag, § 21 Abs. 1 c) Deutschlandradio-Vertrag und § 42 Abs. 1 Nr. 1 Landesmediengesetz (Fn. 151). 126

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schen Vertrags Sachsen-Anhalt überein, so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann.130 3. Sachsen Art. 23: (1) Der Freistaat wird Sorge tragen, dass den Kirchen von den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten ausreichend Sendezeit eingeräumt wird. Die Kirchen sollen in den Aufsichts- und Programmgremien angemessen vertreten sein. Schlussprotokoll: Der Freistaat betreibt öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten auf staatsvertraglicher Grundlage nur mit anderen Bundesländern. Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass die Vorgaben des Artikels 23 Abs. 1 dieses Vertrages in den bestehenden Rundfunkstaatsverträgen (Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk vom 30. Mai 1991, SächsGVBl. S. 169; Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991, SächsGVBl. S. 425) bereits ausreichend umgesetzt sind. Bei einer Fortschreibung oder Änderung der bezeichneten Rundfunkstaatsverträge wird der Freistaat auf eine Berücksichtigung der in Absatz 1 festgelegten Grundsätze hinwirken. Soweit dies nicht durchsetzbar erscheint, entfällt eine Bindung des Freistaates an die Regelungen des Kirchenvertrages. (2) Das Recht der Kirchen, nach Maßgabe der landesgesetzlichen Bestimmungen allein oder mit Dritten Rundfunk zu veranstalten, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Absatz 1 enthält eine Regelung, die den Kirchen Beteiligungsmöglichkeiten an der Programmgestaltung und an den Organen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einräumt. Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Aufgabenstellung die Grundversorgung zu gewährleisten hat und die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm angemessen zu Wort kommen lassen muss (vgl. BVerfGE 57, 295, 325; 73, 118, 153, 158; 74, 297, 324), ist den Kirchen aufgrund ihrer besonderen Bedeutung als Träger der christlichen Glaubenslehre eine Artikulationsmöglichkeit zu eröffnen. Ebenso soll eine Beteiligung in den Aufsichtsorganen erfolgen, die in ihrer Zusammensetzung der Meinungsund Interessenvielfalt der vertretenen Bürger Rechnung tragen müssen. Der Freistaat betreibt derzeit nur mit anderen Bundesländern gemeinsam Rundfunk- und Fernsehanstalten und wird diese Praxis voraussichtlich auch zukünftig fortsetzen. Dieser Rechtslage trägt das Schlussprotokoll Rechnung. Bezüglich des gegenwärtig geltenden Regelungszustandes ist ausgeführt, dass die entsprechenden Staatsverträge den Festlegungen des Kirchenvertrages entsprechen (vgl. §§ 14, 19 Abs. 1 Nr. 3 NDR-Staatsvertrag; Artikel 1 § 24; Artikel 3 § 11 Abs. 3, § 21 Abs. 1 d) Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland). Damit ist ein Regelungskonflikt zwischen den jeweiligen staatsvertraglichen Bindungen des Freistaates ausgeschlossen. Im Falle einer staatsvertraglichen Neuregelung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkwesens wandelt sich die Verpflichtung des Freistaates – wie im Schlussprotokoll aus130

§ 8 Abs. 1 Nr. 2 Landesmediengesetz (Fn. 151) erlaubt eine Zulassung auch von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften sowie jüdischen Kultusgemeinden; die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen besitzt über einen Verlag geringe Anteile an dem Sender „Antenne Thüringen“. Daneben bringt der Sender „Landeswelle Thüringen“ kirchliche Sendungen gegen Kostenerstattung.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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geführt – zu einer Pflicht, im Rahmen der Verhandlungen zu den entsprechenden Staatsverträgen darauf hinzuwirken, daß die Grundsätze des Absatzes 1 in den entsprechenden Rundfunkstaatsvertrag einfließen. Für den Konfliktsfall, dass ein entsprechendes Verhandlungsergebnis nicht durchsetzbar ist, sieht das Schlussprotokoll eine Aufhebung der kirchenvertraglichen Bindung des Freistaates vor. Der Freistaat ist (innerhalb des vorgegebenen verfassungsrechtlichen Rahmens) dann bei dem Abschluss entsprechender Rundfunkstaatsverträge frei. Absatz 2 schreibt vertraglich einen Regelungszustand fest, der nach dem Sächsischen Privatrundfunkgesetz vom 27. Juni 1991 (GVB1. 178) schon geltendes Recht ist (vgl. 5 6 Abs. 1 Nr. 4). Rundfunk im Sinne des Vertrages erfasst entsprechend der Legaldefinition des Gesetzes (5 1 Abs. 1 Nr. 1) Hörfunk und Fernsehen einschließlich Fernsehtext. Im Übrigen finden für die veranstaltende Tätigkeit der Kirchen die allgemeinen landesgesetzlichen Bestimmungen Anwendung.

Kommentierung 1. Artikel 23 Abs. 1 enthält in Übereinstimmung mit Artikel 22 Abs. 1 Satz 2 der Landesverfassung, der Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG wörtlich übernommen hat, die üblichen vertraglichen Zusagen bezüglich der Einräumung von kirchlichen Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Berücksichtigung der Kirchen in den Rundfunkgremien, wenngleich z. T. mit anderen Akzenten. Da das Land gemeinsam mit Sachsen-Anhalt und Thüringen den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) betreibt131 sowie gemeinsam mit allen anderen Bundesländern des Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF)132 und das „Deutschlandradio“133, konnten die vertraglichen Zusagen ebenso wie in den anderen neuen Ländern nur in Form einer Bemühensklausel gegeben werden. Das „Sorge tragen“ (Satz 1) ist allerdings geringfügig stärker als „drauf hinwirken“134, das aber in Satz 2 des Schlussprotokolls aufgenommen wurde; doch wird der Charakter als Bemühensklausel in Satz 4 des Schlussprotokolls deutlich, wonach eine „Bindung“ an die Zusicherung in Artikel 23 Abs. 1 im Falle der Nichtdurchsetzbarkeit entfällt. Damit bringen die Vertragsparteien zum Ausdruck, dass das „Sorge tragen“ zunächst ein „darauf beharren“ bedeuten soll.135 Die Freistellung des Landes hiervon wird allerdings davon abhängig gemacht, dass das kirchliche Anliegen nicht durchsetzbar „erscheint“; doch dürfte eine dahingehende Prognose nicht ausreichen, sondern das „Beharren“ muss bereits sichtbar geworden sein.

131

Vgl. den Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 30. 5. 1991, Anl. zum Gesetz vom 27. 6. 1991 (GVBl. S. 169). Siehe Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 12. 01. 2021 (SächsGVBl. S. 397). 132 Vgl. Art. 3 des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland v. 31. 8. 1991, Anl. zum Ges. v. 19. 12. 1991 (GVBl. S. 457). 133 Vgl. den Deutschlandradio-Staatsvertrag vom 17. 6. 1993, Anl. zum Gesetz. v. 16. 12. 1993 (GVBl. S. 1201), nunmehr in der Fassung von Art. 6 des Staatsvertrags zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland vom 28. 4. 2020 (SächsGVBl. S. 381). 134 So Art. 22 Abs. 1 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt. 135 So offensichtlich auch die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4649, Begründung, S. 36 f.

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Artikel 22 – Rundfunk

Die Zusicherung „ausreichender“ Sendezeit136 ist etwas vager als die sonst übliche „Angemessenheit“, die ein „Maßnehmen“ an der Gesamtsendezeit sowie an der Präsenz der Kirchen im Land anzeigt und Vergleiche mit den Sendezeiten-Zusagen in anderen Ländern nahelegt.137 „Ausreichende“ Sendezeit beurteilt sich aus der Sicht der Kirchen; nur sie können einschätzen, wann nach den kirchlichen Erkenntnissen den Bedürfnissen der Mitglieder wie auch der Allgemeinheit Genüge getan wird und wann nicht. Will man dennoch im Konfliktfall objektive Maßstäbe heranziehen, wird man auf die Einschaltquoten, getrennt nach Mitgliedern und Nichtmitgliedern, zurückgreifen sowie das gesamte Medien-Engagement der Kirchen im Freistaat vergleichsweise bewerten und, falls von den Kirchen gewünscht, einen „Bonus“ für missionarische Zwecke berücksichtigen müssen. 2. Klarer als im Schlussprotokoll zu Artikel 22 Abs. 1 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt bringt Satz 2 des Schlussprotokolls138 zum Ausdruck, dass auch die Kirchen die bei Vertragsschluss bestehende Umsetzung der ihnen in Artikel 23 Abs. 1 zugesagten Rechte als ausreichend bestätigten. Nur dieser Standard139 wird gemäß Satz 3 des Schlussprotokolls vom Land für künftige Regelungen zugrunde zu legen sein.140 3. Satz 1 des Schlussprotokolls schließt zwar dem Wortlaut nach einen allein vom Freistaat betriebenen Rundfunk auch für die Zukunft aus, doch zeigt die Amtliche Begründung durch das eingefügte Wort „voraussichtlich“,141 dass jedenfalls aus der Sicht des Freistaates das Schlussprotokoll nur als Zustandsbeschreibung zu verstehen ist. Satz 3 mildert die Bemühensklausel des „Sorge tragens“ für die Zukunft durch „darauf hinwirken“ ab, und Satz 4 unterstreicht, dass es sich tatsächlich nur um eine Bemühensklausel ohne Erfolgsgarantie handelt.

136 Trotz des relativ geringen Einflusses der Kirchen bestehen derzeit Vereinbarungen über die Übertragung eines Gottesdienstes pro Jahr im Fernsehen und über an jedem Sonntag zu festen Sendezeiten übertragene Gottesdienste im Hörfunk, im proportionalen Wechsel mit der Katholischen Kirche; daneben verfügen die Kirchenredaktionen der Anstalt über wöchentliche Sendeplätze zu guter Sendezeit. 137 Siehe Erl. A. [d)]. 138 Das Wort „Vorhaben“ statt „Vorgaben“ in der Gesetzesfassung des Schlussprotokolls (SächsGVBl. S. 1257) ist nur ein Druckfehler. 139 Die Umsetzung war bei Vertragsschluss in den §§ 14 Abs. 3 (Sendezeiten) und 19 Abs. 2 Nr. 3 (zwei Rundfunkratssitze für Sachsen und Thüringen), jetzt §§ 11 Abs. 3, 16 Abs. 1 Nr. 3 MDR-Vertrag (Fn. 133), § 24 Rundfunkstaatsvertrag, nunmehr § 68 Abs. 1 Medienstaatsvertrag (Sendezeiten im Privatfunk gegen Selbstkostenerstattung), §§ 11 Abs. 3 (Sendezeiten) und 21 Abs. 1 d) (zwei EKD-Sitze im Fernsehrat) ZDF-Vertrag (Fn. 129) und in § 11 Abs. 3 Deutschlandradio-Vertrag erfolgt. 140 Der Begriff „Programmorgane“ bezeichnet deutlicher als „Aufsichtsgremien“, dass die ansonsten genannten Ausschüsse keine selbständige Funktion, sondern nur Zuarbeitsfunktion haben. 141 LT-Drs. 1/4649, Begründung, S. 36.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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4. Absatz 2 bestätigt in Übereinstimmung mit Artikel 20 Abs. 2 der Landesverfassung142 das Recht der Kirchen, Privatfunk zu veranstalten, wenn auch wie in allen Bundesländern nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen, d. h. aufgrund einer Zulassung durch die Sächsische Medienanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien.143 4. Brandenburg Art. 21: (1) Das Land wird darauf hinwirken, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Kirchen angemessene Sendezeiten für Zwecke der Verkündigung und der Seelsorge sowie für sonstige religiöse Sendungen auch zu Fragen der öffentlichen Verantwortung der Kirchen zur Verfügung stellen. Es wird darauf bedacht bleiben, dass in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung zu achten sind. Im Aufsichtsgremium sollen die Kirchen angemessen vertreten sein. (2) Das Recht der Kirchen, privaten Rundfunk nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften zu veranstalten oder sich an Rundfunkveranstaltungen des privaten Rechts zu beteiligen, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Absatz 1 gewährleistet das Recht der Kirchen auf angemessene Zurverfügungstellung von Sendezeiten und Vertretung im Aufsichtsgremium der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dieses Recht folgt daraus, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk kraft seines verfassungsrechtlich verbürgten Auftrags (Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG; Art. 19 Abs. 2 LV) die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen hat und im Gegenzug alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte angemessen zu Wort kommen lassen muss. Die Ansprüche der Kirchen auf Zurverfügungstellung von Sendezeit und Repräsentanz im Aufsichtsgremium sind derzeit u. a. in 142

Art. 20 lautet: Unbeschadet des Rechtes, Rundfunk in privater Trägerschaft zu betreiben, werden Bestand und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleistet; vgl. dazu A. Hesse, Der Rundfunkartikel der sächsischen Verfassung, SächsVBl. 1994, 4 ff. 143 Vgl. insbesondere §§ 5 ff. und 27 ff. Sächsisches Privatrundfunkgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. 01. 2001 (SächsGVBl. S. 69, 684), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 11. Dezember 2018 (SächsGVBl. S. 810); vgl. dazu auch M. Schuler-Harms, Das Sächsische Privatrundfunkgesetz auf dem verfassungsmäßigen Prüfstand, SächsVerwBl. 1997, 1. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens als größte Kirche unter den kirchlichen Vertragspartnern, zugleich federführend für die Vertretung der kirchlichen Belange beim MDR, ist beteiligt an den Sendern „Privater Sächsischer Rundfunk“ (PSR) und „Antenne Sachsen“, wenn auch mit geringwertigen Sendeplätzen, wobei ein Kostenersatz der Gehälter der zuständigen Redakteure vereinbart ist. In der Versammlung der Landesanstalt wurde den Kirchen ein Sitz eingeräumt (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 Privatrundfunkgesetz); über ein Zulassungsrecht hinaus ist R. Raum, Die Verhandlungen zu den Staatskirchenverträgen aus der Sicht des Freistaates Sachsen, in: R. Tillmans (Hrsg.), Staatskirchenverträge im Freistaat Sachsen, 2001, S. 120, darin zuzustimmen, dass unter Paritätsgesichtspunkten auch die Evangelischen Kirchen einen Anspruch gegen den Freistaat auf Beachtung ihrer Belange im Privatfunk haben, wie sie der Katholischen Kirche in Abs. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 11 Abs. 1 Konkordat Sachsen zugesichert ist.

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Artikel 22 – Rundfunk

§§ 11 Abs. 3, 21 Abs.1 d) ZDF-Staatsvertrag und §§ 10 Abs. 3, 16 Abs. 2 Nr. 1 ORBG sichergestellt. Weiterhin verpflichtet Absatz 1 das Land, darauf bedacht zu sein, dass in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung geachtet werden (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 3 ORBG; § 5 Abs. 3 Satz 3 ZDF-Staatsvertrag). Das Land hat sich auch im Falle einer Änderung der öffentlich-rechtlichen Rundfunklandschaft in Brandenburg dafür einzusetzen, dass die geltende Rechtslage hinsichtlich Beteiligungsrechten, Sendezeiten und Programmgrundsätzen hinsichtlich der sittlich-religiösen Überzeugungen der Bevölkerung in den neuen Rechtszustand überführt wird. Das Aufsichtsgremium i. S. v. Absatz 1 ist derzeit der Rundfunkrat. Sollte die Aufsicht zu einem späteren Zeitpunkt bei einem oder mehreren öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch ein anderes Gremium wahrgenommen werden, so sollen der Kirche in diesem Gremium dieselben Rechte eingeräumt werden. Absatz 2 bestätigt das Recht der Kirchen, privaten Rundfunk zu veranstalten oder sich an Rundfunkveranstaltern des privaten Rechts zu beteiligen.

Kommentierung 1. Artikel 21 wurde nicht nur mit Blick auf Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG, sondern auch vor dem Hintergrund der eingehenden Regelungen in Artikel 19 Abs. 2, 3 und 4 der Landesverfassung144 formuliert, die wiederum die wichtigsten Aussagen des Bundesverfassungsgerichts aufgenommen hat. In Übereinstimmung mit Artikel 22 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt sagt der Artikel 21 die Berücksichtigung kirchlicher Belange in den Programmen und dem Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu (Absatz 1), bestätigt im Privatfunkbereich aber nur das Recht der Kirchen, als Veranstalter aufzutreten (Absatz 2). 2. Absatz 1 trägt. im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks drei kirchlichen Belangen Rechnung: der Einräumung von Sendezeiten, der Achtung religiöser Überzeugungen in der Bevölkerung (beides Satz 1) sowie der angemessenen Vertretung im Aufsichtsgremium (Satz 2). Nicht vertraglich geregelt ist das sog. „Zu-WortKommen“ der Kirchen im Gesamtprogramm, das aber auch verfassungsrechtlich geboten145 und in § 3 Abs. 4 des Staatsvertrages über die Errichtung einer Rundfunk-

144 Die Bestimmungen lauten (2) Die Freiheit … des Rundfunks … ist gewährleistet. Das Gesetz hat durch Verfahrensregeln sicherzustellen, dass die Vielfalt der in der Gesellschaft vorhandenen Meinungen in Presse und Rundfunk zum Ausdruck kommt. (3) Gesetzliche Einschränkungen zum Schutze der Kinder und Jugendlichen sowie der Ehre und anderer wichtiger Rechtsgüter sind zulässig. Kriegspropaganda und öffentliche, die Menschenwürde verletzende Diskriminierungen sind verboten. (4) Hörfunk und Fernsehen haben die Aufgabe, durch das Angebot einer Vielfalt von Programmen zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen. Neben den öffentlich-rechtlichen Anstalten sind private Sender aufgrund eines Gesetzes zuzulassen. Dabei ist ein Höchstmaß an Meinungsvielfalt zu gewährleisten. 145 Vgl. BVerfGE 12, 2005 (262 f.); 57, 295 (322 ff.).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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anstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. 6. 2002146 enthalten ist. Artikel 21 sichert Artikel 19 Abs. 2 der Landesverfassung vertraglich ab.147 Obwohl das Land zur Zeit des Vertragsschlusses eine landeseigene Rundfunkanstalt148 besaß und somit die kirchlichen Belange in diesem Vertrag hätte selbständig regeln können, enthält Absatz 1 nur eine Bemühensklausel149, wohl zurückzuführen auf die Rundfunkstaatsverträge und auf die zunächst gescheiterte, aber nicht aufgegebene Absicht der Gründung einer gemeinsamen Anstalt mit dem Land Berlin.150 Da die die Kirchen zur Zeit des Vertragsschlusses betreffenden Gesetzesbestimmungen nicht wie im Evangelischen. Vertrag Sachsen-Anhalt Vertragsbestandteil sind151, gelten die Zusagen des Absatzes 1 automatisch für alle nach Vertragsschluss entstandenen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen. Neben der Einräumung kirchlicher Sendezeiten152, die ausdrücklich auch für kirchliche Stellungnahmen zu nichtreligiösen Fragen („Fragen der öffentlichen Verantwortung“) genutzt werden können,153 enthält Absatz 1 Satz 2 die Garantie der Achtung der sittlichen und religiösen Überzeugungen in der Bevölkerung durch die Rundfunkanstalten154, wie sie in fast allen Rundfunkverträgen vorgesehen ist.155 146 Anl. zum Gesetz vom 14. 10. 2002 (GVBl.I/02, [Nr. 9], S.138), durch dessen Art. 2 Abs. 1 mit Wirkung vom 1. 5. 2003 – vgl. Bek. vom 20. 5. 2003 (GVBl. I S. 178) – das Gesetz über den Ostdeutschen Rundfunk (ORB-Ges.) i. d. F. der Bek. vom 17. 8. 1999 (GVBl. I S. 406), geänd. durch Gesetz vom 9. 7. 2001 (GVBl. I S. 98), aufgehoben wurde. 147 Die Zusagen sind überwiegend umgesetzt – mit Ausnahme der Achtung der sittlichen und religiösen Überzeugungen in der Bevölkerung – in den §§ 8 Abs. 3 und 14 Abs. 1 Nrn. 1 – 3 des Staatsvertrages über den Rundfunk Berlin-Brandenburg und war bei Vertragsschluss ganz umgesetzt in den §§ 5 Abs. 2 Satz 3, 11 Abs. 3 Satz 1 und 21 Abs. 1 lit. d) – f) des ZDF-Vertrags (Art. 3 der Anl. zum Gesetz vom 20. 1. 1992 GVBl. S. 27). Siehe auch §§ 6 Abs. 2 S. 3, 11 Abs. 3 und 21 Abs. 1 Nrn. 3 – 5 Staatsvertrag über die Körperschaft des öffentlichen Rechts ,,Deutschlandradio“ (Deutschlandradio-Staatsvertrag) vom 17. 12. 1993 (GVBl. LSA 1993, 770) in der Fassung des Staatsvertrages zur Modernisierung in Deutschland vom 14./28. 4. 2020 als Anlage des Gesetzes vom 23. September 2020 (GVBl. LSA 492, 538). 148 Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg-ORB (Fn. 111). 149 Siehe hierzu Erl. A. [c)]. 150 Vgl. jetzt den Staatsvertrag zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (Fn. 111). 151 Sie sind nur teilweise in der Amtl. Begründung aufgeführt, vgl. LT-Drs. 2/3442, Begründung, S. 20. 152 Siehe dazu Erl. A. [d) und e)]. 153 Zur „öffentlichen Verantwortung“ der Kirchen vgl. den Publizistischen Gesamtplan der EKD (Fn. 8) S. 25 ff. und die EDK-Studie Die neuen Informations- und Kommunikationstechniken (Fn. 9) S. 86 ff.; ferner K. Schlaich, Öffentlichkeitsauftrag, S. 131 ff.; zur Bereitstellung von Sendezeiten vgl. M. Fischer, Kirchliche Beiträge (Fn. 36) S. 116 ff.; zu den Grenzen entsprechender Verlautbarungen siehe Erl. A. [e)]. 154 Zur Beurteilung einiger Beispiele vgl. W. A. Kewenig, Zu Inhalt und Grenzen der Rundfunkfreiheit, 1978, S. 143 ff. 155 Diese Zusage war zur Zeit des Vertragsschlusses in § 6 Abs. 2 Satz 3 ORB-Vertrag (Fn. 111) umgesetzt, ist aber nicht in Art. 19 der Landesverfassung enthalten und wurde trotz

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Artikel 22 – Rundfunk

Die Sollbestimmung in Satz 3 zur Vertretung der Kirchen in den Aufsichtsgremien156 der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten157 entspricht Artikel 22 Abs. 1 Satz 2 des Ev. Vertrages Sachsen-Anhalt, erweitert durch die Zusage der Angemessenheit. Für letztere kann als Maßstab die Besetzung in vergleichbaren Rundfunkgremien herangezogen werden.158 3. Absatz 2 stimmt wortgleich mit Artikel 22 Abs. 2 Evangelischen Vertrag Sachsen-Anhalt überein.159

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 11: (1) Der Freistaat wird Sorge tragen, dass der katholischen Kirche von den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten ausreichend Sendezeit eingeräumt wird. Die Katholische Kirche soll in den Aufsichts- und Programmorganen angemessen vertreten sein. Schlussprotokoll: Der Freistaat gewährleistet öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten auf staatsvertraglicher Grundlage nur mit anderen Bundesländern. Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass die Vorgaben des Artikels 11 Abs. 1 dieses Vertrages in den bestehenden Rundfunkstaatsverträgen (Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk vom 30. Mai 1991, SächsGVBl. S. 169; Staatsvertrag über den Rundfunk der Bemühensklausel nicht in § 3 des Vertrages Rundfunk Berlin-Brandenburg (Fn. 111) aufgenommen. 156 Der im Vertrag verwendete Singular ist als Vorgabe für jede einzelne Anstalt zu verstehen. 157 Die Zusage war zur Zeit des Vertragsschlusses bereits umgesetzt in § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Rundfunk Brandenburg v. 6. 11. 1991, nach Vertragsschluss zuletzt geändert durch Ersten Staatsvertrag (Artikel 1 des Gesetzes vom 05. 12. 2013) vom 11. September 2013 (GVBl. I/13, [Nr. 41], S.2), sowie in § 21 Abs. 1 d) des ZDF-Vertrags (Fn. 112). Satz 2 erstreckt sich nicht auf Ausschüsse, weil gemäß § 18 Abs. 2 des Ges. „Rundfunk Brandenburg“ die Ausschussmitglieder aus der Mitte des Rundfunkrats bestellt wurden; ebenso § 18 Abs. 2 ORB-Ges. (Fn. 111), nicht erwähnt im Staatsvertrag Rundfunk Brandenburg. 158 Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Vertrag Rundfunk Berlin-Brandenburg (Fn. 111) steht von 30 Rundfunkratsplätzen ein Sitz den Evangelischen. Kirchen zu, nach § 21 Abs. 1 d) ZDF-Vertrag von 60 Fernsehratsplätzen zwei Sitze; dem entsprechend ungefähr nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 MDR-Vertrag (Fn. 15) von ca. 42 Rundfunkratsplätzen zwei Sitze, nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk (NDR-Staatsvertrag) vom 4. bis 9. 3. 2021 (GVOBl. M-V 2021, 796, 797) von höchstens 58 Rundfunkratsplätzen ebenfalls zwei Sitze. 159 Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg ist zu einem geringen Teil an „Radio Paradiso“ in Berlin beteiligt und moderiert einige Sendungen selbst, z. T. auch unter Mitwirkung der Katholische Kirche; vgl. im Übrigen den für den Privatfunk abgeschlossenen Staatsvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks vom 22. 2. 1992, Anl. zum Gesetz vom 29. 4. 1992 (GVBl. I S. 142), auf dessen Grundlage die Medienanstalt Berlin-Brandendburg installiert und das Zulassungsverfahren eingeführt wurde; kirchliche Belange sind in dem Vertrag nicht erwähnt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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im vereinten Deutschland vom 31. August 1991, SächsGVBl. S. 425) bereits ausreichend umgesetzt sind. Bei einer Fortschreibung oder Änderung der bezeichneten Rundfunkstaatsverträge wird der Freistaat auf eine Berücksichtigung der in Absatz 1 festgelegten Grundsätze hinwirken. Soweit dies nicht durchsetzbar erscheint, entfällt eine Bindung des Freistaates an die Regelung dieses Vertrages. Im Bereich des privaten Rundfunks wird der Freistaat im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sicherstellung der Pluralität nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen auch für die Beachtung der Belange der Katholischen Kirche Sorge tragen. (2) Das Recht der katholischen Kirche und ihrer Untergliederungen, nach Maßgabe der landesgesetzlichen Bestimmungen alleine oder mit Dritten Rundfunk zu veranstalten, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Absatz 1 räumt der Kirche die Möglichkeit ein, sich bei der Programmgestaltung und in den Organen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu beteiligen. Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Aufgabenstellung die Grundversorgung zu gewährleisten hat und die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm angemessen zu Wort kommen lassen muss (vgl. BVerfGE 57, 295, 325; 73, 118, 153, 158; 74, 297, 324), ist der katholischen Kirche als Trägerin der christlichen (katholischen) Glaubenslehre eine Artikulationsmöglichkeit zu eröffnen. Ebenso soll eine Beteiligung in den Aufsichtsorganen erfolgen, die in ihrer Zusammensetzung der Meinungs- und Interessenvielfalt der vertretenen Bürger Rechnung tragen müssen. Der Freistaat Sachsen hat bislang davon abgesehen, eigene Rundfunk- und Fernsehanstalten zu gründen. Er gewährleistet derzeit nur in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern den Betrieb Rundfunkanstalten und wird diese Praxis aller Voraussicht nach auch in Zukunft fortsetzen. Diesem Umstand trägt das Schlussprotokoll Rechnung. Bezüglich des gegenwärtig geltenden Regelungszustandes ist ausgeführt, dass die entsprechenden Staatsverträge den Festlegungen des Kirchenvertrages entsprechen (vgl. 55 14, 19 Abs. 1 Nr. 3 MDR-Staatsvertrag; Artikel 1 § 24, Artikel 3 § 11 Abs. 3, § 21 Abs. I d Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland). Eine Kollision zwischen den einzelnen staatsvertraglichen Bindungen des Freistaates ist damit ausgeschlossen. Im Falle einer staatsvertraglichen Neuregelung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkwesens wandelt sich die Verpflichtung des Freistaates – wie im Schlussprotokoll ausgeführt – zu einer Pflicht im Rahmen der Verhandlungen zu den entsprechenden Staatsverträgen darauf hinzuwirken, dass die Grundsätze des Absatzes 1 in den abzuschließenden Rundfunkstaatsvertrag einfließen. Erscheint ein entsprechendes Verhandlungsergebnis nicht durchsetzbar, so sieht hierfür das Schlussprotokoll eine Aufhebung der kirchenvertraglichen Bindung des Freistaates vor. Damit wäre im Konfliktfall der Freistaat beim Abschluss entsprechender Rundfunkstaatsverträge innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens frei. Absatz 2 berücksichtigt die Regelungen des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes vom 7. Juni 1991 (SächsGVbl. S. 178), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Januar 1996 (SächsGVbl. S. 4), und nimmt bereits geltendes Gesetzesrecht (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 a) Sächsisches Privatrundfunkgesetz auf. Nach der Legaldefinition (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sächsisches Privatrundfunkgesetz) umfasst der Begriff die Medienbereiche Hörfunk und Fernsehen einschließlich Fernsehtext. Im Übrigen finden für die veranstaltende Tätigkeit der Kirchen die allgemeinen landesgesetzlichen Bestimmungen Anwendung.

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Artikel 22 – Rundfunk

Kommentierung 1. Artikel 11 entspricht in weiten Teilen wortgleich Artikel 23 des Evangelischen Vertrages.160 In Absatz 1 Satz 1 des Schlussprotokolls wurde der Begriff „betreibt […] Rundfunk“ durch „gewährleistet“ ersetzt, was den Mitteilungscharakter in eine Art Zusicherung an die Allgemeinheit umwandelt, vor allem aber der Präzision dient161, während die Absage an einen landeseigenen Sender unverändert bestehen bleibt; allerdings bezeichnet dies die Amtl. Begründung auch für den Katholischen Vertrag als einen vorläufigen Verzicht, der sich aber „aller Voraussicht nach auch in Zukunft fortsetzen“ werde.162 In Absatz 1 Satz 2 des Schlussprotokolls werden nur die einschlägigen Rundfunkstaatsverträge als Rechtsgrundlagen für eine ausreichende Umsetzung der Zusicherung an die Kirche angegeben, nicht dagegen das Privatfunkgesetz für die Zusage nach Absatz 2 des Schlussprotokolls. 2. Absatz 2 des Schlussprotokolls erweitert im Unterschied zum Evangelischen Vertrag die Bemühensklausel des Landes (Einräumung von Sendezeiten und Berücksichtigung in Aufsichtsgremien) auf den Privatfunk, wobei die „Beachtung der Belange“ noch weiterreicht, weil zu den „Belangen“ auch die Einräumung von „Drittsendungs“-Rechten, die Berücksichtigung kirchlicher Fragen im Gesamtprogramm und die Gewährleistung der Achtung religiöser Überzeugungen gehören. Diese Regelung entspricht den vom Bundesverfassungsgericht festgelegten binnen- und außenpluralen Vorgaben und findet seine Entsprechung im Privatfunkgesetz.163 Die Befreiung von der Bemühungspflicht nach Satz 4 des Schlussprotokolls gilt auch für die in Absatz 2 des Schlussprotokolls gegebene Zusage für den Privatfunk. Von dem Recht nach Absatz 2, sich am Privatfunk zu beteiligen, hat die Kirche Gebrauch gemacht.164 2. Thüringen Art. 16: (1) Der Freistaat Thüringen wird darauf hinwirken, dass in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie in Vollprogrammen privater Rundfunkver-

160 Einen Gesamtüberblick gibt G. Burger, Staatskirchenrecht (Fn. 94), S. 151 ff. Die Zusicherung der Vertretung der Katholischen Kirche in den Aufsichtsgremien des öffentlichrechtlichen Rundfunks ist umgesetzt in § 16 Abs. 1 Nr. 5 MDR-Vertrag, § 21 Abs. 1 e) ZDFVertrag (Fn. 129) und § 21 Abs. 1 Nr. 4 Deutschlandradio-Vertrag (Fn. 130); der Anteil der vom MDR gesendeten kath. Andachten liegt, gemessen an allen kirchlichen Andachten, bei 25 %. 161 Vgl. R. Raum, Die Verhandlungen, (Fn. 145) S. 120. 162 LT-Drs. 2/3612, S.19. 163 Die Vertretung der Katholischen Kirche in der Versammlung der Medienanstalt ist in § 42 Abs. 1 Nr. 4 vorgesehen; vgl. ferner § 3 (Programmgrundsätze), § § 9 und 10 (Meinungsvielfalt) und § 29 Abs. 2 (Drittsendungen),) und § 22 Abs. 2 (Sendezeiten für selbst gestaltete Programmbeiträge). 164 Beteiligung an „Antenne Sachsen“ und am „PSR“ (Fn. 140).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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anstalter im Rahmen des gesetzlich geregelten Programmauftrags das Leben der Katholischen Kirche in den Eigensendungen der Anstalten angemessen berücksichtigt wird. (2) Landesrechtliche Vorschriften, nach denen 1. die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie die privaten Veranstalter von Vollprogrammen, diese gegebenenfalls gegen Erstattung ihrer Selbstkosten, den Kirchen auf Wunsch angemessene Sendezeiten zur Übertragung religiöser Sendungen einzuräumen haben, 2. alle Rundfunkveranstalter in ihren Sendungen die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer achten müssen, bleiben aufrechterhalten. Schlussprotokoll: Religiöse Sendungen sind nicht auf die Übertragung gottesdienstlicher und liturgischer Handlungen beschränkt. (3) In den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie in der Landesanstalt für privaten Rundfunk ist die Katholische Kirche nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen vertreten. (4) Das Recht der Katholischen Kirche, gemäß den gesetzlichen Vorschriften privaten Rundfunk zu veranstalten, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Die Regelungen zum Rundfunkrecht tragen den landesrechtlichen Bestimmungen Rechnung, wie sie etwa durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 18. Dezember 1991 (GVBl. S. 635), das Gesetz über den Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk vom 25. Juni 1991 (GVBl. S. 118) bzw. durch das Thüringer Rundfunkgesetz vom 4. Dezember 1996 (GVBl. S. 271) in Thüringen gelten. Im Schlussprotokoll zu Absatz 2 wird erläutert, daß religiöse Sendungen i. S. des Vertrags sich nicht auf die Übertragung gottesdienstlicher oder liturgischer Handlungen beschränken.

Kommentierung Artikel 16 stimmt mit Artikel 23 des Ev. Vertrages inhaltlich überein, so dass auf die dortigen Erläuterungen165 verwiesen werden kann.166 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 13: (1) Das Land wird darauf hinwirken, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkveranstalter der Kirche angemessene Sendezeiten für die Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und Feierlichkeiten sowie von Sendungen über Fragen des kirchlichen Auftrags gewähren. In den Aufsichtsgremien (Rundfunkräten, Programmausschüssen) soll die Kirche angemessen vertreten sein.

165

Siehe Erl. B. I. 2. Die Umsetzung von Zusagen nach Abs. 3 erfolgte für die Katholische Kirche in § 16 Abs. 1 Nr. 5 MDR-Vertrag, § 21 Abs. 1 e) ZDF-Vertrag (Fn. 1 und 15), § 21 Abs. 1 Nr. 4 Deutschlandradio-Vertrag und § 42 Abs. 1 Nr. 2 Landesmediengesetz. 166

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Artikel 22 – Rundfunk

(2) Das Recht der Kirche, eigenen Rundfunk nach Maßgabe der Gesetze zu veranstalten oder sich an Rundfunkveranstaltern zu beteiligen, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Absatz 1 sichert den kirchlichen Körperschaften den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes. Die Kirche hat einen Rechtsanspruch auf Anerkennung einer Institution, wenn sie nachweist, dass diese Institution nach Kirchenrecht den Status einer eigenen kirchlichen Körperschaft hat. Absatz 2 verpflichtet die Kirche, die Errichtung oder Veränderung von Körperschaften anzuzeigen, die den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft haben oder erlangen wollen.

Kommentierung Artikel 13 stimmt mit Artikel 25 des Evangelischen Vertrages überein mit Ausnahme der Formulierung „Sendungen über Fragen des kirchlichen Auftrages“. Letzteres ist § 15 Abs. 2 Satz 1 NDR-Vertrag167 nachgebildet, jedoch wurde „Verantwortung“ durch „Auftrag“ ersetzt, was das Gewollte, nämlich das Hineinwirken der Religion in die Welt, den „Weltdienst“,168 wesentlich deutlicher zum Ausdruck bringt.169 Von dem Recht auf Beteiligung am Privatfunk gemäß Absatz 2 hat die Katholische Kirche Gebrauch gemacht.170 4. Sachsen-Anhalt Art. 11: (1) Das Land wird darauf hinwirken, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Katholischen Kirche angemessene Sendezeiten für ihren Verkündigungsdienst zur Verfügung stellen. In den Aufsichtsgremien (Rundfunkräte, Programmausschüsse und vergleichbare Gremien) soll die Katholische Kirche vertreten sein. Schlussprotokoll: Dem Anliegen von Absatz 1 ist durch die bestehenden rundfunkrechtlichen Staatsverträge (Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 30. Mai 1991 (GVBl. LSA S. 112), Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991 (GVBl. LSA S. 479), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 26. August 1996 bis September 1996 (GVBl. LSA S. 381), Staatsvertrag über die Körperschaft des öffentlichen Rechts „Deutschlandradio“ vom 17. Juni 1993 (GBVl. LSA S. 771), geändert durch Artikel 6 des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 26. August 1996 bis 11. September 1996 (GVBl. LSA S. 381)) Rechnung getragen. Bei Änderung der bestehenden und Abschluss neuer Staatsverträge werden die Vertragsparteien wegen der Berücksichtigung kirchlicher Interessen vorher miteinander in Verbindung treten.

167

Fn. 123. Vgl. K. Forster (Fn. 5). 169 Vgl. auch die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3100, S. 21. 170 Sie ist an „Antenne Mecklenburg-Vorpommern“ über den Landespresseverband beteiligt, wobei ein vom Veranstalter bezahlter Redakteur Kirchenfragen betreut. 168

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Das Recht der Katholischen Kirche, privaten Rundfunk nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften zu veranstalten oder sich an Rundfunkveranstaltern des privaten Rechts zu beteiligen, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung In Abs. 1 wird klargestellt, dass die Katholischen Kirche ihre Ämter ohne Mitwirkung des Landes oder der Kommunen verleihen kann. Erfasst werden von dieser Regelung die Besetzung der bischöflichen Stühle sowie der Kanonikate. Im Schlussprotokoll zu Abs. 1 verzichtet das Land Sachsen-Anhalt auf die Einhaltung der in Art. 9 und 10 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl und in Art. 14 Abs. 2 Ziff. 1 und Abs. 3 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich genannten Erfordernisse. Diese Artikel enthalten Regelungen, wonach ein Geistlicher zum Ordinarius nur bestellt wird, wenn er die deutsche Reichsangehörigkeit (Staatsangehörigkeit) besitzt, er ein zum Studium an einer deutschen Universität, berechtigendes Reifezeugnis besitzt, und ein mindestens dreijähriges philosophischtheologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule absolviert hat (Triennium). Eine beiderseitige kritische Bestandsaufnahme der altrechtlichen Grundlagen führte zu dem Ergebnis, dass das Land Sachsen-Anhalt auf Einhaltung dieser Voraussetzungen nicht mehr besteht. Ebenso verzichtet das Land auf die in Art. 9 Abs. 3 Preußenkonkordat enthaltene Festlegung, dass vor jeglicher Bestellung eines Geistlichen die Katholische Kirche der Landesregierung von dessen Personalien Kenntnis gibt. Abs. 2 regelt den Fall, dass der Bischofstuhl aufgrund von Krankheit oder Tod unbesetzt ist. Das Land Sachsen-Anhalt hat in diesem Fall ein Interesse zu erfahren, wer die vorübergehende Leitung der Diözese übernommen hat. Es handelt sich hier nur um eine Informationspflicht der Katholischen Kirche. In Abs. 3 ist niedergelegt, dass einige Tage vor der Bestellung eines Geistlichen im Bistum Magdeburg zum Ortsordinarius, zum Weihbischof oder zum Generalvikar dem Ministerpräsidenten von dieser Absicht und den Personalien des betreffenden Geistlichen Kenntnis gegeben wird. Hierdurch soll vermieden werden, dass der Ministerpräsident aus der Presse die Neubesetzung der leitenden Geistlichen der Diözese erfährt. Die Zeitspanne von „einigen Tagen“ trägt dem Anliegen der Katholischen Kirche Rechnung, dass die Information kurzfristig gegeben werden kann. Damit ist gewährleistet, dass eine Veröffentlichung des Namens des Geistlichen nicht vor der offiziellen Bekanntmachung erfolgt. Im Schlussprotokoll im ersten Absatz zu Abs. 3 versichert das Land, auf die Anwendung der Art. 6 und 7 des Vertrags des Staates Preußen mit dem Heiligen Stuhl, soweit sie die Mitwirkung des Landes betrifft, zu verzichten. Danach durfte niemand zum Erzbischof oder Bischof bestellt werden, von dem nicht durch Anfrage bei der Landesregierung festgestellt wurde, dass Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen. Hierbei handelt es sich um ein Recht des Landes, auf das das Land nunmehr verzichtet hat. Das Land Sachsen-Anhalt hat im Schlussprotokoll zweiter Absatz zu Abs. 3 auf die Ableistung des bischöflichen Treueeids (Art. 16 Reichskonkordat) verzichtet. Aus seinem heutigen Verständnis der Verhältnisse von Staat und Kirche ist der Treueeid nicht mehr gerechtfertigt, weil er dem Gebot der Trennung von Staat und Kirche widerspricht und ein tatsächlich nicht bestehendes Subordinationsverhältnis der Geistlichen gegenüber der weltlichen Leitung symbolisiert.

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Artikel 22 – Rundfunk

Kommentierung Artikel 11 stimmt fast wortgleich mit Artikel 22 des Evangelischen Vertrages überein.171 Der in Absatz 1 angeführte „Verkündigungsdienst“ entspricht den Zwecken „Verkündigung“ und „Seelsorge“ im Evangelischen Vertrag.172 In Satz 1 des Schlussprotokolls werden nur die Rundfunkstaatsverträge als solche, d. h. wegen häufig zu erwartenden Änderungen ohne Angabe der einschlägigen Paragraphen zur Zeit des Vertragsschlusses aufgeführt. einschließlich des zur Zeit der Unterzeichnung des Evangelischen Vertrags noch nicht in Kraft getretenen DeutschlandradioVertrages. Von dem Recht auf Beteiligung am Privatfunk hat die kath. Kirche Gebrauch gemacht.173 5. Brandenburg Art. 10: (1) Das Land wird darauf hinwirken, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Katholischen Kirche angemessene Sendezeiten für Zwecke der Verkündigung und der Seelsorge sowie für sonstige religiöse Sendungen auch zu Fragen der öffentlichen Verantwortung der Katholischen Kirche zur Verfügung stellen. Es wird darauf hinwirken, dass in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung geachtet werden. Im Aufsichtsgremium soll die Katholische Kirche angemessen vertreten sein. (2) Das Recht der Katholischen Kirche, privaten Rundfunk nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften zu veranstalten oder sich an Rundfunkveranstaltern des privaten Rechts zu beteiligen, bleibt unberührt.

Regierungsbegründung Aus dem verfassungsrechtlich verbürgten Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 19 Abs. 2 LV) zur Sicherstellung der Grundversorgung folgt die Pflicht, zur Sicherstellung des pluralistischen, der gesellschaftlichen Vielfalt Rechnung tragenden Angebotes in angemessenem Umfang alle gesellschaftlich relevanten Kräfte, Gruppen und Anschauungen im Programmangebot zu berücksichtigen. Durch die Berücksichtigung im Aufsichtsgremium ist die Erfüllung dieses Auftrages institutionell abzusichern. Absatz 1 Satz 1 sichert das Recht der Katholischen Kirche auf programmatische Teilhabe durch Bereitstellung von Sendeplätzen. Dieses Recht ist bereits u. a. in § 11 Abs. 3 ZDF-Staatsvertrag und § 8 Abs. 3 RBB-Staatsvertrag enthalten. Das in Absatz 1 Satz 3 enthaltene Recht auf angemessene Vertretung im Aufsichtsgremium ist u. a. in § 21 Abs. 1 d ZDF-Staatsvertrag und § 14 Abs. 1 Buchst. 2 RBB@Staatsvertrag enthalten. Aufsichtsgremium des Rundfunks Berlin-Brandenburg ist derzeit der Rundfunkrat, in den die Katholische Kirche ein Mitglied entsendet.

171

S. Erl. A. Siehe dazu Erl. A. [e)]. 173 Die Diözese Magdeburg ist über einen Verlag geringfügig am Sender „Radio Brocken“ mit relativ guten Sendeplätzen beteiligt und nutzt zuweilen den „Offenen Kanal“. 172

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Nach Absatz 2 Satz 2 hat das Land darauf hinzuwirken, dass die religiösen und sittlichen Überzeugungen der Bevölkerung geachtet werden. Die vorgenannten Grundsätze hat das Land auch dann zu berücksichtigen, wenn sich die gegenwärtige Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ändert. Absatz 2 bestätigt das Recht der Katholischen Kirche, privaten Rundfunk zu veranstalten oder sich an privaten Rundfunkveranstaltern zu beteiligen.

Kommentierung Die Vorschrift entspricht Art. 21 des evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg, auf dessen Kommentierung verwiesen wird.

Artikel 23 – Meldewesen A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 23: 1Zwecks Ordnung und Pflege des kirchlichen Mitgliedschaftswesens werden die Meldebehörden den Kirchen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister übermitteln. 2Diese Übermittlung setzt voraus, dass im kirchlichen Bereich ein dem staatlichen Bereich gleichwertiger Datenschutz gesichert ist. Schlussprotokoll (zu Art. 23 in Gänze): (1) Die Kirchen teilen mit, welchen kirchlichen Stellen die Daten aus den Melderegistern zu übermitteln sind. (2) Die Datenübermittlung erfolgt gebührenfrei. (3) Die Feststellung über ausreichende Datenschutzmaßnahmen im kirchlichen Bereich trifft die Landesregierung aufgrund der von den Kirchen vorzulegenden kirchengesetzlichen Regelungen durch Erlass.

Regierungsbegründung Der Artikel legt eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und den öffentlichen Meldebehörden hinsichtlich des Mitgliederbestandes fest, allerdings nur unter der Voraussetzung eines ausgebauten kirchlichen Datenschutzes, der von der Landesregierung ausdrücklich als ausreichend festgestellt werden muss (vgl. Schlussprotokoll Absatz 3). Selbstverständlich können nur die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt werden.

Kommentierung Bereits nach Art. 15 Abs. 2 S. 3 sind die Finanzämter verpflichtet, den zuständigen kirchlichen Stellen in allen Kirchensteuerangelegenheiten im Rahmen der vorhandenen Unterlagen und unter Berücksichtigung des Datenschutzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Auskunft zu geben. Dies ist für eine geordnete Kirchensteuerverwaltung unverzichtbar, weil es die „bürgerlichen Steuerlisten“, von denen Art. 136 WRV i. V. m. Art. 140 GG spricht, nicht gibt (BVerfGE 44, 37 [57]). Nur so können die Kirchen ihr Steuererhebungsrecht ausüben. Andere (Melde-)Daten, derer die Kirchen „zwecks Ordnung und Pflege“ ihres Mitgliedschaftswesens benötigen, sind Thema des Art. 23. Die Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlich, d. h. körperschaftlich verfassten Religionsgemeinschaft gehört gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 11 Bundesmeldegesetz (BMG) zu den im Melderegister

738

Artikel 23 – Meldewesen

zu speichernden Daten, ohne dass es insoweit auf das Einverständnis des Meldepflichtigen ankäme (vgl. § 24 Abs. 1 BMG).1 Die Meldebehörden haben nach Art. 23 den Kirchen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister zu übermitteln, vorausgesetzt auf kirchlicher Seite ist hinlänglicher Datenschutz gewährleistet. Die allgemeine melderechtliche Erfassung der Religionszugehörigkeit dient der Feststellung des Mitgliederbestands der Kirchen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, die Voraussetzung für deren öffentliches Wirken und damit die Erfüllung ihres Öffentlichkeitsauftrags ist2; das Mitgliedschaftsrecht ist dementsprechend eigene Angelegenheit der Kirchen im Sinne ihres Selbstbestimmungsrechts nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 GG.3 Ein gesetzlicher Datenübermittlungsanspruch besteht insoweit allerdings nicht.4 Art. 23 erweitert insoweit die Rechte der Kirchen, denn das Melderecht kennt insoweit nur eine Ermächtigung, aber keine Verpflichtung zur Datenübermittlung. Nach § 42 Abs. 1 des BMG darf eine Meldebehörde einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft unter den in § 34 Abs. 1 S. 1 BMG genannten Voraussetzungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, nicht jedoch zu arbeitsrechtlichen Zwecken folgende Daten ihrer Mitglieder auch regelmäßig übermitteln: 1.

Familienname,

2.

frühere Namen,

3.

Vornamen unter Kennzeichnung des gebräuchlichen Vornamens,

4.

Doktorgrad,

5.

Ordensname, Künstlername,

6.

Geburtsdatum und Geburtsort sowie bei Geburt im Ausland auch den Staat,

7.

zum gesetzlichen Vertreter a) Familienname, b) Vornamen, c) Doktorgrad, d) Anschrift,

1 Zur Rechtfertigung des darin liegenden Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 3 S. 2 WRV und §§ 2 Abs. 4 S. 1, 3 Abs. 1 Nr. 11 BMG siehe A. Ziekow, Personenstandswesen und Meldewesen, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 32 S. 1331 (1345 – 1347 Rn. 23, 25 – 27). 2 Vgl. dazu A. Ziekow, Personenstandswesen und Meldewesen, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 32 S. 1331 (1346 Rn. 25 f.). 3 BVerfGE 30, 416 (422); M. German, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Kommentar, 3 2020, Art. 140 Rn. 34.2. 4 A. Ziekow, Personenstandswesen und Meldewesen, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 32 S. 1331 (1347 Rn. 29).

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

739

e) Geburtsdatum, f) Geschlecht, g) Sterbedatum sowie h) Auskunftssperren nach § 51 und bedingte Sperrvermerke nach § 52, 8.

Geschlecht,

9.

derzeitige Staatsangehörigkeiten,

10. rechtliche Zugehörigkeit zu der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft, 11. derzeitige Anschriften, gekennzeichnet nach Haupt- und Nebenwohnung, die letzte frühere Anschrift, bei Zuzug aus dem Ausland die letzte Anschrift im Inland, bei Wegzug in das Ausland auch die Zuzugsanschrift im Ausland und den Staat, 12. Einzugsdatum und Auszugsdatum, 13. Familienstand beschränkt auf die Angabe, ob verheiratet oder eine Lebenspartnerschaft führend oder nicht; zusätzlich bei Verheirateten oder Lebenspartnern: Datum, Ort und Staat der Eheschließung oder der Begründung der Lebenspartnerschaft, 14. Zahl der minderjährigen Kinder, 15. Auskunftssperren nach § 51 und bedingte Sperrvermerke nach § 52 sowie 16. Sterbedatum und Sterbeort sowie bei Versterben im Ausland auch den Staat. Die Übermittlung von Daten ihrer Mitglieder muss für die in die Zuständigkeit des kirchlichen Empfängers fallende öffentliche Aufgaben zuständig sein. Darunter fallen alle Aufgaben, die den Kirchen nach ihrem Selbstverständnis obliegen, namentlich neben seelsorgerlichen auch karitative Tätigkeiten. Eine Datenübermittlung zu arbeitsrechtlichen Zwecken ist – zur Vermeidung beruflicher Nachteile – ausgeschlossen.5 Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften zur Erfüllung ihrer Aufgaben weitere als die in § 42 genannten Daten übermittelt werden dürfen (§ 55 Abs. 2 BMG). Das Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zum Bundesmeldegesetz (BMG-AG LSA) vom 21. Juli 2015 (GVBl. LSA 2015, S. 369)6 bestimmt in § 6, dass die Meldebehörde zusätzlich zu den Daten nach § 42 Abs. 1 BMG einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesell5 Siehe dazu näher A. Ziekow, Personenstandswesen und Meldewesen, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 32 S. 1331 (1345 Rn. 34 Fn. 84). Dieser Ausschluss ist nicht unproblematisch, da die Kirchen zur Wahrung zulässiger Loyalitätsanforderungen an ihre Mitarbeiter im Rahmen von Arbeitsverhältnissen durchaus ein berechtigtes Interesse an bestimmten Meldedaten, etwa ihrem Familienstand, haben können. 6 Zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 18. Februar 2020 (GVBl. LSA S. 25, 39).

740

Artikel 23 – Meldewesen

schaft nach § 4 Abs. 3 BMG auch das Ordnungsmerkmal übermitteln darf (Abs. 1) und die Feststellung nach § 42 Abs. 5 Satz 2 BMG (hinsichtlich ausreichender Maßnahmen des Datenschutzes beim Datenempfänger) die übermittelnde Stelle trifft. Weitere Voraussetzung des Anspruchs auf Datenübermittlung ist hinreichender Datenschutz auf Seiten des kirchlichen Empfängers. Das entspricht der gesetzlichen Anforderung nach § 42 Abs. 5 BMG. Hinreichend ist der Datenschutz, wenn der Gewährleistungsinhalt des europäischen Datenschutzgrundrechts umgesetzt, d. h. das kirchliche Datenschutzrecht den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung7 genügt.8 Das Kirchengesetz über den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD-Datenschutzgesetz – DSG-EKD) vom 15. November 2017 (ABl. EKD S. 353, 2018 S. 35, S. 215)9 , das gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Evangelische Kirche in Deutschland, die Gliedkirchen und die gliedkirchlichen Zusammenschlüsse, alle weiteren kirchlichen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie die ihnen zugeordneten kirchlichen und diakonischen Dienste, Einrichtungen und Werke ohne Rücksicht auf deren Rechtsform (kirchliche Stelle) gilt, genügt diesen Anforderungen. Die Datenübermittlung ist nach dem Schlussprotokoll zu Art. 23 gebührenfrei; das stellt eine zusätzliche Begünstigung dar, da die Gebührenfreiheit sich noch nicht aus dem in Art. 23 Abs. 1 eingeräumten Anspruch auf Datenübermittlung selbst ergibt.10

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 18: (1) Das Land unterstützt die Kirchen auf der Grundlage des Landesmeldegesetzes bei der Ordnung des kirchlichen Meldewesens.

7

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – EUDSGVO), ABl. EU L 119/1. 8 Wie hier A. Hense, in: Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, Kommentar, 22018, Art. 91 Rn. 21; dagegen hält A. Ziekow, Datenschutzrecht, in: HSKR, 3 2020, Bd. 2, § 32 S. 1357 (1387 Rn. 49 f.) „eine Übernahme von Aufbau und Regelungsmechanismen im Einzelnen“ nicht für erforderlich. 9 Zuletzt geändert am 24. Juni 2021 (ABl. EKD S. 158). 10 So auch A. Ziekow, Personenstandswesen und Meldewesen, in: HSKR, 32020, Bd. 2, § 32 S. 1331 (1353 f. Rn. 40).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

741

(2) 1Die Meldebehörden übermitteln den Kirchen die im Landesmeldegesetz aufgeführten Daten. 2Die Kirchen schützen die Daten. 3Die Landesregierung kann diesen Schutz überprüfen. 4Die Datenübermittlung erfolgt gebührenfrei. (3) Die Kirchen übermitteln ihrerseits den Meldebehörden die die Mitgliedschaft betreffenden Daten.

Regierungsbegründung Land und Kirche sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf eine Zusammenarbeit beim Meldewesen angewiesen.

Kommentierung Art. 18 Abs. 1 u. 2 entsprechen im Wesentlichen Art. 23 des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung verwiesen wird. Die nach Art. 18 Abs. 2 S. 3 der Landesregierung eingeräumte Befugnis, den Datenschutz durch die Kirchen zu überprüfen, kann sich nur auf die Rechtslage beziehen, die generell einen hinreichenden kirchlichen Datenschutz verbürgen muss. Eine Kontrolle einzelner Datenverarbeitungsvorgänge wäre dagegen eine unzulässige Einmischung in die durch das Selbstbestimmungsrecht gegen staatliche Ingerenz abgeschirmten inneren Angelegenheiten der Kirche. Im Sinne des Prinzips der Gegenseitigkeit verpflichten sich die Kirchen in Art. 18 Abs. 3 im Gegenzug zur Übermittlung den Meldebehörden der „die Mitgliedschaft betreffenden Daten“ an die staatlichen Meldebehörden. Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirchen im Bereich des Meldewesens nimmt so die Form eines Synallagmas mit Leistung und Gegenleistung an.11 Regelungen zur Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften enthält § 32 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesmeldegesetz – LMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Januar 2007 (GVOBl. M-V 2007, 34)12, dem allerdings mit dem Erlass des BMG weitgehend die Kompetenzgrundlage entzogen ist. Die Regelung entspricht aber inhaltlich im Wesentlichen § 42 BMG. 2. Thüringen Art. 24: (1) 1Den Kirchen werden nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister übermittelt. 2Der Freistaat Thüringen wird sich dafür einsetzen, dass die dafür notwendigen Erhebungs- und Übermittlungsmöglichkeiten erhalten bleiben.

11

H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 364. 12 Zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Dezember 2008 (GVOBl. M-V S. 461).

742

Artikel 23 – Meldewesen

(2) Die Übermittlung der Daten setzt voraus, dass bei den Kirchen ausreichende Datenschutzmaßnahmen getroffen sind. Schlussprotokoll (zu Art. 24 in Gänze): Die Feststellung, dass ausreichender Datenschutz gewährleistet ist, trifft das zuständige Ministerium aufgrund der von den Kirchen vorzulegenden kirchengesetzlichen Regelungen.

Regierungsbegründung Die Regelung bestimmt, dass die Übermittlung von Daten ausreichende Datenschutzmaßnahmen bei den Kirchen voraussetzt. Die Feststellung, dass ausreichender Datenschutz gewährleistet ist, trifft das zuständige Ministerium aufgrund der von den Kirchen vorzulegenden kirchengesetzlichen Regelungen.

Kommentierung Die Regelung des Art. 24 entspricht im Wesentlichen Art. 23 des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung verwiesen werden kann. § 4 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes (ThürAGBMG) vom 23. September 2015 (GVBl. 2015, 131) bestimmt in Ergänzung von § 42 BMG, dass die Meldebehörden einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft zu deren Mitgliedern zusätzlich zu den Daten nach § 42 Abs. 1 BMG Ordnungsmerkmale nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 BMG übermitteln dürfen. Zusätzlich zu den Daten nach § 42 Abs. 2 BMG und den Ordnungsmerkmalen nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 BMG dürfen die Meldebehörden auch frühere Namen der dort bezeichneten Familienangehörigen übermitteln. § 42 Abs. 3 BMG gilt entsprechend. Die Feststellung nach § 42 Abs. 5 Satz 2 BMG trifft gemäß § 4 Abs. 2 ThürAGBMG das für das Meldewesen zuständige Ministerium. Die vom Freistaat Thüringen in Art. 24 Abs. 1 S. 2 zusätzlich übernommen Bemühensverpflichtung, sich dafür einsetzen, dass die notwendigen Erhebungs- und Übermittlungsmöglichkeiten (auf Bundesebene) erhalten bleiben, ist von der Änderung der Kompetenzlage hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz unberührt geblieben. Etwaigen Vorschlägen zur Änderung des BMG, die die Datenübermittlungsermächtigung des § 42 BMG einschränken würden, müsste der Freistaat daher, auch mit seinem Abstimmungsverhalten im Bundesrat, entgegentreten. Da es sich beim BMG lediglich um ein Einspruchsgesetz handelt, sind die Mitwirkungsrechte des Bundesrates aber begrenzt. Ggf. müsste Thüringen im Bundesrat auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses hinwirken. 3. Sachsen Art. 15: (1) 1Den Kirchen werden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister übermittelt. 2Der Umfang der zu übermittelnden Daten bestimmt sich nach dem Sächsischen Meldegesetz. 3Die Übermittlung setzt voraus, daß im kirchlichen Bereich ausreichende Maßnahmen zur Sicherung des Datenschutzes getroffen sind.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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(2) Die Datenübermittlung erfolgt gebührenfrei. Schlussprotokoll (zu Art. 15 in Gänze): Artikel 15 des Vertrages gilt nicht, wenn die Datenübermittlung für privatrechtliche oder für privatrechtlich organisierte Werke und Einrichtungen erfolgen soll.

Regierungsbegründung Die Datenübermittlung an die Kirchen bestimmt sich nach den Vorgaben des Melderechtsrahmengesetzes des Bundes. Danach ist die Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften unter den Voraussetzungen des § 19 MRRG zulässig. Die Vertragsparteien haben entsprechend der in § 19 MRRG getroffenen Ermächtigung die Datenübermittlung an die Kirchen festgeschrieben. Durch diese Regelung wird sowohl eine in regelmäßigen zeitlichen Intervallen stattfindende Datenübermittlung als auch die Weitergabe im Einzelfall erfaßt. Die Bestimmung dient der Information der Kirchenbehörden über den Kirchenaustritt sowie über den Zuzug oder Wegzug von Konfessionsangehörigen, weil die Kirchen oftmals auf eine eigene Datenerfassung verzichten. Durch den Verweis auf das Sächsische Meldegesetz in seiner derzeit geltenden Fassung bleibt auch das Widerspruchsrecht gem. § 30 Abs. 2 des Betroffenen erhalten. Die Tätigkeit der Meldebehörden, die Mitgliedschaften in Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgrund des staatlichen Bezuges grundsätzlich zu erfassen haben, erspart letztlich die Errichtung doppelter Erfassungsstellen bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften. Zu der Übermittlung kirchensteuerrelevanter Daten besteht nach Artikel 140 GG bzw. Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 6 WRV eine verfassungsrechtliche Verpflichtung (vgl. Schatzschneider, NJW 1983, 2554 ff.). Im Schlussprotokoll war klarzustellen, dass die melderechtlichen Übermittlungspflichten nur gelten, soweit die Kirche in Erfüllung kirchlicher oder diakonischer Aufgaben handelt und nicht durch privatrechtliche Unterorganisationen tätig wird (vgl. Medert/Süßmuth, MRRG, 1986, § 19 Rn. 3; Beiz, Meldegesetz für Baden-Württemberg, 3. Auflage, § 30 Rn. 26). Steht die Datenübermittlung dagegen im Zusammenhang mit Angelegenheiten des allgemeinen Privatrechtsverkehrs, bemisst sich die Zulässigkeit für Auskünfte nach den für Privatpersonen geltenden Vorschriften des Meldegesetzes (§ 32). Der Umfang der zu übermittelnden Daten bestimmt sich nach der abschließenden und detaillierten Aufzählung im Sächsischen Meldegesetz (§ 30 Abs. 1 und 2). Das Vorhandensein ausreichender Schutzmaßnahmen als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Datenübermittlung entspricht der Vorgabe des § 19 Abs. 3 MRRG. Ausreichende Schutzmaßnahmen werden in der Regel nur solche sein, die im Wesentlichen den entsprechenden staatlichen Schutzmaßnahmen gleichwertig sind. Die Zuständigkeit zur Prüfung kirchlicher Datenschutzmaßnahmen ergibt sich aus dem Sächsischen Meldegesetz. Danach obliegt diese Aufgabe dem Staatsministerium für Kultus im Einvernehmen mit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten (§ 30 Abs. 3 SächsMeldG). Die in Absatz 2 geregelte Gebührenfreiheit der Datenübermittlung legt lediglich ein aus allgemeinen Grundsätzen ableitbares Ergebnis fest. Der Datenaustausch ist zumindest in Kirchensteuerangelegenheiten seinem Wesen nach Amtshilfe zugunsten der Kirchen, wobei die vorgenannten gesetzlichen Regelungen den Rahmen für diesen Sonderfall einer Amtshilfe in einem besonders grundrechtssensiblen Raum umschreiben. Als Amtshilfe ist die Datenübermittlung grundsätzlich gebührenfrei (§ 8 Abs. 1 Satz 1 VwVfG); lediglich besondere Auslagen sind nach den allgemein geltenden gesetzlichen Grundsätzen auszugleichen (§ 8 Abs. 1 Satz 2

744

Artikel 23 – Meldewesen

VwVfG). Eine Kompensation erhält der Freistaat, der seinerseits der Kommune als Rechtsträgerin der Meldebehörde (§ 2 Abs. 1 SächsMeldeG) zum internen Finanzausgleich verpflichtet ist (Artikel 85, 87 SächsVerf), durch die Entschädigung für die Verwaltung der Kirchensteuer gemäß Artikel 17 Abs. 2 Satz 1 des Kirchenvertrages.

Kommentierung Art. 15 entspricht inhaltlich weitestgehend Art. 23 des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung verwiesen werden kann. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 15 und die Regierungsbegründung noch von der mittlerweile überholten Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen in eine Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes und den Rahmen ausfüllende Landesgesetzgebung ausgehen. Der Bund besitzt aber mittlerweile die ausschließliche Gesetzgebung auf diesem Rechtsgebiet (Art. 73 Abs. 1 Nr. 3 GG), so dass die Länder zur (mit den Ausführungsgesetzen zum BMG wahrgenommenen) Gesetzgebung nur insoweit befugt sind, als sie im BMG dazu ausdrücklich ermächtigt worden sind (Art. 71 GG). Wenn in Art. 15 Abs. 1 S. 2 festgelegt wird, dass der Umfang der zu übermittelnden Daten sich nach dem Sächsischen Meldegesetz bestimmt, so ist mit Blick auf die veränderte Kompetenzlage in ergänzender Vertragsauslegung anzunehmen, dass sich die Datenübermittlung nunmehr nach dem BMG (§ 42) und ggf. – auf der Ermächtigungsgrundlage von § 55 Abs. 2 BMG – nach ergänzenden Bestimmungen des Sächsischen Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes vom 9. Juli 2014 (SächsGVBl. S. 376)13 bestimmt. Nach § 7 Abs. 1 dieses Gesetzes dürfen die Meldebehörden einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft zusätzlich zu den Daten nach § 42 Absatz 2 des Bundesmeldegesetzes frühere Namen und die derzeitigen Staatsangehörigkeiten der dort bezeichneten Familienangehörigen übermitteln. § 42 Abs. 3 BMG gilt entsprechend. Gemäß § 7 Abs. 2 trifft die Feststellung nach § 42 Abs. 5 Satz 2 BMG über hinreichende Datenschutzmaßnahmen beim kirchlichen Datenempfänger das Staatsministerium für Kultus im Einvernehmen mit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten. Soweit das Schlussprotokoll bestimmt, dass Artikel 15 des Vertrages nicht für die Datenübermittlung an privatrechtliche oder für privatrechtlich organisierte Werke und Einrichtungen erfolgen soll, dürfte dies das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen verletzen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 GG); denn in welcher Organisationsform die Kirchen ihre Aufgaben erfüllen, liegt in ihrer eigenen Entscheidungsmacht. Solange die privatrechtlichen organisierten Werke oder Einrichtungen den Kirchen zugeordnet werden können, darf daher für die Datenübermittlung nichts anderes als für die Kirchen selbst gelten. Die in der Regierungsbegründung in diesem Zusam-

13 Zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 10 des Gesetzes vom 5. April 2019 (SächsGVBl. S. 245).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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menhang angeführte Datenübermittlung „im Zusammenhang mit Angelegenheiten des allgemeinen Privatrechtsverkehrs“ betrifft einen ganz anderen Tatbestand. 4. Brandenburg Art. 22: (1) Zwecks Ordnung und Pflege des kirchlichen Meldewesens wird die zuständige staatliche Meldebehörde den Kirchen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister übermitteln. Schlussprotokoll: Die Datenübermittlung erfolgt nach den melderechtlichen Bestimmungen des Landes zur Übermittlung von Daten an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften. (2) Die kirchlichen Meldestellen übermitteln den Meldebehörden die Daten, die die rechtliche Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft im Sinne des Meldegesetzes begründen, ändern und beenden. (3) Die Kirchen gewährleisten im kirchlichen Bereich den Datenschutz. (4) Die Datenübermittlung erfolgt gebührenfrei.

Regierungsbegründung Das Land hat von der in § 19 Melderechtsrahmengesetz des Bundes enthaltenen Ermächtigung zur Weitergabe von Daten an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften durch die Bestimmung des § 30 Brandenburgisches Meldegesetz (BbgMeldeG), die auch eine Aufzählung der mitzuteilenden Daten enthält, umgesetzt (sprachlich richtig: Gebrauch gemacht; C.H.) und schreibt die Mitteilungspflicht nunmehr vertraglich gegenüber dem evangelischen Landeskirchen fest. Der Kirche sollen Informationen über den Zuzug und Wegzug sowie den Austritt von Kirchengliedern zugänglich gemacht werden. Dies erspart den Kirchen eine eigene melderechtliche Erfassung, die auch praktisch nicht durchführbar wäre, da die Kirchen hierbei auf Mitwirkung ihrer Kirchenglieder angewiesen wären, ihnen aber keine den staatlichen Meldestellen vergleichbaren Mittel zur Einwirkung auf die Mitglieder zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des Kirchenaustritts ergibt sich die Notwendigkeit der staatlichen Mitteilung schon daraus, dass der Austritt der zuständigen staatlichen Stelle gegenüber zu erklären ist (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 3 KiStG). Absatz 2 verpflichtet die Kirchen, ihrerseits den staatlichen Meldestellen die für die Mitgliedschaft in einer evangelischen Landeskirche relevanten Daten zu übermitteln. Diese Daten sind für das Land von Bedeutung, da die staatlichen Meldebehörden zur Erfassung der rechtlichen Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft verpflichtet sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 11 BbgMeldeG). Absatz 3 verpflichtet die Kirchen zur Gewährleistung ausreichenden Datenschutzes. Nach Absatz 4 ist die Datenübermittlung gebührenfrei.

Kommentierung Art. 22 Abs. 1, 3 u. 4 entspricht Art. 23 des Wittenberger Vertrags einschließlich des Schlussprotokolls. Ebenso wie Art. 18 Abs. 3 des Evangelischen Kirchenvertrags Mecklenburg-Vorpommern (Güstrower Vertrag) sieht auch Art. 22 Abs. 2 als „Ge-

746

Artikel 23 – Meldewesen

genleistung“ die Übermittlung der die Kirchenmitgliedschaft und ihre Veränderung betreffenden, bei den Kirchen vorhandenen Daten an die staatlichen Meldebehörden vor, weil die Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlich, d. h. körperschaftlich verfassten Religionsgemeinschaft gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 11 BMG zu den im Melderegister zu speichernden Daten zählt. Art. 22 geht noch von dem alten Rechtszustand im Meldewesen aus. Nunmehr bildet das BMG mit seinem § 42 die Rechtsgrundlage für Datenübermittlungen an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften. Das Gesetz über das Meldewesen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Meldegesetz – BbgMeldeG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Januar 2006 (GVBl. I/06, [Nr. 02], S.6)14 bestimmt lediglich ergänzend, dass die Feststellung nach § 42 Absatz 5 Satz 2 BMG über den hinreichenden kirchlichen Datenschutz das für Inneres zuständige Mitglied der Landesregierung trifft.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 23: (1) Den Bistümern werden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister ermittelt. Der Umfang der zu übermittelnden Daten bestimmt sich nach dem Sächsischen Meldegesetz. Die Übermittlung setzt voraus, daß im kirchlichen Bereich ausreichende Maßnahmen zur Sicherung des Datenschutzes getroffen sind. (2) Die Datenübermittlung erfolgt gebührenfrei. Schlussprotokoll (zu Art. 23 in Gänze): Artikel 23 des Vertrages gilt nicht, wenn die Datenübermittlung für privatrechtliche oder für privatrechtlich organisierte Werke und Einrichtungen erfolgen soll.

Regierungsbegründung Die Datenübermittlung an die Kirchen bestimmt sich nach den Vorgaben des Melderechtsrahmengesetzes des Bundes. Danach ist die Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften unter den Voraussetzungen des § 19 MRRG zulässig. Die Vertragsparteien haben entsprechend der in § 19 MRRG getroffenen Ermächtigung die Datenübermittlung an die Bistümer festgeschrieben. Durch diese Regelung wird sowohl eine in regelmäßigen zeitlichen Intervallen stattfindende Datenübermittlung als auch die Weitergabe im Einzelfall erfasst. Die Bestimmung dient der Information der Kirchenbehörden über den Kirchenaustritt sowie über den Zuzug oder Wegzug von Konfessionsangehörigen, weil die Kirchen oftmals auf eine eigene Datenerfassung verzichten. Durch den Verweis auf das Sächsische Meldegesetz in seiner derzeit geltenden Fassung bleibt auch das Widerspruchsrecht gemäß § 30 Abs. 2 des Betroffenen erhalten. Die Tätigkeit der Meldebehörden, die Mitgliedschaften in Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgrund des staatlichen Bezuges grundsätzlich zu erfassen haben, erspart letztlich 14

Zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2021 (GVBl. I/21, [Nr. 39]).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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die Errichtung doppelter Erfassungsstellen bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften. Zur Übermittlung kirchensteuerrelevanter Daten besteht nach Artikel 140 GG bzw. Artikel 109 Abs. 4 SächsVerf jeweils in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 6 Weimarer Reichsverfassung eine verfassungsrechtliche Verpflichtung. Im Schlussprotokoll war klarzustellen, dass die melderechtlichen Übermittlungspflichten nur gelten, soweit das jeweilige Bistum in Erfüllung kirchlicher oder karitativer Aufgaben handelt und nicht durch privatrechtliche Unterorganisationen tätig wird. Steht die Datenübermittlung dagegen im Zusammenhang mit Angelegenheiten des allgemeinen Privatrechtsverkehrs, bemisst sich die Zulässigkeit für Auskünfte nach den für Privatpersonen geltenden Vorschriften des Meldegesetzes (§ 32). Der Umfang der zu übermittelnden Daten bestimmt sich nach der abschließenden und detaillierten Aufzählung im Sächsischen Meldegesetz (§ 30 Abs. 1 und 2). Das Vorhandensein ausreichender Schutzmaßnahmen als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Datenübermittlung entspricht der Vorgabe des § 19 Abs. 3 MRRG. Ausreichende Schutzmaßnahmen werden in der Regel nur solche sein, die im Wesentlichen den entsprechenden staatlichen Schutzmaßnahmen gleichwertig sind. Die Zuständigkeit zur Prüfung kirchlicher Datenschutzmaßnahmen ergibt sich aus dem Sächsischen Meldegesetz. Danach obliegt diese Aufgabe dem Staatsministerium für Kultus im Einvernehmen mit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten (§ 30 Abs. 3 SächsMeldG). Die in Absatz 2 geregelte Gebührenfreiheit der Datenübermittlung legt lediglich ein aus allgemeinen Grundsätzen ableitbares Ergebnis fest. Der Datenaustausch ist zumindest in Kirchensteuerangelegenheiten seinem Wesen nach Amtshilfe zugunsten der Kirchen, wobei die vorgenannten gesetzlichen Regelungen den Rahmen für diesen Sonderfall einer Amtshilfe in einem besonders grundrechtssensiblen Raum umschreiben. Als Amtshilfe ist die Datenübermittlung grundsätzlich gebührenfrei (§ 1 SächsVwVfG. i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1VwVfG); lediglich besondere Auslagen sind nach den allgemein geltenden gesetzlichen Grundsätzen auszugleichen (§ 1 SächsVwVfG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG). Eine Kompensation erhält der Freistaat, der seinerseits der Kommune als Rechtsträgerin der Meldebehörde (§ 2 Abs. 1 SächsMeldeG) zum internen Finanzausgleich verpflichtet ist (Artikel 85, 87 SächsVerf), durch die Entschädigung für die Verwaltung der Kirchensteuer gem. Artikel 22 in Verbindung mit b) des Schlussprotokolls hierzu.

Kommentierung Art. 23 entspricht vollständig Art. 15 des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Sachsen und den Evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen vom 24. 3. 1994, auf dessen Kommentierung daher verwiesen werden kann. 2. Thüringen Art. 28: (1) Der Katholischen Kirche werden nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister übermittelt. Der Freistaat Thüringen wird sich dafür einsetzen, dass die dafür notwendigen Erhebungsund Übermittlungsmöglichkeiten erhalten bleiben.

748

Artikel 23 – Meldewesen

(2) Die Übermittlung der Daten setzt voraus, dass bei der Katholischen Kirche ausreichende Datenschutzmaßnahmen getroffen sind. Schlussprotokoll (zu Abs. 2): Die Feststellung, dass ausreichender Datenschutz gewährleistet ist, trifft das zuständige Ministerium aufgrund der von den Bistümern vorzulegenden kirchengesetzlichen Regelungen.

Regierungsbegründung Die Regelung bestimmt, dass die Übermittlung von Daten ausreichende Datenschutzmaßnahmen bei den Kirchen voraussetzt. Die Feststellung, dass ausreichender Datenschutz gewährleistet ist, trifft das zuständige Ministerium aufgrund der von den Kirchen vorzulegenden kirchengesetzlichen Regelungen.

Kommentierung Art. 28 entspricht Art. 24 des Evangelischen Kirchenvertrags Thüringen; auf dessen Kommentierung wird verwiesen. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 22: (1) Das Land unterstützt die Kirche auf der Grundlage des Landesmeldegesetzes bei der Ordnung des kirchlichen Meldewesens. (2) Die Meldebehörden übermitteln der Kirche die im Landesmeldegesetz aufgeführten Daten. Die Übermittlung erfolgt gebührenfrei. (3) Die Kirche schützt die Daten. Die Landesregierung kann diesen Schutz überprüfen. (4) Die Kirche übermittelt ihrerseits den Meldebehörden die die Mitgliedschaft betreffenden Daten.

Regierungsbegründung Die Absätze 1 bis 4 ziehen die Konsequenz aus der Tatsache, dass Land und Kirche zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf eine Zusammenarbeit beim Meldewesen angewiesen sind.

Kommentierung Art. 22 entspricht Art. 18 des Güstrower Vertrags, auf dessen Kommentierung verwiesen wird. 4. Sachsen-Anhalt Art. 20: Die Meldebehörden werden der Katholischen Kirche zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgaben die hierzu erforderlichen Daten aus dem Melderegister übermitteln. Die Katholische Kirche gewährleistet, daß ein gegenüber dem staatlichen Bereich gleichwertiger Datenschutz gesichert ist. Schlussprotokoll: (1) Die Katholische Kirche teilt mit, welcher kirchlichen Stelle die Daten aus den Melderegistern zu übermitteln sind.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

749

(2) Die Datenübermittlung erfolgt gebührenfrei. (3) Die Feststellung über ausreichende Datenschutzmaßnahmen im kirchlichen Bereich trifft die Landesregierung auf Grund der von der Katholischen Kirche vorzulegenden kirchenrechtlichen Regelung durch Erlaß.

Regierungsbegründung Die Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften ist unter den Voraussetzungen der §§ 30, 32 MG LSA zulässig. Die Tätigkeit der Meldebehörden, die Mitgliedschaften in Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgrund des staatlichen Bezuges grundsätzlich zu erfassen haben, erspart letztlich die Errichtung doppelter Erfassungsstellen bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften. Die Katholische Kirche (Bistum Magdeburg) teilt mit, welcher kirchlichen Stelle die Daten zu übermitteln sind. Die in Abs. 2 geregelte Gebührenfreiheit der Datenübermittlung legt lediglich ein aus allgemeinen Grundsätzen ableitbares Ergebnis fest. Der Datenaustausch ist zumindest in Kirchensteuerangelegenheit seinem Wesen nach Amtshilfe zugunsten der Kirchen, wobei die vorgenannten gesetzlichen Regelungen den Rahmen für diesen Sonderfall einer Amtshilfe in einem besonders grundrechtssensiblen Raum umschreiben. Als Amtshilfe ist die Datenübermittlung grundsätzlich gebührenfrei. Das Vorhandensein ausreichender Schutzmaßnahmen in Abs. 3 als Zulässigkeitsvoraussetzung von Datenübermittlung entspricht der Vorgabe des § 19 Abs. 3 MRRG. Ausreichende Schutzmaßnahmen werden in der Regel nur solche sein, die im Wesentlichen den entsprechenden staatlichen Schutzmaßnahmen gleichwertig sind.

Kommentierung Art. 20 entspricht inhaltlich Art. 23 des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung verwiesen werden kann. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Katholische Kirche den Datenschutz im Gesetz über den Kirchlichen Datenschutz (KDG) geregelt hat.15 Es beruht auf einem einstimmigen Beschluss der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands vom 20. November 2017 und gilt nach § 3 Abs. 1 für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch folgende kirchliche Stellen: a) die Diözese, die Kirchengemeinden, die Kirchenstiftungen und die Kirchengemeindeverbände, b) den Deutschen Caritasverband, die Diözesan-Caritasverbände, ihre Untergliederungen und ihre Fachverbände ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, c) die kirchlichen Körperschaften, Stiftungen, Anstalten, Werke, Einrichtungen und die sonstigen kirchlichen Rechtsträger ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform.

15 Abrufbar unter: https://www.katholisches-datenschutzzentrum.de/wp-content/uploads/ 2018/06/KDG-Beschlussfasssung-der-Vollversammlung-der-BK-vom-20.11.2017.pdf.

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Artikel 23 – Meldewesen

Das KDG ist zum 24. Mai 2018 in allen deutschen (Erz-)Diözesen in Kraft getreten; es ist im Amtsblatt 2018 Nr. 2 vom 1. Februar 2018 des Bistums Magdeburg publiziert worden.16 5. Brandenburg Art. 21: (1) Zwecks Ordnung und Pflege des kirchlichen Meldewesens wird die zuständige Meldebehörde der Katholischen Kirche die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Melderegister übermitteln. (2) Die kirchlichen Meldestellen übermitteln den Meldebehörden die Daten, die nach staatlichem Recht die Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche begründen oder beenden. (3) Die Katholische Kirche gewährleistet im kirchlichen Bereich den Datenschutz. (4) Die Datenübermittlung erfolgt gebührenfrei.

Regierungsbegründung Absatz 1 schreibt die Mitteilung der zur Erfüllung der kirchlichen Aufgaben benötigten Daten an die kirchliche Meldestelle durch die staatlichen Meldebehörden vor; die zur Übermittlung dieser Daten erforderliche landesrechtliche Ermächtigung ist in § 30 Abs. 1 BbgMeldeG enthalten. Hierbei war die Erwägung ausschlaggebend, dass die Kirche kein eigenes Erfassungswesen aufbauen könnte, da hierfür die Mitwirkung der Mitglieder erforderlich wäre und die Kirche diese Mitwirkung nicht in einer dem staatlichen Recht mit seinen Einwirkungsmitteln vergleichbaren Weise erreichen kann. Absatz 2 statuiert umgekehrt eine Mitteilungspflicht der Katholischen Kirche. Dies ist notwendig, da die Meldebehörden nach § 3 Abs. 1 Buchst. 11 BbgMeldeG zur Speicherung der rechtlichen Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft verpflichtet sind. Da die Datenübermittlung nur bei Gewährleistung ausreichenden Datenschutzes auf Seiten des Datenempfängers zulässig ist (vgl. § 30 Abs. 3 Satz 1 BbgMeldeG), ist die Gewährleistung dieses Datenschutzes sicherzustellen. Absatz 3 macht deutlich, dass dies durch die Kirche selbst zu geschehen hat. Nach Absatz 4 ist die Datenübermittlung gebührenfrei.

Kommentierung Art. 21 entspricht Art. 22 des Evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg, auf dessen Kommentierung verwiesen wird.

16 Abrufbar unter: https://www.bistum-magdeburg.de/upload/2018/AmtsblattFebruar/Anla ge_Nr._25_Kirchliches_Datenschutzgesetz.pdf. Die jeweiligen Ortsbischöfe mussten jeweils für ihr Bistum das KDG förmlich in Kraft setzen.

Artikel 24 – Kirchliche Gerichtsbarkeit A. Evangelischer Kirchenvertag Sachsen-Anhalt Art. 24: 1Im Verfahren vor den Kirchengerichten und im förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte sind 1. die Kirchengerichte und Disziplinargerichte berechtigt, Zeugen und Sachverständige zu vereidigen, 2. die Amtsgerichte verpflichtet, Rechtshilfeersuchen stattzugeben. 2

Dieses gilt nicht im Lehrbeanstandungsverfahren.

Regierungsbegründung Artikel 24 regelt in Übereinstimmung mit vergleichbaren Staatsverträgen die Befugnis der kirchlichen Disziplinarbehörden zur Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen sowie die gerichtliche Amtshilfe.

Kommentierung Die Regelungen entsprechen weitgehend Art. 19 des Loccumer Vertrags von 19551, der sich seinerseits an den Bestimmungen der Art. 14 und 16 des Preußischen Staatsgesetzes betreffend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 (GS. S. 221) orientiert hat2, das als Landesrecht fortgilt.3 Es handelt sich um eine staatskirchenvertragliche Regelung der Rechtshilfe. Die verfassungsrechtliche Verpflichtung aller Behörden des Bundes und der Länder zu wechselseitiger Rechts- und Amtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 GG – siehe auch einfach-

1 Siehe auch Art. 12 des Vertrags der Evangelischen Landeskirchen in Hessen mit dem Lande Hessen vom 18. Februar 1960 (KABl. S. 17). 2 Artikel 14: „Im förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte sind die kirchlichen Disziplinarbehörden berechtigt, Zeugen und Sachverständige zu vereidigen, die Amtsgerichte verpflichtet dem Rechtshilfeersuchen der kirchlichen Disziplinarbehörden stattzugeben.“ Artikel 16: „In Verfahren wegen Verletzung der Lehrverpflichtung findet eine staatliche Mitwirkung nicht statt.“ 3 Zur Fortgeltung in NRW siehe § 4 Nr. 6 des Gesetzes zur Bereinigung des in NordrheinWestfalen geltenden preußischen Rechts vom 7. November 1961, GV. NW. 1961 S. 325; zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2013 (GV. NRW. S. 874) sowie Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Bereinigung des in Nordrhein-Westfalen geltenden preußischen Rechts, LT-Drucks. 16/4333, S. 7 f.

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Artikel 24 – Kirchliche Gerichtsbarkeit

gesetzlich § 2 Abs. 1 VwVfG – erfasst nicht die kirchlichen Behörden4, es sei denn, letztere werden als Beliehene tätig. Während Amtshilfe (ergänzenden) zwischenbehördlichen Beistand darstellt, versteht man unter Rechtshilfe die unterstützende Vornahme genuin richterlicher Tätigkeiten (zugunsten von anderen Gerichten oder Behörden) einschließlich der Vernehmung und Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen.5 Ungeachtet ihres öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus besitzen die Kirchen keine Zwangsbefugnisse gegenüber Personen, es sei denn, sie sind ihnen durch den Staat übertragen worden. Aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols ist nur der Staat zur Ausübung von Zwang im Wege der Vollstreckung berechtigt. Auch Art. 137 Abs. 5 WRV i. V. m. Art. 140 GG überträgt den korporierten Religionsgemeinschaften keine Vollstreckungsbefugnisse und ermöglicht ihnen insbesondere nicht, sich selbst einen Titel zu verschaffen.6 Kirchengerichte sind auch nicht eo ipso zur Abnahme von Eiden befugt. Art. 24 verleiht den begünstigten Kirchen allgemein7 – und nicht nur – wie nach dem Loccumer Vertrag – für den Zweck der Durchführung eines kirchlichen Disziplinarverfahrens – „im Verfahren vor den Kirchengerichten und im förmlichen Disziplinarverfahren“ – das Recht auf Eidabnahme und auf entsprechende Rechtshilfe durch die Amtsgerichte, d. h. die Vernehmung und Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen auf Ersuchen der zuständigen kirchlichen Stellen. Damit kommen diese Erkenntnismöglichkeiten der staatlichen Gerichtsbarkeit auch der kirchlichen Rechtspflege zugute. Ausgenommen ist lediglich das kirchliche Lehrbeanstandungsverfahren, für das der Staat nicht die Hand seiner Behörden reichen will, ohne dass deshalb die aus dem Selbstbestimmungsrecht folgende kirchliche Befugnis dazu in Frage gestellt werden soll. Eine Vollstreckung kirchlicher Disziplinarentscheidungen findet staatlicherseits nur dann statt, wenn sie von staatlichen Behörden für vollstreckbar erklärt werden ist (siehe Art. 15 Abs. 1 des Preußischen Staatsgesetzes betreffend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924). Zuständigkeit und

4 Allgemeine Meinung; siehe nur BVerwG DÖV 1972, 720 (721); V. Epping, in: Epping/ Hillgruber, GG, Kommentar, 32020, Art. 35 Rn. 1. 5 Siehe nur D. Ehlers, Rechts- und Amtshilfe, in: HSKR, 32020, Bd. 3, § 79, S. 3315 (3317 Rn. 2). 6 Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. April 2014 – 5 A 1384/12 –, juris, Rn. 64. 7 Vgl. D. Ehlers, Rechts- und Amtshilfe, in: HSKR, 32020, Bd. 3, § 79, S. 3315 (3329 Rn. 22).

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

753

Verfahren bestimmen sich nach einschlägigen Regelungen des staatlichen Verwaltungsvollstreckungsrechts.8 Die Bestimmung des Art. 24 hat im Verhältnis zu den betroffenen Dritten, den Zeugen und Sachverständigen den Charakter einer Befugnisnorm, die prinzipiell auch zu Grundrechtseingriffen legitimiert.9 Die negative Religionsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG sowie Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 4 WRV soll aber eine einengende Auslegung gebieten und die Anwendung von Beugezwang (Ordnungsgeld, Ordnungshaft) ausschließen.10 Das überzeugt nicht, weil die Erscheinens- und Aussagepflicht nicht die negative Religionsfreiheit tangiert. Die Aussage vor einem Kirchengericht als Zeuge oder die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen ist keine kirchliche Handlung oder religiöse Übung, sondern durch das Zustimmungsgesetz zum Staatskirchenvertrag auferlegte staatsbürgerliche Pflicht, die Kirchenmitglieder wie Nichtmitglieder gleichermaßen trifft und den einen wie den anderen zumutbar ist. Die Durchführung der Maßnahmen, hinsichtlich derer Rechtshilfe kirchlicherseits begehrt wird, richtet sich nach dem für die Amtsgerichte geltenden staatlichen Recht (vgl. § 7 Abs. 1 VwVfG). Die Gewährung von Rechtshilfe scheidet daher aus, wenn das staatliche Recht sie (in der begehrten Form) ausschließt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Enthält keine entsprechende Regelung. 2. Thüringen Art. 25: (1) Im Verfahren vor den Kirchengerichten und im förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte sind die Kirchengerichte und Disziplinargerichte berechtigt, Zeugen und Sachverständige zu vereidigen. Schlussprotokoll: Der den Eid Abnehmende muss die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen. Dies gilt nicht für die bei Inkrafttreten dieses Vertrages im Amt befindlichen Vorsitzenden der Kirchengerichte. 8

Siehe Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwVG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 2015 (GVBl. LSA S. 50). 9 D. Ehlers, Rechts- und Amtshilfe, in: HSKR, 32020, Bd. 3, § 79, S. 3315 (3337 Rn. 33). 10 So D. Ehlers, Rechts- und Amtshilfe, in: HSKR, 32020, Bd. 3, § 79, S. 3315 (3337 f. Rn. 34).

754

Artikel 24 – Kirchliche Gerichtsbarkeit

(2) Lehrbeanstandungsverfahren sind hierbei ausgenommen.

Regierungsbegründung Diese Regelung erlaubt die Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen im Verfahren vor den Kirchengerichten und im förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte unter Ausnahme von Lehrbeanstandungsverfahren. Hierzu ist klargestellt, dass der den Eid Abnehmende die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen muss. Für die bereits bei Inkrafttreten des Vertrages im Amt befindlichen Vorsitzenden der Kirchengerichte ist unter Berücksichtigung der besonderen Lage in Thüringen eine Ausnahme vorgesehen.

Kommentierung Art. 25 ermächtigt wie Art. 24 S. 1 Nr. 1 des Wittenberger Vertrags die Kirchengerichte zur Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen. Das Schlussprotokoll verlangt für die Eidabnahme die Befähigung zum Richteramt nach dem DRiG, macht davon mit Rücksicht darauf, dass es daran in der Kirchengerichtsbarkeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses häufig fehlte, eine Ausnahme für die seinerzeit bereits im Amt befindlichen Vorsitzenden solcher Kirchengerichte. Eine Rechtshilfe der Amtsgerichte ist in Art. 25 im Gegensatz zu Art. 24 S. 1 Nr. 2 des Wittenberger Vertrags nicht vorgesehen. 3. Sachsen Art. 24: 1Im Verfahren vor den Kirchengerichten und in förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte sind die Amtsgerichte verpflichtet, Rechtshilfe zu leisten. 2Dieses gilt nicht in Lehrbeanstandungsverfahren.

Regierungsbegründung In Übereinstimmung mit nahezu allen Staatskirchenverträgen legt auch der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen eine Rechtshilfeverpflichtung der Amtsgerichte zugunsten kirchlicher Gerichte fest. Diese Regelung ist erforderlich, weil die Kirchengerichte insbesondere in Disziplinarsachen (unter weitgehendem Ausschluss einer Überprüfung durch staatliche Gerichte – vgl. BVerwGE 66, 241 ff.) oftmals über einschneidende Sanktionen bis zur Folge der Entlassung zu befinden haben. In den Verfahren vor den Kirchengerichten werden vor allem Zeugenaussagen benötigt, die sich das Kirchengericht aufgrund des Fehlens von Zwangsmöglichkeiten nur schwerlich beschaffen kann. Im Gegensatz zu den anderen Staatskirchenverträgen fehlt eine Regelung, die den kirchlichen Gerichten die Möglichkeit einräumt, Zeugen und Sachverständige zu vereidigen. Durch diesen Verzicht wurde nicht zuletzt den Kirchenordnungen der betreffenden Kirchen im Freistaat und ihrem theologischen Selbstverständnis Rechnung getragen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Kommentierung Art. 24 entspricht Art. 24 S. 1 Nr. 2 u. S. 2 des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung insoweit verwiesen wird. Dagegen verzichtet Art. 24 auf die in Art. 24 S. 1 Nr. 1 des Wittenberger Vertrags enthaltene Ermächtigung der Kirchen zur Vereidigung von Zeugen oder Sachverständigen durch die Kirchengerichte. Dieser Verzicht erfolgte ausweislich der Regierungsbegründung im Hinblick auf das sich in ihren Kirchenordnungen widerspiegelnde Selbstverständnis der am Vertrag beteiligten Kirchen, das eine Bekräftigung von Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten durch Beeidung ausschließt. 4. Brandenburg Enthält keine entsprechende Regelung.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Enthält keine entsprechende Regelung. 2. Thüringen Enthält keine entsprechende Regelung. 3. Mecklenburg-Vorpommern Enthält keine entsprechende Regelung. 4. Sachsen-Anhalt Enthält keine entsprechende Regelung. 5. Brandenburg Enthält keine entsprechende Regelung.

Artikel 25 – Parität A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 25: Sollte das Land in Verträgen mit anderen vergleichbaren Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragsparteien gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages notwendig sind.

Regierungsbegründung Der Artikel entha¨ lt die sog. Parita¨ tsklausel. Sie ist Ausfluss des Artikels 3 des Grundgesetzes, fu¨ hrt aber nicht etwa zu automatisch eintretenden Berechtigungen, falls in anderen Vertra¨ gen einer Religionsgemeinschaft weitergehende Rechte eingera¨ umt werden. Wesentliche Voraussetzung fu¨ r eine Anwendbarkeit des Artikels ist die Vergleichbarkeit mit der betroffenen ande¨ nderung des Vertrages wird daher immer ren Religionsgemeinschaft. Vor einer eventuellen A gepru¨ ft werden mu¨ ssen, ob die Vergleichsregelung nicht nur spezifischen Merkmalen oder Bedu¨ rfnissen des anderen Vertragspartners Rechnung tra¨ gt.

Literatur H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000; A. v. Campenhausen, Der heutige Verfassungsstaat und die Religion, HSKR, Bd. 1, 21994, § 2, S. 75 ff.; M. Heckel, Die religionsrechtliche Parität, HSKR, Bd. 1, 21994, § 20, S. 589 ff.; ders., Das Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf die Religion, HSKR, Bd. 1, 21994, § 21, S. 623 ff.; K.-A. Schwarz, Das Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf Religion, HSKR, 32020, Bd. 1, § 17, S. 707 ff.

Bedeutung und Hintergrund Art. 25 als sog. Paritätsklausel fördert die Berücksichtigung des Paritätsgebotes, des speziell auf das Staatskirchenrecht gemünzten Gleichbehandlungsgebotes, im Staatskirchenvertragsrecht.1 Auch wenn sich das Paritätsgebot aus dem Gebot der Aufrechterhaltung des Religionsfriedens herleitet und sich aus dem Verhältnis zwischen den beiden christlichen Großkirchen entwickelt hat, kann es im weltanschaulich neutralen Staat nicht mehr auf dieses Verhältnis beschränkt bleiben, sondern gilt 1 Nach herrschender Lehre ist das Paritätsgebot als staatskirchenrechtlicher Grundsatz nichts anderes als das Gleichheits- bzw. Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 GG; vgl. dazu M. Heckel, Die religionsrechtliche Parität, S. 589 mit umfassenden Nachweisen sowie BVerfGE 12, 1 (4) und 35, 366 (375).

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Artikel 25 – Parität

gegenüber allen Religionsgemeinschaften.2 Da die Religionsgemeinschaften grundsätzlich gegen alle Paritäts-, also Gleichheitsverstöße gerichtlich vorgehen können, andererseits Parität auch durch andere staatliche Maßnahmen als über Vertragsabschlüsse hergestellt werden kann, hat die Paritätsklausel nur die Bedeutung, daß bei vermuteten Paritätsverstößen die Vertragsparteien auf neue Verhandlungen hinwirken können. Es handelt sich somit um eine – auf Meistbegünstigung zielende – Revisionsklausel3, die älterem Vertragsrecht, insbesondere Art. 14 des Ergänzungsvertrages zum Vertrag des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. 3. 19554, nachgebildet ist. Entstehungsgeschichte In der 3. und 10. Sitzung wurden staatlicherseits Bedenken gegen den kirchlichen Vorschlag erhoben, uneingeschränkt eine Gleichbehandlung mit sämtlichen anderen Religionsgemeinschaften, also z. B. auch mit der jüdischen, anzustreben, zumal eine solche Paritätsklausel in den meisten der westdeutschen Verträge fehle bzw. sich in zwei Fällen nur auf das Verhältnis zur Katholischen Kirche beziehe. Im Anschluss an die 12. Sitzung wurde Einvernehmen über den kirchlichen Vorschlag erzielt, nur Verträge mit „vergleichbaren“ Religionsgemeinschaften als Vergleichsregelungen heranzuziehen und eine „gemeinsame“ Prüfung vorzusehen. Kommentierung a) Art. 25 hält „das Land“ zur Einhaltung des Paritätsgebotes an und zieht damit die Konsequenzen aus der verfassungsrechtlich verbürgten Religionsfreiheit und dem Neutralitätsgebot5 ; dem Land ist es untersagt, Partei für eine bestimmte Religionsgemeinschaft zu ergreifen, indem es ihr günstigere Vertragsbedingungen einräumt als anderen Religionsgemeinschaften.6 Ungünstigere Bedingungen in anderen 2 Vgl. H. Mayer-Scheu, Essener Gespräche Bd. 4 (1970), S. 47 (Diskussionsbeitrag): „eine Entwicklung von der Parität (gleicher Anwendung konfessioneller Prinzipien) zur Neutralität (gleicher Abstand des Staates zu allen Konfessionen)“. Gleichsinnig C. Walter, Die religiöse und weltanschauliche Neutralität des Staates, HSKR, 32020, Bd. 1, § 18, S. 727 (728 f. Rn. 1): „Die Überlagerung des Grundsatzes der Parität der Konfessionen, dem in den Vorauflagen dieses Handbuchs zentrale gleichheitssichernde Funktion zukam, durch den Grundsatz der Neutralität ist ein Beispiel für die allmähliche Anpassung des Religionsverfassungsrechts an geänderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen“. 3 Ebenso H. U. Anke, Neubestimmung, S. 225. 4 Vertrag vom 6. 1. 1966, GVBl. S. 3, abgedr. Bei J. Listl, Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik, Bd. 2 (1987), S. 138; vgl. u. a. auch Schlussprotokoll zu Art. 29 Evangelischer Vertrag Hessen sowie Schlussprotokoll zu Art. 32 RK bezüglich der parteipolitischen Betätigung von Geistlichen und Ordensleuten. 5 Dazu grundlegend K. Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, 1972, insbes. S. 129 ff. 6 Die Untersagung von Ungleichbehandlungen im Verhältnis zu nichtreligiösen Einrichtungen oder Organisationen ist zwar im Vertrag verschiedentlich angesprochen (z. B. Art. 10 Abs. 3 – Denkmalpflege, Art. 18 Abs. 3 – Diakonie- und Bildungseinrichtungen), fällt aber nicht unter Art. 25.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Verträgen können nur Anlass zu einer Überprüfung gemeinsam mit der anderen Religionsgemeinschaft geben. Günstigere Bedingungen in anderen Bundesländern fallen ebenfalls nicht unter Art. 25, denn es geht nur um die Gleichbehandlung durch ein- und dasselbe Land. Auch das Land kann nicht wegen für die Religionsgemeinschaft ungünstigeren Bestimmungen in anderen Bundesländern Art. 25 anrufen. Die Paritätsklausel begründet bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch der sich benachteiligt fühlenden Landeskirchen auf erneute Vertragsverhandlungen, nicht schon auf Vertragsänderung, die erst vom Verhandlungsergebnis abhängen. Kommt keine Einigung zustande, können die Kirchen den Rechtsweg bestreiten, ohne dass zuvor noch Verhandlungen im Rahmen der Freundschaftsklausel (Art. 26) stattzufinden brauchen; Art. 25 hat somit die Funktion der Freundschaftsklausel bei Geltendmachung von Paritätsverstößen, sofern alle Voraussetzungen gegeben sind. b) Die Kirchen sind – trotz des Wortes „werden“ – nicht etwa verpflichtet, einen vermuteten Paritätsverstoß geltend zu machen; es kann durchaus Gründe dafür geben, darauf zu verzichten7, sei es weil die „günstigeren Bedingungen“ aus kirchlicher, vor allem innerkirchlicher Sicht erstrebenswert oder auch vernachlässigbar erscheinen, sei es dass die Kirchen einen „ich auch-Eindruck“ vermeiden wollen oder auf einen entsprechenden Ausgleich schon früher verzichtet haben.8 c) Auch das Land hat einen Anspruch auf Aufnahme von Verhandlungen, etwa weil es aus politischen oder allgemein rechtlichen Gründen an einer Gleichstellung der benachteiligt erscheinenden Kirchen interessiert ist oder auch nur aus „schlechtem Gewissen“ heraus. Ferner kann eine Anrufung von Art. 25 auch – etwa zur Abwehr politischer Angriffe – den Zweck haben nachzuweisen, dass eine Differenzierung gerechtfertigt war, also um gemeinsam das Nichtvorliegen eines Paritätsverstoßes festzustellen. d) Art. 25 bezieht sich, wie aus der Formulierung „sollte“ und „wurden“ ersichtlich, grundsätzlich auf staatliches Handeln nach Vertragsunterzeichnung. Lagen die Voraussetzungen des Art. 25 schon zur Zeit der Vertragsverhandlungen vor, so könnten die Kirchen nachträglich Art. 25 nur anrufen, wenn sie keine Kenntnis von den anderen Vertragsverhandlungen hatten; anderenfalls gilt ein Paritätsverstoß als akzeptiert, zumal er auch Bestandteil eines do ut des-Verfahrens gewesen sei konnte. 7

Z. B. betrachteten die Evangelischen Kirchen vor und zunächst auch nach dem 1. Weltkrieg das Konkordats-(Vertrags-)wesen insgesamt als nicht anzustrebenden katholischen Klerikalismus, E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. VI, 1989, S. 904. 8 Nur bedingt kann der Ansicht von H. U. Anke zugestimmt werden, dass verfassungsrechtliche Vorgaben, hier also die Gleichbehandlung, „nicht zur staatskirchenrechtlichen Disposition“ stehen, weil „die staatskirchenrechtlichen Grundprinzipien der Trennung, Säkularität, Neutralität, Nichtidentifikation und Parität […] nicht allein dem Schutz der jeweils vertragsschließenden Religionsgemeinschaften“ dienten, sondern „zentraler Bestandteil einer auf den Ausgleich aller widerstreitenden Interessen ausgerichteter Gesamtordnung auf verfassungsrechtlicher Ebene“ seien (Neubestimmung, S. 239). Bei Verträgen gibt es jedenfalls bezüglich der Parität Spielräume, vgl. auch unten S. 7 f.

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Artikel 25 – Parität

e) Anlass zur Vertragsüberprüfung können nur anderweitige Verträge geben9, also nicht vertragsunabhängige Landesgesetze oder -erlasse, auch wenn es sich um sog. paktierte Gesetze10, also im Einvernehmen mit einer anderen Religionsgemeinschaft erlassene Bestimmungen handelt; letztere können aber Anlass zur Anrufung eines Gerichts geben. Nicht unter Art. 25 fallen auf einem Vertrag fußende Durchführungsbestimmungen, etwa Gestellungsverträge oder Baulastregelungen, denn es geht dabei nicht um von diesem Vertrag abweichende Regelungen, sondern um die Umsetzung und Auslegung ansonsten übereinstimmender Verträge, so dass nur eine Anrufung der Freundschaftsklausel in Betracht käme. Gleiches gilt für eine sonstige abweichende Anwendung konkurrierender Verträge durch die Landesbehörden, z. B. den Verzicht auf Erstattungsforderungen nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 (Friedhofsvollstreckungsgebühren) oder das zeitliche Vorziehen von Vertragspflichten. In allen diesen Fällen ginge es nicht primär um eine Änderung des Vertragstextes, auch wenn eine Vertragsergänzung u. U. Abhilfe schaffen könnte. Eine dann erfolgte Anrufung der Freundschaftsklausel könnte allerdings darauf gerichtet sein, eine vertragliche Klarstellung zu erreichen. f) Das erst im Verlauf der Vertragsverhandlungen eingeführte Erfordernis der Vergleichbarkeit der konkurrierenden Religionsgemeinschaften, das bei einigen anderen Verträgen in den neuen Ländern fehlt, ist bei richtigem Verständnis von Parität verwirrend, denn das zugrunde liegende Gleichbehandlungsgebot erfordert Differenzierung bei ungleichen Voraussetzungen, also auch bei nicht vergleichbaren Religionsgemeinschaften.11 Wenn z. B. Staatsleistungen an die Evangelischen Kirchen proportional gesehen niedriger ausgefallen sind als an die Jüdische Gemeinschaft, dann entspricht das wegen unterschiedlicher Voraussetzungen dem Gleichheitsgrundsatz innewohnenden Differenzierungsgebot, zumal es sich bei den Leistungen an die Jüdische Gemeinschaft gar nicht um Staatsleistungen im eigentlichen Sinne handelt. Im Prinzip ist angesichts unterschiedlicher Glaubensinhalte, Organisationsstruktur, Mitgliederzahl oder allgemein der Einstellung zum Staat keine Religionsgemeinschaft mit einer anderen Religionsgemeinschaft ganz vergleichbar. Die in Art. 25 vorausgesetzte Vergleichbarkeit kann sich somit nur auf die jeweils anstehende Frage12 aus dem Blickwinkel des zur Neutralität verpflichteten Staates beziehen. Wenn z. B. einer – grundsätzlich nicht vergleichbaren – Baptistengemeinde die Freistellung von jeglicher Enteignung vertraglich zugesichert würde, was in den evangelischen Verträgen nicht geschehen ist, würde eine Vergleichbarkeit im Sinne des

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Anders z. B. nach Art. 26 Evangelischer Vertrag Mecklenburg-Vorpommern. Vgl. dazu J. Müller-Volbehr, Staatskirchenrecht als Gegenstand einfacher Gesetzgebung, HSKR, Bd. 1, 21994, S. 263. 11 Die in der Amtlichen Begründung zu Art. 25 (LT-Drs. 1/3087, S. 18) als berücksichtigungsnotwendig bezeichneten „spezifischen Merkmale oder Bedürfnisse“ sind daher nicht an dieser Stelle, sondern bei der Prüfung der Parität zugrunde zu legen. 12 St. Heitmann spricht von gleichartigen „Aufgabenfeldern“, Der katholische Kirchenvertrag Sachsen, NJW 1997, 1420. 10

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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Art. 25 nur bezüglich der bloßen Eigenschaft als vom Staat zu respektierende Religionsgemeinschaft gegeben sein. g) Nur bevorzugende „Rechte und Leistungen“ rechtfertigen die Forderung nach neuen Vertragsverhandlungen, also z. B. bei der Mitwirkung der Bestellung von Anstaltsseelsorgern, bei Gebührenbefreiungen oder der Erhöhung von Staatsleistungen, nicht dagegen Positionsbeschreibungen, etwa eine staatliche Bewertung der kirchlichen Arbeit im Wohlfahrtsbereich oder in der Erwachsenenbildung13; gleiches gilt für geschichtliche Bewertungen, auch im Rahmen einer Präambel14, ebenso wie für Programmsätze und Ankündigungen oder für formulierte Rechtsauffassungen, sofern sich daraus keine Beeinträchtigung der Rechte der Evangelischen Kirchen ergibt. h) Es muss sich ferner um über das vertraglich Vereinbarte „hinausgehende“ Rechte und Leistungen handeln, wobei zunächst zu klären wäre, ob nicht nur ein aliud, also eine gar nicht vergleichbare Leistung vorliegt. Bei Anwendung des konkurrierenden Vertrags müsste vielmehr am Ende konkret mehr „herauskommen“ als bei Anwendung des Evangelischen Vertrages. Ein darüber Hinausgehen schließt auch Rechte und Leistungen aus, auf die die sich benachteiligt fühlenden Kirchen freiwillig verzichtet haben15, weil Art. 25 zum Ziel hat, „Bevorzugungen“ anderer Religionsgemeinschaften entgegenzuwirken. Ein „Mehr“ liegt auch dann nicht vor, wenn Rechte oder Leistungen betroffen sind, für die bewusst im do ut des-Verfahren den Evangelischen Kirchen ein anderes, der konkurrierenden Religionsgemeinschaft nicht gewährtes Zugeständnis gemacht wurde, wenngleich diese Verflechtung nachträglich nicht immer festzustellen sein wird. i) Die günstigeren Rechte und Leistungen müssen „gewährt“ worden sein. Waren sie eine zwingende rechtliche Konsequenz, liegt keine „Gewährung“ vor; das Land

13 Auch lediglich freundlicher abgefasste andere Verträge fallen nicht unter Art. 25; der Gleichheitssatz „will gleiches Recht, nicht gleiches Glück verschaffen“, M. Heckel, Die religionsrechtliche Parität, S. 602. 14 Vgl. die Präambel – 3. Anstrich – des Jüdischen Vertrags Sachsen-Anhalt, die die besondere Bedeutung des vernichteten jüdischen Lebens und der vernichteten jüdischen Kultur hervorhebt, was, auch wenn die protestantische Kultur im Evangelischen Vertrag nicht ausdrücklich erwähnt ist, keinen Anlass zur Anrufung des Art. 25 geben könnte. 15 Vgl. auch M. Heckel, Das Gleichbehandlungsgebot, S. 635, der im Rahmen der Paritätsprüfung unter dem Gesichtspunkt „Selbstbenachteiligung“ zum gleichen Ergebnis kommt; vgl. ferner A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, Bd. 1, 21994, § 7, S. 269. So gab z. B. Art. 5 Abs. 3 Konkordat Sachsen-Anhalt, der die Abberufung von Hochschullehrern zum Gegenstand hat, keinen Anlaß für die Evangelischen Kirchen zur Berufung auf Art. 25, weil sie bei den Vertragsverhandlungen auf eine entsprechende Bestimmung verzichtet hatten, vgl. H. Johnsen, Die Evangelischen Staatskirchenverträge in den neuen Ländern – ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 33 (1988), S. 202; A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil obstat-Frage, JöR NF Bd. 8 (1995), S. 352 f.

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Artikel 25 – Parität

muss vielmehr bei seiner Entscheidung frei gewesen sein.16 Andererseits ist bei einer von einem Gericht verfügten oder nachträglich vereinbarten Nichtanwendung einer belastenden Bestimmung in einem konkurrierenden Vertrag eine „Gewährung“ gegeben, weil der Vertrag dann als ohne die in Frage stehende Bestimmung vereinbart gilt. Auch Unterlassungen belastender Bestimmungen gelten als „gewährt“.17 k) Prüfungsmaßstab ist der Rechtsgrundsatz der Parität, also das Gebot der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 3 I GG.18 Danach ist Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, wobei für die Ungleichbehandlung bzw. Gleichbehandlung jeweils Rechtfertigungsgründe vorliegen müssen, die sich aus tatsächlichen Verschiedenheiten der Religionsgemeinschaften19 oder aus anderen rechtlich erheblichen, also jedenfalls nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gesichtspunkten herleiten.20 Dabei sind auch die Gesichtspunkte der Erforderlichkeit – nicht zu verwechseln mit der zu prüfenden „Notwendigkeit“ – von Vertragsänderungen sowie der Verhältnismäßigkeit einzubeziehen.21 Die nachfolgend aufgeführten Fälle zeigen beispielhaft Begründungen für unterschiedliche Regelungen, jeweils aus der Sicht der Evangelischen Kirchen in Sachsen-Anhalt. (1) Die Staatsleistung nach Art. 13 Abs. 2 des Jüdischen Vertrages Sachsen-Anhalt beträgt, in Proportion zur Mitgliederzahl im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, etwa das 22fache der Staatsleistung nach Art. 13 Abs. 2 des Evangelischen Kirchenvertrages. Dennoch erschien dieses Ungleichgewicht wegen fehlender Einkünfte, fehlender Gebäude, fehlender Organisation und hoher Rabbinerkosten auf jüdischer Seite und im Hinblick auf die geschichtlichen Ereignisse begründet. Vor allem handelt es sich um eine Wiedergutmachung, nicht um eine Staatsleistung im technischen Sinne. (2) Dem absoluten Vetorecht der Katholischen Kirche bei der Einstellung von Hochschullehrern (Art. 5 Abs. 2 Katholischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt) steht ein, wenn auch nur geringfügig eingeschränktes, Vetorecht der Evangelischen Kirche (Schlussprotokoll zu Art. 3 Abs. 2 Evangelischer Kirchenvertrag) gegenüber. Das Land wünschte zwar auch im Verhältnis zur Katholischen Kirche eine Berück16 Nach – zutreffender – Auffassung der Landesregierung Sachsen-Anhalt war das Land z. B. im Rahmen der Verhandlungen über das Konkordat bei der Entscheidung, von einer Wiedergeltung des Preußenkonkordats im Gegensatz zur angenommenen Diskontinuität des Preußischen Evangelischen Kirchenvertrags auszugehen, nicht frei, sondern rechtlich gebunden, vgl. Erl. zu Art. 28 Abs. 2; die Paritätsfrage brauchte daher nicht geprüft zu werden, wenngleich eine solche Prüfung zum gleichen Ergebnis geführt hätte. 17 Z. B. der Verzicht auf die Unterrichtung des Landes über Organisationsveränderungen. 18 S. o. Fn. 1. 19 Je nach der dogmatischen, liturgischen und organisatorischen Eigenart und Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften“, M. Heckel, Das Gleichbehandlungsgebot, S. 638 f. 20 BVerfGE 55, 88; als zulässige Differenzierungskriterien gelten u. a.: Größe, Verbreitung, öffentliche Wirksamkeit, kultur- und sozialpolitische Stellung sowie Status als Körperschaft des öffentlichen Recht. 21 M. Heckel, Die religionsrechtliche Parität, S. 600.

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sichtigung der Möglichkeit, im Falle einer „ernsthaften Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit“ ein Veto übergehen zu können22, wurde aber mit der Bindungswirkung der anderslautenden Regelungen in den alten Konkordaten konfrontiert und sah die Unterschiedlichkeit der Vertragsregelungen durch die unterschiedliche Rechtslage, allerdings zusätzlich auch durch die unterschiedliche Stringenz des Lehramtes der beiden Kirchen begründet. (3) Nach Art. 10 Abs. 4 wird das Land auf eine Beteiligung der Evangelischen Kirchen bei der Gestaltung der reformatorischen Gedenkstätten im Lande hinwirken. Obwohl die Katholische Kirche Interesse an einer ebensolchen Bestimmung bekundete, wurde der Wunsch der Evangelischen Kirchen auf alleinige Beteiligung im Hinblick auf die Kirchengeschichte akzeptiert. (4) Art. 6 des Jüdischen Vertrages Sachsen-Anhalt garantiert unter bestimmten Voraussetzungen die Unantastbarkeit jüdischer Grabstätten, weil nach jüdischem Glauben die Toten wieder auferstehen und deshalb ihr Körper, ihre Grabstätte und die sie umgebende Erde unversehrt bleiben müssen. Würden die Evangelischen Kirchen unter Berufung auf das Paritätsgebot die gleiche Vertragsregelung verlangen, ohne dass bekanntlich eine solche Forderung religiösen Hintergrund hätte, könnte das Land eine Ablehnung auf die unterschiedlichen Glaubensinhalte stützen. Ein umgekehrter Fall, in dem Parität praktiziert wurde, aber wegen andersartiger organisatorischer Voraussetzung wohl ungerechtfertigt war, ist das Schlussprotokoll zu Art. 13 Abs. 4 des Jüdischen Vertrags Sachsen-Anhalt bezüglich der Rechnungsprüfung der Verwaltung der Staatsleistung. Während die beiden Großkirchen über eigene, in der Öffentlichkeit in Erscheinung tretende Prüfungseinrichtungen verfügen, sind die Jüdischen Gemeinden auf private Rechnungsprüfer angewiesen, die aber als Prüfungsmaßstab die jeweilige Satzung zugrunde legen müssen, die ihrerseits von einer kleinen Personengruppe beschlossen wird und neuartige Satzungszwecke festlegen kann, z. B. soziale, die mit der Zielsetzung der Staatsleistung nicht übereinstimmen würden.23 Eine Anrufung der Paritätsklausel durch die Kirchen scheidet natürlich mangels eigenen Interesses aus. Eine Rechtspflicht zur Einhaltung der Parität im Vertragswege besteht nicht24; ebenso wie die Vertragsparteien im Rahmen ihrer Verhandlungen einvernehmlich paritätsabweichende Regelungen treffen können25, können sie auch im Rahmen der 22

Dazu A. Vulpius, Die Verhandlungen über den evangelischen Kirchenvertrag SachsenAnhalt vom 15. 09. 1993, in: Kirche als grenzüberschreitende Gemeinschaft, hrsg. von E. v. Dietze, 1994, S. 31 sowie die Erl. zu Art. 3 Abs. 2. 23 Vgl. A. Vulpius, Der Vertrag des Landes Sachsen-Anhalt mit der Jüdischen Gemeinde Sachsen-Anhalt, KuR 1998, S. 230. 24 A. A. anscheinend H. U. Anke (Fn. 8). 25 Vgl. z. B. die Beibehaltung der „Politischen Klausel“ (Voranfrage vor der Bischofernennung) gemäß Art. 6 des Preußenkonkordats durch Art. 3 und 4 des Bistumserrichtungsvertrages für das Bistum Magdeburg vom 13. 4. 1994 (GVBl. LSA S. 770) im Gegensatz zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt, in den die im Loccumer Vertrag noch enthaltene Klausel nicht aufgenommen wurde.

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Artikel 25 – Parität

„gemeinsamen Prüfung“ nach Art. 25 zu dem einvernehmlichen Ergebnis gelangen, dass der Paritätsverstoß hinnehmbar ist oder sogar einem Interesse der Vertragsparteien entspricht. l) Der unter k) (2) zusätzlich genannte und der unter (4) eingebrachte Rechtfertigungsgrund für ungleiche Regelungen nehmen allerdings Bezug auf Glaubensüberzeugungen bzw. innerkirchliche Regelungen, Bezugnahmen, die dem neutralen Staat grundsätzlich untersagt sind. Zum Nachweis fehlender Willkürlichkeit vertraglicher Regelungen ist jedoch das einvernehmlich vorgenommene Abstellen auf das Selbstverständnis der betroffenen Religionsgemeinschaft als zulässig, ja geboten anzusehen.26 m) Die Prüfung muss „gemeinsam“ erfolgen. Das erfordert nicht unbedingt eine Verhandlung, auch ein Briefwechsel kann ausreichen, evtl. auch in Gestalt einer authentischen Interpretation. Liegen nach Auffassung der Kirchen alle Voraussetzungen für ein Prüfungsverfahren vor und ist das Land dennoch nicht zu einer „gemeinsamen Prüfung“ bereit, können die Kirchen das Verwaltungsgericht anrufen. n) Ob eine Vertragsänderung oder -ergänzung „notwendig“ ist, ist nicht nur eine Frage des Gewichts eines Paritätsverstoßes, sondern auch eine solche der Praktikabilität. Da jede Vertragsänderung ein umständliches Verfahren einschließlich parlamentarischer bzw. synodaler Ratifizierung und Beteiligung mehrerer Landeskirchen mit sich bringt, werden auch andere Verfahren, z. B. die bereits erwähnte authentische Interpretation, ferner die Zusicherung des Landes, günstigere Regelungen auch ohne vertragliche Absicherung, z. B. durch Rechtsbestimmungen, zu praktizieren oder – bei geringfügigen Änderungen – eine mit Zustimmung der Landtagsfraktionen und der Synoden abgefasste formlose Vereinbarung in Betracht kommen. In allen derartigen Fällen empfiehlt sich jedoch eine Bekanntmachung in offiziellen Organen der Vertragspartner. Die Wahl weniger aufwendiger Verfahren ist unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit zu treffen.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 26: Wenn das Land anderen Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewährt, werden die Vertragsparteien gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages notwendig sind. 26

Vgl. M. Heckel, Das Gleichstellungsgebot, S. 635 ff.; Th. Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, 1968, S. 334; E. L. Solte, Theologie an der Universität, 1971, S. 98; s. auch die Amtliche Begründung zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen, LT-Drs. 2/2100, S. 22; anders dagegen die Amtliche Begründung zum Evangelischen Vertrag Brandenburg, Anlage zur LT-Drs. 2/3442, S. 21.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Der Grundsatz der Parita¨ t gilt grundsa¨ tzlich zwischen den traditionell anerkannten „Großkirchen“ in Deutschland. Er schließt die historisch bedingten Unterschiede zum Beispiel bei den vermo¨ gensrechtlichen Anspru¨ chen der Kirche keineswegs aus und verpflichtet den Staat auch nicht, solche Unterschiede heute auszugleichen.

Kommentierung Der Wortlaut weicht von den Paritätsklauseln der Verträge in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen insofern ab, als die zum Vergleich heranzuziehenden anderweitigen Gewährleistungen des Landes nicht auf vertragliche Zusagen beschränkt werden. Es kann sich also auch um die Einräumung günstigerer Bedingungen durch Gesetze oder Maßnahmen sonstiger Art handeln, jedoch immer nur um „Rechte“ oder „Leistungen“.27 Allerdings müssen es Rechte und Leistungen sein, die sich für eine vertragliche Regelung eignen, nicht also z. B. einmalige Vergünstigungen. Bei nicht durch Verträge veranlasste Gewährungen wird die Gleichbehandlungsforderung oft auf parallele Maßnahmen zielen, d. h. nicht auf Vertragsänderungen, so dass nicht die Paritätsklausel anzurufen, sondern ein Anspruch auf das allgemeine Gleichheitsgebot außerhalb von Vertragsregelungen zu stützen wäre. Auf das Merkmal der Vergleichbarkeit der konkurrierenden Religionsgemeinschaft28 wurde verzichtet, was zur Folge hat, dass im Falle von Begünstigungen anderer Religionsgemeinschaften sogleich die gemeinsame Prüfung beantragt werden kann und die Frage der Vergleichbarkeit erst im Rahmen der Paritätsproblematik relevant wird. 2. Thüringen Schlussprotokoll zu Art. 26: Sollte der Freistaat Thüringen in Verträgen mit anderen vergleichbaren Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragschließenden gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages notwendig sind.

Regierungsbegründung Diese Regelung entha¨ lt die Freundschaftsklausel. Sie wird erga¨ nzt durch eine Parita¨ tsklausel im Schlussprotokoll.

Kommentierung Die Formulierung entspricht fast wortgleich der Paritätsklausel des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen-Anhalt, so dass auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden kann. Die Tatsache, dass die Klausel sich erst im Schlussprotokoll 27

So auch nach Art. 14 des Ergänzungsvertrages zum Loccumer Vertrag, vgl. oben Fn. 4. Diese braucht nicht nur, wie die Amtliche Begründung (LT-Drs. 1/4126, S. 21) nahezulegen scheint, eine der beiden „Großkirchen“ zu sein. 28

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Artikel 25 – Parität

findet, ist ohne Bedeutung, weil das Schlussprotokoll die gleiche Verbindlichkeit besitzt wie der eigentliche Vertragstext.29 3. Sachsen Art. 25: Die Vertragsparteien werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieses Vertrages oder über die Einhaltung des Paritätsgebotes im Zusammenhang mit Regelungen dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

Regierungsbegründung Diese Regelung enthält eine sogenannte Freundschaftsklausel, die an die Vertragsparteien die Erwartung richtet, im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen, bevor Auseinandersetzungen in die Öffentlichkeit getragen und einseitig hoheitlich oder gerichtlich entschieden werden. Wie es dem Geist dieser Vereinbarung entspricht, werden die Vertragsparteien anstreben, die Interessen der jeweils anderen Seite zu berücksichtigen und ihnen im Rahmen des Möglichen Rechnung zu tragen. Die kirchlicherseits geäußerte Befürchtung einer Verletzung des Paritätsgebotes, das als staatskirchenrechtliche Ausformung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes den weltanschaulich neutralen Staat zur Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften verpflichtet, wird regelmäßig einen Verhandlungsbedarf zwischen den Vertragsparteien auslösen. Eine Beeinträchtigung dieses Grundsatzes liegt allerdings nur dann vor, wenn die anderweitige Regelung nicht durch historische Vorgaben oder spezifische Besonderheiten einer zumindest gleichartigen Religionsgemeinschaft gerechtfertigt ist. Die Freundschaftsklausel beeinflusst weder bestehende Rechtsansprüche noch berührt sie ihre gerichtliche Durchsetzbarkeit.

Kommentierung Die Bestimmung verzichtet auf einzelne Tatbestandsmerkmale, die eine Forderung auf Vertragsüberprüfung rechtfertigen, sondern verweist nur generell auf die Einhaltung des Paritätsgebotes und auf das allgemeine Verfahren im Rahmen der Freundschaftsklausel.30 Jedoch werden Meinungsverschiedenheiten über Konsequenzen aus einem etwaigen Paritätsverstoß vorausgesetzt. Besteht von vornherein Einigkeit über die zu treffenden Maßnahmen aufgrund eines festgestellten Paritätsverstoßes, also etwa eine Einigung auf eine Vertragsergänzung oder eine authentische Interpretation, dann bedarf es keiner Berufung auf Art. 25. Kommt es dagegen zu Verhandlungen im Rahmen der Freundschaftsklausel, dann sind alle Paritätskriterien zu prüfen, also insbesondere die Fragen der günstigeren Regelungen, der Vergleichbarkeit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit. Art. 25 enthält keine 29 Vgl. die ausdrückliche Hervorhebung, dass das Schlussprotokoll „Bestandteil“ des Vertrages ist, in den Vorsprüchen zu den Schlussprotokollen der Evangelischen Verträge Sachsen-Anhalt (LT-Drs. 1/3087, Schlussprotokoll, S. 1) und Sachsen (Anl. zu LT-Drs. 1/ 4649) sowie generell die gesonderte Unterzeichnung aller Schlussprotokolle). 30 Vgl. die Erl. zu Art. 26 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Beschränkung auf Rechte und Leistungen; es könnte daher die Frage auftauchen, ob z. B. auch Handlungen politischer Art, also politische Einschätzungen oder etwa die bevorzugte Heranziehung von Mitgliedern einer bestimmten Religionsgemeinschaft zu Partei- oder sonstigen Gremien, zu Paritätsüberlegungen Anlass geben könnten. In diesem Fällen fehlte es aber am „Zusammenhang mit Regelungen dieses Vertrages“; die in Rede stehende Maßnahme muss vertraglich regelungsfähig sein. Missverständlich ist die Erläuterung in der Amtlichen Begründung, nur Paritätsverstöße unter „gleichartigen“ Religionsgemeinschaften könnten Anlass zu einer Überprüfung geben.31 Wie bereits dargestellt, kann ein Paritätsverstoß auch im Verhältnis zu ungleichartigen Religionsgemeinschaften gegeben sein, wenn sich die Besserstellung auf ein Gebiet bezieht, das alle Religionsgemeinschaften, egal ob gleichartig oder ungleichartig, betrifft, das also allein an die Eigenschaft als Religionsgemeinschaft anknüpft.32 Neben dem schon angeführten Beispiel der Enteignung wären etwa günstigere Bedingungen bei Rundfunksendungen ohne Einrechnung von Größe und Bedeutung der betreffenden Religionsgemeinschaft zu nennen. Die Vergleichbarkeit ist also abhängig vom Bezugspunkt. 4. Brandenburg Art. 23: Sollte das Land in Verträgen mit anderen Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragsparteien gemeinsam prüfen, ob wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes Änderungen dieses Vertrages notwendig sind.

Regierungsbegründung Der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG; Art. 12 LV) verbietet willku¨ rliche, d. h. nicht durch sachliche Gru¨ nde gedeckte Ungleichbehandlung der verschiedenen Religionsgemeinschaften. Wegen der verfassungsrechtlich vorgegebenen religio¨ s-weltanschaulichen Neutralita¨ t des Landes scheidet eine Anknu¨ pfung an theologisch-dogmatische Positionen aus. Dagegen ist eine Ungleichbehandlung mo¨ glich, sofern diese durch vom religio¨ sen Standort unabha¨ ngigen Faktoren wie Gro¨ ße, gesellschaftlicher Bedeutung oder historisch bedingten vermo¨ gensrechtlichen Anspru¨ chen gerechtfertigt wird. In diesem Sinne verbietet auch die Bestimmung des Artikels 23 keine Einra¨ umung besonderer Rechtspositionen.

Kommentierung Da der Wortlaut fast ausnahmslos der Formulierung der Paritätsklausel des Evangelischen Kirchenvertrags Sachsen-Anhalt entspricht, kann auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden. Die Formulierung „wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes“ statt „wegen des Grundsatzes der Parität“ ist aufgrund der rechtlichen Gleich-

31 32

Anlage zu LT-Drs. 1/4649, S. 38. Vgl. oben Abschn. 4 f).

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Artikel 25 – Parität

bedeutung beider Begriffe33 ohne Belang. Die Amtliche Begründung hält allerdings für die Prüfung der Gleichbehandlung eine „Anknüpfung an theologisch-dogmatische Positionen“ für unzulässig34 ; doch kann diese Auffassung in der Praxis bei der Beurteilung, ob eine differierende Regelung willkürlich ist oder nicht, keine Bedeutung gewinnen, weil es sich dabei jedenfalls um eine sachliche und meist von den Vertragsparteien übereinstimmend gewählte Begründung handelt.35

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 26: Die Vertragsparteien werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung dieses Vertrages oder über die Einhaltung des Paritätsgebotes im Zusammenhang mit Regelungen dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

Regierungsbegründung Die in dieser Regelung festgeschriebene sogenannte Freundschaftsklausel richtet an die Vertragsparteien die Erwartung, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit anzustreben und sich um einvernehmliche Lösungen zu bemühen, bevor Auseinandersetzungen in die Öffentlichkeit getragen oder im Streitfalle Lösungen einseitig hoheitlich oder gerichtlich entschieden werden. Im Sinne dieser Freundschaftsklausel werden die Vertragsparteien bei der Gestaltung ihrer Beziehungen den Interessen der jeweils anderen Seite Rechnung tragen. Die von seiten der Kirche geäußerte Befürchtung einer Verletzung des Paritätsgebotes, das als staatskirchenrechtliche Ausformung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes den weltanschaulich neutralen Staat zur Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften verpflichtet, wird regelmäßig einen Verhandlungsbedarf zwischen den Vertragsparteien auslösen. Eine Beeinträchtigung dieses Grundsatzes liegt allerdings nur dann vor, wenn die anderweitige Regelung nicht durch historische Vorgaben oder spezifische Besonderheiten einer zumindest gleichartigen Religionsgemeinschaft gerechtfertigt ist. Durch die Freundschaftsklausel werden weder bestehende Rechtsansprüche noch deren gerichtliche Durchsetzbarkeit berührt.

Kommentierung Wortlaut und Amtliche Begründung stimmen mit den Formulierungen des Evangelischen Kirchenvertrages überein. Somit kann auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden.

33

Siehe Fn.1. Anlage zur LT-Drs. 2/3442, S. 21. 35 Siehe die Beispiele oben unter 4 n) sowie die Nachweise in Fn. 27; zum angeblichen „Anknüpfungsverbot“ vgl. M. Heckel, Das Gleichbehandlungsgebot, S. 635 ff. 34

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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2. Thüringen Schlussprotokoll zu Art. 31: Sollte der Freistaat Thüringen in Verträgen mit anderen vergleichbaren Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragsschließenden gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages notwendig sind.

Regierungsbegründung Diese Regelung entha¨ lt die Freundschaftsklausel. Sie wird erga¨ nzt durch eine Parita¨ tsklausel im Schlussprotokoll.

Kommentierung Da Art. 31 mit der Paritätsklausel des Evangelischen Vertrages übereinstimmt, kann auf die dortigen Erläuterungen36 verwiesen werden. Zusätzlich rechtfertigt die Amtliche Begründung ausführlich die inhaltlichen Unterschiede der beiden Verträge mit „dem vom Selbstverständnis der Evangelischen Landeskirchen in diesen Punkten abweichenden Selbstverständnis der Katholischen Kirche“; ferner – bezüglich der Vereinbarung über die möglicherweise fortgeltenden alten Verträge und Konkordate – mit der möglichen rechtlichen Bindung.37 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 23: Wenn das Land anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewährt, werden die Vertragspartner gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages sachgerecht sind.

Regierungsbegründung Artikel 23 sichert der Katholischen Kirche die grundsa¨ tzliche Gleichbehandlung mit anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften zu. Dieser Grundsatz der Parita¨ t gilt zwischen den traditionell anerkannten „Großkirchen“ in Deutschland. Er schließt die historisch bedingten Unterschiede zum Beispiel bei vermo¨ gensrechtlichen Anspru¨ chen der Kirchen keineswegs aus und verpflichtet den Staat auch nicht, solche Unterschiede heute auszugleichen.

Kommentierung Die Formulierung entspricht mit zwei Ausnahmen Art. 26 des Evangelischen Vertrages, so dass zunächst auf die dortigen Erläuterungen zu verweisen ist. Die vom Evangelischen Vertrag abweichende zusätzliche Nennung anderer „Kirchen“ ist rechtlich unerheblich, weil die Kirchen zu den Religionsgemeinschaften zählen. Wie sich jedoch aus der Amtlichen Begründung ergibt, soll diese besondere Hervor36 37

Oben S. 9. Anlage zur LT-Drs. 2/2100, S. 22.

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Artikel 25 – Parität

hebung der Kirchen das Augenmerk vor allem auf die „traditionell anerkannten ,Großkirchen‘“ lenken.38 Gleichzeitig wird vermerkt, dass der Paritätsgrundsatz „die historisch bedingten Unterschiede zum Beispiel bei vermögensrechtlichen Ansprüchen der Kirchen keineswegs“ ausschließe und den Staat auch nicht verpflichte, „solche Unterschiede heute auszugleichen“, eine Erläuterung der Regel, dass bei ungleichen Voraussetzungen auch Ungleiches vereinbart werden kann. Die Ersetzung des Begriffs „notwendig“ durch „sachgerecht“ schwächt zwar die Stringenz der Konsequenzen eines erkannten Paritätsverstoßes geringfügig ab, führt aber auch zur Prüfung der Fragen, ob dem Verstoß überhaupt und bejahendenfalls statt durch eine aufwendige Vertragsänderung durch eine weniger aufwendige andere Maßnahme abgeholfen werden soll.39 4. Sachsen-Anhalt Art. 23: Sollte das Land in Verträgen mit anderen vergleichbaren Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragsparteien gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages geboten sind.

Regierungsbegründung Der Artikel entha¨ lt die sogenannte Parita¨ tsklausel. Sie ist Ausfluss des Art. 3 des GG, fu¨ hrt aber nicht etwa zu automatisch eintretenden Berechtigungen, falls in anderen Vertra¨ gen einer Religionsgemeinschaft weitergehende Rechte eingera¨ umt werden. Wesentliche Voraussetzung fu¨ r eine Anwendbarkeit des Artikels ist die Vergleichbarkeit mit betroffenen anderen Religionsge¨ nderung des Vertrages wird daher immer gepru¨ ft werden meinschaften. Vor einer eventuellen A mu¨ ssen, ob die Vergleichsregelung nicht nur spezifischen Merkmalen oder Bedu¨ rfnissen des anderen Vertragspartners Rechnung tra¨ gt.

Kommentierung Da Art. 23 nahezu mit Art. 25 des Evangelischen Vertrages übereinstimmt, kann auf die dortigen Erläuterungen verwiesen werden. Das abweichende Wort „geboten“ ist als sprachliche Verbesserung, nicht als inhaltliche Abweichung zu verstehen. 5. Brandenburg Art. 24: Sollte das Land in Verträgen mit anderen Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragsparteien gemeinsam prüfen, ob wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes Änderungen dieses Vertrages notwendig sind. 38 39

[n)].

LT-Drs. 2/3100, S. 25. Vgl. dazu die Erl. zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt, oben unter A.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Regierungsbegründung Der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG; Art. 12 LV) verbietet willkürliche Ungleichbehandlung verschiedener Religionsgemeinschaften. Demgegenüber ist eine Differenzierung möglich, soweit diese durch sachliche Gründe gerechtfertigt wird. Nach dem Grundsatz der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates (arg. e. Art. 4; 140 GG) scheiden hierbei allerdings religiös-theologische Anknüpfungspunkte aus, weil dem staatlichen Partner die Bewertung solcher Umstände sowie die Begründung hiervon abhängiger Rechtsfolgen versagt ist. Wenn das Land anderen Religionsgemeinschaften vertragliche Vorteile einräumt, die der Katholischen Kirche bislang versagt sind, so ist gemeinsam zu prüfen, ob die Ungleichbehandlung durch sachliche Gründe wie Mitgliederstärke, Verbreitung oder historisch bedingte Unterschiede gerechtfertigt ist oder nicht. Bei Bewertungsunterschieden ist nach Art. 23 zu verfahren.

Kommentierung Die Regelung entspricht wortgleich Art. 23 des evangelischen Kirchenvertrags Brandenburg; auf dessen Kommentierung wird verwiesen.

Artikel 26 – Freundschaftsklausel A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 26: Die Vertragsparteien werden eine in Zukunft zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.

Regierungsbegründung Der Artikel enthält eine Freundschaftsklausel; sie verpflichtet beide Seiten, bei der Auslegung des Vertrages jeweils auch die Interessen des Vertragspartners zu berücksichtigen und einvernehmliche Ergebnisse anzustreben.

Kommentierung Die Freundschaftsklausel unterstreicht „die Bedeutung, die einem guten Verhältnis zwischen Staat und Kirchen von beiden Vertragspartnern beigemessen wird“.1 Sie ist „neben den Leitmotiven der Präambel der augenfälligste posirivierte ,Ausfluss der Partnerschaft von Staat und Kirche‘“2. Zugleich kommt hier „das Bewusstsein der Partner, dass die Verträge ihre Gewähr in sich selbst tragen und dass ihre Lebenskraft von der immer wieder zu erneuernden Bereitschaft zur Verständigung abhängig ist, besonders sinnfällig zum Ausdruck.“3 Ob man die Freundschaftsklausel tatsächlich „auf das Gesamtverhältnis zwischen Staat und Kirche“ anwenden und daraus ein Verhaltensgebot „zu einem freundlichen Umgang in allen Bereichen“ ableiten kann4, erscheint zweifelhaft. Aber zweifelsohne ist der Vertrag insgesamt Ausdruck einer freundschaftlichen Beziehung, die in partnerschaftliche Kooperation mündet, und die Gesamtkonzeption des Vertrags fügt sich die Freundschaftsklausel dann ebenso wie die Regelung über das Zusammenwirken (Art. 2) stimmig und nahtlos ein.

1

Regierungsbegründung zu Art. 2 des Wittenberger Vertrags, LT-Drucks. 1/3087, S. 3. H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 226. 3 A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche, 1965, S. 250. 4 So A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt aus der Sicht der Verwaltung, LKV 1994, 277 (280). 2

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Artikel 26 – Freundschaftsklausel

Schon der Vertrag der Evangelischen Landeskirchen mit dem Freistaat Preußen vom 11. Mai 19315 enthielt in Art. 12 eine Klausel, derzufolge die Vertragschließenden „eine etwa in Zukunft entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrags auf freundschaftliche Weise beseitigen“ werden. Die Bestimmung war Vorbild für die Freundschaftsklausel des Loccumer Vertrags (Art. 22).6 Die Regierungsbegründung zu dieser Bestimmung deutete sie als Bemühensverpflichtung zur „Verständigung“: „Das hierfür einzuschlagende Verfahren wird sich der Lage des jeweiligen Falles anzupassen haben. Dabei kann in geeigneten Fällen in beiderseitigem Einvernehmen der Ausgleich auch durch Bestellung eines Schiedsrichters herbeigeführt werden.“7 Der Vertrag zwischen dem Freistaat Baden und der Vereinigten EvangelischProtestantischen Landeskirche Badens vom 14. November enthielt in Art. IX exakt dieselbe Freundschaftsklausel. Die zeitgenössische, auf der Koordinationslehre beruhende Ansicht,8 eine solche Klausel habe in den Vertrag aufgenommen werden müssen, „weil Meinungsverschiedenheiten bei Auslegung des Vertrags, d. h. bei Anwendung des Vertrags nicht durch ein Streitverfahren vor Zivil- oder Verwaltungsgerichten ausgetragen werden können“, dies vielmehr „gegen das Wesen des auf Koordinationsrecht beruhenden Vertrags verstoßen“ würde, ist indes überholt. Die Verträge der Kirchen mit den Ländern werden auf der Basis der staatlichen Rechtsordnung abgeschlossen; Ansprüche der Kirchen aus den – öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden – Verträgen können vor den Verwaltungsgerichten eingeklagt werden.9 Die Vertragsparteien verpflichten sich aber mit der Freundschaftsklausel, zunächst eine Verständigungslösung, d. h. „die schiedlich-friedliche Beilegung von Meinungsverschiedenheiten durch loyale, im Geist der Freundschaft geführte Verhandlungen“10 anzustreben, also eine „amicabilis compositio“.11 Die Freundschafts5 KGVBl. S. 119. Das Zustimmungsgesetz der Preußischen Landtags zum Vertrag vom 26. Juni 1931 abgedruckt in: GS S. 107. 6 Siehe Regierungsbegründung zum Niedersächsischen Kirchenvertrag, abgedruckt in: J. Listl (Hrsg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1987, S. 119 (128). 7 Abgedruckt in: J. Listl (Hrsg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1987, S. 769 (777). 8 O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden mit einer Einführung und Erläuterungen, 1933, Art. IX, S. 136 f. 9 Siehe nur Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Dezember 1999 – 2 M 99/99 –, juris, Rn. 22 = NVwZ 2000, 948 – 950 und – aus dem Schrifttum – H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 197 ff. – „staatliche Rechtsprechungskompetenzen in den staatskirchenvertraglichen Beziehungen“. 10 A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche, 1965, S. 250.

A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt

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klausel beinhaltet also ein „Vertragsgebot zu partnerschaftlicher Konfliktbereinigung“12. Eine einseitige Auslegung durch die staatliche Seite entfaltet keine Verbindlichkeit für den kirchlichen Vertragspartner. Bevor der staatliche Gesetzgeber legislatorisch auf Feldern tätig wird, die Belange der Kirchen unmittelbar betreffen, insbesondere vertraglich geregelte Materien betreffen, sind die Kirchen am Verfahren rechtzeitig und angemessen zu beteiligen (siehe Art. 2 Abs. 2). Trifft der Staat eine einseitige normative Regelung, von der er annimmt, sie stehe in Einklang mit dem Vertrag, was die Kirche bestreitet, läuft er Gefahr, dass die Kirche ihr Vertragsposition, so wie sie sie deutet, gerichtlich geltend macht und durchzusetzen versucht. Mit der Freundschaftsklausel wird die Anrufung der staatlichen Gerichte und streitige Entscheidung durch dieselben nicht etwa vertraglich überhaupt ausgeschlossen13, allerdings ist vorrangig nach einer Verständigungslösung unter den Vertragsparteien zu suchen. Man wird dies so zu verstehen haben, dass ernsthafte Einigungsbemühungen stattzufinden haben und deren Ausbleiben eine prozesshindernde Einrede darstellen14 ; „ferner müsste die jederzeitige Vergleichsbereitschaft der Parteien gefordert werden, ja es dürfte auch dem Gericht nicht verwehrt sein, die Streiterledigung durch Vergleich anzustreben.“15 Zu einem Streitverfahren vor staatlichen Gerichten darf es also erst dann kommen, „wenn alle und jegliche Mittel freundschaftlicher Vergleichung der Differenzen ausgeschöpft sind, sonst könnte die Beschreitung des Rechtswegs als Unfreundlichkeit oder gar als Vertragsverletzung angesehen werden.“16

11

Der Westfälische Friede von 1648 (Friedensvertrag von Osnabrück, Art. V § 52) hatte die amicabilis compositito zu einer technischen Rechtsfigur entwickelt: In Religionssachen, aber auch in allen weltlichen Angelegenheiten, in denen die Minderheit zur Wahrung ihrer konfessionellen Position die itio in partes erklärte, wurde das Mehrheitsprinzip ausgeschlossen und stattdessen bestimmt, dass der Streit nur durch einen gütlichen Vergleich (amicabilis compositio) beigelegt werden könne. 12 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 183, 199. 13 Ebenso K.-H. Kästner, Staatliche Justizhoheit und religiöse Freiheit, 1991, S. 158 f.; H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 200. Siehe zu der Diskussion in der altpreußischen Generalsynode zum Verhältnis der Freundschaftsklausel des Preußischen Kirchenvertrags zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes J. Kübel, Der Vertrag der evangelischen Landeskirchen mit dem Freistaat Preußen, Berlin 1931, S. 70 und A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche, 1965, S. 254. 14 A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche, 1965, S. 250; so auch H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 183, 200. 15 Ebd. 16 O. Friedrich, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden mit einer Einführung und Erläuterungen, 1933, Art. IX, S. 137.

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Artikel 26 – Freundschaftsklausel

Regelmäßige Gespräche, die die Vertragsparteien miteinander über Fragen führen, „die ihr Verhältnis zueinander berühren oder von beiderseitigem Interesse sind (Art. 2 Abs. 1 des Wittenberger Vertrages) bieten die Gelegenheit, Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung einzelner Vertragsbestimmungen zu erörtern und verständigungsweise auszuräumen. „Damit wird die beständige Gesprächsbereitschaft mit dem Ziel einer Einigung – auch in Fragen, die über den Kreis des Vertragsverhältnisses hinausreichen – zum umfassenden Prinzip der Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Kirche gemacht.“17 Wie die Vertragsparteien eine Verständigung erzielen wollen, legt die Freundschaftsklausel nicht fest. Das Einigungsverfahren liegt in der Hand der Parteien, die sich auch insoweit verständigen sollen und müssen. Ein Modus der Verständigung über den Vertragsinhalt kann der Abschluss einer Auslegungsvereinbarung sein.18 Eine andere denkbare Lösung besteht in der Einigung auf eine Streiterledigung durch ein einzusetzendes Schiedsgericht oder eine andere Schiedsinstanz. Fraglich ist, ob die Freundschaftsklausel auch für eine etwaige Revision des Vertrags von Bedeutung ist. Nach Anke gibt sie dem Gesetzgeber „die Pflicht auf, sich gegenüber den Kirchen um eine einvernehmliche Lösung zu bemühen, wenn begründeter Reformbedarf bei der vertraglich festgelegten Rechtslage auftritt“.19 Daraus sollen „ganz konkrete Verhandlungspflichten, die auch die Unterbreitung von ernsthaften Lösungsvorschlägen zur Streitbeilegung, d. h. von entsprechenden Angeboten zu verhältniswahrender Vertragsanpassung mit Alternativ- und Übergangsregelungen sowie Ersatzleistungen, umfassen“, erwachsen.20 Jedenfalls dürfte es den freundschaftlichen Beziehungen, die Staat und Kirchen erklärtermaßen unterhalten wollen und auch dem vereinbarten Zusammenwirken nach Art. 2 Abs. 1 entsprechen, wenn bei grundlegender Veränderung der Umstände die Vertragsparteien eine einvernehmliche Anpassung des Vertrags durch eine zu vereinbarende Vertragsänderung zu erreichen versuchen. Eine Kündigung des Vertrags, zu der sich der Vertrag ausschweigt, kommt, wenn überhaupt, nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass angesichts einer eingetretenen grundlegenden Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden Umstände einer Seite die Fortsetzung der Vertragsbeziehungen zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen schlechterdings

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A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche, 1965, S. 252. Siehe etwa das Übereinkommen über die Auslegung des Art. VII Abs. 3 des Badischen Kirchenvertrags vom 28. Juli/31. August 1983, abgedruckt in: J. Listl (Hrsg.); Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1987, S. 245 ff. 19 H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 199 f. 20 H.U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge, 2000, S. 209. 18

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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nicht mehr zumutbar erscheint und eine primär anzustrebende freundschaftliche Einigung über eine Vertragsrevision nicht erzielt werden kann.21

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 27: Die Vertragspartner werden eine in Zukunft zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

Regierungsbegründung Die Klausel zur freundschaftlichen und zweckgemäßen Vertragsauslegung ist üblich und sinnvoll. Sie ist auch Ausdruck der Vertragspartnerschaft zwischen Land und Kirchen.

Kommentierung Die Vorschrift entspricht Art. 26 des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung daher verwiesen wird. Die in Art. 25 des Sächsischen Vertrags und im Schlussprotokoll zu Art. 26 des Thüringer Vertrags mit behandelte Paritätsproblematik findet im Güstrower Vertrag eine eigenständige, wenn auch gleichsinnige Regelung in Art. 26: „Wenn das Land anderen Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewährt, werden die Vertragspartner gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages notwendig sind.“ 2. Thüringen Art. 26: Die Vertragschließenden werden zwischen ihnen etwa auftretende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen. Schlussprotokoll: Sollte der Freistaat Thüringen in Verträgen mit anderen vergleichbaren Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragsschließenden gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages notwendig sind.

Regierungsbegründung Diese Regelung enthält die Freundschaftsklausel. Sie wird ergänzt durch eine Paritätsklausel im Schlussprotokoll.

21

So auch A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche, 1965, S. 253.

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Artikel 26 – Freundschaftsklausel

Kommentierung Art. 26 entspricht – in Verbindung mit dem Schlussprotokoll – Art. 25 des Staatsvertrages zwischen dem Freistaat Sachsen und den Evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen vom 24. 3. 1994; auf dessen Kommentierung und Kommentierung von Art. 26 des Wittenberger Vertrags wird verwiesen. 3. Sachsen Art. 25: Die Vertragsparteien werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieses Vertrages oder über die Einhaltung des Paritätsgebotes im Zusammenhang mit Regelungen dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

Regierungsbegründung Diese Regelung enthält eine sogenannte Freundschaftsklausel, die an die Vertragsparteien die Erwartung richtet, im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen, bevor Auseinandersetzungen in die Öffentlichkeit getragen und einseitig hoheitlich oder gerichtlich entschieden werden. Wie es dem Geist dieser Vereinbarung entspricht, werden die Vertragsparteien anstreben, die Interessen der jeweils anderen Seite zu berücksichtigen und ihnen im Rahmen des Möglichen Rechnung zu tragen. Die kirchlicherseits geäußerte Befürchtung einer Verletzung des Paritätsgebotes, das als staatskirchenrechtliche Ausformung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes den weltanschaulich neutralen Staat zur Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften verpflichtet, wird regelmäßig einen Verhandlungsbedarf zwischen den Vertragsparteien auslösen. Eine Beeinträchtigung dieses Grundsatzes liegt allerdings nur dann vor, wenn die anderweitige Regelung nicht durch historische Vorgaben oder spezifische Besonderheiten einer zumindest gleichartigen Religionsgemeinschaft gerechtfertigt ist. Die Freundschaftsklausel beeinflusst weder bestehende Rechtsansprüche noch berührt sie ihre gerichtliche Durchsetzbarkeit.

Kommentierung Art. 25 entspricht weitgehend Art. 26 des Wittenberger Vertrags, auf dessen Kommentierung daher im Wesentlichen verwiesen werden kann. Ausdrücklich bestätigt die Regierungsbegründung die hier vertretene Rechtsauffassung, dass die Freundschaftsklausel der gerichtlichen Durchsetzbarkeit der vertraglich wechselseitigen eingeräumten Rechtsansprüche der Kirchen und des Staates nicht entgegensteht. Mit der Freundschaftsklausel des Art. 25 soll auch die Einhaltung des Paritätsgebots sichergestellt werden. Das kann nur so verstanden werden, dass die Kirchen auf dieser Grundlage verlangen können, dass über eine von ihnen erhobene Forderung nach Herstellung von Parität mit vertraglich (vermeintlich) ohne sachliche Rechtfertigung besser gestellten anderen Religionsgemeinschaften eine freundschaftliche Verständigung gesucht wird, die, wenn die Forderung nach Gleichstellung berechtigt erscheint, durch Vertragsänderung herbeigeführt wird.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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4. Brandenburg Art. 24: (1) Die Vertragsparteien werden sich bemühen, eine in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung und Anwendung einer Bestimmung dieses Vertrages einvernehmlich zu klären. (2) Haben sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, daß einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zumutbar erscheint, so werden die Vertragsparteien in Verhandlungen über eine Anpassung des Vertrages eintreten.

Regierungsbegründung Absatz 1 enthält eine traditionelle Klausel, die üblicherweise in Verträgen zwischen Staat und Kirche verwendet wird. Sie ist Ausdruck des Bemühens um partnerschaftliches Zusammenwirken und kooperative Lösung der beide Vertragsparteien betreffenden Fragen sowie zur Auslegung des Vertrages in einvernehmlichem Geist. Die in Absatz 2 enthaltene Anpassungsklausel eröffnet den Vertragsparteien in für Verträge zwischen Staat und Kirche neuartiger Weise die Möglichkeit, den Vertrag nachträglich anzupassen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der Vertrag für unbestimmte Zeit geschlossen wird und sich die für die einzelnen Bestimmungen maßgeblichen Grundlagen im Laufe der Zeit in bei Vertragsschluss unvorhergesehener Weise ändern können. Die Bestimmung ist Ausdruck des konstruktiven Verhältnisses zwischen den Vertragsparteien, dass es jeder Seite gebietet, sich dem unabweisbaren Bedürfnis einer Seite nach Vertragsanpassung nicht zu verweigern.

Kommentierung Art. 24 Abs. 1 entspricht Art. 26 des Wittenberger Vertrags. Art. 24 Abs. 2 enthält eine der clausula rebus sic stantibus vergleichbare Vertragsbestimmung, die die Vertragsparteien bei grundlegender Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden und/oder vorausgesetzten Umstände, die einer Vertragspartei das Festhalten am Vertrag in seiner ursprünglichen Form unzumutbar macht, in Verhandlungen über eine Vertragsanpassung einzutreten. Dabei bleibt offen, was gelten soll, wenn die Verhandlungen scheitern. Dann dürfte eine außerordentliche (Änderungs-)Kündigung des Vertrags durch die unzumutbar belastete Partei in Betracht zu ziehen sein. Die Paritätsproblematik ist auch im Brandenburger in einer eigenen Vertragsklausel (Art. 23) behandelt.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 26: Die Vertragsparteien werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung dieses Vertrages oder über die Einhaltung des Paritätsgebotes im Zusammenhang mit Regelungen dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

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Artikel 26 – Freundschaftsklausel

Regierungsbegründung Die in dieser Regelung festgeschriebene sogenannte Freundschaftsklausel richtet an die Vertragsparteien die Erwartung, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit anzustreben und sich um einvernehmliche Lösungen zu bemühen, bevor Auseinandersetzungen in die Öffentlichkeit getragen oder im Streitfalle Lösungen einseitig hoheitlich oder gerichtlich entschieden werden. Im Sinne dieser Freundschaftsklausel werden die Vertragsparteien bei der Gestaltung ihrer Beziehungen den Interessen der jeweils anderen Seite Rechnung tragen. Die von seiten der Kirche geäußerte Befürchtung einer Verletzung des Paritätsgebotes, das als staatskirchenrechtliche Ausformung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes den weltanschaulich neutralen Staat zur Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften verpflichtet, wird regelmäßig einen Verhandlungsbedarf zwischen den Vertragsparteien auslösen. Eine Beeinträchtigung dieses Grundsatzes liegt allerdings nur dann vor, wenn die anderweitige Regelung nicht durch historische Vorgaben oder spezifische Besonderheiten einer zumindest gleichartigen Religionsgemeinschaft gerechtfertigt ist. Durch die Freundschaftsklausel werden weder bestehende Rechtsansprüche noch deren gerichtliche Durchsetzbarkeit berührt.

Kommentierung Art. 26 entspricht Art. 25 des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Sachsen und den Evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen vom 24. 3. 1994. Auf dessen Kommentierung wird verwiesen. Auch hier knüpft die Freundschaftsklausel an die in der Präambel 3. Anstrich zum Ausdruck gebrachte Absicht der Vertragspartner an, „das Verhältnis zwischen dem Freistaat Sachsen und der katholischen Kirche in freundschaftlichem Geist zu festigen und zu fördern“. 2. Thüringen Art. 31: Die Vertragschließenden werden zwischen ihnen etwa auftretende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen. Schlussprotokoll: Sollte der Freistaat Thüringen in Verträgen mit anderen vergleichbaren Religionsgemeinschaften über diesen Vertrag hinausgehende Rechte und Leistungen gewähren, werden die Vertragschließenden gemeinsam prüfen, ob wegen des Grundsatzes der Parität Änderungen dieses Vertrages notwendig sind.

Regierungsbegründung Diese Regelung enthält die Freundschaftsklausel. Sie wird ergänzt durch eine Paritätsklausel im Schlussprotokoll.

Kommentierung Art. 31 entspricht in Verbindung mit dem Schlussprotokoll exakt Art. 26 des Evangelischen Kirchenvertrags nebst Schlussprotokoll. Auch hier knüpft die Freund-

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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schaftsklausel an den in der Präambel artikulierten gemeinsamen Wunsch der Vertragsparteien an, „das Verhältnis zwischen der Katholischen Kirche und dem Freistaat Thüringen in freundschaftlichem Geist zu festigen und zu fördern“. 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 24: Die Vertragspartner werden in Zukunft zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

Regierungsbegründung Artikel 24 enthält die übliche und sinnvolle Klausel zu einer einvernehmlichen Vertragsauslegung im Zuge der Vertragsanwendung zwischen den Vertragspartnern.

Kommentierung Art. 24 entspricht Art. 27 des Güstrower Vertrags. Die Paritätsfrage wird in Art. 23 gesondert behandelt. 4. Sachsen-Anhalt Art. 24: Die Vertragsparteien werden über alle Fragen, die sich aus den Bestimmungen dieses Vertrages ergeben, einen ständigen Austausch pflegen. Sie werden in Zukunft zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.

Regierungsbegründung Die in dieser Regelung festgeschriebene sogenannte Freundschaftsklausel richtet an die Vertragsparteien die Erwartung, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit anzustreben und sich um einvernehmliche Lösungen zu bemühen, bevor Auseinandersetzungen in die Öffentlichkeit getragen oder im Streitfall Lösungen einseitig hoheitlich oder gerichtlich entschieden werden. Im Sinne dieser Freundschaftsklausel werden die Vertragsparteien bei der Gestaltung ihrer Beziehungen den Interessen der jeweils anderen Seite Rechnung tragen. Durch die Freundschaftsklausel werden weder bestehende Rechtsansprüche noch deren gerichtliche Durchsetzbarkeit berührt.

Kommentierung Die Vorschrift, die an den in der Präambel zum Ausdruck gebrachten, gemeinsamen Wunsch anknüpft, „die Beziehungen zwischen der Katholischen Kirche und dem Land Sachsen-Anhalt in freundschaftlichem Geiste zu festigen und zu fördern“ (2. Anstrich), entspricht inhaltlich Art. 26 des Wittenberger Vertrags.

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Artikel 26 – Freundschaftsklausel

Die in anderen Verträgen in der Freundschaftsklausel mit behandelte Paritätsproblematik wird in diesem Konkordat eigenständig in Art. 23 geregelt. 5. Brandenburg Art. 23: Die Vertragsparteien werden zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

Regierungsbegründung Die Freundschaftsklausel ist Ausdruck des Bemühens um eine partnerschaftliche Kooperation und entfaltet appellative Wirkungen im Dissensfall. Als Auslegungsregel ist sie bindende Richtschnur für die Vertragsparteien bei der Lösung von Problemen. Die Klausel gebietet den Vertragsparteien ihrem Sinn nach auch, sich Wünschen des jeweils anderen Partners nach Verhandlungen über eine Anpassung des Vertrages nicht zu entziehen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht zumutbar erscheint.

Kommentierung Art. 23 entspricht Art. 26 des Wittenberger Vertrags. Ausweislich der Regierungsbegründung soll eine freundschaftliche Verständigung der Vertragsparteien auch bei einem Anpassungsbedarf wegen wesentlicher Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden Umstände gesucht werden. Die Paritätsproblematik ist auch im Brandenburger Konkordat in einer eigenen Vertragsklausel (Art. 24) behandelt. Die Freundschaftsklausel konkretisiert den in der Präambel 1. Anstrich artikulierten gemeinsamen Wunsch der Vertragspartner, „die Beziehungen zwischen dem Land Brandenburg und der Katholischen Kirche in freundschaftlichem Geist zu festigen, fortzubilden und zu fördern“.

Artikel 27 – Sprachliche Gleichstellung A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 27: Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Vertrag gelten jeweils in männlicher und in weiblicher Form.

Regierungsbegründung Artikel 27 entspricht Artikel I00 der Landesverfassung vom 16. Juli 1992.

Literatur DBB-Merkblatt M19 „Sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern, Hinweise, Anwendungsmöglichkeiten und Beispiele“, Bundesstelle für Büroorganisation und Bürotechnik im Bundesverwaltungsamt, 2. Aufl. 2002, mit Literatur- und Materialien-Nachweis. Allgemeine Formulierungsempfehlungen, Nr. 26 a) und c), Anl. zu § 3 Abs. 1 der GGO der Ministerien – Besonderer Teil – i. d. F. der Beschlüsse der Landesregierung v. 19. 11. 2002 und des Ältestenrates des Landtags v. 5. 12. 2002 über die Grundsätze der Rechtsförmlichkeit, MBl. Nr. 29a/2002 v. 13. 12. 2002, S. 3.

Bedeutung und Hintergrund Um auch im sprachlichen Bereich der Gleichstellung der Geschlechter Rechnung zu tragen, können entweder geschlechtsneutrale Formulierungen, insbesondere auch Pluralform, oder die – fast immer umständlich wirkenden – Paarformeln, also Personenbezeichnungen in männlicher und weiblicher Form1, gewählt werden.2 Als Alternative kommt, wie auch im Artikel 27 verwendet, eine allgemeine Gleichstellungsformel in Betracht, bei der im konkreten Text im Allgemeinen nur die männliche Form erscheint, aber deutlich gemacht wird, dass die weibliche Form jedes Mal mitzudenken ist. 1

Ein Beispiel für eine sinnvolle Paarbezeichnung ist § 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz (Bek. des Kultusministeriums vom 14. 7. 1994 – MBl. Nr. 58/1994 S. 2039), wonach das Domkapitel „aus neun Domherren oder Domherrinnen“ besteht, d. h. erstmalig die Bezeichnung Domherrin eingeführt wurde. 2 Zu den Möglichkeiten ausführlich das DBB-Merkblatt M 19 „Sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern, Hinweise, Anwendungsmöglichkeiten und Beispiele“, Bundesstelle für Büroorganisation und Bürotechnik im Bundesverwaltungsamt, 2. Aufl. 2002, mit Literatur- und Materialien-Nachweis.

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Artikel 27 – Sprachliche Gleichstellung

Entstehungsgeschichte Artikel 27 wurde von der staatlichen Seite vorgeschlagen. Nach nur kurzer Diskussion, in der von beiden Verhandlungspartnern aus Gründen der Übersichtlichkeit einer Gleichstellungsformel der Vorzug gegenüber einer Paarformel gegeben worden war, wurde der vorgeschlagene Text übernommen. Kommentierung a) Artikel 27, der erstmals eine Gleichstellungsbestimmung in einem Staatskirchenvertrag enthält3, fußt auf Artikel 100 der Landesverfassung, dessen Formulierung wortgleich übernommen wurde und der Ausfluss des Grundsatzes der Gleichstellung von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 GG, 7 Abs. 2 Landesverfassung) ist4. Der gesamte Vertragstext zeigt zwar die Bemühungen, jeweils möglichst geschlechtsneutrale Formulierungen zu wählen, doch konnte diese Handhabung nicht durchweg eingehalten werden.5 b) Die Gleichstellungsformel soll zwar nach den Formulierungsempfehlungen des Landes nur gewählt werden, wenn geschlechtsneutrale Bezeichnungen oder Paarformeln nicht möglich sind.6 Da jedoch Paarformeln in den deutschen Staatskirchenverträgen durchweg unüblich sind, dürfte dieser Umstand der „Unmöglichkeit“ gleichzusetzen sein und die Regelung damit in Übereinstimmung stehen mit den Empfehlungen des Landes7 wie auch mit den vom Bundesverwaltungsamt empfohlenen Grundsätzen, wonach neben der Eindeutigkeit von Personenbezeichnungen, der Sprechbarkeit und der Übersichtlichkeit auch die „Gewohnheit“ berücksichtigt werden soll.8

3 Von H. Weber, Der Wittenberger Vertrag – ein Loccum für die neuen Bundesländer?, NVwZ 1994 S. 759 (762), als eine dem „Zeitgeist“ verpflichtete „Arabeske“ bezeichnet. 4 Vgl. dazu das Gesetz zur Förderung der Gleichstellung der Frau in der Rechts- und Verwaltungssprache des Landes Sachsen-Anhalt v. 9. 10. 1992 (GVBl. S. 714). 5 Nur männliche Bezeichnungen finden sich in den Art. 2 Abs. 3 nebst Abs. 2 des Schlussprotokoll, 3 Abs. 2 und 5 nebst Abs. 4 Schlussprotokoll zu Abs. 2, 5 Abs. 3 nebst Schlussprotokoll, Schlussprotokoll zu Art 7 Abs. 1, 12 Abs. 2, Schlussprotokoll zu Art. 17, 20 und 24. 6 Vgl. Nr. 26 a) und c) der Allgemeinen Formulierungsempfehlungen, Anl. zu § 3 Abs. 1 der GGO der Ministerien – Besonderer Teil – i. d. F. der Beschlüsse der Landesregierung vom 19. 11. 2002 und des Ältestenrates des Landtags vom 5. 12. 2002 über die Grundsätze der Rechtsförmlichkeit, MBl. Nr. 29a/2002 v. 13. 12. 2002, S. 3. 7 Ebd. 8 Sprachliche Gleichbehandlung (Fn. 2) S. 8.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Enthält keine entsprechende Bestimmung. 2. Thüringen Schlussprotokoll zu Art. 2 Abs. 4: Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Vertrag gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

Regierungsbegründung (…) Im Schlußprotokoll wird darauf hingewiesen, daß alle in diesem Vertrag verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen jeweils in ma¨ nnlicher und weiblicher Form gelten sollen.

Kommentierung Die Gleichstellungsformel stimmt wortgleich mit Artikel 27 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt überein. Gesetzliche Vorgaben für die sprachliche Gleichstellung bestehen nicht.9 3. Sachsen Enthält keine entsprechende Bestimmung. 4. Brandenburg Art. 25: Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Vertrag beziehen sich gleichermaßen auf Frauen und Männer.

Regierungsbegründung Die Bestimmung ist aus sich heraus versta¨ ndlich.

Kommentierung Artikel 25 stimmt inhaltlich mit Artikel 27 des Evangelischen Vertrags SachsenAnhalt überein. Mit der abweichenden sprachlichen Form wird versucht, das Gewollte grammatikalisch korrekter zum Ausdruck zu bringen. Die Gleichstellungsformel 9 Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Landesverfassung enthält die Verpflichtung zur „tatsächlichen Gleichstellung“. Siehe aber jetzt § 28 Thüringer Gleichstellungsgesetz vom 6. 3. 2013 (GVBl. 2013, 49).

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Artikel 27 – Sprachliche Gleichstellung

folgt der Vorgabe des § 13 Abs. 1 Landesgleichstellungsgesetz10 wonach bei Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften der Gleichstellung von Frauen und Männern Rechnung zu tragen ist.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Enthält keine entsprechende Bestimmung. 2. Thüringen Enthält keine entsprechende Bestimmung. 3. Mecklenburg-Vorpommern Enthält keine entsprechende Bestimmung. 4. Sachsen-Anhalt Enthält keine entsprechende Bestimmung. 5. Brandenburg Enthält keine entsprechende Bestimmung.

10 Gesetz vom 4. 7. 1994 (GVBl. I S. 254), zuletzt geändert durch Artikel 21 des Gesetzes vom 8. Mai 2018 (GVBl.I/18, [Nr. 8], S.18); bezüglich der Umsetzung lehnt sich das Land an die Empfehlungen des Bundesverwaltungsamts (Fn. 2) an.

Artikel 28 – Inkrafttreten A. Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt Art. 28: (1) Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Magdeburg ausgetauscht werden. Der Vertrag tritt am Tage nach diesem Austausch in Kraft. (2) Die Beziehungen zwischen dem Land und den Kirchen regeln sich mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages nach diesem Vertrag. Schlussprotokoll: Die Kirchen erklären, dass dieser Vertrag aus ihrer Sicht an die Stelle des Vertrages des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 und des zwischen dem Anhaltischen Staatsministerium und dem Evangelischen Landeskirchenrat für Anhalt abgeschlossen Vertrages vom 4. Oktober 1924 in der Fassung des am 3. Februar 1930 vor dem Oberlandesgericht Naumburg geschlossenen Vergleichs und des im Anschluss daran vereinbarten Abkommens vom 18./20. März 1930 sowie des zwischen dem Freistaat Braunschweig und der braunschweigischen evangelisch-lutherischen Landeskirche abgeschlossenen Vertrages vom 8. August 1923 tritt.

Regierungsbegründung Artikel 28 Abs. 2 bringt die u¨ bereinstimmende Auffassung der Vertragspartner zum Ausdruck, ku¨ nftig – ungeachtet ohnehin zu beru¨ cksichtigender bundesrechtlicher Regelungen – nur noch den vorliegenden Vertrag auf ihre Rechtsbeziehungen anzuwenden. Das Schlussprotokoll tra¨ gt aber der – von der Auffassung des Landes abweichenden – Meinung der Kirchen Rechnung, dass die vor dem 2. Weltkrieg abgeschlossenen Kirchenvertra¨ ge bis zum Inkrafttreten dieses Vertrages Gu¨ ltigkeit behalten haben, auch wenn deren Regelungen lu¨ ckenhaft sowie zum Teil u¨ berholt und deshalb nicht mehr angewandt worden seien.

Literatur Ratifizierung, Kodifikation, Novation: A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 208 ff., 231 ff.; ders., Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, Bd. 1, 21994, § 7, S. 253 (276 ff., 285 ff.); ders., Grundlagen des Staatskirchenrechts, HStR, 11989, Bd. VI, § 138 Rn. 76 f., S. Mückl, Verträge zwischen Staat und Kirchen sowie anderen Religionsgemeinschaften, HSKR, 32020, § 10; E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, 1996, S. 115.; 121 f.; H. Weber, Der Wittenberger Vertrag – Ein Loccum für die neuen Bundesländer?, NVwZ 1994, 759 (761). Fortgeltung, Wiedergeltung: A. v. Campenhausen Staatskirchenrecht in den neuen Bundesländern, HSKR., Bd. IX, 1997, § 270, Rn 32 ff.; W. Rüfner, Deutsche Einheit im Staatskirchenrecht, Essener Gespräche Bd. 26 (1992), S. 60 (63 f., 73); ders., Geltung des Reichskonkordats, des Preußischen Konkordats und des Preußischen Kirchenvertrags im Beitrittsgebiet, FS Thie-

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Artikel 28 – Inkrafttreten

me, 1992, S. 343 (345 ff.); J. Listl, Das Staatskirchenrecht in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, Essener Gespräche Bd. 29 (1995), S. 160 (168); ders., Die Bistumsgrenzen in Deutschland, FS Kostelecky, 1990, S. 233 (252); ders., Der Wiederaufbau der staatskirchenrechtlichen Ordnung in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, FS Rauscher, 1993, S. 413 (421 ff.); H. Weber, Neue Staatskirchenverträge mit der Katholischen Kirche in den neuen Ländern, FS M. Heckel, 1999, S. 463 (469 ff.); ders., Der Thüringer Evangelische Kirchenvertrag, FS M. Kriele 1997, S. 1009 (1016); A. Hollerbach, Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S 174; ders., Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, Bd. 1, 21994, § 7, S. 253, 264; ders., Staat und Bischofsamt, in: G. Greshake (Hrsg.), Zur Frage der Bischofsernennungen in der römisch-katholischen Kirche, 1991, S. 51 (70), J. Depenbrock, Fortgeltung des Reichskonkordats und des Preußenkonkordats in den neuen Bundesländern, NVwZ 1992, 736 ff.; ders., Fortgeltung der Staatskirchenverträge in den neuen Bundesländern unter besonderer Berücksichtigung der Verträge mit den evangelischen Landeskirchen, ZevKR 38, (1993), S. 413 (418 f., 423 ff.); H. Johnsen, Die Evangelischen Kirchenverträge in den neuen Bundesländern – ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 43 (1998), S. 182 (190, 198 f.); H. v. Mangoldt, Die Entfaltung staatskirchenrechtlicher Elemente im Verfassungsrecht der fünf neuen Bundesländer, in: R. Puza/A. P. Kustermann (Hrsg.), Die Kirchen und die deutsche Einheit, Hohenheimer Prot. 37, 1991, S. 55 (74 ff.); K. Hartelt, Die Neuordnung der Diözesangrenzen in der ehemaligen DDR, ÖAfKR 41, 1994, S. 183 (195 ff.); ders., Verträge zwischen der Katholischen Kirche und den neuen Bundesländern, in: R. Puza/A. P. Kustermann (Hrsg.), Neue Verträge zwischen Staat und Kirche. Die Entwicklung in Deutschland und Polen, 1996, S. 57 (62 ff.); A. Vulpius, Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in den Neuen Ländern, in: Deutsche Sektion der Internationalen Juristen-Kommission (Hrsg.), Religionsfreiheit, Reihe Rechtsstaat in der Bewährung, Bd. 31, 1996, S. 61 (71 ff.). D. Blumenwitz, Staatennachfolge und die Einigung Deutschlands, 1992, S. 95 ff., 101.

Entstehungsgeschichte Während Ratifizierung und Inkrafttreten des Vertrags in den Verhandlungen als problemlos galten, waren der Kodifikationscharakter und das Verhältnis insbesondere zum Preußischen Evangelischen Kirchenvertrag von 1931 mehrfach Verhandlungsgegenstand. In der 3. und 13. Sitzung schlug die kirchliche Seite vor, wegen „zur Zeit nicht bekannter Rechtstitel“ etwa entgegenstehendes Recht, vor allem die Bestimmungen des Preußischen Kirchenvertrages, für ungültig zu erklären. Die staatliche Seite bestritt eine Fortgeltung des Preußischen Vertrages überhaupt, wollte keinen Anlass zur Geltendmachung irgendwelcher Ansprüche aus der DDR-Zeit geben und trat für eine Kompromissformulierung ein, wonach unbeschadet unterschiedlicher Auffassungen der Vertragsparteien eine Berufung auf den Preußischen Vertrag ausgeschlossen sei. Mangels kirchlicher Zustimmung wurde in der 14. Sitzung die Formulierung zur Diskussion gestellt, dass sich die künftigen Rechtsbeziehungen „ausschließlich nach diesem Vertrag richten“, verbunden mit einer Erklärung der Kirchen, dass ihrer Ansicht nach der neue Vertrag den Preußischen Vertrag ersetze. Hierzu wurde im Hinblick auf andere, insbesondere verfassungsrechtliche Bestimmungen in der 15. Sitzung aus dem Formulierungsvorschlag das Wort „ausschließlich“ gestrichen, und in der 16. Sitzung einigten sich die Verhandlungspartner auf die Verlagerung der kirchlichen Erklärung in das Schlussprotokoll. Der

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zusätzliche Prüfungsauftrag dazu, ob alte Gesetze und andere Verträge förmlich aufgehoben werden müssten, führte in der 20. Sitzung zu der Absprache, in der kirchlichen Erklärung auch den Anhaltischen Vertrag von 1924/1930 und den braunschweigischen Vertrag von 1923 als abgelöst zu erwähnen. Der weitere Vorschlag der staatlichen Seite, in Absatz 2 neben den Vertragsbeziehungen auch das Verfassungs- und Gesetzesrecht anzuführen, wurde in der 21. Sitzung wegen des Einwands fallengelassen, der Vertrag trete nicht gleichwertig neben anderes Recht, sondern binde den Landesgesetzgeber; der Hinweis auf andere Regelungen wurde damit der Amtlichen Begründung überlassen. Bezüglich der Unterzeichnungsformalien erklärte die kirchliche Seite, dass die Unterzeichner nicht „für“ die Kirchen, sondern als Kirchenleitungen unterschreiben würden. Ferner wurde abgesprochen, im Schlussprotokoll dessen volle Einbeziehung in den Vertrag zum Ausdruck zu bringen. Bedeutung und Hintergrund Artikel 28 folgt in Absatz 1 dem Gebot der Ratifizierung von Staatskirchenverträgen. Absatz 2 bezieht sich zum einen auf das im 4. Anstrich der Präambel aufgeführte Ziel einer „umfassenden“ Regelung, also der Kodifikation, zum anderen auf das im 3. Anstrich der Präambel angesprochene Problem des Verhältnisses zu früheren Verträgen, insbesondere in Gestalt der Erklärung der Kirchen zur Frage ihrer Fortgeltung. Kommentierung a) Absatz 1 regelt die Formalien der Inkraftsetzung des Vertrags. Die Entscheidung für eine Ratifizierung1 als Staatsvertrag, die eine parlamentarische Zustimmung voraussetzt2, folgt Artikel 69 Abs. 2 der Landesverfassung. Dass es sich um einen Staatsvertrag und nicht um ein Verwaltungsabkommen handelt, ergibt sich aus seiner politischen Bedeutung in Gestalt einer grundsätzlichen Festlegung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche in Sachsen-Anhalt und aus zahlreichen Bestimmungen zu Materien, die Gegenstand der Gesetzgebung sind, ferner aus der Verpflichtung zu 1

Zum Begriff der Ratifizierung vgl. A. Hollerbach, Verträge, S. 233: „Erklärung, […], daß der Inhalt des unterzeichneten Vertrages die Zustimmung der verfassungsgemäß an der Willensbildung beteiligten Körperschaften gefunden hat und daß er von dem ratifizierenden Vertragspartner bestätigt wird“; zum gesamten Verfahren vgl. auch E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 121 f. 2 Zur Zustimmungsbedürftigkeit von Staatskirchenverträgen als Satz des „gemeindeutschen Verfassungsrechts“ vgl. BVerfGE 4, 251 (276); ferner A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, Rn. 76 f.; St. Korioth, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 140 Rn. 24 f.; die umstrittene Frage, ob es sich dabei um eine Transformation des Vertragsinhalts (so K. Obermayer, in: Bonner Kommentar, Art. 140, Rn. 92) oder um einen Anwendungsbefehl (so A. Hollerbach, Vertragsrechtliche Grundlagen, S. 276; A. v. Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 4. Aufl., Bd. 3, 2001, Art. 140 Rn. 53) handelt, kann hier offen bleiben; beide Auffassungen führen zur innerstaatlichen Verbindlichkeit des Vertrages.

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Gesetzesänderungen.3 Die parlamentarische Behandlung des Zustimmungsgesetzes4 – eine vom Landeskabinett beschlossene Zwischeninformation war vorausgegangen5 –, das gleichzeitig die Anpassung des Kirchensteuer-, des Verwaltungskosten- und des Justizkostengesetzes einbezogen und gemäß Artikel 77 Abs. 3 der Landesverfassung zwei Beratungen umfasste, wurde durch Mehrheitsbeschluss – CDU-Fraktion und Teile der SPD- und FDP-Fraktionen – abgeschlossen. Die kirchliche Zustimmung erfolgte nach vorausgegangenen öffentlichen Informationsveranstaltungen und Zwischenberichten an die Synoden6 durch Kirchengesetze der betroffenen Landeskirchen7. Der Vertrag vom 15. 09. 1993 trat nach Austausch der Ratifikationsurkunden am 15. 02. 1994 in Kraft8. b) Absatz 2 deklariert den Vertrag vorbehaltlich etlicher Durchführungsregelungen9 als Gesamtkodifikation und folgt damit der Zielsetzung der Präambel, 4. Anstrich10, eine „umfassende“ und damit erschöpfende Regelung der beiderseitigen Beziehungen11 zu schaffen, abgesehen von bundesrechtlichen Regelungen wie etwa zum Eherecht oder zur Militärseelsorge sowie von möglichen Absprachen mit der EKU (jetzt EUK)12. Die Ausschließlichkeit der Neuregelung bedeutet ferner die Nichtanwendbarkeit früherer Verträge, wobei deren Geltungsdauer offen geblieben

3

Zur Unterscheidung von Staatskirchenverträgen und Verwaltungsabkommen immer noch am ausführlichsten A. Hollerbach, Verträge, S. 208 ff.; ferner E. Ruppel, Kirchenvertragsrecht, S. 115 ff. 4 Gesetz vom 3. 2. 1994 (GVBl. S. 172). 5 Vgl. die Einbringungsrede von Kultusminister Sobetzko, LT-Protokolle, 1. Wahlperiode, Sitzung vom 28. 10. 1993, S. 6310 (6311). 6 Vgl. H. Johnsen, Die Evangelischen Staatskirchenverträge in den neuen Bundesländern – ihr Zustandekommen und ihre praktische Anwendung, ZevKR 43 (1998), S. 182 (190). 7 Kirchenprovinz: KPS KiG vom 30. 10. 1993 (ABl. S 169) durch Beschluss der Synode vom 28 - 31. 10. 1993 aufgrund Vorl. mit Begr. vom 25. 10. 1993 (Anl. z. Drs. 32 / 93); Anhalt: KiG vom 22. 11. 1993 (ABl. 1994, Nr. 6, S. 6); Braunschweigische Kirche: KiG vom 9. 10. 1993 (ABl. S. 165); Berlin-Brandenburg.: KiG vom 30. 10. 1993 (ABl. S. 277); Thüringische Kirche: Beschl. vom 30. 10. 1993 (ABl. S. 166); Sächsische Kirche: KiG vom 16. 11. 1993 (ABl. S. A 145). 8 Vgl. Bek. vom 28. 2. 1994 (GVBl. S. 434). 9 Dazu zählen vor allem Art. 4 Abs. 2 (Anerkennung kirchlicher Hochschullehrer, Schlussprotokoll zu Art. 5 Abs. 3 S. 2 (einheitliche Vokationsregelungen), Art. 5 Abs. 4 (Einsichtnahmen in Religionsunterricht), Art. 5 Abs. 5 (Gestellungsverträge), Art. 6 Abs. 2 (Anerkennung kirchlicher Schulen), Schlussprotokoll (Abs. 6) zu Art. 9 Abs. 1 (Widmung Zeitzer Dom), Art. 9 Abs. 3 (Eigentumsübertragungen), Art. 12 Abs. 3 (Anstaltsseelsorge), Art. 15 Abs. 2 (Steuerverwaltungs-Entschädigung) und Schlussprotokoll zu Art. 21 Abs. 1 (kommunale Friedhofsvereinbarungen). 10 Siehe dazu Erl. A. [c)] zur Präambel, 4. Anstrich. 11 Eine Umschreibung solcher „Statusverträge“ bei A. Hollerbach, Vertragsrechtliche Grundlagen, S. 285 f. 12 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 1.

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ist13 ; sowie anderer älterer Regelungen14 und schließlich den Ausschluss bewusst nicht aufgenommener Bestimmungen wie etwa die „Politische Klausel“15 oder die Festlegung von Anstellungsvoraussetzungen für Geistliche16. Nicht von der Ausgrenzung betroffen sind alle zukünftigen vertraglichen Ergänzungen17 sowie alle staatlichen Regelungen zur Mitwirkung der Kirchen oder zu deren Berücksichtigung im Rahmen öffentlicher Maßnahmen, z. B. im karitativen Bereich. c) Die im Schlussprotokoll zu Absatz 2 enthaltene Erklärung, wonach die drei aufgeführten Verträge18 bis zum Inkrafttreten des neuen Vertrages Geltung besaßen, ist eine einseitige Aussage der Kirchen, also nur eines Vertragspartners, und damit nicht Teil der Vertragsvereinbarungen. Der Auffassung, dass die Erklärung mangels Gegenäußerung stillschweigend vom Land gebilligt worden sei19, widerspricht sowohl die Formulierung „aus ihrer Sicht“ als auch das in der Präambel, 3. Anstrich, zum Ausdruck kommende, bewusst vereinbarte Offenlassen dieser Frage, ferner die Entstehungsgeschichte sowie die klare Distanzierung des Landes in der Amtlichen Begründung20 sowie die Einbringungsrede von Kultusminister Sobetzko21. Die Auffassung der Kirchen wird in Teilen der Literatur geteilt, vor allem mit dem Argument, die DDR–Behörden hätten vertragsgemäß die Staatsleistungen erbracht und damit die Fortgeltung der Verträge bestätigt22. Ferner bestünden die Verträge deshalb fort, weil sie ortsgebundene, sog. radizierte Verträge seien und außerdem innerhalb des Bundesstaates Geltung behalten hätten23; sodann, weil sie nie bestritten, 13 Zur Fort- oder Wiedergeltung des Preußischen Evangelischen Kirchenvertrags siehe Erl. c); missverständlich J. Depenbrock, Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 413, der von einer „Ablösung“ des PrKV spricht, denn die Fort- oder Wiedergeltung blieb gerade offen. 14 Z. B. das preußische Gesetz betreffend die Kirchenverfassungen der Evangelischen Landeskirchen vom 8. 4. 1924 (PrGS. S. 221). 15 Siehe. Erl. A. [c)] zu Art. 2. 16 Ebd. 17 Vgl. H. Weber, Wittenberger Vertrag, S. 761. 18 Preußischer Evangelischer. Kirchenvertrag, abgedr. bei J. Listl, Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, 1987, Bd. 2, S. 759; Vertrag Anhalt, Gesetz Nr. 1982 vom 15. 4. 1930, Ges. Nr. 4, S. 13; Vertrag Braunschweig; abgedr. bei J. Listl, ebd., S. 789. 19 So andeutungsweise H. Johnsen, Evangelische Kirchenverträge, S. 199. 20 LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 18. 21 LT-Protokolle, 1. Wahlperiode, Sitzung. vom 28. 10. 1993, S. 6311. 22 So insbes. A. v. Campenhausen, HStR, Bd. IX, § 270 Rn. 32 f.; H. Johnsen, Evangelische Staatskirchenverträge, S. 198 f.; J. Depenbrock, Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 739 f., ders., Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 423 ff.; H. Kremser, Der Rechtsstatus der evangelischen Kirchen in der DDR und die neue Einheit der EKD, 1993, S. 53. 23 Vgl. W. Rüfner, Geltung des Reichskonkordats, S. 348 ff.; ders., Deutsche Einheit, S. 63 f. (für das Preußenkonkordat im Bundesstaats-Rahmen); A. v. Campenhausen, HStR, Bd. IX, § 270 Rn. 37 f.; J. Listl, Wiederaufbau; S. 422 ff.; A. Hollerbach, Die vertragsrechtlichen Grundlagen des Staatskirchenrechts, HSKR, Bd. 1, 21994, § 7, S. 253 (264) (Reichsgebiet); J. Depenbrock, Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 426 f.

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geschweige denn gekündigt worden seien24, und schließlich, wenn auch erst im Zeitpunkt der Vereinigung, aus Gründen der Parität angesichts der Anerkennung der Wiedergeltung des Preußenkonkordats25. Diese Argumente können nicht überzeugen. Was zunächst die Staatsleistungen betrifft, so ist vorab darauf hinzuweisen, dass in Artikel 45 Abs. 1 der DDR-Verfassung von 1949 gar nicht auf vertragliche Verpflichtungen des Staates Bezug genommen, sondern die Formulierung des Artikels 138 WRV über die Ablösung der Staatsleistungen übernommen worden war (ganz weggefallen dann in der Verfassung von 1968/1973). Da außerdem die DDR-Behörden, wenn sie überhaupt eine Begründung für Staatsleistungen anboten, ihre Zahlungen als Ablösung von Staatsleistungen im Sinne von Artikel 138 WRV deklarierten26 und da Staatsleistungen bekanntlich auch auf anderen Rechtstiteln als den Weimarer Verträgen beruhen27, ist der Rückschluss aus den Leistungen auf eine Anerkennung der Staatskirchenverträge nicht schlüssig28. Im Übrigen wurden, wie vor allem Zeitzeugen berichten, die DDR-Zahlungen völlig unregelmäßig erbracht und durchweg geringer als in den Verträgen vorgesehen29, auch deutlich oft nicht als Regelleistung, sondern als Disziplinierungsmittel

24 Vgl. W. Rüfner, Deutsche Einheit, S. 63; J. Depenbrock, Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 740. 25 Vgl. A. Hollerbach (Fn. 23), S. 264; A. v. Campenhausen, HStR, Bd. IX, § 270 Rn. 38; W. Rüfner, Deutsche Einheit, S. 64; R. Tillmanns, Grundzüge des Staatskirchenrechts in den neuen Bundesländern, in: P. Neumann/R. Tillmanns (Hrsg.), Verfassungsrechtliche Probleme bei der Konstituierung der neuen Bundesländer, 1997, S. 161 (259 f.); D. Pirson, EvStL II, 3 1987, Stichw. Vertragsstaatskirchenrecht, Sp. 3824 (3827); J. Listl, Wiederaufbau, S. 423; J. Depenbrock, Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 418; H. Kremser (Fn. 22), S. 243. 26 Dies erkennt auch J. Depenbrock an (Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 424). 27 So wurden z. B. Zahlungen aufgrund von Patronatsverpflichtungen auf die „Staatleistung“ angerechnet, vgl. E. Meyer, Entwicklung des Patronatsrechts, ZevKR 5 (1956), S. 84 (409); zur Vorgeschichte in Kurzfassung W. Hofmann, EvStL. 31987, Bd. II, Sp. 34 (34) „Staatsleistungen“. 28 Dazu A. Vulpius, Zur Fortgeltung des Preußenkonkordats in den neuen Bundesländern, NVwZ 1994, 40; soweit J. Depenbrock sich für die gegenteilige Ansicht auf die Ausarbeitung eines Ministerialdirektors aus dem Jahr 1947 beruft (vgl. Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 423 f. und Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 739), hat er – abgesehen von der kirchenfeindlichen Weiterentwicklung der DDR-Politik – übersehen, dass dieser Beamte kurz darauf flüchtete und alle seine Entscheidungen von der DDR-Behörde für null und nichtig erklärt worden waren; das ferner von Depenbrock zitierte Abschluss-Kommunique anlässlich der Besprechung von Erzbischof Casaroli 1975 mit der DDR-Regierung (Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 738) ist mit der Formulierung, beide Seiten gingen „von den bestehenden völkerrechtlichen Verträgen“ aus, offensichtlich völlig unkonkret abgefasst und hatte auf die politische Praxis keinerlei Auswirkungen. 29 Z. B. erhielt die Braunschweigische Kirche ab 1984 überhaupt keine Zahlungen mehr; H.-M. Harder, Zur Finanzierung der kirchlichen Arbeit in der Deutschen Demokratischen Republik, FS Nik. Becker, 1989, S. 153 (155) berichtet, dass zeitweise nur 10 % gezahlt worden seien.

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und deshalb zuweilen ausgesetzt, etwa nach nichtkonformen Predigten oder Hirtenbriefen.30 Entscheidend für die Beurteilung einer möglichen Fortgeltung dürfte sein, dass die alten Verträge auch ohne formelle Kündigung entweder von der staatlichen Seite oder von der kirchlichen Seite oder aber von beiden Seiten nicht mehr angewandt wurden und damit erloschen waren. Eine Durchsicht z. B. des Preußenvertrages ergibt folgendes: Praktiziert wurden weder der Religionsschutz (Art. 1) noch die Vorlage kirchlicher Gesetze beim Staat (Art. 2), noch die Vorlage der Satzungen (Art. 3), noch die staatliche Mitwirkung bei Bildung und Veränderung kirchlicher Einrichtungen (Art. 4), noch die regelmäßige Zahlung vertraglich festgelegter Dotationen (Art. 5), noch die Eigentumsgarantie (Art. 6), diese insbesondere nicht im Rahmen der Bodenreform oder z. B. bei Anträgen auf die Grundbucheintragung von Grundpfandrechten, ferner nicht die „Politische Klausel“ für kirchliche Führungskräfte (Art. 7), nicht die Vorabunterrichtung über die Einstellung von Geistlichen (Art. 8 Abs. 4), nicht die Übermittlung von Personalien (Art. 9 Abs. 2), nicht die Einholung gutachterlicher Stellungnahmen bei Lehrstuhlbesetzungen (Art. 11 Abs. 2), nicht die staatliche Ernennung von Universitätspredigern (Art. 11 Abs. 3) und auch nicht die Anwendung der Freundschaftsklausel (Art. 12). Darüber hinaus lehnten die Kirchen auch nach der Vereinigung bei den neuen Vertragsverhandlungen die in den Artikeln 2, 4, 7, 8 Abs. 1 und 4, 9 Abs. 2, 10, 11 Abs. 2 und 3 enthaltenen Regelungen aus grundsätzlichen Erwägungen ab31. 30 Vgl. S. Mampel, Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar, 21982, Art. 39 Rn. 36; H. Ammer, Grundlagen der Ordnung der Kirche, HbPrTh, Bd. 1, 1975, S. 253; H.-M. Harder, Zur Finanzierung der kirchlichen Arbeit in der Deutschen Demokratischen Republik, FS Nik. Becker, 1989, S. 153 (155, 161); ders., Kirche, Staat und Recht in der DDR, in: R. Ritter (Hrsg.), Ordnungen: Schöpfungen, Recht, Staat, Fuldaer Hefte 33, 1994, S. 111 (114); ders., Staatsleistungen in den fünf mitteldeutschen Bundesländern, Vortrag auf der Kirchenjuristentagung 1991, Bericht von A. v. Campenhausen, ZevKR 36 (1991), S. 204 (205); H. Weidemann, Zur Rechtsstellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften nach der neuen Verfassung in Mitteldeutschland, DVBl. 1969, 10 (11); W. Rüfner, Deutsche Einheit, S. 73; G. Robbers, Staatskirchenrechtliche Elemente in Recht der DDR, Entwicklung und Bestand in: R. Puza/A. P. Kustermann (Hrsg.), Die Kirchen und die deutsche Einheit, Hohenheimer Prot. 37, 1991, S. 29 (30); A. v. Campenhausen, HStR, Bd. IX, § 270 Rn. 33, der aber dennoch eine fortbestehende vertragliche Bindung annimmt; ebenso I. Isensee, Staatsleistungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, HSKR, Bd. 1, 21994, § 35, S. 1009 (1049) obwohl er nur von „Kulanzleistungen“, nicht von der Erfüllung anerkannter Verpflichtungen spricht. 31 Zur Nichtanwendung der alten Verträge in der Praxis in der DDR vgl. H. Schultze, Die rechtliche Stellung der evangelischen Kirchen in der ehemaligen DDR, in: M. Köckert (Hrsg.), Der Wahrheit Gottes verpflichtet, Theologische Beiträge aus dem Sprachenkonvikt Berlin für Adolf Mau, 1993, S. 204 (214); D. Blumenwitz, Staatennachfolge, S. 101; zur Nichtanwendung des Reichskonkordats durch den Heiligen Stuhl, insbesondere bei Bischofsernennungen, vgl. A. Hollerbach, Staat und Bischofsamt, S. 70 f.; ders., StL, 7. Auflage, Bd. 3, 1987, Stichw. Staat und Kirche, Sp. 499 ff.; K. Hartelt, Neuordnung; S. 197 f. mit der Vermutung eines Meinungswandels der Katholischen Kirche ab 1973; ferner J. Listl, Bistumsgrenzen, S. 252 mit Fn. 35; ders., Wiederaufbau, S. 421; Th. Schmitz, Essener Gespräche 29 (1995), Disk., S. 198 f.; H. v. Mangoldt, Entfaltung, S. 74 f.; K. Mörsdorfer, LThK,

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Auch ohne Kündigung oder die Anwendung der clausula rebus sic stantibus32 kann man – von ausdrücklichen Nichtanwendungserklärungen und -handlungen ohnehin abgesehen33 – bei Nichtanwendung aller Vertragsbestimmungen des Preußenvertrags während eines halben Jahrhunderts nur noch ein Erlöschen dieses Vertrags und der anderen Verträge annehmen34, und es lässt sich auch während derart langer Zeit kein „Schwebezustand“ oder ein vorübergehendes „Ruhen“ unterstellen35. Dahingestellt bleiben kann damit, ob zusätzlich das nicht unumstrittene Argument der Landesregierungen bezüglich der Verträge eingreift, dass das Land Preußen infolge der Auflösung durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. 2. 1947 und des Landes Anhalt infolge der Auflösung durch die DDR nicht Rechtsnachfolger mit der Übernahme alter Vertragsverpflichtungen geworden sind36. Auch die Rechtslage nach der Vereinigung gibt keinen Anlass zur Annahme einer Wiedergeltung der alten evangelischen Verträge. Eine automatische Erstreckung auf 2

1961, Bd. VI, Stichw. Konkordat, Sp. 454 (458); L. Renck, Die neuen Bundesländer und das Reichskonkordat, NVwZ 1994, 770 (776), insbesondere Fn. 13; kennzeichnend auch die von J. Listl, Bistumsgrenzen, S. 252, mitgeteilte Bek. der DDR v. 16. 4. 1953 (GVBl. I S. 505) über ohne Erwähnung des RK aufgeführte internationale Abkommen, die wieder anzuwenden sind; zur Gesamthaltung der DDR-Regierung zur Religionsfreiheit, der kirchlichen Selbstbestimmung und der Eigentumsgarantie vgl. die von persönlichen Aussagen gestützte eindrucksvolle Darstellung der Situation bei A. v. Campenhausen, Kirche im Zweiten Jahrzehnt der DDR, ZevKR 39 (1994), S. 386 ff. 32 Letzteres befürwortet H. Weber, Essener Gespräche Bd. 26 (1992), Disk., S. 99; doch erfordert die Anwendbarkeit im Einzelfall detaillierte Nachweise, würde andererseits aber auch der fundamentalen Veränderung des Staat-Kirche-Verhältnisses in der DDR Rechnung tragen; zur clausula vgl. auch C. H. Ule, Über die Anwendung der clausula rebus sic stantibus auf Kirchenverträge, FG Maunz 1971, S. 415 ff., wenn auch vornehmlich zu Veränderungen auf kirchlicher Seite. 33 Vgl. z. B. die Aussage von Ministerpräsident Grotewohl 1952: „Für uns existiert kein Reichskonkordat“, vgl. K. Hartelt, Neuordnung, S. 196 unter Bezugnahme auf ein Protokoll vom 25. 7. 1952, ferner die Antwort des Stellvertretenden Ministerpräsidenten Otto Nuschke 1951 auf die Anfrage des Heiligen Stuhls bezüglich einer Unbedenklichkeitserklärung der DDR-Regierung zur Ernennung des Generalvikars Rintelen zum Erzbischöflichen Kommissar in Magdeburg: keine Bedenken, aber diese Erklärung sage nichts über die Gültigkeit des RK aus, F. M. Rintelen, Erinnerungen ohne Tagebuch, 31988, abgedr. bei Brandt-Hengst, Das Erzbistum Paderborn, 1989, S. 265 (266); K. Hartelt, Neuordnung, S. 196; D. Blumenwitz, Staatennachfolge, S. 201; sowie die erwähnte Haltung des Heiligen Stuhls (Fn. 31). 34 Zum Erlöschen von Verträgen bei dauernder Nichtanwendung vgl. A. Hollerbach, Verträge, S. 174 Fn. 2; ders., Staat und Bischofsamt, S. 71 f. bezüglich der Bischofsernennungen und der Auffassung des Heiligen Stuhls; J. Listl, Konkordate aus der Sicht des Heiligen Stuhls, in: H. Paarhamer/F. Potaschnik/A. Rinnerthaler, 60 Jahre österreichisches Konkordat, 1996, S. 13 (20); für den Preußischen Kirchenvertrag H. Schultze, Rechtliche Stellung (Fn. 31), S. 214; ferner K. Mörsdorf, LThK, 2. Aufl., Bd. 6, 1961, Stichw. Konkordat, Sp. 454 (458). 35 So aber J. Listl, Bistumsgrenzen, S. 252 für RK und PrK; ders., Wiederaufbau, S. 421 f.; A. Hollerbach, Vertragsrechtliche Grundlagen (Fn. 23), S. 264. 36 Vgl. LT-Drs. 1/3087, Begründung, S. 1, sowie die Einbringungsrede von Kultusminister Sobetzko, LT-Protokolle, 1. Wahlperiode, S. 6311 und die Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abg. Dr. Breitenborn vom 18. 6. 1992, LT-Drs. 1/1584, S. 32.

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die neuen Länder in analoger Anwendung des völkerrechtlichen Prinzips der beweglichen Vertragsgrenzen37 setzte voraus, dass die DDR kein selbständiger Staat geworden, sondern Teil des Deutschen Reichs geblieben war, was spätestens nach der Aufnahme der DDR in die Vereinten Nationen und lösgelöst von der in der alten Bundesrepublik überwiegend vertretenen Auffassung vom Fortbestand des Reiches wohl doch mehr als zweifelhaft ist. Schließlich kann auch nicht die Heranziehung des Paritätsgrundsatzes im Verhältnis zur vertraglichen Anerkennung des Reichskonkordats und damit auch des Preußenkonkordats ab 199038 die Wiedergeltung der evangelischen Verträge durch vertragliche Anerkennung begründen, denn der Grundsatz besagt nicht, dass bei unterschiedlicher Rechtgrundlage, wie sie sich im vorliegenden Fall durch die indirekte, also keineswegs auf eine Religionsgemeinschaft zielende Auswirkung des Artikels 11 EV ergibt, aus Gleichbehandlungsgründen automatisch die Anerkennung einer Wiedergeltung der erloschenen Verträge eintritt, die im Übrigen ja auch von den Kirchen, wie soeben ausgeführt, zum ganz überwiegenden Teil gar nicht mehr gewollt war, oder dass auch nur eine Verpflichtung des Landes zu einer Neuvereinbarung entstand. Das Land hatte die Wiedergeltung des Reichskonkordats nicht selbst vertraglich vereinbart, sondern, wie auch die Formulierung von Absatz 3 der Präambel zum Konkordat39 zeigt, die Geltung aufgrund der Rechtslage vorgefunden. Es hat somit der Katholischen Kirche auch keine „Rechte“ im Sinne von Artikel 25 des Evangelischen Vertrags „gewährt“, die zu einem entsprechenden Handeln gegenüber den Evangelischen Kirchen Anlass gegeben hätten40.

37 So A. Hollerbach, Vertragsrechtliche Grundlagen (Fn. 23), S. 264; kritisch, jedoch unentschieden W. Rüfner, Geltung des Reichskonkordats, S. 345 f.; für das RK insoweit ablehnend H. Kremser, Rechtsstatus (Fn. 22), S. 239 ff. 38 A. Hollerbach, Vertragsrechtliche Grundlagen (Fn. 23), S. 264; J. Listl, Wiederaufbau, S. 423; W. Rüfner, Geltung des Reichskonkordats, S. 351; ders., Deutsche Einheit, S. 64; A. v. Campenhausen, HStR, Bd. IX, § 270 Rn. 38; R. Tillmanns, Grundsätze (Fn. 25), S. 259 f.; H. Kremser, Rechtsstatus (Fn. 22), S. 243. 39 Siehe Erl. B. II. 4. 40 Die Schlussfolgerung von J. Depenbrock, Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 419 f., der Preußische Kirchenvertrag sei aus Paritätsgründen als völkerrechtlicher Vertrag i. S. von Art. 12 Abs. 1 EV anzusehen, überfordert den Paritätsgrundsatz bei weitem und setzt im Übrigen eine Fortgeltung der alten Verträge während der DDR-Zeit voraus.

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Artikel 28 – Inkrafttreten

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke I. Evangelische Kirchenverträge 1. Mecklenburg-Vorpommern Art. 28: (1) Dieser Vertrag bedarf der Zustimmung des Landtages und der Landessynoden. Er tritt mit dem Austausch der Mitteilungen über die Zustimmungen in Kraft. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes bekannt gemacht. (2) Die durch diesen Vertrag berührten Materien der Beziehungen zwischen dem Land und den Kirchen sind durch diesen Vertrag abschließend geregelt. Die Bestimmungen dieses Vertrages treten an die Stelle aller früheren vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen.

Regierungsbegründung Absatz 1 regelt das Inkrafttreten. Durch die Beschlussfassung als Gesetz bzw. als Kirchengesetz gilt dieser Vertrag auch gegenu¨ ber Dritten, soweit eine solche Geltung vorgesehen ist. Absatz 2 bestimmt diesen Vertrag als abschließende Regelung hinsichtlich aller in diesem Vertrag beru¨ hrten Materien. Er tritt insoweit mit Inkrafttreten auch an die Stelle der in der Pra¨ ambel erwa¨ hnten a¨ lteren Regelungen. Fu¨ r die Zeit nach der Wende, in der dem Grunde nach unbezweifelte Staatsleistungen nur in minimaler Ho¨ he erbracht wurden haben die Kirchen folgende Erkla¨ rung abgegeben: „1. Die Kirchen werden fu¨ r fru¨ here Jahre keine Nachforderungen von Staatsleistungen erheben. 2. Soweit fu¨ r fru¨ here Jahre noch offene Fragen bestehen, erwarten die Kirchen, dass zu gegebener Zeit Landesregierung und Kirchen diese Fragen in von freundschaftlichem Geist getragenen Gespra¨ chen untereinander kla¨ ren, wie dies der neue Kirchenvertrag ermo¨ glicht und vorsieht.“

Kommentierung 1. Absatz 1 konkretisiert in Übereinstimmung mit Artikel 47 Abs. 2 der Landesverfassung das Verfahren der Ratifizierung.41 In Abweichung von der üblichen Zeitbestimmung für das Inkrafttreten wurde letzteres gemäß Satz 2 bereits für den Tag des Austauschs der „Mitteilungen“ – Urkunden sind nicht ausdrücklich gefordert, aber in der Amtlichen Begründung erwähnt42 – vorgesehen. Der Vertrag vom 20. 1. 199443 trat am 22. 4. 199444 in Kraft. 2. Die Formulierung des Absatzes 2 legt die Frage nahe, ob nicht-„berührte Materien“ älterer Verträge, z. B. für den Bereich der Pommerschen Kirche Anstellungs41

LT-Drs. 1/4126, S. 6; die Amtliche Begründung unterstreicht die Qualität des Vertrages als Staatsvertrag. 42 Ebd. 43 GVOBl. S. 560; kirchliche Zustimmungen: Mecklenburgische Kirche: KiG vom 20. 1. 1994, ABl. S. 26; Pommersche Kirche: KiG vom 22. 1. 1994, ABl. 9. 44 Bek. vom 3. 5. 1994, GVOBl. S. 564.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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voraussetzungen für Geistliche oder die Politische Klausel weitergelten sollen, soweit solche Regelungen bis zum Vertragsschluss Geltung besaßen.45 Da eine Fortgeltung aller früheren Regelungen, insbesondere des Preußischen Kirchenvertrags, nach der hier vertretenen Auffassung nicht in Betracht kommen kann46, entfällt eine Anwendung jedenfalls früherer vertraglicher Regelungen nicht-„berührter Materien“. In der Annahme, dass zumindest alte Ansprüche auf Staatsleistungen bis zum Inkrafttreten des neuen Vertrages gegolten haben, geben die Kirchen die formelle Erklärung ab, dass sie „für frühere Jahre (gemeint sind vor allem Jahre ab 1990) keine Nachforderungen von Staatsleistungen erheben“ würden.47 2. Thüringen Art. 27: (1) Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Erfurt ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag tritt am Tage nach diesem Austausch in Kraft. Schlussprotokoll: Es besteht Übereinstimmung, dass alle etwa noch geltenden, die Vertrag schließenden bindenden vertraglichen Regelungen aus der Zeit vor dem 3. Oktober 1990 durch diesen Vertrag ersetzt werden.

Regierungsbegründung Diese Regelung regelt das Ratifizierungsverfahren zum Inkrafttreten des Vertrages. Zu Absatz 2 ist im Schlussprotokoll in Ausfu¨ hrung der Absichtserkla¨ rung der Pra¨ ambel durch ¨ bereinstimmung zwischen den Vertragseine Novationsklausel ausdru¨ cklich festgestellt, dass U parteien besteht, dass alle etwa noch geltenden, die Vertragschließenden bindenden vertraglichen Regelungen aus der Zeit vor dem 3. Oktober 1990 durch diesen Vertrag ersetzt werden. Damit ist klargestellt, dass die rechtshistorisch wie verfassungsrechtlich problematische Frage der Fortgeltung der altrechtlichen Kirchenvertra¨ ge durch die staatskirchenrechtliche Neuordnung der Vertragsbeziehungen implizit geregelt ist (Kleine Anfrage Nr. 157 vom 26. Februar 1992, LT-Drs. 1/1235 vom 10. April 1992).

45 Laut Amtlicher Begründung (Fn. 43), S. 27 ersetzt der Vertrag ältere Regelungen nur „insoweit“, also dessen Materien berührt werden; A. v. Campenhausen, Der Güstrower Vertrag – Ein Schritt zur Normalisierung des Verhältnisses von Staat und Kirche, LKV 1995, 233 (236), er sieht abweichend vom Wortlaut „alle alten Ansprüche durch die neuen Gewährleistungen abgegolten“; demgegenüber erklären die Kirchen: „Soweit für frühere Jahre noch offene Fragen bestehen, erwarten die Kirchen, daß zu gegebener Zeit Landesregierung und Kirchen diese Fragen in von freundschaftlichem Geist getragenen Gesprächen untereinander klären, wie dies der neue Kirchenvertrag ermöglicht und vorsieht“ (Amtliche Begründung [Fn. 43]). 46 Siehe Erl. A. [c)]; anders die Amtliche Begründung zur Präambel, 2. Anstrich, (Fn. 43), S. 18), die hinsichtlich der Altverträge auf „bestehende“ rechtliche Regelungen Bezug nimmt. 47 Amtliche Begründung (Fn. 43), S. 27.

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Artikel 28 – Inkrafttreten

Kommentierung 1. Die Absätze 1 und 2 stimmen fast wortgleich mit Artikel 28 Abs. 1 des Vertrages Sachsen-Anhalt überein. Die Ratifizierungsbedürftigkeit des Vertrages in seiner Eigenschaft als Staatsvertrag ergibt sich auch Artikel 77 Abs. 2 der Landesverfassung. Der Vertrag vom 15. 3. 199448 trat am 22. 9. 1994 in Kraft.49 2. Das Schlussprotokoll enthält in Übereinstimmung mit Artikel 28 Abs. 2 des Vertrages Sachsen-Anhalt eine nahezu umfassende „Novationsregelung“50, d. h. alle vor der Vereinigung möglicherweise noch geltenden Regelungen werden ersetzt. Die Festlegung auf eine Zäsur am 3. 10. 1990 belässt zwar theoretisch noch Spielraum, etwa auf den Gebieten der Wohlfahrtspflege oder der Erwachsenenbildung, doch sind Regelungen aus dieser Zeit nicht bekannt. Die Frage der Fort- oder Wiedergeltung alter Verträge51 bleibt bewusst offen.52 3. Sachsen Art. 26: (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen in Dresden ausgetauscht werden. Der Vertrag tritt am Tage nach diesem Austausch in Kraft. (2) Die Beziehungen zwischen dem Freistaat und den Kirchen regeln sich mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages nach diesem Vertrag. Schlussprotokoll: Die Kirchen erklären, dass aus ihrer Sicht dieser Vertrag für die ehemals preußischen Landesteile an die Stelle des Vertrages des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 tritt.

Regierungsbegründung Absatz 1 enthält die für Staatsverträge übliche Regelung zum Inkrafttreten. Absatz 2 legt die übereinstimmende Rechtsauffassung der Vertragsparteien fest, dass sich die Rechtsbeziehung der Kirchen zum Freistaat ausschließlich nach diesem Vertrag richten. Diese Regelung dient insoweit der Klarstellung, als mit Inkrafttreten dieses Vertrages auch nach Auffassung der Kirchen der Preußische Staatskirchenvertrag vom 11. Mai 1931 außer Kraft tritt. 48

GVBl. S. 509. Bek. vom 11. 10. 1994, GVBl. S. 1194; Zustimmungen der Kirchen: Thüringische Kirche: KiG vom 18. 3. 1994, Abl. S. 84; Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen: KiG vom 19. 6. 1994, Abl. S. 73; Kurhessen-Waldeck: KiG vom 28. 4. 1994, Abl. S. 109; Sächsische K.: KiG vom 20. 4. 1994, Abl. S. A 133. 50 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/3273, S. 15; ferner H. Weber, Thüringer Kirchenvertrag, S. 1016. 51 Die früheren Verträge mit der Thüringischen Kirche, der Kirche in Reuß ä. L. und in Preußen sind in der am 8. 4. 1992 erfolgten Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abg. Häßler aufgeführt (LT-Drs. 1/1235, S. 1), zugleich mit dem Hinweis auf die Ungeklärtheit der Fortgeltung der Verträge; vgl. auch die Einbringungsrede von Ministerpräsidenten Vogel sowie die Stellungnahmen der Abg. Dr. Schuchardt und Schwäblein in der 1. und 2. Lesung, LT-Protokolle, 1. Wahlperiode, S. 8723, 8725 und 2727; ferner die Präambel, 3. Anstrich. 52 Vgl. H. Weber, Thüringer Kirchenvertrag, S. 1015 f. 49

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Eine Fortgeltung dieses Vertragswerkes ist aus staatlicher Sicht rechtlich nicht zweifelsfrei. Die von den Kirchen dazu abgegebene Erklärung im Schlussprotokoll schafft für die Zeit nach Inkrafttreten des Sächsischen Staatskirchenvertrages nunmehr eine eindeutige Rechtslage.

Kommentierung 1. Absatz 1 stimmt nahezu wortgleich mit Artikel 28 Abs. 1 des Vertrages Sachsen-Anhalt überein. Satz 1 folgt für den Vertrag in seiner Eigenschaft als Staatsvertrag Artikel 65 Abs. 2 der Landesverfassung. Der Vertrag vom 24. 3. 199453 ist gemäß Satz 3 am 1. 9. 1994 in Kraft getreten.54 2. Auch Absatz 2 stimmt mit Artikel 28 Abs. 2 Vertrag Sachsen-Anhalt überein; vorbehalten sind Durchführungsvereinbarungen nach den Artikeln 4 Abs. 2, 5 Abs. 2 und 4, 12 Abs. 2, 13 Abs. 3 und 17 Abs. 2. Die Textübereinstimmung besteht auch bezüglich der im Schlussprotokoll enthaltenen einseitigen Erklärung der Kirchen hinsichtlich des Preußischen Kirchenvertrags, soweit in sächsischen Gebieten früher geltend, der sich die Sächsische Landesregierung wegen Zweifeln an der Fortgeltung nicht angeschlossen hat.55 4. Brandenburg Art. 26: (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden in Potsdam ausgetauscht. Der Vertrag tritt am Tage nach dem Austausch in Kraft. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes und in den Amtsblättern der Kirchen bekanntgegeben. (2) Die Beziehungen zwischen dem Land und den Kirchen regeln sich mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages nach diesem Vertrag.

Regierungsbegründung Absatz 1 entha¨ lt die in solchen Vertra¨ gen u¨ bliche Festlegung des Zeitpunktes, zu dem der Vertrag in Kraft tritt.

53

GVBL. S. 1553. Bek. vom 5. 9. 1994, GVBl. S. 1558: kirchliche Zustimmungen: Sächsische Kirche: KiG vom 20. 4. 1994, ABl. S. A. 94; Schlesische Oberlausitz: KiG vom 8. 5. 1994, ABl. 3/1994 S. 2; Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen: KiG vom 19. 6. 1994, ABl. S. 77; Berlin-Brandenburg: VO mit GKraft vom 10. 6. 1994, ABl. S. 106; Thüringische Kirche: Beschl. vom 18. 3. 1994, ABl. S. 82. 55 Vgl. die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4649, Begründung, S. 38; der Preußische Kirchenvertrag galt nur in den Gebieten der Schlesischen Oberlausitzschen Kirche, der Kirchenprovinz Sachsen, der Pommerschen Kirche und der Berlin-Brandenburgischen Kirche; zur Thematik vgl. R. Raum, Die Verhandlungen zu den Staatskirchenverträgen aus der Sicht des Freistaates Sachsen, in: R. Tillmanns (Hg.), Staatskirchenverträge mit dem Freistaat Sachsen, 2001, S. 45 (87); zur Gesamtproblematik siehe Erl. A. [c)]; vgl. ferner die Präambel, 3. Anstrich, einschließlich der Amtlichen Begründung, wonach der Freistaat sich nur der „Tradition“ des Preußischen Kirchenvertrags verpflichtet fühle, (Fn. 52), Begründung, S. 3). 54

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Artikel 28 – Inkrafttreten

Absatz 2 stellt klar, dass die Beziehungen zwischen dem Land und den Kirchen auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden.

Kommentierung 1. In Absatz 1 ist das Ratifizierungsverfahren einschließlich der Bekanntmachung in den kirchlichen Amtsblättern ausführlich dargestellt. Die Ratifizierungsbedürftigkeit des als Staatsvertrag einzustufenden Vertrages beruht auf Artikel 91 Abs. 2 der Landesverfassung. Der Vertrag vom 8. 11. 199656 trat am 28. 3. 1997 in Kraft.57 2. Absatz 2 stimmt mit Artikel 28 Abs. 2 Evangelischer Vertrag Sachsen-Anhalt wortgleich überein. Die damit vereinbarten Gesamtkodifikationen steht u. a. unter dem Vorbehalt von Durchführungsbestimmungen nach den Artikeln 4 Abs. 2 und 3, 5, 9 Abs. 2, 10 Abs. 5, 11 Abs. 3, 12 Abs. 3, 14 Abs. 1 und 15 Abs. 2.

II. Verträge mit dem Heiligen Stuhl 1. Sachsen Art. 27: (1) Dieser Vertrag, dessen italienischer und deutsche Text gleiche Kraft haben, bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen möglichst bald ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag einschließlich des Schlussprotokolls, das Bestandteil des Vertrages ist, tritt am Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Regierungsbegründung Absatz 1 legt fest, dass der Vertrag zweisprachig abgefasst ist und beide Fassungen gleichermaßen verbindlich sind. Daneben wird klargestellt, dass der Vertrag der Ratifizierung und damit der Zustimmung des Sächsischen Landtags bedarf. Absatz 2 trifft die übliche Regelung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages. Gleiches gilt für das Schlussprotokoll, das Bestandteil des Vertrages ist und damit dieselbe Bindungswirkung und normative Geltungskraft wie der Vertragstext selbst aufweist.

Kommentierung 1. Die Absätze 1 und 2 stimmen im Wesentlichen mit Artikel 26 des Konkordats Sachsen-Anhalt überein. Die Ratifizierungsbedürftigkeit ergibt sich aus Artikel 65 Abs. 2 der Landesverfassung, weil der Vertrag mit seiner umfassenden Regelung 56

GVBl. I 1997, S. 4, erg. S. 13. Bek. vom 16. 4. 1997, GVBl. I S. 62; S. 4 (13); Zustimmungen der Kirchen: BerlinBrandenburg, KiG vom 14. 11. 1996, ABl. 1997, S. 14; KPS KiG vom 16. 11. 1996, ABl. S. 164; Schlesische Oberlausitz: NotVO vom 11. 11. 1996, ABl. 1997, S. 6, bestätigt durch Synoden-Beschluss vom 13. 4. 1997; Sächsische Kirche: KiG vom 21. 11. 1996, ABl. S. A 245; Mecklenburgische Kirche: Beschl. vom 7. 12. 1996, ABl. S. 86. 57

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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als Staatsvertrag zu klassifizieren ist. Der Vertrag vom 2. 7. 199658 trat am 30. 4. 1997 in Kraft.59 2. Artikel 27 enthält keine Kodifikationsklausel. Die Vertragsparteien begnügten sich mit der Formulierung der Präambel, 3. Anstrich, demzufolge der Vertrag auf der Grundlage und in Fortbildung des Reichskonkordats und des Preußenkonkordats gestaltet sei, wobei die Amtliche Begründung zum Ausdruck bringt, dass der neue Vertrag abweichende „sachgerechte Lösungen“ für die in die Landeskompetenz fallenden Materien aus den alten Verträgen enthält.60 Für nicht geregelte Materien, die aber nicht ersichtlich sind, könnten somit die alten Konkordate – das Preußenkonkordat in den ehemals preußischen Gebieten – herangezogen werden. 2. Thüringen Art. 32: (1) Dieser Vertrag, dessen deutscher und italienischer Text gleiche Kraft haben, soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag einschließlich des Schlussprotokolls, das Bestandteil des Vertrages ist, tritt am Tage nach diesem Austausch in Kraft. Art. 30: Regelungen in diesem Vertrag und dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen über die Errichtung des Bistums Erfurt vom 14. Juni 1994 gehen inhaltlich abweichenden oder inhaltlich übereinstimmenden Regelungen in älteren konkordatären Verträgen vor, soweit sie denselben Gegenstand betreffen. Schlussprotokoll: Im Übrigen besteht Übereinstimmung zwischen den Vertragsschließenden, dass – auch soweit das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 den Freistaat Thüringen bindet – die Bestimmungen dieses Konkordates über die Anforderungen an geistliche Ordensobere (Artikel15 Abs. 2 Satz 3) und über die Bekenntnisschule (Artikel 23 und 24) sowie die Bestimmungen des Artikels 32 dieses Konkordates im Verhältnis zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen nicht angewendet werden.

Regierungsbegründung Zu Artikel 32 Diese Regelung betrifft das Ratifikationsverfahren sowie das Inkrafttreten des Vertrags. Zu Artikel 30 Artikel 30 entha¨ lt die bereits in der Einleitung dargestellte Vorrangregelung. Im Zusammenspiel mit dem Schlussprotokoll zu Artikel 30 und dem Bemu¨ hen der Vertragsparteien des neuen Vertrags, Neuregelungen fu¨ r alle im Preußenkonkordat und im Reichskonkordat geregelten Materien zu treffen, die in die La¨ nderkompetenz fallen (vgl. dazu die Einleitung), stellt sie sicher, dass den umstrittenen Fragen einer Bindung des Reichskonkordats im Verha¨ ltnis zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thu¨ ringen und der Geltung des Preußenkonkordats 58

GVBl. 1997, S. 18. Bek. vom 13. 5. 1997, GVBl. S. 430. 60 Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3612, S. 2. 59

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Artikel 28 – Inkrafttreten

fu¨ r den Freistaat Thu¨ ringen nach Ratifizierung des jetzt abzuschließenden Vertrags keine praktische Bedeutung mehr zukommt.

Kommentierung 1. Artikel 32 stimmt mit den entsprechenden Formulierungen in den anderen Konkordaten im Wesentlichen überein. Der Vertrag vom 11. 6. 199761 ist am 7. 10. 1997 in Kraft getreten.62 2. Artikel 30 stellt sich nicht nur als Kollisions-, sondern mittelbar auch als Kodifikationsklausel dar, weil diese Bestimmung, die in dieser Form auch der Auffassung des Heiligen Stuhls über die grundsätzliche Geltung der alten Konkordate am meisten Rechnung trägt und insofern ein Kompromiss zwischen den divergierenden Auffassungen der Vertragsparteien ist63, dazu führt, dass der Vertrag zusammen mit dem Schlussprotokoll und der Bestätigung des Bistumserrichtungsvertrags Erfurt64 praktisch alle in die Landeskompetenz fallenden und verfassungsrechtlich regelbaren Materien neu regelt und damit die alten Verträge (Reichkonkordat und für die ehemals preußischen Gebiete das Preußenkonkordat) ersetzt.65 Ob die Bestimmungen des Schlussprotokolls bezüglich der Ersetzung der Artikel 15 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, 23, 24 und 32 des Reichskonkordats konstitutiv sind oder, weil diese Materien entweder im Vertrag schon geregelt oder aus verfassungsrechtlichen Gründen gar nicht regelbar waren, nur Unsicherheiten vermeiden sollen und insofern deklaratorischen Charakter haben, kann offen bleiben.66 Der im Schlussprotokoll enthaltene Hinweis auf eine noch nicht gesicherte Bindung des Freistaats durch das Reichskonkordat nimmt auf das Offenhalten dieser Frage in Absatz 1 der Präambel Bezug.67 3. Mecklenburg-Vorpommern Art. 26: (1) Dieser Vertrag, der in deutscher und italienischer Sprache ausgefertigt ist, soll ratifiziert werden. Er tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. (2) Zur Urkunde dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterschrieben. 61

GVBl. S. 266. Bek. vom 13. 11. 1997, GVBl. S. 417. 63 Vgl. H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 472, mit Hinweis auf den der Amtlichen Begründung (Fn. 92), S. 20 f. wiedergegebenen Briefwechsel zwischen dem Freistaat und dem Heiligen Stuhl (Brief der Nuntiatur vom 7. 8. 1995); vgl. ferner R. Raith, Der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen vom 11. 6. 1997, KuR 2003, S. 141 (144 f.). 64 GVBl. S. 791, darin die Politische Klausel bei Ernennung eines Koadjutors (Abs. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 3) und Verzicht auf den Treueid des Bischofs (Abs. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 3). 65 So auch ausführlich die Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/2100, S. 23 f., 30. 66 Siehe dazu Erl. B. II. 4. [2.], die zur Einschätzung einer nur deklaratorischen Eigenschaft führen; a. A. bezüglich Art. 32 RK H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 472 Fn. 30. 67 Siehe Erl. B. II. 4. [1.]; zur Präambel, 3. Anstrich; vgl. auch die Amtliche Begründung (Fn. 92), S. 21. 62

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Art. 25: (1) Die in diesem Vertrag behandelten Gegenstände der Beziehungen zwischen Land und der Kirche sind durch diesen Vertrag abschließend geregelt. (2) Unberührt bleibt der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung von Erzbistum und Kirchenprovinz Hamburg vom 22. September 1994. (3) Unberührt bleiben die Bestimmungen des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 über das Verfahren bei der Besetzung des Bischöflichen Stuhles, bei der Ernennung eines Koadjutors sowie bei der Besetzung der Kanonikate in Berlin. Diese Bestimmungen gelten für das Erzbistum Berlin auch in Bezug auf das Land Mecklenburg-Vorpommern, solange keine andere Vereinbarung erfolgt. (4) Unberührt bleibt auch die Fortgeltung der in der Präambel genannten Verträge.

Regierungsbegründung Zu Artikel 26 Absatz 1 entha¨ lt die fu¨ r vo¨ lkerrechtliche Vertra¨ ge u¨ bliche Sprachregelung und Bestimmung u¨ ber die Ratifizierung. Soweit dieser Vertrag Wirkungen in Deutschland entfaltet, ist die deutsche Fassung, die allein Gegenstand der Verhandlungen war bedeutsam. Vo¨ lkerrechtlich sind beide Texte gleichrangig. Zu Artikel 25 Absatz 1 bestimmt, dass die in diesem Vertrag beru¨ hrten Materien durch diesen Vertrag abschließend geregelt wird. Fu¨ r die praktische Rechtsanwendung hat das zur Folge, dass – von den Ausnahmen der Abs. 2 bis 4 abgesehen – keine anderen Vertra¨ ge oder Vereinbarungen zwischen Land und Heiligem Stuhl Anwendung haben. Denn in diesem Vertrag sind u. a. alle Materien geregelt, die bislang im Reichskonkordat oder im sogenannten Preußenkonkordat geregelt sind. Absatz 2 stellt klar, dass der vierseitige Vertrag u¨ ber die Errichtung des Erzbistums Hamburg unberu¨ hrt bleibt. Absatz 3 bestimmt, dass die genannten Bestimmungen des „Preußen-Konkordates“ hinsichtlich der Mitwirkung der betroffenen Landesregierungen auch fu¨ r das neue Erzbistum Berlin und auch fu¨ r das Land Mecklenburg-Vorpommern gelten. Damit ist klargestellt, dass Mecklenburg-Vorpommern die gleichen Mitwirkungsrechte hat wie Berlin oder Brandenburg. Eine andere Vereinbarung, um diese u¨ berkommenen Mitwirkungsrechte den heutigen Erfordernissen anzupassen, ist aber ausdru¨ cklich mo¨ glich. Absatz 4 ist eine abstrakte Fortgeltungsklausel, die ihre Wirkung nur in dem Fall entfaltet, dass der jetzige Kirchenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern ersatzlos außer Kraft treten sollte. Fu¨ r die Dauer der Geltung dieses Vertrages ist die Bestimmung des Absatzes 1 bedeutsam.

Kommentierung 1. Artikel 26 Abs. 1 trägt bezüglich der Ratifikationsbedürftigkeit Artikel 47 Abs. 2 der Landesverfassung Rechnung. Das Inkrafttreten des Vertrages setzte

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Artikel 28 – Inkrafttreten

gemäß Satz 2 den Austausch formeller Urkunden, nicht nur formloser „Mitteilungen“68 voraus. Der Vertrag vom 15. 9. 199769 trat am 22. 12. 1997 in Kraft.70 2. Artikel 25 Abs. 1 stimmt nahezu wortgleich mit Artikel 25 des Konkordats Sachsen-Anhalt und inhaltlich mit Artikel 28 Abs. 2 Satz des Evangelischen Vertrages Mecklenburg-Vorpommern überein; von letzterem unterscheidet er sich allerdings durch den Wegfall der dort in Satz 2 enthaltenen Bestimmung, dass der Vertrag alle früheren vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen ersetzt, was eine förmliche Außerkraftsetzung des Reichskonkordats und des Preußenkonkordats bedeutet hätte und von der Katholischen Kirche aus grundsätzlichen Erwägungen nicht akzeptiert worden wäre. Die „behandelten Gegenstände“71 decken vorbehaltlich in die Bundeszuständigkeit fallender Materien und der durch die Absätze 2 und 3 einbezogenen Verträge72 alle Regelungen in den alten Verträgen, soweit sie verfassungsrechtlich zulässig waren, ab, so dass auch bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung der Verträge praktisch keine ihrer Bestimmungen mehr anwendbar sind, was ihre Heranziehung zu Auslegungen aber nicht ausschließt; für die im neuen Vertrag noch nicht behandelten staatlichen theologischen Studiengänge (Art. 19 RK) ist nach Artikel 6 eine gesonderte Vereinbarung vorgesehen.73 3. Die ausdrückliche Bestandsbestätigung für den Erzbistumserrichtungsvertrag Hamburg durch Artikel 25 Abs. 2 – mit der Formulierung „unberührt bleiben“ – war angezeigt, weil sonst dort geregelte Abweichungen von den alten Verträgen möglicherweise nicht beachtet worden wären. Anlass zu Umkehrschlüssen gibt die Bestimmung nicht. 4. Artikel 25 Abs. 3 ergänzt den nur für den Landesteil Mecklenburg geltenden Artikel 6 Erzbistumserrichtungsvertrag Hamburg bezüglich des sog. „deutschen Privilegs“ bei der Ämterbesetzung (Bischofswahl durch das Kapitel) durch eine Vereinbarung über die Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des Preußenkonkordats für den der Kirchenprovinz Berlin zugehörigen Landesteil Vorpommern.74 Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass im Umkehrschluss die Anwendung aller nicht genannten Bestimmungen des Preußenkonkordats von vornherein ausgeschlossen 68

So Art. 28 Abs. 1 Evangelischer Vertrag. GVOBl. 1998, S. 3. 70 Bek. vom 5. 1. 1998 GOVBl., S. 12; GVOBl. S. 12. 71 Die Amtliche Begr. (LT-Drs. 2/3100, S. 15) spricht von „berührten Materien“, was nicht unbedingt deckungsgleich zu sein braucht. 72 So nach Abs. 2 aus dem Erzbistumserrichtungsvertrag Bestimmungen über die Besetzung kirchlicher Ämter gemäß den Art. 4, 5 und 6 sowie zum Verzicht auf den Treueid (Art. 7) und auf die Politische Klausel (Umkehrschluss aus Art. 6 Abs. 2); vgl. dazu die Amtliche Begründung, LT-Drs. 1/4449, S. 16. 73 Bezüglich des Parteimitgliedschaftsverbots für Geistliche (Art. 32) siehe Erl. B. II. 4. [2.]. 74 Näheres siehe Erl. B. II. 3. [5. b)] zu Art. 2. 69

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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bleiben soll, wie vor dem Hintergrund der Präambel, letzter Satzteil, eine wort- und sinngemäße Auslegung des Absatzes 4 ergibt.75 Vielmehr wird nur eine den Vertragspartnern besonders wichtig erscheinende, im Interesse der Gleichbehandlung angezeigte Regelung hervorgehoben; anderenfalls könnte fraglich erscheinen, ob diese Regelung als ein durch Artikel 25 Abs. 1 „abschließend“ ausgegrenzter „Gegenstand“ anzusehen wäre, so dass gemäß Absatz 1 die Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des Preußenkonkordats trotz Absatz 4 ausgeschlossen wäre. Der letzte Halbsatz ist ein Entgegenkommen an die Kritiker einer Fort- oder Wiedergeltung der ihnen als überholt erscheinenden Bestimmungen des Preußenkonkordats, insbesondere zum Treueid und zur Politischen Klausel. 5. Artikel 25 Abs. 4 enthält ein klares Votum zugunsten der Vereinbarung über eine Fortgeltung (nach hier vertretener Auffassung: einer Wiedergeltung) des Reichskonkordats, aber zweifellos für die der Landeskompetenz unterliegenden Bestimmungen, und des Preußenkonkordats. Die anscheinend entgegenstehende, aber auch nicht mit der Auffassung der Kirche übereinstimmende Auffassung des Landes, dass es sich nur um eine „abstrakte Fortgeltungsklausel“ für den Fall des Wegfalles des Konkordats handle,76 kann nur für den Bereich der Kodifikationsklausel zutreffen, nicht soweit nicht-„behandelte Gegenstände“ in Erscheinung treten sollten.77 Absatz 4 entspricht der herrschenden Lehre über die Aufrechterhaltung des Preußenkonkordats infolge der Subsidiarität des Artikels 2 RK.78 4. Sachsen-Anhalt Art. 26: (1) Dieser Vertrag, dessen deutscher und italienischer Text gleichermaßen verbindlich ist, bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen möglichst bald ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag, einschließlich des Schlussprotokolls, das einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bildet, tritt am Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Art. 25: Die in diesem Vertrag behandelten Gegenstände der Beziehungen zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und der Katholischen Kirche sind in diesem Vertrag abschließend geregelt.

75

Siehe Erl. 5. Amtliche Begründung, LT-Drs. 2/3100, S. 25. 77 Vgl. auch die Amtliche Begründung zur Präambel, letzter Halbsatz, wonach „Näheres“ Art. 25 regle (Fn. 87), S. 17. 78 Siehe Erl C I 2. 76

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Artikel 28 – Inkrafttreten

Regierungsbegründung Zu Artikel 26 Abs. 1 legt fest, dass der Vertrag zweisprachig abgefasst ist und beide Fassungen gleichermaßen verbindlich sind. Daneben wird klargestellt, dass der Vertrag der Ratifizierung und damit der Zustimmung des Landtages von Sachsen-Anhalt bedarf. Abs. 2 trifft die u¨ bliche Regelung u¨ ber den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages. Gleiches gilt fu¨ r das Schlussprotokoll, das Bestandteil des Vertrages ist und damit dieselbe Bindungswirkung und normative Geltungskraft wie der Vertragstext selber aufweist. Zu Artikel 25 Art. 25 bringt die u¨ bereinstimmende Auffassung der Vertragspartner zum Ausdruck, ku¨ nftig nur den vorliegenden Vertrag auf ihre Rechtsbeziehungen bezu¨ glich der darin geregelten Ma¨ ltere vertragliche Vereinbarungen sind damit nicht mehr gu¨ ltig. terien anzuwenden. A

Kommentierung 1. Artikel 26 unterscheidet sich in den Absätzen 1 und 2 vom Evangelischen Vertrag nur durch den – auch in völkerrechtlichen Verträgen üblichen – Hinweis auf die gleiche Geltung der beiden Textsprachen, durch den Wunsch auf Bescheinigung des Urkunden-Austausch und durch die Geltungsbestätigung für das Schlussprotokoll. Der Vertrag vom 15. 1. 199879 trat am 23. 4. 1998 in Kraft.80 Eine förmliche Unterrichtung der Bundesregierung fand – auch in Konsequenz der streitigen Verhandlungen über die Kompetenz für den Abschluss des Bistumserrichtungsvertrages81 – wohl zu Recht nicht statt, weil Konkordate entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keine Verträge im Sinne des Artikels 32 Abs. 3 GG sind82 und nur Landeszuständigkeiten Vertragsinhalt sind.83

79

GVBl. S. 161 Bek. vom 28. 4. 1998, GVBl. S. 263. Zur Ratifizierung der Konkordate vgl. A. Campenhausen, in: v. Mangold/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2001, Bd. 3, Art. 140 Rn. 56. 81 Vgl. die ausführliche Darstellung bei Chr. Halm, Die Errichtung des Erzbistums und der Kirchenprovinz Hamburg durch Vertrag vom 22. September 1994, 2000, S. 45 ff.; ferner A. Vulpius, Das Verhältnis zwischen Staat und Kirchen in den Neuen Bundesländern, in: Deutsche Sektion der Internationalen Juristen-Kommission (Hrsg.), Religionsfreiheit, 1996, S. 61 (68 f.). 82 BVerfGE 6, 309 (362); vgl. auch den Streit zwischen dem Bund und dem Land Niedersachsen anlässlich der Verhandlungen über das nds. Konkordat; der entsprechende Briefwechsel ist abgedr. bei J. Listl, Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, 1987, Bd. 2, S. 32 ff.; vgl. auch die Amtliche Begründung zur Präambel des Konkordats Mecklenburg-Vorpommern, LT-Drs. 2/4475, S. 17. 83 Siehe auch A. Hollerbach, Vertragliche Grundlagen, S. 278, Fn. 87 a. E. mit Nachtr.; informell erhielt das Bundesministerium des Inneren Kenntnis von dem Vertragsabschluss im Rahmen der regelmäßigen Besprechungen der Kirchen-Referenten der Länder; andererseits übersandte der Heilige Stuhl – wie bei allen Konkordaten – den Vertragsentwurf über die Nuntiatur an das Auswärtige Amt unter Berufung auf Art. 11 RK. 80

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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2. Artikel 25 enthält eine Kodifikationsklausel84, allerdings beschränkt auf die „in diesem Vertrag geregelten Gegenstände“. Für nicht geregelte Materien kommen im Prinzip auch ältere Regelungen in Betracht85, also solche des laut Absatz 3 der Präambel als geltend bestätigten Reichskonkordats. Nach hier vertretener Auffassung kann es sich dabei aber nur um die Bestätigung einer Wiedergeltung nach Maßgabe des – nach unterschiedlichen Auffassungen entweder konstitutiv oder, in Anwendung des Prinzips der „beweglichen Vertragsgrenzen“, deklaratorisch wirkenden – Artikels 11 Ev. Vertrag handeln86; weil die einer Fortgeltung des Preußischen Evangelischen Vertrags während der DDR-Zeit entgegenstehenden Faktoren87 ganz überwiegend auch für die Konkordate bestimmend waren.88 Die Wiedergeltung des Reichskonkordats soll allerdings nur gelten, „soweit es das Land bindet“ (Abs. 3 der Präambel).89 Ebenfalls in Betracht gezogen werden könnten die Bestimmungen 84

Zu den Kodifikationsklauseln in den Konkordaten vgl. ausführlicher H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 469 ff.; im Vertrag vorbehalten sind Durchführungsvereinbarungen nach den Art. 4 Abs. 4, 5, 6 Abs. 1, des Schlussprotokolls zu Art. 5 Abs. 1, 7, Abs. 2, 10, Abs. 3, 15, Abs. 4, 15, Abs. 4 sowie Abs. 2 des Schlussprotokolls Zu Art. 19 Abs. 4. 85 Unscharf insofern die Amtl. Begr. (LT-Drs. 2/4475, S. 57), mit der generellen Aussage, ältere Verträge seien damit nicht mehr gültig; vgl. dazu H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 471. 86 Vgl. dazu A. Hollerbach, Vertragsrechtliche Grundlagen (Fn. 23), S. 264; W. Rüfner, Geltung des Reichskonkordats, S. 346; ders., Deutsche Einheit, S. 63; J. Listl, Wiederaufbau, S. 421; ders., Staatskirchenrecht S. 168; A. v. Campenhausen, HStR, Bd. IX, § 270, Rn. 37; J. Depenbrock, Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 737; H. Kremser, Rechtsstatus (Fn. 22), S. 236; Chr. Halm, Die Errichtung (Fn. 60), S. 83; a. A. H. v. Mangoldt, Entfaltung, S. 76 f.; L. Renck, Die neuen Bundesländer und das Reichkonkordat, NVwZ 1994, 770 (771). 87 Siehe Erl. A. [c)]. 88 Siehe die in Erl. A. [c)] Fn. 31 für das RK angeführten Nachweise; vgl. ferner die Amtliche Begründung zum Bistumserrichtungsvertrag Magdeburg vom 13. 4. 1994 (LT-Drs. 1/ 3636, S.16); kennzeichnend war z. B. die erst nachträgliche Unterrichtung der DDR-Regierung. Von der Ernennung Apostolischer Administratoren für Erfurt-Meiningen, Magdeburg und Schwerin (Dokumente zur Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik, 197,3 Bd. XXI, 2. Halbband, S. 1095); a. A. A. Hollerbach, Rechtsprobleme der Katholischen Kirche im geteilten Deutschland, in: G. Ziegler (Hrsg.) Die Rechtsstellung der Kirchen im geteilten Deutschland, 1989, S. 127 (130): „Kirchliches Partikularrecht“; A. v. Campenhausen, HStR, Bd. IX, § 270, Rn. 32 f.; J. Depenbrock, Fortgeltung des Reichskonkordats, S. 737 f.; zu J. Listls Annahme eines „Schwebezustands“ siehe Erl. A. [c)]. 89 Siehe zu dieser den Bistumserrichtungsverträgen entnommenen Kompromissklausel Erl. zur Präambel, 3. Anstrich; ausführlich zur Klausel A. Vulpius, Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in den Neuen Bundesländern, in: Religionsfreiheit, hrsg. von der Deutschen Sektion der Internationalen Juristen-Kommission, Reihe Rechtsstaat in der Bewährung, Bd. 31, 1996, S. 61 (71 ff.). H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 471, leitet aus dieser Formulierung die bewusste Vermeidung einer Stellungnahme zur Vertragsbindung ab, wenngleich im Falle einer Betonung des Wortes „Länder“ hierin auch eine Zuständigkeitsabgrenzung gesehen werden kann; die abweichende Auffassung einiger Landespolitiker gegenüber einer Geltung des RK überhaupt überzeugt schon deshalb nicht, weil die Verträge mehrfach auf das RK Bezug nehmen, z. B. auf Art. 11 (Diözesan-Neuorganisation), 14 Abs. 2 Nr. 1 (Anstellungsvoraussetzungen für Geistliche) und Nr. 2 (Politische Klausel) sowie 16 (Treueid).

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Artikel 28 – Inkrafttreten

des Preußenkonkordats von 1929, das zwar in Absatz 3 der Präambel nur als zu „würdigen“ angeführt ist, aber nach verbreiteter Auffassung von dem nur subsidiär geltenden Reichskonkordat gemäß dessen Artikel 2 „transportiert“ wird und damit ebenfalls nach Artikel 11 Ev. Vertrag Geltung erlangt hat90, wenn auch nicht vertraglich bestätigt. Soweit das Reichskonkordat unter die Bundeskompetenz fallende Bestimmungen enthält91, sind sie ohnehin einer Landesvertragsregelung entzogen. Das sog. deutsche Privileg bei der Bischofwahl (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, und 3 RK) ist im Schlussprotokoll zu Artikel 12 Abs. 1 des Konkordats sowie in Artikel 3 des Bistumserrichtungsvertrags Magdeburg vom 13. 4. 1994 bestätigt; auf eine Regelung der Anstellungsvoraussetzungen für Geistliche (Triennium, Art. 14 Abs. 2 RK) wird in Absatz 3 des Schlussprotokolls zu Artikel 12, auf den Treueid der Bischöfe (Art. 16 RK) ebendort verzichtet. Der Erlaubnisvorbehalt für staatliche Einstellungen von Geistlichen (Art. 7 RK) und der Gebrauch der Muttersprache gegenüber fremdsprachigen Kirchenmitgliedern sind durch das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Art. 2) im Sinne der den Vertragsparteien geläufigen Konzeptionen des Grundgesetzes abgedeckt; das Verbot einer Mitgliedschaft von Geistlichen in politischen Parteien (Art. 32 RK) unterliegt ebenfalls dem Selbstbestimmungsrecht, als staatliche Forderung würde es gegen die Parteienfreiheit (Art. 21 Abs. 1 GG) verstoßen.92 Die Garantie für Bekenntnisschulen (Art. 23 RK) kann angesichts Artikels 26 Abs. 2 der Landesverfassung (Gemeinschaftsschulen) nicht mehr Vertragsgegenstand sein. Damit trägt die Geltungsbestätigung für das Reichskonkordat in der Präambel nur noch dem Wunsch der Katholischen Kirche auf grundsätzliche Kontinuitätsbestätigung für Konkordate Rechnung.93 Auch das Preußenkonkordat enthält keine über die neuen Verträge hinausgehenden, nicht-„berührten“ Bestimmungen.94

90 Vgl. W. Rüfner, Deutsche Einheit, S. 64; ders., Geltung des Reichskonkordats. S. 349; K. Hartelt, Verträge S. 63; A. Hollerbach, Grundlagen des Vertragsrechts, S. 264; J. Listl, Wiederaufbau, S. 422 f.; J. Depenbrock, Fortgeltung der Staatskirchenverträge, S. 416; A. Vulpius, Der Evangelische Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Nihil obstat-Frage, JöR NF 43 (1995) S. 327 (336: „Huckepackverfahren“); zweifelnd H. Weber, Essener Gespräche Bd. 29 (1995), Disk., S. 204. 91 So die Art. 2 Abs. 2, 3, 4, 5, 6, 8 und 27. 92 Nach H. Weber, Neue Staatskirchenverträge, S. 472 Fn. 30 kann Art. 32 RK nicht als ersetzt angesehen werden, weshalb die Nichtanwendung im Schlussprotokoll zu Art. 30 des Konkordats Thüringen ausdrücklich vereinbart worden sei. 93 Vgl. dazu H. U. Anke, Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern, 2000, S. 224; zu vergleichbaren Verhandlungen vgl. E. G. Mahrenholz, Das Niedersächsische Konkordat und der Ergänzungsvertrag zum Loccumer Vertrag, ZevKR 12 (1966), S. 217. 94 Die organisatorischen Bestimmungen des Art. 2 PrK wurden durch die Art. 1 und 2, des Art. 8 PrK durch Art. 4 des Bistumserrichtungsvertrages Magdeburg v. 13. 4. 1994 abgelöst; vgl. im Übrigen die – allerdings etwas widersprüchliche – Amtliche Begründung (LT-Drs. 2/ 4475, S. 39 zur Präambel unter c) und zu Art. 25, ebd., S. 57.

B. Entsprechende Bestimmungen der weiteren Regelwerke

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Mit dieser Übersicht ist auch der Streit über den Vertragscharakter – Ergänzungsvertrag oder Vollvertrag – zwar theoretisch und nach der Gesamtkonzeption zugunsten ersterem, praktisch aber zugunsten letzterem entschieden.95 Die Ablösung der Bestimmungen des Reichskonkordats ist nicht als Eingriff in die Bundeszuständigkeit anzusehen, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Änderungskompetenz der Länder anerkannt hat.96 5. Brandenburg Art. 25: (1) Dieser Vertrag einschließlich des Schlussprotokolls, das Bestandteil des Vertrages ist, dessen deutscher und italienischer Text gleichermaßen verbindlich ist, bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen möglichst bald ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag tritt am Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Regierungsbegründung Die Bestimmung entha¨ lt die in solchen Vertra¨ gen u¨ bliche Festlegung des Zeitpunktes, in dem der Vertrag in Kraft tritt.

Kommentierung 1. Artikel 25 stimmt bezüglich der Ratifizierung mit Artikel 26 Abs. 1 des Evangelischen Vertrags im Wesentlichen überein. Die Ratifizierungsbedürftigkeit ergibt sich aus Artikel 91 Abs. 2 der Landesverfassung. Der Hinweis auf die gleichwertige Geltung des Schlussprotokolls ersetzt den zweiten Halbsatz der Einführung zum Schlussprotokoll des Evangelischen Vertrags. Auf eine Erwähnung der Formalien wurde verzichtet. Der Vertrag vom 12. 11. 200397 trat am 26. 6. 2004 in Kraft.98 2. Eine Kodifikationsklausel enthält der Vertrag zwar nicht, doch weist der letzte Halbsatz der Präambel darauf hin, dass der Vertrag die (gesamte) „Rechtslage“ der Katholischen Kirche in Brandenburg regeln soll; das Verhältnis zu den alten Verträgen wird offengelassen.99

95 Vgl. die Auseinandersetzung anlässlich der 1. Lesung zwischen Ministerin Schubert und den Abg. Scharff und Dr. Bergner, LT-Protokolle, 2. Wahlperiode, Sitzung vom 20. 1. 1998, S. 5785 f. 96 BVerfGE 6, 309 (336 ff.); dazu H. v. Bose, Neue Entwicklungen im Staatskirchenrecht – Der Vertrag zwischen Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt, LKV 1998, 295 (296); H. U. Anke, Neubestimmung (Fn. 93), S. 373 f. 97 GVBl. I 2004, S. 224; die Amtliche Begründung enthält die LT-Drs. 3/6879. 98 Bek. vom 21. 06. 2004, GVBl. I, S. 390. 99 Siehe. Erl. zur Präambel, 3. Anstrich.