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German Pages 334 Year 1897
Jahrbücher
für die
deutsche Armee
und
Marine .
Verantwortlich geleitet
von
E.
Schnackenburg Oberstlieutenant a. D.
104. Band. Juli bis September 1897.
BERLIN W.8. Verlag von A.
Bath .
Mohren-Strasse 19. 1897.
Printed in Germany
Inhalts - Verzeichnifs .
No. 310.
Heft 1. Juli.
Seite
I. Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres. Von . 1 Paul v. Schmidt , Generalmajor z. D. . . II. Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Von v. Meyerinck , 13 Generallieutenant z. D. (mit Karte) 31 III. Zur Schlacht von Loigny-Poupry • IV. Improvisirte Befestigungen. Von H. Frobenius , Oberst41 lieutenant a. D. • 59 V. Treffen-Taktik 69 VI. Das neue Disziplinar-Reglement für das portugiesische Heer . • 77 VII. Ein Spion Napoleon's I. 79 VIII. Militärische Standesgebräuche früherer Zeit . 82 IX. Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen 85 X. Armee- und Marine-Nachrichten aus Russland XI. Umschau in der Militär-Litteratur : 91 I. Ausländische Zeitschriften 97 II. Bücher 103 III. Seewesen IV.
No. 311.
Heft 2.
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher
105
August.
XII. Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres . • Paul von Schmidt , Generalmajor z. D. .
Von
107
XIII. Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden Von v. Meyerinck , 122 Generallieutenant z . D. (Fortsetzung) 139 XIV. Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts XV. Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens. Von A. Walch, Hauptmann und Kompagnie- Chef im kgl. b. 146 • 16. Infanterie-Regt. Grofsherzog Ferdinand von Toscana 194 XVI. Die russischen Festungs-Truppen • XVII. Zur Geschichte der Werbung des fridericianischen Bosniaken197 Korps 198 XVIII. Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen XIX . Umschau in der Militär-Litteratur : 202 I. Ausländische Zeitschriften • 208 II. Bücher · 216 III. Seewesen IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher 217 P A C E (R ) 496304
No. 312.
Heft 3.
September.
Seite
XX . Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres. Von 219 Paul von Schmidt , Generalmajor z. D. . XXI . Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Von v. Meyerinck , 245 Generallieutenant z. D. (Schluſs) . . XXII. Über den Vorposten- und Kundschaftsdienst der russischen 269 Armee 287 XXIII. Die russische Grenzwache in ihrer Bedeutung für den Krieg . 282 XXIV . Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen XXV. Umschau auf militärtechnischem Gebiet. Von Joseph Schott , 284 Major a. D. · XXVI. Umschau in der Militär-Litteratur : 301 1. Ausländische Zeitschriften 308 II. Bücher • 323 III. Seewesen • IV.
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher 326
I.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
Von Paul von Schmidt, Generalmajor z. D.
II. Von Johann Georg bis zum Regierungsantritt des grofsen Kurfürsten. Unter dem Kurfürsten Johann Georg finden wir aufser den Trabanten
zuerst
die
sogenannten
Festungsgarden
erwähnt,
einige Kompagnien angeworbener Mannschaft (ursprünglich Landsknechte), die bereits einen permanenten Etat aufwiesen und daher als der erste Anfang eines stehenden Heeres anzusehen sind. Ihrem Namen entsprechend waren die Festungsgarden zur Besetzung der Festungen bestimmt. Die Trabanten , in den Urkunden in der Regel „Einspenniger" zu des Kurfürsten Dienst gebraucht werden und verpflichtet sein, sämmtlich und insonderheit, wohl beritten mit schwarzen Reitkleidungen, Büchsen, Harnisch, Schützengerät und anderer zu-
genannt, sollten
gehöriger Rüstung, mit ihren eigenen Pferden zu jeder Zeit nach des Hofmarschalls (Georg von Ribbeck) , Hauptmanns (Henning von Möllendorf) oder Lieutenants (Balthasar Rudloff) Befehl, in oder aufser Landes zu Verschickungen, Wache, Anstalten, Einfällen oder Bestückungen, in Schimpf und Ernst, mit Darsetzung Leibes und Blutes, sich gebrauchen zu lassen, sonderlich auch auf des Kurfürsten Leib fleifsig Achtung zu geben, wie es aufrichtigen, frommen Einspennigen zugesteht. Dagegen soll allmonatlich ein jeder zehn Thaler in Allem vor Besoldung, Unterhalt, Futter und Mahl, Schadenstand, Harnisch und andere Notdurft, und daneben des Jahres ein HofDieweil sie sich auch beklagen, dafs sie aufserhalb des Hoflagers ohne Schaden keinen Hafer bekämen, so soll ihnen in solchem Falle zu ihrer Notdurft Hafer, der Scheffel zu
kleid unverkürzt erhalten.
sechs Silbergroschen , werden. "
aus den Kurfürstlichen
Vorräten überlassen
1592 werden diese Einspennigen oder Trabanten als Kurfürstliche Leibgarde (Leibguardi ) bezeichnet und sie werden auf 29 Artikel vereidigt , die sie unverbrüchlich halten sollen . „Erstlich soll jeder Trabant pflichtschuldig sein, auf Ihrer kurfürstlichen Gnaden Leib mit getreuem Fleifs zu warten, seine Ober- und Unterwehr in allen. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 1. 1
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
sich zutragenden Notfällen, es sei zu Wasser oder zu Lande, oder wo es wolle, (vorbildlich für unsern jetzigen Soldateneid) zu Beschützung und Verteidigung Ihrer kurfürstlichen Gnaden oder derselben Gemahl und jungen Herrschaft Leibe und Lebens mannlich zu gebrauchen , solange er dieselben in seinen Fäusten führen und sich damit wehren kann ; welcher das nicht thun würde, der soll seines Lebens verlustig sein. Zum andern : Welcher Trabant in solchen Notfällen von Ihrer kurfürstlichen Gnaden, es sei im Felde ,
oder sonsten wo es wolle,
vorsätzlich abtrünnig und flüchtig, und hernach bekommen würde, der soll gleichergestalt an Leib und Leben gestraft werden. Zum dritten : Da Einer oder mehr von den Trabanten erfahren oder betroffen würde, dafs er sich von Feinden oder Widerwärtigen mit Geld oder um
anderer Ursachen willen
bestechen oder bewegen liefse
und denselben eröffnete und Nachricht gäbe, wo und an welchen Orten Ihre Kurfürstliche Gnaden anzutreffen, wohin und welchen Weg sie hinauszuziehen und zu reisen gedacht, oder wie man sonsten Ihrer kurfürstlichen Gnaden gefährlicher Weise beikommen möchte, der oder
dieselbigen sollen , wenn sie
dessen
überwiesen
können, als Meineider am Leben gestraft werden. Zum eilften: Da ihnen fortzuziehen befohlen würde,
werden
sollen sich
die Trabanten sämmtlich und einträchtiglich bei einander halten und mit einander ziehen, und wo sie hinkommen werden , inner- oder aufserhalb des Landes, in Städten, Flecken oder Dörfern,
auch wo
sie fouriret werden, züchtig gegen ihre Wirte und Gesinde verhalten , niemand keine Gewalt oder Überlast thun und mit der Wirtung und Logirung vorlieb nehmen, wie man es an einem jeden Orte haben kann . Sie sollen auch der Zehrung halber gebührliche Abfindung thun und in den Herbergen nichts schuldig bleiben.
Da aber dies-
falls Klage wider sie an ihren Hauptmann oder Lieutenant oder kurfürstliche Gnaden selbst gelangete, sollen sie nach Gestalt der Verbrechung ohne einige Gnade mit Ernst gestraft werden. Zum dreizehnten : Da sich zwischen ihnen, den Trabanten, Scheltund ehrenrührige Worte , von Schelm- oder andern unehrlichen . Stücken zutrügen, die einem ehrlichen Kriegsmann nicht gebühren, so soll der Gescholtene nicht wieder schelten, sondern soll die Nächsten, so dabei gewesen,
zum Zeugnifs rufen und soll solches
seinem Hauptmann oder Lieutenant klagen ; so ihm nun der Schmäher die Beschuldigung, oder ausgegossene Injurien nicht kann darthun, soll derselbe für den gehalten werden , für welchen er diesen gescholten und soll gestraft werden nach Erkenntnifs an seinem Leibe. Zum vierzehnten : soll Keiner den Andern in der Guardi mit
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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verletzlichen Worten zum Balgen oder Hauen herausfordern, vornehmlich bei besetzter Wache, bei Leibesstrafe . Zum sechzehnten : will auch unser gnädigster Herr, der Kurfürst , hiermit ernstlich den Trabanten eingebunden haben, dafs sie sich allen Fluchens und Schwörens bei des Herrn Christi Wunden und Worten gänzlich enthalten sollen ; und wer unter ihnen solche Gotteslästerung von seinen Gesellen hörte und es nicht offenbarte, der soll gleich dem Thäter gestraft werden. " Die übrigen Artikel setzen die Dienstverpflichtungen der Trabanten eingehend fest und verordnen für Dienstversäumnisse mehr oder minder harte Strafen, auch Geldstrafen . reisige Leibgarde " wurde Eine besondere Elitetruppe, die errichtet , die , lediglich aus jungen Adligen zusammen1596 gesetzt, ausschliefslich zum persönlichen Dienst des Kurfürsten bestimmt war -- 24 „Adelbursch " unter dem Hauptmann Baltzer von Schöneich . Sie erhielten jährlich 75 Thaler Sold und 32 Thaler Kleidergeld, aufserdem freien Tisch nebst einem Stübchen Landwein zween Reigen Semmel" . Der Eid der Adelburschen lautete und folgendermaßsen : „ Ich . . . gelobe und schwöre dem durchlauchtigen hochgeborenen Fürsten und Herrn , Herrn Johann Georgen, Markgrafen und Kurfürsten, meinen gnädigsten Herrn, auf den Inhalt Ihrer Gnaden Bestallungsartikel, welche mir denn itzo vorgelesen sein („ die mir vorgelesenen Kriegsartikel " ) und ich dieselben nach Notdurft angehört und genugsam angenommen habe, in derselben Ihrer kurfürstlichen Gnaden verordneten adligen Reisigen Leibguardi zu dienen und Ihrer kurfürstlichen Gnaden getreu, gehorsam und gewärtig zu sein , dero Nutz und Frommen, soviel immer möglich, zu befördern und fortzusetzen, Gefahr, Schaden , Schimpf und Nachteil besten Vermögens helfen zu verhüten, abzuwenden und zuvorzukommen und sonsten alles das steifest und unverbrüchlich zu halten und zu erfolgen, dazu noch die obangeregte kurfürstliche mir vorgelesene Bestallungsartikel in allen und jeden Punkten neben der andern Männer Gesellschaft verkündet und wie solches einem getreuen Diener gegen seine Herrschaft, seinen geschworenen Pflichten nach, eignet und gebühret und sonsten einem ehrliebenden von Adel wohl anstehet . So wahr mir Gott helfe um Christi, unsers Erlösers willen ! " Unverkennbar ist die Verwandtschaft des Eides der Adelburschen von 1596 mit dem jetzt
nach genau dreihundert Jahren
gültigen preufsischen Soldateneide . Johann Georg war ein friedliebender Fürst :
ich liebe den
Frieden ", schrieb er einst, „ aber wenn mich jemand in den Kriegssattel wirft, soll er Mühe haben, mich wieder herauszubringen. " 1*
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
Darum sorgte er auch für die Wehrhaftigkeit des Landes, so für die Befestigung von Spandau, Peitz und Küstrin. Im Jahre 1586 wurde der Heerbann aufgeboten ; doch ist es bezeichnend für die Richtung, welche die weitere Entwickelung unsers Wehrtums einzuschlagen begann, dafs die Lehngüter, die Ritterpferde zu stellen hatten, solche Verpflichtung mit 20 Thalern für das Pferd abkaufen konnten. Joachim Friedrich's Regierung war segensreich für Brandenburg und bedeutungsvoll für unser Vaterland, indem ihm die Verwaltung des Herzogtums Preufsen übertragen wurde. Joachim Friedrich hatte keine Veranlassung,
den Heerbann aufzubieten ; die
Wehrverfassung blieb unverändert.
Aufser der Leibgarde zu Fufs von' und der reisigen Leibgarde werden noch drei Kompagnien Kanitz, von Kleist und von Buch erwähnt. Ferner wurde 1602 zur Besetzung der neu angelegten Festung Driesen eine Festungsgarde errichtet. Johann Sigismund's Regierung ist für die weitere Entwickelung des Heerwesens von Bedeutung, zumal die dauernde Vereinigung des Herzogtums Preufsen mit Brandenburg auch eine einheitliche Gestaltung der Wehrverfassung anbahnen musste.
Als der
Kurfürst wegen der Jülich - Berg'schen Angelegenheiten 1609 zu Rüstungen genötigt war, erschienen beim Aufgebot 787 Edelleute zu Pferde, von denen er 400 auswählte. Der Adel stellte aufserdem 1000 Mann zu Fufs,
die Städte 2000 Mann,
wozu noch eine Anzahl
von „ Pikenieren " kam. Die Stände kamen für die Besoldung auf zunächst auf drei Monat - der Kurfürst ernannte die Offiziere. Indessen stellten sich oft mancherlei Übelstände heraus . Zeiten waren vorüber,
wo
der freie deutsche Mann,
Die
stolz auf die
Ausübung seines Wehrrechtes, kampfesfreudig zu den Waffen griff. Adel und Bürgerschaft hatten mit der Kampflust auch die Kriegstüchtigkeit eingebüfst und das einst so stolze Landesanfgebot lieferte zum Teil die traurigsten Ergebnisse . Zunächst hatte die von Johann Georg bewilligte Ablösung der
zu stellenden Ritterpferde mit Geld die Folge, dafs es beim Aufgebot an brauchbaren Pferden fehlte. Johann Sigismund mufste für jedes ,,reisige Pferd 10 bis 12 Groschen Wachtgeld" bewilligen . Bei der Musterung des Landesaufgebotes 1610 war vielfach über Säumigkeit, ja über Widersetzlichkeit zu klagen. Die Ritterschaft war grofsenteils daheim geblieben und hatte ,,Kutscher, Vögte, Fischer und dergleichen schlimmes und unversuchtes Lumpengesindel auf kleinen schwachen Kleppern statt auf starken Hengsten" gesandt. Es mussten für den nötigsten Bedarf Söldner angeworben werden. Als diese dann entlassen werden mussten, weil kein Geld zu ihrer Bezahlung
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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vorhanden war, zogen sie als ,,gardende Knechte" im Lande umher, bettelten, plünderten, ja raubten und mordeten. Auch die Trabanten scheinen sich stark vermindert zu haben : eine Angabe aus dem Jahre 1615 führt ihrer nur 9 an. Als Preufsen 1618 an Brandenburg fiel, übernahm von Memel.
der Kürfürst die Schlofsgarde (Festungsgarde)
Im Herzogtum Preufsen , um dessen Wehrverfassung sich, wie erwähnt,
Herzog Albrecht besonders verdient gemacht hatte, bestand
zur Zeit der Vereinigung mit Brandenburg eine allgemeine Wehrpflicht ; auch sollte jeder Unterthan nachweisen, daſs er sich im Freilich zeigte sich bald genug , Gebrauch der Waffen geübt habe. dafs es auch in Preufsen mit der Liebe zum Waffendienst und mit der Kriegstüchtigkeit ebenso abwärts gegangen war wie anderwärts. Immerhin nahm sich Johann Sigismund die preufsischen Einrichtungen zum Muster , als er an die brandenburgische Wehrverfassung die bessernde Hand zu legen beschlofs . Über das sogenannte , Defensionswerk " ,
das
der
darniederliegenden Wehrhaftigkeit
des
Landes aufhelfen sollte, hat der Leiter dieser Zeitschrift einen Aufsatz veröffentlicht, dem wir die nachfolgenden Angaben verdanken . In Folge der üblen Erfahrungen, die man beim Aufgebot von 1609 gemacht hatte, hielt der Kurfürst eine durchgreifende Reform der Wehrverfassung für notwendig .
Auf seine Veranlassung er-
schien zunächst eine Denkschrift : Ungefährliche Bedenken, wie ein Potentat ohne besondere Kosten und Weitläuftigkeiten sein Land könne bewehrt machen und wie solches am besten in der Kurmark geschehen könne. "
Hierin wird zunächst die Unzulänglichkeit des
bisherigen Landesaufgebotes mit aller Schärfe betont.
Aber auch die
Anwerbung von fremden Söldnern wird als unzweckmässig und gefährlich verworfen. Die einheimische Mannschaft soll dienstpflichtig sein, in den Städten soll man den dritten , auf dem Lande den zehnten Mann nehmen ; Stellvertretung unzulässig. der Sache !
Nun aber die Handhabung
Zur Ausbildung in der „ Drillkunst " sollen gute, alte,
gediente Landsknechte im Lande umhergeschickt werden , um die Mannschaft auszubilden. In den Städten sollen die Übungen „ am Mittwoch Nachmittag" stattfinden.
Die Kosten sollen von denen ge-
tragen werden, die nicht zum Dienst herangezogen sind (Wehrgeld !). Es sollen genaue statistische Erhebungen angestellt werden u. s. w.
" Verleihe der oberste Regimentsherr und Wächter Israël " , schliefst die Denkschrift, „ dafs diese Verordnung der Herrschaft, dem Vaterlande und der Posterität zum Besten gereiche und nehme er den goldenen Frieden nicht von uns und den Nachkommen weg.
Amen ! "
Diese wohlgemeinten Vorschläge würden, wenn man sie zur Aus-
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
führung gebracht hätte, eine Miliz geschaffen haben, die ebensowenig kriegstüchtig sich erwiesen hätte, wie das bisherige Landesaufgebot. Das mag der Kurfürst ebenfalls erkannt haben und es wurde ein zweiter Reformvorschlag ausgearbeitet, der Hand und Fufs hatte:
17 Defensionswerk , so in der Kur- und Mark Brandenburg anzurichten. " Zur rechten Bewehrung eines Landes ", heifst es in der Einleitung, „ gehört dreierlei : tüchtige Kriegsleute, Kriegsmaterial und Befestigungen" . Von geworbenen Truppen soll , da momantan kein Krieg zu fürchten, zunächst abgesehen , dagegen das Landesaufgebot zweckmäfsig reorganisirt werden . Alljährlich einmal sollen die zu Rofs erscheinenden Lehnsleute gemustert, nach Ämtern und Kreisen in Fahnen zusammengestellt und in den Waffen geübt werden ; das Fufsvolk sollen die Städte und das platte Land stellen. Zwar sei der Bauer gewifs besser zum Soldaten geeignet, als der Städter ; aber bei den schweren Lasten und Frohndiensten,
die auf dem Bauer ruheten, dürfe man die Bauern erst
heranziehen, wenn man sich überzeugt habe, wie sich die Sache in Wenn Gefahr drohe, sei es Zeit, alle den Städten anlassen werde. wehrhaften Leute auszuheben.
Hier wird klar und entschieden,
wohl angeregt durch die im Herzogtum Preufsen zu Recht bestehende Ordnung,
die allgemeine Wehrpflicht proklamirt.
Der Bürger sei
verpflichtet, seine eigene Stadt in Kriegsnot gegen den Feind zu verteidigen ; dazu aber sei nötig, dafs er in den Waffen geübt, zumal in der Wachtordnung erfahren sei. Ein "7 Ausschufs " (Auswahl aus dem Gesammtaufgebot) von 4000 Mann soll zu 2/3 mit Musketen , zu 1/3 mit Spiefsen bewaffnet werden, um recht viele Leute in dem schwierigen Gebrauch der Muskete zu üben. Exerziren , Laden und Schiefsen , Übergang
Auch im geschlossenen aus der Zug
in die
Schlachtordnung sollen sie unterwiesen werden. Während des ganzen Jahres, mit Ausnahme der hohen Feste und der Saatzeit, soll ein Teil der Mannschaften des Ausschusses nach Berlin und in die nächstgelegenen Festungen geschickt werden , um sie im Wachtdienst
zu
unterweisen . Solcher Wachtdienst soll jeden Mann eine Woche lang treffen. Ehe die Leute nach Ablauf der Woche wieder nach Hause reisen, soll einen Tag nach der Scheibe geschossen werden. Zu diesem Zweck sollen 2 Thaler zum Besten gegeben werden ; wenn dann jeder Schütze noch einen Groschen einlege, so könne man versehiedene Preise aussetzen . (Schiefsprämien !) Als Obrister der Reiterei soll ein vornehmer Befehlshaber bestallt werden, zu seiner Unterstützung 1 Oberstlieutenant und 3 Rittmeister, jeder dieser 5 Oberoffiziere soll ein Fähnlein von 100 bis 150 Lehns-
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
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pferden erhalten. Im Kriege aber soll die Stärke vermindert , die Zahl der Rittmeister dagegen vermehrt werden. Für das Fufsvolk werden zwei Obersten vorgeschlagen, einen für Alt-, Mittel- und Uckermark, der andere für die Neumark, jedem zur Seite ein Oberstlieutenant und einige erfahrene Hauptleute ; bei jedem Fähnlein von 300 Mann ein Lieutenant und ein Fähndrich „ ein feiner junger Gesell , der ein Stadtkind und guten Vermögens und etwa in einem Kriegszuge gewesen, dem soll man das Fähnlein anvertrauen “ . In jeder Stadt sollen 2 oder 3 27 feine" Bürger ausgesucht werden, welche im Exerziren, zumal mit der Muskete, geübt sind ; jedem sollen 10 Mann unterstellt werden , welche wöchentlich 2 oder 3 mal auf dem Um die Leute des AusRathause von demselben exerzirt werden. schusses sämmtlich der Reihe nach zu üben, sollen der Oberst und die Stellungsordres zuvor an den Magistrat der betreffenden Stadt schicken mit der Weisung, "7 dafs der Korporal N. N. sich mit seinen 10 Mann an dem befohlenen Mittwoch Abend zu Cölln Oberstlieutenant
an der Spree stellen und bei N. N. melden solle " . Auch ein genauer Kostenanschlag ist aufgestellt. Bei der Reiterei soll der Oberst 600, der Oberstlieutenant 400, der Rittmeister 300 , der Lieutenant 200 Thaler Jahressold erhalten, wofür die Dienstpferde zu halten sind . Beim Fuſsvolk sind für den Oberst 600 Thaler und 200 Thaler Reisekosten, für den Oberstlieutenant 400, für den Hauptmann 200 , den angesetzt.
Lieutenant
100 Thaler
Jahressold
Um sich erfahrene Sergeanten und Waibel zu verschaffen,
wird die Anwerbung
geübter
niederländischer
Soldaten vor-
geschlagen ( die sich in den niederländischen Befreiungskämpfen einen besonders guten Ruf erworben hatten). Diese sollten sich gewöhnlich im kurfürstlichen Hoflager aufhalten, reisen ,
aber auch im Lande umher-
um den Hauptleuten bei den Übungen behülflich zu sein.
Man rechnet auf 32 Sergeanten, von denen jeder jährlich einen Monat reisen und dafür 8 Groschen Diäten beziehen soll . Weiter handelt das „ Defensionswerk " von der Verproviantirung der Festungen, von der Einrichtung und Ausrüstung der Zeughäuser, Schliesslich wird die hohe Bedeutung der Beden Pulvervorräten. besonders müsse man Wert legen auf die Befestigung der durch die vielen Ströme und Moräste gebildeten Pässe.
festigungen hervorgehoben ;
„Der gnädige Gott" , so schliefst das Defensionswerk, ist anzurufen, dafs er uns aus Gnaden Frieden verleihen wolle, damit wir aller dieser Zurüstungen nicht bedürfen. " Leider scheint die Ausführung der vielen in dieser Denkschrift gegebenen Ratschläge auf grofse, ja unüberwindliche Schwierigkeiten gestofsen zu sein.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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Der Kurfürst traf zwar Anordnungen, um die städtische Bürgerschaft wieder an die Waffen zu gewöhnen, wie er denn 1617 dem Rate zu Berlin befahl, vor dem Rathause eine Vogelstange für die Büchsen- und Bogenschützen zu errichten, wozu er selbst einen Teil der Kosten beisteuerte. Wie wichtig ihm tief es ihn schmerzte,
die Wehrhaftigkeit des Landes war und wie dafs
seine Unterthanen so wenig Sinn und
Verständnifs dafür bekunden, davon zeugt ein vom Kurfürsten 1618 erlassener Befehl : "1 Weder vor dem Vaterlande, noch vor dem Landesfürsten, noch vor den eigenen Nachkommen kann dieser Adel seine Saumseligkeit, seine Trägheit, seine Selbstsucht verantworten. Ja nicht einmal vor sich selbst ; denn kommt es wohl auf etwas Anderes an, als auf die Verteidigung seiner selbst, seiner Weiber und Kinder und was er sonst noch Liebes und Gutes hat, nicht zu gedenken
der
Freiheit des Gewissens ? Wie feindlich, ja wie mehr als barbarisch und tückisch die Unterdrückten behandelt werden, ist offenkundig. Dennoch säumt der Adel aufzusitzen und zur Verteidigung sich anzuschicken. "
Grade in diesem Jahre 1618 begann der
30jährige Krieg ,
dessen furchtbare Erfahrungen dem Kurfürsten nur allzusehr Recht geben und die Bewohner der Mark belehren sollten, wie es den Wehrlosen ergeht. Auf den Kurfüsten Georg Wilhelm weist das älteste InfanterieRegiment unserer Armee zurück , das Grenadier-Regiment Kaiser Friedrich III., das in seiner Helmauszeichnung das Gründungsjahr 1619 führt.
Die Stammliste der preuſsischen Armee von 1840 sagt in ihren
historischen Notizen : „ Dieses Regiment wurde 1619 aus der Garde Kurfürst Georg Wilhelm's errichtet und bestand bei der Schlacht von Warschau 1656 aus 2 Bataillons zu 4 Kompagnien . . . . “ Ob die Garde Georg Wilhelm's im Jahre 1619 zu einem wirklichen Regiment formirt worden ist, dürfte schwer nachweisbar sein. Jedoch verlieh Georg Wilhelm 1619 seiner Leibgarde zu Fufs Fahnen.
Diese That-
sache spricht für die Richtigkeit der vom Grafen von Kanitz gemachten Angabe , dafs man für die Kurfürstliche Garde seit 1619 eine rein militärische Bestimmung" nachweisen könne ; 1620 sei sie auf die Höhe einer vollständigen Kompagnie von 230 Mann zu Fufs und 150 Mann zu Rofs unter dem Hauptmann und Kammerjunker Conrad von Burgsdorf gebracht worden, um den Kurfürsten nach Warschau zum Reichstage zu begleiten, wo er als Lehnsträger der Krone Polen mit möglichstem Glanze erscheinen wollte. Im Jahre 1630" , berichtet Graf Kanitz weiter,
zählte die Garde unter dem-
selben Kapitän und Rittmeister Conrad von Burgsdorff 400 Köpfe
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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und 1631 war sie ein Regiment von 12 Kompagnien, welches er als Oberst befehligte, das bei Strauſsberg gemustert wurde und den Stamm für die spätere Garde zu Fuſs bildete, welche wiederum unser heutiges Erstes Garde-Regiment zu Fufs mit einigem Rechte auf seine Ahnentafel setzen könnte. " Jedenfalls sind es einerseits die Festungsgarden, andrerseits die Trabanten-Leibgarden des Kurfürsten, die als Stamm unseres stehenden Heeres anzusehen sind. Wir wenden verfassung
unter
uns nun zu den weiteren Schicksalen der Wehrdem
Kurfürsten
Georg
Wilhelm ,
dessen
ganze
Regierungszeit von den Schrecken des dreifsigjährigen Krieges erfüllt war. Auch ein Stärkerer denn er würde in diesen wüsten Zeiten , in denen das deutsche Vaterland der Schauplatz
wilder Kämpfe, der
Spielball beutelustiger Heerschaaren wurde, kaum im Stande gewesen sein, Brandenburg vor diesem Kriegselend zu bewahren.
Als in Böhmen die ersten Entscheidungen gefallen waren, in Folge dessen der 27 Winterkönig" nach der Mark floh, hegten die Märker noch die Hoffnung, von den Leiden des Krieges verschont zu werden, da der Kurfürst neutral geblieben war. Zwar hatten des Böhmenkönigs Hülfstruppen bereits wie Feinde in der Mark gehaust, sodafs die Städte darauf denken mussten, sich ihrer Haut zu wehren . Freilich sah es mit den städtischen Wehrleuten übel aus. Da hätte man", wird uns berichtet,,,wohleingeübte Musketiere sehen sollen ; der eine schofs die Lunte mit hinweg, dem andern entfiel der Ladestecken, dem dritten die Forschett (Gabel), dem vierten versagte die Muskete zwei- bis dreimal, der fünfte versteckte die Nase in den Ärmel,
wenn er schiefsen wollte . Die losgeschossen hatten, konnten zu keiner Ladung wieder kommen. " Als nun die Kriegsgefahr für die Mark immer drohender wurde, erlangte der Kurfürst endlich von den Ständen die Bewilligung einer kleinen Truppenzahl. Es wurde ein Regiment zu Fufs, 600 Musketiere und 400 Pikeniere und 3 Kompagnien Reiterei, jede zu 100 Pferden angeworben. Da es aber an Geld fehlte, die Mannschaften zu besolden und zu verpflegen, so wurden sie in aller Form auf regelrechtes Betteln angewiesen . Jeder Bauer oder Hüfner sollte dem Soldaten, der ihn anspräche, zwei Pfennige reichen . Damit aber solle sich der Soldat begnügen ; verlange er mehr, so müsse er mit Schlägen abgewiesen werden. Auch das Umherziehen in Trupps zu Bettelzwecken wird gestattet ; doch sollen diese Trupps nicht stärker sein als 10 Mann. Jede Dorfschaft hat einer solchen Brüderschaft drei Reichsgroschen zu zahlen.
,, Sie sollen aber nicht Hühner oder sonst
etwas entfernen ", fügt der kurfürstliche Befehl vorsorglich hinzu. Friedrich der Grofse sagt hierüber in seiner Histoire de Brandenbourg:
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
,,Que produisit cet arrangement ridicule ? Au lieu d'acquérir des soldats , le prince n'établit qu'un corps de mendians. " Mit der Zeit wurde diese privilegirte Bettelei den Bauern so überlästig, daſs sie auf Gegenwehr sannen, zumal die umherziehenden Mannschaften sich keineswegs immer in den ihnen gezogenen Schranken hielten. Da rotteten sich denn die Landleute zusammen und wehrten sich ihrer Haut mit Knütteln und Dreschflegeln. Im Jahre 1622 zeigte es sich bei der Musterung in Preufsen , dafs es auch dort mit dem Landesaufgebot trotz der zu Recht bestehenden allgemeinen Wehrpflicht schlecht bestellt war. Die Herren vom Adel schickten "7 Schuster,
Schneider,
Schulmeister und andere
Handwerker" (sic ! ) zu ihrer Vertretung. Nur die armen Freien aus den polnischen Landesteilen erschienen und erwiesen sich brauchbar als leichte Reiter. Den Wybranzen, den vom platten Lande gestellten Fufsmannschaften , fehlte es wieder an Offizieren . Als Georg Wilhelm notgedrungen ein Bündnifs mit Gustav Adolf abgeschlossen hatte, wurden zum erstenmal zahlreichere und besser organisirte Truppen ins Feld gestellt ; das Ansehen und die Energie des grofsen Schwedenkönigs mag auch die Säumigen bestimmt haben, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Es erging ein Aufgebot an das ganze Land,
dafs alle Wehrfähigen mit Ausnahme
der Geistlichen und Schöppen sich am bestimmten Orte gerüstet und bewaffnet versammeln sollten. Aus diesen Mannschaften wurden einschliesslich der Leibgarde 25 Kompagnien Fufsvolk und 10 Schwadronen Reiterei formirt. Sämmtliche Festungsgarden wurden reduzirt und stiefsen zu den neu formirten Regimentern , nur die Leibgarde blieb bestehen . Dazu kamen noch 41 Artilleristen, im Ganzen etwa 4000 Mann. Diese Truppen fochten an der Seite der Schweden. Die märkischen Truppen führten karmoisinrote und weifse Fahnen mit dem roten brandenburgischen Adler, die preufsischen schwarz und weiſse Fahnen mit dem schwarzen
preuſsischen Adler .
Auch scheint,
wenigstens
zum gröfsten Teil, das Fufsvolk übereinstimmende Kleidung getragen zu haben ; denn schon damals wurden die Brandenburger als „,Blauröcke" bezeichnet. Als nach Gustav Adolf's Tode das benachbarte Kursachsen mit dem Kaiser Frieden gemacht hatte, glaubte auch Georg Wilhelm , sich diesem Vertrage anschliefsen zu müssen . Er trat ( 1615) dem Frieden bei und hatte nun in den Schweden gefährliche Feinde , in den Kaiserlichen nicht minder lästige Verbündete. Auf den Rat seines einflussreichen Ministers , des bekannten Grafen Adam von Schwarzenberg ,
schlofs Georg Wilhelm alsbald ein noch engeres
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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Bündnifs mit dem Kaiser , der ihm den Besitz von Pommern gewährleistete, ihn aber zur Aufstellung einer grösseren Truppenzahl nötigte . Binnen drei Monaten sollten 25 000 Mann aufgebracht werden , die in des Kaisers und des Reiches Pflicht genommen, jedoch dem Kommando des Kurfürsten unterstellt werden sollten. Die Truppen. muſsten in Folge dieses von Schwarzenberg abgeschlossenen Vertrages schwören , dem Kaiser und anstatt desselben dem Kurfürsten von Brandenburg gehorsam zu sein, damit das Herzogtum Pommern ihm als seinen natürlichen Erbherrn ,,recuperirt" würde. Kaiserliches und spanisches Geld diente zur Besoldung und Verpflegung dieses mehr kaiserlichen als brandenburgischen Heeres, das übrigens höchstens eine Stärke von 10 bis 11000 Mann erreichte. Hans Caspar von Klitzing, der diese Streitmacht kommandirte, ist der erste brandenburgische Befehlshaber, der als " General" bezeichnet wird ; bis dahin hatte es nur Obersten gegeben.
Bei der im Jahre 1638 abgehaltenen
Musterung des Heeres werden 9 Regimenter zu Fufs aufgeführt : Klitzing, Kracht, Burgsdorff, Dargitz , Volkmann , Dietrich Kracht, Rochow, Mintzich, Waldow-Kerberg, im Ganzen 8000 Mann,
ferner
8 Regimenter Reiterei : Hans Rochow, Ehrenreich Burgsdorff, Pothausen , Schagelow, Goldacker, Erichson, Worhauer und ein ohne Namen aufgeführtes Dragoner-Regiment, im Ganzen 2900 Pferde . Dieses scheinbar stattliche Heer, über welches aber Dank den Schwarzenberg'schen Abmachungen dem Kurfürsten jede freie Verfügung entzogen war, bürdete dem Lande nur neue Lasten auf, anstatt es zu schützen . So berichtete die Stadt Berlin, indem sie sich über die unerschwinglichen Kosten des Heeres beklagte, "" wie soviele Offiziere unterhalten würden und herrlich lebten, ohne die Mannschaft zu haben, welche sie wirklich haben sollten und wofür sie den Sold in grofsen Summen zögen, indessen Soldaten und Unteroffiziere sich erbärmlich behelfen müfsten, fortliefen und verhungerten . Die Zügellosigkeit der kurfürstlichen Reiter wäre so grofs,
dafs kein Pferd,
keine Kuh, kein Ochse, kein Mensch vor denselben gesichert sei , und daher der Ackerbau nicht betrieben würde, könnte.
noch betrieben werden
Man habe in den Städten die Häuser, Acker, Gärten, Wiesen
und Weinberge dem Bürger genommen und sie den Offizieren gegeben , welche doch von Kontribution frei wären, und solche dagegen andern aufgebürdet, wodurch dann die noch vorhandenen Bürger gedrungen worden zu entlaufen. Berlin habe 1638 und 1639 zum Unterhalt der kurfürstlichen Völker monatlich 3000, bald 2700, bald 1800 , bald 2100 und gegenwärtig 1350 Thaler, Kölln aber nach Verhältnifs seit zwei Jahren noch halb mal soviel beitragen müssen. "
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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So ist leider über die damaligen brandenburgischen Soldaten kaum ein wesentlich günstigeres Urteil zu fällen , wie über das übrige Kriegsvolk des 30 jährigen Krieges, von dem mit bitterer Anspielung auf ein bekanntes Bibelwort gesagt wird: „ Sie wachen nicht, sie schantzen nicht, sie stürmen nicht und kommen auch nicht in Schlachtordnung, und sie ernähren sich doch. " Der Kurfürst empfand die Not seines Landes tief und mancherlei Verordnungen zeugen davon, dafs er Abhülfe zu schaffen bemüht war. So wurden wieder und wieder Edikte erlassen gegen das „Garten " und eine „ Kriegs-Disciplina und Reuter-Bestellung " vom Jahre 1623 sollten im Anschlufs an das „Defensions-Werk" für die Mannszucht sorgen.
Aber solche Verordnungen standen nur auf dem Papier und
konnten um so weniger durchgeführt werden, als man höheren Ortes Furcht und Besorgniſs durchblicken liefs, wenn u . A. verfügt wurde , „dafs der Rittmeister gegen solches böse Gesindlein nichts Leichtfertiges wagen soll ". Übrigens schmolz das 1635 angeworbene und 1638 bei NeustadtEberswalde gemusterte Heer allmälig so zusammen, dafs bei Georg Wilhelm's Tode nur noch 5 Infanterie-Regimenter, Burgsdorff, Kracht, Volckmann, Trotha, Goldacker, 3600 Mann, und 3 Kavallerie- Regimenter, Goldacker, Lüdecke und Rochow, 2500 Pferde, vorhanden waren. Um dem düstern Bilde, das während des 30jährigen Krieges auch unser brandenburgisches Heerwesen bietet, auch einen lichteren Zug zu leihen, sei an die landesväterliche Fürsorge des Kurfürsten für die Invaliden erinnert. Georg Wilhelm war der erste brandenburgische Herrscher, der es nicht bei dem üblichen den entlassenen Soldaten gewährten Abdankungsgelde bewenden liefs, das in der Regel nur in der Höhe eines Monatssoldes gezahlt wurde, sondern diese Auch hinterbliebenen SoldatenSummen oft wesentlich erhöhte. wittwen wurden Unterstützungen bewilligt. Die Regierungszeit Georg Wilhelm's ist wohl die traurigste, die Brandenburg je erlebte ; aber es wäre ungerecht, diesen Fürsten allein für all das Elend verantwortlich zu machen, das der 30jährige Krieg über die Mark brachte. Georg Wilhelm, der wohlwollende, für sein Land und für sein Heer bis an sein Lebensende sich mühende und sorgende Herr, konnte mit Hamlet ausrufen : Die Zeit ist aus den Fugen: Schmach und Gram, dafs ich zur Welt, sie einzurichten kam ! "
II .
Rückblick auf die Mai- Tage 1849 in Dresden. ')
Von von Meyerinck, Generallieutenant z. D.
Die nachstehende Arbeit enthält einen Rückblick auf historische Begebenheiten, beansprucht mithin nicht etwas wesentlich Neues zu liefern.
In einer so ernsten Zeit politischer Entwicklung, in welcher
wir jetzt leben,
ist es jedoch sicherlich nicht überflüssig,
wenn wir
unserer heranwachsenden Soldatenjugend die Treue und Tapferkeit der Väter für Thron und Vaterland immer wieder in das Gedächtnifs zurückführen und sie auffordern , bei kommenden Ereignissen denselben Weg zu wandeln . Diese Arbeit ist mithin der deutschen Soldatenjugend gewidmet, denn ihr gehört die Zukunft. Offiziere und Soldaten, welche vor fast 50 Jahren gegen Barrikaden fochten, sind in der Armee nicht mehr vorhanden und da Ungewandtheit und Unkenntnifs oft empfindliche Opfer fordern , so wollen wir aus der nachfolgenden Schilderung sehen, wie es die Vorfahren in Dresden machten. Auch aus den vorgekommenen Fehlern kann die Nachwelt lernen. Fehler.
Wer seinen Gegner unterschätzt, begeht den ersten
Es liegt nicht in der Absicht des Verfassers, alle Begebenheiten bis in die kleinsten Details zu erzählen , das würde für den vorgesteckten Zweck zu weit führen, und soll nur das Wesentlichste hier wiedergegeben werden. Wollte man einem bekannten Führer unserer Sozialdemokraten Glauben schenken, der im Reichstage die Erklärung abgab, dafs es ¹) Anbei ein Plan von Dresden , soweit derselbe zum Verständnifs des Gefechts notwendig ist. Derjenige Teil der Altstadt, in welchem der Kampf stattfand, ist auf dem Plan dunkel angelegt. Quellen. 1. Der Mai- Aufstand in Dresden von A. v. Montbé, Oberlieutenant im Königl. Sächs. Generalstab. 2. Der Aufstand in Dresden. Politisch und militärisch beleuchtet von einem sächsischen Offizier und Augenzeugen. 3. Der Kampf in Dresden im Mai 1849 vom Grafen Waldersee, Oberst und Kommandeur des Kaiser Alexander GrenadierRegiments . 4. Geschichte des Kaiser Alexander Grenadier - Regiments Nr. 1 von A. v. Kries, Hauptmann und Kompagnie-Chef im Kaiser Alexander Grenadier-Regiment Nr. 1.
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
unmöglich sei, noch Revolution auf gewaltsamem Wege zu machen , dann brauchten wir uns mit einer Belehrung über den Strafsenkampf nicht mehr zu befassen , es wird aber wohl schwerlich jemand so thöricht sein, auf diesen Leim zu gehen . Allerdings sind die Führer der vaterlandslosen Umsturzpartei vorsichtig geworden , ihre Zeit ist noch nicht gekommen , denn sie wissen , dafs ihre verbrecherischen Absichten an der Treue der Armee für Thron und Vaterland scheitern würden. Das Ziel, welches sie zunächst zu erreichen suchen, ist Untergrabung der Monarchie, Beraubung der Kapitalisten und Vernichtung der Gutsherrn, die übrigen Kleinigkeiten folgen erst später. Dafs es dazu auf gesetzgeberischem Wege kommen sollte, ist undenkbar, die Umsturzpartei wird daher zu einer günstigeren Zeit wieder zur gewaltsamen Revolution schreiten, um eine Diktatur des Proletariats herbeizuführen, wie wir sie z. B. während der Kommune 1871 in Paris in der krassesten Weise erlebt haben, daher der Schlachtenruf der Umsturzpartei „ Proletarier aller Länder vereinigt Euch!" Nichtswürdig ist die Nation, welche nicht Alles an ihre Ehre setzt und der staatserhaltende Teil des deutschen Volkes ist noch nicht so entnervt, dafs es nicht mit Waffen in der Hand Alles daran setzen würde, um sich die Herrschaft solcher Tyrannen vom Halse zu halten und sollten die Kämpfe auch Jahre lang dauern . Unser Vaterland ist ja hinlänglich an lange Kriege gewöhnt. Vorläufig legt die grofse Masse der indolenten deutschen Bourgeoisie die Hände noch träumerisch in den Schoofs, bis sie seiner Zeit aus diesem Schlummer sehr unsanft geweckt werden wird. Die regierenden Fürsten sind, dem Himmel sei es Dank, untereinander einig, kleine Differenzen gleicht der Bundesrat aus , nur ist das deutsche Volk leider in mindestens zwanzig politische, partikularistische, nationale und religiöse Parteien zersplittert, was noch der Rest der früheren deutschen Ohnmacht und Zerrissenheit seit mehr denn 200 Jahren ist. Ein halbes Jahrhundert ist zur Zeit verstrichen, als der revolutionäre Wind in Europa zu wehen begann, der sich in den beiden folgenden Jahren zu einem heftigen Sturm entwickelte . Der erste Kravall, welcher im April 1847 in Berlin stattfand, war der sogenannte Kartoffelkrieg,
der durch die grofse Theuerung
der Lebensmittel hervorgerufen wurde. Drama der beiden folgenden Jahre . Im Jahre
1848
Er war das Vorspiel zu dem
sprachen die Kanonen fast in allen Ländern
Europas. Vor allen Dingen entbrannte der Kampf mit grofser Heftigkeit in Paris, Wien, Berlin , Prag, in der Provinz Posen, in Schleswig, Ungarn und Italien .
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Dieses Jahr ging zwar noch unblutig an Sachsen vorüber,
aber
eine gewisse Erregung fand bereits in allen Schichten der Bevölkerung statt, nur waren die politischen Begriffe in den Köpfen der Mehrzahl sehr unklar und verwirrt. Im Allgemeinen war aber eine konstitutionelle
monarchisch
gesinnte
Partei
sichtbar,
welche
einer
republikanischen Gesellschaft gegenüber stand . Als Deckmantel stellte die letztere die Wahl eines deutschen Kaisers mit einer Verfassung auf breitester Grundlage hin, denn die Republikaner glaubten , daſs sie mit nur einem Monarchen schneller ihren Zweck erreichen würden . Der Ausspruch des Republikaners Biedermann , er wünschte, dafs die Verfassung die Möglichkeit gebe, ohne Revolution auf dem Wege der Gesetzegebung zur Republik zu kommen , liefert den deutlichen Beweis, welches Ziel erreicht werden sollte.
Die demokratische
Bewegung in Deutschland sollte mit der nationalen tschechischen zu gleicher Zeit beginnen , dazu war man mit einem Russen , dem Republikaner Bakunin , in Verbindung getreten, welcher nach Dresden kam, um den Aufstand zu leiten. Volkes hatte keine Ahnung,
Die grofse Masse des ungebildeten
wohin es geführt werden sollte .
Die
monarchischen Prinzipien hatten jedoch sehr festen Fufs in der deutschen Nation gefafst und sind noch heute nach 50 Jahren so tief eingewurzelt, dafs dieser alte deutsche Eichenstamm noch manchen brausenden Sturm ertragen wird, ehe er zum Fallen kommt. Die Republikaner hatten den vorherrschenden Sinn für die Monarchie ebenso unterschätzt , wie die Treue der Soldaten. Das Wohlwollen des Königs von Sachsen für seine Unterthanen und die augenblicklich verwirrten Verhältnisse in den übrigen deutschen Staaten hatten leider ein sogenanntes volkstümliches Ministerium an die Spitze der Regierung gebracht.
Statt mit aller Energie ein-
zugreifen, strebte dasselbe nach Volksgunst und somit ging der Staat mit Riesenschritten der Anarchie entgegen. Im April 1849 wurde die Bürgerwehr, auch Kommunalgarde genannt, durch den Abgeordneten, ehemals griechischen Oberstlieutenant Heinze, organisirt und bewaffnet. Hierdurch bekam die demokratische Partei ein moralisch kräftiges Rückgrat. Natürlich war die Bürgerwehr auch hier, wie in allen übrigen Ländern, eine ganz unzuverlässige Truppe für die Regierung, wenn man sie überhaupt als eine solche bezeichnen darf. Deshalb streben die Führer der Umsturzpartei auch heute noch nach Abschaffung der Armee und EinWird ihnen diese gewährt , führung einer Volksbewaffnung . dann haben sie leichtes Spiel, denn das Heer ist die letzte Säule der Gesellschaft , sagte Cavaignac im Juni 1848 in Paris.
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Den kampflustigen Demokraten in Sachsen standen damals bereits
die Erfahrungen der Strafsenkämpfe aller Länder vom Jahre zuvor lehrreich zur Seite . Der Abschaum aller Nationen, besonders Polen, auch einige Tschechen, Ungarn und Russen, welche bereits als reisende Barrikadenkämpfer bekannt waren, hatten sich in Dresden zu einem blutigen Stelldichein zusammengefunden, um den Aufstand zu organisiren. Sowohl das sächsische Volk, wie auch die Bauart der Altstadt schienen ihnen hierzu ganz geeignet. Geheime Versammlungen wurden gehalten, überall durch Schrift und Wort gehetzt, die Soldaten suchte man beim Glase Bier zu bearbeiten und auf die gut bewaffneten Turnerkorps konnte die Demokratie sicher rechnen. Es wurden die unglaublichsten Gerüchte verbreitet, welche die Einwohner in fieberhafte Spannung versetzten. Im Allgemeinen liegt es im Wesen des Menschen, dafs er leichter geneigt ist das Schlechte als das Gute zu glauben und in dieser Lage befand sich auch jetzt die Bevölkerung von Dresden . Am 28. April beriet die erste Kammer die Steuerverweigerung und somit beschlofs die Regierung an demselben Tage die Auflösung beider Kammern, welches Dekret ihnen durch den Geh. Regierungsrat Todt vorgelesen ward. Am 30. April fand man an allen Strafsenecken Plakate angeschlagen, welche Deutschland zu einer offenen Empörung gegen seine Fürsten aufforderte. Wie vor Beginn aller Revolutionen, so wurde auch hier eine Sturmadresse an den König entworfen, deren Inhalt die Anerkennung der deutschen Reichsverfassung verlangte. Am
1.
Mai zogen 500 Menschen , meist Arbeiter und halb-
wüchsige Burschen , die ja bei solchen Gelegenheiten niemals fehlen, nach dem Justizministerium, um die Adresse abzugeben. Die Minister Held, Weiling und v. Ehrenstein erklärten, dafs sie vom Ministerium zurückgetreten seien, nur Beust und Rabenhorst waren geblieben . Ersterer versprach, Sr. Majestät die Adresse zu überreichen und nun ging das souveräne Volk, wie es sich damals zu nennen beliebte, jubelnd nach dem Schlofs, wo es die Wache verhöhnte und dann die Strafsen lärmend durchzog. Zu ernstlichen Zusammenstöfsen kam es aber am 1. Mai noch nicht, der Abend verlief sogar ziemlich ruhig. Am 2. Mai ernannte der König den Geheimrat Dr. Zschinsky zum Staatsminister und zwar zum Vorsitzenden im Ministerium. Der Adressensturm wurde epidemisch, denn die Stadtverordneten und der Stadtrat beschlossen ebenfalls eine solche an den König abzuschicken,
und bestellte Sr. Majestät
am folgenden
Morgen die
Deputation nach dem Schlofs . An demselben Tage fanden an verschiedenen Punkten Massenversammlungen der Bürgerwehr statt, die
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Sprache derselben wurde immer dreister und unverschämter, ja es gingen sogar einige Bataillone so weit, dafs sie die Anerkennung der Frankfurter Reichsverfassung vom Könige erzwingen wollten. So ging es von Stufe zu Stufe der Revolution entgegen, nicht nur in der Residenz, sondern auch in andern Teilen des Königreiches . Wie alles im Geheimen vorbereitet ward , zeigte z. B. ein vorgefundenes grofses Staatssiegel mit der Inschrift 29 Provisorische Regierung von Sachsen " . Dresden hatte zu jener Zeit 80 000 Einwohner. Die Anzahl der Polizeibeamten war sehr bescheiden, die Bürgerwehr ganz unzuverlässig, und die Hälfte der Truppen stand in Jütland vor dem Feinde. Augenblicklich konnte der Gouverneur, General von Schulz , nur über folgende Truppen verfügen : 1346 Mann des Infanterie-Regiments Prinz Albert, 431 Kavallerie (Depot des Garde - Reiter - Regiments zu 17 147 Pferden) und 4 Schwadronen des ersten leichten Reiter-Regiments zu 284 Pferden, 260 Artillerie, 34 Pioniere,
4 bespannte Geschütze, 9 unbespannte Geschütze im Zeughause. Sa.: 2071 Mann, 4 bespannte und 9 unbespannte Geschütze, von denen noch 2 bespannt wurden . Aufserhalb Dresden standen noch in Leipzig, Chemnitz, Grimma, Borna etc. folgende Truppen : 1408 Mann Infanterie des Leibregiments, 617 leichte Infanterie (112 Bataillon in Leipzig und in 17 Markranstedt). Die leichten Infanterie-Bataillone erhielten 1816 den Namen Schützen-Bataillon und hatten in Friedenszeiten bei jeder Kompagnie 4 Oberjäger und 10 bis 12 Jäger. Die drei vorhandenen Schützen-Bataillone formirten die Halb-Brigade leichter Infanterie. 142 Mann Kavallerie des leichten Reiter-Regiments , Kavallerie des 2. leichten Reiter-Regiments, 474 n 115 reitende Artillerie mit 6 Geschützen. "
Sa.: 2756 Mann mit 6 Geschützen. Die Gesammtstärke im Königreich betrug mithin : In Dresden 2071 Mann mit 9 unbespannten und 4 bespannten Geschützen. Aufserhalb 2756 Mann mit 6 Geschützen . 9 unbespannten und 10 bespannten Geschützen. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 1.
Sa.: 4827 Mann mit
2
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Rechnet man für das eigentliche Gefecht innerhalb der Stadt die Kavallerie und die Besatzung von Zwickau , Waldheim und Königstein ab, so bleiben in runder Summe nur 3000 Mann übrig, unter welchen sich noch viele Rekruten befanden. Die Infanterie und die Schützen waren mit glatten Vorderladern bewaffnet, nur die Jäger hatten Büchsen. Die Artillerie war noch mit glatten Geschützen ausgerüstet. Von Preussen war Hülfe zugesagt, denn wenn es im Nachbarhause brennt, so hilft man löschen. Das wird auch künftig so sein. Auf diese Unterstützung war aber erst in einigen Tagen zu rechnen und der Aufstand brach früher aus, als man es erwartet hatte. Am
3. Mai
Vormittags
teilte
der König den verschiedenen
Deputationen mit, dafs er die Frankfurter Reichsverfassung nicht eher als Gesetz anerkennen könnte , als sie von Preufsen und Bayern angenommen würde.
Dafs der Monarch trotz der
geringen Streitkräfte, welche augenblicklich zur Verfügung standen, fest blieb, ist bewunderungswürdig und gereicht dem heimgegangenen Könige zum ewigen Ruhm. In solchen politischen aufgeregten Zeiten ist Festigkeit und Energie die erste Bedingung. Nur kleine Geister und schwache Charaktere lassen sich einschüchtern . Selbst der gröfste Fehler nur recht energisch durchgeführt, ist oft besser als der klügste Plan in lauer Weise behandelt. Milde und Nachgiebigkeit wird bei solchen Gelegenheiten von der Umsturzpartei als Schwäche betrachtet und mit Undank belohnt.
Die Agitatoren dieser Partei, diese Umsturzgenossen, mit Vernunftgründen belehren zu wollen , wäre ein Schlag in's Wasser. Sie
wollen sich garnicht überzeugen lassen . Die Deputation der Bürgerwehr teilte die Antwort des Königs dem Ausschufs mit und dieser, statt zur Ruhe und Besonnenheit zu ermahnen, beschlofs die Bürgerwehr zu versammeln, den Bescheid vorzulesen und der Frankfurter Reichsverfassung ein Hoch auszubringen . Volk und Bürgerwehr gerieten jetzt in eine wahre Raserei, es wurde ein Landes-Verteidigungs-Ausschufs niedergesetzt,
denn in einem an
den Strafsenecken angeschlagenen Plakat hiefs es, dafs der Einmarsch preufsischer Truppen bevorstände . Hiermit war der erste Schritt zur Bildung einer provisorischen Regierung geschehen. Die Menschenmassen sammelten sich jetzt in der Schlofs- und Wilsdruffer Gasse, auf dem Post- und Schlofsplatz, dem Neumarkt und am Zeughause. Die Bürgerwehr wurde entlassen , nur zwei Bataillone blieben noch geschlossen stehen. Die Truppen waren in den Kasernen konsignirt, die kleinen Posten und Wachen wohlweislich eingezogen und die gröfseren noch verstärkt. Die Hälfte des
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. 3. Bataillons
des
19
1. Linien - Infanterie - Regiments hatte die Wachen
besetzt, die andere Hälfte zog um 12 Uhr Mittags auf und verstärkte die alte Wache, wodurch der Nachteil entstand, dafs kein Hauptmann sich bei seinen eigenen Leuten befand , sondern ein gemischtes Kommando unter seinem Befehl stand. Das war jedenfalls in solchen Stunden der Verwirrung ein sehr nachteiliger Umstand, der auch später im Zeughause zur Sprache kam. Der Major v. Hausen rückte um 12 Uhr mit dem 1. Bataillon in das Schlofs , woselbst nun der Oberst v. Friderici das Kommando übernahm. Das Prinzenpalais wurde durch die Hälfte der 4. Kompagnie besetzt , während die andere Hälfte im Schlofs blieb. Um 12 Uhr wurde die Besatzung daselbst noch durch zwei Kompagnien Die Hälfte der 6. Kompagnie des Bataillons v. Egidy verstärkt. marschirte um 6 Uhr Nachmittags nach dem Zeughause, desgleichen die 5. Kompagnie unter dem Hauptmann v. Carlowitz. pagnie
unter dem Hauptmann v. Metzradt ward der
Die 8. Kom6pfündigen
Batterie als Bedeckung beigegeben , jedenfalls eine sehr notwendige Mafsregel , denn in einer insurgirten Stadt dürfen Geschütze niemals ohne Infanterie - Bedeckung allein gelassen werden.
Es dürfte sich in
Zukunft empfehlen, jedem Bataillon 2 Geschütze zuzuteilen, da in der Regel nicht mehr nebeneinander auffahren können . Sie werden die Einnahme der Barrikaden und Häuser durch die Infanterie in vorteilhafter Weise durch Granaten vorbereiten. Bataillone können verdeckt im Schlofs ,
Ein oder einige Reserveeiner Kaserne oder irgend
einem andern geeigneten Punkt zurückbehalten werden , um sie , wenn es nötig und möglich ist, vereinigt wirken zu lassen. Die 9. und 10.
Kompagnie besetzten das Zeughaus und das
Prinzenpalais und standen in letzterem unter dem Befehl des Hauptmann v. Falkenstein. Der Kompagnie - Chef der 10. Kompagnie, Hauptmann Zimmermann , war als Kommandant der Neustädter Infanterie - Kaserne zurückgeblieben. Die 11. Kompagnie stand mit 60 Mann im Zeughause und der Rest im Schlofs. Der von Wache kommende Offizier zog mit 33 Mann nach dem Zeughause und die neue Wache rückte nach dem Schlofs. Als um 2 Uhr die Volksbewegung immer drohender wurde ,
marschirte auch die Wilsdruffer
Thor- und die Hauptwache nach dem Schlofs und um 3 Uhr liefs der Oberst v. Friderici noch sämmtliche
disponibeln Mannschaften
aus der Kaserne nach dem Zeughause führen, so dafs der Hauptmann Zimmermann nur mit 3 Unteroffizieren und den bewaffneten Köchen allein in der Kaserne blieb.
Die Verteilung der Infanterie ist hier
absichtlich so detaillirt mitgeteilt worden, um an diesem Beispiel zu zeigen, wie ein übereiltes und planloses Verteilen der Truppen leicht 2*
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
20
ein solches Durcheinanderwerfen herbeiführen kann, so dafs schliesslich in einem so wichtigen Augenblick kein Vorgesetzter mehr bei seinen eigenen, ihm bekannten Leuten ist. Entschuldigen kann man es nur damit , dafs alle Offiziere und
Soldaten Neulinge in der Bekämpfung der Revolution waren, und dafs der Aufstand überraschend schnell ausbrach. Die Bürgerwehr machte noch einen Versuch, Abhaltung einer Parade zu beschieden.
vom Könige die
erlangen , sie wurde aber abschläglich
Inzwischen fing das Volk an Barrikaden zu bauen, und als der Bürgerwehr-Kommandant Lenz die beiden noch versammelten Bataillone aufforderte , dies zu verhindern, verweigerten sie den Gehorsam . Es dürfte jetzt der Zeitpunkt gekommen sein, die Augen zunächst nach den Streitkräften der Rebellen und nach der innern Beschaffenheit der Stadt zu richten. Kämpfenden festzustellen ,
Es war sehr schwer, die Anzahl der da sich dieselbe in den Tagen des Auf-
standes mehrfach veränderte. Im Allgemeinen nahm man ungefähr 8 bis 10 000 Bewaffnete an. Die Rebellen sprachen sogar von 12 bis 20 000, was wohl eine Übertreibung war.
Die sächsische Armee
mufste sich damit trösten: „Je mehr Feinde desto mehr Ehren . " Von der Bürgerwehr beteiligte wirklichen Kampf,
sich nur ein kleiner Teil am
aber sie lieferte den Rebellen die Waffen.
Das
Turnerkorps war leidlich disziplinirt und gut bewaffnet. Die Zuzüge von ausserhalb bestanden aus Bürgerwehr, Studenten , Künstlern , Schützengilden und Turnern. Die Bewaffnung war fast durchweg gut , sogar Büchsen befanden sich darunter. An Munition fehlte es nicht,
dagegen war ein grofser Mangel an Geschützen vorhanden,
denn erst am 5. Mai erhielten die Rebellen vier zweipfündige Kanonen aus Burgk, welche die Bergleute mitbrachten . In Ermangelung von Kugeln wurden sie mit 6 Zoll langen Eisencylindern geladen . Pulver war genügend vorhanden. Auch Handgranaten waren zur Stelle, doch wurde nur einmal und zwar ohne Erfolg an der Sophienkirche davon Gebrauch gemacht.
Es ist indessen anzunehmen , dafs in den
Strafsenkämpfen der Zukunft die mit Sprengstoff gefüllten Bomben eine gröfsere Rolle spielen werden. Der wiederholt vorgekommene Diebstahl von Dynamit , die geheime Anfertigung von Bomben , und das Werfen solcher Geschosse in allen Ländern Europas geben die gerechtfertigte Vermutung hierzu . Sind doch bereits in neuester Zeit, im August 1896 bei den Stralsenunruhen in Konstantinopel Bomben aus den Fenstern der Häuser geworfen . Die Truppen werden daher in Zukunft auf gröfsere Verluste rechnen müssen. Das Hauptquartier der Rebellen , mit Bakunin an der Spitze,
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. befand sich im Rathause am Altmarkt.
Nach einem
wohl durch-
dachten Plan wuchsen die Barrikaden, namentlich an den Strafsenecken, wie die Pilze aus der Erde . Viele
Es sollen über 100 gewesen sein.
reichten bis in den ersten Stock und ist es fast unglaublich,
dafs ein königlicher Schlofsbaumeister die Herstellung derselben übernommen hatte. Wie ein Blick auf den beiliegenden Plan ergiebt , durch die Elbe in die Alt- und Neustadt geteilt.
wird Dresden
Bakunin hatte die
Altstadt für den Aufstand bestimmt, weil dieselbe durch die schmalen, krummen Strafsen und hohen Häuser hierzu sich besser als die Neustadt eignete. Die Häuser sind von Sandstein gebaut, zwei oder drei Stock hoch und vielfach mit Erkern versehen , welche die Bestreichung der Strafse ermöglichen. Das Strafsenpflaster und die grofsen Trottoirplatten gaben vortreffliches Material zum Barrikadenbau und zum Werfen aus den oberen Stockwerken .
Der Belag der
Abzugskanäle, welche sich in der Mitte der Strafsen befanden, war abgenommen und hinderte Reiter und Geschütze in der Bewegung. Von den Kirchtürmen hörte man fortwährend das Läuten der Glocken, auch wurden Raketen abgebrannt, um dem Zuzug von aufsen Signale zu geben. Die Hausthüren waren verrammelt und infolge Durchbrechens der Wände in den oberen Stockwerken eine Verbindung mit den Nebengebäuden Matratzen,
hergestellt.
Die
Fenster
und Erker
hatte
man
durch
Betten und nasse Decken verhangen und in den Dächern
waren einzelne Ziegeln herausgenommen , welche Öffnungen als Schieſsscharten dienten . So waren die Stadtviertel in kleine Festungen umgewandelt. Wenn bei einer insurgirten Stadt es sonst Regel ist , Truppen offensiv verfahren ,
Stärke zunächst die Devensive geboten , traf.
dafs
die
so war hier in Anbetracht der geringen bis die zugesagte Hülfe ein-
Die Königliche Familie befand sich noch in Dresden, es waren
mithin das Schlofs und die in der Nähe liegenden wertvollen Gebäude, wie die Bildergalerie , das Prinzenpalais , das Zeughaus etc. vorzugsweise die Punkte, welche durch die sächsischen Truppen besetzt und gehalten werden mussten , umsomehr, da das Schlofs den Zugang zur Elb-Brücke beherrschte und die Verbindung mit der Neustadt bewerkstelligte. Es gab damals nur diese eine Brücke, denn die Eisenbahnbrücke war noch nicht fertig. Man hörte in damaliger Zeit oft die Ansicht aussprechen , es vielleicht besser gewesen wäre,
dafs
wenn der König die Residenz mit
sämmtlichen Truppen verlassen und dieselben Dresden zernirt und bombardirt hätten. Wir vermögen dieser Anschauung nicht bei-
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
zutreten, denn einmal fehlte es an einer genügenden Anzahl Geschütze hierzu, dann aber wäre es doch sehr fraglich gewesen, ob man den Rebellen so viel Verluste beibringen konnte, dafs sie moralisch und Man hätte aufserdem dem gutphysisch niedergedrückt wurden. gesinnten und besitzenden Teil der Bevölkerung mehr Schaden als der Umsturzpartei zugefügt,
die nichts zu
verlieren hatte als das
Leben und dieses sinkt in so gefahrvollen Stunden erheblich im Preise. Es war auch Rücksicht auf das Schlofs mit dem grünen Gewölbe, dem Prinzenpalais, der Bildergalerie, der katholischen Kirche u. s. w. zu nehmen, die jedenfalls mit ihren unersetzbaren Schätzen der vollständigen Zerstörung und Plünderung preisgegeben wären .
Es
soll damit aber nicht gesagt sein, dafs unter keinen Umständen ein Bombardement bei einer insurgirten Stadt anzuwenden ist. Im Gegenteil , es kann Verhältnisse geben , die jede Rücksicht verschwinden lassen, denn eine Stadt ist viel leichter aufzubauen als ein Staat. Kehren wir nun zu dem weiteren Verlauf der Bewegung zurück. Was die Hülfe preufsischer Truppen betrifft, so sollten unter dem Fürsten Radziwill bei Halle und unter dem General v. Holleben bei Görlitz Truppen zusammengezogen werden.
Die sächsische Regierung
glaubte , dafs die Aufregung im Volk durch das Erscheinen preufsischer Soldaten noch gesteigert würde und schickte deshalb am 3. Mai Nachmittags den Oberlieutenant v. Abendroth vom Kriegsministerium nach Görlitz, um zu veranlassen, dafs die Truppen erst auf eine weitere Requisition einrücken möchten. Die Division war aber erst in der Bildung begriffen und über einen Einmarsch in Sachsen war noch kein Befehl eingegangen . Der Offizier beabsichtigte am folgenden Vormittag nach Dresden zurückzukehren, in Löbau erfuhr er gerüchtsweise, dafs der König die Residenz verlassen ; dafs die Bahn bei Bautzen zerstört, dafs ein Offizier des Kriegsministeriums mit einer Extralokomotive daselbst angekommen und vom Volk gefangen gehalten würde, weil er preussische Truppen zum Einrücken veranlassen sollte . Die Situation schnell erkennend, fuhr Lieutenant v. Abendroth sofort nach Görlitz zurück und von dort nach Liegnitz zum General v. Stösser, um diesen für eine Truppensendung zu gewinnen .
Dieser
befand sich aber leider nicht in der Lage, dem Verlangen nachzukommen , da in Liegnitz und Breslau ernste Unruhen befürchtet wurden, jedoch versprach er die ersten Truppen der Division Holleben sofort abzuschicken. Am 5. Mai Vormittags kam Lieutenant v. Abendroth wieder im Kriegsministerium an. war,
Als der vorgenannte Offizier am 3. Mai nach Görlitz abgereist nahm Dresden bereits eine veränderte Physiognomie an. Die
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
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Turner rückten um 3 Uhr gegen das Zeughaus vor, das Volk verlangte Waffen, zertrümmerte mit einem Leiterwagen das Gatterthor Der Infanteriezug, welcher und drang in das Innere des Hofes ein . den Eingang bewachte , ging 30 Schritt zurück , Oberstlieutenant v. Polenz versuchte vergebens, die Volksmasse zum Rückzuge zu bewegen, er liefs dreimal die Trommeln rühren und befahl einer halben Sektion zu feuern . Vier Rebellen fielen, das Volk wich zurück, aber eine Abteilung Bürgerwehr verhinderte das Verschliefsen des Thors . Ein Hagel von Steinen wurde nun gegen die Infanterie gerichtet, die Lieutenant Krug , ein junger hoffnungsvoller Turner gaben Feuer. Offizier, wurde erschossen und die Infanterie sah sich genötigt, in das Das 5. Bataillon Bürgerwehr
Innere des Zeughauses zurückzugehen .
erschien jetzt auf dem Zeughausplatz, ergriff aber die Flucht, als einige Schüsse nach demselben abgefeuert wurden und war nun der Oberst Dietrich liefs 2 Geschütze Platz für einige Zeit gesäubert. Somit hatte das blutige Duell , welches am Salzthor auffahren. zwischen der staatserhaltenden und der Umsturzpartei in den nächsten Einen Tagen ausgefochten werden sollte, seinen Anfang genommen. der 4 Gefallenen, ein alter Mann, legte das Volk auf einen Wagen, entblöfste die Wunde und fuhr ihn nach dem Schlofsplatz, um ihn hier auszustellen und die Menschen durch den Anblick noch mehr aufzuregen. Es ist dies eine Methode, welche sich bei allen Revolutionen wiederholte und ihren Zweck erreichte, denn auch hier geriet das Volk in eine solche Wut, dafs es mehrere Fenster im Schlofs einwarf. Der Volkshaufen wendete sich nun wieder gegen das Hauptthor des Zeughauses, denn es wollte sich der darin befindlichen Waffen Die Rebellen bedienten sich jetzt abermals desselben bemächtigen. Manövers, nämlich mit aller Gewalt einen Wagen gegen das mittlere Thor zu schieben . Als sie dies eben ausführten , die Thorflügel auskrachte ein Kartätschenschufs in die Menge, und Das Zeughaus 20 Rebellen lagen tot oder verwundet am Boden. war somit gerettet, ein Zeichen, was Energie und schneller Entschlufs einander flogen,
Es war der Zimmermann Richter der 2. Kompagnie des Fufs-Artillerie-Regiments, welcher ohne Kommando das Geschütz abfeuerte. Seine entschlossene Handlung verdient, dafs sein Name nicht Der Platz vor dem Zeughause war jetzt in Vergessenheit kommt. vermögen.
frei, nur einzelne Rebellen schlichen sich so weit vor, dafs sie in die Fenster hineinschiefsen konnten, wobei der Zimmermann Schubert der 4. Kompagnie des Fufs-Artillerie- Regiments fiel. Auch aus den gegenüberliegenden Gebäuden wurde gegen das Zeughaus geschossen, doch ohne jeden Erfolg.
Der Abend des 3. Mai verlief ruhiger als man
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
nach den Vorgängen am Nachmittag annehmen musste. blieben während der Nacht im Schlofs.
Die Minister
Die Regierung hatte nach den blutigen Ereignissen wohl erkannt, dafs von einem gütlichen Ausgleich nicht mehr die Rede sein konnte. und beschlofs , zwei Offiziere, den einen nach Görlitz , den andern nach Berlin zu entsenden, um preufsische Hülfe herbeizuführen . Major v. Zeschau vom Kriegsministerium sollte dem Lieutenant v. Abendroth nach Görlitz nachfahren und Gegenbefehl bringen .
Er kam, wie schon
gesagt, mit einer Extralokomotive bis Bautzen, hier war die Bahn zerstört, eine Menschenmasse hielt den Major fest, bewachte ihn mit grofser Strenge und so kam es, dafs er erst am 9. Mai ohne Ausführung seines Auftrages nach Dresden zurückkehrte. desselben erfolgte
erst,
Die Befreiung
nachdem der Kriegsminister eine energische
Aufforderung hierzu an den Stadtrat von Bautzen gerichtet hatte. Das sind die Friktionen des Krieges, die auch in den nächsten Tagen noch mehrfach hemmend in das Räderwerk eingriffen . Ein zweiter Offizier , Lieutenant Funke , Adjutant des FufsArtillerie-Regiments, wurde noch an demselben Abend nach Berlin geschickt.
Der Kriegsminister Oberst Rabenhorst instruirte ihn dahin ,
dafs er mit der Eisenbahn nach der ersten preufsischen Station Burgsdorf fahren solle und die nächsten Truppen, welche er antreffe, bitte, sofort nach Dresden zur Unterstützung abzurücken nnd dann nach Seine Abreise von Dresden geschah Berlin weiter fahren möchte. Nachts 1 Uhr und traf er endlich um 4 Uhr Morgens nach langen heftigen Auseinandersetzungen mit verschiedenen Bahnbeamten, die ihn in Röderau nicht weiter befördern wollten, in Burgsdorf ein . Er fuhr mit einem Wagen nach Mühlberg, fand dort eine reitende Batterie, aber der Chef derselben erklärte ihm, dafs er unmöglich auf seine Requisition hin so ohne Weiteres nach Dresden abrücken könne, wolle sich aber in Marschbereitschaft setzen und in Torgau Meldung darüber machen. Andere Truppen lagen in der Umgegend nicht, weshalb Lieutenant Funke nun nach Burgsdorf zurückkehrte und seine Fahrt nach Berlin fortzusetzen suchte. Dies war auch wieder mit allerlei Eisenbahnschwierigkeiten verknüpft, so dafs er erst Abends 10 Uhr in Berlin ankam. Er begab sich sofort nach dem Kriegsministerium zum General v. Strotha, welchem er seinen Auftrag vortrug.
Dieser
führte ihn zum Staatsminister Graf Brandenburg und nach einer kurzen Besprechung erhielt er den Bescheid , dafs am folgenden Morgen, also am 5. Mai, zwei Bataillone nach Dresden abfahren würden.
Er selbst blieb in der Nacht im Kriegsministerium.
Der Kriegsminister, Oberst Rabenhorst, hatte die Absicht, um das Übel bei der Wurzel anzufassen,
alle verfügbaren Truppen nach der
1
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Residenz kommen
zu lassen.
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Mit dem Grundsatz, wer alles ver-
teidigen will, nichts verteidigt, gab man die Garnisonen im Lande auf und suchte alles in Dresden zu konzentriren , um möglichst bald zur Offensive übergehen zu können . Es dürfte an dieser Stelle von Interesse sein, zu hören, wie Wenn Ihr eine Schlacht Napoleon I. darüber dachte. Er sagte : schlagen wollt, so versammelt all' Eure Kräfte, vernachlässigt keine derselben. Ein Bataillon entscheidet zuweilen einen Tag. Vereinigung giebt Kraft, Trennung nur Schwäche. " Es wurden deshalb am Nachmittag 2 Uhr Hauptmann Andrich vom Kriegsministerium und der Oberlieutenant v. Montbé vom Divisionsstabe mit einer Extralokomotive abgeschickt, der erstere, um die leichte Infanterie aus Leipzig und der letztere, das Leibregiment aus Chemnitz und Schneeberg herauszuholen .
Alles ging glatt ab, so dass beide
Offiziere ihren Auftrag pünktlich ausführen konnten ,
mit um so
gröfseren Schwierigkeiten war dagegen der Marsch resp . die Abfahrt der Truppen verknüpft. In Leipzig wurde Messe abgehalten , eine erhebliche Anzahl von Fremden war daselbst anwesend, die sich für ihre Meſsgüter in grofser Besorgnifs befanden. Sie beschworen den Kommandeur der leichten Infanterie, Major von Reitzenstein, nicht abzumarschiren, auch der Kreisdirektor verhehlte seine Besorgnifs nicht,
denn der Pöbel befand
sich in Folge aufreizender Volks-
versammlungen in grofser Aufregung .
Major v. Reitzenstein wies
jedoch auf den bestimmten Befehl hin , welchen er erhalten und übergab die Sicherheit der Stadt dem Dr. Neumeister, Kommandeur der Bürgerwehr.
Das Volk rifs die Schienen auf, an einzelnen Stellen
begann man mit Barrikadenbau , immer dichter umgaben die Menschenmassen das ausmarschirende Schützen - Bataillon teils in guter, in böser Absicht.
teils
So marschirten dieselben hin und her, um nur endlich das Freie zu erreichen. Es war vollständige Finsternifs eingetreten und die Leute übermäfsig angestrengt. Nachdem man die Station Bosdorf erreicht hatte, wurde hier ein Biwak bezogen . Während der Zeit reparirte man die schadhaften Stellen der Bahn
und konnte endlich
die Fahrt nach Wurzen fortgesetzt werden , wo schliesslich alle Kompagnien Vormittags 81/2 Uhr vereinigt standen . Ohne weiteren Zwischenfall traf die leichte Infanterie am 4. Mai Mittags in Dresden ein. Das Leib-Regiment, dessen Stab in Chemnitz stand, war in den Städten Chemnitz , Schneeberg, Zwickau, Burgstadt und Pening verteilt. Es hatte dasselbe zwar nicht mit so schwierigen Verhältnissen zu kämpfen wie das Schützen - Bataillon, aber es traten doch auch
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
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mancherlei
Hindernisse in
den
Weg,
welche
das
Eintreffen
der
Bataillone in Dresden verzögerten . Nach Eingang des Marschbefehls fuhren Offiziere mit Extrapost nach Schneeberg u . s. w. Der Oberst v. Sichart befahl, die Tornister fahren zu lassen und so kamen die Bataillone um 4 Uhr Nachmittags nach einem Marsch von 9 Stunden in Limmeritz an. Hier hatte Lieutenant v. Montbé einen Extrazug bereit gehalten, mit welchem sie bis bestieg die Lokomotive,
Riesa fuhren .
eine Maſsregel ,
Ein Offizier
die für alle Kriegs- wie
Revolutionszeiten sehr empfehlenswert ist. Beide Bataillone mufsten nun umsteigen, es sammelte sich eine Menschenmasse an, welche die fabelhaftesten Gerüchte verbreiteten . Es war 7 Uhr Abends.
In dem Augenblick, wo die Mannschaften die
Wagen verliefsen, fuhr ein Extrazug bewaffneter Zuzügler von Leipzig kommend auf dem andern Gleise bei ihnen nach Dresden vorüber , ohne dafs sie
angehalten werden konnten .
Die Bahninspektoren
spielten zuweilen eine etwas zweifelhafte Rolle, sei es aus Furcht vor Volksjustiz oder aus
demokratischer Gesinnung, mag dahingestellt
bleiben, jedenfalls legten sie den Truppen allerlei Schwierigkeiten in den Weg, jedoch machten einige eine rühmliche Ausnahme. Oberst v. Sichart traf mit beiden Bataillonen Abends 10 Uhr in Dresden ein und bezogen die Mannschaften die Infanterie-Kaserne in der Neustadt, während das Bataillon des Major Auenmüller erst am 5. Mai Vormittags 6
Uhr ankam .
Die Mannschaften waren
sehr
erschöpft, denn sie hatten Tags zuvor einen Marsch von 5 Meilen gehabt. Kehren wir nun zum 3. Mai Nachmittags nach den Strafsen und Plätzen Dresdens zurück. In ganz Europa sah eine Revolution der andern so ähnlich, wie ein Ei dem andern. Nachdem am Zeughaus das erste Blut geflossen, ging noch einmal eine Deputation der Stadträte und Stadtverordneten nach dem Schlofs.
Der König erklärte
ihnen, daſs er keine andere Antwort geben könne , als das erste Mal. Als die Deputation vom Schlofs zurückkehrte, sah sie das bei allen Revolutionen wiederkehrende Drama des Umherfahrens der Toten mit an. Das Volk zog lärmend in den Strafsen umher, schrie nach Waffen und baute Barrikaden. Im Rathause konstituirte sich ein Sicherheitsausschufs und erklärte, daſs die Funktionen des Stadtrats aufgehört hätten. An die Spitze dieser Versammlung trat Tzschirner, und als Lenz das Kommando der Bürgerwehr niedergelegt hatte, wurde der Abgeordnete Oberstlieutenant a. D. Heinze mit unumschränkter Vollmacht an dessen Stelle gewählt. Zum Adjutanten ernannte man einen Herrn
v. Zychlinsky .
Lenz wurde vom Pöbel verfolgt und seine Wohnung
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
demolirt. Ein gleiches Schicksal hatte das Quartier des Hauptmanns v. Zezschwitz. Die Truppen verhielten sich den ganzen Abend und die Nacht hindurch defensiv und warteten die zugesagten Verstärkungen ab. Am Nachmittag 5 Uhr rückte die reitende Batterie aus Radeburg ein und besetzte mit 2 Geschützen den Neustädter Brückenzugang, während der Rest auf dem Schlofsplatz auffuhr. In der Nacht vom 3. zum 4. Mai beschlossen die dem Könige den Rat zu erteilen ,
Minister,
Dresden zu verlassen und einst-
weilen nach dem Königstein zu gehen.
Der Monarch willigte ein
und am 4. Morgens etwa um 4 Uhr bestieg der König mit der Königin und den Ministern ein bereit gehaltenes Dampfschiff, welches mit der 7. Kompagnie des 1. Linien- Infanterie- Regiments unter HauptDie Kompagnie von Bünau als Bedeckung besetzt war. marschirte nach Beendigung ihres Auftrags nach Dresden zurück. Ein starker Nebel hielt die Einschiffung geheim.
Als die Minister
die Königliche Familie in der Feste Königstein in Sicherheit wussten, traten Beust und Rabenhorst die Rückreise an, während Zschinsky beim Monarchen blieb. Es war gewifs eine durchaus richtige Mafsregel , dafs der König die insurgirte Stadt verliefs . Das Stadtoberhaupt darf nicht persönlich gegen seine Unterthanen kämpfen, dazu sind seine Generale da . Ruhm ist dabei nicht zu holen, nur mufs der Monarch seine einstweilige Residenz
in der Nähe nehmen, wo die Meldungen hingehen
und alle Erwägungen mit Ruhe geschehen können, also jedenfalls fern vom Toben des Strafsenkampfes und fern von der Zudringlichkeit unberufener Deputationen . Bald darauf, als die Königliche Familie das Dampfschiff bestiegen hatte, eröffneten die Rebellen ein heftiges Gewehrfeuer von der Schlofsgasse aus gegen das Schlofs ,
welches aber
sehr bald zum Schweigen gebracht wurde. Kommandant des Schlosses war der Oberst von Friderici und vom Zeughaus der Oberst Dietrich, während der Oberstlieutenant v. Polenz hier die Infanterie kommandirte. Die genannten Herren hatten vom Kriegsminister den Befehl erhalten, diese beiden Gebäude um jeden Preis zu halten. Dem Gouverneur war hiervon keine Mitteilung gemacht worden. Bei Beginn des Morgengrauens fing das Sturmläuten von den Kirchtürmen wieder an, auch wurde Generalmarsch geschlagen, um die Bürgerwehr
zu versammeln, aber der gröfste Teil derselben war
nicht mehr aus den Häusern zu bringen .
Eine dunkle Ahnung der
kommenden Tage ging wohl bereits durch ihre Reihen .
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
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Der Reichs -Kommissarius v. Watzdorf, welcher vom Reichsverweser zum Könige entsendet worden war, kehrte unverrichteter Sache zurück. Einige Stadträte und Stadtverordnete, so wie der neue Bürgerwehr-Kommandeur vereinigten sich zu einer Deputation und zogen nach dem Schlofs, um freies Geleit nach der Neustadt zu erhalten , woselbst sie das Ministerium aufzusuchen beabsichtigten . Der Übergang wurde ihnen gestattet. Da sie das Ministerium dort nicht fanden, begaben sie sich nach dem Blockhause, um vom General v. Schultz Auskunft über den Aufenthaltsort der Minister zu erhalten. Dieser vermochte indessen darüber keinen Bescheid zu geben.
Die Deputation
stellte nun das Verlangen an den Gouverneur, die Truppen zurückzuziehen und das Zeughaus zur Hälfte mit Bürgerwehr zu besetzen . Dies schlug der General natürlich ab, willigte aber darin ein , dafs die Kavallerie und die Geschütze vom Theaterplatz zurückgezogen werden sollten und die Kommunikation zwischen Brücke und Zeughaus über die Brühl'sche Terrasse frei zu erhalten sei. Es sollte ferner kein Angriff der Truppen auf die Bürgerwehr oder auf das Volk stattfinden, ebenso sollte sich das Volk aller Feindseligkeiten enthalten. Es wurde mithin ein Waffenstillstand
abgeschlossen.
Beim Lesen dieser Konvention hat wohl jedes Soldatenherz das Gefühl, dafs es besser gewesen, diese Abmachung ungeschehen zu sehen. Es ist nicht recht zu begreifen,
dafs ein kommandirender General,
welcher die Erfahrungen des vorhergehenden Jahres von Wien , Prag, Berlin und Paris noch frisch vor Augen hatte,
sich mit unberufenen
Deputationen und Rebellen auf solche Unterhandlungen einlassen konnte. Von dem Augenblick an, wo die Polizei erklärt, daſs ihre Kräfte nicht mehr ausreichen , übernimmt der Truppenführer den Befehl und somit auch die Verantwortung . Es hört nun jede Halbheit auf und mufs sich der Kommandirende klar machen, dafs Nachgiebigkeit vom Gegner als Schwäche angesehen wird.
Die Truppen dürfen alsdann
nicht etwa zu Polizeimafsregeln Verwendung finden , sondern es wird über sie wie zur Schlacht disponirt. Hat die Entscheidung des Schwertes begonnen, so hören die Einwirkungen des Mitleids, der Menschlichkeit,
der politischen Rücksichten und der Nachgiebigkeit
auf. Halbe Maſsregeln führen zur Niederlage, nicht nur der Truppen, sondern auch der Regierung, gleichviel ob dieselben eine monarchische oder republikanische ist. Unterhandlungen dürfen nicht eher eintreten, als bis der letzte Rebell aus seinem dunkelsten Versteck hervorgeholt worden ist . Die abgeschlossene Konvention wurde nicht allen Truppenteilen bekannt , z . B. hatte die Besatzung des Zeughauses keine offizielle Kenntnifs davon erhalten. Es begann nun eine grofse Verwirrung,
29
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
Befehle und Gegenbefehle folgten Schlag auf Schlag, auch fehlte den Mannschaften im Zeughause ausreichende Verpflegung. Da der Gouverneur
befürchtete ,
dafs
Zuzügler
von
aufserhalb
eintreffen
könnten, um die Neustadt anzugreifen , so schickte er einen Offizier nach dem Rathause, welcher die Erklärung dort abgeben musste, daſs in diesem speziellen Fall die abgeschlossene Waffenruhe keine Gültigkeit habe . Die Rebellen , diese Ruhe benutzend , versuchten nun in engen Verkehr mit den Soldaten zu kommen , um dieselben für ihre Sache zu gewinnen . Der Barrikadenbau wurde fortgesetzt, im Rathause ging es immer rückhaltloser zu . Die Abreise des Königs benutzten die Verführer des Volkes
zur Einsetzung einer
provisorischen Regierung . Mittags 12 Uhr fand die Wahl statt, aus welcher Tzschirner, Heubner und Todt hervorgingen. Dem Volk wurden die Namen vom Balkon des Rathauses aus mitgeteilt. allen Türmen verkündeten die sorischen Regierung .
Von
Glocken die Einsetzung der provi-
Kundmachungen an die Mitbürger und eine
andere an die Truppen wurden gedruckt und verteilt . Durch Generalmarsch trommelte man die Rebellen auf dem Altmarkt zusammen und trug sich nun die Komödie zu , sorische Regierung vereidigte.
dafs Tzschirner hier die provi-
Der Kommandeur der Bürgerwehr,
Oberstlieutenant a . D. Heinze, ging mit einer Parlamentärflagge nach dem Blockhause ,
um hier die Proklamation an die Soldaten vor-
zulesen , in welcher sie aufgefordert wurden, dem Volk die Bruderhand zu reichen und der provisorischen Regierung zu gehorchen. Da er hier keine Gegenliebe fand , so wendete er sich der Schlofsbesatzung zu , man warf den Soldaten diese Kundgebung durch die Fenstern hin, man rief ihnen zu , die Soldaten in der Neustadt hätten der neuen Regierung gehuldigt , sich ergeben u. s. w.
die Besatzung des Zeughauses habe
Solche Aufforderungen, den Rebellen die Bruderhand zu reichen , also den Fahneneid zu brechen , müssen künftig mit Gewehrfeuer beanwortet werden. Dafs es in diesem Fall nicht geschah, daran trug wohl der unglückselige Abschlufs der Waffenruhe die Schuld . Oberst v. Friderici las den Soldaten die Proklamation der provisorischen Regierung vor,
rifs dieselbe alsdann entzwei und hielt eine kernige,
patriotische Ansprache an die Mannschaften , welche mit einem Hurrah beantwortet wurde.
Die ganze Besatzung des Schlosses
erklärte für
ihren König, Ordnung und Gesetz freudig in den Tod zu gehen. Etwas zweifelhafter zeigte sich die Besatzung des Zeughauses, die von aufserhalb erwartete Verstärkung traf noch nicht ein, das Volk benutzte den Mangel an Lebensmitteln und brachte ihnen Verpflegung, um in nahe Berührung mit den Soldaten zu kommen . Die
30
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Unthätigkeit der Truppen , die Ungewifsheit der Lage , die nervöse Erregung riefen eine unerträgliche Schwüle hervor. Endlich gegen 2 Uhr rückte die leichte Infanterie ein und besetzte den Neustädter Markt.
Alles atmete
Erscheinen brachte neue Hoffnung.
etwas freier, denn ihr
Um 3 Uhr erschien beim Gou-
verneur der Hauptmann v. Rohrscheidt,
um Erkundigungen einzu-
ziehen, ob wirklich eine Konvention abgeschlossen sei.
Die Anfrage
wurde vom Gouverneur bestätigt und bald darauf verbreitete sich das Gerücht, dafs der Bürgerwehr die gemeinschaftliche Besetzung des Zeughauses zugestanden sei. Um 1/24 Uhr brachte ein Offizier dem Gouverneur die Nachricht, dafs die Besatzungstruppen im Zeughause nicht mehr zuverlässig wären , weshalb nun zwei Kompagnien Schützen unter Hauptmann v. d. Mosel und Oberlieutenant v. Boxberg nach demselben abmarschirten. Auf halbem Wege dorthin ging dem Hauptmann v. d. Mosel vom General v. Schulz noch der Befehl zu , auf eine gemeinschaftliche Besetzung des Zeughauses mit der Bürgerwehr nicht einzugehen . Auf dem Zeughausplatze stand eine Menschenmasse Kopf an Kopf, zum Teil bewaffnet, zum Teil betrunken. Das Volk drängte dicht an die Kompagnie heran, eine Methode, welche sich bei allen Revolutionen wiederholt hat. Dies mufs künftig durch Waffengewalt verhindert werden.
Die Schützen fanden bereits eine Abteilung Bürgerwehr im Zeughaushofe vor, deren Entfernung der Hauptmann v. d. Mosel forderte . Der Kommandant des Zeughauses fürchtete, dafs die Sachlage auf die Spitze getrieben würde und veranlafste den Hauptmann, erst einen weiteren Befehl hierzu vom Gouverneur einzuholen . Ein Offizier begab sich sofort nach dem Blockhause und kehrte mit dem Befehl zurück, dafs die beiden Kompagnien Schützen wieder nach der Neustadt marschiren sollten. Die Volksmassen brachten den Schützen ein Hurrah, welches aber stumme und nichtachtende Aufnahme bei diesen fand. Hauptmann v. Rohrscheidt erschien während dieser Zeit wieder im Blockhaus und meldete, die Soldaten im Zeughause verweigerten den Gehorsam und fraternisirten mit dem Volk. Kurz darauf kam ein Advokat v. Marschall in der Uniform der Bürgerwehr und forderte den General v. Schulz auf, die Waffen niederzulegen, was selbstredend abgelehnt ward. Wenige Minuten
später stürzte Lieutenant Kritz
in sichtbar
geistiger Aufregung ins Zimmer und schilderte in grellen Farben den Zustand im Zeughause. Die Unthätigkeit der Truppen drückte auf dieselben in
Zur Schlacht von Loigny-Poupry.
deprimirender Weise , eine Bemerkung, allen Revolutionen wiederfindet.
31
welche man übrigens bei
Am Nachmittag gelangten die Minister v. Beust und Rabenhorst wieder vom Königstein in Dresden an und nahmen ihren Sitz im Blockhause. Dem Kriegsminister, ein durchaus energischer Charakter, dessen Festigkeit im Auftreten in der Armee bekannt war, wurde die vom Gouverneur abgeschlossene Konvention vorgelegt, welche ihn verhinderte, schon heute gegen das Zeughaus vorzugehen . Auch brach die Dunkelheit herein und die Nacht ist keines Soldaten Freund, namentlich beim Häuserkrieg . Endlich mufste auch in kurzer Zeit das Leib-Regiment eintreffen. Um 4 Uhr früh brachte der Lieutenant Keysselitz vom Kommandanten des Zeughauses,
Oberst Dietrich, die Meldung, dafs die
Stimmung unter der Besatzung sich gebessert habe und das Zeughaus wieder verteidigungsfähig sei, was in der Neustadt mit lautem Jubel begrüfst ward.
(Fortsetzung folgt).
III.
Zur Schlacht von Loigny- Poupry.
Im
4.
Band seines Werkes
„Der Volkskrieg
an der
Loire "
schildert Hauptmann Hönig die Schlacht von Loigny-Poupry und bringt hierbei neues, wertvolles Material über die Thätigkeit der Führer bei, namentlich der deutschen . In einem besonderen Kapitel wird der Entschlufs des Generals v. Wittich, nach Poupry abzumarschiren, um den von Arténay aus dorthin vorrückenden französischen Kräften entgegenzutreten, einer eingehenden, sehr interessanten Beleuchtung unterzogen ; der Verfasser kommt zu dem Ergebniſs, dafs dieser Entschlufs, obwohl er einen so grofsen Erfolg Bevor auf die Einzelnheiten nach sich zog, nicht zu billigen sei. näher eingegangen wird, sei es gestattet, den Stand der Schlacht zu der Zeit, als der Entschlufs gefafst wurde, kurz zu skizziren, sowie die Nachrichten anzuführen, die General v. Wittich über den Gegner hatte. (Die im Nachstehenden eingeklammerten Ziffern beziehen sich auf die Seiten des Hönig'schen Buches . ) General v. Wittich war um 8 Uhr mit der 22. Division befehlsgemäfs von Tivernon über Santilly und Pannes auf Baigneaux ab-
32
Zur Schlacht von Loigny-Poupry.
marschirt ; die Spitzen der Division trafen gegen 11 Uhr bei letzterem Orte ein. Die zugeteilte 3. Brigade der 2. Kavallerie-Division , v. Colomb, wurde mit der Sicherung der linken Flanke betraut, marschirte in die Gegend von Dambron, und meldete von dort aus das Vorrücken starker Kolonnen aller Waffen auf der Strafse Orléans- Arténay gegen Norden. Diese Meldung, welche sogleich an den Grofsherzog weiter gegeben wurde , erhielt General v. Wittich, als er bei Baigneaux ankam, demnach um 11 Uhr. Vom Oberkommando wurde derselbe angewiesen , es zunächst der 2. Kavallerie - Division zu überlassen , diesen feindlichen Kräften das Vordringen zu verwehren (75). Um 12 Uhr war der Stand der Dinge folgender: Auf dem rechten Flügel kämpften die reitenden Batterien der 4. Kavallerie-Division westlich von Tanon ; letztere stand gedeckt nördlich dieses Ortes.
Die
1. bayer. Division kämpfte in der Linie Villeprévost-Beauvilliers ; bei letzterem Orte war eben ein Angriff des Gegners abgewiesen worden , der bis auf 400 m herangekommen war. In Linie Beauvilliers- Schlofs Goury stand die 2. bayer. Division ; sie hatte die Hauptlast des Gefechtes seither zu tragen gehabt ; bis auf 150 m war gegnerische Infanterie kurz vor 12 Uhr gegen das Schlofs vorgedrungen ; soeben hatte der Flankenstofs der 33. Brigade der 17. Division auf diesem Teile des Gefechtsfeldes einen Umschwung kerbeigeführt.
Um 12 Uhr
war diese letztere Truppe etwa an dem Wege Beauvilliers-Ecuillon angekommen, die Franzosen vor sich hertreibend, welche auf Loigny und Fougeu zurückwichen. Unterdessen hatte die Artillerie der 17. Division und ihre 34. Infanterie-Brigade bei Lumeau gefochten, und war von der Artillerie der 22. Division und deren 44. Infanterie- Brigade unterstützt worden. Der Gegner (Division Maurandy des 16. Korps) befand sich um 12 Uhr in fluchtartigem Rückzug gegen Süden und Südwesten, während die Truppen der Deutschen zur genannten Zeit folgendermafsen standen : Westlich Lumeau die 6 Batterien der 17. Division ; auf dem Windmühlenberg 5 Kompagnien der 33. Infanterie-Brigade, der Rest derselben in Lumeau. Ferner stand ebenfalls auf dem Windmühlenberg die Artillerie der 22. Division, 7 Batterien stark, sowie die 44. Infanterie-Brigade . Von letzterer waren 2 Kompagnien dem Gegner noch auf kurze Entfernung nachgegangen, während die Artillerie das Verfolgungsfeuer aufgenommen hatte .
Die 43. Infanterie-
Brigade war unterdessen geschlossen hinter dem linken Flügel gefolgt und um 12 Uhr bei Anneux aufmarschirt (76-78). Die KavallerieBrigade v. Colomb stand westlich der Strafse Arténey- Chartres in Höhe von Dambron. Vom Grossherzog von Mecklenburg hatte General v. Wittich um
Zur Schlacht von Loigny-Poupry.
4 Uhr, also zur Zeit, als
33
bei Lumeau seine Division eben in den
Kampf mit der 3. Division des französischen 16. Korps eintrat, den Befehl erhalten, dafs Terminiers der Zielpunkt der Operation sei (98) . Dieser Befehl war um 10 Uhr bei Bazoches les Hautes gegeben worden.
Kurze Zeit darauf (75) empfing General v . Wittich die schon
erwähnte erste Meldung des Generals v. Colomb und dann den Befehl des Grofsherzogs , gegen den Gegner bei Arténay vorerst nichts zu unternehmen. Dann beorderte General v. Wittich seine Artillerie und die 4. Infanterie- Brigade zum Eingreifen bei Lumeau. „ Als
die
44.
Infanterie - Brigade
und
die Divisions - Artillerie
Baigneaux passiert hatten" , erhielt General v. Wittich die Mitteilung des Führers der 17. Division, dafs das I. bayer. Korps hart bedrängt sei, durch sein (Tresckow's) Eingreifen das Gefecht eine günstige Wendung genommen habe, aber eine Unterstützung auf seinem rechten Flügel sehr erwünscht wäre (76). dem
die Schwenkung der
Diese Mitteilung ist, nach-
33. Infanterie - Brigade v.
Kottwitz zum
Flankenstofs gegen die Angreifer des Schlosses Goury frühestens um 11 Uhr,
nach Hönig (vergl. Anm. zu Seite 84) um 111
geführt wurde, wohl nicht vor 111 gegangen.
Uhr aus-
Uhr bei General v. Wittich ein-
Er liefs erwidern, dafs er nicht auf dem rechten, sondern
auf dem linken Flügel der 17. Division
eingreifen werde,
und gab
der 44. Infanterie - Brigade den Befehl zum Angriff auf den Windmühlen-Berg südwestlich von Anneux. Um diese Zeit etwa traf eine zweite Meldung des Generals v. Colomb ein, wonach der Feind mit immer neuen Kolonnen aus Arténay debouchiere, Dambron besezt habe, aber Poupry noch frei sei ( 138). Später, - es war nach 12 Uhr - traf vom Ober. kommando der Befehl gegen Loigny
ein ,
vorrücke ,
als
die 22. Division solle der 17. , welche Echelon links
folgen (99 und 138 ) .
Etwas später" meldet General v. Colomb, dafs der Feind nun auch auf Poupry vorrücke und das Dorf bereits besetzt habe. General v. Wittich hat also
in der kurzen
Zeit von
11
bis
12 Uhr, abgesehen von Meldungen über den Stand der Dinge bei Lumeau , welche ihm jedenfalls von seiner Artillerie und der 43. Infanterie - Brigade zugegangen sind, 7 Mitteilungen teils vom Oberkommando, teils von anderen Stellen erhalten , deren jede von grofser Wichtigkeit war : vom Oberkommando die Befehle, 1. dafs Terminiers. Zielpunkt der Operationen sei, 2. den bei Arténay gemeldeten Gegner unberücksichtigt zu lassen, 3. der 17. Division als Echelon links zu folgen ; vom General v. Tresckow die Mitteilung, dafs die 17. Division erfolgreich in das Gefecht des I. bayer. Korps eingegriffen habe, eine Unterstützung aber auf deren linken Flügel Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 1.
erwünscht sei ; vom 3
Zur Schlacht von Loigny-Poupry.
34
General v. Colomb 3 Meldungen über das Vorrücken starker Kräfte bei Arténay. Wie aufserordentlich klar und zielbewufst General v. Wittich in das Gefecht bei Lumeau eingriff, darüber herrscht nur eine Stimme der Bewunderung ; wenn die Mitteilungen, die er erhielt , auch die Situation beim Gegner und in der eigenen Front deutlich vor seine Augen treten liefs, so hatten doch gerade die Anregungen, die er von aufsen empfing, einen Führer von geringerer Spannkraft und Energie zu halben Maſsregeln - etwa einer Detachirung gegen Arténay - oder einem Eingreifen bei Goury veranlassen können . Die 7. Mitteilung 17von aufsen her" her",, wenn ich mich so ausdrücken darf,
nämlich die 3. Meldung des Generals v. Colomb,
daſs
der Gegner nun auch auf Poupry vorrücke und das Dorf bereits besetzt habe, bewirkte, sich gegen diesen
dafs General v. Wittich den Entschlufs fafste,
Gegner zu wenden und zwar, ihm entgegen zu
gehen. Dafs die Lage bei Lumeau ein Verbleiben der 22. Division daselbst nicht mehr erforderte, führt auch Hauptmann Hönig an ; denn der Gegner, der dort aufgetreten war, die Division Maurandy, flutete in starker Auflösung zurück, und bei Lumeau befand sich die Brigade Manteuffel sowie die Artillerie der 17. Division. 22. Division sollte ersterer nach dem letzten Befehle kommandos als Echelon links gegen Loigny folgen ; als Reserve des Oberkommandos gedacht.
Allein die des Ober-
sie war mithin
General v. Wittich hat
also nicht nur einen völlig selbstständigen Entschlufs gefafst, sondern er hat sich sogar bewufst in einen Gegensatz zu einem erhaltenen Befehl gesetzt, weil er die Voraussetzungen, welche diesem zu Grunde lagen, als nicht mehr zutreffend erachtete. Hauptmann Hönig billigt den Entschlufs des Generals v. Wittich , dem neuen Feind entgegen zu treten, wobei indefs darauf hingewiesen wird, dafs das Oberkommando seiner Reserve beraubt wurde ; er wirft aber die Frage auf, ob es richtig war, dem Gegner so weit entgegen zu gehen, und kommt dadurch, daſs die Gegend von Baigneaux, Lumeau und Goury der vom Oberkommando vorgezeichnete Aktionsraum für die Armee-Abteilung gewesen sei, sowie wegen der immerhin beschränkten inneren Gefechtskraft einer Division zu dem Schlusse, dafs es richtiger gewesen wäre , bei Lumeau, wo die Gelände-Verhältnisse günstig waren, den Gegner zu erwarten und sich auf die Abwehr daselbst entsprechend vorzubereiten .
Nun wird, ich möchte sagen,
entlastend für den General v. Wittich, ausgeführt, wie derselbe nach ihm zugekommenen
vertraulichen Mitteilungen " auf das Eingreifen
des IX. Korps gegen den bei Poupry gemeldeten Gegner rechnete, und deshalb sich sagen durfte, je weiter er das Zusammentreffen mit dem letzteren nach Osten verlege, um so eher werde das genannte
Zur Schlacht von Loigny-Poupry.
35
Korps ihn unterstützen dürfen. Hauptmann Hönig weist dann nach, dafs bei der Armee-Abteilung niemals die Hoffnung auf ein direktes Eingreifen des IX. Korps bestanden habe, dafs
die
vertraulichen
Mitteilungen " inhaltlich auf einem Mifsverständnifs beruhten, und zudem gegen Willen und Absicht des Grofsherzogs erfolgt seien . Dieser letzten Thatsache gegenüber darf wohl die Frage aufgeworfen werden : Hatte das Oberkommando nicht die Verpflichtung, den General v. Wittich über die allgemeine Lage in's Klare zu setzen ? Der General war doch der Kommandeur einer selbstständigen Division , und zwar jener Division , welche auf dem linken Flügel der ArmeeAbteilung anzumarschiren und zu fechten hatte. Beim Oberkommando wufste man aber infolge des um 101/2 Uhr von Prinz Friedrich Karl abgesandten Telegrammes , dafs das IX. Korps heute nur bis Bazoches les Gallerandes kommen würde. Nicht nur für den General v. Wittich, sondern auch für den ihm unterstellten, mit der Beobachtung in der linken Flanke beauftragten General v. Colomb wäre es doch von gröfster Wichtigkeit gewesen, zu wissen , was östlich von ihnen vorging, auch wenn die Aufklärung über diesen Punkt eine negative sein mufste, das heifst, wenn beide darüber Kenntnifs erhielten, dafs sie am 2. Dezember von links her eine Unterstützung nicht erwarten durften. Wäre dies geschehen, dann hätte das Mifsverständnifs , das den "7 vertraulichen Mitteilungen" zu Grunde lag, nicht eintreten können.
Dann wäre aber General v. Wittich nicht mit einer Voraus-
setzung, die sich später als irrtümlich herausstellen sollte, in den Kampf bei Poupry eingetreten. Ich glaube, der General wäre auch dann nicht bei Lumeau stehen geblieben, wenn er über das IX. Korps zutreffend unterrichtet gewesen wäre ; immerhin mufsten ihn die unrichtigen vertraulichen Mitteilungen " in dem Entschlufs bestärken, das Zusammentreffen mit dem neuen Gegner thunlichst weit nach Osten zu verlegen, weil er erwarten durfte, dafs dann die Einwirkung des IX. Korps sich um so eher fühlbar machen werde . Wiederholt wird von Hauptmann Hönig betont, dafs der Abmarsch des General v. Wittich die Schlachtleitung ihrer Reserve beraubte.
Da
mufs denn doch die Frage aufgeworfen werden , wie wohl das Oberkommando die 22. Division verwendet hatte, wenn General v. Wittich auf die Meldung hin, dafs der Feind bei Arténay nach Westen abgebogen sei, nicht selbstständig gehandelt hätte. Das Oberkommando mufste doch unbedingt die 22. Division diesem neuen Feind entgegenstellen.
Nur hätte es die Division nicht mehr bis Poupry entsenden
können, denn bis zur Erteilung des Befehls von Seiten des Grofsherzoges verging Zeit, da letzterer sich noch bei Bazoches les Hautes befand
und wir wissen, dafs es dem General v. Wittich, 3*
Zur Schlacht von Loigny-Poupry.
36
trotzdem er auf die entscheidende Meldung der Kavallerie sofort disponirte, nicht mehr gelang, Poupry vor dem Feide zu erreichen , dieser Ort vielmehr dem Feinde entrissen werden musste. Das Oberkommando hätte also schon aus zeitlichen
abgesehen von anderen
Gründen die 22. Division bei Lumeau entwickelt (was Hauptmann Hönig vorschlägt) . Aber konnte sie denn dort ihrer Bestimmung, als Reserve für das I. bayer. Korps und die 17. Division zu dienen, nachkommen? Doch nur dann, wenn es ihr gelang , den von Westen heranrückenden Gegner, die Division Poytavin, in kürzester Zeit abzuweisen. Das Oberkommando hat mit dieser Möglichkeit gerechnet, da es thatsächlich während des Gefechtes bei Poupry gehofft hat, Teile der 22. Division wieder in die Gegend von Loigny heranziehen zu können. Aber diese Rechnung war eine irrige ; wir wissen, daſs es des Einsetzens des letzten Mannes bei Poupry bedurfte, um sich des Gegners zu erwehren . Hätte sich die Division bei Lumeau geschlagen, so ist kein Grund anzunehmen, dafs da die Dinge anders verlaufen wären. Der Angriff der Franzosen wäre, da von Poupyr bis Lumeau 4 km Entfernung sind , später erfolgt, aber bis zum Einbruch der Dunkelheit wäre doch gefochten worden. Mochte die 22. Division dann auch wegen des späteren Beginnes des Kampfes geringere Verluste erleiden als Reserve für die anderen Leute der Armee-Abteilung konnte sie am 2. Dezember nie mehr in Betracht kommen, ob sie nun bei Poupry oder bei Lumeau dem Feinde entgegentrat. Hauptmann Hönig stellt die Behauptung auf ( 177 ) , dafs die 3. Division des französischen XV. Korps (Poytavin) bei Poupry nicht habe schlagen wollen . Sie hätte sich dieses Ortes nur bemächtigt, um einen Flankenschutz für den Marsch nach Santilly zu haben. Letzteren Ort sollte sie nämlich nach dem Befehl des Oberbefehlshabers, Generals Aurelle de Paladine, am 1. Abends erreichen . Die Division wäre ruhig über Dambron hinausmarschirt, so glaubt Hauptmann Hönig annehmen zu dürfen , und wäre erst, nachdem sie Dambron passirt, gegen Westen eingeschwenkt.
Erst die Besetzung
Pouprys durch den General v. Wittich habe dem General d'Aurelle die bisher mangelnde Aufklärung über die Deutschen verschafft ; insofern hätten also Wittich's Mafsnahmen direkt schädlich gewirkt. Nun ist es ja Thatsache, dafs zur Zeit als General Aurelle mit der Division Poytavin bei Arténay eintraf, eine Verbindung zwischen ihm und dem General Chanzy nicht bestand ; Major Kunz hat in seiner Darstellung der Schlacht auf Seite 174 und 175 auf diese Verhältnisse besonders aufmerksam gemacht. Der von Loigny her schallende Kanonendonner war der einzige Anhaltspunkt,
den der
Zur Schlacht von Loigny-Poupry. französische
Oberbefehlshaber
Flügelkorps (dem XVI.) hatte.
über
die
Lage
37 bei seinem linken.
Es ist also möglich, dafs erst der
Angriff der Deutschen auf Poupry die Veranlassung zum Abschwenken der gesammten Division Poytavin nach Westen gab. Aber wer kann sagen, ob nicht eine halbe Stunde später, also etwa um 11½ Uhr die Schwenkung doch - infolge einer nun bei dem französischen General eingehenden Information über den Gegner - ausgeführt worden wäre? General v. Wittich mufste sich doch auf Grund der Meldung des Generals v. Colomb, dafs der Gegner von Arténay auf Poupry abgebogen sei und dieses Dorf bereits besetzt habe, ein ganz bestimmtes Bild machen. Er konnte nur die Vorstellung gewinnen, dafs diese für starke Kolonne bestrebt sein werde, möglichst rasch in das Gefecht bei die Franzosen um diese Zeit schon schlimm stehende Loigny einzugreifen. Dafs der General, der in seiner Auffassung durch seine persönliche Erkundung bei Milhouard ( 121 Uhr) bestärkt wurde, dem Gegner nicht zutraute, er werde sozusagen unmittelbar an einem Schlachtfelde vorbeimarschiren, das kann ihm doch wahrlich nicht zum Vorwurf gemacht werden ! Aber nehmen wir an , General Aurelle wäre wirklich über Dambron hinaus weiter marschirt, ohne von der 22. Division gestört zu werden, dann musste der Bericht, den er um 2 Uhr durch einen OrdonnanzOffizier Chanzy's über die Lage bei Loigny erhielt, ihn zum Versuche des Eingreifens dortselbst veranlassen (145) . Wäre nun General v. Wittich bei Lumeau verblieben, so konnte die Division Poytavin um 1/23 Uhr Baigneaux besetzt haben . Ein Blick auf den Plan zeigt, dafs sie dann im Rücken der Armee-Abteilung gestanden wäre. Wie man immer über des Generals v. Wittich Entschlufs urteilen mag",
sagt Hauptmann Hönig - "7 Gefahr für Flanke und Rücken lag nicht vor, sie entsteht taktisch erst, wenn die feindlichen Geschosse Flanken und Rücken erreichen können . Ortsgefecht, wie für die grofse Schlacht !
Das gilt für das einfache Von der blofsen Gefahr soll
man sich im Kriege niemals bestimmen lassen .
Die Befürchtung, dafs
dies und jenes geschehen könnte, ist kein Grund, weiter zur Seite eine Stellung zu suchen und dadurch die Schlachtlinie zu zerreiſsen Der Wirkungsraum durch die
des Erlaubten,
Absichten des
die Freiheit des Handelns
Schlachtleiters
bedingt.
sind
Die räumlichen
Grenzen dürfen nicht ohne zwingenden Grund überschritten werden. Ein zwingender Grund lag aber hier keineswegs vor. " Ich glaube, nachgewiesen zu haben, dafs die 22. Division eine andere Aufgabe , als die, den neu auftretenden Gegner abzuwehren, am 2. Dezember Nachmittags nicht mehr lösen konnte. Giebt man
Zur Schlacht ven Loigny-Poupry.
38 dies zu,
dann muss man aber dem Divisions - Kommandeur auch die
Freiheit zugestehen, über die Art und Weise, wie diese Abwehr auszuführen ist , selbstständig zu befinden. Mit dem Augenblick, da die Meldung des Generals v. Colomb ein Vorgehen der Franzosen gegen die Flanke der Armee - Abteilung feststellte , war General v. Wittich berechtigt, sich aus dem seitherigen taktischen Verhältnifs innerhalb der Armee -Abteilung loszulösen und sich die Aufgabe eines Seitendetachements , dem der Schutz der linken Flanke oblag, zuzuteilen. Ein solches Detachement wird aber bestrebt sein, den Kampf mit dem Gegner nicht in der unmittelbaren Nähe der Haupttruppe durchzufechten, sondern denselben verhältnifsmäſsig weit weg von der eigenen Abteilung zu verlegen, damit im Falle eines ungünstigen Ausganges nicht sofort eine Einwirkung des Gegners auf diese letztere eintritt. Hätten die Franzosen bei Poupry die 22. Division zurückgedrängt, so konnte diese in der Linie Anneux - Domainville und in der Linie Lumeau-Neuvilliers sich noch einmal zur Wehre setzen und so verhindern, daſs ein Miſserfolg, den sie erlitt, sich auf das Gefecht bei Loigny übertrug. Wurde sie dagegen bei Lumeau geworfen, so führte, mochte nun letzterer Ort rechter oder linker Flügelstützpunkt geIdamit war die Schlacht unwesen sein, ihr Rückzug auf Loigny bedingt verloren. Wartete General v. Wittich das Herankommen der bei Poupry gemeldeten Kräfte in einer Stellung bei Lumeau ab etwa in der Front Lumeau - Neuvilliers - dann musste es zu einer Verständigung zwischen den Generalen Chanzy und Aurelles kommen, durch das Vorgehen die zu einem einheitlichen Handeln diesen _ Kräfte-Gruppen führte . Mufste auf Poupry vollständig getrennten es nicht das moralische Element der bei Villepion und Faverolles kämpfenden Truppen in aufserordentlichem Mafs beloben, wenn sie wufsten, dafs von Osten her eine frische Division gegen die linke Flanke des Gegners vorging? Und konnte unter diesen Umständen der Vorstofs des Generals Sonis nicht einen ganz anderen Erfolg haben? Es soll durchaus nicht in Abrede gestellt werden, dafs das Vorgehen auf Poupry auch seine Schattenseiten hatte . Die 22. Division war dadurch auf sich allein angewiesen, sie konnte wegen der räumlichen Entfernung aus der Hauptgruppe bei Loigny, wenn es möglich war, dortselbst Kräfte verfügbar zu machen, erst nach geraumer Zeit Unterstützung erhalten. In der That kam das 17. Dragoner-Regiment, das der Grofsherzog dem General v. Wittich zusandte, erst am Abend an. Die Verständigung zwischen den beiden, vollständig getrennt kämpfenden Gruppen bei Loigny und bei Poupry war wesentlich er-
Zur Schlacht von Loigny-Poupry. schwert.
39
Von Terminiers aus war ein Einschieben der Franzosen
zwischen die deutschen Heeresteile nicht ausgeschlossen. man sich die Frage vorlegt,
Aber wenn
ob ein Stehenbleiben bei Lumeau oder
ein Vorgehen nach Poupry vorzuziehen sei, so sind die Nachteile, die man im letzteren Falle in Kauf nehmen mufste, die geringeren. Eine mifsliche Situation ist es ja immer, wenn während einer im vollen Gange befindlichen Schlacht ein neuer intakter Gegner gegen die eigene Flanke heranmaschirt. Wie konnte sie entstehen ? Dadurch, dafs ergriff,
am 2. Dezember die
Armee-Abteilung die Offensive
während gleichzeitig der linke Flügel der Loire - Armee eben-
falls vorging.
Nun war aber die Armee - Abteilung verhältnifsmässig
schwach ; wenn die Generale Chanzy, Aurelles und Sonis über ihre Kräfte richig verfügt hätten, so mufste ihnen am 2. Dezember der Sieg zufallen. Bei der Armee-Abteilung nahm man die Dinge leichter als sie waren --- dachte man doch anfänglich, ohne die 22. Division auskommen zu können ;
kein Wunder übrigens ,
denn der Groſs-
herzog musste nach seinem, von keinem Waffenerfolg getragenem Zuge nach der Perche darnach brennen , sich nun endlich einmal mit grösseren Kräften zu messen, und General v. Stosch war ja eigens deswegen zum Stabschef ernannt worden, weil man in Versailles mit dem seitherigen Ergebnifs der Operationen nicht zufrieden war ; aufserdem war dem General bekannt, dafs die oberste Heeresleitung auch mit der zuwartenden, zögernden Haltung des Hauptquartiers der II. Armee gegen die französchen Kräfte von Orléans nicht einverstanden war. Das glänzende Verdienst des Generals v. Stosch ist es, dem Gang der Kriegshandlung an der Loire Schwung und Leben eingeflöfst zu haben ; man darf dabei nicht vergessen, dafs die Armee-Abteilung der II. Armee unterstellt war, dafs sie dieser letzteren das Verfügungsrecht über die 22. Division, welche die Reserve für die II . Armee bilden sollte,
sozusagen abringen mufste.
Aber sei es, dafs General
v. Stosch trotz der energischen Offensive der Franzosen bei Villepion die Armee-Abteilung für ausreichend stark erachtete, sei es, dafs er es von vornherein für unmöglich hielt, die II. Armee für seine Auffassung der Lage zu gewinnen - die Armee -Abteilung hat für den 2. Dezember die Mitwirkung der II. Armee nicht
erbeten.
Und so
finden wir an diesem Tage die eine Kräfte - Gruppe der Deutschen in heifsem Ringen mit einem überlegenen Feinde, während die andere. abwartend stehen bleibt.
Wie vernichtend
wäre
die Schlacht bei
Loigny für die Franzosen geworden, wenn es gelungen wäre, die Zwiespaltigkeit der Auffassung, die zwischen den beiden deutschen Hauptquartieren bestand, zu beseitigen und das IX. Korps an die Armee · Abteilung heranzuziehen! Die thatsächlichen Verhältnisse
Zur Schlacht von Loigny-Poupry.
40
hatten zur Folge dafs nun, während die Armee - Abteilung westlich der Strafse Orléans - Etampes focht, den starken, auf Arténay vorgehenden Kolonnen der Franzosen nichts entgegengestellt werden konnte, als die Kavallerie - Brigade v. Colomb bei Dambron , die Kavallerie - Brigade v. Baumbach bei Ruan, deren jede nur über eine Batterie verfügte. Durch den kühnen Entschlufs des Generals v. Wittich wurde das Wagnifs, mit der Armee - Abteilung allein den Gegnern anzugreifen , einem glücklichen Ausgang zugeführt ; er sprang, wenn ich so sagen darf, in die Lücke ein, die infolge der Verschiedenheit der Auffassung der beiden Hauptquartiere entstanden war. Wäre er bei Lumeau stehen geblieben, dann musste es zu einheitlichen Handeln der getrennt Franzosen kommen ;
einer Vereinigung, zu einem vorgehenden Kolonnen der
durch sein Vorgehen bis Poupry bewirkte er,
dafs jeder Beeinflussung des Ganges der Dinge bei Loigny durch die neu auftretenden Kräfte der Franzosen vermieden wurde. Mochte die 22. Division auch durch dieses Vorgehen in eine schwierige Lage gebracht worden sein General v. Wittich erkannte dies wohl, als die von ihm erhoffte Unterstützung des IX . Korps ausblieb es galt, die Früchte des Sieges, der bei Loigny bis zur Zeit des Abmarsches des Generals und unter seiner Mitwirkung erfochten worden war, ausreifen zu lassen.
Gelang es, diese Früchte zu ernten, dann wurden
allenfallsige Nachteile , wieder ausgeglichen .
die bei Poupry eintreten konnten,
Der Entschlufs des Führers
der 22. Division
war
von selbst ein
aufser-
gewöhnlicher ; aber man darf dem General nicht vorwerfen, dafs er das Mafs der dem Unterführer zustehenden Selbstständigkeit überschritten habe ; im Gegenteil
eine aufsergewöhnliche Lage fand
einen aufsergewöhnlichen Mann . Die Entschlossenheit des Generals, sein hervorragender taktischer - und strategischer ! - Blick, sein Mut der Verantwortung werden stets vorbildlich bleiben. G. Schoch , Hauptmann.
IV.
Improvisirte
Befestigungen. Von
H. Frobenius , Oberstlieutenant a. D.
Unter obigem Titel „ Improvisirte Befestigungen" erschien im 93. , 94. und 95. Band dieser Zeitschrift (Dezember 94 bis April 95) eine Reihe von Aufsätzen des Oberstlieutenant R. Wagner , welche kriegsgeschichtliche Beispiele der improvisirten Befestigung aus dem Laufe dieses Jahrhunderts zur Darstellung brachten . Sowohl das Motto : Da hilft kein Maulspitzen - das will gepfiffen sein ", als die kurze Einleitung, welche energisch Front macht gegen die „Fata Morgana " der „mobilen Festungen" erweckte die Hoffnung,
dafs Wagner diese
geschichtlichen Beispiele nur zum Ausgangspunkt und zur Grundlage für eine gründliche Erörterung der schwebenden Frage : 77 Kann man überhaupt und auf welche Weise kann man den heutigen Angriffsmitteln gegenüber provisorische Befestigungen ausführen ? " benutzen würde. Als dann mit dem Beispiel von Mannheim 1870 die Arbeit plötzlich abbrach, war die Frage „ Ist das nun alles?" wohl berechtigt. Der Verfasser hatte diese vorausgesehen und beantwortete sie mit dem Hinweis auf weitere Veröffentlichungen : „ O nein ! Das dicke Ende kommt noch nach - hat hier aber nicht Platz." Mit Spannung konnte man der Erfüllung dieses Versprechens entgegensehen und mit dem regsten Interesse nimmt man nun das Buch in die Hand, welchem Wagner sein Versprechen
mit
einlöst : „ Über provisorische
Befestigung und Festungs - Improvisationen " ; hat er doch die Absicht ausgesprochen, mit diesem einiges Wasser in den Wein des Dilettantismus zu giefsen, um eine nüchterne Auffassung der realen Verhältnisse zu zeitigen . Das Buch gliedert sich in drei Teile, deren erster die kriegsgeschichtlichen Beispiele , wie sie in den Jahrbüchern seiner Zeit erschienen , unverändert wiedergiebt , während der zweite besonders charakteristische neuere Vorschläge zur künftigen Einrichtung provisorischer Befestigungen beleuchtet und der dritte eigene Vorschläge des Verfassers zu möglichster Verwirklichung der Idee einer sogenannten Festungs- Improvisation enthält. Der erste Teil hat aber eine ganz wesentliche Ergänzung erhalten durch Beifügung der Pläne für die Befestigung von Dresden 1813 und
42
Improvisirte Befestigungen.
1866 , der befestigten Stellung bei Berlin 1813 , der Befestigungen von Floridsdorf 1866 und der projektirten Befestigung von Mannheim 1870 . Das Verständnifs des Textes wird dadurch sehr gefördert und dieses ist um so dankenswerter, als die Beispiele nicht nur für den engen Kreis der technischen Offiziere, sondern für das allgemeine Studium . der betreffenden Kriege ganz besonders wertvoll sind .
Wagner gehört
nicht zu jener Klasse von Ingenieur- Offizieren , welche, in technische Einzelheiten sich verlierend , über den Wall der Festungswerke nicht hinwegzusehen vermögen ;
er verbindet in seltenster Weise mit der
eingehendsten Kenntnifs der Technik den verständnifsvollen Blick für alle militärischen und militärisch-politischen Verhältnisse . Hoch erhaben ist der Standpunkt, von dem er nicht nur alle Einzelheiten des Festungswesens prüfend und sichtend beherrscht, sondern sein Auge weit hinaus schweifen läfst über alle Länder der Erde, wo ihm nichts. entgeht, was von Interesse für die Wissenschaft ist und sich irgend berührt mit den nationalen Interessen seines Vaterlandes . Dafür zeugen seine Schriften von der Geschichte der Belagerung von Strafsburg an, sein Moltke und Mülbach , seine Arbeiten über die Panzerbefestigung , seine Broschüren über Helgoland und über den russisch - deutschen Neutralitäts-Vertrag, dafür auch sein vorliegendes Werk. Welchen Wert es für das Studium der Kriegsgeschichte hat, läfst sich schon aus seiner Behandlung der Beispiele schliefsen . Diejenigen von 1866 und 1870 sind ganz oder überwiegend litterarische und kartographische Nova, das Beispiel von Dresden 1813 ist aber mit ganz neuem archivalischen Material bearbeitet und läfst uns den Feldzug unter einem bisher wenig beachteten Gesichtspunkt kennen . Wagner schildert nicht lediglich die Befestigung von Dresden, die Schwierigkeiten, welche sich deren Ausführung entgegenstellten ,
die
taktischen Vorteile , welche die Verteidigung aus ihnen zog, sondern er giebt uns ein umfassendes Bild von der Idee Napoleon's, welcher in Dresden sich einen strategischen Pivotpunkt schaffen wollte, um seine Armeen nach Belieben und Erfordern gegen Jeden seiner Gegner rücksichtslos verwenden zu können, des Stützpunktes sicher, welcher, uneinnehmbar durch eine feindliche Armee, ihm als zentraler Sammelpunkt und Basispunkt für bar bliebe.
seine Unternehmungen
immer
verfüg-
So wird Dresden zu einem aufserordentlich lehrreichen Beispiel von dem Werte
und der
richtigen
strategischen Ausnutzung einer
günstig gelegenen Festung einerseits , von den ungeheuren Schwierigkeiten, welche sich ihrer Improvisirung andererseits entgegenstellen, und von den Mängeln , welche sie nie vollwertig der permanenten Festung gegenüber erscheinen und sich bethätigen lassen.
Dies eine Beispiel
43
Improvisirte Befestigungen.
würde vollständig genügen, um die vielfach vertretene Ansicht von der Minderwertigkeit, ja Schädlichkeit der Festung für die Kriegführung zu widerlegen und an dem Vorbilde des genialen Feldherrn zu zeigen, welche enormen strategischen Vorteile sie der Feldarmee bei richtigem Verständnis für ihre Verwendung darzubieten im Stande ist.
Denn
die grofsen strategischen Gesetze der Kriegführung und Armee - Verwendung haben sich noch um garnichts geändert, so tiefgreifend auch die taktischen Umwälzungen gewesen sind ; und die Anpassung der Festung an die enorm angewachsenen Armeen der Neuzeit hat unsere Lagerplätze entstehen lassen, welche durchaus im richtigen Verhältniſs zu den Armeen stehen,
während die Vorführung des Beispiels von
Sedan, um die Minderwertigkeit der Festung zu beweisen, lediglich davon Zeugnifs ablegt, dafs diejenigen, welche damit hervortreten , betreffs ihres Verständnisses für Festungsverwendung auf demselben Standpunkte des Unvermögens stehen, als diejenigen , welche für die französche Armee aus einer veralteten engen Stadtbefestigung glaubten einen wesentlichen Nutzen ziehen zu können. Giebt doch das Beispiel Napoleon's sogar dafür den Beweis , dafs
es einer Armee recht gut
möglich ist, aus der Festung wieder herauszukommen und dem Gegner nach erfolgreicher Abwehr von den Festungswerken im Felde wieder gegenüber zu treten.
Damit ist das Schlagwort von der „ Mause-
falle " ad absurdum geführt, welches so recht eigentlich die Veranlassung gewesen ist zu der Fabel von der verderblichen Anziehungskraft der Festung und von dem unvermeidlichen Untergang jeder Armee, welche sich habe verlocken lassen,
in der Umwallung
Ruhe und Wiederherstellung ihrer erschütterten Verbände zu suchen . Dies nur nebenher, um zu zeigen, wie wünschenswert das lehrreiche Studium der von Wagner gegebenen kriegsgeschichtlichen Beispiele für alle Teile der Armee, nicht zum wenigsten für den Generalstab ist, welchem eine gründliche Kenntnifs der strategischen Verwendung der Festung, wie jedes anderen Kriegswerkzeuges, dringend Not thut. Nachdem Wagner durch seine Beispiele dargethan hat, dafs einerseits die Improvisirung von Festungen stets eine grofse Wichtigkeit gehabt hat woraus zu folgern ist, dafs dies in Zukunft nicht wohl anders sein wird und dafs anderseits diese Improvisirung immer auf enorme Schwierigkeiten
gestofsen
ist,
Schwierigkeiten ,
welche
meist alle Erwartung und Berechnung überstiegen und in Folge dessen die Resultate hinter dem Wünschenswerten und Notwendigen weit zurückbleiben liefsen, wirft er die Frage auf, ob denjenigen beizustimmen sei, welche in Zukunft alle Festungen beseitigt und im Bedarfsfalle durch Improvisationen ersetzt
wissen
wollen,
ob
sich
Improvisirte Befestigungen.
44
denn seit den 70er Jahren die Verhältnisse so wesentlich geändert haben, dafs man fortan auf Improvisationen mit gröfserer Sicherheit als früher rechnen dürfte ? " Hat sich die Aufgabe provisorischer Befestigungen geändert und zwar derartig, dafs geringere Stärke zur Erfüllung ihres Zweckes genügt ? Oder ist die erforderliche Stärke leichter, als ehemals zu erreichen ? Bedarf es dazu geringerer VorSind weniger personelle und materielle Mittel als bereitungen ? sonst erforderlich , Gebote?"
und stehen diese mit gröfserer Gewissheit zu
Diese einzelnen Fragen müfsten doch zuvörderst bejaht werden können,
ehe man die Behauptung wagen dürfte ,
in Zukunft würde
eine den Anforderungen genügende provisorische Befestigung in so wesentlich kürzerer Zeit ausführbar sein, dafs die Absicht der Improvisation weit gröfsere Berechtigung habe als bisher. " 17 Mit oberflächlichem Gerede kann man zu diesem Schlusse doch nicht kommen, und der Gegenstand ist denn doch zu wichtig, blofs zum Spiel der Phantasie zu dienen. "
um
Bezüglich der Aufgabe der provisorischen Festung stellt Wagner in seinen „ prinzipiellen Erörterungen " die beiden festzuhaltenden Punkte auf, dafs sie als Notbehelf in Stelle einer permanenten dienen und in Folge dessen auch deren prinzipieller Aufgabe entsprechen, nämlich der Besitzsicherung eines strategisch wichtigen Ortes mit möglichst geringen personellen Kräften dienen solle. Er hält hierzu eine zusammenhängende Umfassungslinie
(Hinderniſslinie mit flan-
kirenden Posten) für erforderlich und glaubt eine solche auch nicht entbehren zu können,
wenn zur Herstellung eines grofsen Waffen-
platzes eine vorgeschobene Gürtelstellung von isolirten Werken angeordnet wird . Bezüglich der Stärke haben sich die Verhältnisse seit 1870 wesentlich verändert.
Die Vervollkommnung der Gewehre und Geschütze
kommt allerdings auch der Verteidigung zu Gute, denn die so bedeutend gesteigerte Wirkung der ersteren läfst das Frontalfeuer der Infanterie mehr in den Vordergrund treten und die Überwindung des nächsten Vorterrains von dem Augenblick an aufserordentlich verlustreich werden, wo die Artillerie des Angreifers ihr Feuer einstellen mufs und die Infanterie des Verteidigers die Feuerlinie besetzen kann. Selbst schwächere Hindernisse gewinnen also einen höheren Wert, wenn sie von der Artillerie nicht gestört werden konnten und unter Gewehrfeuer liegen . Die Sturmfreiheit der Einzelposten wird mithin mit geringeren Mitteln zu erreichen sein. Für die flankirende Feuerwirkung sind die Schnellfeuergeschütze als schätzenswerte Hilfe der Infanterie zur Seite
getreten und
kommen
namentlich für die Be-
Improvisirte Befestigungen.
45
streichung und Verteidigung der Intervalle zur Sprache , wo an Frontalfeuer gespart werden mufs . Die gröfsere Tragweite ist aber nur mit grofser Vorsicht und nur dann mit Zuverlässigkeit auszunutsen, wenn eine gröfsere Anzahl von Geschützen zur Verfügung steht, deren jedem (oder besser je 2) für den Schrapnelschufs eine bestimmte Zone angewiesen wird, so dafs die einzelnen Zonen im Anschlufs an einander die ganze zu bestreichende Länge ausmachen . Diesen Vorteilen
bezüglich der aktiven Stärke stehen nun aber
grofse Beeinträchtigungen der passiven Stärke durch die weiter entwickelten Feuerwaffen gegenüber, so dafs man behaupten kann, die früher
benutzten Mittel,
seien
es
sirungen, seien es die Hohlbauten, um auch nur
die Erddeckungen genügen in
und Traver-
keiner Weise
mehr,
einigermassen die
erforderliche Sicherheit hinter und
unter der Deckung zu gewähren .
Unter den Angriffsmitteln hat der
Verteidiger nicht nur mit dem Geschütz der Feldartillerie, sondern auch mit den 15 cm Geschützen des leichten Belagerungstrains zu rechnen und hier nicht nur Pulver- sondern auch Sprengstoff- Granaten zu gewärtigen.
Wie einerseits die vertikale Deckung dem Schrapnel-
feuer gegenüber, ist anderseits die alte horizontale Deckung dem Steil - Granatfeuer gegenüber völlig entwertet ; also ist Artillerie auf offenem Wall selbst hinter Masken und Erdschüttungen ganz unhaltbar, andererseits sind die absolut unentbehrlichen Hohlbauten mit den alten verhältnifsmäfsig leicht zu beschaffenden Mitteln nicht mehr Es tritt das Material der permanenten Befestigung , herzustellen. Beton und Eisen, auch für die provisorische Befestigung in sein Recht und - merkwürdig, gerade die Anwendung dieser Materialien schien den Erfindern der Idee von der bieten ,
יװmobilen Festung" das Mittel zu um diese ins Leben zu rufen und mit ihr die permanente
Festung zu verdrängen . Wie scharf, aber gerecht geht Wagner mit diesen Dilettanten " ins Gericht, welche die provisorische Festung zu einem Spiel der Phantasie machten , aber es nicht für nötig hielten, die praktische Ausführbarkeit einmal einer gründlichen und sachgemässen Untersuchung zu unterwerfen . Aufser den von ihm beleuchteten Vorschlägen Buinizki's und Meyer's sind in den letzten Jahren noch andere aufgetaucht, unter ihnen eine Arbeit des Oberstlieutenant Freiherrn v. Leithner (Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie-Wesens 1895 , Heft 1 ) und neuerdings ein Vorschlag von R. W., welchen die schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie im ersten Heft des laufenden Jahres veröffentlicht hat. Es wird ein ziemlich getreues Bild von den zur Zeit herrschenden Ideen über provisisorische Befestigung geben, wenn wir auch diese beiden Autoren mit einigen
46
Improvisirte Befestigungen.
Worten erwähnen und mit den Vorschlägen der von Wagner beleuchteten Buinizki und Meyer, sowie mit seinen eigenen in Vergleich bringen. Der Vertreter der ,,mobilen Festung" ist Hauptmann Julius Meyer, welcher in seinem ersten Buche „ Die Bedeutung mobiler Panzer etc. " im Jahre 1891 die Aufgabe der provisorischen Befestigung in dem vollständigen Ersatz der permanenten Festung sieht und die Lösung der Aufgabe in der Bereitstellung eines Panzerparks erblickt. ,,Die Beschaffung eines mobilen Panzerparks", äufsert er sich,,,gestattet uns, auf die permanenten Fortifikationen zu verzichten und unsere Befestigungen da anzulegen, wo wir sie je nach der politischen Lage und entsprechend den jeweiligen Operationen des Heeres — haben wollen. " Zu diesem Zweck ist ja allerdings eine erstaunliche Fixigkeit in dem Aufbauen der Festung notwendig ; er hält es aber garnicht für bedenklich , da er z. B. zur Fertigstellung einer Festung in der Stellung Olten-Aarburg mit dem Hauenstein das Material nur in dem Zentraldepot Luzern aufzuladen und binnen 24 Stunden nach vollendeter Mobilisirung der Panzerbataillone in Olten ausschiffen kann ; nach 36 Stunden stehen die 5,3 cm Fahrpanzer schufsfertig da , nach 4 Tagen sind auch die letzten 12 cm Haubitz-Panzer eingegraben. Damit ist für ihn die Festung fertig,
denn „ Hand in Hand damit
ging die Anlegung der Drahthindernisse und der Bau der Unterstände." Wie ersichtlich, sucht er die Hauptschwierigkeit in dem Heranschaffen und Aufstellen der Panzerartillerie ; das Andere ist Nebensache und wird als solche mit obigen Worten erledigt. Allerdings machte Meyer schon in diesem Buche den Unterschied zwischen 1. Anlagen zum Ersatz permanenter Befestigungen : hierfür sollten die Haubitz- und Fahrpanzer in ,,leichter" Beton -Vor- und Unterlage stehen, 2. provisorischen Anlagen, bei welchen beide Panzerarten ohne Beton einfach in die Erde eingelassen werden und 3. improvisirten Befestigungen, d . h. Schlachtfeldbefestigungen, bei denen lediglich Fahrpanzer zur Anwendung kommen . Nur die beiden ersten Arten der Befestigung können hier zur Sprache kommen. In seinem zweiten Buche ,,Angriff und Verteidigung moderner Panzerbefestigungen " ( 1892) giebt er wenigstens in den Skizzen auch eine
Andeutung
der
Schutzhohlräume ,
welche
entsprechend
der
,,permanenten oder provisorischen " Befestigungsart in Konstruktionen verschiedener Stärke ausgeführt sind. Näheres lässt sich bei dem kleinen Mafsstabe ( 1 : 400) nicht erkennen , und einer eingehenderen Besprechung oder gar Abschätzung in Bezug auf Material- und Arbeitsanforderung hält er diese nebensächlichen Dinge nicht für bedürftig.
Nach seinem Prinzip : Zerstreuung der Geschützpanzer, in
47
Improvisirte Befestigungen .
Gruppen zu 2-4 Stück zusammengefafst, über das Gelände in einer Tiefe von einigen hundert bis tausend Meter , Einschliefsung der Gruppen durch Hindernifslinien , Verteidigung gegen gewaltsamen Angriff durch Geschützfeuer, welches nicht nur die Hindernisse bestreicht, sondern auch über die bedrohten Panzergruppen sich rücksichtslos ergiefsen kann nach diesem Prinzip ist für die Infanterie in der Stellung selbst überhaupt kein Raum ; sie kann nur als Reserve verwendet werden und rückwärts Deckungen suchen ; für die Bedienungsmannschaften sind kleine Hohlbauten möglichst zerstreut anzulegen . und ebenso wie die Panzer ganz in den Boden zu versenken . bis zum äussersten getriebenen Verkleinerung der Ziele,
In der
also Ver-
einzelung der Kampfkräfte und in der gänzlichen Verbergung im Boden, also in der Unzielbarkeit und Untreffbarkeit sucht er das Mittel,
um einen Geschützkampf mit Erfolg durchführen zu können .
Dieser ist stets die Hauptsache und die Sicherung des Ortsbesitzes einem gewaltsamen Angriff gegenüber kommt ernstlich garnicht in Frage ; denn ein energischer Durchbruchsversuch wird durch die paar Artilleristen, welche , ohne freien Umblick, lediglich durch ihre engen Schiefsscharten beobachten können , was aufserhalb ihres Gehäuses vorgeht, sich nicht aufhalten lassen . Meyer war aber nicht taub gegen die Mahnungen der Kritik, sein System der Panzerfronten gründlicher durchzuarbeiten und besonders auch die Zeit und Arbeitskräfte, welche zur Ausführung erforderlich sind, einmal zu berechnen .
In seinem dritten Buche „ Metz,
durch Panzerfronten verteidigt" machte er den Versuch,
eine solche
Berechnung aufzustellen, und obgleich hierbei mit einer auffallenden Oberflächlichkeit
und
Vernachlässigung
ganz
wesentlicher
Arbeits-
gattungen verfahren war, ergab sich doch ein Resultat, welches ganz bedeutend von seinen früheren Annahmen abwich. Freilich hatte er bei näherer Prüfung und dem Versuch, sein System an ein bestimmtes Terrain anzupassen, auch zu manchen Konzessionen sich verstehen müssen, an die er früher nicht gedacht hatte. Er gliedert seine Front nach der Tiefe in 4 Treffen, im ersten kleine flankirende Posten zu 2 Fahrpanzern, im zweiten die Zentral - Batterien (je 3 Fahrpanzer und 2 Haubitzen), hinter deren Interwallen (1500 m) Infanterieposten als drittes Treffen (in Gestalt von Schützengraben-Gruppen) und endlich in vierter Linie auf 1 Kilometer und mehr Abstand von den Zentral - Batterien
die
Reserve - Batterien zu je 2 Fahrpanzern
und
1 Haubitze . Das ist die Gürtelstellung, hinter welcher die Positionsgeschütze in offenen Batterien stehen. Die Zahlen der Panzer und Geschütze
zeigen eine ganz andere Auffassung von deren Wert und
Verwendbarkeit als früher : es sind pro 3 Kilometer Front 14 Fahr-
Improvisirte Befestigungen .
48
panzer, 6 Haubitzpanzer und 16 schwere Geschütze gerechnet gegen die früheren 36 bezw. 9 und 18 Stück ; ferner ist das 3,5 cm Rohr durch das leistungsfähigere 5,7 Rohr ersetzt.
Während sich durch
die geringere Geschützzahl die Arbeit verringert, ist sie aber anderseits gesteigert worden durch die für notwendig erachtete Vervollkommung der Geschützstellungen und durch die Einfügung von Infanteriewerken. Die Geschütze sind nicht mehr einzeln eingegraben,
höchstens durch
Laufgräben mit einander verbunden, sondern hinter Brustwehrlinien, also Bodenaufschüttungen aufgestellt. Die Erddeckungen erheben sich bis zu 3,5 und 4 m über den gewachsenen Boden. Die Arbeitsleistungen für die widerstandsfähigste Befestigungsart - mit EisenBetonbauten und Betonummantelung der Panzer - wird so bedeutend , daſs Meyer von einer Herstellung im Kriege Abstand nimmt und diese Anlagen der Friedensarbeit überweist. Damit ist der Gedanke der mobilen Festung,
des Ersatzes der permanenten durch eine erst im
Bedarfsfalle improvisirte Festung eigentlich als unausführbar erwiesen und aufgegeben ; denn die ,,provisorischen " Anlagen (ohne Betonummantelung und mit leichteren Einbauten) sind einer energisch durchgeführten Beschiefsung mit 15 cm Kanonen und Brisanz - Granaten nicht gewachsen. Wenn Wagner trotzdem beide Befestigungsarten einer prüfenden Kritik unterzieht, so mufs man ihm darin Recht geben, denn ein Vergleich mit anderen auf vollwertige Deckungen abzielenden Vorpermanenter " Befestigung. schlägen ist nur möglich mit Meyer's Hierbei stellt sich heraus, dafs die als schwierigste Arbeit betrachtete Aufstellung der Panzer nur einen sehr kleinen Bruchteil der erforderlichen Arbeitsleistung ausmacht : zur Herstellung der Geschützstände nebst Erd- und Beton-Arbeit sind für eine Gürtelstellung von 48 Kilometer Länge nur 10 000 Tagewerke, zu den übrigen Arbeiten rund 990 000 Tagewerke erforderlich, zu ersteren braucht man 13 600 cbm Beton, zu den Übrigen deren 393 000 ; zur Heranführung des Panzerparks einschliesslich Munition 14 Eisenbahnzüge, für das übrige Material 2350 Züge. Und all das „ Übrige " hatte Meyer früher ganz als sogar noch in seinem letzten Buche zum Nebensache behandelt Teil ganz übersehen. Selbst Meyer's ,, improvisirte " Befestigung würde ganz andere Arbeitskräfte beanspruchen, als dieser selbst annimmt. Um nach Beendigung aller Einleitungsarbeiten - in den von ihm für ausreichend gehaltenen 5 Tagen fertig zu werden ,
bedürfte man unter
anderem 40 Ingenieur - Offiziere und 8 Pionier - Kompagnien , 64 000 tüchtige Arbeiter (darunter 5-6000 Handwerker) , einen Fuhrpark von 3400 Wagen und 4800 Pferden ,
dazu
eines rechtzeitigen Ein-
49
Improvisirte Befestigungen. treffens von Personal und Material auf 140 Eisenbahnzügen ,
Vor-
handensein von Bahnhöfen
Ver-
pflegung etc.
und Entladestationen,
Unterkunft,
Mit der erreichten Verteidigungsstellung wäre aber eine
Festung immerhin noch lange nicht geschaffen ; dazu müfste noch das Vorterrain frei gemacht, für Kommunikationen im Innern , für Unterkunft der Besatzung, Proviant, Bäckereien, Lazarete, Brunnen etc. gesorgt werden ―― ganz abgesehen von der Frage der geschlossenen
Enceinte. In jeder Beziehung weichen Buinizki's Ansichten und Vorschläge bezüglich der provisorischen Befestigung von denen Meyer's ab.
Der
auf diese Weise eingerichtete Ort ist ihm nur ein Notbehelf, kein vollwertiger oder gar wie Meyer meint - ein vorzuziehender Ersatz der permanenten Anlage ; die Verwendung von Panzern , auf welcher Meyer's Befestigung ganz allein beruht, verschmäht er von seinem russischen Standpunkte aus vollständig und erblickt das Heil der provisorischen, wie der permanenten Befestigung lediglich in der ausgiebigsten Verwendung von Betonbauten.
Um aber
auch der Mög-
lichkeit Rechnung zu tragen , dafs die Werke, noch unvollendet, einem Angriff ausgesetzt werden können, verlangt er,,,dafs sie auch ohne kräftige künstliche Hindernisse und ohne zeitgerecht erbaute, gegen das Vertikalfeuer sichernde Unterkünfte, der Besatzung eine bedeutend vorteilhaftere Position als das natürliche Terrain bieten und dafs es möglich ist, alles Erforderliche nachträglich in sie einzubauen ." Den gleichen Grundsatz hat auch Wagner, aber er sucht in ganz anderer Weise ihm gerecht zu werden . Buinizki glaubt dieses nur durch eine aufserordentlich geräumige Anlage ermöglichen zu können und kommt dadurch zu einem Werk, das 4 Kompagnien Besatzung Hieraus ist schon zu ersehen , dafs er nicht, wie Meyer, seine Aufgabe durch eine möglichste Verkleinerung der Ziele und Verteilung der Streitmittel über das Terrain zu lösen sucht, sondern im Gegenteil
verlangt.
festhält an dem Prinzip der alten Befestigungsweise, auf sturmfreie geräumige Stützpunkte die Verteidigung zu basiren. In deren Ausgestaltung als Infanteriewerke, in der Zuteilung der Aufgabe der Intervallflankirung, in der Aufstellung der Kampfartillerie im Zwischenterrain lehnt er sich vollständig an die für die permanente Gürtelbefestigung angenommenen Grundsätze und Formen an. Mit 3 Kilometer Intervall schliefst er seine Forts zur Kette zusammen . Um dem oben angeführten Grundsatz gerecht zu werden, legt er die Unterkunftsbauten nicht, wie die permanenten Forts, unter die Bodenschüttungen, sondern frei in den Hof, welchen die deckende Brustwehr umschliefst ; daher die grofse Ausdehnung. Um die der Intervallflankirung dienenden Geschütze , welche er auf offenen Wall Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 1. 4
50
Improvisirte Befestigungen.
stellt,
gegen Geschützfeuer zu sichern,
errichtet er im Innern des Forts ein Kernwerk, das in seiner Höhe nicht nur durch die Forderung, die Enveloppe zu überschiefsen, sondern noch mehr, die Traditorgeschütze, zu decken, bestimmt wird. Dadurch hat er sich aller Freiheit in der Höhenanordnung sämmtlicher Linien beraubt. Denn die Enveloppe soll den flachen Graben frontal bestreichen und wenn möglich doch auch
über
das Glacis
wirken ;
die Traditorenbatterie soll über die
weit abliegende Enveloppe hinweg feuern und
wiederum durch die des Kernwerks gedeckt werden . Wenn er nicht zu unmässigen Höhen kommen wollte, mufste er sich überall mit einer nur notdürftigen Erfüllung dieser Bedingungen begnügen, wie die thatsächlichen Höhenverhältnisse zeigen : Glacis + 1,06 , Enveloppe 1,6 (kann also die Glacisfläche nicht bestreichen und hat Wallschüttung
nur 0,54 m Kommandement), Traditorbatterien + 2,13 m (also mit nur 0,53 m Überhöhung
der Enveloppe) und Kernwerk + 5,30 m. Die Deckung der Flankengeschütze ( 3,20 m Überhöhung) hat mithin zu einer Höhe des Kernwerkes geführt, welche dieses als weithin sichtbares Zielobjekt kennzeichnet und auf die Traditorengeschütze das feindliche Feuer lenken wird, sodafs deren Schutz ein mehr als fraglicher ist ; eine natürliche Folge der hartnäckigen Vermeidung der Panzer. An den halbkreisförmigen Mittelbau schliefsen sich beiderseits zwei geradlinige Infanteriestellungen an ; im Hof zwischen Front- und Kehlwall liegen die tunnelartigen Betonbauten , welche zur UnterZwischen den Tratidorflanken liegt kunft der Besatzung dienen. ein gleiches Bauwerk als Unterstand der Geschütze und in einem zur Kehlflankirung angelegten Ausbau aus der Kehle ein Unterkunftsraum für die Wache. Unterkünfte im Kernwerk und ein Schutzhohlraum (für vier Geschütze) in der Front der Enveloppe, mit den Kernwerkbauten
durch
ständigen die Hohlbauanlagen . Wagner hält mit Recht zweckmässig , prinzipiellen
eine
Poterne
die Vorschläge
verbunden , vervollBuinizki's
für
un-
schon deshalb , weil die Anordnung im Ganzen der Forderung
widerstreitet ,
dafs
der
Platz
mit
einem
Minimum von stehender Besatzung soll behauptet werden können. Dazu kommt man nicht , wenn jedes Fort eine Besatzung von 1 Bataillon Infanterie verlangt. In zweiter Linie hat die Aufstellung der Flankengeschütze zu der ganz unzweckmässigen Anordnung einer zu
niedrigen
Enveloppe
und
eines
unmässig
hohen
Kernwerkes
geführt , sodafs auf eine nachhaltige Verteidigung kaum rechnet werden können .
wird ge-
Bei seiner überschläglichen Berechnung der Zeit und Arbeits-
51
Improvisirte Befestigungen. kräfte hat Buinizki
ebenso wie Meyer
einige sehr wichtige
Faktoren ganz aufser Auge gelassen, nämlich das technische Personal und die Heranschaffung der Materialien, wozu der Bau von Feldbahnen, Entladestationen etc. zu rechnen ist. Wagner kommt in Folge dessen mit seiner alle Umstände gründlich erwägenden Berechnung zu etwas
anderen Resultaten, nämlich zum Bedarf von 24 Ingenieur-
offizieren , 4 Pionierkompagnien , 6-7 Eisenbahnkompagnien und 26-27 000 Zivilarbeitern bei einer Bauzeit von 16 Wochen (einDie Zahl der erschliesslich 1 Woche für Einleitungsarbeiten ). forderlichen Eisenbahnzüge beläuft sich auf 1600, von denen 1587 auf Baumaterial entfallen. Der Entwurf des Oberstlieutenant Freiherrn v. Leithner betont die vollständige Trennung des Nah- und Fernkampfes, fafst also von vornherein auch einen soweit reichenden Ersatz der permanenten Festung ins Auge,
dafs nicht nur die Ortssicherung, sondern auch
die vollständige Durchführung der Festungsschlacht dem Vorschlag zu Grunde gelegt wird. Das Nahkampfwerk, welches Leithner als Hauptstützpunkt der Gürtelstellung entwirft und mit 2000 m Abstand (bei Bestreichung der Intervalle mit Geschütz) anordnet, hat demnach allen Anforderungen eines permanenten derartigen Werkes zu genügen : möglichste Zielverringerung mit Bezug auf die feindliche Beschiefsung und Beobachtung; Sturmsicherheit ; Vorfeld- und Intervallbestreichung und Schutz der Besatzung gegen das feindliche Feuer. Der Typus des Werkes besteht gemäfs dieser Übertragung der Verhältnisse der permanenten Festung auf die der provisorischen auch aus einer möglichsten Nachahmung des permanenten Forts für Nahkampf:
ein flacher, des Kreuzfeuers wegen in den Schultern
nach innen gebrochener Frontwall von geringem Aufzug ( + 2,5 m) ; der Innenraum wird vollständig ausgefüllt durch ein eingeschossiges Kehlkasernement in Beton mit seiner Bodenvorlage . Die hinter ihm sich in Zangenform herumziehende niedere Kehllinie ( + 2,0) enthält in ihren Flanken die Bänke für die Traditorgeschütze. Das Ganze wird umgeben von
einem
flachen
Frontbrustwehr glacisartig abfällt.
Hindernifsgraben ,
zu dem die
Besatzung 1 Kompagnie Infanterie
und 70 Mann Artillerie für acht 7,5 cm Kanonen, von denen vier als Traditorgeschütze in der Kehle, vier als Sturmgeschütze in der Front Aufstellung finden. Es hätte nahe gelegen, diese Geschütze durch gepanzerte zu ersetzen und Leithner verschliefst sich durchaus nicht der Einsicht, dafs solche um vieles zweckmäfsiger sein würden . Als Frontgeschütze würden sie die für die 7,5 cm Kanonen unentbehrlichen Unterkünfte ersparen lassen und eine bessere Gefechtsbereitschaft garantiren als diese ; als Traditorgeschütze würden sie 4*
52
Improvisirte Befestigungen.
jedenfalls zuverlässiger sein , als die Bankgeschütze , wenngleich sie im Übrigen für diesen Zweck betreffs ihrer Leistungsfähigkeit zu wünschen übrig lassen.
Da würden die neuen Konstruktionen des
Krupp -Gruson-Werkes , 7,5 cm in zerlegbaren Panzerlaffeten , welche auch Wagner in einer Anmerkung erwähnt , vorzügliche Dienste leisten.
Es ist nicht recht verständlich , warum Leithner bei seiner
offen ausgesprochenen Anerkennung der Vorzüge der mobilen Panzer doch von ihrer Verwendung ganz Abstand nimmt , wenn man nicht den Grund darin suchen soll , dafs sie in Österreich-Ungarn bisher in origineller Form nicht hergestellt worden sind , und dafs man also auf das Produkt der ausländischen Firma angewiesen sein würde. Leithner glaubte sie angesichts des an sich jedenfalls voll anerkennenswerten Bestrebens, durch inländische Fabrikate sich vom Auslande unabhängig zu machen ,
nicht einmal in einem Projekt,
welches lediglich der akademischen Erörterung dient, in Anwendung bringen zu dürfen , wie er ja auch in seinen permanenten Werken lediglich die 7,5 cm Drehkuppeln inländischer Herstellung als Sturmgeschütze heranzieht an Stelle der um vieles besser hierzu geeigneten Gruson'schen 5,7 cm Senkpanzer, ein Punkt, auf dessen Fehlerhaftigkeit er auch von österreichischer Seite schon aufmerksam gemacht wurde . Für die Traditorgeschütze ist jedenfalls noch mangelhafter gesorgt, als von Buinizki. An eine Deckung durch die 12 und 18 m . entfernte, nur um 1,8 m überhöhende Erddecke des Kehlkasernements gegen Geschützfeuer ist garnicht zu denken und diese Geschütze sind mithin fast wertlos. Bei dem Entwurf der Unterkunftsbauten hält auch Leithner an dem Gesichtspunkt fest, sie möglichst bald — also ohne voherige bedeutende Ausschachtungen in Angriff nehmen zu können . Deshalb versenkt er die Kehlkaserne nur um 0,50 m in den Boden und beschränkt die Höhe der Räume auf 2,0 m (um keinen zu hohen Aufzug zu bekommen) ; trotzdem bringt es der Einbau der Hohlräume (auch unter dem Frontwall) mit sich, dafs das Werk erst verteidigungsfähig
ist,
nachdem
die
Hohlbauten
fertig
und
die
Boden-
beschüttungen ausgeführt sind. Aufserdem macht die Herstellung der Gewölbe ein Einschaalen notwendig (ebenso wie bei Buinizki) , und da die Rüstungen erst nach dem Abbinden des Betons herausgenommen werden können, werden die Räume erst 4 Wochen nach Beendigung der Betonarbeiten belegungsfähig sein. Diese 4 Wochen, welche gegenüber der Beschiefsung immer wünschenswert sind, aber doch die frühere Verteidigungsfähigkeit nicht ausschliefsen , sind bei Leithner ein Conditio sine qua non für seine Werke . Wagner hat diesen Übelstand der Betonkasematten in geschickter Weise zu
Improvisirte Befestigungen.
umgehen verstanden , schüttet.
indem
53
er den Beton auf Wellblechschaalung
Da Leithner in so umfangreicher Weise von Betonbauten Anwendung macht, ist es auffallend , dafs er nicht seine Traditorgeschütze in solche gestellt hat. Der von ihm angeführte Grund, dafs bei der Ermangelung von Schartenpanzern die Scharten zu gross würden , ist nichts weniger als stichhaltig. Erstens hindert nichts, die Schartenpanzer vorrätig zu halten, so gut wie die Geschütze,
und
anderseits würden selbst recht grofse Mauerscharten der Aufstellung unter freiem Himmel vorzuziehen sein. Eine
wenn auch überschlägliche
Berechnung von Zeit und
Arbeitskräften hat Leithner nicht aufgestellt ; jedoch lehrt ein Blick auf sein Projekt, wenn man es mit dem von Buinizki vergleicht, dafs das Arbeitsquantum der Betonbauten ein ganz wesentlich gröfseres ist . Da diese aber in viel höherem Mafse ins Gewicht fallen, als alle sonstigen Arbeiten, so wird man
auch auf eine längere Arbeitszeit
und gröfsere Arbeiterzahl rechnen müssen als bei jenem. Dadurch wird die Ausführbarkeit von vorn herein in Frage gestellt. Wenn deshalb Leithner sagt, dafs die beste Grundlage für eine rasche und zweckentsprechende Organisation der provisorischen Befestigung in der Bereithaltung eines modernen Geschütz-Parkes und eines zahlreichen Feldbahn - Materials zu suchen sein würde, so muſs man dies dahin ergänzen, dafs zu dem Geschützpark namentlich auch mobile Panzer zu zählen sind, zu den Materialien aber vor allem Betonmaterial (Kleinschlag), und dafs aufser dem Material an die FriedensOrganisirung der notwendigen Arbeitermassen , am besten des General Killiches Kriegs- Baukorps gedacht werden muſs. Während Buinizki und Leithner ihre Vorschläge in Anlehnung an die permanente Befestigung formulirten, stehen die Entwürfe des Schweizers R. W. in einem gewissen geistigen Zusammenhang mit ohne Panzer. Das erscheint paradox , Meyers Panzerfronten , nur ergiebt sich aber aus folgenden Analogien : W. verwirft jeden irgend im Gelände sich bemerkbar machenden Erdhochbau, will also seine. Infanterie- und Artilleriestellungen nach Möglichkeit in den Boden versenken (die Einschnitte reichen bis 3 m hinab) ; er setzt seine Infanteriestützpunkte ebenso wie Meyer aus mehreren tief eingeschnittenen zusammen, verbindet Schützengräben mit Einbauten versehen diese durch Laufgräben und umgiebt eine solche Gruppe durch ein zusammenhängendes Hindernifs ; seine Flachbahnbatterien gestaltet er in ähnlicher Weise ; nur schliefst er durch das Hindernifs einen gröfseren Raum ein, in welchem er zahlreiche Geschützstellungen zur Ermöglichung eines regen Stellungswechsels herstellt und auch
54
Infanterieposten
Improvisirte Befestigungen . zur
taktischen
Sicherung
einschaltet.
Der prin-
zipielle Unterschied liegt auch nicht in der Mifsachtung der mobilen Panzer, welche W. im Gegenteil als sehr wünschenswert erachtet und aus seinen Projekten nur ausscheidet, weil er nicht glaubt, auf ihre Beschaffung rechnen zu dürfen . Er will sie aber, wenn sie zu beschaffen sind, ganz anders und ohne Frage richtiger verwenden, als Meyer, nämlich den Fahrpanzer als Flankengeschütz zur Intervallbestreichung. Er sagt darüber : 77Während seine frontale Verwendung uns den Eindruck macht, er befinde sich in der unbehaglichen Lage eines Individuums, das sich seiner Stellung nicht gewachsen fühlt, empfinden wir vollständige Befriedigung, wenn wir uns den Fahrpanzer als Flankengeschütz, gegen Sicht und Feuer aus dem Vorgelände durch Schulterwehren gesichert, zu Zweien oder Dreien nach jeder Flankenrichtung hinter Schultern oder Kehle eines Infanteriestützpunktes aufgestellt denken, der nun selbst nur aus einem einzigen frontalen Einschnitt bestehen kann. " Die Deckung gegen Sicht und Feuer können wir wohl fallen lassen, zumal wenn wir die neue Konstruktion mit stärkerer Kuppel verwenden, welche gegen Brisanzgeschosse der Feldkanonen genügt . Die 12 cm Haubitzpanzer denkt er aber niemals ohne Beton-Mantel-, zu 2 oder 3 innerhalb eines Hindernifsgürtels vereinigt, hinter den Zwischenräumen der Stützpunkte aufzustellen und sie an allen Stadien des Kampfes zu beteiligen. Hier liegt wiederum eine Analogie mit Meyer vor. Auf 20 km Front meint er aber mit einem Park von 40 Fahrpanzern und 25 Haubitzen auszukommen (Meyer würde dafür nach seinem letzten Vorschlag 98 bezw. 42 gebrauchen) . Aus den skizzirten Elementen setzt W. seine Gürtelstellung in folgender Weise zusammen : Im ersten Treffen die Infanteriestützpunkte (normal für 1 Bataillon) 200-300 m breit , 100-200 m tief mit 800-1200 m Intervall (bei Geschützflankirung bis auf 1600 und 2000 m auseinander) ; dazwischen Infanterie-Zwischenlinien, davor eine Linie von Masken und Hindernissen und hinter den Intervallen Nahkampfbatterien, also in allem das Bestreben, eine gut gegliederte sturmfreie Position zu schaffen, was ihn prinzipiell von Meyer unterscheidet . Die Kampfartillerie steht mit den Wurfbatterien um wenige hundert Meter hinter den Infanterie-Linien der Intervalle, mit den Flachbahngeschützen in den oben skizzirten Gruppen 500-1000 m rückwärts. Ihre fürsorglich - taktische Sicherung erscheint hier fast zu weit getrieben.
Für Unterkunftsräume ist überall in den Stütz-
punkten, Linien und Batterien durch Holzeinbauten, vielfach mit Betondecken, gesorgt, sie liegen möglichst im gewachsenen Boden und versprechen hierdurch mehr Widerstandsfähigkeit,
erschweren aber
55
Improvisirte Befestigungen.
auch sehr die Arbeit. Letztere wird jedenfalls recht umfangreich, namentlich durch die aufserordentlich ausgedehnte Anwendung von Hindernifsmitteln und Masken . Was sich der Autor von dem „ Maskenwesen “ für Vorteile verspricht, erscheint etwas übertrieben , da ein derartiges Stellungwechseln der Masken und Batterien kaum ausführbar sein dürfte. Offenbar liegt bei W. die richtige Tendenz vor,
sich von der
Nachahmung der permanenten Formen möglichst los zu machen und aus dem Wesen der Sache heraus neue Typen für die provisorische Befestigung zu entwickeln.
Hierbei ist er nun auf einen Weg ge-
raten, den man mit Rücksicht auf diese Tendenz als einen Abweg bezeichnen mufs. Nachdem er nämlich den Begriff der provisorischen Befestigung auf die Anlagen präzisirt hat, die in Ersetzung von permanenten der Ortsbefestigung dienen, d . h. dem Zwecke, der Feldarmee den Besitz einer bestimmten Örtlichkeit,
wenn nicht über die
Dauer eines Feldzuges, so doch über diejenige einer Operationsperiode zu sichern", nachdem er also als Zweck lediglich den gesicherten Ortsbesitz hingestellt hat,
umfafst sein Vorschlag neben den hierzu
notwendigen Anlagen auch eine ganze Kampfartilleriestellung,
setzt
also voraus , daſs der ganze Apparat zur Durchführung einer Festungsschlacht unbedingt in den Begriff der provisorischen Befestigung hinein gehöre.
Diese Idee ist aber erst in der Neuzeit hineingebracht worden
und zwar durch das Bestreben, das Wesen der provisorischen Festung lediglich in der Herstellung einer starken Artillerieposition zu suchen. Es ist aber noch zu selten (mit Ausnahme von Sebastopol
und
Düppel) die Möglichkeit vorhanden gewesen , eine provisorische Festung mit solchen artilleristischen Mitteln als schweren Kampfgeschützen und deren recht schwerwiegender Munition auszustatten, als dafs sich von vornherein der Gedanke rechtfertigen liefse, die Kampfartillerie als ein notwendiges Zubehör zu betrachten, ohne welches eine provisorische Festung eigentlich nicht denkbar und nicht verteidigungsfähig sei. Man denkt da natürlich an die sogenannten leichten Belagerungstrains und mit diesen mag ja auch bisweilen der improvisirten Stellung ein dankenswerter Kraftzuschufs kommen . Aber diesen für unumgänglich nötig zu erachten, heifst die provisorische Befestigung auf einen recht unzuverlässigen Faktor basiren. Die Entwürfe begnügen sich aber meist nicht einmal mit den Geschützen des leichten Belagerungstrains, sondern greifen rücksichtslos nach allen Geschützarten und Kalibern, über welche die Festungsartillerie verfügt . Es ist ein Fehler, von einem solchen Apparat die provisorische Befestigung abhängig zu machen . Wagner weist diesem Bestreben gegenüber mit logischer Schärfe
56
Improvisirte Befestigungen.
darauf hin, dafs die erste zu leistende Aufgabe des Fortifikators in der Herstellung einer sturmfreien und gegen Geschützfeuer Deckung gewährenden Befestigung bestehen muſs , dafs dagegen die Schaffung einer Position zur Führung eines erfolgverheifsenden Geschützkampfes immerhin recht wünschenswert, aber erst in zweiter Linie in Betracht zu ziehen sei,
nachdem jener ersten Bedingung vollauf genügt oder
ihre rechtzeitige Befriedigung sicher gestellt ist. Es ist nicht zweifelhaft, dafs die Beigabe von schweren Batterien eine wesentliche Hilfe gewähren kann, aber für den Fortifikator handelt es sich zunächst darum , festzustellen, was unbedingt erforderlich ist zur Ortssicherung, die hierzu notwendigen Kräfte, Materialien und Zeit zu berechnen und die hieraus resultirenden Anträge auf Bereitstellung der Mittel bereits im Frieden abzuleiten . Diese Aufgabe hat sich Wagner gestellt und diese hat er in seiner bekannten gründlichen und genialen Weise gelöst . An Geschützmaterial verwendet er lediglich die mobilen Panzer des Krupp - Grusonwerks, welche bei der Bearbeitung existirten , den 57 mm Schnellfeuer-Fahrpanzer und den 12 cm Schnelllade-HaubitzPanzer. Erst nach Beendigung seines Werkes wurde ihm Mitteilung von den Neukonstruktionen, welche zum Teil in einer wesentlichen . Verstärkung der genannten (gegen Brisanzgranaten der Feldkanonen , bezw. auch der 12 und 15 cm) bestehen, zum andern Teil ganz neue Elemente zur Verfügung stellen, nämlich eine 7,5 cm Schnellfeuerkanone in zerlegbarer Panzerlaffete und einen zerlegbaren 5,7 cm Senkpanzer. Der Verfasser konnte nur einer diesbezüglichen Notiz noch hinzufügen, daſs er selbstverständlich von diesen 4 Neukonstruktionen umfassenden Gebrauch gemacht haben würde, wenn sie existirt hätten. Auf die des
beiden genannten Geschütze
Befestigungsgürtels,
indem er
basirt er die Gliederung
die Haubitzen als Hauptgeschütz
zur Intervallflankirung in Gruppen von 4 zusammenstellt und den Fahrpanzern neben der Unterstützung des Infanteriefeuers in der Front (hierzu 2 Stück) die Aufgabe zuweist, mit ihrem Feuer die Haubitzen zu unterstützen , was namentlich bei nächtlichem Angriff sehr notwendig wird . Die Haubitzen werden unter den taktischen Schutz der Infanteriestützpunkte gestellt, ohne aber unmittelbar an sie gebunden zu sein, so dafs sie im rückwärtigen Gelände je nach dessen Gestaltung ihren günstigen Platz suchen können . Um aber die flankirende Feuerwirkung noch weiter zu ergänzen, schaltet Wagner in dem 3 Kilometer messenden Zwischenraum von 2 Hauptstützpunkten je 1 oder auch 2 Zwischenwerke ein, welche, wie jene , auf jeder Flanke mit 2 5,7 cm Kanonen armirt sind ; so daſs auf den gefährdetsten Fronten (wo 2 Zwischenwerke liegen)
57
Improvisirte Befestigungen.
das dreigeteilte Intervall durchweg neben dem Feuer der Haubitzen mit Kartätschfeuer bestrichen wird. Das Hauptwerk (mit Offizieren
erhält
eine Besatzung
von 2 Zügen Infanterie
und Artillerie 4 Offiziere, 194 Mann),
das Zwischen-
werk nur einen Zug ( 1 Offizier, 97 Mann) ; die Form der Werke ist eine flache abgestumpfte Lünette, die Fahrpanzer so eingebaut, dafs sie auch sämmtlich frontal wirken können, während die Haubitzen auch
über
die
finden können.
Werke
hinweg
gegen
das Vorterrain Verwendung
Das Profil ist niedrig (in Front und Flanken + 2,3,
Kehle 1,8 m) und 7,3 m in der Brustwehr stark. äufserer Graben (für Hindernisse) wird am
Ein breiter, flacher , feldwärts gelegenen
Rande auf 5 m Breite frontal bestrichen, ein innerer Graben ist bis auf 2,3 m eingeschnitten und dient zur Aufnahme der Hohlbauten. Für diese ist durchweg bombirtes Wellblech verwendet, kurzen Tunnelbauten
welches zu
zusammengesetzt wird und eine Decke erhält,
die man je nach dem zu beschaffenden Material und der Wichtigkeit des Werkes verschieden ausführen kann, entweder in Erde sichernd gegen Schrapnelkugeln und Sprengstücke - oder mit einer schwachen Betondecke - gegen Feldgeschütze oder endlich mit 2 m starker Betonauflage
gegen die Geschütze des leichten Belagerungstrains. Selbst bei der letzten stärksten Decke wird die Feuerlinie nicht über-
höht,
also
Anlegen
der Unterkunftsraum
der
Hohlbauten
noch der Sicht
in zahlreichen
entzogen.
Durch
kurzen Stücken wird der
übergrofsen Wirkung einzelner durchschlagender Geschosse vorgebeugt. So wie hier der Möglichkeit Rechnung getragen ist, dafs das Betonmaterial in ausreichender am schwierigsten zu beschaffende Menge nicht zugeführt werden kann und die stärkeren Eindeckungen nur auf den gefährdetsten Punkten nach Willkür hergestellt zu werden brauchen, hat Wagner auch bezüglich des Einbaues der dafs die Erdarbeit weder durch deren verzögertes Eintreffen noch gar durch die vorher notwendige Herstellung des Betonmantels in hohem Grade aufgehalten wird . Er will an den
Panzer Sorge getragen,
Aufstellungspunkten der Panzer doppeltwandige Blechgehäuse einbauen, in deren Inneres diese später eingestellt werden können, während der Zwischenraum mit Beton, oder mit aufgefundenem Kies oder im äussersten Notfall selbst noch mit Sand und Erde gefüllt werden kann , nachdem die Brustwehr längst fertiggestellt war. Munitionsmagazine sind entbehrlich, da die Geschützmunition in den Panzern Platz findet.
Man sieht, die ganze Befestigung gestaltet sich durchaus einfach ohne einerseits einen Apparat von langwierigen
und übersichtlich,
und schwierig dem Terrain anzupassenden Konstruktionen aus der
Improvisirte Befestigungen .
58
Befestigung herüberzunehmen , aber auch ohne die Kräfte in einem wilden Chaos über das Gelände zu verstreuen und
permanenten
die Leitung aus der Hand zu verlieren.
Hier ist überall stramme
Organisation und einfache , einheitliche Gefechtsleitung , und diese sind die kunstvollsten Festungswerke unzuverlässig . Wagner da aufgestellt hat ,
ist
ohne Was
das Minimum, was er für not-
um der Aufgabe gerecht zu werden , mit einer minimalen Besatzung den Besitz eines strategisch wichtigen Punktes zu sichern .
wendig
erachtet,
Nun kommt die zweite Frage : ist dieses ausführbar? mit welchen Mitteln und in welcher Zeit? Die Antwort lautet : Eine Gürtelstellung von 48 Kilometer Länge (72 km Umkreis) ist bei vollständiger Ausrüstung mit Betonverstärkungen ausführbar mit in Summa 96 000 Tagewerken .
Man würde also in 4 Arbeitstagen mit
24 000 Arbeitern die Arbeit an sich bewältigen können , wenn alles Material rechtzeitig zur Stelle geschafft und eine genügende Zahl von Betonarbeitern gleichzeitig (am 4. Tage) angestellt werden könnte. Mit Rücksicht auf die hieraus erwachsenden Schwierigkeiten ist auf eine wesentlich längere Zeit zu rechnen . Die Anfuhr der Betonmaterialien erfordert nämlich nicht nur 114 Eisenbahnzüge, sondern auch 6000 Fuhrwerke , um das (binnen 5 Tagen) ankommende Material sofort nach den Baustellen zu befördern. Bei der offenkundigen Unmöglichkeit, diese zu beschaffen, erscheint es zweckmässiger , sofort eine Feldbahn herzustellen. Daraus ergiebt sich dann als mindeste Zeitdauer für die Fertigstellung der Gürtelstellung drei Wochen einschliesslich der Einleitungsarbeiten , und 10 000 Arbeiter für 14 Arbeitstage. Der Bedarf an Leitungspersonal, Feldeisenbahnmaterial und technischen Truppen ist wie bei Buinizki, nämlich 24 Ingenieur- Offiziere, 4 Pionier-, 6-7 Eisenbahnkompagnien , 110 Kilometer Feldbahngeleise mit 36 Lokomotiven und 880 Doppelwagen, an Fuhrwerken endlich mit Reserve 220. An Geschützmaterial sind erforderlich 80 zerlegbare Panzerlaffeten für 12 cm Haubitzen, 40 ebensolche für 7,5 cm Schnellfeuerkanonen , 80 zerlegbare 5,7 cm Senkpanzer und 120 5,7 cm Fahrpanzer ; hierzu kommt ein bedeutendes Material an Wellblechtafeln , Sandsäcken und Draht für die Hindernisse , sowie ein grofser
Vorrat
an Handwerkszeug.
Um die grofsen Massen erscheint es
Betonmaterial in so kurzer Zeit beschaffen zu können ,
auch geboten , die Bereitstellung wenigstens von Kleinschlag bei Zeiten ins Auge zu fassen, denn den Bedarf an Cement würden die einheimischen Fabriken zweifelsohne decken können. Bedenkt man, dafs mit diesen Mitteln nur erst die Gürtelstellung selbst hergestellt werden kann , dafs aufserdem auch noch eine
59
Improvisirte Befestigungen.
Enceinte zu erbauen , ferner aber ausgedehnte Wege- und Brückenbauten, Herstellung von Barackenlagern für Arbeiter und Besatzung, Küchen , Magazine ,
Bäckereien ,
Lazarete etc.
unumgänglich
nötig
sind, dafs also die oben angeführte Zeit von 3 Wochen nicht nur um die 4 Wochen , welche der Beton zum Erhärten bedarf, verlängert werden mufs , sondern dafs diese Zeit von 7 Wochen und die Masse von 10 000 Arbeitern voraussichtlich nicht genügen werden, um alle erforderlichen Bauausführungen durchzuführen, so ist ersichtlich, daſs selbst diese den geringsten Anforderungen genügende provisorische Festung nicht
wie die Vertreter der mobilen Festung träumten
im Augenblick des Bedarfs mit Schnelligkeit hergestellt werden kann , sondern von langer Hand vorbereitet und in Angriff genommen werden mufs, dafs aber ferner in Zukunft garnicht an die Möglichkeit gedacht werden kann , eine Festungsimprovisation überhaupt, entsprechend den modernen Angriffsmitteln, ins Leben zu rufen, wenn nicht im Frieden deren Erbauung in jeder Hinsicht gründlichst vorbereitet ist. Dafs wir ihrer auch in Zukunft bedürfen werden , ist nicht zu bezweifeln - wenn auch nicht im Sinne des Ersatzes der zu beseitigenden permanenten Festungen; und darum ist es eine ernste Mahnung, welche Wagner an die leitenden Organe richtet, im Frieden bei Zeiten Fürsorge zu treffen für Bereitstellung des Panzerparks und aller Baumaterialien und Eisenbahnmittel, vor allem aber dafür zu sorgen , dafs es nicht an technischem Personal , an IngenieurOffizieren und Pionieren fehlt , die der Feldarmee sicher nicht zu entziehen sind , und dafs die Arbeitermassen durch Friedensorganisationen im Sinne des Kriegsbaukorps des General Killiches sichergestellt werden.
Denn sonst sind sie sicher nicht zu beschaffen,
wenn man sie braucht, was alle geschichtlichen Beispiele zur Evidenz bewiesen haben.
V.
Treffen-Taktik,
„Auf die 1. Kompagnie in Richtung auf die Waldecke, in zwei 50 Schritt Zwischenraum und 100 Schritt Abstand, die 2. und 4. Kompagnie ins 2. Treffen , links überragend — auseinandergezogen !"
Treffen mit
Treffen -Taktik .
60f
ennt nicht dieses langathmige, selten sogleich richtig verstandene, die Ursache so manchen Mifsverständnisses und Argers bildende Kommando ! Und dabei ist das obige Beispiel noch eins der einfacheren dieser Gattung ; man denke sich erst das nach obigem Muster für die Einnahme einer Formation in drei Treffen erforder„ Auf die 1. Kompagnie in der Richtung auf die Windmühle in drei Treffen, die 2. und 3. Kompagnie ins 2. Treffen mit 50 m Abstand und 100 m Zwischenraum, die 4. Kompagnie ins 3. Treffen mit 100 m Abstand und Vorderrichtung auf die 2 , Kom-
liche Kommando.
auseinandergezogen ! " pagnie Kommando lauten .
So ungefähr müfste ein derartiges
Den ersten Vorwurf, den wir gegen diese Kommandos, gegen diese Art tisch ist.
von Truppenführung erheben, ist der, dafs sie unprakEinfach ist diese Art der Truppenführung nur für den
Bataillons-Kommandeur, der allerdings auf diese Weise
sich alles
dessen, was er zu sagen hat, auf ein Mal entledigen kann.
Anders
ist es aber für diejenigen Stellen, die dieses Kommando auszuführen haben, für die Kompagnie-Führer. Zunächst ist es überhaupt nicht möglich, dafs derartige Kommandos von den Kompagnie-Führern in der Marschkolonne und die Mehrzahl der Entwickelungen erfolgt aus der Marschformation oder auch nur in einer kriegsstarken Breit- oder Doppelkolonne jederzeit mit dem Ohr verstanden werden . Aber selbst, wenn sämmtliche Kompagnie-Führer mit der Stimme erreichbar sind, würde es einer fortdauernden gespannten Aufmerksamkeit bedürfen ,
wenn derartig
lange Kommandos jederzeit in ihrem vollen Wortlaut aufgefasst werden sollen . Ein einziges nicht richtig verstandenes Wort kann den ganzen Sinn des Kommandos stören, im Gegensatz zu jedem reglementsmäfsigen Kommando, wo oft das Verständnifs eines einzigen Wortes bereits genügt , um den Sinn des Ganzen zu erraten . Aber selbst, wenn der Wortlaut eines derartigen Kommandos klar verstanden worden ist, würde es immer noch einer zuvor vorangegangenen Verständigung darüber, welchen Sinn der Wortlaut haben soll, bedürfen . Was heifst z . B. „ in zwei Treffen , das 2. Treffen links überragend, auseinandergezogen ? " Meistenteils wird hierunter verstanden, dafs zwei Kompagnien ins 1. Treffen und zwei Kompagnien ins 2. Treffen rücken, was aus dem Wortlaut zunächst noch garnicht zu entnehmen ist, ebenso wenig wie die Angabe, welche Kompagnien in die verschiedenen Treffen rücken sollen. Dann wird darunter zumeist eine schachbrettartige Aufstellung verstanden,
wobei nur eine Kom-
pagnie des hinteren Treffens wirklich überragt, während die andere Vordermann auf den Zwischenraum der beiden vorderen Kompagnien
Treffen-Taktik.
nimmt.
Ebenso
berechtigt
61
und dem Sinne des Reglements
sogar
eigentlich mehr entsprechend ist es, wenn das erwähnte Kommando so ausgeführt wird, dafs beide Kompagnien des 2. Treffens, das ganze 2. Treffen also, links überragt. Man könnte noch mehr Beispiele anführen, die beweisen, dafs es für die glatte Ausführung derartiger Kommandos einer vorhergegangenen Verständigung und Einübung bedarf.
Das dürfte aber weder kriegsmäfsig sein noch den Grundsätzen des Reglements entsprechen, insbesondere auch nicht den Wortlaut des Schlufssatzes in Teil II Nr. 98 , wo es heifst : Keine der verschiedenen Formen darf zu einem Schema werden. " Aber auch deswegen sind die in Frage stehenden Kommandos nicht sachgemäfs, weil sie auch sonst weder dem Wortlaut noch dem Sinne des Reglements entsprechen.
Zunächst ist durch das Reglement
zweifellos vorgeschrieben, dafs die Gefechtsentwickelungen auf Befehl und nicht auf Komando zu erfolgen haben . (Vergl . E.-R. I , 193 und 214, vorletzter Satz, sowie Teil II, 96, zweiter und dritter Absatz. ) Nun ist zwar die Grenze zwischen Kommando und Befehl dem Wesen nach keine klar zu unterscheidende ; ein Kommando ist schliesslich nur ein auf das äusserste Maſs verkürzter Befehl, derartig verkürzt,
und zwar zumeist
dafs es der Kenntnifs des Reglements und einer
vorhergegangenen Verständigung bedarf, um jederzeit zu wissen , was der verkürzte Wortlaut bedeuten soll . In diesem Sinne hätten wir es also hier
wie schon zuvor angedeutet
mandos und nicht mit Befehlen zu thun ; ordnung des Wortlauts
deutet darauf hin.
zweifellos mit Komschon die
äufsere An-
Wenn man
aber
auch
die Behauptung, es handele sich hier thatsächlich um Befehle und nicht um Kommandos, zugiebt, dann muss man aber doch sagen , dafs derartige Befehle allen Grundsätzen klarer Befehlserteilung widersprechen.
Wir werden hierauf noch zurückkommen .
Ein Zweites, was beanstandet werden mufs, ist die Anwendung des Ausdrucks Treffen " , weil diesen das Reglement in dem in Frage kommenden Sinne überhaupt nicht kennt. Der Ausdruck Treffen kommt im Reglement ausschliefslich im Teil I , mellen Teil,
also im for-
vor und auch dort nicht unter den die ,, Gefechts- Ent-
wickelungen" behandelnden Abschnitten (Vergl. I, 214, 220 und 224), sondern ausschliesslich in Nr. 217 und 222 , welche von den ,,Versammlungsformationen des Regiments " bezw. „, der Brigade" handeln. In dem ganzen vom ,,Gefecht " handelnden II. Teil ist dagegen das Wort ,,Treffen" auch nicht einmal angewendet worden, vielmehr ist dasselbe, wie man leicht erkennen kann, durchweg ausdrücklich vermieden worden. Überall dort wo man das Wort Treffen" erwarten könnte,
Treffen-Taktik.
62
finden wir andere Ausdrücke. entwickelungen" und
In den Abschnitten über die ,, Gefechts-
das ,,Gefecht des Bataillons" (Teil I , Nr . 214
und Teil II, Nr. 96-102) finden wir ,, Kompagnien der vorderen Linie",,,zurückgehaltene Kräfte" ,,,Rest des Bataillons",,,Reserve". In den Abschnitten über die ,,Gefechtsentwickelungen " (Teil I, Nr. 220) und über das ,,Gefecht des Regiments" (Teil II , Nr. 103-109 ) finden wir Ausdrücke, wie ,,Bataillone in vorderster Linie ", ,,zurückgehaltene Bataillone",,,Bataillone der hinteren Linie", ,, Rest des Regiments", ,,rückwärtige Staffeln " ,,,zurückgehaltene Kräfte",,,zurückgehaltene Staffeln". In den Abschnitten über die ,, Gefechtsentwickelungen " (Teil I, Nr . 24) und das ,, Gefecht der Brigade" (Teil II, Nr. 110 bis 116) finden wir Ausdrücke wie „ zurückgehaltene Kommando-Einheiten “, „ Reserve“, „Bataillone der ersten Linie“ , „,zur eignen Verfügung zurückgehaltene Kommando - Einheiten " . In dem Abschnitt ,,Ausdehnung und
Gliederung"
„ Linie“
(Teil II, Nr. 62-78)
(als Ersatz für ,,Treffen"),
„ für
finden
wir Ausdrücke
die Einleitung
wie
bestimmte
Teile“, „ für die Durchführung bestimmte Teile",,,als Reserve zurückgehaltene Teile", „,zurückgehaltene Abteilungen (Reserven)", „,vordere Gefechtslinie",,,hintere Linien",,,Stufen der Tiefengliederung". In dem Abschnitt ,,Angriff und Verteidigung" (Teil II, Nr. 79-87) finden wir schliesslich noch Ausdrücke wie ,,Vortruppen", ,Unterstützungstruppen",
„,geschlossene
Abteilungen",
„,,hintere
Staffeln" ,
,,Gefechtsstaffeln “, „ Abschnitts- Reserve " ,,,Haupt- Reserve ". Nirgends aber finden wir in diesen Abschnitten den Ausdruck ,,Treffen". Man wird zugeben müssen, dafs es mehr als reiner Zufall ist , wenn das Reglement einen bis dahin so allgemein gebräuchlichen Ausdruck überall dort, wo man ihn sonst erwarten könnte, ausdrücklich vermeidet, und sicherlich wird derjenige, der sich bei Durcharbeitung des Reglements diese Thatsache stets vor Augen hält,
zu
der Überzeugung kommen, dafs es sich hier gewifs nicht um eine Wortspielerei, sondern gradezu um ein Programm handelt. Man wird dies dahin zu verstehen haben, dafs eben keine Truppeneinheit im Gefecht mit der einfachen Angabe abgespeist werden soll , daſs sie in dieses oder jenes „Treffen " rücken solle, was zunächst mehr oder weniger doch nur die Anweisung eines Platzes innerhalb einer Es soll vielmehr darauf hingewirkt mathematischen Figur bedeutet. werden, daſs bei der Verausgabung einer jeden Kommando -Einheit der die Verausgabung bedingende Gefechtszweck erkennbar wird, und dafs dieselbe überhaupt immer nur ,,nach klar erkanntem Bedürfnifs" (II, 99, unten) erfolgt. Ganz abgesehen noch von den durch die Gestaltung des Geländes bedingten Verhältnissen soll also der ,, Gefechtszweck ", das „,klar er-
T
Treffen-Taktik.
63
kannte Bedürfnifs " , für das „,Verausgaben der Kräfte in die vordere Linie" mafsgebend sein ; dieses mufs daher auch bei der bezüglichen Befehlserteilung zum Ausdruck kommen. Für beide Teile, sowohl den Befehl Erteilenden, wie den Befehl Empfangenden, ergiebt sich hieraus ein erhöhter Zwang, bezw. überhaupt erst die Möglichkeit, sich über das ,,Bedürfnifs" und über den ,,Gefechtszweck" volle Klarheit zu verschaffen. Schon aus diesem Grunde möchten wir die Eingangs erwähnte Kommando -Art gemieden wissen,
weil sie zur schematischen
Anwendung von Figuren führt und uns hindert, uns selbst und unsern Untergebenen klares Verständnifs der jedesmaligen Lage zu verschaffen, ganz abgesehen davon, dafs jede Unebenheit des Geländes jede der üblichen mathematischen Figuren von vornherein zerbricht . Ist das Aufbauen in derartigen Figuren an sich schon selten praktisch, so weist aber auch das Reglement - dem praktischen Bedürfnifs völlig entsprechend — ausdrücklich darauf hin, dafs ,, meistenteils die Kompagnien erst nacheinander eingesetzt werden sollen", , während der Rest noch unter Führung des Bataillons-Kommandeurs vereinigt bleibt". (E.-R. II , 214, zweiter Satz .) dann unter Nr. 99 in Übereinstimmung hiermit,
Im Teil II heifst es dafs
es
in der
Mehrzahl der Fälle sich empfehlen wird , die Kompagnien nur nach Bedarf zu entwickeln und den Rest des Bataillons an der Hand zu behalten"; im weiteren Inhalt dieser Nummer wird dieses dann durch . ein Beispiel näher erläutert. Den klaren Angaben dieser Vorschriften entspricht aber die ausgedehnte Anwendung jener Kompagniekolonnen - Manöver,
der wir
sowohl auf den Übungsplätzen als in der Militär-Litteratur begegnen und welche gradezu gewiſs nicht.
zu einer
besonderen Treffen - Taktik geführt,
Dabei beweist uns schon jedes Exerziren im Gelände und insbesondere beweisen uns die Manöver, dafs in der Praxis, sobald nur es sich nicht um Exerzirplatz -Künste handelt, mit Ausnahme des Falles, der im Exerzir-Reglement ausdrücklich angegeben ist ( E.-R. II , 102), für derartige Kompagniekolonnen - Schachtelungen gar kein Raum ist. Solange, als irgend angängig, wird jede Truppe die Infanterie-MarschKolonne beibehalten, und zumeist erfolgt zweckmäfsigerweise,
noch
während die Truppe sich in dieser Formation oder in der als Marschformation¹ ) verwendeten Tiefkolonne befindet, die Befehlserteilung für ¹) Wir möchten hier eines häufig , vorkommenden Friedens -Manövers Erwähnung thun, welches geeignet ist, irrige Ansichten über die Verhältnisse bei kriegsstarken Verbänden aufkommen zu lassen. Es ist der Übergang aus der Infanterie - Marsch - Kolonne in die Tiefkolonne, welcher, zumal auf den Exerzirplätzen, häufig durch Aufmarsch und Aufrücken im „ Marsch, Marsch"
Treffen-Taktik.
64
das Gefecht und somit unmittelbar aus diesen Formationen der Übergang in die Gefechtsentwickelung. Selbst wenn dem Eintritt in das Gefecht der Aufmarsch vorangegangen ist,
wird in der Mehrzahl der Fälle das einzelne Bataillon
oder die einzelne Kompagnie, bis sie ihren Kampfabschnitt erreichen, noch eine mehr oder weniger grofse Strecke in einer der Marschformationen, zumeist als Flankenmarsch, auszuführen haben . Während dieser Bewegung, spätestens ,,beim Eintritt in den Kampf erteilt dann der Bataillonsführer seine Befehle an jeden der Kompagnieführer" ( E.-R. II , 96 , dritter Absatz), und zwar ist hierbei nach Teil II Nr . 98 , erster Absatz ,,die Gefechtsabsicht und das Gelände" dafür mafsgebend, ,,ob ein Bataillon alle vier Kompagnien in die vordere Linie
T nimmt oder nur eine, ob es in einer, zwei oder drei Tiefenabstufungen in den Kampf tritt." Also erst ,, beim Eintritt in den Kampf" sind die „ Befehle an jeden der Kompagnieführer zu erteilen ", dahin lautend ,,,welche Kompagnien in die vordere Linie genommen " werden (E.-R. II , 98), auf welche Kompagnie und mit wieviel Zwischenraum die Kompagnien der vorderen Linie entwickelt werden sollen und welche Kompagnie oder
welche
Kompagnien
,,zur
Reserve
zurückgehalten"
(I, 214,
Schlufssatz) werden sollen (,, unter Führung des Bataillonskommandeurs vereinigt bleiben " - I, 214, zweiter Satz oder ,, an der Hand werden sollen), sowie schliefslich, behalten" II, 99, erster Satz ob die Entwickelung ,,auf der Grundlinie" oder nach ,,vorwärts" ausgeführt werden soll (II, 98 , zweiter Absatz).
erfolgt. Ist schon der Aufmarsch einer einzelnen kriegsstarken Kompagnie aus. der Infanterie-Marsch-Kolonne in die Kompagniekolonne während der Bewegung, im Marsch, Marsch, nicht ordnungsmäfsig ausführbar, wie man sich leicht ausrechnen kann, so ist ein gleichzeitiges oder unmittelbar darauf im Marsch, Marsch erfolgendes Aufschliefsen zur Tiefkolonne während der Vorbewegung eigentlich völlig ausgeschlossen , denn das Bataillon hat in der ohne kleine Bagage eine Tiefe von 340 m, Infanterie - Marsch - Kolonne in der Tiefkolonne aber nur eine solche von 75 m ; die hintersten Leute würden daher schon 265 m, das sind reichlich 1/2 Minuten, zu laufen haben, wenn die Tete halten geblieben wäre ; in den 1/2 Minuten wäre die Tete aber um 150 m weiter marschirt, die hintersten Leute hätten also um 265 +150 m = 415 m zu laufen, wenn ihnen nicht die Tete abermals davon gegangen wäre . Rechnet man sich dies weiter aus, so ergiebt sich, dafs bei dem Übergang eines Bataillons aus der Infanterie - Marsch - Kolonne in die Tiefkolonne, ohne Halt zu machen, die hintersten Leute etwa 900 m zurücklegen müfsten, ehe die Tiefkolonne ordnungsmässig hergestellt wäre ; wenigstens 6 Minuten würden daher vor der Vollendung dieses Manövers vergehen und einem grofsen Teil der Leute würden dabei aufserordentliche Anstrengungen zugemutet werden.
Treffen-Taktik.
65
An diese Ausdrücke würde sich zweckmälsig der Wortlaut der ,,Befehle" zu halten haben, sofern man überhaupt zunächst nur die Entwickelung befehlen will und nicht, wie es oft zweckmäſsig sein wird, will.
sogleich einen vollen Angriffs- oder Verteidigungsbefehl geben Jedenfalls beginnt das Auseinanderziehen des Bataillons in
Kompagniekolonnen nach dem Wortlaut des Reglements erst ,, beim Eintritt in den Kampf" ; für das vielfach übliche Manöveriren und Umschachteln aus einer Gliederung in die andere ist dann aber überhaupt kein Platz mehr.
Grade dadurch, dafs erst ,, beim Eintritt
in den Kampf" diese Gliederung vorgenommen wird, wird das Umformiren aus einer derartigen Gliederung in die andere vermieden werden ; grade eine zu frühe Entwickelung ist oft der Anlafs später erforderlich werdender Umformirungen. Zudem sind ohnehin die Marschformationen, sowohl für die Deckung als für die Schnelligkeit des Anmarsches, stets zweckmäfsiger als die Formation in auseinandergezogenen Kompagniekolonnen , denn wo eine Kompagniekolonne, ein Halbzug oder eine Sektion Deckung oder bequemen Marschboden gefunden hat, findet eine dahinter marschirende Kompagniekolonne u . s. w. auch Deckung und bequemes Fortkommen, nicht aber allemal eine daneben marschirende Kompagniekolonne u. s. w. Nicht aus kleinlicher Wortdeutelei halten wir uns hier an die Ausdrücke des Reglements, sondern weil wir der Überzeugung sind, daſs die hier gegebene Auslegung des Wortlauts auch dem Sinne des Reglements und insbesondere dem praktischen Bedürfnifs entspricht. Zudem glauben wir,
dafs grade, je mehr Spielraum ein Reglement
gwährt, wir umsomehr die Verpflichtung haben, solche Dinge, die im Reglement genau vorgeschrieben sind, auch genau zu befolgen. Man wird nun einwenden, dafs es in Teil I, Nr. 214 , im dritten Satz heifst : „ Aber die Umstände können auch fordern, dem Bataillon durch ein gleichzeitiges Auseinanderziehen der Kompagnien die erste Gefechtsgestalt zu geben." Als Fälle dieser Art können wir uns zunächst nur den denken, dafs sofort alle vier Kompagnien in vorderer Linie verwendet werden sollen , oder den Fall, dafs ,, ein Bataillon aus der Reserve zur unmittelbaren Durchführung eines von anderen Truppen durch Feuer vorbereiteten Angriffs berufen wird" und daher, um ,,den Vorteil der bisherigen Versammlung auszunutzen “ , ,,die auf kurze Zwischenräume auseinander gezogenen Kompagnien als zweckmässige Kampfform wählt " (E.-R. II , 102) . Wenn nun solche Fälle auch ausdrücklich als die selteneren hervorgehoben sind, so ist doch zweifellos , dafs auch sie geübt werden müssen, nur bestreiten wir, dafs auch nur für diese Fälle die beanstandete Kommando-(Befehls-)Art zweckmäſsig ist. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 1.
5
66
Treffen-Taktik.
Es widerspricht doch wohl allen Grundsätzen klarer Befehlserteilung, dafs, wenn vier verschiedene Kommandoeinheiten vier verschiedene Manöver auszuführen haben, dafs man dann alle diese Dinge in einen langatmigen Satz zusammendrängt,
zumal wenn die Ausführung schliesslich doch weder gleichzeitig erfolgen kann, noch braucht. Entspricht es nicht weit mehr dem Bedürfnifs nach klarem Verständnifs und den Grundsätzen militärischer Befehlserteilung, daſs man jeder einzelnen Befehlsstelle das, was sie angeht, in einem kurzen, für sich selbst verständlichen Satze vorschreibt? Wir möchten das , was wir meinen , an einem Beispiel erläutern. Ein Bataillon soll sich aus der Doppelkolonne nach vorwärts in zwei
Tiefen-Abstufungen zu je zwei Kompagnien entwickeln . würden, wie folgt, lauten:
Die Befehle
,, 1 . Komp. in Richtung auf die Windmühle antreten." "" Die 3. Komp . setzt sich mit 100 Schritt Zwischenraum links neben die 1. Komp ." ,,Die 2. Komp. folgt mit 200 Schritt Abstand, Vorderrichtung auf den Zwischenraum zwischen 1. und 2. Komp. " ,,Die 4. Komp . setzt sich mit 100 Schritt Zwischenraum links neben die 2. Komp. " Auf diese Weise werden diejenigen, die zuerst etwas auszuführen haben, auch zuerst abgefertigt, und diejenigen, die zuletzt anzutreten haben, erhalten auch zuletzt ihren Befehl ; die Ausführung beginnt früher, ist daher auch früher beendet.
Mifsverständnisse sind, so-
weit dies überhaupt möglich, ausgeschlossen ; ein Jeder braucht, um das ihn Betreffende zu verstehen, nur das zu hören, was ihn angeht. Der Bataillons-Kommandeur kann, falls die Kompagnie - Führer nicht sämmtlich mit der Stimme erreichbar sind, den zur Stelle befindlichen vorderen Führern ihre Befehle unmittelbar übermitteln,
den hinten
befindlichen Kompagnie-Führern kann er die sie betreffenden BefehlsNummern durch den Adjutanten zugehen lassen ; es braucht also nicht erst vor Beginn des Befehls-Kommandos das Eintreffen aller vier Kompagnie-Führer abgewartet werden . Bei kriegsstarken Verbänden wird aber die Stimme des Bataillons - Kommandeurs bei nur einigermaſsen bewegter Luft in keiner Formation die Kompagnie - Führer sicher erreichen.
Derartige Befehle würden ferner doch auch unseren sonstigen Grundsätzen über Befehlserteilung mehr entsprechen als die Eingangs erwähnten Kommandos. Zudem wäre es doch auch fast stets erwünscht, vor den eigentlichen Ausführungs -Nummern des Befehls als Einleitung eine kurze Angabe über die Lage und die eigne Absicht und zum Schlufs Angaben über die kleine Bagage und den eignen.
Treffen-Taktik.
Aufenthaltspunkt zu geben, einfach gefafst sein.
67
mögen dieselben auch noch so kurz und
Der zuvor erwähnte Befehl würde demgemäfs etwa wie folgt lauten :
,, 1. Der Feind
vor
uns
,,ist wesentlich
erschüttert".
(E.-R.
Seite 119, unten). 2. Das Bataillon geht ,, zur unmittelbaren Durchführung des Angriffs" vor. (E.-R. II , 102.) 3. , 4. , 5. und 6. wie vorher angegeben. 7.
Angabe über die Patronen-Wagen und den Truppenverbandplatz, worüber in der hier angenommenen Lage schon früher verfügt sein wird.
8. Ich begleite die 1. Kompagnie." Würde grundsätzlich derartig befohlen, so würde sich jeder Führer bald eine Gewandtheit in der Befehlserteilung aneignen, die dem Ganzen sehr zu statten kommen würde ; viele Mifsverständnisse und mancher Ärger würde erspart werden ; wissen, um was es sich handelt.
alle Teile würden jederzeit
An die höheren Führer stellt dieses Verfahren allerdings höhere Anforderungen. Würde aber die Zeit, die jetzt den Entwickelungen nach den Eingangs erwähnten Kommandos gewidmet wird, auf die Ausführung nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen verwendet so würde der Gewinn für das gegenseitige Verständniſs zwischen Bataillons-Kommandeur und Kompagnie -Führer ein sehr erheblicher sein ; selbst ein völlig fremder Kompagnie-Führer würde bei einem auf diese Weise geführten Bataillon nie in Verlegenheit kommen können . worden,
Nachfolgende Beispiele dürften den Beweis erbringen, dafs die vorgeschlagene Art der Befehlserteilung in jeder Lage durchführbar ist und jedenfalls , bei kaum vermehrter Wortzahl, vollkommene Klarheit schafft : Ein in Tiefkolonne stehendes Bataillon soll sich auf der Grundlinie in zwei Linien, drei Kompagnien in vorderer Linie, auseinanderziehen. Befehle :
,,Die 1 Kompagnie bleibt stehen." ,,Die 2. Kompagnie rückt mit 100 Schritt Zwischraum links neben die 1. Kompagnie." ,,Die 3. Kompagnie rückt mit 100 Schritt Zwischenraum rechts neben die erste Kompagnie." ,,Die 4. Kompagnie rückt auf 50 Schritt Abstand hinter den rechten Flügel, 50 Schritt rechts überragend. "
5*
Treffen-Taktik.
68
Auf die mehrfach erwähnte, vielfach übliche Kommando - Art liefse sich diese Gliederung wohl schwerlich völlig zweifelfrei anordnen ; würde etwa heifsen müssen :
,,Auf die
1. Kompagnie
50 Schritt Abstand in
mit
zwei Treffen,
100 Schritt
es
Zwischenraum
und
rechts,
die
die 2. Kompagnie
3. Kompagnie links der 1. Kompagnie ins erste Treffen rückend, das zweite Treffen auf 50 Schritt Abstand 50 Schritt rechts überragend - auseinanderzogen. " Ob das sogleich das erste Mal verstanden werden würde , darf wohl bezweifelt werden. Das Verfahren bei einem Begegnungsgefecht, wo also jeder unnötige Zeitverlust besonders zu vermeiden ist, zeigt folgendes Beispiel : Ein in der Infanterie- Marsch - Kolonne an der Tete des Haupttrupps marschirendes Bataillon soll sich links des Vortrupp-Bataillons entwickeln. Befehle : ,, 1 .
Das Vortrupp - Bataillon ist im Begegnungsgefecht auf den Feind
gestolsen. 2. Das 2. Bataillon greift links des 1. Bataillons an. 3. Die 5. Komp . nimmt Marschrichtung auf jene Windmühle. 4. Die 6. 50 m links der 5. Komp . "" 99 29 50 99 5. Die 7. 99 "" "" 19 "" 6. 6. Die 8. folgt zunächst der 7. Komp. 7. Die Patronenwagen fahren zur sofortigen Ausgabe der Patronen an die Kompagnien heran. Der Truppenverbandplatz wird an jenem Gehöft eingerichtet. 8.
Die Herren Kompagnie - Führer bitte ich, mir auf jene Höhe zu folgen." Auf dieser Höhe wird dann das Weitere befohlen. Noch ein ferneres Beispiel : Ein Bataillon steht in Breitkolonne
und soll sich nach vorwärts in drei Tiefen- Abstufungen Befehle :
entwickeln.
,,2 . Kompagnie in Richtung auf die Waldecke antreten. “ ,, 1 . Komp . folgt mit 100 m Abstand, 50 m rechts überragend." (6 50 "" links ,,3. 99 99 100 ,, 99 ,,4. 99 99 der 2. Komp. auf 300 m Abstand. “ Auf die fragliche, vielfach übliche Art würde , wie folgt, kommandiren sein :
zu
„Auf die 2. Kompagnie in Richtung auf die Waldecke in drei Treffen , 1. Kompagnie rechts , 3. Kompagnie links mit 150 m Zwischenraum und 100 m Abstand ins 2. Treffen, die 4. Kompagnie
Treffen-Taktik.
69
mit 300 m Abstand und Vorderrichtung auf die 2. Kompagnie ins 3. Treffen auseinandergezogen. " Der letztere Befehl zählt sogar sechs Worte mehr als der erstere, trotzdem wird er schwerlich leichter verständlich sein ; zudem kann in ersterem Falle die Ausführung bereits nach den ersten acht Worten beginnen, während bei dem letzteren Befehl alle Kompagnien warten müssen, bis das letzte Wort, welches oft geradezu nach Art eines Ausführungs - Kommandos angewendet wird, beendet ist ; dabei ist noch nicht einmal völlig zweifelfrei ausgedrückt, ob die 4. Kompagnie auf 300 m vom 1. oder vom 2. Treffen folgen soll. Aus Vorstehendem dürfte so viel hervorgehen, dafs die angedeutete Art der Befehlserteilung
durch
einzelne,
kurze Befehle bei einiger
Übung keinerlei Schwierigkeiten bietet, dafs sie Anlaſs und Gelegenheit zu hervorragender Schulung in der Erteilung jedweder Art von Befehlen, insbesondere von Gefechtsbefehlen, aus dem Sattel heraus bietet, dass sie jedenfalls dem Wortlaut wie dem Sinne des Reglements, vor Allem aber dem praktischen Bedürfnifs mehr entspricht als die bisher häufig übliche Kommando-Art. Wenn man aber die hier
dargelegte Art der Führung nicht für
durchführbar hält, dann würden wir dem jetzt häufig üblichen „ Einspielen " der Kompagnie-Führer für die Kompagnie-Kolonnen-Manöver das reglementarische Festsetzen gewisser am häufigsten vorkommenden Formen unter Angabe bestimmter Kommandos wie wir es im russischen und französchen Reglement finden ständen vorziehen .
Die mit dem „ Einspielen "
unter allen Umverbundene Treffer-
Taktik bietet uns jedenfalls weder die Vorteile fest vorgeschriebener Formen und Kommandos, noch die Vorteile einer Führung durch, Gh. nach Umständen wechselnde, klare Befehle.
VI.
Das neue Disziplinar- Reglement für das portugiesische Heer.
Die Disziplinar-Strafen, ihre Vollstreckung und die Bemessung, wie Zuweisung der Disziplinar- Strafgewalt, erlauben Blicke in das innere Getriebe eines Heeres, sind in vieler Beziehung für das Leben
70
Das neue Disziplinar- Reglement für das portugiesische Heer.
in demselben charakteristisch.
Die direkte Einwirkung des für die
Disziplin einer Truppe verantwortlichen Vorgesetzten tritt in denselben hervor. Das portugiesische Heer hat am 1. Januar 1897 ein neues Disziplinar-Reglement erhalten, auf welches etwas näher eingegangen werden soll . keiten treffen.
Kapitel 1
Wir werden dabei auf einige Eigentümlich-
bringt allgemeine Begriffe .
Die Disziplin,
so
heifst
es dort, besteht in der pünktlichen und strikten Befolgung der militärischen Gesetze und Reglements. Der Gehorsam mufs ein sofortiger und passiver sein, für die gegebenen Befehle bleibt der Vorgesetzte verantwortlich.
Jeder Vorgesetzte wird für Verstöfse seiner
Untergebenen gegen die Disziplin verantwortlich, wenn er seine Strafgewalt nicht richtig ausgenutzt hat, oder sein eigenes Verschulden die Indisziplin herbeiführte . Kombattante Truppen können nur von kombattanten Führern kommandirt werden . Die in Kapitel 2 aufgeführten Pflichten des Soldaten brauchen wir hier erst nicht zu wiederholen . Verstöfse gegen die Disziplin sind alle Handlungen , bezw, Unterlassungen, die den Pflichten des Soldaten zuwiderlaufen und durch das Gesetz nicht als Verbrechen bezeichnet werden. Vergehen, die nach dem allgemeinen Strafgesetzbuch, oder nach einem Gesetz oder Spezial- Reglement
mit Geldstrafe bedroht worden, sind mili-
tärisch disziplinarisch zu ahnden, nur Schmuggel und Untreue nicht. In leichteren Fällen dürfen auch diejenigen Handlungen disziplinarisch geahndet werden,
für
welche das
Militärstrafgesetzbuch Gefängniſs
oder Einreihung in ein Strafdepot androht. Disziplinarstrafen für Offiziere sind : Ermahnung (unter 4 Augen), Verweis (in Gegenwart aller Offiziere gleichen und höheren Grades), Disziplinar-Arrest (in einer besonderen Stube im Regimentsquartier, in schwereren Fällen mit einem Posten vor der Thür und mit Verbot jedes Verkehrs mit der Aufsenwelt) bis zu 10 Tagen, KorrektionsArrest (in einer Festungsstubengefangenen-Anstalt) bis zu 30 Tagen, Inaktivität von 1 Monat bis zu einem Jahr (mit Anweisung des Aufenthalts in einer Festung), endlich Dienstentlassung. Letztere bedeutet dauernde Streichung des Offiziers aus den Listen des aktiven Heeres, Aberkennung des Rechts, Uniform zu tragen, dabei wird die Pension so bemessen, als untauglich geworden wäre.
wenn der Betreffende physisch dienstBei Disziplinar-Arrest wird dem Offizier
der Säbel abgeholt, auf dem Marsch begleitet ein so bestrafter Offizier die Truppe an der Queue der Kolonne, von einem mindestens gleichalterigen Offizier überwacht, in schwereren Fällen marschirt er bei der Bagage von einer Escorte überwacht.
In diesen Fällen folgt
71
Das neue Disziplinar-Reglement für das portugiesische Heer.
der Verbüfsung der Strafe meist die Versetzung einem
des Bestraften zu
anderen Truppenteil, die auch notwendig erscheint, da seine
Autorität schwer gelitten haben muſs . Für Sergeanten sind an Disziplinarstrafen zuläfsig :
Ermahnung,
Verweis (durch den Kompagniechef in Gegenwart der Offiziere der Kompagnie, oder durch den Bataillonskommandeur im Beisein aller Offiziere und der gleichalterigen Sergeanten), Strafwachen bis zu 6 , möglichst ein um den anderen Tag, Kasernen-Arrest,
ohne Befreiung von irgend
welchem Dienst, bis zu 20 Tagen , Disziplinar-Arrest (in einer Zelle im Regimentsquartier mit der Verpflichtung, vom Aufziehen der Wache bis zum Zapfenstreich im Dienstanzug zu sein, auf dem Marsche ausgerüstet, aber ohne Waffen, von einer Escorte überwacht, bei der Bagage
marschirend)
bis
zu
30 Tagen, Korrektions-Arrest
bis
zu
60 Tagen (in einer Zelle einer Festung), endlich Verlust des Postens (Degradirung zum Gemeinen und Weiterdienen) . Korporale können disziplinarisch bestraft
werden mit Ermahnung (allein oder in Gegenwart eines Vorgesetzten) , Verweis, Strafwachen bis zu 10 , Kasernen-Arrest unter Teilnahme an allem Dienst bis zu 30, Disziplinar-Arrest bis zu 45 Tagen, Verlust der Charge, Korrektions- Arrest bis zu 90 Tagen . Für die Gemeinen tritt noch Strafdienst hinzu und zwar bis zu 12 mal. Korrektions-Arrest wird in einer dunklen Zelle verbüfst, wobei ein um den anderen Tag
das Brot entzogen wird, Ganzen 30. Ein
aber nicht mehr als an 10 Tagen von im
mit Korrektions-Arrest bestrafter Offizier wird immer in
einen anderen Divisionsbezirk versetzt und kann in seinen früheren Truppenteil nicht vor Ablauf von 3 Jahren zurückkehren .
Die im
Korrektions-Arrest verbüfste Zeit wird auch nicht als pensionsfähige Dienstzeit angerechnet.
Auch die temporäre Inaktivität zieht Ver-
setzung in einen anderen Divisionsbezirk nach sich , aufserdem tritt ein Verlust im Patent ein . Sergeanten, die mit Korrektions-Arrest bestraft sind, können während der Verbüfsung desselben weder befördert werden, noch weiter kapituliren, die Strafdauer rechnet auch nicht als militärische Dienstzeit. Sergeanten, die Kapitulanten sind und mit Verlust des Postens bestraft werden, sind sofort als Gemeine zur Reserve zu entlassen. Mit Korporalen und Leuten , die KorrektionsArrest erhalten haben, womit bei Korporalen gleichzeitig der Verlust der Charge verbunden ist, darf nicht kapitulirt werden.
Das Gleiche
gilt für Sergeanten, die innerhalb 3 Jahren für Verstöfse gegen die Disziplin mit mehr als 15 Tagen Disziplinar-Arrest , oder mehr als 30 Tagen Kasernen-Arrest bestraft wurden. Die Disziplinarstrafgewalt ist an die Funktion,
nicht
an
die
72
Das neue Disziplinar -Reglement für das portugiesische Heer.
Charge gebunden, sie ist denjenigen Offizieren verliehen, die für die Disziplin einer Truppe, einer Behörde, einer Anstalt verantwortlich sind. Die Strafgewalt erstreckt sich nur auf die direkten Untergebenen.
Ermahnungen darf aber,
Vorgesetzte einem jeden Soldaten,
schriftlich oder mündlich, jeder der niedriger im Range, zu Teil
Jeder Vorgesetzte hat auch das Recht, wenn er dies mit Rücksicht auf die Disziplin , oder den Dienst für nötig erachtet, einem Untergebenen Kasernen - Arrest zu diktiren , aber ohne Zeitbestimmung und mit der Verpflichtung , dem mit Disziplinarwerden lassen.
strafgewalt ausgestatteten Vorgesetzten des
zu Bestrafenden sofort
Meldung zu machen, damit dieser die Strafe ausspricht. Sergeanten dürfen den Befehl zu einer vorläufigen Verhaftung eines anderen Sergeanten nur dann geben, wenn Mifsbrauch der Dienstgewalt, oder Jeder Vorgesetzte hat das Aufreizung zur Indisziplin vorliegen. Recht, zu verhindern,
dafs ein Untergebener in seiner Gegenwart
Verstöfse gegen die Disziplin begeht, auch wenn der Untergebene einem anderen Truppenteil angehört, im Falle grober Indisziplin ist er verpflichtet, ihn zu verhaften, einem Posten oder einer Wache zu übergeben, ja selbst seine Waffe zu gebrauchen , wenn dies zur Aufrechterhaltung der Disziplin nötig erscheint. Die Disziplinarstrafgewalt der einzelnen höheren Behörden und Kommandostellen ist weit bemessen, in schweren Fällen wird sie aber nicht unmittelbar geübt, sondern erst nach Anhörung der Solche Disziplinar-Räte bestehen bei den einzelnen Disziplinar-Räte. Truppenteilen, aufserdem ein oberster Disziplinar-Rat des Heeres in Lissabon. Bei den Truppenteilen bestehen die Disziplinar -Räte aus den 3 ältesten Offizieren , der höchste im Range fungirt als Vorsitzender. Der Disziplinar-Rat der Truppenteile kann durch die Kommandeure derselben oder auch durch die Kommandeure der Militärdivisionen berufen werden, weder der Kommandeur des Truppenteils , noch der Kompagniechef des zu Bestrafenden dürfen Mitglieder des Disziplinar-Rats in dem betreffenden Falle sein. Die DisziplinarRäte der Regimenter urteilen über Sergeanten , wenn die zu verhängende Strafe Verlust der Charge sein kann, über Korporale und Gemeine, wenn dieselben einem überseeischen Truppenteil zugewiesen werden sollen, was u. A. eintritt, wenn die Mittel der Disziplinarstrafgewalt erschöpft sind, oder ein Verbleiben des Individuums in der Truppe schweren Nachteil für die Disziplin bringen würde . Der Kompagniechef des zu Bestrafenden ist zu hören. Die Verhandlungen des Disziplinar-Rates finden schriftlich statt, die Bestätigung seines Gutachtens liegt in den Händen des Kommandeurs, der sein Zusammentreten befohlen,
Das neue Disziplinar-Reglement für das portugiesische Heer.
73
Der obere Disziplinar-Rat des Heeres in Lissabon setzt sich aus den 5 ältesten Divisionsgeneralen zusammen, tritt nur auf Befehl des Kriegsministers zusammen und hat 1. über die moralische Fähigkeit der Offiziere des Heeres für die Ausführung ihrer militärischen Funktionen sein Gutachten abzugeben, 2. über Offiziere zu urteilen, denen gewohnheitsmäfsige Ver-
nachlässigung ihrer Pflichten , skandalöse , gegen Moral oder Ehre oder gegen die Pflichten gegenüber der Familie verstofsende Handlungen , oder ein Vergehen zur Last gelegt wird, für welches das Gesetz zwar keine Strafe bestimmt, welches aber dem militärischen Decorum und der Würde des Waffenberufs zuwiderläuft , 3.
ein Gutachten abzugeben, wenn Offiziere,
mit Genehmigung
des Kriegsministers, bei Zweifeln in Bezug auf ihre Ehre gegen sich selbst eine Untersuchung beantragen. ad 1 bemerken wir hier gleich, dafs als ausreichende Gründe für die moralische Unfähigkeit eines Offiziers zum Verbleiben in seinem Berufe betrachtet werden : Mangel an Entschlufs und Energie, Unfähigkeit zur Erfüllung seiner Berufspflichten, Handlungen, welche die Autorität untergraben. Offiziere, die nicht fähig für die Fortsetzung ihres Berufes erkannt werden, sind mit Pension zu verabschieden. Offiziere, über die durch den oberen Disziplinar-Rat des Heeres abgeurteilt werden soll, werden 10 Tage vor der Sitzung über den Gegenstand und den Tag der Verhandlung benachrichtigt, damit sie eine Verteidigungsschrift abfassen können. Wer ohne eignen Antrag der Aburteilung des oberen Disziplinar-Rats unterworfen wird, ist im Allgemeinen gleichzeitig vom Dienst zu suspendiren . Findet der obere Disziplinar-Rat (der also auch zum Teil die Funktionen unserer Ehrengerichte übernimmt), dafs die Ehre eines Offiziers unverletzt ist, so stellt er ihm ein entsprechendes Gutachten aus, das, auf Wunsch des Betreffenden , auch in dem Armee - Verordnungsblatt (Ordem do Exercito) publizirt werden kann . In seinen sonstigen Gutachten schlägt der obere Kriegsrat auch die zu verhängende Strafe, bei erwiesener Schuld , vor, Dienstentlassung, Verabschiedung (reforma), oder
eine Strafe,
die in der Kompetenz des Kriegsministers
liegt.
Ein Mitglied des oberen Disziplinar - Rats mufs bei der Abmessung der vorzuschlagenden Strafe selbst dann seine Stimme abgeben, wenn es die Schuldfrage verneint hat. Gegen ein Erkenntnifs des oberen Disziplinar - Rats des Heeres in den Fragen, die oben unter 2 und 3 als zu seiner Kompetenz gehörig genannt worden sind, giebt es keine Berufung, die sonst zulässig ist und entweder an den nächsten mit Disziplinarstrafgewalt versehenen Vorgesetzten des Kommandeurs , der die Strafe verhängt hat,
oder an den Kriegsminister gerichtet wird.
74
Das neue Disziplinar-Reglement für das portugiesische Heer.
Frist für die Berufung 10 Tage. Bei gleichzeitiger Bestrafung mehrerer hat jeder derselben einzeln seine Berufung schriftlich oder mündlich anzubringen.
Der Vorgesetze, bei welchem Berufung eingelegt wird,
hat die nötigen Erhebungen zu veranlassen, bewirkt werden.
die durch einen Offizier
Der Kriegsminister ist in Stellvertretung des Königs der oberste Kommandeur des Heeres und hat in dieser Eigenschaft die Befugniſs , den obersten Disziplinar-Rat des Heeres zu berufen, übereinstimmend mit dem Gutachten des obersten Disziplinar-Rats Dienstentlassung zu verhängen (die durch den König ausgesprochen wird), endlich temporäre Inaktivität aufzuerlegen. Gleiche Befugnisse besitzt im Kriege der Oberkommandirende des Operationsheeres. Die Kommandeure der Militärdivisionen können das Zusammentreten der Disziplinar - Räte der Truppenteile veranlassen, übereinstimmend mit deren Gutachten den Verlust der Charge gegen Mannschaften vom 2. Sergeanten aufwärts aussprechen , Offiziere mit 20, Sergeanten mit 40, Korporale und Gemeine mit 60 Tagen KorrektionsArrest bestrafen ,
endlich
entscheiden ,
welche Leute
überseeischen Truppenteilen überwiesen werden sollen. fugnisse
haben
der
Generaldirektor
des
zwangsweise Analoge Be-
Kriegssekretariats ,
der
Militär -Verwaltung , der Kommandeur der Heeresschule , die Generalkommandanten des Generalstabes und der verschiedenen Waffen, sowie der Kommandant der Zentral - Azoren für das ihnen unterstellte Personal. Brigadekommandeure,
inspizirende Generale (wenn ihnen
ihre Stellung eine höhere Strafgewalt giebt),
nicht
sowie die Gouverneure
von Festungen I. Klasse können Offiziere mit 10, Sergeanten mit 20, Korporale und Mannschaften mit 30 Tagen Korrektions-Arrest bestrafen. Regimentskommandeure haben die Befugnifs, den Disziplinar-Rat des Regiments zu berufen , übereinstimmend mit dessen Gutachten 2. Sergeanten mit Verlust der Charge zu bestrafen, Korporale aus ihrer Charge zu entfernen, Sergeanten mit 8, Korporale und Gemeine mit 14 Tagen Korrektions-Arrest, Offiziere mit 5 , Sergeanten mit 10, Korporale und Gemeine mit 20 Tagen Disziplinar-Arrest zu bestrafen. Detachirte Stabsoffiziere haben gleiche Strafgewalt. Nennen wir nun noch die Strafbefugnifs des Kompagniechefs : Verweise für Sergeanten, Korporale und Gemeine, Strafdienst für Gemeine bis zu 8 mal, Strafwachen für Sergeanten 2, für Korporale und Gemeine 4, Kasernen-Arrest bis zu 5 Tagen für Sergeanten , bis zu 10 für Korporale
und Gemeine.
Disziplinar - Arrest,
den man
unserem Mittelarrest etwa gleichstellen kann, darf der Kompagniechef also nicht verhängen, das ist schon Sache des Bataillonskommandeurs,
Das neue Disziplinar-Reglement für das portugiesische Heer. er darf auch Offiziere
nicht
mit Verweisen
befugnifs des Kompagniechefs ist also
bestrafen .
75
Die Straf-
enger bemessen, als bei
uns ,
diejenige vom Regimentskommandeur aufwärts umfafst dagegen zum Teil Strafen, die bei uns nur gerichtlich verfügt werden dürfen . Bei der eminent wichtigen Stellung des Kompagniechefs speziell für die Erhaltung
der Disziplin
will
uns
die
Beschränkung
seiner Straf-
kompetenz nicht zweckmäfsig erscheinen . Die höheren Befehlshaber haben natürlich das Recht, auch die Strafen auszusprechen, die in der Strafgewalt der niederen
enthalten sind,
sie
können aber auch
Strafen, die diese verhängt, sowohl mildern, als verschärfen, natürlich nur innerhalb der Grenzen der eignen Straf kompetenz . Während Unteroffiziere sonst keine Strafbefugnisse haben, dürfen mit einer Abteilung detachirte Sergeanten Korporale und Gemeine mit 2 Strafwachen, die Wachhabenden ihre Leute mit Strafposten. Die Vorgesetzten haben sorgfältigst über die Erhaltung der Disziplin zu wachen , so dafs sie nur im Notfalle zur Strafe zu schreiten brauchen , bei Vergehen die näheren Umstände stets genau festzustellen und ihre Strafgewalt so anzuwenden, dafs die Thäter ge-
bestrafen.
Das Verhängen mehrerer Strafen für ein Vergehen ist Bemessung der Strafe ist zu erwägen, daſs dieselbe der verboten. Bei der Natur des Vergehens entsprechen soll , Führung, Gemütsart des Mannes, Vorstrafen und nähere Umstände sind in Rücksicht zu bessert werden.
Im Allgemeinen soll zunächst milde gestraft werden, es sei denn, dafs grobe Verstöfse gegen die Disziplin vorliegen. ziehen.
Verstöfse gegen die Disziplin sind immer nachdrücklicher zu bestrafen, wenn sie im Dienst, oder von mehreren begangen werden , oder Wiederholungsfälle darstellen. Begehen mehrere Soldaten dasselbe Vergehen, so soll der älteste härtere Strafe erhalten. Bei gemeinsamen Demonstrationen von Korporalen und Gemeinen gegen die Disziplin kann der Kriegsminister die sofortige Überweisung der Beteiligten an einen überseeischen Truppenteil anordnen, sie bleiben in diesem mindestens 2 Jahre. Trunkene werden, solange sie in diesem Zustande , weder gehört noch bestraft, es sollen möglichst nur Kameraden in ihre Nähe gebracht werden . Ein Wiederholungsfall wird angenommen auch dann, wenn
eine Bestrafung für einen
anderen Verstofs gegen die Disziplin innerhalb 6 Monaten , nach der letzten, nötig wird . Offiziersaspiranten (die die den betreffenden Kursus ihrer Waffe an der Escola do Exercito absolvirt haben) werden disziplinarisch wie Offiziere bestraft, temporäre Inaktivität wird über sie aber nicht verhängt, Kadetten erhalten die Strafen der Sergeanten . Wird Korrektions- Arrest bei ihnen nötig, so verlieren sie damit die Qualität
76
Das neue Disziplinar-Reglement für das portugiesische Heer.
des Kadetten.
Bei Bestrafung wegen Entfernung von der Truppe ,
die noch nicht die für den Begriff der Desertion nötige Dauer erreicht, wird dem disziplinarisch Bestraften die Dauer der Entfernung nicht als Dienstzeit angerechnet. Leute des Beurlaubtenstandes unterliegen der Disziplinarbestrafung bei Einbeorderungen, Kontrolversammlungen , Verstöfsen gegen Befehle der Rekrutirungs- und Reservebezirke. Bei den Löhnungsappells soll den Leuten stets das Disziplinarstraf-Reglement vorgelesen werden . Das Reglement gewährt den Vorgesetzten auch die Befugnifs zu Belohnungen : Belobigungen, Beurlaubung mit allen Kompetenzen, Dispensation vom Dienst. Die Belobigungen sind um so wertvoller, je mehr sie öffentlich bekannt gemacht werden . Sie werden gewährt für besonderen Eifer , besondere Intelligenz und hervorragende Leistungen .
Beurlaubungen ohne Verlust der Kompe-
tenzen werden Leuten gewährt, die einen besonders hohen Grad der Ausbildung erreichen, steten, grofsen Eifer beweisen und eine vorzügliche Führung besitzen.
Derartige Urlaube dürfen nicht gegeben
werden: Offizieren, die in den letzten 3 Jahren Disziplinar-Arrest oder Unteroffizieren , die in derselben Zeit überhaupt eine Strafe erlitten haben, Gemeinen, die mit Korrektions-Arrest bestraft worden oder in den letzten 6 Monaten irgend eine laubungen dürfen nie einen
andere
Strafe erlitten.
solchen Umfang
Die Beur-
annehmen, dafs der
Dienst darunter leidet, auch dürfen sie jährlich 30 Tage nicht überschreiten. Der Urlaub ist sofort als aufgehoben zu betrachten, sobald eine höhere Instanz als diejenige, die den Urlaub erteilte, den Beurlaubten zum Dienst heranziehen will.
Der Kompagniechef hat
merkwürdigerweise nicht die Befugnifs , seinen Untergebenen Urlaub zu bewilligen, er kann sie nur vom Dienst dispensiren. Hier liegt also wieder eine Beschränkung des Kompagniechefs gegenüber dem unserigen vor. Der vom Kriegsminister zur Belohnung gewährte Urlaub kann auch im Ausland verbracht werden, bei Urlaubsgewährungen durch andere Befehlshaber kommt nur das Inland, oder nur ein bestimmter Distrikt desselben in Betracht, von dem aus der Beurlaubte in 24 oder 12 Stunden seinen Truppenteil wieder
erreichen kann.
Strafen, die geringer sind, als Kasernen-Arrest, werden zwar in die Strafbücher, nicht aber in die Führungslisten aufgenommen , erwirbt der Bestrafte die Medaille Valor militar, so werden in den Strafbüchern alle Strafen, die geringer, sls Korrektions-Arrest gestrichen.
Das neue Disziplinar-Reglement machte auch eine ver-
änderte Form für die jährlichen Qualifikationsberichte der Offiziere 18. nötig.
VII .
Ein Spion Napoleon's I.
In neuester Zeit hat man der „ militärischen Spionage " besonderes 17 wissenschaftliches"
Interesse
zugewandt.
Ein
russischer
Offizier
(Klembowsky) hat derselben sogar ein in unsere Sprache übersetztes Werk gewidmet . Heute kommt mir in einer russischen Zeitschrift die teilweise Wiedergabe eines im vergangenen Jahre in Frankreich erschienenen Buches unter die Augen , dessen vielversprechender Titel : L'espionnage militaire sous Napoléon I " (Die militärische Spionage unter Napoleon I. "), und welches einen Franzosen mit echt deutschem Namen Paul Müller zum Verfasser hat. Es giebt die sehr interessante Geschichte eines berühmten Spions des ersten Napoleons, Karl Schulmeister ; und wir lernen aus derselben kennen, welchen Wert der Kaiser diesem Zweige des Nachrichtenwesens beimals. Karl Schulmeister ,
ein 1770 geborener Strafsburger, hatte ur-
sprünglich das Geschäft des Schmugglers betrieben und an der Spitze einer Bande gestanden , welche in den Waldungen am Rhein ihr Wesen trieb. Als dies Gewerbe nicht mehr einträglich genug war, vertauschte er es mit dem eines militärischen Spions. Als solcher hat er der französischen Heeresleitung bedeutende Dienste in den Feldzügen 1801-1809 erwiesen . 1801 verpflichtete er sich, ein geheimes Schreiben einer hervorragenden Person in der österreichischen Armee zu überbringen. Als Juwelier verkleidet , ging er zur österreichischen Armee und führte einen Schmuckkasten mit sich, in dessen geheimen Boden das Schreiben versteckt war. Andere Spione hatten ihn aber denunzirt ; man arretirte ihn und verurteilte ihn zum Tode durch Erschiefsen . Mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Tageszeit wurde die Ausführung der Exekution bis auf den nächsten Tag verschoben. Unter den Wachtmannschaften erkannte Schulmeister einen französischen Emigranten, mit welchem er eine Unterhaltung anknüpfte . Dann liefs er ohne Rücksicht auf die Kosten ein üppiges Mahl heranschaffen, machte die ganze Wache betrunken und betäubte sie mit Opium . In der Uniform eines österreichischen Soldaten gelang es ihm aus der Wache zu entfliehen und sich zu verbergen . Nach seiner Rückkehr nach Strafsburg betrieb er von neuem die Kontrebande zwischen Deutschland und Frankreich .
78
Ein Spion Napoleon's I.
Als
Napoleon
1805
nach Srafsburg
kam,
bot
er demselben
wiederum seine Dienste als Spion, oder, wie er sich ausdrückte , als „ Geheimer Kommissär der Armee an . Napoleon fragte ihn : „Was haben Sie für Empfehlungen ?" - worauf er ihm antwortete : 7777 Gar keine.
Ich empfehle mich selbst ! ""
gebrauchen ! " zurück.
—
Dann kann ich Sie nicht
sagte der Kaiser und zog sich in einen Nebenraum Schulmeister
benutzte
diesen
Moment ,
schminken und bis zur Unkenntlichkeit zu verkleiden. wieder hervortrat, glaubte er einen fremden, ihm eingetretenen Menschen vor sich zu haben.
um
sich
zu
Als Napoleon
ohne Anmeldung bei „ Wer seid Ihr und
was macht Ihr hier?" fragte er ärgerlich. - Auf die Antwort : 7777Ich bin Schulmeister!" " ___ wurde dieser sogleich von Napoleon in seine Dienste genommen. 1805 erschien Schulmeister bei
Mack in Ulm, bot demselben
unter dem Vorgeben, er hätte gute Verbindungen in der französischen Armee seine Dienste an. Zur Bekräftigung dieser Behauptung machte er Mitteilungen über die Stärke und Zusammensetzung der Armee und schilderte die einzelnen Führer. Mack teilte ihn seinem Generalstabe zu. Während dessen beschlofs Napoleon , Mack zu umgehen und ihn von Tyrol und Wien abzuschneiden. Schulmeister gelang es, mit Hilfe auf seine Veranlassung ausgesprengter Zeitungsnachrichten, den österreichischen General völlig zu täuschen und in ihm den Glauben zu erwecken, Napoleon sei noch in Boulogne , während die Franzosen bereits in seinem Rücken standen und seine Verbindungen mit Tyrol unterbrochen hatten. — Hierdurch trug Schulmeister in solchem Grade zu der Kapitulation des General Mack bei, dass Napoleon ihn wahrhaft verschwenderisch belohnte . (Verfasser nennt die sehr unwahrscheinliche Summe von 40 000 Franks jährlicher Rente .) 1805 nahm Schulmeister einen sehr thätigen Anteil am Feldzuge. Es wurde ihm ein Posten in der Verwaltung der eroberten österreichischen Residenz übertragen. ― Es gelang ihm, hier so vortreffliche Nachrichten
zu
erhalten,
dafs
er von Allem Kenntnifs
hatte , was in der Armee der Österreicher und Russen vorging. Auf diese Weise hatte er einen nicht unwesentlichen Anteil an dem Ausgang der Schlacht von Austerlitz. Charakteristisch für Napoleon ist die von ihm berichtete Unterhaltung mit Schulmeister nach den Ereignissen bei Ulm 1805. - Der Kaiser war so zufrieden mit den von dem Spion geleisteten Diensten, dafs er ihm sagte : „ Fordere, was Du willst, ich werde Dir nichts abschlagen ! " Als ihm aber der Gefragte zur Antwort gab : " Den
Militärische Standesgebräuche früherer Zeit.
79
Orden der Ehrenlegion ! " " sagte der Kaiser: „ Geld, soviel Du nur willst! Ein Kreuz niemals. Kreuze sind nur für meine Tapferen !" 17.
VIII.
Militärische Standesgebräuche früherer Zeit.
Die verschiedenen, nun zumeist in Vergessenheit geratenen Gebräuche bei dem Zunft- und Innungswesen sind keineswegs so lächerlich oder abgeschmackt und enthalten oft einen weit tieferen Sinn, als Viele meinen mögen. Sie sind eben auf ein sehr reges und Standesgefühl zurückzuführen . Die Feierlichkeiten bei der Freisprechung des Lehrlings oder bei der Erteilung des Meisterrechtes hatten für die Zunft- und Innungsgenossen keine geringere
hochentwickeltes
Bedeutung, als die nunmehr auch nur bei einigen Ritterorden noch übliche Erteilung des Ritterschlages für den Adeligen. Sie sollten den nunmehrigen Gesellen oder Meister an die Bedeutung seiner neuen Stellung erinnern und ihm die mit letzterer übernommenen Pflichten vor Augen halten. Was Wunder dann, dafs auch bei dem Soldatenstande sich schon sehr frühe ähnliche Gebräuche einbürgerten und durch lange Zeit erhalten haben. War ja doch mit Ende des Mittelalters an die Stelle des Rittertums das ,,Kriegshandwerk" getreten und hatten die Landsknechte und noch mehr die Artillerie und die Kriegsbaumeister ihre Institutionen ganz der Organisation des bürgerlichen Gewerbswesens entlehnt. Die fortschreitende Humanität hat einige allzu barbarische Gebräuche schon lange beseitigt, so z . B. die für den betreffenden sehr herabwürdigende Ceremonie der „ Ehrlichmachung ", bei welcher der Wiederaufgenommene zuerst wie ein Hund zwischen den Füssen seiner Kameraden in das Carré kriechen mufste und später die merkwürdigerweise noch jetzt in dem hochgesitteten Frankreich beibehaltene - Prozedur der infamen Kassation verurteilter Offiziere. Manche dieser Gebräuche, namentlich diejenigen, welche nicht durch gesetzliche Bestimmungen eingeführt waren, sondern in der bei der Kameradschaft bestehenden Tradition wurzelten, haben sich hier und da bis in unser Jahrhundert erhalten. Dieses war besonders in Österreich, dessen Heereswesen erst seit 1848 und 1867 in moderner Weise umgestaltet wurde, der Fall.
Und wenn auch bei den Offizieren
80
Militärische Standesgebräuche früherer Zeit.
die alten Traditionen in Vergessenheit kamen,
so duldeten, ja be-
günstigten die höheren Vorgesetzten bei der Mannschaft so manchen ,,alten Brauch", weil man dadurch die Leute aufzumuntern und den Korpsgeist zu kräftigen glaubte . Bekanntlich war bis 1848 der Haselstock und das spanische Rohr das Hauptabzeichen des Korporals und Feldwebels oder Wachtmeisters . Ein in eine dieser Chargen Beförderter wurde nach der kundgemachten Ernennung von seinen nunmehrigen Kameraden in eine Stube geführt, wo ihm der Älteste nach einer kurzen Ansprache drei leichte Streiche auf den Rücken gab und den Stock oder das Rohr überreichte, worauf ihm sämmtliche Kameraden den Handschlag gaben und ihn als Kameraden hoch leben liefsen. Dieser Brauch erhielt sich bei vielen Regimentern bis 1848. In der Artillerie wurde auch die Beförderung des Unterkanoniers zum Kanonier in ähnlicher Weise gefeiert.
Das einzige Abzeichen des Letzteren war das an einem
Riemen gleich einer Patrontasche über die linke Schulter hängende „ Besteck " (ein ledernes Etui für Raumnadel, Stückaufsatz und Reifszeug).
Mit diesem Besteckriemen erhielt der Neubeförderte von seinen
Kameraden drei, gewöhnlich sehr kräftige Hiebe auf den Rücken . Auch sonst bestanden bei der Artillerie mehrere althergebrachte Bräuche .
Derjenige Kanonier, welcher beim Scheibenschiefsen den ersten
27 Schufs ins Schwarze " gemacht hatte, erhielt nicht nur von seinem Hauptmann (aus dessen Tasche, da damals vom Staate weder Prämien noch Abzeichen erteilt wurden) ein Geldgeschenk, sondern war auch eine Hauptperson des Tages und durfte seinen Hut mit Blumen und Die auf einem Blumenkranze ruhende Laubwerk geziert tragen. ,,glückliche Kugel " aber wurde von einigen Kanonieren den anwesenden Dagegen Offizieren präsentirt und auch der Mannschaft gezeigt. wurde Jenem, der den ersten Fehlschufs gemacht hatte, eine Brille von Holz oder Pappe aufgesetzt und Demjenigen, welcher sich beim Abfeuern ungeschickt erwies, wurde mit der schwarzen Lunte ein Schnurrbart " (die österreichischen Artilleristen trugen damals bekanntlich keine Schnurrbärte) gemalt, was Alles auch in Gegenwart hoher Vorgesetzter geschehen durfte. Die Partie, welche ,,tüchtiger
beim Schanzkorbflechten zuerst ihre Aufgabe erfüllte, wurde von den Offizieren und Kameraden belobt und sie durfte ihren Schanzkorb mit Feldblumen und Laub schmücken. Besonders hoch wurde der St. Barbaratag gehalten und nach der Parade im kameradschaftlichen zumal Kreise gefeiert. Ein an diesem Tage erworbener Haarbeutel wurde auch von dem strengsten Hauptmann eines älteren Kanoniers nicht leicht gerügt oder gar bestraft!
Militärische Standesgebräuche früherer Zeit.
81
Doch auch bei den Offizieren gab es - freilich viel früher -
SO
manchen Brauch, der unserer Zeit seltsam erscheinen dürfte .
Es sei
hier nur der Vorgang bei der „ Aufnahme " eines neuen Offiziers (wie selbe bei vielen Regimentern stattzufinden pflegte) in Kürze nach den Aufzeichnungen eines Zeitgenossen geschildert . Ein junger Feldwebel des Regiments Czilvy war zum Fähnrich ernannt worden .
Er hatte sich noch nicht equipirt,
als ein ihm be-
gegnender Offizier ihn anhielt und aufforderte, mit ihm zu kommen . Beide gingen nun in eine Weinstube, wo sich bereits viele Offiziere befanden, denen der Offizier den Neubeförderten vorstellte. Derselbe sei ein wackerer junger Mann, der von dem Herrn Inhaber zum Fähnrich gemacht " worden sei und sich dieser besonderen Gnade hoffentlich würdig zeigen und weitere Meriten erwerben werde, daher er (der Offizier) die Herren bitte, den nunmehrigen Fähnrich, den er gut kenne, als einen Kameraden annehmen zu wollen. Die Offiziere begrüfsten den Fähnrich freundlich , jedoch so, als wenn er ein ihnen vorgestellter Fremder wäre, und tranken ihm mit den Worten: „ Es soll uns freuen, den Herren kennen zu lernen . Eure Gesundheit" , nacheinander zu,
Auf
was der Fähnrich dreimal er-
wiedern musste und zur allgemeinen Zufriedenheit eben so oft die Nagelprobe leistete . Nun nahm ihm ein Offizier den Hut aus der Hand, warf denselben zur Erde und trat mit Fülsen darauf, wobei er sagte, dafs solcher Deckel unwürdig sei, das Haupt eines Offiziers und Kavalliers zu zieren. Ein Anderer brachte einen neuen Offiziershut, gofs Wein trinken .
hinein und es
mufsten der Reihe
nach Alle davon
(Die Hüte der Offiziere waren damals im Innern mit einer
starken halbkugelförmigen Blechschale ,
die also ein ganz
taugliches
Trinkgefäfs bildete, zum Schutz gegen den Hieb versehen. ) Der Fähnrich erhielt den Rest des Weines , worauf ihm der Hut, nachdem derselbe ausgewischt worden war, aufgesetzt und gleichzeitig sein Seitengewehr durch einen Offiziersdegen ersetzt wurde . Nun mufste der Neubeförderte ein Knie beugen, worauf der älteste Offizier, ein Hauptmann von den Dragonern, vortrat und ihm im Namen Gottes, Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin, sowie der Kameraden mit seinem Pallasch drei Streiche auf die rechte Schulter erteilte . Hierauf mufste der Fähnrich die Hand auf die von zwei Offizieren über's Kreuz gehaltenen Degen legen und Treue zum Hause Österreich, kavaliermäfsiges Benehmen und aufrichtige Kameradschaft angeloben. Er erhielt nun von allen Anwesenden Handschlag und Bruderkufs, den er erwiedern musste , worauf er, da er als ein guter Kamerad erkannt worden, als solcher angenommen und von den Lieutenants und Fähnrichen mit 27 Du" angesprochen Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 1. 6
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
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wurde. Hut, Degen und Handschuhe waren häufig und auch in diesem Falle von den Offizieren ihrem neuen Kameraden als Geschenk gespendet worden, wogegen das Kurzgewehr (Sponton) von dem Oberst aus dem Regimentsfond angeschafft wurde. Die übrige ,,Equipage" mufste der Neubeförderte sich selbst besorgen. Bei Jenen,
welche,
ohne vorher gedient zu
haben,
direkt aus
dem Zivilstande ,, als Offiziere plazirt" wurden, was damals sehr oft vorkam, wurde die Aufnahmsceremonie natürlich verkürzt . Dieselbe war zwar nicht bei allen, so doch bei vielen Regimentern üblich und erhielt sich bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts .
Mag die
Sache uns auch befremdend erscheinen, so war sie doch gewifs nicht ohne Nutzen, zumal damals
bei einem grofsen Teile des Offiziers-
korps nicht Vaterlandsliebe und Nationalitätsbewusstsein, sondern die Erinnerung an den
geleisteten Fahneneid,
militärisches Ehr- und
Standesgefühl , sowie feste Kameradschaft die anregenden Triebfedern sein konnten. Und darum mochte die feierliche Aufnahme durch die Kameraden auf den Neubeförderten gewifs ebenso nachhaltig einwirken, als es gegenwärtig die mehr mindererhebende Ansprache des betreffenden Chefs im Stande ist! Dittrich.
IX.
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
1. Für den religiösen Sinn, der im fridericianischen Heere lebte, wird zumeist als Beispiel des Grenadiers von Leuthen „ Nun danket alle Gott " angeführt.
Weniger bekannt ist, dafs ein Gleiches
schon in der Nacht nach der Schlacht von Rofsbach geschah, wie ein Augenzeuge (Philipp v. Schröder, Kriegsgeschichte der Preufsen 231 ) versichert : „Das preussische Heer mufste die Nacht unter freiem Himmel bleiben und stimmte von selbst, ohne dafs es befohlen war, Lob- und Danklieder an“. Unter den Hebeln des Sieges stand die Religion und die durch sie belebte todesmutige Hingebung mit oben an ;
sie
hat die altpreussischen Regimenter in Schlachten, Not und Tod aufrecht erhalten, nicht minder aber that dies das Beispiel des Alles Schbg. mit seinen Soldaten teilenden Königlichen Feldherrn . 2. Eine auffallende Verschiedenheit in dem Verhältnisse zwischen Todten und Verwundeten gegenüber der auf Grund viel-
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
83
facher Erfahrung als ziemlich feststehenden genommenen Satze zeigen die Verlustlisten der beiden sächsischen Kürassier-Regimenter, der Garde du Korps und des Regiments Zastrow-Kürassiere, welche im Verbande der Brigade Thielmann am 7. September an der Schlacht von Borodino oder an der Moskwa fast ganz gleichen Anteil nahmen. Zusammen standen die Regimenter bei Beginn des Kampfes vor dem Anrücken gegen die Höhen von Semenofskoje im Feuer der feindlichen Artillerie, gemeinsam ritten sie gegen die Bagration - Fleschen an, dann bestand freilich die Garde du Korps einen abgesonderten Stranfs mit russischer Kavallerie, bei der darauf folgenden Wegnahme der Rajewski - Schanze aber wirkten sie wieder einheitlich .
Und bei
beiden Regimentern zusammen hat es annähernd die nämliche Anzahl von Toten gegeben wie von Verwundeten, jene überwog sogar. Im Einzelnen stellt es sich etwas anders. Hier kamen bei der Garde du Corps auf 105 Tote 127 Verwundete, bei Zastrow - Kürassieren aber 144 Tote auf 103 Verwundete und im Ganzen standen 230 Verwundeten 249 Tote gegenüber.
An Offizieren sind darunter bei der Garde du
Corps 7 , beim Kürassier - Regiment von Zastrow 6 Tote und 11 Verwundete bei jenem, 12 bei diesem, so dafs im ganzen 18 Offiziere von jedem Regiment ihr Blut gelassen hatten .
Am Frühmorgen hatte das
Regiment Garde du Corps 400 , das Regiment Zastrow - Kürassiere 450 Mann in Reih und Glied gezählt, davon standen 232 bezw. 247 auf der Verlustliste, aber kein Gefangener oder Vermifster. Das dritte Regiment der Brigade Thielmann, ein polnisches Kürassier-Regiment, welches mit nur 180 Mann ausgerückt war, hatte 7 Offiziere und 107 Mann, mithin verhältnifsmäfsig noch etwas mehr verloren als die Sachsen.
Die für die Angaben über die Verluste der letzteren be-
nutzte Quelle,
ein auf amtlichen Unterlagen beruhendes Buch (Der
Anteil der Königlich Sächsischen Armee am Feldzuge gegen Rufsland 1812 von Oberstlieutenant M. Exner, Leipzig 1896 ) giebt über das Verhältnifs der polnischen Toten zu den Verwundeten keine Auskunft. - Es mag noch bemerkt werden, dafs die Garde du Corps am Schlachttage keine Kürasse trug, sie sollten solche in Warschau empfangen, dieselben kamen aber nicht rechtzeitig an und blieben liegen.
Die Zastrow - Kürassiere haben Brust- und Rückenharnisch
getragen. Napoleon hatte für die Leistungen und Erfolge der Brigade Thielmann kein Wort der Anerkennung und des Dankes ; seine Siegesbotschaft, das 26. Bulletin, sagt nur, die Kavallerie Murat's habe die grofse Schanze genommen. Von letzterem giebt das Tagebuch eines Teilnehmers an der Schlacht, des Kommandanten der Garde du Corps, Oberst von Leyfser, ein Bild ,
welches in einzelnen Stücken von dem
in der Regel gezeichneten abweicht,
indem er schreibt :
,, Der König 6*
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
84 8
war ein hoher stattlicher Mann mit ausdrucksvoller scharfgezeichneter Physionomie, dem selbst die etwas phantastische Tracht vortrefflich stand. Mir dünkte letztere nicht für komödiantenhaft. Er benahm sich in dem Kampfe nicht wie ein Theaterprinz, sondern wie ein Heros, voranleuchtend der Truppe mit unerschütterlichem Mut und kalter Verachtung des Todes. Wir sahen ihn heute zum ersten Male, sein 14. Bild werde ich nie vergessen . " 3.
Die Uniform der Adjutanten der Marschälle von Frank-
reich sowie derjenigen seines Generalstabschefs Berthier zu bestimmen überliefs Kaiser Napoleon I. den letztgenannten selbst. Es ergaben sich daraus bunte Bilder. Berthier, welcher die von ihm als souveränem Fürsten von Neufchâtel gestellten Infanteristen kanariengelb kleidete, gab seinen Adjutanten die Husarentracht, sie trugen einen weiſsen rotverschnürten Dolman, einen blauen mit Gold schoitachirten Pelz, einen roten Tschako mit weifsem Reiherbusch und safsen auf Tigerdecken zu Pferde . Bernadotte's Adjutanten hatten gelbe, mit Silber besetzte Uniformen und Zobelmützen . Die Offiziere des König Murat waren ebenso phantastisch gekleidet wie er selbst, die des Kaisers hatten hellblaue Leibröcke, welche vorn offen waren, mit breiten über die Schenkel fallenden Schöfsen, die Stickerei bestand aus Eichenblättern in Silber.
Das blaue mit weifsen Umschlägen versehene
Uniformtuch seiner Linieninfanterie, welche daneben weifse Beinkleider und weifse Westen , im Winter schwarze und in guter Jahreszeit weifse Gamaschen hatte, beabsichtigte der Kaiser eines Tages durch weifses zu ersetzen, er stand aber davon ab,
weil das Blut hässliche
Flecke darauf machte, an Stelle des dreispitzigen Hutes liefs er nach der Schlacht bei Austerlitz den Tschako treten . Die Mehrzahl der Generale behielt für ihre Personen die Uniform bei,
welche sie als
Obersten getragen hatten, namentlich wenn sie der Reiterwaffe angehörten ; sie liefsen auf derselben alsdann die Auszeichnungssterne der Generale anbringen.
So trug Fournier-Sarlovèze die Uniform der
12. Husaren ; d'Hautpoul und Espagne, welche an der Spitze ihrer Kavallerie-Divisionen fielen, hatten den Kürafs angelegt ; die ehemaligen Karabiniers behielten den letzteren und den Helm ebenfalls oder sie bedeckten einfach das Haupt mit dem Generalshute ; Lasalle liefs sich sogar eine Husarenuniform nach eigenem Geschmack anfertigen .
Die
Hauptschlachten wurden im Paradeanzuge geschlagen . In wie hohem Grade man der Mode fröhnte, zeigt ein Beispiel aus dem Kriege vom Jahre 1809 in Österreich .
Die Stutzer trugen damals Beinkleider von
ungemessener Weite. Zu ihnen zählte der Lieutenant de la Bourdonnaye, welcher dem Stabe des Marschall Lannes angehörte. In einem bei Wels gelieferten Gefecht befahl diesem der Marschall abzusitzen und
Armee- und Marine-Nachrichten aus Rufsland . zu
Fufs
einen
Befehl
zu
überbringen.
Dabei
85
verwickelte
der
Lieutenant sich mit den Sporen in seine weiten Hosen, fiel zur Erde, erhob sich aber rasch wieder und wollte seinen Weg fortsetzen, als er den Marschall hinter sich herrufen hörte : ,,Ist es nicht ein Unsinn, mit sechs Ellen Tuch um die Beine in den Krieg zu ziehen ?" Er war zum ersten Male unter den Augen seines Chefs im Feuer und wollte diesem keine Veranlassung zur Unzufriedenheit geben, daher zog er rasch den Säbel, schlitzte seine Beinkleider auf und rifs sie oberhalb der Knie ab, so dafs sie ihm beim Laufen nicht mehr hinderlich sein konnten, dann richtete er den ihm gewordenen Befehl aus, kehrte mit halbnackten Beinen zurück, um eine Meldung zu erstatten, mit welcher der Marschall sich zufrieden erklärte. (Le Gaulois Nr. 5531. ) 14. 4. Zwei Marginal - Entscheidungen Friedrichs des Grofsen (mit der ursprünglichen Orthographie). 1. Der DominikanerVikarius zu Neisse bittet,
einigen Kandidaten
die Erlaubniſs zu
erteilen, dafs sie zur Besorgung der Neissner Garnison in geistlichen Antwort des Königs : Sachen angenommen werden können . ,,Bei der Garnison können Sie gebraucht werden, aber verführen Sie die Soldaten zur Desertion, mufs sich der Vicarius gefallen lassen, dafs sie gehangen werden. " 2.
Der Kapitän v. Br .... n , Neumärkischen Regiments, bittet
in Ansehung seiner langjährigen responsablen Dienste , ihn zum überAntwort des Königs : „ Das kompletten Major zu ernennen . Regiment ist beständig vohr den Feindt gelaufen, und mufs er nothwendig allerwegen mitgelaufen seindt, ich avancire die Officiers, die den Feindt geschlagen haben, aber nicht diejenigen, die nirgends sich gehalten haben." (Marginalien Friedrichs des Grofsen aus den Jahren 1765 bis 1776.) Schbg.
X.
Armee- und Marine- Nachrichten aus Rufsland. (Sommerübungen der Truppen im Jahre 1897. - Das neue Exerzir- Reglement für die Infanterie .)
Wie in
früheren
Sommerübungen Programm
statt.
Jahren finden
der Truppen Wie
nach
bekannt,
auch in
diesem
Jahre
die
einem Allerhöchst bestätigten
zerfallen
die
Sommerübungen
in
Armee- und Marine-Nachrichten aus Rufsland .
86
3 Perioden: Verbände
Übungen innerhalb der einzelnen (Kompagnie- , Eskadrons- , Bataillons- ,
Exerziren etc.),
TruppenRegiments-
spezielle Übungen (Schiefsübungen der Artillerie
und Exerziren grofser Kavallerie-Verbände) und Übungen mischten Waffen.
mit ge-
Übungen innerhalb der einzelnen Truppen - Verbände. Zu diesen Übungen rücken die Truppen im Allgemeinen am 1. Mai (a. St.) in das Lager. Je nach den klimatischen Verhältnissen jedoch ist in einigen früherer, in anderen ein späterer.
Militärbezirken
der
Beginn
ein
Die Infanterie sammelt sich zu Beginn dieser Übungen
bei
den Regimentsstäben ; hierauf rücken die Regimenter, zur Ableistung der Schiefsübung,
auf die Divisions- oder Brigade- Schiefsplätze, so-
dafs der gröfste Teil der Infanterie - Truppenteile bereits in dieser Ausbildungs - Periode divisions- bezw. brigadeweise in den Lagern vereinigt ist. Die Kavallerie macht das Eskadrons- und Regiments-Exerziren in den Garnisonen der Regimentsstäbe ab und benutzt zur Ableistung der Schiefsübung die zunächst gelegenen Infanterie-Schiefsplätze. Die taktische Ausbildung der Artillerie findet in den Garnisonen derselben statt.
Die Schiefsübungen der FeldSpezielle Übungen. Artillerie finden auf den Artillerie- Schiefsplätzen (Polygonen) der Militärbezirke statt. Die gröfste Zahl von Artillerie- Schiefsplätzen , nämlich 4, hat der Militärbezirk Kijiw; in den Militärbezirken Wilna und Odessa befinden sich je 3, in den Militärbezirken Warschau und Kaukasus je 2, in den übrigen Militärbezirken je 1 Artillerie-Polygon. Auf dem Schiefsplatze von Rembertow bei Warschau sind in diesem Jahre 566 Geschütze versammelt . Die Festungs - Artillerie schiefst zum gröfsten Teil in den Festungen selbst, von den Werken aus , und nur die Artillerie derjenigen Festungen , wo dieses nach den örtlichen Bedingungen nicht möglich (Kowno, Libau , Warschau und Dubno), auf den Schiefsplätzen . Spezielle Kavallerie Übungen finden für die gesammte Kavallerie und reitende Artillerie statt , und zwar werden hierzu bei Rembertow und Warschau fast 3 Divisionen, bei Krassnoje Sselo, Bjelostok, Sskernewizy, Meshibushje und Ssarykamysh je 2 Divisionen Die Kavallerie-Übungen finden hauptsächlich im vereinigt sein. Juli, in den Militärbezirken Warschau und Odessa im September Die Übungen währen 3-6 Wochen und sollen , nach der "Vorschrift für den Dienstbetrieb bei der Kavallerie" , nach Be-
statt.
endigung des Divisions-Exerzirens die Divisionen,
um die Kavallerie
Armee- und Marine-Nachrichten aus Rufsland.
zur
Thätigkeit
in
Massen vorzubereiten ",
87
auf 3-8
Tage
zu
Kavallerie - Korps vereinigt werden . Die beurlaubten Kasaken - Truppenteile werden behufs Ausbildung im Felddienst , im Frühjahr oder Herbst , zu einer 3-4 wöchentlichen Übung zusammengezogen. Die Ingenieur - Truppen werden zur Ausführung technischer Arbeiten brigadeweise in Lagern vereinigt. In den Militärbezirken Wilna, Warschau und Odessa üben die Pontonnier-Bataillone getrennt von den Sappeuren an grofsen Strömen und zwar bei Olita, Nowogeorgiewsk und Tiraspol. Um die Sappeure in der Herstellung von Deckungen gegen Artilleriefeuer zu üben und sie mit der Wirksamkeit
Artillerie
der
Militärbezirken Artillerie statt. Übungen
bekannt
gemeinsame
machen ,
zu
Übungen
von
mit gemischten Waffen.
finden
in
einigen
Ingenieur-Truppen
und
Zu diesen, 4 Wochen
währenden , Übungen werden die Truppen in diesem Jahre in 74 Lagern zusammengezogen, welche zum grofsen Teile mit denjenigen Lagern, in welchen die Infanterie ihre
Schiefsübungen abgemacht
hat, zusammenfallen. Während früher die Übungen in gemischten Waffen ausschliesslich von den ständigen Lagern aus stets in demselben Gelände ausgeführt wurden , endigen bekanntlich seit einigen Jahren bei einem Teil der Truppen die Lager - Versammlungen mit sogenannten beweglichen Konzentrationen " , d. h. DetachementsManövern mit Unterkunfts - Wechsel ,
nach
deutschem Muster.
Im
laufenden Jahre finden solche „ bewegliche Konzentrationen " an 31 Punkten statt ; die Dauer derselben schwankt zwischen 5 und 16 Tagen ; im Militärbezirk Kijew manöveriren die Truppen mehrerer Lager gegeneinander und vereinigen sich schliefslich zu einer Masse von 3 Armee-Korps. An den Übungen mit gemischten Waffen, welche gröfstenteils im August stattfinden, nehmen in diesem Jahre 83 % der gesammten Infanterie , 91 % der Kavallerie und 94 % der Artillerie teil. finden bei bei Krassnoje Sselo Die gröfsten Lagerversammlungen finden (4 Infanterie-Divisionen) , Warschau ( 3 Divisionen) , Tschugujew,
Brest Litowsk,
Meshibushje und Moskau (je 2 Divisionen) statt.
Von
der Gesammtzahl der zu Übungen mit gemischten Waffen vereinigten Truppen nehmen 56 % der Infanterie, 66 % der Kavallerie und 61 % der
Feldartillerie an
Manövern teil.
beweglichen
Konzentrationen"
oder groſsen
Ungefähr die Hälfte der gesammten Infanterie
macht also auch jetzt noch kein Manöver mit. Grofse Manöver bezw. bewegliche Konzentrationen für
Armee- und Marine-Nachrichten aus Rufsland.
88
grofse Truppenmassen werden im Jahre 1897 , wie folgt, abgehalten: 1. Im Militärbezirk Petersburg haben das gesammte GardeKorps, sowie je 1 Division des I. und XVIII . Armee - Korps zum Schlufs der Übungen mit gemischten Waffen grofses Manöver nördlich der Newa in Richtung auf Kexholm ; 2. im Warschauer Militärbezirk in der zweiten Hälfte des August (a. St., also Anfang September) grofses Manöver im Bezirk Ostrolenka - Ostrow - Bjelostok , an welchem teilnehmen : a) von den Truppen des Warschauer Militärbezirks : das Garde - Detachement (3. Garde - Infanterie - Division und 3. Brigade 2. Garde - KavallerieDivision), VI. u . XV. Armee-Korps , 38. Infanterie- und 15. KavallerieDivision , sowie 19. Dragoner-Regiment ; b) von den Truppen des Militärbezirks Wilna : II. Armee - Korps, 28. und 30. Infanterie- und 3. Kavallerie-Division, 5. Schützen- und 1. selbstständige KavallerieBrigade ;
im
Ganzen
176
Bataillone ,
152
Eskadrons
und
84 Batterien ( 644 Geschütze) ; 3. im Kijewer Militärbezirk „bewegliche Konzentration " der Truppen des
IX. ,
XI . und
XII . Armee - Korps im
Gouvernement
Wolhynien, des X. Armee-Korps im Gouvernement Charkow ; 4. im Odessaer Militärbezirk sollen die Übungen mit geeinem fünftägigen Landungs - Manöver mit einem mischten Waffen mit endigen, wobei für das Landungs - Detachement Truppen der 13. und 15. Infanterie - Division, im Ganzen 26 Bataillone, 3 Ssotnien und und 48 Geschütze ausersehen sind ; 5. im Moskauer Militärbezirk
bewegliche Konzentration "
des Grenadier-Korps im Gouvernement Moskau ; 6. im Militärbezirk Kaukasus endigen die beweglichen Konzentrationen der 20. und 39. Infanterie- und der 1. und 2. Kaukasischen Kasaken - Division mit einem grofsen Festung Kars , teilnimmt.
an
welchem
auch
dreitägigen Manöver bei der
die
Garnison
dieser
Festung
Wie in den Vorjahren werden auch in diesem Jahre reitende Ssotnien der Grenzwache , welche sich im Kriege bekanntlich zu Grenz-Reiter-Regimentern formiren, zu den Übungen mit gemischten Waffen und zu den n beweglichen Konzentrationen " herangezogen, und zwar von jeder Grenzwachtbrigade in
den
Militärbezirken Wilna,
Warschau, Kijew und Odessa je eine Ssotnie, wobei in den ersten 3 Militärbezirken die Ssotnien zu Grenz-Regimentern vereinigt werden und als solche an den Manövern teilnehmen.
Die im
Jahre 1895
zur Durchsicht des Infanterie-Reglements
vom Jahre 1881 eingesetzte Kommission hat ihre Arbeiten
beendigt
Armee- und Marine-Nachrichten aus Rufsland .
89
und einen Entwurf eines „ Reglements für den Frontdienst der Infanterie" und einer Infanterie im der
Instruktion für die Thätigkeit der
Gefecht" herausgegeben .
Der Entwurf soll , vor
endgültigen Einführung des Reglements,
einer zweijährigen Er-
probung bei den Truppen unterzogen werden. Indem wir eine eingehendere Besprechung des neuen Reglements uns vorbehalten , seien heute nur einige wichtigere Neuerungen bezw. Änderungen erwähnt . Im Allgemeinen ist die Kommission, wie es ja auch bei der Bearbeitung des neuen Kavallerie- Reglements der Fall gewesen , neben der Berücksichtigung der durch die Umbewaffnung erforderlich gewordenen Änderungen, vor Allem bestrebt gewesen , das Reglement zu vereinfachen und zu verkürzen und in demselben möglichst nur das auf die Gefechtsausbildung der Infanterie Bezügliche zu belassen . Aufser der 1/8, 1/4, 1/2 Wendung ist in dem neuen Reglement nach einem , von dem Führer bezichneten, Gegenstande, auf das Kommando : auf den und den Gegenstand - rechts um! (links um ! ) , aufgenommen ; die Abteilung macht die Wendung nach dem bezeichneten Gegenstande hin und nimmt die Richtung in der neuen Front auf. Wie schon beim Erscheinen der
neuen
Schiefsvorschrift vom
Jahre 1896 bemerkt wurde, scheint man dem Schützenfeuer allmählich die ihm unter den Feuerarten gebührende Stellung einräumen zu wollen.
Das neue Infanterie-Reglement bestätigt diese Annahme ;
während bisher geschlossene Abteilungen nur Salven abgeben durften, bezeichnet es das neue Reglement als statthaft , aus der geschlossenen Formation mit geöffneten Rotten, aufser dem Salvenfeuer, auch Einzelfeuer ( d . h . Schützenfeuer) abzugeben ; in der Begründung dieser Änderung werden diejenigen Punkte angeführt, welche bei uns schon längst für die Bevorzugung des Schützenfeuers vor der Salve mafsgebend waren, nämlich a) daſs
bei naher
Entfernung vom Gegner das Kommando für die Abgabe der Salven , bei bedeutender Frontausdehnung der schiefsenden Abtheilung, häufig nicht genügend vernehmbar sein wird, b) dafs mit Einführung des rauchschwachen Pulvers die Feuerwirkung des Schützenfeuers keinesfalls derjenigen von Salven nachsteht, c) dafs lebhaftes Schützenfeuer auf den Gegner einen gröfseren moralischen Eindruck hervorbringt , als Salvenfeuer und d) dafs der gewöhnlich gegen das Schützenfeuer in's Feld geführte Einwand, dafs es schwierig sei, dasselbe abzustopfen, hinfällig werde, sobald es als möglich angesehen werde, dieses Feuer in der Sehützenlinie zu unterbrechen. Das Reglement weist darauf hin, die Bewegung der Kompagnie
90
Armee- und Marine-Nachrichten aus Rufsland.
in Linie durch zugweise oder halbkompagnieweise Bewegnng in Reihen zu ersetzen ; zur Verminderung der Verluste wird diese Art der Bewegung ausgedehnte Anwendung im Gefecht, vor dem Eintritt in den wirksamen Bereich des Infanteriefeuers, finden. " Die Frontausdehnung für die Gefechts - Entwickelung einer Kompagnie ist auf 200 Schritt ( 140 m) [bisher 250 Schritt] festgesetzt ; für den Abstand des Unterstützungstrupps von der Schützenlinie ist keine Entfernung mehr angegeben, da die bisher im Reglement befindliche Angabe gewöhnlich eine ungeschickte Anwendung derselben, ohne Erwägung der Sachlage, zu Folge hatte. " Als Grundformation des Bataillons ist an Stelle der DoppelzugKolonne die Reserve - Kolonne angenommen worden, in welcher sich sämmtliche Kompagnien in Zug-Kolonne befinden, und zwar die 1. und 2. Kompagnie vorn, nebeneinander, die 3. und 4. Kompagnie dahinter. Die Reserve-Kolonne entspricht also unserem „Bataillon in Doppel-Kolonne. " In dem Abschnitt über Gefechtsordnung des Bataillons wird empfohlen, vorzugsweise ganze Kompagnien nur schwärmen zu lassen ; als Grund für Aufnahme dieser Bestimmung dienten folgende Erwägungen :
a) Bei der Wirkung des heutigen Gewehr-
feuers ist es äusserst wichtig, gleich auf einmal eine möglichst grofse Zahl von Gewehren in die Schützenlinie zu bringen ; dieses ist aber, ohne zu grofse Schwächung der Bataillons-Reserve nur durch Ausschwärmen ganzer Kompagnien möglich ; b) die Unterstützungstrupps erleiden, ohne in der Mehrzal der Fälle Nutzen zu bringen, fast ebenso viel Verlust, als die Schützenlinie selbst ; c) beim Ausschwärmen ganzer Kompagnien befindet sich die Feuerleitung in erfahrenen Händen, in denen der Kompagnie-Chefs. Weitere Anderungen , die wir später eingehender besprechen werden, bestehen in der Abschaffung des sprungweisen Vorgehens, in der Fortlassung der Bestimmung, dafs die Schützenlinie während des Vorgehens zum Sturmangriff feuern soll und in der Ausscheidung besonderer Abteilungen ( Gewehr-Batterien ) zur Beschiefsung der feindlichen Stellung während des Angriffs auf diesesbe. Zum 1. Oktober 1899 ist seitens der Oberbefehlshaber
der
Truppen in den Militär-Bezirken über den Entwurf zu berichten. Frhr. v. T. d. 1. 6. 97.
XI.
Umschau in der Militär - Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften. Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. XXXVIII. Jahrgang. II. Bd. (Mai - Heft. ) Das Weichselland und seine Ressourcen für einen operirenden Heereskörper. Mit einer Skizze. - Die Friedenskongresse und die Wehrkraft. Die griechische Armee. Der taktische Verband im Gefechte . -- Gliederung und Kampfweise der Insurgenten auf Kreta. -- Ras Alula. Organ der militärwissenschaftlichen Vereine. LIV. Bd . Die Winterübungen der russischen Armee. -- Über Schnellfeuer-Geschütze zum Über Landungs - Operationen. Feldgebrauche. ― Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens. Jahrgang 1897. V. Heft : Das technische Messen. - Die russische 3 zöllige Leuchtrakete. -- Treffwahrscheinlichkeit beim Schiefsen gegen Fesselballons . Sanitätsverhältnisse bei den Mannschaften des k. u . k. Heeres im Januar 1897. Armeeblatt. ( Österreich. ) Nr . 18 : Der türkisch - griechische Krieg. - Eine neue Hotchkifs-Kanone . Nr. 19 : Der griechisch-türkische Krieg. Nr. 20: Die Kaiserparade in Wien in Väterliche Kommandanten . gegen einen nach Ansicht des ,,A -Bl. " sich neuer Beleuchtung. (Wendet Das Erzherzog taktlosen Artikel der ,,Darmstädter Militär - Zeitung".) Albrecht-Denkmal . - Betrachtungen zum griechisch- türkischen Krieg . Militärische Nachrichten : Österreich- Ungarn . Deutschland, - Österreichische militärische Geschichtschronik. Militär-Zeitung. ( Österreich. ) Nr. 16 : Die Institution der GeneralTruppeninspektoren. - Die Verwundungszulage. Nr. 17 : Caveant Consules ! (Anlässlich der Verhandlungen vom 30. April im Österreichischen Abgeordnetenhause über die Fachorganisation des Eisenbahnpersonals). Die Ausbildung der französischen Artillerie. Nr. 18 : Die theoretische Prüfung zum Stabsoffizier. -- Der türkisch-griechische Krieg. Das neue Rekrutirungs-Gesetz in Italien. Der Krieg Journal des sciences militaires. (April 1897.) mit Armeen - wie ihn Feldmarschall Moltke führte. Das Oberkommando. Die Dekorationen, Kreuze und Medaillen ( Fortsetzung). ----Die Generale von 1870 und die Generale von heute. Le Spectateur militaire. (1. Mai 1897.) Offiziere , Beamten und Techniker.. - Das Oberkommando . Die Dekorationen , Kreuze und Medaillen (Schlufs). Arbeiten und Übungen der Generalstabsoffiziere. Die Artillerie-Manöver im Lager von Chalons.
92
Umschau in der Militär-Litteratur.
Revue militaire universelle. ( 1. Mai 1897. ) Nr. 62 : Studien über Armee- Organisation (Forts.). - Die normannische Halbinsel bei der Verteidigung Frankreichs (Forts.) . als Einbruchsweg in China.
Über die Bedeutung des roten Flusses Konnte Marschall Bazaine 1870 Frank-
reich retten ? (Übersetzung des Kunz'schen Buches. Forts .) . -Tagebuch Aufzeichnungen eines Freieines Feldzuges in Westindien (Forts .). willigen im 11. Kav.-Regt. der Vereinigten Staaten (Forts .) . Revue du cercle militaire. Nr. 18 : Die Beamten im Heere. Militärische Schutzhütten in den Schweizer- Alpen . ---- Im Granatfeuer vor St. Privat. Die Revue der Truppen des Gouvernements von Paris. Nr. 19 : Wie die Deutschen in Ost - Afrika Krieg führen . (Anknüpfend an die Artikel des Lieutenants Maercker und des Oberst von Schele im Militär-Wochenblatt). - Die Beamten im Heere (Forts .) . -- Reorganisation der militärischen Befehlsführung in Tunis. Nr. 20 : Die irländische Brigade in französischen Diensten. - Wie die Deutschen in Ost-Afrika Krieg führen (Forts.). Die Beamten im Heere (Schlufs ). Der Herzog von Aumale . Revue d'Infanterie. (Mai 1897.) Studie über das Gewehr M/1886. Der Bericht des Generals Baldissera über den 2. Teil des Feldzuges in Afrika (Forts.) . - Geschichte der Infanterie in Frankreich (Forts.) . Das Feldzug der Engländer in Ägypten und dem Sudan (Forts. ) . -
13. Armeekorps in den Departements der Ardennen und Aisne. Revue de Cavalerie. (April 1897.) Über die Aufgaben der Kavallerie im Sicherungsdienst . Die grofsen Kavallerie- Manöver in Gâtinais 1896 . - Die Madagaskar Expedition und die Kavallerie (mit einer Marsch- Skizze). Das Truppen- Pferd. Revue d'Artillerie. (Mai 1897. ) Die Lage der Schnellfeuer- GeschützFrage in Spanien . Die Wirkungen des Artillerie- und des InfanterieFeuers (Forts. ) . Die Taktik der Feldartillerie. Von ihren ersten Anfängen bis zu den Kriegen des Kaiserreichs . Revue du Génie militaire. 11 année. (Mai 1897. ) Arbeiten und Operationen des Genie-Korps während des Feldzuges in Madagaskar 1895 bis 96 (Forts.) . Auszüge aus der Korrespondenz Vauban's. - Kosten der Befestigungen Kopenhagens. Über die Hebung einer Brücke in Verdun durch ein Detachement des 5. Genie- Regiments. Die RechnungsLa France militaire. Nr. 3919 : Der Oberbefehl. offiziere. Nr. 3920 : Der Hemmschuh I (bezieht sich auf die Begrenzung Armee -Manöver (Forts .) . dxxx des Einflusses des Oberbefehlshabers) . Nr. 3922 : Bewaffnung. Die Gewehre, welche nicht tödten. (Setzt die Legende von der Unwirksamkeit der Kleinkalibergeschosse fort. ) - Kreuz Armee - Manöver (Forts. ). und Halbmond . Nr. 3923 : Der Oberfehl. L Die Manöver mit Scharfschiefsen, ausgeführt durch General Langlois . Nr. 3924 : Der Grofse Generalstab. Nr. 3925 : Der Hemmschuh II. Armee - Manöver ( Forts. ) . Nr . 3926 : Kriegshochschule. (Es wird über Mangel der Beteiligung seitens der Kavallerie geklagt. ) Nr . 3927 : Die Initiative der Unteroffiziere. Nr. 3928 : Die deutsche Armee. Das Armeekorps von 3 Divisionen . Nr. 3929 : Abgekürzte Dienstzeit. Der militärische
Umschau in der Militär-Litteratur. Vorunterricht. -
Unsere Kavallerie.
Nr. 3930 :
93
Die Verteidigung von
Belfort. Nr. 3931 : Der Hemmschuh III . - Feldartillerie. Schiefsübungen 1896. Nr. 3933 : Aufklärer der Infanterie I. Nr. 3934 : In Asien. Engliche Unternehmungen. Nr. 3935 : Aufklärer der Infanterie II. Die 4. Bataillone. - Feldartillerie II. Nr. 3936 : Fufsartillerie . SchiefsZukunft des Genie. übungen 1896. Nr. 3937 : Der Hemmschuh IV. Nr. 3938 : Kaiser Wilhelm in Rufsland . - Nr. 3939 : Die englischen Unternehmungen in Asien. -- Der Oberbefehl. Kaiser Wilhelm in Rufsland . L'Avenir militaire. Nr. 2202 : Die Gefahren der Initiative nach deutschen Beispielen (Spicheren , Wörth, Borny). Eine deutsche Kritik der grofsen französischen Manöver. Nr. 2203 : Militärische Erziehung. Eine wichtige Frage . Der Munitionsersatz. I. Nr. 2204: Unsere Kadres. der Reserve und der Territorial - Armee. I. Die Studien- Arbeiten der Eine Offiziere des Generalstabes. Die Verkürzung der Dienstzeit. wichtige Frage. Der Munitionsersatz . II . Der türkische Soldat. Nr. 2205 : Unsere Kadres der Reserve und der Territorial-Armee. II . ― Der General duc d'Aumale und die Eroberung der Smala. - Eine -
wichtige Frage. Der Munitionsersatz . III. Nr. 2206 : Unsere Kadres der Reserve und der Territorial- Armee. III. Der griechisch-türkische Krieg. Ein wohlverdientes Kreuz (Es wird ,,statt einer ihm zuerkannten Medaille" das Kreuz der Ehrenlegion für einen Offizier gefordert“ , welcher sich bei den Rettungsarbeiten im ,,Bazar" ausgezeichnet habe). Die Verkürzung der Dienstzeit (Forts.) . Eine wichtige Frage. Der Paniken im Kriege. Munitionsersatz . IV. Die Beamten in der Armee. Kriegs- Erinnerungen . Wie man in Deutschland Geschichte schreibt. Nr. 2207 : Unsere Kadres der Reserve und der Territorial-Armee . IV . Der griechisch - türkische Krieg. Die Reorganisation der italienischen Armee. Le Progrès militaire. Nr. 1722 : Inspizirung der Spezialwaffen. Der griechisch-türkische Krieg. Nr. 1723 : Militärische Erziehung und der einjährige Dienst. -- Der griechisch-türkische Krieg . Das Genie-Korps auf Madagaskar . - Die französische Kolonien. Nr. 1724 : Die KavallerieOffiziere und die Kriegsschule. Der griechisch - türkische Krieg. Mörderische Wirkungen des kleinen Kalibers . Nr. 1725 : Die Inspektion der Artillerie und die Marine. Die Marine - Truppen . Nr. 1726 : Die Beförderung. ― Die französischen Kolonien. - Der griechisch-türkische Krieg. Die Jugend Kaiser Wilhelms II . Nr. 1727 : Der Dienst des Generalstabes. Die französischen Kolonien. Der griechisch - türkische Krieg. Nr. 1355 : Astronomische und geschätzte La Belgique militaire. Navigation. Gedanken und Betrachtungen über die Reitkunst (Forts.) . Nr. 1356 : Ergänzung und Beförderung der Offiziere. Gedanken und
Betrachtungen über die Reitkunst (Schlufs) . Nr. 1357 : Die militärischen Radfahrer. - Der Aufstand in Dirfi (Kongo- Staat). Schweizerische
Monatsschrift
für
Offiziere
aller
Waffen.
94
Umschau in der Militär-Litteratur.
Nr. 4 : Versuche mit Kleinkaliberpatronen. Von Oberst Ed. Rubin. Die Feuertaktik der Infanterie seit 1793. Die deutschen Kaisermanöver 1896 in Sachsen und Schlesien. Revue militaire suisse. Das Dienstreglement (Mai 1897. ) Die Initiative und das Genie - Halbvom 10. März 1896 (Schlufs) . Bataillon. Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. Nr. 4: Mitteilungen über unsere Artillerie. --- Das 6,5 mm Repetirgewehr M/93 der Waffenfabrik Steyer im Vergleiche mit dem schweizerischen Repetirgewehr M/89 . -- Zur Schnelllader- Frage. - Grundsätze der Schlachtfeldbefestigung und des Kampfes um verschanzte Stellungen. Allgemeine Schweizerische Militär-Zeitung. Nr. 18 : Bericht über die Schweizerischen Kavallerie-Manöver im Herbst 1896. Nr. 19 : Bericht über die Schweizerischen Kavallerie - Manöver im Herbst 1896. Nr. 20 : Die Einmarschkämpfe an der Thessalischen Grenze. Army and Navy Gazette. Nr. 1944: Griechenland und die Türkei. Kriegsberichte. -- Die Oster-Manöver der Volunteers. Bericht über Anlage und Verlauf derselben bei Dover, Shorncliffe und Folkestone, Winchester, Chatham, Sheerness und Bisley. Der Krieg im Osten. Allgemein gehaltene strategische Betrachtung. Die Organisation der Artillerie. Dringendes Verlangen nach Vermehrung der Fufsartillerie, um sie zu befähigen, in Gemeinschaft mit der Flotte auftreten zu können. --- Der Generalstab in Indien. Enthält die neu erlassenen Dienstvorschriften für die Offiziere, welche hierzu übertreten wollen . Nr. 1945 : Die Reorganisation der Kavallerie. Bei 16 Kavallerie-Regimentern sind Depot- oder ReserveSchwadronen errichtet, weitere Vermehrungen sind zu erwarten. -- Griechenland und die Türkei. Kriegsberichte. - Das Signalwesen im Heere. Oberstlieutenant Kennedy, der Inspekteur des Signalwesens, schildert in einem Vortrage die Organisation dieses Dienstes in Bezug auf elektrische Telegraphen, Telephone, optische Signale, berittene Ordonnanzen, Radfahrer und Ballons. Nachtübungen in Aldershot. Beschreibung der stattgehabten Übungen. Der griechisch-türkische Krieg . Die Leistungen der türkischen Kavallerie und Artillerie werden als mangelhaft hingestellt. - Die Yeomanry - Kavallerie. Der gegenwärtige Zustand der Yeomanry wird in Bezug auf Stärke und Ausbildung als recht günstig hingestellt. Nr. 1946 : Die Grenze der passiven Verteidigung. Eine militär - politische Betrachtung. Griechenland und die Türkei. Kriegsberichte über die Kämpfe in Thessalien, besonders die Gefechte von Velestino und Pharsala. Über Feuer-Disziplin. Vortrag des Kapitän Murray von den Gordon Hochländern, die in der deutschen Armee herrschenden Grundsätze werden als mustergültig hingestellt. - Der griechisch-türkische Krieg. Allgemein gehaltene strategische Betrachtung. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 230 : Die Vorteile der freiwilligen und allgemeinen Wehrpflicht vom militärischen und vaterländischen Gesichtspunkte betrachtet. Behandelt die eigenartigen Verhältnisse der englischen Heeres Organisation, für die eine allgemeine
Umschau in der Militär - Litteratur.
95
Wehrpflicht nicht geeignet, eine Erweiterung des freiwilligen Heeresdienstes aber wünschenswert erscheint. Die Stenographie in der Armee. Die Verbreitung dieser Kunst erscheint dringend nötig. im Ausland. Geschichtliche Zusammenstellung
Schweizer Regimenter der Thätigkeit dieser
Regimenter in Frankreich, Holland, Spanien, Sardinien, Preufsen, Venedig und im Kirchenstaat. Die erste Einnahme des Khibar-Passes 1838/39 . Eine kriegsgeschichtliche Bearbeitung. Plaudereien über Kavallerie, nach dem jetzt in englischer Übersetzung erschienenen Werke des Prinzen Hohenlohe. Journal of the United Service Institution of India. Nr. 127 : Kriegführung in den Dschungeln. - Infanterie-Feuer und InfanterieAusbildung. Die Anregung zum Fechten. Die Notwendigkeit der Ausbildung der Offiziere im Hiebfechten wird besprochen. Das Duell auf den deutschen Universitäten . Kapitän Colomb, der selbst Mitglied eines Bonner Korps gewesen ist, schildert das Wesen des studentischen Duells. Über optische Laternen. Ein Beitrag zum optischen Signalwesen. Russischer Invalide. Nr. 82 : Verzeichnifs der Kommandanten der Eisenbahn-Stationen. ,,Der thessalische Kriegsschauplatz". Nr. 88 : Auf dem Dampfer der freiwilligen Flotte ,,Woronesh" wurden 1150 OrenburgKasaken mit ihren Familien nach dem Süd-Ussuri-Gebiet zur Ansiedlung daselbst abbefördert. Nr. 89 : ,,Winter-Felddienstübungen beim GrenadierKorps. " Nr. 90 u. 91 : „ Die Sommerübungen der Truppen im Jahre 1877" (siehe Aufsatz ,,Armee- und Marine-Nachrichten aus Rufsland "). Nr. 93: „ Die Taktik der deutschen Truppen . " Nr. 95 : Uniformabzeichen der neuformirten Artillerie- Brigaden. Direktiven des Oberbefehlshabers der Truppen des Militär-Bezirks Petersburg für die diesjährigen Sommerübungen. - ,,General von der Goltz über die türkische Armee." Nr. 98 : Das 15. französische Infanterie-Regiment übersandte dem 15. Inf.- Rgt. Schlüsselburg (Garnison : Repnin-Stab, Gouv. Lomsha) als Geschenk eine Bronze-Gruppe, darstellend den Genius Frankreichs, welcher mit der Hand in die Ferne weist, mit der linken Hand einem Jüngling ein Gewehr überreicht ; der Jüngling ergreift das Gewehr und stürzt sich vorwärts in der von dem Genius Frankreichs gewiesenen Richtung. Nr. 100 : Die Festungen Bobruisk und Bender werden als Festungen aufgegeben , die Kommandantur- Stäbe, Festungs- Gendarmen-Abteilungen etc. werden aufgelöst ; die Festungen Kijew und Dwinsk werden in Festungs - Depots umbenannt, der Etat der betr. Komandantur-Stäbe wird verringert. Nr. 103 : Ausgabe des Entwurfs eines ,,Reglements für den Infanterie - Frontdienst" und einer 99Vorschrift für die Thätigkeit der Infanterie im Gefecht." Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 338 : Der Train auf Schlittenkufen . Die Remontirung der Artillerie- Pferde im Militärbezirk Warschau. Nr. 339-340 : Treibjagd des Jagdkommandos des 143. Infanterie- Regiments Dorogobusch bei Brjansk. Feld - Telephon . Nr. 341 : Als Gäste bei den Österreichern (Schilderung des gegenseitigen Besuches der Garnisonen Radsiwillow und Brody bei Gelegenheit von Truppen-Exerzitien). -
96
Umschau in der Militär- Litteratur.
Feld-Telephon . - Briefe vom Ufer der Themse. Nr. 342 : Enthält das Bild des russischen Kaisers in der Uniform Seines englischen schottischen Dragonerregiments. - Der Parteigänger-Krieg auf Cuba. - Eine fliegende Patrouille des 2. Don-Kasaken-Regiments . - Ein Kaukasicher Veteran. Der Zug-Unteroffizier (Sergeant) Ssawin. Russisches Artillerie-Journal. Nr. 4: Zur Verteidigung der Theorie der Wahrscheinlichkeit. Aus Anlafs des Aufsatzes : "" Von der Bearbeitung der Ergebnisse der Beobachtung." - Von den Mitteln der Feuerleitung, welche in der deutschen Feldartillerie angenommen sind (Schlufs). Panzerthurm und Verschwindlaffeten (Forts.) . - Fabrikation und Prüfung des Aceten. lement (Forts.).
Bemerkungen zum Artillerie-Exerzir-Reg-
Wajennüj Ssbornik. 1897. ( Mai.) Napoleon und Wellington (I) . Ein vom General Dragomiroff aus Anlafs des in dem Pariser Journal ,,Cosmopolis" erschienen Artikel ,, Napoleon und Wellington" verfafster Aufsatz. Die thatsächliche Bedeutung der Selbstständigkeit in der Befehlsführung im Kriege . (Aus Anlafs einiger Äufserungen in unserer militärischen Presse) VII. - Die grundlegenden Bestimmungen für den Feldwacht- und den Aufklärungsdienst. Artilleristische Bemerkungen. Die Kunst des artilleristischen Manöverirens . II. Die Jagd- Kommandos, Über die Küchen-Heerde für provisorische Verpflegungs- Stationen. Über die Griffe mit dem Säbel bei der Artillerie. -- Erinnerungen eines alten Soldaten aus dem Feldzuge 1877/78 . Die Expedition des Jahres 1895 auf dem Sungari. ( Schluſs). - Die taktische Bedeutung des Gewehrfeuers. (Aus dem französischen Werke : ,, Dernier Effort. ") - Die Anwesenheit des Provisorische Verordnung Österreichischen Kaisers in St. Petersburg. für die Verstärkungs-Arbeiten der Festung Kronstadt. --- Die Streitkräfte der Türkei und Griechenlands. L'Italia militare e marina.
Nr. 86 : Die neue Methode der Militär-
Gymnastik. Nr. 87 : Das Vertrauen in die Führer ; bezieht sich auf den Feldzug in Afrika und speziell auf den jetzt heimkehrenden General Albertone, der eine Hauptschuld an der Niederlage vom 1. März 1896 hat. Nr. 90/92 : Aus den Gewässern von Kandia. Nr. 93 : Die ersten Eindrücke über die strategische Lage der kriegführenden Mächte . Nr. 96 : Aus den Gewässern von Kandia. Nr. 97 : Nochmals das Vertrauen in die Führer. Deutsche und französische Urteile über das neue italienische Reglement, betreffend den Dienst im Kriege. Nr. 98 : Die augenblickliche strategische Lage der Türken und Griechen. Nr. 99 : Die neue Heerordnung. Nr. 100/102 : Noch die neue Heerordnung. Rivista di artiglieria e genio. (März 1897.) Über einen Beitrag zur rationellen Lösung des ballistischen Problems. - Die Feldartillerie , das Schnellfeuergeschütz und die Taktik, von Oberstlieutenant Allason. — Bemerkung über die Grundsätze der Verteidigungskunst. -- Typus eines Zeltes für ein Gebirgs-Feldlazaret. - Das Verteidigungs-System von Tirol. (Studie von Frobenius, Forts . ) - (April 1897.) Graphische Schufstafeln. - Die Unterbrechungen von Strafsen. ________ Das Verteidigungssystem von
Umschau in der Militär- Litteratur.
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Die neue Tyrol. (Schlufs.) - Selbstthätige Mitrailleuse Hotchkifs . Anleitung zum Schiefsen und Geschütze der deutschen Feldartillerie. Revista cientifico -militar. (Spanien .) Nr . 7 : Französische Artillerie. (Forts.) - Auszug aus einer militärischen Studie über die Philippinen. Das Kriegsgewehr (nach der ,,Rev. du cercle militaire".) Nr. 8 : Französische Artillerie . (Forts.) - Auszug aus einer militärischen Studie über die Philippinen. (Forts.) - Das Kriegsgewehr. (Forts.) - Pneumatische Kanonen der Vereinigten Staaten. - Gebirgs-Artillerie. ―― Augenblickliche Tendenzen der deutschen Infanterie. Rivista Militare Italiana. (1. Mai. ) Dokumente, betreffend den Krieg in Afrika, (Offizieller Bericht des General Vigaro über die Operationen gegen die Derwische.) Mit 6 Skizzen. Der Feldzug von 1708 in den Westalpen. Esercito Italiano. Nr. 52 : Die Operationen gegen die Derwische, Januar Februar 1897. Nr. 53: Rede des Kriegsministers Pelloux für Nr. 54: Die Verhandlungen Begründung des Heeresreformgesetzes. über die Heeresreform. Nr. 55 und Beilage : Die Begründung der Heeresreform-Vorlage. (Sehr beachtenswert.) der Unteroffiziere in der Front.
Nr. 57 : Die Beförderung
Memorial de Ingenieros del Ejercito . (Spanien .) Nr. IV : Der Heer und Flotte Die Linie Mariel-Majara. Krieg auf Cuba. ― Griechenlands. Revista Militar. (Portugal.) Nr. 8 : Die Ausbildung der Rekruten . Skizze der Geschichte des 1. Jäger-Regiments. Krigsvetenskaps Akademiens-Handlingar. (Schweden. ) April Vorschlag zur Umgestaltung der schwedischen Heeresverwaltung. Norsk Militaert Tidsskrift. (Norwegen.) 4. Heft : Etappen- und Eisenbahnwesen früher und heute. Militaire Spectator. (Holland.) Heft 3 : Die Vorbereitung der Genietruppen auf ihren Dienst im Kriege . Militaire Gids. (Holland .) 3. Lieferung : Schiefsübungen und Schiefsfertigkeit.
II. Bücher. Militärische Schriften weiland Kaiser
Wilhelm's
des
Grofsen
Majestät. Herausgegeben vom Königlich Preufsischen Kriegsministerium. In zwei Bänden. Berlin . E. S. Mittler & S. Geheftet 16 M., gebunden 20 M. Das Königliche Kriegsministerium hat auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers mit den vorliegenden stattlichen Bänden eine überaus wertvolle Gabe zum 22. März gestiftet, deren Bedeutung darin liegt, dafs sie erkennen läfst, in welchem Umfange Kaiser Wilhelm seit seinen frühehesten Mannesjahren der Erzieher und Bildner des Heeres gewesen ist, das er in hohem Greisenalter von Sieg zu Sieg zu führen berufen war. Wenigen Sterblichen Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104. 1. 7
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ist es vergönnt, so die reichliche und reife Frucht eines langen und arbeitsamen Lebens und Wirkens noch zu ernten. Der Werdegang der preussischen Heeresentwickelung bis zum Jahre 1865 ist es, der uns in diesen Blättern vorgeführt wird. Der 1. Band umfafst die Zeit von 1821 bis 1847 , der 2. die von 1848-1865 . Die Urkunden über die von dem verewigten Kaiser bei den Beratungen über wichtige Fragen der Wehrkraft entfaltete Thätigkeit, seine Denkschriften, Gutachten und Vorschläge sind hier wortgetreu nach den Handschriften wiedergegeben und schliefsen im wesentlichen ab mit dem grofsen Werke der Reorganisation des Heeres vom Jahre 1860 , jenes Werkes, das er ausdrücklich als „ Sein Werk" zu bezeichnen pflegte und das als den Grund- und Eckstein der Erfolge in den deutschen Einheitskriegen der Jahre 1864, 66, 70/71 zu betrachten ist. Diese für die Geschichte Kaiser Wilhelm's überaus wichtigen Schriftstücke sind, soweit erforderlich, von ausführlichen Einleitungen und Schluſsbemerkungen und sonstigen urkundlichen Beigaben begleitet und durch sie erläutert. Ein Sachregister ermöglicht es, das Werk für zukünftige militärische Studien nutzbar zu machen und zu Rate zu ziehen. Auf den reichen Inhalt des Werkes näher einzugehen, müssen wir uns für spätere Zeiten vorbehalten. Es sei nur betont, dafs es in hohem Maafse verdient, nicht nur in den Kreisen der Armee, sondern auch in den weitesten Kreisen der Gebildeten unseres Volkes Verbreitung zu finden. Sein Studium wird Nutzen stiften und die verbissensten Gegner des geschmäheten ,,Militarismus“ davon überzeugen, dafs Kaiser Wilhelm , als Träger der Scharnhorst'schen Gedanken, nicht nur ein militärischer Fachmann, sondern ein Organisator ersten Ranges war, der als solcher der wahre Wohlthäter des Vaterlandes und seines 99 Volkes in Waffen“ wurde, denn "" was helfen alle Güter, die uns Gott geschenkt hat" SO äufserte er sich einst am 14. Oktober 1862 ,,wenn kein Schutz dafür vorhanden ist, wenn sie bedroht werden ?" - Das vor Allem mögen auch die dem Heere ferner Stehenden aus diesen ,,Militärischen Schriften“ weiland Kaiser Wilhelm's des Grofsen lernen . 4. Kriegsgeschichtliche Einzelschriften. Herausgegeben vom Grofsen Heft 19 : König Generalstabe, Abteilung für Kriegsgeschichte . Wilhelm auf seinem Kriegszuge in Frankreich 1870. Von Mainz bis Sedan. Zum 22. März 1897. Nebst den Plänen der Schlachtfelder bei Metz und Sedan . Preis 1,75 M.
Berlin .
E. S. Mittler & S.
Die Feier des 22. März d. Js. veranlafste die Abteilung für Kriegsgeschichte des Grofsen Generalstabes, einen Beitrag zur Lebensgeschichte des verewigten Kaisers Wilhelm zu veröffentlichen, der zugleich weiten Kreisen des Volkes willkommen sein wird . Diese Schrift will ein Gedenkblatt sein, niedergelegt am Denkmal unseres unvergesslichen Kaisers , sie schildert dessen Erlebnisse während der an Ereignissen und Erregungen, an Anstrengungen und Erfolgen überreichen ersten Wochen des Krieges von
Umschau in der Militär-Litteratur.
1870/71
99
Auf Grund zahlreicher und höchst wertvoller Mitteilungen aus
der Umgebung des Königs, namentlich von Seiten des Kommandeurs der Stabswache, wird die Fahrt von Berlin bis an die Grenze genauer, als sie bisher bekannt war, wird vornehmlich aber des Königs Teilnahme an den grofsen entscheidenden Schlachten, in denen er den Oberbefehl führte, Gravelotte und Sedan , aufs Genaueste beschrieben . Die hier mitgeteilten Begebenheiten gewähren einen tiefen Einblick in das Leben und in die Charaktergröfse des Königs in so ereignifsschwerer Zeit. Es offenbart sich in ihnen die Herzensgüte, die Pflichttreue, aber auch die Kraft, die Umsicht, der Herrscherblick des grofsen Monarchen. Über die hohe geschichtliche Bedeutung dieser Schrift ist kein Wort zu verlieren. 3. v. Gofsler. Wilhelm der Grofse in seinen Beziehungen zur Kunst. Rede, bei der Jahrhundertfeier der Königlichen Akademie der Künste, am 20. März 1897 gehalten. Nebst urkundlichen Anlagen. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 1,75 M. Der Herr Verfasser, dem in seiner Stellung als Kultusminister auch die Pflege der Kunst während der Regierung Kaiser Wilhelm's d. Gr. anvertraut war, ist sicherlich der berufenste Mann, um zu dessen „Beziehungen zur Kunst" das Wort ergreifen. Man überblickt in seiner Schilderung die zahlreichen Kunstwerke, die unter des verewigten Kaisers Fürsorge geschaffen worden sind, aber auch den Einflufs, den er auf deren Gestaltung und Förderung geübt hat. Immer waren es tiefe Pietät und Wahrheitsliebe , die ihn auch in diesem Wirken leiteten. Das Alte in seinem Werte schonend erhalten, das Neue zweckmässig und würdig gestalten -- so läfst sich Kaiser Wilhelm's Standpunkt der Kunst gegenüber kurz bezeichnen . Mit Bewunderung erfahren wir, wie der edle Sinn des Kaisers den Kernpunkt jeder künstlerischen Aufgabe sofort erkannte ; dieselben Grundsätze, die ihn in seinem staatsmännischen Wirken leiteten , waren auch auf diesem ihm ferner liegenden Gebiete für ihn maſsgebend. Besondere Betonung verdient die ihm auch hier eignende Bescheidenheit, die ihn veranlafste, mit seiner Person in allen Kunstwerken, bei Inschriften oder Bildnissen zurückzutreten. Der Spender wollte er sein, nicht der Gefeierte. -- Es ist eine zweifellos sehr dankenswerte Aufgabe gewesen, denen sich der Herr Verfasser in seiner Rede unterzogen hat ; lernen wir doch den unvergesslichen Herrscher nun auch von einer Seite kennen und bewundern , die bisher von fast sämmtlichen Biographen Kaiser Wilhelm's vernachlässigt worden ist. Die Schrift des Herrn von Gofsler füllt in der Kaiser-Wilhelm -Litteratur eine fühlbare Lücke aus ; sie ist uns 1. aus diesem Grunde hoch willkommen. Kaiser Wilhelm der Grofse, der siegreiche Kriegsherr und sein siegreiches Kriegsheer. Von J. Kessler , Garnisonpfarrer von Potsdam. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 25 Pf. 7*
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Umschau in der Militär- Litteratur. Unter den zahlreichen Schriften über Kaiser Wilhelm wird man auch
der vorliegenden einen ehrenvollen Platz anweisen dürfen . Sie ist insofern eigenartig, als der Herr Verfasser besonders die militärischen Tugenden des Heldenkaisers in den Vordergrund der Darstellung bringt. Zur Verbreitung in den Kreisen des Heeres und der Marine ist demnach diese 4. Schrift ganz besonders geeignet, sie verdient warme Empfehlung . v. Schlichting , General der Infanterie z. D. Taktische und strategische Grundsätze der Gegenwart. I. Teil. Die Taktik der Waffen im Lichte der Heeresvorschriften. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 4 M. Vorliegendes Werk giebt die beste Antwort auf die schier unglaubliche, unserem Offizierkorps wahrlich in den Augen unserer litterarisch so thätigen Nachbar - Armeen nicht zum Ruhme gereichenden, unseres Erachtens auch gänzlich unrichtigen Strömung gewisser Kreise, welche aus dem Umstande , dafs die deutsche Militärlitteratur vorzugsweise von Offizieren a. D. beherrscht wird, einen Niedergang derselben konstruiren möchte. Wenn die heute meist bis zur körperlichen und geistigen Übermüdung im Dienste in Anspruch genommenen Offiziere des aktiven Dienststandes oft keine Muſse und Frische zu litterarischer Beschäftigung finden, bedauern wir dies auf das allerlebhafteste, ebenso auch, wenn viele mit Rücksicht auf die durch die bestehenden Bestimmungen gezogenen Schranken sich von einer geistigen Thätigkeit in dieser Richtung abhalten lassen. Dafs hierdurch naturgemäfs die für das geistige Leben und die Fortbildung des Offizierkorps so unentbehrliche litterarische Thätigkeit wesentlich von den vielen geistig frischen , im Besitze reicher Kenntnisse und praktischer Diensterfahrung befindlichen ,,inaktiven“ Offizieren übernommen wird, kann nur dankbar von allen begrüfst werden, welche es mit der Erhaltung unserer Armee auf der bisher eingenommenen hohen Stufe geistiger Entwickelung und der Förderung derselben treu meinen . In diesem Sinne danken wir dem hochverehrten General, welcher rüstig und frisch wie nur Einer den Inhalt und die Fortsetzung seiner die Kriegsfertigkeit der ihm untergebenen Truppen in seltener Weise fördernden Lehrmethode in dem vorliegenden Werk zum Gemeingut aller Teile unseres Offizierkorps macht. -- Mit vollem Rechte weist der General in der Einleitung darauf hin, wie gerade das zweite Viertel des Jahrhunderts für die Entwickelung der taktischen Leistung unserer Armee so wenig fruchtbar war, weil man auf praktische Geistesarbeit mehr und mehr verzichtet. Das v. Schlichting'sche Werk bespricht zunächst die wichtigste und entscheidende Reform unseres Infanterie- Reglements - die Beseitigung des Treffengefechts in einem ,,Treffen- und Kommando - Einheiten " überschriebenen Kapitel. Dann wird die jetzige Bedeutung des Exerzirplatzes für die taktische Ausbildung, die Wechselwirkung zwischen Platz- und Geländeübungen, die Formen des Infanteriekampfes, die Gefechtsabstände, Feuerleitung, die besonderen Gliederungen und Gefechtsarten dieser Waffe
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einer eingehenden Betrachtung unterzogen, welchen Verfasser einige Gedanken über „ Exerzirpraxis“ anreiht. - Mit grofser Schärfe wendet sich v. Schlichting gegen die oft mit souveräner Überlegenheit unserer Übungsplätze beherrschenden und ihre untergebenen Truppenführer jeder Freudigkeit systematisch beraubender Anhänger schöner Gefechtsbilder, welche schliefslich auf Mittel zurückgreifen, deren Unwert durch unsere Ernstkämpfe längst erwiesen ist. Mit Bezug hierauf sagt der General : ,,Der rückhaltlos und geschickt in kürzester Frist auf dem Exerzirplatze durchzuführende Gefechtsverlauf fordert gebieterisch die Unterbindung der Entschlufswahl in den Teilführungen , und die Mittel dazu liefert das noch immer nicht in Vergessenheit geratene Treffengesetz . Die Abrollung eines Gefechtsbildes kann die Richtung der Staffeln nicht entbehren und fordert Gleichmässigkeit in den Bewegungen und Gefechtsauflösungen. Der Platzanspruch begünstigt die alignirten Stellungen der Angriffsfronten und verlangt den parallelen Ansatz zu den feindlichen. " In gleicher Weise entwickelt Verf. seine Ansichten über die Übungen im Gefecht der Artillerie und der Kavallerie . Überall finden wir ein Zurückgreifen auf den ewigen Born für alle Truppenlehrer, die Kriegsgeschichte, überall das Verständnifs des erfahrenen Truppenlehrers und Erziehers, welcher dem Schreiber dieser Zeilen einmal sagte : „ Wer nicht zu lehren versteht, darf kein General sein !" Bei solcher tiefen Auffassung seiner Aufgabe wird das Werk Schlichting's auch für diejenigen anregend und belehrend sein, welche seinem Gedanken nicht folgen wollen oder nicht folgen können . 17. Über die Ausbildung und Erziehung der Schweizerischen Infanterie. Von Major Gertsch.
Bern 1897.
Verlag von Stalder & Sieber.
Mit der vorliegenden kleinen Schrift hat der Verfasser vornehmlich bezweckt, das Arbeitsfeld der Dienstausbildung der Schweizerischen Infanterie im Hinblick ihrer kurzen Dienstzeit und ihres Charakters als Miliz zu begrenzen und letztere dadurch qualitativ zu heben. Mit reifen taktischen Kenntnissen und richtigem Verständnifs von den Aufgaben der Ausbildung ermahnt er, den Wert hierbei auf das Schiefsen und die Erziehung zur Disziplin durch ein straffes Exerzitium zu legen und im Felddienst vornehmlich die einfachsten Formen der Offensive und Defensive zu üben, komplizirtere Übungen und Aufträge zur Vorbildung für höhere Führerschaft aber zu unterlassen . Ebenso will er die Übungen der Marschsicherung und des Vorpostendienstes nach Möglichkeit beschränkt und mehr instruktiv behandelt wissen. - Wenn auch wohl ausschliefslich für die Schweizerische Armee bestimmt, so enthält doch die kleine Schrift so viel allgemeine Wahrheiten und bekämpft viele, auch bei unserer grofsen Deutschen Armee obwaltende irrtümliche Anschauungen und Mifsstände, dafs auch uns nur empfohlen werden kann, ihren Inhalt sinngemäſs zu beherzigen ! -Insbesondere sind seine Fingerzeige für die Leitung von Übungen zur Erzielung einer kühnen Offensive beim Angriff und des zähen Aushaltens bei der Verteidigung sehr beachtenswert ! Desgleichen
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Umschau in der Militär - Litteratur .
enthält eine kurze beigefügte für die Führer bestimmte Belehrung über Sicherungs- und Feldwachtdienst auch für uns viel Praktisches und v. M. Klärendes ! Fröschweiler Chronik. Kriegs- und Friedensbilder aus dem Jahre 1870/71 von Karl Klein , ehedem Pfarrer in Fröschweiler. Illustrirt von E. Zimmer. 8.- 14. (Schlufs-) Lieferung. München. Beck'scher Verlag. Preis jeder Lieferung 50 Pf. Wiederholt haben wir an dieser Stelle auf die Gediegenheit des Inhaltes und der Ausstattung dieses Werkes die Aufmerksamkeit unserer Leser gelenkt. Wir thun dies nunmehr, nachdem dasselbe mit seiner 14. Lieferung abgeschlossen ist, nochmals gern und stehen nicht an, es für eine der besten Leistungen auf dem Gebiete der volkstümlichen Kriegs - Litteratur zu erklären. Jedem Teilnehmer an der Schlacht von Wörth wird das Werk eine besonders willkommene Gabe sein; es sei Volks- und Kompagnie4. Bibliotheken ganz besonders zur Beschaffung empfohlen. 1. Unteroffizier-Aufgaben. Ein Beitrag zur Ausbildung der Unterführer. Für Offiziere, Einjährig-Freiwillige und Unteroffiziere zusammengestellt. Mit einer Karte und vier Krokis im Text. Preis 1,20 M. 2. Zeitgemäfser Dienstunterricht. Ein Hilfsmittel für den Unterricht der Mannschaften aller Waffen. Von J. Hoppenstedt, Hauptmann. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 1 M. Durch die Unteroffizier - Aufgaben" bezweckt der Verfasser, die zum Nachdenken anzuregen , Unterführer auch die jüngeren Offiziere ihr Urteil zu schärfen, ihre Entschluſskraft zu entwickeln, sie zum bewuſsten Handeln anzuspornen und zur Mitarbeiterschaft im Sinne der Leitung geeignet zu machen. Er behandelt darin den Vorpostendienst, die Geländeerkundung, den Kampf der Infanterie gegen Artillerie, die Herrichtung des Kampffeldes , die Ausgestaltung gedeckter Anmarschwege und das Schanzen bei Nacht. Ganz besonders sind auch diejenigen Kriegshandlungen berücksichtigt, die, wie z. B. der Ortskampf, im Frieden nicht geübt werden können. Im ,,Zeitgemäfsen Dienstunterricht" hebt der Verfasser als dessen Hauptgegenstände die Armeekunde, den Unterricht im Gelände, das Schulschiefsen und die vaterländische Geschichte hervor. Überall geht er dabei von den dem Soldat nächstgelegenen auschaulichen Begriffen aus und entwickelt dadurch leicht und sicher sein Verständnifs für die Obliegenheiten des Dienstes. Beide Schriften bekunden den erfahrenen Trnppenführer und dürfen als ein geeignetes Hilfsmittel zur kriegsgemäſsen Ausbildung der Unter4. offiziere und Mannschaften bezeichnet werden.
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III.
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Seewesen.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft IV: Ansprache zur Feier des hundertsten Geburtstages Sr. Majestät des hochseligen Kaisers Wilhelm I. , des Grofsen, in dem Lichthofe der Seewarte am 22. März 1897. - Segelanweisung für Friedrich - WilhelmsHafen, Prinz - Heinrich - Hafen, Angriffs - Hafen und die Küste bis zur Germania-Bucht. --- Aus dem Reisebericht S. M. S . ,,Möwe", Komdt. Korv.Kapt. Janke. August 1896. Apia - Jaluit - Matupi. Aus dem ReiseNovember und bericht S. M. S. ,,Falke", Komdt. Korv.- Kapt. Krieg. Dezember 1896. - Reise des Vollschiffes ,,Columbus" von New-York nach Hongkong. Nach dem Bericht des Kapt. Fr. Stöwer. — Bericht über im Talcahuano und Valparaiso, von indischen Ozean angetroffenes Treibeis. Kapt. H. Otto, Führer des Schiffes ,,Undine". Mistpoeffers . Hydrographische Forschungen im Roten Meere (mit einer Tiefenkarte des Golfes von Akabah). - Notizen : 1. Bemerkungen über Galveston (Texas). 2. Für Japan- und Chinafahrer. - 3. Über aufserordentliche Sichtigkeit der Luft und sehr starkes Meeresleuchten . 4. Lootsenwesen im Hafen von Neapel und der Bucht von Puzzuoli . - Die Witterung an der deutschen Küste im Monat März 1897. Hierzu ein Beiheft: Mittlere Entfernungen auf Dampferwegen in Seemeilen . Marine -Rundschau. Mai 1897. Zur Vorgeschichte der Flotte, von Der Gefechtswert der Kriegsflotten , von Vize-Admiral Batsch (Forts .). Eine neue Erfindung zur Ausnutzung der Kraft der Georg Wislicenus. Aus Die Murman-Küste (mit 1 Plan). Wellen (mit 2 Abbildungen). der Entwickelung unserer Verwaltung, von Wirkl. Admiralitätsrat Koch. - Die germanische Götter- und Heldensage mit Rücksicht auf die ihr entstammenden Schiffsnamen. Vorträge, gehalten in der Aula der Kais. Mitteilungen aus fremden Marine- Akademie von Prof. Dr. Eugen Wolff. Marinen. - Speisung eines Wasserrohrkessels mit Seewasser. Nr. VI: Das Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. neue Strafsenrecht zur See. - Schiefsversuche gegen gehärtete Nickelstahlplatten. - Das englische Marine - Budget für das Verwaltungsjahr Das deutsche Packetboot Fremde Kriegsmarinen . 1897/98. ,,Pennsylvania". Army and Navy Gazette. Nr. 1944 : Einige Veteranen der Marine. - Der Wert der Beschiefsungen türkischer Plätze durch die griechische Flotte. Probefahrtergebnisse mit neuen Torpedobootzerstörern (einer soll 33 Knoten laufen). Der Ausbauplan der japanischen Flotte. Griechenland und die Türkei. Die königlich afrikanische Marine . Nr. 1945 : Der Bau von Schiffen für den Krieg. Lange Dauer der französischen Probefahrten.
Griechenland und die Türkei.
Nr. 1946 : Die Marine als
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Umschau in der Militär-Litteratur.
ein Lebensberuf. - Grenzen der passiven Defensive . -- Günstige ProbeEiniges über die fahrt des ,,Pelorus" ( 18,3 sm bei natürlichem Zuge). ,,Alabama". - Über die Marine - Äufserungen Sr. Majestät des Kaisers. - Griechenland und die Türkei. - Feuer-Disziplin. Nr.1947 : SeekadettenVeränderungen im Kanal- Geschwader. -- Der Eintritt von Schiffe. Griechenland und die Türkei. Nr. 1948 : Der Schutz Marine-Kadetten. der Handels-Routen. --- Die Yacht- und Fischerei-Ausstellung im Imperial Institute. - Die Jahres-Regatta des Kanal - Geschwaders. - Brand der Holzbeplankung des auf der Helling stehenden ,,Argonaut". - Griechenland und die Türkei.
neuen
Kreuzers
Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 231 : Obok und die an den Golf von Padjura grenzende Gegend. — Photographien des russischen Panzers ,, Sissoi Velikij " und des bei der bekannten Explosion beschädigten hinteren Turmes dieses Schiffes. Der türkisch - griechische Krieg. Army and Navy Journal. Nr. 1756 : Die ,,Alabama" und der ,,Prince George". - Die Panzer -Frage. Die neuen japanischen Panzerschiffe. - Unsere Handelsmarine. Nr. 1757 : Die Erziehung von KadettIngenieuren für die Marine . Griechenland und die Türkei. - Die Dampf- Kriegsflotte der Vereinigten Staaten. Nr. 1758 : Englische Ansichten über unsere Marine. Die Flotten - Parade. Nr. 1759 : KontreAdmiral Richard W. Meade. - Die Wirksamkeit von Monitor-Fahrzeugen . Griechenland und die Türkei. Das Panzerschiff „ Jowa". Was wir von Japan erwarten können. Nr. 1760 : Die sechsjährigen MarineDas Trockendock in Brooklyn. ---- Die für Probefahrten von Kadetten. Schiffen in Frankreich aufgewendete Zeit. Ein französischer Vorposten gegen England. Revue maritime et coloniale. März 1897. Die fünfte Abhandlung über die Geometrie der See - Taktik. - Studie über die budgetmässige Spezialität. - Luftströme, ihre Kurse und ihre Ausnutzung durch den --Aërostaten (Forts. ). Studie über die Möglichkeit für ein Dampfschiff, des Nachts erkennen zu lassen, welchen Kurs es steuert. --- Wert der Schlachtschiffe vom Standpunkte der Artillerie betrachtet. --- Der ,,Powerful". - Verhalten der Torpedoboote in hoher See. Neuere Fortschritte der verschiedenen Typen von Panzern und der Grofs- Artillerie. -- Berichte über Seefischerei. - Instruktion zur Leberthranbereitung aus den DorschLebern. Rivista marittima. Mai 1897. Auskundschaftung eines Gegners auf See. -- Die römischen Schiffe des Nemi - Sees. - Marine -Litteratur. Über die Eintauchänderungen von Schiffen und ihre Wirkung auf das Längsschiffsbiegemoment. Die Regatten an der Rivièra. -- Die NiclausseKessel des ,,Christobal Colon". Ein neuer Mitrailleusenkarabiner Hotchkifs . Die Seestreitkräfte Griechenlands und der Türkei. Morskoi Sbornik. (Russischer Marine- Sammler.) Mai 1897. Nr. 5 : Offizieller Teil. Der auf der neuen Admiralität in St. Petersburg im
Umschau in der Militär-Litteratur.
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Bau befindliche Kreuzer, von 6630 t Wasserverdrängung wird „ Awrora“ (Aurora) benannt und der Baltischen Flotte zugeteilt. Verzeichnifs der im Jahre 1896 von der hydrographischen Hauptverwaltung herausgegebenen Karten und Pläne. 99 Regeln zur Verhinderung von Zusammenstöfsen von Schiffen auf See". Auszug aus dem Rapport des Kommandeurs Nachrichten über die Kriegsschiffe des Geschwaders im Stillen Ozean. in ausländischen Gewässern. Nichtoffizieller Teil. Über die Erforschung des nördlichen Eismeeres ; (Vorträge des Barons Wrangel und des Vize - Admirals Makarow, gehalten im Kronstädter Marine - Kasino). Der Seekrieg der Zukunft. Vergleichende Stärken der Flotten der Haupt- Seemächte. --- Bau und Probefahrten von Dreischrauben-Kreuzern (,,Columbia“ ,,,Minniapolis“ und „,Kaiserin Augusta") . der Schiffe .
Über Ventilation
IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Der Dienstunterricht des deutschen Infanteristen (Dispositionsbuch). Von Herhudt von Rohden , Major. 2 Hefte. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 90 Pf. 2. neu bearbeitete Auflage. 2. Tafeln zur Flugbahnberechnung der Infanteriegeschosse nebst kurzer Anleitung zum Gebrauch der Tafeln. Herausgegeben von von Burgsdorff, Sekondlieutenant und von Recklinghausen , Premierlieutenant. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 6 M. 3. Grundrifs der Taktik.
Von Meckel , General.
4. durch-
gearbeitete Auflage. Mit Abbildungen im Text und zwei Kartenbeilagen in Steindruck. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis geh. 7 M., geb. 8,50 M. 4. Einflufs der Kultur auf Krieg und Kriegsrüstung. Von von Reichenau , General. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 1,75 M. Eine ver5. Die Heerführung Napoleon's und Moltke's. gleichende Studie von Frhr. von Freytag - Loringhoven , Hauptmann . Mit 13 Skizzen im Text. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 1,20 M. 6. Der Gendarmerie-Probist. Anleitung zum praktischen Dienstbetrieb und Vorbereitung zum Examen. Von Winkelmann , Oberstlieutenant. 5. Auflage. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 1 M. 7. Anleitung zum Unterricht über Fahneneid , Kriegsartikel und Berufspflichten. Von von Estoff, Hauptmann . 3. durchgesehene Auflage. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 70 Pf. 8. Handbuch für Einjährig - Freiwillige , Reserve - OffizierAspiranten und Offiziere des Beurlaubtenstandes des Trains. Bearbeitet von Eiswaldt , Oberstlieutenant. 3. , auf Grund der neuesten Vorschriften bearbeitete Auflage mit 21 Abbildungen im Text. Berlin 1897 . E. S. Mittler & S. Preis 3 M.
Umschau in der Militär - Litteratur.
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9. Untersuchungen über die Reise- und MarschgeschwindigVon Dr. Fr. Ludwigkeiten im XII. und XIII. Jahrhundert. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. 10. Sonderabdrücke aus von Loebell's Jahresberichten über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen. XXIII. Jahrgang . a) Taktik der Infanterie und das Gefecht der verbundenen Waffen. Preis 75 Pf. b) Taktik der Feldartillerie. c) Taktik der Kavallerie. 11. Der Dragoner von Gravelotte. Ein Reiterlied aus herrlicher Zeit von Ernst Edler v. d. Planitz. Neue erweiterte Bearbeitung . Berlin. A. Piehler. Preis 6 M. 12.
Uniformkunde.
Rathenow 1897.
Von Knötel.
M. Babenzien .
Band VIII.
Preis des Heftes 1,50 M.
Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.
Heft 1 und 2.
Jahrbücherfd
+
1. Katholische K 2 Theater 3. BrühlscheTer
XII.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
Von Paul von Schmidt, Generalmajor z. D.
III. Friedrich Wilhelm der grofse Kurfürst. Am 21. November 1640 starb Georg Wilhelm eines frühzeitigen Todes : nun war Friedrich Wilhelm , der zwanzigjährige Jüngling, Kurfürst von Brandenburg und Herzog in Preufsen,
das bedeutete
eine ganze Welt von Sorgen, die plötzlich auf dem Haupte des jugendlichen Fürsten lasteten . Um die grofsartige und wahrhaft schöpferische Thätigkeit richtig zu würdigen, kraft deren dieser gottbegnadete Herrscher ein vaterländisches Heer ins Leben rief, das in Europa kaum seinesgleichen hatte, müssen wir uns nochmals die trostlose Lage vergegenwärtigen, in der sich Land und Heer befanden .
des
unseligen Kriegswesens " ,
Magistrat von Prenzlau ,
„die Felder dieses Ortes
„Nachdem wegen
berichtet
der
etliche Jahre
feiern müssen, ist darauf eine so ungeheure Teuerung entstanden, daſs die Leute nicht allein viel Jammer, Heulens und Wehklagens treiben , ungewöhnliche Speise und Dinge, als Hunde , Katzen und, reverenter zu melden, der Toten Aas auf der Gasse essen, sondern auch für den greulichen Hunger, sowohl in der Stadt als auf dem Lande, einander selbst anfallen, kochen und verzehren. " Zerstört die Städte, verwüstet das Land, niedergebrannt und verödet die Dörfer, scharenweise hingerafft die Bevölkerung durch Mord, Hunger und grauenvolle Seuchen : fast schien es, als stände der Welt Untergang bevor und dumpf und willenlos liefs das unglückliche Volk über sich ergehen, was abzuwenden es zu schwach und elend war. Und wie sah es in den einzelnen, weit von einander getrennten Landesteilen aus, die, kaum noch durch irgend ein gemeinsames Interesse verbunden, sich nur der eigenen Not bewufst waren. Das Gebiet von Cleve hielten die Holländer besetzt ; Preufsen war polnisches Lehn, der Kurfürst von dem guten Willen der Krone Polen abhängig ; dabei pochten die preufsischen Stände auf ihre Rechte und machten kein Hehl aus ihren polnischen Sympathien . In Pommern, das der Kaiser für Brandenburg hatte ,,recuperiren " wollen, safsen die Schweden . In der Mark schaltete nach Willkür der österreichisch gesinnte Adam Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 2. 8
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
von Schwarzenberg ; dort standen brandenburgische Truppen, die sammt ihren Führern auf den Kaiser vereidigt waren . Über den Zustand dieser Truppen berichtete der dem Kurfürsten getreue Statthalter der Mark, der Markgraf Ernst von Jägerndorf: „ Von hier haben wir nichts zu melden, als dafs es mit Aufbringung der Notdurft für Euer Kurfürstlichen Durchlaucht Volk, sowohl an Unterhalt als Kleidung schwer hernachgehet ; und haben die armen übel bekleideten Knechte die erste Kälte, welche vor ein 14 Tagen her etlichemal sehr strenge gewesen, gefühlet und sind dadurch nicht wenig inkommodirt worden; dafs es hohe Zeit wäre, dafs ihnen Kleider und Schuhe beschafft würden. Aber itzo sind erstlich den Obristen die Assignationes ausgegeben ;
darauf ist noch wohl lange kein Geld bei der Hand ,
noch weniger aber Tuch und das daraus gemachte Kleid. Ja, wir sorgen, dafs die härtesten Wintermonate hinfliefsen werden , ehe ein armer Soldat ein Kleid über die Haut bekommt." Friedrich Wilhelm konnte zwar erst 1643 nach Berlin zurückkehren , nachdem er die Belehnung mit Preufsen zum Abschlufs gebracht hatte, ging aber schon 1641 mit der ihm eigenen Umsicht und Energie an seine erste Lebensaufgabe, sich ein getreues Heer zu schaffen. Die von Georg Wilhelm hinterlassenen Truppen konnten für den Kurfürsten nur in Betracht kommen, insoweit sie bereit waren, ihm den Eid der Treue zu leisten . Die meisten Obersten weigerten sich, dem Befehl des Kurfürsten nachzukommen, weil sie auch dem Kaiser verpflichtet seien, von dem sie zuvor entlassen werden müfsten . Der Oberst von Rochow, Kommandant von Spandau, erklärte, er wolle eher die Festung in die Luft sprengen, als dem Kurfürsten den Eid leisten. Nur dem Obersten von Burgsdorff, der treu zu seinem Herrn hielt, gelang es, einigen Regimentern den Eid abzunehmen . Mehrere der widerspenstigen Obersten wurden verhaftet, darunter auch Rochow ; andere entkamen und traten in kaiserliche Dienste. Um an das Verhalten dieser ,,Obersten" keinen zu strengen Mafsstab zu legen , muſs man sich vergegenwärtigen , dafs die damaligen Kriegsobersten den Fürsten und Herren , in deren Dienst sie standen, sozusagen nur ,, kontraktlich " verpflichtet waren .
Die Fürsten jener
Zeit engagirten einen Kriegsobersten, ein ,,Regiment aufzurichten ", oft nur für einen bestimmten Zweck oder auf eine bestimmte Zeit. War der Zweck erfüllt, die Zeit verstrichen, so gingen Oberst und Regiment ihrer Wege. Allerdings waren die 1640 bestehenden brandenburgischen Regimenter schon seit 1635 im Dienst - aber es war der kaiserliche Kriegsdienst, zu dem sie geworben waren, und noch war der Friede nicht geschlossen, wenn auch von ernster und planmässiger Kriegführung schon lange nicht mehr die Rede war.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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Dies Verhältnifs der höheren, überhaupt aller Offiziere zum Kriegsherrn wurde nun anders : Friedrich Wilhelm war es, der zuerst in demselben Sinne von ,,seinen " Offizieren sprechen konnte, wie seine Nachfolger bis auf diesen Tag. Freilich war das nicht mit einem Male, nicht mit einem Federstrich zu bewerkstelligen. Die Obersten behielten vorläufig noch weitgehende Befugnisse, indem sie innerhalb ihres Regiments die Offizierstellen besetzten, wobei sich aber der Kurfürst sein persönliches Eingreifen vorbehielt, z . B. bei Beförderungen in Folge von Auszeichnung vor dem Feinde. Den Ersatz seiner Offiziere suchte der Kurfürst unter den Gebildeten aller Stände, ohne dem Adel einen anderen Vorzug einzuräumen, als den , welchen sorgfältigere Erziehung und ausschliefslichere militärische Vorbildung von selbst gaben. Von der Kriegsmacht seines Vaters blieben dem Kurfürsten nur etwa 2000 Mann Infanterie und 200 Reiter übrig, nachdem die unbotmäfsige Mannschaft entlassen war. Nun galt es, nicht blofs eine hinreichende Truppenzahl, sondern auch ein kriegstüchtiges stehendes Heer aufzubringen. Zur Anwerbung von Soldaten brauchte man Geld. Dazu mufsten zunächst die Stände mitwirken, die sich anfangs sehr schwierig finden liefsen , was bei der allgemeinen Not des Landes nicht zu verwundern.
Indels gewann Friedrich Wilhelm die Stände zum
Teil durch Entgegenkommen, indem er ihnen ein gröfseres Mafs von Selbstverwaltung zugestand. Wenn nun auch die Stände höhere Beiträge bewilligten, so reichte das noch nicht aus. Es wurden neue Steuern aufgelegt, deren Einführung zuerst auf grofsen Widerstand stiefs . Doch der Kurfürst wufste seinen Willen durchzusetzen. Ebenso ordnete er in Preufsen die Wehrverfassung und regelte die Gestaltung der Wybranzen , der Fufsmannschaften vom platten Land. 1642 wurde eine „ preufsische Leibgarde " formirt, welche 1652 mit der märkischen vereinigt, 1657 aber wieder von ihr getrennt wurde. Des Kurfürsten Streben blieb stets auf die nationale Wehrpflicht gerichtet ;
er wollte
die Soldaten womöglich aus dem eigenen Lande
ziehen, allerdings zunächst durch inländische Werbung , da das „Aufgebot" meist nur ungeübte und obenein zuchtlose Mannschaften zu Tage förderte. Die kurbrandenburgische Ritterschaft stellte ( 1646) dem Kurfürsten vor,
dafs die persönliche Dienstleistung nicht durchzuführen
sei, erbot sich dagegen , falls ihre Unterthanen befreit blieben, 500 Reiter zu werben und mit monatlich 65 000 Thalern zu unterhalten . Unter den obwaltenden Umständen ging der Kurfürst hierauf ein , suchte aber andererseits die Wehrhaftigkeit des Volkes in jeder Weise zu heben, wie er auch dei den Bürgern die Freude am Waffendienst
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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wieder zu beleben strebte und zu diesem Zweck z. B. die Schützengilden begünstigte. 1646 war das kurfürstliche Heer etwa 8000 Mann stark, während zehn Jahre später eine wohlgeübte, trefflich geschulte und disziplinirte Streitmacht von 20 Schwadronen Kürassieren , 10 Schwadronen Dragonern, 44 Fähnlein (Kompagnien) Infanterie nebst einer Artillerie von 30 Kanonen und 5 Haubitzen unter des Kurfürsten persönlicher Führung ruhmvollen und entscheidenden Anteil an der Schlacht von Warschau nahm. Zum Kriegszuge gegen Polen hatte Friedrich Wilhelm auf das
alte Aufgebot zurückgegriffen ; die Städte hatten ,, den zwanzigsten Mann" zu stellen ; dieser Mann sollte aber ein ausgebildeter Soldat bezw. ein angeworbener sein. Ferner wies der Kurfürst den neu errichteten Regimentern für ihre Werbungen bestimmte, genau abgegrenzte inländische Distrikte an ; hierdurch wurde die Grundlage für das nachmalige KantonDie Regimenter entliefsen nach Schlufs des system geschaffen. die „ AbFeldzuges einen Teil der Angeworbenen in die Heimat gedankten". Dieselben hatten sich aber wieder zu stellen , sobald von Neuem die Werbetrommel gerührt wurde. In Folge des Sieges von Warschau wurde Kurfürst Friedrich Wilhelm
kraft der Verträge von Labiau und Wehlau souveräner Herzog von Preufsen ; der Friede von Oliva bestätigte ihn in dieser Würde, die Brandenburg - Preufsen eine europäische Machtstellung gab. Nach dem Frieden von Oliva mufste der Kurfürst sich zu einer nicht
unbedeutenden
Verminderung
des
Heeresbestandes
ent-
schliefsen ; wovon zumeist die kostspielige Reiterei betroffen wurde : die Stände hatten sich über die unerschwinglichen Kosten beklagt. Für den Augenblick auf 6000 Mann reduzirt,
stieg die Truppenzahl
doch bald wieder, zumal die unruhigen Zeiten dringend eine ernste Kriegsbereitschaft forderten . So hatte die immer wiederkehrende Türkengefahr 1663 neue Rüstungen verlangt. Damals löste die Ritterschaft die von ihr zu stellenden Lehnpferde mit 4 Thaler für das Pferd ab, äufserte aber ihre Unzufriedenheit, als der Kurfürst aus dem Erlös ,,nach vorübergegangener Kriegesnot" tausend Reiter geworben und obenein die Offizierstellen ohne ihr Mitwissen vergeben hatte. Friedrich Wilhelm verzichtete übrigens in der Regel auf die persönliche Dienstpflicht der Ritterschaft,
zumal der märkische und
pommersche Adel freiwillig zahlreiche Offiziere lieferte . Für die inländische Werbung erwies sich die Mark Brandenburg am ausgiebigsten , so stellte im Jahre 1658 die Mark 53 Kompagnien
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zu Rofs, 10 Kompagnien Dragoner und 54 Kompagnien zu Fuss, während von allen drei Waffengattungen zusammen Preufsen nur 54, und Pommern 34 Kompagnien aufbrachte . Fremde Werbungen im Kurstaate wurden nicht geduldet, ebenso verbot der Kurfürst seinem Adel, in fremde Dienste zu gehen. Hatten früher die jungen Adligen als Pagen eines namhaften Kriegsmannes ihre erste Waffenschule durchgemacht, so griff Friedrich Wilhelm auf die älteren ,, Pagerien " der fränkischen Markgrafen zurück, indem er in gröfseren Garnisonen auf seine Kosten junge Leute als „ Kadets " erziehen liefs . Vielfach wurden auch Offiziere aus dem kaiserlichen, dem holländischen und dem schwedischen Heere herangezogen, die höheren vom Kurfürsten selbst angestellt, die niederen vom Regimentskommandeur zur Anstellung vorgeschlagen.
Vor allem wurde durch
des Kurfürsten Einrichtungen und Wirken das Offiziertum Lebensberuf, die Offiziere wurden seine Offiziere. Die vorgefundenen
Rangstufen im Offizierkorps wurden beibe-
halten und um einige Zwischenchargen vermehrt. Die ,,Prima plana“ so hiefs die erste Seite der Musterrolle, auf der die Offiziere verzeichnet waren enthielt General- Feldmarschall, General, GeneralLieutenant, Generalmajor (General-Wachtmeister), Oberst, OberstLieutenent, Oberstwachtmeister, Hauptmann (in der Folge ,,Kapitän “), Kapitänlieutenant,
Fähnrich oder Kornet).
Die Unter-Prima-plana
enthielt sodann die Feldwebel und Unteroffiziere. Von jedem, der als Offizier eintreten wollte, wurde ein entsprechender Bildungsgrad gefordert.
Der Kurfürst sorgte aber auch für Weiterbildung seiner
Offiziere, auf praktischem wie auf kriegswissenschaftlichem Gebiet . Dabei wurde im Offizierkorps zuerst jene ritterliche Standese hre gepflegt, die noch heute unseres Offiziertums Stolz und Eigenart ist. Unehrenhafte Handlungen hatten strenge Strafen, bezw. Ausstofsung zur Folge. Strenge Duellgesetze thaten der damals üppig wuchernden Rauflust Einhalt, freilich liefs in diesem Punkt der Kurfürst oft Gnade für Recht ergehen, wenn es sich um sonst ehrenhafte Offiziere handelte. Die Besoldung der Offiziere war , wenn man den damaligen Geldwert in Betracht zieht, ausreichend ; monatlich 70 Thaler,
es erhielt z. B. der Oberst
der Lieutenant 16 Thaler.
Die schon unter
Georg Wilhelm angebahnte gleichmässige Uniformirung wurde jetzt vollständig durchgeführt. Bei der Infanterie wurde das Material im Ganzen angeschafft und dem Hauptmann zur Verwaltung übergeben. Der weite, bequeme blaue Waffenrock und die bis zum Knie reichende Hose waren mit Tressen von Floretband besetzt - brandebourgs à la mousquetaire.
Unter dem Waffenrock trugen die
Mannschaften ein ledernes Wams,
starke lederne Schuhe und lange
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Strümpfe, die über die Hosen gezogen und unter dem Knie mit einem Riemen befestigt wurden . Als Kopfbedeckung dienten statt der früheren Blechhauben runde Hüte mit breiter Krempe . Die Offiziere , ebenso wie die Mannschaften , nur in feinere Stoffe gekleidet, trugen das schwarz-silberne Feldzeichen und kleine, mit dem kurbrandenburgischen Wappen gezierte Brustharnische. Für den Feldzug wurden überwurfartige Mäntel geliefert, die auf dem Marsch gewickelt en bandolière getragen wurden . Sämmtliche Infanteristen waren mit langen Stofsdegen bewaffnet ; aufserdem führten die Musketiere die Muskete, die Pikeniere , die sich allmälig aber stetig verminderten, die Pike oder auch die Partisane. Die stärksten und tüchtigsten Leute der Kompagnie, in der Regel ihrer zehn, waren die Grenadiere , ursprünglich zum Werfen von Handgranaten bestimmt, in Reih und Glied mit Flinten bewaffnet. Später wurden jeder Kompagnie auch Scharfschützen , mit Jägerbüchsen ausgerüstet, beigegeben. Während man früher in tiefen Schlachthaufen gefochten hatte, stellte der Kurfürst seine Infanterie in Linie , vier Glieder tief, auf, um die Feuerwirkung voll ausnutzen zu können . Beim Pelotonfeuer knieten die beiden vorderen Glieder nieder , während die beiden Gegen den hinteren stehend über die vorderen hinwegfeuerten. Kavallerie - Angriff bediente
sich die
Infanterie
immer
noch
,,spanischen Reiter", die den Bataillonen vorgetragen wurden, man erwarten musste, auf Reiterei zu stofsen .
der
sobald
Statt der Regimenter, die bei ihrer ursprünglich sehr verschiedenen Stärke sich nicht einheitlich gliedern liefsen , wurde unter Friedrich Wilhelm das Bataillon zu 4 Kompagnien à 150 Mann taktische Einheit. Die Kavallerie , des Kurfürsten Lieblingswaffe , mit der er seine glänzendsten Siege erfocht, mufste, weil die Vasallen und die Städte eine Anzahl kriegsgerüsteter Reiter ins Feld zu stellen hatten, grofsenteils sich selbst beritten machen , kleiden und ausrüsten. Doch trugen die Reiter,
ausschliefslich Kürassiere und Dragoner , durchweg
ebenfalls blaue Röcke, dazu Lederhosen,
hohe Stiefel und Hüte mit
breiter Krempe, in deren Boden kreuzweis übereinanderliegende Eisenbänder gegen Kopfhiebe schützen sollten.
Alle Reiter führten den
langen Stofsdegen (Pallasch) und Sattelpistolen, die Kürassiere trugen einen Brustharnisch. Die Dragoner machten von ihrer Fähigkeit, auch zu Fufs zu fechten, immer seltener Gebrauch,
bildeten sich
vielmehr allmälig zur schneidigen leichten Reiterei aus. Die Artillerie behielt unter Friedrich Wilhelm noch ihr zunftmäfsiges Gepräge,
obwohl der sorgliche Kriegsherr und besonders
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General - Feldmarschall von Sparr bedacht waren, die Kaliber der Geschütze zu erleichtern und dafür ihre Zahl zu vermehren.
Wie dem Genie- und Befestigungswesen , so wandte der nichts vernachlässigende Kriegsherr auch dem Train- und BagageUnwesen seine Aufmerksamkeit zu . Als die wüsten Söldnerschaaren das Kriegshandwerk lediglich als üppige Erwerbsquelle betrachteten und die Befehlshaber ihre Bequemlichkeit mehr als den Kriegszweck im Auge hatten, wuchs die Bagage ins Riesenhafte . Manche InfanterieRegimenter führten über 200 Pferde mit sich, von denen auf den Oberst mindestens 16 kamen . Der Kurfürst stellte nun einen genauen Etat auf, wonach dem Oberst 6, dem Oberstlieutenant 4 , dem Oberstwachtmeister 3, dem Kapitän 6, dem Lieutenant 1 bis 2 Rationen zustanden. Wenn auch der Kurfürst selbst ein scharfes Auge auf die genaue Befolgung seiner Befehle und Anordnungen hatte, so hielt er doch eine ständig wiederkehrende Kontrole der Truppen und ihres Dienstbetriebes für nötig, Es fanden daher in Friedenszeiten alle zwei Jahre , im Kriege zweimal im Jahre, regelmässige Musterungen. Die vom Kurfürsten hierzu ernannte Musterungs-Kommission bestand in der Regel aus einem Generallieutenant, einem KriegsKommissar und einem Regierungsrat oder Kriegshauptmann . Drei Wochen vor dem Musterungs - Termin wurde das Regiment benachrichtigt, um Alles zur Musterung bereit zu halten.
Die Musterungs-
Kommission nahm in der Regel unter einem Zelte oder auch in einem freistehenden Hause Platz, das den Durchzug gestattete. Zunächst zog der Stab vor der Kommission vorüber, der Oberst und Oberstlieutenant mit geschulteter Pike zu Fufs,
Oberstwachtmeister
und Adjutant zu Pferde mit gezogenem Degen. Dabei wurden jedesmal die Namen verlesen . Nun ging's ins Freie. Mit geschultertem Gewehr unter klingendem Spiel marschirten die Kompagnien vorbei, wobei die Fahnen gesenkt und mit den Piken der Offiziere salutirt wurde. Sodann wurde aufmarschirt und das Gewehr präsentirt . Der Kapitän trat vor und überreichte dem Generallieutenant die Musterrolle in dreifacher Ausfertigung. Der Bestand der Mannschaft wurde genau mit der Musterrolle verglichen. Der Premier - Kommissarius läfst die Leute einzeln vorbeimarschiren, wobei das Aussehen der Bekleidung und Bewaffnung jedes Mannes scharf geprüft wurde. Auch etwaige Klagen der Soldaten wurden entgegengenommen . Sodann traten die Unteroffiziere vor und mufsten schwören , dafs die Soldaten, die soeben vorbeimarschirt waren, sämmtlich zur Kompagnie gehörende und vereidigte Leute seien.
Sie wurden befragt, ob sie und die Leute
alle 10 Tage ihre Gebührnisse an Brot und Löhnung bekämen , ob
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jemand über Unregelmässigkeiten bei der Anwerbung zu klagen hätte, ob Invaliden vorhanden seien. War Alles in Ordnung, so wurde der Kapitän öffentlich belobt. War aber die Kompagnie nicht vollzählig oder fanden sich sonstige Unordnungen, so wurde der Kapitän alsbald arretirt und in Haft gehalten , bis höchsten Ortes über ihn entschieden war. Ein Offizier, der bei der Musterung ausblieb, wurde als Meuterer bestraft ;
wer Pferde, Waffen oder Mann-
schaften entlehnte, um die Musterungs-Kommission zu täuschen , wurde öffentlich
zum Schelmen gemacht und durch den Steckenknecht aus
dem Lager geführt.
Ein Soldat, der sich zur Musterung 17 vermieten"
liefs, wurde mit Gassenlaufen, straft. Es ist interessant,
zum dritten Mal mit Enthaupten be-
aus manchen Einzelheiten zu erkennen, dafs
unsere heutigen Musterungen ihre Abstammung von den Musterungen des grofsen Kurfürsten nicht verleugnen können . Wie der Kriegsherr dafür sorgte, dafs seine Soldaten unverkürzt erhielten, was ihnen gebührte, so duldete er andererseits keinerlei Ausschreitungen :
„ Weil wir unsern Kriegsvölkern ihren monatlichen
Sold jedesmal richtig zahlen lassen, so sind sie auch schuldig, für ihr Geld zu zehren, und was sie an Lebensmitteln und Futter nehmen, baar zu bezahlen,
wofür die Offiziere an allen Orten sorgen müssen
und nicht befugt sind, das geringste von den Unterthanen, unter welchem Vorwande es sei, an Geld, Wein und Fleisch, Getreide und Gewürz zu fordern, noch weniger mit Gewalt zu erpressen, bei Vermeidung vierfacher Erstattung und exemplarischer Strafe. " Zur Erhaltung der Manneszucht erliefs der Kurfürst 1656 das Kurfürstlich Brandenburgische Kriegsrecht oder ArtikulBrief" , wobei er sich in vielen Punkten die Kriegsartikel des von ihm hoch verehrten Gustav Adolf zum Muster nahm. Gleich dem Schwedenkönig betont Friedrich Wilhelm an erster Stelle
die
Gottesfurcht ;
charakteristisch
für
den herrschenden
Aberglauben ist die Verurteilung von allem Teufels- und Zauberwerk : ,,Derwegen verbieten wir hiermit alle Abgötterei, dergestalt, dafs nun und hinfür kein anderer, als der einige, wahre Gott angebetet und dagegen kein falscher Anbeter, Abgötter, Zauberer, Waffenbeschwörer, Teufelskünstler in unsern Lägern, unserm Kriegsvolk gelitten,
Garnisonen und Quartieren unter
sondern,
da einer betreten würde,
der
Abgötterei treibt, die Leute, Waffen und Gewehre beschwört, mit Zauberei und sothanem teuflischen Wesen und Fürnehmen umgeht, mit einem solchen nach göttlichen und unsern Rechten verfahren, oder , da wegen der Exekution über einen solchen Menschen etwas Bedenkliches fürfallen würde , er unsers Lagers und Landes verwiesen werde."
Täglich
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zwei Mal wurde im Lager Gottesdienst abgehalten, die Marketender durften währenddessen ,,kein Fressen und Saufen gestatten."
Auch
die scharfen Bestimmungen über den Gehorsam schliefsen sich eng an die schwedischen Artikel an. Auf schwere Vergehen gegen die militärische Unterordnung stand Todesstrafe ; wer nach seinem Vorgesetzten schlug, verlor die Hand und wurde schimpflich ausgestofsen ¹). 33,Wer seinen Degen gegen einen Ober- oder Unteroffizier entblöfset, in der Meinung Schaden zu thun, wird arkebusiret." ,,Wer sich bei der Lagerarbeit widersetzet, der soll auf hölzernem Pferde nach Gelegenheit der Zeit sitzen und drei Tage lang bei Wasser und Brot gespeist werden." Dagegen darf dem Soldaten keine ,, Sklavenarbeit" zugemutet werden . Diese Bestimmungen erklären sich dadurch , daſs den im 30jährigen Kriege verwilderten und verwöhnten Soldaten aller Arbeitsdienst höchst widerwärtig war ; man mufste daher einerseits der Faulheit und Bequemlichkeit , andererseits dem ,, Mifsbrauch der Dienstgewalt " entgegentreten. ,, Derjenige, so auf der Schildwache schläft oder gehet vor der Ablösung weg, oder trinket sich SO voll , dafs er die Wache nicht bestellen kann , der soll ohne alle Gnade arkebusiret werden ." Andere Strafandrohungen gegen Trunkenheit finden sich nicht. In einem Entwurfe zur ,,Dafs
99 Ritterordnung " sagt der Kurfürst über diesen Punkt : uns als der alten Teutschen Kinder und Nachkommen
soeben nicht anstehet, hierinnen gar zu scharf zu philosophiren und die Sokratische Lehre der Mäfsigkeit einzuführen ; wir dürfen auch nicht eben wie eine Jungfrau aus gar zu grofser Züchtigkeit über ein Glas Wein spitzmäulern , sondern wir mögen wohl zuweilen einen geselligen Trunk mit thun und auf alt gut deutsch fröhlich sein ; gleichwohl mufs hierinnen die Maafs und das Mittel solchergestalt gehalten werden, dafs aus einem Trunk kein Gesäuf und Schwelgerei, Verschwendung der Gaben Gottes , Zank, Schlagen und ein chaotisch und bestialisches Leben entstehen. " Weiter heifst es in den Kriegsartikeln :
,,Wer aufserhalb des Heerzuges über 14 Meile Weges ge-
funden wird, erleidet Gefängnifs , über eine ganze Meile Todesstrafe. " ,,Der gestohlene Sachen kaufet oder verkaufet, dessen Güter sollen . auf beschehenes Beweisen konfisziret und unserm Kriegsfisco der halbe, der andere halbe Teil dem Stabe verfallen sein." Unnachsichtlich wird Fahnenflucht und Verräterei bestraft.
,,Ein Feld-
flüchtiger, der seine Fahne nicht bis auf den letzten Blutstropfen defendiret, hat sein Leben verwirkt und wird vogelfrei. " Bei gemeinsamen derartigen Vergehen in der Truppe werden die Befehlshaber
1) Beiheft zum Militär- Wochenblatt 1890.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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,י,an Ehr' und Gut, so auch am Leben gestraft ", von der Mannschaft י der zehnte Mann gehängt.
Die Truppe muſs ohne Fahne aufserhalb
des Quartiers liegen und das Lager reinigen (,,den Unrat aus dem Lager kehren" bei Gustav Adolf) . Keine Festung soll übergeben werden , es mufs denn zuerst und vor allen Dingen die äusserste Hungersnot erwiesen werden ,
dafs keine menschlichen Lebensmittel
mehr übrig gewesen sind ; zum Andern, dafs man keine Entsetzung zu hoffen gehabt, und dann drittens, wenn nichts mehr, als dafs die Festung oder der Platz in kurzer Zeit mit Verlust des ganzen Kriegsvolks in die Hände des Feindes geraten müsse." aus-
,,Kein Reiter oder Fufsknecht soll zu Lagern oder Städten anderswo oder eingehen, als durch die gewöhnlichen Pforten und
Gassen,
bei Leib- und Lebensstrafe."
siegung des Feindes gestattet :
Beutemachen ist nach Be-
,,Alsdann mag er das Teil ,
so ihm
im Feindeslager zugeteilet worden, plündern. " Eindringlich wird vor Plackereien und Gewaltthätigkeiten gewarnt , wie sie bei den Werbungen vorzukommen pflegten. Der Kurfürst hat ,,mit besonderem ungnädigstem Mifsfallen vernommen, was vor Insolenzien, Plackereien und Gewaltthätigkeiten die ausgeschickten Werber , einquartierte Reiter und andere herumstreifende Parteien, auch wohl herrenlos Gesindel unter dem Namen der Werber in unsern Landen hin und wieder verüben, von Dorf zu Dorf herumziehen,
nicht allein
aller Orten freien Unterhalt suchen
und dabei mit dem, so ihnen die armen Unterthanen und Einwohner reichen, oder geben können , nicht fürlieb nehmen, sondern alles vollauf haben wollen, dieselben daneben noch übel traktiren und ihnen Geld abzupressen, auch wohl gar die Einwohner und ledigen Knechte mit Gewalt zu Kriegesdiensten zu zwingen oder wegzunehmen,
auch
die Leute auf den Strafsen anzugreifen und des Ihrigen zu berauben sich unterstehen sollen . " "7 Wofern die Offiziere es hierunter an ihrer guten Absicht und schuldigem Fleifs ermangeln lassen, sollen sie den Thätern gleich geachtet, ihrer Jurisdiktion und Chargen priviret und eben wie dieselben bestraft werden. " „ Die Offiziere sollen darauf sehen, dafs des Nachts fleifsig Patrouille gegangen und aller Diebstahl verhütet werde, mafsen denn auch kein Soldat sich nach dem Zapfenschlag in einigem Wirtshause oder auf den Gassen finden , noch der Wirt ihm nach dem Zapfenschlag Bier reichen soll. " Die Kriegsartikel schliefsen : „ Alles und jedes bei Vermeidung der bei jedem Artikel insonderheit diktirten unnachbleiblichen Strafen und unserer schweren Ungnade.
Wonach ein jeder sich zu achten."
Die Artikel mufsten jährlich vier Mal den Regimentern vorgelesen werden.
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Des Kurfürsten unermüdliche Arbeit in der Organisation und Schulung seines Heeres sollte sich bald glänzend bewähren. Als die Franzosen wie Räuber und Mordbrenner in der Pfalz hausten und in dem ohnmächtigen und zerfahrenen Deutschland überall Entrüstung und Unwillen aufflammte, da meinte Friedrich Wilhelm : „, es sei Zeit , dafs man Deutschland von dem Joche der Franzosen befreie." Er stellte ein Heer von 11000 Mann zu Fufs, 7500 Reitern und 2 Regimentern Dragoner auf und zog gen Strafsburg. lich scheiterten alle Unternehmungen
an der
Bekannt-
Thatenlosigkeit
der
kaiserlichen Truppen und Ludwig XIV. hetzte, als der Kurfürst im Lager bei Schweinfurt stand, ihm die Schweden auf den Hals , die in die schutzlose Mark einfielen . Erst Ende Mai 1675 , nachdem
mit
dem Kaiser und mit Holland Bündnisse
abgeschlossen waren,
konnte der Kurfürst von Schweinfurt aufbrechen und nun ging's in Eilmärschen durch Thüringen und weiter über Magdeburg nach der Mark. Der Überfall von Rathenow war das prächtige Vorspiel zur Reiterschlacht von Fehrbellin , die allezeit eins der glänzendsten Zeugnisse von Hohenzollernkühnheit und brandenburgischer Tapferkeit bleiben wird. Wie Königgrätz nach der Reorganisation von 1859-60, so war nach des grofsen Kurfürsten grundlegender Heeresgestaltung Fehrbellin die Probe aufs Exempel : beide Proben stimmten aufs Haar, alle Welt überraschend und überzeugend. Welchen Eindruck der Sieg von Fehrbellin in Deutschland machte, davon zeugt folgende Schilderung aus dem in Frankfurt am Main erschienenen Theatrum Europäum : „Was vor frolocken über diese Victori in- und aufserhalb Teutschland entstunde, und wie dadurch die Veneration und Estime, so man vor Seine Churfürstliche Durchlaucht allbereits hatte, vermehret, auch die Devotion und Liebe, so dero Unterthanen und Lande deroselben zutrugen, vergröfsert wurde, stehet nicht zu beschreiben . Viel tausend weyneten darob vor Freuden und küsseten abwesend den Arm dieses Helden , der so tapffer streiten lernen . Kriegsverständige betrachteten die unterschiedene Actiones jedweder Rencontre und wunderten sich bald über die Vorsichtigkeit, derer man sich bey der Ankunfft zu Magdeburg bedienet ; bald über die Verschwiegenheit, so bei dem Dessein auf Rathenau und Execution desselben in obacht genommen worden ; bald über die Klugheit , daſs , umb den Feind zertheilet zu halten, auch ihme den Rückzug schwer zu machen, man alle Brücken und Passagen ruiniren lassen ; bald über die Resolution und Valeur selbst, dafs man ohne Einzige Hülff dero Alliirten und blofs mit der einen fernen Weg (herbei ) gebrachten Cavallerie eine geruhete Armee, die in ihrer Avantage und in Bataille gestellet, von soviel alten Truppen , die mehr als jetz-
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mals Teutschland in Schrecken bracht hatte, bestande,
auch von
dem
Feldherrn
einem
der
berühmtesten
Generale in
der
Welt,
Wrangel , commandiret wurden, angegriffen und in wenig Tagen aufs dem Lande nach Ihre Gränzen gejaget ; und bekenneten alle, daſs, wie diese Action voller wunder, also der Triumph unvergleichlich und desto vollkommener wäre, wefshalber Seine Churfürstliche Durch- Zum stets laucht nicht genugsam gepriesen werden könnten . ― wärenden Andenken der Fehrbellinischen Action liefsen seine Churfürstliche Durchlaucht eine Medaille pregen, uff deren rechten Seite sie zu Pferde , unter welchem die Schlacht repräsentiret wurde, safsen, mit den Worten " Ob subditos servatos" (wegen der Unterthanen Bewahrung);
Auff der anderen Seite aber zu lesen war : Justum Sue-
corum exercitum Marchiam Pomeraniamque, dum Ipse alibi oppressis adest, vastantem prope Fehrbellinum die 18. Juni 1675 nactus, solo cum equitatu suo, imo vero sola Dei ope fretus, caedit, fundit, septimestres praedones septem diebus terris suis ejecit ; In Teutsch lautend : der Schweden vollständiges Krieges- Heer, welches, als der Churfürst andern Unterdruckten auffzuhelffen ferne aufser Lande war, so wohl die Pommersche, als Märkische Lande verheerete, erhaschete derselbe den 18. Juni im Jahre 1675 bey Fehrbellin mit seiner Reuterey zwar nur alleine, jedoch vornehmlich auff die Hülffe seines Gottes sich verlassend, schlägt und verjaget er in sieben Tagen die siebenmonatlichen Räuber aufs dem Lande. " Im Herbst wurde der Feldzug gegen Pommern eröffnet, die Schweden wurden bis Stralsund zurückgedrängt. Im Sommer 1677 begann die Belagerung der starken Festung Stettin , die nach hartnäckiger Gegenwehr endlich im Dezember sich ergeben musste. Im mit Hülfe der improvisirten Flotte -Sommer 1678 wurde Rügen und Stralsund erobert und im Dezember beschlofs die berühmte Schlittenfahrt über das Frische und das Kurische Haff, Die den Gilgeflufs hinauf, ruhmvoll den schwedischen Feldzug. Schweden waren nicht nur aus Brandenburg-Preufsen verjagt, sondern fast vernichtet. Es war dem siegreichen Helden nicht vergönnt, die Früchte seiner Thaten zu ernten : im Frieden von St. Germain mufste er alle seine pommerschen Eroberungen wieder herausgeben, Exoriare aliquis weil der Kaiser seinen Verbündeten im Stich liefs. nostris ex ossibus ultor!" rief der Kurfürst damals prophetisch aus. Wie dem Kurfürsten schon zur Zeit des schwedisch- polnischen Krieges zum Schutze des vaterländischen Seehandels die Schaffung einer brandenburgischen Kriegsflotte wünschenswert erschienen war, so trat dies Bedürfnifs nach der Schlacht von Fehrbellin noch entschiedener hervor. Der holländische Kaufmann und Schiffsrheder
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Benjamin Raulé hatte dem Kurfürsten das Anerbieten gemacht, drei Fregatten zu zwanzig Kanonen und zehn kleinere Fahrzeuge in der Ostsee gegen die Schweden kreuzen zu lassen (1676) .
Darauf
wurde Raulé als Rat und Generaldirektor der Marine in Dienst genommen, mit der Befugnifs, unter kurfürstlicher Flagge auf seinen Vorschufs und Kredit eine gewisse Anzahl Schiffe auszurüsten .
Über
die Indienststellung der Schiffe, wie über Bemannung und Verpflegung der Mannschaft schlofs Friedrich Wilhelm jedesmal mit Raulé einen Vergleich, bevor die Schiffe in
See gingen.
Einige dieser Schiffe
wurden mit Ka perbriefen versehen und über die aufzubringenden Prisen wurden ebenfalls Abmachungen getroffen. Diese Flotte nahm verschiedene englische und schwedische Fahrzeuge , darunter sogar eine schwedische Fregatte von 23 Kanonen. In England war man sehr erstaunt und entrüstet,
zumal als der Kurfürst zur Belagerung
von Stettin drei Fregatten kaufte und in Amsterdam Kriegsschiffe bestellte. Die englischen Kaufleute verlangten sogar von ihrem König, er solle eine Flotte nach der Ostsee schicken , was sie freilich nicht erreichten .
Zur Belagerung von Stralsund wurde die
brandenburgische Flotte bis auf 10 Fregatten vergröfsert, welche, mit dänischen Schiffen vereinigt, unter dem Befehl des Admiral Tromp standen und die Landung auf Rügen unterstützten . Nach Beendigung des schwedischen Krieges suchte der Kurfürst seine Seemacht im Interesse des Landes auszubeuten, richtete den Hafen von Pillau zum See- und Kriegshafen ein und gründete die Freilich hatten die Kolonie Grofs - Friedrichsburg in Guinea. maritimen Schöpfungen Friedrich Wilhelms keinen dauernden Bestand, weil seine Nachfolger gar zu viel andere Aufgaben und Schwierigkeiten zu bewältigen hatten.
Fast zwei Jahrhunderte sollten ver-
gehen, bis Preufsen in Erfüllung seines
deutschen Berufes mit der
Schaffung seiner Marine begann und noch länger dauerte es bis zur Gründung unserer ersten Kolonien. So war der grofse Kurfürst auch in der Erkenntnifs der maritimen Bedürfnisse des Vaterlandes seiner Zeit weit vorausgeeilt. Nach dem Frieden
von St. Germain konnte und durfte der
grofse Kurfürst nicht wieder gegen Frankreich Krieg führen ; doch gegen die Türken entschlofs er sich, dem Kaiser Beistand zu leisten . Beim Entsatz von Wien durch Sobieski war Brandenburg nicht beteiligt, da das brandenburgische Hilfskorps unter General Truchsels von Waldburg noch nicht zur Stelle sein konnte.
Dagegen nahmen
die Brandenburger rühmlichen Anteil an der Eroberung der Festungen Gran und Szesseny . 1685 beschlofs der Kaiser, den Kampf gegen die Türkei im nächsten Jahre mit allem Nachdruck aufzunehmen und
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
insbesondere dem Sultan die Felsenfeste Ofen zu entreifsen .
Fried-
rich Wilhelm, der vertragsmässig verpflichtet war , den Kaiser mit 8000 Mann zu unterstützen , liefs schon 1685 die hierzu erforderlichen Befehle ergehen : ,,die ausgewählten Mannschaften sollen ohne Tadel, nicht zu alt und nicht zu jung und aus Leuten bestehen, so schon oft im Felde gewesen, auch mit gutem Gewehr und mit guter Montirung, auch die Pikeniers mit guten Pistolen versehen sein". Neben der Leibgarde stellten die Regimenter: Leibregiment , Kurfürstin , Prinz Philipp , Derfflinger , Fürst von Anhalt , Barfufs , Dönhoff, Herzog von Kurland je ein Bataillon von 578 Mann . Dazu die KavallerieRegimenter von Straufs und Prinz Heinrich von Sachsen zu je 600 Pferden und vom Leibregiment Dragoner 640 Pferde . An Artillerie waren dem Korps 12 Feldgeschütze, 2 Mörser und 2 Haubitzen beigegeben. Dies gesammte vom Generallieutenant von Schöning befehligte Korps zählte 8269 Mann . Die Fahnen und Standarten der Leibgarde waren mit Sinnbildern und Inschriften geziert, die sich auf das bevorstehende Unternehmen bezogen : ein feuerspeiender Berg mit der Umschrift : ,,innata virtute" , ein Adler mit Kreuz und Schwert: ,,Christo duce prospera bella ", ein Kurszepter mit schiefsenden Blitzstrahlen: ,,hostes terret, sed fulcit amicos" ein halber Mond : ,,minuent tibi nubila numen " , eine Fackel, die den Türkenbund anzündet : ,, non est jucundior ignis ", eine Hand , welche um den Säbel einen Zirkel zieht : ,,Justissimus arma secundet". Über dies auserlesene Truppenkorps hielt der greise Kurfürst am 17. April bei Krossen Heerschau. „ Der Kaiser wufste “, sprach Friedrich Wilhelm zu seinen Soldaten ,,,dafs unsere Waffen ohne eitlen Ruhm einen guten Namen und Ruf in der Welt haben, darum trage auch ich das Vertrauen zu euch, dafs ihr nichts thun werdet, was diesen Namen und Ruf beflecken könnte". Voll und ganz entsprachen die Brandenburger den Erwartungen ihres Kriegsheeres : sie thaten sich bei der Belagerung von Ofen und beim Sturm auf diese Feste durch heldenmütige Tapferkeit hervor. Auch durch ihre Manneszucht nach dem Sturm zeichneten sie sich aus, wie Major von Bismarck vom Regiment Kurprinz bezeugt : „ Ich lobe unsere Brandenburger ; sie waren die einzeigen, so noch auf ihre Offiziere hörten ; wir hinderten sie nicht, die Beute zu machen, die ihnen rechtmäſsig zukam, aber wir hinderten sie , den alten Ruhm Kurbrandenburgischer Waffen durch Greuel zu beflecken . “ Gegen Ende seiner Regierung formirte der Kurfürst aus reformirten französischen Edelleuten, die in Brandenburg gastliche Aufnahme gefunden hatten, einige Kompagnien, Grand-Mousquetairs und Grenadiersà-cheval.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
121
Das stattliche Heer , das der grofse Kurfürst bei seinem Tode hinterliefs , zählte an Infanterie : 6 Bataillone Garde, 2 Kurfürstin , 2 Kurprinz, 2 Prinz Philipp , 2 Prinz Anhalt, 2 Derffling, 2 Holstein - Beck , 2 Spaen , 1 Briquemault, 2 Dönhof, 2 Barfuſs , 2 Zieten , 2 Prinz Kurland , 2 Belling , 2 Varenne , 1 Pöllnitz, 1 Courenaud ; an Kavallerie : 3 Schwadronen Garde-du-Corps (früher Trabanten - Leibgarde) , 2 Grand-Mousquetairs , 2 Grenadiers-à- cheval, 3 Leibregiment, 3 Kurprinz, 3 Anhalt, 3 Spaen, 3 Derffling, 3 Briquemault, 3 dü Hamel, 3 Lüttwitz, 3 Prinz Heinrich von SachsenBarby.
An Dragonern :
4 Schwadronen Leibdragoner und 4 Schwa-
dronen Derffling . Hierzu kamen etwa 300 Artilleristen und 18 GarDie Gesammtzahl wird auf 30 000 Mann annison - Kompagnien .
gegeben. In viel umfassenderer Weise als Georg Wilhelm, sorgte der grofse Kurfürst für seine Invaliden ¹ ) . In den Bestallungs - Patenten und Kapitulationen wurde den höheren Führern und Regiments - Chefs ausdrücklich die Versorgung ihrer Invaliden zugesichert. Die Versorgung geschah durch Zahlung von Gnadengehältern und durch Aufnahme in die während der späteren Regierungszeit des Kurfürsten gestifteten ,, Blessirten - Kompagnien" . Verwundete Offiziere und Unteroffiziere erhielten aufserdem ,, Schmerzensgelder" und Beiträge zu den Kurkosten. Die Kriegs - Invaliden erhielten lebenslängliche offiziell als „,Gnadenbis 1806 Pensionen, die in der Folgezeit thaler" bezeichnet wurden . Nach dem Frieden von Oliva wurden viele der abgedankten Soldaten als ,, Militär - Kolonisten " versorgt. Sie erhielten ein Stück Land, freies Bauholz und Abgabenfreiheit auf die Dauer von sechs Jahren. Die ausscheidenden Offiziere erhielten nach Bestimmung des Kurfürsten Gnadengehalt auf bestimmte Zeit oder lebenslänglich . Höhere Offiziere wurden auch wohl mit den Einkünften von Amtshauptmannschaften und säkularisirten Kirchengütern ausgestattet. „, Blessirten - Kompagnien" wurden seit 1675 zu Spandau und Johannisburg errichtet, ferner eine Kompagnie ,,Alte Trabanten", ehemalige Angehörige der Trabanten -Leibgarde. Die .,Alten Trabanten" versahen, entsprechend der heutigen Schlofsgarde, den inneren Dienst am kurfürstlichen Hoflager. Freilich war es dem Kurfürsten bei den beschränkten Mitteln des Staates unmöglich, für alle seine alten und bedürftigen Soldaten zu sorgen ; es wird aus den Jahren 1677 und 1680 über die ,, zunehmende Bettelei der ausgedienten Soldaten" geklagt.
¹) Schnackenburg, das Invaliden - Versorgungswesen des brandenburgischpreufsischen Heeres bis 1806 .
122
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Auch die Wittwen ehemaliger Offiziere erhielten Unterstützungen ,
meist aber nur einmalige gröfsere oder kleinere Abfindungssummen. Wir dürfen dem grofsen Kurfürsten nachrühmen, dafs er, soweit die Umstände und die Finanzlage es irgend zuliefsen, auch für die Invalidenversorgung Dankenswertes geleistet und einen guten Grund für die erst viel später erlassenen gesetzlichen Einrichtungen gelegt hat. Wenn wir die 48 jährige Regierung Friedrich Wilhelms überschauen, so müssen wir, selbst abgesehen von seinen Grofsthaten im Kriege und seinen Leistungen als Herrscher , schon allein dem Gründer , dem Bildner , dem Erzieher und Versorger des vaterländischen Heeres die höchste Bewunderung zollen.
Fast aus dem
Nichts schuf er ein Heer , das alsbald die Augen Europas auf sich zog durch Tapferkeit und Manneszucht, schuf er ein Offizierkorps, das sich durch Pflichttreue und Ritterlichkeit auszeichnete, wusste er mit knappen Mitteln die Brandenburgische Streitmacht zu erhalten, zu mehren und als schneidiges und gefügiges Kriegsinstrument seinem Nachfolger zu übergeben.
XIII .
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Von
von Meyerinck, Generallieutenant z. D. (Fortsetzung.)
War der 4. Mai als ein Unglückstag für die Dresdener Besatzung anzusehen, um so rosiger brach der Morgen des 5. Mai an. Die vier
Bataillone Infanterie von aufserhalb waren nun endlich ein-
getroffen und am Nachmittag erwartete man noch ein oder zwei Bataillone aus Berlin .
General v. Schirding wurde zum Kommandirenden
der Truppen in Dresden ernannt und ihm zur Seite der Hauptmann v. Schimpf als erster Adjutant gestellt. Die Kavallerie erhielt den Befehl, die Altstadt zu zerniren und die Lebensadern mit dem insurgirten Hinterlande nach Möglichkeit abzuschneiden. Eine Proklamation des Königs und eine Rabenhorst,
andere der Minister v. Beust und
in welcher dieselben gegen die Einsetzung einer pro-
visorischen Regierung protestirten, fielen auf fruchtbaren Boden und
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
123
machten auf die Stimmung der Truppen den günstigsten Eindruck. Vor allen Dingen wehte aber heute eine erfrischende Luft durch ihre Reihen, weil die lang ersehnte Offensive ergriffen wurde. In den Generallieutenant v. Schirding setzten die Truppen ein grofses Vertrauen. Es vereinigten sich in ihm alle Eigenschaften , welche für einen Truppenführer in einer insurgirten Stadt notwendig sind. Er war ein fester, energischer Charakter von ruhigem Temperament, der allen Stürmen des revolutionären Treibens grofse Kälte entgegentrug. Für einen Kommandirenden ist die Leitung eines Stadtgefechts nicht leicht, weil keine Übersicht wie in einer offenen Feldschlacht
möglich ist und weil auch meist der Zusammenhang der Truppen untereinander fehlt. Ausserdem treten mancherlei ungewohnte Ereignisse, Entschliefsungen und Geschäfte an ihn heran, wozu selbst die besten Kriegserfahrungen nicht ausreichen. In dem allgemeinen Wirrwarr den Kopf nicht zu verlieren, ist für ihn die erste Bedingung. Schon um 4 Uhr früh hatten die Rebellen das Feuergefecht gegen das Schlofs wieder begonnen, um so mehr lag für die Truppen kein Grund vor, noch ferner in schonender Weise zu verfahren . Der Generallieutenant v. Schirding nahm am Vormittag seinen Standpunkt im Blockhause und ging hin und wieder über die Brücke nach dem Schlofs . Alle Meldungen gingen nach dem Blockhause. Einige Stadträte fühlten am Vormittag wieder einen unwiderstehlichen Drang nach einer Deputation, welche sich nach dem Blockhause in Bewegung setzte. Hier erklärte ihr der Kriegsminister Rabenhorst in ganz bestimmter Weise, dafs man mit Rebellen nicht verhandeln könne , und dafs der Aufstand mit aller Energie unterdrückt würde. Die Militärbehörde befand sich mithin jetzt im richtigen Fahrwasser. Die Bevölkerung befürchtete nun Brand und Plünderung durch die Rebellen, so dafs die anwesenden Fremden und alles, was die Mittel dazu besafs, Dresden verliefs. Die Panik führte zu einer wahren Völkerwanderung. Da die Bürgerwehr trotz aller Alarmsignale nicht erschien, so holten die Rebellen einen Teil derselben aus den Häusern und führten sie nach den Barrikaden. Einige mifsliebige Personen wurden verhaftet,
andere nur aus dem Grunde,
weil sie
einen vornehmen Namen führten und mit der gröfsten Rücksichtslosigkeit forderten die Rebellen von den Einwohnern Lebensmittel und Kleider oder erbrachen und plünderten die Läden , doch solche Gewaltthätigkeiten sind Erscheinungen, welche sich bei allen Revolutionen wiederholen. Im Laufe des Vormittags erhielt General v. Schirding den Befehl , Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 2. 9
124
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
die Offensive zu ergreifen.
Vor allen Dingen war es notwendig, sich
in den Besitz des Zeughauses zu setzen, wo immer noch eine Abteilung Bürgerwehr die Wache besetzt hielt. Die Truppen zerfielen in Zentrum, dem rechten und dem linken Flügel. Das Zentrum hielt das Schlofs , das Prinzenpalais und die Bildergallerie besetzt und sollte sich vorläufig noch defensiv verhalten. Das Zeughaus und die Pulvermagazine waren nebst Zwingerwall die wichtigsten Objekte, woraus die Angriffsweise sich von selbst ergab. In der Neustadt mufste eine Reserve zurückbehalten werden . Ehe das Gefecht begann, hatten die Truppen folgende Stellung eingenommen : Unter dem Befehl des Major v. Reitzenstein standen vier Kompagnien Schützen, nämlich die 2. und 3. Kompagnie des 1. Bataillons und die 3. und 4. Kompagnie des 2. Bataillons, sowie das 3. Bataillon des Leibregiments unter Oberstlieutenant v. Kospoth auf der Brühl'schen Terrasse. Die 1. und 2. Kompagnie des Regiments Albert standen mit einer Sektion der reitenden Batterie am Altstädter Brückenausgang , die 7. Kompagnie mit der 6pfündigen Batterie Grünwald auf dem Schlofsplatz an der katholischen Kirche. wachen besetzt.
Die Bahnhöfe wurden mit Offizier-
Das 1. Bataillon des Leibregiments stand mit zwei Kompagnien im Blockhause, schickte die 4. nach den Pontonschuppen und hielt die 3. in Reserve auf dem Neustädter Markt. Die 2. Sektion der reitenden Batterie hatte beim Blockhause am Brückenausgang abgeprotzt. Zwei Schützenkompagnien des 1. Bataillons beobachteten auf dem rechten Elbufer die Übergangspunkte.
Das 2. Bataillon des Leibregiments
besetzte mit zwei Kompagnien den Bautzener Platz und mit der 8. die Infanterie-Kaserne . Die Kavallerie besetzte die Bahnhöfe und stellte um die Neu- und Altstadt einige Feldwachen aus.
Rittmeister v. Ukermann hatte das
Pulvermagazin aufserhalb Dresdens mit 40 Pferden und Infanterie zu verteidigen.
15 Mann
In einem Tagesbefehl dankte der König den Truppen für die bisher bewiesene Treue und Hingebung. Um 2 Uhr erhielt das leichte Bataillon und das 3. des Leibregiments den Befehl zum Angriff.
Linker Flügel. Hauptmann v. Hausen drang mit der 11. Kompagnie des Leibregiments in das Brühl'sche Palais ein, Hauptmann Koch besetzte das Finanzhaus mit der 12. Kompagnie, Hauptmann v. Lenz rückte in das Akademiegebäude und besetzte die Treppe nach den Klepperställen .
125
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden . Er wurde hier ziemlich heftig, aber resultatlos beschossen .
Haupt-
mann v. Witzleben war mit der 4. Schützen - Kompagnie auf der Terrasse vorgegangen. Die Thür , welche zum Giefshause führt, schlugen die Zimmerleute ein, und als die Bürgerwehr, welche das Giefshaus besetzt hielt, die Soldaten sah, ergriff sie die Flucht. Als die leichte Infanterie auf der Terrasse gegen das Zeughaus
vorging, kam der bereits genante Lieutenant Kritz und schlofs sich der
9. Kompagnie an .
Er befand sich augenscheinlich in einem
geistig gestörten Zustand , verliefs auch sehr bald wieder das Zeughaus und schofs sich mit dem Gewehr, welches er sich von einem Soldaten des Leibregiments hatte geben lassen, todt, ein Opfer der Zustände, welche einen ganzen Tag hindurch im Zeughause stattfanden. Major v. Reitzenstein
setzte nun seinen Vormarsch mit
der
2. Kompagnie des 1. und der 3. und 4. Kompagnie des 2. Bataillons über die Terasse nach dem Klinikum fort. Die Barrikaden am MoritzMonument und an der kleinen Schiefsgasse wurden schnell genommen, dagegen war die Barrikade am Ende der Rampischen Gasse an der Frauenkirche stark besetzt, aber auch diese wurde von den Rebellen verlassen.
Lieutenant v. Döring ging bis an den Ausgang der Salz-
gasse vor und geriet hier in das Feuer der Häuser am Neumarkt, wobei ein Jäger der 3. Kompagnie des
2.
Schützenbataillons er-
schossen wurde . Die Jäger besetzten einige Dachfenster in einem Hause neben dem Klinikum und säuberten durch ihr Büchsenfeuer die ganze Strafse bis zum Pirna'schen Platz. General v. Schirding wollte sich hier für heute mit dem eingenommenen Stadtteil begnügen und befahl dem linken Flügel, nicht weiter vorzugehen. Der Kampf beschränkte sich daher auf ein stehendes Feuergefecht, welches bis zur Dunkelheit dauerte. Die 10. und 11. Kompagnie des Leibregiments standen an der hintern Terrassentreppe und im Brühl'schen Palais und befanden sich, die erstere mit den Rebellen der Stadt Rom, die letztere mit denen des Hôtel de Saxe und der Barrikade an der Moritz-Strafse im Gefecht. Die Entfernung war indessen so weit, dafs die glatten Gewehre der Infanterie keine Wirkung hatten, während die Spitzkugeln der Rebellen den beiden Kompagnien sehr unbequem waren . Ein Soldat der 11. Kompagnie wurde schwer verwundet. Um das Feuer erfolgreicher beantworten zu könneu , erhielt der Oberlieutenant Wetzig mit der 4. Kompagnie des 1. Linien- Infanterie-Regiments, den Befehl die vorspringende Front der Bildergalerie nach dem Neumarkt und Judenhof zu besetzen und von hier aus das Hôtel de Saxe und die Stadt Rom zu beschiefsen , hatte dabei aber sechs Verwundete, von denen einer starb .
Die glatten Gewehre unterlagen auch hier den Büchsen des 9*
126
Gegners. v.
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
Der General v. Schirding liefs
Kessinger mit 16 Jägern der
Bataillons nach der Bildergalerie kommen, beiden Hôtels unter Feuer nahmen. Von den Bildern wurden wieder restaurirt werden.
deshalb den Lieutenant
1. Kompagnie des
einige
1. Schützen-
welche mit Erfolg die
durchschossen,
konnten
aber
Zentrum. Lieutenant v. Schwerdtner von der 3. Kompagnie des 1. LinienInfanterie-Regiments stand mit einem Zuge im Thronsaal des Schlosses und unterhielt unausgesetzt ein Schützenfeuer mit den Rebellen, welche eine Barrikade an der Stadt Gotha und den nebenstehenden Häusern besetzt hielten. Um 5 Uhr Nachmittags befahl der Kriegsminister, Artillerie in das Gefecht zu ziehen . Ein Geschütz der Batterie Grünwald fuhr im Georgenthor auf und feuerte eine Vollkugel und einen Kartätschenschufs gegen die Rebellen ab. Die ersten Kanonenschüsse wurden mit lautem Jubel von den Soldaten begrüfst und sowohl im Schlofs wie in den umliegenden Häusern sprangen die Fensterscheiben und rasselten mit grofsem Lärm auf die Strafse hinab. Eine Stunde später wurde noch ein Geschütz der Batterie Grünwald in der Augustus - Strafse an der Ecke der Bildergalerie aufgestellt, welches gegen die Barrikade in der Moritz - Strafse und gegen die Stadt Rom zwei Kartätschladungen und fünf Kugelschüsse richtete. Namentlich wurden hierbei die Erker der Hôtels beschossen. War das Geschützfeuer auch moralichs von erheblicher Wirkung, so richteten die Kugeln von nur einem 6 Pfünder gegen die sehr starke Barrikade und gegen die massiven Häuser nur wenig aus. Die Granaten der Gegenwart werden künftig eine weit gröfsere Zerstörung entwickeln .
Rechter Flügel. Der rechte Flügel war am Nachmittag nicht zur Offensive übergegangen, nur Hauptmann v. Bünau hatte den Befehl erhalten, mit der 7. Kompagnie des 1. Linien - Regiments das Theater und das italienische Gärtchen zu besetzen. Bei Eintritt der Dunkelheit wurde das Theater von den Rebellen beschossen, weshalb Hauptmann v. Lenz mit der 10. Kompagnie des Leibregiments den Auftrag erhielt, sich in den Besitz des Zwingerwalls zu setzen . Dies geschah im ersten Anlauf und obwohl die Kompagnie von drei Seiten, namentlich von der Spiegelfabrik, dem Thurmhause, von den Gebäuden an der Osterallee und dem Hänel'schen Hause heftig beschossen ward, vermochte sie sich dennoch zu halten und als um 9 Uhr Abends das Feuer der
127
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
Rebellen aufhörte, besetzte sie die Ausgänge des Zwingerhofes nach dem Silberhammer und der Sophienkirche.
Somit hatten die sächsischen Truppen gegen Abend folgende Stadtteile im Besitz :
Die ganze Neustadt, das Pulvermagazin, die
Elbbrücke, das Zeughaus, der Pirnaer Platz, das Schlofs, das Prinzenpalais, die Bildergalerie, das Theater und den Zwingerwall. Alle übrigen Teile der Altstadt befanden sich noch in den Händen des Aufstandes. Am Nachmittag um 3 Uhr erhielt der Hauptmann Neumann den Befehl, die Pillnitzer fliegende Fähre herbeizuschaffen und traf mit derselben erst am 6. Mai Abends in Dresden ein. Im Blockhause
spielten sich während des Strafsenkampfes die
verschiedensten Scenen ab. So kamen z. B. um 4 Uhr zwei Deputirte der Stadt und versuchten Unterhandlungen anzuknüpfen, deren Unterlage wieder die Anerkennung der Reichsverfassung war . Der Kriegsminister erklärte mit aller Höflichkeit, dafs er mit Rebellen nicht unterhandle. "7 Strecken Sie die Waffen , dann will ich nicht mehr schiefsen lassen ", lautete seine Antwort. Die Deputation trat mit diesem Bescheid den Rückzug an.
Die
Stadträte im Altstädter Rathause schickten daher um 7 Uhr Abends eine Deputation nach dem Blockhause, und es entspann sich hier eine sehr lebhafte Debatte, welche zu keinem Resultat führte, denn als der Kriegsminister Auslieferung der Anstifter des Aufstandes , Ablieferung der Waffen , Wegräumung der Barrikaden etc. forderte , da wurde ihnen wohl klar, dafs von der Militärbehörde nichts mehr zu erreichen war, denn selbstverständlich darf sich eine Regierung niemals von Rebellen den Frieden diktiren lassen, sondern hat die Bedingungen selbst vorzuschreiben . Der Hauptsprecher dieser Deputation war ein Advokat, welcher sich in den üblichen Freiheitsphrasen, wie Kampf der Ideen, heilige Forderung des Vaterlandes , Ströme von Blut vergiefsen, Gefahr für den Thron und dergl. mehr, erging. Die üblichen Schlagworte, als ,,vergossenes Bürgerblut durch die rohe Soldateska", wie zu jener Zeit die demokratischen Zeitungen sich auszudrücken beliebten, machte auf die Truppen auch später keinen Eindruck. denn die
Hier heifst es Gleiches durch Gleiches vergelten,
Soldaten
bürger zu sein, nimmt.
haben jedenfalls
dieselbe Berechtigung,
Staats-
wie die Umsturzpartei dieselbe für sich in Anspruch
Dafs die Führer des Aufstandes auf die Forderungen noch nicht eingehen würden, war vorauszusehen, denn sie fühlten sich noch stark genug, den Kampf fortzusetzen.
128
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Am Nachmittag um 5 Uhr war das Füsilier-Bataillon des Kaiser
Alexander - Grenadier - Regiments in Dresden eingetroffen . Diese Begebenheit benutzte die provisorische Regierung, einen Aufruf an ihre Mitbürger zu richten , in welchem dieselben sie gegen den König aufhetzten, weil er preufsische Truppen habe kommen lassen, die gegen ,,die besten Söhne" des sächsichen Volkes kämpfen sollten. Der Kommandeur des Kaiser Alexander - Grenadier - Regiments hatte in der Nacht vom 4. zum 5. Mai den Befehl erhalten, zur Unterstützung der sächsischen Truppen, mit dem 1. und FüsilierBataillon nach Dresden zu fahren. Oberstlieutenant Graf Waldersee bestimmte das Füsilier - Bataillon dazu, mit dem ersten Zuge abzugehen und schlofs sich persönlich demselben an . Jedes derselben rückte mit 700 Köpfen ab. Das 1. Bataillon war noch mit glatten Vorderladern ausgerüstet, während das Füsilier-Bataillon bereits seit drei Monaten die Zündnadelgewehre führte. Nachdem die neue Bekleidung ausgegeben, trat das Füsilier - Bataillon unter Befehl des Major Graf Rödern um 5 Uhr Morgens seinen Marsch nach dem Bahnhof an und fuhr um 7 Uhr ab, während das 1. Bataillon erst am Mittag folgen sollte. Während der Fahrt verbreiteten sich, wie das ja immer der Fall ist, die fabelhaftesten Gerüchte, welche durch das Bahnpersonal und Reisende verbreitet wurden, z. B. sollten 12 000 bewaffnete Bergleute aus dem Erzgebirge in Dresden eingerückt sein . In Jüterbog sprach Graf Waldersee einen von Dresden kommenden preufsischen Flügeladjutanten, welcher die Mitteilung machte, dafs am Abend zuvor das Schlofs und das Zeughaus sich noch in den Händen der sächsischen Truppen befunden hätten, aber die höchste Eile sei für das Bataillon geboten. In der ersten sächsischen Station Röderau erklärte der Bahnhofsinspektor, dafs er den Zug nicht weiter befördern könne, weil die Bahn zerstört sei und von Riesa aus die erforderlichen Transportmittel verweigert würden . Man sah allerdings in einiger Entfernung, dafs Leute die Schienen aufrissen. Ein Zug Füsiliere vertrieb sie, man fand auch die vergrabenen Schienen und in kurzer Zeit war das Geleise durch die Pioniersektion des Bataillons wieder hergestellt . Es ist daraus wohl die Lehre zu entnehmen , dafs man bei
Truppenbeförderungen per Bahn sowohl im Kriege wie in insurgirten Ländern stets einen Vorrat von Schienen , Schrauben und allerlei Handwerkszeug mit sich führt. Die wiederholte Aufforderung nach Riesa, von dort Transportmittel zu schicken, wurde abermals verweigert, auch hatten sich der
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Lokomotivführer und der Heizer aus dem Staube gemacht.
129 Da der
Oberstlieutenant Graf Waldersee sehr bald den passiven Widerstand des übel gesinnten Eisenbahnpersonals erkannte, so erklärte er den Bahnhof in Belagerungszustand , um nun seinerseits energischer auftreten zu können . Während der Unterhandlungen kam ein Extrazug Freischaaren von Leipzig über Riesa durchgefahren . Einige Schüsse , welche auf den Lokomotivführer abgegeben wurden , verfehlten ihr Ziel. Der Zug für das Bataillon wurde nun endlich für die Abfahrt fertig.
Auf der Lokomotive nahmen ein Offizier und zwei Unter-
offiziere mit geladenem Gewehr Platz, eine Mafsregel, welche sich bei dem unsichern Fahrpersonal als durchaus notwendig herausstellte . Als der Zug vor Pristewitz ankam, fand man abermals die Bahn zerstört, so dafs ein neuer Aufenthalt entstand. Hierdurch wurde natürlich die Ankunft in Dresden um fünf Stunden verzögert ,
es ist
ja aber eine alte Erfahrung, dafs man in Kriegszeiten immer auf einige Verspätung rechnen mufs, da die unvorhergesehenen Fälle vorher schwer in eine sichere Berechnung gezogen werden können. Napoleon I. sagt, dafs eine Unternehmung schon gut kombinirt sei, wenn zwei Drittel auf die Berechnung und ein Drittel auf den Zufall entfallen. Das Füsilier-Bataillon wurde durch einen Offizier auf dem Bahnhof empfangen und durch die Neustadt nach dem Blockhause geführt, wo es durch Hurrahruf der sächsischen Truppen und durch den General v. Schirding begrüfst ward. Nach Verabfolgung einiger Erfrischungen wurden die Füsiliere bei einbrechender Dunkelheit in der Neustadt einquartiert. Das 1. Bataillon des Kaiser Alexander - Grenadier - Regiments, welchem 1 Offizier und 20 Pioniere, sowie 4 Artilleristen mit Handgranaten beigegeben waren, fuhr um 4 Uhr Nachmittags von Berlin
ab.
Lügenhafte Gerüchte über den Stand der Dinge in Dresden mehrten sich von Station zu Station. Die Truppen waren aber bereits an derartige Übertreibungen gewöhnt und machten dieselben keinen Eindruck mehr auf die Soldaten. In der Station Burgsdorf,
wo das Bataillon gegen Mitternacht
eintraf, erklärte der Bahnhofsinspektor, dafs die Weiterfahrt unmöglich sei, weil die Bevölkerung die Schienen aufgerissen hätte. Das Bataillon blieb daher bis gegen Morgen unter freiem Himmel und marschirte dann nach Grofsenhain. Da dem Oberstlieutenant Graf Waldersee das
Ausbleiben des
Bataillons unerklärlich war, so erbat er sich eine Offizier - Patrouille, Lieutenant v. Funk mit 19 Pferden, welche das Bataillon erst am 6.
130
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Abends fand.
Demnächst wurde unter Leitung
eines sächsischen
Offiziers , Oberlieutenant Funke mit 30 Pferden , ein Extrazug bis zur preufsischen Grenze entgegengeschickt, ein Zeichen, dafs die Bahn fahrbar war, derselbe stiefs aber nicht auf das Bataillon, erfuhr nur, dafs dasselbe nach Grofsenhain marschirt sei . Endlich am 6. Abends erhielt Graf Waldersee vom Bataillons -Kommandeur, Major v. Hülsen , durch eine Stafette die Meldung, hatte.
welche Richtung er eingeschlagen
Am 7. früh wurde nun abermals ein Extrazug, mit 50 Füsilieren
besetzt, nach Pristewitz abgeschickt, welcher das 1. Bataillon am Vormittag nach 9 Uhr nach Dresden brachte. Nachdem es am Blockhause vom
General v. Schirding begrüfst worden,
erhielt es Ver-
pflegung und ward ein Teil sehr bald in das Gefecht gezogen. Es war somit dem böswilligen Bahnpersonal gelungen , das Eintreffen der Grenadiere um 11 , Tag zu verzögern.
In diesem und
solchen ähnlichen Fällen dürfte es sich empfehlen, eine militärisch besetzte Lokomotive zu einer Rekognoszirung vorauszuschicken, das Bataillon würde sich alsdann überzeugt haben, dafs die Bahn fahrbar war. Auch fragt man sich unwillkürlich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn das Bataillon
seinen Fufsmarsch auf oder neben der
Bahn genommen oder wenn dies beides nicht möglich war,
dieselbe
wenigstens durch eine starke Abteilung inklusive der 20 mitgenommenen Pioniere beobachten liefs, es würde dann bereits dem ersten Extrazug gelungen sein, das Bataillon zu finden . Der Bataillons - Kommandeur hatte sich wohl durch die sehr unsichern Nachrichten über die ganze Kriegslage hierzu verleiten lassen. Am 6. Mai Morgens zwischen 3 und 4 Uhr begann das Gewehrund Geschützfeuer aus den Burgker Kanonen mit neuer Heftigkeit gegen das Schlofs , ein Beweis, dafs es der provisorischen Regierung Die Bergleute mit den Friedensunterhandlungen nicht Ernst war. machten auch mit Genehmigung der provisorischen Regierung einen miſslungenen Versuch, das Schlofs zu unterminiren und in die Luft zu sprengen.
Die Hofschleusenräume wurden unter Wasser gesetzt
und somit die Absicht der Rebellen verhindert.
Dagegen ordnete die
provisorische Regierung an , das Opernhaus in Brand zu stecken . Das ganze Gebäude und alles was sich darin befand, ward ein Raub der Flammen, auch ein Teil der Zwingergalerie wurde vom Feuer ergriffen und das alles geschah ,durch die besten Söhne des sächsischen Volkes" wie die provisorische Regierung sie in dem Aufruf vom 5. Mai Abends zu nennen beliebte. Das Gefecht begann zuerst auf dem rechten Flügel. pagnie des Leibregiments wurde
Die 10. Kom-
schon um 3½ Uhr Morgens vom
Thurmhause aus durch Büchsenfeuer belästigt .
Es sollen Chemnitzer
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Scharfschützen gewesen sein.
131
Da die glatten Gewehre den Büchsen
unterlagen, so ward die Kompagnie durch eine Abteilung Jäger vom 2. Schützen-Bataillon unter Lieutenant v. Koppenfels verstärkt. Die Kompagnie hatte sich schon um 7 Uhr verschossen und löste man sie durch die 7. des Leibregiments unter Hauptmann v. Carlowitz ab. Gleichzeitig fuhren zwei Geschütze der Batterie Grünewald unter Infanterie - Bedeckung auf den Zwingerwall auf und beschossen das Thurmhaus und die Spiegelfabrik, ohne jedoch einen wirksamen Erfolg zu sehen. Im Opernhause und Zwingerwall griffen die Flammen immer mehr um sich. Die Soldaten versuchten zu löschen , aber ein Stillstand trat erst am Abend ein, als das Schiefsen der Rebellen infolge der eingetretenen Dunkelheit nachliefs. Die Brandstiftung sollte jedenfalls die Verwirrung und Aufregung erhöhen und dem Vordringen der Truppen Einhalt thun, vielleicht lag auch die Hoffnung vor, daſs das Feuermeer das Schlofs ergreifen würde. Zum Glück stand der Wind günstig, so dafs wenigstens diese Absicht nicht in Erfüllung ging. Das Füsilier - Bataillon des Kaiser Alexander - Regiments war be-
reits am Morgen in der Nähe
des Blockhauses versammelt worden und wartete mit Ungeduld auf den Augenblick der Verwendung. Um
9 Uhr ward die 9. Kompagnie unter dem Hauptmann v. Bentheim in's Gefecht gezogen . Ein Zug derselben unter dem Lieutenant v. Liebeherr II ging nach der Brühl'schen Terrasse, während die beiden andern Züge nach dem Zwingerwall marschirten . Wir werden während der Gefechtstage sehen , dafs die Füsiliere mehrfach zugweise Verwendung finden , weil das sächsische Kommando sich eine grofse Wirkung von den weitschiefsenden Zündnadelgewehren versprach und die sächsische Infanterie, welche noch glatte Vorderlader in den Händen hatte, durch dieselben eine wesentliche Unterstützung fand. Das erste Erscheinen der preufsischen Uniformen im Gefecht, machte auf die sächsischen Soldaten einen moralisch günstigen Eindruck. Die Kompagnie besetzte mit zwei Sektionen das Eckhaus an der Stallstrafse und der Ostra - Allee , welche von dort die gegenüber liegenden Häuser der Allee und die Barrikade am Thurmhause beschossen. Hier ereignete sich leider der betrübende Fall, dafs eine Frau v. Senfft, trotzdem sie durch ihren Gemahl gewarnt worden war, an das Fenster trat und durch eine preufsische Kugel tötlich verwundet zusammenbrach. Es mag dies für künftige Zeiten für alle gut gesinnten Einwohner ein warnendes Beispiel sein, damit sie entweder das insurgirte Stadtviertel frühzeitig verlassen, oder, wenn das nicht möglich, sich während dem Gefecht in den Kelleräumen aufhalten, denn
132
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
die dahinsausende Kugel weifs Feind und Freund nicht scheiden. Lieutenant v.
Reibnitz
stellte
zu unter-
sich mit 2 Sektionen
auf dem
Zwingerwall auf und da er selbst ein vorzüglicher Schütze war, so nahm er öfters das Gewehr eines Füsiliers, um weite und schwierige Schüsse zu übernehmen . Auch Hauptmann v. Bentheim that dasselbe vom Innern des Zwingers aus. Während er einige Kugeln abfeuerte, fiel unmittelbar neben ihm tötlich getroffen der Inhaber des Gewehrs.
eigentliche
Als die Flammen im Zwinger immer mehr Terrain gewannen und die Löschmannschaften durch das feindliche Feuer in der Arbeit sehr gestört wurden , postirte man einige gute Schützen der Kompagnie derartig,
dafs sie das Feuer der Rebellen erfolgreich erwidern gänzliche Einäscherung des Zwingers ver-
konnten , wodurch die hindert ward.
Auch die 11. Kompagnie des Kaiser Alexander - Regiments war bereits bald nach 9 Uhr in's Gefecht gezogen worden . Ein Zug unter dem Lieutenant v. Eberstein schlug die Richtung gegen die Sophien - Kirche ein, welche mit bewaffneten Rebellen angefüllt war. Er besetzte das Haus des Hofrats Reichenbach und unterhielt mit der Kirche und der Spiegelfabrik ein lebhaftes Feuer, welches durch eine Sektion des Unteroffiziers Otto derselben Kompagnie von der Hauptwache und dem Schulhause aus unterstützt ward. Erst die Dunkelheit gebot dem Gefecht hier Einhalt und verschaffte den Füsilieren einige Ruhe. Es empfiehlt sich,
das Ruhen stets in den hinteren Stuben an-
zuordnen, während in den vordern nur einige Posten verdeckt am Fenster stehen, welche die Strafse und gegenüber liegende Häuser beobachten . Auch die weiter rückwärts stehenden Reserven sind während der Nacht in erleuchteten Hausfluren und Parterrewohnungen unterzubringen, damit sie gegen Nässe und kalte Nachtluft geschützt sind. Die taktischen Verbände in Sektionen, Züge und Kompagnien sind dabei festzuhalten, damit die Schlagfertigkeit und Geschlossenheit schnell hergestellt werden kann. In der Dunkelheit tritt bei Nichtbefolgung dieser Regel leicht Unordnung und Verwirrung ein. Die Kompagnie - Chefs haben in der Zeit der Ruhe auch in der ausgiebigsten Weise für die Verpflegung zu sorgen, so dafs der Soldat niemals eine Veranlassung zur Unzufriedenheit hat. In grofsen Städten giebt es keine Schwierigkeit, Lebensmittel herbeizuschaffen.
Die In-
tendantur darf selbstverständlich dabei nicht lässig sein , Kaffee und Konserven im Tornister sind mitzunehmen, damit die einzelnen Züge,
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
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welche oft 24 Stunden nicht abgelöst werden dürfen, sich in den Häusern selbst verpflegen können, Die Stunden der Ruhe sind auch zum Ersatz der Munition, zum Fortschaffen der Verwundeten und Toten und zum Wegräumen der bereits genommenen Barrikaden auszunutzen . Das sächsische Oberkommando hatte heute nicht die Absicht, im Zentrum vorzugehen, dagegen versuchten die Rebellen das Schlofs in Brand zu stecken und zwar durch die Anlegung von Feuer in der Kleinen Brüder- Gasse, welche unmittelbar an das Prinzenpalais stöfst. Die Löschmannschaften wurden auch hier durch feindliches Feuer sehr belästigt, und fand ein unausgesetztes Gewehrfeuer von den sich hier gegenüber stehenden Rebellen und sächsischen Soldaten statt. Den Lieutenant v. Liebeherr II
zog man mit seinem Zuge von
der Terrasse nach dem Georgen - Thor, aber er stand hier einem besetzten Erker gegenüber, wo auch das Zündnadelgewehr nicht genügend ausgenutzt werden konnte. Man versuchte daher, ein Geschütz der reitenden Batterie unter Lieutenant Oertel im Thor aufzufahren. 12 Kartätschladungen , und 6 Kugelschüsse feuerte Oberlieutenant Bernhard gegen die Barrikade an der Stadt Gotha und gegen die Häuser ab, so dafs das feindliche Feuer einige Zeit zum Schweigen gebracht wurde. Der Offizier selbst erhielt zwei Streifschüsse am Arm und der Hand . Ungefähr
Als um 2 Uhr die höheren Offiziere mit ihren Adjutanten am Brückenausgang der Altstadt um den General v. Schirding versammelt standen, hörte man deutlich den Schall der feindlichen Burgker Kanonen.
Plötzlich schlug ein solches Geschofs
auf dem
Steinpflaster auf und sauste im Bogen über eine lagernde Kompagnie hinweg in die Elbe hinein. Gleich darauf kam ein neues zylinderartiges Eisenstück und schlug in den Kreis der Offiziere ein . Generalmajor Homilius von der Artillerie brach tötlich getroffen zusammen und Oberstlieutenant v. Kirchbach erhielt eine starke Kontusion in Der Tod des Generals war ein grofser Verlust den Weichteilen. für die Artillerie. Oberst Schmidt übernahm infolge dieselbe.
dessen das Kommando über
Da die beiden Geschosse durch das Georgen-Thor hindurch auf den Schlossplatz und bis zur Elbbrücke flogen , so liefs Oberst Sichart durch sächsische Zimmerleute der Artillerie und einigen Die feindlichen Pionieren eine Blendung am Thor anbringen. Kugeln blieben in derselben sitzen, so dafs der Zweck vollständig erreicht war. In allen Straſsenkämpfen und Häuserkriegen hat sich immer ein
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Verlangen nach Pionieren herausgestellt, denn mancherlei Arbeiten, wie das Durchschlagen der Wände , das Öffnen der Thüren und Thore, das Verblenden der Fenster und viele andere Beschäftigungen können weit schneller durch geübte Hände mit dem notwendigen Handwerkszeug ausgeführt werden, als wenn unerfahrene Leute dies Geschäft übernehmen . Sind Pioniere nicht zur Stelle, so müssen die Bataillone sich aus den Zimmerleuten, Maurern, Schlossern u. s . w. Pioniersektionen
zusammenstellen, wie es z. B.
auch das Füsilier-
Bataillon des Kaiser Alexander-Regiments gethan hatte. Auf dem linken Flügel stand Major v. Reitzenstein mit sechs Schützen-Kompagnien, denn auch die 2. aus Neustadt war inzwischen in Dresden angekommen. Lieutenant v. Kessinger hatte in der Bildergalerie den Boden
erstiegen,
dort einzelne Ziegeln aus dem
Dach herausgenommen , und konnte von hier aus die gegenüberstehenden Häuser des Neumarktes unter Feuer nehmen. Um 10 Uhr kam der Befehl zur Offensive.
In der Wohnung
des Zeughauptmanns wurde eine Wand durchgebrochen, um in das Cosel'sche Palais zu kommen,
eine Methode, welche bereits Fürst
Windischgrätz bei dem Aufstande in Prag 1848 seiner Infanterie anbefohlen hatte, welche allerdings etwas langsamer,
aber sicherer
und mit weniger Verlusten zum Ziele führt. Lieutenant Vollborn von der 3. Kompagnie
des
1. Schützen-
Bataillons drang mit einem Zuge durch die Öffnung in der Wand in das Cosel'sche Palais ein. Lieutenant v. Radke derselben Kompagnie ging mit seinem Zuge vom Zeughof-Thor nach der Frauenkirche und besetzte das Hôtel de Louxenbourg . Um das Vorgehen dieser beiden Züge zu unterstützen, liefs Hauptmann v. d. Mosel mit dem Rest der Kompagnie die Dächer und Fenster der umstehenden Häuser lebhaft beschiefsen. Beim späteren Vordringen richtete er das Feuer gegen die Stadt Rom und gegen die Häuser an der Kleinen Kirchgasse. hinter
Die Rebellen mussten infolge dessen die ganze Häuserreihe der Frauenkirche räumen. Die Kirche besetzte nun die
3. Kompagnie des 1. Schützen-Bataillons. Die 2. Kompagnie
hatte
keine
Verluste ,
erst
Hauptmann v. d. Mosel eine Verwundung am Fufs , Gefecht verlassen musste .
später
erhielt
so dafs er das
Durch diese Terraingewinnung wurde die Fühlung vom Zentrum mit dem linken Flügel hergestellt. Auch von der 4. Kompagnie des 1. Schützen-Bataillons war eine Abteilung unter Oberlieutenant Leonhardi in der Kampischen Gasse vorgedrungen und hatte sich vermittelst Durchbruch durch Mauern bis in die Pirna'sche Gasse gearbeitet, von wo
er die Barrikaden zum Schweigen brachte und
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
demnächst das
Landhaus, die Friesengasse und die Barrikaden in
derselben beschofs .
Die
1. Kompagnie
des
1. Schützen-Bataillons
unter Oberlieutenant v. Kochtitzky drang in die sogenannten Ratshäuser ein. Sie fand die Barrikade links am Landhause bereits verlassen, dagegen die Häuser stark besetzt.
Lieutenant Schulz erhielt
hier einen Schufs durch den Arm.
Die Kompagnie nötigte jedoch
die Rebellen, die Häuser zu räumen.
Der Oberlieutenant Kochtitzky
erhielt eine schwere Verwundung in die Brust und ein Jäger fiel tötlich getroffen . Der Lieutenant Leonhardi übernahm die Führung der Kompagnie und arbeitete sich durch
die
Häuser
hindurch , bis
sich mit
er
einer Abteilung der 4. Kompagnie , welche durch den Pavillon des Harmoniegebäudes in das Amtshaus vorgedrungen war, vereinigte. Um 6 Uhr Nachmittags hatte die leichte Infanterie die Pirna'sche Gasse im Besitz und beschofs nun das Landhaus und die Friesengasse aus den oberen Stockwerken der gegenüber stehenden Häuser. Zwischen dem linken Flügel und dem Zentrum hatte man Mittags 12 Uhr ein Geschütz der Batterie Grünewald aufgestellt ,
welches
gegen das Hôtel de Saxe sieben Kugeln und drei Kartätschenschüsse abgab. Major v. Reitzenstein bekam um die Mittagsstunde den Befehl, einen Angriff auf das Hôtel de Saxe und die Stadt Rom vorzunehmen. Es fuhren zu diesem Zweck zwei Geschütze unter Oberlieutenant Derle aus dem Zeughause durch das Münster-Thor und protzten das eine an der Salzgasse, das andere an der Frauenkirche, dicht bei der Töpfergasse, ab.
Ein Zug Infanterie unter Hauptmann
v. Metzrad des Regiments Albert bildete die Bedeckung.
Das erste
Geschütz gab 19 Kugeln und 20 Kartätschenschüsse ab, das zweite 20 Kugeln und 17 Kartätschenschüsse. Das Feuer der Rebellen war hier sehr heftig und verlor die Artillerie 1 Toten und 2 Verwundete. Der Lieutenant Derle erhielt einen Schufs in den Fufs. Um
2
Uhr
Nachmittags
bekam der
General v. Schirding den Befehl, nehmen. Es
fuhr
noch
ein Geschütz
Augustus-Strafse vor und
Oberst v. Sichart vom
die beiden Hôtels mit Sturm zu der Batterie Grünewald in
feuerte 35 Kugeln
der
und 7 Kartätschen-
schüsse gegen diese Hôtels ab, so dafs die Hausthür im Hôtel de Saxe aufsprang. Unter dem freudigen Hurrahruf der Artilleristen liefs Lieutenant Oertel ein Geschütz die grofse Terrassentreppe hinaufschaffen , stellte es neben der Akademie auf und feuerte die Münzengasse entlang 15 Kartätschenschüsse und 12 Kugeln gegen die Stadt Rom.
Das
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Feuer der vier erwähnten Geschütze hatte die vorspringenden Erker gelegt, doch konnte das feindliche
der Stadt Rom in Trümmer
Gewehrfeuer nicht vollständig zum Schweigen gebracht werden . Der Oberst v. Sichart hatte auf dem Schlofsplatz zwei Sturmkolonnen formirt, die eine unter dem sächsischen Major v. Hausen gegen das Hôtel de Saxe und die andere unter dem preuſsischen Hauptmann v. Budritzky gegen die Stadt Rom. Beide Kolonnen waren aus Sachsen und Preufsen gemischt zusammengesetzt und beide hatten vor der Front einen Zug Zimmerleute und Pioniere aus dem Füsilier-Bataillion des Kaiser Alexander-Regiments. Die Kolonne Hausen war in der Weise organisirt, daſs nach den Zimmerleuten unter dem Oberlieutenant v. Flemming zwei Sektionen der 4.
Kompagnie
des
Regiments Albert kamen ,
demnächst der
Kolonnen - Kommandeur mit den Kompagnie - Chefs und dann wieder zwei Sektionen derselben Kompagnie folgten. Ein halber Zug der 11. Kompagnie des Alexander-Regiments unter dem Premierlieutenant v. Keyserlingk schlofs dieselbe. Die Reihenfolge der Kolonne Budritzky fand in der Weise statt, dafs , wie schon gesagt, Zimmerleute und Pioniere vorausmarschirten, dann folgte ein Zug der 3. Kompagnie des Regiments Albert unter Lieutenant v. Schwerdtner, dann mit 30 Schritt Abstand das Gros der Kolonne, bestehend aus einer Sektion der 4. Kompagnie unter Lieutenant Allmer und einem halben Zuge Füsiliere der 11. Kompagnie. Beide Kolonnen marschirten durch die Augusta-Strafse, das Feuer der Geschütze an der Frauenkirche und auf der Terrasse schwieg, dagegen liefs Hauptmann Grünewald noch schnell einige Schufs auf das Hôtel de Saxe abgeben. Dann brach die Kolonne Hausen vor, sobald sie bei der Stadt Berlin den Neumarkt erreicht, wurde sie von gewaltigem Feuer empfangen, einem Soldaten wurde der Oberschenkel zerschmettert , die Leute stutzten einen Augenblick, dann ging es aber im schnellen Lauf über den Neumarkt nach dem Hôtel und in dasselbe hinein. Major v. Hausen erhielt eine matte Kugel am Fufs, ein Mann war tot und zwei verwundet, aber das Hôtel wurde nun im Fluge bis an die obersten Stockwerke genommen . Lieutenant v . Keyserlingk besetzte mit den Füsilieren die Fenster und richtete Schnellfeuer nach der Stadt Rom. Auch Hauptmann v. Grünewald feuerte noch 7 Schufs gegen dasselbe ab und dann brach die Kolonne In kurzer Zeit verlor sie 2 Tote und 6 Verwundete, Budritzky vor. aber das Hôtel war erreicht, die Zimmerleute schlugen Thür und Fensterladen ein und Hauptmann v. Budritzky war der erste, welcher durch ein Fenster eindrang, da die Thür noch längeren Widerstand leistete. Der Zug Füsiliere richtete nun mit den Zündnadelgewehren
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
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das Feuer nach den Fenstern der umliegenden Häuser, während die sächsischen Soldaten sich des Innern des Gasthofes bemächtigten. Man mufs den Rebellen eine gewisse Hartnäckigkeit in der Verteidigung dieser beiden Hôtels zugestehen, d. h. so lange die Soldaten nicht eingedrungen waren. Von diesem Augenblick an , und das ist bei allen Revolutionen dieselbe Erfahrung gewesen, war ihr Mut gebrochen, und ergriffen sie vermittelst des Durchbruchs nach den Das schlechte Gewissen, die Besorgniſs Nebenhäusern die Flucht. der Gefangennahme und demnächst die Unsicherheit ihrer Zukunft, waren wohl die Motive, dafs sie schnell das Weite suchten . Dafs die Soldaten in den Gasthöfen, wo fast alle Thüren verschlossen waren, nicht sehr sanft und rücksichtsvoll umgingen, war ganz natürlich und ist ihnen darüber kein Vorwurf zu machen. Wer sich persönlich in der Lage befunden hat, einem Häuserkampf mit der Waffe in der Hand kennt die momentane Aufregung der Offiziere und Soldaten, welche sich ganz naturgemäfs ihrer bemächtigt.
beizuwohnen ,
Fall
Leider ereignete sich im Hôtel de Rom ein sehr bedauerlicher Es wohnte dort ein österreichischer Oberst Prinz Schwarzburg-
Rudolstadt, welcher sich einer Augenoperation unterzogen hatte .
Er
hatte sich mit seinem Kammerdiener eingeschlossen, die sächsischen Soldaten schlugen die Thür ein, der Prinz trat ihnen mit verbundenen Augen entgegen, beide hatten sich mit Pistolen bewaffnet. geregten Soldaten hielten sie für Rebellen
Die auf-
und im nächsten Augen-
blick, ehe eine Aufklärung möglich war, lagen beide durch mehrere Kugeln durchbohrt, tot am Boden . Der ganze Neumarkt befand sich nun in den Händen der Truppen, nur von der Barrikade an der Frauengasse und den Kind'schen Häusern feuerten die Rebellen noch,
weshalb Major v. Reitzenstein
die 4. Kompagnie des 2. Schützen - Bataillons dagegen vorführte und Lieutenant v. Koppenfels mit um 6 Uhr daselbst sich festsetzte. seinen Jägern und Oberlieutenant v. Döring mit einem Zuge der 3. Kompagnie des Regiments Albert arbeiteten sich durch die Mauern . und bekamen somit die ganze Häuserfront in ihre Gewalt. Endlich erhielt noch der Oberlieutenant v. Boxberg vom Major
v. Reitzenstein den Auftrag, sich in den Besitz des Eckhauses der Pirnaer- und Schiefsgasse zu setzen, um von dieser Seite dem Landhause nahe zu kommen, was vollständig gelang. Um 8 Uhr Abends war dasselbe in den Händen des Oberlieutenant v. Leonhardi, welcher mit drei Sektionen dagegen einen Angriff unternahm und nur noch einige Leichen in den Zimmern vorfand. Die eingetretene Dunkelheit machte dem heutigen Kampf ein Ende und hatten die Truppen folgende Stellung eingenommen :
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Rechter Flügel. Im italienischen Dörfchen : 7. Kompagnie des Regiments Albert. Auf dem Zwingerwall, im Zwinger und im Packhofe : 5. Kompagnie des Leibregiments. 9. Kompagnie des Füsilier - Bataillons des Kaiser Alexander-Regiments. - Zur Verbindung des rechten Flügels mit dem Zentrum: Ein halber Zug der 11. Kompagnie des Kaiser AlexanderRegiments. Zentrum. Im Prinzenpalais : 8. Kompagnie des Regiments Albert. - Im Schlofs : 3 Kompagnien . - In der Bildergalerie : Ein Teil der 1. Kompagnie des Regiments Albert und 16 Jäger.
Linker Flügel. In den Kind'schen Häusern : 1 Zug der 3. Kompagnie des Regiments Albert. - An einer Barrikade an der Frauengasse: 2 Züge — In der Stadt Rom : der 4. Kompagnie des 2. Schützen-Bataillons . 2 Züge der 3. Kompagnie des Regiments Albert und 1 Zug Füsiliere des Kaiser Alexander - Regiments. - Hôtel de Saxe : 4. Kompagnie des Regiments Albert. Ein Teil der 5. Kompagnie und ein Zug Füsiliere des Regiments Kaiser Alexander. - Im Landhaus : 4. Kom1 Zug des 3. Bataillons des pagnie des 1. Schützen - Bataillons. Regiments Albert. - An der Ecke der Schiefs- und Pirna'schen Gasse : - Im Justizamt : 1 Zug der 2. Kompagnie des 1. Schützen-Bataillons. 1 Sektion Schützen der 1. Kompagnie. - Als Reserve an der Frauenkirche : 3. Kompagnie des 1. Schützen-Bataillons. Eine halbe 4. Kom3. Kompagnie des 2. Bataillons. 1. Kom-
pagnie des 2. Bataillons.
pagnie des 1. Bataillons. — Im Zeughause : Ein Teil der 9. Kompagnie des Regiments Albert. 1 Zug der 10. Kompagnie des Kaiser AlexanderRegiments am Belvedere auf der Terrasse. Hauptreserve auf dem Schlofsplatz . 2., halbe 8., 10. und 12. Kompagnie des Leibregiments. Sie setzten Feldwachen an den Elbübergängen aus. - Am PontonSie unterhielt schuppen : 6. Kompagnie des Regiments Albert. durch Patrouillen die Kavalleriefeldwachen .
Verbindung
mit den
Bahnhöfen
und
den
Die sächsischen Truppen blieben in den folgenden Nächten stets in den Stellungen, während die Preufsen zur Hälfte einquartiert wurden. Am Vormittag des 6. Mai besetzten zwei Züge der 10. Kompagnie des Füsilier - Bataillons des Kaiser Alexander-Regiments
ein
Dampfschiff, weil man glaubte, dafs es Munition für die Rebellen transportire. Die Vermutung bestätigte sich aber nicht. Ein zweites Dampfboot, welches von den Truppen festgenommen
war, fuhr mit zwei Kompagnien Infanterie als Bedeckung nach dem
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts.
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Pulvermagazin, empfing dort 200 Zentner Munition und landete Nachmittags 51 Uhr damit beim Blockhause. Unter dem Lieutenant Schubert fuhr ein drittes Dampfschiff nach dem Königstein, um von dort Munition zu holen und den Oberst Reichard mit Depeschen an den König zu befördern . 10 Kanoniere und 12 Mann Infanterie bildeten die Bedeckung. Ohne irgend welchen Zwischenfall landete das Schiff Abends 71/ Uhr am Fußse der Festung. Während der Durchfahrt bei Pirna war eine grofse Volksmasse am Ufer zu sehen und aufserdem zwei Dampfboote, welche von aufgeregten Einwohnern dort festgehalten wurden. Die beiden Schiffe hatten vom Lande aus Feuer bekommen, so dafs sie beilegen mussten. Ein anderes Dampfboot war früh von Dresden abgefahren und lag bereits mit seiner Bedeckung von 25 Mann am Ufer, um Mehl für die Truppen zu holen. Unter dem Schutz der Bedeckungsmannschaften beider Dampfschiffe wurde nun die Einschiffung von Gewehrund Geschützmunition betrieben. Während der Verladung brachte ein Steuermann der in Pirna festgehaltenen Dampfboote die Nachricht, dafs die Bürgerwehr dem Munitionstransport den Rückweg verlegen wollte. Lieutenant Schubert liefs sofort abfahren, um noch in der Dunkelheit bei Pirna vorbeizukommen ,
drehte jedoch wieder um , als sich das Gerücht ver-
breitete, dafs eine Kette über die Elbe gezogen und Flöfse versenkt worden seien. Das Schiff wurde nun zur Verteidigung eingerichtet, die Bordwände mit Bretter bekleidet, die Fenster mit Matratzen und Tornister geblendet, Wassergefäſse überall aufgestellt, für den Steuermann ein Schilderhaus von Brettern gezimmert und die Besatzung durch 12 Mann vom Mehltransport verstärkt. (Schlufs folgt.)
XIV.
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts .
Die Bezeichnung „Zivilstratege" hat im Allgemeinen einen üblen Für den Soldaten ist der, dem der Name beigelegt wird,
Klang.
etwa das, was der Kurpfuscher und der kluge Schäfer für den Arzt, der Dilettant für den akademisch gebildeten Künstler, der Bönhase für den Zünftler ist ; die Erfahrungen, welche in neuester Zeit die französische Republik mit Gambetta und seinen Sendlingen gemacht Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 2. 10
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts.
140
hat, haben nicht dazu beigetragen, den Wert des Namens zu erhöhen, und sogar Theodor v. Bernhardi, welcher bis vor Kurzem als ein berechtigter Vertreter des bürgerlichen Elements auf dem Gebiete theoretischer Besprechung von Feldzugsplänen galt, hat sich gefallen lassen müssen, durch die in des Oberst v. Lettow-Vorbeck Werke über den Krieg vom Jahre 1866 veröffentlichte
abfällige Kritik der
von ihm für die damals zu ergreifenden Mafsregeln gemachten Vorschläge und deren Begründung durch den damaligen General Freiherrn v. Moltke, in seinem Ansehen erheblich geschädigt zu werden, und schwerlich wäre es ein Trost für Bernhardi gewesen, dafs Karl Bleibtreu seinem Tadler die Befugnifs abspricht , in
strategischen
Dingen mitzureden. Um so interessanter ist es, das Wesen und das Wirken eines Mannes zu betrachten, der nie eine Uniform getragen und doch fünf Jahre lang einem an Siegen und Erfolgen reichen Feldherrn als schliefsungen
erster einen
Gehilfe zur Seite gestanden, auf seine Entschwerwiegenden Einfluss geäufsert hat,
eines
Generalstabschefs im bürgerlichen Kleide. Jener Feldherr war der Herzog Ferdinand von BraunschweigLüneburg, welcher während des siebenjährigen Krieges von Ende des Jahres 1757 an auf dem westlichen Kriegsschauplatze die den Feinden Friedrichs des Grofsen gegenüberstehenden Truppen befehligte, dieser Gehilfe war sein Geheimsekretär Westphalen. Christian Heinrich Philipp Westphalen , am 24. April 1724 zu Blankenburg am Harz als der Sohn des dortigen herzoglich braunschweigischen Hofpostmeisters Westphalen geboren , besuchte, nachdem er zuletzt in der Klosterschule zu Marienthal unterrichtet war, die benachbarte Universität Helmstädt und die zu Halle, begleitete alsdann einen Herrn v. Spiegel auf längeren Reisen in verschiedenen Ländern Europas und trat, in die Heimat zurückgekehrt, im Jahre 1751 als Sekretär in die Dienste des genannten Herzogs, welcher als General
dem preufsischen Heere angehörte und sein
Hauswesen in Berlin hatte, sich aber einen grofsen Teil des Jahres hindurch bei König Friedrich II . zu Potsdam aufhielt.
Jenem Haus-
wesen stand Westphalen vor, doch begleitete er den Herzog auch auf seinen Reisen. So brachte er mit demselben den Winter 1753 auf 1754 in Kopenhagen zu, ferner besorgte er dessen Vermögensangelegenheiten und erwarb sich bald seines Herrn vollkommenes Vertrauen. Als im Herbst 1756 Herzog Ferdinand an der Spitze einer preussischen Division in den siebenjährigen Krieg zog, nahm er seinen Sekretär mit sich, welcher auf diese Weise Augenzeuge der Schlachten von Lowositz, Prag und Rofsbach,
sowie einer
Reihe
141
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts.
anderer Kämpfe wurde und das Kriegsleben aus eigener Anschauung kennen lernte. Dann übernahm der Herzog am 23. November 1757 zu Stade den Oberbefehl über die nach der Schlacht bei Hastenbeck auf Grund der zu Zeven abgeschlossenen Übereinkunft im Bremischen stehenden Hannoveraner, Braunschweiger und Kurhessen .
Damit trat er die
schwere Feldherrnstellung an, deren erfolgreiche und ruhmvolle Wahrnehmung ihn als einen echten und rechten Heerführer erscheinen läfst. Trotz grofser und mannigfacher Hemmnisse hat er verstanden, fünf Feldzugsjahre hindurch auf dem ihm angewiesenen Kriegsschauplatze die gesammten, weit überlegenen Streitkräfte der ihm gegenüber stehenden Widersacher des Königs in Schach zu halten . Während im Osten Friedrich selbst in hartem Kampfe gegen die Übermacht Österreichs, Rufslands, Schwedens und des Reiches im Felde stand, löfste Herzog Ferdinand mit grofsem militärischen und diplomatischen Geschicke die schwere Aufgabe, an der Spitze eines buntscheckig zusammengesetzten Heeres die gemeinsame Sache im Westen zu verfechten. Diese ganze Zeit hindurch hat ihm sein Sekretär Westphalen als treuester, fleifsigster und wirksamster Gehilfe zur Seite gestanden. solche
Verwendung
Die äufsere Stellung desselben wurde durch berührt, • er blieb einfach des Herzogs
nicht
Geheimschreiber, trug weder ein soldatisches Kleid, noch hatte er einen militärischen Rang, und doch hat er auf des Feldherrn Entschliefsungen einen bedeutenden, stets wachsenden Einfluss geäufsert, bei den von diesem getroffenen Anordnungen wesentlich mitgewirkt und sich um die Heerführung ein grofses Verdienst erworben. Den Anteil festzustellen ,
welchen
einer der Gehilfen des Feldherrn an
dessen Thaten gehabt hat, die von ihm geübte Einwirkung nachzuweisen, zu bestimmen, wie viel Ruhm dem Einen oder dem Anderen gebührt, ob diesem oder jenem eine Schuld beizumessen, ein Vorwurf zu machen sein würde - ist unter allen Umständen eine schwierige Sache, sehr häufig eine nicht zu lösende Aufgabe ; in dem hier vorliegenden Falle erledigt sie sich indessen leichter, als es in der Regel der Fall
ist,
da
der Verkehr
zwischen
dem Herzog
und seinem
Sekretär zu grofsem Teile auf schriftlichem Wege vor sich ging und die Mehrzahl der zwischen beiden gewechselten Briefe und Billets sowie vielfache Bemerkungen zu den Akten erhalten sind . Auf Grund dieser Beweisstücke hat in neuester Zeit Dr. Hans Donalies im 8. Bande der 77 Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte " (Leipzig 1895 ) nachgewiesen, wie grofs
der
Anteil des Sekretärs Westphalen an den Feldzügen des Herzogs Ferdinand von Braunschweig, 1758-1762 " gewesen ist. Der Zeit10*
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts.
142
folge nach hat er einen jeden dieser Feldzüge eingehender Betrachtung unterworfen und bei einer jeden Anordnung und einem jeden Ereignisse gezeigt, ob, und in welcher Weise Westphalen dabei mitgewirkt hat.
Überall tritt hervor, welch grofsen Wert der Herzog
auf seines Sekretärs Meinung legte , wie hoch er ihn als Ratgeber und Menschen schätzte. Das aus den Forschungen gewonnene Endurteil lautet : „ Westphalen hatte für die Verpflegung der Truppen etwa das Amt des General-Intendanten , für ihre Dislokation etwa die Befugniſs eines General- Quartiermeisters .
Als militärischer Rat-
geber kommt seine Stellung der eines General-Adjutanten seiner Zeit oder richtiger der eines modernen Generalstabs-Chef am nächsten ; sie
erleidet
hierbei jedoch
die
erhebliche
Einschränkung,
welche
durch die Zivilstellung des Sekretärs bedingt wird : Westphalen war nie im Felde selbst, nie praktisch militärisch thätig ; seine Waffe ist nicht das Schwert sondern die Feder, sein Tummelplatz ist nicht der Kampfplatz
sondern der Arbeitstisch.
Er bearbeitete die täglichen
Einläufe, stellte die Projekte auf, besorgte die Redaktion der Befehle, ging überall dem Herzoge im Hauptquartiere mit Rat und That zur Hand ; er hatte wohl eine moralische doch keine thatsächliche Verantwortung, wohl einen ideellen doch keinen materiellen Anteil an der praktischen Operationsausführung. bei
allen
Bewegungen
Aufserhalb des Hauptquartiers,
und Entscheidungen
auf
dem
wirklichen
Waffenplane war der Herzog auf sich selbst gestellt. " Auch wenn er gewollt und das Bedürfnifs gefühlt hätte, wäre er garnicht im Stande gewesen,
seines Sekretärs Dienste zu benutzen, die er sonst
bei jeder Gelegenheit und bei allen möglichen Geschäften in Anspruch nahm. In grofsen und in kleinen Dingen, bei politischen und bei strategischen Entscheidungen, in persönlichen und in gesellschaftlichen Angelegenheiten, um zu erfahren, wo ein Ort liegt und wie ein Name geschrieben wird, jeden Augenblick befragte er ihn. Und allemal war er sicher, die richtige Antwort zu erhalten. Der hinterlassene Schriftwechsel legt Zeugnifs dafür ab. Dafs ein solcher Schriftwechsel zwischen zwei Menschen, welche meist an dem nämlichen Orte sich aufhielten, gewifs häufig unter demselben Dache gewohnt haben und sich täglich mehrfach, namentlich bei Tafel, sahen, überhaupt stattfand, hatte seinen Grund vornehmlich darin, dafs ihre Arbeitszeit eine verschiedene war. Der Herzog ging früh schlafen und stand früh wieder auf,
der Sekretär
safs die späten Abende und oft die ersten Morgenstunden an seinem Schreibtische. Er erledigte dann die tagüber eingegangenen Sachen und übersandte sie mit seinen Bemerkungen dem Herzoge, welcher alsbald zu arbeiten anfing. Die Überweisung von einer Stelle zur andern
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts . geschah in einfachster Form.
Der Herzog
setzte meist
143
auf die
Aufschrift: An Sekretär Westphal. C'est de moi " und siegelte mit seinem Petschaft, oft fügte er auch einen Zusatz wie „Cela presse " , n ce paquet est à ouvrir le premier" bei oder er bezeichnete den Inhalt durch den Namen einer Person, den Gegenstand, von dem die Rede war u . dgl. m. , die Unterschrift war meist ein F. Westphalen sandte in ähnlicher Weise zurück, er adressirte Serenissimo" und fügte seinem Namen „humillime" bei,
die Briefschaften verschloſs er mit
seinem Wappen.
Die Sprache, deren beide sich fast durchgängig bedienten, war die französische. Westphalen war befugt, alle Eingänge zu öffnen ; vielfach, und um so häufiger, je länger der Krieg dauerte, ordnete er in seinem eigenen Namen und nicht selten sind die Fälle, in denen die Generale an ihn berichteten oder seine Meinung einholten. Seine Weltgewandtheit, seine verbindlichen Formen, sein feiner Takt, sein lauterer Sinn, seine Selbstlosigkeit und Uneigennützigkeit liefsen ihn alle die Schwierigkeiten glücklich überwinden, die
eine solche Stellung naturgemäfs herbeiführen mufste ; seine glückliche Veranlagung bewirkte, dafs er mit den Unterführern auskam und mit den Offizieren des herzoglichen Stabes in gutem Einvernehmen lebte.
Über die Art und Weise , wie das Verhältnifs Westphalen's zu seinem Herrn entstanden ist und sich ausgestaltet hat, schreibt der Erstere in der Einleitung zu einem gröfseren Werke über den Krieg, auf welches wir zurückkommen werden : „Herzog Ferdinand bedurfte, um sein Tagewerk zu vollenden und es zu thun, wie er es that, eine Art von Gehilfen, dem er, dem Raphael gleich, durch einen Zug den Umrifs gab, und von ihm die Ausfüllung in seiner Manier erwartete. Der Feldherr fand einen Arbeiter dieser Art, zufällig, wie man zu sagen pflegt, in seinem Sekretär. Er hatte bei demselben einige Kenntnifs des Krieges wahrgenommen, wie sie Bücher und die Erfahrung von ein paar Feldzügen, worin er ihm gefolgt war, geben konnten. Er versuchte, von den Umständen und von seiner isolirten Lage gedrungen, ihn nun weiter und fand nach einigen nicht miſslungenen Proben, dafs derselbe mit jener Kenntnifs nicht nur viel guten Willen zu arbeiten verband, sondern auch gerade die erforderte Gabe hatte, sich ganz in seine Stelle zu setzen, neben ihm von eben dem hohen Standpunkte auf Ort und Zeit aus zu sehen und ihren Gebrauch auf die Lage des Krieges, auf das Heer und seine Bedürfnisse und auf alle die tausenderlei Verknüpfungen, worin gewöhnlich jedes Ding zu sehen war, anzuwenden. " So sei es gekommen , dafs der Herzog dem Sekretär bald sein ganzes Vertrauen geschenkt und dafs das harmonische Zusammenwirken der beiden Mitarbeiter zu
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts.
144
so glänzenden Wirkungen geführt habe.
Der unparteiische Dritte wird vermutlich finden, dafs bei der Kennzeichnung des Verhältnisses zwischen Beiden Westphalen's Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit zu weit gegangen seien. Auf Grund persönlicher Bekanntschaft und genauer Kenntnisse der Verhältnisse urteilt über Westphalen ein Teilnehmer an den Ereignissen, der General Martin Ernst v. Schlieffen. In seinem Buche 7 Einige Betreffnisse und Erlebungen etc. " (Berlin 1840) rühmt er an ihm die tugendhaftesten Grundsätze sonder Vorurteile, eine männliche, aber von Rauhheit und Schmeichelsucht gleich entfernte Seele, Würde ohne Stolz, Rechtschaffenheit ohne Geräusch, Einsicht ohne Dünkel, Anhänglichkeit ohne Schwachheit, Strenge in Ansehung seiner selbst, Nachsicht gegen Andere,
Unermüdlichkeit in übermäfsiger Arbeit. "
Daneben preist er Westphalen's Uneigennützigkeit und Redlichkeit, Eigenschaften, welche nicht all den Leuten in der Umgebung des Herzogs eigen waren, wenn sich Gelegenheit bot zu unrechtmässigem Geldgewinne.
Schon früher (Nachrichten von einigen Häusern des
Geschlechts der v. Schlieffen, Seite 443 , Cassel 1789) hatte Schlieffen in seiner eigenartigen Ausdrucksweise geschrieben : „Vieljährige Freundschaft nennt uns zuerst Westphalen, den seltenen Mann, welchen der Zufall nicht zu einem Krieger gemacht, Natur und Kenntnisse hingegen zu Allem bestimmt hatten, was Notwendigkeit oder Wahl ihn heiſsen würden . Wäre derselbe mit eben den Vorzügen des Verstandes und des Herzens unter Griechen oder Römern früher als das Zeitalter des Plutarch geboren worden, so dürften wir den merkwürdigen Lebenslauf von einem berühmten Alten mehr zu lesen haben. Er beschreibt die Feldzüge des grofsen Heerführers . Begebenheiten, wovon es handelt, auf Achtung von Fremden. " Dieses Werk liegt uns als
Das Werk, der Verfasser, die
vermehrt Deutschlands Anspruch
Geschichte der Feldzüge des Herzogs
Ferdinand von Braunschweig - Lüneburg" vor, welche des Verfassers Enkelsohn, der preufsische Staatsminister a. D. v. Westphalen , in sechs Bänden (Berlin 1859-1874) veröffentlicht hat. Aber nur die beiden ersten Bände sind von dem Geheimsekretär selbst geschrieben, sie schliefsen schon mit der Erzählung von den Ereignissen des Kriegsjahres 1758 ab.
Alles übrige hat den Herausgeber zum Verfasser,
seine Arbeit beruht jedoch aufser auf den Kriegsakten auf der Vorfahren eigenhändigen Aufzeichnungen, welcher sein Unternehmen vermutlich aus dem Grunde aufgegeben hat, weil er Rücksichten auf damals noch lebende und in hohen Stellungen befindliche Personen nahm, die er schonen zu sollen glaubte.
Dies wird auch die Ursache
Ein Zivilstratege des 18. Jahrhunderts.
gewesen sein, unterliefs.
145
wegen der er die Veröffentlichung des Fertiggestellten
Bald nach Friedensschlusse gab Westphalen seine Stellung beim Herzoge auf und zog sich wie dieser in das Privatleben zurück. Eine von England ihm gewährte Pension von jährlich 200 Pfund Sterling, eine solche von 500 Thalern, durch welche Hannover die von ihm geleisteten Dienste anerkannte, und die Einkünfte aus einem von dem regierenden Herzog Karl von Braunschweig ihm verliehenen Kanonikate, sowie einige Ersparnisse setzten ihn in den Stand, das Gut Bornum bei Königslutter zu erwerben, wo er, nachdem er sich 1765 mit Jeanie Wishart of Pitarow, der Tochter eines schottischen Geistlichen, verheiratet hatte, seinen Wohnsitz nahm. Anerbietungen zum Eintritt welche ihm gemacht wurden , lehnte er ab ; von
in fremde Dienste,
dem ihm verliehenen Titel eines General-Adjutanten des
englischen
Heeres hat er keinen Gebrauch gemacht, dagegen führte er den von Herzog Karl ihm gegebenen eines braunschweigischen Landdrosten ; der Kaiser hatte ihn 1764 in den Reichsritterstand aufgenommen und seinem Namen das Beiwort „ Edler" hinzugefügt. 1779 verkaufte er Bornum, wo er seine Rechnung nicht fand, und dachte nun daran , als Diplomat oder als Verwaltungsbeamter in den dänischen Staatsdienst zu treten. Es wurden ihm Versprechungen gemacht ; da aber nicht abzusehen war, wann die eröffneten Aussichten sich verwirklichen würden,
so kaufte er das im Herzogtum Mecklenburg - Schwerin be-
legene Gut Blücher bei Boitzenburg an der Elbe,
einen gröfseren
Besitz, mit dessen Bewirtschaftung er höhere Erträge hoffte,
als Bornum geliefert hatte.
zu
erzielen
Mit Herzog Ferdinand blieb er
bis zu dessen am 3. Juni 1792 erfolgenden Ableben in steter,
all-
mählich freilich schwächer werdender Verbindung und noch in seinen letztwilligen Verfügungen gedachte dieser seines treuen Mitarbeiters, namentlich vermachte er ihm sein gesammtes Kriegsarchiv. So kam dessen Enkel in den Besitz eines grofsen Teiles der Quellen für seine obengenannte Arbeit, neben welcher er auch eine biographische Skizze ກWestphalen, der Sekretär des Herzogs Ferdinand von Braunschweig " (Berlin 1866 ) geschrieben hat. Westphalen selbst folgte dem heimgegangenen Fürsten am 21. September des nämlichen Jahres , in welchem jener gestorben war, er starb auf seinem Gute Blücher. 14.
XV.
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens . Von
A. Walch , Hauptmann und Kompagnie-Chef im K. B. 16. Infant.-Regt. Grossherzog Ferdinand von Toscana.
Der römische Geschichtschreiber Quintus Curtius Rufus wirft in seinem etwas romanhaft gehaltenen Werke „ De rebus gestis Alexandri Magni " bei
Schilderung
Alexander in Fehde lag,
eines
asiatischen Volksstammes,
der
mit
die bemerkenswerte Äufserung hin : Situs
locorum et ingenia format, frei übersetzt, die Geographie eines Landes beeinflusst auch den Charakter seiner Bewohner. Dieser ziemlich unanfechtbare Satz kam mir in den Sinn , als ich an die Ausarbeitung einer militärgeographischen Skizze Syriens ging und der an der Grenzlinie des Osmanenreiches wohnenden Völkerschaften, vor allem der Hauraner und Beduinen gedachte. Inwieweit die Äufserung des genannten lateinischen Biographen auch in militärgeographischer Beziehung ihre volle Bedeutung beibehält, wird zum Teil aus der nachfolgenden Schilderung von Land und Leuten Syriens hervorgehen. Damit ist im Vorhinein schon angedeutet, dafs, abgesehen von den sonstigen militärischen Gesichtspunkten, als Wegverhältnisse, Relief des Bodens, Möglichkeit der Verpflegung und Unterkunft von Truppen in jenen Gebieten etc., auch deren Bewohnern ein besonderes Augenmerk zugewendet werden wird. Dem Verfasser dieses Aufsatzes standen hierbei
eine gröfsere Anzahl Quellenwerke zur Verfügung,
allgemein geographischen , statistischen ethnographischen Inhalts, leider aber keines , das in militärischer Hinsicht irgend etwas Nennenswertes geboten hätte. Es blieb ihm daher nichts anderes übrig, als die eigenen, gelegentlich eines längeren Aufenthaltes in jenen Gegenden gemachten Aufzeichnungen . Und , wenn dieser kleinen Arbeit auch der Vorwurf der Lückenhaftigkeit nicht erspart werden wird, so dürfte sie hinwiederum den Vorteil der Ursprünglichkeit aufweisen, umsomehr, als die meisten der im Gebiete des Hauran, der Palmyrene und von Damaskus gemachten Beobachtungen unter dem unmittelbaren Eindrucke des Selbsterlebten sofort oder wenigstens unmittelbar nach Vollendung einer Tageswanderung in das Reisebuch eingetragen wurden .
Dafs hierbei
anderen Augen beschaut,
als
ein Militär Land und Leute mit
der Geologe, Archäologe oder reine
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
147
Vergnügungsreisende, das dürfte aus den nachfolgenden Betrachtungen ebenfalls hervorgehen . Wer von Europa aus die syrischen Lande besuchen will , macht am besten Beirut zum Ausgangspunkte seiner Reise, besonders wenn er im Sinne hat, nicht blofs den Libanon und die Küste zu bewandern, sondern auch weiter ostwärts , also mehr in das Innere dieser hochinteressanten Provinz der asiatischen Türkei einzudringen. Je weiter von der Küste entfernt, desto origineller, man darf sagen morgenländischer" gestaltet sich Alles. Beirut hat keinen eigentlichen Hafen, ebensowenig wie Jaffa. Die Schiffe gehen in der nach Nordwest geöffneten St. Georg-Bai, welche bei dem an der Küste Syriens häufig herrschenden stürmischen Wetter den Fahrzeugen einen leidlichen Schutz gewährt, vor Anker. Im Winter und zur Zeit stärkeren Unwetters jedoch ziehen dort stationirte Geschwader es vor, wenn sie nicht gerade unbedingt an den dortigen Platz gebunden, anderswohin nach einem geschützteren Ankerorte abzudampfen.
So suchten auch gegen Ende des Jahres 1860
die gelegentlich der syrischen Unruhen in jene Gewässer entsendeten europäischen Flotten ihre Winterhäfen im Mittelmeere auf und liefsen bei Beirut blofs einige leichtere Kriegsschiffe unter englischer, französischer, russischer und türkischer Flagge zurück .
Prächtig wirkt
die landschaftliche Szenerie jenes Küstenstriches auf den vom Meere her kommenden Europäer ; Meer und Ebene und Gebirge vereinigen sich zu einem höchst ausdrucksvollen Gesammtbilde. Vorne die blaue Flut, welche der Schiffsbug in rascher Fahrt durchschneidet, dahinter das schmale Band einer grünen Fruchtebene im Schmuck der Palmen, und zwischen beiden, gelegene Stadt.
auf einem Vorsprung der Küste, die herrlich
Und wie der Blick vom Meer zur Ebene und über
die niedrigeren Vorbergterrassen weiter aufwärts schweift, hält uns der bis über 2600 Meter aufragende Dschebel Sannin,
einer
der
Hochgipfel des Libanon, seinen glänzenden Schneemantel entgegen. Der reisende Militär macht sich, im Gegensatze zum gewönlichen Touristen, unwillkürlich seine besonderen Gedanken.
Verkündet ihm
die schön und sauber gebaute weitläufige Stadt Beirut mit der daran anschliefsenden fruchtstrotzenden Ebene die günstigsten Aussichten für
die Verpflegung
Truppenabteilung, hineinragende landeindürften.
und
so
Gebirge
läfst
Unterkunft dagegen
die Ahnung
einer das
bis
dorthin
verschlagenen
in die
Schneegrenze
aufkommen,
dafs
Operationen
und bergwärts vielleicht manche Schwierigkeiten finden Eine Bestätigung hierfür bildet die Thatsache, dafs die
Bewegungen der französischen Expeditionstruppen , welche 1860 in Beirut gelandet wurden, um gegen die Drusen im südlichen Libanon
148
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
vorzugehen, im Spätherbste , nicht blofs infolge allmählichen Erlöschens des Aufstandes, sondern mehr noch infolge der klimatischen Verhältnisse jenes Gebirgslandes sehr bald zum Stillstande kamen . Thatsächlich lagen, wenn man die Berichte aus der damaligen Zeit nachliest, die französischen und türkischen Truppen bei Beginn des Winters teils in Beirut selbst, teils auf dem Libanon in vollkommener Ruhe ; ihre Führer wollten bezw. konnten bei der vorgerückten Jahreszeit nichts Wesentliches mehr unternehmen und solches, wenn später noch nötig, bis zum Frühling 1861 hinausschieben. Die Hauptverbindung zwischen der Küste und dem
inneren Syrien bildet die von Beirut nach Damaskus, der Hauptstadt dieses Vilajets, laufende Poststrasse. Sie ist für orientalische Verhältnisse fabelhaft gut gebaut, was sofort den Schlufs zuläfst, dafs bei ihrer Herstellung andere als die Kräfte der türkischen Regierung In der That, sie gehört einer franmitgewirkt haben müssen. zösischen Gesellschaft, welche
unter
türkischer Flagge segelt, der
compagnie Ottomane de la route de Beyrouth à Damas. Diese vermittelt seit 1867 den ganzen Post- und Wagenverkehr zwischen Beirut und Damaskus bezw. umgekehrt und besitzt einen sehr zahlreichen Fuhrpark, welcher besonders für den auf dieser Strafse betriebenen lebhaften Waarentransport eingerichtet wurde. Die malerischen Züge der Kameelkarawanen, früher das einzige Beförderungsmittel auf dieser Linie, haben dadurch an Zahl und Gröfse bedeutend eingebüfst . Die Strafse selbst wird aufserordentlich gut im Stand gehalten, ist breit genug, dafs zwei sich begegnende Fuhrwerke ohne schwierige Manöver mit Leichtigkeit ausweichen können , und besitzt Steigungseinen schlanken Trab der sechsspännigen Postwagen gestatten. Alles in Allem genommen, erscheint
verhältnisse , welche durchwegs
sie als eine Gebirgsstrafse erster Güte , welche infolge der geschilderten Eigenschaften auch als Militärstrafse , sowohl für die Truppen selbst als deren Fahrzeuge, einschliesslich Geschütze, ausIhre ganze Länge bis Damaskus gezeichnet gut zu verwenden. Erhebung erreicht sie nach höchste Ihre Kilometer. 112 beträgt Meter Meereshöhe beim 1540 in Schleifen und Kehren vielfachen sogenannten „ Pafs " , in dessen Einsenkung sie den Libanon überschreitet. In dieser Region sowie am Kamm des Gebirges weht eine schneidende Luft, und im Winter fällt dort oft so reichlicher Schnee, dafs der Fahrdienst manchmal für längere Zeit unterbrochen werden Dieser Umstand läfst somit einen direkten Schluss auf mufs. den Gang militärischer Operationen zu , welche durch die klimatischen Verhältnisse dort oftmals eine bedeutende Hemmung , wenn nicht gar einen länger dauernden
Stillstand er-
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens. fahren würden .
149
Ostwärts senkt sich dann die Strafse in zahlreichen
Schlangenwindungen, ähnlich wie die Splügenstrafse ins Rheinthal, ziemlich rasch in die Bekaa hinab. Die Bekaa , das alte Coelesyrien, eine 6 bis 11 Kilometer breite Thalebene zwischen Libanon und Antilibanon, wird der ganzen Länge nach vom Nahr el Litani, dem Leontes der Alten, durchströmt, zeigt fruchtbares Acker- und Weideland, scheint jedoch in früheren Zeiten, wo sie als die Kornkammer Syriens galt, durchwegs besser angebaut gewesen zu sein, als heute. Ortschaften sind wenig vorhanden und liegen gewöhnlich an den untersten Hängen der beiden die Bekaa einrahmenden Gebirge. Und wenn im Frühjahre die ganze Ebene wie ein grüner Teppich schimmert, so gewährt im Sommer und Herbst nach Abräumung der Felder die gelbbraune Fläche einen trostlosen Anblick. Kein Baum versteuet Schatten , mit Ausnahme in der nächsten Nähe von Ortschaften .
Sah man im Libanon mit seinen
Schluchten und Ziegensteigen , seinen tiefeingerissenen Wasserläufen und hohen Kuppen das wunderbarste Gelände nicht blofs für den Gebirgskrieg überhaupt, sondern vor allem für den Kleinen Krieg, so erscheint dagegen die Bekaa, diese weite und ihrer Längenausdehnung nach fast unübersehbare Esplanade der Natur, als ein Manöverfeld im gröfsten Stile , Raum bietend für ganze Heere, die in der offenen Feldschlacht einander gegenübertreten , hervorragend geeignet für Evolutionen und Kämpfe grofser Reiterschaaren. Beispiele hierfür liefert die älteste Geschichte Syriens, das fremden Eroberern vielfach als das erstrebenswerteste Ziel ihrer Wünsche erschien , Beispiele auch das Zeitalter des Islam und der Kreuzzüge.
Doch abgesehen von diesen, möge nur eine Episode aus der Kriegsgeschichte dieses Jahrhunderts hier Platz finden , interessant deswegen, weil die Bekaa von der einen der beiden kriegführenden Parteien aufgesucht ward, um sich neuerdings zur Schlacht zu stellen, von der andern dagegen ,
welche wegen ihrer Minderzahl im Allgemeinen , wegen Mangels an Kavallerie und Artillerie im Besonderen einen Kampf im
Libanongebirge für vorteilhafter fand, das Betreten der grofsen BekaaEbene , welche ihrem Gegner mehr Vorteile geboten hätte , als Schlachtfeld vermieden werden wollte. Der kriegsgeschichtliche Vorgang wird etwas ausführlicher behandelt, weil im weiteren Verlaufe dieser Abhandlung mehrmals daran angeknüpft werden wird . Nachdem Ibrahim Pascha, der Adoptivsohn und Feldherr Mehemed Ali's von Ägypten, Syrien erobert und die türkischen Heere ,
welche
zur Zurückeroberung jener Provinz ins Feld geschickt waren, wiederholt, am entscheidensten am 24. Juni 1839 bei Nisib, auf's Haupt geschlagen hatte, schien das ottomanische Reich verloren,
wenn sich
150
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
nicht die legten.
europäischen Mächte zu
Gunsten der Pforte ins Mittel
Am 15. Juli 1840 kam ein Vertrag zu Stande, wonach die
vier christlichen Monarchien Österreich, Grofsbritanien, Preuſsen und Rufsland sich dazu verbanden, den ägyptischen Rebellen und Vasallen des ottomanischen Reiches Mehemed Ali zum feudalen Gehorsam gegen die Pforte zurückzuführen .
Während russische Flottenabteilungen
kampfgerüstet im Schwarzen und Baltischen Meere und ein mächtiges Landheer in Sewastopol zum augenblicklichen Einschreiten und Kooperiren mit den englischen Seegeschwadern bereit lagen,
sandten
Österreich und England eine Flotte nach Syrien, die unter den Befehlen von Napier die offene Stadt Beirut bombardirte. sollten türkische
Abteilungen,
verstärkt
durch
ein
Gleichzeitig
österreichisch-
britisches Kontingent, zum Landkriege für Syrien eingeschifft werden . Die Landung der verbündeten Truppen, manen mit 12 Feldgeschützen,
bestehend aus 5000 Otto-
1500 Briten und 200 Österreichern,
erfolgte am 10. September in der Bai von Dschuneh oder Kesruan, nördlich von Beirut und einige Kilometer entfernt von jener berühmten Stelle des Nahr el Kelb (Lycus - Hundsflufs der Alten),
wo
sich die
bis an diesen Punkt Syriens vorgedrungenen Eroberer eines früheren Zeitalters durch Inschriften und Bildnisse an einer Felswand des linken Flufsufers verewigt haben .
So gering auch diese Landmacht
im Vergleich mit dem ägyptischen Heere in Syrien erschien, so war doch die beste Aussicht vorhanden, dafs sie, unterstützt durch die gewaltigen Seestreitkräfte an der Küste, Vorteile erringen könnte. War aber Letzteres der Fall und Ibrahim Pascha dadurch von dem mit Recht und Unrecht gefürchteten Vormarsche gegen Konstantinopel abgehalten,
so wurden auch die
bisher lediglich zur Deckung der
türkischen Hauptstadt zurückbehaltenen 15 000 Mann Türken Verstärkung der Verbündeten in Syrien verfügbar.
zur
Das damals noch
immer in den Köpfen der Türken spukende Gespenst von einem Vorgehen Ibrahim's durch Kleinasien gegen Konstantinopel hätte überhaupt sofort in ein eitles Nichts zerinnen müssen , wenn man türkischerseits bedacht hätte, dafs ein solch weitausholender Marsch um so weniger ausführbar war, als die Jahreszeit herannahte, zu welcher der Taurus sich mit Schnee bedeckte und damit eine Operation Ibrahim's in solch grofsem Stile zur Unmöglichkeit machen musste. Allein der Name des bisher so siegreichen ägyptischen Feldherrn wirkte auf die Pforte wie seinerzeit der Schreckruf: Hannibal ante portas auf die Römer . Endlich ward dieser Bann gebrochen und zwar zunächst durch eigenes Verschulden Ibahim Pascha's. Das ägyptische Heer in Syrien war bei Ausbruch dieses Krieges 75 000 Mann stark,
ein-
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
151
Von dieser Macht befanden sich, gerechnet 10 000 Irreguläre. nach Angabe des österreichischen Generalkonsuls Laurin in den Levant Papers III, Seite 43 , ungefähr 35 000 Mann im nördlichen Syrien und Mesopotamien, 24 000 im Libanon, und die übrigen in verschiedenen Distrikten und Garnisonen des weiten Landes verteilt . Der
Landungsstelle
der Verbündeten gegenüber standen auf den Höhen von Mar Elias ungefähr 15 000 Mann und 20 Kanonen vom SOLibanonkorps Ibrahim's. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen weit Verfasser sich gelegentlich einer Studienreise an jener Stelle ein Urteil bilden konnte über die viel schwächeren Landungstruppen der Verbündeten bei Dschuneh herzufallen und dieselben zu vernichten. Allein, fürchtete Ibrahim die Operation der feindlichen Flotte, welche bis jetzt sehr grofse Erfolge durch die Wiedereroberung der meisten Küstenstädte aufzuweisen hatte, oder die Landung neuer Truppen an anderen Punkten, oder hatte er andere Gründe für sein Handeln, wie etwa die Furcht vor einem Verrat der Landesbewohner, von denen ein grofser Teil in seinen Reihen diente, genug, er ward unerklärlicher Weise dem während langer Kriegsjahre hochgehaltenen Grundsatze der Offensive ungetreu und verharrte in der Defensive. Und indem er von einer seltsamen Furcht befallen, jeden angreifbaren Punkt des bedrohten Libanonbezirkes zu decken suchte, nahm er seine Zuflucht zu einer Art von Cordonstellung und verteilte sein 24 000 Mann starkes Libanonkorps in sechs bis sieben getrennte Abteilungen im weiten Kreisbogen um Beirut, von Saida über Meiruba bis Dschebail. (Zur besseren Beurteilung der Situation und leichteren Auffindbarkeit der angeführten Namen mögen folgende Angaben dienen .
Saida liegt 40 Kilometer südlich, Dschebail 28 Kilometer nördlich von Beirut an der syrischen Küste, Meiruba an einem der Quellflüfschen des Hundsflusses, 30 Kilometer nordöstlich von Beirut, weit drinnen im Libanongebirge ; die Mafse in Luftlinie genommen. ) Damit aber begab sich Ibrahim Pascha des grofsen Vorteils der numerischen Überlegenheit und trat im weiteren Verlaufe der Begebenheiten seinem Feinde an den verschiedenen Angriffspunkten,
welche dieser nach dem Prinzip der Initiative beliebig sich auswählen stets nur mit einer Minderzahl von Truppen gegenüber. Wer Alles decken will, deckt Nichts, dieser alte Erfahrungssatz der Kriegsgeschichte tritt auch hier ganz lebhaft in die Erscheinung. konnte ,
Dieser unerklärlichen Zersplitterung der Kräfte Ibrahim's gegenüber hatten die Verbündeten ein leichtes Spiel .
Zunächst setzten
sie sich in der Nähe ihres Landungsplatzes Dschuneh in einer Gebirgsstellung fest, verschanzten dieselbe und warteten die allmählich eintreffenden Verstärkungen ab.
Gleichzeitig beherrschten sie den Über-
152
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
gang über den südlich von ihrer Lagerstellung befindlichen Hundsflufs, ein Umstand, der bei dem Charakter der tief und oft schluchtartig in den Gebirgsboden eingerissenen Libanonflüsse für einen Uferwechsel der Truppen von unschätzbarer Bedeutung war. Die ottomanische Regierung traf ohne Zeitverlust die nötigen Anordnungen für den Transport der bei Beginn dieses Feldzuges zur Deckung Konstantinopels in Reserve gehaltenen Streitkräfte und beförderte sie jetzt zur See in aufeinanderfolgenden Abteilungen. Aufserdem hatten die Verbündeten einen andern, äusserst wertvollen Bundesgenossen erhalten in der Sympathie der syrischen Landeseinwohner, welche die schwer lastende Faust Ibrahim's Jahre lang schmerzlich gefühlt hatten und daher zu einem offenen wie heimlichen Auftreten ihrem bisherigen Zwingherrn gegenüber um so leichter bereit waren. Die Maroniten stellten 2500 Mann vollständig organisirter Truppen zu den Verbündeten ; aufserdem waren heimlich über 20000 englische und türkische Gewehre an die Bergbewohner zwischen Tyrus, Saida und Tripolis verteilt worden behufs praktischer Bethätigung des Gedankens einer Nationalverteidigung gegenüber dem ägyptischen Eindringling. Alle Umstände waren jetzt gegen Ibrahim, und die Ereignisse in Syrien nahmen nun bald eine entscheidende Wendung. Die Operationen der vereinigten Flotten und das bewaffnete Auftreten der aufständischen Libanesen brachten bis Mitte Oktober 1840 die ganze syrische Küste nördlich Akka -- diese Festung war noch von ägyptischen Truppen besetzt und fiel erst Anfangs November 1840
bis
Ladakia in die Hände der Verbündeten. Inzwischen und gleichzeitig mit den Vorgängen an der Küste lieferten die Alliirten auch im Libanon selbst eine Reihe siegreicher Gefechte , welche in ihrer Gesammtheit dem Erfolge einer grofsen Schlacht gleichkamen : am 24. September bei Ardali, am 4. Oktober bei Meiruba und Ainetta, endlich am 10. Oktober bei Calat-Meidan (etwas südlich von Beckfeiya, einer Ortschaft, etwa 16 Kilometer nordöstlich von Beirut, auf einem zwischen dem Kelb- und Beirut - Flusse meerwärts sich abdachenden Plateaurücken) , wo Ibrahim Pascha, von dem Gegner in Flanke und Rücken gefasst, eine empfindliche Niederlage erlitt und selbst nur knapp der Gefangenschaft entging. Die Auflösung seines Libanonkorps war fast eine vollständige. Von den 24 000 Mann, die zuletzt dem Lager der Verbündeten bei Dschuneh gegenübergestanden hatten, wurden fast 10 000 gefangen genommen oder gingen zu den Fahnen des Sultans über, und etwa 1500 Ägypter wurden hauptsächlich von den aufständischen Libanesen des Gebirges verwundet oder getötet ; Und diesen ganzen auch 20 ägyptische Geschütze gingen verloren . Erfolg verdankten die Verbündeten hauptsächlich der Natur des
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
153
Gebirgslandes , das dem zahlreicheren ägyptischen Heere in den engen Felsenwildnissen keinen Entwicklungsraum für die Entfaltung seiner Kräfte bot , den
dagegen der
Eingebornen in
schwächeren Partei , die
Bezug
auf
das
aufserdem von
Nachrichtenwesen
und die
Auswahl der Gebirgswege ausgezeichnet bedient wurde, als Bundesgenosse zur Seite getreten war . Nur gegen 4000 Mann geschlagener Truppen entkamen am 12. Oktober 1840 nach Zahle am Westrande der grofsen Bekaa - Ebene und mit ihnen Ibrahim in eigener Person. Im Gegensatze zum Gebirgsland des Libanon zeigt sich das Flachland , hier die Bekaa , für den ägyptischen Feldherrn günstig. Obwohl dieser bei Zahle anfänglich seine Truppenstärke nur wieder auf etwa 6000 Mann nebst 7 Geschützen und allmählich erst auf 10 000 Mann mit 12 Geschützen brachte, ferner von seinem noch bei Aleppo in Nordsyrien stehenden Untergeneral Ahmed Menikli Pascha nicht so bald unterstützt werden konnte, so stand man auf Seite der Verbündeten zunächst von einer Verfolgung Ibrahim's und einer Vertreibung desselben von Zahle ab. Und wenn auch Gründe für das zögernde Verhalten der Verbündeten einerseits in dem Abwarten von Verstärkungen,
anderseits in der Eifersüchtelei der Generale und
Admirale bezüglich des Oberbefehls und in der Uneinigkeit über die Art der Weiterführung der Operationen zu suchen sind , so lag doch der Hauptgrund in einem geographischen Momente , in der Furcht vor der Ebene und dem Flachlande, dafs man, wie der neue Oberbefehlshaber des verbündeten Operationsheeres , General Jochmus, in einer geheimen Denkschrift vom 12. Oktober 1840 sich ausdrückte, eine Hauptschlacht in den Ebenen vermieden wissen wollte, weil alldort die Überlegenheit und Tüchtigkeit der Kavallerie und Artillerie Ibrahim Paschas diesem jederzeit einen zweiten Sieg von Nisib sichern würden. Wir unterbrechen hier den kriegsgeschichtlichen Faden, um denselben bei späterer Gelegenheit, vor allem im Gebiete von Damaskus und des Hauran, wieder aufzugreifen . Wie schon einmal erwähnt, weist die Bekaa nicht sehr viele , noch besonders grofse Ortschaften auf. Die Bevölkerung ist deswegen ziemlich dünn gesäet. Die grofse Poststrafse von Beirut nach Damaskus berührt unmittelbar am Abfall der Ostflanke des Libanon in die Bekaa die kleine Ortschaft Schtora, welche, am Gabel- und Kreuzungspunkte mehrerer dort zusammenlaufenden Wegverbindungen gelegen, einen
Rast-
und
Erfrischungsplatz
Karawanenverkehr darstellt.
für
den
ziemlich
lebhaften
Von der grofsen Strafse Beirut-Damaskus
laufen sowohl längs der Ostflanke des Libanon wie längs der Westabdachung des Antilibanon einige kleine und für Militärfuhrwerk nur
154
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
schlecht brauchbare Weglinien südwärts in der Bekaa nach der ziemlich guten Strafse zwischen Saida und Damaskus. In nördlicher Richtung zweigt von Schtora aus ein guter Fahrweg, 45 Kilometer lang, in Richtung auf Baalbek ab . Dieses Sträfschen, welches für Truppen und Fahrzeuge aller Waffen sehr gut brauchbar, führt zuerst am Ostfufs des Libanon durch ein reiches Weinberggelände seitwärts vom 15 000 Einwohner zählenden Städtchen Zahle vorbei und wendet sich dann, nordostwärts streichend über den dort häufig sehr wasserarmen Litani gegen das alte Heliopolis (das heutige Baalbeck), dessen hoch in den Himmel ragende Tempelsäulen von weiter Ferne verkünden, dafs wir uns einer uralten Kulturstätte nähern. Aber nicht blofs in religions-
und kulturgeschichtlicher Beziehung bietet diese
syrische Stadt Stoff zur geschichtlicher Hinsicht.
Betrachtung ,
sondern
auch in kriegs-
Baalbek, gegen 6000 Einwohner zählend und von einer kleinen türkischen Garnison belegt, bietet an sich selbst wenig bemerkenswertes ; das ganze Interesse konzentrirt sich auf die im Westen des Ortes gelegenen, von ihm durch üppige Baumgärten und ein klares, munteres Flüſschen getrennten gewaltigen Ruinen der Akropolis, deren Steine zum Bad des modernen Baalbek vielfach das Material geliefert haben. In dem dortigen Tempelbezirk, dessen riesenhafte Säulen und Steintrümmer nirgends in der Welt ihres Gleichen finden, ward einst der Sonnengott Baal verehrt. Später, zur Zeit als Baalbek römische Kolonie geworden, zogen in das Heiligtum des Baal römische und grichische Götter ein, vor allem Helios, welcher der Stadt seinen Namen lieh.
Baalbek ward zu Theodosius des Grofsen Zeiten christlich
und sogar Bischofssitz, fiel aber später den Arabern in die Hände, wie zuvor schon (625 v. Chr. ) Damaskus. Mit der Einnahme der Stadt durch die Araber beginnt aber der Verfall. In den neu folgenden Kriegen ward der grofse mit dem kleinen Tempel in eine Festung umgewandelt, von der man noch die Zinnen sieht, weshalb der Platz, auf dem beide stehen, den Namen Kastell führt . Auch die Stadt selbst sank durch die unglücklichen Schicksale, die Syrien das ganze Mittelalter hindurch bis in die neueste Zeit trafen, immer mehr herab. Was das Schwert der Araber, Tartaren und Türken noch verschont hatte, wurde 1759 von einem furchtbaren Erdbeben meist zerstört. Baalbek hat somit auch eine gewaltige kriegsgeschichtliche Vergangenheit hinter sich, und wer daran zweifeln wollte, würde beim Anblick der Ruinen sofort eines Besseren belehrt. Die westliche Umfassungsmauer der Akropolis enthält die Steinblöcke, die in ihren Ausmafsen Alles übertreffen, was in dieser Art besteht. Diese Riesenquadern von nahezu 20 Meter Länge,
über 4 Meter Höhe
und ver-
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
155
mutlich ebenso grofser Dicke bilden aber keineswegs die Grundlage der Mauer, sondern sind in einer Höhe von fast 7 Meter regelrecht in dieselbe eingefügt, eine Leistung, welche die Bewunderung auch unserer Zeit herausfordert. Solch ein Riesenblock, eigentlich Obelisk, über 21 Meter lang, 42 Meter hoch und 4 Meter breit, ist auch in dem einige Minuten von Baalbek liegenden alten Steinbruche zu sehen ; auf der einen Seite ist er noch nicht vom Boden losgelöst, sonst aber fertig zugehauen. Gewaltige Völkerkämpfe und Kriegsstürme, welche sich einst durch die Bekaa gewälzt, müssen auch an die Mauern und die Hinwegschaffung des zum Transport bereiten Riesensteines verhindert haben. Ebenso ungeheuerliche Dimensionen, wie diese Quadern , zeigen auch die noch wenigen aufrechten, Somit trägt hoch in den Himmel Syriens hineinragenden Säulen.
Baalbeks geschlagen
Baalbek den Stempel einer grofsen Vergangenheit, und seine Ruinen erscheinen wie verstümmelte Meilensteine an der grofsen Heerstraſse der Welt- und Kriegsgeschichte. Von der Bekaa hinweg wenden wir uns,
ohne nordwärts weiter
abzuschweifen, über den Antilibanon nach Damaskus, um zuerst diese Oasenstadt in ihrer militärgeographischen Bedeutung zu zeichnen , alsdann südwärts den Hauran und hieranf nordwärts die palmyrenische Wüstengegend nebst ihrer interessanten Bevölkerung einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Der Antilibanon zeigt, um einen geographisch-technischen Ausdruck zu gebrauchen, den Charakter eines staffelartig gebrochenen Plateaurückens . Nur der südliche Eckpfeiler desselben ragt in dem Grofsen Hermon, bei ungefähr 2900 Meter Höhe imponirend als gewaltig breiter Bergkolofs zwischen der Bekaa einer-, der Damaskusebene anderseits auf. Über den mittleren Teil des Antilibanon, und zwar an der nördlichen Bergflanke des Hermon vorbei führt die mehrerwähnte Poststrafse Beirut-Damaskus durch den Pafs von Dschedede ( 1350 Meter).
Andere Querverbindungen über den Antilibanon sind
zwar noch vorhanden, jedoch von so zweifelhafter Beschaffenheit, daſs sie höchstens von Streifkorps ohne Fuhrwerke benutzt werden können. Operationen und Truppenbewegungen gröfseren Stils von Beirut und der Küste gegen Damaskus sind jedoch hauptsächlich auf die zwischen beiden Städten hergestellte Hauptstrafse angewiesen . Endlich mufs noch die Verbindung zwischen Baalbek und Damaskus erwähnt werden. Angenommen, eine in der nördlichen Bekaa, etwa bei Baalbek, stehende Armeeabteilung sei zum Rückzuge auf Damaskus gezwungen wie das thatsächlich beim nordsyrischen Korps Jbrahim's unter Ahmed Menikli Pascha im Jahre 1840 der Fall war so stehen hierfür zwei Wege offen : entweder in der Bekaa südwärts auf die grofse Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 2. 11
156
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
Strafse nach Damaskus, und das ist wohl das Beste ; oder von Baalbek in den Antilibanon direkt in das Thal des Barada. Dieser fliefst zuerst nordsüdwärts zwischen
zwei
Parallelketten
des Gebirges dahin
und durchbricht dasselbe später im engen Bette in südöstlicher Richtung, um in der Ghuta, d. h. der Damaskusebene, auszumünden. Letztgenannter Weg führt über Serghaja in die schmale Ebene von Zebedani nach Suk Wadi Barada ( dem alten Abila) in leidlicher Beschaffenheit, von dort ab jedoch gröfstenteils als elender Gebirgssteig und weist mitunter zwischen dem in Stromschnellen dahinbrausenden Flüfschen und den schroff herantretenden Gebirgswänden Stellen auf, wo der einzelne Reiter,
aus Schonung für's Pferd und
die eigenen Knochen, absitzt, um es am Zügel zu führen. So erging es wenigstens dem Schreiber dieser Zeilen, der es nicht begreiflich findet, wie solche halsbrecherische Pfade in ganz bedeutenden Kartenwerken nach der Signatur unserer Strafsen zweiter oder erster Klasse mit zwei Linien eingezeichnet sein können .
Viele Wegstrecken sind
derartig eng und zwischen ausgewaschenen Felstrümmern eingezwängt, dafs Infanterie nur im Reihenmarsch zu Einem durchzukommen vermöchte. Und wenn demnach einzelne Reiter in jene Gegend verschlagen werden,
dann verdanken sie es nur der Ziegennatur
des syrisch-
arabischen Pferdes, wenn ihnen und ihrem Reittiere kein Unheil begegnet. Gegen
Osten
fällt
der
Antilibanon
langsam
terrassenartig
nach der syrischen Wüste ab ; erst die letzte Stufe in die 650 Meter über dem Meer gelegene Ebene von Damaskus ist wieder steil. Hierher nehmen der Barada und zahlreiche Wasserbäche des Ostgehänges
ihren
Lauf,
um
Damaskus
als
das
Paradies
des
Morgenlandes erblühen zu lassen. Diese Oase, welche die Geschicklichkeit der Einwohner durch Ausnutzung des reichlich fliefsenden Wassers zu einem fruchtgesegneten Garten umgeschaffen hatte, nahm seit den ältesten Zeiten eine hochbedeutende Stelle ein , sie war ein Mittelpunkt für den Karawanenhandel Vorderasiens, dorthin führte die grofse Handelsstrafse von Babylonien, und ebendort spaltete sie sich in zwei Arme, der eine nach Ägypten, der andere nach Phönizien. Letzteres Land stand damals in der vollsten Handelsblüte,
es
erreichte den entlegensten Westen und die ultima
Thule, sowie es durch die Karawanen von Babylon mit dem fernsten Man kann sagen, dafs in Osten in Beziehungen gesetzt wurde. Damaskus Osten und Westen sich begegneten ; reichsten Verkehrsstätten der alten Welt.
es
war
eine
der
Die Bezeichnung 77 Paradies" erscheint dem Europäer zwar etwas übertrieben, um so begreiflicher aber für den sonneverbrannten
157
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens. Orientalen,
der
nach langer Wüstenwanderung
diese heilige
und
gepriesene Stadt zwischen der kahlen Sandhügelregion des Antilibanon und der syrischen Wüste mitten aus einer grünen Gartenlandschaft aufragen sieht. Und in der That, wie im Paradiese Mohammed's sprudeln dort nieversiegende Wasserbäche und hängen die Bäume voll köstlicher Früchte. Dieses auf der arabischen Halbinsel so selten erreichte Ideal sieht der Orientale in Damaskus mit seinen Wasserläufen und Gartenhainen verwirklicht, und der Sage nach soll Mohammed bei dem herrlichen Anblicke der Stadt von einer Eroberung derselben Abstand genommen haben , da dem Menschen nur ein Paradies bestimmt sei. „ Auge des Ostens " , „Perle des Orients ", „ Gefieder der Paradiesespfauen “, „ Halsband der Schönheit" und ähnliche Namen gebraucht der orientalische Dichter zur Verherrlichung von Damaskus . Wenn dieses Lob auch etwas überschwänglich, so kann man daraus doch einen Schlufs ziehen auf die Fruchtbarkeit der Damaskusebene und damit in weiterer Folge auf die militärische Bedeutung jener Stadt für die Verpflegung grösserer Truppenmassen .
Doch zuvor einen Blick auf die gepriesene
Hauptstadt Syriens, etwa vom Dschebel Kasiun, lichen Hügel des Antilibanon !
einem kahlen,
röt-
Nach Süden zwei, nach Osten und Norden drei Stunden sich erstreckend, übersäet mit gröfseren und kleineren Dörfern und Meierhöfen,
breitet
sich die
Ghuta ,
die
grüne
Fruchtebene
von
Damaskus , im weiten Oval um die moscheen- und kuppelreiche Stadt. Die ganze Umgebung macht den Eindruck eines grofsen Parkes. Der Barada , welcher aus dem Antilibanon hervorbricht und sich später in einigen weiter östlich gelegenen Sumpfseen verliert, durchzieht, in zahlreiche Arme getheilt, die Ebene und ruft eine üppige Vegetation hervor. Chrysorrhoas nannten die Griechen den Barada, und wahrlich, er ist ein Goldstrom im vollen Sinne des Wortes , ein wahrer
Segenspender
für Damaskus ,
denn
sein be-
fruchtendes Nafs zwingt die Mutter Erde zur Hervorbringung aller Gaben des Bodens . So gedeihen aufser den eigentlichen Ziersträuchern in den Gärten die köstlichsten Gemüse ; die Rebe mit Riesentrauben schlingt sich von Baum zu Baum, und grofse Olivenhaine wechseln mit Walnuſsalleen ; endlich treten die Feigen-, Pfirsichund Aprikosenbäume nicht in einzelnen Exemplaren, ganzen Waldungen auf und liefern eine Frucht, die
sondern in nicht blofs
frisch genossen den Gaumen erfreut, sondern, zu geleeartigen Konserven verarbeitet und auf trockenes Brot gestrichen, ein wohlschmeckendes, anregendes Nahrungsmittel liefert. So sind bei der grofsen Pilgerkarawane, die alljährlich von Damaskus nach Mekka 11*
158
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
abgeht, ganze Ladungen dieser Früchte, geprefst oder in Konservenform , auf den Transportkameelen untergebracht, und, wie dem Verfasser dieses Aufsatzes gelegentlich seines Aufenthaltes in Damaskus von 1 einheimischen Offizieren erzählt wurde, werden auch die zu allenfallsigen Streifkommandos nach dem Hauran oder in die Oasendörfer der palmyrenischen Wüste entsendeten Militärdetachements zum Teil mit solchen Trockenfrüchten versehen . Allerdings ist hier zu bemerken, dafs der orientalische Soldat und der Orientale so sehr wie der Europäer auf die Fleischkost angewiesen, sondern infolge des Klimas und jahrhundertelanger Gewohnheit sowie seiner allgemeinen Bedürfniſslosigkeit wegen in Bezug
überhaupt nicht
auf die Ernährung viel leichter zufrieden zu stellen ist . Damit ist jedoch nicht gesagt, dafs es in jener Gegend Syriens an sogenannten im Gegenteil ; das Schaf, noch heute wie im Altertum der Hauptteil des Besitzes, findet sich, abgesehen von der Ziege, dem Rind, dem Pferde, Maultier, Esel und Kameel, bei den sefshaften Bauern ebenso wie bei gewissen nomadisirenden VolksNutztieren mangle,
zahlreichen Herden und liefert das animalische Nahrungsmittel der Bewohner Syriens . stämmen
in
hauptsächlichste
Nicht unerwähnt möge bleiben , dafs der Tabaksbau , ehemals in hoher Blüte stehend, infolge der sehr ungünstigen gesetzlichen Bestimmungen, welche für die Verwertung des gewonnenen Produktes im ganzen Osmanischen Reiche bestehen, zwar etwas zurückgegangen ist, immerhin aber in Syrien, besonders im Libanon und auch bei Damaskus,
noch ein sehr bedeutendes Erträgnifs , dabei von einer
Güte und einem Wohlgeschmacke liefert, der einen Freund dieses Krautes leicht in eine etwas gehobenere Stimmung versetzt. Dafs der Tabak, sei es für die Pfeife, sei es
als Cigarre oder in der beim
Orientalen beliebten Cigarrettenform, für den Feldsoldaten ein nicht blofs sehr schätzbares, sondern fast unentbehrliches Genufsmittel bietet, bedarf keines besonderen Beweises . Wenn nun dem bisher über Damaskus Gesagten noch beigefügt wird, daſs die Hauptstadt des Vilajets Syrien zugleich das Sammelbecken für die aus dem Hauran, der Kornkammer Innersyriens, herüberfliefsenden Bodenerzeugisse bildet, so liegt die Schluſsfolgerung nahe, dafs eine auf Damaskus basirte oder dort stehende gröfsere Armeeabteilung, selbst wenn ihr alle Mittel und Zufuhren von der Küste her abgeschnitten, in der Lage ist, sogar am Rande der syrischen Wüste sich auf eine unabsehbare Zeit hinaus vollständig zu
ernähren und zu verpflegen .
Ein kriegsgeschichtliches
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
Beispiel hierfür
159
bietet der Rückzug der Armee Ibrahim Pascha's
aus dem Libanon und Nordsyrien nach Damaskus. Es wurde an früherer Stelle ausgeführt, dafs von den syrischen Küstenstädten nördlich des Karmel alle mit Ausnahme von Akka den Besitz der vereinigten türkisch - englisch - österreichischen Truppen übergegangen waren . Erst als diese Stadt von der vereinigten Flotte am 3. November 1840 aus nächster Nähe bombardirt worden war, mufste sie sich ergeben. Der Fall dieser Festung ,
in
welche der grofse Bonaparte seinerzeit vergeblich belagert hatte , erhöhte in hohem Grade das Ansehen der Alliirten, erschütterte dagegen die Stelluug Ibrahim's in Syrien ganz gewaltig. Die Einnahme dieses festen Platzes ging über seine und Mehemed Ali's Erwartungen weit hinaus. Zur Orientirung über die Lage und den heutigen Zustand von Akka oder Acre mögen folgende Angaben dienen : Dieses Hafenstädtchen liegt auf einer kleinen Landzunge, welche die gleichnamige Bucht im Norden abschliefst, wie das weit in's Meer vorspringende Kap Karmel im Süden, besitzt einen sehr versandeten Hafen, arg vernachlässigte Wälle und eine trümmerhafte Mauer längs des Meeres. Die Einwohnerzahl beträgt etwa 8000, worunter 2400 Christen. Die wie ein Lauffeuer im Lande verbreitete Nachricht von dem Falle Akka's hatte einen Aufstand der Bewohner Palästinas zur Folge, welche Jerusalem und Jaffa in Besitz nahmen, nachdem sie einen Teil der dortigen ägyptischen Garnisonstruppen niedergemetzelt, den Rest gefangen genommen hatten . Ganz Palästina zu beiden Seiten des Jordans mit den Beduinenstämmen von Belka nordöstlich vom Toten Meere fielen von der ägyptischen Herrschaft ab und erklärten sich für ihren rechtmässigen Oberherrn,
den
Sultan .
Die Verlegenheit
Mehemed Ali's war grofs , die fortwährenden Unglücksbotschaften setzten ihm sehr hart zu. Da er mit Recht fürchten musste, dafs alle Verbindungen seines syrischen Heeres mit Ägypten nach und nach abgeschnitten werden würden , entsandte er Weisungen an seinen Sohn Ibrahim, nach welchen er Syrien räumen und nach dem Nillande abziehen sollte .
Zur Zeit, als Ibrahim nach seiner Niederlage
im Libanon in der Bekaa bei Zahle stand und in dieser vollständig isolirten Stellung sein sehr zusammengeschmolzenes Libanonkorps , ohne vom Gegner belästigt zu werden,
durch das Sammeln der aus
der Gegend von Beirut und Tripolis zusammenströmenden Überbleibsel allmählich wieder auf die Stärke von 10 000 Mann sehr entmutigter Truppen nebst 12 Geschützen brachte, ward sein Untergeneral Ahmed Menikli
Pascha angewiesen ,
dortigen ziemlich
Nordsyrien zu räumen und mit den
bedeutenden
Streitkräften möglichst
beschleunigt
160
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
den Anschlufs an Ibrahim zu suchen. liefs
Am 13. November 1840 ver-
daher Ahmed Menikli Pascha Aleppo mit allen Truppen des
nördlichen Syrien, nachdem er durch die Desertion der meisten eingeborenen syrischen Soldaten sehr geschwächt worden war, und kam am 27. November nach einem vollständig ungehinderten Rückzuge in Damaskus an, wo er sich mit Ibrahim, der selbst erst einige Tage zuvor mit den Bruchteilen seines geschlagenen Libanonkorps dort eingezogen war, vereinigte. Die ägyptische Armee in Damaskus hatte hiermit wieder einen Stand von 40 000 Mann mit 150 Feldgeschützen erreicht,
eine Streitmacht,
die zwar infolge der letzten
Ereignisse in ihrem inneren Halte sehr erschüttert , aber bei geschickter Führung immerhin in der Lage war, den Kampf um den Besitz des südlichen Syrien und Palästinas den weit schwächeren Alliirten gegenüber mit Aussicht
auf Erfolg wieder
aufzunehmen.
Aber es ist nicht zu vergessen, Ibrahim hatte aufser der gegnerischen Armee noch zwei
andere Feinde,
einmal die wegen seines Unter-
drückungssystems ihm feindselig gesinnte aufständische Bevölkerung, dann aber in seinen eigenen Reihen noch eine grofse Zahl eingeborener syrischer Soldaten , die nur auf einen günstigen Augenblick zum Abfalle lauerten. Diese Verhältnisse waren Ibrahim wohl bekannt und lähmten
seine Thatkraft in hohem Grade.
Aufserdem wirkten
auf sein Verhalten vielleicht nicht in letzter Linie auch politische Gründe mit ein , denn seit seiner Ankunft in Damaskus war sein vornehmliches
Bestreben auf die
seiner Armee gerichtet,
möglichst
unversehrte Erhaltung
deren Existenz bei den voraussichtlich bald
einzuleitenden Verhandlungen der alliirten Mächte mit Mehemed Ali bezüglich des ferneren Schicksals Ägyptens ein ausschlaggebendes Gewicht zu Gunsten Mehemed Ali's und seiner Unabhängigkeitsbestrebungen in die Wagschaale werfen musste . — Wie früher schon dargestellt, vereinigte Damaskus, das heutzutage ungefähr 150 000 Einwohner zählt, alle Eigenschaften und Voraussetzungen für den Unterhalt und die Verpflegung einer darauf gestützten Armee . Einen wunden Punkt bildete nur, wie noch heute, die aus Mohammedanern, Christen, Juden, Drusen und anderen Elementen zusammengewürfelte Bevölkerung, unter denen die dem Sultan im Herzen ergebenen Muslim die Oberhand hatten. Aufser den Konsulatsbeamten und einigen Kaufleuten wohnt dort fast kein Europäer. Alles in Damaskus, so die Bauart der Häuser wie die Kleidung und Haltung der Bewohner, trägt im Gegensatze zu dem stark internationalen Treiben und Leben von Konstantinopel und Kairo die unvermischte und unverwischte Eigenart des mohammedanischen Orients Schau ; fast nichts erinnert an Europa.
rein zur
Aufser sonstigen asiatischen
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
161
Typen und Farben sieht man dort hauptsächlich die arabische Gewandung, dazu den Turban und Fez . Auf dem Pferde- und Kameelmarkt sowie in den Bazaren schimmert besonders der rote Tarbusch das aufdringlich durch , und ganze Menschengewoge gleicht einem vom Winde bewegten Mohnblumenfelde. Zu diesen ächt orientalischen Aufsenbilde stimmt auch der innere Charakter der Bewohner. In keiner Stadt des Orients lebt eine solch fanatische Bevölkerung , wie die dortigen Muslim.
Daran erinnert das grofse Christengemetzel
im Jahre 1860, und unter diesem Fanatismus hatte auch Ibrahim Pascha 1840 zu leiden. Damaskus war während jener Zeit unter dem Einflusse einer orthodoxen Geistlichkeit feindlich gestimmt gegen Ibrahim, den man wegen seiner profanen Gewohnheiten als einen Ungläubigen ansah -- er hatte sein Leben seit seinem fünfzehnten Jahre im Felde zugebracht, ihre Erklärung findet
wodurch vielleicht diese Anschuldigung
, und die Ulemas waren dem Sultan, den sie
als ihren Kalifen verehrten, gänzlich ergeben.
Innerhalb der Mauern
dieser Hauptstadt loderte die Flamme des Aufruhrs einstweilen im Geheimen und lauerte der Verrat. Alle Vorbereitungen, die Ibrahim seit seinem Eintreffen in Damaskus bezüglich des beabsichtigten Rückzuges über den Jordan durch Palästina gemacht, waren den Alliirten verraten worden . Man kannte dort alle seine Pläne und weiteren Absichten. Rings war er von Spionen umgeben, alle seine Briefe und Korrespondenzen mit Ägypten wurden ihm abgefangen. Unter solchen Umständen war es für Ibrahim schliesslich am besten, nicht, wie er anfänglich beabsichtigt hatte, sich in Damaskus so lange als möglich zu behaupten, sondern die verräterische Stadt zu verlassen und das freie Feld aufzusuchen. Am 29. Dezember 1840 räumte er Damaskus und zog südwärts. Sein ursprünglicher Plan , in Richtung auf den oberen Jordan abzurücken und diesen Flufs auf eine der nördlich oder südlich vom Tiberiassee befindlichen Brücken zu überschreiten,
um durch Palästina zu ziehen,
war nicht mehr
durchführbar, denn die Alliirten, welche sich nicht getraut hatten, die immer noch stärkere Armee Ibrahim's, aus Furcht vor einem Kampf in der Ebene, bei Damaskus aufzusuchen, sahen ihren Vorteil darin, Ibrahim Pascha durch Truppenansammlungen beim Tiberiassee die Jordanübergänge , eventuell die Engpässe bei Dschenin im Samariagebirge zu verlegen . Dort aber wäre der Nachteil entschieden auf seiner Seite gewesen. Selbst wenn es ihm gelungen wäre, einen der dortigen Brückenübergänge zu erzwingen, so wäre er hernach bei weiteren Vordringen in den erwähnten Gebirgsdefileen und inmitten einer aufständischen Bevölkerung aufserordentlich hart mitgenommen, vielleicht sogar aufgerieben worden, denn seine Kavallerie seinem
162
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
war in jenem Gelände nutzlos und seine Artillerie vielleicht nur in sehr beschränkter Weise zu verwenden ; seine demoralisirte Infanterie aber wäre zweifellos zu Grunde gerichtet worden durch 25 türkische Bataillone mit 30 Geschützen, welche Truppenzahl durch ein Bergbewohneraufgebot von 10-12 000 Mann unter Anführung des libanesischen Emirs Beschir Cassim noch eine sehr fühlbare Verstärkung erfahren hatte.
Er entschlofs sich also, seinen Rückzug
längs der ostjordanischen Plateauländer in Richtung der alten Pilgerstrafse Damaskus - Mekka zu bewerkstelligen, und dann allmählich durch das südliche Palästina nach Gaza am Mittelmeere und von dort nach Ägypten zu gelangen. In kriegsgeschichtlicher Beziehung ist dieser Rückzug höchst merkwürdig ,
er wandelt sich infolge der eigentümlichen
Begleiterscheinungen zum Schlufsakte
einer
grofsen Tragödie
und
fordert für den Helden derselben, den ägyptischen Feldherrn, förmlich das Mitleid heraus. Alle Umstände und Verhältnisse stehen gegen ihn ; das abziehende Heer hat nach dem Durchschreiten des Haurangebietes vor sich, eine immer trostloser werdende wüstenartige Gegend, in der einen Flanke, nach Osten, die reine Wüste mit ihren Schrecknissen , in der anderen , getrennt durch einen Flufs , die Heeresabteilungen des Verfolgers, von allen Seiten aber eine höchst feindselige und zum Parteigängerkriege aufgestachelte Bevölkerung. Um die kolossalen Schwierigkeiten zu ermessen, denen die Armee Ibrahim's ausgesetzt war, Landstrecken
müssen wir die von
ihr
einer näheren Betrachtung unterziehen.
durchzogenen Damit aber
kommen wir wieder auf das militärgeographische und zugleich jenes Gebiet, das in den letzten Jahren wegen der Kriegszüge der Pforte gegen ihre unbotmässigen Unterthanen die Aufmerksamkeit aller Politiker und Militärs auf sich gelenkt hat, nämlich den Hauran. das Wort Von den von Damaskus südwärts laufenden Wegen Strafse im europäischen Sinne würde hier mit Unrecht angewendet werden kommen zwei Gruppen in Betracht, einmal die zum Jordan gehenden Linien, welche diesen Flufs in der Nähe des Tiberias- und Meromsees auf zum Teil recht zweifelhaften Brücken überschreiten, dann die Gruppe der rein südlich in das Haurangebiet ziehenden Verkehrswege, die sich früher oder später mit der Mekkaner Pilgerstrafse vereinigen. Die nördlichste der nach dem Jordan führenden Linien zieht am Südostfulse
des Grofsen Hermon nach Banias und von dort nach
Überschreitung des Flusses in die Landschaft Galiläa . Von Damaskus geht dieser Weg anfänglich eine Stunde lang zwischen hohen Mauern mitten durch die üppigen Gärten der Ghuta dahin ;
die fruchtbare
163
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
Ebene setzt sich fast bis Katana fort, das selbst wieder im Grün der Bäume schimmert. Bis Betima folgen kahle Hügel und nackte Thäler in ermüdender Einförmigkeit.
Erst bei Kefr Horwar, wo der
Nahr Arny von der Flanke des Grofsen Hermon heruntersprudelt, zeigt sich wieder reichlicher Baumwuchs im Gegensatze zur bisherigen Öde.
Nun betritt man die an den kahlen Abhängen des Hermon
entlang ziehende Hochebene. Der Weg ist geradezu abscheulich und am ermüdendsten auf der Strecke bis Medschdel-esch- Schems, einem am Südabhang des Hermon gelegenen Drusendorfe :
steinübersäeter
und mit lockeren Lavabrocken überstreuter Boden weit und breit, so dafs die Pferde kaum fortzukommen vermögen ; unsere verhätschelten europäischen Pferde könnten mit den an solche Wegverhältnisse gewöhnten syrischen Reittieren absolut nicht konkurriren. Jene Lavabrocken kommen daher, dafs der etwa 30 Kilometer lange Gebirgszug des Grofsen Hermon meist aus Kalk besteht,
der viel
mit vulkanischem Gestein durchsetzt ist. Nach Banias hinunter geht es sehr steil und von dort durch ein mehr bewaldetes, quellendurchrauschtes Thal an den Nahr Hasbani, den eigentlichen Quellflufs des Jordan, über den eine baufällige Brücke, Dschisr el Ghadschar , auf das rechte Ufer führt. Dieses Bauwerk zeigt ein Gemisch römischer und morgenländischer Architektur , wie aus dem grofsen runden Mittelbogen und den beiden spitz zulaufenden kleinen Nebenbogen zu erkennen ist . Das Baumaterial des Brückengewölbes besteht aus Lavasteinen. Wenn nicht zuvor Regengüsse niedergegangen, dann rollt der Flufs klares, erfrischendes Wasser dahin, ein köstliches Getränk für den ermüdeten Wanderer oder rastenden Soldaten.
Dabei
wuchern
duftende Jasminsträucher,
im
Frühjahre
längs
des
Ufers
wohl-
deren schwere weifse Blumenbüschel in-
mitten der prächtigen roten Oleanderblüten einen Herz und Auge entzückenden Eindruck hervorrufen. Die ganze Länge dieses Weges von Damaskus bis zum Jordan beträgt über 70 Kilometer. Für militärische Zwecke ist die beschriebene Strecke nur in sehr beschränktem Mafse, für Geschütze jedoch zum gröfsten Teil absolut nicht verwendbar. Die zweite Verbindung zwischen Damaskus und dem Jordan, ein gutes Stück länger als die erstbeschriebene, dafür aber bedeutend besser und, Damaskus
soviel dem Verfasser von versichert
wurde,
im
sachkundigen Personen in
Allgemeinen
für
Militärzwecke
brauchbar, führt über Sasa lange Zeit ziemlich eben dahin , ersteigt dann die Berge des gegen den Jordan zu allmählich sich abdachenden Dscholan (das alte Gaulonitis) und übersetzt diesen Flufs südlich des Meromsees auf der dreibogigen, aus Basaltsteinen erbauten Jakobs-
164
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
brücke , Dschisr bonat Jakub.
Dieses Bauwerk hat insofern eine
gewisse Berühmtheit, als darüber die uralte Karawanenstrasse von Damaskus und den Euphratländern nach Ägypten führt. Das auf dem linken Ufer befindliche Karawanserai ward sicherlich für den Zweck angelegt ,
den
grofsen
an
dieser
Brücke
sich
kreuzenden
Karawanenzügen in unmittelbarer Nähe des Flusses eine angenehme Unterkunft zu 1 bereiten. Der Jordan fliefst hier durch eine von schwarzen, nackten Lavawänden gebildete Schlucht.
Auch in kriegs-
geschichtlicher
Reste
Beziehung
hat
diese
Brücke ,
wie
von
Be-
festigungen auf dem rechten Ufer andeuten, schon eine Rolle gespielt. Letztere datiren ihre Enstehung allem Anscheine nach auf das Zeitalter der Kreuzzüge zurück ; aber auch die neuere Kriegsgeschichte hat dort ein interessantes Erinnerungsblatt zurückgelassen. Als Bonaparte nach der Eroberung Ägyptens seinen Kriegszug nach Syrien unternahm und die Festung St. Jean d'Acre (Akka) belagerte, drohte dem Belagerungsheere, das jenes Bollwerk trotz aller Anstrengungen nicht zum Falle zu bringen vermochte , eine beAbdallah Pascha von Damaskus, deutende Gefahr im Rücken . welcher in dieser Stadt beträchtliche Truppenmassen zusammengezogen hatte, marschirte auf der letztbeschriebenen Strafse über die Jakobsbrücke auf das rechte Jordanufer, um von dort zum Entsatze von Akka heranzuziehen .
Zur Deckung der Belagerung entsandte
daher Bonaparte den General Vial nach Saour, den Reiterführer Die angegebenen Mürat nach Safed und Jünot nach Nazareth . Örtlichkeiten liegen alle westwärts vom Tiberiassee, sind jedoch nicht auf allen Kartenwerken verzeichnet. Jünot hatte, nur 500 Mann stark, am 8. April 1799 ein ernstliches Gefecht bei Lubi und wurde dann durch den General Kleber verstärkt , der am 12. bei Ledschara unweit Lubi den in seinen Stellungen verbliebenen Feind zurückwarf. Bonaparte empfing aus den Meldungen Kleber's und anderer Detachements den Eindruck,
dafs nur ein grofser Schlag, also eine
Entscheidungsschlacht, ihm in seinem Rücken Ruhe zu schaffen vermöge. Er liefs daher nur die unentbehrlichsten Kräfte bei Akka zurück und zog am 15. April mit dem Reste der Belagerungsarmee zur Unterstützung Kleber's heran. Die türkische Armee , deren Hauptkraft in ihrer sehr zahlreichen Reiterei bestand, lagerte unter Abdallah Pascha, 18 000 Mann stark, nach anderen 25 000 Mann, worunter 12 000 Reiter, in der Ebene von Fuli, ihr gegenüber die Division Kleber mit kaum 2000 Mann. Die Türken hatten hinter sich den Jordan mit der Jakobs- und der Medschamia - Brücke , erstere nördlich, letztere südlich vom Tiberiassee (vgl . Stieler's Atlas Nr. 58) als Rückzugslinien im Falle einer Niederlage. Mürat war bereits
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
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von Bonaparte beauftragt worden, sich des oberen der beiden Jordanübergänge, nämlich der Jakobsbrücke, unter Umgehung des türkischen Heeres zu bemächtigen und diesem den Rückzug abzuschneiden. Kleber umging den Berg Tabor und versuchte am 17. April Morgens das türkische Lager zu überfallen . Dabei wurde er in einen sehr ungleichen Kampf verwickelt. Da erschien gegen Mittag, gerade zur rechten Zeit, Bonaparte auf dem Schlachtfelde und brach aus den Engpässen des Tabor hervor. Kleber ging nun seinerseits ebenfalls wieder zur Offensive über, und dem konzentrischen Angriffe der Franzosen vermochten die Türken nicht Stand zu halten . Nach wenigen Augenblicken war die Schlacht beendigt und das ganze türkische Lager mit 400 Kameelen und einer unermesslichen Beute in den Händen der Sieger. Da auch Mürat inzwischen seinem Auftrage nachgekommen war, wurde die türkische Armee auf nur eine Brücke beschränkt und ihr Rückzug zur Flucht. eine Menge Flüchtlinge getötet.
noch
An der Jakobsbrücke wurden Der türkische Verlust belief
sich auf 5000 Mann, der französische war gering. Und so hatten etwa 6000 Franzosen am biblischen Berge Tabor und in der Nähe des religionsgeschichtlich so merkwürdigen Jordanflusses durch die kühne Entschlossenheit und das Feldherrngenie Bonaparte's ein Heer zerstört , von welchem die Einwohner in echt orientalischer Übertreibungsweise versichert hatten, dafs es so zahllos sei, Sterne des Himmels und der Sand am Meere. -
wie die
Wir kommen jetzt zur Schilderung eines Gebietes , das nicht nur wegen seiner eigentümlichen geographischen und topographischen Verhältnisse unser Interesse im höchsten Grade beansprucht , sondern wegen der in den letzten Jahren zwischen den türkischen Regierungstruppen und den aufständigen Drusen stattgefundenen Kämpfe die Aufmerksamkeit der europäischen Presse fortwährend in Spannung gehalten hat. Fast kein Tag verging, wo nicht unter der Rubrik „Aus dem Orient" oder „Aus Syrien " irgend welche Nachrichten über den Hauran in die Welt gesetzt wurden. Bald siegten die Türken, bald die aufständischen Drusen u. s. w. Wenn die innere Ursache der Unruhen im Hauran sicherlich nur in dem Charakter der dortigen Bevölkerung, ihren ausgesprochenen Sinn für Unabhängigkeit und Selbstständigkeit gegenüber der türkischen Willkürherrschaft zu suchen . ist , so soll , soweit die aus Syrien überbrachten Meldungen Glauben verdienen , die unmittelbare Veranlassung zum Ausbruche der langen und hartnäckigen Kämpfe darin liegen, dafs der türkische Pascha von Suweidah eines der hübschesten Drusenmädchen sich anzueignen versucht hatte . Dagegen wehrten sich die Drusen des Hauran, und es kam zu einem Krawall, der schliefslich mit einem allgemeinen Aufstande
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
endigte. Vorgängig sei hier bemerkt, dafs der Hauran, in welchem sich seit einigen Jahrhunderten neben der ureingesessenen Bevölkerung der eigentlichen Hauranbauern und der dort ebenfalls wohnenden Beduinenstämme auch Drusen angesiedelt und durch den nach den Christenmetzeleien im Libanon und in Damaskus 1861 stattfindenden Zuzug immer mehr verstärkt haben, seit jener Zeit schlechtweg anch das Drusengebirge genannt wird. Die in reiner Südrichtung von Damaskus ausgehenden Wege durchziehen im weiteren Verlaufe alle den Hauran, sofern man nämlich nach dem jetzt bestehenden geographischen Begriffe unter
dieser Beziehung nicht blofs den eigentlichen Dschebel Hauran, sondern auch die seiner West- und Nordflanke vorgelagerten Flachlandsgebiete versteht. Die Hauptlinie, zugleich Karawanen- und Pilgerstrasse, trifft etwa drei Meilen von Damaskus auf die Ortschaft Kisweh, am rechten Ufer des vom Grofsen Hermon aus verschiedenen Quellbächen gebildeten, ostwärts strömenden Nahr el Awadsch ; wie der schon erwähnte Barada zaubert er zu seinen beiden Seiten eine grüne Baumlandschaft hervor und verliert sich später in einigen Sumpfseen der syrischen Wüste. Von Kisweh aus gabelt sich der Weg in zwei Linien, von denen die eine unmittelbar am Westhang des Haurangebirges vorbeizieht, während die westliche die in den jüngst stattgefundenen Kämpfen vielgenannte Ortschaft Meserib berührt . Beide Linien laufen später, etwa östlich der alten Ruinenstadt Gerasa, des heutigen Dscherasch, wieder zusammen und bilden von dort an den Pilgerweg nach Mekka. Im Allgemeinen sind beide Straſsenzüge für Militärzwecke gut verwendbar, wenn auch dabei nicht verschwiegen werden darf, dafs die türkische Regierung ihre Strafsen zeitenweise ganz verfallen läfst, um sie dann im Bedarfsfalle, wie bei ihren Truppenzügen nach dem Hauran, durch ein zahlreiches Aufgebot von Frohnarbeitern wieder etwas mehr in Stand zu setzen. Verfasser hatte seinerzeit Gelegenheit, mit einem kleinen Militärdetachement von Damaskus, das zur Ablösung einiger in den Hauranstädten Kanawat, Suweidah und Bosra liegenden Garnisonen bestimmt war, in jene Gegenden zu gelangen . Einige türkische Offiziere thaten alles Mögliche, um dem deutschen Kriegskameraden gefällig zu sein. Soweit jedoch rein geographische und statistische Angaben in Betracht kommen, soll hier den Ausführungen des ehemaligen deutschen Konsuls in Damaskus, Wetzstein, gefolgt werden ; die militärischen Betrachtungen werden in einer zwanglosen Weise bald da, bald dort eingeflochten werden. Der Hauran im weiteren Sinne
mifst 80 bis 90 Kilometer von
Nord nach Süd und ungefähr 70 Kilometer von Ost nach West
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens. und
ist teils
Gebirgs-,
teils
Flachland ,
welches
im
167
Osten und
Südosten an eine fast unbewohnte Wüsten- und Steppengegend,
im
Westen und Süden an die ostjordanischen Plateauländer angrenzt und drei, in Bezug auf den vulkanischen Gesammtcharakter dieser Gegend ziemlich ähnliche, im Sonstigen jedoch sehr verschiedenartige Gebirgsteile aufweist, nähmlich den Dschebel Hauran selbst, die Landschaft Ledscha im Norden und die Ebene En Nukra im Westen desselben. Der Hauran im engeren Sinne ist ein von zahlreichen Kraterbergen überragter, abgeplatteter Gebirgsrücken und streicht in einer Längenausdehnung von 30 Kilometer nordsüdwärts.
Hunderte von Basalt-
und Trachitkegeln ragen dort einzeln oder in gröfseren Gruppen teilweise zu der beträchtlichen Höhe von über 1700 Meter auf. Die Ebene En Nukra zeigt meist sanfte Geländewellen und fällt gegen Westen bedeutend ab. Die dortige Humusschicht, das Verwitterungsprodukt der Lava, zeigt eine rötlich braune Lehmfarbe und Ihre kann wegen ihrer Lockerheit fast allerorts gepflügt werden. Fruchtbarkeit weist aufserordentlich günstige Erträgnisse auf, so dafs die Ebene En Nukra wie der ebenfalls sehr ertragsfähige Abhang des Haurangebirges selbst der Kornspeicher von Damaskus genannt werden.
Selten sieht man in dieser Ebene Buschwerk oder Bäume ;
nur zerstreute Basalthügel,
auf denen meistenteils die Dörfer liegen,
ragen aus dem wogenden Meere der Getreidefelder empor. Das Ledscha, zur Römerzeit Trachonitis genannt, 40 Kilometer von Süd nach Nord und etwa 25 Kilometer von West nach Ost messend, ist ein niederes terrassirtes Lavaplateau im Norden und Nordwesten des Dschebel Hauran. Seine westliche Begrenzung ist in der Nähe der grofsen Mekkaner Pilgerstrafse zu suchen. Das ganze Ledscha ist, wie die Ausführungen des schon erwähnten Hauranforschers Wetzstein lauten, eine Ausströmung der jezt verstorbenen nördlichen Haurankrater, deren Lava sich in zwei grofsen Strömen in die Niederung ergofs und dort ganz eigentümliche Gestaltungen und Formen hervorrief: zersprungene domartige Erhebungen, Kian's, Risse und erhabene Randumwallungen .
Der Ausdruck Kian bedarf einer näheren Er-
klärung, weil diese eigentümlichen Bodenbildungen auch in militärischer Hinsicht, d. h. im Punkte der Verteidigungsfähigkeit des Hauran und der angrenzenden Gebietsteile von hervorragender Bedeutung sind. Im Hauran und den hier nicht weiter zu schildernden vulkanischen Nachbargebieten des Safa und der Steinwüste El Haara befinden sich auf dem mit Lava überfluteten Terrain viele gröfsere und kleinere , vom Strom unberührt gebliebene freie Stellen , welche „Ka " (Singular von Kian) genannt werden .
Diese sind gewöhnlich 50 bis 100 Schritt
breit, viereckig, rund oder gassenartig gewunden und von 6 bis 12 Meter
168
Beiträge zur Kriegsgeschichte unn Militärgeographie Syriens.
hohen Lavawänden eingefafst.
Wetzstein erklärt ihre Enstehung auf
folgende Weise. Es befinden sich im dortigen Lavagebiete Tausende von runden, vulkanischen Erhebungen, welche bei einer Höhe von 15 bis 30 Meter gemauerten, jedoch oben zerrissenen Steinkuppeln ganz ähnlich sind . Desgleichen finden sich lange, ebenfalls oben aufgerissene Dämme, meist von 30 Schritt Breite und 100 Schritt Länge. Diese Hügel sind augenscheinlich dadurch entstanden, daſs beim ersten Ergufs der Lava nasse Bodenstellen überflutet wurden, deren Wasser, in Dampf verwandelt, jene blasen- oder dammartigen Gebilde in die Höhe trieb und schliesslich zersprengte. Bei einem späteren Lavaergusse standen diese Erhebungen dem Strom im Wege und nötigten ihn, um dieselben herumzufliefsen, um hinter dem Hindernifs ,
wie es
bei allen zähflüssigen Massen der Fall ist, erst in einer gewissen Entfernung sich wieder zu vereinigen . Die freigebliebenen Orte bilden nun, von der Lava als Vertiefungen umschlossen, die Kian . In diesen Vertiefungen sammelt sich im Winter das Wasser oft zu Teichen, und dann entsprofst hier eine Weide von aromatischen Kräutern, weshalb im März die nomadisirenden Hauranstämme gröfstenteils dorthin ziehen , um die Zelte aufzuschlagen und ihre Herden zu weiden . Da diese Kian's aufser der reichen duftigen Weide um jene frühe Jahreszeit eine sehr behagliche Wärme ausströmen und aufserdem noch gegen die räuberischen Wüstenstämme der Nachbarschaft eine fast vollkommene Sicherheit gewähren, so sind sie bei den Hauranbewohnern sehr geschätzt.
Viele Kian's ,
namentlich jene auf dem zackigen,
wilden Plateau der Tenije, nördlich des Ledscha, sind nur dann zu sehen, wenn man an ihrem Rande steht, und würden nicht die dort oben weidenden Herden die Nähe eines Ka's verraten, so könnte man auf 50 Schritt Entfernung von ihnen weder ihr Vorhandensein noch die darin aufgeschlagenen Zelte ahnen.
Wer übrigens von den Lesern
dieser Zeitschrift schon einmal Syrakus auf Sizilien besucht hat, dürfte in den dortigen Latomien, uralten und jetzt nicht mehr ausgebeuteten Steinbrüchen, eine landschaftliche und geographische Analogie mit den Kian des Hauran finden ; auch jenen Latomien nähert sich der Reisende bei seinen Wanderungen durch Alt-Syrakus bis auf fast einen Schritt, um dann plötzlich zurückzuschrecken, denn vor ihm stürzen thurmhoch die senkrecht behauenen Steinwände in die Tiefe ; sie umschliefsen jedoch eine Gartenanlage, die in ihrer subtropischen Pflanzenwelt einem kleinen verborgenen Paradiese nicht unähnlich. Die Kian des Hauran bilden somit Verstecke, in welche hinein jemand zu verfolgen eine Thorheit wäre, und die Redensart der Damaszener , „ er floh in die Kian " , bedeutet das vollkommene Geborgensein eines Flüchtlings.
Der Militär zieht aus dem Vorhergeschilderten
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
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ohne weiteres seine Schlüsse bezüglich der Verteidigungsfähigkeit des die Verteidigung sei die Hauran. Wenn irgendwo der Satz richtig, stärkere Form ",
so ist er hier anwendbar.
Der Verteidiger findet
dort den geeignetsten Boden für die Unternehmungen des Kleinen Krieges : Auflauern im Versteck, wo niemand darauf gefafst sein kann, überraschendes Hervorbrechen aus dem Hinterhalt gegen Flanke und Rücken des ahnungslosen Gegners, als baldiges Wiederverschwinden in einem dem Angreifer nicht bekannten oder unerreichbaren Schlupfwinkel, endlich das Wiederansetzen zum Sprung, wann und wo die Gelegenheit günstig . Dazu kommt dann noch der Charakter der Bewohner hinzu, welche entweder selbst zum Teil Beduinen , oder durch das nahe Zusammenleben mit solchen die beduinenhafte Art der Kriegführung kennen und zur Ausführung von Unternehmungen des Kleinen Krieges in hervorragender Weise geeignet sind. Aus diesen Gründen ist es auch leicht erklärlich, warum der Hauran lediglich schon infolge seiner Bodengestaltung einer Eroberung stets die gröfsten Hindernisse entgegengestellt hat , und die neuere Kriegsgeschichte bietet hierfür die interessantesten Belege. Ibrahim Pascha von Ägypten, dem man bei näherem Studium seiner Feldzüge in Arabien , Griechenland und Syrien einen hohen Grad von Feldherrntalent gewifs zuerkennen mufs, suchte im Jahre 1838 , also zu einer Zeit, wo ganz Palästina und Syrien bis zum Taunus längst schon seiner Herrschaft unterworfen war, vergeblich in das Ledscha des Hauran einzudringen und jenes unwirtliche Lavaplateau zu erobern ; ebensowenig gelang dieses Unternehmen dem türkischen General Kibrisly Pascha 1850, also lange nach dem Zeitpunkte, wo Ibrahim Pascha bereits aus Syrien vertrieben und diese Provinz in den Wiederbesitz der Pforte zurückgekehrt war. Wieweit der Hauran im Jahre 1860/61 als Schlupfwinkel der im Libanon gemaſsregelten Drusen und auch in neuester Zeit als Schauplatz des Krieges zwischen der Pforte und den aufständischen Drusen eine Rolle gespielt hat, davon an einer späteren Stelle ! Nur bezüglich des Ledscha ist noch Einiges nachzutragen. Die dortigen zahlreichen Kian zeigen reichlichen Baumwuchs, worunter besonders die Eiche in schönen Exemplaren vertreten ist, und bieten mit ihren Wasseransammlungen und Weiden Platz und Mittel genug, um eine viel stärkere Bevölkerung als die heutige zu ernähren . Wie die zahlreichen verlassenen Ortschaften erkennen lassen, war früher der Bevölkerungszustand ein ganz anderer als jetzt, sowohl am Rande des Ledscha wie im Innern desselben. In den Kian wohnen nur Nomaden, die sehr häufig ihre Lagerplätze wechseln und garnicht ungern auch Raubanfälle gegeneinander ausführen .
170
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
Bezüglich des Anbaues und der Bodenkultur des Hauran wurde bereits erwähnt, dafs die Ebene En Nukra sowie die Hänge des Dschebel Hauran selbst eine aufserordentliche Fruchtbarkeit aufweisen. Der wichtigste und kultivirteste Teil des ganzen Haurangebietes ist die südliche und östliche Abdachung des Gebirges . Die ursprünglich den Boden bedeckende Steinsaat wurde allem Anschein nach im Laufe der früheren Jahrhunderte von der Bevölkerung nach und nach hinweggeräumt und von den Bergspitzen bis zum Fußse des Gebirges in gröfseren Haufen oder in langen Schichten zusammengetragen. Diese Wände bildeten dann zugleich die Raine der so entstandenen Äcker und die Flurgrenzen der einzelnen Ortschaften . In der That ! diese mühselige Arbeit geschah in wohlberechneter Der rotbraune Boden, die Absicht und trug reichliche Zinsen. Hauranerde, zeigt eine erstaunliche Fruchtbarkeit und bedarf z. B. für den Weizenbau nicht einmal der Düngung. Welch reiches Kulturleben im Hauran einstmals vor vielen Jahrhunderten geblüht haben mag, davon geben ungefähr 300 verödete Städte und Dörfer Zeugnifs , während heutzutage dort im eigentlichen Gebirge nur etwa über ein Dutzend bewohnter Orte bestehen und den Unterschied gegen früher recht anschaulich vor Augen führen. Diese verlassenen Ortschaften sind höchst merkwürdig , nicht blofs für den Kulturhistoriker, sondern auch für den Militärgeographen, welcher in den oft tief in den Lavafels versteckartig hineingebauten Höhlenwohnungen eine künstliche Ergänzung und Verstärkung der durch die natürlichen Lavabildungen ohnehin schon sehr starken Verteidigungsfähigkeit des Hauran erblicken mufs. Der Hauranforscher Konsul Wetzstein unterscheidet vier Arten und rechnet zur ersten die an den einzelstehenden Hügeln und an den Gehängen der Wadiufer vorkommenden Troglodytenwohnungen, welche vielleicht Ihre Anlage ist folgende : aus dem grauesten Altertum stammen. Man grub dort, wo der Fels aus einer lockeren, porösen Lava bestand, in eine Wand etwa eine 6 bis 7 Meter breite und 10 bis 13 Meter tiefe Höhle von ungefähr 3 Meter Höhe. Dort war der Wohnraum der Familie. Von diesem aus grub man drei andere Höhlen, die als Vorratskammern und Stallungen dienten. Gröfsere Höhlen wurden durch natürliche oder künstliche Säulen oder auch Fenster haben diese Bauten nicht, sie empfingen die äufsere Thüröffnung, bei welcher jedoch durch nur Licht das Vor der Höhle niemals eine eigentliche Thüre angebracht war . Bogen gestützt .
wurde durch einen Vorbau ein kleiner Hof gebildet, der in den Aus besseren Troglodytenorten 2 bis 3 kleine Zimmer enthielt. diesem Vorbau führte eine steinerne Treppe ins Freie.
Gegen einen
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
starken Feind gewährten
diese
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nur für eine Familie bestimmten
Höhlenwohnungen allerdings keinen zu langen Schutz, denn dieser konnte sie leicht mit Übermacht angreifen und nehmen. Anders gebaut sind die Ortschaften der zweiten Art. Man grub an einem hochgelegenen , felsigen, trockenen Platze einen Schacht schräg in den Berg hinein und arbeitete in einer Tiefe von 50 Meter 6 bis 8 Schritt breite gerade Gassen aus , an deren Seiten die Wohnungen angebracht wurden. An mehreren Stellen erweiterte man die Gassen um das Doppelte und brach durch die Decke Luftlöcher. Ein solcher Ort, der gewöhnlich in der Mitte einer steilen Felswand einen zweiten Ausgang hatte, kann in einem Lande, das, ganz abgesehen von sonstigen kriegerischen Unternehmungen , beständigen Überfällen durch die Nomadenstämme der Wüste ausgesetzt ist, als eine starke Festung gelten .
Sobald von der nächsten Warte
der Wächterruf einen feindlichen Einfall verkündete ,
eilte der Hirt
mit seiner Herde und der Pflüger mit seinem Gespann unter die Erde, verschwand also wie ein Maulwurf förmlich im Boden. War der Feind nicht ganz genau mit der Örtlichkeit bekannt , dann zog er vorüber, ohne ihr Dasein zu ahnen.
Und selbst eine Belagerung
bezw. Einschliefsung hatte ihre Schwierigkeiten, da diese Höhlen mit Brunnen und Allem, was deren Bewohner brauchten, versehen waren . Viele von den beschriebenen Ortschaften sind auch heutzutage noch bewohnt.
Eine dritte Art von Ortschaften zeigt folgende Physiognomie : Auf einem Felsplateau wurden Gruben von der Tiefe und Breite eines Zimmers herausgearbeitet und mit einem festen steinernen Gewölbe überdeckt. Eine gröfsere Anzahl solcher Wohnräume ward dann mit einer Ringmauer umgeben, und die Festung war fertig. Die meisten der Hauranorte gehören jedoch zur vierten Art. Die Häuser sind Hochbauten aus dunklem Basalt und bestehen aus einem fensterlosen Erdgeschofs sowie einem Oberstock, zu dem eine freitragende Treppe hinaufführt, d. h. eine solche, deren Stufen nur mit dem einen Ende in der Hausmauer festliegen , während das andere ohne Unterstützung ist .
Alles ist aus Stein, die Thürflügel
und deren Drehzapfen und sogar die aus durchlöcherten Steinplatten hergestellten Fensterfüllungen. Ringmauern sind in der Regel nicht vorhanden , dafür kehren die Häuser ihre Rückseiten nach aufsen. Starke Thürme überragen allenthalben die gedrängten Häusermassen Die und verleihen dem Orte ein sehr eindrucksvolles Aussehen. Gassen sind eng und selten kleinere Hälfte
über 6 Meter breit, von denen die
auf den Mittelweg für Reiter
und Lasttiere,
gröfsere auf die Fufswege zu beiden Seiten entfällt. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 104, 2.
die
Bezüglich des 12
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
Haus- oder Hofinnern ist zu bemerken, dafs dort um die Seiten des Oberstockes ein altanartiger Gang führt, nach welchem die nicht miteinander in Verbindung stehenden Zimmer je eine Thüre besitzen. Von den Örtlichkeiten der geschilderten Bauart sind nur mehr ganz einzelne bewohnt, die meisten jedoch verlassen und deren zugemachte Thüren mit Steinblöcken verrammelt. Ein eigentümlich tragischer Zug liegt im Verschlossensein dieser Häuser. Nach arabischem Gebrauche versperrten die Bewohner solcher Höfe ihre Wohnungen, wenn sie gezwungen wurden, sei es als Kriegsflüchtlinge, sei es aus irgend einer anderen Veranlassung, ihre Heimstätte für immer zu verlassen. Gewaltige Kriegswogen müssen ihre Brandung auch bis an die Hauranberge herangeschleudert haben, um dort solche Veränderungen hervorzurufen .
Auf die biblische Zeit folgten die Römer
und nahmen von Syrien Besitz.
Öffentliche Bauten, Mausoleen und
Tempel erinnern an den römischen Baustil. die Flutwelle des
Später wälzte sich dann
Islam heran und begann die Periode arabischer
Eroberungszüge. Die Welt- und Kriegsgeschichte weifs jedoch aus jenen Tagen über die Schicksale des Hauran und seiner Bewohner nur weniges zu vermelden. Charakteristisch für den Hauran ,
auch
Beziehung, sind die grofsen Wasserbehälter,
in militärischer
welche bald als in
den Felsen gehauene Cisternen mit engen Öffnungen, bald als tiefe, künstlich überwölbte Becken und endlich sehr häufig auch als sorgfältig ausgemauerte Teiche von runder oder viereckiger Form erscheinen . Die Dammmauern sind sehr dick ; meistens
führen
wohlerhaltene
Treppen zu den Teichen hinab. Die Winter- und Frühjahrsregen versorgen jene Behälter mit Wasser, welches das ganze Jahr hindurch Menschen und Heerden erfrischt. Der etwas verwöhntere Tourist, welcher jene Gebiete aufsucht, findet es aus leicht erklärlichen Gründen manchmal geraten, das erfrischende Nafs durch ein Tuch zu seien oder durch einen der dort landheimischen Thonkrüge zu filtriren, um von dem Genusse nicht krank zu werden .
Indefs, das Vorhandensein
von Wasser bildet eine der vielen Voraussetzungen für das Ausharren der Hauranbewohner in ihren Stellungen und Verstecken, wie umgekehrt, nach den Erfahrungen der Kriegsgeschichte, nichts so sehr die Übergabe und Aufgabe einer eingeschlossenen Örtlichkeit beeinflusst, als gerade der Mangel an Trinkwasser. Nun noch einige Angaben über die Hauranbewohner selbst ! Die jetzigen sind nach neueren Forschungen Abkömmlinge der Südaraber, von denen sich einige Stämme zu Beginn der christlichen Zeitrechnung wegen Übervölkerung des Landes Jemen zur Auswanderung nach Syrien entschlossen haben.
Ursprünglich Heiden,
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
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nahmen sie jedoch bald das Christentum an und hatten schon um Von der römisch - griechischen das Jahr 180 zahlreiche Klöster. Kultur, die bei ihnen eingedrungen, zeugen viele Inschriften und Bauten. Hierfür bildet besonders Bosra (im syrisch - arabischen Dialekt Busra gesprochen) am Südwestfulse des Dschebel Hauran mit seinen grofsartigen Ruinen einen sprechenden Beweis , und seine langen steinernen Budenreihen , in denen jetzt, abgesehen von den für die syrischen Wüstenbewohner gangbaren Artikeln, hauptsächlich die grofsen Getreidelieferungen für Damaskus abgeschlossen werden, legen noch jetzt in der Verödung von der früheren Gröfse und Blüte beredtes Zeugniſs ab.
Später machte selbstredend der Islam seinen
überwiegenden Einfluss geltend. der Bevölkerung,
Die hauranischen Bauern, als Kern
sitzen an den Abhängen des Gebirges und in der
fruchtbaren Ebene En Nukra.
Dagegen ist das Nordwestgebiet des
Hauran , vor allem das eigentliche Gebirge, meistens von Beduinen bewohnt. Seit einigen Jahrhunderten haben sich, wie bereits an früherer Stelle bemerkt, auch Drusen im Hauran angesiedelt ; dieselben erhielten seit 1861 , als ihre Stammesbrüder wegen der Christenmetzeleien im Libanon und in Damaskus zur Rechenschaft gezogen werden sollten, durch neue Einwanderungen noch einen bedeutenden Zuzug.
Unter der ackerbautreibenden Hauranbevölkerung sind seit
Jahren auch wieder Christen, und zwar griechisch-orthodoxe vertreten. Was den Menschenschlag anbelangt, so ist der Hauranbauer gröfser und kräftiger als der nomadisirende Beduine,
der ersterem
gegenüber etwas feingliedriger und beweglicher erscheint. Dagegen gleichen sich beide in Sitten und Gebräuchen sowie im äusseren Habitus auf ein Haar.
Beide tragen die mit Ziegenhaarstricken um-
wundene Keffije als Kopftuch und den schwarz- oder rotbraunen, mit andersfarbigen Streifen durchzogenen Beduinenmantel, sie reden dieselbe Sprache, syrisch-arabischen Dialekt,
und pflegen die Sitte der
Gastfreundschaft in gleich aufopfernder Weise. In jedem Dorfe des Hauran findet sich ein öffentliches Gasthaus, in welchem der Durchreisende unentgeltlich bewirtet wird . Das Menzul, wie dieses Haus genannt wird, ist gewöhnlich eine offene Halle, bisweilen nur mit Baumzweigen bedeckt, die über Stangen gelegt sind. Europäer,
Kommt gar ein
dann wird die ganze Ortschaft rebellisch, man reifst sich
um die Ehre der Bewirtung und rauft den Fremdling förmlich aus, da man mit Recht oder Unrecht einen Arzt hinter ihm vermutet, der vielleicht gute Dienste leisten könnte. Wollte man die drei Typen der Hauranbewohner einander vergleichend gegenüberstellen , so könnte man etwa sagen, der eigentliche Hauranbauer bilde das feste, starre und solide, der Beduine und 12*
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
Druse dagegen das bewegliche, veränderliche und unstete Element in der dortigen Bevölkerung. Und gleicht der Beduine des Hauran mehr dem abenteuernden Strolch, der überall in seinen Diebsgelüsten nur auf die Erbeutung eines Vorteils lauert, so hat der Druse, der sich schon durch seinen stets blendendweifsen Turbanbund von den beiden anderen abzeichnet, etwas mehr Vornehmes und Ritterliches in seinem ganzen Auftreten, allerdings auch einen hervorstechenden Zug von Herrsch- und Rachsucht in seinem Wesen. Die Drusen, ob vom Libanon oder Hauran , sind meist schöne prächtige Gestalten, Poesie und Heldensinn , der manchmal von Anklängen an
voll das
Raubrittertum des Mittelalters nicht ganz frei, dann auch wieder Alle drei , der Druse, leidenschaftlich wild bis zur Grausamkeit. Beduine
und
alteingesessene Hauranbauer haben
als
gemeinsame
Eigenschaft den ausgesprochenen Sinn für Unabhängigkeit,
Freiheit
und Unbotmässigkeit und gehorchen den türkischen Beamten, wenn möglich garnicht oder nur nach der Schwere des Druckes,
der auf
sie unter Umständen mit Waffengewalt ausgeübt wird . Sie zahlen ebensowenig freiwillig eine Steuer, als sie türkische Beamte über sich haben wollen ; sie wollen frei und selbstständig sein unter eigenen Scheichs und mit eigener Verwaltung. Da nun die Pforte die entgegengesetzten Ziele verfolgt und zur Erreichung ihrer Zwecke die bewaffnete Macht aufbietet oder angrenzende Beduinenstämme gegen die widerspenstigen Hauranbewohner ausspielt, so kommt es dort häufig zu Feindseligkeiten, welche , wie die Geschehnisse der letzten Jahre beweisen, einen förmlichen Feldzug der Pforte veranlassen. Verfasser hat die letzten Vorgänge im Hauran genauestens ver-
folgt und die zahlreichen, oft sehr widersprechenden Nachrichten in der Presse zu sichten versucht. Nach der Gröfse des bewaffneten türkischen Aufgebotes zu schliefsen, müssten die Kämpfe zur Unterdrückung des Drusenaufstandes in den Jahren 1895 und 1896 im Hauran sehr schwierig und verlustreich gewesen sein. Die anfängliche Stärke der im Hauran versammelten Drusen wird auf 3000 Reiter und doppelt soviel Fufsvolk anzunehmen sein; aufserdem bekamen sie von ihren Stammesbrüdern aus dem südlichen Libanon und der Bekaa, mit denen sie schätzungsweise eine Gesammtzahl von nur 100 000 Seelen ausmachen, beständigen Zuwachs und Zuzug, dessen Verhinderung eine der ersten taktischen Rücksichten des türkischen Operationsheeres sein musste. Das führte natürlich zu Kämpfen auch in anderen Gebieten, wie bei Hasbaya und Raschaya an der westlichen Abdachung des Grofsen Hermon. Die Drusen, welche sich allmählich auf 16-20 000 Mann ergänzten, begnügten sich aber keineswegs mit der Defensive, sondern traten wiederholt mit Erfolg offensiv auf, wie
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens. sie ja einmal sogar Damaskus bedroht haben sollen. türkische Regierung ein starkes
Aufgebot
175
Erst als die
aller Waffen
aus drei Richtungen, von Nord und Süd und West, gegen die Aufständischen und deren Hauptplätze Kanawat und Suweidah in's Feld schickte, wurden die Drusen in die Defensive gedrängt. Sie vermieden jetzt, wo sie keine Aussicht auf Erfolg hatten, den Kampf im offenen Felde und verlegten sich auf die Unternehmungen des Kleinen Krieges, wozu ihnen die Schlupfwinkel des Gebirges als die günstigsten Ausgangspunkte dienten. Ihre ganze Habe nebst Weib und Kind brachten sie in den entfernteren Gebirgsteilen in Sicherheit . Den Türken gelang es trotz ihrer militärischen Überlegenheit niemals, in das eigentliche Drusengebirge einzudringen, sie erlitten vielmehr bei jedem derartigen Versuche die empfindlichsten Verluste. Nun traten zu dieser miſslichen Lage noch die rauhe Jahreszeit, Stürme, Krankheiten , Seuchen, Hunger, lauter Umstände, infolge deren viele Soldaten hinweggerafft wurden . Das Elend und der Mifsmut, besonders unter den eingezogenen Redifs, soll so grofs gewesen sein, dafs viele Soldaten ihre Gewehre nebst Munition gegen Lebensmittel an die Drusen verkauften oder gleich desertirten . Und wenn es den Türken bei einzelnen Streifungen wirklich gelang , kleine Partien von Aufständischen abzufangen und fürchterlich zu mafsregeln, so brachten sie es doch nicht zu Stande, den ganzen Aufstand niederzuwerfen. Nachdem sich endlich beide Teile ordentlich abgerauft und das grausame Spiel satt bekommen hatten, begann man mit Unterhandlungen, welche auf Seite der Drusen die Einführung von ihnen günstigen Reformen und die Anerkennung ihrer Selbstständigkeit bezweckten. Denn diese wenig zahlreiche , aber durch unbändige Freiheitsliebe , Kriegstüchtigkeit und wilde Tapferkeit ausgezeichnete syrische Völkerschaft, welche seit Jahrhunderten gewohnt ist, in eigenen Stämmen unter eigenen Scheichs oder Familienoberhäuptern patriarchalisch zusammenzuwohnen, hat von jeher die aufgedrungene türkische Oberherrschaft abgelehnt und, wenn nötig, mit Aufständen beantwortet. Und dieses Verhältnifs wird solange dauern, bis der Hauran Kaimakams und Mudirs besitzt, welche demselben Volksstamm und derselben Religion angehören, wie die Bevölkerung . Aus den bisherigen Schilderungen geht mit Deutlichkeit hervor, dafs die natürliche Beschaffenheit , überhaupt die geographische Gestalt eines Landstriches, nicht blofs
einen bedeutenden,
sondern
oft sogar ausschlaggebenden Einfluss auf die dort stattfindenden kriegerischen Ereignisse auszuüben vermag . Insbesondere erhielt der Verteidiger des vulkanischen Haurangebirges an dessen eigentümlicher Oberflächengestalt einen Bundesgenossen , dessen passive
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
Stärke nicht minder hoch anzuschlagen war,
als die lebendige Kraft
der Verteidigung selbst. In der Ebene wären die Drusen, die ja doch nur als Naturkrieger ohne besondere taktische Organisation einem wohlorganisirten und sogar mit Artillerie ausgerüsteten Heere gegenübertraten, wohl bald aufgerieben worden . Sie sahen das voraus und zogen sich rechtzeitig in ihre Festung, den Dschebel Hauran, zurück. Dafs die Eroberung dieses Berglandes selbst
mit einem sehr be-
deutenden militärischen Aufgebote nicht im ersten Anlaufe gelingen konnte, haben die kriegsgeschichtlichen Epochen unseres Jahrhunderts wiederholt bewiesen. Die Türken haben daraus keine Lehre gezogen. Am Abschlusse ihres Feldzuges
stehen sie eigentlich auf demselben -Standpunkte, wie früher. Sie verlangten Ablieferung der Waffen, nun, die Drusen schickten einmal wie zum Hohn einige Hundert Gewehre älteren Musters in das türkische Lager 9 sie verlangten Zahlung des rückständigen Tributes,
-
auch in dieser Beziehung
sollen, soweit die unter der Rubrik " Balkanhalbinsel und Orient" aus Konstantinopel in der Presse verbreiteten Nachrichten Glauben verdienen, sich die Drusen entgegenkommend gezeigt haben, indem sie den türkischen Behörden gegen das Versprechen der Einstellung der Operationen und der Straflosigkeit der Aufständischen einige Hunderttausend Piaster überschickten , endlich verlangten die Türken die Einreihung der Drusen in die türkische Armee, - dieses Verlangen wird wohl nicht so bald, wenn überhaupt je, verwirklicht werden und stets nur ein frommer Wunsch bleiben . Ausserdem sind ja die Drusen, wie das auch die Geschichte ihres früheren Auftretens im Libanon bewiesen hat, niemals allein gestanden, sondern hatten immer, weder offen oder heimlieh,
eine an den Verwicklungen im
ent-
Orient
interessirte europäische Macht hinter sich, früher einmal die Engländer, jetzt vielleicht die Russen oder Franzosen . So sollen die Drusen im Sommer 1896 dem französischen Konsul in Beirut mitgeteilt haben, dafs sie unter Umständen die Schutzherrschaft Frankreichs annehmen würden.
Auch sollen fremde Schiffe, welche anscheinend Waffen und
Schiefsbedarf für die Drusen an Bord hatten, von den türkischen Behörden in den syrischen Hafenplätzen angehalten worden sein. Wollten die Türken demnach einen nachhaltigen Erfolg gegen-
über den aufständischen Drusen erreichen, so mufsten sie sich entschliefsen, nach Art des förmlichen Angriffes gegen jenes natürliche Bollwerk vorzugehen, um die Drusen Schritt für Schritt aus ihren Stellungen zu verdrängen und ihnen langsam selbst bis in ihre verborgensten Schlupfwinkel nachzuspüren.
Zu einem solchen Ver-
fahren gehörten jedoch sehr viele Truppen, viel Geld.
sehr viele Zeit und sehr
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
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Betrachtet man aber den Hauran nebst den westlich und nördlich vorgelagerten Territorien lediglich als Durchzugsland für eine östlich vom Jordan operirende Armee , dann sind die Verhältnisse durchaus nicht ungünstig. Der Anbau in der Nukra und an den Hängen des Dschebel Hauran ist vortrefflich, Getreide und Schlachtvieh für die Verpflegung der Truppen im Überflufs vorhanden, aufserdem auch Wasser in den cisternenartigen Behältern und Teichen. Die meisten der vom Gebirge kommenden Bäche und Wadis trocknen zwar fast alle schon im Monate April vollständig aus und zeigen erst zu Beginn der Winterregen ein gefülltes Rinnsal. Auch die hauptsächlichsten Strafsenzüge sind verhältniſsmäſsig gut zu gebrauchen. Dagegen ist im ganzen Gebiete, wie im östlichen Syrien überhaupt, der Mangel an eigentlichem Brennholze recht fühlbar, ein Umstand, der beim Lagern und Abkochen gröfserer Truppenkörper kaum übersehen werden dürfte . In vielen Orten Syriens behilft man sich damit, dafs man den Mist der Kameele und anderen Tiere in runden Fladen an die Hauswände klebt und durch Luft und Sonnenglut trocknen läfst. Das giebt nun ein immerhin brauchbares, keineswegs aber aromatisches Feuerungsmaterial. Aufserdem mufs dürres Gras, dornartiges Gestrüpp, überhaupt Alles, was einen wenn auch noch so geringen Brennwert besitzt, an Stelle des eigentlichen Brennholzes herhalten. Art und Charakter der Hauranbewohner wurde bereits geschildert. Es ist nur noch zu erwähnen, daſs, abgesehen von den im Hauran selbst wohnenden Beduinen, rings um jenes Gebiet, sowohl gegen den Jordan zu , wie längs der alten Mekkastrafse und gegen die eigentliche Wüste südostwärts vom Hauran, ebenfalls eine grofse Anzahl angesessener oder auch nomadisirender Beduinenstämme vertreten sind . Wenn diese Bevölkerung einem durchziehenden Heere gegenüber feindselig gestimmt oder zum Parteigängerkriege aufgereizt ist, dann darf Eine der betreffende Führer auf das Schlimmste gefafst sein. hierfür bietet der Abzug Ibrahim Pascha's von Damaskus Ende des Jahres 1840. Wie schon früher ausgeführt, belief sich die Streitmacht Ibrahim's auf 40 000 Mann mit 150 Ge-
Illustration
schützen ; darunter befand sich ein grofser Teil eingeborener Syrer, die nur auf den günstigen Augenblick lauerten, um von ihm abzufallen und Im Vergleich zu diesen die Reihen seiner Gegner zu verstärken. Streitkräften erschien die Zahl der Alliirten in Syrien nur gering . Die Flotte derselben, welche im Laufe des Sommers die sämmtlichen Küstenplätze mit Ausnahme von Gaza erobert hatte, segelte Anfangs Dezember, zu Beginn der schlechten Jahreszeit, nach der MarmaritzaBai gegenüber der Insel Rhodus ab und liefs an der syrischen Küste
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
nur einige Kriegsschiffe zurück, so daſs eine Unterstützung von der Seeseite her mit den etlichen Hundert zum Garnisondienst bestimmten englischen und österreichischen Marinetruppen garnicht in Betracht kommen konnte . Dagegen kam in die Operationen der ottomanischen Truppen allmählich ein einheitlicher, zweck- und zielbewufster Plan. Einem vom General Jochmus
eingereichten Entwurfe gemäss ward
das türkische Heer auf 20 000 Mann gebracht, während ein anderes Truppenkorps aus Kleinasien heranrückte und die syrische Hauptarmee um 8000 Mann verstärkte. Am 22. Dezember, also zu einer Zeit,
wo Ibrahim Pascha noch in Damaskus fest safs, konnte das
Hauptquartier der ottomanischen Armee bereits nach Hasbaya, am Südwesthang des Grofsen Hermon , verlegt werden . Gleichzeitig mit diesen Truppenbewegungen hatte auch die bewaffnete Erhebung seitens der Bevölkerung im Süden von Beirut, Baalbek und Damaskus , allmählich sehr an Ausdehnung gewonnen . Von einem Rückzuge Ibrahim Pascha's von Damaskus über eine der in der Nähe des Tiberiassees gelegenen Jordanbrücken und von dort durch das in Bezug
auf Truppenverpflegung
gut
versorgte
Westpalästina
nach
Ägypten, also auf der kürzesten Linie, konnte überhaupt keine Rede mehr sein. Für Leser, welche gerne mit dem Zirkel und dem Lineal arbeiten, ist die Wahrnehmung nicht uninteressant, daſs eine gerade Linie, von Damaskus nach Gaza gezogen, den Tiberiassee ungefähr in der Mitte durchschneidet.
Aber auch die einzig mögliche Verbindungs-
linie mit Ägypten, welche im Allgemeinen mit der Mekkaner Pilgerstrafse zusammenfällt, war schon stark gefährdet, denn bereits am 26. Dezember 1840, also drei Tage vor dem wirklichen Abzuge Ibrahim Pascha's aus Damaskus, zeigten sich starke Abteilungen ottomanischer Parteigänger bei Meserib und besetzten diesen wichtigen Punkt zwischen dem Hauran und dem Tiberiassee. Wie schon einmal angedeutet,
bestand der Plan Ibrahim Pascha's darin,
seiner Armee möglichst lange in Damaskus zu behaupten ,
sich mit um den
bereits zwischen den Alliirten und Ägypten aufgenommenen Friedensverhandlungen möglichst vorteilhaft für Mehemed Ali zu gestalten. Allein, wie General Jochmus in seiner geheimen Denkschrift über den syrischen Krieg berichtet ,
in richtiger Erwägung seiner auf's
stärkste bedrohten militärischen Stellung, inmitten eines allgemeinen Aufstandes, mit einer an Jeglichem Mangel leidenden -- kann sich nach Ansicht des Verfassers
dieser Studie nur auf den Mangel an
Schiefsbedarf und Armeegeräten, nicht auf die Verpflegung in Damaskus beziehen
und nach allen Richtungen hin desertirenden Armee,
eingeschlossen in den Mauern einer grofsen und ihm abgeneigten Stadt, die zur Empörung bereit war und den Feind vor ihren Thoren
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
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hatte ; zugleich nicht in der Lage, sich auf seine eigenen Truppen verlassen zu können, wich endlich Ibrahim vor der Macht unglücklicher Ereignisse und verderblicher Kombinationen. Am 29. Dezember 1840 Nachmittags begann er seinen Rückzug von Damaskus über Kisweh (auch Kessoueh geschrieben) ; am
2. Januar 1841 waren die ägyptischen Truppen bei Meserib zusammengezogen. Ibrahim hatte noch einmal den Jordan rekognoszirt und sofort erkennen müssen, dafs dessen westliches Uferland für ihn versperrt, die türkische Armee unter Jochmus aber auch unter keinen Umständen gesonnen sei, das östliche Ufer dieses Flusses zu betreten, um sich dort in einer für die zahlreiche Reiterei und Artillerie Ibrahim's vorteilhaften Stellung zu messen. Am 4. Januar deutete letzterer durch eine Bewegung auf Er Remta an, dafs er seine Absichten auf das Überschreiten des Jordan endgiltig aufgegeben habe. Am 6. Januar verliefs seine Nachhut Er Remta, etwa 12 Kilometer südlich von Meserib, und das ganze ägyptische Heer marschirte nun von jetzt ab auf dem grofsen Karawanenwege in die Wüste hinein. Damit war sein Schicksal besiegelt. Die türkische Armee folgte der ägyptischen Rückzugsbewegung parallel durch die wohlverproviantirte Gegend Westpalästinas und war immer um einen bedeutenden Schritt voraus . Verschiedene kleine Detachements und Parteigängerabteilungen der Türken suchten Ibrahim sogar auf dem östlichen Jordanufer auf und brachten ihm empfindliche Verluste bei . Die ägyptische Armee hatte zudem höchstens für 15 Tage Verpflegungsmittel bei sich , die wohl für einen ungehinderten Marsch durch Westpalästina, nicht aber für einen solchen von einem Monat durch eine öde , fast wasserlose und von allen Hilfsquellen entblöfste Gegend hätten reichen können . Dazu kam noch die Feindseligkeit der syrischen Bevölkerung , die den ägyptischen Heerführer beim Wegzuge von Damaskus und durch den Hauran Schritt auf Schritt verfolgte und sich sogar in der Wüste an seine Sohlen hängte. Die wilden Hauraner, die Drusen, die Beduinen, alle waren gegen Ibrahim entweder in Parteigängerabteilungen formirt oder führten , wie die Beduinen, auf eigene Faust und zum eigenen Vorteile ihre Unternehmungen aus. Diese syrischen Stämme umgaben jede getrennte Heeressäule, schnitten alle Verbindungen und alle Nachzügler ab, gaben häufig des Nachts Alarm, erbeuteten in ihrem Bereiche jedes Lasttier oder zerstörten alle Transport- und Verpflegsmittel, deren sie sich nicht für den eigenen Gebrauch versichern konnten . Ibrahim war sogar gezwungen, Laffeten und Räder seiner Artilleriefahrzeuge teilweise als Feuerungsmaterial und Kochholz zu benützen . Unter solchen Umständen war ein Zusammenhalten der ägyptischen
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
Armee nicht mehr möglich,
sie zerfiel ostwärts des Toten Meeres in
einzelne Kolonnen, welche sich gewöhnlich auf's Geradewohl bewegten, von treulosen Wegführern in die Irre geleitet und den schon auf der Lauer liegenden, beutegierigen Bergbewohnern oder Beduinen, mit denen letztere im geheimen Einverständnifs standen, überliefert wurden. Ibrahim Pascha's eigene Kolonne, ursprünglich aus etwa 8000 Mann und 8 Geschützen bestehend, wurde ganz besonders von den Wüstenarabern verfolgt, weil sie dort Schätze vermuteten. Wie General Jochmus in seiner bereits erwähnten Denkschrift berichtet, war demjenigen Beduinenhäuptling , welcher Ibrahim Pascha
gefangen ein-
bringen würde, eine Belohnung von 100 000 Piastern (nach unserm jetzigen Geldwerte 20 000 Mark) zugesprochen worden. Der ägyptische Feldherr, welcher die Artillerie, den Train und die Frauen - auch diese galten natürlich als Impedimentum des Heeres
unter der
Obhut seines Stabschefs Soliman Pascha, des früheren französischen Obersten Selves, nach Akaba am Roten Meere zur Einschiffung nach Suez vorausschickte, befand sich am 15. Januar 1841 , zu einer Zeit, wo der Hauptteil seines Heeres bereits südlich vom Toten Meere eingetroffen war, noch nördlich desselben. Er war von Dscherasch, dem
durch
seine
grofsartigen
Ruinen
heute
noch höchst
merk-
würdigen Gerasa nach alter Bezeichnung, wo er am 7. Januar ein Scharmützel mit einer feindlichen Parteigängerabteilung zu bestehen hatte, behufs Beitreibung von Lebensmitteln gegen Es- Salt aufgebrochen, durchschritt mit einem Teil seiner Garden den Jordan östlich von Jericho (arabisch Er Riha ) und kam am 15. Januar bei dieser Ortschaft an, offenbar in der verzweifelten Absicht, auf irgend einem Wege nach Gaza und Ägypten sich Bahn zu brechen. Bezüglich der Topographie jener Gegend mögen folgende Angaben dienen. Jericho ist heutzutage ein elendes Dorf, das zum gröfsten Teil aus Erd- und Lehmhütten besteht, in denen die dortigen zigeunerhaften Beduinen, einer der übelberüchtigsten Stämme, welche Verfasser während seines Aufenthaltes in Syrien und Palästina kennen gelernt hat, ein erbärmliches Dasein fristen. Ihre Herden, besonders Kameele, weiden sie in der Jordanebene und in der Niederung gegen das Tote Meer. Aufserdem sieht man dort neben dem Beduinendorfe einige in Stein und Mauerwerk ausgeführte Bauten, die Reste einer römischen Wasserleitung und eines Kreuzfahrerthurmes , eine russische Pilgerherberge , ein Fremdenhaus und noch eine Anzahl im Grün der Gärten gelegener Häuschen . Die Sultansquelle, welche etwa eine halbe Stunde westwärts an der Trümmerstätte des am Berghange gelegenen Alt - Jericho mit grofser Mächtigkeit aus dem Mauer-
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens. schutte hervorbricht,
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bewässert diese Gärten von Neu-Jericho und
zaubert mit der dortigen treibhausartigen Temperatur im Verein eine üppige Vegetation und selbst tropische Gewächse hervor. Dort gedeihen Feigen, Orangen und Zitronen, der Weinstock liefert eine Traube , welche in ihrer Gröfse an die fabelhaft klingenden Erzählungen der Bibel erinnert, und die Banane, dieses ächte Kind der Tropen, trägt unter ihrer breiten Blätterkrone einen Fruchtbüschel , den ein halbwüchsiger Knabe gerade noch allein zu schleppen vermag. Das ist das „gelobte Land ", nach welchem Moses vor Jahrtausenden die Israreliten führte. Aber aufser diesen Edelpflanzen wachsen dort auch die trefflichsten Gemüse. So sah Verfasser neben anderen Gartengewächsen eine Bohnenart mit Hülsen in einer Länge von 80 Zentimeter und darüber , ohne dafs ihr Wohlgeschmack hinter dem der europäischen Salatbohne zurückgeblieben wäre . Dagegen wimmelt die ganze Gegend von Raubgetier und Schakalen, die sich Nachts an die Wohnungen heranschleichen, und fast unter jedem Stein verbirgt sich ein Skorpion. Die Thalebene des Jordan hat infolge ihres Gips- und Salzgehaltes eine weiſslich gefärbte Oberfläche , und der Boden wird nach starkem Regen leicht morastig. Allem Anscheine nach lag der Spiegel des Toten Meeres einst höher und reichte früher viel weiter nordwärts herauf.
Bei trockenem Wetter ist es dort ein wahres Vergnügen ,
sein arabisches Pferd zu tummeln und auf dem feinkörnigen Sande im Galopp dahinzujagen, um so mehr,
da man in den bergigen Ge-
bieten Syriens und Palästinas oft gezwungen ist,
tagelang im Schritt
dahinzureiten oder das Reittier auch wiederholt am Zügel zu führen . Der Jordan zeigt an seinen Rändern dickes Röhricht und an ebenen Stellen des Ufers ein breiteres oder schmäleres Band mit starker Bewachsung, bei der die Tamariske als der vorherrschende Baum erscheint. Der Flufs hat eine wechselnde Breite von etwa 30 bis 50 Meter, starkes Gefäll, eine reifsende Strömung, meist lehmfarbiges Wasser und in der Mitte eine beträchtliche Tiefe . Die Furt, die Ibrahim Pascha bei seinem Uferwechsel benützte, war in den Herbsttagen, als Schreiber Dieses jene Gegend bereiste, derartig tief, dafs er, um mit trockenen Kleidern hinüberzukommen, vom Pferde stieg und sich von einem
der
begleitenden Beduinen
auf den
Rücken
bezw.
dessen
Schultern hinübertragen lassen musste. Im Übrigen ist das linke Jordanufer nördlich vom Toten Meere an vielen Stellen sehr steil und von haushohen nackten Höhenzügen eingefafst. Karte ist diese Geländeform angedeutet.
Fast in keiner
Ibrahim's Verweilen auf dem rechten Jordanufer bei Jericho war von ganz kurzer Dauer.
Die zwei einigermafsen brauchbaren
182
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
Wege von dort über Jerusalem bezw. über Mar Saba und Bethlehem waren ihm verlegt, denn der türkische General Hassan Pascha beobachtete schon seit einiger Zeit den Jordan von seinem Hauptquartier Jerusalem aus mit 12 Bataillonen, welche noch durch Artillerie mit 12 Geschützen verstärkt waren, und hatte durch die aus den nördlichen wie südlichen Gegenden des Toten Meeres ihm zukommenden Nachrichten die zuverlässigste Kenntnifs über die Bewegungen der einzelnen ägyptischen Heeresteile . Ibrahim Pascha ging am 15. Januar 1841 , am gleichen Tage, als er bei Jericho eingetroffen, wieder über den Jordan znrück, marschirte im östlichen Berglande des Toten Meeres südwärts über Kerak, von dort, stets von Arabern und Beduinen umzingelt, in der Wüste um das Tote Meer herum und zog endlich mit den Trümmern seiner Garde, welche ihre 8 Geschütze eingebüſst hatte, am 31. Januar in einem sehr verwahrlosten Zustande , aber immer noch schlagfertig in Gaza ein .
Seine Unterführer, welche ebenfalls mit nur spärlichen Resten des einst so prächtigen Heeres dort zwischen dem 21. und 25. Januar nach einander eingetroffen waren, hatten bereits alle Hoffnung aufgegeben, mit ihrem Oberfeldherrn jemals noch bei Gaza in Verbindung zu kommen. Von den 40 000 Mann mit 150 Kanonen , welche am 29. Dezember 1840 Damaskus verlassen hatten, kamen nur 17 300 Mann und 82 Geschütze aus Syrien zurück. Unsäglich waren die Mühen und Verluste, denen Ibrahim's Heer seit dem Abzuge von Damaskus ausgesetzt war. Die Natur des durchzogenen Landes, besonders südwärts des Haurangebirges, verband sich mit der feindseligen Bevölkerung zur Vernichtung der ägyptischen Armee . Es ist nur zu verwundern, dafs diese nicht in tausend Atome zerstob und völlig vom Boden verschwand. Reisende , welche einige Jahre später in jene Gegenden kamen, sahen viele mächtige Steinhaufen, die ihnen vom führenden Dragoman als ebensoviele Truppengräber bezeichnet wurden, und die bleichenden Skelette der Kameele, Pferde und Maulesel sowie ungeheure Massen von Stück- und Kartätschkugeln, viele Munitionswagen und halbverkohlte Überreste von Rädern, die als Brennholz benutzt worden waren, wiesen ihnen die unverkennbaren Spuren der zurückweichenden Armee. Eine aus europäischen Soldaten zusammengesetzte Heeresabteilung wäre unter gleichen Verhältnissen vielleicht gefallen ; aber der Fatalismus keit des Orientalen bewahrte Schicksale. Dieser Fatalismus
gänzlich der Vernichtung anheimund die unerreichbare Genügsamdie Armee Ibrahim's vor solch' einem verleiht dem Mohammedaner jene
Würde in jeder Lebenslage und jene ruhige Fassung im Unglück, die einstimmig von allen anerkannt wird, welche längere Zeit mit den
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens. Bekennern des Islam gelebt haben.
183
In dieser Beziehung verdient er
in der That eine Religion für Männer zu heifsen .
Ausserdem sichert
der Islam den Märtyrern, welche auf dem Wege Gottes im heiligen -Kriege fallen also im Kampfe gegen die Andersgläubigen , oder welche sonstwie, während sie fest im Glauben waren, unversehens oder unschuldig umkommen, ohne Weiteres den Eintritt in's Paradies. Wer nach kriegsgeschichtlichen Analogien sucht, findet vielleicht etwas Ähnliches in dem Rückzuge der Grofsen Armee Napoleon's aus Rufsland im Jahre 1812 , oder wenn man die alte Geschichte mit hereinzieht, in dem Zuge der Zehntausend unter Xenophon , der nach der unglücklichen Schlacht von Kunaxa 401 v. Ch . unter den grössten Mühseligkeiten und Gefahren sein Häuflein Griechen aus dem inneren Asien mitten durch feindliche Völkerschaften und schwer zugängliche, zum Teil unwirtliche Landschaften nach Byzanz zurückführte . Doch noch einmal zurück zum Hauran !
Es hiefse diesen merk-
würdigen Gebietsteil Syriens nur unvollkommen schildern, würde man nicht auch der Ereignisse vom Jahre 1860 gedenken. Der Hauran bildete damals förmlich das Schlagwort für die im Libanon in die Enge getriebenen Drusen und zugleich eine unantastbare ZufluchtsNach dem grofsen stätte für die dort eingetroffenen Auszügler . Christengemetzel 1860 , welches die Drusen unter der Konnivenz und teilweise
sogar
im
offenen
Einverständnisse
mit
den
türkischen
Behörden unter den Maroniten des Libanon angerichtet hatten, entschlofs sich endlich Frankreich nach vielfachen diplomatischen Zwischenverhandlungen zu einem bewaffneten Einschreiten in Syrien. Ein Expeditionskorps , das allmählich auf die Stärke von 10000 Mann gebracht wurde, landete in Beirut und marschirte mit einzelnen Detachements ins Gebirge.
Da damals Napoleon nicht übel Lust
zeigte, diesen Anlaſs zu einer dauernden Besetzung Syriens zu benützen und diese Provinz des Osmanischen Reiches zu einem neuen Algier umzugestalten, sah sich die Pforte auch ihrerseits zum Einschreiten veranlasst . Fuad Pascha erhielt unumschränkte Vollmacht und eilte von Konstantinopel nach Syrien . Sein Plan bestand, wie eine unterm 20. Oktober 1860 von Pera aus in die europäische Presse gelangte Nachricht lautete, darin, durch eine kombinirte Operation, die von einer französischen Kolonne unter dem General Beaufort d'Hautpoul und drei türkischen unter Ismail, Halim und Mustapha Pascha ausgeführt werden sollte, den aufrührerischen Bezirk des südlichen Libanon, in welchem die mächtigsten Drusenhäuptlinge noch unter Waffen standen , einzuschliefsen und die Bewohner zur Übergabe zu zwingen.
Da Fuad's wiederholte Aufforderungen an die Drusen-
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syrie ns.
scheichs, sich in Beirut zu stellen,
nur einen ungenügenden Erfolg
hatten, so sollten die Widerspenstigen mit Gewalt unterworfen werden . Die Franzosen rückten also , der Verabredung gemäfs , mit etwa 2500 Mann von Beirut ab und besetzten Deir-el-Kamar im südlichen Ebenso marschirte Ismail Pascha von Saida aus mit Libanon. 4 türkischen Bataillonen ins Gebirge. Halim
Auch die grofsen (!) Feldherrn
und Mustapha Pascha setzten sich von Damaskus aus in
Vormarsch, um das Netz, in welchem die Drusen eingesponnen werden sollten, vollends zu schliefsen. Letztere aber , die zweifelhaften Fähigkeiten der türkischen Generale richtig schätzend, ihrem
ganzen
blutigen
Raube,
den sie in
den
brachen mit
Schreckenstagen
gemacht hatten, auf und zogen ungestört zwischen den Truppenabteilungen Halim's und Mustapha's hindurch nach den 99 unzugänglichen Gebirgen des Hauran , in welchem sie auch mit ihrer Beute wohlbehalten ankamen. So lautete der damalige Bericht. Keine Stunde Weges von dem Lager Mustapha's konnte der lange Zug der Drusen unbemerkt vorüberziehen .
Vorposten oder Patrouillen
hatte man damals nicht ausgestellt und so ist denn die traurige Thatsache, dafs 5000 der schuldigsten Mörder mit dem Eigentum der beraubten maronitischen Christen ungehindert entwischten, nur wohl erklärlich . Die Unfähigkeit Halim's und Mustapha's war SO entsetzlich , daſs man schlechterdings nicht daran glauben wollte und laut von deren Einverständnifs mit den Drusen sprach. Allein die neueren Forschungen haben zweifellos die Unfähigkeit der beiden türkischen Paschas als den Hauptgrund für das leichte Entkommen der drusischen Flüchtlinge nach dem Hauran festgestellt. Die Franzosen waren sehr empört, dafs ihnen die Gelegenheit, gloire zu Allein es geschah ihnen ganz erwerben, so schnöde entwischte. Recht, weil sie die Türken richtig genug hätten beurteilen können, ehe sie sich auf eine kombinirte Operation mit ihnen einliefsen, ohne sie unter Kontrolle zu stellen. Es gab keine Mittel und Wege mehr, die geflüchteten Mörder zur Rechenschaft zu ziehen. Die Berge des Hauran, so schrieb der damalige Berichterstatter, sind so unzugänglich , dafs eine Monate dauernde, von guten Truppen, keinen türkischen , geführte Belagerung notwendig gewesen wäre, um die Drusen von dort zu vertreiben oder zur Unterwerfung zu zwingen .
Sollten
also
die
Schuldigen bestraft werden, dann war ein mühevoller Feldzug und, um diesen führen zu können , vorher eine Verstärkung des französischen Expeditionskorps unvermeidlich.
So ganz unverrichteter Dinge konnten
die Franzosen, nachdem sie die Trümmer von Deir-el-Kamar gesehen und dort an die zwei Tausend Leichname ermordeter Maroniten beerdigt hatten,
nicht mehr abziehen ;
sie mufsten weiter vorgehen,
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
185
schon um nicht die Blamage auf sich sitzen zu lassen, dass sie nicht im Stande gewesen wären, den Drusen beizukommen. Dem Vorrücken der französischen Kolonnen gingen zahlreiche Maronitenschwärme voraus, welche unter dem Schutze der fremden Waffen zu morden gedachten. Wo ihnen ein wehrloser Druse in die Hände fiel, wurde er von diesem Gesindel ermordet, und erst ein Befehl des französischen Generals Beaufort d'Hautpoul , Falles auch die Maroniten Schandthaten ein Ende.
welcher erklärte ,
hängen lassen
werde ,
dafs er machte
nötigen diesen
Zwei andere Berichte aus jener Zeit verdienen wegen ihrer Beurteilung des Hauran ebenfalls der Erwähnung . Einer davon, welcher unterm 6. Oktober 1860 von Jerusalem aus an die „ Augsburger Allgemeine Zeitung" gerichtet war, brachte folgenden Satz : „ Die Expedition der Franzosen und Fuad Pascha mit seinen Nizam und Hilfsvölkern der Wüste rücken den Drusen auf den Leib, und voraussichtlich wird es dem wilden Bergvolke, soweit es nicht im Ledscha und Hauran eine Zufluchtsstätte findet , schlimm ergehen, denn die Franzosen sind furchtbar gegen sie erbittert und verstehen sich auf den Krieg in Gebirgen wie der Libanon. " Der Konditionalsatz klingt recht naiv und erinnert in gewisser Beziehung an den allbekannten Spruch : Die Nürnberger henken keinen, sie hätten ihn denn zuvor. Der zweite Bericht, d . d. Pera 31. Oktober, vermeldet unter anderen Nachrichten aus dem Osmanischen Reiche auch folgende Thatsache : „ Der General d'Hautpoul mit seinen Franzosen sowie auch die drei türkischen Expeditionskolonnen suchen in den Bergen des Libanon nach den Überbleibseln der nach dem Hauran durchgegangenen Drusen, ohne bis jetzt einen wesentlichen Fang gemacht zu haben. " Ohne auf die weiteren Vorgänge im Einzelnen näher einzugehen, sei nur erwähnt, dafs nach dem Verschwinden der Drusen im Hauran und mit dem Herrannahen der schlechteren Jahreszeit die militärischen Bewegungen ganz von selbst zum Stillstande kamen. Die französischen und türkischen Truppen mussten sich begnügen, ihre Stellungen im südlichen Libanon und an den Hängen des Grofsen Hermon festzuhalten. Da auch die Drusen nichts mehr unternahmen und eine weitere Verfolgung derselben bis in den Hauran hinein höchstens mit einem Fiasko geendigt hätte, so konnte die Anbahnung des Friedens und neuer geordneter Verhältnisse nicht mehr schwierig erscheinen . Der Hauran aber, von dort an vornehmlich das Drusengebirge genannt,
bewährte damals nicht minder, wie schon zur biblischen
Zeit und noch heutzutage, seinen alten unvergänglichen Ruhm, einer-
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
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seits als sichere Zufluchtsstätte der dort linge,
eintreffenden Flücht-
andererseits als uneinnehmbares natürliches Bollwerk.
Wenn dem Hauran ein gröfserer Abschnitt gewidmet wurde, so geschah es aus dem Grunde, weil Verfasser jenes Gebiet aus eigener Anschauung kennen gelernt hat und mit seinen Darstellungen eine Lücke in der Militärlitteratur auszufüllen hoffte , endlich aber auch deswegen, weil der Name jenes Gebirgslandes in Verbindung mit dem der Drusen bei den im Osmanischen Reiche an der Tagesordnung stehenden Wirren früher oder später vielleicht nur allzu oft wieder genannt werden dürfte. Zum Schlusse soll noch ein ganz eigenartiges Bevölkerungselement mit einem Kapitel bedacht werden, um an ihm darzulegen, wieweit das Machtgebot des Sultans in syrischen Landen reicht bezw. nicht reicht und bereits zum reinsten Schattenbilde herabgesunken ist, das sind die Beduinen. Das ottomanische Reich, so schrieb einst unser Moltke, umfasst bekanntlich weite Länderstrecken, in denen die Pforte thatsächlich keine Autorität übt, und es ist gewifs, dafs der Padischah im Umfange seines ganzen Staates ausgedehnte Eroberungen zu machen hat.
Hierfür lieferte der Hauran mit den Drusen ein Beispiel.
Wie
wenig diese Macht ausreicht, so fährt unser grofser Feldherr an einer anderen Stelle fort, um den ausgedehnten Länderbesitz der Pforte zu schützen, zeigt ein Blick auf die Karte u. s. w. Auch hierfür wird Schreiber dieser Studie eine Illustration zu bringen versuchen. Ostwärts von Antilibanon beginnt der Schauplatz, auf welchem die Beduinen ihre Thaten vollführen, indem sie zur Zeit der Ernte die Dörfer überfallen, um die Früchte der Arbeit anderer Leute einzuheimsen, sowie sie zu anderen Jahreszeiten entweder die Herden der Dorfbewohner rauben oder die Karawanen ausplündern, welche nicht die Vorsicht gebraucht haben , sich durch regelmässige Kontrakte und durch Zahlung eines bestimmten Weggeldes den freien Durchzug zu erkaufen . Diese Raubzüge erstrecken sich sehr häufig bis zu den Thoren von Damaskus. Während die Beduinen gegen das Meer zu zum Teil Ackerbau treiben und feste Wohnsitze haben,
sind sie am
Jordan und Toten Meere, in den Moabitbergen und im Hauran, hauptsächlich aber in der Palmyrene noch sehr wilde und rohe Naturburschen . Ihre Nomadennatur lässt sich niemals ganz unterdrücken,
immer widerstreben sie einem geordneten Zustande,
und
wenn die Umstände günstig, wie etwa auf dem Wege von Jerusalem nach dem Toten Meere oder von Damaskus nach Palmyra, so wandelt es sie manchmal an , gegen wehrlose Reisende das Recht des Stärkeren auszuüben und eine Teilung bezw. gänzliche Veränderung der Besitz-
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens .
187
verhältnisse vorzunehmen. Es dürfte bekannt sein, dafs der militärische Begleiter der jährlich von Damaskus nach Mekka abgehenden Pilgerkarawane ex officio von der türkischen Regierung eine Summe von 20 000 Pfund türkisch, d. i. etwa 400 000 Mark deutscher Reichswährung,
mitbekommt,
lediglich um sie für freien,
ungehinderten
Durchzug an die einzelnen längs der grofsen Pilgerstrafse herumstrolchenden Beduinentribus als Bakschisch auszuteilen. Um von den Beduinen im Allgemeinen zu sprechen,
so sind sie
nach Verwandtschaft und Stammeszugehörigkeit in Tribus unter eigenen Scheichs gegliedert und haben ein bestimmtes Wohn- und Wandergebiet je nach ihrer Kopfzahl und der Gröfse ihrer Herden . Vom Islam haben sie nur einige Äufserlichkeiten angenommen bezw. bewahrt, wie die Beschneidung , innerlich sind sie demselben fremd geblieben, huldigen zum Teil noch dem Gestirndienste, wie ihre vormohammedanischen Ureltern und sind bei einzelnen Stämmen noch Sonnenanbeter. Stahlsehnig, schmächtig und wetterhart, von bronzirten Gesichtszügen mit dem charaktervollen Ausdrucke, haben sie ihre altväterlichen Gewohnheiten und Bräuche, selbst die patriarchalische Tracht bis auf den heutigen Tag bewahrt, sind vortreffliche Reiter, zeigen denselben frischen Lebensmut, wie das oft herrliche Pferd, mit dem sie centaurenartig verbunden und an Ausdauer und Elastizität wetteifern, führen neben einem manchmal reich eingelegten, sonst aber minderwertigen Gewehre die lange Lanze, durchstreifen
dieselben
Steppen, tränken ihre Herden an denselben Brunnen, wie zu Moses ' und Mohammed's Zeit, und führen dabei ein Leben voll Entbehrungen, Mühen, Kampf und Unabhängigkeit, Zügellosigkeit und Freiheit . Mit den Beduinen hat die Staffage in der orientalischen Landschaft entschieden ein gutes Stück Romantik mehr aufzuweisen. Da ferner die Natur der Wüste an die Eigenschaften des Einzelnen die höchsten Anforderungen stellt, so bildet sich das
ohnehin schon vorhandene
hochgradige Selbstbewufstein bei den Beduinen bis zur übertriebenen Wertschätzung der eigenen Persönlichkeit aus, was ein friedliches Zusammenleben der nebeneinander wohnenden Völkergruppen verbietet und schliesslich zur Mifsachtung von Leben und Eigentum des sefshaften Nachbars ausartet. In ihrer Krieg führung waren überraschendes Auftreten und ebenso plötzliches Wiederverschwinden von jeher feststehende Grundsätze gewesen, und da sie bei ihren Raubzügen vor sich die Aussicht auf Beute, hinter sich die Gewissheit eines ungefährdeten Rückzuges haben, nirgends eine zerstörbare feste Niederlassung besitzen , so sind sie völlig unverwundbar und für den strafenden Arm der Gerechtigkeit unerreichbar. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 2. 13
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
Denn dort, wo die Einteilung der Provinzen und Kreise, ja die gesammte Topographie auf dem Rücken der Pferde und Kameele geschrieben steht, lässt sich nicht regieren, da sich mit jeder Verlegung der Weideplätze durch diese Wanderstämme die geographischen Grenzlinien des Landes fortwährend verschieben. Wenn irgendwo der zu Eingang dieser Studie erwähnte Satz des römischen Schriftstellers Quintus Curtius Rufus seine Beweiskraft bewährt, so ist das bei den Beduinen der Fall : situs locorum et ingenia format, die Lage der Örtlichkeiten formt auch den Charakter der Bewohner, oder ganz modern übersetzt,
der Mensch ist das Produkt seines Bodens .
Und
so war, wie sich A. Müller in seinem Werke „ Der Islam im Morgenund Abendlande" ausdrückt, vor 1300 Jahren wie heute der Beduine eine Welle im Meer,
die von jedem Winde bald hier-, bald dorthin
getrieben nie zum Stillstand kommt, sich bald an die benachbarte stöfst, mit ihr zusammenfliefst oder selbst auseinander rinnt. Zwei Hauptstämme dieses Nomadenvolkes kommen für Syrien vornehmlich in Betracht, die Ruwala und die Sbaa (in den Karten verschiedentlich geschrieben) ,
beides
Unterabteilungen des grofsen
Stammes der Anese, der jedoch keineswegs eine politische Einheit darstellt . Erstere, die Ruwala, die in einem leidlichen Auskommen mit der Pforte leben, an sie sogar, wenn es ihnen beliebt, Tribut zahlen und daher unbehindert auch die Städte, wie Damaskus, Homs, Hama, Haleb, aufsuchen können, weiden ihre Herden im westlichen, die Sbaa dagegen im östlichen Teil der syrischen Wüste .
Erst in
der Umgebung von Palmyra treibt der freie Beduine sein blutiges Handwerk, dort liegen die Stämme in ewiger Fehde, liefern sich wegen Benutzung eines erbärmlichen Wüstenbrunnens oft scharfe Scharmützel und sorgen dafür, dafs der seit Jahrhunderten zwischen Antilibanon und
Euphrat ununterbrochene
Krieg der Beduinenstämme
gegen-
einander wie gegen die sefshaften Nachbarn und die Regierung niemals ausgeht . Von 1832-1840, als Syrien unter ägyptischer Herrschaft stand, ward es durch Ibrahim Pascha, der die Raubgelüste der Beduinen mit rücksichtsloser Strenge im Zaume zu halten wuſste, bedeutend besser. Im Jahre 1841 jedoch, nach dem Abzuge der ägyptischen Armee aus Syrien, konnten die Beduinen wieder unbelästigt ihrem räuberischen Gewerbe nachgehen. sie selbst zuvor gegen Ibrahim Pascha gedungen, die Geister, ward sie nicht mehr los. "
Die Pforte hatte und
die sie rief,
In kriegsgeschichtlicher Beziehung ist über das Beduinengebiet zwischen Damaskus und Palmyra wenig zu sagen, was auch für die Gegenwart noch ein besonderes Interesse zu bieten vermöchte. Zeiten sind vorüber,
Die
wo Palmyra durch seinen Glanz und Reichtum
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eine Rolle spielte und die Eroberungsgelüste der römischen Cäsaren erweckte. Statt der langen Züge römischer Legionen schreiten heutzutage nur mehr gröfsere oder kleinere Karawanenzüge auf den zerfallenen Wegen dahin, stets in Furcht, von den Beduinen ausgeplündert und gebrandschatzt zu werden, oder zeigt sich auch dann und wann eine von Damaskus abgeschickte kleine Truppenabteilung,
um dem
allzu frechen Raubgesindel der Wüste mit dem Schnellfeuergewehre den nötigen Ernst zu zeigen eventuell gleich eine blutige Lehre zu geben, vorausgesetzt, dafs die Beduinen es nicht schon vorgezogen haben , rechtzeitig zu verschwinden . Der wirtschaftliche Ruin der palmyrenischen Dörfer rührt daher, dafs die türkische Regierung ihnen keinen Schutz gegen die Beduinen gewährt ; sie werden einerseits von den türkischen Steuerbehörden ausgesogen, anderseits müssen sie den Steueranforderungen der Herren der Wüste entsprechen. Der Weg von Damaskus nach Palmyra , wie er vom Verfasser eingeschlagen wurde, führte zuerst auf der breiten Aleppo- Strafse dahin, die damals viele durch Reittiere ausgetretene Rillen und Rinnen zeigte, immerhin aber für Militärzwecke als gut brauchbar bezeichnet werden konnte . Es folgen dann auf der eigentlichen Palmyraroute die
Oasendörfer Kuteifeh, Dscherud,
Atny und Karjetin (von den
Beduinen Grjetin gesprochen) als Hauptorte am Wege, der sich längs einer kahlen, rotbraunen, vegetationslosen Bergkette und von Karjetin bis Palmyra in völlig wasserloser Steppe dahin zieht. Je nach der Ausdauer von Rofs und Reiter braucht man drei bis fünf Tage zu dieser Wüstentour, für welche man in ihrem letzten Teile sich mit Wasser in Schläuchen für Menschen und Tiere versehen muss. Früher mufste die Wasserversorgung der Palmyrene eine bessere gewesen sein, wie die zahlreichen Reste von grofsen Aquadukten beweisen, denen man auf der ganzen Linie begegnet. Palmyra selbst, dessen Ruinen vielleicht nur mit jenen von Baalbek oder in Bezug auf ihre ungeheure räumliche Ausdehnung mit denen des oberägyptischen Karnak verglichen werden können , war
einst
eine
wohlhabende
Oase und
Stapelplatz
des
Handels
zwischen dem Orient und Occident. Palmyra versorgte das kaiserliche Rom und alle Länder am Mittelmeere mit den Kostbarkeiten des Orients, die von Babylonien, am Euphrat aufwärts, dann durch die Wüste über Palmyra nach den Häfen der syrischen Küste transportirt wurden.
Dieser Verkehrsweg hatte, wie der Palmyraforscher E. Sachau
mit Recht oder Unrecht behauptet, für die Alte Welt dieselbe Bedeutung, wie der Suezkanal für uns. Schon in dem Jahrhundert vor
unserer
christlichen
Palmyrener so grofs,
dafs
Zeitrechnung
war
der
Reichtum
der
er die Habsucht des Antonius reizen
13*
Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
190
konnte, und wuchs in den beiden Jahrhunderten nach Christus unter römischer Herrschaft in's Unendliche an. Im dritten Jahrhundert gelangte Palmyra auf den Gipfel seiner kommerziellen und politischen Gröfse. Damals hielten die Palmyrener grofse Armeen, mit denen sie die Perser schlugen und bis in ihr Reich verfolgten. Odenathus und nach ihm seine ehrgeizige Wittwe Zenobia beherrschten ganz Syrien und Ägypten . Allein der Neid der Römer wurde bald rege, und mit der Zerstörung durch den Kaiser Aurelian verschwindet Palmyra aus der Geschichte. Seit jener Zeit liegen die Trümmer ihrer grofsartigen Bauwerke in der Wüste da, und nur die trockene Luft jenes Himmelsstriches verhindert ihre allzuschnelle Vernichtung. Ein kleines Dorf, zum Schutz gegen die räuberischen Beduinen mitten in den Hofraum des grofsen Tempels hineingebaut, beherbergt eine spärliche Bevölkerung, die sich durch kräftigen Bartwuchs und stämmige Gestalt sofort von den hageren, bartlosen Beduinen der Umgebung unterscheidet. Eine Quelle leicht schwefligen Wassers netzt das nicht sehr umfangreiche Ackerland, das stark unter der Versandung leidet. Ein ausgedienter Offizier, welcher in einem Winkel des Sonnentempels wohnt, wird als Vertreter der türkischen Regierung von einigen Zaptijes, die in einer halbverfallenen Kaserne vegetiren, in seinem schwierigen Amte unterstützt. Weder die Palmyrener, noch die Beduinen kümmern sich um ihn, ein Beweis von der Scheinherrschaft des Padischah an den Grenzen seines Reiches . Vom Jahre 1841 bis 1868 trieben die Beduinen ihr räuberisches Spiel in der schamlosesten Weise.
Erst von letzterem Jahre an
schien, wie der osmanische Schriftsteller Murad Effendi berichtet, eine glücklichere Zeit für Syrien anzubrechen.
Der Kanal von Suez,
den die englische Regierung als Etappenstrafse zu einem späteren Angriffe von Seiten Frankreichs auf Indien ansah, näherte sich seiner Vollendung.
Um sich nun für alle Fälle die Verbindung mit Ost-
indien zu sichern,
wufste England den Sultan für den Plan einer
Euphratbahn vom Mittelmeer bis zum persischen Golf zu gewinnen. Ein so grofsartiger Plan erforderte aber zunächst schon die Herstellung der öffentlichen Sicherheit in jenen Gegenden und ihre Säuberung von verdächtigem Gesindel, gewifs kein leichtes Stück Arbeit. Von allen Seiten her, von Damaskus und Homs, von Bagdad und anderen Garnisonen schickte man reguläre Truppen nach der syrischen Wüste und begann das reinste Kesseltreiben gegen die Beduinen, die sich selbst in ihren verstecktesten Schlupfwinkeln bald nicht mehr sicher fühlten. Allein , wie so Manches im Osmanischen Reiche, blieb auch die Ausführung jener grofsartigen Eisenbahn förm-
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lich im Sande stecken, die vorbereitenden Sicherungsmaſsregeln hörten auf, und schon 1874 plünderten Beduinen im Verein mit Drusen nach Belieben die Dörfer wieder vollständig aus , uberfielen die Karawanen und trieben ihr Unwesen womöglich noch bunter wie früher. Die Regierungsorgane , besonders die Gouverneure von Syrien, wechselten zu häufig oder waren zu lahm und schwerfällig, um etwas Entscheidendes zu unternehmen ; aufserdem sind militärische Unternehmungen gegen die blitzartig auftauchenden und nach Verübung einer Schandthat ebenso rasch wieder verschwindenden Wüstenräuber nicht blofs sehr kostspielig, sondern auch sehr schwierig, wenn sie nachhaltig durchgeführt werden sollen, denn eine Verfolgung der leichtbeweglichen, flüchtigen Reiterschaaren in die wasserarme syrische Wüste hinein ist für stärkere Truppenabteilungen fast völlig ausgeschlossen.
Eine von dem letzten russischen-türkischen Kriege nach
Karjetin verlegte Garnison wurde bald wieder zurückgezogen. Zur weiteren Charakteristik des Verhältnisses zwischen den Beduinen und der Pforte möge noch folgende Episode dienen, wie sie Brugsch Pascha in seinem Aufsatze Tadmor in der Wüste" erzählt hat.
Im Frühjahre 1883
besuchte unser leider schon ver-
storbener Heerführer Prinz Friedrich Karl unter Bedeckung einer starken militärischen Eskorte die grofsartigen Ruinenfelder der Oasenstadt Palmyra. Ein gewisser Howard, jetzt Besitzer verschiedener Hotels in einigen Palästinastädten, der als sogenannter Kontraktor sich im Gefolge des Prinzen befand, lieferte dem Schreiber dieser Abhandlungen hierüber ebenfalls einige sehr interessante Einzelheiten . Bei seinem Einzuge dortselbst begrüfsten die naiven Palmyrener den deutschen Prinzen als
ihren Melek oder König, der
langem, vergeblichen Warten gekommen sei,
endlich nach
Ordnung zu schaffen,
Palmyra in alter Herrlichkeit wieder aufzubauen und aus freigebiger Hand einen Goldregen auf ihre Häupter niederfallen zu lassen. Sie waren von dessen Mission als Retter und Helfer so vollständig überzeugt,
dafs
selbst
die
beiden Scheichs
von
Palmyra,
Faris
und
Dscherud, dem Prinzen die Entscheidung über ihre Wahl zu künftigen Gouverneuren gütigst überliefsen . Das Spafshafteste an der Sache war aber die Stellung, welche die beiden Scheichs bei aller Freundschaft sich selbst gegenüber einnahmen .
Faris war als Vertreter der
türkischen Regierung mit der schwierigen , oder vielmehr undankbaren Aufgabe betraut worden, die regelmässigen Steuern einzuheben und die einkassirten Gelder über Damaskus nach Stambul zu schicken. Dscherud hatte dieselbe Aufgabe als Vertreter des um Palmyra herumstrolchenden Beduinenvolkes und war als solcher mit beduinischen Vollmachten versehen. Von allen Seiten von Beduinenschwärmen
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Beiträge zur Kriegsgeschichte und Militärgeographie Syriens.
umzingelt, blieb den Palmyrenern keine andere Wahl übrig, als dem Beduinenscheich die abgeforderte Steuer bar und richtig auszuzah len dem türkischen Beamten dagegen ein bescheidenes Plätzchen neben dem Gegenscheich einzuräumen und Seine Ehren mit liebenswürdiger Höflichkeit abzuspeisen, denn 79 der Sultan ist weit, die Beduinen sind nabe" . Diese eigentümliche Zwangslage der Palmyrener wird sich um so weniger ändern, als sich vor den Thoren der Stadt die Be• duinen nicht selten förmliche Gefechte liefern, denen die Einwohner von den umliegenden Höhen zusehen können, wenn sie es nicht vorvorziehen, sich in ihrer Ruinenstadt im Baalstempel zu verstecken und den Zugang zu diesem uralten Heiligtum möglichst fest zu verbarrikadiren. Giebt es nun gar kein Mittel, so möchte man mit Recht fragen, sich der Beduinenplage zu entledigen und diese Nomadenstämme allmählich zu guter Ordnung und Sitte zurückzuführen nützlichen Unterthanen des Padischah umzuwandeln?
oder sie zu Die Politik,
welche die türkischen Behörden in Bezug auf die Beduinen befolgen , ist jederzeit äusserst wandelbar gewesen. In dem einen Jahre griff man sie an, in dem nächsten zahlte man ihnen Hilfsgelder, um sie, wie 1840 z . B. gegen einen eingedrungenen und abziehenden Feind zu verwenden, oder die einzelnen Stämme selbst gegeneinander auszuspielen, oder auch, wie das im jüngsten Hauranfeldzuge geschah, gegen die aufständischen Drusen zu hetzen. Hatte man dann wieder zu einer anderen Zeit einen Kriegszug gegen sie selbst zu unternehmen und bald die Gewissheit erlangt, dafs die ausgeführten Märsche und Manöver vergeblich,
so schlofs man Frieden und zahlte ihnen
manchmal sogar eine Abgabe unter der Form von Sold, irregulären Truppen gegeben wurde.
wie er den
Besiegte man sie, so verwüsteten
sie bei ihrem Rückzuge die Dörfer und gingen in das Herz der Wüste zurück, wo hinein zu folgen Thorheit gewesen wäre.
Liefs man sie
ganz unbelästigt , dann trieben sie ihr Vieh in die Felder der Bauern, erhoben eine Abgabe von ihnen, Karawanen wurden unter brandschatzt.
oder raubten
ihnen ihre Herden.
allen Umständen von den Beduinen ge-
Ein Radikalmittel, der Beduinen Herr zu werden, zwar etwas barbarisch, ----- davor würden die Türken aber nicht zurückschrecken - , wäre der systematische Vernichtungskampf gegen die Söhne der Wüste durch militärisches Aufgebot an der ganzen Peripherie des betreffenden Gebietes ; allein das ist für die Türken aus den verschiedensten Gründen nicht durchführbar, hauptsächlich wegen der Ausdehnung des in eine Art von Belagerungszustand zu versetzenden Territoriums,
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dann aber auch wegen der aufserordentlichen Kosten eines Verfahrens.
solchen
Nachdem man in neuerer Zeit so viel von der Kurdenkavallerie des Sultans gehört, liegt die Frage sehr nahe, warum man nicht auch die Beduinen zu diesem ihnen nach Natur und Anlage zusagenden Dienste der irregulären Reiterei heranzuziehen trachtet. Man brauchte nur die Scheichs einzelner Tribus zu gewinnen und gegen hohen Lohn und Ehrenstellen fesseln.
an die Person bezw. Sache des Sultans zu
Wie der ehemalige Konsul Skene von Aleppo
berichtet
(Ausland 1861 , Bd . 1 , S. 306), waren während des Krimkrieges für das im englischen Solde stehende türkische Kontingent, bei dem er als Zivilkommissar verwendet war, syrischen Beduinen
für
beinahe
1500 Mann von den
die irreguläre Kavallerie jenes Korps aus-
gehoben worden. Nach Ansicht des Verfassers gegenwärtiger Studie , der selbst viel im Gebiete der Beduinen verkehrte und an seiner stets im Sattel mitgeführten umfangreichen Handapotheke sich eines schützenden Talismans gegen allzustarke Belästigungen erfreute, konnten die im Krimkriege verwendeten Beduinen nur aus den ansässigen und ackerbautreibenden Stämmen Syriens ausgehoben worden sein. Der nomadisirende Beduine besitzt nämlich kein rechtes 27 Sitzfleisch ", aufser bei seinen Raubzügen auf dem Sattel seines Pferdes ;
er ist
unstät, wie die Welle des Meeres, leichtbeweglich, wie die Wolke Staubes, die unter dem donnernden Hufe seines schnellen Pferdes aufwirbelt,
und jedem Zwange und Gesetze,
das er sich nicht selbst
auferlegt, aus angeborenem Instinkte vollkommen abgeneigt. ,,Dann erst geniefs ' ich meines Lebens recht, Wenn ich mir's jeden Tag auf's neu erbeute", dieser Auspruch eines deutschen Dichters scheint so recht auch auf den Beduinen zu passen . Das beste Mittel gegen die Beduinenplage wäre die Bildung eines Kordons von ansässigen Stämmen als eine Art von Militärkolonien, welchen die türkische Regierung jede Unterstützung gewähren sollte , um ihnen die Selbstverteidigung zu erleichtern und sie als Bollwerk gegen die andern, mehr unlenksamen Stämme zu benützen. Truppen allein, ohne grofse numerische Überlegenheit, sind nicht im Stande, es mit den Beduinen aufzunehmen, die viel besser beritten sind. Aber dadurch, daſs man den Beduinen durch Beduinen eine Grube gräbt, könnte ihnen, besonders durch Anwendung des modernen Schnellfeuergewehres, mit Erfolg Widerstand geleistet werden, während gleichzeitig der fortschreitende Wohlstand der Angesessenen für die Wanderstämme als ein heilsames Vorbild zur Nachahmung dienen könnte .
Wenn dann dort noch Eisenbahnen gebaut würden, wie das
Die russischen Festungs-Truppen.
194
an verschiedenen Punkten, so z. B. von Damaskus in die Kornkammer des Hauran hinein bereits in die Wege geleitet, dann hätte man ein weiteres Mittel,
die Zone des Kulturbereiches in syrischen Landen
allmählich zu vergröfsern, nur wäre man gezwungen ,
manche in der
Nähe des Beduinengebietes liegende Strecke nach Art der russischen Eisenbahnen in Transkaspien zu organisiren und durch Militärposten zu schützen.
XVI.
Die russischen Festungs - Truppen.
Im März-Heft der Jahrbücher vom Jahre 1895 haben wir über die russischen Festungs-Truppen berichtet,
deren Neu-Organisation
und weitere Entwickelung die dortige Heeresleitung sich neben derjenigen der Reserve-Truppen in der Neuzeit besonders angelegen sein läfst, seit die Organisation der Feld-Truppen, abgesehen von der Neubildung einiger Kavallerieformationen und der Vermehrung der Zahl der Batterien bei den Artillerie- und Schützen - Brigaden, im Grofsen und Ganzen zum Abschlufs gelangt ist. Bei der Bedeutung dieser Frage müssen wir unter Hinweis auf den oben genannten Aufsatz um so weniger verabsäumen die bis zu Anfang des Jahres 1897 einerseits schon zur Durchführung gebrachten, andererseits dagegen erst eingeleiteten Veränderungen nachzutragen, als einzelne derselben scheinbar in Beziehungen zu den neuesten Vorgängen im Orient stehen. Wie wir früher ausgeführt, besafs Rufsland bis zum Jahre 1895 5 Festungen I. , 6 II. und 14 III . Klasse, zu denen im genannten Jahre noch der im Ausbau befindliche Kriegshafen von Libau als 7. Festung II . Klasse hinzutrat, im Februar 1896 mit der entsprechenden Artillerie -Besatzung, im Mai 1896 mit einem Festungsstabe bedacht wurde und demnächst einen Generallieutenant als Gouverneur erhalten soll. Zugleich hat im Laufe der letzten beiden Jahre eine starke Vermehrung der Festungs-Infanterie und Artillerie sowie der BelagerungsArtillerie in den Militär-Bezirken der russischen Westgrenze, des Kaukasus und Ost-Asiens stattgefunden , welche die Kriegsbereitschaft der von dieser Mafsregel betroffenen Plätze wesentlich erhöht, die
Die russischen Festungs-Truppen.
195
andererseits aber auch eine Anzahl von Dislokations-Veränderungen im Gefolge gehabt hat. Ganz ähnlich, wie dies seit dem Jahre 1888 nach und nach bei nahezu der Hälfte aller Reserve- Infanterie- Stammbataillone geschehen ist, bei den übrigen im Laufe der Zeit noch bevorsteht, wurde nämlich durch Ordre Nr. 2 von diesem Jahre die Umwandlung von 16
Festungs- Infanterie-Stammbataillonen
der
Festungen Warschau,
Nowo Georgiewsk, Kowno, Iwangorod, Segrshe und Kars in ebensoviele Regimenter zu 2 Bataillonen angeordnet, ferner durch Ordre Nr. 153 vom Jahre 1896 in Wladiwostok ein Festungs- InfanterieRegiment zu 5 Bataillonen aufgestellt, zu dessen Bildung das 8. ostsibirische Linien-Bataillon - durch 1 westsibirisches Bataillon aus dem Militärbezirk Semirjetschensk ersetzt - verwandt und 4 weitere Bataillone aus dem europäischen Rufsland nach Ost-Asien verlegt wurden . Eigentliche Festungs-Infanterie- Stammbataillone besitzen jetzt daher nur noch die 9 Festungen Sweaborg, Wyborg, Kronstadt, Grodno ,
Libau ,
Dünamünde ,
Sebastopol ,
Kertsch
und
Batum
(Michailowsk). Vorhanden sind demnach insgesammt : 1 Festungs-Infanterie-Regiment zu 5 Bataillonen 17 Festungs-Infanterie- Stamm-Regimenter zu 2 Bataillonen 13 Festungs-Infanterie- Stamm- Bataillone zusammen 52 Bataillone in Stelle der früher vorhandenen 37 Bataillone. Hand in Hand hiermit gingen auch Organisations-, vorzugsweise aber Dislokations-Veränderungen bei den Truppenteilen der Festungsund Belagerungs -Artillerie, von denen die bedeutenderen allerdings durch die Veränderungen in Libau, das im Februar 1896 auch eine Artillerie-Division erhielt, bedingt wurden, insofern nämlich dieser Platz eine Besatzung von 4 Festungs-Artillerie- Bataillonen erhalten sollte. Thatsächlich sind indessen vorläufig nur je 1 Bataillon von Wyborg und Dünaburg dorthin verlegt worden , wogegen die Neuformation von 2 weiteren Bataillonen noch aussteht. Es traten ferner folgende Veränderungen ein : 1. Das 2. Festungs - Artillerie- Bataillon wurde von Dünaburg nach Kowno verlegt
und trat die bisher in Bobruisk befindliche selbst-
ständige Kompagnie als 3. Kompagnie zu dem bisher nur 2 Kompagnien starken Belagerungs-Artillerie- Bataillon in Dünaburg. 2. Das Festungs- Artillerie - Bataillon in Bender gleichzeitigem Namenwechsel nach Odessa,
wurde unter
das dort stehende De-
tachement in eine selbstständige Kompagnie umgewandelt und nach Bender versetzt. 3. In Wladiwostok, welches nur eine Besatzung von 3 selbst-
Die russischen Festungs -Truppen.
196
ständigen Artillerie- Kompagnien besaſs , wurden 2 weitere Kompagnien in gleicher Eigenschaft und Zusammensetzung neu aufgestellt. 4. Im Kaukasus-Gebiet ist in Alexandropol, wo sich der 3. Belagerungs-Park mit 10 Sektionen und 230 Geschützen befindet, 1 Belagerungs - Artillerie - Bataillon zu 4 Kompagnien in der Aufstellung begriffen, von denen 2 zur Verstärkung der Artillerie-Besatzung des Platzes vorläufig Verwendung finden, die beiden anderen noch nicht formirt sind. Da die bisherige Artillerie- Besatzung von Alexandropol zugleich von 3 auf 1 selbstständige Kompagnie herabgesetzt wird, so gewinnt es den Anschein, als ob 2 derselben den Stamm für das Belagerungs-Bataillon zu bilden bestimmt sind,
dieses letztere vor-
läufig aber nur erst auf dem Papier besteht. In Wirklichkeit ist die numerische Vermehrung der russischen Festungs - Artillerie nur eine verhältnifsmäfsig geringe,
denn sie wird
nach Beendigung der beschlossenen Neuformationen nicht mehr als: 55 Bataillone
10 selbstständige Kompagnien 1 Detachement
den bisherigen 53 Bataillonen 10 selbstständigen Kompagnien 1 Detachement gegenüber zählen.
Hierzu tritt allerdings das Belagerungs- Artillerie-
Bataillon in Alexandropol noch hinzu . Von jenen stehen je 6 Bataillone in Kronstadt, Warschau, Nowo Georgiewsk, je 4 Bataillone in Libau ,
Brest Litewsk , Iwangorod,
je 3 Bataillone in Kowno und Kars , je 2 Bataillone in
Sweaborg,
Ossowetz , Kiew, Sebastopol, Kertsch und Poti Batum (Michailowsk), je 1 Bataillon in Wyborg, Dünamünde, Terek-Daghestan, Taschkent,
Segrshe,
Oczakow,
Odessa,
5 selbstständige Kompagnien in Wladi-
wostok, je eine selbstständige Kompagnie in St. Petersburg , Dubno, Bender, Alexandropol und Kuschk, 1 selbstständiges Detachement in Nikolajewsk. Die Bataillone sind, mit alleiniger Ausnahme der Bataillone in Oczakow und Michailowsk,
welche
5 bezw. 3 Kompagnien zählen,
sämmtlich 4 Kompagnien stark. Von den Belagerungs- Artillerie-Bataillonen zählen die Bataillone
in Kiew und Alexandropol 4 , in Dünaburg und Brest Litewsk 3 bezw. 2 Kompagnien. Die Veränderungen haben sich indessen nicht allein auf die Festungstruppen der Infanterie und Artillerie beschränkt , auch auf die Festungs-Pioniere erstreckt.
sondern
Zur Geschichte der Werbung des fridericianischen Bosniaken-Korps.
197
So haben die Festungen Kars, Michailowsk und Wladiwostok in der Zwischenzeit gelegentlich der Reorganisation der Ingenieurtruppen je 1 Festungs- Sappeur-Magazin erhalten, wodurch deren Gesammtzahl von 9 auf 12 vermehrt wurde. Ferner hat Wladiwostok schon 1893 eine See-Minen-Kompagnie erhalten, welche durch einen Schreibfehler in unserem Artikel vom Jahre 1896 in Batum - Poti-Batum ist mit Michailowsk gleichbedeutend ist
vorhanden geführt wurde. Endlich auch in die Festung Kowno im August 1895 die durch Ordre
Nr. 229 vom Jahre 1895 befohlene Aufstellung Luftschiffer-Abteilung zur Durchführung gelangt .
einer Festungs-
Schlufsbetrachtungen. In ihrer Gesammtheit ergeben die Neuformationen und DislokationsVeränderungen bei den russischen Festungstruppen eine Vermehrung der Kriegsbereitschaft der Festungen auf dem südwestlichen Kriegsschauplatze des europäischen Rufslands, welche bedingungsweise sogar unter Schwächung einzelner Plätze am finnischen Meerbusen , im Innern des Landes und der rumänischen Grenze erreicht ist, ferner eine Steigerung der Offensivkraft am Japanischen Meere und endlich die einleitenden Vorbereitungen Kaukasus -Ländern aus.
für eine event. Offensive von den
Nienstaedt , Oberstlieutenant z. D.
XVII.
Zur Geschichte der Werbung des fridericianischen Bosniaken-Korps .
Der am 30. Juni 1761 verstorbene Generallieutenant Frhr. Carl Cristoph v. d. Goltz erhielt kurze Zeit vor seinem Tode vom Könige den Auftrag, für das auf 10 Eskadrons zu setzende Bosniaken-Korps Rekruten in Polen anzuwerben. Er erliefs zu diesem Zwecke folgendes Ausschreiben :
77 Nachdem Sr. Majestät von Preufsen, mein Allergnädigster Herr und König, entschlossen sind, das Korps der Preufsischen Ulanen auf eine gewisse Zahl zu verstärken, welche dem schwarzen HusarenRegiment ( 1761 Hus.- Regt. von Lossow Nr. 5) inkorporirt
bleiben ,
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
198
eine polnische Kleidung schwarz und rot tragen und zur Bewehrung mit Säbel, Pistolen und Lanzen versehen werden soll, so habe ich zur edlen polnischen Nation die Zuversicht und lade sie hierdurch ein , sich unter dieses allemal sehr distinguirende und brave Korps zu engagiren.
Die Kapitulation wird auf alle Weise heilig gehalten , und
wenn die Herren Polen zum Dienste tüchtige Pferde mitbringen, baar bezahlt werden.
Ich habe zu der alten Tapferkeit der Herren Polen
und anderer Nations , so unter der Botmäfsigkeit der durchlauchten Republik stehen, das feste Zutrauen, dafs sich viele zu diesem vorteilhaften Dienst einfinden und zu Breslau oder Glogau bei dem Offizier des schwarzen Husaren-Regiments zu melden belieben werden, wozu ich Sie hiermit einlade und Kraft der von Sr. Kgl. Majestät mir verliehenen Macht im General-Kommando versichere, dafs alle Beute, so sie gegen den Feind machen, ihnen eigen verbleiben, dieselben ein gutes Traktament bekommen und nach Stand, Würden und der zu bezeigenden Tapferkeit alles Avançement zu gewarten haben werden. " Gegeben im Hauptquartier Zaskau, den 25. May 1761 . Carl Cristoph Frhr. v. d. Goltz. (Seifarth, Lebens- und Regierungsgeschichte Friedrichs des Anderen III. S. 11 ff.)
Der Zulauf, welchen das neu zu bildende Korps hatte, war ein sehr bedeutender. Am 30. Juni lieferte Oberst v. Lossow mit 200 Husaren und 95 Bosniaken ein glänzendes Avantgarde-Gefecht bei Fronciscowa. Nach dem Frieden wurden die Bosniaken auf 1 Fahne reduzirt, 1771 wiederum auf 10 Fahnen verstärkt und als ein für sich bestehendes Regiment, mit der Stammnummer 9, der HusarenTruppe einverleibt. Schbg.
XVIII.
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
1. Das Fehlen einer Disziplinarstrafordnung für das preuſsische Heer veranlafste im Jahre 1827 den Prinzen Wilhelm von Preuſsen, welcher seit drei Jahren als kommandirender General an der Spitze des III . Armeekorps stand, beim Kriegsministerium den Erlafs einer solchen zu beantragen , damit dem durch die Verordnung vom 3. August geschaffenen Verhältnisse, welche den Befehlshabern überliefs , Art und
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
199
Dauer der zu verhängenden Strafen zu bestimmen , ein Ende gemacht werde.
Eine dem Antrage beigefügte Anlage nennt als Strafen , welche
damals beim III. Armeekorps zur Anwendung kommen, die nachstehenden, ohne über die Art der Bestrafung, deren Dauer etc. nähere Mitteilungen zu machen ; bei den einzelnen Strafen ist angeführt, bei welchen Gelegenheiten sie verfügt wurden oder dafs es Mafsregeln waren , mit denen Mannschaften mit schlechter Führung bestraft wurden :
Nachexerziren (bei
einigen Truppen in der Strafabteilung) ;
Strafwachen und Verlängerung der Stubendujour ; Verweise unter vier Augen und bei versammelter Kompagnie ; Stadt-, Haus- oder Stubenarrest auf geraume Zeit unter Abnahme der Fufs- und anderen Bekleidung ; einige Stunden vor der Thür des Kompagnie- oder Eskadronchefs ohne Gewehr gerichtet stehen ; paradiren bei den gewöhnlichen Wachtparaden ; einige Stunden vor dem Antreten der Korporalschaften vor die Wohnung des Kompagnie- etc. Chefs bestellt; Führen des Pferdes vom Exerzirplatze zurück
und Gehen auf dem
Marsche ; öffentliches Putzen des Pferdes : geringer, mittler und strenger Arrest in den vorgeschriebenen Graden ; öffentliches Putzen der Montirungs- und Reitzeugstücke ; für Leute der 2. Klasse Stockschläge ; Putzen auf der Kammer ; Antreten und zum Rapport kommen im Paradeanzuge mit Waffen und Gepäck, bei der Kavallerie auch mit den Reitzeugstücken ; Hilfsleistungen in der Kasernenküche auf einige Tage ; die Löhnung unordentlicher Wirte wird ihnen nicht in die Hände gegeben ; Leichtsinnige werden bei Zuverlässigen einquartiert und dürfen ohne deren Vorwissen nichts unternehmen ; Verweigern des Urlaubs und der Erlaubnißskarten zum Ausbleiben nach dem Zapfenstreiche ; Gefreite werden zu Gemeinen degradirt ; wer des Nachts sein Quartier verlässt, wird unter Aufsicht gestellt und darf auch bei Tage die Kaserne nicht verlassen ;
Nachtschwärmer dürfen
auf Befehl des Kompagnie- etc. Chefs unter Abnahme der Fufsbekleidung bis zu acht Tagen ihr Quartier nicht verlassen ; die sich nach dem Zapfenstreiche umhertreiben, werden kommandirt, schon von 7 und 8 Uhr ab zu Hause zu sein ; ist ein Jäger mit Arrest bestraft worden oder hat sich derselbe schon mehrere Vergehen zu Schulden kommen lassen, so tritt derselbe beim Appell so lange auf den linken Flügel, einige Schritte von den übrigen Mannschaften entfernt, bis er Beweise seiner Besserung giebt ; die schlechtesten Schützen mussten die Scheibe und übrigen Untensilien tragen,
Kugeln suchen,
den
Kugelfang in Stand halten und das Markiren besorgen ; werden innerhalb sechs Monaten zwölf Mann mit Arrest bestraft, so werden sie vier Wochen hindurch des Sonntags Abends dienstes aus der Garnison geführt.
In
zur Übung des Feld-
einer zweiten Anlage spricht
200
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
der Prinz seine Ansicht über jede einzelne dieser Strafarten aus ; zu der letztgenannten bemerkt er : „Meiner Ansicht nach weder zweckmäfsig noch zulässig, da dem. bereits verbüfsten Vergehen noch eine Strafe hinzugesetzt wird,
deren Anwendung rein dem Zufall über-
lassen bleibt, ob innerhalb der angegebenen Zeit eine gewisse Anzahl verhaftet werden. " Der am 19. März 1827 durch den Prinzen gegebenen Anregung entsprach am 13. November des folgenden Jahres eine zunächst als eine vorläufige bezeichnete, am 14. April 1831 aber endgültig eingeführte Disziplinarstrafordnung. Kaiser Wilhelm's des Grofsen , I, Seite 94.)
(Militärische Schriften 14.
2. Ein preufsischer Werbeoffizier, der Lieutenant Louis v. Knobelsdorff vom Infanterie-Regiment Tauentzien, hielt sich im Jahre 1766 in der badischen Stadt Pforzheim auf und suchte von da aus namentlich das benachbarte Württemberg heim. Im Oktober gelang es ihm, vier Mann von der herzoglichen Garde zur Fahnenflucht zu verleiten, dann aber fühlte er sich zu Pforzheim wegen der Nähe der Grenze nicht mehr ganz sicher und verlegte den Schauplatz seiner Thätigkeit auf das linke Rheinufer, wo ein Graf Leiningen-Heidesheim seine Unternehmungen begünstigte . In Württemberg aber sann man auf Rache. Herzog Karl, der wetterwendische Beherrscher des Landes , hielt damals selbst auf ansehnliche Soldaten und nahm die Sache sehr übel . Ein württembergischer Unteroffizier, Namens Stief, versprach ihm Genugthuung zu verschaffen und machte sich anheischig, binnen Jahresfrist Knobelsdorff in des Herzogs Gewalt zu bringen. Zu diesem Zwecke liefs er sich bei dem Regimente Tauentzien anwerben und erzählte, dafs er im Stande sein würde, die schönsten Leute von der herzoglichen Garde einem preufsischen Werbeoffizier in die Hand welcher seinen Standort in der Nähe von Ludwigsburg hätte . Daraufhin wurde er zu Knobelsdorf gesendet, den er mit einer als Mittelperson empfohlenen in Ludwigsburg wohnhaften Soldatenzu spielen,
wittwe in Verbindung brachte.
Diese traf mit dem Kommandeur der Garde, dem General v. Weissenbach, die nötigen Verabredungen und benachrichtigte Stief eines Tages, dafs sechs der schönsten Leute der Leibkompagnie entschlossen sein zu desertiren, sobald sie zusammen auf Wache kämen. Knobelsdorff möge dann an der Grenze sein und das verabredete Handgeld sowie die Kapitulationsurkunde in Bereitschaft halten. Als dieser die Nachricht erhielt, fuhr er von Pforzheim aus, wohin er zurückgekehrt war, in dunkeler Nacht von Stief begleitet an die Grenze, dem Postillion einschärfend, dafs er dieselbe nicht überschreiten solle . Bald kam ihm jedoch vor, als wenn es dennoch geschehen sei , Stief behauptete das Gegenteil. Als sie darüber sprachen, traten
sechs Leute aus
einem Verstecke,
setzten beiden
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
201
ihre Degen auf die Brust und zwangen sie, mit ihnen zu gehen.
Be-
sonders gegen den fahnenflüchtigen Stief zeigten sie sich aufgebracht, schlugen und fesselten ihn, Knobelsdorff nahmen sie Pistolen, Degen und Geld ab und brachten ihn nach Ludwigsburg auf die Hauptwache. Ein Kriegsgericht verurteilte ihn, erschossen zu werden , Herzog Karl aher begnadigte ihm zu lebenslänglichem Gefängnisse auf der Feste Hohentwiel. Knobelsdorff,
„Ach Gott, welch eine fürchterliche Gnade ! " jammerte der das Todesurteil unerschüttert angehört hatte .
Er
hatte richtig vorgeahnt, denn, obgleich er äufserlich gut gehalten wurde, verdüsterte sich sein Gemüt und er verfiel in vollständigen Wahnsinn. So lebte er viele Jahre lang. Nach und nach aber wurde sein Geist klarer und als Herzog Friedrich, der 1797 zur Regierung gelangte spätere König, den Hohentwiel besuchte, genehmigte dieser, dafs Knobelsdorff,
wenn er ganz gesund sein würde,
Familie abgeholt werden könne .
von seiner
Bevor es jedoch dazu kam, wurde
die Feste am 2. Mai 1800 den Franzosen übergeben und Knobelsdorff dem preufsischen Gesandten zu Stuttgart überantwortet, der für sein Weiterkommen nach Berlin sorgte . Im Jahre 1810 ist Knobelsdorff noch einmal als Reisender mit einem Bedienten in Württemberg gewesen. Stief kam wegen Urkundenfälschung später ebenfalls auf den Hohentwiel, brach bei einem fehlgeschlagenen Fluchtversuch beide Beine und ist elendiglich gestorben .
(J. Hoch, Letztes Schicksal der 14.
württembergischen Feste Hohentwiel, Stuttgart 1837).
3. Ablieferung der Paradepferde verstorbener höherer Offiziere war im vorigen Jahrhundert in der preufsischen Arme noch Sitte. Dieselben wurden an den König geschickt, wenn der Verstorbene General, an dem Regiments-Chef, wenn er Stabsoffizier war. Diesen Brauch schaffte der König im Jahre 1779 ab, wie aus einem Briefe an den General v. Tauentzien, (Preufs .- Urk.- Buch IV. 228) hervorgeht. Der König schreibt : „Mein lieber General der Infanterie v. Tauentzien. Es ist noch ein alter Gebrauch bei der Armee, dafs wenn vor diesem Generals gestorben , deren Parade-Pferde an Mich geschickt werden . Aber weil mancher von ihnen Familie hat, denen ich nicht das Geringste von ihrer Erbschaft nehmen will, so gehet meine Intention dahin, dafs dieser alte Gebrauch cessiren, und dafs von nun an keine Paradepferde der verstorbenen Generals weiter an mich geschickt werden, sondern die Erben solche für sich behalten sollen und damit machen können, was sie wollen.
Ich gebe Euch solches demnach
hierdurch zu erkennen und habt Ihr dieses bei den Regimentern Euerer Inspektion bekannt zu machen . Ich bin etc. Berlin, den 28. December 1779.
202
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen . Der Brauch mufs sich aber doch noch längere Zeit erhalten
haben, denn es wurde erst dadurch Kab.- Ordre vom 13. April 1792. 27 Wegen der künftig nicht mehr abzuliefernden Paradepferde verstorbener Offiziere" (Mylius. N. C. C. Bd . 9. Nr. 35) endgültig abÜbrigens herrschte in der österreichischen Armee geschafft . ein ganz ähnlicher Brauch. Wenn ein Offizier als Regiments-Inhaber im Felde fiel , konnte der statt Jenes kommandirende Oberst das beste Pferd des Gefallenen sammt Ausrüstung (Mortuarium , BestDieser Brauch wurde in der haupt, Sterbepferd) sich zueignen. österreichischen Armee am 10. Dezember 1757 abgeschaft.
Schbg.
4. Marginal -Entscheidungen Friedrich's des Grofsen (mit der ursprünglichen Orthographie). 1. Der Major vom Ingenieur - Korps la V . . . . e stellt allerunterthänigst vor, dafs er aus dem Grunde, dafs er auf eine Zeitlang sich absentiret hat, den 16. Oktober auf dem neuen Markt in Berlin (die dortige Offizierswache war Offizier - Arrestlokal) in Arrest gesetzt und als ein Missethäter behandelt würde,
und dafs er dem
Generallieutenant v. Ramin , als er sich krank angegeben, die Wahrheit gesagt habe. - Antwort des Königs : „Das wahre ganz recht er Sol nicht so Vindisch wie die Franzosen Seindt undt thun seine Dienste mit Application . " 2. Der Bereiter Wolny bittet allerunterthänigst, ihm nunmehr den Stallmeister - Charakter allergnädigst zu accordiren Antwort des Königs :
Er hat brav bei Seinen Einkauf gestohlen, er Sol zu-
frieden seindt, das ich dazu Stille schweige, aber ihn davor zum Stallmeister machen So närisch bin ich nicht. " (Marginalien Friedrich's d. Gr. aus den Jahren 1765 bis 1776).
Schbg.
XIX .
Umschau in der Militär - Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften. Streffleur's Kavalleristische Das automatische Lotterie. --- Ein
österreichische militärische Zeitschrift. (Juni 1897). Kriegsspiele auf kriegsgeschichtlicher Grundlage. Die Staats-WohlthätigkeitsHotchkiss-Marine- Geschütz . ― praktisches Soldaten-Efsbesteck.
Umschau in der Militär-Litteratur.
203
Armeeblatt. ( Österreich.) XVI . Jahrgang . Nr. 21 : Was sollen wir für unsere Unteroffiziere thun ? Betrachtungen zum griechisch-türkischen Krieg. Die k. k. Kriegsschiffe an der kretensischen Küste . Nr. 22: Ungarische Militärbildungsanstalten und das gemeinsame Heer. - Die Was sollen wir für unsere Verwendung S. M. Schiff ,,Cyclop" in Kreta. Unteroffiziere thun? Offizier - Pensionirungen im Deutschen Heere. Nr. 24 : Zum Tage vor Kolin. - Zum Studium des türkisch-griechischen Krieges. - Die Armeen Europas 1897. Militär-Zeitung. ( Österreich. ) 52. Jahrgang. Nr. 19 : Heer und Nr. 20: HonvédPolitik. - Der griechisch - türkische Krieg. II. Nr. 21 : Die Bildungsanstalten. - Der griechisch - türkische Krieg. III. Militär- Konserven-Fabrik in Bruck a. d. Leitha. - Zum Stillstand in der Gage- Regulirung. Journal des
sciences militaires. 73. Jahrgang. (Mai 1897.) Napoleonische Grundsätze. - Studien über den Feldzug 1796-97 in Italien. Das Gelände, die Menschen und die Waffen im Kriege. Le Spectateur militaire. (15. Mai 1897.) Studien in der angewandten Taktik. Die Brigade von Wedel bei Gravelotte (??) nach Fritz Hoenig. Die Unsere Verteidigungslinien 1870. Das Oberkommando (Forts.). Dekorationen u. s. w. (Forts.). - (1. Juni 1897.) Die befestigten Lager in der Verteidigung der Staaten. Die Dekorationen u . s . w. (Forts.). Revue militaire universelle. (Juni 1897.) Studien über die Organisation der Armee . Tagebuch aus einem Feldzuge in Ostindien von Joachim du Perron, Graf de Revel . (Forts.) . - Die Halbinsel der Normandie bei einer Verteidigung von Frankreich . (Forts. ) . - Die Bedeutung des roten Flusses als Eingangsweg in das innere China. - Konnte Marschall Bazaine 1870 Frankreich retten ? — Mitteilungen eines Freiwilligen des 11. Regiments der Vereinigten Staaten- Kavallerie, Revue du cercle militaire. 27. Jahrgang. Nr. 21. (22. Mai . ) Die Verteidigung Constantinopels von der Die belgische Armee 1897. Nr. 22: Wie die Deutschen in Ost-Afrika Krieg führen . Landseite. Die Verpflegung während der EisenbahnDie Franzosen in Gurmah. Ein transporte und die Thätigkeit auf den Verpflegungs-Stationen. Wie die russisches Geschenk an das Museum des ,,Cercle militaire" . Nr. 23: Die Armee und die Deutschen in Ost- Afrika Krieg führen. Lehren dem chinesisch-japanischen aus Die militärischen Kolonisation. Nr. 24: Neue Veröffentlichungen des Generals Dragomiroff. Kriege. Die Armee und die Kolonisation (Forts.) . - Die militärischen Lehren aus — Der türkische Soldat nach dem chinesisch-japanischen Kriege (Forts.). v. d. Goltz. (Juni 1897. ) Geschichte der Infanterie in Revue d'Infanterie. - Die auf das Gewehr M/86 angewandte Theorie des Frankreich (Forts.) . Schiefsens (Forts.). — Abhandlungen über den türkisch-griechischen Krieg (Forts.). - Zwei militärische Jahre in Deutschland (Forts.). — Feldzüge der Engländer im Sudan und in Ägypten (Forts.) . den Ardennen und der Aisne (Forts ) . Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 2.
Das 15. Korps in 14
Umschau in der Militär - Litteratur.
204
Revue de Cavalerie. (Mai 1897.) Die Frage des Kampagnepferdes. Die Expeditions- Kolonne und die Kavallerie in Madagaskar. Die Rolle der Kavallerie im Verbande der Sicherungstruppen . Die grofsen Manöver im Jahre 1896 in Gâtinais. -- Unsere Husaren. L'Avenir militaire. Nr. 2208 : Unsere Kadres der Reserve und der Territorial-Armee. V. - Der griechisch-türkische Krieg. Die Sozialisten und die Armee.
Offensive oder Defensive ?
Nr. 2209 : Unsere Kadres
der Reserve und der Territorial- Armee. VI. - Der grichisch-türkische Krieg. Canet oder Krupp ? - Die neuen deutschen Regimenter und die 4. französichen Bataillone . Nr. 2210 : Die grofsen Manöver 1897. — Der griechisch-türkische Krieg. Deutsche Urteile. Die Offiziere des Die Unruhen in Algerien. Generalstabes. Die neuen Generale. Die österreichischen Reserve - Offiziere , beurteilt von einem deutschen Offizier. I. Nr. 2211 : Unsere Kadres der Reserve und die TerritorialArmee. VII. - Die Vorschläge mit Bezug auf die Militär-Medaille. Nr. 2212 : Unsere Kadres der Reserve und die Territorial-Armee. VIII . Der griechisch-türkische Krieg. - Milizen und alte Soldaten. - Die österreichischen Reserve- Offiziere, beurteilt von einem deutschen Offizier. II. Nr. 2213: Der griechisch-türkische Krieg. Herr Felix Faure in Ruſsland . — Belehrungen aus dem griechisch-türkischen Kriege. Nr. 2214 : Der Anti -Militarismus. -- Der griechisch-türkische Krieg. Die Kadres 2. Linie im Auslande. - Die Belagerung von Lille. - Siam und sein König. Unsere
Ein deutsches Urteil über die Befestigung von Lille. Nr. 2215 : Kadres der Reserve und der Territorial-Armee. IX . - Das
Budget des Kriegsministeriums . —Nochmals die Befestigung von Nancy. Die optische Telegraphie in Russland. Le Progrès militaire. Nr. 1728 : Das Budget vom Jahre 1898. Der Generalstab und die Trennung der einzelnen Dienstzweige desselben. Die Verteidigung von Toulon. Französische Kolonien . Nr. 1729: Die Grundsätze Napoleons und der griechisch-türkische Krieg. - Französische Kolonien, Nr. 1730 : Die afrikanischen Bataillone . Die Manöver von 1897. Was eine Garnison einbringt? Nr. 1731 : Die Die Fortschritte der Artillerie in Frankreich und in Deutschland. französichen Kolonien . - Die Manöver von 1897. Nr. 1732 : Die neue Armee. Die Manöver von 1897. -- Französische Kolonisation. Nr. 1733: Die augenblickliche Reform und die Unterbringung in Kasernen. — Französische Kolonien. Nr. 1734: Das 6. Armeekorps und die DeckungsTruppen. Der Sanitäts - Dienst und die Manöver. - Was eine Garnison Die französischen Nr. 1735 : Das Budget des Krieges. einbringt? Kolonien. ― Der Eintritt in den Genufs der Pension. La France militaire. Nr. 3940 : In Eritrea. Nr. 3941 : ElsafsLothringen. - Verräter und Spione . Nr. 3942 : Die Deutsche Armee. Das Korps zu 3 Divisionen, Nr. 3943 : Unsere Kavallerie. Nr. 3944 : Der Oberbefehl . Nr. 3945 : Die 4. Bataillone. Nr. 3946 : Die Taktik. I. Nr. 3948 : Budget 1898. - Der Herzog von Aumale. Nr. 3949 : Der Herzog von Aumale. II. - Die Italiener in Afrika. Nr. 3950 : Die Nordost-
Umschau in der Militär-Litteratur.
205
Grenze. Nr. 3952 : Die Taktik. II . Nr. 3955 : Die einjährige Dienstzeit. Nr. 3958 : Aufsuchen des Feindes .
Nr. 3954 : Anwendung der Waffen, Nr. 3956 : Die Nordost-Grenze . II . Nr. 3959 : Die Armee-Inspekteure . Nr. 3960 : Die Nordost- Grenze. III. Nr. 3961 : Festungs-Manöver. Die Belagerung von Lille. Nr. 3962 : Das Denkmal von St. Quentin. Nr . 3963 : Der griechisch-türkische Krieg. Seine Folgerungen . La Belgique militaire. 27. Jahrgang. ( 23. Mai. ) Nr. 1358 : Die nationale Manifestation (gegen die schmählichen Angriffe auf die Armee in der Kammer). Die Offizier- Aspiranten. - Die militärische Verwendung des Zweirads, Nr. 1359 : Die nationale Manifestation. -- Die militärische Verwendung des Zweirads. Offener Brief an einen Unteroffizier. - Der patriotische Kreis in Afrika. Nr. 1360 : Die nationale Manifestation (Forts.) . Die Reorganisation der Bürgerwehr . Nr. 1361 : Die Grundsätze Die Schaffung einer nationalen belgischen Marine. Napoleon's und der griechisch-türkische Krieg . Revue de l'armee belge. (März- April 1897.) Militärische Geschichte des Wirkungsbereiches der Nord - Werke von Antwerpen von 1584-1830 (Forts .). Die Kämpfe um Metz 1870 und ihre militärischen Lehren. Über Ballistik . Über die Die französischen 12 cm Feld-Haubitzen . Besetzung von Stellungen in der Verteidigung. (Ein Brief Friedrich des Grofsen.) Die Feld-Artillerie der Zukunft (Forts.). Studie über die Kartographie in der Vergangenheit und der Zukunft (Forts.) . Die maritimen Kräfte der Türkei und Griechenlands. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (Mai 1897. ) Die vom schweizer Zentralverein des Roten Kreuzes geplante Expedition auf den griechisch-türkischen Kriegsschauplatz. - Die Feuertaktik der Infanterie seit 1793 (Forts.) . - Die deutschen Kaisermanöver in Sachsen und Schlesien 1896 (Schlufs). Ehre der Armee. (Eine Verherrlichung der Leistungen (?) der griechischen Armee im letzten Feldzuge.) Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. (Mai 1897.) Zur Schnelllader-Frage. - Das 6,5 mm Repetirgewehr M/93 der Waffenfabrik Steyr im Vergleiche mit dem schweizerischen Repetirgewehr M/89. General Brialmont's Grundsätze über Landesbefestigungen. -- Neukonstruirte Schmalkalder Boussole mit Höhenmesser. Allgemeine Schweizerische Militär-Zeitung. 1897. Nr. 21 : Die Heeresreformfrage in Belgien. --- Zur Würdigung des englischen Freiwilligen-Korps. Nr. 22 : Die zunehmende Verwendung des Fahrrades im deutschen Heere. ---- Aus dem Bericht des eidgenössischen Militärdepartements über seine Geschäftsführung im Jahre 1896. I. Nr. 23 : Die Schlacht bei Pharsala. Aus dem Bericht des eidgenössischen Militärdepartements über seine Geschäftsführung im Jahre 1896. II . Nr . 24 : Die Schlacht bei Domokos. Aus dem Bericht des eidgenössischen Militärdepartements über seine Geschäftsführung im Jahre 1896. III. - Über die Erlebnisse eines Kriegskorrespondenten bei Velestino . Army and Navy Gazette. Nr. 1947: Griechenland und die Türkei. Mitteilungen des Kriegsberichterstatters. Lord Lansdowne über die 14*
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Armee. Schildert den gegenwärtigen Stand der Heeresorganisation als besonders günstig. — Das Geldverpflegungswesen im Heere, wird als mangelhaft organisirt hingestellt. - Taktik der Artillerie. Bespricht die Organisation gröfserer Artillerie - Verbände. - Panik und Frieden . Betrachtung über die Kriegführung seitens der Griechen . Nr. 1948 : Griechenland und die Türkei. Kriegsberichte . Die Reserve der KrankenBericht über die Thätigkeit der Vereinigung pflege für das Heer. zur Ausbildung von Krankenpflegerinnen für den Kriegsfall . Stärke und Organisation Die militärische Verteidigung Australiens. der Volunteers in Australien werden erörtert, - Die Verteidigung Südafrikas. Bericht der Verteidigungs- Kommission für das Kapland. - Die französische Armee. Allgemeine Betrachtung, besonders über die Stellung des Kriegsministers. - Schiefsübungen der Fufsartillerie. Vorschläge zur Verbesserung der nicht kriegsgemäfs angelegten Übungen. Nr. 1950 : Modernes Infanteriefeuer. Col. Browne entwickelt in einem Vortrage die Grundsätze für das Infanteriefeuer, und macht Vorschläge, wie namentlich durch Erhöhung der gelieferten Patronenzahl und sachgemäßse Übungen im Frieden vorbereitet werden kann . - Griechenland und die Türkei , Allgemeine Betrachtung über die beiderseitigen Heere nach beendetem Kriege. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 231 : Major W. N. Ramsay. Lebensgeschichte des in der Schlacht von Waterloo gefallenen Führers der reitenden Artillerie. - Die Vorgänge und Nachteile freiwilliger und allgemeiner Wehrpflicht vom militärischen und nationalen Gesichtspunkte betrachtet. Preisgekrönter Aufsatz. ― Das nationale Studium der Kriegsgeschichte. Nach kurzem Hinweis auf dasselbe in den Europäischen Grofsstaaten, werden die Grundsätze für das Studium der englischen Kriegsgeschichte für Schule und Heer aufgestellt. Obok und das Grenzland am Golf von Tajura. Aus dem Russischen übersetzte militär-geographische Betrachtung. Russischer Invalide. Nr. 104 u. 105 : Erläuterungen zu dem Entwurf für das Exerzir- Reglement der Infanterie. Nr. 105 : In St. Petersburg befinden sich augenblicklich folgende Kriegsschiffe im Bau : Auf der Neuen Admiralität : Geschwaderpanzerschiff ,,Asslja bja ", 12840 t, 18,5 Knoten Geschwindigkeit ; Kreuzer I. Klasse Aurora ", 6630 t , 21 Knoten (406 Fufs lang, 52 Fufs breit) ; Hochsee - Kanonenboot ,, Giljak " und ein Küsten - Panzerschiff. Assljabja" und " Giljak" werden noch in diesem Sommer vom Stapel gelassen. Auf der Galeeren - Insel : Zwei Ozean - Panzer - Kreuzer ,,, Diana" und Pallada ", von je 6630 t und 21 Knoten; der Stapellauf derselben steht bald bevor. Auf der Baltischen Werft: Geschwaderpanzerschiff Peress wjet " von 12840 t, sowie ein Kreuzer von 8000 t und 20,5 Knoten ; der Bau eines neuen Panzerkreuzers ist in Aussicht genommen ; ,,Peresswjet" wird noch in diesem Jahre vom Stapel gelassen. In Frankreich befindet sich der Kreuzer ,, Sswjetlana " von 3828 t und 20 Knoten im Bau. - Sogleich nach dem Stapellauf dieser Fahrzeuge findet die Kiellegung neuer Schiffe,
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darunter eines Ozean - Kreuzers von 14 100 t mit 22 Knoten Geschwindigkeit, statt. Beendigt wird der Bau der Panzerschiffe ,, Poltawa "," ,,Petropawlowsk" und ,, Ssewastopol " von je 10960 t, des Küstenpanzers ,, General Admiral Apraxin " , des Kanonenboots Chrabry ", zweier Torpedo - Kreuzer (,,Abrjok" und " X ") und von 15 Torpedobooten . Nr. 112 : Eine Deputation des 137. französischen Infanterie - Regiments hat dem 137. Infanterie - Regiment Njeshin Glückwünsche zu dessen 100jährigem Jubiläum nach Rjäsan überbracht. Nr. 115 : Der zur Verstärkung des Geschwaders im Stillen Ozean bestimmte Kreuzer I. Klasse ,,Rossija" ist am 8. Juni in See gegangen . Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 343 : Zur Verteidigung des Höhenmesser- Diopterlineals. - Ein Kampf mit Räubern im Gouvernement Kutais. — Ein schnelles Gericht. (Hinrichtung von chinesischen Verbrechern in Gegenwart der russischen Offiziere des Grenz - Postens Grafskaja am Ussuri. ) Nr. 344 : Das Jagd-Kommando des 148. kaspischen InfanterieRegiments. - Die Versicherung der Offizierpferde. Das Denkmal auf den Serabulakskischen Höhen . Nr. 345 : Die Deputationen der russischen Regimenter in Berlin bei der Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelms I. (mit Skizze). Erläuternde Denkschrift zum Projekte eines neuen Infanterie-Reglements. - Die See-Taktik und Strategie. Nr. 346 : Bild und Biographie des bekannten Militärschriftstellers, Generals Ssuchomlinoff. - Die Schlacht an der Trebbia am 8/20. Juni 1799 (mit einem Holzschnitte). Wajennüj Ssbornik. 1897. VI. Napoleon und Wellington (Schlufs) . Die Schablone (Ein Artikel des Generals Leer, welcher sich dagegen ausspricht, die Reglements anzuwenden , ohne in ihren Geist eingedrungen zu sein) . - Die thatsächliche Bedeutung der Selbstständigkeit in dem Befehlssystem im Kriege. (Aus Veranlassung einiger Äufserungen in unserer militärischen Presse.) VIII. - Über unsere Felddienstordnung . I. Ein Blick auf die Ausbildung der Kavallerie. (Aus Veranlassung der ,, Gespräche über Kavallerie" des Prinzen Hohenlohe u. s. w.) IV. — Die Lehrkommandos der Infanterie. - Der Wirtschafts-Offizier in der Artillerie- Batterie . Die Infanterie und der Pionierdienst. -- Erinnerungen eines alten Soldaten aus dem Kriege 1877-78. — Materialien zur Geschichte des ungarischen Feldzuges 1849. (Aus der Sammlung von dem Museum in Sewastopol vermachten Aktenstücken .) I. - Die erläuternde Denkschrift zum Projekt eines neuen Exerzirreglements der russischen Infanterie . -- Exerziren vor Seiner Majestät den Kaiser am 15. Mai nach dem neuen Exerzirreglement. Vorläufige Ergebnisse der Volkszählung von 1897. L'Italia militare e marina . Nr. 103 : Die Diskussion über die Heerordnung. Nr. 104 : Die Neu-Ordnung der Artillerie. Nr. 105 : Die Toten im Afrikanischen Kriege. Nr. 108 : Österreichisches Manöver in Dalmatien. Nr. 109 : Die Kompagniestärke . Nr. 110 : Die Aktion der Flotte im griechisch-türkischen Kriege Nr. 114 : Marine-Programm . Nr. 115 : Das Fahrrad zum militärischen Gebrauch. Nr. 117: Gefühle der Griechen gegen die Italiener.
Nr. 118 : Das gemischte System in der neuen Heer-
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ordnung. I. Nr . 119 : Die italienisch-französische Grenze in den Seealpen. Nr. 120 : Das gemischte System. II. Nr. 121/125 : Für unsere Schiffe . Nr. 127 : Kadres der Territorialmiliz. Heer und Marine von Siam. Nr. 129 : Der Triumph der Zahl im griechisch-türkischen Kriege. Rivista Militare Italiana. ( 16. Mai. ) Thessalien in militär-geographischer Beziehung. Die Verwendung der Kavallerie im Kriege (Forts.). Esercito Italiano. Nr. 59 : Das Kriegsbudget und die Forderungen für Eritrea (Rede des Kriegsministers, die nachweist, dafs eine Behauptung des Hochplateaus sehr bedeutende Kräfte und grofse Aufwendungen fordern würde.) Nr. 61 : Die Änderungen des Beförderungsgesetzes im Senate. Nr. 62 : Das Obertribunal für Heer und Marine (die Kammer wünscht es abgeschafft zu sehen). Nr. 63 : Die Rückkehr der letzten Gefangenen aus Afrika. Nr. 64 : Das Beförderungsgesetz für die Marine. Nr. 65 : Kriegsmarine und Hülfsflotte. Nr. 66 : Die aufserordentlichen Ausgaben für 1897/98 . Memorial de Ingenieros del Ejercito. (Spanien .) Nr. V : Der Krieg auf Cuba : Die Linie von Mariel nach Majana. - Strategische Studie betreffend die Verteidigung der iberischen Halbinsel. Revista Militar. (Portugal.) Nr. 10 : Das Kommando der KolonialTruppen. -- Skizze der Geschichte des 1. Jäger- Regiments . Krigsvetenskaps Akademiens- Handlingar. (Schweden.) 9. Heft : Die Deutsche Militär-Turnanstalt in Berlin. Militaert Tidsskrift. (Dänemark. ) 2. Heft : Bericht über die Divisionsübungen 1896. Militaire Spectator. (Holland. ) Nr. 6 : Das moderne SchnellfeuerFeldgeschütz (Forts. , mit 2 Skizzen ). — Unsere (niederländische) Intendantur.
II. Bücher. Taktik von Balck , Hauptmann . Erster Teil. Erster Halbband : Einleitung und formale Taktik der Infanterie. Berlin 1897 . R. Eisenschmidt. Preis 4,50 M. Verfasser hat, wie er im Vorwort sagt, den Versuch unternommen, ein Lehrbuch der Taktik zu bearbeiten und wird in weiteren Teilen die formale Taktik der Kavallerie und Artillerie sowie die angewandte Taktik behandeln . Wir halten diesen Versuch, soweit wir ihn nach dem vorliegenden ersten Halbbande zu beurteilen vermögen, für gelungen, wenn auch vielfach ,,die in der Militärlitteratur erkennbaren wichtigen Strömungen" Die aufserordentlich eingehende etwas zu polemisch behandelt werden . Behandlung des Stoffes gewinnt besonders darum an Wert, weil die eingestreuten Beispiele sachgemäfs ausgewählt und fast durchweg der neueren und neusten Kriegsgeschichte entlehnt sind . - Von Interesse ist es, die Einleitung zu studiren , welche diesem ersten Teile voransteht. Sie enthält aufser theoretischen Erörterungen mancherlei Wichtiges über Schlachtenverluste , Elite - Infanterie , Einheitskavallerie , Bewaffnung mit Lanzen,
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Meldereiter, Radfahrer etc. Desgleichen bringt die formale Taktik in Kapitel IV eine längere Abhandlung über 99 die Wirkung der Feuerwaffen und die Mittel, Verluste zu verringern". Aus dem soeben Gesagten erhellt, dafs allerdings ein gröfseres umfassendes Werk" zu mehr, als bei allen Gelegenheiten Vergleiche mit Staaten eingeflochten werden. Sonach ist das
die vorliegende Taktik werden verspricht, umsoden andern europäischen Werk nicht nur als ein
Lernbuch für den Schüler, sondern als ein Nachschlagebuch für Jedermann zu betrachten. Zu bedauern bleibt es aber, dafs Verfasser in seinem Vorworte dem um die Taktik so hoch verdienten General Meckel den Vorwurf macht, ,,dessen bereits im Jahre 1874 erschienenes, seiner Zeit vortreffliches Lehrbuch sei jetzt vollständig veraltet" . Zunächst ist das in Rede stehende Buch ,,Grundrifs der Taktik " bereits 1873 in erster Auflage erschienen ; das Buch hat seidem weitere Auflagen erlebt, 1895 die dritte, ein Beweis für seine Güte . In diesen Tagen ist nun eine vierte, gänzlich umgearbeitete Auflage erschienen, so dafs von einem ,,Veraltetsein" wohl kaum die Rede sein kann. Wir halten diese Richtigstellung für geboten, ohne dadurch den Wert des uns vorliegenden Werkes, das wir warm empfehlen möchten, beein63. trächtigen zu wollen. Étude critique sur les opérations du XIVème corps allemande dans les Vosges et dans la haute vallée de la Saône. Par le capitaine de Cissey. Paris 1897. Baudoin . Preis 4,50 Francs¹) . Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, die Operationen des Generals Werder bis zur Einnahme von Dijon einer Kritik zu unterwerfen. Er verspricht sich von den Ergebnissen dieser kritischen Untersuchung einen nicht unbedeutenden Nutzen für die Belehrung des Offiziers, indem er seine Ansichten über die Kriegführung der ,,Massenheere" der Zukunft näher erläutert. - Er sagt in dieser Beziehung u. a., dafs nach den ersten wuchtigen Schlägen der grofsen Massen, der Sieger wie der Besiegte Denn : sich teilen müssen , auch wenn sie es nicht wollen. ,,L'armée victorieuse, au fur et à mésure qu'elle pénétrera plus avant sur le territoire ennemi, se divisera, aussi bien pour vivre que pour suffire aux exigences nouvelles de la guerre. L'armée battue fera sa retraite sur plusieurs points de son territoire et cherchera à couvrir ses principaux centres de production, il faudra se fractionner pour la suivre, l'empêcher de reprendre haleine et de se réorganiser. Sur le terrain conquis, des places fortes bien défendues ... entraveront la marche des armées ; l'envahisseur devra les Enfin, la protection masques, quelquefois même les réduire par la force. des communications, la pacification du pays absorberont encore d'autre 1) Kritische Studie über die Operationen des XIV. deutschen Armee- Korps in den Vogesen und dem Thale der oberen Saône. Vom capitaine de Cissey. Paris. Baudoin. 1897. Preis 4,50 Francs.
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troupes. Dans cette période, les détachements seront nombreux, les armées, les corps d'armée, quelquefois même les divisions retrouveront, dans une certaine mésure, leur indépendance . . . . Le succés restera aux armées les mieux instruites et les mieux préparées à la guerre. " Vom Standpunkte dieses ,, kleineren" (nicht kleinen) Krieges aus betrachtet nun Verfasser die Operationen des Generals v. Werder. - Er ist ein scharfer und wie es uns scheinen will , nicht immer ganz vorurteilsfreier Kritiker. Freilich hat er in dieser Richtung in der deutschen Litteratur einige Nebenbuhler. Wir erinnern hier nur an v. de Wengen, an Hoenig u. s. w. - Lesen wir aber das vortreffliche Werk des Generals v. Conrady ,,Das Leben des Grafen August v. Werder" und die neueren Veröffentlichungen von Kunz, so erhalten wir doch einen ganz anderen Eindruck. Dafs der aufrichtig selbstlose und wirklich vornehme Werder sich wohl bewufst war, wie jeder Feldherr und jeder General auch Fehler gemacht zu haben, ergiebt sich in klarer Weise aus dem Werke Conrady's ; aber wir glauben, dafs der französische capitaine die Persönlichkeit namentlich Ebenso geht es aber die Lage Werder's sehr häufig falsch beurteilt. ihm mit Bezug auf die Befehle des grofsen Hauptquartiers, von dem er sagt: ,,La première cause des résultats très-insuffisants, à notre sens, de la campagne du XIV corps , réside dans le manque de clarté et même d'opportunité des ordres donnés par le grand quartier général." - Nun vergifst der Verfasser ganz, wie gerade der Faktor der Ungewissheit der entscheidende im Kriege ist, er vergifst, wie der letzte Vorwurf, welchen man dem grofsen Hauptquartier machen kann, derjenige der Unklarheit und Unbestimmtheit in seinen Entwürfen sein dürfte. Die Kriegsgeschichte bietet hierfür auf jeder Seite genügende Beweise. - Wenn capitaine de Cissey aber Werder einen Mangel an richtigem Gebrauche seiner Kavallerie vorwirft, und sich darüber wundert und es heftig tadelt, dafs Werder dieselbe ohne bestimmtes Ziel gebrauchte, dafs sie durch einige Banden Franktireurs lahm gelegt, keine rechten Dienste geleistet hätte, dafs die Artillerie ,,morcelée par organisation, employée à tous les détachements, ne produit pas les effets foudroyants que devoit lui assurer sa grande superiorité" - so vergifst er ganz die Lage des Generals, die dieser selbst sehr richtig in einer Notiz vom 10. November aus Vesoul wie folgt charakterisirt: ,, Die Aufgabe des Korps ist , wenn nicht unerfüllbar, so doch schwierig". (Man hatte ihm durch Chiffretelegramme am 3. November, nach welchem Prinz Friedrich Karl am 8. bei Châtillon sur Seine und Troyes eintreffen müsse, Tresckow nach Belfort abmarschirt sei, vom grofsen Hauptquartier aus befohlen, dafs er gegen Dôle und Arc et Senans vorgehen, von Dijon aus gegen Châlons sur Saône vorzurücken und Besançon zu beobachten.) ,,Von den 4 Divisionen meines Korps steht Schmeling vor Breisach - es belagernd und kann nichts abgeben , Tresckow vor Belfort kann nichts abgeben, Nachtigall mit 4 Bataillonen bei Gray , Beyer mit 2 Brigaden vor Dijon kann auch nichts abgeben , bleiben für Vesoul
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6 Bataillone , 7 Batterien und 8 Eskadrons. Damit soll Tresckow unterstützt , Elsafs und Vogesen gesichert , von Beyer unterstützt , auch gegen Dôle und den Strafsenknoten südlich Besançon operirt, die Eisenbahn bei Arc et Senans zerstört , seitens Beyer gegen Châlons sur Saône vorpoussirt werden. In der That viel auf einmal. Das Korps steht in 4 getrennten Haufen von Breisach bis Dijon ! Hätte der Feind den gehörigen Mut , so müfste er im Besitze von Langres , Besançon, Auxonne uns tüchtig an die Hosen fassen und schütteln können . Man hat aber bereits ein Gefühl der Verachtung gegen diesen Feind . Ob es nicht doch noch einmal bestraft werden möchte , so sorglos zu sein !" So urteilte Werder, so lagen die Dinge ! Wir glauben, dem Herrn Verfasser diese eingehende Antwort schuldig zu sein. Es ist leicht, mit allgemein an und für sich richtigen kriegswissenschaftlichen Grundsätzen zu operiren ; aber leider entsprechen die Vorbedingungen der thatsächlichen Lage nicht immer den abstrakten Theorien . - So geht es hier dem Verfasser, wenn er sagt - von der Zerplitterung der Truppen sprechend: ,,Rarement elle (d . h. die Infanterie) obtient les effets décisifs qui, à la guerre, doivent être l'objet des efforts de tous." - Diese ,,effets décisifs" konnte Werder durch die ,, efforts de tous" an der Lisaine ernten. Das Buch Cissey's ist übrigens anregend geschrieben, die Einzelheiten ' seiner Ausführungen verraten selbstständiges Urteil ; nur die klare und nüchterne Erwägung der thatsächlichen Kriegslage verliert wie im Grofsen, 17. so auch hier im Kleinen Verfasser leicht aus dem Auge. Strategisch-taktische Aufgaben nebst Lösungen. Von H. v. Gizycki. Heft 7. (Vorposten.) Mit einer Übersichtsskizze und einer Generalstabskarte. Zweite , nach der Felddienst - Ordnung vom
20. Juli 1894 umgearbeitete und erweiterte Auflage. Zuckschwerdt & Co. Preis 2,50 M.
Leipzig 1897.
Es scheint die Absicht des Verfassers gewesen zu sein, in diesem Heft 7, das erneut (siehe auch Heft 1) Vorposten behandelt, eine Lanze dafür zu brechen, dafs die Sicherungsmafsnahmen sich mehr dem Bedürfnifs als hergebrachter Form anschmiegen sollen. Zu diesem Behufe ist ein Detachement bei Wusterhausen, Front nach Osten, angelangt und beabsichtigt, am nächsten Tage weiter nach Osten zu marschiren, in westlicher Richtung zurückzugehen, stehen zu bleiben und ev. offensiv zu werden und endlich nach kurzem Aufenthalte westlich abzuziehen . Es werden die Mafsnahmen erläutert im eigenen wie feindlichen Lande, bei verschiedenen Witterungsverhältnissen und dadurch verschiebt sich die Situation in anziehender Weise. Wäre der Feind nicht nur Kavallerie, so würde die Zahl der Situationen sich noch mehren. Verfasser macht die eigene Kavallerie von vornherein selbstständig, beläfst sie auch mit wenigen Ausnahmen vor den eigentlichen Vorposten . Wir sind der Meinung, dafs die
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Felddienst-Ordnung nicht ohne Absicht die Kavallerie nur in ,,gröfseren Verbänden" selbstständig macht und dafs die Kavallerie als VorpostenKavallerie während der Nacht nur teilweise Verwendung finden soll. Wenn man die Kavallerie allzu selbstständig macht, entzieht sie sich nur zu leicht dem Vorpostendienst ; wenn man die Kavallerie aber während der Nacht nicht die erforderliche Ruhe gönnt, leistet sie bei Tage nicht das, was von ihr verlangt werden mufs. Das schliefst nicht die Zuteilung von kleineren Kavallerie-Abteilungen an die Infanterie und die Entsendung von KavallerieWenn wir auch dem Verfasser Patrouillen auch während der Nacht aus. beipflichten, dafs im Kriege die sogen, schematischen Vorposten nur selten Anwendung finden, so glauben wir doch mehr, als es in dem vorliegenden Falle geschehen, auf eine tiefe Anordnung aller Sicherungsglieder dringen zu sollen. Ferner schreibt die Felddienst- Ordnung es ausdrücklich vor, dafs bereits der Kommandenr der Avantgarde befehlen solle, wie sich die Vorposten gegenüber einem feindlichen Angriffe verhalten sollen . Wir halten es für einen Eingriff in die Befugnisse des Kommandeurs der Avantgarde, wenn ihm der Detachements-Kommandeur vorschreibt, die Avantgarde solle ,,biwakiren" und wenn er ihm die Weisung erteilt, durch Vorposten eine genau nach der Karte angegebene Linie zu sichern. Die Avantgarde sichert von selbst das Detachement, sobald dieses hält. Auch geht es zu weit, wenn einem Infanterie- Regiment, das in einem Ort Unterkunft bezieht, vorgeschrieben wird, sich durch Aufsenwehren zu sichern. Wir wollen uns doch daran gewöhnen, nur das zu befehlen, was wir von der Kommandostelle aus, in die wir uns hineindenken, auch im Ernstfalle anordnen werden; wir wollen aber auch unsere Organe nicht zur Unselbstständigkeit erziehen. Die Vorposten- Kompagnien, die hauptsächlichsten Träger der Sicherung, gehören an die Strafsen, nicht zwischen sie ; denn die Bewegungen des Gegners wie die eigenen sind, besonders bei Nacht, an die Wege gebunden. - Aufserordentlich belehrend ist die Besprechung der für das Beispiel III zu wählenden ,,Stellung". Wir neigen der Ansicht zu, daſs das Suchen nach ,,der Stellung" in den meisten Fällen auf Abwege führt. Auch die beste Stellung nützt nichts, wenn der Feind rechtzeitig die schwache von der starken Seite zu unterscheiden weifs und eine schwache
Stelle hat jede Stellung. Nicht ganz können wir dem Verfasser hinsichtlich der gewählten Kriegslagen beistimmen . Wenn er der Ansicht ist, eine scharfe Gliederung der Vorposten in Vorpostengros , VorpostenKompagnien und Vorposten-Kavallerie komme nur vor, wenn die gesammten Vorposten biwakiren so ist er den Beweis dafür schuldig geblieben . Aus der Kriegslage heraus hat sind, wie Verfasser meint,,,so Kriege nicht vorkommen". Sie und lehrreichsten sind“. Wir
sich dies nicht ergeben. Diese Kriegslagen ernst gewählt, wie sie für gewöhnlich im seien gewählt,,,weil sie die interessantesten sind demgegenüber der Meinung, dafs die Aufgaben die lehrreichsten sein werden, die uns in Lagen bringen, wie solche der Krieg alltäglich aufweist. Kriegsgemäßse Bilder können nur aus solchen Lagen entstehen . Wenn aber Verfasser entgegnet, >" um über-
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haupt Taktik treiben zu können , müsse man den Feind als dicht gegenüberstehend annehmen", so glauben wir, dafs dies in dem vorliegenden Hefte nicht so in die Erscheinung tritt. Denn der Gegner erscheint überhaupt nur ,,angenommen", er beeinflusst die Entschliefsungen nur aus weiter Ferne. Wir haben das Heft 7 so eingehender Besprechung unterzogen, weil wir glauben, dafs die gewählten Beispiele dazu geeignet sind, trotz mancher Längen in der Befehlsform, das Studium des Vorpostendienstes zu erleichtern. Wir möchten aber immer wieder darauf hinweisen, dafs, wie auch General von Verdy in seiner Studie über ,,Vorposten" es betont, die Verschiedenartigkeit ihrer Zusammensetzung und Stärke sich nicht nur aus der ,,Bedrohung durch den Feind" , sondern auch „,aus der eigenen Stärke und dem Gelände ergiebt" und dafs ,,für die Art ihrer Aufstellung auch deren 63. “ voraussichtliche Dauer und die vorhandene Zeit mafsgebend ist." Was nun? Ein militärisch - politisches Programm von Alfred Bergen (ein Veteran) . Separatabdruck aus der „Allg. Schweizer. Militärzeitung". Basel. Benno Schwabe. 1896. Preis 1 M. Frei von allen politischen, nationalen und religiösen Einflüssen hat Verfasser, wie er im Vorwort sagt, in seiner kleinen Schrift unsere gegenwärtigen staatlichen und Armeeverhältnisse einer überaus zutreffenden und geistreichen Betrachtung unterzogen und gelangt damit zu der Erkenntnifs, dafs die in fast allen Staaten durchgeführte allgemeine Wehrpflicht einen Rückschritt in der Kultur, ein Zurückgehen auf barbarische Zustände bedeute. Die Armeen, welche bis zum Anfang dieses Jahrhunderts nur aus Berufssoldaten bestanden, hätten hierdurch an Qualität verloren, wo hingegen ein bewaffneter Friede und mit ihm ein unhaltbarer Zustand geschaffen sei, in welchem sich nahezu 20 Millionen Soldaten in Europa gegenüberständen ! Nicht nur, dafs dies jede freie friedliche Entwickelung des inneren staatlichen Lebens unmöglich mache, ein ausbrechender allgemeiner Krieg müsse zur gänzlichen Vernichtung einzelner Staaten und Nationen unausbleiblich führen! Der Verfasser macht Frankreich und seine Revancheideen für diese Sachlage in erster Linie verantwortlich, erblickt indefs in verschiedenen dortigen Prefsäufserungen neuester Zeit Symptome der Umkehr und hält den gegenwärtigen Zeitpunkt ( 1896) für geeignet und Deutschland dazu berufen, die führende Stimme bei Einberufung eines Kongresses zur Herbeiführung einer allgemeinen - wenn auch nicht Entwaffnung --- so doch Herabminderung der resp . Heeresstärken zu übernehmen. Bis auf den letzten Punkt sind alle Ausführungen des Verfassers zu unterschreiben und ist seine Darstellung geeignet, das gröfste Interesse wachzurufen, um so mehr, als er so liebenswürdig ist, uns Elsafs und Lothringen belassen zu wollen ; doch verliert er sich, wie uns scheint, mit den Mitteln, die er zur Beseitigung dieses, die Welt bedrückenden Zustandes angiebt, allzusehr in die Region frommer Wünsche ! Er will wieder Heere aus Berufssoldaten , nicht Volksheere
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gebildet, das Kriegswesen wieder auf einen ,,vernünftigen Stand" zurückgeführt wissen. Wenn er dazu sagt : ,, Selbstverständlich müfsten diese militärischen Mafsnahmen bei allen beteiligten Staaten gleichzeitig zur Durchführung gelangen. Diese Staaten müfsten sich zu diesem Zwecke gegenseitig für einen bestimmten Zeitraum Frieden garantieren und die betreffenden Punktationen müfsten ungemein präzise in Form eines völkerrechtlichen Vertrages festgestellt werden" , so scheint ihm entgangen zu sein, wie resultatlos selbst der hiergegen so harmlose internationale Kongrefs vom Jahre 1890 in Fragen humanitärer Abreitsbeschränkung verlief, auch fehlte ihm im vorigen Jahre wohl noch die schmerzliche Empfindung von den Dissonanzen, die das europäische Konzert uns jüngst in dem „ Musikdrama Kreta" zu Gehör brachte ! Nicht nur die Sonderinteressen der europäischen Grofsmächte, sondern die verschiedene Organisation ihrer Heere und Flotten werden deren Reduktion nach einem einheitlichen v. M. Schema stets unmöglich machen !
lung Zehn Aufgaben in militärischer Geländebeurtei , aus Kuhn's g un ie üf em pr ad me ak ah gs fn rbe ie Au für die Kr bea itet und erläutert von Meyer , Premierlieutenant . A. Ausgabe ohne Karten 1,50 M. B. Mit 7 Karten 3,60 M. Berlin 1896. Liebel'sche Buchhandlung . Diese Übungsbeispiele zu dem bekannten Kuhn'schen Werke zeigen , wie man Aufgaben der erwähnten praktisch zu bearbeiten habe , sind also ein applikatorischer Lehrbehelf, der demjenigen , der sich selbstständig zur g Aufnahmeprüfun vorbereitet , sehr wertvoll sein wird . Besonders wichtig sind die Hinweise auf die Vorschriften einschlägiger Exerzir Reglements 4. der drei Waffen und der Felddienst - Ordnung . Deutsche Helden aus der Zeit Kaiser Wilhelms des Grofsen. Ernstes und Heiteres aus der vaterländischen Geschichte von Hans Kraemer. 1. Liefg. Vollständig in 15 Lieferungen à 50 Pf. haus Bong & Co., Berlin und Leipzig.
Deutsches Verlags
Unter diesem Titel ist uns die 1. Lieferung eines neuen populären Prachtwerkes zugegangen, das es sich zur Aufgabe gestellt hat, ein Führer zu sein durch das Jahrhundert Wilhelms des Grofsen. Es will in streng historischer, doch populärer Form die Helden schildern, denen, mit Anbeginn der Befreiungskriege, wir unser heutiges neu geeintes Vaterland zu danken haben. Die ,,Einleitung giebt einen kurzen Überblick über die Zustände des deutschen Reiches zu Anfang des Jahrhunderts, dann die Zeit der Erhebung bis zum 17. März 1813, dem Tage des Aufrufes ,,An mein Volk". Es folgt sodann der Anfang einer markigen BlücherBiographie. Dieses erste Heft enthält aufser einem prächtigen Buntbild von C. Becker ,,König Wilhelm bei Gravelotte" und verschiedenen Schlachtenbildern, eine Nachbildung des eigenhändigen Berichtes Kaiser Wilhelms über seine Feuertaufe bei Bar sur Aube am 27. Februar 1814. Die Verlagsbuchhandlung verspricht, jedes der 15 Hefte ähnlich auszu-
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statten und werden wir später auf dieses Werk nochmals zurück zu kommen haben. 1. Erinnerungen eines Pariser Nationalgardisten aus den Jahren 1870/71 . Von Dr. Steffen Sohn. Heft 5-7 . Preis jeden Heftes 40 Pf. Altenburg. Stephan Geibel. Mehrfach hatten wir Gelegenheit, so auf diese hoch interessanten, der Feder eines Deutschen (Luxemburger) entstammenden ,,Erinnerungen " die Aufmerksamkeit unserer Leser zu richten. Die vorliegenden Hefte schildern u. A. die Pariser Hungermisere, Spionenjagd, Vorpostendienst und Bombardement ; dann die Schlacht am Mont Valérien, der Steffen mit Auszeichnung beiwohnte, das Blutbad vor dem Stadthause am 22. Januar 1871 , schliefslich den Waffenstillstand und das Ende der Hungersnot. Der Verfasser hat die Gabe, anziehend zu erzählen, in hohem Grade.
Man wird
diesen Erzählungen aus dem gegnerischen Lager hohen kriegsgeschichtlichen, mehr noch kulturgeschichtlichen Wert beimessen dürfen und ihnen einen besonders ehrenvollen Platz in der Kriegslitteratur des Jahres 1879/71 anweisen müssen . Die noch ausstehenden Hefte 7-10 werden das Werk zum Abschlufs bringen ; es wird vollständig, geheftet 4 M. , elegant gebunden 5 M. kosten und empfiehlt sich besonders Volks2. und Soldatenbibliotheken zur Beschaffung. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben, gezeichnet und mit kurzem Texte versehen von R. Knötel, Band VII, Heft 9-12 . Rathenow 1896.
Uniformenkunde.
M. Babenzien.
Preis jeden Heftes 1,50 M.
Inhalt : Heft 9. Blatt 41 : Spanien. Linien - Kavallerie 1806. Lübeck. Blatt 42-44 : Bürgermilitär : Infanterie und Sappeure, TambourMajor, Trommler, Musiker, 1. und 2. Jäger-Kompapnie 1831. - England . Blatt 45 : 1. Garde-Dragoner-Rgt.. ( 1. oder Kings Dragon Guards) 1815 . Heft 10. Blatt 46 : Baden. 3. Infanterie - Regt., Leib - Grenadier - Regt .; Grofsherzogl . Fufs- und Reitende Artillerie. ― Blatt 47-49 : Rufsland . Russ. Infanterie und Jäger, Kürassiere, Reiterei 1786-1796 . — Blatt 50 : Preufsen. Garde - Landwehr - Kavallerie und schwere Landwehr - Reiter 1852-1857. Heft 11. Preussen. 2. Landwehr- Husaren- Regt., 1. und 4. Landwehr-Dragoner- Regt., 4. und 7. Landwehr- Ulanen - Regt., Landwehrreiter der Reserve- Eskadron 1852-1857. - Spanien. Regt. Princesa und Regt. Guadalaxara 1807-1808 . Sachsen. Infanterie 1810. Heft 12. Würzburg. Dragoner (Chevauleger), Füsilier-Offizier, Grenadier 1807. Preussen. Husaren-Regt. v. Göcking (1806 v. Prittwitz Nr. 5) 1792. Spanien. Mireure und Sappeure 1807-1808 . Österreich - Ungarn . 4. Infanterie 1813. Rufsland . Füsiliere 1765-1778.
216
Umschau in der Militär - Litteratur.
III. Seewesen. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft V: Von Manila nach Hongkong und Amoy. Aus dem Reisebericht MeteoroS. M. S. "" Irene " , Komdt. Korv. - Kapt. du Bais. logische und hydrographische Notizen für die Reise von Kamerun über S. Paul de Loanda nach Kapstadt. Aus dem Reisebericht S. M. S. „ Hyäne“ , Komdt. Kaptlieut. Becker. - Von Samoa nach Auckland . Aus dem Reisebericht S. M. S . ,,Bussard ", Komdt. Korv. -Kapt. Winkler. Dezember 1896. Ansegelung von Cabedello , Brasilien , von Kapt. H. Köhler , Dampfer ,,Babitonga“. — Von Puerto Cabello nach Curaçao, von Kapt. von Levetzow vom Dampfer ,, Bolivia" . - Port Natal, von Kapt. F. Niejahr, Bark ,, Anna Schwalbe". Das Wetter zwischen dem La Plata und Kap Horn im Juli 1890 von E. Knipping . ( Hierzu Tafel V) . Treibeis im Süden vom Kap der guten Hoffnung und im Indischen Ocean, von L. E. Dinklage. — Der Einfluss des Windes und des Luftdruckes auf die Gezeiten. Makassar- Strafse. Balabalagan- oder kleine Paternoster-Inseln. Nach einem Berichte des holländischen Vermessungsfahrzeuges „,,Banda". (Hierzu Tafel 4.) Navigirung im Kanal von Ischia, Nach dem Bericht des deutschen Konsuls in Neapel. (Hierzu Tafel 6.) - Über die Resultate der magnetischen und hydrographischen Beobachtungen im Eismeere in den Jahren 1893 bis 1895. Notizen : 1. Aufserordentlich hohe südliche Route durch den Stillen Ocean. - 2. Aschenregen auf Java. 3. Über die Strömungsverhältnisse zwischen Nagasaki und der chinesischen Küste. 4. Meteor. Die Witterung an der deutschen Küste im Monat April 1897. Marine - Rundschau. Heft 6 : Zur Vorgeschichte der Flotte, von Vize-Admiral Batsch (Forts.). Der Kampf um den ostasiatischen Handel, von C. Busley (mit 1 Karte). Thätigkeit des Fischereikreuzers „ Zieten“ während des Monats April . -- Die wirtschaftliche Entwickelung der deutschen Kolonialgebiete. II. Plantagenbau in Kamerun und Togo, von Dr. Paul Neubauer (mit 1 Plan). Die französische Hochseefischerei und ihre Beziehungen zur inscriptian maritime, von Wirkl. Adm. -Rat Koch. Emporkömmlinge in der deutschen Seemanssprache, vom Marine-Oberpfarrer Goedel. - Mitteilungen aus fremden Kriegsmarinen . Aus der Handelsmarine : Der neue Schnelldampfer ,,Kaiser Wilhelm der Grofse. " Kabellager. - FeuerVermischtes : Eisenbahn von Port Saïd-Karachi . festes Holz. Army and Navy Gazette. Nr. 1949 : Die Wislicenus - Formel zur Berechnung des Gefechtswertes einer Flotte. - Japan bestellt 4 Torpedo-
Umschau in der Militär-Litteratur.
217
bootszerstörer in England . - Eine Königliche Marine-Reserve. Griechenland und die Türkei. Nr. 1950 : Jubiläumsehrungen für die Marine. Ergebnisse der Vermessungen im Jahre 1896 . Verstärkung des franDas nordamerikanische atlantische zösischen Mittelmeer-Geschwaders. Geschwader.
Army and Navy Journal. Nr. 1761 : Eiserne Befestigungen. Unsere verfallenen Trocken- Docks . Neue Panzerplatten-Preise. Marine und neue Zeiten. Ein französisches Panzerschiff. Nr. 1762 : Die Die Hotchkifs autoMammuthe unter den transatlantischen Dampfern. maschine Kanone, Trocken-Docks für die Marine.
In Macassar geRevue maritime et coloniale. April 1897 . sammelte Erfahrungen durch den „,Duguay Trouin". Luftströmungen , ihre Kurse und ihre Ausnutzung durch die Aërostate. - Studie über die — budgetäre Spezialität. Fremde Marinen : verschiedene Übersetzungen im Auslande erschienener Marine- Aufsätze, namentlich aus dem Deutschen. Seefischerei : Mitteilung über die Seekarten. - Lage der Fischerei und der Fischlaichzucht im Monat Februar 1897.
IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Rang- und Quartierliste der Preufsischen Armee und des Mit XIII. Königlich Württembergischen Armeekorps für 1877. Anciennitäts- Listen der Generalität und Stabsoffiziere und einem Anhange, enthaltend die Kaiserlichen Schutztruppen. 1282 und XXIV Seiten. Berlin 1897.
E. S. Mittler & S.
Preis 7,50 , 8,50 , 9 M.
2. Nachtrag zur Marine- Rangliste 1897. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 60 Pf.
3. Kriegsgeschichtliche
Einzelschriften.
Herausgegeben vom grofsen Generalstabe, Abteilung für Kriegsgeschichte . Heft 20 und 21 . Die Operationen gegen Vinoy im September 1870. Mit 1 Karte, 6 Skizzen und 4 Textskizzen . Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 3,75 M. 4. Auszugsweise Bearbeitung der vom Königlich Preufsischen Kriegsministerium herausgegebenen Militärischen Schriften weiland Kaiser Wilhelms des Grofsen . In wohlfeiler Ausgabe von G.Scheibert , Major z. D. Berlin 1897. Klokow. Preis 1 M. 5. Internationale Marine- Bibliographie. Verzeichnifs neuer Erscheinungen aller Länder auf dem Gebiete der Schiffsbaukunst, des SchiffsMaschinenbau-, Artillerie- und Torpedo - Wesens . Berlin 1897. W. Kühl. Preis 4,20 M. pro Jahr.
218
Umschau in der Militär-Litteratur.
6. Lösung von Aufgaben mittels des Richtbogens und des Sprenghöhen Messers nebst Beschreibung dieses Instrumentes mit 58 Figuren und einem Modell des Sprenghöhen - Messers . Von Major Schöffler.
Wien, Leipzig 1897.
Braumüller.
Preis 2 M.
7. Kritische Patrouillengänge. Herausgeber Eduard Goldbeck. Sensationsbroschüren und Reformgedanken. Serie 1 , Heft 1 und 2. Märtyrer des Militarismus. Berlin 1897. Osw . Seehagen. Preis des Heftes 80 Pf ; der Serie zu 6 Heften 4,25 M.
8. Felddienstübungskarte Preis 2,50 M.
von
Metz
1 : 50000.
Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.
Metz
1897.
XX.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
Von Paul von Schmidt, Generalmajor z. D.
IV. Kurfürst Friedrich III., als König Friedrich I. und König Friedrich Wilhelm I. War auch Kurfürst Friedrich III. nicht von so gewaltigem Geiste und so
sieghafter Energie wie der grofse Kurfürst, so fehlte
es ihm doch nicht an Kraft und Klugheit,
das fortzusetzen, wozu
sein Vater den Grund gelegt hatte. Bald nach seinem Regierungsantritt verbündete sich Friedrich mit Holland gegen Frankreich . Das Heer,
mit welchem er an den Rhein rückte, zählte unter dem
Kommando von Schöning und Barfufs 20 000 Mann.
Die Infanterie-
Regimenter hatten durchweg 2 Bataillone, das Bataillon 5 Kompagnien zu 144 Mann nebst 3 Ober- und 8 Unteroffizieren ; jede Kompagnie 10 bis 12 Grenadiere. Die Piken wurden abgeschafft , an Stelle der schwerfälligen Musketen traten leichtere Flinten , die mit hölzernen Ladestöcken versehen waren. Doch führten schon damals einige Gefreite eiserne mit Krätzer versehene
Ladestöcke.
Von der Ka-
vallerie zählte die Trabanten-Leibgarde 3 Kompagnien zu 150 Mann, die Grand- Mousquetairs 4 Kompagnien zu 103-104 Pferden ; die übrigen Kompagnien der Reiterei waren 65 Pferde stark ; die vier Dragoner - Regimenter waren in 28 Kompagnien zu 81 Pferden formirt. Die Kavalleristen bekleideten und bewaffneten sich nicht mehr selbst, sondern zahlten beim Diensteintritt eine bestimmte Geldsumme, worauf sie alle ihre Bedürfnisse vom Staat erhielten. Schon damals begann eine gewisse Liebhaberei für groſse Leute, die Leopold von Dessau mit Markgraf Philipp teilte . damals noch ein junger Dessauer,
Aber Leopold von Dessau ,
war bereits der gröfste Exerzir-
meister im Heere, hielt die Truppen, die unter seinem Kommando standen, in strenger Schulung und eiserner Manneszucht. Der Krieg am Rhein , mit manchem schönen Erfolge brandenburgischer Tapferkeit begonnen,
erlahmte in den folgenden Jahren
mehr und mehr, bis der Friede von Ryswyk ihn 1697 beendete. Desto gröfseren Ruhm erwarben die Brandenburger wieder im Türkenkriege.
Friedrich stellte laut Vertrag dem Kaiser Leopold
ein Hilfskorps , das sich unter General Barfufs bei Krossen verJahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 3. 15
220
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
sammelte : 1 Bataillon Garde, je 1 Bataillon Dönhoff, Barfufs, Schomberg, Heyden und Dohna, das Bataillon zu 750 Mann , aufserdem 300 Grenadiere ; die Kavallerie - Regimenter Markgraf von Bayreuth und v. Schöning zu je 518 Pferden, ein Dragoner-Regiment von Brandt 408 Dragoner ; im Ganzen 6253 Mann mit sechs dreipfündigen Kanonen und zwei zehnpfündigen Haubitzen .
Die Brandenburger hatten den Löwenanteil an dem Siege bei Salankemen — 16. August 1691 wie Markgraf Ludwig von Baden an den Kurfürsten berichtete : . . . „ Ich alleine habe dieses in Eil darum hinterbringen wollen, daſs ich nicht genugsam rühmen kann die Tapferkeit und Valor,
so Euer
Liebden sämmtliche Offiziere und Truppen in dieser Aktion bewiesen haben , bedauere aber zugleich, dafs auch von denenselben viel tot und blessiret worden . . . . “ Die schweren Verluste, die das Korps Barfufs erlitten, bestimmte den Kurfürsten ,
ein neues Hilfskorps
zu entsenden, das sich unter Eugen von Savoyen bei der Belagerung von Zenta - 1697 rühmlich hervorthat. Nachdem am 18. Januar 1701 der Kurfürst die Königskrone von Preufsen auf sein Haupt gesetzt, suchte er auch das Heer in königlichen Stand zu bringen , zumal er dem Kaiser gegen Behufs wirksamer Landesdie Franzosen Hilfe leisten musste. verteidigung in Zeiten der Not wurde aus allen waffenfähigen Männern vom 18. bis zum 40. Lebensjahre eine Landmiliz errichtet, die unter der Leitung von erprobten alten Unteroffizieren regelmäfsige Übungen abhielt : Kein preufsisch-brandenburgischer Unterthan durfte in fremde Dienste treten. 30 000 Mann unter General v. d. Heyden , später unter Markgraf Albrecht , kämpften unter Marlborough am Rhein gegen die Franzosen und bewährten bei Kaiserswerth, Venloo, Roermonde und Stephanswerth den alten Ruhm. Als nun der Kurfürst von Bayern den schwäbischen Kreis verwüstete und vereint mit dem französischen Marschall Villars die österreichischen Erblande bedrohte, leistete König Friedrich auch hier dem Kaiser Hilfe, indem von den Truppen des Markgrafen ein Teil abgezweigt und durch KavallerieRegimenter aus der Mark verstärkt wurde. Dies etwa 6000 Mann starke Korps unter Leopold von Dessau rettete bei Höchstedt 20. September 1703
durch des Fürsten und seiner Infanterie
heroische Standhaftigkeit die Kaiserlichen vor gänzlicher Niederlage. Im nächsten Jahre verdankte Prinz Eugen von Savoyen seinen glänzenden Sieg bei Höchstedt 13. August - ebenfalls der unwiderstehlichen Tapferkeit der Preufsen . Ich kann nicht umhin ", berichtete Prinz Eugen an den König, „Euer Majestät mit aller Submission bekannt zu machen , welchergestalt Dero unter meinem Kommando gestandenen Truppen ein unsterbliches Lob verdient, von welchem ich
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
selbst Zeuge bin, vornehmlich,
221
was die auf dem rechten Flügel ge-
standene Infanterie betrifft, deren Offiziers und Soldaten mit einer unerschrockenen Herzhaftigkeit gefochten, und die feindlichen Anfälle etliche Stunden aufgehalten , bis endlich, durch Gottes Hilfe, das
durch
entsetzliche Feuer gedachter Infanterie , der Feind in
solche Konfusion gebracht worden, dafs er ihrer Bravour nicht länger zu widerstehen gewufst, sondern in unglaublicher Konfusion die Flucht ergriffen, und durch die Abandonnirung seiner Schlachtordnung und völligen Lagers uns die allerrühmlichste Viktoria in die Hände gespielt. " Noch auf einem dritten Kriegsschauplatz sollten sich die Streiter des neuen . װKönigs in Preufsen " bewähren. Ein Verbündeter des deutschen Kaisers , Herzog Viktor Amadeus von Savoyen , wurde von den Fransosen hart bedrängt ; ihm sandte König Friedrich ein Korps von 8000 Mann unter Leopold von Dessau zu Hilfe : die Infanterie-Regimenter
Markgraf Philipp ,
Markgraf Ludwig ,
Fürst
von Anhalt - Dessau und von Kanitz ; die Kürassier - Regimenter Wartensleben, du Portail und Sonsfeld-Dragoner. Die InfanterieRegimenter waren durch Grenadier - Kompagnien verstärkt ,
wobei
u . A. zwei Grenadier - Kompagnien des Regiments Holstein - Beck. In der unentschiedenen heifsen Schlacht von Cassano - 16. August 1705 schlugen bekanntlich diese Grenadier - Kompagnien, mit dem Säbel draufgehend, feindliche Reiterei in die Flucht ; daher die ledernen Säbeltroddeln der 7. und 8. Kompagnie Grenadiere.
unserer Alexander - Garde-
In der Schlacht von Turin - 7. September 1706
waren es wiederum die Preufsen, denen Prinz Eugen einen glänzenden Sieg verdankte.
Die Truppen Eurer Majestät ", schrieb Herzog Viktor
Amadeus an den König, „ haben den gröfsten Anteil an diesem Siege gehabt.
Ich kann ihren Mut und die Tapferkeit ihres Anführers, des
Fürsten von Anhalt, nicht genug loben, und bin Euer Majestät so vielen Dank schuldig, dafs ich besorgt bin, Ihnen nie meine ganze Erkenntlichkeit bezeugen zu können. “ Während des grofsen Kurfürsten Lieblingswaffe die Reiterei gewesen war, mit der er seine glänzendsten Erfolge errungen hatte, trat seit Friedrich I. die Infanterie mehr und mehr in den Vordergrund . Ja, man begann die Kavallerie gering zu schätzen und zu vernachlässigen , zumal seit sie statt in unaufhaltsamer Attacke vorwärts zu stürmen, ihr Heil im Feuergefecht zu suchen begann. Dadurch gab sie ihre Eigenart auf und konnte gegen die Feuerüberlegenheit der Infanterie um so weniger etwas ausrichten. Die Geringschätzung der Reiterwaffe übertrug sich später vom alten Dessauer auf König Friedrich Wilhelm I. und erst dem grofsen 15*
222
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
Friedrich und seinen Reiterführern war es vorbehalten, die Kavallerie wieder zu hohen Ehren zu bringen. Freilich, auch in das Exerzir- Reglement für die Infanterie König Friedrich's können wir uns schwer hineinfinden. "7 Wir finden darin ", sagt Kanitz,
„ eine Menge der komplizirtesten Formationen
aufgezeichnet, aus denen in unerschöpflicher Abwechselung immer und immer wieder neue sich entwickeln, und es ist kaum zu begreifen, wie es möglich war, sie in ihrer bunten Mannigfaltigkeit dem Soldaten, und wenn er auch noch so lange diente, einzuprägen. - - „Das Kommandowort des Befehlshabers erzeugte stets neuveränderte Gefechtsformen, oft in der allerwunderbarsten Gestaltung. Rechnen wir hierzu noch die grofse Zahl schwieriger Handgriffe, die der Infanterist bald mit der Muskete, bald mit der Pike, mit der Handgranate und selbst mit dem spanischen Reiter ausführen mufste,
so gehörte zu diesem
allen eine so zur Natur gewordene, so mechanische Disziplin, daſs der Soldat auch mitten im wildesten Kampfgetümmel nicht im Stande war, seiner strengsten Schule, des Exerzirplatzes , zu vergessen. “ Der grofse König spricht sich über seines Grofsvaters Heer folgendermafsen aus : י װIm Anfang dieses Jahrhunderts wurden die Piken abgeschafft und man wandte statt ihrer die spanischen Reiter Diese Piken dienten nur zur Verteidigung der Infanterie gegen Reiterei ; bei Belagerungen , in Verschanzungen und bei hundert anderen Gelegenheiten konnte man die Pikenire nicht brauchen . Die alten Offiziere trennten sich sehr ungern von dieser Waffe, für die sie das Vorurteil langer Gewohnheit hatten,
aber da der Krieg den
Krieg vervollkommnet, so miſstraute man alsbald auch den Musketen, weil die Lunten im Regen verlöschten ; man ersetzte sie daher durch die Flinten. Unter der Regierung Friedrich's I. befestigte sich die Disziplin bei den Truppen ; sie wurden kriegstüchtig in Flandern sowohl als in Italien . Die Offiziere, die in Flandern Dienst thaten, lernten ihr Handwerk von den Holländern und man ahmte die grofse Sauberkeit nach, wovon die englischen Truppen das Beispiel gaben. Markgraf Philipp , Grofsmeister der Artillerie,
war der erste,
der auf grofse stattliche Leute hielt ; die Grenadier-Kompagnien seines Regiments überragten weit
das gewöhnliche Mafs .
Der Fürst von
Anhalt folgte diesem Beispiel und der Kronprinz that desgleichen. Seitdem war es das Streben der Offiziere, zu Soldaten nur grofse, starke und kräftige Leute zu wählen.
Alle Truppen waren ordonnanz-
mäſsig gekleidet ; wer in der Kavallerie dienen wollte, zahlte ein Einstandsgeld ; dann jedoch wurden die Kavalleristen auf Kosten der Krone bewaffnet und bekleidet.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
223
Die Infanteristen waren im Felde merkwürdig schwer belastet ; sie trugen aufser ihren Waffen und ihrem Mantel Zelte, Tornister und spanische Reiter ; sie fochten noch in viergliedriger Aufstellung. Der Fürst von Anhalt hielt auf scharfe Disziplin und strenge Subordination und brachte sie auf eine Höhe,
welche die gröfste Stärke
des Heeres war ; aber da seine Aufmerksamkeit sich auf die Infanterie beschränkte , so wurde die Kavallerie sehr vernachlässigt. Diejenigen Offiziere, welche den Krieg in Ländern kennen gelernt hatten, wo die Verteidigung und der Angriff fester Plätze die Hauptrolle spielte, bereicherten unsere Kenntnifs der Befestigungskunst ; viele von ihnen wussten die Trancheen beim Angriff zu führen, oder die Verteidigung einer belagerten Festung zu leiten. Friedrich I. liefs Magdeburg und Wesel befestigen, und zwar auf Vauban's und Coehorn's Manier ; er hatte den General von Schöning als Kommandanten von Magdeburg in seinem Dienst, der sich auf diesen Zweig der Kriegskunst wohl verstand, ferner Both, von dem man freilich behauptete, er sei mehr Maurermeister als ge" schickter Ingenieur. Friedrich I. regelte das Dienstalter der Offiziere aller Chargen, gründete Kadetten - Akademien zu Berlin und Magdeburg und förderte dadurch die Heranbildung eines nationalen Offizierkorps. Während die Kriegsartikel des grofsen Kurfürsten in Kraft blieben, war Friedrich I. genötigt, scharfe Mafsregeln gegen das mehr und mehr einreifsende Desertiren zu ergreifen . 27 Den Deserteurs soll binnen 24 Stunden der Prozefs gemacht und statt der Todesstrafe des Stranges sie zu Schelmen deklariret, die Nase und ein Ohr ihnen abgeschnitten und in einer Festung an die Karre geschmiedet, auch nie pardoniret ; diejenigen aber, gehenket werden sollen. "
so zum Feinde übergelaufen,
sofort
Übrigens wurde auch für die Fahnenflucht
die Todesstrafe wieder allgemein eingeführt. Man sah dies Vergehen als eine besondere Boshaftigkeit " gegen die Vorgesetzten an. Auch gegen das Schuldenmachen der Offiziere hatte Friedrich Veranlassung , scharfe Vermahnungen zu erlassen. Die von seinem Vater angebahnte Invalidenversorgung¹) Er suchte Friedrich weiter auszubauen und zu vervollkommnen. plante den Bau eines Invalidenhauses und gründete zu diesem Zweck eine Invalidenkasse , die indessen in der Folge zu Versorgungszwecken verwendet wurde,
nachdem der Bau des Invalidenhauses
vorläufig aufgegeben war. Sehr hohe Gnadengehälter erhielten die Generalfeldmarschälle, so z. B. v. Flemming anfangs 3000, später 1) Schnackenburg, das Invaliden- und Versorgungswesen,
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
224
4000 Thaler, ebenso
v. Barfufs 4000 Thaler.
Nach dem Etat von
1712 wurden an monatlichen Pensionen gezahlt, an sechs Generale von 80 bis 132 Thaler, an neun Obersten von 50 bis 80 Thaler, an drei Oberstlieutenants 25 bis 30 Thaler, an elf Kapitäns 3 bis 17 Thaler. Auch die Wittwen gefallener oder verdienter Offiziere wurden mit lebenslänglichen Pensionen bedacht. Ebenso erstreckte sich des Königs Fürsorge auf die hinterlassenen Kinder von Offizieren . Beim Tode König Friedrich's I. zählte die Armee :
2 Kom-
pagnien Schweizer, 2 Bataillone Grenadier- Garde, 3 Bataillone FüsilierGarde und 33 andere Infanterie-Bataillone ; an Kürassieren 2 Eskadrons Gardes du Corps, 1 Eskadron Gendarmes und Grand-Mousquetairs, sowie weitere 26 Eskadrons in 9 Regimentern ; an Dragonern 6 Regimenter zu je vier Eskadrons ; an Artillerie 17 Garnison-Kompagnien, 1 Bau-, 1 Frei- und 2 Marine-Kompagnien (490 Mann Artillerie) im Ganzen 38 459 Mann . König Friedrich I. , der sich im Rheinfeldzuge, im Besonderen bei der Belagerung von Bonn , als tapferer Soldat bewährt hatte, ist zwar kein schöpferischer Bildner und Erzieher
des vaterländischen
Heeres gewesen, hat aber redlich das Seine gethan zur Erhaltung und Förderung der preufsischen Wehrkraft.
Und wir wollen nicht ver-
gessen, dafs Höchstedt, Cassano und Turin hellglänzende Sterne sind am vaterländischen Ruhmeshimmel. Während
die
grofsartige
und
schöpferische
Wirksamkeit
des
grofsen Kurfürsten als Regent und Kriegsherr schon früh allgemein gewürdigt worden ist, ist das Verständnis für König Friedrich Wilhelm's I. Eigenart und Bedeutung dem gröfseren Publikum erst viel später gekommen. Gar viele Deutsche und selbst viele Preussen wufsten von Friedrich Wilhelm I. nicht viel mehr, „langen Kerls "
bevorzugte,
als dafs
er die
im Tabakskollegium derben Spafs und
ungeschminkte Wahrheit liebte, dafs er ein scharfes Stockregiment führte und „in tormentis" erschreckliche Bilder seiner grofsen Grenadiere malte .
Gutzkow's " Zopf und Schwert" ist ungemein charakteristisch
für die Auffassung des Soldatenkönigs, wie sie früher gang und gebe war. Erst der Brite Carlyle hat in seinem köstlichen Buche über Friedrich den Grofsen dem deutschen Publikum
ein Licht über den
gewaltigen Vorgänger des alten Fritz aufgesteckt . Gewifs ist Carlyle's knorrige, sprunghafte und oft wunderlich verschnörkelte Darstellung nicht einwandfrei. Aber das Bild, das Carlyle al fresco mit breitem Pinsel und in lebensfrischen Farben von Friedrich Wilhelm malt, ist im Grunde doch von so packender Naturwahrheit, dafs der deutsche Philister, dem oft das Wort des Fremden mehr imponirt, als die gründlichste Auseinandersetzung des Landsmannes, Mund und Nase
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
aufsperrte und sagte :
225
„Ei ei, wer hätte gedacht, dafs dieser König
ein so gewaltiger, so scharfblickender und so erfolgreich schaffender Monarch gewesen ist. "
Unser grofser Ranke , von andern Historikern
zu schweigen, hat das dem deutschen Volke auch schon gesagt : aber wie viele unserer 27 Gebildeten " haben Ranke überhaupt gelesen ! Selbst in neueren Geschichtswerken" findet man höchst dürftige und einseitige Charakteristiken Friedrich Wilhelm's. Haben wir es hier auch nur mit dem grofsen Bildner und Erzieher des Heeres zu thun, so mufs doch auch an dieser Stelle daran erinnert werden, dafs der Soldatenkönig auch ein Bürgerkönig war, dafs unser gesammtes Staatswesen ihm mindestens eben so viel verdankt wie die Armee und dafs im Besondern unser tüchtiges, kernhaftes preufsisches Beamtentum seine Schulung, seine Erziehung zur Pflichttreue und äusserster Arbeitsamkeit, seine Zuverlässigkeit gerade von diesem Soldatenkönig zu datiren hat. Welch schönes Denkmal setzt Friedrich II. seinem Vater, wenn er in
seiner Geschichte des Hauses Brandenburg von ihm sagt :
„Die
Politik des Königs war stets unzertrennlich von seiner Gerechtigkeit. Weniger bestrebt sich auszubreiten, als gut zu regieren, was er besaſs , immer gerüstet für die Verteidigung, nie zum Unheil Europas, zog er das Nützliche dem Angenehmen vor ; verschwenderisch in der Bauthätigkeit zum
Besten seiner Unterthanen,
aber nicht die kleinste
Summe sich gönnend für die Wohnlichkeit des eigenen Heim,
um-
sichtig im Eingehen von Verpflichtungen, wahr in seinen Versprechungen, streng in seinen Sitten, scharf in seinen Anforderungen an die Sittlichkeit anderer Leute, hielt er unerbittlich auf die militärische Disziplin, regierte er seinen Staat nach denselben Grundsätzen wie sein Heer , hatte er eine so günstige Meinung von der Menschheit, dafs er meinte, seine Unterthanen müſsten eben solche Stoiker sein,
als er selber."
Den Eindruck, den Friedrich
Wilhelm's Truppen auf ihn machten , schildert ein Zeitgenosse, der bekannte Baron von Pöllnitz , folgendermafsen : „Die Preufsen haben eine Einrichtung, die sich bei andern Truppen nirgends findet : sie werden alljährlich neu eingekleidet. Sie tragen im Winter Tuch-, im Sommer leinene Hosen. Man liefert ihnen Hemden , Halsbinden und Gamaschen.
Ihr Sold ist hoch und wird regelmässig gezahlt.
Der
Soldat ist verbunden , seine Pflicht zu thun ; aber wenn er sie erfüllt, so geniefst er mehr Freiheit, als in jedem andern Dienst. Wenn ich die Muskete tragen müfste, so würde ich das am liebsten im preufsischen Dienste thun .
Eine scharfe Disziplin ist bemerkbar ; der Soldat
enthält sich des Fluchens wie des Spielens, mit einem Worte : er erlaubt sich keinerlei Ausschreitungen . An Sonn- und Festtagen
226
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
werden die Mannschaften zweimal zur Kirche geführt.
Den Katholiken
ist gestattet, die Messe zu hören. Überhaupt wird gute Zucht und Sitte bei diesen Truppen in bewundernswerter Weise aufrecht erhalten. Die gesammte Infanterie ist blau gekleidet. Dem Obersten jedes Regiments bleibt es überlassen (?), Westen und Besätze nach seinem Geschmack zu bestimmen. Kavallerie und Dragoner sind weils gekleidet. Das Regiment Gendarmes trägt blaue Röcke mit goldenen Brandebourgs . Die Husaren sind rot uniformirt. Die Uniformen der Offiziere bei der Infanterie wie bei der Kavallerie unterscheiden sich von denen der Mannschaft nur durch die Feinheit des Stoffes. Bei einigen Regimentern sind die Westen mit Tressen besetzt. Die Fahnen sind in allen Regimentern gleich : Wahlspruch des Königs,
meist mit dem
der über einem zur Sonne fliegenden Adler
geschrieben steht : 17 Nec soli cedit " .
Die Gleichmässigkeit herrscht im
Heere in allen Dingen : Flinten, Degen, Bajonette, alles ist gleichmäfsig in den Regimentern bis herab zu den Schuhschnallen. Dieselbe Regelmässigkeit bemerkt man bei der Kavallerie und bei den Dragonern ; die einen wie die andern sind auf Rappen beritten ; andere Pferde sind nicht erlaubt ; selbst die Offiziere sind von dieser Vorschrift nicht ausgenommen, sobald sie an der Spitze ihrer Eskadron Ihre Schabracken und ihre Ausrüstung oder ihrer Kompagnie sind. sind gleichmäfsig und aufserordentlich reich. büffellederne Koller und darüber den Kürafs .
Alle
Reiter tragen
Sie exerziren zu Fufs
wie die Infanterie und geben ihr an Strammheit nichts nach. Die Trompeten der gesammten Kavallerie sind von Silber. Es giebt keinen Kapitän in der preufsischen Armee , der nicht mindestens zehn Überzählige hat , so dafs, wenn man diese mitzählt, die Streitkräfte des Königs sich auf nahezu 100000 Mann (?) belaufen dürften, lauter auserwählte Leute, die man mit Bewunderung einherstolziren sieht. Wenn sie jemals ins Feld rücken, so wäre es Am Tage nach meiner schade, wenn sie Unglück hätten.
Ankunft in Berlin hatte ich die Ehre, den König zu sehen . Seine Majestät besichtigte gerade die Garde. Der Monarch ist von mittlerer Gestalt und ziemlich wohlbeleibt. ein.
Sein Gesichtsausdruck flöfst Respekt
Jedoch kann er so gnädig sein, wie nur irgend ein Fürst der
Welt. Ich hörte ihn zu seinen Offizieren mit einer Güte sprechen , die sie bezaubern mufs . Ich musste seine geniale Handhabung der militärischen Disziplin bewundern und ich sah, wie ihm ein flüchtiger Blick genügte, um den geringsten Fehler zu bemerken , der gegen die wunderbare Genauigkeit begangen ward, die in den Evolutionen seiner Truppen zu Tage tritt.
Der König liefs seine Garde, nachdem sie
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
227
exerzirt hatte, vorbeimarschiren . Noch nie habe ich Truppen strammer und stolzer marschiren sehen ; eine einzige Triebkraft scheint sie in Bewegung zu setzen. Alle Soldaten sind jung, von gleicher Gröfse, die schönsten Leute, welche die Natur hervorbringen kann . Sie sind gut gekleidet und mit einer Sauberkeit und Nettigkeit, dafs man sie eher für Offiziere als für gemeine Soldaten halten könnte. Man hat wohl behauptet, die Röcke seien zu eng und zu kurz .
Ich war auch
dieser Meinung und bin es noch, wenn ich einen einzelnen preussischen Offizier oder Soldaten mitten unter uns Andern sehe, die wir im Vergleich damit eigentlich Schlafröcke tragen ; aber sobald ich ein preufsisches Truppenkorps sehe, gewinne ich eine andere Anschauung und ich finde, daſs ihre Bekleidung ihnen ein so kriegerisches Ansehen giebt, wie keine andere Truppe es hat.
Man könnte nun sagen, die Röcke
der Preufsen seien geeignet für die Garnison , aber für das Feld nicht ausreichend, um dem Soldaten in der Nacht Schutz zu gewähren. Darauf entgegne ich, dafs die preufsischen Soldaten keine Gefahr laufen, ohne genügende Bedeckung zu sein, da jeder Kapitän, sobald man ins Feld rückt, bedarf.
soviel Decken mitnimmt,
als seine Kompagnie
Aber, wird man sagen, welche Last, welche Bagage !
In der
That braucht man dazu zwei Packpferde pro Kompagnie ; aber um so besser ist der Soldat daran ;
rückt er durchnäfst ins Lager, so
kann er in der Nacht seinen Rock trocknen , während er sich in die Decke hüllt. Dies Gepäck ist übrigens nicht schwerer für die Truppen, als es zu der Zeit war, wo die ganze preufsische Infanterie mit Mänteln ausgerüstet war, die der Soldat bei der gröfsten Hitze tragen mufste, der Mantel gerollt über die Schulter gelegt und vorn und hinten am Säbelkoppel befestigt. Wenn sie nun einen beschleunigten Marsch zu machen hatten, wie ich das in Flandern 1703 bei Oudenarde gesehen habe, als es galt ,
die Franzosen anzugreifen,
Preuſsen ihre Mäntel unter Bewachung zurück ;
so liefsen die
die Schlacht wurde
geschlagen und nun mufsten die Kapitäns die Mannschaften zurückschicken, um die Mäntel zu holen. Endlich halte ich auch aus dem Grunde die jetzige preufsische
Bekleidung für die beste, weil die meisten deutschen Fürsten sie eingeführt haben und sich wohl dabei befinden . Die sächsischen und braunschweigischen Truppen z. B. sind ebenso bekleidet. " Charakteristisch für König Friedrich Wilhelm's Auffassung vom Soldatenberuf ist die Mafsregel, die er zwölf Tage nach seiner Thronbesteigung traf: er hob die Miliz auf und verbot den Gebrauch des ihm verhafsten Wortes bei Strafe von 100 Dukaten. Auch von 97 Militär" sollte nicht geredet werden, nur von Regimentern, Offizieren und Soldaten.
Freilich, was er als Kronprinz von der Miliz
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
228
und ihrem sogenannten Exerziren gesehen ,
mufste das
Auge des
gröfsten Exerzirmeisters der Welt beleidigen ; ihm galt ein Soldat, der erst ein bis zwei Jahre lang tagtäglich gedrillt war, noch für einen leidlich ausgebildeten Rekruten . Die Exerzir-Passion hatte sich schon beim Knaben entwickelt.
Als er 10 Jahr alt war, errichtete er sich
aus seinen Gespielen eine Kadetten kompagie , uniformirte und rüstete sie aus seiner Sparbüchse aus und übte diese Mannschaft in den Handgriffen und Bewegungen , die er bei seines Vaters
der Schweizergarde
mit scharfem Blick beobachtet und gemerkt hatte.
Sein damaliger Gouverneur, Graf Alexander Dohna , sagt hierüber ; „Das Niedlichste von
allem war
eine Kompagnie Knaben bester
Qualität, die der Kronprinz kommandirte. Man postirte sie in den Gemächern, wo sie ihre Obliegenheiten trefflich erfüllten. " Als der Prinz gröfser wurde und das edle Waidwerk mit Eifer zu treiben begann, liebte er es, die zur Jagd aufgebotenen Treiber in Reih' und Glied zu stellen. Aus ihnen erlas er sich dann ihrer 30 wohlgewachsene junge Burschen, uniformirte sie, rüstete sie mit Holzflinten aus und drillte sie nach allen Regeln der Kunst. Daraus wurde mit der Zeit eine förmliche Jagdgarde , von deren Mannschaft einige zu sehr ansehnlicher Gröfse heranwuchsen und sich durch solche löbliche Leistung die besondere Gunst ihres fürstlichen Herrn und Gönners erwarben.
Zum Feldzug in Flandern
1709 -
nahm der Kronprinz seine Jagdgarde mit und beim Regierungsantritt wurden diese Leute dem 1. Bataillon des zum Leib-Regiment erhobenen Regiment Kronprinz einverleibt. Überhaupt formte Friedrich Wilhelm die prunkvollen Garden seines Vaters völlig um. schaffte er ab;
aus
der Fufsgarde
wurden
Die Schweizergarde die
Regimenter
von
Schwendy und von Kameke gebildet, aus dem Regiment Kronprinz wurde die berühmte Potsdamer Riesen - Garde. Von der Kavallerie der Garde wurden die Mousquetairs und die Gardes-du-Corps in das Regiment Gendarmes untergesteckt, die Leib - Dragoner (spottweise Küchendragoner genannt), in ein Kürassier - Regiment umgewandelt. Dabei wurde das Heer alsbald ansehnlich verstärkt und während der ganzen Regierungszeit stetig vermehrt. wies die Armee
Schon im Jahre 1713
eine Stärke von 44 792 Mann auf,
60 333 und 1720 auf 71 538 Mann .
stieg 1715 auf
1717 wurden aus dem Dragoner-
Regiment Derfflinger die Schulenburg'schen Grenadiere zu Pferde gebildet, 1718 sämmtliche Kavallerie-Regimenter um eine Eskadron vermehrt.
1729 wurde das Bronikowski'sche Husarenkorps von 173 Pferden
errichtet, dem 1730 das Zieten'sche mit 71 Pferden folgte. Nach Aufhebung der Miliz waren alle Mannschaften, die ihr bisher angehört hatten, für die Rekrutirung der Regimenter ver-
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
fügbar .
229
Die Regimenter sollten stets komplett, die Leute zum Kriegs-
dienst tüchtig
sein,
wobei,
wie der König in seiner Ordre vom
17. Juni 1713 sagt, „ Seine Königliche Majestät sich einzig und allein an die Offiziere der Regimenter halten wollen " . sehr viele junge Leute aus Scheu vor dem
Freilich gingen nun
strengen Dienst über die
Grenze. Daher verfügte der König in einem Edikt vom 13. Oktober 1713, dafs jeder Unterthan , welcher ohne Erlaubnifs das Land verlasse, gleich einem Deserteur bestraft werden solle. Werbungen im Lande wurden zwar verboten ; aber
Gewaltsame ungehorsame
Bürger, Bauern und dergleichen Unterthanen, welche das Ihrige liederlich durchbringen, oder sonsten Verbrechen begehen, warum es besser, eine Bürgerschaft, Kommune und Dorfschaft von dergleichen Widerspenstigen zu reinigen ; nicht weniger, wenn Dienstboten, es seien Lakaien, Kutscher, Knechte oder andere Bediente, ihren Brotherrn nicht gut thun und daher den Regimentern zugewiesen und überliefert werden, dafs sie dergleichen Leute durch Soldaten aufheben und wegnehmen lassen . “ Durch diese Mafsregel kamen allerdings allerlei unsichere Kantonisten und zweifelhafte Elemente in das Heer ; auch der Willkür der Befehlshaber und der Dienstherrschaften wurde Thor und Thür geöffnet. Die Kommandeure, die Gutsbesitzer waren,
hoben ihre Unterthanen
für ihre Regimenter aus, entliefsen sie aber auf bestimmte Zeit zur Feldbestellung und Erntearbeit. Darüber sah der König ebenso hinweg, wie über viele Übergriffe der Kapitäns und Kommandeure, die den Verwaltungsbehörden gegenüber fast immer Recht bekamen. Recht übel waren auch Professoren und Studenten der Universität Halle daran, die verdammten Federfuchser" , wie Leopold von Dessau sie titulirte. „ Ist mein Unterthan, soll nicht räsoniren ", dekretirte Friedrich Wilhelm, als ein Student widerrechtlich in des Fürsten Regiment gesteckt worden war. Nun nahm aber das Ausreifsen und Desertiren" wieder dermassen überhand, dafs weder Strenge noch Milde Wandel schaffen konnte. Da erst entfaltete sich Friedrich Wilhelm's schöpferisches Organisationstalent:
durch das Reglement
vom 1. Mai 1733 wurde das gesammte Ersatzwesen im Staate neu geordnet. Sämmtliche Feuerstellen im ganzen Lande wurden genau aufgenommen und an die einzelnen Regimenter verteilt, die sich behufs ihres Ersatzes lediglich an den ihnen zugewiesenen Bezirk Kanton halten mussten und sich keinen Übergriff in andere Bezirke erlauben durften. Aus seinem Kanton hatte das Regiment von den „ Enrollirten " auszuwählen : den Bedarf an Kombattanten, an Trainknechten und aufserdem soviel Mannschaften, als beim Ausmarsch zu den Garnisontruppen abgegeben werden mussten. Die zur Ergänzung des Regiments enrollirten jungen Leute erhielten
230
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
Büsche von der Farbe des Regiments an ihre Hüte und Pässe von den Kapitäns ihrer Kompagnien . Von der Enrollirung befreit blieben die Söhne von Oberoffizieren und Edelleuten, von Eltern,
die mindestens 10 000 Thaler
Vermögen besafsen, von Geistlichen und königlichen Beamten, ferner die Wirtschaftsbediensteten der adligen Gutsbesitzer,
Kinder unter
10 Jahren, die erste Generation der fremden Kolonisten und derjenige Sohn, der die Wirtschaft und Nahrung des Vaters übernehmen sollte . Trotz seiner Abneigung gegen die frühere Miliz errichtete der König , um die älteren, nicht mehr felddienstfähigen Mannschaften der Regimenter zu verwerten, eine Anzahl von Landregimentern , ähnlich unseren Landwehrtruppen organisirt. Ihre Offiziere, Unteroffiziere und Tambours erhielten halben Sold und verblieben im Dienst, während die Mannschaften nur jährlich auf 14 Tage zur Übung eingezogen wurden . So wurden ein Berlinisches , ein Königsbergisches, ein Stettinisches und ein Magdeburgisches Landregiment formirt. Besonders erwünscht blieb dem König die ausländische Werbung. Nicht nur in den Reichsstädten, wo die preussische Werbung gestattet war, wurden Werbeoffiziere stationirt, sondern auch heimlich in aufserdeutschen Ländern . Und nicht blofs Offiziere, sondern auch königliche Beamte aller Art rechneten es sich zur Ehre, ihrem Gebieter zu schönen, stattlichen Flügelleuten zu verhelfen,
so
auch die im Auslande beglaubigten Gesandten. Der Geheimrat von Borcke, Gesandter am Britischen Hofe, lieferte dem Könige für seine Leibgarde einen Irländer von 6 Fufs 11 Zoll, dessen Anwerbung und Überführung freilich viele tausend Pfund gekostet haben soll . „ Es wuchs das Riesenmass der Leiber weit über menschliches hinaus " : der Flügelmann der Leibgarde, Jonas, mafs 8 Fufs 2 Zoll, sein Nachfolger, Hohmann, war so grofs, dafs August der Starke ihm mit ausgestreckter Hand nur bis an die Nase reichte. Die ausländischen Werbungen verwickelten den friedliebenden Monarchen oft genug in ärgerliche Streitigkeiten mit den Nachbarstaaten, die manchmal nur mit Not und Mühe beizulegen waren. Andrerseits suchten mitunter fremde Mächte den König für ihre Zwecke
zu gewinnen, indem sie
ihm einen „ beau Flügelmann “ zum Präsent machten. Diese Passion Friedrich Wilhelm's für lange Kerls ist nicht wegzuleugnen ; aber wir würden dem grofsen Vorbildner der fridericianischen Armee Unrecht thun, wenn wir diesem " Sport" eine entscheidende Bedeutung für das gesammte militärische Wirken und Schaffen des rastlos thätigen Kriegsherrn beilegen wollten.
Die persönlichen Lehns-
leistungen der Ritterschaft hob Friedrich Wilhelm auf; für jedes schuldige Pferd" wurde aber ein jährlicher „ Canon " von 40 Thalern
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
231
festgesetzt und trotz alles Sträubens der Ritterschaft zum grofsen Vorteil der Rekrutenkasse durchgeführt . Der Rekrutenkasse flossen aufserdem die mannigfachsten Einnahmen zu :
wer sich um ein Amt
bewarb, wer als Advokat praktiziren wollte,
mufste zahlen ; ebenso
wurden allerlei Geldstrafen jener Kasse einverleibt. Mit unermüdlichem Eifer und mit einer Gründlichkeit, die bewundernswert ist, arbeitete der König an der kriegstüchtigen Ausbildung des Heeres. In Gemeinschaft mit Leopold von Dessau studirte er die Reglements aller europäischen Heere durch und arbeitete sodann ein "7 neues Preufsisches Kriegsreglement " aus, das nicht nur Exerzir-Reglement war, sondern auch Alles enthielt, was auf Bewaffnung, Uniformirung und Ökonomie Bezug hatte .
Das
Reglement setzte unter Anderm auch die „ Tragezeit " der Fahnen und Standarten auf 5 Jahre fest. "7 Wenn aber die Regimenter länger mit den Fahnen auskommen können, sollen auch keine neuen Fahnen gemacht werden, bis es nötig ist. " Ehe dies Reglement den Regimentern zuging , wurden dessen Bestimmungen beim Leibregiment durchprobirt; auserlesene Offiziere und Unteroffiziere der Armee wohnten diesen Vorübungen bei, um ihren Truppenteilen bei der Einführung behülflich sein zu können . Offizier und Unteroffizier
In Schweinsleder gebunden, wurde jedem des Heeeres sodann ein Exemplar des
Reglements ausgehändigt, zur genauesten Nachachtung und -strengsten Geheimhaltung. Alljährlich inspizirte der König seine Truppen und bei seinem scharfen Blick und seiner unerbittlichen Gründlichkeit waren seine Anforderungen ungemein streng. stöfsen kam es vor,
Selbst bei kleinen Ver-
dafs der betreffende Kommandeur mit einem
Scheert Euch zum Teufel " kassirt wurde, während die Generale, bei denen es "7 klappte " , die Ehre hatten, den König als Gast an ihrer Tafel zu haben. Bei aller Strenge war der König für seine Soldaten wahrhaft väterlich besorgt , ging auf jedes ihm begründet erscheinende Gesuch ein und unterhielt sich gern und eingehend mit dem gemeinen Mann .
Dabei legte
er den höchsten Wert auf die
dienstliche und moralische Tüchtigkeit des Offizierkorps ; trotz aller dahin gerichteten Bestrebungen des grofsen
denn
Kurfürsten
war unter ihm wie unter seinem Nachfolger das Offizierkorps nicht frei von Elementen gewesen , die in eine nach den Grundsätzen ritterlicher Standesehre erzogene Gemeinschaft nicht hineinpafsten .
Im
Dienstreglement für die Offiziere von 1726 ist dem Begriff der Standesehre in vollem Mafse Rechnung getragen.
Charakteristisch
hierfür ist die Bestimmung : „ Der untergebene Offizier hat im Dienst unbedingt zu gehorchen, es sei denn , dafs er an seiner Ehre angegriffen wird. "
Der König ernannte sämmtliche Offiziere persönlich ,
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
232 jedes
Patent
wurde von
ihm
unterschrieben .
Offiziere lieferte in erster Linie der Landadel.
Den Ersatz
der
Die Söhne ärmerer
Edelleute liefs der König kostenfrei erziehen und überwies sie dann als Pagen einem General, der für ihre weitere militärische Ausbildung sorgen mufste.
Ausserdem wurden die bisherigen Kadetten-Akademien
zu Berlin und Magdeburg zu einem Corps de cadets vereinigt, wo die Söhne armer adliger Familien kostenfrei erzogen und zu Offizieren herangebildet wurden, deren Tüchtigkeit und unbedingte Zuverlässigkeit von Friedrich Wilhelm und seinem grofsen Nachfolger hundertfach erprobt wurde. Nach dem Reglement von 1726 bestand jedes Infanterie-Regiment aus 2 Bataillonen, das Bataillon aus 5 Kompagnien. Die Kompagnie zählte 4 Oberoffiziere, 11 Unteroffiziere, 3 Tambours, 13 Grenadiere, 108 Musketiere, 1 Feldscheer. Das Bataillon wurde taktisch in 4 Divisionen zu je 2 Pelotons eingeteilt, sodafs hierbei die KompagnieEinheit nicht festgehalten werden konnte. Die Gewehre waren durchweg mit einem von der Mündung abgebogenen Bajonnet versehen und hatten Dank dem Dessauer sämmtlich eiserne Ladestöcke ; erfunden hat Fürst Leopold sie nicht, wohl aber sie allgemein eingeführt, da er ihre ungemeine Bedeutung für das schnelle Laden und Schiefsen erkannte. Die seit früher verminderten, doch immer noch sehr zahlreichen Griffe wurden mit haarscharfer Genauigkeit ausgeführt, besonders aber das Laden und Feuern zu einer Geschwindigkeit und Präzision
gesteigert ,
die uns fast un-
begreiflich erscheint, wenn man die zahlreichen Griffe und Tempos in Betracht zieht, die beim Steinschlofs - Vorderlader unvermeidlich waren . Für das Wesen der Reiterei hatte Friedrich Wilhelm kein Verständnifs : grofse Leute auf grofsen schweren Pferden konnten wohl stramm exerziren, aber keine schneidigen Attacken reiten.
Die Reiter-
Regimenter hatten sämmtlich 5 Schwadronen, die 6 Oberoffiziere, 12 Unteroffiziere, 2 Trompeter , 130 Mann und 2 Fahnenschmiede zählten . Desto gröfsere Verdienste erwarb sich der König um die Artillerie . Diese Waffe wurde jetzt völlig und für immer von dem handwerksmässigen Wesen befreit,
das ihr bisher unausrottbar an-
gehaftet hatte, die Artilleristen wurden regelrechte
Soldaten.
Ein
Bataillon Feld-Artillerie zu 6 Kompagnien, das in Berlin stand,
war
zur Bedienung der Feldgeschütze bestimmt.
Ein Bataillon Garnison-
Artillerie war in den Festungen Wesel, Magdeburg, Pillau und Stettin verteilt und bediente die Festungsgeschütze, die in sehr beträchtlicher Zahl vorhanden waren :
732 bronzene,
1425 eiserne
Kanonen,
171
bronzene, 128 eiserne Mörser, 27 bronzene, 27 eiserne Haubitzen. Friedrich der Grofse sagt in seiner klassischen Charakteristik
! 1
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
233
des Heeres seines Vaters u . A.: „ Die ganze Armee war in den Städten einquartiert, um Disziplin einzuführen und zu erhalten ; der König erliefs ein militärisches Reglement, das jeden Offizier über seine Obliegenheiten unterrichtete ; er selbst hielt die Hand darüber . An der Spitze der Truppenteile standen Offiziere, Dienstkenntnifs Autorität hatten ;
die durch Dienstalter und
sie befestigten die
durch ihr Beispiel und ihre Strenge .
Subordination
Der König besichtigte seine
Truppen alljährlich, liefs sie Evolutionen ausführen und da er selbst der Inspizirende war, konnte man ihm kein X für ein U machen. Als er zuerst seine neuen Exerzitien einführte, verstanden die Offiziere noch nicht, die Sache nach fafslicher Methode zu lehren ; ihre Redekunst bestand in Stockschlägen ; so wurde die Arbeit langwierig und schwierig.
Man säuberte aber in der Folge die Offizierkorps
der Regimenter und entfernte solche Leute , die weder nach Führung noch nach Herkommen den Ansprüchen genügten , die man an ehrenhafte Männer ihres Faches stellen mufste ; seitdem duldeten die Offiziere mit feinem Takt nur tadellose Kameraden in ihrer Mitte. Die Bataillone rangirten in vier Gliedern, schossen aber in drei Gliedern . Der Fürst von Anhalt wufste die Schiefsfertigkeit der Soldaten zu unglaublicher Geschwindigkeit zu steigern ; seit 1733 schofs das erste Glied mit aufgepflanztem Bajonnet. Das Exerziren ging in der Regel in nachstehender Reihenfolge vor sich : man begann mit den Griffen ; sodann wurde Peloton- und Divisionsweise geschossen; es wurde mit derselben Feuerart langsam avancirt, warauf man zwei Karré's formirte,
was im Angesicht des Feindes nicht praktisch war
und mit einem sehr nutzlosen Heckenfeuer wurde geendet.
(Beim
Heckenfeuer sprangen je zwei und zwei Rotten fünf Schritt aus dem Gliede vor und traten dann wieder ein, um durch andere ersetzt zu werden
ein Verfahren,
das sich in ähnlicher Weise bis zur Ein-
führung unseres neuesten Reglements erhalten hat: Schützen aus der Tete etc. vor !)
Indessen gingen alle diese Evolutionen mit solcher
Präzision vor sich, dafs die Bewegungen eines Bataillons dem Gange eines wohl gefügten Uhrwerks glichen. Der König schaffte die Mäntel ab und verkürzte die Röcke der Infanterie ; um dieselbe für den Marsch zu entlasten überwies er jeder Kompagnie zwei Packpferde, welche die Zelte und Decken für die Soldaten trugen . Vorsichtig richtete der König in allen Provinzen Magazine ein, in denen das überschüssige Getreide aufgespeichert wurde ; sie dienten zur Volksernährung in Zeiten des Mangels und versorgten die ArmeeMagazine im Kriege.
234
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
Gegen das Jahr 1730 wurchs die Leidenschaft für grofse Leute bis zu einem Grade, den die Nachwelt sich kaum vorstellen kann ; der gewöhnliche Preis für einen Mann von 5 Fufs 10 Zoll rheinländisch betrug 700 Thaler ; ein Mann von 6 Fufs wurde mit 1000 Thaler bezahlt ; und wenn er noch grösser war, erhöhte sich der Preis noch beträchtlich ; manche Regimenter hatten keine Mannschaft unter 5 Fufs 8 Zoll und der kleinste Mann der Armee mafs reich-- Die Kavallerie hatte sehr grofse Leute, lich 5 Fufs 6 Zoll. A Kolosse auf Elefanten, die weder manöveriren noch fechten konnten ; bei jeder Besichtigung fiel dieser und jener Reiter aus Ungeschicklichkeit vom Pferde ; sie waren ihrer Rosse nicht Meister und ihre Offiziere hatten keine Ahnung vom Dienst der Reiterei, keine Ahnung vom Kriege, keine Kenntnifs vom Terrain, wufsten nichts von Theorie und Praxis der Bewegungen, Schlacht braucht.
wie sie die Reiterei am Tage der
Diese guten Offiziere waren Landwirte, die ihre Kompagnien als Grundstücke betrachteten, aus denen sie soviel herausschlugen als möglich war. Durch den langen Frieden
war der Dienstbetrieb
entartet ; zu
Anfang der Regierung Friedrich Wilhelm's galt es, Ordnung und Disziplin in den Regimentern zu schaffen ; aber als man damit zu Stande gekommen war, richteten die nur für's Auge waren.
sich die Bestrebungen auf lauter Dinge, Der Soldat lackirte seine Flinte und seine
Ausrüstung, der Kavallerist sein Zaumzeug und seinen Sattel und sogar seine Stiefel ; die Pferdemähnen wurden mit Bändern durchflochten ; und endlich artete die an sich so nützliche Sauberkeit bis zur Lächerlichkeit aus . Wenn der Frieden länger als bis 1740 gewährt hätte,
so wären wir noch bis zu Schminke und Schönpflästerchen gekommen ; was aber noch beklagenswerter, das war die gänzliche Vernachlässigung der grofsen Anforderungen des Krieges ; man verlor sich mehr und mehr in kleine Einzelheiten . Trotz dieser Mifsstände war die Infanterie gut ; es herrschte in ihr straffe Disziplin und grofse Ordnung ; aber die Kavallerie wurde völlig vernachlässigt ; der König hatte bei Malplaquet gesehen, wie die kaiserliche Kavallerie dreimal abgeschlagen wurde und bei den Belagerungen von Menin, Tournai und Stralsund fand sich keine Gelegenheit, wo die Kavallerie sich hervorthun konnte. Anhalt hatte dieselben Vorurteile ;
Der Fürst von
er konnte der Styrum'schen Ka-
vallerie ihren Mifserfolg in der ersten Schlacht von Höchstedt nicht verzeihen ; er hielt solches Verhalten der Reiterei für die Regel und rechnete auf keine besseren Leistungen.
Diese Vorurteile waren so
unheilvoll für unsere Kavallerie, dafs sie undisziplinirt blieb und
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
dafs sie nicht zu brauchen war, wollte.
235
als man sie demnächst verwenden
Die Offiziere der Infanterie waren eifrig und thätig in ihrem Dienst, während die von der Kavallerie, in kleinen Städten zerstreut, stumpf und gleichgültig waren. Unter den Generalen gab es mehr brave als einsichtige Leute ; der Fürst von Anhalt war der einzige , der eine Armee zu kommandiren fähig war. Das wusste er und zog allen Vorteil aus seiner Überlegenheit, um sich desto unentbehrlicher zu machen und den Andern den Rang abzulaufen. Während der Regierung des Königs
wurden
die Befestigungen
von Magedeburg und Wesel vollendet, die von Stettin unter Leitung des Oberst Walrawe begonnen ; die Direktiven gab der Fürst von Anhalt. Der König schuf ein Korps von dreifsig Ingenieuren , die sich in die verschiedenen Arbeiten teilten, er füllte sein Zeughaus mit Artilleriematerial für Feld und für Belagerungen,
er hatte aus-
gezeichnete Artillerieoffiziere. Die Kadetten, diese Pflanzschule für das Offizierkorps, ersetzten in der Armee alle durch den Tod herbeigeführten Verluste ; das gelang um so besser, als diese jungen Leute aus einer Militärschule hervorgingen, mit allen für einen Offizier erforderlichen Kenntnissen ausgerüstet . Dies waren die Fortschritte im preufsischen Militärwesen bis zum Tode des verstorbenen Königs . Man kann hierauf anwenden, was Vegetius von den Römern sagt : „Ihre Manneszucht liefs sie über die Kunstgriffe der Griechen, über die Kraft der Germanen, über die Leibesgröfse der Gallier, über alle Nationen der Erde triumphiren . " Friedrich Wilhelm war fast Tag für Tag auf dem Exerzirplatze zu sehen, teils in Berlin, teils in Potsdam, wo der „ Lustgarten “, noch heute so genannt, die bevorzugte Stätte für die Übungen war. In Potsdam erbaute der König seinen blauen Jungens kleine Häuser, eine Soldatenstadt, wo sie sammt Frauen und Kindern hausten. Trotz aller Zärtlichkeit, die Friedrich Wilhelm für seine Soldaten hegte und bethätigte, kamen doch immer wieder Desertionen vor, sodafs man die Stadt mit Mauern umgab, deren Thore scharf bewacht wurden. Eine Pracht war es, wenn im Lustgarten die drei Bataillone des Leibregiments vorbeimarschirten : Teil Mohren,
Die Tambours
spielten den Dessauer Marsch ;
und Pfeifer,
nach
zum
seinen Klängen
marschirten die Pelotons, 75 Schritt in der Minute, majestätisch, die Riesengestalten in tadelloser, eherner Haltung, Beine und Füſse mit einer Regelmässigkeit und Strammheit erhoben, vorgebracht, gestreckt und niedergesetzt, wie man dergleichen nie gesehen hatte, noch je wieder sehen wird, keine Fufsspitze auch nur um einen Centimeter Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 3. 16
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Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
Ein mächtig schallender Tritt, ein Nachklappen auch nur eines Einzigen nicht denkbar, nur die Beine regten sich, bewegungslos die Riesenleiber sammt Gewehren und Ausrüstung ; höher als die andere.
auf den Häuptern
die stolzen Grenadiermützen,
darunter das Haar
gepudert und zum zierlichen Zopf geflochten, an den Schläfen in sechs Locken gelegt, vor der Front die Offiziere, ebenso tadellos Da marschirend, vor dem Könige mit dem Esponton salutirend. mufste dem Könige das Herz im Leibe lachen, und auch die spottsüchtigsten Zuschauer konnten sich dem imponirenden Eindruck nicht entziehen. Denn in solchem Parademarsch steckte doch noch etwas mehr, als bloſses Schaugepränge : der Geist der Manneszucht , des unbedingten Gehorsams kam darin zum Ausdruck, der Geist des preufsischen Heeres, dem Friedrich der Einzige nicht zum kleinsten Teile seine glorreichen Siege verdankte . Zeit sang:
Ein Reimschmied aus jener
,,Gewifs, mein Auge schaut an dem geschmückten Volke, Das blau gekleidet ist und blanke Waffen trägt, Ein wahres Ebenbild von einer blauen Wolke, Durch welche Blitz auf Blitz mit hellen Flammen schlägt. Dergleichen Prachtspiel ist zwar täglich wahrzunehmen, Wenn sich die Menge stellt und auf die Wache zieht, Doch will dasselb' alsdann den Blick besonders zähmen, Wenn man - O Preis der Lust - die grofse Must'rung sieht. Hier hat ein Schauender die Fertigkeit zu preisen, Die schnelle, die behend' und sondre Fertigkeit, So die sich Übenden in jedem Glied erweisen, Wenn nur ein stummer Wink das ,,Kehrt euch um" gebeut. Die Wendung und der Schritt sind gleichsam abgewogen, Sodafs es in der That dem starren Auge scheint, Ob hab' ein Einzelner den Leib und Fufs gezogen, Weil Aller Regekraft sich wunderbar vereint. ,,Ergreifet das Gewehr!" wird solch Gebot erteilet, So folgt das Auge kaum den schnellen Griffen nach, Den Griffen, die auch selbst kein strenger Blitz ereilet, Der als ein Schlangenpfeil durch's Feld der Lüfte brach. Erschallet dann zuletzt das Losungswort : „ Gebt Feuer!" So ist der Schall und Knall nichts mehr als einerlei, Und unser Riesenheer ein niedlich Ungeheuer , Das einen Schein gewinnt, als ob es Flammen spei'." Der einzige , aber erfolgreiche Feldzug KönigFriedrich Wilhelm's, führte bekanntlich zur dauernden Besitzergreifung Pommerns , das der grofse Kurfürst trotz seiner glorreichen Siege hatte preisgeben Während Karl XII., der kühne Schwedenkönig, in der müssen . Türkei weilte, schlofs
Friedrich Wilhelm mit Peter dem Grofsen
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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den Schwedter Vertrag , infolge dessen er Stettin in Besitz nahm. Als Karl XII. in stürmischem Ritt von Bender nach Stralsund geeilt war, schlug er trotzig Friedrich Wilhelm's gütige Anerbietungen aus und im Juni 1715 brach das preussische Heer aus dem Lager von Stettin auf, schlofs Stralsund ein, besetzte Usedom und eroberte nach heifsem Kampfe die Peenemünder Verschanzungen. Im November wurde die Insel Rügen überraschend genommen und tapfer behauptet, im Dezember fiel Stralsund den Preufsen in die Hände, nachdem Karl XII. aus der Stadt geflüchtet war. Der Friede von Stockholm bestätigte
den König von Preufsen end-
giltig im Besitz von ganz Pommern : „ Brandenburg hatte nun einen Fufs am Meere, um an dem Commerce der ganzen Welt Anteil nehmen zu können “
Noch einmal rüstete Preufsen zu kriegerischer Thätigkeit, als es galt, dem Kaiser gelegentlich des polnischen Erbfolgekrieges gegen Frankreich Beistand zu leisten. Der greise Eugen von Savoyen führte den Oberbefehl, erreichte aber vor Philippsburg keinerlei Erfolg, das preufsische Hilfskorps kam wenig zur Verwendung. Von Interesse ist jedoch die Instruktion, die der König an die fünf Infanterie-Regimenter erliefs „so mit zu Felde gehen sollten " : „ Es soll ein jeder Chef, wenn er findet, dafs bei einem andern Regiment, oder wo preufsische Soldaten sind, nicht Alles so in Ordre ist, wie es sein mufs und dafs der Dienst nicht gehörig geschieht, der soll solches reprochiren, es an das Regiment melden, damit solches redressirt werde ; und soll es in solchem Falle nicht heiſsen : was gehet es uns an, es ist nicht von unserm Regiment nein ! Es sind alles preufsische Regimenter , und sollen sie deshalb Seiner Königlichen Majestät Alle vor Einen und Einer vor Alle auf ihre Ehre repondiren , und zwar der Chef und Kommandeur sowohl als übrige Stabsoffiziers, die sich alle assistiren sollen, wie rechtschaffenen braven Offizieren gehöret und gebühret. Wenn was zu attackiren befohlen wird, alsdann sollen sie dazu willig und bereit sein, und in keinen Stücken Diffikultäten machen, und sowohl in der That als vor den Augen zu beweisen, daſs man immer und in allen Okkasionen sich zu distinguiren und sich durch Bravour und Standhaftigkeit hervorzuthun suche . Es sollen aber auch die Leute nicht mal à propos exponiret, und zum Pläsir oder um Nichts kein Mann tot geschossen werden ; widrigenfalls die Chefs und Kommandeurs der Regimenter vor Gott und vor Seiner Königlichen Majestät solches zu verantworten haben sollen. " - Das sind echt preufsische Grundsätze , die den Preufsenheeren aller Zeiten in Fleisch und Blut über-
16*
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
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gegangen sind und deren Befolgung den ruhmvollsten Siegen verholfen hat.
dem Geiste nach
uns zu
Gleich ¹ ) nach seinem Regierungsantritt erliefs Friedrich Wilhelm neue Kriegsartikel,
Artikel 1 lautete : „Ein jeder Soldat und wer
sich sonsten bei den Regimentern, Bataillons und Kompagnien aufhält, mufs sich eines fleifsigen,
christlichen und gottesfürchtigen Wandels be-
alles üppigen und
ärgerlichen Lebens sich
enthalten , bei
den Predigten und Gottesdiensten zu gehöriger Zeit sich fleifsig, und sobald dazu umgeschlagen wird, einfinden, und solche ohne Ursach nicht versäumen, sich auch des Mifsbrauchs des allerheiligsten Namens Gottes, und seiner Sakramente durch Fluchen und Schwören bei Strafe des Stockhauses, Pfahls, Spiefsruten , oder anderer arbiträrer Strafen gänzlich enthalten. " 77 Weilen ein Kerl " , heifst es an anderer Stelle , 17 welcher nicht Gott fürchtet , auch schwerlich seinem Herrn treu dienen und seinen Vorgesetzen rechten Gehorsam leisten wird. " Artikel 19 : Welcher Soldat aber gar meineidiger Weise davonläuft, es sei auf Märschen, im Felde, Lager oder Garnisonen, derselbe soll,
wenn er wieder ertappt wird,
ohne
alle Gnade mit dem Strang vom Leben zum Tode gebracht werden, ihm auch hierunter keine Entschuldigung zu statten kommen, es mag derselbe mit Gewalt zu Kriegsdiensten gezwungen, von andern dazu verführt, oder solche Desertion zum ersten, zweiten oder dritten Male geschehen sein, sondern er soll solchen falls ohne alle Gnade aufgehangen werden . "
Artikel 7 :
27 Welcher Soldat aber dem Kom-
mando sich entgegensetzet , es sei auch nur mit Worten, oder Räsonniren, derselbe soll, nach Kondition des Beleidigten und der beschaffenen Umstände mit dreifsigmaligem Gassenlaufen beleget ; wer aber zu dem Ende seinen Degen entblöfset, arkebusiret werden. " Artikel 14 : „Wer die Wache versäumet oder trunken darauf kommt, dafs er sie nicht bestellen hann , soll mit Gassenlaufen bestraft werden. " Strafen wider Trunkenheit sind im Übrigen nicht festgesetzt, wohl aber ist Spielen mit Spiefsruten bedroht.
Ein ohne Erlaubniſs
gegebenes Eheversprechen wird für null und nichtig erklärt, der Mann mit Gassenlaufen bestraft, die Frau kommt ins Spinnhaus. Im Jahre 1724 erliefs der König abermals neue Kriegsartikel
und befahl, dafs dieselben mindestens alle zwei Monat den Unteroffizieren und Soldaten vorgelesen werden sollten. Bemerkenswert ist in dieser Neuausgabe die Betonung der Anzeigepflicht bei Desertions - Komplotten und beim Bemerken von „verdächtigen RottiDie Schildwachen sollen behufs Aufrechthaltung ihrer rungen. "
1) Beiheft zum Militär-Wochenblatt 1891.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
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Autorität als Vorgesetzte gelten ; die Trunkenheit soll nicht strafmildernd wirken, im Gegenteil sollen Vergehen, die in der Trunkenheit begangen wurden , nach Befinden doppelt gestraft werden. " Drei Bestimmungen des Königs, die ihrem Sinne nach noch heute in Kraft sind. Zahlreich und von höchster Bedeutung für die grundlegende Auffassung vom Offiziertum und für die Erziehung des Offizierkorps sind des Königs Erlasse und Verfügungen auf diesem Gebiet. Obenan steht natürlich Dienst und Dienstkenntnifs. der König :
Darum verlangt
„ Daſs die Offiziere fleifsig im Reglement lesen und Alles
thun, was Ich haben will .
Weils
ein junger Offizier seine Sache
nicht, so sollt Ihr ihn das Reglement in Gegenwart eines Stabsoffiziers in drei oder vier Tagen laut durchlesen lassen. " -- Der arme Stabsoffizier ! Charakteristisch und heute noch beherzigenswert ist das erste Duelledikt vom 28. Juni 1713 : " Vermessentliche duella - Wie denn sind verwerflich, wenn nicht Notwehr vorliegt. " "7 auch und damit der point d'honneur nicht gänzlich negligiret, und Unsere Offiziere insbesondere vom Commercio und Umgang anderer Leute von Ehre und Reputation nicht sogar exkludiret sein mögen " , sollen die Offiziere zwar auch aufserhalb Preufsens Händel nach
n Wann sie aber, wie öfters zu geschehen pfleget, von andern Fremden, die nicht zugleich unsere Vasallen und
Möglichkeit vermeiden .
Unterthanen wären, aus übermäſsigem Kitzel und Mutwillen aufser unserm Königreich und Landen an ihrer Ehre touchiret, angegriffen und also mit ihnen in Duell geraten sollten, solchenfalls wird zwar bei dergleichen unvermeidlichen Rencontres und Duellen der Verbrecher nicht als ein Duellant, jedoch sofern dabei eine Entleibung geschieht, pro ratione delicti, nach Disposition der gemeinen Rechte billig bestrafet, denn über vergossenes Menschenblut werden wir niemals dispensiren, lassen. "
sondern es allein dem rechtlichen Auspruch über-
Ein Patent" vom 6. April 1726 beschäftigt sich mit dem Schuldenmachen der Offiziere : "7 Kein Subaltern - Offizier darf über Acht Thaler wert Schulden machen " 17 sonsten mufs er auf die Hauptwache in Arrest sitzen und dabei Dienst thun, bis die Schulden bezahlt sind. " "7Wer Mannschaften Geld borgt, soll nicht allein nichts bekommen, sondern soll überdem noch bestraft werden. " In einer Ordre an die Regiments - Chefs heifst es : n Hiernächst sehe ich es zwar gerne, wenn die Offiziers gut leben, aber es ist mir sehr zuwider, wenn die Offiziers nicht dabei mit ihrem Beutel Rechnung machen und durch den Luxum mehr depensiren , als sie einzunehmen haben und bezahlen können , Ich will demnach
240
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
dafs die Offiziers, wenn sie beisammen kommen, nicht, wie bei einzelnen Regimentern Gebrauch, viele Gerichte und Wein prätendiren, sondern miteinander hauswirtlich vorlieb nehmen sollen, und mufs es vor keinen Schimpf gerechnet werden, wenn ein Offizier dem andern ein Glas Bier vorsetzet. Ihr habt also darauf Acht zu geben, dafs diesem meinem Willen nach gelebt und eine gute Oekonomie unter den Offiziers geführt werde." Auch gegen ungehörige Forderungen der Offiziere den bürgerlichen Behörden gegenüber sprach sich der König aus, welche mit Prügeln, Steckung unter die Schwitzbank und dergleichen üblem Traktement von Offiziers bedroht worden waren." Die Ordres, wonach die Offiziers sich zu verhalten haben", waren geheim und nur in den Händen der Offiziere. In der Einleitung zum 1. Titel des 9. Teils :
"1 Wie die Subordination unter den sämmtlichen Offiziers unter einem Regiment gehalten werden soll " beklagt sich der König, dafs „ keine rechte Harmonie ist und daraus Factions entstehen." stattet,
Disputationen
Unter Gewehr ist keinerlei Verantwortung gewerden
verboten,
die
Kapitäns
sollen
sich
27 bessern Respekt bei ihren Subalternoffiziers verschaffen. " - n7 Der Offizier mufs , solange er nicht an seiner Ehre angegriffen ist , sich nicht verantworten."
Von ganz besonderer Bedeutung für
das Selbstgefühl wie für den Geist des Offizierkorps war es, dafs der König trotz seiner Strenge und obwohl seine Autorität ihm ein rocher de bronce" war,
nichts sein wollte,
als
der Erste seiner
Offiziere ; er stellte sich in sozialer und kameradschaftlicher Beziehung seinen Offizieren gleich.
Darum verfuhr er mit dem renitenten
Sohne nur wie mit dem ungehorsamen Oberstlieutenant Fritz ; darum wollte er sich mit dem Major von Jürgass, mit dem er im TabaksKollegium recht unfeine Scheltworte gewechselt, durchaus persönlich schlagen, und stand von diesem Vorhaben erst ab, als Major von Einsiedel für ihn eintrat. Seit Friedrich Wilhelm I. ist das preufsische Offizierkorps gewohnt, in seinem Könige nehmsten Kameraden zu verehren.
seinen
vor-
Auch die bereits erwähnte Instruktion des Königs für die Regimenter, so mit zu Felde gehen sollen 1734 - enthält Bestimmungen über das Verhalten der Offiziere : „Es sollen auch die Chefs und Kommandeure der Regimenter mit den kaiserlichen Generals und Offizieren in guter Harmonie und beständiger Einigkeit leben und den Oberoffiziers sowohl, als Unteroffizieren und Gemeinen wohl einprägen und scharf anbefehlen , allen Querel mit den Kaiserlichen zu vermeiden Mit den und keine Händel zu suchen, sonderlich die Offiziers Offiziers von den andern Truppen, sonderlich mit den Lüneburg'schen und Hessischen, sollen die Oberoffiziere sowohl, als Unteroffiziere und
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
241
Gemeine, keinen Umgang noch Commerce haben, und solche, aufser guten Tag und guten Weg, gehen lassen.
Wann ein Offizier von
jemand attackirt würde, so soll derselbe sich wehren , keiner aber soll sich von ihnen unterstehen, Händel anzufangen, sonsten er allemal Unrecht haben soll, und müssen in sonderheit alle Spiel- und Zu welchem Ende das Spiel und Raufhändel verboten werden . soviel nur immer möglich verhindert werden soll , sonderlich bei den Offizieren. - Kein Stabs- noch Oberoffizier soll sich jemals in chamarirten oder andern Kleidern sehen lassen ; sondern sie sollen beständig in ihrer Montirung gehen ; desgleichen auch alle preufsischen Offiziers, so als Volontärs bei der Armee sind, thun sollen. " Die preufsische Armee war unter Friedrich Wilhelm I. ein einheitliches Gefüge geworden, wie nie zuvor. Ihres Kriegsherrn Geist, Wille und Eigenart prägte sich in ihr aus in ihrer äufsern Erscheinung, wie in ihrem Wesen, im Gröfsten wie im Kleinsten . Die Armee hatte ihre eigenen Gerichte, ihre Schulen, ihre Kirchen, ihr Potsdamer Militär-Waisenhaus. Streng und unparteiisch wurde Recht gesprochen, sorgsam wurden die Soldaten-Kinder erzogen,
eifrig, wenn auch oft schematisch und pedantisch , wurde Gottesfurcht und kirchliche Ordnung gepflegt und gefördert. Schon als 17jähriger Kronprinz zum Direktor der Invalidenkasse¹) ernannt, wandte der König auch dieser Sache sein volles Interesse zu. Unter der Oberleitung des Markgrafen Albrecht wurde eine besondere Behörde für das Invalidenwesen eingesetzt.
Bei
den jährlichen Revüen wurden dem Könige die invaliden Mannschaften vorgestellt, er selbst verfügte über ihre Verabschiedung oder Versorgung. Sie erhielten den Gnadenthaler, oder wurden den Invaliden - Kompagnien und Garnison - Bataillonen überwiesen, oder, wenn sie besonderer Pflege bedurften, in der Charité untergebracht. 1714 verfügte der König, dafs von allen für das Heer angewiesenen Geldern zwei Prozent der Invalidenkasse als "7 Recepturgelder " überwiesen werden sollten. Hierdurch hatte die Kasse jährlich eine Mehreinnahme von 40 bis 50 000 Thalern. Die von Friedrich I. den Offizieren bewilligten zum Teil unverhältnifsmäfsig hohen Gnadengehälter setzte Friedrich Wilhelm herab ; es erhielten Oberstlieutenats 10-18 Thaler, Kapitäns 4-12 Thaler, Lieutenants durchschnittlich 6 Thaler monatlich. Die Invaliden -Kompagnien wurden allmählich mit den GarnisonBataillonen verschmolzen, letztere nunmehr aus der Invalidenkasse verpflegt. Auch allerlei Strafgelder wurden der Invalidenkasse überwiesen, z. B. ein Monats-Traktament desjenigen Offiziers, der sich 1) Schnackenburg, Invaliden- und Versorgungswesen.
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
242
der Accise-Untersuchung am Stadtthore hatte entziehen wollen .
Die
abgedankten Soldaten wurden mit vollständigem Anzuge entlassen ; diejenigen, die ein Handwerk gelernt hatten, mufsten unentgeltlich in die Innungen aufgenommen werden . Friedrich Wilhelm ist auch der Begründer der Civilversorgung der Unteroffiziere :
„Zu allen
Thorschreibern , Mühlenreitern, Polizeireitern, Ausreitern und dergleichen geringerer Bedienung wollen wir niemand anders, als InvalidenUnteroffiziers und Soldaten employirt wissen. “ Ebenso wurden die unteren Bedienungen bei der Post mit Invaliden besetzt. Für die Invaliden seines Garderegiments stiftete der König das Garde - Invaliden - Korps
zu
Pritzerbe,
später
zu
Werder
bei
Potsdam. Es stellte Wachtposten an die Brücken und Übergänge, um die Desertionen der Potsdamer Garnison zu verhüten. In der Instruktion von 1734 verspricht der König, dafs alle diejenigen , so zu schanden geschossen würden , es möchten Ausländer oder Landeskinder sein, ihre Verpflegung bekommen sollen, so lange sie leben. " Die höheren Offiziere erhielten Gnadengehälter von 500 bis 1000 Thaler, Generallieutenant v. Dönhoff sogar 2000 Thaler. Auch wurde es Sitte, den Verabschiedeten eine Charaktererhöhung zu bewilligen.
Einzelne Offiziere
wurden bereits im Civildienst versorgt.
Auch zu Festungs -Kommandanten und „ Stadtmajoren " wurden invalide Offiziere ernannt. Andrerseits sah der König es nicht gern, wenn Offiziere ihren Abschied erbaten :
Es ist nicht fein von Euch,
dafs
Ihr Hühner füttern wollt ; wenn das Euer Vater wülste, was würde der sagen! " Die Offizier -Wittwen wurden, wenn auch nicht regelmässig, anständig versorgt, es finden sich Wittwenpensionen von 120 bis 500 Thalern . Schwierig war die Sorge für die Soldatenweiber. Nur ein Drittel der Kompagnie sollte „beweibt"
doch im Bedarfsfalle
sein , für die ein ,,Quartiergeld " gezahlt wurde. Die verheirateten Soldaten betrieben meist nebenbei ein Handwerk; in Kriegszeiten sollten die Soldatenweiber mit Wollspinnen und dergl. Handthierung damit sie nicht aus dem Lande laufen. " Für beschäftigt werden, die Erziehung der Soldatenkinder , nicht blofs der Waisen, sorgte in umfassender Weise das grofse Militär -Waisenhaus zu Potsdam. Es dürfte von besonderem Interesse sein, eine genaue Übersicht der von Friedrich Wilhelm I. hinterlassenen Truppenmacht zu geben und hierbei den in manchen Fällen nachweisbaren Zusammenhang mit den jetzigen Regimentern zu erwähnen . Im Jahre 1740 bestanden :
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres .
A. Infanterie (vermehrt um 12 Regimenter). Wie erwähnt , löste Friedrich Wilhelm
3 Bataillone Garde.
243
die
Garde seines Vaters bis auf 4 Kompagnien der Grenadier-Garde auf und erhob sein Regiment Nr. 6 zum ,, Leib- oder KönigsRegiment". Die Leib-Kompagnie des 1. Bataillons (Leib-Bataillon 1735 wurde jedes Grenadiere) hatte den König zum Chef. Bataillon durch eine ,, Flügel-Grenadier-Kompagnie" vermehrt, die
22
sich aus dem Riesen-Korps der ,,Unrangirten" rekrutirte. 2 Bataillone Kronprinz 2 Markgraf Karl "" 2 Anhalt-Dessau "" 2 Glasenapp 99 2
""
Holstein-Beck (Regiment Alexander) (Grenadier-Regiment Nr. 3)
3 33
2 2 2 2
Bredow Flans (Grenadier- Regiment Nr. 5) Prinz Dietrich
2
99
Röder (Grenadier-Regiment Nr. 1) Grävenitz
2
"9
Wedell
33
Marwitz
""
2
""
Lehwald (Grenadier-Regiment Nr. 4) Dönhoff
2
19
Glaubitz
2
99
Leps La Motte
ཝ
2 2
2
33 33
2
Borck Schwerin
2
Kleist
2
2
33 33 33
2
29 222 22 2
2
2
""
2
Anhalt-Zerbst (Grenadier-Regiment Nr. 2) Sydow Prinz Leopold Dohna Gertz Kalkstein
ཝ
2
33 33
2
Markgraf Heinrich
11 ""
Bardeleben Dossow
1 1
"9 ""
Kröcher
T
2
Beaufort
63 Bataillone zu 5 Musketier1 Grenadier-Kompagnie.
(bezw. Füsilier-)
Kompagnien und
Die Hohenzollern als Bildner und Erzieher des Heeres.
244
B. Kavallerie. Kürassiere :
33
5 Eskadrons Gendarmes 5 Prinz Wilhelm 5 Leibregiment
5 5
99
Bredow
5
33 34 33
Alt-Waldow
99 ""
Jung -Waldow
5 5
5 5
33
99 33
Karabiniers
5 5
Buddenbrock Katte
Gefsler (Kürassier-Regiment Nr. 1) Markgraf Friedrich
Prinz Eugen von Dessau
60 Eskadrons oder 120 Kompagnien in 12 Regimentern.
Dragoner : 10 Eskadrons Schulenburg (Dragoner-Regiment Nr. 3) 10 Bayreuth (Kürassier-Regiment Nr. 2) 10 Platen (Dragoner-Regiment Nr. 2) "9 5
"9
5
5
99
Thümen (Dragoner 1 und Kürassiere 5) Möllendorf (Kürassiere 3 und 4) Sonsfeld
45 Eskadrons in 5 Regimentern . Husaren :
3 Eskadrons Wurmb 6
Bronikowski
9 Eskadrons in 2 Regimentern. C.
Artillerie.
1 Bataillon Feld-Artillerie zu 6 Kompagnien 1 Garnison-Artillerie zu 4 Kompagnien . 99 D.
Garnison - Bataillone.
1 Bataillon Hôpital für Memel Wobeser "" Pillau 1 Sack 1 "" Colberg "" Persode "" Madeburg. 1 99 7 Garnison-Kompagnien zu Draheim, Tempelburg, Regenstein, Driesen, Küstrin, Spandau, Fort Preufsen bei Stettin . Im Ganzen 83 468 Mann.
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. 245
Aufserdem : 4 Land - Regimenter zu Berlin , Magdeburg, Stettin , Königsberg = 4822 Mann und die Garde - Invaliden zu Werder bei Potsdam. König Friedrich Wilhelm hinterliefs seinem grofsen Sohne ein Heer, mit welchem dieser zuversichtlich sofort wider das mächtige Österreich zu Felde ziehen konnte ; die Infanterie war mustergiltig ausgebildet und gut bewaffnet, das Offizierkorps aus einem Gusse, vom Geiste der Pflichttreue und Ehre beseelt, seinem Kriegsherrn ergeben bis in den Tod.
XXI.
Rückblick auf die Mai - Tage 1849 in Dresden.
Von von Meyerinck, Generallieutenant z. D. (Schlufs.)
Inzwischen hatte man den Bürgermeister aus Pirna holen lassen und ihm mitgeteilt , dafs die Stadt im Falle von Feindseligkeiten durch Geschütz beschossen würde . Er versprach die Ruhe aufrecht zu erhalten und so blieb den Tag über das Schiff ungestört, nur sah man feindliche Kundschafter am Ufer umhergehen .
Am Nachmittag erhielt Lieutenant Schubert von dem bereits erwähnten Steuermann die Nachricht , dafs die Passage auf der Elbe frei sei. Er liefs nun sofort heizen und dampfte Abends 8 Uhr unter den Augen des Königs , welcher der Abfahrt vom Königstein aus zugesehen, ab. Die beiden Bootsleute hatten sich kurz zuvor, wahrscheinlich aus Furcht , entfernt, es mufste deshalb ein Bootsmann des Mehlschiffes veranlafst werden , das Munitionsschiff zu besteigen . Anfangs ging die Fahrt glatt von Statten, die Lichter waren ausgelöscht, jedoch von der kleinen Stadt Wehlstädtchen ab erhielt das Schiff von beiden Ufern her Gewehrfeuer . Es wurde diesseits kräftig Noch erwidert , aber wahrscheinlich ohne irgend welches Resultat. vor Pirna erhielt der Steuermann einen Kugelschufs durch die linke Hand, so dafs er nicht mehr im Stande war, das Steuer zu führen. Das Dampfboot kreuzte von einem Ufer zum andern und ist es nur Das dem hohen Wasserstand zu danken , dafs es nicht strandete.
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
246
Schiff ward nun dem ersten Steuermann übergeben.
Bei Pirna waren
Menschenmassen am Ufer und auf den beiden Dampfbooten , doch erhielt das Schiff erst von dort eine Salve, als es bereits 50 Schritt vorübergedampft war. Da der Bürgermeister den Rebellen versichert hatte es sei kein Transport zu erwarten, so hatten sich dieselben in die Wirtshäuser begeben und kamen deshalb zu spät. Dem Bürgermeister warf das Volk noch an demselben Abend die Fenster ein . Unter dem mehrfachen Mifsgeschick kam der Munitionstransport Abends 10 Uhr in Dresden an und machte die glückliche Durchführung dem Transportführer alle Ehre. Man sieht daraus, welchen Wert die Dampfschiffe für den Gang einer Insurektion haben können. Die meisten grofsen Städte liegen in der Regel an schiffbaren Flüssen oder werden von solchen durchflossen. Es ist daher möglich , die Privatdampfschiffe für militärische Zwecke zu verwenden. Der Kommandirende mufs sich derselben frühzeitig bemächtigen und sie nach dem weniger gefährdeten Ufer bringen lassen. Hier werden sie einigermaſsen zur Verteidigung eingerichtet und besetzt. Sehr vorteilhaft können sie zur Herbeischaffung von Munition und Lebensmitteln oder zum Transport von Toten , Verwundeten und Kranken benutzt werden. Auch zur Überführung der Truppen von einem Ufer zum andern oder von einem Ende der Stadt zum andern sind sie zweckmässig zu verwenden . Vor den Küstenstädten können auch die kleineren und unter günstigen Wasserverhältnissen sogar Die gröfsere Fahrzeuge der Marine zur Beschiefsung mitwirken . Bürgerkriege in Chile 1891 , in Brasilien 1892 und Sansibar 1896 liefern lebendige Beispiele hierzu . Zwischen 2 und 3 Uhr Nachts ging die Meldung ein, daſs das Kavallerie-Regiment des Oberst v. Oppell bereits bei Gorbitz eingetroffen sei, es war mithin Aussicht vorhanden, den eisernen Ring um Dresden fester ziehen zu können und das rückwärts liegende Gelände von der Hauptstadt abzuschliessen. Regierungsrat v. Friesen ward an diesem Tage noch zum Minister des Innern ernannt. Im Laufe des Tages erschien ein Erlafs an die Bevölkerung vom Minister v. Beust und Rabenhorst unterzeichnet. Am Schlufs desselben heifst es :
Fest entschlossen ist des Königs Regierung , sich gegen
das Beginnen der ihr feindlichen Kräfte zu behaupten und alle Mittel anzuwenden, welche Gesetze und Umstände erheischen, zur Sicherung des Thrones, der Personen und des Eigentums. " Ferner wendete sich der Kriegsminister mit einer Ansprache an die preufsischen Truppen, welche mit den Worten schliefst: brüder ! Kämpfen wir jetzt vereint. gilt Deutschland. "
Waffen-
Es gilt nicht Sachsen allein , es
247
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Auch General v. Schirding wendete sich mit einem Tagesbefehl an die vereinigten Truppen und erkannte ihre Tapferkeit, Hingebung und Ausdauer in rühmlicher Weise an.
Der Gouverneur General v. Schulz sagte in einer Bekanntmachung an die Einwohner, dafs die Truppen den Befehl hätten, jeden der mit der Waffe in der Hand betroffen würde, niederzuschiefsen. Der Katzenjammer
nahm bei
heutigen Tages seinen Anfang.
den Rebellen
am Schlufs
des
Die wenigen Bürgerwehrleute, welche
am Kampf Teil genommen hatten, zogen sich ganz zurück, auch verliefsen schon einige Mitkämpfer die Stadt. Man sah nur noch Fremde, Plünderung und ErTurner und Gesindel hinter den Barrikaden. pressung aller Art wurden durch das Proletariat ausgeführt.
Der
Bürgerwehr-Kommandeur Heinze zeigte sich als ein ganz unfähiger Mann, hatte dem Vordringen der Truppen nirgends Halt gebieten können, und hielt ihn das unzufriedene Volk für einen Verräter. Schon am 6. Mai Abends hatte er wohl bereits die Überzeugung gewonnen, dafs der Widerstand seiner Partei ein nutzloser war. Am 7. Mai hatte der General v. Schirding wie nachstehend die Kommandos verteilt : Oberst v. Friderici befehligte den rechten Flügel, das Zentrum der Generalmajor v. Holzendorf und den linken Flügel der Major v. Reitzenstein. Kommandant des Schlosses war der Major v. Egidy. Es hatte die ganze Nacht geregnet, ein Teil der Truppen stand bereits die vierte Nacht unter Gewehr und zeigte sich eine gewisse Abspannung . Um so grösser war die Erregung der Truppen gegen die Rebellen . Es ist übrigens aus allen Strafsenkämpfen beider Revolutionsjahre eine allgemeine Bemerkung gewesen, dafs sowohl die Offiziere wie die Soldaten mit einer weit gröfseren Erbitterung gegen die aufständische Bevölkerung kämpften, als dies jemals in den drei Feldzügen von 1864/66 und 70 gegen unsere ehrlichen Feinde der Fall gewesen ist. Schon in der Mitternachtsstunde war der Lieutenant v. Reibnitz der 9. Kompagnie des Füsilier-Bataillons in ein Haus der Ostra-Allee bei dem Malersaal und von dort in den Silberhammer vorgedrungen. Um 3 Uhr früh rückte der Oberst v. Friderici mit der 10. , 11 . und 12. Kompagnie des Leibregiments und der 7. Kompagnie des Regiments Albert nebst 4 Geschützen der Batterie Grünwald vom Schlofsplatz an den Fufs des Zwingerwalls. Die Barrikade am Thurmhause ward noch stark besetzt gefunden, weshalb 2 Geschütze auffuhren und dieselbe beschossen. Die beiden andern Geschütze nahmen auf dem Zwingerwall Aufstellung und begannen nun die 4 Geschütze ein heftiges Feuer gegen Thurmhaus und Spiegelfabrik .
Als das Feuer
248
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
von der Barrikade am Thurmhause schwächer ward,
machte die
12. Kompagnie des Leibregiments schnell einen Vorstofs gegen dieselbe. Sie erhielt lebhaftes Feuer, die Leute wankten einen Augenblick, aber auf den Zuruf ihres Hauptmanns erstiegen sie die Barrikade und blieb dieselbe in ihrem Besitz. Die 7. Kompagnie des Regiments Albert ging nun gegen das Thurmhaus vor, preufsische Pioniere erbrachen das Thor und die Mannschaften der Kompagnie besetzten eilig die Fenster und schossen nach den gegenüberliegenden Häusern. Einige Füsiliere der 9. Kompagnie waren vom Silberhammer in das Thurmhaus gefolgt.
Zu gleicher Zeit
drang der Lieutenant v. Eberstein mit zwei Zügen der 11. Kompagnie des Füsilier-Bataillons rechts neben der 9. Kompagnie in die Sophienkirche ein, deren Bauart zur Verteidigung sehr ungünstig war und erst im Laufe des Tages dazu eingerichtet werden konnte. Zwei Geschütze fuhren in der Ostra-Allee beim Silberhammer auf und beschossen die besetzte Papierhandlung von Naumann und das Eckhaus der Scheffelgasse. Die 10. Kompagnie des Leibregiments nahm eine Reservestellung am Malerhause, die 11. blieb als Geschützbedeckung und die 7. Kompagnie des Regiments Albert setzte sich im Verein mit den Füsilieren des Kaiser Alexander-Regiments in den Besitz der anstofsenden Häuser am Thurmhause, deren fünf durchbrochen werden mussten.
Durch die
Besetzung des Thurmhauses und der dortigen Barrikaden durch die Truppen, verloren die Rebellen eine wesentliche Stütze, denn sie beherrschten von hier den Zwinger, Zwingerwall, Ostra -Allee und das Stallgebäude, aufserdem wurden sie nun in der Spiegelfabrik ernstlich bedroht. Eine Abteilung Füsiliere der 9. Kompagnie hatte unter dem Sergeanten Braun das Orangeriegebäude besetzt und war von dort in einzelne Häuser der Gerber- und Feigen-Gasse bis in das Schiefshaus vorgedrungen. Um 9 Uhr Vormittags wurden die beiden Züge der 9. Kompagnie, welche hier auf dem rechten Flügel standen ,
während Lieutenant
v. Liebeherr II sich mit seinem Zuge auf dem linken Flügel der Gefechtslinie befand, durch die 12. Kompagnie unter dem Hauptmann v. Alvensleben abgelöst , auch musste die 10. Kompagnie des Leibregiments durch die 12. ersetzt werden, da die erstere sich gänzlich verschossen hatte. Die Kompagnie hatte mehrere Verwundete. Lieutenant v. Stuckrad der 12. Füsilier-Kompagmie hielt sich mit grofser Ausdauer 26 Stunden lang im heftigen Gewehrfeuer im Thurmhause. Oberst v. Friderici ging den Soldaten überall mit einem ruhigen, bewunderungswürdigen Beispiel voran , so dafs Truppen grofses Vertrauen zu ihm hatten.
die unterstehenden
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
249
Es handelte sich nun zunächst darum, in den Besitz der Spiegelfabrik zu kommen. Nachdem die 4 Geschütze der Batterie Grünwald gehörig vorgearbeitet hatten, bekam der Hauptmann v. Alvensleben vom Füsilier-Bataillon den Befehl, dieselbe zu stürmen. Die vereinigten Zimmerleute der Kompagnie vom Leibregiment mit denen der 12. Kompagnie des Füsilier-Bataillons gingen der letzteren voraus, ein Zug unter dem Lieutenant v. Brandenstein und eine Sektion der 11. Kompagnie des Leibregiments drangen durch das königliche Waschhaus in die Spiegelfabrik und nahmen dieselbe im ersten Anlauf. Hauptmann v. Alvensleben liefs die Fenster durch die Zimmerleute mit Blendungen versehen und richtete das Gebäude zur Verteidigung ein. Es geschah dies um 4 Uhr Nachmittags. Die Einnahme des Thurmhauses und der Spiegelfabrik waren von grofser Wichtigkeit, denn die Rebellen sahen sich genötigt, den Wilsdruffer Platz, welcher bisher der Sammelplatz für ihren linken Flügel war, zu verlassen. Auch wurde hierdurch die Fühlung des rechten Flügels mit dem Zentrum hergestellt. Die Rebellen beschränkten sich jetzt auf die Verteidigung der Eckhäuser der Wilsdruffer Gasse, der Barrikade in derselben und der Post , doch hatte das Flankenfeuer aus dem Eckhause der Scheffel - Gasse und der Barrikade in derselben noch eine erhebliche Wirkung . Das feindliche Feuer war namentlich für die Besatzung in der Sophien-Kirche sehr unbequem und hatte dieselbe mehrere Verluste, auch konnte sie weder Verpflegung bekommen noch die Verwundeten forttransportiren. Es ward daher die Dunkelheit benutzt und durch die Zimmerleute eine Blendung von Balken quer über die Brüdergasse gebaut. Auch in der Kirche selbst mufste eine solche angelegt und mit Schiefsscharten versehen werden , da der innere Raum durch das Gewehrfeuer der Rebellen von den Fenstern der gegenüber liegenden Häuser bestrichen wurde. Die Zündnadelgewehre waren hier nicht nur durch ihr weiteres und sicheres Schiefsen im Vorteil, sondern auch dadurch, dafs die Gewehrläufe immer in den Schiefscharten liegen blieben, während die Vorderlader zum Laden zurückgezogen werden mussten. Im Zentrum versuchten die Rebellen von Neuem das Schlofs in Brand zu stecken , indem sie die Hofkonditorei anzündeten. Das Feuer konnte jedoch durch Spritzen bald gelöscht werden. Um diesen Brandstiftungen entgegen zu treten, liefs Major v. Egidy zwei Züge der 8. Kompagnie des Leibregiments das Eckhaus der Schlofsgasse und des Taschenberges besetzen. Es ist daraus die Lehre zu ziehen, daſs gleich bei Beginn eines Aufstandes alle verfügbaren Spritzen und Wassertonnen nach gröſseren Gebäuden, wie Schlofs, Kasernen , Zeughaus u. s . w. gebracht werden , damit sie bei Brandstiftungen schnell zur Verfügung stehen.
250
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Auf dem linken Flügel war der Lieutenant v. Liebeherr II der 9. Kompagnie des Kaiser Alexander - Regiments um 4 Uhr Morgens durch die Augustus - Strafse nach dem Neumarkt geschickt, um nach der Schlofsgasse zu in das Gefecht einzugreifen . Der Markt, obgleich seit dem Tage zuvor in den Händen der Truppen, erhielt noch aus der Verlängerung der Sporengasse und Mittleren Frauengasse feindliches Feuer . Eine sächsische Infanterie- Abteilung beschofs sich hier nutzlos mit den Rebellen, welche hinter einer Barrikade an der Ecke der Schöffer- und Rosmarin-Gasse lagen.
Lieutenant v. Liebeherr II,
ein ausgezeichneter , umsichtiger Offizier , erkannte gleich , dafs ein Frontalfeuer unnütz sei, brach durch mehrere Häuser durch, bis er die Ecke der grofsen Frauengasse erreicht hatte, aber auch von hier aus konnte er noch nicht Herr der Barrikade werden, sondern er mufste über die Strafse hinüberlaufen und abermals durchbrechen, um das jenseits liegende Eckhaus der Mittleren Frauengasse zu erreichen. Nun konnte die Barrikade so wirksam beschossen werden, dafs sie in die Hände der Füsiliere fiel. Lieutenant v. Liebeherr II trat einen Augenblick aus einer Ladenthür, um das Feuer der Zündnadelgewehre besser beobachten zu können, fiel aber sofort durch eine feindliche Kugel in den Kopf getroffen, tot zur Erde. Der Schufs kam aus dem dritten Stock des Eckhauses der Grofsen Frauen-Gasse und Rosmarin - Gasse, von wo aus schon längst kein Schuſs mehr gefallen war. Es knüpft sich hieran für die Offiziere die Lehre, daſs , wenn sie auch ihren Leuten selbstverständlich mit einem guten Beispiel vorangehen müssen, sie sich nicht unnütz exponiren dürfen, denn das feindliche Rebellenfeuer wird natürlich vorzugsweise nach den Offizieren gerichtet. In allen Revolutionen ist es vorgekommen, daſs einzelne Individuen versteckt auf den Böden liegen bleiben, wenn das Haus auch längst im Besitz der Truppen, respektive von denselben wieder verlassen war und einen unbewachten Augenblick benutzen, um einen heimtückischen Schufs auf Offiziere oder Soldaten abzugeben . Für einen Häuserkampf ist die Bewaffnung der Offiziere mit Revolver durchaus notwendig . Auch müssen sämmtliche berittenen Offiziere der Infanterie und Artillerie absitzen. Sie können zu Fufs alles mit weit gröfserer Ruhe übersehen, während sie im Sattel zu sehr mit dem Pferde beschäftigt sind .
Diese werden durch das Schiefsen
in den schmalen Strafsen und Werfen mit allerlei Gegenständen aus den obern Stockwerken unruhig, drehen um, drängen in die Kolonnen und verursachen Unordnung.
Auf dem glatten Steinpflaster
oder
Asphalt kommen sie leicht zu Fall und machen dabei den Reiter womöglich gefechtsunfähig. Es sind dies Erfahrungen aus den Jahren 1848 und 49.
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
251
Der zuvor genannte Zug wurde um 10 Uhr Vormittags durch eine Abteilung der 10. Kompagnie ersetzt. Die 1. Kompagnie des bereits seit 9 Uhr Vormittags in der Neustadt stehenden 1. Bataillons des Kaiser Alexander-Regiments löste sächsische Truppen in der Richtung vom Judenhof in den Häusern der Sporen-Gasse bis zur SchöfferGasse ab. Die Kompagnie führte der Lieutenant v. Salpius I. Die Leute, welche nicht unmittelbar zum Gefecht notwendig waren, liefs er als Reserve auf dem Neumarkt stehen. Die Füsiliere, welche die Stadt Rom und Umgegend noch besetzt hatten, löste die 10. Kompagnie unter dem Hauptmann Graf Goltz ab. Das Gewehrfeuer wurde in dieser Gegend noch immer in heftiger Weise gehört . Um 10 Uhr erteilte der Major v. Reitzenstein dem Hauptmann Herold den Befehl, mit zwei 6pfündigen Geschützen vorzugehen und das Dach des vorspringenden Eckhauses der Rosmarin- und Schöffer-Gasse einzuschiefsen. Zuerst fuhr ein Geschütz und später noch ein zweites auf. Beide gaben 13 Kugelschüsse ab, namentlich auch nach dem Kreuzthurm , so daſs die feindliche Besatzung sich zurückziehen muſste. So fand eine fortwährende gegenseitige Unterstützung der drei Waffen, Infanterie, Artillerie und Pioniere statt.
Die Rückeroberung
der Stadt ging zwar durch die Fechtweise des Durchbrechens etwas Es kam auch garnicht langsamer, aber desto sicherer vorwärts. darauf an, den Sieg 48 Stunden früher oder später zu vollenden, man wollte nur mit möglichst wenig Verlusten sicher das Ziel erreichen. Die Übersicht des Gefechtsfeldes war nicht ganz leicht, umsomehr,
da in diesen bewegten Tagen überall nur einzelne Kompagnien oder Züge, ja selbst nur Sektionen selbstständig auftraten. Auch die Zahl der Geschütze, welche zum Auffahren gelangten, schwankten zwischen einem und vier. Es war der ganze Strafsen- und Häuserkampf so recht ein Feld der Thätigkeit für Hauptleute und jüngere Offiziere, die sich zuweilen durch ganze Häuserreihen durcharbeiteten . Auf dem äussersten linken Flügel hatte Major v. Reitzenstein früh 6 Uhr der 4. Kompagnie des 1. Schützen-Bataillons unter Oberlieutenant Wiluki vom Landhause aus nach den gegenüber liegenden Häusern der Moritz-Strafse,
welche noch immer besetzt waren, vor-
geschickt. Es wurde nun das Schönburg'sche Palais unter Feuer genommen. Um 9 Uhr Vormittags machte Lieutenant Allner mit zwei Sektionen einen Angriff auf dasselbe.
Nachdem Thüren und Fenster-
läden eingeschlagen waren, bemerkte man eine starke Verrammlung im Flur,
Lieutenant Allmer beschlofs deshalb, vom Nebenhause ein-
zubrechen, wozu die Pioniere der 11. Füsilier-Kompagnie herangezogen werden mussten. Oberlieutenant v. Döring eilte mit einem Zuge der 3. Kompagnie Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 3. 17
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
252
des Regiments Albert von der Stadt Rom zur Unterstützung herbei. Als die Soldaten in das Palais eindrangen, flüchteten sich 30 Sensenmänner und 7 mit Gewehren rückwärts gelegenen Ausgang.
bewaffnete
Leute eilig durch einen
Da sich die Rebellen in dieser Gegend noch immer in Überlegenheit zeigten, so schickte die 10. Füsilier-Kompagnie den Lieutenant v. Kuylenstjerna mit einer Sektion dorthin, um ein Haus zu besetzen und nur zu halten, da es in der Absicht lag, hier heute nicht weiter vorzudringen. Im Schustergäfschen befand sich jedoch eine besetzte Barrikade und hielt es Lieutenant v. Kuylenstjerna für notwendig, sich durch einige Hintergebäude der Moritz-Gasse durchzuarbeiten, um diese Barrikade im Rücken beschiefsen zu können . Sein KompagnieChef gab ihm hierzu die Erlaubnifs. Die Füsiliere waren durch die anstrengende Arbeit sehr ermüdet, und da sich in den gegenüber liegenden Häusern kein Feind mehr zeigte , so liefs Lieutenant v. Kuylenstjerna das Gepäck ablegen und die Gewehre an die Wand stellen.
Plötzlich flog ein Hagel von Kugeln aus dem gegenüber
liegenden Hause der ganz schmalen Schustergasse in das Zimmer der ruhenden Füsiliere hinein . Sie sprangen auf, liefen in die Nebenstube, hatten aber in der Eile Tornister und Gewehre zurückgelassen.
Um
diese zu holen, trat der Lieutenant v. Kuylenstjerna zuerst in das Zimmer,
ein abermaliger Kugelregen flog in demselben Augenblick
hinein und der genannte Offizier stürzte, durch die Brust geschossen , nieder. Seine letzten Worte waren : 77 Lafst mich hier nicht liegen , haltet Euch brav, ich wünsche Euch allen solch' einen Tod. " Darauf verschied er. Während sich dies im oberen Stockwerk zutrug, waren Rebellen in den unteren Flur eingedrungen, so dass sich die Füsiliere in einer augenblicklich wenig beneidenswerten Lage befanden .
Die
Pioniere schlugen nun nach dem Nebenhause durch und eine Abteilung der 4. Kompagnie des 1. Leichten Infanterie-Bataillons kamen unter Befehl des Lieutenant Allner und Sergeant Encke in unerschrockener und aufopfernder Weise den Füsilieren zu Hülfe, so dafs sie aus dieser fatalen Lage befreit wurden . Dieser Vorgang mahnt uns abermals, nicht nur das Ausruhen, sondern auch das Durchbrechen der Wände stets in den rückwärts liegenden Stuben vorzunehmen, während Posten verdeckt an den Fenstern der Vorderstuben stehen.
Die Moritz-Strafse war nun vollständig im Besitz der Truppen. Aus dem Gewandhause und dem Eckhause der Schiefs- und Pirna'schen Gasse wurde am frühen Morgen noch heftig geschossen,
weshalb
Major v. Reitzenstein um 7 Uhr den Oberlieutenant v. Boxberg mit seiner Kompagnie den Befehl gab, das Gewandhaus zu nehmen . Er
253
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
ging vom Landhause bis in die Höhe des Kreisig'schen Hauses , hier wurde der Garten durchschritten, die Thür gesprengt und die oberen Stockwerke mit Jägern besetzt, welche ihr Feuer nach dem Gewandhause richteten. Als ein Zug Schützen unter dem Lieutenant v. Holzendorff nachfolgte, beschlofs Oberlieutenant v. Boxberg den Angriff.
Er liefs die
Jäger an den Fenstern stehen, mit der Weisung, ein wohlgezieltes Oberlieutenant v. FreiesFeuer nach dem Gewandhause zu richten. leben eilte mit den Zimmerleuten und einer Sektion voran, erst später folgte Oberlieutenant v. Boxberg mit drei Sektionen nach, aber die Thür des Gewandhauses hatte noch nicht nachgegeben, so dafs sie von der Frohngasse aus einem störenden Flankenfeuer ausgesetzt waren . Erst nach längerer Arbeit
flog das Thor
auf,
die
Soldaten
stürmten hinein und die 3. Kompagnie unter Oberlieutenant v. Ferber folgte nach. Die 2. Kompagnie verlor hierbei einen Toten und zwei Verwundete.
Auch hier hielten die Rebellen einen Kampf mit dem
Bajonnet nicht aus und flüchteten durch eine Hinterthür nach der Kreuzgasse , nur drei derselben wurden erschossen . In dem obern Stockwerk fand man einige Böller und allerlei Verpflegungsvorräte. Oberlieutenant v. Ferber ging mit seinem
Zuge noch bis
zur
Frohngasse vor und bestrich die Weifsgasse mit der darin befindlichen Barrikade. Die halbe 1. Kompagnie vom Kaiser Alexander- Regiment unter dem Lieutenant v. Schlaberndorf drang um 12 Uhr vom Gewandhause nach der Frohngasse vor,
brach unter fortwährendem Gefecht
durch zwei Höfe nach der Kreuzgasse durch und gelangte bis in ein Eckhaus der Kreuzkirche gegenüber. Die Abteilung hatte hier 6 Verwundete und sah sich deshalb genötigt, wieder
aufzugeben
und
nach
dem
den isolirten Punkt
Gewandhause
zurückzugehen.
Major v. Reitzenstein schickte noch einen Zug der 2. Kompagnie des Kaiser Alexander-Regiments vor und später noch den Rest derselben . Von dem Eckhause an der Frohn- und Moritz-Gasse wurde ein heftiges Gefecht gegen eine Barrikade in der Frohngasse,
gegen das
Café français und gegen die Kreuzkirche unterhalten, aus welcher besonders mit Windbüchsen geschossen wurde. Hauptmann v. Gontard, Chef der 2. Kompagnie, bat noch weiter vordringen zu dürfen , Major v. Reitzenstein verweigerte jedoch diese Absicht, indem er mitteilte, höhern Befehl zu haben, gehen sollten.
daſs die Truppen heute nicht weiter vor-
Den Rebellen schien ab und zu die Munition auszugehen, denn sie fingen bereits an, mit gehacktem Blei und Nägeln zu schiefsen. Die Wut der Soldaten, namentlich auch des Kaiser AlexanderRegiments,
welche alte Barrikadenkämpfer aus den Märztagen des 17*
254
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
vorhergehenden Jahres wieder zu erkennen glaubten, hatte sich heute . im hohen Grade gesteigert, so dafs die Offiziere sich öfters mit dem Säbel in der Hand zwischen sie und die Gefangenen stürzen mussten, um dieselben vom Todesstofs zu retten. Die Soldaten waren sehr unzufrieden mit diesem milden Verfahren und man hörte oft die Worte aus ihrem Munde : 17Erst erschiefsen die Hunde unsere Kameraden und dann sollen wir sie nicht einmal todtschlagen. " Der Kriegsminister Rabenhorst,
welchem die Erbitterung der
Soldaten bekannt war, sah sich genötigt, am 7. Mai einen Befehl an die vereinigten Truppen zu erlassen, in welchem es heifst : „Das andauernde heftige Gefecht ,
namentlich aber der hart-
näckige Widerstand der Aufrührer hat bei den Truppen eine wohl erklärliche Erbitterung im Kampf hervorgerufen und droht dieselbe in einer Weise zu steigern, welche fürchten läfst, dafs die Grenzen der nötigen Strenge überschritten werden könnte. Um dem vorzubeugen, hält sich das Kriegsministerium verpflichtet, daran zu erinnern, dafs Unbewaffnete und solche, welche die Waffe niederlegen und sich als Gefangene ergeben, unter dem Schutz des Gesetzes und der bewaffneten Macht stehen ." Die Gefangennehmung von verdächtigen Personen hatte schliesslich
einen solchen Umfang genommen , dafs das Ministerium in Verlegenheit war, dieselben unterzubringen . Grundsätzlich dürfen Gefangene niemals in königliche Schlösser eingeschlossen werden , dies z . B. fälschlich am 18. März 1848 in Berlin geschah. Se. Majestät der König erhielt täglich Vorgänge nach dem Königstein geschickt.
wie
einen Bericht über alle
Die Rebellen fingen mehr und mehr an, die Fähigkeit und Zuverlässigkeit ihrer Führer zu bezweifeln . Abermals verliefs heute eine Zahl abgekühlter Hitzköpfe die Residenz .
Sie gaben an,
die zer-
nirende Kavallerie angreifen zu wollen, in Wirklichkeit machten sie sich aber auf Nimmerwiedersehen aus dem Staube. Allerlei falsche Gerüchte durchschwirrten ihre Reihen, z. B. sollte ihr Oberkommandant Heinze erschossen, württembergische Truppen zu ihrer Unterstützung in Anmarsch sein, die englische und französische Gesandtschaft habe Protest gegen das Einrücken preufsischer Truppen erhoben und dergleichen Unsinn mehr. Die provisorische Regierung schien übrigens auch bereits eine böse Ahnung zu haben, denn sie erteilte den Befehl, einzelne rückwärts liegende Barrikaden in den Vorstädten wegzuräumen , um einen etwaigen Rückzug leichter antreten zu können . Trotzdem mussten noch Pechkränze zu Brandstiftungen angefertigt, auch eine Quantität Kugeln aus Zink gegossen werden .
Neue eintreffende Züge Rebellen
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
255
brachten die übertriebene Nachricht, dafs das ganze Gebirge im Aufstande sei. Dafs noch ein Zuzug von Freischaaren möglich war, ist ein Zeichen, dafs die Stadt bisher nicht gründlich zernirt werden konnte. Es fehlte somit noch Kavallerie. Grundsatz ist bei einer insurgirten Stadt, alle unbewaffneten und nicht verdächtigen Personen an einigen hierzu bestimmten Ausgängen heraus, aber niemand hinein zu lassen. Alle Eisenbahnzüge, Postsachen, Telegramme und Lebensmittel müssen in der Zernirungslinie festgehalten werden. An den bezeichneten Ausgängen sind Polizeibeamte aufzustellen . Je strenger der Belagerungszustand gehandhabt wird, desto schneller findet die Unterdrückung der Empörer statt. Dafs hierbei Härten gegen Unschuldige vorkommen, ist nicht zu vermeiden, aber aufsergewöhnliche Zustände verlangen auch aufsergewöhnliche Maſsnahmen . Die Zernirungs-Kavallerie setzt Vorposten mit der Front nach der Stadt aus und hat soviel Vedetten zu geben, dafs sich kein Einwohner ungesehen durchschleichen kann. Die Hauptstrafsen und Eisenbahnen welche das Hinterland mit dem Ort verbinden, sind vorzugsweise stark zu besetzen, auch fleifsig abzupatroulliren. Die Einwohner in den umliegenden Orten sind durch Gensdarmen und Polizeibeamte, denen einige Mann der Kavallerie zugeteilt werden, streng zu überwachen . In Betreff der Eisenbahnen ist das Aufreifsen der Schienen möglichst zu verhindern . Kleine Unteroffizier-Posten sind namentlich des Nachts von 14 Meile zu 1/4 Meile auszustellen und Patrouillen längs der Bahnstrecke zu entsenden . Sollten bewaffnete Volkshaufen in drohender Haltung erscheinen, so darf die Kavallerie ein Gefecht zu Fufs nicht scheuen, wenn das Gelände ein Gefecht zu Pferde nicht gestattet. Vielleicht kann die reitende Artillerie in das Gefecht eingreifen. Zerlumptes Gesindel lief in der Altstadt umher und plünderte. Besonders die Reiterkaserne und die Offizierswohnungen wurden arg verwüstet. Ein Trupp bewaffneter Rebellen zog nach der Pulvermühle, entwaffnete die drei Mann der Wache und nahm 20 Zentner Pulver mit.
Im
Dorfe Kesselsdorf war es den im Lande umherziehenden
Freischaaren gelungen, fangen zu nehmen.
10 Mann des 1. leichten Reiterregiments ge-
Dem Korporal Hempel der 12. Kompagnie des Regiments Albert glückte es in der Nacht durch Zufall, den Oberstlieutenant Heinze dicht bei der Mohrenapotheke auf dem Pirna'schen Platz gefangen zu nehmen. Unter einem übergehängten Burnus trug er eine glänzend gestickte griechische Offizieruniform. Man brachte ihn zuerst nach dem Zeughause, wo er erkannt ward .
In einem angestellten Verhör
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
256
gab er zu, dafs er die militärische Leitung des Aufstandes überEr machte einen jammervollen gebrochnen Eindruck nommen habe. und lag der Gedanke nahe, dafs er sich absichtlich hatte gefangen nehmen lassen. Man nahm dem Rebellenhäuptling seinen Säbel und seine Papiere ab und setzte ihn schliefslich in der Reiterkaserne fest. Bakunin und Tzschirner waren noch die einzigen Triebfedern, welche hinreichend Energie entwickelten und den Kampf nicht für verloren halten wollten. Schon in der Mittagsstunde kam eine Deputation der Stadt Leipzig, welche den Kriegsminister um militärische Hülfe bat. Der vortreffliche Geist der Leipziger Bürgerwehr hatte zwar die Ordnung bisher mit Waffengewalt aufrecht gehalten, aber die Aufregung des Volkes war so grofs, dafs man Befürchtungen für die nächsten Tage hegte. Der Kriegsminister ordnete daher an, dafs die 3. und 4. Kompagnie des 2. Schützen-Bataillons um 1 Uhr aus dem Gefecht gezogen und durch die 1. und 2. Kompagnie des Kaiser Alexander-Regiments ersetzt wurden. Um 5 Uhr Nachmittags dampften die beiden Schützen-Kompagnien ab und trafen am Abend 9 Uhr in Leipzig ein. Am Nachmittag unternahm die 6. Schwadron des
1.
leichten
Reiter-Regiments unter dem Rittmeister v. Gablenz eine Rekognoszirung auf der Bautzener-, Radeberger- und Königsbrücker- Strafse, Freischaaren gesehen sein sollten.
da dort
Dieselbe kehrte in der Nacht
zurück, ohne etwas Verdächtiges angetroffen zu haben. Am Abend des 7. Mai hatten die Truppen folgende Stadtteile im Besitz : Auf dem v. Friderici :
rechten
Flügel
unter
dem
Kommando
des
Oberst
Das Thurmhaus, die Spiegelfabrik, am Silberhammer, die OstraAllee, den Zwinger und Zwingergraben, die königlichen Ställe, den Packhof, die Orangerie , das Palais des Prinzen Max, das Theater und die Sophienkirche. Im Zentrum kommandirte der General Graf Holtzendorff. Die besetzten Gebäude waren das königliche Schlofs, der Taschenberg und das Prinzenpalais. Der linke Flügel stand unter dem Kommando des v. Reitzenstein und hatte nachstehende Punkte im Besitz :
Major
Die Eckhäuser der mittleren und grofsen Frauengasse , der kleinen und mittleren Frauengasse und der kleinen Kirchgasse.
Ferner im
Judenhof, die Sporer-, Schöffer- und grofse Frauengasse, den Neumarkt, die Kind'schen Häuser (Torniamenti),
die Moritz-Strafse, das Schön-
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. burg'sche Palais, der Pirna'sche Platz,
das
257
Gewandhaus und das
Zeughaus .
dt Auf dem Schlofsplatz stand die Hauptreserve. Die ganze Neusta befand sich ebenfalls in den Händen der Truppen. Der 8. Mai war anfangs wieder zur Offensive bestimmt, aber noch in der Nacht kam
Gegenbefehl,
weil das
sächsische
Ober-
kommando heute den erschöpften Truppen einige Ruhe gewähren wollte. In der Nacht fiel strömender Regen und wurden die Truppen, welche in den Strafsen standen, bis auf die Haut durchnäfst, auch glaubte man, daſs ein Teil der Rebellen zur Vernunft kommen würde, denn sogar ein Mitglied der provisorischen Regierung, der ehemalige Geheime Regierungsrat Todt war bereits unter dem Vorwande, nach Frankfurt gehen zu wollen und die Reichsregierung um Zusendung von Unterstützung zu bitten , verduftet. Um 5 Uhr früh rückte unter dem Major v. Schrötter das Füsilier-Bataillon des 24. Infanterie-Regiments in Dresden überraschend ein.
Dasselbe lag bei Berlin im Kantonnement, erhielt plötzlich den
Befehl zum Aufbruch, wurde Abends eingeschifft und fuhr die Nacht hindurch nach der sächsischen Hauptstadt. Da es stark regnete, so wurde es vorläufig in der Reitbahn der Militär-Bildungsanstalt untergebracht.
Durch die rastlose Thätigkeit des Oberst v. Wurmb war
jetzt die Verpflegung
vortrefflich ,
auch liefs
General v. Schirding,
soweit es thunlich, Ablösung der Truppen eintreten. Die Batterie Grünwald tauschte zwei Geschütze gegen 12Pfünder aus dem Zeughause um und fuhren dieselben als Reserve nach dem Theater.
Das Füsilier-Bataillon des 24. Infanterie-Regiments und die
4. Kompagnie des Kaiser Alexander-Regiments , welche letztere bisher noch nicht im Gefecht war, rückten zur Ablösung der vorn stehenden Grenadier- und Füsilier-Kompagnien vor. Das Gewehrfeuer fing übrigens schon früh wieder an und dauerte den ganzen Tag hindurch, wenn auch in schwächerer Weise, als in den Tagen zuvor. Am Mittag des 8. Mai hatten die Truppen folgende Stellung eingenommen : Kommandeur derselben in der Altstadt war der Generalmajor Graf v. Holtzendorff.
Rechter Flügel . Kommandeur Oberst v. Friderici. Im Thurmhause stand die 11. Kompagnie des Leibregiments und der gröfste Teil der 12. Kompagnie des Kaiser Alexander-Regiments. Diese wurde durch eine halbe 9. Kompagnie des 24. Regiments ab-
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
258
gelöst. Die Besatzung des Thurmhauses hatte den ganzen Tag über ein feindliches Kreuzfeuer auszuhalten. In der Spiegelfabrik stand die 9. Kompagnie des Leibregiments und die halbe 9. Kompagnie des 24. Regiments, welche den Zug der 12. Kompagnie des Kaiser Alexander - Regiments ablöste . In der Sophienkirche wurde der Zug Füsiliere des Kaiser Alexander-Regiments durch einen Zug der 12. Kompagnie des 24. Regiments abgelöst. In der Ostra-Allee blieben die 7. Kompagnie und Teile der 5. und 6. des Regiments Albert stehen. Die königlichen Ställe Alexander-Regiments besetzt. Im
hatte
die
4. Kompagnie
des
Kaiser
Zwinger und auf dem Wall blieb die 5. Kompagnie des
Leibregiments.
Zentrum. Die Truppen im Zentrum blieben unverändert, nur ein Teil der 12. Kompagnie des Regiments Albert rückte vom Schlofs nach dem Prinzenpalais und die 2. und 12. Kompagnie, welche an der Brücke standen, traten in der katholischen Kirche unter, um gegen die nasse Witterung geschützt zu sein.
Linker Flügel , Kommandeur : Major v. Reitzenstein . Die 3. und 4. Kompagnie des Regiments Albert und die 3. des 1. Schützen - Bataillons hielten die Frauengasse,
Stadt Rom und die
kleine Kirchgasse besetzt. Die in der Umgebung des Neumarktes befindlichen Abteilungen des Kaiser Alexander- Regiments ersetzte die 11. und 12. Kompagnie des 24. Infanterie- Regiments. In der Moritz - Strafse blieben 150 Mann.des Regiments Albert. Im Gewandhause wurden die Grenadiere des Kaiser AlexanderRegiments durch die 10. Kompagnie des 24. Infanterie-Regiments abEin Zug derselben besetzte das Kreyssig'sche Haus.
gelöst .
Am Zeughause blieben die 1. , 2. und 4. Kompagnie des SchützenBataillons stehen .
Reserve . Das Leibregiment bestimmte die 4. und 10. Kompagnie dazu , am Blockhause zu bleiben, und die 7. Kompagnie die Bahnhöfe und das Hospital zu besetzen. Im Neustädter Rathause lagerten zwei Kompagnien des Kaiser Alexander-Regiments . Aus dieser vorstehenden Verteilung der Truppen ersehen wir,
259
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
dafs auch heute wie an den vorhergehenden Tagen , nur kleine Abteilungen wie Züge ,
höchstens
eine Kompagnie ,
zur
Verwendung
kommen, wie das ja beim Häuserkrieg durch die Natur der Gefechtsweise geboten ist. Es sollte ja eigentlich heute ein Ruhetag sein, aber in Anbetracht der kurzen Entfernung, in welcher sich beide Parteien gegenüber standen, war es sehr schwer, das Gefecht ganz abzubrechen,
umsomehr,
da
die am Mittag zur Ablösung vorgeführten frischen Truppen voller Kampfeslust waren. Der Russe Bakunin , welcher seinen Standpunkt im
Rathause
noch behauptete, entfaltete heute die letzte Energie und die gesammten Stadträte zitterten vor diesem Unmenschen. Als z. B. ein Stadtrat den Vorschlag machte,
die drei Pulverfässer, welche unten
im Hausflur lagerten , fortzuschaffen , da durch dieselben grofses Unglück herbeigeführt werden könnte, antwortete Bakunin verächtlich :
12 Was Häuser, mögen sie in die Luft fliegen. " Ein Pole stand ihm bei allen Scheufslichkeiten helfend zur Seite, und solche Leute hatten sich die sächsischen Umstürzler zu ihrer Rettung verschrieben. Auf dem rechten Flügel beschossen die Rebellen das Thurmhaus und die Spiegelfabrik unausgesetzt, ohne dafs die Truppen erhebliche Verluste hatten, nur ein Füsilier des 24. Infanterie- Regiments wurde erschossen, welcher Todesfall unter den Füsilieren eine solche Wut hervorrief, dafs seine Kameraden im Begriff waren, nach der Thür zu Lieutenant stürzen , um die Engel'sche Wirtschaft zu stürmen. v. Glasenapp sprang mit dem Säbel in der Hand nach der Thür und verhinderte
energisch
das Verlassen des
Hausflurs ,
wodurch
die
Mannschaften wieder zu einer ruhigen Überlegung kamen. Abends 6 Uhr liefs der Oberst v. Friderici die beiden 12 Pfunder in der Ostra-Allee vorgehen und fünf Kugeln gegen eine sehr unbequem gelegene Barrikade und gegen die Papierhandlung von Neumann abgeben.
Das Feuer hatte sofort die erwünschte Wirkung .
Auch die Sophienkirche wurde durch feindliches Feuer stark belästigt. Ehe Lieutenant v. Borcke vom Alexander-Regiment dort abgelöst ward, erhielt er von der Brüdergasse her heftiges Gewehrfeuer, auch mufste er einen Anprall gegen die Blendung nach dem Palais des Prinzen Johann aushalten . Letzteren schlugen die Füsiliere ab und ein Unteroffizier steckte durch eine Rakete die Matratze in Brand, mit welcher die Rebellen ein Fenster geblendet hatten . Das Feuer breitete sich im Hause weiter aus, wurde aber nach einiger Zeit gelöscht. Im Zentrum wich man heute insofern von einer Defensive ab, als man sich genötigt sah, vom Prinzenpalais aus in der kleinen.
260
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
Brüdergasse angriffsweise vorzugehen. Der Major Voigt vom IngenieurKorps erhielt den Befehl , das Eckhaus der kleinen Brüdergasse an der Sophienkirche von Rebellen zu säubern. Derselbe ging mit einigen Zimmerleuten und einer Abteilung der 8. Kompagnie des Regiments Albert unter dem Lieutenant Schaller gegen das Eckhaus vor, erhielt aber ein so lebhaftes Feuer von allen Seiten, dafs sofort drei Mann verwundet wurden, davon zwei tödtlich. Die Abteilung sah sich genötigt , wieder in das Palais zurückzukehren. Man drang nun in ein benachbartes Haus ein und brach die Wände durch, um in dieser Weise nach dem genannten Eckhause zu kommen. Als die Pioniere einige Steine herausgenommen hatten, bemerkten sie Feuer in der angrenzenden Stube. Sofort wurde die Schlofsspritze geholt und bald war man Herr des Feuers. Die Rebellen hatten sich durch einen Stall in das Eckhaus der grofsen Brüdergasse geflüchtet, aber vorher noch Stall und Haus angezündet.
Das Feuer konnte jedoch bald gelöscht werden.
Auf dem linken Flügel brach der Hauptmann Metzrad mit Mannschaften des 3. Bataillons vom Regiment Albert durch mehrere Häuser der linken Seite der Badergasse durch, wobei wieder die braven Zimmerleute vortreffliche Dienste leisteten. Er besetzte das Eckhaus an der Mündung der kleinen Frohngasse und der weiſsen Gasse in die Badergasse.
Von der dritten Etage aus konnte nun die
Barrikade eingesehen und beschossen werden, sie verliefsen.
so dafs die Rebellen
Um 7 Uhr Abends versuchten dieselben hier einen Überfall, wurden aber durch hinzueilende Abteilungen verschiedener Regimenter abgeschlagen.
Im Hausflur wurden drei Rebellen erschossen , die
übrigen liefen nach dem gegenüber liegenden Eckhause, wohin die Lieutenants Vollborn und v. Schwerdtner folgten. Auf dem dunkeln Hausflur und den Treppen krachte Schufs auf Schufs, bis es endlich auf dem Boden zum Handgemenge kam, wobei viele Rebellen niedergemacht wurden.
Aufserdem gerieten elf in Gefangenschaft, darunter
zwei Jungen, welche angaben, aus Leipzig zu sein. hatten keinen Mann verloren .
Die Truppen
Es hatte sich die Nachricht verbreitet, dafs in der Nacht die Rebellen einen Überfall gegen den linken Flügel beabsichtigten. v. Reitzenstein traf seine Maſsregeln
Major
in sehr zweckentsprechender
Weise, aber ein Angriff erfolgte nicht. Am Nachmittag des 8. Mai konnte man endlich die Zernirung der Altstadt durch Reiterei etwas verbessern . Generalmajor v. Mangoldt erhielt den Befehl, mit der 10. Kompagnie des Leibregiments und zwei reitenden Geschützen vom rechten nach dem linken Ufer über-
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Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
zusetzen und mit 8 Schwadronen den eisernen Gürtel etwas fester zuzuziehen, Hauptmann Neumann vom Ingenieur-Korps fertigte aus Pontons und Brettern eine Fähre an und mit Hülfe eines Dampfschiffes konnte man das Übersetzen derartig bewerkstelligen, dafs Abends 9 Uhr alle dazu bestimmten Truppen sich auf dem linken Ufer befanden . Die baldige Unterdrückung des Aufstandes unterlag keinem Zweifel mehr, deshalb war die Abschliefsung der Stadt vom Hinterlande schnell zu betreiben, damit die fliehenden Rebellen möglichst in die Hände der Reiter fielen. Der Oberstlieutenant Graf Waldersee hatte sich durch verkleidete Kundschafter mit dem Generallieutenant Fürst Radziwill in Torgau und mit dem Generallieutenant v. Holleben in Görlitz in Verbindung gesetzt und von ersterem erfahren, dafs er das 3. Husaren-Regiment und eine halbe reitende Batterie am 8. Mai nach Dresden abgeschickt hatte, welche jedoch erst am 11. dort eintreffen konnten.
Letzterer
hatte drei Bataillone am 8. Abends versammelt, welche per Bahn nach Dresden befördert werden sollten . Es wurde zu ihrem Transport ein Zug leerer Wagen nach Bautzen entgegen geschickt, welcher unter Bedeckung des Hauptmanns v. Bentheim mit der 9. Kompagnie des Kaiser Alexander- Regiments ungestört daselbst eintraf. Auf dem Wege dorthin liefs Hauptmann v. Bentheim auf allen Hauptstationen kleinere Abteilungen stehen, um die Zerstörung der Bahn zu verhindern . Am Abend des 8. Mai wurde über Dresden der Kriegszustand verhängt und der General v. Schirding zum Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht ernannt.
Weshalb der Kriegszustand erst so spät
und nicht schon am 4. Mai proklamirt ward, ist nicht ersichtlich. In der Nacht beschlofs die provisorische Regierung, Dresden zu verlassen, der Boden wurde ihr hier zu heifs unter den Fülsen . Am 9. Mai Morgens traten Tschirner und Heubner in Gemeinschaft mit Bakunin über den Dippoldiswalder Platz, der einzige Weg, welcher noch offen war, nach Freiberg den Rückzug an, diese Stadt war als Sammelplatz bestimmt worden . Eine ziemlich grofse Anzahl Rebellen folgten unter Führung des neu ernannten Oberkommandanten der Bürgerwehr , Namens Born , welcher seit der Gefangennehmung von Heinze in dessen Stellung eingetreten war. Sein Adjutant v. Zychlinsky unterstützte ihn bei Leitung des Zuges . Um 4 Uhr befanden sich nur noch einige Stadträte im Rathause, und den Truppen wurde für heute ein energisches Vorgehen anbefohlen, denn es waren noch einige Gruppen Rebellen zurück geblieben, vielleicht auf Anordnung von Bakunin, um seinen Abzug zu verschleiern.
Die Nacht war infolge des bedeckten Himmels ungewöhnlich
262
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
finster, dies wurde von Seiten der Truppen benutzt, um möglichst unbemerkt die Vorbereitungen zum Angriff zu treffen. Schon um 3 Uhr Morgens ging zuerst der Oberlieutenant v. Rex nach der Martini'schen Wirtschaft vor und schlug hier mit Zimmerleuten und Mannschaften der 9. Kompagnie vom Leibregiment die Thür ein. Die Rebellen gaben, ehe dieselbe aufsprang, von Innen mehrere Schüsse gegen dieselbe ab. Sobald sie geöffnet , drang der Hauptmann v. Witzleben mit drei Sektionen ein, im obern Stock wurde die Wand durchbrochen,
um
nach der
Engel'schen Wirtschaft zu
kommen.
Das Haus war noch von ungefähr 50 Rebellen besetzt, dieselben flohen jedoch, als die Soldaten eindrangen, aber acht derselben blieben todt auf dem Platz . Mit der Wegnahme der Engel'schen Wirtschaft fiel auch die Barrikade der Wilsdruffer Gasse in die Hände der Truppen. Zu gleicher Zeit mit diesen Begebenheiten hatte der Hauptmann v. Malotki die 9. Kompagnie des zweiten Hause neben dem Thurmhause
24. Regiments in zusammengezogen .
dem Auf
Befehl des Oberst v. Friderici sollte die Kompagnie sich in den Besitz des Postgebäudes und der daran anstofsenden Barrikade setzen . Hauptmann v. Malotki schickte den Lieutenant v. Glasenapp gegen das Engel'sche Haus vor und einen zweiten Zug unter dem Lieutenant v. Horn um das Postgebäude herum gegen die Barrikade an der Scheffel- und Wallstrafse. Mit dem dritten Zuge beschofs der Kompagnie - Chef das Postgebäude.
Für den Fall,
dafs einer der
beiden Züge den Auftrag nicht erfüllen konnte, sollte er sich ebenfalls gegen die Post wenden. Als die Aufmerksamkeit der Rebellen
durch
zwei in
beiden
Flanken vorgehenden sächsischen Kompagnien von den preufsischen Füsilieren abgezogen wurde, brachen die drei Züge vor und trotzdem der zu überschreitende Platz von allen Seiten unter lebhaftem Feuer lag, erreichte der Lieutenant v. Glasenapp das Engel'sche Haus und setzte sich in demselben fest.
Lieutenant v. Horn war dagegen nicht
im Stande, die Barrikade zu nehmen und griff daher vereinigt mit dem Hauptmann v. Malotki das Postgebäude an. Beide Züge, sowie die 3. und 5. Kompagnie des Leibregiments nahmen das Postgebäude ein und zwangen durch ihr Feuer die Rebellen , die gegenüberliegende Barrikade zu verlassen.
Die beiden 12 Pfünder und die 4. Kompagnie
des Kaiser Alexander - Regiments kamen ebenfalls heran und griffen mit ihrem Feuer energisch ein.
Die Verteidiger der Scheffelgassen-
Barrikade und des Eckhauses an der Scheffelgasse und Wallstrafse und in der
Naumann'schen
Papierhandlung
verliefsen jetzt
ihre
Stellung . Die Lieutenants v. Glasenapp und v. Horn gingen nun in beiden Häuserreihen gegen den Altmarkt vor. Der erstere be-
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
263
mächtigte sich einer der Burgker Kanonen , welche das Regiment zum Andenken erhielt. Ein zweites Geschütz wurde dem Kaiser AlexanderRegiment als Geschenk überlassen. Hauptmann v. Malotki setzte sich in den Besitz des Polytechnischen Instituts, wobei der Lieutenant v. Hanstein vom Alexander - Regiment sehr zweckmäfsig mitwirkte, indem er den Barrikaden in der Wallstrafse in den Rücken kam. Gegen 9 Uhr Vormittags, als preufsische und sächsische Abteilungen gegen den Dippoldiswalder Platz vorgingen, wehten bereits die weifsen Fahnen aus den Fenstern. Das Zentrum blieb unverändert in der Defensive. Auf dem linken Flügel ging der Major v. Schrötter mit der 11 . und 12. Kompagnie des Füsilier - Bataillons 24. Infanterie - Regiments um 3 Uhr Morgens gegen den Altmarkt vor. Diese Kompagnien waren noch nicht in das Gefecht gekommen und brannten auf den Augenblick.
Lieutenant v. Arnim der 11. Kompagnie ging mit seinem
Zuge in der westlichen und Hauptmann v. Poser in der östlichen Häuserreihe der Schlössergasse vor , während Lieutenant v. Stosch durch die Sporer-Gasse die Schlofsgasse erreichte. Hauptmann v. Plessen und Lieutenant v. Lundblad setzen sich in Besitz der Barrikade an der Mündung der Schlössergasse in den Altmarkt, während Major v. Schrötter mit der Reserve seines Bataillons durch die Frauen- und Badergasse bis zum Altmarkt vordrang. Die 10. Kompagnie schlug den Weg durch die Frohn- und Kreuzgasse gegen die Kreuzkirche ein, ohne erheblichen Widerstand zu finden. Major v. Reitzenstein folgte dem Vorgehen 1. Schützen-Bataillon.
der Preufsen mit dem
Infolge eines von Bakunin zurückgelassenen Befehls wurden drei Häuser in der Zwingerstrafse durch Pechkränze in Brand gesteckt. Um 8 Uhr Vormittags hatten die Rebellen vom Kreuzthurm drei Glockenschläge gegeben , welche das verabredete Zeichen für einen allgemeinen Rückzug waren. Aus allen Fenstern wehten die weifsen Fahnen und somit war die Niederwerfung des Aufstandes erreicht. Alle in der Neustadt einquartierten Truppen marschirten sofort nach der Altstadt. Die Preufsen und sächsischen Schützen formirten sich auf dem Altmarkt als Bataillone, das Regiment Albert auf dem Neumarkt und das Leibregiment auf dem Postplatz. Die grofse Zahl von Gefangenen hatte man vorläufig unter Bewachung einer halben Kompagnie in der Frauenkirche untergebracht. Alle verdächtigen Personen wurden festgenommen und die Herstellung der ungehinderten Bewegung in den Strafsen in Angriff genommen. Nirgends fand ein Widerstand mehr statt, die Einwohner beteiligten sich sogar
264
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
bei der Aufräumung der Barrikaden.
Im Rathause nahm man den
Advokat Blöde, den Dr. Minkwitz und den Dr. Richter fest , mit zu den Anstiftern des Aufstandes gehörten.
welche
Sr. Majestät wurde sofort per Dampfschiff eine Meldung über die Niederwerfung des Aufstandes nach dem Königstein geschickt und an allen Bahnhöfen die Bekanntmachung vom Siege der Truppen angeschlagen. Die Entwaffnung der Einwohner spielte sich glatt ab. Um 3 Uhr Nachmittags rückten drei Bataillone der Division Holleben ein und erhielt der Oberst v. Rommel Befehl, mit den eben angekommenen Bataillonen die fliehenden Rebellen zu verfolgen, denn der Sieg über einen geschlagenen Feind wird erst vollständig, wenn derselbe gesprengt und vernichtet ist. Major v. Nehrhoff ritt bereits um 9 Uhr mit drei Zügen des 1. leichten Reiterregiments und einer halben Batterie zur Verfolgung ab. Dafs dies nicht ebenfalls, ohne einen Befehl dazu abzuwarten, auch von der zernirenden Kavallerie geschah, war nicht richtig. Dafs ein Teil der Rebellen nach dem Innern des Reiches entweichen konnte, war ein Zeichen, dafs auch am 9. Mai die Zernirung noch keine vollkommene war. Es fehlte an Kavallerie. Noch rühmend zu erwähnen ist die Haltung des Rittmeisters v. Uckermann, welcher während der ganzen Zeit mit 40 Pferden und 14 Mann Infanterie vom Regiment Albert das auf dem linken Ufer der Elbe isolirt gelegene Pulvermagazin besetzt hielt und durch sein umsichtiges und fest entschlossenes Auftreten die Vorräte an Pulver dem Staat erhielt. Die Niederwerfung des Aufstandes erregte in ganz Deutschland unter der staatserhaltenden Bevölkerung enthusiastische Freude, bei der Demokratie dagegen grofse Niedergeschlagenheit. Glückwunschadressen trafen von allen
Seiten ein,
v. Schirding und Rabenhorst den Ausdauer, Treue und Tapferkeit. Von Sr. Majestät stehender Dank ein :
dem
Könige
auch dankten die Generale
vereinigten
Truppen
Friedrich August
für
ihre
traf nach-
Preufsische und Sächsische Soldaten! Ich danke
Euch für den Mut und die Ausdauer, die Ihr im
Kampfe gegen die Anarchie bewiesen habt !"
Festung Königstein , den 9. Mai 1849 . Die Truppen in der Stadt blieben unter dem Kommando des Generallieutenant v. Schirding , während alle sächsischen und preufsischen Truppen im Lande unter den Befehl des Generallieutenant v. Holleben traten. Der erste Schufs war am 4. Mai Nachmittags 3 Uhr gefallen, der letzte am 9. Vormittags um 8 Uhr.
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden .
265
Die lange Dauer des Kampfes mufs auffallen und ist sie vorzugsweise durch die geringe Stärke der sächsischen Truppen zu erklären , welche eigentlich erst vom 8. Mai ab die hinreichende Stärke zu einer energischen Offensive erhielten . Ausserdem war es die neue Fechtweise der Infanterie, welche wohlweislich nicht wie früher, die Barrikaden in den Strafsen mit Kolonnen angriff, sondern durch die Mauern von Haus zu Haus durchbrach, was jedenfalls sicherer und mit weniger Verlusten zum siegreichen Ziele führte, aber natürlich auch erheblich mehr Zeit erforderte . Endlich ist den Rebellen eine gewisse Zähigkeit in der Verteidigung mehrerer Häuser nicht abzusprechen, wobei sie durch die gute Bewaffnung mit Büchsen sehr vorteilhaft unterstützt wurden. In Anbetracht der langen Dauer und der Heftigkeit des Kampfes Die sind die Verluste auf beiden Seiten aufserordentlich gering. in und Ursache hierzu ist wieder in dem Vorgehen durch die Häuser der sehr geschickten Deckung zu suchen. Man sah von den Rebellen in der Regel nicht mehr als den Kopf, es musste mithin jeder Treffer Massenversammlungen des Volkes in den ein Spiegelschufs sein. Strafsen fanden nur in den Tagen statt, wo der Kampf mit Waffen noch nicht entbrannt war. In Folge dessen konnte von den vom Alexander-Regiment mitgebrachten Handgranaten auch kein Gebrauch gemacht werden.
Die Verluste sind folgende: Preufsen. Kaiser Alexander - Regiment : Tot 2 Offiziere und 2 Mann. Verwundet 5 Unteroffiziere und 26 Mann. InfanterieRegiment Nr. 24 : Tot 4 Mann .
Verwundet 12 Mann, von denen noch
ein Mann später starb . Sachsen. Tot 2 Offiziere und 20 Mann.
Verwundet 7 Offiziere
und 57 Mann, von denen später noch 3 Mann starben , Summa : Tot 4 Offiziere, 26 Mann. Verwundet 7 Offiziere, 95 Mann, von denen später 4 Mann starben . Die Verluste, welche die Rebellen erlitten, lassen sich nicht genau feststellen. Es wurden auf den Kirchhöfen 191 beerdigt. Rechnet man noch eine Anzahl hinzu , welche anderweitig eine Grabstätte fanden, so dürfte in runder Summe die Zahl der Toten etwa 250 betragen.
Auch die Verwundeten werden 250 nicht überschreiten.
Am 10. Mai fand die Beerdigung der beiden gefallenen preufsischen Offiziere statt, die Trauerparade gaben die sächsischen Truppen, alle Offiziere der Garnison waren zugegen. General Graf Holtzendorff hielt eine zündende Grabrede. Ganz in ähnlicher Weise wurden sächsische und preufsische Soldaten in gemeinschaftlicher Erde zur ewigen Ruhe bestattet.
266
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden. Für die Verwundeten wurde in der liebevollsten Weise gesorgt,
auch war die Verpflegung für die Soldaten tadellos . Das Einvernehmen der Füsiliere des Kaiser Alexander-Regiments, welche noch länger in Dresden blieben, mit den Einwohnern liefs nichts zu wünschen übrig. Die Waffenbrüderschaft zwischen den sächsischen und preussischen Truppen war eine aufrichtige. Man hatte sich gegenseitig schätzen gelernt und die Einigkeit der deutschen Soldaten war nirgends so innig und sichtbar wie hier. Sie hatten gemeinsam für Gesetz und Ordnung, für König und Vaterland gekämpft, Kitt zwischen beiden Heeren .
das war der bindende
Die flüchtigen Rebellen, welche ungefähr noch 1800 Mann stark waren, zogen nach Freiberg und Chemnitz ab.
Mit Ausnahme einiger
Schüsse war der Kampf überall beendet. Sie zerstreuten sich in alle Winde, ein Teil der Fremden eilte der Pfalz zu , um sich dort der Insurrektion anzuschliefsen. Durch die Entschlossenheit der Bürger in Chemnitz wurden im Gasthofe zum
„Blauen Engel "
zwei der Anstifter des Aufstandes
Heubner und Bakunin, festgenommen. Leben davon. - Schade !
Beide kamen also mit dem
Unter den aufgefundenen toten Rebellen waren 108 unbekannte Personen, also meistenteils zugewanderte Barrikadenkämpfer. Den besseren Ständen gehörten nur 11 Personen an, die übrigen waren aus dem Handwerker- und Arbeiterstande. Von den Führern blieben zwei todt, nämlich der Advokat Böttcher aus Chemnitz und der Dr. Haufsner aus Pirna, dessen Leiche in der Elbe gefunden ward. Während des Kampfes und unmittelbar nach demselben waren Bei der Untersuchung ungefähr 400 Gefangene gemacht worden . entliefs man viele gegen Handgelöbnifs, merkwürdiger Weise auch solche, welche nachweislich auf den Barrikaden gestanden und zu den Brandstiftern gehörten . Das Sprüchwort n all' zu scharf macht schartig“ durfte hier keine Anwendung finden, die volle Strenge des Gesetzes mufste unbarmherzig vollzogen werden. Milde anzuwenden ist gegen eine derartige Revolutionspest eine ganz verfehlte Spekulation. Die sächsischen Truppen, Offiziere wie Soldaten, hatten, wie wir aus der Schilderung gesehen,
unter den schwierigsten Verhältnissen,
was Treue, Tapferkeit und Ausdauer betrifft, ihre volle Schuldigkeit gethan. Zeigte sich auch die Besatzung des Zeughauses einige Stunden schwankend und unsicher, so war dies nur eine ganz vorübergehende Erscheinung, denn die Soldatenehre beherrschte mit riesenhafter Stärke alle Verführungskünste der Demokratie. Die Umsturzpartei hatte sich somit über den politischen Zustand der Truppen arg getäuscht, vielleicht hatte sie sich dadurch irre führen
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
267
lassen, dafs bei den im Jahre zuvor abgehaltenen Volksversammlungen einzelne Soldaten erschienen , die wahrscheinlich im angetrunkenen Zustande Versprechungen gemacht, welche bei nüchterner Überlegung nicht gehalten wurden . Nahmen doch sogar drei Offiziere ihren Abschied , andere politische
Richtung hatten
Soviel wie bekannt,
als ihre
übrigen
weil sie eine Kameraden.
schlossen sich nur zwei verabschiedete Offiziere
dem Aufstand an, das war der ehemals griechische Oberstlieutenant Heinze und der Oberstlieutenant Bogenhardt. Es waren dies einzelne Auswüchse der Gesellschaft, welche in allen Ländern vorgekommen sind und auch in Zukunft wiederkehren werden .
Es sind traurige
Gestalten, denen man keinen zu hohen Wert beilegen darf, denn dem Grofsen und Ganzen thun sie keinen Abbruch. Am 11. Mai besetzten die 2. und 3. Kompagnie des Kaiser Alexander - Regiments die Bahnhöfe von Riesa und Röderau und am 16. kehrte das ganze 1. Bataillon nach Berlin zurück,
während das
Füsilier-Bataillon noch zwei Monate in Dresden und Umgegend blieb. Ebenfalls am 11. Mai rückte das Füsilier-Bataillon des 24. InfanterieRegiments mit der Bahn nach Halle, wo es zu der dort zusammengezogenen Division des Fürsten Radziwill stiefs. Die Division des Generals v. Holleben, welche 11 Bataillone und 2 Kavallerie-Regimenter stark war, blieb bis zum 25. Mai in Sachsen und trat alsdann den Marsch nach Erfurt an . Als Ersatz rückte Generalmajor v. Hobe mit 4 Landwehr-Bataillonen ein. Zahlreiche Orden und Ehrenzeichen wurden von den Majestäten Friedrich Wilhelm IV. und Friedrich August an die preufsischen und sächsischen Truppen verliehen, z . B. erhielt das Kaiser AlexanderRegiment 116 und das Füsilier-Bataillon des 24. Infanterie-Regiments 26 Dekorationen, auch hatte Ihre Majestät die Königin von Sachsen den drei preussischen Bataillonen eigenhändig gestickte Fahnenbänder übergeben. Somit erreichte das blutige Drama in Sachsen sein Ende , freudig begrüfste die Ordnungspartei den siegreichen Abschlufs ,
welcher in
politischer Beziehung für ganz Deutschland so unendlich wichtig war. Sollte aus der Schilderung der Gefechtstage die deutsche Soldatenjugend Erfahrungen ziehen, so ist unsere Absicht erreicht. Die Kriegskunst ist freilich veränderlich, und die Macht der Verhältnisse oft gröfser als
alle Weisheit der Menschen, in den Hauptsachen bleibt sie aber auch künftig unverändert. Die Umsturzpartei, mag sie aus Anarchisten, Sozialisten oder
Nihilisten bestehen, drückt noch heute wie ein Alp auf alle Länder Europas, deshalb dürfen wir keine Vogelstraufs-Politik treiben, sondern Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd 104, 3. 18
268
Rückblick auf die Mai-Tage 1849 in Dresden.
die Augen auf, stets auf Vedette gestanden , damit eine Überraschung nicht wieder vorkommen kann . So wie der Zustand jetzt ist, wird er schwerlich immer bleiben, sondern er wird besser oder schlechter werden. Die Zeit des Totschweigens ist längst vorüber, nur vereinigtes , offenes , mannhaftes Auftreten der Regierungen und der Ordnungspartei können dem unlautern Treiben des finsteren Umsturzes einen festen Wer die Energie besitzt, hat auch die Damm entgegen stellen . Sympathie für sich . Es ist ganz unerhört, welchen Schaden die deutsche Sozial-
demokratie und die ihnen nah verwandten Parteien bereits unserem Wie unsere westlichen Vaterlande im Auslande zugefügt haben . Nachbaren über den deutschen Sozialismus denken, drückt der Figaro nach dem Kongreſs in Lille i. J. 1896 in einem Artikel deutlich aus. Wenngleich Fürst Bismarck seiner Zeit den Auspruch that : „ Druckerschwärze macht auf Deutschland keinen Eindruck" , so geben wir dennoch die im Figaro ausgesprochene Ansicht der französischen Revanchepartei am Schlufs unserer Arbeit wieder, damit dieselbe in der deutschen Armee nicht in Vergessenheit kommt. Der Figaro schreibt: Die Sozialdemokratie ist der Bohrwurm , der minirt , schwächt und vielleicht endlich das Deutsche Reich zerstören wird.
In Kriegszeiten würde sie ohne Zweifel von
keinem Nutzen sein ; in Friedenszeiten dagegen ist sie für Frankreich ein kostbarer Bundesgenosse. Wir können sie als Sozialdemokratie hassen , aber wir müssen sie als
17 deutschen " Sozialismus segnen , denn wenn sie sich in demselben Verhältnifs weiter entwickelt wie bisher , so wird die uns zugefügte Ungerechtigkeit früher oder später wieder gut gemacht werden . " Das ist eine deutliche Sprache, ein Mahnwort an das germanische Volk. Alle deutschen Patrioten aber rufen unserem teuren Vaterlande zu :
Si vis pacem para bellum !
XXII.
Über den Vorposten- und Kundschaftsdienst der russischen Armee.
Es ist eine eigenartige Erscheinung
bei der russischen Armee,
dafs alle Reglements , Instruktionen u . s . w. nicht nur vor ihrer definitiven Feststellung nach langen Vorberatungen und Erprobungen sondern auch nach ihrer endlichen Bestätigung
sofort
vollen Öffentlichkeit zugänglichen Kritik unterliegen .
einer der
Dadurch wird
einer gewissen Unstätigkeit in Befolgung der Bestimmungen und willkürlichen Abänderungen Vorschub geleistet, um so mehr, wenn die Anregung dazu von einer Autorität ausgeht und an, sozusagen offiziöser Stelle Platz findet . So verbreitet sich im Dezemberheft des „ Wajennüj Ssbornik " 1896 Oberst Swätlow in bemängelnder Weise über die von 1881
herrührenden Bestimmungen des Vorposten- und Patrouillen-
dienstes, die seiner Meinung nach sehr komplizirt sind und ihren Zweck, die Ruhe und Sicherheit der Truppen zu schirmen, nicht erreichen. Nicht nur zum Studium des russischen Vorpostensystems, sondern auch auf Grund ihres Eingehens auf diese Frage im Allgemeinen, sind die Ausführungen des Obersten Swätlow so unterrichtend und zu Vergleichen anregend, dafs wir sie hier in ihrem Hauptgange dem Leser zur Kenntnifs bringen. Der gröfseren Kürze wegen müssen wir dabei die Hauptformen der russischen Vorpostenaufstellung als bekannt voraussetzen. Notwendige Erklärungen führung selbst . Die in Rufsland Patrouillendienstes
enthält
ja
auch
die Aus-
angewendeten Arten der Sicherung und des
unterscheiden sich sehr von einander , sowohl Das gewöhnliche, ursprünglich von
der Form als dem Geiste nach .
den Kasaken übernommene, Vorpostensystem stellt sich als eine Reihe von hintereinander befindlichen Linien, je nach Umständen 3-5 , dar. Dem Feinde zunächst die Ssekrety - ""verlorene Posten" zur Beobachtung und nicht immer ausgestellt - dann die eigentliche, in der Regel aus Gruppen von 4 Mann - davon nur einer 17vor dem Gewehr " ; bei der Kavallerie ist letzterer meistens zu Pferde - bestehende Postenkette . Dahinter als Soutiens die sogenannten Sasstawy ; noch weiter rückwärts die Hauptwache und zuletzt, nur bei gröfseren Detachements , die sogenannte Reserve der Vorposten . In Ausnahmefällen wird die
18*
270
Über den Vorposten- und Kundschaftsdienst
ähnlich unseren Sicherung nur durch eine Linie von Sasstawy Feldwachen und früher als Pikets bezeichnet - bewirkt, die ihrerseits Posten aussetzen und Patrouillen entsenden.
Das erstere System kann
man als das der aktiven Sicherung bezeichnen, da die hinter der Postenkette vorhandenen Soutiens verschiedener Namen und Stärke zur Unterstützung der Posten und oft auch zum Kampf bestimmt sind. Die Sicherung durch Sasstawy allein hat einen mehr passiven Charakter, da sie nur zur zeitweiligen Abhaltung des Feindes und zur Beobachtung der zu ihm führenden Strafsen dient.
Beide Systeme,
die mitunter kombinirt sein können , bilden den " unbeweglichen Schutz " der biwackirenden oder in Biwackquartieren liegenden Truppen.
Ein drittes , bei der Unterbringung in Quartieren an-
gewendetes, aus Avantgarde und Sasstawy verschiedener Benennung und Bestimmung nebst fliegenden Patrouillen bestehendes, System nimmt eine mittlere Stellung zwischen dem beweglichen und unbeweglichen Schutz und dem aktiven und passiven System (siehe oben) ein. Zur Ausführung der beweglichen Sicherung es ist hier nur auf die Sicherung ruhender, nicht marschirender Truppen Bezug genommen dienen wiederum 2 Systeme : die fliegenden Patrouillen Die fliegenden und die selbstständigen Kavalleriedetachements. Patrouillen bilden eine Linie rekognoszirender Abteilungen,
die in
verschiedenen Richtungen vorgehen und höchstens eine Stärke von einer halben Eskadron haben . Darüber hinaus nennt man sie ,, selbstständige Detachements " . mehr Linien :
Letztere formiren beim Vorgehen drei und
Patrouillen,
Soutiens (Sasstawy) und Reserve und
repräsentiren im Gegensatz zu den nicht zum Kampfe bestimmten fliegenden Patrouillen die aktive Art der beweglichen Sicherung. Diese zur Kundschaft auf weitere Entfernung vorgeschickten Teile sind unabhängig von den zum eigentlichen Vorpostendienst verwendeten Abteilungen und haben nach dem russischen Reglement mit ihnen keine Verbindung.
Beide Arten der Sicherung : die unbewegliche und
die bewegliche , können gleichzeitig , werden.
aber auch
allein angewendet
Die unbewegliche Sicherung, Postenkette mit ihren Soutiens oder durch Sasstawy allein, erstreckt sich auf 2-4 Werst von dem ruhenden Gros , die bewegliche (der Kundschaftsdienst) auf unbestimmte Entfernungen, je nach Umständen . Die Linie der Vorposten, von denen auf je eine Sasstawy, je 6-8 kommen, hat im allgemeinen eine das zu schützende Detachement nach rückwärts zu einschliefsende Bogenform , die Linie der fliegenden Patrouillen umfafst dagegen die feindlichen Vorposten.
Die
zum Vorpostendienst bestimmten Truppen,
der russischen Armee.
darunter auch die Kette der Posten, werden täglich, zwei Tage,
abgelöst.
271
spätestens alle
Für die fliegenden Patrouillen und die selbst-
ständigen Detachements giebt es hierüber keine Bestimmungen. Sowohl der bewegliche als der unbewegliche Schutz bei Entfernungen des Feindes über bezw. bis auf einen Tagemarsch und selbst noch näher, ist der Kavallerie übertragen, der Infanterie nur dann, wenn der Feind ganz nahe ist, also z. B. vor oder unmittelbar nach einer Schlacht , bei Blockaden u . s. w. oder in für die Kavallerie nicht gangbarem Gelände. Der Autor tadelt an diesem, hier zunächst nur kurz skizzirten, System
1.
seine Unübersichtlichkeit,
2.
seinen Überflufs an ver-
schiedenen Formen und Bezeichnungen, 3. das Fehlen des Zusammenhangs zwischen dem eigentlichen Vorposten- und dem Kundschaftsdienst, und 4. in einzelnen Fällen die ungenügende Widerstandsfähigkeit bei der Sicherung der ruhenden Truppen. Es genügt, um die Richtigkeit des ad 1 und 2 erhobenen Tadels
zu bekräftigen,
darauf hinzuweisen, dafs zum Schutz der ruhenden
Truppen 2 Systeme : 1. das fern bewegliche und 2. das nah unbewegliche bestehen, von denen das erstere 2, das letztere 3 Unterarten hat. Bei diesen 5 Arten kommen wieder mehr als 20 verschiedene Bezeichnungen in Betracht , die der Soldat nur mit äusserster Mühe auseinander zu halten vermag. So giebt es aufser den von jedem Posten auszusetzenden Posten vor dem Gewehr , oder Schildwache, allein 5 verschiedene Arten von Posten : 1. die eigentlichen Posten, die den Feind unmittelbar beobachten und nichts durchlassen, aufser die eigenen. Patrouillen, 2. die Kontroll- und Durchlafsposten , 3. die Zwischenposten zweierlei Art : a) Zur Übermittelung der Befehle und Meldungen zwischen der Kette und den rückwärtigen Soutiens, b) selbstständige an Verbindungswegen zwischen den Avantgarden oder Quartieren , 4. Beobachtungsposten , ausgestellt von der Hauptwache, wenn sie nicht an einer Hauptstrafse steht, und 5. Wacht- oder Sicherungsposten, zum Schutz der Sasstawy. Bei den Sasstawy sind wiederum 6 Unterscheidungen zu machen : 1. die eigentliche Sasstawa als nächstes Soutien der Vorpostenkette, 2. selbstständige zur Beobachtung, 3. zur Verteidigung, 4. auf den Verbindungen, 5. zur Benachrichtigung, gestellt von der Kavallerie zur Sicherung der Flanken, 6. zur Unterstützung der Patrouillen der Kavallerie und zum eigentlichen Schutz . So kann man also unter einer Sasstawa alles Mögliche verstehen , und ebenso ist es mit der Definition der übrigen Formen und Arten, die überdies eine überflüssige und geradezu verwirrende Menge von Kombinationen zulassen , Es bestehen hierfür eine wahre Unzahl von Paragraphen,
272
Über den Vorposten- und Kundschaftsdienst
Schwerer wiegend in Bezug auf die zu erlangenden Resultate ist das Fehlen des Zusammenhangs zwischen den eigentlichen Vorposten und den zum Patrouillendienst , also zur beweglichen Sicherung nach der Ferne hin, bestimmten Abteilungen . Das Reglement drückt sich nicht bestimmt darüber aus, ob immer beide Arten der Sicherung angewendet werden müssen, wie es
bei gröfseren
De-
tachements und längerer Ruhe in der Nähe des Feindes doch wohl nötig wäre. Sowohl die zum Vorpostendienst als die zur Vornahme der beweglichen Sicherung nötigen Truppen werden von dem Detachementsführer dazu kommandirt. Die ersteren unterstehen bei Verrichtung ihres Dienstes dem Kommandeur der Vorposten , die letzteren aber nur direkt dem Detachementsführer, dem, und nicht dem Vorpostenkommandeur, sie auch die Meldungen abzustatten haben.
Die aus-
gesendeten fliegenden Patrouillen und selbstständigen Detachements haben aufserdem unter sich und mit den Vorposten keine unmittelbare Verbindung, bilden also kein organisches Ganzes. Nur bei der Postenkette selbst verlangt das Reglement die Aussendung besonderer Verbindungspatrouillen. Am beachtenswertesten erscheinen die Äufserungen des Kritikers über die ungenügende Widerstandsfähigkeit bei der Sicherung der ruhenden Truppen. Wir beginnen mit der gebräuchlichsten, sozusagen normalen Art der Vorpostenaufstellung, bestehend aus der Postenkette mit ihren Sasstawy und Hauptwachen . Die, wie erwähnt, aus 4 Mann bestehenden, also nicht mit unsern Doppelposten oder Vedetten zu verwechselnden russischen Posten haben, wenn von Infanterie gestellt 300 Schritt, bei der Kavallerie 300-500 Schritt bis zu einem halben Kilometer Abstand von einander.
Sie sollen die
Zwischenräume beobachten, nichts durchlassen und nur im äussersten Notfall zum Kampfe schreiten . Dazu reicht auch ihre Stärke (bei der Mehrzahl nur 4 höchstens 8 Mann, die Durchlafsposten etwas stärker) nicht aus .
Zu ihrer Unterstützung dienen als zweite Linie
die Sasstawy, zwei für jeden Kompagnie- oder Schwadronsabschnitt und bei der Infanterie 10-25 , bei der Kavallerie 8-12 Mann stark. Abstand der Sasstawy von der Kette bei der Infanterie 1/2, Kavallerie 1 Kilometer. Als 3. Linie folgen dahinter die Hauptwachen, eine pro Kompagnie bezw. Schwadron, etwa in der Stärke von 1/3 der Kompagnie und mit 1/2 bezw. 1 Kilometer Abstand von den Sasstawy. Es ergiebt sich aus dieser Aufstellungsart, dafs sie nirgends eine genügende Widerstandskraft besitzt. Die einzelnen Posten à 4 Mann sind zu schwach und zu weit von einander entfernt, um sich wirksam unterstützen zu können.
Die rückwärtigen Soutiens sind ebenfalls
der russischen Armee.
273
zu schwach und zu weit von der Kette bezw. den Sasstawy entfernt, um rechtzeitig zur Hülfe zur Hand zu sein . Nimmt man z. B. an, dafs eine geschlossene feindliche Schwadron einen Überfall auf einen in der Front (Postenkette) 5 Kilometer einnehmenden, in der Tiefe (bis zur Hauptwache) 2 Kilometer betragenden Schwadronsabschnitt macht, so wird sie nirgends
recht aufgehalten und ist leicht im
Stande, die ihr in den Weg kommenden kleinen feindlichen Gruppen vereinzelt zu überwältigen und bis zu den biwackirenden Truppen vorzustofsen, also den Zweck der Beunruhigung voll zu erreichen . Wird die Vorpostenaufstellung von Infanterie gebildet, so ist bei ihrer geringeren Bewegungsfähigkeit der Einbruch noch leichter, die Linie der einzelnen Posten verlockt sogar zum Angriff. Anders gestaltet sich die Sachlage, wenn die Sicherung der ruhenden Truppen nur durch Sasstawy bewirkt wird, zumal wenn die Aufstellung derselben durch das Gelände eine gröfsere Widerstandsfähigkeit erhält .
Es sind aber über die Entfernungen derselben von
einander und von den zu schützenden Truppen keine festen Bestimmungen vorhanden . Hätten die Sasstawy, die man in diesem Falle am besten mit unseren Feldwachen zu vergleichen vermag, eine genügende Stärke,
bei der Infanterie mindestens ein Zug, einen die
gegenseitige Unterstützung, auch durch das Gewehrfeuer, ermöglichenden Abstand von einander, also etwa 1 Kilometer, und mindestens 2, bei der Kavallerie 4 Kilometer Entfernung von den biwackirenden Truppen, so würde diese Art der Sicherung viel widerstandsfähiger sein und den eindringenden Feind länger aufzuhalten vermögen. Bei der in Ruſsland im Frieden angewendeten Praxis jedoch, wobei die Sasstawy meistens 3-4 Kilometer von einander entfernt sind und einen zu geringen Abstand von den zu sichernden Truppen haben, ist erstens die Beobachtung des Feindes eine unterbrochenere und daher unzuverlässigere, als bei dem Normalsystem (Postenkette und Soutiens), zweitens ist der Durchbruch dem Feinde erleichtert und die sich ihm entgegenstellenden Abteilungen sind gefährdeter ,
da sie sich nicht
rechtzeitig genug zu unterstützen vermögen und hinter sich keine Soutiens haben. Betrachten Sicherung
wir
durch
nunmehr fliegende
die
Formen
Patrouillen
und
der
beweglichen
selbstständige
De-
tachements , so sind erstere gewissermassen mit den selbstständigen Sasstawy zu vergleichen, nur dafs letztere unbeweglich, die ersteren beweglich sind. Alles über den Nutzen und über die Nachteile der Sasstawy, ihre Zahl, Stärke, Abstand von einander und vom Gros Gesagte, ist daher auch auf die fliegenden Patrouillen anwendbar. Die Anwendung selbstständiger Detachements hat dagegen, ab-
274
Über den Vorposten- und Kundschaftsdienst
gesehen von ihrer Beweglichkeit, mehr Ahnlichkeit mit der Sicherung durch Postenkette und Soutiens, da ein selbstständiges Detachement dem Feinde ebenfalls drei und mehr Linien, nämlich Patrouillen mit dahinter folgenden Sasstawy und Reserve, entgegenstellt.
Die selbst-
ständigen Detachements sind aber bei Erfüllung ihrer sichernden Aufgaben unabhängiger. Bei der Beurteilung der verschiedenen Methoden der Sicherung kommt auch die Einfachheit der Formen und die Zahl der dazu verwendeten Truppen in Betracht.
Oberst Swätlow ist der Meinung,
dafs auch diese Frage im russischen Reglement ungenügend gelöst und dabei dem persönlichen Ermessen zu viel Spielraum gelassen ist. Persönlich
sieht
er
die
Sicherung
durch
selbstständige Sasstawy
für zweckmässiger als das in Rufsland normale Vorpostensystem in mehreren Linien hintereinander an , da die Aussetzung einer einzigen Linie von Sasstawy einfacher und widerstandsfähiger ist,
sich dem
Gelände leichter anpassen läfst, und die Truppenverbände weniger zerstückelt, also die Kontrolle mehr begünstigt , als die Aufstellung der Postenkette mit ihren mannigfachen und doch ungenügenden Rückhalten. Trotzdem kommt in Wirklichkeit die Sicherung durch Sastawy allein nur sehr selten zur Anwendung, und man kann somit die von dem Reglement besonders betonte Forderung möglichst einfacher Formen nicht als erfüllt betrachten . Ähnlich Zweifel veranlassend, verhält es sich mit der zum Sicherheitsdienst zu verwendenden Mannschaftszahl im Verhältnifs zu dem zu schützenden Detachement und mit den Perioden
ihrer
Ablösung. In Anbetracht der mit dem Vorpostendienst verbundenen grofsen Anstrengungen, sollte die tägliche Ablösung die Regel sein und der Verbleib auf Vorposten 48 Stunden und länger nur äussersten Notfall stattfinden .
im
Man möge dabei namentlich an die
Postenkette denken, deren einzelne ,
nur aus 4 Mann bestehende
Gruppen beständig bereit sein müssen und, wenn sie ihren Zweck voll erfüllen sollen, während der 24 stündigen Dauer ihres Dienstes nicht zur Ruhe kommen, ganz auf sich selbst angewiesen sind, nicht abkochen können u. s . w. Bei gröfserer Entfernung des Feindes müſsten nach Oberst Swätlow die Vorpostentruppen 1/ 6-1/8, in gefährlicheren Fällen 14-15, des zu schützenden Detachements betragen, demgemäſs auch die Heranziehung der Kompagnien bezw.
Schwadronen
Vorpostendienst nur jeden 3. -4 . Tag stattfinden .
Bei gröfserer Nähe
zum
des Feindes (8-10 Kilometer) würde es genügen, wenn jedes in der Avantgarde befindliche Bataillon eine, bei weiterer Entfernung eine halbe Kompagnie, täglich zum Vorpostendienst stellte . Auf die Frage,
ob die Sicherung stets gleichzeitig durch die
der russischen Armee.
275
Vorpostenkette und durch einen besonderen Apparat von Patrouillen auszuführen sei oder ob man sich mit einer dieser Arten allein begnügen kann, antwortet das russische Reglement nur insoweit, als es sagt : ,, Der Kundschaftsdienst ist ein mächtiges Hülfsmittel zum Schutz der Truppen und häufig sogar wirksamer als die unbewegliche Vorpostenmethode. " — Oberst Swätlow ist ein entschiedener Anhänger des dem Gegner mehr Überraschungen entgegensetzenden und weniger leicht zu durchschauenden beweglichen Systems und stimmt mindestens für Kombinirung der beiden Arten. Welche Truppengattung eignet sich am besten zur Ausübung des Vorpostendienstes, wann soll man Infanterie, wann Kavallerie dazu verwenden ? Wenn der Feind nur einen Tagesmarsch und näher von dem ruhenden Detachement entfernt ist, soll nach dem russischen Reglement stets die Kavallerie sowohl den unbeweglichen als den beweglichen Sicherungsdienst versehen, bei Entfernungen von mehr als einem Tagemarsch desgleichen. Auch wenn in Ausnahmefällen, also namentlich bei sehr schwer passirbarem Gelände u. s. w. die Vorposten von Infanterie gestellt werden, ist ihnen etwas Kavallerie zum Patrouillenund Ordannanzdienst beigegeben. Die bewegliche Sicherung wird, falls überhaupt Kavallerie verfügbar ist, nur von ihr ausgeübt. Also in der Regel fällt der Kavallerie ausschliefslich der Vorpostendienst zu . Oberst Swätlow ist der Meinung, dafs die Verwendung der Kavallerie auch zur unbeweglichen Sicherung (Vorpostenaufstellung) ihrem Charakter und ihren Eigenschaften geradezu zuwiderläuft . Die unbewegliche Sicherung müfste nach ihm stets nur der dazu besser geeigneten Infanterie übertragen werden, die bewegliche aber in desto ausgedehnterem Mafse Sache der Kavallerie sein. Gründe : Dem stets zu Pferde befindlichen Kavallerieposten (nur ein Mann) wird es bei Tage und noch mehr bei Nacht sehr schwer, auf derselben Stelle halten zu bleiben.
Das Pferd ist leicht geneigt, Wind und
Wetter den Rücken zuzuwenden, so dafs der Reiter bei Nacht häufig das Gesicht nach einer ganz falschen Richtung gekehrt hat. Der Kavallerieposten sieht nicht besser, sondern eher schlechter als der Infanterist ; es müssen daher bei Nacht die Posten vermehrt werden, was bei der an Zahl geringeren Kavallerie mit gröfseren Nachteilen für ihren schwer zu ersetzenden Bestand verbunden ist, als bei der Infanterie. Ein Abpatrouilliren der Zwischenräume durch Mannschaften der Posten selbst würde von Nutzen sein, geht aber nicht wohl an, da mindestens 2 Mann des Postens volle Ruhe haben müssen und der Posten vor dem Gewehr, desgleichen der sogenannte Podtschassok derselbe mufs zur Unterstützung des zu Pferde befindlichen Mannes
276
Über den Vorposten- und Kundschaftsdienst
stets bereit sein und darf nicht schlafen lassen dürfen.
ihren Platz nicht verin Zukunft sowohl auch Kavallerie der Würde daher
die nahe als die ferne Sicherung übertragen, so müsste sie unbedingt Auch nur vermittelst beständigen Patrouillirens bewirkt werden . wäre die Oberleitung des Vorposten- und Kundschaftsdienstes mit einem Wort die ganze Sicherung der ruhenden Truppen, nur einer einzigen , dafür verantwortlichen Persönlichkeit (nach Art unserer: Vorposten-Kommandeure) zu übertragen. Den unbeweglichen Vorpostendienst ganz auszuschliefsen, empfehle sich nicht. Er sei aber nur Sache der Infanterie, wozu diese schon im Frieden durch den ähnlichen Zweck verfolgenden Garnisonwachtdienst besser vorbereitet ist als die Kavallerie. Die Ausbildung beider Truppenarten: der Infanterie im unbeweglichen, der Kavallerie im beweglichen Sicherungsdienst würde dadurch nur gewinnen, die Sicherung selbst eine zuverlässigere sein. Genügt es, die Sicherung nur durch Beobachtung des Feindes Das russische Reglement steht auf diesem bewirken zu wollen ?
Standpunkt,
der sich schon
durch die Bezeichnung :
Storoshéwaja
sslushba, zu deutsch etwa : Aufpasser- oder Wächterdienst, im Gegensatz zu den aktiver gedachten Karaulnaja sslushba = Wachtdienst Der Zweck, den biwackirenden Truppen wirklich die ausspricht. nötige Ruhe zu gewähren, wird dadurch aber (siehe oben) nicht erreicht .
Es müssen
dazu stärkere,
nachhaltigere Mittel angewendet
werden. Die Vorposten müssen ihrer Zahl, Zusammensetzung und Aufstellung nach nicht nur geeignet sein zu beobachten, sondern den Feind auch zu bekämpfen. Ebenso wie der einzelne Posten in der Garnison , haben sie unter Umständen ihr Leben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben einzusetzen und müssen mit diesem Bewusstsein der vollen Aufopferung an dieselben herantreten. Die geeignetste Art der Aufstellung sieht Oberst Swätlow in Anlehnung an die in Preuſsen und Österreich gebrauchten Formen, in einer sich dem Terrain anpassenden und durch dasselbe verstärkten Linie von Sasstawy. Diese müssten stark genug zur nennen wir sie Pikets oder Feldwachen eigenen Verteidigung und unter Umständen aus allen drei Waffengattungen zusammengesetzt, stets aber so aufgestellt sein, dafs sie sich durch Infanterie- oder Artilleriefeuer zu unterstützen vermögen. Die Möglichkeit, dafs sich bei Anwendung von Sasstawy allein, einzelne Leute des Feindes durch die Vorpostenstellung durchschleichen können, ist belanglos und auch bei dem Normalsystem nicht zu vermeiden. Allerdings würde die Verwirklichung dieser Methode ein doppelt so starkes Aufgebot von Sicherungstruppen
erfordern, als die jetzt
übliche, das heifst , bis zu 1/4 des ganzen Detachements.
Dadurch
der russischen Armee.
277
würde aber auch der Zweck wirklich erreicht, die ruhenden Truppen würden frischer erhalten und könnten nötigenfalls um so energischer eingesetzt werden. Die Sicherung in die Ferne durch Kavallerie ist in keinem Falle zu entbehren. (Auf eine Brigade Infanterie mit 3 Batterien und 6 Schwadronen, mindestens 1 Schwadron = 2 bis 3 fliegende Patrouillen für die Dauer von je 4 Stunden. ) Die Kavallerie mufs dem Feind Tag und Nacht auf dem Nacken sitzen, die von ihr eingezogenen Nachrichten müssen dabei stets den Vorposten und dem Gros mitgeteilt werden. Der Autor weist zum Schlufs seiner Betrachtung darauf hin, daſs der Vorposten- und Kundschaftsdienst hauptsächlich den Mannschaften und jüngeren Offizieren obliegt.
Die Ausbildung dazu ist bei der
jetzigen kurzen Dienstzeit äusserst schwierig, um so mehr, da sie mit Nutzen nur im Gelände vorgenommen werden kann. Nach dem Ausbildungssystem können jedoch während der Zeit der Sommerlager bei der Infanterie und Kavallerie nur 8 Übungen im Vorposten- bezw. Patrouillendienst stattfinden . Um so nötiger ist es, die Vorschriften für den Felddienst einfach und leicht verständlich abzufassen. 99 Vielseitige Erfahrung hat ergeben, dafs kein einziger Soldat alle die fast unzähligen Bestimmungen des Vorpostendienstes kennt und zu befolgen weiſs . Dazu gehört ein ungeheures Gedächtnifs und eine ganz ungeheure Beanlagung. So wird auch gerade wegen der zu reichhaltigen Formen der Vorpostenaufstellung, deren Anwendung auf die verschiedenen Fälle zu viel Schwierigkeit verursacht, meistens schablonenmäſsig verfahren, das heifst, das Normalsystem befolgt. Zur Bestätigung der Schwierigkeit der Ausbildung dient am deutlichsten die seit mehreren Jahren eingeführte Organisation besonderer Kommandos von Kundschaftern (Ochotniki bei der Infanterie , Raswjedschiki bei der Kavallerie).
Mit anderen Worten, man mufs
sich auf Kosten der Ausbildung der Gesammtheit damit behelfen , wenigstens einen Teil der intelligenteren Mannschaften mit den Obliegenheiten des Felddienstes mehr oder weniger gründlich vertraut zu machen, um sie im Kriege als Führer bezw. Postenälteste oder auch zu gesonderter Verwendung gebrauchen zu können. Man wird kaum fehlgehen , wenn man die Äufserungen des
Obersten Swätlow, zu deren richtiger Würdigung wir unsern Lesern den Vergleich mit dem Werke von A. Pusyrewski, der russische Felddienst . Hannover 1888 , Helwing'sche Verlagshandlung , empfehlen, gewissermaſsen als einen ballon d'essai , das heifst als die Einleitung zu einer Polemik betrachtet, wie sie in Russland stets dem Auftreten neuer Reglements vorauszugehen pflegt.
278
Die russische Grenzwache in ihrer Bedeutung für den Krieg.
Für den Sommer 1897 hat Grofsfürst Wladimir, Oberbefehlshaber der Truppen des
Petersburger
Militärbezirks ,
befohlen ,
dafs
die
Sicherung der Truppen nur durch Sasstawy (also Feldwachen nach A. v. D. deutschem System) bewirkt werden soll.
XXIII .
Die russische Grenzwache in ihrer Bedeutung für den Krieg.
Zu den, anfangs fast unbemerkt, zu einem nicht unwesentlichen Faktor militärischer Bedeutung Seitens des russischen Kriegsministeriums herangebildeten Verstärkungen der Wehrkraft des Zarenreiches, gehört unstreitig mit in erster Linie die Grenzwache , oder wie die -russische Bezeichnung in wortgetreuer Übersetzung lautet „das selbstständige Korps der Grenzwache. " Noch vor wenigen Jahrzehnten spielte der russische Grenzsoldat - der Objäsdtschik eine nicht gerade sehr rühmenswerte Rolle, wie sich gewifs noch mancher Leser dieser Zeilen aus seinem Grenzleben in den Jahren 1863 und 1864 zur Zeit des letzten polnischen Aufstandes erinnern wird. Heute ist der Grenzwächter nicht mehr mit demjenigen jener Zeit zu vergleichen, vor allem aber nicht die Organisation der Grenzwache mit der früheren . Von der Grenze am Eismeer bis zu
derjenigen am Kaspischen hat Rufsland eine stets auf Vorposten befindliche , gewissermassen andauernd mobile Truppe an seiner Westgrenze versammelt , welche vertraut mit Weg und Steg, über die Verhältnisse hüben und drüben orientirt , im Frieden dem Nachrichtenwesen dient , vom ersten Tage der Mobilmachung an aber marschbereit und zugleich befähigt ist , die Grenze hermetisch zu schliessen . Da scheint es nicht unwichtig,
dem deutschen Offizier einen
kurzen Überblick über die Organisation und Bedeutung der Grenzwache zu geben,
um so mehr, als eine Abhandlung in Nr . 318 des
Raswjedtschik hierzu einen schätzenswerten Beitrag liefert. Die Grenzwache ist durch Allerhöchste Verordnung 21. November 3. Dezember 1893 aus der früheren neu gebildet worden .
vom Bis zu
Die russische Grenzwache in ihrer Bedeutung für den Krieg.
279
dieser Zeit stand dieselbe unter der Verwaltung des Zoll-Departements und war in ihrer Organisation noch wenig von derjenigen des Jahres 1827 verschieden . Sie steht zwar auch heute noch in rein administrativer Hinsicht unter dem Finanzminister, welcher als 17 Chef des Korps der selbstständigen Grenzwache" die Befehle über Versetzungen, Beförderungen u . s. w. unterzeichnet. Mit Bezug auf die militärische Ausbildung steht die Grenzwache aber unter einem Offizier als Wenn auch " Kommandeur" , zur Zeit Generallieutenant Swinin. dieser Dualismus sich zum Teil nachteilig fühlbar macht, so ist doch durch die einheitliche militärische Organisation gegen die früheren Verhältnisse unendlich viel gewonnen . Die soldatische Ausbildung und der militärische Geist ist unstreitig in der Truppe sehr gehoben. Hierzu kommt , dafs die Anerkennung als integrirender Teil der Armee durch die Bestimmung des verstorbenen Kaisers Alexander III . noch eine weitere , feierliche Bestätigung erfahren hat, dafs die Grenzwache wie alle anderen Truppenteile der Armee ein „Korps-Fest " zu feiern hat und zwar am 21. November a . St. Eine besondere Auszeichnung geniefst sie aber noch dadurch, dafs an diesem Tage der Kaiser in St. Petersburg eine aus allen Brigaden zusammengestellte Kompagnie in der Parade besichtigt, wobei nach russischen, übereinstimmenden Berichten die Haltung der Mannschaften stets eine ganz ausgezeichnete gewesen sein soll. Eine andere Folge der Neuformation ist aber auch eine Reihe von sehr einschneidenden Verbesserungen aller Art gewesen, durch welche die militärische Leistungsfähigkeit der Grenzwache gefördert ist. Seit dem Jahre
1893 wurden u. a. geschaffen : Sanitäts-Ein-
richtungen, ferner solche für die Erziehung der Kinder der meist ganz isolirt lebenden Offiziere, Verbesserungen in der Remontirung des berittenen Teiles der Grenzwache, eine gröfsere Stetigkeit in der Besetzung der Offizierstellen , bessere Geldverwaltung innerhalb des Brigade - Verbandes, Unterstützungsfonds für die Offiziere, die Berechtigung derselben zur Benutzung von Kurorten auf Kosten des roten Kreuzes , vor allem aber eine völlige Reform des Ganges der militärischen Ausbildung, welche jetzt genau derjenigen der Armee entspricht. Um Offiziere und Mannschaften auch in gröfseren Verbänden zu üben und hierdurch den Nachteilen der räumlichen Zersplitterung zu begegnen, beziehen von jeder Brigade in der Zeit von Mitte Mai bis Mitte September jeden Jahres zwei Ssotnien , eine zu Fuſs und eine zu Pferde, in 3 Reihenfolgen hinter einander auf je 5 Wochen Übungslager. In neuerer Zeit sind sogar kombinirte Regimenter in einigen Militärbezirken zu den gröfseren Übungen herangezogen worden. Für die Ausbildung des früher ausschliefslich im Grenzdienst
280
Die russische Grenzwache in ihrer Bedeutung für den Krieg.
beschäftigten Offizierkorps ist
es von besonderer Wichtigkeit,
dafs
alljährlich etwa die Hälfte desselben an Lagerübungen Teil nimmt . In numerischer Beziehung wächst die Grenzwache mit jedem Jahre. Auch die Grenze des Kaukasus , ja sogar Transkaspiens, wo bisher fast nur Kasaken oder irreguläre Milizen den Grenzdienst versahen, ist schon in die Organisation der Grenzwache hineingezogen. Heute ist die letztere stark : 15 Generale, 152 Stabsoffiziere, 805 Hauptleute und Subalternoffiziere,
81 Militärärzte und klassirte
Feldscheers, 287 Feldscheers niederen Ranges u. s. w., 31425 Unteroffiziere und Mannschaften, 472 angeworbene Dschigiten (eingeborene Central-Asiaten) und ungefähr 11 000 Pferde, das ergiebt mehr als die Stärke eines mobilen deutschen Armeekorps. Die Grenzwache ist mit ihrer Infanterie und Kavallerie in 29 je nach dem Charakter der Grenze sehr verschieden starke Brigaden , 2 selbstständige Abteilungen (atdjelu) und 9 77 GrenzDistanzen (pogranitschnüja distanzij¹ ) in Asien eingeteilt. Finnland
ist
mit seinem
selbstständigen
Zollverband
Nur
anscheinend
hiervon ausgeschlossen . Die Brigaden werden meist nach dem Sitze der Stabsquartiere benannt. Es sind das folgende : St. Petersburg , Rewal , Ahrensburg auf der Insel Oesel , Riga , Krottingen , Tauroggen , Wolkoswischk ,
Grajewo ,
Lomscha ,
Rypin ,
Wlozlawsk ,
Kalisch , Weljun , Tschenstochau , Nowobrschesk, Sandomir , Tomaschow , Radsiwillow , Wolotschisk , Nowosselizy , Skulgany , Ismaïl , Odessa , Ssewastopol , Batum , Kagysman , Wan , Eriwan , Baku. Der Sitz der Stabsquartiere der beiden für das Weiſse und das Asow'sche Meer bestimmten selbstständigen Abteilungen ist Archangelsk bezw. Kertsch . Der Kommandeur einer Brigade ist Oberst, bezw. Generalmajor. Die Stärke derselben ist je nach der Ausdehnung und dem Charakter der zu sichernden Grenzstrecke sehr verschieden. Es giebt solche von 440 berittenen und 1200 unberittenen Unteroffizieren und Mannschaften, und andererseits an der Küste solche von 50 berittenen und 400 unberittenen Unteroffizieren und Mannschaften . Dafür besitzt die Grenzwache an den Küsten eine eigene Wachtflotille von zusammen 3 Kreuzern, 1 Schooner, 2 Dampf - Barkassen mit einer Bemannung von 17 Offizieren und 92 Unteroffizieren und Matrosen. Von den Brigaden stehen 4 längs der Ostsee, 10 an der deutschen, 6 an der österreich - ungarischen,
2 an der rumänischen ,
5 an der
persisch - türkischen Grenze und 2 am Schwarzen Meere.
Von den
) Distanzen" nennt man in der russischen Verwaltung gewisse 1り Verwaltungs-Bezirke . So giebt es auch z . B. „Ingenieur-Distanzen “.
Die russische Grenzwache in ihrer Bedeutung für den Krieg.
281
Landgrenzen kommt auf je eine Brigade 114-350 Werst, von den Küstenstrecken je 500-1000 Werst. Jede Brigade wird in 3-4 von Stabsoffizieren kommandirte Abteilungen (atdjelu) eingeteilt, welche wieder in 4-5 Detachements (otrjadü) unter je einem Stabsrittmeister oder Rittmeister zerfallen. Zu einem solchen Detachement gehören einige , 3-5 , „ Kordons " (kordonnü), welche teilweise von Offizieren kommandirt - 15 bis 30 Unteroffiziere und Mannschaften stark sind und zur Bewachung der Grenz - Übergänge Posten und Patrouillen vorschieben.
Diese
Kordons liegen meist in zwei oder mehreren Linien hinter einander, von denen die letzte fast ausschliesslich mit Kavallerie besetzt ist. Letztere patroullirt sehr lebhaft, um die Schmuggler, welchen es gelungen sein sollte, unbemerkt die erste Linie zu durchschleichen, zu ergreifen.
Der Dienst der Grenzwache ist,
wie hieraus hervorgeht,
ein sehr angestrengter. Sie leben in gewissem Sinne beständig im kleinen Kriege und blutige Kämpfe mit verwegenen und gewandten Gegnern gehören nicht zu den Seltenheiten. Besonders reich an solchen sind die Grenzen des Kaukasus und Transkaspiens, wo die Rauhheit der Gebirge und die Wildheit der Bevölkerung den Dienst der Grenzwache äusserst beschwerlich und gefahrvoll machen .
Hier
werden sogar zuweilen mit ganzen Räuberbanden Gefechte geliefert. Dem Kulturzustand der dortigen Grenzbewohner und der geringen Autorität der Nachbar - Regierungen über dieselben entsprechend ist es der Grenzwache Seitens der russischen Regierung gestattet worden, in der Verfolgung flüchtiger Schmuggler die Grenze zu überschreiten . Die Bewaffnung und Ausrüstung ist die der Dragoner.
Die Abzeichen
an Kragen, Mützenrand und Achselklappen sind hellgrün . zeit ist wie bei der Armee auf fünf Jahre festgesetzt .
Die Dienst-
So erscheint heute die Grenzwache noch als ein im Friedensdienst in kleine Einheiten zersplitterter Truppenkörper, im Augenblicke
der Kriegs-Erklärung , ja
aus dem sich aber
aller Wahrscheinlichkeit
schon früher , geschlossene, zu sofortiger kriegerischer Verwendung allein an der Westgrenze gegen bereite Truppenteile bilden Deutschland und Österreich - Ungarn 18 Kavallerie - Regimenter. Der innere Wert dieser Truppen wächst mit jedem Jahre, jemehr die Ausbildung der Offiziere und Mannschaften derjenigen der Armee 17. genähert wird.
XXIV.
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
1. Das Gepäck und der Anzug des preufsischen Infanteristen welche im Jahre 1830, als Prinz Wilhelm von Preuſsen, unser nachmaliger Kaiser und König,
kommandirender General des III. Armee-
korps war, für den Kriegsfall vorgeschrieben waren, wogen insgesammt 66 Pfund. Ein am 5. Juli jenes Jahres vom Prinzen eigenhändig niedergeschriebener Entwurf zu einem Dienstschreiben, welches Gutachten über
Vorschläge
zu
Änderungen fordert , liefert in
einer
Anlage den Nachweis der verschiedenen Bestandteile seiner Belastung. In dem Schreiben ist angenommen, dafs der Mann mit der Montirung, leinenen Hosen, Schuhen, Marschstiefeletten (Gamaschen) , dem Tschako, Hemd, Hosenträgern und Halsbinde, im Gesammtgewicht von 9 Pfund 6 Loth, bekleidet ist ; dafs er ein Gewehr ( 11 Pfund 16 Loth), einen Brotbeutel, einen Spaten im Gewicht von 4 Pfund 19 Loth (oder eine 6 Pfund 5 Loth schwere Axt, oder eine 5 Pfund 16 Loth wiegende Picke oder ein Beil im Gewicht von 3 Pfund 5 Loth), einen Säbel nebst Gehenk und angebundenem Haarbusch im Futteral (3 Pfund 25 Loth), Bandelier mit Tasche,
30 Patronen und Zubehör (5½ Pfund),
einen
Mantel (4 Pfund 21 Loth) und einen Tornister (4 Pfund) zu tragen hat. In und am Tornister waren verpackt :
Ein Paar Stiefel,
ein Paar
graue Tuchhosen (2 Pfund 14 Loth), ein Paar leinene Hosen, ein Hemd, ein Feldflaschenbeutel, Kordon und Pompon, 30 Patronen und 3 Steine, vier Pfund Brot, ein Pfund Reis, vier Loth Salz, eine blautuchene Dienstjacke ( 2 Pfund 8 Loth),
eine
Feldmütze,
Nähnadeln ,
Zwirn,
Verbandzeug, Kamm , Spiegel, Rasirzeug, Thon, Kreide, Schuhschmiere, vier Bürsten, eine Knopfgabel, ein Paar Sohlen und Flecke, Abrechnungs- und Gesangbuch ,
Regendeckel ,
Sommer Handschuhe und Ohrenklappen .
Feldflasche ,
ferner im
Das Gewicht des Tornisters
mit seinem gesammten Inhalt betrug 27 Pfund 2 , Loth . (Militärische 14. Schriften Kaiser Wilhelms des Grofsen, I , Seite 111.) 2. Die zweigliederige Aufstellung der preufsischen Kavallerie schreibt sich her aus der Zeit des 2. schlesischen Krieges . Bei Kesselsdorf ( 15. Dezember 1745) war die Kavallerie des 2. Treffens zum ersten Male nach der im Reglement für Notfälle vorgeschriebenen Formation von zwei Gliedern aufgestellt, um eine dem
283
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.
ersten Treffen entsprechende Front-Ausdehnung zu erreichen . (Köhler, Gesch . d . litth. Dragoner- Rgts . S. 87.) Schbg. 3. Die Förmlichkeiten, deren Beobachtung im französischen Heere bei der Aushändigung des Ordens der Ehrenlegion und der Militärmedaille an die durch die Verleihung ausgezeichneten Offiziere
und
Mannschaften
vorgeschrieben
ist,
sind
durch
die
Reglements über den inneren Dienst in nachstehender Weise vorgeschrieben : Die Truppe rückt mit der Fahne aus und nimmt die Paradeaufstellung ;
der
mit der Aushändigung
beauftragte höhere
Offizier richtet an den Empfänger die Worte : "Im Namen des Präsidenten der Republik und Kraft der uns übertragenen Befugnifs ernennen Wir Sie zum Ritter bezw. Offizier oder Kommandeur der Ehrenlegion" ; schlägt alsdann den Beliehenen mit der Fläche seines. Degens auf eine jede Schulter, heftet ihnen das Ordenszeichen an die Brust und umarmt ihn, worauf die Truppen, das Gewehr auf der rechten Schulter, vorbeimarschiren. Wenn es sich um die Behändigung der Militärmedaille handelt, so erfolgt diese ebenfalls vor der mit der Fahne ausgerückten Truppe, der beauftragte Offizier sagt aber nur :
„ Im Namen des Präsidenten der Republik verleihen Wir
Ihnen die Militärmedaille "
und befestigt die letztere auf der Brust
des Empfängers. Die Umarmung unterbleibt und ein Vorbeimarsch findet nicht statt. 14. 4. Behandlung der Soldatenweiber im preufsischen Heere des vorigen Jahrhunderts. In der 77 Instruktion für die InfanterieRegimenter und Füsilier-Bataillons ,
betreffend
die Mannszucht im
Felde " , vom Jahre 1790, wird S. 6 ff. Folgendes (§ 5) bestimmt : „Da Sr. Königl. Majestät wahrgenommen, dafs in Campagne gemeiniglich durch Weiber und Knechte die mehrsten Exzesse geschehen, so werden Allerhöchstdieselben sowohl in Feindes- als auch in Höchstdero eigenen Ländern aller Orten, wo ihre Truppen marschiren, durch Manifest bekannt machen lassen, daſs, wer ein Weib oder einen Knecht, welche irgendwo geplündert, gebunden im Hauptquartier abliefert, sogleich 10 Thaler dafür erhalten soll, welche dem Regimente, wozu das Weib oder der Knecht gehört, abgezogen wird. " - Ferner § 7: Per Kompagnie sollen nicht mehr als 6 oder 7 Weiber mit ins Feld genommen werden .
Der Kommandeur des Regiments hält
eine namentliche Liste davon. Wird ein zum Regiment gehöriges Weib, welches nicht auf der Liste des Kommandeurs stehet, arretirt, so mufs derselbe sofort den Kapitän oder Kommandeur der Kompagnie, wenn er darum gewufst, in Arrest setzen. Das Weib aber wird durch den Profofs aus dem Regiment gepeitscht. " - § 11 : „ Um aber allen Exzessen und Plünderungen der Weiber und Knechte möglichst vor19 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 3.
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
284
zubeugen, bleiben alle Fufsgänger und Weiber etc. bei der Kolonne des Regiments ; wenn die Packpferde auf der einen Seite marschiren, so marschiren gedachte Fufsgänger, Weiber und Knechte auf der anderen Seite unter Anführung eines alten Unteroffiziers.
Der Profofs
des Regiments bleibt dabei und wird von dem Unteroffizier gebraucht, die Weiber zusammen zu treiben und in Ordnung zu halten. " Schbg.
XXV.
Umschau auf militärtechnischem
Gebiet.
Von Joseph Schott, Major a. D.
a) Deutschland. Die
Revue d'artillerie "
Juli 1897 bringt mit der Aufschrift :
„Das Deutsche Kriegsbudget 1897/98 "
unter den „Renseignements
divers " eine Anzahl von Angaben über das deutsche FeldartillerieMaterial C/96 nach dem „Echo de Paris " vom 30. Juni. Es heifst u. a.
Die Versuche gingen bis zum Jahre 1892 hinauf.
Sie hätten
sich auf 26 Modelle, davon 12 Krupp und 14 Grusonwerk bezogen , die spätere Verschmelzung beider Werke unterm 1. Mai 1893 hat das weitere Vorgehen vereinfacht. Die Kaliber hätten sich zwischen 5,3 und 8,7 cm bewegt. Dem Geschütz C/96 wird ein Kaliber von 7,5 cm zugeschrieben, Rohrlänge 30 Kaliber, Material Nickelstahl. Der Verschlufs sei ein Flachkeil mit abgerundeter Kante, System des Hauptmann Dräger. Im Keil ist ein Schlagstift, welcher durch eine Spiralfeder getrieben wird . Eine horizontale Verschlufsschraube stellt den Keil fest,
eines seiner Gewinde spannt die Feder selbstthätig.
Abfeuern ist nur bei völlig geschlossenem Verschlufs möglich und geschieht entweder mit der Abzugsschnur, die auf einen Abzug wirkt, oder selbstthätig beim Schliefsen des Verschlusses. soll 410 kg sein,
30 kg weniger als bisher.
Das Rohrgewicht
Das Geschofs
wiegt
6,8 kg , Ladung 775 g rauchlosen Pulvers , Geschofsgeschwindigkeit 535 m. Von der Einheits-Metallkartusche wird die leere Hülse selbstthätig beim Öffnen des Verschlusses ausgeworfen .
Der Aufsatz hat
Zahngetriebe. Die Höhe der Laffetenräder soll um 20 cm verringert sein, das Geleise um 5 cm, wodurch das Gewicht der Laffete ver-
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
mindert wird.
285
Die Laffete hat eine sehr kräftige Nabenreibungsbremse
und eine Pflugschaar am Laffetenschwanz mit seitlichen Leisten zur Vermehrung des Widerstands beim Rücklauf.
Das Rohr liegt in einer
Wiege, die 15 Grad Seitendrehung hat. Die Feuergeschwindigkeit bei den Versuchen des Werks wird bis zu 15 Schufs in der Minute angegeben, 12 Schufs in der Minute.
kriegsmäſsig
zu 10 bis
Wir geben diese Mitteilungen wieder, ohne sie prüfen zu können. Nach dem „ L'Avenir militaire" soll das französische Kriegsministerium eine genaue Kenntnifs vom Geschütz besitzen . Von General Wille Schrift :
erschien als
Selbstspanner (Berlin 1896),
Fortsetzung seiner früheren von welcher wir im 98. Band
einen Auszug gegeben haben , eine Schrift Mauser - Selbstlader (Berlin 1897) . Wir finden die die neue Bezeichnung ebensowenig treffend wie die alte, sie hat aber, wie die vorige, wenigstens den Vorzug der Kürze vor den sonst gebräuchlichen Umschreibungen.
Die
Schrift giebt die allgemeine Einrichtung des Mechanismus und betrachtet eine 7,63 mm Pistole Zehnlader, eine ebensolche Sechslader und Zwanziglader, eine 6 mm Pistole Zehnlader, einen 7,63 mm Karabiner als Zehnlader. Aus dem reichen Inhalt geben wir nur Einiges über FeuerIn den Grenzen der Magazinfüllung kann geschwindigkeit wieder. ein geübter Schütze in der Sekunde 6-7 Schufs abgeben, die 20 Schufs des Zwanzigladers also in 3 Sekunden. Wenn die Schufszahl den Inhalt des Magazins überschreitet, sodafs letzteres während des Feuers von neuem bezw. wiederholt gefüllt werden mufs , so beträgt die gröfste Feuergeschwindigkeit, welche ein sehr gewandter und gründlich ausgebildeter Schütze zu erzielen vermag : Sechslader Zehnlader Zwanziglader Schufs in 120 130 Bei mechanischem Schnellfeuer 78 der Gezielt 60 80 90 } Minute. Ausländische Blätter : "7 Wiener Reichswehr" und " L'Avenir militaire " sprechen von deutschen Versuchen mit Gewehren verminderten Kalibers , welche in gewissem Grade selbstthätig geladen werden.
Bestätigung bleibt abzuwarten .
Das k. bayerische Brückenmaterial ist vom System Birago , weicht von demjenigen der übrigen deutschen Kontingente ab und ist kürzlich einer gründlichen Verbesserung unterzogen worden. Die Pontonteile sind von verzinktem Eisenblech und werden durch eine Art Hebelverschluſs mit halbkreisförmigen Haken Löcher in beide Bordwände greifen .
verbunden , welche durch Für den Transport des
Brückenmaterials dient ein Einheitswagen M/1891 . Der Balkenwagen 19*
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
286
wiegt 776 kg, der Bockwagen 780 kg, der Pontonwagen 783,5 kg. (Mitt. Juni 1897.) b) Frankreich. Ein neuer Erfolg,
der vorläufig noch sehr nach Humbug klingt,
ist in Szene gesetzt. Der Oberst Humbert der Marine- Artillerie, welcher im vergangenen Jahr in Folge eines Konflikts mit seinem General-Inspekteur den Abschied genommen hatte, soll die "" stillen und unsichtbaren Kanonen " (Canons silencieux et invisibles) erfunden haben. hierüber vertreibt .
Der
Avenir militaire "
Deutsche
darauf hinein gefallen .
registrirt, was die Presse
politische Zeitungen sind auch schon
Humbert hat in der ihm gewordenen un-
freiwilligen Mufse darüber nachgesonnen , wie Deutschlands Vorsprung in der Bewaffnung der Feldartillerie auf praktische Weise durch Umwandlung des bestehenden Materials von 80 und 90 mm in Schnellfeuergeschütze auszugleichen sei . Am wirksamsten soll es dem Obersten erschienen sein, aufser dem Rücklauf noch den Knall und Blitz des feuernden Geschützes zu beseitigen. Humbert soll sich der Hülfe der Gesellschaft Hotchkifs in Paris zu seinen Versuchen bedient haben, welche auf dem Schiefsplatz St. Denis stattgefunden.
Die Ingenieure
der Gesellschaft zeigten erst ein gewisses Mifstrauen in den Erfolg, liehen aber eine 37 mm Kanone zum Zweck des Ausprobens her. Der Apparat soll von vornherein gut funktionirt haben. Der Oberst hat danach dem Marine - Minister seine Erfindung angeboten und es hat am 26. April d. J. vor einer Abordnung von Stabsoffizieren der Marine-Artillerie eine Vorführung stattgefunden. Der Blitz des Pulvers war gänzlich beseitigt und der Knall des Geschützes sehr abgeschwächt. Als mit Rücksicht auf diesen Erfolg Hotchkifs ein Patent in Deutschland nachsuchte, stellte sich heraus , dafs ein Schweizer Namens Georg Raschen bereits 1896 ein Patent auf die gleiche Sache genommen hatte. Auf eine Aufrage dieserhalb soll Raschen nicht reagirt haben. Man glaubt, dafs auf Grund des Apparates von Oberst Humbert das bestehende Material sehr leicht zum Schnellfeuergeschütz umgewandelt werden könne. Die n Revue d'artillerie" April 1897 enthält eine eingehende Darstellung des Feldmaterials von 75 mm Schnellfeuerkanonen System Darmancier auf Grund von Mitteilungen des GeneralDirektors der Werke von St. Chamond Mr. de Montgolfier. Darnach gehen die Versuche bis in das Jahr 1888 hinauf, die erste Konstruktion entstand 1889 durch Darmancier und Daljon , Ingenieure der Gesellschaft. Die als die endgültige dargestellte Konstruktion deckt sich in der Hauptsache mit der vorigen. Es wird nur auf das Geschütz von 75 mm Bezug genommen .
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
beim
287
In Ergänzung der Mitteilungen im 101. Bande sei erwähnt, dafs schweren Modell die Ladung 1 kg , beim leichten 0,83 kg
beträgt.
Das Geschofs ist für beide Modelle gleich und wiegt 6,5 kg.
Das Schrapnel hat 294 Kugeln von 11 g, 100 g Sprengladung, Kugelgewicht die Hälfte des Gesammtgewichts, Querschnittsbelastung 0,148 , Anfangsgeschwindigkeit beim schweren Modell 600 m, 525 m, lebendige Kraft
beim leichten
an der Mündung 119,3 mt bezw. 89,5 mt,
gröfster Gasdruck 2200 kg per qcm . Die Schufsgeschwindigkeit ist bei beiden Modellen mit Nachrichten 12-15 Schufs, ohne solches 20 Schufs in der Minute. Erst ganz neuerdings ist das 75 mm Schnellfeuer - Feldgeschützsystem de Bange und Piffard ans Licht getreten, welches von der Gesellschaft der Alten Werke Cail in Paris vertrieben wird. Die „ Revue d'artillerie" vom Juni 1897 giebt hierüber Auskunft. Mit 1891 hatte diese Gesellschaft ein System von 75 mm Schnellfeuergeschützen aufgestellt , welches in verschiedenen Ländern , besonders in Brasilien , versucht worden ist. Es hat in Brasilien während der Aufstände, sowohl in Bezug auf Trefffähigkeit
als hinsichtlich Widerstandsfähigkeit
sehr
befriedigende Ergebnisse geliefert. Das Geschütz des neuesten Typus, von welchem fünf Batterien an die Republik Uruguay geliefert worden sind, hat ein Rohr von Das 75 mm Kaliber und 32 Kaliber Länge , 340 kg Gewicht. feuernde
Geschütz hat ein Gewicht von 860 kg.
Der Druck des
Laffetenschwanzes auf den Erdboden beträgt 60 kg. ladung beträgt 0,7 kg,
Die Pulver-
das Geschofs wiegt 6,43 kg und erlangt eine
Geschwindigkeit von 530 m. Das ausgerüstete Geschütz wiegt 1535 kg. Der Verschlufs des Rohrs ist die ogivale Schraube . Die Metallkartusche ist mit dem Geschofs verbunden, die Verpackung ist stehend, Geschofs nach oben. Die Laffete hat eine bronzene Wiege, in welcher das Rohr mit seinen Schildzapfen ruht, dieselbe kann sich auf einer kurvenförmigen Bahn des eigentlichen Laffetenkörpers zurück- und vorbewegen,
der
ersteren Bewegung wirkt eine Bremse entgegen, das Vorlaufen erfolgt ohne Rekuperator durch die Kurvenbahn. Die Rohrbremse ist hydraulisch oder eine Reibungsbremse.
Als Fahrbremse dient die
gewöhnliche Konstruktion oder ein Hemmschuh . fähigkeit sind nur wenige Angaben gemacht, Interesse haben.
Über die Leistungs-
die für uns minderes
Die französische 12 cm Feldhaubitze findet eine eingehende Darstellung in der Revue de l'armée belge März-April 1897 , der wir Folgendes entnehmen .
288
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
Das Geschützrohr umfafst 3 Hauptteile : Das Rohr im eigentlichen Sinne, die Jacke mit den Tragzapfen und die hydropneumatische Bremse. Das Rohr besteht aus dem Kernrohr, dem Mantel und dem Bodenreifen. Der Mantel ist in der Mitte des Rohrs festgeschraubt und stützt sich auf Nasen an dem hinteren Teil des Kernrohrs , dessen hinteren Teil er verstärkt. Die Jacke mit den Tragzapfen aus Bronze umfafst das Rohr in der Mitte und ist mit diesem durch die hydropneumatische Bremse und mit der Laffete durch die Tragzapfen verbunden. Die hydropneumatische Bremse setzt sich im wesentlichen aus einem stählernen Pumpenstiefel, welcher das Mineralöl enthält und mit dem Rohr durch eine an dem Bodenreifen befestigte Öse (Lünette) verbunden ist,
und aus einem Luftbehälter oder Re-
kuperator, welcher an die Öse der Jacke festgeschraubt ist, zusammen. Wenn der Schufs abgeht, so weicht das Rohr in der Jacke zurück und zieht den Pumpenstiefel mit sich.
Die Bremse ist innerlich derart
eingerichtet, dafs die Bewegung auf die in dem Pumpenstiefel enthaltene Flüssigkeit übertragen wird und sie zum Ausweichen zwingt, indem sie ein geladenes Ventil öffnet und die Luft des Rekuperators zusammenpreſst , was die Rückwärtsbewegung des Rohrs beschränkt. Am Ende des Rückstofses übt die komprimirte Luft einen Stofs auf die Flüssigkeit aus und läfst sie durch kleine Öffnungen in den Pumpenstiefel treten, um diesen nach vorn und das Rohr in die Feuerstellung zurückzuführen.
Die gröfste Rückwärtsbewegung, welche
das Rohr in der Jacke nehmen kann, beträgt 47,5 cm.
Wenn die
Rückwärtsbewegung den Betrag von 45 cm erreicht , so stöfst der Zeiger des Rückstofses auf den Ansatz der Jacke. Die Deformation des Zeigers zeigt an, dafs der Rückstofs nahe daran ist, seinen Maximal-Wert zu erreichen, und dafs man so schnell als möglich zur Neuladung der Bremse vorgehen muſs . Dieser Vorgang wird durch eine besondere Pumpe bewirkt. Das Rohr mit Jacke und Bremse wiegt 690 kg. Wenn das Rohr horizontal gerichtet ist, so zeigt es ein sehr geringes Hintergewicht, welches beim langen Teil als eine geringe Rohrsenkung gilt und mit dem Erhöhungswinkel wächst. Die Laffete zerfällt in den Unterteil und den Oberteil, die Höhen und die Seitenrichtmaschine etc. Die Unterlaffete ist durch Wände aus Stahlblech gebildet, die durch Winkeleisen eingefafst sind, an dem hinteren Teil durch den Schwanzteil mit dem Sporn , die obere und untere Querschiene, in der Mitte durch die Laufbahn der Oberlaffete und an dem vorderen Teile durch die Drehriegel verbunden sind. An den Laffetenschwanz ist ein Sporn oder Spaten
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
angenietet.
289
Bei den ersten Schüssen dringt dieser Teil in den Boden
in Folge des Druckes, welchen die Thätigkeit der Bremse auf den Laffetenschwanz ausübt, und stellt sich so dem Rücklauf der Laffete entgegen, welchen er bei günstigem Boden fast gänzlich unterdrückt. Bei sehr hartem Boden kann es nötig sein, dafs man eine Rinne für den Spaten gräbt. Der Laffetenschwanz endet in einer Öse, welche die Laffete mit der Protze verbindet. Die Oberlaffete ist durch 2 Wände aus Stahlblech gebildet, welche innen durch Blech, aufsen durch Winkeleisen verstärkt sind und an dem hinteren Teile durch obere und untere Schwanzbleche, an dem vorderen durch Stirnriegel und Tragzapfen, welche mit Ansätzen versehen sind, verbunden werden. Sie ruht auf der Laufbahn der Oberlaffete mit 2 Laufschuhen, deren Enden in die Verzahnung, die auf der Laufbahn befestigt ist, eintreten. Die Seitenrichtmaschine gestattet der Oberlaffete, auf der Unterlaffete sich um den Drehzapfen zu drehen. horizontale Schraube ohne Ende,
Sie umfasst: eine
welche durch die Oberlaffete ge-
tragen wird und an den beiden Enden mit einem äufseren Schwungrad versehen ist, eine vertikale Welle, die von der Oberlaffete getragen wird und mit einem Getriebe, welches in die Schraube ohne Ende greift ,
einem Zahnbogen ,
der auf der Laufbahn der Unterlaffete
verbolzt ist, versehen ist. Die Seitendrehung der Oberlaffete umfafst 10 Grad. Das Gewicht der Laffete ist 785 kg. Die Protze ist mit der Laffete durch einen Protzhaken vereinigt,
welcher in die Öse des Laffetenschwanzes eingreift.
Das Gewicht be-
trägt 890 kg. Das komplette Geschütz wiegt 2365 kg. Man hat 2 Arten von Geschossen : Schrapnel
M/1891
und
Langgranaten. Das Schrapnel umfafst eine Stahlhülse, die nach vorn eine Anschwellung hat, einen Kupferring, eine Stahlspitze, eine untere Querscheibe, welche die untere das Pulver enthaltende Kammer begrenzt, eine obere Scheidewand, welche die die Kugeln enthaltene Mittelkammer begrenzt, und eine Kammerhülse.
Die durch die Kammer-
hülse eingeführte Sprengladung ist durch 280 g Pulver gebildet. Schrapnel hat 630 11 g schwere Kugeln aus Hartblei. Kugeln
ist
Kolophon
eingegossen und dieselben
Das
Zwischen die
sind
mit
einer
Mischung aus Harz und gelbem Wachs behufs leichter Trennung überzogen. Das Schrapnel wiegt 20,35 kg. und mit einem Doppelzünder versehen.
Es ist rot angestrichen
Die Langgranate hat eine Länge von ungefähr 4 Kalibern. Sie ist aus Stahl und zeigt einen grofsen Hohlraum, der mit 6 kg Melinit gefüllt ist . Er endet in einer Ausbohrung, in welche eine das Zündzeug enthaltende Hülse geschraubt ist ; ein Perkussionszünder ist
290
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
in die Hülse geschraubt. Die Langgranate wiegt ungefähr 20,35 kg. Die Langgranaten sind geeignet, Stofs- und besonders Explosionswirkungen gegen widerstandsfähige Objekte hervorzubringen. Es giebt 3 Ladungen von verschiedenem Gewicht. Die Normal-
ladung zeigt eine vierseitig prismatische Form. Sie ist hergestellt durch die Vereinigung zweier verminderter Teilladungen, deren jede in einem Beutel aus Seidenzeug enthalten ist. Die Teilung kann leicht und schnell in der Batterie vor sich gehen, wodurch erspart wird, besondere Kartuschkasten für das Schiefsen mit verminderter Die beiden verminderten Teilladungen haben Ladung mitzunehmen. Sie sind auf die vorige bei geringerer Höhe. dieselbe Form wie die gehörige Höhe gebracht mittels eines cylindrisch gerollten Kartons , der in den Überschufs an Zeug über dem Bund eingesetzt ist . Die Normalladung beträgt 550 g , die mittlere 330 g und die kleine 220 g. Jede der verminderten Ladungen trägt eine Zündladung von 10 g grobkörnigen Schwarzpulvers.
Das angewandte Pulver ist rauchloses
in Form von Blättchen von hornigem Ansehen, die zu Bündeln vereinigt sind. Die Munitionskasten sind nach 2 Modellen : das eine ist für die Protzen der Geschütze und der Munitionswagen, das andere für die Hinterwagen der Munitionswagen bestimmt. An dem Kasten der Protze ist die Öffnung an der Hinterseite angebracht . Eine unterhalb des Kastens angebrachte Thür, die sich um Scharniere dreht, schliefst diese Öffnung.
Die heruntergelassene Thür stellt eine Platte dar,
welche zu Munitions - Manipulationen dient und das Verpacken und Auspacken erleichtert. Er umfafst 16 Granaten, 16 normale zerlegbare Ladungen und 30 Schlagröhren. Die Granaten liegen in den Fächern dem Boden der Thür zunächst . Die Langgranaten füllen die Fächer aus. Die Schrapnels müssen jedes speziell mit einer Stütze versehen sein, welche den unteren Teil der Bogenspitze bekleidet. Die Ladungen, Kartons, Schlagröhren, Ausrüstungen , Reservestücke, Werkzeuge sind in 4 Schubfächern über den Granatfächern enthalten. Der Kasten des Hinterwagens besteht aus Halbkasten, welche den Kasten der Protze analog sind , er öffnet sich nach vorn und hinten auf dieselbe Art wie diese. Diese Halbkoffer werden auf dieselbe Art wie der Der Munitionswagen wiegt geladen Kasten der Protze verpackt. 2360 kg. Der Vorratswagen ist nach dem Modell von 1833. Er besteht aus einer dem Batteriewagen analogen Protze und aus einem besonderen Hinterwagen. Das Gewicht des beladenen Vorratswagens beträgt ungefähr 2100 kg. Die Feldschmiede ist ähnlich dem
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
Vorratswagen,
Gewicht 1834 kg.
291
Der Fouragewagen ist für die
verschiedenen Transporte der Batterie bestimmt und noch spezieller für die Herbeischaffung des Futters . Er gehört zum Regimentstrain . Seine Beladung darf 1400 kg nicht überschreiten. Die Feuergeschwindigkeit des Geschützes beträgt bei langsamen Feuer 1 Schufs , bei gewöhnlichem 3, bei schnellem 6 Schufs in der Minute. Die Batterie besteht aus 6 Geschützen und 3 Munitions wagen . Das als Quelle benutzte „ Reglement für die Bedienung der kurzen 120 mm Kanone " ist wie alle französischen Reglements dieser Art, sehr vollständig und in wesentlich praktischem Sinne abgefafst. Zwischen dem artilleristischen Etablissement der Mittelmeerwerke in Hâvre und dem Creusot hat eine Verschmelzung stattgefunden. Die Besitzer des Letzteren Schneider et Cie. haben das Etablissement in Hâvre angekauft .
Die Leitung der vereinigten Werke hat der
bisherige Ingenieur der Mittelmeerwerke, Canet , übernommen und das Material führt die Bezeichnung Schneider - Canet . Letzteres ist auf der Weltausstellung in Brüssel 1897 ausgestellt und umfast hier die 32 cm Kanone L/40, die 15 cm Schnellfeuerkanone L/48 , die 12 cm Schnellfeuerkanone L/50, die 6,5 cm Bootskanone (Schnellfeuer) L/50, die 7,5 cm Schnellfeuer-Feldkanone L/32. Französische Erfahrungsdaten, welche die Treffwahrscheinlichkeit beim Schiefsen gegen Luftballons von 540 kbm Inhalt veranschaulichen , sind folgender Tabelle zu entnehmen : Distanz
m
888+ | | |
2500 3500 4500 5500 6500 7000 7500 8500 9500
Geschütz - Kaliber cm 12 9,5 in Prozenten 96 68 38 16
4
98 92 76 48 27 18 13 . 6 2
Anmerkung.
Die Resultate sind bei genauem Richten und günstigem ruhigem Wetter erzielt. Das Einschiefsen erforderte 1/4 bis 1/2 Stunde und kostete durchschnittlich 20 Schüsse . (Mitt. V. 97 nach ,,Russischer Invalide".)
c) Italien. Die
Bewaffnung der Infanterie erster Linie mit dem klein-
kalibrigen Gewehr M/91 ( 6,5 mm) scheint ziemlich durchgeführt zu sein. Eine Änderung am Auszieher ist der Vorkommnisse bei Dem von Platz- und Exerzirpatronen halber notwendig gewesen. Frankreich aus geflissentlich noch heute verbreiteten Irrtum , die Italiener hätten bei Adua das M/91 geführt und dasselbe habe sich
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
292
insofern nicht bewährt, als die Wunden den Abessyniern gegenüber nicht hinreichend gefährlich sich erwiesen hätten, ist man seitens der Italiener erst ziemlich spät entgegen getreten. Erst Ende v. J. hat sich die Italia militare e marina" in der Nr. 269 bemüfsigt gesehen, die Sache aufzuklären . Weiteres brachte ein Vortrag des Oberstlieutenants Mariani über das Thema : „ Die Gewehre , welche nicht töten " ,
abgedruckt in der „Rivista di artiglieria e genio “ , Mariani untersucht, ob die Beunruhigung, welche der Feldzug in Tschitral rücksichtlich des englischen Gewehrs hervorgerufen hat, begründet sei, und weist nach, dafs sie vielmehr aus der Phantasie der Soldaten als aus der Wirklichkeit der Thatsachen Mai 1897.
hervorgegangen sei.
Als entscheidende Eigenschaften des neuen Gewehrs stellt er die Feuergeschwindigkeit und die Rasanz der Bahn hin. Vermöge der ersteren ist die Masse Blei , womit der Feind
überschüttet wird, viel gröfser als bei den alten Waffen, die Rasanz der Bahn gleicht reichlich die Differenz im Kaliber der Geschosse wieder aus . Die Beibehaltung derselben lebendigen Kraft des Geschosses ist ausschlaggebend für das Aufsergefechtsetzen des getroffenen Gegners. Im Weitern ist der Nachweis der Wirksamkeit der Gewehre an graphischen Darstellungen und auf Grund praktischer Versuche geführt worden. Man gewinnt die Überzeugung, daſs die kleinkalibrigen Gewehre nicht nur tödten , sondern eine grössere Wirksamkeit als diejenigen grofsen Kalibers besitzen. Esercito italiano Nr. 54.)
(Nach dem
Ein Posten von 1 Million Francs ist in das Budget eingestellt für Änderungen am Material der Feldartillerie und Studien eines neuen Schnellfeuermaterials. Der Kriegsminister Pelloux hat in der Kammer auf eine in nicht zu ferner Zeit bevorstehende Neubewaffnung der Feldartillerie hingewiesen.
d) Grofsbritannien. Neuerdings sind an 2 Batterien der Feldartillerie Haubitzen von Kaliber 5 " gleich 12,7 cm als Ersatz der bisherigen Geschütze ausgegeben worden. Die Beweglichkeit der Haubitzen soll derjenigen der 12pfündigen Kanonen M/84 gleich, die Wirkung der Geschosse gegen Mauerwerk und Erde bei ersteren eine wesentlich überlegene sein. (Militär - Wochenblatt Nr . 51 Gazette Nr. 1944. )
nach der Army and Navy
Auf der Linie Brighton - Newhaven haben 1896 Versuche mit Feldgeschützen auf gepanzerten Waggons stattgefunden.
Die
Geschütze waren vom System Armstrong und konnten nach allen Richtungen feuern.
Eine gewöhnliche Lokomotive reichte aus , den Zug
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
293
zu schleppen ; in der Position angekommen, konnten die Geschütze sofort das Feuer eröffnen. Die Wagen waren mit besonderen Bremsen an den Schienen befestigt und konnten auch in der Richtung des Geleises feuern. Die Ergebnisse haben zufrieden gestellt. Bedeutung hat die Sache besonders für die Verteidigung der Festungen. Die Küsten - Artillerie hat ein und umfasst :
sehr mannigfaltiges Material
a) Vorderlader : 64 und 80 Pfünder, 7, 9 , 10, 10,4 , 11 , 12, 12,5, 16 , 17,72 zöllige Kanonen, b) Hinterlader neueren Systems von 4, 5, 6, 8, 9,2, 10, 12 , 13,5 Zoll, c) Hinterlader älteren Systems 40Pfünder und 6 Zöller, d) Schnellfeuerkanonen von 4,7 Zoll gleich 11 cm und von 12 Pfund, Hotchkifs- und Nordenfelt - Geschütze,
Mitrailleusen von
Nordenfelt, Gardener, Gatling, Maxim. Von den Laffeten sind viele Verschwindlaffeten, teils Moncrieff, teils hydropneumatisch . Die Geschosse sind :
Panzergranate von Stahl, desgleichen nach • Palliser in Hartgufs, gewöhnliche Granaten in Stahl oder Eisen,
Doppelwandgranaten , Schrapnels mit Zeit- und Aufschlagzünder, Kartätschen. Sprenggranaten scheinen noch nicht eingeführt. Rauchloses Pulver oder Cordit haben nur die Schnellfeuerkanonen und 4, 5 und 6 Zöller ( 10, 12,5 und 15 cm) Hinterlader.
e) Österreich- Ungarn . Das früher erwähnte Infanterie - Gewehr M/95 ist Nichts weiter als eine Vervollkommnung des M/88, welche sich nur auf Mechanismus und Gewicht bezieht. Geflissentlich wird von dort verkündet , es handle sich um ein ganz neues Gewehr, mit dem in Kürze die gesammte Armee bewaffnet sein werde. Von dem Gewehr werden aber nur so viele gefertigt, als zur Durchführung der Bewaffnung mit Gewehren und zur Auffrischung der Bestände nötig ist.
•
Zur Bestreichung schmaler Wege und Zugänge sowie einzelner Stellen im Vorgelände der Befestigungen, insbesondere von Tirol, ist eine Gewehrlaffete angenommen, welche dem Gewehr M/88 oder M/95 eine ebenso sichere Lage verleiht, als wie sie ein Geschützrohr in seiner Laffete besitzt, und zugleich Richtungs - Veränderungen zuläfst. Der Rückstofs wird durch eine starke Spiralfeder in einer für das Gewehr durchaus unschädlichen Weise geregelt. Ein- und Auslegen des Gewehrs erfordert 3 bis 5 Sekunden. Der bedienende Mann kann 50 bis 60 mal in der Minute abfeuern, sodafs die Gewehrlaffete ähnliche Dienste wie eine Mitrailleuse leistet .
Die Trefffähigkeit des
294
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
Gewehrs ist eine wesentlich erhöhte. (Schweiz. Zeitschr. für Artill. u. Genie nach der „Vedette " .) An der Konstruktion eines Schnellfeuer - Feldgeschützes wird eifrig gearbeitet,
doch wird darüber das strengste Geheimniss
gewahrt. Die „ Reichswehr" Nr. 1196 behauptet, die Erprobung eines neuen Feldgeschützes sei Anlafs gewesen , weshalb der Reichskriegsminister und der Generalstabschef sich am 3. Juni nach dem Schiefsplatz bei Felixdorf begeben hätten. Österreich-Ungarn solle in der Lage sein, 27 die Armee in kürzester Zeit mit einem bedeutend wirksameren Geschütz als das gegenwärtige auszurüsten. " (?) Jedenfalls ist die Frage, ob das Rohr aus Stahl oder aus Hartbronze herzustellen sei, bei den Versuchen in Mitleidenschaft gezogen. Das letzhin erfolgte Steigen der Aktien der Poldi - Stahlwerke wurde. dahin gedeutet, daſs der Stahl augenblicklich viele Chancen habe. Die Firma Skoda in Pilsen hat ein 7,5 cm Schnellfeuergeschütz konstruirt mit beseitigtem Rücklauf. Man geht wieder mit dem Gedanken um,
Schnellfeuer - Feld-
haubitzen von höchstens 12 cm Kaliber einzuführen, jedes Korpsartillerie - Regiment soll eine fünfte Batterie der Art erhalten . Dafür sollen die bestehenden fahrenden Batterien von 8 auf 6 Geschütze kommen. In der Schweiz . Zeitschr. für Artillerie u . Genie Heft 4 u. 5 von 1897 ist ein Vergleich zwischen dem 6,5 mm Repetir-Gewehr M/93 der Waffenfabrik Steyr und dem schweizerischen Repetirgewehr M/89 gezogen und zwar in Bezug auf die ballistischen Leistungen. Der Verfasser Fr. A. Oekinghaas
aus Königsberg i . Pr. kommt zu dem
Schlusse, dafs das M/89 trotz des grofsen Kalibers (7,5 mm) dem M/93 im Durchschnitt zum mindesten ebenbürtig, in Hinsicht auf die Hauptsache, die Geschofsarbeit, überlegen sei.
Die grofse Rasanz des
M/93 gleicht indefs den Ausfall in seinen Arbeitsleistungen einigermafsen wieder aus.
f) Rufsland. Die auch zum Feldkrieg bestimmte 3 zöllige Leuchtrakete hat im Allgemeinen die Form der Congreve'schen Rakete und besteht aus der Hülse, der Haube und dem Stab. Die Hülse ist aus dünnem Blech hergestellt und
enthält
den
Satz
aus
75 Teilen
Salpeter,
14 Schwefel, 20 Kohle . Die Satzsäule hat behufs Vergröfserung der Brennfläche das Zehrloch. Die Haube hat einen vorderen kegelförmigen Abschlufs und nimmt gegen 80 Stück Sterne, d. i . Cylinder von Leuchtsatz auf. Der Raketenstab ist ein 1,5 m langer Holzcylinder, welcher behufs Verminderung des Gewichts seiner Länge nach mit
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
295
Aushöhlungen versehen ist. Die fertige Rakete wiegt 16,5 kg. Das Raketengestell hat eine auf einem Dreifufs ruhende Röhre mit Gradbogen.
Das Ablassen geschieht unter einem Erhöhungswinkel von 45 °.
Die jenseits des Scheitelpunktes der Bahn ausgestofsenen und niederfallenden brennenden Leuchtsterne beleuchten 15 Sekunden lang das umgebende Gelände in einem Durchmesser von etwa 500 m. (Mitteil. V. 1897.) g) Spanien. Die April,
Revue d'artillerie " 1897 enthält in den Heften vom Januar,
Juli eine illustrirte Darstellung des
Feld- und Gebirgs-
materials der Spanischen Artillerie , die noch nicht zum Abschlufs gelangt ist und auf welche wir nach Beendigung der Artikelreihe zurückkommen werden . Im Maiheft der „ Revue d'artillerie " ist in einem längeren Aufsatz der damalige Stand der Frage der Schnellfeuerkanonen in Spanien dargelegt und zwar in Form eines Resumé der Denkschrift, welche die Versuchs - Kommission von Madrid am 16. Oktober 1896 aufgestellt hat (abgedruckt im „Memorial de Artilleria", Novemberheft). Bis jetzt haben noch keine kostspieligen Versuche stattgefunden , dagegen hat man Offiziere zu den wichtigsten industriellen Anstalten entsandt, um die verschiedenen Modelle zu studiren und den Versuchen zu folgen.
Eine derartige Mission haben die Obersten Vargas und
Mata gehabt.
Sie erklärten sich für ein 6 spänniges Geschütz von
1800 kg Gesammtgewicht, 1000 kg des feuernden Geschützes, Schrapnel mit Bodenkammer, Kugelgewicht von 11 g, 6 kg Geschofsgewicht, Kaliber 70 mm, Geschofsgeschwindigkeiten von 500 bis 600 m etc. Zur Prüfung schlugen sie vor die Geschütze von Krupp, Maxim-Nordenfelt und St. Chamond. Krupp hat nach ihrer Ansicht eine widerstandsfähige und wenig empfindliche Laffete, aber weniger Geschofsarbeit als die andern Typen, St. Chamond hat einen weniger einfachen Mechanismus, aber mehr Geschofsarbeit , Maxim guten Verschlufs und mittlere Geschofsarbeit. Ein Gebirgsmaterial hat Oberstlieutenant Ordoñez vorgeschlagen : 5,7 cm Kaliber, Rohr 87 kg, Schrapnel 3,17 , Granate 3,17 kg, Ladung Ballistit 0,2 kg, Geschwindigkeit 400 m, Geschofsarbeit 24,5 mt, 20 Schufs im Munitionskasten, Metallkartusche, Schnellfeuer-Einrichtung; aufserdem hat er ein 6,3 cm Geschütz
der Art vorgeschlagen.
artillerie-Material rührt von Oberst Sotomayor her. Die Kommission hat sich entschieden : für ein
Ein Feld-
Schnellfeuer-
geschütz von 7,5 cm, Geschofsgewicht 6,5 kg, Einheits-Metallkartusche, Beseitigung des Rücklaufs, Prüfung einer 12 cm Haubitze, aber gegen
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
296
einen Schild ausgesprochen. Die Dringlichkeit der Sache wird anerkannt. Das Feldmaterial von Sotomayor und das Gebirgsmaterial von Ordoñez sollen geprüft werden. Ein Gesetz
vom
30.
August
1896
hatte
dem Kriegsminister
aufserordentliche Kredite bewilligt zur Fabrikation , zum Ankauf und zum Retablissement des Artillerie - Materials . Für das Budgetjahr 1896/97 (Juli - Juli) sind 5 Mill. Pesetas angewiesen worden. Die diesjährigen Beschaffungen beziehen sich auf Vergröfserung der Etablissements ,
Ankauf von
10 Millionen
Mauser-
gewehren, Beschaffung von Material für 1 Regiment Gebirgsartillerie, Konstruktion von Geschützen jeder Art ( 300 000 Pes., davon 2/3 für die Geschützgiesserei von Trubia, 1 3 für die Maestranza von Sevilla) etc.
Trubia soll zur Herstellung von Stahlgeschützen bis incl. 26 cm
Kaliber eingerichtet werden , Oviedo auf 30 000 Gewehre jährlich kommen. Trubia und Sevilla sollen 6 Geschütze von 12 cm und 6 Haubitzen von 15 cm liefern . ( Rev. du Cercle mil . Nr. 17 von 1897.)
h) Nordamerika. Die Marine verwendet ein rauchloses Pulver Indurit , dessen Herstellung einem Herrn Ch. E. Munroe zugeschrieben wird. Im Genie civil" Nr. 784 (v. Rev. d'artill. Juli 1897 ) finden sich hierüber einige Angaben. Munroe wollte ein aus einer chemisch reines Pulver herstellen .
einzigen Substanz bestehendes, Zu dem Zweck begann er die
trockene Schiefswolle zu reinigen, indem er sie mit Methyl- Alkohol behandelte und den Rückstand von unlöslichem Cellulose - Nitrat trocknete .
Die Cellulose, welche stark mit Stickstoff gesättigt war,
wurde mit einer gewissen Menge Mononitrobenzin vermischt, welches ihr Aussehen kaum veränderte und die explosiven Eigenschaften nicht verminderte . Das Pulver wurde dann in eine Presse eingeführt, wo es zusammen gedrückt und in eine dunkle undurchscheinende Masse ähnlich dem Kautschuk verwandelt wurde. Die so gewonnene Substanz wurde in Streifen zerschnitten oder in Körnerform gebracht und von neuem auf die gewünschten Dimensionen zusammengepreſst und nochmals in Körner zerlegt.
In diesem Zustande wurde das
Präparat in Wasser gebracht, um das Nitrobenzin auszutreiben und das Cellulose- Nitrat zu härten. Die Masse wurde gelblich und nahm Dichtigkeit und Härte des Elfenbeins an. So wurde die Substanz aus einem festen Explosiv-Präparat zu einem langsam verbrennenden Pulver.
Die Resultate
sollen namentlich in Bezug auf Regelmässigkeit
sehr glänzend gewesen sein.
Die Marine -Verwaltung verlangt 600 m
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
297
Geschwindigkeit bei einem Druck von 23 bis 25 kg auf den qmm. Mit 12 kg als Ladung für ein Geschofs von 45 kg aus der 15 cm Schnellfeuerkanone ergab sich für V = 752 der Druck zu 21,64 , für V = 748 der Druck zu 21,59 kg. Das Indurit bewahrt sich gut auf. Bei einer Probe eines während 6 Monate in einem Magazin bei erhöhter Temperatur aufbewahrten Quantums ergab sich keine Veränderung in den explosiven Eigenschaften. i) Schweiz . Die Artillerie - Versuchsstation in Thun ,
deren
Leiter Oberst
Alfred Roth ist, hat am 21. Oktober 1896 bei Wimmis (Bergfluh) Schiefsversuche mit 12 cm Gufseisen- und Stahl - Granaten mit Schwarzpulver-, Weiſspulver- und Pikrin- Sprengladungen aus 12 cm Mörsern und 12 cm Positionskanonen gegen Kalkfelsen vorgenommen. Man wollte die Wirkung
der Stahl - Granaten
mit brisanten
Sprengladungen gegen sehr widerstandsfähige Ziele vergleichsweise konstatiren. Um den Munitionsaufwand nicht zu sehr zu vergrössern, fanden die Versuche auf sehr kurze Schufsdistanzen statt,
es wurde
aber, um die Wirkung für gröfsere Schufsdistanzen zu erhalten, beim Mörser nur die mittlere
Ordonnanzladung ,
reduzirte Ladung verwendet.
bei der Kanone eine
Nach dem Kubikinhalt der gebildeten
Trichter geordnet, stellen sich die verschiedenen Granat-Arten in nachstehender Reihenfolge, mit der geringsten Leistung beginnend. Kubikinhalt der Sprengtiichter Versuch mit dem Mörser. m3
1. Ordonnanz-Gufseisen -Granaten mit Schwarzpulver 2. Stahl- Granaten F. mit Pikrin (blofs 1 Granate gesprungen) . 3. Stahl- Granaten F. mit Weilspulver
0,0164
4. Ordonnanz-Gufseisen -Granaten mit Weiſspulver 5. Stahl-Granaten K. mit Weiſspulver
0,0277 0,0453
•
6. Stahl-Granaten B. mit Weiſspulver Versuch mit der Kanone. 1. Ordonnanz-Gufseisen-Granaten mit Schwarzpulver 2. Ordonnanz-Gufseisen-Granaten mit Weilspulver 3. Stahl-Granaten F. mit Weilspulver. 4. Stahl-Granaten K. mit Weiſspulver 5. Stahl-Granaten B. mit Weiſspulver
0,0171 0,0276
0,0872
0,1666 •
·
0,3593
•
0,3853 0,4476
•
0,6507
Die verschiedenen Granat-Arten stellen sich daher bezüglich ihrer Leistung in ziemlich gleicher Reihenfolge beim Versuch mit dem Mörser und mit der Kanone , was für die Zuverlässigkeit der Versuchsergebnisse spricht.
Im ferneren geht aus dieser Zusammenstellung hervor :
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
298
1.
Die Ordonnanz - Gufseisen - Granaten mit Weifspulver - Spreng-
ladung leisten auch gegen harte Ziele nahezu das Doppelte der Ordonnanz-Gufseisen- Granaten mit Schwarzpulver- Sprengladung. Der teilweise bereits durchgeführte Ersatz der Schwarzpulver-Sprengladung durch Weifspulver - Sprengladung bei den 12 cm Gufseisen - Granaten erscheint daher auch hier sehr vorteilhaft. 2. Bei der Wirkung aller Granaten gegen harte Ziele spielt die Endgeschwindigkeit (resp. die lebendige Kraft) der Granaten grofse Rolle.
eine
Im Durchschnitt ist die Leistung der nämlichen Granaten
beim Versuch mit der Kanone circa elf Mal gröfser, als beim Versuch mit dem Mörser. Die lebendigen Kräfte verhalten sich bei den beiden Versuchen annähernd wie 1 : 2,9 und da sich dieses Verhältnifs bei 5 Schüssen 5 mal wiederholt, so ist das Verhältnifs der aufgewendeten lebendigen Kräfte wie 1 : 14,5. Daraus geht hervor, dafs die Wirkung pro Schufs der Granaten mit gleicher Sprengladung nahezu in gleichem Verhältnifs mit der lebendigen Kraft zunimmt. Es ist daher für die Wirkung gegen harte Ziele auch bei Granaten mit brisanten Sprengladungen eine möglichst grofse lebendige Kraft, d . h . möglichst grofse Endgeschwindigkeit von hervorragender Bedeutung. 3. Vergleichen wir die Verhältnisse zwischen den Sprengladungen und den Kubikinhalten der ausgeworfenen Trichter der GufseisenGranaten mit Weifspulver, der K- Granaten mit Weifspulver und der B - Granaten mit Weifspulver derart , dafs wir Sprengladung und Leistung der Gufseisen-Granaten mit Weifspulver als Einheit annehmen, so erhalten wir folgende Zahlen :
Granaten.
Sprengladung.
Leistung. Versuch mit dem Versuch mit der Mörser. Kanone.
Ordonnanz-Gufseisen K., Stahl
1
1
1
1,1
1,7
1,2
B., Stahl
2,2
3,2
1,8
Wir ersehen aus obigen Zahlen, dafs beim Versuch mit der Kanone die Leistung nahezu im gleichen Verhältnifs wächst, wie die Sprengladung, während beim Versuch mit dem Mörser die Leistung in noch wesentlich stärkerem Verhältnisse zunimmt. Daraus geht hervor, daſs überhaupt, aber ganz besonders bei geringeren Geschofsgeschwindigkeiten, d. h. also bei Wurfgeschützen , möglichst grofse Sprengladungen vorteilhaft sind. 4.
Die obigen Zahlen zeigen auch, dafs das Geschofsmaterial an
und für sich für die Leistung der Granaten nicht von grofser Bedeutung ist. Die Hauptsache ist in dieser Beziehung , dafs die Granaten dem Stofse beim Schusse und beim Aufschlag im Ziel
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
sicher zu
widerstehen vermögen,
also vor allem auch keine Rohr-
krepierer ergeben, sowie dafs die wählenden
Wandstärken
299
Qualität des Materials den zu
entspricht ,
Widerstandsfähigkeit vorhanden ist,
damit
einerseits
genügende
andererseits aber nicht zu viel
Kraft der Sprengladung zum Zerteilen der Granate nötig wird.
Da
aber mit steigenden Sprengladungen beim gleichen Kaliber die Geschofswandstärken geringer werden müssen, so ist bei Verwendung grofser Sprengladungen ein möglichst widerstandsfähiges Geschofsmaterial notwendig . Der Genie - Hauptmann Raschein , Waffenkontrolleur in Malix (Graubünden) hat selbstthätige Gewehre konstruirt, bei welchen eine automatische Selbstladung in der Weise erreicht wird, dafs der Gasdruck auf den Schlagstift beim Schufs zum Öffnen des Verschlusses und zur Einführung einer neuen Patrone benutzt wird. Das System ist auf Handfeuerwaffen , Maschinengeschütze und Schnellfeuergeschütze anwendbar und gestattet Gasspannungen bis 4000 Atmosphären. Die Konstruktion ist in Deutschland , Belgien , Frankreich, England und in der Schweiz patentirt. In Deutschland sollen Versuche mit dem Gewehr stattfinden. (Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie Nr. 6 von 1897. ) Ein Aufsatz in der Schweizerischen Zeitschrift für Artillerie und Genie Nr. 4 betitelt : Zur Schnelllader - Frage , geht davon aus , dafs der Einfluss des rauchlosen Pulvers auf das Rohrmaterial eine bessere Liderung verlangt ,
die jetzigen Liderungs - Systeme böten
keine volle Sicherung gegen die Beschädigung von Rohr und Verschluſs. Bei einigen Sorten werden die Dichtungsplatten rasch derart angegriffen , dafs sie unverwendbar werden. Die Metallpatronenhülse, welche den direkten Einflufs der entwickelten Gase auf das Rohr verhindert, bietet hier ein Auskunftsmittel, wenngleich manche Nachteile aus der Verwendung solcher erwachsen .
Ein besonderer Vorteil derselben ist
aber noch die Vereinigung der Patrone mit der Zündung . Eine viel gröfsere Neuerung aber strebt das Schnellfeuergeschütz mit der Aufhebung des Rücklaufs an. Eine allseitig befriedigende Lösung dieser Aufgabe erscheint dem Verfasser äusserst zweifelhaft und glaubt derselbe, dafs man sich damit begnügen müsse, eine teilweise Hemmung des Rücklaufs zu erzielen, was immer noch eine grofse Anforderung an das Material und die Konstruktion der Laffete bedingt. Indem wir die weiteren mehr taktischen Darlegungen überschlagen, so glaubt Verfasser am Schlusse behaupten zu dürfen, daſs die Erfüllung des Wunsches , ein wirklich brauchbares , einfaches Schnellfeuergeschütz zu besitzen, für die Artillerie einstweilen noch ein frommer Wunsch bleibt. Er wagt sogar die Behauptung, daſs, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104. 3. 20
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
300
wenn die moderne Artillerie ihre jetzige volle Kraft zeigen wird,
die
Infanterie und Kavallerie solche in jedem modernen Gefecht oder Schlacht als ebenbürtige Hauptwaffe anerkennen wird. möge dann ein weiterer Fortschritt vorbehalten sein. Die dem
österreich-ungarischen
teilung der „ Neuen Milit. Blätter"
Militärblatt von einer
Der Zukunft
entnommene Mit-
demnächstigen Neu-
bewaffnung der Schweizer Feld - Artillerie sammt Kosten - Angabe von nur 3 Mill . Frcs, ist von der Schweizer. Zeitschrift für Artillerie und Genie Nr. 5 von 1897 ins Reich des Schwindels verwiesen worden. Als dritter Teil der Grundzüge eines Neuen Materials für die schweizerische Artillerie ist erschienen : Schnellfeuergeschütze , Studie des Artillerie-Bureau, worauf wir noch kommen werden.
k) Verschiedenes. Nach dem Armeeblatt hat ein Herr E. J. Pennington ein Geschütz auf einem automobilen Fuhrwerk konstruirt. Die Maschine hat 16 Pferdekräfte und setzt ein vierrädriges Fahrzeug mit Kautschuk-Bandagen in Bewegung ; dieses trägt 2 Schnellfeuerkanonen, auf Pivot angebracht, eins vorne, eins hinten , jedes beschreibt einen Der Motor regelt auch das Feuer. Halbkreis und zwar selbstthätig. Man kann Letzteres im Halten wie in der Bewegung abgeben . Es sind 50 bis 700 Schufs in der Minute zulässig . Für jedes Geschütz sind 500 Schufs auf dem Wagen untergebracht. Der bedienende Mann befindet sich zwischen den Geschützen und hat sie nur zu richten und die Maschine in Bewegung zu setzen . Nach vorn und hinten ist er durch Schutzbleche zunächst dem Bodenstück des Geschützes gesichert. Der ganze Wagen ist gleichfalls gegen kleinere Der selbstthätige Mechanismus arbeitet weiter, Geschosse geschützt. Die Bewegungswenn selbst die Leute aufser Gefecht gesetzt sind. geschwindigkeit der Maschine ist 72 km in der Stunde. (Rev. du cercle militaire 23. 1. 1897.) In Steyermark will ein Weinbergsbesitzer, Bürgermeister A. Stieger in Windisch - Feistritz, durch Aufstellung von vielen Böllern (kleinen Mörsern) und Abgabe von Feuer im Moment, wo Gewitter und Hagelschlag drohten, die schwarzen Wolken zerstreut und die Verwüstung seiner Weinberge abgewendet haben. (Rivista di artiglieria e genio Juni 1897 nach Cosmos vom 24. April.)
In Frankreich macht man viel Aufheben vom Taschen-Doppelfernrohr des Majors Ney. Die Revue Scientifique Taschen-Zwilling (jumelle de poche) vereinigt in die Vorteile eines umfangreichen Fernrohrs ; Mechanismus wird ihm erlauben, ein tägliches
sagt darüber : Dieser sehr kleinem Format sein sehr einfacher Gebrauchsobjekt für
Umschau in der Militär - Litteratur.
Theater,
301
Reise und die Armee zu werden.
Der Preis für das vervollkommnete Modell Nr. 1 ist 55 Frs., für Nr. 2 35 Frs. Der Durchmesser der Objektive ist 34 mm, die Dicke des geschlossenen Fernrohrs 2 cm. (Rev. cercle mil . Nr. 22.) Der Schmalkalder Höhenmesser
sel. Andenkens ,
allen
alten
Offizieren von den Militärschulen her bekannt, ist in der Neuhoferschen Boussole wieder aufgelebt, welche zugleich für Horizontalwinkelmessung eingerichtet ist. Die neue Boussole kostet mit LederEtui und Riemen 36 Gulden. (Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie Nr. 5 von 1897.) Sehr gerühmt wird in der Schweiz Reitzner's Diopterrohr , ausgeführt vom k. u . k. Hofoptiker und Mechaniker Neuhofer und Sohn in Wien. (Schweizer . Zeitschrift für Artillerie und Genie Nr. 6 von 1897.)
XXVI.
Umschau in der Militär - Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften. Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (Juli 1897.) Der Zukunftskrieg und die Staatswehr. Eine militärisch-politische Studie. - Wie das zweite französische Kaiserreich den Krieg von 1859 vorbereitete. (Nach den hinterlassenen Erinnerungen des Generals Trochu.) Die wahrscheinlichen Operationslinien bei einem Kriege zwischen dem französisch-russischen Bündnifs und dem Dreibund. Die italienische Schnellfeuerkanone. Organ der militärwissenschaftlichen Vereine. LIV. Band. 6. Heft. Der Wert der Anerziehung der Initiative. (Vortrag, gehalten im militärÜber die wissenschaftlichen Verein zu Budapest, am 23. Februar 1897 . Erscheinungen bei der Bewegung der Langgeschosse. Die niederländischen Truppen Österreichs. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens. Jahrgang 1897. 6. Heft. Das bayerische Kriegsbrücken- Material und das Pontonnier - Reglement vom 4. März 1896. Gebrauch und Verwendung des 9 cm Richtbogens. - Die Erweiterung der Gürtellinie von Amsterdam.
Armeeblatt. (Österreich.) XVI. Jahrgang. Nr. 25 : Erzherzog Rainer. - Die k. und k. Kriegsschiffe an der kretensischen Küste. IX . Militärische Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland . II. 20*
Umschau in der Militär- Litteratur.
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Österreichische militärische Nachrichten aus den europäischen Armeen. Geschichts-Chronik. Nr. 26 : Erzherzog Franz Ferdinand bei der englischen Die Flotten · Revue . Die Kriegsmarine als Faktor in der Politik. belgische Armee 1897. Militär-Zeitung. (Österreich.) Nr. 22 : Über den Kampf um Eisenbahnen . I. Verwendung der amerikanischen Kolanufs für Militärzwecke. Nr. 23 : Die militärische Bedeutung der Wasserstrafsen. Über den Kampf um Eisenbahnen. II. — Das Grenzwächter-Korps in Ruſsland. Das Fahrrad der Armee. Nr. 29 : Die Tapferkeitsmedaillenzulage. Eine Tigerjagd, ausgeführt von dem Jagdkommando des 5. turkestanischen Linienbataillons. Journal des sciences militaires. (Juni 1897.) Die Gefahr der Milizen (Forts.). - Instruktionen des Generals Baron de Cointet für die 2. Kavallerie- Division , - Das Gelände, die Mannschaften und die Waffen im Kriege (Forts.) . - Studien über den Feldzug 1796-97 in Italien Der einjährige Dienst. - Die neuen Feuerwaffen und der (Forts. ). Der Marsch des Infanteristen (Forts.). Sanitätsdienst im Kriege. Das Gefecht und die Flankenbewegungen in der französischen Armee. Der grofse Friedrich (Forts. ). Le Spectateur militaire. (15. Juni 1897. ) Ungefährliche Kugeln (Abhandlung über die Wirkung des ,,kleinen Kalibers ") . Der Parteigängerkrieg. Die Dekorationen, Kreuze und Medaillen (Forts .) . Revue du cercle militaire. Nr. 25 : Die englische Seemacht im Indischen Ozean. - Der General Champion de Nansouty. Die Armee und die Kolonisation (Forts. ) . Nr. 26 : Die Reorganisation der italienischen Armee. --- Die Franzosen in Gourmah. - Die Armee und die Kolonisation (Schlufs ) . Revue
d'Infanterie.
(15. August.)
Der
Bericht
des
Generals
Baldissera über die 2. Periode des Feldzuges in Afrika (Forts. ) . Zwei militärische Geschichte der Infanterie in Frankreich (Forts.). Jahre in Deutschland (Forts.) . - Abhandlung über den türkisch-griechischen Krieg (Forts .) . — Die Feldzüge der Engländer in Ägypten und im Sudan (Forts.) . Die Expedition nach Formosa. Revue d'Artillerie. (Juni 1897. ) Bemerkungen über die Artillerie, von Napoleon I. dem Baron Gourgaud in St. Helena diktirt . - Beiträge zum Studium des Rücklaufes der Feuerwaffen. - Die 75 mm SchnellfeuerGeschütze , System Bange und Piffard . - Die Schufswirkungen der Infanterie und der Artillerie. Deutsche Anschauungen über die theoretischen Schätzungen beider (Schlufs). - Die Taktik der Feld - Artillerie . Von ihren Anfängen bis zu den Kriegen des Kaiserreiches ( Schlufs). Revue du Génie militaire. (Juni 1897.) Arbeiten und Operationen des Genies während des Feldzuges auf Madagaskar (Forts. und Schlufs). Geschichte der Küstenbatterien. Auszüge aus der Korrespondenz Vauban's (Forts.). - Befestigungen u. s. w. Studie über die Rolle der festen Plätze in der Landesverteidigung . L'Avenir militaire.
Nr. 2216 : Die Verjüngung der Kadres und die
Umschau in der Militär-Litteratur.
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Die ArmeeAltersgrenzen. I. Der griechisch - türkische Krieg. Kommission. -- Die Garde von 1851-1870 . Die italienischen Gefangenen in Abessinien . Nr. 2217 : Die Verjüngung der Kadres und die Altersgrenzen . II . Der Adel im deutschen Offizierkorps. II . — Das Avancement nach Wahl in Italien . Nr. 2218 : Die Exerzitien mit Abteilungen geringer Stärke . - Der griechisch-türkische Krieg. Waterloo. Die Engländer und die Deutschen . Reorganisation der technischen Truppen in Deutschland . Nr . 2219 : Eine artillerie - taktische Frage. Die Befestigungen von Nancy. - Die Veränderungen in der italienischen Armee. - Ein deutsches Urteil über die griechische Armee. (Nach einem Artikel in der Berliner Militärzeitung.) Nr. 2220 : Kaiser Wilhelm II, in Frankreich . Nr. 2222 : Die Reise nach Rufsland. - Lautlose und unsichtbare Geschütze . Ein Kriegsminister, wie er sein mufs. Eine Ehrenangelegenheit zwischen Offizieren in Berlin (betrifft die bekannte Angelegenheit von Gaudy-Rasch) . Nr. 2223 : Noch einmal die Gewehre, welche nicht töten. Nr. 2224 : Die Reorganisation des Generalstabes . I. Nr. 2225 : Die Reorganisation des Generalstabes . II. - Die Reorganisation der italienischen Armee. Nr. 2226 : Die Kolonisation und die KolonialArmee. I. - Die Offiziere der Reserve. - Die Reorganisation der italienischen Armee. II . Nr. 2228 : Die Verjüngung der Kadres . Eine deutsche Erinnerung an die Schlacht von Borodino. Nr. 2229 : Der Präsident der Republik in Ruſsland . Die Duelle des Prinzen Heinrich von Orléans . Die deutsche Spionage. Nr. 2231 : Der militärische heutigen Armeen . I. ― Wilhelm II. in Rufsland.
Geist in den
Le Progrès militaire. Nr. 1736 : Die Schiefsschulen für die Infanterie . Die Manöver 1897. Nr. 1737 : Französische Das Heeresbudget . Kolonien. Das Heeresbudget (hierbei wird erwähnt, das die Heeresstärke 1898 um 149 Offiziere, 12 542 Mannschaften, 2 Gendarmerieoffiziere und 240 Pferde erhöht werden soll. Thatsächlich zählt die französische Armee 1898 25 241 Offiziere im Mutterlande, 2266 in Algerien und 564 in Tunis und 477 669 Mannschaften im Mutterlande, 49 253 in Algerien und 11 823 in Tunis) . Nr. 1738 : Die Nancy-Frage. Begnadigung von Deserteuren. (Die sozialistischen Deputirten haben einen Antrag in der Kammer gestellt, die bestraften oder in Untersuchung befindlichen Soldaten zu begnadigen, welche sich des Verbrechens der Desertion, Indisziplin u. S. W. schuldig gemacht haben). Nr. 1739 : Schiefskurse für Stabsoffiziere . - Die Nordost- Grenze . Die Grade des Sanitäts -Korps . Nr. 1740 : Der Oberbefehl und der Generalstab. - Die Frage der Altersgrenze. Nr. 1741 : Die Zulassung zur Schule von St. Maixent.
Befestigen wir Nancy nicht!
Nr. 1750 : Die materielle Lage des Verwaltungs- Personals der Armee. Nr. 1751 : Die Alpentruppen. Nr. 1752 : Zur neuen österreichisch- ungarischen Felddienstordnung. Nr. 1753 : Alpenmanöver. --- Die französischen Kolonien. La France militaire. Nr. 3964 : Unser Kriegsschatz. Bezieht sich auf die Bank von Frankreich, deren Privilegien jetzt zu erneuern sind und in welcher der Staat eine zu geringe Stütze im Falle äuſserer Verwicklungen findet. Nr. 3965 : Verwendung der Waffen. Die Normal-
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Umschau in der Militär- Litteratur.
Schiefsschule hat keine Schiefsplätze, in Folge dessen erzieht sie auch keine Schützen. Nr. 3966 : Alarm ! Bezieht sich auf die Schnellfeuergeschütze in Deutschland . Nr. 3967 : Verwendung der Waffen. I. Nr. 3968 : FestungsManöver. I. Nr. 3969/70 : Verwendung der Waffen. - Festungs-Manöver. II. Nr. 3972 : Verwirrung. Bezieht sich auf die Vorlage wegen des Oberbefehls. Nr. 3973 : Verteidigung der festen Plätze. I. Nr. 3974 : Das Kriegsbudget. I. Batterien zu 4 oder 6 Geschützen . Nr. 3975 : Biserta. Nr. 3976 : Verteidigung der festen Plätze. II. Nr. 3978 : Kriegsbudget. II. Nr. 3979 : Dasselbe. III. Nr. 3980 : Die Rolle der festen Plätze. Nr. 3981: Kriegsbudget. IV. Nr. 3982 : Kriegsbudget. V. Der Oberbefehl in der Armee- Kommission. Nr. 3983 : Die Reiterei in der Schlacht. - MarschGesänge. Nr. 3984 : Kriegsbudget. VI. Nr . 3985 : Die Nordost -Grenze. Berennungen . Feste Plätze im Operationskreis einer Feld - Armee. Nr. 3987: Dasselbe. Belfort und Epinal. Nr. 3988 : Reserve - Offiziere. La Belgique militaire. Nr. 1362 : Die Rede des Königs. (Der König hat sich beim Empfang der patriotischen Demonstration für die Reorganisation der Armee am 13. Juni energisch für letztere ausgesprochen.) - Reorganisation der Bürgerwehr (Forts. ) . Briefe eines Milizsoldaton vom Jahrgange 1880. Nr. 1363 : Die nationale Manifestation. Siam, seine Armee und seine Marine. Nr. 1369 : Die nationale Manifestation. Die neue deutsche Taktik. Die grofsen Manöver 1897. Die Armee auf der Welt-Ausstellung in Brüssel 1897. Nr. 1370 : Der Friedenskongreſs . - Die Kadetten- Schule. - Die grofsen Manöver des 16. deutschen Armeekorps. Revue militaire suisse. (Juni 1897.) Der Herzog von Aumale. Die Offizier-Patrouillen in der Kavallerie. ― Die Schnellfeuer- Geschütze. - Der griechisch-türkische Krieg. Ergänzung und Beförderung der Offiziere. - (Juli 1897. ) Der Herzog von Aumale. (Schlufs.) - Schnellfeuer-Geschütze der Feld-Artillerie. -- (August 1897.) Die Pläne des Feldmarschalls Moltke zur Konzentrirung der Truppen an der Grenze und zur Eröffnung der Operationen gegen Frankreich. - Die militärischen Einrichtungen der Schweiz . Allgemeine Schweizerische Militär-Zeitung. Nr. 25 : Automatische Handfeuerwaffen. Bericht des eidgenössischen Militär- Departements über seine Geschäftsführung 1896 (Forts.) . Nr. 26 : Militärisches aus Österreich - Ungarn . -- Hoenig und seine Gefechtsbilder aus dem Kriege 1870/71 . - Bericht des eidgenössischen Militär- Departements über seine Geschäftsführung 1896 (Schlufs). Nr. 32 : Die Niederlage der Engländer im Totschi-Thal. Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie . ( Juni. ) Aufgaben und Leistungen der französischen Genietruppen während des Zur Schnelllader - Frage. Feldzuges auf Madagaskar 1895-96. Eine neue automatische Über Beschlag - Erneuerung beim Pferde. Kanone. Amerikanische Küsten-Geschütze . Army and Navy Gazette. Nr. 1950 : Die Vermehrung der Feldartillerie in Rufsland. - Die Gefechts- Taktik der Deutschen. Der Oberst
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Turna giebt eine Zusammenstellung der Beobachtungen , die er im vorigen . Jahre bei den Manövern des 14. Armee- Korps in Baden gemacht hat. Die Yeomanry von Lotsiow und Berwickshire. Geschichte dieses berittenen Freiwilligenkorps seit 1797. - Der Nebel im Kriege . Freiwillige Werbung oder allgemeine Wehrpflicht. Vortrag des Kapitän Ellison. Nr. 1951 : Marschleistungen. Es wird behauptet, dafs die Marschfähigkeit der Infanterie , gegen die vor 50 Jahren erzielte , abgenommen habe. Vorschläge zur Erleichterung des Gepäcks und Vermehrung des Trosses werden gemacht. - Afghanische Treulosigkeit wird als bezeichnend in der Kriegführung derselben nachgewiesen. Nr. 1952 : Heer und Land. Betrachtung über die Zunahme der Volkstümlichkeit des Heeres in den letzten Jahrzehnten durch Abschaffung der grausamen Strafen und besserer Behandlung der Soldaten . - Erinnerungen an die Britische Armee . Von Sir W. H. Russel. Schilderung innerer Heeres-Verhältnisse aus den letzten 50 Jahren nach eigenen Erlebnissen. Die Miliz im Jahre 1897. Vorschläge zu deren Verbesserung, besonders durch Hebung des Offizierkorps. Nr. 1953 : Protest gegen den Heeresdienst. Richtet sich gegen die allzu zahlreiche Einstellung zu junger Rekruten, die in keiner Weise den Anforderungen des Krieges genügen. - Das Remonte - Wesen. Vorschläge zur Verbesserung desselben , besonders Bereitstellung der notwendigen Pferde für den Fall der Mobilmachung. - Bemerkungen zur Jubelfeier der Königin. Von Sir W. H. Russel. Erwähnt die militärische Seite des Festzuges. Nr. 1954 : Die Anstellung gedienter Soldaten. Die Truppenschau bei Aldershot. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 232 : Die Dongola - Expedition 1896. Vortrag des Kapitän Ateridge, der als Kriegsberichterstatter der Expedition beiwohnte. -- Das Studium der Kriegsgeschichte . Vortrag des Obersten Lonsdale A. Hale . Aufstellung von Grundsätzen, wie an Beispielen der Kriegsgeschichte dieses Studium auch für den jungen Offizier anregend und lehrreich gemacht werden kann. - Die Expedition der Franzosen gegen Madagaskar. Eine Zusammenstellung nach dem Dienstbericht des General Duchesne. - Ein Vorschlag zur besseren Organisation der Britischen Infanterie. Verlangt eine Neueinteilung in Brigaden zu je 2 Regimentern nach den RekrutirungsBezirken. Russischer Invalide. Nr. 116 : Von den 42 Offizieren, welche in diesem Jahre den Ergänzungskursus der Nikolaus - Akademie beendigt haben und zum Generalstabe kommandirt sind , gehören 23,8 % der Garde und 40,5 % der Artillerie und den Ingenieuren an ; 90 % sind Edelleute. Nr. 120 : Freifahrten der Festungs- Luftschiffer - Abteilung Iwangorod. Nr. 121 : Das Kaukasische Train - Bataillon ist Ende Mai formirt worden. - Ein Unteroffizier des Sibirischen Kasaken- Heeres hat auf einem Kirgisen - Steppenpferde den Weg von Fort Bachta (Ssemirjetschensk-Gebiet) bis Omsk 1265 Werstin 22 Tagen zurückgelegt. Nr. 128 : Nachweisung der im Jahre 1896 in der russischen Armee vorhandenen Kapitulanten : a) Infanterie 7382 Mann, darunter
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3183 Feldwebel, 2934 Front-Unteroffiziere und 1265 Nicht - Kombattanten (Feldwebel der Nichtkombattanten-Kompagnien, Regiments-Kammer- Unteroffiziere, Regiments Tambours, Train-Unteroffiziere u. s. w.) ; da die Zahl der Infanterie - Kompagnien über 4000 beträgt , so kamen auf jede Kompagnie , einschl. der Feldwebel und der Funktions- Unteroffiziere, 1544 Mann , darunter etwa 1½ Kapitulanten ; b) Kavallerie 392 Wachtmeister, 624 Unteroffiziere, 528 Nicht · Kombattanten (Wachtmeister der Nichtkombattanten-Eskadrons, Regiments- Trompeter, Kammerunteroffiziere u . s. w.) oder pro Eskadron durchschnittlich 2½ Kapitulanten ; c) Feldartillerie 1871 Mann, darunter 644 Feldwebel, 616 Zugfeuerwerker etc. und 641 Nichtkombattanten, oder pro Batterie, Park etc. etwa 2 Kapitulanten. ― Die Gesammtzahl aller Kapitulanten einschl. derer bei den Lokal - Truppen, Sanitäts- und Lehranstalten, sowie bei den Verwaltungsbehörden beträgt 13 168, darunter 2923 Nichtkombattanten. Nr. 129 : Die bevorstehende Umbewaffnung der Feldartillerie der europäischen Grofsmächte." Wajennüj Ssbornik. 1897. Nr. VII : Gedanke, That und Wort. Bemerkungen über das Schiefsen und die Anregung zu demselben. Über unsere Felddienstordnung ( Schluſs ). — Artilleristische Bemerkungen. Die Kunst des Manöverirens mit der Artillerie (Schlufs). Stäbe und Kadres zur Zeit Napoleon's I. Aus den Denkwürdigkeiten eines französischen Offiziers . - Die Einzelhaft im Militär-Gefängnisse . I. — Über den Kampf mit den Heeres- Epidemien in Friedens- und in Kriegeszeiten . Materialien zum Ungarischen Feldzuge des Jahres 1849. Aus der Sammlung von Seiten des Generals Menkoff dem Museum in Ssewastopol vermachter Urkunden (Schlufs). Die Verordnung über die Ausbildung des Soldaten im zerstreuten Gefecht. -- Verordnung über die Führung des Infanterie-Gefechtes. - Die Kriegs - Budgets Deutschlands, ÖsterreichUngarns und Frankreichs im Jahre 1897. Nr. VIII : Der türkische Krieg 1877/78 . Aus den Erinnerungen eines Offiziers. I. - Über Befehle und Meldungen. - Ein Blick auf die Ausbildung der Kavallerie . - Die Einzelhaft im Militär-Gefängnisse. II. ― Über den Kampf mit HeeresEpidemien im Frieden und im Kriege. II. -- Eine Bemerkung über die Verstärkung des Etats des Stabes einer Division im Kriege und im Skizzen aus Frieden. Über die Verwertung der Hunde im Kriege . dem Transkaspischen Gebiete. Russisches Artillerie-Journal.
Nr. 5 : Zur Frage von der Wiederherstellung eines Rohrs bei vier Rissen . Von der Bearbeitung der Resultate der Beobachtung . - Einige Worte von der technischen Artillerie. Die Umbildung der technischen Artillerie in Österreich. Nr. 6: Beschreibung des Lineals zum vorbereitenden Studium des Schiefsens auf bewegliche Ziele . - Panzerthürme und Verschwindlaffeten (Forts.) . Theorie der Explosivstoffe des Emil Sarro, Chef - Ingenieurs des Pulverdepartements, Mitglied des Instituts . - Hauptprobe der Bereitschaft der Batterien . Das Leder als Material zur Herstellung der ArtillerieMunition.
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Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 347 : Auswanderer an der preufsischen Grenze. --- Die Aufklärung der Kavallerie bei den Manövern. Von Augustowo nach Bobruisk. - Die Manöver bei Aldershot 1896. I. Schulen Nr. 348 : Distanzritt des 27. Kijewskischen Dragonerregiments. Die für Schwimmlehrer der Armee . ― Ein Tag bei den Deutschen. Manöver bei Aldershot 1896. II. Nr. 349 : Der griechisch-türkische Krieg (mit Karte). - Über die Auszeichnungen für gute Schiefsleistungen. ― Das Preisschiefsen. ― Fragen des Militär - Sanitätswesens. Nr. 350: Wintermärsche der Jagdkommandos im Transkaspischen Gebiete. Nr. 351 : In Galizien. Die Griffe mit dem Säbel in der Artillerie. Nr . 352 : Die Jagd des Jagdkommandos des 2. Kaukasischen Schützenbataillons im ― - Die neue Kreise Bortschal . Das Reitpferd des Kompagniechefs. deutsche Artillerie. I. - Die Taktik und Strategie zur See. L'Italia militare e marina. Nr. 132 : Das Rekrutirungs- Reglement und das bürgerliche Gesetzbuch. Nr. 133 : Für unsere Schiffe. Geschütze und Torpedokreuzer. Nr. 134 : Die Kommission unter Vorsitz des General San Marzano. Hat als Aufgabe die technische Untersuchung wegen Afrika. Nr. 135 : Gebrauch des Rades für Militär - Zwecke . Nr. 138 : Für unsere Schiffe. Torpedoboots- und Gegentorpedoschiffe. Nr. 140 : Gedanken über Gedanken über das heutige Gefecht. I. Nr. 142 : Das Lager von Somma. das heutige Gefecht. II . Nr. 144 : Gedanken über das heutige Gefecht. III. Nr. 145 : Radfahren und das heutige Gefecht. Nr. 147 : Gefängnisse und Kasernen. Nr. 149 : Avancement in der Marine. Nr. 151 : Aus dem Lager von Somma. Nr. 152 : Instruktoren . (Aus Anlafs der neuen militairgymnastischen Methode.) Rivista Militare Italiana. ( 15. Juni. ) Ein Blick auf das heutige Siam . - Vergleichende Studie über die militärische Leistungsfähigkeit Chinas, Japans und Koreas (mit 7 Beilagen). ( 1. Juli ) Napoleon und Wellington. - Vergleichende Studie über die militärische Leistungsfähigkeit Chinas, Japans und Koreas (Forts .). - Die praktische FelddienstInstruktion für die französische Kavallerie. Esercito Italiano. Nr. 76 : Das neue Heeres - Organisationsgesetz in Nr. 78 : Die Paraden bei den grofsen seinen verschiedenen Phasen, Manövern. — Der Militarismus in Italien . Nr. 79 : Statistische Betrachtungen Nr. 80 : Halbjährige Kurse für Ersatzüber die Schlacht von Adua. (unsere Reserve-) Offizier - Aspiranten. Nr. 81 : Die Autobiographie des Heeresgenerals Della Rocca. Nr. 82 : Die Verabschiedung des Generals Ellena. Nr. 83 : Das Schiefsen der Kavallerie. Rivista di artiglieria e genio. (Mai .) Die Gewehre, welche nicht töten. - Wie man eine Schiefsübung prüfen kann . Militär -Taubenschläge. -Feuerleitung der Batterien. Revista cientifico-militar. (Spanien ) Nr. 9 : Französische Artillerie (Forts . ) . Augenblickliche Tendenzen der deutschen Infanterie (Forts. ) .— Gebirgs- Artillerie (Schlufs). Nr. 10 : Studie über die Philippinen ( Schluſs). Das Kriegsgewehr (Schlufs). Nr. 11 : Französische Artillerie (Forts . ). Augenblickliche Tendenzen der deutschen Infanterie ( Schlufs) . Nr. 12 :
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Französische Artillerie (Forts .). Familien.
Das Vermögen der Offiziere und ihrer
Memorial de Ingenieros del Ejercito. (Spanien.) Nr. VI : Der Krieg auf Kuba : Die Linie Mariel -- Majana (Schlufs). - Strategische Studie betreffend die Verteidigung der iberischen Halbinsel . Revista Militar. (Portugal.) Nr. 13 : Die Organisation des Heeres (Vergleich der Organisation von 1884, der 1890 vorgeschlagenen und des jetzigen Reformentwurfs Pimentel - Pinto) . Skizze der Geschichte des 1. Jäger-Regiments. Krigsvetenskaps Akademiens-Handlingar. (Schweden .) 11. u. 12. Heft : Der Krieg in Griechenland . Das Kassenwesen im preussischen Heere. Norsk Militaert Tidsskrift. (Norwegen.) 6. Heft : Infanterietaktik. -- Die neue schwedische Reitinstruktion . De Militaire Spectator. (Holland.) Nr. 7 : Die Vorbereitung der Geniewaffe auf den Krieg. - Verdeckte Aufstellungen für Artillerie. Militaire Gids. (Holland .) 4. Lieferung : Die Stellung von Amsterdam. Entfernungsschätzen .
II. Bücher. v. Löbell's Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen. XXIII. Jahrgang : 1896. Unter Mitwirkung mehrerer Offiziere und Anderer herausgegeben von v. PeletNarbonne , Generallieutenant z. D. E. S. Mittler & S.
Mit 8 Skizzen im Text. Berlin.
Die Bände der „ Löbell'schen Jahresberichte" folgen auf einander, aber sie gleichen sich nicht, das will sagen, sie gewinnen von Jahr zu Jahr an Reichhaltigkeit und Gediegenheit des Inhaltes. Dies trifft auch auf den vorliegenden Band zu. Räumlich seinem Vorgänger um 75 Seiten nachstehend (was kein Fehler), hat er im Vergleich zu demselben wichtige Neuerungen aufzuweisen. Im 1. Teile, „ Bericht über das Heerwesen der einzelnen Staaten ", ist bei allen Staaten das Budget, insbesondere das Heeresbudget, eingehender behandelt worden ; es ist dies für vergleichende Studien auf diesem Gebiete von Wichtigkeit, zumal für Staatsmänner und Parlamentarier. Die Etatszahlen der taktischen Einheiten im Frieden wie im Kriege, so weit solche bekannt sind, wurden gegeben. Neu ist der Bericht über das Heerwesen von Abessinien und Afghanistan ; von besonderem Interesse dieses Mal derjenige über Griechenland und die Türkei. Bezüglich des griechischen Heerwesens wird auf den ungünstigen Zustand des Geistes und der Disziplin des griechischen Offizierkorps besonders hingewiesen ; ein Urteil, das durch die Ereignisse des türkischgriechischen Krieges Bestätigung gefunden hat. Wohl etwas zu schwarz gefärbt ist das über die türkische Armee gefällte Urteil, soweit es Geist und Disziplin betrifft. Man vergleiche hiermit den Aufsatz des General-
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lieutenant Frh. v. d. Goltz (Pascha) in Nr. 38 des Militär - Wochenblattes, ,,Bilder aus dem türkischen Soldatenleben". Im 2. Teile,,, Bericht über die einzelnen Zweige der Kriegswissenschaften und des Heerwesens " , ist dem Berichte über die Taktik der Infanterie auch ein solcher über das Gefecht der verbundenen Waffen angegliedert worden. Ich halte dies für eine sehr zweckmässige Neuerung, da der Kampf der Infanterie als der Hauptwaffe . des Heeres bestimmend ist und bleibt für den Kampf und das Eingreifen der beiden anderen Waffen, sei es um denselben vorzubereiten, zu unterstützen oder zu vervollständigen . Verfasser sagt ganz treffend, dafs der in dieser Gestalt erweiterte Bericht Gelegenheit biete, die grofsen Gesichtspunkte der Schlachtentaktik in den Vordergrund treten zu lassen. An reglementaren Veränderungen hat der diesjährige Bericht wenig zu bieten, an deren Stelle werden die hervorragendsten litterarischen Neuheiten auf infanterietaktischem Gebiete eingehend besprochen. Besonders gut hat mir gefallen, dafs Verfasser rügt, es werde den Reglements gemäfs noch zu viel ,,kommandirt", selbst Regimenter und Brigaden mit der Stimme geleitet. Wer den Krieg kennt, weifs, dafs dies unmöglich ist. Es verlohnt sich also, dem Kapitel Befehlsmechanismus höhere Beachtung zu schenken. Wenn die Wichtigkeit einer entschlossenen Durchführung des Infanterieangriffs mit Recht betont wird, so nicht minder, dafs das Gelingen desselben von dem Erringen der Feuerüberlegenheit abhängig sei. Dies ist nichts Neues, mufs aber immer wieder gegenüber den übertrieben schneidigen Taktikern gesagt werden , die in einem Zuge, nichtachtend die Verluste, bis zur Hauptfeuerstellung herangehen wollen . - Bei den reglementaren Veränderungen sind nur die Armeen Deutschlands, Frankreichs, Österreich-Ungarns und Rufslands berücksichtigt worden , die uns nahe stehende italienische nicht, obschon sie im abgelaufenen Jahre eine neue Felddienstordnung (Servizio delle truppe) erhalten hat. - Der Abschnitt " die Thätigkeit der verbundenen Waffen " giebt einleitend eine eingehende Kritik der bedeutendsten neu erschienenen Bücher, dann aber der Schlacht von Adua, als dem einzigen Beispiel des Krieges, das aber als solches äusserst lehrreich ist für in Rede stehenden Zweck, da diese Schlacht auf italienischer Seite ein Zusammenwirken der verschiedenen Waffen in grofsem Stile nicht zeigt. Die hieran sich schliefsenden Betrachtungen sind der Beachtung würdig und fordern zu eingehender Prüfung derselben heraus . In dem Bericht über 99 Taktik der Kavallerie " wird besonders fesseln der Auszug aus dem neuen russischen Exerzir - Reglement für die Kavallerie, das einen erheblichen Fortschritt bedeutet. - Wiederum wird ferner mit Nachdruck betont und beklagt, dafs Deutschland sich noch immer nicht zur Organisation ständiger Kavallerie - Divisionen im Frieden entschliefsen könne, die anderen Orts längst zum gewohnten Besitze gehören . Der Berichterstatter über die „ Taktik der Feldartillerie bekennt sich in der Einleitung als offenen Anhänger der Verteilung der gesammten Artillerie an die InfanterieDivisionen. Er wird in diesem Punkte auf erheblichen und begründeten
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Umschau in der Militär-Litteratur.
Widerspruch stofsen, der durch die geplante Einführung von SteilfeuerBatterien neue Begründung erfahren dürfte. Bezüglich der durch die Einführung von Schnellfeuergeschützen bedingten organisatorischen Änderungen werden verschiedene im ,,Militär -Wochenblatt erschienene Aufsätze eingehend erläutert. Verfasser befürwortet Batterien von 4 Geschützen, die u. E. allerdings das unerlässliche Korrelat der Schnellfeuergeschütze sind. -Eine besonders erfreuliche Neuerung ist die Zusammenlegung der Berichte über Festungskrieg und Festungswesen in einem Bericht mit letzterem Titel. Wir möchten diesen gedankenvollen Aufsatz zu den wertvollsten des Bandes rechnen. Leider können wir nicht bei ihm verweilen , möchten aber anheim geben, denselben ebenfalls, wie die Berichte über die Taktik der drei Hauptwaffen, als Sonderabdruck erscheinen zu lassen . Es folgt der Bericht über ,,Pionierwesen " aus derselben gewandten Feder wie der über Festungswesen, dann derjenige über ,,Material der Artillerie " in bekannter Zuverlässigkeit . Diesem reihet sich an eine zum ersten Mal erscheinende treffliche ,, Übersicht über die neuesten Erfindungen und Entdeckungen auf militär technischem und -chemischem Gebiete" ; dieselbe ist der vierteljährlich in unseren „,Jahrbüchern" erscheinenden "" Umschau auf militär-technischem Gebiet" anscheinend nachgebildet und hat wohl denselben Verfasser. Der sich daran schliefsende Bericht über ,, Militär - Erziehungs- und Bildungswesen " verzeichnet sorglich alle Neuerungen in den Einrichtungen zur Vorbereitung auf die Laufbahn des Offiziers, bezw. Unteroffiziers , und zur wissenschaftlichen Fortbildung in dem Berufe derselben. Es folgt die Fortsetzung des im vorigen Jahre zum ersten Male erschienenen Aufsatzes „ Die Entwickelung und der gegenwärtige Stand der Kartenwerke in den Kulturstaaten Europas" . Ein von gründlichster Beherrschung des Themas zeugender Aufsatz, dessen Schlufs allerdings erst für den folgenden Band in Aussicht gestellt ist. - Über die Gediegenheit des den 2. Teil abschliefsenden Aufsatzes „ Kriegs- und heeresgeschichtliche Litteratur" ist kein Wort zu verlieren, sie ist jedem Leser der „ Jahresberichte" zur Genüge bekannt. Der 3. Teil ,,Beiträge zur Militärischen Geschichte des Jahres 1896 " berichtet in erschöpfender und doch knapper Form über die kriegerischen Ereignisse in den deutschen Schutzgebieten, die Kämpfe der Italiener in Afrika, den brito-englischen Feldzug 1896 gegen Dongola, die Kämpfe der Spanier gegen die Aufständischen auf Cuba und auf den Philippinen, die Wirren in der Türkei, den Krieg zwischen den Niederlanden und Atjeh, endlich die Britische Expedition gegen die Aschantis. Acht Skizzen sind in dankenswerter Weise wiederum dem Texte beigefügt. Den Beschlufs des Bandes macht die 27 Namen zählende ,, Militärische Totenschau", in der auch der um das geistige Rüstzeug des preufsischen
--
Heeres hoch verdiente Hofprediger Frommel nicht fehlt. Zum Schlufs dieser kurzen Besprechung erstatten wir gern der geschickten Leitung der ,,Jahresberichte" unsern Dank für diese neueste litterarische Gabe, der wir viele ebenbürtige Nachfolger wünschen. Schbg.
Umschau in der Militär-Litteratur.
Die
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Eine vergleichende Heerführung Napoleon's und Moltke's. Studie von Freiherrn von Freytag - Loringhafen , Hauptmann und Kompagniechef im Grenadier- Regiment Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. Schlesisches) Nr. 11. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 1,20 M.
Welch ein Aufwand menschlichen Scharfsinns hat nicht die endgiltige Feststellung des Wesens und der Regeln jenes Zweiges der kriegerischen Thätigkeit gekostet, welche wir, als die wichtigste Aufgabe des leitenden Feldherrn, mit ,,Strategie" zu bezeichnen gewohnt sind ! Bis auf den heutigen Tag fehlt es immer noch selbst an einer erschöpfenden, allgemein giltigen und anerkannten Erklärung des Begriffs ,,Strategie"; ein untrügliches Zeichen dafür, daſs auch ihr Wesen noch nicht völlig zutreffend erklärt worden ist. Genügende und einwandsfreie Begriffserklärungen setzen eben gründliche und vollständige Kenntnifs der Erscheinung voraus, um die es sich handelt. An Lehrbüchern der Strategie ― oder der Feldherrnkunst , der Heerführung, der Kriegführung, des grofsen Krieges - fehlt es freilich nicht ; aber die grofse Verschiedenheit der Grundlagen, auf welchen die geistvollsten Arbeiter auf diesem Felde ihre Systeme errichtet haben, deutet schon darauf hin, dass sie Alle wohl mehr oder minder wichtige , zur Feldherrnkunst in Beziehung stehende Wahrheiten gefunden und erwiesen haben, dass aber Niemand von Ihnen das ganze Wesen der Sache ergriffen hat. Die Dreiecke, Winkel und Linien des Erzherzog Karl und Heinrich von Bülow's, die ,,innern Linien " Jomini's, die ,,Lehre von den Verbindungen Willisen's, ja selbst die viel belächelte „ zweipolige" Strategie, welche Professor Delbrück in unsern Fachschriften eingeführt hat, enthalten einen mehr oder minder grofsen Kern von Wahrheit ; weil aber diese Kernpunkte in jedem dieser strategischen Systeme nicht hinreichten , um die Erfolge der grofsen Feldherrn, auf welchen das System aufgebaut wurde, ausreichend zu erklären, deshalb eben löste bis auf den heutigen Tag ein System das andere ab; ein endgiltiger Abschlufs möchte noch in weitem Felde stehen. Auch das ,,getrennt marschiren, vereint schlagen", welches heute als der Inbegriff der Feldherrnweisheit gilt und sehr irrtümlicherweise unserm verewigten Feldmarschall zugeschrieben wird, ist noch nicht ,, der Weisheit letzter Schlufs !" Und doch besitzen wir gerade über diesen Gegenstand Aussprüche von denjenigen beiden Feldherrn, deren Thätigkeit der Feldherrnkunst unseres Jahrhunderts das Gepränge gegeben hat : Napoleon selbst hat es bekanntlich ausgesprochen, dass er ,,niemals einen Operationsplan gehabt habe, und wir alle kennen Moltke's Worte : ,,Nur der Laie glaubt in dem Verlaufe eines Feldzuges die consequente Durchführung eines im voraus gefassten, in allen Einzelheiten überlegten und bis an's Ende festgehaltenen urDamit stimmt jene andere, ebensprünglichen Gedankens zu erblicken." falls vom Feldmarschall herrührende Bezeichnung der Feldherrnkunst als ,,der Kunst, unter den schwierigsten Umständen richtig zu handeln " völlig überein ; die Strategie wird dadurch zu einem ,, System der Aushilfen".
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Ist dem aber so, so erklärt sich auch sofort, warum jedes System, welches auf irgend einem bestimmt formulirten Grundsatze beruht, das für das Handeln jedes Feldherrn in jeder Lage mafsgebend sein soll, unhaltbar wird, sobald dieser Grundsatz auf Allgemeingültigkeit Anspruch macht! Das "9 in jedem Falle " Richtige ist eben nicht immer das Nämliche; die Zahl der verschiedenen Fälle, welche eintreten können, ist bei der grofsen Anzahl von Faktoren, die die Gestaltung des Einzelfalles bilden helfen, unübersehbar grofs, und demgemäfs auch die Zahl der ,,richtigen" Lösungen der in dieser Weise entstehenden Aufgaben. Wer irgend eine sich mehr oder minder häufig wiederholende richtige Lösung gefunden hat und sie empfiehlt, macht sich wohlverdient um die technische Vorbildung künftiger Führer ; wer aus dem häufigeren Wiederkehren irgend einer bestimmten Operationsweise - sei es das Vorgehen auf der innern Linie, das Hervorbrechen mit Massen, das Vereinigen vor der Schlacht oder während der Schlacht - auf eine charakteristische Hinneigung des handelnden Feldherrn, es sei Napoleon, Moltke oder wer sonst, glaubt schliefsen zu dürfen, hat vielleicht Recht, erweist aber dem betreffenden Feldherrn einen geringen, und dessen Schülern einen schlechten Dienst ! Die Gröfse des Feldherrn besteht darin, das er im rechten Augenblick das Richtige erkannt und durchgeführt hat, keineswegs aber darin, dafs er diese oder jene ,, Regel" angewandt hat. Wenn man von Napoleonischer oder Moltkescher Strategie spricht, so ist man so lange vollkommen dazu berechtigt, als man sich bewusst bleibt, dafs die in den Thaten jedes der beiden Männer sich wiederholenden, gleichartigen Züge nur die Folgen der Verhältnisse und Lagen gewesen sind, denen sie gegenüber treten mufsten . So wiederholt sich z. B. bei Napoleon der Umstand, dafs er einen vereinzelten Gegner mit Übermacht anfällt und schlägt, deshalb so oft, weil seine Gegner so oft sich vereinzelten. Wenn nun aber ein anderer Feldherr, der über sehr überlegene oder besser bewaffnete Streitkräfte verfügt, als seine Gegner, anders handelt, so trägt auch er eben nur den Umständen Rechnung. Daraus auf eine persönliche Vorliebe der Feldherrn für das eine oder das andere Recept zu schliefen, hiefse ihrer Feldherrngröfse zu nahe treten. Das Bestreben, nach solchen charakteristischen Unterschieden in der Art, wie unsere grofsen Feldherrn ihren Aufgaben gerecht geworden sind, die Kriegsgeschichte zu durchspähen, hat gewifs ein hohes Interesse. Irrig aber möchte die Anschauung sein, in diesen Verschiedenheiten mehr ein Spiegelbild der Eigenart der Feldherrn, als der Verhältnisse, unter denen sie handeln mufsten, zu erblicken. Gewifs ist Temperament, Charakter und Bildungsgang des Feldherrn nicht ohne Einfluss auf die Art und die Form seiner Kriegführung. Dafs aber Napoleon, vor die Aufgabe Moltke's im Mai 1866 gestellt, diese wesentlich anders gelöst haben würde, als jener sie gelöst hat, dürfte sich indefs kaum wahrscheinlich machen lassen ! Darum liegt in der Gegenüberstellung der verschiedenen „,Stile" unserer grofsen Meister in der Kriegskunst ebenso etwas Mifsliches, als wenn man
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die Meister anderer Künste mit einander vergleicht ; diese Vergleiche hinken meist auf beiden Füfsen ! Der Verfasser der vorliegenden kleinen Schrift ist zu deren Abfassung durch die Ansichten angeregt worden , die im Beiheft 4 des MilitärWochenblattes ein ungenannter, jedenfalls aber unter unseren bedeutendsten Führern zu suchender Autor gegenüber der Schrift des Generals Colmar Frhr. von der Goltz „ Kriegführung, Kurze Lehre ihrer wichtigsten Grundsätze und Formen" geltend macht. Goltz sieht in Napoleon den Vertreter der ,,Vereinigung zur Schlacht", in Moltke den der ,,Vereinigung in der Schlacht", ohne indefs über den Wert beider Grundsätze, die er als gleichwertig anerkennt, zu entscheiden. Damit ist eben zugestanden, dafs dieser Unterschied zwischen Napoleon's und Moltke's Kriegführung kein subjektiver, sondern nur ein in der verschiedenen jeweiligen Sachlage begründeter gewesen sein kann . Der ungenannte Verfasser des Beiheft 4 aber hält die Napoleonische Strategie auch dem Werte nach für unterlegen und verlangt, die Kriegslehre solle sich für die Moltke'sche Vereinigung auf dem Schlachtfelde entscheiden . Unser Autor unternimmt es nun, an Beispielen aus der Kriegsgeschichte nachzuweisen, dafs beide Feldherrn, Moltke sowohl wie Napoleon, gegebenenfalls beide Formen der Heerführung zur Schlacht gekannt und geübt haben, dafs man somit nicht berechtigt sei, von einer subjektiv verschiedenen Heerführung von Moltke'scher und Napoleonischer Strategie zu sprechen. Er legt zunächst eine allerdings schlagende Ähnlichkeit dar zwischen den Operationen, die zu den Kapitulationen von Ulm 1805 und von Sedan 1870 geführt haben, während er andrerseits nachweist, dafs die berühmte ,,Vereinigung auf dem Schlachtfelde" von Königgrätz noch am Abend des 2. Juli keineswegs beschlossene, viel weniger eine von Anfang an geplante Mafsregel gewesen ist . Dafs Napoleon gegebenen Falles auch vom konzentrischen Anmarsch zur Schlacht Gebrauch macht, zeigt er an den Operationen vor Bautzen (21. Mai 1813 ) . Dafs wir 1870 an einen konzentrischen Einmarsch nach Frankreich nicht gedacht, sondern den Oberrhein ohne Schutz gelassen haben, ist bekannt. Ganz analog verfuhr Napoleon beim Einmarsch in Rufsland 1812 . Wenn Napoleon 1806, im Gegensatz zu 1805, einen besonders geschlossenen Aufmarsch anordnet, so findet dies eben in der damaligen Lage genaue Kenntnifs über Stärke und Standort der preufsischsächsischen Truppen seine ausreichende Erklärung. Wie gut es andrerseits Napoleon verstanden hat, eine einmal bestehende Trennung seiner Kräfte, zu deren strategischer Vereinigung vorteilhaft auszunutzen , wie er auch freiwillig in solcher Trennung verharrt , wenn Verpflegungsrücksichten sie vorteilhaft erscheinen lassen, wird am Winterfeldzuge von 1806/7 nachgewiesen, während der Feldzug im Sommer 1807 vor Friedland wiederum „ Vereinigung vor der Schlacht" zeigt. In ähnlicher, überall scharf und klar gehaltener Darstellung werden noch die Operationen von Regensburg 1809 , von Grofs-Görschen 1813, Dresden 1813 und von 1815 besprochen, stets mit der Absicht, nachzu-
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weisen, dafs Napoleon keinerlei Vorliebe für irgend ein System gehabt, vielmehr stets nach den Umständen gehandelt hat. Der Beweis für diese Ansicht mufs als geglückt erscheinen . Für einen grofsen Teil der Fachgenossen bedurfte es eines solchen Beweises, der übrigens noch durch mancherlei andere Thatsachen aus der Geschichte beider Feldherrn hätte erhärtet werden können , wohl kaum .
Nur der „Laie
sieht eben überall
" Systeme " , wo doch nur ein einziges System, nämlich genialer Scharfblick für Erkennen und Beurteilen aller jeweiligen Verhältnisse, zur Anwendung gekommen ist. Grade darin, dafs für verschiedenartige Fälle verschiedene Mittel mit gleicher Energie angewendet werden, liegt die Gröfse beider Feldherrn ! Wenn der Verfasser des Aufsatzes in Heft 4 des Militär-Wochenblattes dem sogen. Moltke'schen System der Vereinigung der Massen auf dem Schlachtfelde den Vorzug giebt vor der Versammlung vor der Schlacht, so dürfte daraus noch nicht zu folgern sein, dafs er damit eine absolute Minderwertigkeit dieses Verfahrens, für alle Fälle und alle Verhältnisse, hat behaupten wollen. Unsere heutigen Heere sind schon ihrer Stärke nach Gebilde, mit denen selbst Moltke noch nicht zu rechnen gehabt hat, die Bezeichnung ,,Millionenheer" wird künftig erst zu ihrer buchstäblichen Richtigkeit kommen , 1870 ist diese Zahl niemals auf einem Gefechtsfelde vereinigt gewesen. Ob nicht schon dieser Umstand allein die Feldherrn der Zukunft zwingen wird, in ihrer Kriegführung der sogenannten Moltke'schen Strategie den Vorzug zu geben vor der, wie unsere kleine Schrift nachweist , fälschlich als Napoleonisch bezeichneten Massenversammlung vor der Schlacht, darüber kann man mindestens zweifelhaft sein, und es ist sehr wohl möglich, dafs die Kriegsgeschichte der Zukunft dem Autor des „ Militär- Wochenblattes " völlig recht geben wird. Allen Freunden vergleichender kriegsgeschichtlicher Studien sei die Freytag'sche Arbeit, die auch formell sehr hübsch geschrieben ist, hierdurch bestens empfohlen . Lg. Einfluss der Kultur auf Krieg und Kriegsrüstung. Von v. Reichenau , Generalmajor. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. „Der ewige Friede ist ein Traum und nicht einmal ein schöner, und der Krieg ein Glied in Gottes Weltordnung. In ihm entfalten sich die edelsten Tugenden des Menschen, Mut und Entsagung, Pflichttreue und Opferwilligkeit mit Einsetzung des Lebens. Ohne den Krieg würde die Welt in Materialismus versumpfen. " So Moltke in seiner Erwiderung an Professor Bluntschli , als dieser ihm die vom Brüsseler FriedensKongrefs ausgearbeiteten ,, Lois de la guerre sur terre" übersandt hatte . Stimmt diese in wenigen, aber inhaltschweren Worten ausgesprochene Ansicht des grofsen Strategen, soweit die praktischen Ergebnisse in Betracht kommen, im Wesentlichen mit den Ausführungen des General v. Reichenau überein, so zeigt sich solche Übereinstimmung auch bezüglich des Einflusses der fortschreitenden Kultur auf die Kriegführung, wenn Moltke fortfährt: „ Durchaus einverstanden bin ich mit dem . . . . Satz, dafs die
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allmälig fortschreitende Gesittung sich auch in der Kriegführung abspiegeln mufs, aber ich gehe weiter und glaube, dafs sie allein , nicht ein kodifizirtes Kriegsrecht, dies Ziel zu erreichen vermag. " Ferner sagt Moltke in seiner Antwort an den Friedensapostel Goubare ff: ,,Sie erklären den Krieg bedingungslos für ein Verbrechen, wenn auch ein in Versen besungenes, ich halte ihn für ein letztes, aber vollkommen gerechtfertigtes Mittel, das Bestehen der Unabhängigkeit und die Ehre eines Staates zu behaupten. Hoffentlich wird dies letzte Mittel bei fortschreitender Kultur immer seltener in Anwendung kommen, aber ganz darauf verzichten kann kein Staat. Ist doch das Leben des Menschen, ja der ganzen Natur, ein Kampf des Werdenden gegen das Bestehende , und nicht anders gestaltet sich das Leben der Völkereinheiten. Wer möchte in Abrede stellen, daſs jeder Krieg, auch der siegreiche, ein Unglück für das eigene Volk ist. Aber wer vermag in dieser Welt dem Unglück, wer der Notwendigkeit sich zu entziehen ? Sind nicht beide nach Gottes Fügung Bedingungen unsers irdischen Daseins ? Nicht den Wallenstein, sondern Max läfst unser grofse Dichter sprechen : „ Der Krieg ist schrecklich wie des Himmels Plagen, Doch ist er gut, ist ein Geschick wie sie." Wenn man die Ausführungen des Verfassers unserer Broschüre und die eben citirten Aussprüche Moltke's vergleicht, so wird man unwillkürlich an Gretchens Wort erinnert : ,,Ungefähr sagt das der Pfarrer auch, nur mit ein bischen andern Worten." Moltke stellt sich, indem er die Notwendigkeit, ja die heilsame Bedeutung des Krieges betont, auf den Standpunkt des Christen , des Idealisten , freilich auch des scharfen und klaren Denkers, der keinen Augenblick die Macht der realen Verhältnisse, aufser Acht läfst. General v. Reichenau, ohne etwa solche idealen Anschauungen von der Hand zu weisen, geht doch bei seiner Beweisführung im Wesentlichen von den realen Verhältnissen aus, das Gebiet des Religiösen und Idealen nur leicht streifend. Wenn Moltke das Leben der Menschen ,, einen Kampf des Werdenden gegen das Bestehende" nennt, so nimmt General v. Reichenau den ,,Daseinskampf als ewigen Krieg" zum Ausgangspunkt seiner Erörterungen, die den unwiderleglichen, ja man kann sagen, den streng mathematischen Beweis erbringen wollen, dafs der Krieg eine unabwendbare Naturnotwendigkeit ist, gegen die sich ebensowenig ankämpfen läfst, als wenn der Erdbewohner gegen die Drehung seines Planeten protestiren, ihr Einhalt thun wollte. Die utopischen und phantastischen Träumereien und Projekte der Friedensschwärmer sind schon oft widerlegt und in ihrer Haltlosigkeit dargethan worden. Was aber der vorliegenden Arbeit ihr besonderes Interesse und ihren eigenartigen Reiz verleiht, das sind des Verfassers scharfe und sachliche Betrachtungen über den Einfluſs der fortschreitenden Kultur auf Krieg und Kriegführung. Es ist grundfalsch, zu glauben, dafs der Kulturfortschritt den Krieg jemals aus der Welt schaffen werde : im Gegenteil, die fortschreitende Übervölkerung, die wachsenden Ansprüche, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 104, 3. 21
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die immer komplizirter sich gestaltenden Lebensverhältnisse führen Zustände herbei, die an sich schon eine verzweifelte Ähnlichkeit mit dem Kriege haben und im gegebenen Zeitpunkt den wirklichen kriegerischen Ausbruch herbeiführen können und müssen. Freilich nimmt die Friedensliebe zu, die Kriegstüchtigkeit der durch Stuben- und Fabrikarbeit degenerirenden Menschheit ab. Aber grade in Folge des Kulturfortschrittes nehmen die Kriegsrüstungen, in denen die Volkskraft zum Ausdruck kommt, fortwährend zu und müssen zunehmen . Grade dadurch, dafs Europa ,,in Waffen starrt", ist bei gegebenem Kriegsanlafs der Friede erhalten worden. Von gröfster Wichtigkeit, meint der Verfasser, wird in künftigen Kriegen die erste Entscheidung sein in unserm nervösen Zeitalter, wo der Telegraph die Kunde sofort in alle Welt verbreitet, wo die Bevölkerung sofort in die lebhafteste Mitleidenschaft gezogen wird. Darum müssen unsere Kriegsrüstungen darauf ausgehen, diese erste Entscheidung mit Aufbietung aller Kraft so vorzubereiten, dafs wir möglichst günstige Chancen haben. Dazu sollen wir neben den religiösen und idealen Momenten vor allem auch ,,den Schneid" pflegen : denn ,,ein Hauch kühner Entschlossenheit mehr oder weniger" kann bei der Gleichmässigkeit und Furchtbarkeit der Waffenrüstungen den Ausschlag geben. Es sind keine freundlichen Bilder, die uns der Verfasser oft mit grellen, aber lebenswahren Farben malt. Es ist keine optimistische Lebensauffassung, die aus seinen Erwägungen und Folgerungen spricht. Wer genau und aufmerksam den Darlegungen des Verfassers folgt, wer sich von seinen Anschauungen leiten und überzeugen läfst, der wird freilich die Notwendigkeit des Krieges und der best organisirten Wehrhaftigkeit erkennen und zugeben müssen ; aber begeistern wird er sich nicht für das Kriegertum . Verfasser erwartet auch mehr von der Erkenntnis, als von der Begeisterung: ,,Von der Erkenntnis, dafs Gedeihen, Wohlfahrt und Glück so vielfach von jedem Individuum, immer aber von jeder Nation erkämpft werden müssen, bis zum freudigen Opfermut ist kein grofser Schritt mehr. Wir bedürfen aber eines Opfermutes, der nicht allein auf Begeisterung, sondern auch auf tiefere Einsicht in den Gang der Dinge beruht. Die Begeisterung kann sich auch unrealisirbaren Zielen zuwenden, die Erkenntnifs aber wird die Kräfte verwerten."
im Sinne unserer gesetzmässigen Entwickelung
Ganz gewifs bedarf eine Nation, die ihre heiligsten Güter verteidigen soll, freudigen Opfermutes. Solchen Opfermut hat Preufsen bewährt 1813 und 1870. War in den Befreiungskriegen der ,, Kampf ums Dasein" doch auch veredelt und verklärt durch hohe ideale Begeisterung, so waren es 1870 in erster Linie ideale Güter, um die gestritten wurde ; die Ehre und die Einheit des deutschen Vaterlandes. Dafs rasch auflodernde Begeisterung gar oft ein Strohfeuer sein kann, das beim ersten nachhaltigen Mifserfolge erlischt, wird niemand leugnen. Was aber einzig und allein aushält im Kampfe, auch in Not, Drangsal und Unglück, das ist Pflichttreue und Gottvertrauen. Gott gebe, dafs diese beiden Grundpfeiler
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alles Kriegertums und aller Kriegertugend unserm deutschen Volke erhalten bleiben, oder dafs sie ihm wiedergewonnen werden, wo sie verloren zu gehen drohen. Mit der blofsen Erkenntnifs, dafs man im Kampfe ums Dasein ringen mufs, um das Glück zu erjagen, gewinnt man keine Schlachten. Diese hier natürlich mehr angedeuteten, als ausgeführten Erwägungen sollen nur das lebhafte Interresse bekunden, dafs die hochinteressante, fesselnde und zeitgemässe Schrift des General v. Reichenau bei jedem denkenden Leser erregen mufs. Sie verdient es, gelesen, studirt und beherzigt zu werden. Wir haben unsere Besprechung mit einigen Aussprüchen Moltke's begonnen ; wir möchten mit einem Worte Kant's schliefsen ; „Selbst der Krieg, wenn er mit Ordnung und Heilighaltung der bürgerlichen Rechte geführt wird, hat etwas Erhabenes an sich und macht zugleich die Denkungsart des Volkes, welches ihn auf diese Weise führt, desto erhabener, je mehreren Gefahren es ausgesetzt war und sich mutig darunter hat behaupten können ; dahingegen ein langer Friede den blofsen Handlungsgeist, mit ihm aber den niedrigen Eigennutz , Feigheit und Weichlichkeit herrschend zu machen und die Denkungsart des Volkes zu erniedrigen www Der Krieg ist eine Triebfeder mehr, alle Talente, die zur pflegt. P. v. S. Kultur dienen, bis zum höchsten Grade zu entwickeln." Thilo von Trotha. Zur historischen Entwickelung der Balkanfrage. Berlin 1897. Militär-Verlag Felix. Der griechisch-türkische Konflikt hat eine Flut von Tagesschriften gezeitigt, von denen der gröfsere Teil sehr schnell durch die Ereignisse gegenstandslos geworden ist. Die vorliegende Schrift des oftgenannten Verfassers teilt dies Schicksal nur teilweise, da sie sich wesentlich mit dem ,,Geschichtlichen" der Balkan-Halbinsel befafst, wie es bei den andauernden Bewegungen und Kriegen auf derselben immer von neuem von Zeit zu Zeit von der Tageslitteratur aller Länder geboten worden ist. So zur Zeit der Freiheitskämpfe Griechenlands, so zu der des Krimkrieges, der Kämpfe der Serben und Montenegriner, des Feldzuges 1877/78 und der ihm folgenden kriegerischen Ereignisse in jenem Teile Europas. Wesentlich Neues bringt uns in dieser Beziehung die Schrift von Trotha's also nicht. Wo sie aber die augenblickliche Lage bespricht oder ja einen Ausblick in die Zukunft thut, da wollen wir bei ihr verweilen. Verf. sagt im Eingange seiner Schrift : „ Der Schwerpunkt der kretensischen Frage liegt augenscheinlich nicht sowohl in der Entscheidung über das Schicksal dieser Insel an und für sich als vielmehr in der Einwirkung, welche diese Frage auf die nationale Gährung der BalkanHalbinsel ausübt. Sobald die Nationalitätenfrage auf dem Festlande der Halbinsel in's Rollen kommt und dafs dies eventl. von dem Willen eines Staates wie Griechenland abhängt, ist für die ganze politische Sachlage würde die bisherige „ Einigkeit“ ebenso charakteristisch wie bedenklich der europäischen Grofsmächte auf eine sehr gefährliche Probe gestellt 21*
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werden. " Heute können wir bereits sagen, dafs das Konzert der europäischen Grofsmächte sich dies Mal nicht von Griechenland und auch nicht von den kleineren Balkanstaaten das Heft aus der Hand entwinden liefs. Insofern ist die Probe vortrefflich bestanden. - Und da auch die Vermutung, welche Verf. am Schlusse seiner Abhandlung ausgesprochen, dafs hinter Griechenland England, hinter Bulgarien Rufsland, hinter Serbien Österreich stehe, sich bisher nicht bewahrheitet hat, wenigstens nicht in dem Sinne des Verf. , so kann Europa mit der bisherigen Entwickelung der Dinge zufrieden sein. Wer sich die Hauptmomente der neueren Geschichte der Balkan-Halbinsel kurz in das Gedächtnifs zurückrufen will, findet dieselben in von Trotha's Abhandlung übersichtlich zusammen17. gestellt ! P. A. Geismann.
Graf L. N. Tolstoj und M. N. Dragomiroff. St. Petersburg 1897. Porochowschtschikoff. Russisch.
Die
kleine
Schrift des bekannten
russischen
Militärschriftstellers
verdankt ihre Entstehung der Polemik gegen die 1895 von General Dragomiroff veröffentlichte Kritik des Tolstoj'schen Romans : ,,Woina i mir" (Krieg und Frieden) . Seiner Zeit war im ,, Ssjäwernoj wjestnik" (Nordischen Boten) eine Kritik der ebengenannten Kritik erschienen, welche sich gegen den General wandte und sogar so weit in ihren Ausführungen ging, dafs sie demselben vorwarf, er zeichne sich , was ,,ethisches Urteil anlange , weder durch besondere Eleganz der Sprache noch Beweiskraft“ aus. - Da aber der ,,Ssjäwernoj wjestnik" nur Auszüge aus der Abhandlung Dragomiroff's enthielt und daher kein klares und umfassendes Bild der Tendenz derselben geben konnte, sucht Verf. diesen Fehler gut zu machen, indem er die Anschauungen des Generals im Wesentlichen wiederzugeben sich zur Aufgabe seiner Schrift stellt. Tolstoj bietet nun manche Angriffspunkte. Er nennt z. B. ebenso wie der Verfasser der Kritik Dragomiroff's Napoleon I. ,,ein ganz unbedeutendes Werkzeug der Geschichte". - Nicht mit Unrecht sagt daher Geismann,,,dafs von einem gleichberechtigten Kampfe zwischen Dragomiroff und Tolstoj nicht die Rede sein kann, da ersterer auf dem Boden der Wirklichkeit stehe und nicht auf dieser Erde nie zu verwirklichenden Idealen nachjage. Die kleine Schrift bietet manche interessanten Gesichtspunkte zur Beurteilung Tolstoj's und seiner Schule, aber auch Dragomiroff's, dem freilich der Vorwurf auch nicht ganz erspart bleiben kann, daſs er zu 17. militärischen Excentrizitäten neigt. Untersuchungen über die Reise- und Marschgeschwindigkeit im XII. und XIII. Jahrhundert. Von Dr. phil. Friedrich Ludwig. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Die Frage über die Richtigkeit von Urkunden des Mittelalters hat die Diplomatik in neuerer Zeit vielfach beschäftigt, indem durch auffällig schnell hintereinander erfolgte Datirung an verschiedenen Orten durch
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dieselbe Person Zweifel über die Echtheit derselben entstanden. Die dadurch aufgeworfene weitere Frage über die etwaige Reiseschnelligkeit von Urkundenausstellern jener Zeit gab dem Verfasser vorliegenden Werkes Veranlassung, eingehende und sorgfältige Forschungen über diesen Gegenstand anzustellen. Er wählte hierzu das 12. und 13. Jahrhundert, weil über diese Zeit Quellen in genügender Zahl in übersichtlicher Vollständigkeit vorliegen, ferner weil die Kreuzzüge in dieselbe fallen, deren Märsche und Seefahrten für die vorliegende Frage überaus lehrreich sind und die sich hieranschliefsenden Pilgerfahrten zum ersten Mal eine Reiselitteratur entstehen liefsen, die noch wichtigeres Material zuführte. - Die Lösung der vorliegenden Aufgabe erforderte vor allen Dingen eine möglichst reiche Zusammenstellung von zuverlässigen Quellenzeugnissen, aus denen Schlüsse auf die Schnelligkeit der Reisen und Märsche gezogen werden konnten und erstreckten sich demgemäfs die Untersuchungen auf Schriftsteller Urkunden und Rechnungen, eine Aufgabe, der sich Verfasser mit dem bewunderungswürdigsten Fleifs und peinlichster Sorgfalt unterzogen hat! Er zieht zuerst Schlüsse aus den Itineraren der Fürsten der damaligen Zeit und wendet sich sodann einigen besonders interessanten Einzelnreisen sowie den Kreuzzügen und Pilgerfahrten zu. Beginnend mit Lothar 1125 und seinem ersten Römerzug 1132 verfolgen wir sodann hier alle Reisen und Züge der Kaiser Konrad III. , Friedrich I. mit seinen sechs Römerzügen, Heinrich VI. , Philipp , Otto IV. und Friedrich II., dessen Itinerare besonders bemerkenswert ist, ebenso wie Heinrich VII. Römerzug eine, namentlich in Quellen motivirte eingehende Behandlung erfahren hat. Es folgen sodann die letzten Staufer, Itinerare von französischen Königen und verschiedenen Päpsten jener Epoche, ferner die Reisen von Bernhard von Clairvaux, Wolfger von Passau und des Erzbischofs Odo von Rouen etc. Besonders interessant ist das Itinerare des Abtes Nikolaus von Thingeyrar bezüglich seiner Reise von Island nach Rom und Palästina und des Matthäus Paris von London nach Rom. Diesem folgt eine ausgehende Darstellung der Marsch- und Fahrleistungen bei allen Kreuzzügen und einigen besonderen Pilgerfahrten. Zum Schlufs fafst Dr. Ludwig die Ergebnisse seiner Forschungen in Bezug auf Einzelnreisen und Märsche zu Lande sowie Fahrten zu Wasser Hiernach ist für die deutschen Könige und Kaiser, die fast ausnahmslos geritten sind, als normale Reisegeschwindigkeit ein Durchschnitt von 20 bis 30 oder 35 km pro Tag anzunehmen, doch sind auch wesentlich höhere Leistungen in Einzelnfällen zu konstatiren, so bei Friedrich I. , der 90 km in 1/2 Tag, 182 km in 3 Tagen, Otto IV. , welcher 12 Tage zu je 33 km, 11 Tage zu je 35 und 6 Tage zu je 49 km zurücklegte. Für die Reisen von hochgestellten Persönlichkeiten , namentlich Kirchenfürsten, die auch meist geritten, bisweilen aber auch gefahren sind, immerhin aber auch mit einem gewissen Gefolge reisten, stellt sich der Durchschnitt etwas höher. Besonders ist dies bei Odo von Rouen der Fall, bei dem an 7 Tagen hintereinander 47 bis 67 km täglich festgestellt wurden, wobei es auffällig ist, wie wenig Ruhetage er sich auf seinen.
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Reisen gönnte, indem er in eine 58 tägige Reise nur einmal eine dreitägige und einmal eine zweitägige Ruhe einschaltete, also wiederholt 24 Tage hintereinander gereist ist ! Waren die Kaiser von einem gröfseren Heere begleitet, wie auf den Zügen nach Italien, so stellt sich der Durchschnitt auf täglich 20 bis 30 km. Die Einzelnleistungen, wie sie sich am besten bei Heinrich VII. verfolgen lassen, sind aber auch bei diesen Zügen beträchtlich höher gewesen. Derselbe legte 35 , 37 km und 57 , sogar 58 km auf dem Anmarsch zu den Alpen, 21 und 23 beim Alpenübergang, etwa 33 km in der Lombardei und 45 resp. 55 km in Tuszien mit seinem Heere zurück, während bei Friedrich I. für den Alpenübergang 33 km und Einzelnleistungen bis zu 45 km, bei Konradin Märsche bis zu 54 km nachweisbar sind. Als Parforceleistung allerersten Ranges ist die Zurücklegung von 112 km von Cremona nach S. Bonifazio in 1/2 Tagen durch Friedrich II. mit einem Heere von 8000 Mann ( ,cum toto suo exercitu") anzusehen. Es geschah dies am 30./10 . 1236. Dies sind Leistungen, welche in Anbetracht der damaligen Wegeverhältnisse und, da sie meist wohl in voller Rüstung ausgeführt wurden, die höchste Bewunderung verdienen! Die Marschleistungen der Kreuzfahrer sind meist niedriger, da die Gegenden, durch die sie ihr Weg führte, gröfstenteils den Führern unbekannt und auch ungangbarer waren. So ist der Durchschnitt täglicher Marschleistung beim 2. Kreuzzuge in Südeuropa 17 bis 20 km, während auch solche von 26 km und mehr vorkommen. Der des deutschen Heeres auf dem 3. Kreuzzuge betrug in Deutschland 30 bis 32 km, durch Ungarn 20 bis 25 km, in Bulgarien, Ostrom und Klein-Asien 12 bis 18 km mit Ausnahmeleistungen von 20 und 27 km, und der des kleinen Heeres Heinrich des Löwen 30 km. Was die Flufsschiffahrt anbetrifft, die auf dem Rhein und der Donau sehr frequentirt wurde, so ist der Durchschnitt der Leistungen hierin ein äusserst wechselnder. Als höchste ist die Reise Friedrich I. von Frankfurt nach Sinzig 135 km in 1/2 Tag anzuschen. Seefahrten wurden viel unternommen, insbesondere von Seiten der Kreuzfahrer und Pilger, vorzüglich auf der Strecke von Italien nach Palästina. Wohl nur hier wurde der grade Seeweg eingeschlagen mit Anlaufen der gröfseren Inseln , während sich sonst die Fahrt meist nur an der Küste bewegte. Daher sind die Angaben über die erreichte Fahrgeschwindigkeit auch hier sehr von einander abweichend und in ihren Ursachen unkontrollirbar. Es folgt hier noch Näheres über die bei den Alpenübergängen benutzten Pässe sowie über die Schnelligkeit von Reisen der Eilboten und über die Verbreitung von Nachrichten im 12. und 13. Jahrhundert, wobei als höchste Leistung bei einer gröfseren Entfernung von mehreren Tagen ein täglicher Durchschnitt von 63 km konstatirt wird . Vorstehender kurzer Auszug mag erraten lassen, mit welcher Hingebung und Sorgfalt, ja mit welch bewundernswerter Arbeitskraft seitens des Verfassers hier ein Material zusammengetragen wurde, welches dem
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trotz Forscher einen wahren Schatz darbietet, aber auch dem Laien, seiner rein sachlichen Schreibweise --- das gröfste Interesse abgewinnen mufs! v. M. Freiherr von Tettau. Die neue Bekleidung und Ausrüstung der Russischen Kavallerie. (Mit Abbildungen .) (Beilage zu „ Die Russische Kavallerie in Krieg und Frieden".) — Die russische Schiefsvorschrift vom Jahre 1896. (Ergänzung zu : ,,Die Russische Schiefsvorschrift vom Jahre 1893 für das Dreilinien-Gewehr). Leipzig 1897. Zuckschwerdt. Preis à 1,20 M. Die neuesten Veröffentlichungen des auf dem Gebiete der Übermittelung der Reglements der russischen Armee an das deutsche Offizierkorps bekannten und verdienten Verfassers ergänzen in willkommener Weise die bezüglichen russischen Vorschriften und können daher nur warm empfohlen werden. Einen Überblick über den Inhalt dieser Veröffentlichungen haben unsere Leser bereits in den ,, Armee- und Marine- Nachrichten aus 17. Rufsland" seitens unseres geschätzten Mitarbeiters erhalten . Rang und Quartierliste der Köngl. Preufsischen Armee und des XIII. (Köngl. Württemberg.) Armeekorps für 1897. Nach dem Stande vom 4. Mai 1897. Berlin . E. S. Mittler & S. Die diesjährige Rangliste hat im Vergleich zur vorjährigen sehr erhebliche Veränderungen aufzuweisen, da die zum 1. April errichteten InfanterieBrigaden und -Regimenter (die bis zur Nummer 180 gehen : 10. Württemberg. Inf. - Reg.), Aufnahme gefunden haben. An sonstigen Veränderungen ist zu nennen der Wechsel im Kriegsministerium, die Neubesetzung von 2 Armeekorps (V. und VIII .) , 12 Divisionen, 2 Ingenieur- und 2 PionierInspektionen u. s. w. Auffällig ist, bei der lebhaften Bewegung im OffizierKorps durch Beförderung und Verabschiedung, dafs die Feld-Artillerie in Bezug auf die ersteren weit hinter den übrigen Waffen, namentlich ihrer Schwesterwaffe, der Fufsartillerie, zurückgeblieben ist. Die Feld- Artillerie zählt verschiedene etatsmässige Stabsoffiziere mit Obersten - Rang, das sagt genug. Äufserst zweckmäfsig ist es, dafs jedem Regiment unter seinem Namen ein Vermerk in kleiner Schrift beigefügt ist, der die Zugehörigkeit zu den betreffenden Armeekorps, Divisionen , Brigaden sofort erkennen läfst. Es ist dies für den Handgebrauch sehr bequem . Dafs auch die kaiserliche Schutztruppe in einem Anhange Aufnahme gefunden hat, ist sehr erfreulich. In typographischer Beziehung bezeichnet der Jahrgang 1897 der Rangliste einen grofsen Fortschritt durch die Verwendung schärferer Schriftzeichen und zweckmäfsigere (sparsamere) Anordnung des Druckes. Die neue Rangliste zählt, trotz ihres vermehrten 2. Inhaltes, 18 Seiten weniger als die vorjährige. v. Burgsdorff (Alexander) und v. Recklinghausen. Tafeln zur Flugbahnberechnung der Infanteriegeschosse. Nebst kurzer An-
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leitung zum Gebrauch der Tafeln. Preis 6 M.
Berlin 1897.
E. S. Mittler & S.
Die älteren, zum Teil vortrefflichen Werke über Infanterie- Ballistik (Mieg , Weygand u. A.), welche von grofskalibrigen Gewehren frührerer Perioden handeln , sind nicht allein dem Stoffe noch veraltet, sondern auch in Bezug auf die Methode von der neueren Wissenschaft überholt. Mehr als je aber gilt bei der erweiterten Wirkungssphäre der neuzeitlichen Gewehre der alte Erfahrungssatz, dafs nur eine gründliche Kenntnifs von den Flugbahneigenschaften der in Frage kommenden Waffen uns befähigen kann, die eigene Feuerwirkung aufs Höchste zu steigern und die feindliche Trefferwirkung durch geeignete Benutzung des Geländes nach Möglichkeit abzuschwächen. Lieutenant v. Burgsdorff, kommandirt zur Königlich Technischen Hochschule, und Lieutenant v. Recklinghausen haben daher für die jetzigen kleinkalibrigen Handfeuerwaffen vorliegende Tafeln zur Flugbahnberechnung der Infanteriegeschosse soeben herausgegeben, mit deren Hülfe man die Flugbahn eines beliebigen Gewehres, dessen Kaliber, Drall, Anfangsgeschwindigkeit und Geschofskonstruktion gegeben sind , ohne Weiteres zu berechnen , sowie auch diejenigen Änderungen der Treffpunktlagen und Schufsweiten, welche durch Wechsel der Temperatur und Luftdichte, sowie durch Wind verursacht werden, zahlenmäſsig festzustellen vermag. Das vorliegende Werk bietet daher ein sehr wertvolles und auf der Höhe der Zeit stehendes Studienmittel für den Infanterie-Offizier, welches sich ihm auch bei Behandlung taktisch-ballistischer Aufgaben nach der vom General Rohne in seiner Infanterie-Schiefslehre angegebenen Methode als ein sehr willkommenes Hülfsmittel erwiesen wird . Zur Handhabung der Tafeln genügt die Kenntnifs einiger weniger Jedermann geläufiger mathematischer und schiefstheoretischer Grundbegriffe, und die Rechenarbeit ist dank der Mühe und dem Geschick der Verfasser eine überaus leichte und bequeme. Das Werk, gelegentlichst empfohlen werden. Felddienstübungskarte von Metz. Müller. Preis 2,50 M.
welches 213 S. umfafst, kann an-
Maafsstab 1:50 000.
Metz 1897 .
Wiese, Laub-, Eine aufserordentlich praktisch angeordnete Karte. klar hervormit sind Weinberge und Parks Nadel- und Mischwald wie tretenden Farben angelegt, für die Verbindungen sehr leicht zu unterscheidende Signaturen gewählt. Da die Karte nicht nur den Waldbestand und das Wegenetz in der heutigen Beschaffenheit, sondern auch die Denkmäler und Kriegergräber verzeichnet, dürfte sie auch den Zwecken weiterer 17. Kreise entsprechen. v. Wedel's Offizier · Taschenbuch. Neu bearbeitet und vermehrt von Balck , Hauptmann. Berlin 1897. Eisenschmidt. Preis 1,50 M. Das Offizier-Taschenbuch ist diesmal in völlig veränderter Gestalt erschienen. Kalendarium und Notizbuch fielen fort, der Inhalt aber ist nicht unwesentlich erweitert, Signaturentabellen für die deutsche Reichs- und
Umschau in der Militär-Litteratur.
323
die russische und französische - Generalstabskarte , auf dem Deckel ein 17. Maafsstaab hinzugefügt.
III.
Seewesen.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft VI : Von Jaluit nach dem Mille- und Maloelab-Atoll (MarschallInseln). Aus dem Reisebericht S. M. S . ,,Falke", Komdt. Korv. -Kapt. Krieg. November 1896. Von Hongkong nach Yokohama. Aus dem Reisebericht S. M. S. ,,Prinzefs Wilhelm ", Thiele. März 1897. Bemerkungen über
Komdt. Korv. - Kapt. Rangun , v. Kapt.
F. Niejahr, Bark ,,Anna Schwalbe" und Kapt. H. Otto vom Schiff ,,Undine". Einige Bemerkungen über Onega (Weifses Meer) , v. Kapt. C. Kühl, Führer des Dampfers ,, Bertha". - Beschreibung zweier Orkane und eines Meteors. Nach einem Bericht des II. Offiziers J. Marncke vom Dampfer „ Aglaia“. Freemantle, Westaustralien, v. Kapt. C. Schoemaker, Schiff ,,Carl". Neuorganisation des Sturmwarnungsdienstes in den Niederlanden, v. Prof. Dr. W. J. van Bebber. -- Hülfsgröfsen für die Vorausberechnung der Sternbedeckungen im Jahre 1898 (Verzeichnifs des Berliner Nautischen Jahrbuchs). - Lachsfischerei in der Danziger Bucht und Mittel zu ihrer Sicherung, v. G. Darmer, Korv.-Kapt. z. D. und Küstenbez .- Inspektor für Ost- und Westpreussen . - Eigentümlichkeiten der verschiedenen Gezeitenwellen mit Bezug auf die holländische Küste. - Zur Frage der indischen Niederschlagsprognosen, v. Wilh . Krebs. - Neue Wolkenbilder.- Nautische Tafeln, herausgegeben von Dr. Otto Falst, ordentl. Lehrer an der Seefahrtsschule in Bremen. (Abth. II. der Seewarte. ) — Kugelblitz, am 22. Mai 1897 in Hamburg beobachtet. Bericht des Kontreadmirals Makaroff über die von ihm während seiner letzten Reise in den Jahren 1894 bis 1896 ausgeführten hydrographischen Arbeiten . Flaschenposten . Notizen : Durchsegelung der Torres-Strafse. Dauer des Ebbe- und Fluthstromes in der Bali-Strafse. Südlicht am 12. März 1896. Tandjang, Priok, Java. Bemerkungen über Mobile, Alabama. -- Starker südlicher Strom im Golf von Mexico. - Die Witterung an der deutschen Küste im Monat Mai 1897. Marine - Rundschau. (Juli 1897.) Zur Vorgeschichte der Flotte, von Vizeadmiral Batsch. (Forts. ) --- Das Linienschiff der Jahrhundertwende. Eine Studie (mit Schiffsskizzen). -- Das neue Strafsenrecht auf See. Besprochen vom Kapitänlieutenant a. D. Georg Wislicenus. - Englische Pläne zur Erschliefsung der Hudson-Bai. Nach englischen Quellen bearbeitet von Kapitänlieutenant a . D. Georg Wislicenus. - Bericht des Kommandos S. M. Kreuzer ,,Möwe" über den Überfall einer Vermessungsgruppe und Bestrafung der Aly-Leute. Die französische Seefischerei an den Küsten von Algier und Tunis, v. Wirkl. Admiralitätsrat Koch (mit 4 Skizzen). Die neue Eisenbahn- Fähre Stralsund- Rügen (mit 1 Abbildung). Seemännische Verwendung des Drachen. Erschütterungen des Schiffskörpers . Neuer Schiffstyp . - Neue Torpedoschutznetze.
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Umschau in der Militär - Litteratur.
Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. VII : Die französischen Flottenmanöver 1896. Über Kinuntiefen - Beobachtungen zur Erhebung des Refractions - Coefficienten . - Über die Konstruktion und Wirkungsart der Schiffskessel. Die englischen Schlachtschiffe I. Kl. der Majestie und St. George-Klasse. Etat für die Verwaltung der kaiserl. deutschen Marine . Die Anwendung von Niclausse-Kessel auf dem spanischen Kreuzer ,,Cristobal Colon". Fremde Kriegsmarinen. — Ein Apparat zum raschen Legen von Telegraphenkabeln in Kriegszeiten. Andree's Ballon- Expedition. Nr. VIII : Das Seegefecht bei Lissa 1811. Der Einfluss des Windes und des Luftdruckes auf die Gezeiten. Die Seychellen . Ein Wechselstrom. Lagen und Distanz- Messer. Verdampfungsversuche mit einem Wasserrohrkessel des Typs ,,du TempleGuyot, " Über eine genaue Reductionsformel der Circummeridianhöhen. Die Anwendung der Compound- Dampfturbine als Moter für Seefahrzeuge. --- Fremde Kriegsmarinen . - Der Dampfer ,,Kaiser Wilhelm der Groſse." - Schnelldampferverkehr zwischen England ― Einfetten und Kanada. des Schiffsbodens zur Hintanhaltung des Bodenansatzes. - Dr. L. Pflug's Schiffsboden-Anstrich. - Der Kohlenverbrauch der Erde. Army and Navy Gazette. Nr. 1951 : Soldat und Seemann zugleich. Der amtliche Bericht über die englischen Flottenmanöver 1896 (als neu besonders interessant das Zusammentreffen der ,,Thetis" mit Torpedobooten .) Die Marine-Flottenschau. Das Panzerschiff und der Torpedo. Nr. 1952 : Die Zukunft des Torpedos. - Der Foudroyant", das alte Flaggschiff Nelsons in einem Sturm total wrack geworden. - Die englische Marine von 1837-1897 . Das Exerziren an schweren Kanonen . Nr. 1953 : Die Flottenrevue in Spithead . - Verschiedene Auszeichnungen der Marine
anlässlich des Regierungsjubiläums . - Aufstellung der Schiffe zur Flottenschau (mit Plan). - Flottenbesichtigungen durch die Königin. Nr. 1954 : Beginn der diesjährigen FlottenBetrachtungen bei der Flottenschau. manöver. - Die ,,Turbinia". - Das Anwachsen der argentinischen Marine. Weiteres zur Flottenschau. -- Ordre de bataille für die diesjährigen Flottenmanöver . Nr. 1955 : Die Marine und die Kolonien. - Die Türkei und Griechenland. Die Marine-Manöver. - Der internationale Kongreſs Bestrebungen zur Ersetzung der der Marine-Architekten und Ingenieure: schweren Geschütze durch leichtere neuer Konstruktion auf den englischen Admiral Tirpitz und die bevorstehenden Kämpfe um Schlachtschiffen . die Vermehrung der deutschen Flotte. ―― Eindrücke von der Flottenschau. Nr. 1956 : Die Marine-Manöver 1897. -- Frankreichs Anstrengungen zur Vergröfserung der Seemacht. Nr. 1957 : Die Forderungen für Marinebauten. Über die Armirung des ,,Powerful“ und „,Terrible". - Die MarineÜber die diesjährigen französischen MarineZahlmeister - Branche. Manöver. Das Auflassen deutcher Brieftauben in Dover. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 232 : Der italienische Kreuzer II . Klasse ,,Stromboli " (Titelbild). - Die DongolaExpedition im Jahre 1896. Die Madagaskar - Expedition in den Jahren. 1895-96 . Marine- Nachrichten. Nr. 233 : Titelbild : Der neue erstklassige
Umschau in der Militär-Litteratur.
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Panzerkreuzer ,, Brooklyn" der Vereinigten Staaten. - Die Erziehung und Ausbildung von Marine- und Landkadetten. --- Die projektirte Marineschule zu Dortmouth. Army and Navy Journal. Nr. 1763 : Die Reform des obersten Kriegsgerichtshofs. Nr. 1764 : Einiges über Alfred Nobel. - Die pneumatische Steuerung des ,,Terror" hat Mängel ergeben . Die Verlängerung --der Mole des Hudson River. Mahan's Leben Nelson's. - Neue kleine Geschütze. - Ist Bazin's Schiff ein Fehlgriff? Nr.1765 : Ein wundervolles Boot. - Admiral Tirpitz (Anordnung der Maschinen etc. des Bootes ,,Turbinia“.) und seine Inspektionsreisen. Die Annexion Hawaiis. Nr. 1766 : Stein und Mörtel für Trockendocks . - Die Annexion Hawaiis. - Die Zukunft des Torpedo . Nr. 1767 : Der ärztliche Dienst während der Seeschlachten. Vorbereitungen zur Armirung und Unterbringung der Munition auf den Packetdampfern . - Die Ballonversuche in Kiel. Die neuen Schiefsund Bedienungsvorschriften für kleinkalibrige Geschütze. - Torpedobootszerstörer. Das asiatische Geschwader. - Der Brand des englischen Kreuzers ,,Argonaut" . Nr. 1768 : Das Trockendock in Port Royal. Torpedoboot-Politik. Nr. 1769 : Die Vereinigten Staaten und Japan. Revue maritime et coloniale. (Mai 1897.) Die Speisung von Kesseln . ― Luftströme, ihre Richtung und Ausnutzung durch Aërostate (Forts.). - Die Ozeanographen Frankreichs. - - Fremde Marinen. — Seefischerei : Mitteilungen über die Marine-Karten. Bericht über die Seefischerei von Ostende im Jahre 1896. Stimmen vom internationalen Fischerei- Kongrefs . - Lage der Fischerei und der Laichzucht während des Monats März 1897. (Juni 1897.) Die Speisung von Kesseln (Forts. u. Schlufs). - Statistik der Schiffbrüche im Jahre 1894. Luftströme, ihre Richtung und Ausnutzung durch Aërostate (Forts.). - Memorandum über
das englische Marine- Budget 1897-98 . Der ,,Prinz Georges ". — Abhandlung über die Konstruktion der Panzerthürme des englischen Schlachtschiffes ,,Caesar". Das Avancement in der italienischen Marine . Fremde Marinen. Seefischerei : Der Fischfang an der Küste von Tunis im Jahre 1896. En gros - Verkauf von Fischen in den Markthallen von Paris im Jahre 1896. Rivista marittima. Juni 1897. Betrachtungen über die Aufgaben von Torpedobooten. ,, Blechynden" -Kessel . - Die deutsche Marine. Die Marine-Geschichte Anconas. - Panzer für Schiffe (Forts. u . Schluſs) . (Juli 1897.) Betrachtung über die Küstenverteidigung. -- Längenbestimmung nach Culminationen der Sterne. - Über die Leitung der Fischzucht und Fischerei. -— Über Entfernungsschätzung auf See. -- Verankerung bei Kriegsschiffkesseln. Betrachtungen über die Anwendung der Elektrizität an Bord. - Das Telegraphiren ohne Drähte . Die Zukunft des Torpedoboots . - Belleville-Kessel. - Die ,,Turbinia". ---Sportsegeln. Polar-Expeditionen. Morskoi Sbornik. (Russischer Marine - Sammler. ) Nr. 6. Juni 1897. Offizieller Teil : Entfernungs- Tabelle des Fahrwassers des Amu - Darja. -- Auszug aus den Rapporten des Kommandanten des im nördlichen
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Umschau in der Militär-Litteratur .
Eismeer stationirten Transportschiffes , Ssamojed" . -
Übersicht über die
in ausländischen Gewässern befindlichen Fahrzeuge ; der auf dem Wege zum Mittelmeer befindliche Kreuzer I. Klasse ,,Rassija" hat eine Besatzung von 27 Offizieren, 812 Mann , führt 67 Geschütze und hat Maschinen von 17 000 Indik. -Stärken . Nicht offizieller Teil : Beurteilung von Fragen der See - Taktik. -- Vergleich der amerikanischen und englischen Geschwader-Panzer. - Der Eisbrecher-Dampfer ,,Nadeshny". Metallurgische Bemerkungen. - Aus dem Bericht des Oberstlieutenant Drishenko über seine Kommandirung nach dem Baikal- See im Jahre 1896.
IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. v. Wedel's Offizier-Taschenbuch. von Balck, Hauptmann. Berlin 1897. Preis 1,50 M.
Neu bearbeitet und vermehrt 13. Auflage. Eisenschmidt.
2. Anleitung zur Anfertigung von Krokis , Skizzen und Erkundungsberichten. Nach den Bestimmungen der Felddienst - Ordnung u. s. w. zusammengestellt von Kutzen , Oberstlieutenant. 3. Auflage. Mit 8 Beilagen in Steindruck. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 1 M. 3. Nachtrag zur Rangliste der Kaiserlich Deutschen Marine für das Jahr 1897. Redigirt vom Marine-Kabinet. Berlin, E. S. Mittler & S. Preis 60 Pf. 4. Die Garnisonorte des
Deutschen
Reichsheeres
und
der
Kaiserlichen Marine, alphabetisch geordnet nebst Verzeichnifs sämmtlicher Regimenter u. s. w. der deutschen Armee mit Angabe ihrer Garnisonen. Mit 1 Übersichtskarte. Nach dem Stande vom 1. April 1897. Leipzig. Verlag von F. A. Berger. Preis 40 Pf. 5. Lösung von Aufgaben mittels des Richtbogens und des Sprenghöhenmessers nebst Beschreibung dieses Instrumentes mit 58 Figuren und einem Modell des Sprenghöhenmessers von Major Benedict Schöffler. Wien und Leipzig 1897. Braumüller . Preis 2 M. 6. Freiherr von Tettau. Die neue Bekleidung und Ausrüstung der Russischen Kavallerie. Leipzig 1897. Mit Abbildungen . Zuckschwerdt & Co. Preis 1,20 M. 7. Derselbe. Russische Schiefsvorschrift von 1896 in deutscher Übersetzung. Leipzig 1897. Zuckschwerdt & Co. Preis 1,20 M. 8. Etat der Offiziere des Schweizerischen Bundesheeres auf 1. April 1897. Zürich. Orell Füssli . 9. Der Kriegstrain des Deutschen Heeres in seiner gegenwärtigen Organisation. Von Major Schäffer. Nebst einem Anhange : Das Feldverpflegungs- und Transportwesen in den letzten deutschen Kriegen. Zweite, neu bearbeitete Auflage. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 2,50 M. 10. Geschichte des Königlich Bayerischen 5. InfanterieRegiments Grofsherzog Ernst Emil Ludwig von Hessen. III. Teil 1833-1897 . Auf Grund archivalischer Forschungen verfafst von Kiefsling ,
Umschau in der Militär- Litteratur.
327
Hauptmann. Mit 14 Karten, Plänen und Skizzen, sowie acht historischen Uniformbildern in einem Sonderband . Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 14 M. 11. Geschichte des 3. Magdeburgischen Infanterie - Regiments Nr. 66. Auf Befehl des Regiments bearbeitet von Boeters , Hauptmann. Mit 4 Abbildungen, 5 Karten und Plänen. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 5,50 M. 12. Geschichte des Füsilier - Regiments General- Feldmarschall Graf Moltke (Schlesisches) Nr. 38. Auf Befehl des Regiments bearbeitet von Dreising , Hauptmann. Mit Abbildungen. Karten und Plänen. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 9 M. 13. Geschichte des Königin Elisabeth - Garde - Grenadier - Regiments Nr. 3. Von seiner Stiftung 1859 bis zum Jahre 1896. Im Auftrage des Regimentskommandeurs zusammengestellt durch Konstantin von Altrock , Hauptmann. Mit Bildnissen, Karten und vielen Skizzen im Text. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 12 M. 14. Uniformenkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben, gezeichnet u. s. w. von Richard Knötel. Band VIII, Heft 1 bis 3. Rathenow 1897. Babenzien. Preis der Lieferung 1,50 M. 15. L'oggi e il Domani della Questione militare. Pensieri di un moribondo. Torino 1897. Camilla e Bertolero. 16. Die Flotte und der Reichstag. Eine volkstümliche Er-
läuterung der Marine-Frage im Anschlufs an die Tabellen des Kaisers. Von Lorentzen , Arbeiter an der Kaiserlichen Werft zu Kiel. Kiel und Leipzig 1897. Lipsius und Fischer. Preis 50 Pf. 17. Petit Dictionnaire militaire français-allemand et allemandfrancais, par V. Stavenhagen , capitaine du génie en retraite. I partie. Français-allemand. Berlin 1897. Eisenschmidt. Preis 5,50 M. 18. Kurzgefafste Grammatik der Russischen Sprache. Von von Heygendorff. Leipzig 1897. Baldamus . Preis 2,50 M. 19. Darstellungen aus der Bayerischen Kriegs- und Heeresgeschichte. Heft 6 : Die Herausgegeben vom K. B. Kriegsarchiv. bayerische Philhellenen - Fahrt 1826-29. Vorstofs der 3. bayerischen Infanteriebrigade in der Schlacht bei Loigny am 2. Dezember 1870. Die bayerische Feldeisenbahn- Abteilung im Kriege 1870-71 . München 1897. J. Lindauer. Preis 3 M. 20. Das Geschützwesen und die Artillerie in den Landen Braunschweig und Hannover.
II . Teil 1631-1803 .
Von Freiherrn
von Reitzenstein , Königl. Sächs. Hauptmann a. D. Leipzig 1897. Ruhl. Preis 3,50 M. 21. Hannibal's Alpenübergang. Ein Studien- und Reise- Ergebniſs von J. Fuchs , k. k. Professor. Mit 2 Karten und 1 Abbildung. Wien 1897. Konegen . 22. Betrachtungen über Heerwesen und Kriegführung.
Von
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Umschau in der Militär - Litteratur.
von Boguslawski , Generallieutenant z . D. Preis 8 M.
Berlin 1897.
Eisenschmidt.
23. Taktik von Balck, Hauptmann . I. Teil, 2. Halbband. Formale Mit zahlreichen Zeichnungen . Taktik der Kavallerie und Artillerie. Berlin 1897 . Eisenschmidt. Preis 4 M. 24. Ein neues Vorpostensystem . Zürich 1997. Füssli. Preis 80 Pf. 25. Briefe über das Reiten in der deutschen Kavallerie. Von Plinzner. Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Preis 2,50 M. 26. Bericht über meinen Ritt von Forbach nach Glatz. Von II. Auflage . Berlin 1897. E. S. Mittler & S. Brosig, Lieutenant. Preis 1,25 M. 27. v. Sternegg's Schlachten-Atlas 1828-1885. 53. Lieferung .
des
19. Jahrhunderts.
Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.