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German Pages 207 [212] Year 1815
Jakob Thomson'S
Jahreszeiten üdersetzt von
I. C. W. Neuendorff.
Dichter sind reine Kiesel, an die der schöne Himmel und die schöne Erde und die -eilige Religion anschlagen, dag die Funken fliegen. M. Claudius.
Berlin in der Realschulbirchhandluni 8 i $.
Dem
Herrn
Prediger
Friedrich Pischon zu Berlin
der Verfasser.
Air, Du Lieber, Theurer, auch vor der Welt zu bejeugeu, wie unaussprechlich viel Du mir gewesen bist, Dir öffentlich zu danken für die Liebe, die Du aus Deinem reichen Herzen so voll und vielfach auf mich ergossen hast; ein Denkmal und eine Weihe zu geben den zahllosen glücklichen Tagen, die wir in Scherz und Ernst zusammen verlebt; und unsern alten Bund für Zeit und Ewigkeit feierlich zu erneuen: widme ich
Dir
diesen Erstlingsversuch,
der unter
Deiner Pflege erwuchs und reifte. Die Mängel eines Geschenks vermindern ja den Werth dev Gabe nicht,
die mit Liebe gegeben und mit
Uebt empfangen wird.
Und so wende
ich
— wenn es vergönnt ist, das Kleine mit dem Großen zu vergleichen —
Lasso's Worte
auf mich an: Wie der Mensch nur sagen kann: „Hie bin ich!" Daß Freunde seiner schonend sich erfreun: So kann ich auch nur sagen: „Nimm es hin."
Vorbericht.
Lindem ich mit diesem Werke meinen ersten Ausflug wage, und indem ich einen Dichter einführe, der in vieleir Hinsichten dem Geist und Geschmack dieser Zeit widerstrebt: wie möchte ich wohl das Gefühl der Schüchternheit überwinden? Der Engländer mag seine Sache allein aUsfechten, aber sein Ueberseher ist von seinem Werke dem deutschen Leser Rechenschaft schuldig. Diesjährige beharrliche Liebe zu Thomson, zu seiner Unschuld, Wahrheit und Frömmigkeit ward mir der erste und dauernde Antrieb, ihn zu übersetzen; die Ermunterungen Mehrerer nährten den Gedanken,
die Arbeit für
einen weitern Kreis von Lesern zu bestimmen; die öffentliche Aufforderung Wieland's hiezu im Deutschen Merkur 1810 reifte ihn. Harrie'ö Ueberfttzung (Altona 1796) würde mich von dem Unternehmen abgehalten haben, wenn ich mich überzeugen könnte, daß Anmuth und Zierlichkeit größere
Verdienste
des
Uebersctzers
seyen,
als
gewissenhafte Treue. Und da ich diese im Ganzen und-Einzelnen vermißte, indem Thomson's
5400Verse bei Harrie's um
960
gewachsen sind.
VIII
D o r v e r i ch t.
so spornte mich seine Arbeit noch mehr zu dem Versuche, das Urbild Vers für Vers mit möglichster Treue ins Deutsche zu übertragen. Keiner fühlt eS mehr, als ich selbst, wie ungeübt und schwach ich hie und da gerungen habe, und wie sichtbar daS Ganze die Spuren dieses mühsamen Ringens an sich trägt: aber ich fühle auch zugleich, daß mir im Kampf die Kräfte gewachsen sind, und gestehe deshalb gern, daß das Werk — nach Jahren herausgegeben — mehr Vollendung gewonnen hätte. Indeß, sollte es überhaupt keine Liebhaber finden, so ist für den ersten Versuch wohl genug geschehen, erwirbt es hingegen eine freundliche Aufnahme, so werde ich nicht aufhören, Kraft und Zeit daran zu setzen, um es des Kennerbeifalls würdiger zu machen. Die häufig vorkommenden weiblichen Versendungen erkenne ich als einen Mangel der Uebersetzung, der mir aber hinwegzuschaffcn unmöglich war; die öftere Vertauschung der beiden Anfangsjamben mit einem Choriambus dagegen ist absichtlich geschehen, weil ich sie bei Thomson fand; so wie auch hie und da, wie in allen jambischen Dichtungen, ein Anapäst statt des Jambus mir Recht gebraucht ist. Lenzerwische bei Lenzen an der Elbe im Febr. 1815.
N.
Inhalt des Frühlings. D«« Stoff wird vorgelegt und der Gräfin von Hartford gewidmet.
Die Jahreszeit wird geschildert, wie sie auf die ver
schiedenen Theile der Natur wirkt —- vom Niedern zum Höher» aufsteigend, mit Abschweifungen, durch den Gegenstand veranlaßt. Ihr Einfluß
auf die unbelebten Stoffe,
auf di- Pflanzenwels,
auf das Thierreich, auf den Menschen; zuletzt eine Warnung vor der wilden regellosen Liebe, im Gegensatz mit der von einer reinern und glücklichern Art.
Inhalt des Sommers. Der Stoff wird vorgelegt,
die Begeisterung, angerufen, der
Gesang Dodington geweiht.
Einleitende Betrachtung über
die Bewegung der Himmelskörper und die daraus entspringende Folge der Jahreszeiten.
Da das Antlitz der Natur in dieser
Jahreszeit meistens gleichförmig ist, so giebt das fortschreitende Gedicht die Schilderung eines Sommertags. Dämmerung. nenaufgang.
Lobgesang an die Sonne.
in fetten.
Das Heuen.
Waldsitz.
Rinder - und Schafheerden.
Die Schafschur.
er ein sinniges Gemüth rührt. Landschaft.
Vormittag. Mittag.
Son
Sommer-
Ein einsamer
Ein feierlicher Hain; wie
Ein Wasserfall und eine wilde
Ein Blick auf den Sommer im heißen Erdgürtel.
Sturm mit Donner und Blitz. Nachmittag auf den Sturm.
Eine Erzählung. Das Baden.
Ein heiterer
Stunde des Lust-
Ivandelns.
Uebergang zur Ansicht einer reichen wohlbebauten
Landschaft,
veranlassend
einen Lobgesang auf Großbrittanien.
Sonnenuntergang. Abend. Nacht. Lufterscheinungen. Ein Comet. Das Ganze schließt mit einem Lobe der Weisheit.
Inhalt des Herbstes. Der Stoff wird vorgelegt und Onslow zugeeignet. sicht auf erntereif* Felder. -um i'ebe des Fleißes. bezieht.
Das Ernten.
Ein Sturm in der Ernte.
Grausame desselben.
Aus
Hieraus entspringende Bemerkungen Erzählung,
die sich darauf
Schießen und Jagen; da6
Komische Erzählung eines Jagdschmauses;
Blick auf einen Obstgarten.
Geländerfrüchte.
Ein Weinberg.
Beschreibung von Nebeln, wie sie im Spätherbst häufig sind; abschweifendes Nachforschen über den Ursprung der Quellen und Ströme.
Zugvögel.
inseln Schottlands.
Menge derselben auf den Nord - und WestBlick auf dies Land.
welkenden Waldungen. Tage.
Ansicht der entfärbten
Mondlicht nach einem sanften trüben
Herbstliche Lufterscheinungen.
Der Morgen; ein heitrer,
reiner, sonniger Tag. Ländlicher Jubel nach eingesammelter Ernte. Das Ganze
schließt mit einem Lobe des philosophischen Land
lebens.
Inhalt des Winters. Der Stoff wird vorgelegt und dem Grafen v. Wilmington zugeeignet.
Erstes Annähern des Winters.
Verschiedne Stürme
nach dem natürlichen Laufe der Jahreszeit. Regen. Wind. Schnee. Schneetreiben.
Ein Mann, der darin umkömmt.
über Mangel und Noth des menschlichen Lebens. den Alpen und Apenninen herabsteigend. Thauwetter,
Wölfe, von
Ein Winterabend des
Philosophen, des Landmanns., des Städters. Winter deS Polarkreises.
Betrachtungen
Oer Frost.
Der
daS Ganze schließt mit
Betrachtungen über einen künftigen Zustand.
Frühling.
^otttttt
holder
Lenz, o
Himmelsmilde, komm,
Und von dem Busen jenes ThaugewilkS Entsteig, verhüllt in dichte Rosenschatten, Weil rings Musik erwacht, auf unsre Flur.
O Hartford, gleich geschickt um Hof zu glänzen Mit unerzwungner Anmuth, wie durch Fluren
5
Zu wandeln, Einfalt mit dem Tiefsin» hold Vereinigend, 0 lausche meinem Sang, Der deine Jahrzeit malt, wann rings umher Die Schöpfung mild und blühend ist, wie du!
10
Und siehe, wie der mürr'sche Winter fleucht Zum fernen Nord und seinen Stürmen ruft. Die weichen folgsam vom umheulten Hügel, Zerzausten Wald und vom verheerten Thal. Ein sanst'res Wehen folgt, bei dessen Hauch In trübe Finthen sich der Schnee verliert, Der Berg sei» grünes Haupt zum Himmel hebt. Doch unstät zitternd schwanket noch das Jahr; Oft schickt der Winter scharfen Abendhauch; A
15
1
F v ü s) 1 i » g.
Beeist de» blaffen Morgen und entstellt
20
Durch stöbernd Schnei'» den Tag, daß kaum di» Zeit Der Sterncnreiher kennt, gesenktes Schnabels
zu schüttern, noch der Kiebitz, Haide hinzustreichen,
Den hall'nden Sumpf Vom Ufer durch die
Und wilden Ton der Wüstenei zu singen.
25
Die güt'ge Sonn' entrollt dem Widder endlich, Der helle Stier empfängt sie: Kalte krampst De» weiten Luftraüm langer nicht zusammen. Nein, voll von Leben und von Lebenshauch Erhebt er licht Gewölk und breitet's dünn
30
Und weiß und wollicht durch des Himmels All. Ausströmen lau? Lüft' und greuzenlos Die Erd entbindend, wallt die rege Milde. Doll Freude spürt der ungeduldge Landmann Die mildere Natur und treibt die Stiere
zz
Aus ihrem Stall zum wohlgenutztcn Pflug, Der, frostentfeffelt, in der Furche liegt: Dort bieten sie dem angeschirrten Joch Die Schulter willig dar, ihr Werk beginnend, Ergötzt durch Lerchcnsanq und schlichtes Lied»
40
Indeß sich über die geschliffne Schaar Der Treiber lehnt, hinweg die Schollen räumt, Das Ganze lenkt und seitwärts Furchen wirft. — Weiß schreitet durch das nächste Feld der Sämann Gemeßnes Schritts und streut das Samenkorn Freigebig in der Erde treuen Schoß. — Die rauhe Egge folgt und schließt die Scene.
45
Frühling.
3
gnädig Himmel, denn des Menschen Fleiß That nun sein Theil.
Ihr Segenslüste, weht,
Du sanfter Thau, ihr milden Schanr, herab!
50
Und alles mische d« zur Jahressülle O Sonne, Weltbclebende! Doch ihr, Die ihr in Stolz und Schwelgerreichthnm lebt, Wähnt eurer unwerth nicht den niedern Stoff. Ihn sang auch Maro einst, der Ländliche,
55
Der Länderfürstin Rom, in voller Höhe Des Kunstgefühls, das Griechenland geläutert. — Vordem beschäftigte der heilge Pflug Die Könige und hehren Menschenväter, Und Svmmertagsgeschöpfe nur sind eure Jnsektenschwärme gegen jene, die
Unmuth, Groll, gewundne Ranke, Der feige Trug, die raubrische Gewalt, Bis jedes menschliche Gefühl erlischt
305
Und freudlos wilde Unempfindlichkeit Das Herz versteinert.
Die Natur, gestört.
Scheint racherisch aus ihrer Bahn gewichen. Daher die Fluth in alter grauer Zeit, Als jenes tiefgespaltne Rund — umwölbend
310
Das unterirdische Meer — unbändig stürzte, Zum Abgrund hin, mit allgemeinem Bersten, Und ob den Bergen der zerbroch'nen Erde Weit fuhr die Wog' im wüsten Wellenschlag Vis von dem Kern zum strömenden Gewölk'
315
Ein uferloses Meer die Erd' umtaumelt. Mit strengrer Macht belasteten seitdem Die Jahreszelten eine kranke Welt: Der Winter goß sein Meer von Schnee; es strömte Der Sommer glühende Pest.
Zuvor durchgrünt
320
Ein großer Lenz das Jahr; auf Einem Zweig Erglüht' in süßer Nahe, Blüth' und Frucht. Rein war die mildre Luft und ebne Stille Herrscht' immerdar; nur Zephir hauchte schmeichelnd Durch blaue Wölbung; Stürme wußten noch Zu schnauben nicht, Orcane nicht zu rasen, Gesund schlief das Gewässer; Schwefelnacht
325
Frühling.
13
Sit Lüsten schwellend, sandte nicht den Blitz; Auch siecher Dampf und kalter Herbstesnebel H ng nicht, erschlaffend, an des Lebens Keim. 330 Doch jetzo, roher Elemente Spott, Von Licht zu Nacht gedrängt, von Hitz' in Frost, Von Dürr in Näß' — ein heimlich fressend Wechseln — Verschrumpfen unsre Kummertag' in Nichts. Zhr Zeitraum schließt, noch eh' er wohl begann.
335
Und dennoch stirbt der Erde heilsam Kraut Obgleich mit reiner, herzerquickender Gesundheit, Nahrung und mit Lebenskraft Noch reichlicher begabt als Kunst erforscht;
Denn heiss von Mordsucht ward der blut'ge Meusch Des Feldes Löwe nun und ärger noch. 341 Der Wölf, der nächtlich aus der Hürde wild Die blöckende Beute zieht, trank nie die Milch, Trug nie. ihr wärmend Fließ: noch hat der Stier, An dessen Brust der grimme Tiger hängt, 345 Für den gepflügt. Auch sind sie kühn geartet, Von wilder Noth und Hunger angespornt,
Und Mitleid nicht wohnt in der zott'gen Brust. Allein der Mensch, aus weicherm Thon gebildet. Mit jeder sanften Regung im Gemüth,
350
Er, den allein Natur das Weinen lehrte,
2hm tausend lcck're Frücht und Kräuter strömt'Aus ihrem Schooß, an Zahl de» Tropfen gleich Und Srralen, denen sic eutblühten, er» Das holde Bild empor zum Himmel lächelnd, 355
i+
§ rü hl i »
g.
Soll er hinab zur Räuberheerde sinken, Zn Blut die Zunge tauchen? Tod verdient Das blutbefleckte Raubthier, aber ihr Der Schafe ftiedsam Volk, was thatet ihr Des Mordes werth? ihr, die ihr Milch uns gabt In süßen Strömen, eignes Kleid uns lieh't
zül
Zum Winterschutz? und er, der gute Stier, Das ränkelosc, schlichte, treue Thier, O was hat er verbrochen, dessen Fleiß Geduldig, stets bereit, das Land bekleidet
365
Mit aller Erntepracht, soll er nun bluten Und zappelnd ächzen unter rohen Handen Des Landmanns, den er nährt', um gar vielleicht Den wüsten Lerm des Crntefests zu schwellen, Das seine Müh' gewann? So flüstert zärtlich
370
Das fühlende Gemüth; allein es gnügt, Daß ich voll Kühnheit, in der späten Welt, Leicht in des Samiers Saitenspiele griff. Das kühn vermessne Lied: verbeut der Himmel, Deß weiser Rath «ns einen Stand beschied,
375
Der zur Vollendung noch nicht steigen soll. — Jetzt, wenn des Baches erster trüber Strom Dom Frühlingsschan'r geschwell't, verfluthet ist, And weißlich zu dem moosgcfärbten Sttom Der Schaum herabwogt: zum Forellcnfang, Weil noch die dunkle Fluth den Trug verdeckt, 3st jetzo Zeit. Den Wurm, den täuschende». Die Ruthe, seingespitzt, elastisch schwank,
330
Frühling,
15
Die schwimmende, dem greisbehaarten Roß Enttupfte Schnur, und all dein Fischgerath,
385
Das schlanke, nimm; doch laß am Hamen nicht Den Wurm in Todesqual sich zuckend winden, Denn, hat ihn wilder Hunger tief verschluckt, Und reißest du ihn aus der blut'gen Brust Des hülflos schwachen, klagelosen Wichts,
390
Durchzucket Schmerz und Graus die zarte Hand. Wenn mit dem Lebensstral die mächt'ge Sonne Den Strom durchdräng' und das befivßte Volk Erregt': hinaus dann stölich zu der Jagd; Vor allem wenn der Westwind kräuselnd spielt
395
Und durch den Aether leicht die Wolken trägt: Dann, zwischen Höhn und wirbelndem Gehölz Erspäh dir heut des Baches hohen Quell, Und morgen folg' des Bettes Felsenkrümmen Zum Strom hinab, in dessen breiter Welle
400
Die kleinen Nymphen sich des Spiels erfreun. Grad in dem Zweifelpunkt, wo mit dem Teich Der Strom sich zitternd mischt, auch wo er rings Den Stein umbraust, auch wo vom hohlen Ufer Zurückgekehrt,
er wogenrauschend spielt:
40$
Da, sorglich prüfend, wirf den Köder aus, Uno wie du ihn mit kunstersahruer Beugung Im Kreise führst, merk' auf dein hüpfend Wild. Sobald es lüstern jetzt zur Flache steigt, Jetzt, angespornt von scharfem Hunger, springt: Sanft rückend halte dann die bartge Angel,
410
16
Frühling.
Und schnelle den behend zur Nasenbank, Zeuch langsam jenen hin zum Schilfgestade Des Armes Schwung nach ihrer Stärke messend. Doch beuget allzu jung und leicht berückt 415 Geringe Beute kaum die schwanke Ruth': Erbarme dich der Jugend, die so kurz Den Lebensstral des Himmels hier genoß, Sanft 16P ihn ab und rückwärts in den Strom Wirf den gefleckten Raub. Doch locktest du 420 Aus dunklem Sitz in hangender Gebüsche Verschlungnem Wurzelwerk, den Strombeherrscher: O dann entfalte deine feinste Kunst. Er folgt behutsam, prüft den Köder lange, Versucht ihn oft zu haschen; aber stets 425 Verräth der Fluth Gekräusel seine Furcht. Zuletzt, weil sonnumschattend ein Gewölk Vorüberzieht, schlingt er den Tod verzweifelnd Mit wildem Sturz; auf einmal tief getroffen Schießt er entlang, so weit der Faden reicht; 430 Sucht dann den fernsten Schlamm, des Krautes Schutz, Den hohlen Bord, das alte sichre Haus Und fährt empor und tobt rund um den Teich Dem Trug' erbost, gieb Raum dem wüth'gen Lauf Mit weiser Hand, die immer nach ihn fühlt, 435 Und ziehend nun, nun folgend durch den Strom Erschöpfest du sein drei Rasen, bis Hinflnthend breit aus athemloser Seit'
Frühling.
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(5f in fttii Schicksal füllt, und bu zum Strand Ohn Widerstand die Beute srölich riehst. — 440 So flieht die kühl're Zeit, doch wenn die Sonn Vom Mittagsthron das Wolkenheer verscheucht. Ein träg' Ermatten selbst durch Liefen senkend: Dann such den Bord, wo blüh'nder Flieder sproßt, Wo wild verstreut, die Lilie des Thals 445 Den Balsamgeist verhaucht, ihr thauicht Haupt Die Schlüsselblume hangt, das Purpurveilchen Mit all' den holden Schattenkindern lauscht. Jetzt strecke dich in jener Esch' Umwdlbung Am Abflurz hangend, wo auf sanfter Schwinge 450 Die Taube rauschend schießt; auch wo der Falk Hoch ln de« ragenden Geklippe horstet. Da führe deine« Geist ein alter Barbe Durch ländliche Natur, wie Mantuas Hirt In unvergleichlich süßem Lied sie malt. 4;; Ersaß' auch selbst die Landschaft, wie sie schnell Der frischen Phantasie vorüber schlüpft: Jetzt eingelullt durch Bach- und Wälderklang, Vertieft in einsam Forschen, und umschwebt Von Traume» sorgenloser Einsamkeit, 46Q Wo tausend Bilder durch die Seele irre». Dort wieg in Frieden jeden Herzenssturm, Nur nicht die Wallung zärtlichen Gemüths, Die Geistes Stille weckt, doch nimmer stört. — Schau, Leben haucht die Landschaft! sie gebeut 46$ Der Muse, zu entfalten jeden Reiz! B
£ t u l) I i ii vj. Doch wer vermag zu malen wie Natur? Rühmt Phantasie, in ihrer heitern Schöpfung, .Sich solches Farbenschmucks? vermischt, verschmilzt Sie jegliches so unnachahmlich schön
470
Wie jede Blüthe zeigt? Wenn denn der Geist Zu schwach, dem lieblichen Geschäft erliegt, Ach was soll Sprache?
Wo die Worte finden
So farbenreich, und welche Kraft vermag, Dem Leben nahend, meinen Sang zn würzen
475
Mit jenem feinen Oel, dem Balsamdust, Der ewig, nnerschöpft, die Flur durchströmt. — Doch fruchtlos selber wird das Werk erfreun. Wolan, ihr Jüngling' und ihr Iungsraun, kommt Ihr, die der edlern Lieb' Entzückung fühltet,
4S0
Und du Amanda, meines Liedes Stolz, Von Grazien gebildet, Liebreiz selbst, Komm' mit dem Demuthange, still und mild, Dem zncht'gen Blick, tief in die Seele dringend, Dem heitre Phantasie und fühlend Herz,
485
Gemischt mit sinniger Vernunft, entstralt, O komm, und weil der rvsenfüßge Mar Sich leis' erröthend naht, laß uns durchwallen Den Morgenthau, der Blumen Ersttingschöne Uns pflücken, dir das Haar, den holden Busen,
490
Der ihre Lieblichkeit erhöht, zu schmücken. — Schau hin, wo thaugetränkt, das krumme Thal Die Schatze reichlich streut:
Die Lilie trinkt
Des stillen Bachs, der kaum das Gras durchrieselt,
Frühling.
ry
Das schwellende, und dort sanft überströmend, Das stuchte Ufer deckt.
495
Dort laß uns wandeln,
Wo Lüfte jenem breiten Feld entwchn Der blüynden Bohnen.
Selbst Arabia
Rühmt keines wonnevollern Duftes sich. Als hier den Sinn durchhaucht, die Seel' entzücke. Die Wiese auch ist deines Fußes werth,
501
Woll frisches Grüns und ungezählter Blumen: Das Morgenkleid der Schöpfung, weit und wild, Wo unverstellt durch Aefferei der Kunst Sie uubegräuzten Reiz dem Aug' enthüllt.
505
Hier treibt die ems'ge Bien' ihr süsses Werk In Myriaden schwärmend, dort und hier Durch milde Lüfte fliegt das rege Volk, .Hängt an der Knosp' und saugt gesenktes RüffclS, Zhr reines Wesen, ihren Aethcrhauch,
5t0
Und oft mit kühnerm Flügel schweben sie gut Purpurheid' und wo der Thymus sproßt, Md gelb enteilen sie mit süßem Raub. — Zuletzt enthüllt der aufgeblühte Garten Die frischen Lauben und die offnen Blicke:
315
Zerstreut durchirrt die grünenden Gewinde Der rege Blick, bestreifet zögernd nun Den dichten Bogengang, wo kaum ein Straf Des Tages in die langen Schatten fällt, Die Wölbung nun deck Himmels, nun den Bach
530
Den riefelnden, den westgekräusten See, Den schwarzen Wald, des Thurmes lichte Zinne, B 3
ZQ
F r ü h l i n g.
Das luftige Gebirg' und ferne Meer. Doch was so weit hinschweifen,
da schon hier
Längs diesem dlühnden thaubeglürzten Rand'
525
Und in der Vlnmenwildniß dort der Lenz Mit holder Hand enthüller jeden Reiz: Schneeglöckchen erst und Krokus keimt hervor, Das dunkle Veilchen, Maafilieb, Schlüsselblume Und Tausendschön von ungezählten Farben,
530
Die Goldviole, eisenbraun gefleckt, Die üpp'ge, allumdusteude Leukoie; Der Frühlingslüste sanfter Schwing' entschüttelt Die Auemon', Aurikeln, reich begabt Mit Schimmermehl, die Sammetblatter all,
535
Und volle, roth entglühende Ranunkeln. Dann kommt der Tulpen Volk, wo launenhaft Die Schönheit spielt, hier laust von Art zu Art, So wie der väterliche Staub sich gattet, Das Farbenspiel; und wahrend sie sich öffnen
540
Entzücktem Auge, zeigt der Kenner froh Mit stillem Stolz die Wunder seiner Hand. Nicht Eine Blume fehlt, vom ersten Knöspchen Bis zu des Sommers würzigen Geschlechtern:
3m
reinsten Unschuldweiß die Hyacinth'
543
Hinab gebückt und innerlich erröthend; Jonquillen starkes Dufts, Narciffus, hold, Als beugt er noch sich über jenen Quell; Und breite Feld- und bunte Garteunelken; Die Moschusros' entschauernd jedem Vnsch.
*;.>o
Frühling.
5i
Gerüche, Völker, Reize -sonder Zahl, Der Odem der Natur und ew'ge Blüthe. Hell dir! o Lebensquell! o große Seele Von Erd und Himmel, Allmachtgegenwart; Cs beugt sich Dir mein Knie, zu Dir empor
55
Klimmt mein Gedank'; 0 du, deß Meisterhand Berührend ein vollendet Weltall schuf. Durch dich in Blatterkleid und Hautgewebe Verhüllet, trinkt der Pflanzen zahllos Volk Des Thaus, und schlürft den Lebensäther ein;
569
Durch dich gesenkt in de« verwandten Grund, Steht jede Pflanz' und saugt und schwellt empor Den saft'gen Strom, ei« vielfach Rbhrgewinde. Auf dein Geheiß erweckt der Frühlingstral Den starren Saft, hinabgcdrangt zur Wurzel
565
Durch Wintersturm, er steigt in flüss'gem Tanz Und Lebensgahrung, und verbreitet so Dies ganze tausendfach gefärbte Bild. — Wie sich, aufsteigend von der Pflanzenwelt Mein Stoff erhebt: so steig i« gleichem Schwung, O scheue Mus' und horch! wie kaut der Hain
57t
Dich ruft zu allem deinem schönsten Schmuck. Leih mir dein Lied, 0 Nachtigall, und gcuß Dos Sanges mannichfach verschlungne Seele In mein abwechselnd Lied, indeß hinauf
57;
Vom ersten» hohlen Kuckucksto» ich leite Den Frühlings Chor, berührend seinen Stoff, Kundlos dem Ruhm: die Leidenschaft
der
Haine. —
22
Frühling. Wann erst der Liebe Geist umher gesandt
Warm dllrch die Lebenslust und an das Herz
5S0
Harmonisch greift, beginnt die frohe Schaar, Voll Zärtlichkeit, das farbichte Gefieder Iu putzen und das lang vergeßne Lied Neu zu versuchen: leise wirbelnd erst, Doch kaum verbreitet sich der süße Einfluß,
58$
So strömet überschwenglich ihre Worin' In Lieder plötzlich aus: Die Lerche steigt, Hellstimmig, laut, des Morgens Künderin, Eh noch die Schattung flieht, singt schwebend sie In Dämmrungwolken und entrüst dem Lager Das liederreiche Volk.
590
Ein jeglicher
Verschlunguer Strauch, und regelloser Baum, Der thaubcnaßt sich beuget ob den Häuptern Der scheuen Sänger, die im Innern Hausen, Verschwenden Harmonie.
Waldlerch' und Drossel, 595
Voraus gehört im holden Streitgewühl, Gehn durch die ganze Leiter süßer Töne; Denn ihnen gönnet, lauschend, Philomela D.ie Freud', im hohen Vorsatz, daß den Tag Der andern ihre Nacht verdunkeln soll.
600
Die Amsel flötet aus dem Dorngezweig, Der weiche Buchfink giebt vom Hain die Antwort, Die Hänflingschaar verschwendrisch ausgegoffen Auf blühendem Ginst, erhebt ihr Lied. Unzählige, tut Schatten junges Laubes, Die honigströmenden Accorde ein:
Es mischen 605
Frühling.
Zj
Die Elster, Kräh' und Dol' und jede Kehle — Mißtonig rauh a '.cin gehört -- erbebt Den vollen Chor, indeß die Turteltaub' Scowermüthig Girren durch das Ganze haucht.
610
Die Lieb' erschafft die Melodien und all Dies Tengewühl — es ist der Liebe (Stimme, Die des Gefallens zarte Künste selbst Gewild und Vögel lehrt.
Darum versucht
Das bunte Völkchen, was erfindrisch nur
6r$
Die Liebe heißt, und strömt die kleinen Seelen Dem Liebchen kosend hin.
Erst weit rund um
In lnstgern Kreis ehrfürchtig flattern sie, Bemüht durch tausend Ranke festzuhalten Den schlauen, wohlbewußten Seitenblick Der unbesorgten Holden. Scheint sie aber
620
Gerührt den mindsten Beifall zu gewahren, Dann glühn die Farben, feurig nahen sie. Beseelt von Hoffnung; fliehen plötzlich nun Zurück verstört und nah'n auss Neue jetzt.
625
In Liebeskreisen schwirrt der bunte Fittich, Und jede Feder schauert vor Verlangen. Zum Ehebund vereint, enteilen sie Jur Waldestiefe ganz wie Laune führt, Und Lust und Speis' und Sicherheit sie lockt, Um zu vollbringen der Natur Gebot, Das heilige, und nicht umsonst zu hegen Die süßen) Triebe; nistend eilen die Zur Stechpalmhecke, zu dem Dickicht jene;
630
Frühling.
54
Der Dornen rauhem Schutz vertrauen die
635
Die schwache Brut; es bietet wenigen Der Hohlbanm sein gütig Obdach an, Zur Speise sein Gewürm, zum Nest sein Moos; Noch andre flechten fern, im grünen Thal, In rauher Wüst' ihr niederes Gewebe.
640
Die meisten locket einsam Waldesdunkel Und steile mosichte Gestade, die Ein schwatzhaft Bächlein theilt, deß Murmclfluth Den langen Tag versüßt, wenn theure Pflicht Sie angefesselt hält. Der Hasel,
Im Wurzelwerk
645
die den Klagebach beschattet.
Da legen sie der Wohnung ersten Grund: Wetdorrte Zweig' in künstlicher Verschlingung Gefügt, durch Leim verbunden.
Jetzo »ichtS
Denn rastlos Schwirren durch die rege Luft, Getheilt durch tausend Fittiche.
650
Die Schwalbe
Bestreift den Pfuhls ihr hangend Haus zu baun Bedacht. Es rupfen tausend dieb'sche Schnäbel Vom Rücken unbesorgter Schaf' und Rinder Oft Woll und Haar; und stehlen — uubelauscht — Manch Halmchen von der Scheuer, bis ihr Nest
656
Gar reinlich, weich und warm, vollendet ist. — Wie so das Weibchen unverdrossen sitzt Und nichts vom zärtlichen Geschäft sie lockt, Noch Speiselnst, noch schmeichelndes Vergnügen Ob sie auch rings der volle Lenz umhaucht: Nimmt seinen Sitz, voll Mitgefühl, der Gatt'
660
Frühling, Am hohen Gegenbord und singet rastloS Die lästge Zeit hinweg; ersetzt auch wohl Sin Weilchen ihren Platz, sie eilt indeß Ihr kärglich Mahl zu picken.
665
Frommer Fleiß
Erfüllte nun die Zeit, die kahle Brut Znm vollen Leben ausgedehnt und warm, Zerbricht den schwachen Kerker, tritt ans Licht: Ein hülflos Völkchen, welches Futter heischt
670
Mit ewgem Schrei'». O welche Triebe dann Und schmelzende Gefühle zarter Sorg' Ergreifen jetzt die neuen Eltem.
Liebe
Treibt sie hinweg, der Biffeu köstlichste — Beglerlos selbst — den Kinder» heim zn bringen. Mit Gleichheit werden sie vertheilt und neu Beginnt das Suchen.
676
So, ein holde- Paar,
Vom Glück gebeugt, allein von edlerm Stoff, Beglückt durch Sorgen, die dem Pöbel fremd, Im ferne» Schooß einsamer Waldeshütt',
eso
Erhalte» einzig durch des Himmels Vorsicht: Die Kinder sieht ihr Thranenblick, die eigne Begierde schweigt — sie geben ihnen alles. Nicht mit die Müh' verachten sie; die Liebe, Vom großen FrühlingSvatcr eingehaucht,
685
Giebt festen Muth den Schüchternen, und List Der Einfalt: Leises Fittichs (wenn sich, störend. Ein roher Fuß dem Laubensitze naht) Entflieh»: sie schweigend in ein nah Gebüsch Und schweren dort, wie aufgeschreckt, empor,
690
l6
Frühling.
Den rohen Knaben täuschend.
Darum kreist
Der weißbeschwingte Kibitz, lautes Flugs, Ums Haupt des Wanderers und streifet dann Gradaus in langem Zug das Feld hinab, Vom Nest ihn abzulocken; darum flattert
695
Ob rauhem Moor die Ent' und über Heiden Das Feldhuhn — frommer Trug' — um in die Irre -Den heißen Lauf des Stöbers zu verleiten. — Die Mus' erröthe nicht, des Hains Geschwister Hier zu beklagen, die der Wüth'rich Mensch
700
Unmenschlich fing und in den engen Käfig Der Freiheit und der weiten Lust verschloß. Voll Trauer ist der holde Sklave, traurig, Ganz schimmerlos und struppicht sein Gefieder; Und hin der Töne wildre Frölichkeit,
705
Die hell und kräftig von der Buche wirbelt. O denn, ihr Freunde lieberzengter Lieder, Schonet der Sanften, bannt die wilde Kunst, Wenn euern Busen Unschuld kann gewinnen, Musik ihn fesseln, Mitleid überreden.
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Vor allen aber nicht die Nachtigall Bejammre ihr zerstörtes Glück, zu zart Gebildet für des Käfigs herbes Leben. Oft wenn, heimkehrend mit beladnem Schnabel, Ein leeres Nest, bestürzt, die Mutter findet, Durch des sühllosen Burschen harte Hand Beraubt: zn Boden fallt her eitle Vorrath, Ihr Fittich sträubend, niedersinkend, tragt
715
Frühling.
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Die Trauernde zur Pappelschattung kaum; Dort, ganz verzweifelnd, singt sie ihren Gram 720 Hin durch die Nacht, und einsam auf dem Zweig, So oft der Tonfall hinstirbt, hebet sie Don neuem an das klagereiche Lied Des tiefen Grams, bis weit umher der Wald 724 Zum Liede seufzt und wicderhallt den Schmerz. — Doch jetzt verschmäht die alten Schranken, feurig, Die Brut befiedert, prüft die Schwingen oft Und heischt der Lüfte fteies Eigenthum. Noch diese« frohen Dienst und dann zerrinnt Die Elternlieb' aus Einmal, unnütz nun: 730 Sparsame Weisheit wirket nie umsonst. An einem Abend, sonnig, schön und mild. Wann rings nur Balsam durch die Wälder haucht, 2m goldnen Licht, besucht die junge Schaar Die weiten Himmelsraum' und überschaut 735 Das große All, so weit sie sehn und fliegen, Ihr Lustgebiet und Weide. Zweig' auf Zweig Durchtanzen sie und stets am Schwindelrand Verläßt sie ihr Entschluß; die Flügel stets, Im Schwaüken ausgespannt, versagen zitternd 740 Der Luft sich zn vertraun, bis leitend vor Die Eltern fliegen, heißen, schelten, mahnen, Hinunterstoßcn. Schwellende Luft empfangt Die Flaumenbürd'; ihr selbstgelehrter Fittich Durchschwingt ihr wallend Element; zu Boden 743 Gesunken heben sie verwegner mm,
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Frühling.
Und immer höher den verlängten Flug, Bis jede Furcht verschwunden, jede Kraft Erhöht zu That und Lust. I» Lüften sehn Jdr schwebend Volk die pflichtentlaßnen Eltern 750 Noch einmal froh und kennen's nimmer mehr. — Hoch von der zackenreichen Klippe Stirn, Die ob der Tiefe hängt — so wie sie dräun Auf Kildas fernstem Strand, best einsam Volk Der ind'schen Welt die Sonne überzieht — 755 Erzieht der königliche Aar die Brut, Scharfklauicht, stark, vom Vaterfeuer heiß^ Ihr eigen Reich zu gründen nun geschickt, Vertreibt er sie aus seiner Königsbnrg, Seit Menschenaltern seiner Herrschaft Sitz. 760 In Frieden, ««befehdet, haust er dort, Streift meilenweit und raubt in fernen Inseln. Sollt' ich den Schritt nach jenem Landsitz wenden. Deß stolze Ulm und ehrfurchtwürdge Eiche Die Elster locke», die in Zweigen hoch 765 Die luftge Stadt im frühen Lenz erbaut Und unaufhörlich schwatzt: möcht ick, erfreut, Die vielgcmischte Staatsverfassung mustern Des Hausgeflügels. All ihr zirpend Volk Ruft um sich her die mütterliche Henne, 770 Genähret und beschützt vom muthgen Hahn; Der tritt daher mit trutzentflammter Brust, Voll Würd', und krähet Kampf. Im Teiche rudert Geschwätzig dort die feingefleckte Ente
Frühling. Vor ihrem Aug.
Der stolze Segler Schwan
29 775
Entbeut dem West sein schneeichtes Gefieder/ Mit stolz gebognem Hals und Ruderfüßen Schwimmt er dahin zornmüthig und bewacht Sein Weideneiland, schützend seine Brut. Laut drohend glüht der Truthahn, weil der Pfau Die tausendfarb'ge Pracht der Sonn' entfaltet,
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Und schwimmt dahin in Straleuherrlichkeit.
Das ganze traute Schauspiel überfliegt Die girrnde Taub in Liebesjagd und rollt Ihr funkelnd Aug' und dreht den Schimmerhals. — Indeß die holden Schattenbürger so
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Der reinern Liebe Huldgen, lodert wild Das rvh're Thiergeschlecht in Flammen aus. Und grmmrger Lust.
Die starken Adern all
Durchflammt dem Stier die wüth'ge Leidenschaft. 7.90 Der Weide satt, das Futterkraut verschmähend, Durchstreift er, kaum gesehn, den gelben Ginst, Indeß die breiten Hüften schweifendes Gezweig umwuchert; wandert tranervoll Durch Waldeskrümnr' und pflückt die Knospe nicht, Die dem zerstreuten Blick entgegenschwillt.
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Und oft, im tollen eifersüchtigen Wahn Sucht er den Kampf und mahnt im eitetn Stoß Den Feind in jedem knot'gen Ast durchbort, Doch trifft er ihn, beginnt der brüllnde Kampf; 800 Wuth spricht ihr Blick und brummend dräun sie Blut Dem hohlen Grund, von dem der Staub sich hebt,
JO
Frühling.
Und stöhnen tief und mischen sich im Kamps, Weil balsamdustend, nah, die schöne Kuh Die Wüthenden entstammt.
Das Roß erbebt,
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Vom heißen Trieb ersaßt in jeder Nerve; Den Zaum verachtend und der Geißel Schwirren, HÜHlt's keinen Schlag; daö Haupt emporgebaumt, Durch wohlbekannte Lust zur fernen Flur Mächtig gezogen, stürmt es wild dahin,
810
Fliegt über Fels und Wald und Klippenhöh» Uud trinket, wiehernd, auf den luftgen Spitzen Die Lebenslust, entstürzt der Iah' und theilt Die Fluth, so Häuptlings von dem Hügel schäumt. Selbst wo die Wuth des eingeengten Stroms Rings dunkle Wirbel dreht.
315
Won solcher Kraft
Erschwillt sein tobend Herz und jede Sehne. Der schäumigen Tiefe Riesen selber läßt Nicht unerfreut des Lenzes Allgewalt: In plumper Freude taumelnd rauschen sie
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Ans tiefem Schlamm und cis'gcn Grotten auf. Mißtönig wär' und grauenvoll das Lied, Die grimmge Lust der wilden Brut zu singen. Wie sie — die angeborne Wuth erhöht — Im rasenden Gelüst in kühnen Rotten
82',
Durch ferne hall'nde Wüsteneien schweifen, Die grause Liebe heulend.
Aber dies
Verbeut, der Stoff, den ich Brittauiens Schönen Begeistert sing', und leitet mich zum Hügel, Wo in Gesundheitfüll auf Rasengrün
830
Frühling.
Zl
Der Schäfer sitzt, die Abensonne trinkend: Vielstimmig blökend weidend um ihn her Der Schafe Volk, es hüpft das muntre Lamm 2m lust'gen Spiel und gaukelt dort und da. Nun ladet sie ein froher Wettlauf ein,
835
Das Zeichen ruft, und rasch enteilen sie Und streifen um den fest gebauten Wall, Der um den Hügel lauft, das Bollwerk einst Des Eisenkriegs in alter rauher Zeit, Da Albion im ewigen Tumult
840
Zerrissen blutete, eh's noch erwuchs Zu diesem festen tiefgelegten Staat, Wo Handel nun sein goldnes Haupt erhebt, Und über unsern Fleiß Gesetz und Freiheit Parteilos wacht, das Wunder einer Welt.
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Was ist — ihr Weisen sagt's — der mächt'ge Hauch, Der Himmels Vöge^ eine Sprache lehrt, Gefühlt, doch nie gehört, durch ihre Brust Der Lebe Künste strömet? Wer, als Gott? Deß, allbeseelend, grenzenloser Geist
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Und ewig rege Kraft das Ganze halt, Durchdringk und treibt und ordnet.
Er allein
Wirkt sonder End' und er allein scheint nicht Zu wirken; so vollendet hat er dies Bewund'ruugwürd'ge Weltall aufgeführt. Doch selbst verhüllt, erscheint in seinen Werken Der weise Bildner jedem reinern Blicks In dir vor allen, liebevoller Lenz,
855
31
Frühling.
Schaut man den milden Gott; es'zeugen Erd Und Luft und Meer von seiner Güte, die 860 Die Thierwelt hebt zu diesem feinern Sinn Und jährlich ihre unbefangnen Herzen In Worin' und Lieb' allüberschwenglich schmelzt. — Jetzt immer edler töne mein Gesang Und singe wie der Lenz des Menschen Brust 86; Mächtig durchströmt, im Wettstreit Erd' und Himmel Erhöht sein Wesen, seinen Geist verklärt. Soll er nicht mit ins All der Schöpfung lächeln, Soll seinen Busen wilde Gier durchwühlen, Wenn jedes Lüftchen Fried' und jeder Hain 870 Ist Wohllaut? Weg aus den heilsamen Wegen Des blüh'nde» Lenzes, schmuh'ge Crdensöhne, Hart und gefühllos bei des Bruders Weh, Für euch allein verschwenderisch, hinweg! Ihr Edlen kommt, aus deren großer Seele, 873 Mehr als aus jedem andern Schöpfungwerk, Die Liebe stralt und auf der offnen Stirn Im freien Auge thront; aus düstrer Still Bescheidne Armuth ladend. Nicht auf Flehen Harrt sonder Rast die Mild', es bleibt dem regen 880 Erspähn kein eis'ger Winkel unerforscht. Dem Himmel gleich, dem schweigend wirkenden, Der ungehofft Verlohne oft beglückt. Euch haucht des Windes rastlos streichend Wehn De» Lenz umher. Die schwangre Wolke steigt 885 Für euch in froher Füll' herab zur Welt,
Früh li » g.
r;
Die Sonne geußt de» mildsten Stral für Such. Der Menschheit Blüthen ihr!
Das matte Haupt
Hebt Krankheit auf in diesen grüne» Tagen. Frisch blüht das Leben; jugendblickend Wohlseyn Erhöht die Schöpfung rings.
890
Vergnügen wallt
Durch Sounengäng' und fühlt von inn'rem Glück Die Seel umströmt, wie Königs Macht es nicht Erschafft.
Allmälig führt die reine Heitre
Gedanken her und einsam still Betrachten,
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Schnell wächst und wirkt die Liebe der Natur Und wärmt de» Busen, bis zuletzt, erhöht Au feuriger Begeisterung, wir fühlen Den nahen Gott und jene Gotteswonne: §« schauen ein beglücktes Weltenrund. 900 Dies sind die heil'gen Triebe deines Herzens, Des Herzens, das Vernunft so rein durchstralt, O Littleton, du Freundlicher; so wechselt Gefühl und Forschen dir, wie freies Schritts Der Muse huld'gend, du in Haglei Park,
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Dem brittschen Tempe, irrst. Dort längs dem Thal hin, Umkränzt mit Waldung, starr vom moostgen Felsen, Dem Rechts und Links der Sprudelquell entspielt Und niederschäumt im jähen Wasserfall Und durch die Bäum' in langer Aussicht blinkt,
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Stielst du dich schweigend, oder ruhst im Schatte» Erhabner Eichen, schwell'nder Berge Kranz, Von unbesorgten Händen der Natur Voll Anmuth ausgestreut, dort lauschest d« C
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Frühling.
Dem Tongemisch der stillen Ländlichkeit, 9I„ Gevögel, Heerden, Windgeflüster, Klagen Der Bäche, die durch kriechendes Gewurzel Hermederrieselnd durch ihr thauicht Murmeln Das Ohr umschmeicheln. Diesem oft entschweiseno Durchwanderst du die Welt der Weisen, wo 920 Im Stralenzug endlose Wunder steigen Dem wißbegierigen, dem ftommen Aug' Und oft, geführt von Wahrheit der Geschichte, Durchwanderst du der Vorzeit weiten Raum Und schaffst Entwurf — im liebevollen Geist 925 Und Eifer, den Parteisucht nie gebeugt — Für Englands Heil, wie aus dem feilen Schlund Die Tugend zu erhöhn, die Kunst zu wecken. Jetzt wendet sich dein Blick, den tiefen Ernst Erfreut.die Muse; lautres Kunstgefühls 930 Trinkst du des alten Sangs begeisternd Wehn, Bis eifernd, edel sich dein eigner hebt. Lucinda theilet deinen Gang vielleicht, Einstimmiges Gemüths. Dann tragt das All Dem Blick der Liebenden ein Liebesaug' 935 Und all der Ausruhr einer sündgen Welt — Empört durch niedres Treiben — sinkt hinweg. Beseelter Friede ist das sanfte Herz Und wahrend es die reichen Schatze strömt 2» Wechselreden, mildernd jegliches, 940 Kehrst du in hausgen Pausen dich und trinkst Aus ihren Augen, wo die Freundlichkeit
Frühling. Und holder Reiz und Anmuth wohnt, entzückt Den namenlosen Geist der Himmelslust, Die unnachahmliche Glückseligkeit, Die Lieb' nur, den Wenigen nur giebt. Gewonnen ist des Hügels lachend Haupt, Emporspringt gränzenlos die Aussicht rings Und über Höh' und Thal und Wald und Aue Und grünes Feld mit düstern Heiden wechselnd, Und Dörfer — sanft im Arm der Bäume ruhend Gethürmte Stadt', erkenntlich an den Säulen Von Herdestauch, schwärmt euer Aug' riiigS Vom Landsitz hier, in dessen güt'gem Schirm Der Genius der Gastlichkeit verweilt, Bis wo, in Stufen, die gebrochne Landschaft Empor sich hebt, zum starren Fils verwildernd: Ob dem — gleich himmelsäumendem Gewölk — Das cambrische Gebirge dämmernd steigt. Gefärbt vom Lebensgeist des jungen Jahrs Entsprießt gemach der jungfräulichen Wang' Ums zarte Antlitz eine ftischre Blume; Reizvoller glüht die Lippe, jugendathmend Der feuchte Schimmer schwillt in ihrem Auge Zur lichtern Fluth; der Busen, sehnend, steigt Wildpochend, süßer Sturm dNtchwallt die Adern Und all ihr Seyn giebt sich der Liebe hin. Vom Feu'rblicke wendet sich ihr Trauter, Voll der geliebten Zauberkraft und krank An seufzendem Verschmachten. O ihr Schönen, Ea
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950 —
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§ v ü !) l i n g.
Behütet wvbl die leicht berückten Herzen, Wagt nicht den gift'gen Seufzer, den beredten, In sanfte Demuth eingehüllten Blick, Der doch voll Trug;. laßt nicht die glüh'nde Zunge, Dur Täuschung fertig, glatt von Schmeichelei Besiegen den Entschluß.
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Auch nicht in Lauben,
Wo Geisblatt wehr und Rosen Lager streun, Wann Hesper seinen Purpurschleier zieht, Vertraut euch dem verführerischen Mann. — Der edle Jüngling auch entflieh der Liebe/
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Entflieh dem Iauberblick; dann ist's zu spät, Wann übers Herz der Wonnestrom sich geußt, Dann liegt zu Boden Weisheit, Ruhm verwelkt In Luft zerrinnend, weil die trunkne Seel' Entzückt in Bildern wesenloses Glücks
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Stets malt die Truggestalt, die Dauberhuld, Des Lächelns Reiz, das Auge sittsam scheinend, Deß anmuthvoller Stral, den Himmel lügend, Grundlose Arglist, Qual und Tod verbirgt; Und immer wirbelnd ins betrogne Ohr
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Zieht ihn bezaubernd ihr Sirenenton Zu Fluren schnöder Lust m.* ^nrggestaden. Selbst neben ihr, recht in der Liebe Schoß Ruhmlos gestreckt, vom Tonspiel rings umflossen Und Duft und Oel und Wem und Ueppigkeit,
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Hebt mitten unter Rosen grimme Reu Den Schlangenkamm; ein schnell rückkehrend Bangen Durchzuckt das schuldbewußte Herz, wo Ehr'
?;
v ü h l i ii g.
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Und großer Vorsatz wechselnd noch der Last Der Wollust edles Jörns entgegen ringt. tooo Doch fern von ihr, welch schwärmend Weh durchtobt Sein Denken all, genährt durch rastlos Träumen, Beeist die Wang' und sengt des Lebens Blume? Verschmäht entfleucht das Glück, es stürzen jäh In Trümmer die verachteten Geschäft', ioo; Nur Nacht ist rings umher; die düstre Sonn' Verliert ihr Licht, der rosenbus'ge Lenz Welkt vor dem Trauerblick und jener Bogen, Der Helle, schrumpft zur dunklen Todteugruft. Die Schöpfung bleicht und stirbt und sie allein, 1010 Gehört, gefühlt, gesehn, beherrscht sein Denkeu, Füllt jeden Sinn und bebt durch jede Ader. DaS Buch ist Unsinn nur nach Regel, Freunde Sind widrig; trüb' in froher Runde sitzt er. Einsiedlerisch und achtlos. Von der Jung' 1013 Fällt abgebrochne Red', indeß getragen Sei« flücht'ger Geist, auf schwell'nden Gedanken, Zum eitlen Busen seiner fernen Schöne, Das Schattenbild des Liebenden nur läßt, Der Schwermuthvoll das Haupt herniederbeugt 1020 Und liebend nieder blicket. Rasch empor, ja Geschreckt aus süße» Träumen eilt er fort Jum Dämmerhain und gleichgestimmter Nacht, Wo grauer Schatten ob dem Wass.rsall Romantisch hänget; streift durch sinnig Dunkel 1025 Vertieft in nagend Grübeln, ganz der Lieb'
38
Frühling,
Dahin gegeben, ober schwellt, am Ufer Gestreckt auf welke Lilien, den Wind Mit ew'gem Seufzen und bett Bach mit Thränen. In weicher Qual verzehrt er so den Tag
1030
Und bleibt in seiner Siedelei, bis Luna Durch die Gemächer schaut des wolligen Osts, In Klarheit wachsend, und in ihrem Zug Die holdern Stunden führt; dann wankt er fort 2m matten Jitterlichte ihres Strals
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Erweichter Seel' und lockt den Abendvogel Mit ihm zu klagen; oder weil die Welt Und jeden Sohn des Grams der Schlummer wiegt. Gesellt er sich zum nächt'gen grausen Schatten, Seufzt bei der stillen Lamp' und strömt sein Herz, Von eitler Qual gemartert, auf das Blatt
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Bestimmt zum regen Boten seiner Lieb', Da lodert Wonn' auf Wonn', Wahnsinn flammt In jeder Zeile stärker; wirft er sich Aufs Lager schwärmend, flieht der Schlaf den Pfühl, Stets wälzt er sich und trifft die Balsamkraft
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In keiner Lage, bis der graue Morgen Sei« bleiches Licht dem armen Bleichern bringt, Den Lieb' entseelt; dann etwa sinkt der Leib, Der tief ermattete, in kurze Ruh; Auch diese stört ein stets zerriffnes Träumen, Die liebekranke Phantasie umwallend, Und schwarzbemalend all ihr Gaukelspiel. Vom Menschendrang gequält, doch einsam nun
1050
F r ü h l i n 5.
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3m blüthumwobnen heimlichen Gebüsch, I0-=; Von überlastgen Quälern endlich fern, Leichtgläubig will er da den ew'gen Gram Versenken in der Liebe blind Vergessen; Da rafft's ihn fort von der ersehnten Hand Durch Wälder, nie bereiste Haiden 106c In falber Oed'; er wandert durch die Wüste, Gehüllt in Nacht und Sturm, starrt jahling nun Vom Felsenhang zurück, durchwatet nun Den wilden Strom hinab und ringt entgegen Dem andern Ufer, wo betrübt und fühllos 1065 Den Arm nach Beistand sie entgegenstreckt; Er ringt umsonst, die wüthige Fluth entführt Ihn weit hinab, jetzt schwebt er auf den Wellen, Sinkt jetzt bewältigt von der Wirbelfluth. — Dies sind der Liebe süße Todeskampfe, 1070 Im Elend reizend noch. Doch strömt ihr Gift Die Eifersucht erst einmal durch das Herz, Dann ist es nicht ein reizend Cflciib mehr; Nur unvermischtes Qualen, ew'ge Galle, Die jeden Sinn zernagt und ganz entblättert 1075 Der Liebe Eden. Daun ihr Feentraume, Ihr Nosenbetten, Lustgehüsche ihr, Lebt jetzo wohl! Entflohnes Friedens Schimmer Werst euren letzten St^al! Gelbfarbend Gift Befleckt das innre Aug* und hüllt in Nacht icso Und bleiche Dunkelheit die Phantasie.
40
F v ü I) ( t u g.
Ach battit! anstatt der liebentglühten Wange, Der sonnigen Züge und de6 Feu'raug's Vom Thau der Wonne hell, nun finstre Blicke, Umzogen und unzartlich Feuer stralend,
io85
Bewölktes Angestcht, entflammte Wang', Auf der die giftge Seele tückisch sitzt, Liebe scheuchend. Tausend Furchtgebilde Wild ausgesonnen, tausend Schreckgespenster', Von Nebenbulern hangend an den Reizen,
109g
Für die er selber schmilzt, verzehren ihn Mit glüh'nder Angst und nagender Verzweiflung; Verweise leihen vergebens schwache Hülfe, Trugvoller Stolz, gebrechlicher Entschluß Lügt Ruh auf Augenblicke.
Phantasie
1095
Strömt ihren Reiz von neuem in sein Herz, Ihr erstes Kosen, und umschlingt die Seele Mit all' der zauberischen Liebeskraft. Schnett schwärzt der Sturm auss Neue sein Gemüth, Durchflammt die Nerven, siedet durch die Adern, Weil Iweifelaugst das arme Herz zerreißt,
not
Denn selber die Gewißheit seiner Furcht,. Sie wäre Fried gegen solche Qual! So lockt die Lieb' in ihre Dornwildniß Durch blumige Pfade, oder schafft ein Leben Voll fieberhafter Worin' und bittres Grams, Die glänzendsten Entwürfe löschen all' Und wild zerstöret stirbt die Blüthenzeit.
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F r ü h l i n g. Doch selig sie, der Menschen seligste, Die hold'rer Stern verknüpft, zu Einem Loos
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1110
Gemüther, Schickung, Wesen einigend. Nicht menschlicher Gesetze gröbres Band, Oft unnatürlich und dem Herzen fremd, Knüpft ihren Frieden; nein Einklang selbst In Liebe stimmend jeden ihrer Trieb',
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Wo Freundschaft ihren mildsten Einfluß übt, Die höchste Achtung, die ein namenloses Verlangen hebt, und Seelensympathie, Gedank' und Will', im Wettstreit sich begegnend, Und gränzenlos Vertraun; denn Lieb' allein
1120
Kann Liebe lohnen, und ihr Glück versichern. O laß den Niedern, der, allein bedacht Auf eignes Heil, vor schmutzgen Eltern feilscht Die Jungfrau, die sich widernd von ihm kehrt, Die Nacht und Tage wohl verdient verjammern; 1125 Laß rohe Völker, deren Liebe wild, Gleich ihrer Sonn', in wüthger Lust entbrennt; Laß Sultan' ihre Busendirnen scheiden Vom Licht des Himmels, niedre Eigner nur Lebloser und entheiligter Gestalten:
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Das Paar, so Lieb' in heilger Treu vereint Und gleicher Wonne, lebt sonder Furcht und frei. Wie die Natur.
Was ist die Welt für sie,
Jbr Glanz und ihre Lust und all' ihr Tand; Die in einander je des Schön' umschließen,
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F r ü h l l n 9.
Das Phantasie erschafft, das 5)erz ersehnt. Em Etwas, theurer noch als Schönheit, beut Die Seele dar, das seelenvolle Antlitz, Wahrheit, Güte, Ehre, Einklang, Liebe, Des milden Himmels reichste Seqenspenden.
1140
Inzwischen blüht ein holder Sprößling auf Und mischet beider Anmuth.
Allgemach
Entknospt die Menschen blum' und jeder Tag, Der sanftentgleitende, zeigt treuen Reiz, Den Glanz des Vaters und der Mutter Vlüth'. 1145 Schnell wachst die kindliche Vernunft und heischt Der Pflegerhand ununterbrochnen Fleiß. Erfreulich Werk! den zarteren Gedanken, Den keimenden Begriff empor zu leiten. Den Geist mit frischer Lehre zu bethau'n,
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ßu hauchen Lebensgeist und festzuhalten Den großen Vorsatz in der glühnden Brust. O sprecht die Worin', ihr, den'n die ßahre oft Ins Auge dringt, wenn ihr ringsum aufschaut Und euer Blick nur Segenbilder trifft,
1155
Der Schöpfung All an eurn Busen drückend: Bedarf des Lebens mit Geschmack, Genügen, Geborgne Ländlichkeit, ein Freund, ein Buch, Der Muß' und Arbeit Wechsel, nützlich Wirken, Der Tugend Wachsthum und des Himmels Beifall. So flieht ihr Tag; so schaut der Monden Reihn Rastlos umkreisend ein' Welt voll Mißklang —
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Frühling. Eie stets beglückt; einstimmig geußt der Lenz Die eigne Rosenkrone auf ihr Härmt. Vis hell uno mild der Abend endlich kömmt, Wo nach des Lebens langem Frühlingstag Nur liebender, je mehr Erinnernng Der Liebesprobeu ihren Blicken zeigt, Sie mit einander traulich schlummern gehn, Die reinen Geister mit einander flieh'» Den Fluren ew'ger Lieb' und Wonne zu.
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