Kolonialbeamtengesetz vom 8. Juni 1910: Auf Grund der Gesetzesmaterialien erläutert und mit den ergänzenden Gesetzen, insbesondere dem Reichsbeamtengesetz und dem Beamtenhinterbliebenengesetz [Reprint 2021 ed.] 9783112446843, 9783112446836


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German Pages 131 [140] Year 1911

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Kolonialbeamtengesetz vom 8. Juni 1910: Auf Grund der Gesetzesmaterialien erläutert und mit den ergänzenden Gesetzen, insbesondere dem Reichsbeamtengesetz und dem Beamtenhinterbliebenengesetz [Reprint 2021 ed.]
 9783112446843, 9783112446836

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Uolonialbeamtengesetz vom 8. Juni (9(0 auf Grund der Gesetzesmaterialien erläutert und mit den ergänzenden Gesetzen, insbesondere

dem Veichrbeamtengefetz und dem Veamtenhinterbliebenengesetz, heransgegeben von

Dr. Zriedrich Doerr, A. Amtsrichter, ssrivatdozent an der Universität München.

1910.

München und Vertin. 3. Schweitzer Verlag (Arthur Lellier).

Druck: Dr. F. P. Datterer & Cie., Freising u. München

Inhalt 88

Einleitung Kslauialbeamteugesetz vom 8. Juni 1910 Allgemeine Vorschriften Besoldung Pflichten und Rechte Versetzung in ein anderes Amt . .

1 2, 3 4—10 11

Einstweilige Versetzung in den Ruhe­ stand .................................................12 Versetzung in den Ruhestand ... 13 Pensions- und Wartegeldansprüche . 14—31 Ansprüche der Hinterbliebenen . . 32—39 Dienstvergehen, Disziplinarverfahren 40—43 Sonstige Vorschriften 44—47 Besondere Vorschriften für richterliche Beamte 48—51 Besondere Vorschriften für Schutztruppenbeamte . 52—54 Besondere Vorschriften für Polizeioeamte 55, 56 Vorschriften für Kommunalbeamte, Ehrenbeamte und Notare ... 57 Vorschriften für eingeborene Beamte 58 Schlußvorschriften 59—62 NeichStzeamteugefetz in der Fassung der Bekannt­ machung vom 18. Mai 1907 veamteuhiuterbliedeuengeseh vom 17. Mai 1907 AlphatzetischeS Sachregister

Seite 1

5 7 12 20

21 22 22 46 56 60

63

68 70 71 72 72

77 119 126

Einleitung. Die Rechtsverhältnisse der Kolonialbcamten waren bisher nicht gesetzlich geregelt. Anfänglich waren in den Schutzgebieten nur Beamte tätig, die als Reichsbeamte dorthin entsandt und in allen Beziehungen den für die letzteren geltenden Vorschriften, insbesondere auch denjenigen des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873, unterworfen waren. Ein am 31. Mai 1887 erlassenes Gesetz, betreffend die Rechtsververhältnisse der Kaiserlichen Beamten in den Schutzge­ bieten (RGBl. S. 211), beschränkte sich dementsprechend darauf, in Ergänzung des RBG. über die Doppelrechnung der in den Schutzgebieten zugebrachten Dienstzeit bei der Pensionierung Bestimmung zu treffen und dem Kaiser die Befugnis zu erteilen, die Gouverneure, Kanzler und Kommissare einstweilig in den Ruhestand zu versetzen. Ein Bedürfnis nach umfassenden Vorschriften trat hervor, als einzelne Schutzgebiete etatsrechtlich selbstän­ dig gestellt waren. Für diese wurde ein besonderer Stand von Beamten (Landesbeamten) geschaffen, die nur für den Dienst eines bestimmten Schutzgebiets verpflichtet wurden und ihr Diensteinkommen aus dessen Fonds bezogen. Die erforderliche Regelung wurde damals auf dem Berordnungswege getroffen. Die Handhabe hier­ für bot § 1 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (RGBl. 1888 S. 75, heute § 1 des Schutzgebietsgesetzes, RGBl. 1900 S. 813), der den Kaiser zur Ausübung der Schutzgewalt namens des Reichs ermächtigt. Eine entsprechende Verordnung wurde zunächst (am 3. August 1888) für die Schutzgebiete Ka­ merun und Togo und sodann auch (am 22. April 1894) für Deutsch-Ostafrika erlassen. Die betr. Vorschriften Doerr, Kolonialbeamtengesetz. 1

Einleitung.

wurden späterhin mit einigen Erweiterungen durch die Kaiser!. Verordnung vom 9. August 1896 (RGBl. S. 691) auf sämtliche Schutzgebiete ausgedehnt. Die letztere wurde dann noch durch eine Kaiser!. Verordnung vom 23. Mai 1901 (RGB!. S. 189) ergänzt. Der hierdurch geschaffene Rechtszustand erwies sich im Laufe der Zeit a!s unzulänglich^) Die erwähnten Kaiser!. Verordnungen begnügten sich damit, die Gebühr­ nisse der Beamten, einschließlich der Versorgungsgebühr­ nisse, sowie auch diejenigen ihrer Hinterbliebenen im wesentlichen so zu bemessen, wie es den für die Reichs­ beamten geltenden Grundsätzen entsprach. Die besonde­ ren Verhältnisse, unter denen die Kolonialbeamten tätig sind, ließen indes diese Gebührnisse vielfach als nicht ausreichend erscheinen, zumal die Beamten in den Schutz-gebieten unter den Einwirkungen des Tropenklimas viel schneller verbraucht werden als in der Heimat und häufig schon in den jungen Jahren klimatischen Krankheiten erliegen. Die Vorschriften der Kaiserl. Verordnungen wurden deshalb durch eine Reihe etatsrechtlicher Fest­ setzungen und darauf gegründeter Verwaltungsvorschrif­ ten ergänzt. Der Rechtszustand litt infolgedessen an Unübersichtlichkeiten und Unzuträglichkeiten für die Be­ hörden wie für die Beamten. Aber auch in sachlicher Be­ ziehung bedurfte die Regelung nach verschiedenen Rich­ tungen der Verbesserung. Zunächst waren die Voraus­ setzungen der Pensionierung zum Teil anders zu gestalten (vgl. Anm. zu § 14). Vor allem aber war den Beamten und ihren Hinterbliebenen auf die Zulagen zu den Ver­ sorgungsgebührnissen, welche bisher lediglich im Etat ihre Grundlage fanden und dementsprechend in das Er­ messen der Verwaltung gestellt waren, ein Anspruch zu gewähren, um ihre Rechtslage auch insoweit zu sichern. Um die hiernach notwendige Reform des Kolonial­ beamtenrechts zu verwirklichen, wurde unterm 18. April 1910 dem Reichstage der Entwurf eines Kolonialbeamtcngesetzes, wie solcher vom Bundesrate beschlossen worden 9 Vgl. Tesch, Die Laufbahn der deutschen Kolonialbeamten, Berlin 1908

Einleitung.

3

ist, vorgelegt Nach verhältnismäßig kurzen Beratun­ gen und geringfügigen Änderungen fand der Entwurf die Zustimmung der gesetzgebenden Faktoren. Das Gesetz ist vom 8. Juni 1910 datiert und in der am 16. Juni 1910 in Berlin ausgegebenen Nr. 37 S. 881 ff. des Reichs­ gesetzblattes veröffentlicht. Das KolBG. regelt, indem es vielfach die bisher schon bestandene Verwaltungspraxis gesetzlich festlegt, sämtliche durch das Dienstverhältnis begründeten Pflich­ ten und Rechte der Beamten der Schutzgebiete (für die schon im Interesse der Kürze an Stelle der bisher üblichen Bezeichnung „Landesbeamte der Schutzgebiete" die Be­ zeichnung „Kolonialbeamte" gebraucht wird) in möglichst umfassender und erschöpfender Weise. Soweit mit Rück­ sicht auf die noch immer im Flusse befindliche Entwicke­ lung der Schutzgebiete oder aus sonstigen Zweckmäßig­ keitsgründen von der Aufstellung fester Normen im Gesetze selbst abgesehen werden mußte, ist Vorsorge ge­ troffen, daß eine Regelung im Verordnungswege erfolgen kann. Die Msicht, die Reform zu einer möglichst vollstän­ digen zu gestalten, hat auch dahin geführt, die Beainten der kaiserlichen Schutztruppen in das Gesetz einzubezieheti, wenngleich für diese gewisse Ausnahmebestimmungen not­ wendig sind, weil ihre Versorgungsansprüche und diejenigen ihrer Hinterbliebenen erst durch das Offizierspensionsgesetz vom 31. Mai 1906 (RGBl. S. 565) sowie das Militärhittterbliebenengcsetz vom 17. Mai 1907 (RGBl. S. 214) neu geordnet sind und ihr militärisches Verhältnis auch sonst in mancher Hinsicht eine Sonder­ stellung bedingt. Auf der anderen Seite enthält das Gesetz keine selb­ ständigen Vorschriften über solche Materien, die bereits in den für die Reichsbeamten geltenden gesetzlichen Be­ stimmungen eine für die Verhältnisse der Kolonial­ beamten ebenfalls passende Regelung gefunden haben. Es vertveist vielmehr insoweit, entsprechend dem Vor') Trueff. Nr 30. April 1910

387

— Val Doerr in Ttsch. Kol.-Ztg. vom

4

Einleitung.

gange der Kaiser!. Verordnung vom 9. August 1896 so­ wie auch des Gesetzes für die Landesbeamten in ElsaßLothringen vom 23. Dezember 1873 (Gesetzbl. für ElsaßLothr. S. 479) lediglich auf jene Vorschriften. Abge­ sehen von der erzielten Vereinfachung bietet ein solches Verfahren den weiteren Vorzug, daß durch gleichzeitige Jnbezugnahme der Vorschriften, welche an die Stelle der gegenwärtig geltenden Gesetze (des Reichsbeamtengesetzes oder des Beamtenhinterbliebenengesetzes) treten werden, die Möglichkeit eröffnet wird, alle Änderungen, welche die einschlägigen Bestimmungen jener Gesetze in Zukunft erfahrens) ohne weiteres auch auf die Kolonialbeamten anzuwenden. Das Gesetz, das sich auch in materieller Hinsicht möglichst eng an das geltende Reichsbeamten­ recht anlehnt, beschränkt sich demgemäß darauf, diejenigen Punkte zu regeln, in welchen sich Abweichungen von den Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes und des Beamten­ hinterbliebenengesetzes wegen der besonderen Verhält­ nisse des Kolonialdienstes unvermeidlich sind. i) Eine Neuregelung der Disziplinarverfahrens, inSbes. des Wieder­ aufnahmeverfahrens, ist bereits tu Aussicht genommen.

Kolonialbeamtengesetz. Vom 8. Juni 1910. (RGBl. S. 881.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ic., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:

Allgemeine Vorschriften. § 1. Auf die Beamten, die für den Dienst eines Schutzgebiets angestellt sind (Kolonialbeamten), und ihre Hinterbliebenen finden, soweit sich aus diesem Gesetze nicht ein anderes ergibt, die Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1907 S. 245) und des Beamtenhinterbliebenengesetzes (ReichsGesetzbl. 1907 S. 208) sowie die an ihre Stelle tretenden Vorschriften mit folgender Maßgabe An­ wendung : 1. An Stelle des Reichs und der Einrichtungen des Reichs tritt, soweit nicht in diesem Gesetz ein anderes bestimmt ist, das Schutzgebiet und dessen Einrichtungen. 2. Der Reichsdienst oder der Dienst in einem anderen Schutzgebiete steht dem Dienste in einem Bundesstaate gleich.

6

Allgemeine Vorschriften.

3. Die dem Bundesrate vorbehaltenen Be­ stimmungen und Entscheidungen erfolgen durch den Reichskanzler. § 1 will nicht eine allgemeine Bestimmung des Begriffes „Kolonialbeamte" geben, sondern nur den Kreis derjenigen Beamten abgrenzen, für welche die besonderen Borschriften des Gesetzes gelten sollen, soweit nicht dieses selbst Ausnahmen anordnet. Entscheidend ist der Um­ stand, daß der Beamte ausdrücklich für den Dienst eures Schutzgebiets angestellt ist. Da alsdann für ihn ein Dienstverhältnis nur gegenüber diesem Schutzgebiete be­ gründet wird und nach dem Gesetz über die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete vom 30. März 1892 (RGBl. S. 369) jedes einzelne Schutzgebiet ein selbständi­ ges vermögensrechtliches Subjekt darstellt, so ergeben sich hieraus von vornherein gewisse Abweichungen all­ gemeiner Art von den Vorschriften des Neichsbeamtengesetzes und des Beamtenhinterbliebenengesetzes. Diese sind in Nr. 1 bis 3 aufgeführt?) Nr. 1 bestimmt zunächst, daß, wo in den bezeichneten Gesetzen vom Reich und dessen Einrichtungen gehandelt wird, hierunter im Sinne des vorliegenden Gesetzes das einzelne Schutzgebiet und dessen Einrichtungen zu ver­ stehen sind. Zu beachten ist dabei, daß die Kolonial­ behörden nur in den unteren Instanzen Behörden der Schutzgebiete selbst sind, während die Befugnisse der obersten Behörden für alle Schutzgebiete von Reichsbehörden, dem Reichs-Kolonialamt und dem Reichs-Marineamt, wahrgenommen werden. Die Nr. 1 erleidet daher eine selbstverständliche Ausnahme, soweit von der obersten Reichsbehörde gesprochen wird (§§ 13II, 41, 43, 45). 9 Eidliche Verpflichtung: RBG. § 3. Wegen des Dienste ides der Landesbcamten in den Schutzgebieten s. Kaiser!. Verordnung vum 4. September 1892, KolBl. S. 455, der Richter, Äerichtsschreiber, Notare s. Verf. deS Reichskanzlers, bctr. die Ausübung der Gerichtsbarkeit in den Schutzgebieten Afrikas und der Südsee, vom J?00 8. Mül («Steife § 1 9,t- 3 und 6, § 3a Nr. 3.

Nr. 2 regelt die Frage, wie der Dienst im Reich und in einem anderen Schutzgebiet im Verhältnis zu dem Dienste desjenigen Schutzgebiets zu behandeln ist, für das der Beamte angestellt ist. Aus dem im Eingang des § 1 ausgestellten Grundsätze folgt, daß auf diesen Dienst die den Reichsdienst betreffenden Bestimmungen des NBG. usw. anzuwenden sind. Dem entspricht es, daß der Dienst im Reiche selbst und derjenige in einem anderen Schutz­ gebiete so behandelt wird, wie es in jenen Gesetzen für den Dienst in einem Bundesstaate vorgesehen ist. Nr. 3, wonach im Anschluß an den bisherigen § 3 Ms. 2 Verordnung vom 9. August 1896 die im NBG. usw. dem Bundesrate vorbehaltenen Bestimmungen und Entscheidungen durch den Reichskanzler zu erfolgen haben, trägt dem § 1 SchutzgebG. (RGBl. 1900 S. 813) Rech­ nung, wonach die Staatsgewalt in den deutschen Kolonien im Namen des Reichs von dem Kaiser selbständig ansgeübt wird. Darnach wird es im allgemeinen dem Ver­ fassungsrecht der Schutzgebiete nicht entsprechen, den Bundesrat mit Angelegenheiten laufender Art auf dem Gebiete der Kolonialverwaltung zu besassen.

Sesoldnug.

§ 2. Die Kolonialbeamten erhalten als Dienstein­ kommen im Schutzgebiet 1. ein festes Gehalt, 2. eine Kolonialzulage, zu 1 und 2 nach Maßgabe der etatsrechtlichen Festsetzungen, 3. freie Dienstwohnung mit oder ohne Aus­ stattung oder eine entsprechende Entschädigung (Wohnungsgeld). Die Höhe der Entschädigung (Wohnungsgeld) wird durch den HaushaltsEtat für die Schutzgebiete bestimmt.

8

Besoldung.

Weitere Zulagen können ihnen nach Maßgabe des Etats gewährt werden. Die 88 2, 3, § 11 Abs. 1, § 12 des Besol­ dungsgesetzes vom 15. Juli 1909 (Reichs-Gesetzbl. S. 573) finden entsprechende Anwendung, desgleichen die 88 7 und 8 bezüglich der Festsetzung des pensions­ berechtigenden Gehalts. Während einer dienstlichen Verwendung außer­ halb des Schutzgebiets erhalten die Kolonialbeamten, vorbehaltlich anderweitiger Regelung durch den Etat, ihre pensionsfähigen Bezüge (8 23). Der Reichs­ kanzler bestimmt, wieweit ihnen darüber hinaus die im Abs. 1 genannten Bezüge zu belasten sind. Die Vorschriften des Abs. 4 finden auch darin Anwendung, wenn die vorgesetzte Dienstbehörde im dienstlichen Interesse die Heimreise oder einen sonstigen Aufenthalt eines Beamten außerhalb des Schutz­ gebiets anordnet. Während die Besoldungsverhältnisse der Reichsbcamten durch die besonderen, neben dem RBG. einher­ gehenden Bestimmungen des BesoldungsG. vom 15. 3uli 1909 (RGBl. S. 573) geordnet sind, werden die Bezüge der Kolonialbeamten im allgemeinen auch weiterhin auf etatsrechtlichem Wege geregelt, da die Verhältnisse in den Schutzgebieten noch nicht derart entwickelt sind, daß eiye dauernde Bindung bezüglich aller Einzelheiten des Besoldungsshstems, wie namentlich auch bezüglich der Be­ messung der Gehälter und des Aufrückens in höhere Ge­ haltsstufen, tunlich wäre. Indes legt das Gesetz gewisse Grundzüge für die Regelung fest. Die in Abs. 1 bis 3 erwähnten Bezüge stehen, wie ausdrücklich im Eingänge des § 2 bestimmt ist, den Kolvnialbeamten nur im Schutzgebiete selbst zu, weil sie auf die besonderen dort herrschenden Teuerungsverhältnisse zugeschnitten sind oder doch, soweit es sich um Entschädi-

8 2.

9

gütigen für Aufwendungen handelt, jedenfalls nur dazu bestimmt sind, einen Ersatz für solche Unkosten zu getvähren, zu denen der Beamte gerade infolge seiner dienst­ lichen Tätigkeit im Schutzgebiete genötigt ist. Abs. 1: Für die Höhe des Gehalts sowie der Kolo­ nialzulagen sind die etatsrechtlichen Festsetzungen, also bis auf weiteres die den Denkschriften beigefügten Be­ soldungsordnungen, maßgebend.*) Da die Entschädigung in Abs. 1 Nr. 3 an die Stelle der freien Dienstwohnung tritt, muß sie nach anderen Grundsätzen bemessen werden als der im Besoldungsgesetz für das Reich vorgesehene Wohnungsgeldzuschuß. Zum Unterschied von diesem ist sie deshalb als Wohnungsgeld bezeichnet. Abs. 2: Die Bewilligung weiterer Bezüge hat unter allen Umständen eine vorhergehende Beschlußfassung des Reichstags zur Voraussetzung. Abs. 3: Auf die Kolonialbeamten finden die Vor­ schriften des BesoldungsG. vom 15. Juli 1909 über die Gewährung nur eines Gehalts bei Versehung mehrerer Stellen (§ 2), über das Diensteinkommen für Nebenämter und Zulagen (§ 3) und über die Gewährung und Ver­ sagung von Dienstalterszulagen (§ 11 Abs. 1, § 12) An­ wendung.Die dem § 11 Abs. 2 entsprechenden Vor0 Vgl. Denkschrift, betr. die Regelung der Besoldungen der Beamten in den afrikanischen und Südsee-Schutzgebieten, RGBl. 1910 S. 810 ff., und die Besoldnngsordnungen I. für die Schutzgebiets­ beamten der Zivilverwaltung (a. a. O. S. 815 ff.) und II. für die Schudgebietsbeamten der MUitärverwaltung (a. a. O. S. 829 ff.).

*) Besoldungsgesetz:

6 2. Beamten, welche gleichzeitig mehr als eine der in der Bcsoldungsordnung vorgesehenen Stellen bekleiden, wird das Gehalt nur einmal gewährt, und zwar für diejenige Stelle, für welche das liödifie Gehalt vorgesehen ist. § 3. Tiensteinkommen für Nebenämter und Nebenbeschäftigungen können ebenso wie Zulagen nur insoweit bewilligt werden, als der Reichshaushalts-Etat dies bestimmt oder besondere Fonds dazu zur Verfügung stellt. § 7. Den Militäranwärtern, die neun Jahre und darüber im Leere ubn in der Marine gedient haben, wird bei der ersten etatSinätzigen Anllellung die Militär- und Marinedienstzeit

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Besoldung.

schriften über den Rechtsanspruch der etatmäßigen Rich­ ter auf Gehaltszulagen sind unter „Besondere Borschris­ ten für richterliche Beamte" im § 50 enthalten. Abs. 4: Wird ein Beamter außerhalb des Schuh­ gebiets verwendet, so hat er im allgemeinen nur auf die pensionsfähigen Bezüge, d. h. ein solches Einkommen AuLi soweit diese und die nachfolgende Zivildienstzeit zwölf ftalire übersteigt, bis zu drei Jahren, mindestens jedoch mit einem

Zivildienstzeit zwölf Jahre nicht übersteigt, mit einem Jadre auf das Besoldungsdienstalter angerechnet. Den Militäranwärtern, die weniger als neun Jahre im jheerc und in der Marine gedient haben, wird die tatsächlich abgeleistete Dienstzeit bei der ersten ctatsmäßigen Anstellung als mittlere Beamte oder Kanzleibeamte bis zur Dauer eines Jahres auf das Besoldungsdienstalter an gerechnet. Die vor dem vollendeten 17. Lebensjahre liegende Militär- und Marincdicnstzeit bleibt außer Betracht. 8 8. Werden Unterbeamte aus der Klasse der ehemaligen Militär­ anwärter als mittlere Beamte oder Kanzleibeamte angestellt, so findet eine Anrechnung der Militär- und Marincdienstzeit insoweit statt, als nicht schon die bei der Anstellung als Unterbeamte statt­ gehabte Anrechnung zu einer gleichen Verbesserung des Die»Heinkommens in der neuen Klasse führt. 8 11. Der Beamte ist über die Festsetzung seines Besoldungsdienst ­ alters sowie über die Gewährung oder Versagung einer Dienstal lerszulage schriftlich zu benachrichtigen.

8 12. 15me Tienstalterszulage kann versagt werden, wenn «egen das dienstliche oder außerdienstliche Verhalten des Beamten eine er­ hebliche Ausstellung vorliegt. Vor der Verfügung ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich über die Gründe der beabsichtigten Massregel zu äußern. Wird die Versagung verfügt, so sind dem Beamten die Gründe hierfür zu eröffnen. Gegen die Verfügung steht dem Beamten, sofern sie nicht pon der obersten Reichsbehörde erlassen ist, die Beschwerde an diese zu. Rach Behebung der Anstände ist die vorläufig versagte Zulage zu gewähren, und zwar, wenn die BewilligungsverfügunZ an den» ersten Tage eines Mlendervierteljahrs ergeht, von vielem Lage, andernfalls von dem ersten Tage des folgenden Kalendervierteliahrs ab. Nur aus besonderen aktenkundig zu machenden Gründen ist die Gewährung von einem früheren Zeitpunkt ab zulässig. Eine Nach­ gewährung für rückliegende Rechnungsjahre bedarf der Genehmigung der obersten Reichsbehörde. Die einstweüige Versagung einer Zulage hat für sich allein nicht die Wirkung, daß dadurch der Zeitpunkt für das Aufsteigen in die nächstfolgende Gehaltsstufe hinausgeschoben wird.

§§ 2, 3.

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sprach, wie es etwa den Besoldungsverhältnissen eines gleichartigen Neichsbeamten entsprechen würde. Unter besonderen Umständen werden jedoch Ausnahmen gerecht­ fertigt sein, z. B. wenn ein Beamter zeitweilig im dienst­ lichen Interesse nach einer fremdländischen Kolonie ent­ sandt wird. Die näheren Bestimmungen hierüber werden dem Reichskanzler Vorbehalten, damit es möglich ist, den verschiedenen in der Praxis vorkommenden Fällen Rech­ nung zu tragen.

§ 3. Der Reichskanzler bestimmt, wieweit Kolonial­ beamten und ihren Ehefrauen und ihren ehelichen oder legitimierten Kindern im Schutzgebiete bei Erkrankung freie ärztliche Behandlung, freie Arzneimittel, freier Aufenthalt in einem Krankenhause sowie Ersatz der aus Anlaß der Erkrankung erwachsenden Reisekosten gewährt werden können. Vergünstigungen der hier vorgesehenen Art können sowohl wegen der häufigen durch das tropische Klima verursachten Erkrankungen der Beamten als auch wegen des Mangels an Privatärzten sowie an privaten Apothe­ ken und Krankenhäusern in den Schutzgebieten nicht ent­ behrt werden. § 3 ermächtigt den Reichskanzler, den Umfang der Vergünstigungen sowie die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt oder entzogen werden tonnen, näher zu bestimmen. Da auf entlegenen Stationen es vielfach nötig wird, daß Kranke eines der wenigen in den Schutzgebieten vorhandenen, zumeist an der Küste belegenen Krankenhäuser oder Orte mit günstigerem Klima aufsuchen, Reisen aus einem betätigen Anlaß aber nicht als Dienstreisen im eigentlichen Sinne angesehen werden können, ist ausdrücklich vorgesehen, daß unter Umständen auch Reisekosten, die aus Anlaß eines Krankheitsfalles entstanden sind, vergütet werden können.

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Pflichten und Rechte.

Pflichten') un- Nechte. Urteil i Stelvertretuig. § 4. Die Vorschriften über den Urlaub der Kolonialbeamten und ihre Stellvertretung sowie über die während des Urlaubs zu gewährenden Gebührnisse erläßt der Reichskanzler. § 4 entspricht dem § 14 RBG. mit der schon in Art. 5 Verordnung vom 9. August 1896 enthaltenen Ab­ weichung, daß die erforderlichen Vorschriften vom Reichs­ kanzler zu erlassen sind, um den noch immer starken Veränderungen unterworfenen Verhältnissen in den Schntzgebieten leichter folgen zu können. Außerdem wird dem Reichskanzler auch die Befugnis erteilt, über die während eines Urlaubs zu gewährenden Bezüge Bestimmung zu treffen. An sich würden gemäß § 2 den Beamten nur die pensionsfähigen Bezüge zustehen. Es würde aber zu Härten führen, wenn man die Beamten unter allen Um* ständen hierauf beschränken wollte. Gerade in dem am häufigsten eintretenden Fall, in dem des Heimatsur­ laubs, sind die Beamten regelmäßig zu erheblichen Auf­ wendungen im Interesse der Herstellung der Gesundheit sowie gegebenenfalls derjenigen ihrer Ehefrauen iutb Kinder genötigt. ES soll ihnen deshalb, tote schon bisher (vgl. die Vorschriften des Reichst., betreffend den Urlaub, die Stellvertretung, die Tagegelder, Fuhr- und Umzugs­ kosten der Landesbeamten in den Schutzgebieten mit Aus­ nahme von Kiautschou, vom 31. Mai 1901, Kol Bl. S. 426), während der normalen Zeit des Heimatsur­ laubes, deren Dauer nach den jeweiligen medizinischen Erfahrungen zu bemessen sein wird, die Tropenbeznge belassen werden. Ebenso soll den Beamten die ihnen im Schutzgebiet zustehenden Besoldungsgebührnisse weiter­ gewährt werden, wenn sie, wie z. B. die Beamten in Deutsch-Neuguinea, zeitweise in gesundheitlichem Inter­ esse nach benachbarten Ländern beurlaubt werden müssen, in denen gleiche Teuerungsverhältnisse herrschen. 0 Bgl. RBG. 88 10 ff.

88 4, 5.

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Wegen Vertretung der Richter usw. s. Vers, des Reichskanzlers, betr. die Ausübung der Gerichtsbarkeit in den Schutzgebieten Afrikas und der Südsee, vom 25. Tezbr. 1900 (KolBl. 19016J) 2 4 7 Dienst. 8. Mai 1908 (KolBl. 1908 S. 659) 9 ' ' ' 1 auweisung des Reichskanzlers für die Ausübung der Ge­ richtsbarkeit im Kiautschougebiete vom 23. Oktober 1907 88 2f-

Lsgegelder, Fuhr-, Umzugskosten rc.

K

Die Vorschriften über die Tagegelder und Fuhrfosten bei Dienstreisen außerhalb des Schutzgebiets, Liber die Umzugskosten bei der Aus- und Heimreise und bei Versetzungen zwischen Schutzgebieten werden durch Gesetz bestimmt. Die übrigen Vorschriften über die Tagegelder, Fuhrkosten, Verpflegung und Messeeinrichtung erläßt der Reichskanzler. § 5 schließt sich an § 18 RBG. an. Die Vorschrift des letzteren wird zunächst insofern ergänzt, als neben dem Falle der Versetzung auch die Fälle der erstmaligen Ausreise von Deutschland nach den Schutzgebieten und der Heimreise berücksichtigt sind. Auch die Kosten dieser Reisen werden, entsprechend dem schon bisher geltenden Recht (§ 12 der Urlaubsvorschriften vom 31. Mai 1901, KolBl. S. 426), auf amtliche Fonds übernommen. Ferner ist, gleichfalls in Übereinstimmung mit einer bereits bestehenden Regelung (Art. 5 Verordnung vom 9. August 1896), auch die Möglichkeit offen gehalten, Vorschristen über die Gewährung von Vergünstigungen in betreff der Verpflegung und über die Verpflichtung zur Teilnahme an Messeeinrichtungen zu erlassen. Wenn­ gleich im allgemeinen den Beamten die Beschaffung ihrer Verpflegung selbst zu überlassen ist, so sind Vor­ schriften der erwähnten Art doch wegen der Verhältnisse eins den entlegeneren Jnnenstationen nicht völlig ent­ behrlich. Die Kosten welche der Transport der Lebens­ rnittel bis dahin verursacht, sind zum Teil noch so hoch,

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Pflichten und Rechte.

daß die dort angestellten Beamten ohne entsprechende Vergünstigungen gegenüber den an der Küste tätigen Beamten unverhältnismäßig benachteiligt sein würden. Ferner nötigen die Wohnungsverhältnisse häufig dazu, daß die Beamten ihre Mahlzeiten ähnlich wie die Be­ satzungen der Kriegsschiffe gemeinsam einnehmen. Vgl. § 62. Nach dem Entwurf war die ganze Regelung dem Reichskanzler überlassen. Grundeigentum-erwerb, ErwerbSuuteruehmunq.

§ 6,

Ein Kolonialbeamter darf innerhalb der Schutz­ gebiete nur mit Erlaubnis des Reichskanzlers Grundeigentunt erwerben oder sich an Erwerbsunter­ nehmungen beteiligen. Der Reichskanzler kann die Gouverneure zur Erteilung der Erlaubnis ermächtigen. § 6 macht in Ergänzung des § 16 RBG. auch den Erwerb von Grundeigentum und eine Beteiligung an Erwerbsunternehmungen von einer Erlaubnis abhängig. Nach zit. § 16 darf kein Beamter ohne vorherige Ge­ nehmigung der obersten Reichsbehörde ein Nebenamt oder eine außeramtliche Beschäftigung, mit welcher eine Remuneration verbunden ist, übernehmen oder ein Ge­ werbe betreiben. Ähnliche Gesichtspunkte, wie sie zu dieser Vorschrift geführt haben, kommen auch für einen Erwerb von Grundeigentum seitens der Beamten in den Schutzgebieten sowie für eine Beteiligung an Erwerbs Unternehmungen in Betracht, die nicht als ein selbstän­ diger Gewerbebetrieb zu erachten ist. Auch hierdurch können Verhältnisse entstehen, unter denen die Autorität der Beamten leidet und das Privatinteresse der Beamten zu dem dienstlichen Interesse in Widerspruch tritt. Andererseits würde ein völliges Verbot nach den erwähn­ ten beiden Richtungen hin zu weit gehen, da es häufig sogar vom kolonialpolitischen Standpunkt aus erwünscht sein wird, daß ein Beamter sich in einem Schutzgebiete seßhaft macht oder sein Privatvermögen in den Dienst der wirtschaftlichen Erschließung eines solchen stellt.

§§ 6, 7.

Gerichtsstand.

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K 7*

Die Kolonialbeamten haben, soweit für sie nicht reichsgesetzlich ein anderes bestimmt ist, in Ansehung ihres Gerichtsstandes ihren Wohnsitz in dem Schutz­ gebiet, in dem sie angestellt sind. Für die Kolonialbeamten ist durch § 21 RBG. in Verbindung mit § 15 ZPO. und § 11 StPO, ein allge­ meiner Gerichtsstand des fingierten Wohnsitzes in der Heimat gegeben. Daß sie daneben einen allgemeinen Gerichtsstand des Wohnsitzes in dem Schutzgebiete haben, in dem sie angestellt sind, wird schon bisher von der Rechtsprechung überwiegend angenommen. Diese Rechts­ auffassung legt § 7 gesetzlich fest; jedoch erscheint der allgemeine Gerichtsstand im Schutzgebiet als der regel­ mäßige, ein solcher in der Heimat besteht daneben nur insoweit, als er reichsgesetzlich für die Kolonialbeamten besonders vorgesehen ist. Der Vorbehalt bezieht sich, abgesehen von beit Ausnahmevorschriften dieses Gesetzes (§ S), auf § 2 Abs. 3 des dem Reichstage vorliegenden Entwurfs einer StPO., nach welchem für Beamte in den Schutzgebieten in Strafsachen ein Gerichtsstand bei dem Gerichte des letzten Wohnsitzes in der Heimat oder des Ortes, der als solcher gilt, begründet ist. Dagegen finden 8 21 RBG. und § 15 ZPO. künftig auf Kolonialbeamte keine Anwendung mehr. Für die Verlegung des allgemeinen Gerichtsstatlds der Kolonialbeamten in das Schutzgebiet spricht zunächst die Rücksicht auf die Beamten selbst. Es würde für sie meist eine Härte bedeuten, wenn sie sich gegenüber allen Klagen und Anklagen fern von dem Ort ihrer dienstlichen Tätigkeit und ihres Wohnsitzes verantworten müßten. Dazu kommt, daß sich vor den Gerichten des Schutzgebiets das Verfahren einfacher und wegen Fehlens des Anwaltszwanges zum Teil auch billiger gestaltet. Aber auch für die Bevölkerung der Schutzgebiete ist es von Wert, daß die Möglichkeit, Ansprüche gegen die Kotonialbeamten an Ort und Stelle geltend zu machen, eilte sichere gesetzliche Grundlage hat.

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Pflichten und Rechte.

§ 8. Die Gouverneure und die richterlichen Beamten behalten in Ansehung des Gerichtsstandes für bür­ gerliche Rechtsstreitigkeiten neben ihrem Wohnsitz in dem Schutzgebiete den Wohnsitz, den sie im Heimatsstaate hatten. Hatten sie dort keinen Wohnsitz, so gilt die Hauptstadt des Heimatsstaats, haben sie keinen Heimatsstaat, so gilt Berlin als ihr Wohnsitz. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesjustizverwaltung, und für Kolo­ nialbeamte, die keinen Heimatsstaat haben, der Reichskanzler, welcher Bezirk als Wohnsitz gilt. Auf die anderen Kolonialbeamten finden die Vorschriften des Abs. 1 mit der Maßgabe Anwendung, daß das Gericht des Wohnsitzes in der Heimat nur für Klagen wegen solcher vermögensrechtlicher An­ sprüche zuständig ist, die gegen die Beamten während ihres Aufenthalts in der Heimat entstanden sind. Abs. 1: Soweit die Möglichkeit bestehen bleiben muß, die Kolonialbeamten vor den Strafgerichten der Heimat zur Verantwortung zu ziehen, ist sie durch § 2 Abs. 3 des Entwurfs einer StPO, vorgesehen. Der Grundsatz des § 7 kann jedoch auch in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nicht ohne Ausnahme durchgeführt werden. In den Schutzgebieten ist bei der Bevölkerung mehrfach die Auf­ fassung zutage getreten, daß es nicht möglich sei, gegen die Gouverneure und die richterlichen Beamten Recht zu erlangen. Sind sie beteiligt, so fällt es in der Tat häufig schwer, das Gericht aus dem im Schutzgebiete ver­ fügbaren Personal angemessen zu besetzen. Ms. 1 des § 8 sieht daher für Gouverneure und richterliche Beamte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten neben ihrem allge­ meinen Gerichtsstand im Schutzgebiet einen solchen in der Heimat vor. Er bestimmt sich in ähnlicher Weise,

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§§ 8, 9.

wie nach § 15 ZPO. der Heimatsgerichtsstand der im Auslande tätigen Reichsbeamten Abs. 2: Für die anderen Kolonialbeamten ist ein zweiter allgemeiner Gerichtsstand nur insoweit erforder­ lich, als es sich um vermögensrechtliche Ansprüche han­ delt, die während ihres Aufenthalts in der Heimat ent­ standen sind. Solche Ansprüche können in der Heimat verfolgt werden, ohne Rücksicht darauf, ob hier der be­ sondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts oder der un­ erlaubten Handlung gegeben ist.

Verweisung vou Sirasfache«.

9 9.

Ist gegen einen Kolonialbeamten bei dem Gericht eines Schutzgebiets ein Strafverfahren anhängig geworden und hat der Beschuldigte seinen dauernden Aufenthalt im Reichsgebiete, so kann das Gericht des Schutzgebiets auf Antrag oder von Amts wegen die Sache an das sachlich zuständige Gericht ver­ weisen, zu dessen Bezirke der Aufenthaltsort gehört. Bor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte tunlichst zu hören. Gegen die Entscheidung findet Beschwerde statt; weitere Be­ schwerde ist zulässig. Bei dem Gericht, an das die Sache verwiesen ist, wird das Verfahren in der Lage fortgesetzt, in der es sich befindet. Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn ein Strafverfahren gegen einen Kolonialbeamten im Reichsgebiet anhängig geworden ist und der Beschuldigte seinen dauernden Aufenthalt in einem Schutzgebiete hat oder wenn ein Straf­ verfahren gegen einen Kolonialbeamten in einem Schutzgebiet anhängig geworden ist und der BeDoerr, Kolontalbeamrengesetz.

2

18

Pflichten und Rechte.

schuldigte seinen dauernden Aufenthalt in einem anderen Schutzgebiete hat. Vorstehende Vorschriften finden auf das Militärgerichtliche Verfahren keine Anwendung. Abs. 1, 2: Nach dem bisherigen Strafprozeßrecht ist es unzulässig, das bei einem örtlich zuständigen Ge­ richt anhängige Strafverfahren deshalb an ein anderes Gericht zu verweisen, weil der Beschuldigte inzwischen in dem Bezirke dieses Gerichts seinen Wohnsitz genommen hat. Der Grundsatz ist durch die Notwendigkeit der ein­ heitlichen Durchführung des Verfahrens geboten; er hat aber für die Kolonialbeamten wiederholt Härten zur Folge gehabt. Sie sind nicht wie ein Privatmann frei in der Wahl ihres Wohnsitzes (vgl. §§ 11, 29); auch hat ein Wohnsitzwechsel für sie wegen der in Betracht kom­ menden Entfernungen meist eine weit einschneidendere Bedeutung als für die Beamten des heimischen Dienstes. Müssen sie ihren dauernden Aufenthalt in dem Reichs­ gebiet oder einem anderen Schutzgebiete nehmen, so hat die Tatsache, daß an dem Orte ihres früheren Aufent­ halts ein Strafverfahren gegen sie schwebt, für ihre Rechtslage nachteilige Folgen. Soweit das Verfahren in ihrer Abwesenheit fortgesührt werden kann, ist ihnen die Geltendmachung ihrer Rechte wesentlich erschwert; soweit das Verfahren ihre Anwesenheit voraussetzt, ist es oft nur mit unverhältnismäßigen Opfern von feiten des Beschuldigten, bisweilen aber überhaupt nicht zu Ende zu führen. § 9 beseitigt diese Härten. Darnach begründet es keinen Unterschied, ob der Kolonialbeamte seinen Auf­ enthalt erst verlegt, nachdem das Verfahren anhängig geworden ist, oder ob er ihn schon verlegt hatte, als das Verfahren anhängig wurde, oder ob der Beschuldigte, nachdem das Verfahren anhängig geworden ist, ausge­ hört hat, Kolonialbeamter zu sein. Für die Verweisung an das Gericht des dauernden Aufenthalts ist es ferner nicht erforderlich, daß dort nach bisherigem Rechte bereits ein Gerichtsstand gegeben sei;

§§ 9, 10.

19

durch § 9 wird vielmehr ein neuer, selbständiger Gerichts­ stand geschaffen. Vorausgesetzt wird nur, daß für das Verfahren in der Lage, in der es sich befindet, das Gericht, dem die Sache überwiesen wird, sachlich zu­ ständig ist. An dieser Voraussetzung wird es, da das Prozeßrecht der Schutzgebiete von dem des Reichsgebiets erheblich abweicht, bisweilen fehlen; schwebt z. B. eine Sache, die in der Heimat vor dem Schwurgericht oder vor der Strafkammer zu verhandeln und daher nach dem geltenden Rechte nur der Revision fähig sein würde, in der Berufungsinstanz vor dem Obergericht eines Schutzgebiets, so ist die Überweisung ausgeschlossen. Das gleiche gilt, wenn die Sache in der Revisionsinstanz vor einem heimischen Strafsenate, sei es des Reichsgerichts oder eines Oberlandesgerichts, anhängig ist und der Kolonialbeamte seinen dauernden Aufenthalt in einem Schutzgebiete nimmt. Bei Anwendung des § 9 ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß bei Verweisung eines im Schutzgebiet er­ öffneten Hauptverfahrens an ein Schwurgericht im Reichsgebiete die Voruntersuchung nicht nachgeholt wer­ den kann. Es wird deshalb in einem solchen Falle dafür Sorge zu tragen sein, daß vor der Verweisung die er­ forderlichen Ermittelungen durch einen richterlichen Be­ amten vorgenommen werden (§ 250 Abs. 2 StPO.). Abs. 3: Abs. 1 und 2 gelten nur für Beamte der Zivilverwaltung, da der Rechtszustand, den sie herbei­ führen, für die Beamten der Schutztruppen nach den für diese hinsichtlich des Strafverfahrens geltenden Vor­ schriften bereits besteht.

Personülatt.

§ 10*

Sind in die Personalakten Vorkommnisse einge­ tragen, die dem Beamten nachteilig sind, so kann eine Entscheidung hierauf nur gegründet werden, nachdem dem Beamten Gelegenheit zur Äußerung gegeben ist. Eine etwaige Gegenerklärung ist den Personalakten beizufügen.

20

Bersetzung in ein anderes Amt.

§ 11.

§ 10 ist durch den Reichstag im Interesse der Kolo­ nialbeamten eingeschoben worden.

Versetzung iu ein an-eres Amt. 8 11. Kolonialbeamte müssen sich, wenn das dienstliche Bedürfnis es erfordert, die Versetzung in ein Amt desselben oder eines anderen Schutzgebiets oder in ein Reichsamt gefallen lassen, falls das neue Amt mit einem nicht geringeren Range und pensions­ fähigen Diensteinkommen verbunden ist und die vor­ schriftsmäßigen Umzugskosten vergütet werden. § 11 entspricht inhaltlich dem § 23 RBG. Die An­ wendung des letzteren würde wegen § 1 Nr. 1 dahin führen, daß der Beamte nur in ein Amt desselben Schutz­ gebiets versetzt werden könnte. Der Gesundheitszustand eines Beamten oder allgemeine dienstliche Interessen lassen aber unter Umständen die weitere Verwendung eines Beamten int Kolonialdienst oder wenigstens int Dienst eines bestimmten Schutzgebiets nicht mehr an­ gängig erscheinen, während seiner Verwendung im Dienst eines anderen Schutzgebiets oder int Reichsdienste Be­ denken nicht entgegenstehen. § 23 RBG. ist deshalb durch die besondere Vorschrift des § 11 ersetzt. Die Versetzung ist wie im Reiche nur zulässig, wenn es das dienstliche Bedürfnis erfordert und der Beamte int Range und Diensteinkommen durch die Versetzung nicht schlechter gestellt wird. Dabei muß fteilich, ent­ sprechend den auch int Reichsbeamtenrechte (vgl. § 23 Abs. 2 RBG.) geltenden Grundsätzen, dasjenige Ein­ kommen außer Betracht bleiben, welches lediglich dazu bestimmt ist, den Beamten für die besonderen am Orte seiner bisherigen Beschäftigung herrschenden Teuerungs­ verhältnisse zu entschädigen. Es müssen also neben Orts­ zulagen und einer etwa gewährten Dienstaufwandsent­ schädigung bei einer Versetzung in den Reichsdienst —

Einstweilige Versetzung in den Ruhestand.

§ 12.

21

worunter der Dienst im Heere mitzuverstehen ist — auch diejenigen Mehrbezüge fortfallen, welche gemäß § 2 lediglich bei einer Verwendung in den Schutzgebieten zahlbar sind. Deshalb ist nur vorgeschrieben, daß das pensionsfähige Diensteinkommen dasselbe bleiben muß. Auf etatsmäßige Richter findet §11 keine An­ wendung (§ 51). Diese können ohne ihre Zustimmung nur in ein anderes richterliches Amt desselben Schutz­ gebiets versetzt werden.

Einstweilige Versetzung in -en Ruhestand. § 12. Kolonialbeamte können, wenn sie eine Kaiser­ liche Bestallung erhalten haben, durch Verfügung des Kaisers, andernfalls durch Verfügung des Reichs» kanzlers jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig bis zu 3 Jahren in den Ruhestand versetzt werden. Gouverneure, erste Re» ferenten und Referenten beim Gouvernement können durch Verfügung des Kaisers einstweilig in den Ruhestand versetzt werden. Nach § 25 RBG. können, abgesehen von dem Fall einer Umbildung der Reichsbehörden, nur solche Beamte einstweilig in den Ruhestand versetzt werden, welche sich in leitender Stellung oder doch in einer Stellung be­ finden, die eine fortdauernde Übereinstimmung ihrer prinzipiellen Ansichten mit der leitenden Autorität zur Voraussetzung hat. Die einstweilige Versetzung in den Ruhestand hat also im Sinne des RBG. hauptsächlich eine politische Bedeutung. Dagegen hatte schon Art. 11 Abs. 1 Verordnung vom 9. August 1896 diese Einrich­ tung auf sämtliche Kolonialbeamte ausgedehnt, um sie auch für Zwecke verwertbar zu machen, die rein auf beamtenrechtlichem Gebiete liegen. Maßgebend waren hierfür die besonderen Bedürfnisse der Kolonialverwal-

22

Versetzung In den Ruhestand. § iS.

tung. Deshalb ist der bestehende Rechtszustand durch § 12 im wesentlichen aufrechterhalten. Für richter­ liche Beamte gilt Besonderes (§ 51)

Versetzung in den Kuhestaud. 8 13. Hat der Kolonialbeamte eine Kaiserliche Be­ stallung erhalten, so erfolgt die Entscheidung über seine Versetzung in den Ruhestand durch den Kaiser. In betreff der übrigen Beamten steht die Ent­ scheidung der obersten Reichsbehörde zu. Diese Ent­ scheidung ist endgültig. Erwägungen gleicher Art, wie zu § 1 Nr. 3, haben dazu geführt, auch in den Fällen des § 66 RBG. von einer Mitwirkung des Bundesrats abzusehen und dem­ entsprechend die Entscheidungen lediglich in die Hand des Kaisers und der obersten Reichsbehörde (Reichs-Kolonial­ amt, für Kiautschou Reichs-Marineamt) zu legen. § 13 hält sich ebenfalls in wesentlicher Übereinstimmung mit der bereits in Art. 2 und Art. 3 Abs. 3 Verordnung vom 9. August 1896 getroffenen Regelung.

penfions- und Wartegeldansprüche. 8 14. Die §§ 34, 36, 37, 39 des Reichsbeamtengesetzes finden auf Kolonialbeamte, die nicht aus dem Reichs­ oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienst übernommen sind, keine Anwendung. An die Stelle dieser Vorschriften treten für sie die §§ 15 bis 21 dieses Gesetzes. In betreff der Voraussetzungen der Pensionierung fanden bisher nach Art. 1 Verordnung vom 23. Mai 1901 auf sämtliche Beamte der Schutzgebiete die ein-

schläfrigen Vorschriften des RBG. Anwendung. Danach erhält jeder etatsmäßig angestellte Beamte eine Pension, wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner geistigen und körperlichen Kräfte zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist und deshalb in den Ruhestand versetzt wird (RBG. § 34). Ist die Dienstunfähigkeit die Folge einer Krankheit, Ver­ wundung oder sonstigen Beschädigung, welche der Be­ amte bei Ausübung des Dienstes oder aus dessen Ver­ anlassung sich zugezogen hat, so tritt die Pensionsberech­ tigung auch bei kürzerer als zehnjähriger Dienstzeit ein (RBG. § 36). Beamte, die unter dem Vorbehalt des Widerrufs oder der Kündigung angestellt sind, ohne eine ctatsmäßige Stelle zu bekleiden, haben zwar keinen An­ spruch aus Pension, doch kann ihnen eine solche bis zur Höhe der für etatsmäßige Beamte vorgesehenen Sätze bewilligt werden (RBG. § 37). Das gleiche gilt für den Fall, daß ein Beamter vor Vollendung des zehnten Dienstjahres wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muß und Bedürftigkeit vorliegt (RBG. 8 39). Der geschilderte Rechtszustand hat sich bewährt, so­ weit Beamte in Frage kommen, die aus dem heimischen Dienst übernommen sind. Zwar führt die Anwendung des § 34 RBG. auf die Schutzgebietsbeamten dahin, daß ein Beamter ohne Rücksicht auf seine allgemeine Be­ amtendienstfähigkeit schon dann pensioniert werden muß, wenn er nur für den Dienst im Schutzgebiete dauernd unfähig geworden ist. Indes gelang es, die hieraus drohende Gefahr einer zu starken Belastung des Fiskus mit Pensionen abzuwenden, indem Bestimmungen er­ lassen wurden, wonach Beamte, die noch für den heimi­ schen Dienst fähig sind, gezwungen werden können, in diesen überzutreten, oder, wenn sie daraus hervorgegan­ gen sind, zurückzutreten (vgl. Art. 6 Verordnung vom 9. August 1896 und den späterhin an dessen Stelle ge­ tretenen Art. 3 Verordnung vom 23. Mai 1901). Diese Bestimmungen haben sich gegenüber Beamten, die aus dem heimischen Dienst übernommen waren und mithin

24

Pension-- und Wartegeldansprüche.

bereits die besondere, für die Bekleidung heimischer Be­ amtenstellen erforderliche Befähigung besaßen, ohne Schwierigkeit durchführen lassen. Meist werden schon bei der Übernahme mit den zuständigen heimischen Ressorts Vereinbarungen getroffen, wonach solchen Be­ amten die Rückübernahme bei eingetretener Tropendienst­ unfähigkeit offen gehalten wird. Da der Rücktritts­ zwang beibehalten ist (§ 29), wird es für die aus dem heimischen Dienst übernommenen Beamten bei dem aus den §§ 34, 36, 37 und 39 RBG. folgenden Rechtszustande belassen. Weniger günstige Erfahrungen sind dagegen mit der bisherigen Regelung in betreff derjenigen Beamten ge­ macht worden, die aus einem anderen als dem heimischen Beamtenberufe hervorgegangen waren, also z. B. aus dem kaufmännischen oder sonst einem praktischen Berufe, oder die eine Privatpraxis als Ärzte, Tierärzte oder Techniker ausgeübt hatten. Eine Unterbringung dieser Beamten in einer heimischen Dienststellung ist nur in verschwindend wenigen Fällen gelungen. Es mußte daher regelmäßig zu ihrer Pensionierung geschritten werden, selbst wenn sie noch in der Lage waren, ihrem früheren Berufe oder einem anderen Berufe voll nachgehen zu können. Ferner bringen die aus dem heimischen Dienste her­ vorgegangenen Beamten regelmäßig eine Reihe von Dienstjahren mit in den Kolonialdienst; wenn sie daher nach einer üblicherweise auf eine Dienstperiode bemessenen Probezeit fest angestellt wurden, so hatten sie das Er­ fordernis der zehnjährigen Dienstzeit meistens erfüllt und wurden dementsprechend sofort pensionsberechtigt. Die anderen Beamten aber mußten, abgesehen von Ausnahmefällen, z. B. wenn sie aus dem Militärdienste hervorgegangen waren, diese zehn Jahre ganz im Kolonialdienste zurücklegen, so daß sie — selbst bei Berück­ sichtigung der Doppelrechnung der in den Schutzgebieten selbst zugebrachten Dienstzeit — noch mehrere Jahre nach der etatsmäßigen Anstellung eine Anwartschaft aus Pen­ sion nur für den Fall des Vorliegens der besonderen, in den §§ 36, 39 BGB. geforderten Voraussetzungen hatten. Um den erwähnten Unzuträglichkeiten abzuhelfen,

8 14.

25

werden in den §§ 14—21 die Pensionsverhältnisse der nicht aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst (vgl. § 44) übernommenen Beamten nach besonderen, der Eigenart ihrer Lage Rechnung tragenden Grundsätzen geregelt. Das Erfordernis der zehnjährigen Dienstzeit kommt für die in Rede stehenden Beamten in Fortfall. Die Pension steht ihnen ohne Rücksicht auf die Länge der Dienstzeit zu, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustan­ des für ihr Amt im Schutzgebiete dauernd dienstunfähig (kolonialdienstunfähig) werden (§ 16). Vorbedingung des Anspruchs auf Pension ist indes für sie nach § 15 weiter noch Erwerbsunfähigkeit. Es wird mithin die Gewäh­ rung der Versorgung noch an eine Voraussetzung ge­ knüpft, wie sie auch in den Reichsversicherungsgesetzen (den Unfallversicherungsgesetzen, RGBl. 1900 S. 573, und dem Jnvalidenversicherungsgeseh, RGBl. 1899 S. 463) ausgestellt ist und ebenfalls nach dem Mannschafts­ versorgungsgesetze vom 31. Mai 1906 (RGBl. S. 593) erfüllt sein muß. Gerade das letztere war hier vorbildlich, da die Verhältnisse der in Frage kommenden Kolonialbeamten augenscheinlich eine gewisse Ähnlichkeit mit denjenigen der Militärpersonen der Unterklassen des Soldaten­ standes aufweisen. Auch sie hatten sich ursprünglich dem privaten Erwerbsleben gewidmet und sind erst später in den öffentlichen Dienst getreten, und zwar häufig gleichfalls nur für eine vorübergehende Zeit, um schließ­ lich wieder in das Privatleben zurückzukehren. Das MannschaftsversorgungsG. ist daher auch bei der weiteren Ausgestaltung des Pensionsrechts der nicht aus dem heimischen Dienste hervorgegangenen Kolonialbeamten zum Anhalt genommen. Es ist dementsprechend im § 16 in Übereinstimmung mit § 1 MannschaftsversorgungsG. der Pensionsanspruch auch in seinem Fortbestände davon abhängig gemacht, daß Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Er ist nur gegeben, wenn und solange die Erwerbsfähigkeit ganz aufgehoben oder um wenigstens 10 v. H. ver­ mindert ist, wobei auch hier der Gedanke maßgebend war, daß eine Beschränkung der Erwerbsfähigkeit unter 10

26

Pension»- und Wartegeldansprüche.

v. H. im allgemeinen zu gering ist, um im wirtschaft­ lichen Leben zum Ausdruck zu kommen. Ebenso war die Analogie des Rentenprinzips für die Höhe der Pension maßgebend. Wie § 16 Abs. 2 vor­ sieht, wird für die Dauer völliger Erwerbsunfähigkeit die volle Pension gewährt, die zustehen würde, wenn der Beamte aus dem heimischen Dienst hervorgegangeu wäre. Im Anschluß an §§ 9, 10 MannschaftsversorgungsG. ist diese Versorgung — die mit der Vollrente verglichen werden kann — als „Vollpension" bezeichnet. Für die Dauer teilweise bestehender Erwerbsunfähig­ keit besteht dagegen nur ein Anspruch auf denjenigen Teil der Volten Pension, welcher dem Maße der Einbuße an Erwerbsfähigkeit entspricht, also eine der Teilrente des Manuschastsversorgungsgesetzes ähnliche Versorgung (Teilpcnsion).

§ 15. Für die im § 14 bezeichneten Kolonialbeamten ist Erwerbsunfähigkeit Vorbedingung des Anspruchs auf Pension. Vgl. § 14 Anm.,

45

§ 16. Ein Kolonialbeamter (§ 14), welcher infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig (kolonialdienst' unfähig) ist und deshalb in den Ruhestand versetzt wird, hat Anspruch auf Pension, wenn und solange seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder um wenigstens 10/ioo vermindert ist. Für die Dauer völliger Erwerbsunfähigkeit ist die nach den Vorschriften für etatsmäßige Reichs­ beamte unter Berücksichtigung der §§ 23, 24 dieses

§§ 14-18.

27

Gesetzes berechnete Pension (Vollpension), für die Dauer teilweiser Erwerbsunfähigkeit derjenige in Hundertsteln auszudrückende Teil der Vollpension zu gewähren, welcher dem Maße der Einbuße an Er­ werbsfähigkeit entspricht (Teilpension). Vgl. § 14 Anm., § 45.

§ 17. Bei der Beurteilung des Grades der Erwerbs­ unfähigkeit ist der von dem Kolonialbeamten (§ 14) vor seinem Eintritt in den Kolonialdienst ausgeübte Beruf zu berücksichtigen. Hat der Beamte keinen besonderen Beruf ausgeübt, so ist die allgemeine Erwerbsfähigkeit maßgebend. § 17 stimmt mit § 4 MannschaftsversorgungsG. über­ ein. Die hier gegebenen Gesichtspunkte sind auch bei der Entscheidung der Frage, ob Erwerbsfähigkeit vor­ liegt, und aller anderen die Erwerbsunfähigkeit be­ treffenden Fragen zu beachten. Vgl. noch § 45.

§ 18. Einem Kolonialbeamten (§ 14), der wegen Un­ fähigkeit zum Kolonialdienst ohne Pensionsberechtigung ausscheidet oder dessen nach den Vorschriften dieses Gesetzes begründeter Pensionsanspruch späterhin in Wegfall kommt, kann auf seinen Antrag für die Dauer einer festgestellten Bedürftigkeit eine Pension bis zu dem Betrage von ln/ioo der Vollpension ge­ währt werden. Neben der Pension kann ein Zu­ schuß bis zur Höhe der Tropenzulage (§ 25) be­ willigt werden. Zum ersten Male ist die Gewährung nur bis

28

Pension-- und Wartegeldansprüche.

zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ausscheiden oder nach dem Wegfall des Pensionsanspruchs zulässig. Es kommt mitunter vor, daß Beamte, die ohne Peusion aus dem Kolonialdienst ausscheiden und nicht in einem heimischen Dienst untergebracht werden, z. B. unter dem bisherigen Rechte kommissarische Beamte, denen ihre Stellung gekündigt ist, trotz Erwerbsfähig­ keit nicht sofort im Privatdienste Stellung und Erwerb finden, so daß ihnen alsdann das Nötigste zum Leben fehlt. Der gleiche Fall kann eintreten, wenn der Pen­ sionsanspruch gemäß § 16 Abs. 1 nachträglich in Weg­ fall kommt, weil die Erwerbssähigkeit inzwischen wieder­ hergestellt ist. Für derartige Fälle soll § 18, der sich an § 25 MannschastsversorgungsG. anlehnt, die Mög­ lichkeit gewähren, vorübergehend den Mindestbetrag der Teilpension zu bewilligen. Falls dieser nicht ausreicht, kann er durch einen Zuschuß bis zur Höhe der Tropen­ zulage (§ 25) ergänzt werden.

§ 19. Die Pensionsgebührnifse der Kolonialbeamten (§ 14) werden auf Antrag oder von Amts wegen anders festgesetzt oder entzogen, wenn in den 53er» hältnissen, welche für die Bewilligung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Veränderung einge» treten ist. Die Erhöhung einer wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligten Pension ist indes nur zulässig, wenn die weitere Verminderung der Erwerbsfähigkeit eine Folge des Kolonialdienstes ist; sie kann nur inner» halb der im § 31 Abs. 1 bezeichneten Fristen erfolgen. Die Zahlung der erhöhten Gebührnisse beginnt mit dem Monat, in welchem die Voraussetzungen für die Erhöhung erfüllt sind, bei Erhöhung auf

88 18,19.

Antrag jedoch frühestens mit dem Monat, in welchem der Antrag gestellt ist. Eine Minderung oder Ent­ ziehung tritt mit dem Ablauf des Monats in Wirksamkeit, in welchem der die Veränderung aussprechende Bescheid zugestellt ist. Da der Anspruch auf Pension der unter § 14 fallen­ den Kolonialbeamten ebenso wie der Rentenanspruch der Personen der Unterklassen des Soldatenstandes seinem Grunde wie seiner Höhe nach von der jeweilig bestehen­ den Einbuße an Erwerbsfähigkeit abhängig ist, so sind mit den durch die besonderen Verhältnisse des Kolonial­ dienstes gebotenen Abweichungen auch diejenigen Vor­ schriften des Mannschaftsversorgungsgesetzes übernom­ men worden, die auf die anderweitige Festsetzung oder Erhöhung der Rente infolge eingetretener Veränderung in den Verhältnissen Bezug haben. Aufgabe der Ver­ waltung wird es sein, Anordnungen zu treffen, auf Grund deren sie von einer Veränderung der maßgeben­ den Verhältnisse rechtzeitig Kenntnis erhält. Abs. 1 entspricht dem § 30 Abs. 1 MannschaftsversorgungsG. Abs. 2: Da der Pensionsanspruch an sich zur Vor­ aussetzung hat, daß die eingetretene Erwerbsunfähigkeit eine Folge des Kolonialdienstes ist, indes kein Grund vorliegt, die Pension auch dann zu erhöhen, wenn die Erwerbsunfähigkeit infolge späterer, mit dem Kolonial­ dienst in keinem Zusammenhänge stehender Ereignisse herabgesetzt worden ist, so wird ausdrücklich vorgesehen, daß die Erhöhung nur eintritt, wenn die weitere Ver­ minderung der Erwerbsfähigkeit eine Folge des Ko­ lonialdienstes ist. Auch ist die Erhöhung nur innerhalb derselben Frist statthaft, an die nach § 31 die nachträg­ liche Geltendmachung von Pensionsansprüchen überhaupt gebunden ist. Abs. 3 schließt sich an § 32 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 MannschaftsversorgungsG. an. Satz 1 soll verhüten, das; Ansprüche für eine in der Vergangenheit liegende Zeit geltend gemacht werden können, deren Berechtigung

schwer nachzuprüfen ist, Satz 2 Rückzahlungen erübrigen, die regelmäßig mit schweren wirtschaftlichen Nachteilen für die Pensionäre verbunden sind. „Zustellung": § 46.

§ 20. Die Pensionsgebührnisse der Kolonialbeamlen (§ 14) werden von Amts wegen anders festgesetzt oder entzogen, sobald erwiesen ist, daß die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt worden waren, den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprochen haben. Die Vorschriften über die Anfechtung gerichtlicher Urteile bleiben unberührt. § 20 bietet die Handhabe, Irrtümer und Versehen, die bei Beurteilung der Erwerbsfähigkeit leicht unter­ laufen können, zu berichtigen, und entspricht dem § 31 MannschaftsversorgungsG.

§ 21. Die unter dem Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündigung angestellten Kolonialbeamten (§ 14) haben einen Anspruch auf Pension nach Maßgabe der §§ 14 bis 20 dieses Gesetzes nur dann, wenn sie eine in den Besoldungs-Etats aufgeführte Stelle bekleiden; es kann ihnen jedoch, wenn sie eine solche Stelle nicht bekleiden, bei Eintritt völliger oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit eine Pension bis auf Höhe der durch dieses Gesetz für etatsmäßige Kolo­ nialbeamte bestimmten Sätze bewilligt werden. Das Gleiche gilt von der Tropenzulage, sofern die Vor­ aussetzungen des § 25 vorliegen. § 21 regelt die Pensionsansprüche derjenigen unter § 14 fallenden Beamten, die unter dem Vorbehalte des Widerrufs oder auf Kündigung angestellt sind, und

88 19-22.

31

schließt sich ganz an § 37 RBG. an, der für die übrigen dem heimischen Dienste entnommenen Beamten maß­ gebend bleibt. Im Falle des 2. Halbsatzes liegt die Pensionsbewilligung im Ermessen der Verwaltung. Die Verwaltung ist auch, wie im Schlußsatz des § 21 klar­ gestellt ist, befugt, den betr. Beamten — ebenso wie den gemäß § 37 RBG. pensionierten Beamten — die Tropen­ zulage zuzubilligen. Eine derartige gleichmäßige Be­ handlung beider Beamten-Kategorien beruht auf Billig­ keitsgründen.

PeufiBuSanspruch ohne Dienst­ od. OrwerbSnnfahigkeit. § 22. Einem Kolonialbeamten, der dem Kolonialdienst in Deutsch-Ostafrika, Kamerun, Togo oder DeutschNeuguinea (außer dem Jnselgebiete der Karolinen, Palau, Marianen und Marshallinseln) zwölf Jahre, in Deutsch-Südwestafrika, Samoa oder dem Inselgebiete der Karolinen, Palau, Marianen und Mar­ shallinseln oder dem Kiautschougebiete fünfzehn Jahre angehört hat, steht auch ohne den Nachweis der Dienstunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit ein Anspruch auf lebenslängliche Pension zu. Bei der Berechnung dieses Zeitraums findet keine Doppel­ rechnung statt, und es wird nur die in den Schutzgebieten tatsächlich zugebrachte Zeit berücksichtigt. Bei dem Übertritt eines Kolonialbeamten in den Dienst eines anderen Schutzgebiets oder bei der Wiederanstellung eines ausgeschiedenen Kolonial­ beamten bestimmt sich der Zeitraum, nach deffen Ablauf die Pensionsberechtigung gemäß Abs. 1 ein­ tritt, nach dem Verhältnis der in den einzelnen Schutzgebieten zugebrachten Dienstzeiten.

Eine besondere Behandlung wird nach § 22 (der in § 63 Abs. 2, § 72 Nr. 8 OffizierpensionsG. vom 31. Mai 1906 einen Vorgang hat) denjenigen Beamten aller Kategorien zuteil, welche eine Dienstzeit von bestimmter Dauer in den Schutzgebieten zurückgelegt haben. Die Dauer der Dienstzeit ist auf 12 bis 15 Jahre abgestust, je nachdem das Klima der einzelnen Schutzgebiete der Gesundheit mehr oder weniger nachteilig ist. Beamte der erwähnten Art, deren Gesamtdienstzeit in der Kolo­ nialverwaltung sich unter Berücksichtigung der auf Heimatsurlaub zugebrachten Zeit regelmäßig auf 15 bis 18 Jahre belaufen wird, werden im allgemeinen derart verbraucht sein, daß sie für den Beamtendienst nicht mehr in Betracht kommen und auch ihre Erwerbsfähig­ keit zum größten Teil eingebüßt haben, soweit diese Voraussetzungen ausnahmsweise nicht zutreffen, recht­ fertigt sich eine günstigere Behandlung schon deswegen, weil sie als eine Art Prämie wirken und zu einen, längeren Verbleiben im Kolonialdienst anreizen wird. Gerade die älteren Kolonialbeamten sind infolge ihrer Erfahrungen für die Verwaltung besonders wertvoll, und es muß deshalb dahin gestrebt werden, die Beamten dem Kolonialdienste möglichst lange zu erhalten. Die in Rede stehenden Beamten haben daher einen Anspruch auf lebenslänglichen Genuß der Pension, auch ohne daß der Nachweis der Dienstunfähigkeit oder der Erwerbs­ unfähigkeit geführt ist.

PenfisnSberechunug.

§ 23.

Bei Berechnung der Pension und des Wartegeldes wird das ausdrücklich als pensionsfähig bewilligte Diensteinkommen oder, falls ein solches nicht bewilligt ist, das bei der Pensionierung nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen anzurechnende Diensteinkommen zu Grunde gelegt. An Stelle des Wohnungsgeldes oder der freien Wohnung kommt der Wohnungsgeldzuschuß zur

Anrechnung, der den in gleichartigen Dienststellen befindlichen Reichsbeamten durchschnittlich zusteht. Welche Stellen im Reichsdienst den Stellen im Ko­ lonialdienst gleichartig find, wird durch den Haus­ halts-Etat für die Schutzgebiete bestimmt. Die Kolonialzulagen sind nicht anrechnungs­ fähig. Die Bezüge der Kolonialbeamten sind den besonderen Teuerungsverhältnissen in den Schutzgebieten angepaßt. Für die pensionierten Beamten aber besteht eine Nöti­ gung zum Aufenthalt in den Schutzgebieten nicht. Es liegt daher keine Ursache vor, der Bemessung ihrer Pensionsgebührnisse die höheren nach § 2 regelmäßig nur in den Schutzgebieten zuständigen Bezüge zugrunde zu legen. Bei Berechnung der Pension und des Warte­ geldes muß mithin die Kolonialzulage und ferner der­ jenige Betrag des Gehalts außer Betracht bleiben, um welchen dieses z. B. infolge kürzerer Aufrückungsfristen das normale Gehalt eines in gleicher Stellung und in gleichem Dienstalter befindlichen Reichsbeamten über­ steigt. Dementsprechend war schon bisher die Kolonial­ dienstzulage (jetzt Kolonialzulage) als nicht pensions­ fähig angesehen worden und, soweit das Gehalt in Frage kommt, zwischen dem in den Schutzgebieten zahlbaren, in kurzen (einjährigen) Aufrückungsfristen steigenden Ge­ halt (Auslandsgehalt) und dem mit diesem zwar im Mindest- und Höchstsätze übereinstimmenden, aber nach denselben Grundsätzen wie das entsprechende heimische Gehalt (also in dreijährigen Fristen) aufsteigenden pen­ sionsfähigen Gehalt unterschieden worden. Dieses Sy­ stem soll auch in Zukunft beibehalten werden. Dem­ zufolge sieht § 23 Abs. 1 vor, daß nur das ausdrücklich als pensionsfähig bewilligte Diensteinkommen oder^wenn ausnahmsweise, wie es z. B. bei den in den Schutz­ gebieten angenommenen Beamten mitunter vorkommt, über das pensionsfähige Diensteinkommen eine Mitteilung an den Beamten nicht erfolgt ist, ein nach Maßgabe der bestehenden etatsrechtlichen oder sonstigen BerwaltungsDoerr, Kownialbeamtengesetz.

3

34

Pension-- und Wartegeldansprüche.

Vorschriften festgesetzter Teil des Diensteinkommens der Pensionierung zugrunde zu legen ist. Abs. 2: Die erörterten Gesichtspunkte führen auch dazu, das Wohnungsgeld und den Wert der freien Dienst­ wohnung (§ 2 Nr. 3) nicht mit dem vollen, sondern nur mit einem solchen Betrage für anrechnungsfähig zu er­ klären, der den pensionsfähigen Wohnungsgebührnissen der gleichartigen Ncichsbcamten, d. h. dem durchschnitt­ lichen Wohnungsgcldzuschus; (§ 35 Abs. 1 BesoldungsG. vom 15. Juli 1909) entspricht. Indem sonach § 23 die Kolonialbeamten hinsichtlich der der Pension und dem Wartegeld zugrunde zu legen­ den Gebührnisse den Reichsbeamten gleichstellt, stimmt er trotz der formellen Abweichungen, die die besondere Art der Regelung der Bezüge der Kolonialbeamten be­ dingt, grundsätzlich mit § 42 RBG. überein.

imtüß der tzeit. Die in den Schutzgebieten oder auf Seereisen in außerheimischen Gewässern zugebrachte Dienstzeit wird bei der Pensionierung doppelt in Anrechnung gebracht, sofern sie mindestens sechs Monate ohne Unterbrechung gedauert hat. Außerheimische Ge­ wässer sind die Gewässer, welche weder zur Ostsee noch zur Nordsee gehören, diese gerechnet bis zur Linie Dover-Calais, längs der Ostküste Englands bis zum 3. Grad Westlänge von Greenwich und bis zum Breitenparallel von 60 Grad Nordbreite. Fällt die Dienstzeit in solche Jahre, die bereits als Kriegsjahre zu erhöhtem Ansatz kommen, so findet die Doppelrechnung nicht statt. Da das Klima in den Schutzgebieten Leben und Ge­ sundheit der Beamten mit besonderen Gefahren bedroht und der Dienst daselbst mit mannigfachen Entsagungen

§§ 23-25.

35

verbunden ist, so hatte schon das in der Einleitung erwähnte Gesetz vom 31. Mai 1887, dem § 51 Abs. 2 NBG. entspricht, für die Neichsbeamten eine Doppel­ rechnung der in den Schutzgebieten zugebrachten Dienstzeit bei der Pensionierung für zulässig erklärt. Ebenso ist eine Doppelrechnung jener Dienstzeit für die Beamten der Schutzgebiete in Art. 1 Nr. 1 Verordnung vom 23. Mai 1901 sowie im § 69 OfsizierpensionsG. für die Offiziere un.d im § 65 MannschaftsversorgungsG. für die Personen der Unterklassen der Schutztruppen vorgesehen. Es entspricht den Verhältnissen, die Zivil­ beamten mit Beziehung auf diese Vergünstigung den Angehörigen der Schutztruppen gleich zu behandeln. § 24, der die näheren Bestimmungen in betreff der Doppelrechnung enthält, schließt sich demgemäß in allen Beziehungen den für die Schutztruppen geltenden Vor­ schriften an.

Trspe«z«lage.

§ 25.

Kolonialbeamte, die entweder infolge außer­ ordentlicher Einflüsse des Klimas während eines dienstlichen Aufenthalts in den Schutzgebieten oder infolge der besonderen Fährlichkeiten des Dienstes in den Schutzgebieten pensionsberechtigt geworden sind, haben für die Dauer des Pensionsbezugs auf eine Tropenzulage Anspruch, falls sie nicht die Dienst­ unfähigkeit oder Verminderung ihrer Erwerbsfähigkeit vorsätzlich herbeigeführt haben. Der Mindestsatz der Tropenzulage beträgt bei Beamten in einer Gehaltsklasse mit einem pensions­ fähigen Endgehalte bis 3 000 Mark einschließlich . . . . 300 Mark, 4 000 600 „ ff tf • - . . 5 000 • 780 „ tf tf • ' über 5 000 . . 900 „ .

Die Tropenzulage wird nur insoweit gewährt, als dem Beamten nicht auf Grund anderer Be­ stimmungen aus Mitteln eines Schutzgebiets oder aus Reichsmitteln eine Tropenzulage, Kriegszulage oder Pensionserhöhung zusteht. Der Anspruch auf die Tropenzulage kann noch bis zum Ablauf von zehn Jahren nach dem Aus­ scheiden geltend gemacht werden. Scheidet ein Kolonialbeamter erst nach der Rück­ kehr in die Heimat aus dem Kolonialdienst aus, so beginnt der Lauf der Frist schon mit der Rückkehr in die Heimat. Da der Kolonialdienst wegen der damit verbunde­ nen Strapazen und Entbehrungen sowie der Einflüsse des Tropenklimas die körperlichen und geistigen Kräfte stärker abnutzt als der Beamtendienst im Mutterlande, müssen die Kolonialbeamten vielfach in einem weit frühe­ ren Alter als die heimischen Beamten pensioniert und dementsprechend mit einem weit geringeren Pensions­ betrag abgefunden werden, obwohl ihre wirtschaftliche Lage sich noch dadurch ungünstiger zu stellen pflegt, daß sie wegen der Nachwirkungen des Tropenklimas zu Aufwendungen verschiedener Art im Interesse ihrer Ge­ sundheit genötigt sind. Um für die erwähnten Nach­ teile einen Ausgleich zu gewähren, sind schon bisher den pensionierten Kolonialbeamten Zuschüsse zu bcii Pensionen (sog. Pensionserhöhungen) gewährt worden: auch für die Angehörigen der Schutztruppen sind in § 66 OfsizierpensionsG. und § 67 Mannschaftsverso rgungsG. derartige Pensionszulagen vorgesehen. Während indes den Angehörigen der Schutztruppen einschließlich der Schutztruppenbeamten auf die Zulagen ein Anspruch zustand, war die Bewilligung von Zuschüssen an Zivil­ beamte lediglich in das Ermessen der Kolonialverwal­ tung gestellt. Die unterschiedliche Behandlung der Schutz­ truppenangehörigen und Zivilbeamten entbehrte der

88 25, 26.

37

inneren Rechtfertigung. Durch § 25 Abs. 1 wird sie nunmehr beseitigt und auch den Kolonialbeamten der bisher fehlende Rechtsanspruch auf die Zulagen gewährt, soweit hierfür die Voraussetzungen vorliegen. Vgl. § 45. Auch im übrigen werden die Pensionszulagen der Kolonialbeamten im allgemeinen in Übereinstimmung mit den für die Angehörigen der Schutztruppen gelten­ den Vorschriften geregelt. Sie führen daher die Bezeich­ nung „Tropenzulagen"; die Voraussetzungen für die Ge­ währung (Abs. 1 bis 3) sowie die Fristen für die Geltend­ machung (Abs. 4 und 5) sind dieselben wie nach den Militärpensionsgesetzen (§§ 66, 67 Abs. 2, 68 OffizierpensionsG., §§ 67 Abs. 1, 3, 68 Abs. 2, 64 MannschaftsversorgungsG). Aus der anderen Seite sind für die Höhe der Grundbeträge der Zulagen (Abs. 3) die bisher geltenden Sätze unverändert beibehalten. Nur ist statt des Betrages des zur Zeit der Pensionierung erreichten Gehalts, nach welchem sich bisher die Sätze bestimmten, die Gehaltsklasse, der der Beamte angehörte, zugrunde zu legen.

§26. Die Tropenzulage derjenigen Beamten, welche ohne Unterbrechung länger als drei Jahre in den Schutzgebieten verwendet worden sind, steigt mit jedem weiteren vollen, wenn auch nicht im Anschluß an die frühere Dienstzeit in den Schutzgebieten ge­ leisteten Dienstjahr um ein Sechstel bis zur Erreichung des doppelten Betrags. Eine Doppelrechnung von Dienstzeit findet hierbei nicht statt, auch wird nur die in den Schutzgebieten tatsächlich zugebrachte Zeit angerechnet. Der Reichskanzler kann bestimmen, daß in besonderen Fällen ein vorübergehender Aufenthalt außerhalb des Schutzgebiets nicht als Unterbrechung im Sinne des Abs. 1 Satz 1 anzusehen ist.

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PensionS" und Wartegeldansprüche.

«bs. 1 : Die ungünstigen Einwirkungen des Tropen­ klimas und des Tropendienstes pflegen sich mit den Jahren zu steigern; eine für einen jüngeren Beamten ausreichende Tropenzulage kann daher für einen älteren ungenügend werden. Außerdem soll den Beamten ein Anreiz zum längeren Verbleiben im Kolonialdienst oder, falls sie (z. B. infolge zeitweiliger Erkrankung) aus diesem ausscheiden mußten, zum Wiedereintritt gewährt werden, da für den Dienst der Schutzgebiete eine gewisse Erfahrung erwünscht ist. Aus diesen Gründen ist die Tropenzulage steigerungsfähig gestaltet. Auch insoweit lehnt sich § 26 den für die Angehörigen der Schutztruppen gelteirden Vorschriften (§ 67 OssizierpensionsG., § 68 MannschaftsversorgungsG.) an. Abs. 2: „Besondere Fälle", z. B. .Heimatsurlaub, der in den tropischen Schutzgebieten schon nach kürzerer als dreijähriger Dienstzeit erteilt werden must, oder durch zeitweilige Erkrankungen bedingter Aufenthalt in der Heimat usw.

§ 27. Die Tropenzulage bleibt der Veranlagung zu den Steuern und anderen öffentlichen Abgaben jeder Art außer Ansatz, auch ist sie der Pfändung nicht unterworfen und bleibt bei der Ermittlung, ob und zu welchem Betrag ein Einkommen der Pfändung unterliegt, außer Ansatz. Wegen des Anspruchs des Fiskus auf Rückzahlung zu Unrecht erhobener Pensionsgebührniffe ist die Pfändung von Pensionsansprüchen ohne Beschränkung zulässig. § 27 entspricht den § 67 Ms. 2, § 37 Ms. 1 und 2 OfsizierpcnsionsG. und § 68 9(6f. 2, §40 9(6). 2, 3 MannschastsversorgungsG.

88 26—29.

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S2S. Bei Anwendung der die Kürzung, Einziehung und Wiedergewährung der Pensionen betreffenden Vorschriften ist die Tropenzulage ebenso wie die sonstige Pension zu behandeln. Im Falle des § 58 Abs. 2 des Reichsbeamtengesetzes bleibt sie jedoch bei Berechnung der Kürzungsgrenze außer Betracht. Da die Tropenzulage sich als ein durch die besonde­ ren Verhältnisse des Kolonialdienstes bedingter Zuschuß zu der Pension darstellt, so entspricht es im allgemeinen ihrem Wesen, sie im Sinne der Vorschriften über Kür­ zung, Einziehung und Wiedergewährung der Pensionen den letzteren gleich zn behandeln. Nur im Falle des § 58 Abs. 2 RBG., also wenn ein in den Kolonialdienst oder in den Reichs- oder Staatsdienst im Sinne des § 57 Nr. 2 RBÄ. zurück- oder eingetretener pensionierter Kolonialbeamter zum zweiten Male pensioniert wird, hat die Tropenzulage bei Berechnung der Kürzungsgrenze außer Betracht zu bleiben. Ein solcher Kolonialbeamter würde sonst fast regelmäßig bei einer zweiten Pensionie­ rung, da die Erdienung einer zweiten Tropenzulage neben einer bereits Anstehenden gemäß § 25 Abs. 3 aus­ geschlossen ist, keine höhere Gesamtversorgnng erhalten können, als er sie bei der ersten Pensionierung bezogen hat, was eine Härte bedeuten würde. Tritt der pensionierte Kolonialbeamte in den Reichs­ dienst oder Staatsdienst, so badarf es einer gleichen Vorschrift nicht, da mit der Aufnahme in den Reichs­ oder heimischen Staatsdienst (§ 44) alle Pensionsan­ sprüche erlöschen (8 29 Abs. 2); die Ausnahmeoorschrift ist deshalb nur für den Fall des § 58 Abs. 2, nicht auch für den des § 59 RBG. aufgestellt.

Übertritt in de» Reichsod. heim. Eta»tSdie»ft § 29. Ein Kolonialbeamter oder ehemaliger Kolonial­ beamter, der dauernd oder vorübergehend nicht mehr

zum Kolonialdienst, wohl aber zum Dienste in der Heimat fähig ist, darf eine Stellung im Reichs- oder heimischen Staatsdienst nicht ablehnen, wenn das mit ihr verbundene Gehalt das letzte pensionsfähige Gehalt im Kolonialdienst erreicht. War er aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst in den Kolo­ nialdienst übernommen, so darf er auch den Wieder­ eintritt in eine sein heimisches Dienstalter wahrende Stellung im Reichs- oder heimischen Staatsdienst nicht ablehnen. Soweit das Gehalt der Stelle im Reichs- oder heimischen Staatsdienst hinter dem letzten pensionsfähigen Gehalt im Kolonialdienst zurückbleibt, hat der Beamte Anspruch auf Zahlung des Unterschieds zwischen beiden aus Mitteln des Schutzgebiets. Lehnt der Beamte die Stellung ab, so fallen alle weiteren Ansprüche aus dem bisherigen Dienstverhältnisse fort. Mit der Aufnahme in den Reichs- oder heimischen Staatsdienst erlöschen alle bis dahin nicht fällig ge­ worbenen Ansprüche aus dem bisherigen Dienstver­ hältnisse, soweit nicht in den §§ 30, 35 ein anderes bestimmt ist. Ein Anspruch auf die Tropenzulage kann unter den im § 31 angegebenen Voraussetzungen geltend gemacht werden, desgleichen von den Hinter­ bliebenen ein Anspruch auf die Zulagen des § 34 unter den dort angegebenen Voraussetzungen. Die Vorschriften des Abs. 1 finden auf Beamte, welchen ein Pensionsanspruch aus § 22 zusteht, keine Anwendung.

Abs. 1: Unter den Einwirkungen des Klimas und der sonstigen Verhältnisse der Tropen werden die Kolo­ nialbeamten vielfach schon nach kurzer Zeit dauernd

8 29.

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oder für längere Jahre kolonialdienstuntauglich. Wenn die Beamten in solchen Fällen stets pensioniert oder mit Wartegeld einstweilig in den Ruhestand verseht werden müßten, so würden hierdurch die Schutzgebiete, und da diese zum Teil noch eines Zuschusses ans Reichsmitteln bedürfen, mittelbar auch der Etat des Reichs in unver­ hältnismäßiger Weise belastet werden. Sind die für die Schutzgebiete nicht mehr verwendbaren Beamten noch für den Reichs- oder heimischen Staatsdienst (vgl. § 44) fähig, so kann es nicht als Unbilligkeit angesehen werden, wenn ihnen statt der Versorgung die Gelegenheit ge­ geben wird, sich durch Verwertung der noch bestehenden Dienstfähigkeit ein dem bisherigen gleiches oder höheres Einkommen zu verschaffen. Dasselbe gilt, wenn ein wegen gänzlicher Dienstunfähigkeit pensionierter Beamter die heimische Dienstfähigkeit wiedererlangt. Diese Ge­ sichtspunkte haben dazu geführt, in den Art. 6 Ver­ ordnung üom 9. August 1896 und den an dessen Stelle getretenen Art. 3 Verordnung vom 23. Mai 1901 Be­ stimmungen aufzunehmen, wonach Kolonialbeamte unter den erörterten Voraussetzungen bei Vermeidung des Ver­ lustes der Ansprüche aus ihrem kolonialen Dienstver­ hältnisse verpflichtet sind, in den Reichs- oder heimischen Staatsdienst überzutreten oder, wenn sie daraus hervor­ gegangen sind, zurückzutreten. Der bisherige Rechtszu­ stand ist beibchalten. Als „Reichs- oder heimischer Staats­ dienst" gilt jede im § 57 Nr. 2 Abs. 2 RBG. aufgeführte Anstellung oder Beschäftigung (S 44). Im einzelnen wird in Übereinstimmung mit Art. 3 Verordnung vom 23. Mai 1901 ein Unterschied gemacht, je nachdent ein Beamter aus dem heimischen Dienst, in den er zurücktreten soll, übernommen ist oder nicht. Der zweite Fall wird z. B. dann vorliegen, wenn einem bundesstaatlichen Beamten eine Stellung im Reichs­ dienst oder in einem anderen Bundesstaat angeboten wird oder wenn einem Beainten eine Stelle im heimi­ schen Dienst angeboten wird, der vor dem Eintritt in den Kolonialdienst überhaupt nicht im öffentlichen Dienste gestanden hat. In diesem Falle, der im Satz 1 des § 29 Abs. 1 ge-

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PenstonS- und Wartegeldansprüche.

regelt wird und Ähnlichkeit mit demjenigen der Ver­ setzung aus dem Kolonialdienst in den Neichsdienst hat (vgl. § 11), tritt der Beamte in einen ihm völlig neuen Dienst, und den Maßstab für die Stellung, die ihm im Beamtenkörper der letzteren anzuweisen ist, kann lediglich das pensionsfähige Gehalt abgeben. Fälle der in Rede stehenden Art werden übrigens verhältnismäßig selten vorkommen, da eine solche Einrangierung in einen bis­ her fremden Dienst meist auf Schwierigkeiten stößt, zu­ mal wenn es sich um Beamte handelt, die bisber nur im privaten Erwerbsleben gestanden und nicht die für den heimischen Dienst erforderlichen Prüfungen abgelegt haben. Immerhin ist die Überweisungsmöglichkeit auch für solche Fälle gesetzlich gewahrt. Unter Umständen ist z. B. die Übernahme eines Beamten der erwähnten Art in den Dienst der Kolonial-Zentralverwaltnng möglich. Der weitaus häufigere wird der ersterwähnte Fall sein, daß ein Kolonialbeamtcr in demjenigen heimischen Dienste wieder untergebracht werden kann, aus dem er entnommen ist. Die heimischen Verwaltungen erklären sich aber erfahrungsgemäß nur bereit, die Beamten in Stellungen zu übernehmen, die ihrem früheren Dienst­ alter entsprechen. Wenn anders der beabsichtigte Zweck erreicht werden soll, bleibt nur übrig, die gesetzlichen Vorschriften diesem Umstand anzupassen. Hieraus er­ klärt sich die Bestimmung des § 29 Abs. 1 Satz 2. Dar­ nach braucht die dem Beamten anzubietende Stellung nur eine solche zu sein, wie er sie unter normalen Ver­ hältnissen, insbesondere unter Berücksichtigung seiner Ausbildung bei einem weiteren Verbleiben in seiner früheren Beamtenlausbahn crdient haben würde. Es kann dann allerdings vorkommen, daß ein Beamter, z. B. ein Sekretär, der int Kolonialdienst in eine Vor­ standsstelle eingerückt war, im heimischen Dienst aber noch nicht für eine Beförderung in Frage gekommen wäre, sich im heimischen Dienst auch unter Berücksichti­ gung der pensionssähigen Bezüge, welche allein mitein­ ander verglichen werdet: können, im Gehalt verschlech­ tert. Hierin läge eine Härte. Ihn diese zu beseitigen, wird in Abs. 1 Satz 3 den Beamten ein Anspruch auf

83 29, 30.

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Erstattung des Uuterschiedsbetrags aus Mitteln des Schutzgebiets gewährt, so daß im Ergebnis ein nach Satz 2 des § 29 Abs. 1 zu behandelnder Beamter sich nicht schlechter stellt als ein Beamter, auf den Satz 1 anzuwenden ist. Abs. 2 : Nimmt der Beamte die ihm angebotene Stellung im Reichs- oder heimischen Staatsdienst (§ 44) an, so bedeutet dies eine Aufgabe des bisherigen und das Eingehen eines neuen Dienstverhältnisses. Wie schon aus allgemeinrechtlichen Gesichtspunkten folgt, zur Bermeidung von Zweifeln aber in Abs. 2 ausdrücklich aus­ gesprochen ist, erloschen damit alle Ansprüche aus dem bisherigen Dienstverhältnis, soweit sie nicht bis dahin fällig geworden sind oder das Gesetz selbst ein anderes bestimmt. Gewahrt bleiben demnach im allgemeinen mit die Ansprüche auf bereits zahlbar gewordene Ge­ bührnisse. Außerdem soll nach Satz 2 des Ms. 2 das bisherige Dienstverhältnis auch nach der Richtung hin fortwirken, daß der Beamte und seine Hinterbliebenen unter den Voraussetzungen der §§ 31, 34 einen Anspruch auf die dort vorgesehenen Zulagen erheben können. Wenn infolge des Kolonialdienstes ein Beamter schon inner­ halb der dort vorgesehenen Fristen auch in der Heimat dienstunfähig wird oder stirbt, so entspricht es der Billigkeit, ihn und seine Hinterbliebenen für die mit dem frühen Eintreten des BersorgungSfalls erwachsenen Nachteile in gleicher Weise zu entschädigen, wie es bei Fortsetzung des Kolonialdienstes geschehen wäre. Abs. 3: Die in § 22 bezeichneten Beamten unter­ liegen dem Rücktrittszwange nicht. Die Gesichtspunkte, aus welchen heraus jenen Beamten der Nachweis der Unfähigkeit für den Kolonialdienst und der Erwerbs­ unfähigkeit erlassen wird, führen auch dahin, sie so zu behandeln, als ob sie nicht mehr für den heimischen Dienst fähig wären.

§ 30. Erdient ein wegen Unfähigkeit für den Kolonial­ dienst ausgeschiedener und in den Reichs- oder hei-

mischen Staatsdienst übernommener Kolonialbeamter in der neuen Stellung eine Pension, so hat er, soweit diese Pension hinter den Bezügen zurückbleibt, die er im Falle seiner Pensionierung zur Zeit seines Ausscheidens aus dem Kolonialdienst erhalten haben würde, Anspruch auf einen entsprechenden Zuschuß aus Mitteln des Schutzgebiets. Die Tropenzulage bleibt bei der Berechnung außer Betracht. Nach § 29 Abs. 2 erlöschen mit der Aufnahme eines Kotonialbeamten in einen heimischen Dienst auch die im Schutzgebietsdienst erworbenen Pensionsansprüche. Im 8 29 Abs. 1 ist dafür Sorge getragen, daß er sich trotz­ dem im pensionsfähigen Gehalte nicht verschlechtert. 8 30 schützt ihn auch vor einer Einbuße nti Pensions­ gebührnissen. Falls daher unter Berücksichtigung der maßgebenden heimischen Gesetze eine von dem in den Reichs- oder heimischen Staatsdienst (§ 44) übergetrete­ nen Beamten erdiente Pension hinter derjenigen zurück­ bleibt, die er zur Zeit des Ausscheidens aus dem Kolonialdienst hätte beziehen können, wird der Unter­ schied aus kolonialen Mitteln erstattet. Dabei ist bezüg­ lich der nicht aus dem heimischen Dienst übernommenen Beamten (§ 14) unter Berücksichtigung der §§ 16 und 19 von demjenigen Teile der Bollpension auszugehen, welcher der zur Zeit des Ausscheidens aus dem Reichs­ oder Staatsdienste vorhandenen Erwerbsbeeinträchtigung entspricht. Ferner muß für alle Beaurten die Tropen­ zulage, die ja auch im Fall einer Pensionierung im Kolonialdienste neben der Pension gewährt worden wäre, außer Betracht bleiben.

Nachtrag!. PeafioaSanfprache.

Ist ein Kolonialbeamter ohne Pension ausge­ schieden und stellt sich erst nach dem Ausscheiden heraus, daß er infolge einer Krankheit, Verwundung

88 30, 31.

45

oder sonstigen Beschädigung, die er sich bei Aus­ übung oder aus Veranlassung des Dienstes in den Schutzgebieten ohne Vorsatz zugezogen hat, für den Reichs- oder heimischen Staatsdienst unfähig oder erwerbsunfähig geworden ist, so kann er einen An­ spruch auf Pension noch bis zum Ablauf von zwei Jahren und, wenn die Voraussetzungen des § 25 vorliegen, noch bis zum Ablauf von zehn Jahren nach dem Ausscheiden geltend machen. Der § 25 Abs. 5 findet Anwendung. Die Zahlung der Gebührniffe beginnt mit dem Monat, in welchem die Voraussetzungen für sie erfüllt find, jedoch frühestens mit dem Monat, in welchem der Anspruch erhoben ist. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Kolonialbeamte, die auf Widerruf oder Kündigung angestellt waren und ausdrücklich wegen grober Ver­ letzung der Dienstpflichten entlasten worden find. Abs. 1: Nach §§ 34 ff. RBG. sowie nach den be­ sonderen Vorschriften des KolBG. für die in § 14 be­ zeichneten Beamten kann eine Pension nur beim Aus­ scheiden im Anschluß an eine Versetzung in den Ruhe­ stand gewährt werden. Vielfach treten aber die Folgen einer Erkrankung oder Schädigung, die sich ein Beamter während des Kolonialdienstes zugezogen hat, erst nach dem Ausscheiden hervor. Zur Vermeidung von Härten sieht § 31 in Anlehnung an §§ 2 Nr. 1, 64 OfsizierpensionsE. und MannschaftsversorgungsG. vor, daß in Fällen der erwähnten Art ein Pensionsanspruch noch bis zum Ablauf von zwei Jahren, und wenn die besvuderen Voraussetzungen des § 25 vorliegen, also der Anspruch auf außerordentliche Einflüsse des Tropen­ klimas oder die besonderen Fährlichkeiten des Kolonial­ dienstes gestützt werden kann, noch bis zum Ablauf von 10 Jahren nach dem Ausscheiden oder der Rückkehr in die Heimat geltend gemacht werden kann. Der Anspruch

hat für solche Beamten, die aus dem heimischen Dienst entnommen sind, zur Voraussetzung, daß sie nicht bloß für den Kolonialdienst, sondern auch für den Reichs­ oder heimischen Staatsdienst (§ 44) unfähig sind, da anderenfalls die Möglichkeit einer Umgehung der über den Rücktrittszwang in § 29 getroffenen Bestimmungen eröffnet wäre. Die in den heimischen Dienst übergetrete­ nen Beamten können infolge der Vorschrift des § 29 Abs. 2, abgesehen von dem Anspruch aus Tropenzulage, nachträgliche Ansprüche der im § 31 vorgesehenen Art nicht erheben. — Vgl. § 45. Der letzte Satz des Abs. 1 entspricht dem § 19 Abs. 3 Satz 1. Abs. 2 : Da es nicht angängig ist, die auf Kündigung oder Widerruf angestellten etatsmästigen Beamtell besser zu behandeln als die lebenslänglich angestellten, werden ihnen die Rechte aus § 31 Abs. 1 nicht gewährt, wenn sie sich dienstlicher Verfehlungen schuldig gemacht haben, die bei Beamten der letzterwähnten Art eine Entfernung aus dem Amt im Wege des Disziplinarverfahrens und damit den Verlust des Pensionsrechtes (§ 75 Nr. 2 NB(^.) zur Folge haben würden. Auf- der anderen Seite ist der Verwaltung nicht zuzumuten, ein solches Verfahren lediglich zu dem Zwecke durchzusühren, um einem Be­ amten, dessen sie sich durch einfache Kündigung cntledigen kann, die Möglichkeit der Erhebung nachträglicher Pensionsforderungen abzuschneiden. Abs. 1 findet des­ halb aus die erwähnten Beamten dann keine Anwendung, wenn die Entlassung wegen grober Verletzung der Dienst­ pflichten geschehen und dies dem Beamten bei der Ent­ lassung ausdrücklich eröffnet worden ist, so dasz er in die Lage versetzt ist, sich gegebenenfalls rechtfertigen oder den Beschwerdeweg beschreiten zu können. Vgl. § 45.

Ansprüche der Hinterbliebenen. Witwen- n. Waisengeld.

§ 32.

Bei Berechnung des Witwen- und Waisengetdes C leibt die Tropenzulage außer Betracht, wenn ein

88 31-33.

47

Anspruch auf die im § 34 bezeichneten Zulagen ge­ geben ist. Auch bezüglich der Ansprüche der Hinterbliebenen der Kolonialbeamten finden im allgemeinen die ein­ schlägigen für die Reichsbeamten geltenden Vorschriften, also hier diejenigen des Beamtenbinterbliebenengesetzes, Anwendung (§ 1). Nach § 2 Abs. 3 jenes Gesetzes bleibt eine auf Grund des OffizierpensionsG. gewährte Tropen­ zulage bei der Berechnung des Witwengeldes in dem Falle außer Betracht, daß die Witwe zu einer Kriegs­ versorgung berechtigt ist. Da die in § 25 vorgesehene Tropenzulage und die in § 34 bezeichneten Zulagen den erwähnten Gebührnissen entsprechen, ist die Bestimmung des § 2 Abs. 3 BHinterblG. für die Kolonialbeamten durch § 32 ergänzt.

§ 33. Die Witwe und die ehelichen oder legitimierten Kinder eines nicht aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienst übernommenen Kolonialbeamten haben Anspruch auf Witwen- und Waisengeld, soweit ihnen solches zustehen würde, wenn der Verstorbene aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienst übernommen worden wäre. Steht ihnen ein Anspruch nicht zu, so kann Witwen- und Waisengeld gewährt werden, soweit es bewilligt werden könnte, wenn der Verstorbene aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienst übernommen worden wäre. Abs. 1: Die Gesichtspuukte, welche dazu geführt haben, für die Pensionierung der nicht aus dem heimi­ schen Dienst übernommenen Beamten (§ 14i besondere Vorschriften zu erlassen, treffen für die Versorgung der

Witwen und Waisen nicht zu. Die Lage einer Witwe, deren Ehemann im Kolonialdienste verstorben ist, ist die­ selbe, mag dieser nun aus dem heimischen Dienste her­ vorgegangen sein oder nicht. Auch wird der Umstand, daß ein verstorbener aus § 16 pensionierter Kolonial­ beamter noch teilweise erwerbsfähig war, in der Regel auf die wirtschaftliche Lage der Witwe und der Hinter­ bliebenen Kinder ohne Einfluß sein. Die Witwen und Waisen der unter § 14 fallenden Beamten werden des­ halb in allen Beziehungen so behandelt, als ob der Ver­ storbene aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst (§ 44) in den Kolonialdienst übernommen wäre. Indem § 33 dies ausdrücklich ausspricht, stellt er gleichzeitig klar, das; die §§ 15—18 bei Anwendung des BHinterblG. außer Betracht bleiben. Den Witwen und Waisen der in Rede stehenden Beamten soll daher gemäß § 1 BHinterblG. ein Anspruch aus Versorgung stets dann zustehen, wenn der Beamte im Dienste verstorben ist und die im § 34 RBG. erforderte Dienstzeit zurückgelegt hat, so daß er zur Zeit des Todes im Falle einer Versetzung in den Ruhestand pensionsberechtigt gewesen wäre, oder wenn er nach dem Ausscheiden verstorben ist und tatsächlich eine Pension, sei es auch nur eine Teilpension, bezogen hat. Ferner soll bei Anwendung des § 2 BHinterblG. stets davon ausgegangen werden, daß der Verstorbene zur Vollpension berechtigt gewesen ist oder berechtigt gewesen wäre. Rach Abs. 2 sollen dementsprechend weiter aus die Witwen und Waisen der in Abs. 1 bezeichneten Be­ amten alle diejenigen Vergünstigungen des BHinterblG. anwendbar sein, welche die Bewilligung von Witwenund Waisengeld im Falle des Nichtbestehens eines An­ spruchs unter gewissen Voraussetzungen in das Ermessen der Verwaltung stellen. Hier kommt namentlich 8 jenes Gesetzes in Betracht, wonach bei vorliegender Be­ dürftigkeit ein Witwen- und Waisengeld bis zu der gesetzlich zulässigen Höhe auch an Hinterbliebene eines im Dienste verstorbenen Beamten bewilligt werden kann, der noch nicht eine zehnjährige Dienstzeit zurückgelegt hatte, sowie § 10, nach welchem Witwen und Waisen

eines auf Widerruf angesteMen Beamten, der keine ctatsmäßige Stelle bekleidet hat, so behandelt werden können, als ob der Verstorbene eine solche Stelle inne­ gehabt hätte.

Zulagen.

§ 34.

Ist der Tod eines Kolonialbeamten bei AusÜbung des Dienstes oder vor dem Ablauf von zehn Jahren nach dem Ausscheiden entweder infolge außer­ ordentlicher Einflüffe des Klimas während eines dienstlichen Aufenthalts in den Schutzgebieten oder infolge der besonderen Fährlichkeiten des Dienstes in den Schutzgebieten erfolgt, so haben seine Hinter­ bliebenen für die Dauer des Bezugs eines Witwen­ oder Waisengeldes Anspruch auf Zulagen, a) Die Zulage der Witwe beträgt jährlich, wenn der Verstorbene einer Gehaltsklasse angehörte mit einem pensionsfähigen Endgehalte . . 300 Mark, bis 3 000 Mark einschließlich . . 600 4 000 ff ff H n . . 780 5 000 tf u if ff . . 900 über 5 000 ff * ff • b) Die Zulage der ehelichen oder legitimierten Kinder beträgt jährlich für jedes Kind, wenn der Verstorbene einer Gehaltsklasie angehörte mit einem pensionsfähigen Endgehalte bis 3 000 Mark einschließlich .... 120 Mark, . . • • 150 4 000 „ ff ff „ 5 000 . . . . 200 ff ff ff . . 250 „ über 5 000 ff * • Die Zulage erhöht sich für den Fall, daß ein Kind auch mutterlos ist oder wird, je Duerr, Kolonialbeamtengesetz.

4

nach der Gehaltsstufe des Verstorbenen auf 160 Mark, 200 Mark, 250 Mark, 300 Mark jährlich.

Der § 25 Abs. 5 findet Anwendung. Die Zulagen sind auch zahlbar, während das Recht auf den Bezug des Witwen- oder Waisengeldes aus einem anderen Grunde als wegen fehlender Reichsangehörigkeit ruht. Die Schädigungen, welche die Gesundheit des Kolo­ nialbeamten durch die außerordentlichen Einflüsse des Klimas erleidet, und die besonderen Fährlichkeiten des Dienstes in den Schutzgebieten haben häufig seinen frühen Tod zur Folge. Die Lage der hinterlassenen Familie ist dann eine ähnliche wie die des Beamten selbst im Falle einer durch jene Ursachen veranlaßten frühzeitigen Pensionierung. Die Notwendigkeit, für einen solchen Fall Vorsorge zu treffen, hat dazu geführt, den Hinter­ bliebenen von Angehörigen der Schutztruppen unter den erwähnten Voraussetzungen einen Anspruch auf Kriegs­ versorgung zuzugestehen (vgl. § 16 SchutztruppenG.,. RGBl. 1896 S. 653, und den an seine Stelle getretenen § 45 MilitärhinterblG. vom 17. Mai 1907, RGBl. S. *214). Auch bezüglich der Kolonialbeamten ist die Kolo­ nialverwaltung in der Denkschrift zum Hauptetat für die Schutzgebiete ans das Rechnungsjahr 1899 ermächtigt worden, unter der Voraussetzung, daß der Tod eines Beamten bei Ausübung des Dienstes oder infolge klima­ tischer Einflüsse und vor dem Ablauf von 6 Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Kolonialdienst erfolgt ist, den Hinterbliebenen sogenannte Witwen- und Waisenbeihilfen zu gewähren. § 34 hält diesen Rechtszustand aufrecht, jedoch mit der Maßgabe, daß, ähnlich wie bei der Tropenzulage (§ 25) und in Übereinstimmung mit den für die Schutztruppen geltenden Vorschriften, auf die vorge­ sehenen Vergünstigungen, die als „Zulagen" bezeichnet werden, ein fester Anspruch gewährt und die sechsjährige Frist auf 10 Jahre erhöht wird. Vgl. § 45. Die für die

88 34, 35.

51

Bemessung der Zulagen maßgebenden Gehaltsklassen sind in gleicher Weise wie in dem von der Trovenzulage handelnden 8 25 abgegrenzt. Die Sähe der Zulagen bleiben für die Witwen die­ selben wie bisher. Ebenso nehmen die Sätze der Waisen­ beihilfe die bisher maßgebenden Sätze (120 und 150 JL) zum Ausgangspunkt; indes ist auch hier die Abstufung nach Gehaltsktassen durchgeführt und so die Analogie mit der Witwenbeihilfe hergestellt. Entsprechend dem Zwecke der Zulagen und der in § 31 MilitärhinterblG. für die Kriegsversorgung ge­ troffenen Regelung sind nach dem letzten Abs. des § 34 die Witwen- nnd Waisenzulagen auch zahlbar, wenn das Recht auf den Bezug des Witwen- und Waisengeldes selbst ruht (vgl. § 15 BHinterblG.). Ausgenommen ist jedoch, ähnlich wie nach § 31 Abs. 2 MilitärhinterblG., der Fall, daß bn* Ruhen eine Folge des Nichtbesitzes der Neichsangehörigkeit ist (8 15 Nr. 1 BHinterblG.). Vgl. im übrigen § 38.

§ 35. Steht den Witwen und den ehelichen oder legi­ timierten Kindern von Beamten, die wegen Unfähig­ keit zum Kolonialdienst ausgeschieden und in den Reichs- oder heimischen Staatsdienst übernommen sind, Witwen- und Waisengeld zu, so haben sie, soweit die Bezüge hinter denjenigen zurückbleiben, die sie erhalten haben würden, wenn die Beamten zur Zeit ihres Ausscheidens aus dem Kolonialdienst mit der Vollpension Pensioniert worden wären, Anspruch auf einen entsprechenden Zuschuß aus Mitteln des Schutz­ gebiets. Bei der Berechnung bleiben die Zulagen zum Witwen- und Waisengeld außer Betracht. § 35 schließt sich an § 30 an. Die gleichen Er­ wägungen, aus denen den Beamten die in den Schutz4*

gebieten erdienten Versorgungsgebührnisse erhalten wer­ den, sind auch in betreff der Versorgungsgebührnisse der Witwen und Waisen maßgebend gewesen, über den Be­ griff „Reichs- oder heimischer Staatsdienst" s. § 44.

5 36. Ist ein ohne Pension ausgeschiedener Kolonial» Beamter nicht in den Reichs- oder heimischen Staats­ dienst übernommen und infolge eines der im § 34 Abs. 1 erwähnten Umstände vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ausscheiden verstorben, so haben die Witwe und die Hinterbliebenen Kinder aus einer vorher geschlossenen Ehe Anspruch auf Witwen- und Waisengeld und auf die Vergünstigungen des § 34. Der § 25 Abs. 5 findet Anwendung. Nach dem BHinterblG. in Verbindung mit § 33 können die Witwen und Waisen ausgeschiedener Beamten eine Versorgung nur erhalten, wenn der verstorbene Ernährer selbst eine Pension bezog. Ähnlich- Gründe, wie sie zu § 31 geführt, haben indes eine Ausnahme von diesem Grundsätze für den Fall veranlaßt, daß der Tod eines Beamten, der, z. B. wegen noch bestehender völliger Erwerbsfähigkeit, ohne Pension ausgeschieden ist, auf die außerordentlichen Einflüsse des Tropenklimas oder die sonstigen besonderen Fährlichkeiten des Kolonialdienstes zurückzuführen ist. § 36 sieht demnach vor, daß in diesem Falle ein Anspruch auf Witwen- und Waisengeld noch bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ausscheiden oder der Rückkehr in die Heimat (§ 25 Abs. 5) geltend gemacht werden kann. Vgl. auch § 45. Wie im übrigen aus § 29 Abs. 2 folgt und ausdrücklich klargestellt ist, finden die Vergünstigungen aus § 36 auf solche Beamte keine Anwendung, die in den Reichs- oder heimischen Staatsdienst (§ 44) übernommen sind. Die Witwen und Waisen der letzteren sind mithin auf diejenigen All­ sprüche beschränkt, die aus § 35 folgen und die ihnen

aus dem neuen Dienstverhältnisse der Verstorbenen zu­ stehen. § 36 ist auch auf Witwen und Waisen anwendbar, deren verstorbene Ernährer eine auf Grund des § 18 bewilligte Pension bezogen und die mithin wegen § 1 BHinterblG. an.sich ein Recht auf die Versorgungsge­ bührnisse nicht haben würden.

teumtgelb.

§ 37»

Jedem Verwandten der aufsteigenden Linie eines verstorbenen Kolonialbeamten, auf deffen Tod die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 zutreffen, kann für die Dauer der Bedürftigkeit ein Elterngeld ge­ währt werden, wenn der Verstorbene zur Zeit seines Todes oder bis zu seiner letzten Krankheit den Lebens­ unterhalt des Verwandten ganz oder überwiegend bestritten hat. Das Elterngeld beträgt jährlich, wenn der Ver­ storbene einer Gehaltsklaffe angehörte mit einem pensionsfähigen Endgehalte bis 3 000Markeinschließlich, höchstens 250 Mark „ 4 000 „ „ ,/ '^50 „ über 4000 „..........................................„ 450 „ . Angesichts der besonderen Gefahren, welche dem Leben der Beamten in denSchutzgebieten drohen, ist die Möglichkeit der Bewilligung von Vcrsorgungsgebührnissen an Verwandte der aufsteigenden Linie vorgesehen, die sonst häufig, wenn der Verstorbene ihr Ernährer­ war, in Not geraten würden. Schon die Denkschrift von 1899 hatte es für zulässig erklärt, den Eltern und Voreltern von Kolonialbeamten, die bei Ausübung des Dienstes oder infolge klimatischer Einflüsse vor Ablauf einer gewissen Frist nach dem Ausscheiden versterben, in entsprechender Anwendung des § 16 SchutztruppenG. und der darin angezogenen §§ 42, 96 MilitärpensionsG

vom 27. Juni 1871 die dort bestimmten Beihilfen zu gewähren. § 37 hält diese Vergünstigung aufrecht, in­ dem er, in Übereinstimmung mit den schon in betreff der Tropenzulagen (§ 25) und Witwen- und Waisenzulagen (§ 34) befolgten Grundsätzen, die Voraussetzungen der Bewilligung nunmehr im Anschluß an die für die An­ gehörigen der Schutztruppen maßgebenden 49, 22 MilitärhinterblG. regelt. Nur ist aus ähnlichen Grün­ den, wie für die Bemessung der Zulagen zum Waisen­ geld, auch für die hier in Frage stehenden Wohltaten, die nach dem Vorgänge des MilitärhinterblG. die Be­ zeichnung „Elterngeld" führen, eine weitere Abstufung vorgesehen. Es werden drei Stufen von 250, 350,45u ,.Ü. gebildet, so daß die Mindest- und Höchstsätze mit den Sätzen des § 22 MilitärhinterblG. übereinstimmen. Wel­ cher Satz im einzelnen bewilligt werden kann, hangt auch hier wieder davon ab, in welcher Gehaltsklasse sich der Verstorbene befunden hat. Vgl. im übrigen § 38.

§ 38. Auf die Zulagen zum Witwen- und Waisengeld und auf das Elterngeld findet die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Anwendung. Die Zulagen 511111 Witwen- und Waisengeld und das Elterngeld werden mit Rücksicht auf ihre Zweckbestim­ mung hinsichtlich der Pfändbarkeit und der Heran­ ziehung zu öffentlichen Abgaben ebenso wie die Tropen­ zulage (§ 27 Abs. 1) behandelt.

Heirrrbesördernrrg.

§ 39«

Hinterbliebene, welche mit dem Kolonialbeamten einen Hausstand bildeten, haben innerhalb eines Jahres nach dem Tode des Beamten Anspruch auf freie Beförderung in ihre Heimat nach Maßgabe der vom Reichskanzler zu erlassenden Vorschriften.

Die freie Rückbeförderung kann auch den nicht' eingeborenen Dienstboten, welche in den Hausstand ausgenommen waren, innerhalb der bezeichneten Frist gewährt werden. Der in einem Schutzgebiete befindliche Nachlaß eines Kolonialbeamten kann den Angehörigen kosten­ frei nach ihrem Wohnort übersandt werden. § 39 entspricht im wesentlichen den in § 50 MilitärhinterblG. für die Angehörigen der Schutztruppen ge­ troffenen Bestimmungen. Wie dieser schließt er sich an das Gesetz vom 1. April 1888 (RGBl. S. 131), be­ treffend die Zurückbeförderung der Hinterbliebenen im Ausland angestellter Reichsbeamter und Personen des Soldatenstandes, an, das bisher gemäß Art. 1 Verord­ nung vorn 9. August 1896 auch für die Schutzgebiets­ beamten Geltung hatte. Von § 50 weicht § 39 nur darin ab, daß im Abs. 1 dem Reichskanzler Vorbehalten wird, tu betreff des Maßes der vorgesehenen Vergünstigung tnihere Vorschriften zu erlassen, weil die Kolonialbeamten mitunter aus weit entfernten Ländern stammen, während bei den Angehörigen der Schutztruppen nur Deutschland als Heimat in Frage kommt. Ferner ist in Abs. 2 ausdrücklich klargestellt, daß die Verwaltung auch das Recht hat, nichteingeborcne Dienst­ boten, die vor dem Todesfall in den Haitsstand aufgenommen waren, frei zurückzubefördern. Da diese Ver­ günstigung in das Ermessen der Verwaltung gestellt ist, so bleibt die Möglichkeit gewahrt, sie da zu versagen, wo sie nach Lage der Verhältnisse nicht angebracht wäre. Der Ausdruck „Hinterbliebene" im Abs. 1 ist wie im § 50 MilitärhinterblG. im weitesten Sinne ge­ weint, so daß darunter auch andere Angehörige als Ab­ kömmlinge oder Verwandte der aufsteigenden Linie zu verstehen sind, sofern der Verstorbene sie in seinen Haus­ stand ausgenommen hatte.

66

Dienstvergehen, Disziplinarverfahren.

Dienstvergehen, Disziplinarverfahren. Geldstrafe.

§ 40.

Die Befugnis, Geldstrafen bis zum höchsten zulässigen Betrage zu verhängen, steht auch den Gou­ verneuren zu. Gegenüber den der Justizverwaltung unterstellten Beamten wird diese Befugnis durch die Oberrichter wahrgenommen. Den Bezirksamtmännern sowie den Vorständen der sonstigen dem Gouverneur unmittelbar unter­ geordneten Behörden und der Bezirksgerichte sowie dem Vorsteher der Intendantur und dem dienst­ ältesten Kriegsgerichtsrat einer Schutztruppe steht die Befugnis zu, Geldstrafen bis zum Betrage von dreißig Mark gegen die ihnen unterstellten Beamten zu verhängen. Abs. 1: Während nach § 81 RBG. nur den obersten Reichsbehörden das Recht zusteht, Geldstrafen bis zum höchsten zulässigen Betrage zu verhängen, ist in Über­ einstimmung mit Art. 8 Nr. 1 Verordnung vom 9. August 1896 die gleiche Befugnis auch den Gouverneuren gewährt, damit diese bei der weiten Entfernung der Schutz­ gebiete vom Sitze der Zentralbehörde in der Lage sind, unter den Beamten die erforderliche Disziplin auf­ rechtzuerhalten. Eine Ausnahme greift nur für die Beamten der Justizverwaltung Platz. Die in der Rechtspflege tätigen Beamten kommen, auch soweit auf sie die Sondervor­ schrift des § 48 nicht Anwendung findet, doch unter den besonderen Verhältnissen der Schutzgebiete häufig in die Lage, vertretungsweise oder int Auftrage richterliche Geschäfte wahrnehmen zu müssen. Im Interesse der Unabhängigkeit der Rechtspflege ist ein disziplinäres Einschreiten der Gouverneure gegen Beamte der Ge"chte nach Möglichkeit auszuschalten. Dementsprechend

88 40-42.

57

sieht Satz 2 vor, daß die nach Satz 1 dem Gouverneur zustehendeu Befugnisse gegenüber den in Rede stehenden Beamten durch den Oberrichter wahrzunehmen sind. Abs. 2: Entsprechend der in Abs. 1 getroffenen Re­ gelung kommen den Behörden, die dem Gouverneur und dem Oberrichter untergeordnet sind, diejenigen Be­ fugnisse zu, welche in 8 81 Nr. 2 RBG. den der obersten Reichsbchörde unmittelbar Nachgeordneten Behörden bei­ gelegt sind.

vinleitg. d. Berfahrevs. § 41. Wenn Gefahr im Verzug ist, kann einer der im § 40 Abs. 1 bezeichneten Beamten vorläufig die Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügen und den untersuchungsführenden Beamten ernennen. Er hat alsdann die Genehmigung der obersten Reichsbehörde einzuholen und, wenn die Genehmigung versagt wird, das Verfahren einzustellen. § 41 tritt an die Stelle des § 85 Abs. 2 RBG. Tie Abweichungen erklären sich aus der in § 40 getroffe­ nen Regelung. „Oberste Reichsbehörde": Reichs-Kolonialamt, für öliautschou: Reichs-Marineamt.

Disziplinarbehörden.

§ 42.

Entscheidende Disziplinarbehörden sind in erster Instanz die Disziplinarkammer für die Schutzgebiete, in zweiter Instanz der Disziplinarhof für die Schutz­ gebiete. Der Sitz dieser Behörden wird durch Kai­ serliche Verordnung bestimmt. Sie treten nach Be­ dürfnis zusammen. Die Disziplinarkammer besteht aus sieben, der Disziplinarhof aus elf Mitgliedern. Bei jener müssen der Präsident und wenigstens drei Beisitzer, bei diesem

der Präsident und wenigstens fünf Beisitzer sich in richterlicher Stellung im Dienste des Reichs oder eines Bundesstaats befinden. Die Mitglieder der Disziplinarkammer llnd des Disziplinarhofs werden für die Dauer der zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten Reichs- oder Staatsämter vom Kaiser ernannt; sie werden für die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes ver­ pflichtet. Die Disziplinarkammer entscheidet in der Besetzung von fünf, der Disziplinarhof in der Besetzung von sieben Mitgliedern. Der Vorsitzende und bei der Disziplinarkammer wenigstens zwei, beim Disziplinar­ hof wenigstens drei Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören. Soweit Geschäftsgang und Verfahren der Dis­ ziplinarbehörden nicht gesetzlich geregelt sind, werden sie durch eine Geschäftsordnung bestimmt, welche der Disziplinarhof mit Genehmigung des Reichskanzlers erläßt. § 42 schließt sich an Art. 9 Ms. 3 bis 6 Verordnung Dom 9. August 1896 an. Die besonderen in dieser Ver­ ordnung vorgesehenen Disziplinarbehörden für die Be­ amten der Schutzgebiete sind beibehalten, da eine zu­ treffende Beurteilung der Dienstvergehen von Kolonial­ beamten ohne Berücksichtigung der eigenartigen Ver­ hältnisse des Kolonialdienstcs, insbesondere der klimatischen Verhältnisse und der Art und Weise, wie der Verkehr zwischen den Beamten und Eingeborenen sich abspielt, nicht möglich ist. Deshalb müssen die Diszi­ plinarbehörden für die Kolonialbeamten anders zusam­ mengesetzt werden wie diejenigen für die Reichsbeamten, wenn auch im übrigen die Organisation der Disziplinar­ behörden für die Schutzgebiete nach Möglichkeit mit der-

59

88 42, 43.

jeuigen der Reichs-Disziplinarbehörden (§8 86 ff. RBG.) in Übereinstimmung gebracht ist. Da nichts im Wege steht, jene Behörden in der Weise an vorhandene, für die Reichsbeamten eingesetzte Disziplinarbehörden anzugliedern, das; ihnen derselbe Sitz angewiesen wird, damit wenigstens ein Teil der Mitglieder beiden Behörden gemeinschaftlich angehören kann, wird im Abs. 1 die Bestimmung des Sitzes Kaiser­ licher Verordnung vorbehalten. Für den Fall, daß, wie dies bereits in Allssicht genommen ist, ein besonderer oberster Kolonialgcrichtshof errichtet wird, empfiehlt es sich, diesem die Befug­ nisse des Disziplinarhofes für die Schutzgebiete zu über­ tragen. Abs. 5: Bisher GeschS. vom 3. März 1897, ttolBt. S. 157.

Vorläufige Dienstentheduug rc.

§ 4o.

Die im § 127 und im § 128 Abs. 2 des Reichsbeamtengesetzes der obersten Reichsbehörde übertra­ genen Befugniffe werden gegenüber den Beamten, welche eine Kaiserliche Bestallung erhalten haben, sowie gegenüber den richterlichen Beamten vom Reichs­ kanzler, gegenüber den übrigen Beamten vom Gouverneur ausgeübt. Gegen die Entscheidung des Gouverneurs findet Beschwerde an den Reichskanzler statt. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Die im § 131 Abs. 1 des Reichsbeamtengesetzes vorgesehenen Befugnisse stehen gegenüber den Be­ amten, welche eine Kaiserliche Bestallung erhalten haben, dem Gouverneur, gegenüber den richterlichen Beamten dem Oberrichter zu.

Abs. 1: Rach §§ 127, 128 Abs. 2 RBG. hat die oberste

Reichsbehörde darüber zu befiudeu,

ob

gegen

60

Sonstige Vorschriften.

einen Beamten nach Einleitung oder im Lauf eines ge­ richtlichen Strafverfahrens oder eines förmlichen Diszi­ plinarverfahrens die vorläufige Enthebung vom Dienste verfügt und welcher Teil des Diensteinkommens einbe halten werden soll, falls die im § 128 Abs. 1 gesetzlich vorgesehene Einbehaltung der Hälfte des Diensteinkommens den Beamten in eine Notlage bringen würde. In Anlehnung au den bisherigen Rechtszustaud (Art. 10 Verordnung vom 9. August 1896) und aus ähnlichen Erwägungen, wie sie für die Begründung der Zuständig­ keit des Gouverneurs im Falle des § 40 Abs. 1 mastgebend gewesen sind, wird im Abs. 1 jene Befugnis im allgemeinen dem Gouverneur übertragen und, um den Beamten einen Schutz gegen etwaige Fehlgriffe des letzteren zu gewähren, eine Beschwerde an den Reichs­ kanzler zugelassen. Ausnahmen bestehen a) b huss Wah rung der Unabhängigkeit der Rechtspflege für die richter lichen Beamten (vgl. § 48 Abs. 2), bj im Interesse ihres Ansehens für die Beamten mit Kaiserlicher Bestallung. Abs. 2: Aus den erörterten Gesichtspunkten ist ferner vorgesehen, daß die vorläufige Untersagung der Ausübung der Amtsverrichtungen (§ 131 Abs. 1 RBG.) gegenüber richterlichen Beamten nur von dem Ober­ richter ausgesprochen werden darf und daß dieses Recht gegenüber denjenigen Beamten, welche eine Kaiserliche Bestallung haben, von dem Gouverneur auszuüben ist.

Sonstige Vorschriften. Reich»- »der heim. StaatSdieast.

§ 44.

Als Reichs- oder heimischer Staatsdienst im Sinne dieses Gesetzes gilt jede im § 57 Nr. 2 Abs. 2 des Reichsbeamtengesetzes aufgeführte Anstellung oder Beschäftigung. Nach § 57 Nr. 2 Abs. 2 RBG. in der Fassung, die er im Anschluß an § 24 OfsizierpcnsionsG. durch das Gesetz vom 17. Mai 1907 (RGBl. 3. 201) erhalten hat.

88 44, 45.

61

gilt als Reichs- oder Staatsdienst auch eine Beschäfti­ gung oder Anstellung als Beamter oder in der Eigen­ schaft eines Beamten in Reichs-, Staats- oder Kom­ munaldienste, bei den Bersicherungsanstalten für die Invalidenversicherung, bei ständischen oder solchen In­ stituten, welche ganz oder zum Teil aus Mitteln des Reichs, eines Bundesstaats ober einer Gemeinde unter­ halten werden. Die Erwägungen, die zu den erwähnten Vorschriften geführt haben, treffen auch überall da zu, wo der Reichs- oder heimische Staatsdienst in dem vor­ liegenden Gesetz erwähnt wird (§§ 14, 29—31, 33, 35, 36). Selbstverständlich greift § 44 aber dort nicht Platz, wo Spezialvorschristen etwas Abweichendes anordnen. So umfaßt § 46 Nr. 2 RBG. auch für die Kolonial­ beamten nur den unmittelbaren Staatsdienst, da für den mittelbaren Staatsdienst Vorschriften im 8 52 Nr. 1 RVG. gegeben sind.

Endgültige Entscheid-«. d. oberste« Reich-behörde. § 45» Für die Beurteilung der vor Gericht geltend gemachten Ansprüche sind die Entscheidungen der obersten Reichsbehörde über folgende Fragen maß­ gebend: 1. ob Dienstunfähigkeit, ob und in welchem Grade Erwerbsunfähigkeit vorliegt, sowie ob die Dienstunfähigkeit oder die Erwerbsun­ fähigkeit eine dauernde oder vorübergehende ist, 2. ob die Dienstunfähigkeit oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Tod auf eine der in den § 31 Abs. 1, § 36 bezeichneten Ursachen zurückzuführen ist, 3. ob die Voraussetzungen der §§ 25, 34 erfüllt find.

62

Sonstige Vorschriften. §§ 46—47.

4. ob bei der Entlassung eines auf Widerruf oder Kündigung angestellten Kolonialbeamten zutreffend der Fall grober Verletzung der Dienstpflichten angenommen ist. über die in Nr. 1 bis 4 genannten Fragen ent­ scheidet ein innerhalb der obersten Reichsbehörde gebildetes, aus drei Mitgliedern bestehendes Kollegium endgültig.

Abs. 1: § 45 lehnt sich an § 155 NBO!., den er ent­ sprechend ergänzt, 8S 73 Abs. 2, 40 OfsizierpensiousO)., 88 73, 43 AauuschaftsversorgungsG. an, indem er die Entscheidung über die Voraussetzungen der Versorgung einschließlich der dabei in Betracht kommenden Fragen disziplinärer Art unter Ausschluß des Rechtswegs (öZVG. 88 13, 17) der endgültigen Beurteilung der obersten Reichsbehörde (Reichs-Kolonialamt, für Kiautschou: Rcichs-Marineault) überläßt. Abs. 2: Um den Beamten eine Gewähr für eine unparteiische Priifuug des Sachverhaltes und Würdigung ihrer Interessen zu bieten, wird nach Vorgang der er­ wähnten Vorschriften der Militärpensionsgesetze die Ent­ scheidung über die im Abs. 1 erwähnten Punkte in die Hand eines innerhalb der obersten Reichsbehörde ge­ bildeten Kollegiums gelegt.

§ 46. Als Zustellung im Sinne dieses Gesetzes gilt jede Bekanntgabe, die in einer für gerichtliche Zu­ stellungen vorgeschriebenen Form vorgenommen ist. Den vereidigten Verwaltungsbeamten kommt dabei derselbe Glaube zu wie den Gerichtsvollziehern. Der Zustellung steht die Eröffnung zu Protokoll sowie jede sonstige durch einen vereidigten Verwaltungs­ beamten bescheinigte Bekanntgabe gleich.

Besondere Vorschriften f. richterl. Beamte.

§ 48.

63

§ 46 entspricht dem § 133 RBG. mit gewissen Ände­ rungen und Erweiterungen, die wegen der Regelung des Zustellungswescns in den Schutzgebieten nötig sind.

Anseathalt autze d. Schutzgeb § 47. Der Reichskanzler kann bestimmen, daß der Auf­ enthalt eines Beamten außerhalb des Schutzgebiets, sofern er unter ähnlichen klimatischen Verhältnissen im Dienste der Schutzgebietsverwaltung stattfindet, dem Aufenthalt im Schutzgebiete gleich zu erachten ist. Mitunter kommt es vor, das; Beamte, die für den Dienst eines Schutzgebiets angestellt sind, infolge eines besonderen dienstlichen Bedürfnisses außerhalb des Schutze gebiets, aber unter ähnlichen klimatischen Verhältnissen beschäftigt werden, so z. B. Beamte des Schutzgebiets Kiautschou in den Rachbargcbieten in China. Aus Grün­ den der Billigkeit soll nach näherer Bestimmung des Reichskanzlers im Aalt einer solchen Verwendung eines Kolonialbeamten der Aufenthalt außerhalb des Schutz­ gebiets demjenigen im Schutzgebiete gleich behandelt werden.

Stsondere Vorschriften für richterliche Seamte. § 48. Soweit die Kolonialbeamten zur Ausübung der Gerichtsbarkeit nach § 2 des Schutzgebietsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1900 S. 813) berufen sind, üben sie ihr Amt als llnabhängige, nur dem Gesetz unter­ worfene Richter aus. Gegen richterliche Beamte können Ordnungsstrafen nur vom Reichskanzler verhängt werden. Rücksichten auf die Unabhängigkeit der Rechtspflege machen es notwendig, die Reehtsver-

64

Besondere Vorschriften für richterliche Beamte.

hältnisse der richterlichen Beamten zum Teil nach be­ sonderen Gesichtspunkten zu regeln. Abs. 1: Das SchutzgebG. ordnet die Gerichtsbarkeit in den Kolonien im wesentlichen im Anschluß an die für die Konsulargerichte geltenden Vorschriften des KonsGG. vom 7. April 1900 (RGBl. S. 213). Nach § 5 des letzteren wird die Konsulargerichtsbarkeit durch den Kon­ sul, mithin einen politischen Beamten, ausgeübt, der auch den Vorsitz in dem für wichtigere Sachen zuständi­ gen Konsulargerichte führt. § 2 SchutzgebG. erklärt jenen § 5 mit der Maßgabe für entsprechend anwendbar, daß an die Stelle des Konsuls der vom Reichskanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigte Beamte und an die Stelle des ttonsulargerichts das in Gemäßheit der Vorschriften über das letztere zusammengesetzte Ge­ richt des Schutzgebiets tritt. Die Ermächtigung kann auch 'Verwaltungsbeamten erteilt werden. Der Grund­ satz der personalen Trennung der Justiz von der Ver­ waltung, von dem die heimische Gesetzgebung geleitet wird, ist daher nach der gegenwärtigen Gesetzeslage in den Schutzgebieten ebensowenig wie in den Konsularge­ richtsbezirken durchgeführt. Maßgebend waren dabei für den Gesetzgeber hauptsächlich Ersparnisrücksichten, da anfänglich die weiße Bevölkerung in den Schutzge­ bieten nur wenig zahlreich war, so daß für Berufsrichter keine genügende Beschäftigung vorhanden gewesen wäre. Diese Verhältnisse bestehen zum Teil heute noch fort, so z. B. in einzelnen Bezirken Deutsch-Ostafrikas uub im größten Teile des Schutzgebiets Deutsch-Neuguinea. Auch gegenwärtig ist es daher noch nicht möglich, die Verwaltungsbeamten in der Rechtsprechung überall durch Berufsrichter zu ersetzen und dementsprechend die Rechts­ pflege, wie dies auch für die Schutzgebiete das Ziel sein muß, völlig von der Verwaltung zu trennen. Immer­ hin ist wenigstens ein Teil der in der Heimat für not­ wendig erachteten Garantien der Rechtspflege auf die Schutzgebiete übertragen. Im Anschluß an § 1 GVG. ist zunächst im § 48 Abs. 1 allgemein die richterliche Unabhängigkeit gesetzlich fest­ gelegt und zum ersten Male für die deutschen Schutz-

§§ 48, 49.

gebiete vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgesprochen, daß die Richter als solche, d. h. in ihrer richterlichen Tätig­ keit, von Vorgesetzten unabhängig und nur dem Gesetze i. tv. S. unterworfen find.1) Sie dürfen hiernach weder über ihre Beratung, ihre Abstimmung und deren Gründe als Zeugen vernommen (RGStr. XXVI 202, XXVIII 242), noch Hierwegen oder wegen des Inhalts der Ent­ scheidung in anderen als den gesetzlich bestimmten Fällen zur zivil- oder strafrechtlichen oder disziplinären Ver­ antwortung gezogen werden. Auch solche richterliche Beamte, die zugleich als Verwaltungsbeamte tätig sind, sind in bezug auf die Rechtsprechung an Anweisungen der Vorgesetzten nicht gebunden. Abs. 2: Um die richterlichen Beamten auch in diszi­ plinärer Hinsicht möglichst unabhängig zu stellen, darf gegen richterliche Beamte aller Art, also ebenfalls unter Einschluß der Verwaltungsbeamten, soweit ihre richter­ liche Tätigkeit in Frage kommt, nur der Reichskanzler Ordnungsstrafen verhängen, wie dies bisher schon Art. 8 Nr. 3 Verordnung vom 9. August 1896 bestimmt hat. Hierbei ist davon ausgegangen, daß das dem Reichs­ kanzler übertragene Disziplinarstrafrecht ein an das Amt gebundenes ist, so daß eine Vertretung des Reichskanzlers in dessen Ausübung nur nach Maßgabe des Gesetzes vom 17. März 1878 (RGBl. S. 7) möglich ist.

§ 49. Als etatsmäßiger Richter kann in einem Schutz­ gebiete nur angestellt werden, wer die Fähigkeit zum Richteramt in einem Bundesstaat erlangt hat. Die fortschreitende Entwickelung der Schutzgebiete und das damit einhergehende Anwachsen der weißen Bevölkerung hat es mit sich gebracht, daß auch ohne gesetzlichen Zwang die Rechtsprechung in immer steigen9 Vgl. Doerr in Zeitschr. f. Kolonialpolitik usw. 1909 S. 163 bis 165. Doerr, Kolonialbeanuengesetz.

5

66

Besondere Vorschriften für richterliche Beamte.

dem Maße in die Hände von Berufsrichtern übergegan­ gen ist. Die Arbeitslast ist bei den meisten Gerichteil der Schutzgebiete derart gestiegen, daß für einen, bei einigen sogar für mehrere im Hauptamt tätige Richter reichliche Beschäftigung vorhanden ist. Aus dem im § 48 Abs. 1 betretenen Wege ist das Gesetz weiter gegangen, um dem Ziel einer den Anschauungen des modernen Rechtsstaats entsprechenden Ausgestaltung der kolonialen Gerichtsverfassung näher 511 kommen und damit gleichzeitig einer umfassenden Reform der letzte­ ren vorzuarbeiten. Schon jetzt sind, obwohl bislang eine besondere Vorbildung für die Kolonialrichter nicht vorgeschrieben war, in den etatsmäßigen Stellen fast ausschließlich Beamte verwendet, welche die Befähigung zum Richterbicuft in der Heimat erworben haben. Diese Praxis ist llun im Anschluß an § 2 GVG. gesetzlich festgelegt. Hier­ bei ist wie in alideren neueren Gesetzen unter dem Aus­ druck „Bundesstaat" auch Elsaß-Lothringen lnitbegrisfen.

§ 50. Die etatsmäßigen Richter haben einen Rechts­ anspruch auf die Gehaltszulagen und die anderen etwa im Etat bereitgestellten Zulagen. Ihr Anspruch ruht, solange gegen sie ein Dis­ ziplinarverfahren oder wegen eines Verbrechens oder Vergehens ein Hauptverfahren oder eine Vorunter­ suchung schwebt. Führt das Verfahren zum Verluste des Amtes, so findet eine Nachzahlung der zurückgehaltenen Beträge nicht statt. Im Interesse ihrer Unabhängigkeit sind die etats­ mäßigen Richter bezüglich ihrer Ansprüche auf die Ge­ haltszulagen und die anderen etwa ;m Etat bereit­ gestellten Zulagen in ähnlicher Weise, wie dies nach der heimischen Gesetzgebung der Fall zu sein pflegt, durch

88 49-51.

67

§ 50 sichergestellt, für den § 7 Preus;. RichterbesoldungsG. vom 29. Mai 1907 (Gesetzsamml. S. 111) und § 11 Abs. 2 BesolduugsG. für die Reichsbeamten vom 15. Juli 1909 (RGBl. S. 573) vorbildlich waren.

§ 51. Auf die etatsmäßigen Richter finden die Vor­ schriften des K 11 keine Anwendung, die des § 12 nur dann, wenn das von ihnen verwaltete Amt infolge einer Umbildung der Kolonialbehörden aufhört. Im Interesse ihrer Unabhängigkeit werden den etatsmäßigen Richtern durch § 51 auch in betreff der — räumlich auf das betr. Schutzgebiet beschränkten — Versetzbarkeit (s. § 11 Anm.) und der einstweiligen Ver­ setzung in den Ruhestand (§ 12) Vorrechte eingeräumt. Weiter zu gehen utib statt der Versetzbarkeit nur inner­ halb desselben Schutzgebiets eine völlige Unversetzbar­ keit der Richter auszusprechen, erschien dem Gesetzgeber noch nicht möglich. Die Verhältnisse liegen in den Schutzgebieten infolge des durch die häufigen Beurlau­ bungen und Erkrankungen bedingten Wechsels der Be­ amten so eigenartig, daß die Verwaltung auf das Recht, auch die Richter von einem Orte des Schutzgebiets nach einem anderen zu überweisen, z. Zt. nicht verzichten kann. Immerhin bedeutet die neuerliche Regelung eine Verbesserung. Wie die übrigen Beamten der Schutz­ gebiete pflegten bisher auch die Richter wegen der er­ wähnten Verhältnisse in der Weise angestellt zu werden, daß ihnen ein bestimmter Amtssitz nicht zugewiesen wurde, so daß der Gouverneur bezüglich der Bestimmung des Ortes ihrer Tätigkeit freie Hand hatte. Nunmehr ist den etatsmäßigen Richtern eine Gewähr dafür ge­ geben, daß ihre Versetzung nach einem andern Orte des Schutzgebiets nicht mehr durch die Gouverneure, sondern nur auf förmlichem Wege durch die Zentralverwaltung geschieht.

68

Besondere Vorschriften für Schutztruppenbeamte.

Sefondere Vorschriften für Zchuhtruppendeamtr. § 52. Auf die Schutztruppenbeamten finden die Vor­ schriften der §§ 14 bis 28, des § 29 Abs. 2, der §§ 30, 31, 32 bis 39, 45, 60 keine Anwendung. Es bleiben die sie betreffenden Vorschriften des Offizierpenfionsgesetzes vom 31. Mai 1906 (Reichs-Gesetzbl. S. 565) und des Militärhinterbliebenengesetzes vom 17. Mai 1907 (Reichs-Gesetzbl. S. 214) in Kraft. Die Versorgungsansprüche der Schutztruppenbeamten und ihrer Hinterbliebenen sind durch das OffizierpensionsG. vom 31. Mai 1906 und das MilitärhinterblG. vom 17. Mai 1907 bzw. das BeamtenhinterblG. vom 17. Mai 1907 einheitlich mit denjenigen der Schutz­ truppenoffiziere und ihrer Hinterbliebenen neu geregelt. Diese Regelung hat sich als ausreichend erwiesen; eine Änderung des bestehenden Rechtszustandes war daher nicht veranlaßt.

§ 53. Auf Schutztruppenbeamte, welche ausschließlich unter Militärbefehlshabern stehen, findet der § 120 des Reichsbeamtengesetzes keine Anwendung; für sie ist entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz die bei dem Generalkommando des Gardekorps zu­ sammentretende Militärdisziplinarkommission. Die Schutztruppen unterstehen einem kommandieren­ den General nicht. § 120 RBG., der die Einleitung der Untersuchung und die Ernennung des Voruntersuchungs­ beamten in dem Disziplinarverfahren gegen ausschließ­ lich unter Militärbefehlshabern stehende Militärbeamten einem solchen Offizier überträgt, ist daher für derartige Schutztruppenbeamte nicht anwendbar. Die erwähnten

§§ 52- 54.

69

Maßnahmen sind, soweit nicht § 41 Platz greift, von der obersten Reichsbehörde (Reichs-Kolonialamt) wahrzunehmen (§§ 84, 85 RBG.). Ferner ist es nicht angängig, in jedem Schutzgebiet eine den Erfordernissen des § 121 RBG. genügende Militürdisziplinarkommissiou zusammentreten zu lassen, weil cs an geeigneten Persönlichkeiten in den Schutz­ gebieten mangelt. Deshalb ist als entscheidende Diszipli­ narbehörde erster Instanz die bei dem Generalkommando des Gardekorps zusammentretende Militärdisziplinar­ kommission bestimmt.

§ 54. Auf die richterlichen Justizbeamten der Schutz­ truppen finden die Vorschriften dieses Gesetzes über zwangsweise Versetzung in den Ruhestand, über Disziplinarbestrafung und über vorläufige Dienst­ enthebung sowie die §§ 48, 51 keine Anwendung. Für sie gelten die entsprechenden Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Dienstvergehen der richterlichen Militärjustizbeamten und die unfreiwillige Versetzung derselben in eine andere Stelle oder in den Ruhestand, vom 1. Dezember 1898 (ReichsGesetzbl. S. 1297). Disziplinargericht ist in erster Instanz die für den Bereich des Gardekorps gebildete Disziplinarkammer. Die die Unabhängigkeit der Richter gewährleistende Vorschrift des § 48 ist für die richterlichen Justizbeamten der Schutztruppen ausgeschlossen; diese sind nach der MStGO. nur insoweit unabhängig und lediglich dem Gesetz unterworfen, als sie bei den erkennenden Gerichten mitwirken. Dagegen sind sie den §§ 11, 12 über Ver­ setzung in ein anderes Amt und einstweilige Versetzung in den Ruhestand, die im wesentlichen schon bisher geltendes Recht sind, auch weiterhin unterstellt.

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Besondere Borschrlsten für Poltzeibeamte.

§§ 55, 56.

Im übrigen ist im Anschluß an § 158 RBG. hin­ sichtlich der zwangsweisen Versetzung in den Ruhestand, der Disziplinarbestrafung und der vorläufigen Dienstent­ hebung das oben genannte Gesetz vom 1. Dezember 1898 anzuwenden; damit sind diese Beamten, die aus den: §eere zur Schutztruppe übertreten, mit den entsprechen­ den heimischen Beamten gleichgestellt. Im Schutzgebiete fehlt es indes an den geeigneten Persönlichkeiten, um ein Disziplinargericht zu bilden, das den Erfordernissen des § 8 jenes Gesetzes entspricht. Deshalb ist die für den Bereich des Gardekorps ge­ bildete Tisziplinarkammcr als Disziplinargericht erster Instanz bestimmt.

öefondere Vorschriften für Polyeibeamte. § 55. Auf die Landespolizeibeamten und Beamten der Polizeitruppen findet dieses Gesetz nur insoweit An­ wendung, als nicht durch Kaiserliche Verordnung abweichende Vorschriften erlassen sind. Die für Deutsch-Südwestafrika gebildete Landes­ polizei sowie die Polizeitruppen in den übrigen Schutz­ gebieten haben nicht nur bei der Polizeiverwaltung in; engeren Sinne mitzuwirken, sondern auch neben der Schutztruppe — wenn nötig, mit Waffengewalt -- für die Aufrechterhaltung des Friedens und der allgemeinen Sicherheit im Schutzgebiete zu sorgen. Ihre Aufgaben sind also zum Teil militärischer Art. Deshalb werden auch ihre Rechtsverhältnisse in manchen Beziehungen abweichend von denjenigen der Beamten mehr nach militärischem Vorbilde geregelt, wie dies z. B. für die Landespolizei in Deutsch-Südwestasrika durch Kaiserl. Verordnung vom 4. Oft 1907 (RGBl. S. 736) geschehen ist. § 55 soll neben der Aufrechterhaltung der bestehen­ den Vorschriften die Möglichkeit wahren, derartige Vor­ schriften auch in Zukunft aus dem Verordnungswege zu erlassen.

Vorschriften für Kommunalbeamte 2c.

§ 57.

71

§ 56. Die Vorschriften der im § 1 erwähnten Gesetze über militärische Unternehmungen finden auf Unter­ nehmungen der Polizeitruppen entsprechende An­ wendung. Wie die Schutztruppen finden auch die Polizeitruppen mitunter zu feldzugsartigen Unternehmungen (behufs Unterdrückung von Unruhen u. dgl.) Verwendung. Hier­ bei sind die Teilnehmer, namentlich auch die mitwirken­ den Beamten der allgemeinen Verwaltung, den gleichen Gefahren ausgesetzt wie bei ähnlichen Unternehmungen der Schutztruppen. Deshalb sind auf derartige Unter­ nehmungen der Polizei die Vorschriften des RBG., nach denen für militärische Unternehmungen besondere Kriegs­ jahre in Anrechnung kommen können, entsprechend zur Anwendung zu bringen.

Vorschriften für Lommunalbeamte, Ehrenbeamte und Notare.

8 57* Auf Beamte im Dienste der Kommunalverbände und anderer Verbände des öffentlichen Rechtes in den Schutzgebieten sowie auf Beamte im Ehrenamt und Notare finden die Vorschriften dieses Gesetzes nur insoweit Anwendung, als dies durch Kaiserliche Verordnung bestimmt wird. Es erscheint gegenwärtig noch nicht an der Zeit, auch die Verhältnisse derjenigen im Interesse der Schutz­ gebiete tätigen Beamten gesetzlich zu regeln, welche, wie die Beamten der Gemeinden und anderen öffentlichen Verbände, nicht im unmittelbaren Dienst der Kolonial­ verwaltung stehen, oder, wie Notare und in Ehrenämtern tätige Personen, nicht gegen feste Besoldung angestellt

72

Vorschriften für eingeborene Beamte.

§ 58.

sind. Jedoch ist die Möglichkeit Vorbehalten, einzelne Bestimmungen des KolBG., wie z. B. diejenigen über das Disziplinarverfahren, auf jene Beamtenkategorien im Verordnungswege auszudehnen. Bis dahin bleibt das KolBG. auf die betr. Beamten sowie auf eingeborene Beamte (§ 58) unanwendbar. Bezüglich der Notare s. Kaiserl. Verordnung, betr. die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten, vom 9. November 1900 (RGBl. S. 1005) § 11, Ver­ fügung des Reichskanzlers, betr. die Ausübung der Ge­ richtsbarkeit in den Schutzgebieten Afrikas und der Südf

25 Dez. 1900 ittolBl. 1901 S. 1) „ q Mai 1908 (KolBl. "1908 S. 659) § da‘

)ee, vom s

Vorschriften für eingeborene Lcamtc.

§ 58. Für Beamte, welche im Sinne des Schutzgebiets­ gesetzes zu den Eingeborenen gehören, gilt die Vor­ schrift des § 57.

Im Beamtendienst der Schutzgebiete werden vielfach auch Eingeborene (§ 4 SchutzgebG. in Verbindung mit § 2 Kaiserl. Verordnung, betreffend die Rechtsverhält­ nisse in den deutschen Schutzgebieten, vom 9. November 1900, RGBl. S. 1005) verwendet, so namentlich in Stellen von Schreibern, Boten, Gerichtsdienern, Hilfs­ beamten der Polizei. Die Verhältnisse dieser Angestell­ ten sind noch nicht für eine gesetzliche Regelung reif. § 57 gilt daher auch für sie.

Lchlußvorschrifte«. Reichsbeamte in Schutzgebieten.

§ 59.

Auf Reichsbeamte, welche, ohne in den Kolonialdienst übernommen zu sein (§ 1), in einem Schutz­ gebiete beschäftigt und durch diesen Dienst dauernd

Schlußvorschrlften.

§ 59.

73

unfähig zur Fortsetzung des Dienstes in der Heimat geworden sind, sowie auf ihre Hinterbliebenen finden, sofern es für sie günstiger ist, die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Auch können solchen Reichs­ beamten während ihrer Verwendung in den Schutz­ gebieten und bis zur Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit im heimischen Dienste, abgesehen vom Gehalte, die­ selben Gebührnisse wie den Kolonialbeamten gewährt werden. Vielfach werden Beamte in den Schutzgebieten be­ schäftigt, die nicht in den Kolonialdienst übernommen sind, sondern etatsmäfzige Stellen des Reichsdienstes bekleiden, oder Beamte, welche zwar aus Fonds der Schutzgebiete besoldet werden, aber nicht aus ihrem heimischen Verband ausscheiden. In Betracht kommen hier namentlich die Postbeamten, da die Post in den Schutzgebieten nicht der Kolonialverwaltung angegliedert ist, sondern unmittelbar vom Reiche verwaltet wird, ferner die im Schutzgebiete Kiautschou verwendeten Marinebeamten sowie auch Beamte der Kolonial-Zentralverwaltung oder anderer Reichsbehörden, die nach den Schutzgebieten zu Vertretungszwecken oder mit beson­ deren Aufträgen entsandt werden. Es ist ein Gebot der Billigkeit, Liesen Beamten, wenn für sie infolge des Dienstes in den Schutzgebieten die Notwendigkeit einer Versorgung eintritt, und unter entsprechender Voraus­ setzung auch ihren Hinterbliebenen dieselben Vergünsti­ gungen zuteil werden zu lassen, wie sie den Kolonial­ beamten gewährt werden können. Deshalb waren die in Betracht kommenden Ressorts schon bisher durch den Reichshaushaltsetat ermächtigt, jenen Beamten und ihren Hinterbliebenen Beihilfen unter den gleichen Voraus­ setzungen und mit den gleichen Beträgen zu gewähren wie Schutzgebietsbeamten und deren Hinterbliebenen. Nunmehr ist das KolBG. auch auf die in Rede stehenden Beamten und ihre Hinterbliebenen, sofern es für sie günstiger ist, für anwendbar erklärt, so daß ihnen

74

Schlußvorschriften.

gegebenenfalls ein Anspruch auf die Zulagen zu den Versorgungsgebührnissen (Tropenzulagen, Zulagen zu Witwen- und Waisengeld) zusteht. Die Verhältnisse, unter denen die erwähnteil Be­ amten in den Schutzgebieten tätig sind, machen es auch zum Teil nötig, sie bezüglich der neben dem Gehalt einhergehcndcn Gebührnisse, wie namentlich der Wohnungs- und Reisegebührnisse, ebenso zu behandeln wie die Kolonialbeamten. Nicht minder rechtfertigt es sich, ihnen für den Fall, daß sie im Schutzgebiet erkranken und infolgedessen zu größeren Aufwendungen im Inter­ esse der 'Wiederherstellung für den heimischen Dienst genötigt sind, noch zeitweilig, ähnlich wie den Kolonial­ beamten (vgl. 8 4), die im Schutzgebiete gewährten Zulagen zu belassen. § 59 Satz 2 gibt hierfür der Ver­ waltung die Handhabe.

AhergangSbeftimmungeu. § (>()♦ Wird ein Beamter, der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Kolonialdienst stand, nach diesem Zeitpunkt pensioniert, so darf der Gesamtbetrag seiner Pensionsgebührniffe nicht hinter der Summe derjenigen Beträge zurückbleiben, die ihm zugestanden haben würden, wenn er zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach den bis dahin geltenden Vor­ schriften pensioniert worden wäre. Stirbt ein solcher Beamter nach dem Inkraft­ treten dieses Gesetzes, so dürfen die Versorgungs­ gebührnisse seiner Hinterbliebenen nicht hinter den­ jenigen zurückbleiben, die diesen zugestanden haben würden, wenn der Tod zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten wäre.

§ 60 will, wie dies in der Billigkeit liegt, die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes im Kolonialdienste

88 69-62,

75

stehenden Beamten und ihre Hinterbliebenen vor etwaißen Benachteiligungen schützen, die sich aus dem neuen Gesetz ergeben könnten. Abs. 1, welcher die Pensions­ gebührnisse der Beamten betrifft, schliesst sich an die entsprechenden Vorschriften des § 74 Abs. 1 OssizierpensiousG. und MannschaftsversorgungsG. an. Abs. 2 überträgt den Grundsatz des Abs. 1 auch auf die Ver­ sorgungsgebührnisse der Hinterbliebenen.

Inkrafttreten.

§ 61.

Die Vorschriften dieses Gesetzes treten, soweit sie sich auf die Besoldung, die Pensions- und Warte­ geldansprüche sowie die Ansprüche der Hinterbliebenen beziehen, mit Wirkung vom 1. April 1910, im übrigen mit der Verkündung in Kraft; gleichzeitig treten die entsprechenden Vorschriften der Kaiserlichen Verord­ nung, betreffend die Rechtsverhältniffe der Landes­ beamten in den deutschen Schutzgebieten, vom 9. Au­ gust 1896 (Reichs-Gesetzbl. S. 691) und der Kaiser­ lichen Verordnung wegen Abänderung und Ergänzung der Verordnung vom 9. August 1896, betreffend die Rechtsverhältnisse der Landesbeamten in den Schutzgebieten, vom 23. Mai 1901 (Reichs-Gesetzbl. S. 189) außer Kraft. Nach dem Entwürfe war die Festsetzung des Zeit­ punkts für das Inkrafttreten einer Kaiserl. Verordnung Vorbehalten.

§ 62. ein

Soweit in diesem Gesetz auf die Regelung durch besonderes Gesetz verwiesen ist, bleiben die

76

Schlubvorschriften.

bestehenden Vorschriften Geltung.

bis

31. März

1911 in

Vgl. § 6. Das zu erwartende Gesetz soll nach der Intention des Reichstags, der deshalb den § 62 ge schaffen hat, tunlichst am 1. April 1911 in Kraft treten.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsicgel. Gegeben Neues Palais, den 8. Juni 1910.

Im Allerhöchsten Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs: (L. 8.)

Wilhelm, Kronprinz. von Bethmaun Hollweg.

Anhang.

Relchsbeamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 1907, (RGBl. S. 245).

Allgemeine Bestimmungen. 8 1. Reichsbeamter im Sinne dieses Gesetzes ist jeder Beamte, welcher entweder vom Kaiser angestellt oder nach Vorschrift der Reichsverfassung den Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten verpflichtet ist. 8 2. Soweit die Anstellung der Reichsbeamten nicht unter dem ausdrücklichen Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündigung erfolgt, gelten dieselben als auf Lebenszeit angestellt. 8 8. Vor dem Dienstantritt ist jeder Reichsbeamte aus die Erfüllung aller Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes eidlich zu verpflichten. 8 4. Jeder Reichsbeamte erhält bei seiner Anstellung eine Anstellungsurkunde. Der Anspruch des Beamten auf Gewährung des mit dem Amte verbundenen Diensteinkommens beginnt in Ermangelung besonderer Festsetzungen mit dem Tage des Amtsantritts, in betreff später bewilligter Zulagen mit dem Tage der Bewilligung. 8 8. Die Zahlung des Gehalts erfolgt monatlich im voraus. Dem Bundesrate bleibt vorbehalten, diejenigen Beamten zu bestimmen, an welche die Gehaltszahlung vierteljährlich stattfinden soll. Beamte, welche bis zum Erlasse dieses Gesetzes ihr Gehalt vierteljährlich bezogen haben, sollen dasselbe

78

Anhang.

jedenfalls bis zu ihrer Beförderung in ein höheres Amt in gleicher Weise fortbeziehen. 8 6. Die Reichsbeamten können den auf die Zahlung von Diensteinkünsten, Wartegeldern oder Pensionen ihnen zustehenden Anspruch mit rechtlicher Wirkung nur inso­ weit zedieren, verpfänden oder sonst übertragen, als sie der Beschlagnahme unterliegen (§ 19). 8 7. Hinterläßt ein Beamter, welcher mit der Wahr­ nehmung einer in den Besoldungs-Etats aufgesührten Stelle betraut ist, eine Witwe oder eheliche oder legiti­ mierte Abkömmlinge, so gebührt den Hinterbliebenen für das auf den Sterbemonat folgende Vierteljahr noch die volle Besoldung des Verstorbenen (Gnadenvierteljahr), unbeschadet jedoch weitergebender Ansprüche, welche ihm etwa vor Erlaß dieses Gesetzes und vor Eintritt in den Reichsdienst zugestanden worden sind. Zur Be­ soldung im Sinne der vorstehenden Bestimmung gehören außer dem Gehalt auch die sonstigen, dem Verstorbenen aus Reichssonds gewährten Diensteinkünste. Nur die zur Bestreitung von Dienstaufwandskosten bestimmten Einkünfte scheiden aus und von den zur Repräsentation bestimmten werden zwanzig vom Hundert in Abzug gebracht. Deu Hinterbliebenen eines Beamten, welcher nicht mit der Wahrnehmung einer in den Besoldungs-Etats aufgesührten Stelle betraut gewesen ist, kann das Gnadenvierteljahr von der vorgesetzten Dienstbehörde bewilligt werden. Das Gnadenvierteljahr wird im voraus in einer Summe gezahlt. An wen die Zahlung zu leisten ist, bestimmt die vorgesetzte Dienstbehörde. Das Gnadenvierteljahr ist der Pfändung nicht unter­ worfen. 8 8. Die Gewährung des Gnadenvierteljahrs kann in Ermangelung der im § 7 bezeichneten Hinterbliebenen mit Genehmigung der obersten Neichsbehörde auch dann stattfinden, wenn der Verstorbene Verwandte der auf­ steigenden Linie, Geschwister, Geschwisterkinder oder Pflegekinder, deren Ernährer er ganz oder überwiegend

RclLsbeamtensseseh. §§ 5—12.

79

gewesen ist, in Bedürftigkeit hinterläßt, oder wenn und soweit der Nachlaß nicht ausreicht, um die Kosten der letzten Krankheit und der Beerdigung zu decken. Die oberste Reichsbehörde kann die Befugnis zur Genehmi­ gung auf andere Behörden übertragen. Bgl. KolBG. § 37.

8 9. In dem Genusse der von dem verstorbenen Be­ amten bewohnten Dienstwohnung ist die Hinterbliebene Familie nach Ablauf des Sterbemonats noch drei fernere Monate zu belassen. Hinterläßt der Beamte keine Familie, so ist denjeni­ gen, auf welche sein Nachlaß übergeht, eine vom Todes­ tag an zu rechnende dreißigtägige Frist zur Räumung der Dienstwohnung zu gewähren. In jedem Falle müssen Arbeits- und Sessionszimmer sowie sonstige für den amtlichen Gebrauch bestimmte Lokalitäten sofort geräumt werden. 8 10. Jeder Reichsbeamte hat die Verpflichtung, das ihm übertragene Amt der Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahrzunehmen und durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen. 8 11. Über die vermöge seines Amtes ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder von seinem Vorgesetzten vorgeschrieben ist, hat der Beamte Verschwiegenheit zu beobachten, auch nachdem das Dienstverhältnis aufge­ löst ist. 8 12. Bevor ein Reichsbeamter als Sachverständiger ein außergerichtliches Gutachten abgibt, hat derselbe dazu die Genehmigung seiner vorgesetzten Behörde ein­ zuholen. Ebenso haben Neichsbeamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, ihr Zeugnis in betreff derjenigen Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Amtsver­ schwiegenheit sich bezieht, insoweit zu verweigern, als sie nicht dieser Verpflichtung in dem einzelnen Falle durch die ihnen vorgesetzte oder zuletzt vorgesetzt ge­ wesene Dienstbehörde entbunden sind.

80

Anhang.

8 13. Jeder Reichsbeamte ist für die Gesetzmäßigkeit seiner amtlichen Handlungen verantwortlich. 8 14. Die Vorschriften über den Urlaub der Reichs­ beamten und deren Stellvertretung werden vom Kaiser­ erlassen. In Krankheitsfällen sowie in solchen Abwesenheits­ fällen, zu denen die Beamten eines Urlaubs nicht be­ dürfen (Reichsverfassung Artikel 21), findet ein Abzug vom Gehalte nicht statt. Die Stellvertretungskosten fallen der Reichskasse zur Last. Ein Beamter, welcher sich ohne den vorschrifts­ mäßigen Urlaub von seinem Amte entfernt hält oder den erteilten Urlaub überschreitet, ist, wenn ihm nicht besondere Entschuldigungsgründe zur Seite stehen, für die Zeit der unerlaubten Entfernung seines Dienstein kommens verlustig. Vgl. KolBG. § 4.

8 15. Die vom Kaiser angestellten Beamten dürfen Titel, Ehrenzeichen, Geschenke, Gehaltsbezüge oder Re­ munerationen von anderen Regenten oder Regierungen nur mit Genehmigung des Kaisers annehmen. Zur Annahme von Geschenken oder Belohnungen in bezug auf sein Amt bedarf jeder Reichsbeamte der Genehmigung der obersten Reichsbehörde. 8 16. Kein Reichsbeamter darf ohne vorgängige Ge­ nehmigung der obersten Reichsbehörde ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung, mit welcher eine fort­ laufende Remuneration verbunden ist, übernehmen oder ein Gewerbe betreiben. Dieselbe Genehmigung ist zu dem Eintritt eines Reichsbeamten in den Vorstand, Verwaltungs- oder Aufsichtsrat einer jeden auf Erwerb gerichteten Gesellschaft erforderlich. Sie darf jedoch nicht erteilt werden, sofern die Stelle mittelbar ober unmittelbar mit einer Remuneration verbunden ist. Die erteilte Genehmigung ist jederzeit widerruflich. Auf Wahlkonsuln und einstweilen in den Ruhestand versetzte Beamte finden diese Bestimmungen keine An­ wendung. Vgl. KolBG. § 6.

RetchSbeamtevgesetz.

81

§§ 13—20.

g 17. Titel, Rang und Uniform der Reichsbeamten werden durch Kaiserliche Verordnung bestimmt, g 18. Die Höhe der den Reichsbeamten bei dienstlicher Beschäftigung außerhalb ihres Wohnorts zustehenden Tagegelder und Fuhrkosten, imgleichen der Betrag der bei Versetzungen derselben zu vergütenden Umzugskosten wird durch eine im Einvernehmen mit dem Bundesrate zu erlassende Verordnung des Kaisers geregelt. Bgl. KolBG. § 5.

g IS. Auf die Rechtsverhältnisse der aktiven und der aus dem Dienste geschiedenen Reichsbeamten, über welche nicht durch Reichsgesetz Bestimmung getroffen ist, finden diejenigen gesetzlichen Vorschriften Anwendung, welche an ihren Wohnorten für die aktiven beziehungsweise für die aus dem Dienste geschiedenen Staatsbeamten gelten. Für diejenigen Reichsbeamten, deren Wohnort außerhalb der Bundesstaaten sich befindet, kommen hin­ sichtlich dieser Rechtsverhältnisse vor deutschen Behör­ den die gesetzlichen Bestimmungen ihres Heimatsstaats (§ 21) und in Ermangelung eines solchen die Vorschriften des preußischen Rechtes zur Anwendung. Diejenigen Begünstigungen, welche nach der Gesetz­ gebung der einzelnen Bundesstaaten den Hinterbliebenen der Staatsbeamten hinsichtlich der Besteuerung der aus Staatsfonds oder aus öffentlichen Bersorgungskassen denselben gewährten Pensionen, Unterstützungen oder sonstigen Zuwendungen zustehen, finden auch zugunsten der Hinterbliebenen von Reichsbeamten hinsichtlich der denselben aus Reichs- oder Staatsfonds oder aus öffent­ lichen Versorgungskassen zufließenden gleichartigen Be­ züge Anwendung. tz 20. Imgleichen stehen bezüglich 1. der Mitwirkung bei der Siegelung des Nachlasses eines Reichsbeamten, 2. des Vorzugsrechts im Konkurse oder außerhalb desselben wegen der einem Reichsbeamten zur Last fallenden Defekte aus einer von demselben geführten Kassen- oder sonstigen Vermögensver­ waltung Doerr, Kolonialbeamtengesetz.

6

82

Anhang.

dem Reiche beziehungsweise dessen Behörden im Ver­ hältnisse zu den Reichsbeamten dieselben Rechte zu, welche die am dienstlichen Wohnsitze des Reichsbeamten geltende Gesetzgebung des einzelnen Bundesstaats dem Staate beziehungsweise dessen Behörden den Staats­ beamten gegenüber gewährt. 8 21. Neichsbeamte, deren dienstlicher Wohnsitz sich im Auslande befindet, behalten den ordentlichen persönlichen Gerichtsstand, welchen sie in ihrem Heimatsstaate hatten. In Ermangelung eines solchen Gerichtsstandes ist ihr ordentlicher persönlicher Gerichtsstand in der Haupt­ stadt des Heimatsstaats und in Ermangelung eines Heimatsstaats vor dem Amtsgerichte Berlin-Mitte be­ ziehungsweise dem Landgericht I zu Berlin begründet. Ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird das zuständige Gericht im Wege der Justiz­ verwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Auf Wahlkonsuln finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Vgl. KolBG. 88 7 f.

8 22. Befindet sich der dienstliche Wohnsitz des Beamten (§ 21) in einem Lande, in welchem Reichs-Konsulargerichtsbarkeit besteht, so wird durch die vorstehende Bestimmung nicht ausgeschlossen, daß der Beamte zu­ gleich der Reichs-Konsulargerichtsbarkeit nach Maßgabe des Gesetzes vom 7. April 1900 (RGBl. ,S. 213) unter­ liegt. Versetzung in ein anderes Amt. 8 23. Jeder Reichsbeamte muß die Versetzung in ein anderes Amt von nicht geringerem Range und etatsmäßigem Diensteinkommen mit Vergütung der vor­ schriftsmäßigen Umzugskosten sich gefallen lassen, wenn es das dienstliche Bedürfnis erfordert. Als eine Verkürzung im Einkommen ist es nicht anzusehen, wenn die Gelegenheit zur Verwaltung von Nebenämtern entzogen wird oder die Ortszulage oder endlich die Beziehung der für Dienstunkosten besonders ausgesetzten Einnahmen mit diesen Unkosten sortfällt. Vgl. KolBG. § 11.

Reichsbeamtengesetz.

§§ 20—27.

83

Einstweilige Versetzung in den Ruhestand. 8 24. Jeder Reichsbeamte kann unter Bewilligung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden, wenn das von ihm verwaltete Amt infolge einer Umbildung der Reichsbehörden aufhört. Bgl. KolBÄ. 88 12, 51.

8 25. Außer dem im § 24 bezeichneten Falle können durch Kaiserliche Verfügung die nachbenannten Beamten jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden: der Reichs­ kanzler, die Staatssekretäre, die Unterstaatssekretäre, Direktoren und Abteilungschess in den dem Reichs­ kanzler unmittelbar unterstellten obersten Reichsbehör­ den, in der Reichskanzlei und in den Ministerien, die vortragenden Räte und etatsmäßigen Hilfsarbeiter in der Reichskanzlei und im Auswärtigen Amte, die Mili­ tär- und Marine-Intendanten, die Ressortdirektoren für Schiffbau und die Ressortdirektoren für Maschinenbau in der Kaiserlichen Marine, die Vorsteher der diploma­ tischen Missionen und der Konsulate sowie die Lega­ tionssekretäre. Vgl. KolBG. § 12.

8 26. Das Wartegeld beträgt drei Vierteile des bei Berechnung der Pension zugrunde zu legenden Dienst­ einkommens. Der Jahresbetrag ist nach oben so abzurunden, daß bei Teilung durch drei sich volle Markbeträge ergeben. Das Wartegeld beträgt höchstens 12 000 Mark. Hat der Beamte indessen zur Zeit seiner einstweiligen Ver­ setzung in den Ruhestand bereits eine höhere Pension erdient, so erhält er ein .Wartegeld in Höhe der zu diesem Zeitpunkt erdienten Pension. 8 27. Die Zahlung des Wartegeldes erfolgt im voraus in derselben Weise, in welcher bis dahin die Zahlung des Gehalts stattgefunden hat. Die Gehaltszahlung hört auf und die Zahlung des Wartegeldes beginnt mit dem Ablaufe des Vierteljahrs, welches aus den Monat folgt, in welchem dem Beamten die Entscheidung über seine einstweilige Versetzung in den Ruhestand, derZeibpunkt derselben und die Höhe des Wartegeldes bekannt 6*

84

Anhang.

gemacht worden ist. Vom Zeitpunkte der einstweiligen Versetzung in den Ruhestand bis zum Beginne der Zah lung des Wartegeldes stehen dem Beamten die zur Bestreitung von Dienstaufwandskosten gewährten Einkünfte nicht zu und von den zur Bestreitung von Repräsenta­ tionskosten gewährten kommen zwanzig vom Hundert in Abzug. 8 28. Die einstweilig in den Ruhestand versetzten Be­ amten sind bei Verlust des Wartegeldes zur Annahme eines ihnen übertragenen Reichsamts, welches ihrer Berufsbildung entspricht, unter denselben Voraussetzun­ gen verpflichtet, unter denen nach § 23 ein Reichs­ beamter die Versetzung in ein anderes Amt sich gefallen lassen muß. 8 29. Das Recht auf den Bezug des Wartegeldes hört auf: 1. wenn der Beamte im Reichsdienste mit einem dem früher von ihm bezogenen Diensteinkommen mindestens gleichen Diensteinkommen wieder an­ gestellt wird, 2. wenn der Beamte das deutsche Jndigenat verliert, 3. wenn der Beamte ohne Genehmigung des Reichs­ kanzlers seinen Wohnsitz außerhalb der Bundes­ staaten nimmt, 4. wenn der Beamte des Dienstes entlafsen wird. 8 30. Das Recht auf den Bezug des Wartegeldes ruht, wenn und solange der einstweilig in den Ruhestand versetzte Beamte infolge einer Wiederanstellung oder Beschäftigung in einer der im § 57 Nr. 2 bezeichneten Stellen ein Diensteinkommen bezieht, insoweit als der Betrag dieses neuen Diensteinkommens unter Hinzu­ rechnung des Wartegeldes den Betrag des von dem Beamten vor der einstweiligen Versetzung in den Ruhe­ stand bezogenen Diensteinkommens übersteigt. Hinsicht­ lich des Zeitpunkts der Einziehung, Kürzung und Wieder­ gewährung des Wartegeldes finden die Vorschriften des § 60 entsprechende Anwendung. 8 31. Nach dem Tode eines einstweilig in den Ruhe­ stand versetzten Beamten erfolgt die Gewährung des

Reichsbeamtengesetz.

88 27—86«

86

Gnadenvierteljahrs vom Wartegeld an die Hinterbliebe­ nen nach den in den §§ 7 und ß enthaltenen Grund­ sätzen. Entlassung der auf Probe, Kündigung oder auf Wider­ ruf angestellten Beamten. 8 32. Die Entlassung der auf Probe, aus Kündigung

oder sonst auf Widerruf angesteMen Beamten erfolgt durch diejenige Behörde, welche die Anstellung ver­ fügt hat. Wiederanstellung ausgeschiedener Beamten. 8 33. Zur Wiederanstellung von Beamten, welche aus

dem Reichsdienste freiwillig oder unfreiwillig ausge­ schieden sind, bedarf es der Genehmigung der obersten Reichsbehörde. Pensionierung der Beamten.

Anspruch auf Pension.

Jeder Beamte, welcher sein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, erhält aus der letzteren eine lebenslängliche Pension, wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist und deshalb in den Ruhestand ver­ setzt wird. 8 34.

Dgl. KolBG. §§ 14, 31.

Bei denjenigen aus dem Dienste scheidenden Beamten, welche das sünfundsechzigste Lebensjahr voll­ endet haben, ist eingetretene Dienstunfähigkeit nicht Vor­ bedingung des Anspruchs auf Pension. 8 35. Der Reichskanzler und die Staatssekretäre können jederzeit ihre Entlassung erhalten und fordern. Auch ohire eingetretene Dienstunfähigkeit erhalten sie Pen­ sion, wenn sie entweder ihr Amt mindestens zwei Jahre bekleidet oder sich mindestens zehn Jahre im Dienste befunden haben. 8 36. Ist die Dienstunfähigkeit (§ 34) die Folge einer Krankheit, Verwundung oder sonstigen Beschädigung, welche der Beamte bei Ausübung des Dienstes oder aus Veranlassung desselben ohne eigene Verschuldung 8 34 a.

86

Anhang.

sich zugezogen hat, so tritt die Pensionsberechtigung auch bei kürzerer als zehnjähriger Dienstzeit ein. Dgl. KolBG. 88 14, 31.

g 37. Die unter dem Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündigung angestellten Beamten haben einen Anspruch auf Pension nach Maßgabe dieses Gesetzes nur dann, wenn sie eine in den Besoldungs-Etats anfgeführte Stelle bekleiden; es kann ihnen jedoch, wenn sie eine solche Stelle nicht bekleiden, bei ihrer Ver­ setzung in den Ruhestand eine Pension bis auf Höhe der durch dieses Gesetz bestimmten Sätze bewilligt werden. Dgl. KolBG. 88 14, 21.

g 38. Neichsbeamte, deren Zeit und Kräfte durch die ihnen übertragenen Geschäfte nur nebenbei in Anspruch genommen, oder welche ausdrücklich nur auf eine be stimmte Zeit oder für ein seiner Natur nach vorüber­ gehendes Geschäft angenommen werden, erwerben keinen Anspruch auf eine Pension nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. Darüber, ob eine Dienststellung eine solche ist, daß sie die Zeit und die Kräfte eines Beamten nur nebenbei in Anspruch nimmt, entscheidet bei der Dienstübertra­ gung die dem Beamten vorgesetzte Dienstbehörde, g 39. Wird außer dem im § 36 bezeichneten Falle ein Beamter vor Vollendung des zehnten Dienstjahrs dienst­ unfähig und deshalb in den Ruhestand versetzt, so kann demselben bei vorhandener Bedürftigkeit durch Beschluß des Bundesrats eine Pension entweder auf bestimmte Zeit oder lebenslänglich bewilligt werden. Vgl. KolBG. § 14.

Anspruch auf Umzugskosten. g 40. Hat der in den Ruhestand oder in den einst­ weiligen Ruhestand versetzte Beamte seinen dienstlichen Wohnsitz im Auslande, so sind demselben die Kosten des Umzugs nach dem innerhalb des Reichs von ihm gewählten Wohnorte zu gewähren. Betrag der Pension. g 41. Die Pension beträgt bei vollendeter zehnjähriger oder kürzerer Dienstzeit 20/60 und steigt nach vollendetem

RelchSbeamtengesetz

§§ 36—42.

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zehnten Dienstjahre mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjahre bis zum vollendeten dreißigsten Dienstjahr um Veo und von da ab um V120 des in den §§ 42 bis 44 bestimmten Diensteinkommens. Über den Betrag von 45/co dieses Einkommens hin­ aus findet eine Steigerung nicht statt. In dem im § 39 erwähnten Falle beträgt die Pen­ sion höchstens 2O/go des vorbezeichneten Diensteinkommens. Der Jahresbetrag der Pension ist nach oben so ab­ zurunden, daß bei Teilung durch drei sich volle Mark­ beträge ergeben. 8 42. Der Berechnung der Pension wird das von dem Beamten zuletzt bezogene gesamte Diensteinkommen nach Maßgabe der folgenden näheren Bestimmungen zugrunde gelegt: 1. Der Wohnungsgeldzuschuß kommt nach den hier­ für geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur An­ rechnung; ist im Neichshaushalts-Etat für eine freie Dienstwohnung ein Wert ausdrücklich als anrechnungsfähig bezeichnet, so kommt dieser zur Anrechnung. 2. Funktions-, Stellen-, Teuerungs- und andere Zu­ lagen kommen, sofern im Haushalts-Etat nicht etwas anderes bestimmt ist, dann zur Anrech­ nung, wenn sie unter den Besoldungstiteln aus­ gebracht sind. 3. Weitere feststehende Bezüge, namentlich Feuerungs­ und Erleuchtungsmaterial, Naturalbezüge an Ge­ treide, Winterfutter und dergleichen, sowie der Ertrag von Dienstgrundstücken, kommen nur in­ soweit zur Anrechnung, als ihr Wert im Reichshaushalts-Etat unter den Besoldungstiteln auf die Geldbesoldung in Rechnung gestellt oder zu einem bestimmten Geldbetrag als anrechnungs­ fähig bezeichnet ist. 4. Bezüge, die ihrer Natur nach steigend und fallend sind, werden nur, sofern sie als pensionsfähig gewährt oder im Reichshaushalts-Etat bezeichnet sind, zur Anrechnung gebracht, und zwar nach den im Reichshaushalts-Etat unter den Besol-

88

Anhang.

dungstiteln oder sonst bei Verleihung des Rechtes auf sie deshalb getroffenen Festsetzungen oder in Ermangelung solcher Festsetzungen nach ihrem durchschnittlichen Betrage während der drei letz­ ten Rechnungsjahre vor dem Rechnungsjahr, in welchem die Pension festgesetzt wird. 5. Die zur Bestreitung von Dienstaufwands- und Repräsentationskosten bestimmten Einkünfte sowie die Ortszulage der Auslandsbeamten kommen nicht zur Anrechnung. 6. Bloß zufällige Diensteinkünfte, wie widerrufliche Gewinnanteile, Austragsgebühren, außerordent­ liche Remunerationen und dergleichen kommen nicht zur Anrechnung. Die Pension für die einstweilen in den Ruhestand versetzten Beamten wird von dem zur Zeit ihrer Ver­ setzung in den Ruhestand bezogenen gesamten Dienst­ einkommen berechnet. Vgl. KolBG. § 23.

§ 43. Ein Beamter, welcher früher ein mit einem höheren Diensteinkommen verbundenes Amt bekleidet und dieses Einkommen wenigstens ein Jahr bezogen hat, erhält, sofern der Eintritt oder die Versetzung in ein Amt von geringerem Diensteinkommen nicht ledig­ lich auf seinen im eigenen Interesse gestellten Antrag erfolgt oder aber als Strafe auf Grund des § 75 gegen ihn verhängt ist, bei seiner Versetzung in den Ruhestand eine nach Maßgabe des früheren höheren Diensteinkom­ mens unter Berücksichtigung der gesamten Dienstzeit berechnete Pension. Jedoch soll die gesamte Pension das letzte pensionsberechtigte Diensteinkommen nicht über­ steigen. 8 44. Das mit Nebenämtern oder Nebengeschäften ver­ bundene Einkommen begründet nur dann einen An­ spruch auf Pension, wenn eine etatsmäßige Stelle als Nebenamt bleibend verliehen ist. Berechnung der Dienstzeit. 8 45. Die Dienstzeit wird vom Tage der ersten eid­ lichen Verpflichtung für den Reichsdienst an gerechnet.

Reichsbeamtengesetz. 88 42—48.

89

Kann jedoch ein Beamter nachweisen, daß seine Vereidigung erst nach seinem Eintritt in den Reichs­ dienst stattgefunden hat, so wird die Dienstzeit von dem letzteren Zeitpunkt an gerechnet. Unberücksichtigt bleibt diejenige Zeit, in welcher der Beamte ohne bleibende Verleihung einer etats­ mäßigen Stelle nur in der im § 38 angegebenen Weise beschäftigt gewesen ist. Die Zeit unentgeltlicher Be­ schäftigung wird nur insoweit berücksichtigt, als die Be­ schäftigung zur Erreichung eines mit einem Dienstein­ kommen aus der Reichskasse verbundenen Amtes be­ stimmt war.

g 4H. Bei Berechnung der Dienstzeit kommt auch die Zeit in Anrechnung, während welcher ein Beamter 1. unter Bezug von Wartegeld im einstweiligen Ruhestand, oder 2. im Dienste eines Bundesstaats oder der Regie­ rung eines zu einem Bundesstaate gehörenden Gebiets sich befunden hat, oder 3. als anstellungsberechtigte ehemalige Militärper­ son nur vorläufig oder auf Probe im Zivildienste des Reichs, eines Bundesstaats, oder der Re­ gierung eines zu einem Bundesstaate gehörenden Gebiets beschäftigt worden ist, oder 4. eine praktische Beschäftigung außerhalb des Dien­ stes des Reichs oder eines Bundesstaats ausübte, insofern und insoweit diese Beschäftigung vor Erlangung der Anstellung in einem Reichs- oder unmittelbaren Staatsamte behufs der technischen Ausbildung in den Prüfungsvorschriften aus­ drücklich angeordnet ist. Im Falle der Nr. 2 wird die Dienstzeit nach den für die Berechnung der Dienstzeit im Reichsdienste ge­ gebenen Bestimmungen berechnet. g 47. Der Zivildienstzeit wird die Zeit des aktiven Militärdienstes hinzugerechnet. g 48. Die Dienstzeit, welche vor den Beginn des acht­ zehnten Lebensjahrs fällt, bleibt außer Berechnung. Nur im Kriegsfälle wird die Militärdienstzeit vom

90

Anhang.

Beginne des Krieges, beim Eintritt in den Militärdienst während des Krieges vom Tage des Eintritts ab ge­ rechnet. Als Kriegszcit gilt in dieser Beziehung die Zeit vom Tage einer angeordneten Mobilmachung, auf welche ein Krieg folgt, bis zum Tage der Demobilmachung, g 49. Für jeden Krieg, an welchem ein Beamter im Reichsheer, in der Kaiserlichen Marine oder bei den Kaiserlichen Schutztruppen oder in der bewaffneten Macht eines Bundesstaats teilgenommen hat, wird zu der wirklichen Dauer der Dienstzeit ein Jahr (Kriegs­ jahr) hinzugerechnet; jedoch ist für mehrere in ein Kalenderjahr fallende Kriege die Anrechnung nur eines Kriegsjahrs zulässig. Wer als Teilnehmer an einem Kriege anzusehen ist, unter welchen Voraussetzungen bei Kriegen von längerer Dauer mehrere Kriegsjahre anzurechnen sind, welche militärische Unternehmung als ein Krieg im Sinne dieses Gesetzes anzusehen und welche Zeit als Kriegs­ zeit zu rechnen ist, wenn keine Mobilmachung oder Demobilmachung stattgesunden hat, dafür ist die nach § 17 des Ofsizierpensionsgesetzes vom 31. Mai 190(5 in jedem Falle ergehende Bestimmung des Kaisers maß­ gebend. Für die Vergangenheit bewendet es bei den hierüber in den einzelnen Bundesstaaten getroffenen Bestimmungen. g 50. Inwieweit die Zeit eines Festungsarrestes oder einer Kriegsgefangenschaft angerechnet werden könne, ist nach den für die Pensionierung der Militärpersoncn des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu bemessen. g 51. Den Beamten, welche in außereuropäischen Län­ dern eine längere als einjährige Verwendung gesunden haben, wird die daselbst zugebrachte Dienstzeit bei Ver­ wendung in Ost- und Mittelasien, Mittel- und Südamerika bei der Pensionierung doppelt in Anrechnung gebracht. Bei Verwendung von Beamten in anderen außer­ europäischen Ländern als den vorbezeichneten ist cs

RetchSbeamtengesetz.

§§ 48—53.

91

dem Beschlusse des Bundesrats Vorbehalten, dem Vor­ stehenden entsprechende Bestimmungen zu treffen. V,gl. KolBG. § 24.

8 52. Mit Genehmigung des Bundesrats kann nach Maßgabe der Bestimmungen in den §§ 45 bis 49 die Zeit ungerechnet werden, während welcher ein Beamter 1. sei es im In- oder Ausland als Sachwalter oder Notar fungiert, im Gemeinde-, Kirchen- oder Schuldienst oder im Dienste einer landesherr­ lichen Haus- oder Hofverwaltung sich befunden, oder 2. im Dienste eines dem Reiche nicht angehörigen Staates gestanden hat, oder 3. außerhalb des Dienstes des Reichs oder eines Bundesstaats praktisch beschäftigt gewesen ist, in­ sofern und insoweit diese Beschäftigung vor Er­ langung der Anstellung in einem Reichs- oder unmittelbaren Staatsamte herkömmlich war, 4. vor seiner Anstellung unmlterbrochen im privat­ rechtlichen Vertragsverhältnis eines Dienstververpflichteten dem Reiche oder einem Bundes­ staate gegen unmittelbare Bezahlung aus der Reichs- oder einer Staatskasse Dienste geleistet hat, insofern er mit Aussicht auf banernbe Ver­ wendung ständig und hauptsächlich mit den Dienst­ verrichtungen eines Beamten betraut gewesen ist und diese Beschäftigung zu seiner Anstellung ge­ führt hat.

Nachweis der Dienstunfühigkeit. 8 53. Zum Erweise der Dienstunfähigkeit eines seine Versetzung in den Ruhestand nachsuchenden Reichsbe­ amten ist die Erklärung der demselben unmittelbar vorgesetzten Dienstbehörde erforderlich, daß sie nach pflichtmäßigem Ermessen den Beamten für unfähig halte, seine Amtspflichten ferner zu erfüllen. Inwieweit andere Beweismittel zu erfordern oder der Erklärung der unmittelbar vorgesetzten Behörde entgegen für ausreichend zu erachten sind, hängt von dem Ermessen der über die Versetzung in den Ruhcsland entscheidenden Behörde ab.

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Anhang.

8 84. Die Bestimmung darüber, ob und zu welchem

Zeitpunkte dem Antrag eines Beamten auf Versetzung in den Ruhestand stattzugeben ist, sowie ob und welche Pension demselben zusteht, erfolgt durch die oberste Reichsbehörde, welche die Befugnis zu solcher Bestim­ mung auf die höhere Reichsbehörde übertragen kann. Bei denjenigen Beamten, welche eine Kaiserliche Be­ stallung erhalten haben, ist die Genehmigung des Kaisers zur Versetzung in den Ruhestand erforderlich. Zahlbarkeit der Pensionen. 8 55. Die Versetzung in den Ruhestand tritt,

sofern nicht auf den Antrag oder mit ausdrücklicher Zustim­ mung des Reichsbeamten ein früherer Zeitpunkt fest­ gesetzt wird, mit dem Ablaufe des Vierteljahrs ein, welches auf den Monat folgt, in welchem dem Be­ amten die Entscheidung über seine Versetzung in den Ruhestand und die Höhe der ihm etwa zustehenden Pension (§ 54) bekannt gemacht worden ist. 8 56. Die Pensionen werden vierteljährlich im voraus gezahlt. Kürzung, Einziehung und Wiedergewährung der Pensionen. 6 57. Das Recht auf den Bezug der Pension ruht:

1. wenn ein Pensionär das deutsche Jndigenat ver­ liert, bis zu etwaiger Wiedererlangung des­ selben; 2. wenn und solange ein Pensionär im Reichs­ oder im Staatsdienst ein Diensteinkommen be­ zieht, insoweit, als der Betrag dieses neuen Diensteinkommens unter Hinzurechnung der Pen­ sion den Betrag des von dem Beamten vor der Pensionierung bezogenen Diensteinkommens über­ steigt. Als Reichs- oder Staatsdienst im Sinne dieser Vorschrift gilt neben dem Militärdienste jede Anstellung oder Beschäftigung als Beamter oder in der Eigenschaft eines Beamten im Reichs-, Staats- oder Kommunaldienste, bei den Ver­ sicherungsanstalten für die Jnvalidenversiche-

rung, bei ständischen oder solchen Instituten, welche ganz oder zum Teil aus Mitteln des Reichs, eines Bundesstaats oder einer Gemeinde unterhalten werden. Bei Berechnung des früheren und des neuen Diensteinkommens sind diejenigen Beträge, welche für die Bestreitung von Dienstaufwands- oder Repräsentationskosten sowie zur Entschädigung für außergewöhnliche Teuerungsverhältnisse ge­ währt werden, und die Ortszulagen der Aus­ landsbeamten nicht in Ansatz zu bringen; die Dienstwohnung ist mit dem pensionsfähigen oder sonst hierfür festgesetzten Werte, der Wohnungs­ geldzuschuß oder eine dementsprechende Zulage mit dem pensionsfähigen Betrag oder, sofern er nicht pensionsfähig ist, mit dem Durchschnitts­ satz anzurechnen. Ist jedoch bei dem neuen Dienst­ einkommen der wirkliche Betrag des Wohnungs­ geldzuschusses oder der Zulage geringer, so ist nur dieser anzurechnen. Vgl. KvlBG. § 44.

§ 58. Ein Pensionär, welcher in eine an sich zur Pen­ sion berechtigende Stellung des Reichsdienstes wieder eingetreten ist (§ 57 Nr. 2), erwirbt für den Fall des Zurücktretens in den Ruhestand den Anspruch auf Ge­ währung einer nach Maßgabe seiner nunmehrigen ver­ längerten Dienstzeit und des in der neuen Stellung be­ zogenen Diensteinkommens berechneten Pension nur dann, wenn die neu hinzutretende Dienstzeit wenigstens ein Jahr betragen hat. Neben einer hiernach neu berechneten Pension ist die alte Pension nur bis zur Erreichung desjenigen Pensionsbetrags zu zahlen, welcher sich für die Gesamt­ dienstzeit aus dem der Festsetzung der alten Pension zugrunde gelegten Diensteinkommen ergibt. Vgl. KolBG. 8 28.

8 59. Erdient ein Pensionär außerhalb des Reichs­ dienstes in einer der im § 57 Nr. 2 bezeichneten Stellen eine Pension, so ist neben ihr die Reichspension nur

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Anhang.

bis zur Erreichung des im § 58 Abs. 2 angegebenen Betrags zu zahlen. 8 60. Die Einziehung oder Kürzung der Pension aus Grund der Bestimmungen in den §§ 57 bis 59 tritt mit dem Ende des Monats ein, in welchem das eine solche Veränderung bedingende Ereignis sich zugetragen hat; tritt dieses Ereignis am ersten Tage eines Monats ein, so hört die Zahlung mit dem Beginne dieses Monats auf. Bei vorübergehender Wiederbeschäftigung gegen Tagegelder oder eine andere Entschädigung beginnt die Einziehung oder Kürzung mit dem Abläufe von sechs Monaten vom ersten Tage des Monats der Beschäfti­ gung ab gerechnet. Die Wicdergewährung der Pension hebt mit dem Beginne des Monats an, in welchem das eine solche Veränderung bedingende Ereignis sich zugetragen hat. 8 60 a. Sucht ein Beamter, welcher das fünsundsechzigste Lebensjahr vollendet hat, seine Versetzung in den Ruhestand nicht nach, so kann diese nach Anhörung des Beamten unter Beobachtung der Vorschriften der §§ 53 ff. in der nämlichen Weise verfügt werden, wie wenn der Beamte seine Pensionierung selbst beantragt hätte.

Zwangsweise Versetzung in den Ruhestand. 8 61. Ein Reichsbeamter, welcher durch Blindheit, Taubheit oder ein sonstiges körperliches Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, soll in oen Ruhestand versetzt werden. 8 62. Sucht der Beamte in einem solchen Falle seine Versetzung in den Ruhestand nicht nach, so wird ihm oder seinem nötigenfalls hierzu besonders zu bestellen­ den Kurator von der vorgesetzten Dienstbehörde unter Angabe der Gründe der Pensionierung und des zu gewährenden Pensionsbetrags eröffnet, daß der Fall seiner Versetzung in den Ruhestand vorliege. 8 63. Wenn der Beamte gegen die ihm gemachte Er­ öffnung (§ 62) innerhalb sechs Wochen keine Einwendung

Neichsbeamtengesetz. §§ 59—66.

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erhoben hat, so wird in derselben Weise verfügt, als wenn er seine Pensionierung selbst nachgesucht hätte. Die Zahlung des vollen Gehalts dauert bis zum Ablaufe desjenigen Vierteljahrs, welches auf den Mo­ nat folgt, in dem ihm die Verfügung über die erfolgte Versetzung in den Ruhestand mitgeteilt ist. 8 64. Werden von dem Beamten gegen die Versetzung in den Ruhestand Einwendungen erhoben, so beschließt die oberste Neichsbehörde, ob dem Verfahren Fortgang zu geben sei. In diesenl Falle hat der damit von der obersten Reichsbehörde zu beauftragende Beamte die streitigen Tatsachen zu erörtern, die erforderlichen Zeugen und Sachverständigen eidlich zu vernehmen und dem zu pensionierenden Beamten oder dessen Kurator zu ge­ statten, den Vernehmungen beizuwohnen. Zum Schlüsse ist der zu pensionierende Beamte oder dessen Kurator über das Ergebnis der Ermitte­ lungen mit seiner Erklärung und seinem Anträge zu hören. Zu den Verhandlungen ist ein vereideter Proto­ kollführer zuzuziehen. 8 65* Die geschlossenen Akten werden der obersten Reichsbehörde eingereicht, welche geeigneten Falleseine Vervollständigung der Ermittelungen anordnet. Die baren Auslagen für die durch die Schuld des zu pensionierenden Beamten veranlaßten erfolglosen Er­ mittelungen fallen demselben zur Last. 8 66. Hat der Beamte eine Kaiserliche Bestallung er­ halten, so erfolgt die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrate. In betreff der übrigen Beamten steht die Ent­ scheidung der obersten Reichsbehörde zu. Gegen diese Entscheidung hat der Beamte binnen einer Frist von vier Wochen nach deren Empfange den Rekurs an den Bundesrat. Des Rekursrechts ungeachtet kann der Be­ amte von der obersten Reichsbehörde sofort der weiteren Amtsverwaltnug vorläufig enthoben werden. Vgl. KolBG. § 13.

96

Anhang.

8 67. Die Zahlung des vollen Gehalts dauert bis zum Ablaufe des Vierteljahrs, das auf den Monat folgt, in welchem dem in Ruhestand versetzten Be­ amten die Entscheidung des Kaisers oder der obersten Reichsbehörde zugestellt worden ist. 8 68. Ist ein Beamter vor dem Zeitpunkte, mit wel­ chem die Pensionsberechtigung für ihn eingetreten sein würde, dienstunfähig geworden, so kann er gegen seinen Willen nur unter Beobachtung derjenigen Formen, welche für das förmliche Disziplinarverfahren vorge­ schrieben sind, in den Ruhestand versetzt werden. Wird es jedoch von der obersten Reichsbehörde mit Zustimmung des Bundesrats angemessen befunden, dem Beamten eine Pension zu dem Betrage zu be­ willigen, welcher ihm bei Erreichung des vorgedachten Zeitpunkts zustehen würde, so kann die Pensionierung desselben nach den Vorschriften der §§ 61 bis 67 er­ folgen. Bewilligung für Hinterbliebene. 8 69. Hinterläßt ein Pensionär eine Witwe oder ehe­ liche oder legitimierte Abkömmlinge, so wird die Pen­ sion einschließlich einer etwaigen auf Grund des Offizier­ pensionsgesetzes vom 31. Mai 1906 gewährten Ver­ stümmelungszulage, Kriegszulage und Alterszulage, Pensionserhöhung und Tropenzulage noch für das auf den Sterbemonat folgende Vierteljahr unter Anrech­ nung des vor dem Tode des Pensionärs fällig gewor­ denen Betrags gezahlt. Die Zahlung erfolgt im voraus in einer Summe. An wen die Zahlung erfolgt, be­ stimmt die oberste Re^chsbehörde. Die Zahlung kann mit Genehmigung der obersten Reichsbehörde auch dann stattsinde'n, wenn der Ver­ storbene Verwandte der aufsteigenden Linie, Geschwister, Geschwisterkinder oder Pflegekinder, deren Ernährer er ganz oder überwiegend gewesen ist, in Bedürftigkeit hinterläßt oder wenn und soweit der Nachlaß nicht ausreicht, um die Kosten der letzten Krankheit und der Beerdigung zu decken. Die oberste Reichsbehörde kann die ihr zustehenden Befugnisse auf andere Behörden übertragen.

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Reichsbeamtengesetz. §§ 68—74.

Der über den Sterbemonat hinaus gewährte Be­ trag ist der Pfändung nicht unterworfen. Transitorische Bestimmungen. 8 70. Ist die nach Maßgabe dieses Gesetzes bemessene Pension geringer als die Pension, welche dem Beamten hätte gewährt werden müssen, wenn er vor dem Erlasse dieses Gesetzes nach den damals für ihn geltenden Be­ stimmungen pensioniert worden wäre, so wird die letztere Pension an Stelle der ersteren bewilligt.

8 71. Insofern vor der Übernahme eines Beamten in den Reichsdienst hinsichtlich der aus den früheren Dienst­ verhältnissen demselben erwachsenden Pensionsansprüche mittels eines vor -em Erlasse dieses Gesetzes abge­ schlossenen Staatsvertrags besondere Festsetzungen ge­ troffen sind, sollen diese Festsetzungen auch für die Be­ rechnung der jenem Beamten demnächst aus der Reichs­ kasse zu gewährenden Pension maßgebend sein. Indes sollen statt der gedachten besonderen Bestimmungen die im gegenwärtigen Gesetz enthaltenen Vorschriften in­ soweit Anwendung finden, als sie für den Beamten günstiger sind.

Allgemeine Bestimmungen über Dienstvergehen und deren Bestrafung. 8 72. Ein Reichsbeamter, welcher die ihm obliegenden Pflichten (§ 10) verletzt, begeht ein Dienstvergehen und hat die Disziplinarbestrafung verwirkt.

8 73. Die Disziplinarstrafen bestehen in: 1. Ordnungsstrafen, 2. Entfernung aus dem Amte. Ordnungsstrafen sind: Warnung, Verweis, Geldstrafe, bei besoldeten Beamten bis zum Betrage des einmonatlichen Diensteinkommens, bei unbesolde­ ten bis zu neunzig Mark. Geldstrafe kann mit Verweis verbunden werden.

8 74. 1. 2. 3.

Dverr, z-vlontalbeamtengesey.

7

98

Anhang.

8 75. Die Entfernung aus dem Amte kann bestehen: 1. In Strafversetzung. Dieselbe erfolgt durch Versetzung in ein anderes Amt von gleichem Range, jedoch mit Verminderung des Diensteinkommens um höchstens ein Fünftel. Statt der Verminderung des Diensteinkommens kann eine Geld­ strafe verhängt werden, welche ein Drittel des Dienst­ einkommens eines Jahres nicht übersteigt. Die Strafversetzung wird durch die oberste Reichs­ behörde in Ausfübrunng gebracht. 2. In Dienstentlassung. Dieselbe hat den Verlust des Titels und Pensions­ anspruchs von Rechts wegen zur Folge. Hat vor Be­ endigung des Disziplinarverfahrens das Amtsverhält­ nis bereits ausgehört, so wird, salls nicht der Ange­ schuldigte unter Übernahme der Kosten freiwillig aus Titel und Pensionsanspruch verzichtet, auf deren Ver­ lust an Stelle der Dienstentlassung erkannt. Gehört der Angeschuldigte zu den Beamten, welche einen Anspruch auf Pension haben, und lassen besondere Umstände eine mildere Beurteilung zu, so ist die Diszi­ plinarbehörde ermächtigt, in ihrer Entscheidung zugleich festzusetzen, daß dem Angeschuldigten ein Teil des ge­ setzlichen Pensionsbetrags aus Lebenszeit oder auf ge­ wisse Jahre zu belassen sei. 8 76. Welche der in den §§ 73 bis 75 bestimmten Strafen anzuwenden sei, ist nach der größeren oder geringeren Erheblichkeit des Dienstvergehens mit besonderer Rück­ sicht aus die gesamte Führung des Angeschuldigten zu ermessen.

8 77. Im Laufe einer gerichtlichen Untersuchung darf gegen den Angeschuldigten ein Disziplinarverfahren wegen der nämlichen Tatsachen nicht eingeleitet werden. Wenn im Laufe eines Disziplinarverfahrens wegen der nämlichen Tatsachen eine gerichtliche Untersuchung gegen den Angeschuldigten eröffnet wird, so muß das Disziplinarverfahren bis zur Beendigung des gericht­ lichen Verfahrens ausgesetzt werden.

ReiLSbeamtengesetz.

§§ 75—81.

99

§ 78. Wenn von den gewöhnlichen Strafgerichten auf Freisprechung erkannt ist, so findet wegen derjenigen Tatsachen, welche in der gerichtlichen Untersuchung zur Erörterung gekommen sind, ein Disziplinarverfahren nur noch insofern statt, als dieselben an sich und ohne ihre Beziehung zu dem gesetzlichen Tatbestände der straf­ baren Handlung, welche den Gegenstand der Unter­ suchung bildete, ein Dienstvergehen enthalten. Ist in einer gerichtlichen Untersuchung eine Ver­ urteilung ergangen, welche den Verlust des Amtes nicht zur Folge gehabt hat, so bleibt derjenigen Behörde, welche über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu verfügen hat (§ 84 Abs. 1), die Entscheidung darüber Vorbehalten, ob außerdem ein Disziplinarverfahren ein­ zuleiten oder fortzusetzen sei. g 79. Spricht das Gesetz bei Dienstvergehen, welche Gegenstand eines Disziplinarverfahrens werden, die Ver­ pflichtung zur Wiedererstattung oder zum Schadens­ ersatz oder eine sonstige zivilrechtliche Verpflichtung aus, so gehört die Klage der Beteiligten vor das Zivil­ gericht. Die Befugnis der vorgesetzten Behörde, einen Beamten zur Erstattung eines widerrechtlich erhobenen oder vorenthaltenen Wertbetrags anzuhalten, wird hierdurch nicht ausgeschlossen.

Von dem Disziplinarverfahren. g 89. Jeder Dienstvorgesetzte ist zu Warnungen und Ver­ weisen gegen die ihm untergeordneten Reichsbeamten befugt,

g 81. Geldstrafen können 1. von der obersten Reichsbehörde gegen alle Reichs­ beamte, und zwar bis zum höchsten zulässigen Betrage (§ 74 Nr. 3), 2. von den derselben unmittelbar untergeordneten Behörden und Vorstehern von Behörden bis zum Betrage von dreißig Mark, 3. von den den letzteren untergeordneten Behörden und Vorstehern von Behörden bis zum Betrage von neun Mark verhängt werden. Vgl. KolBG. § 40.

100

Anhang.

8 82. Vor der Verhängung einer Ordnungsstrafe ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich über die ihm zur Last gelegte Verletzung seiner amtlichen Pflichten zu verantworten. Die Verhängung der Ordnungsstrafen erfolgt unter Angabe der Gründe durch schriftliche Verfügung oder zu Protokoll. Ist eine Geldstrafe für den Fall der Nichterledignng einer speziellen dienstlichen Verfügung binnen einer be­ stimmten Frist angedroht, so kann nach Ablauf der Frist die Geldstrafe ohne weiteres festgesetzt werden.

8 83. Gegen die Verhängung von Ordnungsstrafen fin­ det nur Beschwerde im Jnstanzenzuge statt.

8 84. Der Entfernung aus dem Amte muß ein förm­ liches Disziplinarverfahren vorhergehen. Die Einleitung desselben wird von der obersten Reichsbehörde verfügt. Das Disziplinarverfahren besteht in einer schrift­ lichen Voruntersuchung und einer mündlichen Verhand­ lung.

8 85. Die oberste Reichsbehörde ernennt den unter­ suchungsführenden Beamten und diejenigen Beamten, welche im Laufe des Disziplinarverfahrens die Ver­ richtungen der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen haben. Ist Gefahr im Verzüge, so kann die Verfügung der Einleitung des Disziplinarverfahrens und die Ernennung des untersuchungsführenden Beamten vorläufig von einer der im § 81 unter Nr. 2 bezeichneten Behörden oder einem der dort bezeichneten Beamten ausgehen. Es ist alsdann die Genehmigung der obersten Reichs­ behörde einzuholen und, sofern diese versagt wird, das Verfahren einzustellen. Vgl. KolBG. § 41.

8 86. Die entscheidenden Disziplinarbehörden, welche je nach Bedürfnis zusammentreten, sind 1. in erster Instanz die Disziplinarkammern, 2. in zweiter Instanz der Disziplinarhof. Vgl KolBG. 8 42.

ReichSdeamtengesetz.

g 87.

§§ 82—90.

101

An folgenden Orten: Potsdam, Frankfurt a. O., Königsberg, Danzig, Stettin, Köslin, Bromberg, Posen, Magdeburg, Erfurt, Breslau, Liegnitz, Oppeln, Münster, Arnsberg, Düsseldorf, Cöln, Trier, Darmstadt, Frankfurt a. M., Cassel, Hannover, Schleswig, Leipzig, Karlsruhe, Schwerin, Lübeck und Bremen wird je eine Disziplinarkammer errichtet. Durch Anordnung des Kaisers können im Einver­ nehmen mit dem Bundesrat einzelne Disziplinarkam­ mern auch an anderen Orten errichtet werden. Der Disziplinarhof tritt am Sitze des Reichsgerichts zusammen. g 88. Die Bezirke der Disziplinarkammern werden vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrat abgegrenzt. Zuständig im einzelnen Falle ist die Disziplinar­ kammer, in deren Bezirke der Angeschuldigte zur Zeit der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz hat, und wenn dieser Wohn­ sitz im Auslande sich befindet, die Disziplinarkammer in Potsdam. Streitigkeiten über die Zuständigkeit verschiedener Disziplinarkammern werden vom Disziplinarhof ent­ schieden. g 89. Jede Disziplinarkammer besteht aus sieben Mit­ gliedern. Der Präsident und wenigstens drei andere Mitglieder müssen in richterlicher Stellung in einem Bundesstaate sein. Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinarsachen erfolgt durch fünf Mit­ glieder. Der Vorsitzende und wenigstens zwei Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören, g 90. Wenn auf den Antrag des Beamten der Staats­ anwaltschaft oder des Angeschuldigten der Disziplinar­ hof das Vorhandensein von Gründen anerkennt, welche die Unbefangenheit der zuständigen Disziplinarkammer zweifelhaft machen, so tritt eine andere durch den Disziplinarhof ernannte Disziplinarkammer an deren Stelle.

102

Sirhang.

8 91. Der Disziplinarhof besteht aus 11 Mitgliedern, von denen wenigstens vier zu den Bevollmächtigten zum Bundesrate, der Präsident und wenigstens fünf zu den Mitgliedern des Reichsgerichts gehören müssen. Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinarsachen erfolgt durch sieben Mit­ glieder. Der Vorsitzende und wenigstens drei Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören. § 92. Die Geschäftsordnung bei den Disziplinarbehör­ den, insbesondere die Befugnisse des Präsidenten und die Reihenfolge, in welcher die richterlichen Mitglieder an den einzelnen Sitzungen teilzunehmen haben, wird durch ein Regulativ geordnet, welches der Disziplinar­ hof zu entwerfen und dem Bundesrate zur Bestätigung einzureichen hat. g 93. Die Mitglieder der Disziplinarkammern und des Disziplinarhofs werden für die Dauer der zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten Reichs- oder Staatsämter vom Bundesrate gewählt, vom Kaiser er­ nannt, und für die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes verpflichtet. g 94. In der Voruntersuchung wird der Angeschul­ digte unter Mitteilung der Anschuldigungspunkte vor­ geladen und der Beamte der Staatsanwaltschaft zuge­ zogen. Dieselben werden, wenn sie erscheinen, mit ihren Erklärungen und Anträgen gehört. Die Zeugen werden, nach Befinden eidlich, vernommen und die sonstigen Beweise erhoben. Den Vernehmungen der Zeugen darf weder der Beamte der Staatsanwaltschaft noch der An­ geschuldigte beiwohnen. Die Verhaftung, vorläufige Festnahme oder Vor­ führung des Angeschuldigten ist unzulässig. 8 95. Über jede Untersuchungshandlung ist durch einen vereideten Protokollführer ein Protokoll aufzunehmen. Den vernommenen Personen ist ihre Aussage unmittel­ bar nach der Protokollierung vorzulesen, um denselben Gelegenheit zur Berichtigung und Ergänzung zu geben. 8 96. Wenn der Voruntersuchungsbeamte die Vorunter­ suchung für geschlossen erachtet, so teilt er die Akten

Reichsbeamtengesetz.

§§ 91—101.

103

dem Beamten der Staatsanwaltschaft mit. Hält dieser eine Ergänzung der Voruntersuchung für erforderlich, so hat er dieselbe bei dem Boruntersuchungsbeamten zu beantragen, welcher, wenn er entgegengesetzter Ansicht ist, die Entscheidung der obersten Reichsbehörde einzu­ holen hat. 8 97« Nach geschlossener Voruntersuchung ist dem An­ geschuldigten der Inhalt der erhobenen Beweismittel mitzuteilen. Darauf werden die Akten an die oberste Reichsbehörde eingesendet. 8 98. Die oberste Reichsbehörde kann mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung das Verfahren einstellen und geeigneten Falles eine Ordnungsstrafe verhängen. Der Angeschuldigte erhält Ausfertigung des darauf bezüglichen, mit Gründen zu unterstützenden Beschlusses. 8 99. Die Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens wegen der nämlichen Anschuldigungspunkte ist mir auf Grund neuer Beweise und während eines Zeitraums von fünf Jahren, vom Tage des Einstellungsbeschlusses ab, zulässig. War eine Ordnungsstrafe verhängt (§ 98), so findet eine Wiederaufnahme des eingestellten Disziplinarver­ fahrens nicht statt.

8 100. Die Einstellung des Verfahrens muß erfolgen, sobald der Angeschuldigte seine Entlassung aus dem Reichsdienste mit Verzicht auf Titel, Gehalt und Pen­ sionsanspruch nachsucht, vorausgesetzt, daß er seine amt­ lichen Geschäfte bereits erledigt und über eine ihm etwa anvertraute Verwaltung von Neichsvermögen vollstän­ dige Rechnung gelegt hat. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe ist in diesem Falle nicht zulässig. Die Kosten des eingestellten Ver­ fahrens (§ 124) fallen dem Angeschuldigten zur Last. 8 101. Beschließt die oberste Reichsbehörde die Ver­ weisung der Sache vor die Disziplinarkammer, so wird der Angeschuldigte nach Eingang einer von dem Be­ amten der Staatsanwaltschaft anzufertigenden Anschuldi

104

Anhang.

gungsschrift unter abschriftlicher Mitteilung der letzte­ ren zu einer von dem Vorsitzenden der Disziplinarkam­ mer zu bestimmenden Sitzung zur mündlichen Verhand­ lung vorgeladen. Der Angeschuldigte kann sich des Beistandes eines Rechtsanwalts als Verteidigers bedienen. Dem Letzteren ist die Einsicht der Voruntersuchungsakten zu gestatten. 8 102. Die mündliche Verhandlung findet statt, auch wenn der Angeschuldigte nicht erschienen ist. Derselbe kann sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Disziplinarkammer steht es jedoch, sofern der Angeschul­ digte seinen dienstlichen Wohnsitz im Deutschen Reiche hat, jederzeit zu, das persönliche Erscheinen des Ange­ schuldigten unter der Warnung zu verordnen, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht werde zugelassen werden. 8 103. Die mündliche Verhandlung ist öffentlich. Die Öffentlichkeit kann aus besonderen Gründen aus den Antrag des Angeschuldigten, des Beamten der Staats­ anwaltschaft oder von Amts wegen durch Beschluß der Disziplinarkammer ausgeschlossen oder auf bestimmte Personen beschränkt werden. Die Gründe der Aus­ schließung oder Beschränkung der Öffentlichkeit müssen aus dem Sitzungsprotokolle hervorgehen.

8 104. Bei der mündlichen Verhandlung wird der wesentliche Inhalt der Anschuldigungsschrist von dem Beamten der Staatsanwaltschaft mündlich vorgetragen. Der Angeschuldigte wird vernommen. Gesteht derselbe die den Gegenstand der Anschuldigung bildenden Tat­ sachen ein und walten gegen die Glaubwürdigkeit seines Geständnisses keine Bedenken ob, so beschließt die Diszi­ plinarkammer, daß eine Beweisverhandlung nicht statt­ finde. Andernfalls gibt ein von dem Vorsitzenden der Disziplinarkammer aus der Zahl der Mitglieder er­ nannter Berichterstatter auf Grund der bisherigen Ver­ handlungen eine Darstellung der Beweisaufnahme, so­ weit sie sich auf die in der Anschuldigungsschrist ent­ haltenen Anschuldigungspunkte bezieht.

Reichsbeamtengesetz.

§§ 101—108.

105

Zum Schlüsse wird der Beamte der Staatsanwalt­ schaft mit seinem Vor- und Anträge und der Ange­ schuldigte mit seiner Verteidigung gehört. Dem An­ geschuldigten steht das letzte Wort zu.

8 105. Wenn die Disziplinarkammer vor oder im Laufe der mündlichen Verhandlung auf den Antrag des An­ geschuldigten oder des Beamten der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen die Vernehmung von Zeugen, sei es vor der Disziplinarkammer oder durch einen beauftragten Beamten, oder die Herbeischassung anderer Beweismittel für angemessen erachtet, so erläßt sie die erforderliche Verfügung und verlegt nötigenfalls die Fortsetzung der Verhandlung auf einen anderen Tag, welcher dem Angeschuldigten bekannt zu machen ist. 8 106. Die Vernehmung des Zeugen muß auf Antrag des Beamten der Staatsanwaltschaft oder des Ange­ schuldigten in der mündlichen Verhandlung erfolgen, sofern die Tatsachen erheblich sind, über welche die Vernehmung stattfinden soll, und die Disziplinarkam­ mer nicht die Überzeugung gewonnen hat, daß der An­ trag nur auf Verschleppung der Sache abzielt.

8 107. Stehen dem Erscheinen eines Zeugen Krank­ heit, große Entfernung oder andere unabwendbare Hindernisse entgegen, so ist von der Disziplinarkammer dessen Vernehmung durch einen damit beauftragten Be­ amten unter Beiladung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten anzuordnen. Als große Entfernung im Sinne dieses Gesetzes ist es nicht anzusehen, wenn der Zeuge sich im Bezirke der entscheidenden Disziplinarkammer aufhält. 8 108. Bei der Entscheidung hat die Disziplinarkanvmer, ohne an positive Beweisregeln gebunden zu sein, nach ihrer freien, aus dem Inbegriffe der Verhand­ lungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu be­ urteilen, inwieweit die Anschuldigung für begründet zu erachten. Ist die Anschuldigung nicht begründet, so spricht die Disziplinarkammer den Angeschuldigten frei. Vor-

106

Anhang.

läufige Freisprechung (Entbindung von der Instanz) ist nicht statthaft. Gegen den sreigesprochenen Ange­ schuldigten darf wegen der nämlichen den Gegenstand der Anschuldigung bildenden Handlung ein Disziplinar­ verfahren nicht wieder eingeleitet werden. Ist die Anschuldigung begründet, so kann die Ent­ scheidung auch auf eine bloße Ordnungsstrafe lauten. Die Entscheidung, welche mit Gründen versehen sein muß, wird in der Sitzung, in welcher die mündliche Verhandlung beendigt worden ist, und spätestens inner­ halb der darauf folgenden vierzehn Tage verkündet. Eine Ausfertigung der Entscheidung wird dem Ange­ schuldigten erteilt.

8 109. Über die mündliche Verhandlung wird ein Proto­ koll ausgenommen, welches die Namen der Anwesenden und die wesentlichen Momente der Verhandlung ent­ halten muß. Das Protokoll wird von dem Vorsitzen­ den und dem Protokollführer unterzeichnet. 8 110. Gegen die Entscheidung der Disziplinarkammer steht die Berufung an den Disziplinarhof sowohl dem Beamten der Staatsanwaltschaft als dem Angeschuldig­ ten offen. Neue Tatsachen, welche die Grundlage einer ande­ ren Beschuldigung bilden, dürfen in der Berufungs­ instanz nicht vorgebracht werden. 8 Hl» Die Anmeldung der Berufung geschieht zu Pro­ tokoll oder schriftlich bei der Disziplinarkammer, welche die anzugreifende Entscheidung erlassen hat. Von feiten des Angeschuldigten kann sie auch durch einen Bevoll­ mächtigten geschehen. Die Frist zu dieser Anmeldung ist eine vierwöchent­ liche. Sie beginnt für den Beamten der Staatsanwalt­ schaft mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Entscheidung verkündet, für den Angeschuldigten mit dem Abläufe des Tages, an welchem ihm die Ausferti­ gung der Entscheidung zugestellt worden ist. 8 112. Zur schriftlichen Rechtfertigung der Berufung steht demjenigen, der dieselbe rechtzeitig angemeldet hat,

Retchsbeamtengesetz.

§§ 108—116.

107

eine vierzehntägige Frist, vom Ablaufe der Anmeldungs­ frist gerechnet, offen.

g 113. Die Anmeldung der Berufung und die etwa eingegangene Berufungsschrift wird dem Gegner in Ab­ schrift zugestellt, und falls dies der Beamte der Staats­ anwaltschaft ist, in Urschrift vorgelegt. Innerhalb vierzehn Tagen nach erfolgter Zustellung oder Vorlegung kann der Gegner eine Beantwortungs­ schrift einreichen.

g 114. Befindet sich der Angeschuldigte im Auslande, so hat die Disziplinarkammer die Fristen zur Anmel­ dung und Rechtfertigung seiner Berufung und zur Beantwortung der Berufung des Beamten der Staats­ anwaltschaft mit Rücksicht auf die Entfernung des dienst­ lichen Wohnsitzes des Angeschuldigten von Amts wegen zu erweitern und die betreffende Verfügung gleichzeitig mit dem Urteil beziehungsweise mit der Anmeldung der Berufung des Beamten der Staatsanwaltschaft dem Angeschuldigten zuzustellen.

g 115. Die Fristen zur Rechtfertigung und Beant­ wortung der Berufung (§§ 112 bis 114) können auf Antrag von der Disziplinarkammer verlängert werden,

g 116. Nach Ablauf der in den §§ 113 bis 115 be­ stimmten Fristen werden die Akten an den Disziplinar­ hof eingesandt. Der Disziplinarhof kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforderlichen Verfügungen erlassen. Er bestimmt sodann eine Sitzung zur mündlichen Verhand­ lung, zu welcher der Angeschuldigte vorzuladen und der Beamte der Staatsanwaltschaft zuzuziehen ist. In der mündlichen Verhandlung gibt zunächst ein von dem Vorsitzenden des Disziplinarhofs aus der Zahl seiner Mitglieder ernannter Berichterstatter eine Dar­ stellung der bis dahin stattgefundenen, auf die in der Anschuldigungsschrift enthaltenen Anschuldigungspunkte bezüglichen Verhandlungen. Im übrigen wird nach Maßgabe der in den § 101 Abs. 2, § 102, § 103, § 104 Abs. 2 und 3, § 105, § 106,

108

Anhang.

§ 107 Abs. 1, § 108 und § 109 enthaltenen Bestim­ mungen verfahren.

§ 117. Ein anderes Rechtsmittel als die Berufung, insbesondere auch das Rechtsmittel des Einspruchs (Op­ position oder Restitution) findet im Disziplinarverfahren nicht statt. § 118. Der Kaiser hat das Recht, die von den Diszi­ plinarbehörden verhängten Strafen zu erlassen oder zu mildern. § 119. Die Vorschriften der §§ 84 bis 118 gelten auch in Ansehung der einstweilig in den Ruhestand versetzten Beamten. Der letzte dienstliche Wohnsitz derselben ist für die Zuständigkeit im Disziplinarverfahren entscheidend. Besondere Bestimmungen in betreff der Beamten der Militärverwaltung.

§ 129. Gegen Militärbeamte, welche ausschließlich unter Militärbefehlshabern stehen, verfügt der kommandierende General des Armeekorps beziehungsweise der Chef der Kaiserlichen Admiralität die Einleitung der Untersuchung und ernennt den Voruntersuchungsbeamten. Vgl. KolBG. § 53.

8 121. Die entscheidende Disziplinarbehörde erster In­ stanz ist die Militär-Disziplinarkommission. Für jedes Armeekorps tritt die Militär-Disziplinarkommission am Garnisonorte des Generalkommandos zusammen. Dieselbe wird aus einem Obersten als Vor­ sitzenden und sechs anderen Mitgliedern, von denen drei zu den Stabsoffizieren, Hauptleuten oder Rittmeistern, die übrigen zu den oberen Beamten der Militärver­ waltung gehören müssen, gebildet. Die Militär-Disziplinarkommissionen für die Marine haben ihren Sitz an den betreffenden Marine-Stations­ orten und bestehen aus einem Kapitän zur See als Vorsitzenden und sechs anderen Mitgliedern, von denen drei zu den Stabsoffizieren der Marine oder zu den Kapitänleutnants, die übrigen zu den oberen Beamten der Marineverwaltung gehören müssen.

Nelchsbeamtengesetz.

§§ 116—126.

109

Die Mitglieder der Kommission werden von der obersten Reichsbehörde ernannt.

8 122. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft bei den Militär-Disziplinarkornrnissionen werden von einem Oberkriegsgerichtsrate wahrgenommen. Im Behinde­ rungsfalle wird von der obersten Reichsbehörde ein anderer Oberkriegsgerichtsrat oder Kriegsgerichtsrat mit der Stellvertretung beauftragt.

8 123. Gegen Militürbeamte kommen in betreff der Verfügung von Disziplinarstrafen, die nicht in der Ent­ fernung aus dem Amte bestehen, die auf jene Beamten bezüglichen besonderen Bestimmungen zur Anwendung. Dasselbe gilt von der Amtssuspension aller Beamten der Militärverwaltung im Falle des Krieges.

Kosten des Disziplinarverfahrens. § 124. Für das Disziplinarverfahren werden weder Gebühren noch Stempel, sondern nur bare Auslagen in Ansatz gebracht. Insoweit im förmlichen Disziplinarverfahren (§ 84) der Angeschuldigte verurteilt wird, ist er schuldig, die baren Auslagen des Verfahrens ganz oder teilweise zu erstatten. Über die Erstattungspflicht entscheidet das Disziplinarerkenntnis.

Vorläufige Dienstenthebung. 8 125. Die vorläufige Dienstenthebung eines Reichs­ beamten (Suspension vom Amte) tritt kraft des Ge­ setzes ein: 1. wenn im gerichtlichen Strafverfahren seine Ver­ haftung beschlossen oder gegen ihn ein noch nicht rechtskräftig gewordenes Urteil erlassen ist, wel­ ches den Verlust des Amtes kraft des Gesetzes nach sich zieht; 2. wenn im Disziplinarverfahren eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, welche auf Dienstentlassung lautet. 8 126. Im Falle des § 125 Nr. 1 dauert die Sus­ pension bis zum Ablaufe des zehnten Tages nach Wieder-

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Anhang.

aufhebung des Verhastungsbeschlusses oder nach ein­ getretener Rechtskraft desjenigen Urteils höherer In­ stanz, durch welches der angeschuldigte Beamte zu einer anderen Strafe als der bezeichneten verurteilt wird. Lautet das rechtskräftige Urteil auf Freiheitsstrafe, so dauert die Suspension, bis das Urteil vollstreckt ist. Wird die Vollstreckung des Urteils ohne Schuld des Verurteilten aufgehalten oder unterbrochen, so tritt für die Zeit des Aufenthalts oder der Unterbrechung eine Gehaltskürzung (§ 128) nicht ein. Dasselbe gilt für die im ersten Absätze dieses Paragraphen erwähnte Zeit von zehn Tagen, wenn nicht vor Ablauf derselben die Suspension vom Amte im Wege des Disziplinarver­ fahrens beschlossen wird. Im Falle des § 125 Nr. 2 dauert die Suspension bis zur Rechtskraft der in der Disziplinarsache ergehen­ den Entscheidung.

8 127. Die oberste Reichsbehörde kann die Suspension, sobald gegen den Beamten ein gerichtliches Strafver­ fahren eingeleitet oder die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens (§ 84) verfügt wird, oder auch demnächst im Laufe des einen oder anderen Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung verfügen. Dgl. KolBG. 8 43 I.

8 128. Während der Suspension des Beamten wird vom Ablaufe des Monats ab, in welchem dieselbe ver­ fügt ist, die Hälfte seines Diensteinkommens innebe­ halten. In Fällen der Not des Beamten ist die oberste Reichsbehörde ermächtigt, die Jnnebehaltung des Dienst­ einkommens auf den vierten Teil desselben zu be­ schränken. Auf die für Dienstunkosten besonders angesetzten Beträge ist bei Berechnung des innezuhaltenden Teiles vom Diensteinkommen keine Rücksicht zu nehmen. Der innebehaltene Teil des Diensteinkommens ist zu den Kosten, welche durch die Stellvertretung des Angeschuldigten verursacht werden, der etwaige Rest zu den Untersuchungskosten (§ 124) zu verwenden. Einen

Reichsbeamtengesetz.

§§ 126-132.

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weiteren Beitrag zu den Stellvertretungs kosten zu leisten, ist der Beamte nicht verpflichtet. Dgl- KolBG. 8 43 I.

g 129» Der zu den Kosten (§ 128) nicht verwendete Teil des Einkommens wird dem Beamten auch in dem Falle nachgezahlt, wo das Verfahren die Entfernung aus dem Amte zur Folge gehabt hat. Dem Beamten ist auf Verlangen ein Nachweis über die Verwendung zu erteilen. Erinnerungen gegen die Verwendung können im Rechtswege nicht geltend gemacht werden.

130. Wird der Beamte freigesprochen, so muß ihm er innebehaltene Teil des Diensteinkommens vollständig Snachgezahlt werden. Wird er nur mit einer Ordnungsstrafe belegt, so ist ihm der innebehaltene Teil insoweit nachzuzahlen, als derselbe nicht zur Deckung der ihn treffenden Unter­ suchungskosten und der Ordnungsstrafe erforderlich ist. Ein Abzug wegen der Stellvertretungskosten findet nicht statt.

g 131. Wenn Gefahr im Verzug ist, kann einem Be­ amten auch von solchen Vorgesetzten, die seine Suspen­ sion zu verfügen nicht ermächtigt sind, die Ausübung der Amtsverrichtungen vorläufig untersagt werden; es ist aber darüber sofort an die oberste Reichsbehörde zu berichten. Diese Untersagung hat eine Kürzung des Dienst­ einkommens nicht zur Folge. Dgl. KolBG. 8 43II.

g 132. Dem unter Gewährung des gesetzlichen WartegeldeS einstweilen in den Ruhestand versetzten Beamten wird ein Viertel des Wartegeldes innebehalten, wenn im Disziplinarverfahren eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, welche auf Dienstentlassung lautet. Wegen der Nachzahlung des innebehaltenen Teiles vom Warteqelde kommen die Grundsätze der §§ 129 und 130 zur Anwendung.

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Anhang.

8 133. Alle nach den Bestimmungen der §§ 61 bis 132 erfolgenden Aufforderungen, Mitteilungen, Zustellungen und Vorladungen sind gültig und bewirken den Lauf der Fristen, wenn sie unter Beobachtung der für ge­ richtliche Insinuation in Strafsachen vorgeschriebenen Formen demjenigen, an den sie- ergehen, zugestellt sind. Die vereideten Verwaltungsbeamten haben dabei den Glauben der Gerichtsboten. Hat der Angeschuldigte seinen dienstlichen Wohnsitz verlassen, ohne daß seine vorgesetzte Behörde Kenntnis von seinem Aufenthalte hat, so erfolgt die Insinuation in der letzten Wohnung des Angeschuldigten an dem dienstlichen Wohnorte desselben. Vgl. KolBG. 8 46.

Besondere Bestimmungen über die Defekte der Beamten.

8 134. Die Feststellung der Defekte an öffentlichem oder Privatvermögen, welche bei Reichskassen oder anderen Reichsverwaltungen entdeckt werden, ist zunächst von derjenigen Behörde zu bewirken, zu deren Ge­ schäftskreise die unmittelbare Aufsicht über die Kasse oder andere Verwaltung gehört. 8 135. Von dieser Behörde ist zugleich festzustellett, ob ein Reichsbeamter und eintretenden Falles welcher Beamte nach den Vorschriften des § 141 für den Defekt zu haften hat, und bei einem Defekt an Materialien, auf wie hoch die zu erstattende Summe in Gelde zu berechnen ist. 8 136. Ebenso (§§ 134 und 135) hat die unmittelbar vorgesetzte Behörde die Defekte an solchem öffentlichen oder Privatvermögen sestzustellen, welches, ohne zu einer Reichskasse oder anderen Reichsverwaltung gebracht zu sein, vermöge besonderer amtlicher Anordnung in den Gewahrsam eines Reichsbeamten gekommen ist. 8 137. über den Betrag des Defekts, die Persoll des zum Ersätze verpflichteten Beamten und den Grund seiner Verpflichtung ist von der in den §§ 134 und 135 bezeichneten Behörde ein motivierter Beschluß abzu­ fassen.

ReichSbeamtengesetz.

113

§§ 133—141.

8 138« Nach Befinden der Umstände kann die Behörde auch mehrere Beschlüsse abfassen, wenn ein Teil des Defekts sofort klar ist, der andere Teil aber noch weitere Ermittelungen notwendig macht, imgleichen, wenn unter mehreren Personen die Verpflichtung der einen fest­ steht, die der anderen noch zweifelhaft ist.

8 139» Hat die Behörde die Eigenschaft einer höheren Reichsbehörde, so ist der Beschluß nach Maßgabe der §§ 143 und 144 vollstreckbar. In allen anderen Fällen unterliegt der Beschluß der Prüfung der vorgesetzten höheren Reichsbehörde und wird erst nach deren Genehmigung vollstreckbar. Von dem Beschluß ist der obersten Reichsbehörde unverzüglich Kenntnis zu geben. Der obersten Reichsbehörde bleibt in allen Fällen unbenommen, einzuschreiten und den Beschluß selbst ab­ zufassen oder zu berichtigen.

8 149. In dem abzufassenden Beschluß ist zugleich zu bestimmen, welche Bollstreckungs- oder Sicherheitsmaßregeln behufs des Ersatzes des Defekts zu ergreifen sind. Für diese Maßregeln sind die Gesetze des Bundes­ staats, in welchem dieselben erfolgen, entscheidend.

8 141. Der abzufassende Beschluß kann auf die un­ mittelbare Verpflichtung zum Ersätze des Defekts ge­ richtet werden: 1. gegen jeden Beamten, welcher der Unterschlagung als Täter oder Teilnehmer nach der Überzeugung der Reichsbehörde überführt ist; 2. a) gegen diejenigen Beamten, welchen die Kasse usw. zur Verwaltung übergeben war, und zwar auf Höhe des ganzen Defekts, b) gegen jeden anderen Beamten, der an der Einnahme oder Ausgabe, der Erhebung, der Ablieferung oder dem Transporte von Kassen­ geldern oder anderen Gegenständen vermöge seiner dienstlichen Stellung teilzunehmen hatte, jedoch nur auf Höhe des in seinen Gewahr­ sam gekommenen Betrags, D o e r r, Kolonlalbeamtengesetz.

8

114

Anhung.

sofern der Defekt nach der Überzeugung der ReichSbehörde durch grobes Versehen entstanden ist. Eben dies gilt gegen die im § 136 genannten Be­ amten in den daselbst bezeichneten Fällen.

8 142. Sind Beamte, gegen welche die zwangsweise Einziehung des Defekts beschlossen wird, in der Ver­ waltung ihres Amtes, wofür sie eine Amtskaution ge­ stellt haben, belassen worden, so haben dieselben wegen Ersatzes des Defekts anderweite Sicherheit zu leisten. Erfolgt die Sicherstellung nicht, so findet die Zwangs­ vollstreckung zunächst nicht in die Kaution, sondern in das übrige Vermögen statt.

8 143. Die Verwaltungsbehörde ersucht die zuständi­ gen Gerichte, Vollstreckungsbeamten oder Hypotheken­ behörden um Vollziehung des Beschlusses. Diese sind, ohne auf eine Beurteilung der Recht­ mäßigkeit des Beschlusses einzugehen, verpflichtet, wenn sonst kein Anstand obwaltet, schleunig, ohne vorgängiges Zahlungsmandat, die Zwangsvollstreckung auszuführen, die Beschlagnahme der zur Deckung des Defekts erfor­ derlichen Vermögensstücke zu verfügen und die in An­ trag gebrachten Eintragungen im Hypothekenbuche zu veranlassen.

8 144. Gegen den Beschluß, wodurch ein Beamter zur Erstattung eines Defekts für verpflichtet erklärt wird (§§ 137 und 140), steht demselben sowohl hinsichtlich des Betrags, als hinsichtlich der Ersatzverbindlichkeit außer der Beschwerde im Jnstanzenzuge der Rechts­ weg zu. Die Frist zur Beschreitung des Rechtswegs beträgt ein Jahr, ist eine Ausschlußfrist und beginnt mit dem Tage der dem Beamten geschehenen Bekanntmachung des vollstreckbaren Beschlusses, oder wenn der Beamte an seinem Wohnorte nicht zu treffen ist, mit dem Tage des abgefaßten Beschlusses. In dem auf die Klage des Beamten entstandenen Rechtsstreite hat das Gericht über die Wahrheit der tatsächlichen Behauptungen der Parteien nach seiner freien

ReichSbeamtengesetz. §§ 141—147.

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aus dem Inbegriffe der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu entscheiden. Ob einer Partei über die Wahrheit oder Unwahr­ heit einer tatsächlichen Behauptung noch ein Eid auf­ zuerlegen, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. In der wegen des Defekts etwa eingeleiteten Unter­ suchung bleiben dem Beamten, insofern es auf die Be­ strafung ankommt, seine Einreden gegen den abgesaßtcn Beschluß auch nach Ablauf des Jahres, wenngleich sie im Zivilprozesse nicht mehr geltend gemacht werden können, vorbehalten.

8 145, Das Gericht hat auf Antrag des Beamten darüber Beschluß zu fassen, ob die Zwangsvollstreckung fortzusetzen oder einstweilen einzusteuen sei. Die einstweilige EinsteNung erfolgt, wenn der Beamte glaub­ haft macht, daß die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung für ihn einen schwer ersetzlichen Nachteil zur Folge haben würde. Das Gericht ist jedoch verpflichtet, falls es die Einstellung der Zwangsvollstreckung verordnet, an Stelle derselben auf Antrag der verklagten Reichs­ behörde die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln behufs des Ersatzes des Defekts herbeizuführen.

8 146, Wenn eine nahe und dringende Gefahr vor­ handen ist, daß ein Beamter, gegen welchen die Zwangs­ vollstreckung zulässig ist (§ 141), sich auf flüchtigen Fuß setzen oder sein Vermögen der Verwendung zum Ersätze des Defekts entziehen werde, so kann die unmittelbar vorgesetzte Behörde, auch wenn sie nicht die Eigenschaft einer höheren Reichsbehörde hat, oder der unmittelbar vorgesetzte Beamte das abzugsfähige Gehalt (§ 19 Nr. 1) und nötigenfalls das übrige bewegliche Vermögen des im Eingänge bezeichneten Beamten vorläufig in Be­ schlag nehmen. Der vorgesetzten höheren Reichsbehörde ist unge­ säumt Anzeige davon zu machen und deren Genehmi­ gung einzuholen.

g 147, Ist von den vorgesetzten Behörden oder Be­ amten gemäß § 146 eine Beschlagnahme erfolgt, so hat 8*

116

Anhang.

das Gericht, in dessen Bezirke die Beschlagnahme statt­ gefunden hat, auf Antrag des von derselben betroffenen Beamten anzuordnen, daß binnen einer zu bestimmen­ den Frist der in den §§ 137 und 140 vorgesehene Be­ schluß beizubringen sei. Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf weiteren Antrag des Beamten die Beschlag­ nahme sofort aufzuheben; andernfalls kommen die Be­ stimmungen des § 144 zur Anwendung.

8 148. Für das Defektenverfahren im Verwaltungs­ wege werden Gebühren und Stempel nicht berechnet. Verfolgung vermögensrechtlicher Ansprüche. 8 149. Über vermögensrechtliche Ansprüche der Reichs­ beamten aus ihrem Dienstverhältnis, insbesondere über Ansprüche auf Besoldung, Wartegcld oder Pension, so­ wie über die den Hinterbliebenen der Reichsbeamten gesetzlich gewährten Rechtsansprüche auf Bewilligungen findet mit folgenden Maßgaben der Rechtsweg statt.

8 150. Die Entscheidung der obersten Reichsbehörde muß der Klage vorhergehen und letztere sodann bei Ver­ lust des Klagerechts innerhalb sechs Monaten, nach­ dem dem Beteiligten die Entscheidung jener Behörde bekannt gemacht worden, angebracht werden. In den Fällen, in welchen gemäß § 54 die höhere Reichsbehörde Entscheidung getroffen hat, tritt der Ver­ lust des Klagerechts auch dann ein, wenn nicht von dem Beteiligten gegen diese Entscheidung binnen gleicher Frist die Beschwerde an die oberste Reichsbehörde erhoben ist. 8 151. Der Reichsfiskus wird durch die höhere Reichs­ behörde, unter welcher der Reichsbeamte steht oder ge­ standen hat, oder falls er direkt unter der obersten Reichsbehörde steht oder gestanden hat, durch die oberste Reichsbehörde vertreten. Die Klage ist bei demjenigen Gericht anzubringen, in dessen Bezirke die betreffende Behörde ihren Sitz hat. 8 152. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes geltend gemacht ist,

RetchSbeamtengesetz.

§§ 147—157.

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wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Ge­ richtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen,

g 153. Auf die im § 144 erwähnten Rechtsstreitig­ ketten finden die Bestimmungen der §§ 151 und 152 mit der Maßgabe Anwendung, daß der Reichsfiskus durch die höhere Reichsbehörde vertreten wird, welche den Defektbeschluß abgefaßt oder für vollstreckbar er­ klärt hat (§ 139 Abs. 2). Ist die Abfassung durch die oberste Reichsbehörde geschehen, so übernimmt diese die Vertretung des Reichsfiskus.

g 154. In Rechtsstreitigkeiten über Vermögensansprüche gegen Reichsbeamte wegen Überschreitung ihrer amt­ lichen Befugnisse oder pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen ist sowohl dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Beamte zur Zeit der Verletzung seiner Amtspflicht seinen Wohnsitz hatte, als dasjenige, in dessen Bezirke derselbe zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz hat. Die Vorschrift des § 152 findet entsprechende An­ wendung. g 155. Die Entscheidungen der Disziplinar- und Ver­ waltungsbehörden darüber, ob und von welchem Zeit­ punkt ab ein Reichsbeamter aus seinem Amte zu ent­ fernen, einstweilig oder definitiv in den Ruhestand zu versetzen oder vorläufig seines Dienstes zu entheben sei, und über die Verhängung von Ordnungsstrafen sind für die Beurteilung der vor dem Gerichte geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche maßgebend. Dgl. KolBG. § 45.

Schlutzbestimmungen. g 156. Die Reichstagsbeamten haben die Rechte und Pflichten der Reichsbeamten. Die Anstellung der Reichstagsbeamten erfolgt durch den Reichstagspräsidenten, welcher die vorgesetzte Be­ hörde derselben bildet.

g 157. Auf Personen des Soldatenstandes findet dieses Gesetz nur in den §§ 134 bis 148 Anwendung.

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Anhang.

8 158. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Ver­ setzung in ein anderes Amt, über die einstweilige und über die zwangsweise Versetzung in den Ruhestand, über Disziplinarbestrafung und über vorläufige Dienst­ enthebung finden auf die Mitglieder des Reichsgerichts, auf die Mitglieder des Bundesamts für das Heimat­ wesen, auf die Mitglieder des Rechnungshofs des Deutschen Reichs und auf richterliche Militär-Justiz­ beamte keine Anwendung. Außerdem haben für die Mitglieder des Reichs­ gerichts die Vorschriften dieses Gesetzes über die Pen­ sionierung und über den Verlust der Pension keine Geltung. 8 159. Die Ausführung dieses Gesetzes regelt eine vom Kaiser zu erlassende Verordnung, durch welche nament­ lich diejenigen Behörden näher zu bezeichnen sind, welche unter den in diesem Gesetz erwähnten Reichsbehörden verstanden sein sollen.

Beamtenhtnterbliebenengesetz.

g§ 1—2.

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veamtenhinterbliebenengesetz. Bom 17. Mai 1907. (RGBl. S. 208).

8 1. Die Witwen und die ehelichen oder legitimierten Kinder von Beamten, welchen zur Zeit ihres Todes ein Anspruch auf Pension aus der Reichskasse im Falle der Versetzung in den Ruhestand zugestanden hätte, sowie die Witwen und die ehelichen oder legitimierten Kinder von ausgeschiedenen Beamten, welche kraft gesetzlichen Anspruchs oder auf Grund des § 39 des Reichsbeamten­ gesetzes lebenslängliche Pension aus der Reichskasse zu beziehen hatten, erhalten Witwen- und Waisengeld. Keinen Anspruch auf Witwen- und Waisengeld haben die Hinterbliebenen derjenigen Beamten und ausge­ schiedenen Beamten, welche nur nebenamtlich im Reichs­ dienst angestellt gewesen sind. 8 2. Das Witwengeld besteht in vierzig vom Hundert derjenigen Pension, zu welcher der Verstorbene berech­ tigt gewesen ist oder berechtigt gewesen sein würde, wenn er am Todestag in den Ruhestand versetzt worden wäre. Das Witwengeld soll jedoch, vorbehaltlich der im § 4 verordneten Beschränkung mindestens 300 Mark und höchstens 5000 Mark betragen. Bei Berechnung des Witwengeldes bleibt die Berstümmelungszulage und die Alterszulage (§§ 11, 13, 32 des Offizierpensionsgesetzes vom 31. Mai 1906) stets, die Kriegszulage, Pensionserhöhung und Tropenzulage (88 12, 32; 88 49, 59; 88 66, 67, § 72 Nr. 8 ebenda) in dem Falle außer Betracht, daß die Witwe zu einer Kriegsversorgung berechtigt ist. War der Verstorbene als Pensionär wieder in den Reichsdienst eingetreten, so wird der Berechnung des Witwengeldes derjenige Betrag zugrunde gelegt, den der Verstorbene an neuer und alter Pension bezogen hat oder hätte beziehen können.

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Anhang.

War der Verstorbene als Pensionär außerhalb des Reichsdienstes in eine der im § 57 Nr. 2 des .Reichs­ beamtengesetzes bezeichneten Stellen eingetreten, so wird der Berechnung des Witwengeldes die festgesetzte Reichs­ pension im vollen Betrage zugrunde gelegt. Der Jahresbetrag des Witwengeldes ist nach oben so abzurunden, daß bei der Teilung durch drei sich volle MarÜ>eträge ergeben. Vgl. KolBG. § 32.

8 3. Das Waisengeld beträgt jährlich: 1. für jedes Kind, dessen Mutter noch lebt und zur Zeit des Todes des Verstorbenen zum Bezüge von Witwengeld berechtigt war, ein Fünftel des Witwengeldes; 2. für jedes Kind, dessen Mutter nicht mehr lebt oder zur Zeit des Todes des Verstorbenen zum Bezüge von Witwengeld nicht berechtigt war, ein Drittel des Witwengeldes. Der Jahresbetrag des Waisengeldes ist nach oben so abzurunden, daß bei Teilung durch drei sich volle Markbeträge ergeben. 8 4. Witwen- und Waisengeld dürfen weder einzeln noch zusammen den Betrag der Pension übersteigen, zu welcher der Verstorbene berechtigt gewesen ist oder berechtigt gewesen sein würde, wenn er am Todestag in den Ruhestand versetzt worden wäre. Ergibt sich an Witwen- und Waisengeld zusammen ein höherer Betrag, so werden die einzelnen Sätze in gleichem Verhältnisse gekürzt. 8 8 Nach dem Ausscheiden eines Witwen- oder Waisen­ geldberechtigten erhöht sich das Witwen- oder Waisen­ geld der verbleibenden Berechtigten von dem Beginne des folgenden Monats an insoweit, als sie sich noch nicht in vollem Genusse der ihnen nach §§ 2 bis 4 ge­ bührenden Beträge befinden. 8 6. War die Witwe mehr als 15 Jahre jünger als der Verstorbene, so wird das nach Maßgabe der §§ 2, 4 berechnete Witwengeld für jedes angesangene Jahr des Altersunterschieds über 15 bis einschließlich 25 Jahre

BeamtenhlnterblieVenengesetz. §§ 2—10.

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um V20 gekürzt. Nach fünfjähriger Dauer der Ehe wird für jedes angefangene Jahr ihrer weiteren Dauer dem gekürzten Betrag V10 des berechneten Witwengeldes so­ lange hinzugesetzt, bis der volle Betrag wieder erreicht ist. Auf den nach 8 3 zu berechnenden Betrag des Waisen­ geldes ist diese Kürzung des Witwengeldes ohne Einfluß. 8 7. Liegen die Voraussetzungen einer Kürzung sowohl nach § 4 als auch nach § 6 vor, so ist zunächst das Witwen- und Waisengeld nach § 4 und erst dann das Witwengeld nach 8 6 zu kürzen, demnächst aber der gemäß 8 6 gekürzte Betrag des Witwengeldes dem nach 8 4 gekürzten Waisengelde bis zur Erreichung des vollen Betrags zuzusetzen. g 8. Keinen Anspruch auf Witwengeld hat die Witwe, wenn die Ehe mit dem verstorbenen Beamten innerhalb dreier Monate vor seinem Ableben geschlossen worden und die Eheschließung zu dem Zwecke erfolgt ist, um der Witwe den Bezug des Witwengeldes zu verschaffen. Keinen Anspruch auf Witwen- und Waisengeld haben die Witwe und die Hinterbliebenen Kinder eines ausge­ schiedenen Beamten aus solcher Ehe, welche erst nach der Versetzung des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist. g 9. Der Witwe und den ehelichen oder legitimierten Kindern eines Beamten, welchem, wenn er am Todes­ tag in den Ruhestand versetzt worden wäre, auf Grund des 8 39 des Reichsbeamtengesetzes eine lebenslängliche Pension hätte bewilligt werden dürfen, kann Witwenund Waisengeld bis zu der in den 8§ 2 bis 7 angegebenen Höhe durch den Reichskanzler bewilligt werden, g IO. Der Witwe und den ehelichen oder legitimierten Kindern eines Beamten, welcher unter dem Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündigung angestellt gewesen ist, ohne eine in den Besoldungs-Etats aufgeführte Stelle bekleidet zu haben, kann Witwen- und Waisen­ geld durch den Reichskanzler in Grenzen derjenigen Beträge bewilligt werden, welche ihnen zustehen würden, wenn der Verstorbene eine in den Besoldungs-Etats aufgeführte Stelle bekleidet gehabt hätte.

122

Anhang.

Das Gleiche gilt für die Witwe und die ehelichen oder legitimierten Kinder eines aus geschiedenen Be­ amten, welchem auf Grund des § 37 des Reichsbeamten­ gesetzes eine lebenslängliche Pension bewilligt worden war, ohne daß er eine in den Besoldungs-Etats auf­ geführte Stelle bekleidet hatte.

8 11. Stirbt ein Beamter, welchem im Falle seiner Bersetzung in den Ruhestand bei Berechnung seiner Pension die Anrechnung gewisser Zeiten aus die in Betracht kommende Dienstzeit nach §§ 50, 52 des Reichs­ beamtengesetzes hätte bewilligt werden dürfen, so kann eine solche Anrechnung auch bei Festsetzung des Witwenund Waisengeldes durch den Reichskanzler zugelassen werden.

8 12. Die Zahlung des Witwen- und Waisengeldes beginnt mit dem Ablaufe der Zeit, für welche Gnaden­ gebührnisse gewährt sind, oder, wenn solche nicht ge­ währt sind, mit dem auf den Sterbetag folgenden Tage, für Waisen jedoch, die nach dem Tode ihres Vaters geboren sind, nicht früher als mit dem Tage ihrer Geburt.

8 13. Das Witwen- und Waisengeld wird monatlich im voraus gezahlt. Die Festsetzung des Witwen- und Waisengeldes und die Bestimmung darüber, an wen die Zahlung zu leisten ist, erfolgt durch die oberste Reichsbehörde, welche diese Befugnisse auf andere Behörden übertragen kann.

8 14. Das Recht auf den Bezug des Witwen- und Waisengeldes erlischt: 1. für jeden Berechtigten mit dem Ablaufe des Monats, in welchem er sich verheiratet oder stirbt; 2. für jede Waise außerdem mit dem Ablaufe des Monats, in welchem sie das 18. Lebensjahr vollendet.

8 15. Das Recht auf den Bezug des Witwen- und Waisengeldes ruht:

Beamtenhimerbltevenengeletz. §§ 10—17.

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1. solange der Berechtigte nicht Reichsangehöriger ist; 2. neben einer Versorgung, welche einem Hinter­ bliebenen aus einer außerhalb des Reichsdienstes erfolgten Wiederanstellung oder Beschäftigung des Verstorbenen in einer der im § 57 Nr. 2 des Reichsbeamtengesetzes bezeichneten Stellen zu­ steht, insoweit das Witwen- oder Waisengeld unter Hinzurechnung jener anderweiten Versorgung den Betrag überschreitet, den der Hinterbliebenenach den Vorschriften dieses Gesetzes unter Zugrunde­ legung desjenigen Betrags zu beziehen hätte, welcher dem Verstorbenen gemäß § 59 des Reichs­ beamtengesetzes zu zahlen gewesen ist oder zu zahlen gewesen wäre; 3. bei Anstellung oder Beschäftigung als Beamter oder in der Eigenschaft eines Beamten im Reichs­ oder Staatsdienst im Sinne des § 57 Nr. 2 des Reichsbeamtengesetzes, wenn das Diensteinkommen einer Witwe 2000 Mark, das einer Waise 1000 Mark übersteigt, und zwar in Höhe des Mehrbetrags. Bei Berechnung des Diensteinkom­ mens findet § 57 Nr. 2 Abs. 2 des Reichsbe­ amtengesetzes Anwendung.

g 16. Das Recht auf den Bezug des Witwengeldes ruht neben einer im Reichs- oder Staatsdienst im Sinne des § 57 Nr. 2 des Reichsbeamtengesetzes erdienten Pen­ sion über 1500 Mark in Höhe des Mehrbetrags,

g 17. Tritt das Ruhen des Rechtes auf den Bezug von Witwen- und Waisengeld gemäß §§ 15, 16 im Laufe eines Monats ein, so wird die Zahlung mit dem Ende des Monats eingestellt; tritt es am ersten Tage eines Monats ein, so hört die Zahlung mit dem Beginne des Monats auf. Bei vorübergehender Beschäftigung gegen Tagegelder oder eine andere Entschädigung beginnt das Ruhen des Rechtes auf den Bezug von Witwen- und Waisengeld mit dem Ablaufe von sechs Monaten, vom ersten Tage des Monats der Beschäftigung an gerechnet.

24

Anhang.

Lebt das Recht auf den Bezug von Witwen- und Waisengeld wieder auf, so hebt die Zahlung mit bem Beginne des Monats an. g 18. Ist ein Beamter oder ein ausgeschiedener Be­ amter, dessen Hinterbliebenen im Falle seines Todes auf Grund dieses Gesetzes Witwen- oder Waisengeld zu­ stehen würde oder bewilligt werden könnte, verschollen, so kann den Hinterbliebenen von der obersten Reichs­ behörde das Witwen- und Waisengeld auch schon vor der Todeserklärung gewährt werden, wenn das Ableben des Verschollenen mit hoher Wahrscheinlichkeit anzu­ nehmen ist. Den Tag, mit welchem die Zahlung des Witwen- und Waisengeldes beginnt, bestimmt in diesen» Falle die oberste Reichsbehörde. g 19. Für die Entscheidung über Ansprüche aus diesem Gesetze sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig, g 20. Vom Inkrafttreten dieses Gesetzes ab erhalten die Witwen und die Kinder von denjenigen bereits ver­ storbenen Beamten, welche an einem der von deutschen Staaten vor 1871 oder von dem Deutschen Reiche ge­ führten Kriege teilgenommen hatten, sofern ihnen nach den früheren Gesetzen Witwen- und Waisengeld zusteht und die Ehe schon zur Zeit des Krieges bestanden hat, Witwen- und Waisengeld in demjenigen Betrage, der ihnen zu bewilligen gewesen sein würde, wenn bei der Berechnung der Pension des Verstorbenen Artikel 1 Nr. X des Gesetzes, betreffend Änderung des Ncichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873, zur Anwendung gekommen wäre. g 21. Die Bezüge der Hinterbliebenen von Beamten, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verstorben sind, ruhen von diesem Zeitpunkt ab nur nach den Vor­ schriften der §§ 15 bis 17 dieses Gesetzes. g 22. Der den Hinterbliebenen der vor dem Inkraft­ treten dieses Gesetzes verstorbenen Beamten zu zahlende Betrag an Versorgungsgebührnissen darf nicht hinter demjenigen zurückbleiben, welcher ihnen nach den früheren Gesetzen zusteht.

8 23. Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. April 1907 in Kraft. Außer Kraft treten alsdann: 1. das Gesetz, betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen der Reichsbeamten der Zivilverwal­ tung, vom 20. April 1881, 2. das Gesetz, betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen von Angehörigen des Reichs­ heeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887, soweit es die Beamten des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine sowie deren Hinter­ bliebene betrifft, 3. das Gesetz, betreffend den Erlaß der Witwew­ und Waisengeldbeiträge von Angehörigen der Reichszivilverwaltung, des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 5. März 1888, soweit es die Beamten betrifft, 4. das Gesetz wegen anderweiter Bemessung der Witwen- und Waisengelder vom 17. Mai 1897, soweit es die Hinterbliebenen von Beamten betrifft. Die unter der Herrschaft der vorstehend aufgesührten Gesetze erklärten und nicht rechtsgültig widerrufenen Verzichte auf Witwen- und Waisengeld behalten auch mit bezug auf dieses Gesetz ihre Wirksamkeit. 8 24. Vorstehende Bestimmungen kommen in Bayern nach Maßgabe des Bündnisvertrags vom 23. November 1870 für die Hinterbliebenen von Heeresbeamten oder ehemaligen Heeresbeamten, welche die im § 1 ange­ gebenen Ansprüche gegen bayerische Militärfonds be­ sessen haben, zur Anwendung. Dem Königreiche Bayern wird zur Bestreitung der Ausgaben hierfür alljährlich eine Summe überwiesen, die sich nach der Höhe des entsprechenden tatsächlichen Aufwandes des Reichs im Verhältnisse der Kopfstärke des Königlich Bayerischen Kontingents zu der der übri­ gen Teile des Reichsheeres bemißt.

Sachregister. Die arabischen Zahlen ohne Zusatz bezeichnen die Paragraphen detz KolBG.

A. Abgaben, öffentliche 27,38. Amtsverschwiegenheit RBG. 11 f. Anfechtung gerichtlicher Urteile 20. Annahme von Geschenken rc. re. RBG. 15. Ansprüche, vermögenSrechtliche auS dem Dienstverhä!tniffe45, RBG.149ff. A n st e l l u n g auf Lebenszeit RBG. 2. Anstellungsurkunde RBG. 4. Arzneimittel, freie 3. Ärztliche Behandlung, freie 3. A ufenthallaußerhalb des Schutzgebietes 2IV, V, 47. AußerheimischeGewässer 24.

Bedürftigkeit 18. 37. Befähigung zum Richter­ amt 49. Berlin, Gerichtsstand des Wohnsitzes 8. Berufung in Disziplinar­ sachen RBG. HO ff. Beschwerde in Strafsachen 9: — in Disziplinarsachen 43, RBG. 83. Besoldung der Kolonial­ beamten 2, 61. Besoldungsgesetz 2. Bestallung, s. Kaiserliche Bestallung. B ez ir k 8am tm an n40II. B e zirkS g erich 1 40II. Bezüge der Kolonial­ beamten 2. Bundesrat 1'. BürgerlicheRechtSstreitig keilen,Gerichtsstand8.

».

Beamtenhinterbli ebenengesetz S. 119 ff.; — Anwendung auf Hinter­ bliebene von Kolonial­ beamten 1.

C. siehe K.

D. Defekte RBG. 134ff. Deutsch-Neuguinea 22.

127

Sachregister.

Deuts ch-O st afrika 22. Deutsch - Süd w estafrika 22. Dienstboten, Heimbesörderung 39II. Diensteid S. 6 Note 1). Dien st ein kommen der Kolonialbeamten 2. Dienstenthebung, vor­ läufige 43, RBG. 125 ff. Dienstentlassung^!!, 454, RBG. 32, 75. Dienstpflicht, Verletzung 31II, 45 4. Dienstreise 2 IV, V, 5. Dienstunfähigkeil 16, 18,22,31,45,59; — Nach­ weis RBG. 53. Dien st vergehen, Diszi­ plinarverfahren 40ff., 5011, NI, 53 f., RBG. 72 ff. Dienstwohnung, freie 2; — verstorbener Beamten RBG. 9. Di en st zeit, Doppelrech­ nung 24, RBG. 51; — Berechnung RBG. 45 ff. Disziplinarhof 42, RBG. 86 ff. Difziplinarkammer42, 54, RBG. 86 ff. Difzip linarstr äse n 40, 4811, RBG. 73 ff. Difzip lin ar verfahren 40 ff., 50 N,NI,53f.,RBG. 80 ff. D oppelrechnung der Dienstzeit 24, RBG. 51; — Ausschluß 221, 2411, 261.

E. Ehren beamte 57. Eidliche Verpflichtung S. 6 Note 1). Eingeborene Beamte 58. Einkommen, s. Dienstein­ kommen 2. Ellerngeld 37f. Entlassung 31II, 454, RBG. 32, 75. Erkrankung 3 Erwerbsunfähigkeit der Kolonialbeamten 15—17, 19, 21 f., 31, 45. Erwerbsunternehmung, Beteiligung der Kolonialbeamten hieran 6. Etatsmäßige Richter 49 bis 51. Etats rechtliche Festsetzung 2. F.

Fähigkeit z. Richteramt49. Festes Gehalt 2. Festsetzung, etatsrechtl. 2; — des pensionsberechtigenden Gehalts 2. Freie Dienstwohnung 2; — ärztliche Behandlung 3; — Rückbeförderung in die Heimat 39. Fuhr! ost en bei Dienst­ reisen 5.

G. Gehalt der Kolonialbeam­ ten 2; — monatliche Vor­ ausbezahlung RBG. 5.

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Sachregister.

Geldstrafe wegen Dienst, vergehen 40, RBG. 74,81. Gerichtsstand des Wohn­ sitzes 7 f., RBG. 21 f. Geschenkannahme RBG. 15. Geschichte deS Kolonialbeamtenrechts S. 1 ff. ^Einleitung). Gesetz, besonderes 5, 62. Gewässe r,außerheimische24. Gnadenvierteljahr RBG. 7 f., 31. Gouverneur 6, 40, 43; — Gerichtsstand deS Wohn­ sitzes 8; — einstweilige Bersetzung inRuhestand!2. Grundeigentum, Erwerb durch Kolonialbeamte 6. H.

Hauptverfahren gegen Richter 5011. HauShaltS-Etat für die Schutzgebiete 2, 23II. Hausstand, Heimbeförde­ rung 39. Heimbeförderung,freie39. Hinterbliebene von Ko­ lonialbeamten 1; — An­ sprüche der Hinterbliebenen 32 ff., 60f.; — Zulagen der Hinterbliebenen 2911, 34. I. Inkrafttreten deS Kolonialbeamten-Gesetzes 61. Intendantur, Vorsteher 40 n.

K. Kaiser 12f., 421, III Kaiserliche Bestallung 12f., 43. Kaiserliche Berordnun g 421, 55, 57. 61. Kamerun 22. Karolinen 22. Kiautschou 22. Kinder v.Kolonialbeamten, Waisengeld 32 ff. Kolonialbeamte, Begriff 1; — Anwendung des RBG. 1; — Besoldung 2; — Pflichten und Rechte 4 ff.; — Urlaub u. Stell­ vertretung 4; — Gerichts­ stand deS Wohnsitzes 7f.; — Strafverfahren 9; — Personalakt 10; — Ver­ setzung 11; — in Ruhe­ stand 12 f.; — PensionSund Warlegeldansprüche 14 ff.; — Übernahme in den heimischen Dienst 29f.; — Dienstvergehen, Diszi­ plinarverfahren 40 ff.; — Schutztruppenbeamte 62 biS 54; — Polizeibeamte 55 f;—Kommunalbeamte, Ehrenbeamte 57; — ein­ geborene Beamte 58. Kolonial dienstunfähig­ keil 16, 18, 22, 29 f., 45. Kolonialzulage2,23IH. Kommunalbeamte 57. Krankenhaus 3. Krankheit 3. Krie g Sgerichtsra140II.

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Sachregister.

KriegSjahr 2411, RBG. 49. Kriegszulage 26HI. Kündigung21,31 II, 454, RBG. 2, 32, 37.

8. Landesjustizverwal­ tung 8. LandeSpolizeibeamte 56.

M. Marianen 22. Marschallinseln 22. Messeeinrichtung 5. Militärdisziplinarkommission 53. MilitärgerichtlicheS Verfahren 9 HI. Militärhinterbliebenengesetz 52. Mi li 1ä rjustizbeamte 54.

R. Nachlaß der Kolonialbeamten 39 HI. Nebenamt, RBG. 16. Nebenbeschäftigung, RBG. 16. Neug uinea 22. Nordsee 241. Notare 57.

O. Oberrichter 40, 4811 Öffentliche Abgaben 27, 38. Doerr, Kolontalbeamtengesetz.

OffizierpensionSgesetz 52. Ordnungsstrafe gegen richterliche Beamte 4811; RBG. 73 f. Ostafrika 22. Ostsee 241.

P. Palau 22. Pensionsansprüche der Kolonialbeamien 14ff.,60L RBG. 34 ff. PensionSfähigeBgüge, Diensteinkommen 2IV, 11, 23. Pensionszulage (Tro­ penzulage) 21, 26ff.; — der Hinterbliebenen 84. Personalakt 10. Pfändung der Tropen­ zulage 27; — der Zulagen zum Witwen- und WaiserrAeld und deS Elterngeldes Pflichten und Rechte der Kolonialbeamten 4 ff. Polizeibeamte 65. Polizeitruppen 66f. Postbeamte 69 Anm. Präjudizielle Entschei­ dungen der obersten ReichSbehörde 46.

R. Rechtsanspruch auf Ge­ haltszulagen 60. Recht-streitigkeiten, bürgerliche 8. 9

ist)

Sachregister.

Rechtsweg wegen ver­ mögen-rechtlicher An­ sprüche au- dem Dienstverhältniffe 45, RBG. 149 ff. Referenten, einstweilige Versetzung inRuhestandlL. Reich-beamte in Schutz­ gebieten 59; — Begriff RBG. 1. Reichsbeamtengesetz S. 77 ff.; — Anwendung auf Kolonialbeamte 1. Reichsbehörde, oberste V Anm., 1311, 41, 43, 45. Reichskanzler 1 *, 2IV, 3, 4, 5, 6, 8, 12, 2611, 42 V, 43, 47. ReichS-Kolonialamtl* Anm. Reich S-Mari neam 1 l1 Anm. Reich Soder heimi­ scher Staatsdienst, Begriff 44. Reisekosten anläßlich einer Erkrankung 3. Richteraml, Fähigkeit hie­ zu 49. RichterlicheBeamte 8,40, 43, 48—51, 54. Rückbeförderung in die Heimat 39. Ruhestand 12f., 51, 54; — Pension-- und Warle­ geldansprüche 14 ff.; — zwangsweise Versetzung in Ruhestand RBG. 60aff.

S. Samoa 22. Schutz trupp en beamte 52-54. Stellvertretung 4. Steuerveranlagung 27, 38. Strafverfahren gegen Kolonialbeamte 9. Südwestafrika 22. Suspension vom Amte, s. Dienstenthebung.

r. Tagegelder bei Dienst­ reisen 5. Teilpension 16II. Togo 22. Tropenzulage 21, 25ff., RBG. 69.

N. ÜbergangSbestimmungen 60, 62. Übernahme von Kolonial­ beamten in den heimischen Dienst 29 f. Umzug-kosten 5, 11. Unabhän gi.gkeit der Richter 48. Unfähigkeit zum Kolo­ nialdienst 16, 18, 22, 29 f., 45. Unternehmungen der Polizeitruppen 56. Urlaub der Kolonialbeam­ ten 4.

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Sachregister.

B. Verletzung der Dienst­ pflichten 3111, 45*, RBG. 72. Verordnung, s. Kaiser­ liche Verordnung. Versetzung 11, 51, 54; — Versetzung in den Ruhe­ stand 12 s., 51, 54; — zwangsweise RBG. 60 a ff. Verweisung von Straf­ sachen 9. Vollpension 1611. Vorstände der dem Gou­ verneur unmittelbar unter­ geordneten Behörden und der Bezirksgerichte 40II. Vorsteher der Intendan­ tur 4011. Voruntersuchung gegen Richter 5011; — im Diszi­ plinarverfahren RBG.84f., 94 ff.

W. Waisengeld 32ff., 60f. Wartegeld 12, 14ff., 61, RBG. 26 ff. Widerruf 21, 31H, 45*, RBG. 2, 32, 37. Wiederanstellung ausgeschied. Beamten RBG. 33. Witwen- und Waisengeld 32ff., 60 f. Wohnsitz, Gerichtsstand 7 f. W o h n u n g,Dienstwohnung 2 23II Wohnungsgeld 2,2311.

3. Zulage, s. Kolonialzulage 2; — Zulage der Hinter­ bliebenen 2911, 34, 38. Zuschuß zur Pension 30; — zum Witwen- u. Wai­ sengeld 35. Zustellung 46.

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