Kognitive Modelle in der Wirtschaftskommunikation: Eine kognitionslinguistische Fundierung kulturbedingter Konzeptualisierung [1 ed.] 9783896445599, 9783896735591

Der Autor erforscht die sinnstiftende Rolle bild-schematischer Konzeptualisierungen in der Textkommunikation aus einem i

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German Pages 390 [392] Year 2010

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Kognitive Modelle in der Wirtschaftskommunikation: Eine kognitionslinguistische Fundierung kulturbedingter Konzeptualisierung [1 ed.]
 9783896445599, 9783896735591

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Kognitive Modelle in der Wirtschaftskommunikation Eine kognitionslinguistische Fundierung kulturbedingter Konzeptualisierung

Schriftenreihe Interkulturelle Wirtschaftskommunikation herausgegeben von: Prof. Dr. Jürgen Bolten, Universität Jena Prof. Dr. Peter Oberender, Universität Bayreuth

Band 15

Christopher M. Schmidt

Kognitive Modelle in der Wirtschaftskommunikation Eine kognitionslinguistische Fundierung kulturbedingter Konzeptualisierung

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-559-1

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2010 Tel. +49 70 45 93 00 93 Fax +49 70 45 93 00 94 [email protected] www.verlagwp.de

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

VORWORT DES VERFASSERS

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Vorwort des Verfassers Beschäftigt man sich heutzutage ernsthaft mit interkulturellen Fragestellungen, so wird dies kaum ohne eine interdisziplinäre Verankerung möglich sein. Gleichzeitig begibt man sich in der Schnittstelle zwischen interkultureller und interdisziplinärer Forschung in gefährliche Fahrwasser. Wohl kaum sind inzwischen andere Begriffe so intensiv ge- und missbraucht worden wie gerade die der Interkulturalität und Interdisziplinarität. Diese Feststellung gilt auch bezüglich der Verwendung dieser Begriffe außerhalb des eigentlichen Forschungsbetriebs. Dessen ungeachtet bildet das interkulturelle Forschungsspektrum immense Möglichkeiten, um aktuelle und für die Praxis umsetzbare Antworten auf immer neue (sowie auch fortwährend offene) Fragen und Herausforderungen in einer sich ständig verändernden Welt zu finden. Denn gerade Veränderlichkeit an sich ist die Grundlage der Interaktion zwischen Menschen. Was heute als Maßstab gilt, kann morgen veraltet sein. Was bleibt, ist der ‚rote Faden‘. Und um genau diesen geht es in der vorliegenden Arbeit. Wie sich zeigen wird, setzt dies eine grundsätzliche und kritische Auseinandersetzung mit überkommenen und weitestgehend festgefahrenen theoretischen Ansätzen im Bereich intra- und interkultureller Kommunikation voraus. Unternimmt man den Versuch, diesen ‚roten Faden‘ in der zwischenmenschlichen Kommunikation sowohl in synchroner als auch in diachroner Hinsicht zu fassen, so ist es verständlich, dass dieses Unterfangen nicht nur seine Zeit der Reifung braucht, sondern ebenfalls dem Prozess gründlichster externer Kontrolle unterworfen werden muss. Für eine interkulturell und interdisziplinär ausgerichtete Arbeit versteht es sich von selbst, dass so ein Prüfungsweg auf internationaler Ebene beschritten werden sollte. Dies ist dann auch im Rahmen des Entstehungsprozesses der hier vorliegenden Arbeit unternommen worden. So möchte ich meinen Dank zusammenfassend allen denen aussprechen, die mich auf diesem Weg begleitet und auf den verschiedenen Etappen zum Gelingen dieses Buchs beigetragen haben. Zusätzlich möchte ich besonders Prof. Jürgen Bolten für die Bereitschaft danken, diese Arbeit in das Habilitationsverfahren im Namen seines Instituts aufgenommen zu haben. Im Dezember 2009 wurde sie von der philosophischen Fakultät der Fridrich-Schiller-Universität Jena als Habilitationsschrift angenommen. Im Februar 2010 wurde das Habilitationsverfahren erfolgreich abgeschlossenen. Weiterhin gilt mein Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch die Forschungsstiftung der Universität Åbo Akademi/Finnland. Durch die Druckle-

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VORWORT DES VERFASSERS

gung des vorliegenden Werks konnte dieses langjährige Projekt einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht werden. Im Monat Mai des Jahres 2010 in der samtenen Meeresluft auf Solstrand im südfinnischen Schärengarten, Houtskär/Hästö Christopher Schmidt

INHALTSVERZEICHNIS

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Inhaltsverzeichnis 1. Einführung ................................................................................................... 11 2. Erkenntnistheoretische Ausgangspunkte .................................................. 21 2.1 Die gesellschaftliche Verankerung von Wissen ...................................... 21 2.2 Die primäre und sekundäre Intersubjektivität .......................................... 25 2.3 Idealtypen als Grundlage der Vermittlung von Erfahrung ....................... 28 2.4 Interdisziplinäre Konsequenzen ............................................................... 30 3. Kognitionslinguistische Fundierung kulturgebundener Konzeptualisierung ...................................................................................... 35 3.1 Konzeptualisierung als Übertragungsvorgang von Bekanntem zu Unbekanntem ........................................................................................... 35 3.2 Kognitionsmetaphorische Konsequenzen ................................................ 42 3.3 Der Konzeptbegriff in seiner kulturtheoretischen Dimension ................. 49 3.4 Gestalttheorie und Prototypikalität als Wirkungsvoraussetzung für Modellhaftigkeit und Kulturrelevanz kognitiver Modelle ....................... 53 3.5 Die Kulturgebundenheit Idealisierter Kognitiver Modelle ...................... 60 3.6 Die Stellung der Theorie der Bild-Schemata in Bezug auf angrenzende Theoriebereiche ........................................................................................ 81 4. Vom dyadischen zum triadischen Kulturbegriff ...................................... 87 4.1 Die Rolle der Indigenität zur Erweiterung bisheriger KulturDimensionalität ........................................................................................ 87 4.2 Die Rolle der Bild-Schemata im interkulturellen Konzeptualisierungsmodell ...................................................................................................... 99 5. Kommunikationstheoretische Implikationen des Konzeptualisierungsmodells ..................................................................... 107 6. Fachsprachentheoretische Implikationen der Kommunikation über Wirtschaft .......................................................................................... 127

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INHALTSVERZEICHNIS

7. Semiotische Schlussfolgerungen für die Konzeptualisierung über die Wirtschaft und in der Wirtschaft ............................................. 145 8. Die Kulturspezifik kognitiver Modelle am Beispiel der deutschen und schwedischen Organisationstheorie ......................................................... 153 8.1 Kulturspezifische Konzeptualisierungen in der deutschen Organisationstheorie .............................................................................. 158 8.1.1 Organisation im ganzheitlichen Sinn mit ihrer Funktion und Struktur zur organisationalen Zielerreichung ........................ 158 8.1.2 Konzeptualisierung der Führungstätigkeiten und des Hierarchieverständnisses ............................................................... 170 8.1.3 Durchführungsmöglichkeiten von Arbeitsorganisation ................ 189 8.2 Kulturspezifische Konzeptualisierungen in der schwedischen Organisationstheorie .............................................................................. 196 8.2.1 Organisation im ganzheitlichen Sinn mit ihrer Funktion und Struktur zur organisationalen Zielerreichung ........................ 198 8.2.2 Konzeptualisierung der Führungstätigkeiten und des Hierarchieverständnisses .............................................................. 206 8.2.3 Durchführungsmöglichkeiten von Arbeitsorganisation ................ 224 8.3 Vergleich der Ergebnisse mit anderen Untersuchungen zum Management in Schweden und Deutschland ......................................... 234 8.3.1 Ergebnisse aus Befragungen von Entscheidungsträgern in der Wirtschaft ..................................................................................... 235 8.3.2 Ergebnisse aus anderen interkulturellen Untersuchungen ............ 241 9. Konzeptualisierung in der integrierten Unternehmenskommunikation ................................................................. 247 9.1 Das kommunikationsstrategische Modell der Integrierten Kommunikation nach Bruhn ................................................................. 254 9.2 Vom Werbeslogan zum Markenslogan ................................................. 258 9.3 Der bild-schematische Markenslogan als kommunikationsstrategisches Instrument für die Marken-Kommunikation am Beispiel Hitachi ........ 265

INHALTSVERZEICHNIS

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9.4 Die Markenprofilierung in der Offline-Werbung von Hitachi auf der Basis der bild-schematischen Kernaussagen ............................. 280 10. Konzeptualisierung im diachronen Wandel von Zielgruppenansprachen ............................................................................ 297 10.1 Die Briefe an die Aktionäre zum Geschäftsjahr 2005 ......................... 299 10.2 Die Briefe an die Aktionäre zu den Geschäftsjahren 1974-1980 ....... 332 10.3 Zusammenfassende Auswertung der Konzeptualisierungen zu den Briefen an die Aktionäre ........................................................... 352 11. Schlussbetrachtung .................................................................................... 357 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 365

EINFÜHRUNG

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1. Einführung Der Handlungsbereich der Wirtschaft gehört vor allem seit den letzten zwei Jahrzehnten zu den sich am schnellsten entwickelnden Gesellschaftsbereichen, weit über einzelne Kulturräume hinweg. Grund hierfür sind nicht nur die sich rasant vollziehende technische Entwicklung und die immer wieder beschworene Globalisierung. Grund hierfür sind auch miteinander in Berührung kommende Gesellschaftsbereiche, die nicht losgelöst von der Wirtschaft existieren, wie z. B. die Internationalisierung von Forschung und Lehre an Universitäten (in Europa nicht zuletzt seit dem Bologna-Prozess), die sich ständig verändernden Besitzverhältnisse internationaler Unternehmen oder auch Migrationsbewegungen aufgrund wirtschaftlicher, politischer oder klimatischer Veränderungen mit entsprechenden Herausforderungen für Kommunikationstätigkeiten in allen Gesellschaftsbereichen. Damit befindet sich die Kommunikation über die und in der Wirtschaft schon längst nicht mehr ausschließlich in einem intrakulturellen Bezugsrahmen. Nicht nur ist der multikulturelle Kontakt im Wirtschaftsalltag eher Normalität als Abweichung. Darüber hinaus stehen auch traditionelle Handlungsbereiche der Wirtschaft vor der Herausforderung, Sachfragen mit Fragen der Kommunizierbarkeit, Versprachlichung und Vertextung von Wissen unter einem interkulturellen Primat umsetzen zu müssen. Hiervon ist sowohl der unternehmensinterne wie auch -externe Bereich betroffen. Fragen z. B. der Personalführung und innerbetrieblichen Organisation und Kommunikation werden ebenso durch kognitive Modelle im Kommunikationsakt betroffen wie auch unternehmensexterne Kommunikationsstrategien in Bezug auf diverse Ansprechgruppen. Damit ist die Kulturbezogenheit von Kommunikation – sei es aus landes-, unternehmensoder branchenkultureller Perspektive heraus – zum unhintergehbaren Faktum geworden. Dies hat dann Auswirkungen auf die Kommunizierbarkeit von Fachwissen, ebenso wie auf die Verstehbarkeit über Kulturgrenzen hinweg. Damit lassen sich jedoch Sachfragen z. B. der Betriebswirtschaft nicht mehr ohne Einbezug sprachwissenschaftlicher, kommunikationstheoretischer und kulturtheoretischer Erkenntnisse gewinnbringend im heutigen internationalen Spektrum der Wirtschaft behandeln. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um die konkrete Umsetzung von Handlungsanweisungen in der Wirtschaft geht. Aus diesem Grunde ist im Bereich der Wirtschaft eine interdisziplinäre Verzahnung verschiedener Fachbereiche nachvollziehbar wie kaum in einem anderen gesellschaftlichen Handlungsbereich. Bezüglich der Kommunizierbarkeit von Wissen und der Vertextung von Kommunikationsinhalten ist an dieser Stelle die Sprachwissenschaft herausgefordert, neue Möglichkeiten aufzuzeigen. Dies kann jedoch

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EINFÜHRUNG

weder durch ein traditionelles, enges linguistisches Interesse an Sprache, das auf einem ausschließlich propositionalen Konzept von Sprache fußt,1 noch durch Ausschalten der interkulturellen Dimension in der Sprach- und Texttheorie geleistet werden. Durch die Verzahnung verschiedenster Sachbereiche mit der Wirtschaft ist es außerdem fraglich, ob Problemlösungen in einzelnen Bereichen der Wirtschaft überhaupt noch ohne eine interdisziplinäre Breite langfristig überzeugend gefunden werden können. Außerdem ist durch die globale Dimension der neuen Medien und der nicht mehr wegzudenkenden Internationalität menschlicher Kontakte wie auch unternehmerischer Kommunikationstätigkeiten die Frage nach der Relevanz von Kulturspezifika in der menschlichen Kommunikation aktueller denn je geworden. Die vorliegende Arbeit geht weiterhin davon aus, dass gerade durch die zunehmende Internationalisierung in allen Bereichen die kulturtheoretische Perspektive auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Sachfragen eine mittlerweile fundamentale Bedeutung für Problemlösungen erreicht hat. Interdisziplinarität und Interkulturalität werden somit nicht zum schmückenden Beiwerk, sondern zur methodologischen Voraussetzung für den wissenschaftlichen Diskurs schlechthin. Dies zeigt sich auch in internationalen Forschungstätigkeiten.2 Gleichzeitig wie die Relevanz eines interdisziplinären und interkulturellen Zugriffs einleuchtet, stellt sich die Frage nach der Methodenwahl als eine entscheidende. Hier knüpft die vorliegende Untersuchung an die Forschungen im Bereich der kognitiven Linguistik an, vornehmlich an die Theorie der BildSchemata aus der kognitiven Metapherntheorie sowie an die Prototypentheorie und diskutiert u. a. diese Theorien in ihrer Anwendbarkeit für das interkulturelle Spektrum. Dabei wird sich zeigen, dass vor allem in der kognitiven Metaphern1

Unter dem Begriff ‚Proposition‘ bzw. ‚propositional‘ wird in der vorliegenden Arbeit im allgemeinen linguistischen Sinn der logisch-semantische Gehalt von Aussagen, als die Bezugnahme auf Entitäten oder Handlungen, Zustände etc. in Welt, verstanden, ohne auf den sprechakttheoretischen Gehalt dieser Begriffe abzuzielen.

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So ist z. B. die Forschungskooperation Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation (gegründet 2001) aus dieser Grunderkenntnis hervorgegangen. Ursprünglich von Germanisten aus verschiedenen europäischen Ländern gegründet, vereint sie mittlerweile Forscher u.a. aus den Bereichen allgemeine und angewandte Sprachwissenschaft, Fachsprachentheorie, Übersetzungstheorie, interkulturelle Kommunikation, Psychologie, Organisationstheorie, Marketing und Personalwesen. (vgl. www.wirtschaftskommunikation.net). Interessanterweise hat sich gezeigt, dass gerade durch die systematische Verbindung interdisziplinärer mit interkulturellen Fragestellungen auch ein Dialog zwischen Theorie und Praxis in der Wirtschaft innerhalb dieser Kooperation aufgebaut werden konnte (u.a. Janich 2005, Crijns et al. 2006, Boenigk et al. 2006 sowie Schmidt et al. 2007).

EINFÜHRUNG

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theorie eine Theorienerweiterung, besonders was die Funktion der Bild-Schemata betrifft, erfolgen muss, bevor diese Theorie gewinnbringend für die interkulturelle Sprachforschung angewandt werden kann (mehr dazu weiter unten). Voraussetzung hierfür ist eine kulturtheoretische Bewertung der Rolle der Bild-Schemata für Kommunikationsprozesse mit ihren jeweiligen interdisziplinären Implikationen. Für die methodologischen Aspekte interkulturellen Forschens bietet sich hier eine Möglichkeit, überkommene Forschungskategorien gerade aus den Rahmenbedingungen interkulturellen Arbeitens heraus zu revidieren, um somit auch im Bereich interkultureller Theorienbildung Weiterentwicklungsperspektiven aufzeigen zu können. Dabei muss das Theorienfundament interkultureller Kategorisierungen kritisch überarbeitet werden, bevor diese interdisziplinär und problemlösend angewandt werden können. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus dem immer noch aktuellen Entwicklungsbedürfnis einer so jungen Disziplin wie die der interkulturellen Kommunikation. Dieses Entwicklungsbedürfnis zeigt sich im fortwährend dominierenden dyadischen Denken anhand von Kategorisierungen von Kultur, die in ihren sehr unterschiedlichen Ausprägungen jeweils ein Resultat kategoriellen Denkens ihrer Autoren darstellen. Trotz der relativen Gültigkeit und teilweise gegenseitigen Ausschließlichkeit in der Begriffshantierung werden auch die bekanntesten interkulturellen Kategorisierungen nebeneinander verwendet und jeweils von ihren Autoren im Sinne kulturtheoretischer Dimensionen als absolut gesetzt.3 Diese Kategorisierungen basieren immer noch vor allem auf einer prinzipiellen Zweiteilung in universalen und kulturspezifischen Phänomenen gesellschaftlichen Handelns. Anhand des kognitionslinguistischen Ansatzes in der vorliegenden Arbeit wird hier die Notwendigkeit einer Erweiterung zu einem triadischen kulturtheoretischen Modell anhand der Rolle der Indigenität für interkulturelle Untersuchungen aufgezeigt werden können, das die starre Polarisierung in der interkulturellen Theorienbildung überwinden und den kognitionslinguistischen Ansatz für die Kommunikationstätigkeit in der und über die Wirtschaft anwendbar machen kann. Interessanterweise lässt sich die interdisziplinäre Weiterentwicklung der fachspezifischen Fragestellungen in der vorliegenden Arbeit aufgrund der zentralen Funktion der Bild-Schemata, so wie sie von Mark Johnson (1987) eingeführt wurden, realisieren. Dabei ist bisher weder die texttheoretische noch die interkulturelle Bedeutsamkeit der Bild-Schemata in der Forschung zur kognitiven 3

Es existieren in der interkulturellen Forschung z. T. sehr unterschiedliche Kategorisierungen zur Untersuchung kultureller Phänomene, die als Konstrukte ihrer Autoren angesehen werden müssen, was erkenntnistheoretisch die Gültigkeit dieser Kategorisierungen relativiert. Zur Übersicht bestehender Untersuchungskategorien im Bereich interkultureller Forschung s. Layes 2003. Näheres dazu in Kap. 4 der vorliegenden Arbeit.

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Metapherntheorie hinreichend erkannt worden. Zwar werden den Bild-Schemata inzwischen eine besondere Funktion für die prä-linguistische Prägung mentaler Bilder zugesprochen, jedoch beschränkt sich diese Funktion nicht auf metaphorisches oder phraseologisches Sprechen (Stöckl 2004), wie die vorliegende Arbeit zu zeigen versucht. Vielmehr geht es hier um eine textkonstitutive Dimension der Bild-Schemata, die in ihrer Ubiquität sowohl die sprachliche wie auch die bildliche Dimension von Texten umfasst. Aus holistischer texttheoretischer Perspektive ist die Bildhaftigkeit von Texten – neben der sprachlichen Bildhaftigkeit – nicht nur auf piktoriale Darstellungen beschränkt, sondern findet sich ebenso z. B. in grafischen, schematischen oder diagrammatischen Abbildungen (Stöckl 2004, Ischen 2001). Hierdurch geraten neben den darstellenden Bildern auch logische Bilder in das Interessenspektrum textbasierter Forschung. Da „die Sprache logischer Bilder“ auch bei der Vermittlung von Fachinhalten auf die „Darstellung von Zusammenhängen zwischen qualitativen und quantitativen Merkmalen eines Sachverhalts“ ausgerichtet ist (Ischen 2001, 33ff.), findet ein Abstrahierungsvorgang in der Darstellung statt, der ein interdisziplinäres Herangehen an die Frage der Vermittlung von Wissen auf verbaler und nonverbaler Ebene notwendig macht (Ischen 2001). Hier gibt es jedoch einen Nachholbedarf u. a. im linguistischen Forschungsbereich (Stöckl 2004, 43 und 63f.). Dieser Nachholbedarf ist nicht ohne eine gleichzeitige holistische texttheoretische Verankerung von Bildlichkeit zu realisieren. Hier trifft sich die Frage der Bildlichkeit von Sprache mit dem Desiderat einer holistischen Textbeschreibungsmethode. Letztere entsteht aus dem Bedürfnis, in methodisch einheitlicher Weise sowohl verbale als auch nonverbale Dimensionen von Texten zu beschreiben. Lediglich auf metapherntheoretischer Basis ist dieses Desiderat nicht zu lösen, zumal Metapherntheorien – trotz der vermeintlichen Ubiquität von Metaphern – die Frage der mentalen Bilder als textstrukturierendes Element nicht lösen können: „So häufig und allgegenwärtig die Metapher im Sprachgebrauch ist, so zahlreich scheint auch die wissenschaftliche Literatur zu dem Thema. Veranschlagt man die Rolle der Metapher im Sprachgebrauch so hoch, dann ist es m. E. ein Anlass zur Verwunderung, wenn mentale Bilder bzw. anschauliche Vorstellungen, keine Berücksichtigung finden. Sprachliche Bilder haben ihren Ursprung in ganzheitlicher Umwelterfahrung und -wahrnehmung.“ (Stöckl 2004, 8) Indem Konzeptualisierung von Welt in Form von kognitiven Modellen immer an die „Umwelterfahrung und -wahrnehmung“ (vgl. Zitat oben) gebunden ist, folgt hieraus auch die Notwendigkeit einer interdisziplinären Verzahnung der Frage der mentalen Bilder (oder kognitiven Modelle) mit einer systematischen Auseinandersetzung interkultureller Theorienbildung. Hier schließt sich der interdisziplinäre Kreis zwischen einer holistischen Theorie der Textbeschreibung, interkultureller

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Kommunikation sowie fachsprachentheoretischer und kommunikationsstrategischer Sachfragen der Wirtschaft. Im Allgemeinen wird immer noch – selbst in Arbeiten, die eine breitere Untersuchungsperspektive als eine traditionell metapherntheoretische einnehmen – in den Einführungen zur kognitiven Metapherntheorie das Hauptgewicht auf die konzeptuellen Metaphern gelegt, weniger auf die besondere Rolle der BildSchemata (Rolf 2005, Drewer 2003, Linz 2002, Jäkel 2003 und 1997 sowie Baldauf 1996). Fragt man nach der interkulturellen Relevanz vor allem der BildSchemata, so ergibt sich hier ein erstaunlicher Nachholbedarf. Dabei ist die Kulturbedingtheit der Bild-Schemata schon verschiedentlich in Johnson 1987 angedeutet worden; aber eben nur angedeutet und damit auch nicht systematisch terminologisch-erkenntnistheoretisch fundiert. Dies hängt wiederum m. E. mit den begrifflichen Unschärfen schon seit der Einführung der kognitiven Metapherntheorie durch ihre Begründer George Lakoff und Mark Johnson (1980) zusammen, die nicht immer eindeutig nachvollziehbare Begriffsunterscheidungen verwendet haben. Die begrifflichen Unklarheiten können jedoch überwunden werden, wenn ein kulturtheoretischer Zugriff verwendet wird, wie die vorliegende Arbeit zu zeigen versucht. Entscheidend ist hierbei eine sprachlich-konzeptuell deutlich andersartige Funktion der Bild-Schemata als die der konzeptuellen Metaphern oder Metonymien. In der Forschung ist dieser Aspekt bisher nicht deutlich genug erkannt worden und wird im theoretisch-fundierenden Teil des vorliegenden Werks eingehend behandelt. Ist dieser Schritt einmal vollzogen worden, ergeben sich hieraus erstaunlich vielseitige interdisziplinäre Anwendungsmöglichkeiten dieser kognitionslinguistischen Theorie. Entscheidend dabei ist die kulturtheoretische Einbettung dieser Theorie, die als solche dann auch bisherige offene Fragen aus der kognitiven Metapherntheorie – z. B. zur theoretisch-methodologischen Stellung und sprachlich-kommunikativen Funktion der Idealisierten Kognitiven Modelle (IKM, vgl. näher dazu in kap. 4) im Anschluss an die kognitive Metapherntheorie – sowohl auf theoretischer Ebene als auch in ihrer Applikation auf konkrete Untersuchungsobjekte verschiedener Art zu beantworten vermag. Interessanterweise lässt sich eine interkulturelle Behandlung der Bild-Schemata auch mit einer Weiterentwicklung im Bereich der Theorie zur interkulturellen Kommunikation selbst verbinden. Zwar ist das Phänomen der Bild-Schemata ein universales. Das besagt jedoch noch nichts, denn ebenso sind auch Metaphern, Metonymien oder andere sprachliche Phänomene als solche universal. Trotzdem werden sie z. T. kulturell sehr unterschiedlich verwendet. Dieser Umstand kann nur durch eine Erweiterung der dyadischen kulturtheoretischen Logik in eine triadische einsichtig gemacht werden, wobei dann auch die kommunikative

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Funktion der Bild-Schemata besser gegriffen werden kann (vgl. dazu Kap. 4 im vorliegenden Werk). Als eine zentrale Unterscheidung wird sich dabei die bedeutungsbildende Funktion non-propositionaler Bild-Schemata im Unterschied zu propositionalen Aussagen von Sprache erweisen. Anders als in der traditionellen Textlinguistik, die Textbedeutung gemeinhin als eine Zuordnung bestimmter Eigenschaften auf bestimmte Gegenstände im Sinne von Denotaten auf der Satzebene (phrastisch) begreift (Heinemann et al. 2002, 74ff.), werden non-propositionale Aussagen im vorliegenden Werk als Aussagen über Welt verstanden, die nicht lediglich anhand einer Anreihung phrastischer Referenzen festgemacht werden. Erst durch die Kombination propositionaler mit non-propositionalen Aussagen wird eine holistische Handhabung der verschiedenen Verbalkategorien (verbaler, paraverbaler und nonverbaler Kommunikationsmittel) auf Textebene möglich. Zwar steht die bild-schematische Dimension textualisierter Konzeptualisierungen im Zentrum der Untersuchungen im vorliegenden Werk. Trotzdem versteht sich die vorliegende Untersuchung nicht als Alternative zur traditionellen sprachwissenschaftlichen Dimension von Kommunikation, sondern als eine kognitionslinguistische Ergänzung, um zu einer holistischen Textbeschreibung auf konzeptueller Ebene zu gelangen. Dabei wird der Schwerpunkt der Analysen auf die kommunikationssteuernde Rolle der Bild-Schemata gelegt, weniger auf die konzeptuellen Metaphern, da gerade die Bild-Schemata unter interkultureller Perspektive bisher noch nicht hinreichend erforscht worden sind. Der Grund zur Konzentration auf die bild-schematische Dimension von Texten erklärt sich einerseits aus dem Nachholbedarf in diesem Bereich, aber ebenso auch aus seiner hochgradig aktuellen Anwendbarkeit in den verschiedenen Bereichen der Wirtschaftskommunikation, wie zu zeigen versucht wird. Der Kommunikationsbereich der Wirtschaft wurde für die Anwendungen der hier darzustellenden Theorie gewählt, weil er durch seine interdisziplinäre Verzahnung verschiedener Fachbereiche einen so vielseitigen Forschungsbereich darstellt wie kaum ein anderer Handlungsbereich der Gesellschaft und daher eine entsprechend breite Anwendungsmöglichkeit der hier aufzuzeigenden Theorie ermöglicht. Weiterhin ist dieser Handlungsbereich (vor allem was die unternehmensexterne Kommunikation betrifft) durch innovative Tendenzen gekennzeichnet, die schon auf vortheoretischer Basis sämtliche sprachlichen Möglichkeiten ausnutzen und oft nicht mehr mit den traditionellen sprachwissenschaftlichen Beschreibungsmethoden auf lediglich linguistisch-semantischer Ebene in ihrer kommunikativen Funktionalität hinreichend erfassbar sind. Durch den in der vorliegenden Arbeit aufgezeigten methodischen Zugriff kann auch die Sprachwissenschaft als Zubringer u. a. für unternehmensexterne Kommunikationsgestaltung in der Suche

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nach Integration von Online- und Offline-Kommunikation fungieren (vgl. dazu näher Kap. 9). Die Tatsache, dass das vorliegende Werk sich auf drei verschiedene Bereiche der Wirtschaftskommunikation konzentriert, nämlich cross-kulturell untersuchte Wirtschaftsfachtexte, unternehmenskulturell determinierte Online-/Offline-Kommunikation sowie diachrone Entwicklungen intrakultureller Zielgruppenadressierungen, wird durch die Mehrdimensionalität des Handlungsbereichs der Wirtschaft erklärlich. So setzt sich das vorliegende Werk aus interkultureller Perspektive gleichzeitig mit zentralen Bereichen interkultureller Forschung auseinander. Es sind erstens der Bereich der kulturvergleichenden Studie in der fachspezifischen Verwendung von kognitiven Modellen, zweitens der des Relationsgefüges zwischen Landes- und Unternehmenskultur mit den Auswirkungen für das Kommunikationsmanagement sowie drittens die diachrone Wandelbarkeit von kognitiven Modellen. Auch wurden diese Bereiche gewählt, weil es hier noch viele Sachfragen mit kommunikationstheoretischem Bezug und von interdisziplinärer Natur gibt, die durch eine entsprechend interdisziplinär angelegte Sprachtheorie einer Lösung näher gebracht werden können. Aus diesem Grunde werden die Analyseteile der vorliegenden Arbeit jeweils in ihrer interdisziplinären Problemkonstellation beleuchtet und die sich daran anschließenden Sachfragen miteinander verbunden. Hierdurch wird deutlich zu machen versucht, dass es sich – bedingt durch den Ansatz der vorliegenden Untersuchung – in der Hantierung mit Sprache auch immer um Hantierung mit konkreter Welterfahrung handelt. Dies hat dann neben den sprachlich-theoretischen Aspekten auch Konsequenzen für die konkrete Kommunikationsgestaltung u. a. in der Wirtschaft, weshalb sich das vorliegende Werk an ein entsprechend breites und vielseitiges Publikum wendet. Kap. 2 der vorliegenden Untersuchung behandelt die phänomenologischen Grundlagen der Erstellung von Wissen aufgrund von Alltagserfahrungen in Anlehnung an Alfred Schütz. Auf der Basis der von Schütz als Idealtypen bezeichneten gesellschaftlich gelebten gemeinsamen Erfahrungen von Welt ist ein Anknüpfen an sowohl kognitionsmetaphorische als auch interkulturelle Fragestellungen möglich. Kap. 3 diskutiert im Detail die kognitionslinguistischen Grundlagen der vorliegenden Untersuchung. Im Einzelnen werden die Ergebnisse in der Forschung zur kognitiven Metapherntheorie sowie auch ihre Schwächen und vor allem ihre Relevanz für interkulturelle Untersuchungen dargestellt. Diese Theorie muss mit ausgewählten Aspekten der Prototypentheorie verbunden werden, bevor eine interkulturelle Relevanz der kognitiven Metapherntheorie einsichtig gemacht werden kann. Diese interdisziplinäre Diskussion ist vor allem aufgrund der

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zentralen Rolle der Bild-Schemata in der kognitiven Metapherntheorie möglich, und sie ist aufgrund der bisher noch nicht befriedigend geklärten sozialphänomenologischen Funktion der Idealisierten Kognitiven Modelle (IKMs) in der kognitiven Metaphentheorie notwendig, was im Rahmen der Theoriendiskussion hier geklärt wird. Gerade durch die Verbindung der IKMs mit einer prototypischen Funktionalität in einem kulturellen Umfeld ergeben sich hier neue Wege für die Anwendbarkeit der Bild-Schemata in der kognitiven Metapherntheorie. Kap. 4 setzt sich mit der Notwendigkeit der Abkehr vom dyadischen Kulturbegriff auseinander. Auf der Grundlage einer Diskussion der theoretischen Fundamente für die Theorienbildung im Bereich interkultureller Kommunikation wird ein triadisches Modell über die Bildung von gesellschaftlich verankerten Konzeptualisierungen vorgestellt, das auch für die textuelle Kommunikation relevant ist. In Anwendung der Ergebnisse aus den Kapiteln zwei bis drei wird gezeigt, wie nonpropositional fungierende Bild-Schemata in entscheidender Weise aufgrund ihrer indigenen Funktion nicht nur Bedeutung vorstrukturieren, sondern auch dort, wo sie prototypische Funktionen haben, kulturspezifische IKMs bilden können. Aufgrund der Kulturspezifik solcher IKMs wird durch die Bild-Schemata ein Zugriff auf die zentralen Konzeptualisierungen einer kulturellen Gemeinschaft in ausgewählten Handlungsbereichen ermöglicht. In Kap. 5 werden Kommunikationsmodelle in Bezug auf ihre Anwendbarkeit für interkulturelle Untersuchungen vergleichend ausgewertet. Ausgehend von der Anwendbarkeit solcher Modelle für die Rahmenbedingungen der Konzeptualisierung von Welt werden verschiedene kommunikationstheoretische Modelle aus Sprachwissenschaft, Betriebswirtschaft und interkultureller Kommunikation kritisch hinterfragt. Das Kap. 6 setzt sich spezifisch mit fachsprachentheoretischen Fragen auseinander, die notwendig sind, um den Bereich der Wirtschaftskommunikation in seiner Fachsprachlichkeit und den daraus folgenden Konsequenzen für den Umgang mit textuellen Daten in diesem Bereich zu klären. Besonders wichtig ist hierbei die Interrelation von Terminus und Konzeptualisierung aus fachsprachlicher Perspektive. Der theoretische Teil des vorliegenden Werks schließt in Kap. 7 mit einer Bewertung der semiotischen Funktion von Konzeptualisierungen für den Bedeutungsbildungsprozess. In Kap. 8 wird eine vergleichende Untersuchung darüber geliefert, wie nonpropositionale Bild-Schemata der deutschen und schwedischen Organisationstheorie verwendet werden, um zentrale fachliche Bedeutungen über grundlegende organisationstheoretische Konzepte zu vermitteln. Auf der Basis geläufiger

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Original-Publikationen zur Organisationstheorie in Schweden und Deutschland wird aufgezeigt, wie in diesen Kulturen – trotz sprachgeschichtlicher Nähe beider Sprachen sowie geografischer Nähe beider Kulturen – diametral entgegengesetzte kognitive Modelle auf der Basis von Bild-Schemata zu den gleichen Themenbereichen kulturspezifisch verwendet werden. Dass es sich dabei nicht um Zufallserscheinungen, sondern um systematisierbare IKMs der organisationskulturellen Konzeptualisierungen in beiden Kulturen handelt, die als solche kommunikationsbestimmend sind, wird durch einen Vergleich der Ergebnisse aus der vorliegenden Arbeit mit Ergebnissen aus anderen interkulturellen Studien unterstrichen. Die Wahl des schwedischen und deutschen Kulturraums für diesen Vergleich ergibt sich aus dem interkulturellen Ansatz des vorliegenden Werks. So wird die Grundannahme von der problemlosen Ausgangslage für Kommunikation über Kulturgrenzen bei enger sprachlicher Verwandtschaft und geografischer Nähe aufgrund detaillierter empirischer Untersuchungen ernsthaft in Frage gestellt. Während Kap. 8 sich mit der landeskulturellen Relevanz der Konzeptualisierungen aufgrund von Bild-Schemata befasst, wird in Kap. 9 die zentrale kommunikationssteuernde Rolle der Bild-Schemata für die andere kulturtheoretische Dimension der im vorliegenden Werk zu untersuchenden Wirtschaftskommunikation behandelt, nämlich die der unternehmenskulturellen Dimension. Dies geschieht nach der interdisziplinären Einführung eines Markenkommunikations-Modells aus dem Bereich des Marketing anhand einer Studie des Fallbeispiels Hitachi. Dabei wird gezeigt, wie durch die systematische Erstellung eines Marken-Profils anhand von – in diesem Fall unternehmenskulturell betrachtet – prototypisch verwendeten Bild-Schemata ein einheitliches Marken-Profil für die Online-Kommunikation erstellt werden kann. Außerdem wird anhand einer Werbeserie des Unternehmens Hitachi im Offline-Bereich der Anzeigenwerbung gezeigt, wie ein strategisches Marken-Kommunikationsmanagement in der Online- und Offline-Kommunikation integrativ über die verwendete Bild-Schematik aufgebaut werden kann. Es wird gezeigt, wie sich dieses Ziel durch die langfristige und textübergreifend aufeinander abgestimmte Bild-Schematik von Markenslogans verwirklichen lässt. Dabei wird der Markenslogan als modernes Phänomen seit der kommerziellen Nutzung des Internets hier eingeführt. Diese Verwendung von Markenslogans ist erst in den letzten Jahren entstanden und signalisiert eine andere Verwendungsfunktion als traditionelle Werbeslogans, die es schon vor dem Zeitalter der Onlinekommunikation gab. Zentrales strukturbildendes Mittel von integrativ verwendbaren Markenslogans ist wiederum ihre Bild-Schematik. Kap. 10 befasst sich mit der Frage der Zielgruppendependenz von kommunikationssteuernden bild-schematischen Konzeptualisierungen unter diachroner Perspektive. Damit wird aus interkultureller Perspektive ein immer noch wenig

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erforschter Bereich interkultureller Kommunikation angesteuert, nämlich der der diachronen Wandelbarkeit von intrakulturellen Werten und Normen, die hier in Form von Konzeptualisierungen auf textueller Ebene erstellt werden. Vergleichend werden die Briefe an die Aktionäre von Jahresberichten deutscher börsennotierter Unternehmen in Bezug auf Bild-Schemata und konzeptuelle Metaphern untersucht. Dieser Vergleich erstreckt sich auf eine Zufallsauswahl von Jahresberichten der ausgewählten Unternehmen zu den Jahren 1975-1980 und 2005. Im abschließenden Kap. 11 wird eine auswertende Diskussion der empirischen Ergebnisse vor dem Hintergrund der hier eingeführten Theorie interdisziplinär und interkulturell geführt. Besonders geht es dabei um die Einschätzung der nonpropositionalen Ebene von Textaussagen zur Steuerung der Rezeption aufgrund von bild-schematischer Konzeptualisierung.

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2. Erkenntnistheoretische Ausgangspunkte 2.1 Die gesellschaftliche Verankerung von Wissen Befasst man sich mit Fragen der Kommunizierbarkeit von Wissen vor dem Hintergrund interkultureller Problemstellungen, so genügt es nicht bei der Bestimmung der Rolle, die das Phänomen ‚Kultur‘ in diesem Zusammenhang einnimmt, lediglich von den erkenntnistheoretisch und methodisch vage verbleibenden Begriffen wie Werte, Normen, Denken etc. auszugehen. Leider ist auch in der einschlägigen Literatur zur interkulturellen Kommunikation bisher kaum Theorienweiterentwicklung in dieser Sache betrieben worden (Hofstede 1980, Schein 1985, Trompenaars 1993, Lewis 2006).1 Dies hat dazu geführt, dass das wissenschaftstheoretische Fundament interkultureller Untersuchungen oft wenn nicht undurchsichtig so doch größtenteils rudimentär angelegt ist. Wenn daher einzelne empirische Untersuchungen auch Aussagerelevanz über den letztlich immer sehr begrenzten empirischen Rahmen einzelner Untersuchungen hinaus erlangen sollen, so setzt dies eine erkenntnistheoretische Verankerung methodologischer Fragestellungen und eine daraus resultierende Weiterentwicklung in der Theorienbildung voraus. Eine der zentralen Fragestellungen interkultureller Kommunikationstätigkeit stellt die Frage nach dem intersubjektiven Sich-Verständlich-Machen-Können dar. Ein Kommunikationsmodell zur Erfassung dieser Fragestellung ist von wenig Nutzen, solange die Frage der Bedingungen für die Vermittelbarkeit von Wissen auf der Grundlage ihrer Erstellung nicht aus einer intrakulturellen Perspektive beantwortet worden ist, da die intrakulturelle Kommunikationsfähigkeit mit all ihren Implikationen als Voraussetzung interkultureller Kompetenz betrachtet werden muss. Wie in den weitergehenden Ausführungen zu zeigen versucht wird, handelt es sich hier nicht nur um eine logische Verknüpfung von intra- mit interkulturellen Fragestellungen, sondern auch um eine methodologische. Die Frage nach der Vermittelbarkeit von Wissen kann nicht beantwortet werden, ohne nach dessen Entstehbarkeit im raumzeitlichen Umfeld zu fragen. Hierzu bietet der sozialphänomenologische Ansatz von Alfred Schütz wichtige Einsichten, 1

Generell ist bezüglich der Fachliteratur zur interkulturellen Kommunikation anzumerken, dass es mittlerweile eine Menge anwendungsorientierter Literatur zu diesem Bereich gibt, jedoch noch recht wenig monografische Werke, die sich auf breiter grundsätzlicher Basis mit der Frage der Theoriengestaltung und -weiterentwicklung in diesem Bereich befassen und nicht lediglich Referate bestehender Theorien darstellen. Ausnahmen hiervon bilden im deutschsprachigen Raum z.B. in den letzten Jahren Bolten 2007b, Lüsebrink 2005 und Heringer 2004.

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die auch für eine interkulturelle und kognitionslinguistische Theorien-Weiterentwicklung von Bedeutung sind. Nach Schütz (1932, 1981) ist alles Wissen – somit auch wissenschaftliche Erkenntnis – prinzipiell erfahrungsbedingt. Hierbei ist das Verhältnis zwischen subjektiver Welterfahrung und ihrer Vermittelbarkeit entscheidend. Schütz überwindet die Dichotomie zwischen dem was allgemein als subjektive versus objektive Erkenntnis bezeichnet wird. Ein Zugang zur subjektunabhängigen Erfahrung von Welt ist laut Schütz nicht möglich, da das Ich seine Umwelt immer nur in der raumzeitlichen Einbettung über den eigenen Leib erfahren kann. Hierbei entwickelt Schütz ein starkes Chronizitäts-Konzept, indem früher gemachte Erfahrungen aufgrund der ständigen Weiterentwicklung des Ich im Laufe der Zeit nie identisch bleiben, sondern jeweils im Zuge neuer Erlebnisse unter veränderter Perspektive in Erinnerung bleiben und weitergeformt werden (die eigene Dauer versus reine Dauer, vgl. Schütz 1932 und 1981). Wichtig ist die Einsicht seitens Schütz’, dass Erfahrung an sich noch keine Bedeutung hat. Erst durch die Art und Weise, in der das Ich seine Erfahrung betrachtet, entsteht Bedeutung. Dies hat nicht nur wissenschaftstheoretische, sondern auch interkulturelle Konsequenzen. Die Veränderbarkeit einer Perspektive ergibt sich durch die ständige Einbettung des Ich in ein Hier und Jetzt, das die Erfahrung zu einem jeweils spezifischen (jedoch nicht statischen) So werden lässt. Die Art und Weise, in der das Ich seine Erfahrung mnemotechnisch betrachtet, macht die Erfahrung für das Ich in Form von Wissen zugänglich. Deshalb ist es zwar richtig, dass Wahrnehmung von den Erwartungshaltungen des Wahrnehmenden abhängt, jedoch nicht ausschließlich, da sonst neues Wissen von Welt (auch im Sinn eines interkulturellen Lernens) unmöglich wäre. Im letzteren Fall könnte das Ich immer nur das lernen, was es schon weiß. Sinn entsteht somit aus der Kombination von erinnerter Erfahrung und Ich (vgl. Schütz/Luckmann 1984, 13). Sinnerstellung als Grundlage des Wissenserwerbs ist deshalb nur ex post möglich, nicht jedoch ex ante. Wissenschaftliches Wissen ist demnach ebenso wenig wie Alltagswissen ein von Erfahrungswerten losgelöstes ‚Ding-an-sich‘. Erfahrung und Wissen sind perspektivisch aneinander gebunden (Schütz 1932, besonders 72ff.). Hieraus ergeben sich u. a. Konsequenzen für die Universalitätsthese von Fachsprache, wie weiter unten in Kap. 8 anhand empirischer Untersuchungen noch zu zeigen sein wird. Die epistemologischen Konsequenzen aus dieser Einsicht haben weitreichende Folgen über die Grenzen einzelner Wissenschaftsdisziplinen hinweg. Bezüglich der Universalitätsthese in der Fachsprachentheorie bedeutet dies, dass sie deshalb schon in Frage gestellt werden muss, weil auch ‚Fakten‘ nicht nur nicht als solche zugänglich sind, sondern außerdem an einen Sinnbildungsentwurf (auch sprachlich und konzeptuell) gebunden sind, da sie vom Ich aus motiviert werden (Schütz/Luckmann 1984, 14). Da das Ich in ein gesellschaftliches Umfeld inte-

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griert ist, sind die Sinnbildungsentwürfe nicht zufällig, sondern an gesellschaftlich gebundene Noema (vgl. Schütz/Luckmann 1984, 145) als thematische Felder der Welterfahrung gebunden. Die interkulturelle Relevanz hieraus ergibt sich aus der Möglichkeit der Annahme verschiedener gesellschaftlicher Noema im interkulturellen Sinne. Welche Folgen dies für die Frage der Kulturgebundenheit auch wissenschaftlicher Texte aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften haben kann, wird in Kap. 8 gezeigt. Obwohl Schütz selbst nicht die (zu seiner Zeit noch nicht aktuelle) interkulturelle Dimension seiner Theorie als solche anspricht, lässt sich in der gesellschaftlich fundierten Sinnbildung die kulturtheoretische Dimension seiner Theorie erkennen. Diese fußt auf dem konstruktivistischen Primat von der Einheit des Was mit dem Wie gesellschaftlicher Erfahrung, was erkenntnistheoretisch bei Schütz im Begriff der Appräsentationen zum Ausdruck kommt. Letztere, als Informationsträger aufzufassende Einheiten aller Art von Welterfahrung gehen über eine rein semantische Auffassung sprachlicher Einheiten hinaus und umfassen die Tatsache der Grenzüberschreitungsmöglichkeiten aller Formen von verbalen bis nonverbalen Handlungen zwischen einer dem Ich gegenwärtigen und einer dem Ich nicht gegenwärtigen Welt. Wie Schütz und Luckmann deutlich machen, beziehen sich Appräsentationen auf alle Formen der Grenzüberschreitung; von Vorstellungen, Träumen, einem Jenseits bis hin zu „Abstraktion(en) natürlicher und gesellschaftlicher Wirkungszusammenhänge“ (Schütz/Luckmann 1984, 181), woraus sich ihre Relevanz ebenso für den Bereich des Fachwissens allgemein wie auch spezifisch z. B. für den Handlungsbereich der Wirtschaft ergibt. Da appräsentative Beziehungen sowohl gesellschaftlich bedingt sind und als Systeme auch einen geschichtlichen Charakter haben, können sie eine interkulturelle Dimension erlangen, wenn es möglich ist, über ein gegenwärtiges Zeichen (verbaler bis nonverbaler Art) eine dem Ich nicht gegenwärtige Welterfahrung als interkulturelle Grenzüberschreitung zu erschließen. Dies setzt voraus, dass sprachliche Manifestationsformen in Form von Texten verschiedenster Art über ein rein terminologisch-semantisches Interesse hinausgehend hinterfragt werden müssen. Die fremdkulturellen Normen, Werte, Denkweisen als Bedingungen der Bedeutungsbeziehungen einer fremdkulturellen Wir-Beziehung (d.h. einer dem Ich nicht aus eigener Erfahrung zugänglichen Kultur) könnten dann in ihrer bedeutungsbildenden Funktion erfasst werden. So wie appräsentative Verweise im Sinne einer Intersubjektivität der Überwindung lebensweltlicher Grenzen zwischen Individuen dienen und in einem gesellschaftlichen Rahmen historisch erwachsen sind, kann die Grenzüberwindung in einem sekundären Schritt intersubjektiver Rekonstruktion fremdkultureller Wir-Beziehungen einem interkulturellen Kommunikationsbedürfnis zugänglich gemacht werden. Die zunächst intrakulturell als gesellschaftlicher Rahmen verstandene Wir-Beziehung ließe sich dann über die

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Erfassbarkeit der fremdkulturellen appräsentativen Beziehungen von Bedeutungsbildung interkulturell erweitern (vgl. Schütz/Luckmann 1984, 204-212). Da sich die vorliegende Arbeit sowohl mit verbaler als auch nonverbaler Kommunikationstätigkeit befasst, lässt sich für die Frage nach dem Verhältnis zwischen Sprache und Kultur schon an dieser Stelle die Hypothese aufstellen, dass es – aus interkultureller Perspektive – die immer in einem gegebenen kulturellen Kontext stattfindende Erfahrung von Welt ist, die die Versprachlichung bzw. Semiotisierung von Wissen in initialer Form beeinflusst.2 Die kognitionslinguistische Konsequenz aus den bisherigen Ausführungen legt die Vermutung nahe, dass Kognition durch kulturbedingte Alltagserfahrung beeinflusst wird, was sich dann in der Sprachverwendung zeigen müsste. Diese Erkenntnis wird auch durch systemtheoretisch orientierte Forschungen nahegelegt. Budin (1996, 22f.) z. B. zeigt, dass die ontischen Einheiten (Welt) eine Initialfunktion zur Ausprägung epistemischer Einheiten (Wissen) haben. Auf dieser Grundlage bildeten sich die sprachlichen Einheiten (Kommunikation) aus. Auch zeigt Budin, dass es sich hierbei nicht um ein eindimensionales Verhältnis zwischen Welt und Sprache handelt, da Terminologien anschließend rückwirkend die Erfahrung von Welt beeinflussen können, um dann wiederum – wenn auch erfahrungsbedingt in modifizierter Form – Kommunikationsformen über epistemische Einheiten zu beeinflussen. Dieses Verhältnis zwischen Welt und Sprache fasst Budin nicht als kreisförmig, sondern als spiralförmig auf, was in dieser Form auch mit der Theorie der Lebensformen von Schütz vereinbar ist, da durch die ständige Weiterentwicklung des Bewusstseinstroms der inneren Dauer auch die kommunikative Wertigkeit sprachlicher Einheiten erfahrungsbedingt ständig veränderbar ist.3 Die interdisziplinäre Relevanz obiger Ausführungen ergibt sich aus ihrer prinzipiellen Gültigkeit für den bewussten wie auch unbewussten Wissenserwerb. Wissen ist demnach immer ein In-Relation-Setzen zwischen ‚Ich‘ und ‚Welt‘. Die Vermittlung zwischen ‚Ich‘ und ‚Welt‘ geschieht dabei über die konkrete Leiblichkeit des erfahrenden Subjekts. In der Theorie der Lebensformen zeigt Schütz 2

Unter semiotisch werden in dieser Arbeit in Anlehnung an C. S. Peirce sämtliche Formen verbaler, para- und nonverbaler Kommunikationstätigkeit verstanden. In Kap. 7 wird näher auf den semiotischen Aspekt der Theoriendarstellung in der vorliegenden Arbeit eingegangen.

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Die Tatsache, dass Budin sein Terminologie-Konzept auf die Theorie geschlossener Systeme aufbaut, ändert nichts an der oben beschriebenen erkenntnistheoretischen Verwandtschaft in der Frage nach dem Verhältnis zwischen Welterfahrung/Kultur und Sprache. Wie Loenhoff (1992) zeigt, muss jedoch bezweifelt werden, dass die Systemtheorie als Theorie geschlossener Systeme dem interkulturellen Postulat der Grenzüberwindung zwischen Kulturen aufgrund der Systemgeschlossenheit der ‚Autopoiese‘ Rechnung tragen kann. Zur Möglichkeit interkultureller Theorienbildung auf der Basis der Theorie offener Systeme in Anlehnung an L. v. Bertalanffy vgl. Ruben (1983). Vgl. zu den erkenntnistheoretischen Implikationen interkultureller Kognition auch Schmidt (2001b).

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(1981), dass es die konkrete Instanz des Körpers ist, die als körperliches Gedächtnis frühere Lebenserfahrungen in Form von Gedächtnisbildern speichert und ständig weiterentwickelt. Hieraus wird erklärlich warum Werte, Normen, Denkweisen etc. 1) über ihre Konkretisationen in der Kommunikationstätigkeit zugänglich sein können und 2) weshalb kulturelle Werte prinzipiell diachron als dynamisch anzusehen sind. Was zunächst jedoch noch offen ist, ist die Frage nach der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit der Erfahrung, m.a.W. ihre Kommunizierbarkeit. Bevor auf die interkulturelle Dimension dieser Frage eingegangen werden kann, muss zunächst untersucht werden, wie intrakulturelle Intersubjektivität greifbar gemacht werden kann.

2.2 Die primäre und sekundäre Intersubjektivität Wie weiter oben gezeigt wurde, bildet das Hier-Jetzt-So der Erfahrung die Grundlage der Intersubjektivität, woraus die pragmatische Determiniertheit in Schütz’ Intersubjektivitätsbegriff deutlich wird. Dabei betont Schütz, dass die intendierte Bedeutung des Anderen (seine ‚innere Dauer‘) nie für jemand anderen als ihn selbst zugänglich ist (was Schütz auch als subjektive Meinung bezeichnet). Nichtsdestotrotz ist ein Verstehen des Anderen dann möglich, wenn der raumzeitliche Kontext, in dem die Erfahrungen des Anderen als polythetische Erfahrungsakte über die eigene Gedächtnisrekonstruktion zugänglich sind, geteilt werden kann. Wenn das eigene Gedächtnis vergleichbare raumzeitliche Kontexte für die eigene monothetische Gedächtnisleistung im Hinblick auf das von dem Anderen Gemeinte kennt, dann ist ein Verstehen des Anderen im Sinne einer Rekonstruktion der Verständnisbedingungen möglich. Diese Rekonstruierbarkeit – an anderer Stelle auch als Reziprozität der Perspektiven bezeichnet (Schütz 1982, 316) – wird durch die empirische Ähnlichkeit der Welterfahrung zwischen dem Ich und dem Du ermöglicht, woraus das Wir der „in-group“ als kulturelle Größe entstehen kann (vgl. Schütz 1982, 315 passim sowie 1932). Für das Erreichen intrakultureller Intersubjektivität reicht das RekonstruierenKönnen und Einordnen der Verstehenskontexte des alter ego in das raumzeitliche Gedächtnis des Ich. Wie Schütz (1982) zeigt, wird die Rekonstruierbarkeit sozial relevanten Wissens durch die Sozialisierung in einer „in-group“ historisch weitergeleitet, ein Phänomen, das in der interkulturellen Theorienbildung als Enkulturationsprozess bekannt ist.4 Es ist gerade durch diese Historizität von 4

Schütz selbst (1982, 350) benutzt den Begriff der ‚Akkulturation‘ verwendet diesen inhaltlich jedoch im Sinne der intrakulturellen Enkulturationsthematik so wie er in der Theorie zur

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Kultur bedingt, dass ein intersubjektiver Ausgleich zwischen dem Was und dem Wie der Wissenserfahrung erreicht werden kann (vgl. Schütz 1982, 10ff.). Da nach der gängigen Theorie zur interkulturellen Kommunikation die Werte, Normen, Denkweisen etc. zusätzlich zur individuellen einer intrakulturell gemeinsamen raumzeitlichen Entwicklung unterworfen sind, ist diese Intersubjektivität sowohl bewusst wie auch ebenso unbewusst vollziehbar. An diesem Punkt scheidet sich die Art der Intersubjektivität zwischen der intra- und der interkulturellen Dimension. Letztere ist nicht mehr durch das unbewusste Gleichschalten raumzeitlicher Erfahrungskontexte gekennzeichnet. Ein Verstehen des Du als alter ego setzt das Rekonstruieren seines raumzeitlichen Erfahrungs-Kontextes, sei es unbewusst ex post durch einen geteilten Erfahrungskontext oder bewusst durch Rekonstruktion eines fremden Erfahrungskontextes, z. B. über ausgewählte Noema, voraus.5 Neben dem kulturbedingt andersartigen Was tritt ebenso als interkulturelle Herausforderung das kulturspezifische Wie der Wissensbildung und Wissensvermittlung. Voraussetzung für die Realisierbarkeit interkultureller Kommunikationsfähigkeit kann dann das Hantieren mit fremdkulturellen Erfahrungskontexten (im weitesten Sinne) als eine Kombination der Phänomene des Was mit denen des Wie gelten.6 Hier eröffnet sich das holistische Konzept aller interkulturellen Kommunikation, was sprachwissenschaftlich die Forderung nach einem ganzheitlichen Funktionsmodell von Sprache – das neben dem propositionalen Aspekt von Sprache ebenfalls die non-propositionale Dimension umfasst – für die kulturübergreifende Kommunikation auch im Bereich der Wirtschaftssprache nach sich zieht. Das Was und das Wie der Erfahrung müssen erst über Artefakte zwischenmenschlicher Kommunikation in der kulturübergreifenden Kommunikationstätigkeit systematisch erarbeitet werden, da nicht auf eine gemeinsame ‚Historizität von Kultur‘ zurückgegriffen werden kann. Aufgrund dieses konditionellen Wesensunterschieds zwischen intra- und interkultureller Intersubjektivität soll erstere hier als primäre Intersubjektivität und letztere als sekundäre Intersubjektivität bezeichnet werden. Die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Intersubjektivität ist wichtig, weil sich zeigen wird, dass die Notwendigkeit und Möglichkeit des Bewusstmachens kulturspezifischer, unbewusst verwendeter interkulturellen Kommunikation zur Anwendung kommt. Hier handelt es sich lediglich um eine frühe abweichende Verwendung späterer Begriffsprägung in angrenzenden Wissenschaftsbereichen. 5

Diese ‚Auswahl‘ kann nicht als deliberierte verstanden werden, sondern ist vielmehr methodenbedingt.

6

Schütz selbst entwickelt den Intersubjektivitätsbegriff nicht im interkulturellen Kontext. Dies ist jedoch in einer Weiterentwicklung aus der Theorie von Schütz heraus möglich und dadurch verständlich, dass der Bereich interkultureller Theorienbildung seine Blütezeit erst nach Schütz erreicht hat.

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kognitiver Modelle einen ersten Schritt und Schlüssel zur interkulturellen Kommunikationsfähigkeit ausmacht. Die Begriffe primäre und sekundäre Intersubjektivität dürfen jedoch nicht mit den von Schütz benutzten Begriffen des subjektiven und objektiven Verständnisses verwechselt werden. Gemäß der Theorie der Lebensformen bei Schütz ist ‚subjektives‘ Wissen immer nur innerhalb der eigenen inneren Dauer des Ich möglich, die als subjektiver Bewusstseinsstrom in dieser Art keinem Anderen zugänglich ist. Als ‚objektives‘ Wissen vesteht Schütz die intersubjektive Nachvollziehbarkeit eines einer bestimmten und gemeinsamen zeitlichen Veränderung unterworfenen raumzeitlichen Erfahrungskontextes mit der daraus resultierenden Fähigkeit, das Wissen des alter ego in den eigenen raumzeitlichen Kontext des Ich einordnen zu können. Begrenzt wird diese ‚Objektivität‘ durch den raumzeitlichen Rahmen des Hier-Jetzt-So, der für das Ich und das alter ego als gemeinsamer Rahmen von Erfahrungswirklichkeiten gilt. Deshalb kann der Objektivitätsbegriff bei Schütz nicht im heutigen positivistischen Sinne verstanden werden, sondern ist mit dem oben dargestellten Begriff der primären Intersubjektivität vergleichbar. Auch dürfen die Begriffe der primären und sekundären Intersubjektivität nicht mit dem Begriffs-Paar der Enkulturation und Akkulturation gleichgestellt werden. Zwar besteht eine Begriffsverwandtschaft zwischen der primären Intersubjektivität und der Enkulturation derart, dass beide die Folge eines gelebten und dadurch unbewusst vollzogenen Sozialisationsprozesses innerhalb einer kulturellen Gruppe darstellen. Der entscheidende Unterschied zwischen obigen Begriffspaaren ergibt sich aber im Rahmen der vorliegenden Arbeit im kognitiven Sinne aus der Möglichkeit eines Rekonstruierens und damit Bewusstmachens kulturspezifischer kognitiver Modelle. Im Unterschied zu diesem kognitionstheoretischen Konzept wird der Begriff der Akkulturation als das konkrete Erleben einer Zielkultur im täglichen Leben verstanden, was auf einen unbewussten kulturellen Anpassungsprozess kognitiver Strukturen abzielt. Während folglich Akkulturation das empirische Phänomen der fremdkulturellen Anpassung aufgrund konkreter Erfahrungserlebnisse beschreibt, stellt die sekundäre Intersubjektivität einen zentralen methodologischen Begriff dar. Letzterer impliziert interkulturell die Hypothese, dass kognitive Modelle als zentrale kommunikationsfördernde Einheiten auch ohne Akkulturationserfahrung im Rahmen einer Methodik rational erschließbar und kommunikativ zielgerecht einsetzbar sind.

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2.3 Idealtypen als Grundlage der Vermittlung von Erfahrung Kognitionstheoretisch interessant ist jetzt die Frage, wie die sekundäre Intersubjektivität als epistemische Grundlage interkultureller Kommunikation theoretisch greifbar und anschließend methodologisch umsetzbar ist. Wissen bezieht sich nach Schütz aufgrund der Erfahrungsbedingtheit auf eine Summe schon vollzogener „Urteilsgegenständlichkeiten“, da das Ich über die Urteilsbildung Wissen immer unter bestimmten Voraussetzungen nachvollziehbar machen kann (vgl. Schütz 1932, 201). Um mit der eigenen Urteilsbildung in eine soziale (intersubjektive) Wir-Beziehung mit seinen Mitmenschen treten zu können, ist das Wissen über die jeweilige Urteilsbildung anhand von „Deutungsschemata der Umwelt“ (Schütz 1932, 208; Herv. im Orig.) als idealisierte überindividuelle Schemata subjektiver Welterfahrung erschließbar. Idealisiert sind diese Schemata aufgrund „typisierender Erfassung“7 der Mitwelt durch das Ich. Da es sich bei diesen Deutungs-Typen um Abstraktionen einzelner Erlebnisse handelt, die ebenso wie die einzelnen Erlebnisse kulturspezifisch geprägt sind, weil sie aufgrund der raumzeitlichen Bedingung der Wir-Beziehung im Rahmen der primären Intersubjektivität verbleiben, kann angenommen werden, dass es sich bei diesen generalisierten Typen der Welterfahrung um kulturspezifisch orientierte Basiskonzepte in der Handhabung von Wissen handelt. Da sie jeweils in einem gegebenen Wir-Rahmen relevant sind, gelten diese generalisierten DeutungsTypen als ideal in dem Sinne, dass sie die primäre Intersubjektivität auf jeweils bestmögliche Weise realisieren (und rekonstruieren) lassen. Solche von Schütz (1932) auch als Idealtypen bezeichneten Schemata können somit als eine Interpretationsgrundlage von Kommunikation schlechthin angenommen werden, egal ob es sich um typisierende Deutungen von Welt in der wissenschaftlichen oder in der Alltagskommunikation handelt.8 Die wichtige theorienbildende Funktion dieser Idealtypen für eine kognitionstheoretische Weiterentwicklung im Bereich interkultureller Kommunikation besteht in ihrer sozialphänomenologischen Kombination von Typisierungsleistung und Anonymität. Der Aspekt der Typisierung verweist auf die Möglichkeit der überindividuellen Orientierbarkeit anhand von Idealtypen, was die Kommunikationstätigkeit im sozialen Rahmen bestehender Typisierungen wesentlich effektiviert. Da die Typenbildung von einer Kombination aus Sozialität und Historizität abhängt, ist an dieser Stelle die Hypothese aufzustellen, dass die Idealtypen gerade 7

Vgl. Schütz 1932, 203, Herv. im Original. Vgl. auch die englische Übersetzung von „typisierender Erfassung“ als „general types“ in Schütz 1972/1932, 181; Herv. im Orig.

8

Vgl. Schütz 1932, 202 passim.

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in ihrer (im Sinne von Schütz) Objektivierungsleistung von Erfahrung eine kulturell eingrenzbare Spezifikation erlauben. ‚Objektiv‘ heißt hier folglich kulturell bedingt wiederkehrend, gemäß dem oben dargestellten Konzept der primären Intersubjektivität. Idealtypen sind somit ideale Vertreter von Auffassung von Welt, was sie als kognitive Modelle verständlich macht. Aus dem Postulat der idealen Typisierung folgt, dass ihre jeweils n möglichen individuellen situationsgebundenen Konkretisierungen Abweichungen aufweisen können, die diese Konkretisierungen trotz Einzelabweichungen einem Idealtypus zuzuordnen erlauben. Es ist diese Kombination aus Idealität und Typikalität, die die im heutigen Sinne prototypische Funktion der Idealtypen kennzeichnet. Dies ist – vor allem vor dem Hintergrund heutiger Tendenz im Bereich der Forschung zur interkulturellen Kommunikation – eine entscheidende Einsicht in die Unzulänglichkeit der Stereotypen-Forschung als Grundlage für die Entwicklung einer interkulturellen Kommunikationsfähigkeit. Der Stereotypen-Begriff geht 1) von der Starrheit der Typenbildung aus (der Aspekt der Historizität ist nicht begrifflich integriert) und 2) wird der Stereotypenbegriff begrifflich vor allem auf die Dimension der Landeskultur bezogen und lässt die heute zentrale Frage interkultureller Wirtschaftskommunikation nach der Fassbarkeit und Kommunizierbarkeit von z. B. unternehmenskulturellen Werten als solche sowie im Schnittpunkt verschiedener Landeskulturen außer Betracht. Statt von Stereotypen (und damit festgeschriebenen) kommunikativen Konzepten auszugehen, bietet die Auffassung kognitiver Modelle als kulturbedingte Prototypen im Sinne der erweiterten Prototypentheorie (vgl. Kleiber 1993) eine auf die kulturtheoretische Dimension bezogene methodologisch einheitliche Anwendungsvielfalt, wie sie der Stereotypen-Begriff nicht hat. Ein weiterer für die kognitionsorientierte Theorienbildung in der interkulturellen Kommunikation zentraler Ansatz im Begriff der Idealtypen von Schütz ergibt sich aus ihrer Anonymitätsfunktion.9 Da die Idealtypen als solche nicht identisch sind mit einzelnen konkreten Erfahrungen von Welt im Sinne eines Hier und Jetzt, sondern historisch entwickelte überindividuelle Erfahrungen darstellen, weisen sie auch über einzelne Erfahrungs-Fälle hinweg auf eine gesellschaftliche gemeinsame Ebene. Aus diesem Grund zieht die Anonymität in der Ausprägung der Idealtypen eine Abstrahierung von einzelnen Erfahrungsfällen mit sich. Das verbindende Element überindividueller einzelner Erfahrungen ist dann bezüglich der Frage nach der Kommunizierbarkeit solcher Erfahrung die Möglichkeit der zunehmenden Abstrahierbarkeit in der Darstellung solcher intersubjektiven Erfahrungen mit zunehmendem Anonymitätsgrad. Das heißt, dass je mehr konkrete 9

Vgl. Schütz 1932 206ff. und Schütz/Luckmann 1979, 110ff.

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Erfahrungstypen von Idealtypen umfasst (zum Ausdruck gebracht) werden, desto stärker ist der Anonymitäts-und damit auch der Abstraktionsgrad der Idealtypen. Idealtypen können in diesem Sinne auf verschiedenen Abstraktions-Schichten angenommen werden. In der intersubjektiven Verständigung bedeutet dies, dass die Idealtypen auf den graduell höheren Schichten der zunehmenden Anonymität eine parallel damit zunehmende Abstraktion in der kommunikativen Ausformung aufweisen müssten. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht muss deshalb angenommen werden können, dass diese unterschiedlichen Abstraktionsebenen gleichzeitig im Kommunikationsakt zur Anwendung kommen. Ist dies der Fall, dann muss es auch möglich sein, diese Ebenen in ihrer unterschiedlichen Ausprägung anhand von Texten beschreiben zu können.

2.4 Interdisziplinäre Konsequenzen Schütz’ Theorie der verschiedenen Erfahrungsschichten enthält schon vom Ansatz her eine interkulturelle Komponente. Schütz weist darauf hin, dass die Übergänge zwischen diesen Erfahrungsschichten fließend sind. Unabhängig davon lassen sich aber zwei Hauptbereiche der Typenbildung ausmachen, die auch von interkultureller Relevanz sind, wie sich später zeigen wird. Schütz weist darauf hin, dass die Erfahrung von Welt aufgrund von Leiblichkeit das „Grundelement des Wissensvorrats“ ist (Schütz/Luckmann 1979, 173). Ohne dass Schütz ein explizites interkulturelles Interesse in seiner Theorienbildung verfolgt, lässt sich hier schon ein wichtiger Hinweis dafür auffinden, dass sich die Frage nach dem Verhältnis universaler und kulturspezifischer Aspekte in der kognitiven Modellbildung auch interdisziplinär weiterverfolgen lässt, wie noch weiter unten gezeigt wird. Aufgrund der Bindung des Menschen an die Leiblichkeit aller WeltErfahrung ist diese Bindung als universelle Bedingung gültig und nicht ausschließlich einer gegebenen sozialen Gruppe (Kultur) eigen. Diese universell geprägten Grundvoraussetzungen des Wissen unterscheidet Schütz vom erfahrungsgeprägten Gewohnheitswissen: „Abschließend ist jedoch wieder zu betonen, daß die Grundelemente des Wissensvorrats und das Gewohnheitswissen verschiedenen Ursprungs sind. Das Gewohnheitswissen ist aus erworbenen und spezifischen Wissenselementen entstanden, im Gegensatz zu den universellen und ‚autonomen‘ Grundelementen des Wissensvorrats, unbeschadet der erwähnten Berührungspunkte zwischen ihnen.“ (Schütz/Luckmann 1979, 174)

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Für eine sprachwissenschaftliche Untersuchung von kognitiven Modellen ist der Hinweis nützlich, dass die Typ-Konstitution und Typ-Struktur idealer Typen auf vorsprachliche Erfahrungen zurückführbar sind (Schütz/Luckmann 1979, 281). Verbindet man diesen Gedanken mit der universellen Verankerung der Leiblichkeit bzw. Körperlichkeit allen Grundwissens, so lassen sich hieraus interkulturell relevante Fragestellungen formulieren. So zum Beispiel die Frage nach der Unterscheidbarkeit zwischen Universalität und Kulturspezifik. Weiterhin stellt sich die Frage, ob diese dyadische Konstellation ausreicht, um kulturelle Vielfalt von universal gleichen Ausgangsbedingungen für die Erfassung von Welt unterscheiden zu können. Ganz besonders wichtig wird die Frage nach den Übergängen zwischen universal identischen Erfahrungsmomenten und kulturell spezifischen Ausprägungen. Wenn Kulturspezifik keine Zufallserscheinung in der Konkretisation universaler Erfahrungsvoraussetzung ist, dann ist anzunehmen, dass es eine Schichtenebene zwischen Universalität und Kulturspezifik gibt, die als Brückenbildung zwischen beiden Ebenen gefasst werden kann. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht stellt sich hier die Frage nach kognitiven Modellen, die die verschiedenen Schichtenebenen von der Universalität zur Kulturspezifik beschreibbar und unterscheidbar machen lassen. Während das Erfahren von Welt einerseits an universelle physiognomische Aspekte des Menschen gebunden ist, lässt sich bezüglich der jeweiligen sprachlichen Typisierung und Anonymisierung eine kulturspezifische Dimension annehmen, die die individuelle Art der Erfahrungswirklichkeit mitprägt: „Diese von der Subjektivität abgelösten Erfahrungstypisierungen sind sozial objektiviert, wodurch sie zu einem Bestandteil des dem Subjekt vorgegebenen gesellschaftlichen Apriori werden.“ (Schütz/Luckmann 1979, 282) Bezogen auf die unter interkultureller Perspektive relevante Frage nach dem Verhältnis zwischen universalen und kulturspezifischen Bedingungen in der Erstellung von und kommunikativen Hantierung mit kognitiven Modellen kann jetzt schon angenommen werden, dass diese aufgrund der Vorsprachlichkeit in der Leiblichkeit als universelle Bedingtheit beruhen. Da es sich hier um eine kulturunabhängige Stufe der Welterfahrung handelt, ist anzunehmen, dass Sprache Typisierung voraussetzt, nicht jedoch umgekehrt. Sozial ‚objektiviert‘ wird eine Art der Welterfahrung jedoch durch den kulturellen Kontext. Deshalb kann die Frage nach dem Wirkungszusammenhang zwischen Sprache und Kultur so beantwortet werden, dass das soziale Apriori der Enkulturation die sprachlichen Objektivierungen nicht nur in Form verschiedener nationalsprachlicher Ausprägungen, sondern auch – und im Rahmen der vorliegenden Arbeit von zentralem Interesse – bezüglich der Hantierung mit kognitiven Modellen prägt. Wenn dies der Fall ist, dann müssen auch über die kognitiven Modelle als sprachliche

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Objektivierungen Rückschlüsse auf die jeweilige dahinter liegende kulturelle Dimension (im Sinne sekundärer Intersubjektivität) möglich sein. An diesem Punkt zeigt sich ein zentraler Funktionsaspekt kognitiver Modelle sowohl im kulturspezifischen als auch im universalen Kontext, worauf später im Zusammenhang mit der interkulturellen Kommunikations-Funktion der Bild-Schemata (als kognitive Modelle) einzugehen sein wird. Die sowohl sprachwissenschaftliche als auch kulturtheoretische Bedeutung dieser Idealtypen als abstrahierende interpretative Schemata liegt darin, dass letztere darauf hinweisen, dass es eine Dimension bedeutungstragender Kommunikationstätigkeit zusätzlich zur traditionellen propositionalen Struktur sprachlicher Entitäten gibt. Obwohl Schütz selbst die Frage der ‚sprachlichen Objektivierung‘ von Idealtypen in einer für den Stand der Wissenschaften seiner Zeit typischen propositionalen Weise veranschaulicht, ist schon über die schemabildende Funktion der Idealtypen erkenntnistheoretisch die non-propositionale Erweiterbarkeit von Bedeutungen über die Objektivierungsfunktion von Sprache angelegt. Schütz zeigt dies vor allem anhand der wissenskonstitutiven Verarbeitung von Erfahrung aufgrund von Körperlichkeit aller Welterfahrung. In die Körperlichkeit von Welterfahrung gehen konzeptionelle Schemata wie oben-unten, links-rechts oder vorn-hinten ein.10 Wie später in der Darstellung kognitionslinguistischer Theorienbildung gezeigt wird, sind solche Schemata grundlegend für die Bildung kognitiver Modelle.11 Diese non-propositionale Bedeutungshaftigkeit von Kommunikation muss dann auch als überindividuelle Schema-Anwendung nachvollziehbar sein. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird gezeigt werden, wie solche als BasisSchemata bezeichneten kognitiven Modelle über die Analyse von Sprachverwendung rekonstruierbar sind und anwendungsrelevant gemacht werden können. Da diese Schemata von Welt gleichzeitig raumzeitlich idealisiert begriffen werden, lässt sich schon an dieser Stelle eine erkenntnistheoretische Verwandtschaft zwischen kognitiver Modellbildung und kulturspezifischer Prototypikalität hypostasieren. Für die Kommunikation über Kulturgrenzen lässt sich jetzt die Annahme von Idealtypen gewinnbringend umsetzen. Da es sich bei diesen Schemata um vorstrukturierende Schemata handelt, die die Erfahrung von Welt intersubjektiv zugänglich machen, kann die interkulturelle Kommunikation entscheidend effektiviert werden, wenn Idealtypen in Form von Basis- bzw. Bild-Schemata einer Zielkultur erfasst worden sind. Damit machen aber solche Schemata auch eine eigene funktionale Einheit in der Kommunizierbarkeit von Wissen aus. Sie sind unter interkultureller Perspektive zwischen den Schichten der Universalität und 10

Vgl. Schütz/Luckmann 1979, besonders 135f. und 145ff.

11

Vgl. ebenso Baldauf 1997, 22f.

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Kulturspezifik anzusiedeln, da sie aufgrund ihrer Kopplung an universale Ausgangsvoraussetzungen für die Erfahrung von Welt kulturübergreifende Relevanz haben müssen. Die semantische Besetztheit der Idealtypen ergibt sich aus ihrer interpretativen Funktion im Hinblick auf Erfahrungswirklichkeiten, weshalb sie nicht einfach als eine universale Ebene der Bedeutungsbildung gefasst werden können. Hier tut sich eine zusätzliche Dimension semantischer Kommunizierbarkeit neben traditionellen propositionalen Konzepten auf. Es sind gerade die kognitiven Modelle im Rahmen der kognitiven Metapherntheorie, die eine solche Erfassung ermöglichen können und damit die Voraussetzung einer sekundären Intersubjektivität weit über propositionale Aussagen auch auf non-propositionaler Ebene bilden. Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass die semantische Dimension der Non-Propositionalität kulturspezifisch geprägt sein kann, weshalb eine effektive Kommunikationstätigkeit über Kulturgrenzen hinweg es sich nicht leisten kann, auf diese non-propositionale Sinnhaftigkeit zu verzichten. Wie Schütz zeigt, gelten die Idealtypen mit ihrer interpretativen Funktion von ‚Welt‘ für die verschiedensten Handlungsbereiche des Lebens: „Die allgemein übliche Rede von einem Idealtypus fremden menschlichen Verhaltens ist aber mehrdeutig: Sie bezeichnet einmal die typisierende Erfassung der uns vorgegebenen objektiven Sinnzusammenhänge, der Erzeugnisse, der Handlungsabläufe, der realen und idealen Gegenständlichkeiten, in welchen sich menschliches Verhalten manifestiert.“ (Schütz 1932, 210, vgl. auch S. 204f.; Herv. im Orig.) Aus dem ubiquitären Anspruch für die Gültigkeit der Sozialphänomenologie bei Schütz ergibt sich die Aktualität seiner Erkenntnistheorie mit ihren kognitionstheoretischen Konsequenzen für eine Interdisziplinarität. Wie das obige Zitat zeigt, erstreckt sich die Gültigkeit der Idealtypen auf jede Art von gesellschaftlicher Konzeptbildung. Schütz selbst hat die kognitionslinguistischen Implikationen als solche noch nicht erkennen können, weil die Kognitionslinguistik erst in den letzten Jahrzehnten ihre hauptsächliche Entwicklungsphase gehabt hat. Nichtsdestoweniger ist eine epistemische Verwandtschaft zwischen dem Konzept der kognitiven Modellbildung und der Erkenntnistheorie von Schütz über die Frage der letztendlichen Alltagsverankerung allen Wissens zu finden. An dieser Stelle muss gefragt werden, worin die Verbindung zwischen Bereichen wie Alltagswissen, Wissenschaft(ssprache) und Kognitionstheorie liegt. Gemäß der Idealtypen lautet die Antwort: in der erfahrungsbedingten Abstraktionsleistung (vgl. auch Schütz 1982, 3ff.). Da diese spätestens im Kommunikationsakt (auch im wissenschaftlichen) intersubjektiv zugänglich gemacht werden muss, ist das Kommunizieren auch von wissenschaftlicher Erkenntnis an die Verwendung

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intersubjektiv nachvollziehbarer Konzepte gebunden, die in einer Wir-Beziehung der primären Intersubjektivität stehen. Hier tut sich bei Schütz der Ansatz einer prinzipiell kulturbedingten Verankerung der Kommunikation von Wissen auf, was z. B. in der Theorienbildung bisheriger Fachsprachenforschung nicht genügend berücksichtigt worden ist. Kognitionslinguistisch interessant (und über Schütz hinausgehend) ist jetzt die Frage, wie Abstrahierungen erfasst und in eine Theorie interkultureller (Fach-) Kommunikation integriert werden können. Für die Frage der Erfassbarkeit kognitiver Modelle kann inzwischen die Hypothese aufgestellt werden, dass diese nicht nur über die sprachlichen Manifestationsformen rekonstruierbar sind, sondern außerdem in ihrer kommunikativen Funktion kulturbedingt variieren und als solche rekonstruierbar sein müssen. Schütz (1932, 227) spricht in diesem Zusammenhang vom „subjektiven Sinn sozialer Kollektiva“. Was folglich z. B. für die Sprache der Wirtschaft auf theorienbildender Ebene zwischen Wissenschaftlern gilt, wird ebenso für die Kommunikation zwischen Nichtwissenschaftlern sowie zwischen Wissenschaftlern und Laien gelten müssen. Die Schemata der Idealtypen sagen deshalb ebenso etwas darüber aus, worüber kommuniziert wird wie auch rückwirkend über die Benutzer verbaler, para- und nonverbaler Kommunikationselemente im kulturspezifischen Sinne. Die Notwendigkeit eines holistischen Konzeptualisierungsverständnisses von Sprache in diesem Zusammenhang wird aus der ubiquitären Relevanz der Idealtypen verständlich; ein Ansatz, der im Verlauf der vorliegenden Arbeit interdisziplinär weiter entwickelt und im Einzelnen dargestellt werden muss, um dann zu einer Anwendungsrelevanz kognitiver Modelle im Bereich der Wirtschaft zu gelangen.

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3. Kognitionslinguistische Fundierung kulturgebundener Konzeptualisierung 3.1 Konzeptualisierung als Übertragungsvorgang von Bekanntem zu Unbekanntem Der erfahrungstheoretische Ansatz von Schütz weist darauf hin, dass eine interkulturelle Forschung bezüglich des Umgangs mit Sprache nicht losgelöst von Fragen der Alltagswirklichkeit betrieben werden kann. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird aufgrund des kulturtheoretischen Untersuchungsrahmens ein holistischer Sprachbegriff verwendet, der prinzipiell alle Formen verbaler, para- und nonverbaler Ausdrucksmöglichkeiten umfasst. Dies hat dann auch weitreichende Konsequenzen für andere sprachwissenschaftliche Aspekte der vorliegenden Arbeit. Wenn Wissen schlechthin auf Alltagserfahrung beruht, wie im vorigen Kapitel in Anlehnung an Schütz aufgezeigt wurde, dann hat diese Erkenntnis Folgen für alle Formen kommunikativer Tätigkeit. So unter anderem auch für den komplexen Bereich sprachlicher Kommunikation. Wenn außerdem die Erfahrungsverankerung von Wissensbildung und Wissensvermittlung für sämtliche Bereiche kommunikativer Tätigkeit gilt, kann kein methodologischer Unterschied zwischen verbalen, para- und nonverbalen Aspekten von Kommunikation gemacht werden. Gerade für den Bereich interkultureller Forschung hat dies die Konsequenz, dass dann auch für die Erhebung und Beschreibung von Daten ein holistisches Textverständnis verfolgt werden muss, das diese Ebenen sprachlicher Kommunikationstätigkeit methodologisch einheitlich zu behandeln erlaubt. Wenn es möglich ist, methodologisch und funktional einheitlich die verschiedenen Dimensionen sprachlicher Kommunikaktionstätigkeit unter dem kognitiven Primat zu erfassen, hat dies nicht nur Bedeutung für interkulturelle Kommunikationstätigkeit. Außerdem ergeben sich hieraus auch texttheoretische und – wie sich zeigen wird – fachsprachentheoretische Konsequenzen. Neben dem heute noch bestehenden Desiderat eines holistischen Textbeschreibungsmodells können hierdurch interdisziplinär verankerte Kommunikationsstrategien am Beispiel gerade der in der Wirtschaft aktuellen vieldimensionalen kulturgebundenen Kommunikationstätigkeit aufgezeigt werden.12 12

Dies setzt jedoch voraus, dass nonverbale Darstellungsmittel von Texten nicht – als para-textuelle „(Begleit-)Phänome“ (Heinemann/Heinemann 2002, 97) verstanden – aus dem Textberiff ausge-

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Einen methodologischen Ausgangspunkt für diesen interdisziplinären Ansatz bildet die Theorie kognitiver Modelle, wie sie seit dem Standardwerk zur kognitiven Metapherntheorie von Lakoff und Johnson (1980) sowie in der Weiterverarbeitung von Roschs Prototypentheorie durch Lakoffs (1987) Theorie Idealer Kognitiver Modelle (IKMs) und Johnsons (1987) Theorie der BildSchemata bisher entwickelt worden ist. Die kognitive Metapherntheorie als solche braucht heute kaum noch vorgestellt zu werden, da sie in den letzten zwei Jahrzehnten sowohl im Ausland13 als auch in Deutschland14 vielseitig rezipiert und weiterentwickelt worden ist. Allein aus der zunehmenden Rezeption und Weiterentwicklung der Theorie kognitiver Modelle seit dem initialen Werk von Lakoff und Johnson von 1980 wird deutlich, dass es sich hierbei um den Beginn eines ernsthaften Befassens mit kognitionspsychologisch und erkenntnistheoretisch zu vereinbarenden Grundlagen in der Handhabung mit der Interrelation zwischen Kognition und Sprache. Obwohl weder Lakoff noch Johnson sich selbst explizit auf die Erkenntnistheorie von Schütz beziehen,15 wird vor allem über die Frage der ubiquitären Relevanz des in der alltäglichen Erfahrung verankerten Wissenserwerbs, der sich dann auch in den sprachlichen Manifestationsformen zeigt, die erkenntnistheoretische Verwandtschaft zu Schütz deutlich. Dieser bezüglich der Theorie von Lakoff und Johnson auch als Erfahrungsrealismus bezeichnete Grundsatz konzeptueller Modellbildung hat weitreichende Folgen für eine interkulturelle Anwendbarkeit der Theorie von Lakoff und Johnson. Um die interdisziplinäre Relevanz und vor allem die interkulturelle Umsetzbarkeit ihrer Theorie verstehen zu können, muss jedoch zunächst auf einige aus interkultureller Perspektive theoriebildende Grundaspekte der kognitiven Metapherntheorie eingegangen werden, bevor ein ganzheitlich fungierendes und anwendungsrelevantes Konzept kognitiver Modelle im Bereich interkultureller Kommunikationstätigkeit erstellt werden kann. Wie Baldauf (1997) zeigt, ist das ‚Neue‘ an der Metapherntheorie Lakoffs und Johnsons u. a. die Einsicht, dass konzeptuelle Metaphern allgegenwärtig verwenklammert werden, schon gar nicht, wenn von einem funktionalen Textverständnis ausgegangen wird, wie Heinemann/Heinemann es tun. 13

Vgl. Gibbs 1994, Johnson 1992 und 1987, Radden 1992, Lakoff 1990 und 1987, Sweetser 1990, Lakoff/ Johnson 1989 und Kövecses 1986.

14

Vgl. Drewer 2003, Linz 2002, Hübler 2001 und 1989, Baldauf 1997, Jäkel 1997 und 2003, Hundt 1995, Jakob 1991 und Schäffner 1991.

15

Das Fehlen des Aufzeigens von Bezügen zu Vorläufern der kognitiven Metapherntheorie gilt für die gesamte theoretische Fundierung bei Lakoff und Johnson (1980), die in ihrem Werk verschiedene Anleihen von Autoren des 18. bis 20. Jahrhunderts machen, ohne auf diese Forschungstraditionen einzugehen. Vgl. hierzu Hülzer 1987 sowie den Hinweis in Haefliger 1996, 66. Jäkel (1997) diskutiert im Einzelnen die Ähnlichkeiten und Unterschiede zu traditionellen Metapherntheorien.

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det werden, so dass sie scheinbar unbemerkt zur Anwendung kommen. Jäkel (1997 und 2003) formuliert aus dieser Einsicht seine Ubiquitätsthese bezüglich der konzeptuellen Metaphern: „Die sprachliche Metapher ist keine Ausnahmeerscheinung der poetischen Kreativität oder exzessiver Rhetorik. In der ganz gewöhnlichen Alltagssprache (wie auch im fachsprachlichen Expertendiskurs) sind konventionelle Metaphern allgegenwärtig. Damit stellt sich die sprachwissenschaftliche Aufgabe, sie als Bestandteil der allgemeinen Sprachkompetenz zu erfassen.“ (Jäkel 2003, 40) Der ubiquitäre Anspruch der kognitiven Metapherntheorie wird gerade aufgrund des kognitionswissenschaftlichen und erkenntnistheoretischen Prinzips des Erfahrungsrealismus in der Theorie von Lakoff und Johnson einsichtig. Demnach sind Konzeptualisierungen und mit ihnen Metaphern wie auch Metonymien keine ausschließlich sprachlichen Erscheinungen und schon gar nicht sprachliche Sonderformen, wie mittlerweile in der Diskussion über die kognitive Metapherntheorie eingesehen worden ist (Baldauf 1997, Jäkel 1997, Eckardt 2002, Linz 2002, Drewer 2003 sowie das Zitat oben). Lakoff und Johnson erheben den Anspruch, dass die Gedankenleistung des Menschen schlechthin metaphorisch ist: „metaphor is not just a matter of language, that is, of mere words. We shall argue that, on the contrary, human thought processes are largely metaphorical“ (Lakoff/ Johnson 1980, 6; Hervorhebung im Original; vgl. dazu auch die Diskussion in Baldauf 1997, 16f.) Begründet wird diese These durch das Prinzip, dass der Mensch bei der Auseinandersetzung mit Wirklichkeit abstrakte oder vage verbleibende Erfahrungsmomente durch metaphorische Übertragungen aus konkreten Erfahrungsbereichen nicht nur für sich selbst konzeptualisiert und damit dem eigenen Wissen (der inneren Dauer gemäß Schütz) zugänglich macht, sondern auch als Folge hieraus sprachlich metaphorisch konzeptualisiert weitervermittelt. Wichtig ist hierbei die Einsicht, dass die metaphorische Übertragung aus konkreten Erfahrungsbereichen zur Konzeptualisierung abstrakter Zielbereiche immer vom Bekannten zum Unbekannten verläuft, nicht jedoch umgekehrt. Dieses Übertragungsprinzip ist in der Forschung auch als Unidirektionalitätsthese der kognitiven Metapherntheorie bezeichnet worden (vgl. Jäkel 1997 und 2003). Der aus interkultureller Perspektive interessante Bezug zur Theorie von Schütz besteht in der primären Intersubjektivität der Konzeptualisierungen. Da letztere auf Erfahrung beruhen und intersubjektiv zugänglich sein müssen, ist anzunehmen, dass die Sozialisation innerhalb einer Kultur zur Auswahl von Konzeptualisierungen der Wirklichkeit führen, die als solche nicht notwendigerweise kulturübergreifend in identischer Weise kommunikativ relevant sein können. Dies wurde aufgrund der Notwendigkeit einer gemeinsamen Wir-Beziehung zwischen Ich und alter ego bei Schütz

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aufgezeigt, was kulturell gemeinsame bzw. gleichwertige Erfahrungen einer vergleichbaren raumzeitlichen Entwicklung von Ich und alter ego voraussetzte, d.h. einen gemeinsamen diachronen Kulturkontext der Welterfahrung. Das Prinzip der Übertragungsrichtung von konkretem Ursprungsbereich zu abstraktem Zielbereich bei der Bildung kognitiver Metaphern ist auch kritisch hinterfragt worden. Lakoff und Johnson veranschaulichen ihre Theorie u. a. mit dem Beispiel ARGUMENT IS WAR. Demnach wird der abstrakte Zielbereich – engl. ARGUMENT (Streitgespräch, Argumentation, Diskussion) – in dieser metaphorischen Übertragung mit dem konkreten Erfahrungsbereich WAR (Krieg) konzeptualisiert. In der Kritik ist angemerkt worden, dass Kriegserfahrung kaum für den alltäglichen Erfahrungsbereich bekannter und konkreter sein könnte als Streitgesprächs-, Argumentations-, Debattierungs- oder Diskussionserfahrung. Die meisten von uns haben ihre Kriegserfahrung höchstens in indirekter Form durch massenmediale Vermittlung gemacht, nicht jedoch als eigene physische Erfahrung. Dagegen werden den meisten unzählige Diskussionserfahrungen aus dem Alltag bekannt sein. Weshalb sollte dann die Kriegserfahrung den ‚bekannten‘ Ursprungsbereich dieser konzeptuellen Metapher ausmachen? Aus interkultureller (und phänomenologischer) Perspektive ist die Antwort von Lakoff und Johnson (1982) interessant. Demnach werden nicht alle metaphorisch gerauchten ‚Grunderfahrungen‘ von den Sprechern einer Sprachgemeinschaft selbst – das heißt in direkter persönlicher Erfahrung – gemacht, sondern werden im Zusammenhang des Sprachlern- und Enkulturationsprozesses über kulturelle Konventionen als indirekte Wirklichkeitserfahrung kennen gelernt; im Falle des Zielbereichs von Krieg – wenn nicht durch eigene Erlebnisse – über die Erlebnisse vorheriger Generationen sowie über die massenmediale Vermittlung. Diese traieren Erfahrungen gehen wiederum alle auf ursprünglich gemachte konkrete Erfahungen zurück.16 Entscheidend für die Zuordnung zweier Bereiche (Ursprungs- und Zielbereich der metaphorischen Übertragung) ist die entweder direkte oder indirekte Erfahrung dieser beiden Bereiche als eine jeweilige „Erlebniseinheit“ (Coenen 2002, 212).17 An diesem Punkt zeigt sich eine Verbindung zur Theorienbildung in der interkulturellen Kommunikation. Das Phänomen der tradierten Übermittlung von Erfahrung ist im Bereich interkultureller Forschung als kollektives Gedächtnis bekannt. Wie Bolten (2007b) zeigt, stellt sich das kollektive Gedächtnis als einen Rahmen von Handlungsschemata dar, der nicht nur als kultureller Wissensvorrat dem Individuum im Zuge der Enkulturation zur Verfügung steht, sondern auch 16

Vgl. Lakoff/Johnson 1982, 5 sowie die Diskussion der Kritik zu Lakoff/Johnson in dieser Sache in Baldauf 1997, 17f.

17

Vgl. zum obigen Beispiel auch die Diskussion in Rolf 2005, 236ff.

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seinerseits wiederum die Auswahl neuen Wissens beeinflusst. Hier kommt die Chronizität der Schemata zum Ausdruck, die nicht unveränderlich sind. Wie Schütz zeigte, ist die diachrone Veränderbarkeit der Schemata jedoch nicht arbiträr, sondern erfahrungsbedingt. Die Erwartungshaltung des Einzelnen in Bezug auf neue Situationen wird durch den Wissensvorrat gespeicherter Erfahrungen geprägt und kann als Netzwerk von Schemata verstanden werden: „Es [das Netzwerk] stellt ein Reservoir an Erfahrungen bereit, auf das die nachfolgenden Benutzer-Generationen notwendigerweise zurückgreifen müssen, um eigene Erwartungen formulieren und eigene, neue Erfahrungen sammeln zu können. Diese neuen Erfahrungen werden an den bestehenden Wissensvorrat angedockt, womit sie ihn erweitern beziehungsweise diversifizieren. Für das Nutzerkollektiv bildet sich dergestalt sukzessive ein Traditionszusammenhang heraus, der insofern Verbindlichkeit erlangt, als er im Sinne eines Gedächtnisses oder Archivs die Basis darstellt, von der aus die Mitglieder des Kollektivs alle künftigen (und wiederum erfahrungsleitenden) Erwartungen an Sinnhaftigkeit, Normalität und Plausibilität formulieren werden.“ (Bolten 2007b, 63f.) Das obige Zitat liest sich wie eine programmatische Fundierung kultureller Verankerung kognitiver Schemata. Was schon im vorigen Kapitel als Wechselbeziehung zwischen konzeptueller Alltagserfahrung (Welt) und Problemlösungsstrategien (anwendungsorientiertes Wissen) als epistemologischer Grundsatz aufgezeigt wurde, ist auch in übertragener Weise als Grundsatz im internationalen Management wiederzufinden: Das von Dülfer (1999) im Rahmen der Management-Forschung aufgestellte Schichtenmodell basiert auf Grundsätzen, die auch für die kognitive Metapherntheorie als fundamental angesehen werden können. Unabhängig davon, ob ein enger oder weiter Kulturbegriff verwendet wird, werden kulturelle Ausprägungen – sei es in Form von technologischer Entwicklung, Wertvorstellungen im weitesten Sinn, sozialen Beziehungssystemen oder rechtlich-politischen Normen – in initialer Weise von den natürlichen Umweltbedingungen geprägt (s. nächste Seite):

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Abb. 1: Modifiziertes Schichtenmodell der Umweltberücksichtigung nach Bolten 2007a, 42, in Anlehnung an Dülfer 1999, 221 Die alltägliche Lebenserfahrung in diesen „natürlichen Gegebenheiten“ stellt u. a. mit den klimatischen und topografischen Bedingungen die konkrete Handlungsvoraussetzung für abstraktere und damit kulturell determinierte Sozialisations- und Kommunikationsgrößen dar. Entscheidend aus der Sicht der vorliegenden Arbeit ist hier, dass der im obigen Modell gekennzeichnete Bereich der natürlichen Gegebenheiten als Einwirkungsgrößen auf Kulturdimensionen 1) durch Konkretheit

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gekennzeichnet ist und 2) als Wirkungsvoraussetzung für die darüber liegenden abstrakteren Ebenen der Kulturdimensionen fungiert. Der daraus entstehende Wirkzusammenhang zwischen konkreter Alltagserfahrung und sprachlichem Handeln als Konzeptualisierung dieser Erfahrung zeigt sich im obigen Modell in der wechselseitigen Beeinflussung der verschiedenen Ebenen. So können auch die natürlichen Bedingungen konkreter Welterfahrung ihrerseits durch diachrone Kulturentwicklungen beeinflusst werden (t in der obigen Darstellung). Werden konkrete Alltagserfahrungen verändert, so hat dies wiederum Einfluss auf die weitere Entwicklung kultureller Dimensionen u. s. w. Aufgrund dieses Wechselverhältnisses zwischen konkreten Gegebenheiten der Welterfahrung und abstrakteren kulturellen Ausprägungen wird der diachrone Wandel kultureller Dimensionen verständlich. Die Erfahrungsvermittlung zwischen den verschiedenen Erfahrungsebenen, im Sinne des obigen Modells, geschieht vor allem anhand von Sprache. Somit wird Sprache zum zentralen Kommunikationsinstrument für Erfahrungs- bzw. Sinnvermittlung überhaupt. Die Konkretheit alltäglicher Welterfahrung in Form von Konzeptualisierung geht ebenso in Sprache ein wie die Fähigkeit, anhand von Sprache Aussagen über abstrakte Entitäten vollziehen zu können. Sowohl alltagsals auch wissenschaftssprachliche Begriffsbildung nimmt dabei ihren Anfang in Alltagserfahrungen des Menschen. Dies ist nicht nur ein rein sprachliches Phänomen, wie schon in Kap. 2 gezeigt werden konnte. Somit kann mit Budin (1996, 24) konstatiert werden, dass auch „wissenschaftliche Erkenntnis immer auf Alltagserfahrung aufbaut“. Sprache enthält als Kommunikationsvehikel u. a. sowohl konzeptuelle Konkretheit wie auch referentielle Abstraktheit. Dies ist ein gesamtsprachliches Phänomen, das ebenso Konsequenzen für alltagssprachliche wie auch für fachsprachliche Theorienbildung nach sich zieht (Schmidt 2001a). In welcher Form dies in seiner Kulturgebundenheit realisiert werden kann, soll im Verlauf der vorliegenden Arbeit gezeigt werden. Für eine interdisziplinäre kulturtheoretische Untersuchung von Wirtschaftskommunikation ist es besonders interessant, dass die Konzeptualisierungsfunktionen von Sprache, wie sie im weiteren Verlauf dargestellt werden, ebenso für das handelnde Individuum im Bereich der Landeskultur als auch für den Manager im unternehmenskulturellen Kontext (für den das obige Modell ursprünglich von Dülfer geschaffen wurde) zutrifft. Daraus ergeben sich dann u. a. auch Konsequenzen für das Kommunikationsmanagement in der Wirtschaft, das entgegen bisheriger Tradition nicht mehr Theorienentwicklung ohne eine systematische Einbeziehung der sprachlichen Dimension leisten kann. Voraussetzung hierfür ist allerdings das sprachwissenschaftliche Zugänglichmachen dieser Möglichkeiten, was von der Betriebswirtschaftslehre allein nicht geleistet werden kann und eines der Anliegen der vorliegenden Arbeit darstellt.

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3.2 Kognitionsmetaphorische Konsequenzen Die interdisziplinäre Verwandtschaft zwischen kognitiver Linguistik, interkultureller Kommunikation und internationalem Management ergibt sich aus dem systembildenden Zusammenhang zwischen Alltagserfahrung und der Handlungsmotivation im weitesten Sinne. Die hieraus entstehende „Erfahrungs-ErwartungsDialektik“ (Bolten 2007a, 39), die neues Wissen auf der Basis von vorhandenem Wissen auswählt, kann nicht nur didaktisch im institutionellen Rahmen, sondern auch im konkreten interkulturellen Umgang in der Wirtschaft gewinnbringend umgesetzt werden, wenn es gelingt, die zu einem Handlungsbereich gehörenden Netzwerke kognitiver Schemata kulturspezifisch einzugrenzen. Die kulturelle Dynamik, die Bolten aus der Interaktion zwischen konventionalisierten Schemata und individueller Realisierung dieser Schemata prognostiziert, lässt sich in dieser Form auch bezüglich der kognitiven Metapherntheorie aufrecht erhalten. So ist anzunehmen, dass grundlegende Schemata in unterschiedlicher Form sprachlich metaphorisiert in einer Sprachgemeinschaft zur Anwendung kommen können. Hierauf wird weiter unten im Zusammenhang mit der Funktion der Bild-Schemata einzugehen sein. Wie Jäkel (1997) zeigt, kann die Unidirektionalitätsthese der metaphorischen Übertragungsrichtung nicht als ausschließliche Übertragung von konkretem Ursprungsbereich zu abstraktem Zielbereich aufrecht erhalten werden. Vielmehr zeigt Jäkel anhand von verschiedenen Zitatquellen bei Johnson und Lakoff, dass es weniger um ein antonymisches Verhältnis zwischen physisch Konkretem einerseits und Abstraktem andererseits geht, sondern in einem weiteren Verständnis der Unidirektionalitätsthese vielmehr um ein Kontinuum. So kann nach Lakoff/Johnson (1980) auch weniger Konkretes durch ein Mehr an Konkretem zum Ausdruck gebracht werden. Ebenso weist Lakoff (1993) darauf hin, dass etwas relativ Abstraktes durch etwas mehr Konkretes zum Ausdruck gebracht werden kann (vgl. Jäkel 1997, 58). Nach Jäkel (1997, 60) muss das Verhältnis zwischen Konkretem und Abstraktem nicht nur als Kontinuum einer „graduellen Abstraktheit“ aufgefasst werden, sondern außerdem in einen größeren Zusammenhang gestellt werden, der auch Spezial-Metaphern, die umgekehrt als Übertragung von Abstraktem zu Konkretem fungieren, umfassen kann. Wie Jäkel zeigt, vermag die kognitive Metapherntheorie auch diese seltene Form der Metaphorisierung zu erklären, da diese Metaphern auf dem Prinzip der Übertragung von Bekanntem zu Unbekanntem fungieren (vgl. Jäkel 1997, 60ff.). Für die Unidirektionalitätsthese kann daher festgehalten werden, dass sie im weiten Sinne auf dem Prinzip der Übertragungsrichtung von Bekanntem auf Unbekanntes fungiert und auf dieser Basis das ganze Spektrum metaphorischen Sprechens von sogenannten ‚toten‘ Metaphern über konventionelle Metaphern bis hin zu Spezialmetaphern umfassen

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kann. Unter ‚toten‘ Metaphern werden metaphorische Ausdrücke verstanden, die ursprünglich aus einer metaphorischen Konstruktion entstanden sind, im Laufe der Zeit zu einem derart festen Bestandteil alltäglichen Sprechens geworden sind, dass sie in das lexikalisierte System einer Sprache aufgenommen worden sind. Als ‚tot‘ werden diese Metaphern deshalb bezeichnet, weil der metaphorische Gehalt in der Referenz auf die Dinge in der Welt scheinbar verschwunden ist, wie z. B. im Begriff Stuhlbein, in dem die Referenz auf den menschlichen Körper als Ausangsereich für diese metaphorische Übertragung nicht im alltäglichen Sprechen aufgrund von Automatisierung realisiert wird. Unter kognitionsmetaphorischem Aspekt stellen konventionelle Metaphern weder funktional noch konzeptuell andere sprachliche Erscheinungen als ‚tote‘ Metaphern dar, da bei konventionellen Metaphern die Übertragung von einem Ausgangsbereich als Bildspender der Metapher auf einen Zielbereich nicht anders verläuft. Konventionell ist hierbei die allgemeine bewusste Akzeptanz einer metaphorischen Übertragung in einer Gemeinschaft. Ebenso sind Spezialmetaphern oder innovative Metaphern dem gleichen Prinzip des metaphorischen Übertragungsvorgangs zwischen Ausgangsund Zielbereich unterworfen, zeichnen sich durch besonders markante oder neuartige – d. h. so in der Gemeinschaft noch nicht sozialisierte – Übertragungen von Ausgangs- zu Zielbereich aus. Innovative Metaphern können im Laufe der Zeit zu konventionellen Metaphern werden, wenn sie sich entsprechend in einer sozialen Gemeinschaft (die auch unabhängig von einer landessprachlichen Dimension gesehen werden kann) etabliert haben, wie z. B. im Falle des metaphorischen Ausdrucks Schwarze Löcher,18 bei dem räumliche und farbliche konkrete Alltagserfahrungen auf bisher noch nicht eindeutig zu klärende Phänomene der Astro-Physik angewandt werden. Konzeptuell stellen somit die unterschiedlichen Metapherntypen unterschiedliche Positionen auf einer Konventionalisierungs-Skala dar, die wiederum das jeweilige Resultat von Sozialisationsprozessen ist (Ruthrof 1997, 147; Nöth 2000, 346ff.). In ihrer konzeptuellen Verankerung fungieren alle diese verschiedenen metaphorischen Erscheinungsformen in gleicher Weise. In dem weiten Unidirektionalitätsbegriff ist ein engeres Unidirektionalitätsverständnis inbegriffen, das zusätzlich zum Prinzip der Übertragungsrichtung von Bekanntem auf Unbekanntes auch die Übertragung von Konkretem auf Abstraktes sowie von Konkretem auf Konkretes umfassen kann, was gemäß Jäkel (1997) wie folgt veranschaulicht werden kann:

18

Zur wissenschaftlichen Analogiebildung besonders im Themenbereich der ‚schwarzen Löcher‘ aus kognitionsmetaphorischer Sicht s. Drewer 2003.

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Metaphern Bekanntes  Unbekanntes

KONVENTIONELLE METAPHERN

Physisch/Konkretes  Abstraktes

SPEZIAL-METAPHERN

Abstraktes  Konkretes Ego/Mensch  Objekt/Welt

(Ursprungsbereich  Zielbereich) Abb. 2: komplexes Unidirektionalitätsmodell (Jäkel 1997, 60) Gemeinsam für alle Übertragungstypen in Abb. 2 ist das Prinzip der Erfahrungsverankerung der Ursprungsbereiche. Die meisten Beispiele kognitiver Metaphern lassen sich aus der Übertragungsgruppe von physisch Konkretem auf Abstraktes auch für den Bereich der Wirtschaft finden. So ist die kognitive Metapher MANAGEMENT IST EIN BAUWERK kennzeichnend für die deutsche Organisationstheorie, die Managementebenen als Pyramiden konzeptualisiert, ausgedrückt in Begriffen wie z. B. ‚Aufbauorganisation‘ oder ‚Managementpyramide‘. Die Übertragung Ego/ Mensch auf Objekt/Welt findet sich ebenso in diesem Fachbereich, z. B. in Formulierungen wie ‚der Kopf der Pyramide‘. Weiter unten in Kap. 8 werden im Einzelnen solche Erscheinungen in der Organisationstheorie auf der Basis empirischer Untersuchungen eingehender diskutiert. Die – wenn auch eher selten anzutreffende – Übertragung von Abstraktem auf Konkretes veranschaulicht Jäkel anhand des Engels-Zitats „In der Familie ist der Mann der Bürger und die Frau der Proletarier“ (Jäkel 1997, 63). Auch in diesem Fall unterliegt diese Metaphorisierung dem Prinzip der Direktionalität von Bekanntem zu Unbekanntem, da der zeitlebens unverheiratet gebliebene politische Ökonom Friedrich Engels das für ihn aus eigener Erfahrung nicht bekannte Phänomen der Ehe mit den für ihn sehr vertrauten marxistischen Begriffskategorien ausdrückt.

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Wie Jäkel richtig anmerkt, ist ein volles Verständnis dieses Zitats kaum ohne eine Kenntnis der marxistischen Gesellschaftstheorie möglich. Diese Form der Metaphernbildung kann aufgrund ihrer erst über Zwischenstufen herleitbare Wirklichkeitsverankerung einer spezifischen ‚inneren Dauer‘ (hier die von Engels) als eher selten bezeichnet werden und dürfte für den interkulturellen Kommunikationsbereich der Wirtschaft – wenn überhaupt – nur eine sehr marginale Rolle spielen. Ein aus interkultureller Perspektive weiteres wichtiges Grundelement der Theorie von Lakoff und Johnson ist die Tatsache, dass bei der Übertragung von konkretem Ursprungsbereich zu abstraktem Zielbereich immer nur Teilaspekte des konkreten Ursprungsbereichs für die metaphorische Übertragung konzeptualisiert werden. Welche Teilaspekte konkreter Lebensweltlichkeit für die konzeptuelle Übertragung von Ursprungs- zu Zielbereich ausgewählt werden, hängt von der Art der Wirklichkeitserfahrung ab. In diesem Punkt ist ein weiterer kulturtheoretischer Anspruch der Metapherntheorie Lakoffs und Johnsons begründet. Da die Sozialisation als Rahmen der Wir-Beziehung als bestimmend für die Relevantsetzung von Wirklichkeitserfahrungen angesehen werden kann, ergibt sich hieraus für die Frage der Auswahl der Teilaspekte konkreter Erfahrungswirklichkeit für die metaphorische Übertragung die These, dass diese Auswahl den raumzeitlichen Bedingungen der Wir-Beziehung unterworfen sein müssten. Ist dies der Fall, so lässt sich schon an dieser Stelle die These aufstellen, dass folglich die metaphorischen Übertragungen von Ausgangs- zu Zielbereich konzeptuell von Kultur zu Kultur variieren müssten. Im Unterschied zur Theorie von Benjamin L. Whorf und in Anlehnung an Schütz kann deshalb konzeptuelles Denken nicht als eine Konsequenz aus der Sprachentwicklung aufgefasst werden (vgl. Whorf 1956, 158), denn sprachliche Erscheinungsformen sind phänomenologisch wie auch kulturtheoretisch eher als Folge denn als Auslöser von Konzeptualisierungen aufzufassen. Konzeptuelles Denken kann daher aufgrund von diachronen Entwicklungen im Prozess der Enkulturation als ein Phänomän gefasst werden, das auch immer an Sozialisationsentwicklungen gebunden ist. Der hierdurch vorhandene Kulturbezug von Sprache umfasst daher aus interkultureller Perspektive neben der synchronen Dimension auch immer die diachrone. Dies ist ein ganz wesentlicher Aspekt, der sich aus der kognitiven Theorie der Metapher ergibt, welche erst in ihrer kulturtheoretischen Dimension den Vorwurf der Zirkularität in der Erklärungsleistung des Verhältnisses zwischen Sprache und Denken aufheben kann. Nach diesem Vorwurf versuche die kognitive Metapherntheorie anhand der Sprache das Denken zu erklären, um dann in einem nächsten Schritt wieder durch das Denken die Sprache zu erklären. Erweitert man die Untersuchungsperspektive von der dyadischen Beziehung zwischen Sprache und

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Denken (letzteres als Konzeptualisierung) zu einer triadischen, indem die kulturtheoretische Dimension hinzugenommen wird, lässt sich der Vorwurf der Zirkularität für die kognitive Metapherntheorie nicht mehr aufrecht erhalten. Dabei muss allerdings angemerkt werden, dass Lakoff und Johnson den Kulturbezug bestenfalls programmatisch angenommen, nicht jedoch aufgezeigt haben. Dies hat sich dann in der nachfolgenden Diskussion um die kognitive Metapherntheorie so ausgewirkt, dass eine kulturtheoretische Dimension nur vereinzelt und erstaunlich spät in die Theoriendiskussion eingegangen ist; und dann i.d.R. aus monokultureller oder prinzipieller Perspektive (vgl. Kövecses 1986, Gibbs/Steen 1999, Lakoff/ Johnson 1999). So bewegen sich Publikationen zur kognitiven Metapherntheorie bis heute weitestgehend im eigenen muttersprachlichen Kontext der Autoren. Eine interkulturelle bzw. kulturvergleichende (cross-kulturelle) Forschung im Rahmen der kognitiven Metapherntheorie steht noch aus. Sie ist deshalb Anliegen der vorliegenden Arbeit. Wie die vorliegende Arbeit zu zeigen versucht, ist die kulturtheoretische Dimension sowohl in ihrer cross-kulturellen als auch interkulturellen Ausrichtung notwendig, um zu kulturrelevanten und umsetzbaren Einsichten in den für die vorliegende Arbeit aktuellen Handlungsbereich der Wirtschaft zu gelangen. Hierdurch können u. a. auch Grundlagen verschiedenster Problemlösestrategien im Bereich des Kommunikationsmanagements aufgezeigt und die interdisziplinäre Verkettung zwischen Sprachwissenschaft, Kulturtheorie und Wirtschaft aufgezeigt werden. Anhand dieses pragmatischen Bezugs der kognitiven Metapherntheorie im Verbund mit anderen hier vorgestellten kognitionslinguistischen Ansätzen kann das Problem der Zirkularität gelöst werden. Sprache wird somit nicht um ihrer selbst Willen untersucht, sondern im Sinne von Schütz als Teil eines Sozialisationskontextes. Wenn daher vom Kommunikationsmittel (verbal wie nonverbal; vgl. Kap. 5) über Konzepte auf Kulturspezifika geschlossen wird, ist dies als methodischer Weg zu verstehen. Methodologisch ist für die Umsetzung der Ergebnisse im Bereich der Wirtschaft auch die umgekehrt verlaufende Verfahrensweise nicht auszuschließen. Nur handelt es sich hier um zwei funktional unterschiedliche Wirkungsrichtungen mit entsprechenden Unterschieden in der Aussagefunktion, weshalb sie sich dem Zirkularitätsvorwurf entziehen. Unter dem semiotischen Primat in der Tradition C. S. Peirces, dass ein Kommunikationsmittel immer ein Zeichen ist, dessen (prinzipiell unendlich verlaufender) Semioseprozess immer auf eine raumzeitliche Dimension – das praktische Leben – zurückführbar und in diesem Sinne potentiell begrenzbar ist (Nöth 2000, 64f.), stellt sich auch die kognitive Metapherntheorie in eine erkenntnistheoretische Linie, die in der semiotischen Tradition von Peirce steht (Näheres dazu in Kap. 7).

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Denken wird in diesem Fall als konzeptuelles Ordnen von Welt verstanden. Haefliger (1996) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass trotz der kulturspezifischen Ausprägung von Konzeptualisierungen diese ohne weiteres auch innerhalb einer Kultur variieren können, was jedoch keine Beliebigkeit in der Metapherntheorie von Lakoff und Johnson ausmacht. Vielmehr entspricht dies dem Differenzierungsbedürfnis jeder kulturellen Gemeinschaft, so dass z. B. so unterschiedliche Konzeptualisierungen wie ARGUMENT IS A JOURNEY, ARGUMENT IS A BUILDING oder ARGUMENT IS WAR ein Ausdruck für eine bestimmte kognitive Bewältigung von Argumentationserfahrungen innerhalb einer Kultur (in diesem Falle im angloamerikanischen Sprachbereich) ist (vgl. Haefliger 1996, 62f.). Jedoch kann Haefliger nicht zugestimmt werden, wenn er behauptet, die kognitive Metapherntheorie von Lakoff und Johnson könne das Kreativitätsphänomen neuer Metaphern nicht erklären. Gerade in dieser kulturtheoretischen Verankerung steckt sowohl das Erklärungspotential konzeptueller Metaphern als auch der Motor für konzeptuelle Kreativität aufgrund sich verändernder Lebenserfahrungen, was wiederum zur Entstehung neuer Metaphern führt. Dies zeigt sich neben diachron sich verändernden landeskulturell konventionalisierten Metaphern unter anderem auch in der unternehmenskulturellen Einbettung bewusst vollzogener metaphorischer Konzeptualisierungen in Form von Neuschöpfungen. Durch die kulturtheoretische Integrierung der Theorie Lakoffs und Johnsons wird es möglich, auch die Innovativität und Kreativität neuer Metaphern im Rahmen eines kulturtheoretischen Rahmens zu erklären. Gerade weil auch neue Metaphern das Potential haben, Wirklichkeitserfahrungen (seien sie wirklich gelebt oder fiktiv entworfen) zu bewältigen, ist Kreativität nur innerhalb eines kulturellen Rahmens möglich. Wie wichtig diese Einsicht auch aus unternehmenskultureller Sicht ist, wird weiter unten anhand der Untersuchungen zum Markenimage (vgl. Kap. 9) empirisch dargestellt. Aufgrund des ubiquitären Anspruchs der Wirklichkeitsbewältigung anhand von kognitiven Modellen kann gefolgert werden, dass diese nicht nur für die Alltagssprache, sondern ebenso für Fachsprachen relevant sind, die dadurch eine kulturspezifische konzeptuelle Verankerung haben müssten. Bisherige fachsprachliche Analysen auf der Basis der kognitiven Metapherntheorie sind vor allem aus intrakultureller Perspektive durchgeführt worden (Jakob 1991 und 1998, Jäkel 1997 und 2003 sowie Eckardt 2002). Auch wird aufgrund eines universalistischen Fachsprachenverständnisses eine kulturtheoretische Verankerung der kognitiven Metaphernheorie und ihrer möglichen kulturdependenten Konzeptualisierungen (auch wissenschaftlicher Kulturen) außer Betracht gelassen (Drewer 2003). Oder es wird jegliche Kulturdependenz metaphorischer Konzeptualisierung aufgrund eines solchen Fachsprachenideals verneint (Hundt 1995).

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Aufgrund des bisher in der vorliegenden Arbeit Dargestellten kann gefolgert werden, dass über Sprache zentrale Konzeptualisierungen einer kulturellen Gemeinschaft zum Ausdruck kommen können, sei dies in einer landes- oder unternehmenskulturellen (oder anders gelagerten kulturtheoretischen) Dimension. Für das Kommunikationsmanagement von Unternehmen ist besonders interessant, dass – metaphorologisch betrachtet – der Innovativität und Kreativität im Prinzip keine Grenzen gesetzt sind und Konzeptualisierungen methodisch einheitlich im Rahmen der kognitiven Metapherntheorie gefasst und kommuniziert werden können. Metaphorologisch wird in der vorliegenden Arbeit – im Unterschied zu ‚metaphorisch‘ – in Anlehnung an Hans Blumenberg (1960) als der Bezug des metaphorischen Sprechens zur Lebenswelt verstanden, was im konzeptuellen Sinn weit über das begriffliche Niveau einzelner Metaphern hinausgeht. Metaphern als Konzeptualisierungen sind folglich immer an eine Lebenswelt sozialer Gemeinschaften gebunden, unabhängig davon, in welcher Weise die Grenzen einer sozialen Gemeinschaft gezogen werden.19 Entscheidend ist hier als Auslöser von Konzeptualisierung wiederum die Erfahrung, die vor allem unbewusst als Motor für die Ausprägung konzeptueller Metaphern fungiert. Somit ist eine einzelne Metapher mehr als ein Begriff. Sie hat im Verlauf der erfahrungsbedingten Wirklichkeitsbewältigung modellbildende Funktion, denn sie ist „deutlich charakterisiert als Modell in pragmatischer Funktion“ (Blumenberg 1960, 10). Als die systematische (und systematisierbare) Verbindung zwischen der Konzeptualisierung von Welt (im Sinne des Erfahrungsrealismus) und dem Sprachgebrauch sucht die Metaphorologie über die metaphorische Sprechweise „an die Substruktur des Denkens heranzukommen“ (Blumenberg 1960, 11), was auch das unbewusste Verwenden von kognitiven Modellen einschließt. Wie Jäkel in diesem Zusammenhang richtig anmerkt, befindet sich an diesem Punkt die erkenntnistheoretische Verwandtschaft der philosophisch orientierten Metapherntheorie Blumenbergs zur kognitiven Theorie der Metapher. Aus interkultureller Perspektive ist in diesem Zusammenhang relevant, dass die durch das kognitive Verarbeiten von Erfahrung (das ‚Denken‘ im Sinne Blumenbergs) entstehenden metaphorischen Modellvorstellungen grundsätzlich als kulturelle Modelle fungieren können (vgl. Jäkel 1996, 130). Diese Modelle sind deshalb nicht idiosynchratisch, weil sie als kulturelle Modelle immer durch ein größeres Ganzes sozialer Erfahrung geprägt sind. Metaphorologie in diesem Sinne untersucht „kulturelle Differenzierungen wie auch psychologische und soziale Zusammenhänge“ (Haefliger 1996, 39). Im metaphorologischen Sinn weist folglich ein einzelner 19

Dies ist eine ganz wesentliche Feststellung, welche Konsequenzen u. a. auch für das heutige Kommunikationsmanagement im Verhältnis zwischen z.B. Unternehmenskulturen und Vermittlungsweisen von Unternehmenswerten nach sich zieht.

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metaphorischer Ausdruck immer über sich selbst hinaus auf erfahrene Realität,20 weshalb hier – vereinfacht ausgedrückt – über Sprache ein Zugang zu Kultur im obigen Sinne erreicht werden kann. Sprachliche Konzeptualisierung wird so in ihrer metaphorologischen Fundierung zu einem entscheidenden Zugang zu Fragen der kulturbedingten Erfahrung – aber auch der kulturbedingten (im weitesten Sinne) Beeinflussbarkeit. In welcher Form kulturelle Variationen in den verschiedenen Dimensionen sprachlicher Manifestationsformen (verbal, para- oder nonverbal) auftreten können und für eine Theorie kulturübergreifender Verständigungsmöglichkeit gewinnbringend umgesetzt sowie für eine Weiterentwicklung der Theorie interkultureller Kommunikation sowohl im Bereich der Landes- als auch der Unternehmenskultur angewandt werden können, ist Ziel dieser Arbeit herauszufinden. Bevor auf die Art der kulturspezifischen Anwendbarkeit kognitiver Modelle eingegangen werden kann, muss die Funktion der Metaphorik und anderer modellbildender Kognitionen im Konzeptualisierungsprozess näher behandelt werden. Dies ist umso wichtiger, weil kognitive Modelle nicht ausschließlich an einen Metaphorisierungsprozess als solchen gebunden sind, wenn auch dieser eine zentrale Funktion im Prozess der Bedeutungsbildung einnimmt, wie sich zeigen wird. Neben den indirekten Propositionen durch metaphorische und metonymische Modellbildung wird auch auf propositionale Konzeptualisierungen und ihre Verbindung zu nichtpropositionalen Übertragungsprozessen anhand der zentralen Rolle der Bild-Schemata für die Erstellung kulturgebundener kognitiver Modelle einzugehen sein. Erst dann kann die erfahrungsbedingte Verankerung und kulturtheoretische Anwendbarkeit der kognitiven Metapherntheorie Lakoffs und Johnsons in ihrer völligen Breite im Wechselspiel zwischen Kultur und Sprache einsichtig gemacht und einer interdisziplinären Umsetzung näher gebracht werden.

3.3 Der Konzeptbegriff in seiner kulturtheoretischen Dimension Nachdem bisher die Übertragungslogik der konzeptuellen Metapher als Instrument der konzeptuellen Verarbeitung von Erfahrungswirklichkeiten dargestellt worden ist, muss an dieser Stelle genauer auf die verschiedenen Stufen im Metaphorisierungsprozess eingegangen werden. Weiterhin muss gerade aus der Perspektive eines holistischen Konzeptualisierungsmodells von Sprache heraus das Zusam20

Vgl. Blumenberg 1960, 20f. Blumenberg 1979, 77 und 84, verwendet in diesem Zusammenhang den Terminus „Lebenswelt“.

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menspiel zwischen non-propositionaler und propositionaler Konzeptualisierung beleuchtet werden. Wenn der Ubiquitätsanspruch der kognitiven Metapherntheorie ernst zu nehmen ist, dann muss sie auch in der Lage sein zu zeigen, inwieweit eine interdisziplinär verankerte Theorie der Konzeptualisierung nicht allein im propositionalen Bereich verharrt. Vor allem im Zusammenspiel zwischen kognitiver Metapherntheorie, Prototypentheorie und Kulturtheorie wird sich im weiteren Verlauf die praktische Relevanz dieses Anspruchs zeigen. Dabei muss näher auf den Konzeptbegriff als solchen eingegangen werden. Dies ist notwendig, nicht nur weil der Konzeptbegriff mittlerweile in sowohl kognitionslinguistischen, kognitionspsychologischen wie auch interkulturellen Untersuchungen eine extensive Anwendungspraxis erfahren hat. Darüber hinaus wird der Konzeptbegriff i.d.R. vage verwendet. Die Vagheit des Konzeptbegriffs betrifft auch das Initialwerk zur kognitiven Metapherntheorie von Lakoff und Johnson, Metaphors we live by, von 1980. Diese begriffliche Vagheit in Lakoff und Johnson 1980 ist dann auch Ursache für die Kritik gegen dieses Werk gewesen.21 Mittlerweile ist, nicht zuletzt durch die wichtigen Weiterbearbeitungen dieser Theorie in Lakoff 1987 und Johnson 1987, in der Auseindersetzung mit der kognitiven Metapherntheorie klar geworden, dass das Initialwerk von 1980 keine fertige Theorie bieten konnte, sondern den Beginn eines Neuansatzes in der Frage der Konzeptualisierung und Vermittelbarkeit von Erfahrungswirklichkeit darstellt. So hat sich die Theorie zum Bereich kognitiver Modellbildung in den letzten 20 Jahren ständig weiterentwickelt. Hierzu gehört auch der Konzept-Begriff bzw. die Konzeptualisierung von Welterfahrung. Da die Frage der Konzeptualisierung zentral für die interkulturelle Dimension der vorliegenden Arbeit ist, muss dieser Begriff im Rahmen seiner kognitionsmetaphorischen Anwendungsmöglichkeit für die vorliegende Arbeit näher erläutert werden. Die erkenntnistheoretische Verwandtschaft zu Schütz ergibt sich u. a. durch die auch für Lakoff und Johnson zentrale Funktion der Körperlichkeit als Grundlage von Welterfahrung (vgl. näher dazu Kap. 3.4 unten). So muss eine Theorie der Bedeutungserstellung nach Johnson dem Phänomen der verkörperlichten und kognitiven Strukturen des Verstehens Rechnung tragen können.22 Aus interkultureller Perspektive ergibt sich hier sofort eine der Grundfragen interkultureller Theorienbildung überhaupt; nämlich die Frage nach der Art des Verhältnisses zwischen Universalität und Kulturspezifik in der Konzeptualisierung von Welt. Diese Frage ist für eine Weiterentwicklung des kognitiven Paradigmas in den Sozialwissenschaften als Alternative sowohl zum Positivismus als auch zum Subjektivismus von entscheidender Bedeutung. Wenn auf diese Frage eine 21

Vgl. zur Rezeptionswirkung von Metaphors we live by Baldauf 1997, 28f.

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Vgl. Johnson 1987, XIII und Lakoff 1987, 153f.

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Antwort gefunden werden kann, dann kann auch die weiter oben dargestellte sekundäre Intersubjektivität als die aus interkultureller Perspektive entscheidende Stufe des Sich-Verständlich-Machens über Konzeptualisierungen praxisrelevant umgesetzt werden. Johnson selbst unterscheidet nicht den universalen vom kulturspezifischen Aspekt in seiner Theorie. Er verwendet zwar ein weites Verständnis von Welterfahrung, jedoch in seiner Definition von Erfahrung werden beide obigen Aspekte undifferenziert miteinander vermischt: „The experientialist approach is very different [im Unterschied zur objektivistischen Tradition; C.S.]: to attempt to characterize meaning in terms of the nature and experience of the organisms doing the thinking. Not just the nature and experience of individuals, but the nature and experience of the species and of communities. ‚Experience‘ is thus not taken in the narrow sense of the things that have ‚happened to happen‘ to a single individual. Experience is instead construed in the broad sense: the totality of human experience and everything that plays a role in it – the nature of our bodies, our genetically inherited capacities, our models of physical functioning in the world, our social organization, etc. In short, it takes as essential much of what is seen as irrelevant in the objectivist account.“ (Lakoff 1987, 266; Hervorhebungen im Original) Wie im Einzelnen universale von kulturspezifischen Aspekten in der Konzeptbildung unterschieden werden können, muss Gegenstand weiterführender Forschung sein und bildet ein Ziel der vorliegenden Arbeit. Lakoff und Johnson weisen vereinzelt darauf hin, dass Konzepte auch eine kulturelle Verankerung haben. Wie diese Kulturdimension im Einzelnen zu greifen sein sollte, wird jedoch von ihnen nicht dargelegt, bestenfalls nur angedeutet. Erkenntnistheoretisch lässt sich eine kulturrelevante Dimension der kognitiven Theorie der Metapher über das Prinzip der erlebnisbasierten Konzeptualisierung von kognitiven Modellen erkennen. Hier besteht auch der Anknüpfungspunkt an die Erkernntnistheorie von Schütz, was in der Bearbeitung der erkenntnistheoretischen Vorläufer der kognitiven Metapherntheorie bisher noch nicht erkannt worden ist (vgl. Jäkel 1997 und 1999). Lakoff und Johnson unterscheiden 1999 zwischen sogenannten ‚primären‘ und ‚komplexen‘ Metaphern. Dabei entstehen nach ihrer Theorie komplexe Metaphern aus primären. Erkenntnistheoretisch (im Sinne von Schütz), und auch kulturtheoretisch betrachtet, sind m.E. die ‚primären Metaphern‘ deshalb von besonderem Interesse, weil sie als ordnungsbildende Konzepte einem Erfahrungsrealismus erwachsen, der als solcher nicht in unterschiedlichen Kulturen als konstant angenommen werden kann. Bei der Gruppe der ‚primären Metaphern‘ handelt es sich deshalb noch nicht einfach um universale Metaphern (im kulturtheoretischen Sinne), denn das WAS einer Erfahrung, das kulturübergreifend gemacht werden kann, impliziert nicht automatisch ein kulturübergreifend identisches WIE der gemachten Erfahrung. Wenn also das Konzept MORE IS UP, LESS IS DOWN

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(MEHR IST OBEN, WENIGER IST UNTEN) eine Grunderfahrung des Menschen im Umgang mit Flüssigkeiten in Behältern darstellt, so wird diese Erfahrung nicht unbedingt in allen Kulturen anhand gleicher Erfahrungswirklichkeiten vollzogen. An diesem Punkt tut sich eine Schwäche in der Terminologie (und Theorie) wie auch in der Rezeption der kognitiven Metapherntheorie auf, worauf im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit eingegangen werden muss. Wenn zwischen ‚primären‘ Metaphern – die als Strukturierungswerkzeug für weitere Metaphern fungieren (seien sie komplex oder auch nicht) – und den komplexen Metaphern unterschieden werden kann, dann ist es fraglich, ob ‚primäre‘ und ‚komplexe‘ Metaphern kulturtheoretisch die gleiche Funktion haben können, denn ‚primäre‘ Metaphern dienen ja als Voraussetzung für andere Metaphern (Coenen 2002, 212). Kulturetheoretisch ist es somit fraglich, ob es sich im Verlauf einer Konzeptualisierungstradition in einer sozialen Gemeinschaft bei primären und komplexen Metaphern überhaupt einfach um zwei Varianten von Metaphern handelt, oder ob es sich nicht eher um fundamentale konzeptuelle Unterschiede im Prozess der Entstehung kognitiver Modelle im Verlauf einer Sozialisierungstradition handelt, so dass diese Konzeptualisierungsebenen auch begrifflich und funktional unterschiedlich hantiert werden müssten. Hier ist m. E. eine systematische Unterscheidung von Bild-Schemata und Metaphern notwendig, was in der bisherigen Diskussion der kognitiven Metapherntheorie nicht beachtet worden ist. Diese Unterscheidung soll im weiteren Verlauf aus kognitionslinguistischer Perspektive einsichtig gemacht werden, um dann zu einem kulturtheoretisch fundierten Modell der Konzeptualisierung weiterentwickelt werden zu können. Meines Erachtens findet sich in der systematisierbaren (und konkret umsetzbaren) funktionalen Unterscheidung zwischen non-propositionalen Aussagen über Welt in Form von Bild-Schemata und indirekten propositionalen Aussagen (in Form der konzeptuellen Metaphern) eine der zentralen Weiterentwicklungsmöglichkeiten dessen, was als die kognitive Theorie der Metapher bekannt geworden ist. Es braucht an dieser Stelle nicht weiter betont zu werden, dass dies weit über eine Theorie der kognitiven Metapher als solche hinausgeht und die Entstehung von und den kommunikativen Umgang mit Wissen schlechthin berührt. Wie dies im Einzelnen aufgezeigt werden kann, soll im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit Schritt für Schritt dargestellt werden.

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3.4 Gestalttheorie und Prototypikalität als Wirkungsvoraussetzung für Modellhaftigkeit und Kulturrelevanz kognitiver Modelle Wie Baldauf (1997) zeigt, ist der Konzeptbegriff bei Lakoff und Johnson nicht ohne seine holistische Einbettung in die kognitive Semantik greifbar. Die Konzepte sind nicht an sich gegeben, sondern werden vom Menschen erfahrungsbedingt konstruiert. Da die erfahrene Wirklichkeit erst über die konstruierten, verständnisregulierenden Konzepte einen Sinn erhält, ist sie nicht als solche im objektivistischen Sinn zugänglich. Jedoch kann sie weiter vermittelt werden, wenn die raumzeitliche Realitätserfahrung von mehreren Menschen geteilt wird. Hier liegt auch der Grund für die Möglichkeit zur Intersubjektivität von Konzepten.23 Diese in Anlehnung an Schütz oben als primär bezeichnete Intersubjektivität kann durch zwei wesentliche interdisziplinäre Zusätze einsichtig gemacht werden: die Gestaltpsychologie und die Prototypentheorie. Lakoff und Johnson (1980) weisen wiederholt auf das gestalttheoretische Prinzip im Konzeptualisierungsprozess hin. Dies besagt, dass die Gesamtheit einer Gestalt mehr ist als die Summe der einzelnen Teile. Für den kommunikativen Wirkungsrahmen sowohl einfacher als auch komplexer kognitiver Modelle ist dieses Prinzip der Übersummativität entscheidend, denn kognitive Metaphern entstehen nicht direkt aus präkonzeptueller Welterfahrung, sondern werden erst über die Zwischenstufe eines gestaltprägenden konzeptuellen Grundmodells gebildet. Es ist erst über diese Zwischenstufe im Konzeptualisierungsprozess möglich, dass die kognitive Metapherntheorie ihre volle interkulturelle Dimension erhält, die weit über den Rahmen einer Theorie zur Metapher als solcher hinausgeht. Ermöglicht wird die gestalttheoretische Dimension im Konzeptualisierungsprozess wiederum aufgrund des Erfahrungsrealismus und seiner Rolle für die Generierung von Bedeutung über erlebte und verarbeitete Wirklichkeit. Die Rolle der Leiblichkeit als das Mittel des Erfahrens von Welt wird zum zentralen Auslöser gestaltpsychologischer Konzepte, was sich vor allem in sprachlichen Ausdrücken widerspiegelt, weshalb auch kognitionslinguistisch von der gestaltpsychologischen „Origo der Leiblichkeit“ gesprochen werden kann (Müller 2000, 118). Bedeutungen werden nicht nur über die Auseinandersetzung der eigenen Leiblichkeit mit der Erfahrung von Welt im Verlauf der ‚inneren Dauer‘ (Schütz) erstellt, sondern darüber hinaus und in logischer Konsequenz hieraus auch gerade durch die Erfahrungswirklichkeit der eigenen Leiblichkeit intersubjektiv zugänglich gemacht. Aufgrund der hierdurch bedingten Konventionalität von Metaphern erklärt sich, warum die 23

Vgl. Baldauf 1997, 65 sowie auch das Zitat oben von Bolten 2007a, 34.

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gleichen Metaphern unterschiedlich in verschiedenen Sprachen rezipiert werden können (Zhou/ Heineken 2007).24 Da Konventionalität wandelbar ist, erklärt sich auch, warum metaphorisches Sprechen prinzipiell als historisch wandelbar aufzufassen ist (Müller 2000, 118ff.). Wie Johnson betont, kann zwar das metaphorische Sprechen als solches als ein universales Merkmal von Sprache angesehen werden, jedoch sind Metaphern als Resultat der Auseinandersetzung mit der Lebenswelt einer eigenen Evolution unterworfen, weil sie mit dem kulturellen Referenzrahmen interagieren (Johnson 1992, 353). Die sich hieraus ergebende Dynamik in der unterschiedlichen Anwendungskonvention sowohl in synchroner Hinsicht für den cross-kulturellen Vergleich als auch in diachroner Hinsicht formuliert Johnson programmatisch im folgenden Zitat für die BildSchematik generell: „This means that we would expect variation from culture to culture, as well as variation through history, based on differing imaginative elaborations of shared image schemas.“ (Johnson 1992, 355) Interkulturell interessant an der kognitiven Linguistik ist neben ihrer Relevanz für Aussagen von unterschiedlichem propositionalen Status das gleichzeitige Anknüpfen an gestaltpsychologische Aussagen über Welt aufgrund von Sprache. Somit ist es erst durch den kognitionslinguistischen Paradigmenwechsel ermöglicht worden, neben dem Was der Aussagen über Welt auch das Wie in seiner bedeutungstragenden Dimension einer interkulturellen Studie zugänglich zu machen. Die Prototypentheorie ist seit der Darstellung in Kleiber (1993) einem deutschsprachigen Leserkreis zugänglich gemacht worden. Sowohl die theoriebildende Rolle der Gestalttheorie als auch der Prototypentheorie für die kognitive Metapherntheorie ist an anderer Stelle einschlägig dargestellt worden (vgl. Baldauf 1997 und Jäkel 1997 und 2003), weshalb an dieser Stelle auf eine einführende Darstellung der Prototypentheorie verzichtet werden kann. Vielmehr interessieren für die vorliegende Arbeit die interkulturellen Implikationen der Prototypentheorie für die Handhabung mit dem Konzeptbegriff, worauf weiter unten eingegangen wird. Konzepte als solche entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern werden erstens über die Körperlichkeit der menschlichen Welterfahrung und zweitens aus der ontogenetisch bedingten präkonzeptuellen Erfahrung von Welt schrittweise aufgebaut. Daher lässt sich folgern, dass die für den Menschen eigene körperliche Motorik, die Grundfaktoren der physischen Fortbewegungsmöglichkeit, die 24

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Metaphern grundsätzlich unterschiedlich in verschiedenen Sprachen rezipiert werden. Vgl. hierzu die Studie in Johnson 1989.

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physiognomische Funktion der Körperorgane, die Kinästhesie, die Orientierungsmöglichkeiten in Raum etc. als Voraussetzung der präkonzeptuellen Erfassbarkeit von Welt universale Bedingungen für die Konzeptbildung darstellen. Als Grundvoraussetzung von Konzeptualisierung sind sie noch nicht Bestandteile einer spezifischen Erfahrung von Welt. Letztere ergibt sich erst durch einen gegebenen Bezugsrahmen für die Konkretisierung der Konzepte. Konzepte entstehen jedoch erst schrittweise über mehrere Stufen, die außerdem unterschiedliche kognitive Funktionen haben. An dieser Stelle wird die Vagheit des Konzeptbegriffs in dem Sinne deutlich, dass dieser begrifflich eine Eindimensionalität suggeriert, die die unterschiedlichen kognitiven Funktionen der verschiedenen Stufen im Konzeptualisierungsprozess von der kognitiven Welterfahrung bis hin zur sprachlichen Ausprägung dieser Kognition nicht vollständig greifen kann. Deshalb muss der Konzept-Begriff sowohl kultur- als auch kognitionstheoretisch weiterentwickelt werden. Da kognitive Modelle nicht direkt aus der präkonzeptuellen Erfahrung von Welt gebildet werden, sondern über eine oder mehrere Zwischenstufe(n) entscheidend vorgeprägt werden, haben die Zwischenstufen zwischen genereller, präkonzeptueller Welterfahrung und spezifischen Einzelaussagen eine besondere Rolle für die Art der Konzeptualisierung und sind auch in der vorliegenden Arbeit von besonderem Interesse. Wird eine Aussage über Welt gemacht, lässt sich unter kognitionstheoretischem Aspekt gleichzeitig auch nach der dieser Aussage zugrunde liegenden gestalthaften Struktur fragen. Die Frage nach den gestaltbildenden Strukturen, die Einzelaussagen konzeptuell beeinflussen können, jedoch aufgrund ihrer konventionalisierten Anwendung überindividuell sind, lohnt sich deshalb, weil sie aus einer kulturellen Gemeinschaft heraus erwachsen und damit eine interkulturelle Relevanz haben. An diesem Punkt zeigt sich die kulturtheoretische Verbindungsnotwendigkeit von Gestalttheorie und Prototypentheorie, denn die aufgrund z. B. einzelner kognitiver Metaphern aktualisierten Konzepte sind kommunikativ umso effektiver, je prototypischer sie innerhalb eines gegebenen Kulturrahmens in Bezug auf eine innerhalb dieses Rahmens intersubjektiv nachvollziehbare Gestalt sind: „Konzepte gemäß der Position des Erfahrungsrealismus sind Kategorien im Sinne der revidierten Fassung der Prototypentheorie. Sie werden nicht reduktionistisch verstanden, sondern bilden gestalthafte, strukturierte Ganzheiten, die aus direkter physischer und sozialer Erfahrung hervorgehen. Relativ zur menschlichen Erfahrung sind diese Konzepte daher durchaus elementar, jedoch nicht im Sinne konzeptueller Bausteine. Konzepte sind grundsätzlich auf der Basisebene, der auf den Menschen zugeschnittenen, primären Kategorisierungsebene … begründet. Die Bildung abstrakter und komplexer Konzepte erfolgt ausgehend von Basisebenenkonzepten durch metaphorische Projektion, durch Abstraktion auf

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übergeordnete Ebenen oder Spezifizierung auf untergeordnete Ebenen.“ (Baldauf 1997, 64; Hervorhebung im Original) Aus diesem Zitat wird deutlich, dass der Konzeptbegriff allein noch nicht ausreicht, um die volle Reichweite im Konzeptualisierungsprozess zu greifen. Es sind die prototypisch aussagekräftigen Basisebenen im Sinne der Prototypentheorie von Rosch, die für den Konzeptualisierungsprozess eine zentrale Bedeutung erhalten. Nach der Theorie von Rosch wird z. B. die übergeordnete Katagorisierungsebene Möbel durch gestaltbildende zentrale Vertreter (z. B. Stuhl) prototypisch in Form einer Zwischenstufe konzeptualisiert. Spezifische Vertreter der Kategorie Sitz-Möbel, wie z. B. Schaukelstuhl werden durch das als prototypische Basisebene fungierende Konzept Stuhl als Zwischenstufe zwischen Möbel und Schaukelstuhl aktualisiert. Wie Baldauf bemerkt, handelt es sich bei der Basisebene nicht um eine spezifische Kategorie, sondern gerade aufgrund der gestalthaft von einzelnen Spezifikationen abstrahierbaren Funktion dieser Ebene um eine Sammlung prototypischer Eigenschaften, die mit der Kategorie Möbel verbunden werden können. Die Prototypikalität ergibt sich in diesem Fall aus der Vorrangstellung von Stuhl als sog. ‚bester Vertreter‘ für die Kategorie Möbel im Unterschied zu anderen weniger typischen Vertretern wie z. B. Kühlschrank (vgl. Baldauf 1997, 52f.). Der beste Vertreter einer Kategorie erhält durch seine ihn kennzeichnende Prägnanz im Rahmen einer Kategorie eine gestaltbildende Funktion. Lakoff (1987) weist darauf hin, dass die Prototypentheorie von Rosch nicht ohne die gestaltbildende Funktion der Basisebene in ihrer völligen Bedeutung gefasst werden kann.25 Dieser gestalttheoretische Ansatz in der Konzeption von zentralen Vertretern einer Kategorie findet sich erkenntnistheoretisch schon bei Schütz in der Rolle der Idealtypen für die Verarbeitung von Erfahrungswirklichkeit. Es wurde schon oben darauf hingewiesen, dass die Art der Wirklichkeitserfahrung kontextuell bedingt ist. Müller (2000) veranschaulicht dies bezüglich der Kategorie Möbel mit dem Picknick-Beispiel, bei dem auch ein Baumstumpf kontextuell bedingt als ‚bester Vertreter‘ für die Situation ‚Wir decken den Tisch‘ fungieren kann. Die kontextuelle Determiniertheit ist nicht mehr als die konsequente Fortsetzung des Prinzips der Auswahl des besten Vertreters aufgrund einer situativ bedingten Einigung zwischen den zur sozialen Gruppe gehörenden Individuen. Mehr noch: gerade in der konsequent ubiquitären Rolle, die eine jeweils gegebene Konventionalisierung für die Auswahl eines ‚besten Vertreters‘ hat, liegt die gesamtsprachliche Funktion prototypischer Konzeptualisierung. Kann dann noch behauptet werden, dass sich fachsprachliche Kommunikation im Gegensatz zur alltags25

Vgl. auch den Hinweis in Müller (2000, 120), dass die Prototypentheorie von Rosch schon einen gestalttheoretischen Ansatz hat.

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sprachlichen dadurch unterscheide, dass die fachsprachliche mit scharfen Kategoriengrenzen arbeite, die alltagssprachliche jedoch nicht?26 Die bisherigen Ausführungen in der vorliegenden Arbeit geben zu dieser Vermutung jedenfalls keinen Anlass. Sollte sie trotzdem stimmen, so müsste sich dies in zunehmend unscharfen Kategoriegrenzen der kognitiven Modelle in den empirischen Beispielen der vorliegenden Untersuchung zeigen, welche von wissenschaftlichen Textbeispielen der Wirtschaft für angehende Fachleute bis hin zur Alltagskommunikation mit Laien reichen (s. die Kapitel 8-10). Schon aufgrund der bisherigen erkenntnistheoretischen und kognitionspsychologischen Ausführungen der vorliegenden Arbeit muss eher angenommen werden, dass eine mögliche Unterscheidbarkeit zwischen fach- und alltagssprachlicher Kommunikation woanders gesucht werden muss, worauf noch später einzugehen sein wird. Unter interkultureller Perspektive kann eine funktionale Ähnlichkeit zwischen der prototypischen Basisebene in Roschs Kategorisierungshierarchie und der Basisebene im Konzeptualisierungsprozess zwischen universeller präkonzeptueller Ebene und jeweiliger situativ bedingter Ausprägung der Kommunikationsmittel angenommen werden. Baldauf (1997) weist darauf hin, dass Konzepte lediglich als Teile eines konzeptuellen Systems Bedeutung erhalten und dass dieses System kulturspezifisch begründet sein muss, geht aber nicht weiter auf die kulturtheoretische Fragestellung ein. Es ist anzunehmen, dass es gerade diese Basisebene im Konzeptualisierungsprozess ist, die einen Schlüssel zur Frage nach der Greifbarkeit kulturspezifischer Normen, Werte, Denkweisen etc. in ihrer bedeutungstragenden Rolle bieten kann. Dass es möglich sein muss, solche Konzeptualisierungen auch kognitionslinguistisch nachweisen zu können, wird durch Roschs Forschungen nahegelegt. Diese weisen darauf hin, dass „die interne Struktur semantischer Kategorien mit derjenigen unmittelbar auf perzeptuellen Gegebenheiten beruhender Kategorisierungsprozesse analog zu sein scheint“ (Müller 1984, 37). Die Analogizität zwischen der internen Struktur von Konzepten auf der Basisebene und unserer Erfahrung von Welt wird durch die den Konzepten zu Grunde liegende Gestalt gesichert (vgl. Hübler 2001, 263). Bezogen auf die Konzepte, die zur Verarbeitung von Erfahrung sowohl verbal als auch nonverbal zur Anwendung kommen, folgt hieraus, dass Sprache im kognitionslinguistischen Sinn im Gegensatz zum traditionellen Sprachverständnis in der Tradition de Saussures nicht mehr nur als ein arbiträres Zeichensystem aufgefasst werden kann. Die noch von de Saussure vorgenommene prinzipielle Trennung zwischen dem als 26

Diese Behauptung wird von Müller (2000, 121f.) aufgestellt, jedoch weder näher motiviert noch empirisch weiter untersucht, weshalb man sich nicht des Eindrucks einer Ad hoc-Unterscheidung zwischen Alltagssprache und Fachsprache verwehren kann. Nichtdestoweniger spiegelt diese Auffassung eine immer noch allgemein gängige (wenn auch nicht empirisch bewiesene) Annahme in der Fachsprachentheorie wider. Vgl. dazu Roelcke 1999 sowie Schmidt 2001a.

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autonom aufgefassten Sprachsystem und der kommunikativen Funktion sprachlicher Zeichen hat in der Zeit nach de Saussure nachhaltige Folgen gehabt. So basiert die weit in die heutige Zeit hineinreichende Trennung zwischen Syntax, Semantik und Pragmatik auf der Saussureschen Abtrennbarkeit des Sprachsystems vom sprachlichen Handeln. Dies hat nicht nur zur isolierten Behandlung unterschiedlicher semiotischer Ebenen in der Sprachwissenschaft geführt. Es hat auch ganz entscheidend in erkenntnistheoretischer Hinsicht das Augenmerk weg von einem handlungsorientierten, holistischen Sprachmodell hin zu einem systemlinguistischen Sprachmodell geführt.27 In sprachwissenschaftlicher Hinsicht ist demgegenüber der Paradigmenwechsel der kognitiven Linguistik – und vor allem der kognitiven Metapherntheorie – m.E. gerade dadurch begründet, dass sie die Notwendigkeit der Einbeziehung sprachlicher Phänomene in ein Modell der Welterfahrung deutlich macht, welches seine kognitive Dimension aus der kulturtheoretischen Relevanz der Konzeptualisierung erhält (Dirven/ Verspoor 2004). Dies kann als ein entscheidender Schritt hin zur Bearbeitungsmöglichkeit interkultureller Fragestellungen anhand von Sprachverwendung weit über terminologische Dimensionen hinaus betrachtet werden, was bisher im Bereich interkultureller Forschung vernachlässigt worden ist.28 Zwar wird in Ausführungen zur interkulturellen Kommunikation immer wieder in vortheoretischer Form darauf hingewiesen, dass Sprache Kultur widerspiegle. Wie diese Erkenntnis methodologisch systematisch umgesetzt werden kann, bleibt dabei jedoch i.d.R. offen. Nicht ohne Grund ist gerade der Bereich sprachwissenschaftlich orientierter Forschung in der Literatur zur interkulturellen Kommunikation ungebührend unterrepräsentiert. Die Prototypikalität von Konzepten in ihrer kulturprägenden Form ist aus ihrer gesellschaftlich bedingten Idealität für den Kommunikationsprozess verständlich. Nicht nur dienen prototypische Konzepte dazu, die Kommunikationstätigkeit zu ökonomisieren, woraus sich ihr hoher Wert nicht nur für den Handlungsbereich der Wirtschaft ergibt. Gleichzeitig stellen sie auch solche Konzepte dar, die sich im Laufe eines Sozialisationsprozesses sowohl innerhalb eines Unternehmens als 27

Zu den Auswirkungen dieses Sprachmodells in der Theorienentwicklung der Fachsprache siehe Schmidt 2001a. Siehe weiterhin Brünner 1987, 113f. Brünner zeigt, dass gerade das einfache Sender-Empfänger-Kommunikationsmodell durch die in Saussures Semiotik des autonomen Zeichens begründete Sprachtheorie nachhaltig beeinflusst worden ist.

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Dagegen hat schon seit Ende der 1980er Jahre eine sprachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den linguistischen Implikationen der kognitionsmetaphorischen und gestalttheoretischen NonArbitrarität von Sprache begonnen (allerdings nicht aus interkultureller Perspektive), angefangen mit Sweetsers Studie zu den englischen Modalverben (s. die Darstellung in Johnson 1987). Bezüglich des bild-schematischen Gebrauchs von Verben im Englischen, dargestellt anhand von coming und going vgl. Radden 1996. Bezogen auf linguistische Kategorien wie Syntax, Lexik, Intonation oder Sprachmelodie s. Hübler 2001 und Müller 2000.

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auch landesspezifisch erfahrungsbedingt bewähren/bewährt haben. Um eine primäre Intersubjektivität der Konzepte zu ermöglichen, muss es eine oder mehrere gemeinsame Mengen zwischen individuellen Konzeptualisierungen von Welt geben. Wichtig ist hierbei die Erkenntnis, dass es sich nicht notwendigerweise um eine einzige für alle Vertreter einer Gruppe gemeinsame Menge von gruppenspezifischen Konzeptualisierungen handeln muss. In Anlehnung an die erweiterte Prototypen-Theorie (vgl. Kleiber 1993) lässt sich die kulturspezifische Dimension von gesellschaftlich oder gruppenspezifisch verankerten Konzepten über das Prinzip der Familienähnlichkeit herstellen. Für ein Konzeptualisierungsmodell von Sprache ist interessant, dass das auf Wittgenstein zurück gehende und theorienbildend in die erweiterte Fassung der Prototypentheorie integrierte Phänomen der Familienähnlichkeit ebenso für propositionale wie auch für nonpropositionale Aussagen über Welt relevant ist. In Bezug auf den Konzeptbegriff bedeutet dies, dass die Konzepte einzelner Individuen keine für alle Vertreter einer Sprachgemeinschaft gemeinsame Schnittmenge der Kategorisierung von Welt im Sinne eines besten Vertreters aufzuweisen brauchen. Relevant ist, dass es jeweils unterschiedliche Teilschnittmengen geben kann, die die Konzeptualisierungen der Individuen in eine kettenhafte Verbindung miteinander führen. Demnach ist jedes Kategorien-Exemplar mit mindestens einem anderen Exemplar einer Kategorie durch eine gemeinsame Eigenschaft verbunden.29 So kann es Teilgruppen in einer Sozialisation geben, die trotz ihrer subkulturellen Gruppenbildungen eine übergeordnete Kultur bilden können. Es ist gerade das Prinzip der Familienähnlichkeit, das diese sowohl im landes- als auch im unternehmenskulturellen Bereich gängige Relation zwischen Subkulturen und Gesamtkulturen erklärlich machen lässt. In Bezug auf die Konzeptualisierung von Lebensbereichen bedeutet dies, dass unterschiedliche Konzeptualisierungen z. B. in Form von unterschiedlichen kognitiven Metaphern aktualisiert werden können. Dies führt jedoch aufgrund des Prinzips der gesellschaftlich bedingten Sinngebung sowie des für die kognitive Linguistik ebenso gültigen Gestalt-Prinzips nicht zu einer Willkürlichkeit der Konzeptualisierung. Bezüglich der Konzeptualisierungen ist der intrakulturelle Zusammenhalt einzelner Konzeptualisierungen aufgrund von prototypisch fungierenden Basisebenen der Kategorisierung kommunikativ nachvollziehbar. Die Anknüpfbarkeit einzelner kognitiver Modelle an Basisebenen der konzeptuellen Kategorisierung sichert hierbei die Übersummativität. Diese wird jetzt prinzipiell als eine gesellschafts- bzw. gruppenbezogene und damit kulturelle Größe verständlich. 29

Vgl. Kleiber 1993, 122 und auch die Hinweise zu Lakoff in Kleiber sowie die Diskussion zur Verkettung in Baldauf 1997, 55f.

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3.5 Die Kulturgebundenheit Idealisierter Kognitiver Modelle Die besondere Art der interkulturellen und interdisziplinären Reichweite der metaphorischen Konzepte ergibt sich aus ihrem Eingebundensein in ein jeweiliges konzeptuelles System (vgl. Baldauf 1997, 64f.). Wie weiter oben in Kap. 2 in Anlehnung an Schütz/Luckmann (1984) dargestellt worden ist, ist die Erfahrungsbewältigung ex post als Sinnbildungsentwurf immer an gesellschaftlich bedingte Idealtypen (Noema) gebunden. Unter kognitiver Perspektive sind diese Idealtypen als aus dem gesellschaftlichen Umfeld geformte und formbare Konzepte zu verstehen. Hieraus ergibt sich die kulturelle (und interkulturelle) Dimension kognitiver Modelle. Bedeutung ist jetzt abhängig davon, was ausgehend vom Erfahrungskontext als bedeutungsvoll gedacht wird (vgl. Lakoff 1987, XI). Der Neuansatz in der Kognitionslinguistik besteht darin gezeigt zu haben, dass dieses konzeptuelle Denken auch sprachlich nachvollziehbar ist. Nun lässt sich fragen, was kognitionspsychologisch die prototypische Bezugsgröße für die Konzeptbildung darstellt, bevor dies kognitionslinguistisch und kulturspezifisch auf empirischer Ebene untersucht werden kann. Lakoff versucht auf diese Frage eine Antwort anhand der 1987 dargestellten Theorie zur Konzeption Idealisierter Kognitiver Modelle (IKM) zu geben. Idealisiert können diese IKMs in Anlehnung an Schütz in Bezug auf einen jeweiligen Sozialisationsprozess verstanden werden. Diese Theorie der IKMs knüpft an die Prototypentheorie an und versucht eine Einbeziehung sowohl propositionaler als auch non-propositionaler Konzeptbildung in ein gestalttheoretisches Sprachkonzept zu vollziehen. Sie stellt den Versuch dar, den von Lakoff und Johnson 1980 begonnenen metaphorischen Ansatz in einen ganzheitlichen sprachtheoretischen Rahmen zu integrieren. Die IKMs stellen in ihrer jeweils gegebenen sozialen Determiniertheit gestalthaft strukturierte Ganzheiten dar, die vier Grundtypen kognitiver Modelle verwenden können:30 1) Bild-schematische Modelle (image schemata): Diese fungieren im Sinne von Johnson 1987 als grundlegende und wiederkehrende Strukturen von Konzeptualisierungen. Diese Bild-Schemata können als solche kommuniziert oder weiter spezifiziert werden. Nach Johnson bilden Bild-Schemata non-propositionale Abstraktionen von Teilen und Relationen, die auf einer überindividuellen Ebene n mögliche Erfahrungen, Wahrnehmungen und Bildkonstellationen in ihren sprachlichen Darstellungen strukturell vorprägen: 30

Vgl. Lakoff 1987, 68-114.

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„Typical schemata will have parts and relations. The parts might consist of a set of entities (such as people, props, events, states, sources, goals). The relations might include causal relations, temporal sequences, part-whole patterns, relative locations, agent-patient structures, or instrumental relations. Normally, however, a given schema will have a small number of parts standing in simple relations.“ (Johnson 1987, 28) Entscheidend für die intersubjektive Relevanz von Bild-Schemata ist, dass sie anhand einer kleinen Anzahl von Teilen und Relationen, die jeweils in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen, eine Menge an Wirklichkeitswahrnehmungen, Bildern und Ereignissen strukturieren können. Wird ein gewisses BildSchema in einem gegebenen Kulturkontext in einer für diese Kultur prägenden und wiederkehrenden Form verwendet, um Aussagen über Welt zu strukturieren, fungiert es im Sinne eines IKM in diesem Kulturkontext. ‚Idealisiert‘ bedeutet in diesem Fall, dass ein kognitives Modell in prototypischer Form nicht nur die in einem gegebenen Kontext vorherrschenden Grundwerte und Überzeugungen (ebenfalls fachlicher Art) zum Ausdruck bringt, sondern vor allem auch gestalthaft in entscheidender Weise vorprägt und dadurch konzeptuell und kommunikativ determiniert. Hier zeigt sich die erkenntnistheoretische Verwandtschaft zwischen Schütz’ Idealtypen und solchen kognitiven Modellen (z. B. Bild-Schemata), die als IKMs fungieren. 2) Propositionale Modelle: Sie stellen gestalthafte Ganzheiten dar, die die Beziehung der Teile im Verhältnis zur Ganzheit determinieren. Sie bilden ein Hintergrundwissen, in dem die Teile ihre für einen gegebenen Kultur-Kontext spezifische Bedeutung nur vor dem Hintergrund des Ganzen erhalten können. Propositionale Modelle beinhalten i.d.R. Bild-Schemata um die Art der TeilGanzes-Beziehung strukturieren zu können. Lakoff veranschaulicht dies in Anlehnung an Fillmores Frame-Konzept anhand des Dienstag-Beispiels. So fungiert z. B. Dienstag als Teil eines idealisierten Zeitkonzepts, das die Wochentage in 7-Tages-Zyklen einteilt. Gleichzeitig fungiert dieses Zyklus-Modell vor dem Hintergrund eines linearen Zeit-Konzepts, das als solches nicht in der Natur fertig vorgegeben ist, sondern Resultat einer Konventionalisierung ist. Demnach stellt die Woche eine Ganzheit dar, deren Teile linear zueinander geordnet sind. LINEARITÄT fungiert hier als ein zentrales Bild-Schema, das nicht nur in Bezug auf die Wochentage relevant ist. In interkulturellen Untersuchungen ist Linearität als grundlegendes Zeitkontept gerade westlicher Kulturen im Unterschied z. B. zum zirkulären Zeitkonzept asiatischen Kulturen nachgewiesen worden.31 Ein anderes propositionales IKM ist das von Schank und 31

Vgl. Mooij 1998, 69 f. Wie unterschiedlich Zeit in verschiedenen Kulturen konzeptualisiert ist, wird in Trompenaars (1993) dargestellt.

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Abelson (1977) eingeführte Restaurant-Szenarium, das als INKLUSIONSSchema fungiert. So kann mit dem Teil-Konzept Kellner nur adäquat umgegangen werden, wenn das umfassendere Konzept Restaurant bekannt ist, das das Konzept Kellner inkludiert. Hieraus ergibt sich die relative Bedeutsamkeit des Konzepts Kellner vor einem gesellschaftlich idealisierten kognitiven Restaurant-Modell. Um sich im Restaurant adäquat verhalten zu können, setzt dies die Kenntnis des Restaurant-Modells voraus. Dazu gehören z. B. neben der Kenntnis der Funktion, die ein Kellner ausübt, auch das Hantieren der Speisekarte, das Prinzip des Bestellens und des Bezahlens etc. Interkulturell interessant ist das Verhältnis zwischen dem Teilkonzept (hier Kellner) und dem gestaltbildenden Konzept (hier Restaurant), denn die propositionale Funktion des Teilkonzepts kann je nach Ausformung des gestaltbildenden Konzepts als ein Idealisiertes Kognitives Modell von Kultur zu Kultur variieren. 3. Metaphorische Modelle: Sie stellen die metaphorische Übertragung aus einem bekannten, konkreten Erfahrungsbereich als Ursprungsbereich der Übertragung in einen abstrakten Zielbereich dar. Weiter oben wurde dieses Prinzip schon näher eingeführt. Da die Ursprungsbereiche aus konkreten Erfahrungswirklichkeiten erwachsen, handelt es sich bei der metaphorischen Übertragung gleichzeitig auch um die Projektion bild-schematischer und propositionaler Strukturen eines Erfahrungsbereichs auf einen anderen: „Aufgabe der Metapher ist es also, die bildschematische oder propositionale Struktur von Erfahrungsbereichen auf weniger klar strukturierte, vage Bereiche zu übertragen“ (Baldauf 1997, 73) Metaphorisch an dieser Übertragung ist die bild-schematische Strukturierung der IKMs aufgrund der Erfahrungsbereiche. Die Relevanz der kognitiven Metapherntheorie als Theorie der Prägung eines Zielbereichs aufgrund eines Ursprungsbereichs geht über rein metaphorische Übertragungen hinaus. Obwohl aufgrund der zentralen Rolle der Bild-Schemata zur Strukturierung von Metaphern erstere eine wesentliche Bedeutung für die Generierung von metaphorischen IKMs neben anderen einnehmen, können auch einzelne metaphorische Modelle zu kulturspezifisch prototypisch fungierenden IKMs werden. Dies zeigt sich u. a. auf landeskultureller Ebene im Bereich der Fachsprache zur betrieblichen Organisationstheorie. So fungiert z. B. die BAUWERK-Metapher als ein zentrales IKM in der deutschen Fachsprache der betrieblichen Organisationslehre, wie weiter unten in Kap. 8 noch näher darzustellen sein wird. Die bekannteste Spezifizierung der BAUWERKMetapher in der deutschen Organisationslehre ist wiederum die PYRAMIDENMetapher, die – im Gegensatz z. B. zur schwedischen Organisationslehre – mit dem sie strukturierenden VERTIKALITÄTS-Bild-Schema zur zentralen kognitiven Metapher in der deutschsprachigen Organisationstheorie gehört.

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4) Metonymische Modelle: Hierbei handelt es sich nicht um Übertragungen zwischen verschiedenen Erfahrungsbereichen wie bei den konzeptuellen Metaphern, sondern um die Repräsentation eines Erfahrungsbereichs (A) durch einen Teil dieses Bereichs (B). Dies führt zur metonymischen Relation ‚B steht für A‘. Wichtig ist auch in diesem Fall der Erfahrungsrealismus metonymischer Modelle, der – wie auch bei konzeptuellen Metaphern – die konkrete Erfahrung von Welt als Voraussetzung für die Etablierung eines IKM (hier einer konzeptuellen Metonymie) setzt. Lakoff veranschaulicht dies anhand des Erfahrungswerts „institutions are located in places“ (Lakoff 1987, 78). In diesem Fall steht B (der Ort) für A (die Institution). Im Kontext der europäischen EU-Debatte ließe sich dieses Verhältnis anhand des Beispiels Brüssel hat schon wieder eine neue Direktive erlassen veranschaulichen. In diesem Beispiel repräsentiert der Ort Brüssel die Kommission der EU. Voraussetzung für das Verstehen dieser Metonymie ist in diesem Fall der gemeinsame Erfahrungswert der institutionellen Organe innerhalb der EU. Der Ort Brüssel steht in diesem Fall in einem relativen Beziehungsgefüge zur Institution der EU.32 Konzeptuell entscheidend ist auch im Fall der metonymischen Modelle die strukturierende Funktion von Bild-Schemata, um die Art der Relation zwischen den Bereichen A und B greifen zu können. Als grundlegende Unterscheidungsmöglichkeit zwischen obigen vier kognitiven Modellen im konzeptuellen System – man könnte auch von vier funktionalen Bestandteilen einer Theorie der Konzeptualisierung sprechen – kann festgehalten werden, dass bild-schematische und propositionale Idealisierte Kognitive Modelle (IKM) „strukturgebende Grundtypen“ darstellen (Baldauf 1997, 73), während es sich bei metaphorischen und metonymischen Modellen um Projektionen solcher Strukturen auf andere Bereiche handelt.33 Wie Radden und Kövecses (1999) im Hinblick auf die Frage der Rolle eines IKM bei metaphorischen und metonymischen Projektionen zeigen, ist der Unterschied zwischen diesen darin begründet, dass metaphorische Übertragungen von einem ontologischen Erfahrungsbereich in ein IKM hinein wirken, während metonymische Übertragungen sich innerhalb eines gegebenen IKMs abspielen: „Metonymy is a cognitive process in which one conceptual entity, the vehicle, provides mental access to another conceptual entity, the target, within the same idealized cognitive model.“ (Radden/Kövecses 1999, 21) Gerade in dieser Übertragung innerhalb eines IKMs ist die Unterscheidbarkeit konzeptueller Metonymien von konzeptuellen Metaphern begründet. Radden und Kövecses zeigen, dass daher im Falle der Metonymien – aufgrund dieser innerhalb 32

vgl. das Zitat von Johnson 1987, 28 weiter oben zu den Bild-Schemata.

33

Vgl. neben Baldauf 1997, 73f. auch die zusammenfassende Darstellung in Lakoff 1987, 153f.

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eines IKM ablaufenden Übertragung zwischen Ursprungs- und Zielbereich – die Übertragungsrichtung prinzipiell auch umkehrbar sein kann. Dies konnte für die Metaphern lediglich als seltene Ausnahme festgestellt werden.34 Zwar haben Metonymien eine „preferred direction“ der Übertragung (vgl. Radden/Kövecses 1999, 28). Wie jedoch die Beispiele in Radden und Kövecses 1999 zeigen, sind fast alle metonymischen Übertragungsrichtungen umkehrbar. Als Wirkungsrahmen für konzeptuelle Metonymien gilt dabei ein gegebenes IKM, das die verschiedenen metonymischen Übertragungen auf zwei Grundformen zusammenführen kann. Es ist 1) eine Übertragung zwischen einer Gesamtkonstellation eines IKM und seinen Teilen sowie 2) eine Übertragung zwischen den Teilen innerhalb eines IKM (vgl. Radden/Kövecses 1999, 43). Bei den Metonymien handelt es sich ebenso wie bei den Metaphern um erfahrungsbedingte Konzeptualisierungen zur Handhabung von Wirklichkeitserfahrung, die sich im Kommunikationsakt sprachlich äußern. Daher besteht trotz der unterschiedlichen Übertragungsrichtungen im Hinblick auf ein gegebenes IKM aus kognitionslinguistischer Perspektive kein wesentlicher Unterschied zwischen metaphorischer und metonymischer Übertragung. Aufgrund der prinzipiellen Nichtfestlegbarkeit – und damit der je nach Kulturkontext gewählten veränderbaren Perspektive – in der Übertragungsrichtung metonymischer Projektionen sind diese kulturtheoretisch ebenso interessant wie metaphorische Übertragungen. Es handelt sich lediglich um zwei verschiedene Arten des konzeptuellen Verstehens von Welt in Form von indirekten propositionalen Aussagen über Welt: „Metaphor and metonymy are different kinds of processes. Metaphor is principally a way of conceiving of one thing in terms of another, and its primary function is understanding. Metonymy, on the other hand, has primarily a referential function, that is, it allows us to use one entity to stand for another. But metonymy is not merely a referential device. It also serves the function of providing understanding. For example, in the case of the metonymy THE PART FOR THE WHOLE there are many parts that can stand for the whole. Which part we pick out determines which aspect of the whole we are focusing on.“ (Lakoff/Johnson 1980, 36) Indirekte Propositionalität versteht sich hier als die Auswahl spezifischer Ausgangsbereiche, um etwas über Welt zum Ausdruck bringen zu können. Dies kann durch eine metaphorische Beziehung zwischen Ausgangsgangs- und Zielbereich oder durch eine metonymische Beziehung in einer Teil-GanzesKonstellation zum Ausdruck gebracht werden, anhand derer Weltbezug hergestellt wird. Mit dem Weltbezug geht auch prinzipiell ein erfahrungsbedingter Wahrheitsbezug metaphorischen Sprechens einher (im metaphorologischen Sinn; vgl. 34

Vgl. oben in Kap. 3.2 die Diskussion zu Abb. 2.

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Kap. 3.1). Deshalb kann metaphorischem Sprechen die Propositions-Funktion und mit ihr der Wahrheitsanspruch nicht aberkannt werden: „Die Argumente, welche unsere alltagssprachliche Rede von metaphorischer Wahrheit als irrtümlich, deplaziert oder missbräuchlich entlarven sollten, entpuppen sich als wenig überzeugend. Die etablierte Sprachpraxis und der Umstand, dass die gegen diese Sprachpraxis gerichteten Einwände nicht durchschlagen, sprechen für die These, dass metaphorisch aufgefasste Äußerungen auf eine eigentümliche Art und Weise eine Proposition ausdrücken – eine Proposition, die ich MP nannte und die von der Proposition verschieden ist, welche sich einem wörtlichen Verständnis verdankt, der WP. Der Wahrheitswert der durch eine Äußerung ausgedrückten MP berstimmt, ob die Äußerung metaphorisch aufgefasst wahr oder falsch ist.“ (Radtke 2001, 131; Herv. im Orig.) ‚Direkte‘ Propositionalität – sofern diese überhaupt möglich ist – wird in der vorliegenden Arbeit als das konkrete Sprechen über Welt verstanden, das ohne eine konzeptuelle Metapher oder Metonymie auskommt. In der Metaphernforschung besteht ein Konsens darin, dass aufgrund der Ubiquität metaphorischen Sprechens35 so ein rein konkretes Sprechen nur unter der Voraussetzung extremer Konstruiertheit von Texten möglich wäre und kaum zu längeren sinnvollen Textsequenzen führen würde. Direkte Propositionalität ist auf Satzebene jedoch nicht prinzipiell auszuschließen. Da die vorliegende Arbeit den Anspruch zur Theorienlegung in einem gesamtsprachlichen Rahmen erhebt, werden sowohl indirekte wie auch direkte Propositionen in das Konzeptualisierungs-Modell der vorliegenden Untersuchung integriert.36 Die Notwendigkeit der Einbeziehung metonymischer Konzeptualisierungen in eine interkulturell ausgerichtete Untersuchung ergibt sich aus der Aspektbezogenheit indirekter Propositionalität, die aufgrund des kulturtheoretisch verankerten Erfahrungsrealismus auch als eine kulturbedingte Aspektbezogenheit gegriffen werden kann. Dies zeigt sich allein schon in der Nichtübersetzbarkeit der meisten der in Radden und Kövecses aufgefühten Beispiele für konzeptuelle Metonymien, was im Bereich der Sprachdidaktik neben traditionellen Aspekten der terminologischen und grammatischen Kompetenz auch die Forderung nach einer didaktisch umsetzbaren konzeptuellen Kompetenz nach sich zieht.37 Gerade aufgrund der kulturgebundenen Aspektbezogenheit sind keine der vier oben 35

Die Ubiquitätsthese wird schon lange vor der Einführung der kognitiven Metapherntheorie auch von anderen Theorien zur Metapher formuliert und findet sich semiotisch schon bei Peirce begründet. Vgl. dazu Nöth 2000, 347f.

36

Vgl. zum Beispiel das kulturtheoretische Konzeptualisierungsmodell in Kap. 4 unten.

37

Vgl. zur konzeptuellen Kompetenz Schmidt 2001c und 2002a sowie zur Bedeutung der metaphorischen Kompetenz und des „conceptual fluency“ für den Fremdsprachenerwerb Danesi 1993.

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beschriebenen kognitiven Modelltypen prinzipiell festgeschrieben (vgl. ebenso Lakoff/Johnson 1982). Da die Bild-Schemata schon Strukturen des aktiven Organisierens von Erfahrung und Verständnis darstellen, als solche Strukturen jedoch von raumzeitlichen Bedingungen ihrer kognitiven Erstellung abhängen, können sie nicht einfach als universale Bestandteile von Kommunikation schlechthin (im kulturübergreifenden Sinne) angesehen werden. Zwar kann Lakoffs These zugestimmt werden, dass Bild-Schemata aufgrund der sensomotorischen Erfahrung von Welt sowie der Topologie von Welterfahrung entstehen. Hieraus kann jedoch nicht einfach gefolgert werden, dass Bild-Schemata als solche rein präkonzeptueller Natur wären,38 denn sie stellen in ihrer Modellhaftigkeit immer schon einen Schritt in Richtung der Verarbeitung von Welt dar. An diesem Punkt befindet sich eine Schwachstelle in der bisherigen Theorienentwicklung zur kognitiven Metaphertheorie, die vor allem durch eine systematische kulturtheoretische Weiterverarbeitung überwunden werden kann. Diese Schwachstelle betrifft die Frage nach der Auswahl von konzeptuellen Ausgangsbereichen für die metaphorische Übertragung. Es ist gerade die non-propositionale Vorstrukturierung konzeptueller Metaphern und Metonymien durch Bild-Schemata, durch welche die prinzipielle kontextuelle Motiviertheit kognitiver Modelle als eine kulturelle Motiviertheit prototypischer Vertreter verständlich wird. Indem Bild-Schemata Metaphern innerhalb eines kognitiven Modells vorstrukturieren können – folglich schon ein konzeptuelles Resultat von Welterfahrung darstellen – kann ihnen, kulturtheoretisch betrachtet, nicht automatisch eine universal identische Funktion zugeschrieben werden. Dies wiederum ist an die Frage der Prototypikalität gebunden, die in ihrer Auswahl eines besten Vertreters einer Kategorie auf intersubjektive Erfahrungen von sozialen Gemeinschaften beruht.39 Dies bedeutet nicht, dass ein und dasselbe Bild-Schema nicht in verschiedenen Sprachkulturen verwendet werden kann. Entscheidend ist, dass ihnen nicht automatisch die gleiche modellbildende Funktion im jeweiligen Sprachsystem (und der damit zusammenhängenden Konzeptualisierungstradition) zugesprochen werden kann. Es können sogar völlig unterschiedliche bildschematische Modelle mit prototypischer Funktion in verschiedenen Kulturen für den gleichen Phänomenbereich entstehen, wie weiter unten (Kap. 8) im Einzelnen anhand des Vergleichs zwischen deutscher und schwedischer Organisationstheorie gezeigt

38

So z.B. in Jäkel 1997, 29f. Ähnlich auch Linz 2002, 119.

39

Aus dieem Grund ist auch Jackendoffs und Aarons Kritik an der kognitiven Metapherntehorie, sie könne nicht erklären, warum mittlere Kategorien für die Metaphernauswahl fungieren und nicht mehr allgemeinere oder spezifischere Kategorienebenen, verfehlt (vgl. Jackendoff/Aaron 1991).

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wird. Dies zieht auch Konsequenzen für die (fach)sprachliche Ausprägung im jeweiligen Bereich nach sich. An diesem Punkt ist eine wichtige Korrektur in der Theorie der Bild-Schemata vorzunehmen. Es ist für die Theorienentwicklung der kognitiven Metapherntheorie eher hinderlich gewesen, dass Konzeptualisierung und mit ihr Imagination als solche vor allem an Metaphern oder Metonymien festgemacht wurde. Auch Propositionen im traditionellen Sinn (hier als direkte Propositionen bezeichnet) sind an bild-schematische Imagination gebunden. Hierauf wurde weiter oben bei der Darstellung der vier Grundtypen kognitiver Modelle hingewiesen. Es zeigte sich, dass alle vier Grundtypen bild-schematisch strukturiert waren. Während der erste Grundtyp die Bild-Schematik als solche betraf, inkludierten die drei anderen u. a. auch eine Bild-Schematik. Diese strukturbildende Funktion von BildSchemata ist in der Forschung bisher nicht erkannt worden; auch dort nicht, wo sie angedeutet wird. Meines Erachtens liegt ein Hauptgrund für eine Fehlinterpretation der konzeptuellen Funktion der Bild-Schemata vor allem darin, dass von „bildschematischen Metaphern“ (Baldauf 1997, Eckardt 2002, Linz 200240, Huber 2005) gesprochen wird, weil es sich bei den Bild-Schemata noch nicht um spezifische Konzeptualisierungen, wie im Fall der Metaphern, handelt. Vielmehr liegt das Besondere der Bild-Schemata darin, dass sie einzelnen Konzeptualisierungen strukturbildend vorgeschaltet sind. Wenn Bild-Schemata „unentbehrliche Faktoren für menschliches Denken und Rationalität“ sind (Drewer 2003, 13f.), gleichzeitig als ubiquitäre Konzeptualisierungsleistung nicht lediglich für die Satz-, sondern auch für die Textebene angenommen werden (Drewer 2003, 16), ergibt sich auch aus diesem texttheoretischen Anspruch (unter konzeptueller Perspektive) eine Relevanz der Bild-Schemata sowohl für metaphorische als auch für nichtmetaphorische Passagen eines immer ganzheitlich zu rezipierenden Textes 41 An dieser Stelle muss auch auf eine weitere begriffliche Verwirrung in der kognitiven Metapherntheorie eingegangen werden. Sie betrifft die InvarianzHypothese Lakoffs für die propositionale Funktion der Bild-Schemata. Programmatisch formuliert Lakoff seine Invarianz-Hypothese in dem Sinne, dass die 40

Bei Linz wird die begriffliche Einteilung endgültig auf den Kopf gestellt, wenn Sie zwischen „erstens bildschematische[n] Metaphern, zweitens konzeptuelle[n] Metaphern und drittens Bildmetaphern“ unterscheidet (Linz 2002, 105).

41

Es kann zwar Linz (2002, 123) Recht gegeben werden, wenn sie bezüglich der Theorie von Lakoff kritisch anmerkt, dass propositionale Modelle nicht frei von Imagination sein können. Jedoch kann gerade aufgrund der ubiquitären konzeptuellen Funktion der Bild-Schemata nicht von einem ‚Widerspruch‘ in Lakoffs Theorie der IKMs gesprochen werden, wie Linz es tut, wenn Lakoff die Idealisierung kognitiver Modelle auch für den propositionalen Bereich gelten lassen will. Kritisiert werden könnte hier allenfalls, dass Lakoff die zentrale textbildende Funktion der Bild-Schemata nicht erkannt hat, da letztere sich heuristisch auf einem anderen Niveau im Konzeptualisierungsprozess als die Metaphern oder Metonymien befinden.

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topologische Grundstruktur eines Ausgangsbereichs im Zielbereich der metaphorischen Übertragung erhalten bleibt. Dies wird durch die bild-schematische Grundstruktur der kognitiven Modelle ermöglicht. Hieraus folgert Lakoff (1990, 65) und in ähnlicher Weise auch schon Johnson (1987, XX) eine Gleichstellung von propositionaler mit bild-schematischer Struktur (vgl. auch Linz 2002, 113). Diese eher im hypothetischen Sinn vollzogene Schlussfolgerung kann jedoch nicht im eigentlichen Sinn von Propositionalität aufrecht erhalten werden, da BildSchemata selbst noch keine Konkretisationen enthalten, sondern lediglich auf abstraktem kognitiven Niveau als begrenzte Anzahl von Teilen und ihren Relationen fungieren (Johnson 1987). Dies ist jedoch m.E. keine Theorienschwäche, sondern gerade für die kommunikationstheoretische Umsetzbarkeit der Bild-Schemata ein Vorteil; z. B. im Bereich der unternehmensexternen Kommunikation. Letzteres wird weiter unten in der vorliegenden Arbeit (Kap. 9) am Beispiel des in den letzten Jahren immer wichtiger gewordenen Markenslogans im internationalen Marketing heutiger Wirtschaft gezeigt. Propositionaler Gehalt als Aussage über Welt kann einzelnen Bild-Schemata nur dann zugesprochen werden, wenn sie metaphorisch oder anderweitig konzeptuell spezifiziert werden. So lässt das Bild-Schema CONTAINER als solches noch keine zwingende Kontextualisierung im Sinne metaphorischer, metonymischer oder direkt propositionaler (d.h. nicht-metaphorischer) Spezifizierungen zu. Auch ist das WEG-Schema, das immer wieder von Lakoff und anderen als Beispiel verwendet wird, nicht zwangsläufig nur für die Metapher LIFE IS A JOURNEY verwendbar,42 sondern kann ebenfalls in anderer Form als Bild-Schema kontextuell spezifiziert werden, wodurch die jeweilige propositionale Aussagemöglichkeit erst entsteht.43 An dieser Stelle muss auch auf eine terminologische Verwirrung in der Hantierung mit dem Metaphernbegriff seit Lakoff und Johnson eingegangen werden, was letztlich auf die nicht immer einheitliche Anwendung der Terminologie in der kognitiven Metaphernforschung zurückzuführen ist. Stellvertretend kann hier Linz’ qualitative Dreiteilung des Metaphernbegriffs bei Lakoff und Johnson in „erstens bildschematische Metaphern, zweitens konzeptuelle Metaphern und drittens Bildmetaphern“ angeführt werden (Linz 2002, 105). Die ersten beiden Metapherntypen führt Linz auf die Unterscheidung zwischen ‚primären‘ und ‚komplexen‘ Metaphern bei Lakoff/Johnson 1999 zurück. Dabei entsteht die begriffliche Verwirrung durch den exzessiven Gebrauch des Terminus Metapher. Aufgrund der Ausführungen in Lakoff/Johnson (1999, 46) ist der Schluss zu ziehen, dass ‚primäre‘ Metaphern im Sinne von Bild-Schemata verstanden wer42

Lakoff/Turner 1989, Kap. 1 und Lakoff 1998, 56f.; vgl. auch Linz 2002, 104

43

Vgl. dazu Kap. 10 bezüglich der Briefe an die Aktionäre unter diachronem Aspekt.

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den. Genau genommen handelt es sich bei den Bild-Schemata jedoch noch nicht um Metaphern im eigentlichen Sinn; erstens weil Bild-Schemata noch nicht wie einzelne Metaphern spezifiziert sind und zweitens, weil Bild-Schemata als VorStrukturierungen von Metaphern fungieren. ‚Komplexe‘ Metaphern werden im Sinne konzeptueller Übertragungen – wie in der vorliegenden Arbeit dargestellt – verstanden. ‚Bildmetaphern‘ wollen Lakoff und Johnson als Spezialfall konzeptueller Metaphern verstehen.44 Jedoch fungieren auch diese nach dem gleichen Übertragungsprinzip wie konzeptuelle Metaphern. Zur terminologischen Klarstellung kann folglich an dieser Stelle angeführt werden, dass mit dem Terminus Metapher in der vorliegenden Untersuchung immer konzeptuelle Metaphern als eine Form der spezifischen Übertragung aus einem Ursprungs- auf einen Zielbereich verstanden wird, ohne zwischen Untergruppen von konzeptuellen Metaphern, wie z. B. ‚Alltagsmetaphern‘, ‚konventionalisierten‘ oder ‚Bildmetaphern‘ etc. zu unterscheiden, da diese Unterscheidungstypologie für die kulturtheoretische Ausrichtung der vorliegenden Arbeit nicht relevant ist. Aus diesem Grund wird auf eine terminologische Unterscheidung der verschiedenen Metapherntypen in der vorliegenden Arbeit verzichtet. Dagegen wird die Ebene der Bild-Schemata von einzelnen konzeptuellen Metaphern oder Metonymien unterschieden, da es sich – wie im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit deutlich werden wird – um eine andere Ebene im Konzeptualisierungsprozess handelt, die besonders unter kulturtheoretischer Perspektive eine funktionale Schlüsselposition in der Verarbeitung von Welt einnimmt (vgl. Kap. 4). Aufgrund ihres nichtspezifizierten Status machen Bild-Schemata noch keine fertigen Aussagen über Welt. Da sie aber sowohl indirekte Propositionen (Metaphern oder Metonymien) als auch direkte Propositionen (d.h. hier nichtmetaphorische oder -metonymische Textsequenzen) vorstrukturieren, kann ihnen die Aussagefunktion über Welt nicht abgesprochen werden. Im Konzeptualisierungsverlauf nehmen sie jedoch einen anderen sinnbildenden – und damit auch einen anderen propositionalen – Status als konzeptuelle Metaphern, Metonymien oder konkrete Aussagen über Welt (direkte Propositionen) ein. Der Status der Bild-Schemata soll hier als der einer nicht-propositionalen Aussage über Welt bezeichnet werden. So enthält die kognitive Theorie der Metapher die unterschiedlichen propositionalen Funktionen der nicht-propositionalen und indirekt propositionalen Bedeutungsbildung im Prozess der Semiose. Zwischen diesen beiden Propositions-Funktionen ist bisher nicht in der Diskussion zur Theorie der kognitiven Metapher unterschieden worden.45 In ihrer gestaltbildenden Funktion 44

Vgl. die Übersicht über die verschiedenen Quellen zur Bildmetapher in Linz 2002, 108f.

45

Dies führt bisweilen zu unklaren Aussagefunktionen von metaphorischen Modellen, die Metaphern und Bild-Schemata undifferenziert verbinden, wobei dann entweder der non-propositionale Aspekt (Eckardt 2002) oder der indirekt propositionale Aspekt (Burkhardt 1987) angesprochen wird.

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für Metaphern sind sie zwischen der präkonzeptuellen universalen Ebene und der Ebene spezifischer Aussagen über Welt (in Form von Metaphern, Metonymien oder einfachen konkreten Propositionen) anzusiedeln. Aufgrund der gemeinsamen konzeptuellen Theorienverankerung wird die Bezeichnung kognitive Metapherntheorie in Anlehnung an die Einführung durch Lakoff und Johnson in der vorliegenden Arbeit sowohl für metaphorische als auch für metonymische Konzeptualisierungen verwendet und erstreckt sich ebenso auf Bild-Schemata, da diese zur Strukturierung von Erfahrungsbereichen eine modellbildende Funktion haben. Direkt propositionale Aussagen werden in der vorliegenden Untersuchung soweit berücksichtigt, wie sie kulturtheoretisch betrachtet zur prototypischen Idealisierung eines kognitiven Modells dienen. Sie können aufgrund der auch ihnen zu grunde liegenden bild-schematischen Strukturierung in eine kognitionstheoretische Theorienbildung integriert werden, wie die obigen Ausführungen gezeigt haben. Kognitionspsychologisch sind neben den propositionalen Basisebenen im Sinne der Prototypentheorie Roschs vor allem die bild-schematischen Modelle als nonpropositionale strukturbildende Ebenen bei der Frage nach kulturspezifischen Konzeptualisierungen von zentraler Bedeutung, da letztere bisher kaum kulturkontrastiv untersucht worden sind. Dies ist wahrscheinlich dadurch bedingt, dass Bild-Schemata – im Gegensatz zu propositionalen Basisebenen – nicht sprachlich direkt zum Ausdruck kommen, sondern erst über ein kognitionsmetaphorisches Analysewerkzeug erschließbar sind. Im Einzelnen wird dies in den empirischen Untersuchungen weiter unten dargestellt (Kap. 8-10). Die zentrale Funktion der Bild-Schemata kommt für kognitionsmetaphorische Untersuchungen durch ihre strukturbildende Zwischenposition in der Skala von präkonzeptueller Erfahrung über bild-schematische Struktur zur propositionalen Ebene zum Ausdruck. Hierdurch ist erklärlich, warum ein und dasselbe BildSchema eine Menge verschiedener kognitiver Metaphern als Spezifizierungen eines Bild-Schemas vorprägen kann. Hieraus entsteht ein ökonomischer Wert für wissenschaftliche Untersuchungen zu Bild-Schemata: Sind einmal die für eine Kultur zentralen Bild-Schemata (als IKMs) eines Handlungsbereichs erfasst worden, können diese systematisch in der Kommunikation innerhalb und über Kulturgrenzen hinweg – auch für sprachliche Neuschöpfungen – zur Anwendung kommen. Hier steckt ein immenses noch nicht ausgeschöpftes Kommunikationspotential nicht nur für die Verständigung zwischen verschiedenen Landessprachen, sondern auch für das Kommunikationsmanagement sowohl in der unternehmensinternen wie auch -externen Kommunikation. Wesentliches Ziel kulturspezifischer Untersuchungen zu Konzeptualisierungen könnte das Erfassen einer jeweils einem IKM zu Grunde liegenden gestalthaften

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Strukturierung von Welt anhand von Bild-Schemata sein. Es ist anzunehmen, dass die gestalthafte Strukturierung von Welt, die in einem Kulturkontext vorherrschenden Werte und Grundannahmen über Welt auch innerhalb eines fachlichen Bereichs in Modellen über diesen Bereich bild-schematisch zum Ausdruck kommen lässt. Idealisiert sind IKMs deshalb, weil sie notwendigerweise vereinfachte Modelle der Erfahrungswirklichkeit darstellen, die einen Fachbereich strukturieren können. Hierin liegt aber auch ihre sprachliche Relevanz, da sie folglich in effektiver Form nicht nur verbal, sondern auch para- und nonverbal kommuniziert werden können. Tatsächlich ist die ökonomische Funktion der Sprache – das heißt in diesem Zusammenhang die Kommunikation komplexer gestalthafter Konzepte von Welt – durch den metaphorischen Übertragungsvorgang von Ursprungsbereichen über Basisebenen, die ebenso propositionale Basiskonzepte wie auch non-propositionale Bild-Schemata enthalten können, auf thematische Zielbereiche der Kommunikation erst unter kognitionslinguistischer Perspektive einsichtig. Indem die kognitiven Modelle über Sozialisationen idealisiert werden, sind sie auch intersubjektiv (als primäre Intersubjektivität) nachvollziehbar, woraus sich der kulturspezifische Anspruch an die idealisierten kognitiven Modelle ergibt. Kulturtheoretisch interessant ist die Frage, ob interkulturelle Kommunikation effektiviert werden kann, indem kulturspezifisch relevante kognitive Modelle als Merkmale einer gegebenen primären Intersubjektivität systematisch erarbeitet werden können, um einer sekundären Intersubjektivität systematisch zugänglich gemacht zu werden. Da non-propositionale Bild-Schemata ebenso wie die Bild-Schemata enthaltenden propositionalen Basis-Konzepte (gemäß der Prototypentheorie) eine Form der wiederkehrenden Wirklichkeitsbearbeitung darstellen, jedoch nicht an sich gegeben sind, sind sie das Resultat menschlicher kognitiver Leistung. Die Art der Schema-Bildung und die Vermittelbarkeit von Schemata ist folglich an intersubjektiv nachvollziehbare raumzeitliche Bedingungen der Welterfahrung gebunden. Das Bild-Schema stellt somit ein zentrales Resultat ständiger Aktivität der Wirklichkeitsbewältigung dar: „A schema is a recurrent pattern, shape, and regularity in, or of, these ongoing ordering activities. These patterns emerge as meaningful structures for us chiefly at the level of our bodily movements through space, our manipulation of objects, and our perceptual interactions. It is important to recognize the dynamic character of image schemata. I conceive of them as structures for organizing our experience and comprehension“ (Johnson 1987, 29; Hervorhebungen im Original)

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Die Ausgangsstufe universaler präkonzeptueller Vorbedingungen einerseits und kulturspezifisch relevanter Bild-Schemata als Zwischenstufe der Konzeptbildung andererseits können demnach unter interkultureller Perspektive als zwei funktional trennbare Ebenen von Konzeptualisierung gefasst werden. Dieser Erkenntnis scheint zunächst die universale Bedeutung so zentraler Bild-Schemata, wie es die von Johnson (1987) aufgezeigten CONTAINER- oder WEG-Schemata u. v. a. m. darstellen, zu widersprechen (vgl. auch Baldauf 1997, 67ff.). Auch wirken die nicht weiter spezifizierten Hinweise bei Johnson zur Allgemeingültigkeit dieser Bild-Schemata gerade interkulturell eher verwirrend. Wenn Konzeptualisierung und mit ihr die Verwendung von Basis-Konzepten und Bild-Schemata prinzipiell als kulturgebundenes Phänomen aufgefasst werden kann (vgl. auch Jäkel 1997, 96), dann ergibt sich an dieser Stelle die Frage, auf welche Weise solche Idealisierten Kognitiven Modelle kulturspezifisch zur Anwendung kommen können. Bevor die systembildende Funktion der Bild-Schemata behandelt wird (vgl. auch Kap. 4), muss jedoch noch auf ein Klassifikationsproblem eingegangen werden, das im Laufe der Rezeptionsgeschichte zur kognitiven Theorie der Metapher entstanden ist. Lakoff und Johnson schlagen vor, konzeptuelle Metaphern in die drei Untergruppen strukturelle Metaphern, Orientierungsmetaphern und ontologische Metaphern zu untergliedern. Diese Untergliederung ist als solche nicht unproblematisch und hat einen Ad-hoc-Charakter, wie Baldauf bemerkt (1997, 82), da diese Gliederung als solche nicht systematisch in empirischen Untersuchungen bestätigt werden kann. Hier entsteht die Frage nach der Zweckmäßigkeit einer weiteren Einteilung der konzeptuellen Metaphern. Erst wenn sich eine Einteilungslogik a) aus dem erkenntnistheoretischen Zugriff einer Theorienfundierung und b) aus dem Umgang mit empirischem Material ergibt, kann diese als erstrebenswert angesehen werden. Ansonsten können Einteilungslogiken schnell den Eindruck eines Selbstzwecks erhalten. Dieses Eindrucks kann man sich dann auch nicht bezüglich des alternativen Einteilungsvorschlags von Baldauf verwehren. Baldauf schlägt vor, die konzeptuellen Metaphern in die vier Gruppen Attributsmetaphern, ontologische Metaphern, bildschematische Metaphern und Konstellationsmetaphern zu untergliedern. Kann eine klassifikatorische Unterscheidung noch aus prinzipiell sprachwissenschaftlichen Beweggründen heraus zunächst als sinnvoll erscheinen, so ist dies unter kulturtheoretischem und handlungsorientiertem Aspekt nicht zwingend. Besonders aber sind Klassifikationen dann nicht überzeugend, wenn sie im gesamten Spektrum einer Theorienentwicklung nicht widerspruchsfrei vollzogen werden können. Aus diesem Grund muss auf das Klassifikationsproblem bei Baldauf im weiteren Verlauf näher eingegangen werden.

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Es wurde oben schon auf die systembildende Funktion der Bild-Schemata für die Erstellung kognitiver Modelle in Form von IKMs im Konzeptualisierungsprozess hingewiesen. Somit haben Bild-Schemata eine andersartige Konzeptualisierungsfunktion als ausgeprägte Metaphern. Während konzeptuelle Metaphern die Projizierung fertiger Bilder von einem Ursprungsbereich auf einen Zielbereich darstellen, sind Bild-Schemata auf einer abstrakteren Stufe als die Metaphern anzusiedeln und fungieren prinzipiell als ordnungsbildende (d.h. bild-schematische Logik schaffende) Konzeptualisierungs-Kontexte. Deshalb sind BildSchemata auch nie fertig ausgeprägt (im Sinne der spezifischen Bilder von Metaphern). Bild-Schemata „ (...) operate at one level of generality and abstraction above concrete, rich images [Herv. von mir]. A schema consists of a small number of parts and relationships, by virtue of which it can structure indefinitely many perceptions, images, and events. In sum, image schemata operate at a level of mental organization that falls between abstract propositional structures, on the one side, and particular concrete images, on the other.“ (Johnson 1987, 29) Bild-Schemata sind nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass sie funktional auf einem anderen Konzeptualisierungsniveau anzusiedeln sind, sondern bestehen außerdem – und dies ist eine wichtige methodische Einsicht – jeweils aus einer begrenzeten Anzahl von Teilen und Relationen, die als Bestandteile eines BildSchemas fungieren (vgl. Zitat oben). Hieraus ergeben sich Konsequenzen u. a. für die Darstellbarkeit von Bild-Schemata, die jetzt – im Unterschied zu spezifischen Metaphern – optisch einfach und intersubjektiv nachvollziehbar gerade in ihrer gestaltbildenden Funktion für IKMs auch nonverbal darstellbar werden. Für die Analyse vorhandener aber auch für die Schaffung potentieller Bild-Schemata im Rahmen eines kulturellen Kontextes (ob in der landes- oder unternehmenskulturellen Dimension oder in anderen Dimensionen) kann dies als ein methodologischer und kommunikationsstrategischer Vorteil angesehen werden. Wenn die Bild-Schemata als solche einmal ausgewählt sind, lassen sie sich auch entsprechend wirkungsvoll kommunizieren, indem sie verbal oder nonverbal umgesetzt werden. Über die innerhalb einer sozialen Gemeinschaft geteilten kommunikativen Mittel erhalten die Bild-Schemata eine phänomenologisch nachvollziehbare Dimension, die sie dann auch intersubjektiv nachvollziehbar machen. Im kulturtheoretischen Sinne der vorliegenden Arbeit wird dies sogar als das Kernstück kommunikativer Tätigkeit sowohl als automatisierte primäre als auch als nachvollziehbare sekundäre Intersubjektivität verstanden. Die von Jäkel in die Metaphern-Diskussion eingeführte Ubiquitätsthese muss folglich in erster Linie für die Bild-Schemata angenommen werden, die jetzt eine zentrale kommunikationsstreuernde Funktion für Kommunikation überhaupt erhalten:

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„The view I am proposing is this: in order for us to have meaningful, connected experiences that we can comprehend and reason about, there must be a pattern and order to our actions, perceptions, and conceptions. A schema is a recurrent pattern, shape, and regularity in or of, these ongoing ordering activities.“ (Johnson 1987, 29; Herv. im Original) Die von Baldauf vorgeschlagene typologische Einteilung konzeptueller Metaphern scheitert an der ubiquitären Rolle der Bild-Schemata (vgl. Zitat oben). Letztere fungieren nicht nur als Strukturierungsmechanismus für Metaphern, sondern auch für solche (mündliche wie schriftliche) Textpassagen, welche nicht-metaphorische, ‚direkte‘ Propositionen enthalten. Baldauf geht von einer Teilgruppe der ‚bildschematischen Metaphern‘ aus. Kognitionstheoretisch problematisch ist, dass hier zwei wesentlich unterschiedliche Konzeptualisierungsebenen (die BildSchemata und die konzeptuellen Metaphern) zum Zwecke eines Klassifikationsbestrebens vermischt werden, was wiederum mehr Fragen aufwirft, als dass dadurch Klarheiten geschafft würden. In seiner zusammenfassenden Darstellung der kognitiven Metapherntheorie macht Lakoff (1993) den theorienbildenden Unterschied zwischen den Begriffen ‚Metapher‘, ‚metaphorisch‘ und ‚BildSchema‘ anhand des WEG-Schemas deutlich. Demnach werden im Englischen lineare Skaleneinteilungen anhand des WEG-Schemas konzeptualisiert. Dies zeigt sich in Sätzen wie „John is far more intelligent than Bill. John’s intelligence goes way beyond Bill’s. John is way ahead of Bill in intelligence.“ (Lakoff 1993, 214; Herv. im Orig.) Als Bild-Schema für den Intelligenz-Vergleich zwischen Bill und John wird in den Sätzen oben die horizontale Topologie eines WEG-Schemas verwendet, bei dem das Maß an Intelligenz mit der vergleichenden Position auf einem WEG-Schema korreliert. Als metaphorisch kann hierbei das Übertragungsverhältnis eines BildSchemas in Form eines Ursprungsbereichs (hier WEG) auf einen Zielbereich (hier Intelligenz) bezeichnet werden. Als Metapher wird das Resultat eines solchen Übertragungsvorgangs bezeichnet, was dann gemäß der Formulierungstradition in der kognitiven Metaphern-Theorie in Form von Majuskeln wie ‚A IST B‘ formuliert wird; im Fall der obigen Beispielsätze bei Lakoff als LINEARE SKALEN SIND WEGE („LINEAR SCALES ARE PATHS“; Lakoff 1993, 214). Wichtig ist hier festzuhalten, dass das konzeptuelle Prinzip des Übertragens von Bekanntem zu Unbekanntem zwar in dieser Form als ein metaphorisches bezeichnet werden kann, da es sich ontologisch gesehen um unterschiedliche Bereiche handelt. Es muss sich dabei aber nicht immer um eine Metapher handeln. Dies ist ein ganz wichtiger Punkt. Sonst wäre alles Metapher.

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Obige drei Beispielsätze aus Lakoff (1993) exemplifizieren auf unterschiedliche Weise, wie das Bild-Schema LINEARE SKALEN SIND WEGE durch jeweils unterschiedliche Metaphern spezifiziert wird, da alle drei Beispielsätze unterschiedliche konzeptuelle Szenen auf dem WEG-Schema (Bild-Schema) darstellen: - JOHNS INTELLIGENZ IST RAUMDISTANZ ZU BILL - JOHNS INTELLIGENZ SCHREITET VIEL WEITER VORAN ALS BILLS - JOHN IST MIT SEINER INTELLIGENZ VIEL WEITER ENTFERNT ALS BILL Alle drei metaphorischen Darstellungen des Intelligenzverhältnisses zwischen Bill und John verwenden das WEG-Schema als konzeptuelle Grundstruktur, innerhalb welcher die jeweils metaphorische Ausformulierung in unterschiedlicher Weise vollzogen wird. Jäkel (1997) hat zwar Recht, wenn er behauptet, dass es nur unter extrem konstruierten Bedingungen gelänge, einen völlig metaphernfreien Text zu produzieren, der dann außerdem in seiner kommunikativen Funktion wahrscheinlich äußerst fragwürdig wäre. Gleichzeitig muss aber auch angemerkt werden, dass es Textpassagen geben kann, die ohne Metaphern auskommen. Dies ergibt sich aus dem Übertragungsprinzip der kognitiven Metapherntheorie selbst, die ja davon ausgeht, dass Unbekanntes und/oder Abstraktes als Zielbereiche durch Bekanntes und/oder Konkretes als Ursprungsbereiche metaphorisch konzeptualisiert werden kann. In dem Moment, wo z. B. ausschließlich Konkretes und Bekanntes dargestellt wird, so kann dies ohne weiteres ohne eine konzeptuelle Metapher erreicht werden. Es wird jedoch an dieser Stelle die Hypothese aufgestellt, dass dies nicht ohne die Verwendung eines Bild-Schemas möglich ist. So ist ein Satz wie Ich lege das Geld in die Schachtel auch unter konzeptuellem Aspekt metaphernfrei. Gleichzeitig wird in diesem Satz jedoch das Bild-Schema des vektorialen Einwirkens auf einen Container benutzt, welches in der Proposition des Satzes im Sinne der Invarianz-Hypothese (Lakoff 1990) bewahrt bleibt. Die in der Rezeption der kognitiven Metapherntheorie anzutreffende Vermischung der funktionalen und theoriebildenden Unterschiede zwischen konzeptuellen Metaphern und Bild-Schemata ist teilweise auch den Begründern der kognitiven Metapherntheorie anzulasten, die den funktionalen Unterschied zwischen konzeptueller Metapher und Bild-Schema nicht durchgängig expliziert haben. Letztlich ist die Problematik solcher Phänomene, welche Baldauf als ‚bildschematische Metaphern‘ glaubt beschreiben zu müssen, auch ohne eine solche Kategorisierung innerhalb der Theorienbildung zur konzeptuellen Metapher auflösbar. Dies ergibt sich daraus, dass Bild-Schemata auch lediglich als solche auf der Textebene als formulierbar angenommen werden können. Somit brauchen Bild-

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Schemata nicht immer in kognitiven Metaphern oder Metonymien spezifiziert zu werden. Weiter unten im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird sogar gezeigt werden, dass z. B. im modernen Markenkommunikations-Management Bild-Schemata gezielt eingesetzt werden können, um aufgrund ihrer Unspezifiziertheit ein Markenprofil in Form von Unternehmensleitsätzen oder mission statements aufbauen zu können. Damit können Bild-Schemata eine funktionale Selbständigkeit erhalten, die weit über den phrastischen Rahmen von einzelnen Sätzen und Satzgefügen hinausgehen kann und als Strukturierungsmittel für ganze Texte und sogar Textgruppen fungieren kann, wie weiter unten im empirischen Teil gezeigt wird. Kommunikationstheoretisch wie auch kulturtheoretisch wird in der vorliegenden Arbeit ein fundamentaler Unterschied zwischen konzeptuellen Metaphern und Bild-Schemata hypostasiert, weshalb auch Typologisierungen abgelehnt werden, die den funktionalen Unterschied zwischen konzeptuellen Metaphern (bzw. Metynomien) und Bild-Schemata nicht berücksichtigen. Als Konsequenz aus der praktischen Umsetzbarkeit der Bild-Schemata und aufgrund der Unmöglichkeit des Aufzeigens einer Relevanz von Typologien, die sowohl in ihrer internen Logik widerspruchsfrei sind als auch für die Praxis kommunikativer Tätigkeiten einen Vorteil darstellen, wird in der vorliegenden Arbeit auf eine typologische Klassifizierung der konzeptuellen Metaphern in sog. Teilgruppen verzichtet.46 Damit wird das Augenmerk wieder der kulturtheoretisch relevanten Rolle Idealisierter Kognitiver Modelle zugewandt, die prinzipiell als idealisierbar innerhalb eines kulturellen Rahmens (egal welcher Dimension) angenommen werden können. Die kulturspezifische Verankerbarkeit Idealisierter Kognitiver Modelle bedeutet nicht automatisch, dass diese prinzipiell nur innerhalb eines kulturspezifischen Rahmens idealisiert (d.h. primär intersubjektiv zugänglich gemacht) sind. Wie weit der kulturelle Geltungsradius von IKMs jeweils ist, ist abhängig von dem/den jeweiligen intersubjektiv nachvollziehbaren Erfahrungskontext/en. So lassen sich z. B. die verschiedenen Bild-Schemata, die Johnson 1987 eingehend darstellt, nicht nur für das Englische nachweisen. Eines der bekanntesten Bild-Schemata ist das CONTAINER-Schema. Es ließen sich die verschiedensten Belege in z. B. verschiedenen europäischen Sprachen für die Anwendung des CONTAINERSchemas für die gestalthafte Konzeptualisierung von Unternehmen anführen.47 Unter interkultureller Perspektive ist die Frage aktuell, ob es kulturspezifisch zur Anwendung kommende Bild-Schemata gibt, und wenn ja, in welcher Form sich eine jeweilige Kulturspezifik äußert. Diese letztere Frage ist umso wichtiger, als 46

Vgl. auch die Kritik in Jäkel 2003, 136ff., der darauf hinweist, dass Klassifikationsversuche bisher eher kritiklos und unhinterfragt in der Forschung verwendet worden sind.

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Vgl. z.B. die universale systematische Einteilung in unternehmensinterne und -externe Tätigkeiten.

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das gleiche kognitive Modell in verschiedenen Kulturen zur Anwendung kommen kann, jedoch auf jeweils unterschiedlichen kognitiven Gestaltstrukturen basieren kann. Unter anderem für den Bereich der kulturübergreifenden fachlichen Kommunikation wäre der Nachweis möglicher kulturspezifischer kognitiver Modelle ein wichtiger Schritt in Richtung einer effektivierten fachlichen Kommunikationstätigkeit über die Sprach- und damit auch (Fach-) Kulturgrenzen hinweg. Auf die Frage, ob unterschiedliche Kulturen und mit ihnen ihre Sprachen für einen Fachbereich z. B. unterschiedliche Bild-Schemata als Konzeptualisierungen verwenden können, liefert Johnson einen ersten Hinweis. Johnson legt ein dynamisches Verständnis von Bild-Schematik nahe. (vgl. das Zitat von Johnson 1987, 29 weiter oben). Die Dynamik ergibt sich konsequenterweise aus dem konstruktivistischen Ansatz bei Johnson, der Schemata als ein jeweiliges Resultat der konzeptuell organisierenden Aktivität des Menschen zur Wirklichkeitsbewältigung versteht (vgl. Johnson 1987, 29). Da Wirklichkeit unter dem Primat der Chronizität einem ständigen Wandel unterworfen ist, kann auch die Ausprägung der die Wirklichkeit strukturierenden Bild-Schemata in der diachronen Perspektive nicht als konstant angenommen werden. Dies betrifft nicht nur die Wahl zwischen Schemata, sondern vor allem die Anwendbarkeit eines selben BildSchemas für unterschiedliche Konzeptualisierungen. Neben den propositionalen Verständigungsmöglichkeiten bieten die Bild-Schemata non-propositionale Aussagen über Welt, die aufgrund der Art der einer Konzeptualisierung zugrunde liegenden Bild-Schematik auch fachlich relevante Informationen bieten kann. Deshalb können Bild-Schemata ebenso inhaltliche Aussagen über ein Fachbereich machen wie traditionelle Propositionen. Durch die gestalthafte Konzeptualisierung im Wie des sprachlichen Ausdrucks entsteht somit sowohl im Bereich der fachlichen wie auch alltäglichen Kommunikation ein informatorischer Zusatz zum Was des semantischen Inhalts. So unterschiedliche sprachliche Manifestationsformen wie wissenschaftliche oder persuasive Texte benutzen diese Möglichkeit in systematischer Form, wie weiter unten gezeigt wird. An diesem Punkt wird die Notwendigkeit eines holistischen Konzeptualisierungsmodells von Sprache auch für die interkulturelle fachliche Kommunikation verständlich: Indem Fachwissen konzeptuell an die Art der Alltagserfahrung von Welt geknüpft ist, lässt sich die non-propositionale Bildlichkeit als ein kulturspezifisches Phänomen nicht ohne einen kulturbezogenen Wissensverlust in der propositionalen fachlichen Information ausblenden. Dies umso weniger als die bild-schematische Konzeptualisierung trotz ihrer NonPropositionalität fachspezifische Aussagen über Welt macht, die für eine effektive kulturübergreifende Kommunikation sogar von zentraler Bedeutung sein kann, wie sich im empirischen Teil zeigen wird.

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An dieser Stelle dürfte deutlich geworden sein, dass die traditionelle dichotome Einteilung zwischen Propositionalität und Non-Propositionalität unter kognitionslinguistischem und interkulturellem Aspekt irreführend sein kann. Gerade die aus interkultureller Perspektive zentrale Frage nach den in einer Kultur herrschenden Normen, Werten, Denkweisen etc. kann über die kognitiv-metaphorische Konzeptualisierung erfasst werden. Aus dem Ansatz eines ausschließlich propositionalen Sprachverständnisses heraus kann die kulturelle Dimension von Sprache in ihrer Ganzheit nicht erfasst werden. Ähnlich wie bei Schütz’ Auffassung von einer Welt außerhalb der ‚inneren Dauer‘, die allerdings als solche dem Individuum nicht zugänglich ist, wird auch von Lakoff die Existenz einer Welt außerhalb unserer kognitiven Modelle nicht geleugnet. In der Wir-Beziehung wird die erlebte Welt intersubjektiv zugänglich, jedoch ist ‚objektive‘ Welt aufgrund der Idealisierung der kognitiven Modelle als „inaccurate“ zu bezeichnen und in diesem Sinne nicht ohne kulturellen Bezug zugänglich (Lakoff 1987, 54), weil die Art der jeweiligen Idealisierung ein jeweiliges Resultat einer jeweils in Raum und Zeit gegebenen Enkulturation ist. Dies untermauert die Annahme, dass IKMs hochgradig kulturell geprägt sind. Hierin liegt auch die große Möglichkeit, die die kognitive Metapherntheorie unter interkultureller Perspektive bietet: Sie verfolgt nicht das chimäre Konzept des Objektivismus, sondern macht das Hier-Jetzt-So (im Sinne von Schütz) aufgrund eines problemorientierten Kommunikationsverständnisses zum Ziel der Untersuchung. Wie Baldauf richtig bemerkt, sind Konzepte stets Teile von IKMs, die über die sprachliche Manifestationsform hervortreten können (Baldauf 1997, 72). Die einzelnen Konzepte in Form von Teilkonzepten und kognitiven Metaphern sind daher in ihrer Funktion eines Teils eines Verarbeitungsprozesses von Welt bzw. Erfahrung nur vollständig verstehbar im Zusammenhang des gestaltbildenden Ganzen eines IKM, wie Jäkel (1997, 24f.) zeigt. IKMs können daher als „kulturspezifische Welterklärungsmuster“ (Jäkel 1997, 25), fungieren, die in der Kommunikation zwischen und über verschiedene(n) Kulturdimensionen (in der vorliegenden Arbeit dargestellt anhand der Dimensionen Landeskultur und Unternehmenskultur) viel effektiver und zielgerichteter zur Anwendung kommen können, als dies bisher getan worden ist. Da es dabei um sprachliche Phänomene im weitesten Sinne geht, bezieht sich die Bezeichnung ‚metaphorisch‘ der kognitiven Metapherntheorie nicht lediglich auf die verbalen Manifestationsformen traditioneller Metapherntheorien. Zwar interessiert sich auch die kognitive Metapherntheorie für Metaphern ‚im engen Sinn‘ und betrachtet diese sogar als eine hervorstechende Form sprachlichen Handelns. Jedoch ist sie durch ihre erkenntnistheoretische Verankerung in ubiqitär relevante kognitive Modelle weit mehr als eine Theorie der Metapher. ‚Metaphorisch‘ bezieht sich in dieser Theorie auf das Prinzip des konzeptuellen Projizierens und

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Übertragens zwischen Erfahrungsbereichen, indem ausgehend von Grunderfahrungen präkonzeptueller Art über strukturbildende Zwischenebenen detaillierte Aussagen über Welt erstellt werden. Im Aufzeigen des konzeptuellen Übertragungsprozesses von Welterfahrung auf Bedeutungsbildung liegt m.E. der entscheidende Wert der kognitiven Metapherntheorie. Hieraus wird verständlich warum diese Theorie weit über eine Theorie rein sprachlicher Phänomene hinausgeht. Auch ist die Kritik gegenüber der kognitiven Metapherntheorie, sie hebe die Distinktion zwischen metaphorischer und wörtlicher Bedeutung auf und erkläre alles zur Metapher nicht korrekt. Verständlich wird diese Kritik zwar, wenn man sich lediglich auf das Initialwerk von 1980 (Metaphors we live by) bezieht, in denen Lakoff und Johnson den unglücklichen Begriff ‚literal metaphor‘ als Antonym zu ‚imaginative metaphor‘ benutzen.48 Jedoch kann der volle Umfang, den die kognitive Metapherntheorie im Pradigmenwechsel der Metaphernforschung gehabt hat, nicht lediglich aufgrund dieses Initialwerks gemessen werden. Obige Schwäche muss als terminologische Unklarheit gewertet werden, die den eigentlichen Wert dieser Theorie nicht geschmälert hat und in den nachfolgenden Werken, vor allem seit Lakoff (1987) und Johnson (1987), korrigiert werden konnte. Wenn sich daher heutzutage eine Untersuchung mit dem Paradigmenwechsel in der Metaphernforschung befasst, kann auf eine eingehende Erörterung der Errungenschaften der kognitiven Metapherntheorie in diesem Bereich nicht verzichtet werden.49 Dabei braucht die kognitive Metapherntheorie gerade in Bezug auf die Rolle der IKMs als gestaltbildende Ganzheiten auch bei wörtlicher Bedeutung nicht halt zu machen, wenn auch in anderer Form als dies in Metaphors we live by versucht wurde. Wie Jäkel (1997) im Anschluss an die Kritik zur kognitiven Metapherntheorie zeigt, ist metaphorische Bedeutung ja gar nicht möglich ohne einen Übertragungsvorgang aus wörtlicher Bedeutung (und damit konkreter Welterfahrung), was allerdings völlig im Rahmen der Theorie zur kognitiven Metaphern48

Vgl. die Darstellung in Jäkel 1997, 43ff. Zu den Literaturhinweisen in der kritischen Auseinandersetzung mit dem Initialwerk siehe vor allem Anm. 62 und 63 in Jäkel 1997, 43f.

49

Diese Kritik muss z.B. gegenüber Frieling 1996 erhoben werden, die durch Bezug auf die oben erwähnte terminologische Verwirrung zwischen ‚wörtlich‘ und ‚metaphorisch‘ im Werk von Lakoff und Johnson von 1980 die gesamte kognitive Metapherntheorie in der Darstellung des Paradigmenwechsels in der Metapherntheorie ausblendet (vgl. Frieling 1996, 25). Anderthalb Jahrzehnte nach Einführung der kognitiven Metapherntheorie kann jedoch eine wissenschaftliche Untersuchung sich nicht auf die Theorie von Lakoff und Johnson beziehen, ohne die nach dem Initialwerk von 1980 vollzogenen Weiterentwicklungen insbesondere seit Ende der 1980er Jahre zu berücksichtigen. Frieling bezieht den Höhepunkt in der Darstellung des Paradigmenwechsels zur Metapherntheorie lediglich auf die Metaphernforschung in der Tradition von I.A. Richards und M. Black. Inwieweit gerade ein Paradigmenwechsel in der kognitiven Metapherntheorie durch Lakoff und Johnson über die Theorie von Richards und Black sowie auch anderen Metapherntheorien hinausgeht, wird dagegen in Jäkel 1997 und 1999 gezeigt.

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theorie ist. Dabei muss ein wörtlicher Terminus-Gebrauch nicht immer metaphorisiert werden. So wird z. B. das englische Verb attack wörtlich benutzt im Satz They attacked the fort und metaphorisch im Satz They attacked my argument. Gerade das Wissen um und die wörtliche Gebrauchsmöglichkeit des Verbs attack macht hier erst die konzeptuelle Metapher ARGUMENT IS WAR möglich. Somit ist die Frage eines spezifischen Anwendungskontextes (hier ‚fort‘) für die korrekte metaphorische Verwendung von attack nebensächlich. Entscheidend aus kognitiver Perspektive im obigen Beispiel ist, dass die wörtliche Anwendungsmöglichkeit von attack (unabhängig vom jeweiligen Satzkontext) z. B. im Satz They attack the fort ebenso ein gestaltpsychologisches Bild-Schema zur Grundlage hat wie in der metaphorischen Verwendung von attack. Das in diesem Fall gebrauchte kognitive Modell kann im Anschluss an die Darstellung in Johnson (1987) als KRAFTEINWIRKUNG bezeichnet werden und wird wiederum zusammengesetzt aus den einzelnen Bild-Schemata CONTAINER („fort“) und VEKTORIALE KRAFT („attack“). Es kann in seiner Bild-Schematik wie folgt grafisch dargestellt werden:

Abb. 3: KRAFTEINWIRKUNGSMODELL Metapherntheoretisch interessant ist hier das Faktum, dass bei der metaphorischen Verwendung von attack im Satz They attacked my argument das gestaltbildende Bild-Schema VEKTORIALE KRAFT eine Übertragung aus der wörtlichen Verwendung in die metaphorische ermöglicht, weil es sowohl durch die wörtliche als auch metaphorische Verwendungsweise von attack konzeptualisiert werden kann. Hierdurch verliert die bild-schematische Konzeptualisierungsmöglichkeit anhand von attack nichts an ihrer Gültigkeit. Gleichzeitig wird jedoch im obigen Beispiel deutlich, dass die gestaltbildende Anwendungsmöglichkeit von BildSchemata nicht allein auf die metaphorische Sprachverwendung beschränkt ist. Wie aus der Diskussion um das Beispiel des KRAFTEINWIRKUNGSMODELL oben deutlich wird, wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff ‚Bild-Schema‘ für

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einzelne non-propositionale Bestandteile eines kognitiven Modells verwendet. Mit dem Begriff ‚kognitives Modell‘ wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ein bild-schematischer Komplex bestehend aus 2 oder mehr Bild-Schemata bezeichnet. Als Beschreibungssprache für das kognitive Modell kann daher ein bild-schematischer Gesamtaspekt des kognitiven Modells verwendet werden, was in der Benennung des gesamten Modells zu einer geänderten Terminologie als die dieses Modell konstitutiven Bild-Schemata führt, wie im Beispiel des KRAFTEINWIRKUNGSMODELLS oben. Wennn eines der ein Modell konstituierenden Bild-Schemata eine zentrale Funktion für dieses Modell hat, wird das Modell als Ganzes nach diesem BildSchema benannt. Dies führt dann nicht zur begrifflichen Verwirrung, wenn die einzelnen Bild-Schemata, die ein kognitives Modell konstituieren, als BildSchemata vorher eingeführt worden sind. Begrifflich orientiert sich die Unterscheidung in den oben dargestellten Benennungsweisen anhand der Bezeichnung entweder als -Schema oder als -Modell.

3.6 Die Stellung der Theorie der Bild-Schemata in Bezug auf angrenzende Theoriebereiche Die holistische Konzeption der kognitiven Metapherntheorie führt Johnson dazu, eine Theorie der Imagination zu fordern, die ubiquitär den Anspruch einer Theorie des Verstehens schlechthin umfasst.50 Da bisher die prinzipielle Kulturverankerung des kognitionslinguistischen Paradigmas gezeigt werden konnte, müssen hieraus folgernd auch angrenzende Disziplinen wie z. B. die Theorie zur interkulturellen Kommunikation, die Texttheorie, die Fachsprachentheorie oder die Theorie integrierter Unternehmenskommunikation sowie andere Disziplinen im sozialwissenschaftlichen Bereich die kulturtheoretische Dimension in ihrer jeweiligen Theorie verankern und methodisch umsetzen können. Dies führt allerdings zur kritischen Auseinandersetzung und Neubegründung mit der Theorienentwicklung in den genannten Fachbereichen.51 Die prinzipielle Notwendigkeit der Kulturverankerung – und aus der Sicht unternehmenskulturellen Bedürfnisses: die daraus folgende Möglichkeit der Kulturverankerbarkeit – von kognitiven Modellen in ihrer interdisziplinären Relevanz kann im Rahmen eines

50

Vgl. Johnson 1987 und in diesem Zusammenhang auch Hübler 2001, 286.

51

Dies ist z.B. von Gibbs 1994 für den Bereich der Psychologie anhand der kognitiven Metapherntheorie unternommen worden.

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gesamtsprachlichen Konzeptualisierungsverständnisses zusammenfassend aus den folgenden Punkten gefolgert werden: „Aus der Theorie der Imagination ergibt sich, (1) daß das Wissen als menschliches konzipiert sein muß, und nicht als absolutes (God’s-eye-view) (vgl. Johnson 1987: X); (2) daß Wissen heißen muß, ‚in einer bestimmten Weise verstehen‘, und zwar in der Weise, die von denen geteilt wird, mit denen man eine Verstehensgemeinschaft bildet; (3) daß ein Verstehen, welches man mit anderen teilt, nicht nur eine Frage von Konzepten und Propositionen ist, die man mit anderen teilt, sondern auch eine Frage von verkörperlichten Strukturen des Verstehens, wie es die imageSchemata darstellen. Sie bilden sich in unserem körperlichen Funktionieren und operieren als wiederkehrende Muster beim dynamischen Erfahren/Erleben (experience) von Welt, sie strukturieren die Interaktion zwischen uns/unserem Organismus und der Umwelt.“ (Hübler 2001, 286; Herv. im Orig.) Wenn es möglich ist, kulturspezifisch (im prototypischen Sinn) verwendete BildSchemata (in Hübler 2001 als „image-Schemata“ bezeichnet, vgl. Zitat oben) oder propositionale Teilkonzepte für die einzelnen Konzeptualisierungen auch in ausgesuchten Bereichen (hier der Wirtschaft) nachzuweisen, dann wäre ein wichtiger Schritt zum interkulturellen Sich-Verständlich-Machen-Können sowohl in allgemeinen wie auch in spezifischen Kontexten der Wirtschaft erreicht. Dies wäre nicht nur für unternehmensinterne Bereiche wie z. B. die interkulturelle Personalführung oder Fragen der Corporate Identity wertvoll, sondern auch für das breite Spektrum unternehmensextener Kommunikation im Bereich des Marketings; von der Öffentlichkeitsarbeit über verschiedene Formen der Werbetätigkeit bis hin zur spezifischen Markenkommunikationsstrategie. In der Markenkommunikations-Forschung der Betriebswirtschaft ist die kognitive Dimension schon erkannt worden. Dabei wird vor allem auf die traditionelle Schematheorie der kognitiven Psychologie verwiesen (vgl. Bruhn 2003, Esch 1999, Langner 2003). Diese Schematheorie stellt den Versuch dar, die kognitive Dimension von Erinnerungsleistung anhand des Zusammenspiels zwischen generischer Information eines erinnerten Schemas und seiner Anwendbarkeit auf spezifische Einzelfälle der Erfahrung von Welt zu erklären. In diesem Sinn stellt diese Schema-Auffassung eine Theorie des Erinnerungsprozesses dar (Esch 1999, Brewer/Nakamura 1984). Trotz der terminologischen Ähnlichkeit in der Verwendung des Schema-Begriffs ist diese Schematheorie deutlich von der Verwendung des Begriffs innerhalb der kognitiven Metapherntheorie zu trennen, wenn es auch erkenntnistheoretische Anknüpfungspunkte gibt. So geht diese

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Schematheorie in der Tradition Bartletts (1977) und Rumelharts (1984) u. a. davon aus, dass Schemata in ihrer Generik abstrakte Orientierungen für einzelne Erlebnissituationen darstellen und jeweils situationsbedingt spezifisches Handlungswissen auslösen. Schemata werden in diesem Sinne vor allem als abstrakte Konstrukte aufgefasst, die unbewusst im Sinne mnemotechnischer Orientierungen verwendet werden. Hier sind wir auch schon an den Unterschieden zur kognitiven Theorie der BildSchemata angelangt. Während die Schemata der kognitiven Psychologie und Sozialpsychologie in ihrer generischen Funktion zwar unspezifisch sind, sind sie jedoch in dieser vagen Form immer schon Aussagen über Welt und haben somit propositionalen Charakter. Dies zeigt sich z. B. darin, dass Schemata in dieser Tradition gerade in ihrer Schemahaftigkeit in Form von semantischen Netzwerken konkretisiert werden können. Hierbei werden schematisch komplexe Bezugsobjekte der zu vermittelnden Kommunikationsinhalte von den Betrachtern assoziativ und assimilativ in ein semantisches Netzgefüge eingegliedert. Unter erkenntnistheoretischer Perspektive bestehen diese Netzwerke aus ”Knoten (nodes) [die] durch eine Anzahl von Relationen miteinander verbunden sind” (Rumelhart/ Norman 1978, 51). Diese Netzwerk-Definition unterscheidet sich trotz einer scheinbaren definitorischen Ähnlichkeit mit dem Bild-Schema grundsätzlich vom letzteren unter kognitiv-funktionaler Perspektive: Während BildSchemata non-propositionale Strukturen sprachlicher Konzeptualisierung darstellen, bilden Schemata im Sinne semantischer Netzwerke Systematisierungshilfen für propositionale Aussagen über Welt (vgl. dazu auch Johnson 1987). Kommunikationstechnisch lässt sich letzteres in Form von Assoziogrammen netzwerkartig fassen.52 Schemata in der Tradition Rumelharts stellen generische Theorien über n mögliche Anwendungssituationen dieser Schemata dar: „Perhaps the central function of schemata is in the construction of an interpretation of an event, object or situation – that is, in the process of comprehension. In all of this, it is useful to think of a schema as a kind of informal, private, unarticulated theory about the nature of the events, objects or situations which we face.” (Rumelhart 1984, 166) Aus dem Zitat wird die modulare Funktion dieser propositional fungierenden Schemata deutlich. Als Theorie der Informationsverarbeitung im Gedächtnis gelingt es anhand dieser Schematheorie größere (schematische) Ganzheiten der 52

In der wirtschaftswissenschaftlichen Fachliteratur wird zur Verdeutlichung dieses Sachverhalts gern auf das Beispiel Milka zurückgegriffen. Vgl. dazu Bruhn 2003, 35ff., Esch 2004, 66ff., Esch 1999, 88ff. sowie Kroeber-Riel/Esch 2004. Eine zusammenfassende Darstellung dieser Schematheorie aus der Sicht der unternehmensexternen Kommunikation bietet Esch 1999.

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Erinnerung mit ihren assoziativen Vernetzungen zu erklären. Kommunikationstheoretisch betrachtet liegt hier der erkenntnistheoretische Schwerpunkt auf der Rezeptionsleistung von Kommunikationseinheiten seitens des Empfängers. Diese Schematheorie kann größere Wissenseinheiten darstellen, ist jedoch nicht geeignet Textstrategien im Einzelnen für die Kommunikation komplexer oder einfacher Sachverhalte im argumentativen Sinne zu operationalisieren. Während somit die Schematheorie in der Tradition der kognitiven Psychologie eine Theorie der Erinnerung darstellt (Norman /Rumelhart 1978, Anderson 2000), ist die kognitive Metapherntheorie und mit ihr die Theorie der Bild-Schemata eine Theorie der Sprachverwendung. Der kognitive Ansatz in der Tradition von Bartlett, Rumelhart, Schank/Abelson u. a. hat Erkenntnisse über die kognitiven Ordnungsmechanismen, anhand derer Erfahrung von Welt assoziativ gegliedert werden kann, aufzeigen können. Sie ist jedoch aufgrund des Verharrens im abstakten Erklärungsmechanismus weniger für das Erstellen konkreter Kommunikationshandlungen geeignet. Hierfür kann zusammenfassend die Beurteilung von Brewer/Nakamura angeführt werden: “Schema theories have clearly recognized the problem of the generativity of cognitive processes (...) and have made some suggestions about how to deal with this difficult issue. However, one has the feeling that most of these proposals are better discussions of the problem than successful solutions.” (Brewer/Nakamura 1984, 135) Für die Kommunikationspraxis stellt sich jedoch die Frage, wie die kognitive Dimension im Einzelnen mit Hilfe aller zur Verfügung stehender Verbalkategorien und Kommunikationsmittel intersubjektiv nachvollziehbar und vermittelt werden kann. Kulturtheoretisch von zentraler Bedeutung ist im Falle der kognitiven Metapherntheorie die auch bild-schematische Verankerung von Kommunikation in der Alltagserfahrung: „Schank, Abelson, Rumelhart, and others are surely correct in stressing that we encounter and understand our world partly by means of general knowledge structures of this sort. But we also need to enrich and complement this popular interpretation of schemata as event structures by exploring the way image schemata operate as organizing structures of our experience and understanding at the level of bodily perception and movement.” (Johnson 1987, 20) Bevor die kognitive Dimension auch für die unternehmensexterne Kommunikation anwendungsrelevant in der Kommunikationspraxis umgesetzt werden kann, muss der kognitive Ansatz um die Dimension der Versprachlichung der Konzeptualisierung von Verkörperlichung in einem ganzheitlichen Textverständnis durch alle Verbalkategorien hindurch erweitert werden. Hierdurch können aufgrund der

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Erweiterung und Ergänzung des kognitiven Ansatzes vor allem anhand der Theorie der Bild-Schemata neue Wege aufgezeigt werden, die neben der interdisziplinären auch interkulturelle Relevanz haben. Bevor dies empirisch gezeigt werden kann, muss jedoch zunächst die Konsequenz der hier dargestellten Theorie der Konzeptualisierung für eine Entwicklung im Bereich der Kulturtheorie gezogen werden, worauf im nächsten Kapitel eingegangen wird.

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4. Vom dyadischen zum triadischen Kulturbegriff 4.1 Die Rolle der Indigenität zur Erweiterung bisheriger Kultur-Dimensionalität Nähert man sich der Frage kognitiver Modellbildung aus interkultureller Perspektive, ist es nicht mehr ausreichend, die kognitionslinguistische Dimension zu behandeln, ohne eine systematische interdisziplinäre Verankerung im Theorienbereich interkultureller Kommunikation vorzunehmen. Dies ist umso notwendiger, als die Aussagerelevanz einzelner Daten schon unter methodologischem Aspekt nicht von Vornherein als gegeben hypostasiert werden kann. Wird – wie in der vorliegenden Perspektive anwendbares und in die verschiedensten Handlungsbereiche umsetzbares Konzeptualisierungsmodell anbieten zu können, dann muss auch die Art der interdisziplinären Verkettung zwischen den behandelten Disziplinen aufgezeigt werden. Dies ist kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für Weiterentwicklung im Bereich der Theorienbildung schlechthin, da entscheidende Weiterentwicklungen in Theorien i.d.R. aus den Randbereichen von Theorien – und damit in ihrer interdisziplinären Anknüpfbarkeit – gewonnen werden können; d.h. aus den Angrenzungsbereichen zu anderen Theorien, was auch im vorliegenden Werk in systematischer Weise für den hier zur Diskussion stehenden Untersuchungsbereich unternommen wird. Diese Form der Weiterentwicklungsmöglichkeit von Theorien ist vor allem dadurch zu motivieren, dass der methodologische und erkenntnistheoretische Bedarf an Weiterentwicklung innerhalb einer Theorie manchmal gerade erst aus der Außenperspektive eines theoretischen Paradigmas in der interdisziplinären Auseinandersetzung mit einem Phänomenbereich deutlich wird. Betrachtet man die Theorienentwicklung im Bereich der interkulturellen Kommunikation, so fällt die durchgängige dichotome Orientierung anhand der Dimensionen Universalität versus Kulturspezifik auf. Dabei hat sich im Laufe der Theorienentwicklung in diesem Bereich die Auffassung dieser Dimensionen als Dichotomie eher in Form einer unhinterfragten Auffassung denn als eine empirisch getestete verbreitet. Eingeleitet wurde dieses Paradigma ursprünglich durch Kenneth L. Pikes seit den 1950er Jahren betriebene sprachwissenschaftliche Unterscheidung zwischen Emics und Etics (Pike 1971).53 Dieser – später vor allem 53

Nach Gülich/Raible (1977, 97) wurde die Basis für die allmählich von Pike entwickelte Emic/EticUnterscheidung von Pike ursprünglich schon Anfang der 40er Jahre gelegt. Vgl. zur texttheo-

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auch für die Methodologie in der Kulturantropologie – wichtige damalige Neuansatz war wiederum interdisziplinär aus dem Bereich der ‚Ethnolinguistik‘ erwachsen (vgl. Harris 1969). Dabei ist die Kategorie Emic begrifflich aus dem Suffix von ‚phonemic‘ und Etic als Suffix von ‚phonetics‘ abgeleitet worden. Während die erstere Kategorie auf Phänomene abzielt, die aus der subjektiven Eigenlogik einer jeweilig gegebenen Kultur entstehen (Triandis 1972), bildet die letztere Kategorie das methodologische Ideal eines kulturübergreifend anwendbaren und von jeweiligen Kulturen unabhängigen Analyseinstrumentariums. Schon von Pike wurden diese beiden Untersuchungsperspektiven als alternative Herangehensweisen an einen Objektbereich verstanden, der in seinen verbalen und nonverbalen Manifestationsformen als jeweils einheitlich greifbar aufgefasst wird (vgl. Pike 1990, 31 sowie Gülich/Raible 1977, 100). Je nach Erkenntnisinteresse des Forschers führen diese Herangehensweisen dann auch zu epistemologisch unterschiedlichen Aussagen: Während der Emic-Ansatz auf die internen Gesetzmäßigkeiten kulturbedingten Handelns abzielt, soll der Etic-Ansatz zu kulturübergreifenden Universalien führen, die Grundaussagen über Kulturen schlechthin erlauben sowie auch eine kulturunabhängige universale Vergleichsgrundlage zwischen Kulturen bieten. Vor allem der letztere Aspekt ist in dem von Berry (1969 und 1980) eingeführten Begriff des etic enthalten, der als Weiterentwicklung von Pikes Begrifflichkeiten zu verstehen war. Ausgehend von kulturspezifischen (Emic-)Untersuchungen sollten tentativ Ergebnisse aus der einen Kultur in ihrer Erscheinungsweise bei einer anderen Kultur hinterfragt werden, bis dann schließlich universale Aussagen auf n Kulturen in Form von abgeleiteten Aussagen (‚derived‘ etics) formuliert werden können, die dann wiederum als methodologische Grundlage für weitere Untersuchungen fungieren können. Auch bei diesem von Berry eingeführten methodologischen Kontinuum von der Emic-Dimension bis zur universalen Etic-Dimension handelt es sich um eine dyadische Einteilungslogik zwischen den als methodologische Pole aufgefassten Emics und Etics.54 Während das ursprünglich von Pike introduzierte Konzept von Emic/Etic nicht kritiklos übernommen wurde (Harris 1969, 568 passim) und Gegenstand theorieninterner Begriffsentwicklung war (Berry 1969 und 1980), so ist – auch für die interkulturelle Forschung – die epistemologische Polarisierung zwischen diesen beiden Kategorien in der Kulturpsychologie systembildend gewesen (Triandis 1972, vor allem 39 ff.). Diese Polarisierung zeigt sich – unhabhängig von den retischen Bedeutung des Emic-/Etic-Ansatzes bei Pike Gülich/Raible 1977, 97-115. In den 1970er Jahren erreichte die Emic-/Etic-Unterscheidung im Bereich interkultureller Theoriendiskussion ihre größte Verbreitung; vgl. dazu auch Headland 1990. 54

Vgl. die Darstellung in Berry 1969, 122-125.

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jeweiligen begrifflichen Ausprägungen der verschiedenen Ansätze – in einem theorienübergreifenden gegenseitigen Ausschließungsverhältnis zwischen den Kategorien Emic und Etic. Beiden wird eine methodologisch unterschiedliche Funktion zugeschrieben, die für den Praktiker in ein hypostasiertes EntwederOder-Verhältnis mündet. Harris hat dies stellvertretend für die Emic/EticForschung auf den Punkt gebracht: „An etic approach, by definition, avoids the premises of the emic approach. From an etic point of view, the universe of meaning, purposes, goals, motivations, etc., is thus unapproachable. But to insist upon the separateness of emic and etic phenomena and research strategies is not to affirm a greater or lesser ‚reality‘ or a higher or lower scientific status for either of them.“ (Harris 1969, 579) Die methodologische Orientierung anhand der Emic/Etic-Polarisierung hat eine rasante interdisziplinäre Verbreitung zunächst seit Ende der 60er Jahre über die angloamerikanische Kulturpsychologie und schließlich in der sich erst etablierenden jungen Disziplin der interkulturellen Kommunikationsforschung erfahren.55 Im Nachhinein stellt sich die Frage, ob nicht gerade diese Polarisierung eher hinderlich denn förderlich für eine Theorienentwicklung im Bereich der interkulturellen Kommunikation gewesen ist. Verfolgt man die anknüpfende Begriffsbildung im Bereich interkultureller Forschung, so hat die von Jahoda (1980) als begriffliche Alternative zu Emic/Etic vorgeschlagene Unterscheidung zwischen Kulturspezifik und Universalität die epistemologische dyadische Polarisierung des ersten Begriffspaars übernommen. Lediglich das methodologische Augenmerk wurde hierbei von einer sich gegenseitig ausschließenden Dichotomie des Emic/Etic-Ansatzes auf ein gegenseitiges Wechselverhältnis zwischen zwei unterschiedlichen Sichtweisen eines zu untersuchenden Phänomens gelegt. Während die kulturspezifische Untersuchung nach ausgewählten Verhaltenssegmenten einer gegebenen Kultur fragt, bildet die universale Dimension nach Jahoda (1980) kulturübergreifende Kategorisierungsmöglichkeiten für einzelne kulturspezifische Variablen. Dabei richtet sich die begriffliche Hauptkritik Jahodas gegen den methodologischen Status des Begriffs Etic, der eine Ambiguität beinhalte: „The paradox arises from the fact that there is an important ambiguity in the term ‚etic‘: on the one hand it is used to refer to types of behaviour our social institutions present in all human cultures; on the other hand it is also used to 55

Vgl. neben Berry 1969, 1980 auch Brislin et al. 1973 und Poortinga/Malpass 1986. Zur begriffsdefinitorischen Übersicht im Bereich der Sozialwissenschaften, auch mit statistischen Belegen, vgl. Headland 1990.

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denote scientific tools, and generalizations of supposed universal applicability.” (Jahoda 1983, 30) Als zweiten gewichtigen Kritikpunkt gegen die Emic/Etic-Begrifflichkeit macht Jahoda darauf aufmerksam, dass in der Anthropologie mit dieser Unterscheidung Systeme als Ganzes erfasst werden sollen. Für cross-kulturelle Untersuchungen (z. B. in der Psychologie), die sich mit einzelnen Variablen befasse und nicht mit ganzen Systemen wie in der Anthropologie, sei nach Jahoda (1983) diese Begrifflichkeit besser mit den Begriffen universal/kulturspezifisch auszutauschen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es sich für Jahoda nicht lediglich um das Austauschen von Begrifflichkeiten handelt, sondern um grundsätzliche, methodologisch alternative Herangehensweisen an einen Objektbereich. Hierdurch entsteht durch das kulturtheoretische Begriffspaar der Kulturspezifik/Universalität eine Verlagerung im methodologischen Kontinuum. An die Stelle der Austauschbarkeit tritt jetzt die gegenseitige Ergänzbarkeit kulturtheoretischer Kategorien. Als Resultat der methodologischen Diskussion bleibt immer noch das Verharren in einer dichotomen Logik, auch wenn eine Kombinationsmöglichkeit beider Begriffspaare hypostasiert wird: „So far the discussion has been conducted as though the two comparative methods were mutually exclusive, and in practice this is approximately true because researchers tend to favor one or another style. However, there is no reason why they should not be combined, and this has in fact been done by several researchers.“ (Jahoda 1980, 128) Diese dichotome Logik in der Hantierung mit dem Untersuchungsgegenstand ist paradigmatisch gewesen und hat sich bis heute im Bereich der interkulturellen Kommunikationsforschung gehalten. In der Wirtschaft hat sich dieses Denken vor allem in Form eines hypostasierten Skalen-Kontinuums durchgesetzt, auf dem sich Organisationen je nach Strategiewahl platzieren könnten. Dies hat folglich auch das interkulturelle Denken u. a. im Handlungsbereich der Wirtschaft nachhaltig beeinflusst. Symptomatisch steht hier McLuhans Überdimensionierung des Globalisierungsaspekts im geflügelten Wort des Global Village angesichts des Vormarsches von Unternehmen wie McDonald’s, Coca-Cola oder Levi’s auf dem Weltmarkt. Dagegen wird als alternative Orientierung auf dieser Skala das Going Native einer kulturellen Differenzierung gesetzt, ohne dass diese Strategien als Grundorientierung in ein holistisches Modell der Marktorientierung integriert werden. Für die Marktkommunikation international agierender Unternehmen zeigt sich diese Dichotomie u. a. in dem Kosten/Nutzen-Dilemma: Einer größtmöglichen Diffusion mit entsprechend höheren Kosten als Differenzierungsstrategie wird ein kostensparendes Standardisierungsprinzip mit entsprechend geringerem Nutzeneffekt gegenübergestellt. Praktische Lösungen werden dann i.d.R. jeweils

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situationsbedingt mehr oder weniger ad hoc gesucht. Dies geschieht entweder durch die Überbetonung einer der beiden Extremhaltungen, wie z. B. in der Wahl einer lingua franca als einzige formale Unternehmenssprache international agierender Konzerne. Oder es geschieht durch eine Kombination der beiden Alternativen Kulturspezifik und Universalität. Dies mündet in der Regel in eine zweidimensionale Grundeinteilung, die die „Globalisierungs- und Lokalisierungsvorteile“ je nach Branche glaubt festschreiben zu können (Apfelthaler 1998, 166). Will man ein Scheitern allzu rigider Kategorisierungen in der Praxis vermeiden, ist hier vor allem die Forschung herausgefordert, anhand von interdisziplinärer Theorienweiterentwicklung alternative Problemlösestrategien zu entwickeln, die den vielschichtigen Gegebenheiten der Praxis gerecht werden können. Dies setzt im wissenschaftlichen Kontext die Vermeidung eines allzu rigiden Umgangs mit Kategorien voraus. Konsequenzen ergeben sich hieraus u. a. im Fall der vorliegenden Diskussion für die Grundkategorien interkulturellen Handelns und Forschens, so wie sie als Emic/Etic-Dichotomien bzw. als das Gegensatzpaar Universalität/Kulturspezifik oder Orientierungen wie Standardisierung/Differenzierung in die Diskussion eingegangen sind. Die erste Frage, die sich bei der Weiterentwicklung überkommener Kategorien stellt, ist, ob die jeweiligen existierenden Kategorienbegriffe auch andere Kategorisierungsdimensionen zulassen. Bezogen auf die hier zur Diskussion stehende kulturtheoretische Kategoriendiskussion entsteht die Frage, ob diese Kategorien in ihrem definitorischen Ansatz notgedrungen auf eine dyadische Logik zu beschränken sind, oder ob sie epistemologisch erweitert werden können. Pike geht in seiner Begriffsbildung davon aus, dass die Emic-Dimension als Gesamtheit einer Konstellation von Phänomenen in einer gegebenen Kultur fungiert. Entscheidend ist für Pike die Untersuchungsperspektive. Während die Etic-Dimension als eine Außenperspektive zum untersuchten kulturellen System verstanden wird, kann die Emic-Dimension als eine Innenperspektive einer gegebenen Kultur gefasst werden: „External versus internal view: Description or analyses from the etic standpoint are ‚alien‘ in view, with criteria external to the system. Emic descriptions provide an internal view, with criteria chosen from within the system. They represent to us the view of one familiar with the system and who knows how to function within it himself.“ (Pike 1971, 38) Die Differenzierung zwischen Emic- und Etic-Dimensionen ist somit nicht von der Art der untersuchten Einheiten bzw. Kategorien abhängig. Die methodologische Konsequenz hieraus ist, dass einzelne untersuchte Phänomene sowohl der Emic- wie auch der Etic-Dimension angehören können. Entscheidend ist die Untersuchungsperspektive bezüglich gleicher Phänomene. Damit räumt Pike die

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Möglichkeit ein, dass Emic-Phänomene zwar als kennzeichnend für eine gegebene Kultur gelten, jedoch keinen Ausschließlichkeitssanspruch im Unterschied zu anderen Kulturen erheben müssen. Dies ist schon im Ansatz der Emic/EticBegriffshantierung bei Pike ein wichtiger Aspekt, der noch von Harris (1969) in seiner kritischen Verarbeitung dieser Theorie aufgegriffen wird, jedoch später im weiteren Verlauf der wissenschaftlichen Diskussion zum Emic/Etic-Ansatz verloren geht. Harris macht in seiner Kritik zu Pike auf eine wichtige Dimension der Emic-Kategorie aufmerksam, die erklärt, warum ein gegebenes Phänomen nicht gleichzeitig sowohl zu einer Emic- wie auch einer Etic-Dimension zugehörig sein kann: „If the verifiability of an ethnographic statement involves a confrontation with cognitive adequacy or appropriateness, then we are dealing with emic categories, no matter how many cultures contribute to that confrontation. Identification of similar emic categories merely establishes such categories as cross-culturally valid logico-empirical abstractions; it does not transform them into etically derived phenomena.“ (Harris 1969, 577) Ohne weiter auf diese Distinktion einzugehen, führt Harris hier eine dritte Kategoriendimension ein, die beschriebenen Phänomenen eine kulturübergreifende Signifikanz zuerkennt. Dieser dritten Kategoriendimension wird dabei kein universaler Status zugesprochen. Hier ist ein ganz wesentlicher Unterschied sowohl zu einem kulturspezifischen Verständnis der Emic-Kategorie als auch zu einem universalen Verständnis der Etic-Kategorie angedeutet. Methodologisch ist diese dritte Kategorie im epistemologischen Ansatz der Emic-Kategorie begründet, die sich als die Erfassung der für eine Kultur konstitutiven Kriterien aus der subjektiven Eigenlogik einer Kultur ergaben. In der seit Jahoda (1980) immer mehr verbreiteten begrifflichen Unterscheidung zwischen den Dimensionen universal/kulturspezifisch ist die in der Emic/Etic-Diskussion noch implizit vorhandene dritte Dimension von Kulturalität zugunsten einer dyadischen Begrifflichkeit endgültig aufgehoben worden. Kagitcibasi (1992) schlägt als Alternative zum Begriffspaar Emic/Etic die Unterteilung zwischen universal und indigenous constructs vor. Im Gegensatz zu den methodologisch dichotomen Größen des Emic und Etic berücksichtigt das Konzept der Indigenität die Möglichkeit, dass gewisse Phänomene in einer Kultur zumindest teilweise ähnlich in anderen Kulturen vorkommen können. Indigenität wird hier nicht als Gegensatz, sondern als komplementäre Größe von Universalität aufgefasst. Damit verlagert Kagitcibasi das Augenmerk von der kulturspezifischen Perspektive auf eine universalistisch ausgerichtete Methodologie. Sein Verdienst bei der Einführung des Indigenitätskonzepts ist es, das für eine Kultur besonders Charakteristische nicht als unbedingt nur für diese Kultur Gültiges (Kulturspe-

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zifisches) eingeführt zu haben. Es ist jedoch fraglich, ob die auch im Fall von Kagitcibasi zu verstehende dyadische Dimensionierung von Kulturalität (als Wechselverhältnis zwischen indigenen und universalen Funktionen) den methodologischen Ansprüchen interkultureller Forschung gerecht werden kann. Dieser Einwand ergibt sich vor allem deshalb, weil die Frage nach dem WAS einer kulturellen Dimension nicht notgedrungen die Frage nach der Art der Aktualisierung dieser Dimension in einer gegebenen Kultur impliziert. Diese letztere Frage kann auch als das WIE einer kulturellen Besonderheit bezeichnet werden. Der Begriff ‚Indigenität‘ drückt folglich die Möglichkeit aus, dass es Elemente einer Kultur gibt, die in der Art ihrer Relevanz innerhalb einer Kultur (d.h. i.d.R. ihre Stellung im kulturellen System), für letztere zwar konstitutiv sind (das WIE); jedoch in ihrer Funktion Bestandteile eines kulturellen Systems zu sein nicht ausschließlich nur für eine gegebene Kultur konstitutiv – das heißt kulturspezifisch – sind (das WAS). Die Annahme einer jeweils ingesamt einmaligen Konstellation aus der Gesamtheit der für eine Kultur konstitutiven Kriterien, die diese Kultur von anderen unterscheidet, schließt nicht aus, dass einzelne Bestandteile aus einer Kultur A auch in einer Kultur B eine für die Spezifik dieser Kultur konstitutive Rolle spielen können. Diese als dritte Dimension zu bezeichnende kulturtheoretische Größe soll in der vorliegenden Arbeit als die indigene Dimension bezeichnet werden. Als indigen gelten im Einzelnen solche Phänomene, die konstitutive Bestandteile einer gegebenen Kultur sind, jedoch als solche auch in anderen Kulturen systembildend fungieren können, ohne gleichzeitig universalen Status zu haben. Als universal werden in der vorliegenden Arbeit solche Phänomene verstanden, die für sämtliche Kulturen innerhalb einer Kulturklassifikation (wie z. B. die der Landeskultur oder Unternehmenskultur) in gleicher Weise gelten. Für eine Operationalisierbarkeit des hier vorgeschlagenen triadischen Modells ist es wichtig, dass alle drei kulturtheoretischen Dimensionen Universalität, Indigenität und Kulturspezifik auch jeweils an einem gegebenen Datenmaterial unter interkultureller Perspektive aufzeigbar und somit methodologisch umsetzbar sein müssen. Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang noch die Funktion der universalen Dimension im Verhältnis zur Indigenität und Kulturspezifik. Dies soll im weiteren Verlauf der vorliegenden Diskussion anhand des Konzeptualisierungsprozesses aufgezeigt werden. Im nächsten Schritt soll dann dargestellt werden, welche Funktion die triadische Unterteilung zwischen universalen, indigenen und kulturspezifischen Dimensionen von Kultur für den kognitionslinguistischen Untersuchungsrahmen der vorliegenden Arbeit hat. Ausgehend von der Grundlage kognitiver Modellbildung muss das Verhältnis zwischen universalen, indigenen und kulturspezifischen Aspekten der konzeptu-

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ellen Modellbildung aufgezeigt werden können, wenn die Ergebnisse von praktischer Anwendungsrelevanz innerhalb des Untersuchungsbereichs – hier des Bereichs der Wirtschaftskommunikation – sein sollen. Gemäß der Darstellung in Kap. 3 bildet die Grundlage der kognitiven Metapherntheorie die Einsicht, dass wir sowohl in alltagssprachlichen als auch in fachsprachlich geprägten Kommunikationssituationen abstrakte Zielbereiche der Kommunikation durch Bekanntes auszudrücken gewohnt sind. Das Bekannte ist dabei die konkrete Welterfahrung, die zunächst ihren Ausgangspunkt auf einer präkonzeptuellen ontogenetischen Ebene nimmt. Diese Ebene kann als universal im Sinne von kulturübergreifend identisch angesehen werden, da sie erkenntnistheoretisch als Grundlage menschlicher Bedeutungsbildung schlechthin betrachtet wird.56 Die Annahme einer universal gültigen Ausgangsebene zur Erstellung kognitiver Modelle ist als solche weder erkenntnistheoretisch, kognitionslinguistisch noch kulturtheoretisch problematisch. Dagegen herrscht Unklarheit in der Frage, wie weit die Universalität zur Gewinnung kognitiver Modelle überhaupt Gültigkeit haben kann. Vor allem im interkulturellen Spektrum ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dieser Frage deshalb vonnöten, weil sich hieraus ganz konkrete Handlungsanweisungen formulieren lassen, die die Bereiche universal und kulturspezifisch geprägter Handlungsformen aufeinander abstimmen lassen, was als eine der größten kommunikationspraktischen Herausforderungen in der international tätigen Wirtschaft angesehen werden kann. Dieses Desiderat erstreckt sich über das gesamte vielseitige Spektrum der Wirtschaftskommunikation; von der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur über die Kommunikationstätigkeit in und von Unternehmen mit Hilfe traditioneller und elektronischer Medien im Einzelnen bis hin zur massenmedialen Berichterstattung über Wirtschaftsvorgänge im Allgemeinen. In der bisherigen kognitionslinguistischen Forschung ist der Frage nach dem Verhältnis zwischen universalen und kulturspezifischen Merkmalen im Bereich fachsprachlicher Kommunikation entweder ganz ausgewichen worden57 oder es werden empirisch nicht geprüfte Annahmen bzw. Aussagen zur Universalität auf einer fragwürdigen methodischen Grundlage formuliert.58 56

Bezüglich der Notwendigkeit einer solchen universalen Ebene als Ausgangspunkt kognitiver Modellbildung vgl. die kulturkontrastiven Studien in Schmidt 2001c sowie Schmidt 2002a zur Börsenberichterstattung.

57

So z.B. in Jakob 1991, Eckardt 2002 und Busch 1998.

58

So ist Hundt 1995 bezüglich der kognitiven Modellbildung im Geldwesen der Meinung, dass im Verlauf der Theoriengeschichte zu diesem Bereich die gleichen kognitiven Modelle z.B. im englischen und deutschen Kulturraum verwendet wurden/werden, beachtet jedoch nicht, dass sein Quellenmaterial auf englischen Originaltexten und ihren jeweiligen deutschen Übersetzungen beruht. Will man Aussagen formulieren, die in irgendeiner Form interkulturellen Geltungswert beanspruchen, sollte jedoch beachtet werden, dass grundsätzlich Originaltexte als authentisches

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Die durch die Emic/Etic-Diskussion im Bereich der Kulturanthropologie und Kulturpsychologie eingeführte Polarisierung hat spätestens seit Hofstedes (1980) bekannter Untersuchung als a priori interkultureller Forschung auch in zahlreichen betriebswirtschaftlichen Untersuchungen mit interkultureller Perspektive nachhaltige Spuren hinterlassen. Prinzipiell werden Universalität und Kulturspezifik in der interkulturellen Forschung als relevante Ausgangsgrößen für Untersuchungen betrachtet. Umso erstaunlicher ist es, dass die Art des Verhältnisses zwischen Universalität und Kulturspezifik kaum untersucht worden ist. In der Regel begnügt man sich mit einer heuristischen Grundeinschätzung, die nicht weiter spezifiziert oder modifiziert wird. Dabei wird – oft unkritisch – die von Hofstede vorgestellte und als solche empirisch nicht abgesicherte PyramidenUnterscheidung zwischen einer universalen, kulturellen und individuellen Handlungs-Ebene übernommen. Hierbei muss in diesem Zusammenhang angemerkt werden, dass auch Hofstedes Ebenen-Modell auf die oben dargestellte dichotome Logik aufbaut. Die individuelle Ebene in Hofstedes Modell ist eine logische theoretische Konsequenz, die als solche nie bezweifelt worden ist, jedoch für die interkulturelle Methodologie weniger relevant ist:

I K

U Legende: I = die individuelle Ebene, K = die erlernte gruppen- oder kategorienspezifisch geprägte kulturelle Ebene, U: die ererbte universelle Ebene menschlicher Natur. Abb. 4: Die Ebenen in der mentalen Programmierung des Menschen nach Hofstede 1993, 19 und 2001, 3. Material verwendet werden müssen. Übersetzungen terminologischer Art sind immer auch an kognitive Übernahmen aus bzw. Anlehnungen an die Ausgangssprache gebunden.

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Problematisch ist in Hofstedes Modell die Psychologisierung der Ebenen als ‚mentale Programmierung‘. Dieser Begriff suggeriert eine kognitive Dimension in der Kulturtheorie ohne diese im Rahmen des von Hofstede angebotenen Verfahrens nachprüfen oder falsifizieren zu können. Vor allem in Bezug auf die in der Abbildung gezeigte mittlere Ebene der Kulturspezifik muss in Frage gestellt werden, ob diese in ihrer Kulturspezifik überhaupt von den universalen Voraussetzungen zur Umweltbewältigung im Sinne eines Sozialisationsprozesses getrennt werden können oder sollten. Erkenntnistheoretisch wurde in Anlehnung an die Sozialphänomenologie von Schütz in Kap. 2 oben gezeigt, dass die Objektivität einer ‚reinen Dauer‘ allenfalls hypothetisch angenommen werden kann, jedoch nicht als Mittel der Welterfahrung relevant ist. Wissensbildung wurde ausschließlich als Prozess der Art von Erfahrungsgewinnung des Individuums (als ‚innere Dauer‘) im sozialen Umfeld für diesen relevant. So prägt der Sozialisierungsprozess nicht nur die Art der Wissensbildung, sondern ebenfalls die Art der Ausprägung der Individualität, weshalb die kulturspezifisch gemachte Erfahrung auch nicht von der Individualität getrennt werden kann, sondern diese in entscheidender Weise beeinflusst. Diese Linie konnte kognitionstheoretisch in Kap. 3 weitergeführt werden, indem gezeigt wurde, dass eine als universal zu bezeichnende Ebene lediglich außerhalb des Kognitionsprozesses in Form von präkonzeptueller Erfahrung angenommen werden kann. Die präkonzeptuelle Erfahrung kann kulturtheoretisch als universal bezeichnet werden, weil sie kulturunabhängig überall auf den gleichen Prinzipien fußt. Hierzu gehören die physiologischen Grundbedingungen für das Funktionieren des menschlichen Körpers, seiner Organe, das Bedürfnis nach Nahrung, Schlaf, Obdach, die kinästhetischen Grundvoraussetzungen für den Menschen, physikalische Grundgesetze wie z. B. die Schwerkraft mit entsprechenden Konsequenzen für die Bewegung in Raum etc. Es handelt sich z. B. um die Orientierungs- und Bewegungsmöglichkeiten des Menschen in Raum und Grundformen des Seins (belebte/ unbelebte Seinsformen). Dieser Universalitätsbegriff befindet sich auf einem viel grundsätzlicheren Niveau als dasjenige, das i.d.R. in der interkulturellen Theorie für den Bereich der Universalität gesetzt wird. Dieses universale Niveau wird hier als präkonzeptuelle Erfahrung von Welt bezeichnet. Aufgrund unterschiedlicher Enkulturationen entwickeln sich aus der präkonzeptuellen Erfahrung von Welt kulturbedingte Schemata zur Deutung der Umwelt, die kategorisierend wirken. Um unser Wissen innerhalb einer sozialen Gemeinschaft kommunizieren zu können, sind wir gezwungen diese Deutungsschemata zu gebrauchen, die auf einer allgemeinen Akzeptanz derart beruhen, dass sie eine prototypische Rolle innerhalb einer Gemeinschaft haben. In der vorliegenden Arbeit wird besonderes Gewicht auf die indigene Kultur-Dimension gelegt, die

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die Deutungs-Schemata einer Kultur im weitesten Sinne darstellen. Schütz bewertet diese „Deutungsschemata der Umwelt“59 als idealisierte und überindividuelle Typikalisierungen subjektiver Welterfahrung. Der überindividuelle, generelle Status dieser Deutungsschemata wird durch einen gewissen Grad der Abstraktion von individuellen Erfahrungen ermöglicht. Diese Generalisierbarkeit der Schemata macht sie aber nicht zu universalen Phänomenen. Ein prototypisches Deutungsschema in der einen Kultur kann mehr oder weniger oder auch gar nicht relevant in einer anderen Kultur sein. Ist ein Deutungsschema einmal innerhalb eines kulturellen Rahmens im Sinne eines idealisierten Schemas etabliert, kann es eine entscheidende Rolle für das Verständnis gerade dieser Kultur spielen. Jedoch wird hierdurch dieses Deutungsschema nicht automatisch zu einem kulturspezifischen Phänomen, denn es ist nicht auszuschließen, dass es ebenso eine Rolle innerhalb einer anderen kulturellen Gemeinschaft spielen könnte. Interkulturell von besonderem Interesse ist hierbei die Ebene der DeutungsSchemata als Basiskonzepte in ihrer Funktion, das kommunikative Handeln konzeptuell zu strukturieren und folglich kognitiv vorherbestimmen zu können. Da diese Deutungsschemata auf einem abstrakteren Niveau anzusiedeln sind und einzelne Kommunikationshandlungen – sei es verbaler, para- oder nonverbaler Art – vorprägen, können sie jeweils nicht ausschließlich für eine Kultur allein hypostasiert werden. Es handelt sich also bei diesen Deutungsschemata noch nicht um eine kulturspezifische Dimension. Kulturspezifisch werden diese Schemata erst in Verbindung mit ihren verbalen oder nonverbalen Realisationsformen innerhalb einer Kultur, wenn die Schemata als konzeptuelle Strukturierungsinstrumente kommunikationssteuernd in prototypische kognitive Modelle eingehen. Diese Konzeptualisierungen sind in dem Sinne schon kulturell gebunden, als dass sie kommunikative Einzelhandlungen vorstrukturieren können. Genau an diesem Punkt kann m.E. die immer noch offene Frage nach der kommunikationsrelevanten Art des Verhältnisses zwischen Sprache und Kultur beantwortet werden. Dabei fungiert der Konzeptualisierungsprozess in Form eines Ordnungsmechanismus, der als Erfahrungsrealismus auch im Rahmen eines Sozialisierungsprozesses ausgeprägt wird (vgl. Lakoff 1987). Damit ist Konzeptualisierung eng mit dem Enkulturationsprozess einer sozialen Gemeinschaft verbunden, sei es auf national- oder unternehmens- bzw. anderer (sub-)kultureller Ebene. Im Unterschied zur dyadischen Kategorienbildung, wie im Fall des Emic/EticAnsatzes, oder der Unterscheidung zwischen Universalität und Kulturspezifik, bietet das hier vorgestellte triadische Modell den Vorteil, kulturübergreifende Kriterien der Kommunikationsgestaltung situationsadäquat anwenden und aufzei59

Schütz, 1932, 208; Herv im Orig.

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gen zu können. Es kann jetzt argumentiert werden, dass eine zielgruppenorientierte Kommunikation effektiver gestaltet werden kann, wenn nicht zwischen zwei Ausschließlichkeiten wie im dyadischen Modell gewählt zu werden braucht. Stattdessen sucht das hier vorgestellte Konzeptualisierungsmodell nach einer integrativen Verankerung aller drei kulturtheoretischen Dimensionen. Meines Erachtens kann Kommunikation über Kulturgrenzen hinweg durch diese triadische Kombination jeweils optimal gestaltet und methodologisch in ihrer kulturtheoretischen Dimensionalität ganzheitlich erfasst werden. Interkulturelle Verankerung der Konzeptualisierung von Wissen präkonzeptuelle Erfahrung von Welt universal

Konzeptualisierungen (Deutungsschemata)

verbales Handeln

indigen

nonverbales Handeln

paraverbales Handeln

kulturspezifisch: Idealtypen, kognitive Modelle (prototypische Funktion einer begrenzeten Anzahl von Schemata in Unternehmens-/ Landeskultur u. a.)

Legende: = prägt = strukturieren

Abb. 5: Das triadische Modell kulturtheoretischer Dimensionen

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Der Begriff der Dimensionen von Kultur wird in der vorliegenden Arbeit als kulturtheoretische Größe im Sinne der triadischen Logik in der obigen Grafik verwendet. Hieraus folgt der prinzipielle interkulturelle theorienbegründende Anspruch dieser triadischen Einteilung, unabhängig davon, welche Kultur gemeint ist. Folglich wird der Begriff ‚Kulturdimension‘ in der vorliegenden Arbeit nicht – so wie es m.E. fälschlicherweise in der Literatur zur interkulturellen Kommunikation oft getan wird – zur Bezeichnung von methodischen Kriterien zur Untersuchung von Kulturen verwendet. So stellen z. B. die vier Kriterien Hofstedes (1980) zur ‚mentalen Programmierung‘, Halls (1987 und 1990) Einteilung in High Context-/Low Context-Kulturen sowie mono-/polychrone Kulturen, Trompenaars (1993) sieben Kriterien oder Demorgons (Demorgon/Molz 1993) antagonistische Einteilungsprinzipien zur Untersuchung von Kulturen keine universal gültigen Kulturdimensionen dar (Layes 2003). Es sind indigen relevante Kriterien, die dann in ihrer jeweiligen Realisationsart in einer gegebenen Kultur aufgrund von sprachlichen und nichtsprachlichen Handlungsstandards eine kulturspezifische Dimension erreichen können. Aus der Perspektive interkultureller Theorienbildung handelt es sich jeweils um methoden- und autorenbedingte Kriterien der vergleichenden Einteilbarkeit von Kulturen, wobei methodologisch jeweils eine Kriterieneinteilung des einen Autors eine eigene Perspektivik mit sich bringt, die sich von den anderen Autoren in ihrer Gesamtheit unterscheidet. So beinhaltet konsequenterweise auch die kognitionsmetaphorische Untersuchungsperspektive der vorliegenden Arbeit eine eigene erkenntnistheoretische und methodologische Perspektivik, die im weiteren Verlauf der vorliegenden Darstellung expliziert wird. Der triadische Theorien-Ansatz zur Kulturdimensionalität erhebt zunächst nur generell den Anspruch, das Augenmerk der interkulturellen Theorienbildung von einer dyadischen Paradigmatik auf eine triadische zu verlagern, die kategorienübergreifend relevant ist.

4.2 Die Rolle der Bild-Schemata im interkulturellen Konzeptualisierungsmodell Da zwischenmenschliche Kommunikation in erster Linie über Sprache verläuft, wird sich jede interkulturelle Theorienbildung vor allem daran zu messen haben, wie die Frage nach dem Verhältnis zwischen Kultur und Sprache beantwortet worden ist. Die zentrale Relevanz der kognitiven Metapherntheorie in diesem Zusammenhang liegt weniger in der Frage nach den konzeptuellen Metaphern als solchen, die bisher im Zentrum metaphorologischen Forschungsinteresses gestanden haben. Vielmehr liegt für die interdisziplinäre und interkulturelle Forschung

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die Hauptleistung obiger Forscher m. E. im späteren Verlauf der Ausprägung ihrer Theorie, vor allem in der Theorie der Bild-Schemata (Image Schemata, Johnson 1987) und der Idealisierten Kognitiven Modelle (IKM, Lakoff 1987). Dies sollte durch die bisherige Darstellung in Kapitel 3 der vorliegenden Arbeit deutlich geworden sein. Da Bild-Schemata auf einer stärkeren Abstraktionsstufe als sprachliche Einzelaussagen (wie z. B. konzeptuelle Metaphern) liegen, sind sie nicht fertig spezifiziert. Sie sind jedoch als konzeptuelles Strukturierungsmittel in ihrer abstrakten Struktur darstellbar. Der aus sprachwissenschaftlicher Sicht interessante Aspekt von Bild-Schemata liegt in ihrer Funktion, sowohl indirekt propositionale (Metonymien und Metaphern) als auch direkt propositionale Aussagen (als konkrete Aussagen im nichtmetaphorischen und nicht-metonymischen Sinn) strukturieren zu können. Entscheidend bei den Bild-Schemata ist, dass sie sich über längere Textsequenzen erstrecken und diese konzeptuell strukturieren können. Konzeptualisierung als eine Form der Imagination ist jedoch nicht nur an Metaphern und Metonymien gebunden. Die Relevanz der Bild-Schemata auch für den propositionalen Bereich ergibt sich aus dem Faktum, dass Texte als Ganzheiten kaum ausschließlich aus konzeptuellen Metaphern oder Metonymien bestehen. Auch sehr metaphernreiche Textsequenzen kommen in der jeweils spezifischen sprachlichen Ausformulierung nicht ohne nicht-metaphorische Textsequenzen aus. Weiterhin kommt auch die kognitive Verarbeitung (und damit sprachliche Darstellung) konkreter Aussagen über Welt nicht ohne bild-schematische Konzeptualisierung aus. Die Indirektheit metaphorischer Formulierungen ergibt sich aus der Projektion zweier unterschiedlich gearteter Phänomenbereiche aufeinender (d.h. für die Metaphern das Ausdrücken eines abstrakten Zielbereichs anhand eines konkreten/ bekannten Ausgangsbereichs). Da die indirekten und direkten Propositionen gleichermaßen durch Bild-Schemata vorprägbar sind, folgt hieraus, dass das kognitionslinguistische Untersuchungsinteresse von einer partikularistischen Satzperspektive auf eine holistische satzübergreifende Textperspektive gelenkt werden muss. Erst hierdurch wird die fundamentale Relevanz der gesamten kognitiven Metapherntheorie für die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen deutlich.60 Hieraus ergibt sich weiterhin eine wichtige und prinzipielle kulturtheoretische Dimension der Bild-Schemata, die als Ordnungsmechanismen der Erfahrung von Welt nicht im wertfreien Feld entstehen. Dies ist eine logische Konsequenz aus der ordnungsstiftenden Funktion der Bild-Schemata (vgl. Johnson 1987, 29 sowie 60

Leider sind bisher auch in den einschlägigen Einführungen zur kognitiven Metapherntheorie die empirischen Analysen zu sehr auf den phrastisch eingegrenzten Rahmen von Sprache beschränkt worden (Jakob 1991, Jäkel 1997, Baldauf 1997). Anders dagegen in Hundt 1995.

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die Diskussion in Kap. 3.4), was sich erkenntnistheoretisch immer als sozial erfahrene Ordnung greifen lässt. Unter interkultureller Perspektive ist diese sozial erfahrene Ordnung das Resultat des Enkulturationsprozesses, der sich methodologisch anhand von einzelnen vollzogenen Konzeptualisierungen von Welt über den metaphorologischen Zugriff zur Sprache nachvollziehen lässt. Der Zusammenhang zwischen Bild-Schemata und kulturtheoretischen Ebenen im Konzeptualisierungsprozess soll im Schaubild unten dargestellt werden. Die präkonzeptuelle Erfahrung kann, wie schon in Abb. 5, Kap. 4.4 gezeigt, kulturtheoretisch als universal eingestuft werden, weil sie kulturunabhängig überall auf den gleichen Prinzipien fußt. Im Unterschied zur präkonzeptuellen Erfahrung von Welt sind Bild-Schemata in dem Sinne schon kulturell gebunden, als dass sie Einzelaussagen vorstrukturieren und dadurch letztere schon ordnen können, ohne dass dieser konzeptuelle Ordnungsmechanismus als solcher bewusst gemacht zu werden braucht. Da es sich im Einzelnen dann immer um ein Ordnen innerhalb von Erfahrungsgrenzen handelt, können Bild-Schemata kulturtheoretisch betrachtet nicht nur als landeskulturell determiniert gefasst werden, sondern sind auch gezielt innerhalb eines unternehmenskulturellen Rahmens (u. a.) konstruierbar. Abb. 6 unten veranschaulicht die zentrale Rolle, die Bild-Schemata für den kulturspezifischen Konzeptualisierungsprozess haben. Bild-Schemata, die die Struktur zentraler Konzepte (kognitiver Modelle) in einem gegebenen Fach- oder Kommunikationsbereich darstellen, können eine für diesen Bereich prototypische Funktion erhalten. Können prototypische Bild-Schemata beschrieben und lokalisiert werden, erhält man die zentralen Konzeptualisierungen eines Fachbereichs, die in dem Moment kulturspezifisch relevant werden, wenn sie innerhalb eines (z. B. landes- oder unternehmens-) kulturellen Rahmens systembildend wirken. Hierin liegt ihre ökonomische Funktion begründet, denn die verbalen, para- oder nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten in einer Sprache sind im Prinzip nicht begrenzt. Anhand einer begrenzten (in einem gegebenen kulturellen Rahmen begrenzbaren) Anzahl prototypischer bild-schematischer Konzeptualisierungen können die verschiedensten Ausdrucksmöglichkeiten systematisiert und übersichtlich gemacht werden, da ein Bild-Schema anhand einer unbegrenzten Anzahl von Äußerungen (und Ausdrucksformen) zum Ausdruck kommen kann (vgl. auch Johnson 1987, 29). Je relevanter ein Bild-Schema für einen gegebenen Kulturrahmen ist, desto mehr wird es benutzt werden, um Kommunikation konzeptuell zu strukturieren. Aus interkultureller Perspektive kann eine solche Prototypikalität als kulturelle Idealisierung gewisser Konzepte aufgefasst werden, wenn letztere allgemein in einem gewissen Bereich akzeptiert worden sind. Im Sinne von Lakoff (1987) sind diese prototypischen Konzepte zu Idealisierten Kognitiven Modellen (in der Abb. 6 unten als IKMs gekennzeichnet) geworden.

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Interkulturelle Verankerung des Kognitionsmodells zur Konzeptualisierung von Wissen präkonzeptuelle Erfahrung von Welt universal

Bild-Schemata (non-propositionale Aussagen )

indigen kulturspezifische IKMs (Unternehmens-/ Landeskultur u. a.)

konzeptuelle Metaphern (indirekte/ metaphorische Propositionen)

wörtliche Propositionen

konzeptuelle Metonymien (indirekte/metonymische Propositionen)

Legende: = prägt = strukturieren

Abb. 6: Das Konzeptualisierungsmodell mit den drei kulturtheoretischen Dimensionen

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Der Begriff ‚idealisiert‘ weist hier im kognitionstheoretischen Sinn auf das in einem gegebenen kulturellen Rahmen vorherrschende zentrale „Wissen über Welt in Form von Modellen oder Theorien“ (Schmid 1993, 78). Im kulturtheoretischen und phänomenologischen Sinne relevant ist hierbei, dass die Idealisierung von kognitiven Modellen als ‚Idealisierung‘ nicht durch Natur vorgegeben ist, sondern immer ein Resultat sozialer Gemeinschaften darstellt: „Unser gesamtes Alltagswissen und unser kulturelles Wissen sind in Form solch idealisierter kognitiver Modelle organisiert, die ontogenetisch erworben werden und auf deren Basis wir die vielschichtigen Lebenszusammenhänge um uns herum verstehen und in ihnen handeln.“ (Linz 2002, 120) Hieraus ergibt sich auch die jeweilige Begrenztheit der IKMs: Da IKMs „subjektabhängige mentale ‚Theorien‘ darstellen“ (Linz 2002, 120), um Sinn zu konzipieren und strukturieren, stoßen sie auch immer dann an ihre eigenen Gültigkeitsgrenzen, wenn sie mit funktional gleichgestellten alternativen kognitiven Modellen konfrontiert werden. Aufgrund der Bedingtheit der IKMs durch den Enkulturationsprozess sind die Grenzen, die durch unterschiedliche kulturelle Gemeinschaften geformt werden, ein wichtiges Kriterium für die Frage der kommunikativen Relevanz einzelner IKMs. Dies ist eine fundamentale Einsicht, die auch interdisziplinäre Bedeutung hat, da sie neben kommunikations- und kulturtheoretischen Konsequenzen dann auch sprachwissenschaftliche Konsequenzen nach sich zieht. Wie aus den obigen Ausführungen deutlich geworden sein sollte, sind die IKMs gerade durch ihre jeweilige Begrenztheit innerhalb einer kulturellen Gemeinschaft umso relevanter für die Kommunikation innerhalb und mit der jeweiligen Gemeinschaft. Hieraus ergeben sich wiederum bisher noch unausgenutzte Möglichkeiten für die Gestaltung von Kommunikation innerhalb einer sozialen Gemeinschaft als kulturelle Gruppe, sei es im landeskulturellen, unternehmenskulturellen, wissenschaftskulturellen oder anderweitig als kulturelle Gemeinschaft definierten Sinn. Will man die IKMs einer kulturellen Gruppierung erfassen, so rücken die BildSchemata als zentrale konzeptuelle Strukturierungsmechanismen von IKMs ins Zentrum der Untersuchung. Sie werden deshalb das Hauptaugenmerk in der vorliegenden Untersuchung ausmachen. Während die präkonzeptuelle Ebene noch universalen Anspruch erhebt, kann dies für die Bild-Schemata nicht mehr angenommen werden, die als non-propositionale Vorstrukturierungen von Einzelaussagen schon kulturbedingt an diese gebunden sind. Gleichzeitig handelt es sich aber auch nicht einfach um kulturspezifische Vorstrukturierungen, da das gleiche Bild-Schema auch sprach- und kulturübergreifend z. B. für einen Fachbereich oder eine Konzeptualisierungstradition ausschlaggebend sein kann. Dies widerspricht nicht der obigen kulturtheoretischen

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Fundierung von IKMs, da einzelne Bild-Schemata als solche noch keine IKMs darstellen, sondern erst durch z. B. Versprachlichungstraditionen zu einzelnen IKMs spezifiziert werden. Die jeweilige verbale oder nonverbale Ausformung eines Bild-Schemas wird daher als indigene Ebene des Konzeptualisierungsmodells verstanden, da sie aus der Innensicht einer Kultur als typisch für diese Kultur fungiert (vgl. Abb. 6 oben). Dies macht die Ebene der direkten und indirekten Propositionen allein aber noch nicht zu einer kulturspezifischen Ebene, da z. B. eine gewisse Metapher für einen Objektbereich nicht automatisch ausschließlich für eine bestimmte Kultur angenommen werden kann. Gleiches gilt für traditionelle (nicht-metaphorische) Propositionen, von denen nicht einfach angenommen werden kann, dass sie in der jeweiligen Form ausschließlich in einer gegebenen Sprache zur Anwendung kommen können. Während also der Begriff indigen auf etwas verweist, das als typisch für eine gegebene Kultur gesetzt werden kann, erhebt dieser Begriff nicht den Ausschließlichkeitsanspruch, der begrifflich durch den Terminus kulturspezifisch verfolgt wird. Betrachtet man den konzeptuellen Zusammenhang zwischen der Ebene der BildSchemata und der Propositionen aus der phänomenologischen Perspektive, so ist hier die Antwort auf die Frage nach der Umsetzung universaler Welterfahrung im Verlauf des Sozialisationsprozesses innerhalb einer sozialen Gemeinschaft zu finden. Es ist gerade in der Frage nach der Art von Kombinatorik zwischen den indigenen non-propositionalen Bild-Schemata und den indirekten wie direkten Propositionen, wo sich die kulturspezifische Ebene im Konzeptualisierungsprozess zeigt. Entscheidend ist, dass die Ebene der Bild-Schemata weder rein universale noch ausschließlich kulturspezifische Phänomene darstellen. Diese kommunikationstheoretische Funktion der Bild-Schemata ist nicht mit der Prototypikalität einzelner IKMs, sei es auf bild-schematischer oder propositionaler Ebene, zu verwechseln. Die Einteilung der IKMs durch Lakoff (1987) in die vier Typen der bild-schematischen, metaphorischen, metonymischen und propositionalen IKMs gilt auch für Abb. 6 oben.61 Diese Wahl zwischen diesen vier Formen von IKMs ist als grundsätzlich mögliche Aspektwahl bei der Darstellung eines Objektbereichs im Kommunikationsverlauf verständlich. Was bei Lakoff m.E. gefehlt hat, war das In-Relation-Setzen dieser vier IKM-Typen zueinander,62 was in überzeugender Weise nur durch eine kulturtheoretische Erweiterung der

61

Schmid (1993, 55) weist darauf hin, dass Lakoff 1987 erstmals auch noch auf einen fünften IKMTyp verweist, das symbolische IKM, was jedoch als metasprachliches IKM in der vorliegenden Arbeit unberücksichtigt bleibt.

62

Vgl. die Kritik in Schmid (1993, 52 Anm. 61), Vandeloise (1990, 413) und Linz (2002, 121f.) zur begrifflichen Vagheit der IKMs bei Lakoff.

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Theorie von Lakoff und Johnson geleistet werden kann und Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist.63 Das herausragende Merkmal der Bild-Schemata aus kultur- und kommunikationstheoretischer Perspektive liegt folglich in ihrer Funktion kulturspezifische kognitive Modelle generieren zu können. Dies äußert sich dann darin, dass die IKMs in ihrer idealisierten Funktion nur innerhalb einer kulturgebundenen Kombination aus Bild-Schemata und Aussagen auf propositionaler Ebene (vor allem über konzeptuelle Metaphern) auch wirklich als ‚Modelle‘ bzw. kognitive Theorienkonstrukte über Welt im Detail kulturspezifisch relevant werden. Erst in der Kombinatorik zwischen Bild-Schematik und (direkten wie indirekten) propositionalen Aussagen kann daher der Anspruch auf Beschreibung von Kulturspezifik erhoben werden. Dies hat weitreichende Konsequenzen für den Umgang mit kommunikationsbezogenen Daten. Es reicht nicht mehr lediglich aus, die formalen textbezogenen Daten zu untersuchen. Darüber hinaus muss ebenfalls die konzeptuelle Fundierung kognitiver Modelle anhand von Texten erfasst werden. Kann dies getan werden, ergeben sich hieraus interkulturelle Anstöße u. a. auch für eine Neuorientierung in der Texttheorie auf kognitiver Basis. Die Relevanz Idealisierter Kognitiver Modelle als Konzeptualisierungsergebnisse ist aufgrund des Erfahrungsrealismus ebenso in alltäglicher wie auch in fachlicher Kommunikation gegeben. Als Resultat eines Enkulturationsprozesses sind BildSchemata deshalb sowohl in wissenschaftlicher als auch in nicht-wissenschaftlicher Kommunikation (mündlich und schriftlich) aktuell, weil beide Bereiche im Sinne von Schütz auf Traditionen fußen, die vom Menschen aufgrund sozialer Erfahrung erstellt worden sind. Aus der strukturierenden Funktion für Einzelaussagen ergibt sich die gestaltbildende Charakteristik von Bild-Schemata. Erst durch verbale und nonverbale Verwirklichungen können die gleichen Bild-Schemata jeweils in unterschiedlicher Weise im Verlauf eines Textes spezifiziert werden. Aufgrund des gestaltbildenden Charakters stellen sie kohärente, bedeutungsvolle Ganzheiten innerhalb unserer Erfahrung und Kognition dar. Es wird an dieser Stelle klar, dass folglich BildSchemata eine zentrale Funktion zur Systematisierung von Welt innehaben. Im Unterschied zur dyadischen Kategorienbildung, wie im Fall des Emic/EticAnsatzes oder der Unterscheidung zwischen Universalität und Kulturspezifik, bietet das hier vorgestellte triadische Modell den Vorteil, kulturübergreifende Kriterien der Kommunikationsgestaltung situationsadäquat innerhalb eines kulturel63

Vgl. in ähnlicher Weise auch den Hinweis in Schmid (1993, 53), dass Lakoffs IKMs nicht als objektive Modelle zu verstehen sind, sondern prinzipiell als Konstrukte an Kulturgemeinschaften gebunden sind.

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VOM DYADISCHEN ZUM TRIADISCHEN KULTURBEGRIFF

len Rahmens anwenden und aufzeigen und zu anderen Kulturgemeinschaften (sowohl im synchronen als auch im diachronen Vergleich) in Bezug setzen zu können. Das hier vorgestellte Konzeptualisierungsmodell sucht nach einer integrativen Verankerung aller drei kulturtheoretischen Dimensionen Universalität, Indigenität und Kulturspezifik. Erst durch diese triadische Kombination kann Kommunikation über Kulturgrenzen in ihrer kulturtheoretischen Dimensionalität ganzheitlich erfasst werden. Eine holistische Erfassung der Kommunikationsmittel fragt nach einer funktional gleichwertigen Integration sämtlicher Verbalkategorien und ihrer konstitutiven Rolle bei der Hantierung mit Texten als Bestandteile kommunikativer Tätigkeit, worauf in dem nächsten Hauptkapitel einzugehen sein wird.

KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

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5. Kommunikationstheoretische Implikationen des Konzeptualisierungsmodells Im vorigen Kapitel ist deutlich gemacht worden, warum Bedeutungserstellung im Rahmen des kognitionslinguistischen Ansatzes nicht ohne Einbeziehung der konzeptuellen Voraussetzungen für Bedeutungsbildung erklärt werden kann. Als grundlegendes Moment im Konzeptualisierungsprozess konnten hierbei die nonpropositionalen Bild-Schemata dargestellt werden. Wenn Konzeptualisierung an den kulturellen Rahmen einer Verstehensgemeinschaft gebunden ist, dann bedeutet dies, dass auch Bild-Schemata als dominierende oder für eine kulturelle Gemeinschaft prototypische Schemata nachvollziehbar sein müssen. Hieraus ergibt sich für den weiteren Verlauf der vorliegenden Untersuchung die Frage nach der methodischen Abgrenzbarkeit dessen, was als eine kulturelle Gemeinschaft bezeichnet werden kann. Da kulturelle Gemeinschaften sehr unterschiedlich eingeteilt werden können, fordert dies zunächst eine begriffliche Klarstellung. Im vorliegenden Werk stehen die Dimensionen der Landes- und Unternehmenskultur im Zentrum des Interesses, da sie im internationalen Handlungsbereich der Wirtschaft – sowohl was die unternehmensexternen Kommunikationsstrategien als auch die unternehmensinternen Organisationsprinzipien betrifft – wesentliche kulturspezifische Kontexte darstellen. Dabei wird auf den Begriff der Nationalkultur verzichtet. Begrifflich legt ‚Nationalkultur‘ eine kulturelle Eindimensionalität auf Landesniveau nahe, die kaum heutigen Gegebenheiten entsprechen kann. Des Weiteren stellt die Einteilung in Nationen als politische Gemeinschaften sowohl historisch als auch begriffslogisch eine andere Kategorie als die Frage kultureller Gemeinschaften dar. Letztere können sich sowohl verschiedentlich innerhalb von Nationalgebilden ausprägen als auch über Nationalgrenzen hinweg verlaufen. Während also ‚Nation‘ als (oftmals künstlich entstandenes) politisches Konstrukt begrifflich eindimensional ausgerichtet ist, ist dies bei dem Begriff ‚Landeskultur‘ nicht automatisch der Fall. Der Begriff Landeskultur wird in der vorliegenden Arbeit, ohne einen Ausschließlichkeitsanspruch zu erheben, zunächst auf eine kulturelle Gruppe innerhalb eines geografischen Gebiets bezogen, sei es als Majoritäts- oder Minoritätskultur innerhalb eines Landes oder als kulturelle Gemeinschaft über nationale Grenzen hinweg.1 1

Allein im europäischen Raum ließen sich zahlreiche Beispiele für die Ausdehnung von landeskulturellen Gemeinschaften über Nationengrenzen hinweg anführen, was oft zu mehrkulturellen Nationen geführt hat. Man vergleiche z. B. die Situation in Finnland mit den drei offiziellen Landeskulturen: finno-ugrisch, finnlandschwedisch und samisch; umgekehrt und aus einem anderen historischen Werdegang heraus in Schweden die schwedische, finnische und samische Kultur; vgl. auch Norwe-

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KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

In Unterscheidung von der landeskulturellen Dimension wird in Bezug auf Unternehmen der Begriff Unternehmenskultur in der vorliegenden Arbeit verwendet.2 Eine weitere begriffliche Einteilung wird in der vorliegenden Arbeit nicht unternommen, weil die Frage der Subkultur(en) sowohl landes- als auch unternehmenskulturelle Dimensionen hat, und folglich durch die obige Einteilung begrifflich umfasst wird.3 Da kulturell geprägte kognitive Modelle vor allem durch die sprachlichen Verbalkategorien zum Ausdruck kommen (verbal, para- und nonverbal), folgt hieraus, dass sie auch in ihrer kulturellen Verankerung über ihre sprachlichen Manifestationsformen nachvollziehbar sein müssen. Diese zunächst einfach anmutende Feststellung beinhaltet jedoch deshalb ein bisher noch nicht ausgeschöpftes Erkenntnispotential interdisziplinärer Reichweite, weil es mittlerweile einen Nachholbedarf an kulturspezifischer Forschung ausgehend vom Sprachverhalten gibt, das über eine rein propositionale Sprachdimension hinausgeht. So wird z. B. in der Literatur zur interkulturellen Kommunikation i.d.R. lediglich auf die wichtige Rolle von Sprache als Ausdruck für kulturbedingte Werte, Normen, Denkweisen etc. hingewiesen und dies durch sporadisch anmutende Einzelbeispiele mit exemplarischer Funktion – vor allem aus dem syntaktisch-lexikalischen Bereich – veranschaulicht.4 Wie die sprachliche Dimension kulturbedingter Kognition jedoch im Einzelnen für eine Theorienentwicklung im interkulturellen Bereich relevant werden kann, wird m. E. dabei nicht behandelt.

gen. Vgl. kontrastiv dazu auch den Begriff ‚Lappland’, der sich auf eine Kulturgemeinschaft bezieht, die sich über mehrere nationalstaatliche Gebiete erstreckt. Vgl. auch die vier Kulturen in der Schweiz, die französische in Belgien, die österreichische in Italien, die baskische in Spanien und Frankreich (‚Baskenland’), die deutsch-elsässische in Frankreich sowie das viele Kulturgemeinschaften umfassende Staatsgebilde Russlands und die schmerzlichen Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit mit Fragen der kulturbedingten Grenzziehungen im ehemaligen Jugoslawien. Vgl. auch die geografisch sehr distinkten und eigenständigen kulturellen Gemeinschaften in Großbritannien. 2

Auch hat sich in der kultur- und kommunikationstheoretisch ausgerichteten betriebswirtschaftlichen Forschungsliteratur der Begriff der Landeskultur in Abgrenzung zum Bereich der Unternehmenskultur durchgesetzt. Vgl. dazu programmatisch Schreyögg (1996), auch Forstmann (1994). Dagegen benutzen Thomas et al. (2003) aus der Kulturpsychologie kommend den Begriff Nationalkultur. Begrifflich bezieht sich ‚Unternehmenskultur’ auch auf Non-Profit-Organisationen, die jedoch nicht Gegenstand der Untersuchung in der vorliegenden Arbeit sind.

3

Die Existenz von Subkulturen in Unternehmen gehört mittlerweile nicht nur in Großunternehmen zur Alltagserfahrung. Dies kann z. T. zu erheblichen Kommunikationsproblemen innerhalb einer Unternehmung mit Auswirkungen auf die Identitätsfrage der Mitarbeiter führen, wie Marschan (1996) am Beispiel einer Untersuchung zur informellen Kommunikation innerhalb des weltweiten Konzerns Kone gezeigt hat.

4

Vgl. z. B. Heringer 2004, Ife 2003

KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

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Wird der Anspruch einer systematischen Darstellbarkeit im Verhältnis zwischen Sprache und Kultur erhoben, wie dies in der vorliegenden Untersuchung getan wird, dann müssen auch die Verbalkategorien begrifflich aus ihrer einseitigen Anwendung auf die mündliche Kommunikation herausgelöst werden. Dies ist bisher in der interkulturellen Forschung keine Selbstverständlichkeit gewesen, wo z. B. non- oder paraverbales Verhalten hauptsächlich im Rahmen von sogenannter Face-To-Face-Kommunikation diskutiert wird. Wissenschaftstheoretisch lässt sich diese Einengung der Untersuchungsperspektive zwar durch den Umstand des bisherigen Fehlens einer holistischen sprach- und kulturwissenschaftlichen Theorie der Interrelation zwischen Sprache und Kultur erklären, jedoch ist diese Einengung kaum dadurch zu rechtfertigen. Vor allem in der Wirtschaft ist im Zuge der Globalisierung neben dem Bedarf an mündlicher Kommunikationsfähigkeit auch die schriftliche interkulturelle Kompetenz im Bereich der unternehmensexternen (Schmidt et al. 2004) und -internen Kommunikation (Crijns/Janich 2005) zu einem zentralen Erfolgskriterium nicht nur multinationaler Unternehmen geworden. Auch traditionelle Printmedien haben im Rahmen der Abstimmung zwischen Online- und Offline-Kommunikation nichts an ihrer Wichtigkeit verloren, weshalb interkulturelle Kompetenz im Bereich des gedruckten Materials ebenso relevant ist. Die Erfahrungen aus der kulturvergleichenden Analyse u. a. von Unternehmensbroschüren der Automobilindustrie (Bolten et al. 1996) haben Bolten dazu geführt, eine Systematik der Verbalkategorien sowohl für die mündliche als auch für die schriftliche Kommunikation zu erstellen. An diese Systematik wird in der vorliegenden Untersuchung angeknüpft, da sich die Einteilung der Verbalkategorien auf sämtliche Formen schriftlicher Kommunikation (online und offline) übertragen lassen:

Abb. 7: Die Verbalkategorien des Kommunikationssystems nach Bolten 1999a, 17.

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KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

In der obigen Tabelle sind lediglich die Kommunikationsinstrumente in ihrer verbalkategorischen Zuordnung dargestellt. Offen ist noch die Frage nach der Regulierbarkeit des Verständnisprozesses aufgrund der Verwendungsart der verbalen, para- und nonverbalen Kategorien. Diese Frage ist umso wichtiger aus interkultureller Perspektive, da sich durch den Schritt von der primären zur sekundären Intersubjektivität (vgl. Kap. 2) ein zusätzlicher die Kommunikation erschwerender Faktor ergibt, der aber in der Art der textuellen Darstellung berücksichtigt werden muss, will man ein optimales Rezeptionsresultat erreichen. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Kommunikationsstrategien im Bereich der landesübergreifenden Unternehmenskommunikation der Wirtschaft, sei es z. B. als Öffentlichkeitsarbeit, Markt- oder Markenkommunikation im weiteren Sinn oder spezifisch Werbung im engeren Sinn. Betrachtet man den traditionellen Bereich der Massenkommunikation, nämlich den der Werbung, dann fällt die z. T. unkritische Dominanz eines eindimensionalen Kommunikationsbegriffs auf. Vor allem für den Bereich der Werbung wird i.d.R. ein lineares Kommunikationsverhältnis zwischen Sender und Empfänger hypostasiert, das sich weniger auf empirische Befunde stützt als vielmehr auf unkritisch übernommene Modellvorstellungen aus dem Bereich der Kommunikationstheorie in der Tradition von Shannon und Weaver (1949). Die Unzulänglichkeit dieses Kommunikationsdenkens in der Tradition Shannons und Weavers wird durch den Entstehungskontext ihres Modells deutlich. Beide arbeiteten im Laboratorium der Telefongesellschaft Bell, weshalb der (damals hochaktuelle) Telefonkanal als Grundlage ihres Erklärungsmodells fungierte (vgl. Müller 2003, 90). Dies kann jedoch weder heutigen theoretischen Erkenntnissen aus dem Bereich der Sprachund Sozialwissenschaften noch den aktuellen technischen Entwicklungen gerecht werden. Erstaunlich ist daher die immer noch u. a. in der Werbelehre vorherrschende behavioristische Ausformung der Kommunikationsmodelle, bei denen die Empfängerleistung auf entschlüsselnde Automation reduziert wird.5 Hierbei bleibt die Relevanz solcher Kommunikationsmodelle für die Erklärung kognitiver Rezeptionsleistung unklar, solange die Rezeptionstätigkeit als eine mehr oder weniger passiv zu verlaufende Empfangstätigkeit aufgefasst wird. Phänomenologisch wie auch rezeptionsästhetisch ist hierbei vor allem problematisch, dass dieses Kommunikationsverständnis von einem überindividuellen, senderdeterminierten Begriff der ‚Mitteilung‘ ausgeht, die kausallogisch vom ‚Sender‘ an einen ‚Emp5

Vgl. z. B. Kaiser 1999, Schweiger/Schrattenecker 1995, Fritz 1994. Z. T. wird in der Werbelehre sogar terminologisch an das regliertechnische Begriffsinventar wie ‚Transmissionskanal’ und ‚Empfangsgerät’ in Anlehnung an die telefonischen Kommunikationsbedingungen angeknüpft, ohne dass eine kommunikationstheoretische Unterscheidung dieser Größen in Bezug auf moderne Massenkommunikation geboten wird; so z. B. in Pepels 1994, 6f.

KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

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fänger‘ ‚übertragen‘ wird. Auch moderne Konzepte der Marktkommunikation gehen von diesem linearen Kommunikationsmodell aus, wenn z. B. versucht wird, zwischen Online- und Offline-Kommunikation durch das Prinzip der Wechselseitigkeit zu unterscheiden. So stelle die Online-Kommunikation eine „Two-WayKommunikation“ dar, während traditionelle Offline-Kommunikation als eine „One-Way-Kommunikation“ aufzufassen sei (Oenicke 1996). Problematisch ist hierbei, dass die Frage der Wechselseitigkeit im Kommunikationsprozess auf einer handlungsorientierten Wechselseitigkeit basiert, die die Frage der kulturell bedingten kognitiven Aktivitäten des Empfängers ausklammert. Letztere sind jedoch in Anlehnung an Schütz der eigentliche Rahmen überindividueller Rezeptionstätigkeit, denn die innere Dauer (Schütz) des Einzelnen ist durch das Gebundensein an einen geschichtlich tradierten Verstehenskontext immer gleichzeitig auch aufgrund seiner Geschichtlichkeit Teil einer Gemeinschaft und hierdurch innerhalb dieser Gemeinschaft intersubjektiv nachvollziehbar. Für die unternehmensexterne Kommunikation bedeutet dies, dass Kommunikationshandlungen kulturspezifische Bedingungen der Rezeption berücksichtigen sollten, will man eine möglichst optimale Diffusion erreichen. Dann kann aber auch nicht von einer medienbedingten Unterscheidung in der Rezipientenaktivität im Sinne einer One-Way- und Two-Way-Kommunikation ausgegangen werden. Die Frage der Rezipientenaktivität wird nämlich bei dieser Unterscheidung an die Kommunikationsform mit Hilfe technischer Instrumente gebunden, was wiederum die Funktion der konzeptuellen Rezeptionsleistung ausblendet. Entgegen gängiger Kategorisierungen in der Marktkommunikation muss an dieser Stelle unter kognitionstheoretischer Perspektive in Frage gestellt werden, dass massenmediale und spezifisch offline verlaufende Kommunikation als einseitig linear mit einer Passivierung des Empfängers – im Unterschied zur OnlineKommunikation – aufzufassen sei. Es ist weiterhin einzuwenden, dass der Rezipient (oder Empfänger6) sowohl in der Kommunikation über die neuen Medien als auch in der traditionellen Kommunikation über gedruckte Texte gezwungen wird, die dargebotenen sprachlichen Zeichen (den obigen Verbalkategorien gemäß) im semiotischen Sinn vor dem Hintergrund des eigenen kulturell determinierten Erfahrungshorizonts zu interpretieren. Bezüglich der kulturbedingten kognitiven Aktivität ist eine strenge Unterscheidung zwischen Online- und Offline-Medien irreführend. Die Möglichkeit des Feedbacks im Online-Bereich lässt sich dann auch vor dieser Unterscheidungsform als linear verlaufende Kreisbewegung im Kommunikationsverlauf verstehen, was die angebliche Wechselseitigkeit auf die6

Schon der kommunikationstheoretische Begriff ‚Empfänger’ weist auf eine passive Funktion dieser Größe im Kommunikationsmodell hin, weshalb der Begriff Rezipient in der vorliegenden Arbeit bevorzugt wird.

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ser Basis als einseitige entlarvt.7 Die kognitive Dimension im Kommunikationsverlauf wird i.d.R. noch eingeräumt, jedoch als solche nicht diskutiert. Sie verbleibt auch in modernen betriebswirtschaftlichen Darstellungen zur Unternehmenskommunikation entweder ein höchst vager Bereich (Bruhn 2003) oder wird in der Tradition eines linearen Kommunikationsverständnisses mit den „zu vermittelnde(n) Informationen“ gleichgesetzt (Hermanns/Püttmann 1993, 32). Meines Erachtens ist der Bereich der Rezipientenaktivität sowohl kommunikations- als auch kognitionstheoretisch auf semiotischer Basis zu klären (s. dazu näher Kap. 7). Dabei ist die phänomenologische Erkenntnis bezüglich der Notwendigkeit einer zumindest partiellen Übereinstimmung der Erfahrungshorizonte von Emittent und Rezipient notwendig, um im Bereich der primären Intersubjektivität möglicher Rezipientengruppen kommunizieren zu können. Aus interkultureller Perspektive fragt sich, wie dieser Überschneidungsbereich der Erfahrungshorizonte theoretisch fundiert werden könnte. In der jüngeren interkulturellen Forschung ist der Begriff der ‚Interkultur‘ als eigenständige Größe bei der Darstellung der Kommunikationssituation zwischen Vertretern zweier Kulturen vorgeschlagen worden.8 Hierbei handelt es sich um einen programmatisch zu verstehenden Begriff, da der kognitive Überschneidungsbereich der Interkultur noch wenig erforscht ist.9 Dies zeigt sich auch in der Begriffsentwicklung zu Interkultur. Während Bolten diesen Begriff in 1999a noch „als ‚Spiel‘ fremdkultureller Lebenswelten [greift], in dem permanent ein Dazwischen qua Interkultur erzeugt wird, für das gänzlich andere Akzeptanzgrenzen, Konventionen und Handlungsroutionen gelten können als für kommunikatives Handeln innerhalb der Ausgangskulturen“ (Bolten 1999a, 21), wird in Bolten 1999b das Gewicht auf den prozessualen Charakter dieses ‚Dazwischenseins‘ gelegt: „Vor dem Hintergrund eines interaktionstheoretischen Kommunikationsbegriffs steht dagegen die Perspektivierung gerade der Prozessualität der Beziehung A B selbst im Mittelpunkt. Das ‚Dazwischen‘ ist dabei der Prozeß oder die ‚Interkultur‘.“ (Bolten 1999b 30f.; Herv. im Orig.) Begrifflich legt ‚Interkultur‘ nach der letztgenannten Definition oben das Augenmerk auf den ständigen Entwicklungsprozess in der ‚Auseinandersetzung‘ zwi7

So z. B. bei Oenicke 1996, 62f. und Kaiser 1999, 4. Einen Versuch zur Überwindung der Unzulänglichkeit einseitig ausgerichteter Kommunikation im Bereich der Unternehmenskommunikation stellt das Customer Relationship Management (CRM) dar, bei dem versucht wird, Rezipienten jeweils medienbedingt in unterschiedlicher Weise zu aktivieren. Zur Einführung in das CRM s. Merten et al. 2002, 171-251.

8

Bolten 2007a, 21 sowie Bolten 1999a und 1999b. Vgl. auch Lüsebrink 2005, 45.

9

Zur Anwendung des Begriffs der Interkultur bezüglich der unternehmenskulturellen Dimension im cross-kulturellen Vergleich s. Rathje 2004.

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schen zwei (oder mehreren) Kulturen. Vor allem der Prozesscharakter macht deutlich, dass es sich hier – wie schon im diachronen Rahmen der historischen Entwicklung von ‚ulturspezifika – um einen ständigen Entwicklungsprozess handelt, der neben den synchronen Bedingungen durch A und B auch nicht losgelöst von Ort und Zeit abläuft. Hierbei entsteht die Frage, wie eine Abgrenzbarkeit zwischen den und Andersartigkeit als die Ausgangskulturen von Emittent und Rezipient im Kommunikationsverlauf im Sinne einer ‚Interkultur‘ gegriffen werden kann. Dazu kann angemerkt werden, dass die Prozessualität der Überschneidung zwischen verschiedenen Wirklichkeitserfahrungen immer von den unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen zweier (oder mehrerer) Kulturen beeinflusst ist und daher letztlich immer auch phänomenologisch auf die geschichtlich entstandenen Traditionen der Wirklichkeitserfahrungen der beteiligten Kulturen zurückgreift. Ein gänzliches Loslösen der Handlungsorientierungen aus diesen Erfahrungstraditionen kann daher nicht für die Interkultur angenommen werden, auch wenn dieser Terminus begrifflich auf Eigenständigkeit und Vollständigkeit zu verweisen scheint. Daher kann angenommen werden, dass es sich bei der Interkultur nicht um eine eigenständige kognitive Größe handelt. ‚Interkultur‘ ist somit prinzipiell unter dynamischem Aspekt zu verstehen, der je nach Ort und Zeit in unterschiedlichen Kommunikationssituationen unterschiedlich von den beteiligten Kommunikationsmitgliedern im Sinne eines Prozesses des „Aushandelns“ bearbeitet wird. Durch dieses Verständnis von Interkultur wird deutlich, dass das „Spiel des Aushandelns“ (Bolten 2007b, 138) deshalb prinzipiell dynamisch geprägt ist, weil dieser Vorgang neben der Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Erfahrungstraditionen der Kommunikationsteilnehmer außerdem auch immer zielgemäß auf die Pläne, Erwartungen, Inhalte etc. der Interaktionssituationen ausgerichtet ist. Somit existieren Interkulturen immer „nur in Abhängigkeit ihrer Beteiligten“ (Bolten 2007b, 138). Die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung mit der fremden Kultur führt daher zu handlungsmotivierten Synthesen der beteiligten Ausgangskulturen, egal welchen Umfangs. Die Tatsache, dass solche Synthesen nicht ad hoc entstehen, sondern unterschiedlich motiviert sein können; sowie jeweilige (Zwischen-)Resultate von ‚Aushandlungsprozessen‘ darstellen, führt dieses Verständnis von ‚Interkultur‘ in erkenntnistheoretische Nähe zur Theorie von Alexander Thomas. Ähnlich wie in der letztgenannten Version des Interkultur-Begriffs spricht Thomas (2002) aus der Kulturpsychologie kommend begrifflich von ‚dem Interkulturellen‘, das in der Kommunikations- und Kooperationssituation zwischen Vertretern verschiedener Kulturen als jeweiliges Resultat aus der kommunikativen Auseinandersetzung zwischen dem Eigenen der Eigenkultur und dem Fremden der Fremdkultur im Kommunikationsverlauf entsteht. Durch die sich jeweils neu zu etablierende

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Ausgestaltung des Interkulturellen im Kommunikationsakt ist auch bei Thomas eine dynamische kommunikationstheoretische Auffassung mit dem Begriff des Interkulturellen verbunden. Symptomatisch ist, dass das Interkulturelle gemäß dieser Auffassung nicht im Rahmen monokultureller Erfahrungen gelernt werden kann, wodurch es mit dem in der vorliegenden Arbeit gebrauchten Begriff der sekundären Intersubjektivität erkenntnistheoretisch korreliert. Obwohl Thomas diesen Begriff im Rahmen der Face-to-Face-Kommunikation einführt, ist er gerade aufgrund seiner kommunikations- und erkenntnistheoretischen Tragweite ebenfalls auf die Formen schriftlicher Kommunikation übertragbar. Verbindendes Element ist hierbei die konzeptuelle Aktivität der Kommunikationsteilnehmer in der Kommunikationssituation, was kognitionsmetaphorisch durch die Art des Kulturbezugs in der Sprachverwendung (ob mündlich oder schriftlich) zum Ausdruck kommen kann. Dabei handelt es sich nicht einfach um die Wahl eines passenden Kodes, sondern um aktive Selektion und Bearbeitung seitens der Kommunikationsteilnehmer. Dies hat Konsequenzen für die kommunikationstheoretische Funktion der Kommunikationsmittel. Anstatt Texte (und mit ihnen Textinhalte) generell als objektive Tatsachen per se anzusehen, unterliegen sie unter diesem kommunikationstheoretischen Aspekt der Verständnisverarbeitung des Rezipienten. Dies führt zu einem konstruktivistischen Kommunikationsverständnis, bei dem die Rolle des Informationsangebots in den Kommunikationsmitteln je nach Rezeptionsleistung variieren kann. Diese Form der rezipientengesteuerten Verarbeitung von Kommunikationsangeboten lässt sich ohne weiteres auf die verschiedenen Bereiche der Wirtschaftskommunikation anwenden; u. a. auch auf den Bereich der Werbung. Dies impliziert, dass der Rezipient von Werbeangeboten diese unterschiedlich verarbeiten kann, ohne dass die Werbewirksamkeit getrübt wird (vgl. Huth/Pflaum 1996, 19). Interessanterweise ergibt sich aus der Betonung dieses konstruktivistischen Verständnisses von Kommunikationsmitteln (Texten jeglicher Art) eine interkulturelle Neuöffnung zum Kommunikationsmodell, wobei die zirkuläre Diskussion um das Wechselspiel zwischen Ein-Weg- und Zwei-Weg-Kommunikation vermieden werden kann. Bruhn hat, aus dem MarkenkommunikationsManagement kommend, die Funktion der Kommunikationsmittel in dem folgenden Kommunikationsmodell als „Pool von Informations- und Interaktionsangeboten“ zusammengefasst (s. nächste Seite):

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Abb. 8: Kommunikationsmodell nach Bruhn 2005, 91. Nach diesem kommunikationstheoretischen Verständnis sind alle Kommunikationsbeteiligten in dem Sinne gleichgestellt, als dass die Information, die durch Kommunikationsmittel angeboten werden kann, immer erst durch die aktive Konstruktion von Bedeutung seitens des Rezipienten mit Sinnhaftigkeit aufgefüllt wird. Dieses Verständnis von Kommunikation ist sowohl im intra- wie auch im interkulturellen Kontakt relevant, da es deutlich macht, dass die Erstellung von Information nicht ohne Rücksichtnahme auf die verständnisregulierenden Rahmenbedingungen auf Seiten des Rezipienten möglich ist. Es ist offenbar, dass das kommunikationstheoretische Verständnis unter dieser Prämisse grundsätzlich nur als ‚Zwei-Weg-Kommunikation‘ überzeugend sein kann, egal um welche Art der Kommunikation es sich handelt. Klassische intrakulturell durchgeführte Werbekommunikation wird ebenso die konzeptuellen Verstehensvoraussetzungen der Rezipienten in der Entstehungsphase der Kommunikationsmittel berücksichtigen müssen wie z. B. landesübergreifende Online-Kommunikation, wenn auch letztere bezüglich der landeskulturellen Fragen strategisch unterschiedlich ausgerichtet sein kann. Daher ist es dann auch nicht überzeugend, wenn Bruhn in Anknüpfung an das obige Modell an anderer Stelle zwischen der PushKommunikation in den klassischen Massenmedien als einseitig verlaufende Kommunikation und der Pull-Kommunikation im Online-Bereich als zweiseitige Kommunikation unterscheidet (Bruhn 2003, 8f.). Aufgrund der Notwendigkeit seitens des Rezipienten, konzeptuelle Rahmenbedingungen der eigenen Enkulturationstraditionen mit den damit verbundenen Verstehensvoraussetzungen aktivieren

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zu müssen, um das Kommunikationsangebot seiner eigenen inneren Dauer (im Sinne von Schütz) anpassen zu können, ist eine Aufteilung in Ein- und Zwei-WegKommunikation nicht mehr phänomenologisch haltbar. Kulturtheoretisch betrachtet ergibt sich eine doppelte Schwierigkeit in der interkulturellen Kommunikation aufgrund der für die Kommunikationsteilnehmer jeweils unterschiedlichen kulturbedingten Enkulturationstraditionen. Nicht nur wird hierdurch die Emittentenseite gezwungen, von der Kulturgebundenheit der eigenen inneren Dauer zu abstrahieren. Außerdem ist sie gezwungen, in einem weiteren Schritt die verständnisrelevanten Geltungskontexte für die kognitive Verarbeitung seitens des Rezipienten indirekt zu erschließen, wodurch diese Geltungskontexte in einem sekundären Schritt (weil von einer anderen Enkulturationstradition stammend) intersubjektiv nachvollziehbar werden. Diese sekundäre Intersubjektivität von Kommunikationsinhalten kann systematisch konzeptuell durch zentrale, verständnisregulierende Bild-Schemata erfasst werden, die prototypische Funktion in einem kulturellen Umfeld haben. Für den Verlauf eines Kommunikationsprozesses kann dies bedeuten, dass die Kommunikationsteilnehmer einer ständigen Auseinandersetzung mit Rekonstruktionen (von sekundären Intersubjektivitäten) ausgesetzt sind, wenn sie aus jeweils unterschiedlichen Kulturkontexten stammen. Zerfaß (2004), aus der betriebswirtschaftlichen Diskussion um die Stellung der Unternehmenskommunikation im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit kommend, verleiht der Diskussion um die kommunikationstheoretische Stellung der Kommunikationsteilnehmer eine weitere Dimension, indem Kommunikation prinzipiell als Phasenverlauf gesehen wird. Dabei verzichtet Zerfaß auf die systembildende Unterscheidung zwischen Ein- und Zwei-Weg-Kommunikation (s. nächste Seite):

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Abb. 9: Kommunikationsmodell nach Zerfaß 2004, 151. Der Vorteil in diesem Kommunikationsverständnis liegt darin, dass der Kommunikationsverlauf je nach Situation unterschiedlich ausgerichtet sein kann: So kann der Rezipient selbst zum Kommunikator werden, wenn er auf das Kommunikationsangebot reagieren will. Ein- oder Zwei-Wegkommunikation ist somit keine prinzipielle, sondern eine situative (und damit sekundäre) Unterscheidung. Wie schon im Modell von Bruhn oben wird auch in diesem Modell das Verstehen von Kommunikationsmitteln als konstruktive Handlung gesehen. Diese Aktivität wird nicht als das eigentliche Ziel des Modells von Zerfaß gesehen, sondern bekommt lediglich sekundäre Bedeutung für den Kommunikationsverlauf. Als primäres Ziel (vgl. Abb. oben) fasst Zerfaß die Beeinflussung des jeweiligen Rezipienten auf. Dies kann unter kognitiver Perspektive nur durch eine Aktivierung der konzeptuellen Rezeptionsvoraussetzungen des Rezipienten gelingen. Damit weist das Modell von Zerfaß noch stärker als schon das Modell von Bruhn auf die holisti-

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schen Rahmenbedingungen hin, die dem eigentlichen Kommunikationsakt vorund nachgeschaltet sind. Diese Rahmenbedingungen sind in der vorliegenden Arbeit vor allem unter kulturtheoretischer Perspektive Gegenstand der Untersuchung. Nachteilig im Modell von Zerfaß ist das Fehlen der kulturtheoretischen Dimension im Kommunikationsverlauf.10 Unter interkulturellem Aspekt berücksichtigt daher auch das Modell von Zerfaß nicht die Dimension dessen, was in der vorliegenden Arbeit als sekundäre Intersubjektivität im Konstruktionsprozess von Bedeutung bezeichnet worden ist. Das Fehlen dieser kulturtheoretischen Dimension mutet umso erstaunlicher an, als Zerfaß bewusst einen konstruktivistischen Ansatz verfolgt.11 Um kulturbedingte Steuerungsmomente im Kommunikationsprozess besser in den Griff zu bekommen, bietet es sich an, die theoretische Fundierung der bisherigen Kommunikationsmodelle mit der Dimension des Kulturfiltermodells nach Dahl (2001) zu erweitern (vgl. Abb. 10 unten). Nach diesem kommunikationstheoretischen Verständnis fungiert der jeweilige kulturelle Referenzrahmen der Kommunikationsteilnehmer metaphorisch gesprochen als ‚Filter‘, der die kognitive Bearbeitung der Zeichen (verbal wie auch nonverbal) beeinflusst. Bolten (2007a und 2007b) führt den Filtermechanismus über das Begriffspaar Perceptas/Conceptas ein. In erkenntnistheoretischer Nähe zu Dahl ist hier die Perceptas – die Wahrnehmungen von Welt (und damit auch das Kommunikationsangebot) – durch die im Gedächtnis der Kommunikationsteilnehmer gespeicherten Erinnerungen und Bewertungen beeinflusst. Diese Beeinflussung fungiert deshalb als Filter, weil das Kommunikationsangebot nicht ohne Selektion wahrgenommen wird, die wiederum von der Gedächtnisleistung des Menschen abhängt (Bolten 2007b, 113f.). Es liegt auf der Hand, dass neben dem individuellen Gedächtnis ebenso das kollektive (durch eine kulturelle Gemeinschaft beeinflussbare) Gedächtnis im Sinn eines Filters wirken kann.

10

Zwar geht Zerfaß 2004 (basierend auf dem Beispiel aus der Öffentlichkeitsarbeit um den HoechstSkandal) davon aus, dass Zielgruppen im Kommunikationsverlauf jeweils den diesen Gruppen eigenen Interessekonstellationen ausgesetzt sind und aufgrund dieser handeln, jedoch lässt sich hieraus noch keine systematische Kontextualisierungsdimension bei Zerfaß bezüglich seines Kommunikationsmodells erkennen.

11

Im Unterschied zum radikalen Konstruktivismus vertritt Zerfaß ein gemäßigtes KonstruktivismusVerständnis, das er als methodischen Konstruktivismus bezeichnet (Zerfaß, 2004, 85 passim). Zur Diskussion des (radikalen) Konstruktivismuas im Zusammenhang mit der Theorienfundierung der interkulturellen Kommunikation s. Loenhoff (1992) und Schmidt (2001b).

KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

Legende:

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intendert mening = intendierte Bedeutung, avsendt melding = gesandte Mitteilung, mottatt mening = empfangene Bedeutung, innbyrdes relasjoner = gegenseitige Beziehungen, verbalt tegn = sprachliches Zeichen, nonverbalt tegn = nonverbales Zeichen, avsenderens kulturfilter = Kulturfilter des Senders, mottakerens kulturfilter = Kulturfilter des Empfängers, kontekst = Kontext. Abb. 10: Das Kulturfiltermodell nach Dahl 2001, 66.

Dies zieht die Forderung nach einer endgültigen Abkehr vom linearen Kommunikationsverständnis nach sich. Folglich kann zwischen Kommunikationsteilnehmern nicht mehr in unterschiedlicher kommunikativer Funktion (als Sender und Empfänger) unterschieden werden. Vielmehr sind alle Kommunikationsteilnehmer gezwungen, sich kognitiv mit den Kommunikationsmitteln auseinander zu setzen. Dies bedeutet prinzipiell eine Aktivität seitens aller Kommunikationsteilnehmer, die jetzt unter diesem Aspekt gleichgestellt sind. Wenn daher noch zwischen ‚Sender‘ oder ‚Empfänger‘ (wie im Modell von Dahl oben) oder ‚Kommunikator‘ und ‚Rezipient‘ (wie im Modell von Zerfaß oben) unterschieden wird, so kann dies nur als zeitliche Unterscheidung für den Phasenverlauf von Kommunikation aufgefasst werden (was durch das Modell von Zerfaß deutlich wird, wo diese Rollen im Phasenverlauf wechseln können). Bruhn unterstreicht diese Erkenntnis durch die ausschließliche Bezeichnung als „Kommunikationspartner“ für alle Kommunikationsteilnehmer (vgl. Abb. 8 weiter oben). Daher kann auch Dahls Verwendung der obigen Begriffe nur unter diesem Axiom überzeugend sein. Die prinzipiell notwendige Aktivität der Kommunikationsteilnehmer bildet eine gemeinsame erkenntnistheoretische Basis in allen drei Modellen oben von Bruhn,

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Zerfaß und Dahl. So setzt die Verarbeitung der dargebotenen Kommunikationsmittel eine aktive Zuwendung seitens des Rezipienten voraus, der aufgrund seines anders gearteten Kulturfilters (grafisch bei Dahl als Dreieck stilisiert) zu einer kognitiven Verarbeitung gelangt, die in ihrer endgültigen Ausformung (bei Dahl als Trapez stilisiert) nicht identisch mit der ursprünglich intendierten Bedeutung (als Kreis im Modell von Dahl angegeben) sein kann. Dahl macht in diesem Modell auf ein Grundproblem aller Kommunikationshandlungen aufmerksam: Wie können wir sicher sein, dass die Rezipienten unserer Texte diese so verstehen, wie wir es wollen? Selbst bei augenscheinlich so einfachen (reduzierten) Kommunikationsmitteln wie Anzeigenwerbungen, die im intrakulturellen Rahmen geschaltet werden, kann nicht automatisch vom ‚Gelingen‘ der Werbung im intendierten Sinne gesprochen werden. Umso schwieriger wird dieses Ziel in der kulturübergreifenden Kommunikation. Worauf Dahl auch hinweist, ist die Tatsache, dass es sich neben der Notwendigkeit der Rekonstruktion anderer (d.h. sekundärer) kultureller Referenzrahmen für die Bedeutungserstellung auch immer um eine kognitive Leistung im Kommunikationsprozess handelt. Somit werden alle Kommunikationsbeteiligten zu Kommunkationssubjekten (vgl. Picot in Müller 2003, 98). Damit wird das erkenntnistheoretische Hauptgewicht von dem Text als objektiv gegebenem Kommunikationsobjekt, das unabhängig von den Rezeptionskulturen der Kommunkationsteilnehmer universal ‚wahre‘ Aussagen über Welt macht, hin zu einem rezipientenorientierten Kommunikationsverständnis gelegt. Entscheidend für den Kommunikationsvorgang ist hier die kognitive Tätigkeit der Kommunikationsteilnehmer, die ausgehend von Enkulturationstraditionen die Überzeugungskraft bzw. den Wahrheitsgehalt von Texten als ein Relationsgefüge zu verständnisregulierenden Kontexten etablieren. Unter diesem Aspekt ‚konstruiert‘ auch der Rezipient Bedeutung, wenn auch in anderer Form als der Ersteller von Texten. Da außerdem die verständnisregulierende Bearbeitung der Eigen- oder Fremdperspektive im kulturübergreifenden Kontakt für die beiden Seiten der Kommunikationsteilnehmer gilt, wird eine Reduktion auf die traditionellen kommunikationstheoretischen Größen wie Sender, Empfänger, Kanal, Empfangsgerät, Kode etc. obsolet (s. nächste Seite):

KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

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Abb. 11: Kommunikationsmodell nach Bolten 1999b, 28. Die Auseinandersetzung mit eigenen/fremden Erwartungen und ErwartungsErwartungen kann sowohl unbewusst, wie im täglichen Kontakt, (vor allem in der Face-to-Face-Kommunikation) als auch bewusst (wie in der (Re-)Konstruktion fremdkultureller kommunikations- und verständnisregulierender Größen) vollzogen werden. Im letzteren Fall zeigt sich die Relevanz des obigen Kommunikationsmodells von Bolten für die verschiedenen Bereiche der interkulturellen Wirtschaftskommunikation. Die Einsicht, dass dem Rezipienten eine aktivere Rolle im Prozess der Bedeutungsbildung zugesprochen werden muss, als was die linearen Kommunikationsmodelle vermuten lassen, ist seit Peirce in den prozessorientierten Kommunikationsmodellen zum Ausdruck gebracht worden. Letztere sehen Kommunikation auf der Rezipientenseite als Prozess der Auswahl von Information aus den ‚angebotenen‘ Informationsmitteln (Nöth 2000, 244). In diesem Sinn lassen sich z. B. die oben dargestellten Kommunikationsmodelle von Bruhn, Zerfaß, Dahl und Bolten (vgl. Abb. 8-11) erkenntnistheoretisch in diese kommunikationstheoretische Tradition einordnen. Unter interkultureller Perspektive stellt sich bei diesen und anderen prozessorientierten Kommunikationsmodellen die Frage, in welcher Weise sich die kulturelle Einbindung von Emittent und Rezipient in die Kommunikationsinstrumente – d.h. vor allem in der Textgestaltung und Informationsselektion – äußert. Eine Systematisierung der Relation zwischen Kultur und sprachlicher Realisierung in Form von Texten über die verbalen, para- und nonverbalen textuellen Gestaltungsmittel, die dann Bedeutungsbildungsprozesse

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KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

erklärbar machen könnte, wird aber auch von bisherigen prozessorientierten Kommunikationsmodellen nicht geliefert. Dieser Frage wird daher in der vorliegenden Arbeit anhand von Konzeptualisierungstraditionen nachgegangen. Unter interkultureller Perspektive reicht es nicht aus, allein die semantische Dimension und mit ihr die propositionalen Aussagen von Texten zu berücksichtigen (Dahl 2001, 38f. und 210ff.). Dies zieht die Notwendigkeit der nonpropositionalen Bedeutungsbeeinflussung auf konzeptueller Ebene nach sich, um die propositionalen Aussagen konzeptuell besser einordnen zu können, wie dies im vorigen Kapitel anhand der prototypisch verwendeten Bild-Schemata dargestellt worden ist. Die in einem gegebenen kulturellen Rahmen prototypisch verwendeten Bild-Schemata bieten hier die Möglichkeit einer Intersubjektivität als Voraussetzung für das Gelingen von Kommunikation. Da die Bild-Schemata nicht lediglich kulturspezifische Phänomene darstellen, sondern in ihrer Indigenität das Interkulturelle als Brückenbildung zwischen zwei Kulturen ermöglichen, stellen sie die zentralen kognitiven Mittel zur Rekonstruktion der sekundären Intersubjektivität über Kulturgrenzen hinweg dar.12 Der Vorteil dieser sekundär zu erarbeitetenden verstehensregulierenden kognitiven Modelle auf der Basis von Bild-Schemata liegt in der Möglichkeit ihres Bewusstmachens, wodurch sie nachvollziehbar werden. Grundlage dabei ist immer das kommunikativ verwendete Zeichen, egal wie einfach oder kompliziert es zusammengestellt ist, sei es verbal, para- oder nonverbal. Semiotisch betrachtet werden auch bei der einfachsten Werbeanzeige Interpretationsstrategien beim Empfänger aktiviert, da kaum eine Werbung die eigentliche Werbeaussage direkt und konkret ausformuliert. Dies gilt insbesondere heutzutage, wo aufgrund von Reizüberflutung und Überangeboten in der Werbung eine Verschiebung von informationsbetonter Werbung zu erlebnisbetonter Bildhaftigkeit in der Werbung stattgefunden hat.13 Dabei werden kulturelle Unterschiede nicht obsolet, sondern befinden sich in einem ständigen Entwicklungsprozess, der für ein Gelingen von Werbekommunikation die kognitive Aktivität des Rezipienten nach wie vor zur Voraussetzung hat. Die z. B. im deutschen Kulturraum geschätzte Witzhaftigkeit in der Werbung ist ein Beispiel dafür, wie

12

Als kulturspezifische kognitive Modelle fungieren signifikante Bild-Schemata innerhalb einer Kultur daher letztlich auch immer nur aus dem jeweiligen cross-kulturellen Vergleich heraus. Dies mindert jedoch nicht ihre Signifikanz, sondern stellt lediglich eine methodologisch-erkenntnistheoretische Grundbedingung jeglicher wissenschaftlicher Evidenz dar.

13

Richtungsweisend schon von Kroeber-Riel (1993) aufgezeigt.

KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

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wichtig die rezipierende Aktivität des Empfängers auch in der Massenkommunikation sein kann.14 Konzeptualisierungstraditionen sind als solche im Kommunikationsprozess an Erwartungen der Kommunikationsteilnehmer einer sozialen Gemeinschaft gebunden – sei es im landes- oder unternehmenskulturellen Zusammenhang. Durch die ständige Auseinandersetzung mit dem faktischen oder angenommenen Kommunikationspartner können die Emittenten- und Rezipienten-Funktionen nicht prinzipiell getrennt werden, da beide Seiten sich ständig mit Fragen der Selbstwertkonzepte, Erwartungen und Erwartungs-Erwartungen (entweder bewusst oder unbewusst) beschäftigen müssen (vgl. Abb. 11 oben). Dieses Kommunikationsverständnis sieht den Kommunikationsverlauf gleichwertig durch die Größen Emittent und Rezipient determiniert, weshalb im Modell in Abb. 11 (vgl. oben) besser interkulturelle Kommunikations-Bedingungen berücksichtigt werden können als in linearen Modellen. Ein weiterer Vorteil dieses Kommunikationsmodells liegt darin, dass es die kognitive Aktivität der Kommunikationsteilnehmer sowohl innerhalb eines gemeinsamen kulturellen Rahmens als auch im interkulturellen Kontakt zur Voraussetzung für eine gelungene Kommunikation macht. Ein Bereich, der traditionell eher mit einer Einweg-Kommunikation assoziiert wird, ist die Wissensvermittlung im Falle wissenschaftlicher Texte. Nicht zuletzt im Zuge der Internationalisierung von Wissenschaft und Bildung scheint dieser Kommunikationsbereich nicht nur linear ausgeprägt zu sein. Außerdem – vor allem geprägt durch das Ideal universaler Fachsprachlichkeit – scheint es, als ob gerade Fachkommunikation sich jeder Art von landeskultureller Gebundenheit entziehen würde. Allenfalls wird wissenschaftlichen Stilen oder Diskurstraditionen eine Kulturgebundenheit zugewiesen.15 Fachinhalte werden i. d. R. hiervon ausgeklammert. Dabei wird übersehen, dass z. B. jedes wissenschaftliche Lehrwerk das jeweilige Resultat eines/mehrerer landeskulturellen/er FachlichkeitsKontextes/te ist, der/die im Laufe der Zeit aufgrund wissenschaftlicher Traditionen entstanden ist/sind, wobei diese landeskulturellen Traditionen jedoch stark variieren können. Selbst im Fall der Globalisierung von Fachkenntnissen kann nicht automatisch eine gleiche Bewertung der Einzelaspekte dieser Kenntnisse im universalen Sinn angenommen werden. Oder anders ausgedrückt: Das WAS eines kulturübergreifend relevanten Sachaspekts impliziert nicht notgedrungen ein kulturübergreifend identisches WIE des Beziehungsapekts innerhalb kultureller Traditionen zu den gegebenen Sachfragen. Diese interkulturelle Perspektive wirft 14

Zur Relevanz von Witzhaftigkeit in Werbung für deutsche Zielgruppen vgl. Bonnal (1990). Spezifisch dazu in der Jägermeister-Werbung vgl. Romberg (1999).

15

Z. B. in der Forschung von Galtung oder Clyne; zur Einführung in diese Ansätze vgl. Bolten 2007b, 81-93.

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KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

auch fachsprachentheoretische Fragestellungen auf. Ist die Verstehensmöglichkeit fachsprachlicher Texte u. a. auch an kulturspezifische Konzeptualisierungstraditionen gebunden, dann kann nicht von einer lediglich textgesteuerten und universal einheitlich geprägten Fachtextrezeption ausgegangen werden. Diese Einsicht wird auch durch die Erkenntnisse zum Bereich der interkulturellen Kompetenz bestätigt. Letztere ist weniger als zusätzliche Kompetenz neben solchen wie der Personal-, Sozial-, Fach- oder Methodenkompetenz zu greifen, sondern versteht sich eher als ein multiples zusammengesetztes Konstrukt, das in seiner synergetischen Funktionalität ebenso intra- wie auch interkulturell relevant ist (Bolten 2007b, 213f.). Aus der Sicht der vorliegenden Untersuchung ist hierbei entscheidend, dass interkulturelle Kompetenz als „Variante einer allgemeinen Handlungskompetenz und nicht als eigenständige fünfte Teilkomponente zu verstehen [ist]“ (Bolten 2007b, 214). Für die Frage der Kulturgebundenheit von Fachwissen (und die daraus folgenden Konsequenzen auch im Fachsprachenbereich) ist es zunächst wichtig zu erkennen, dass auch Fachwissen als Teilaspekt interkultureller Forschung nicht losgelöst werden kann (d.h. nicht einfach nur unveränderte universale Gültigkeit haben kann) von der interkulturellen Kompetenz, was im folgenden Modell als der Bereich der „interkulturellen Fachkompetenz“ angegeben wird:

Abb. 12: Integratives Modell interkultureller Kompetenz nach Bolten 2007a, 86 (vgl auch Bolten 2007b, 214).

KOMMUNIKATIONSTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

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Welche fachsprachentheoretischen Konsequenzen sich aus den bisherigen Darstellungen ergeben, soll im folgenden Kapitel behandelt werden.

FACHSPRACHENTHEORETISCHE IMPLIKATIONEN

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6. Fachsprachentheoretische Implikationen der Kommunikation über Wirtschaft Da im Analyse-Teil in Kap. 8 die landeskulturelle Dimension im Bereich der schriftlichen fachsprachlichen Kommunikation am Beispiel der Organisationstheorie untersucht wird, müssen zunächst die rezeptionssteuernden Kriterien in der Fachkommunikation behandelt werden, um später die Ergebnisse der Analyse vor dem Hintergrund des kulturspezifischen Konzeptualisierungsmodells aus Kap. 4 einstufen zu können. Im Bereich der traditionellen Fachsprachenforschung hat sich lange Zeit das Ideal der Kontext- und damit folglich auch der Kulturunabhängigkeit fachsprachlicher Termini gehalten, das im Postulat der Exaktheit und Eindeutigkeit bzw. Eineindeutigkeit zum Ausdruck gekommen ist.16 Wie Roelcke zeigt, ist dies besonders auf das ungeprüfte Ideal eines Inventardenkens im Bereich der systemlinguistisch orientierten Fachsprachenforschung zurückzuführen (vgl. Roelcke 1999, 61f.). Sprachwissenschaftlich geht dieses Inventardenken weit über den fachsprachlichen Bereich hinaus und hat sich nicht nur in der fachsprachlichen Theorienbildung verfestigt. Es ist darüber hinaus auch in der fachlichen Diskussion innerhalb der wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen nachvollziehbar.17 Dabei geht das Inventardenken von der grundsätzlichen Trennung zwischen den inhaltlich-lexikalischen und den kommunikativ-funktionalen Aspekten der Sprache aus. Dies führt zu Dichotomien in der fachsprachlichen Theorienbildung sowohl im Bereich heuristischer Modellbildung als auch in Definitionsversuchen zur Fachsprache. Sprachtheoretisch geht dieses Theorieverständnis auf die dyadische Einteilung zwischen dem Sprachsystem und dessen Anwendung in der Tradition von Saussure zurück. Die methodologische Annahme einer theoretisch und praktisch gleichermaßen begründbaren Trennung zwischen Sprachsystem und Sprachhandlung ist seit Saussure auf der angenommenen Arbitrarität (Beliebigkeit) sprachlicher Ausdrücke fundiert. Die Arbitrarität war im rein lexematischen Rahmen kontextloser Terme begründet worden (vgl. Saussure 1967/1931, 79ff.). Obwohl sie durch einzelne Lautbildvergleiche zwischen verschiedenen Sprachen wie dem Deutschen und Französischen von Saussure zu untermauern versucht 16

Vgl. zum Eineindeutigkeitsbegriff das Standardwerk von Drozd/Seibicke (1973) sowie zur Diskussion und Übersicht zur Forschung bezüglich des Exaktheitspostulats Roelcke (1999, 61-67). Zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Exaktheitspostulat als spezifisches Fachsprachenkriterium vgl. auch Schmidt (2001a).

17

So werden z. B. die Begrifflichkeiten in der deutschen Fachliteratur zur Organisationstheorie durchgehend ohne Bezug zu Terminologien anderer Sprach- und Kulturräume eingeführt.

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wurde, ist das Konzept der Arbitrarität bei Saussure durch ein intrakulturelles Interesse an Sprache geprägt.18 Aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive muss dagegen nicht zuletzt im Bereich interkultureller Kommunikation immer von einem holistischen Sprachverständnis ausgegangen werden, das sprachliche Äußerungen in ihrer Gesamtheit eingebettet in einem kulturspezifischen Verwendungsrahmen betrachtet. Dank der Theorie zu den Bild-Schemata ist deutlich geworden, dass die Holistik dieses Sprachverständnisses auch die non-propositionalen Konzeptualisierungstraditionen einer sozialen Gemeinschaft umfassen muss, und nicht lediglich von der propositionalen Funktion einzelner Lexeme oder Texte bzw. Textsequenzen ausgehen kann. Für den einzelnen Sprachverwender manifestiert sich die jeweilige Konzeptualisierungstradition unter phänomenologischer Perspektive – in den Worten von Schütz – als Auseinandersetzung der inneren Dauer des Ich mit der reinen Dauer. Als kognitive Gebilde liegen diese Konzeptualisierungstraditionen deshalb auch nicht automatisch in rein objektiver Form vor, sondern müssen und – so die Position der vorliegenden Untersuchung – können erschlossen werden. Dies setzt dann das Arbeiten am konkreten Text (gesprochener oder geschriebener) vor dem Hintergrund seiner kulturellen Einbettung voraus. Die in sozialen Gemeinschaften anzutreffenden kognitiven Idealtypen können – so die Annahme der vorliegenden Untersuchung – in Form von mehr oder weniger komplexen Bild-Schemata in ihrer kommunikativen Relevanz nachvollzogen und systematisiert werden. Für die vorliegende Untersuchung ist der Grundgedanke ausschlaggebend, dass konzeptuelle – und damit auch sprachliche – Modellbildung erfahrungsbedingt ist und somit weder kontextlos noch ad hoc zu sein braucht. Hieraus wird die Notwendigkeit deutlich, Sprache unter interkultureller Betrachtung immer als die Art einer Sprachverwendung zu untersuchen. Gleichzeitig ist damit die Untersuchungsperspektive grundsätzlich weiter gefasst als lediglich Lexeme oder einzelne Termini zu untersuchen. Letztere suggerierten bei Saussure noch die Möglichkeit einer kontextlosen Sprachbetrachtung, was bei Saussure im Konzept der ‚langue‘ zum Ausdruck kam. Dies war aus seinem Interesse am Sprachsystem erklärlich, das das sprachliche Zeichen nicht durch die außersprachliche Realität determiniert sah, sondern lediglich durch seine Einbettung in ein strukturelles Sprachsystem (vgl. Nöth 2000, 339). Da diese Auffassung 18

Zwar benutzt Saussure wiederholt deutsche und französische Termini, um seine Theorie zu veranschaulichen; dies jedoch nur, um das Prinzip der Unveränderlichkeit von Sprache in der Synchronie zu verdeutlichen (Nöth 2000, 338f.). Zur Übersicht über verschiedene sprachwissenschaftliche Positionen in der kritischen Auseinandersetzung mit dem Arbitraritäts-Begriff nach Saussure vgl. Scheerer 1980, 107-112. Diese Auseinandersetzung ist bisher allerdings weder aus kulturtheoretischer noch aus kognitionslinguistischer Perspektive betrieben worden. Ein erster Ansatz dazu wird in Schmidt 2001a und Schmidt 2001b aufgezeigt.

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von Sprache aus pragmatischer Sicht notgedrungen artifiziell bleibt, ist auch das daran gebundene Konzept der Beliebigkeit (Arbitrarität) von Sprache an das strukturelle System der ‚langue‘ gebunden und für interkulturelle Untersuchungen weniger relevant.19 Daher stößt unter kognitionslinguistischer Perspektive die Annahme prinzipieller Arbitrarität als Beliebigkeit von Sprache auf ihre Grenzen. Diese Einsicht geht jedoch viel weiter als Saussures Auffassung von der relativen Arbitrarität (Nöth 2000, 140). Erweitert man die Untersuchungsperspektive von einzelnen sprachlichen Zeichen (Termini) auf die transphrastische und gesamt-textuelle Ebene, dann erübrigt sich die Arbitrarität im Sinne einer Beliebigkeit zwischen Lautbild und Inhalt. Die Frage der Motiviertheit von Sprachverwendung bekommt jetzt allerdings eine andere Bedeutung als noch bei Saussure. Motiviertsein bedeutet jetzt immer eine Konventionalität, die aus der Sozialisationstradition innerhalb einer sozialen Gemeinschaft heraus entsteht. Arbitrarität und Konventionalität bilden somit zwei verschiedene – und zu unterscheidende – Aspekte in der Sprachverwendung. Sprachhandlungen können jetzt prinzipiell – und damit auch fachsprachliche Kommunikation – in ihrem Verbund mit der außersprachlichen Wirklichkeit – hier verstanden als eine jeweils kulturbedingte Konzeptualisierungstradition – einsichtig gemacht werden. Dies wird anhand der empirischen Untersuchungen im vorliegenden Werk gezeigt werden. Des Weiteren sind diese Sprachhandlungen aus der Perspektive des interkulturellen Vergleichs bzw. des Überwindens von Kulturgrenzen in der Kommunikationspraxis per definitionem nicht mehr nur aus einem rein intrakulturellen Kontext heraus relevant. In Kap. 2 wurde gezeigt, dass intra- und interkulturelle Dimensionen von Bedeutungsbildung phänomenologisch den gleichen Grundprinzipien ausgesetzt sind; lediglich der funktionale Rahmen änderte sich jeweils, ausgedrückt durch das Begriffspaar der primären und sekundären Intersubjektivität: Während die metaphorologisch relevanten Idealtypen in Form von BildSchemata und kognitiven Metaphern/Metonymien vor allem unbewusst (primär) im Laufe des Sozialisationsprozesses angeeignet werden, können diese in einem kulturübergreifenden Herangehen für einzelne Erfahrungssituationen durch das Bewusstmachen konzeptueller Erwartungshaltungen der Zielgruppen gezielt bewusst gemacht werden und sind in diesem Sinne sekundär erfassbar. Methodisch erstreckt sich das Herangehen an kognitive Modellbildung sowohl auf die 19

Zwar beinhaltet der Begriff der Arbitrarität bei Saussure auch den Aspekt der Konventionalität. Letzterer wird jedoch in der vorliegenden Untersuchung anders als bei Saussure verwendet. Während Saussure Konventionalität als eine Folge von Zufälligkeiten in der Zuordnung zwischen Lautbild und Vorstellung versteht (Lewandowski 1994, Nöth 2000, 72ff.), wird Konventionalität in der vorliegenden Arbeit als kulturgebundene Tradition der Konzeptualisierung von Welt aufgrund von Welterfahrung gefasst.

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primäre als auch auf die sekundäre Intersubjektivität in gleicher Weise. Dies kann als ein methodischer Vorteil der hier vorgestellten kognitiven Metaphorologie angesehen werden. Hieraus ergeben sich dann aber auch Konsequenzen u. a. für die Theorienbildung im Bereich der Fachkommunikation bis hin zur hochgradig fachlich geprägten Kommunikation anhand wissenschaftlicher Texte. Unter metaphorologischem Aspekt verliert der aus dem Primat der Arbitrarität stammende Aspekt der synchronen Zufälligkeit oder Benennungswillkür von Sprache (Lewandowski 1994) seine Gültigkeit. Aufgrund des Erfahrungsrealismus in der Sprachverwendung enthalten jetzt auch fachsprachliche Termini, die als Internationalismen Verbreitung erfahren haben, eine konzeptuelle Erklärungslogik. Diese Konzeptualisierungs-Logik ist unter kulturtheoretischem Aspekt ebenso wenig kulturunabhängig wie reine kulturspezifisch gebrauchte Sprachformen. In beiden Fällen handelt es sich um Konventionalisierungstraditionen aufgrund gemeinsam erfahrbarer Realitäten; im ersten Fall um kulturübergreifende Erfahrungen von Welt, im zweiten Fall um indigene Erfahrungen, die eine kulturspezifische Gewichtung erfahren haben. Bei international kulturübergreifend gebrauchten Fachtermini ist die gemeinsame kulturübergreifende Konzeptualisierungsbasis aufgrund indigen in unterschiedlicher Weise erfahrbararer Realitäten gegeben, die als solche aber ohne weiteres kulturübergreifende Signifikanz erfahren können. Dabei wird in beiden Fällen die Konventionalität von Sprache nicht automatisch mit Zufälligkeit gleichgesetzt. Statt dessen wird Konventionalität unter dem metaphorologischen Primat als gemeinsam nachvollziehbarer Erfahrungsrealismus einer Gemeinschaft erklärlich, wie auch immer die Eingrenzung dieser Gemeinschaft erfolgt. Somit sind internationale Fachbegriffe aus dem IT-Bereich wie z. B. Hardware, Software, Virus, Wurm, Word Wide Web, herunterladen etc. in ihrer universalen Konventionalität ebenso konzeptuell logisch an Erfahrung von Welt gebunden wie auch kulturspezifische sprachliche Präferenzen innerhalb eines Fachgebiets (näheres zum Letzteren in Kap. 8). Unterscheidendes Merkmal ist hierbei eine jeweils unterschiedlich einzugrenzende Konventionalität. Unterscheidet man diese unterschiedlichen Dimensionen von Konventionalität nicht hinreichend, dann kann es zu erheblichen Missverständnissen kommen. Auch das Primat der Eindeutigkeit oder Eineindeutigkeit von Fachsprache überzeugt nicht mehr unter diesem Aspekt und gründet sich auf einem positivistischen Sprachdenken. Betrachtet man die Kommunikationspraxis der heutigen Wirtschaft, dann ist aus der Sicht der vorliegenden Untersuchung der Umstand relevant, dass das positivistische Wissenschafts- und Sprachdenken wieder neuen Aufwind u. a. durch den zunehmenden unkritischen Gebrauch einer lingua franca (heutzutage des Englischen) erhalten hat. Problematisch wird dabei die Verwendung einer lingua franca als einzige formelle Kommunikations-Sprache dann, wenn die Verbindung zwischen den Kommunikationskonstituenten Sachfragen,

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Kulturkontext und Sprachverwendung nicht thematisiert wird.20 Dieser Umstand entsteht dann, wenn durch eine lingua franca eine kulturunabhängige (und damit auch letztlich sprachenunabhängige) gemeinsame Verständnisbasis von Welt angenommen wird, was metaphorologisch einen Widerspruch darstellt. Aus diesem Widerspruch lassen sich die unterschiedlichen Konzeptualisierungen im Englischen als lingua franca erklären, die dann durch jeweils unterschiedliche muttersprachliche Konzeptualisierungstraditionen nachvollziehbar werden. Bezüglich des fachsprachlichen Terminus muss daher aufgrund des auch für den fachsprachlichen Bereich relevanten Erfahrungsrealismus als Grundvoraussetzung metaphorologischer Bedeutungsbildung die Annahme der kulturunabhängigen referenziellen Exaktheit des (fach)sprachlichen Terminus in Frage gestellt werden. Dies gilt in letzter Konsequenz ebenso für die Wissenschaftssprache wie auch für den alltäglichen Umgang mit Sachfragen. Bedeutungsexaktheit eines Terminus lässt sich als Resultat einer bestimmten Verwendungstradition als historisch sich entwickelnde Kontextualisierung (bzw. soziale Einigung über die Verwendung eines Terminus) greifen. Folglich wird nicht nur ein Terminus als Terminus verwendet, sondern vor allem bei besonders zentralen Termini eines Handlungsbereichs (und dies gilt insbesondere für die Fachkommunikation) wird mit der Verwendung eines Terminus gleichzeitig auch der Gültigkeitskontext dieses Terminus aktiviert. Dieser Kontext hat sich jedoch zunächst immer innerhalb einer primären Intersubjektivität gebildet, auch wenn er dann über Kultur- und Sprachgrenzen als (Fach-)Terminus Verbreitung erfahren kann. Wird ein Terminus in eine andere Sprache übertragen (was als typisch nicht nur für die internationale Wirtschaftskommunikation angesehen werden kann), lässt sich nicht ausschließen, dass durch die neue Enkulturationstradition im neuen kulturellen (d.h. historisch anders gewachsenen) Kontext auch die konzeptuelle Gültigkeit sich verändern kann. Dies hat dann Konsequenzen für die Verwendungsmöglichkeit eines übernommenen Terminus und seiner Vertextungstraditionen und kann ebenso die Alltagskommunikation wie auch den wissenschaftlichen Diskurs betreffen. Besonders in der Fachkommunikation können dann Probleme derart entstehen, dass ein Fachterminus als Terminus zwar auch in übersetzter Form in verschiedenen Landessprachen vorhanden sein kann, jedoch eine unterschiedliche fachliche Bedeutung haben kann; dies jedoch nicht aufgrund unterschiedlicher semantischer Bedeutungen, sondern aufgrund unterschiedlicher Konzeptualisierungen. 20

Nicht zuletzt die lingua franca selbst ist hier die Leidtragende, denn die Gefahr der ‚Kreolisierung’ des Englischen als Drittsprache in der internationalen Wirtschaft ist nicht mehr von der Hand zu weisen.

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Letztlich hat dies dann wiederum auch Auswirkungen auf die Frage, welcher Terminus denn eigentlich als ‚fachlich‘ zu bewerten sei. Diese Frage wird dann jeweils immer nur im intrakulturellen Rahmen innerhalb der primären Intersubjektivität beantwortet werden können. Schon hier zeigt sich die Annahme internationaler, sprach- und kulturunabhängiger (universaler) Fachsprachen als irreführend. So kann es nicht eine Wirtschaftssprache geben, wohl aber das ‚Wirtschaftsdeutsch‘ mit seinen eigenen tradierten Konzeptualisierungen. Diese Problematik wird weiter unten in Kap. 8 am Beispiel der Fachsprache im Bereich der Organisationstheorie in einem cross-kulturellen Vergleich veranschaulicht. Zwar kann ein Terminus z. B. übersetzungstechnisch durch ein lautbildliches Äquivalent einer anderen Sprache ersetzt werden. Jedoch kann nicht mit einer identischen kulturell bedingten konzeptuellen Modellbildung gerechnet werden. Diese zutiefst metaphorologische Einsicht hat Auswirkungen auf die Praxis der Wirtschaft, u. a. bezüglich des Übersetzungswerts von Texten: Sollten textuelle Kommunikationsmittel eines international agierenden Unternehmens in verschiedenen Sprachen in übersetzter Form oder ausgehend von den Zielkulturen kulturspezifisch in allen Verbalkategorien erstellt werden? An dieser Stelle muss dann auch die Frage nach der Gültigkeit der überkommenen Einteilung zwischen sogenannter Fachsprache und Alltagssprache gestellt werden. Metaphorologisch wird diese Einteilung deshalb problematisch, weil sie kaum in ihrer Exaktheits- oder Abstraktionsabstufung funktional aufrechterhalten werden kann. In der fachsprachlichen Modellbildung ist das Ideal der referentiellen Exaktheit des fachsprachlichen Terminus – als Unterscheidungskriterium zur angenommenen Inexaktheit des nichtfachsprachlichen Terminus – u. a. in der graduellen Abstufung anhand des Schichtenmodells zur Fachsprache zum Ausdruck gekommen. Dieses Schichtenmodell wurde von Mackensen (1959) und Ischreyt (1965) in die fachsprachliche Grundlagendiskussion eingeführt und vor allem durch Hoffmann (1985) weiter ausdifferenziert. Am Beispiel des Handlungsbereichs der Wirtschaft und Technik geht es hierbei um die Annahme einer graduell zunehmenden Fachsprachlichkeit von der Werkstattsprache (Ischreyt) oder der Sprache des Handels (Hoffmann) über die materielle Produktion (Hoffmann) bis zur Wissenschaftssprache als dem ‚höchsten‘ Niveau von Fachsprachlichkeit. Während es bei Ischreyt noch drei Ebenen waren, geht Hoffmann von einem 5Ebenen-Modell aus.21 Als Hauptkriterium zur Unterscheidbarkeit zwischen diesen Ebenen dient die Frage des Abstraktionsgrads. Dabei wird der Abstraktionsbegriff anders als in der vorliegenden Arbeit verwendet und beruht auf einer empirisch nicht bestätigten Ad-hoc-Annahme, die sprachphilosophisch und semiotisch zu einem folgenschweren Trugschluss in der Modellbildung der Fachsprachentheorie 21

Hoffmann 1985, 64-70. Vgl. auch die zusammenfassende Übersicht in Roelcke 1999, 40.

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geführt hat.22 Die Annahme des zunehmenden Abstraktionsgrads als Fachsprachenkriterium fußt auf der Referenzleistung von Sprache. Demnach sind Kommunikationshandlungen dadurch gekennzeichnet, dass sie „sich im Hinblick auf das Allgemeine und das Besondere der Gegenstände und Sachverhalte des betreffenden Fachbereichs unterscheiden“ (Roelcke 1999, 38). Mit zunehmendem Bezug des Äußerungsakts auf das ‚Allgemeine‘ eines Fachs wird eine zunehmende Abstraktion hyposthasiert. Dagegen liegt der Referenzbezug auf das ‚Besondere‘ eines Fachs vorgeblich auf einer niedrigeren Abstraktionsebene. Problematisch ist in dieser Unterteilung die Tatsache, dass diese außersprachliche Referenzunterscheidung an innersprachlichen (formalen) Merkmalen festgemacht wird. So kennzeichnet sich nach Hoffmanns Schichteneinteilung das ‚höchste‘ Abstraktionsniveau der Wissenschaftssprache durch „künstliche Symbole für Elemente und Relationen“, die nächsthöchste Abstraktionsebene durch „künstliche Symbole für Elemente; natürliche Sprache für Relationen (Syntax)“ aus (Hoffmann 1985, 64). Bei der einseitigen Charakterisierung der Wissenschaftssprache durch künstliche Symbole bzw. wissenschaftliche Formeln wird außer acht gelassen, dass selbst hochgradig theoriegeladene wissenschaftliche Texte nicht ohne andere sprachliche Elemente als künstliche Symbole auskommen. Auch beruht das bei Hoffmann propagierte Wissenschaftsverständnis eher auf einer Orientierung anhand eines einseitig naturwissenschaftlichen Wissenschaftsbegriffs. Dagegen stellen die Sprach- und Sozialwissenschaften eine Reihe von Wissenschaftsbereichen dar, die weitgehend auch ohne künstliche Symbole auskommen bzw. diese nur (wenn überhaupt) im begrenzten Umfang verwenden, es sei denn, dass das Kriterium der ‚künstlichen Symbole‘ sich auf sämtliche Verbalkategorien beziehen sollte. Im letzteren Fall entzieht sich jedoch die vertikale Modellbildung dann selbst ihrer eigenen Grundlage, denn die Konsequenz hieraus wäre, dass jeweils ganze Kommunikationshandlungen im Sinne eines weiten Textbegriffs alle Verbalkategorien in funktional gleichwertiger Weise umfassen müssten. Dies ist jedoch ein ganzheitlich semiotischer und kommunikationstheoretischer Ansatz, der bisher im Rahmen der vertikalen Schichteneinteilung von Fachsprache nicht geleistet worden ist. Der Widerspruch zwischen dem Eingrenzen der Kriterien zur Abstraktionsleistung von Fachsprache auf künstliche Symbole und der Tatsache, dass Kommunikationskompetenz immer aus einer historisch gewachsenen Sozialisations- und Konkretisationserfahrung heraus entsteht, wird durch Hoffmanns Definition von Fachsprache zu umgehen versucht; er wird jedoch nicht aufgehoben. Nach dieser Definition ist Fachsprache die „Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden“ (Hoffmann 1985, 53). 22

Vgl. dazu auch in Schmidt 2001a.

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Funktional betrachtet birgt diese Definition viele Anknüpfungspunkte an moderne Sprachauffassungen. Dies ist jedoch nicht in der theoretischen Fundierung bei Hoffmann begründet, sondern vielmehr durch die definitorische Offenheit, die als solche bei Hoffmann jedoch kein weiteres sprachwissenschaftliches Profil bekommt. Wird eine funktionale Unterscheidung in verschiedene Abstraktionsstufen auf formaler Basis gemacht, wie Hoffmann es tut, dann ist dieser Ansatz zum Scheitern verurteilt.23 In der kognitionslinguistischen Einführung in Kap. 3 wurde gezeigt, dass Abstraktion eine Grundvoraussetzung von Sprachverwendung überhaupt ist. Abstraktion kann daher nicht undifferenziert als prinzipiell fachsprachliches Kriterium eingegrenzt werden. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird anhand der kognitionslinguistischen Analysen gezeigt, inwieweit der Abstraktionsgrad bei der Konzeptualisierung von Wissen sowohl in wissenschaftlichen als auch in nichtwissenschaftlichen Kommunikationssituationen im Bereich der Wirtschaft zum Tragen kommt. Gerade die angenommene (aber nie nachgewiesene) Kontextunabhängigkeit des fachsprachlichen Terminus hat zu der Auffassung einer unterschiedlichen textuellen Funktion von Termini und Nichttermini geführt. Während Fachtermini spezifisches Vorwissen brauchen,24 scheinen Nichttermini lediglich durch den jeweils gegebenen textuellen Kontext definiert zu sein (Kalverkämper 1983, 155; Stolze 1999, 39). Diese Auffassung weist den Fachtermini eine andere textkonstituierende (und letztlich damit auch kommunikative) Funktion zu als Nichttermini – wo auch immer die Grenze zwischen diesen Lexemgruppen gezogen werden soll. Dies ist besonders dann problematisch, wenn „Fachkenntnis“ (Stolze 1999, 39) und kontextualisiertes Wissen als zwei sich gegenseitig ausschließende Erkenntnisbereiche angenommen werden. Problematisch ist in dieser Art der Gegenüberstellung vor allem der verwendete Kontext-Begriff, der in diesem Fall a-historisch verstanden wird und mit unterschiedlichen texttheoretischen Wertigkeiten der textuellen Bestandteile operiert. Im Unterschied zu dieser Sprachauffassung geht die vorliegende Untersuchung von der grundsätzlichen Einbettung aller Sprachformen in diachron verlaufende Kontextualisierungsprozesse aus, die sich dann in textuell nachweisbaren Konzeptualisierungstraditionen äußern. Wenn im Bereich der Fachsprachenforschung versucht wird, zwischen Termini als Wörtern „mit eindeutig fachlichem Charakter im engeren Sinn“ (als kontextunabhängige normierte Lexeme) und Wörtern „mit fachlichem Charakter im weiteren 23

Vgl. hierzu im Einzelnen die Argumentationen in Schmidt 2001a.

24

Wie Kalverkämper (1983, 155) in der Fußnote 27 richtig anmerkt, ist auch ein jeweiliges Vorwissen immer vorher textuell entstanden (ob mündlich oder schriftlich), was die Unterscheidung zwischen Fachtermini und Nichttermini anhand der textuellen Kontextualisierungsfrage letztlich eigentlich obsolet macht. Dies wird aber von Kalverkämper nicht thematisiert.

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Sinn“ (als nicht normierte Fachwörter) zu unterscheiden (Janich 1998, 39ff.), so lässt sich diese Unterscheidung nur innerhalb der Normungstradition einer gegebenen Kultur greifen. Außerhalb des gegebenen Kuturrahmens können nicht nur die Normungstraditionen und daher auch der Bedeutungsgehalt von Termini (seien sie fachsprachlich oder nicht) variieren, sondern es kann auch einen unterschiedlichen Bedarf an sich an Fach-Termini im gleichen Fachbereich aufgrund unterschiedlicher Gewohnheiten in unterschiedlichen Kulturen geben. Diese Einsicht verlagert vor allem unter interkulturellem Aspekt das Augenmerk auch in der Fachsprachentheorie von der sprachlich-textuellen Ebene auf die sozio-pragmatische Ebene einer Kommunikationssituation. Dabei ist die fachliche Normierung (wie auch die sprachliche) an einen Sozialisationsprozess gebunden, der die Verwendungsmöglichkeit eines Terminus in gegebenen Kontexten festlegt. Die Normierung selbst ist ja nicht außerhalb eines Sprachverwendungskontextes möglich, weshalb auch die Normierung letzlich immer durch den/die Normierenden mitgeprägt ist. Das bedeutet dann aber auch, dass innerhalb eines Kulturkontextes die Bedeutungsfestlegung von Fachwörtern ‚im engeren Sinn‘ – ebenso wie die der Fachwörter ‚im weiteren Sinn‘ – nicht ohne den Vergleich unterschiedlicher individuenbedingter Normierungstraditionen auch innerhalb eines Kulturkontextes auskommt. Dies entzieht jedoch dem Postulat der überindividuellen und kontextunabhängigen Normierbarkeit als Unterscheidungskriterium zwischen Fachtermini verschiedenen Grades endgültig den Boden, denn die Unterscheidung zwischen Termini und Nichttermini ist jetzt nur noch aufgrund eines sozial konventionalisierten Kompromisses möglich: „Als Wörter mit eindeutig fachlichem Charakter im engeren Sinn sind all die Wörter zu klassifizieren, die ein fachliches Denotat aufweisen und die man daher in fachspezifischen Lexika bzw. Handbüchern nachschlagen kann. Die Konsultierung verschiedener Werke ist dabei die einzige Möglichkeit, das Problem der subjektiven Wortauswahl in solchen Nachschlagewerken bestmöglich zu lösen.“ (Janich 1998, 39; Hervorhebung im Original) Entscheidend ist hier folglich, dass die Normierung als solche (selbst für die vorgeblich ‚fachsprachlichsten‘ Termini) in letzter Instanz das Resultat kultureller Sozialisation darstellt, d.h. sich selbst am Gebrauch von Sprache in konkreten Kommunikationssituationen orientiert. Jeder Fachbereich im kulturtheoretischen Sinn stellt daher einen eigenen subkulturellen Kommunikationsbereich auch innerhalb der Standardsprache dar und kommt ohne die Standardsprache nicht aus. Dass folglich das apriorische Primat der Kontextungebundenheit von wissenschaftlicher Fachsprache nicht aufrecht erhalten werden kann, wird weiter unten in der vorliegenden Untersuchung anhand des cross-kulturellen Vergleichs im Bereich der Organisationstheorie veranschaulicht werden.

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Der Umstand, dass die Annahme einer kontextuellen Ungebundenheit bei terminologischer Exaktheit nie empirisch nachgewiesen worden ist, hat im Bereich der Fachsprache zu widersprüchlichen Aussagen geführt. Es wird einerseits die kommunikative Einbettung des Fachsprache- oder Fachlichkeitsbegriffs in die Empirik gefordert, jedoch auf theoretischem Niveau nicht selten von der Kontext-Unabhängigkeit der Fachtermini ausgegangen. So konstatiert z. B. Jahr: „Ein charakteristisches Merkmal von Fachausdrücken, spezieller noch Termini, ist gerade ihre Kontextautonomie“ (Jahr 1996, 64). Hieraus entsteht in diesem Fall auch in Jahrs kognitions-psychologisch ausgerichtetem semantischen Netzwerk-Modell für das Verstehen fachsprachlicher Texte ein methodologisch folgenschwerer Widerspruch, wenn die Autorin an anderer Stelle die Begründung von semantischkognitiven Netzen in der Kontextgebundenheit der Termini sucht: „In Fachtexten ist der einzelne Begriff häufig ein Ausschnitt aus einer Theorie“ (Jahr 1996, 83). Der Fachterminus – ebenso wie Fachsprache allgemein – unterliegen bei diesem Fachsprachen-Verständnis dem weiter oben dargestellten Problem der arbiträren Dichotomie: Zwar wird in diesem Fall Fachsprache als ein Objektbereich aufgefasst, der im Prinzip alle sprachlichen Ausdrucksweisen einer gegebenen Kommunikationssituation umfassen soll,25 jedoch werden die sprachlichen Ausdrucksmittel nicht funktional gleichgestellt, da ‚Fachtermini‘ ein stärkerer Fachlichkeitsgrad zugesprochen wird als den ‚nicht eigentlichen Fachtermini‘. Wie und ob jedoch die Grenze in der Unterscheidung zwischen Fachtermini und Nicht-Fachtermini gezogen werden soll, bleibt dabei unklar. Einerseits konstatiert z. B. Janich in der Bewertung der fachsprachentheoretischen Diskussion, „dass die Grenzen zwischen Alltags- und Fachsprache fließend sind“ (Janich 1998, 41), andererseits „sollte man (...) nicht Zuflucht suchen in der Scheinlösung von gradueller fachlicher Bedeutung oder einer Skala, auf der ein Wort als mehr oder weniger fachsprachlich eingetragen wird“ (Janich 1998, 43). Hier wird auf eine Problematik in der Terminologie-Diskussion hingewiesen, deren Lösung m. E. nicht im sprachinternen lexikalischen Rahmen gefunden werden kann. Wenn es keine festen Skalen der Fach- bzw. Nichtfachsprachlichkeit geben kann, dann können diese Fragen auch nicht an der Oberflächenstruktur von Sprache festgemacht werden. Vielmehr muss auch im Fall der Fachsprache von der Verankerung wissenschaftlicher Erkenntnis in Alltagserfahrung ausgegangen werden (Budin 1996). Die die Fachsprachenforschung über Jahrzehnte geprägte „realistische Sprachauffassung“ (Roelcke 1999, 22), nach der fachsprachliche Termini eine außersprachliche Realität objektiv (d.h. von menschlicher Erkenntnis unabhängig) erfassen und sprachlich eindeutig korrekt (d.h. unabhängig von 25

Vgl. auch die Definition von ‚Fachsprache’ bei Hoffmann 1985, 53, sowie die Diskussion dazu weiter oben in der vorliegenden Arbeit.

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Kulturtraditionen in der Erfahrung von Wirklichkeit) wiedergeben könne, gerät hier endgültig an ihre Grenzen. Solange die Frage der Fachsprachlichkeit oder Fachkommunikation im Bereich der Terminologien zu beantworten versucht wird, bleibt ebenso die holistische Frage nach der Sprachlichkeit wie auch die kommunikative Dimension in der Fachsprachenforschung unberücksichtigt. Methodisch wie auch erkenntnistheoretisch fordert dies die Erweiterung des Untersuchungsrahmens auf ein holistisches Sprachverständnis (Schmidt 2001a). Logischerweise muss dann eine Lösung auch der Fachsprachen-Problematik in einem gesamtsprachlichen Rahmen gesucht werden, der als solcher das Verhältnis zwischen Sprachverwendung und Weltbezug berücksichtigen kann. Budin (1996, 24) hebt anhand der evolutionären Erkenntnistheorie hervor, dass „wissenschaftliche Erkenntnis immer auf Alltagserfahrung aufbaut“. Dabei gilt nach Budin u. a. die Abstraktion als Mittel zur vorwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung. Dies weist auf eine funktional gleichwertige Bedeutung der Abstrahierbarkeit von Erfahrung in sprachlicher Terminologisierung überhaupt hin, und hebt den Bezug zwischen Welterfahrung und sprachlichem Ausdruck sowohl für nichtfachliche als auch für fachliche Kommunikationssituationen in den Mittelpunkt. Gestützt wird diese Auffassung von der Rolle, die die Abstrahierbarkeit für den Sprachbildungsprozess hat, dargestellt anhand der kognitionslinguistischen und kulturtheoretischen Ausführungen der Kapitel 3-4 der vorliegenden Arbeit. Demnach ist Abstrahierung eine dem Sprachbildungsprozess auch schon vorgelagerte Konzeptualisierungsleistung, die – mit der Terminologie der kognitiven Matapherntheorie gesprochen – anhand der den Äußerungsakten zu Grunde liegenden Bild-Schemata generell in Sprachhandlungen zur Anwendung kommt. An diesem Punkt gerät die Annahme einer wie auch immer gearteten kulturunabhängigen Fachsprache ins Wanken. Wenn die Alltagsverankerung von Wissen ebenso im alltagssprachlichen wie im wissenschaftlichen Bereich von Enkulturationstraditionen in der Erfahrung von Welt ausschlaggebend ist, dann muss prinzipiell auch in der fachsprachlichen Kommunikation von kulturdependenten Konzeptualisierungen von Welt ausgegangen werden. Diese Erkenntnis hebt dann die Bild-Schemata in ihrer Funktion, kognitive Modelle vorzuprägen, auch für den fachsprachlichen Diskurs in den Mittelpunkt interkultureller Forschung, da gerade auf dieser Konzeptualisierungsebene mit kulturbedingten und kommunikativ relevanten Unterschieden zu rechnen ist. Dabei ist aber auch die Diskussion um kulturbedingte Unterschiede im Bereich der Fachsprache erstens von der rein sprachlich-materialen Diskussion und zweitens von der propositionalen Dimension von Sprache in die non-propositionale Dimension der Konzeptualisierung bei Sprachverwendung zu legen. ‚Sprachverwendung‘ bedeutet in diesem Zusammenhang das Augenmerk von von den Teilen der Sprache – den ‚Termini‘ – auf das Ganze sprachlicher Kommunikationshandlungen zu verlegen – den konzeptuellen

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(extraverbalen) Voraussetzungen für die Kommunizierbarkeit von Texten sowie das textuelle Umsetzen der Erfahrung von Welt. Sucht man nach fachsprachlichen Unterschieden im Sprachgebrauch, so sind diese weniger in der Gegenüberstellung von Fachsprache und Gemeinsprache zu suchen, wie die ins Leere verlaufene Diskussion nach dem Unterschied zwischen Fach- und Gemeinsprache, die vor allem in den 1970er und noch in den 1980er Jahren in der Fachsprachentheorie verlief, gezeigt hat.26 Mittlerweile wird diese Auseinandersetzung um die Frage nach den Wesensunterschieden zwischen Fachsprache und Gemeinsprache als wenig erkenntnisfördend für die fachsprachliche Diskussion angesehen (Picht 1995, Kalverkämper 1990). Vor allem in den 1990er Jahren hat das angenommene Exaktheitspostulat von Fachsprache besonders durch pragmalinguistische Untersuchungen eine Modifikation erfahren, die von einer definitorischen Vagheit bei kontextueller Exaktheit ausgeht (vgl. Roelcke 1999, 62f.), was auch Janichs Schlussfolgerungen zur Fachsprache ausgehend von ihren Untersuchungen in der Werbung nahe kommt (vgl. Janich 1998, 43). Programmatisch wird die Verlagerung der Untersuchungsperspektive auf die pragmatisch-handlungsorientierten Bedingungen fachlicher Kommunikation von v. Hahn (1983) als Erweiterung der systemlinguistischen Perspektive und später von Hoffmann (1993, s. Zitat unten) anhand der kognitiven Dimension fachlicher Kommunikation formuliert. Spätestens seit dieser Entwicklung in der Forschung tritt an Stelle des Begriffs der Fachsprache der der Fachkommunikation: „Fachkommunikation ist die von außen oder von innen motivierte bzw. stimulierte, auf fachliche Ereignisse oder Ereignisfolgen gerichtete Exteriorisierung und Interiorisierung von Kenntnissystemen und kognitiven Prozessen, die zur Veränderung der Kenntnissysteme beim einzelnen Fachmann und in ganzen Gemeinschaften von Fachleuten führen.“ (Hoffmann 1993, zitiert nach Hoffmann/ Kalverkämper 1998, 358; Herv. im Orig.) Im Unterschied zur terminologischen Orientierung anhand der Fachsprache legt der Zugriff über die Fachkommunikation das wissenschaftliche Augenmerk auf die dem eigentlichen Sprechakt vorgelagerten Phänomene, so wie sie als Konzeptualisierungsbedingungen für die Kommunikationssituation greifbar gemacht werden können. Sowohl interkulturell wie auch kommunikationstheoretisch ist es hierbei von Vorteil, wenn die Kommunikationsmittel in ihrer Einbindung in Interiorisierungen und Exteriorisierungen auf konzeptueller Ebene gefasst werden können. 26

Vgl. zu dieser Frage schon Hartmann 1980 sowie später Kalverkämper 1990 und 1998. Zur Behandlung u.a. dieser Frage aus methodologischer Perspektive für die Wirtschaftskommunikation s. Schmidt 2005.

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Somit sind dann auch in dieser theoretischen Auffassung von Fachkommunikation die ‚Kenntnissysteme‘ (s. Zitat oben) in ihrer kognitiven Verankerung methodisch (zusätzlich zur propositionalen Dimension von Sprache) über den metaphorologischen Zugriff auf die kommunizierten Texte beschreibbar und nachvollziehbar – in der vorliegenden Arbeit u. a. anhand der Bild-Schemata verwirklicht. Dies setzt jedoch voraus, dass die Abstraktionsfrage auch fachsprachlicher Kommunikation völlig aus ihrer Verwendung im Sinne des fachsprachlichen Schichtenmodells (vgl. die Darstellung weiter oben) herausgelöst und in ein ganzheitliches Sprachmodell integriert wird. Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass dies nicht ohne eine systematische kulturtheoretische Verankerung gemacht werden kann. Dies ist im hohen Maße eine kognitionslinguistische Herausforderung, der sich die vorliegende Arbeit stellen möchte. Die Rolle der Konzeptualisierungstraditionen einer kulturellen Gemeinschaft verlagert konsequenterweise dann auch den Kontext-Begriff aus seinem in der Regel eng gehaltenen texttheoretischen Verständnis in ein kulturtheoretisch erweitertes Verständnis als der geschichtlich tradierte kulturelle Rahmen für die Konzeptualisierungsleistung. ‚Kontext‘ bezeichnet hier sowohl den extraverbalen situativen Kontext als auch den kulturellen Kontext im weiten Sinne. Roelcke hebt hervor, dass das pragmalinguistische Kontextmodell lediglich beschreiben kann, „... wie kontextuelle Exaktheit von Fachwörtern bei systematischer Vagheit innerhalb von Fachtexten hergestellt wird; sie ist aber nicht in der Lage, diese Erscheinung selbst auf ihre kommunikative Funktion hin zu erklären. Eine solche Erklärung systematischer Vagheit bei kontextueller Exaktheit erscheint nun unter dem Rückgriff auf ein kognitionslinguistisches Funktionsmodell möglich“ (Roelcke 1999, 63; Herv. im Orig.). Ein solches kognitionslinguistisches Erklärungsmodell muss sich auch ernsthaft mit dem Problem der angenommenen Autonomie als kontextuelle Unabhängigkeit fachsprachlicher Begriffe auseinandersetzen können und eine gangbare Alternative aufzeigen können. Auf der Basis des Konzeptualisierungsmodells von Welt in Kap. 4 konnte gezeigt werden, dass die Kontextualisierungsfrage prinzipiell als kulturelle Dimension verstanden werden muss. Abstraktion war hier lediglich als Unterscheidungsmerkmal zwischen der konzeptuellen Spezifik indirekter/direkter Propositionen einerseits und der Unspezifik non-propositionaler Bild-Schemata andererseits greifbar. Methodologisch entscheidend ist dabei, dass sowohl bild-schematisch geprägte wie auch metaphorische bzw. nichtmetaphorische Aussagen Bestandteile von IKMs sein können. Dadurch können zwar Aussagen konzeptuell unterschiedlich abstrakt ausfallen (z. B. als konzeptuelle Metaphern oder als Bild-Schemata). Kulturtheoretisch entscheidend dabei ist jedoch, dass die unterschiedliche Art der

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Abstraktion kein Unterscheidungsmerkmal für die Ausprägung von IKMs ist, da beide Formen der Abstraktion konstitutiv für die Herausbildung von IKMs sein können. Dabei ist die fachsprachentheoretische Perspektive keineswegs obsolet geworden. Nur muss sie sich von einem segregierenden Fachsprachenbegriff trennen, der von hypostasierten fachlichen Sprachschichten ausgeht, und statt dessen die Frage der Fachsprachlichkeit in ein Gesamtmodell von Sprachverwendung adäquat integrieren. Die These der vorliegenden Arbeit ist, dass dies nur innehalb eines kulturtheoretisch verankerten Sprachmodells überzeugend geleistet werden kann. Eine Anwendungsrelevanz fachsprachentheoretischer Untersuchungen besteht hierbei u. a. besonders in den verschiedenen Fachbereichen der Wirtschaft (im betriebswirtschaftlichen Sinne), in der sich mittlerweile ein immer stärkeres Bewusstsein des Bedarfs an interkulturell relevanten Fragestellungen durchgesetzt hat. Roelcke (1999) weist darauf hin, dass das – empirisch nie belegte – Ideal des kontextunabhängigen Exaktheitspostulats zusammen mit dem Autonomiepostulat zum sog. Metapherntabu in der – vor allem systemlinguistisch orientierten – Fachsprachenforschung geführt hat. Seit Beginn der 1990er Jahre sind vereinzelte Versuche unternommen worden, den modellbildenden Charakter gerade kognitiver Metaphorik in der Fachsprache aufzuzeigen.27 Soll jedoch die Kritik gegen das kontextunabhängige Exaktheits- und Autonomie-Ideal in ihrer sozialwissenschaftlichen Breite ernst genommen werden, so muss auch die interkulturelle Dimension mit in die sprachwissenschaftliche Untersuchungsperspektive zum Bereich Fachsprache hineingenommen werden. Dies ist jedoch in der bisherigen Forschung weder aus fachsprachlicher noch aus kulturtheoretischer Richtung in der Frage der Sprachverwendung geleistet worden. Entscheidend ist in diesem Fall die interkulturelle Verankerung von Erklärungsmodellen zur systematischen Vagheit/Mehrdeutigkeit bei kontextueller Exaktheit, denn erst durch den systemübergreifenden Vergleich zwischen unterschiedlichen Kulturen sowie auch anhand von Problemstellungen zwischen unterschiedlichen Kulturdimensionen, wie z. B. die Dimensionen Landeskultur und Unternehmenskultur, kann der interdisziplinäre Wert eines kognitionslinguistischen Modells veranschaulicht werden. Wichtig ist hierbei festzuhalten, dass es nicht lediglich um fachsprachliche, kulturtheoretische oder kognitionslinguistische Erkenntnisgewinnung geht. Vielmehr ist der in der vorliegenden Arbeit vollzogene interdisziplinäre Zugriff deshalb notwendig, weil die in den einzelnen Fachbereichen aktuelle Problematik gerade unter dem interkulturellen Aspekt einen Anknüp27

Vgl. für die Fachsprache der Technik Jakob 1991; für die Wirtschaftssprache, vor allem im Bereich des Geldes, Hundt 1995; für den Bereich der Informatik Busch 1998; für das Rechtswesen Eckardt 2002.

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fungspunkt zwischen den in der vorliegenden Arbeit behandelten fachlichen Disziplinen aufweist. Nicht zuletzt ist diese Interdisziplinarität auch notwendig, um zu einer Weiterentwicklung in der Theorie zur interkulturellen Kommunikation selbst zu gelangen. So wird die Interdisziplinarität nicht zum Selbstzweck, sondern bildet ein unhintergehbares Fundament der vorliegenden Arbeit. Kann dann überhaupt noch von Fachterminus gesprochen werden, oder sollte dieser Begriff zugunsten eines anderen wissenschaftlichen Begriffsinventars im Rahmen der Theorienentwicklung der Fachsprache aufgegeben werden? Sofern der Begriff des Fachterminus (und das daran anschließende Fachlichkeitsverständnis) nicht im Sinne einer kontextunabhängigen Eindeutigkeit (bzw. Eineindeutigkeit) verstanden wird, hat obiger Begriff sicherlich eine heuristische Funktion. Wie kann dieser Begriff dann aber gefasst werden? Als Ausdruck von übermitteltem und verarbeitetem fachlichen Wissen, das als solches innerhalb eines (oder mehrerer) Kulturkontext/es(-e) konzeptualisiert worden ist, kann der Fachterminus als ausdrucksseitige Kondensierung der innerhalb eines Kulturkontextes akzeptierten Konzeptualisierungen aufgefasst werden. Damit ist aber auch der Fachterminus prinzipiell an kulturbedingte Erfahrungen von Welt sowie an deren Konzeptualisierungstraditionen gebunden. Dies muss jedoch nicht automatisch bedeuten, dass ein Fachterminus in jedem kulturellen Kontext grundsätzlich andere Bedeutungen hat. Sofern die Konzeptualisierungstraditionen in einem Fachgebiet kulturübergreifend akzeptiert worden sind, kann auch ein Fachterminus kulturübergreifend – und damit auch sprachübergreifend – eine gleichwertige (oder zumindest vergleichbare) Verwendung haben. Entscheidend für eine sprachund kulturübergreifende Verwendungs-Konstanz ist in diesem Falle jedoch nicht, ob es sich um einen Fachterminus handelt, sondern aus welcher Verwendungstradition der Begriff stammt. Dies gilt jedoch zunächst einmal für jeden sprachlichen Terminus, weshalb auch die Fachsprachentheorie bzw. die Theorie zum Fachterminus nicht aus einer Gesamtsprachentheorie gelöst werden kann. Ändern sich die Handlungsvoraussetzungen in einem Bereich, so ändert sich auch die damit verbundene (Fach-)Sprache aufgrund neuer oder andersartiger Erfahrung von Welt. Die Übernahme von Fachtermini von einer Sprache in eine andere kann nicht ohne die gleichzeitige Auseinandersetzung (sei es bewusst oder unbewusst) mit den damit verbundenen Konzeptualisierungstraditionen der Ursprungskultur gemacht werden. Dies ist nicht nur eine theoretische Frage, sondern kann schwerwiegende Folgen für die Kommunizierbarkeit eines Fachgebiets haben, weil es sich gleichzeitig auch um die Auseinandersetzung mit fachlichinhaltlichem Denken handelt.28 28

Wenn diese Verbindung zwischen Begriff und Konzeptualisierung nicht beachtet wird, dann kann das passieren, was z. B. in der fachsprachlichen Forschung zur Werbelehre in den vergangenen Jahrzehnten passiert ist. So kann gefragt werden, inwieweit die deutschsprachige Werbelehre in

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In der Interrelation zwischen Kultur und Sprache kann der Terminus als die ausdrucksseitige Fassung kommunikativ relevanter kognitiver Modelle eines in Zeit und Raum bestimmbaren Lebensausschnitts gefasst werden. Die besondere Funktion der kognitiven Linguistik, wie sie im vorliegenden Werk dargestellt wird, liegt in der Erklärungsleistung abstrakter Konzepte, die der Sprachverwendung modellhaft zu Grunde liegen. Der metaphorologische Ansatz im vorliegenden Werk vermag die bild-schematischen und metaphorischen Konzeptualisierungen, die aufgrund eines gegebenen Sozialisierungsprozesses als relevant gesetzt werden, in ihrer Interrelation konzeptuell einsichtig zu machen. Es ist wichtig zu betonen, dass das Prinzip des Ausgehens von bekannten Erfahrungen von Welt als Ursprungsbereich für den Übertragungsprozess auf abstrakte Zielbereiche der Kommunikation als generelles Prinzip sprachlicher Metaphorisierung gilt (vgl. Kap. 3 oben). Dies betrifft ebenso fachsprachliche wie auch nichtfachsprachliche Kommunikation. Lediglich in der Frage der Erklärungsleistung auch komplizierter Sachverhalte in ausgewählten (fachspezifischen) Lebensbereichen könnte eine Unterscheidbarkeit zwischen ‚fachlichen‘ und ‚nichtfachlichen‘ Termini angenommen werden. Hierbei handelt es sich um eine sozio-pragmatische Dimension von Fachsprache, die den Fokus wiederum auf die systematisierbare Verbindung zwischen Sprache und Erfahrung innerhalb eines kulturtheoretischen Rahmens lenkt. Damit wird auch die Frage der terminologischen Kondensierung (v. Hahn 1983) nicht als solche zum unterscheidenden Kriterium zwischen Fachsprache und Nichtfachsprache. Fachsprachliche Kondensierung lässt sich als Ansammlung von historisch bedingten kognitiven Modellen in der Konzeptualisierungstradition einer gegebenen Kultur verstehen. Diese ihrer begrifflichen Einteilung der Bestandteile von Werbung auf der amerikanischen Werbepraxis der 1960er Jahre mit den entsprechenden Fachbegriffen basiert. Z. B. wird im deutschen Sprachraum in werbesprachlichen Publikationen auch jüngeren Datums immer noch begrifflich zwischen formalen Einteilungen wie Copy, Body-Copy, Headline, Topline, Subheadline, Interstitials, Slogan, Claim etc. unterschieden (Zielke 1991, Janich 1999), obwohl in der deutschsprachigen Werbe-Praxis diese Einteilungslogik heutzutage kaum noch in klarer Abgrenzung konkret anhand von Werbebeispielen nachvollziehbar ist. Mit der Übernahme des US-amerikanischen fachlichen Begriffsinventars ist aber auch die damit verbundene Untersuchungsperspektive der deutschen Werbelehre über einen längeren Zeitraum an die (inzwischen überholte) amerikanische Praxis vergangener Jahrzehnte gebunden gewesen und kann heutigen Tendenzen in der Anzeigenwerbung nicht mehr gerecht werden. Dies hängt auch mit der Entwicklung von informations- zu erlebnisorientierter Werbung auf den westlichen sog. gesättigten Märkten zusammen (Kroeber-Riel/Esch 2004, vgl. auch Schmidt 2005). Die Verbindung zwischen kulturbedingtem Praxisverhalten und Fachinhalten ist vor allem durch die interkulturelle Forschung aufgedeckt und kritisiert worden. So weist Mooij auf die Praxis von internationalen Werbeagenturen hin, Wertelisten zu benutzen, die auf amerikanischen Werteeinteilungen fußen aber als universale Werte zur Positionierung von Marken verwendet werden (vgl. Mooij 1998, 111f.). Dabei wird die Werbepraxis nicht nur einseitig an den konzeptuellen Traditionen einer Kultur (hier der amerikanischen) ausgerichtet, sondern birgt auch die Gefahr der dysfunktionalen Kommunikation, denn es gibt Werte in anderen Kulturen, die auf solchen ‚universalen’ Wertelisten zwangsläufig fehlen.

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kognitiven Modelle sind kommunikativ relevant und über den metaphorischen Konzeptualisierungsverlauf anhand der Sprachverwendung aufdeckbar. Dies entzieht aber auch endgültig den Fachlichkeits- oder Fachsprachlichkeits-Begriff jeglicher formal-stilistischer Eingrenzung. Da die (auch fachsprachliche) Verwendung von kognitiven Modellen ein Kriterium von Kommunikation schlechthin ist, haben ebenso kategorematische wie auch synkategorematische Termini (im Sinne Ecos 1987a, 23) fachkonzeptbildende Funktion. Erst jetzt kann kognitionsmetaphorisch erklärt werden, warum Objekte fachsprachlichen Diskurses nicht nur Artefakte oder Naturobjekte sein können, sondern ebenso fachlich relevante Zustände, Relationen, Erfahrungen etc.29 Aus diesen gesamtsprachlichen Schlussfolgerungen wird das Augenmerk auf die interkulturelle Dimension der kognitiven Modelle gelenkt, um die Art des Verhältnisses zwischen (fach)sprachlicher Kommunikation und ihrer Kulturverankerung klären zu können. Dabei muss aber auch (nicht zuletzt aus der Erfahrung des fachsprachentheoretischen Diskurses) das Verhältnis zwischen Universalität und Kulturspezifik in der Generierung kognitiver Modelle geklärt werden. Nur so kann die kulturtheoretische Dimension kognitiver Modelle einsichtig gemacht werden, worauf im folgenden Kapitel einzugehen sein wird. In den bisherigen Kapiteln konnte die erkenntnistheoretische Verankerung systematischer Vagheit aufgezeigt werden, und es konnte auch gezeigt werden, wie diese Vagheit, ohne in logische Widersprüche zu geraten, gerade aufgrund der bild-schematischen Verankerung prototypischer Konzeptbildung einem kulturtheoretischen Untersuchungsinteresse zugänglich gemacht werden kann. Kognitionstheoretisch lässt sich weiterhin die Frage der Systemhaftigkeit als systematisierte Anwendung kognitiver Modelle innerhalb eines kulturellen Systems verstehen, das als solches von anderen Systemen der gleichen Ebene abgrenzbar ist, wie z. B. die bild-schematische Verankerung kognitiver Modelle in verschiedenen Landeskulturen eines gemeinsamen Wissenschaftsbereichs.

29

Diese Referenz-Auffassung von Sprache steht in der Tradition von Peirce. Vgl. Peirce' Ausführungen zum Dynamischen Objekt in Peirce 1993/1906, 218f., ebenso Eco 1987a, 32f. und 36ff. Des Weiteren auch Kap. 7 der vorliegenden Arbeit.

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7. Semiotische Schlussfolgerungen für die Konzeptualisierung über die Wirtschaft und in der Wirtschaft Die Frage nach dem Kulturbezug fachsprachlicher Termini hat neben der fachsprachentheoretischen Dimension eine semiotische. Dabei müssen zunächst zwei verschiedene semiotische Traditionen unterschieden werden. Die Trennung verläuft hier zwischen dem sprachlichen Zeichen in der Tradition von Saussure und dem Zeichen in der Tradition von Peirce. Im Unterschied zu Saussure macht Peirce die Bedeutungsfrage im Sinne des Zeicheninhalts nicht am Zeichenausdruck fest. Nach Peirce entsteht Bedeutung erst durch den Bedeutungsbildungsprozess des Rezipienten als einen Prozess der Semiose im Verlauf von Kommunikation, sei sie schriftlich oder mündlich, als Face-to-Face-Kommunikation oder in Raum und/oder Zeit getrennt zwischen den Kommunikationspartnern. Unter interkulturellem Aspekt erhält die Zeichentheorie von Peirce ihre ungebrochen aktuelle Bedeutung. Hier hat der Rezipient mit seinem Erfahrungshorizont eine Schlüsselfunktion im Prozess der Semiose, was eine erkenntnistheoretische Verwandtschaft der Theorie von Peirce mit der Phänomenologie von Schütz und den kognitionslinguistischen Grundlagen der vorliegenden Arbeit signalisiert. Für Bedeutungsbildungsprozesse überhaupt – egal ob fachsprachlich oder nicht fachsprachlich – gilt die Einsicht, dass Bedeutung der Sprache nicht an sich inhärent ist, sondern erst über Zwischenschaltungsstufen im Prozess der Semiose z. B. während der Rezeption dadurch entsteht, dass sie dem Erfahrungshorizont des Kommunikationsteilnehmers angepasst wird. Der Begriff ‚Text‘ ist hierbei holistisch verstanden und bezieht sich auf alle sprachlichen Zeichen (alle Verbalkategorien) einer Kommunikationseinheit sowohl mündlich als auch schriftlich.1 Indem der Erfahrungshorizont (oder im Sinne der kognitiven Metapherntheorie der Erfahrungsrealismus) zum ausschlaggebenden Kriterium für die Bedeutungserstellung im Einzelfall wird, wird auch die mögliche Referenz von Sprache nicht prinzipiell festgelegt, sondern ist allenfalls durch Bedeutungskonventionen intersubjektiv nachvollziehbar. Hierin liegt der kulturtheoretische Ausgangspunkt der Kommunikationsmittel in ihrer Funktion als semiotische Zeichen:

1

Inwieweit dies im Einzelnen anhand des Begriffsinventars in der Theorie von Peirce aufgezeigt werden kann, siehe Schmidt 2000, 95ff.

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„Ein Zeichen liegt immer dann vor, wenn eine menschliche Gruppe beschließt, etwas als Vehikel von etwas anderem zu benutzen und anzuerkennen.“ (Eco 1995, 29) Dieser semiotische Grundsatz gilt ebenso für Bedeutungsbildung im Bereich der Fachsprache wie auch für nichtfachsprachliche Bedeutung. Da sich die Frage der ‚Übereinstimmung‘ zwischen intendierter und rezipierter Bedeutung allenfalls als partielle Übereinstimmung der Erfahrungshorizonte der Kommunikationsteilnehmer im Sinne des Interkulturellen (s. Kap. 5) greifen lässt, ist auch Wissenserwerb (ob fachliches Wissen oder nicht) als Bestandteil kommunikativer Prozesse immer ein Teil der Einbettung in eine Kulturgemeinschaft – egal wie die Grenzen von Kulturgemeinschaften gezogen werden: „Wissenserwerb muß immer auch in Hinblick auf seine kulturkonstituierende Dimension und soziale Definiertheit hin thematisiert werden, um dafür zu sensibilisieren, dass Wissen nicht ‚objektiv‘ gegeben, sondern vielmehr nach durchaus diskutablen relativen und kollektiv fixierten Standards erzeugt wird“ (Müller 2001, 21; Herv. im Orig.) Durch das Prinzip des „enkulturierenden Charakters des Wissenserwerbs“ (Müller 2001, 21; Herv. im Orig.) ergibt sich somit für einen Lerner die Teilhabe an verschiedenen Teilwirklichkeiten schon innerhalb einer kulturellen Gemeinschaft. Umso stärker wird die Forderung nach Kultursensibilisierung nicht nur in der Alltagskommunikation, sondern auch in der fachlichen oder wissenschaftlichen Kommunikation über Kulturgrenzen hinweg, indem nach den Enkulturationsprinzipien gefragt wird. Aufgrund der unterschiedlichen Erfahrungstraditionen unterschiedlicher Kulturen kann selbst in einem abgrenzbaren fachsprachlichen Bereich nicht mit äquivalenten Konzeptualisierungen in verschiedenen Sprachen eines Wissensbereichs gerechnet werden. Hieraus folgt, dass auch die Fachsprache als solche – selbst bei gleichem Fachbereich – nicht nur begrifflich, sondern auch konzeptuell zwischen verschiedenen Kulturen (und damit auch Sprachen) variieren kann. Zu welchen unterschiedlichen textuell vermittelten Kommunikationsinhalten dies führen kann, wird in Kap. 8 dargestellt. Dies bereitet nicht den Weg für ein anything goes in der Bedeutungserstellung, und es ist m. E. gerade an diesem Punkt, wo sich die ungebrochene Aktualität in den semiotischen Grundlagen von Peirce auch im Bereich kulturübergreifender Bedeutungsbildung zeigt. Wie Köller (1977) in der Darstellung von Peirces Semiotik ausführt, fungiert das Erfahrungswissen des Rezipienten als Interpretant eines Textes:

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„Der Terminus Interpretant dient Peirce nun dazu, den Interpretationshorizont theoretisch zu erfassen, in dem sich die Relation Zeichenträger-Objekt konkretisieren kann. Dementsprechend kann der Interpretant als der Denk- und Interpretationshorizont bestimmt werden, unter dem sich das jeweilige Zeichenobjekt konstituiert, bzw. als der interpretative Zugriff, mit dem sich ein Zeichenobjekt unter Berücksichtigung des jeweiligen sprachlichen und nichtsprachlichen Kontextes spezifizieren läßt.“ (Köller 1977, 45) Das Erfahrungswissen stellt hier die Bedingung für die Bedeutungsbildung als kognitive Aktivität des Rezipienten im Kommunikationsverlauf dar, was eine zutiefst pragmatische Dimension des Zeichens ist. Diese pragmatische Dimension zeigt sich im Interpretanten, mit dem der Rezipient ein Kommunikationsangebot kognitiv bearbeitet. Das dabei zur Anwendung kommende Erfahrungswissen ist gleichzeitig eine gemeinschaftlich vollzogene (und damit kulturell geprägte) Verstehensgrundlage (bzw. Interpretationsgrundlage) von Welt. Gerade in der Anbindung des Erfahrungswissens an idealisierte überindividuelle Schemata im Sinne von Schütz (vgl. Kap. 2) bewegt sich der Interpretant somit in erster Linie in dem Verstehens-Rahmen, der in der vorliegenden Arbeit als primäre Intersubjektivität bezeichnet wird. Hier befinden wir uns nun aber im Zentrum semiotischen Sprachverständnisses und gleichzeitig damit bei einer hochaktuellen interkulturellen Fragestellung: Wie ist es möglich, aus dem Rahmen einer primären in eine sekundäre Intersubjektivität zu gelangen, m. a. W. wie soll interkulturelle Kommunikation über Kultur- und Sprachgrenzen ermöglicht werden, wenn der Interpretant jeweils an einen Interpretationshorizont gebunden ist? Anhand von Schütz wurde oben (Kap. 2) gezeigt, dass die ‚innere Dauer‘ individueller Erfahrungshorizonte nicht direkt zugänglich ist. Es wurde auch gezeigt, dass anhand gemeinschaftlichen Erfahrungswissens ‚idealisierte Modelle‘ kultureller Gemeinschaften in ihrer Funktion als abstrakte Signifikate dieser geteilten Erfahrungen das Erfahrungswissen dieser Gemeinschaften über Zeichen zum Ausdruck bringen. Es ist hierbei wichtig hervorzuheben, dass es sich bei den Interpretanten im Sinne von Peirce nicht um die Teilkonstituenten als solche handelt, obwohl sie als (individuell und kulturell determinierte) Zeichen im Semioseprozess (Bedeutungsbildungsakt) fungieren. Ecos Warnung, „daß es einen Unterschied gibt zwischen dem Objekt, von dem ein Zeichen Zeichen ist, und dem Objekt eines Zeichens“ (Herv. im Orig.; Eco 1987a, 52) muss in einer Theorie sprachlicher Bedeutungsbildung berücksichtigt werden. Obwohl hier bezüglich des Interpretanten von ‚Zeichen‘ die Rede ist, handelt es sich um eine kognitive Größe, die als solche dann auch in einem entsprechend umfangreichen Konzeptualisierungs-Modell von Sprache systembildend umgesetzt werden muss.

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Wie Rellstab (2007) in kritischer Diskussion verschiedener Rezeptionen von Peirce anführt, ist die pragmatische Dimension in der Theorie von Peirce nicht lediglich über den Interpretanten zu fassen. „Perspektivengebundenheit“ (und damit das Verhindern unendlicher Semiose) wird nach dieser Darstellung nicht lediglich durch den Interpretanten ermöglicht, sondern wird bei Peirce „vor allem anhand der Indexikalität des Erkennens und der Sprachverwendung thematisiert“ (Rellstab 2007, 49). Die jeweiligen verbalkategorischen Dimensionen textueller Kommunikation erhalten hieraus ihren semiotischen Status für die kultur- und kognitionstheoretisch fundierte Empirie zur Erschließung von textuellen Konzeptualisierungen. Die Interpretanten fungieren hier als die Verbindung zwischen den Zeichenobjekten (Verbalkategorien)2 und dem Signifikat. Dadurch wird aber auch das Moment der Willkür auf Signifikanten-Ebene in der Sprachverwendung ernsthaft in Frage gestellt werden müssen. Dies hat Konsequenzen für die von Saussure hypothetisch angenommene Arbitrarität von Sprache in der kognitionslinguistischen Diskussion des Semioseprozesses. Unter semiotischer Perspektive erhalten die Bild-Schemata in ihrer Rolle als Interpretanten eine zentrale signifikatsbestimmende Funktion und sind weder im synchronen Vergleich willkürlich noch diachron betrachtet a-historisch. Wie Eco in der Diskussion der Semiotik von Peirce deutlich macht, ist das Signifikat jetzt im Prozess der Semiose als Träger eines abstrakten Inhalts zu verstehen. Eco weist darauf hin, dass Saussure den Begriff des Signifikats nicht genau definiert. Er wird bei Saussure lediglich „als Mittelding zwischen einem mentalen Bild, einem Begriff und einer psychologischen Realität“ benutzt (Eco 1987b, 36f.). Auch betont Eco, dass diese Sicht des Signifikats auf dem Prinzip der kognitiven Mitarbeit des Rezipienten einer kommunikativen Einheit fußt. Während also das Referenzobjekt ein Resultat der Erfahrung von Welt ist, ist das Signifikat eine Abstraktion von Erfahrungen, die unter kognitionsmetaphorischer Sicht kommunikationssteuernd in den Kommunikationsakt eingehen und folglich auf Emittenten-Seite die Auswahl der Kommunikationsmittel (egal welcher Verbalkategorie) steuern. Der Begriff des Referenzobjekts geht weit über den von Ogden und Richards verwendeten Begriff des Referenten hinaus. Während letztere ‚Referent‘ noch als eine lokalisierbare Entität in Zeit und Raum verstanden (Ogden/Richards 1985/1923, 9ff., 105),3 bezieht Peirce die Referenzfrage ubiquitär auf das gesamte Spektrum des Wissens von Welt, seien es Eigenschaften von 2

Bei Peirce als Repräsentamina bezeichnet. Vgl. Eco 1987a.

3

U. a. bezeichnen Ogden/Richards die indirekte Beziehung zwischen Symbol und Referent ihres semiotischen Dreiecks auch als die Beziehung zwischen „words and things“ (Ogden/Richards 1985/1923, 10). Vgl. auch Nöths (2000, 139f.) Hinweis darauf, dass die Größen Bedeutung und Referent im semiotischen Dreieck von Ogden/Richards terminologisch unklar voneinander getrennt sind.

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Konkreta oder Abstrakta, Ereignisse, Situationen, Gegenstände, Zustände, Relationen oder Erfahrungen im weitesten Sinne, was in der Semiotik von Peirce als das ‚Dynamische Objekt‘ der Semiose bezeichnet wird: „Das Dynamische Objekt kann 1. eine nicht identifizierbare Eigenschaft sein, 2. ein Ding oder tatsächliches Ereignis, 3. eine Gewohnheit, die zukünftige Bestimmungen beeinflusst, zusammen mit der gesamten Abfolge jener Bestimmungen, die durch diese Gewohnheit bereits verursacht wurden.“ (Peirce 1993/1906, 218f.)4 Die u. a. auch aus interkultureller Perspektive entscheidende Einsicht aus der Semiotik von Peirce ist, dass die bisher in der Theorienbildung zur interkulturellen Kommunikation vage angegebenen kulturspezifischen ‚Werte, Normen, Denkweisen etc.‘ in ihrer Kulturspezifik nicht so vage zu sein brauchen, wie es die zahlreichen Definitionen von Kultur zu verstehen geben. Wie in den vorigen Kapiteln gezeigt wurde, kann der Zugriff zur Kulturspezifik über die sprachliche Konzeptualisierung kognitiv verwendeter Interpretanten geleistet werden. Voraussetzung ist jedoch eine kognitionslinguistische Theorie, die in der Lage ist zu zeigen, wie Erfahrungswissen von Welt sprachlich anhand von kognitiven Modellen zur Anwendung kommen und über Kulturgrenzen hinweg kommuniziert werden kann. Interkulturell entscheidend in dem Prozess der Semiose ist die Einsicht, dass der Leser (im kommunikationstheoretischen Sinn) von Texten (welcher Verbalkategorie auch immer) sich grundsätzlich in einem Interpretationsprozess eines Textes als Zeichen befindet, sei es bewusst oder unbewusst. Für das Gelingen der Textkommunikation ist es dann aber auch von entscheidender Bedeutung dass der Rezipient nicht nur in der Lage ist, die relevanten Interpretanten zu konstruieren, sondern sie entweder dem ‚Eigenen‘ (Thomas 2002) des eigenen kulturellen Kontextes anschließen kann, oder als das ‚Fremde‘ eines fremdkulturellen Kontextes erkennen kann. Für die Rezeptionsleistung bedeutet dies im Anschluss an das kommunikationstheoretische Verständnis von Kap. 5 immer das bewusste oder unbewusste Konstruieren eines Interpretanten. Im Bereich der Massenkommunikation gilt dies auch für angeblich unidirektional ablaufende Rezeptionsprozesse, wie sie z. B. durch die AIDA-Formel zum Ausdruck gebracht wird.5 Attention als das „Wahrnehmen und Verstehen der Werbebotschaft“ setzt ebenso eine kognitive Aktivität voraus wie das Generieren eines Interesses am beworbenen Produkt oder die „Bildung einer rationalen Kaufabsicht“ (Kaiser 4

Zum Begriff des Dynamischen Objekts s. auch Peirce 1993/1906, 82 und 145; ebenso Eco 1987a, 32f. und 36ff. sowie Oehler 1994, 61f.

5

AIDA = Attention, Interest, Desire, Action. Zur Einführung in dieses und in andere Wirkungsmodelle von Werbung s. Janich 2001, 21ff.

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1999, 16). Unter dem Aspekt der kognitiven Aktivität rücken vermeintlich so unterschiedliche Kommunikationssituationen wie z. B. Werbung (bzw. Massenkommunikation), Public Relations und fachsprachlich geprägte Kommunikation sowohl innerhalb als auch außerhalb des universitären Bereichs – ungeachtet ihrer unterschiedlichen gesellschaftlichen Provenienz – in eine sprach- und erkenntnistheoretische Nähe. Die erkenntnistheoretische Verwandtschaft zwischen der Phänomenologie von Schütz, der Theorie der Bild-Schemata und der Semiotik von Peirce liegt u. a. in der Rolle, die die Konventionalität für die Interpretation von Zeichen stellt. Somit ist jede individuelle Rezeption von Zeichen an das Prinzip der Konventionalität gebunden, die wiederum ein soziales Phänomen ist (sowohl bezüglich landes- als auch bezüglich unternehmenskultureller Sozialisation). Interkulturell interessant ist hierbei, dass der weiter oben angesprochene Interpretant als der Verstehenszugriff des Rezipienten auf das sprachliche Zeichen verstanden werden kann. Dieser verständnisregulierende Interpretant (kognitionsmetaphorisch in der vorliegenden Arbeit als Bild-Schema verstanden) ist jedoch nicht beliebig, sondern in letzter Instanz durch die Erfahrung auch innerhalb einer sozialen Gemeinschaft dem Prinzip der Konventionalität unterworfen. Peirce verwendet hierfür den Begriff des endgültigen oder finalen Interpretanten: „Peirce hat immer an dem Gedanken festgehalten, daß es außerhalb des unmittelbaren Interpretanten, der nur innerhalb des Zeichenprozesses vorkommen kann, den endgültigen Interpretanten gibt, jenseits dessen eine noch weitergehende Semiose keinen Sinn mehr hätte. Die erfahrungsweltliche Vorwegnahme dieses idealen Grenzwerts ist die Gewohnheit. Die Gewohnheit entlastet den andauernd unter praktischem Entscheidungszwang stehenden Menschen durch das Angebot von Handlungsmustern und unterbricht punktuell den unendlichen Prozess der Interpretation. Die Gewohnheit ist, so gesehen, die provisorische Vorwegnahme des idealen Grenzwertes des endgültigen Interpretanten, provisorisch deshalb, weil ihre Gültigkeit nur so lange dauert, bis sich durch auftretende Widerstände neue Gewohnheiten einstellen.“ (Oehler 1994, 62) Da der Interpretant durch den Enkulturationsprozess in einer kulturellen Gemeinschaft geprägt wird und diese Prägung am Erfahrungswissen der Gemeinschaft orientiert ist, kann auch der finale Interpretant ‚final‘ immer nur in Relation zur Gewohnheitserfahrung innerhalb einer gegebenen Gemeinschaft fungieren. Diese Einsicht hat weitreichende Konsequenzen für den Umgang mit Sprache und Kommunikation überhaupt: Einerseits wird dadurch Wissen von Welt immer nur im Rahmen des Entstehungskontextes von Wissen einleuchtend, was auf eine multiple kognitive Dimension der Kommunikationsmittel (Verbalkategorien) hinweist. Andererseits birgt sich hierhinter nicht die Gefahr der Willkür von

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Bedeutung (des anything goes), da Zeichen in ihrer Bedeutungshaftigkeit in letzter Instanz immer nur innerhalb eines gegebenen kulturellen Rahmens durch finale (endgültige) Interpretanten determiniert werden. Diese Einsicht hat weitreichende sprachwissenschaftliche Konsequenzen. Damit ist auch der Interpretant im Sinne von Peirce als finaler Interpretant Teil einer gelebten und sozialisierten Erfahrung6: „Ein Zeichen, das eine Serie von unmittelbaren Antworten hervorbringt (...), stellt nach und nach eine Gewohnheit (habit) her, eine Regelhaftigkeit von Verhaltensweisen im Interpreten selbst. Eine Gewohnheit ist ‚eine Tendenz (...), zukünftig in ähnlichen Situationen auf ähnliche Weise zu reagieren‘ (5.487); und der Finale Interpretant eines Zeichens ist diese Gewohnheit als Resultat (5.491)“ (Eco 1987a, 51; Hervorhebungen im Original; die Zahlenangaben in Klammern stellen Ecos Quellenbezug dar). Hieraus folgt, dass Sprachbedeutung (fachsprachliche wie auch nicht-fachsprachliche) prinzipiell nach den gleichen Grundbedingungen der Semiose (des Bedeutungsbildungsprozesses) erstellt wird. Da Sprache durch kulturell bedingte Konzeptualisierung geprägt wird, wie in den bisherigen Kapiteln gezeigt worden ist, sind auch einzelne Termini – seien es fachsprachliche oder allgemeinsprachliche – nicht von ihren jeweiligen kulturellen Konzeptualisierungstraditionen zu lösen. Dies gilt ebenso für hochgradig wissenschaftliche Begriffsbildungen. Neu auftretende ‚Widerstände‘ (vgl. Zitat oben) in dem Umgang z. B. mit fachsprachlichen Termini können intrakulturell durch Weiterentwicklungen innerhalb von Fachgebieten bzw. durch das Entstehen neuer Fachgebiete und -begriffe ausgelöst werden. Sie können aber auch unter interkultureller Perspektive durch die unterschiedlichen Gewohnheits-Kontexte verschiedener Kulturen bewirkt werden. Da auch Fachsprachen immer als kommunikativ zur Anwendung gekommene Zeichen innerhalb gegebener Kommunikationssituationen verschiedenster Art gelebt werden, sind Fachtermini lediglich unter dem semiotischen 6

Es ist allerding sehr fraglich, ob die im folgenden Zitat angesprochene ‚Regelhaftigkeit von Verhaltensweisen’ an der grammatisch-formalen Struktur einer Sprache festgemacht werden kann, wie dies Engberg (2001) mit Bezugnahme auf das gleiche Zitat tut. Anhand eines kontrastiven Vergleichs zwischen deutschen und dänischen Landgerichtsurteilen auf der Basis ausgewählter Grammatikkategorien wie Aktiv/Passiv sowie Adverbialien wird in Engberg (2001) versucht, die „Kulturspezifische Ausprägung kulturübergreifender Texthandlungsmuster – deutsche und dänische Landgerichtsurteile im Vergleich“ (so der Titel) zu begründen. In der Semiotik von Peirce ist jedoch die Regelmäßigkeit von Verhalten als sozial-pragmatische Dimension verstanden. Nicht überzeugend ist es daher, wenn aus einem formal-stilistischen Ansatz heraus textsortenspezifische Merkmale zu erstellen versucht wird. Obige Grammatik-Kategorien sind ebenso in anderen als juristischen Texten relevant. Hier drängt sich die Frage auf, ob es sich dabei nicht doch eher um grundsätzliche grammatische Merkmale der untersuchten Sprachen handelt, die über einzelne fachliche Bereiche hinaus relevant sind. Es ist daher fraglich, ob sich anhand dieser Methodik kulturspezifische Textsortenkonventionen eines fachlichen Bereichs begründen lassen.

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SEMIOTISCHE SCHLUSSFOLGERUNGEN

Prinzip der Gewohnheit kommunikativ relevant. Dies macht die Kontextabhängigkeit von Fachsprache (ebenso wie von Sprache überhaupt) als eine unhintergehbare Bedingung für das Gelingen von Kommunikation einsichtig. Wie sich dieser Umstand anhand der Konzeptualisierungen in der Organisationstheorie zweier sowohl sprachgeschichtlich wie auch geografisch nahe aneinander liegender Kulturen zeigt, wird im Kapitel 8 weiter unten dargestellt. Aus interkultureller und theorienbildender Perspektive ist es in diesem Fall lehrreich, den Vergleich zwischen zwei scheinbar wenig unterschiedlichen Sprachkulturen vorzunehmen, um somit die Annahme vermeintlicher Ähnlichkeiten oder Identitäten zwischen den Fachsprachen dieser Gebiete am Beispiel der Organisationstheorie auf konzeptueller Ebene auf ihre Aussagerichtigkeit hin zu testen.

DIE KULTURSPEZIFIK KOGNITIVER MODELLE

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8. Die Kulturspezifik kognitiver Modelle am Beispiel der deutschen und schwedischen Organisationstheorie Kommunikationstheoretisch interessant ist, dass es sich bei der Funktion bildschematischer Modellbildung um gestalttheoretische Ganzheiten handelt, die zur konzeptuellen Systematisierung auch eines Fachbereichs beitragen. Können fachlich relevante Bild-Schemata lokalisiert werden, kann hieraus ein effektives Kommunikationsmittel auch in der Fachkommunikation erarbeitet werden. Dies geht weit über die traditionellen formal-strukturellen Arbeiten in der Fachsprachenforschung hinaus. Bild-Schemata bieten in ihrer Kulturverankerung nicht nur eine verständnisfördernde Funktion, sondern ebenfalls eine Ökonomisierung des Kommunikationsverlaufs, die fachgebiets-übergreifend relevant und besonders für die Wirtschaft interessant ist. Da in der metaphorischen Übertragung von Ursprungsbereich auf Zielbereich immer nur ein Teil des jeweils aktualisierten konkreten Erfahrungsbereichs zur Anwendung kommen kann, und weil eine metaphorische Übertragung in ihrer Art der Realisation durch ein jeweils dahinter liegendes Basiskonzept realisiert wird, wird die zentrale Rolle des Enkulturationsprozesses einer Gesellschaft für die ausdrucksseitige Ausformulierung auch fachsprachlicher Tatbestände einsichtig. Diese bild-schematischen Basiskonzepte führen zu spezifischen Konzeptualisierungen, anhand derer die abstrakten Zielbereiche fachlicher Kommunikation kognitiv erfasst werden. Je abstrakter der Zielbereich metaphorischer Übertragung ist, was vor allem bei wissenschaftlichen Sachfragen der Fall ist, desto abhängiger sind wir von Bild-Schemata für die Kommunizierbarkeit dieses Zielbereichs. Gelingt es die für einen Fachbereich zentralen Bild-Schemata kulturspezifisch in ihrer Funktion Idealiserter Kognitiver Modelle zu erfassen, wäre ein entscheidender Schritt hin zu einer Ökonomisierung in der interkulturellen Fachkommunikation getan. Darüber hinaus könnte das für die interkulturelle Fachkommunikation wichtige Problem der fachlichen Unverständlichkeit trotz gleicher Sprachenwahl über die konzeptuelle Ebene einer Lösung näher gebracht werden. Dies setzt jedoch eine Abkehr von dem systemlinguistisch geprägten Inventarmodell fachlicher Kommunikation (vgl. Kap. 6) voraus. Welche Konsequenzen sich hieraus für das Verhältnis zwischen Universalität und Kulturspezifik in der Fachkommunikation ergeben, muss im weiteren Verlauf der vorliegenden Untersuchung empirisch geprüft werden.

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Es wurden für die Analyse im vorliegenden Kapitel sowohl die deutsche als auch die schwedische fachliche Originalliteratur zur Organisationstheorie nach eventuellen wiederkehrenden Bild-Schemata als indigene Basiskonzepte hinterfragt, wobei an dieser Stelle noch offen gelassen wird, wie die Unterscheidung zwischen indigenen und kulturspezifischen kognitiven Modellen in der Organisationstheorie im deutsch-schwedischen Vergleich vorzunehmen ist. Auf diese Frage soll später aufgrund der empirischen Ergebnisse eingegangen werden. Als empirische Grundlage dient die im Ausbildungs- und Studiensektor gängige Fachliteratur zur Organisationstheorie, entweder in monografischer Form oder als Teile von Sammelwerken bzw. (besonders im deutschsprachigen Raum) als Teilkapitel betriebswirtschaftlicher Gesamtdarstellungen. Dabei wird darauf geachtet, dass ausschließlich muttersprachliche Originaldarstellungen zur betrieblichen Organisation die Grundlage der Studie bilden. Dies bedeutet, dass sämtliche, auf den internationalen Raum bezogene, referierende Darstellungen ausgeklammert werden. Auch Übersetzungen von Fachliteratur aus anderen Sprachen werden nicht beachtet, um sicher zu stellen, dass die jeweiligen kulturspezifischen Konzeptualisierungen erfasst werden.1 In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass der Studienbereich im schwedischen Sprachraum wesentlich kleiner ist, mit einem entsprechend kleineren Büchermarkt. Dies hat zur Folge, dass im deutschen Sprachraum erheblich mehr Titel pro Jahr veröffentlicht werden. Um auch die Anzahl der Buchtitel vom Umfang her auf einem vergleichbaren Niveau zwischen den beiden untersuchten Landeskulturen zu bewahren, müssen aus dem schwedischen Sprachraum Titel der letzten fünf Jahrzehnte in die Analyse eingehen, während aus dem deutschen Sprachraum Veröffentlichungen der letzten 25 Jahre in die Analyse eingegangen sind. Dadurch ist es möglich, einen quantitativ vergleichbaren Umfang an Veröffentlichungen beider Kulturen zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für den hier darzustellenden Vergleich bildet die Frage, ob ein oder mehrere für die jeweilige Fachliteratur kennzeichnende/s durchgehende/s fachliche/s Bild-Schema/ta erkennbar ist/sind, das/die die fachsprachliche Darstellungsform kulturspezifisch und prototypisch beeinflusst/en. Als Materialgrundlage dient die Fachliteratur, die sich mit organisationstheoretischen Fragen im betriebswirtschaftlichen Sinn befasst. Um den Geltungsbereich der betriebswirtschaftlichen Literatur möglichst breit abzudecken und dadurch die kulturtheoretische Aussagekraft der Ergebnisse zu maximieren, wird die Fachliteratur des genannten 1

Bei reinen Übersetzungen wird i.d.R. die ausgangssprachliche Originalkonzeptualisierung mit den damit verknüpften Fachbegriffen international beibehalten, weshalb diese Darstellungen hier nicht berücksichtigt werden können.

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Fach-Bereichs sowohl aus dem kaufmännischen als auch aus dem universitären Ausbildungs-Wesen verwendet. Da die vorliegende Untersuchung eine kognitionsmetaphorische ist, muss auch die Wahl und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes nach dem kognitionsmetaphorischen Prinzip des Übertragungsvorgangs von konkreten Ausgangsbereichen metaphorischer Übertragung auf abstrakte Zielbereiche vorgenommen werden. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk der vorliegenden Untersuchung auf der Rolle der Bild-Schemata als zentrale kognitionsmetaphorische Steuerungsinstrumente von Kommunikation. Gemäß der für die vorliegende Arbeit zentralen These, dass Bild-Schemata als konzeptuelle Steuerungsinstrumente sowohl für wörtliche als auch metaphorische/metonymische Propositionen fungieren (vgl. Kap. 4), wird ihnen ein zentraler Stellenwert auch bei der konzeptuellen Hantierung eines Fachbereichs wie der Organisationslehre zugemessen. Um den Untersuchungsbereich übersichtlich zu gestalten, wird die Untersuchung auf drei fachlich (sprach- und kulturübergreifend) relevante abstrakte Zielbereiche der organisationstheoretischen Darstellung konzentriert, die landes- und sprachübergreifend als zentral für jede Organisationstheorie gesetzt werden können. Es handelt sich um die abstakten Themenbereiche 1) der Organisation im ganzheitlichen Sinne mit ihrer Funktion und Struktur zur organisationalen Zielerreichung, 2) der Funktionen der Unternehmensführung und des zentralen Hierarchiever ständnisses über einzelne Führungsstile und Kontrollsysteme hinaus sowie 3) der einzelnen Gestaltungsmöglichkeiten von Arbeitsorganisation mit den ihnen zentralen Grundwahlmöglichkeiten. Hierbei muss beachtet werden, dass es sich nicht um prinzipiell voneinander trennbare abstrakte Zielbereiche der Konzeptualisierung handelt, sondern um sich gegenseitig ergänzende Bereiche der Organisationstheorie, die letztlich erst in ihrer Gesamtsicht das organisatorische Denken bezüglich z. B. Mitarbeiterführung, Rolle des Individuums in der organisatorischen Ganzheit, Managementidealen, Hierarchieverständnis, System- und Effizienzdenken in Form von bildschematischen Konzeptualisierungen autorenübergreifend darstellen. Die obige dreiteilige Einteilung bildet eine eigene Untersuchungslogik des vorliegenden Kapitels und folgt nicht den Kapiteleinteilungen der analysierten Werke, die ohnehin z. T. stark variieren. Grundlage für die Auswahl der jeweils untersuchten Kapitel als empirische Grundlage der vorliegenden Studie bildet die thematische Orientierung nach der obigen Dreiteilung. Grundlage dieser cross-kulturellen Studie bilden solche originalsprachlichen Werke aus dem deutschen und schwedischen Sprachraum, die entweder allgemein

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gängige Sichtweisen der Fachliteratur zu obigen drei Zielbereichen im jeweiligen Land behandeln, oder auswertend und kommentierend international gängige Theorienkonstrukte der betriebswirtschaftlichen Organisation aus einem landeskulturellen Verarbeitungskontext heraus darstellen. In den folgenden Darstellungen werden die jeweiligen Bild-Schemata in Versalien-Fettdruck angegeben. Als Kriterium für die Angabe eines Bild-Schemas gilt seine jeweilige Aktualisierung auf der Textoberfläche, unabhängig davon, ob es innerhalb eines Satzes oder satzübergreifend konzeptualisiert ist. Treten mehr als ein Bild-Schema in einer Textsequenz auf, werden beide zusammen aufgeführt. Metaphern/Metonymien werden jeweils in Versalien ohne Fettdruck aufgeführt. Um dem deutschsprachigen Leser die schwedischen Zitate weiter unten in Kap. 8.2 in ihrer originalsprachlichen Konzeptualisierung zugänglich zu machen, werden die schwedischen Zitate nicht als freie Übersetzung wiedergegeben. Leitfaden für die Übersetzung ist die möglichst komplette Wahrung der ausgangssprachlichen bild-schematischen Struktur und metaphorischen Ausdrucksweise, was in Teilen eine wörtliche Orientierung der Übersetzungen erfordert, soweit dies im Übergang von einer Sprache in eine andere möglich ist. Zur besseren Nachvollziehbarkeit werden die verwendeten Quellen im Einzelnen mit den jeweiligen Seitenzahlen, die der Analyse zu Grunde liegen, im Folgenden alphabetisch aufgeführt. Die Auswahl der Titel erfolgt nach dem Zufälligkeitsprinzip, da es sich hier nicht um eine quantitative Erhebung handelt. Als Voraussetzung für die jeweilige Seitenauswahl und Seitenbeschränkung gilt, dass die Quellen sich inhaltlich mit 1-3 der oben aufgeführten fachlichen, abstrakten thematischen Zielbereiche beschäftigen sollen. Aus dem deutschen Sprachgebiet werden auf dieser Grundlage folgende Quellen verwendet: – Bernecker 1999, 18-57 – Eisenführ 2000, 17-28, 73-110 – Frese 1992, 224-226, 246-259 – Golas/Stern/Voß 1990, 252-302 – Gönner/Lind/Weis 1991, 119-129, 176-179, 196-219 – Hartmann/Härter 1991, 140-164 – Hauser 2005, 11-47 – Heinen 1985, 48-61 – Kreikebaum 1998, 82-94 – Krüger 2001, 127-157, 174-191

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– Meyer/Stopp 2004, 21-70, 112-133 – Ossadnik 1999, 127-208 – Pirntke 2007, 22-31, 93-103 – Reiß 1999, 209-304 – Schierenbeck 1989, 66-123 – Schweitzer 2001, 16-61 – Zollondz 2001, 651-656 Aus dem schwedischen Sprachbereich werden die folgenden Quellen verwendet: – Abrahamsson 1982, 157-185 – Abrahamsson 2000, 109-111 – Ahrne/Hedström 1999, 1-29 – Andersson 1994, 9-15 – Berg/Sjöstrand 1979, 325-364 – Björkman 1997, 58-82 – Bruzelius/Skärvad 1995, 15-21, 60-106, 138-231, 304-363 – Carlson/ Ramström 1967, 99-110 – Danielsson 1983, 100-129 – Edström/Jönsson 2000, 149-171 – Olsson/Skärvad 1985, 30-35 – Sandberg 1997, 19-53 – Sjöstrand 1991, 147-230 – Sjöstrand 2000, 12-42 – Skärvad/Olsson 2003, 65-128 – Sveiby/Risling 1986,151-164 – Wilhelmsson 1994, 14-90 Da Bild-Schemata unabhängig von einzelnen konzeptuellen Metaphern und Metonymien als konzeptuelle Prägung auch von direkten Propositionen verwendet werden können, ist nicht automatisch an jede Bild-Schema-Aktualisierung auch eine Metaphern- oder Metonymienaktualisierung gebunden. Somit können auch Bild-Schemata allein (d.h. ohne notwendigerweise metaphorisch oder metonymisch spezifiziert zu werden) direkt z. B. an der Textoberfläche verbal formuliert

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oder non-verbal dargestellt werden, woraus die Relevanz der in der vorliegenden Arbeit dargestellten Theorie zu kulturspezifischen kognitiven Modellen auch für eine holistische Texttheorie, die alle Verbalkategorien methodisch einheitlich umfassen will, deutlich wird. Es wird im Verlauf der Darstellungen auch auf die non-verbale Dimension der Konzeptualisierungen eingegangen. Die aufgeführten Zitate haben eine Beispielfunktion, da aus Umfangsgründen nicht sämtliche Zitatstellen zu einer Konzeptualisierung in der gesamten Fachliteratur aufgeführt werden können.

8.1 Kulturspezifische Konzeptualisierungen in der deutschen Organisationstheorie 8.1.1 Organisation im ganzheitlichen Sinn mit ihrer Funktion und Struktur zur organisationalen Zielerreichung In den deutschsprachigen Ausführungen zu den weiter oben genannten abstrakten Zielbereichen der Organisationstheorie fällt die strukturbildende zentrifugale Konzeptualisierung auf, die sowohl verbal als auch non-verbal autorenübergreifend durchgehend in der deutschen Organisationstheorie zum Ausdruck kommt. Dieses als ZENTRIFUGALITÄT zu bezeichnende Bild-Schema der deutsch(sprachig)en Organisationstheorie zeichnet sich durch die angenommene Notwendigkeit einer Aufteilbarkeit und eines dadurch bedingten konzeptuellen Auseinanderstrebens der funktionalen Bestandteile von Organisation bzw. des organisatorischen Handelns aus. Als Konsequenz hieraus erfolgt eine Spezifizierung der Teile von organisatorischen Ganzheiten (seien es Ziele, Arbeitsaufgaben, Stellen, Verantwortungsbereiche, Führungsaufgaben u. v. a. m.). Voraussetzung z. B. für die organisatorische Zielereichung ist dabei die prinzipielle Notwendigkeit des Aufteilens eines Gesamtziels in Teilziele. Dies geschieht nicht zufällig, sondern stellt das Wesensmerkmal organisatorischer Systematik in der deutschen Organisationstheorie dar. In den Zitaten 1 und 2 wird die Metapher ENTSCHEIDUNGEN SIND PHYSISCHE BEWEGUNG durch das Bild-Schema ZENTRIFUGALITÄT in Kombination mit BELEBTHEIT strukturiert, indem die Gesamtverrichtung zentrifugal auf einzelne Träger verteilt wird und auf diese Weise die Art der Bewegung festgelegt wird: 1) „Die Zahl der mit Faktorkombination auftretenden [BELEBTHEIT: PHYSISCHE BEWEGUNG] Entscheidungstatbestände und die zu beachtenden Gesichtspunkte im Ziel- und Informationssystem machen es notwendig, die Gesamtheit der Verrichtungen im Rahmen der Entscheidungsprozesse auf mehrere Entscheidungs-

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träger zu verteilen [ZENTRIFUGALITÄT: PHYSISCHE BEWEGUNG]. An die Stelle der Einzelentscheidung treten Entscheidungen einer arbeitsteiligen Gruppe von Menschen [ZENTRIFUGALITÄT + BELEBTHEIT: PHYSISCHE BEWEGUNG], d.h. eines sozialen Systems.“ (Heinen 1985, 51) 2) „Organisationen gliedern die zur Erreichung ihrer Ziele notwendigen Aktivitäten auf und verteilen sie auf die einzelnen Mitglieder [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT: PHYSISCHE BEWEGUNG. In der Organisationslehre nennt man dieses strukturelle Organisationsprinzip Abeitsteilung [CONTAINER + ZENTRIFUGALITÄT]. Diese Form der Arbeitsteilung, bei der Teilaufgaben unterschiedlicher Art entstehen, bezeichnet man als Spezialisierung [ZENTRIFUGALITÄT].“ (Pirntke 2007, 22) Eng verbunden mit dem Bild-Schema der ZENTRIFUGALITÄT ist das BildSchema VERTIKALITÄT. Beide Bild-Schemata werden autorenübergreifend entweder jeweils getrennt oder im Verbund miteinander als prototypische Konzeptualisierungen deutscher Organisationstheorie aktualisiert. In den Zitaten 3 und 4 kommen diese Bild-Schemata ohne eine weitere metaphorische oder metonymische Spezifizierung vor, wobei VERTIKALITÄT in Zitat 3 zusätzlich durch das Bild-Schema CONTAINER ergänzt wird: 3) „Die Beziehung der Ziele zueinander sowie ihr unterschiedliches Gewicht sollte klar definiert sein [ZENTRIFUGALITÄT]. Insbesondere ist die Einordnung der Ziele in eine Hierarchie über-, unter- und gleichgeordneter Ziele [CONTAINER + VERTIKALITÄT] und die Festlegung von Prioritäten zu fordern.“ (Schierenbeck 1989, 66) 4) „ Es geht auf der einen Seite darum, die Systemaufgaben bzw. ein System als Ganzes zur effizienten Aufgabenerfüllung in Teilaufgaben und -prozesse bzw. Subsysteme zu gliedern (Subsystembildung) [ZENTRIFUGALITÄT]. Dadurch wird Arbeitsteilung und Spezialisierung organisiert [ZENTRIFUGALITÄT]. Zugleich muss das Zusammenwirken dieser Teile und Teilaufgaben sichergestellt werden, also Koordination und Integration (Subsystemintegration) [ZENTRIPETALITÄT]. In einem dritten Schritt ist auch regelmäßig die Zuordnung der (Teil-) Aufgaben auf Aufgabenträger zu organisieren [ZENTRIFUGALITÄT + VEKTOR + BELEBTHEIT: PHYSISCHE BEWEGUNG].“ (Krüger 2001, 129; Hervorhebungen im Original) 5) „Komplexe Aufgaben müssen zur Vorbereitung ihrer arbeitsteiligen Erfüllung in Teilaufgaben zerlegt werden. Die Zerlegung einer Aufgabe in Teilaufgaben wird als Aufgabenanalyse bezeichnet [ZENTRIFUGALITÄT: FESTE MATERIE].“ (Frese 1992, 250f.)

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Wie aus Beispiel 4 oben deutlich wird, wird dem Bild-Schema ZENTRIFUGALITÄT auch die gegenteilige Konzeptualisierung gegenübergestellt („Zusammenwirken dieser Teile“, „Koordination und Integration“). Unter theoriebildender Perspektive ist diese Konzeptualisierung, die als Zentripetalität bezeichnet werden kann, eine logische zusätzliche Komponenete zu Zentrifugalität, da sonst konzeptuell ein Zusammenhalten der Organisation als Ganzheit nicht mehr möglich wäre. Begrifflich wird ‚zentripetal‘ in der vorliegenden Arbeit für die der zentrifugalen Konzeptuallisierung entgegengesetzte Konzeptualisierung als das Zusammenführen von Teilen zu holistischen Einheiten auf gesamtbetrieblicher Ebene verstanden. Entscheidend für die deutschen organisationstheoretischen Quellen ist, dass ZENTRIPETALITÄT als weniger signifikant entweder der ZENTRIFUGALITÄT untergeordnet wird (vgl. die weitere Diskussion im vorliegenden Kapitel), oder - wie in Zitat 4 oben - das Prinzip der Zentripetalität unter dem Aspekt einer vertikalen Zentrifugalitätslogik gesehen wird, was z. B. oben im Zitat-Beispiel 4 in den Termini „Subsystembildung“ und „Subsystemintegration“ (Herv. von mir) zum Ausdruck kommt. Wird also die zentripetale Konzeptualisierung nicht verneint, tritt sie jedoch deutlich in den Hintergrund. In Zitat 6 wird die Dominanz des zentrifugalen Prinzips gegenüber dem zentripetalen dadurch zum Ausdruck gebracht, dass die gesamte Unternehmensaufgabe nur durch das Zusammenspiel der Bild-Schemata ZENTRIFUGALITÄT und VERTIKALITÄT als realisierbar dargestellt werden. Auffällig ist auch in diesem Zitat, dass eine metaphorische Spezifizierung der Bild-Schemata nicht gemacht wird, abgesehen von der nur partiell in Zitat 6 verwendeten Konzeptualisierung HALSSCHMUCK, die als metaphorischer Ausgangsbereich den Zielbereich der Unternehmensaufgabe als eine in Teilbereiche gliederbare Arbeitsteilung zur Konzeptualisierung des Wertschöpfungsverlaufs spezifiziert: DIE GESAMTE UNTERNEHMENSAUFGABE IST ZENTRIFUGALE AUFTEILUNG DER WERTSCHÖPFUNG IN SUKZESSIVE AUFEINANDER FOLGENDE TEILBEREICHE IM SINNE EINES HALSSCHMUCKS (vgl. Zitat 6 unten). Auch in Zitat 7 zeigt sich, wie ZENTRIPETALITÄT durch ZENTRIFUGALITÄT dominiert wird, indem Rechte und Pflichten nur durch Grenzziehungen als in der Praxis umsetzbar angesehen werden. Hier wird ZENTRIFUGALITÄT durch die Metapher AUFTEILUNG VON RECHTEN UND PFLICHTEN IST GRENZZIEHUNG spezifiziert (vgl. Zitat 7). Das vorher in Zitat 7 verwendete Bild-Schema ZENTRIPETALITÄT weist keine metaphorische Spezifizierung auf: 6) „Betrachtet man die Vielzahl und Vielfalt der zu bewältigenden Aufgaben, so ergibt sich Arbeitsteilung nach Art und Menge als unumgänglicher Sachzwang [ZENTRIFUGALITÄT]. Die Unternehmungsaufgabe bzw. die gesamte Wertschöpfungskette [HALSSCHMUCK] ist so umfangreich und komplex, dass die Kapazität eines einzelnen Aufgabenträgers [BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE

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TÄTIGKEIT] oder auch einer einzelnen Organisationseinheit nicht zu deren Bewältigung ausreichen würde. Es muss folglich eine Aufteilung der Aufgabenerfüllung auf verschiedene Subsysteme erfolgen [ZENTRIFUGALITÄT + VERTIKALITÄT]. Kapazitätsgrenzen eines einzelnen bzw. einer Untereinheit [VERTIKALITÄT] sind jedoch keinesfalls der alleinige Grund einer Arbeitsteilung [ZENTRIFUGALITÄT]. Besondere Bedeutung besitzen darüber hinaus Produktivitätsvorteile bei einer artgemäßigen Arbeitsteilung [ZENTRIFUGALITÄT].“ (Krüger 2001, 136; Herv. im Orig.) 7) „Die wirtschaftlichen, technischen und sozialen Zwecke des Betriebes werden durch planvolles Zusammenwirken der Positionen erreicht [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR], wobei die Rechte und Pflichten der Positionsinhaber in der Regel klar abgegrenzt sind [ZENTRIFUGALITÄT: GRENZZIEHUNG].“ (Gönner et al. 1991, 119) In Zitat 8 wird die GRENZZIEHUNGS-Metapher bild-schematisch durch ZENTRIFUGALITÄT strukturiert, wonach die Zentrifugalität des Aufteilens von Problemen in Details als die Suchbewegung nach mehreren Lösungen spezifiziert wird. Ermöglicht wird die Suchbewegung konzeptuell aufgrund der Beschaffenheit der Probleme als FESTE MATERIE, wodurch sie auch ‚zerlegbar‘ werden. Entscheidend für die kognitionslinguistische Funktion der Bild-Schemata ist in den Beispielen, dass die Bild-Schemata die konzeptuellen Metaphern vorstrukturieren. Es handelt sich daher nicht um getrennt verwendete bildliche Konzeptualisierungen gleichen Rangs: 8) „Die Aufgabe der Problemanalyse besteht darin, das ‚richtige‘ Problem zu erkennen und für die spätere Lösung aufzubereiten. Dazu gehört die Zerlegung, Abgrenzung und Strukturierung des Problems [ZENTRIFUGALITÄT: FESTE MATERIE + GRENZZIEHUNG], die Feststellung der Lösungsbedingungen, die Detailanalyse der Problemursache und das Aufzeigen von Ansatzpunkten für die folgende Suche nach Problemlösungsalternativen [ZENTRIFUGALITÄT: SUCHEN + PHYSISCHE BEWEGUNG].“ (Bernecker 1999, 24) 9) „Alternativen können unabhängig voneinander realisierbar sein, sie können aber auch aus einem gemeinsam zu realisierenden Paket [ZENTRIPETALITÄT: UMHÜLLTER PACKEN] möglicher Teilmaßnahmen [ZENTRIFUGALITÄT] bestehen oder einen Verbund sachlich untergeordneter [VERTIKALITÄT] und zeitlich nachgeordneter Teilalternativen aufweisen [ZENTRIFUGALITÄT]. Letzteres führt zu möglicherweise komplexen Alternativhierarchien und -folgen [VERTIKALITÄT].“ (Schierenbeck 1989, 74f.) Wird in der deutschen Organisationstheorie das Bild-Schema ZENTRIPETALITÄT – wie in Beispiel 9 oben – konzeptualisiert, so gerät es aufgrund der

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Betonung der zentralen Rolle seines gegenteiligen Bild-Schemas ZENTRIFUGALITÄT konzeptuell in den Hintergrund. Letzteres kann entweder mit oder ohne das für die deutsche Organisationstheorie kennzeichnende Bild-Schema VERTIKALITÄT aktualisiert werden, wie aus den Beispielen 6-9 hervorgeht. In Zitat 9 wird das erste Bild-Schema (ZENTRIPETALITÄT) durch eine Metapher spezifiziert (FERTIGE ALTERNATIVEN SIND UMHÜLLTE PACKEN), während eine konzeptuelle Konkretisierung anhand von Metaphern auf die im gleichen Zitat folgenden Bild-Schemata nicht zutrifft (vgl. Zitat 9). Kognitionsmetaphorisch interessant ist, dass obige und nachfolgende Zitatbeispiele der vorliegenden Untersuchung veranschaulichen, dass in diesen Textbeispielen konzeptuelle Metaphern nur vereinzelt auftreten, und wenn dies der Fall ist, dann immer in Verbindung mit einem oder mehreren Bild-Schema(ta). Die BildSchemata selbst werden durchgehend verwendet, wobei sie nicht immer anhand von Metaphern spezifiziert werden. ZENTRIFUGALITÄT vollzieht sich bild-schematisch in klar abgrenzbaren CONTAINERN, die als CONTAINER eine Außengrenze von Organisationen markieren, wie aus Zitat 10 hervorgeht.2 Gemäß Zitat 10 werden Organisationen als Container verstanden, in denen verschiedene Rollen aufgrund von Grenzziehungen zentrifugal verteilt werden. Das ‚Sozialgebilde‘ dieser Container ist durch eine vektoriale Ausrichtung der im Container befindlichen Zentrifugalität gekennzeichnet: 10) „Unter Organisation wird ein Sozialgebilde mit abgegrenztem Mitgliederbestand und interner Rollendifferenzierung [CONTAINER + ZENTRIFUGALITÄT: GRENZZIEHUNG + SCHAUSPIEL] verstanden, das bewußt und rational die Realisierung spezifischer Zwecke anstrebt [VEKTOR + ZENTRIFUGALITÄT].“ (Golas et al. 1990, 255; Herv. im Orig.) ZENTRIFUGALITÄT bedeutet hierbei nicht nur die Aufteilung und das Verteilen von verschiedenen Aufgaben an verschiedene Rolleninhaber, sondern ist als prototypisches Bild-Schema der deutschen Organisationstheorie aufgrund seiner Rekurrenz so dominant, dass einzelne Aufgaben wiederum in weitere Teile aufgeteilt werden müssen, was aber wiederum eine klare Abgrenzung (im zentrifugalen Sinne) von Verantwortlichkeiten erschwert. Symptomatisch für die prototypische Bedeutung dieses Bild-Schemas in der deutschen Organisationstheorie ist hierbei, dass das zentrifugale Prinzip selbst beim Einmannbetrieb (d.h. bei scheinbar maximal reduziertem Bedarf an ZENTRIFUGALITÄT) in ungetrübter Form aktuell ist. In Zitat 11 wird dies anhand des Bild-Schemas ZENTRIFUGALITÄT konzeptualisiert, ohne dass dieses Bild-Schema metapho2

Vgl. auch die Kombination von CONTAINER und VERTIKALITÄT in Zitat 3 oben.

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risch spezifiziert wird. Bild-schematisch werden die Aufgaben als aufteilbare Entitäten konzeptualisiert, die dann vektorial verteilt werden: 11) „Eine zweite Voraussetzung ist die Aufgabenteilung [ZENTRIFUGALITÄT]. Mit der Verteilung der Aufgaben auf mehrere Personen [ZENTRIFUGALITÄT] treten organisatorische Probleme auf [VEKTOR: PHYSISCHE BEWEGUNG], z. B. die Regelung der Zuständigkeiten. Für den Einpersonenbetrieb ergibt sich nur das Problem der zeitlichen Aufgabeneinteilung [ZENTRIFUGALITÄT]. Dies setzt gleichfalls die Teilbarkeit der Aufgaben voraus [ZENTRIFUGALITÄT].“ (Gönner et al. 1991, 196; Herv. im Orig. ) Das Prinzip der zentrifugalen Aufteilbarkeit betrieblicher Handlungen (und damit das Bild-Schema ZENTRIFUGALITÄT in Kombination mit dem Bild-Schema VEKTOR) wird in Kombination mit der vertikalen Grundlogik (dem Bild-Schema VERTIKALITÄT) im Management-System zu dem systembildenden kognitiven Modell, das zusammengefasst hier als ZENTRIFUGALMODELL bezeichnet werden soll. Dies betrifft nicht nur Einzelhandlungen in der organisatorischen Tätigkeit des Managements, sondern in gleicher Weise die holistische Konzeptualisierung betriebswirtschaftlicher Zielauffassung; in den folgenden zwei Beispielen veranschaulicht anhand der systembildenden Kombination von ZENTRIFUGALITÄT mit VERTIKALITÄT auf einem abstrakt verbleibenden Konzeptualisierungsniveau, indem diese Bild-Schemata nicht metaphorisch spezifiziert werden: 12) „Zwischen Zielen können hierarchische Beziehungen bestehen [VERTIKALITÄT], sie können in Bezug zueinander Ober- und Unterziel sein [VERTIKALITÄT]. Die Begriffsbildung ist in der Literatur uneinheitlich. Hier folgt daher eine klare Festlegung: ein Unterziel ist ein Teilaspekt des Oberziels [VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT].“ (Eisenführ 2000, 19; Herv. im Orig.) 13) „Als Zielfindung werden alle Maßnahmen bezeichnet, durch welche oberste Ausgangsziele ermittelt [VERTIKALITÄT], untere [VERTIKALITÄT] Teilziele [ZENTRIFUGALITÄT] verschiedener Ordnung aus den Ausgangszielen abgeleitet [VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT] bzw. diesen als verträglich und erfüllungswirksam zugeordnet [VEKTOR] ... werden.“ (Schweitzer 2001, 50; Herv. im Orig.) Die prototypische Funktion von ZENTRIFUGALITÄT ist so stark in der deutschen Organisationstheorie ausgeprägt, dass diese Konzeptualisierung konstitutiv in die grundsätzliche Zielformulierung organisatorischen Handelns eingeht, wie in den folgenden drei Beispielen deutlich wird. Beispiele 14 bis 16 machen die Verwobenheit zwischen ZENTRIFUGALITÄT und VERTIKALITÄT für die

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Konzeptualisierbarkeit des ZENTRIFUGALMODELLS in der Zielformulierung deutlich. Im Zitat 14 werden die Bild-Schemata ohne weitere metaphorische Spezifizierung aktualisiert. Zielerreichung ist hier vektoriale Bewegung auf ein Ziel hin: 14) „Die Betriebsaufgabe und die sich daraus ableitenden Teilaufgaben [VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT] bilden das Ziel, das durch organisatorische Regelungen erreicht werden soll [VEKTOR]. (Gönner et al. 1991, 197). In Zitat 15 werden nur im 1. Teil die Bild-Schemata metaphorisch spezifiziert. Dies geschieht im ersten Satz über die Bild-Schemata CONTAINER und VERTIKALITÄT anhand der konzeptuellen Metapher ENTSCHEIDUNGSFINDUNG IN EINER HIERARCHISCHEN ORDNUNG IST KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT IN EINEN CONTAINER HINEIN. Die 2. Hälfte des darauf folgenden Satzes kann noch metaphorisch gelesen werden, indem ZENTRIFUGALITÄT und VERTIKALITÄT eine Spezifizierung über SPRECHHANDLUNG erfahren. Ansonsten sind alle anderen Sätze in Zitat 14 nur bildschematisch konzeptualisiert, ohne weitere metaphorische Spezifizierung. Dies ist deshalb der Fall, weil die rein bild-schematischen Sequenzen in Zitat 14 im wörtlichen Sinne gelesen werden können, was für die beiden oben genannten metaphorischen Sequenzen in Zitat 15 nicht der Fall ist. Zitat 16 verwendet die Bild-Schemata ähnlich wie Zitat 15, jedoch ohne konzeptuelle Spezifizierung: 15) „Es ist immer eine gute Idee, vor einer Entscheidung seine Ziele in eine hierarchische Ordnung zu bringen [CONTAINER + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Löst man ein Ziel in Unterziele auf [ZENTRIFUGALITÄT + VERTIKALITÄT], so erklären die Unterziele in ihrer Gesamtheit das Oberziel [VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: SPRECHHANDLUNG]. Die Auflösung [ZENTRIFUGALITÄT] ist nützlich, um die Bedeutung des Ziels zu erklären und das Ziel besser messbar zu machen. Zum Beispiel kann das Ziel ‚höhere Produktqualität‘ durch Auflösung in die Unterziele [VERTIKALITÄT] ‚längere Lebensdauer‘, ‚geringerer Energieverbrauch‘ und ‚bessere Recycling-Eigenschaften‘ expliziert werden; dadurch wird klar, was im speziellen Kontext [ZENTRIFUGALITÄT] gemeint ist.“ (Eisenführ 2000. 19f.) 16) „Die Ziele der Organisation werden aus den übergeordneten Unternehmenszielen abgeleitet [VERTIKALITÄT], die sich wiederum aus der strategischen Planung ergeben. Sie können aber auch Teilzielen von bestimmten Sektoren zugeordnet werden, die sich aus den Gesamtzielen des Unternehmens ableiten lassen [VEKTOR + ZENTRIFUGALITÄT].“ (Kreikebaum 1998, 82)

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Die kulturspezifische Bedeutung u. a. des Bild-Schemas VERTIKALITÄT wird weiterhin dadurch deutlich, dass selbst bei der kritischen Diskussion der Zielplanungstheorie in der Fachliteratur das konzeptuelle Erklärungsgerüst der Kritik sich gerade anhand des Bildschemas VERTIKALITÄT orientiert. In Zitat 16 wird kognitionsmetaphorisch eine interessante Erklärungshandlung vollzogen. Das bild-schematisch durch VERTIKALITÄT konzeptualisierte Zitat bekommt am Ende eine Spezifizierung in Klammern, die kognitionsmetaphorisch folgerichtig eine metaphorische Spezifizierung des vorher verwendeten Bild-Schemas darstellt. Dabei folgt die Erklärungslogik zur Sachdikussion der konzeptuellen Logik der vorher etablierten Kombination aus Bild-Schema und Metapher (VERTIKALITÄT: FESTEMATERIE): Da die FESTE MATERIE sich vor allem durch FESTIGKEIT („unverrückbar“) der „Basis“ auszeichnet, ist in Zitat 16 eine Nichtbefolgung dieses Organisationsprinzips (als Zielbereich der hier vollzogenen metaphorischen Übertragung) konsequenterweise nur als das ‚Brechen‘ dieser FESTEN MATERIE – ganz dem vertikalen Prinzip folgend – („herunterbrechen“) im Sinne der verwendeten konzeptuellen Logik möglich. Das BildSchema VERTIKALITÄT wird daher in Zitat 17 spezifiziert durch die Metapher UNZUREICHEND BEGRÜNDETE UNTERZIELE IST EIN BRECHEN FESTER MATERIE: 17) „Einem ‚klassischen‘ Mißverständnis zufolge, lassen sich Kenntnisse über betriebliche Ziele dadurch erlangen, daß man auf der Basis von bestimmten unverrückbar gültigen Vorstellungen über die für Unternehmer maßgeblichen Oberziele [VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE] (z. B. Maximierung von Gewinnen) im Wege der Bildung von Zweck-Mittel-Relationen nach und nach ein System konsistenter eindeutiger Unterziele ‚ableitet‘ [VERTIKALITÄT]. Es ist jedoch zu bedenken, daß sich aus allgemeinen Oberzielen keine zureichend begründeten Unterziele [VERTIKALITÄT] deduzieren (bzw. ‚herunterbrechen‘ [VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE]) lassen.“ (Ossadnik 1999, 146; Herv. im Orig.) In obiger Kritik gegen bestehende Erklärungsmuster richtet sich die Kritik nicht gegen die Konzeptualisierung in Form von VERTIKALITÄT, sondern in diesem Fall gegen die Annahme, dass lediglich die Unterteilung zwischen Ober- und Unterzielen adäquat für die Zielplanung sei. Im weiteren Verlauf der Darstellungen wird die für die deutsche Organisationstheorie zentrale Funktion des Bild-Schemas ZENTRIFUGALITÄT dadurch deutlich, dass es sowohl für VERTIKALITÄT als auch für HORIZONTALITÄT dominant ist; im folgenden Zitat 18 lediglich mit einer metaphorischen Spezifizierung: 18) „Die Planung von Unternehmenszielen ist ein Prozeß, an dem unterschiedliche Individuen und Gruppen teilnehmen ... Dabei wechseln subjektive Entschei-

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dungsphasen, in denen gegebenenfalls vertikale [VERTIKALITÄT] und horizontale [HORIZONTALITÄT] Zielordnungen angegeben werden mit objektiven Berechnungsphasen ab, in denen die Implikationen der jeweils angegebenen Ziel- bzw. Präferenzinformationen offengelegt werden [CONTAINER + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT] ... Auf diese Weise sind sowohl horizontale [HORIZONTALITÄT] als auch vertikale [VERTIKALITÄT] Zielordnungen zu spezifizieren [ZENTRIFUGALITÄT].“ (Ossadnik 1999, 149) Die texttheoretische Dimension der kognitiven Metapherntheorie, vor allem der Bild-Schemata, wird dadurch deutlich, dass Konzeptualisierungen, die verbal nachgewiesen werden können, auch auf nonverbaler Ebene untersucht werden können. Bezüglich der fachsprachlichen Literatur z. B. der Organisationstheorie wird dieser Umstand im Hinterfragen der verschiedensten Abbildungen, Figuren, Diagramme etc. deutlich, die im Verbund mit der verbalen Darstellung benutzt werden. Dabei weisen sich wieder die Bild-Schemata als systembildend – auch unter kulturtheoretischer Perspektive – aus. In welcher Weise auf der Basis der im vorliegenden Werk entwickelten kognitionslinguistischen Theorie auch ein Beitrag zu einer holistischen Texttheorie geschaffen werden kann, soll im weiteren Verlauf der empirischen Untersuchungen der vorliegenden Arbeit schrittweise veranschaulicht werden. Bisher konnte für den Zielbereich der ganzheitlichen Funktion von Organisationen auf die zentrale Rolle des Bild-Schemas ZENTRIFUGALITÄT (teilweise auch VERTIKALITÄT) hingewiesen werden. Dem entgegengesetzten Bild-Schema ZENTRIPETALITÄT konnte lediglich eine untergeordnete konzeptuelle Rolle zugeordnet werden. Diese Konzeptualisierung lässt sich auch in para- und nonverbalen Ergänzungen zum Fließtext nachweisen. Erst durch die konzeptuelle Analysemethode wird die bild-schematische gestaltbildende Funktion der Texte deutlich, was sich über die verbalen und nonverbalen Textkategorien hinaus erstreckt. Dies wird in den verschiedensten graphischen Veranschaulichungen zum hier aktuellen Konzeptualisierungsbereich der deutschen Organisationstheorie deutlich. Wesentliche nonverbale Instrumente sind hierbei vor allem Fluss- und Baumdiagramme, die eine klare Trennung einzelner Phasen oder Teilschritte eines gesamten Prozesses – ganz im Sinne der zentrifugalen Logik – veranschaulichen (s. nächste Seite):

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Abb.13: Schierenbeck 1989, 73; Phasenstruktur des Managementprozesses. Die zentrifugale Logik, die in Abb.13 vertikal verlaufend dargestellt wird, wird auch im verbalen Kommentar zu dieser Abbildung (im Zitat 19 unten als Abb. 37 bezeichnet) hervorgehoben. Betont wird die Systematik der Zentrifugalität durch die systembedingte Wiederholbarkeit, was im Kommentar (Zitat 19) zum Ausdruck kommt. In diesem Zitat sind die Bild-Schemata jeweils weiter durch konzeptuelle Metaphern spezifiziert. Die Metaphern sind im Einzelnen MANAGEMENT IST EINE VERTIKAL ZERLEGBARE MATERIE in Kombination mit MANAGEMENT IST EIN BAUWERK: 19) „Bedingt durch den zyklischen Charakter des Managementprozesses kann sich die in Abb. 37 dargestellte Markrostruktur grundsätzlich auch als Mikrostruktur innerhalb der einzelnen Phasen teilweise oder vollständig wiederholen [CONTAINER]. Dies bedeutet, daß sich jede Phase wieder in Unterphasen zerlegen läßt [ZENTRIFUGALITÄT + VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE], die einen formal gleichen Aufbau wie das Gesamtschema aufweisen [VERTIKALITÄT: BAUWERK].“ (Schierenbeck 1989, 74)

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Die gleiche Grundlogik findet sich auch in der graphischen Darstellung zur Phasenstruktur des Managementzyklus bei Bernecker (vgl. Abb. 14 unten), wobei im Kommentar zu Abb. 14 (vgl. Zitat 20 unten) die vertikale Konzeptualisierung dominiert. In Zitat 20 wird das erste Bild-Schema metaphorisch spezifiziert als MANAGEMENTZYKLEN SIND INEINANDER GESCHACHTELTE BEHÄLTER. Das darauf folgende Bild-Schema bleibt metaphorisch unspezifiziert. Das dritte Bild-Schema (VERTIKALITÄT) knüpft an die Bauwerk-Metapher anhand der Metapher ORGANISATIONSEINHEITEN SIND STUFEN an: 20) „Dieser Managementzyklus des Gesamtunternehmens weist ineinandergeschachtelte [CONTAINER: SCHACHTEL], untergeordnete Managementzyklen [VERTIKALITÄT] für die Organisationseinheiten verschiedener Stufen (Ranghöhen) auf [VERTIKALITÄT: BAUWERK].“ (Bernecker 1999, 26)

Abb. 14: Bernecker 1999, 25; Phasenstruktur des Managementzyklus.

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Die vertikale Grundlogik wird auch in verkürzten Darstellungen verbal wie nonverbal beibehalten, wie aus Abb 15 und dem dazu gehörigen Kommentar (Zitat 21) deutlich wird:

Abb. 15: Hartmann/Härter 1991, 141: Zielsetzung und Verwirklichung. 21) „Das Formalziel des Betriebes ist zugleich dessen Oberziel (z. B. Gewinnerzielung) [VERTIKALITÄT + VEKTOR], aus dem eine Reihe von Zwischenzielen und Unterzielen abgeleitet werden. [VERTIKALITÄT + CONTAINER + VEKTOR: FLÜSSIGE MATERIE]“ (Hartmann/Härter 1991, 140; Herv. im Orig.) Auch die konzeptuelle Aufteilung des Gesamtkonzepts ‚Organisation‘ in die drei Einflussgrößen Zielsystem, Informationssystem und Sozialsystem stellt schon im Ansatz dieser Dreiteilung eine zentrifugale Systemlogik dar und wird, wie in der folgenden Abbildung deutlich wird, um eine vertikal verlaufende Ebenen-Logik erweitert. Dabei zeigt sich die zentrifugale Konzeptualisierung in der weiteren Aufteilung der drei Einflussgrößen in jeweils voneinander abtrennbare Phasen und Teilaufgaben:

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Abb. 16: Heinen 1985, 52: Einflussgrößen und Phasen des Entscheidungsprozesses in der Unternehmensorganisation.

8.1.2 Konzeptualisierung der Führungstätigkeiten und des Hierarchieverständnisses Prototypisch für die deutsche Organisationstheorie ist die grundsätzliche vertikale Aufteilung des Managements in dreigliedrige Management-Ebenen, die das obere, mittlere und untere Management nicht nur konzeptuell voneinander abgrenzen, sondern auch einer grundsätzlichen vertikalen Logik eingliedern. Konzeptuell wird dies mit der BAUWERK-Metapher ausgedrückt, die, als Pyramide spezifiziert, das Bild-Schema VERTIKALITÄT sowohl verbal als auch nonverbal zum Ausdruck bringt. Terminologisch äußert sich diese Konzeptualisierung dann in dem vielbenutzten Begriff Managementpyramide bzw. Pyramide mit den entsprechenden abgeleiteten Begriffen wie Spitze der Pyramide, Betriebsspitze, Unternehmensspitze oder Basis der Pyramide und Informationspyramide (vgl. Zitate unten). Aber auch weitere organisationstheoretische Fachtermini sind von dieser Konzeptualisierung metaphorisch beeinflusst, wíe z. B. die Einteilung in

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Aufbauorganisation (BAUWERK) und Ablauforganisation (PHYSISCHE BEWEGUNG). Beide metaphorischen Ausgangsbereiche (BAUWERK und PHYSISCHE BEWEGUNG) sind (wie schon bei Pyramide) durch das Bild-Schema VERTIKALITÄT vorstrukturiert; im Fall von Aufbauorganisation als von unten nach oben und im Fall von Ablauforganisation als von oben nach unten verlaufende Vertikalität. Die vertikale Konzeptualisierungslogik ist dabei so entscheidend, dass sie auch als solche verbal und nonverbal thematisiert wird. Nach dieser Konzeptualisierung erhält die Organisation als Ganzes gerade ihre Effektivität, indem Verantwortlichkeiten, Arbeitsfunktionen, Kompetenzfragen etc. prinzipiell aufteilbar – d.h. gemäß dieses Zentrifugalitätsmodells überschau- und kontrollierbar – und personenzentriert vertikal voneinander abtrennbar sind: 22) „Aus der Ableitung der Entscheidungsbefugnis aus dem Kapitaleigentum ergibt sich die für die gegenwärtigen Betriebe charakteristische Organisationsform: der hierarchische Aufbau, der sich in Form einer Pyramide darstellen läßt [VERTIKALITÄT: BAUWERK]. ... Die Aufgaben- und Kompetenzverteilung [ZENTRIFUGALITÄT] kann daher als ein Vorgang aufgefaßt werden, der oben an der Pyramidenspitze [VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG + BAUWERK], beim Unternehmer bzw. Management, beginnt, wo alle Aufgaben und Befugnisse vorerst noch zusammengefaßt sind, und über eine ständig weiterzuführende ‚Delegation von Aufgaben und Kompetenzen‘ nach unten bis zur breiten Basis der Pyramide führt [VERTIKALITÄT: BAUWERK].“ (Golas et al. 1990, 277; Herv. im Orig.) In Zitat 22 fungiert das Bild-Schema VERTIKALITÄT als konzeptuelle Strukturierung der Metapher ORGANISATIONSHIERARCHIE IST EIN BAUWERK. Hierbei fungiert die Vertikalität des Bauwerks als konzeptueller Rahmen für die damit verbundene Metapher AUFGABEN- UND KOMPETENZVERTEILUNG IST EINE VERTIKALE UND ZENTRIFUGALE FORTBEWEGUNG VON DER SPITZE ZUR BASIS DES BAUWERKS. Die strukturelle Verwobenheit zwischen Bild-Schema (hier VERTIKALITÄT und ZENTRIFUGALITÄT) und konzeptueller Metapher (hier BAUWERK und FORTBEWEGUNG) wird in Zitat 22 besonders deutlich. Wichtig ist unter kognitionsmetaphorischer Perspektive in diesem Beispiel wie auch in den zwei folgenden, dass die Bild-Schemata für sich genommen noch keine fertigen und eigenständigen Metaphern darstellen. Im folgenden Zitat Nr. 23 wird deutlich, wie sehr VERTIKALITÄT als unhintergehbare Voraussetzung aller Führungstätigkeit konzeptualisiert sein kann: 23) „Führung ist die planende, leitende, koordinierende und kontrollierende Tätigkeit von übergeordneten oder überlegenen Mitgliedern in einer Gruppe, einer Organisation oder in einem größeren Kollektiv gegenüber untergeordneten,

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unterlegenen Mitgliedern [VERTIKALITÄT + CONAINER].“ (Pirntke, 2007, 98). 24) „Die Aufbauorganisation [VERTIKALITÄT: BAUWERK] gliedert zunächst die Gesamtaufgabe (Marktaufgabe) in Teilaufgaben und ordnet sie danach den Stellen zu [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Damit werden Stellenaufgaben und Zuständigkeiten geschaffen, die auf Aufgabenträger (Stelleninhaber, Personen) zu verteilen sind [ZENTRIFUGALITÄT]. Eine Aufbauorganisation entsteht in Stufen [VERTIKALITÄT: BAUWERK]... Die Aufgabengliederung beginnt bei der betrieblichen Gesamtaufgabe (Marktaufgabe) als der Obergrenze und schreitet fort bis zu zuordnungsfähigen Teilaufgaben (Elementaraufgaben), deren Unterteilung nicht mehr sinnvoll ist (Untergrenze) [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT: FORTBEWEGUNG]. Die Gliederungstiefe [VERTIKALITÄT] hängt wesentlich von der Betriebsgröße und dem Grad der Arbeitsteilung ab. [ZENTRIFUGALITÄT]“ (Gönner et al. 1991, 204 Herv. im Orig.) Zitat 24 oben veranschaulicht die verschiedenen konzeptuellen Ebenen, auf denen sich Bild-Schemata und konzeptuelle Metaphern bewegen. Während die Metaphern nicht ohne bild-schematische Strukturierung verwendet werden (Beispiele BAUWERK, KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT und FORTBEWEGUNG oben), können Bild-Schemata ohne weiteres als solche auch ohne eine konzeptuelle Spezifizierung im Sinne eines definierbaren Ursprungsbereich auf einen Zielbereich verwendet werden (vgl. die Bild-Schemata VERTIKALITÄT und ZENTRIFUGALITÄT in Zitat 24). Die unterschiedliche konzeptuelle Funktion der Bild-Schemata und konzeptuellen Metaphern findet sich auch in anderen Beispielen, wie z. B. im folgenden, in dem in den Sätzen mit ausschließlich BildSchemata keine klare Ursprungsdomäne verwendet wird, sondern die Formulierung in diesen Fällen im Abstrakten verbleibt (wenn auch nicht durchgehend im ganzen Zitat in dieser Form verwirklicht): 25) „Traditionell wird, zumindest in der deutschsprachigen Organisationslehre, die Unterscheidung in Aufbau- und Ablauforganisation getroffen [VERTIKALITÄT: BAUWERK + FORTBEWEGUNG]. Die Aufbauorganisation [VERTIKALITÄT: BAUWERK] befasst sich mit der Gliederung von Unternehmen in aufgabenteilige, funktionsfähige Teileinheiten [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT] sowie mit der Regelung von Kompetenz- und Unterstellungsverhältnissen [VERTIKALITÄT]. Dieser statischen Sichtweise steht der stärker von dynamischen Zügen geprägte Ansatz der Ablauforganisation [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT : FORTBEWEGUNG] gegenüber.“ (Krüger 2001, 131; Herv. im Orig.)

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Neben den bild-schematisch strukturierten Metaphern DIE ORGANISATION IST EIN BAUWERK und DIE ORGANISATION IST EINE FORTBEWEGUNG wird das Bild-Schema ZENTRIFUGALITÄT zusammen mit BELEBTHEIT ohne einen bildlich geprägten und konkreten Ursprungsbereich verwendet. Lediglich eine bild-schematische zentrifugale Aufteilung einer Ganzheit (die als solche abstrakt verbleibt) in Teile wird hier etabliert. Bei der konzeptuellen Handhabung eines thematischen Bereichs wie hier die Frage der Unternehmensführung und des Hierarchieverständnisses fällt die autorenübergreifende systematische Verwendung einer relativ geringen Anzahl verschiedener Bild-Schemata und Metaphern auf. Dies kann als Indiz für die kulturell bedingte Verwendungsweise der hierdurch etablierten kognitiven Modelle gewertet werden, die quantitativ umso häufiger verwendet sind. Auch in den folgenden Zitaten zum gleichen thematischen Zielbereich (Unternehmensführung und Hierarchieverständnis) werden trotz unterschiedlicher Quellen die gleichen Bild-Schemata wie bisher verwendet. Zitat 26 zeigt deutlich, wie ein Bild-Schema (hier VERTIKALITÄT) einerseits ohne metaphorische Spezifizierung (erstes Auftreten in Zitat 26) und andererseits auch mit metaphorischer Spezifizierung verwendet werden kann (die übrigen Aktualisierungen von VERTIKALITÄT in Zitat 26). In Zitat 26 ist es die konzeptuelle Metapher MANAGEMENTAUFGABEN SIND KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT, die durch das Bild-Schema VERTIKALITÄT strukturiert wird. Aus texttheoretischer Sicht ist es wichtig, die unterschiedlichen textuellen Funktionen von Bild-Schemata und konzeptuellen Metaphern zu verstehen. Somit haben die Bild-Schemata nicht nur eine strukturierende Funktion sowohl für metaphorische als auch für nichtmetaphorische Textpassagen. Sie haben außerdem – und hierin liegt ihr eigentlicher texttheoretischer Status – eine verständnissteuernde Funktion auf makrostruktureller Textebene aufgrund ihrer ubiquitären Verwendung. Die bisherigen Beispiele, die hier zur Organisationstheorie angeführt worden sind, lassen erkennen, dass ein Ubiquitätsstatus im Bereich der Fachsprache der Organisationstheorie nicht für die konzeptuellen Metaphern gefordert werden kann, sondern vielmehr für die Bild-Schemata gefordert werden muss. Auch die folgenden Beispiele der vorliegenden Untersuchung bestätigen diese Erkenntnis, da einzelne konzeptuelle Metaphern nicht ohne eine bild-schematische Strukturierung verwendet werden. Jedoch werden im Unterschied hierzu Bild-Schemata auch ohne metaphorische Spezifizierungen aktualisiert. Dabei handelt es sich immer um eine sehr begrenzte Anzahl von Bild-Schemata, die für den gleichen thematischen Bereich der Texte (hier Führungsweise und Hierarchieverständnis) verwendet werden: 26) „In diesem Fall [das retrograde Planungsverfahren] erfolgt die Planung hierarchisch von oben nach unten (top-to-down) [VERTIKALITÄT]. Dabei werden durch die Führungsspitze [VERTIKALITÄT: BAUWERK: vgl. in

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anderen Quellen ‚Spitze der Pyramide‘] der Unternehmung die (obersten) Unternehmungsziele festgelegt [VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]... Den nachfolgenden Managementebenen [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG] obliegt es dann, diese globalen Vorgaben speziell für ihren Verantwortungsbereich stufenweise in detaillierte Teilpläne umzusetzen [ZENTRIFUGALITÄT+ VERTIKALITÄT: BAUWERK + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]“ (Schierenbeck 1989, 103) 27) „Jede Tätigkeit enthält die beiden Bestandteile [CONTAINER] Entscheidung ... und Ausführung ... Die rangorientierte [VERTIKALITÄT] Aufgabenanalyse trennt diese beiden Bestandteile und kommt damit zu Teilaufgaben mit unterschiedlichem Rang [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT: FORTBEWEGUNG].“ [Golas et al. 1990, 258] 28) „Alle Organisationen gewinnen ihre Effektivität durch Arbeitsteilung. Das bedeutet Spezialisierung der Arbeitskräfte [ZENTRIFUGALITÄT]. ... Die Spezialisierung nach Entscheidungskompetenzen bedeutet, dass die Planung und die Durchführung einer Aufgabe unterschiedlichen Personen zugeordnet werden [ZENTRIFUGALITÄT + VEKTOR].“ (Eisenführ 2000, 74f.) Aus obigen Beispielen wird die Bedeutung einer vertikalen und zentrifugalen Konzeptualisierung deutlich. Auch ist im Fall der hierarchischen Aufgabenteilung der Aspekt zentripetaler Konzeptualisierung nicht völlig ausgeblendet. Symptomatisch ist, dass ZENTRIPETALITÄT, dort wo sie konzeptuell aktualisiert wird, auf einer vorgeschalteten ZENTRIFUGALITÄT als Bedingung sine qua non beruht, ohne welche die ZENTRIPETALITÄT ihre Systemlogik verlieren würde, wie z. B. bezüglich der Planung: 29) „Die Entwicklung der Pläne erfolgt hier [das progressive Planungsverfahren] im Gegensatz zur retrograden Planung von ‚unten nach oben‘ (bottom-up) [VERTIKALITÄT]. Die untersten noch mit Planungsaufgaben betrauten Organisationseinheiten [VERTIKALITÄT] stellen zunächst für ihre Bereiche Detailpläne auf [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT] und reichen sie an die übergeordneten Instanzen weiter [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Diese fassen die Teilpläne zusammen, koordinieren sie und reichen sie ihrererseits nach oben weiter [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT], bis die Pläne schließlich an der Unternehmensspitze endgültig zu einem Gesamtplan geformt werden [ZENTRIPETALITÄT: FESTE MATERIE].“ (Schierenbeck 1989, 103; Herv. im Orig.) In Zitat 29 wird zunächst das Bild-Schema VERTIKALITÄT ohne eine weitere metaphorische Spezifizierung verwendet, da in diesem Fall kein Bildspender für

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eine konzeptuelle Metapher vorhanden ist. Dies gilt ebenso für das danach folgende Bild-Schema. Erst in den weiteren Konzeptualisierungen in Zitat 29 werden die Bild-Schemata noch zusätzlich durch Metaphern spezifiziert, wie z. B. in der letzten Konzeptualisierung anhand der Metapher PLÄNE SIND FORMBARE FESTE MATERIE. In Zitat 30, in dem nur bild-schematische Konzeptualisierungen auftauchen, wird die zentripetale Konzeptualisierung nur für einzelne Abteilungen vollzogen, jedoch nicht für die gesamte Organisation als solche. Implizit wird hierbei das zentripetale Prinzip gemäß der zentrifugalen Aufteilungslogik einer Organisation in Abteilungen unterstellt. ZENTRIPETALITÄT vollzieht sich hier nur innerhalb einer jeweiligen Abteilung: 30) „Unter dem Koordinationsaspekt [VERTIKALITÄT + ZENTRIPETALITÄT] wird häufig eine objektbezogene Gliederung [ZENTRIFUGALITÄT] effektiver sein als eine funktionale. Hier arbeiten alle Mitglieder einer Abteilung in einem ‚natürlichen‘ Aufgabenzusammenhang [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT]; sie erstellen gemeinsam ein Produkt, arbeiten an einem Projekt oder kümmern sich um ein Marktsegment. Der beträchtliche Koordinationsbedarf [ZENTRIPETALITÄT] zwischen den einzelnen Funktionen wird innerhalb der Abteilung befriedigt [CONTAINER].“ (Eisenführ 2000, 82) Das Prinzip der Arbeitsteilung und Delegation von Entscheidungen erhält eine prototypische Funktion in den Führungskonzepten deutscher Organisationstheorie, indem mögliche zentripetale Bestrebungen der Koordination von organisatorischem Verhalten das zentrifugale Prinzip auch in seiner vertikalen Bild-Schematik als Voraussetzung haben kann. So ist auch in den folgenden Zitatbeispielen der zentrifugale Prozess der Delegation gerade durch eine Konzeptualisierung geprägt, die über verschiedene Hierarchiebenen verläuft. Hierbei stellt ZENTRIPETALITÄT eine Folgewirkung aus dem zentrifugalen Prinzip der „Delegation von Entscheidungen“ dar, nicht jedoch umgekehrt: 31) „Der Entscheidungsprozeß wird durch die Delegation von Entscheidungen beschleunigt [ZENTRIFUGALITÄT: GESCHWINDIGKEITSZUNAHME], die Mitarbeiter in den unteren Hierarchieebenen [VERTIKALITÄT] werden motiviert, und der Entscheidungsprozeß selbst erfolgt realitätsnah. Auf der anderen Seite aber werden durch eine zunehmende Delegation von Entscheidungen [ZENTRIFUGALITÄT] auch wachsende Koordinationsbemühungen notwendig [ZENTRIPETALITÄT + BELEBTHEIT]. Eine bereichsübergreifende Koordination von Einzelentscheidungen wird erforderlich, um der Unternehmensleitung eine Gesamtsicht über die wichtigen Zusammenhänge zu ermöglichen [ZENTRIPETALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG].“ (Kreikebaum 1998, 86)

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Aus kognitionsmetaphorischer Sicht ist in Zitat 31 interessant, dass außer im ersten und letzten Satz des Zitats keine konzeptuellen Metaphern verwendet werden, da in den übrigen Fällen Bildspender als Ausgangsbereiche für eine metaphorische Übertragung fehlen. Die Bild-Schemata sind jedoch auch in Zitat 31 durchgehend verwendet, sowohl für die konzeptuelle Vorstrukturierung von nichtmetaphorischen Sequenzen (hier anhand der Bild-Schemata ZENTRIFUGALITÄT, ZENTRIPETALITÄT, BELEBTHEIT und VERTIKALITÄT) als auch zur konzeptuellen Strukturierung der konzeptuellen Metaphern. Dass auch die zentripetale „Gesamtsicht“ (Zitat 31) in letzter Instanz als Konzsequenz aus einem vertikalen Abstimmungsprozess zentrifugalen Managementverhaltens zu verstehen ist, wird in den weiteren Ausführungen der gleichen Quelle deutlich; ebenso wie auch HORIZONTALITÄT – in den seltenen Fällen, wo dieses BildSchema in der deutschen Organisationstheorie verwendet wird – i.d.R. einer vorher im Text etablierten VERTIKALITÄT untergeordnet wird und damit eine sekundäre konzeptuelle Relevanz erhält, wie aus dem folgenden Zitat deutlich wird: 32) „Eine übergeordnete Instanz [VERTIKALITÄT] legt das Rahmenprogramm fest und delegiert gleichzeitig die Entscheidungen [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT] an die nachgeordneten [HORIZONTALITÄT] Unternehmensangehörigen.“ (Kreikebaum 1998, 87f.) Aus der Notwendigkeit, den funktionalen Zusammenhang zwischen über- und untergeordneten Instanzen darzustellen, hat sich als Charakteristikum deutscher Organisationslehre das konzeptuelle Denken in Form von Organigrammen durchgesetzt, die ihren systembildenden Platz in der bisher dargestellten Bild-Schematik der Theorie haben. Beispielhaft wird die Erklärungsleistung von Organigrammen im folgenden Zitat ausgedrückt; hier spezifisch als funktionales Strukturierungsmittel der Führung für die hierarchische Ordnung der Stellen: 33) „Das Organigramm liefert eine hierarchisch geordnete [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT] Zusammenstellung von Stellen sowie der zwischen ihnen bestehenden formellen Informationskanäle (vertikale Kommunikation auf dem Dienstweg [VERTIKALITÄT: WASSERLAUF]). Ein Funktionendiagramm informiert – wie ein einfacher Aufgabenverteilungsplan [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT] – über die Verteilung von Aufgaben (Zeilen) auf Stellen (Sparten) [ZENTRIFUGALITÄT]. Spezifisch für das Funktionendiagramm sind die in den Feldern des Diagramms enthaltenen Angaben darüber [CONTAINER], welche formale Problemlösungsfunktion (z. B. Planung, Koordination, Durchführung) eine bestimmte Stelle bei der Bewältigung einer bestimmten inhaltlich spezifizierten Aufgabe wahrnimmt [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT].“ (Reiß 1999, 240; Herv. im Orig.)

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Die unterschiedlichen konzeptuellen Textfunktionen von Bild-Schema und konzeptueller Metapher wird auch im Zitat 33 oben deutlich. Trotz der sehr dichten Aktualisierung von Bild-Schemata wird in diesem Zitatbeispiel nur eine konzeptuelle Metapher aktualisiert, nämlich die Metapher FORMELLE INFORMATIONSVERBINDUNGEN SIND WASSERLÄUFE.3 Bild-schematisch wird diese Metapher in die vertikale Konzeptualiserung eingebunden. Ansonsten enthält das Zitat ausschließlich Bild-Schemata (auch zusammengesetzte BildSchemata wie z. B. BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT), die keine konzeptuellen Bilder als spezifizierbare Ursprungsbereiche einer metaphorischen Übertragung enthalten. Diese Augenfälligkeit der bild-schematischen Darstellungen ohne die Verwendung von konzeptuellen Metaphern konnte bisher als ein durchgehendes Phänomen in der deutschen Organisationstheorie ausgemacht werden. Dies gilt auch für die Zitate weiter unten. Die Hierarchisierung als vertikale Konzeptualisierung verläuft in der deutschen Organisationstheorie nicht nur über die Abteilungsebenen, sondern ist aufgrund ihrer prototypischen Rolle auch innerhalb der Abteilungen konzeptuell relevant. Dies zeigt sich z. B. dadurch, dass die Abteilung intern aufgrund informaler Gruppenbildung neben der formalen Hierarchie auch eine informale Hierarchisierung enthält: 34) „Zum anderen entsteht im Laufe der Gruppenkontakte eine gewisse Rollenverteilung [ZENTRIFUGALITÄT: SCHAUSPIEL]. Die Gruppe erhält informale Gruppenführer [VERTIKALITÄT], die nicht mit den formalen Abteilungsleitern identisch sein müssen.“ (Heinen 1985, 56) Bezüglich der formalen Organisation wird Hierarchisierung in Form einer deutlichen vertikalen Organisationsstruktur als Bedingung allen organisationalen Managements schlechthin dargestellt: 35) „Die Hierarchie ist ein universelles Ordnungsmuster komplexer Systeme, das dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Gesamtheit von Elementen durch Über- und Unterordnungsbeziehungen miteinander verbunden ist [VERTIKALITÄT]. ... Die Organisationshierarchie lässt sich als spezieller Anwendungsfall begreifen, bei dem es um die Über- und Unterordnung von Organisationseinheiten (Stellen, Abteilungen usw.) geht [VERTIKALITÄT]. Sie stellt dabei gleichzeitig das Ergebnis der vertikalen Arbeitsteilung dar [VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT].“ (Krüger 2001, 142; Herv. im Orig.) 36) „Jedes Unternehmen ist dadurch gekennzeichnet, daß die Gesamtaufgabe der Erstellung von sachlichen und Dienstleistungen auf viele Aufgabenträger verteilt und von diesen gelöst wird [ZENTRIFUGALITÄT + VEKTOR: KÖRPER3

Vgl. auch die Etymologie von dt. Kanal aus ital. canale = Leitungsröhre.

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LICHE TÄTIGKEIT]. ... Diese Aufgabenverteilung bedingt wiederum die Gliederung in eine mehr oder minder große Zahl von einzelnen Abteilungen [ZENTRIFUGALITÄT] ... Dieser Instanzenaufbau ist im Betrieb hierarchisch gegliedert, d.h. in Form einer Rangordnung erstellt [VERTIKALITÄT: BAUWERK].“ (Meyer/Stopp 2004, 62) 37) „Das hierarchische Denken (Chef/Vorgesetzter-Untergebener) ist das hervorstechendste Merkmal [VERTIKALITÄT + VEKTOR: MESSER). Im Klartext bedeutet das, dass alle Kommunikationsbeziehungen wie Anordnungen, Vorschläge, Informationen, aber auch Beschwerden, an eine Linie gebunden sind [VEKTOR: FESTE MATERIE]“ (Hauser 2005, 23) Die Form der hierarchischen Systemverankerung hat dann auch Konsequenzen für die Frage der Kommunikation in Organisationen. Je steiler die Hierarchien und die damit verbundenen Stellenfunktionen, desto einseitiger tendiert Kommunikation konzeptualisiert zu werden. Dies zeigt sich bezüglich des Kommunikationsverhaltens als einseitig verlaufende vektoriale Einwirkung in vertikaler Dimension vom Vorgesetzten auf den Untergebenen: 38) „Ein bedeutender Kommunikationsvorgang in der Betriebswirtschaft ist die Lösung der Führungsaufgabe [HORIZONTALITÄT + CONTAINER: FORTBEWEGUNG]. Führung ist eine personenbezogene Handlung, bei der einzelne Personen oder Personengruppen (Führende) auf andere Personen (Geführte) einwirken (Kommunikation) [VEKTOR], um diese zu einem zielentsprechenden Handeln zu veranlassen. Diese zielgerichtete Verhaltensbeeinflussung vollzieht sich auf allen hierarchischen Ebenen einer Betriebswirtschaft [VERTIKALITÄT + VEKTOR]. Führung entsteht durch die personale Trennung von Entscheidung und Ausführung [ZENTRIFUGALITÄT] und umfaßt den Vorgang der Willensdurchsetzung. Führungsprozesse sind Kommunikationsvorgänge [BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG].“ (Heinen 1985, 58; Herv. im Orig.) Mit Ausnahme der konzeptuellen Metapher KOMMUNIKATION IST HORIZONTALE FORTBEWEGUNG (wobei HORIZONTALITÄT als die bildschematische Ausrichtung dieser Bewegung in Form einer Gehbewegung fungiert) werden in Zitat 38 nur Bild-Schemata verwendet. Die besonders zentrale Rolle der Bild-Schemata wird dadurch deutlich, dass zur Erklärung von zentralen fachsprachlichen Begriffen (im Original in Kursivschrift hervorgehoben) ausschließlich Bild-Schemata verwendet werden, ohne dass ein klarer konzeptueller Bildbereich verwendet wird. So wird z. B. der Begriff „Führung“ (Zitat 38) konzeptuell und non-propositional als vektoriale Einwirkung auf Personen dargestellt, die als solche eine wörtliche Proposition darstellen, also keine metaphorische Aussage sind. Im anschließenden Satz wird dieses Bild-Schema

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dann noch um das Bild-Schema der VERTIKALITÄT ergänzt. In diesen beiden Sätzen werden trotzdem keine Metaphern verwendet, was die zentrale konzeptuelle Funktion der Bild-Schemata als nicht-propositionale Strukturierungen von nichtmetaphorischen Aussagen auch an dieser Stelle deutlich macht. Interessanterweise wird bei der Frage nach alternativen Führungssystemen das Gegenteil von Hierarchie (und damit von der vertikalen Konzeptualisierung) z. B. in Form von Teamarbeit eher kritisch gesehen und höchstens auf Subsysteme der Organisation als realisierbar angenommen. Dabei wird diese Organisationssicht als universal gültig angenommen, wie aus dem folgenden Beispiel deutlich wird. Der konzeptuelle Zielbereich der Organisation wird hier als systembedingte Hierarchie mit deutlicher Vertikalität begriffen: 39) Im Fahrwasser aktueller Entwicklungstrends wie Teamarbeit und Selbststeuerung [CONTAINER + HORIZONTALITÄT: BOOTSFAHRT] hegen Kritiker mitunter sogar Zweifel an der Notwendigkeit der Hierarchie und fordern im gleichen Atemzuge den Übergang [HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG] zu anderen Regelungsformen. Dabei wird jedoch schlichtweg übersehen, dass Hierarchiefreiheit in komplexen arbeitsteiligen Organisationen zu einem unproduktiven Anstieg der Zahl an Abstimmungsbeziehungen führt [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG].“ (Krüger 2001, 142) Inwieweit diese Annahme, wie im Zitat oben, wirklich auch außerhalb des deutschen Kulturraumes als universal gültige und unhintergehbare Bedingung gesehen wird, wird sich weiter unten in der vorliegenden Arbeit im Vergleich mit der schwedischen Organisationstheorie noch zeigen.4 Das ZENTRIFUGALITÄTSPrinzip wird in deutschsprachigen Darstellungen, die die Möglichkeit der Teamarbeit behandeln, nicht aufgehoben, sondern bildet zusammen mit VERTIKALITÄT die Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Teams: 4

Die Einschätzung der Rolle von Hierarchien für die organisationale Führung in der deutschsprachigen Fachliteratur und damit auch für das Karrieredenken deckt sich mit interkulturellen Ergebnissen, die an anderer Stelle gemacht worden sind. So hat Hofstede (2001) einen relativ hohen Maskulinitätswert für den deutschen Kulturraum festgestellt. Für Schweden wurde der niedrigste Maskulinitätswert gemessen, was den Vergleich zwischen Deutschland und Schweden auch in dieser Hinsicht interessant macht. Für Deutschland hat Hofstede den Indexwert 66 und für Schweden den Wert 5 ermittelt (Japan hat mit 95 den höchsten Wert). Bezüglich der Karrieremöglichkeiten in Organisations-Hierarchien bedeutet dies u.a., dass deutliche Aufstiegsmöglichkeiten mit klarer VERTIKALITÄTS-Konzeptualisierung im deutschen Raum anzunehmen sind. Dies deckt sich auch mit den Stellungnahmen aus der deutschen Organisationstheorie zur Frage der Verbindung zwischen Hierarchie und Karriere, wie aus dem folgenden Zitat deutlich wird: „Problematisch können sehr flache Strukturen im Hinblick auf die Karrieremotivation sein, denn sie stellen zumindest optisch sehr wenige Aufstiegsmöglichkeiten bereit. Das traditionelle Karrieremuster ist an die Übernahme von größeren Einheiten (Abteilung, Hauptabteilung, Ressort etc.) und damit an Personalverantwortung gekoppelt. Um einen Mitarbeiter zu befördern, mussten nicht selten entsprechende Einheiten geschaffen werden.“ (Krüger 2001, 148)

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40) „Ein auf diese Weise organisatorisch strukturiertes Team stellt ein System mit echter interpersoneller Arbeitsteilung dar [ZENTRIFUGALITÄT]: Die laufenden Teilentscheidungen werden von verschiedenen Einheiten gefällt [BELEBTHEIT + CONTAINER + ZENTRIFUGALITÄT: FORTBEWEGUNG]. ... Solche komplexen Entscheidungen lassen sich nur in Entscheidungssystemen mit mehreren Hierarchie-Ebenen lösen [CONTAINER + VERTIKALITÄT].“ (Frese 1992, 125) Aus den obigen Beispielen wird deutlich, dass die Organisation als solche erst durch die zentrifugale Aufteilung der Funktionen in Teilbereiche als funktionstüchtig – mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen – betrachtet wird. So haben Mitarbeiter eine klare Auffassung über ihre einzelnen Rollen, die als Voraussetzung für die Realisierung des überragenden Gesamtziels der Organisation angesehen werden. Dabei fällt das vertikale konzeptuelle Denken in der Organisation der Arbeitsweise auf. Zentrifugalität versteht sich nach diesem Denken als ein Aufteilen von Strukturen, Funktionen und Arbeitsaufgaben usw. auf hierarchisch übereinander gelagerte Ebenen. Obige Beispiele mögen dies auszugsweise für die verbale Darstellung in der deutschen Fachliteratur veranschaulichen. Tatsache ist, dass es sich bei den Konzeptualisierungen in Form von VERTIKALITÄT und ZENTRIFUGALITÄT um prototypisch wiederkehrende Phänomene der deutschen Fachsprache der Organisationstheorie handelt, da das Zentrifugalmodell in Kombination mit seiner vertikalen Grundlogik autorenübergreifend in der deutschen Organisationstheorie zur Anwendung kommt. Hierbei überwiegt die bild-schematische Darstellungsform von nichtmetaphorischen Aussagen gegenüber der Anwendung reiner konzeptueller Metaphern. Wie die Zitate zeigen, liegen jedoch auch den konzeptuellen Metaphern jeweils strukturbildende Bild-Schemata zu Grunde. Dies zeigt sich dann auch in den nonverbalen Darstellungen, die alle nach dem Prinzip der vertikal ausgerichteten Zentrifugalität konzeptualisiert sind, wie z. B. die Managementpyramide in den folgenden Abbildungen 17-20 veranschaulichen:

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Abb. 17: Golas et al. 1990, 278; Managementpyramide.

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Abb. 18: Gönner et al. 1991, 120; leitende und ausführende Arbeiten.

Abb. 19: Meyer/Stopp 2004, 63: Führungspyramide.

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Abb. 20: Hauser 2005, 50: Funktionen-Diagramm. Die prototypisch vertikal ausgerichtete Konzeptualisierung der Managementpyramide wird in den jeweiligen Spezifizierungen der non-verbalen Graphiken (vgl. oben Abb. 17-20) oder in den verbalen Kommentaren zu den Graphiken deutlich. Die vertikale Abgrenzbarkeit der Ebenen wird u. a. auch anhand des Bild-Schemas CONTAINER ermöglicht, was sich neben der Aktualisierung dieses Bild-Schemas in den verbalen Darstellungen (vgl. Zitate 27, 30 und 39) ebenfalls in den nonverbalen zeigt, indem CONTAINER sowohl die OrganisationsPyramide als Ganzes wie auch Einzelbereiche der Pyramide abgrenzt. Abb. 18 erhält eine metaphorische Spezifizierung des Bild-Schemas VERTIKALITÄT im Kommentar anhand der konzeptuellen Metapher MANAGEMENT IST EIN BERG. Interessant ist in diesem Kommentar die doppelte metaphorische Übertragung vom Ausgangsbereich FUß DES MENSCHLICHEN KÖRPERS über FUß DES BERGES zum Zielbereich: „Fuß der betrieblichen Führungspyramide“: 41) „Leitende und ausführende Arbeiten im Betrieb [CONTAINER] lassen sich nur an der Spitze und am Fuß [VERTIKALITÄT: BERG + KÖRPERTEIL] der betrieblichen Führungspyramide eindeutig darstellen [VERTIKALITÄT: BAUWERK]. Die dazwischen liegenden Tätigkeitsbereiche enthalten sowohl leitende als auch ausführende Aufgaben [CONTAINER], denn die Mitarbeiter bekommen jeweils von oben Anweisungen, die sie auszuführen haben, und geben ihrerseits

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wieder Anweisungen nach unten weiter [VERTIKALITÄT].“ (Gönner et al. 1991, 119) Interessant ist in der folgenden Abbildung die Konzeptualisierung von Teamarbeit im Rahmen des Organisationskonzepts. Hier besteht die Organisation zwar aus Teams, jedoch nicht als horizontales Konzept, sondern aufgrund der jeweils in einem Team vorhandenen Vorgesetzten sowie der Einbindung der Teams in die jeweils höheren Rangstufen. Somit wird VERTIKALITÄT zum strukturbildenden Merkmal von Teamarbeit überhaupt, wodurch die gesamte Organisation als eine stufenweise Pyramidenanordnung im Sinne von Teamverständnis auch nonverbal dargestellt wird:

Abb 21: Meyer/Stopp 2004, 125: Teamarbeit. Die prototypische Konzeptualisierung von VERTIKALITÄT als strukturbildendes Ordnungsmuster in der deutschen Organisationstheorie äußert sich u. a. auch in direkter Kritik flachen Hierarchien gegenüber, wie z. B. in Krüger 2001, 148 (vgl. die Anmerkung oben). Die Wichtigkeit von VERTIKALITÄT wird hier mit der Karrieremotivation vertikaler Strukturen begründet. Dies führt bei Krüger begrifflich zu dem, was er als „Parallelhierarchie“ bezeichnet (Krüger 2001, 149). Dabei liegt der Fokus jedoch nicht auf der horizontalen Dimension der Parallelität, sondern ‚Parallelhierarchien‘ dienen lediglich der Schaffung alternativer vertikaler Laufbahnen, was kognitionslinguistisch durch die Metapher JOB ROTATION IST EIN BAUWERK konzeptualisiert wird, wodurch die vertikale Dimension durch „Wendeltreppen“ auf Kosten der horizontalen Dimension herausgestellt wird

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(„Diese besondere Form von Job Rotation führt zu einem Wendeltreppeneffekt“ Krüger 2001, 149f.). Diese Vertikallogik wird dann nonverbal anhand der Pyramiden-Metapher zusammenfassend veranschaulicht (vgl. Abb. 22 unten):

Abb. 22: Krüger 2001, 150; alternative Hierarchie- und Laufbahnformen. Das Vorherrschen des ZENTRIFUGALMODELLS in der deutschen Fachliteratur wird auch in der Frage der nonverbalen Darstellung von so abstrakten Zielbereichen wie den informalen Gruppen deutlich; hier nonverbal anhand von ZENTRIFUGALITÄT (Aufteilung innerhalb einer Ebene neben der nach unten zunehmenden Konkretisierung) und VERTIKALITÄT (strenge Ebenentrennung) als vorherrschende Konzeptualisierungen vor dem Hintergrund pyramidialer Grundlogik veranschaulicht (s. nächste Seite):

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Abb. 23: Gönner et al. 1991, 123; Überschneidung formaler und informaler Gruppen am Beispiel eines Maschinenbaubetriebes Das für die deutsche Betriebswirtschaftslehre als systembildend zu bezeichnende kognitive Konzeptualisierungsmodell, das hier in seiner vertikal zu verstehenden Zentrifugalitätslogik als ZENTRIFUGALMODELL zusammergefasst wird, ist so stark in der deutschsprachigen Fachliteratur verankert, dass es auch für angrenzende organisatorisch relevante Fragenstellungen zur Anwendung kommt. Dies geschieht z. B. bei der Hantierung mit Kompetenzfragen der Mitarbeiter einer Organisation. Kompetenz wird nach diesem kognitiven Modell zentrifugal in Teilkompetenzbereiche aufgeteilt, die dann außerdem noch abgrenzend voneinander prinzipiell verschiedenen Managementebenen zugeordnet werden – ganz im Sinn der pyramidialen Logik, was dann auch in der Kombination von nonverbalen, para-verbalen und verbalen Mitteln darstellbar ist, wie im folgenden Beispiel:

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Abb.24: Zollondz 2001, 655; Kompetenzebenen. Konsequenzen ergeben sich folglich auch für Status- und Motivationsfragen, denen eine systematische pyramidiale Konzeptualisierung zugrunde liegt, mit sämtlichen Konsequenzen für Prestige, Respekt, Achtung und Einfluss. Das daraus folgende soziale Gefüge eines Betriebs wird auf der Basis der Zuordbarkeit im Pyramidenspektrum verbal und nonverbal in folgender Pyramiden-Abbildung unter dem vertikalen Primat dargestellt (s. nächste Seite):

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Abb.25: Golas et al. 1990, 297; Statusrangfolge; vgl. dazu auch die Ausführungen in Golas et al. 1990, 296f. Auch die Konzeptualisierung des Informationssystems einer Organisation ist – wie die folgende Abbildung zeigt – von der vertikalen und zentrifugalen Logik geprägt. So werden die Beziehungen zwischen Planung, Entscheidung und Ausführung für das Management gerade anhand des ZENTRIFUGALMODELLS in der folgenden Informationspyramide veranschaulicht (s. nächste Seite):

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Abb. 26: Ossadnik 1999, 200; Beispiel einer Informationsspirale.

8.1.3 Durchführungsmöglichkeiten von Arbeitsorganisation Die Frage der Gestaltung und Koordination von betrieblicher Arbeit ist im deutschsprachigen Raum begrifflich vor allem unter dem Terminus der Leitungssysteme zusammengefasst. Dieser Begriff wird weiterhin in die Fachbegriffe des Einlinien-, Mehrlinien- und Stab-Linien-Systems unterteilt. Dabei wird Arbeitsorganisation ebenso wie die obigen Begrifflichkeiten konzeptuell unter dem BildSchema der VERTIKALITÄT verstanden, das als zentrales Bild-Schema nicht nur Einfluss auf Fragen des Arbeitsverlaufs und der Gestaltung des Zusammenarbeitens hat, sondern auch auf daraus folgende Handlungsdimensionen, wie z. B. Kommunikation, Delegation und Rolle des Einzelnen in der Organisation. Kognitionsmetaphorisch wird in Zitat 42 (vgl. unten) die Frage der Koordination ausschließlich durch Bild-Schemata zum Ausdruck gebracht, ohne dass konzeptuelle Metaphern verwendet werden. Die zentrale Rolle des Bild-Schemas

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VERTIKALITÄT kommt dadurch zum Ausdruck, dass das Bild-Schema HORIZONTALITÄT im Terminus Vorgesetzte lediglich auf diesen Terminus beschränkt ist und dem umfassenden Prinzip vertikaler Koordination eingegliedert wird. Somit wird der Terminus Leitungssysteme in Zitat 42 durch das BildSchema VERTIKALITÄT definiert. Auch hier zeigt sich wieder, dass konzeptuelle Metaphern nicht unbedingt zur fachsprachlichen Begriffsdefinition notwendig sind, jedoch auf Bild-Schemata nicht verzichtet werden kann: 42) „Vertikale Koordination [VERTIKALITÄT] bedeutet Koordination durch Vorgesetzte [HORIZONTALITÄT]. Im Einzelnen gibt es unterschiedliche Konfigurationen zwischen Vorgesetzten [HORIZONTALITÄT] und Untergebenen [VERTIKALITÄT]. Man spricht auch von Leitungssystemen.“ (Eisenführ 2000, 88; Herv. im Orig.) Auch in den folgenden Zitaten 43-48 weiter unten wird in den Darstellungen zur Arbeitsorganisation das Verhältnis zwischen konzeptuellen Metaphern und BildSchemata deutlich: während Bild-Schemata ohne konzeptuelle Metaphern verwendet werden können, ist eine Verwendung einzelner Metaphern ohne bildschematische Strukturierung nicht möglich. Was schon in den bisherigen Zitatbeispielen herausgearbeitet worden ist, bestätigt sich auch in den folgenden Zitaten, nämlich die Dominanz der Bild-Schemata bei der Darstellung fachsprachlicher Sachverhalte. Bezüglich der deutschsprachigen Quellen geschieht dies in immer wiederkehrender Form vor allem anhand der Bild-Schemata ZENTRIFUGALITÄT und/oder VERTIKALITÄT. Bezüglich der konzeptuellen Hantierung mit den jeweiligen fachsprachlichen Themenbereichen bzw. Fachbegriffen bildet die Bild-Schematik die zentrale autorenübergreifende Konzeptualisierungsebene. In Zitat 43 wird die Koordinationsfrage durch ein vektoriales Verständnis von Vertikalität konzeptualisiert. In Zitat 44 wird das Thema der Spezialisierung bild-schematisch ausschließlich durch ZENTRIFUGALITÄT konzeptualisiert. Kognitiv wird in den Zitaten 43 und 46 Kommunikation als vertikal verlaufende FLÜSSIGE MATERIE konzeptualisiert. Arbeitsorganisation wird in Zitat 44 als zentrifugaler Aufteilungsprozess konzeptualisiert. Delegation wird in 45 als FORTBEWEGUNG auf einem vertikalen Weg konzeptuallisiert. In 46 wird die vertikale Logik gerade zur Verhinderung einer horizontalen Kontaktaufnahme zwischen den Instanzen systematisiert. In 47 werden Instanzen als vertikal strukturiertes BAUWERK konzeptualisiert. In 48 wird Arbeitskoordination als vertikale Zetrifugalität und Kommunikation als vektoriale Einwirkung konzeptualisiert: 43) „Koordination durch persönliche Weisungen [VEKTOR]. Die Organisationsstruktur bildet hier nur den Rahmen, in dem [CONTAINER: BILD] die einzelnen Koordinationsprozesse ablaufen [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT:

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FORTBEWEGUNG]. Diese sind durch einen prinzipiell vertikalen Kommunikationsfluß [VERTIKALITÄT: FLÜSSIGE MATERIE] (Anordnungen und Prämissen für die delegierten Entscheidungen von oben, Meldungen von unten [VERTIKALITÄT]) gekennzeichnet.“ (Schierenbeck 1989, 93; Herv. im Orig.) 44) „Spezialisierung im Unternehmen ist gleichzusetzen mit artmäßiger Arbeitsteilung [ZENTRIFUGALITÄT], bei der Teilaufgaben unterschiedlicher Art mehr oder weniger ausschließlich von verschiedenen Organisationseinheiten (Stellen, Abteilungen) wahrgenommen werden [ZENTRIFUGALITÄT: PHYSISCHE WAHRNEHMUNG]..“ (Bernecker 1999, 37) 45) „Die Verteilung von Entscheidungsbefugnissen [ZENTRIFUGALITÄT] erfolgt, so wurde gesagt, durch Delegation von Kompetenzen auf nachgeordnete Instanzen der Betriebsleitung, wobei der Umfang der Entscheidungsbefugnisse fortschreitend [VEKTOR + HORIZONTALITÄT + VERTIKALITÄT implizit; vgl. unten: FORTBEWEGUNG] abnimmt. Der Weg der Delegation bezeichnet den sogenannten Instanzenweg, sein Verlauf von oben nach unten ist der Befehlsweg [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + WEG: FORTBEWEGUNG], während der Verlauf von unten nach oben den sogenannten Dienstweg ... darstellt [VERTIKALITÄT + WEG: FORTBEWEGUNG]. Mit der Bildung von Instanzenwegen soll erreicht werden, daß die Zielvorstellungen und Entscheidungen der Betriebsleitung einerseits möglichst eindeutig, andererseits möglichst schnell von der Spitze bis hin zur Basis weitervermittelt und verwirklicht werden [VERTIKALITÄT+ WEG: BAUWERK].“ (Golas et al. 1990, 282; Herv. im Orig.) 46) „Anweisungen und Informationen gehen von der Leitung an die jeweils unmittelbar unterstellten Funktionsträger weiter [VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG], die sie wiederum weiterleiten, bis die empfangende Stelle erreicht wird [BELEBTHEIT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Die genaue Einhaltung des Dienstweges soll verhindern, daß eine untergeordnete Stelle von verschiedenen Seiten Anweisungen erhält [VERTIKALITÄT + WEG]. Der Dienstweg ist nicht nur für den Anweisungs- und Informationsfluß von oben nach unten [VERTIKALITÄT + WEG: FLÜSSIGE MATERIE], sondern auch von unten nach oben maßgebend [VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Zwei gleichgeordnete Instanzen können nicht unmittelbar miteinander Verbindung aufnehmen, sondern müssen den Umweg über die nächste gemeinsam übergeordnete Instanz wählen [VERTIKALITÄT + WEG + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT].“ (Meyer/Stopp 2004, 112) 47) „Der Instanzenaufbau bedarf der Ergänzung durch einen festgelegten Weg [VERTIKALITÄT + WEG: BAUWERK], auf dem Informationen, vor allem Anordnungen, die Stellen erreichen [BELEBTHEIT + VEKTOR: FORTBEWE-

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GUNG]. In der Praxis haben sich verschiedene Möglichkeiten des organisierten Befehlsweges (Dienstweges) herausgebildet: die Leitungssysteme (Weisungssysteme) [CONTAINER + WEG].“ (Gönner et al. 1991, 216; Herv. im Orig.) 48) Eine wirksame gegenseitige Abstimmung der Arbeit, welche die einzelnen Organisationsteilnehmer in einem zielgerichteten Sozialsystem zu leisten haben, ist ohne eine Über- und Unterordnung nicht möglich [VERTIKALITÄT]. Die Stellungen der Organisationsteilnehmer sind nicht gleich. Die organisatorische Struktur hat die Form einer Rangordnung (hierarchische Struktur) [VERTIKALITÄT]. Die Entscheidungsbefugnisse sind unterschiedlich verteilt [ZENTRIFUGALITÄT]. Damit treten Führung und Leitung als Sachverhalte in den Vordergrund [HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG]. Während Führung einen personenbezogenen Prozeß der Verhaltensbeeinflussung (Kommunikation) ausdrückt [VEKTOR], bringt Leitung mehr die Einordnung von Personen in den Handlungsablauf zum Ausdruck [CONTAINER + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG].“ (Heinen 1985, 59; Herv. im Orig.) Es liegt auf der Hand, dass die Form der vertikalen Zentrifugalität sich besonders passend anhand der BAUWERK-Metapher als Ursprungsbereich des Zielbereichs ‚Organisation‘ in der metaphorischen Übertragung ausdrücken lässt und als PYRAMIDE spezifizierbar ist. Dies ist weiter oben in den verschiedenen Darstellungsformen in der deutschen Organisationstheorie durch verbale und non-verbale Beispiele veranschaulicht worden. Weiterhin wird die BAUWERK-Metapher auf Deutsch im organisationstheoretischen Sinne als eine Ansammlung von Wegen verstanden, die der Einzelne entweder im ‚Einliniensystem‘ oder im ‚Mehrliniensystem‘ der Organisation zurücklegen muss. Dabei handelt es sich nicht nur um Dienstwege, sondern auch um ‚Befehlswege‘, die die ‚Linien‘ charakterisieren (vgl. z. B. die Zitate 45, 47, 49 und 53). Aus kognitionstheoretischer Perspektive fällt die definitorische Konzeptualisierung von Linien als „Befehlswege“ in Zitat 49 auf, was auch die nachfolgenden Verwendungen des Terminus ‚Linien‘ in Zitat 49 konzeptuell als Befehlswege festlegt. Die aus dem Konzeptualisierungsbereich des Militärs stammende Begriffe wie Befehlswege, Weisungen, Befehle etc., die in der deutschen Organisationssprache vor allem in diesem Zusammenhang gebraucht werden, veranschaulichen das vektorial ausgerichtete Kommunikationskonzept, das dieser Form der Arbeitskoordination zugrunde liegt. Die Ausprägung der ‚Wege‘ führt folglich zu einer jeweils unterschiedlich ausgeprägten Arbeitskoordination in einer Unternehmung aufgrund unterschiedlicher vektorialer Anweisungen darüber, welche ‚Wege‘ zu beschreiten sind: 49) „Die geplante Leitungshierarchie gibt die Rangordnung der einzelnen Leitungsstellen und die sie verbindenden Befehlswege wieder [VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT + VEKTOR + WEG]. Sie nimmt grundsätzlich die

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Form einer Pyramide mit mehreren Rangstufen an [VERTIKALITÄT: BAUWERK]. Ihre Gestalt kann nach verschiedenen Gesichtspunkten beschrieben werden. Ein erster Gesichtspunkt ist in der Zahl der Befehlswege (‚Linien‘) zu erblicken, die auf einen Untergebenen zuführen [VERTIKALITÄT + VEKTOR + WEG: VISUELLE WAHRNEHMUNG], d.h. in der Zahl der Vorgesetzten [HORIZONTALITÄT], die einem Organisationsteilnehmer Anweisungen geben dürfen [VEKTOR]. Hier stehen sich grundsätzlich Einlinien- und Mehrliniensysteme gegenüber [HORIZONTALITÄT]. In einem Einliniensystem ... erhält jeder Organisationsteilnehmer von einem Vorgesetzten Weisungen [CONTAINER + HORIZONTALITÄT + VEKTOR]. ... Im Mehrliniensystem [CONTAINER] gibt es dagegen mehrere weisungsberechtigte Spezialisten, die jeweils für unterschiedliche Aufgaben oder ‚Funktionen‘ zuständig sind [Arbeitskoordination insgesamt anhand des ZENTRIFUGALMODELLS]“ (Heinen 1985, 60f.; Herv. im Orig.) 50) „Der Idealtyp des Einliniensystems. ... Die Vorgesetzten sind im Rahmen ihrer Leitungsfunktion für alles zuständig, was sie und die ihnen unterstellten Stellen betrifft [VERTIKALITÄT + VEKTOR]. Damit soll eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten und eine reibungslose Koordination bewirkt werden [VEKTOR]. Als Nachteil gilt die starke Beanspruchung der Instanzen, da der hierarchische Dienstweg [VERTIKALITÄT + WEG] sowohl bei abteilungsinternen [CONTAINER] als auch bei abteilungsübergreifenden Problemen stets einzuhalten ist [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]“ (Schierenbeck 1989, 95) 51) „Das Mehrliniensystem. Bei diesem System werden die Entscheidungsbefugnisse nach funktionalen Gesichtspunkten differenziert [ZENTRIFUGALITÄT] ... Es werden also Instanzen gebildet, die jeweils für ihre spezialisierte Aufgabe zuständig sind [ZENTRIFUGALITÄT]. Mithin unterstehen die einzelnen Aufgabenträger jeweils direkt mehreren Instanzen [VERTIKALITÄT: PHYSISCHE TÄTIGKEIT] ... Mithin unterstehen die spezialisierten Aufgabenträger jeweils direkt mehreren spezialisierten Instanzen [BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + ZENTRIFUGALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]“ (Golas et al. 1990, 283; Herv. im Orig.) 52) „Das Einliniensystem ist in der Realität sehr häufig anzutreffen. ... Im Rahmen des Systems führen eindeutige Linien von oben nach unten und umgekehrt [CONTAINER + VERTIKALITÄT]. Dieser Dienstweg muß bei der Kommunikation eingehalten werden [WEG: FORTBEWEGUNG]. ... Das Mehrliniensystem ... sieht vor, daß die Weisungsbefugnis in sachlicher und personeller Hinsicht geteilt wird [ZENTRIFUGALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + FESTE MATERIE].“ (Bernecker 1999, 40f.)

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53) „Der Idealtyp des Mehrliniensystems. ... Weisungsbefugnisse und Verantwortlichkeiten der einzelnen Vorgesetzten [HORIZONTALITÄT] sind auf bestimmte Sachgebiete begrenzt [ZENTRIFUGALITÄT] (funktionales Weisungsrecht). ... Zugleich hilft das Mehrliniensystem, das Prinzip des kürzesten Weges zu realisieren [‚Linie‘ = WEG].“ (Schierenbeck 1989, 95) Auch die nonverbale Darstellung bringt die gleichen Konzeptualisierungen zum Ausdruch wie die verbale, wie in der Abbildung unten als Veranschaulichung von Zitat 53 gezeigt wird. Dabei ist das WEG-Schema im Sinne des Prinzips des kürzesten Weges für die Weisungsbefugnisse graphisch in der Abb. unten durch die gestrichelten Linien ausgedrückt. Die Abb. 27 veranschaulicht unter konzeptueller Perspektive das ZENTRIFUGALMODELL am Beispiel der Kombination von Einlinien- und Mehrliniensystem:

Abb. 27 : Schierenbeck 1989, 95; disziplinarische und funktionale Weisungsbefugnisse. Die besondere Wichtigkeit der Konzeptualisierungen VERTIKALITÄT und ZENTRIFUGALITÄT werden nonverbal auch anhand einer offenen Reihe zum Ausdruck gebracht. Diese kann bei der Darstellung des Einliniensystems schrittweise nach unten weitergeführt und weiter spezifiziert werden, wie im folgenden Abbildungs-Beispiel:

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Abb. 28: Golas et al. 1990, 282; Einliniensystem. Die in der deutschen Organisationstheorie autorenübergreifend verwendeten Konzeptualisierungen bewegen sich vor allem auf bild-schematischer Ebene. Auf Grund der bisherigen Darstellungen im vorliegenden 8. Kapitel können die indigen relevanten Bild-Schemata der deutschsprachigen Konzeptualisierungen als eine Kombinatorik aus VERTIKALITÄT, VEKTOR, ZENTRIFUGALITÄT, BELEBTHEIT und CONTAINER identifiziert werden. Indigen relevant sind diese Bild-Schemata, weil sie für diesen Kulturraum in der Fachliteratur bestimmend sind. Als einzelne Bild-Schemata erreichen sie jedoch noch nicht einen kulturspezifischen Status. Die Kulturspezifik ergibt sich aus dem systembildenden Zusammenwirken dieser Bild-Schemata, die erst in ihrer Kombinatorik miteinander sowohl verbal als auch non-verbal einen idealisierten kognitiven Status in der deutschen Organisationstheorie erhalten. Somit erlangt das bildschematische ZENTRIFUGALMODELL als Idealisiertes Kognitives Modell (IKM) den für die deutsche Organisationstheorie kennzeichnenden kulturspezifischen Status durch die Art seiner Gestalthaftigkeit. Letztere zeichnet sich dadurch aus, dass CONTAINER einen Rahmen bildet, innerhalb dessen das vektoriale Zentrifugalprinzip von einem konzentrischen Punkt aus im vertikalen Sinne von oben nach unten auseinanderstrebt. Das hierdurch entstehende dreidimensionale IKM wird in Abb. 29 unten grafisch vereinfacht als zweidimensionale Abbildung zusammenfassend dargestellt. Somit besteht das ZENTRIFUGALMODELL deutscher Organisationstheorie aus den Bild-Schemata VERTIKALITÄT, VEKTOR, ZENTRIFUGALITÄT, BELEBTHEIT und CONTAINER:

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.

Abb 29: Das ZENTRIFUGALMODELL der deutschen Organisationstheorie. Zwar kann das ZENTRIFUGALMODELL individuell sehr unterschiedlich verbal und nonverbal spezifiziert werden, wie obige Beispiele in Kap. 8.1 zeigen, jedoch bedeutet der kulturspezifische Status dieses Modells, dass seine Bild-Schemata auch in den verschiedensten Ausführungen und mit unterschiedlichen Gewichtungen für die hier zur Diskussion stehenden Zielbereiche von Organisationstheorie konzeptuell strukturbildend – und damit textkonstitutiv – sind.

8.2 Kulturspezifische Konzeptualisierungen in der schwedischen Organisationstheorie Zeichnete sich die deutsche Organisationstheorie durch das kognitive Zentrifugalitätsmodell aus, so verhält es sich genau entgegengesetzt in der schwedischen Organisationstheorie. Management, Führungsverhalten, arbeitstechnische Organisation, Verantwortlichkeitszuordnungen, formale Organisationsstrukturen, Kooperations- und Kommunikationsprozesse u. v. a. m. ist in der schwedischen Fachliteratur durchgängig in markanter Weise vom bild-schematischen Prinzip des Zusammmenführens von Teilen der Organisation – seien es Stellen im deutschsprachigen Sinn, Abteilungen oder einzelne Mitarbeiter – zu einer konzentrischen Einheit geprägt. Das dabei betont synergetische Hantieren mit fachspezifischen Problemfragen auf konzeptueller Ebene zeigt sich in Form eines prototypisch

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wiederkehrenden kognitiven Modells, das das konzeptuelle Hantieren organisationstheoretischer Fragen von ganzheitlichen Auffassungen bis hin zu einzelnen Details umfasst. Dieses schwedische kognitive Modell ist bild-schematisch durch das zentripetale Zusammenstreben einzelner organisatorischer Bestandteile im weitesten Sinne auf einen gemeinsamen Mittelpunkt geprägt, was grafisch durch den – im Verhältnis zum deutschen Bild-Schema – entgegengesetzten Pfeilverlauf des kognitiven Modells veranschaulicht werden kann. Wie in den einzelnen Ausführungen im vorliegenden Kap. 8.2 gezeigt werden wird, besteht das schwedische ZENTRIPETALMODELL aus den Bild-Schemata ZENTRIPETALITÄT, VEKTOR, HORIZONTALITÄT, BELEBTHEIT und CONTAINER und wird im Folgenden zusammenfassend für die schwedische Organisationstheorie wie folgt dargestellt:

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Abb 30: Das ZENTRIPETALMODELL der schwedischen Organisationstheorie. Kennzeichnend für das schwedische Zentripetalmodell ist das holistische Zusammenstreben der organisatorischen Bestandteile über die Hierarchiegrenzen hinweg. Dies bedeutet nicht, dass Hierachien keinen konzeptuellen Platz in der schwedischen Theorie hätten; nur ist ihre Funktion grundlegend unterschiedlich im Vergleich zur deutschen Organisationstheorie. Die Konsequenzen des Zentripetalmodells für die fachspezischen Inhalte sind im Einzelnen so fundamentaler Art für die schwedischen Darstellungen, dass dieses kognitive Modell kennzeichnend für die schwedische Organisationstheorie schlechthin fungieren kann,

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da es sich über die verschiedenen hier diskutierten Teilbereiche systembildend erstreckt. Die Teilbereiche sollen, was die schwedische Fachliteratur betrifft, in den folgenden Kapiteln näher dargestellt werden. Dabei folgt die Einteilung des Untersuchungsmaterials im weiteren Verlauf dieses Kapitels der gleichen Logik wie die Einteilung in Kap. 8.1.

8.2.1 Organisation im ganzheitlichen Sinn mit ihrer Funktion und Struktur zur organisationalen Zielerreichung Während das prototypische IKM in der deutschen Organisationstheorie vor allem durch die Bild-Schemata ZENTRIFUGALITÄT und VERTIKALITÄT gekennzeichnet war, ist die Situation in der schwedischen Organisationstheorie völlig anders. Dies hat auch Auswirkungen auf die verwendete fachsprachliche Terminologie. An Stelle der so zentralen Fachbegriffe wie z. B. Aufbauorganisation, Ablauforganisation, Einlinien- und Mehrliniensystem etc. in der deutschen Organisationstheorie treten in der schwedischen Fachsprache dieses Bereichs autorenübergreifend und durchgehend zentrale Begriffe wie ‚Zusammenspiel‘ (samspel), ‚Zusammenwirken‘ (samverkan), ‚Zusammenarbeit‘ (samarbete), ‚kollektive Ressourcen‘ (kollektiva resurser), ‚Zusammenordnung/-führung‘ (samordning) u. a. auf. Das Erreichen des zentripetalen Zusammenführens der Teile einer Oragnisation zur angestrebten Ganzheit soll durch die vektoriale Beeinflussung in die gewünschte Richtung sichergestellt werden. Aus kulturtheoretischer Perspektive muss in diesem Zusammenhang auf die unterschiedliche indigene Funktion des Bild-Schemas VEKTOR in der deutschen und schwedischen Organisationstheorie aufmerksam gemacht werden. Während dieses BildSchema in der deutschen Organisationstheorie gemäß des dort vorherrschenden IKMs zentrifugal konzeptualisiert ist, ist es in der schwedischen Organisationstheorie einer zentripetalen Konzeptualisierung unterworfen, wie aus den Beispielen weiter unten deutlich wird. Als Voraussetzung für Managementtätigkeiten wird dabei die Fähigkeit gesehen, das Steuern der Teile zu einem holistischen Ganzen bewerkstelligen zu können. Diese Ganzheit ist nicht einfach gegeben, sondern ein wesentliches Resultat organisatorischen Handelns, das darauf ausgerichtet ist, die Individuen, Teilinteressen, verschiedenen Funktionen usw. jeweils im zentripetalen Sinne zusammenzuführen. Die Ziele organisatorischen Handelns sind nach dieser konzeptuellen Logik nicht ohne die grundsätzlich zentripetal verlaufenden Anstrengungen im organisatorischen Gebilde denkbar. Aus dem in diesem Sinne als ZENTRIPETALMODELL zu bezeichnenden prototypischen kognitiven Modell ergibt sich

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die konzeptuelle Logik zur Definition von Organisation in der schwedischen Theorie schlechthin: 5 54) „påverka individernas uppfattningar i en viss riktning [VEKTOR]“ (Sjöstrand 1991: 149) (das Verständnis/die Denkweisen der Individuen [Mitarbeiter] in eine gewisse Richtung beeinflussen [auch: ‚wirken auf‘]) 55) „En viktig inriktning i modern organisationslära är systemsynsättet [BELEBTHEIT: VISUELLE WAHRNEHMUNG]. Enligt detta synsätt är det vid organisationsstudier nödvändigt att beakta hela det komplicerade mönster och samspel som formar en organisation [ZENTRIPETALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + SPORT/SPIEL + FESTE MASSE]. Det sätt på vilket olika delar i organisationen, t ex människorna och maskinerna, hänger samman och det sätt på vilket organisationen är beroende av sin omvärld, miljö, måste kartläggas [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT: LANDKARTE]. Helhetssynen är viktig [ZENTRIPETALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG].“ (Bruzelius et al. 1995, 60; Herv. im Orig.) (Eine wichtige Ausrichtung in der modernen Organisationslehre ist die Systemsichtweise. Nach dieser Sichtweise ist es bei Organisationsstudien notwendig das gesamte komplizierte Muster und Zusammenspiel, welche eine Organisation formen, zu beachten. Die Art, in der verschiedene Teile in einer Organisation, z. B. Menschen und Maschinen, zusammenhängen sowie die Art, in der eine Organisation von ihrer Umwelt, ihrem Milieu abhängig ist, muss erfasst werden [eigentlich: ‚kartografisch aufgenommen werden‘]. Die Gesamtsicht ist wichtig. (Herv. im Orig.)) 56) „Samordning och styrning [ZENTRIPETALITÄT: TRANSPORTMITTEL] är viktiga uppgifter för organisationens ledare“ (Bruzelius et al. 1995, 17) (Das Zusammenordnen/-führen [Die Koordination] und die Steuerung/Lenkung sind wichtige Aufgaben für den Leiter einer Organisation) 57) „Man kan se en organisation som ett redskap för att samordna [ZENTRIPETALITÄT: WERKZEUG] ett antal människors ansträngningar att nå ett visst mål [VEKTOR]. Organisation kan även definieras som en samling individer med olika behov, förväntningar och krav med ett gemensamt mål [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR]. Sin identitet får människorna genom att 5

Den schwedischen Zitaten wird im Folgenden jeweils die deutsche Übersetzung unter Bewahrung der ausgangssprachlichen Konzeptualisierung in Klammern nachgestellt. Da aufgrund der Übersetzungen nicht immer der genaue Konzeptualisierungsumfang terminologisch exakt wiedergegeben werden kann, werden die Bild-Schemata und Metaphern in den Originalzitaten aufgeführt. An den Stellen, wo erklärende Zusätze zur exakten Wiedergabe der Konzeptualisierungen notwendig sind, geschieht dies mit eckigen Klammern in den übersetzten Zitaten.

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tillhöra organisationen antingen denna är svagt eller starkt formaliserad [ZENTRIPETALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE]. Man kan också se organisationen som ett slags samspelssystem där ett antal ingredienser är basala [ZENTRIPETALITÄT: GERICHT + SPORT/SPIEL + BAUWERK].“ (Andersson 1994, 11) (Man kann eine Organisation als ein Gerät zum Zusammenordnen [Koordinieren] der Anstrengungen einer Anzahl von Menschen zum Erreichen eines bestimmten Ziels verstehen. Organisation kann auch als eine Sammlung verschiedener Individuen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Erwartungen und Forderungen mit einem gemeinsamen Ziel definiert werden. Ihre Identität erhalten die Menschen, indem sie der Organisation angehören, ungeachtet der Tatsache, dass letztere schwach oder stark formalisiert sein kann. Man kann die Organisation auch als ein System des Zusammenspiels verstehen, bei dem eine Anzahl an Ingredienzen die Basis ausmachen.) 58) „Organisationen ses ... som en struktur som svarar mot och anpassar sig till en mängd olika intressenters krav, och som söker upprätthålla balansen genom att sammanväga dessa krav [BELEBTHEIT + ZENTRIPETALITÄT: SPRECHHANDLUNG + PHYSISCHE TÄTIGKEIT]. Organisationsledningen ... får ett slags medlarroll, rollen att jämka de olika intressenternas krav mot varandra [ZENTRIPETALITÄT]“ (Abrahamsson 2000, 110) (Die Organisation wird... als eine Struktur gesehen, die auf die Bedürfnisse einer Menge von verschiedenen Interessenten antwortet und sich diesen Bedürfnissen anpasst und die versucht, die Balance aufrecht zu erhalten, indem diese Forderungen aufeinander abgestimmt [eigentlich: ‚zusammengewogen‘] werden. Die Organisationsleitung ... erhält eine Art Mittlerrolle, die Rolle die einzelnen Forderungen der verschiedenen Interessenten aneinander anzupassen) 59) „Det är genom koordinering [ZENTRIPETALITÄT] av flera människors handlingar som organisationer får sin kraft och framstår som aktörer [BELEBTHEIT: PHYSISCHE STÄRKE].“ (Ahrne/Hedström 1999, 20) (Durch die Koordinierung der Tätigkeiten verschiedener Menschen erhalten Organisationen ihre Kraft und erscheinen als Akteure.) Kognitionsmetaphorisch auffallend ist auch in der schwedischen Organisationstheorie die systematische Verwendung von Bild-Schemata, ohne dass diese notwendigerweise durch konzeptuelle Metaphern spezifiziert werden müssen. ZENTRIPETALITÄT als Konzeptualisierung impliziert das Vorhandensein einer gemeinsamen Mitte, auf welche die Einzelteile konzeptuell hinstreben. Der Mittelpunkt bildet somit die bild-schematische Ordnung des ZENTRIPETALMODELLS. Die bild-schematische Verwendung einer konzentrischen Mitte für die organisatorische Zielerreichung zeigt sich dann auch nonverbal, wie z. B. in der

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folgenden Abbildung, in der die Frage der Zielerreichung gerade durch die für die schwedische Organisationstheorie prototypische Form der vektorialen Steuerung in Kombination mit einer zentrifugalen Logik zum Ausdruck kommt:

Abb. 31: Sjöstand 1991, 153: nonverbale Darstellung des Organisationsprinzips. Das Rechteck in der obigen Abbildung veranschaulicht bild-schematisch die Organisation, wobei der eintreffende Pfeil den Input, die Kreisstruktur den betrieblichen Umwandlungsprozess und der hinausführende Pfeil das Output darstellen. Die gestrichelten Pfeile symbolisieren gemäß der zitierten Quelle die vektorialen Beeinflussungsstellen im betrieblichen Phasenverlauf. Vergleicht man das deutsche und schwedische empirische Material miteinander, so ist bezüglich der betrieblichen Zielerreichung in der schwedischen Fachliteratur auffallend, dass auch in nonverbaler Hinsicht das vertikale Aufspalten der betrieblichen Prozesse kaum oder gar nicht zur Anwendung kommt. Dieses vertikale Aufspalten des gesamten Leistungsprozesses in immer spezifischere Teilbereiche konnte gerade für die deutsche Fachliteratur in Form zentrifugaler und vertikal ausgerichteter Zielerreichungsgrafiken – nonverbal i.d.R. in Form von vertikal gezeichneten Flussdiagrammen veranschaulicht – als prototypische Darstellungslogik der deutschen Quellen erfasst werden (vgl. Kap. 8.1.1). Im Unterschied dazu herrscht auch in der nonverbalen Darstellungsform im schwedischen Material das Orientieren anhand horizontaler Verlaufsgrafiken vor. Dies zeigt sich ebenfalls in den folgenden Beispielen, in denen – ähnlich dem Beispiel in Abb. 31 – der betriebliche Gesamtprozess als ‚Kreislauf‘ („kretslopp“; Danielsson 1983, 101 ff.) beschieben und ausschließlich horizontal dargestellt wird (vgl. Abb. 32). Oder die Horizontallogik wird als ein Durchlaufen des betrieblichen Wertschaffensprozesses (Abb. 33 weiter unten) nonverbal gefasst:

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Abb. 32: Danielsson 1983, 102; der organisatorische Gesamtleistungsprozess.

Legende:

Dunkles Rechteck in der Mitte = Kernkompetenzen des Unternehmens Leverantör = Lieferant Kund = Kunde, Värde för kunden = Wert für den Kunden

Abb. 33: Skärvad/Olsson 2003, 86: kundenorientiertes Organisationsmodell.

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Vertikalität sowohl in der fachspezifischen Darstellungslogik als auch bezüglich der Systemstrukturen von Organisationen wird nicht geleugnet, erhält jedoch im Schwedischen eine sehr marginale Bedeutung und wird z. T. auch offen kritisiert, wie sich noch im weiteren Verlauf der Beispielführung zeigen wird. Entscheidend ist dabei in der schwedischen Fachliteratur das zentripetale Zusammenführen einzelner individueller Leistungen zu einem gemeinsamen Arbeitsergebnis. Gestalttheoretisch betrachtet ergibt sich die Qualifizierung des Managements aus der Fähigkeit, die Teile der Organisation vektorial so zu beeinflussen, dass die einzelnen Stellen/Stelleninhaber (die schwedische Theorie spricht in diesem Zusammenhang von ‚Individuen‘) zentripetal zu einer Ganzheit zusammengefügt werden. Die folgenden Zitate lesen sich schon als zentripetale Programmerklärung, die gegen zentrifugale Auffassungen von Organisation gerichtet sind: 60) „Själva idén med organisation och organiserade handlingar är att vissa mål kan uppnås [VEKTOR] effektivare genom samarbete [ZENTRIPETALITÄT] än genom individuella ansträngningar [ZENTRIFUGALITÄT]. Slagkraften och effektiviteten hos individer förenade i en organisation kan bli betydligt större [ZENTRIPETALITÄT + CONTAINER: KAMPF] än summan av samma individers individuella ansträngningar [ZENTRIFUGALITÄT].“ (Bruzelius et al. 1995, 15; Herv. im Orig.) (Die eigentliche Idee der Organisation und organisierenden Tätigkeiten ist, dass gewisse Ziele effektiver durch Zusammenarbeit als durch individuelle Anstrengungen erreicht werden können. Die Schlagkraft und Effektivität der Individuen, die in einer Organisation vereinigt sind, kann erheblich größer als die Summe der einzelnen Anstrengungen dieser gleichen Individuen werden. (Herv. im Orig.)) 61) „Det föreligger åtminstone ett ytterligare starkt skäl ... till att företagsledare behövs på en mer kontinuerlig basis i organisationer [CONTAINER + VERTIKALITÄT: BAUWERK]. De behövs också för att bidra till organiseringen av ett i huvudsak kollektivt, hyggligt samordnat handlande (inklusive ett underhåll av detsamma) [VEKTOR + ZENTRIPETALITÄT]. Företagsledningar förväntas m.a.o. verka för att organisationer skall kunna uppfylla sin unika funktion, nämligen kapaciteten att handla kollektivt [Kollektivismus als kulturspezifisches Resultat des ZENTRIPETALMODELLS]. ... Detta försvåras emellertid av den av specialisierings- [ZENTRIFUGALITÄT] och samordningsskäl [ZENTRIPETALITÄT] etablerade vertikala (hierarki) [VERTIKALITÄT] och horisontella [HORIZONTALITÄT] arbetsfördelningen [ZENTRIFUGALITÄT] som förser individer i företag med unika positioner, perspektiv och intressen [Kritik des ZENTRIFUGALMODELLS]“ (Sjöstrand 2000, 30; Herv. im Orig.)

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(Es gibt zumindest eine weitere wichtige Ursache ... dafür, dass Führungskräfte auf einer mehr kontinuierlichen Basis in Organisationen gebraucht werden. Sie werden auch für ein hauptsächlich kollektives, zusammengeordnetes/-geführtes Handeln gebraucht (inklusive dessen Unterhalt). Man erwartet, dass die Unternehmensleitungen m.a.W. dafür sorgen, dass die Organisationen ihre einzigartige Funktion erfüllen, nämlich die Kapazität kollektiv zu handeln. ... Dies wird allerdings durch die im Zuge der Spezialisierung und Koordination etablierte vertikale (Hierarchie) und horizontale Arbeitsteilung erschwert, die die Individuen in einer Unternehmung mit einzigartigen Positionen, Perspektiven und Interessen versehen (Herv. im Orig.).) Für die Zielformulierung einer Organisation ist es gemäß dieser Theorie wichtig, die Organisation im zentripetalen Sinne als ‚Koalition von Individuen‘ zu betrachten („koalition av individer“, Bruzelius et al. 1995, 88), wobei das ZENTRIPETALMODELL nicht nur verbal (‚Koalition‘), sondern auch anhand von nonverbalen Veranschaulichungen der verbalen Ausführungen dargestellt wird, weshalb es sich hier nicht um Zufälligkeiten in der schwedischen Organisationstheorie handelt. Diese konzeptuelle Interrelation zwischen Sprache und Bild ist – wie schon bei den bisherigen Darstellungen zur deutschen und schwedischen Organisationstheorie – erst durch den bild-schematischen Zugriff auf das Untersuchungsmaterial greifbar. In Abb. 34 unten wird sowohl das Zusammenführen von ‚Individuen‘ in Kleingruppen als auch das Bild-Schema HORIZONTALITÄT durch die Art der Relation der Kleingruppen zueinander nonverbal konzeptualisiert:

Abb. 34: Bruzelius et al. 1995, 65: Organisation als System.

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Gemäß des ZENTRIPETALMODELLS sind dann auch die Ziele einer Organisation nicht notwendigerweise von der Unternehmensführung vorgegeben, sondern können als Resultat der zentripetalen Kooperation in Form von gemeinsam aufgestellten Zielen in Gruppen eines Organisationssystems formuliert werden (vgl. Abb. 34 oben). Das Besondere hierbei ist, dass die Vertikalität keine systembildende Funktion in den Darstellungen der schwedischen Fachliteratur hat und ebenso durch horizontale Arbeitsprozesse ersetzt werden kann, wie aus dem nächsten Beispiel deutlich wird: 62) „Av speciellt intresse i samarbetsfrågor är metoder för gemensam målformulering [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR] mellan olika grupper av sidoordnad personal [HORIZONTALITÄT] och mellan anställda på olika organisatoriska nivåer [VERTIKALITÄT]. Aktuellt för framtiden när det gäller gemensam målformulering är olika projekt för att involvera allt större grupper i företaget [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT] i den ekonomiska planeringen.“ (Berg/Sjöstrand 1979, 355) (Von besonderem Interesse bei Fragen der Zusammenarbeit sind Methoden für eine gemeinsame Zielformulierung zwischen verschiedenen Gruppen von horizontal geordnetem [eigentlich: ‚seitlich geordnetem‘] Personal und zwischen Angestellten auf unterschiedlichen organisationalen Ebenen. Aktuell für die Zukunft, was die gemeinsame Zielformulierung betrifft, sind verschiedene Projekte, um immer größere Gruppen im Unternehmen in die wirtschaftliche Planung zu involvieren.) Die Kompetenzfrage ist somit nicht hierarchisch an das obere Management gebunden, sondern Zielausrichtung bedeutet nach der schwedischen Konzeptualisierungstradition das zentripetale Ausrichten und Zusammenführen von gesammelten Kompetenzen einer Organisation. Aus dieser Sicht heraus lässt sich das Grundverständnis von Organisation schlechthin formulieren, nämlich: 63) „Organisationens förmåga att målinriktat vid varje tidpunkt ta tillvara och utveckla den samlade kompetensen hos medarbetarna i syfte att lösa förelagda och/eller påtagna funktioner [VEKTOR + BELEBTHEIT + ZENTRIPETALITÄT: PHYSISCHE TÄTIGKEIT].“ (Wilhelmson 1994, 87) (Die Fähigkeit der Organisation, zu jedem Zeitpunkt zielgerichtet die gesammelte Kompetenz der Mitarbeiter zu erfassen und zu entwickeln, um auferlegte und/oder übernommene Funktionen zu lösen.) Sowohl für die Zielformulierung und Zielverwirklichung von Organisationen als auch für die Organisation als System bedeutet die bisher dargestellte prototypische Konzeptualisierung der ZENTRIPETALITÄT ein erhöhtes Maß an Situationsunklarheiten und auch ein großes Maß an Unsicherheiten für das Management. Dies wird in der schwedischen Fachliteratur reflektiert und als besonders für das

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schwedische Organisationssystem kennzeichnend dargestellt. Edström/Jönsson (2000, 167) sprechen in diesem Zusammenhang von der ‚schwedischen Undeutlichkeit‘. Der Dialog – und damit Kommunikation schlechthin – erhält aus diesem Zusammenhang heraus eine andere Funktion als im deutschen Organisationsmanagement. Aufgrund der systemischen ‚Undeutlichkeit‘ wird Kommunikation zum wichtigsten Mittel, diese Undeutlichkeit zu überwinden, um das organisatorische Gesamtziel zu erreichen (näheres dazu in Kap. 8.2.2). Das ZENTRIPETALMODELL wird gerade durch das Prinzip der Kommunikationsfähigkeit im weitesten Sinne zusammengehalten, was dann auch Auswirkungen auf die Art der Führungstätigkeiten, auf das Hierarchieverständnis, die Arbeitsdelegation usw. hat, wie im nächsten Unterkapitel gezeigt wird.

8.2.2 Konzeptualisierung der Führungstätigkeiten und des Hierarchieverständnisses Konnte für die deutsche Organisationstheorie die prototypische Konzeptualisierung anhand vertikaler Pyramidenstrukturen nachgewiesen werden, so verhält es sich in der schwedischen Organisationstheorie völlig anders. Dies hat dann auch entsprechende Konsequenzen für das Hierarchieverständnis und die Grundsätze, nach denen sich die Führungstätigkeiten richten. Dabei zeigt sich wiederum ein den deutschen Konzeptualisierungen diametral entgegengesetztes konzeptuelles Hantieren mit diesem Theorienbereich. Es ist auffällig, dass die Betonung vertikaler Strukturen im pyramidialen Sinne in der schwedischen Theorie so gut wie fehlen. Dies bedeutet nicht, dass Hierarchien nicht einen eigenen Platz in der schwedischen Organisationstheorie hätten, nur nehmen sie eine andere Wertigkeit als in der deutschen Theorie ein. Dies ist u. a. dadurch bedingt, dass das BildSchema der HORIZONTALITÄT in der schwedischen Theorienbildung im Vordergrund steht. Hierbei ist es weniger das Faktum der zentralen Funktion von HORIZONTALITÄT in der schwedischen Theorie gegenüber VERTIKALITÄT in der deutschen, sondern vielmehr die sich daraus ergebenden konzeptuellen Implikationen für das Management im Umgang mit den Mitarbeitern und die Erwartungen, die an eine Führungskraft gestellt werden, welche zu den diametral entgegengesetzten kognitiven Modellen in der schwedischen Theorie führen. Wie weiter oben schon angeführt wurde, geht die schwedische Theorie von verschiedenen Individuen aus, die in einer Organisation tätig sind. Hierbei handelt es sich nicht nur um ein Modewort, sondern dies hat autorenübergreifende Konsequenzen für die Hantierung mit dem Objektbereich. Nach dieser Theorie ist es kennzeichnend für die Leitung einer Unternehmung, dass sie mit ‚Unsicherheiten‘

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bzw. ‚Unklarheiten‘ oder ‚Undeutlichkeiten‘ umgehen kann.6 Differenzierungen und Verantwortlichkeitsaufteilungen als strukturbildende Elemente im Sinne der unabdingbaren Voraussetzung für organisatorisches Verhalten fehlen. Dabei wird das Vorhandensein von Unsicherheiten/Unklarheiten für Problemlösungen nicht als etwas Negatives aufgefasst, sondern bildet eine Handlungsvoraussetzung, die zum Dialog führen soll, um schließlich auf diesem Wege den zentripetalen Zustand des Gruppen-Konsens zu erreichen. Kommunikationsfähigkeit wird somit zu einer unhintergehbaren Voraussetzung für ‚gutes‘ Management gemäß dieses schwedischen Modells. Folglich wird eine situational oder arbeitsinhaltlich bedingte ‚Unsicherheit‘ als notwendige Voraussetzung aufgefasst, durch welche erst die eigentliche betriebliche Leistung als Zusammenführung der individuellen Beitragsleistungen einzelner Mitarbeiter im Sinne des ZENTRIPETALMODELLS erreicht werden kann. In Zitat 64 wird organisationale Unsicherheit als Ausgangspunkt betrachtet, von dem aus eine Organisation zum Zustand der ZENTRIPETALITÄT gelangt. ‚Undeutlichkeit‘ als Ausgangspunkt für organisationales Handeln ist dabei gemäß Zitat 65 als Vorteil zu sehen: 64) „Osäkerhet är utgångspunkten för den följande diskussionen om företagsledning [BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG]. Huvudtanken är att det är den som behöver hanteras för att åstadkomma samordnad handling bland ett större antal orelaterade individer [VEKTOR + ZENTRIPETALITÄT].“ (Sjöstrand 2000, 26) (Unsicherheit ist der Ausgangspunkt für die folgende Diskussion über die Unternehmensleitung. Der Hauptgedanke ist, dass die Unsicherheit bearbeitet werden muss, um koordinierte [eigentlich: ‚zusammengeordnete‘] Tätigkeiten zwischen einer größeren Anzahl nicht miteinander in Beziehung stehender Individuen zu erreichen.) 65) „Otydligheten bygger på en strävan efter konsensus [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR: BAUWERK], vilket kräver dialog och en ömsesidighet i accepterandet av en gemensam uppfattning [ZENTRIPETALITÄT]. En viktig poäng med konsensus är att medlemmarna i gruppen känner ett deltagande i beslutet och därmed ansvar för resultatet [CONTAINER + VEKTOR]. För att skapa utrymme för diskussion och anpassning till följd av diskussionens förlopp är det en fördel om utgångsläget är otydligt och en precisering sker under diskussionens lopp [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR: BAUWERK + FORTBEWEGUNG].“ (Edström/Jönsson 2000, 167) 6

Hierbei kann angemerkt werden, dass die aus der deutschen Theorie bekannte Einteilung in oberes, mittleres, unteres Management kaum in den schwedischen Darstellungen zu finden ist. Statt dessen wird ledigllich von der ‚Leitung’, eventuell auch von der ‚Leitungsgruppe’ gesprochen. Weitere hierarchische Kategorisierungen sind eher selten.

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(Die Undeutlichkeit baut auf einem Streben nach Konsens, was die Notwendigkeit eines Dialogs sowie auch Gegenseitigkeit für das Akzeptieren einer gemeinsamen Auffassung [einer gemeinsamen Meinungsbildung] bedeutet. Besonders wichtig beim Konsens ist, dass die Gruppenmitglieder fühlen, dass sie am Beschluss teilnehmen und dadurch eine Verantwortlichkeit für das Resultat empfinden. Um Raum für Diskussion und Anpassung als Folge des Diskussionsverlaufs zu schaffen, ist es von Vorteil, wenn die Ausgangslage undeutlich ist und eine Präzision während des Diskussionsverlaufs geschieht.) Kognitionsmetaphorisch ist bei diesen Zitat-Quellen anzumerken, dass die Konzeptualisierungen quellenunabhängig durchgehend auf wiederkehrende BildSchemata fußen. In den Zitaten 64 - 66 dominieren die Bild-Schemata als Konzeptualisierungen gegenüber den Metaphern. Auch die danach folgenden Zitate sind durchgehend bild-schematisch konzeptualisiert, wobei die Metaphern eher selten sind, was auch bezüglich der schwedischen Organisationstheorie als Fachsprache den Ubiquitätsanspruch eher für die Bild-Schemata als für die konzeptuellen Metaphern oder Metonymien in den Vordergrund hebt: 66) „Det mer abstrakta, kognitivt inriktade strukturförmedlandet fungerar osäkerhetsminskande genom att likrikta förväntningarna, vilket skapar en viss förutsägbarhet beträffande individers handlingar i en organisation [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR: SPRECHHANDLUNG]. Varje individ blir därmed rimligt säker på vad de övriga gör och kommer att göra. Detta förhållande underlättar påtagligt individernas möjligheter till samverkan [ZENTRIPETALITÄT].“ (Sjöstrand 1991, 149) (Die eher abstrakte, kognitiv ausgerichtete Strukturvermittlung fungiert unsicherheitsreduzierend durch Gleichschaltung der Erwartungen, was eine gewisse Voraussagbarkeit für die Tätigkeiten der Individuen in einer Organisation schafft. Jedes Individuum weiß dadurch ziemlich sicher, was die übrigen machen und machen werden. Dieser Umstand erleichtert erheblich die Möglichkeit der Individuen zum Zusammenwirken.) 67) „Det är naturligtvis viktigt att de olika organisationsenheterna arbetar i samma riktning och mot samma mål [BELEBTHEIT + ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. I figur ... fungerar VD som samordnare [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT] av den totala verksamheten, medan tillverkningschefen samordnar verksamheten inom tillverkningsavdelningen [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT]. Ekonomichefen samordnar aktiviteten inom ekonomifunktionen, försäljningschefen inom försäljningsfunktionen etc. [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT].“ (Bruzelius/Skärvad 1995, 144f.)

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(Es ist natürlich wichtig, dass die verschiedenen Organisationseinheiten in die gleiche Richtung und auf das gleiche Ziel hin arbeiten. In Figur ... fungiert der Geschäftsführer als Zusammenordner [Koordinator] der gesamten Tätigkeit, während der Produktionschef die Tätigkeit in der Produktionsabteilung zusammenführt [koordiniert]. Der Ökonomiechef führt [koordiniert] die Aktivitäten im Bereich der Ökonomiefunktion zusammen, der Verkaufsleiter innerhalb der Verkaufsfunktion etc.) ZENTRIPETALITÄT wird hierbei im Sinne der betrieblichen Synthese einzelner Handlungen verstanden. Dies hat auch im Schwedischen eine Arbeitsaufteilung zur Voraussetzung. Nur liegt die Betonung – im Unterschied zur deutschen Organisationstheorie – auf der Überwindung zentrifugaler Tendenzen welcher Art auch immer. Dabei wird Kommunikation (die ‚Diskussion‘) zum zentralen organisationssteuerenden Instrument. Hier formuliert die schwedische Organisationstheorie ihre zentrale Konzeptualisierung in der Rolle, die die bertriebliche Führung in diesem Zusammenhang einnimmt; nämlich im vektorialen Sinne auf die Mitarbeiter einzuwirken, um anhand von ZENTRIPETALITÄT als Verfahrensweise auch ZENTRIPETALITÄT als Endzustand zu erreichen (Zitat 64-67; auch Zitat 76 weiter unten). Kulturtheoretisch interessant ist auch im Fall der schwedischen Organisationstheorie die indigene Funktion der Bild-Schemata, die erst aufgrund der jeweils wahlweisen Integrierung in ein prototypisches IKM eine kulturspezifische Rolle erhalten. Dies gilt für die schwedische Fachsprache in diesem Bereich vor allem bezüglich der Bild-Schemata CONTAINER, ZENTRIPETALITÄT, VEKTOR, BELEBTHEIT und HORIZONTALITÄT. Die dem ZENTRIPETALMODELL entgegengesetzten Bild-Schemata ZENTRIFUGALITÄT und VERTIKALITÄT werden auch in der schwedischen Theorie verwendet, jedoch nicht in prototypischer Form, was sie als indigene – nicht jedoch als kulturspezifische – BildSchemata in der schwedischen Organisationstheorie kennzeichnet. Zitat 66 veranschaulicht diese unterschiedlichen Funktionen der Bild-Schemata, indem VERTIKALITÄT und ZENTRIFUGALITÄT am Ende der Aussage wieder dem ZENTRIPETALMODELL untergeordnet und dadurch in ihrer Relevanz eingeschränkt werden. Paraverbal geschieht diese Wertung zum Beispiel durch die kursive Hervorhebung der zentripetalen Konzeptualisierungen: 68) „Styrning handlar sålunda om att få organisationens olika avdelningar och medarbetare att på ett målinriktat och samordnat sätt [VEKTOR + ZENTRIPETALITÄT: TRANSPORTMITTEL] fullgöra sina uppgifter. Det gäller att få organisationens olika enheter och medarbetare att dra åt samma håll [VEKTOR + ZENTRIPETALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT], dvs att arbeta mot gemensamma överordnade mål [ZENTRIPETALITÄT + VERTIKALITÄT +

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VEKTOR] när de fullgör sina speciella uppgifter [CONTAINER + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. De specifika målen för olika enheter och medarbetare [ZENTRIFUGALITÄT] skall, om målen uppnås [VEKTOR], bidra till att organisationen uppnår sina överordnade mål [VERTIKALITÄT + VEKTOR]. Beslut och handlingar utförs på ett samordnat sätt [ZENTRIPETALITÄT].“ (Bruzelius/Skärvad 1995, 343; Herv. im Orig.) (Steuerung/Lenkung bedeutet daher, die verschiedenen Abteilungen und Mitarbeiter der Organisation auf eine zielgerichtete und zusammengeordnete Weise ihre Aufgaben ausführen [eigentlich: ‚vollmachen‘] zu lassen. Es geht darum, die verschiedenen Einheiten und Mitarbeiter der Organisation dazu zu bringen, in die gleiche Richtung zu ziehen [am gleichen Strang zu ziehen], d.h. auf gemeinsame übergeordnete Ziele hin zu arbeiten, wenn sie ihre speziellen Aufgaben erledigen. Die spezifischen Ziele für verschiedene Einheiten und Mitarbeiter sollen, wenn die Ziele erreicht werden, dazu beitragen, dass die Organisation ihre übergeordneten Ziele erreicht. Beschlüsse und Tätigkeiten werden auf eine zusammengeführte Weise ausgeführt (Herv. im Orig.)). Während die Fachsprache der schwedischen Organisationstheorie nicht ohne BildSchemata auskommt, kann im Unterschied dazu ohne weiteres auch bei einzelnen fachspezifischen Darstellungen sogar durchgängig auf die Verwendung von Metaphern verzichtet werden (vgl. die folgenden Zitate unten). Die ubiquitäre Verwendung von Bild-Schemata legt es aus kognitionstheoretischer Perspektive auch hier wieder nahe, die Ubiqitätsthese im Falle von Fachsprachen für die BildSchemata zu erheben, nicht jedoch bezüglich der konzeptuellen Metaphern. Weiterhin wird auch in den folgenden Zitatbeispielen die schon erwähnte prototypische Verwendungstradition gewisser Bild-Schemata für den genannten Sachbereich deutlich: 69) „De olika avdelningarnas beslut och verksamhet måste samordnas så att de på bästa sätt gemensamt bidrar till att uppfylla företagets huvudmål [BELEBTHEIT + ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Samordningen av hela företagets verksamhet sker genom VD [ZENTRIPETALITÄT].“ (Olsson/Skärvad 1985, 31) (Die Beschlüsse und Tätigkeiten der verschiedenen Abteilungen müssen zuzammengeordnet/zusammengeführt werden, damit sie auf die beste Weise gemeinsam dazu beitragen das Hauptziel des Unternehmens zu erreichen. Das Zusammenführen der Tätigkeit des gesamten Unternehmens geschieht durch den Geschäftsführer.) 70) „Den ovan beskrivna organiseringen behöver på något sätt styras och det är just de aktiviteter som syftar till att åstadkomma koordinerade handlingar bland ett antal (olika) individer [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR: TRANSPORT-

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MITTEL] som brukar benämnas företagsledning. Denna samordning kann ske i mer eller mindre kollektiva former [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT].“ (Sjöstrand 2000, 26; Herv. im Orig.) (Das oben beschriebene Organisieren muss irgendwie gesteuert werden, und es sind gerade die Aktivitäten, die darauf ausgerichtet sind, koordinierte Handlungen bei einer Anzahl (verschiedener) Individuen zu bewirken, was als Unternehmensleitung bezeichnet wird. Diese Zusammenführung kann in mehr oder weniger kollektiven Formen geschehen. (Herv. im Orig.)) 71) „En chefs uppgift är därför att medverka till att utveckla en organisation för fritt informationsutbyte och samtidigt en öppen kommunikation (VEKTOR + CONTAINER]. Endast på detta sätt kann livs- och systemsfärerna harmoniera med varandra [ZENTRIPETALITÄT].“ (Sveiby/Risling 1986, 152) (Die Aufgabe eines Vorgesetzten ist es daher dabei mitzuwirken, eine Organisation für einen freien Informationsaustausch und gleichzeitig für eine offene Kommunikation zu entwickeln. Nur auf diese Weise können die Lebens- und Systemsphären miteinander harmonieren.) 72) „De [företagsledare] behövs också för att bidra till organiseringen av ett i huvudsak kollektivt, hyggligt samordnat handlande [ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR] (inklusive ett underhåll av detsamma). Företagsledningar förväntas m.a.o. verka för att organisationer skall kunna uppfylla sin unika funktion, nämligen kapaciteten att handla kollektivt [BELEBTHEIT + ZENTRIPETALITÄT].“ (Sjöstrand 2000, 30) (Sie [die Geschäftsführer] werden auch gebraucht, um für ein Organisieren eines hauptsächlich kollektiven, ordentlich zusammengeordneten Handelns (inklusive des Aufrechthaltens desselbigen) beizutragen. Von Unternehmensleitungen wird m.a.W. erwartet, dass sie dafür arbeiten, dass Organisationen ihre einzigartige Funktion erfüllen können, nämlich die Kapazität kollektiv zu handeln.) 73) „Gemensamt för alla typer av ledarskap är samspelet mellan ledare och medarbetare [ZENTRIPETALITÄT: SPORT/SPIEL]. ... Chefen agerar inte heller enbart som individ utan i samspel med vissa nära medarbetare [ZENTRIPETALITÄT: SPORT/SPIEL]“ (Edström/Jönsson 2000, 149) (Gemeinsam für alle Formen von Leitung ist das Zusammenspiel zwischen Leiter und Mitarbeiter. ... Der Chef agiert auch nicht nur als Individuum, sondern im Zusammenspiel mit gewissen nahen Mitarbeitern) 74) „Ledarskapsprocessen är med detta synsätt mer en kollektiv företeelse [ZENTRIPETALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG] – mer ett uttryck för samspel [ZENTRIPETALITÄT: SPORT/SPIEL] mellan flera var för sig olika men interaktiva och sammansatta människor [ZENTRIPETALITÄT].“ (Sjöstrand 1991, 224)

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(Der Leitungsprozess ist mit dieser Sichtweise eher eine kollektive Erscheinung – eher ein Ausdruck für Zusammenspiel zwischen mehreren jeweils unterschiedlichen aber interaktiven und komplizierten [eigentlich: zusammengesetzten] Menschen.) Strukturbildend für das ZENTRIPETALMODELL der schwedischen Organisationstheorie ist die deutliche Dominanz des Bild-Schemas HORIZONTALITÄT gegenüber VERTIKALITÄT. Zum Teil führt die kulturspezifische Rolle der HORIZONTALITÄT in der schwedischen Fachliteratur zur offenen Ablehnung gegenüber Hierarchien; sogar in grundsätzlicher Weise, wie aus dem folgenden Zitat deutlich wird. Folglich wird das organisatorische Gewicht auf ein zentripetales Verständnis einer jeweiligen organisatorischen Einheit verlagert, die ihre Bedeutung aufgrund der vektorialen Ausrichtung auf sich selbst (in diesem Sinne zentripetal) als eigenständige Einheit in der Organisation erhält. Vertikale Strukturen aufgrund von Hierachien werden hier überflüssig: 75) „Hierarkin är i många fall helt onödig [VERTIKALITÄT unnötig]. När komplexa arbetsuppgifter ska utföras av professionella medarbetare, kan, och i många fall måste, dessa vara självstyrande [ZENTRIPETALITÄT: TRANSPORTMITTEL]. De kan mer än chefen och i en organisation med väl utvecklad informationsteknologi kan de på egen hand hämta hem den nödvändiga informationen [ZENTRIPETALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Därför blir det allt vanligare att pyramiderna rivs, organisationen vänds mot kunden och styrs horisontellt snarare än vertikalt [HORIZONTALITÄT dominiert gegenüber VERTIKALITÄT: BAUWERK + TRANSPORTMITTEL].“ (Skärvad/Olsson 2003, 82) (Die Hierarchie ist in vielen Fällen völlig unnötig. Wenn komplexe Arbeitsaufgaben von professionellen Mitarbeitern ausgeführt werden sollen, können, und oft müssen, diese selbststeuernd sein. Sie können mehr als der Chef, und in einer Organisation mit einer gut entwickelten Informationstechnologie können sie selbständig [eigentlich: mit der eigenen Hand] die notwendige Information einholen [eigentlich: ins Heim holen]. Daher wird es immer gewöhnlicher, dass die Pyramiden abgerissen werden, dass die Organisationen sich auf die Kunden ausrichten und eher horizontal als vertikal gesteuert werden.) Die prototypische Funktion des ZENTRIPETALMODELLS in der schwedischen Organisationstheorie hat dann auch Konsequenzen für das Verständnis des Kommunikationsbegriffs, der jetzt vor allem durch das Bild-Schema der HORIZONTALITÄT geprägt ist. Kommunikation wird nach diesem Verständnis als Mittel zum Erreichen des Zentripetalzustands und zur Überwindung von situativen Unklarheiten (‚Konflikten‘) vor allem im horizontalen Verlauf verstanden. Dieser Sachverhalt wird im folgenden Zitat 76 anhand der jeweils indigenen

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Funktion des Bild-Schemas ZENTRIFUGALITÄT und kulturspezifischen Rolle der Bild-Schemata HORIZONTALITÄT und ZENTRIPETALITÄT deutlich. Dies geschieht in Zitat 76 dadurch, dass HORIZONTALITÄT zur Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer Organisation gesetzt wird. In Zitat 76 kommt das schwedische IKM (ZENTRIPETALMODELL) zur Anwendung, indem HORIZONTALITÄT mit ZENTRIPETALITÄT konzeptuell in Verbindung gesetzt wird, um das dem schwedischen IKM gegenläufige Bild-Schema ZENTRIFUGALITÄT zu überwinden. Hieraus erklärt sich kulturtheoretisch für die schwedische Organisationstheorie die indigene Funktion des Bild-Schemas ZENTRIFUGALITÄT. Dieses Bild-Schema wird zwar als mögliches Phänomen erkannt, ist jedoch hier nicht als dominantes, erwünschtes Bild-Schema konzeptualisiert. An dieser Stelle bestätigt Zitat 76 die auch bei anderen Autoren in der schwedischen Organisationstheorie verwendete Konzeptualisierung der Bild-Schemata. Somit wird in Zitat 76 ZENTRIPETALITÄT (in Abgrenzung von dem gegenteiligen Bild-Schema) als Grundvoraussetzung organisationalen Handelns schlechthin gesetzt, woraus an dieser Stelle dessen kulturspezifische Rolle deutlich wird: 76) „De horisontella kommunikationsprocesserna [HORIZONTALITÄT] är av vital betydelse för organisationens sätt att fungera. De är samtidigt komplicerade eftersom de ofta skär tvärsöver relativt oberoende eller åtminstone starkt differentierade enheter [HORIZONTALITÄT zur Überwindung von ZENTRIFUGALITÄT: MESSER]. Kommunikationen skall då verka sammanhållande, dvs den skall inriktas på att förhindra en upplösning av organisationen [ZENTRIPETALITÄT als gewünschtes Resultat: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. En hel del av denna tvärkommunikation [HORIZONTALITÄT: FESTE MATERIE] initieras på basis av konfliktupplevelser [VERTIKALITÄT: BAUWERK.“ (Sjöstrand 1991, 218) (Die horizontalen Kommunikationsprozesse sind von vitaler Bedeutung für das Funktionieren der Organisation. Sie sind gleichzeitig kompliziert, weil sie oft quer über relativ unabhängige oder zumindest stark differenzierte Einheiten schneiden. Die Kommunikation soll dann zusammenhaltend wirken, d.h. sie soll darauf ausgerichtet sein eine Auflösung der Organisation zu verhindern. Ein großer [eigentlich: ganzer] Teil dieser Querkommunikation wird auf der Basis von Konflikterlebnissen initiiert.) Die systembildende Rolle der zentripetal ausgerichteten Führungstätigkeit und die in diesem Zusammenhang dargestellte Funktion der horizontal ausgerichteten Kommunikation haben weitgehende Konsequenzen nicht nur für die damit verbundenen Konzeptualisierungen, die sich in der Frage der Prototypikalität nicht nur von den Konzeptualisierungen der deutschen Organisationstheorie unterscheiden, sondern anhand derer u. a. auch ausdrücklich Abstand von solchen Traditio-

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nen genommen wird, die in Deutschland mit Hierarchiefragen verbunden sind. Teilweise geschieht dies durch indirekte Aussagen diesbezüglich. Teilweise geschieht es auch durch offene Kritik des pyramidialen Systems. Das pyramidiale System wird daher aus schwedischer Sicht in Zitat 77 mit dem militärischen Bereich verglichen und deutlich negativ gewertet. 77) „Företagsorganisationen avses få färre hierarkiska nivåer [VERTIKALITÄT reduziert]; en plattare organisation [HORIZONTALITÄT]. Såväl bas som toppledning stärks, medan mellannivåerna tunnas ut [HORIZONTALITÄT als Ziel: BAUWERK]. ... Ibland används en metafor som bryter med det vertikala tänkandet som uttrycks i slagordet ‚riv pyramiderna‘ [VERTIKALITÄT nicht erwünscht: PHYSISCHE TÄTIGKEIT + BAUWERK]. Det som i den hierarkiska bilden utgör pyramidens bas kallas i ett militärt språkbruk fronten, med soldater i strid på marknaden [VERTIKALITÄT: BAUWERK + KRIEG/KAMPF]. Bakom fronten finns staberna och ledaren [HORIZONTALITÄT: KRIEG/KAMPF]. Till företagsledningens uppgifter hör att ge en samlande idé för kampen på marknaden [ZENTRIPETALITÄT: KRIEG/KAMPF] ... Om riv pyramiderna var ett tungt slagord på 80-talet så är nu det väsentliga tillägget till våra ‚element‘ en förändring i horisontalledet: murar mellan olika funktioner, avdelningar och yrken rivs [HORIZONTALITÄT: BAUWERK + MAUER + PHYSISCHE TÄTIGKEIT]. Det gäller allt från de individuella tillverkningsoperationerna ... till samverkan mellan olika funktioner [ZENTRIPETALITÄT]“ (Sandberg 1997, 26f.; Herv. im Orig.) (Die Unternehmensorganisation soll weniger hierarchische Ebenen erhalten, eine flachere Organisation. Sowohl die Basis als auch die Spitzenleitung werden verstärkt, während die Zwischenniveaus verdünnt werden. ... Manchmal wird eine Metapher verwendet, die mit dem vertikalen Denken bricht und im Schlagwort ‚Reißt die Pyramiden‘ zum Ausdruck kommt. Was im hierarchischen Bild die Basis der Pyramide ausmacht, wird im militärischen Sprachgebrauch als Front bezeichnet, mit Soldaten im Kampf auf dem Markt. Hinter der Front befinden sich die Stäbe und der Führer. Zur Aufgabe der Unternehmensführung gehört es, eine zusammenführende/verbindende Idee für den Kampf auf dem Markt zu geben ... Wenn ‚Reißt die Pyramiden‘ ein schweres Schlagwort in den 1980er Jahren war, so ist die wesentliche Ergänzung zu unseren ‚Elementen‘ eine Veränderung in der Horizontallinie: Mauern zwischen verschiedenen Funktionen, Abteilungen und Berufen werden eingerissen. Dies betrifft alles von den einzelnen Produktionsoperationen ... bis zum Zusammenwirken zwischen verschiedenen Funktionen (Herv. im Orig.).) Die Art der Bezugnahme auf das in dem schwedischen Kulturraum verbreitete Schlagwort ‚riv pyramiderna‘ (‚Reißt die Pyramiden‘) in Zitat 77 ist eine logische Folge des schwedischen IKMs. Dass mit dem Abbau von VERTIKALITÄT nicht

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automatisch ein ungestörter horizontaler Kommunikationsfluss entsteht, wird am Ende von Zitat 77 deutlich, wo anhand der Metapher STÖRUNGEN ZWISCHEN DEN ABTEILUNGEN SIND MAUERN die möglichen Hindernisse für das Erreichen von ZENTRIPETALITÄT konzeptualisiert werden. Diese Hindernisse müssen dem Zitat gemäß ebenso wie die Pyramiden niedergerissen werden, um das Prinzip der ZENTRIPETALITÄT zu ermöglichen. Hier wird ein Hinweis darauf gegeben, dass die Gefahr der Segregation, die – ebenso wie stark ausgeprägte Hierarchien – das schwedische Prinzip der ZENTRIPETALITÄT stören, auch bei der Verwirklichung von HORIZONTALITÄT nicht automatisch ausgeschlossen ist. In der schwedischen Organisationstheorie ist die Kritik gegen vertikale Konzepte nichts Neues seit den 1980er Jahren, sondern findet sich schon in der Fachliteratur vorher, woraus die Kulturgebundenheit des schwedischen ZENTRIPETALITÄTSModells – schon lange vor dem Schlagwort ‚Reißt die Pyramiden ein‘ – deutlich wird (vgl. auch Zitat 69 oben7 und weiter unten Abb. 36 und 40 sowie Zitat 93 und 99 weiter unten): 78) „Den enskilde individen i företaget ‚indoktrineras‘ till att se sig som inlemmad i en vertikal grupp genom den formella hierarkins ram [VERTIKALITÄT als etwas Negatives + CONTAINER: BILD], medan han däremot ofta inte alls är medveten om den – i många fall lika reella – grupptillhörigheten som han har på det horisontella planet [HORIZONTALITÄT] ... Denna begränsning i hans synsätt kann leda till en successiv avskärmning och isolering från dessa parallella enheter [ZENTRIFUGALITÄT als Gefahr: VISUELLE WAHRNEHMUNG], vilket försvårar samarbetet [ZENTRIPETALITÄT] mellan de olika organisationsenheterna.“ (Carlson/Ramström 1967, 101f. Herv. im Orig.) (Dem einzelnen Individuum im Unternehmen wird aufgrund des formellen hierarchischen Rahmens ‚indoktriniert‘, dass es sich als eingebunden in einer vertikalen Gruppe sehen soll, während es sich oft gar nicht bewusst ist über die – in vielen Fällen genau so reale – Gruppenzugehörigkeit auf horizontaler Ebene ... Diese Begrenzung seiner Sichtweise kann zu einem allmählichen Abschirmen und einer Isolierung von diesen parallelen Einheiten führen, was die Zusammenarbeit zwischen den Organisationseinheiten erschwert. (Herv. im Orig.)) Die klare Stellungnahme gegen das vertikale Organisationsprinzip ist auch heute noch kennzeichnend für die schwedische Fachliteratur in diesem Bereich. Immer wieder wird anhand der autorenübergreifenden Argumentation für das horizontale Prinzip (gegenüber der vertikalen Konzeptualisierung) die kulturspezifisch zentrale Funktion von HORIZONTALITÄT herausgestellt. Die indigene Relevanz 7

Die Erstauflage von Olsson/Skärvad stammt von 1973.

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von VERTIKALITÄT zeigt sich in der Funktion des Negativ-Beispiels dieses Bild-Schemas für die schwedische Konzeptualisierungstradition, wobei u. a. auch offen die Kulturspezifik von HORIZONTALITÄT für die schwedische Praxis schlechthin zum Ausdruck kommt (vgl. Zitat 81 und 83). Kognitionsmetaphorisch ist auch in den folgenden Zitaten bei der Hantierung dieser zentralen Konzeptualisierungen die Abwesenheit von konzeptuellen Metaphern bei gleichzeitig systematischem Gebrauch der Bild-Schemata auffällig: 79) „I stället får långa beslutsvägar och handläggare som arbetar som ‚ensamvargar‘ [HORIZONTALITÄT + WEG: TIER] kann det utvecklas plattare organisationer med grupporienterat arbetssätt [HORIZONTALITÄT + ZENTRIPETALITÄT].“ (Wilhelmson 1994, 37) (Statt langer Beschlusswege und Sacharbeiter, die als ‚einsame Wölfe‘ arbeiten, können flachere Organisationen mit gruppenorientierter Arbeitsweise entwickelt werden.) 80) „Att vi talar om auktoritet här innebär inte att det måste vara en hierarkisk organisation [VERTIKALITÄT]. ... Organisationen är alltså inte nödvändigtvis liktydigt med hierarki eller byråkrati [Abkehr von VERTIKALITÄT].“ (Ahrne/ Hedström 1999, 15) (Dass wir hier von Autorität sprechen, bedeutet nicht, dass es sich um eine hierarchische Organisation handeln muss. ... Organisation ist also nicht notgedrungen gleichbedeutend mit Hierarchie oder Bürokratie.) 81) „Det finns i det svenska sättet att utöva ledarskap en preferens för teamwork [BELEBTHEIT + ZENTRIPETALITÄT] med chefen som ‚primus inter pares‘ [HORIZONTALITÄT].“ (Edström/Jönsson 2000, 157) (Es gibt in der schwedischen Art, Führungstätigkeiten auszuführen, eine Präferenz für Gruppenarbeit mit dem Chef als ‚primus inter pares‘) 82) „En förändring av arbetsorganisationen mot ett mer grupporienterat arbetssätt och en breddning av arbetsuppgifterna minskar sårbarheten [VEKTOR + ZENTRIPETALITÄT + HORIZONTALITÄT: VERWUNDUNG]. ... Man arbetar mera sida vid sida och lär bättre känna varandra [HORIZONTALITÄT + ZENTRIPETALITÄT].“ (Wilhelmson 1994, 40) (Eine Veränderung der Arbeitsorganisation in Richtung auf eine eher gruppenorientierte Arbeitsweise und eine Ausweitung der Arbeitsaufgaben verringert die Verwundbarkeit. ... Man arbeitet eher Seite an Seite und lernt einander besser kennen.) 83) „Utvecklingen mot och behovet av icke-hierarkiska organisationer [HORIZONTALITÄT] har bland annat dokumenterats av Produktivitetsdelegationen ... Av delegationens rapport framgår att svenska organisationer bör utveckla icke-

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hierarkiska organisationer [HORIZONTALITÄT], vilka kännetecknas av att de är platta [HORIZONTALITÄT], har få beslutsled och resultatansvar långt ner i organisationen [VERTIKALITÄT].“ (Bruzelius/Skärvad1995, 215; Herv. im Orig.) (Die Entwicklung in Richtung auf und der Bedarf an nicht-hierarchischen Organisationen ist unter anderem von der Produktivitätsdelegation dokumentiert worden ... Aus dem Bericht der Delegation geht hervor, dass schwedische Organisationen nicht-hierarchische Organisationen entwickeln sollen, die sich dadurch kennzeichnen, dass sie flach sind, wenige Beschlussinstanzen haben und die Resultatsverantwortlichkeit weit unten in der Organisation liegt. (Herv. im Orig.)) Aus interkultureller Perspektive ist es besonders wichtig in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Implementierung eines Systems in unterschiedlichen Kulturen nicht automatisch identische Verwirklichungen dieses Prinzips nach sich zieht. Dies gilt im Kontext des betrieblichen Managements auch für das Prinzip der Gruppenarbeit, das international als bekannt gesetzt werden kann. Wie die Analyse in der vorliegenden Untersuchung zeigt, bedeutet Gruppenarbeit im deutschen und schwedischen Kontext nicht das Gleiche. Weiter oben in Kap. 8.1 konnte schon für die Konzeptualisierung der Grupppenarbeit in der deutschen Organisationstheorie eine ungebrochen relevante VERTIKALITÄT als dominantes Bild-Schema nachgewiesen werden. Gerade aber an diesem Punkt unterscheidet sich das deutsche und schwedische Konzept der Gruppenarbeit. Aus obigen Beispielen wird die Dominanz des Bild-Schemas HORIZONTALITÄT für die Gruppenarbeit in der schwedischen Organisationstheorie deutlich. An anderer Stelle in der schwedischen Fachliteratur wird explizit auf Erfahrungswerte mit deutscher Gruppenarbeit in der Praxis hingewiesen. Letztere Hinweise thematisieren interessanterweise das Vorherrschen vertikaler Strukturen in deutscher Gruppenarbeit und bestätigen somit die durch die kognitionsmetaphorische Analyse erhaltenen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit. Wie folglich aus Zitat 84 hervorgeht, kommt bezüglich der deutschen betrieblichen Praxis für gruppenorientiertes Arbeiten auch ZENTRIPETALITÄT als Konzeptualisierung vor, ist jedoch – im Unterschied zum schwedischen Kulturraum – durch VERTIKALITÄT geprägt und damit nicht mit der schwedischen ZENTRIPETALITÄT identisch: 84) „Under krisen i den tyska bilindustrin 1992/93 intensifierades den ‚posttayloristiska‘ omorganiseringen med grupporganisering i de högteknologiska delarna [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT in ausgesuchten Bereichen]. Det nya är att grupporganisering [ZENTRIPETALITÄT] och decentralisering [ZENTRIFUGALITÄT] börjar introduceras även i de mer arbetsintensiva, manuella delarna [CONTAINER]. Grupporganiseringen får emellertid inte sällan en ‚strukturkonservativ‘ form som bibehåller rigida löpande band, korta arbets-

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cykler och mycket begränsad självorganisering inom en snarast, genom tillkommande team-leaders, stärkt hierarki [ZENTRIPETALITÄT + VERTIKALITÄT als Gruppenspezifikum].“ (Sandberg 1997, 36) (Während der Krise in der deutschen Automobilindustrie 1992/93 wurde die ‚posttaylorische‘ Umorganisation mit Gruppenorganisation in den hochtechnologischen Zentren intensiviert. Das Neue daran ist, dass Gruppenorganisation und Dezentralisierung auch in den mehr arbeitsintensiven, manuellen Teilen introduziert werden. Die Gruppenorganisation erhält jedoch nicht selten eine ‚strukturkonservative‘ Form, die rigide Fließbänder beibehält, sowie auch kurze Arbeitszyklen und eine sehr begrenzte Selbstorganisation innerhalb einer eher gestärkten Hierarchie aufgrund künftiger Gruppenleiter.) Die unterschiedliche Konzeptualisierung des Begriffs Gruppenarbeit in der deutschen und schwedischen Fachliteratur kann auch als unterschiedliche Enkulturationstradition einsichtig gemacht werden. Fachsprachentheoretisch wie auch übersetzungstheoretisch ergeben sich hieraus wichtige grundsätzliche Fragen, die nicht ohne eine interkulturelle oder zumindest kulturtheoretische Dimension auch dieser Fachgebiete gehandhabt werden kann. Dieser Umstand zeigt sich im Begriff der Gruppenarbeit daher, weil dieser Begriff als solcher zwar formal unkompliziert in andere Sprachen übersetzt werden kann, jedoch aufgrund seiner unterschiedlichen kulturellen Wertigkeit keinen universalen Begriff darstellt. Probleme können dann vor allem dort entstehen, wo man annimmt, dass durch die Verwendung eines universal brauchbaren lingua-franca-Begriffs im Sinne eines ‚Internationalismus‘ – hier des englischen Terminus teamwork – eine universale Rezeption dieses Begriffs folgen würde. Was kommunikationstheoretisch anhand des Begriffs des ‚Kulturfilters‘ in Anlehnung an Dahl (2001) in Kap. 5 dargestellt wurde, wird besonders durch die Konzeptualisierungsproblematik des Terminus Gruppenarbeit in exemplarischer Form deutlich: Kulturfilter gelten generell für den Rezeptionsprozess und machen daher auch keine Unterschiede zwischen kulturspezifischen Termini und ‚Internationalismen‘. Wie die bisherigen Beispiele zeigen, ist das Bild-Schema HORIZONTALITÄT prototypisch für die Art der Kommunikationsprozesse in der schwedischen Fachliteratur, aber auch für den Aufbau der Organisation im Sinne dessen, was in der deutschen Organisationstheorie als Organigramm bezeichnet wird, wobei letzterer Begriff durch die vertikal verlaufende pyramidiale Konzeptualisierung in der deutschen Theorie gekennzeichnet ist. So verwundert es auch nicht, dass der Begriff ‚Organigramm‘ nicht in der schwedischen Fachsprache dieses Bereichs Verwendung findet. Da sich auch die Fachsprache aus den bild-schematisch vorgeprägten kognitiven Modellen entwickelt, erstaunt es nicht, dass die schwedische Fachsprache neben dem (in der Regel entweder nur als sekundär relevant dargestellten oder deutlich negativ bewerteten) Begriff der Hierarchie

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andere Fachbegriffe verwendet. Hier handelt es sich u. a. um die Begriffe der ‚Heterarchie‘ (heterarki) und ‚Adhocratie‘ (adhocrati): 85) „När det gäller de fall där organiserande för flexibilitet skall tolkas som organiserande för anpassnings- eller förändringsförmåga [VEKTOR] så finns i huvudsak två slags strukturlösningar. Den ena tillhandahåller [BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT] en relativt allmän flexibilitet och benämns vanligen ‚projektstruktur‘. Den andra skapar [BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT] i huvudsak en auktoritetsflexibilitet, dvs den motsvaras av samexistensen [ZENTRIPETALITÄT] av flera parallella [HORIZONTALITÄT] hierarkier (= heterarki). Den senare benämns oftast ‚funktionell‘ struktur.“ (Sjöstrand 1991, 158) (In den Fällen, wo das Organisieren in Richtung auf Flexibilität als ein Organisieren für Anpassungs- und Verbesserungsvermögen gedeutet werden soll, gibt es hauptsächlich zwei Arten der Strukturlösungen. Die eine stellt eine relativ allgemeine Flexibilität zur Verfügung und wird gewöhnlicherweise ‚Projektstruktur‘ genannt. Die andere schafft hauptsächlich eine Autoritätsflexibilität, d.h. ihr entspricht die gleichzeitige Existenz [eigentlich: Zusammenexistenz] mehrerer paralleler Hierarchien (= Heterarchie). Die letztere wird oft als ‚funktionale‘ Struktur bezeichnet.)8 86) „I en Adhocrati styrs personalen till mindre del av överordnad kontroll och i förväg fattade regeltillämpningar [VERTIKALITÄT nicht signifikant + HORIZONTALITÄT + WEG: TRANSPORTMITTEL]. Den får självständigt fatta beslut och tillämpa ledningens övergripande och tolkningsbara policyinriktning [BELEBTHEIT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. ... Huvuduppgiften för ledningen i en Adhocrati är därför att hantera frågan hur organisationens och individens värderingar överensstämmer [BELEBTHEIT + ZENTRIPETALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. ... Det handlar om att man som ett kollektiv agerar strategiskt framgångsrikt [ZENTRIPETALITÄT + BELEBTHEIT: KAMPF/KRIEG]“ (Sveiby/Risling 1986, 152) (In einer Adhocratie wird das Personal zu einem geringeren Teil durch übergeordnete Kontrolle und im Voraus erstellte Regelanwendungen gesteuert. Es darf selbständig Beschlüsse fassen und die allgemeine und deutbare PolicyAusrichtung der Leitung anwenden. ... Die Hauptaufgabe für die Leitung in einer Adhocratie ist daher, die Frage zu lösen, wie die Bewertungen seitens der Individuen und der Organisation übereinstimmen. ... Es geht darum, dass man als Kollektiv strategisch erfolgreich handelt.)

8

Vgl. in diesem Zusammenhang den Begriff der Parallelhierarchie in der deutschen Organisationstheorie gemäß Krüger 2001, Abb. 22 oben, Kap. 8.1.2.

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In beiden Begriffen ‚Heterarchie‘ und ‚Adhocratie‘ ist die konzeptuelle Dominanz von VERTIKALITÄT zugunsten anderer Konzepte aufgegeben worden. Bei der Beschreibung von flachen Hierarchien in der schwedischen Organisationstheorie wird z. B. in Sveiby/Risling das Konzept der VERTIKALITÄT völlig aufgegeben und ausschließlich nur noch das Bild-Schema HORIZONTALITÄT durch den Begriff der ‚platten Organisation‘ konzeptualisiert: 87) „Det är vanligt att argumentera för att hierarkin [VERTIKALITÄT] skall ersättas av sin motsats, nämligen en platt och organisk organisation [HORIZONTALITÄT + BELEBTHEIT]. Mellanchefsninåerna bör vara färre och man orienterar sig istället i projekt och kommuniserar horisontellt [CONTAINER + Abbau von VERTKALITÄT zu Gunsten von HORIZONTALITÄT].“ (Sveiby/Risling 1986, 162) (Gewöhnlicherweise wird argumentiert, dass die Hierarchie durch ihr Gegenteil ersetzt werden solle, nämlich durch eine platte und organische Organisation. Die Ebenen der Zwischenchefs sollen weniger werden und man orientiert sich statt dessen anhand von Projekten und kommuniziert horizontal.) Die in diesem Kapitel dargestellten verbalen Konzeptualisierungen lassen sich auch nonverbal in den genannten Quellen nachweisen. So ist das prototypische Vorherrschen horizontal ausgerichteter Führungstätigkeiten kein Widerspruch in sich in der schwedischen Organisationstheorie und kann ohne weiteres auch grafisch dargestellt werden, wie im folgenden Beispiel, wo der geschäftsführende Direktor aus der Organisationsstruktur verschwunden ist und statt dessen im Sinne des „primus inter pares“ (vgl. Zitat 81 weiter oben)9 auf den nächst tiefer liegenden Niveaus anzutreffen ist (vgl. Abb. 35 unten).

9

Man vergleiche die unterschiedlichen Quellen dieses verbalen Zitats und der nachfolgenden Abbildung. Es muss auch hervorgehoben werden, dass diese Quellen keinen Bezug aufeinander nehmen. Dabei könnte ‚primus inter pares’ ohne weiteres als verbaler Kommentar dieser Abbildung fungieren.

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Legende:

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Funktionella specialister = funktionelle Spezialisten Varje organisationsmedlem har ett flertal chefer = Jedes Organisationsmitlied hat mehrere Vorgesetzte. Abb. 35: Sjöstrand 1991, 158: funktionelle Organisation.

Dadurch wird trotz der vertikalen Grundstruktur dieser Abbildung gleichzeitig die Vertikalität reduziert und statt dessen eine horizontale Ausweitung der unteren Niveaus und dadurch eine Stärkung des Horizontalverlaufs erreicht. Die in der Abb. 35 grafisch dargestellte funktionale Organisation mit der Virtualisierung der hierarchischen Funktion des Geschäftsführers ist ohne Änderungen aus der zitierten Quelle dargestellt. Konzeptuell interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Vorgesetztentum nach diesem Modell sich als eine gleichzeitige Gruppenzugehörigkeit auf unteren hierarchischen Niveaus versteht, wodurch die Logik in Abb. 35 einsichtig wird. Ebenso werden bezüglich der nonverbalen Darstellungen der Pyramidenorganisation alternative nonverbale Metaphorisierungen angeboten, wie z. B. in den folgenden zwei Abbildungen, in denen die vertikal dominierte Metapher ORGANISATIONEN SIND PYRAMIDEN mit der horizontal geprägten Alternative ORGANISATIONEN SIND ZELTLAGER (Berg/Sjöstrand 1979) oder als Alternative durch eine horizontal verlaufende Pyramide ersetzt wird (Skärvad/

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Olsson 2003). Im letzteren Fall gehen die Autoren (Skärvad/Olsson) von einer Kundenorientierung in der Organisationstätigkeit aus, bei der nicht nur VERTIKALITÄT durch HORIZONTALITÄT ersetzt worden ist, sondern auch die drei traditionellen Pyramidenebenen durch neue Funktionen geprägt sind:

Abb. 36: Berg/Sjöstrand 1979, 329: Organisation als Zeltlager.

Legende:

Ledning = Leitung Stöd och service = Unterstützung und Service Fronten = Front, Kunden = Kunde

Abb. 37: Skärvad/Olsson 2003, 76; die horizontale Organisationspyramide und der Kunde.

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Bezüglich der nonverbalen Darstellung kann auch hervorgehoben werden, dass die Pyramiden, dort wo sie in der schwedischen Theorie verwendet werden, durchgängig in grafisch sehr reduzierter Form dargestellt werden. Eine genauere optische Unterteilung einzelner Bestandteile der Pyramiden, wie in der deutschen Organisationstheorie (vgl. Kap. 8.1 oben) fehlt i.d.R. in den schwedischen Darstellungen. Dort, wo eine non-verbale Spezifizierung der pyramidialen Struktur gemacht wird, geschieht dies kennzeichnenderweise vor allem zur Überwindung der Pyramidenlogik, wie im folgenden Beispiel, wo eine Untermischung der Arbeitsaufgaben zwischen den Managementebenen und damit eine Reduzierung der Vertikalität gemäß dem schedischen IKM avisiert ist:

Legende:

Handläggare = Sachbearbeiter

Abb. 38: Wilhelmson 1994, 32: Überwindung der pyramidialen Ebenentrennung. Die Frage, wie dann Beschlüsse gefasst werden, wird auf nonverbaler Textebene interessanterweise gerade durch eine zentripetal ausgerichtete Konzeptualisierung angeboten, wie z. B. in der folgenden Abbildung deutlich wird. Hier fehlt die vertikale Logik im Umgang mit Beschlüssen. Statt dessen wird von einer unterschiedlichen Perspektivität ausgegangen, die wiederum unterschiedliche Aspekte in der Beschlussfassung miteinander verbindet. Die Rolle der Führung liegt in diesem Falle konzeptuell gesehen im Streben nach einer zentripetalen Zusammenführung von Verschiedenheiten zu einem einzigen Beschluss (s. nächste Seite:

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Legende:

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Beslutstillfälle = Entscheidungssituation Lösning = Lösung Beslutsfattande = Beschlussfassung (als Handlung) Beslut = Beschluss (als Resultat).

Abb. 39: Bruzelius/Skärvad 1995, 357: Beschluss im organisationalen System.

8.2.3 Durchführungsmöglichkeiten von Arbeitsorganisation Während ein systematisches Orientieren anhand von Liniensystemen mit den einzelnen Dienstwegen und entsprechenden Ausformungen als Organigramme ein wesentliches Merkmal in der deutschen Organisationstheorie darstellt, werden diese Aspekte in der schwedischen Organisationstheorie – wenn überhaupt – nur ansatzweise genannt, um statt dessen das Schwergewicht woanders zu legen. Im Zentrum liegt hier das Mitarbeiterverhältnis, das z. B. von Abrahamsson (1982, 160) mit dem Terminus „företagsdemokrati“ (Unternehmensdemokratie) zusammengefasst wird. Dabei handelt es sich um eine gänzlich andere Form der Partizipation als was in Deutschland durch das System der Aufsichts- oder Betriebsräte verwirklicht ist. In Übereinstimmung mit den bisherigen Ergebnissen geht es auch hier gerade um die Überwindung vertikaler Dimensionen, indem selbst einfache Arbeiter und Angestellte in Beschlussfassungsprozesse auf den oberen Management-Niveaus involviert werden, um Arbeitsplatzverfremdung zu vermeiden. Im folgenden Zitat zeigt sich das Bild-Schema der Zentripetalität im

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Begriff der Partizipation, indem hiermit das Zusammenführen verschiedener Mitarbeiter schon in der Phase der betrieblichen Planung gemeint ist. Kennzeichnend in diesem Zusammenhang ist auch hier die für die schwedische Organisationstheorie typische Überwindung möglicher Management-Hierarchien (d.h. bildschematisch der VERTIKALITÄT) im Partizipationsbegriff: 88) „Ett centralt begrepp i diskussionen om löntagarinflytande är ‚participation‘ [ZENTRIPETALITÄT]. Med detta begrepp menar jag i fortsättningen de anställdas inflytande i beslutsfattande på olika nivåer inom en organisation [CONTAINER + VERTIKALITÄT]. Eftersom beslut kan ha mer eller mindre omfattande konsekvenser [BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT], kan också participation beteckna ett mer eller mindre långtgående inflytande för de anställda i styrandet av organisationen [ZENTRIPETALITÄT + HORIZONTALITÄT + CONTAINER: FORTBEWEGUNG + TRANSPORTMITTEL], och en mer eller mindre långtgående makt när det gäller att påverka beslut [VEKTOR + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG]. ... deltagande i beslutfattande på den allra högsta nivån inom organisationer [ZENTRIPETALITÄT + VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT] innebär en kvalitativt annorlunda roll för de anställda, jämfört med beslutfattande på lägre nivåer [VERTIKALITÄT: FILM/THEATER].“ (Abrahamsson 1982, 173f.; Herv. im Orig.) (Ein zentraler Begriff in der Diskussion um den Arbeitnehmereinfluss ist ‚Partizipation‘. Mit diesem Begriff meine ich im weiteren Verlauf den Einfluss der Angestellten auf die Beschlussfassung auf verschiedenen Ebenen in einer Organisation. Da Beschlüsse mehr oder weniger umfassende Konsequenzen haben können, kann Partizipation auch einen mehr oder weniger weit gehenden Einfluss für die Angestellten auf die Steuerung/Lenkung der Organisation bedeuten sowie auch eine mehr oder weniger weit gehende Macht, wenn es um die Beeinflussung von Beschlüssen geht. ... die Teilnahme an der Beschlussfassung auf allerhöchstem Niveau in Organisationen bedeutet eine qualitativ andersartige Rolle der Angestellten, im Vergleich zur Beschlussfassung auf niederen Ebenen. (Herv. im Orig.)) Vergleicht man in der Frage der Arbeitsplanung und -durchführung die Bedeutung und Funktion, die den einzelnen Stellenträgern im Betrieb zugesprochen werden, fällt – im Unterschied zur deutschen Theorie – die offen ausgedrückte Notwendigkeit der Überwindung zentrifugaler Tendenzen auf. Im Schwedischen wird in diesem Zusammenhang von ‚Rollen‘ gesprochen, die einzelne Mitarbeiter im Betrieb haben. Die hierdurch verwendete konzeptuelle Metapher MITARBEITER FUNGIEREN ALS SCHAUSPIELER IM FILM/THEATER ist gemäß dem schwedischen bild-schematisch geprägten IKM dem ZENTRIPETALMODELL eingegliedert und konkretisiert letzteres in Zitat 88. Aus Zitat 89 geht hervor, dass

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die Rollenhaftigkeit des Schauspielens in Abstimmung untereinander das ‚Zusammenspiel‘ (samspel) ermöglicht. Mögliche Koordinationsprobleme bei sehr unterschiedlichen Mitarbeiterfunktionen werden konzeptuell folgerichtig auch gerade anhand dieser konzeptuellen Logik als lösbar beschrieben. Wie mit diesem konzeptuellen Bereich umgegangen wird, geht aus dem folgenden Zitat hervor. So ist es gerade die Zentripetalität, die als Mittel zur Überwindung einer möglichen, durch Rollendifferenzierung entstehenden, Zentrifugalität dienen soll: 89) „Rollen är knuten till en viss position inom organisationen [CONTAINER: FILM/THEATER]. Den anger vilka uppgifter/funktioner som skall utföras samt relationer till och samspel med personer i andra roller [ZENTRIPETALITÄT: SPORT/SPIEL + FILM/THEATER]. Ju fler roller skapas, desto mer differentierad [ZENTRIFUGALITÄT: FILM/THEATER] blir organisationen. Detta ställer krav på samordning – integration [ZENTRIPETALITÄT].“ (Bruzelius/Skärvad 1995, 139; Herv. im Orig.) (Die Rolle ist an eine gewisse Position innerhalb der Organisation gebunden. Sie bezeichnet die Aufgaben/Funnktionen, die ausgeführt werden sollen sowie auch die Relationen zu und das Zusammenspiel mit Personen in anderen Rollen. Je mehr Rollen geschaffen werden, desto differenzierter wird die Organisation. Dies zieht die Notwendigkeit der Koordinierung [eigentlich: Zusammenordnung] – Integration nach sich. (Herv. im Orig.)) Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang zu sehen, wie mit entsprechenden Fachbegriffen – soweit ein Terminusvergleich überhaupt möglich ist – umgegangen wird. Da z. T. sehr unterschiedliche Termini in der deutschen und schwedischen Organisationstheorie aufgrund unterschiedlicher Konzeptualisierungstraditionen verwendet werden, ist ein Vergleich lediglich über die Anwendungsfunktion der Termini möglich. Dort wo die deutsche Theorie von ‚Mehrliniensystem‘ spricht, verwendet die schwedische Theorie den Begriff ‚funktionell organisation‘ (‚funktionelle Organisation‘).10 Während die deutsche Theorie die zentrifugale Aufteilung in unterschiedliche hierarchisch gelagerte Dienstwege in Form von Linien sah (vgl. weiter oben), wird im Schwedischen die Notwendigkeit einer zentripetalen Koordination zur Überwindung zentrifugaler Tendenzen betont. Zentrifugalität wird in diesem Zusammenhang eher als Bedrohung für den betrieblichen Zusammenhalt gesehen. Auch hier tritt wiederum die horizontale Bild-Schematik in Verbindung mit der zentripetalen Sichtweise in den Vordergrund, indem auf parallel existierende Alternativen (nicht zuletzt auch wieder durch den Begriff der Heterarchie) hingewiesen wird:

10

Nicht zu verwechseln mit dem deutschen Begriff ‚Funktionsorganisation’.

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90) „Den andra (strukturlösningen) skapar i huvudsak en auktoritetsflexibilitet [BELEBTHEIT], dvs den motsvaras av samexistensen av flera parallella hierarkier (= heterarki) [ZENTRIPETALITÄT + HORIZONTALITÄT]. Den senare benämns oftast ‚funktionell‘ struktur. ... den funktionella strukturen leder emellertid samtidigt till existensen av flera parallella fokuseringsmöjligheter [HORIZONTALITÄT], vilket ibland kan skapa oklarheter eller t o m konflikter beträffande vilken hierarki i heterarkin – och därmed vilket perspektiv – som i ett visst läge ‚gäller‘ [VERTIKALITÄT als Gefahr: VISUELLE WAHRNEHMUNG].“ (Sjöstrand 1991, 158f.) (Die andere (Strukturlösung) schafft vor allem eine Autoritätsflexibilität, d.h. sie entspricht der Zusammenexistenz [Koexistenz] mehrerer paralleler Hierarchien (= Heterarchien). Letztere wird oft als ‚funktionale‘ Struktur bezeichnet. ... die funktionale Struktur führt auch gleichzeitig zur Existenz mehrerer Fokussierungsmöglichkeiten, was manchmal Unklarheiten oder sogar Konflikte bezüglich der Frage, welche Hierarchie in der Heterarchie – und damit welche Perspektive – in einer gewissen Lage ‚gelte‘.) An den Stellen, wo die Konzeptualisierung der ZENTRIFUGALITÄT verwendet wird, geschieht es entweder, um dieses Konzept zu kritisieren (vgl. obige Zitate), oder um es als Ausgangspunkt für die Notwendigkeit einer Etablierung des gegenteiligen Bild-Schemas der ZENTRIPETALITÄT zu verwenden. Interessanterweise wird die Dezentralisierung von Beschlussfassungen und Verantwortlichkeiten erst durch das Prinzip der ZENTRIPETALITÄT als realisierbar betrachtet. Dezentralisierung ist daher im schwedischen System nicht als Bestandteil einer vertikalen Aufgabenverteilung zu verstehen, sondern gerade durch die Reduktion vertikaler Dimensionen geprägt, was dadurch zur ZENTRIPETALITÄT führen soll: 91) „När en uppdelning och specialisering görs av arbetsuppgifterna i en organisation [CONTAINER + ZENTRIFUGALITÄT] uppstår ett samordningsbehov [ZENTRIPETALITÄT]. ... Den hierarkiska strukturen har emellertid en begränsad informationsbehandlingskapacitet [VERTIKALITÄT begrenzt relevant]. När denna kapacitet inte räcker till är det naturligt och ofta nödvändigt att decentralisera besluten till de operativa enheterna i organisationen [VEKTOR]. Detta kräver i sin tur ökade insatser för samordning [ZENTRIPETALITÄT als Mittel der Dezentralisierung].“ (Bruzelius/Skärvad 1995, 178) (Wenn eine Aufteilung und Spezialisierung der Arbeitsaufgaben in einer Organisation gemacht wird, entsteht ein Bedarf an Zusammenordnung [Koordination]. ... Die hierarchische Struktur hat jedoch eine begrenzte Informationsbehandlungskapazität. Wenn diese Kapazität nicht ausreicht, ist es natürlich und oft notwendig, die Beschlüsse an die operativen Einheiten zu dezentralisieren. Dies

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wiederum stellt die Forderung nach einem stärkeren Einsatz für [Bemühen um] Zusammenordnung [Koordination].) Zentral für einen fungierenden Arbeitsverlauf ist auch hier wiederum das bildschematische Orientieren anhand des zentripetalen IKMs. Eine Folge hieraus ist dann auch die Betonung der Wichtigkeit von Gruppenarbeit, die in ihrer ‚selbststeuernden‘ Funktion eine besondere Form dieser Art des schwedischen ZENTRIPETALMODELLS darstellt: 92) „Grupporganiserat arbete kan ta olika former [ZENTRIPETALITÄT + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MASSE], arbetsgruppen kan sättas samman av personer med likartade arbetsuppgifter [ZENTRIPETALITÄT], t ex några assistenter som tillsammans utgör en självstyrande grupp [ZENTRIPETALITÄT: TRANSPORTMITTEL]. Men en arbetsgrupp kan också bestå av personer med olika kompetens och arbetsuppgifter, som kompletterar varandra [ZENTRIPETALITÄT]. ... Grupparbetsformen är mycket effektiv när det gäller att ge assistenterna möjlighet till delaktighet och utveckling i arbetet [ZENTRIPETALITÄT + CONTAINER].“ (Wilhelmson 1994, 59f.) (Die gruppenorganisierte Arbeit kann verschiedene Formen annehmen, die Arbeitsgruppe kann durch Personen mit gleichartigen Arbeitsaufgaben zusammengesetzt sein, z. B. einige Assistenten, die zusammen eine selbststeuernde Gruppe ausmachen. Aber eine Arbeitsgruppe kann auch aus Personen mit unterschiedlichen Kompetenzen und Arbeitsaufgaben bestehen, die einander ergänzen. ... Die Gruppenarbeit ist sehr effektiv, wenn es darum geht, den Assistenten die Teilhabe an und Entwicklung von Arbeit zu ermöglichen.) 93) „Vidare kan i detta sammanhang nämnas vad som brukar kallas Nya arbetsformer. Ett exempel är självstyrande grupper [ZENTRIPETALITÄT: TRANSPORTMITTEL], vilka som ett minimum brukar innebära förändringar i förmansroller så att de omfattar mera av stödjande funktioner och mindre kontrollmoment [CONTAINER + BELEBTHEIT: FILM/THEATER + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + BAUWERK]. Andra exempel är grupporganisation [ZENTRIPETALITÄT] för motortillverkning (Saab Scania), mångsysslande linjegrupp [ZENTRIPETALITÄT] (Orrefors), produktionsgruppsorganisation [ZENTRIPETALITÄT] (Volkswagen i Stockholm).“ (Berg/Sjöstrand 1979, 354f.; Herv. im Orig.) (Weiterhin kann in diesem Zusammenhang das genannt werden, was als Neue Arbeitsformen bezeichnet wird. Ein Beispiel sind die selbststeuernden Gruppen, die zumindest Veränderungen in der Rolle der Vorgesetzten beinhalten, so dass sie mehr stützende Funktionen und weniger Kontrollmomente umfassen. Andere Beispiele sind Gruppenorganisation für die Motorenproduktion (Saab Scania),

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vielseitig beschäftigte Liniengruppen (Orrefors), Produktionsgruppenorganisation (Volkswagen in Stockholm) (Herv. im Orig.).) Die prototypische Funktion des ZENTRIPETALMODELLS in der Frage der Organisationsstrukturen führt auch zu einer unterschiedlichen Perspektiveneinnahme im Deutschen und Schwedischen in der Darstellung gleicher Fachbegriffe, wie zum Beispiel im Fall der Matrixorganisation. In der Regel wird bei der Matrixorganisation in der deutschen Organisationstheorie vor allem auf den als in diesem Fall systembedingt gesehenen Verantwortlichkeitskonflikt der Gruppenteilnehmer einerseits gegenüber der Gruppe (Projekt/Produkt) und andererseits gegenüber der eigenen Abteilung (eigenes Ressort) hingewiesen (Golas et al. 1990, 286; Schierenbeck 1989, 96). Hier handelt es sich um eine für die Matrixorganisation typische zentrifugale Aufspaltung von Verantwortlichkeitsinteressen nach der deutschen Theorie. Daher verwundert es nicht, dass gemäß der Konzeptualisierung in der Argumentation in der deutschen Fachliteratur („die Notwendigkeit zu intensiver Koordination zwischen funktions- und objektorientierten Managern“, Eisenführ 2000, 91) bild-schematisch betrachtet gerade das Merkmal der ZENTRIPETALITÄT nicht als eine Möglichkeit, sondern als ein „Kritikpunkt am Matrixsystem“ gesehen wird (Eisenführ 2000, 91). Dagegen steht in der schwedischen Organisationstheorie die Zentripetalität mit ihrer horizontalen Logik im Vordergrund, indem jetzt entsprechende Kooperationsmöglichkeiten im zentripetalen Sinne gerade aufgrund von Unterschiedlichkeiten herausgestellt werden. Als Mittel zum Erreichen dieses Ziels fungiert die Kommunikation, die, auch in indirekter Weise formuliert, als eine horizontale Dimension aufgefasst wird. Dies führt zur Abkehr von der vertikalen Verantwortlichkeits- und Leitungsstruktur und stattdessen zur Betonung der zentripetalen Verbindungsmöglichkeiten, die gerade als vorteilhaft gegenüber vertikalen Strukturen betrachtet werden. Fachterminologisch führen diese unterschiedlichen Konzeptualisierungen zu einem vermeintlich gleichen Fachterminus, wie im Fall des Begriffs ‚Matrixorganisation‘, der als solcher außerdem in beiden hier diskutierten Sprachen die gleiche Bedeutung aufgrund einer direkten, formalen Übersetzbarkeit zu haben scheint. Erst die konzeptuelle Analyse zeigt jedoch die unterschiedlichen Auffassungen über die Anwendbarkeit dieses Begriffs innerhalb des fachspezifischen Rahmens – aufgrund der unterschiedlichen Konzeptualisierungen von diesem Terminus – auf. Aus kognitionsmetaphorischer Perspektive ist auch hier wieder auffällig, dass die unterschiedlichen deutschen und schwedischen Konzeptualisierungstraditionen in diesem Fachsprachenbereich gerade durch die Bild-Schemata zum Ausdruck kommen, da einzelne Metaphern – wie schon bei der gesamten bisherigen Studie – weniger verwendet werden. Systematisch werden auch in diesem Zusammenhang bei der Darstellung der Matrixorganisation nicht nur Bild-Schemata verwendet, sondern es sind durchgängig vor allem die

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das schwedische IKM kenzeichnenden Bild-Schemata, die schon bisher herausanalysiert wurden: 94) „Själva tillskapandet av enheter i en organisation [CONTAINER] ger inte bara möjligheter att bygga likheter, identifikationer och beroenden [ZENTRIPETALITÄT: BAUWERK] utan också förutsättningar för en framväxt av divergerande uppfattningar, främst mellan individer från skilda delar av organisationen [BELEBTHEIT + ZENTRIFUGALITÄT: PFLANZE]. Dessa skillnader, som ibland ligger latenta och outtalade, skall inte enbart ses som någonting negativt [ZENTRIFUGALITÄT + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + VISUELLE WAHRNEHMUNG]. De kan i sig stimulera till interaktion och kommunikation mellan människor [ZENTRIPETALITÄT]. På detta sätt kan vissa olikheter paradoxalt nog fungera integrerande [ZENTRIPETALITÄT] (jfr exempelvis matrisstrukturen).“(Sjöstrand 1991, 218f.) (Die Bildung von Einheiten in einer Organisation bietet nicht nur die Möglichkeit Ähnlichkeiten, Identifikationen und Abhängigkeiten aufzubauen, sondern auch Voraussetzungen für ein Heranwachsen von divergierenden Auffassungen, vor allem zwischen Individuen von verschiedenen Teilen der Organisation. Diese Unterschiede, die manchmal latent und unausgesprochen daliegen, sollen nicht nur als etwas Negatives gesehen werden. Sie können ihrerseits zur Interaktion und Kommunikation zwischen Menschen stimulieren. Auf diese Weise können gewisse Ungleichheiten paradoxalerweise schon integrierend wirken (vgl. beispielsweise die Matrixstruktur).) 95) „Införandet av en matrisorganisation innebär att principen att en enda person skall ha det slutliga ansvaret överges [CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. Matrisorganisationen syftar tvärtom till ökad kommunikation, gemensam problemlösning och ett gemensamt resultatansvar [VEKTOR + ZENTRIPETALITÄT].“ (Bruzelius/Skärvad 1995, 159) (Die Einführung der Matrixstruktur beinhaltet, dass das Prinzip, dass eine einzige Person die endgültige Verantwortung haben sollte, aufgegeben [eigentlich: übergeben] wird. Die Matrixstruktur dagegen das Ziel der erhöhten Kommunikation, der gemeinsamen Problemlösung und der gemeinsamen Resultatverantwortlichkeit.) 96) „Matrisens skärningspunkter skall idealt motsvara i en organisation högt prioriterade interaktions- och samordningsbehov [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT: MESSER]. Punkterna kan därvid ibland fungera som ett slags interna förhandlingsytor [CONTAINER + HORIZONTALITÄT: FLÄCHE]. ... Matrisstrukturen tvingar fram mer av horisontella interaktioner inte sällan på bekostnad av hierarkiska dito [BELEBTHEIT + Dominanz von HORIZONTALITÄT gegenüber VERTIKALITÄT].“ (Sjöstrand 1991, 162)

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(Die Schnittpunkte der Matrix sollen in idealer Weise den hoch priorisierten Interaktions- und Zusammenordnungsbedürfnissen [Koordinierungsbedürfnissen] in einer Organisation entspechen. Die Punkte können somit manchmal als eine Art interner Verhandlungsebenen fungieren. ... Die Matrixstruktur zwingt mehr horizontale Interaktionen hervor, die nicht selten auf Kosten der hierarchischen gehen.) Stärker als in der deutschen Fachliteratur werden auch Alternativen zu den gängigen fachlichen Organisationsformen aufgezeigt. Interessanterweise handelt es sich in diesen Fällen vor allem um die Dominantsetzung einer horizontal verlaufenden Konzeptualisierung, die in der schwedischen Fachliteratur in prototypischer Weise durchgehend anhand des ZENTRIPETALMODELLS realisiert wird: 97) „Lagarbete har blivit drastiskt mycket vanligare. Komplettlag finns däremot inte så många [ZENTRIPETALITÄT: SPORT], men samarbetet över kategorigränsen arbetare – tjänstemän har förbättrats [ZENTRIPETALITÄT + HORIZONTALITÄT].“ (Björkman 1997, 66) (Mannschaftsarbeit ist plötzlich sehr viel gewöhnlicher geworden. Komplette Mannschaften gibt es dagegen nicht so viele, aber die Zusammenarbeit über die Kategoriegrenzen Arbeiter - Beamter hat sich verbessert.) 98) „Organisationerna bör bli mer horisontella [HORIZONTALITÄT]. Flödesorientering [HORIZONTALITÄT: FLÜSSIGE MATERIE], inte funktionsorientering, är den nya normen. ‚Processerna‘ skall genomföras snabbare, säkrare och med högre kvalitet [CONTAINER + VERTIKALITÄT]. ... ‚medarbetarna‘ bör ha en bredare kompetens [HORIZONTALITÄT] och de bör både kunna och vilja arbeta längs flödet, över gamla funktionsgränser och kategorirevir [HORIZONTALITÄT: FLÜSSIGE MATERIE + RAUMEINTEILUNG].“ (Björkman 1997, 67; Herv. im Orig.) (Die Organisationen müssen horizontaler werden. Flussorientierung, nicht Funktionsorientierung, ist die neue Norm. Die ‚Prozesse‘ sollen schneller, sicherer und mit höherer Qualität durchgeführt werden. ... Die ‚Mitarbeiter‘ müssen eine breitere Kompetenz haben, und sie müssen entlang des Flussverlaufs arbeiten können und wollen, über alte Funktionsgrenzen und Kategoriereviere hinweg. (Herv. im Orig.)) 99) „Inriktningen av företagets verksamhet kommer i allt högre grad att baseras på beslut som fattas gemensamt av flera olika organisationsenheter [ZENTRIPETALITÄT: BAUWERK] och där var och en av dessa bidrar med den pusselbit information som enheten i fråga har specialiserat sig på [BELEBTHEIT + VEKTOR: PUZZLE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT]. I dessa fall kommer det att vara av relativ underordnad betydelse vem som bär det formella ansvaret för

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besluten i fråga [VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT], vilket också innebär att gränsdragningen mellan linje- och stabsenheter kommer att suddas ut [HORIZONTALITÄT: RAUMEINTEILUNG]. ... Betoningen av lagandan och grupparbetet [ZENTRIPETALITÄT] i stället för av den strikta ansvars- och arbetsfördelningen [ZENTRIFUGALITÄT] träder sålunda i förgrunden [HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT].“ (Carlson/Ramström 1967, 108; Herv. im Orig.) (Die Ausrichtung der Tätigkeit eines Unternehmens wird in immer höherem Grad auf Beschlüsse basiert, die als gemeinsam von mehreren verschiedenen Organisationseinheiten aufgefasst werden und wo jede dieser mit einem Puzzle-Stück an information beiträgt, für die die jeweilige Einheit sich spezialisiert hat. In diesen Fällen wird es von relativ untergeordneter Bedeutung sein, wer die formale Verantwortung für die jeweiligen Beschlüsse trägt, was auch bedeutet, dass die Grenzziehung zwischen Linien- und Stabseinheiten verwischt wird. ... Die Betonung des Mannschaftsgeists und der Gruppenarbeit statt der strengen Verantwortungs- und Arbeitsverteilung tritt somit in den Vordergrund. (Herv. im Orig.)) Wird schon in der verbalen Darstellung im Zitat 99 oben die herausragende Funktion der jeweils zentripetal auf horizontaler Ebene orientierten Arbeitsorganisation deutlich, so ist diese Konzeptualisierung ebenfalls in aller Deutlichkeit in der dazugehörigen nonverbalen Grafik veranschaulicht (Abb. 40 unten). Dies geschieht nicht völlig auf Kosten der vertikalen Dimension, wie aus der folgenden Abbildung deutlich wird. Jedoch wird durch die dünn gestrichelte vertikale Dimension im Verhältnis zur dick gestrichelten und mit fetten Pfeilen versehenen horizontalen Dimension die letztere in ihrer zentralen Bedeutung auch nonverbal herausgestellt (s. nächste Seite).

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Legende:

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Tidshorisont = Zeithorizont, Handläggningsgång = Bearbeitungsverlauf, Långsiktsplan = langfristiger Plan, år = Jahr, Försäljn. = Verkauf, Inköp = Einkauf, Tillv. = Produktion, löpande = laufend (kurzfristiger Zeitaspekt), planering = Planung, resursfördelning = Verteilung der Ressourcen, VD = Geschäftsführer.

Abb. 40: Carlson/Ramström 1967, 109: integrierte Organisationsbeschreibung. Ganz gemäß dem ZENTRIPETALMODELL bildet die Grundidee der ‚integrierten Organisation‘ von Carlson/Ramström die Behandlung der Organisationsaufgaben in ‚gemeinsamen Programmen‘ (vgl. Carlson/Ramström 1967, 109). Dies setzt eine jeweilige organisatorische Orientierung anhand eines konzentrischen Mittpunkts voraus. Des Weiteren werden durch die verschiedenen Ebenen in Abb. 40 nicht organisationale Ebenen, sondern drei unterschiedliche Aufgabenbereiche, in die ein Geschäftsführer gleichzeitig eingebunden ist, unter dem Zeitaspekt ausgedrückt.

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8.3 Vergleich der Ergebnisse mit anderen Untersuchungen zum Management in Schweden und Deutschland Bevor auf einen Vergleich der Ergebnisse im vorliegenden Kapitel mit anderen Untersuchungen eingegangen wird, muss auf den Aussagewert der verschiedenen Analysen und möglichen Befragungen insgesamt eingegangen werden. Die Untersuchung im vorliegenden 8. Kapitel beschäftigte sich mit den Konzeptualisierungen in Form von kulturspezifischen IKMs der Fachliteratur. Die hieraus generierten Ergebnisse zu den kulturspezifischen Besonderheiten in der schwedischen und deutschen Organisationstheorie beziehen sich als solche lediglich auf den Bereich der Fachliteratur. Es handelt sich nicht um eine Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Praxis in den genannten Ländern. Kulturtheoretisch wurde davon ausgegangen, dass auch Wissenschaften in ihren inhaltlichen Ausrichtungen landeskulturell geprägt sein können. Bezüglich der zentralen kognitiven Modelle in der Organisationstheorie hatte sich diese Hypothese im Rahmen der hier durchgeführten Untersuchung mehr als bestätigt. Es ist eine logische Schlussfolgerung, dass die Universitätsabgänger zunächst mit den fachlichen Konzeptualisierungen in Form von kognitiven Modellen in das Arbeitsleben eintreten, mit denen sie auf Studien- und Ausbildungsebene geprägt worden sind. Deshalb kann die Bedeutung der Fachliteratur für das alltägliche berufliche Handeln nicht einfach von der Hand gewiesen werden; besonders wenn sie – wie im Fall der Organisationstheorie – landeskulturelle prototypische Konzeptualisierungen aufweist. Um eine flächendeckende Bestandsaufnahme der Situation in der Wirtschaft zu erhalten, wäre eine entsprechende Befragung notwendig. Dies kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden. Es ist auch nicht das Thema der vorliegenden Arbeit. Stattdessen sollen die Ergebnisse aus der vorliegenden Untersuchung mit Ergebnissen aus anderen Untersuchungen zum hier aktuellen Bereich verglichen werden. Es stehen zwei Aspekte im Vordergrund beim Vergleich mit anderen Untersuchungen zum organisatorischen Verhalten in Deutschland und Schweden: Die hier vorgestellte interkulturell orientierte kognitionsmetaphorische Analysemethode hat deutliche Unterschiede in der Konzeptualisierungstradition zwischen der schwedischen und deutschen Organisationsthorie zum Vorschein gebracht. Es konnte sogar die Prototypikalität zentraler kognitiver Modelle in Form von Idealisierten Kognitiven Modellen (IKMs) aufgezeigt werden. Da Universitäts- bzw. Fachkulturen immer auch im Rahmen landeskultureller Traditionen entwickelt werden, ist anzunehmen, dass – beson-

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ders bei entsprechend deutlichen Resultatsunterschieden wie in diesem Fall – die IKMs auch in Untersuchungen zur Praxis nachvollziehbar sein müssten. Ein Grund für den Vergleich der Ergebnisse in der vorliegenden Arbeit mit anderen intra- und interkulturellen Untersuchungen ist die Anknüpfbarkeit der Ergebnisse aneinander, als Aussagen über Kulturgemeinschaften, was in dieser Aussagerelevanz neben den einzelnen verfahrensbedingten Aussagen auch über die einzelnen methodischen Zugriffe der jeweiligen Untersuchungen hinaus weist. Wenn – wie im Fall der vorliegenden Arbeit – der Anspruch auf prototypisch fungierende IKMs von Landeskulturen erhoben wird, dann müssten die Ergebnisse sich auch in anderen interkulturellen Untersuchungen zu landeskulturellen Besonderheiten des organisatorischen Handelns bzw. Denkens auf die eine oder andere Weise widerspiegeln. Dabei handelt es sich um methodisch andersartig durchgeführte Untersuchungen als die der vorliegenden Arbeit. Die Andersartigkeit in der Methode muss natürlich für den Aussagemodus berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass in diesem Fall weniger die Einzelaussagen der zu vergleichenden Untersuchungen relevant sind als vielmehr die gesamte Ergebniskonstellation bezüglich der hier untersuchten Landeskulturen. So konnte in der vorliegenden Untersuchung die Gegensätzlichkeit der kognitiven Modelle in der deutschen und schwedischen Organisationstheorie aufgezeigt werden. Diese grundsätzliche Andersartigkeit bzw. Gegensätzlichkeit zwischen den zwei hier untersuchten Kulturen kann dann auch die Grundlage für einen Vergleich mit den Ergebnissen anderer interkultureller Untersuchungen bilden. Bestätigen sich die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, dann erhalten diese Ergebnisse einen umso größeren Wert auch für weiterführende Untersuchungen und für die Praxis. Gleichzeitig wird der besondere Wert kognitionsmetaphorischer Untersuchungen, wie sie in der vorliegenden Arbeit durchgeführt ist, auch für den interkulturellen Bereich deutlich.

8.3.1 Ergebnisse aus Befragungen von Entscheidungsträgern in der Wirtschaft Vergleicht man die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit mit Untersuchungen zum Selbstbild von herausragenden Entscheidungsträgern der schwedischen Wirtschaft sowie auch zum Fremdbild, das von diesen Personen bezüglich deutscher Unternehmen referiert wird, ergeben sich erstaunliche Parallelen zu den Analyseergebnissen der vorliegenden Arbeit. In den folgenden Zitaten werden BildSchemata und Metaphern nur in den Textsequenzen angegeben, die sich auf die Ergebnisse der Untersuchungen zur organisatorischen Praxis in der schwedischen

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und deutschen Wirtschaft beziehen, um die Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit zu gewährleisten. In einer dreijährigen Studie über drei schwedische Großunternehmen (Ericsson, SKF und Electrolux) haben Beckérus und Edström (1995) auf der Basis von Tiefeninterviews untersucht, wie diese Unternehmen ihre Geschäfts-Tätigkeiten in Europa unter ein schwedisches Gesamtmanagement umgruppiert und integriert haben. Es liegt auf der Hand, dass hierdurch Unterschiede zwischen nationalen Managementtraditionen ans Tageslicht gekommen sind. Als zentrale Merkmale des schwedischen ZENTRIPETALMODELLS wurden in der vorliegenden Arbeit u. a. die Bild-Schemata der HORIZONTALITÄT und ZENTRIPETALITÄT mit ihren organisatorischen Konsequenzen herausgearbeitet. Interessanterweise sind es gerade diese Bild-Schemata, die auch in der Untersuchung von Beckérus/Edström aktualisiert werden. Bezeichnend ist im folgenden Zitat die non-propositionale Darstellung schwedischer Organisationstraditionen anhand der Bild-Schemata HORIZONTALITÄT und ZENTRIPETALITÄT, die auch in der vorliegenden Untersuchung als indigene Konzepte schwedischer Organisationstheorie dargestellt wurden. So wird über das Prinzip des „horizontalen Zusammenwirkens“ als Bestandteil schwedischer Tradition folgendes angegeben: 100) „För det fjärde horisontell samverkan [HORIZONTALITÄT + ZENTRIPETALITÄT] över nationsgränserna för att uppnå snabb spridning av goda exempel och erfarenheter [ZENTRIFUGALITÄT], impulser till produktutveckling och samordnad produktions- och kapacitetsplanering [VEKTOR + ZENTRIPETALITÄT]. Samverkan över nationsgränserna är det kritiskt nya [ZENTRIPETALITÄT]. Horisontell samverkan [HORIZONTALITÄT + ZENTRPETALITÄT] har naturligtvis funnits tidigare främst inom landet i det tidigare landkonceptet [CONTAINER] men får nu större betydelse och mer tvingande nödvändighet [HORIZONTALITÄT + ZENTRPETALITÄT implizit wiederholt: FESTE MATERIE].“ (Beckérus/Edström 1995, 32; Herv. im Orig.) (Viertens das horizontale Zusammenwirken über die Nationalgrenzen hinweg, um eine schnelle Verbreitung guter Beispiele und Erfahrungen, Impulse für Produktentwicklung und zusammengeführte [koordinierte] Produktions- und Kapazitätsplanung zu erreichen. Zusammenwirken über Nationalgrenzen hinweg ist das kritisch Neue. Horizontales Zusammenwirken hat es natürlich früher vor allem innerhalb des Landes im früheren Landeskonzept gegeben, aber es erlangt jetzt eine größere Bedeutung und eine zwingendere Notwendigkeit. (Herv. im Orig.)) Dabei handelt es sich nicht um eine Zufälligkeit, sondern das befragte schwedische obere Management der untersuchten Unternehmen scheint sich der

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Landeskultur-Bedingtheit dieses organisatorischen Verhaltens bewusst gewesen zu sein. Gleichzeitig wird aber auch das horizontal verlaufende zentripetale Organisieren als ein den anderen europäischen Kulturen fremdes Prinzip bewertet. Dies unterstreicht die Kulturspezifik des schwedischen ZENTRIPETALMODELLS, denn die ‚horizontale Integration‘ der Muttergesellschaft wird als größte Herausforderung in der ‚Europäisierung‘ schwedischer Unternehmen gesehen: 101) „Snarare förefaller den största utmaningen vara att man genomför en horisontell integration i Europa [HORIZONTALITÄT + CONTAINER] som förutsätter att människorna, i det här fallet de högre cheferna, omedelbart ska börja agera som européer och inte som nationella ‚kungar‘ – vilket till stor del var fallet i det gamla landkonceptet [VERTIKALITÄT als Kennzeichen veralteter Strukturen: KÖNIG]. Horisontell samverkan och styrning över nationsgränserna är ett nytt inslag i koncernens organisationsstruktur [HORIZONTALITÄT + ZENTRIPETALITÄT + CONTAINER: TRANSPORTMITTEL].“ (Beckérus/Edström 1995, 42; Herv. im Orig.) (Vielmehr scheint die größte Herausforderung darin zu liegen, dass man eine horizontale Integration in Europa durchführt, die voraussetzt, dass die Menschen, in diesem Fall die höheren Chefs, unmittelbar als Europäer agieren sollen und nicht als nationale ‚Könige‘ – was zum großen Teil im alten Landeskonzept der Fall war. Horizontales Zusammenwirken und Steuerung/Lenkung über die Nationalgrenzen hinweg ist ein neuer Bestandteil in der Organisationsstruktur des Konzerns. (Herv. im Orig.)) Beckérus/Edström verwenden die zentripetale Konzeptualisierung in den Darstellungen der Internationalisierungs-Strategien der untersuchten Unternehmen. Auffällig ist dabei das offen formulierte Bewusstsein über die eigene Kulturbedingtheit dieser Konzeptualisierung, die in der vorliegenden Arbeit als ZENTRIPETALMODELL bezeichnet wird. Der Bewusstseinsgrad über das eigene – hier schwedische – Organisationsprinzip in seiner Andersartigkeit zu anderen Kulturen wird u. a. auch durch Aussagen über Organisationstraditionen anderer Kulturen deutlich, wie aus der Bewertung von VERTIKALITÄT in Zitat 102 weiter unten deutlich wird. Interessant in diesem Zusammenhang sind die Aussagen der Befragten zu dem, was sie als deutsche Organisationsprinzipien auffassen. Unter kulturtheoretischer Perspektive muss an dieser Stelle der Hinweis gemacht werden, dass eine kulturelle Fremdsicht natürlich immer durch die Perspektive, die durch die eigenen kulturspezifischen Werte vorgeprägt wird, beeinflusst ist. Dies gilt auch bezüglich der Aussagen der schwedischen Manager zu ihren Erfahrungen mit

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deutschen Organisationskulturen. Sobald die kulturelle Fremdsicht aber auch von Vertretern der jeweiligen Kultur in Form der kulturellen Selbstsicht bestätigt wird, gibt es Günde genug, die Allgemeingültigkeit der Aussagen für den jeweiligen cross-kulturellen Vergleich besonders ernst zu nehmen. Dies gilt ebenso für die Aussagen, die die in der vorliegenden Arbeit erstellten schwedischen bzw. deutschen IKMs für die Organisationstheorie auch für die Praxis bestätigen. So wird von einem deutschen Manager im Unternehmen SKF bezüglich der Unterschiede zwischen schwedischem und deutschem Organisationsverhalten u. a. angemerkt: 102) „I Tyskland är vi fortfarande väldigt statusorienterade och positionen bestäms helt av hur mycket folk som arbetar under dig och vilken rang i hierarkin du har [VERTIKALITÄT]. ... De svenska kraven på en chef i SKF är att han måste kunna koordinera, vara flexibel, involvera människor och söka konsensusbeslut [ZENTRIPETALITÄT + CONTAINER]. ... I Tyskland är vi för mycket detaljoch funktionsinriktade [ZENTRIFUGALITÄT]. Sedan tar det längre tid att övertyga en organisation här i Tyskland. Det beror på vår kultur. ... Här i Tyskland är detaljinriktningen [ZENTRIFUGALITÄT] och grundligheten förskräcklig. ... Tyska chefer är mer diktatoriska [VERTIKALITÄT].“ (Beckérus/Edström 1995, 159ff.) (In Deutschland sind wir immer noch sehr statusorientiert, und die Position wird gänzlich dadurch bestimmt, wieviele Menschen unter dir arbeiten und welchen Rang du in der Hierarchie einnimmst. ... Die schwedischen Anforderungen an einen Chef in SKF liegen darin, dass man koordinieren können muss, flexibel sein muss, Menschen involvieren kann und Konsensbeschlüsse suchen kann. ... In Deutschland sind wir zu sehr detail- und funktionsorientiert. Auch dauert es länger, bevor man eine Organisation hier in Deutschland überzeugen kann. ... Hier in Deutschland ist die Detailorientiertheit und die Gründlichkeit schrecklich. ... Deutsche Chefs sind mehr diktatorisch.) Die obigen Ergebnisse werden auch in einer anderen Untersuchung zum schwedischen Führungsstil bestätigt. In einer Befragung von 22 Geschäftsführern aus führenden Unternehmen der schwedischen Wirtschaft unternimmt Jönsson (1995) den Versuch, das, was er als den schwedischen Führungsstil von Unternehmen bezeichnet, zu erfassen. Auch in dieser Untersuchung zeigt sich die Relevanz des IKMs ZENTRIPETALMODELL prinzipiell für das schwedische Management. Dabei wird auch die deutsche und schwedische Gegensätzlichkeit, die für die konzeptuellen IKMs in der Organisationstheorie in der vorliegenden Arbeit aufgezeigt werden konnten, durch die Berichte aus der Praxis in Jönsson (1995) bestätigt, u. a. indem von allen anderen Kulturen gerade die deutsche als gegensätzlich zur schwedischen angeführt wird (vgl. Jönsson 1995, 36).

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Das als typisch für das schwedische Management angeführte Prinzip der Diskussion in Gruppen, um zu Lösungen zu kommen, anstelle der Vorschriften ‚von oben‘, stellt ein zentripetales Arbeitsprinzip dar, in welchem die Diskussion unter den Gruppenmitgliedern eine schwedische Realisationsform von HORIZONTALITÄT ist. Diese im schwedischen Kontext vor allem informell durchgeführte Führungsart wird als zentral für das schwedische Modell angegeben;11 gleichzeitig führt es u. a. bei Vertretern der deutschen Kultur zu Irritationen, da das schwedische Modell als unspezifisch, diffus angesehen wird (vgl. Jönsson 1995, 320 passim). Dies ist eine logische Konsequenz u. a. aus der Gegensätzlichkeit der kognitiven Modelle, so wie sie in der vorliegenden Arbeit als ZENTRIPETALMODELL und ZENTRIFUGALMODELL erarbeitet worden sind. Wenn daher aus schwedischer Perspektive deutsches Führungsverhalten als „deutscher Formalismus“ bezeichnet wird (Jönsson 1995, 361), so ist dies als eine logische Konsequenz aus der Fremdsicht bezüglich des zentrifugalen Prinzips erklärbar. Dieses Prinzip lief darauf hinaus, organisatorische Ganzheiten schrittweise in kleinere Einheiten zu zergliedern, um dieses Gliederungssystem zur Basis von Arbeitsabläufen, Problemlösungen, Planungsstrukturen etc. zu machen, was notgedrungen eine Formalisierung zur Abstimmung von Teileinheiten aufeinander mit sich bringt. Die Übereinstimmung der Ergebnisse zur konzeptuellen Kulturspezifik in der schwedischen Organisationstheorie aus der vorliegenden Arbeit mit Untersuchungsergebnissen aus der Praxis der schwedischen Wirtschaft sind ins Auge fallend. Dies zeigt sich dann auch in der zusammenfassenden Bewertung, die Jönsson bezüglich des schwedischen Führungsstils vornimmt: 103) „Den bild av svenskt management som således framträder ur intervjuerna kan karaktäriseras av informellt lagarbete och förtroende för spelregler [ZENTRIPETALITÄT: SPORT/SPIEL]. För att det skall leda till effektivitet krävs att inblandade personer kan sitt företag och driver en saklig diskussion på [VERTIKALITÄT] och mellan [HORIZONTALITÄT] alla nivåer i företaget. Man är alltså orienterad mot styrning [VEKTOR: TRANSPORTMITTEL] via en strategisk vision snarare än via finansiella mål och uppföljning [WEG + VEKTOR: KAMPF/KRIEG + VISUELLE WAHRNEHMUNG]. Att kommunicera visionen så att den blir vägledande [WEG + HORIZONTALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG] för många förutsätter samspel och förmåga att ta argument [ZENTRIPETALITÄT: SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT].“ (Jönsson 1995, 330; Herv im Orig.)

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Vgl. auch Lewis (2005, 91) zum schwedischen Führungsprinzip des „primus inter pares“ in der Praxis schwedischer Unternehmen.

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(Das Bild vom schwedischen Management, das somit aus den Interviews hervortritt, kann als informelle Mannschaftsarbeit und Vertrauen in die Spielregeln charakterisiert werden. Damit es zu Effektivität führen kann, wird gefordert, dass beteiligte Personen ihr Unternehmen kennen und eine sachliche Diskussion auf und zwischen allen Ebenen im Unternehmen treiben. Man orientiert sich also in Richtung auf Steuerung/Lenkung via eine strategische Vision an Stelle von finanziellen Zielen und ihrer Kontrolle. Die Fähigkeit die Vision vermitteln [kommunizieren] zu können, so dass sie wegweisend für viele wird, setzt Zusammenspiel und das Vermögen, Argumente entgegen nehmen zu können, voraus. (Herv. im Orig.)) Auch in der Praxis der Industrieproduktion sind unterschiedliche landeskulturelle Konzepte im Sinne der vorliegenden Arbeit nachvollziehbar. So ist es nicht überraschend, dass die Aufsplitterung eines Produktionsvorgangs in personenbezogene Teilaufgaben (m.a.W. das ZENTRIFUGALMODELL) zugunsten einer gruppenbezogenen und selbststeuernden Arbeitsorganisation (im Sinne des ZENTRIPETALMODELLS) gerade in Schweden (Volvo-Werkstatt in Kalmar; Inbetriebnahme 1974) weltweit zum ersten Mal durch die Organisationsform systematisierter autonomer Arbeitsgruppen abgelöst wurde. Dabei stehen die Zielsetzungen, die die Führung von Volvo mit der Einführung dieser neuen Produktionsmethode aufstellte, ganz im Rahmen der zentripetalen Konzeptualisierung: 104) „Vi vill i Kalmar åstadkomma en fabriksanläggning som ... ger möjlighet åt de anställda att arbeta i grupp, kommunicera fritt [ZENTRIPETALITÄT] ... Vi måste i Kalmar utnyttja möjligheten att skapa en arbetsplats med inbyggd laganda [CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT: BAUWERK + SPORT/SPIEL], som bättre än idag möter de anställdas behov av mening och tillfredsställelse i arbetet [VEKTOR + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG].” (Pehr G. Gyllenhammar, damaliger geschäftsführender Direktor von Volvo, zitiert nach Bruzelius/Skärvad 1995, 307) (Wir wollen in Kalmar eine Fabriksanlage zu Stande bringen, die ... den Angestellten die Möglichkeit gibt, in Gruppen zu arbeiten, frei zu kommunizieren ... Wir müssen in Kalmar die Möglichkeit nutzen, einen Arbeitsplatz mit eingebautem Mannschaftsgeist zu erschaffen, der besser als heutzutage dem Bedürfnis der Angestellten nach Sinn und Zufriedenstellung in der Arbeit engegenkommt.) Symptomatisch ist in diesem Zusammenhang die Generierung dieses zentripetal konzeptualisierten Produktionssystems, das zur Zeit seiner Konzipierung noch keine industriellen Vorläufer kannte und daher ein Novum industrieller Produktionsmethoden darstellte. So wurde dieses Produktionssystem gerade als gemeinschaftlich erarbeitetes System einer Vielzahl von Angestellten verschiedener Managementebenen und Aufgabenbereiche in Überwindung von Abteilungsgren-

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zen und Hierarchieebenen – im Sinne des Zentripetalprinzips – durch Arbeitsgruppen erstellt (vgl. Ekman 2002). Aber auch im Management-Denken lassen sich in Bezug auf einzelne Kulturen prototypische Management-Lehren erkennen, die auf ihre Art die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung bestätigen. So ist z. B. das Harzburger Modell mit seinem zentrifugalen Prinzip der Aufgaben- und Verantwortungsaufsplitterung, indem einzelne, klar abgegrenzte Verantwortungsbereiche an einzelne Mitarbeiter delegiert wurden, zu einem Management-Modell des deutschsprachigen Raumes geworden, das trotz der (zeitweilig) hohen Bedeutung für diesen Kulturraum außerhalb dieses Sprachraums praktisch keine Rolle gespielt hat (vgl. Ulrich 1981, 44f.).

8.3.2 Ergebnisse aus anderen interkulturellen Untersuchungen Vergleicht man die Ergebnisse zu den unterschiedlichen Konzeptualisierungen in der deutschen und schwedischen Organisationstheorie mit anderen interkulturellen Studien, so fallen trotz der unterschiedlichen methodischen Ansätze die Übereinstimmungen bezüglich der Kulturunterschiede in den Ergebnissen ins Auge. Anhand von Befragungen führt Fons Trompenaars (1993) eine empirische Studie in mehreren Ländern durch. Die Art des organisatorischen Handelns versucht Trompenaars anhand von sieben Werte-Dimensionen zu erfassen. In Bezug auf die in der vorliegenden Arbeit zur Diskussion stehenden Kulturen hat auch Trompenaars in seiner Untersuchung zu kulturspezifischen Unterschieden in den Unternehmenskulturen einen diametralen Gegensatz zwischen der deutschen und der schwedischen Kultur zur Unternehmensführung herausgearbeitet. Während für deutsche Unternehmen laut Trompenaars’ Untersuchung die Beschäftigten eine jeweils „spezifische“ – d.h. voneinander unterscheidbare – Rolle einnehmen, bei der die einzelnen Positionen traditionell deutlich vertikal getrennt sind, so sind in einer schwedischen Organisation die Beziehungen zwischen den Beschäftigten eher „diffus“ geprägt (im Sinne Trompenaars), weil sie – oft ad hoc orientiert und weniger logisch-analytisch wie in deutschen Unternehmen – „einem gemeinsamen kreativen Prozeß“ erwachsen (vgl. Trompenaars 1993, 229). Das zentripetale Prinzip dieses gemeinsamen Handelns stimmt sowohl mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit als auch mit den obigen Ergebnissen zu den Befragungen schwedischer Entscheidungsträger überein. Unter anderem das von Trompenaars als ‚diffus‘ angegebene Organisationskriterium spiegelt als Folge des horizontalen Diskussionsprinzips das schwedische Organisationsverhalten wider, das auch von Jönsson (1995) – unabhängig von Trompenaars’ Untersuchung12 – als solches 12

Es finden sich keine Hinweise zu Trompenaars in Jönsson 1995.

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bezeichnet wird. Folgerichtig nimmt in Trompenaars’ Untersuchung die deutsche Firmenkultur eine Extremposition in der Gruppe ein, die Trompenaars metaphorisch als Eiffelturm-Kultur zusammenfasst, während die schwedische Firmenkultur die Extremposition dessen einnimmt, was Trompenaars als BrüterKultur bezeichnet. Dabei befinden sich auch in der Matrix von Trompenaars beide Kulturtypen in einer Gegensatzposition zueinander:

Abb. 41: Trompenaars 1993, 228: Länderunterschiede in Organisationskulturen. Grundlage der Einteilung dieser Matrix bildet in der horizontalen Skala die Unterscheidung zwischen informal und formal verlaufendem Organisationsverhalten. Dies stimmt in dem Sinne mit den Untersuchungen der vorliegenden Arbeit überein, als die Tendenz des Auf- und Verteilens von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und so weiter in hierarchische Teilbereiche eine Formalisierung dieses Zentrifugalprinzips mit sich bringt. Als hantierbar wird dieses Zentrifugalprinzip in der deutschen Organisationstheorie aufgrund einer starken Vertikalstruktur der Organisation dargestellt. Dies zeigt sicht in der obigen Grafik in der vertikal verlaufenden Einteilung zwischen zentraler und dezentraler Organisationsweise. Dabei dürfen diese Begriffe inhaltlich nicht mit der konzeptuellen Logik der in der vorliegenden Arbeit verwendeteten Begriffe der Zentripetalität/Zentrifugalität gleichgestellt werden. Die in Trompenaars’ Matrix verwendeten Begriffe unterliegen einer anderen semantischen Logik. ‚Zentral‘ wird hier im Sinne einer vertikalen Kontrolle verstanden und ‚dezentral‘ im Sinne einer abnehmenden Vertikalität zugunsten einer zunehmenden Horizontalität in der Organisations-

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struktur. In beiden Dimensionen decken sich die Einteilungs-Ergebnisse von Trompenaars bezüglich des deutschen und schwedischen Organisationsverhaltens mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit. Betrachtet man die Kriterien zu dieser Einstufung, so fällt u. a. auch bei Trompenaars das Auseinanderklaffen der Ergebnisse bezüglich der Arbeitsweise auf: Während Trompenaars für deutsche Firmenkulturen eine Extremposition zugunsten individueller Arbeitsweise nachweist, wird für die schwedische Arbeitsweise eine Extremposition zugunsten kollektiver Arbeitserfahrung nachgewiesen (vgl. Abb. 42 unten). Das krasse Auseinanderfallen der Ergebnisse zur Arbeitsweise bestätigt auch in dieser Form die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, da die kollektive Arbeitsweise nicht ohne das zentripetale Prinzip möglich ist. Gleichzeitig muss auch darauf hingewiesen werden, dass dieses Ergebnis zur Arbeitserfahrung nicht gleichzusetzen ist mit den traditionellerweise im interkulturellen Kontext verwendeteten Kriterium-Paar Individualismus/Kollektivismus. Beim letzteren handelt es sich um die Frage der Sozialisationsform einer Gesellschaft schlechthin (vgl. Hofstede 2001). Im Fall der Arbeitsweise kann z. B. trotz starker Präferenz kollektiv ausgeführter Arbeit trotzdem eine starke Ausprägung von Individualismus als gesellschaftlicher Wert möglich sein. Genau hierauf wird auch im Fall der schwedischen Managementpraxis in Jönsson (1995, 27) hingewiesen. Die besondere Kombination des ZENTRIPETALMODELLS mit einem ausgeprägten Bewusstsein für den Individualismus konnte bei der Analyse der schwedischen Organisationstheorie schon früher im Zusammenhang mit der nonverbalen Darstellung von Hierarchien in Sjöstrand 1991 (vgl. Kap. 8.2) aufgezeigt werden. Die Untersuchung von Hofstede (1980) zu den – wie er es nennt – vier Kulturdimensionen auf der Basis von organisationskulturellem Verhalten gehört zu den bekanntesten interkulturellen Studien überhaupt. Weniger bekannt ist die dendrologische Auswertung, die Hofstede in der erweiterten Auflage seiner Studie von 2001 vornimmt. Hierbei stellt Hofstede ein Kulturverwandtschaftsmodell auf der Grundlage der Ergebnisse zu den von ihm untersuchten kulturellen Dimensionen auf. Aus der Perspektive der vorliegenden Arbeit ist vor allem das kulturelle Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Länderkulturen Deutschlands und Schwedens ins Auge fallend (s. die Pfeile in der Abb. 43 weiter unten). In der globalen Einteilungslogik des von Hofstede verwendeten Dendrogramms sind die deutsche und schwedische Kultur am zweitlängsten voneinander entfernt (vgl. Pfeilmarkierungen in Abb. 43). Diese Distanz zwischen den beiden Kulturen steht im Einklang mit der grundsätzlichen Unterschiedlichkeit, die im Rahmen organisationstheoretischer Konzeptualisierung in der vorliegenden Arbeit erarbeitet wurde. Gerade im Falle des Vergleichs zwischen Deutschland und Schweden sind diese Einsichten aus interkultureller Perspektive umso entscheidender, da

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diese Unterschiede systembildend sind; trotz vornehmlicher Gemeinsamkeiten wie geografische Nähe und sprachliche Verwandtschaft zwischen den beiden Kulturen.

Abb. 42: Trompenaars 1993, 79: Ergenisse der Befragung zu Gunsten kollektiver Arbeitserfahrung.

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Abb. 43: Hofstede 2001, 64: Dendrogramm zu 53 Ländern.

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KONZEPTUALISIERUNG IN DER INTEGRIERTEN UNTERNEHMENSKOMMUNIKATION

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9. Konzeptualisierung in der integrierten Unternehmenskommunikation Das kulturtheoretische Verständnis von Organisationen ist im deutschsprachigen Raum seit den 1980er Jahren vor allem anhand der Corporate Identity-Diskussion weiterentwickelt worden. Erkenntnistheoretisch lässt sich in dieser Diskussion z. B. bei Birkigt et al. (2002) ein individualpsychologisches Verständnis von (hier vor allem wirtschaftlich tätigen) Organisationen erkennen. Dabei wird von Birkigt et al. der Schwerpunkt auf die These einer zu etablierenden Unternehmenspersönlichkeit als Ziel unternehmerischer Aufgaben gelegt. Die Unternehmens-kommunikation bildet nach diesem Verständnis einen Teilbereich der Unternehmenspersönlichkeit, die weiterhin auch aus den Bereichen Unternehmensverhalten und Unternehmenserscheinungsbild besteht. So setzt sich nach Birkigt et al. die Unternehmenspersönlichkeit aus einem dreigeteilten „Identitäts-Mix“ zusammen, das in der Zusammensetzung aus Unternehmensverhalten, -erscheinungsbild und kommunikation die Corporate Identity ausmacht:

Abb. 44: Schematische Darstellung der Corporate Identity nach Birkigt et al. 2002, 19)

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Kommunikationstheoretisch ist dieser Ansatz nicht ohne Folgen für die Frage nach der Funktion der Unternehmenskommunikation. Die Rolle und Art der Kommunikationstätigkeit ergibt sich hier aus dem „manifestierten Selbstverständnis“ (Birkigt et al. 2002, 19) des Unternehmens. Ausgehend von der Unternehmenspersönlichkeit, die sich durch bisheriges Handeln eines Unternehmens im Laufe der Zeit herausbildet, ergeben sich alle Handlungsbereiche eines Unternehmens im Sinne eines „schlüssigen Verhaltens“ (Birkigt et al. 2002, 20). Hier verbirgt sich ein senderorientiertes Kommunikationsverständnis. Dieses unidirektionale Kommunikationsverständnis als „mediengebundene Botschaften eines Senders an einen Empfänger“ (Birkigt et al. 2002, 21) wird mit einem instrumentalisierten und rationalen Kommunikationsverhalten definitorisch festgelegt: „Die Kommunikation ist das Instrument mit der höchsten Flexibilität innerhalb des Identitäts-Mix, denn sie erlaubt sowohl planungsgesteuerten, langfristigstrategischen als auch anlassbedingten, schnellen taktischen Einsatz.“ (Birkigt et al. 2002, 21) In Kap. 5 wurde schon die Unzulänglichkeit eines linearen Kommunikationsverständnisses dargestellt. Der im linearen Sinne instrumentalisierte Kommunikationsbegriff bei Birkigt et al. reduziert Corporate Identity-Konzepte auf eine Vermittlungsfunktion für die festgelegte Unternehmenspersönlichkeit. Wie in diesem Zusammenhang eine „formulierte und autoritativ gültige Corporate Identity“ helfen soll, „viele Konflikte zu vermeiden, wenn sie als Leitlinie die Bildung der temporären ... Unternehmensziele als Ableitung aus den Unternehmenszwecken bestimmt“, bleibt bei diesem unidirektionalen Kommunikationsverständnis unbeantwortet (Birkigt et al. 2002, 40). Kulturtheoretisch wie auch kommunikationstheoretisch problematisch ist bei diesem Corporate Identity-Verständnis die Vernachlässigung der Rolle der Zielgruppen (auch als kulturelle Gruppierungen) für das Gelingen von Kommunikation. Unbeantwortet bleibt hier z. B. die Frage, wie das Corporate Image als Fremdbild eines Unternehmens überhaupt in seiner Rolle der möglichst identischen Annäherung an die Corporate Identity allein theoretisch betrachtet überzeugend sein kann. Die Corporate Identity ist begrifflich bei Birkigt et al. vom Ansatz her rein reflexiv auf das Unternehmen selbst ausgerichtet und aus ihm heraus entstanden, indem gerade dieses Selbstbild ausschließlich auf dem wirtschaftlichen Verhalten des Unternehmens fußt. Dies ist – als solches genommen – natürlich eine selbstverständliche und notwendige wirtschaftliche Dimension. In der einseitigen Reduktion auf die wirtschaftlich objektivierbare Dimension für den Corporate Identity-Begriff bleiben jedoch neben zielgruppenzentrierten Fragestellungen auch die Frage der kognitiven Mittel zur Positionierung von Unternehmen am Markt unbeantwortet. Für die Corporate Identity-Diskussion sind diese letzten

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beiden Fragen nach wie vor relevant, da ja Corporate Image als Fremdbild eines Unternehmens erkenntnistheoretisch im kognitiv-emotionalen Sinne „als Spiegelbild der Corporate Identity in den Köpfen und Herzen der Menschen“ aufgefasst wird (Birkigt et al. 2002, 23). Kaiser (1996) weist auf einen eklatanten Widerspruch in der Theorie von Birkigt et al. hin, wenn letztere die „Marketingkommunikation (Werbung, Verkaufsförderung, Product Publicity) für einzelne Marken völlig aus der Unternehmensidentität herausgehalten und konsequent eigenständig gestaltet“ (Birkigt et al. 2002, 23)1 verstehen wollen. Nicht nur wird dadurch die ganzheitliche Marketingkommunikation aus dem Selbstverständnis eines Unternehmens heraus unmöglich gemacht. Vor allem aber wird dadurch die Marketingkommunikation letztlich dem willkürlichen Zufall überlassen und die Idee propagiert, dass Markt-Kommunikation als jeweils isoliert verlaufender Prozess verstanden werden kann. Unberücksichtigt bleibt hierbei die aktive und verbindende Rezeptionstätigkeit der Zielgruppen, wenn sie die verschiedensten Rezeptionssignale bezüglich eines Unternehmens oder einer Marke zu einem Gesamtbild über das Unternehmen oder die Marke zusammenfügen. Das hierdurch bedingte komplexe Corporate Image muss somit immer in eine unternehmensintern bewusst gelebte Corporate Identity verankert werden, um dauerhaft den verschiedenen Rezeptionskontexten verschiedener Zielgruppenkulturen gerecht zu werden. Wenn dies nicht der Fall ist, besteht die Gefahr, dass die einzelnen Kommunikationsstrategien sich dysfunktional – weil ad hoc aufgestellt – zueinander verhalten. Wenn die Markt-Kommunikation überhaupt von einer Trennung zwischen Corporate Identity und Corporate Image ausgehen kann, dann muss die Frage gestellt werden, wie die Unternehmenskommunikation nicht nur von einem fragmentarisierten Kommunikationsverhalten, sondern auch von einem unidirektionalen und kausalen Kommunikationsverständnis befreit werden kann. Diese Frage hat eine zentrale Bedeutung für die Fundierung der unternehmensexternen Kommunikation, die die kognitive Dimension von Kommunikation systematisch berücksichtigen muss. Aus diesem Fragenkomplex ergeben sich interdisziplinäre Anforderungen an die Unternehmenskommunikation, die jetzt nicht mehr aus einem engeren betriebswirtschaftlichen Rahmen heraus gelöst werden können. Die Frage der Kulturdimensionen für das wirtschaftliche Handeln auf verschiedenen Märkten lässt sich nicht durch eine Strategiewahl der Unternehmenskommunikation im Sinne der Unterscheidung zwischen geo-, regio-, ethno- und polyzentrischen Unternehmenskulturen lösen. Je nachdem, welche dieser Grundstrategien ein global aktives Unternehmen wählt, wird es sich in unterschiedlicher Form mit dem Verhältnis 1

Die in der vorliegenden Arbeit angeführten Zitate aus Birkigt et al. 2002 beziehen sich auf die 11. Auflage des Werks. Die erste Auflage erschien von Birkigt/Stadler 1980.

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zwischen Unternehmenskultur und Landeskultur auseinander setzen müssen. Dies hat wiederum Auswirkungen auf sämtliche Formen des unternehmensexternen Kommunikationsverhaltens. In Zeiten der Marktsättigung, Globalisierung wirtschaftlicher Tätigkeiten und – damit verbunden – technischer Austauschbarbeit von Produkten, mit allen Konsequenzen für das Kommunikationsmanagement, entsteht die Frage, ob nicht ein zentraler Erfolgsfaktor der Unternehmenskommunikation gerade in der kognitiven Dimension liegt. Diese Frage wird vereinzelt auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur angeschnitten (Bruhn 2003, Langner 2003, Esch 1999), jedoch fehlen bislang Systematisierungen, die auch die interkulturellen Rahmenbedingungen heutiger Kommunikationstätigkeiten von Unternehmen berücksichtigen können. Die kognitive Dimension der Unternehmenskommunikation verlagert das Schwergewicht auf ein empfängerorientiertes Verständnis von Kommunikation, da unterschiedliche Kulturkontexte unterschiedliche Rezeptionsvoraussetzungen mit sich bringen können. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass das Kommunikationsmanagement nicht überzeugend ohne eine kulturtheoretische Verankerung zu leisten ist. Hierbei entsteht die Frage nach der kognitiven Interrelation zwischen Text (als Kommunikationsmittel) und Kultur (als Einflussgröße für das Textverständnis). Nicht nur müssen bei unterschiedlichen Märkten auch unterschiedliche kulturelle – und damit auch kognitive – Verstehens- und Rezeptionsvoraussetzungen berücksichtigt werden. Diese interkulturellen und kognitiven Rahmenbedingungen haben darüber hinaus Auswirkungen auf die komplexen Selbstdarstellungsstrategien von Unternehmen bis hin zur Auswahl einzelner Textkonstituenten. Die besondere Herausforderung für das international tätige Kommunikationsmanagement ergibt sich aus der Notwendigkeit, unternehmenskulturelle Orientierungsgrundlagen mit adäquaten zielgruppenorientierten textuellen Strategien zu verbinden. Und an diesem Punkt ist die kognitionslinguistische Forschung herausgefordert, den linguistischen Ansatz mit einer kulturtheoretischen Verankerung zu verbinden und für die Unternehmenskommunikation anwendbar zu machen. Da weiterhin die Unternehmenslandschaft zunehmend durch Fusionen, JointVentures und andere Formen der Unternehmenszusammenschlüsse bei zunehmender Konkurrenz um die Präferenzen von Konsumenten gekennzeichnet ist, ist mittlerweile auch die Verlagerung des Augenmerks von einer unternehmenszentrierten Kommunikationsweise auf eine markenzentrierte Kommunikationsstrategie mit dem Ziel eines Image-Aufbaus nicht nur in der Wissenschaft (Kroeber-Riel/Esch 2004, Bruhn 2003), sondern auch in der Praxis (Förster 2003),

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nachvollziehbar. Dadurch ist gerade das Marken-Kommunikationsmanagement zu einem ganz wichtigen Bestandteil heutiger Unternehmens-kommunikation geworden, weshalb es auch in der Untersuchung der vorliegenden Arbeit eine Beispielfunktion für die Kommunikation international tätiger Unternehmen erhält. Der Aufbau sogenannter starker Marken ist immer wichtiger geworden, um sich von seinen Konkurrenten abheben zu können. Eine zentrale Frage ist hierbei, worin sich die ‚Stärke‘ sogenannter starker Marken äußert. Dabei wird das markenstrategische Augenmerk auf ein gesellschaftlich verankertes Markenmanagement gelegt. Untersuchungen zeigen, dass das Image von Unternehmen vor allem in entwickelten Märkten wie den USA oder Deutschland mittlerweile wichtiger als die Produkte für die Mehrheit der Verbraucher geworden ist (Johanssen 2001, 54). Auch gewinnt die Marke zunehmend an Bedeutung gegenüber dem Preis bei konkreten Kaufentscheidungen (Herbst 2002, 12ff.). Dies führt dazu, dass der Aufbau von gesellschaftlichem Vertrauen in Marken zu einem wichtigen Ziel des Kommunikationsmanagements von Unternehmen geworden ist (Reichertz 2002). Neben Produktwerten müssen folgerichtig vor allem allgemein akzeptierbare gesellschaftliche Werte von Marken kommuniziert werden. Damit ist die Frage nach der Stärke von Marken untrennlich mit der Frage nach der Gestaltung von unternehmensexterner Kommunikation als Netzwerk von aufeinander abgestimmten Teilhandlungen verbunden. Im Bereich des Kommunikationsmanagements kommt diese Auffassung im deutschsprachigen Raum im Begriff der „Integrierte(n) Unternehmens- und Markenkommunikation“2 zum Ausdruck. Augenfällig ist hier die funktionale Gleichschaltung von Unternehmen und Marke für die Kommunikationstätigkeit zum Aufbau von starken Marken. Implizit ist mit der Verlagerung von einer unternehmenszentrierten Sichtweise hin zur rezipientenorientierten Sicht der integrierten Kommunikation auch der Grundstein für eine interdisziplinäre Relevanz gelegt. Kommunikationsangebote von Unternehmen verstehen sich im Rahmen der integrierten Kommunikation als „Integration aller Kommunikationsinstrumente in ein ganzheitliches Konzept der Kommunikation“ (Bruhn 2003, 6). Das vorgegebene Ziel der Integrierten Kommmunikation ist es, „ein für die Zielgruppen der Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild über das Unternehmen“ zu vermitteln (Bruhn 2003, 17). Zwar umfasst das Konzept der integrierten Kommunikation sämtliche Bereiche interner und externer Kommunikationstätigkeit. Für den Bereich der unternehmensexternen Kommunikation wird jedoch deutlich, dass diese in ein systematisches Markenkommunikationsdenken eingeordnet wird. Der Bereich der internen Kommunikation wird in der vorlie2

So der Titel des Buches von Manfred Bruhn 2003. Vgl. auch Esch 1999 zur Werbung sowie Esch 2004 zur Markenführung.

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genden Arbeit nicht behandelt, weshalb der Begriff der integrierten Unternehmenskommunikation in der vorliegenden Arbeit vor allem aus der Perspektive der Marken-Kommunikation zu verstehen ist.3 Dabei ist die wissenschaftliche Untersuchung unternehmensexterner Kommunikation besonders aus der Perspektive des Branding bzw. der Markenkommunikation notwendig. Dies nicht nur deshalb, weil viele Brandingstrategien aus dem Ad-Hoc heraus und nicht integrativ betrieben werden, woraus sich ihre Kurzlebigkeit erklärt.4 Gleichzeitig ist ein wachsender Bedarf an vor allem integrativ verankerten Branding-Strategien zu erkennen. Langner (2003) motiviert dies mit 1) der zunehmenden Zahl von Unternehmensfusionen und -aufkäufen, 2) der zunehmenden Globalisierung der Märkte und 3) der Entstehung neuer Märkte. In allen diesen drei Rahmenbedingungen ist die kulturtheoretische Dimension – ob als landes- oder unternehmenskulturelle – konstitutiv enthalten. Wird daher die Forderung nach einer interdisziplinären Behandlung der Markenkommunikation gestellt, so muss die integrierte Kommunikation sich notgedrungen mit der kulturtheoretischen Dimension von Kommunikationsmitteln und deren Wirkung befassen. Diese ebenso kulturtheoretische wie interkulturelle Diskussion wird jedoch bisher so gut wie gar nicht in der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur zur integrierten Kommunikation geführt. Die Konsequenz hieraus ist, dass interdisziplinäre Ansätze sich auf Einzelphänomene beschränken, ohne eine holistische Einbettung in das Gesamtspektrum unternehmensexterner Kommunikation. So lange die Interdisziplinarität des Branding oder der Markenkommunikation nicht mit Fragen holistischer Textgestaltung verbunden wird, wird es schwierig sein, Markenkommunikation im Sinne einer integrierten Markenführung in der Praxis zielgruppenadäquat umsetzen zu können. Daher ist es nicht überzeugend, wenn z. B. Langner (2003) die Frage des integrierten Brandings durch Fokussierung ausschließlich auf die Trias Markenname, (konkretes) Markenbild und Produkt beschränken will. Die Anwendbarkeit dieses Ansatzes wird weiterhin dadurch eingeschränkt, dass wenig Unternehmen – wenn überhaupt – konkrete Markenbilder als Teil ihrer Brandingstrategie verwenden. In den meisten Fällen ist außerdem das Produkt einer Marke gerade bei internationalen Konzernen selten eindimensional festzulegen. Daher sollten nonverbale wie auch verbale Teilphänomene eben als Teilphänomene in ein umfassendes Modell der Markenkommunikation eingehen. Hierdurch wird die Untersuchungsperspektive auf die Verknüpfbarkeit der Teilaspekte integrierter Kommunikation verlegt. Die Konse3

Esch (1999, 26ff.) misst der integrierten Kommunikation eine geringe Bedeutung für die unternehmensinterne Kommunikation im Unterschied zur unternehmensexternen Kommunikation zu. Auch ist bei Esch dieses Verständnis integrierter Kommunikation im Hinblick auf Markenkommunikation und Markenführung ausgeprägt. Vgl. dazu neben Esch 1999 auch Esch 2004.

4

Vgl. das Vorwort von Esch in Langner 2003.

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quenz aus dieser Einsicht ist dann auch ein entsprechend breit angelegtes Verständnis integrierter Kommunikation, das sowohl die einzelnen Bestandteile in der Kommunikationspraxis auf eine gemeinsame Strategie zurückführen lässt, als auch den strategischen Ausgangspunkt der Markenkommunikation vielseitig und im Einzelnen über verschiedene Kommunikationsträger unterschiedlichen Zielgruppen vermitteln kann. Dabei ist die Forderung nach Interdisziplinarität noch kein Lösungsansatz an sich. Entscheidend ist die Art der interdisziplinären Verankerung in der Theoriengestaltung. Die interdisziplinäre Schnittstelle zwischen diesen Fachgebieten liegt gerade im interkulturellen Spektrum der heutigen Wirtschaft, die aufgrund ihrer Globalisierungstendenzen automatisch mit interkulturellen Fragen konfrontiert wird. Hier besteht vor allem deshalb Nachholbedarf, weil bisher auch die Sprachwissenschaft es nicht verstanden hat, ganzheitliche Lösungen zur Gestaltung und zum Umgang mit Kommunikationsmitteln aufzuzeigen, die einem integrierten Kommunikations-Bedarf in der Praxis über sämtliche Verbalkategorien hinweg systematisierend gerecht werden könnten. Die rezeptionsorientierte Ausrichtung dieser Zielvorgabe durch den Begriff der „einheitliche(n) Wahrnehmung“ (Bruhn 2003, 35) legt auch für den Bereich der integrierten Kommunikation ein kulturtheoretisch verankertes Kommunikationsverständnis nahe. Dabei ist der Begriff der einheitlichen Wahrnehmung nicht unproblematisch. Wird hier begrifflich nicht eine invariante und universal einheitlich gesetzte Form der Wahrnehmbarkeit von Marken gemeint, dann muss sich das Kommunikationsmanagement mit den Verstehensvoraussetzungen kultureller Gruppierungen auseinandersetzen. Unter interkultureller Perspektive lässt sich Einheitlichkeit in der Wahrnehmung – vorausgesetzt der Begriff wird in seiner Grundbedeutung verstanden – allenfalls als eine jeweils kulturell bedingte Einheitlichkeit verstehen. Für das Marken-Kommunikationsmanagement stellt sich hieraus die Frage, wie ein konsistentes Markenbild neben der inhaltlichen Konzeptualisierung dann auch kulturspezifisch im Einzelnen anhand textueller Gestaltungsmittel kommuniziert werden kann, ohne die eigene Marken-Eigenständigkeit zu verlieren. Im Einzelnen müssen jeweils konkret eingesetzte Kommunikationsmittel in dem Sinne integrativ in das gesamte Kommunikationsmanagement eingebettet sein, dass sie über ihre konkrete verbale, para- oder nonverbale Ausformung einen konzeptuellen Anschluss an identitätsstiftende Eigenschaften einer Marke (im Sinne der Unterscheidbarkeit zu konkurrierenden Marken) ermöglichen. In welcher Weise Bild-Schemata als zentrales konzeptuelles Element auch im Rahmen der integrierten Markenkommunikation operationalisiert werden können und dabei gleichzeitig auch sowohl den Anforderungen der unternehmensexternen Kommunikation gerecht werden und in ein kulturtheoretisches Konzeptualisierungsmodell eingegliedert werden können, soll im weiteren Verlauf der

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vorliegenden Arbeit dargestellt werden. Bevor dies im Einzelnen anhand konkreter Textbeispiele aufgezeigt werden kann, muss das Ordnungsprinzip der integrierten Kommunikation in seiner kulturtheoretischen Dimension sowie die Rolle der nonpropositionalen Bild-Schemata und der propositionalen Textelemente in diesem Ordnungssystem verdeutlicht werden.

9.1 Das kommunikationsstrategische Modell der Integrierten Kommunikation nach Bruhn Im vorliegenden Kapitel soll zunächst das Modell der Integrierten Kommunikation von Bruhn näher vorgestellt werden, um dann im darauf folgenden Kapitel die Rolle des Markenslogans innerhalb dieses Ansatzes zur Unternehmenskommunikation verdeutlichen zu können. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird im Anschluss daran im Einzelnen die Anwendbarkeit der kognitiven Metapherntheorie und vor allem die medienübergreifende textsteuernde Funktion der Bild-Schemata für die unternehmensexterne Kommunikation veranschaulicht. Als ganzheitliches Erklärungsmodell für die Gestaltung der Unternehmenskommunikation enthält das Modell der Integrierten Kommunikation eine interdisziplinäre Reichweite, die auch die in dieser Arbeit vorgestellte Theorie der Konzeptualisierung mit einschließen und für die Wirtschaft interessant machen kann. Dabei soll zunächst von der Definition bei Bruhn zur Integrierten Kommunikation ausgegangen werden: „Integrierte Kommunikation ist ein Prozess der Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild über das Unternehmen bzw. ein Bezugsobjekt des Unternehmens zu vermitteln“ (Bruhn 2003, 17) Die betriebswirtschaftliche Dimension dieser Definition ist ausgiebig in Bruhn (2003) dargestellt worden. Für den Rahmen der vorliegenden Arbeit ist in dieser Definition von Bedeutung, dass von einem „für die Zielgruppen der Kommunikation konsistente(n) Erscheinungsbild“ (s. Zitat oben) als Ziel der integrierten Kommunikation ausgegangen wird. Damit werden die Zielgruppen (Rezipienten) ins Zentrum des Interesses gerückt. Obwohl bei Bruhn (2003) keine explizite kulturtheoretische Fundierung vorhanden ist, lässt sich diese Definition auch in kulturtheoretischer Hinsicht anwenden. Inwieweit dieses Verständnis der Integrierten Kommunikation für den Wirtschaftsalltag relevant gemacht werden kann, ist eine Frage, die vor allem im Rahmen der Sprach- und Kulturwissenschaft

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beantwortet werden kann, was in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden soll. Gemäß der Definition oben ist die Herstellung einer Einheit unternehmensinterner -externer Kommunikation ein zentrales Ziel. Dabei gilt als unhintergehbares Prinzip, dass die extern ausgerichtete Kommunikation auf einer internen Integration fußen muss (Bentele et al. 1996). Hierauf kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht eingegangen werden. Für die unternehmensexterne Kommunikation stellt sich die Frage, nach welchen Prinzipien diese Einheit aufgebaut und auch kommuniziert werden kann. Dies ist mittlerweile eine umso aktuellere Frage, als das Internet eine zusätzliche mediale Dimension mit neuen kommunikationsstrategischen Herausforderungen an das Kommunikationsmanagement ausmacht. Für die Unternehmenskommunikation ergibt sich somit aus dem Zusammenspiel zwischen allen Formen der Online- und Offline-Kommunikation ein zusätzlicher Aspekt bezüglich des Integrations-Desiderats. Was z. B. traditionell im Bereich der Werbelehre galt, kann nicht einfach auf die WebPräsenz von Unternehmen übertragen werden, denn mit dem neuen Medium sind auch neue kommunikative Funktionen von Texten/Textbestandteilen entstanden. Letztere erhalten im Zuge der Globalisierung von Märkten eine besondere kulturtheoretische Dimension, da die Frage der Zielgruppen der Integrierten Kommunikation nicht ohne die Frage nach der Interrelation zwischen den MarktZielkulturen und der(den) unternehmerischen Ausgangskultur(en) beantwortet werden kann. Unter dieser Prämisse erhält die Forderung nach dem gegenseitigen Abgestimmtsein zwischen der internen und externen Unternehmenskommunikation (Bentele et al. 1996) eine interdisziplinäre Reichweite, die weit über einen traditionell betriebswirtschaftlichen Rahmen hinausgeht. Die kommunikationstechnisch wie sprachtheoretisch ungeklärte Frage lautet, wie die Kommunikationsstrategien in ein „konsistentes Erscheinungsbild“ (Bruhn 2003, 35) münden können, unter gleichzeitiger Vermeidung der Reduktion auf eine rein standardisierte Kommunikationsstrategie. Wie in der Corporate Identity-Diskussion geht auch Bruhn von der Notwendigkeit eines strategischen Positionierungsziels von Marken aus. Dies führt zur Notwendigkeit der Formulierung von Positionierungszielen z. B. anhand einer kommunikativen Leitidee. Ungewiss ist noch, inwieweit so eine Leitidee als kommunikative Strategie textlich systematisiert werden kann. Da die berechnete Informationsüberlastung medienübergreifend im Bereich des Marketing allgemein bei ca. 98 % angesiedelt wird (Esch 2004, 32), wird in Konsequenz hieraus die Forderung nach bilddominanter Kommunikation gestellt (Kroeber-Riel 1993, Kroeber-Riel/Esch 2004, Esch 2004, Bruhn 2003). Es ist jedoch äußerst fragwürdig, ob die Alternativen für die Kommunikations-Strategie darin zu suchen sind, dass „Kommunikation für Marken … aufmerksamkeitsstärker, plakativer und bildhafter werden [muss]“ (Esch 2004, 32). Letztlich sagen solche Vorgaben

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lediglich, dass mehr nonverbale und bruchstückhafte Kommunikationselemente verwendet werden könnten. Dies ist dann aber wiederum dysfunktional im Hinblick auf das Ganzheitspostulat der Integrierten Markenkommunikation.5 Da die strategische Positionierung eine Hebelwirkung – z. B. in Form einer Vision – bzw. eine Auslöserfunktion für die nachfolgenden Kommunikationsmaßnahmen hat (Bensmann 1993), muss sie abstrakt genug sein, um möglichst umfassend funktionieren zu können, aber auch konkret genug, um konzeptuell an die eigene Erfahrung von Welt der Rezipienten anschließbar zu sein. Bruhn fordert daher, dass die „strategische Positionierung auf einer abstrakten Ebene formuliert werden [muss], damit sie über genügend Potential verfügt, den Anforderungen der Relevanz, Zukunftsorientierung, Flexibilität und Operationalisierung gerecht zu werden“ (Bruhn 2003, 176). In diesem Zitat wird das Verhältnis zwischen Abstraktion und Konkretisation angesprochen, das als solches auch dem Verhältnis zwischen Bild-Schemata und propositionalen Aussagen sowie dem Konzeptualisierungsmodell (s. Kap. 4 ) innewohnt. Die Erstellung eines kulturübergreifenden Markenbildes kann nur über eine Abstrahierung von einzelnen kulturspezifischen Anwendungs-Kontexten vollzogen werden, was das Augenmerk kognitionslinguistisch in diesem Fall auf die besondere Rolle der Bild-Schemata für die assoziative Wahrnehmung einer Marke lenkt. Durch positive Assoziationen soll die Marke nicht nur annehmbar, sondern auch glaubhaft gemacht werden. Dies bedeutet, dass die abstakte Ebene im Markenbild jederzeit konkretisierbar sein muss, was eine Anschließbarkeit der Marke an den Erfahrungsrealismus der Zielgruppen voraussetzt. Mast (2002) spricht in diesem Zusammenhang (in Anlehnung an das PR-Konzept von Merten) von „fiktionalen Realitäten“ (Mast 2002, 32): Diese werden im Sinne der „Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten“ künstlich geschaffen und als solche in einem unternehmenskulturellen Rahmen glaubhaft gemacht, sind jedoch nicht an der Realität direkt überprüfbar. Kognitionstheoretisch ist an diesem Punkt wichtig 5

Hier wird aber vor allem die Sprachwissenschaft, insbesondere die kognitive Linguistik und die Texttheorie, herausgefordert neue Wege aufzuzeigen, denn hinter diesem Problem zeigt sich der Bedarf, Textkonstituenten verschiedener Verbalkategorien methodisch einheitlich fassen zu können. Die interdisziplinäre Sprachwissenschaft hat hier die Möglichkeit zu zeigen, wie die betriebswirtschaftlich aufgestellten inhaltlichen Zielvorgaben einer Kommunikations-Strategie dann textuell in variierender und ebenso integrativer Form verarbeitet und vor allem im Hinblick auf die neuen Medien prägnant angewandt werden können. Auch die kommunikative Abstimmung zwischen Online- und Offline-Kommunikation bildet hier schon eine Herausforderung für sich. An dieser Stelle wird klar, dass die Reduktion des Textbegriffs auf rein verbale Textkonstituenten ein Textverständnis darstellt, das den interdisziplinären Anforderungen heutiger Wirtschaftskommunikation nicht mehr gerecht werden kann.

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darauf hinzuweisen, dass dieses Ziel nur durch das erfolgreiche Anknüpfen an die Konzeptualisierungstraditionen von Zielgruppen erreicht werden kann. Nach welchen Gesichtspunkten kann diese Zielvorgabe für die unternehmensexterne Kommunikation systematisiert werden? Bruhn schlägt hierfür ein Modell der vertikalen und horizontalen Funktionszusammenhänge der Integrierten Kommunikation vor, das sich im folgenden Schaubild als Flussdiagramm veranschaulichen lässt:

Strategische Positionierung

Kommunikative Leitidee

Leitinstrumente und Gestaltungsprinzipien

Zwischenziele

Kernaussagen

Integrations-, Folgeund Kristallisationsinstrumente

Einzelziele

Einzelaussagen

Kommunikationsmittel

Abb. 45: Modell integrierter Kommunikationspolitik (Bruhn 2003, 197). Das Flussdiagramm in Abb. 45 zeigt einen holistischen Zugriff auf die Kommunikationspolitik unter dem Prinzip der Hierarchisierung. Die vertikale Ebene wird durch das jeweilige Verhältnis zwischen Abstraktion und Konkretisation bestimmt. Dabei stellt die obere Ebene den höchsten Abstraktionsgrad und die untere den höchsten Konkretisationsgrad dar. Gemäß der Darstellung in Abb. 45 muss die strategische Zielvorgabe zur Positionierung einer Marke in Zwischen- und Einzelziele zerlegt werden können, um konkretisierbar zu sein (linke Vertikalebene). Hierbei ist gerade die Kombination aus Abstraktion und Gesamtzielvorgabe einer kommunikativen Leitidee (als Ausdruck der strategischen Positionierung) der zentrale Auslöser für das Gelingen der intergrierten Kommunikation. Diese Leitidee muss trotz ihrer komplexen Zusam-

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mensetzung einfach genug gestaltet sein, um als Grundaussage richtungsweisend für sämtliche Kommunikationshandlungen fungieren zu können: „Eine kommunkative Leitidee ist die Formulierung einer Grundaussage über das Unternehmen bzw. einer Marke, in der die wesentlichen Merkmale der Positionierung enthalten sind“ (Bruhn 2003, 185) Konkret stellt sich die Frage, wie diese „Formulierung einer Grundaussage“ (s. Zitat oben) im Bereich unternehmensexterner Kommunikation in Anbetracht der ohnehin schon vorhandenen Informationsüberlastung effektiv geleistet werden kann. Eine Antwort auf diese Frage kann anhand des seit Ende der 1990er Jahre zunehmend gebrauchten Markenslogans zur Steuerung der Positionierung von Unternehmenserscheinungsbildern gefunden werden. Hiermit kündigt sich in den letzten Jahren eine Differenzierung in der Sloganfunktion im Bereich der Unternehmenskommunikation an.

9.2 Vom Werbeslogan zum Markenslogan Der Begriff Slogan ist bisher vor allem im Bereich der Werbeforschung als Bezeichnung für ein Textelement der traditionellen Anzeigenwerbung verwendet worden. Entscheidend hierbei ist, dass der Slogan trotz unterschiedlicher Schwerpunkte in seiner Textfunktion hauptsächlich als textinternes Strukturelement einer – in der Regel – Printwerbung verstanden wird. Baumgart (1992, 35f.) und Bajwa (1995, 67f.) schreiben dem Slogan die Funktion zu, eine Werbeaussage abschließend zusammenzufassen (ähnlich auch Sowinski 1979, 71). Janich (1999, 45ff.) kritisiert dieses textintern ausgerichtete Verständnis der Slogan-Funktion und weist darauf hin, dass der Slogan aufgrund seiner Identifizierungsfunktion mit einer Marke oder einem Unternehmen die Erinnerungsleistung an diese unterstützen soll. Dies führt dann auch oft zu prägnanten Neuschöpfungen, mit denen die Werbetreibenden an die Zielgruppen herantreten (vgl. Janich 1999, 46f.). Trotz unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen in der Behandlung der Sloganfunktionen wird deutlich, dass der Slogan in der Werbelehre hauptsächlich ausgehend von seiner Teiltextfunktion in der Forschung der traditionellen Anzeigenwerbung verstanden wird. Dabei wird eine klare Abgrenzung von Teiltextfunktionen auch in der Werbelehre mittlerweile kritisch gesehen (Janich 1999, 2001). Nicht nur ist im Zuge des deutlichen Rückgangs verbaler Textmittel zugunsten der bilddominanten Werbung der gesamte Textanteil im Laufe der letzten Jahrzehnte stetig zurückgegangen (Kroeber-Riel 1993, Kroeber-Riel/Esch 2004). Zudem ist auch eine deutliche Teiltextabgrenzung im Sinne des Begriffsinventars traditioneller Werbelehre in heutigen Anzeigen-

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werbungen oft nicht mehr deutlich auszumachen. Die Reduktion auf weniger Teiltexte innerhalb einer Anzeigenwerbung bringt jedoch eine Verschiebung der Funktionen dieser Teiltexte mit sich. Janich weist schon Ende der 1990er Jahre darauf hin, dass viele Anzeigen sich nicht in ein „klassisches Aufbauschema“ zerlegen lassen (Janich 1999, 55). Ohne weiteres hat vor allem seit Ende der 1990er Jahre das Internet als völlig neuer Werbeträger die Markenkommunikations-Praxis nachhaltig beeinflusst. Dies gilt insbesondere für den medienübergreifenden Aufbau sogenannter starker Marken. Die Konsequenzen einer integrierten Markenkommunikation erstrecken sich dann auch auf die persuasive Dimension der Markenkommunikation.6 Janich zeigt in ihrem Vergleich zwischen Online- und Offline-Werbung die Unmöglichkeit, Websites unter dem traditionellen Werbeaspekt zu untersuchen, da unterschiedliche Kommunikationshandlungen wie Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Werbung, Verkaufsförderung, Kontaktaufbau u. s. w. in einer Website auf den verschiedenen Seiten zusammenfließen (Janich 2002, 143f.). An dieser Stelle muss folgerichtig gefragt werden, ob Websites überhaupt in ihrer komplexen markenaufbauenden Funktion (im Markenkommunikations-Management) adäquat unter dem Werbungsaspekt erfasst werden können. Sollte daher nicht eher die Untersuchungsperspektive bezüglich Websites vom Werbungs-Aspekt auf den komplexer fungierenden Markenkommunikations-Aspekt verlagert werden? Dadurch können dann nicht nur verschiedene Textfunktionen gleichzeitig innerhalb einer Website erfasst werden, sondern außerdem gemäß der Integrierten Kommunikation in ihrer Verkettung mit unterschiedlichen Kommunikationsmitteln online und offline systematisiert werden. Janichs (1999) Hinweis auf die intertextuelle und vor allem medienübergreifende Funktion des Slogans lässt schon eine andere Sloganverwendung als in der traditionellen Werbeforschung erkennen, ohne dass Janich näher darauf eingeht. Vor allem seit der kommerziellen Nutzung des Internets sind zunehmend andere Verwendungsformen des Slogans erkennbar. Diese werden jetzt vor allem im Zusammenhang mit dem Markennamen verwendet. Hierdurch ist die Notwendigkeit der langfristigen Verwendung von Slogans nicht mehr als Werbemittel im traditionellen Sinn, sondern als Mittel der Branding-Strategien, entstanden. Kotler et al. (1996, 73ff.) schreiben daher aus der betriebswirtschaftlichen Sicht dem 6

Die funktionale Vermischung von Information und Persuasion auf Unternehmenswebsites zieht unweigerlich ein ‚weites’ Verständnis von Werbung für dieses Kommunikationsmedium nach sich. Dabei reicht es nicht aus, wenn Internet-Werbung lediglich auf Randphänomene der Internetkommunikation reduziert wird, wie z.B. sogenannte Pop-Ups, Interstitials oder Bannerwerbung. Vielmehr ist hier der gesamte Internet-Auftritt von Unternehmen über ihre Websites auch unter dem Werbe-Aspekt zu untersuchen, was bei weitem noch nicht hinreichend untersucht worden ist. Vgl. im kulturkontrastiven Sinn dazu Looff 2004.

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Slogan die Funktion eines mission statement zu. Dies ist dann eine völlig andere Slogan-Verwendung als in der traditionellen Anzeigenwerbung. Zwar handelt es sich bei Internetauftritten von Unternehmen auch um persuasiv ausgerichtete Texte, jedoch nicht um Werbetexte im traditionellen Sinn, sondern um komplexe Branding-Strategien im Bereich der Corporate-Identity-Vermittlung. Letztere dient dazu, ein spezifisches Marken- und sogar Unternehmensimage zu fördern. Dies ist jedoch nicht mehr lediglich im Rahmen einzelner Werbeauftritte oder Werbekampagnen möglich, sondern eher im Rahmen einer längerfristig geplanten Branding-Strategie. Hier nähert sich die Auffassung über die Slogan-Funktion bei Kotler et al. der kommunikativen Leitidee-Funktion von Bruhn. Dies hat dann wiederum Konsequenzen für die Formulierbarkeit von Slogans. Die Thematisierung positiver Aspekte oder Verwendung von originellen Wortneuschöpfungen reicht nicht mehr aus, um den Slogan zum Ausdruck von Leitideen im Sinne eines ganzheitlichen und integrierten Kommunikationsmanagements zu machen. Inwieweit diese Leitidee-Funktion von Slogans mit anderen Kommunikationsmitteln verbunden und angewandt werden kann, wird von Kotler et al. (die aus der Marketingforschung kommen) nicht weiter behandelt. Dies ist aufgrund der vor allem sprachwissenschaftlichen Dimension dieser Fragestellung erklärlich. Vor allem in der Praxis der Website-Kommunikation kann in den letzten Jahren eine stärkere Nutzung des Slogans für die Erreichung markenstrategischer Ziele festgestellt werden. Dabei hat der Slogan in dieser Form eines Markenslogans nur noch wenig mit dem im Bereich der traditionellen Werbelehre verwendeten Slogan-Begriff zu tun. Während der traditionelle Werbeslogan (in seiner Verwendungstradition im Bereich der Offline-Werbung) mittlerweile deutlich an Relevanz eingebüßt hat,7 kann m. E. ein steigendes Interesse für die Sloganverwendung im Sinne eines Geltendmachens von markenspezifischen Werten konstatiert werden. Aus der Werbepraxis kommend wird diese Form von Sloganverwendung auch als Claim bezeichnet. Allerdings bleibt der Begriff des Claims oft zweideutig, da er i.d.R. unspezifisch für alle Formen von Sloganverwendungen gebraucht wird (vgl. Reins 2006), weshalb in der vorliegenden Arbeit zur Unterscheidung zwischen Werbe- und Markenslogan der letztere Begriff verwendet wird. Unter Markenslogan wird in der vorliegenden Arbeit folglich die langfristige Verwendung sprachlicher Elemente in der Trias Markennamen, Markenzeichen (Logo) und Markenslogan verstanden. Zusätzlich zum Markennamen lässt diese Trias einen konzeptuellen Mehrwert für die Markenpersönlichkeit etablieren und medienübergreifend systematisch in Verbindung mit dem Markennamen zur Anwendung kommen.8 7

Vgl. Janich 2002, 154 sowie auch Sowinski 1998, 59.

8

Vgl. auch die Unterscheidung zwischen Werbeslogan und Markenslogan in Schmidt 2003.

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Diese Auffassung von der Rolle des Markenslogans deckt sich mit der Notwendigkeit, starke Marken langfristig aufbauen zu müssen. Da Unternehmens-Profile als Ganzes kommunikationsstrategisch schwieriger zu vermitteln sind als leicht wiedererkennbare Signale wie Markenslogan, -zeichen oder -name, ist es vor allem für den langfristigen Aufbau einer Kundenbeziehung zur Marke sinnvoll, einen inhaltlich adäquat kondensierten Markenslogan systematisch textlich umzusetzen und damit textstrategisch zu integrieren – sei es online oder offline. Dies kann nur über einen längeren Zeitraum integrativ geleistet werden, wodurch die Langlebigkeit und die medienübergreifende systematische Verwendung des Markenslogans ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zum traditionellen Werbeslogan werden.9 Hierdurch kann der Markenslogan zum allgegenwärtigen und vor allem unternehmensexternen Kommunikationsmittel in Marketing, Werbung, Produktverpackung, Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations werden. Dabei ist das Internet – und mit ihm vor allem die Homepages und Websites von Unternehmen – zum zentralen Instrument für das Markenkommunikations-Management geworden. Deshalb wird auch die vorliegende metaphorologische Untersuchung weiter unten am Beispiel einer Online-Markenkommunikation ansetzen und medienübergreifend untersuchen, wie ein starkes Markenprofil aufgebaut werden kann, indem der Markenslogan den kommunikationsstrategischen Kern bildet. Durch die systematische optische und/oder auditive Kombination von Markenslogan mit Markennamen und Markenzeichen erhält der Slogan eine markenidentifizierende Funktion und wird somit zum Bestandteil des Markenbildes (der Marke). In der Praxis ist der gesamte semiotische Synergie-Effekt in der Kombination der obigen drei Marken-Elemente noch nicht gänzlich erkannt worden. Abgesehen von Ausnahmen (vgl. z. B. BMW oder Volvo) benutzen die meisten multinationalen Unternehmen noch entweder die Kombination Markenname und Markenslogan oder Markenname und Logo. Dabei hat gerade in den letzten Jahren die Kombination von Markennamen und Markenslogan stetig zugenommen. Dass es sich dabei nicht um kurzfristige Erscheinungen von Werbeslogans handelt, wird durch die Tatsache deutlich, dass eine zunehmende Anzahl an Unternehmen den Markenslogan zusammen mit dem Markennamen markenrechtlich schützen und dies auch optisch im Verbund mit dem Markenslogan kennzeichnen.10 Hierdurch ist der Markenslogan auch rechtlich zum Bestandteil der Marke selbst geworden. Dies weist auf einen zunehmenden Bewusstseinsgrad für den kommunikativen 9

Hier kann als Beispiel Nokia angeführt werden, das schon seit 1994 den Markenslogan Connecting People in diesem markenstrategischen Sinn verwendet. Zur landesspezifischen Umsetzung der geozentrischen Unternehmenskultur von Nokia über den Markenslogan Connecting People auf der deutschen und finnischen Homepage des Unternehmens vgl. Schmidt 2003.

10

Vgl. z.B die Websites von breitling.com, honda.com und brother.com. Breitling und Brother führen diese Kennzeichnung auch medienübergreifend im Offline-Bereich.

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Mehrwert eines Markenslogans im Bereich des Brand Managements hin. Dieses steigende Bewusstsein zeigt sich des Weiteren auch dadurch, dass immer mehr Unternehmen eine gezielte Thematisierung des eigenen Markenslogans für die strategische Positionierung der Marke auf unternehmensbezogenen Seiten der eigenen Website betreiben.11 Während das Internet als Primus Motor für die Entwicklung einer global verwendeten Markenkommunikationsstrategie angesehen werden kann, bergen sich aber in diesem Medium gleichzeitig auch Herausforderungen, die für die Frage der erfolgreichen Vermittlung eines eigenständigen Markenbildes unübersehbar sind. In der traditionellen Printwerbung wird von der Maxime einer rational orientierten Unique Selling Proposition als zentrale Kommunikationsstrategie ausgegangen (Janich 2001). Dagegen geht man spezifisch für das Internet von der Maxime einer Unique Feeling Proposition aus (vgl. Altobelli/Sander 2001, 19). Aus der Sicht des Kommunikationsmanagements entsteht die Frage, wie die zentrale Leitidee zur Positionierung einer Marke auch als emotiv akzeptables Kommunikationsangebot (im Sinne Bruhns) formuliert werden kann. Gerade in der Art und Weise, wie die Leitidee formuliert wird, entscheidet sich die kommunikative Effizienz dieser Texteinheit. Dabei ist es eben nicht so sehr eine Frage der sprachlichen Oberflächenstruktur in der Ausformulierung, sondern eine Frage der mit der Formulierung vermittelbaren assoziativen Inhalte. Deshalb legt Bruhn (2003, 6) mit dem Begriff der Unique Communication Proposition den Schwerpunkt auf die Funktion der einzelnen verwendeten Kommunikationsmittel im Verhältnis zur kommunikativen Gesamtaussage von Texten. Damit verlagert Bruhn auch gleichzeitig das Augemerk auf die Frage nach der Rolle, die die einzelnen Textkonstituenten im Rahmen einer kommunikativen Gesamtstrategie haben. Will diese Perspektive ernst genommen werden, reicht es nicht mehr aus, die Frage der Textkonstituenten lediglich im Rahmen eines gegebenen einzelnen Textes zu betrachten. Gerade aus der Notwendigkeit heraus, in der unternehmensexternen Kommunikation jeden Kommunikationsinhalt in Abstimmung mit einer wiedererkennbaren Unternehmenskultur zu vermitteln, wird die Maxime einer Unique Communication Proposition zur text- und medienübergreifenden Notwendigkeit. Wie dies im Einzelnen auch über verschiedene Verbalkategorien hinweg in der unternehmensexternen Kommunikation realisiert werden kann, ist bisher noch nicht gezeigt worden. Daher soll im weiteren Verlauf der vorliegenden Untersuchung durch die Verwendung eines bild-schematisch konzipierten Markenslogans gezeigt werden, wie diese Zielvorgabe sprachlich verwirklicht werden kann.

11

Vgl. z. B. die Websites solcher Unternehmen wie Audi, Honda, Katrin oder Hitachi.

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Für die Frage der Hauptkriterien einer starken Markenpersönlichkeit können vor allem drei Maximen angeführt werden, die beim Aufbau einer Website zur Geltung kommen sollten. Es sind die Kriterien der Emotionalität, der Lebendigkeit (Dynamik der peripheren Merkmale bei gleichzeitiger Konstanz des Markenkerns) und der Bildhaftigkeit zur besseren Einprägsamkeit einer Marke.12 Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, dass allein durch den Markennamen diese Ziele nicht erreicht werden können. Gerade durch die Kombination mit einem adäquat gewählten und inhaltlich wie auch konzeptuell im Medien-Mix umgesetzten konstanten Markenslogan können obige Ziele programmatisch gebunden und kommunikativ realisiert werden. Hierbei muss der Slogan so gewählt werden, dass er als Leitidee bzw. Leitbild anhand von Kern- und Einzelaussagen textuell verankert werden und somit eine (text-)strategische Positionierung der Markenpersönlichkeit fördern kann. Hier besteht die Möglichkeit, aufgrund der für die Bild-Schemata typischen Abstraktionsform dieses Formulierungsziel realisieren zu können. Die entscheidende Ursache hierfür liegt in der non-propositionalen Funktion der Bild-Schemata. Da die Bild-Schemata als solche noch nicht propositional festgelegt sind, kommen sie dem Bedürfnis entgegen, die kommunikative Leitidee in sehr vielseitiger Form textuell verarbeiten zu können. Dies ist aus der Sicht der Markenkommunikation besonders wertvoll, da hierdurch der gemeinsame kognitive Nenner (als bild-schematische Positionierung) einer Marke in den verschiedenen sprachlichen Realisationsformen bewahrt bleibt. Durch ihre konzeptuelle Funktion, Propositionen vorzustrukturieren, können BildSchemata weiter in Form von Kernaussagen und Einzelaussagen spezifiziert werden. Für die Frage der Vielseitigkeit in der verbalen Textgestaltung ist es besonders interessant, dass sowohl metaphorische wie auch nicht-metaphorische Textsequenzen bild-schematisch vorstrukturiert werden können, wodurch sich die textliche Argumentation in den einzelnen Kommunikationsmitteln auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus bewegen kann. Dieser vor allem konzeptuelle Zusammenhang zwischen Leitidee-Formulierung, Kernaussagen und Einzelaussagen ist abhängig von den unternehmenskulturellen und -strategischen Zielvorgaben und daher sprachlich sehr unterschiedlich formulierbar. Dies stellt eine wichtige Grundvoraussetzung für die Positionierbarkeit einer Marke und den Schutz vor Nachahme-Effekten dar. Erst die systematische textuelle Integration der drei Ebenen (Leitidee, Kernaussagen, Einzelaussagen) kann die einmalige Positionierungsabsicht eines Unternehmens (in der rezeptiven Verarbeitung der Kommunikationsmittel durch die Zielgruppen) auch als ganzheitliche Textstrategie realisieren. 12

Vgl. Altobelli/Sander 2001, 19-22 und Herbst 2002, 36ff.

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Wird der Markenslogan in diesem Sinne bild-schematisch gewählt, bietet er in kurzer und bündiger Form eine vielseitig verwendbare Kondensierung der kommunikativen Gesamtaussagen über eine Marke, egal ob hier von kommunikativer Leitidee (Bruhn 2003), Mission Statement (Looff 2004, 32) oder einfach nur von Mission (Mast 2002, 76) gesprochen wird. Eine erfolgreiche Verankerung des Markenslogans in das gesamte Kommunikations-Mix setzt jedoch eine klare konzeptuelle Strukturierung zwischen Unternehmensleitbild (bzw. -idee) – z. B. in Form eines Markenslogans – und der Spezifizierung dieses Leitbilds durch sowohl verbale, para- wie auch nonverbale (schriftliche) Kommunikationsmittel voraus. Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, dass die Frage nach einer die Positionierungs-Strategie untermauernden Slogan-Formulierung nicht lediglich die Frage nach einer Slogan-Wahl schlechthin darstellt. Für eine integrierte MarkenKommunikation müssen gleichzeitig auch die angestrebten Kernaussagen und die möglichen Einzelaussagen, die vom Unternehmen kommuniziert werden sollen, schon in der Planungsphase auf die Slogan-Formulierung abgestimmt werden und umgekehrt.13 Hinter jeder Aussage-Ebene (mittlere vertikale Fluss-Linie im Diagramm weiter oben) steht daher auch eine entsprechende Ziel-Ebene (linke vertikale FlussLinie). Bruhn versteht die vertikale Differenzierung als Differenzierung nach Zielgruppen (Bruhn 2003, 186ff.). Dies ist lediglich eine Logik aus der betriebswirtschaftlichen Sicht. Kommunikationstheoretisch betrachtet stellt diese Differenzierung ausgehend von den textuellen Einheiten ebenso eine thematisch orientierte Differenzierung dar, was sich gegenseitig ergänzt. Die Differenzierung nach Instrumenten (rechte vertikale Fluss-Linie, Abb. 45) ist dann lediglich eine Frage der instrumentellen Schwerpunktsetzung. Gerade überkommene Begriffe der Werbesprache werden vor diesem Hintergrund neu betrachtet werden müssen, da sich durch die neuen Medien auch z. T. neue Funktionen der Instrumente – und ihrer Abstimmungsmöglichkeit aufeinander – ergeben haben, die es vor der Nutzung des Internets nicht gab. Dass diese Frage eine viel größere Bedeutung in der Zukunft haben wird als als sie z. Z. noch zu haben scheint, zeigt sich in der ständigen Weiterentwicklung des Mediums Internet, das für die textuelle Vernetzbarkeit und damit auch für Kommunikationsformen in Zukunft über den jetzigen technischen Stand hinausgehende neue Möglichkeiten bieten wird.14 Gerade im Bereich der internetgestützten Kommunikation besteht noch wissenschaftlicher Nachholbedarf; auch was die Markenkommunikation betrifft. 13

Vgl. Bruhn zur notwendigen, gleichzeitig aufeinander abgestimmten, Bottom-Up und Top-DownStrategie, die auch als Down-Up-Planung bezeichnet wird (Bruhn 2003, 140ff.).

14

Vgl. das Interview mit dem Erfinder des Internets in der Zeitschrift Wirtschaftswoche 22/2006, 16.

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Das in den bisherigen Ausführungen behandelte holistische Kommunikationskonzept kann aber nur durch ein entsprechend holistisches (und damit auch interdisziplinär relevantes) Sprachkonzept adäquat und gewinnbringend realisiert werden, was m. E. bisher in der Forschung noch nicht präsentiert worden ist. Der vorliegende Beitrag versucht hier neue Möglichkeiten interdisziplinären Arbeitens anhand der unternehmensexternen Kommunikation aufzuzeigen. Mit der zunehmenden Bedeutung des Internets für die Unternehmenskommunikation stellt sich die Frage, wie die Kommunikation über Homepages integrativ mit der OfflineKommunikation eines Unternehemens kombiniert werden kann. Dies wird im Folgenden anhand des Beispiels der Markenkommunikationsstrategie des Unternehmens Hitachi, genauer der Markenprofilierung auf der Unternehmens-Website im Vergleich mit Offline-Werbebeispielen von Hitachi, getan. Dabei ist aus kognitionsmetaphorischer Perspektive die zentrale Funktion des bild-schematisch formulierten Marken-Slogans in Form einer textsteuernden Leitidee-Funktion ausschlaggebend.

9.3 Der bild-schematische Markenslogan als kommunikationsstrategisches Instrument für die Marken-Kommunikation am Beispiel Hitachi Die Durchführbarkeit eigenständiger Markenkommunikations-Strategien, die nicht lediglich als Beilage zum Marketing fungieren, sondern aus der Unternehmenskommunikation heraus erwachsen, gilt als ein bisher noch kaum erforschtes Gebiet (vgl. Mast 2002, 365). Gleichzeitig sind in der Praxis internationaler Unternehmenskommunikation die verschiedensten mehr oder weniger geglückten Realisationsversuche vorhanden, die einen Versuch in diese Richtung unternehmen. Als Beispiel für die besondere Bedeutung einer bild-schematisch formulierten holistischen Markenkommunikations-Strategie soll im weiteren Verlauf das Beispiel Hitachi diskutiert werden. Das Beispiel Hitachi wird deshalb gewählt, weil in diesem Fall der Versuch nachvollziehbar ist, den Markenslogan nicht nur in einzelnen Texten konzeptuell zu integrieren, sondern auch medienübergreifend kommunikationssteuernd anzuwenden. Im Einzelnen werden im vorliegenden Kapitel die Integrierung des Markenslogans von Hitachi in Selbstaussagen über das Unternehmen auf seiner Homepage zur Vermittlung der Corporate identity auf der Webseite zu „Corporate Philosophy“ und „Management Strategy“ analysiert, um dann im nachfolgenden Kapitel die zentralen Markenaussagen mit zwei in Deutschland geschalteten Anzeigenwerbungsserien in der Wirtschaftswoche von 2004 und 2006 kontrastiv zu ver-

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gleichen. Ziel der Untersuchung ist es zu zeigen, wie ein ganzheitliches Markenimage konzeptuell widerspruchsfrei im Online- und Offline-Bereich realisiert werden kann. Kulturtheoretisch ist hierbei auch die Frage nach der Anknüpfbarkeit einer geozentrisch einheitlichen Unternehmenskultur an Rezeptionsvoraussetzungen einer spezifischen Landeskultur von Interesse. Ein wesentliches Kennzeichen für die Hantierung von Slogans als Markenslogans in der Internet-Kommunikation ist ihre systematische Verwendung auf jeder einzelnen Seite einer Website. Im Unterschied zum Werbeslogan wird durch die ubiquitäre Verwendungsweise von Markenslogans ihre konstitutive Rolle für den Aufbau eines Markenprofils deutlich. In der Internetkommunikation tritt daher der Markenslogan i.d.R. im Verbund mit dem Markennamen in unveränderter Form sowohl auf unternehmens-, leser-, als auch auf produktorientierten Seiten auf. Im Fall von Hitachi bildet der Markenslogan Inspire the Next eine semiotische Ganzheit zusammen mit der Marke Hitachi und der Farbe Rot. Dies geschieht durch eine verbal und paraverbal identische Verwendung von Markennamen und Markenslogan, welche durchgehend nonverbal durch die konsequente Schreibweise auf roten Hintergrund in der Kopfzeile jeder Webseite zum markenidentifizierenden Zeichen werden. Typisch für die Verwendung des Markenslogans im Verbund mit dem Markennamen ist die Unveränderlichkeit in der verbalen, para-, und nonverbalen Verwendungsweise dieser Textelemente, weshalb semiotisch betrachtet nicht der Markenname als solcher allein eine semiotische Einheit darstellt, sondern grundsätzlich die Art der die Verbalkategorien überschreitenden Gesamtdarstellung. Auch können Teilaspekte dieser semiotischen Ganzheit nicht als Zufälligkeiten gewertet werden, da sie sonst nicht konsequent medienübergreifend zur Anwendung kommen würden. Dies gilt bezüglich Hitachi z. B. für die leitmotivische Verwendung der roten Farbe als markenidentifizierendes Merkmal. Rot wird zur Zeit der vorliegenden Untersuchung als Hintergrundfarbe für die rechteckige Umrahmung der Textelemente (Markenname und Markenslogan) im Internetauftritt verwendet. Dass gerade die rote Farbe als zentrales nonverbales Element der Marke Hitachi gewählt wird, zeigt sich in der OfflineSchreibweise des Slogans, welcher auch in den Fällen mit der roten Farbe in Verbindung gebracht wird, wenn kein roter Hintergrund verwendet wird. Dies geschieht dann durch das extra verwendete Apostroph-Zeichen über dem Wort „Next“ (vgl. Abb. 46 unten), welches eigentlich von der Rechtschreibung her keinen Apostroph bekommt und in den Offline-Anzeigen rot gefärbt hervorgehoben wird (vgl. Bild 1-6 weiter unten). Allein die konsequente Verwendung dieser Schreibweise zeigt die zentrale Funktion, welche den einzelnen Elementen zur kognitiven Positionierung dieser Marke von dem Unternehmen zugeschrieben werden.

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Wesentlich für die markenidentifizierende Verwendung der Trias Markenname, Markenslogan und Farbe Rot ist die Tatsache, dass diese in unveränderter graphischer Form, wie in der folgenden Abbildung gezeigt, auf allen Internetseiten auftreten:

Abb. 46: Das ganzheitliche Markenbild von Hitachi (Stand 2006) Im Fall des Markenslogans Inspire the Next handelt es sich um die bildschematische Verwendung eines Vektor-Schemas, bei dem eine Entität auf eine andere einwirkt. Konzeptuell relevant ist hierbei die graphische Zusammenstellung von Markenname und Markenslogan (vgl. Abb. 46 oben), wodurch Hitachi als die Entität identifizierbar ist, die auf eine andere Entität – hier verbal als das „Next“ bezeichnet – einwirkt. Die Art der Einwirkung wird durch das Wort „Inspire” ausgedrückt. Durch dieses konzeptuelle Zusammenwirken der verbalen und paraverbalen Teilelemente wird die kognitive Ganzheit des Markenbildes gerade aufgrund der bild-schematischen Logik des Markenslogans untermauert. Hieraus erklärt sich auch die Notwendigkeit, einen Markenslogan möglichst über einen langen Zeitraum zu verwenden. Verändert man den Markenslogan, wird man auch gezwungen, andere Bestandteile des Marketing-Mix zu ändern. Die langfristige Verwendungsmöglichkeit eines Markenslogans wird vor allem durch die bild-schematische Prägung des Markenslogans gesichert, was eine kostensparende Wirkung für das Kommunikationsmanagement hat. Die gelungene Wahl des Markenslogans mit seiner langfristigen Verwendungsfunktion kommt des Weiterren dadurch zum Ausdruck, dass Hitachi die Selbstaussagen bezüglich Philosophie und Strategie in den letzten Jahren15 nicht ausgewechselt hat. Die non-propositionale Struktur des Markenslogans kann zunächst im Sinne der Definition von Johnson (1987) bezüglich Bild-Schemata als einfache Grafik, bestehend aus den Teilen A und B sowie der vektorialen Relation zwischen A und B wie folgt dargestellt werden:

A → B

15

Wann Hitachi mit dem Slogan angefangen hat, ist dem Verfasser nicht bekannt; zumindest wird er in dieser Form seit 2003 verwendet.

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Im Rahmen des Markenbildes von Hitachi (vgl. oben) wird dieses non-propositionale Bild-Schema noch nicht so weit spezifiziert, dass man von propositionalen Aussagen sprechen könnte, da durch das Lexem „Next“ völlig offen gelassen wird, worauf Hitachi einwirkt. Da es sich in diesem Fall um eine Markenpositionierungs-Strategie handelt, ist es folgerichtig, den ersten Bestandteil des Vektors (A) als Hitachi zu spezifizieren. Kognitiv können diese hier dargestellten Sachverhalte durch den Leser in Sekundenschnelle wahrgenommen werden. Jetzt ist konzeptuell die bild-schematische Grundlage für die vielseitige Spezifizierung des bisher dargestellten Markenbildes gelegt worden. Im Sinne des Übersummationspostulats der Gestalttheorie wird die bisher dargestellte Ganzheit zwischen Markenname und Markenslogan in unterschiedlicher Form auf den einzelnen Webseiten derart dargestellt, dass die Entität B („Next“) des Bild-Schemas zum zentralen und variierbaren Thema mit entsprechend unterschiedlicher Spezifizierung wird. Dies soll nicht für jede Webseite im Einzelnen behandelt werden. Hier soll stellvertretend die Seite dargestellt werden, die eine zentrale Funktion in der Vermittlung von kommunikativen Leitideen einnimmt. Es handelt sich im Fall Hitachi um die Seite „Philosophy & Stategy“, die als Ausdruck der zu vermittelnden Corporate Identity auch jeweils in Kernaussagen und Einzelaussagen gemäß des Modells von Bruhn (vgl. Abb. 45 in Kap. 9.1) gegliedert werden können muss, welche im konzeptuellen Sinn der vorliegenden Untersuchung die spezifizierenden propositionalen Aussagen darstellen. Während also das BildSchema A → B im Fall Hitachi durch den Verbund von Markenname und Markenslogan im Sinne einer Leitidee verwendet wird, stellen die einzelnen Fließtexte der Webseiten die Strategien dar, diese abstrakte Leitidee schrittweise dem Leser konkret nachvollziehbar zu machen. Hierbei muss auf die fiktionale Funktion der gesamten Markenkommunikation im Sinne der oben diskutierten „fiktionalen Realitäten“ (Mast 2002) hingewiesen werden. Dies bedeutet, dass es sich bei der schrittweisen Konkretisierung der Leitidee des Markenslogans anhand der Kern-, und Einzelaussagen um konzeptuelle Konkretisationen handelt, die als solche natürlich trotzdem noch abstrakt verbleiben, denn sie sind als Teile einer fiktionalen Realität (nämlich der Marken-Konzeptualisierung) ebenso fiktional wie der Markenslogan selbst. Dagegen handelt es sich um eine Konkretisation und Spezifizierung vor allem im kognitionsmetaphorischen Sinn, denn jetzt können im Verlauf des Fließtextes einzelne Ursprungs-, und Zielbereiche metaphorischer Übertragungen benannt werden, um die „fiktionale Realität“ der Marke aufzubauen. Kommunikationsstrategisch ist besonders die multiple Verwendungsmöglichkeit eines bild-schematisch formulierten Markenslogans zu betonen, da er sowohl abstrakt genug ist, n mögliche Text-Realisationen zu generieren, als auch aufgrund seiner einfachen Struktur einprägsam in Texten realisiert werden kann. Hier zeigt sich eine Relevanz des Konzeptualisierungsmodells, wie es in Kap. 4

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aufgezeigt wurde, für das Kommunikationsmanagement der Wirtschaft, denn gerade diese Kombination aus abstrakter Ausprägung mit einfach konkretisierbarer Grundstruktur kann als Vorteil für die Rahmenbedingungen heutiger unternehmensexterner Kommunikationstätigkeiten gelten. In welcher Form der Markenslogan dabei auch für die Textstrategie im Einzelnen konzeptuell ausschlaggebend wirkt, wird durch den Fließtext der Seite ”Philosophy & Strategy” im Folgenden näher veranschaulicht. Zur besseren Nachvollziehbarkeit wird zunächst der Fließtext dieser Seite zitiert:16 „Corporate Philosophy Since its founding in 1910, Hitachi has acted from a corporate philosophy of contributing to society through technology. In the intervening years, the world and society have changed greatly, but we have never lost our pioneering spirit, based on the principles of harmony and sincerity. Now, as we embark upon the new century, global change is becoming ever more dynamic. We have adopted the phrase ‚Inspire the Next‘ as a declaration of our vow that the Hitachi brand will meet the expectations of our customers and society in this new age. This statement embodies Hitachi’s commitment to continue to inspire coming generations with the latest products, systems and services, for a more vibrant society. It is also an expression of our strong commitment to boldly face whatever new challenges the times bring us: whatever comes ‚Next‘. Management Strategy Hitachi has formulated a new 3-year medium-term management plan, which we have named ‚i.e. HITACHI Plan II. This plan will go into effect in fiscal 2003. This plan is an extension of ‚i.e. HITACHI Plan,‘ our first medium-term management plan of the new century, which covers the period to end-fiscal 2002. Under this plan, we have pursued innovation aimed at making us our customers’ Best Solutions Partner, as a global supplier capable of offering total solutions. The plan identifies our core fields as information systems services and social infrastructure systems leveraging Hitachi’s information technologies and knowledge, and supported by key hardware, software, and highly functional materials and components. Our new ‚i.e. HITACHI Plan II‘ carries on this philosophy, while focusing management resources on two domains. The first domain is ‚Now Era Lifeline Support Solutions‘, further enhancing and fusing information systems and social 16

Dem Verfasser der vorliegenden Arbeit ist bekannt, dass der Fließtext zumindest bis 2004 ohne den letzten Absatz in der hier zitierten Form verwendet worden ist. Wann der letzte Absatz hinzugefügt wurde, ist nicht bekannt.

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infrastructure systems. The second is ‚Global Products Incorporating Advanced Technology‘, aiming for high growth in the global market focused on competitive hardware and software, fusing the advanced technologies and knowledge of the Hitachi Group. We have further identified 4 key themes for harnessing the synergy of the Hitachi Group’s technologies, knowledge, people, and other resources: ‚IT-Based Quality Lifestyle Solutions‘, ‚Sustainable Environmental Solutions‘, ‚Advanced Healthcare Solutions‘, and ‚Intelligent Management Solutions‘. We will further narrow our business focus by realigning our business portfolio to focus on business that will strategically strengthen our capabilities in these key domains. At the same time, we will continue to strengthen our bottom line and pursue other reforms.” (www.hitachi.com, Stand Mai 2006) Die wichtige Funktion des Markenslogans für die Etablierung eines Unternehmensleitbildes müsste vor allem in Selbstaussagen zur Unternehmensphilosophie zum Ausdruck kommen. Dies wird auch gezielt von Hitachi realisiert, und zwar in diesem Fall vor allem anhand der systematischen Spezifizierung durch konzeptuelle Metaphern, wobei das vektoriale Bild-Schema des Slogans nicht lediglich wiederholt, sondern bild-schematisch modifiziert wird. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass es bei der kognitionsmetaphorischen Analyse um das Herausarbeiten der konzeptuellen Textlogik geht, anhand derer das Rezeptionsverhalten des Website-Besuchers kognitiv (durch die Verbindung von Bild-Schemata und einzelnen konzeptuellen Metaphern) zusätzlich zum semantischen Gehalt der Aussagen gesteuert werden kann. Das Herausarbeiten der konzeptuellen Logik geschieht dadurch, dass zusätzlich zu den konzeptuellen Metaphern und Metonymien der Text im Hinblick auf verwendete bild-schematische Strukturen hinterfragt wird. Interessant ist hierbei, inwieweit das Bild-Schema des Markenslogans textstrukturell verwendet wird; und wenn dies der Fall ist, ob es in unveränderter Form oder in modifizierter Form zum Aufbau der TextArgumentation zur Anwendung kommt. Bei der Unterscheidung zwischen Metaphern und Bild-Schemata wird – wie schon in Kap. 8 – danach vorgegangen, ob einzelne Ursprungs- und Zielbereiche einer metaphorischen Übertragung benannt werden, oder ob lediglich eine BildSchematik ohne weitere Spezifizierung verwendet wird. Alternativ wird untersucht, ob bild-schematische Strukturen zusammen mit konzeptuellen Metaphern verwendet werden. Im letzteren Fall dient die Bild-Schematik zur Strukturierung von konzeptuellen Metaphern und muss als solche von einzelnen konzeptuellen Metaphern getrennt beschreibbar sein. Die einzelnen Metaphern werden wie bisher in Blockschrift aufgeführt.

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Gleich im ersten Satz des Fließtextes zum Abschnitt „Corporate Philosophy“ wird die konzeptuelle Metapher DAS UNTERNEHMEN HITACHI IST EIN AKTEUR etabliert. Entscheidend ist, dass es sich hierbei nicht einfach um eine Konkretisation einer Organisation handelt, sondern gleichzeitig wird der äußerst abstrakte Zielbereich der Corporate Identity konzeptuell im Sinne des Markenslogans festgelegt. Dies geschieht dadurch, dass die obige AKTEUR-Metapher bild-schematisch derart aktualisiert wird, dass das Wirken des AKTEURS Hitachi in einen zeitlich-kausalen Zusammenhang mit gesellschaftlicher Entwicklung gestellt wird. Aus der Perspektive der Markenkommunikations-Strategie sind es vor allem die bild-schematischen Strukturen, die in diesem Text wichtig sind, denn sie geben den einzelnen Metaphern einen konzeptuellen Kontext. So wird das vektoriale Bild-Schema des Markenslogans gleich im ersten Satzgefüge des Fließtextes in modifizierter Form zum einleitenden konzeptuellen Statement über Hitachi: Demnach besteht die konzeptuelle Funktion der AKTEUR-Metapher argumentativ an dieser Stelle darin zu zeigen, dass mit der Gründung 1910 der Start einer vektorialen Einwirkung von HITACHI über Technologie auf die gesellschaftliche Entwicklung vollzogen worden ist: „Since its founding in 1910, Hitachi has acted from a corporate philosophy of contributing to society through technology.“ In diesem Satz wird das Bild-Schema des Markenslogans in Übertragung auf den Bereich der Corporate Philosophy zum doppelten Vektor modifiziert, dessen konzeptuelle Struktur durch folgende Aussagen zur Marke Hitachi formuliert werden kann: Gründung von Hitachi 1910 → Technologie von Hitachi → Einwirkung auf Gesellschaft Bild-schematisch lässt sich diese konzeptuelle Logik als einen doppelten Vektor wie folgt grafisch zusammenfassen:

A→ B →C Auf diese Weise wird schon im Einleitungssatz die bild-schematische Konzeptualisierung der Corporate Philosophy von Hitachi eingeführt, die dann in unterschiedlicher verbaler und kognitionsmetaphorischer Form im weiteren Verlauf dieses ersten Teiltexts der Webseite weiter verfestigt wird. Dies geschieht im darauf folgenden Satz anhand der konzeptuellen Metapher UNSERE GEISTIGE EINSTELLUNG IST EIN PIONIER („pioneering spirit“). Konzeptuell ist der Satz an dieser Stelle deshalb interessant, weil er bild-schematisch im syntaktischen Verlauf den doppelten Vektor (vgl. oben) in umgekehrter Reihenfolge wiederholt. Die besondere konzeptuelle Logik hierbei ist, dass aufgrund der Platzierung der PIONIER-Metapher an der mittleren Position des

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doppelten Vektors eine transphrastische Verbindung zur mittleren Platzierung des doppelten Vektors im Einleitungssatz vollzogen wird, wodurch der persuasive Effekt dieser zwei ersten Sätze kontextuell entsteht: „In the intervening years, the world and society have changed greatly [PHASE C DES DOPPELTEN VEKTORS], but we have never lost our pioneering spirit [PHASE B], based on the principles of harmony and sincerity [PHASE A].” Durch diese bild-schematische Strukturierung des ersten Absatzes wird die Marke Hitachi mit den Begriffen „harmony“ und „sincerity“ sowie mit den konzeptuellen AKTEUR- und PIONIER-Metaphern propositional verbunden. Bezüglich der persuasiven Überzeugungskraft kann hervorgehoben werden, dass diese Darstellung den einfachen Vektor des Markenslogans aufgreift und modifiziert, wodurch ein konzeptueller Zusammenhang zwischen Markenslogan und Teiltext der Website erreicht wird, ohne dass reine Wiederholungen benutzt werden. Dies erhöht die textuelle Verflechtung zwischen Slogan und Teiltext und damit die kommunikative Wirkung der Seite. Gleichzeitig kann eine Markenidentität gerade über eine zentrale bild-schematische Logik schrittweise im Fließtext verfestigt werden. Ist Hitachi einmal als handelnde Entität durch die AKTEUR- und PIONIERMetapher konzeptualisiert worden, so entwickelt sich hieraus der weitere Verlauf der Argumentationsstruktur im folgenden Absatz. Hier wird der abstrakte Zielbereich Zukunft gleich im ersten Satz des Textabsatzes durch die Metapher DAS NEUE JAHRHUNDERT IST EINE BOOTSFAHRT konzeptualisiert, wobei diese BOOTSFAHRT durch eine sich ändernde Umwelt gekennzeichnet ist. Wichtig für die peruasive Strategie in diesem Zusammenhang ist die Gruppenbildung des Lesers zusammen mit dem dargestellten PIONIER Hitachi durch das inkludierende Personalpronomen „we“ gleich zu Beginn des Absatzes. Dadurch wird in der fiktionalen Realität (vgl. oben) der Textargumentation der Leser zum Begleiter von Hitachi. Konzeptuell ist dies deshalb von Bedeutung, weil der Leser auf diese Weise den Vorteil des Erstseins zusammen mit dem PIONIER Hitachi mitten in diesen dynamischen Veränderungen fiktional erleben kann: „Now, as we embark upon the new century [DIE ZUKUNFT IST EINE BOOTSFAHRT], global change is becoming ever more dynamic.” Da es sich um eine zentrale markenstrategische Teiltextaussage handelt, wird diese in Form eines markenstrategischen Themasatzes mit der vektorialen Grundaussage des Markenslogans verbunden, wobei die BOOTSFAHRTMetapher des obigen Satzes bild-schematisch derart strukturiert wird, dass das Ziel der BOOTSFAHRT als die Wünsche der Zielgruppen des Unternehmens (hier der Kunden und der Gesellschaft insgesamt) angegeben wird. Dadurch wird

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auch die BOOTSFAHRT-Metapher in ein klares Vektorverhältnis von A zu B gesetzt. Transphrastisch werden an dieser Stelle des Fließtextes die bildschematische Größe A des Vektors als der Start der BOOTSFAHRT und die Größe B als die zukünftigen Erwartungen dieser Zielgruppen konzeptualisiert. Die aktive Rolle, welche Hitachi bisher anhand der AKTEUR- und PIONIERMetaphern erhalten hat, wird an dieser Stelle durch die Metapher TECHNISCHE ENTWICKLUNG VON HITACHI IST PHYSISCHE BEWEGUNG spezifiziert. Diese Metapher stellt, wie auch schon die obigen Metaphern, eine Konkretisierung des Vektor-Schemas dar, indem hier die PHYSISCHE BEWEGUNG als eine Bewegung in Richtung auf die Zielgröße B des Vektors darstellt. So dient auch an dieser Stelle das Bild-Schema des Markenslogans als Strukturierungsmittel der kognitionsmetaphorischen Einzelaussagen des Textes: „We have adopted the phrase ‚Inspire the Next‘ as a declaration of our vow that the Hitachi brand will meet the expectations of our customers and society in this new age.” Die konzeptuelle Spezifizierung des Markenslogans in Form einer Einzelaussage über die Marke geschieht im zitierten Satz oben anhand der PHYSISCHE BEWEGUNG-Metapher („the Hitachi brand will meet...“). Im Einklang mit der bisherigen bild-schematischen Konzeptualisierung des Fließtexts wird dieser einfache Vektor im darauf folgenden Satz dann wieder zu einem doppelten Vektor erweitert, indem die Funktion der Marke Hitachi als das Mittel zur Einflussnahme auf die gesellschaftliche Entwicklung insgesamt konzeptualisiert wird: „This statement embodies Hitachi’s commitment to continue to inspire coming generations with the latest products, systems and services, for a more vibrant society. It is also an expression of our strong commitment to boldly face whatever new challenges the times bring us: whatever comes ‚Next.’ “ Über die Metapher HITACHI IST EIN LEBEWESEN im ersten Satz des obigen Zitats, wodurch konzeptuell an die einleitende AKTEUR-Metapher durch das für beide Metaphern gemeinsame Bild-Schema BELEBTHEIT angeknüpft wird,17 wird ein mentaler Eigenwille der Marke aktualisiert („Hitachi’s commitment to continue to inspire“: Größe A des doppelten Vektors). Diese mentale Eigenschaft von Hitachi wirkt wiederum als vektoriale Einwirkung auf technische Entwicklung künftiger Generationen („to inspire coming generations with the latest products, systems and services“: größe B des doppelten Vektors). Dabei stellt die Technik keinen Selbstzweck dar, sondern dient in einem weiteren vektorialen 17

Diese LEBEWESEN-Metapher wird kotextuell durch die KÖRPER-Metapher in „This statement embodies“ verstärkt, wobei letztere keine weitere Funktion in diesem Text hat, weshalb nicht weiter auf sie eingegangen wird.

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Schritt vor allem zur Beeinflussung gesellschaftlichen Lebens überhaupt als endgültiges Resultat dieser vektorialen Logik („for a more vibrant society“: Größe C des doppelten Vektors). Der bild-schematische Vektor wird dann im abschließenden Satz des Zitats oben noch einmal als einfacher Vektor aktualisiert, indem er eine konzeptuelle Spezifizierung durch die Metapher NEUE ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNGEN SIND EINE HERAUSFORDERUNG ZUM KAMPF erfährt. Gleichzeitig wird die Vektorgröße im Lexem „Next“ in Anknüpfung an die leitmotivische Funktion des Markenslogans nicht festgelegt („whatever comes ‚Next.’“). So kann die Frage der Herausforderungen in der Zukunft sehr unterschiedlich beantwortet werden, was ein einseitiges Festmachen der kommunikativen Leitidee des Markenslogans verhindert. Erst in der bild-schematischen Kombination der konzeptuellen Metaphern (zur Kennzeichnung des Markenprofils von Hitachi) mit den propositionalen Aussagen dieses Teiltextes wird die gesamte persuasive Spannweite der Markenkommunikationsstrategie deutlich. Der weiter oben dargestellte einfache Vektor des Markenslogans wird im hier analysierten Teiltext abwechselnd als solcher sowie auch als doppelter Vektor aktualisiert. Die Modifizierbarkeit des Bild-Schemas aus dem Markenslogan ist wichtig, um nicht in simple Wiederholungen münden zu müssen. Dies wird im Fall von Hitachi vor allem durch zentrale Metaphorisierungen und bild-schematische Modifikationen unter Beibehaltung der ursprünglichen bild-schematischen Logik des Markenslogans geleistet. So kann metaphorologisch nicht nur die Forderung nach Emotionalität und Bildhaftigkeit, sondern auch die Forderung nach Lebendigkeit (Dynamik) eines Markenbildes (vgl. Kap. 9.2 oben) bild-schematisch in kohärenter Form textübergreifend erfüllt werden. Im Fall dieses Teiltextes kann eine Kernaussage über Hitachi (im Sinn der Integrierten Kommunikation von Bruhn) auf konzeptueller Ebene dadurch zusammenfassend beschrieben werden, dass der einfache Vektor des Markenslogans zum doppelten Vektor erweitert und gleichzeitig anhand von konzeptuellen Einzelaussagen spezifiziert wird. Der Vorteil in der kognitionsmetaphorischen Ausrichtung der Markenkommunikation liegt u. a. darin, dass die modifizierten Aussagen jeweils auch durch das Bild-Schema des Markenslogans in variierender Form strukturiert werden, wodurch eine systematische Verbindung zu kommunikativen Leitideen, wie z. B. in der Form eines Markenslogans, bewahrt bleibt. So lässt sich für den gesamten oben analysierten zweiten Absatz des Fließtextes zu Corporate Philosophy der doppelte Vektor in Variation zum ersten Absatz zusammenfassend derart darstellen, dass Hitachis Ideen (A) in erster vektorialer Instanz die Herausforderungen der neuen Zeit suchen (B) und durch die Entwicklung technischer Produkte in einem zweiten vektorialen Schritt die Gesellschaft beeinflussen (C). Dieser doppelte Vektor kann auch bild-schematisch

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grafisch einfach dargestellt werden, was für makrostrukturelle Kommunikationsstrategien ohne Weiteres ein kognitiv zu verwertender Vorteil ist:

A→ B →C Hitachis Ideen (A) → Herausforderungen der Zukunft führen zur Entwicklung technischer Produkte (B) → Beeinflussung der menschlichen Gesellschaft durch Technik (C) Der zweite Teiltext der Seite Philosophy & Strategy hat die Rubrik „Management Strategy“. Dieser Text enthält vier Absätze unterschiedlicher Länge. Der letzte Absatz dieses Teiltextes wurde später als 2004 hinzugefügt und hat somit einen anderen zeitlichen Entstehungskontext als der restliche Fließtext dieser ganzen Webseite. Gleich im ersten Absatz dieses Teiltextes wird an die LEBEWESEN-Metaphorik des früheren Teiltextes angeknüpft, indem Hitachi mit der Metapher DAS UNERNEHMEN IST EIN SPRECHENDES WESEN („Hitachi has formulated“) konzeptualisiert wird. Diese LEBEWESEN-Metaphorik wird dann auch auf die Management-Strategie ausgedehnt, die den Namen des Unternehmens enthält. Diese mit „i.e. HITACHI Plan II“ bezeichnete Strategie wird durch die Metapher DIE MANAGEMENT-STRATEGIE IST PHYSISCHE BEWEGUNG („This plan will go into effect“) eingeführt. Diese zweite Metapher ist eine logische Voraussetzung für die konzeptuelle Weiterentwicklung des Textes. So führt PHYSISCHE BEWEGUNG im zweiten Absatz zu der Metapher DIE MANAGEMENT-STRATEGIE IST RÄUMLICHE AUSDEHNUNG („This plan is an extension of ‚i.e. HITACHI Plan’“). In der konzeptuellen Persuasions-Logik führt konsequenterweise RÄUMLICHE AUSDEHNUNG zur Abdeckung einer räumlichen Weite, bei der horizontale BildSchematik (AUSDEHNUNG) mit vertikaler Bild-Schematik (ABDECKUNG) verbunden werden, konzeptualisiert durch die metaphorische Einzelaussage DIE MANAGEMENT-STRATEGIE IST RÄUMLICHE ABDECKUNG („our first medium-term management plan ... which covers ... Under this plan ...“). Die LEBEWESEN-Metaphorik ist eine durchgehende Konzeptualisierung für das Unternehmen, das jetzt zum „Partner“ für Kundenzielgruppen und zum handelnden AKTEUR wird, wodurch an frühere Konzeptualisierungen angeknüpft wird: „we have pursued innovation aimed at making us our customers’ Best Solutions Partner, as a global supplier capable of offering total solutions.”

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Die textuelle Kohärenz wird bei den unterschiedlichen Metaphern vor allem durch das bild-schematische Merkmal BELEBTHEIT aufgebaut, das den Metaphern wie AKTEUR, LEBEWESEN, PIONIER, PHYSISCHE BEWEGUNG und SPRECHENDES WESEN gemeinsam inhärent ist. Bild-schematisch wird auch an dieser Stelle (s. Zitat oben) die konzeptuelle Metapher DAS UNTERNEHMEN IST EIN LEBEWESEN in ihrer Einzelaussage des obigen Zitats durch eine vektoriale Logik strukturiert. Dies geschieht hier, indem Innovation vektorial auf den Zustand des „Best Solutions Partner“ ausgerichtet ist. Durch die textuelle Kohärenz brauchen jetzt nicht die relevanten Kernaussagen als solche zur Markenidentität wiederholt zu werden, sondern es kann durch das Prinzip der metaphorischen Wiederholung an schon etablierte Kernaussagen zur Marke angeknüpft werden. Das zeigt sich in den Lösungen, die Hitachi anbietet, welche dem Text gemäß nicht zum wirtschaft–lichen Zweck, sondern aus einem Gesellschaftsanliegen heraus zur Verbesserung der „social infrastructure“ als ‚Kernfelder‘ des Unternehmens dargestellt werden: „The plan identifies our core fields as information systems services and social infrastructure systems leveraging Hitachi’s information technologies and knowledge” Die hier aktualisierte Metapher HITACHIS INFORMATIONSSYSTEME SIND FESTE MATERIE wird gleichzeitig in das Bild-Schema des CONTAINERS eingefügt, die als „core fields“ bild-schematisch in einer INNEN-AUSSENBEZIEHUNG zu anderen Handlungsbereichen von Hitachi stehen. Die Metapher FESTE MATERIE wird im Zitat oben dann durch das Lexem „leverage“ mit der HEBEL-Metapher kombiniert, durch die konzeptuell eine vektoriale Krafteinwirkung in vertikale Richtung ausgelöst wird (DER HITACHI-PLAN IST EIN HEBEL).18 Das vektoriale Bild-Schema der VERTIKALITÄT in diesem Zitat

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Vgl. dazu die vertikale Bild-Schematik in der nonverbalen Veranschaulichung oben zum Lexem lever in „leverage“ aus dem Oxford Advanced Learner’s Dictionary of Current English 1974, 493.

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wird dann abschließend im gleichen Satzgefüge durch eine nochmalige konzeptuelle Aktualisierung verstärkt. Dies geschieht durch die Metapher DIE TECHNIK VON HITACHI IST EIN FUNDAMENT, das den Plan aufrecht hält und dadurch an die BAUWERK-Konzeptualisierung anknüpft („and supported by key hardware, software, and highly functional materials and components“). Im nächsten Absatz wird zu Beginn die schon vorher aktualisierte Konzeptualisierung von BELEBTHEIT und PYSISCHE BEWEGUNG in der Metapher DER HITACHI-PLAN II IST EIN LEBEWESEN wieder aufgegriffen, wobei die vektoriale Logik im Lexem „carries“ weitergeführt wird. Gleichzeitig wird dadurch auch der Gegenstand, der konzeptuell getragen wird – nämlich die Philosophie des Unternehmens – konsequenterweise als FESTE MATERIE konzeptualisiert: „Our new ‚i.e. HITACHI Plan II‘ carries on this philosophy, while focusing management resources on two domains“ Die Konzeptualisierung von FESTE MATERIE wird durch die fusionierende Kombination zweier zentraler Bereiche des Hitachi-Plans II in der Metapher MANAGEMENT IST VERSCHMELZUNG ZWEIER FESTER MATERIEN weitergeführt („…fusing information systems and social infrastructure systems“). Durch die vektoriale Zusammenführung dieser beiden Materien wird die Technik von Hitachi unlösbar mit einem gesellschaftlich-sozialen Anliegen verbunden. Die Konsequenz der vektorialen Ausrichtung dieser beiden Bereiche aufeinander wird dann in der Namensgebung dieser konzeptuellen VERSCHMELZUNG ausgedrückt, die als „Now Era Lifeline Support Solutions“ angegeben wird. Bild-schematisch handelt es sich im Teiltext „Management Strategy“ auf dieser Webseite um die Modifikation des Vektors im Markenslogan derart, dass aus einem ursprünglichen Managementplan (A) ein neuer Plan (B) entwickelt wurde, der wiederum aus der Verbindung von Technik und Gesellschaft gemäß der oben beschriebenen Konzeptualisierung von VERSCHMELZUNG besteht, was bildschematisch als vektoriale Grafik – ganz im Sinne der bild-schematischen Grundlogik des Markenslogans – folgendermaßen zusammengefasst werden kann:

A →

→B←

Der abschließende Absatz der Webseite war zur Zeit der ersten AnzeigenKampagne von Hitachi 2004 noch nicht vorhanden und wurde erst später

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hinzugefügt. Da dieser Absatz inzwischen Bestandteil der Seite „Philosophy & Strategy“ ist, soll er auch in der hier vorliegenden kognitionsmetaphorischen Analyse dargestellt werden. Interessant wird dieser Absatz dadurch, dass er zum größten Teil andere konzeptuelle Metaphern enthält, obwohl ein Anknüpfen an die bisherige Bild-Schematik nachvollziehbar ist. Dies erklärt sich durch die unterschiedlichen Entstehungszeitpunkte. Bezüglich der konzeptuellen Kernaussagen wird in diesem Absatz besonders das Gesellschaftsanliegen in der Markenkommunikations-Strategie thematisiert. Zunächst werden durch die konzeptuelle Metapher SYNERGIE DER MANEGEMENT-STRATEGIEN DIENT ALS RITTERRÜSTUNG die vier zentralen Bestandteile dieser Strategie formuliert („We have further identified 4 key themes for harnessing the synergy of the Hitachi Group’s technologies, knowledge, people, and other resources“). Durch die RITTERRÜSTUNGS-Metapher wird der Bestand in der vektorialen Zusammenführung dieser 4 Themenbereiche unterstrichen. Drei der vier Themenbereiche dieser ‚Lösungen‘ („Solutions“) thematisieren das Gesellschaftsanliegen von Hitachi bezüglich Lifestyle, Umwelt und Gesundheit, wobei der vierte Themenbereich sich auf die Intelligenz der Management-Lösungen bezieht. Hier wird eine Betonung auf die Profilierung im Bereich lebenswerter Umwelt gelegt, was diese Einzelaussage besonders hervorhebt. Die Technik und das Management von Hitachi erhalten dadurch eher eine vermittelnde Rolle zum Erreichen dieses scheinbar mittelbaren Markennutzens, was eine modifizierende Wiederholung der doppelten vektorialen Konzeptualisierung, wie sie schon weiter oben aufgezeigt wurde, darstellt. Die künftige Ausrichtung der Management-Strategie bezüglich dieser vier Bereiche wird vor allem durch die Metapher AUSWÄHLEN VON GESCHÄFTSBEREICHEN IST DAS EINENGEN AUF PHYSISCHE KRAFT ENTLANG EINER LINIE konzeptualisiert: „We will further narrow our business focus by realigning our business portfolio to focus on business that will strategically strengthen our capabilities in these key domains.” Die KRAFT-Metapher wird dann abschließend zur Charakterisierung dieser Linie als ‚Bodenlinie‘ („bottom line“) in eine vektoriale Konzeptuelisierung der Zukunftsentwicklung integriert. In diesem abschließenden Vektor stellt die vektoriale Größe A die durch KRAFT gestärkte Ausgangslage der ManagementStrategie und die Größe B die zukünftigen Reformen dar: „At the same time, we will continue to strengthen our bottom line and pursue other reforms.”

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Bezieht man die kognitionsmetaphorischen Ergebnisse der obigen Analyse auf das Modell der Integrierten Kommunikation von Bruhn (vgl. Kap. 9.1), ergeben sich erstaunliche Parallelen. Durch die vektoriale Struktur des Markenslogans sind drei unterschiedliche Kernaussagen über die Marke Hitachi erkennbar, die gerade mit Hilfe der vektorialen Logik etabliert werden. Da es sich im Fall der vektorialen Logik um das Einwirkungsverhältnis einer Größe auf eine andere Größe handelt, können jetzt Kernaussagen über die Marke im Fließtext dieser Seite durch die konzeptuelle Logik integrativ mit dem Markenslogan in Einklang gebracht werden. In der Darstellung oben konnte aufgezeigt werden, wie die Rolle Hitachis als Motor technischer Entwicklung konstant im Laufe der Zeit angedauert hat. Diese Aussage beinhaltet die Kernaussage der Einwirkung von Hitachi auf die Entwicklung der Technik. Jedoch wird diese technische Dimension des Markenbildes nicht um ihrer selbst willen aktualisiert, sondern im Sinne der oben dargestellten doppelten vektorialen Konzeptualisierungen mit einer gesellschaftlichen Nutzen-Funktion verbunden. Diese Nutzen-Funktion erhält durch ihre zeitliche Konstanz das Image der gesellschaftlichen Notwendigkeit dieser Technik. Diese zeitliche Dimension wurde wiederholt in der propositionalen Auffüllung der vektorialen Logik oben in Einzelaussagen des Fließtextes nachgewiesen. Hierdurch lässt sich die über mehrere konzeptuelle Einzelaussagen verlaufende zweite Kernaussage der Einwirkung von Vergangenheit auf die Zukunft aufgrund der Technik bezüglich Hitachi formulieren. Die dritte Kernaussage in den bisherigen Ergebnissen betrifft die Konsequenz der technischen Entwicklung von Hitachi für die menschliche Gesellschaft. So wird in der Logik des doppelten Vektors die Größe C als der Zustand gesellschaftlich harmonischen Lebens aufgrund der Technik von Hitachi thematisiert. Auch dieser Zustand ist das Resultat einer vektorialen Konzeptualisierung. Hieraus kann die dritte Kernaussage des Vorhandenseins eines Gesellschaftsanliegens in Hitachis Tätigkeiten zusammenfassend formuliert werden. Alle drei Kernaussagen werden durch den Markenslogan dadurch vorstrukturiert, dass die Größe B des Vektors im Markenslogan bewusst nicht propositional festgelegt wird, sondern in offener Form als „Next“ angegeben wird. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit den Selbstaussagen von Hitachi zur Formulierungsweise des Markenslogans, was auf der Webseite „About ‚Inspire the Next‘“ folgendermaßen dokumentiert wird: „Nothing was put after the word ‚Next‘ in order to inspire our stakeholders and all those that read our Corporate Statement to imaginatively fill in the blank that follows with a word like ‚Era‘, ‚Society‘, ‚Idea‘, ‚Product‘, ‚System‘ or ‚Solution.‘“ Sowohl die technische, zeitliche als auch die gesellschaftliche Kernaussage wird in den Selbstaussagen des Zitats oben weiter untermauert. Unter kognitionstheo-

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retischem Aspekt ist es wichtig zu betonen, dass die Bild-Schematik im Markenslogan keine fertige Metaphorik enthält, was durch die Selbstaussage oben als gezieltes Vorgehen in der Markenkommunikations-Strategie von Hitachi betont wird. Der Vorteil der Bild-Schematik des Markenslogans liegt darin, dass sie das konzeptuelle Mittel ist, um die verschiedenen Einzelaussagen der konzeptuellen Metaphern satzübergreifend kohärent zu strukturieren.

9.4 Die Markenprofilierung in der Offline-Werbung von Hitachi auf der Basis der bild-schematischen Kernaussagen Im vorigen Kapitel konnte gezeigt werden, wie es Hitachi gelingt, anhand der bildschematischen Vektorlogik des Markenslogans Inspire the Next ein systematisches Markenbild auf der Website des Unternehmens aufzubauen. Aus kulturtheoretischer Perspektive muss darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um eine länderübergreifende, globale Website handelt (www.hitachi.com). Der Vorteil solcher geozentrisch ausgerichteten Websites liegt darin, dass ein unternehmensspezifisches Image systematisch – d. h. ohne auf länderspezifische Kulturen von verschiedenen Zielgruppen eingehen zu brauchen – online aufgebaut werden kann. Es konnte auf der Basis der kognitiven Metapherntheorie gezeigt werden, wie dieses Ziel bild-schematisch und metaphorisch im Fall von Hitachi verwirklicht wird. Dabei befindet sich vor allem der bild-schematisch geprägte Markenslogan in einer Schlüsselposition. Durch verschiedene bild-schematische Varianten der Konzeptualisierung im Markenslogan konnte gezeigt werden, wie Hitachi sein Markenprofil anhand der kognitiven Kernaussagen über die Marke etabliert. Als zentrale, bildschematisch etablierte Kernaussagen konnten die folgenden drei Kernaussagen auf der Webseite Philosophy & Strategy aufgezeigt werden, die jeweils drei unterschiedliche textuelle Umsetzungen der vektorialen Konzeptualisierung im Markenslogan darstellen: – erste unternehmenskulturelle Kernaussage: Einwirkung von Hitachi auf die Entwicklung der Technik – zweite unternehmenskulturelle Kernaussage: Einwirkung auf die Zukunft durch die Technik der Gegenwart – dritte unternehmenskulturelle Kernaussage: Einwirkung auf generelle Lebens qualität in der Gesellschaft aufgrund der Technik von Hitachi Indem diese vektorialen Kernaussagen auf der Unternehmenswebsite nicht weiter spezifiziert werden, ist es möglich, sie in einem weiteren Schritt konzeptuell

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verschiedenen Landeskulturen anzupassen. Hierin liegt ein wesesentlicher Grund für das Gelingen der Abstimmung zwischen unternehmenskultureller Profilierung und landeskultureller Vermittlung eines Markenprofils. Da die bild-schematische Logik des Markenslogans in sowohl metaphorischen wie auch nichtmetaphorischen Spezifizierungen bewahrt bleiben kann, ist es möglich eine zielgruppenspezifische Unternehmenswerbung aufzubauen, die in ihren spezifizierenden Aussagen über die Marke gleichzeitig auch auf landeskulturelle Verstehenskontexte der Zielgruppen Bezug nehmen kann. Aufgrund der verschiedensten Spezifizierungsmöglichkeiten des Slogans kann zu einer kognitiven Verfestigung des Slogans in der Positionierung einer Marke beigetragen werden. Hierbei muss betont werden, dass die bild-schematische Logik des Markenslogans eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen dieses Ziels darstellt. Vor dem Hintergrund dieser kognitionsmetaphorischen Rahmenbedingungen ist es im nächsten Schritt interessant zu verfolgen, wie Hitachi eine UnternehmensWerbungskampagne in den Jahren 2003-2006 in der deutschen Wochenzeitschrift Wirtschaftswoche durchgeführt hat. Insgesamt sind dem Verfasser drei verschiedene Anzeigen aus der Kampagne 2003-2004 bekannt. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Anzeigen um Unternehmenswerbung handelte. Einzelne Produkte wurden nicht beworben. Dies macht diese Werbeanzeigen umso interessanter für die Frage der Abstimmung zwischen einer globalen Unternehmenskultur und einer spezifischen Landeskultur andererseits, weshalb diese Werbebeispiele gerade für die kulturtheoretische Sicht der vorliegenden Untersuchung eine hohe Anschaulichkeitsfunktion haben. Zur besseren Nachvollziehbarkeit für den Leser werden diese drei Anzeigen weiter unten abgebildet (s. Bild Nr. 1-3 unten). Das Werbebeispiel Bild Nr. 1 thematisiert den Umweltschutz, der als solcher erst durch die Technologie von Hitachi ermöglicht werde. Die Anzeige stellt eine Anwendung der oben dargestellten unternehmenskulturellen 3. Kernaussage auf den deutschen landeskulturellen Kontext dar. Diese Kernaussage wird als Umweltschutz-Thematik für die deutschen Zielgruppen in der Anzeige verwirklicht. In diesem Sinne stellt die Umweltschutz-Thematik schon eine weitere Spezifizierung der oben genannten Kernaussage über das Unternehmen dar. Entscheidend für den integrierten und vor allem kohärent vermittelten Markenauftritt in dieser Werbeanzeige ist die Beibehaltung der zentralen BildSchematik aus dem Markenslogan, der auch hier wieder verbindend zwischen Rezeptionshorizont der Zielkultur (hier durch das Anknüpfen an die ständig aktuelle Umwelt-Thematik im deutschsprachigen Raum) und dem Markenimage wirkt.

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Bild 1: Hitachi – Technologie in Aktion.

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Bild 2: Hitachi – Ein kleines Wunder.

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Bild 3: Hitachi – Technologie live erleben.

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Die vektoriale Logik des Markenslogans dient hier als zentrales textstrukturierendes Element. Die Forelle im klaren Wasser dient im Kontext dieser Anzeige als nonverbale Metonymie für eine saubere Umwelt schlechthin. Dabei wird die Technologie von Hitachi im Fließtext als der auslösende Faktor dargestellt, der die saubere Umwelt ermöglicht. Bild-schematisch betrachtet ist somit auch hier das vektoriale Verhältnis A → B des Markenslogans in dieser textuellen Spezifizierung im Einklang zwischen verbaler und nonverbaler Darstellung realisiert. Der weitere Textverlauf dient dann lediglich zur Verfestigung dieses konzeptuellen Markenbildes. Dass es sich nicht lediglich um Umweltschutz im engeren Sinne für ökologische Wassersysteme handelt, sondern um ein breites Umweltanliegen im Sinne der Gesamtbedeutung in der 3. Kernaussage (vgl. oben), wird aus den weiteren Ausführungen in der Anzeige deutlich: „Und um sich damit gleichzeitig um andere wichtige Umweltfragen zu kümmern, wie der Reduzierung von CO2 in der Atmosphäre. Ob es um moderne Batterien, elektrische Fahrzeugmanagementsysteme oder energiesparende Gebäude- und Fabriklösungen geht, Hitachi glaubt an ein einfaches Prinzip: Technologie nicht um ihrer selbst willen, sondern Technologie, die allen nützt.“ (Bild 1) Unzertrennlich mit dem Gesellschaftsanliegen wird die Technologie mit der Realisierungsmöglichkeit der 3. Kernaussage im Zitat oben verbunden. Die konzeptuelle Logik des vektorialen Bild-Schemas des Markenslogans strukturiert durchgehend die verbale Darstellung. Im Zitat oben ist unter bild-schematischem Aspekt die Technologie die Größe A, die den gesellschaftlichen Nutzen („die allen nützt“, Zitat oben) als vektoriale Größe B bewirkt. Im weiteren Textverlauf findet eine Paraphrase und gleichzeitige Wiederholung diese vektorialen Bild-Schemas statt, indem die Größen A und B des Vektors einfach ausgetauscht werden, wodurch die Hauptaussage über die Marke Hitachi ganz im Sinne des Markenslogans verfestigt wird. So bildet bild-schematisch im darauf folgenden Satz die „innovative globale Solution Company“ die Größe A, die „Ihr Leben“ als konzeptuelle Größe B vektorial beeinflusst. Auch der Hinweis auf die Website unterliegt der konzeptuellen Vektoriallogik: Hitachi ist ebenfalls an dieser Stelle konzeptuell betrachtet die Größe A, die „sich (...) für unsere Umwelt engagiert“. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Grafik in der Anzeige, in der drei hauptsächliche Einflussbereiche des Unternehmens angegeben sind: Infrastruktur, Medizin und Umwelt. Zur Unterstreichung der Hauptaussage der Anzeige wird der Teilbereich „Umwelt“ durch Schwarzdruck optisch hervorgehoben, während die anderen zwei Teilbereiche „Infrastruktur“ und „Medizin“ des Gesamtbereichs Informationstechnologie durch Graudruck optisch virtualisiert sind. Kontextuell wird hierdurch implizit die Informations-Technologie schlechthin mit Hitachi gleichgestellt, eventuell um die sehr umweltorientierte Aussage der Anzeige in

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Richtung Technik thematisch auszugleichen. Der Markenname Hitachi selbst wird – genau wie auf den Seiten der Website – im Verbund mit dem Markenslogan in eigener Farbumrahmung herausgestellt. Indem dies in deutlich sichtbarer Form neben dem Fließtext geschieht, wird der Verbund zwischen Fließtext und Markenslogan durch diese textuellen Komponenten der Werbeanzeige hergestellt. Hierdurch wird das Lesen im Verbund zwischen unternehmenskultureller Hauptaussage des Markenslogans und landeskulturell adaptierter Thematik im Fließtext erleichtert. Dies stellt ein Beispiel dafür dar, wie eine eigenständige globale Corporate Identity, die an anderer Stelle aufgebaut worden ist (Website), in der landesspezifischen Markenkommunikation bewahrt bleiben kann. Entscheidend für das Kommunikationsmanagement kann hierbei angesehen werden, dass die unternehmenskulturelle Gesamtaussage durch den Markenslogan in Form eines Bild-Schemas aufgebaut werden kann, um dann in verschiedenster Form medienübergreifend textuell konkretisierbar zu sein. Unabhängig davon, wie die anderen Anzeigentexte aufgebaut werden, ist es über die bild-schematische Logik der Kernaussagen zur Markenidentität möglich, die Werbekampagne in Einklang mit der Markenkommunikations-Strategie zu konzipieren. So ist das zweite Anzeigenbeispiel (Bild 2: Ein kleines Wunder) von Hitachi trotz anderen thematischen Inhalts konzeptuell anhand der drei unternehmenskulturellen Kernaussagen strukturiert. Nach der kurzen Einleitung zur Chip-Technologie von Hitachi wird die erste unternehmenskulturelle Kernaussage (Einwirkung von Hitachi auf die Entwicklung der Technik) konzeptuell thematisiert; hier anhand des einfachen bild-schematischen Vektors. Der metaphorische Zielbereich der Chip-Technologie wird anhand der konzeptuellen Metapher TECHNISCHE ENTWICKLUNG IST REVOLUTION an der Textoberfläche aktualisiert: „Dank seiner intelligenten Datenspeicherfähigkeiten revolutioniert er [der Chip] gerade die Sicherheits- und Identifizierungstechnologien.“ (Bild 2) Bild-schematisch wird diese konzeptuelle Metapher durch den einfachen Vektor A → B des Markenslogans strukturiert. Dabei bildet der Chip (als konzeptuelle Metonymie für Hitachis Technologie) verbal und nonverbal die bild-schematische Größe A, die auf die „Sicherheits- und Identifizierungstechnologien“ (Größe B) bildschematisch einwirkt; hier konzeptuell spezifiziert in Form der obigen Metapher. Der nächste Satz stellt eine Thematisierung der unternehmenskulturellen dritten Kernaussage dar (Einwirkung auf generelle Lebensqualität in der Gesellschaft aufgrund der Technik von Hitachi):

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„Genau wie ein Ei neues Leben hervorbringt, bietet Hitachi seine ganze Kraft auf, um die Lebensqualität immer wieder ein bisschen zu verbessern.“ (Bild 2) Genau genommen enthält dieses Zitat eine zweifache Thematisierung des einfachen Vektors. Zuerst geschieht dies anhand der Metapher NEUES LEBEN IST PHYSISCHE BEWEGUNG EINES EIS („Genau wie ein Ei neues Leben hervorbringt“). Dann wird die konzeptuelle Metapher HITACHI IST EIN LEBEWESEN in Kombination mit der Metapher HITACHI BENUTZT PHYSISCHE STÄRKE aktualisiert. Bild-schematisch werden diese beiden letzteren Metaphern dadurch strukturiert, indem die PHYSISCHE STÄRKE vektorial auf die Lebensqualität einwirkt, um diese zu verbessern. In den weiteren Einzelaussagen des Textes geschieht eine Kombination der dritten unternehmenskulturellen Kernaussage (Einwirkung auf generelle Lebensqualität in der Gesellschaft aufgrund der Technik von Hitachi) mit der zweiten Kernaussage (Einwirkung auf die Zukunft durch die Technik der Gegenwart): „Wir forschen auf vielen unterschiedlichen Gebieten der Wissenschaften. Dazu gehören auch Analysen sämtlicher menschlicher Proteine, durch die Leben gerettet und damit verlängert werden kann. Kleine Wunder für eine große Zukunft.“ (Bild 2) Die bild-schematische Logik des einfachen Vektors bezieht sich im obigen Zitat auf die Forschung von Hitachi, die die Größe A darstellt, welche im vektorialen Sinne auf die Lebensdauer als Größe B einwirkt. Metaphorisch wird dieses BildSchema durch die Metapher LEBEN IST DEHNBARE MATERIE ausgedrückt. Auch im darauf folgenden Satz dient das vektoriale Bild-Schema A → B zur Strukturierung der Einzelaussage, in welcher an die unternehmenskulturelle zweite Kernaussage angeknüpft wird. Dies geschieht durch die Metapher ZEIT IST FESTE MATERIE: „Kleine Wunder“, die gleichzeitig mit der heutigen Forschung von Hitachi textuell assoziiert werden sollen, und die vektoriale Größe A bilden, beeinflussen in dieser Einzelaussage die Lebensdauer und -qualität zukünftiger Generationen, wobei „für eine große Zukunft“ die vektoriale Größe B darstellt. Abgeschlossen wird die textuelle Darstellung durch die unternehmenskulturelle zweite Kernaussage (Einwirkung Hitachis auf die Zukunft), wobei auch an dieser Stelle der bild-schematische Vektor A → B diese Einzelaussagen strukturiert, in denen die Konzeptualisierungen HITACHI IST EINE BESUCHSADRESSE, DAS INTERNET IST EIN CONTAINER und HITACHIS EINWIRKEN AUF DIE ZUKUNFT IST VISUELL WAHRNEHMBAR verwendet werden: „Besuchen Sie Hitachi im Internet und sehen Sie selbst, wie wir der Zukunft Impulse geben.“ (Bild 2)

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In der dritten Anzeigenwerbung „Technologie live erleben“ werden die unternehmenskulturellen Kernaussagen anhand der Heimtechnologie von Hitachi thematisiert. Thematisch spezifiziert werden die Kernaussagen anhand der Fernsteuermöglichkeit der Technik. Die vektoriale Einwirkung von einer Größe A auf eine Größe B ist auch hier wieder textsteuernd in konzeptueller Hinsicht. Im Einleitungssatz geschieht dies durch Spezifizierung – und damit Exemplifizierung – des Bild-Schemas A → B anhand der visuellen und technischen Einwirkungsmöglichkeit auf das eigene Heim. Dabei wird über das Sicherheitsgefühl („gut aufgehoben“) die unternehmensspezifische dritte Kernaussage (Einwirkung auf generelle Lebensqualität in der Gesellschaft aufgrund der Technik von Hitachi) im Fließtext mit der unternehmensspezifischen ersten Kernaussage (Einwirkung von Hitachi auf die Entwicklung der Technik) verbunden. Kognitionsmetaphorisch interessant ist, dass die ersten beiden Sätze trotz der bild-schematischen Konzeptualisierung der vektorialen Einwirkungsmöglichkeit auf das eigene Heim keine konzeptuellen Metaphern enthalten. Dies ist deshalb der Fall, weil die ersten beiden Sätze des folgenden Zitats als konkrete Aussagen lesbar sind, die keine abstrakten Zielbereiche benennen: „Schön zu wissen, dass Ihre Lieben zu Hause gut aufgehoben sind. Ganz gleich, wo Sie gerade sind, Sie können Ihr Zuhause jederzeit beobachten.“ (Bild 3) Konzeptuelle Metaphern werden dann in den nachfolgenden Sätzen verwendet, und zwar die Metaphern TECHNISCHE KONTROLLE IST STEUERTÄTIGKEIT, DIE GESELLSCHAFT IST EIN NETZ sowie KNOW-HOW UND SERVICES SIND AKTEURE. In diesen Sätzen dienen die konzeptuellen Metaphern der metaphorologischen Spezifizierung des vektorialen Bild-Schemas: „Und sogar Haushaltsgeräte, Raumtemperatur und Sicherheitseinrichtungen fernsteuern. In einer vernetzten Gesellschaft, die schon bald allgegenwärtig sein wird, werden Sie mit allem und jedem verbunden sein – zu jeder Zeit und an jedem Ort. Sogar mit Ihrer Katze. Von Breitbandnetzwerken über Speicherlösungen und Festplattentechnologien bis hin zu Geräten der Informationstechnologie wie Plasma-Displays und PDAs – das technologische Know-how und die Services von Hitachi verwandeln diese Visionen in Realität.“ (Bild 3) Die grundsätzliche Bedeutung der dritten Kernaussage wird dann abschließend in ihrer vektorialen Logik nochmals zusammenfassend wiederholt; im ersten Satz des folgenden Zitatausschnitts ohne Verwendung von konzeptuellen Metaphern und im darauf folgenden Satz durch wiederholte Verwendung der AKTEUR-Metapher:

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„Dies ist nur ein Beispiel für Technologie nicht um ihrer selbst willen, sondern Technologie, die allen nützt. Als innovative globale Solutions Company beeinflusst Hitachi Ihr Leben auf vielfältige Weise.“ (Bild 3) Die thematische Fokussierung auf den Bereich der technologischen Infrastruktur in dieser Anzeige wird auch durch die grafische Betonung des Bereichs „Infrastruktur“ (Schwarzdruck) gegenüber der grafischen Virtualisierung der Bereiche „Medizin“ und „Umwelt“ (Graudruck) betont. Symptomatisch für die anzeigenübergreifende Verwendung des Markenslogans ist seine durchgehende Darstellung ausschließlich im Verbund mit dem Markennamen in allen drei oben analysierten Anzeigen. Im Jahr 2006 hat Hitachi eine zweite Anzeigenkampagne in der Wirtschaftswoche (Nr. 8-10) geschaltet. Trotz veränderter optischer Aufmachung ist die Darstellung des Markennamens und -slogans im Verbund farblich und schrifttypologisch identisch mit der vorigen Anzeigenkampagne und der Online-Verwendung. Dies sichert die längerfristig einheitlich wahrnehmbare Markenidentität. Es wurden in dieser Kampagne jeweils zwei Anzeigen pro Nummer geschaltet, in Nr. 8 die Anzeigen in Bild 4 und 5; in Nr. 9 die Anzeigen in Bild 5 und 6 sowie in Nr. 10 die Anzeigen in Bild 4 und 6. Zum besseren Nachvollzug der anschließenden Ausführungen werden diese drei Werbeanzeigen weiter unten hintereinander abgebildet. Die Anzeige in Bild 4 stellt eine Exemplifizierung der unternehmenskulturellen dritten Kernaussage dar. Interessant ist hier die wiederholte sprachliche Umsetzung des vektorialen Bild-Schemas auf transphrastischer Textebene. Im ersten Textteil wird das vektoriale Bild-Schema A → B durch die Metapher EUPHORIE IST PHYSISCHER KONTAKT in dem textuellen Bogen zwischen dem Einleitungssatz („Es packt Sie einfach“) und dem dritten Satz („Euphorie und Herzschmerz“) spezifiziert: „Es packt Sie einfach. Sie erleben jeden Moment mit und sehen die Dinge genau so, wie sie wirklich sind. Die Geschichte eines anderen. Euphorie und Herzschmerz.“ (Bild 4) Auch im weiteren Textverlauf wird das vektoriale Bild-Schema des Markenslogans wiederholt aktualisiert, zunächst in den ersten beiden Sätzen spezifiziert durch die konzeptuelle Metapher ALLTAGSFLUCHT IST TAUCHEN IN DIE TECHNIK VON HITACHI: „dem Alltag entfliehen. Jeder liebt Filme – Eintauchen in Klänge und Vision. Aus diesem Grund haben wir unsere Home Cinema Technologie entwickelt. Dank erstklassiger Bildqualität und reinem, klaren Ton sind Sie praktisch Teil der Handlung. Mit Hitachi holen Sie sich dieses Erlebnis nach Hause“ (Bild 4)

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Im darauf folgenden Satz („Aus diesem Grund haben wir unsere Home Cinema Technologie entwickelt“) wird die vektoriale erste Kernaussage anhand eines Beispiels exemplifiziert („Home Cinema Technologie“), um dann in den zwei abschließenden Sätzen die vektoriale dritte Kernaussage über das beworbene Produkt als Einzelbeispiel zu konkretisieren. Implizit wird im letzten Satz („Mit Hitachi holen Sie sich dieses Erlebnis nach Hause“) des Fließtextes noch der doppelte Vektor der Online-Vertextung des Markenslogans versprachlicht, wobei auch hier eine konzeptuelle Metapher verwendet wird, nämlich TECHNISCHES ERLEBNIS IST EINE TRAGBARE GRÖSSE. Der doppelte Vektor A → B → C wird hier in der Form realisiert, dass Hitachi die Größe A bildet, die die Technik (Größe B) ermöglicht, die dann das Technikerlebnis zu Hause (Größe C) bewirkt. Gleichzeitig bildet der letzte Satz im Fließtext der Anzeige eine Exemplifizierung der unternehmenskulturellen dritten Kernaussage. Diese Kernaussage wird durch das Bild der Anzeige nonverbal verdeutlicht, wobei die Überschrift „Ihr Logenplatz.“ im Verbund mit dem Bild eine konzeptuelle metonymische Verdeutlichung des Fließtextes darstellt. Diese metonymische Funktion des Bildes im Verbund mit Überschrift und Fließtext wird auch in den Anzeigen der Bilder 5 und 6 (siehe unten) verwendet. Metaphorologisch interessant ist die Anzeige in Bild 5, weil sie eine textuelle Realisierung des doppelten Vektors des Markenslogans darstellt, der jedoch nicht weiter metaphorisch spezifiziert wird. Markenstrategisch wird trotzdem auch in diesem Anzeigen-Beispiel die unternehmenskulturelle dritte Kernaussage exemplifiziert. Der doppelte Vektor ist textuell so realisiert, dass Hitachi wieder die konzeptuelle Größe A darstellt, welche die Technik (als Größe B) ermöglicht, die dann wiederum die familiäre Lebensqualität zu Hause erhöht (Größe C des doppelten Vektors): „Manche Dinge sind Grundvoraussetzung für alles, was man tut. Beispielsweise Daten. Bei Datenverlust ist der Geschäftsbetrieb gefährdet. Dabei geht es nicht nur um Kapazität. Sondern um Zuverlässigkeit, Sicherheit und Stabilität. Dinge, die nicht in Frage gestellt werden dürfen. Deshalb haben wir die branchenweite fortschrittlichste Datenspeicherung entwickelt. Wenn Sie Vertrauen in Ihre Systeme haben, können Sie sich entspannen. Un sich auf wirklich wichtige Dinge konzentrieren.“ (Bild 5)

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Bild 4: Hitachi – Ihr Logenplatz.

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Bild 5: Hitachi - Manche Dinge sind unersetzlich.

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Bild 6: Hitachi – Mehr Zeit für Dinge, die Sie lieben.

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In ähnlicher Form ist auch die Anzeige in Bild 6 konzipiert, wobei die dritte Kernaussage zwar an der Textoberfläche anders umgesetzt wird, um einen Kopiereffekt zu vermeiden. Jedoch handelt es sich gleichzeitig um einen Vertiefungseffekt in der Positionierungsstrategie des Markenbildes, das vektorial im diesem Fall folgendermaßen textuell umgesetzt wird: Auch in diesem Fall stellt Hitachi die vektoriale Größe A dar, die die Speicherungs-Technik entwickelt (Größe B). Diese ermöglicht wiederum mehr Lebensqualität in Form von Zeit für das Familienleben (Größe C). Auch im Fall der Anzeige 6 ist das Bild eine nonverbale metonymische Darstellung der Größe C des doppelten Vektors. Zur Veranschaulichung der weiteren Darstellung wird der Fließtext von Anzeige 6 zitiert: „Man kann nie genug Freizeit haben. Zeit, die man nicht mit der Arbeit, sondern im Kreis der Familie verbringt. Zeit für sich selbst. Dabei ist es wichtig, dass man die freien Stunden mit Dingen ausfüllt, die einem wichtig sind. Mit Fotos, Filmen, Musik – Momente, die das Leben bereichern, egal wo man gerade ist. Diesen Wunsch hat jeder. Deshalb haben wir eine Datenspeicherungstechnologie mit unglaublicher Kapazität entwickelt. Sie bietet Ihnen ausreichend Platz. Damit können Sie alles speichern und aufbewahren, was Ihnen wichtig ist.“ (Bild 6) Metaphorologisch wird im Fließtext der Anzeige im Bild 6 nur an einer Stelle eine konzeptuelle Metapher verwendet. Der Satz „Sie bietet Ihnen ausreichend Platz“ kann implizit als konzeptuelle Metapher gelesen werden (TECHNISCHE SPEICHERMÖGLICHKEIT IST RAUM). Dagegen wird das Bild-Schema CONTAINER durchgehend verwendet. In Übereinstimmung mit den bisherigen Ergebnissen wird auch in dieser Anzeigenkampagne Markenslogan- und Markenname im identischen Verbund und optisch abgetrennt dargestellt. Auf eine detaillierte Darstellung der einzelnen Bild-Schemata, die zusätzlich zum VEKTOR-Schema in den obigen analysierten Anzeigen verwendet werden, wird im vorliegenden Kapitel verzichtet, da dies nicht das Thema des vorliegenden Kapitels darstellt. Dagegen sollte anhand des Unternehmens Hitachi beispielhaft aufgezeigt werden, wie durch sprachwissenschaftliche Forschung ein kommunikationsstrategisches Prinzip, das schon (wohl auf intuitivem Niveau) im Bereich der Unternehmenskommunikation praktiziert wird, erklärt und systematisiert werden kann. Der Mehrwert der in diesem Fall kognitionslinguistischen Forschung für den betriebswirtschaftlichen Bereich sollte hierbei deutlich geworden sein: Durch eine konsequente bild-schematische Ausrichtung nicht nur des Marken-Leitbildes, sondern seiner Verankerung in Kernaussagen und metaphorischen wie auch nichtmetaphorischen Spezifizierungen verbaler und nonverbaler Art bietet sich eine Möglichkeit, das Ideal der integrierten Kommunikation in der unternehmensexter-

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nen Kommunikation zu realisieren. Gleichzeitig bietet sich auf dieser Grundlage die Möglichkeit einer funktionalen Komplementarität zwischen den kulturtheoretischen Größen der Unternehmens- und Landeskultur, sofern die bild-schematische Konzeptualisierung medienübergreifend im Online- und Offline-Bereich aufeinander abgestimmt wird. Nachdem bisher in Kap. 8 die Möglichkeit des Aufdeckens von Kulturspezifika im fachsprachlichen Bereich verschiedener Landeskulturen durch einen synchronen Vergleich von interkultureller Relevanz aufgezeigt wurde und in Kap. 9 ein synchroner Vergleich im Interaktionsverhältnis zwischen Unternehmens- und Landeskultur veranschaulicht worden ist, soll abschließend im 10 Kapitel die diachrone Relevanz von kognitiven Modellen für die Kommunizierbarkeit von Wissen dargestellt werden. Dabei sollte inzwischen deutlich geworden sein, dass durch bild-schematische Konzeptualisierungen ein Mehrwert an Kommunikation erreicht wird, der nicht durch traditionelle, lediglich propositional ausgerichtete, linguistische Sprachverwendungstheorien und Analyseverfahren erklärt werden kann.

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10. Konzeptualisierung im diachronen Wandel von Zielgruppenansprachen Im Bereich der externen Unternehmenskommunikation ist die gezielte Ansprache von Zielgruppen zu einem wesentlichen Erfolgskriterium für die Kommunikationstätigkeit geworden. Im Bereich der Investor Relations hat sich dabei das Spektrum potentieller Zielgruppen seit der Digitalisierung und globalen Zugänglichkeit der an den Börsen notierten Aktien im Laufe der letzten 30-40 Jahre stark verbreitert und differentialisiert. Durch die immer leichtere Zugänglichkeit zu Aktien und Investmenfonds-Anteilen auch für nicht-professionelle Anleger auf dem internationalen Markt hat sich der Kampf um die Gunst bestehender und potentieller Aktieninhaber zwischen konkurrierenden Unternehmen zusehends verschärft. Hieraus kann gefolgert werden, dass die Streubreite des Aktienbesitzes heute wesentlich größer ist als noch vor einigen Jahrzehnten. Daraus folgt, dass auch die Zielgruppen der Unternehmenskommunikation heterogener geworden sind. Dies zeigt sich besonders im Bereich der Investor Relations, der nicht nur mit primären Zielgruppen wie Aktienbesitzern, sondern auch mit sekundären Interessengruppen kommunizieren muss: „Ähnlich wie bereits für die Medienarbeit festgestellt, sind auch Zielgruppen der Investor Relations noch einmal auszudifferenzieren: Neben institutionellen Anlegern und den Analysten der großen Banken und Investmentgesellschaften spielen insbesondere seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts Privatanleger eine gewichtige Rolle für die Finanzkommunikation. Vor allem hierdurch haben sich auch jene Teile der Medienlandschaft, die sich mit Wirtschaftsthemen allgemein bzw. mit der Börse im speziellen beschäftigen, als eine wichtige Zielgruppe der Investor Relations herauskristallisiert.“ (Westermann 2004, 58) Auch ist davon auszugehen, dass durch den unkomplizierten Kauf- und Verkaufsprozess von Aktienanteilen über das Internet die Hemmschwelle, mit Aktienanteilen zu handeln, erheblich gesunken ist. Dies führt zu immer kürzeren Phasen des Aktienbesitzes auch bei Privatanlegern. Gleichzeitig hat sich der typische Aktienbesitzer vom ursprünglichen Stammhaus-Besitzer mit langfristigen Anlageinteressen zum anonymen Geld-Anleger mit vergleichsweise kurzfristigen Ertragsinteressen gewandelt. Hieraus kann gefolgert werden, dass die Entwicklungen im Bereich der Zielgruppen-Ausdifferenzierung und die ständigen Veränderungen in der BesitzerZusammensetzung der Unternehmensanteile sich auch in der kommunikativen Gestaltung der Kommunikationsinstrumente niederschlägt. Zwar sind die Kom-

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munikationsinstrumente der Finanzkommunikation gesetzlich vorschrieben und befinden sich somit in einem gesellschaftlich festgelegten Rahmen. Dies betrifft in den Geschäftsberichten vor allem den Bilanzteil. Jedoch ist der Strategieteil der Geschäftberichte völlig frei gestaltbar. Mittlerweile sind diese Strategieteile sogar zum zentralen Kommunikationsmittel der Finanzkommunikation geworden, was bezüglich der Jahresberichte insbesondere für den Brief an die Aktionäre gilt (Westermann 2004, 59). Es ist unter kognitionslinguistischem Aspekt anzunehmen, dass eine veränderte Zielgruppenstruktur seit den neunziger Jahren nicht ohne eine veränderte Konzeptualisierungstradition in diesem Kommunikationsmittel des Briefs an die Aktionäre stattgefunden hat. Diese Hypothese müsste anhand der konzeptuellen Argumentation in einen Vergleich zwischen den Briefen an die Aktionäre aus heutiger Zeit mit ihren entsprechenden Vergleichstexten z. B. aus den 70er Jahren nachprüfbar gemacht werden können. Entscheidend für eine diachron ausgerichtete Untersuchung zur Konzeptualisierung in der Ansprache an die Zielgruppen in Form des Briefs an die Aktionäre ist, dass die Vergleichstexte aus einer Zeit stammen, als die Streubreite anhand der Internetkommunikation sowie die internationale Verflechtung der Börsen im heutigen Sinn noch nicht existierten. Durch die Wahl der Vergleichstexte aus den Jahren 1975-80 ist ein andersartiger Zielgruppenbezug dieser Texte im Vergleich zu den heutigen Texten gesichert. Das vorliegende Kapitel wird daher einen Vergleich zwischen den Briefen an die Aktionäre aus den Jahresberichten zum Geschäftsjahr 2005 und den mit ihnen adäquaten Texten der gleichen Unternehmen aus den Jahresberichten zu den Geschäftsjahren 1975-80 vornehmen. Da in den 70er Jahren noch nicht alle börsennotierten Unternehmen einen als Brief an die Aktionäre gekennzeichneten Teiltext verwenden, wird in den Fällen, wo dieser Teiltext nicht vorkommt, ein funktional gleichwertiger Text mit anderer Bezeichnung zur Grundlage der Analyse gemacht (z. B. der Bericht des Vorstands von VW aus dem Jahr 1975). Falls ein derartiger Teiltext nicht vorhanden ist, wird ein jeweils jüngerer Bericht mit einem entsprechenden Teiltext untersucht (z. B. der Brief an die Aktionäre von BASF aus dem Jahr 1980). Die Zeitspanne von 25-30 Jahren verhindert auch, dass die gleiche Person als Vorstandsvorsitzender für den Brief an die Aktionäre verantwortlich ist. Dies ist deshalb wichtig, weil vermieden werden soll, dass individuelle Textformulierungsgewohnheiten einzelner Vorstandsvorsitzender, in deren Namen sich dieser Teiltext jeweils an die Zielgruppen richtet, einen zu großen Ausschlag im Gesamtergebnis gibt. So fallen mögliche individuell bedingte Besonderheiten in der Sprachhantierung weniger ins Gewicht. Stattdessen wird nach den textübergreifenden Gemeinsamkeiten gefragt, um auf dieser Grundlage die Frage nach der diachronen Entwicklung von Kommunikationstraditionen auf-

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grund veränderter externer Handlungsvoraussetzungen für die Kommunikationstätigkeit im Rahmen der vorliegenden Arbeit beantworten zu können. In exemplarischer Form werden Geschäftsberichte aus verschiedenen Branchen verwendet, um branchenbedingte Besonderheiten, die das Gesamtergebnis verzerren könnten, zu vermeiden. Auch werden lediglich die Berichte von Unternehmen verwendet, die zu den beiden genannten Zeitpunkten an der deutschen Börse notiert sind/waren. Die Auswahl der Unternehmen, deren Texte analysiert werden, geschieht jeweils innerhalb einer Branche nach dem Zufälligkeitsprinzip. Im Einzelnen werden die Briefe an die Aktionäre aus folgenden Jahresberichten nach den in ihnen verwendeten Konzeptualisierungen untersucht: BASF (1980 und 2005), Commerzbank (1975 und 2005), Siemens (1974/75 und 2005), Volkswagen (1975 und 2005) sowie Lufthansa (1980 und 2005).

10.1 Die Briefe an die Aktionäre zum Geschäftsjahr 2005 Die zu untersuchenden Texte werden in phrastisch bedingte Einzelaussagen unterteilt, um die non-propositionalen Konzeptualisierungen in Form von Bild-Schemata sowie auch die konzeptuellen Metaphern nachvollziehbar zu machen. Als Kriterium für die Grenzziehung zwischen Teilabschnitten der Texte gilt eine jeweils neue Konstellation von Bild-Schemata und konzeptuellen Metaphern. Die Teilabschnitte können sich über ein gesamtes Satzgefüge, Teilsätze eines Satzgefüges oder auch über mehr als einen Einzelsatz oder ein Satzgefüge hinaus erstrecken. Es wird jeweils untersucht, welche Bild-Schemata entweder allein oder in Kombination mit welchen Metaphern in einem Teilabschnitt konzeptualisiert sind. Um den Lesefluss zu erleichtern, werden die analysierten Texte unten in numerisch fortlaufender Form gekennzeichnet, und die jeweils verwendeten BildSchemata und Metaphern werden in Blockschrift in Klammern nach ihrer jeweiligen Aktualisierung aufgeführt. Die Aufführungen von Bild-Schemata und Metaphern erfolgen jeweils am Ende einer numerischen Sequenz – auch wenn mehr als eine Aktualisierung innerhalb der Sequenz vorliegt – um die Übersichtlichkeit zu bewahren. Die Bild-Schemata sind durch Fettdruck markiert. Die Metaphern werden in einfacher Blockschrift aufgeführt. Falls die Originaltexte Blockschrift verwenden, wird diese kursiv gesetzt, um sie optisch von dem Analyseverfahren abzuheben. Aus kognitionsmetaphorischer Perspektive ist vor allem die Frage nach dem textkonstituierenden Verhältnis zwischen BildSchemata und Metaphern/Metonymien von Interesse. Während in Kap. 8 crosskulturell unter synchronem Vergleich eine jeweilige Dominanz landeskulturell

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bedingter Bild-Schematik und in Kap. 9 die systematische Funktion eines unternehmenskulturell bedingten Bild-Schemas für die integrierte Kommunikation aufgezeigt werden konnte, stellt sich in diesem Kapitel die Frage, ob und – wenn ja – wie Konzeptualisierungen innerhalb einer Landeskultur diachron betrachtet Veränderungen unterworfen sein können, die auf Textebene zum Ausdruck kommen. Es werden zunächst die Briefe an die Aktionäre der Geschäftberichte von 2005 untersucht und ausgewertet, wonach das gleiche mit den Vergleichstexten gemacht wird. BASF/2005 „ (1) die BASF gestaltet Zukunft — und das erfolgreich seit über 140 Jahren. Wir sind ‚The Chemical Company‘, das führende Chemieunternehmen weltweit. Unser Ziel ist nachhaltiger Erfolg (BELEBTHEIT + VEKTOR: FESTE MATERIE + SPORT/SPIEL). (2) Wir möchten Wert schaffen für unsere Aktionäre, unsere Mitarbeiter und unsere Geschäftspartner. Dies ist uns erneut gelungen (VEKTOR): (3) Das Jahr 2005 ist das bisher beste in unserer Unternehmensgeschichte. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit danke ich sehr herzlich für ihren enormen Einsatz und ihre große Leistung (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (4) Unsere Strategie, profitabel zu wachsen, ist erfolgreich — trotz des schwachen Wachstums in unserem Heimatmarkt Europa. Im Jahr 2005 haben wir unseren Umsatz um 14% auf 42,7 Milliarden € gesteigert. Damit sind wir stärker gewachsen als der Markt und haben gleichzeitig eine höhere Prämie auf unsere Kapitalkosten erzielt (BELEBTHEIT + CONTAINER + VERTIKALITÄT + VEKTOR: KAMPF/KRIEG + PHYSISCHE STÄRKE + PHYSISCHES WACHSTUM). (5) Unsere Aktionäre können sich über diesen Erfolg freuen: Auf Grund der guten Ergebnisse werden Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung eine Dividende in Höhe von 2,00 € vorschlagen, 18% mehr als im Vorjahr (VERTIKALITÄT + CONTAINER: SPORT/SPIEL + BAUWERK). (6) Zudem haben wir im vergangenen Jahr eigene Aktien im Wert von 1.435 Millionen € zurückgekauft. Auch 2006 setzen wir unser Aktienrückkaufprogramm fort (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (7) PROFITABEL WACHSEN 2005 sind wir noch leistungsfähiger geworden und haben unsere Kosten weiter nachhaltig gesenkt (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: PHYSISCHES WACHSTUM + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (8) Ein Beispiel ist unser Standortprojekt in Ludwigshafen, das dauerhaft Kosten von jährlich 480 Millionen € einspart. In Nordamerika haben wir unser Einsparziel von 250 Millionen US$ früher als geplant erreicht. Unser neues Ziel (VEKTOR +

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CONTAINER: FORTBEWEGUNG): (9) Bis 2007 wollen wir dort unsere jährlichen Kosten um insgesamt 400 Millionen US$ senken (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (10) Mit solchen Maßnahmen, die wir in allen Regionen vorantreiben, stärken wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und sichern zukunftsfähige Arbeitsplätze (HORIZONTALITÄT+ CONTAINER + VEKTOR: FORTBEWEGUNG + PHYSISCHE STÄRKE). (11) Ein großer Schritt auf unserem Weg des profitablen Wachstums ist die erfolgreiche Inbetriebnahme unseres neuen Verbundstandorts in Nanjing/China im Sommer 2005 (HORIZONTALITÄT + CONTAINER: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (12) Für das Jointventure mit unserem chinesischen Partner Sinopec haben wir die größte Investition in der Geschichte der BASF getätigt (BELEBTHEIT + CONTAINER: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (13) Unser Vorteil ist: Wir können die Kunden vor Ort jetzt direkt beliefern und damit unsere starke Position im Wachstumsmarkt Asien weiter ausbauen (HORIZONTALITÄT + VEKTOR + CONTAINER + DILATATION: FESTE MATERIE + PHYSISCHE STÄRKE + SPORT/SPIEL + BAUWERK). (14) Mit unserer Investition in die Erschließung von Gasfeldern in Sibirien und in den Bau der Nordeuropäischen Gaspipeline schaffen wir gemeinsam mit unserem Partner Gazprom weiteres Wachstumspotenzial (VEKTOR + CONTAINER + VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES WACHSTUM). (15) So tragen wir dazu bei, langfristig die Energieversorgung Europas zu gewährleisten (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (16) Um erfolgreich zu wachsen, werden wir unsere Stärken weiter ausbauen und unser Portfolio stetig optimieren (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + DILATATION: PHYSISCHES WACHSTUM + PHYSISCHE STÄRKE + BAUWERK). (17) Dazu gehören einerseits gezielte Devestitionen, wie der im Jahr 2005 erfolgte Verkauf unserer Anteile an der Basell, einem Hersteller von Polyolefinen. Gleichzeitig haben wir unser Portfolio im vergangenen Jahr weiter ergänzt, beispielsweise durch den Erwerb des Elektronikchemikalien-Geschäfts von Merck und des Feinchemie-Unternehmens Orgamol (VEKTOR + DILATATION: KAMPF/KRIEG + FESTE MATERIE). (18) NACHHALTIG WERT SCHAFFEN Wir wollen Zukunft gestalten und für unsere Geschäftspartner langfristig Wert schaffen. Deshalb entwickeln wir innovative Produkte sowie intelligente Problemlösungen und Dienstleistungen für unsere Kunden überall auf der Welt (VEKTOR + BELEBTHEIT: FESTE MATERIE).

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(19) Unsere Forscher und Entwickler arbeiten weltweit dafür, dass wir unseren Kunden die Lösungen anbieten können, die ihnen zum Vorsprung im Wettbewerb verhelfen (VEKTOR + HORIZONTALITÄT + CONTAINER: FORTBEWEGUNG + SPORT/SPIEL). (20) Unsere globale Forschung und Entwicklung werden wir deshalb gezielt verstärken und 2006 die Forschungsausgaben weiter erhöhen (VEKTOR + VERTIKALITÄT: KAMPF/KRIEG + PHYSISCHE STÄRKE). (21) Zusätzlich entwickeln wir neue Geschäftschancen auf fünf Wachstumsfeldern: Energiemanagement, Rohstoffwandel, Nanotechnologie, Pflanzenbiotechnologie und Weiße Biotechnologie (VERTIKALITÄT: PHYSISCHES WACHSTUM + RÄUMLICHE FLÄCHE). (22) Dabei verschafft uns ein weltweites Netz von rund 1.300 Forschungspartnerschaften Vorteile im Wettbewerb (BELEBTHEIT + CONTAINER: NETZ). (23) Nachhaltig Wert zu schaffen gelingt nur dem besten Team. Wir wollen bei lnnovationskraft und Kundenorientierung an der Spitze bleiben (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE + SPORT/SPIEL). (24) Deshalb werden gezielte Aus- und Weiterbildung bei uns groß geschrieben (VEKTOR + DILATATION: KAMPF/KRIEG + SCHREIBHANDLUNG). (25) Im gesamten BASF-Team ist es uns wichtig, uns lebenslang weiterzuentwickeln, voneinander zu lernen und uns gegenseitig anzuspornen, damit wir noch besser werden. Jedes einzelne Teammitglied trägt mit seinen persönlichen Stärken, seinem beruflichen wie kulturellen Hintergrund dazu bei (CONTAINER + VEKTOR + HORIZONTALITÄT: SPORT/SPIEL + PHYSISCHE STÄRKE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (26) Diese Vielfalt an Kompetenzen hilft uns, die Wünsche unserer Kunden besser zu verstehen und die besten Ideen zu entwickeln, wie wir sie mit unseren Leistungen noch erfolgreicher machen können (VEKTOR). (27) EINE LEBENSWERTE ZUKUNFT GESTALTEN Nachhaltig planen und wirtschaften — das bedeutet für die BASF, Verantwortung zu übernehmen für Mensch und Umwelt. In unserem Unternehmensbericht, den wir gleichzeitig mit diesem Finanzbericht veröffentlichen, erfahren Sie mehr darüber, wie umfassend wir uns in allen unseren Bereichen für Nachhaltigkeit einsetzen (BELEBTHEIT + CONTAINER: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (28) Unsere Aussichten für das Jahr 2006 sind vielversprechend (CONTAINER: VISUELLE WAHRNEHMUNG). (29) Nachdem wir in den vergangenen Jahren die BASF deutlich leistungsfähiger gemacht haben, wollen wir nun unser Portfolio weiter ergänzen (CONTAINER + DILATATION). (30) Ziel ist der Erwerb von Geschäften, die noch stärker kundenorientiert sowie innovations- und wachstumsgetrieben sind. So haben wir Angebote zur Übernahme des amerikanischen Katalysatoren-Herstellers Engelhard Corporation sowie des Bauchemie-Geschäfts von Degussa unterbreitet (DILATATION + VEKTOR + VERTIKALITÄT:

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PHYSISCHES WACHSTUM + PHYSISCHE STÄRKE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (31) Liebe Leserinnen und Leser, unsere Strategie BASF 2015 beschreibt den Weg, den wir gehen, um zukunftsfähig zu bleiben. Unser Ziel ist es, weiterhin profitabel zu wachsen. Dabei folgen wir unseren vier strategischen Leitlinien (BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT + VERTIKALITÄT + VEKTOR: FORTBEWEGUNG + PHYSISCHES WACHSTUM): (32) Wir verdienen eine Prämie auf unsere Kapitalkosten (VERTIKALITÄT). (33) Wir helfen unseren Kunden erfolgreicher zu sein (VEKTOR). (34) Wir bilden das beste Team der Industrie (ZENTRIPETALITÄT: SPORT/SPIEL). (35) Wir wirtschaften nachhaltig für eine lebenswerte Zukunft (VEKTOR). (36) Für unsere Zukunft sehe ich große Chancen. Die werden wir ergreifen (VEKTOR: VISUELLE WAHRNEHMUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (37) Und ich versichere Ihnen, dass wir, das gesamte BASFTeam und ich, alles daransetzen, um weiterhin Wert zu schaffen für unsere Aktionäre und Partner — als weltweit führendes Chemieunternehmen, ‚The Chemical Company‘ (BELEBTHEIT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL).“ (www.basf.de) Aus der obigen Analyse wird ersichtlich, dass einzelne Metaphern an keiner Stelle ohne eine bild-schematische Strukturierung auftreten. Dagegen treten jedoch vereinzelt Bild-Schemata ohne eine metaphorische Konkretisierung des BildSchemas auf, auch wenn sich diese Aktualisierungen sehr in Grenzen halten (Sequenzen 2, 26, 29, 32, 33 und 35). Bei der Aktualisierung der Bild-Schemata und Metaphern bilden die Bild-Schemata non-propositionale Strukturen, die jeweils von der Spezifik der verwendeten Ursprungsbereiche der konzeptuellen Metaphern aufgefüllt werden. Teilweise geschieht dies innerhalb eines Satzes, teilweise auch transphrastisch über einzelne Satzgrenzen hinweg. Dabei folgt auch hier – wie schon in den vorherigen Kapiteln aufgezeigt werden konnte – die Logik der Konzeptualisierungen anhand von Bild-Schemata und Metaphern dem allgemeinen Prinzip, dass abstrakte Zielbereiche im metaphorischen Übertragungsprozess durch konkrete Ausgangsbereiche beschrieben werden. Die durchgehende Rolle der Bild-Schemata ist es (wie schon in den anderen Analysen der vorliegenden Arbeit), die Ausformung der konkreten Ausgangsbereiche vorzustrukturieren und konzeptuell vorzubestimmen. Dadurch erhalten die BildSchemata eine prinzipiell andere bedeutungsbildende Funktion (in Form von nonpropositionalen Aussagen) als die einzelnen Metaphern, so wie dies auch im Konzeptualisierungsschema in Kap. 4 eingeführt wurde. Zwar können einzelne

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Bild-Schemata allein konzeptualisiert werden. Dies gilt jedoch in umgekehrter Form nicht für die konzeptuellen Metaphern. So wird z. B. in der Textsequenz 1 des obigen Textes folgende Konzeptualisierung aktualisiert: BASF IST EIN LEBENDES WESEN, DAS AUF DIE ZUKUNFT EINWIRKT, DIE ALS FESTE MATERIE FORMBAR IST, WAS ZUM ERFOLG FÜHRT. Schon diese erste komplexe Konzeptualisierung zeigt, wie die Bild-Schemata und Metaphern eng zusammen wirken, jedoch unter konzeptueller Perspektive auch voneinander trennbar sind, was ihre Nachvollziehbarkeit erhöht. Auch fällt die starke vektoriale Ausprägung der Bild-Schematik auf, die durchgehend für diesen Text von BASF kennzeichnend ist. Ein anderes zentrales BildSchema ist die VERTIKALITÄT als strukturierendes Instrument für die Einzelaussagen, wie z. B. in Sequenz 7: GUTE FINZANZIELLE ENTWICKLUNG IST PHYSISCHES WACHSTUM BEI GLEICHZEITIGER ABWÄRTSBEWEGUNG VON KOSTEN DURCH DIE KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT DES SENKENS. Kontextuell bedingt ist hier das Prinzip der Vertikalität sowohl als aufwärts gerichtete Vertikalität im Wachstumsprozess als auch als abwärts gerichtete Vertikalität im Verlauf des Senkens enthalten. Daher hat das BildSchema VERTIKALITÄT in dieser Sequenz eine non-propositionale Strukturierungsfunktion für die Konzeptualisierung von Finanzentwicklungen. Wichtig ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Frage der Art von Konzeptualisierung keine Frage der automatischen Kopplung an gewisse Lexeme ist, sondern prinzipiell kontextuell konditioniert ist. Dies zeigt sich u. a. in der unterschiedlichen Konzeptualisierung anhand von BELEBTHEIT: in Sequenz 7 ist dieses Bild-Schema lediglich indirekt auf das Unternehmen als ganzes bezogen, später dann ausdrücklich. So wird z. B. später in Sequenz 23 durch die Art der Verwendung des Lexems „Team“ die gesamte Organisation des Unternehmens konzeptualisiert; in diesem Fall als handelnde Entität, was BELEBTHEIT voraussetzt, und spezifiziert anhand der SPORT/SPIEL-Metapher: DIE ORGANISATION BASF IST EINE SPORTMANNSCHAFT MIT DEN HÖCHSTEN ERGEBNISSEN. Es fällt auf, dass die Zahl der verschiedenen Bild-Schemata und Metaphern äußerst gering ist. Insgesamt werden sieben verschiedene Bild-Schemata und 13 verschiedene Metaphern verwendet. Die geringe Anzahl verschiedener BildSchemata ist aufgrund ihrer prinzipiellen Funktion, verbale Ausführungen vorzustrukturieren, nicht überraschend. Jedoch auch die Reduktion auf eine verhältnismäßig kleine Anzahl verschiedener konzeptueller Metaphern im Laufe des Textes wirft die Frage auf, ob dies ein individuenbedingter Zufall sein kann, oder ob es von prinzipiellerer Bedeutung ist. Diese Frage kann nur durch vergleichende Analysen mit anderen entsprechenden Texten beantwortet werden. Daher soll jetzt zunächst der Brief an die Aktionäre aus dem Geschäftsbericht zum

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Geschäftsjahr 2005 der Commerzbank, die aus einer anderen Branche stammt, kognitionsmetaphorisch analysiert werden. Die Nummerierung der Textsequenzen sowie die Aufführung der einzelnen Bild-Schemata und Metaphern folgt dem bisherigen Prinzip. Zur besseren Übersicht folgt zunächst der gesamte Text, bevor er weiter unten diskutiert wird: Commerzbank/2005: „(1) mit der Ankündigung der Übernahme der Eurohypo haben wir ein neues Kapitel in der Geschichte unserer Bank aufgeschlagen. Für alle ist sichtbar geworden (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + BUCH + VISUELLE WAHRNEHMUNG): (2) Die Commerzbank ist zu einer Position der Stärke zurückgekehrt, sie setzt ihren Weg der Eigenständigkeit konsequent fort und sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung des deutschen Bankensystems (BELEBTHEIT + VEKTOR + HORIZONTALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE + FORTBEWEGUNG + FESTE MATERIE). (3) Wir werden durch die Eurohypo-Transaktion das zweitgrößte deutsche Kreditinstitut und zur führenden Geschäftsbank in Deutschland (VEKTOR: FESTE MATERIE + SPORT/SPIEL). (4) Eine breitere Kundenbasis, eine verbesserte Produktpalette und erhebliches Cross Selling-Potenzial werden unsere Ertragskraft nachhaltig erhöhen (DILATATION + VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE + PHYSISCHE STÄRKE). (5) Die Märkte haben unsere Entscheidung einhellig begrüßt und honoriert (BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT): (6) Der Kurs der Commerzbank-Aktie hatte schon im Jahresverlauf eine erfreuliche Performance gezeigt (BELEBTHEIT: SPORT/SPIEL). (7) Seit Mitte November, als wir die Öffentlichkeit über unsere Pläne informiert haben, bis zum Jahresende 2005 ist er weiter kräftig gestiegen (VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG + PHYSISCHE STÄRKE). (8) Auch unsere gleich nach Bekanntgabe der Transaktion erfolgte Kapitalerhöhung hat den Kurs nicht belastet (VERTIKALITÄT: PHYSISCHES GEWICHT). (9) Im Jahr 2005 insgesamt hat unsere Aktie mit einer Zunahme um 72% den DAX weit überflügelt, der immerhin auch um 27% zulegte (VERTIKALITÄT + DILATATION + BELEBTHEIT: FLUGBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (10) Sie als unsere Aktionäre profitieren zweifach, zum einen vom Kursanstieg, zum anderen von einer nachhaltig höheren Rentabilität Ihrer Bank (VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG). (11) Die Entscheidung für die Eurohypo unterstützt uns in unseren Bestrebungen, unsere Ertragsbasis zu verbessern und

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unabhängig von der Marktentwicklung stabilere Ergebnisse zu generieren (VERTIKALITÄT + VEKTOR: BAUWERK). (12) 2004 haben wir mit der Neuausrichtung des lnvestment Banking schon einen entscheidenden Schritt in diese Richtung getan (HORIZONTALITÄT + VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (13) Wir nutzen unsere lnvestment BankingExpertise nun in erster Linie dazu, für unsere Kunden in Deutschland und Europa intelligente Produkte zu entwickeln (VEKTOR + BELEBTHEIT: GEHIRNLEISTUNG). (14) Unsere Zahlen zeigen, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Das Jahr 2005 war für die Banken in Deutschland noch immer schwierig, aber wir haben es erfolgreich gemeistert (BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG + KAMPF/KRIEG). (15) Unser Ziel einer Eigenkapitalrendite von gut 8% nach Steuern konnten wir übertreffen. Dazu haben erstmals deutlich höhere Erträge und nicht nur das unverändert gut funktionierende Kostenmanagement beigetragen (VEKTOR + VERTIKALITÄT: TREFFRICHTUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (16) Sie als unsere Aktionäre wollen wir an diesem guten Ergebnis beteiligen und Ihnen auf der Hauptversammlung eine gegenüber dem Vorjahr auf 0,50 Euro verdoppelte Dividende je Aktie vorschlagen (VEKTOR + HORIZONTALITÄT: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (17) Wichtig für den Erfolg war und ist eine konsequente Fokussierung und eine klare Strategie (VEKTOR: KAMPF/KRIEG). (18) Wir haben unsere Aktivitäten auf Deutschland, auf die Wachstumsregionen Europas und auf bestimmte Märkte Nordamerikas und Asiens ausgerichtet. Wir konzentrieren uns auf Firmenkunden, bevorzugt den erfolgreichen deutschen Mittelstand und ausgewählte multinationale Unternehmen, auf Privat- und Geschäftskunden sowie den öffentlichen Sektor (VEKTOR + VERTIKALITÄT). (19) Die Umstrukturierung und der Abbau von Arbeitsplätzen waren schmerzhaft, doch unabdingbar für einen erfolgreichen Weg in die Zukunft und ein Bestehen im immer härteren Wettbewerb (VEKTOR + VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT + CONTAINER: BAUWERK + PHYSISCHER SCHMERZ + FESTE MATERIE). (20) Und noch etwas hat ganz wesentlich zum Erfolg beigetragen (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (21) Wir wissen: Ohne Risiko gibt es kein Bankgeschäft. Risiko aber muss professionell kontrolliert und gesteuert werden. Auch in dieser Hinsicht sind wir in den vergangenen Jahren gut vorangekommen (VEKTOR + CONTAINER + HORIZONTALITÄT: TRANSPORTMITTEL + FORTBEWEGUNG). (22) Wir haben die Wertberichtigungserfordernisse signifikant reduzieren können; die Risikovorsorge hat sich von 1,3 Mrd Euro im Jahr 2002 auf nur noch 566 Mio Euro für 2005 ermäßigt. Das ist uns insbesondere auch

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durch verfeinerte Rating- und Controllingsysteme, durch die gezielte Reduzierung der Klumpenrisiken und neue Methoden zur Früherkennung von Risiken gelungen (ZENTRIPETALITÄT + VEKTOR: FESTE MATERIE + VISUELLE WAHRNEHMUNG). (23) Wir bekennen uns zu unserem Heimatmarkt Deutschland (VEKTOR). (24) Wir beschäftigen hier 77% unserer Mitarbeiter, haben im Jahr 2004 allerdings erst 66% der Erträge zu Hause generiert. 2005 waren es immerhin schon 70%. Diesen Anteil wollen wir weiter erhöhen. Und dazu werden wir auch künftig Möglichkeiten nutzen zu wachsen, einerseits organisch, andererseits durch Zukäufe (VERTIKALITÄT + VEKTOR + BELEBTHEIT: PHYSISCHES WACHSTUM). (25) Wir wollen unsere aktive Rolle bei der Konsolidierung des deutschen Bankenmarkts weiter wahrnehmen und unsere Position auf diese Weise stärken. Wir wollen die wichtigste Bank in und für Deutschland werden (BELEBTHEIT + CONTAINER: SPORT/SPIEL + FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHE STÄRKE). (26) Privatkunden profitieren insbesondere von unserer Expertise als Wertpapierbank, von unserem umfassenden Fondsangebot im Rahmen der offenen Architektur, von unserer Kooperation mit einer der größten europäischen Versicherungsgruppen, von der effizienten Kreditabwicklung, der starken Marktposition im Hypothekengeschäft und unserem Know-how bei offenen lmmobilienfonds (VEKTOR + CONTAINER: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + BAUWERK + PHYSISCHE STÄRKE + SPORT/SPIEL). (27) Firmenkunden bieten wir ebenfalls eine umfassende Leistungspalette an. Sie reicht vom klassischen Kredit über innovative Finanzierungslösungen, Unterstützung in Fragen der Nachfolgeregelung oder der Eigenkapitalbeschaffung über Leasingangebote, Electronic Banking bis zur Begleitung der exportorientierten Unternehmen ins Ausland (VEKTOR + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + BAUWERK + FORTBEWEGUNG). (28) Neben dem „harten Bankgeschäft“ gewinnt für uns die Corporate Responsibility immer größere Bedeutung (HORIZONTALITÄT: FESTE MATERIE + SPORT/SPIEL). (29) Unter diesem Begriff werden die Themen Nachhaltigkeit, Corporate Governance und Corporate Citizenship zusammengefasst (VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (30) Im Dezember haben wir unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Er trägt den Titel ‚idee-ale‘ und informiert umfassend über unsere Aktivitäten auf diesen Feldern (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + RÄUMLICHE FLÄCHE). (31) Wir haben uns viel vorgenommen und als ersten Schritt eine zentrale Steuerungseinheit für das Themenfeld Reputations- und Nachhaltigkeitsmanagement aufgebaut (HORIZONTALITÄT + VERTIKALI-

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TÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG + TRANSPORTMITTEL + BAUWERK + RÄUMLICHE FLÄCHE). (32) Außerdem arbeiten wir derzeit an der Verfeinerung unseres internen Regelwerks. Dazu gehört insbesondere die Einführung eines Verhaltenskodex und die verstärkte Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien in die Prozesse des Bankgeschäfts (CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHE STÄRKE + FESTE MATERIE). (33) Als sichtbares Zeichen unserer gesellschaftlichen Verantwortung haben wir die Commerzbank-Stiftung mit weiteren 10 Millionen Euro dotiert (VEKTOR: VISUELLE WAHRNEHMUNG). (34) Unsere Stiftung ist breit angelegt; über die Schwerpunkte der Förderung informiert unser Bericht ‚idee-ale‘ ausführlich (DILATATION + BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (35) Mein Fazit ist: Wir fühlen uns gut aufgestellt, um die Herausforderungen der Zukunft aktiv anzugehen (VEKTOR: KAMPF/KRIEG + FORTBEWEGUNG). (36) Wir sehen allerdings keinen Anlass, uns auf unseren Erfolgen auszuruhen (VERTIKALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + PHYSISCHE ERHOLUNG). (37) Wir werden weiter hart daran arbeiten, die Rentabilität der Bank zu steigern und Ihnen zu bestätigen, dass Ihre Entscheidung für die CommerzbankAktie richtig war (VEKTOR + VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE). (38) Für das Jahr 2006 haben wir uns eine Eigenkapitalrendite von über 10% nach Steuern vorgenommen (HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (39) Langfristig wollen wir unverändert 15% nach Steuern und eine Aufwandsquote von rund 60% erreichen (VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (40) An dieser Stelle gilt auch ein besonderer Dank unseren Kunden und Geschäftspartnern, deren Vertrauen uns Ansporn und Verpflichtung für die Zukunft ist (VEKTOR). (41) Zur Hauptversammlung am Mittwoch, dem 17. Mai 2006, lade ich Sie herzlich in die Jahrhunderthalle Frankfurt ein und freue mich auf Ihr Kommen (VEKTOR + CONTAINER).“ (www.commerzbank.de) Um den Lesefluss zu erleichtern, wird im weiteren Verlauf der Begriff ‚Textsequenz‘ als ‚S‘ abgekürzt. Wie aus der Analyse des Textbeispiels der Commerzbank (oben) deutlich wird, ist die Kombination aus Bild-Schemata und konzeptuellen Metaphern vorherrschend. Von insgesamt 41 einzelnen Konzeptualisierungssequenzen bestehen lediglich zwei nur aus Bild-Schemata (S23 und 40), was die zentrale Bedeutung der metaphorischen Konkretisierungen zur Vermittlung des Kommunikationsange-bots deutlich macht. Auch werden an keiner Stelle Metaphern ohne die gleichzeitige Verwendung von Bild-Schemata

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aktualisiert. Wie schon an anderer Stelle fungieren auch hier jeweils die BildSchemata zur konzeptuellen Vorstrukturierung der konkreten Ausgangsbereiche metaphorischer Übertragungen. So wird z. B. in der Textsequenz 2 die Haupttätigkeit der Unternehmung durch folgende Konzeptualisierung ausgedrückt: UNTERNEHMENSTÄTIGKEIT IST VEKTORIALE FORTBEWEGUNG AUF EINEM WEG IN RICHTUNG AUF DAS ZIEL DER PHYSISCHEN STÄRKE HIN BEI GLEICHZEITIGER SCHAFFUNG VON FESTER MATERIE. Diese wie auch andere Konzeptualisierungen, in denen sowohl Bild-Schemata als auch konzeptuelle Metaphern involviert sind, machen die systematische textkonstituierende Rolle in der Kombination non-propositionaler Bild-Schemata mit den Aussagen auf Satzebene deutlich. Wie aus dem Beispiel oben deutlich wird, scheint die Konzeptualisierung von Wegen eine wiederkehrende Funktion zu haben. Dies geschieht im Fall der Commerzbank mit einem hohen Grad an Aktivität des konzeptualisierten Ursprungsbereichs: NEUAUSRICHTUNG UNTERNEHMERISCHER TÄTIGKEIT IST FORTBEWEGUNG AUF EINEM WEG AUF EIN AUSGEWÄHLTES ZIEL HIN (S12). Dass die Fortbewegung auf diesem Weg nicht einfach ist und mit Herausforderungen und großen Anstrengungen verbunden ist, zeigt die weiterführende Konzeptualisierung der WegThematik: DIE VERWIRKLICHUNG DER UNTERNEHMENSZIELE IST FORTBEWEGUNG AUF DEM AUSGEWÄHLTEN WEG BEI GLEICHZEITIGEM KAMPF/KRIEG ZUR ERREICHUNG DES ZIELS (S14). Die Hindernisse, die sich während des Fortbewegens auf diesem Weg auftun, können dabei zu Bautätigkeiten und physischem Schmerzempfinden führen. Letztere werden jedoch als unabdingbar dargestellt, will man das einmal aufgesteckte Ziel auch wirklich erreichen: UMSTRUKTURIERUNGEN SIND PHYSISCHES SCHMERZEMPFINDEN, DAS ZUSAMMEN MIT BAUTÄTIGKEIT NOTWENDIG IST UM DIE FESTE MATERIE IM CONTAINER DER ZUKUNFT BESSER ERTRAGEN ZU KÖNNEN (S19). Wie aus den bisherigen Beispielen schon deutlich wird, handelt es sich sehr oft um die kombinierte Verwendung von zwei oder mehr Bild-Schemata zur Strukturierung der Konzeptualisierungen. Auf textueller Ebene hat dies auch Folgen für die Relevanz der kognitionsmetaphorischen Dimension von Sprache: BildSchemata und Metaphern können nicht lediglich auf phrastischer Ebene angesiedelt werden, da sie – ebenso wie propositionale Aussagen – auch kontextuell – d.h. letztlich transphrastisch – verankert sein können, woraus sich auch komplexe Konzeptualisierungen ergeben können, wie obige Beispiele der Sequenzen 14 und 18-19 zeigen. Die Kombination mehrerer Bild-Schemata und/oder Metaphern weist auf eine hohe konzeptuelle Dichte auf dem Aussageniveau dieser Textbeispiele – im Unterschied z. B. zum Hitachi-Beispiel in Kap. 9 – hin. Diese hohe Aussagendichte lässt sich durch die vielseitige Funktion des Briefs an die

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Aktionäre in heutigen Jahresberichten erklären. So muss dieser Teiltext des Jahresberichts gleichzeitig die Hauptthemen des gesamten Berichts ankündigen sowie auch die Persönlichkeit des Vorstandsvorsitzenden widerspiegeln und muss außerdem auch die Investoren von entscheidenden Errungenschaften in der Sicherung künftigen Wachstums überzeugen (Hobor in Westermann 2004, 58). Es fällt auf, dass die Konzeptualisierung der Weg-Thematik auch in Kombination mit dem VEKTOR-Schema geschieht. Dabei werden die Ausgangsbereiche der metaphorischen Übertragungen jeweils als eine mit Dynamik versehene Bewegung auf diesen Wegen konzeptualisiert. Eventuelle Hindernisse auf diesen Wegen müssen aktiv überwunden werden, bevor aufgrund der dynamischen Bewegungstätigkeit das Ziel erreicht werden kann. Hierbei ist es vor allem ein ständiges Aktivsein, das die Konzeptualisierungen auszeichnet: UNTERNEHMERISCHE ZIELVERWIRKLICHUNG IST KAMPF/KRIEG, DER NICHT GESCHEUT WIRD UM DAS ZIEL ZU ERREICHEN (S 35). Nach Überwindung der Schwierigkeiten wird der Weg ungemindert konsequent fortgesetzt, um das einmal aufgestellte Ziel zu verwirklichen: UNTERNEHMERISCHE ZIELVERWIRKLICHUNG BEDEUTET AUCH LANGFRISTIG DIE VEKTORIALE FORTBEWEGUNG AUF EINEN AUSGEWÄHLTEN ZIELPUNKT (hier „60%“) HIN (S 39). Auch im Brief an die Aktionäre von BASF (weiter oben) wurde das WEG-Modell konzeptualisiert. Dabei sind die Tätigkeiten des Unternehmens immer dynamische Handlungen: VERWIRKLICHUNG VON UNTERNEHMENSWACHSTUM IST FORTBEWEGUNG IN GROSSEN SCHRITTEN IN EINEM STANDORT- UND ZEITCONTAINER (BASF: S 11). Das Weg-Modell wird außerdem auch implizit konzeptualisiert und bildet anhand des zentralen Ursprungsbereichs physischer FORTBEWEGUNG eine kontextuelle Verbindung zwischen den einzelnen Konzeptualisierungs-Sequenzen: ZUKUNFTSSICHERUNG DES UNTERNEHMENS IST STÄRKUNG DURCH GEZIELTE FORTBEWEGUNG NACH VORN AUF DAS ZIEL DER SICHERUNG VON ARBEITSKRÄFTEN HIN (BASF, S10). Neben solchen implizit ausgedrückten Konzeptualisierungen des Weg-Modells (vgl. auch BASF 2005, S19) wird dieses Modell auch in zentralen Darstellungen, wie z. B. bei der zukünftigen Unternehmens-Strategie von BASF am Ende des Briefs ganz bewusst betont: UNTERNEHMENSSTRATEGIE IST FORTBEWEGUNG AUF EINEM VORGEGEBENEN WEG, DESSEN VERFOLGUNG ZU PHYSISCHEM WACHSTUM FÜHRT (BASF, S31). Inwieweit Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den verschiedenen Texten bestehen, soll durch die weitere Analyse erarbeitet werden. Dabei ist schon an dieser Stelle relevant zu fragen, ob die Dynamik in den Konzeptualisierungen in Verbindung mit dem WEG-Modell eher Zufälligkeiten oder Teil einer

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überindividuellen Darstellungslogik sind. Unter anderem dieser Aspekt soll im weiteren Verlauf der Analyse näher untersucht werden. Als Nächstes wird jetzt der Brief an die Aktionäre im Jahresbericht von Siemens konzeptuell analysiert: Siemens/2005 „(1) meine ersten neun Monate als Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG liegen hinter mir (HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (2) Zum Amtsantritt hatte ich einen persönlichen Brief an 500 unserer Kunden in aller Welt geschrieben (VEKTOR + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (3) In den ersten 100 Tagen traf ich mich dann mit weit mehr als 100 dieser Kunden. Alle Gespräche waren ausgesprochen anregend und enthielten viele konkrete Vorschläge, wie wir noch besser werden können (CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (4) Es gibt wohl kaum ein anderes Unternehmen, das auf eine so große Zahl loyaler Kunden bauen kann wie Siemens (VERTIKALITÄT: BAUWERK). (5) Sie setzen darauf, mit unseren innovativen Produkten, Lösungen und Dienstleistungen im Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können (CONTAINER:). (6) Die Vorteile, die wir unseren Kunden verschaffen, bedeuten für uns Wachstum (VEKTOR: PHYSISCHES WACHSTUM). (7) Wir sind sicher, wir können hier noch zulegen, weil wir gerade auf den für unsere Kunden wichtigen Zukunftsfeldern besonders viel zu bieten haben (DILATATION: FESTE MATERIE + RÄUMLICHE FLÄCHE). (8) Das vergangene Geschäftsjahr war ein aufregendes und dynamisches Jahr. Es war geprägt von großen Erfolgen, von Veränderungen, aber auch von Herausforderungen, deren vollständige Bewältigung zum Teil noch aussteht. Was waren die Höhepunkte (VEKTOR + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL + KAMPF/ KRIEG)? (9) Beschleunigtes Wachstum Der Auftragseingang stieg auf 84 Milliarden EUR. Das ist im Vergleich zum Geschäftsjahr 2004 ein Plus von 11 Prozent. Wir haben damit bereits jetzt unser mittelfristiges Ziel erreicht, doppelt so schnell zu wachsen wie das weltweite Bruttoinlandsprodukt (VERTIKALITÄT + CONTAINER + VEKTOR: TRIEBKRAFT + PHYSISCHES WACHSTUM + FORTBEWEGUNG). (10) Der Umsatz legte gegenüber dem Vorjahr um 7 Prozent auf 75 Milliarden EUR zu (DILATATION: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (11) Herausragend war das Wachstum in den besonders dynamischen Regionen. So kletterte der Auftragseingang in Asien/Pazifik um 23 Prozent, in Amerika um 19 Prozent (CONTAINER + VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG).

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(12) Geschäftsportfolio weiterentwickelt Zur weiteren Optimierung unseres Geschäftsportfolios haben wir unsere Verlust bringenden Mobiltelefonaktivitäten an BenQ verkauft; damit wurde die beste Lösung für unsere Kunden, unsere Mitarbeiter und auch für Sie, unsere Aktionäre, gefunden (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (13) Gleichzeitig akquirierten wir eine Reihe von Unternehmen und konnten damit unser Portfolio auf wesentlichen Feldern verstärken (VERTIKALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE). (14) Mit der Übernahme von VA Technologie und Bonus Energy haben wir unsere Aktivitäten im Energiesektor ausgebaut (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + BAUWERK). (15) Mit VA Technologie wie auch mit den Übernahmen von Flender, Robicon und Photoscan haben wir auch unsere Positionen in zukunftsträchtigen Industriesegmenten ausgeweitet (CONTAINER + DILATATION: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (16) In der Medizintechnik haben wir mit CTI Molecular Imaging eine wertvolle Ergänzung unseres Portfolios realisiert (CONTAINER + DILATATION). (17) Myrio und Chantry, zwei Spezialisten auf dem Gebiet der Kommunikationstechnik, vervollständigen unser Angebot bei „Home Entertainment“-Systemen sowie bei drahtlosen Netzen für Firmenkunden (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: RÄUMLICHE FLÄCHE + NETZ). (18) Und mit der im Jahr zuvor vollzogenen Übernahme von USFilter haben wir eine führende Stellung am amerikanischen Markt für Wasseraufbereitung und -entsorgung erlangt (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL); (19) diese Aktivitäten werden nun über unser weltweites Vertriebsnetz in alle anderen Regionen getragen (CONTAINER + VEKTOR: NETZ + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (20) Ergebnisse im Plan (CONTAINER) (21) Das Ergebnis der fortgeführten Aktivitäten des Konzerns betrug 3,1 Milliarden EUR nach Steuern (VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (22) Es liegt – auf vergleichbarer Basis – etwa in Höhe des Vorjahrs (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (23) Einschließlich der nicht fortgeführten Mobiltelefonaktivitäten belief sich der Konzerngewinn nach Steuern auf 2,2 Milliarden EUR (CONTAINER + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG). (24) Bereiche machen Fortschritte (BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG) (25) Zehn der zwölf operativen Bereiche sowie Siemens Financial Services haben ihre Zielmargen erreicht, übertroffen oder sind auf dem besten Weg, an sie heranzukommen (BELEBTHEIT + VEKTOR: FORTBEWEGUNG + TREFFPUNKT). (26) Das beweist, Siemens ist auf den meisten Gebieten bereits an führender Stelle oder schließt zur Spitze auf (VEKTOR + VERTIKALITÄT: RÄUMLICHE FLÄCHE + SPORT/SPIEL). (27) Allerdings stehen wir in den

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Bereichen Communications und Siemens Business Services noch vor großen Herausforderungen (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (28) Wir haben Maßnahmen in Gang gesetzt, um die langfristige Profitabilität dieser beiden Bereiche zu sichern (BELEBTHEIT + VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (29) Siemens Business Services leidet unter Überkapazitäten sowie hohem Wettbewerbs- und Kostendruck, besonders bei den produktnahen Dienstleistungen (VERTIKALITÄT: LEIDEN + KRAFTEINWIRKUNG + RÄUMLICHE NÄHE). (30) Wir haben hier klare Ziele definiert und konkrete Schritte eingeleitet, um SBS operativ wieder auf Kurs zu bringen (VEKTOR: FORTBEWEGUNG + TRANSPORTMITTEL). (31) Ein neues Management-Team hat seine Arbeit aufgenommen (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (32) Die Kosten sollen innerhalb von zwei Jahren um 1,5 Milliarden EUR gesenkt werden. Und wir konzentrieren uns auf höherwertige Dienstleistungen (VERTIKALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (33) Im Bereich Communications gibt es auch nach dem Verkauf der Mobiltelefonaktivitäten Handlungsbedarf (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (34) Während wir bei den mobilen Netzen weiterhin eine erfreuliche Entwicklung verzeichnen, müssen wir bei den Festnetzen und beim Geschäft mit Firmenkunden weitere Schritte einleiten (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG + NETZ). (35) Com ist mit großen Herausforderungen konfrontiert (BELEBTHEIT: FESTE MATERIE + KAMPF/ KRIEG). (36) Sie beruhen auf der von der Konvergenz der Festnetz- und Mobilkommunikation getriebenen Konsolidierung unter den Netzbetreibern und Netzausrüstern (VERTIKALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE + NETZ). (37) Dazu zählen auch die Veränderungen, die der Technologiewandel hin zu Internetbasierten Diensten wie Voice over IP mit sich bringt, sowie der hohe Preisdruck im Wettbewerb (VERTIKALITÄT + CONTAINER + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + KRAFTEINWIRKUNG). (38) Wir haben auch bei Com ein neues Management eingesetzt (VEKTOR + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (39) Wir werden alles dafür tun, um dem Bereich eine nachhaltig erfolgreiche Zukunft zu bieten (VEKTOR + BELEBTHEIT). (40) Unser Arbeitsprogramm: Fit4More Für alle Bereiche gilt: Wir setzen bis April 2007 unser Arbeitsprogramm Fit4More um (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (41) Es besteht aus vier Säulen (CONTAINER: BAUWERK):

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• (42) Performance and Portfolio: Unser Ziel ist profitables Wachstum. Wir wollen mit unserem Portfolio mittelfristig doppelt so schnell wachsen wie das weltweite Bruttoinlandsprodukt, und wir tun alles, damit unsere operativen Bereiche ihre Zielmargen erreichen (VEKTOR + BELEBTHEIT: PHYSISCHES WACHSTUM + FORTBEWEGUNG). (43) Wir verstehen unser Geschäftsportfolio als lebenden Organismus und werden deshalb weitere Anpassungen und Umstrukturierungen vornehmen bzw. Akquisitionen tätigen, um die Megatrends von morgen zu gestalten (VEKTOR + BELEBTHEIT: FESTE MATERIE). • (44) Operational Excellence: Wir setzen das top+ Siemens Management System mit seiner klaren Ausrichtung auf Innovation, Kundenfokus und Globale Wettbewerbsfähigkeit konsequent um (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + TREFFRICHTUNG). (45) Deshalb werden wir weiterhin hohe Beträge in Forschung und Entwicklung investieren und die Strategie des gemeinsamen Kundenauftritts als „Siemens One“ weltweit ausbauen (CONTAINER + VEKTOR: SPORT/SPIEL + BAUWERK). (46) Darüber hinaus passen wir unsere globale Wertschöpfungskette permanent den sich verändernden Marktbedingungen an (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). • (47) People Excellence: Wir arbeiten weiter daran, bei Siemens eine durchgängige Kultur zu schaffen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Höchstleistungen motiviert (VEKTOR + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL). (48) Nach den zahlreichen Gesprächen, die ich seit meinem Amtsantritt mit Mitarbeitern in aller Welt geführt habe, bin ich sicher, sie ziehen am gleichen Strang (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (49) Wir bauen deshalb unseren globalen Nachwuchskreis aus und haben unsere Schulungs-Programme inhaltlich neu gestaltet (DILATATION: BAUWERK + FESTE MATERIE). • (50) Corporate Responsibility: Siemens spielt eine aktive und verantwortungsbewusste Rolle überall dort, wo wir unsere Geschäfte führen (BELEBTHEIT: SPORT/SPIEL). (51) Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, auch in Bezug auf Corporate Governance, Geschäftspraktiken, Nachhaltigkeit und Corporate Citizenship führend zu sein. Ich bin mir bewusst, dass es hier noch einiges zu tun gibt (VEKTOR: SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (52) Megatrends geben die Richtung vor (BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT) (53) Mit Fit4More konzentrieren wir uns auf die kurzfristig anstehenden Aufgaben (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (54) Darüber hinaus blicken wir natürlich auch weiter in die Zukunft (VERTIKALITÄT + CONTAINER: VISUELLE WAHRNEHMUNG). (55) Unsere Geschäftsaktivitäten leiten sich ab aus den Herausforderungen, die von den globalen Megatrends

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ausgehen (VERTIKALITÄT + CONTAINER: FORTBEWEGUNG). (56) Das sind im Wesentlichen der demographische Wandel und die weltweit fortschreitende Urbanisierung (BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG). (57) Heute leben auf der Erde rund sechs Milliarden Menschen (VERTIKALITÄT). (58) Bis zum Jahr 2020 wird die Weltbevölkerung auf rund acht Milliarden wachsen (VERTIKALITÄT: PHYSISCHES WACHSTUM). (59) Dabei steigt die Lebenserwartung der Menschen nicht nur in den Industrienationen, sondern auch in den aufstrebenden Staaten (VERTIKALITÄT + CONTAINER: + FORTBEWEGUNG). (60) Laut Angabe der Vereinten Nationen werden im Jahr 2007 zum ersten Mal in der Geschichte die meisten Menschen in Städten wohnen (CONTAINER) – (61) darunter auch in 20 so genannten „Megacities“ mit über zehn Millionen Einwohnern. 1975 gab es nur vier solcher Megacities – im Jahr 2015 werden es 22 sein (VERTIKALITÄT + CONTAINER). (62) Diese beiden Megatrends prägen die Welt von morgen (BELEBTHEIT + VEKTOR: FESTE MATERIE). (63) Sie erfordern besondere Lösungen auf den Gebieten Gesundheit, Wasser, Energie und Beleuchtung, Mobilität und Sicherheit sowie in der Kommunikations- und Automatisierungstechnik (VERTIKALITÄT + CONTAINER: RÄUMLICHE FLÄCHE + FESTE MATERIE). (64) Diese Felder gehören traditionell zu den Bestandteilen unseres Portfolios (CONTAINER + VEKTOR: FESTE MATERIE). (65) Kein anderes Infrastrukturunternehmen ist so einzigartig aufgestellt wie Siemens, um mit entsprechenden Produkten, Dienstleistungen und Lösungen diese Herausforderungen zu bewältigen (VERTIKALITÄT: BAUWERK + KAMPF/KRIEG). (66) Hier nur einige Beispiele dazu (VEKTOR): (67) Im Gesundheitswesen sind mit steigender Bevölkerungszahl und zunehmender Lebenserwartung verlässliche und wirtschaftlich erschwingliche Lösungen gefragt (CONTAINER + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG). (68) Siemens ist auf diesem Gebiet bereits heute führend und leistet mit seinen Produkten und Systemen wichtige Beiträge zur Verbesserung der Versorgung bei gleichzeitiger Senkung der Kosten (BELEBTHEIT + VEKTOR + VERTIKALITÄT: RÄUMLICHE FLÄCHE + SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (69) Das kommt Patienten und Leistungsträgern gleichermaßen zugute (VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (70) Unsere digitalen Krankenhäuser und lT-Lösungen wie die sichere elektronische Patientenakte sowie die elektronischen Gesundheitskarten belegen dies. Bereits heute sind wir der größte Anbieter von „E-Health“-Lösungen (BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT), (71) ein Geschäft, das mit rund 1 Milliarde EUR zu unserem Jahresumsatz beisteuert (VEKTOR: TRANSPORTMITTEL).

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(72) Wasser wird zu einem immer wertvolleren Rohstoff (CONTAINER). (73) Schon heute haben rund 1,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (74) Bis zum Jahr 2025 wird der Wasserverbrauch weltweit um etwa 40 Prozent steigen (VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG). (75) Der Markt für die Wasser- und Abwasseraufbereitung macht mehrere Milliarden EUR aus (CONTAINER). (76) Siemens verfügt über eine breite Palette von Lösungen rund um das Thema Wasser (BELEBTHEIT: FESTE MATERIE) (77) – von der Aufbereitung frischen Trinkwassers über die Wasserversorgung bis zur Abwasserentsorgung (VEKTOR + VERTIKALITÄT). (78) Der weltweite Strombedarf soll bis zum Jahr 2020 um 70 Prozent wachsen (BELEBTHEIT: PHYSISCHES WACHSTUM). (79) Rund 40 Prozent der Nachfrage entfallen dabei auf die Industrienationen, 60 Prozent auf Entwicklungsländer (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (80) Um diesen gigantischen Bedarf decken zu können, brauchen wir einen intelligenten Energiemix aus fossilen und nuklearen Brennstoffen sowie erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Biomasse, Wasser und Erdwärme (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE + FLÜSSIGE MATERIE). (81) Auf all diesen Gebieten wie auch bei der verlässlichen und verlustarmen Übertragung und Verteilung von Elektrizität setzt Siemens bereits heute die Trends von morgen (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (82) In vielen Industriestaaten und Entwicklungsländern – besonders in den großen Städten und Megacities – stößt die Mobilität an ihre Grenzen (BELEBTHEIT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (83) So wird geschätzt, dass Verkehrsstaus die deutsche Wirtschaft rund 100 Milliarden EUR im Jahr kosten – bedingt durch höheren Benzinverbrauch, Zeitverlust und zusätzliche C02-Emissionen (VEKTOR + VERTIKALITÄT + CONTAINER). (84) US-Amerikaner verbringen jedes Jahr etwa 3,5 Milliarden Stunden in Verkehrsstaus (CONTAINER). (85) Siemens bietet Lösungen an, mit denen wir die Mobilität der Gesellschaft verbessern können: hoch entwickelte Bahnsysteme, intelligente Verkehrsleitsysteme, Flottenmanagement, Mautsysteme für die Straße, modernste Automobilelektronik und andere innovative Lösungen (VERTIKALITÄT + VEKTOR + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (86) Sicherheit – im Verkehr wie in Gebäuden – wird mit wachsender Bevölkerung immer wichtiger. Das betrifft zum Beispiel Großveranstaltungen in Stadien und die Abfertigung von immer mehr Passagieren auf internationalen Flughäfen (CONTAINER + VERTIKALITÄT + VEKTOR: PHYSISCHES WACHSTUM). (87) Auch hier ist Siemens in einer hervorragenden Position (CONTAINER + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL). (88) Zusammen mit

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Lufthansa testen wir derzeit ein von uns neu entwickeltes System zur biometrischen Erkennung von Passagieren (BELEBTHEIT + VEKTOR: VISUELLE WAHRNEHMUNG). (89) Im Gottlieb-Daimler-Stadion in Stuttgart haben wir ein RFID-basiertes Ticketing-System installiert, das den Kontrollvorgang beschleunigt und Missbrauch verhindert (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG + GESCHWINDIGKEITSZUNAHME). (90) Mit diesen und vielen anderen Infrastrukturlösungen besitzen wir die besten Voraussetzungen, um die Megatrends für geschäftlichen Erfolg zu nutzen (HORIZONTALITÄT + VEKTOR). (91) Wir konzentrieren unsere Innovationskraft darauf, immer bessere Lösungen zu finden (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (92) Und mit der Bündelung unserer Fähigkeiten unter dem Dach von „Siemens One“ können wir mehr Kunden mehr Innovationen anbieten als je zuvor (VERTIKALITÄT + VEKTOR: FESTE MATERIE + BAUWERK + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (93) Entschlossen zu wachsen (BELEBTHEIT: PHYSISCHES WACHSTUM) (94) Wir sind auf dem Weg, unsere Zielmargen im Jahr 2007 zu erreichen (VEKTOR + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG). (95) Die Maßnahmen, die wir zur Verbesserung unserer Profitabilität in 2005 bereits getroffen haben, werden teilweise schon im Geschäftsjahr 2006 positiv wirken (CONTAINER + VEKTOR: KAMPF/KRIEG). (96) Dennoch stehen wir im Arbeitsgebiet Information and Communications immer noch vor großen Herausforderungen, die wir angehen müssen (CONTAINER + VEKTOR: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + KAMPF/KRIEG). (97) Was das Wachstum betrifft, sind wir überzeugt, dass unsere Bereiche für die Zukunft strategisch gut positioniert sind (BELEBTHEIT + VEKTOR: PHYSISCHES WACHSTUM + KAMPF/KRIEG). (98) Wir sind gerade in solchen Geschäftsfeldern aktiv, die von den Megatrends besonders profitieren (CONTAINER: RÄUMLICHE FLÄCHE). (99) Mit unserer Innovationskraft können wir unseren Wettbewerbern immer einen Schritt voraus sein (HORIZONTALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE + FORTBEWEGUNG), (100) und mit unserem Produktspektrum können wir unseren Kunden das anbieten, was sie brauchen: fortschrittliche und umfassende Lösungen (VEKTOR + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (101) Ich freue mich Ihnen berichten zu können, dass Ihr Unternehmen an seine stolze Vergangenheit anknüpft (BELEBTHEIT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE) (102) und einer erfolgreichen Zukunft entgegensieht (VEKTOR: VISUELLE WAHRNEHMUNG).“ (www.siemens.de)

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Es fällt trotz des vergleichsweise langen Textes des Briefs an die Aktionäre von Siemens auf, dass auch in diesem Fall keine Textsequenz ohne Bild-Schema aktualisiert wird. Des Weiteren werden auch alle konzeptuellen Metaphern in Kombination mit Bild-Schemata konzeptualisiert. Wie in der den zwei vorherigen Textbeispielen ist auch im Fall des Siemens-Textes die Kombination aus BildSchemata und Metaphern quantitativ vorherrschend. Von insgesamt 102 Konzeptualisierungen in unterschiedlichen Textsequenzen bestehen lediglich 14 Textsequenzen ausschließlich aus Bild-Schemata: Es sind die Sequenzen 5, 16, 20, 39, 57, 60, 61, 66, 72, 75, 77, 83, 84 und 90. Die Ursache für die rein bildschematische Konzeptualisierung in diesen Sequenzen liegt darin, dass konkrete bildspendende Ursprungsbereiche als Voraussetzung für die Metaphern-Aktualisierung fehlen. So bleibt lediglich die bild-schematische Konzeptualisierung dieser Sequenzen ohne weitere konzeptuelle Spezifizierungen erhalten. In Sequenz 20 wird ‚Plan‘ als abstrakt verbleibender CONTAINER („Ergebnisse im Plan“) ohne bildliche Konkretisierung konzeptualisiert. In diesem Zusammenhang ist besonders die Sequenz 57 von kognitionsmetaphorischem Interesse. Obwohl in diesem Satz keine konzeptuelle Metapher oder Metonymie aktualisiert wird, wird die Satzaussage trotzdem durch die non-propositionale Bild-Schematik der VERTIKALITÄT strukturiert: Das Leben auf der Erde wird gerade durch diese Konstellation des Aufeinanderseins zwischen Menschen und Erde als eine vertikale Relation konzeptualisiert. Trotzdem wird kein konkreter Ursprungsbereich für eine metaphorische Übertragung verwendet, weshalb die NichtMetaphorik des Satzes trotz des Bild-Schemas bewahrt bleibt. In gleicher Weise ist auch Sequenz 84 eine nicht-metaphorische Aussage, die trotzdem durch das Bild-Schema CONTAINER vorstrukturiert wird, indem die Autofahrer als das Teil konzeptualisiert werden, die ihre Zeit im CONTAINER des Verkehrsstaus verbringen. Ganz nach der Definition für Bild-Schemata (Teil-Ganzes-Beziehung, vgl. Kap. 4) bilden in diesem Fall die Autofahrer das Teil, das sich in einer eingeschlossenen Relation zum CONTAINER (als Ganzheit) des Verkehrsstaus befindet. Trotz dieser klaren Bild-Schematik kann dieser Satz nicht als konzeptuell metaphorisch bezeichnet werden, da es in der Satzaussage nicht um die Darstellung eines abstrakten Zielbereichs aufgrund eines konkreten/bekannten Ausgangsbereichs geht (so in Kurzfassung die Metapherndefinition, vgl. Kap. 4). Dies ist deswegen der Fall, weil die gesamte Darstellung der Verkehrsstaus sich in diesem Satz ausschließlich auf konkrete Darstellungen (d.h. konkrete ‚Zielbereiche‘ in der Sprache der kognitiven Metapherntheorie) bezieht. Unter bild-schematischem Aspekt ist auch die Sequenz 83 interessant. Hier zeigt sich, dass nicht nur einzelne kurze Sätze, sondern auch Satzgefüge ausschließlich bild-schematisch konzeptualisiert werden können. In dieser Sequenz wird die Relation der propositionalen Bestandteile der Satzaussage durch das Bild-Schema

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VEKTOR so vorbestimmt, dass ausgelöst durch „höheren Benzinverbrauch, Zeitverlust und zusätzliche C02-Emissionen“ über die „Verkehrsstaus“ eine Einwirkung auf die „deutsche Wirtschaft“ ausgeübt wird (vektoriale Relation zwischen den Kosten auslösenden Momenten und der „deutschen Wirtschaft“). Diese vektoriale Relation führt ihrerseits wiederum zum Endergebnis der „100 Milliarden EUR“ Kosten jährlich. Somit wird die gesamte non-propositionale Aussagenstruktur dieses Satzgefüges insgesamt durch einen doppelten Vektor konzeptualisiert: A → B → C. Dabei besteht die Größe A aus den Komponenten Benzinverbrauch, Zeitverlust und Emissionen, die hier zusammen als schädigende Bestandteile der Verkehrsstaus angeführt werden. Die Größe B bezieht sich auf die deutsche Wirtschaft und Größe C auf die angegebenen jährlichen Endkosten. Von den drei angegebenen Bild-Schemata spielen VERTIKALITÄT und CONTAINER lediglich eine untergeordnete Rolle, da sie sich nicht auf die gesamte phrastische Struktur beziehen. VERTIKALITÄT konzeptualisiert den Benzinverbrauch und CONTAINER die Jahreseinheit. Hierdurch wird schon die besondere qualitative Rolle des Bild-Schemas VEKTOR gegenüber anderen BildSchemata deutlich. Ob dies lediglich ein Zufall ist, oder ob es sich um eine systembildende, vielleicht sogar prototypische Funktion des Bild-Schemas VEKTOR handelt, kann an dieser Stelle noch nicht beantwortet werden und muss für die abschließende Diskussion am Ende der Analyse in dem vorliegenden Kapitel zurückgestellt werden. Wie schon im Fall der oben analysierten Texte von BASF und der Commerzbank fällt auch im Falle des Siemens-Texts eine durchgehende Aktualisierung des WEG-Modells auf. Die Aktualisierung kann explizit geschehen, wie in den Sequenzen 25 und 94. Zentrales Konzeptualisierungsmittel in diesem Zusammenhang ist die FORTBEWEGUNGS-Metapher. In Sequenz 25 äußert es sich kognitionsmetaphorisch folgendermaßen: UNTERNEHMENSBEREICHE SIND LEBEWESEN, DIE DURCH FORTBEWEGUNG AUF EINEM WEG ZIELE ERREICHEN. Non-propositional wird diese Metapher durch BELEBTHEIT vorbestimmt, indem die unternehmerischen Bereiche zu aktiven Entitäten werden, die erst dadurch eine Fortbewegung in Raum verwirklichen können. Die vektoriale Logik besteht in dem Herankommen der Unternehmensbereiche (vektoriale Größe A) an die Ziele, die hier als „Zielmargen“ angegeben sind (vektoriale Größe B). In ähnlicher Form verläuft dann auch die vektoriale Prägung der Sequenz 94, in der „Wir“ (als vektoriale Größe A) aufgrund der Fortbewegungs-Metapher (ERREICHEN VON UNTERNEHMENSZIELEN IST FORTBEWEGUNG AUF EINEM WEG AUF EIN ZIEL HIN) sich den „Zielmargen“ (als vektoriale Größe B) nähert und diese auch erreicht. Noch entscheidender als die direkte Aktualisierung des WEG-Modells ist die indirekte Aktualisierung dieses Modells für die gesamte Textkonstituierung. Dies

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geschieht entweder als Teil einer Sequenz oder über die gesamte Textsequenz hinweg; so in den Sequenzen 1, 9, 19, 21, 24, 27, 30, 34, 42, 52, 56, 96 und 99. Im Kontext des WEG-Modells wird dann auch die zeitliche Dimension als eine zurückgelegte Strecke konzeptualisiert (Sequenz 1). Der Beginn von Unternehmensaktivitäten wird gemäß der Logik dieses WEG-Modells so konzeptualisiert, dass erste Schritte getan werden, um die Fortbewegung auf ein Ziel hin verwirklichen zu können („Wir haben hier klare Ziele definiert und konkrete Schritte eingeleitet“, Sequenz 30; „müssen wir bei den Festnetzen und beim Geschäft mit Firmenkunden weitere Schritte einleiten“, Sequenz 34). Obwohl die Strecke aufgrund der Zielvorgabe klar zu sein scheint, ist es doch nicht immer so leicht, die einmal gewählte Fortbewegungsrichtung auch einzuhalten, da im Fall von Siemens z. B. „SBS operativ wieder auf Kurs zu bringen“ war (Sequenz 30). Da die FORTBEWE-GUNGS-Metapher als zielgerichtet konzeptualisiert wird, die Länge der Strecke jedoch nicht vorbestimmt ist, werden auch Zwischenetappen erreicht, die das WEG-Modell in einzelne Teilstrecken einteilen lassen („Wir haben bereits jetzt unser mittelfristiges Ziel erreicht“, Sequenz 9). Jedoch ist das WEG-Modell nicht einfach durch problemloses Vorankommen gekennzeichnet, denn es tun sich auch Hindernisse auf, die das Vorankommen zum Stehenbleiben zwingen („Allerdings stehen wir in den Bereichen Communications und Siemens Business Services noch vor großen Herausforderungen“, Sequenz 27). Diese Hindernisse zwingen zwar zum Stehenbleiben, führen jedoch nicht zur Passivität, sondern das Unternehmen entwickelt hieraus eine besondere Aktivität in der Bearbeitung dieser Hindernisse („Dennoch stehen wir im Arbeitsgebiet Information and Communications immer noch vor großen Herausforderungen, die wir angehen müssen“, Sequenz 96). Als Resultat aus diesen FORTBEWEGUNGS-Anstrengungen des Unternehmens wird das WEG-Modell in der textuellen Darstellung dann auch deutlich in Verbindung mit dem Erreichen von anfänglich avisierten Zielen konzeptualisiert. Dies gilt entweder für die Etappenziele (Sequenz 9), oder auch für die Endziele, wobei sich im Fall Siemens herausstellt, dass nicht alle Kandidaten es schaffen die endgültigen Ziele zu erreichen („Zehn der zwölf operativen Bereiche sowie Siemens Financial Services haben ihre Ziele erreicht“, Sequenz 25). Jedoch sind die Nachzügler schon „auf dem besten Wege, an sie heranzukommen“ (Sequenz 25). Als ein zentrales Bild-Schema wird im Zusammenhang des WEG-Modells das VEKTOR-Schema konzeptualisiert, das den hohen Grad an Aktivität in diesem WEG-Modell zum Ausdruck bringt. Nicht nur bei der Fortbewegung auf die Ziele hin wird dies konzeptualisiert, sondern auch in den oben diskutierten Fällen des Stehenbleibens vor Hindernissen löste das Stehenbleiben das aktive ‚Angehen‘ dieser Hindernisse aus. Somit werden die Bild-Schemata VEKTOR als zielgerichtete FORTBEWEGUNG wie auch BELEBTHEIT als Kategorien-

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Kennzeichnung der sich fortbewegenden Entitäten (hier entweder das ganze Unternehmen oder Teilbereiche) im Textbeispiel oben von Siemens zur Aktualisierung dessen, was hier als WEG-Modell bezeichnet wird, konzeptualisiert. Der hohe Grad an Aktivität, der dem Weg-Modell zu Grunde liegt, wird auch im Vergleich zu den Mitläufern zum Ausdruck gebracht, indem das Unternehmen den Vergleich mit seinen Konkurrenten durch den Vergleich der Schritt-Längen vollzieht. Nur durch das im Vergleich zu den Konkurrenten kräftigere Verwirklichen („Innovationskraft“) der schrittweisen Fortbewegung kann dazu führen, dass Siemens eine größere Dynamik entwickelt und den anderen „immer einen Schritt voraus sein“ kann (Sequenz 94). Im weiteren Verlauf sollen noch zwei Briefe an die Aktionäre aus anderen Branchen analysiert werden. Gleichzeitig wird untersucht, ob die bisher sich als zentral erwiesenen Bild-Schemata sowie das WEG-Modell eher Zufälligkeiten oder prototypische Bestandteile von Verwendungstraditionen aus der heutigen Zeit in diesem Texttyp sind. Als nächstes wird daher der Jahresbericht von Volkswagen zum Geschäftsjahr 2005 näher analysiert. Volkswagen 2005: „(1) im vergangenen Jahr haben wir unseren Weg in die automobile Zukunft fortgesetzt. Meine Vorstandskollegen und ich danken Ihnen, dass Sie uns dabei begleitet haben (CONTAINER + VEKTOR: FORTBEWEGUNG + AUTOMOBIL + GRUPPENBILDUNG). (2) Leider blieb der Volkswagen Konzern nicht von Entwicklungen verschont, die einen Teil der Fortschritte bei der Verbesserung seiner Wetterfestigkeit aufgezehrt haben. Insgesamt jedoch – und das sage ich mit Zuversicht – sind wir auf dem richtigen Weg (BELEBTHEIT + VEKTOR: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + WETTER). Das zeigen die Zahlen (BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT): (3) Mit 5.242.793 an Kunden ausgelieferten Fahrzeugen hat der Volkswagen Konzern das beste Verkaufsergebnis seiner Geschichte erzielt — und das trotz der schwierigen Marktsituation vor allem in den USA und in China (CONTAINER + VEKTOR: SPORT/SPIEL). (4) Seine Marktführerschaft konnte der Konzern insbesondere in Westeuropa und Deutschland sogar ausbauen (CONTAINER + DILATATION: SPORT/SPIEL + BAUWERK). (5) Dieser Erfolg ist im Wesentlichen auf unsere erneuerte beziehungsweise erweiterte und damit sehr junge, attraktive Modellpalette zurückzuführen (VEKTOR + DILATATION + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + ALTER + VISUELLE WAHRNEH-MUNG). (6) Mit der Anzahl der im Jahr 2005 in den Markt eingeführten Modelle erreichten wir einen neuen Jahresspitzenwert des

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Konzerns (CONTAINER + VEKTOR + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL). (7) Zu den wichtigsten Neuheiten zählen: Fox, Polo, Golf GT, Golf R32, Golf Plus, Jetta, Passat Limousine, Passat Variant, Audi RS 4, Audi A6 Avant, SEAT Leon, Bentley Continental Flying Spur, Bugatti Veyron 16.4 sowie Škoda Octavia RS (VEKTOR). (8) Der Konzernbereich Finanzdienstleistungen zeigte ein gesundes Wachstum auf hohem Niveau (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES WACHSTUM). (9) Der Vertragsbestand in Höhe von 5,9 Mio. Einheiten ist ein Beleg für das Vertrauen der Kunden in unsere Finanzdienstleistungen (VERTIKALITÄT + VEKTOR + CONTAINER: FESTE MATERIE): (10) Mit der Beteiligung des Volkswagen Konzerns an der LeasePlan Corporation im Jahr 2004 und dem Verkauf der Auslandsgesellschaften unseres Tochterunternehmens Europcar Fleet Services im Jahr 2005 an die LeasePlan Corporation sind wir bei der Umstrukturierung des Großkunden- und Flottengeschäfts ein gutes Stück vorangekommen (VEKTOR + CONTAINER + HORIZONTALITÄT: FESTE MATERIE + FORTBEWEGUNG). (11) Ein weiterer logischer Schritt für uns als Mobilitätsdienstleister ist die erweiterte Zusammenarbeit mit der Allianz Versicherungs-AG im Geschäftsfeld Versicherungen (BELEBTHEIT + DILATATION: FORTBEWEGUNG). (12) Im Geschäftsbericht 2004 hatten meine Vorstandskollegen und ich Ihnen dargelegt, dass im Jahr 2005 keine grundlegende Verbesserung der weltweiten Automobilkonjunktur zu erwarten sei (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (13) Zusätzlich waren wir von Belastungen durch externe Faktoren – wie höhere Rohstoff- und Stahlpreise, eine verschärfte Wettbewerbssituation und anhaltend ungünstige Wechselkursverhältnisse – ausgegangen (CONTAINER + VERTIKALITÄT: KAMPF/KRIEG + FORTBEWEGUNG). (14) Leider haben sich, wie Sie wissen, all diese Befürchtungen bewahrheitet (VEKTOR). (15) Dennoch konnten wir mit einem Operativen Ergebnis vor Sondereinflüssen in Höhe von 3,1 Mrd.€ unser selbstgesetztes Ziel erreichen (VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (16) Dies war nur durch das ForMotion-Programm möglich, das mit 3,5 Mrd. € zur Leistungssteigerung beitrug (VEKTOR + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (17) Besonders hervorzuheben ist, dass es uns im Konzernbereich Automobile gelungen ist, mit 706 Mio. € wieder eine positive Netto-Liquidität zu erreichen (CONTAINER + VEKTOR + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FLÜSSIGE MATERIE). (18) Mein Dank gilt den über 344.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Beitrag zu diesen Erfolgen (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (19) Das Jahr 2005 war für uns alle nicht einfach. Die Berichterstattung der Medien über die Vorfälle, die wir im Sommer zur Anzeige gebracht haben, die

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Verhandlungen über die Standortsicherung in Deutschland und die notwendige Reduzierung der Personalkosten haben uns alle persönlich betroffen gemacht (VEKTOR + VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG). (20) Im ersten Punkt haben wir durch eine offensive und für die Öffentlichkeit transparente Vorgehensweise unseren Beitrag zur Aufklärung geleistet und Maßnahmen ergriffen, die Vergleichbares künftig verhindern sollen (CONTAINER + VEKTOR: KAMPF/KRIEG + VISUELLE WAHRNEHMUNG + FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (21) Wir haben die Genehmigungs- und Kontrollmodalitäten verschärft und zudem ein konzernweites und international strukturiertes Ombudsmann-System eingeführt (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (22) Die beiden anderen Punkte werden auch in den kommenden Jahren aktuell bleiben (CONTAINER). (23) Meinen Vorstandskollegen und mir ist es dabei besonders wichtig, dass der Volkswagen Konzern an allen Standorten nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig profitabel ist (HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (24) Das gelingt leider nicht ohne Einschnitte. Auch hier gilt mein Dank allen Beteiligten, die verantwortungsvoll an der Umsetzung der notwendigen Schritte mitgewirkt haben (CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG). (25) Ein Thema, das den Volkswagen Konzern und insbesondere die Medien ebenfalls stark beschäftigt hat, war der Erwerb einer Beteiligung an der Volkswagen AG durch die Dr. Ing. h. c. F. Porsche Aktiengesellschaft (VEKTOR: PHYSISCHE STÄRKE). (26) Meine Vorstandskollegen und ich begrüßen diese Entwicklung (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (27) Die langjährige, äußerst erfolgreiche Zusammenarbeit der beiden Unternehmen kann auf der Basis des abgeschlossenen Grundlagenvertrags künftig fortgeführt werden (ZENTRIPETALITÄT + BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + CONTAINER + HORIZONTALITÄT: BAUWERK + FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (28) Ein aktuelles Beispiel ist die Technologie-Kooperation im Bereich Hybridantrieb, mit der wir den Kundenwunsch nach Umsetzung umweltfreundlicher Antriebskonzepte in den Fahrzeugen beider Unternehmen erfüllen möchten (ZENTRIPETALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (29) Auch von den weiteren Kooperationen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Produktion profitieren die zwei Partner gleichermaßen (ZENTRIPETALITÄT + CONTAINER): (30) Porsche und Volkswagen werden dadurch nachhaltige Einsparungen erzielen und somit ihre Ergebnisse wesentlich steigern können (BELEBTHEIT + VEKTOR + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (31) Dass Nachhaltigkeit in unserem Unternehmen eine große Rolle spielt, spiegelt sich auch in der Entwicklung der Dividende wider. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung vor, für das Geschäftsjahr 2005 eine

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leicht erhöhte Dividende von 1,15 € je Stammaktie und 1,21 € je Vorzugsaktie auszuschütten (CONTAINER + VEKTOR + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL + VISUELLE WAHRNEHMUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (32) Meine Damen und Herren, und nun zu dem Thema, das Sie vermutlich noch mehr interessiert als die Vergangenheit: Wie sieht die Zukunft des Volkswagen Konzerns aus (VEKTOR: VISUELLE WAHRNEHMUNG)? (33) Unsere Zielvorstellung haben wir in der Konzernstrategie 2015 festgehalten (VEKTOR + CONTAINER: KAMPF/KRIEG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (34) Ihre wesentlichen Bestandteile sind: nachhaltige Erfolgsgenerierung, Fokussierung auf den Kunden und die Verbindung des originären Automobilgeschäfts mit Lifecycle Services zu einer umfassenden Automobilität (CONTAINER + VEKTOR + DILATATION: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + KAMPF/ KRIEG). (35) Ein großer Teil der Wegstrecke liegt noch vor uns, wir haben jedoch im abgelaufenen Geschäftsjahr eine Reihe von strategischen Maßnahmen entschieden, die meine Vorstandskollegen und mich dazu veranlassen, zuversichtlich zu sein, dass wir die formulierten Ziele erreichen werden (HORIZONTALITÄT + VEKTOR + VERTIKALITÄT: KAMPF/KRIEG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG). (36) Wie ich Ihnen bei der Hauptversammlung 2005 angekündigt hatte, haben wir eine wichtige Entscheidung dafür noch im Berichtsjahr getroffen: Die Marken- und Konzernfunktionen sind entflochten und damit Zuständigkeiten eindeutig definiert (CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + KAMPF/KRIEG + FESTE MATERIE). (37) Um uns zukünftig stärker auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren zu können, werden wir einige Unternehmensaktivitäten einer Überprüfung unterziehen (VEKTOR + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (38) Unter dieser Prämisse haben wir bereits unsere 100%ige Tochter gedas Aktiengesellschaft, vorbehaltlich der Genehmigung der Kartellbehörden, mit Wirkung vom 1. Januar 2006 an die T-Systems AG, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG, verkauft (VERTIKALITÄT + VEKTOR + BELEBTHEIT: FAMILIENMITGLIED). (39) Auch im Hinblick auf unsere Kostenstrukturen haben wir bereits eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet (VEKTOR + CONTAINER: VISUELLE WAHRNEHMUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (40) Sie reichen von konzernweiten Prozessoptimierungen über die Modulstrategie, durch die der Anteil der Gleichteile in unseren Modellen deutlich steigt, bis hin zum internen „Olympic Program“, einer mit unseren chinesischen Joint-Venture-Gesellschaften erarbeiteten Umstrukturierung des China-Geschäfts bis 2008 (VERTIKALITÄT + VEKTOR + CONTAINER: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + RÄUMLICHE FLÄCHE). (41) Darüber hinaus wollen wir in den Jahren 2006 bis 2008 mit dem Leistungssteigerungsprogramm ForMotion plus an die Erfolge von ForMotion anknüpfen und den

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Schwung des Umdenkens, den dieses Programm ausgelöst hat, auch in den nächsten Jahren beibehalten (VERTIKALITÄT + CONTAINER + VEKTOR + BELEBTHEIT: SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (42) Einen immens wichtigen Beitrag zur langfristigen Sicherung der Ertragskraft leisten aber auch die bereits abgeschlossenen und die geplanten Kooperationen mit Porsche, DaimlerChrysler und zahlreichen Lieferanten in der Entwicklung und der Produktion (VEKTOR + CONTAINER + ZENTRIPETALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHE STÄRKE + BAUWERK). (43) Die noch stärkere Fokussierung auf den Kunden ist einer der Schwerpunkte unserer Konzernstrategie 2015 (VEKTOR + VERTIKALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE + KAMPF/KRIEG). (44) Um die Zufriedenheit unserer Kunden zu erhöhen, werden wir unsere Serviceprozesse verbessern und den Zeitraum von der Bestellung eines Fahrzeugs bis zur Lieferung verkürzen (VERTIKALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (45) Wir werden außerdem weiter daran arbeiten, unseren Kunden über das originäre Automobilgeschäft hinaus zusätzlich attraktive Angebote unterbreiten zu können (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (46) Alle unsere Aktivitäten zielen darauf ab, den sich wandelnden Ansprüchen unserer Kunden noch besser gerecht zu werden (VEKTOR: KAMPF/KRIEG). (47) Deshalb haben wir das Thema „Innovation“ als zentrales Thema unseres Geschäftsberichts 2005 gewählt (VEKTOR). (48) Die Innovationen, die wir beispielhaft hervorheben, reichen von neuen Motorkonzepten über die Gestaltung des Fahrzeuginnenraums bis hin zu attraktiven Angeboten im Geschäftsfeld Lifecycle Services; sie demonstrieren die vielfältigen Möglichkeiten dieses Konzerns (VERTIKALITÄT + VEKTOR + BELEBTHEIT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + VISUELLE WAHRNEHMUNG). (49) „Jede Schöpfung ist ein Wagnis“, sagte Christian Morgenstern. Wir gehen dieses Wagnis gern ein (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (50) Für Sie als Kunden, um Ihnen faszinierende Modelle und Dienstleistungen zu präsentieren. Für Sie als Aktionäre, um Ihnen eine Anlage mit Potenzial zu bieten (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (51) Wir hoffen, dass Sie uns auch weiterhin auf dem Weg in die automobile Zukunft begleiten (VEKTOR + CONTAINER: FORTBEWEGUNG + GRUPPENBILDUNG + AUTOMOBIL).“ (www.volkswagen.de) Das WEG-Modell, das in den obigen Analysebeispielen als dominantes kognitives Modell dargestellt werden konnte, ist auch im Brief an die Aktionäre von Volkswagen (2005) dominant. Es wird durchgehend im gesamten Text aktualisiert. Die besondere rhetorische Bedeutung dieses kognitiven Modells im

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Textbeispiel von Volkswagen zeigt sich darin, dass es – neben einer regelmäßigen Aktualisierung im Verlauf des Textes – explizit zu Beginn und am Ende des Textes auftritt (Sequenzen 1 und 51). Dadurch erhält das WEG-Modell bei Volkswagen eine konzeptuelle Umrahmungsfunktion für den gesamten Text. Entscheidend ist auch im Fall von Volkswagen, dass das WEG-Modell vor allem durch die Kombination mit dem Bild-Schema VEKTOR und der FORTBEWEGUNGS-Metapher aktualisiert wird. Durch diese Kombination wird der hohe Grad an Dynamik zum Ausdruck gebracht, die das WEG-Modell kennzeichnet. In Sequenz 1 zeigt sich diese Dynamik als eine FORTBEWEGUNG in einen Bereich hinein, der als „Zukunft“ angegeben wird. Durch die diesem Lexem inhärente Grenzenlosigkeit wird die Dynamik dieser FORTBEWEGUNGS-Metapher entsprechend als eine prinzipielle (unbegrenzte und damit auch nicht aufzuhaltende) Dynamik zum Ausdruck gebracht, was in Sequenz 1 durch folgende Konzeptualisierung deutlich wird: ZUKUNFTSENTWICKLUNG DES UNTERNEHMENS IST GEMEINSAME WANDERUNG AUF EINEM WEG. Nachdem der Weg einmal eingeschlagen ist, wird zwischendurch – im Verlauf des Textes – der Leser von der Richtigkeit der eingeschlagenen Richtung – trotz der offensichtlichen Probleme – überzeugt. So z. B. am Ende von Sequenz 2 („sind wir auf dem richtigen Weg“). Dabei dienen die einzelnen unternehmerischen Leistungen, die als solche nicht immer unumstritten sind,1 als ein schrittweises Vorankommen auf dem ausgesuchten Weg. Dies wird auch explizit zum Ausdruck gebracht, wie z. B. in Sequenz 10: VERÄNDERUNGEN IN DER UNTERNEHMENSSTRUKTUR IST EINE STRECKENWEISE FORTBEWEGUNG AUF EINEM WEG. Nachdem das WEG-Modell explizit aktualisiert worden ist, wird auch im weiteren Textverlauf implizit an dieses Modell angeknüpft: KOOPERATION MIT ANDEREN UNTERNEHMEN IST SCHRITTWEISE FORTBEWEGUNG AUF DEM WEG (Sequenz 11). Auf diese implizite Weise wird das WEG-Modell durchgehend im Text aktualisiert. So weiterhin in den Sequenzen 13, 15, 20, 24, 27 sowie das Ende der Sequenz 35. Interessanterweise wird als textuelles verbindendes Moment zwischen diesen impliziten Aktualisierungen des WEG-Modells entweder die FORTBEWEGUNGS-Metapher in Form einer schreitenden Bewegung oder durch das Erreichen eines Ziels auf dem Weg verwendet. Diese beiden Aspekte des WEGModells konnten auch für die anderen obigen Texte im vorliegenden Kapitel nachgewiesen werden. Die expliziten Aktualisierungen des WEG-Modells verteilen sich leitmotivisch ziemlich gleichmäßig über den gesamten Text von Volkswagen. Nachdem dieses Modell in Sequenz 1 und 2 etabliert und durch die impliziten Aktualisierungen im weiteren Verlauf verfestigt worden ist, wird es nochmals zu 1

Wie zum Beispiel im Fall von so genannten „Umstrukturierungen“ (Volkswagen, Sequenz 10).

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Beginn in Sequenz 35 explizit zum Ausdruck gebracht: ENTSCHEIDUNGEN DER UNTERNEHMENSFÜHRUNG FÜR UNTERNEHMERISCHE MASSNAHMEN SIND MITTEL, UM WEITERE WEGSTRECKEN ZURÜCKZULEGEN UND DAS FORTBEWEGUNGSZIEL ZU ERREICHEN. Die zentrale kommunikationssteuernde Funktion des WEG-Modells wird weiterhin dadurch deutlich, dass es neben der expliziten Aktualisierung in der letzten Sequenz 51 außerdem auch durch den anaphorischen Einbezug des Lesers in die Dynamik des WEG-Modells für den Leser akzeptabel gemacht wird. Hierbei hat das Lexem „weiterhin“ eine vielseitige Funktion zur persuasiven Verfestigung des WEGModells: so verknüpft es die WEG-Thematik mit allen bisherigen Einzelaussagen im Text und umfasst somit auch die Sequenzen, die das WEG-Modell weder explizit noch implizit aktualisieren. Durch diesen anaphorischen Verweis wird im Nachhinein die zentrale Funktion der WEG-Thematik hervorgehoben. Außerdem wird durch das Lexem „weiterhin“ automatisch dem Leser unterstellt, dass er bisher mit dem Dargestellten einverstanden gewesen ist, d.h. die dargestellten unternehmerischen Maßnahmen akzeptiert hat und dies auch weiterhin tun wird (metaphorisch ausgedrückt: der Leser wird das Unternehmen „auch weiterhin auf dem Weg in die automobile Zukunft begleiten“, Sequenz 51). Durch die metonymische Gleichstellung des Volkswagen-Konzerns („uns“) mit der „automobilen Zukunft“ schlechthin in dieser Sequenz wird gleichzeitig dem Leser keine andere Wahl gelassen. Auf diese Weise erhält die letzte Sequenz im VolkswagenText eine sehr ausgesuchte und vielseitige rhetorische Funktion, die ohne das notwendige leitmotivische Aktualisieren des WEG-Modells nicht möglich wäre. Betrachtet man die Bild-Schemata und Metaphern, anhand derer das WEG-Modell konzeptualisiert wird, fällt die zentrale Funktion des Bild-Schemas VEKTOR auf. Dieses wird vorwiegend als räumliche Determination für die Grundlogik von FORTBEWEGUNG verwendet. Als zweites Bild-Schema wird BELEBTHEIT in den Fällen aktualisiert, wo es sich um die organisatorische Ganzheit des Unternehmens als solches handelt, die mit dem WEG-Modell konzeptualisiert wird. Dabei handelt es sich aber auffälligerweise nur um drei von insgesamt zehn Sequenzen mit der Aktualisierung des WEG-Modells; nämlich die Sequenzen 2, 11 und 27. Dies hängt damit zusammen, dass das WEG-Modell in erster Linie in Bezug auf den Vorstandsvorsitzenden und die anderen Kollegen konzeptualisiert wird. Durch die Einbeziehung des Lesers in der letzten Sequenz geschieht eine metaphorische Gruppenbildung von Vorstandsvorsitzendem und Leser, die im Zusammenhang mit der WEG-Thematik als persuasiv genutztes Instrument angesehen werden kann. In den Sequenzen 10 und 35 wird durch die Formulierungsweise deutlich, dass das WEG-Modell als eine horizontale Konzeptualisierung verstanden wird. Hierdurch wird das WEG-Modell auch in den übrigen Sequenzen, in denen es aktualisiert wird, als ein horizontal konzeptualisiertes

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Modell verständlich. Außerdem wird das Bild-Schema CONTAINER in Sequenz 1, 13 und 51 zusammen mit dem WEG-Modell verwendet, wobei CONTAINER in diesen Fällen interessanterweise durch NICHTABGESCHLOSSENHEIT des CONTAINER-Schemas gekennzeichnet ist („automobile Zukunft“, Sequenz 1 und 51; „von Belastungen durch externe Faktoren ... ausgegangen“, Sequenz 13). Während in den Sequenzen 1 und 51 CONTAINER als Ziel der vektorialen Bewegung dient, bildet CONTAINER in Sequenz 13 eine implizite Grenzziehung zwischen dem Sprecher im Text und den sich außerhalb des Umfelds des Sprechers befindlichen Kosten. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das WEG-Modell in den bisherigen Texten in erster Linie aus den Bild-Schemata VEKTOR, BELEBTHEIT, CONTAINER und HORIZONTALITÄT konstituiert wird. Des Weiteren bildet FORTBEWEGUNG die wichtigste Konzeptualisierung des WEG-Modells auf der Ebene der konzeptuellen Metaphern, da diese Metapher in allen Sequenzen des WEG-Modells zur Anwendung kommt. Vergleicht man die Aktualisierungen des WEG-Modells mit den einzelnen oben aufgeführten Bild-Schemata, fällt auf, dass das WEG-Modell durchgehend für die holistische Unternehmensdarstellung verwendet wird, während die anderen BildSchemata als einzelne Detail-Konzeptualisierungen fungieren. Hieraus wird die prototypische Funktion des WEG-Modells für die argumentative Strategie des Volkswagen-Textes deutlich. Auch für die anderen oben analysierten Textbeispiele konnte die prototypische Funktion des WEG-Modells aufgezeigt werden. Ob es sich letztlich um eine prototypische Konzeptualisierung in den Briefen an die Aktionäre in heutiger Zeit handelt, soll weiterhin anhand eines Unternehmens untersucht werden, dessen Produkte und Dienstleistungen weder auf Straßen noch auf anderen konkreten Wegen verwendet werden, nämlich anhand des Briefs an die Aktionäre der Lufthansa AG. Lufthansa 2005: „(1) Lufthansa fliegt auf Erfolgskurs (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: FLUGVERHALTEN + FORTBEWEGUNG). (2) Die Ergebnisse des Jahres 2005 bestätigen unsere Strategie: Lufthansa wächst, Lufthansa steigert ihre Profitabilität, Lufthansa investiert in zukunftsfähige Projekte und Lufthansa erfreut sich einer außergewöhnlich hohen Kundenloyalität (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + VEKTOR + CONTAINER: KAMPF/KRIEG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES WACHSTUM). (3) Eckpfeiler dieses Erfolges sind eine klare strategische Konzernausrichtung sowie die kundenorientierte Leistungsstärke unserer kompetenten Mitarbeiter und Führungskräfte in allen Geschäfts-

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feldern (VEKTOR + CONTAINER: BAUWERK + KAMPF/KRIEG + PHYSISCHE STÄRKE + RÄUMLICHE FLÄCHE). (4) Auch in einem schwierigen Umfeld haben wir 2005 erneut Stärke bewiesen und trotz des hohen Ölpreises und einer schwachen Konjunktur im Heimatmarkt den operativen Gewinn um 50,7 Prozent auf 577 Mio. EUR gesteigert (CONTAINER + VERTIKALITÄT: RÄUMLICHE FLÄCHE + PHYSISCHE STÄRKE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (5) So konnten wir unsere solide Finanzbasis erneut ausbauen. Wir können weiter in Produkte und Qualität investieren (DILATATION + CONTAINER + VEKTOR: BAUWERK + FESTE MATERIE). (6) Es freut uns, dass Aufsichtsrat und Vorstand Ihnen, sehr geehrte Aktionäre, in diesem Jahr eine Dividende in Höhe von 0,50 EUR vorschlagen können (VEKTOR + VERTIKALITÄT + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (7) Damit wurden die gesteckten Ziele erreicht (VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (8) Dies gilt nicht nur für das wirtschaftliche Ergebnis, sondern auch für die strategischen Maßnahmen und die Qualitätsentwicklung des Konzerns. Lufthansa ist innovativ (VEKTOR + BELEBTHEIT: KAMPF/KRIEG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (9) Lufthansa hat dafür diverse Quality- und lnnovation-Awards erhalten (VEKTOR). (10) In allen Geschäftsfeldern geht die Strategie der Fokussierung auf die jeweiligen Kernkompetenzen auf (CONTAINER + VEKTOR: KAMPF/KRIEG + FESTE MATERIE). (11) Dabei sind die Passage Airlines Kern und Motor des Konzerns mit positiver Sogwirkung für alle (VEKTOR: FESTE MATERIE + MASCHINE). (12) Wir arbeiten weiter am Portfolio und der Attraktivität unserer Produkte (VEKTOR: FESTE MATERIE + VISUELLE WAHRNEHMUNG). (13) Mit dem Lufthansa Private Jet Service haben wir unser à la carte Flugangebot nun komplettiert (VEKTOR + DILATATION: RESTAURANT). (14) Der Kundenzufriedenheitsindex liegt auf Rekordniveau (VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL). (15) Unsere Strategie ist klar: individuelle Angebote, individueller Service, passgenau für jeden Anlass (VEKTOR: KAMPF/KRIEG + VISUELLE WAHRNEHMUNG + KLEIDUNG). (16) Mit SWISS haben wir einen wichtigen Partner gewonnen, der uns neue Märkte öffnet für profitables Wachstum (BELEBTHEIT + CONTAINER + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL + PHYSISCHES WACHSTUM + GRUPPENBILDUNG). (17) Ein strategisch wichtiger Schritt zur Stärkung unseres Kerngeschäftes war auch unsere Investition in die Flughafengesellschaft Fraport, dem Infrastrukturbetreiber am Hub in Frankfurt (VEKTOR + BELEBTHEIT + CONTAINER: KAMPF/KRIEG + FORTBEWEGUNG + PHYSISCHE STÄRKE + FESTE MATERIE).

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(18) Auch die anderen Geschäftsfelder haben gut gearbeitet (BELEBTHEIT: RÄUMLICHE FLÄCHE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). • (19) Lufthansa Cargo ist schlagkräftiger und qualitativ besser geworden (BELEBTHEIT: KAMPF/KRIEG). (20) Als erste ausländische Gesellschaft hat sie im Wachstumsmarkt China in einem Joint Venture mit einem lokalen Partner die Frachtairline ‚Jade Cargo International‘ gegründet (BELEBTHEIT + CONTAINER: GRUPPENBILDUNG). • (21) Lufthansa Technik steigt im Bereich Triebwerk-Instandhaltung in eine zukunftsträchtige Modellbaureihe ein (CONTAINER + BELEBTHEIT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (22) Das Joint Venture mit RolIsRoyce — N3 Engine Overhaul Services — wird in Thüringen errichtet (CONTAINER + VERTIKALITÄT: BAUWERK). • (23) LSG Sky Chefs hat die Ergebnistrendwende eingeleitet und wesentliche Etappenziele auf dem Weg zur nachhaltigen Profitabilität erreicht (VEKTOR + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG) • (24) Thomas Cook hat 2005 die Wende vollzogen (BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (25) Die Sanierung ist geschafft, das Unternehmen ist in die Gewinnzone zurückgekehrt und steht wirtschaftlich wieder auf soliden Füßen (CONTAINER + VEKTOR + HORIZONTALITÄT + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + MENSCHLICHER KÖRPER + BAUWERK). • (25) Lufthansa Systems gewinnt im interessanten globalen Nischenmarkt der Aviation lT durch maßgeschneiderte Lösungen und durch lnnovationen wie das ‚papierlose Cockpit‘ neue Kunden (CONTAINER + BELEBTHEIT: SPORT/ SPIEL + KLEIDUNG). (26) Lufthansa ist auf einem guten Weg. Die Richtung stimmt, aber wir müssen noch zulegen (VEKTOR + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (27) Und wir wollen vorsorgen, denn unser Ergebnis wurde 2005 durch höhere Treibstoffkosten um 843 Mio. EUR belastet (HORIZONTALITÄT + VERTIKALITÄT: GEWICHT). (28) Eine Trendwende ist hier nicht in Sicht. Deshalb werden wir auch an unserem strikten Kostensenkungskurs festhalten und die Produktivität weiter steigern (VEKTOR + VERTIKALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + TRANSPORTMITTEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (29) Mit unserem Aktionsplan haben wir unser gestecktes Ziel mit 788 Mio. EUR Kostenentlastung um 8 Mio. EUR übertroffen (VEKTOR + VERTIKALITÄT: TREFFRICHTUNG). (30) Das Gesamtziel, Einsparungen in Höhe von 1,2 Mrd. EUR, werden wir planmäßig bis Ende des Jahres 2006 erreichen (VEKTOR + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG).

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(31) Mit Blick nach vorne können wir Ihnen bestätigen: Lufthansa ist für die Zukunft gut gerüstet (VEKTOR + HORIZONTALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + KAMPF/KRIEG). (32) Wir nehmen uns einiges vor. Wir wissen, dass uns das Jahr 2006 wieder vieles abverlangen wird (VEKTOR + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (33) Alle hoffen auf ein freundliches wirtschaftliches Umfeld, so auch wir (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: GEMÜT). (34) Lufthansa wird die Geschichte der Industrie mitgestalten und eine aktive Rolle bei ihrer Entwicklung einnehmen — zum Wohle aller Stakeholder, der Kunden, Aktionäre und Mitarbeiter (BELEBTHEIT: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT) Bleiben Sie uns gewogen (VEKTOR: GEWICHT).“ (http://konzern.lufthansa.com/de) Die Konzeptualisierung des Geschäftsjahrs im Lufthansa-Text ist besonders interessant. Obwohl es sich um ein Unternehmen der Flugbranche handelt, bildet auch im Text der Lufthansa das WEG-Modell eine durchgehend gebrauchte Konzeptualisierung. Obwohl das WEG-Modell in der 1. Sequenz des Textes lediglich im übertragenen Sinn als Flugstrecke konzeptualisiert ist, wird es im weiteren Verlauf des Textes immer deutlicher verwendet. Dabei werden schon aus den Texten der anderen Unternehmen bekannte Konstellationen des WEGModells verwendet. So werden in Sequenz 7 „die gesteckten Ziele erreicht“. Spätestens in Sequenz 17 wird klar, dass es sich bei der zurückzulegenden Strecke nicht mehr um Flugstrecken handelt. Ein für das Unternehmen zentrales Ereignis wird als „strategisch wichtiger Schritt“ (Sequenz 17) beschrieben. Auch werden „wesentliche Etappenziele auf dem Weg zur nachhaltigen Profitabilität erreicht“ (Sequenz 23). Konsequenterweise kehrt dadurch das Unternehmen „in die Gewinnzone“ zurück (Sequenz 25). Als Gesamtbetrachtung wird Lufthansa „auf einem guten Weg“ eingeschätzt, bei dem die „Richtung stimmt“ (Sequenz 26). Der einmal eingeschlagene Kurs wird beibehalten und die vektoriale Kursausrichtung in eine andere Richtung („Trendwende“) vermieden (Sequenz 28), wodurch das Lexem ‚Kurs‘, das schon in Sequenz 1 eingeführt war, in Sequenz 28 kontextuell mit dem WEG-Modell verbunden wird. Auch eine Zusicherung des Erreichens des Gesamtziels wird in Sequenz 30 vollzogen. Trotz des branchenbedingt völlig andersartigen Unternehmens Lufthansa zeigt sich auch hier wieder – wie schon in den Analysen der anderen Textbeispiele gezeigt werden konnte – die prototypische Verwendung des WEG-Modells zur holistischen Darstellung des Unternehmens. Dies geschieht explizit in den Sequenzen 23 und 26 sowie implizit in den Sequenzen 1, 7, 17, 25, 28 und 30. Die Bild-Schemata, die im Lufthansa-Text zur konzeptuellen Aktualisierung des WEG-Modells verwendet werden, sind VEKTOR, BELEBTHEIT, VERTIKA-

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LITÄT und CONTAINER. Interessanterweise erhält VERTIKALITÄT zur textuellen Darstellung des WEG-Modells im Lufthansa-Text eine größere Bedeutung als in den anderen Texten. In Sequenz 28 wird das gesamte WEG-Modell sogar ausschließlich durch VERTIKALITÄT bild-schematisch strukturiert. Dies kann auf die Branchenbezogenheit in der textuellen Darstellung zurückgeführt werden. Daraus wird deutlich, dass unterschiedliche Branchen zwar einzelne unterschiedliche Schwerpunkte bei der Konzeptualisierung des prototypischen WEG-Modells legen können, jedoch wird das WEG-Modell als solches in allen analysierten Texten verwendet. Auch im Fall der Lufthansa erhält VEKTOR eine zentrale Funktion zur Aktualisierung des WEG-Modells. Als zentrale Metapher wird auch in diesem Text FORTBEWEGUNG verwendet. Dies geschieht – außer in Sequenz 28 – in allen anderen Sequenzen des WEG-Schemas. Die zentrale Funktion der FORTBEWEGUNGS-Metapher bringt die Dynamik zum Ausdruck, durch die das WEG-Schema geprägt ist. Hierbei fällt durchgehend auf, dass durch die häufige Kombination des Bild-Schemas VEKTOR mit der metaphorischen Konzeptualisierung der FORTBEWEGUNG AUF EINEM WEG die Darstellungen zu den Unternehmen in den Textbeispielen aus dem Jahr 2005 durch eine nicht zu übersehende Dynamik geprägt ist. Statische Konzeptualisierungen zu den Unternehmensdarstellungen werden dabei in der Makrostruktur der Texte so gut wie völlig vermieden. Die ständige Veränderung und Weiterentwicklung des Unternehmens zeigt sich somit in allen oben diskutierten Briefen an die Aktionäre als ein zentrales Moment der Konzeptualisierungen anhand der WEG-Thematik.

10.2 Die Briefe an die Aktionäre zu den Geschäftsjahren 1974-1980 An dieser Stelle kann gefragt werden, ob das WEG-Modell, das in allen obigen Textbeispielen eine zentrale kontextstiftende und kommunikative Funktion hat, als ein für die hier analysierten Texte Idealisiertes Kognitives Modell (IKM) mit kulturspezifischer Relevanz angesehen werden kann oder nicht. Es sollte aufgrund der bisherigen Darstellung deutlich geworden sein, dass dieses IKM eine prototypische Funktion in den obigen Textbeispielen hat. Ob es sich jedoch um ein zeitlich determiniertes IKM aufgrund der Emittent-Rezipient-Konstellation heutiger deutscher Kommunikationstätigkeiten von Unternehmen in den Aktionärsbriefen handelt (und damit textfunktional diachron bedingt ist), oder ob es sich um ein konzeptuelles Element deutschsprachiger Ausdrucksweise schlechthin handelt, die diachron betrachtet unverändert ist, kann nur aufgrund einer vergleichenden Analyse früherer Briefe an die Aktionäre der gleichen Unternehmen beantwortet

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werden. Daher sollen jetzt die entsprechenden Vergleichstexte obiger Unternehmen aus den Jahren 1975/1980 auf ihre Konzeptualisierungen hin untersucht werden. BASF 1980: „(1) Die Preisentwicklung bei den Rohstoffen ist in den letzten Jahren für uns alle, aber in besonderem Maße für die chemische Industrie zum Problem geworden (CONTAINER + VEKTOR: FESTE MATERIE). (2) In den achtziger Jahren werden die Rohstoffe eine noch bedeutendere Rolle spielen als bisher (CONTAINER + BELEBTHEIT: SPORT/SPIEL). (3) Wir haben unsere Strategie und Investitionspolitik auf diese Entwicklung schon sehr früh ausgerichtet, was sich mehr und mehr als richtiger Weg bestätigt (VEKTOR: KAMPF/ KRIEG). (4) Bei der Sicherung der Rohstoffversorgung, der wir weiterhin unsere besondere Aufmerksamkeit widmen, kommt der Erdöl- und Erdgasexploration eine entscheidende Bedeutung zu (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (5) Unsere eigene Versorgungsbasis zu erweitern, ist Aufgabe der Wintershall-Gruppe (DILATATION: BAUWERK). (6) Sie hat bei ihrer Tätigkeit in verschiedenen Regionen der Welt gute Erfolge aufzuweisen (CONTAINER + BELEBTHEIT: SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (7) Auch in der Verarbeitung von Rohöl haben wir uns engagiert (CONTAINER). (8) So haben wir mit der Strukturverbesserung in der Erdöl-Raffinerie Emsland und der zunehmenden Einbindung der Erdöl-Raffinerie Mannheim in unseren Produktverbund unsere Position weiter verstärkt (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL + PHYSISCHE STÄRKE). (9) Inzwischen können wir über die Wintershall den Bedarf des Stammwerkes Ludwigshafen zu nahezu der Hälfte an dem Rohstoff Naphtha und zu gut zwei Dritteln an Heizöl aus eigener Produktion decken (VERTIKALITÄT + CONTAINER: FESTE MATERIE). (10) Folgerichtig bauen wir auch unsere Eigenversorgung mit petrochemischen Grundprodukten aus (DILATATION: BAUWERK). (11) Dazu haben wir den Steamcracker im Werk Ludwigshafen in Betrieb genommen (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (12) Dieses mit 400 Millionen DM Investitionskosten bisher größte Einzelprojekt versorgt uns mit Ethylen und Propylen, die für uns wichtige Grundprodukte sind (BELEBTHEIT: FESTE MATERIE + BAUWERK). (13) Die bereits in Angriff genommene Anlage für Ammoniak und der Bau einer Anlage zur Gewinnung von Benzol dienen dem gleichen Ziel (VEKTOR: KAMPF/KRIEG). (14) Gleichzeitig bemühen wir uns, die Diversifikation der BASF-Gruppe sowohl nach Arbeitsgebieten als auch regional zu verstärken (VEKTOR: GRUPPENBILDUNG + RÄUMLICHE FLÄCHE +

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PHYSISCHE STÄRKE). (15) Damit stellen wir uns auf das geringer werdende Wirtschaftswachstum in den Industrienationen und den schärfer werdenden internationalen Wettbewerb ein (VERTIKALITÄT + CONTAINER: KAMPF/ KRIEG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES WACHSTUM). (16) Sie werden im Geschäftsbericht zahlreiche Beispiele dafür finden, daß und wie wir den sich verändernden Bedingungen Rechnung tragen (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (17) Darüber hinaus haben wir auch organisatorische Vorsorge getroffen (VERTIKALITÄT + VEKTOR: KAMPF/KRIEG). (18) Bei der Weiterentwicklung unserer Organisationsstruktur haben wir auf die Stärkung unserer Präsenz in den Weltmärkten besonderen Wert gelegt (VERTIKALITÄT + CONTAINER: FESTE MATERIE + PHYSISCHE STÄRKE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (19) Der Geschäftsbericht schildert Ihnen den Verlauf und die wesentlichen Ereignisse des Geschäftsjahres (BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG). (20) Der Umsatzanstieg, den wir sowohl in der BASFGruppe als auch in der BASF Aktiengesellschaft im Vorjahresvergleich ausweisen, geht ausschließlich auf die durch die gestiegenen Rohstoffkosten notwendig gewordenen Preisanpassungen zurück (VERTIKALITÄT + HORIZONTALITÄT + CONTAINER + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG). (21) Das schlechtere Ergebnis zeigt jedoch, daß wir die Preise nicht ausreichend anheben konnten (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (22) Bei der BASF Aktiengesellschaft haben wir diese Ergebnisminderung zum Teil durch höhere Gewinnausschüttungen unserer inländischen Tochtergesellschaften ausgleichen können (CONTAINER + VERTIKALITÄT: SPORT/ SPIEL + FAMILIENMITGLIED). (23) Wir sind daher trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Lage, Ihnen für 1980 eine Ausschüttung von 7,00 DM je Aktie vorzuschlagen (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (24) Vor abrupten Konjunkturschwankungen, wie wir sie erlebten, können uns auch Vorsorge und Vorausplanung nur begrenzt schützen (VERTIKALITÄT + HORIZONTALITÄT: KAMPF/KRIEG). (25) Dennoch sichern uns unser ausgewogenes Produktionsprogramm, unsere breite Angebotspalette sowie unsere weltweiten Geschäftsaktivitäten gegen allzu heftige Konjunktureinbrüche ab (BELEBTHEIT + DILATATION + CONTAINER: BAUWERK). (26) Mit unseren zielstrebigen Investitionen und mit unseren nach wie vor großen Anstrengungen in Forschung und Entwicklung sind wir gerüstet, auch weiterhin unsere Chancen erfolgreich wahrzunehmen (VEKTOR + CONTAINER:

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KAMPF/KRIEG + FESTE MATERIE + SPORT/SPIEL + VISUELLE WAHRNEHMUNG).“ (BASF Geschäftsbericht 1980, 1) Betrachtet man den BASF-Text aus prinzipieller kognitionsmetaphorischer Perspektive, dann fällt auf, dass auch in diesem Text – wie in allen obigen Texten – eine Ubiquität auf bild-schematischer Ebene vorhanden ist. Dies bedeutet, dass lediglich die Bild-Schemata in allen phrastischen Sequenzen vorhanden sind. Die konzeptuellen Metaphern fehlen in den Sequenzen 4 und 7. Bild-schematisch wird VEKTOR in Sequenz 4 zweimal verwendet; einmal in der Projektion der „Aufmerksamkeit“ auf die „Sicherung der Rohstoffversorgung und weiterhin in der vektorialen Zuteilung des Bedeutsamkeitsaspekts auf die „Erdöl- und Erdgasexploration“. In beiden Fällen sind keine konzeptuellen Metaphern vorhanden, da es in dieser Sequenz nicht um die Übertragung eines als konkret oder bekannt identifizierbaren Ursprungsbereichs auf einen Zielbereich im Sinne metaphorischer Übertragung handelt. Das Gleiche gilt für Sequenz 7, in der das Bild-Schema CONTAINER die propositionale Aussage dieses Satzes in der Art vorstrukturiert, dass „Verarbeitung von Rohöl“ als ein CONTAINER konzeptualisiert wird, in dem man sich engagiert. Besonders hervorgehoben wird diese bild-schematische Konzeptualisierung grammatisch durch den Dativ, der eine Abgeschlossenheit dieses CONTAINERS aktualisiert. Jedoch spezifischere konzeptuelle Metaphern oder Metonymien werden auch hier nicht weiter verwendet, da das spezifizierbare Übertragungsverhältnis zwischen Ursprungs- und Zielbereich fehlt. In allen anderen Sequenzen treten dagegen Metaphern auf, die wiederum jeweils durch Bild-Schemata vorbestimmt sind. Vergleicht man die Interrelation zwischen Bild-Schemata und Metaphern im BASF-Text mit den Texten zum Geschätsjahr 2005, dann fällt besonders die andersartige Verwendung der Bild-Schemata VEKTOR und CONTAINER auf. Im BASF-Text zu 1980 wird VEKTOR in keiner Sequenz mit der FORTBEWEGUNGS-Metapher verwendet. Die Dynamik, welche mit der FORTBEWEGUNGS-Metapher in obigen Texten zum Jahr 2005 zum Ausdruck kam, fehlt im BASF-Text zu 1980, in dem diese Metapher lediglich zweimal verwendet wird. Dabei ist die Verwendung der FORTBEWEGUNGS-Metapher interessant. Sie wird in Sequenz 19 als untergeordnete Konzeptualisierung verwendet: SINN DES GESCHÄFTSBERICHTS IST DIE KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT DES ERKLÄRENS UND ZEIGENS, INWIEWEIT DIE EREIGNISSE DES JAHRES DIE FORTBEWEGUNG DES LAUFENS AUFWEISEN. In S20 dient FORTBEWEGUNG zu Beginn dieser Sequenz zur Konzeptualisierung eines vertikalen Bewegungsverlaufs (MEHR UMSATZ IST EINE

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STEIGENDE FORTBEWEGUNG NACH OBEN). Die horizontal verlaufende Dynamik der FORTBEWEGUNGS-Metapher als Spezifizierung der vektorialen Ausrichtung auf einem Weg, wie dies in den obigen Texten zu 2005 der Fall war, ist im BASF-Text zu 1980 nicht vorhanden. Am Ende von S20 wird FORTBEWEGUNG – im Unterschied zu den Texten bezüglich 2005 – als Rückwärtsbewegung konzeptuell verwendet. Damit ist die vektoriale Dynamik als eine vorwärtsgerichtete Bewegung auf einem Weg im BASF-Text zu 1980 nicht vorhanden. Stattdessen wird das Bild-Schema VEKTOR vor allem mit der Metapher KAMPF/ KRIEG in den Sequenzen 3, 13, 17 und 26 verwendet. In S3 äußert sich diese Konzeptualisierung als: LANGFRISTIGE UNTERNEHMENSPOLITIK IST KAMPF/KRIEG DURCH AUSRICHTEN DER STRATEGIE AUF EIN ZIEL HIN. In S 13 kommt das hier aktualisierte Verhältnis zwischen der vektorialen Vorbestimmung dieser Aussage und ihrer metaphorischen Spezifizierung durch die folgende Konzeptualisierung zum Ausdruck: UNTERNEHMERISCHE BAUTÄTIGKEIT IST KAMPF/KRIEG ALS ANGRIFF AUF EIN ZIEL. Weiterhin fällt die dominante Verwendung des CONTAINER-Schemas auf, das in den Sequenzen 1, 2, 6, 7, 8, 9, 11, 16, 18, 20, 22, 23, 25 und 26 aktualisiert wird. Damit ist CONTAINER das mit Abstand am meisten verwendete Bild-Schema im BASF-Text zum Jahr 1980. Betrachtet man die konzeptuelle Funktion des CONTAINER-Schemas unter dem Aspekt der Dynamik, die noch für die obigen Texte von 2005 prototypisch war, dann fällt die Fokussierung der konzeptualisierten Bewegungen auf den Bereich innerhalb des CONTAINERS auf. Dies geschieht bezüglich der Konzeptualisierung von Bewegungen vor allem anhand der Metapher KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT, die im Unterschied zur FORTBEWEGUNGS-Metapher eine Tätigkeit entweder innerhalb eines CONTAINERS (S1, S2, S6, S7, S8, S11, S16, S18, S20 und S26) oder in Bezug auf einen CONTAINER als Austritt aus dem CONTAINER (S9, S22 und S23) spezifiziert. Dies geschieht gleichzeitig mit einer besonderen Betonung der VERTIKALITÄTS-Dimension, wodurch die WEG-Thematik (als horizontale Dimension in Verbindung mit der FORTBEWEGUNGS-Metapher) im obigen BASF-Text nicht prototypisch verwendet wird. Zwar wird das WEG-Modell in S 3 noch verwendet, jedoch bleibt es bei dieser einzigen Aktualisierung. Danach wird es weder explizit noch implizit verwendet, weshalb hier nicht auf eine Systematik in der Verwendung des WEG-Schemas verwiesen werden kann. Zusammenfassend kann aufgrund der bisherigen Ergebnisse gesagt werden, dass der BASF-Text zum Geschäftsjahr 1980 unter dem Aspekt des WEG-Modells eine besondere Statik in seinen Konzeptualisierungen zum Ausdruck bringt, die sich sowohl auf bild-schematischer als auch auf metaphorischer Ebene von den Texten

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zum Geschäftsjahr 2005 deutlich unterscheidet. Ob es sich hierbei um einen Zufall oder um eine Konzeptualisierungstradition handelt, kann erst nach der Analyse der weiteren Vergleichstexte beantwortet werden. Als nächstes soll daher der Text der Commerzbank zum Geschäftsjahr 1975 näher betrachtet werden. Commerzbank 1975: „(1) zum ersten Male laden wir Sie zu einer Hauptversammlung in das neue Gebäude unserer Hauptverwaltung Frankfurt ein (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (2) Für diese Hauptversammlung schlagen wir Ihnen — neben den Regularien — wiederum eine Aufstockung des ‚genehmigten Kapitals‘ vor, das uns in die Lage versetzen soll, unseren soliden Wachstumskurs fortzusetzen (HORIZONTALITÄT + VERTIKALITÄT + CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE + FORTBEWEGUNG). (3) Auch diesmal sollen die jungen Aktien Ihnen sowie den Inhabern unserer Wandelanleihe angeboten werden (BELEBTHEIT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + ALTER); (4) ein freihändiger Verkauf ist nur für kleine Spitzenbeträge zur Aufrundung des Grundkapitals vorgesehen (VERTIKALITÄT: BAUWERK + VISUELLE WAHRNEHMUNG). (5) Ferner steht, wie alle fünf Jahre, die Wahl des gesamten Aufsichtsrats auf der Tagesordnung (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (6) Das Geschäftsjahr 1975 hat uns, trotz der schwierigen konjunkturellen Verhältnisse, ein gutes Stück weitergebracht, wie Ihnen der Abschluß bestätigt (BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG + FESTE MATERIE). (7) Das Ergebnis, zu dessen Steigerung alle wesentlichen Geschäftssparten beigetragen haben, empfinden wir als voll befriedigend (VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + KÖRPERLICHE WAHRNEHMUNG). (8) Unter den Aktivposten des Berichtsjahres möchten wir hervorheben (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT), (9) daß die beiden Bezugsrechte, die wir unseren Aktionären — zunächst Anfang 1975 und dann noch einmal im Spätherbst — anboten, eine sehr positive Resonanz gefunden haben (CONTAINER + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (10) Die weitaus meisten Aktionäre nutzten die Möglichkeit, ihren Besitz an Commerzbank-Aktien zu vergrößern (DILATATION: FESTE MATERIE). (11) Außerdem hat sich, wie wir ebenfalls mit Genugtuung feststellen, die Zahl unserer Aktionäre 1975 um rund 4000 auf 120000 erhöht (VERTIKALITÄT).

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(12) Mit einer repräsentativen Erhebung verschafften wir uns einen Überblick über die Schichtung unserer Anteilseigner. Am Kapital gemessen halten Arbeitnehmer 26% der Commerzbank-Aktien. An zweiter Stelle folgen Investmentfonds, Versicherungen und andere Kapitalsammelstellen mit insgesamt 25%. Nächstgrößte Gruppen sind Unternehmer und Selbständige sowie ausländische Anteilseigner mit jeweils etwa 14%. Auf Platz fünf stehen Hausfrauen mit 13%; an sechster Stelle folgen Rentner und Pensionäre mit 5% (VERTIKALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (13) Der Rest des Besitzes verteilt sich insbesondere auf Stiftungen und Erbengemeinschaften sowie auf Schüler und Studenten. Gut die Hälfte des Aktienkapitals liegt bei Besitzern, die weniger als 1 000 Aktien halten (ZENTRIFUGALITÄT + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (14) Den größten Auslandsbesitz vermuten wir in jenen Ländern, an deren Börsen die Commerzbank- Aktie gehandelt wird (VEKTOR + CONTAINER: FESTE MATERIE). (15) Bekanntlich haben wir frühzeitig damit begonnen, unsere Aktien auch an interessanten Auslandsbörsen einführen zu lassen (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (16) Inzwischen werden sie in Großbritannien, Frankreich, den drei Benelux-Ländern, der Schweiz und Österreich amtlich notiert (CONTAINER). (17) Als besonders erfreulich begrüßen wir es, daß etwa zwei Drittel unserer Mitarbeiter zugleich Anteilseigner der Bank sind, nachdem wir ihnen inzwischen wiederholt – insgesamt bereits zehnmal – Belegschaftsaktien zu Vorzugskonditionen angeboten haben (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (18) In einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit kann ein ausreichendes Eigenkapital gar nicht hoch genug eingeschätzt werden (VERTIKALITÄT + CONTAINER). (19) Die Commerzbank AG hat ihre haftenden Mittel in den letzten zehn Jahren etwa verdreifacht (CONTAINER). (20) Mit einem KonzernEigenkapital von 1,65 Milliarden DM zählen wir jetzt zu den dreißig größten Banken der Welt (VEKTOR: FESTE MATERIE). (21) In das neue Geschäftsjahr sind wir mit Zuversicht eingetreten (VEKTOR + CONTAINER: FORTBEWEGUNG). (22) Nachdem in den beiden letzten Jahren die stärksten Wachstumsimpulse aus dem Ausland gekommen waren (VEKTOR + CONTAINER: PHYSISCHE STÄRKE + PHYSISCHES WACHSTUM + FORTBEWEGUNG), (23) erwarten wir nun mit anziehender Binnenkonjunktur vor allem eine Belebung des Inlandsgeschäfts (BELEBTHEIT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT).“ (Commerzbank Geschäftsbericht 1975, 5)

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Das WEG-Modell wird im Text der Commerzbank von 1975 in den Sequenzen S2, S6 und S21 konzeptualisiert. Dabei fällt auf, dass diese Konzeptualisierung in S2 und S21 in Verbindung mit dem CONTAINER-Schema geschieht. Dabei fungiert CONTAINER in S2 als als ein bild-schematischer Vermittler für die anschließende FORTBEWEGUNGS-Metapher, denn erst die „Aufstockung des ‚genehmigten Kapitals‘“ (VERTIKALITÄT + FESTE MATERIE) setzt die Unternehmung „in die Lage“ (CONTAINER) den „soliden Wachstumskurs fortzusetzen“ (FESTE MATERIE + FORTBEWEGUNG). Hier haben wir es mit einer anderen Art der Verwendung der FORTBEWEGUNGS-Metapher als in den Texten von 2005 zu tun. Die Unternehmung selbst ist hier nicht die aktive Entität, die eine Fortbewegung realisiert, sondern die Fortbewegung ergibt sich mittelbar aus dem sie bedingenden VERTKALITÄTS-Schema. Durch diese mittelbare Bedingtheit des WEG-Modells ist die in den Textbeipielen zu 2005 aufgezeigte Dynamik in Verbindung mit dem WEG-Modell stark reduziert. In S6 wird die FORTBEWEGUNG auch hier wieder zusammen mit dem Ursprungsbereich der FESTEN MATERIE unter gleichzeitiger Einschränkung der Fortbewegungsdynamik konzeptualisiert. So ist die Unternehmung lediglich „ein gutes Stück“ vorangekommen, was zur Metapher DISTANZEN SIND FESTE MATERIEN führt. Auch hier ist es nicht das Unternehmen selbst, das (konzeptuell betrachtet) vorankommt, sondern das Geschäftsjahr hat es weitergebracht. Diese Mittelbarkeit reduziert an dieser Stelle die Dynamik, die sonst mit der FORTBEWEGUNGS-Metapher in den heutigen Texten zu 2005 zum Ausdruck kommt. Diese Tendenz zur konzeptualisierten Statik kommt dann auch im WEGModell in S21 zum Ausdruck, wo FORTBEWEGUNG durch den Rahmen des CONTAINER-Schemas begrenzt wird, innerhalb dessen die FORTBEWEGUNG als Eintritt in den CONTAINER beschränkt ermöglicht wird. Es verwundert daher auch nicht, dass das CONTAINER-Schema mit 12 Aktualisierungen das am häufigsten verwendete Bild-Schema im Text der Commerzbank von 1975 ist, gefolgt von VERTKALITÄT mit 9 Aktualisierungen, was die Konzeptualisierungen zusammen mit dem Ursprungsbereich der FESTEN MATERIE als deutlich statischer verwirklichte Konzeptualisierungen kennzeichnet, im Vergleich zu den Berichten zu 2005. Ungeachtet der unterschiedlichen bild-schematischen Ausprägung im Vergleich zu den Texten zu 2005 ist auch im obigen Text der Commerzbank die BildSchematik ubiquitär in allen phrastischen Sequenzen verwendet. Ohne eine weitere metaphorische Spezifizierung geschieht dies in den Sequenzen S11, S16 und S19.

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Zum Vergleich mit den bisherigen Analyseergebnissen soll im nächsten Schritt der Text von Siemens 1974/75 auf seine Konzeptualisierungen hin untersucht werden: Siemens 1974/75: „(1) für die Weltelektroindustrie war 1975 das schwierigste Jahr der Nachkriegszeit (BELEBTHEIT). (2) Auch Siemens hatte in weiten Bereichen des Unternehmens mit größeren Schwierigkeiten als bisher zu kämpfen (BELEBTHEIT + CONTAINER: FESTE MATERIE + KAMPF/KRIEG). (3) Im ganzen gesehen sind wir jedoch gut durchs Jahr gekommen (CONTAINER: FORTBEWEGUNG). (4) Der Weltumsatz stieg um knapp 10 % auf 18,9 Mrd. DM (VEKTOR + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG); (5) auch preisbereinigt bedeutet das eine Zunahme (DILATATION: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (6) Am rückläufigen Volumen des Weltmarktes gemessen, haben wir damit etwas an Boden gewonnen (HORIZONTALITÄT + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG + KAMPF/KRIEG). (7) Die Entwicklung in den einzelnen Geschäftsbereichen verlief noch differenzierter als im Vorjahr (BELEBTHEIT + CONTAINER: FORTBEWEGUNG). (8) Während sich beispielsweise in der Medizinischen Technik der Umsatz um mehr als 20% erhöhte (CONTAINER + VERTIKALITÄT), (9) ist das Geschäft mit Serienfabrikaten sowie in der Fernsprech- und lnstallationstechnik zum Teil zurückgegangen (BELEBTHEIT + CONTAINER + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG); (10) bei Bauelementen betrug die Abnahme — nach hohen Zuwachsraten in den letzten drei Jahren — etwa 15% (VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES WACHSTUM). (11) Verminderung der Zahl der Mitarbeiter, Kurzarbeit und schlechte Kapazitätsnutzung in den betroffenen Bereichen waren die Folge (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: FESTE MATERIE). (12) Nach dem kräftigen Anstieg der Auftragseingänge aus dem Ausland in den Vorjahren wuchs auch in diesem Jahr der Umsatz im Ausland stärker als im Inland (VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT + CONTAINER: PHYSISCHE STÄRKE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT); (13) die Auslandsumsätze erreichten 49 (46) % des Gesamtumsatzes (BELEBTHEIT + VEKTOR: FORTBEWEGUNG). (14) Zugenommen haben die Umsätze vor allem in Ölländern, mit Oststaaten und in Entwicklungsländern (CONTAINER + DILATATION: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT).

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(15) Wir haben einen auf 458 (i. V. 504) Mio. DM verringerten Jahresgewinn ausgewiesen (VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (16) Diese Verringerung ist allerdings vorwiegend auf außerordentliche Einflüsse zurückzuführen [s. Seite 9] (VEKTOR + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (17) Der Jahresgewinn läßt aber dennoch die Ausschüttung einer Dividende von wieder 8 DM je Aktie auf das im Frühjahr 1975 erhöhte Aktienkapital zu (BELEBTHEIT + CONTAINER + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (18) Die zu einem Kurs von 100 DM je Aktie ausgegebenen jungen Aktien nehmen für das halbe Geschäftsjahr an der Ausschüttung teil (BELEBTHEIT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT); (19) insgesamt bedeutet dies für den Aktionär eine leichte Verbesserung der Rendite für sein in Siemens-Aktien angelegtes Kapital (siehe auch die Darstellung auf Seite 65) (VEKTOR + CONTAINER: PHYSISCHES GEWICHT + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (20) Den Rücklagen wird diesmal mit 169 (i.V. 257) Mio. DM ein kleinerer Betrag zugeführt (HORIZONTALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (21) Nachdem die unter dem Namen Unidata eingeleitete Zusammenarbeit europäischer Computerhersteller von französischer Seite aufgekündigt worden ist (VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT), (22) werden wir das Datenverarbeitungsgeschäft im kommerziellen und wissenschaftlich-technischen Bereich allein weiterführen (CONTAINER: FORTBEWEGUNG). (23) Hierfür haben wir inzwischen ein neues Konzept erarbeitet (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (24) Im laufenden Geschäftsjahr erwarben wir von der AEG-Telefunken AG deren Anteile an der Osram GmbH (s. Seite 40), an der wir nunmehr mit 78,6% beteiligt sind (CONTAINER + VEKTOR: FESTE MATERIE). (25) Die gute Marktposition der Osram GmbH, an der die General Electric Company mit 21,4 % beteiligt bleiben wird, in Europa und die bereits eingeleitete Straffung und Reorganisation des Unternehmens lassen erwarten, daß die Gesellschaft unter unserer Führung in wenigen Jahren wieder ertragsfähig sein wird (VEKTOR + CONTAINER + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL + FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (26) Ausblick (CONTAINER: VISUELLE WAHRNEHMUNG) (27) Wir teilen die Auffassung der meisten Experten, daß sich im Laufe des Jahres 1976 die weltwirtschaftliche Lage bessern wird (CONTAINER: FESTE MATERIE). (28) Zwar wird sich der Aufschwung zunächst nur zögernd entfalten (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE MATERIE); (29) er dürfte aber in der zweiten Hälfte des Jahres 1976 an Kraft gewinnen (CONTAINER: PHYSISCHE STÄRKE + SPORT/SPIEL). (30) Auswirkungen auf unser Geschäft können sich

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deshalb erst gegen Ende des Geschäftsjahres einstellen (CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (31) Da die Bestellungen wiederum erheblich über dem Umsatz lagen, gingen wir mit einem um 10% auf 17,3 Mrd. DM erhöhten Auftragsbestand in das laufende Geschäftsjahr (VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG). (32) Wir erwarten auch aus diesem Grunde wiederum eine Steigerung des Umsatzes im ganzen und eine allmähliche Verbesserung der Beschäftigung vor allem in den von der Rezession besonders betroffenen Teilen des Unternehmens (CONTAINER + VERTIKALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + KAMPF/KRIEG + FESTE MATERIE). (33) In den beiden ersten Monaten des laufenden Geschäftsjahres lag der Umsatz erst leicht über den Vorjahreswerten (CONTAINER + VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES GEWICHT).“ (Siemens Geschäftsbericht 1974/75, 2) Auch im Textbeispiel von Siemens (1974/75) zeigt sich die Ubiquität der BildSchemata, die in allen Sequenzen konzeptualisiert sind. Ohne weitere metaphorische Spezifizierungen werden Bild-Schemata in den Sequenzen S1, S8 und S13 verwendet. Vergleicht man die Häufigkeit dieser non-metaphorischen Sequenzen (drei von dreiunddreißig) mit der Häufigkeit der rein bild-schematischen Sequenzen im Textbeispiel von der Commerzbank zum Geschäftsjahr 1975, die eine Häufigkeit von drei von insgesamt dreiundzwanzig Sequenzen aufwies, dann kann an dieser Stelle noch nicht von einer signifikant weniger metaphorischen Sprachverwendung in den Texten aus der 2. Hälfte der 70er Jahre gesprochen werden. Im Unterschied zum quantitativen Aspekt ist jedoch der qualitative Aspekt, d.h. die Art der Kombination von Bild-Schemata mit konzeptuellen Metaphern deutlich anders im obigen Siemenstext als im Siemens-Text zum Jahr 2005. Gleichzeitig bestätigt sich auch die Art der bild-schematischen und metaphorischen Konzeptualisierung der anderen Texte aus den 70er Jahren in diesem Siemens-Text. So wird die FORTBEWEGUNGS-Metapher im obigen Text in den Sequenzen S3, S7, S9, S22 und S31 lediglich innerhalb des CONTAINERSchemas konzeptualisiert. Nur in S13 wird FORTBEWEGUNG nicht mit CONTAINER konzeptualisiert. Nicht nur wird die Dynamik der FORTBEWEGUNGS-Metapher durch die konzeptuelle Eingeschlossenheit in einen CONTAINER stark reduziert, sondern darüber hinaus entfällt auch das symptomatische WEG-Modell aus den heutigen Briefen an die Aktionäre aus diesen Konzeptualisierungen. In S3 aktualisiert sich

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diese Art der Konzeptualisierung in Bezug auf die angesprochenen Personen in der „wir“-Form durch die Metapher GESCHÄFTSTÄTIGKEIT IST EINE EINEN CONTAINER DURCHDRINGENDE FORTBEWEGUNG. In S7 bezieht sich die FORTBEWEGUNGS-Metapher auf abstrakte Entitäten, die mit dem Bild-Schema BELEBTHEIT konzeptualisiert werden, was auch hier in der konzeptuellen Metapher GESCHÄFTSENTWICKLUNG IST FORTBEWEGUNG IN CONTAINERN zum Ausdruck kommt. Der Unterschied zwischen S3 und S7 liegt lediglich darin, dass sich S3 auf menschliche Wesen („wir“) und S7 auf eine rein abstrakte Entität („Entwicklung“) bezieht, die beide durch FORTBEWEGUNG konzeptualisiert werden. Wie auch in den Sequenzen S9, S22 und S31 ist die Dynamik entweder völlig durch den bild-schematischen Rahmen von CONTAINER reduziert, oder – wie in S6 und S9 – die reduzierte Dynamik wird zusätzlich durch eine rückwärts gerichtete HORIZONTALITÄT im Verlauf von FORTBEWEGUNG zusätzlich verstärkt,2 oder die FORTBEWEGUNG äußert sich z. B. lediglich als vertikale FORTBEWEGUNG, wie in S4 (UMSATZVERÄNDERUNG IST FORTBEWEGUNG NACH OBEN). S13 lässt die Art der Bewegungsrichtung offen. Interessant ist, dass das WEG-Modell in diesem Siemens-Text trotz der verschiedenen Konzeptualisierungen von FORTBEWEGUNG überhaupt nicht in der für die heutigen Texte kennzeichnenden Form – als eine sich auf die gesamte Unternehmenstätigkeit uneingeschränkt beziehende Dynamik – verwendet wird. Dieser Befund deckt sich auch mit den bisherigen Konzeptualisierungen der hier zu analysierenden Vergleichstexte aus den 70er bis Anfang 80er Jahren, die durch die dominierende Verwendung von CONTAINER und VERTIKALITÄT eine Statik konzeptualisieren, welche in dieser Form in den heutigen Texten nicht verwendet wird. Weiterhin fällt auf, dass z. B. das Bild-Schema HORIZONTALITÄT im obigen Siemens-Text als völlig nicht-signifikantes Bild-Schema verwendet wird. Insgesamt lediglich dreimal, einmal als rückläufige Bewegung in S9 und dann in unterschiedlicher Form als Konzeptualisierung von kleineren Teilbereichen unternehmerischer Tätigkeit in S11 und S20. Aufgrund der durchgehend verwendeten statistischen Argumentation in den Ausführungen bezüglich des Unternehmens erklärt sich diese nicht dominante Funktion des BildSchemas HORIZONTALITÄT im obigen Siemens-Text. Die bisherigen Analyseergebnisse sollen im weiteren Verlauf der vorliegenden Darstellungen durch eine Analyse des Vergleichstexts von Volkswagen zum Geschäftsjahr 1975 erweitert werden.

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Vgl. auch die rückwärtsgerichtete Konzeptualisierung von FORTBEWEGUNG in S2/BASF 1980.

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Volkswagen 1975: „(1) Die tiefgreifenden Störungen des wirtschaftlichen Gleichgewichts, die den Verlauf des Jahres 1974 gekennzeichnet hatten, setzten sich zunächst auch im Berichtsjahr unvermindert fort (VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + KÖRPERZUSTAND + FORTBEWEGUNG). (2) Die deutsche Exportindustrie, die in den vorangegangenen Abschwungphasen noch eine bedeutende Konjunkturstütze gewesen war, wurde von einem empfindlichen Einbruch der Weltnachfrage getroffen (HORIZONTALITÄT + VEKTOR + CONTAINER + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG + BAUWERK + KAMPF/KRIEG + PHYSISCHES EMPFINDEN). (3) Angesichts der unsicheren Zukunftsaussichten hielten sich sowohl die Investoren als auch die Konsumenten mit ihren Ausgaben zurück (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (4) Davon wurde auch der Automobilabsatz stark beeinflußt (VEKTOR + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHE STÄRKE). (5) Die mangelnde Auslastung industrieller Kapazitäten und die weitreichenden Produktionseinschränkungen führten zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und verstärkten damit die Sparneigung der Konsumenten sowie vielfach auch die lnvestitionszurückhaltung der Unternehmen (CONTAINER + VERTIKALITÄT + VEKTOR + HORIZONTALITÄT: PHYSISCHES GEWICHT + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG + PHYSISCHE STÄRKE). (6) Im Frühjahr des Jahres 1975, als die Rezession der Gesamtwirtschaft ihren Tiefpunkt erreicht hatte (CONTAINER + VERTIKALITÄT + VEKTOR: FORTBEWEGUNG), (7) deutete sich beim inländischen Pkw-Absatz ein Umschwung an (CONTAINER + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (8) Ein Voraus- eilen der Automobilnachfrage vor der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung war bis dahin nicht beobachtet worden (HORIZONTALITÄT + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG + VISUELLE WAHRNEHMUNG). (9) Deshalb bestanden bei den deutschen Fahrzeugherstellern zunächst Zweifel an der Beständigkeit des sich ankündigenden Trends (BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (10) Im weiteren Verlauf des Jahres wurde indessen der seit Mitte 1973 zurückgehaltene Neubedarf an Fahrzeugen zunehmend nachfragewirksam (BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (11) Neue, attraktive Modelle der Kompaktgeneration, die dem gewachsenen Wirtschaftlichkeitsdenken entgegenkommen (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + HORIZONTALITÄT: VISUELLE WAHRNEHMUNG + FESTE MATERIE + PHYSISCHES WACHSTUM + FORTBEWEGUNG), (12)

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förderten den Pkw-Absatz (VEKTOR + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (13) Unterstützt wurde diese Entwicklung durch verlängerte Garantiefristen und eine verbesserte Grundausstattung der Fahrzeuge (VERTIKALITÄT: BAUWERK + FESTE MATERIE). (14) Die Finanzierung der Neuanschaffungen bereitete den Kunden infolge hoher Spareinlagen und gegenüber dem Vorjahr erleichterter Kreditbedingungen keine Schwierigkeiten (VERTIKALITÄT + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES GEWICHT). (15) Die Pkw-Neuzulassungen im Bundesgebiet stiegen daher 1975 gegenüber dem Vorjahr um fast ein Viertel und übertrafen damit das Niveau des Jahres 1973, das im Gegensatz zu 1974 normale Absatzbedingungen aufwies, um 4,2 % (VERTIKALITÄT + HORIZONTALITÄT + BELEBTHEIT: FORTBEWEGUNG + TREFFRICHTUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (16) Während die deutsche Automobilindustrie von der starken lnlandsnachfrage profitierte, mußten im Auslandsgeschäft erhebliche Absatzverluste in Kauf genommen werden (CONTAINER + VERTIKALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (17) Zum einen erholte sich die Gesamtnachfrage nach Automobilen nur auf wenigen Märkten so schnell wie in der Bundesrepublik Deutschland (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + CONTAINER: GENESUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT), (18) zum anderen hat sich als Folge der jahrelangen aufwertungs- und kostenbedingten Verteuerungen deutscher Fahrzeuge deren Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt verschlechtert (VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (19) Der Geschäftsverlauf der inländischen Produktionsgesellschaften des VWKonzerns – Volkswagenwerk AG und AUDI NSU AUTO UNION AG – deckt sich weitgehend mit der Entwicklung der deutschen Automobilindustrie (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG + FESTE MATERIE). (20) Während der Konzern im Inland mehr Automobile absetzen konnte, bereitete der Absatz im Ausland – und hier vor allem in den USA – als Folge des hohen Preisniveaus unserer Produkte besondere Schwierigkeiten (CONTAINER + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (21) Nach den Absatzverlusten, die noch im Jahre 1974 hingenommen werden mußten, führte die positive Aufnahme der neuen Modellgeneration des VW-Konzerns auf den europäischen Märkten allerdings zu einem deutlichen Umschwung und zu beachtlichen Zuwachsraten (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT + VEKTOR: SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + PHYSISCHES WACHSTUM). (22) Insgesamt konnte der VW-Konzern seinen Marktanteil in Europa – einschließlich der Bundesrepublik Deutschland – auf 12,0 (10,7) % verbessern (CONTAINER + VERTIKALITÄT + VEKTOR: FESTE MATERIE).

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(23) Während unsere Produktions- und Montagegesellschaften in Brasilien und Nigeria mehr Fahrzeuge an die Händlerorganisation absetzten, lagen die Absatzzahlen unserer Gesellschaften in Südafrika und besonders in Mexiko unter denen des Vorjahres (CONTAINER + VEKTOR + VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (24) Die stark verringerten Absatzmöglichkeiten im Ausland, namentlich in den USA, zwangen den VW-Konzern zu Beginn des Berichtsjahres, die Zahl seiner Mitarbeiter erheblich zu reduzieren (BELEBTHEIT + CONTAINER + VERTIKALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE + PHYSISCHE GRÖSSE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (25) Die hierzu eingeleiteten unumgänglichen Maßnahmen trugen wesentlich zur Verbesserung der Situation unseres Unternehmens bei (BELEBTHEIT + CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (26) Wegen der unerwartet starken Nachfragesteigerung war es im zweiten Halbjahr erforderlich, in Teilbereichen des Unternehmens die erreichten niedrigeren Belegschaftszahlen durch Ersetzen der natürlichen Fluktuation nicht weiter absinken zu lassen (CONTAINER + VERTIKALITÄT: PHYSISCHE STÄRKE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG + FLÜSSIGE MATERIE). (27) Für eine begrenzte Zahl von Mitarbeitern wurde sogar Mehrarbeit an Samstagen vereinbart (VEKTOR + DILATATION). (28) Die Anfang 1975 im Inland eingeleitete Neuordnung der Vertriebsorganisation durch Zusammenfassung der VW- und Audi-Einzelhandelsstufen wurde mit der zweiten Phase, der Umstrukturierung der Großhandelsebene, abgeschlossen (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + BAUWERK). (29) Damit haben die zum Jahresende 1975 gemeinsam mit den bisherigen Generalvertretungen neu gegründeten Kooperationen die Großhandelsfunktion für den VW-Konzern übernommen (BELEBTHEIT: GRUPPENBILDUNG + FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (30) Mit den größeren, wirkungsvolleren Unternehmenseinheiten wird dem steigenden Kosten- und Wettbewerbsdruck nachhaltig begegnet (VERTIKALITÄT + VEKTOR: PHYSISCHE GRÖSSE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FORTBEWEGUNG). (31) Der VW-Konzern verspricht sich ferner von der gestrafften Vertriebsorganisation neben einer Stärkung seiner Händler auch eine verbesserte Kundenbetreuung (BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: FESTE MATERIE + PHYSISCHE STÄRKE). (32) In den Auslandsmärkten ist die Integration der Vertriebsorganisation auf der Importeur- und Händlerebene weitgehend abgeschlossen (CONTAINER + VERTIKALITÄT: BAUWERK). (33) 1975 haben wir im wesentlichen durch die verstärkten Maßnahmen zur Kostenreduzierung eine Umkehrung des Ertragstrends erreicht (VEKTOR: PHYSISCHE STÄRKE + FORTBEWEGUNG). (34) Im VW-Konzern wie auch

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bei der Volkswagenwerk AG wurde in den letzten Monaten des Berichtsjahres wieder in der Gewinnzone gearbeitet (CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (35) Die erwirtschafteten Gewinne reichten jedoch nicht aus, um die in den vorhergehenden Monaten angefallenen Verluste auszugleichen (HORIZONTALITÄT + CONTAINER + VERTIKALITÄT: SPORT/SPIEL + FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT), (36) zumal in diesem Zeitraum erhebliche zusätzliche Aufwendungen, insbesondere für Aufhebungsverträge, anfielen (CONTAINER + VERTIKALITÄT + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (37) Trotz der ungenügenden Kapazitätsauslastung ist es gelungen, den Jahresfehlbetrag gegenüber dem Vorjahr erheblich geringer zu halten (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (38) Für den VWKonzern wird für das Geschäftsjahr 1975 ein Jahresfehlbetrag von 157 Millionen DM ausgewiesen (CONTAINER + VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (39) Der Jahresfehlbetrag der Volkswagenwerk AG beträgt für das abgelaufene Geschäftsjahr 145 Millionen DM (VERTIKALITÄT: FORTBEWEGUNG). (40) Nach Berücksichtigung des Verlustvortrages aus dem Jahre 1974 und einer geringen Entnahme aus der Rücklage für die Lastenausgleichs-Vermögensabgabe ergibt sich ein Bilanzverlust von 693 Millionen DM (CONTAINER + HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT), (41) der auf neue Rechnung vorgetragen wird (HORIZONTALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (42) Der Vorstand geht davon aus, daß der Verlustvortrag durch Gewinne ausgeglichen werden kann, die in den nächsten Jahren zu erwirtschaften sind (BELEBTHEIT + CONTAINER + HORIZONTALITÄT: FORTBEWEGUNG + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SPORT/SPIEL). (43) Der entstandene Bilanzverlust läßt es nicht zu, für 1975 eine Dividende zu zahlen (BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT).“ (Volkswagen Geschäftsbericht 1975, 10-11) Vergleicht man die Konzeptualisierungen im obigen VW-Text zum Jahr 1975 mit den bisherigen Ergebnissen in den Briefen an die Aktionäre, dann fällt u. a. die Art der Verwendung der FORTBEWEGUNGS-Metapher ins Auge. Während der Siemens-Text neun Aktualisierungen von FORTBEWEGUNG aufwies, der COMMERZBANK-Text vier und der BASF-Text zwei Aktualisierungen, weist der VW-Text fünfzehn Aktualisierungen auf. In den Texten zum Jahr 2005 konnte die FORTBEWEGUNGS-Metapher als ein zentraler Bestandteil des WEGModells nachgewiesen werden. Betrachtet man die konzeptuelle Einbettung der FORTBEWEGUNGS-Metapher im VW-Text zum Jahr 1975, fällt eine im

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Unterschied zu den Texten zu 2005 völlig andere textuelle Funktion dieser Metapher auf. Insgesamt wird FORTBEWEGUNG dreizehnmal für gesellschaftlich-wirtschaftliche Ereignisse verwendet, die die Außenwelt des Unternehmens darstellen. Lediglich in den Sequenzen S33 und S42 bezieht sich FORTBEWEGUNG auf das Unternehmen selbst. Dabei wird jedoch nicht die Dynamik eines WEG-Modells (wie in den Texten zu 2005) konzeptualisiert. In S33 dient FORTBEWEGUNG zur Konzeptualisierung eines reaktiven Handlungsverlaufs, gekennzeichnet durch die vektoriale Ausrichtung der Metapher VERWIRKLICHUNG VON KOSTENREDUZIERUNG IST RICHTUNGSVERÄNDERNDE FORTBEWEGUNG AUF EIN ZIEL HIN. Dieses Ziel stellt jedoch nicht – wie in den Texten zum Jahr 2005 – ein Fernziel für die dynamische Bewegung des gesamten Unternehmens dar, sondern bezieht sich lediglich auf Teilaspekte der unternehmerischen Tätigkeiten (wie in S33) oder auf Teilbereiche des Unternehmens wie in S42, wo FORTBEWEGUNG sich lediglich auf den Vorstand bezieht: ANNAHMEN DER UNTERNEHMENSLEITUNG ÜBER DIE ZUKUNFT IST FORTBEWEGUNG DES LEITUNGSORGANS („Der Vorstand geht davon aus“). Im Vergleich zu den Texten zu 2005 fällt auch im obigen VW-Text die konzeptualisierte Statik in den Aussagen, die sich auf das Unternehmen selbst beziehen, ins Auge. Obwohl im VW-Text – deutlicher als die anderen obigen Texte aus den 70er Jahren – der thematische Schwerpunkt auf Ereignisse außerhalb des Unternehmens gelegt wird, fällt auch in diesem Text eine ähnliche bildschematische Schwerpunktsetzung wie in den obigen Texten um die 2. Hälfte der 70er Jahre auf. So dominieren im VW-Text die Bild-Schemata CONTAINER und VERTIKALITÄT mit jeweils 26 Aktualisierungen für VERTIKALITÄT und 22 Aktualisierungen für CONTAINER deutlich gegenüber der Frequenz der übrigen Bild-Schemata im gleichen Text (HORIZONTALITÄT 14, BELEBTHEIT 14 und VEKTOR 13 Aktualisierungen). Somit fungiert CONTAINER als der begrenzende Rahmen für alle metaphorischen Bewegungen, die entweder im CONTAINER ablaufen oder in den CONTAINER hinein bzw. aus ihm heraus bewegen. Die Offenheit des WEG-Modells der Texte zu 2005 fehlt bezüglich des Unternehmens als Ganzheit hier völlig. Dies hängt auch damit zusammen, dass VEKTOR eine andere Funktion im VWText zu 1975 als in den Texten zu 2005 hat. Die Statik in den Konzeptualisierungen zum Unternehmen kommt im VW-Beispiel auch dadurch zum Ausdruck, dass das VEKTOR-Schema, das in den Texten zu 2005 generell als prototypisches Bild-Schema für Dynamik angesehen werden kann, sich im VWText oben entweder nur auf Teilbereiche des Unternehmens (S22, S23, S27, S33 und S36) oder auf gesellschaftlich-wirtschaftliche Ereignisse bezieht (S2 und S5). Lediglich zwei Aktualisierungen des VEKTOR-Schemas beziehen sich auf das

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Unternehmen als Ganzes: In S21 als Reaktion des Unternehmens auf Marktbedingungen und in S30 auf die allgemeine Kosten- und Wettbewerbssituation. Eine Konzeptualisierung eines WEG-Modells anhand des VEKTORSchemas fehlt völlig im VW-Text zu 1975. Betrachtet man die Anzahl der Sequenzen mit lediglich bild-schematischer Konzeptualisierung im VW-Text, fällt auf, dass von insgesamt 43 zusammenhängenden Konzeptualisierungs-Sequenzen lediglich eine Sequenz (S27) BildSchemata ohne metaphorische Spezifizierungen enthält. Dieser Befund verstärkt die schon weiter oben gemachten Beobachtungen, dass eine mögliche Unterschiedlichkeit in den Konzeptualisierungen der Texte um die 2. Hälfte der 70er Jahre im Vergleich zu den heutigen Briefen an die Aktionäre nicht in einem quantitativ unterschiedlichen Grad der konzeptuellen Metaphorisierung von Texten gesucht werden kann. Was die Bild-Schemata betrifft, weist auch der VWText oben eine Ubiquität auf, denn sie treten in sämtlichen Sequenzen auf. Im nächsten Schritt sollen die bisher vorliegenden Ergebnisse mit dem letzten Vergleichstext – dem Brief an die Aktionäre der Lufthansa zum Geschäftsjahr 1980 – verglichen werden, bevor abschließend eine Gesamtdiskussion der Ergebnisse des vorliegenden Kapitels vorgenommen wird. Lufthansa 1980: „(1) Wenn die Deutsche Lufthansa Ihnen einen ausgeglichenen, leicht positiven Abschluß vorlegt, während viele renommierte Gesellschaften Verluste ausweisen, wird nach den Gründen für den relativen Erfolg gefragt (BELEBTHEIT + HORIZONTALITÄT: SPORT/SPIEL + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (2) Die Antwort lautet: Lufthansa hat mit einer gesunden Firmen- und Finanzpolitik über viele Jahre die Grundlagen geschaffen, auch einmal einen Sturm abreiten zu können (BELEBTHEIT + VERTIKALITÄT: AUDITIVE WAHRNEHMUNG + WOHLBEFINDEN + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + WETTERLAGE + REITEN). (3) Das Unternehmen ist in das kritischste Jahr der Geschichte der Zivilluftfahrt mit einer modernen Langstreckenflotte geflogen (BELEBTHEIT + CONTAINER + VEKTOR: FLUGVERHALTEN + FORTBEWEGUNG + RÄUMLICHE DISTANZ + SCHIFFFAHRT) (4) und hat Ende des Jahres die erste von 32 Boeing 737-230 übernommen, mit denen die Erneuerung der Kontinentalflotte abgeschlossen wird (BELEBTHEIT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + SCHIFFFAHRT + BAUWERK). (5) Die großen Investitionen in die Zukunft belasten zwar auch das Ergebnis, verbessern jedoch nachhaltig die Wirtschaftlichkeit, vor allem durch hohe Einsparungen bei den

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Betriebskosten (CONTAINER + VERTIKALITÄT: FESTE MATERIE + GEWICHT + SPORT/SPIEL + RÄUMLICHE DISTANZ). (6) Die konservative Finanzpolitik wurde auch 1980 durchgehalten (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (7) Mit einer Abschreibung ihres Geräts über nur zehn Jahre und der Ausschöpfung der Sonderabschreibungsmöglichkeiten ist die Lufthansa eine der wenigen Gesellschaften, denen die Substanzerhaltung noch gelungen ist (VERTIKALITÄT + CONTAINER + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (8) Zu dem Bestehen des Jahres 1980 beigetragen hat auch eine stetige Produkt- und Tarifpolitik, die an hoher Qualität und einer vernünftigen Tarifstruktur festhält (VEKTOR + VERTIKALITÄT + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (9) So konnte der gute Vollzahler-Anteil trotz Wucherns von Billigtarifen gehalten werden (BELEBTHEIT: FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (10) Mit der Erneuerung der Flotte sind allerdings die Grenzen der Produktivitätssteigerung über das Gerät vorerst ausgeschöpft (VERTIKALITÄT + CONTAINER: SCHIFFFAHRT + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (11) In den nächsten Jahren wird die Produktivitätssteigerung weitgehend über noch größere Effizienz der Mitarbeiter, der Arbeitsabläufe und der Organisation erzielt werden müssen (VEKTOR + VERTIKALITÄT + CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (12) Die Planung wird wesentlich erschwert dadurch, daß sich ihre Prämissen immer häufiger und unberechenbarer ändern (VEKTOR: GEWICHT). (13) Nicht einmal die Erwartungen für das Jahr 1981 lassen sich heute mit einiger Gewißheit einschätzen (VEKTOR + CONTAINER). (14) Die pessimistische Prognose wird von der stagnierenden Nachfrage bestätigt (BELEBTHEIT). (15) Andererseits hat sich die Ölpreissteigerung geringfügig abgeflacht (VERTIKALITÄT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT + FESTE MATERIE). (16) Die Erträge konnten den Kosten seit dem 1. April besser angepaßt werden (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (17) Auch Wechselkursverschiebungen haben zu einer geringen Verbesserung der rechnerischen Erwartungen beigetragen (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (18) Der Vorstand hat darüber hinaus eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit eingeleitet (VERTIKALITÄT + CONTAINER + BELEBTHEIT: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT): (19) bessere Anpassung der Kapazität an die schwankende Nachfrage (VEKTOR: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT), (20) Überprüfung der Streckenstruktur und des Personalbestands sind vordringliche Aufgaben (VERTIKALITÄT + HORIZONTALITÄT: RÄUMLICHE DISTANZ + FESTE MATERIE + KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (21) Unsere Aktionäre können erwarten, daß trotz bislang unbefriedigender Ergebnisse alles unternommen wird, um im internationalen Vergleich zu bestehen (VERTIKALITÄT +

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CONTAINER: KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT). (22) Längerfristig werden die großen Investitionen in die Zukunft und eine weiter konsequente Unternehmenspolitik eine ausgewogene Entwicklung von Substanz und Ertrag sichern helfen (VEKTOR + CONTAINER + BELEBTHEIT: FESTE MATERIE).“ (Lufthansa Geschäftsbericht 1980, 2) Konnte die FORTBEWEGUNGS-Metapher noch als eine dominante Metapher im VW-Text zum Jahr 1975 nachgewiesen werden, fehlt sie fast vollständig im obigen Lufthansa-Text zu 1980. Lediglich in S3/Lufthansa 1980 wird FORTBEWEGUNG als Spezifizierung für die Bild-Schemata VEKTOR und CONTAINER verwendet: FINANZIELLE ENTWICKLUNG DES UNTERNEHMENS IST FORTBEWEGENDES FLUGVERHALTEN IN EINEN CONTAINER HINEIN.3 Damit wird auch hier wieder beispielhaft in S3 ein Charakteristikum für den Lufthansa-Text aufzeigbar, das typisch für die Briefe an die Aktionäre der 2. Hälfte der 70er Jahre im Vergleich zu den heutigen ist: Als prototypische Konzeptualisierung wird nicht das WEG-Modell benutzt, sondern zentrales bild-schematisches Element ist das CONTAINER-Schema. Das BildSchema HORIZONTALITÄT, das als zentraler Bestandteil des WEG-Modells der heutigen Briefe an die Aktionäre identifiziert werden konnte, spielt schon aus quantitativer Sicht eine unwesentliche Rolle im obigen Lufthansa-Text (insgesamt zweimal verwendet). Somit fungiert CONTAINER in S3 als bild-schematischer Rahmen für FORTBEWEGUNG, die in den CONTAINER hinein und damit auch als abschließbar bzw. begrenzbar konzeptualisiert wird. Betrachtet man die konzeptuellen Metaphern, die als Spezifizierungen für die Bild-Schemata im obigen Lufthansa-Text verwendet werden, fällt die dominante Aktualisierung von KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT auf (16 mal von insgesamt 38 Aktualisierungen konzeptueller Metaphern). Hauptsächlich als metaphorische Spezifizierung für die Bild-Schemata BELEBTHEIT und CONTAINER – entweder für das eigene oder für andere Unternehmen – wird durch diese Konzeptualisierung der konzeptuelle Fokus im Lufthansa-Text zu 1980 auf unterschiedliche Teilaspekte des Unternehmens gelegt. So stehen einzelne Abteilungen, einzelne Maßnahmen des Unternehmens, einzelne rechnerische Betrachtungsweisen dessen, was das Unternehmen geleistet hat etc. im Zentrum der Darstellungen. Diese Form der Anhäufung einzelner Teilaspekte des Berichtsjahres führen dazu, dass das Unternehmen in den Einzelausführungen nicht aus einem Ganzheitsaspekt heraus dargestellt werden kann. Logischerweise fehlt dann auch im obigen Lufthansa-Text die Dynamik in Bezug auf die holistische 3

Die zusätzlichen Konzeptualisierungen in S3, nämlich dass das Jahr als das „kritischste“ (BELEBTHEIT) und die Fortbewegungsobjekte als „Langstreckenflotte“ (SCHIFFFAHRT) angegeben werden, sei hier nur am Rande erwähnt.

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Konzeptualisierung des Unternehmens, welche generell für die Texte zum Geschäftsjahr 2005 in Kap. 10.1 aufgezeigt werden konnte. Konnte in allen bisherigen Briefen an die Aktionäre eine echte Ubiquität bezüglich der Bild-Schemata nachgewiesen werden, so bestätigt sich dieser Befund auch im Lufthansa-Text: von insgesamt 22 Sequenzen enthalten 2 Sequenzen keine metaphorischen Spezifizierungen, sondern lediglich Bild-Schemata (S13 und S14), was die Bild-Schemata auch im obigen Lufthansa-Text zum zentralen Konzeptualisierungs-Instrument macht.

10.3 Zusammenfassende Auswertung der Konzeptualisierungen zu den Briefen an die Aktionäre Sucht man nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Konzeptualisierungen der zwei Zeitperioden, die im vorliegenden Kapitel untersucht werden, fällt auf, dass die Unterschiede weniger in der Verwendung unterschiedlicher BildSchemata als vielmehr in der andersartigen Verwendung der gleichen BildSchemata zu suchen sind. Für die Texte zum Jahr 2005 konnte eine durchgehende Dynamisierung in der Konzeptualisierung des eigenen Unternehmens aufgezeigt werden. Dies war vor allem dadurch bedingt, dass das Unternehmen i.d.R. als Ganzes dargestellt wurde und folglich aufgrund der Aktualisierung von FORTBEWEGUNG anhand des WEG-Modells einem ständigen Veränderungsprozess ausgesetzt ist, der sich als vektoriale Fortbewegung auf ein ferner gelegenes Ziel hin greifen ließ. Dies führte in den Briefen an die Aktionäre zu 2005 zu dem für alle Texte kennzeichnenden IKM des WEG-MODELLS, das auf bild-schematischer Ebene vor allem durch HORIZONTALITÄT, VEKTOR und BELEBTHEIT konstituiert wurde. Auf metaphorischer Ebene war vor allem FORTBEWEGUNG ein wesentlicher Bestandteil dieses IKMs. Textübergreifend wird auf metaphorischer Ebene FORTBEWEGUNG als prototypischer Ursprungsbereich für die metaphorische Konzeptualisierung des WEG-Modells verwendet. Entscheidend ist jedoch das Bild-Schema VEKTOR vor allem in Kombination mit HORIZONTALITÄT für die Dynamik, die textübergreifend in der Realisierung des WEG-Modells in diesen Texten zum Ausdruck kommt. Zwar werden teilweise auch andere Bild-Schemata für die Realisierung des WEG-Modells verwendet, wie zum Beispiel VERTIKALITÄT in S23 des Siemens-Textes zu 2005 (KONZERNGEWINNRECHNUNG IST VERTIKALE FORTBEWEGUNG NACH OBEN) oder CONTAINER zur Konzeptualisierung des Zielbereichs „Zukunft“ in S19/Commerzbank 2005. Jedoch stellen diese zusätzlichen Bild-

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Schemata Einzelausnahmen dar, die die Unabgeschlossenheit und Unbegrenztheit im Streckenverlauf des WEG-Modells nicht einschränken. Im Unterschied zur Unabgeschlossenheit des WEG-Modells und zur Dynamisierung des Unternehmens, das sich auf einem solchen Weg befindet, steht das Prinzip der Aufgliederung des Unternehmens in Teilbereiche in den Darstellungen der Texte zur Periode 1974-1980 im Vordergrund. Hierdurch bedingt wird eine andere Konzeptualisierung in der Zielgruppenansprache der Texte dieser Periode verwirklicht. Es handelt sich dabei um eine Statik in der Darstellung, die untypisch für die heutigen Vergleichs-Texte ist. Konstituierende Elemente sind hier wieder die Bild-Schemata, nicht so sehr die konzeptuellen Metaphern. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass andere Bild-Schemata mit prototypischer Funktion in den Texten zu 1974-1980 verwendet werden, die zwar als solche auch in den Texten zu 2005 aktualisiert sind, jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dies sind vor allem die Bild-Schemata CONTAINER und VERTIKALITÄT. In den Texten zu 1974-1980 fungiert CONTAINER als der begrenzende Raum, in dem gewisse Einzelhandlungen im Unternehmen oder einzelne Aspekte unternehmerischer Tätigkeiten getätigt werden. Diese Einzelhandlungen vollziehen sich vor allem in vertikaler Hinsicht. Auf der Ebene der konzeptuellen Metaphern sind es vor allem die Ursprungsbereiche KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT und FESTE MATERIE, die die Statik des IKMs dieser Texte metaphorisch spezifizieren. Wenn z. B. FORTBEWEGUNG aktualisiert wird, so geschieht dies – im Unterschied zu den Texten zu 2005 – als eine durch den CONTAINER begrenzte Möglichkeit der FORTBEWEGUNG (vgl. z. B. BASF 1980, S20; Commerzbank 1975, S21; Siemens 1974/75/S3, S7, S9, S22, S31 und S33; Volkswagen 1975, S1, S2, S26, S35, S42 sowie Lufthansa 1980, S3). Im Unterschied zum IKM der Texte zu 2005, das als dynamisch konzeptualisiertes WEG-Modell für die holistische Unternehmensdarstellung verwendet wird, kann für die hier untersuchten Texte der Periode 1974-1980 interessanterweise eine entgegengesetzte Konzeptualisierungstradition ausgemacht werden. Letztere kennzeichnet sich dadurch, dass im Fall der unternehmensbezogenen Darstellungen Teilaspekte (-bereiche), Teilentwicklungen oder auch Teilhandlungen des Unternehmens im Zentrum der Ausführungen stehen. Zwar ist in solchen Fällen das jeweilige Unternehmen nicht durch Passivität gekennzeichnet, da KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT ein wesentliches konzeptuelles Merkmal dieser zeitlichen Periode darstellt, aber dieses Merkmal ist durch eine räumliche Enge seiner bild-schematischen Struktur geprägt. Dies geschieht in der Regel anhand von CONTAINER als begrenzender konzeptueller Rahmen auch für KÖRPERLICHE TÄTIGKEIT, was noch dadurch verstärkt wird, dass FORTBEWEGUNG vor allem in vertikaler Form aktualisiert wird. Dieses statische

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IKM, das als solches in sämtlichen Analysetexten oben zur Periode 1974-1980 realisiert wird, soll hier zusammenfassend als das CONTAINER-Modell (im Unterschied zum WEG-Modell der Texte zu 2005) bezeichnet werden. Somit kann – im Hinblick auf die hier untersuchen Texte – die Frage bejaht werden, die zu Beginn des vorliegenden 10. Kapitels gestellt wurde, nämlich, ob sich prototypisch verwendete IKMs diachron innerhalb einer Kultur verändern (können); hier untersucht anhand einer spezifischen Textsorte. Die Ursachen für die konzeptuellen Veränderungsprozesse können verschiedener Art sein. Auch können diese Ursachen nicht an dieser Stelle im Einzelnen behandelt werden. Betrachtet man jedoch die thematischen Aussagen der Texte, dann kann der Auslöser für diesen diachronen Wandel auf textueller Ebene einsichtig gemacht werden. So befassen sich die Texte zu den Jahren 1974-1980 vor allem mit numerischer Informationsvermittlung, die faktenbezogene Themenbereiche wie z. B. Umsatzentwicklung, Investitionstätigkeiten, Marktanalysen, Entwicklungen einzelner Kerngeschäftsfelder des Unternehmens etc. betrifft. Diese Darstellungsform erklärt sich aus der noch in den 70er Jahren typischen Besitzstruktur von Unternehmensaktien (vgl. die Einleitung in Kap. 10). Die Statik im IKM ist u. a. auch durch die damals noch im Vergleich zu heute vorherrschende Konstanz und nationale Regulierung bzw. teilweise Abgegrenztheit unternehmerischer Tätigkeiten (noch kein europäischer Binnenmarkt und damit noch kein international deregulierter Kapitalverkehr) erklärbar. Es lassen sich also ohne weiteres Anknüpfungspunkte aus dem gesellschaftlich-wirtschaftlichen Alltag auch aus dieser Zeit für die sprachlich-konzeptuelle Textgestaltung finden. Im Unterschied zur Periode 1974-1980 bieten die Briefe an die Aktionäre zum Jahr 2005 weniger detaillierte Sachinformationen. Statt dessen wird das Gewicht auf eine ins Auge fallende Dynamik um ihrer selbst willen durchgehend in allen Texten in der Art der Darstellung des eigenen Unternehmens als Ganzes gelegt. Dies lässt sich aufgrund der sich ständig verändernden Tätigkeitsbedingungen und Besitzstrukturen heutiger Unternehmen (z. B. durch ständige Weiterfusionierbarkeit ohne geografische Einschränkungen) in Kombination mit einer für jedermann mittlerweile international unbegrenzten Zugänglichkeit börsennotierter Aktien erklären. Die Durchschaubarkeit und Zugänglichkeit des gesamten internationalen Börsenmarkts lässt die Konkurrenz um die Aktionäre seitens der Unternehmen ansteigen. Gleichzeitig ist durch die breite Masse der Aktienbesitzer mittlerweile auch eine andere Art des Kommunikationsbedarfs entstanden. Indem die heutigen Ansprechgruppen neben Investoren, Beratern, Analysten und Medien auch vor allem mehr oder weniger schlecht informierte Normalverbraucher ausmachen, werden Zielgruppen nicht mehr allein durch Sachinformation an das Unternehmen gebunden werden können. Dies bewirkt eine zunehmende Rolle des emotionalen Werbe- und Unterhaltungsaspekts in der Informationsvermittlung.

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Diese Entwicklung lässt sich in dem Vergleich der Konzeptualisierungstraditionen der hier untersuchten Textbeispiele nachvollziehen. Die rasanten Umwälzungen in der Hantierung mit unternehmensbezogenen Aspekten, sei es von Seiten der Aktienbesitzer oder von Seiten der Unternehmensführung – letztere bezüglich Image- und Markenführung – beinhaltet ein derart starkes Prinzip der ständigen Veränderung, dass u. a. hieraus das besonders dynamisch geprägte IKM heutiger Briefe an die Aktionäre erklärbar ist. Gleichzeitig ist heutzutage der konzeptuelle Fokus auf das WEG-Modell als ein Weg der Konstanz durch diesen ständigen Veränderungsprozess erklärbar, wobei der Rezipient durch ein Vertrauensverhältnis in die Konstanz des zu beschreitenden Weges an das Unternehmen auf konzeptueller Ebene gebunden werden soll. Anhand des in der vorliegenden Arbeit präsentierten methodischen Zugriffs konnten diese Ergebnisse herausanalysiert werden. Dass das WEG-Modell unternehmensübergreifend verwendet wird, weist auf seine zeitgenössische Relevanz für heutige deutschsprachige Briefe an die Aktionäre hin. Kognitionsmetaphorisch kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass auch im Falle der hier untersuchten Textgruppen diachron sich verändernde gesellschaftlich und kulturgebundene Konzeptualisierungen die non-propositionalen und indirekt propositionalen Aussagen der Briefe an die Aktionäre bestimmen. In welcher Form dieser Befund sich auch in anderen Sprachkulturen äußert, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden und müsste durch entsprechende Untersuchungen anderer originalsprachiger Vergleichstexte Herausgearbeitet werden.

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11. Schlussbetrachtung Im vorliegenden Werk ist der Versuch unternommen worden, die Interrelation zwischen Sprache und Kultur aus der Perspektive konzeptueller Modellbildung vor allem im non-propositionalen Bereich der Sprachverwendung aufzuzeigen. Ausgehend vom Prinzip der Erfahrungsbedingtheit von Wissen konnte gezeigt werden, dass die Intersubjektivität – und damit auch Kommunizierbarkeit – von Aussagen über Welt im hohen Grad durch bild-schematische Deutungsschemata vorgeprägt sind. In welcher Form sich in diesem Punkt eine kulturgebundene Relevanz verschiedener Art in der Verarbeitung von Wissen verbirgt, ist anhand konkreter Beispiele versucht worden aufzuzeigen. Diese Erkenntnis geht weit über den sozialphänomenologischen Ansatz hinaus und hat direkt Konsequenzen interdisziplinärer Art, die alle in eine kulturtheoretisch verankerte Theorie der Sprachverwendung und Textgestaltung einfließen, wie zu zeigen versucht wurde. Wenn jedoch interdisziplinär gearbeitet bzw. geforscht wird, muss man sich die Frage stellen, worin der eigentliche Zweck interdisziplinärer Forschung liegt. Diese Frage kann m. E. letztlich nur dann befriedigend beantwortet werden, wenn es möglich ist, aufgrund des gewählten interdisziplinären Spektrums, Antworten auf bislang offen gebliebene Probleme für die beteiligten Fachdisziplinen zu finden, die aus dem ‚subjektiven‘ Eigenverständnis eines jeweiligen Fachs nicht zu erreichen wären bzw. nicht befriedigend gelöst werden können. Dass dies auch Konsequenzen für die praktische Umsetzbarkeit gewonnener Erkenntnisse im gesellschaftlichen Alltag mit sich bringt, sollte auf der Hand liegen. Besonders im Bereich wirtschaftlichen Handelns ist die Frage der praktischen Relevanz von Forschungserkenntnissen schnell einsichtig. Der Handlungsbereich der Wirtschaft ist auch schon deshalb für interdisziplinäre Untersuchungen besonders geeignet, da er – wie kaum ein anderer gesellschaftlicher Bereich – aufgrund seiner komplexen Gestaltung heutzutage sowohl interdisziplinär ausgefächert ist als auch einen nicht zu übersehenden interkulturell geprägten Handlungsbedarf aufweist. Dass diese Frage Auswirkungen auf die Gestaltung (und Gestaltbarkeit) von Kommunikation hat, steht außer Zweifel. In diesem Punkt hat die vorliegende Arbeit versucht aufzuzeigen, inwieweit eine Kulturbedingtheit (sei es z. B. landesoder unternehmenskultureller Art) in der Verwendung von Sprache weit über den traditionellen rein semantisch-lexikalischen Bereich hinausgehend nachgewiesen werden kann. Dabei ist in dem Sinne Neuland betreten worden, als dass nicht nur die ubiquitäre Relevanz der hier dargestellten bild-schematischen Prägung kognitiver Modelle dargestellt werden konnte, die aufgrund ihrer Ubiquität in verschiedenen Texttypen in gleicher Weise zur Anwendung kommt: in hochgradig fachsprachlich

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geprägten Texten (wie denen aus der Organisationstheorie), über fachsprachliche Texte, die sich in ihrer großen Breitenwirkung an unterschiedlichste Zielgruppen in der Wirtschaft wenden (wie im Fall der textuellen Einstiege in die Jahresberichte), bis hin zu Werbetexten in den neuen und alten Medien. Darüber hinaus konnte auch eine Weiterentwicklung in den für die vorliegende Arbeit zentralen Theorienbereichen mit Hilfe des interdisziplinären Ansatzes erreicht werden. In erster Linie betrifft letzteres die zentrale Stellung der Bild-Schemata für die Ausformulierung von Wissen und Erfahrung in Form von Texten. Unter kognitionsmetaphorischer Perspektive musste eine Korrektur im Stellenwert der Bild-Schemata im Verhältnis zu den konzeptuellen Metaphern/Metonymien vorgenommen werden, was als solches in der bisherigen Forschung zur kognitiven Metapherntheorie noch nicht hinreichend gezeigt worden ist. Dies hängt mit der Untersuchungsmethode im Bereich kognitiver Metaphernforschung zusammen, die traditionell kaum über den phrastischen Rahmen in der Darstellung empirischer Ergebnisse hinausgegangen ist. Indem dadurch bisher das Augenmerk auf die Satzdimension gelenkt war, wurde folglich auch die Aussagekraft dieser Sprachverwendungstheorie, was die Textdimension betrifft, aus den Augen verloren. Einerseits ist dieses Defizit erklärlich durch die rein phrastisch ausgerichtete Argumentationsbasis der Begründer dieser Theorie. Andererseits hätten die Kategorieneinteilungen der konzeptuellen Metaphern in ihren inneren Widersprüchlichkeiten schon längst die Notwendigkeit einer Neubestimmung des Verhältnisses zwischen konzeptuellen Metaphern und Bild-Schemata der Forschung nahe legen müssen. So hat sich aufgrund des definitorischen Selbstverständnisses konzeptueller Metaphern (im Sinne von Lakoff/Johnson 1980) einerseits und Bild-Schemata (im Sinne von Johnson 1987) andererseits eine Kategorienbenennung in Form von ‚bild-schematischen Metaphern‘ als ein Widerspruch in sich erwiesen. Durch eine extensive Anwendung auf konkrete Textbeispiele sollte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass es sich hierbei nicht lediglich um eine Benennungsproblematik handelt. Vielmehr ist die Benennungsschwierigkeit in diesem Bereich ein Symptom für die bisher noch nicht hinreichend erforschte zentrale Bedeutung gerade der Bild-Schemata für die Sprachverwendung. Aufgrund der Beispieltexte ist versucht worden zu verdeutlichen, dass es sich im Fall der Bild-Schemata um weit mehr als ein kognitionsmetaphorisches Detail handelt. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist die Einsicht, dass eine Ubiquität lediglich für die Bild-Schemata angenommen werden kann, da sie ebenso nicht-metaphorische Textsequenzen vorprägen. Dies ist nicht nur für die kognitionsmetaphorische Forschung eine wichtige Einsicht, sondern hieraus entsteht außerdem das interkulturelle Interesse an der textuellen Funktion der Bild-Schemata: Indem Versprachlichung von Wissen erfahrungs- und damit

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auch kulturbedingt ist, ergibt sich jetzt eine Möglichkeit die Kulturdependenz textueller Gestaltung auf konzeptueller Ebene in den Griff zu bekommen. Damit sind gleichzeitig auch die Grenzen der vorliegenden Untersuchung aufgestellt. Es handelt sich im holistischen Sinne um eine ganzheitliche Erfassungsmöglichkeit von Texten in ihrer kulturspezifischen Ausgestaltung, die sich sowohl auf verbale als auch auf nonverbale Darstellungsformen erstrecken kann, wie vor allem in Kap. 8 gezeigt wurde. Diese Holistik bezieht sich auf den konzeptuellen Bereich der Sprachverwendung, nicht jedoch auf den semantischterminologischen Bereich im traditionellen linguistischen Sinn. Gleichzeitig ist die in der vorliegenden Arbeit dargestellte Interrelation zwischen Sprache und Kultur nicht als Ersatz für einen traditionellen linguistischen Umgang mit Sprache zu verstehen, sondern als Ergänzung. Für eine linguistische Begründung holistischer Textgestaltung ist es fraglich, ob ein enges linguistisches Verständnis von Sprache ausreicht oder imstande ist (bzw. Interesse hat) Nonverbalität und Verbalität von Texten einheitlich zu beschreiben. Es ist anzunehmen, dass dies vor allem in der interdisziplinär ausgerichteten Linguistik geleistet werden kann. Dass dieses Ziel nicht ohne eine systematische kulturtheoretische Verankerung von der Konzeptualisierung des Menschen bis hin zur verbalen Ausgestaltung von Texten erreicht werden kann, ist in der vorliegenden Arbeit versucht worden zu zeigen. Der interdisziplinäre ‚Mehrwert‘ ergibt sich aus der Tatsache, dass auch in der interkulturellen Theorienbildung bisherige Inkongruenzen bzw. Widersprüchlichkeiten aufgedeckt und korrigiert werden konnten. Dies betrifft vor allem die dichotome Logik in der Zuordnung zwischen Universalität und Kulturspezifik. Wie in Kap. 4 gezeigt werden konnte, hat diese Logik gerade aufgrund einer dichotomen Ausrichtung kulturtheoretischer Dimensionen zu einer nicht haltbaren Generalisierung individuell bedingter und unterschiedlicher Untersuchungskriterien kultureller Phänomene geführt. Die besondere methodische Bedeutung solcher Einteilungskriterien kultureller Phänomene ergibt sich aus ihrer indigenen methodologischen Funktion, ebenso wie dies bei den Bild-Schemata in Bezug auf die Sprachverwendung der Fall ist, wie zu zeigen versucht wurde. Aus dieser interdisziplinären Konstellation ergeben sich u. a. Konsequenzen für die Theoriengestaltung im Bereich interkultureller Kommunikation. Da es sich bei den Einteilungskriterien zur Bestimmung kulturspezifischer Phänomene nicht um universale Dimensionen handelt, sondern vielmehr um Analyseinstrumente mit indigener Aussagerelevanz auf methodologischem Niveau, wird auch die interkulturelle Forschung mehr denn je gezwungen sein, Einzelergebnisse zu einem Phänomenbereich mit anderen Ergebnissen zum selben Bereich aufgrund anderer Untersuchungsmethoden vergleichend zu diskutieren, um die Aussa-

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gekraft und Haltbarkeit der eigenen Ergebnisse zu validieren (vgl. als Beispiel hierfür die abschließende Diskussion in Kap. 8). Wie in den theoretischen Darstellungen in Kapitel 5 deutlich gemacht wurde, ist die kulturtheoretische Aussagekraft der vorliegenden Arbeit keinesfalls auf den landeskulturellen Bereich beschränkt, sondern ist grundsätzlich für alle Formen sozialer Gemeinschaften relevant. Dies hebt die interdisziplinäre Relevanz der hier gemachten kognitionslinguistischen Befunde auch auf das unternehmenskulturelle Niveau, was bezüglich einer Anwendbarkeit des hier vorgestellten theoretischen Spektrums für den Kommunikationsbereich der Wirtschaft eine unhintergehbare Bedingung darstellt. Interessanterweise lassen sich gerade durch die textstrukturierende Funktion, die die bild-schematische Konzeptualisierung ermöglicht, wenn sie systematisch verwendet wird, betriebswirtschaftliche Desiderate des Kommunikationsmanagements verwirklichen. Somit ist die interdisziplinäre Reichweite der hier vorgestellten Theorie zur Konzeptualisierung letztlich nur durch die interkulturelle Dimension der Bild-Schemata realisierbar. Auch hier zeigt sich der interdisziplinäre ‚Mehrwert‘ darin, dass neue Antworten auf fachspezifische Fragestellungen bzw. Desiderate gefunden werden können; im Fall der unternehmenskulturellen Anwendung der Bild-Schemata als markenstrategisches Profilierungsinstrument in der holistischen Verwendung zentraler Aussagen über eine Marke. Dies ist im Zuge der zunehmenden Bedeutung der neuen Medien vor allem medienübergreifend notwendig geworden, um ein ganzheitliches ‚Auftreten‘ einer Marke zu gewährleisten. In diesem Sinne hat das Analysebeispiel des Unternehmens Hitachi in Kap. 9 neben der prinzipiellen bild-schematischen Diskussion auch eine Veranschaulichungsfunktion für die Umsetzbarkeit des aus dem Bereich der Betriebswirtschaft kommenden Desiderats integrierter Kommunikation im Markenmanagement unter gleichzeitiger Verankerung eines unternehmenskulturellen Profils sowohl online als auch offline. Spätestens an dieser Stelle sind gerade die Sprachwissenschaftler verpflichtet, neue Wege aufzuzeigen, da die Frage der textuellen Umsetzbarkeit integrierter Kommunikation im hohen Grad eine Frage einer holistischen Sprachverwendungstheorie ist. Aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie sollte klar geworden sein, dass die Verwirklichung der integrierten Kommunikation in der konkreten Ausgestaltung einzelner Kommunikationsmittel nicht hinreichend mit einem ausschließlich propositional ausgerichteten Sprachverständnis in der Textgestaltung erreicht werden kann. Hier ist es vor allem der Markenslogan, der als zentrales Kommunikationsinstrument für die Vermittelbarkeit unternehmenskultureller Profile und damit für eine ganzheitliche Markenführung eine zentrale Rolle einnimmt. Unternehmen wie Hitachi haben dies erkannt und versuchen es auch textuell einheitlich umzu-

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setzen. Indiz hierfür ist die Thematisierung der zentralen Ideen, die das Unternehmen selbst mit dem eigenen Markenslogan verbindet, auf der Website des Unternehmens. Solche markenstrategischen Selbstreflexionen finden sich mittlerweile immer mehr auf den Websites internationaler Unternehmen. In diesen Fällen wird der Slogan in völlig anderer Form als in traditionellen Anzeigenwerbungen verwendet. Durch ein Bewusstmachen darüber, in welcher Form bild-schematisch geprägte Markenslogans die Markenführung einheitlich über Online- und Offline-Kommunikationsmittel ermöglichen kann, bekommt das Markenkommunikationsmanagement ein linguistisches Werkzeug zur Realisierung dieser Ziele. Auch in diesem Handlungsbereich der Wirtschaft kann somit die hier vorgestellte Theorie einen konkreten Nutzen anbieten. Dies deshalb, weil aufgrund einer adäquaten Anwendung von Bild-Schemata und ihrer textuellen Umsetzung ein Systematisierungsangebot an das Markenkommunikationsmanagement gerichtet wird. Wie in der theoretischen Einführung in Kap. 9 zu zeigen versucht wurde, sind diese sprachwissenschaftlichen Erkenntnisse ohne weiteres mit den theoretischen Anforderungen, die in diesem betriebswirtschaftlichen Bereich herrschen, in Einklang zu bringen. Hieraus ergeben sich aber auch Konsequenzen auf wissenschaftlichem Niveau bezüglich der Ausrichtung von Werbelehre generell. So ist es fraglich, ob die Werbelehre als theoretischer Bereich überhaupt noch in überzeugender Form Online- und Offline-Kommunikation funktional trennen kann. Letztlich hat dies auch Auswirkungen auf den Werbe-begriff als solchen, der inzwischen weit komplexer geworden ist als noch zur Zeit vor der kommerziellen Nutzung des Internets. Während sich die Analysen in Kap. 8 und 9 mit der synchronen Vergleichbarkeit bild-schematischer Textgestaltung befassen, wird im 10. Kap. die Frage der Kulturdependenz bild-schematischer Sprachverwendung im diachronen Vergleich behandelt. Die Annahme kulturspezifischer Fundierung kognitiver Modelle wird im letztgenannten Kapitel anhand der textübergreifend vorkommenden zentral verwendeten Bild-Schemata bestätigt. Die Annahme geschichtlicher Entwicklung kulturspezifischer kognitiver Modelle, die sich aus dem phänomenologischen Ansatz der Veränderbarkeit von Deutungsschemata aufgrund veränderter Umweltbedingungen ergibt (hier für den Zielgruppenradius wirtschaftlicher Interessegruppen im Zusammenhang mit den Geschäftsberichten), wird in der Analyse in Kap. 10 in dieser Form bestätigt. Dies geschieht, indem textübergreifend wiedererkennbare Kombinationen von Bild-Schemata verwendet werden, die als komplexe kognitive Modelle fungieren. Interessant in diesem Fall ist, dass die zentralen kognitiven Modelle (zeitspezifischen Konzeptualisierungen) als wesentliches Instrument der persuasiven Gestaltung dieser Texte aufgezeigt werden können. Gerade die non-propositionale Funktion der Bild-Schemata

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ermöglicht eine zusätzliche persuasive Einflussmöglichkeit auf den Leser, die nur im textübergreifenden Vergleich aufgedeckt werden kann; jedoch auch wiederum aufgrund ihrer prototypischen Verwendungsmöglichkeit innerhalb eines Kulturraums zielbewusst eingesetzt werden kann. Hieraus ergeben sich systematisch einsetzbare Steuerungsinstrumente für die Rezeption solcher Texte. Die weiter oben angeschnittene übersummative Bedeutung interdisziplinärer Forschung zeigt sich nicht zuletzt auch in der zutiefst kulturtheoretischen Bedeutung und interkulturellen Anwendbarkeit dessen, was in der kognitiven Metapherntheorie bisher als Idealisierte Kognitive Modelle (IKM) bezeichnet worden ist. Erst durch die konsequent kulturtheoretische Verarbeitung der Theorie zu den Bild-Schemata kann die kommunikationssteuernde Funktion der IKMs im Sinne prototypisch in einem kulturellen Umfeld verwendeter und systematisch miteinander kombinierter Bild-Schemata erklärt werden. Dass diese Einsicht bei weitem nicht eine rein sprachwissenschaftliche ist, sondern u. a. ganz konkrete Auswirkungen auf den Alltag der hier untersuchten Handlungsbereiche hat, ist anhand der Analysen versucht worden darzustellen. Es kann nämlich aufgrund der Ergebnisse in Kap. 8 eine Erklärung für mögliche Probleme im Bereich des Personalmanagements gefunden werden. Fragen der Zusammenarbeit und unterschiedliche Auffassungen darüber, in welcher Form einzelne Arbeitsabläufe, Teamwork oder auch das prinzipielle funktionale Integrieren eines Mitarbeiters in multikulturell zusammengesetzten Organisationen im betrieblichen Alltag gelöst werden können, wird schon durch die jeweilige Konzeptualisierungstradition beeinflusst, innerhalb derer ein Entscheidungsträger in der Wirtschaft ausgebildet wird. Hieraus ergeben sich neben den berufsalltäglichen Konsequenzen, wie die oben dargestellten, ebenfalls Konsequenzen für die Frage, welche kognitiven Modelle im Sinne von prototypischen Konzeptualisierungen auf universitärer Ebene in der Ausbildung künftiger Manager ausgewählt werden. Gerade das Bewusstmachen derjenigen Konzeptualisierungen, die im Rahmen einer Ausbildung zentral sind, kann einen vielseitigen Nutzen bezüglich der interkulturellen Kompetenz zukünftiger Manager (was ja immer wieder gefordert wird) zur Folge haben. Dass dies für eine Sensibilisierung im Umgang mit Angehörigen verschiedener Kulturen von Nutzen sein kann, ist einleuchtend. Aber auch ganz konkrete Fragen z. B. bezüglich der Arbeitsführung können durch die Art der Analyse und ihre Ergebnisse, wie dies in Kap. 8 gezeigt wurde, beantwortet werden. Es liegt auf der Hand, dass diese Ergebnisse – wie in allen interkulturellen Untersuchungen – Explikationsmöglichkeiten für Problemfragen eröffnen, die in ihrer jeweiligen Ausformung in der alltäglichen Praxis sehr unterschiedlicher Art sein können und in variierender Intensität antreffbar sind. Als Ausgangspunkt für Problemlösungsstrategien (in diesem Fall in der Personalführung) bieten solche

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Untersuchungen Hilfestellungen. Die Frage nach den kulturell bedingten IKMs im Sinne bild-schematischer kognitiver Modelle sowie ihre Bedeutung für die Praxis kann dann im Rahmen einzelner Situationen korrigiert und spezifiziert werden. In diesem Sinne reihen sich die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit in die methodisch-funktionale Tradition interkultureller Forschung schlechthin ein. Auf keinen Fall dürfen die einzelnen Ergebnisse zu den landeskulturell bedingten IKMs (hier z. B. das ZENTRIFUGALITÄTS- und ZENTRIPETALITÄTSMODELL in Kap. 8) zu einem Festschreiben nationaler Spezifika verleiten. Dies würde nur zur wenig Nutzen bringenden Stereotypisierung von Alltagserscheinungen im betreffenden Handlungsbereich führen. Wissenschaftlich betrachtet dienen diese Ergebnisse also im übertragenen Sinne auch im täglichen Berufsalltag als Ausgangspunkt für erfahrungsbedingte Ergänzungen und Weiterentwicklungen. Erst dann können sie individuell fruchtbringend verarbeitet werden. Die Ergebnisse in Kap. 9 weisen auf Möglichkeiten der ganzheitlichen Markenführung unter der hier eröffneten kognitionslinguistischen Perspektive hin. Wie zu zeigen versucht wurde, besteht ein Bedarf hierfür aus betriebswirtschaftlicher Sicht im Sinne der integrierten Kommunikation. Aber vor allem die Praxis heutiger Markenführung ist durch die neuen Medien vor veränderte Bedingungen für die Umsetzung markenstrategischer Ziele gestellt worden. Diese Entwicklung hat seit dem Beginn der kommerziellen Nutzung des Internets in den 90er Jahren begonnen und ist längst noch nicht abgeschlossen. Damit sind wir – was den werbenden oder persuasiven Aspekt unternehmensexterner Kommunikation betrifft – im 10. Kapitel an die Möglichkeiten, aber gleichzeitig auch an die Grenzen, heutiger Kommunikationstätigkeit, die sich an verschiedene Zielgruppen gleichzeitig richtet, angelangt. Aufgrund einer nicht zu übersehenden diachronen Wandelbarkeit zentraler Konzeptualisierungen in einem Sprachraum kann angenommen werden, dass die in diesem Sinne tradierten Konzeptualisierungen zwar in einem Kulturraum vorkommen. Daraus kann aber gerade aufgrund des Prinzips der erfahrungebedingten Konzeptualisierung – die in unterschiedlichen Sprach- und Kulturräumen unterschiedliche Ausprägungen von Deutungsschemata der Umwelt evozieren können – nicht gefolgert werden, dass eine optimale Zielgruppenansprache durch reine Übersetzungen ausgangssprachlicher Texte erreicht werden kann. Besonders im Bereich internationaler unternehmensexterner Kommunikation ergeben sich hieraus Konsequenzen für die Einsicht in die Notwendigkeit einer zielkulturell adaptierten Übertragung der Kommunikationsmittel von einer Sprache in eine andere, will man einen optimalen Nutzen-Effekt erreichen. Vor einer Übertragung von Sachinhalten von einer Sprache in eine andere wäre es folglich empfehlenswert, zunächst die vorherrschenden kognitiven Modelle in Form von Konzeptualisierungen, die in

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entsprechenden muttersprachlichen Texten der Zielsprache verwendet werden, herauszuanalysieren und in der Zielsprache persuasiv mit den Sachinhalten des Ausgangstextes zu verbinden, um optimalen persuasiven Nutzen zu erreichen. Es sollte deutlich geworden sein, dass es sich hierbei um Bearbeitungen – nicht um Übersetzungen im engeren Sinn – von Texten handelt. Wie solche prototypisch verwendeten kognitiven Modelle erarbeitet werden können, ist nicht zuletzt in Kap. 10 gezeigt worden. Jetzt kann auch die Frage nach dem Verhältnis zwischen Information und Persuasion im Bereich unterneh-mensexterner Kommunikation als die Kombination unternehmensspe-zifischer Sachinformationen und entweder unternehmenskulturellen Werten (Kap. 9) oder diachron wandelbaren Darstellungskonventionen (Kap. 10) beantwortet werden. In der vorliegenden Arbeit wurde der Bereich der Wirtschaft in bewusst unterschiedlichen Kommunikationskontexten ausgewählt, um die Theorie kulturbedingter Konzeptualisierungen, wie sie hier dargestellt worden ist, verdeutlichen zu können. Dabei wurde der Bereich der Wirtschaft deshalb gewählt, weil der Grundbedarf kommunikativen Handelns gerade aufgrund der zunehmenden Globalisierung im heutigen Wirtschaftsleben in ungetrübter Form die Notwendigkeit interkultureller Kompetenz in der Wirtschaft mit sich bringt. Selbst wenn eine Unternehmung eine geozentrische Unternehmenskultur ausprägen will, muss es sich kulturspezifischen Fragen (hier unternehmenskultureller Art) stellen. Somit ist selbst die Wahl einer universalistischen Kommunikationsstrategie in der Wirtschaft nicht von den interkulturellen Ansprüchen im Kommunikationsmanagement loslösbar. Das Kommunikationsmanagement kann seinerseits den kulturspezifischen Fragestellungen nicht mehr schlichtweg anhand von der Übersetzbarkeit von Texten ausweichen. Ob es sich um unternehmensinterne oder -externe Kommunikation handelt: Gerade weil es sich immer auch um kommunikationspraktische Fragen handeln wird, ist die Sprachwissenschaft herausgefordert und imstande konkrete Lösungen anzubieten, wie im vorliegenden Werk zu zeigen versucht wurde. Inwieweit die wissenschaftlichen Erkenntnisse in systematischer Form auch in die Wirtschaft hineingetragen werden, ist letztlich abhängig von der Dialogbereitschaft zwischen Sprachwissenschaft, Kulturtheorie (Interkulturelle Kommunikation) und Wirtschaft(swissenschaften).

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Schriftenreihe Interkulturelle Wirtschaftskommunikation Band

1 Jürgen Bolten (Hrsg.): Cross Culture − Interkulturelles Handeln in der Wirtschaft, 2., überarb. Aufl. 1999

Band

2 Jürgen Bolten, Marion Dathe (Hrsg.): Transformation und Integration. Aktuelle Probleme und Perspektiven west-/osteuropäischer Wirtschaftsbeziehungen, 1995

Band

3 Jürgen Bolten, Marion Dathe, Susanne Kirchmeyer, Klaus Klott, Peter Witchalls, Sabine Ziebell-Drabo: Lehrwerke und Lehrmaterialien für die Wirtschaftsfremdsprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch, 1995

Band

4 Christoph I. Barmeyer, Jürgen Bolten (Hrsg.): Interkulturelle Personalorganisation, 1998

Band

5 Michael Hasenstab: Interkulturelles Management. Bestandsaufnahme und Perspektiven, 1999

Band

6 Jürgen Bolten, Daniela Schröter (Hrsg.): Im Netzwerk interkulturellen Handelns: Theoretische und praktische Perspektiven der interkulturellen Kommunikationsforschung, 2002

Band

7 Jochen Strähle (Hrsg.): Interkulturelle Mergers & Acquisitions. Eine interdisziplinäre Perspektive, 2003

Band

8 Stefanie Rathje: Unternehmenskultur als Interkultur. Entwicklung und Gestaltung interkultureller Unternehmenskultur am Beispiel deutscher Unternehmen in Thailand, 2004

Band

9 Jürgen Bolten (Hrsg.): Interkulturelles Handeln in der Wirtschaft. Positionen, Modelle, Perspektiven, Projekte, 2004

Band 10 Tanja Emmerling (Hrsg.): Projekte und Kooperationen im interkulturellen Kontext. Interdisziplinäre Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis, 2005 Band 11 Daniel Tsann-ching Lo: Die Bedeutung kultureller Selbst- und Fremdbilder in der Wirtschaft. Zum Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan 1960-2000, 2005 Band 12 Yaling Pan: Interkulturelle Kompetenz als Prozess. Modell und Konzept für das Germanistikstudium in China aufgrund einer empirischen Untersuchung, 2008 Band 13 Sylke Piéch: Das Wissenspotenzial der Expatriates. Zur Prozessoptimierung von Auslandsentsendungen, 2009 Band 14 Christoph I. Barmeyer, Jürgen Bolten (Hrsg.): Interkulturelle Personal- und Organisationsentwicklung, 2010 Band 15 Christopher M. Schmidt: Kognitive Modelle in der Wirtschaftskommunikation. Eine kognitionslinguistische Fundierung kulturbedingter Konzeptualisierung, 2010