Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / Juli bis September 1892 [84]


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Table of contents :
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Heft 1 Juli I Statistische und taktische Betrachtungen über die drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 Von Kunz, Major a
Heft 3 September
Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg Von Frh v Bothmer, Oberst a D
Französische Stimmen über das Verhalten der drei Waffen beim
Angriff Von Graf von Haslingen, Major im Inf -Regt Nr
Das optische Signalwesen in der englischen Armee
Angriff und Verteidigung moderner Panzer-Befestigungen Von W Medicus, K bayr Hauptmann
Umschau in der Militär-Litteratur: I Ausländische Zeitschriften
Bücher
III
45 61 76
108
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher
Berichtigung zu Nr I: Schlacht von Colombey-Nouilly Druckfehler-Berichtigung No 251 Heft 2 August
130
Das Treffen am Lamboywald (23 und 24 Juni 1636) Nach urkund- lichen Quellen bearbeitet von R Wille, Generalmajor z D
Das „Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges Von Scheibert, Major z D
Betrachtungen über die Dauer zukünftiger Kriege und deren Mittel Von A Dittrich, K und K Landwehrhauptmann
Offene Fragen über Verwendung der Cavallerie
Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie
Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere Von Hildebrandt, Oberstlieutenant z D
Über Schlachtschiffe Von von Henk, Vice-Admiral z D
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen
Umschau in der Militär-Litteratur: I Ausländische Zeitschriften
Bücher
III
Seewesen
174
201
Ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Erbfolgekrieges
214
235
Constructions - Bedingungen für Artillerie - Distanzmesser
XX
250
Umschau in der Militär-Litteratur:
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Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / Juli bis September 1892 [84]

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Jahrbücher

für die

deutsche Armee

und

Marine .

Verantwortlich geleitet

von

E. Schnackenburg Oberstlieutenant a. D.

Vierundachtzigster Band. Juli bis September 1892.

BERLIN W.

Verlag

von

A.

Mohren-Strasse 19.

1892.

Bath .

Inhalts -Verzeichnis .

Seite

No. 250.

Heft 1. Juli.

I.

Statistische und taktische Betrachtungen über die drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. Von Kunz , Major a. D.. II. Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg. Von Frh. v. Bothmer, Oberst a. D. III . Französische Stimmen über das Verhalten der drei Waffen beim Angriff. Von Graf von Haslingen , Major im Inf.- Regt. Nr. 71 · IV. Das optische Signalwesen in der englischen Armee . V. VI.

No. 251.

1 45

61 76

Angriff und Verteidigung moderner Panzer - Befestigungen. Von 90 W. Medicus , K. bayr. Hauptmann Umschau in der Militär-Litteratur : 100 I. Ausländische Zeitschriften 108 II. Bücher 124 III. Seewesen IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher 127 130 Berichtigung zu Nr. I : Schlacht von Colombey - Nouilly • 130 Druckfehler-Berichtigung

Heft 2.

August.

VII.

Das Treffen am Lamboywald ( 23. und 24. Juni 1636). Nach urkundlichen Quellen bearbeitet von R. Wille , Generalmajor z. D. . .

131

VIII.

Das „ Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges. Von Scheibert , • Major z. D.

174

IX.

Betrachtungen über die Dauer zukünftiger Kriege und deren Mittel. Von A. Dittrich , K. und K. Landwehrhauptmann

181

Offene Fragen über Verwendung der Cavallerie Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie .

201

X. XI.

196

XII. Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere. Von Hildebrandt , 208 · Oberstlieutenant z. D. 214 . · XIII . Über Schlachtschiffe. Von von Henk , Vice-Admiral z. D. 223 XIV. Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen . XV. Umschau in der Militär-Litteratur : 228 I. Ausländische Zeitschriften 235 II. Bücher • 250 III. Seewesen IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher 254 256 Druckfehler-Berichtigung

496284

AP ) (REC

Seite

No. 252.

Heft 3.

September.

XVI.

Statistische und taktische Betrachtungen über die drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. Von Kunz , Major a. D. • 257 · (Schlufs)

XVII.

Ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Erbfolgekrieges . 303 Von Freiherr von Bothmer , Oberst a. D..

XVIII.

Betrachtungen über die Dauer zukünftiger Kriege und deren Mittel. Von A. Dittrich, K. und K. Landwehrhauptmann. (Schlufs) . 308 Von XIX . Constructions - Bedingungen für Artillerie - Distanzmesser. 330 Ernst von Paschwitz in Rosenheim bei München 339 XX . Offizier-Reitstunde .

XXI. XXII.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet •

346

Umschau in der Militär-Litteratur : 359 I. Ausländische Zeitschriften 364 II. Bücher • 376 III. Seewesen IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher 380

I. Statistische und taktische Betrachtungen über die drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 . Von Kunz, Major a. D.

(Fortsetzung.) II.

Die Schlacht von Vionville

Mars -la - Tour

am 16. August 1870. Einleitung : Die Armee-Corps

der 2. Deutschen Armee er-

reichten am 14. August folgende Punkte : Das 4. A.-C.

die Gegend

von Armaucourt ; Die 1. Garde- Inf. - Divis. mit der Spitze Sivry,

die

2. Dieulouard ; das 10. A.-C. Pont-à-Mousson ; das 3. Vigny und Louvigny ; die hessische Division Béchy ; das 12. A.-C. Solgne ; das 2 . Faulquemont ; die Garde-Ulanen -Brigade Villers en Haye ; die GardeDragoner - Brigade Rogéville ; von der 5. Cav. - Division ; die Brigade Bredow Pont - à - Mousson ; die Brigade Barby Thiaucourt ; die Brigade Redern Beney. Die 6. Cavallerie-Division verblieb in ihrer Aufstellung zwischen der Seille und der Mosel, Front nach Metz. Das 10. A.-C. schob 2 Bataillone Regiments Nr. 78, 2 Schwadronen und 1 leichte Batterie nach Vandières vor, ebenso die 38. Inf. -Brigade bis an den Punkt, an welchem die Strassen von Pont-à-Mousson nach Thiaucourt bezw. nach Flirey sich trennen. Die französische Rheinarmee erreichte am 14. August folgende Punkte : Das 6. A.-C. mit der Division Tixier die Gegend von Montigny und der Redute St. Privat ; mit dem Regiment Nr. 9 , den Bahnhof Devant les Ponts ; mit der Division Lafont de Villiers , die Gegend von Longeville, Moulins und St. Ruffine ; mit der Division Levassor-Sorval, die Gegend von Sansonnet. Es vollendeten also nur die beiden Divisionen Lafont de Villiers und Levassor-Sorval schon am 14. August den Moselübergang, während der Rest Corps noch auf dem rechten Moselufer verblieb. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 1.

1

des

2

Statistische und taktische Betrachtungen über die Das

2. A.-C.

erreichte mit der Division

Bataille

die Gegend

westlich von Sey, rückwärts davon stand die Division Vergé , die Brigade Lapasset bei St. Ruffine. Die Cavallerie , Artillerie und alles Fuhrwerk des 2. A.-C. mufsten durch Metz hindurch marschiren . Hier war die Ueberfüllung der Strassen und die Unordnung derartig angewachsen, dafs die Reserve-Artillerie dieses Corps 9 Stunden gebrauchte, um einen Weg von 6 km zurück zu legen ; gegen 11 Uhr abends

bivakirte

Moulins.

die

Reserve - Artillerie

zwischen

Longeville

und

Die Cavallerie -Division Valabrègue marschirte die ganze

Nacht hindurch und kam erst gegen 5 Uhr früh auf der Hochfläche von Point du Jour an . Die Division Montaudon des 3. A.-C. brach gegen 11 Uhr abends vom Schlachtfelde auf, marschirte die ganze Nacht hindurch, ruhte von 6-8 Uhr früh bei Ban St. Martin und schlug um 812 Uhr Sie legte früh ihr Lager auf dem Glacis des Forts Plappeville auf. in der Zeit von 11 Uhr abends bis 81/2 Uhr früh nur 8 km zurück . Die Division Castagny (jetzt unter General Nayral) verliefs das Schlachtfeld erst um 21 Uhr früh am 15. August, marschirte durch Metz und bivakirte auf dem Glacis bei dem Thore von Thionville . Die Division Metman blieb bis 11 Uhr abends auf dem Schlachtfelde , sie marschirte die ganze Nacht hindurch und bivakirte um 7 Uhr früh Die Division Aymard marschirte unterhalb des Forts Plappeville. während der Nacht durch Metz und lagerte bei Ban St. Martin . Die Reserveartillerie des 3. A.-C. ging schon bei Eintritt der Nacht vom Schlachtfelde zurück und bivakirte auf dem Polygon der Insel Chambière . Die Brigade Bruchard (chasseurs à cheval) des 3. A.-C. marschirte von 10 Uhr abends bis 6 Uhr früh und bivakirte auf dem linken Moselufer gegenüber dem Polygon der Insel Chambière , sie hatte also während der ganzen Nacht zu marschiren. Die Dragoner-Division des 3. A.-C. brach um Mitternacht vom Schlachtfelde auf, marschirte die ganze Nacht hindurch und bivakirte gegen 7 Uhr früh auf dem linken Moselufer neben der Chasseursbrigade . Die Division Cissey des 4. A.-C. bivakirte auf dem Schlachtfelde , angeblich in der Höhe von Nouilly und verliefs dieses Bivak erst gegen 3 Uhr früh; sie marschirte auf das linke Moselufer, woselbst sie rückwärts von Woippy bei le Sansonnet um 6½ Uhr früh ihr Lager aufschlug. Die Division Lorencez des 4. A.-C. verliefs das Schlachtfeld gegen 2 Uhr früh und marschirte in ein Bivak bei le Coupillon, wo ihre letzten Truppen erst gegen 2 Uhr nachmittags ankamen. Die Division Grenier lagerte bis 2 Uhr früh auf dem Glacis

des Forts

St. Julien

und marschirte

dann in ein Lager

zwischen St. Eloy und Woippy, wo sie bereits um 5 Uhr früh ver-

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

3

sammelt war.

Die Reserve- Artillerie des 4. A.-C. ging gegen 11 Uhr abends vom Schlachtfelde zurück und bivakirte um 2 Uhr früh bei

Die Husaren - Brigade der Cav.- Divis . Legrand lagerte bis Woippy . Mitternacht bei Failly, dann auf dem Glacis der Festung bei dem Thore von Thionville , von wo sie erst um 2 Uhr nachmittags am 15. August wieder aufbrach , um bei le Sansonnet aufs Neue zu lagern . Die Dragoner -Brigade blieb bis zum morgen des 15. August unter dem Fort St. Julien , um 6 Uhr früh marschirte sie dann gleichfalls nach le Sansonnet . Die Voltigeurs - Division Deligny des Gardecorps ging gegen 11 Uhr abends vom Schlachtfelde zurück und bivakirte gegen 5 Uhr Die Grenadier - Division Picard früh gegen Longeville und Moulins . verliefs

ebenfalls

abends das Schlachtfeld, konnte aber erst gegen

6 Uhr früh mit ihren Spitzen aus Metz heraustreten , ihre ArrièreUhr früh; diese Division marschirte garde sogar erst gegen 10 Dorfe sie von 10 Uhr abends an welchem bei gleich bis Gravelotte, Die Cavallerie-Brigaden du Preuil und de ihr Lager aufschlug . France des Gardekorps brachen um Mitternacht vom Schlachtfelde auf und erreichten gegen 7 Uhr abends am 15. August die Hochfläche von Gravelotte . Viel früher als die übrigen Truppen des Gardecorps verliefs die Reserveartillerie der Garde das Schlachtfeld , sie marschirte durch Metz und bivakirte nach 2 Uhr früh bei Longeville. Die Cav . - Divis.

de Forton brach am

14. August um

1 Uhr

nachmittags aus ihrem Lager bei Montigny auf, erreichte Gravelotte gegen 712 Uhr abends und bivakirte bei diesem Orte, bei welchem die 3 Regimenter Chasseurs d'Afrique der Cav. -Divis . du Barail bereits um 5 Uhr nachmittags angekommen waren. Wir haben den Rückzug der Franzosen am 14. August etwas eingehender geschildert , als vielleicht notwendig war ; indessen glauben wir auf diese Weise unseren Lesern ein Bild der heillosen. Verwirrung gegeben zu haben, welche schon damals in Metz herrschte. Ueberall war Unordnung ; alles drängte sich durcheinander ; Truppen aller Waffengattungen, Fuhrwerke aller Art, Verwundetentransporte u. S. W. Nirgends waren Vorkehrungen getroffen worden , Marschkreuzungen zu vermeiden, bezw. die Strafsen frei zu halten. Es ist klar ,

dafs

die Truppen bei

einem

solchen Nachtmarsche

schwere Anstrengungen erdulden mufsten, dafs ihre Leistungsfähigkeit darunter litt . Wir glauben aber auch auf diese Weise am leichtesten . den Beweis dafür erbringen zu können, dafs die Franzosen sehr viele Vermiſste haben mussten .

Jeder erfahrene Kriegsmann , welcher

den Rückzug der Franzosen am 14. August aufmerksam verfolgt, 1*

2

Statistische und taktische Betrachtungen über die

Das 2. A.-C.

erreichte

mit der Division

Bataille die Gegend

westlich von Sey, rückwärts davon stand die Division Vergé, die Brigade Lapasset bei St. Ruffine. Die Cavallerie , Artillerie und alles Fuhrwerk des 2. A.-C. mufsten durch Metz hindurch marschiren. Hier war die Ueberfüllung der Strassen und die Unordnung derartig angewachsen, dafs die Reserve- Artillerie dieses Corps 9 Stunden gebrauchte, um einen Weg von 6 km zurück zu legen ; gegen 11 Uhr abends bivakirte die Reserve - Artillerie zwischen Longeville und Moulins . Die Cavallerie-Division Valabrègue marschirte die ganze Nacht hindurch und kam erst gegen 5 Uhr früh auf der Hochfläche von Point du Jour an .

Die Division

Montaudon des

3. A.-C.

brach gegen

11 Uhr

abends vom Schlachtfelde auf, marschirte die ganze Nacht hindurch, ruhte von 6-8 Uhr früh bei Ban St. Martin und schlug um 81 Uhr früh ihr Lager auf dem Glacis des Forts Plappeville auf. Sie legte in der Zeit von 11 Uhr abends bis 81/2 Uhr früh nur 8 km zurück . Die Division Castagny (jetzt unter General Nayral) verliefs das Schlachtfeld erst um 212 Uhr früh am 15. August, marschirte durch Metz und bivakirte auf dem Glacis bei dem Thore von Thionville . Die Division Metman blieb bis 11 Uhr abends auf dem Schlachtfelde , sie marschirte die ganze Nacht hindurch und bivakirte um 7 Uhr früh unterhalb des Forts Plappeville . Die Division Aymard marschirte während der Nacht durch Metz und lagerte bei Ban St. Martin . Die Reserveartillerie des 3. A.-C. ging schon bei Eintritt der Nacht vom Schlachtfelde zurück und bivakirte auf dem Polygon der Insel Chambière. Die Brigade Bruchard (chasseurs à cheval) des 3. A.-C. marschirte von 10 Uhr abends bis 6 Uhr früh und bivakirte auf dem linken Moselufer gegenüber dem Polygon der Insel Chambière , sie hatte also während der ganzen Nacht zu marschiren. Die Dragoner-Division des 3. A.-C. brach um Mitternacht vom Schlachtfelde auf, marschirte die ganze Nacht hindurch und bivakirte gegen 7 Uhr früh auf dem linken Moselufer neben der Chasseursbrigade. Die Division Cissey des 4. A.-C. bivakirte auf dem Schlachtfelde , angeblich in der Höhe von Nouilly und verliefs dieses Bivak erst gegen 3 Uhr früh ; sie marschirte auf das linke Moselufer, woselbst sie rückwärts von Woippy bei le Sansonnet um 62 Uhr früh ihr Lager aufschlug. Die Division Lorencez des 4. A.-C. verliefs das Schlachtfeld gegen 2 Uhr früh und marschirte in ein Bivak bei le Coupillon, wo ihre letzten Truppen erst gegen 2 Uhr nachmittags ankamen. Die Division Grenier lagerte bis 2 Uhr früh auf dem Glacis des Forts St. Julien und marschirte dann in ein Lager zwischen St. Eloy und Woippy, wo sie bereits um 5 Uhr früh ver-

3

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

sammelt war.

Die Reserve-Artillerie des 4. A.-C. ging gegen 11 Uhr

abends vom Schlachtfelde zurück und bivakirte um 2 Uhr früh bei Woippy.

Die Husaren - Brigade der Cav.-Divis . Legrand lagerte bis

Mitternacht bei Failly, dann auf dem Glacis der Festung bei dem Thore von Thionville , von wo sie erst um 2 Uhr nachmittags am 15. August wieder aufbrach , um bei le Sansonnet aufs Neue zu lagern . Die Dragoner -Brigade blieb bis zum morgen des 15. August unter dem Fort St. Julien , um 6 Uhr früh marschirte sie dann gleichfalls nach le Sansonnet . Die Voltigeurs - Division

Deligny

des

Gardecorps

ging

gegen

11 Uhr abends vom Schlachtfelde zurück und bivakirte gegen 5 Uhr früh gegen Longeville und Moulins . Die Grenadier - Division Picard verliefs ebenfalls abends das Schlachtfeld , konnte aber erst gegen 6 Uhr früh mit ihren Spitzen aus Metz heraustreten, ihre Arrièregarde sogar erst gegen 102 Uhr früh ; diese Division marschirte gleich bis Gravelotte, bei welchem Dorfe sie von 10 Uhr abends an ihr Lager aufschlug. Die Cavallerie-Brigaden du Preuil und de France des Gardekorps brachen um Mitternacht vom Schlachtfelde auf und erreichten gegen 7 Uhr abends am 15. August die Hochvon Gravelotte . Viel früher als die übrigen Truppen des Gardecorps verliefs die Reserveartillerie der Garde das Schlachtfeld , sie marschirte durch Metz und bivakirte nach 2 Uhr früh bei

fläche

Longeville. Die Cav . -Divis .

de Forton brach am

14. August um 1 Uhr

nachmittags aus ihrem Lager bei Montigny auf, erreichte Gravelotte gegen 712 Uhr abends und bivakirte bei diesem Orte, bei welchem die 3 Regimenter Chasseurs d'Afrique der Cav. - Divis. du Barail bereits um 5 Uhr nachmittags angekommen waren. Wir haben den Rückzug der Franzosen am 14. August etwas eingehender geschildert , als vielleicht notwendig war ; indessen glauben wir auf diese Weise unseren Lesern ein Bild der heillosen Verwirrung gegeben zu haben, welche schon damals in Metz herrschte. Ueberall war Unordnung ; alles drängte sich durcheinander; Truppen aller Waffengattungen, Fuhrwerke aller Art, Verwundetentransporte u. s . w . Nirgends waren Vorkehrungen getroffen worden , um Marschkreuzungen zu vermeiden, bezw. die Strafsen frei zu halten . Es ist klar ,

dafs

die Truppen bei einem solchen Nachtmarsche

schwere Anstrengungen erdulden mufsten, dafs ihre Leistungsfähigkeit darunter litt. Wir glauben aber auch auf diese Weise am leichtesten den Beweis dafür erbringen zu können , dafs die Franzosen sehr viele Vermifste haben mussten. Jeder erfahrene Kriegsmann , welcher den Rückzug der Franzosen am 14. August aufmerksam verfolgt, 1*

4

Statistische und taktische Betrachtungen über die

wird uns darin Recht geben, dafs nicht blos viele Todte und Verwundete auf dem Schlachtfelde von Colombey-Nouilly liegen geblieben sein müssen, sondern dafs bei der lockeren Disciplin der Franzosen auch ziemlich viele isolés und traînards in den Reihen des 3. und 4. A.-C. zunächst gefehlt haben werden .

Der 15. August. König Wilhelm befahl noch in der Nacht zum 15. August dem General von Steinmetz , das eroberte Gelände, soweit es nicht im wirksamen Bereiche der Festungs artillerie läge, zu behaupten. General von Steinmetz erliefs daher sofort die entsprechenden Befehle und begab sich am Vormittag des 15. August für seine Person nach der Höhe von Flanville, woselbst er den König Wilhelm und das grofse Hauptquartier bereits vorfand . Der König überzeugte sich durch eigene Anschauung davon, dafs die Franzosen die Gegend östlich von Metz geräumt hätten, dafs mithin der Rückzug nach Châlons bereits im vollen Gange sein müsse . General von Moltke gab daher ohne Zögern dem Oberkommando der 2. Armee die freie Verfügung über das 3. 9. und 12. A.-C. zurück und fügte hinzu , daſs die Franzosen wahrscheinlich schon im vollen Rückzuge nach Verdun seien. Schon auf Grund der ersten telegraphischen Nachricht über die Schlacht vom 14. August ,

welche General von Moltke

kommando der 2. Armee zugehen liefs ,

dem Ober-

hatte Prinz Friedrich Karl

befohlen, dafs die 5. Cav.-Divis. am 15. August auf dem linken Moselufer gegen die Strafse Metz - Verdun und dann gegen Metz selber vorgehen sollte, um sich davon zu überzeugen, ob die französische Armee schon aus Metz abgezogen, oder aber ob sie noch im Abzuge begriffen sei. So schnell als möglich sollten die Brigaden Barby und Redern der 5. Cav. - Divis . einen klaren Einblick in die thatsächlichen Verhältnisse

sich

verschaffen

und

dabei in nördlicher

Richtung die Verbindung mit der Cavallerie der 1. Armee aufnehmen . Man gedachte also Metz auf der ganzen Westseite mit einem Netz von Cavalleriepatrouillen zu umgeben , welchen auf jeden Fall die Bewegungen der französischen Armee bekannt werden mufsten . Das 10. A.-C. sollte dabei der 5. Cav.-Divis . als fester Rückhalt dienen. Die Garde-Dragoner-Brigade wurde dem General von Voigts - Rhetz, welcher den Befehl über das 10. A.-C. und die 5. Cav. -Divis . führte, als Verstärkung zugewiesen. Die 6. Cav. -Divis. streifte am 15. August auf beiden Ufern der Seille bis an die Vorstädte von Metz heran. Westlich der Seille erreichte Oberst Graf Groeben mit 2 Schwadronen Ulanen Nr. 3,

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

5

1 Schwadron Kürassiere Nr. 6 und 2 Geschützen das Schlofs Frescaty. Seine Spitzen erreichten Montigny. Nirgends fand man den Feind, nur zahlreiche verlassene Lagerplätze wurden entdeckt. Zwischen Moulins les Metz und Longeville les Metz bemerkte man ein in tiefster Morgenruhe befindliches Lager der Franzosen.

Die beiden Geschütze

des Grafen Groeben warfen einige Granaten in dieses Lager und erzeugten dadurch eine ungeheuere Verwirrung. Die Division Tixier. des 6. A.-C. hatte auf ihrem weiteren Rückzuge bei Longeville Halt gemacht und ruhte daselbst.

Die preufsischen Granaten trafen das

Lager des 10. französischen Regiments , welches jedoch hinter dem Chausseedamme Deckung fand. Allein eine Granate platzte mitten auf der Chaussee und setzte 4 Offiziere und 8 Mann aufser Gefecht, darunter den französischen Regimentskommandeur, welcher amputirt werden musste und an den Folgen der Amputation starb. Das Fort St. Quentin begann zu feuern, indessen zog sich Graf Groeben ohne Verlust zurück. Zu lebhafteren Berührungen mit den Franzosen kam es am 15. August auf dem linken Moselufer. Hier waren am frühen Morgen 2 Schwadronen Husaren Nr. 11 auf Metz vorgegangen. Ebenso ging General von Redern mit 2 Schwadronen Husaren Nr. 11 , 4 Schwadronen Husaren Nr. 17 und einer reitenden Batterie gegen Metz vor. In der Gegend von Puxieux stiefs die preufsische Reiterei auf die Vortruppen der Cav.-Divis . de Forton . Es kam zu leichten Scharmützeln , bei welchen 9 französische Dragoner gefangen genommen wurden.

Die

reitende Batterie eröffnete ihr Feuer , während die Franzosen die beiden reitenden Batterien der Division de Forton ins Feuer setzten. Darauf erfolgte eine einstündige, sehr heftige Kanonade, bei welcher die Franzosen durchschnittlich 35 bis 40 Schufs per Geschütz verfeuerten. Der lebhafte Kanonendonner lockte alsbald weitere Truppen herbei. Preufsischerseits waren nach 2 Uhr nachmittags 34 Schwadronen und 2 reitende Batterieen in der Gegend südlich von Mars la Tour vereinigt. Auch die Franzosen erhielten Verstärkung ; die 3 Regimenter der Cav. - Divis. du Barail wandten sich von Jarny über die ferme la Grange in der Richtung auf Mars la Tour ; auch einige Dragonerschwadronen der Kavallerie-Division Valabrègue des 2. französischen Corps marschirten auf dem Kanonendonner los . Zu der Zeit , als die Cav.-Divis . du Barail erschien , ging jedoch die Cav . -Divis . de Forton bereits auf Vionville zurück , weshalb auch die Division du Barail Kehrt machte und auf Jarny zurückging. Es war hier für die preufsische Reiterei ein so günstiger Moment, wie dies selten in der Kriegsgeschichte vorkommt . Man hatte zunächst nur die 15 Schwadronen Fortons gegenüber (1 Schwadron Kürassiere

Statistische und taktische Betrachtungen über die

6

Nr. 10 war zur Begleitung eines Wagentransports abkommandirt) , verfügte selbst aber über 34 Schwadronen . Falls General de Forton. eine Attacke angenommen hätte , so würde seine Reiterei nicht blos über den Haufen gerannt , sondern von dem Gefechtsfelde einfach weggefegt worden sein und zwar ehe die Cav. -Divis . du Barail hätte. eingreifen können . Nach Dick, Band III , Seite 603 verfügte übrigens General du Barail anscheinend nur über 10 Schwadronen ; wenn diese 10 Schwadronen nun auch wirklich den Preufsen in den Rücken gegangen wären, so konnte der Ausgang eines Kampfes, bei der mehr als dreifachen Ueberlegenheit der Preufsen nicht zweifelhaft sein. Es winkte also der 5. Cav . -Div. die Aussicht auf einen doppelten , glänzenden Sieg . Ausserdem aber, und das war die Hauptsache , hätte die preuſsische Kavalleriedivision bei kühnem Handeln schon um 3 Uhr nachmittags einen genauen Einblick in die Verhältnisse bei der Rheinarmee gewonnen und dem Oberkommando noch am Nachmittage des 15. August die Kenntnifs der Kriegslage verschafft , welche in Wirklichkeit erst durch den schweren Kampf des 3. preufsischen A.-C. am folgenden Tage erlangt wurde . Ein entschlossener und kühner Reitergeneral an der Spitze jener 34 Schwadronen konnte hier unsterblichen Ruhm erwerben ; allein die 3 preufsischen Cavallerie - Brigaden gingen nach Xonville , Puxieux und Suzemont ins Bivak , ohne die Franzosen irgend wie zu belästigen . Das war eine schwere Unterlassungssünde und hätte den deutschen Heeren furchtbar schaden können, wenn die Franzosen auch nur einigermafsen richtig gehandelt hätten.

In Wirklichkeit erfuhr Prinz

Friedrich Karl erst am 16. August 2 Uhr 5 Minuten nachmittags in Pont-à-Mousson, dafs das 3. A.-C. in lebhaftem Kampfe gegen feindliche Uebermacht stünde. Um 6 Uhr nachmittags am 15. August konnte

aber recht gut in Pont - à - Mousson die Meldung vorliegen,

dafs grofse französische Truppenmassen aller Waffengattungen bei Rézonville lagerten . Dann konnte Prinz Friedrich Karl alle verfügbaren Truppen ungesäumt nach der Gegend von Mars la Tour in Marsch setzen und die Schlacht vom 16. August konnte deutscherseits mit der doppelten Zahl von Streitern geschlagen werden , als dies thatsächlich geschah. Kühner Wagemuth ist die erste Bedingung für einen hohen Reitergeneral. Wer über diese Eigenschaft nicht in glänzender Weise verfügt , einer Kavallerie-Division.

eignet sich nicht zum Kommandeur

Die Armeecorps der 2. Armee lagerten am 15. August abends an folgenden Punkten : Das 3. A.-C. bei Novéant , Arnaville und Pagny; die 19. Division und die Garde-Dragoner-Brigade bei Thiautcourt; die 20. Division bei Pont - à - Mousson ; das Garde -C. bei Dieu-

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

7

louard; das 4. A.-C. bei Marbache, das 9. bei Verny, noch auf dem rechten Moselufer. Das 12. bei Nomény und Moncheux , ebenfalls noch auf dem rechten Moselufer ; das 2. A.-C. noch weit zurück bei Herny ; die 6. Cav. - Divis . bei Coin sur Seille. Das grofse Hauptquartier befand sich in Herny, das Obercommando der 2. Armee in Pont -à -Mousson. Es würde gewils von Interesse sein, Studien darüber zu machen , wie weit die 2. Armee zur Schlacht vom 16. August herangezogen werden konnte , falls die 5. Cav. -Divis . so gehandelt hätte , wie die Umstände es geboten . Kam die betreffende Meldung über die Kriegslage bei Rézonville am 15. August nachmittags 6 Uhr in Pont - à - Mousson an, so konnte Prinz Friedrich Karl sofort die entsprechenden Befehle ausfertigen und die Truppen seiner Armee konnten unmittelbar, nachdem sie den Befehl erhalten, sich in Marsch setzen. Wir verzichten indessen auf die Durchführung einer solchen Studie, weil es unbedingt nothwendig sein würde , diejenigen Märsche genau zu berechnen , welche noch am 15. August , ferner in der Nacht zum 16. , bezw. bis zur Mittagsstunde dieses Tages von den deutschen Armeecorps hätten zurück gelegt werden können. Eine derartige Berechnung kann aber, mehr als 20 Jahre nach den Ereignissen , niemals auf einer zuverlässigen Grundlage ausgeführt werden, vielmehr mufs sie lediglich auf Vermuthungen beruhen . Der Zustand der Truppen spielt dabei eine grofse Rolle , die Ueberbringung der Befehle an die einzelnen Truppencommandos ganz ebenso ; ferner können Mifsverständnisse vorkommen ; ja in der Nacht können die Truppen selbst falsche Marschrichtungen einschlagen , ganz abgesehen von den unter solchen Umständen kaum zu vermeidenden Marschkreuzungen . Selbst die gewissenhafteste Berechnung der Märsche würde also stets nur immer einen höchst zweifelhaften Werth haben. Darum unterlassen wir sie lieber ganz. Immerhin steht soviel fest, dafs Prinz Friedrich Karl von Anfang an persönlich auf dem Schlachtfelde anwesend gewesen sein würde , falls die 5. Cav. - Divis. schon am 15. August Aufklärung über die wirkliche Sachlage gebracht hätte, wie sie das konnte und musste. Schon dieser Umstand würde für die Deutschen von entscheidender Bedeutung geworden sein , die Einheitlichkeit der Schlachtleitung wäre von Anfang bis Ende gewahrt worden. Auch wird man wohl nicht fehlgreifen ,

wenn man annimmt ,

dafs unter obiger Voraussetzung

6 deutsche Armee-Corps in die Schlacht vom 16. August eingreifen konnten. Das 8. A.-C. z. B. nahm bekanntlich mit einzelnen Teilen sehr tapferen Anteil an der Schlacht von Vionville ;

wäre General

von Göben schon am Abend des 15. August über die wahre Kriegs-

die

über

Betrachtungen

taktische

und

Statistische



lage unterrichtet worden, so würde er ohne jeden Zweifel seine sämtlichen verfügbaren Truppen rechtzeitig auf das Schlachtfeld gebracht haben . Wie würde wohl bei der Unthätigkeit und Unfähigkeit des Marschalls Bazaine die Schlacht von Vionville - Mars la Tour geendigt haben , wenn Prinz Friedrich Karl nicht blos etwa 3 Armee - Corps zur Verfügung gehabt hätte, wie das in Wirklichkeit leider der Fall war, sondern deren 6 ? Doch nun zurück zu den Thatsachen. Das Oberkommando

der 2. Armee erfuhr bekanntlich nichts genaues über die französische Armee und befahl für den 16. August folgendes : „ Das 3. A.-C. erreicht über Novéant und Gorze die grosse Strafse von Metz-Verdun . bei Mars la Tour bezw. bei Vionville. Die 6. Cav. -Divis . kann nach Das 10. A.-C. geht etwa bis jener Strafse vorausgesandt werden . St. Hilaire- Maizeray vor. Die Cavallerie erkundet über Haudiomont und Vigneulles . Das 12. A.-C. marschirt über Pont-à-Mousson mit der Avantgarde bis Regnéville en Haye. Die Cavallerie-Division ist gegen die Maas vorzuschieben. Das Garde - Corps erreicht mit der Avantgarde Rambucourt , mit dem Gros die Gegend von Bernécourt. Das 4. A.-C. nimmt seine Avantgarde bis Jaillon vor und schliefst bis Marbache auf. Das 9. A.-C. marschirt nach der Gegend von Sillegny. Die vorgeschobenen Das 2. A.-C. erreicht mit der Spitze Buchy. Cavallerie - Divisionen haben die Wege zur Maas und die dortigen Übergänge zu erkunden. Das Hauptquartier bleibt in Pont-à- Mousson . " Aus diesem Armeebefehl geht hervor, dafs Prinz Friedrich Karl sich die französische Armee in vollem Abmarsche nach Verdun dachte und die Hoffnung , sie noch diesseits der Maas zu erreichen , so gut wie aufgegeben hatte.

Der ganze Vormarsch am 16. August ist so

veranlagt, dafs die 2. Armee in breiter Front nach der Maas marschieren, die Cavallerie in dieser Richtung aufklären sollte .

Selbstredend mufste

die Aufklärung sich auch nach der Richtung von Metz wenden ; dafs man aber in die Lage kommen würde , Front machen zu müssen ,

am 16. August gegen Metz

ahnte Niemand am 15. August .

Es war

daher auch keinerlei Fürsorge dafür getroffen , den eigenen rechten Flügel möglichst stark zu machen , event. für seine rechtzeitige Verstärkung zu sorgen . Erst wenn man sich den Geist dieses Befehls klar macht , kann man das Benehmen des Kommandos der 5. Cav. -Divis . in seiner ganzen Folgenschwere richtig beurteilen.

Es war bekanntlich nicht

gelungen , in nördlicher Richtung um Metz herum , die Verbindung mit der Cavallerie der 1. Armee aufzusuchen ; einmal stiefs die betreffende Schwadron auf die Cavallerie -Division du Barail und mufste zurückweichen , dann aber hatte die 1. Armee ihre Cavallerie nicht

9

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

über die Mosel vorschieben können , weil es ihr an Übergangsmitteln so gut wie gänzlich mangelte . Auf Seite der Franzosen hatte man zwar am 15. August den be-

gonnenen Rückzug fortgesetzt, war dabei aber auf dieselben Schwierigkeiten gestofsen , welche wir bereits für die Nacht zum 15. August kennen gelernt haben. Überall war Unordnung , Überfüllung der Strafsen , Verwirrung ; schon die planmäfsig vorhandene Truppenfahrzeuge war sehr grofs , aufserdem aber hatte massenhafte Fahrzeuge vom Lande sich verschafft, welche direkten Verbots des Marschalls Bazaine den Truppen

Zahl der man noch trotz eines gleichfalls

folgten. -Eine Armee von der Stärke der französischen Rheinarmee, mufste unbedingt auf mehreren Parallelstrafsen marschieren, wenn sie überhaupt vorwärts kommen wollte. Marschall Bazaine benutzte aber bis Gravelotte nur eine einzige Strafse , auf welcher mehr als 150 000 Mann aller Waffengattungen und der ungeheuer grofse Trofs marschieren sollten. Zum Glück für die Franzosen wählte sich der kommandierende General des 4. A.-C. de Ladmirault aus eigener Initiative den Weg über St. Marie aux chênes

und

konnte

infolgedessen

mit

seinem

Corps , allerdings ohne die Division Lorencez , rechtzeitig auf dem Schlachtfelde eintreffen . Bekanntlich nahm er auf dem rechten Flügel entscheidenden Anteil

an dem hier für die Franzosen sieg-

reichen Ausgang der Schlacht.

Das 2. A.-C. bivakirte am 15. August

bei Rézonville, woselbst es schon um 11 Uhr früh angekommen war. Vorwärts dieses Armee - Corps lagerten die Cavallerie - Divisionen. de Forton und Valabrègue.

Das 6. A.-C.

bivakirte

nördlich

der

grofsen Strafse bis gegen St. Marcel hin , während das 2. A.-C. sich südlich der grofsen Strafse

befand.

Die

Garde

lagerte

mit der

Voltigeurs-Division zwischen Point du Jour und St. Hubert mit der Grenadier-Division bei dem Posthause von Gravelotte , Front gegen das bois des Ognons, mit der Cavallerie- Division bei Gravelotte. Das 3. A.-C. bivakirte mit 3 Infanterie-Divisionen zwischen St. Marcel und Verneville ; die Division Metman und die Cavallerie-Division Clérembault befanden sich dagegen noch weit zurück , letztere sogar noch bei den Thoren von Metz. Das 4. A.-C. befand sich mit der Division Lorencez bei Lessy , mit den übrigen Divisionen noch bei Devantles -Ponts und Woippy. bei Jarny.

Die Cav . - Divis .

du Barail endlich lagerte

Man wird zugestehen müssen , dafs die Anordnungen Bazaines für den Rückzug im höchsten Grade ungenügende und fehlerhafte waren. Nach dem Lehrbuche des Oberst Meckel nimmt ein einziges mobiles , deutsches Armee-Corps ,

falls es auf einer Strafse marschiert , ein-

Statistische und taktische Betrachtungen über die

10

schliefslich aller Trains eine Länge von 61/2 Meilen ein.

Man wird

nun die Stärke der französischen Rheinarmee am 15. August etwa 5 deutschen Armee-Corps gleichsetzen dürfen .

Demnach mufste die

Rheinarmee , auf einer Strafse marschirend, eine Marschlänge von mehr als 30 Meilen einnehmen ; selbst wenn sie auf 2 Strafsen marschirte , noch immer von 15 Meilen auf jeder Strafse . Von Gravelotte aus sollten wirklich 2 Strafsen benutzt werden , aber bis zu diesem Dorfe sollte die ganze Rheinarmee sich auf einer einzigen Strafse aus Metz herauswinden. Dennoch wäre es sehr leicht gewesen, 3 Strafsen zu benutzen, nämlich : Auboué, Briey.

2.

1. Die Strafse Woippy, St. Privat-la -Montagne ,

Den Weg Devant- les -Ponts, Lorry devant Metz,

Amanvillers , Verneville, Jouaville, Doncourt, Conflans.

3. Die Strafse

Metz, Gravelotte, Rézonville, Mars la Tour, Verdun. Benutzte man diese 3 Strafsen , so verringerte sich die Überfüllung des Rückzugsweges um das Dreifache ; die beiden nördlichen Strafsen waren dabei ganz sicher vor einer Störung durch die Deutschen; nur die Heeressäule , welche auf der Strafse Nr. 3 marschirt wäre, mufste

sich auf ein Arrièregarden - Gefecht gefafst machen.

Jedenfalls konnte es gelingen, die grofse Masse der Rheinarmee intakt nach Verdun zu führen. Wenn man sich nicht darauf beschränkt hätte , Befehle gegen das

übermäfsige Anschwellen der Truppen-

fahrzeuge zu geben, sondern auch die Befolgung dieser Befehle überwacht hätte, so konnte auch die südliche Kolonne ohne allzu grofse Gefahr die Maas erreichen. Thatsächlich kam das 2. französische A.-C. am 15. August von 9 bis 11 Uhr früh bei Rézonville an , es konnte also sehr bequem den Marsch noch 1 bis 2 Meilen weit fortsetzen. Dann hätte am 16. August die südliche Heeressäule in breiter Front dem Vorgehen der Deutschen entgegen gestanden und brauchte zu diesem Zwecke nicht einmal aufmarschiren , sondern nur einschwenken . Übrigens giebt es für die Unzweckmäfsigkeit der Mafsregeln Bazaines keinen besseren Kommentar, als den Befehl der 2. deutschen Armee für den 16. August , welcher deutlich zeigt , dafs das Oberkommando dieser Armee auch nicht im entferntesten eine derartige Verlangsamung des französischen Rückzuges für möglich gehalten hat , als wie sie thatsächlich eintrat . Hätte Prinz Friedrich Karl ahnen

können ,

welche

heillose Verwirrung

bei

der

Rheinarmee

herrschte, dann würde er sicherlich für den 16. August ganz andere Mafsregeln getroffen haben. Die Zahl der Wagen, welche die Rheinarmee am 15. August mit sich führte , wird von den Franzosen auf 3390 angegeben .

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

11

Stärke der Franzosen in der Schlacht vom 16. August. Auf Seite der Franzosen nahmen an der Schlacht vom 16. August folgende Truppen teil : 1. Das Garde - Corps , ohne das 3. Bataillon 3. GrenadierRegiments und die 5. Schwadron der Guiden, welche mit dem Kaiser Napoleon

abmarschirt

waren ,

aber

unter Hinzutritt von 180 am

18. August eingetroffenen Reservisten des Garde - Jäger - Bataillons . 23 Bataillone 11 810 Gewehre , 29 Schwadronen = 3190 Säbel, 60 Geschütze und 12 Mitrailleusen. 2. Das 2. Armee - Corps . Die Stärke dieses Corps am 16. August können wir aus den Angaben Frossards entnehmen . Dieser General giebt nämlich auf Seite 105 seines Werkes ,

die Effektivstärke der

Infanterie-Divisionen und der Cavallerie-Division seines Armee- Corps für den 18. August an , ebenso die Verluste in der Schlacht vom 16. August. Rechnet man also letztere der ersteren zu , so erhält man die Effektivstärke des 2. A.-C. für den 16. August. Eine solche Rechnung ergiebt : Division Vergé 7100+ 1617

8717 Köpfe ; Divi-

sion Bataille 7500 + 2508 = 10 008 Köpfe ; Cav. -Divis . Valabrègue 230069 = 2369 Köpfe. Hier sind nun aber eingerechnet die Offiziere ,

die Divisions-

Artillerie, die Genietruppen, der train des équipages, die Gendarmerie, die services administratifs . Nach dem Stärkerapport vom 12. August würden sich für diese Truppen bezw. Verwaltungszweige in runden Zahlen ergeben : Bei der Divisision Vergé 260 Offiz., 660 Mann = 920 Köpfe ; bei der Division Bataille 280 Offiz., 690 Mann 970 Köpfe. Somit erhalten wir für die Infanterie am 16. August eine Kopfstärke von rund: 7800 Mann 7150 Gewehren bei der Division Vergé, 9030 Mann = 8380 Gewehren bei der Division Bataille.

Nach der Zahl der Pferde , welche im Stärkerapport vom 12. August angegeben werden , mufs man die Cav. -Divis . zu 1820 Säbeln berechnen. Wir erhalten hier andere Zahlen , als die kriegsgeschichtlichen Einzelschriften sie angeben.

Das liegt daran, dafs wir, um die Zahl

der Gewehre zu erhalten , von jedem Bataillon einen Abschlag von 50 Mann machen , während der Generalstab scheinbar die Gleichung angewendet hat : Effektivstärke zur Stärke an Gewehren, wie 1000 : 950 . Wir glauben jedoch , dafs unsere Rechnung der Wahrheit näher kommt; denn wenn auch die französischen Bataillone erheblich schwächer waren , als die deutschen Bataillone , so zählten sie doch immerhin 6 Kompagnien und hatten bedeutend mehr Offiziere und mithin auch mehr Offiziersdiener, als das bei den deutschen Bataillonen

12

Statistische und taktische Betrachtungen über die

der Fall war.

Diese Offiziersdiener sind aber schwerlich durchweg

als Streitbare zu rechnen , waren vielmehr wahrscheinlich grofsenteils unbewaffnet bezw. blieben sie dem Kampfe fern bei den Truppenfahrzeugen . Der Abgang an Nicht - Streitbaren dürfte daher trotz der viel geringeren Effektivstärke auch beim 2. französischen A.-C. 50 Mann per Bataillon betragen haben . Das 2. A.-C. zählte mithin : 26 Bat. = 15 530 Gewehre, 18 Schwadronen 1820 Säbel , 60 Geschütze (darunter 12 gezogene 12 er) und 12 Mitrailleusen. Dem General Frossard war bekanntlich die Brigade Lapasset des 5. A.-C. zugeteilt worden, über deren Stärke die Angaben Frossards ebenfalls ein klares Bild geben. Nach Dick , Teil II , Seite 189 , bediese Brigade

stand

aus

den Regimentern Nr. 84, 97 und

einer

Kompagnie des 14. Jägerbataillons , dem 3. Regiment Lanciers und Bei dem eiligen Abmarsch der Brigade von Saar1 Batterie. gemünd befanden sich 11½ Kompagnieen des 3. Bataillons Regiments Nr. 46 zufällig in diesem Orte , welche dem 3. Bataillon Regiments Nr. 97 zugewiesen wurden ; ebenso wie je 1 Kompagnie der Regimenter Nr. 11 und 86, welche auf Feldwache gewesen und vergessen worden Ferner wurden 200 Reservisten des 14. Jägerbataillons und 350 Reservisten des 46. Regiments , welche ihre Truppenteile nicht erreicht hatten, der Brigade überwiesen . Es scheint aber, dafs diese Reservisten den Garnisonbataillonen von Metz einverleibt worden sind. waren.

(Siehe Dick, Teil 4 , Seite 49. )

Die versprengten einzelnen Kompagnien

haben jedoch bestimmt am 16. August mitgefochten . (Dick, Teil 3 , Demnach zählte die Brigade Lapasset 64% Bat., Seite 374, 377. ) 4 Schwadr. , 1 Batt. Nach Frossard betrug ihre Effektivstärke am 18. August 4400 Mann, ihr Verlust am 16. August 1001 Mann, mithin die Effektivstärke am letzteren Tage 5400 Mann . Hiervon würden jedoch abzuziehen sein : 180 Offiziere ; 400 Mann der 3. Lanciers ; 180 Mann des train des équipages und 140 Mann Artilleristen , also zusammen 900 Köpfe . Die Infanterie der Brigade Lapasset würde demnach am 16. August 4500 Mann Kopfstärke gehabt haben = rund 4200 Gewehre . Hierzu würden 370 Säbel der 3. Lanciers und 6 Geschütze hinzutreten. (64% Bat. = 4200 Gewehre , 4 Schwadr. = 370 Säbel, 6 Geschütze . - Stärke-Rapport vom 12. August. ) 3. Das 3. Armee - Corps.

Bei diesem Corps sind die Verluste

vom 14. August in Abzug zu bringen ; ferner ist zu berücksichtigen, dafs die Division Metman das Schlachtfeld vom 16. August erst so spät abends erreichte, das sie an der Schlacht selbst keinen Anteil nehmen konnte . Die 6. Schwadron der 10. chasseurs à cheval befand

sich

als

Divisionskavallerie

bei

der

Division

Metman ;

die

13

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. 1. Schwadron

der

2.

chasseurs

à cheval

diente

dem

Marschall

Bazaine als Bedeckung; es waren also nur 29 Schwadronen der Cavallerie - Division Clérembault zur Stelle . Am morgen des 16. August hatte daher das 3. A.-C. folgende 8440 Gewehre ;

Stärke :

Division Montaudon

Division Nayral (früher Castagny) 6850 Gewehre ;

Aymard 8050 Gewehre.

Cav.-Division Clérembault 3175 Säbel ;

84 Geschütze (darunter 12 gezogene 12 er) und 18 Mitrailleusen . Summa: 39 Bat. 23 340 Gewehre ; 29 Schwad. - 3175 Säbel. Auch bei diesem Corps sind die 4. Das 4. Armee - Corps.

Verluste vom 14. August abzuziehen ; ferner erreichte die Division Lorencez das Schlachfeld am 16. August so spät, dafs sie am Kampfe keinen Anteil

mehr nehmen konnte .

Anscheinend hatte

diese Division am 16. August keine Schwadron als Divisionscavallerie zugewiesen erhalten, so dafs wir die Cav .-Divis. Legrand des 4. A.-C. Demnach hatte das 4. A.-C. am 16. August voll berechnen können . folgende Stärke : Division Cissey = 8350 Gewehre ; Grenier = 7750 Gewehre ; Cav. -Divis. Legrand = 2020 Säbel ; 60 Geschütze Summa: 26 Bat. (darunter 12 gezogene 12 er) , 12 Mitrailleusen . = 16 100 Gewehre ; 18 Schwad. = 2020 Säbel. 5. Das 6. Armee - Corps.

Vom 6. A.-C.

mufste bekanntlich

ein grofser Teil im Lager von Châlons zurückbleiben , weil die Eisenbahnverbindung bereits unterbrochen war. Der 2. Division fehlten 3 Regimenter Infanterie ; haupt nur eine

Schwadron

chasseurs à cheval. tome 4,

Seite 273) .

von der Cavallerie gelangte über-

nach Metz ,

die 6.

des

6. Regiments

(Enquête parlementaire, Dépositions des témoins , Nur die

1. Division besafs

Von der Artillerie gelangten nach Metz

ein Jägerbataillon .

nur die Divisions - Artillerie

der 1. und 3. Division , sowie 1 Batterie der 2. Division , welche jedoch der 1. Division überwiesen wurde. 2 Batterien der ReserveArtillerie der Armee (die Batterieen Nr. 7 und 8 des reitenden ArtillerieRegiments Nr. 18) wurden der 4. Division ; 2 gezogene 12 er- Batterieen der Reserve-Artillerie der Armee wurden am 16. August gleichfalls dem 6. A.-C. überwiesen .

Man wird annehmen dürfen, dafs im Lager

von Châlons die Reservisten leichter ihre Truppenteile erreicht haben , als dies bei den an der Grenze stehenden Armee- Corps der Fall war. Wir berechnen daher das eine Jägerbataillon zu 900 Gewehren, die Infanterie-Regimenter zu 2100 Gewehren. Das 6. A.-C. hatte demnach am 16. August folgende Stärke : Division Tixier 13 Bat. = 9300 Gewehre, Division Bisson 3 Bat. = 2100 Gewehre, Division Lafont de Villiers 12 Bat. = 8400 Gewehre , Division Levassor - Sorval 12 Bat. = 8400 Gewehren. Summa: 40 Bat. = 28 200 Gewehre ; 1 Schwad. = 105 Säbel; 66 Geschütze (darunter 12 gezogene 12

er).

14

Statistische und taktische Betrachtunge über die n

6. Die 1. Reserve - Cavallerie - Division. General Du Barail. Von dieser Division waren nur 3 Regimenter chasseurs d'Afrique Davon begleiteten

und 2 reitende Batterien nach Metz gelangt.

bekanntlich das 1. und 3. Regiment den Kaiser Napoleon nach Verdun. Die sämmtlichen Regimenter der chasseurs d'Afrique hatten übrigens

4 Schwadronen ,

während alle anderen leichten Ca-

vallerie-Regimenter der französischen Rheinarmee 5 Schwadronen zählten. Dick giebt Teil II, Seite 401 , die Stärke des 2. Regiments der chasseurs d'Afrique bei der Einschiffung in der Provinz Algier zu 40 Offizieren , 608 Mann, 606 Pferden und Mauleseln an. Demnach wird man die Durchschnittsstärke einer Schwadron für den 16. August zu 120 Säbeln berechnen dürfen. Die Division zählte mithin 4 Schwadronen = 480 Säbel und 12 Geschütze. 7. Die 3. Reserve - Cavallerie - Division. General de Forton. Diese Cavallerie -Division zählte 16 Schwadronen und 12 Geschütze. Rechnen wir die kleinen Verluste in den leichten Reiterkämpfen vom 15. August mit 10 Mann ab , so hatte die Division am 16. August folgende Stärke : 16 Schwadronen = 1800 Säbel und 12 Geschütze . 8. zaine.

Die Bedeckungs - Schwadronen des Marschalls BaDie 5. Schwadron des 5. Husaren-Regiments zählte nach

Dick, Teil III, Seite 95, am 16. August früh 105 Säbel ; die 1. Schwadron des 2. Regiments chasseurs à cheval 105 Säbel ; also 2 Schwadronen 210 Säbel. 9. Die Reserve - Artillerie der Armee .

Dieselbe zählte nach

der Abkommandirung von 4 Batterien zum 6. Armee-Corps noch 72 Geschütze, darunter 36 gezogene 12 uer.

Gesammtstärke der Franzosen in der Schlacht vom

16. August. 11810 Gew. , 3190 Säbel, 1820 "" 15530 "" 4200 ‫وو‬ 370 "" 23340 "" 3175 "" 2020 "" 16100 "9 105 28200 99 480 "2 1800 "9 210

60 Gesch., 60 "" 6 "" 84 60 "" 66 19 12 "" 12

72

12 Mitraill. 12 "" 182

Garde- C. • • 2. A.-C. Brigade Lapasset 3. A.-C. 4. A.-C. 6. A.-C. 1. Reserve- Cav.- Divis. 3. Reserve- Cav. - Divis . Bedeckung d. Marschalls Bazaine Armee- Reserve-Artillerie

18 12

99 17

""

Summa: 99180 Gew., 13170 Säbel, 432 Gesch. , 54 Mitraill .

Dies ergiebt abgerundet 122 000 Streitbare .

15

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

An dem Entscheidungskampfe hat jedoch ein sehr grofser Teil dieser Truppen gar keinen, oder nur einen verschwindend geringen Anteil genommen, wie aus den Verlustangaben Dicks hervorgeht. Vom Garde - Corps wurden 1 Bataillon der Zuaven , das 2. und 3 . Bataillon der 1. Voltigeurs und das 3. Bataillon der 4. Voltigeurs in Reserve zurückbehalten = 2000 Gewehre. Es fochten also in Wirklichkeit nur 9810 Gewehre des Garde-Corps. Das 2. A.-C. und die Brigade Lapasset nahmen mit ihrer Infanterie vollzählig am Entscheidungskampfe teil , dagegen fochten von der Infanterie des 3. A.-C. nur die Regimenter Nr. 51 und 2 Bataillone Regiments Nr. 62 ernsthaft. Das 3. Bataillon Nr. 62 begleitete den Convoi der Division . und traf erst am 17. August wieder bei seinem Regiment ein . darf also bei den Truppen ,

Es

welche ernsthaft ins Feuer gekommen

sind, nicht mit gerechnet werden .

Bei der Division Cissey des 4.

A.-C. nahm das Regiment Nr. 6 sehr wenig Anteil am Kampfe ; ganz dasselbe gilt für die Regimenter Nr. 64 und 98 der Division Grenier desselben Corps . In wie weit einzelne Bataillone bezw. Kompagnien anderer Regimenter vielleicht noch eine Bestimmung hatten, welche sie vom Entscheidungskampfe fern hielt, bleibt der Veröffentlichung amtlicher französischer Berichte vorbehalten. Es fochten also in Wirklichkeit : 9810 Gewehre des Garde-Corps , 15530 Gewehre des 2. A.-C. , 4200 Gewehre der Brigade Lapasset, 3160 Gewehre des 3. A.-C., 10700 Gewehre des 4. A.-C. , 28200 GeSumma : 71600 Gewehre. wehre des 6. A.-C. Von

der französischen Kavallerie kamen nicht zu

ernster

Thätigkeit : beim Garde-Corps die Regimenter der Karabiniers , Guiden , der chasseurs Kaiserin

à cheval , und

der

1 Schwadron Dragoner der

15 Schwadronen ; die gesammte Kavallerie-Division Clérem-

bault des 3. Corps, bis auf etwa 2 Schwadronen 27 Schwadronen ; 6 Schwadronen der Kavallerie-Division Legrand des 4. A.-C. und die Schwadron des 6. A.-C.

Dies ergiebt im Ganzen 49 Schwadronen

mit etwa 5370 Säbeln , so dafs also rund 7800 Säbel am Entscheidungskampfe sich betheiligten . Von der französischen Artillerie kamen nach der Anklageschrift Rivières gegen den Marschall Bazaine, mitgetheilt im Mil. -Wochenblatt von 1874, Nr. 37 p. p., am 16. August nicht zum Feuern : Die Mitrailleusenbatterie der Division Montaudon und die Artillerie der Division Nayral 3. A. - C.; die Artillerie der Reserve - Kavallerie - Division Du Barail und 4 gezogene 12 der Batterieen der Armee - ReserveArtillerie. Es feuerten mithin 384 Geschütze und 48 Mitrailleusen. Demnach nahmen rund 88000 Streitbare der Franzosen am Entscheidungskampfe theil , während 34000 Streitbare zwar auf dem

Statistische und taktische Betrachtungen über die

16

Schlachtfelde anwesend waren , ohne dafs es ihnen jedoch vergönnt Weitere gewesen wäre , ernsthaft in die Schlacht einzugreifen. 16700 Streitbare (die Divisionen Metman des 3., Lorencez des 4. A.-C.) kamen zu spät auf das Schlachtfeld, um noch thätig werden zu können.

Stärke der Deutschen. Es nahmen auf deutscher Seite Teil an der Schlacht : Vom 8. A.-C. 97

Garde-C.

77

3. A.-C.

4 290 Gewehre, 21 050

9. A.-C. 10. A.-C. von der 5. Cav. -Divis . 77

77

6 510

77

19 800

6. Cav.-Divis .

405 Säbel, 1 080 77 1 120

18 Geschütze 6 17 84 99

540 1 060

27

18

27

4 375

27

84 12

"

6

‫ײ‬

2 340

"7

Summa: 51 650 Gewehre, 10 920 Säbel, 228 Geschütze . Dies ergiebt 67130 oder stark abgerundet 67000 Streitbare .

Am Entscheidungskampfe nahmen hiervon Teil : Vom 8. A.-C.

4 290 Gewehre,

Garde-C.

77

3. A.-C.

99

9. A.-C.

Säbel, 810

20 280

10. A.-C. von der 5. Cav. -Divis .

560

6 040

77

16 500

77

77

6

77

84 12

920

6. Cav.-Divis . Summa: 47 110 Gewehre,

18 Geschütze

3 875

77

84 12

2 210

27

6

"7 77

77

97

"

77

8 375 Säbel, 222 Geschütze.

Dies ergiebt 59 925 oder rund 59 900 Streitbare. In Bezug auf die Deutschen sind wir den Stärkeangaben der kriegsgeschichtlichen Einzelschriften ohne Weiteres gefolgt ; nur haben wir die Pioniere nicht mitgerechnet, weil wir dies folgerichtig sonst auch bei den Franzosen thun müfsten , die technischen Truppen ja auch eigentlich keine Kampf-Truppen sein sollen.

Da aber bei dem

Angriffe der Brigade Wedell thatsächlich Pioniere betheiligt waren, so können wir die Gesammtsumme der Streitbaren , welche deutscherseits den Entscheidungskampf durchgefochten haben, stark abgerundet auf 60 000 annehmen. Was die Franzosen betrifft ,

so mufsten wir auf Grund der

inzwischen erschienenen, neueren, französischen Quellen zu erheblich genaueren Ergebnissen gelangen, als seiner Zeit bei Veröffentlichung der Stärkeverhältnisse" dies möglich war. Wir betonen dies ganz besonders, damit nicht ein findiger Kopf vielleicht auf die geistreiche

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

17

Idee kommen möge , wir gefielen uns darin , dem Generalstabe Irrthümer nachzuweisen . Eine ähnliche Voraussetzung würde übrigens um so weniger zutreffend sein , als diese Irrthümer nur zum Theil auf grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten beruhen , meistens vielmehr unserer eigenen Feder entstammen und eben damals aus Mangel an zuverlässigen Quellen nicht entdeckt werden konnten. Heute liegen die Dinge zum Glück klarer

vor uns und da wir auf das

lebhafteste danach streben, der Wahrheit zu ihrem Rechte zu verhelfen , so wird es uns nicht im mindesten schwer , uns selbst zu berichtigen. Zur Begründung der beim 6. französischen A.-C. von uns gewählten Berechnungsart für die Stärke der Bataillone führen wir folgendes an: Von den 7 Linien-Regimentern der Infanterie, welche im Lager von Châlons dem hier neugebildeten 12. Armee-Corps überwiesen wurden, besitzen wir für 6 Regimenter Stärkenachweisungen für den Beginn des Feldzugs der Armee von Châlons in dem Buche : „ Sanglants combats " , von George Bastard . Danach hätte das Bataillon 800 Mann gezählt = 750 Gewehre ; das Regiment also 2250 Gewehre. Wenn wir nun auch annehmen können , dafs ein Theil der Reservisten erst nach dem Bahntransport des 6. A.-C. nach Metz im Lager von Châlons angekommen sein wird, so wird man doch für das Regiment des 6. A.-C. 2100 Gewehre als Minimum annehmen müssen. Besonders grofs

sind die Abweichungen unserer heutigen Be-

rechnung derjenigen französischen Truppen , welche den Entscheidungskampf durchgefochten haben , von der in den Stärkeverhältnissen Allein die neueren zur Veröffentlichung gelangten Berechnung. französischen Quellen lassen keinen Zweifel darüber , dafs in der damals für gut befundenen Berechnung erhebliche Irrthümer obgewaltet haben. Es ist also unsere Pflicht diese Irrthümer aufzuklären . Wir kommen nun zu folgenden übersichtlichen Zusammenstellungen.

Es standen sich in der Schlacht von Vionville - Mars la

Tour gegenüber : 67 000 Streitbare der Deutschen mit 228 Geschützen ; 122 000 Streitbare der Franzosen mit 432 Geschützen und 54 MiEs standen mithin 1 000 Franzosen gegen 549 Deutsche . trailleusen. Dagegen führten den Entscheidungskampf durch : 60 000 Streitbare der Deutschen mit 222 Geschützen ; 88 000 Streitbare der FranEs fochten also zosen mit 384 Geschützen und 48 Mitrailleusen . 1000 Franzosen gegen 682 Deutsche. Hieraus geht zunächst hervor, dafs die Deutschen mit ungleich gröfserer Energie die Schlacht durchgeführt haben , als die Franzosen ; andererseits aber auch , dafs die Franzosen bei guter Führung zweifellos Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine . Bd. LXXXIV., 1 . 2

Statistische und taktische Betrachtungen über die

18

in der Lage gewesen wären , die Energie der Deutschen vollständig zu brechen . Wir haben also den Erfolg vom 16. August zwar in erster Linie der Ausdauer und Tapferkeit unserer Truppen und der zielbewussten Führung derselben zu danken , in zweiter Linie aber der gänzlich planlosen Führung der französischen Generale , welche es nicht verstanden haben , die Tapferkeit ihrer eigenen Truppen auszunutzen . Verluste der Franzosen. Die halboffiziellen Werke der Franzosen haben ohne Zweifel die Verluste der Franzosen bona fide

angegeben.

Da die Franzosen

jedoch das Schlachtfeld vom 16. August schon am folgenden Vormittage räumten und am nächsten Tage eine zweite grofse Schlacht schlugen, so mufs es sehr schwer gewesen sein, die Verluste vom 16. August genau festzustellen. Auf deutscher Seite haben nur sehr wenige Regimenter, welche am 16. im Feuer waren , auch am 18. August gefochten; aufserdem blieben die Deutschen im Besitze des Schlachtfeldes ; es war also für sie ungleich leichter, ihre Verluste genau anzugeben. Den Franzosen blieb zur Feststellung ihrer Verluste eigentlich nur der Spätnachmittag des 17. verfügbar, denn am 18. fochten dieselben Regimenter und erlitten neue, meist grofse Verluste .

Es

ist also sehr erklärlich, dafs die Verlustangaben der Franzosen an Genauigkeit manches zu wünschen übrig lassen. Wir beschränken uns darauf, zwei Beispiele dafür anzugeben, wie grofs die Differenzen selbst der französischen Verlustangaben sind . Fay giebt den Verlust des französischen Garde- Corps am 16. August zu 2381 Mann an, dazu 160 Offiziere ; der Kommandeur des GardeCorps, General Bourbaki,

dagegen giebt die Verluste seines Corps

am 16. und 18. August (Dépositions des témoins, tome 4, Seite 230 ) zu 138 Offizieren, 2926 Mann an. Nun hat, wie wir noch sehen werden, die französische Garde am 18. August nur ganz geringe Verluste erlitten;

der Unterschied in den Angaben ist also sehr bedeutend. -

Fay giebt ferner den Verlust der französischen Reserve-Cavallerie am 16. August zu 21 Offizieren, 88 Mann an ; General de Forton dagegen giebt (Bazaine. Episodes de la guerre de 1870 et le blocus de Metz . Seite 90) den Verlust seiner eigenen Cavallerie- Division zu 16 Offizieren, 138 Mann an. Dazu würde dann noch der beträchtliche Verlust der Cav. -Div. Du Barail hinzutreten. Auch hier ist also eine grofse Differenz, denn die Cavallerie-Division de Forton hat am 18. August nicht gefochten . Die Verlustangaben Dick de Lonlays stehen im Widerspruch mit den halboffiziellen Angaben der französischen Generale . Es bleibt

19

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. also nichts übrig,

als diese halboffiziellen Angaben mit denen Dick

de Lonlays zu vergleichen, beide Angaben sorgfältig abzuwägen und aus dem Ergebnis ein Mittel zu ziehen, welches dann der Wirklichkeit wohl sehr nahe kommen dürfte . Auf Grund dieses Verfahrens haben wir folgende Verlustzahlen errechnet (natürlich stets abgerundet) : Die französische Infanterie verlor 14950 Mann tot, verwundet und vermifst, welche sich annähernd wie folgt auf die einzelnen Divisionen verteilen : Division Vergé 2. A.-C. 1520 M. , Division Bataille 2400 M. , Brigade Lapasset 900 M.; 4820 Mann.

Garde - Grenadier - Division

Summa : Infanterie des 2. A.-C.:

1350 M. ,

Garde - Voltigeurs - Division

900 M.; Summa : Infanterie des Garde-Corps : 2250 Mann . Division Montaudon 3. A.-C. 600 M., Division Nayral 30 M. , Division Aymard 100 M.;

Summa : Infanterie des 3. A. -C.: 730 Mann

Division Cissey des 4. A.-C. 1550 M. , Division Grenier 400 M.; Summa : Infanterie des 4. A. -C.: 1950 Mann. Division Tixier des 6. A.-C. 700 M. , 9. Régiment de ligne 700 M. , Division Lafont de Villiers 2400 M. , Division Levassor Sorval 1400 M.; Summa : Infanterie des 6. A. -C.: 5200 Mann . Die französische Cavallerie verlor rund 1050 Mann ; hiervon entfallen auf die Attacke der Garde-Cürassiere 250 Mann ; auf die gegen die Brigade Bredow attackirenden Regimenter der CavallerieDivisionen Valabrègue und de Forton

165 Mann ;

auf den groſsen

Reiterkampf bei Ville sur Yron etwa 530 Mann ; auf die Attacke der 3. Lanciers

etwa 40 Mann .

Der geringe Rest verteilt sich auf die

Regimenter, welche nur in das Granatfeuer der Deutschen kamen , bezw. auf die Bedeckungsschwadronen des Marschalls Bazaine , von welchen die 5. Schwadron der 5. Husaren allein 3 Offiziere, 27 Mann einbüfste. Die Artillerie der Franzosen verlor etwa 800 Mann .

Am

meisten litten die Artillerie des 2. A.-C. , des Garde-Corps, des 6. A.-C., der Cavallerie-Division Forton und der ernsthaft ins Feuer gelangte Teil der Armee -Reserve -Artillerie. Im Folgenden stellen wir übersichtlich die Ergebnisse unserer Forschungen neben die Angaben Fays .

2*

Statistische und taktische Betrachtungen über die

20

nach Fay

Es verloren nach unserer Berechnung 5 090 Mann 2. Armee-Corps

5 085 Mann

77

800

77

748

""

2 250

29

2 258

77

77 Garde-Corps Reserve-Cavallerie

5 410

77

5 458

77

2870

22

2381 88

‫י‬

77

104

77

3. 4. 6.

220 120

Reserve-Artillerie .

40

Bedeckungsschwadronen Summa :

vacat

16 800 Mann

Dazu rund

16 122 Mann. 837 Offiziere.

850 Offiziere

Die Unterschiede sind mithin geringfügig ; sie werden durch die abweichenden Angaben der Generale Bourbaki und de Forton übrigens schon allein erklärt. Wir verweisen hier auf eine Bemerkung am Schlusse dieses Aufsatzes .

Verluste der Deutschen. Die Deutschen verloren :

Vermifst

Tot oder verwundet

3. Armee -Corps

8. 9.

99

10.

Garde-Corps 5. Cav.- Div . 6.

315 Offiz. 55 ‫י‬ 42

6 438 Mann

205

27

19

77

60 19

928

77

1 162

77

4 403 184

77

754 248

77 29

Offiz.

99

1

2 1

27 ""

203 Mann

67 32 542

17 27

16

99

76

77

26

77 Mann. 962 5 Offiz. Summa: 715 Offiz . 14 117 Mann பா "9

Auf die drei Waffengattungen verteilt sich der Verlust wie folgt : Infanterie 565 Offiz., 13 084 M.; tillerie 39 Offiz ., 681 M.

Cavallerie 104 Offiz. , 1303 M.;

Ar-

Der Unterschied in der Summe dieser Ver-

lustangaben und der obigen Gesamtverlustangaben beruht darauf, dafs die Verluste der höchsten Stäbe , der Sanitäts-Detachements und Ärzte, sowie der Artillerie- Munitionskolonnen bei der waffenweisen Verteilung nicht berücksichtigt worden sind . Wenn wir die überhaupt erlittenen Verluste lediglich denjenigen Truppen anrechnen, welche am Entscheidungskampfe beteiligt waren , so verlor die deutsche Infanterie 27,7 , die Cavallerie 15,5 , die ArDiese Rechnung ist zwar nicht tillerie 15,47 Prozent ihrer Stärke. ganz zutreffend, denn auch Truppen, welche am Entscheidungskampfe nicht Teil nahmen , haben Verluste erlitten ; indessen diese Verluste sind doch nur sehr unbedeutend und man erhält bei unserer Berech-

21

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

nungsweise ein richtigeres Bild von den Gefechtsleistungen der Truppen, als wenn man die erlittenen Verluste gleichmässig auf alle Truppen verteilt, welche das Schlachtfeld überhaupt erreicht haben. Einzelne Truppenteile erlitten ganz bedeutende Verluste, welche die kriegsgeschichtlichen Einzelschriften wie folgt berechnen : Inf. - Regt. Nr. 16 verlor 68,08 ,

Inf. - Regt. Nr . 52 :

52,03 ,

Inf. - Regt.

Nr. 11 : 40,99 , Cürass . - Regt. Nr. 7 : 37,4 , Ulanen - Regt. Nr . 16 : 34,8, Husaren-Regt. Nr. 3 : 30,77 Prozent. Wenden wir dieselbe Berechnungsweise bei den Franzosen an, so verlor die französische Infanterie 20,88 , die Cavallerie 13,46 , die Artillerie 9,3 Prozent. Die Verlustzahlen stellen sich also durchweg erheblich geringer, als bei den Deutschen. Am meisten verloren die ernsthaft ins Feuer gekommenen Infanterie -Truppenteile : der Garde- Grenadier-Division mit 30,00 ,

des

2. A.-C. mit 25,24, der Brigade Lapasset mit 21,43, des Regiments Nr. 9 mit 33,3, der Division Lafont de Villiers mit 28,57, der Division Levassor - Sorval mit Procent.

16,66 ,

der Division

Cissey mit

24,03

Bei weitem am meisten litt das 3. Garde - Grenadier - Regiment. Seine beiden Bataillone zählten nach Dick, Teil III, Seite 363 , 42 Offiziere und 900 Streitbare ; sie verloren 24 Offiziere , 472 Mann tot und verwundet. Von Vermifsten ist wieder einmal keine Rede. Aber selbst abgesehen von diesen beträgt der Verlust schon 57,14 Procent der Offiziere, 52,44 Procent der Mannschaften!

Munitionsverbrauch. Nach

dem Beiheft

Nr. 10

zum Mil . -Wochenblatt 1872

ver-

brauchte die Deutsche Artillerie am 16. August :

Garde -Corps : 3. A. -C .:

4. A. -C .: 8. A. -C.: 10. A.-C.:

6 Geschütze , 85 Granaten , 12743 90 18 Kartätschen , 27 97 589 6 "7 " 18 898 "7 99 6421 90 77 ‫י‬

Hessische-Divis .: 12

105

Summa: 222 Geschütze, 20 841 Granaten, 18 Kartätschen . Es sind hier die 2. reitende Batterie 3. A.-C.

(bei der 6. Cav.-

Divis. ) und die 2. reitende Batterie 10. A.-C. (bei der 5. Cav. -Divis . ) ihren Armee - Corps zugerechnet , ebenso ist die reitende Batterie 4. A.-C. der 5. Cav.-Divis. besonders aufgeführt.

Statistische und taktische Betrachtungen über die

22

Nach Hoffbauer : „ Die deutsche Artillerie in den Schlachten bei Metz ", 2. Teil, stellt sich der Munitionsverbrauch der deutschen Artillerie etwas anders : 3. A.- C.:

84 Geschütze, 10 709 Granaten , 19 Kartätschen, 900 18 27 29 103 12 "9 97 84 5636 ‫י‬ "" 1370 12 77 97 838 6 ""

8. A. - C .: Hessische -Division :

10. A. -C.: 5. Cav. -Divis .: 6. Cav. -Divis .:

6

Garde-Drag.- Brigad.: Summa :

""

82

""

222 Geschütze , 19 638 Granaten, 19 Kartätschen .

Nach der Anklageschrift Rivières gegen den Marschall Bazaine verbrauchten die Franzosen am 16. August : 60 Geschütze, 66

3. A. -C .:

72

4. A.-C.:

60 66

197

Reserve-Cavallerie : 12 Reserve -Artillerie .: 48

27 22

6. A. -C .:

2 642 Granaten bezw. Schrapnels , 7 517 27 "" 2795 99 "7 77 2745 99 ‫י‬ 5 479 27 99 27 1 361 77 77 17 3 193 77 19 3

Garde -Corps : 2. A. -C .:

Summa: 384 Geschütze, 25 732 Granaten bezw. Schrapnels . Hierbei sind 24 Geschütze der Reserve-Artillerie beim 6. ArmeeCorps, als demselben zugewiesen , mit gerechnet. 890 Kartätschen verbraucht.

Ausserdem wurden

60 gezogene 12

er verbrauchten : 3 284 Granaten bezw. Schrapnels und 109 Kartätschen, 324 gezogene 4 er 22 448 Schrapnels und 781 Kartätschen . 384 Geschütze verbrauchten demnach 25 732 Granaten bezw. Schrapnels und 890 Kartätschen. Aufserdem verbrauchten die 48 Mitrailleusen nicht weniger als 6000-7000 Schufs . - Höchst interessant ist der Verbrauch von 890 Kartätschen , einer geradezu ungeheueren Ziffer, welche aber beweist, dafs die deutsche Infanterie und Cavallerie den französischen Batterien sehr hart zugesetzt haben müssen. Im Durchschnitt haben aber jedenfalls die deutschen Batterien viel mehr Munition verbraucht, als diejenigen der Franzosen. Über den Munitionsverbrauch der Infanterie fehlt jeder Nachweis ; zweifellos ist er aber auf beiden Seiten sehr grofs gewesen.

Dauer der Schlacht und Witterung. Der Überfall der französischen Lager durch das Artilleriefeuer der 5. Cav. -Divis . erfolgte um 914 Uhr früh ; die eigentliche Schlacht

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

23

begann jedoch erst um 10 Uhr früh ; sie endete um 9 Uhr abends ; ihre Dauer betrug mithin 11 Stunden. Wetter und Bodenverhältnisse waren gut. Sonnenaufgang am 16. August : 4 Uhr 45 Minuten früh ; Sonnenuntergang am 16. August : 7 Uhr 22 Minuten.

Bemerkungen über die Stärkeverhältnisse beider Gegner , während der einzelnen Phasen der Schlacht.

A. 8 Uhr früh : Die

Allgemeiner Gang der Schlacht. von den Eranzosen ausgesandten Erkundungsab-

teilungen kehren ins Lager zurück, ohne irgend wo grössere Streitkräfte der Deutschen entdeckt zu haben. 91 Uhr früh : 24 Geschütze der 5. und 6 Geschütze der 6. Cav.Division überfallen Granatfeuer.

die vordersten französischen Lager mit

Panik bei einem Teile der Cav. - Div . de Forton ,

welche sich jedoch nicht auf die Infanterie des 2. französischen Armee-Corps erstreckt. 9½ Uhr früh : Die Divisionen Bataille und Vergé des 2. französischen A.-C. und die Brigade Lapasset gehen strahlenförmig gegen die deutsche Cavallerie vor und drängen sie und die deutsche Artillerie zurück. Gegen 10 Uhr früh : Die 5. preufsische Infanterie-Division greift von Gorze her auf der Höhe 1025 , im bois de Vionville und im bois de St. Arnould in das Gefecht ein. Gegen 11 Uhr früh : Die 6. preufsische Infanterie-Division greift bei Vionville in den Kampf ein. 11½ Uhr früh : Eroberung des Dorfes Vionville durch die Preufsen. 11¾ Uhr früh : Eintreffen des Gros der 37. Brigade . ( 10 Kompagnieen Regiments Nr. 91 , I/78. Schon vorher waren die dieser Abteilung zugewiesenen 112 Schwadronen Dragoner Nr. 9 und 1 schwere Batterie auf dem Schlachtfelde eingetroffen. Ebenso war die Truppenabteilung des Oberst von Lyncker, II, F/78 , 1. 3. Dragoner Nr. 9 und 1 leichte Batterie schon etwas früher bei der 5. preufsischen Division als Verstärkung eingetroffen . 12 Uhr mittags : Eroberung des Dörfchens Flavigny durch die Preufsen . 12 Uhr nachmittags : Attacke des 3. französischen Regiments LanVorgehen

ciers und der französischen Garde-Kürassiere . von 22 Bataillonen Büsche.

der

37.

Brigade

in

die

Tronviller

1234 Uhr bis 1 Uhr nachmittags. Gegenangriff der Cavallerie - Brigade Redern: 4 Schwadronen Husaren Nr. 11 , 3 Schwadronen

24

Statistische und taktische Betrachtungen über die Husaren Nr. 17 , 1 Schwadron 2. Garde-Dragoner, unmittelbar nach dem Abschlagen der Attacke der französischen GardeKürassiere . Zersprengung des Generalstabes des Marschalls Bazaine. Eroberung von 3 Geschützen der französischen GardeArtillerie , welche jedoch nicht zurück gebracht werden . können, weil französisches Infanteriefeuer des 3. Bataillons chasseurs ,

sowie

die

Gegenattacke

dreier

französischer

Schwadronen (der beiden Bedeckungsschwadronen des Marschalls Bazaine und der Bedeckungsschwadron des Generals Frossard) die deutschen Reiter zur Umkehr zwangen . 1 Uhr nachmittags : Attacke der 6. preufsischen Cav. - Division und der sich ihr zugesellenden Schwadronen Dragoner Nr. 9 und 12 , mit 22 Schwadronen. Die Attacke kommt zu spät, sie gelangt gar nicht ordentlich zur Entwickelung und scheitert. Ablösen des 2. französischen Armee-Corps durch die GardeGrenadier-Division Picard. 12 Uhr nachmittags : Offensive der französischen Garde-Grenadiere und des 6. französischen A.-C. Die Garde- Grenadiere werden blutig zurückgewiesen , ebenso die Teile des 6. französischen A.-C. , welche gegen Vionville und Flavigny vorgehen. Dagegen gestaltet sich auf dem linken Flügel der Deutschen , an den Büschen von Tronville , die Gefechtslage für die Deutschen zu einer verzweifelten. 2 Uhr nachmittags :

Attacke der Cavallerie-Brigade Bredow , 534

Schwadronen Kürassiere Nr . 7 und Ulanen Nr. 16. Gegenattacke der Cavallerie - Divisionen Forton und Valabrègue. Nur Trümmer der 534 preufsischen Schwadronen retten sich . Zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags : Die Divisionen Nayral und Aymard des 3. französischen A.-C. nehmen rechts des 6. französischen A.-C. Stellung , ohne indessen ernsthaften Anteil am Kampfe zu nehmen. Zur selben Zeit etwa marschirt die Division Grenier des 4. französischen A.-C. auf Bruville vor, also noch wieder rechts von den beiden Divisionen Nayral und Aymard . 234 Uhr nachmittags : Angriff der Division Grenier 4. , und der Division Tixier 6. französischen A.-C. auf die Tronviller Büsche, deren gröfster Teil von den Preufsen geräumt werden mufs . 4 Uhr nachmittags : Eintreffen des Prinzen Friedrich Karl im Gefechtsbereiche der 5. Infanterie - Division. - Ankunft der 20. Division bei Tronville.

Eintreffen der Division Cissey

auf dem rechten Flügel der Franzosen , rechts von der Division Grenier.

25

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

4½ Uhr nachmittags : Wiederbesetzen der Tronviller Büsche durch Teile der 20. Division. Erscheinen von 3 Bataillonen der 20. Division im Gefechtsbereiche der 5. Inf. -Division als Verstärkung, nachdem 4 Batterien des 10. A.-C. diesen 3 Bataillonen bereits vorausgeeilt waren . Gegen 5 Uhr nachmittags : Eingreifen der 32. Inf. - Brigade 8. A.-C. im bois de St. Arnould. 5 Uhr nachmittags : Angriff der 38. Inf. - Brigade auf die Divisionen Cissey und Grenier des 4. französischen A.-C.

Vollständige

Niederlage der 38. Inf. -Brigade . Gegen 5½ Uhr nachmittags : Scheitern des Angriffs von I , F /72 gegen die Höhe 970, südöstlich von Rézonville. Darauf Vorstofs des preufsischen Regiments Nr. 40 gegen dieselbe Höhe, welcher gleichfalls scheitert. Gegen 6 Uhr nachmittags : Angriff des 1. Garde -Dragoner- Regiments auf die Infanterie des 4. französischen A.-C. , um die Trümmer der 38. Inf. -Brigade zu retten. In dem Kampf bei Rézonville , von der grofsen Strafse Mars la Tour - Rézonville bis zum bois des Ognons greifen nach und nach ein : 1. Brigade Lapasset 4200 Gew. , 2. Von der Garde- Grenadier-Division 4500 Gew., 3. Division Levassor Sorval 6. A.-C. 8400 Gew. , 4. Von der Voltigeurs - Division der Garde

5310 Gew. ,

5.

Regimenter Nr. 51 und 62

Division Montaudon 3. A.-C. , ohne III/62 3160 Gew. 25 570 Gewehre.

der

Summa :

6 Uhr nachmittags : Vorgehen des Regiments Nr. 11 und einiger Teile des Regiments Nr. 56 gegen die Höhe 970 ; erst siegreich , dann zurückgewiesen . Das Vorgehen der 1. Brigade der Division Montaudon scheitert aber ebenfalls am Saume des bois de St. Arnould. 6¼ Uhr nachmittags : von Mars la Tour.

Beginn des grofsen Reiterkampfes nördlich Derselbe endet siegreich für die Preufsen.

Gegen 62 Uhr nachmittags : Angriff des 2. und 4. Regiments Voltigeurs gegen die vor die Stellung der 5. Inf. - Division vorgeschobenen Abteilungen der Preufsen (hauptsächlich vom Regiment Nr. 56), welche zurückgedrängt werden . Der Angriff der Franzosen scheitert aber hauptsächlich am Granatfeuer der preufsischen Artillerie. Gegen 7 Uhr abends : Völliges Wiederbesetzen der Tronviller Büsche, welche infolge eines Mifsverständnisses durch die 20. Division. geräumt worden waren.

Statistische und taktische Betrachtungen über die

26

7 Uhr abends : Eintreffen von II/72 am westlichen Rande des bois. des Ognons . Neuer Vorstofs gegen Höhe 970, welcher jedoch wiederum scheitert. 72 Uhr abends : Eingreifen der vorderen Abteilungen der hessischen Division im bois des Ognons . -Letztes Vorgehen der Preuſsen auf Rézonville. 8 Uhr abends : Die Höhe 989 wird von preufsischen Batterien besetzt. Etwa 8 Uhr abends : Letzte vergebliche Attacke der 6. Cav.Divis . und der Dragoner Nr. 9 und 12 mit zusammen 22½ Schwadronen . Wir bemerken hierzu , dafs wir bei dieser Übersicht der verschiedenen Phasen die Zeitangaben naturgemäfs sehr summarisch machen mussten. Dies erhellt schon aus dem Text, denn eine ganze Reihe von Handlungen sind mitunter unter einer einzigen Zeitangabe aufgeführt worden.

Uns kam es darauf an , einen möglichst kurzen

Überblick des Verlaufes der Schlacht zu geben , Ziel leidlich erreicht zu haben .

wir hoffen dieses

Bei dem Angriff der 38. Infanterie-

Brigade ist z. B. durch Hönigs Forschungen zweifellos worden, dafs dennoch

der Beginn auf 4 Uhr anzusetzen ist.

5 Uhr gewählt ,

festgestellt Wir haben

weil wir den Moment der Entscheidung

kennzeichnen wollten , dem bekanntlich die Katastophe auf dem Fuſse folgte.

Eine ins

einzelne gehende Schilderung der Schlacht kann

mithin auf unsere Zeitangaben nicht aufgebaut werden.

Gegenseitiges Stärkeverhältnifs um 12 Stärke der Deutschen.

Uhr mittags .

5. Inf. - Divis . , ohne die noch im Anmarsch befindlichen Bataillone I/8 und I/ 12 = 8500 Gewehre , 560 Säbel , 24 Geschütze. 6. Inf. - Divis . , ohne die bei der Divisionsbagage abkommandirte Kompagnie 6/20 = 10 800 Gewehre, 560 Säbel , 24 Geschütze. Corps -Artillerie 3. A.-C. - 36 Geschütze. 37. Inf. - Brigade , ohne die zum Armee-Hauptquartier abkommandirten Kompagnien 1 , 4/91 = 4850 Gewehre, 560 Säbel, 12 Geschütze . 5. Cav.- Divis . Von derselben war 1/Husaren Nr. 10 gegen Nancy entsendet . 1 Schwadron Husaren Nr. 17 traf erst nachmittags von einer anderweitigen Entsendung wieder beim Regiment ein 4250 Säbel, 24 Geschütze . 6. Cav. - Divis . , ohne die Schwadronen 2 , 5/Ulanen Nr. 3 = 2340 Säbel, 6 Geschütze . 135 Säbel. - Summa: 1 Schwadron Garde - Dragoner Nr. 2 24 150 Gewehre, 8405 Säbel, 126 Geschütze = rund 35 000 Streitbare.

27

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

Wir bemerken hierbei, dafs wir die Kompagnie 6/20 in der Gesammtberechnung der Stärke mitgerechnet haben, entsprechend den kriegsgeschichtlichen Einzelschriften , obschon sie am Kampfe keinen Anteil nahm . Diese kleine Differenz gleicht sich aber dadurch aus ,

dafs zweifellos auch auf französischer Seite ähnliche

Abkommandirungen stattgefunden haben.

So liefs z . B. nach Dick,

Teil 3, Seite 220, die Division Grenier die garde de police, die Köche aller Kompagnieen , die Ordonnanzen und Fahrzeuge zurück , als sie dem Kampfplatze zueilte .

Stärke der Franzosen.

"" ""

12

24

19 "

48

""

"" "" ""

105 1.800 550

""

13

"" "" 22

""

༤་

""

6 Mitr. 6 ""

33

""

༦༦༦་༦

9 300 2100 8400

12 Gesch., 12 "" 6 "" "" 36 "" 24 "" 18 12

33

- Säbel, 7 150 Gew., 8 380 27 370 "" 4 200 29 1820 "" "3

33 36

Division Bataille 2. A.-C. • • Division Vergé 2. A.-C. Brigade Lapasset 5. A.-C. . Cav.-Division Valabrègue 2. A.-C. Reserve-Artillerie 2. A.-C. Division Tixier 6. A.-C. Regiment Nr. 9, 6. A.-C. Division Lafont de Villiers 6. A.-C. 2 gezogene 12pfünd . Batterien . Bedeckungsschwadron des Marschalls. Canrobert .. Reserve- Cavallerie-Div. de Forton . Garde-Kürassier- Regiment 4 reitende Batterien des Garde- Corps 6 reitende und Batterien der 2 gezog. 12 pfünd. J Armee-Res. -Art. Í Bedeckungsschwadron des Marschalls Bazaine ..

"" "" "" Summa: 39 530 Gew., 4 855 Säbel, 204 Gesch ., 12 Mitr. rund 48 700 Streitbare.

19

210

Unmittelbar hinter diesen Truppen standen aber in Reserve : Division Levassor - Sorval 6. A.-C.: 8400 Gewehre, 12 Geschütze; Garde - Grenadier - Division :

5000 Gewehre, 440 Säbel,

12 Ge-

schütze, 6 Mitrailleusen ; Garde - Voltigeurs - Division : 6810 Gewehre, 550 Säbel, 12 Geschütze , 6 Mitrailleusen ; von der Garde-CavallerieDivision : 660 Säbel, 12 Geschütze ; 4 gezogene 12pfünder - Batterien der Armee-Reserve-Artillerie : 24 Geschütze ; Summa : 20210 Gewehre , 1650 Säbel, 72 Geschütze, 12 Mitrailleusen

rund 23 500 Streitbare.

Es hatten also bis 122 Uhr nachmittags die Franzosen mehr als die doppelte Übermacht über die Deutschen . Es würde gewifs sehr erwünscht sein, eine genaue Stärkeberechnung für möglichst viele Phasen der Schlacht aufstellen zu können, so wie wir dies für die Schlacht vonWörth zu thun vermochten . Leider ist dies hier unmöglich,

da kein genügend genauer Bericht von franzö-

28

Statistische und taktische Betrachtungen über die

sischer Seite vorliegt.

Die

stellenweise sehr brauchbaren Angaben

von Dick geben keine ausreichenden Grundlagen für derartige Berechnungen, es würden also unfehlbar erhebliche Irrtümer sich einschleichen. Zu unserem Bedauern müssen wir daher vorläufig auf einen ähnlichen Versuch verzichten . Annähernd wird der aufmerksame Leser aber sich dennoch ein leidliches Bild über die wechselnden Stärkeverhältnisse verschaffen können, wenn er die Übersicht der Schlacht dazu benutzt, das allmähliche Eintreffen der Verstärkungen auf beiden Seiten in Zahlen zu übersetzen, wozu wir das erforderliche Material geliefert haben.

Allgemeine Betrachtungen über die Schlacht. 1. Die Lage bis 12 Uhr nachmittags. Bei sofortigem, energischem Einsetzen aller verfügbaren drei französischen ArmeeCorps mufte es gelingen, mit 72 200 Franzosen 35 000 Deutsche, welche noch dazu angriffsweise vorgingen, zu werfen und durch Umfassung ihres linken Flügels sogar vernichtend zu schlagen , ehe noch deutsche Verstärkungen herankommen konnten.

Wir haben gesehen ,

dafs erst um 4 Uhr die ersten nennenswerten Verstärkungen für die Deutschen eintrafen, nämlich die 20. Inf. -Division bei Tronville und die 38. Inf. -Brigade bei Mars la Tour.

Bis 4 Uhr nachmittags war

mithin die Gefechtslage für die Franzosen ganz ausnahmsweise günstig ; besonders da schon vor diesem Zeitpunkte die sämtlichen verfügbaren Truppen des 3. französischen A.-C. ,

die Infanterie- Division Grenier,

die Cavallerie - Division Legrand des 4. französischen A.-C. und die verfügbaren Teile der Cavallerie-Division Du Barail das Schlachtfeld erreicht hatten.

Während also bis 4 Uhr nachmittags die Deutschen

nur auf ihre gleichfalls erst nach und nach eintreffenden 35000 Streitbaren angewiesen waren,

erhöhte sich die Gunst der Gefechtslage

fortdauernd für die Franzosen .

Ein energischer, einheitlich geleiteter

Angriff der Franzosen mufste zur Umfassung des bis dahin äusserst schwachen linken Flügels der Deutschen und damit zu einer sehr ernsten Katastrophe für letztere führen . Allein Marschall Bazaine war nicht der Mann dazu , diese ungewöhnlich günstige Lage zu benutzen; er blieb dauernd unthätig und häufte Truppen auf Truppen hinter seinem linken Flügel an, um nicht von Metz abgedrängt zu werden, während er doch die Entscheidung unzweifelhaft auf seinem rechten Flügel suchen mufste. Bei einer Beurteilung dieses Verhaltens des Marschalls Bazaine darf man jedoch nicht ungerecht sein. Thatsächlich war vorauszusehen, dafs der rechte Flügel der Deutschen die meisten Verstärkungen erhalten würde ; dies war in der strategischen Lage begründet.

29

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

In Wirklichkeit trat ja auch dieser Fall ein,

denn erhebliche Teile

des 10. A.-C. und alles, was vom 8. und 9. A.-C. überhaupt das Schlachtfeld erreichte,

verstärkten gerade den rechten Flügel der

Deutschen. Der linke Flügel der Deutschen blieb dagegen dauernd der schwächste Teil ihrer Schlachtlinie. Für einen Feldherrn wäre gerade dieser Umstand freilich die Veranlassung gewesen,

sich mit

möglichst grofser Kraft auf den schwächsten Teil des Gegners

zu

werfen, ihn hier zu zermalmen und dann die ganze deutsche Schlachtlinie vom linken Flügel her aufzurollen . Hätten die Franzosen am 16. August einen Napoleon I. gehabt, so würden nur Trümmer der Deutschen über die Mosel entkommen sein. Aber die Franzosen hatten nur einen Bazaine.

In solchem Falle

halten wir es für un-

gerecht, einen unfähigen Mann zum Sündenbock zu machen . Schuld trifft vielmehr diejenigen,

Die

welche einen so unfähigen Mann

zum Feldherrn stempeln wollten, während er doch höchstens ein leidlich brauchbarer Corpskommandeur war. Es ist menschlich, Günstlinge auf recht drastische Weise zu bevorzugen, aber ein kluger Machthaber wird es thunlichst vermeiden, einen unfähigen Mann in eine Stellung zu setzen, von welcher das Heil des Vaterlandes abhängt.

Ein guter Corpskommandeur mufs noch durchaus kein Feld-

herr sein ; wir haben dies 1866 bei den Österreichern (Benedek) gesehen und 1870 bei uns selbst (Steinmetz) .

Wenn sogar unser Helden-

kaiser Wilhelm I. hier eine Täuschung erlebt hat, so ist dies ein Beweis , wie schwer es ist, die Persönlichkeit stets in vollem Umfange zu würdigen; denn es wird wohl niemand dem Kaiser Wilhelm I. bestreiten wollen,

dafs er es vorzüglich verstanden hat, den rechten

Mann an den rechten Fleck zu setzen. Steinmetz 1870 keine Stellung, abhing ;

Übrigens hatte General von

von der „ das Heil des Vaterlandes "

auch wurde seine Wirksamkeit sofort unterbunden,

sobald

man am 18. August erkannt hatte, dafs General von Steinmetz zwar ein tapferer, entschlossener Corpskommandeur sei, aber keine ausreichende Begabung habe.

zum Feldherrn

2. Interessant ist ein Blick auf den Schlachtplan,

in welchem

das Generalstabswerk die Truppeneinzeichnung für die fünfte Nachmittagsstunde festgestellt hat. Wir sehen hier eine kolossale Anhäufung französischer Truppenmassen auf dem linken Flügel ihrer Schachtlinie, dann aber eine ziemlich gleichmässige Verteilung der noch vorfügbaren französischen Kräfte im Centrum und auf dem rechten Flügel. Auf deutscher Seite haben wir folgendes Bild : der rechte Flügel ist verhältnismäfsig am stärksten, auch eilen ihm neue Verstärkungen zu ;

die Mitte bei Vionville ist äusserst schwach ;

der linke Flügel

Statistische und taktische Betrachtungen über die

30

zwar augenblicklich vor der Katastrophe der 38. Infanterie-Brigade gekräftigt, aber nur, um sofort zu einer bedenklich grofsen Schwäche herabzusinken, sobald diese Katastrophe eingetreten war. Hier gewinnt man den Eindruck, dafs die Franzosen folgendes thun mufsten : Festhalten von Rézonville mit starken aber nicht übermäfsig starken Kräften ; Durchbruch der deutschen Mitte bei Vionville von Norden. her mit möglichst grofser Kraftanstrengung ; Fortsetzung der Offensive des 4. A.-C. über Mars la Tour auf Tronville. Wie würde dann wohl die Schlacht am 16. August geendet haben?

Ergebnisse der Schlacht. Es würde falsch sein , wenn wir behaupten wollten , die Schlacht vom 16. August sei ein taktischer Sieg der Deutschen . Wir haben in der Schlacht anfangs erheblich Boden gewonnen und den gewonnenen Boden gegenüber einer gewaltigen Uebermacht zähe und erfolgreich behauptet. Dies bezieht sich aber nur auf unseren rechten Flügel bis Vionville. Nördlich der Strafse Vionville Mars la Tour gelang es den Deutschen nicht, den zuerst gewonnenen Boden zu behaupten , sie mufsten vielmehr ihren linken Flügel fast im rechten Winkel zur sonstigen Schlachtlinie zurückbiegen .

Bei Mars la Tour

hat die 38. Infanterie-Brigade eine fast bis zur augenblicklichen Vernichtung gesteigerte Niederlage erlitten ; freilich steht dieser Niederlage ein völliger Sieg unserer Reiterei nördlich von Mars la Tour zur Aber wenn die Franzosen ihre Erfolge gegenüber der Seite. 38. Infanterie-Brigade nicht weiter ausgenutzt haben, so lag dies nicht an der Unmöglichkeit dies zu thun, oder etwa an der starken Stellung der 20. Division , sondern einzig und allein an der Unfähigkeit der französischen Führung. Beide Gegner haben das Schlachtfeld behauptet ; die Deutschen schliefen die Nacht über auf ihrem rechten Flügel neben französischen Leichen ; der französische rechte Flügel hatte während der Nacht das Leichenfeld der 38. Infanterie-Brigade unmittelbar vor sich. Die Schlacht war also taktisch unentschieden .

Am Morgen des 17. August

standen uns die Franzosen nahezu ungebrochen gegenüber; wir aber dankten Gott, dafs die französischen Führer es nicht wagten , einen neuen Angriff zu unternehmen , dem wir in den Morgenstunden des 17. August nur sehr schwer hätten erfolgreichen Widerstand entgegen setzen können. Die Deutschen hatten trotzdem ein glänzendes Ergebnifs

erzielt :

67 000 Deutsche hatten gegen 122 000 Franzosen

im Kampfe gestanden ; es war begreiflicherweise nicht gelungen, diese Übermacht vom Schlachtfelde zu verdrängen ; aber noch viel weniger war es den Franzosen gelungen ,

die Minderzahl

vom

31

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

Kampfplatze zu vertreiben . Der Abmarsch der Franzosen auf der Strafse Rézonville Mars la Tour war endgültig verhindert ; ob es den Franzosen gelingen würde , auf den noch freien nördlicheren Strafsen abzumarschiren, hing von der Geschicklichkeit und Energie der französischen Heeresleitung ab. Wir besafsen am Morgen des 17. August nicht mehr Kraft genug ,

dies

zu hindern ;

wohl aber

eilten von allen Seiten mächtige deutsche Heeressäulen herbei , um am 18. August jeden Abzug der Franzosen zu verhindern, falls dieser nicht schon vorher eintrat. Gewannen wir am 17. August durch die Unthätigkeit der Franzosen die Möglichkeit , unsere Übermacht zu versammeln , dann war der Sieg am 18. August unser , falls die Franzosen es überhaupt an diesem Tage zu einer Schlacht kommen liefsen .

Das ist die Bilanz der Schlacht vom 16. August. Taktische Einzelheiten und Bemerkungen. 1.

Der

Überfall

der

französischen

Läger

am

Morgen des

16. August durch preufsische Artillerie wurde nur durch die traditionelle Nachlässigkeit der Franzosen im Vorpostendienst ermöglicht. Eine gewaltige Panik, besonders unter den Truppenfahrzeugen und dem sonstigen Fuhrwerk war die Folge davon . Leider nutzte die 5. preufsische Cav. -Divis . die wunderbar günstige Gelegenheit zu einer Massenattacke nicht aus , obschon sie ohne Mühe die KavallerieDivisionen de Forton und Valabrègue hätte auseinander sprengen können. Letztere Division hatte bei Beginn des Überfalls noch gar nicht gesattelt ! Man erwäge also , welche Erfolge hier gleich anfangs errungen werden konnten ! 2. Das Verhalten der Infanterie des 2. französischen A.-C. verdient hohe Anerkennung ; sie liefs sich durch die bei der Kavallerie ausgebrochene Panik durchaus nicht beeinflussen und ging ohne Zögern sehr entschlossen zum Angriff über. Ihr Kampf gegen das 3. preuſsische A.-C. war heldenmüthig und es gelang den Preufsen erst nach schweren Opfern, unter wesentlicher Mitwirkung ihrer Artillerie , die Franzosen endgültig zu werfen . Einen nachtheiligen Einflufs der Niederlage von Spicheren auf den moralischen Werth des 2. französischen A.-C. hat man hier keineswegs bemerken können. 3. Bei dem Angriff der 5. preufsischen Inf. -Division

auf die

Franzosen versuchten die Kompagnieen 9. 11. 12./48 , die feindliche Flanke zu gewinnen . Zuerst war ihr mit grofser Energie durchgeführter Vorstofs erfolgreich , dann aber wurden sie selbst von den Franzosen umfafst und derartig zusammengeschossen , dafs sie in völliger Auflösung nach dem bois de Gaumont zurück weichen mufsten.

32

Statistische und taktische Betrachtungen über die

Jetzt ging I/52 vor, machte der schwer bedrängten preufsischen Artillerie wieder Luft, erlitt dabei aber so ungeheure Verluste, dafs nachdem sämmtliche Offiziere aufser Gefecht gesetzt worden waren, die Trümmer des Bataillons zurückweichen mufsten. 3 Kompagnieen des Bataillons II/12 nahmen am bois de Gaumont eine AufnahmeDarauf stellung , ihr Feuer brachte die Franzosen zum Stehen . gingen II und F/52 zum Angriff vor und warfen die Franzosen zurück. II/12 übernahm nunmehr die Bedeckung der hier im Feuer befindlichen preufsischen Batterieen ; es gelang in der Zeit von 24 Uhr nachmittags 4 verschiedene Angriffsversuche der Franzosen zurückzuwerfen, hauptsächlich jedoch durch die Wirkung der preuſsischen Artillerie . Die preuſsischen Batterieen hatten sich vorzüglich eingeschossen, sie liefsen die Franzosen regelmäfsig in das verheerende Granatfeuer auf bekannte Entfernungen hinein laufen und zerschmetterten sie dann ebenso regelmäfsig durch ihre sicher treffenden Granaten . Jeder Versuch der Franzosen über die Höhe 989 vorzudringen , scheiterte an dem wirksamen Granatfeuer der Artilleriemasse von 30 preuſsischen Geschützen. 4. Höchst bemerkenswerth ist der Angriff der Preufsen auf Vionville . Die Artillerie hatte vorgearbeitet, wenngleich weniger durch Feuer auf das Dorf selbst , als vielmehr auf die aufserhalb des Dorfes befindlichen französischen Truppen. Dann griff die preussische Infanterie das Dorf umfassend an und zwar : von Süden her 5 Comp. Regts Nr. 35 und 3 Comp. Regts . Nr . 20 = 8 Comp.; von Norden her 3 Comp. Regts. Nr. 64 ; von Westen her ebenfalls 3 Comp. Rgts . No. 64 . Zwischen den beiden Gefechtsgruppen des Regiments Nr. 64 bereitete I/64 den Angriff durch lebhaftes Schützenfeuer vor. Es traten also gleichzeitig 18 preufsische Comp. gegen Vionville in Thätigkeit, welchen es denn auch gelang, gegen 11½ Uhr das Dorf in raschem Anlaufe

zu erobern.

300 Gefangenene vom

12. französischen Jägerbataillon und den Regimentern Nr. 93 und 94 wurden gemacht. Vorher aber war hier für 2 preufsische Comp. eine Katastrophe eingetreten . Die Compagnieen 5. 8./35 gingen im Halbbataillon vor und geriethen ungedeckt und plötzlich in das Die Kommandos zum verheerende Gewehrfeuer der Franzosen. Auseinanderziehen kamen in Folge der so plötzlich und massenhaft eintretenden Verluste nicht mehr zur Ausführung. Das Halbbataillon verlor in noch nicht 5 Minuten 8 Offiziere , 185 Mann . Der Eindruck dieser Verluste war so gewaltig , dafs die Reste der beiden Compagnieen auseinandersplitterten und schleunigst hinter den Kirchhof von Vionville zurückgenommen werden mussten . Das ist ein sprechender

Beweis

für

die

Unmöglichkeit ,

in

irgend

welcher

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

33

Kolonnenformation im wirksamen Gewehrfeuer sich zu zeigen. Eine taktische Wirkung haben diese beiden Compagnieen überhaupt nicht gehabt, wohl aber wurden sie in kürzester Frist zu Trümmern zusammengeschossen, weil sie in falscher Formation vorgingen.

Das

Bestreben der Führer , die Truppen möglichst in der Hand zu behalten , ist sehr begreiflich. Thatsächlich aber bleibt nichts übrig, was irgend ein Offizier in der Hand behalten könnte, falls man in Kolonne vorgeht ; die Offiziere liegen vielmehr in ihrem Blute und die Trümmer der noch eben äusserst braven Mannschaft zersplittern muthlos in alle Winde. Wir werden noch mehr derartige Beispiele am 16. August finden . 5. Unmittelbar nach der Erstürmung von Vionville erfolgte der weitere Angriff der Preufsen auf Flavigny und das kleine Gehölz an der Cisterne zwischen Flavigny und der grofsen Strafse.

Diesem

Angriff hatte die preufsische Artillerie durch massenhaftes Granatfeuer vorzüglich vorgearbeitet.

Schon das preufsifche Granatfeuer

vertrieb die Franzosen zum grofsen Teil aus Flavigny. Dichte Massen französischer Infanterie flüchteten aus dem kleinen Weiler und wurden dabei von der preufsischen Artillerie vernichtend beschossen. Im buchstäblichen Sinne des Wortes liefsen die Franzosen hier ein Leichenfeld zurück. Am 17. August fand man in und bei Flavigny sogar eine ganze Viehheerde und getötet.

von den Granaten zerrissen

Nicht besser als den fliehenden Massen der Franzosen, welche wider Willen eine Kolonnenformation angenommen hatten, erging es starken französischen Kolonnen , welche zur Wiederbesetzung Flavignys vorrückten. Allerdings konnte es nicht verhindert werden, daſs diese Kolonnen (sie gehörten der Brigade Pouget der Division Bataille an) die zu weit und vereinzelt vorgegangenen Kompagnien 3/20 und 7/35 unter erschreckend grofsen Verlusten zurücktrieben ; verlor dabei alle Offiziere und 160 Mann !

7/35

Nun aber brachen 8 Comp. Regts . Nr. 20, 10 Comp. Regts. Nr. 35, 11 Comp . Regts . Nr. 64 ziemlich gleichzeitig gegen Flavigny und das Gehölz an der Cisterne vor. Zur selben Zeit etwa drangen 2 Bataillone der 5. Inf.-Division (F/12 , II/52) vom Gefechtsfelde dieser Division her gegen Flavigny vor. Es waren dies also zusammen 37 Comp. und, wenn man 3/20 und 7/35 nicht mit rechnet, weil es nur noch Trümmer dieser beiden Compagnieen gab, immerhin noch 35 Comp. Der Angriff war freilich nicht einheitlich geleitet, auch mögen wohl schwerlich alle Teile der angreifenden Preufsen zur selben Zeit zielbewust vorgestürmt sein ; der Eindruck der Massenhaftigkeit des Angriffs that aber dennoch seine Wirkung , so dafs der Sturm vollkommen gelang. 3 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 1 .

34

Statistische und taktische Betrachtungen über die

Teile beider preufsischen Divisionen drangen in Flavigny ein, sonderbarer Weise ohne von einander etwas wahrzunehmen. Das Eindringen erfolgte vermutlich nicht gleichzeitig, auſserdem aber an verschiedenen Stellen, so dafs die Bataillone der 5. Inf. - Division von dem Sturme der 6. Division nichts merkten, besonders da sie in Folge der Gelände-Eigentümlichkeiten das Vordringen der letzteren ebenso wenig sehen konnten , als dies umgekehrt der Fall war. Endlich hielten sich die Bataillone F/12 und II/52 gar nicht in Flavigny auf, sondern stürmten sogleich weiter.

III/35 machte in

Flavigny 60 verwundete und gegen 350 unverwundete Franzosen zu Gefangenen. Es verdient hervorgehoben zu werden, dafs die Franzosen bei ihren Angriffen mit dichten Schützenschwärmen und Kolonnen

Wäldchen wieder ein Beispiel für die Richtigkeit der Lehre, die wir bei jeder Gelegenheit immer aufs Neue predigen , dafs die Gleichzeitigkeit eines Angriffs in Massen den Erfolg verbürgt und nicht das successive Einsetzen immer neuer Abteilungen , Für das welche stets einzeln vorprallen und einzeln verbluten. geübte Auge eines Friedens- Generals würde der Angriff auf Flavigny und das Wäldchen gewifs Gelegenheit zu herber Kritik geboten haben, erfolgreich war er jedenfalls und zwar, obschon er der einheitlichen Leitung entbehrte , deren Notwendigkeit wir nicht scharf genug betonen können.

Anscheinend wurde der Angriff gegen das Wäldchen ausgeführt von 11 Comp. Regts . Nr. 64 , den Comp . 1. 2. 4./20 und 1. 2. 4. 7 . 11./35 , also von 19 Comp . Der Angriff auf Flavigny dagegen von F/12 , II/52, den Comp. 3. 9. 10. 11. 12./20 und 3. 6. 9. 10. 12./35 , also von 18 Comp . F/12 kam vor dem Angriffe auf etwa 200 Schritt an Flavigny heran, da traten hinter dem Oertchen Schützenschwärme und geschlossene Abteilungen der Franzosen heraus und überschütteten die Füsiliere mit Feuer, während eine französische Kolonne zum Gegenangriffe vorbrach . Die Preufsen machten kehrt, die Franzosen drangen nach;

bald aber

erreichten die Preufsen eine Bodenwelle,

machten hier Front, empfingen die Franzosen mit Schnellfeuer und warfen sie nach kurzem Feuergefecht zurück. Dann drang F/12 in Flavigny ein. Da aber sowohl die Preufsen als die Franzosen Flavigny mit Granaten überschütteten, verliefsen die preuſsischen Füsiliere schleunigst den Ort, in welchem sie 50 Gefangene gemacht hatten.

1

vorgingen ; diese letzteren boten nicht blos der preufsischen Artillerie ein nicht zu fehlendes Ziel, sondern litten auch furchtbar unter dem mörderischen Gewehrfeuer der preufsischen Infanterie. Wir haben in dem preufsischen Angriffe auf Flavigny und das

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

35

6. Vom 2. französischen A.-C. kam zuerst die Brigade Valazé (Regimenter Nr . 32 und 55 ) in Unordnung, weil sie dem Andrange der 5. preufsischen Inf. -Division nicht zu widerstehen vermochte. Jetzt führte General Bataille persönlich die Brigade Fauvart- Bastoul vor, allein dieselbe wurde sofort von der preufsischen Artillerie in vernichtender Weise beschossen, besonders von den reitenden Batterien, welche auf der Kirchhofshöhe standen und die Brigade in der Flanke fafsten. Die Generäle Bataille und Valazé wurden verwundet, beide Brigaden kamen in Unordnung.

Nachdem zuerst die Brigade

Valazé gegen die Chaussee hin zurück gewichen war, folgte auch die Brigade Fauvart- Bastoul und in dem vernichtenden Feuer der preufsischen Artillerie artete der Rückzug in wilde Flucht aus . Zu dieser Zeit war Vionville bereits von den Preufsen erobert, bald darauf fielen das Wäldchen an der Cisterne und Flavigny in die Hände der siegreichen Brandenburger , nun flüchteten auch die Brigaden Pouget des 2. und Colin des 6. französischen A.-C. zurück. An diesem glücklichen Erfolge hatte das Massenfeuer der preufsischen Batterien einen ganz hervorragenden Anteil. Die Katastrophe war da .

7. Über die nun folgenden Reiterkämpfe wollen wir nur einige Worte sagen. Der Angriff von 7 Schwadronen der französischen. Garde-Kürassiere und der 3. Lanciers stiefs auf siegreiche Infanterie , wurde

aufserdem

durch

stehengebliebene Wagen und Lagerreste

aller Art wesentlich behindert und scheiterte unter ungeheueren Verlusten, wie dies gar nicht anders sein konnte.

Die Gegenattacke der

Husaren Nr. 11 und 17 hätte schöne Erfolge haben können, rechtzeitig ein zweites Treffen Reitern gefolgt wäre.

wenn

den zuerst siegreichen preufsischen

Dies war bekanntlich nicht der Fall und

daher verlief die Attacke ziemlich ergebnislos . Allerdings wurde der Generalstab des Marschalls Bazaine durch dieselbe gründlich zersprengt, so dafs der Marschall sich vom General Frossard 2 Generalstabs -Offiziere

zu seiner Begleitung erbitten musste, weil sein

eigener sehr zahlreicher Stab ihm völlig abhanden gekommen war. Auf die Leitung der Schlacht hat dieser Umstand jedenfalls lebhaft eingewirkt. Schon dadurch hat sich die Attacke der beiden HusarenRegimenter bezahlt gemacht, mehr als durch die Eroberung von 3 Geschützen, welche man leider stehen lassen musste, welche übrigens nach dem Arsenal von Metz zurückgeschafft wurden und also der französischen Feldarmee vorläufig verloren gingen . Die 6. Cav. -Division griff zu spät ein , sie stand zu weit zurück, die Befehlserteilung dauerte zu lange , auch bot das Gelände grofse Schwierigkeiten , weil man erst die Höhen ersteigen mufste. Als die 3*

Statistische und taktische Betrachtungen über die

36

preufsische Cavallerie endlich auf diesen Höhen anlangte , fand sie nicht mehr das fliehende 2. französische A.-C. vor sich , sondern die ganz intakten , frisch vorgehenden Garde - Grenadiere. Sehr richtig nahm der Kommandeur der 6. Cav. -Division unter diesen höchst ungünstigen Verhältnissen von der Durchführung einer grofsen Attacke Abstand, konnte aber nicht vermeiden , daſs namentlich die 3. Husaren durch das weittragende Gewehrfeuer der Franzosen schwere Verluste erlitten. 8. Nun erfolgten sehr ernste Gegenangriffe der Franzosen und zwar Seitens der Garde-Grenadiere in der Front gegen die preuſsische Artillerielinie , Seitens einiger Teile des 6. A.-C. gegen Vionville und Flavigny, sowie gegen die nördlich der Chaussee in schwerem Kampfe befindlichen Bataillone der Regimenter Nr. 20 und 24. Jetzt bewährte sich die Vortrefflichkeit der preufsischen Artillerie. Sie hatte sich sicher eingeschossen und überschüttete die französische Infanterie, sobald diese markirte Punkte im Gelände überschritt , deren Entfernung bekannt war, mit einem vernichtenden Feuer. Man liefs die Franzosen bis an einen solchen Punkt herankommen , dann begann die

preufsische Artillerie Schnellfeuer mit Granaten und erreichte

jedesmal , dafs die französischen Kolonnen zurückeilten und dafs die vorwärts derselben vorgehenden Schützenlinien den Kolonnen folgten. Bei Vionville gestaltete sich die Gefechtslage sehr ernst ,

denn

hier mufste die preufsische Infanterie gegen die Angriffe des 6. französischen A.-C. nach Norden Front machen. Allein es gelang auch hier , alle Angriffe der Franzosen auf die mit vielem Blut erkauften, schwer eroberten ,

preufsischen

Stellungen abzuweisen .

Allerdings

wurden dabei F/12 und II/52 derartig zusammengeschossen, dafs ihre Trümmer nach Verlust fast sämtlicher Offiziere und nach dem Verschiessen der gesamten Munition auf die Dörfer Vionville und Flavigny zurückwichen. Sehr schlimm gestaltete sich aber die Gefechtslage nördlich der Chaussee. Hier mufsten die 4 Bataillone der Regimenter Nr. 20 und 24 dem weit überlegenen Druck der Franzosen und ihrem mörderischen Gewehr- und Artilleriefeuer nachgeben, nachdem sie mehrere Angriffe siegreich zurückgeschlagen hatten .

Vergeblich griffen 4 Komp. Regts .

Nr. 78 und 8 Komp. Rgts . Nr . 91 hier in den Kampf ein. Die Übermacht der Franzosen war zu grofs, das Gelände zu ungünstig . Hier drohte eine Katastrophe , nur eine opfermutige Reiterattacke konnte das Unheil abwehren. 9.

Es war etwa 2 Uhr nachmittags , als die Krisis des linken,

preufsischen Flügels ihren Höhepunkt erreichte. Jetzt erfolgte die Attacke der Brigade Bredow, 54 Schwadronen Kürassiere Nr. 7 und

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

37

Ulanen Nr. 16 mit 745 Säbeln. Der Erfolg dieser glänzenden Reiterthat ist bekannt ; wer sich für Einzelheiten interessirt, den verweisen Die Thätigkeit der Reiterei vom wir auf unsere kleine Schrift : 15. bis 18. August 1870. " 7 französische Batterien wurden von den preufsischen Reitern fürs erste verjagt, nachdem sie grofsenteils zusammengehauen worden waren ; das Regiment Nr. 93 wurde völlig durchritten , ebenso das 2. Treffen der französischen Infanterie ; die Katastrophe trat erst ein, als 23 frische französische Schwadronen von allen Seiten über die ermatteten Reste der 5/4 preufsischen Schwadronen herfielen und bei der riesenhaften Überlegenheit ihnen freilich den Garaus bereiteten . Wenn anstatt der 534 etwa 30 bis 40 preufsische Schwadronen die Attacke geritten hätten ,

was recht gut möglich war, dann würden

wir einen herrlichen Erfolg der preufsischen Reiterei zu verzeichnen haben. Es fehlte aber damals noch an einer einheitlichen Leitung der Schlacht auf deutscher Seite, denn Prinz Friedrich Karl war zur Zeit noch in Pont-à-Mousson. Im übrigen betonen wir nochmals , dafs die materiellen Erfolge der Attacke Bredow viel gröfser waren, als man bisher angenommen hat. Die von der Attacke betroffenen 7 französischen Batterien verloren allein 8 Offiziere, 154 Mann ; die 23 französischen Schwadronen bürsten 24 Offiziere ,

150 Mann ein ;

das

Regiment Nr. 93 verlor

26 Offiziere, 614 Mann ; vom 9. Jägerbataillon erlitten 3 Kompagnieen (von den übrigen 3 Kompagnieen besitzen wir keine Verlustangabe) einen Verlust von 4 Offizieren, 87 Mann, ohne die Vermifsten, welche wieder einmal nicht angegeben worden sind . Hierzu tritt noch der Verlust des 2. Treffens der französischen Infanterie . Berücksichtigen wir diese Dinge , so dürfte der Gesamtverlust der Franzosen , soweit sie von der Attacke Bredow betroffen wurden , die stattliche Ziffer von 1200 Mann erreichen. Rechnen wir die Hälfte dieses Verlustes auf andere Momente der Schlacht , so erhalten wir noch immer 600 Mann als Verlust der Franzosen durch die Attacke, während die Brigade Bredow selbst nur 18 Offiziere , 412 Mann bei ihrem kühnen Angriff einbüfste . In Wirklichkeit wird aber der Verlust der Franzosen noch gröfser gewesen sein , denn die 23 französischen Schwadronen haben ihre Verluste fast ausschliefslich im Reiterkampfe erlitten ; dasselbe dürfte nahezu für die 7 französischen Batterieen gelten und auch die Infanterie hat wohl mindestens die Hälfte ihrer Verluste in dem

wilden Durcheinander erlitten ,

Bredow hervorbrachte.

welches

die Attacke

Dafs dabei die Franzosen gewifs sehr durch

ihr eigenes wildes Feuer gelitten haben, ändert nichts an dem Sachverhalt.

Endlich sind aber aufser dem Regiment Nr. 93 und dem

Statistische und taktische Betrachtungen über die

38

9. Jägerbataillon

sicherlich

noch

andere

französische

Infanterie-

Truppenteile durch die Attacke in Mitleidenschaft gezogen worden , sodafs eine Verlustziffer von 800 Mann für die Franzosen kaum zu hoch gegriffen sein dürfte. 10. Begreiflicherweise konnte die Attacke der Brigade Bredow nur für kurze Zeit Luft schaffen , das Zurückweichen des linken. preufsischen Flügels jedoch nicht verhindern. Zwischen 2 und 4 Uhr nachmittags wuchsen denn auch die Aussichten der Franzosen auf einen grofsen Erfolg zusehends.

Es trafen nacheinander auf dem

rechten französischen Flügel ein : Die Divisionen Nayral und Aymard des 3. , die Divisionen Grenier und Cissey des 4. französischen A. - C .; einschliesslich der bereits von Anfang an hier fechtenden Division Tixier des 6. A.-C. verfügten

die Franzosen also um 4 Uhr nach-

mittags über 5 Infanterie-Divisionen , während auf deutscher Seite erst um 4 Uhr nachmittags die 20. Inf. -Division auf dem linken Flügel eintraf.

Schon die blofse Gegenüberstellung der beiderseitigen Stärke-

verhältnisse genügt, um die Möglichkeit nachzuweisen, dafs um diese Zeit der linke Flügel der Preufsen völlig über den Haufen gerannt werden konnte. Aller Heldenmut der Preufsen hätte dies nicht hindern können.

Wenn also von alledem nichts geschah , so ver-

danken wir das einzig und allein der Unfähigkeit der höheren und höchsten Führung auf französischer Seite.

11. Über den Angriff der 38. Inf. -Brigade und ihren opfermutigen Untergang ist schon soviel geschriebeu worden , dafs wir schweigen können. Dieser denkwürdige Vorgang ist durch Hönigs Forschungen so klar gestellt worden , dafs wir nichts besseres thun können , als auf diese Forschungen zu verweisen . Der rettende Angriff der 3 Schwadronen 1. Garde -Dragoner erreichte seinen Zweck wesentlich infolge der Überraschung und dank dem überaus fehlerhaften Verhalten der französischen Infanterie , welche sich mit dem Plündern der Toten und Verwundeten befafste und über den Leichen der 16 er und 57 er eine Art von Siegesrausch durchkostete , anstatt ihre Aufmerksamkeit dem Feinde zuzuwenden. Die Attacke kostete den Garde-Dragonern 85 Prozent ihrer Offiziere , 29,8 Prozent der Reiter, 57,74 Prozent der Pferde , allein sie machte sich durchaus bezahlt. Wir wollen aber bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen , das vortreffliche Verhalten der preufsischen Artillerie besonders zu betonen. 6 Batterien des 10. A.-C. unterstützten den Angriff der 38. Inf. - Brigade und deckten namentlich durch ihre rühmenswerte Thätigkeit den Rückzug der Trümmer der preufsischen Infanterie . Diese 36 preuſsischen Geschütze gaben dann dem vernichteten linken Flügel der Deutschen wieder einen festen Halt und trugen mächtig dazu bei ,

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

dafs die schwere Krisis glücklich überwunden wurde.

39

Ein guter Teil

der auffallend grofsen Verluste der Division Cissey ist wohl der Wirkung dieser 36 Geschütze zuzuschreiben . 12. Der grofse Reiterkampf bei Ville sur Yron wurde mit fast ganz gleichen Kräften durchgeführt. 2770 Säbel der Deutschen fochten gegen 2690 Säbel der Franzosen .

Ein völliger Sieg der deutschen

Reiter war das Ergebnis . Allerdings kamen noch zuletzt 12 Schwadronen der Cavallerie-Division Clérembault 3. französischen A.-C. auf dem

Kampfplatze an, (nicht

23 Schwadronen ,

wie

die

kriegsge-

schichtlichen Einzelschriften irrtümlich sagen), indessen wurden die an der Spitze befindlichen 4 Chasseursschwadronen von dem fliehenden Reitersturme der Franzosen einfach mit fortgerissen und die demnächst erscheinende Dragonerbrigade Maubranches mufste sich damit begnügen, auf einzelne noch auf dem Kampfplatze umherirrende deutsche Reiter Jagd zu machen. Das Gros der deutschen Reiter sammelte sich völlig ungehindert , die Franzosen machten keinen Wie ernsten Versuch, den Deutschen den Sieg streitig zu machen . dies in Folge des siegreichen Ausganges des Reiterkampfes erklärlich ist, verloren die Deutschen weniger als die Franzosen, nämlich etwa 40 Offiziere , 400 Mann gegen 80 Offiziere , 530 Mann der Franzosen. Allein das 2. französische Husaren-Regiment büfste 23 Offiziere ein . 13. Ein Blick auf die Pläne des Generalstabs -Werkes zeigt die Massenverwendung der preufsischen Artillerie. Schliefslich standen. auf dem rechten Flügel zwischen dem bois de Vionville und der Chaussee nördlich von Vionville 19 Batterieen - 114 Geschütze unter einer Führung vereinigt.

Diese ungeheuere Batterie vereitelte denn

auch alle frontalen Angriffsversuche der Franzosen, besonders der französischen Garde-Infanterie . sischen Infanterie

Man trat der angreifenden franzö-

auf Entfernungen von 4000 bis 800 Schritt mit

Granaten entgegen, ohne Unterstützung der eigenen Infanterie, von welcher rückwärts der Artillerie - Linie nur noch furchtbar zusammen

geschossene

Trümmer

vorhanden

waren ,

während

auf

beiden Flügeln derselben, in Vionville bezw . in Flavigny und im bois de Vionville die einzigen noch etwas kompakten Truppenteile Niemals gelang es den Franzosen, Stellung genommen hatten. näher als 800 Schritte an die preuſsische Artillerie heran zu kommen. Spätestens auf diese Entfernung wurde das Granatfeuer so mörderisch , dafs alles, was nicht liegen blieb, kehrt machte. Auch die Vorstöfse der preufsischen Infanterie aus dem bois de Vionville gegen Rézonville wurden von der grofsen Artilleriemasse wirksam unterstützt, indem die Verfolgung der Franzosen nach dem Mifslingen dieser Vorstölse sich an dem koncentrischen, frontalen, flankirenden,

Statistische und taktische Betrachtungen über die

40

ja selbst in der Längsrichtung wirkenden Granatfeuer brach.

Es

verdient besonders hervorgehoben zu werden, dafs Major Körber mit 5 Batterieen den Angriff der Franzosen aus den mittleren Tronviller Büschen gegen den südlichen Teil derselben selbstständig durch Granatfeuer zurückwies, wobei die französische Infanterie nicht weiter als bis auf etwa 1000 Schritt von der preufsischen Artillerie vorzudringen vermochte , dann aber zu eiligem Rückzuge in die Büsche gezwungen wurde. An dem grofsen Vorstofs

abends

gegen Rézonville nahm die

die preufsische Artillerie auch Teil , soweit sie noch bewegungs- und schufsfähig war.

Allerdings kamen die Batterieen gegenüber den

dichten französischen Massen in eine schwierige Lage ; die 6. leichte Batterie des 3. A.-C. stiefs z. B. auf wenige 100 Schritte Entfernung auf französische Garde-Grenadiere, machte sich aber mit Kartätschen und Granaten Luft und ging im Schritt zurück. Ohne die glänzende Mitwirkung ihrer Artillerie hätten die Deutschen nimmermehr den anfangs genommenen Boden behaupten können.

Der Artillerie gebührt das Hauptverdienst am Erfolge.

Es

hat sich am 16. August erwiesen , dafs man ein freies , übersichtliches Gelände am besten mit einer kolossalen Artillerielinie absperrt, welche letztere schon 1870 völlig dazu im Stande war, sich aller Frontalangriffe ohne jede Unterstützung durch Infanterie zu erwehren. 1870 verfügten wir nur über Granaten ,

noch dazu über Granaten ,

auf

deren Sprengwirkung unsere heutigen Artilleristen mit mitleidigem Lächeln zurückblicken. Heute besitzt die Artillerie weit vollkommenere Granaten und Schrapnels.

Wehe der Infanterie,

welche

zwungen ist, gegen eine grofse Artilleriemasse in offenem, deckungslosen Gelände vorzugehen ! 14. Gegen die Höhe

989

wurden im Laufe des Nachmittags

mehrere Angriffe ausgeführt, welche jedoch keinen Erfolg hatten , trotz der erschütternden Wirkung der preufsischen Artillerie gegen die Besatzung jener Höhe . Allerdings war gerade dieser Punkt von den Franzosen aufserordentlich stark besetzt ; aber es läfst sich auch nicht leugnen, dafs die Versuche der Preufsen, die Höhe zu gewinnen, der einheitlichen Leitung und zweckmäfsigen Anlage entZur Entschuldigung mufs man hier anführen, daſs es an Truppen frischen fehlte, und dafs die eintreffenden Verstärkungen Zunächst mehr rechts gegen Höhe 970 in Marsch gesetzt wurden. behrten.

erfolgte ein Vorstofs von 6 Comp. Regts. Nr. 78 , etwa um 4 Uhr nachmittags . Ungefähr zur selben Zeit griffen weiter links die BaIndessen zwischen beiden taillone I und II/12 dieselbe Höhe an.

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. Angriffen fehlte der rechte Zusammenhang und scheiterten unter schweren Verlusten .

beide

41

Vorstölse

Als die 3 Bataillone I und II/56, F/79 der 20. Inf.-Division hier zur Verstärkung eingetroffen waren, gingen sie gleichfalls gegen Höhe 989 vor. Es gelang dem rechten Flügel, bis zum Hange der Höhe vorzuprellen, jedoch wurde ein endgültiger Erfolg jetzt ebenso wenig errungen, als vorher. Nach 6 Uhr abends unternahmen die Franzosen einen energischen Vorstofs von der Höhe 989 herunter. Sie drängten die 56er zurück , welche sich am Hange eingenistet hatten ; im Übrigen scheiterte aber der Angriff der Franzosen ganz ebenso , wie vorher die preufsischen Angriffe. Das vernichtende Artilleriefeuer der Preufsen machte eine Besetzung jener Höhe fortan unmöglich, so dafs dieselbe unbesetzt blieb. Erst abends gelang es der preufsischen Artillerie, bei dem letzten allgemeinen Angriff der Deutschen auf Rézonville, die viel umstrittene Höhe zu krönen . Die Dunkelheit machte es jedoch der preufsischen Artillerie unmöglich , erfolgreiches Feuer abzugeben . 15. Noch weit blutiger, als der Kampf um die Höhe 989 geDer erste Angriff ging staltete sich das Ringen um die Höhe 970. etwa um 5 Uhr von I und F/72 aus ; er gelang, die Höhen wurden erstürmt, aber die gerade hier besonders zahlreichen französischen Reserven warfen die 72 er wieder zurück. Nun ging Regiment Nr. 40 zum Sturme vor, sein linker Flügel erreichte maison blanche ; wiederum aber behielten die französischen Reserven die Oberhand, sie warfen auch die 40 er wieder zurück . Jetzt trat Regiment Nr. 11 an die Stelle der bisherigen Angreifer, unterstützt von den in der Nähe befindlichen Teilen des Regiments Nr. 56. Abermals gelang es anfangs, die Franzosen weit zurück zu drängen,

da erschien die

1. Brigade

der Division Montaudon, die 5 Bataillone der Regimenter Nr. 51 und 62 zur Rettung der französischen Gardetruppen .

Auch Regiment

Nr. 11 mufste jetzt weichen, dagegen scheiterte vorwärts des Waldsaumes auch der Nachstofs der Franzosen am Schnellfeuer der Preussen . Um

7 Uhr abends veranlafste das vom westlichen Rande des

bois des Ognons gegen die Höhe 970 abgebene Flankenfeuer des Bataillons II/72 nochmals einen Angriff auf diese Höhe, also den. vierten. Alles was von der 5. und 16. Infanterie- Division noch am Waldrande lag, stürmte zum letzten Male gegen die Franzosen vor. Wiederum war zuerst ein Erfolg zu verzeichnen, wiederum aber ging dieser Erfolg gegenüber den französischen Reserven verloren . Allein die jetzt mehrmals wiederholten Angriffe der Franzosen gegen das bois de St. Arnould scheiterten ebenfalls blutig.

42

Statistische und taktische Betrachtungen über die

Man stach hier regelmäfsig in ein Wespennest hinein ; gerade auf ihrem linken Flügel hatten die Franzosen massenhafte Reserven aufgehäuft . das Garde-Corps, die Division Levassor-Sorval des 6. A.-C., die 1. Brigade der Division Montaudon , ganz abgesehen vom 2. A.-C. und der Brigade Lapasset. Deutscherseits fehlte hier der Raum zur Entwickelung gröfserer Truppenmassen, wie ein Blick auf den Schlachtplan lehrt.

Man darf also das sofortige Vorstürmen der nach und

nach eintreffenden preufsischen Truppen, der Regimenter Nr. 72, 40 und 11 nicht engherzig verurteilen. Es war sehr erklärlich, dafs jeder frische Truppenteil das eifrige Bestreben hatte, den schwer bedrängten Kameraden so schnell als möglich Hülfe zu bringen. Dies Bestreben verdient keinen Tadel, vielmehr das höchste Lob. Aber eine Eroberung der Höhe 970 konnte erst gelingen, wenn die Deutschen im unbestrittenen Besitze der Höhe 989 waren und ausferdem

vom

bois des Ognons

aus

die

Höhe 970 flankiren konnten.

Letztere Möglichkeit bot sich erst 7 Uhr abends und zur Erstürmung der Höhe 989 hätte man der Gefechtskraft einer vollen frischen Infanterie-Division bedurft. handen.

Diese frische Division war aber nicht vor-

Es würde also sehr falsch sein, wenn man heute etwa die

heldenmütigen Angriffe der Preufsen auf die Höhe 970 vom Schreibtische aus verurteilen wollte. Dafs sie nicht vergeblich waren, bewies das Leichenfeld, welches gerade hier die Franzosen dem Sieger am nächsten Tage hinterliefsen . Die Angriffe haben keinen endgültigen Erfolg gehabt, aber

Gott gebe, dafs wir stets dieselbe

Opferfreudigkeit in einem zukünftigen Kriege beweisen möchten,

wie

die braven Regimenter Nr. 72 , 40 und 11 sie hier zu ihrem unvergänglichen Ruhme bewährt haben. Dann wird auch in Zukunft der Sieg unsere Fahnen nicht verlassen . 16. In Bezug auf die Verluste der Division Cissey bemerken wir noch folgendes . Um der Wahrheit möglichst auf die Spur zu kommen, haben wir die Verluste dieser Division in allen August- Schlachten einschl . der Schlacht von Noisseville nach Dick zusammengestellt und dann das erzielte Ergebnis mit einem französischen Stärkerapport verglichen, welcher vom 8. September datirt ist und die Stärke der Division Cissey an diesem Tage auf 177 Offiziere, 5983 Mann angiebt. In dieser Stärkeangabe sind aber nach französischem Brauche auch die Divisions-Artillerie, die Genie-Compagnie, die services administratifs und der train des équipages militaires mitenthalten.

Diese Kategorie

von Truppen bezw. Verwaltungszweigen wird in dem Stärkerapport vom 13. August, also vor den August- Schlachten, mit 568 Mann beziffert.

Hier liegt aber offenbar ein Versehen vor, denn die Artillerie

der Division

Cissey wird hier nur mit 16 Offizieren ,

337 Mann ,

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

43

456 Pferden beziffert, die Artillerie der Division Grenier dagegen mit 13 Offiz . , 503 M. , 442 Pfd. , die der Division Lorencez mit 16 Offiz ., 495 M., 450 Pfd.

Da nun die Artillerie der Division Cissey ganz

ebenso wie diejenige der Divisionen Grenier und Lorencez je 3 Batterien zählte, so wird man sie ebenfalls mit rund 500 Mann berechnen, mithin jenen 568 Mann noch 163 Mann hinzurechnen müssen . Dies ergiebt dann 731 Mann . Nun hat aber die Artillerie der Division. Cissey nicht unbedeutende Verluste erlitten, nämlich : am 14. August. 16 M., am 16. 6 M., am 18. 48 M. , bei Noisseville 3 M., zusammen also 73 Mann. Diese 73 Mann würden also von den 731 Mann abzuziehen sein,

was 658 Mann ergiebt.

Wir erhalten dann für die

Infanterie der Division Cissey am 8. September eine Stärke von 5325 Mann = 4675 Gewehren. Die Division zählte am 14. August 8450 Gewehre , ihr Verlust bis zum 8. September betrug mithin 3775 Mann . Nach unseren Nachforschungen stellt sich nun der Verlust der Division Cissey am 14. August auf 100 M. , am 16. auf 1550 M. , am 18. auf 1700 M. , bei Noisseville auf 700 M.; zusammen auf 4050 M. Die Differenz von 275 Mann ist dadurch zu erklären ,

dafs manche

Vermisste sich wieder bei der Truppe einfanden , und dafs zahlreiche Leichtverwundete bis zum 8. September wieder hergestellt worden sind. Wie schwer es ist, bei den französischen Verlusten das Richtige zu treffen,

davon nur ein Beispiel .

Dick giebt für das 20. Jäger-

Bataillon der Division Cissey den Verlust am 14. August auf 2 Offiz . , 23 M. , am 16. auf 5 Offiz., 78 M. , am 18. auf 4 Offiz . , 89 M. tot und verwundet, zusammen auf 11 Offiziere, 190 Mann an. Dies stimmt genau mit der Angabe des historique des 20. Jäger-Bataillons überein , nur nennt das Büchlein auch noch 32 Mann „ disparus “ , welche Dick aber einfach verschweigt. Wir stimmen mit Hönig darin überein, dafs es unbegreiflich erscheint, wie die Division Cissey so grofse Verluste am 16. August hat erleiden können . Vermutlich ist das preufsische Granatfeuer sehr wirksam gewesen, was sich bei der engen Massirung der Division Cissey wohl erklären läfst ; dann aber glauben wir, im Gegensatze zu Hönig und auf Grund der französischen Darstellungen, dafs das Feuergefecht der 38. Infanterie-Brigade wenigstens auf ihrem linken Flügel denn doch recht bedeutende Erfolge aufzuweisen hatte ; gerade auf den linken Flügel dieser Brigade,

also auf das Regiment Nr. 16

erfolgte aber vornehmlich der Angriff der Division Cissey. Die Ziffer von 1550 Mann tot, verwundet und vermifst erscheint freilich trotzdem überraschend grofs ; aber sollten nicht vielleicht die Franzosen sich selbst erhebliche Verluste beigebracht haben? Thatsächlich

Statistische und taktische Betrachtungen u . s. w.

44

stiefs die Brigade Bellecourt der Division Grenier, Regimenter Nr. 13 und 43 , bei ihrem Vorgehen auf Mars la Tour im spitzen Winkel auf die Frontlinie der Division Cissey. Gegen diese Brigade erfolgte aber der Angriff der Garde-Dragoner Nr. 1 ; die beiden ersten Treffen der Brigade wurden von den Garde-Dragonern durchritten und zur Flucht gezwungen, selbst das dritte Treffen geriet in Verwirrung. Jedenfalls hat nun die Brigade Bellecourt in diesem wilden Durcheinander ein ganz regelloses, aber überaus heftiges Schnellfeuer eröffnet, welches nicht blofs den tapferen preufsischen Reitern, sondern auch der Division Cissey Verderben gebracht haben kann. Auf diese Weise würde man am leichtesten in der Lage sein, den schier unglaublich grossen Verlust der Division Cissey sich zu erklären. Wir sind der Ansicht, dafs auch bei der Attacke Bredow

das

französische Gewehrfeuer so manchen Franzosen niedergestreckt hat, dafs daher die grofsen Verluste der Franzosen zum Teil stammen. Warum sollte denn nicht bei der Attacke der Garde-Dragoner das Gleiche eingetreten sein ? Wie dem aber auch sei, die Franzosen haben oft genug ihre Verluste zu gering angegeben, niemals aber zu hoch.

Wir müssen daher an den offiziellen Verlustangaben der

Franzosen, als an einem Minimum festhalten, so lange die Franzosen nicht selbst ihre bisherigen Angaben berichtigen und diese Berichtigung auch glaubhaft nachweisen wollen . Wir haben diese Berechnung etwas eingehender durchgeführt, als vielleicht notwendig gewesen wäre . Wir wollten aber dadurch dem Leser ein Bild von der gewaltigen Mühe und Arbeit verschaffen, welche einer Berechnung der Stärke und der Verluste der Franzosen jederzeit vorauf gehen mufs . Im Übrigen ist der Gesichtspunkt, welchen wir soeben klar gelegt haben, auch für die Zukunft wichtig; dafs nämlich im Falle eines entschlossenen Angriffs von Reiterei auf augenblicklich nicht recht in gehöriger Gefechtsformation befindliche, womöglich bereits stark erschütterte feindliche Infanterie, das Feuer der letzteren den eigenen Truppen mitunter gröfsere Verluste beibringen kann, als den angreifenden Reitern . Wer die Darstellung Hönigs von dem Angriffe der Garde-Dragoner aufmerksam liest, wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, dafs das wilde Feuer der französischen Infanterie den eigenen Truppen recht verderblich geworden sein mufs, besonders wenn man sich daran erinnert, dafs die Franzosen es sehr liebten, von der Hüfte aus zu schiefsen .

(Schlufs folgt.)

II.

Einiges aus der

Geschichte der Feldzüge des Herzogs

Ferdinand von Braunschweig - Lüneburg. *)

Von Frh. v. Bothmer, Oberst a. D.

Das in Rede stehende Werk **) gewährt uns durch die Fülle der dort gebotenen, hauptsächlich zwischen dem Herzog und seinem GeheimSekretär Westphalen unmittelbar vor und nach den Aktionen geführten Korrespondenzen ein möglichst anschauliches Bild der Motive , die diese Aktionen hervorriefen , sowie des Verlaufs derselben und giebt uns eine erschöpfende Charakteristik der Ober- und Unterführer der alliierten Armee. Wie ein roter Faden zieht sich durch die Korrespondenz eine sehr scharfe, ja zuweilen nicht ganz gerechte Beurteilung der meisten Generale und sonstigen Führer der Kur-Hannoverschen Truppen , die dann in den fast ausschliefslich von der Hand Westphalens redigierten Erlassen des Herzogs oft einen recht bitteren Ausdruck findet. Der mafsgebende und auch sehr verdiente Einflufs Westphalens auf den Herzog ist historisch und als überall bekannt vorauszusetzen . Er war der vertrauteste Freund des Herzogs , sein Ratgeber in nicht *) Anmerkung des Leiters. Wir erinnern daran, dafs in diesem Monat 100 Jahre vergangen sein werden , seit dem Ableben dieses langjährigen , treuen Waffengefährten Friedrichs des Grofsen. Geboren am 12. Januar 1721 zu Braunschweig, starb er daselbst am 3. Juli 1792. -· Die Geschichte verzeichnet seinen Namen unter denjenigen der hervorragendsten Feldherren aller Zeiten ; auf dem Friedrichs-Denkmal in Berlin ist des Herzogs Ferdinand Standbild zu Pferde der Nachwelt zu rühmendem Andenken überliefert worden. **) ,,Geschichte der Feldzüge des Herzogs Ferdinand von BraunschweigLüneburg." Nachgelassenes Manuskript von Ch. H. Ph. Edler v. Westphalen. Herausgegeben von F. O. W. H. v. Westphalen , K. Pr. Staatsminister a. D. Berlin 1859. R. Decker.

46

Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des

allein privaten, sondern auch politischen und militärischen Angelegenheiten. Ihre Korrespondenz ergiebt , dafs der Herzog fast nie Maſsregeln traf, ohne Westphalens Rat einzuholen , dem er meistens und nicht zu seinem Schaden folgte. Daraus ergiebt sich aber folgerecht, dafs Westphalens Beurteilung der Menschen, seine Vorliebe für, seine Abneigung gegen einzelne derselben, wenn auch nicht mafsgebend, doch beeinflussend auf den Herzog einwirkte . Das Verhältnis zwischen dem General-Adjutanten von Reden. (Hannoveraner) und Westphalen war kein gutes ; ebenso lässt sich daraus , dafs ein Briefwechsel irgend eines Hannoverschen Offiziers mit Westphalen nicht stattfand, schliefsen , dafs ihm dieselben ferner standen , wie die der andern alliierten Truppen , von denen er häufig Briefe empfing, die deutlich zeigten , wie sie in ihm die rechte Hand Die Hannoverschen Generale waren des Herzogs anerkannten . meistens den vornehmsten Familien des Landes entsprossen , bei denen sich während des damals schon 50 Jahre in Abwesenheit der Kurfürsten bestehenden Adels - Regimentes ein über Gebühr hohes Standesbewusstsein und ein Stolz herangebildet hatte , dem es schwer ward, einen nach ihren Begriffen weit unter ihnen stehenden Mann, mochte er auch noch so tüchtig sein , als mafsgebende Persönlichkeit neben den Welfischen Fürsten, den nahen Verwandten ihres Kurfürsten anzuerkennen. Da mögen die stolzen Männer (nennt doch der Herzog selbst in der Randbemerkung zu einem Briefe den Hannoverschen General Graf Kielmansegge le fier Artaban" ) dem Sekretär dessen vermeintlich niedere Stellung durch Übersehen oder sonstige BrusDafs Westphalen querien bemerkbar zu machen versucht haben. sich dadurch verletzt fühlte ist natürlich , und menschlich war es , dafs er eher dahin neigte , dem Herzog die Schwächen und Fehler seiner Antagonisten gröfser hinzustellen als abzuschwächen , wie er es bei ähnlichen , andere Offiziere betreffenden Angelegenheiten gelegentlich that. Gewifs haben die Hannoverschen Generale Fehler gemacht, nicht immer den notwendigen Anforderungen entsprochen , aber meistens wurde es hart und ohne jegliche Rücksicht gerügt . Das war ja in der Ordnung, aber was dem einen recht, ist dem andern billig ; englische , hessische , braunschweigische Generale wurden bei vielleicht gröfseren Verstöfsen viel rücksichtsvoller behandelt , kaum ein Wort des Tadels traf sie. Der verdiente General, nachheriger Feldmarschall von Spörken verliefs im Herbst 1761 tiefgekränkt die Armee , weil er auf die Meldungen Riedesels , eines der tüchtigsten Führer leichter Truppen , fufsend , die Situation eines vorgeschobenen Detachements (General von Mansberg bei Neuhaus im Solling, 12. September 1761 )

Herzogs Ferdinand von Braunschweig- Lüneburg .

47

nicht so gefahrvoll ansah , als sie sich später herausstellte ; Mylord Gramby, der im Herbst 1762 dem Kampfe des Generals von Freytag gegen weit überlegene Feinde aus unmittelbarer Nähe Gewehr am Fufs zuschaute ,

erhielt kein Wort des Tadels .

Die gnädigen Ge-

sinnungen , welche der Herzog seinen alten Hannoverschen Waffengefährten in späteren Jahren bewahrte, der freundschaftliche Verkehr mit vielen derselben in seiner Zurückgezogenheit zu Vechelde sprechen auch dafür, dafs manche Härten gegen sie auf Westphalens Beeinflussung zurückzuführen sind . Aber sei dem , wie es wolle , das Faktum manchmal harter, ungerechter Beurteilung ist nicht zu leugnen und das Andenken verdienter Generale wird durch sie getrübt. Auch der später Hannoversche Feldmarschall von Freytag hatte als Führer des rühmlichst bekannten Freytagschen Jäger-Corps und als Führer gröfserer Detachements mehrfach empfindlich unter der Ungnade des Herzogs zu leiden . Möge es im Folgenden gelingen , den verdienten Mann von einigen der ihm gemachten Vorwürfe

zu

reinigen .

Den ersten Ausdruck des herzoglichen Un-

willens gegen Freytag finden wir in Randbemerkungen des Herzogs zu 2 Meldungen jenes vom 25. und 28. Juli aus Scharzfeld am Harz. Zu der ersten bemerkt der Herzog : „Voila tout mon projet de les marches marches et renversé par les et contre - marches du Sieur

diversion

Freytag. Qu'en sera - t - il ? " - Zu der 2 .: „ Il me paraît que beaucoup de confusion regne dans cette tête . Et ce sont beaucoup de projets à perte de vue, mais qui parviennent rarement à maturite " . Wie lagen die Verhältnisse ?

Freytag hatte am 29. Juni 1759

vom Herzog auf dessen Rückmarsch von Rietberg und Difsen den Befehl erhalten, sich mit je einer Jäger - Compagnie zu Fufs und zu Pferde in den Solling zu werfen , das dort schon postirte Stockhausensche Jäger- Corps und 400 Grenadiere und 200 Dragoner der Garnison von Hameln an sich zu ziehen und dem Feinde nach Möglichkeit Abbruch zu thun .

Freytag nahm noch eine 2. Jäger-

Compagnie und ein Detachement berittener Jäger , die , wie er , im Rücken der feindlichen Armee agirten mit sich und erreichte seinen Bestimmungsort . Am 22. Juli marschirte er mit den Jägern nach Scharzfeld, um, gestützt auf diese Bergfestung , französischen Streifcorps entgegenzutreten , die in beträchtlicher Stärke das Hohensteinsche und Göttingsche überschwemmten. Im Solling liefs er Stockhausen und die Dragoner zurück, die Grenadiere waren schon früher wieder nach . Hameln beordert ! Von Scharzfeld aus schickte Freytag die oben erwähnte erste Meldung unter Darlegung der Gründe , die ihn zu seinem Marsche

48

Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des

veranlasst hatten ; er stellte seine Rückkehr in den Solling in 3 Tagen in Aussicht. Der Herzog stand um diese Zeit der französischen Armee bei Minden gegenüber. Am 25. Juli wurde beschlossen, das Corps des Generals St. Germain , welcher auf dem linken Ufer der Weser Hameln blokirte , am 28. von dieser Festung aus anzugreifen, um ihn zu verhindern, der bekannten Diversion des Erbprinzen, die zum Gefecht von Gohfeld führte , entgegenzutreten. Zum Angriff waren sämtliche auf dem rechten Weser-Ufer befindlichen Truppen bestimmt, Freytag wurde mit der Leitung beauftragt.

Der Befehl wurde am

25. nachmittags expedirt und kam , wie die 2. Meldung Freytags zeigt , erst an diesem Tage abends 9 Uhr in seine Hände ; verspätet, da man im Hauptquartier seine neu gewonnene Stellung nicht kannte . Dadurch erreichten die Truppen Freytags erst teils am 29. Hameln , teils am 30. Bodenwerder, während St. Germain schon am 29. morgens zur Verstärkung der Armee bei Minden abmarschirt war. des Hauptquartiers war vereitelt. meines Erachtens nicht.

Das Projekt

Traf Freytag hier eine Schuld ?

Nach den hinterlassenen eigenhändigen Aufzeichnungen Freytags lautete der am 29. Juli erhaltene Befehl im Schlufspassus allerdings wörtlich

mit diesem Corps in jener Gegend (dem Solling) dem Feinde

soviel wie möglich Abbruch zu thun . Unmöglich konnte Freytag doch diesen Befehl so auffassen , er dürfe den Solling überhaupt nicht verlassen, sondern so , von hier aus solle er seine Streifzüge machen und dorthin immer den gesicherten Rückzug nehmen. Als er am 5. Juli das Regiment Volontaires d'Alsace vernichtete und zwar bei Minden , als er bei Witzenhausen sehr glückliche Coups ausführte , traf ihn kein Wort des Tadels , im Gegenteil fand er die volle Anerkennung des Herzogs . -Was sollte er auch im Solling selbst, hier gab es keine von Kassel in nördlicher Richtung führenden Straſsen ; etwa die Zufuhr auf der Weser stören, die verbot schon die Festung Hameln . Vom Solling aus konnte Freytag allerdings die grofse Strafse Kassel, Göttingen , Hannover, respektive Minden beobachten , aber nicht die von Duderstadt, Osterode, Seesen ins Braunschweigsche führende , dazu war der Posten bei Scharzfeld wie geschaffen. Da aber gröfsere feindliche Abteilungen bei Duderstadt standen , durfte die letztere Strafse nicht aus dem Auge gelassen werden. Die im Hauptquartier über die beabsichtigte Expedition nach Hameln geführte Korrespondenz beweist , dafs der Herzog sich viel davon versprach.

Er hatte anfangs die Absicht, sie mit bedeutenden

Kräften zu unternehmen , um den Gegner für seinen Rücken besorgt zu machen ;

erst die Erwägung , dafs Detachierungen seinerseits auf

Herzogs Ferdinand von Braunschweig- Lüneburg.

49

das rechte Weser-Ufer ebensolche Contades hervorrufen würden und so der Krieg leicht auf dieses Ufer hinüber gespielt werden könne , dann Verpflegungs - Rücksichten, brachten ihn von dieser Idee ab. Die damalige Unzufriedenheit des grofsen Königs mit den Maſsnahmen des Herzogs , die nichts weniger als günstige strategische Lage , in der sich dieser befand ,

alles das

mag den Herzog wohl erbittert

haben, so dafs die Vereitelung eines Lieblings-Projektes ihn mehr erregte, wie unter anderen Verhältnissen . Am 14. August schrieb der Herzog aus Stadtberge an Freytag: „Ich würde mir ein Vergnügen daraus machen, Ihnen auch darin itzo zu danken, wenn die unter Ihrem Commando gestandenen Truppen nur blos das bei Verfolgung des Feindes gethan hätten , was ihre Schuldigkeit gewesen wäre, unerachtet ich aus mehr als einem Motif mir zu versprechen Ursache hatte, dafs selbige bei diesem Vorfall etwas aufserordentliches thun würden. Ich habe aber leider erfahren müssen, daſs diese an sich sonst brave Truppen , bei dieser gewünschten Gelegenheit wenig Ehre erworben haben. Der Herr Oberstlieutenant werden die Ursache davon zu approfondiren wissen. Ich meines Orts kann mich nicht entbrechen, Ihnen bemerklich zu machen , dafs Sie seit dem 20. oder 21. vergangenen Monats wenigstens 11 differente Projecte formirt haben, ohne ein einzigstes davon zu executiren ; und so wird es Ihnen allemahl ergehen , wenn Sie sich nicht attachiren , das gegenwärtige auszurichten ; denn wenn Sie in dem Augenblicke, da sie ein Project ausführen wollen , ein anderes concipiren und das erstere darüber liegen lassen, so ist es kein Wunder, wenn die Truppen unnütziglich werden und nichts fruchtbarliches zum Dienst des Königs ausgerichtet wird. Ich hoffe , dieselben werden sich angelegen sein lassen , alles dieses wieder einzubringen a. a. s. " Man steht beim Lesen dieses Briefes was rechtfertigt denselben?

wie vor einem Räthsel ;

Schlechte Haltung der Truppen, hervor-

gerufen durch schlechte Führung, der es an der nöthigen Energie mangelt, Mafsregeln durchzuführen und so, von einem Projekt auf das andere fallend, die Truppen aufreibt ; wahrlich einer der härtesten Vorwürfe, die einen Führer treffen können. Das Westphalensche Werk, wie auch kein anderes mir bekanntes, geben auch nur in einem Worte Aufklärung darüber, was Freytag verschuldet hat und so bleibt uns nur übrig, an der Hand des ersten Buches und Freytag's eigenhändigen Aufzeichnungen dessen Thätigkeit vom 21. Juli bis 14. August zu folgen . Vom 22. Juli bis 27. morgens haben wir Freytag bei Scharzfeld getroffen ; er für seine Person traf am 28. in Hameln ein, seine Truppen erst am 29. und 30. St. Germain war am 29. morgens Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 1. 4

Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des

50

abmarschirt, statt seiner bezog das Lager, wo die Artillerie verblieb, der General Waldner , von Cassel kommend , mit 2 Infanterie- und 1 Cavallerie - Regiment.

Freytag griff vorgeschobene Piquets

am

Abend des 29. an und warf sie auf das Hauptcorps zurück, ein nächtlicher Überfallsversuch wurde durch die Wachsamkeit des Feindes vereitelt.

Der am 30. auf die starke Stellung Waldner's

auf den

Höhen von Multhöpen gemachte Angriff wurde durch die überlegene Artillerie abgeschlagen ; am 31. versuchte Freytag seinen Gegner aus seiner Stellung zu manövriren ,

alles vergeblich .

Da entschlofs sich

Freytag am 1. August mit 400 Jägern und 150 Dragonern in die Gegend von Paderborn und Bielefeld zu gehen um die feindliche Zufuhrstrafse zu unterbrechen . Zur Beobachtung Waldner's blieb der aus Hameln verstärkte Rest der Freytagschen Truppen, die jenen auch festhielt bis ihn die Nachricht von der verlorenen Schlacht bei Minden zum Rückzuge über Pyrmont nach Detmold veranlafste. Der Commandant von Hameln hatte dem Herzoge geschrieben : Die Stellung Waldner's ist eine derartig feste, etwas wird ausrichten können.

dafs Freytag unmöglich gegen sie

Über Freytag's Thätigkeit vom 1. bis 4. August geben seine umständlichen Berichte an den Herzog d. d . Bodenwerder, d. 5. August 1759 (W. Band 3 , Seite 568-570) genaue Auskunft.

Westphalen er-

wähnt diese Actionen Freytag's in einem Briefe an Heinichen . (S. 532.) Die ferneren Operationen Freytag's sind in seinem Rechtfertigungsschreiben an den Herzog d . d . Unter-Rose, d . 1. Septbr. (W. Band 3 , S. 677-79 ), welchem ein Kriegs -Diarium vom 4. bis 14. August beigelegt war und ebenso in den handschriftlichen Aufzeichnungen Freytag's klar dargelegt. Mit dieser Rechtfertigung scheint man im Hauptquartier die Sache als erledigt angesehen zu haben. Der Marsch Freytag's von Hameln nach der Senne war allerdings ein Projekt, aber den Vorwurf, es nicht durchgeführt zu haben, kann man ihm doch unmöglich machen, denn er ging erst von dort in die Gegend von Detmold zurück, als ihm der Rückzug der Franzosen nach der Mindener Schlacht hier das Feld zu einer erspriefslichen Thätigkeit eröffnete . Es ist ja nicht ausgeschlofsen, dafs es ihm , blieb er bei Hameln, gelingen konnte, dem General Waldner auf dessem Rückzuge grofsen Abbruch zu thun, aber er konnte doch die Katastrophe von Minden nicht voraussehen. Der Erbprinz spricht sich in den Berichten über die Verfolgung Contades , wie auch in Briefen an Westphalen , durchweg anerkennend über seine Unterführer aus und erwähnt mehrfach die Thätig-

Herzogs Ferdinand von Braunschweig- Lüneburg.

keit Freytag's ! ——

51

Die Resultate dieser Verfolgung waren gleich Null ;

die Ursachen zu erwägen ist hier nicht der Platz . Die letzte günstige Gelegenheit Contades eine tüchtige Schlappe beizubringen, war, als dieser die Defileen bei Ober- Scheeden zwischen Dransfeld und Münden passirte , welche Freytag schon am 7. August , allerdings nur mit den ihm zur Disposition stehenden schwachen Kräften , etwa 1600 Mann und 4 Kanonen , besetzt hatte. Auf speziellen

Befehl des Erbprinzen mufste Freytag

diese

Stellung verlassen, um den Feind in dessen rechter Flanke anzugreifen ; hier in weniger günstiger Lage wurde er nach rühmlichem Kampfe gegen bedeutende Übermacht, in dem er eine Kanone erbeutete, zurückgeworfen. Der Herzog äufsert sich in seiner Korrespondenz fast garnicht über seine Dispositionen zur Verfolgung. träglich selbst nicht zufrieden

War er mit diesen nach-

oder mit der Ausführung derselben

durch den Erbprinzen und mufste Freytag den Sündenbock spielen ? Die wiederholten Äufserungen des Herzogs in seinen Briefen an den König über die wunderbare Haltung der französischen Armee klingen fast wie eine Entschuldigung.

Zeit sich zu retabliren war der Armee

genügend gelassen. Freytag sagt in seinen Aufzeichnungen :

„ Dieser Feldzug 1759

ist für mich der längste und fatiguanteste, aber auch der glücklichste des ganzen Krieges gewesen, indem ich über 600 Meilen marschirt war und mehr als 130 Offiziere und 1700 Mann unter meinem Kommando und in meinem Beisein zu Gefangenen gemacht worden sind ". Freytag wurde am 25. September aufser der Tour zum Oberst befördert.

Dieses ist wohl auf die Initiative des Herzogs zurückzuführen, denn der General von Spörcken , Kommandirender der hannoverschen Truppen, scheint nicht ganz damit einverstanden gewesen zu sein, wenigstens bat er den König, einigen übergangenen Oberstlieutenants wenigstens den Titel Oberst zu verleihen . Der König schlug ihm aber diese Bitte ab : „ Offiziere, die sich besonders distinguiren, müssen auch besondere Merkmale meiner Gnade haben". Im Feldzuge 1760 wurde der Oberst von Freytag im siegreichen Gefecht bei Emsdorf, als er als Führer der Avantgarde des Erbprinzen mit seinen Jägern eine am Eingange

des Dorfes stehende Kanone

nahm und dabei in das dichteste Handgemenge kam, schwer verwundet. Er erhielt bei der persönlichen Gefangennahme eines französischen Offiziers einen Schufs durch den Unterleib, der den rechten Hüftknochen verletzte . Erst am 19. Mai 1761 konnte er, noch nicht völlig geheilt, zur Armee zurückkehren . Am 19. Juli 1761 erliefs der Herzog

an Oberst von Freytag 4*

52

Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des

ein Dankschreiben (W. Band II, S. 604) für das bisher in diesem Feldzug geleistete, voller Anerkennung für ihn und das rühmliche Verhalten der Jäger. Königs empfehlen. major befördert.

Er werde Freytag der besonderen Gnade des

Freytag wurde schon am 25. August zum General-

Mitte August wurde General von Luckner mit einem gröfseren Corps auf das rechte Weserufer geschickt und ihm der dort mit der Jäger-Brigade Linsingen,

den Braunschweigischen Jägern und dem

Stockhausenschen Corps stehende General Freytag unterstellt. In dem Bericht über das Gefecht bei Uslar an den Herzog sprach sich General Luckner sehr tadelnd über das Benehmen der Jäger aus , die nicht in's Feuer zu bringen gewesen wären . Der Herzog versah den Bericht mit folgender Randbemerkung: „ La conduite des chasseurs mériterait la plus grave punition , ou au moins un examen des plus rigoureux. Il faut en faire un Extrait pour Spörcken et pour le Duc mon Frère ,

enfin que ceux-là ordonnent

l'examen et la perquisition de tout ceci ; et leurs infligant leur juste punition. " Was aus der Sache geworden ist , habe ich nicht auffinden können ; jedenfalls beweisen die im Archiv zu Hannover befindlichen Berichte des Oberst von Freytag und Oberstlieutenant von Stockhausen , dafs sich die Sache ganz anders verhielt wie Luckner sie berichtet . Dieser war in der Front zu frühe losgebrochen, die Umgehung der Jäger war dadurch nicht zur Perfektion gekommen und der Feind der nach dem gut durchdachten Plan wahrscheinlichen gänzlichen Vernichtung entgangen.

Im Hauptquartier musste es doch

zur Genüge bekannt sein , dafs Luckner zu seiner Entschuldigung auch nicht vor Unwahrheiten zurückschreckte und die Bemerkung des Herzogs hätte wohl etwas weniger hart und verletzend klingen können . Am 20. August ging die grofse französische Armee bei Höxter auf das rechte Ufer der Weser über und marschirte nach Eimbeck ; der Herzog blieb in Westfalen. Freytag , der sich vom Corps Luckner getrennt hatte, besetzte Herzberg am West-Harz , liefs Stockhausen dort zurück und setzte sich mit der Jäger-Brigade Linfingen und den Braunschweigschen Jägern in Osterode fest . Eine JägerKompagnie zu Fufs wurde nach Grund detachirt. Nach dem StärkeEtat vom Juli 1761 standen Freytag annähernd 1500 Mann ¿ur Disposition , die folgendermafsen verteilt waren : in Osterode etwa 400 Fufsjäger und ebenso viele zu Pferde, in Herzberg 400 Fufsjäger, 140 zu Pferde und in Grund 180 Fufsjäger. Freytag gegenüber im Lager von Catlenburg stand General

53 333

Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg.

Belsuce mit 8 Bataillonen und 3 Cavallerie-Regimentern 54 Meilen von Osterode entfernt ; die Vortruppen waren bis 1/4 Meile an diesen Ort herangeschoben. Stockhausen gegenüber auf dem Rothenberge stand Oberst Grandmaison mit dem Freicorps von Hennegau. Osterode und Herzberg liegen etwa 54 Meilen auseinander. Es fanden Ausgang August fortwährend Scharmützel zwischen den Vortruppen statt ; am 31. machte Belsuce einen ernsten Angriff mit etwa 1000 Mann auf Osterode, wurde aber mit Verlust von Gefangenen abgewiesen . Am 2. September griff Grandmaison Herzberg 6 Uhr Morgens mit 2 Kanonen an und delogirte Stockhausen. Eine Stunde später erschien Belsuce mit 4 Kanonen vor Osterode. Die Fufsjäger , die den Ort selbst anfangs verteidigten , wurden beim Verlassen desselben von feindlicher Cavallerie im Rücken gefafst , gänzlich auseinander gesprengt und 12 Offiziere wie 305 Unteroffiziere und Gemeine wurden zu Gefangenen gemacht. Die erste Äusserung des Herzogs über das traurige Ereigniſs finden wir in einem Briefe desselben an General-Lieutenant von Spörcken vom 6. September (W. B. 5 , S. 815) , in welchem er die Haltung der Jäger wenig umsichtig in den Vorkehrungen gegen Überfälle und in der Verteidigung sehr schwach nennt . Es stände leichten Truppen sehr wenig an , ihre Bequemlichkeit in einer Stadt zu suchen , sie hätten sich nicht rechtzeitig zurückgezogen und sich dann nicht geschlagen, wie es sein müsse. Dann die 2. Äusserung in einem Brief an Freytag vom 7. September (W. B. 5 , S. 817) : „Die Conduite der Jäger ist nicht die beste. Sie müssen künftig die Chefs der Brigaden schärfer halten. Jäger müssen bivakiren und nicht in den Städten liegen. Darüber , dafs Sie den Harz nicht verteidigen konnten , bin ich mir klar , aber Sie hätten sich ohne Verlust zurückziehen können. " Also der Hauptvorwurf aufser dem , die Chefs nicht in der Hand zu haben, war der, Freytag habe sich nicht rechtzeitig in den Harz zurückgezogen . Am 30. August (W. B. 5 , S. 783 ) befiehlt der Herzog dem General , er solle das Lager bei Catlenburg unausgesetzt im Auge behalten und in Erfahrung bringen, ob Einbeck fortifizirt und dort Bäckereien angelegt würden. Ferner am 31. August (W. B. 5 , S. 786) : „ Sollte Belsuce sich in das Halberstädtische ziehen , so müssen Sie demselben nicht sowohl vorzukommen als vielmehr in seinen Rücken zu marschiren suchen. " War Freytag imstande , diese Aufgaben zu lösen , Osterode und Herzberg verlor ?

Ein

oberflächlicher Blick

wenn

er

auf die

Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des

54

Karte zeigt , dass der Verlust dieser Orte jegliches Debouchee aus dem Harze in der Nähe des Objektes zur Unmöglichkeit machte. Aufserdem fand Freytag erst in Clausthal und Zellerfeld die Möglichkeit mit seinem Corps zu existiren. In Rücksicht hierauf konnte man dem General doch wohl keinen Vorwurf daraus machen , dafs er Osterode zu halten suchte . Ein Objekt , welches man verteidigen will , aber erst unmittelbar vor oder gar während des Angriffs zu besetzen , ist immer ein Fehler ,

deshalb mufste Osterode von den

Fufsjägern besetzt sein. Dafs die Besatzung durch den Angriff überrascht wurde, ist durch nichts erwiesen und auch wohl dadurch ausgeschlossen , dafs der General sich durch die Morgens 6 Uhr bei Herzberg fallenden Schüsse veranlafst sah , sofort auf eine Höhe zwischen den beiden Orten zu reiten , von wo er observiren konnte. Vielleicht war die momentane Abwesenheit Freytag's ver-

hängnifsvoll für den Ausgang, vielleicht hatte der Ausgang der Affaire vom 31. August zu sicher gemacht. Der Angriff Belsuce war sehr gut geplant und energisch durchgeführt ; mit schwächeren Kräften ging er direkt auf Osterode vor, den gröfsten Teil seiner Truppen liefs er Nachts in nördlicher Richtung bis Eisdorf marschiren, dann kehrt machen und von Norden angreifen. Von hier warf er sofort Cavallerie-Abteilungen , die denen Freytag's sehr überlegen waren , in den Raum zwischen der Stadt und den Defileen

der

Söse ;

die

berittenen Jäger wurden zurückgedrängt,

dann in Schach gehalten und nun den zurückkehrenden Jägern die Katastrophe bereitet, bei der auch abgesessene Fernay Dragoner, die den Waldrand besetzten, eine grofse Rolle spielten (Les guerres sous Louis XV par le général Comte Pajol Band 5 S. 205) .

Hier wird die

Zahl der Gefangenen zu 17 Offizieren und 450 Mann angegeben , das wäre mehr wie überhaupt in Osterode waren. Vielleicht kann man Freytag einen Vorwurf daraus machen , dafs seine Patrouillen den Nachtmarsch nicht entdeckten , aber bei der Ueberlegenheit Belsuce's war es diesem leicht , es durch einen dichten Vorposten- Schleier zu verhindern. Der Schlufs - Passus des Herzoglichen Briefes (W. B. 5 , S. 817 ) ist übrigens mit dem übrigen Inhalt des Briefes nicht recht in Einklang zu bringen ; er lautet : „ Ich lege Ihnen übrigens persönlich bei

der Affaire vom 2. nicht das allergeringste zur Last , unverändert. "

sondern bin

Am 18. August 1761 begann der Herzog den 2. Vormarsch nach Hessen , um Broglie zu vermögen , Hannover zu räumen. General Luckner und Oberstlieutenant von Riedesel wurden auf das linke Weser-Ufer

zurückgerufen .

Auf dem rechten Ufer blieb General

Herzogs Ferdinand von Braunschweig- Lüneburg.

55

von Freytag mit einer Brigade Hannoverscher Jäger , dem Stockhausenschen Corps , dem Braunschweigschen Jäger-Corps und 4 Eskadrons Luckner Husaren unter Major von Minnigerode zurück mit dem Auftrage, die feindlichen Truppen unausgesetzt im Auge zu behalten und jede Bewegung derselben schleunigst zu melden . Zu dieser Riesenaufgabe standen Freytag etwa 1200 Pferde und 800 Jäger zu Fufs zur Disposition und letztere auch nur in dieser Anzahl, wenn die Gefangenen von Osterode, welche am 5. September in Höxter ausgewechselt und am 7. nach Hannover und Braunschweig zur Bewaffnung geschickt waren, sich vollständig wieder eingefunden hatten. Südlich von Höxter standen Major von Hattorf mit einer Hannoverschen Jäger-Brigade und Oberstlieutenant von Riedesel mit einem Husaren-Regiment, die den Auftrag hatten, häufig mit Detachements die Weser zu überschreiten , um den Feind zu beobachten und zu beunruhigen. In Hannover stand Prinz Friedrich von Braunschweig mit 3 Bataillonen. Die grofse französische Armee war im Lager von Eimbeck, Detachements in Claustahl , Gandersheim , Dassel und Stadt- Oldendorf, am letzteren Orte General Clausen mit 8 Bataillonen und 12 Eskadrons. Gesamtstärke ungefähr 50 000 Mann. Die Aufstellung Freytags war genau nach den Dispositionen des Herzogs folgende : Die Jäger bei Halle an der Weser zur Beobachtung des Solling ,

3 Eskadrons Luckner bei Alfeld zur Beobachtung des

grofsen Lagers bei Eimbeck und eine Eskadron bei Lamspringe zur Beobachtung von Gandersheim . Halle ist von Alfeld in der Luftlinie über 2 Meilen entfernt und durch 2 unwegsame Bergrücken von bedeutender Höhe getrennt.

Von Alfeld nach Lamspringe sind fast

2 Meilen, dazwischen sehr gebirgiges Terrain . Am 20. September schreibt der Herzog sehr unzufrieden über die Husaren, die jede Bewegung im Lager von Eimbeck wissen müſsten . Am 21. September (W. B. 5. S. 902) : „ Er habe (W. B. 5. S. 891. ) die Meldung Freytags erhalten , dafs laut Kundschafter-Bericht fast

sämtliche Truppen aus Eimbeck und Dassel in der Richtung Nordheim abmarschirt wären . Diese Nachricht ist sehr wichtig, ich hätte deshalb gewünscht , dafs sie nicht nur von Kundschaftern herrührte . Ich bin ganz und gar nicht zufrieden, dafs sie keine Posten bei Eimbeck haben, auf deren Aussage man sich verlassen kann. " Man scheint im Hauptquartier den Passus der Freytagschen Meldung , dafs er bei Tagesanbruch andere , sichere Meldungen erwarte , ganz übersehen zu haben. Sollte Freytag diese Nachricht , die er doch unzweifelhaft von

56

Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des

einem ihm als zuverlässig bekannten Manne erhalten hatte , und die der Herzog selbst als höchst wichtige bezeichnet , nicht expedieren ? Will man jede Nachricht von Kundschaftern erst durch eignen Augenschein oder durch Patrouillen bestätigen , dann sind diese Leute überhaupt entbehrlich. Die näheren Aufklärungen erhielt der Herzog durch eine Meldung Freytags vom 21. September.

Leider ist diese Meldung im West-

phalenschen Werke nicht wörtlich wiedergegeben ; es wird nur erwähnt , Freytag habe seine erste Meldung dahin modifizirt , dafs doch noch bedeutende feindliche Kräfte bei Eimbeck ständen. Jedenfalls wird die Meldung aber gleichlautend mit der an den General von Wangenheim sein , die 3 Stunden früher als die an den Herzog expedirt wurde (W. B. 5. S. 909) . In dieser Meldung werden die Veränderungen im Lager von Eimbeck ganz genau angegeben und decken sich mit dem , was Pajol (Band 5 , S. 210 ff.) sagt, dafs am 19. September von dort 7 Brigaden Infanterie, 3 Brigaden Cavallerie, die Carabiniers und viele Artillerie in die Gegend von Adelepsen abmarschirt wären . Die Antwort des Herzogs auf die letzte Meldung war eine sehr heftige (W. B. 5. S. 902) .

Er spricht seine Mifsbilligung über die

Unbrauchbarkeit der Freytagschen Rapporte aus . Zuverlässige Offiziere müfsten in der Nähe des Feindes placirt werden .

Warum gehen Sie

selbst nicht vorwärts , wenn der Rückzug des Feindes konstatirt ist? Warum stehen die Husaren nicht näher am Feinde?

Fassen wir diese Forderungen des Herzogs etwas näher ins Auge. Posten und zuverlässige Offiziere nahe am Feinde zu haben ist ein schöner Gedanke ; aber sollten die bewährten französischen leichten. Truppen und Freicorps ihre Langmut wohl so weit getrieben haben, solche zu dulden? Die Truppen näher am Feinde zu placiren hatte doch auch seine grofsen Bedenken. Über Eschershausen hinaus durften die Jäger nicht postirt werden, denn hier liefen alle aus dem Solling und dem Thale der Leine von Eimbeck kommenden Strafsen zusammen ; die Aufstellung an diesem Orte selbst würde sofort einen Konflikt mit dem General Clausen , der nur 5% Meilen davon in Stadt-Oldendorf stand, herbeigeführt haben . Aufserdem ist die Strafse von Eschershausen nach Halle ein fortlaufendes Defilee, am Ausgange desselben war Freytag gegen Umgehungen ziemlich gesichert und den Fufsjägern konnte im Notfalle der Rückzug nach Hameln nicht gefährlich werden . Auch die Husaren würden in weiter vorgeschobenen Positionen sehr bald mit den überlegenen leichten Truppen aneinandergeraten sein. Mufste man aber fechten, so hörte jegliche Beobachtung auf. Ein fortgesetzter Wechsel der Positionen war auch nicht

5.

Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg. thunlich , wenn man erwägt ,

dafs bei der Möglichkeit der Wieder-

aufnahme der Offensive seitens Broglies die grofsen Strafsen nicht verlassen werden durften ; umsomehr, da Transversal-Kommunikationen fast gar nicht vorhanden waren . Gewaltsame Rekognoszirungen waren selbstverständlich bei der Überlegenheit des Feindes an allen Orten ausgeschlossen, es blieben also nur gewandte Patrouillen. Ich glaube, dafs General von Freytag seine unendlich schwierige Aufgabe nur so lösen konnte, wie er es gethan hat und dafs das vollständige abfällige Urteil des Verfassers über ihn (B. 5. S. 969) keineswegs gerechtfertigt ist. Wie der Verfasser die Mifsstände in den Rapporten Freytags mit dessen Schlappe vom 2. September in Zusammenhang bringen kann , ist schwer verständlich , er müſste denn damit sagen wollen ,

die Geisteskräfte hätten seitdem abgenommen .

Höchstens könnte er behaupten , beweisen wohl schwerlich , Freytag sei seit dem 2. September zu vorsichtig geworden . Die vielen Veränderungen in der Stellung der französischen. Truppen im Göttingschen zu dieser Zeit, die vielen Märsche und Contremärsche , welche das Zusammenziehen eines Corps zur Unterstützung Stainvilles ,

wie die gleich nachher von Broglie wieder aufgenommenen Projekte zum Vormarsch auf Braunschweig und zur

Überschreitung der Weser im Rücken des Herzogs mit sich brachten (Pajol , Band 5 ) , machten es dem General Freytag unendlich schwierig, sich ein ganz klares Bild der Situation zu verschaffen. Zum zweiten Male in diesem Herbst versuchte der Herzog durch eine Diversion nach Hessen , zu der er alle verfügbaren Kräfte, selbst den Erbprinzen aus dem nun fast schutzlosen Westfalen an der Dymel vereinigte, Broglie zu bewegen, nach Kassel zu marschieren. Es war ein in mancher Beziehung gewagtes Spiel,

der glückliche Ausgang

der so schön begonnenen Campagne war in Frage gestellt.

Wie

sehnsüchtig mag der Herzog nach sicheren Meldungen über Broglies Entschliefsungen ausgeschaut haben . Zudem waren die über Stainville errungenen Vorteile weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ; rechnen wir deshalb nicht zu genau mit der gewissenn Nervosität, die sich des Herzogs bemächtigt hatte, und den übertriebenen Anforderungen und scharfen Rügen, in denen diese ihren Ausdruck fand . Am 26. Mai 1762 hatte der General von Freytag das Unglück, bei der Musterung einer seiner Jäger-Brigaden durch den Sturz mit dem Pferde den Arm zu brechen. Er ging nach Steinheim und konnte erst am 13. Juli nach seinen Aufzeichnungen, nach Westphalen den 11. Juli das Kommando des Corps wieder übernehmen. Schon am 3. August erhielt Freytag ein Dankschreiben des Herzogs für seine Thätigkeit und die ungemein wohl detaillirten Rap-

porte (W. Band 6, S. 393).

Einiges aus der Geschichte der Feldzüge des Am 11. September trat der Herzog den Rückmarsch aus dem Lager von Grünberg in das von Schweinsberg an.

General Freytag

war mit dem Jäger-Corps nach Schlofs Ulrichstein detaschirt, um von hier aus die linke Flanke der Armee zu decken. Bei Laubach,

an den Übergängen der Wetter,

stand General

Graf Walmoden , sein Corps sollte in der Richtung Weikertsheim— Lehnheim abmarschiren, Major von Wintzingerode mit seinen Husaren dessen Arrieregarde bilden .

An General von Freytag

erging der Befehl,

am 11. morgens

4 Uhr eine verdeckte Aufstellung bei Kl . -Eiche zu nehmen, von dort den feindlichen Truppen, die im Walde von Röthges, Laubach gegenüber, ständen und unzweifelhaft Wintzingerode folgen würden , in den Rücken zu fallen und ihnen gemeinschaftlich mit diesem eine tüchtige Schlappe beizubringen zu versuchen . stein zurückkehren.

Dann aber solle er nach Ulrich-

Wintzingerode sollte , nachdem sich Walmoden mit der grofsen Armee vereinigt habe, eine Stellung bei Kirschgarten a . d . Ohm nehmen. Freytag nahm die befohlene Aufstellung, kam aber nicht zur Aktion . Ihm wird nun in einer Meldung Wintzingerodes an General von Bock der Vorwurf gemacht, jenen nicht unterstützt zu haben. Walmoden und Wintzingerode wurden auf ihrem Marsche überhaupt garnicht angegriffen , denn die bei Röthges stehenden Franzosen waren laut einer Meldung des Generals von Ditfurth schon am 10. September abends in westlicher Richtung abmarschirt. Wintzingerode wurde allerdings nachmittags von Truppen, die aus westlicher Richtung von Stangenrod kamen, aus Kirschgarten vertrieben und mufste sich sehr weit zurückziehen; da war es sehr bequem , den General Freytag für den Echec verantwortlich zu machen. Jedem unbefangenen Beurteiler wird es aber doch unzweifelhaft sein, dafs ein Eingreifen Freytag's am Nachmittage, nachdem die Armee ihre neue Position eingenommen hatte, ganz aufserhalb des Rahmens des ihm gewordenen Auftrages lag.

Wahrschein-

lich war Freytag um diese Zeit des Angriffs schon wieder in Ulrichstein ; Wintzingerode sagt in seiner Meldung, Freytag habe ihn von seinem Rückmarsche benachrichtigt, verschweigt aber wohlweifslich die Stunde dieser Benachrichtigung . Da irgend eine Äufserung des Herzogs über diese Affaire nicht vorliegt , so würde ich ihrer überhaupt nicht Erwähnung gethan haben, wenn sie nicht im Stande wäre, vielleicht die folgende Angelegenheit , bei der auch Wintzingerode , ein erklärter Liebling des Herzogs , eine Rolle spielte, etwas zu illustriren. Am 14. September marschirt die Armee des Herzogs von Schweins-

59

Herzogs Ferdinand von Braunschweig- Lüneburg.

berg in das Lager von Schwarzenborn ; Freytag besetzte mit dem Jäger-Corps und 5 Escadrons Husaren die Höhen zwischen Homburg a. d. Ohm und Schweinsberg.

Hier erhielt der General am 15. September morgens 8 Uhr folgenden Befehl aus dem Hauptquartier, d . d . Schwarzenborn 14. September 1782 , abends 8 Uhr (W. Band 6 , S. 663) : „Das Corps St. Victor marschirt auf Gr. -Eiche, vermutlich um unsere Bäckereien in Alsfeld zu zerstören. Diese Absicht müssen Sie, es koste was es wolle , vereiteln . Sie lassen das Schlofs von Homburg durch 150 Jäger besetzt ; mit dem ganzen Rest Ihres Corps aber und den 5 Husaren Escadrons unter Ordre von Oberstlieutenant von Jeanneret müssen Sie dem Feinde entgegengehen und, wie schon gesagt, wolle , die Bäckerei von Alsfeld protegiren e . c. t. “

es koste was es

Dem Major von Wintzingerode , der eine Viertelmeile von Schweinsberg in Rödeckem (mufs heifsen Rüdigheim) stand , machte der Herzog Mitteilung von dem Auftrage an Freytag (W. B. 6 , S. 663) . Beide Briefe wurden zu derselben Stunde expedirt.

Wintzingerode meldete darauf dem Herzoge am 15. morgens Er wisse nicht, ob Freytag schon abmarschirt sei " ; ferner

8 Uhr:

111 Uhr vormittags : 99 Freytag sei abmarschirt, habe auch den Posten von Schweinsberg verlassen " . Endlich ohne Zeitangabe : „ Freytag habe ihn nicht von seinem Abmarsche avertirt , wahrscheinlich wären die Melder vom Feinde aufgehoben. Er, Wintzingerode, sei nach Homburg marschirt, habe dort 3 französische Cavallerie- Regimenter, auch Infanterie getroffen und habe sich hinter die Klein zurückziehen müssen " . In der Meldung vom Mittag erwähnt er schon feindliche Truppenbewegungen burgs und Schweinsbergs.

in der Nähe Hom-

Der Herzog schrieb infolge dieser Meldungen an Freytag (W. B. 6, S. 672): Es ist mir ebenso unerwartet als unangenehm gewesen, daſs Sie auch den Posten von Schweinsberg eingezogen haben , da doch solcher einer von den notwendigsten ist, so besetzt bleiben . mufs " . In dem Tagebuche

des Herzogs

über die vier letzten Monate

des Feldzuges 1762 steht wörtlich (W. B. 6 , S. 1002) :

Freytag par

une bêtise impardonnable , avait dégarni le Château de Schweinsberg" . Die Höhen hatten am 16. zurück erobert werden müssen. Wo lag nun diese bêtise impardonnable ; bei der Heeresleitung,

die ver-

gessen hatte, diesen notwendigen Posten wieder besetzen zu lassen, oder bei Wintzingerode , der in unmittelbarer Nähe stand? Freytag sicher nicht, der sich an seine bestimmte Ordre hielt.

Bei

te

60

ch Einiges aus der Geschi

e

g der Feldzü

u. s. w.

Für den 30. September hatte der Herzog eine sehr detaillirte Disposition zur Vertreibung der feindlichen Detaschements ,

die ihm

schon seit längerer Zeit in seiner linken Flanke lästig geworden waren, gegeben. Dazu waren drei verschiedene Detaschements bestimmt. Das des Generals Freytag bestand aus etwa 1300 Fufsjägern, dem Bataillon Porbeck, 5 Escadrons Husaren, 400 Jägern zu Pferde und 4 Mörsern. Sein Auftrag ging dahin, bei Bergemünde die Ohm zu überschreiten, sich dieses Ortes zu bemächtigen und sich festzusetzen mit dem Bataillon Porbeck, der Hälfte der Fufsjäger und dem gröfsten Teile der Jäger zu Pferde. Der Rest des Detaschements marschirt dann die Ohm aufwärts nach Kirschgarten und rekognoszirt sofort das nahe gelegene Schlofs Merlau.

Ist es nicht besetzt, werden

100 Fufsjäger hineingelegt ; im entgegengesetzten Falle wird es durch das Feuer der vier Mörser zur Übergabe gezwungen. Der erste Teil der Aufgabe gelang, der zweite scheiterte daran, dafs der General Payannes , der sich dem geplanten Angriffe der beiden Detaschements durch frühzeitigen Abmarsch entzogen hatte , eine sehr feste Stellung unmittelbar bei Merlau genommen hatte .

Sein

Corps bestand aus ungefähr 4000 M. Infanterie und 2500 Pferden ; nach Pajol Band 5 , Seite 442, aus der Brigade Navarra mit 4 Kanonen, der Brigade der Carabiniers mit 1000 Pferden , der Brigade BerchiniDragoner mit 1100 Pferden, den Volontaires de Hainaut und de Verteuil mit 400 Pferden .

Die Meldung Freytag's darüber wurde 10

Uhr

morgens expedirt.

Der Herzog schreibt in dem citirten Tagebuche : ne remplit pas trop mon attente " .

„L'éxpedition

War nun hierin auch kein direkter Vorwurf gegen Freytag ausgesprochen , so war es doch sicher auf ihn gemünzt, denn die beiden andern Detaschements hatten den General Colingburt , welchen Payannes mit 3 Bataillonen und etwas Cavallerie bei Meiches hatte stehen lassen, über die Ohm zurückgetrieben.

Aufserdem war das

Schlofs von Merlau, als Stützpunkt der Franzosen, für den Herzog das wichtigste Objekt. Für General Freytag war es doch eine absolute Unmöglichkeit, unter diesen Umständen bei Merlau zu reussiren, selbst wenn er das dorthin geschickte Detaschement gegen die Disposition des Herzogs verstärkte .

III.

Französische Stimmen über das Verhalten der drei

Waffen beim Angriff.

Von Graf von Haslingen, Major im Inf.- Reg. Nr. 71 .

Einleitung :

Die Erfindung des rauchschwachen Pulvers ,

der

neuesten Sprengmittel für die Geschosse der Artillerie und die Einführung eines Feldmörsers haben die Frage , ob die Formen für das Gefecht oder das taktische Verfahren zu ändern seien, von neuem angeregt. Es ist dies sehr erklärlich , denn jede Verbesserung der Waffen wird unmittelbar dazu führen, die Frage zu erwägen, ob wir im Ernstfalle mit dem Bisherigen bestehen werden .

Und doch wird erst die

praktische Erfahrung eines neuen Krieges allein im Stande sein, festzustellen, ob das Alte gutzuheifsen, zu modificiren oder gar zu verwerfen sein werde. Es wird darum vorkommen können , dafs man in einem Zukunftskriege ein Verfahren anwendet , welches lediglich die Folge geistiger Arbeit und nur erst im Frieden erprobt worden ist. Seit Einführung des Mehrladers

der Infanterie ,

der

auch auf

weitere Entfernungen eine grofse Präcision hat , steht uns nur ein europäischer Krieg , der von 1877/78 im Balkan , für das Studium der Wirkungen dieses Gewehres zur Verfügung* ) . deshalb bestrebt ,

Alle Armeen sind

aus den dort gemachten Erfahrungen Nutzen zu

ziehen und an der Hand derselben die

eben berührte Frage zu

prüfen , ob neue Formen, oder ein neues Verfahren zu wählen seien . Es dürfte vielleicht nicht ohne Interesse sein , sich unsere westlichen Nachbarn hierzu stellen.

zu betrachten ,

wie

Eine nicht der Öffentlichkeit übergebene Broschüre des Kommandirenden des VII. französischen Corps , General de Négrier Betrachtungen über den Infanteriekampf " - giebt uns ein Bild über den Gedankengang des an hervorragender Stelle stehenden Autors. Er meint , die auf dem Exerzierplatze gesammelten Erfahrungen ge*) Anmerkung der Leitung. Neuerdings dürfte auch der Krieg in Chile in dieser Beziehung in Betracht zu ziehen sein.

62

Französische Stimmen über das Verhalten

nügten heutzutage keineswegs ,

denn sie liefsen das

Moment des

moralischen Einflusses der modernen Waffen völlig aufser Acht. Er fordert, wenn nicht Aufgeben der bisherigen Kampfformen, so doch Modifikation derselben , er will sie vervollkommnet wissen . Da aber ein neuer Krieg dazu nötigen kann , gleich zu Anfang alle bisher gültigen Regeln zu ändern , so solle , nach Négrier , der Soldat so erzogen sein, dafs man im Stande ist, die Erfahrungen, welche man zu Anfang des Krieges sammelt , diesen neuen Anforderungen anzupassen , hier also sofort zu verwerten. Um hierzu zu gelangen, meint der französische General , sei es nicht erforderlich, die grundlegenden Principien zu ändern, er lenkt die Aufmerksamkeit vielmehr nur auf einige Punkte, welche ihm für Erreichung des vorerwähnten Zieles von Wert sind. Dahin gehören , dafs erhöhte Anforderungen an die Erfahrung , den gesunden Verstand und die Initiative aller Führer gestellt werden und dafs man sich nicht auf Muster, auf Normalformen verlassen solle, welche vielleicht niemals gebrauchsfähig sind. I. Die Infanterie allein .

Für den Kampf der Infanterie empfiehlt er : 1. die Infanteriemassen müssen eine Formation in halbentwickelter Form annehmen, bevor sie sich in die Zone wagen, welche von der Artillerie mit Feuer belegt sein 2. Die Beweglichkeit allein (geringe

kann " .

seitliche

Verschiebungen

oder Schrägmarsch) ist im Stande, die Truppen vor ernsten Verlusten zu schützen , wenn sich der Gegner erst eingeschossen hat. 3. Es ist unmöglich , einen Abschnitt zu gewinnen , so lange derselbe noch von unerschütterter Infanterie besetzt ist. 4. Es ist bei der Durchschlagskraft der modernen Geschosse zu empfehlen , im feindlichen Feuer eingliedrig vorzugehen. 5. Nur wenn der Angreifer die Feuerüberlegenheit erlangt hat, ist er auf nahe Distancen weiter vorzugehen im Stande. 6. Ist die Feuerüberlegenheit über den Verteidiger erreicht , SO wird dies weitere Vorgehen, falls es schnell genug geschieht, nur geringe Verluste für den Angreifer bringen . 7. Da man mit dem neuen Gewehr auf 400 m dieselben Erfolge haben kann wie mit dem alten auf 200 m , so ist es nicht ausgeschlossen , dafs das Feuergefecht der Infanterie künftig zwischen 500 und 400 m zur Entscheidung kommt. Ohne uns in Einzelheiten zu verlieren , ist es doch zur Beurteilung der vorstehend aufgeführten Punkte notwendig ,

festzustellen ,

wie

der drei Waffen beim Angriff.

Négrier sie zur Ausführung bringen will.

Für 1. und 2.,

63

d . h . den

Anmarsch, will er die Bataillone der ersten Linie in doppelt geöffneten Kolonnen oder in Kompagnien in Linie vorbewegen . Eine Kompagnie innerhalb jeden Bataillons giebt die Richtung an, die anderen haben. sich nach ihr zu richten . In der gesammten Linie ist ein Bataillon als Richtungs- Bataillon bestimmt, nach dem ihm angegebenen Richtungspunkte nehmen die übrigen ihre Richtung ab. Durch dieses Bataillon regelt der Führer auch alle Bewegungen , läfst den Vormarsch verlangsamen oder beschleunigt ihn. Hierdurch ist der Führer mit einem Wort zu „ manöveriren " imstande. In der französischen Presse ist man der Meinung, dieses Manöveriren mit Truppen der vorderen Linie sei ein Unding, dieselbe sei auch zu sehr ausgebreitet, um sich nach den Bewegungen eines einzelnen Bataillons richten zu können . Darum enthält das französische Reglement auch in der Regimentsschule den Passus : Diese (die vordere) Linie manöverirt nicht. " Wir möchten die Möglichkeit , mit einer solchen vorderen Linie, die übrigens auch noch Schützen vor sich haben wird, zu manöveriren , auch stark bezweifeln, sie ist wohl nur aufserhalb der feindlichen. Feuerwirkung denkbar. Eine einmal entwickelte Front geht nur gerade aus ; auch dürfte sich die Sache bald ändern , sowie die ersten Granaten einschlagen. Dann wird die gesamte Linie in der Beweglichkeit ihr Heil suchen . Trotzdem hat der Gedanke des RichtungsBataillons sehr viel für sich , denn der „ Gefechtsanschlufs " muſs innerhalb der Linie an einen bestimmt zu bezeichnenden Truppenkörper gesucht und festgehalten werden ; nur dadurch wird dem Führer es möglich sein, die Truppen dahin einheitlich zu dirigiren, wohin er sie haben will. General de Négrier verlangte anfänglich der Durchschlagskraft wegen, für die in vorderster Linie avancirenden Truppen , grundsätzlich die Formation der Kompagnieen par sections en échiquier sur un rang . Welche Ausdehnung und Erschwerung jeder Bewegung diese eingliedrige Formation , noch dazu nur für den Anmarsch, haben müfste , wurde auch offen dargelegt und der Verfasser hat nunmehr nachträglich dahin nachgegeben , dafs die zweigliedrige Formation par sections en échiquier et par le flanc an Stelle der eingliedrigen da eintreten solle , wo es vorteilhaft sei . Somit fiele der Punkt 4 ins Wasser , denn die Verluste eingliedriger Linien sind wohl ebenso grofse , wie die in zwei ; dafs erstere aber geradezu bewegungsunfähig sind, dürfte sofort in die Augen springen. Das sind theoretische Kombinationen , welche zu Formen führen, welche eben nur solche und zwar tote sind , die nur für den Exerzierplatz geschaffen waren.

Unmittelbar nach General de Négrier veröffentlichte ein capitaine Veynante eine 27 Studie über die Taktik

Französische Stimmen über das Verhalten

64

der Infanterie " , deren für unsere Betrachtung wichtigen Punkte wir hier ebenfalls Erwähnung thun wollen . Der Letztgenannte irrt sich übrigens , wenn er meint , für das französische Reglement sei combattre und marcher à l'ennemi fast gleichbedeutend . Denn in einem Passus der Kompagnieschule (Nr. 258) werden -- allerdings nur sehr oberflächlich die Formen angeführt , welche der Hauptmann während des Anmarsches wählen kann. Wenn das Feuer des Gegners es erfordert , soll der Führer dann die Formation de combat einnehmen lassen (Nr. 259). Die Hauptschwierigkeit besteht auch nach Ansicht der Franzosen nicht in der eigentlichen Kampfesthätigkeit , sondern vielmehr darin , sich auf diejenige Entfernung an den Gegner heranzuarbeiten , von der aus die Feuerüberlegenheit zu erringen Denn nach ihrer Ansicht wird trotz weittragender Feuer-

sein wird.

waffen die Entscheidung so wie früher nicht auf weite Entfernungen , sondern 77 de près " fallen . Der einzige , aber sehr in die Wagschale fallende Unterschied bestehe darin , dafs man früher unbehelligt auf Feuerdistance herankam, während man heute bereits von 3000 m an im Schufsbereiche der Artillerie , von 2000 ab in dem der Infanterie vorzugehen habe. Nach französischer Ansicht seien die bedeutenden Verluste auf deutscher Seite bei St. Privat und der Russen bei Plewna zum gröfsesten Teile darauf zurückzuführen , dafs sie den Anmarsch in den für den eigentlichen Kampf vorgeschriebenen , d . h. in den dem Exerzierplatze und dem Paradefelde entlehnten Formen bewerkstelligten. Auch für uns ist die Frage weit schwerwiegender , wie wir überhaupt auf 600-500 herankommen , als die, auf welche Weise die Feuerüberlegenheit zu erreichen sei.

Wenn das französische

Reglement (in Nr. 258) keine Grenze angiebt für die Notwendigkeit, die formation de combat einzunehmen , so halten wir das für richtig ; von 1800 bis etwa 700 m wird die Kompagnie im Vorgehen bleiben , möglichst ohne zu schiefsen , und sich nach und nach in kleinere Teile auflösen, um die Verluste zu mindern . Nur dann soll die Schützenlinie auf 700 m feuern , wenn die Kompagnie nicht recht vorwärts kommt , sonst wird sie sich ohne Schufs von Abschnitt zu Abschnitt vorarbeiten . Ähnlich so würde auch die zweite Linie verfahren und alle Abteilungen hätten sich wiederum zu sammeln, wenn sie eine vom Gegner bestrichene Strecke durchschritten haben. Man stützt sich in Frankreich hierbei wie so oft auf das Verfahren der Deutschen. Kapitän Veynante ergeht sich in seiner Broschüre des Weiteren über den Werth des Exerzirplatzes und führt auch hier unser Verfahren , die Kampfformen erst auf dem Exerzirplatze vorzuüben , als

der drei Waffen beim Angriff. mustergiltiges an.

65

Den Anmarsch setzt er ununterbrochen fort und

will keinen Halt, um zu schiefsen ; vielmehr will er nur dann schiefsen, wenn die Vorwärtsbewegung stockt .

Wenn das Feuer eröffnet ist,

will er sprungweises Vorgehen , im ebenen Gelände 50 m , sonst ist der Punkt , wo sich die Schützen wieder einnisten sollen , vorher zu bezeichnen und die Strecke bis dahin im schnellsten Laufe zurückzulegen .

Um das Vermischen der Kampfeinheiten durch Einschieben

der Verstärkungen möglichst auszuschliefsen , läfst Veynante die Gruppen mit einem Zwischenraum von 20 bis 25 Schritt ausschwärmen und sich allmählich im Vorgehen wieder nach der Mitte der Schützenlinie durch Verringern der Zwischenräume zusammenziehen ;

er verlängert dann grundsätzlich die Linie.

Das ist nach

unserer Ansicht kein empfehlenswertes Verfahren , denn das Hin- und Herschieben in der Schützenlinie hört nicht auf und zum Schlufs ist das Ein schieben doch unvermeidlich , wenn das Gelände das beabsichtigte Zusammenschieben verhinderte.

Auf 600 m angekommen ,

hat Veynante seine Feuerlinie soweit verstärkt , dafs

er nun das

eigentliche Feuergefecht führen kann; erst, wenn dieses den Gegner erschütterte, ist der Angreifer imstande, den Sturm zu unternehmen . Wie dieser letzte Teil des Angriffsfeldes zu durchschreiten sein wird , das verschweigt Veynante, tröstet sich und die Franzosen aber damit, dafs die Deutschen sich darüber auch nicht völlig klar seien ,

sich

aber wohl hüteten, hierfür bindende Vorschriften zu geben. General de Négrier will aus der Marschformation die zum Einleiten des Gefechtes bestimmten Truppen , wie deren Reserven und die der zweiten Linie , wie wir sahen , in die par sections sur un rang (ou deux rangs ) en échiquier (et par le flanc)" formiren und zwar erst dann ,

wenn die Truppen in den Bereich des feindlichen

Feuers eintreten . Es entspricht diese Formation der schon lange bei uns üblichen ; es macht den Franzosen viel Kopfzerbrechen, dafs der Hauptmann , dessen 4 Züge eingliedrig und schachbrettförmig vorgehen, für Festhalten deren Richtung verantwortlich und dabei gleichzeitig auch Führer der Richtungs - Kompagnie für das eigene Bataillon sein soll . Es dürfte das doch nicht so ganz schwer sein, nur ist die Mitwirkung der Herrn Zugführer erforderlich. Die Rolle der Bataillons -Kommandeure möchte nach französischer Ansicht , sobald in den eigentlichen Kampf eingetreten wird , keine beneidenswerte sein . Wenn ein Bataillon beispielsweise für den Anmarsch in Kompagnieen in Linie entwickelt ist , so geht jede von ihnen nach de Négrier in die Formation de combat über, ohne dazu erst den Befehl des Bataillons - Kommandeurs abzuwarten. Wenn dann die Cavallerie des Gegners mit ihren Eclaireurs herankommt Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 1 . 5

66

Französische Stimmen über das Verhalten

oder die der Infanterie Fühlung mit der des Feindes nehmen , so wirft der Hauptmann auf eigene Initiative hin Schützen vor.

Die

Kompagnieen der vorderen Linie gehen also selbständig in die Kampfform über , leiten das Gefecht ein , schreiten zum Sturm und der Bataillons -Kommandeur hat höchstens noch die von Anfang an zurückgehaltene Reserve in der Hand. Das geht aber doch viel zu weit, denn durch ein derartiges Verfahren ist ein einheitliches Handeln zur Erreichung des nämlichen Zweckes unmöglich. Die einzelnen Kompagnieen kämpfen mehr oder weniger auf eigene Faust. Wir können dem General de Négrier nicht beipflichten , wenn er sagt : „ Die in vorderer Linie kämpfenden Führer, hierher gehört der Hauptmann, müssen den für den Einbruch günstigen Augenblick erspähen , erkennen und ausnützen . Wenn die eine Kompagnie den Einbruch macht, so haben die benachbarten alles aufzubieten , um sie zu unterstützen ! " Naturgemäfs wird zum Schlufs von irgend einer Abteilung der Anstofs gegeben werden - niemals darf das aber ohne direkten Befehl des Führers des Ganzen geschehen.

Ein mit ungenügenden

Kräften, am falschen Fleck und zur unrichtigen Zeit unternommener Angriff kann trotz aller partiellen Erfolge nur zu leicht den des ganzen Tages gefährden. Das französische Reglement spricht sich auch genau in diesem Sinne aus und es ist wohl nur eine bestimmte Strömung in der französischen Armee , welche die Unterführer noch selbständiger machen möchte . Die Franzosen sind der Meinung , dafs der Angriff aus der Hauptfeuerstellung heraus nur nach Erschütterung der feindlichen Schützen möglich sei. Wir können ihnen nur beipflichten , denn nur dann ist an einen Erfolg zu denken .

Ein der-

artiges Ringen kann viele Stunden dauern und die Entscheidung wird vielleicht erst fallen durch das Eingreifen von frischen Kräften an der wunden Stelle des Verteidigers . nach dem Signal

refrain "

Nach General de Négrier soll

oder „ charge" die Feuerlinie auf zwei

Mann pro Meter verstärkt werden, was wohl nur unter grofsen Verlusten und durch Einschieben möglich ist. Denn , hat sich die Schützenlinie nicht während ihres Vorgehens stetig verstärkt, in dem Augenblick, wo die höchste Feuerleistung von ihr gefordert wird, ist sie dazu nicht imstande: die Verstärkungen kommen einfach nicht. heran. Die Idee des Generals de Négrier, die Schützenlinien würden durch eintreffende Verstärkungen neu belebt und von ihnen mit fortgerissen werden, ist gewifs eine richtige. Zwar meinen seine Gegner, die vordere Linie werde die Ankunft der Verstärkungen nicht abwarten, sondern allein vorstürmen ; doch glauben wir das nicht, denn der moralische Halt der in stundenlangem Feuergefecht dezimirten

der drei Waffen beim Angriff.

67

Schützen wächst wesentlich , wenn sie hinter sich Unterstützungstruppen anrücken sehen .

Vielleicht wartet man darum besser mit

dem Signal zum Hervorbrechen aus der letzten Stellung bis zu dem Augenblick, wo jene Unterstützungen die Feuerlinie erreichen. Kapitän Veynante tritt im allgemeinen für die nämlichen Prinzipien für Durchführung des Angriffs wie General de Négrier ein ;

auch er ist der

Ansicht , dafs der Angreifer den Sieg fast für sich hat , wenn er an einer Stelle in die Verteidigungslinie eingedrungen ist , während für den Verteidiger die Schwierigkeit gerade darin besteht , alle Punkte gleichmäfsig vor dem Einbruche des Gegners zu schützen . Die ersten zeigen, ob :

Schlachten

werden

künftighin

nach

de

Négrier

1. die Infanterie zu Anfang mittels schwacher Schützenlinien, die sie stetig verstärkt, vorgeht, oder ob sie in der Erkenntnifs, dafs dieses Verstärken ungemein viel Blut kosten , bezw. sogar unausführbar sein werde, von Beginn an die gröfstmögliche Zahl von Gewehren einsetzt und ob 2. in Anbetracht der Schnelligkeit der eintretenden Krisen , die zweiten Linien ziemlich nahe an die ersten heranzuhalten sein werden, um rechtzeitig einzugreifen, wo es Noth thut, oder ob man sie nicht besser weiter zurückhält, vor Verlusten zu schützen etc. Auf diese Fragen liefse

um sie so

sich theoretisch viel antworten

und

manche neue hinzufügen . Doch würden das, wie schon gesagt, leere Kombinationen sein, die keinen praktischen Werth haben dürften .

II.

Das Zusammenwirken der drei Waffen beim Angriff. Wenn wir in Vorstehendem die augenblicklich in Frankreich

herrschenden Ansichten über den Kampf der Infanterie beleuchteten, so gingen wir davon aus, die anderen Waffen ficht. Nach einem in der

dass Infanterie ohne Unterstützung durch

France militaire" vom 24/3 . d. J. No. 2385

enthaltenen Artikel haben unlängst in Paris seitens der an der „ ecole supérieure de la guerre" angestellten Offiziere Vorlesungen vor Offizieren der Garnison von Paris stattgefunden, deren Inhalt auszugsweise von dem genannten Blatte wiedergegeben wird. Da jene Vorlesungen auf Befehl des Generals Saussier stattgefunden haben und zum Teil vervielfältigt den übrigen Offizieren der französischen Armee zugänglich gemacht werden, so darf denselben doch ein gewisser Wert beigemessen werden.

5*

Französische Stimmen über das Verhalten

68

Im Besonderen werden nachfolgende Thema besprochen : 1. Über die Notwendigkeit des Zusammenwirkens der drei Waffen im Gefecht und in der Schlacht ; 2. Auch im Sicherungsdienste mufs das Zusammenwirken der drei Waffen ein noch innigeres werden ; 3. Von der Rolle der Cavallerie auf dem Schlachtfelde ; 4. Artillerie und Infanterie. Die Besprechungen nehmen ihren Ausgang von der Thätigkeit der Cavallerie beim Beginn eines Krieges . Die Deutschen, so meinen die Franzosen, hätten nach den Erfolgen von 1870/71 es offen ausgesprochen , sie würden unmittelbar nach erfolgter Kriegserklärung mit ihren Cavalleriemassen die Grenze überschreiten , die Mobilmachung stören, den Aufmarsch und die ersten Bewegungen des Gegners aufhalten. Da aber allmählich die französische Cavallerie sich mehr und mehr schon im Frieden an der Grenze versammelt halte und an Zahl der deutschen gleichkomme , könne von einer derartigen Überschwemmung ausgedehnter Landstrecken durch die feindliche Cavallerie füglich nicht mehr die Rede sein, vielmehr würde der eigentlichen Begegnung der beiden in Waffen starrenden Nationen ein grofsartiges Reiterturnier voraufgehen. „ Diejenige Armee , deren Cavallerie siegreich war, ist im Stande, voller Zutrauen und weithinausschauend gegen einen bereits moralisch vernichteten und seiner Sehkraft beraubten Gegner vorzugehen ; sie wird ihm das Gesetz vorschreiben und ihm die Entscheidungsschlacht aufnöthigen können . “ Dieser letztere Ausspruch von deutscher Seite dürfte den Thatsachen entsprechen. Auch hier führen die Franzosen den russisch-türkischen Krieg im Balkan 1877/78 an, und wenn wir auch weit entfernt sind, ihnen in allen ihren Ausführungen zuzustimmen, so sind in mancher Beziehung ihre aus diesem Kriege gezogenen Schlüsse beachtenswert. Die Türken hatten zum Beginn des Krieges eine selbständige Cavallerie-Division (35 Eskadr. unter General Fuad-Pascha) ; sie lösten dieselbe aber , ohne den entscheidenden Stoss der gegnerischen Cavallerie abzuwarten, bald auf, da sie erkannten , wie eine solche Masse viel zu schwer zu ernähren sei und weil, wie wir noch hinzufügen wollen, die Donau für grössere Unternehmungen in FeindesMan hielt ferner hier nur land ein bedeutendes Hindernifs bot. 18 Eskadr. als Reserve-Brigade zurück. Überschreiten

der Donau

berichtet ,

Die Russen, so wurde nach

beabsichtigten unter

General

Gurko einen „ raid" , nach Art der im Secessionskriege ausgeführten . Aber dem war nicht so, sondern General Gurko bildete mit einem gemischten Detachement von 31 Esk. Cavallerie , 10 Bataillonen ,

der drei Waffen beim Angriff.

69

Infanterie, 5 Batterien etc. lediglich die Vorhut der gesammten ihm folgenden Armee ; er sollte sich in Besitz einiger Balkanübergänge Der Schipkapass war setzen und die Anmarschwege frei machen. durch ein Bataillon türkischer Infanterie besetzt ; dies war die Veranlassung, dass seine Cavallerie einen Umweg von 175 km. machte, über einen anderen Pafs die feindliche Position am Schipka-

um

Doch auch diese Absicht wurde dadurch vereitelt, dafs die russische Cavallerie auf ihrem Marsche unvermuthet in einem Gebirgsthale auf drei türkische Bataillone stiefs . Hierdurch passe im Rücken zu fassen.

aber wurde sie derartig aufgehalten, dafs sie den Frontalangriff der am Schipkapafs stehengebliebenen Truppen nicht zu unterstützen vermochte ; aufserdem traf General Gurko statt des anfänglich nur einen Bataillons im Schipkapasse noch auf fernere sieben ; es wäre vielleicht einfacher gewesen, diese zu vertreiben, wenn er von Anfang an mit der gesammten Infanterie angriff und die Cavallerie weiter Auch in um die Flügel schickte , oder aber sie ganz hinten liefs . anderer Hinsicht ist dieser sogenannte raid des Generals Gurko von Interesse, denn trotz seiner starken Cavallerie ging innerhalb seines Detachements die Fühlung verloren und eine wichtige Aufgabe , die Eisenbahn-Verbindung mit Suleiman- Pascha zu stören, blieb ungelöst, dies aber war der Grund, warum Gurko den Balkan wieder räumen mufste. Auch bei Einschliefsung von Plewna hatte später der General Krylow mit einem selbständigen Cavalleriecorps nur untergeordnete Erfolge erzielt. Ein Gebrauch grösserer Cavalleriemassen in einem Gebirgslande hat doch nur dann Sinn, widerstandsfähig gemacht wird. Misserfolge daran,

wenn diese Cavallerie auch .

Und meistens lag der Grund der

dass die Cavallerie bei ihrem Vorgehen nur zu

leicht durch irgend einen Umstand aufgehalten wurde und dadurch ihres Lebenselementes der Schnelligkeit verlustig ging. Darum haben die Franzosen auch, wie sie sagen, besonders wichtige Punkte , Eisenbahnbrücken und andere , Tunnels pp. vor Unternehmungen seitens feindlicher Cavallerie durch Infanterie zu schützen versucht und in den Grenzgarnisonen auch Artillerie und Infanterie untergebracht, um das Überfluthetwerden zu hindern. Auch die Franzosen beleuchten die Frage ,

ob es denn bei der

jetzigen Präzision der Infanteriewaffe überhaupt möglich sein werde, durch Cavalleriemassen die Grenze forciren zu lassen und ob dieser Cavallerie nicht besser von Anfang an nicht nur reitende Artillerie, sondern auch Infanterie beizugeben sein möchte. Die Schwierigkeit beruht unserer Ansicht nach vor Allem darin, dafs die Beweglichkeit der selbständigen Cavalleriemassen nicht beeinträchtigt werde ;

die

Französische Stimmen über das Verhalten

70

zur Unterstützung und Aufnahme mitgegebene Infanterie darf keinenfalls die Bewegungen der Cavallerie hemmen. Die Franzosen wollen. jeder Cavallerie-Division etwa ein Bataillon Infanterie beigeben, welches zu Fufs oder zu Wagen zu folgen haben würde . Ob man durch die Formirung von Detachements aller Waffen dasselbe erreichen wird, wie durch das gleich einem Sturmwinde daherbrausende Erscheinen von Cavalleriemassen mit reitender Artillerie möchten wir bezweifeln. lichen Lande

werden

Nur bei kleinen Unternehmungen im feindsolche gemischten Detachements von Wert

im grofsen Mafsstabe kaum . Und nun meinen die Franzosen, man habe dadurch ein Mittel gefunden , dem Entscheidungskampfe man mit der feindlichen Cavallerie aus dem Wege zu gehen

sein

brauche denselben nicht anzunehmen. Der Gegner wird aber doch mit seinen Cavalleriemassen eine derartige Offensivkraft besitzen, daſs er solche gemischte Detachements, wenn sie nicht Stellungen wie die Türken im Schipkapafs besetzt haben , forcirt oder tourniert, jedenfalls an einer Stelle einbricht und weitausgehende Rekognoscirungen der in kleine macht.

Teile

zersplitterten

feindlichen

Cavallerie

unausführbar

Was nun weiter den Aufklärungsdienst anlangt, so war man bislang von der Ansicht ausgegangen, derselbe falle im Grofsen und Ganzen der Cavallerie allein zu , sie müsse die Anwesenheit feindlicher, auch in Stellung befindlicher Kräfte, erkennen . Einige französische Schriftsteller sind nun neuerdings der Meinung, dafs ein von einem verdeckt stehenden Schützen beschossener Cavallerist Kehrt machen werde , ohne in der Lage zu sein , festzustellen , woher der Schufs kam. Dem wird nun entgegengestellt , dafs allerdings infolge des rauchschwachen Pulvers der Aufklärungsdienst der Cavallerie wesentlich erschwert sei, dafs aber das Pfeifen des Geschosses allein zur Genüge andeutet, - das doch sehr vernehmbar geblieben ist Die Franzosen führen ein deutsches woher der Schufs kommt. Urteil hierüber an, indem sie erwähnen, der Reiter, der eine Kugel pfeifen hörte, habe nicht erst nachgesehen, ob er Rauch bemerke es habe ihm genügt, dafs der Gegner von ihm Notiz nahm und er sei wohl meist schon , ohne einen zweiten Grufs abzuwarten , umgekehrt. Wie immer liegt auch hier die Wahrheit in der Mitte, nur will uns der franz . Vorschlag , Cavallerie - Patrouillen durch InfanterieDetachements , Voltigeure, groupes francs u. dergl. ersetzen zu wollen , nicht in den Sinn . Denn die Schnelligkeit der Cavallerie - Patrouillen würde hier ebensowenig zu ersetzen sein wie weiter oben die gröfserer Cavallerie-Massen. Wohl aber wird die Schwierigkeit , Cavallerie-

der drei Waffen beim Angriff.

71

Patrouillen vorzutreiben, dazu führen, möglichst dann auch Infanterie vorzuschieben , wenn die Fühlung mit dem Gegner bereits hergestellt ist . Die Ansichten der Franzosen über die Rolle der Cavallerie auf dem Schlachtfelde sind sehr geteilt. Vor der Schlacht wird die Cavallerie die Armee nach wie vor vor Überraschungen zu schützen haben ; die Aufklärung des Schlachtfeldes wird ein wesentlicher Faktor sein , der künftighin für oder gegen den Sieg spricht und auch während der Schlacht selbst wird es erforderlich sein , zu beobachten und zu recognosciren . Beides wird der Cavallerie vornehmlich zufallen und sie wird allen Phasen des Kampfes mit Aufmerksamkeit zu folgen haben , um aus allen Schwächen des Gegners , ohne erst Befehle einzuholen oder abzuwarten, Nutzen zu ziehen. Gegen unerschütterte Infanterie wird die Cavallerie ebensowenig Erfolge haben wie früher , wol aber kann das Fehlen der Raucherscheinung der Cavallerie die Momente des Stutzens , bezw. Zurückfluthens der feindlichen Infanterie leichter wie bisher erkennen lassen ,

und da Überraschung das Hauptelement einer schneidigen

Cavallerie ist, so dürften für diese die Chancen gewachsen sein . Trotzdem können wir den Franzosen doch nicht darin beistimmen , jeder InfanterieDivision in der Schlacht 1-2 Eskadrons anzuhängen, wie Napoleon dies 1806 anordnete. So kleinen Cavallerie - Abteilungen fehlt die Kraft zum Stofse, denn es handelt sich doch wol um das Nachhauen , d. h. die Verfolgung. Die Verfolgung wird aber in der modernen Schlacht nicht durch einzelne Schwadronen ausgeführt werden , sondern durch gröfsere Cavalleriemassen, welche im Stande sind, die Erfolge auszunützen, d. h. den geworfenen Gegner zu vernichten. Dafs aber eine solche Vernichtung möglich ist , möchten wir behaupten , denn ein geworfener Feind wird sich zum Aufgeben seiner Stellung erst dann nötigen lassen , wenn er seine besten Kräfte kampfunfähig in ihr zurückliefs ; die Verfolgung ist sonach nur ein Vernichten der übrig gebliebenen Trümmer. Die Franzosen wollen eine Verfolgung auch nur mit gemischten Waffen unternehmen , damit dieselbe nicht jeden Moment aufgehalten werden kann.

Ob wir nach

erfolgtem Einbruch in eine feindliche Stellung noch so viele Truppen aller Waffen verfügbar haben werden, um mit ihnen wirksam verfolgen zu können , ist beim Einsetzen aller Kräfte für den einen Zweck doch sehr fraglich ; es handelt sich doch auch hier darum, sofort und so schnell wie möglich dem weichenden Gegner zu folgen - wir möchten glauben , dafs nach wie vor der Cavallerie hauptsächlich diese Aufgabe zufällt. Höchstens der Artillerie wollen wir eine Beteiligung an der Verfolgung noch zubilligen , denn ein Jeder

Französische Stimmen über das Verhalten

72

weifs ,

welch' unangenehmes

Gefühl es ist, wenn man aus einer

Stellung abzieht, anscheinend vom Gegner unbehelligt, und dieser dann in die ihres Weges ziehenden Kolonnen seine Granaten schleudert ; gewifs wird solche Artillerie die Verfolgung durch die blanke Waffe wesentlich unterstützen. Bevor wir in unseren Betrachtungen über das Zusammenwirken der drei Waffen beim Angriffe weitergehen , möchte es vielleicht angezeigt sein, diejenigen Stadien zu normiren, in welche derselbe zerfällt, und zwar nach dem Muster des von General Skobeleff vor der Schlacht von Lowtscha vorgeschlagenen Verfahrens. Wir lehnen uns hierbei wiederum an den letzten Krieg an , da die vor Plewna gesammelten Erfahrungen Skobeleff dazu führten , die alten Theorieen bei Seite zu schieben .

Als Hauptpunkt hob Skobeleff hervor , dafs

schon auf zu grofse Entfernungen zum wirklichen Angriffe geschritten werde. Er schlägt darum vor : 1. Sich zunächst ganz genau über das Vorterrain und die vom Gegner getroffenen Maſsnahmen zu vergewissern ; diese Aufgabe fällt , wie wir soeben gesehen haben , Cavallerie zu.

besonders der

2. Den Angriff durch die Artillerie genügend vorzubereiten ; 3. erst dann die Infanterie heranzuführen , und zwar nach und nach, von Deckung zu Deckung ; 4. die in Besitz genommenen Stellungen zu verstärken ; 5. starke Reserven zurückzuhalten und sie so sparsam wie möglich

einzusetzen ; 6. die schwächsten Punkte der feindlichen Stellung herauszufinden ; 7. die Richtung genau unter Augen zu behalten , aus welcher der Gegner Verstärkung heranziehen kann . Bemerkenswert ist es, dafs Skobeleff es für erforderlich hält, darauf hinzuweisen, man solle den Vormarsch nicht mit dem Anlaufe verwechseln und erst kurz vor dem Einbruche in die feindliche Stellung 99 Hurrah" rufen. Bei Lowtscha hat der General Skobeleff überall da ,

wo seinen Weisungen gefolgt wurde , Erfolge gehabt und die

eigenen Verluste gemindert. Nach der dritten Schlacht bei Plewna erliefs der russische Generalstab eine sehr klare und logische Instruktion, worin gesagt war:

97 Die Artillerie solle auf gute Schufsweiten in Stellung gehen, wenn möglich sich einschneiden , sich allmählich heranbewegen, um auch die Geschütze kleineren Kalibers zur Geltung zu bringen;

der Infanterie falle die Aufgabe zu ,

schon während

der drei Waffen beim Angriff.

73

des Artilleriekampfes sich möglichst an die Stellung des Gegners heranzuarbeiten . " Diese Vorschriften wurden aber nicht befolgt. Die Infanterie wurde hinter der Artillerie zurückgehalten und letztere ging aus ihren anfänglichen Positionen nicht heraus , wenn dieselben auch auf viel zu weite Entfernung von denen der Türken eingenommen waren - so wirkten die verschiedenen Waffen nicht gemeinsam , successive.

sondern

Die Franzosen nun sind der Ansicht, dafs die Artillerie sich bestreben wird ,

ihre Aufstellung dem Gegner thunlichst zu entziehen,

sie wird Erdmasken , Metallschilder etc. anwenden , sie wird aber in ähnlicher Weise die Schlacht einzuleiten und den späteren Angriff der Artillerie vorzubereiten haben, wie die Cavallerie zum Beginn eines Krieges in einen Kampf mit der des Gegners einzutreten haben wird. Jedenfalls wird die Infanterie erst dann die Zone des feindlichen Artilleriefeuers zu überschreiten vermögen, wenn die Artillerie des Verteidigers lahm gelegt ist. Das soll nun keineswegs heifsen, dafs man die Infanterie nicht etwa erst einsetzen dürfe wenn der Artilleriekampf beendet ist das wäre zu spät , sondern man wird sie teilnehmen lassen an der Vorbereitung des Kampfes, nur soll der eigentliche Angriff nicht

eher vorgeführt werden ,

bis

die eigene

Artillerie Siegerin ist. Wenn im russisch-türkischen Kriege der Einsatz an Munition und Menschen oft in direktem Gegensatz zu den erzielten Erfolgen stand, so ist als Grund dafür anzuführen , dafs die russische Artillerie trotz bedeutender Überlegenheit, die ihr gestellten Aufgaben nicht erfüllte .

Denn die Türken bauten bei Nacht ihre

Werke immer weiter aus , sie erlitten keine namhaften Verluste und wurden keineswegs in ihrem inneren Halt erschüttert. Die russische Infanterie aber schritt nach dreitägigem Artilleriekampfe bereits auf grofse Entfernungen zum Sturme und reussirte nicht ; die Entscheidung mit dem Bajonnett in der Hand zu suchen , eingedenk dem Prinzip Suwarows, die Kugel sei thöricht, das Bajonnett allein weise, ist eben heutzutage, wie auch die Franzosen zugeben, nur dann möglich, wenn die Kugel dem Bajonnett den Weg geebnet hat. Wo im Kriege 77/78 die drei Waffen an der Einleitung und Durchführung des Angriffes zusammenwirkten , war der Erfolg gesichert , so die Rumänen gegen die Redoute von Gravitza . Die Franzosen sind der Meinung, Artillerie und Infanterie hätten in den Einleitungsstadien der Schlacht gemeinsam aufzutreten und ihr Feuer auf den Gegner zu konzentriren . Besonders Artilleriestellungen gegenüber kann das flankirende Auftreten selbst schwächerer Infanterie höchst unbequem werden ; solche Infanterie wird unter geschickter Geländebenutzung verhältnifsmässig

Französische Stimmen über das Verhalten

74

nahe an den Gegner herankommen , ohne selbst für sich befürchten. zu müssen ; ihr Feuer wird eventuell aber auch den Verteidiger dazu bringen, seine Infanterie zu demaskiren . Wenn man nach den Ereignissen von Plewna anfänglich gemeint hatte , das schnellfeuernde und weittragende Gewehr habe den Wert der Offensive herabgedrückt, so wurde, wie die Franzosen anführen, doch deutscherseits zuerst der taktischen Offensive wieder bald Geltung verschafft und für sie hervorgehoben , dafs Erfolge nur durch die Offensive zu erzielen seien, dafs sie allein den Sieg zu verbürgen verSehr drastisch führen sie an , dafs allerdings die Offensive eventuell gröfsere Verluste in sich birgt; wenn man eine Schlacht schlage , so wolle man nicht nur Verluste vermeiden , sondern die Hauptsache sei , Sieger zu werden ; nicht die Toten und Verwundeten möge .

räumen den Kampfplatz , sondern die Überlebenden fliehen , nicht, weil sie bei sich mehr Tote gezählt haben, sondern , weil ihr moralischer Halt verloren ist. Durch ein Zusammenwirken von Artillerie und Infanterie. hoffen die Franzosen die Feuerüberlegenheit zu erlangen und dadurch auch die Maske für das Heranführen der eigentlichen Angriffstruppen zu schaffen. Auch dann wollen sie dieses Zusammengehen also beider , wenn man nicht unmittelbar zum Angriffe schreiten . Zeit gewinnen will . Man würde dann dünne Schützenlinien , die sich geschickt den Falten des Geländes anzupassen haben würden , entwickeln und auf grofse und mittlere Entfernungen ein langsames hinhaltendes Feuergefecht führen ;

es wird dabei darauf gerechnet,

den Verteidiger zu einer verfrühten Aufnahme des Feuergefechts zu verleiten und man hofft dadurch ihn zu zwingen , seine Patronen bereits auf diese Entfernungen einzusetzen. Ansicht nach ,

Man kann aber, unserer

beim Verteidiger hierauf kaum rechnen ,

denn seine

Führer werden mindestens ebenso wie die des Angreifers darauf bedacht sein , mit den Patronen haus zu halten. Auch ist der Verteidiger verhältnifsmäfsig weniger zu dem zu frühen Wiederschiefsen verleitet , denn er befindet sich in der Deckung , wogegen sich der bereits auf weite Distancen Verlusten ausgesetzte Angreifer oft lange Strecken über die Ebene vorbewegt und sich dann, in einer Position angekommen , für das weitere Vorgehen nur allzuleicht

„ Mut er-

schiefst " , auch zu einer gröfseren Patronenverausgabung genötigt sein kann , um sein eigenes Vorschreiten vorzubereiten oder das von Nebenabteilungen überhaupt zu ermöglichen . Über die Art , wie die angreifende Infanteric nach entschiedenem Artillerie-Turnier sich weiter vorarbeitet , um die Feuerüberlegenheit zu gewinnen , dürfen wir uns hier wohl auf das im ersten Abschnitt

der drei Waffen beim Angriff.

75

„ Die Infanterie allein " Gesagte beziehen ; wir wollen es aber nicht verschweigen , dafs , da die Franzosen neuerdings keine Veränderungen veröffentlicht haben hinsichtlich der anzuwendenden Formen, wir nicht glauben, dafs ihre Art des Schematisirens von Heil ist. Für den Sturm selbst werden frische und mit voller Patronenzahl ausgerüstete Truppen gefordert

es sollen dieselben nach dem

französischen Reglement möglichst lange aufserhalb des Bereiches derjenigen gehalten werden, welche das Feuergefecht führen.

Das

Geheimhalten

eines

beabsichtigten

Angriffes ist

heutzutage nach französischer Ansicht weit mehr erschwert wie früher, denn der Rauch verschleiert nicht mehr die Angriffsrichtung; auch bedarf der Angreifer eines Geländes, das die Bewegung seiner Massen und das Zusammenwirken der drei Waffen gestattet. Der Verteidiger dagegen wird , wenn er das Vorgelände genügend rekognoszirte , mit ziemlicher Bestimmtheit voraussagen können, von wo aus der Einbruch versucht werden wird ; es wird daher notwendig sein , ihn über die eigentliche Angriffsrichtung durch Scheinangriffe zu täuschen und ihn dadurch zu verleiten , seine Reserven von der wirklichen Einbruchsstelle wegzuziehen. Ob der Verteidiger sich zum Einsehen der Terrainfalten des Fesselballons bedienen wird , dürfte uns vorläufig noch zweifelhaft sein ; die Franzosen erwarten von seinem Gebrauch Erfolge . Für die grofse Entscheidungsschlacht der Zukunft , deren Einleitung voraussichtlich Tage lang dauern kann ,

wird nach franzö-

sischer Anschauung der entscheidende Einbruch in die feindliche Stellung sicherlich auf die Morgendämmerung fallen , nachdem man die Dunkelheit der Nacht zu Hilfe genommen hatte, die Angriffstruppen möglichst nahe an den Gegner heranzuführen . Zum Schlufs stimmen wir den Franzosen darin zu, dafs 1. nach den Veränderungen in der Bewaffnung die Vorzüge der Offensive in der Taktik in die Augen springende sind, indem sie trotz Erfindung des rauchschwachen Pulvers

die Ver-

einigung der Feuerwirkung erhöhen ; 2. die Rolle und das taktische Verfahren der drei Waffen keinen wesentlichen Modifikationen unterworfen worden ist , wohl aber, dafs 3. es vielen vorhergehenden Studiums

wir fügen noch hinzu,

besonders der neuesten Kriegsgeschichte und der Leistungen der modernen Feuerwaffen sowie grofser Schnelligkeit des Entschlusses seitens der Offiziere

aller

Grade

künftighin bedarf,

um dem

taktischen Verfahren Geltung zu verschaffen ;

76

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

4. dafs keine der drei Waffen sich künftighin auf sich selbst wird verlassen können dürfen 9 sobald sie mit anderen zusammenficht ,

dafs

es vielmehr noch

eine

weit ernstere

Forderung wie früher ist, dafs sich die drei Waffen eng mit einander verbrüdern , indem sie sich gegenseitig beistehen in allen den Kämpfen , die der grofsen Schlacht der Massen, welche über die Zukunft von Nationen entscheiden wird, vorangehen, sie ausmachen und ihr folgen.

IV.

Das optische

Signalwesen in der englischen Armee .

Als ich im Oktober vorigen Jahres einen Ausflug nach England machte und bei dieser Gelegenheit auch das Lager von Aldershot besuchte, teils um dort Bekannte aus früherer Zeit zu begrüfsen, teils um zu sehen, was es in der Armee Neues gäbe, traf ich dort dieselben Verhällnisse an, bei uns treffen würde.

wie man sie zu dieser Zeit des Jahres auch Die gröfseren Truppenübungen waren beendet ,

die Regimenter, die in die Kolonien abzugehen bestimmt waren, hatten den gröfsten Teil ihrer Mannschaft beurlaubt, und es herrschte tiefe Ruhe in dem sonst so lebendigen Lager. Einer meiner Bekannten äufserte, daſs, wenn ich mich für das optische Signalwesen interessirte, ich den Übungen eines hier zu diesem Zweck versammelten Kommandos beiwohnen könne.

Wenngleich ich mir nicht viel von

diesem mir ganz fremden Dienstzweige versprechen zu können glaubte, so nahm ich das Anerbieten doch dankbar an , da es für mich etwas ganz Neues war. In bekannter englischer Gastfreundschaft und Liebenswürdigkeit hatte der mit der Ausbildung der Kommandirten beauftragte Oberst mir sein Fuhrwerk zur Verfügung gestellt, und so fuhr ich in Begleitung eines Kapitäns der reitenden Artillerie in das Gelände, wo an diesem Tage die Signalübung stattfand . Ich mufs hierbei bemerken, dafs das Kommando, das zum Zweck der Ausbildung im Signalwesen zusammengetreten war, aus ungefähr 20 Offizieren und vielleicht doppelt so viel Unteroffizieren bestand. Diese mufsten bei Antritt des Kommandos so weit vorgebildet sein,

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

77

dafs sie sechs Worte in der Minute signalisiren und lesen konnten . Jetzt sollten sie es auf 20 Worte in der Minute zu bringen lernen, und gleichzeitig in der taktischen Verwertung des Signalwesens unterwiesen werden. Die Ausbildung leitete der Colonel Keyser, ein Offizier, der auf diesem Gebiete als erste Autorität in der englischen Armee gilt. Die Ausbildungszeit dauerte drei Wochen, nach Ablauf dieser Zeit trat ein neues Kommando zusammen.

Wir fuhren in dem wellenförmigen Gelände, das das Lager von Aldershot umgiebt, ungefähr 25 Kilometer weit und hielten an der Stelle, wo für diesen Tag die wichtigste Signalstation errichtet war. Der taktische Gedanke, der dieser Übung zu Grunde lag, war ungefähr der, dafs die Stadt Aldershot von einem Detachement belegt war, dessen äufserste Vorposten gegen 25 Kilometer weit entfernt standen. An denjenigen Stellen, wo unsere Vorposten-Kompagnien stehen würden, waren Signalstationen errichtet, die die von der vorgeschobenen Cavallerie gegebenen Flaggen - Signale aufnahmen und an die gegen 15 Kilometer weiter rückwärts aufgestellte Station weitergaben, von wo aus sie dann in die Stadt und die Wohnung des Kommandirenden gelangten.

Im Vorgelände ritten Cavallerie - Patrouillen, durch einzelne berittene Offiziere dargestellt, welche die Meldungen aller Art, wie sie der Vorpostendienst mit sich bringt, an die Vorposten-Kompagnien vom Pferde aus mit kleinen Flaggen signalisirten . Wie sich am Nachmittage herausstellte, waren die Meldungen in durchschnittlich 6 Minuten von der Vorposten-Cavallerie bis in die Wohnung des Kommandeurs in Aldershot gelangt, eine Entfernung, die in Luftlinie ungefähr 25 Kilometer betrug. Die ganze Sache erschien mir so ungeheuer einfach und zweckmäfsig, dafs ich mich dafür auf das höchste zu interessiren anfing, und nun in den folgenden Tagen Gelegenheit nahm , das ganze optische Signalwesen theoretisch und praktisch näher kennen zu lernen. Da diese Art des Signalisirens in unserer Armee nur wenig bekannt ist, so dürfte eine nähere Darstellung desselben den Lesern der Jahrbücher vielleicht nicht uninteressant sein. Sämtliche Dienstvorschriften für das Signalwesen sind in dem Manual for Instruction in Army Signalling 1888 " enthalten , ein kleines Büchlein in der Form unserer Schiefsvorschrift. In der Einleitung dazu heifst es, dafs man in der Armee drei Arten zur Beförderung von Meldungen, Befehlen etc. habe : 1. durch den elektrischen Telegraphen, 2. durchoptische Signale, 3. durch berittene Ordonnanzen.

Jede dieser Arten ist den Verhältnissen anzupassen, und keine darf als unabhängig von der andern angesehen werden .

Der elek-

78

Das optische Signalwesen in der englischen Armee .

trische Telegraph verschafft eine rasche und sichere Art der Beförderungen, die Anlage erfordert aber viel Zeit zur Herstellung und mufs in ihrer ganzen Länge geschützt werden.

In Feindesland kann sie

nur hinter der Vorpostenstellung Verwendung finden. Das optische Signalwesen giebt rasche und sichere Beförderung bei klarem Wetter, erfordert wenig Material und kann in jedem Gelände, wo auch keine Strafsen sind, zur Verwendung kommen .

Dem

elektrischen Telegraphen gegenüber hat es den Vorteil der gröfseren Beweglichkeit, und giebt dem Feinde nur geringe Angriffspunkte. Für weit vorgeschobene Abteilungen und in Gebirgsgegenden bei feindseliger Bevölkerung wird es das einzige Kommunikationsmittel sein, aufserdem wird es bei Vorposten , bei Entsendung selbständiger Detachements und in Verteidigungsstellungen zur Verbindung der Divisionen mit dem Corps, sowie zwischen Schiffen und Landstationen anzuwenden sein . Berittene Ordonnanzen können nur auf kürzeren Entfernungen von Nutzen sein. Dem ganzen elektrischen wie optischen Signalwesen liegt das in der ganzen Welt übliche Morse'sche Alphabet zu Grunde, d . h. jedes Zeichen besteht ausschliefslich aus Punkten und Strichen , z . B. der • D= B Buchstabe A ... C = E =. u. S. W. Diese Zeichen bleiben stets dieselben, mögen sie mit dem elektrischen Telegraphen oder durch optische Signale gegeben werden . Für den Kriegsgebrauch treten noch einzelne besondere abgekürzte Worte hinzu , z . B. „ verstanden “ , „ wiederholen “ , „ durchstreichen “ , „ Schlufs “ u . s . w., es sind aber nur wenige, so dafs das Erlernen des Alphabets auf keine Schwierigkeiten stöfst. Auf mein Befragen, wie viel Zeit dazu erforderlich sei, einen Mann im Signalisiren auszubilden, erwiderte man mir, dafs bei der Truppe die Leute in 14 Tagen so weit gebracht würden , dafs sie sechs Worte in der Minute befördern und lesen könnten, und dafs weitere 14 Tage erforderlich seien, um es bis auf 20 Worte in der Minute zu bringen . Die Apparate, die bei dem optischen Signalisiren bei Tage zur Verwendung kommen, sind die Flaggen und der Heliograph.

Das

gebräuchlichste Signalmittel, das bei jeder Witterung zu gebrauchen ist, sind die Flaggen , von denen grofse und kleine unterschieden werden. Auf den eingerichteten Stationen kommen nur die grofsen in Gebrauch, sie bestehen aus einem Stock von 52 (englische) Fufs Länge und einer Stärke von 1½ Zoll an der Spitze und 1 Zoll am unteren Ende. An diesem Stock befindet sich das Flaggentuch von 3 Fufs Durchmesser im Quadrat, es ist von blauer Farbe, oder von weifser Farbe mit schmalem horizontalen blauen Querstrich. Die blaue

79

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

Flagge wird gebraucht, wenn der Signalist einen hellen Hintergrund hat, wenn er beispielsweise auf einer Höhenkuppe steht, die weifse, wenn er einen dunklen Hintergrund hat. Das Flaggentuch besteht aus einem aufserordentlich leichten Muslinstoffe , dessen Vorhandensein man beim Schwingen der Flagge kaum empfindet.

Es ist das von

grofser Wichtigkeit, denn das rasche Bewegen der Flagge stellt an die Körperkraft ganz enorme Anforderungen. Es war schon recht kühl in den letzten Tagen des Oktobers, und doch sah ich, wie die Leute meistens sofort, wenn sie die Reihe des Signalisirens traf, den Waffenrock wegwarfen, um in Hemdsärmeln arbeiten zu können. Mit diesen Flaggen werden die beiden Zeichen , Punkt und Strich, gegeben, andere Zeichen giebt es nicht. Um diese aber auf Entfernungen bis zu 19 Kilometern noch deutlich erkennen zu können , müssen sie natürlich so bestimmt und sicher eingeübt sein, dafs jeder Zweifel oder Irrtum ausgeschlossen ist. Die Stellung und Bewegung der Flaggen werden deshalb auch mit derselben Sorgfalt wie unsere Einzelgriffe ausgeführt.

Auf das Kommando

fertig zum Signalisiren "

stellt der Signalist seine Füfse 12 Zoll weit auseinander, ergreift dabei den Flaggenstock mit der rechten Hand in der Mitte und erhebt diese, bis die rechte Hand über der linken Schulter sichtbar wird. Die linke Hand ergreift das untere Ende des Stockes und hält diese vor die Mitte des Körpers. Winkel von 25 ° Linie stehen.

Der Flaggenstock mufs dabei in einem

zu einer senkrecht durch den Körper gedachten

Diese Stellung heifst die Normalstellung und mufs von

Anfang bis zu Ende des Signalisirens eingehalten werden .

Wohin

dabei die Front genommen wird, ist Nebensache, es ist anzustreben , dafs der Wind das Flaggentuch von der Seite trifft.

Um nun aus

der Normalstellung einen „ Punkt" zu signalisiren, wird die Flagge rasch so weit nach rechts bewegt, dafs dieselbe 25 ° rechts zur Grundlinie des Mannes zu stehen kommt, und dann sofort in die Normalstellung zurückgeführt. Um einen „ Strich " zu signalisiren , wird die Flagge aus der Normalstellung rasch so weit nach rechts bewegt, dafs der Flaggenstock benahe den Boden berührt. Die linke Hand und der linke Arm müssen dabei festgehalten werden, sie dürfen nicht die geringste Bewegung machen. Dann geht die rechte Hand sofort wieder in die Normalstellung. Auf diesen beiden Zeichen beruht das ganze System, andere Zeichen giebt es nicht. hinzuzufügen,

Es erübrigt nur noch

dafs nach jedem Buchstaben eine kurze, nach jedem

Worte eine längere Pause in der Normalstellung gemacht wird. Bei der rasenden Geschwindigkeit der Bewegungen entdeckt das ungeübte Auge von den beiden Zeichen und den Pausen nichts, man sicht nur ein wirres Flattern des Fahnentuches.

80

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

Es war mir hierbei interessant , von den Offfzieren zu hören, dafs man es bei der Ausbildung der Mannschaft vermeidet , das Alphabet theoretisch zu lehren, man läfst die Leute sich den Eindruck merken , den die Flaggenbewegung und Stellung auf sie machen . Man zeigt eine kurze Bewegung und lehrt ihnen , dafs dieses das Zeichen für E ist , dafs zwei kurze Bewegungen I , eine kurze und eine lange A bedeuten u. f. w. Diese Begriffe sollen sich leichter einprägen, als wenn die Buchstaben, durch Punkte und Striche bezeichnet, gelehrt werden. Aufserdem hat man die Erfahrung gemacht, dafs die Leute nicht so leicht nervös werden und in den Fehler verfallen , rathen zu wollen , zugewöhnen ist.

ein Fehler , der nur schwer wieder ab-

Die kleinen Flaggen sind nach denselben Grundsätzen wie die oben erwähnten grofsen hergestellt , nur ist der Stock um 2 Fufs kürzer, und das Flaggentuch ist nur 2 Fufs im Quadrat grofs . Man kann sie bis auf 12 Kilometer verwenden. Man gebraucht sie aber weniger auf Stationen als für einzelne reitende Signalisten , die der Station Meldung senden. Eine Flaggen - Station besteht aus wenigstens 3 Mann , der eine Mann sieht ununterbrochen durch ein langes Telescop nach der Station hin , von wo er entweder Meldung erwartet oder wohin er solche senden will.

Das Telescop liegt auf einem gegen 30 cm hohem

Doppelkreuz , einer Art niedrigem Sägebock, der Mann liegt horizontal auf der Erde und sieht durch das Ocular. Sobald er bemerkt, dafs die vorliegende Station, die selten näher wie 12 Kilometer liegen wird, das Zeichen zum Aufpassen gibt , tritt der zweite Mann mit der Flagge neben das Telescop und gibt das Zeichen zum Anfang. Der dritte Mann tritt hinter das Telescop und notirt in einem Block von Meldekarten , was der erste Mann ruft. Am Schlufs jedes Wortes gibt der zweite Mann mit der Flagge das Zeichen , dafs das Wort verstanden ist, oder ein Zeichen, dasselbe nochmals zu wiederholen. Auf die Errichtung der Stationen und den Dienstbetrieb derselben komme ich später noch zurück. Nächst den Flaggen ist der Heliograph das wichtigste und vollkommenste

Instrument für die optischen Signale.

Er besteht

aus einem zusammenlegbaren Dreifufs, auf den der eigentliche Apparat aufgestellt wird. Die Beschreibung desselben ohne genaue Zeichnung ist nicht möglich, ich erwähne daher nur die Grundsätze für dessen Verwendung, die darin beruhen, die Strahlen der Sonne auf einen bestimmten Punkt zu werfen und wieder verschwinden zu lassen . Es geschieht dieses durch einen runden Spiegel von c. 20 cm. Durchmesser, der durch eine Visir-Vorrichtung genau auf einen bestimmten

81

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

Punkt gerichtet werden kann. Ist dies geschehen , so wird der Spiegel durch eine Druckvorrichtung in seiner vertikalen Stellung um ein Geringes bewegt, wodurch die Strahlenwirkung für denjenigen Punkt, auf den sie eingerichtet war, verschwindet. Hierin beruht der Grundsatz des Signalisirens , es erscheint ein plötzlicher oder ein etwas länger anhaltender Blitz , ein Punkt oder ein Strich der erwähnten Zeichen.

Der Mechanismus des Apparates

wird genau so bedient

wie der kleine Druckapparat des elektrischen Telegraphen, so daſs Jeder , der das Alphabet kennt , auch sofort Telegramme absenden kann. Es mufs hierbei noch bemerkt werden, dafs, wenn die Sonne im

Rücken des Signalisten steht ,

ein zweiter Spiegel von gleicher

Gröfse an den Apparat angebracht wird , auffängt und dem ersten Spiegel zuführt.

der die Sonnenstrahlen Die Wirkung des Helio-

graphen ist für denjenigen , der sie zum ersten Male beobachtet, geradezu überraschend. Von der signalisirenden Station ist natürlich mit blofsem Auge nichts zu entdecken . Reihenfolge

Plötzlich kommen in rascher

eine Menge kurzer Blitze ,

als Zeichen ,

dafs man ein

Signal geben will . Der eigene Heliograph gibt die Antwort , dafs man bereit ist ; dann erfolgen mit rasender Schnelligkeit kurze und längere Blitze und in einer Minute ist eine Depesche von 20 Worten übermittelt. Diese wird dann entweder sofort zur nächsten Station weitergegeben, oder durch Ordonnanz schriftlich überbracht. Die Entfernung , in der der Heliograph wirken kann , richtet sich nach dem Gelände , Durchsichtigkeit der Luft.

der Stärke Wo ,

der Sonnenstrahlen und

der

wie in dem Kriege in Südafrika

1883-85 , alle Umstände günstig zusammenwirkten , wurde von einer Station die Verbindung dauernd auf 70 engl. Meilen ( 112 Kilometer) unterhalten.

Eine derartige Verwendung dürfte bei unserem mittel-

europäischen Klima und Bodenbeschaffenheit kaum je möglich sein . Man hat auch mit der Anwendung des Heliographen bei Mondschein günstige Erfahrungen gemacht , bei Vollmond konnte bis auf 18 Kilometer noch deutlich signalisirt werden.

Ebenso hat man auch

künstliches Licht durch Spiegelung weitergegeben , doch kann davon natürlich nur auf kürzeren Entfernungen die Rede sein.

Von allen

optischen Instrumenten besitzt der Heliograph die gröfste Vollkommenheit. Er ist leicht zu handhaben, und arbeitet zuverlässig und schnell, so dafs die Vorschrift, nicht mehr wie 20 Worte in einer Minute zu signalisiren , auf ihn keine Anwendung findet. Bei günstigem Sonnenlicht durchdringen die Strahlen , wenigstens auf den kürzeren Entfernungen jeden gewöhnlichen Nebel , Wolken.

Staub ,

Rauch oder leichtere

Die Signale können von Niemanden seitwärts beobachtet

werden , der Fokus, innerhalb dessen die Blitze sichtbar sind, ist nur Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 1 . 6

82

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

sehr klein, ich habe persönlich Gelegenheit gehabt, mich davon zu überzeugen, dafs bei einer Station, der auf c. 20 Kilometer Signale durch den Heliographen zugingen, der Fokus nur ungefähr 12 Schritte Durchmesser hatte. Trat man aus diesem heraus, so bemerkte man nichts mehr. Aufser den Flaggen und dem Heliographen gibt es noch andere optische Signal - Apparate, die ich hier nicht zu erwähnen brauche, da sie nicht für den Feldgebrauch, sondern für den Gebrauch zwischen Schiffen und der Küste bestimmt sind . Sie beruhen alle auf dem Grundsatz des Signalisirens von Punkt und Strich . Von denjenigen Apparaten , die bei Nacht in Wirksamkeit zu treten haben, ist das „ Kreide licht " das Wichtigste . Ohne auf die Einzelheiten der Konstruktion einzugehen, sei nur der Grundsatz erwähnt, dafs durch den starken Strom brennenden Wasserstoffgases ein zugespitztes

Stück Kreide in weifsglühenden Zustand versetzt wird. Es entsteht dadurch das sogenannte Drummond'sche Kalklicht, das bekanntlich nächst dem elektrischen Licht das hellste künstliche Licht bildet. Durch das Leuchten und Verschwinden des Lichts auf kürzere und längere Augenblicke

werden die Punkte und Striche Zu diesem Zweck besteht der Apparat aus mehreren metallenen Gefäfsen , in denen das Wasserstoffgas auf chemischem Wege erzeugt wird. Dieses wird durch einen Schlauch in einen, signalisirt.

bezw. zwei luftdichte Säcke geleitet, von denen es mit Druck in die Laterne gelangt. Der Druck wird dadurch hergestellt, dafs man einen gewöhnlichen Sack mit ungefähr 6 Kilo Erde oder Steinen füllt, und diesen auf den luftdichten Gas - Sack in dem Augenblick legt , wenn man signalisiren will. Das ausströmende Gas trifft durch eine SpiritusFlamme, die in einer Laterne brennt, auf den Kreidestift und versetzt diesen in weifsglühenden Zustand. Diese Laterne hat zwei starke Linsen von c . 8 cm Durchmesser , die durch eine Druckvorrichtung wie beim Heliographen rasch geschlossen und geöffnet werden können, so dafs durch leichten Druck Punkt und Strich signalisirt werden . Die Laterne selbst steht auf einem Dreifufs festgeschraubt, und mufs auf die ungefähre Richtung eingerichtet sein , genau kommt es nicht darauf an, denn der Fokus des Leuchtens ist ein sehr grofser. Die Entfernung, bis zu welcher man das Kreidelicht in dunklen Nächten gebrauchen kann , wird für die Luftverhältnisse Englands auf 30 Kilometer berechnet, bei klarerer Luft natürlich entsprechend weiter. Ich habe persönlich keine Gelegenheit gehabt, die Verwendung dieses Lichtes bei Nacht zu sehen , wohl aber bei Tage. Zu diesem Zwecke wurde der ganze Apparat in einer dunklen Baracke aufgestellt, deren Thür nach der Seite geöffnet war, die zur nächsten

83

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

Station führte . Selbst bei Tageslicht waren die intensiven Blitze auf viele Meilen sichtbar. Auf meine Bemerkung, daſs der ganze Apparat doch sehr complicirt und schwierig zu transportiren sei, zeigte man mir die Verpackung desselben , die in zwei Tragekörbe zusammengelegt

eine leichte Last für ein Maultier bildete .

Die Tragekörbe

waren kaum halb gefüllt , so dafs der alte Sergeant , der die Verpackung leitete , die Bemerkung machte : 27 Hier ist nun noch Platz genug für ihren Mantel und Handkoffer" .

Wenn man bedenkt, dafs

das Kreidelicht bei jedem Wetter , mit Ausnahme dichten Nebels , seine Dienste auf weite Entfernungen verrichten kann, und von den Wetter- Verhältnissen viel unabhängiger ist wie der Heliograph , so mufs man es wol als das wichtigste Hülfsmittel für die optische Telegraphie bezeichnen. Eine Ergänzung des Kreidelichtes bildet die Handlaterne , einfacher Apparat.

Sie besteht aus

ein

einem von vegetabilischen Öl

(Mineralöl darf nicht gebraucht werden) gespeistem Docht von 8 cm Breite , der in einer kleinen Handlaterne brennt. Die Lichtöffnung bildet ein sogenanntes 27 Ochsenauge " , eine gläserne Linse , die durch einen Druckapparat rasch geöffnet und geschlossen werden kann , genau so wie beim elektrischen Telegraphen, beim Heliographen und beim Kreidelicht. Der Luftzutritt erfolgt durch Löcher im Boden der Laterne. Die Laterne wird beim Gebrauch auf einen Dreifuss gestellt, dessen drei Fülse beim Transport ineinander geschoben werden . Bis zu welcher Entfernung diese Handlampen Verwendung finden , habe ich nicht erfahren können. Die Aufzählung der optischen Signal-Apparate ist hiermit erschöpft. Es erübrigt nur noch hinzuzufügen, dafs auch auf akustischem Wege Signale gegeben werden können , wo

sich gerade die Gelegenheit

dazu bietet. Man kann mit dem Signalhorn , der Dampfpfeife der Lokomotive oder eines Dampfkessels , dem Nebelhorn der Dampfschiffe genau dieselben Signale durch kurze und lange Töne geben ,

wie

durch

den

elektrischen

und

optischen

Telegraphen.

Hat man zwei Töne zur Verfügung, so soll der höhere Ton den Punkt, der niedrigere den Strich bezeichnen. Besondere Vorschriften gibt es für diese Signale weiter nicht, da sie ja nur gelegentlich als Nothbehelf verwandt werden sollen . Da das gesamte Signalwesen der Gefahr unterliegt, dass unter Umständen der Gegner die Depeschen auffangen kann, so ist darauf Rücksicht genommen, dafs in allen derartigen Fällen chiffrierte Depeschen entsandt werden können . Zu diesem Zwecke besitzen die Signalisten ein sogenanntes Chiffern -Rad von der Gröfse einer Taschenuhr,

das auf seiner Peripherie zwei in verschiedener Reihenfolge 6*

84

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

untereinanderstehende Alphabete und einen feststehenden Zeiger hat. Das äufsere Alphabet kann nun mit einem beliebigen Buchstaben auf den Zeiger eingestellt werden, wodurch die Chiffrirung angegeben ist. Die Depesche beginnt dann mit den Worten der Zeigerstellung. Ausserdem verwendet man in England auch Chiffern-Tafeln mit einem Schlüsselwort, die genau nach denselben Grundsätzen wie unsere Geheimschrift zusammengesetzt sind .

Die

für diesen Zweck in der

Signal-Instruktion gegebenen Vorschriften wollen wir hier nicht eingehender erwähnen, es mag genügen, die allgemeinen Grundsätze erwähnt zu haben . Bei den praktischen Übungen kamen sie sehr viel zur Anwendung, es hatte das nebenbei den Vorteil, dafs die Signalisten niemals daran denken konnten , die Worte zu errathen. Ich komme nun zu der Art der Verwendung der Signale für den Kriegsgebrauch .

Sobald die Truppe in die Lage kommt, Signale

nach irgend einem Punkt hin,

sei es in der Bewegung oder im Zu-

stand der Ruhe geben zu wollen,

so

müssen Signal- Stationen zur

Aufnahme, zum Empfang, und wenn nöthig zur Vermittelung errichtet werden. Von den hierbei mafsgebenden taktischen Rücksichten nehme ich vorläufig Abstand, es bleibt zunächst die technische Seite der Sache zu berücksichtigen . Jede Station soll, wie die Instruktion sagt, so zusammengesetzt

sein, dafs sie ihren Zweck erfüllen kann .

Dieser Zweck ist nun ent-

weder die Empfangnahme der Depeschen und deren Weitergabe, oder der Empfang der Signale und Ablieferung der Depeschen, oder die Vermittlung zwischen je zwei Stationen dieser Art. Je nach diesem Zweck mufs das der Station zuzutheilende Personal und Material zusammengesetzt sein.

Die

Signal -Instruktion" berechnet die Stärke

dieser Stationen auf 2-6 Mann, in der Regel werden 3 Mann genügen. Die Mannschaften werden in Nummern eingetheilt, von denen jeder eine besondere Thätigkeit und besondere Instrumente zugewiesen werden. No. 1 führt Meldekarten und Bleistift und hat jeden Buchstaben niederzuschreiben , der von No. 2 gerufen wird. No. 2 hat Fernrohr und buchstabirt die eingehenden Signale,

aufserdem

hat

diese Nummer nach jedem Wort der No. 3 das Wort „verstanden “ zuzurufen. No. 3 gibt mit Flagge, Heliographen oder Laterne der absendenden Stelle das Zeichen verstanden" . Da die Thätigkeit dieser drei Nummern

eine

sehr verschieden

anstrengende ist, so mufs naturgemäfs ein öfterer Wechsel unterNamentlich die No. 2 ist aufserordentlich angeeinander eintreten. strengt, die liegende Stellung und das aufmerksame Sehen durch das Fernrohr wirken sehr ermüdend . Ob den einzelnen Stationen noch Ordonnanzen, Pferdehalter oder sonstiges Personal zugeteilt werden

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

85

müssen, hängt von den jedesmaligen Umständen ab . Die EmpfangsStationen müssen selbstverständlich berittene Ordonnanzen haben . Den Signalisten ist streng vorgeschrieben, nur schriftliche Depeschen anzunehmen und nur solche abzuliefern. Die Errichtung einer solchen. Station geht aufserordentlich rasch von Statten, in kaum einer Minute können sämtliche Signal-Apparate aufgestellt und in Thätigkeit sein , und ebenso rasch ist Alles eingepackt und zum Weitermarsch fertig. Die Wahl des Stationspunktes selbst ist aber nicht immer ganz einfach .

In ganz ebenem Gelände ist es mitunter recht schwierig, eine

Stellung zu finden , von der aus man auf Entfernungen von 10 km. und darüber nach einem bestimmten Punkt hin signalisiren kann, selbst Kirchtürme entziehen sich häufig der Fernsicht, und es bleibt dann nichts übrig,

als seitwärts gelegene Verbindungs - Stationen zu

errichten. In hügligem oder wellenförmigen Gelände ist die Sache einfacher, ein Übersichtspunkt ist hier leicht gefunden. Es kommt aber nicht

allein darauf an, dafs die eigene Station ein günstiges

Übersichtsfeld hat,

sondern dafs sie auch von der nächsten Station

aus deutlich gesehen werden kann , und dafür ist die Wahl des Hintergrundes von Wichtigkeit. Im Allgemeinen ist heller Hintergrund, der Horizont, günstig, es gibt aber auch Beleuchtungs -Verhältnisse , wo gerade ein dunkler Hintergrund erwünscht erscheint. In der Regel wird daher das Signalisiren damit eröffnet,

dafs

die nächste

Station entweder erklärt „ Stellung gut" , oder einen anderen in der Nähe gelegenen Punkt als Station bezeichnet. Es ist dabei ebenfalls zu berücksichtigen, ob man mit dem Heliographen oder mit Flaggen signalisiren will, ferner, ob man, wie beim Vorgehen mit KavallerieDivisionen, nur auf ganz kurze Zeit eine Station errichtet,

oder ob

für Vorposten- oder Belagerungs-Dienst dauernde Verbindungen hergestellt werden sollen. In Bezug auf die eigentliche Organisation des Signalwesens besitzt die englische Instruktion noch eine bedeutende Lücke. So genau, wie die Ausbildung des

einzelnen

Mannes,

die Handhabung der

Apparate, der Dienstbetrieb auf den Stationen vorgeschrieben sind, so fehlt es doch an jeglicher Vorschrift für die Eintheilung und Verwendung der Signalisten in den Truppen -Verbänden. Man besitzt gegenwärtig in jeder Kompagnie, Eskadron und Batterie mindestens 5 ausgebildete Signalisten, allein die meisten Offiziere wissen garnicht , was sie damit machen sollen,

sie stellen oft geradezu thörichte An-

forderungen an dieselben, und wenn die

armen Signalisten

diesen

nicht gerecht werden können, so fällen sie häufig recht abfällige Urteile über das ganze Signalwesen. Der Colonel Keyser erwähnte in seinem Vortrage einen Fall, den er selbst beim Manöver gesehen, wo

86

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

ein Bataillons- Kommandeur einem Signalisten, der im lebhaften Feuergefecht in der vordersten Schützenlinie lag, den Befehl gab, aufzustehen, und, mit dem Rücken gegen den Feind, das Signal zur Munitions-Nachfuhr zu geben . Nach Ansicht der im Signalwesen ausgebildeten Offiziere ist es unbedingt nöthig, die Signalisten in bestimmten Abteilungen zu vereinigen und den Regiments- bezw. den Brigade -Kommandeuren zu unterstellen. Wenn beispielsweise ein Regiment 12 Signalisten zu diesem Zwecke ausschiede,

so können mit diesem 4 Stationen aus-

reichend besetzt werden, und das wird wohl für alle Fälle genügen. Selbst ohne Verwendung von Heliographen könnte eine Strecke von 40 Kilometern mit Sicherheit besetzt werden. Würde ein solches Regiment die Vorposten der Division zu stellen haben, so befinden sich vielleicht zwei Stationen in erster Linie, entweder bei der Vorposten - Cavallerie oder, bei Nacht jedenfalls ,

bei den Vorposten-

Kompagnien. Die dritte Station würde beim Gros der Vorposten stehen, während die vierte die Verbindung mit der dahinterliegenden Kommando-Behörde aufnimmt. Die Errichtung von Stationen für kürzere Entfernungen von vielleicht 12 Kilometern wird sich nicht empfehlen, hier genügen berittene Ordonnanzen . Dafs die Herstellug der Stationen ebenso rasch erfolgt, wie die Aufstellung der Vorposten selbst, ist schon vorher erwähnt. Dafs man in Bezug auf die Organisation der Signalisten in England noch nicht weiter gekommen ist, mag in der dort gänzlich fehlenden dauernden Eintheilung der Truppen in gröfsere Verbände Divisionen und Brigaden existiren im Frieden seinen Grund haben. bekanntlich garnicht, sondern werden zum Zweck gröfserer Übungen jedes Mal besonders zusammengestellt. Selbst das Regiment ist nur ein administrativer Begriff, dasselbe hat zwar zwei Bataillone, allein Eine Ausnahme machen eines derselben ist stets in den Kolonien. darin nur die wenigen Garde-Regimenter.

Dafs neben den in be-

sondere Abteilungen vereinigten Signalisten auch solche bei der Truppe verbleiben müssen, ist selbstverständlich, sie können unter Umständen hier von grofsem Nutzen sein . Der schon erwähnte Colonel Keyser, der Inspicient des gesamten

Signalwesens für die englische Armee, hielt am 3. November vorigen Jahres in der militärischen Gesellschaft zu Aldershot einen Vortrag, in dem er alles auf das Signalwesen bezügliche Wissenswerte in interessanter Weise zusammengestellt hatte. Er erwähnte darin auch einige besondere Eigenschaften des Heliographen, wie die Möglichkeit, mit demselben von einem Übersichtspunkte aus den ganzen Horizont, so weit der Gesichtskreis reicht, „bis auf jeden Zoll im Gelände ab-

Das optische Signalwesen in der englischen Armee .

zusuchen".

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Befindet sich innerhalb dieses Raumes irgend eine Ab-

teilung der englischen Armee , so wird sie sofort das Erkennungszeichen nach jenem Punkte, von dem die Blitze ausgingen, hinsenden und die heliographische Verbindung ist in wenigen Minuten hergestellt. Ebenso erwähnte er auch einzelne Fälle, wo bei teilweise bedecktem Himmel die Blitze gegen die Wolken , oder auf den in der Tiefe liegenden Nebel gerichtet wurden, und so auf sehr weite Entfernungen gelesen werden konnten. Ein Beispiel aus dem letzten Kriege der Engländer in Afghanistan , übersetze ich wörtlich.

das vom Redner angezogen wurde,

77 Im Jahre 1880 nahm die eingeschlossene Besatzung von Kandahar die Verbindung mit der zur Unterstützung heranrückenden Kolonne des Generals Sir Roberts auf eine Entfernung von 48 Meilen auf, und diese Verbindung wurde stundenlang über den Feind hinweg , der dagegen machtlos war , aufrecht erhalten. Als der erste sternartige Schimmer in dem uns umhüllenden heifsen Nebel erschien und verschwand , war ich so aufgeregt , dafs ich kaum den Heliograph aufstellen konnte , nachdem wir über einen Monat von der Aufsenwelt abgeschnitten waren. Der Signal- Offizier der anrückenden ErsatzTruppen berichtet selbst darüber folgendes :

„ Man zeigte uns , in

welcher Richtung Kandahar lag , die Ebene , die vor uns zu unseren Fülsen lag.

Capitaine Strahon hatte einige berittene Signalisten mit-

gebracht, und wir richteten 112 Uhr unsere Blitze nach jener Richtung hin. Von der Stadt selbst konnten wir auch mit unseren schärfsten Fernrohren nichts entdecken , ein dichter Nebel lag über der ganzen Gegend und es verging eine Viertelstunde, ohne dafs eine Antwort kam. Es wurde nun eine zweite Station seitwärts errichtet, die mit dem Gros

des Detachements signalisiren sollte .

Kaum war

diese fertig , als ein ganz schwacher Schimmer von Kandahar aufblitzte, und wir konnten die Worte lesen : „Wer seid Ihr?" Es wurde sofort geantwortet : „ General Gough und zwei Regimenter Cavallerie. “ Dann kam die Frage : 99 Wo seid Ihr?" Später wurde die SignalStation von einem Turme in Kandahar mit neun verschiedenen Stationen auf Entfernungen von 4-58 Meilen errichtet und monatelang in Betrieb erhalten , ohne dafs jemals eine Klage über Störung oder Irrtum an mich gelangt wäre." An einer anderen Stelle erwähnte der Vortragende :

„Auch bei

Mondlicht wurde der Heliograph mit Erfolg gebraucht , nachdem er bei Tage eingerichtet war. Es war eine Linie von Kabul nach dem Kuram-Thal und dem Agam-Pafs errichtet, das Licht war mit blofsem Auge auf 12 Minuten sichtbar. Der Heliograph fand auch Verwendung mit künstlichem Lichte.

88

Das optische Signalwesen in der englischen Armee.

Bei der Einschliefsung von Sherpur wurde von den Brustwehren der Werke das reflektirende Lampenlicht auf die Vorposten gerichtet. Die Einfachheit dieser Art des Signalisirens und die Genauigkeit, mit der das Signal auf einen bestimmten Punkt gerichtet werden konnte , waren von grofsem Vorteil . Auf kürzere Entfernungen ist der Heliograph imstande, jeden gewöhnlichen Rauch, Nebel oder Staub, auch nicht zu dichte Wolken zu durchdringen." Aus den Berichten der bei

Suakim 1885 vereinigten HeeresWährend des ganzen

Abteilungen, teilte der Redner folgendes mit :

Feldzuges war das Signalwesen mit dem elektrischen Telegraphen verbunden . Letzterer wurde häufig unterbrochen , das Signalwesen konnte aber stets aufrecht erhalten bleiben. Es waren 12 Stationen errichtet , die die Lager der verschiedenen Regimenter untereinander Letzteres erhielt täglich und mit dem Hauptquartier verbanden. gegen 64 rein dienstlichen , und ungefähr ebenso viele Depeschen privaten Inhalts. Am 19. März hatte die Spitze der aufklärenden Cavallerie bei Hasheen , unter Kommando des Lieutenant Harris , Signalisten bei sich , und konnte hierdurch sofort dem Kommandeur der Cavallerie-Brigade das Zusammentreffen mit dem Feinde durch Etappen mitteilen . Am 22. März begleitete die Feld -TelegraphenAbteilung das Detachement von Sir Mac Neill, allein schon an demselben Tage wurde der Draht vom Feinde zerstört.

An dessen Stelle

wurde nun der Heliograph in Thätigkeit gebracht und selbst während des Gefechts gebraucht. Alle Dienst- Depeschen wurden nur durch Signale bei Tage und bei Nacht übermittelt. - Am 24. März war die Telegraphen - Linie wieder hergestellt und vom Feinde sofort wieder zerstört. Der General verzichtete von nun an auf den Telegraphen, da ihm das Signalwesen vollständig genügte. Am 3. April wurden 1200 Telegramme übermittelt , darunter die für die Königin und den Kriegsminister. - Infolge der vielfachen Unterbrechung der Telegraphen-Linie, nicht allein durch den Feind , sondern auch durch Kamele und andere Tiere, wurde das Signalwesen für die ganze Linie der Truppen eingerichtet. " Aus dem Kriege in Süd - Afrika 1883-85 wurden unter anderen folgende Fälle erwähnt :

„ Nachdem wir den Oranje - Flufs verlassen

hatten, wurde die ganze Strecke von 429 Meilen mit 6 HeliographenAbteilungen besetzt, von denen die weiteste 110 Meilen , die kürzeste 49 Meilen betrug. Die Gesamtzahl der Stationen betrug 29 , die gröfste Entfernung , auf der mit Heliographen signalisirt wurde, war auf 42 Meilen , und ebenso weit reichte auch das Kreide-Licht. Die gröfste Zahl der an einem Tage beförderten Worte war 3043 . Die Einrichtungen waren durchaus befriedigend , die Depeschen

Das optische Signalwesen in der englischen Armee .

89

wurden rasch und mit Sicherheit befördert. Zwischen dem Gouverneur in Natal und dem Residenten in Eshowe wurden häufig lange chifferirte Depeschen ausgetauscht , und als der kommandirende General am Grabe des Königs Cetewayo mit den aufständischen Häuptlingen zusammentraf, signalisirt. "

wurde

diese

Nachricht

in

kurzer

Zeit

bis

Natal

Die kurzen Mitteilungen , die nur einen geringen Bruchteil der vom Redner in seinem Vortrage erwähnten Beispiele für die erfolgreiche Verwendung des Signalwesens im Kriege bilden , mögen genügen, um dessen Wert und Nutzen zu beurteilen. Es darf schliefslich die Frage nicht unerwähnt bleiben , welche Folgen wir für die Einführung des Signalwesens in der deutschen Armee zu erwarten haben könnten, und warum man bei uns der Sache noch nicht näher getreten ist, um so mehr, da fast alle europäischen Heere, namentlich das italienische, ein ähnliches Signalwesen eingeführt haben. Als Se. Maj . der Kaiser Wilhelm II. im Sommer 1890 im Lager von Aldershot die Leistungen der Signalisten sah, zeigte derselbe das gröfste Interesse für die Sache , so dafs das englische Kriegsministerium Veranlassung nahm , durch den damaligen Militär - Attaché , Colonel Russel , einen vollständigen Signal- Apparat in Berlin überreichen zu lassen, der auch huldreichst angenommen wurde und schon in demselben Jahre , gelegentlich der Kaiser-Manöver in Schlesien VerwenBei der nach dem Mannöver am 20. September abdung fand. gehaltenen Kritik äusserten Se . Majestät nach stenographischer Aufzeichnung an Ort und Stelle folgendes : „ Ich hatte der Cavallerie zwei Heliographen - Detachements beigegeben , eines stand auf dem breiten Berge, das andere an der Blücher-Linde. So war ich bereits nach 30 Minuten von Beginn der Übung an über alles unterrichtet. Ich erkannte , dafs der Feind auf dem rechten Flügel sich massirte und konnte dementsprechend über meine Kräfte verfügen. " Man könnte nach alle dem annehmen , dafs auch für unsere Armee das optische Signalwesen von gröfstem Nutzen sein müſste, und doch liegt die Sache hier ganz anders . Die voraussichtlichen Kriegsschauplätze für das deutsche Heer liegen in Mittel-Europa in einer Zone, die sich durch häufigen Witterungswechsel charakterisirt. Die Tage, an denen man mit Bestimmtheit auf klare Luft und Sonnenschein rechnen kann, sind sehr beschränkt, und selbst diese wenigen Tage sind plötzlichen Änderungen unterworfen. Die Regentage , die Tage mit bedecktem Himmel , mit dicker Luft , Nebel und Dunst bilden die bei weitem gröfste Mehrzahl . Hört der Sonnenschein auf, so hört damit auch die Verwendung des Heliographen auf, es müssen die Flaggen an dessen Stelle treten.

Wird die Luft aber undurch-

Angriff und Verteidigung moderner Panzer- Befestigungen.

90

sichtig , auf.

oder beginnt es zu regnen , so hört auch deren Thätigkeit

Dazu kommt noch , dafs in dem hochkultivirten Mittel-Europa

das Telegraphen- und Telephon-Netz ein so eng verzweigtes ist, daſs es mit Leichtigkeit für alle Kommando-Behörden in Dienst genommen werden kann. Für die

englische Armee liegen die Verhältnisse anders .

Die

voraussichtlichen Kriegsschauplätze derselben liegen in ihren Kolonien, wo man mit unfehlbarer Sicherheit auf Sonnenschein und klare Luft bei Tage und bei Nacht rechnen kann , und wo kein TelegraphenNetz zur Verfügung steht. Bei den Italienern ist dasselbe der Fall, sie leben , wie wir zu sagen pflegen , unter 77 dem ewig lachenden blauen Himmel Italiens ". Ob aber trotzdem nicht eine beschränkte Verwendung des Signalwesens zur Ergänzung oder Ersatz des Telegraphen , oder innerhalb kleinerer Verbände manchen Nutzen gewähren könnte , mag dahin10. gestellt bleiben.

V. Angriff und Verteidigung moderner PanzerBefestigungen. *) Von W. Medicus, K. bayr. Hauptmann.

Während sich die Technik unablässig bemüht, eine zweckmäfsige Gestalt der Panzer zu finden und ihr emsiges Schaffen fast täglich *) Angriff und Verteidigung moderner Panzer - Befestigungen. Erste durchgreifende taktische Untersuchung über das Auftreten mobiler Panzer im Feld- und Festungskrieg. Für Offiziere aller Waffen von Julius Meyer, Die Hauptmann. Aarau 1892. Druck und Verlag von H. R. Sauerländer 1892. unter diesem Titel erschienene Schrift bildet eine erweiterte Auflage ihrer Vorgängerin „ Die Bedeutung mobiler Panzer für die Schweizerische Landesbefestigung“ und sucht die Anwendung der mobilen Panzer vom taktischen Standpunkte ausführlicher zu begründen. Wir halten uns nun keineswegs für die von dem Verfasser selbst gewünschte ,,berufene Feder", möchten daher unser Urteil auf eine etwas andere Behandlung der Frage beschränken, einen Vergleich dieser mit der Schrift selbst dem Leser überlassend. Der Verf.

Angriff und Verteidigung moderner Panzer-Befestigungen.

91

neue Formen zu Tage fördert , harrt die Frage ihrer Verwendung noch einer einwandfreien Lösung.

Letztere hängt allerdings in hohem

Grade von dem Ergebnifs der erstgenannten Forschungen ab, und in sofern ist eine gewisse thatsächliche Zurückhaltung sicher begründet. Um so mehr aber bedarf es der Arbeit in der geistigen Werkstatt, auch aus dieser mufs erst eine gleiche Anzahl Formen " hervorgehen, wenn die zweckmäfsigste Anwendung gefunden werden soll. Zudem haben transportable und mobile Panzer die Sache in wesentlich neue Bahnen gelenkt. Die vorliegende Schrift behandelt sonach ohne Zweifel eine zeitgemäfse Frage, und möchten wir ihr vor Allem diejenige Beachtung der militärischen Welt sichern, welche sie unseres Erachtens

entschieden verdient, dabei aber namentlich verhüten ,

dafs wegen der zuweit gehenden Folgerungen " auch das nicht gewürdigt wird, was die Schrift an beachtenswerten Einzelheiten enthält. Handelt es sich doch, wie wir mit dem Verfasser übereinstimmend betonen möchten, nicht lediglich um die Anwendung dieser Panzer, sondern um die Fortentwickelung der Befestigung überhaupt , in welcher die Fortschritte der Waffentechnik eine Epoche der Umwälzungen hervorgerufen zu haben scheinen, ähnlich der nach dem ersten Auftreten der Feuerwaffen.

Noch ist ein Ende dieser Bewegung

nicht abzusehen , sie hat vielmehr durch die Einführung der Brisanzgeschosse einen neuen Anstofs erfahren. Angesichts dieser Thatsache dürfte es nicht mehr genügen, das noch auf taktischen Grundlagen früherer Zeiten ruhende System entsprechend den gesteigerten Schufsleistungen im Einzelnen zu verbessern ; es gilt vielmehr diese Erkenntnifs bricht sich immer mehr Bahn dasselbe im Ganzen mit den taktischen Anforderungen der Neuzeit

ebenso in Einklang zu

bringen, wie dies seitens des „ neudeutschen " Systems in mustergültiger Weise geschah. Die Schrift geht daher in ihren Vorschlägen von einer taktischen Beurteilung der bisherigen Befestigung aus.

Es

erscheint uns nun

zweckmässig, zunächst den etwas abweichenden Standpunkt eingehender darzulegen, von dem aus wir die seitherige Entwickelung der Befestigung betrachten .

Vielleicht,

dafs sich

eine Verständigung leichter

erzielen läfst , wenn wir damit diejenigen Fragen schärfer hervorheben , um deren Lösung es sich gegenwärtig handeln dürfte *). Das in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts vorzugsweise in Deutschland übliche System wurde durch die Fortschritte der Feuerwaffen in seiner taktischen Grundlage erschüttert. Zunächst führte die gesteigerte Schufsleistung zu einem Hinausschieben der Fortlinie *) Wir bemerken hierbei um Mifsverständnissen vorzubeugen lediglich deutsche Verhältnisse im Auge haben.

dafs wir

92

Angriff und Verteidigung moderner Panzer- Befestigungen .

auf Entfernungen,

dafs sie , eine Unterstützung der Hauptumfassung

gänzlich entbehrend, zur selbständigen, ja durch die Umwandlung der Taktik zur eigentlichen Kampfstellung wurde ; sie war daher hierfür auch entsprechend umzugestalten . Also nicht allein die grofsen Lücken im Fortgürtel auszufüllen, sondern darum handelte und handelt es sich, die nunmehrige Hauptverteidigungslinie zu einer Kampfstellung zu machen, welche unserer heutigen Fechtweise entspricht, und dürfte daher diese etwas näher zu betrachten sein. Je beweglicher der Angreifer, je unabhängiger er damit in der Wahl seines Angriffspunktes wird, um so mehr mufs der Verteidiger in der Lage sein, demselben überall mit entsprechender Stärke entgegenzutreten.

Der Vorteil der Festung, weder Flanke noch Rücken

zu besitzen, wird aber reichlich durch die Forderung aufgewogen, von Haus aus nach allen Seiten in einer Stellung Front machen zu müssen, welche der Angreifer stets umfassen und gegen welche er eine Überlegenheit um so leichter erringen kann, je mehr sich der Verteidiger im Voraus an bestimmte Stellen bindet . Dieser mufs daher vor Allem verhüten, sich zu früh zu entwickeln ; er mufs sich aber andererseits eben diese Entwickelung und hierzu einen gewissen Entwickelungsraum unbedingt sichern.

Dies erfordert die vorherige

Besetzung der gewählten Verteidigungslinie in einzelnen Punkten mit schwachen Kräften, welche dem Angriff solange Widerstand leisten müssen, bis die Entwickelung

der Massen vollzogen ist.

Die Ver-

wendung der letzteren soll aber hierdurch möglichst wenig beschränkt, daher die erste Besetzung mit einem Minimum von Truppen geleistet werden und dieses einen Kräftezuwachs in entsprechender Ausnutzung des Geländes suchen , welches für die Zwecke der Verteidigung umzuwandeln, die Aufgabe der Befestigung ist.

Gelten diese Grundsätze

in gleicher Weise für feldmäfsige, wie für permanente Stellungen, so fällt bei letzteren der ersten Besetzung (nennen wir sie Sicherheitsbesetzung) noch die Aufgabe zu, einen gewaltsamen Angriff unbedingt auszuschliefsen, sie bedarf daher

sturmfreier" Anlagen, welche aufser-

dem noch Unterkunft (gegen Schufs und Witterung) bieten müssen. Letztere ist aber in der Festung auch für die Reserven und eben deshalb eine gründliche Vorbereitung erforderlich, dieselben rechtzeitig an jeder Stelle zu entwickeln . Den Ausgangspunkt des Verteidigungsplanes hat daher auch bei der Festung die von der gegebenen Truppenzahl und dem Gelände abhängige Erwägung zu bilden , wieviel Truppen und an welchen Stellen der Verteidiger im Voraus entwickeln und wo er seine Reserven bereit halten will.

An die Befestigung treten sodann die Fragen heran :

Angriff und Verteidigung moderner Panzer- Befestigungen.

93

1. wie sollen die für die Sicherheitsbesetzung bestimmten Anlagen beschaffen , 2. welche Mafsnahmen werden aufserdem noch für die Unterkunft und rechtzeitige Entwickelung der Reserven zu treffen sein. Die bisherige ( „ neudeutsche “ ) Befestigung löste die erste Frage in Form von einzelnen geschlossenen Werken „Forts" welche Stellung und Unterkunft für ihre Besatzung in sich vereinigten , während sie die Zwischenräume der Forts für freie Verwendung der Reserven offen liefs, die Sturmfreiheit der ganzen Anlage aber durch eine gleichzeitig als 2. Linie dienende Hauptumfassung sicherte, welche auch die Unterkunft der Reserven enthielt . Es entsprach dieses System völlig der geringen Feuerwirkung (namentlich der Hauptwaffe) und damit der Taktik einer Zeit, in welcher der Verteidiger auch in vorbereiteten Feldstellungen den Angriff an einzelnen festen Punkten (Schanzen) zerschellen liefs , um dann mit den rückwärts bereitgestellten Reserven zum Gegenstofs einzusetzen . Heute aber mufs der Verteidiger trachten, seine Kräfte, besonders auch seine Infanterie, in der nunmehrigen Hauptverteidigungslinie zum Feuergefecht zu entwickeln , dazu bedarf er des Entwickelungsraumes . Hierfür schienen die Forts um so weniger ausreichend , als sie nun auch der früher der Hauptumfassung zugedachten Unterstützung entbehren mufsten. Zudem erwiesen sich dieselben als eine bei der heutigen Feuerwirkung zu ungünstige Stellung, welche Infanterie und Artillerie zu einem grofsen Ziel vereinigte, selbst aber vom Angreifer, wegen der gröfseren Zwischenräume, leichter umfafst und niedergehalten werden konnte. Eben deshalb , sowie wegen der gröfseren Entfernung der Hauptumfassung hielt man aber auch die Sturmfreiheit der Zwischenräume gefährdet , wie die nunmehr notwendige Entwickelung der Reserven nur sehr ungenügend vorbereitet schien. In diesen Einwänden gegen die bisherige Befestigung im allgemeinen übereinstimmend , verlangen nun alle neueren Vorschläge : 1. eine stärkere Entwickelung von Haus aus, also Verringerung oder Aufheben der Zwischenräume behufs gröfserer Sicherheit und leichterer Entwickelung, 2. die grundsätzliche Trennung von Infanterie und Artillerie, 3. die möglichste Deckung aller Anlagen gegen Sicht und durch das Gelände selbst, sowie die möglichste Trennung in kleine schwer sichtbare Ziele. Allen diesen Forderungen wird aber eine gewisse Berechtigung als man in Feldstellungen den-

um so weniger abzusprechen sein ,

94

Angriff und Verteidigung moderner Panzer-Befestigungen.

selben schon längst und auch in der permanenten Befestigung durch Verlegen des Geschützkampfes aufser den Forts Rechnung trug. Hinsichtlich der ersten Forderung möchten wir nun zunächst der auch hier wie anderwärts -- wiederkehrenden Anschauung entgegentreten , als ob die gröfseren Zwischenräume eine unabweisliche Folge des erweiterten Fortgürtels seien .

Es war vielmehr ein

nun auch ziemlich allseitig zugegebener Fehler, die gesteigerte Schufsleistung der Bestimmung der Zwischenräume in weitgehendstem Maſse zu Grunde zu legen und die Befestigung ist thunlichst bemüht, denselben durch Einschieben von Zwischenwerken wieder auszugleichen. Wenn nun dies viele keineswegs für ausreichend erachten , vielmehr eine stärkere (d . h . dichtere) Besetzung der Linie von Haus aus verlangen , so wird wohl niemand bestreiten , dafs die Sicherheit der Zwischenräume, ebenso wie die der Entwickelung, in dem gleichen . Grade wie die Zahl dieser Werke zunimmt. Es möchte daher am zweckmälsigsten erscheinen , die ganze Verteidigungsstellung , wenn nicht gerade durch eine geschlossene Linie, so doch jedenfalls durch eine dichte Kette von Anlagen für Infanterie und Artillerie zu bilden . Aber -um noch einmal darauf zurückzukommen je dichter die Kette der Verteidigungsanlagen wird, umsomehr Kräfte werden auch von Haus aus gebunden, um so starrer wird der Rahmen , innerhalb dessen sich der Verteidiger schlagen mufs , um so weniger Kräfte und Raum bleiben demselben für freie Verwendung seiner Reserven, um so mehr verzichtet er auf das Element , welches heute dem Angreifer in so hohem Mafse zu Gute kommt , die „ Bewegungsfreiheit. "

Das ist ja in der That die Achillesferse jeder Verteidigungsstellung der Gegenwart , dafs der Verteidiger nicht im Voraus Alles entwickeln und eben deshalb nicht für seine ganze Kraft Stellungen vorbereiten kann ; die Befestigung sieht sich daher zu ihrem Bedauern" darauf beschränkt , nur ein Gerippe der ganzen Anlage schaffen zu dürfen , es den Truppen überlassend , dasselbe in feldmäfsiger Weise zu ergänzen . Sie hatte sich aus den gleichen Gründen schon in der Kugelzeit “ aus den beengenden Fesseln der geschlossenen Linie befreit , nämlich um mehr Raum für freie Verwendung der Reserven zwischen den Forts zu gewinnen. Mag sie auch in diesem Bestreben bei Erweiterung des Fortgürtels entschieden zu weit gegangen sein , sie würde in den entgegengesetzten , ja, wir behaupten einen noch weit schlimmeren Fehler verfallen , wollte sie nun diesen. Spielraum wieder nahezu gänzlich aufheben. Der springende Punkt und die Hauptschwierigkeit der ganzen Anlage liegt also darin , die richtige Mitte zu finden zwischen den sich widerstrebenden An-

Angriff und Verteidigung moderner Panzer-Befestigungen.

95

forderungen, nämlich einer möglichst sparsamen Besetzung der Linie von Haus aus und einer möglichst raschen Entwickelung der Massen in derselben . Die eigentliche Kunst ist also die, mit wenig Anlagen ein Gerippe der Stellung derart herzustellen , dafs auch die Sturmfreiheit der Zwischenräume, welche aus taktischen Gründen frei bleiben müssen , gewahrt und trotzdem die volle Entwickelung nach jeder Seite gesichert ist. Hier sprechen nun die besonderen taktischen und Gelände -Verhältnisse ein gewichtiges , ja entscheidendes Wort mit , und möchten wir die Anschauung vertreten, dafs diese Frage heute allgemein gar nicht

mehr gelöst werden kann .

Die Antwort wird nicht nur für

jede Festung, sondern selbst für jede Festungsfront anders ausfallen müssen. An der einen Stelle empfiehlt sich z . B. eine stärkere Entwickelung von Haus aus , um den Angriff von einem Vorgehen in unerwünschter Richtung abzuhalten , an der anderen wird man sich vielleicht mit um so weniger begnügen , je mehr man den Angreifer hier hereinzulocken wünscht. Ebenso hängt auch die Verteilung von Infanterie und Artillerie wesentlich vom Gelände ab , und wird namentlich letztere eben hiernach bald mehr, bald weniger des Schutzes der Infanterie bedürfen. Nur darüber mufs man sich und das möchten wir noch erwähnen

völlig klar sein , dafs , weil

nur das zur Sicherung der Sturmfreiheit unbedingt Notwendige im Voraus entwickelt wird , dies auch und zwar für die ganze Dauer der Belagerung an der Stelle bleiben mufs .

Es ist also , um damit

diese allgemeinen Ausführungen zu schliefsen , heute mehr denn je die Aufgabe der Befestigung , den Verteidiger zum Festhalten weiter Strecken mit schwachen Kräften

zu befähigen ,

dadurch ,

dafs sie

letzteren möglichst gute Wirkung und Deckung sichert. Nun ist ja gerade die Panzerfront in hohem Grade von dem Bedürfnifs sparsamer Entwickelung durchdrungen und möchte es auf den ersten Anblick scheinen , als ob sie den erwähnten Forderungen in nahezu idealer Weise gerecht würde ; denn sie will ja die erste Besetzung der Linie nur mit einer doppelten Reihe von Panzern, also der denkbar kleinsten Zahl von Truppen erreichen und überhaupt nicht nur die Sicherung, sondern auch die Fern- und Nahverteidigung zunächst ohne jede weitere Unterstützung sichern , alle übrigen Kräfte aber , d. h. die frei auffahrenden Geschütze und namentlich die ganze Infanterie (aufserdem Vorposten) vorläufig zurückbehalten , sie lediglich zur Besetzung einer Aufnahmestellung (als 3. Linie) verwenden . Hier besteht nun eine grundsätzliche Verschiedenheit der Meinungen. Denn die bisherige Befestigung hielt die Infanterie schon zur Wahrung

96

Angriff und Verteidigung moderner Panzer- Befestigungen.

der Sturmfreiheit für unbedingt nötig. Sie behielt eben deshalb d. h. weil sie die Artillerie allein nicht für sturmfrei hielt, die sturmfreie Anlage (Forts) noch als Kampfstellung für diejenigen Geschütze bei, welche die erste Entwickelung des Angreifers zu beschiefsen bestimmt waren . Da man nun diese Vereinigung beider Waffen , aus schon erwähnten Gründen , für zu ungünstig hält , suchen alle bez. neuern Vorschläge eine räumliche Trennung beider Waffen in einer Form

zu finden ,

welche die eine nicht gänzlich des Schutzes der anderen beraubt. Nun mögen ja die Schnellfeuergeschütze (noch dazu in drehbaren Panzern) immerhin die Artillerie unabhängiger von der Infanterie zu machen geeignet, sie werden aber nie die letztere zu ersetzen imstande sein. Wir wollen aber auch diese , d. h. die Reserven ebenso wie die übrigen Geschütze in der Verteidigungslinie entwickeln, dazu bedürfen wir des Entwickelungsraumes , welcher durch die Panzerlinien in hohem Grade beschränkt wird. Auch dem liefse sich leicht abhelfen ,

wenn

man die Panzer wie

eine Kette von

Flankirungsanlagen vor die eigentliche Verteidigungslinie schieben könnte. Aber ebendies wird im Gelände keineswegs immer möglich, es wird vielmehr häufig nur eine brauchbare Linie vorhanden sein, in welche sich alle Truppen teilen müssen . Ebendeshalb trat ja an die Befestigung die Aufgabe heran , nur ein Gerippe von Anlagen zu schaffen . Die Entwickelung der vollen Kraft aber , wo es nötig , in der ersten Linie zum Feuergefecht zu gestatten und noch eingehender vorzubereiten, das wird ja gerade heute von der Befestigung verlangt ; die Panzerfront glaubt hierauf völlig verzichten zu können , schiebt dagegen die frühere „ Aufnahmestellung der Hauptumfassung" (in feldmäfsiger Art) etwas näher an die vordere Linie heran, hat aber dabei eine 27 abschnittsweise " Verteidigung und einen Gegenstofs der Reserven, also eine Kampfesweise im Auge , wie sie unserer früheren Befestigung zu Grunde lag. Die heutige Befestigung aber mufs nicht nur eine sturmfreie Stellung, sondern vor Allem auch Unterkunft und zwar nicht nur für die erste Besetzung , sondern namentlich auch für die Spezial- und Haupt-Reserven, insbesondere das schwere Geschützmaterial schaffen, weil dieses nunmehr in den Zwischenlinien zu verwenden , d . h . die Hauptumfassung als Kampfstellung hierfür heute gar nicht und auch als Unterkunft (wegen der Entfernung) nur in beschränkterem Mafse zu gebrauchen ist.

Das sind gerade die wesentlichsten an die Be-

festigung herantretenden Aufgaben , für diese Bereitstellung der Massen nahe der vordern Linie in ausreichenderer Weise zu sorgen, als dies früher notwendig war.

Da aber namentlich die Unterkunft in nächster

(für die erste Besetzung) bez . in brauchbarer Entfernung (für die

97

Angriff und Verteidigung moderner Panzer- Befestigungen.

Reserven) sich nicht immer im Gelände finden läfst , mufs sie eben durch künstliche Anlagen geschaffen werden.

Die Panzerfront umgeht.

alle diese Schwierigkeiten in der angegebenen Weise, sowie dadurch, dafs

sie alles übrige (aufser Bedienung und Ablösung ) hinter die

deckende Krete schiebt. Bei ihr beschränkt sich daher die ganze Festungsbaukunst auf das Ausheben eines flachen Drahthindernifsgrabens und auf Kommunikationen " .

Abgesehen davon nun ,

dafs

selbst in diesem Falle künstliche Deckungen für Unterkunft nicht gänzlich zu entbehren sein werden, auch die Panzerfront verzichtet nicht völlig darauf geht diese und das wollen wir darlegen von wesentlich anderen taktischen Voraussetzungen aus, als die frühere und noch mehr als die heutige Befestigung ; denn sie sucht ihre Hauptkraft nicht in der Stärke der Werke, sondern in der Stärke der Kampfmittel. Damit ist allerdings die Grundlage gänzlich aufgehoben, auf welcher die Befestigung seit alten Zeiten aufgebaut war; denn sie setzte sich stets nur die Aufgabe, mangelhaften Kampfmitteln (aktiven Kräften ) durch Umwandlung des Geländes bessere (in der Festung sturmfreie) Stellung und in der letzteren auch schufs- und witterungsfeste Unterkunft zu bieten; diese Frage aber bliebe immer vor Allem für die Hauptmasse (Infanterie) in der 1. Linie selbst dann zu lösen , wenn man die Reserven völlig aufser Schulsbereich und die erste Artillerie - Entwickelung nur in Panzern bergen könnte. Auch die mobilen Panzer dürften daher die bisherige Befestigung nicht völlig zu ersetzen , sie vielmehr nur zweckmäfsig zu ergänzen Wenn damit nun allerdings die Verwendung dieser Panzer auf bedeutend engern Raum beschränkt wird , so gewinnt sie doch zugleich einen praktischen Boden , denn da z. Z. kein Staat in

berufen sein.

der Lage sein dürfte, an Stelle seiner bestehenden Festungen gänzlich Neues zu setzen, so galten die bisherigen Erörterungen einer vorerst lediglich akademischen Frage. Dagegen ist es von unmittelbar praktischer Bedeutung zu ermitteln, wie sich diese Panzer in der im Übrigen ebenfalls verbesserungsfähigen Befestigung verwerten lassen. Wir bedauern daher , dafs die Schrift - allerdings von ihrem Standpunkte gerade diesen Teil nur nebensächlich mit einem gewissen Recht behandelt. Es ist nun, so wie wir die Befestigung auffassen, so bald auf die Unterkunft wird die Artillerie auf permanente Stellungen , eine rein artilleristische verzichtet können sie nie ganz verzichten Frage , ob erstere zwischen den nur noch für die Infanterie nötigen permanenten Anlagen die Geschütze frei , in feldmäfsiger Deckung oder in Panzern aufstellen will (ganz ähnlich wie bei den InfanterieReserven) . Es mufs vor Allem die Artillerie (und zwar in jedem einzelnen Fall) bestimmen , welche , d. h. wie viele Geschütze sie in Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV ., 1.

7

98

Angriff und Verteidigung moderner Panzer- Befestigungen.

Panzern aufstellen will.

Wir vermeiden es absichtlich hierauf näher

einzugehen , möchten nur darauf hinweisen , dafs die radikal durchgeführte Trennung der Artillerie doch nicht lediglich Vorteile, sondern auch Nachteile im Gefolge hat, nämlich für die Feuerleitung. Uns scheinen nun die stehenden Panzer vor allem berufen, denjenigen Geschützen einen sonst nahezu unerreichbaren Schutz zu verleihen, welche gegen Übermacht an der Stelle ausharren müssen . Den Hauptvorzug der mobilen Panzer möchten wir dagegen darin erblicken, dafs sie im Bedarfsfalle" der Artillerie wenigstens teilweise das zu ersetzen im Stande sind , was sich die Infanterie mit ihrem Spaten schafft.

Hier wird daher mit vollem Recht der Schwerpunkt

in die Beweglichkeit gelegt. Über die Verwendung , die Aufstellung dieser Panzer im Einzelnen finden wir in der Schrift sehr sachdienliche Angaben . Auch den von ihr hervorgehobenen Mängeln der Befestigung bez. Vorschlägen für Verbesserung würden wir nahezu rückhaltslos zustimmen können, nur mit dem Vorbehalt , dafs eine Verbesserung der bisherigen Befestigung uns keineswegs undurchführbar, dafs sie vielmehr schon angebahnt zu sein scheint , worauf wir aus naheliegenden Gründen nicht näher eingehen können. So dürfte vor Allem die grundsätzliche räumliche (nicht taktische) Trennung von Infanterie und Artillerie anzustreben sein , weil sie ein Hauptmittel bietet, um

den „ Infanteriestützpunkt" besser gegen Sicht und im

Gelände zu decken , namentlich dann,

wenn es gelingt ,

auch die

Unterkunft zweckmäfsiger mit der Stellung zu verbinden. Dafs überhaupt möglichste Deckung gegen Sicht und soweit thunlich durch das Gelände selbst anzustreben ist, wird wohl kaum bestritten werden. Wir möchten es daher gerade als einen kennzeichnenden Zug der künftigen Befestigung bezeichnen, dafs sie sich in höherem Mafse dem natürlichen Gelände anzuschmiegen suchen wird gegenüber der früheren, welche künstliche Bauwerke mit einer gewissen Vernachlässigung ihrer Umgebung schuf ; damit dürfte aber auch der Weg bezeichnet sein , auf welchem die Befestigung eine Verbesserung ohne wesentliche Veränderung ihrer Grundlage finden kann. Eine zweckmässige Verwendung der mobilen Panzer wird aber vielleicht auch Mittel bieten, das nun einmal bestehende und ja in mancher Hinsicht unveränderliche System weiter auszubauen. Wir lassen hierbei noch die Frage offen, in wie weit es gelingt, die Zwischenräume zwischen den Infanterie- Stützpunkten durch Anwendung solcher Panzer (vielleicht auch in Verbindung mit Hindernissen), in höherem Grade zu sichern , nicht um die Infanterie zu ersetzen, sondern sie in ihrem aufreibenden Sicherungsdienst zu entlasten. Erst wenn diese Fragen genügend geklärt sind , wird man auch dem Angriff gegen

99

Angriff und Verteidigung moderner Panzer-Befestigungen.

diese Panzer näher treten können . Die mobilen und transportablen Panzer werden aber aufserdem namentlich der sogenannten provisorischen Befestigung gute Dienste leisten, d . h. dazu beitragen , einen Punkt zur improvisierten " Festung zu machen , welcher durch die Kriegslage vorübergehend eine besondere Bedeutung erlangt , (wofür hier treffend Orleans 1870 als Beispiel gewählt ist) . Ob man aber künftig auf Festungen überhaupt oder gröfstenteils verzichten kann , ist eine unseres Erachtens von ganz anderen Erwägungen abhängige Frage. Es dürfte sich hier für die Landesverteidigung im Grofsen, ebenso wie für die Verteidigung einer Festung, um die Entscheidung handeln, wieviel und welche feste Punkte sie zur Sicherung für alle Fälle für unbedingt nötig hält. Dies kann aber nur nach der politischen und geographischen Lage , Stärke und Heeresorganisation eines jeden Landes besonders entschieden werden, wobei, unter sonst gleichen Verhältnissen, der Stärkere sich mit weniger Festungen begnügen , d . h . den Schwerpunkt in das „ Bewegliche " legen kann , während der Schwächere d . h . der menschenarme, aber sonst vielleicht reiche Staat immer einen Ersatz seiner lebenden Kräfte in todten starken Werken suchen wird.

(Frankreich , Deutschland).

Endlich

werden die mobilen und transportablen Panzer eine Erhöhung der Defensivkraft auch in solchen Lagen bilden , in denen die Aufgabe ausnahmsweise " mit einer vorbereiteten Stellung gelöst und das schwere Material herangezogen werden kann . Immer und überall aber und das ist der auch die Schrift durchziehende, ganz richtige Grundgedanke

haben alle künstlichen

Verstärkungen nur den Zweck , den Verteidiger in einzelnen Teilen möglichst stark, dafür aber in den Hauptkräften um so beweglicher zu machen . Nur dürfen wir ebendeshalb auch bei den mobilen Panzern

die Feuerentwickelung der Reserven und zwar in der Linie

nicht für ganz entbehrlich halten wollen , denn es ist - nach den Schlufsworten der Schrift selbst der z. Zt. herrschenden Fechtweise

,,die Befestigung eines Platzes des Heeres

stellt also der Befestigung die Aufgabe ;

unterworfen ".

Diese

die Technik aber vermag

durch Erfindung neuer Mittel die Aufgabe zu erleichtern , nie aber sie selbst zu ändern.

Die Aufgabe selbst aber lautet heute : durch

spärliche Besetzung mit Infanterie und Artillerie ein Gerippe der Stellung zu schaffen, in welches sich die Massen einfügen können . Der Schwerpunkt des Widerstandes dürfte aber künftig mehr noch wie früher in der liegen.

Diese

zum Feuergefecht entwickelten" Infanterie

aber werden die mobilen Panzer auch bei weiterer

Vervollkommnung nie in der furchtbaren Wirkung ihrer Feuerwaffe ersetzen können .

Eine brauchbare Vereinigung beider Elemente zu 7*

Umschau in der Militär-Litteratur.

100

finden , wird wohl noch der Zukunft vorbehalten bleiben. Dieses Ziel und damit ein Abschlufs der Panzerfrage wird um so rascher und sicherer

erreicht , je

mehr

sich letztere

auf ihren ferneren

Wegen von dem Wahlspruch leiten läfst : ,,Immer strebe zum Ganzen und kannst Du selber kein Ganzes Werden, als dienendes Glied schliefs' an ein Ganzes Dich an."

VI.

Umschau in der Militär - Litteratur .

I.

Ausländische Zeitschriften .

Organ der militär - wissenschaftlichen Vereine. (XLV. Band, 1. Heft.) Studie über Kriegsgeschichte. Von F. M. Lt. Moriz von Sterneck. Eine äusserst wertvolle Arbeit über den Feldzug 1812 , dieselbe enthält vom Tage der Kriegserklärung bis zu jenem, wo die letzte französische Abteilung das russische Torritorium verlässt, für jeden Tag die auftretenden Heereskörper (Corps), ihre Gruppirung, Aufstellung, Teilnahme an grösseren Gefechten, Standesverhältnisse etc. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und GenieWesens.) (5. Heft.) Festigkeit der Stahlbronze - Rohre (K. Hauser, Oberlieutenant) . Das 6,5 mm Repetirgewehr (A. Weigner, Hauptmann). Ueber das Aluminium (F. Walter, Hauptmann). Armeeblatt. (Oesterreich). Nr. 18. Die Reform der Militär-Strafgesetzgebung. Nr. 20. Garde - Gefreiter Lück. Behandelt, anlässlich des bekannten Vorfalles in Berlin, die Bedingungen, unter welchen die Wachen und Posten vom Waffenrecht Gebrauch machen dürfen. - Die neue Schiefsvorschrift der italienischen Infanterie . Nr. 21. Eine österUnsere Schiessausbildung . reichische Erfindung. (Pressbrot). Militär-Zeitung (Oesterreich). Nr. 16 : Zur Reorganisation der technischen Truppen. Miltärische Terrainaufnahme mittelst Photographie. Nr. 17: Sprengbomben und Panzerthürme. Verwendung des Aluminiums für militärische Zwecke , Nr. 18 : Die Franzosen in Dahome. Der obere Kriegsrat der französischen Armee. Die Reichswehr (Oesterreich) . Nr. 330 : 1. Mai. Erinnert an die Gefahren, welche dem Heeres-Organismus von Seiten der Sozialdemokratie drohen. Dahome ; militär-geographische Studie . Nr. 330 und 331 :

Umschau in der Militär-Litteratur.

101

Schiffspanzer und Explosivstoffe. - Zur Strafprozessreform - Frage . Handelt von deren unzuNr. 332 : Der k. und k. Militärbeamte. Schiffspanzer etc. (Schluss). Nr. 333 : Die Militärlänglicher Besoldung. Schnellfeuer. Nr. 334 : Ein Sprengstoff- Monopol . schulen Frankreichs. - Unsere Küste und das k. u. k. Yacht-Geschwader. Nr. 335 : Die militärische Stärke des Dreibundes .. Befürwortet eine gleiche Verteilung der Lasten , Deutschland bringe die schwersten Opfer. Nr. 336. Die Ausbildung der Schützen in der Armee - Schiefsschule und bei der Truppe. Nr. 337 : Erprobung unseres rauchschwachen Pulvers in Constantinopel. Dasselbe hat einen glänzenden Sieg errungen . Nr. 338 : Die Defensive Frankreichs (nach der Studie des Generals Pierron ,,La défense des frontières de la France") . Nr. 339 : Sicherungsmaßsnahmen auf Schiefsplätzen. -Ungarische Militär-Litteratur. Journal des sciences militaires. (Mai). Einleitung in den posiUeber das Avancementsgesetz und tiven Teil der Strategie (Forts.) die Cadres der Armee. - Ueber die Befehlsgebung in ihren Beziehungen Ueber die Formationen, welche anzunehmen sind beim zur Taktik. Versuch einer DefensivMarschiren im Artillerie- und Infanteriefeuer. Der Feldzug 1814 (Forts. ) Organisation des französischen Gebietes. Militär-Topographie des Ober- Elsasses . Le spectateur militaire. ( 15. April) . Die Armee und die grofsen Städte. (N. Desmaysons). Verfasser verneint die Frage, ob man die Truppen aus den grofsen Städten aus Gründen schädlicher Verführung entfernen solle und meint unter Anderm, dafs das Lager von Châlons keineswegs eine moralisirende Wirkung auf die Truppen geübt habe. Drei Fälle von Abwesenheit. Behandelt die Ausfälle der Effektivstärke in Folge von Krankheit, Desertion und gerichtlicher Verurteilung. Revision des Cadres-Gesetzes . Die holländische Kolonial-Armee. (1. Mai). Ueber Unteroffizier- Schulen. Der Marsch auf Fontainebleau und die Schlacht von Beaune -la -Rolande. -- Drei Fälle von Abwesenheit (Schlufs). Revue d'artillerie . (Mai). Ueber die Bedingungen der Stabilität oblonger Geschosse . (Schlufs). Das Zielen und die Bezeichnung der Zielobjekte beim direkten Schufs im Felde. Das Exerzier - Reglement für Bemerkungen die Ausbildung zu Fufs der deutschen Fufs- Artillerie. über das Feldgeschütz der Zukunft. (Capitän Koch) . Revue du service de l'intendance militaire. (März—April) . Die Ernährung der Truppen im Felde. (M. Quitteray) . Die italienische Militärverwaltung, ihre Organisation und ihr Dienst im Frieden und im Kriege. (Forts. ) Studie über den Betrieb der Feldbäckerei eines Armee-Corps. (0. Espanet.) Anmerkung über die Militär - Schlächterei von Toul. (P. Marcheix). Mittel, gesundes Fleisch zu erkennen und zu schätzen. Revue du cercle militaire. Nr. 19 und 20 : Die „ Lava" der Kosaken und ihre Fechtweise. (Forts.). Die Verwendung der Eisenbahnen während des türkisch-russischen Krieges . (Schlufs.) - Die Arbeiten

102

Umschau in der Militär- Litteratur.

der geographischen Abteilung im Jahre 1890 und 1891. (Schlufs) . Nr. 21: Die Einmarschlinien in Marocco . - Die ,,Lava" der Kosaken etc. (Forts .) Nr. 22 : Der Besatzungs- und Etappendienst der schweizerischen Armee. Die Einmarschlinien in Marocco. (Forts .) Die „ Lava“ der Kosaken (Schlufs). L'Avenir militaire. Nr. 1681-1683 : Das Gehalt der Hauptleute. Eine Aufbesserung desselben wird befürwortet. - Mit Leitung der Manöver des 9. und 12. Corps ist General de Cools, Mitglied des ,,Obersten Kriegsrates" betraut worden . Das Budget von 1893. (Forts). In Nr. 1682 und 1683 : wird Die Rekrutirung der Gendarmerie. das provisorische Reglement über Organisation und Gebrauch des Velozipedisten- Dienstes in der Armee, d . d . 2. April , bekannt gemacht. Nr. 1686: Wendet sich Einheitliche Lehre und Leitung in der Armee.

gegen den in den 18 Armee- Corps herrschenden ,, Partikularismus ". Nr. 1687: Abänderung des Wehrgesetzes. Der Kammer ist ein Gesetzentwurf zugegangen, welcher vorschlägt, die Dienstzeit in der Reserve der aktiven Armee von 7 auf 10 Jahre zu erhöhen , dagegen die in der TerritorialArmee von 15 auf 12 herabzusetzen ; an der Gesammtdienstzeit von 25 Jahren wird somit nichts geändert, wohl aber bedeutet diese Mafsregel régiments mixtes" eine erhebliche Verstärkung der Feld-Armee, deren in Reserve - Regimenter umgewandelt werden sollen. Nr. 1688 : Die Küsten -Verteidigung. Le Progrès militaire . Nr. 1200 : Der Krieg in Tonkin. Eingehende Besprechung des Buches von Oberst Frey : „Pirates et rebelles au Tonkin". Das Kriegsbudget (Forts .) Nr. 1201 : Das Kriegsbudget (Forts.) durch Dekret vom 3. Mai ist für den Dienst auf Madagascar eine aus Eingeborenen gebildete Truppe, die „tirailleurs de Diego- Suarez" in Stärke von 2 Compagnieen gebildet worden . Nr. 1202 : Das Kriegsbudget (Forts) . Im Kapitel 55 wird ein dem Minister zur Verfügung stehender Fonds von 600 000 Frs . für „ geheime Ausgaben“ (!) namhaft gemacht. Nr. 1203 : Zur Artillerie - Taktik . Bezieht sich auf einen Vortrag des rufsischen Generals Kuropatkin über die Vorbereitung des InfanterieAngriffs durch die Artillerie. Nr. 1205 : Der Massenkrieg und die ,,Lehre des Lagers von Châlons. Polemisirt gegen die Massenverwendung der Cavallerie . Nr. 1207 : Positive Strategie. Nr. 2410 : Die Vertheidigung unserer La France militaire. Kolonien. Zweiter Artikel, welcher die Mafsregeln behandelt, die nöthig sind, um die Organisation der Vertheidigung sicher zu stellen. Der Admiralitäts -Rath, das Verth.- Komité u. die General-Inspektion der Artillerie haben bereits ihre Gutachten abgegeben. Nr. 2412 : Regionale Rekrutirung . Der Verfasser ist Anhänger derselben, aber doch der Ansicht, dafs sie nicht streng durchzuführen sei u. namentlich Abweichungen für die Specialwaffen u. Regional - Infant . - Regtr. nöthig sind. Nr. 2413: Der Viadukt von Chaumont. Gelegentlich der Bemühungen des Gemeinde- Raths, um die Wahl der Stadt als Haupt- Quartier des XX. ArmeeCorps , wird auf die Wichtigkeit des Platzes in strategischer Hinsicht

Umschau in der Militär-Litteratur.

103

hingewiesen ; es sei aber nöthig , eine zweite oder Umgehungs -Linie zu bauen, welche als Ersatz des berühmten Viadukts im Falle eines Mifsgeschicks mit demselben dienen könnte. Nr. 2414 : Instruktion für die Herbst- Manöver. In Stelle der bereits zweimal abgeänderten Instruktion vom 28. Febr. 1889 ist eine neue vom 12. April 1892 getreten. Nr. 2417 : Militärisches Radfahrerwesen. Unterm 2. April d. J. ist ein neues Rundschreiben erlassen, welches einen bemerkenswerthen Fortschritt einschliefst. Nr. 2423 : Verjüngung. Der Minister hat den General- Inspekteuren in einem vertraulichen Rundschreiben gewisse Altersgrenzen bezüglich der zur Beförderung vorzuschlagenden Kandidaten vorgeschrieben. Zum Divisions - Kommandeur soll Keiner vorgeschlagen werden, der vor dem 1. Januar 1833 , zum Brigade-Kommandeur Keiner, der vor dem 1. Januar 1835, zum Obersten Keiner, der vor dem 1. Januar 1837, zum Oberstlieutenant Keiner, der vor dem 1. Januar 1840 geboren ist ; Verfasser hält die Mafsregel für eine ausgezeichnete, um die Ueberladung der höheren Grade mit verbrauchten Offizieren auszuschliefsen. Will einen ähnlichen Nr. 2424 : Rekrutirung der Kolonial - Armee. Modus, wie die Inscription maritime für die Flotte, in Anwendung gebracht sehen. Nr. 2426 : Die Kriegsgefangenen. Eine besondere Kommission unter dem Unter- Direktor der Kavallerie-Abtheilung im Kriegs - Ministerium soll die vorhandenen Reglements prüfen . Eine internationale Vereinbarung besteht in dieser Hinsicht nicht. Verfasser meint am Schlusse, die Deutschen hätten,,,gelindestens gesagt" 1870/71 die Rücksichten, welche die Franzosen auf ihre Kriegsgefangenen genommen, durch tausend Quälereien hinsichtlich der französischen Gefangenen beantwortet!! Nr. 2428 : Inneres u Grenzbezirke. In drastischer Weise wird geschildert , wie gewisse Offiziere eine Versetzung in letztere auf jede Weise zu hintertreiben wissen , selbst durch Vorschützen von Krankheit. Nr. 2429 : Künstliche Wolken . Die Versuche, solche behufs Maskirung von Truppen zu erzeugen, sollen wenig Erfolg haben. La Belgique militaire. Nr. 1100 : Das Feldgeschütz der Zukunft. Wiedergabe der Besprechung des Ingenieur C *** über die bekannte Wille'sche Schrift. Nr. 1101 : Verproviantirung fester Plätze. Nr. 1102 : Nr: 1103 : Congo- Belgien , Ueber die Uniformen der belgischen Armee. Nr. 1104: Die Kandidatur des Generallieutenant Brialmont für die nächste Sitzungs-Periode der Kammer wird mit Freuden begrüsst. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (April). Der heutige Stand der Inlandsarmee Grofsbritanniens . Der Offizier im Felde. Die Förderung der Landespferdezucht zu militärischen Zwecken . Extrabeilage : 1 ) Über die Kriegsverletzungen durch Infanteriegeschosse . (Oberstlt. Moll). 2) Die Geschosswirkung der kleinkalibrigen Gewehre (Hauptm. Curchod). Revue militaire suisse. Nr. 5 : Die Schweizer in französischem Dienste und General Marbot ( Schlufs) , mit Karte der Schlacht bei Polotzk , am 18. October 1812. Die Schlachtpferde Napoleons I. Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. (April) :

Umschau in der Militär-Litteratur.

104

Zur gegenwärtigen Lage der Feld - Artillerie. Armee-Pferdestellung. Allgemeine

schweizerische Militärzeitung .

Landwirthschaft und

Nr. 18:

Zur Be-

festigung von St. Maurice und Martigny. Nr. 19 : Militärische Betrachtungen. Abfällige Kritik des Geschäftsganges der obersten Militärverwaltungsbehörde. Nr. 20 : Die strategische Bedeutung Amsterdams für die Niederlande. Nr. 21: Militärische Betrachtungen: „ Die erste Bedingung für eine einheitliche schweizerische Armee ist die volle Sicherheit, dafs diese den Einflüssen der Parteipolitik entzogen sei. " Nr . 22 : Die Mobilisirung der russischen Armee. Army and Navy Gazette. 1683. Der Werth der Volunteers. Die Bedeutung der Volunteers für die Landes- Vertheidigung wird nachgewiesen, abgesehen von der gegenwärtigen Stärke sollten sie im Kriegsfall den Kern für eine Massenerhebung bilden . Die französische Cavallerie. Die letzten Manöver sollen den Beweis geliefert haben, dafs die Cavallerie ungenügend ausgebildet ist und mangelhaft geführt wird , besonders im Vergleich zur deutschen. Die Ausbildung der Artillerie Trotz tüchtiger Ausbildung der Batterieen mangelt es an Ausbildung derselben in Verwendung in gröfseren Massen. Egyptische Angelegenheiten . Eine militär - politische Betrachtung über Egypten. Die Oster - Manöver. Die alljährlich wiederkehrenden Manöver der Volunteers in Chatham , Dover und Gravesand werden in Anlage und Verlauf geschildert. Die Ausbildung der Feld - Artillerie. Allgemein gehaltene Betrachtung über Ausbildung der Feld - Artillerie unter Zugrundelegung der Schriften des Über Waldgefechte. Obersten Rohne und des Prinzen Hohenlohe . Die Bedeutung der Waldgefechte wird in einem Vortrage des Oberstlieutenant Goodwyn an der Schlacht von Königgrätz nachgewiesen. Nr. 1684 : Der Zustand der Armee. Die Mangelhaftigkeit des Rekruten-Ersatzes in Zahl und körperlicher Entwicklung wird auf Grund der Berichte des Kriegsministeriums und Äufserungen der Generalität nachgewiesen. Die Operationen in Virginien 1861-65 . Die lange Dauer des Krieges, der grofse Menschenverlust und die riesigen Ausgaben werden als Folge des Mangels eines kräftigen gesunden Heeres nachgewiesen. Die Pferdezucht in Ungarn. Die ungarischen Pferdezüchter sollen durch Kreuzungen mit englischen und arabischen Pferden besonders gute Erfolge in der Züchtung brauchbarer Pferde erzielt haben. Nr. 1685 : Briefe über Waterloo . Besprechung der vom Generalmajor Sihorne gesammelten und vor kurzem veröffentlichten Briefe von Mitkämpfern der Schlacht von Waterloo . Die Civil - Versorgung verabschiedeter Offiziere . Für die Anstellung verabschiedeter Offiziere ist bis jetzt nichts geschehen, es wird verlangt, eine gewisse Zahl von Civil - Stellungen mit solchen zu besetzen . Geschichte des Infanterie - Regiments Prinz von Wales (WestYorkshire ) Nr. 14. Nr. 1686 : Das neue Exerzir - Reglement. Die in demselben enthaltenen Gefechtsgrundsätze werden als veraltet bezeichnet, als Beweis werden die in Deutschland erschienenen neueren Schriften

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über Taktik vorgezogen. Das Russische Exerzir - Reglement. Mittheilung der wichtigsten Gefechts- Vorschriften für die Russische Infanterie. Journal of the Royal United Service Institution. (Mai - Heft .) Die Brieftauben im Land- und Seekriege. Nach Mittheilung der Organisation und Vertheilung der Brieftauben- Stationen bei den Europäischen Mächten wird eine Reihe von Erfahrungen und neueren Versuchen geschildert. Feld - Haubitzen und Mörser. Die Nothwendigkeit derselben für die Kriege der Zukunft sowie deren Konstruktion und taktische Verwendung werden in einem Vortrage des Generalmajors Alderson erörtert. Die Vertheidigungskräfte Rufslands. Eine statistische Zusammenstellung der gesamten russischen Landmacht mit Angabe der Eintheilung der Armee- Corps, deren Führer und Stärke- Berechnung. Journal of the United Service Institution of India. (März -Heft.) Die Sibirische Eisenbahn. Der Russische Generalstabs - Oberst Volschinoff weist den Wert und die Notwendigkeit der Sibirischen Eisenbahn nach Wladiwostok nach , einerseits zur Hebung der Handelsbeziehungen, anderseits zum Schutz des Hafenplatzes , der bei einem Europäischen Kriege dieselbe Bedeutung wie Sebastopol zur Zeit des Krim-Krieges haben würde. Ein Vergleich. Zwei Truppen- Expeditionen in Indien , die gegen Lushai 1871-72 und die gegen Miranzai 1891 , werden in Bezug auf den entscheidenden Einflufs , den die medizinischen Vorbereitungen und Ausstattungen ausübten , verglichen. Das Berthier - Gewehr. Beschreibung der technischen Zusammensetzung und der ballistischen Leistungen des neuen Gewehrs. Nr. 93 enthält Bilder und BioBeresowski'js Raswiedtschik.

graphien der Generale Rosenbach , 1884-89 General - Gouverneur von Die Dschigitowka Turkestan , und Mansei, Kommandeur des Garde-Corps. der Kosaken mit Abbildungen im Text. Nr. 95 : Die Nachteile eines zu komplizirten Kavallerie -Reglements. - Schiefsen auf bewegliche Ziele und bei Nacht. Wajennüj Ssbornik. (Mai). Die russische Armee Katharina der Grofsen, mit Karte I. - Schilderung der Operationen des West-Corps des Gen.-Adjutanten Gurko. Übergang über den Balkan . Gefecht bei Gornij Bugarow am 20. Dezember 77 , ( 1 Januar 78) . Gefecht bei Wrashdebnaja 21. Dez. 77 (2 Januar 78). Besetzung von Sofia 23. Dez. 77 (4. Januar 78). Das moralische Element in den Händen Ssuworows. (Schlufs des Artikels. ) - Über Nacht-Märsche und Gefechte . Die Organisation der Verwaltung der Eisenbahnen vom militärischen Standpunkt aus im Frieden . Russischer Invalide 1892. Nr. 77 teilt die Indienststellungen der Schiffe für das laufende Jahr mit. Nr. 78 : ,, Soldaten - Spiele und Unterhaltungen als Erziehungsmittel". Verfasser hebt den grofsen erzieherischen Wert derartiger Beschäftigungen als Gesang, Musik, Tanz, Laterna- magikaVorstellungen, Vorträge und Theater-Aufführungen hervor und tritt für eine möglichst weite Verbreitung derselben ein. Nr. 80-82 : Aus dem „Jahresbericht über die Tätigkeit der typografischen Abteilung des Generalstabes. Nr. 83 : ,, Über den Angriff auf befestigte Stellungen ; in

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welcher Weise sind die hierbei vorkommenden künstlichen Hinderniſse zu überwinden?" Verfasser tadelt die jetzt bestehenden Vorschriften, betreffend die Ausführung des Sturmes gegen befestigte Stellungen, denen zufolge den Sturm- Kolonnen besondere, für die Zerstörung der Hindernisse bestimmte Kommandos zugeteilt werden . Verfasser ist der Ansicht, dafs die Sturm-Kolonnen selbst sich den Weg durch das Hindernis bahnen sollen, und fordert zu diesem Zweck, dafs jeder Mann entsprechend ausgerüstet und ausgebildet sei ; bezüglich der Ausrüstung hält er gegenüber den im Feldkriege vorkommenden Hindernissen das Beil für ausreichend. Nr. 86: Übersicht über den Pferdebestand der russischen Kavallerie. Nr. 87: ,,Ein neues Hülfsmittel für das Durchschwimmen von Flüssen durch Kavallerie". Verfasser schlägt vor, bei jeder Eskadron eine Anzahl wasserdichter Säcke mitzuführen, um die Ausrüstungsstücke trocken hinüberschaffen zu können. Nr. 89, 95, 96 und 100 : ,,Fortifikatorische Übertreibungen". Verfasser wendet sich gegen ein zuviel an Festungen ; er bestreitet, dafs der Satz : Im Felde brauche man Soldaten, in Festungen nur Menschen, überhaupt jemals Berechtigung gehabt habe, heutigentags treffe dasselbe weniger zu als jemals ; die Zeiten seien vorbei, wo man eine Festung mit einigen tausend ,,Menschen" und einigen hundert veralteter Geschütze verteidigen könne. Verfasser wendet sich sodann gegen eine übermäfsige Anwendung von Panzertürmen, tritt aber für eine ausgedehnte Verwendung gepanzerter Beobachtungsstände ein. Nr. 92, 93, 94 : ,,Die Sommer-Übungen des laufenden Jahres". Nr. 98. ,,Sechs Tage auf Patrouille". Beschreibung eines Dauerritts, welchen 43 Mann des Labinski'schen Regiments ausführten ; es wurden in 6 Tagen im Ganzen 250 Werft (265 km) zurückgelegt, und zwar zum gröfseren Teil in gebirgigem Gelände. Russisches Ingenieur-Journal. (Aprilheft. ) —,, Einige Anhaltspunkte für die Herstellung von Feld - Befestigungen". Verfasser bespricht die wichtigsten hierbei in Frage kommenden Gesichts- Punkte an der Hand der russischen Feldpionier-Vorschrift unter Erwähnung der entsprechenden Angaben der deutschen und französischen Vorschriften . - ,,Zerlegbare Eisenbahn-Brücken System Eiffel". - ,,Die Waffenfabrik am Ish und ihr hydraulisches System. ( Schlufs). — „ Die grofse Strafse von Aschababad nach Kotschan". Eingehende Beschreibung der vorliegenden Strafsen-Projekte. (Mit Zeichnungen) . Natürliche Baumaterialien ; ihre Eigenschaften , ihre Gewinnung und Bearbeitung. (Forts .) - Beilage : Inhaltsverzeichnis der in den Jahren 1887-1891 erschienenen Aufsätze. Russisches Artillerie-Journal . (Aprilheft. ) — „ General der Artillerie Nicolai Wladimirowitsch Majewski". Lebens-Beschreibung des am 11. Februar cr. verstorbenen , durch mehrere Werke über Ballistik bekannt gewordenen russischen Generals . ,,Die Artillerie der Zukunft und die neuen Pulverarten". ,,Nach The Artillerie of the future , and the new powders", by James Atkinson Longridge. ,,Die neuesten Erfahrungen über die Anwendung des elektrischen Lichts für Kriegszwecke ". Nach Revue du cercle militaire.

„ Brauchen wir ein neues Reglement?" Verfasser

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wendet sich gegen die Ausführungen zweier Aufsätze : ,, Die Grundlagen der Geschütz-Fahrschule" und ,,Aufprotzen und Abprotzen ". Diese Aufsätze enthielten Vorschläge zu Abänderungen der Bestimmungen des etzigen Reglements aus dem Jahre 1884 . Rivista militare Italiano. (Aprilheft. ) Rauchschwaches Pulver und seine taktischen Consequenzen. Bespricht zunächst die verschiedenen Arten rauchschwachen Pulvers in den einzelnen Staaten und die Waffen, die heute verwendet werden, dann die Versuche, die auf dem Gebiete der Geschütz- und Geschossconstruktion schweben, endlich die taktischen Folgen für die Verwendung der einzelnen Waffen im Kampfe, die Defensive und Offensive. Studien über die Reglements für die Infanterie. Berührt die Bronsart'schen und Scherff'schen Studien . Esercito Italiano. Nr. 45. Die Anlegung eines Hafens in Reggio Calabria, der 2 500 000 Lire Kosten verursachen wird, bei 8 m Tiefe auch verschiedenen Klassen von Kriegsschiffen Aufnahme zu gewähren vermag und für die Einschiffung der Truppen nach Sicilien gröfste Bedeutung besitzt, ist vom oberen Marine- Rate genehmigt worden . Nr . 46 : In diesem Jahre werden von Leuten des Beurlaubtenstandes der Jahrgang 1866 der Reserve, die Jahrgänge 1861 und 1862 der Mobilmiliz bei 3 Corps und wahrscheinlich der Jahrgang 1867 bei einem Corps einberufen werden . Nr. 56. Die Specialkredite für extraordinaire Ausgaben, die General Pelloux für das Jahr 1892/93, aufser dem in das vorläufige Budget für 1892/93 schon eingetragenen Extraordinarium, in der Sitzung des 4. Mai verlangte, belaufen sich auf 6 Millionen für die Herstellung kleinkalibriger Gewehre (100 000 sollen jährlich gefertigt und die Neubewaffnung der Armee und Landwehr in 5 Jahren abgeschlossen werden) 1,5 Millionen für die Fabrik zur Herstellung rauchschwachen Pulvers in Fontana Lici, 200 000 für die Fortsetzung der topografischen Karte von Italien, 1 200 000 für Mobilmachungsvorräte, 300 000 für schwere Küstengeschütze, 300 000 für Pulvermagazine, 1 500 000 für Armierung von Befestigungen, 2 450 000 für Feld-Artillerie, total 12 450 000 Lire. Die in dem Rekrutenaushebungsgesetz vorgesehene Rekruten-Einstellung erst am 1. März, die Gesetze vom 18. bezw. 28. Februar 1892 über Änderungen in der Organisation bezw. Besoldungen und feste Zuweisungen erlauben im Ordinarium eine Ersparnis von 3 850 000 Lire ; in späteren Jahren sollen durch Vereinfachung der Verwaltung und Einbeorderung der Leute zu den nächsten Truppenteilen noch grössere Ersparnifse möglich sein. Die noch nicht verbrauchten Geldvorräte im Capitel : Befestigung von Rom, Befestigung von Spezia und Herstellung von Gewehren, sowie 500 000 Abstrich im Capitel Africa bringen die Ersparnisse auf 7 950 000 Lire, die sofort in das vorläufige Budget eingetragen werden, während der Rest bis zu 12,45 Millionen später noch verlangt werden wird. Die Specialcommission für die Beratung des Beförderungs - Gesetzes in der Deputirten-Kammer hat einige Abänderungen an dem von Senat genehmigten Entwurf vorgenommen. (April). Die gegenwärtige Rivista di artigleria e genio . einer Verteidigungs - Anordnung. Einzelheiten einiger Befestigung. Prüfung

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(Schlufs). - Radial- und Peripherie-Bahnen . Anhang 1. Wirkung der neuen Sprenggeschosse in Erd- und Mauerwerk. Anhang 2. Die MilitairIngenieure und die gegenwärtige Befestigungskunst. - Neue Versuche im Auslande mit elektrischen Scheinwerfern zu militärischen Zwecken. - Die Fotografie in ihrer Anwendung zu Kriegszwecken , vom Artill.-Kapitän Bennati, (Kartografie, Taubenpost, Ballondienst, Photografie, Rekognoscirung. Revista cientifico -militar (Spanien). Nr. 7 : Die Gesundheit des Soldaten. V. Brief: Hygiene des Rekruten . - Das neue Exerzier - Reglement der italienischen Infanterie . (Forts. ) Nr. 8: Die Schiefs - Versuche von Carabanchel gegen Feldbefestigungen. Die Gesundheit des Soldaten. (Forts .) Nr. 9 : Praktische Das neue Übungen der allgemeinen Militär- Akademie in 1892. Exerzier - Reglement der italienischen Infanterie . ( Schlufs. ) Memorial de Ingenieros del Ejercito (Spanien). Nr. IV . die Anwendung von Panzerung in den Feuerzonen der Festungen forderlich?

Revista militar Africa,

(Portugal) .

Ist er-

Nr. 7: Portugiesische Kämpfe in

Krigsvetenskaps -Akademiens-Handlinger (Schweden). (7. Heft ) Welche Richtung soll man bei Ausarbeitung eines Exerzier-Reglements für die Infanterie einschlagen? Norsk. Militaert - Tidsskrift (Norwegen). patronen für die Feld - Artillerie . Militaert Tidsskrift (Dänemark) . schall Graf Moltke.

(4. Heft.) Einheits-

(3. Heft) .

Generalfeldmar-

De Militaer Spectator (Holland) . Nr. 5 : Taktische Betrachtungen über das Exerzier - Reglement für die niederländische Infanterie. II. Bücher. Der Krieg von 1806 und 1807. Bearbeitet von Oscar von LettowVorbeck, Oberst a. D. Zweiter Band. Prenzlau und Lübeck. Mit 1 Übersichtskarte (für die Zeit vom 14. Oktober bis 5. November 1806), 4 Gefechtsplänen (Halle , Altenzaun , Prenzlau und Lübeck) , 26 Gelände und Stellungsskizzen und 5 Anlagen. Berlin 1892. E. S. Mittler und Sohn . Preis 11 M. Die grofsen Erwartungen, welche wir bei Besprechung des ersten Bandes *) an die Fortsetzung dieses trefflichen Werkes knüpften, sind durch den nunmehr vorliegenden zweiten Teil reichlich erfüllt , ja in mancher Hinsicht noch übertroffen worden . Die ebenso gründliche wie umsichtige Benutzung aller verfügbaren Quellen (Kriegsarchiv des Generalstabes und gegen sechzig Druckschriften), die klare und übersichtliche Darstellung der Begebenheiten , sowie die lichtvolle und scharfe , aber zugleich un*) Jahrbücher, Band 79 ( Juni 1891 ) S. 379–81 .

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parteiische und leidenschaftslose Beurteilung der Personen und Vorgänge alles dies verdient wiederum in vollem Mafse rühmende Anerkennung. Namentlich sind indes die -- zahlreicher als früher - in die Schilderung der Ereignisse eingestreuten vergleichenden Betrachtungen hervorzuheben, welche gröfstenteils wahre Meisterstücke kriegsgeschichtlicher Kritik in engstem Rahmen bilden. Wir nennen hier nur die Erörterungen über Verfolgung, unter Bezugnahme auf Gneisenaus Ritt nach Belle - Alliance (S. 30-36) ; die schmachvolle Übergabe von Erfurt und von Stettin (S. 49 bis 51 und 292) ; Marschleistungen und Marschverluste, mit vergleichendem Hinweis auf den Krieg von 1870/71 ; den heldenmütigen Kampf des Grenadier - Bataillons Prinz August bei Prenzlau , Hohenlohes heillose Kapitulation und Massenbachs ,, Rechtfertigung“ (S. 270-81 ) ; die zu weit getriebene Rücksicht gegen Feind und Freund , mit Anklang von Sedan und Paris (S. 300-303) - in dieser Beziehung scheint uns übrigens, beiläufig bemerkt, der Herr Verfasser selbst etwas sehr weit zu gehen — ; endlich über den militärischen Zopf, Dienstalter, Beförderung und Kriegsvorbereitung (S. 304-7). Goldene, auch für die Gegenwart und Zukunft sehr beherzigenswerte Worte sind besonders in den Bemerkungen enthalten, mit welchen Herr Oberst von Lettow die verschiedenen , leider so zahlreichen Kapitulationen begleitet und von denen wir einige der vorzugsweise charakteristischen hier folgen lassen : „ Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dafs mit der Verfeinerung der Sitten die Gefahr einer Verflachung Männer von der Urwüchsigkeit eines der Charaktere eingetreten ist. Blücher oder der Schroffheit eines York sind mir nur in gemildeter Form aus meiner ersten Dienstzeit bekannt. Wolle der Himmel, dafs der bekannte Satz : „ Die Originale sterben aus" sich nicht auch auf das Verschwinden fester Charaktere beziehe ( S. 50/51 ) . -— „ Es liegt hierin “ (in der unbedingten Unterordnung aller Glieder eines Heeres unter den Willen des Feldherrn) ,,die Aufforderung, bei der Auswahl der höheren Führer für ihre in so hohem Grade wichtigen Posten mit gröfster Sorgfalt zu Werke zu gehen. Die Anstrengungen des Friedensdienstes sind zu gering, als dafs ihre Überwindung eine Gewähr gebe, dafs Männer in dem vorgerückten Alter von 70 Jahren der ungeheuren Verantwortung gewachsen wären, welche ihnen der Krieg für das Schicksal von Tausenden auferlegt. Körper und Geist verlangen ihr Recht, dieselben sind bei so hohem Alter aufserordentlichen Anforderungen nicht mehr gewachsen, sie erliegen, und man kann Männern nicht ganz sein Mitleid versagen , welche durch falsche Rücksichten in Stellungen belassen wurden ; in denen sie , wie General v. Romberg" (Kommandant von Stettin) ,,und später General v. Kleist in Magdeburg , eine lange ehrenvolle Dienstzeit mit Schmach beendeten. " (S. 292) ,,Ebenso wie Friedrich der Grofse und Napoleon die Kommandostellen nicht immer nach dem Alter besetzt haben , erscheint es wünschenswert, die Armee auch an diese Form der Beförderung zu gewöhnen , damit die oberste Heeresleitung beim Ausbruche eines Ein jetziger Krieges gröfsere Freiheit bei der Stellenbesetzung hat. kommandirender General sagte vor Jahren zu mir : ,Wolle Gott, dafs die

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zehn ältesten Kavallerie - Generale auch die für Führung von KavallerieDiese kleinen Proben, Divisionen geeignetsten Männer seien" (S. 304/5) . deren der Leser beim Studium des Werkes noch zahlreiche ähnliche finden wird , mögen genügen , um den Geist und Sinn , in welchem der Herr Verfasser die Katastrophe von 1806 beurteilt und aus ihren harten Lehren eine gesunde und berechtigende Nutzanwendung zieht , mit genügender Deutlichkeit zu kennzeichnen. Seine scharfe Kritik beschränkt sich jedoch nicht auf das Heer allein, sondern geifselt mit gebührendem Nachdruck auch die verrotteten , wurmstichigen Zustände , welche - mit vereinzelten Ausim damaligen preufsischen Beamtentum und in der Gesellschaft nahmen herrschten. In der That, von den „ Spitzen der Behörden" mit ihrem abderitischen : ,,Die erste Bürgerpflicht ist Ruhe !", von dem Befehl an die Unterthanen,,, sich dem Feinde auf alle Weise willfährig zu beweisen und seinen Marsch zu erleichtern ," von dem biederen Neu-Ruppiner Magistrat, welcher den General Savary aufsuchte und ihm die sichersten Nachrichten über den Marsch des Blücher'schen Heeresteils lieferte , bis hinab zu der schmutzigen Zeitungs - Gründung ,,Telegraph" des ehrlosen selbst die Professor Lange , der -- nach dem Vorbilde des Korsen überall begegnen wir Königin in schamloser Weise zu besudeln wagte, den widerwärtigen Spuren einer grenzenlosen, feigen und niederträchtigen Diese schmachvollen Verhältnisse legen wirklich die Verkommenheit. Frage nahe, wie wohl die Sieger in Paris empfangen worden wären, wenn der Herzog von Braunschweig 1792 bei Valmy , statt den Rückzng anzutreten die Franzosen geschlagen hätte und bis zur Hauptstadt vorgedrungen wäre, was er bei einiger Entschlossenheit recht wohl konnte. Sollte uns was Gott verhüten möge nach so vielen siegreichen Feldzügen einst wieder ein unglücklicher Krieg beschieden sein, so wollen wir wenigstens hoffen, dafs das würdelose und ekelhafte Gebahren, welches 1870/71 zahlreiche ,,Damen" den besiegten und gefangenen Franzosen gegenüber an den Tag legten, kein Symptom gewesen sei für den Empfang , der des siegreichen Feindes in unserem Lande harren würde. Dafs Herr Oberst v. Lettow dem Gefecht von Altenzaun (S. 310-12) nur eine sehr frostige Anerkennung zollt , hat uns einigermassen in Erstaunen gesetzt. Abgesehen von dem Interesse, welches der Verfasser der vortrefflichen ,,Taktischen Beispiele" gerade an diesem Gefecht füglich nehmen konnte, dürfte es auch schon als einer der spärlichen Lichtpunkte, die in diesem traurigsten unserer Feldzüge zu verzeichnen sind , warmes Lob verdienen. Noch weniger können wir den entschuldigenden Worten über die unerhörten viehischen Brutalitäten beipflichten (S. 385/86 und I , 75), welche von den Franzosen in dem unglücklichen Lübeck verübt wurden. Für diese bestialischen Schandthaten giebt es um so weniger irgendwelche Entschuldigung . als sie weder durch den Zwang der Not , noch durch den Widerstand der wehrlosen Einwohner veranlasst wurden . Die Berufung auf Scherr (,,Blücher" ) , der die Franzosen für „ viel liebenswürdiger als ihre deutschen Mitstreiter , die Soldaten der rheinbündischen Satrapen"

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erklärt, hat in unseren Augen sehr wenig Wert; denn man weils zur Genüge , auf welchen Punkt sich die eigenartige Geschichtsschreibung des verewigten Johannes Scherr stets und unvermeidlich zuspitzte. - Die in das Kapitel II ( S. 55-63) mosaikartig eingefügten Lebensskizzen der französischen Marschälle (Murat, Ney, Berthier, Davout, Lannes, Augereau, Bernadotte und Soult) bilden wahre Kabinetstücke von drastischer Kürze und treffender Charakteristik ; sie ergänzen die Darstellung der kriegerischen Vorgänge, an denen die Genannten beteiligt waren, in höchst anschaulicher Hinsichtlich der Ausstattung steht der vorliegende und wirksamer Weise. Band dem ersten völlig gleich und übertrifft ihn sogar noch an Reichhaltigkeit der Kartenbeilagen. In Bezug auf die Einzeichnung der Truppen in den Gefechtsplänen müssen wir das schon früher (betr. Jena und Auerstedt) Gesagte zum Teil wiederholen : entweder mehr oder gar keine. Für die Skizzen ist mitunter (z . B. bei Nr. 16 und 20) ein überflüssig, ja unbequem grofser Mafsstab gewählt ; andererseits hätte die Darstellung der Festung Spandau (Nr. 18) im Mafsstab 1 : 60 000 füglich etwas mehr der Wirklichkeit entsprechen können . Zum Schlufs geben wir der Hoffnung Ausdruck, dafs Herr Oberst v. Lettow uns recht bald durch die folgenden Teile seines ausgezeichneten Werkes erfreuen möge, die sich, wie wir überzeugt sind, vollkommen auf der Höhe ihrer Vorgänger halten werden. 62. Geschichte des Lützowschen Freicorps . Nach archivalischen Quellen bearbeitet von Fritz von Jagwitz , Major aggregirt dem InfanterieRegiment von Lützow (1. Rheinisches) Nr. 25. Mit Abbildungen, Karten und Plänen . Berlin 1892, E. S. Mittler & Sohn. Preis 7 M. Es gab eine Zeit, in welcher viele Leute glaubten, dafs der Dank, welcher Preufsen für seinen Anteil an den Erfolgen der Befreiungskriege gebührt, hauptsächlich der Landwehr und den Freiwilligen darzubringen sei. Es war eine Ansicht, die namentlich in solchen Kreisen eifrig vertreten wurde, deren Streben dahin ging , den Wert der stehenden Heere herabzusetzen und besonders Preufsens militärische Einrichtungen zu verdächtigen . Zu den Erscheinungen vom Jahre 1813 , welche bei solcher Darstellung gewinnen mussten, gehörte vor allen Lützows wilde, verwegene Jagd". Theodor Körner hatte ihr angehört Seine Lieder hatten wesentlich dazu beigetragen, das Bild der Schar zu einem volkstümlichen zu gestalten. Gern glaubte die Menge, dafs die Schwarzen das gewesen seien, was der Dichter aus ihnen machte ; für aller Pietät bar wurde in den meisten Kreisen gehalten, wer daran zweifelte, dafs sie Grofses geleistet hätten . Wer anderer Ansicht war und es besser wusste, hielt mit dieser Ansicht in der Regel zurück. Dem Berichterstatter ist nur ein Beispiel bekannt, wo es anders war und dieses stammt aus späterer Zeit. Im Aprilhefte 1883 der Preufsischen Jahrbücher veröffentlichte Karl Koberstein einen Aufsatz , welcher das Corps und seine Leistungen scharf angriff; eine Entgegnung darauf erfolgte durch eine 1884 in Berlin herausgegebene Sonderschrift, deren Verfasser sich durch die Anfangsbuchstaben K. v. L. kennzeichnete . Eine gründliche und unparteiische, eingehende Darstellung des Freicorps

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fehlte. Es hatte zwar des Führers ehemaliger Adjutant, der spätere General von Schlüsser, im Jahre 1826 eine Geschichte des Freicorps (von Ad. O.) veröffentlicht ; aus manchen Gründen und in mehrfacher Beziehung genügt sie aber nicht den an eine solche zu stellenden Ansprüchen. Die Beilegung des Namens Lützow an das aus der Infanterie des Freicorps hervorgegangene 1. Rheinische Infanterie -Regiment Nr. 25, welche am 27. Januar 1889 Kaiser Wilhelm II . verfügte, um dadurch die Hingebung und die Aufopferung, mit der das Lützowsche Freicorps im Jahre 1813 gegen die Fremdherrschaft gefochten, und zugleich die namentlich in den letzten Kriegen geleisteten treuen Dienste des Regiments anzuerkennen , haben veranlafst, dafs jene Lücke endlich durch einen Offizier des letzteren in befriedigender Weise ausgefüllt ist. Dem Verfasser der Geschichte standen dazu aufser dem Archive des Grofsen Generalstabes ein umfangreiches, handschriftliches Material und mancherlei Vorarbeiten zu Gebote . Auf den Inhalt des gut geschriebenen, mit Kartenbeilagen etc. reich ausgestatteten Werkes, können wir hier nicht eingehen , nur die aus den Begebenheiten gezogenen Schlufsfolgerungen mögen Erwähnung finden. Das Endurteil mufste dahin lauten, dafs der bei der Errichtung des Corps verfolgte Zweck, durch dasselbe zunächst in den vom Feinde noch besetzten Teilen Norddeutschlands eine Erhebung des Volkes zu Wege zu bringen und die Truppe später zur Ausführung selbständiger Unternehmungen, namentlich im Rücken des Gegners und gegen dessen Verbindungen, zu gebrauchen, nicht erreicht worden ist. Zweimal war der günstige Augenblick, es in ersterem Sinne zu verwenden , vorhanden gewesen , bei Beginn des Krieges und bei der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten nach dem Waffenstillstande. Stets ging er ungenützt vorüber. Das erste Mal, weil das Corps noch nicht schlagfertig war; das zweite Mal, weil Scharnhorst, der Träger des Gedankens, nicht mehr lebte und auch wohl, weil man an mafsgebender Stelle kein rechtes Vertrauen zu den Leistungen hatte. Im ersten Abschnitt des Feldzuges von 1813 war das Corps von einem seltenen Mifsgeschicke verfolgt gewesen. Der Infanterie ward ein sicherer Erfolg durch das in Krafttreten des Waffenstillstandes vorenthalten , die Cavallerie fiel einem mit heimtückischer Hinterlist ins Werk gesetzten Vertrauensbruche zum Opfer. Im zweiten Abschnitte wurde das Corps bestimmt, auf einem untergeordneten Kriegsschauplatze eine Thätigkeit auszuüben, an die bei seiner Errichtung Niemand gedacht hatte, später kämpfte es hier für das Interesse Schwedens und als es endlich nach Frankreich in Marsch gesetzt war, wurde die Infanterie unterwegs durch die Einschliefsung der Festung Jülich gefesselt. Die Cavallerie war glücklicher, sie kam wenigstens in Feindesland und fand hier angemessene Verwendung . Die Lützower hatten sich überall brav geschlagen . Das kann Niemand bestreiten, aber sie hatten nicht mehr und nichts anderes geleistet als ihre Kameraden . Die hochfliegenden Erwartungen, mit denen sie ausgezogen, waren nicht in Erfüllung gegangen. Dafs dieses Gefühl auch im Corps lebendig war, zeigt eine anscheinend in der Zeit vor der Schlacht bei Leipzig von Friesen verfafste Denkschrift über die Ursachen des seit längerer Zeit so häufig

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gewordenen Zurücktretens vom Freicorps" . Ungleich höher als der Einflußs, den letzteres auf den Gang des Krieges geäufsert hat, ist die Wirkung zu schätzen, welchen sein Entstehen auf die Erhebung des preufsischen Volkes , auf den Geist und das Gemüt der deutschen Nation ausübte, und mit Recht sagt der Verfasser , die geschichtliche Bedeutung der Lützower sei in der Thatsache begründet , dafs Vaterlandsliebe und Opfermut es vermochten , ohne Beihilfe des Staates in kurzer Zeit ein so starkes Corps erstehen zu lassen , welches die Fähigsten und Edelsten der Nation in seinen Reihen zählte. Zum Schlufs noch einige Bemerkungen : In den Darstellungen des Vorlebens von Wallmoden und von Tettenborn finden sich mehrere Unrichtigkeiten (S. 11 , 157) ; das Grofsherzogtum Berg ward 1813 nicht von einem französischen Fürsten beherrscht, welchen nur der enge Anschlufs an Napoleon hätte auf dem Throne erhalten können, dieser führte vielmehr als Vormund eines minderjährigen Neffen selbst die Regierung (S. 37) , aufser den mecklenburgischen Fürsten trat der Herzog von Anhalt- Dessau schon im April zu den Verbündeten über (S. 39) ; die allgemeine Wehrpflicht war damals nicht vor wenigen Jahren" eingeführt, sondern sie wurde erst bei Ausbruch des Krieges und nur für die Dauer desselben geschaffen (S. 259) ; die Neubildung des Heeres nach dem Tilsiter Frieden 14. hatte nur einen Teil der Ausnahmen beseitigt. Die Gefechte bei Trautenau am 27. und 28. Juni 1866.

Nebst

einem Anhang über moderne Sagenbildung von Dr. phil . Richard Schmitt , Privat - Docent an der Universität Greifswald, Gotha. F. A. Perthes. Preis 4 M. Es liegt hier ein sehr interessantes Buch, eine überaus tüchtige und gründliche Arbeit vor. Wiewohl Verfasser kein Berufsmilitär sondern Historiker von Fach ist, so wird sich der Leser doch bald überzeugen, dafs derselbe sein gründliches metodisches Quellenstudium mit überraschenden militärischen Kenntnissen und einem meist sehr richtigen Urteil verbindet . In dem Vorwort erklärt derselbe , wie er durch den Besuch des Schlachtfeldes von Trautenau und die ihm hier über diese Gefechte zugetragenen Legenden zu einen eingehenderen Studium der letzteren veranlafst wurde und, wie ihm besonders die vielen inzwischen erschienenen Regimentsgeschichten ein reiches Material geliefert haben, um Irrtümer zu berichtigen und Lücken auszufüllen, die das Generalstabswerk bezüglich dieser, vielleicht absichtlich etwas fragmentarisch behandelten Gefechte aufweist. Der Umstand, dafs das österreichische Generalstabswerk um ein Jahr später als das unsrige veröffentlicht wurde, habe ihm ferner geholfen, so manche Thatsache durch Vergleiche aufzuklären . So begreiflich das Verhalten des Generalstabwerks s. Z. gewesen sei, hier so manches mit dem Mantel der Liebe zuzudecken, so sei es andererseits auch der so überaus anerkennenswerten Haltung der einzelnen Truppenteile nicht hinreichend gerecht geworden. Hiernach hält Verfasser es nunmehr an der Zeit, einen objektiven Standpunkt einzunehmen und ein gröfseres Licht Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . LXXXIV., 1. 8

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über den Kampf vorzüglich des 27. zu verbreiten, über den im Allgemeinen noch eine recht ungenügende Vorstellung herrscht. Er verfolgt nun vor allen Dingen in seinem Buch den sehr edlen und anerkennenswerten Zweek, das durchaus mustergültige Verhalten der Truppen in das rechte Licht zu setzen und den Heldenthaten, durch die sich die meisten, vorzüglich das 43. Regiment auszeichneten, gerecht zu werden. Er hat es sich hierbei zur Aufgabe gestellt, möglichst detaillirt der Gefechtsthätigkeit der einzelnen Truppenteile zu folgen und somit Schlachtenbilder geliefert, welche für Jeden , der die Kriegsgeschichte nicht nur in grofsen Zügen studiren will, überaus interessant und belehrend sind. -- Daneben durften aber nunmehr auch die Fehler nicht länger verschwiegen werden , die zumeist der höheren Führung zur Last fallen, da man ebenso aus ihnen eine reiche Belehrung ziehen kann . Allerdings wirkt die Darlegung der Thatsache überaus betrübend und verstimmend, wie es nur an der Führung gelegen, dafs die Heldenthaten der Truppe nicht die gebührenden Erfolge ernteten ! Verfasser hat mit richtigem Blick und vieler Sachkenntniss die mangelhafte Disposition des Generals von Bonin betont, indem er von vornherein nur ungenügende Streitkräfte unter Zerreifsung aller Verbände einsetzte, desgleichen seine Unthätigkeit in den Mittagsstunden , die hier besonders fehlende mangelhafte Aufklärung durch Cavallerie und in Folge dessen die Unterschätzung der nachmittags eintreffenden feindlichen Verstärkungen ; ferner hebt er den falschen Standpunkt des Generals im Gefecht hervor , welcher keinen Überblick gestaltete und tadelt seinen voreiligen Entschlufs zum Rückzuge und dessen Ausführung ohne genügende Verwendung der Artillerie, wie denn überhaupt der mangelhafte Einsatz derselben während des ganzen Tages eine gerechte Verurteilung findet. Schliefslich weist er aus sicheren Quellen nach, dafs der Rückzug des Corps durch das Gebirge keineswegs ein fluchtartiger gewesen sei, wie man dies aus der Fassung des Generalstabswerks glaubt herauslesen zu müssen, sondern dafs er in unbegreiflicher Unterschätzung der dadurch für die ganze Armee geschaffenen verhängniſsvollen Lage vom Generalkommando befohlen worden war. Alles dieses schildert und beurteilt Verfasser durchaus sachgemäfs und kann es nur seinem immerhin mehr humanen als rein militärischen Standpunkt zugeschrieben werden, wenn er schliefslich noch für den General von Bonin Entlastungsgründe, zu finden sucht, ebenso wie wir uns mit seiner Entschuldigung für das Verhalten des Generals von Clausewitz am Morgen des 27. nicht einverstanden erklären können . Mag auch dessen unterlassene Besetzung von Trautenau während der Ruhe der Division bei Parschnitz nicht von so erheblichen Folgen für den Verlauf des Tages gewesen sein, wie dies oft geglaubt wurde, so beging er hiermit doch einen groben militärischen Fehler ! Seine Division mufste schon auf ihrem selbstständigen Marsch durch das Gebirge eine Avantgarde formirt haben und solche unter allen Umsständen, wenn das Gros bei Parschnitz rasten wollte, Trautenau besetzen, da die 1. Division hierzu noch nicht zur Stelle war. Ganz in derselben klaren und durchsichtigen Weise wie das Gefecht vom

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27. wird das des Garde- Corps am 28. geschildert, und das Generalstabswerk, in dem dasselbe unter dem Namen „ Gefecht bei Soor" registrirt ist, berichtigt und ergänzt. -- Bei beiden Gefechten wird es dem Leser besonders auffallen, wie die damaligen taktischen Verhältnisse sehr bald ein Zerreifsen aller Truppenverbände, ja ein eigenmächtiges Batailliren, nicht nur einzelner Compagnien sondern auch einzelner Züge herbeiführten. Sehen wir doch an einer Stelle die vier Schützenzüge eines Bataillons ganz selbstständig und abgelöst von ihrer Truppe auftreten. Schon die Ordres de bataille mufsten solches provociren : Am 27. ist der Verband der 1. Division vollkommen zerrissen, am 28. sind 4 Füsilier resp . dritte Bataillone zur Avantgarde vereinigt ! Neben den Fehlern der höheren Führung ist daher den damaligen Stand der Taktik und der mangelhaften Organisation der BefehlsIndem das vorerteilung der gröfste Teil der Mifserfolge zuzuschreiben . liegende Buch gerade von allen solchen Umständen ein selten erreichtes klares Bild entwirft. giebt es sehr wichtige neue Aufschlüsse über diese Episode von 1866 und wird daher nicht allein allen Offizieren , welche den damals beteiligten Truppen nahe stehen ein wertvolles Denkmal ihrer Ruhmesthaten liefern, sondern auch allen anderen, höheren wie niederen Führern reiche Quellen zu ihrer Belehrung bieten. Es kann somit allen v. M. militärischen Lesern nur bestens empfohlen werden .

Die

vormals kurhessische Armee Divison im Sommer 1866 . Auf Grund des vorhandenen actenmäfsigen Materials sowie der eigenen Erlebnisse dargestellt von Julius von Schmidt , Generallieutenant z. D. (1866 Hauptmann im kurhessischen Generalstab). Kassel 1892 , Max Brunnemann . Preis 3 M.

Von allen den Kontingenten, aus denen im Jahre 1866 das deutsche Bundesheer sich zusammensetzte, hat keins ein so widriges Geschick erfahren, keins ein so trübes Ende genommen, wie die kurhessische ArmeeDivision ; keinem unter den Generalen , welche mit der Führung jener Kontingente betraut waren, ist eine schwerere Aufgabe gestellt gewesen. als dem General von Lofsberg, der am 22. Juni das Kommando der Division übernommen hatte. Überall anderswo gab es ein entschiedenes Wollen, ein bestimmtes Ziel, bei den Kurhessen war alles Unsicherheit und Zweifel , Schwanken und Halbheit. Aus Verhältnissen des tiefsten Friedens wurden die Truppen urplötzlich in den Kriegszustand versetzt ; mit Aufbietung aller Kräfte gelang es ihnen , sich dem Machtbereiche eines übermächtigen Gegners zu entziehen, die Anschlüsse befreundeter Truppen zu gewinnen. Aber da fehlte ihnen die Möglichkeit, an der Seite derselben ihren Beruf zu erfüllen ; die ihnen eröffnete Aussicht, an der Spitze der Truppen zu marschiren , welche sich anschickten ihr aufgegebenes Vaterland wiederzugewinnen, erwies sich als ein Trugbild ; die Division musste nach Mainz zurückgehen , um sich zunächst in schlagfähigen Zustand zu setzen. Nur zwei Feldschwadronen , aus einem der beiden Husarenregimenter gebildet , nahmen im Verbande des VIII. deutschen Bundes- Armeecorps an den Ereignissen auf dem Kriegsschauplatze in 8*

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Süddeutschland teil. Ob es für den General von Lofsberg geboten war, so zu verfahren wie er gethan hat, oder ob er hätte versuchen sollen und mit Aussicht auf Erfolg hätte versuchen können , in den Reihen seiner Waffenbrüder einen Platz auf dem Kampfplatze einzunehmen , ist eine müfsige Frage. Der General glaubte im Sinne und im Geiste seines ihm Kriegsherrn zu handeln , dem die Möglichkeit benommen Mitteilungen und Weisungen zukommen zu lassen , und that streng soldatisch seine Pflicht. Für das Schicksal, von welchem die Truppe betroffen wurde, ist der Kurfürst allein verantwortlich , der in schwer begreiflicher Verblendung , nachdem seine politischen Mafsnahmen ihn in eine unhaltbare Stellung gebracht hatten, ratlos und unschlüssig sich selbst den Händen seiner Gegner überantwortete, statt das Heerlager aufzusuchen und in der Mitte seiner Soldaten zu weilen. In Mainz wartete der Division Unerfreuliches. Der Zweck der Sendung nach der von der Versammlung in der Eschenheimer Gasse für neutral erklärten Bundesfestung ward nicht erreicht ; Widerwärtigkeiten und Schwierigkeiten aller Art standen im Wege und endlich, nachdem die Fürsten der süddeutschen Staaten ihre Abmachungen mit Preufsen getroffen hatten und von der preufsischen Regierung die Absicht der Einverleibung des Kurfürstentums öffentlich verkündet war, blieb dem General von Lofsberg nichts andres übrig, als wegen des Schicksales der Armee.- Division selbständig mit Preufsen zu unterhandeln. In einem an König Wilhelm gerichteten Schreiben legte er ,,getrost und zuversichtlich das Wohl und Wehe der kurhessischen Armee an das Soldatenherz Seiner Majestät". Somit war das Geschick der Truppen besiegelt ; dafs es in möglichst zufriedenstellender Weise sich vollzog, war eben diesem Soldatenherzen und der staatsklugen Leitung der Angelegenheiten durch die Minister des Königs zu danken. Die Armee-Division kehrte in ihre Garnison zurück und ward, nachdem der Kurfürst die Eidesentbindung ausgesprochen hatte, in den preufsischen Dienst übernommen . Nicht mit Lorbeer bekränzt, aber unter voller Wahrung ihrer militärischen Ehre und unter allgemeiner Anerkennung treuer soldatischer Pflichterfüllung ist sie aus den Wirrnissen von 1866 hervorgegangen; die Siegespalmen, welche zu pflücken ihr damals versagt war, hat sie vier Jahre später in reichem Maſse eingeheimset. Dem Verfasser lag am Herzen , nachdem fünfundzwanzig Jahre seit dem Stattfinden der hier kurz angedeuteten Ereignisse vergangen waren, Licht über ein Bruchstück aus der deutschen Heeres- und Staatsgeschichte zu verbreiten, dessen Kenntnifs im Drange der Umstände einer gewaltigen Zeit eine weitere Verbreitung nicht gefunden hat und über welches mancherlei irrige Ansichten und Nachrichten verbreitet sein mögen . Seinen Mitteilungen liegt das bei der Division geführte amtliche Tagebuch mit den in demselben enthaltenen Urkunden und Beweisstücken zu Grunde ; als Mithandelnder in der Eigenschaft als Generalstabsoffizier beim Divisionskommando war er in der Lage, den Inhalt desselben unter Zuhilfenahme andrer zuverlässiger Quellen zu einem abgeschlossenen Ganzen auszugestalten. Dafs die Darstellung dem Leser nicht überall zu einem vollständigen Einblicke in die Verhältnisse hilft, ihn nicht immer die geheimen Triebfedern zu den Maſs-

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nahmen der Handelnden erkennen läfst, beruht auf sehr erklärlichen Gründen , denen ihre Berechtigung nicht abzusprechen ist . Es liegt darin, dafs , wie es in der Vorrede heifst , Persönliches nur soweit berührt ist , als es zum Verständniss durchaus notwendig war, ohne dafs eine Beurteilung hat ge14. geben werden sollen. Le Mans. Vorträge und applicatorische Besprechungen, gehalten vor dem Offiziers - Corps des Infanterie - Regiments Freiherr v. Catty Nr. 102 zu Prag im Jänner und Feber 1892 von Hauptmann Anton Hubl . Prag 1892. In Commission bei F. Ehrlich's Buchhandlung, Selbstverlag des Verfassers. Die vorliegende Schrift, in der anregenden Form des Vortrags verfafst, schildert im I. Theil die allgemeine Kriegslage zu Anfang des Januars 1871 , sodann die Bewegungen und Kämpfe der II , deutschen Armee bis einschliefslich der Schlacht von Le Mans und enthält vorzügliche Betrachtungen und Schlufsfolgerungen . Der Herr Verfasser beurtheilt die Entschlüsse der Führer und die Ereignisse mit dem richtigen fachmännischen Blick , er erkennt die Überlegenheit des Geistes als im Kriege Ausschlag gebend an, er hat das Wesen des Krieges erfafst, und deshalb sind seine Darlegungen in hohem Mafse fesselnd . ― Der II. Theil enthält die Besprechung der Verfolgung durch das Detachement von Schmidt . Zunächst gibt der Verfasser die allgemeine Sachlage für jeden Tag der Verfolgung, schliefst daran seinen eigenen Ausführungsplan und berichtet zum Schlufs über die thatsächliche Ausführung. Wenn schon der Gegenstand an sich wichtig ist , so erscheint die Besprechung einer Verfolgung unter besonders ungünstigen Verhältnissen (an kurzen Tagen, mit äusserst ermüdeten Truppen , auf schlechten Wegen , im strengen Winter) besonders lehrreich. Bei Aufzählung der Ursachen , welche die Verfolgung seitens des Siegers in der Regel beschränken, hätte auch erwähnt werden können , welche Umstände dem Geschlagenen die Kraft geben , sich der Verfolgung zu entziehen. Meist haben beide Teile vor und während der Schlacht gleich grofse Entbehrungen und Anstrengungen getragen ; der Geschlagene leistet hierauf noch bedeutende Eil- und Nachtmärsche , er zeigt sonach mehr Kraft als der Sieger, dem die Verfolgung nicht mehr möglich ist . Eine entsprechende Beleuchtung dieser Verhältnisse seitens des Herrn Verfassers wäre interessant gewesen. Doch auch ohne dies legten wir das Buch mit grofser Befriedigung und mit dem Gedanken aus der Hand , dafs Herr Hauptmann Hubl sich auf dem richtigen Wege nach ,,Vorwärts " befindet. 13 Skizzen und ein Plan bilden eine werthvolle Beigabe des Buches, 6. das hiermit den Kameraden warm empfohlen sei . Das grofse Hauptquartier und die Oberkommandos am 17. und 18. August 1870 von Fritz Hoenig. Mit einer Übersichtsskizze . Berlin 1892. Verlag von Fr. Luckhardt. Verfasser sagt im Vorworte, die nachfolgende Darlegung sei ihm aufgezwungen worden. Sie richtet sich nämlich gegen die seinen ,,24 Stunden

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Moltke'scher Strategie " in den Spalten des Militär-Wochenblattes (Nr. 20) zu Teil gewordene abfällige Kritik. Welchen Standpunkt die ,,Jahrbücher" zu dem Hönig'schen Werke eingenommen haben, wird den Lesern durch den bezüglichen Aufsatz im Februarheft dieses Jahres bekannt sein . Auf ihn greift deshalb auch Verfasser wiederholt in seiner Anti-Kritik zurück ; er nennt die vom General von Scherff herrührende Kritik ,,die sachverständigste und belehrendste". Hönig wendet sich mit scharfen Worten, unseres Erachtens mit Recht, gegen die Behauptung des Kritikers in Nr. 20, dafs seine (Hönigs) Kritik mit der Disziplin unverträglich , eine Kritik der grauen Theorie sei , die für die Beurteilung eines Feldherrn nur Zirkel und Karte zur Hand nehme und nicht mit den tausend Schwierigkeiten rechne, unter denen der Führer im Felde seine Entschlüsse fasse und ausführe “. Er rekapitulirt nochmals die Frage der Friktionen im Hauptquartier am 17. und 18. August und weist den ihm vorgeworfenen Mangel an ,, Pietät" gegenüber den Manen des hochseligen Kaisers energisch zurück. Treffend sagt Verfasser zum Schlufs seiner gewandt geschriebenen und schlagfertigen Schrift : „ Es sei schlechterdings nicht einzusehen, weshalb der Kritik über Friedrichs des Grofsen Kriegführung nichts im Wege stehen solle, aus der wir operativ wenig lernen können und weshalb eine solche über die operative Periode verpönt sein solle, deren genauestes Studium uns notwendig ist , wie das liebe Brot “ u. s. w. Auch wir möchten unsererseits die Frage aufwerfen, worauf denn und wie lange wir noch warten sollen, an die Ereignisse desjenigen Krieges den Mafsstab einer wissenschaftlichen Kritik zu legen , aus dem vor Allem wir für das Studium der Zukunftskriege lernen können und müssen . Die Besitzer der ,,24 Stunden" seien auf diesen Kommentar zu denselben be1. sonders aufmerksam gemacht . Delbrück

und

Bernhardi.

Eine

strategische Clausewitz - Studie für

Gelehrte und Militärs von W. von Scherff, General der Infanterie zur Disposition. Berlin 1862. Verlag von A. Bath . Preis 80 Pf. Unsere Leser werden über die Bernhardi - Delbrück'sche Fehde über Strategie (vergl . Jahrbücher, April 1892, S. 113 ff. ) im Allgemeinen unterrichtet sein. Bei dem grofsen und berechtigten Aufsehen, welches dieselbe in den beteiligten Kreisen erregte, ist es mit Freuden zu begrüfsen, wenn nunmehr ein Mann von der wissenschaftlichen Bedeutung Scherffs das Wort ergreift , um , an der Hand der viel berufenen Clausewitz'schen Lehre Vom Kriege" , vermittelnd und klärend, den entbrannten Streit auf die richtige theoretische Basis zu stellen. Scherffs scharfsinnige Untersuchung des Streitfalles gipfelt darin , den Nachweis zu führen : dafs es in der Strategie immer nur darum sich handle, den Gewaltakt lebendiger Streitkräfte derart zur Besiegung der feindlichen lebendigen Kräfte und zur Besitzergreifung feindlichen Basisgebietes anzuwenden , dafs dadurch der gewollte Zweck - die gegnerische Politik im eigenen Sinne zu beeinerreicht wird . Nicht : wie Moltke, Napoleon , Friedrich, Turenne, flussen Gustav Adolph bis Perikles thatsächlich verfahren sind , sondern nur,

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wie sie sich zu dieser einen Theorie gestellt haben, sei die entscheidende Frage ; auch der Delbrück'schen ,,doppeltgearteten " Strategie könne nur durch eine strategische Theorie entsprochen werden . Wenn man anerkennen müsse, sagt Verfasser ferner, dafs es Kriegslagen gegeben habe. und wieder geben könne, in welchen eine ,, Ermattungs- Strategie ", wie sie Delbrück an Friedrich dem Grofsen exemplifizirt , eine berechtigte Erscheinungsform operativer Thätigkeit war und sein werde, so ergebe sich daraus logischer Weise nur die eine Lehre : dafs in solcher Lage die naturgemäfs enger begrenzte strategische Absicht auch mit kleinlichen und schwächlichen (Manöver-) Mitteln verfolgt werden könne, dürfe, müsse! Zum Schlufs verfehlt Verfasser nicht , auf die Gefahr hinzuweisen, welche darin liegt , wenn heute behauptet wird , dafs die Entscheidungsschlacht nur aus der Summe kleiner Erfolge sich zusammensetze , daſs die kleinen Mittel des Felddienstes auch für die Aufgaben der Schlacht ausreichen würden , dafs für die fehlende Kraft zum Frontalangriff das Flankenmanöver eintreten könne u. s. w. das heifse denn doch, ganz im Geiste Delbrück'scher Entwickelungen ,,,Ermattungs- an die Stelle der Niederwerfungs - Taktik " setzen ! - Man sieht, dafs die schwebende Streitfrage auch für die Strategie und Taktik der Zukunft in hohem Grade bedeutungsvoll ist und empfehlen darum die Lesung dieser Schrift auf das Wärmste . 1. Die Ausbildung der Compagnie im Exerziren für den Kampf und das Gefecht. Von Heckert , Major. Zugleich 6. Auflage von ,, Campes Ausbildung der Compagnie für das moderne Gefecht". Mit Abbildungen im Text. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Das vorliegende Werk ist eine völlige Umarbeitung des in der Armee rühmlichst bekannten „,Campe“ . Vergleichen wir die früher erschienene Auflage des letzteren mit der hier vorliegenden , so wird uns die Entwickelung klar, welcher Exerzir-Reglement, Felddienst- Ordnung und Schiefs-Vorschrift seit jener Zeit unterworfen worden sind. Verfasser hat seine Aufgabe vortrefflich durchgeführt. Es wird nicht allein der angehende Compagniechef, sondern jeder Offizier die fleifsige Arbeit des Majors Heckert mit Nutzen studiren können , denen wie den Premier-Lieutenants der Linie zeitweise die Führung und einzelnen Offizieren des Beurlaubtenstandes 17. und Ausbildung von Compagnieen zufällt. Neue Ausbildungs - Methoden bei der russischen Cavallerie , auf Befehl des verstorbenen General-Inspekteurs Grofsfürsten Nikolai des Älteren erprobt und erläutert durch General-Major Ssuchotin . Im Auszug übersetzt von A. von Drygalski. Mit 1 Kroki. Berlin 1892. R. Eisenschmidt. Preis 2,60 M. Das vorliegende Buch bietet im Wesentlichen eine Berichterstattung des Generals Ssuchotin über das ihm , im Sommer 1889 übertragene Kommando zur Führung einer Cavallerie-Brigade. Die während dieser Zeit vom Verfasser geleiteten Exercitien werden hierbei einer Besprechung

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unterzogen und werden auf diese Weise alle den Gefechtsdienst der Cavallerie betreffenden Fragen berührt. Der zweite Teil des Buches enthält vier einzelne Aufsätze, welche folgende Titel führen: 1. Der MassenAngriff von Reiterei auf Reiterei, Artillerie und Infanterie. 2. Über den von Baron Rausch von Trauberg am 3. April 1888 gehaltenen Vortrag: ,,Ansichten der deutschen Schriftsteller über die Cavallerie". 3. Fragen über den Felddienst. 4. Die Ansichten über das Einzeln- und Salvenschiefsen vom Pferde. Im Allgemeinen vermissen wir das, was der vom Übersetzer gewählte Titel verspricht : Die Vorführung einer neuen Ausbildungs-Methode der russischen Cavallerie. Die von General Ssuchotin geschilderten Manöver, sowie seine an die Ausführung geknüpften Bemerkungen, lassen uns keine wesentlichen Abweichungen von den bestehenden Reglements erkennen. Den ersten Teil des Buches können wir demnach nur als eine an der Hand der Praxis gegebene Instruktion für die sachgemäfse Anwendung der bestehenden Reglements betrachten . Die Lektüre des Buches ist sehr wohl geeignet , einen Anhalt für Beurteilung des jetzigen Standes der Ausbildung der russischen Cavallerie zu geben, und wir müssen gestehen, dafs wir hiernach das Buch mit der beruhigenden Gewissheit aus der Hand legen können , dafs unsere Cavallerie einen Ver93. gleich mit der russischen in keiner Weise zu scheuen braucht. Die Grundzüge der Festigkeitslehre in ihrer besonderen Anwendung auf die Berechnung provisorischer Eisenbahn-Brücken. Zusammengestellt durch Sommerfeldt . Prem.-Lieut. im Eisenbahn - Regiment Nr. 2. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 4,50 M. Der Zweck des vorliegenden Buches ist, wie der Verfasser im kurzen Vorwort sagt, die wesentlichsten Sätze der Festigkeitslehre, soweit sie sich auf die Berechnung hölzerner Brücken beziehen, in elementarer Weise zu entwickeln . Diese Aufgabe wird in mustergiltiger Weise gelöst . Ohne mathematische Berechnungen und Herleitungen ist das natürlich gar nicht möglich , und ein gewisser Standpunkt in der Kenntnifs der Mathematik wird auch seitens des Verfassers vorausgesetzt. Die Darstellung wendet sich aber nirgends an das mathematische Verständnifs , sondern an das Vorstellungsvermögen und die Formel ist nur der mathematische Ausdruck des auf elementarem Wege Begriffenen. Sie bekommt dadurch einen lebendigen Inhalt auch für den, dessen mathematische Kenntnisse für eine Entwickelung auf wissenschaftlichem Wege durchaus nicht ausgereicht hätten. Dabei behandelt das Buch bedeutend mehr , als die einfachsten Dinge, denn es zieht die fortschreitende Belastung so gut heran wie die ruhende Belastung, Transversalspannungen so gut wie die normalen, indirekte Belastung so gut wie direkte , so dafs es in bautechnischen Kreisen allerdings die weiteste Verbreitung verdient. Wünschenswert wäre eine Beigabe der notwendigen Tabellen gewesen, bezüglich welcher auf ,,Münckes Taschenbuch über Berechnung von Eisenbahnbrücken" verwiesen wird. Auch hat sich der Verfasser nicht versagen können, an einer Stelle (pag. 75)

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eine Integralformel heranzuziehen. Sie wäre leicht zu vermeiden gewesen 49. und fällt merkwürdig aus dem Rahmen. v. Fischer-Treuenfeld , Die Fortentwickelung der deutschen FeldTelegraphie . Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 0,80 M. Ein neuer Beitrag zur Kritik der Organisation des Deutschen Ingenieurund Pionier - Corps. Der durch seine früheren Schriften über MilitärTelegraphie hinreichend bekannte Verfasser erkennt alle Fortschritte freimütig an, welche seit 1870 in der Ausbildung und in den Leistungen unserer Feld -Telegraphisten gemacht worden sind, aber den Anforderungen, welche zur Zeit an sie zu stellen sind, genügen sie nicht . Die Entwickelung des Militär-Telegraphenwesens hat mit der Vervollkommnung der Waffe und mit der Anforderung erhöhter Schnelligkeit und Manöverirfähigkeit enormer Truppenmassen , welcher sie als wichtiges Hilfsmittel dienen soll , nicht Schritt gehalten und zwar ist es die Organisation, welche einzig hieran die Schuld trägt. Es wird die endliche Aufstellung einer eigenen , selbständigen Telegraphentruppe gefordert und ihre Notwendigkeit überzeugend nachgewiesen. Auch im Interesse der Pioniere, möchte ich hinzufügen, wäre diese Truppe von aufserordentlichem Segen. Die Zersplitterung der Zeit und Kräfte bei der fortwährend zunehmenden Vielgestaltung der Ausbildungszweige , die Entziehung der Unteroffiziere und Mannschaften durch Abkommandirungen , die gänzliche Auflösung der Friedenskompagnieen bei der Mobilmachung so vieler verschiedener kleiner Truppenkörper (Feldpionier- , Festungspionier- Kompagnie , Brückentraindetachement, Telegraphenabteilung) würde etwas reduzirt werden und die Leistungsfähigkeit der Pioniere durch diese Arbeitsteilung ganz wesentlich gewinnen. Auch der Organisation der Telegraphentruppe, wie sie vorgeschlagen wird, Ausbildung der Unteroffiziere (der eigentlichen Telegraphisten) auf der in Art der Unteroffizierschulen zu erweiternden MilitärTelegraphenschule, abwechselnde Kommandirung derselben zur Truppe und zur Reichs-Telegraphie, kann man nur beistimmen. Die Besetzung der Offizierstellen mit Ingenieur- Offizieren halte ich dagegen nicht für notwendig. Sinngemäfser erscheint mir eine Lostrennung der Militär -Telegraphen-Inspektion vom Ingenieur- Corps, Unterstellung derselben, sowie der Telegraphentruppe unter den Grofsen Generalstab und Ergänzung der Offiziere aus allen Waffen nach Absolvirung eines Kursus bei der Militär49. Telegraphenschule. Die Brieftaube, ihre Aufzucht und Dressur, sowie ihre praktische Verwendung für das Nachrichtenwesen im Festungskriege. Von Carl Stadelmann . K. Sächs. Lieutenant d. L. Berlin 1892 . E. S. Mittler & Sohn. Der auf dem Gebiete der neuen Verkehrsmittel sehr bewanderte, praktisch erfahrene und in der Verwendung derselben für militärische Zwecke recht thätige Herr Verfasser, bietet in dem vorliegenden Heft III der neuen Verkehrsmittel im Kriege eine kurze, sachgemäfse, mit Interesse

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zu lesende Abhandlung über die militärische Verwendbarkeit der Brieftaube . Die Schrift beginnt mit einer Beschreibung des Dienstbetriebes betreffend das Nachrichtenwesen einer vom Feinde eingeschlossenen Festung. Hier spielt der Telegraph eine Hauptrolle. Wenn auch in neuester Zeit damit begonnen worden ist , den Festungen durch die unterirdische Legung der Leitungen des elektrischen Telegraphen , im Falle ihrer gänzlichen Cernirung eine gesicherte Verbindung mit der Aufsenwelt zu gewährleisten , so wird man dennoch , da Störungen in den Leitungen nicht ausgeschlossen sind, auch auf den optischen Telegraphen angewiesen sein. Es folgt nun eine kurze Angabe der gebräuchlichsten Signal- Apparate ( Mance Feld- Heliograph). Hieran schliefst sich eine kurze historische Zusammenstellung der Begebenheiten, bei denen Tauben behufs Erkundung und Überbringung von Nachrichten im Kriege mit Erfolg Verwendung gefunden haben. Der Versuch, sich der Taube als Kundschafterin zu bedienen, dürfte der Bibel nach wohl zuerst von Noah gemacht worden sein, welcher Tauben mit Erfolg aussandte, nachdem der Rabe versagte. Unter den zahlreichen Abbildungen , welche dem Texte beigegeben sind und wesentlich das Verständnifs erleichtern, verdienen die Darstellungen der verschiedenen Brieftaubenarten betreffs des Hervortretens der charakteristischen Merkmale besondere Erwähnung. Gr. v. Pf. Pionier -Taschenbuch. Mit 552 in den Text gedruckten Abbildungen. 2. Auflage. Berlin 1892. Verlag von A. Bath . Preis 3,60 M. Dieses nun schon in 2. Auflage erscheinende Taschenbuch enthält in gedrängter Kürze auf 292 Seiten Alles , was der Pionier an technischen Kenntnissen für die Ausübung seines Dienstes bedarf. In 12 Abschnitten werden behandelt : 1. Vermessungskunde ; 2. Maschinenkunde ; 3. Straucharbeiten ; 4. Zimmerkunde ; 5. Feldbefestigung ; 6. Ortsverbindungen im Felde ; 7. Feldbrückenbau ; 8. Feldmineurdienst ; 9. Lagerbau ; 10. Behelfsarbeiten ; 11. Sappiren ; 12. Pontoniren. Der Text wird durch die zahlreichen, vorzüglich ausgeführten Abbildungen zweckmäfsig erläutert. Wir bemerken noch, dafs dieses praktische Hilfsbuch für den Pionier- Dienst in der Garnison und im Felde auch dem Königlichen Kriegsministerium zur Begutachtung vorgelegen hat. Es dürfte jedem Ingenieur-Offizier nahezu unentbehrlich sein und hat in den weitesten Kreisen bereits verdiente Anerkennung gefunden. Das handliche Format (kl. 8 °) gestattet , dasselbe 4. überall in der bequemsten Weise bei sich zu führen. Schlachten-Atlas des neunzehnten Jahrhunderts . Zeitraum : 1820 bis zur Gegenwart. Pläne der wichtigsten Schlachten, Gefechte und Belagerungen mit Skizzen und begleitendem Texte , nebst Übersichtskarten mit kompendiösen Darstellungen des Verlaufes der Feldzüge in Europa, Asien und Amerika. Nach authentischen Quellen bearbeitet. 30. und 31. Lieferung (Preis à 2,60 M. ) . Leipzig , Wien, Iglau.

Verlag von Paul Bäuerle .

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Die neuesten Lieferungen des mehrfach an dieser Stelle rühmend erwähnten Kartenwerkes enthalten zuvörderst eine kompendiöse Darstellung des Krieges im Jahre 1866 in Österreich, Deutschland und Italien , mit 3 Übersichtskarten und 5 Skizzen . I. Einleitung : Die Kriegserklärung , das Kriegstheater , der Operationsplan. II. Das Kraftaufgebot : Österreicher und deren Verbündete , Preufsen und Italiener. III. Der österreichisch-preufsische Krieg: Versammlung der österreichischen Armee. Einmarsch der Preufsen in Böhmen . Ereignisse bis zum Vorabende der Schlacht bei Königgrätz. Die Schlacht bei Königgrätz. Ereignisse bis zum Waffenstillstande . IV. Der Feldzug in Westdeutschland . V. Der österreichisch-italienische Krieg . Ereignisse auf dem Haupt-Kriegsschauplatze . Die Kämpfe in Tirol . Der Kampf auf dem Adriatischen Meere. VI. Der Friedensschlufs . Vereinbarungen zwischen Österreich , Preufsen und Italien. Der Friede zwischen Preufsen und den übrigen deutschen Staaten. VII. Die Streitkräfte im Kriege von 1866. -- Wir können jedem Besitzer der grofsen beiderseitigen Generalstabswerke über den 1866 er Krieg diese in Farbendruck trefflich ausgeführten Blätter nebst dem erläuternden Texte als eine sehr wertvolle Ergänzung der genannten Werke und sehr bequemen Studienbehelf nur auf das Dringendste empfehlen. Die Zuverlässigkeit des hier Gebotenen ist, soweit wir prüfen konnten, über jedem Zweifel erhaben. Zu wünschen wäre nur gewesen, dafs die 3 Übersichtskarten, statt in drei verschiedenen Mafsstäben ( 1 : 1 300 000, 1 : 1 400 000, 1 : 1 500 000) in einem Mafsstabe gefertigt worden wären ; Raumes -Rücksichten mögen dies wohl verhindert haben. - Den Beschlufs dieser beiden Lieferungen macht eine Darstellung der Schlacht bei Idstedt am 25. Juli 1850 , 10 Seiten Text mit einem Plane und zwei Skizzen . 2. Rang- und Quartierliste der Königlich preufsischen Armee für 1892. Mit den Anciennitätslisten der Generalität und der Stabsoffiziere. Nach dem Stande vom 1. April 1892. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Die diesjährige Rangliste, welche 1102 Seiten zählt (gegenüber 1082 des Vorjahres), weist die erfreuliche Thatsache nach, dafs die bislang noch sehr lückenhafte Zahl der Offiziere des aktiven Dienststandes sich, trotz der umfangreichen Verabschiedungen bei allen Chargen (660 bei der Linie), um 300 etwa erhöht hat. Wir nehmen im Interesse unserer Schlagfertigkeit hiervon mit Freuden Akt. 2 Armee -Corps (II. und XIV. ) haben den kommandirenden General gewechselt, 13 Divisionen , 42 Brigaden, 84 Regimenter den Kommandeur. Von organisatorischen Veränderungen bemerken wir nur die Auflösung des General- Artilleriekomitees, ferner die Schaffung eines neuen Abteilungs-Chefs im Kriegsministerium (die neue FeldartillerieAbteilung), die Kommandanturen der 6 neuen Truppenübungsplätze, die Errichtung der Unteroffizier -Vorschulen in Jülich und Wohlau, endlich die. Eröffnung des Kadettenhauses in Karlsruhe. Nach einer Zusammenstellung im Militär -Wochenblatte sind noch im Dienste von den Inhabern des Eisernen Kreuzes : 1 Inhaber des Grofskreuzes, 183 der 1. Klasse und 3306 der 2. Klasse am schwarzen , 464 am weifsen Bande. In Bezug auf

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Ausstattung und übersichtlichen Druck ist der neueste Jahrgang der Rang4. liste seinen Vorgängern durchaus ebenbürtig.

III. Seewesen. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft IV: Studien über Nebelsignale . Professor Dr. Mohn . ( Schlufs . ) Über das Vorkommen elektrischer Erscheinungen in dem die Südspitze Amerikas umgebenden Meeresteile zwischen 50 ° bis 60 ° Süd -Breite und 60 ° bis 80 ° WestLänge v. Grn. Von Kapitän H. Haltermann , Assistent der Seewarte. Reiseberichte S. M. Kreuzer-Fregatte ,,Leipzig"; Kommandant Kapitän zur See Rötger, von Valaparaiso nach Montevideo , vom 12. Dezember 1891 bis Reisebericht S. M. S . ,, Moltke", Kommandant Kapitän 6. Januar 1892. zur See v. Ehrhardt, von Bahia nach Port of Spain-Trinidad . Vom 16. November bis 6. Dezember 1891. - Die Witterungsberichte nebst erläuternden Tabellen an der deutschen Nordseeküste im März 1892. Mittel , Summen und Extreme aus den meteorologischen Aufzeichnungen der Normal - Beobachtungsstationen der Seewarte an der deutschen Küste. The Army and Navy Gazette. Nr. 1680 : Our naval personel ; höchst interessanter Artikel über den Modus zur Bereitstellung der Besatzungen der Kriegsschiffe bis zur letzten Reserve im Falle eines plötzlich entbrennenden europäischen Krieges . Diese Frage wird in allen maritimen Ländern von Bedeutung als eine höchst brennende bezeichnet ; denn es ist unzweifelhaft, dafs diejenige Seemacht, welcher es gelingt, bei der Kriegserklärung den Gegner in seinen eigenen Gewässern, vor seinen eigenen Häfen zu überraschen, einen aufserordentlichen Vorteil über denselben erringen mufs. Deshalb ist es von höchster Wichtigkeit, die betreffenden Persönlichkeiten schon während des Friedens zweckentsprechend zu verteilen. Our naval Literature IV. (Professor J. K. Langhton) ; eine Reihe höchst interessanter Bücher aus den verschiedenen Jahrhunderten über Begebenheiten und Episoden aus der englischen Marinegeschischte, z. B. Sir William Monsons naval Tactics , veröffentlicht im dritten Bande Botelers six dialogues about von Churchhill's Collections of Voyages. sea services between a High Admiral and a Captain at Sea etc. etc. Nr. 1681 : Eine Rede des englischen Kriegsministers Mr. Stanhope über Coast fortress defences im Parlament wird in obigem Blatte besprochen, jedoch erfreuen sich die Äufserungen desselben nicht der günstigen Beurteilung des Verfassers eines hierauf bezüglichen Artikels . Ebenso wird das Thema ,, the defence of Portsmouth " in einer längeren Abhandlung besprochen und zwar angesichts der Manöver im Westen von Portsmouth. Das Gutachten lautet etwas abfällig, weil man glaubt, die Marine werde hierzu nicht mit herangezogen werden. Aufserdem sind seit längerer Zeit schon bezüglich der Verteidigung der englischen Küsten während eines Krieges, Differenzen in dieser Richtung zwischen den Autoritäten der Armee und Marine ausgebrochen. — Nr . 1682 : Einem Vortrage des Mr. W. H. White,

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Direktor des Marine-Konstruktions-Bureaus at the Institution of Naval Architects in London über das Thema : Notes of recent experience with some of H. M. Ships, entnehmen wir folgendes : Zunächst teilte Mr. White einige Geschwindigkeits-Messungen der unter dem Naval- Defence - Akt von 1889 erbauten Kreuzer 1., 2. und 3. Klasse mit und bemerkte dazu, dafs alle drei Klassen Kreuzer, und zwar 13 der zweiten und 2 der ersten Klasse, sehr gute Resultate geliefert hätten Ein Schiff jeder Klasse sei bei voller Belastung (deep load-line for speed ) zu einer gründlichen Untersuchung herangezogen worden. Der Kreuzer 1. Klasse Edgar lief auf der Fahrt von Plymouth nach Falmouth während 8 Stunden 19 , Knoten mit 10 200 Pferdekräfte und 20,97 Knoten während 4 Stunden mit 12 550 Pferdekräften. Diese Geschwindigkeiten wurden zwischen bekannten Landmarken ermittelt. Das Schiff war konstruirt auf 183/4 Knoten bei 10 000 Pferdekräften und 1934 Knoten bei 12 000 Pferdekräften . Die nach den Konstruktionen berechnete erste Geschwindigkeit war somit um 1/2 Knoten, die zweite um 134 Knoten überschritten . In Stokes Bay fielen die Resultate nicht so günstig auf. 13 260 Pferdekräfte gaben nur ein Maximum von 20,5 Knoten, obgleich die Maschinen etc. zur vollsten Zufriedenheit funktionirten . Man schrieb die geringere Geschwindigkeit dem weniger tiefen Wasser zu . (Hat Von den Kreuzern 2. Klasse gewifs seine Berechtigung. Der Übersetzer .) waren Latona und Terpsichore zu diesen Proben ausgewählt . Erstere machte mit künstlichem Zuge 20,112 Knoten bei 9000 Pferdekräften und 19,05 Knoten bei 7400 Pferdekräften und natürlichem Zuge in Stokes Bay. Die Latona machte eine experimental Kreuzfahrt nach Malta und zurück, lief während 24 Stunden mit 60 Prozent ihres natürlichen Zuges 16¾ Knoten . Terpsichore wurde im tiefen Wasser geprüft; dieselbe leistete 20 Knoten bei 8700 Pferdekräften . Die Konstruktionsbedingungen lauteten 20 Knoten bei 9000 Pferdekräften (künstlichem Zuge) und 18,5 Knoten bei 7000 Pferdekräften (natürlichem Zuge). Die Pallas repräsentirte die dritte Klasse Kreuzer. Während einer Probefahrt von 8 Stunden lieferten 5220 Pferdekräfte eine Geschwindigkeit von 14/2 Knoten (mit natürlichem Zuge) , statt 16,5 Knoten wie in den Konstruktionsbedingungen vorgesehen waren. Die vierstündige Probefahrt mit künstlichem Zuge lieferte bei 7610 Pferdekräften 19,1 Knoten, statt 19 Knoten, wie in den Konstruktionsbedingungen vorgesehen waren. Der Vortragende hob hierbei hervor, dafs die Geschwindigkeit in Stokes Bay gemessen sei, während das Schiff in tiefem Wasser günstigere Resultate erzielt haben würde . Von 5 Schiffen dieser Klasse waren 4 für die Australische Regierung gebaut. Dieselben haben auf ihrer Ausreise während 24 Stunden 1/4 Knoten mehr gelaufen, als in den Konstruktionsbedingungen vorgesehen war. Flamingo hat bei 5400 Pferdekräften 18,2 Knoten ; bei 7200 Pferdekräften 19 Knoten erzielt . Sharpshoter hat dagegen weniger günstige Resultate erzielt ; Schuld daran scheinen locomotive boilers zu sein. Auch Blake und Blenheim haben nicht voll das geleistet, was man erwartete, und statt 20 Knoten nur 19,12 bei 14 500 Pferdekräften geleistet, während sie bei 13 000 Pferdekräften schon 20 Knoten laufen sollten. Nach den Mitteilungen des Vortragenden

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soll Blenheim zwischen Portsmouth und der Nore bei 14 000 Pferdekräften Nach dem Vortrage ent20,4 Knoten nach dem Log gelaufen sein (?). spann sich eine längere Diskussion und wurde namentlich hervorgehoben, dafs die Probefahrten nur auf tiefem Wasser abgehalten und eine Distance von mindestens 2 Seemeilen für die abgesteckte Meile gewählt werden müfste. Auch wurden die heftigen Vibrationen der schnellen Schiffe diskutirt und sprach man sich allgemein für eine festere Konstruktion derselben aus. Journal of the Royal United Service Institution . Nr. 170 : Marine - Schulen der Hauptcontinentalen Mächte Abschnitt III. Zusammengestellt von Major W. Tenison aus der ,,Rivista Marittima". Theil III beschäftigt sich zunächst mit den Marine - Schulen in Rufsland, etabliert in St. Petersburg, deren Räume 5 bis 600 Studirende aufzunehmen im Stande sind. Der Kursus der angehenden Seeoffiziere dauert 4 Jahre. Während der letzten 3 Jahre werden die Offizier-Aspiranten vom Juni bis September an Bord des Übungs-Geschwaders kommandirt. Das Recht zur Aufnahme in die Marine- Schule haben zunächst die Söhne aus alten adeligen Familien , dann die Söhne höherer Offiziere und schliefslich die Söhne solcher Unterthanen , welche in Folge ihrer Verdienste um den Staat nobilitiert worden sind. Annahmebedingungen sind Vollendung des zwölften Lebensjahres und unter vierzehn am 1. September des Jahres des Eintritts ; gutes Sehvermögen und mit dem Prädikat der Eintrittsprüfung „ gut“ . Die ersten 24 Eleven werden auf Kosten des Staates ausgebildet ; die nächsten 7 müssen ihren Unterhalt bestreiten, während der Unterricht frei ist. An Sprachen werden gelehrt : Russisch, französisch, englich, nicht aber deutsch. Ferner Religion, Geschichte, Geographie, Mathematik, Navigation, Artillerie, Schiff- und Maschinenbau etc. Die Kadetten werden zu Seekadetten befördert nach bestandenem Examen und nachdem sie 24 Monat an Bord eines seegehenden Schiffes gedient haben etc. In demselben Gebäude in Petersburg befindet sich auch die Marine - Akademie. Der Eintritt in diese höhere Bildungsanstalt ist von dem Ausfall des Examens abhängig ; der Kursus dauert zwei Jahre. Hier sind specielle Kursen für Schiffbau- und Maschinen- Ingenieure, sowie für Personen, welche sich speciell der Hydrographie widmen wollen. Aufser der obigen Marine - Akademie- und Schule befinden sich in Kronstadt noch Navigations- und Artillerie - Schulen , Torpedo -Schulen, Marine - Infanterie-, Deckoffizier - Schulen etc. In Spanien ist die MarineSchule an Bord der Fregatte „ Austria", welche in Ferrol stationiert ist, etabliert. Der General en Chef der Marine- Schule ist der Marine-Minister ; ihm unterstellt ist der Stab des Schiffes. Eintrittsbedingungen sind, dafs der Aspirant ,, Spanier" ist, ein Alter von 13 bis 18 Jahren hat, im Übrigen körperlich gesund und besonders mit gutem Sehvermögen ausgestattet ist. Er muss mit der englischen oder deutschen , sowie der französischen Sprache vertraut sein, ferner genügende Kenntnisse im Zeichnen und der Arithmetik, Algebra, der oberen und sphärischen Trigonometrie besitzen . Es werden jährlich 16 Kandidaten eingestellt . Söhne von Offizieren haben von den

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Eltern eine Zulage von 2 Pesetas pro Tag (etwa 1,60 Mk . ) zu empfangen; alle übrigen müssen täglich 3 Pesetas zahlen . Der Kursus dauert 4 Jahre ; die Disciplin scheint sehr strenge gehandhabt zu werden. Die Aspiranten sind in vier Sectionen eingeteilt, welche je unter einem Lieutenant stehen. Zwei der besten Schüler jeder Section werden zu Vorgesetzten der übrigen ernannt , erhalten ein Abzeichen und haben eine monatliche Zulage von 712-10 Pesetas etc. Revue maritime et Coloniale. Heft Nr. 367: Dynamische Oceanographie (Forts.) ; über Wellen und Strömungen im Ocean. Von Mons . J. Thoulet. Betrachtungen über die Relationen zwischen Barometer und den Verhältnissen und Einflüssen der Winde auf den ersteren mit einer Anzahl von Illustrationen. Von Mons . E. Thoureay, Linienschiffsfähnrich. Vocabularium der verschiedenen Pulverarten und Explosivstoffe, übersetzt aus der Rivista marittima, Juli und August 1891. E. Brion, Linienschiffslieutenant.

(Forts) .

Von

Rivista Nautica. Band I. Nr. 4 : Über militärische und merkantilische Ruder- und Yacht - Gesellschaften, Herausgegeben vom italienischen Ruderund Yacht-Klub in Turin. Nr. 5 : enthält einige Angaben über die italienische Marinegeschichte mit einer Photographie des Oberdecks des „ Ruggiero di Lauria", ferner einen photographischen Längsschnitt der „,City of Paris“ sowie eine Seitenansicht derselben : Ansicht einer Rudermaschine. Die Entwickelung des Ruder- und Segel- Klubs in den einzelnen Städten Italiens : in Turin, Mailand, Palermo, Como etc. Ferner über die Segel- und RuderKlubs aus anderen Ländern, besonders Frankreich und Österreich- Ungarn etc. mit einer Anzahl Skizzen. -- Ferner einige Notizen über die transatlantischen Dampfer , deren Dimensionen , Fahrgeschwindigkeiten und inneren Einrichtungen etc. Sodann Angaben über die diesjährigen italienischen Ruder- und Segel - Wettfahrten.

IV.

Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher.

1. Geschichte des Krieges von 1866. Nebst einem Vorbericht : ,, Die deutsche Frage in den 1850er Jahren". Von Otto Kanngiefser. Erster Band. Basel 1892 , Verlag der Schweiz . Verlags - Druckerei. 2. Gefechtsweise und Expeditionsführung in Afrika. Von Dr. Carl Peters. Berlin 1892. Herrmann Walther. 3. Die Bekämpfung der Sturzwellen durch Öl und ihre Bedeutung für die Schiffahrt. Von Josef Grofsmann , Ober - Ingenieur. Wien 1892. Druck und Verlag von Carl Gerold's Sohn . 4. Du Navire de combat. Essai par J. Hunier. Paris- Nancy 1892 . Berger- Levrault et Cie, éditeurs : Preis 1,50 M.

5. Du Landsturm . Lettres d'un soldat aux jeunes et aux vieux par A. T. Neuchatel 1892. Attinger frères, éditeurs.

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6 De Hanoï à Pékin. Notes sur la Chine, par lieutenant - colonel Bouinais avec une préface de M. A. Rambaud , professeur. ParisNancy 1892. Berger- Levrault, éditeurs . Preis 3,50 M. 7. Russisch - Deutsches Militärisches Wörterbuch. Sammlung militär-technischer Ausdrücke mit Erläuterungen. Unter Mitwirkung mehrerer Offiziere bearbeitet von Dr. Z. Koiransky , Dozent an der Kgl. Bayer. Kriegs - Akademie . Erste Lieferung. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Vollständig in 3 Lieferungen zum Gesamtpreise von M. 7 bis höchstens M. 8. 8. Armee - Einteilung und Quartierliste des Deutschen ReichsHeeres und der Kaiserlichen Marine für 1892. Tabellarische Zusammenstellung nach der neuesten Formation und Dislokation , mit Angabe der Chefs und Kommandeure. Nach amtlichen Quellen. 33. Jahrgang. 314. Gesamt-Auflage. Berlin . S. Gerstmann's Verlag. Ladenpreis 60 Pf. 9. Pionier - Taschenbuch. Mit 552 in den Text gedruckten Abbildungen. 2. Auflage. Berlin 1892. Verlag von A. Bath. Preis 3,60 M. 10. Aide - Mémoire de l'officier de marine par E. Durassier, chef de bureau au ministère de la marine et Ch . Valentino , sous - chef. 5º année. 1892. Paris. Librairie militaire de L. Baudoin. 11. Studien über den Krieg. Auf Grundlage des deutsch-französischen Krieges 1870/71 von F. v. Verdy du Vernois , General der Infanterie. Erster Teil : Ereignisse in den Grenzbezirken. (Vom 15. Juli bis 2. August 1870) . Drittes Heft. (Schlufs des ersten Teils). Berlin 1892. E. S. Mittler u. S. Preis 2,70 M.

12. Offizier - Reitstunde. Seinen ehemaligen Schülern gewidmet von Siegfried von Sanden , Oberst - Lieutenant a. D. Rathenow 1892. Verlag von M. Babenzien. Preis 1,20 M. 13. Balistique extérieure , par Siacci , lieutenant - colonel de l'artillerie italienne. Traduction annotée par P. Laurent , suivi d'une note sur les projectiles discoïdes par F. Chapel, chef d'escadron au 11e régiment d'artillerie. Paris-Nancy 1892. Berger-Levrault et Cie, éditeurs. Preis 9,60 M. 14. Salvatore Raineri. La Marina mercantile Germanica, Arsenali et cantieri navali . Estratto dalla rivista marittima, 1890 — 91 -— 92. Roma 1892. Gorzani e C, tipografi del senato . 15. Zur Taktik der Zukunft. Grundlegende Betrachtungen über

die Wirkungen der Einführung des rauchlosen Pulvers und kleinkalibrigen Mehrladers auf die Taktik. Von Spohr, Oberst a. D. Sonderabdruck aus „ Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine ". Berlin 1892. Verlag von A. Bath. Preis 1,80 M. 16. Uniformkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben, gezeichnet und mit kurzem Texte versehen von Richard Knötel . Band III . Heft 4. Rathenow 1892. Verlag von M. Babenzien. Preis 1,50 M. 17. Das bosnische Pferd . Von N. Spaleny , k. u. k. Hauptmann d . R. Ein Versuch den Kreis der Gönner und Freunde dieses tüchtigen , im Okkupationsgebiete unentbehrlichen Gebirgspferdes zu erweitern. Sonder-

Umschau in der Militär-Litteratur.

129

abdruck der ,,Armee- und Marine - Zeitung". Wien 1892. Commissionsverlag von L. W. Seidel u. S. 18. Delbrück und Bernhardi . Eine strategische Clausewitz - Studie für Gelehrte und Militärs von W. v. Scherff, General der Infanterie zur Disposition.

Berlin 1892.

Verlag von A. Bath.

Preis 80 Pf.

19. Militair Onderwijs in Nederland en Nederlandsch - Indië. Bibliographisch Overzicht door J. P. T. W. Korndörffer. Tweede Vervolg.

1892.

20. Winke für die Leitung des Infanterie - Feuers gegen Infanterie, Kavallerie und Artillerie von Heckert , Major. Dritte umgeänderte Auflage. Berlin 1892. E. S. Mittler u. S. Preis 70 Pf. 21. Die Infanterie - Patrouille. Anleitung für die theoretische und praktische Ausbildung der Infanterie und Jäger im Patrouillendienst v. Hellfeld, K. Hauptmann a. D. Dritte Auflage. Mit 5 in den Text gedruckten Skizzen. Berlin 1892. E. S. Mittler u. S. Preis 1 M. 22. Die Zusammensetzung der französischen Provinzialarmeen im Kriege von 1870/71 . Von Kunz , Major a. D. Berlin 1892. E. S. Mittler u. S. Preis 1,20 M. · 23. Die Thätigkeit der deutschen Reiterei vom 19. August bis zum 1. September 1870 , während des Vormarsches gegen die Armee von Châlons. Von H. Kunz , Major a. D. Sonderabdruck aus der MilitärZeitung. Berlin 1892. Verlag von R. Eisenschmidt, Preis 1 M. 24.

Das Feldgeschütz der Zukunft und die Kritik der GegenVon R. Wille , Generalmajor z. D. Mit mehreren Abbildungen. Berlin 1892. Verlag von R. Eisenschmidt . Preis 3 M. 25. Rittmeister Isegrimm und andere Erzählungen aus dem Soldatenleben von G. Harrven (G. David) . Wien 1892. Verlags -Anstalt ,, Reichswehr“ . 26. Über Fesselballon - Stationen und deren Ersatz im Land- und Seekriege. Mit 6 Figuren im Texte . Eine Studie von H. Hoernes , k. u. k. Hauptmann . Wien 1892. Verlags- Anstalt „ Reichswehr". 27. Die Entscheidungskämpfe im Chilenischen Bürgerkriege 1891. Nach den amtlichen Berichten mit einem begleitenden Vorworte. Wien 1892. Verlags- Anstalt ,, Reichswehr“. 28. Einhundertfünfundsiebzig Jahre des Königlich Preufsischen Kürassier - Regiments Herzog Friedrich Eugen von Württemberg (Westpreussisches) Nr. 5. Im Auftrage seines Kommandeurs , des OberstLieutenants Graf v. Matuschka bearbeitet von H. E. v. Zanthier , PremierLieutenant. Mit 4 Bildnissen in Lichtdruck und 9 farbigen Uniformbildern . Berlin 1892. E. S. Mittler u. S. Preis 4,50 M.

Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 1.

9

130

Berichtigung.

Berichtigung zu Nr. I.: Schlacht von Colombey - Nouilly. (Jahrbücher f. d. d . A. u. M., Aprilheft 1892.) Das soeben erschienene Werk ,,Charges héroiques" von George Bastard giebt Aufschlüsse über die Stärkeverhältnisse der französischen Cavallerie, aus welchen hervorgeht, dafs die Franzosen bei ihren Stärkeangaben die Pferde der Offiziere mit als Dienstpferde berechnen . Infolge dieser bisher nicht berücksichtigten Thatsache ist die Stärke der französischen Schwadronen bisher zu hoch berechnet worden. Nur bei der Garde ändert sich nichts, da wir die Stärke der GardeCavallerie bereits auf Grund der Angaben Dick de Lonlays berechnet haben. Dagegen beträgt die Stärke für den 14. August bei der Cavallerie-Division Clérembault nicht 3565 Säbel, sondern 3410 Säbel, bei der Cavallerie-Division Legrand nicht 2070 Säbel , sondern 2020 Säbel . Die Unterschiede sind geringfügig, indessen erfordert es die Zuverlässigkeit kriegsgeschichtlicher Forschungen, jede begründete Berichtigung früherer Irrtümer sobald als möglich vorzunehmen. Gleichzeitig ist damit abermals der Beweis erbracht, wie beklagenswert das Fehlen eines amtlichen französischen Geschichtswerks ist.

Druckfehler-Berichtigung : Juniheft 1892. Man lese : Seite 373, Zeile 22 v. u.: statt „ Esonnö“ - "" Esonne".

Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.

VII .

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) .*) Nach urkundlichen Quellen bearbeitet von R. Wille, Generalmajor z . D.

1.

Strategische und politische Lage.

Die sinkende Sonne des 6. September 1634 sah die furchtbarste Niederlage , welche die schwedischen Waffen im gesamten Verlauf des dreifsigjährigen Krieges überhaupt erlitten haben. Sie verloren bei Nördlingen gegen 7000 Tote , 6000 Gefangene (darunter Feldmarschall Horn , Standarten , alle

drei Generale und 14 Obersten) , 300 Fahnen und Geschütze und 4000 Fahrzeuge . Der dröhnende

Jubelruf: „ Viva la casa Austria ! " , mit dem die kaiserlichen Feldherren , Ferdinand , König von Ungarn, und dessen Vetter, der KardinalInfant Don Fernando, auf ihrem Ritt über das blutgetränkte Schlachtfeld von den spanischen Veteranen - Regimentern begrüfst wurden, schien die unausbleibliche dauernde Vernichtung der evangelischen Sache in Deutschland prophetisch anzukünden . Nördlingen, die so wacker verteidigte, aber vom Hunger überwältigte Feste fiel am 9. September; Württemberg, Bayern, Schwaben und Franken mufsten dem Feinde preisgegeben werden ; die spärlichen schwedischen Heerestrümmer wichen eilfertig bis Frankfurt und dann nach Mainz zurück, womit auch der Main und das rechte Rheinufer vorläufig aufgegeben waren . Doch diese unmittelbaren strategischen Nachwirkungen der Schlacht sind trotz ihrer einschneidenden Bedeutung fast verschwindend zu nennen gegenüber den mittelbaren politischen Folgen ! Oxenstjernas Kassen waren völlig erschöpft, das Vertrauen der für ihre Existenz zitternden Bundesgenossen verloren, der Heilbronner Bund aufgelöst, der offene Abfall des Kurfürsten von Sachsen und seine *) Hierzu ein Plan. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 2.

10

132

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

Aussöhnung mit dem Kaiser angebahnt, die schon am 22. November durch den Präliminarfrieden von Pirna zur vollendeten Thatsache wurde. Aber schlimmer als dies Alles :

der schwedische Kanzler er-

blickte in seiner äufsersten Not keine andere Rettung mehr, als sich Frankreich, dem bisherigen Verbündeten , fast bedingungslos in die Arme zu werfen und unbekümmert um deutsches Recht und Land , ungehindert von den beteiligten Reichsständen, des schlauen Richelieu. energischeren Beistand auch um den höchsten Preis zu erkaufen. Kurtrier und Lothringen, deren Gebiet von den Franzosen grofsenteils schon besetzt war, sowie das Elsafs mit den festen Plätzen am Oberrhein wurden durch Vertrag vom 1. November bereitwillig jener ränkevollen eroberungslustigen Macht überantwortet, welche dadurch zum ersten Mal die verkehrte und verderbliche Idee der Rheingrenze ihrer Verwirklichung entgegen reifen sah. Das regierende Oberhaupt der Grafschaft Hanau-Münzenberg in dieser drangsalvollen Zeit war Graf Philipp Moritz , der kleine Sohn seines grofsen Vaters Philipp Ludwig II. Die Herrschaft hatte er wohl von ihm geerbt, leider aber nicht seine Thatkraft und Charakterfestigkeit.

Sorgfältig erzogen ,

sogar leidlich gelehrt ,

besafs der

29 jährige Jüngling gerade die , einem deutschen Fürsten in jenem eisernen Zeitalter unentbehrlichsten Eigenschaften nicht. Von kriegerischem Sinn und mutvoller Entschlossenheit hat er niemals irgend welche Proben gegeben .

Obgleich von vornherein ein natürlicher

Anhänger des Schwedenkönigs ,

wagte er sich dennoch ,

unähnlich

seinem tapferen Schwager Wilhelm V. von Hessen -Kassel, selbst nach Breitenfeld nicht offen für Gustav Adolf zu erklären , sondern liefs seine Residenz erst durch nächtlichen Überfall von den Schweden erobern ( 11. November 1631 ) und spielte sogar einige Stunden nicht ohne Geschick die tragikomische Rolle als Gefangener mit einem schwedischen Dragonerposten vor der Thür , nur um dem Kaiser gegenüber den beschönigenden Schein zu wahren , dafs er lediglich der überlegenen Gewalt gewichen sei . Als aber der nordische Löwe die Pfaffengasse" des heiligen römischen Reichs deutscher Nation. glücklich durcheilt und seine mächtigen Pranken auf die geistlichen Fürstentümer am Main- und Rheinstrom gelegt hatte, da entpuppte sich Philipp Moritz plötzlich als eifriger Anhänger des Königs und entblödete sich nicht, am schwedischen Hoflager um Verleihung von Ehren, Würden und Landbesitz förmlich zu betteln .

Der deutsche

Reichsfürst liefs sich zum schwedischen Obersten und RegimentsInhaber ernennen , sowie sich , seine Brüder und seinen noch habgierigeren Oheim von Schwarzenfels mit reichlichen Fetzen der Gebiets-

Das Treffen am Lamboywald ( 23. und 24. Juni 1636) . teile

belehnen ,

133

welche dem nächsten und mächtigsten Nachbarn .

Hanau- Münzenberg's, dem Kurfürsten und Erzbischof von Mainz, Erzkämmerer des Reichs und Direktor der Reichsversammlung , erst vor Wochen durch die Schärfe des Schwerts entrissen waren. Während der blutigen Schlachten bei Rain, an der alten Feste vor Nürnberg und bei Lützen hockte der neugebackene Oberst und Regiments -Inhaber ruhig zu Hause . Umsomehr Ursache hätte er also gehabt ,

sich nach der Nördlinger Niederlage

endlich zu er-

mannen , um der Krone Schweden die einst so feierlich gelobte . 17 unterthänigste schuldige Dankbarkeit und stete Treue" zu bewahren und zugleich sein väterlich Erbteil und seinen Glauben, den Degen in der Faust, mit Gut und Blut wacker zu verteidigen . Aber weit gefehlt !

Kaum war die Hiobspost von Nördlingen nach Hanau ge-

drungen, als Graf Philipp Moritz seine Kostbarkeiten sauber einpacken liefs und sich nebst Familie am 9. Oktober ohne Sang und Klang empfahl , um über Mainz , Alzey , Worms und Metz nach Paris zu gehen und später seinen dauernden Aufenthalt teils in Frankreich (Chalons und Rouen), teils in den Niederlanden (Amsterdam, Haag und Delft)

zu nehmen ,

wo er in der selbstgewählten Verbannung

unter den allerdürftigsten Verhältnissen lebend oder vielmehr sein Leben fristend , einem mehrjährigen otium sine dignitate frönte. Aus Mainz richtete er noch am 10. October neuen (30. September alten) Stils ein mit schönen Redensarten und guten Vorsätzen wohl gespicktes Schreiben an den Magistrat der Alt- und Neustadt, ebenso ein zweites aus Alzey an die Regierung zu Hanau. Herzog Bernhard von Weimar, welcher, nach der Gefangennahme Horns

alleiniger Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte in

Westdeutschland geworden war, legte einerseits hohen Wert auf die Behauptung der, den unteren Mainlauf beherrschenden Festung Hanau und kannte andererseits die unkriegerischen Eigenschaften und Neigungen des regierenden Grafen zu gut , um ihm die Verteidigung eines so wichtigen Postens anzuvertrauen. Vielmehr ernannte er schon am 10. September den bewährten Generalmajor Freiherrn von Ramsay zum Kommandanten von Hanau

eine Wahl, die der spätere

Erfolg glänzend rechtfertigen sollte. Jakob von Ramsay, in Schottland geboren , war damals 45 Jahr alt und hatte sich schon bei Breitenfeld, sowie namentlich bei der Erstürmung des Marienbergs , der Citadelle von Würzburg , durch hervorragende Tapferkeit ausgezeichnet . Am 2. Oktober rückte er mit dem schwedischen blauen Regiment Burgsdorf und einer Kompagnie Schotten in Hanau ein. Nach einer zweifellos authentischen Quelle, d. h. der im städtischen Archiv zu Hanau befindlichen Verhandlung des Rates über Verteilung 10*

134

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

der Einquartierungslasten vom Herbst 1634 , betrug die Iststärke dieser Truppenteile 1040 Mann ; dazu kam ferner ein Reiterregiment von 624 Pferden , welches Graf Jakob Johann, Philipp Moritz' jüngerer Bruder errichtet hatte und das zu zwei Dritteln aus französischen Truppen bestand. *) Rechnet man noch die , wenigstens teilweise verwendbaren 6 Fähnlein Bürgermiliz mit etwa 650 Mann , sowie 700 M. Landesausschufs hinzu, so ergiebt sich eine Gesamtstärke der Besatzung von rund 3000 Köpfen . Ramsay ergriff sofort mit äusserster Energie alle zur dauernden Behauptung der Stadt irgend dienlichen Mafsregeln . Er verstärkte die zum Teil ziemlich verfallenen Festungswerke, sorgte nach Kräften für eine möglichst auskömmliche Verproviantierung, organisierte den gesamten inneren und äufseren Dienst der Verteidigung und hielt vor allem die Kaiserlichen , welche sich Hanau wiederholt bis auf wenige Kilometer näherten , durch eine Reihe glücklicher Ausfälle erfolgreich im Schach. Die glänzendsten dieser Unternehmungen richteten sich gegen Alzenau und Gelnhausen ( 10. Januar und 20. Mai 1635) ; sie führten zur völligen Vernichtung der Regimenter zu Pferd Wartenberg und Hasenbein vom Corps des Generals Graf Mansfeld. Beide Überfälle gaben dem Grafen Jakob Johann, welcher vor seinem regierenden Bruder das Erbteil kriegerischen Blutes voraus hatte , die sehnlichst erwünschte Gelegenheit, sich rühmlichst hervorzuthun. Auf Beistand von aufsen hatte Ramsay vorerst nicht zu rechnen . Herzog Bernhard nahm zwar Ende Januar 1635 auf dem rechten. Kinzigufer in dem Dreieck Hanau - Gelnhausen - Büdingen Stellung, ohne indes den nordwärts Aschaffenburg lagernden Grafen Mansfeld zur entscheidenden Schlacht nötigen zu können . Durch Hunger und Kälte zum Abmarsch nach der Bergstrafse gezwungen, mufste er im Juni vor Gallas' und Piccolomini's weit überlegenen Kräften bis zur Saar zurückweichen .

Durch französische Hülfstruppen unter dem kriege-

rischen Kardinal - Erzbischof von Toulouse , Louis de Nogaret de la Valette , verstärkt ,

rückte er wieder vor , überschritt am 15. und

16. August den Rhein und bezog ein verschanztes Lager bei Hochheim. Aber schon am 20. fiel Frankfurt unter seinen Augen, ohne dafs er der schwachen schwedischen Besatzung Beistand und Rettung zu bringen vermochte. Senat und Bürgerschaft der freien Reichsstadt ,

welche ihre

Sympathien mit grofsem Geschick dem Wechsel des launenvollen Kriegsglücks anzupassen wufsten und die sich daher augenblicklich *) Aus einem Schreiben des Majors von Tondorff (s. S. 145) und anderen Andeutungen scheint hervorzugehen, dafs dies Regiment auch seine Löhnung von der französischen Regierung empfing.

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) .

als

135

ergebene Parteigänger des Kaisers geberdeten , hatten zu dem

Verlust dieses bedeutenden Stützpunktes

der Schweden wesentlich

beigetragen und ihn wenigstens mittelbar allein verschuldet. Durch Meutereien und die häufige Fahnenflucht der unzuverlässigen

und unkriegerischen französischen Truppen geschwächt, sowie durch die Fortschritte der Gegner in Lothringen bedroht, mufste sich Herzog Bernhard abermals zum schleunigen Rückzug an die Saar entschliefsen , der unter unablässiger Verfolgung bei Tag und Nacht, unter unerhörten Anstrengungen und Verlusten durch den schwierigen Engweg des armen unfruchtbaren Nahethals führte. Der diesjährige, an Erfolgen so arme Feldzug des Herzogs endete im November mit der Wegnahme einiger lothringischen Plätze, worauf die Weimaraner fern im Westen , zwischen Maas und Marne, ihre Winterquartiere bezogen , während Gallas seine Truppen längs des Rheins vom Elsafs bis Lüttich verteilte, nachdem er sich am 17. Dezember auch noch des starken, aber von Lebensmitteln und Schiefsbedarf entblöfsten Bollwerks Mainz bemächtigt hatte. So bildete Hanau gleichsam eine einsame Insel , deren Umkreis auf Hunderte von Kilometern rings von feindlichen Streitkräften überschwemmt war. Aber General Ramsay verlor weder Mut noch Hoffnung, obwohl sich die äufsere und innere Lage der ihm anvertrauten Stadt von Stufe

zu

Stufe

stets

bedrohlicher und

aussichtsloser gestaltete .

Während des Frühlings 1635 fand sich in Hanau ein gefürchteter Gast ein, der Europa damals nur zu häufig heimsuchte : Die Beulenpest oder der schwarze Tod " , diesmal obenein von mörderischen typhösen Fiebern begleitet. Die Seuche richtete furchtbare Verheerungen in der unglücklichen Stadt an , wenngleich die Angabe der Chroniken , dafs sie im Ganzen 21 000 Opfer gefordert habe , selbstredend weitaus übertrieben ist , da auch nicht annähernd so viel Menschen in Hanau vorhanden sein konnten, selbst einschliesslich des aus der Umgegend zahlreich hinter die schützenden Wälle der Festung geflüchteten Landvolkes . Dazu gesellte sich ein empfindlicher Mangel an Lebensmitteln , namentlich an Korn, wodurch eine bisher unerhörte Teuerung herbeigeführt wurde , und in den öffentlichen Kassen herrschte überdies chronische Ebbe, da Gefälle und Steuern nur äusserst spärlich eingingen, während der Bedarf an Geld naturgemäfs ein viel höherer war, als in friedlichen Zeiten. Es liegt auf der Hand, dafs es der städtischen Verwaltung unter diesen Umständen sehr schwer fallen . mufste , den unaufhörlichen und weitgehenden Ansprüchen Genüge zu leisten, welche seitens der Regierung und der Truppenbefehlshaber an den Stadtsäckel gemacht wurden. Häufige Reibungen und Meinungs-

136

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juli 1636) .

verschiedenheiten zwischen den beteiligten Behörden konnten daher nicht

ausbleiben.

Aber zum unvergänglichen Ruhm des Hanauer

Stadtrats in jener Zeit der schweren Not mufs es gesagt sein , daſs sein werkthätiger Patriotismus auch die schärfsten Proben siegreich überstand und alle kleinlichen Sonderinteressen der allein mafsgebenden Richtschnur des öffentlichen Wohls mit klarem und entschiedenem Blick unterzuordnen wufste.

Jede Forderung , die sich für den Erfolg

der Verteidigung als unerlässlich erwies, fand schliefslich , wenn auch oft erst nach einem natürlichen Zögern und Widerstreben, ihre ungeschmälerte Erfüllung, und die Opposition im Stadtrat begnügte sich, ihren abweichenden Ansichten durch langathmige Reden , jedoch ohne sonstige praktische Folgen , einen unschädlichen Ausdruck zu geben. Ehrenvoller als alles andere aber ist die Thatsache , dafs selbst während der späteren , an entsetzlichen Leiden so überreichen Zeit der Einschliefsung und Belagerung, aus den Reihen der Bürgerschaft niemals der Wunsch nach Übergabe der Stadt laut geworden ist ! Die Teuerung erreichte ihren Gipfelpunkt im Juni 1635, unmittelbar vor der neuen Ernte . Um diese zu vernichten und dadurch den baldigen Fall der ausgehungerten Stadt herbeizuführen, wurde General Götz mit einigen Regimentern zu Pferde von dem unweit Frankfurt lagernden Mansfeld'schen Corps in die Hanauer Gegend entsendet. Götz fröhnte der Trunksucht in einer Weise, die selbst für die damalige Lebensführung seines Standes als ungewöhnlich und hervorragend galt ; zudem hatte er sich schon als Oberst durch ein in der Stadt Pasewalk angerichtetes entsetzliches Blutbad einen bedeutenden Namen als Räuber und Mordbrenner gemacht. Dieser rohe wüste Landsknecht, überdies ein treuloser Apostat, der seinen Fahneneid gebrochen und seinen Glauben abgeschworen hatte , vereinigte sonach in sich alle Eigenschaften , welche die ihm übertragene Aufgabe zu erheischen schien. Er begann denn auch die systematische Verwüstung des reichen Erntesegens in der nachdrücklichsten Weise . Das reife Korn wurde teils niedergebrannt und dabei noch durch hineingestreutes Schiefspulver nachgeholfen , teils schleppte man schwere hölzerne Walzen oder Baumstämme , mit Pferden bespannt , erbarmungslos durch die wogenden Roggenbreiten , um so den mühevollen Ertrag ungezählter Tagewerke in einer Stunde frevelhaft zu zermalmen. Ramsay war indes natürlich nicht gewillt diese Unbill, welche die dringend notwendige Ergänzung des Mundvorrats der Festung ernstlich

gefährdete ,

ungestraft

zu

dulden ,

sondern

wusste die

Götzischen durch öftere Angriffe mit Erfolg in Schach zu halten. Das bedeutendste Gefecht fand am 25. Juli westlich der Vorstadt, unweit des Siechenhauses ( s. Plan : c¹ ) statt.

Die vom Grafen Jakob

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) .

137

Johann geführten Schweden schlugen die Kaiserlichen mit einem Verlust von mehr als 100 Toten und Verwundeten vollständig in die Flucht, während sie selbst nur 30 Mann einbüfsten.

Es war dies

das letzte Mal, dafs der tapfere Graf, welcher durch einen Streifschufs leicht am Knie verwundet worden war, Gelegenheit fand, den Degen für die Rettung seiner teuren Vaterstadt zu ziehen. mit 500 Mann

Am 12. August

zur Verstärkung der schwedischen Besatzung nach

Frankfurt gesandt, begab er sich nach dem bereits erwähnten Fall dieses Platzes (20. August) in das Lager von Hochheim zu Herzog Bernhards Heer , an dessen Kriegszügen er fortan teilnahm . Bei dem fruchtlosen Sturm auf Elsafs - Zabern (19. Juni 1636 ) beschlofs der mutige Jüngling in dem blühenden Alter von 24 Jahren seine Heldenlaufbahn.

Im hitzigsten Handgemenge, zur Rettung des hart

bedrängten Grafen Guiche herbeieilend, sank er, von mehreren Kugeln durchbohrt, tot zu Boden und fand so ein seiner würdiges Ende auf dem blutigen Felde der Ehre. Dem entschiedenen und fast stets siegreichen Widerstand , welchen der unermüdliche Ramsay den kaiserlichen Reitern überall entgegensetzte , war es zu verdanken , dafs die Verproviantierung der Stadt rascher und vollständiger von statten ging, als man beim Beginn des Sengens und Brennens der Götzischen zu hoffen gewagt hatte.

Be-

sonders auf der vom Feinde weniger behelligten Nord- und Ostseite der Festung , ja selbst vom linken Mainufer her gelang es , einen beträchtlichen Teil der gesegneten Ernte ungestört einzubringen. Aber auch von weiter ausgreifenden Unternehmungen liefs sich der unverzagte Kommandant durch die Nähe der anscheinend wenig wachsamen und thätigen Kaiserlichen nicht abhalten. So wurde Anfangs August eine Streifschaar bis nach Orb und Salmünster (40 km von Hanau) geschickt , welche 80 Stück Vieh, 57 000 kg Korn und viele andere Lebensmittel fast ohne Verlust mit heimbrachte. 2.

Einschliefsung Hanaus durch die Kaiserlichen .

Als Herzog Bernhard und Kardinal la Valette im August von der Saar an den Rhein vorrückten, erhielt Götz Befehl, schleunigst zu dem Corps der Generale Lamboy und Marchese Caretto di Grana zu stofsen , welche westlich Frankfurt standen. Sobald indes die Weimaraner und Franzosen abermals den Rückzug nach der Saar angetreten hatten , erschien auch Götz sofort wieder vor Hanau, (11. September).

Seine Reiterei bildete jedoch diesmal nur den Vor-

trab des Generals Lamboy , der mit den kaiserlichen Regimentern Jung Tilly, Lamboy, Stegen und dem kurmainzischen Regiment des Obersten Heinrich Burggraf zu Dohna auf dem linken Mainufer an-

138 rückte.

Das Treffen am Lamboywald ( 23. und 24. Juni 1636) . Der Feind bemächtigte sich zunächst der festen Stadt Stein-

heim , deren schwedische Besatzung am 15. September , nachdem Bresche geschossen war, kapitulierte. Lamboy verlegte sein Hauptquartier in das dortige Schlofs und begann den Main teils durch eine Furt unterhalb Kesselstadt , teils

auf einer Kriegsbrücke zu über-

schreiten , die wenige hundert Meter östlich Steinheim geschlagen wurde . Als man im Herbst 1872 die Fundamentgrube für den nördlichen Landpfeiler der Eisenbahnbrücke zwischen Ostbahnhof Hanau und Klein Steinheim ausschachtete, fanden sich in der Tiefe von 3 m drei Reihen tannene Pfähle und über diesen sechs wagerecht liegende tannene Rundhölzer von 25 bis 40 cm Durchmesser vor , deren Beschaffenheit auf ein hohes Alter schliefsen liefs .

Aus diesem Befund

ist gefolgert worden, dafs die Kriegsbrücke der Kaiserlichen an jener Stelle gelegen habe. Das ist aber schon deshalb mehr als unwahrscheinlich, weil die Brücke dann von den Festungswerken der Südfront kaum 450 m entfernt, also dem Geschützfeuer und den Ausfällen der ungemein thätigen Besatzung fast schutzlos preisgegeben war, sodafs sie von geschlossenen Truppenkörpern höchstens bei Nacht benutzt werden und einen gesicherten Verkehr zwischen beiden Stromufern überhaupt nicht vermitteln konnte. Jeden Zweifel in Betreff der wirklichen Lage der Brücke beseitigt übrigens ein im Königlichen Staatsarchiv zur Marburg aufbewahrter Plan der Belagerungs -Arbeiten und Entsatzgefechte, welchen mir das sehr dankenswerte bereitwillige Entgegenkommen der Königlichen Archiv- Verwaltung nebst zahlreichen, für den vorliegenden Gegenstand besonders wertvollen Urkunden zugänglich gemacht hat. Diesen Plan hatte Landgraf Wilhelm V. selbst unmittelbar nach dem Entsatz der Festung durch Vermittelung seines Geschäftsträgers in Hanau , Paul Ludwig , von einem Frankfurter Ingenieur aufnehmen lassen ; die Zuverlässigkeit seiner Angaben gegenüber abweichenden Darstellungen auf anderen Plänen kann daher füglich nicht in Zweifel gezogen werden . Um den eisernen Ring, der Hanau umspannen sollte, vollständig

zu schliefsen, liefs der kaiserliche General dem Mainübergang bald auch die Überbrückung der Kinzig in der Gegend der heutigen Lamboybrücke (bei Schanze 15) , sowie nach und nach den Bau von 28 teils offenen , teils geschlossenen Schanzen folgen . Diese entsprachen in ihrer Gesamtheit dem System der sogenannten Circumund Contravallations - Linien , die damals bei Belagerungen noch allgemein üblich waren , aber dem Angreifer meist nur einen äusserst fragwürdigen Schutz darboten . Es sind dies folgende Werke : 1. „Des General-Wachtmeisters Haupt-Lager bei Kesselstadt “, grofse unregelmäfsige Redoute an der Mainfurt westlich Kesselstadt ;

139

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

2.

Bönninghausen'sche " oder

Weidenschanze " , Redoute , an

der Kinzigmündung ; 3.

Sternschanze"

mit vier ausspringenden Winkeln ,

an der

Mündung des Krebsbachs ; 4.

Kaiserliche Hauptschanze ", regelmäfsiges bastioniertes Viereck, am Siechenhaus ;

5. 97 Steinwegschanze " , Redoute, unmittelbar östlich der Hauptschanze ; zuerst erbaut und deshalb auch " Trutz Hanau “ genannt ; 6. 27 Waldschanze " , Redoute, am Waldrand ; 7. „ Mausfall “ , Redoute, am Krebsbach ; 8. 9. 10.

Niederauische Schanze " , Redoute, nördlich der Vorstadt ; Blutschanze " , Redoute, westlich der krummen Kinzig ; Dohna'sche Schanze" , Redoute , nördlich von No. 8 ;

11. „Dragoner Schanze ",

12. 77 Stegische Schanze ", 13 . 77 Guck in die Mühl ", östlich der Herrenmühle, und 14. „Kinzigschanze " , sämtlich Redouten, No. 11-13 durch Anschlufslinien oder Laufgräben mit einander verbunden ; 15.

Storchnest " , Flesche, Brückenkopf für die über die Kinzig geschlagene Brücke ; 16. Mittelschanze" , Redoute, inmitten zwischen No. 15 und dem . Lehrhof, aufserhalb der Landwehr; 17. „ Morastschanze " (auch „ Alte “ , „ Kiesel- “ oder „ Stahlschanze “ genannt), vierseitige Sternschanze, westlich des Lehrhofs, an der Birkenhainer Strafse, 1250 m vom Nürnberger Thor; 18 .

Neue Schanze " , Flesche , und

19. „Galgenschanze ", Redoute ,

beide durch einen Laufgraben

verbunden. Die Galgenschanze ursprünglich „ Neue Schanze " genannt, lag 750 m von der Morastschanze und 950 m vom Saillant II der Stadtumwallung . Namen von drei Galgen ,

Sie erhielt ihren späteren

welche die Kaiserlichen behufs

häufiger verhängnisvoller Benutzung dort errichtet hatten ; ein vierter Galgen befand sich an der Hauptschanze No. 4 , ein fünfter zwischen No. 1 und 3. 20. 21.

Mainschanze " , Redoute, am rechten Mainufer; Steinheimer Schanze" , Redoute, 99 vff Peter Kinds garten“, 450 m südlich des Steinheimer Thors und 300 m von den nächsten Festungswerken ;

22. Eine Flesche ohne Namen , am linken Mainufer, der Mündung des Kanals gegenüber ;

140

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) .

23. Der Brückenkopf für die über den Main geschlagene Brücke, Hornwerk mit gebrochenen Anschlufslinien , nordöstlich Steinheim am rechten Ufer; 24. Eine Flesche ohne Namen , zur Rückendeckung des Brückenkopfs, am linken Ufer ; 25.

Lamboyschanze " , Redoute 3000 m südöstlich der Festung; 26-28. Eine Redoute und 2 Fleschen ohne Namen, neben No. 25, auf beiden Ufern des Doppelbiergrabens .

Die zuletzt ge-

nannten vier Schanzen dienten hauptsächlich zur gesicherten Unterbringung der Munitions- und sonstigen Vorräte ; es sind zugleich die einzigen, von denen ziemlich bedeutende Überreste teils bis auf den heutigen Tag sich erhalten haben , teils wenigstens noch vor einigen Jahren vorhanden waren ; ebenso von einer hölzernen Brücke ( 30) über den Doppelbiergraben, die No. 27 und 28 mit den Schanzen der vorderen Linie verband, und von einem Pulvermagazin oder Laboratorium in No. 28. Ein grofser Teil der Schanzen war mit doppelter Pallisadierung und Sturmpfählen versehen . Die Reiterei hatte nördlich Grofs Auheim ein Lager (29) bezogen. Das feste Knochengerüst des Einschliefsungsgürtels bildeten nach Lage, Gröfse und Besatzung in der ersten Linie die Werke 4, 9, 12, 16, 17 und 19, denen die übrigen vorgeschobenen Schanzen, stellenweise auch die Laufgräben, als verbindende Zwischenglieder und die in zweiter Linie liegenden Werke 1 und 23 , welche zugleich die Mainfurt und -brücke deckten, sowie Schanze 25 und 27 als Rückhalt dienten. Sieht man ab von der grundsätzlichen Unzweckmäfsigkeit dieses Angriffssystems, welches eine verderbliche Zersplitterung der Streitkräfte unvermeidlich machte, und stellt man sich auf den Standpunkt der vor 250 Jahren gültigen Normen des Belagerungskrieges , so ist nicht zu verkennen, dafs General Lamboy bei der Anordnung seiner Verschanzungen Geschick und praktischen Blick bekundet hatte, indem sowohl der gegebenen Bodenbeschaffenheit und der gegenseitigen Unterstützung im Allgemeinen genügend Rechnung getragen , als auch besonders darauf Bedacht genommen war, die Thore, Ausgänge Hauptwege und Wasserläufe wirksam unter Feuer nehmen zu können . Nach dem im Marburger Archiv vorhandenen , von Paul Ludwig ausgearbeiteten „ Memorial vnd verzeichnus aller Schantzen so von Gen. -Major Lamboy umb die Statt Hanaw gelegt , Wie dieselben Nahmen , Von wem vnd wie stark sie besetzt gewessen nach der gefangenen

Aussage" ,

berechnet

Schanzen auf rund 1600 Mann.

sich

die

Besatzung

sämtlicher

Lamboy's Corps zählte anfangs , als

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

141

die Götz'sche Reiterei wieder abmarschiert war, kaum 3000 Mann. Allmählich wurde es aber durch das Regiment Kheraus , an dessen Stelle später Regiment Bönninghausen trat , bis auf etwa 3500 Mann zu Fufs und 1500 Pferde verstärkt. Das Fufsvolk reichte daher nur . gerade hin, um in täglichem Wechsel mit der einen Hälfte die Schanzen zu besetzen und die andere teils zum Arbeitsdienst zu verwenden , teils in den beiden Lagern bei Kesselstadt und bei Grofs - Auheim ruhen zu lassen. Der Sicherheitsdienst gegen aufsen und die , für die Existenz der Belagerer so ungemein wichtigen Fouragierungen in der entfernteren Umgegend blieben vermutlich der Reiterei allein überlassen.

Die Artillerie der Kaiserlichen bestand nur aus 20 Feldgeschützen kleinen Kalibers und war daher zu einer wirksamen Beschiefsung der Stadt , geschweige denn zu einer förmlichen Belagerung um so weniger geeignet, als es ihr auch an Schiefsbedarf gebrach . Erst Ende November gelang es Lamboys wiederholten dringenden durch Vermittelung des kaiserlichen Hauptquartiers zwei 12pfündige Kanonen und sechs 50 pfündige Mörser zu erhalten , für welche man vier Batterien anlegte : Batterie 1 , zwei Mörser, neben Schanze 9 ; Batterie 2 , zwei Mörser, vor Schanze 13 ; Batterie 3, Vorstellungen ,

zwei Zwölfpfünder, hinter Schanze 19 ; Batterie 4, zwei Mörser, neben Schanze 21. Das Feuer wurde am 13. Dezember eröffnet, aber wegen des auch hier herrschenden chronischen Munitionsmangels während der ganzen Dauer der Einschliefsung nur äusserst matt und mit häufigen längeren Pausen fortgesetzt. Den Mörsern fehlte es an Bomben, so dafs sie sich mit sogenannten Bettelsäcken , einer höchst primitiven Geschofsart, behelfen mufsten. Diese bestanden aus einer eiförmigen , von Seilen geflochtenen Hülle, welche mehrmals in Pech getaucht und mit Eisen- und Bleistücken, Steinen und Pulver gefüllt wurde. Gegen Festungswerke und gegen einigermafsen widerstandsfähige Dächer waren sie natürlich fast wirkungslos . Erst Ende Dezember wurde eine kleine Anzahl Bomben herbeigeschafft, deren eine noch heut in der Königlichen Pulverfabrik bei Hanau aufbewahrt wird. Sie ist im J. 1884 ungefähr in der Mitte zwischen Lamboybrücke und Nordbahnhof, also fast genau an der Stelle , wo einst Batterie 2 lag, aufgefunden und von Herrn Otto Deines zu Hanau dem Verfasser , welcher damals Direktor der Pulverfabrik war , übergeben worden. Der Erfolg des von General Lamboy mit so vieler Mühe ins Werk gesetzten Bombardements blieb jedenfalls gleich Null ; alle Anstrengungen, der Festung einen namhaften Schaden zuzufügen , waren

142

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

umsonst.

Noch weniger durfte Lamboy darauf rechnen , sich mit Was er von einem

stürmender Hand zum Herrn Hanaus zu machen.

solchen Versuch zu hoffen habe, darüber belehrten ihn zur Genüge Ramsays zahreiche kühne und meist sieggekrönte Ausfälle . Nicht nur die Morastschanze (Nr. 17) und noch zwei andere Schanzen wurden von den Schweden genommen und zum Teil zerstört, sondern bei verschiedenen Gelegenheiten auch mehrere von Frankfurt kommende Mainschiffe mit reicher Ladung erbeutet, die unter anderem beträchtliche, für die Belagerer bestimmte Vorräte an Munition und Lebensmitteln enthielten . Lamboy konnte deshalb nur daran denken , durch Ausdauer und Beharrlichkeit zum Ziel zu gelangen , d . h . die Festung durch Erschöpfung und Hunger zur Übergabe zu zwingen . In der That wuchs die in Hanau herrschende Not von Tag zu Tag,

namentlich unter

dem armen heimatlosen Landvolk, das sich in die Stadt gerettet hatte. Pferde-, Esel- und Hundefleisch erhielt seinen Platz unter den zu Markt gebrachten Efswaren ; „ Katzen estimiret man vor Wildbret“, fügt die von Herrn Pfarrer Junghans (jetzt in Preungesheim bei Frankfurt a. M. , früher Vorsitzender des Hanauer Bezirksvereins für hessische Geschichte und Landeskunde) entdeckte und veröffentlichte Oberkalbacher Handschrift hinzu ; Ratten und Mäuse wurden gleichfalls nicht verschmäht, und mancher arme Teufel liefs sich durch das Bellen seines leeren Magens sogar verführen , dem „ Meister “ gedörrtes Schindfleisch " abzuhandeln und zu verspeisen . Die fremden Flüchtlinge fristeten ihr Leben zuletzt fast nur noch mit Kleie, Kräutern und Wurzeln, teils roh, teils in Wasser ohne Salz und Fett gekocht. Den ausfallenden Truppen folgten sie auf dem Fufse, um womöglich ein in früheren Scharmützeln erschossenes Pferd zu erbeuten, wobei nicht selten mancher dieser Elenden selbst von einer Kugel ereilt wurde .

Viele schlichen auch nachts durch die kaiser-

lichen Linien , um in der Umgegend nach Lebensmitteln zu suchen ; die hierhei Ertappten wurden von dem erbarmungslosen Feinde entweder ohne weiteres aufgehängt oder mit einem in die Stirn gebrannten Galgen nach Hanau zurück gejagt. Während die Pest schon Ende 1635 nahezu erloschen war, rief die Überfüllung der Stadt und der unvermeidliche Genufs ekelhafter und widernatürlicher Speisen andere mörderische Seuchen hervor, keit nach wie vor sehr grofs blieb.

so dafs die Sterblich-

Die Verhältnisse der Besatzung liefsen gleichfalls viel zu wünschen übrig.

Im blauen Regiment Burgsdorf kamen bereits einzelne Fälle

von Unbotmässigkeit und Meuterei vor, so dafs auch Ramsay mehrmals von dem Radikalmittel des Galgens Gebrauch machen muſste ;

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

nur seine eigene Kompagnie

Schotten

143

bewahrte bis zum letzten

Augenblicke ihre unbedingte Zuverlässigkeit und Treue.

Dabei war

die Garnison ( ohne Bürgermiliz und Landausschufs) allmählich auf 400 bis 500 *) Mann, also bis zu einem knappen Drittel ihrer anfänglichen Stärke zusammengeschmolzen .

Mit einem Worte : Hanau be-

gann ein hippokratisches Gesicht zu zeigen ,

und selbst der unver-

zagte, eisenfeste Ramsay mufste sich in den ersten Junitagen von 1636 sagen, dafs die Möglichkeit eines ferneren Widerstandes nur noch nach Wochen zählte . Um die draufsen lagernden Kaiserlichen war es aber zum Glück nur wenig besser bestellt; denn die westlichen Gauen des armen zerfleischten Deutschen Reiches wurden in den Jahren 1635 und 1636 von so unbeschreiblichem Elend heimgesucht, wie nie zuvor. Verschiedene unverdächtige Quellen bestätigen, dafs die aller Orten herrschende gräfsliche Hungersnot vielfach zum Ausscharren und Verzehren menschlicher Leichen führte . Von dieser Scheufslichkeit war dann nur noch ein Schritt bis zur vollständigen Anthropophagie der Kannibalen, zum Einfangen und Schlachten Lebendiger, um mit ihrem Fleisch

den nagenden Hunger zu stillen.

Solche Fälle berichten

unter anderen Venator von Zweibrücken, Bergzabern, Alzey, Kaiserslautern und Dirrnstein , Lotichius von Tettelsbach bei Würzburg und ein anderer Zeitgenosse von Hadamar. so in der Wetterau,

Ja in manchen Gegenden ,

dem Fuldischen und Würzburgischen, bildeten

sich gar völlig organisierte Mörderbanden , die in Höhlen oder verlassenen Gehöften hausten und von dort auf Menschenraub ausgingen. Ein so trostloser Zustand des Kriegsschauplatzes konnte naturgemäfs nicht ohne die einschneidenste Rückwirkung auf die Kriegführung bleiben. Die obwaltenden Verhältnisse zwangen ohnehin schon allen strategischen Maſsregeln die Fürsorge für die Verpflegung als oberste Richtschnur auf und verschärften sich überdies von Woche zu Woche, von Monat zu Monat in wahrhaft erschreckendem Grade. Nur ein rastloser Bewegungskrieg, der fortwährend andere Gegenden berührte, ermöglichte noch die Ernährung eines einigermafsen zahlreichen Heerhaufens . Man marschierte viel und marschierte rasch, aber in den wenigsten Fällen, um die feindliche Armee niederzuwerfen, weit öfter nur um den eigenen Magen zu befriedigen . Die planvolle Strategie des Feldherrn war notgedrungen der geschäftsmäfsigen Thätigkeit des Intendanten gewichen . *) Nachdem auf S. 145 erwähnten Schreiben des Major von Tondorff zählte sie anfangs April noch 800 Mann ; ihr Verlust durch Gefechte und Krankheiten mufs daher in den letzten zwölf Wochen der Belagerung 300 bis 400 Mann, also 40 bis 50 % betragen haben.

144

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

Wenn daher ein isoliertes Corps von mehreren tausend Mann acht Monate hindurch an die Scholle gefesselt blieb, in einem buchstäblich kahl gefressenen Landstriche , so mufste schliefslich seine Verpflegung selbstredend fast unüberwindliche Schwierigkeiten verursachen. Wohl der bündigste Beweis hierfür liegt darin, daſs Lamboy schon im April 1636 genötigt war, aus Worms , also auf einem Wasserwege von 110 km Länge, Lebensmitteln heranzuziehen, die obenein keinesfalls in dem, selbst die äufserste Not leidenden Worms oder in dessen Nähe beschafft, sondern erst aus weiter Ferne (wahrscheinlich von Heilbronn und Donauwörth) den dortigen Magazinen

zu-

geführt worden waren . Sah sich im Juni die Besatzung von Hanau durch ihre Schwäche und die steigende Hungersnot vor das Dilemma :

Baldiger Entsatz

oder Kapitulation ! gestellt, so musste sich andererseits Lamboy, wenn die Festung nicht binnen kurzem fiel , der Belagerung gefafst machen.

auf die ruhmlose Aufhebung

3. Landgraf Wilhelm V. von Hessen - Kassel. Noch in den letzten Tagen des Maimonds liefsen sich die Aussichten auf einen möglichen Entsatz Hanaus allerdings äusserst zweifelhaft und hoffnungslos an. Herzog Bernhard war mit der Belagerung von Elsafs -Zabern beschäftigt, das erst am 15. Juli fiel ; ihm gegenüber im verschanzten Lager von Drusenheim standen die Kaiserlichen unter Gallas .

Feldmarschall Baner, welcher das auf 9000 Mann zu-

sammengeschmolzene schwedische Heer in Deutschland befehligte, sah sich durch die physische und moralische Schwäche seiner Truppen genötigt, im Lager von Werben unthätig zuzusehen, wie die Sachsen und Österreicher Magdeburg angriffen und es am 13. Juli zur Übergabe zwangen. Im weiten Deutschen Reiche blieb daher nur noch ein einziger Mann, dem sich die hilfesuchenden Blicke der so hart bedrängten Hanauer vertrauensvoll zuwenden konnten ; es war dies Landgraf Wilhelm V. von Hessen - Kassel , genannt der Beständige . Der kaiserliche Hof suchte ihn zwar bald durch freigebige Versprechungen zu ködern, bald durch grofssprecherische Drohungen einzuschüchtern. Der Landgraf wufste indes den wahren Wert beider genügend zu würdigen und blieb dem Gedanken an einen einseitigen Abfall von der gemeinsamen Sache der evangelischen Bundesgenossen völlig fern . Aber zu machtlos, um sich der, sein Gebiet rings umgebenden kaiserlichen Heere allein zu erwehren, und von Schweden , Frankreich und den Generalstaaten ohne die zugesagte Unterstützung gelassen, konnte er nicht umhin, einige Zeit in einer Art bewaffneter

145

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636 ). Neutralität zu verharren. erreichte

erst

Dies auf die Dauer unerträgliche Verhältnis

sein Ende ,

als

der

schwedische

Feldmarschall

Alexander Leslie den Befehl erhielt, mit 8000 Mann zum Beistande des

Landgrafen herbei zu eilen .

Er überschritt die Weser bei

Nienburg , schlug die Kaiserlichen bei Essen im Amt WittlageHunteburg , entsetzte Osnabrück , bemächtigte sich Mindens und rückte südlich bis Lemgo und Herford vor.

Trotz dieser nahen

Hilfe fanden sich am Hofe zu Kassel immer noch einflussreiche Leute, welche den engen Anschlufs an Schweden beharrlich widerrieten und vor sofortigem Losschlagen warnten ;

an ihrer Spitze stand der

General Melander von Holzappel. In dies Stadium entschlufslosen Schwankens fielen nun wiederholte Botschaften aus Hanau , die immer trüber lauteten und immer dringender um baldigen Beistand baten. Schon im April erhielt der Landgraf die Nachricht, dafs sich die Festung nur noch drei Wochen halten könne eine Frist, die allerdings , wie die Folge lehrte, um reichlich einen Monat zu kurz angegeben war. Von den Leuten in Hanau , die sich zu diesen gut bezahlten, aber gefährlichen Botengängen nach Kassel bereit finden liefsen, wurden zwar mehrere durch die wachsamen Posten der Einschliefsungstruppen abgefangen und nach Kriegsrecht auf der Stelle gehängt ; dessen ungeachtet erlitt der unter so erschwerenden Umständen ins

Werk gesetzte

briefliche

Verkehr keine

bedeutende

Unterbrechung, wahrscheinlich weil der hohe Lohn doch stets Wagehälse genug anlockte , dem Schicksal ihrer unglücklichen Vorgänger Trotz zu bieten und den gefahrvollen Dienst zu übernehmen . Durch besondere Gewandtheit und Schnelligkeit in diesem Geschäft thaten sich namentlich drei der Boten hervor : ein Landmann Namens Konradi aus Langendiebach bei Hanau , Kaspar Fränkel und der 97 kleine Heinrich " , die letzteren beiden Angehörige der Neustadt. Der kleine Heinrich verliefs Hanau zum letzten Mal in der Nacht vom 12. Juni durch das Frankfurter Thor , traf aber unterwegs bereits auf die anrückenden landgräflichen Truppen. Aufser diesen gedungenen Boten sandte Ramsay im April auch den Major Friedrich Henrich von Tondorff (vom Regiment zu Pferde des Grafen Jakob Johann) an Wilhelm V. , um ihm über Hanaus Lage Bericht zu erstatten und um schleunigen Ersatz zu bitten . Von Kassel ging Tondorff nach Nienburg zu Feldmarschall Leslie und dann nach dem Haag , von wo er dem Herzog Bernhard ein ausführliches Schreiben *) über den Erfolg seiner Sendung zugehen liefs . *) Vom 30. April (10. Mai) 1636 ; s. den handschriftlichen Nachlafs des Herzogs Bernhard in der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha, Codex chartaceus A. 723, Bl. 166/67.

146

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636). Den tiefsten Eindruck machte die Kunde von der verzweifelten

Lage ihrer Vaterstadt auf die energische Landgräfin Amelia Elisabeth , welche ohnedies die Seele der Kriegspartei am Kasseler Hofe war und mit vollem Recht befürchtete, dafs der bevorstehende Fall Hanaus nicht nur für ihren Bruder, den Grafen Philipp Moritz , den gänzlichen Verlust der Grafschaft unvermeidlich nach sich ziehen, sondern auch das südliche Hessen seiner letzten Vormauer gegen den Einbruch der Kaiserlichen berauben müsse .

Sie drang deshalb

mit aller Entschiedenheit darauf, dafs der zaudernden Zwitterstellung des Staates unverzüglich

ein Ende gemacht und der Entsatz der

Festung mit Waffengewalt erzwungen werde. „Obschon die Sachen sich schwer anliefsen " , erklärte die heldenmütige Frau, müfste man doch den Ausgang Gott befehlen und das Beste festiglich hoffen, da Recht doch Recht bleibe und zuletzt nicht unterliegen könne ; auch hätten diejenigen , so die weltlichen Rücksichten Gottes Ehre und der wahren Religion vorgesetzt , gemeiniglich noch in dieser Welt ein schlechtes Ende genommen , und , des bösen immer nagenden Gewissens zu geschweigen , in den Historien einen üblen Nachklang hinterlassen" . Sie liefs sich sogar herab, dem General Melander , welcher, verdrossen über die Erfolglosigkeit seiner steten Friedensmahnungen , nach Hamm gegangen war, ein versöhnliches, beschwichtigendes Schreiben zu senden, 27 da man ja selbst dem bösen Feinde wohl zwei Lichter für eins anzünde “ . Ein von Amelia unter dem 26. April (6. Mai) an Bürgermeister und Rat zu Hanau gerichtetes Trost- und Ermutigungs - Schreiben befindet sich im dortigen Stadtarchiv ; das Briefblatt mifst 16. 11 cm und ist 32 mal zusammengefaltet , was eine Länge von 4 cm bei 14 bis 15 mm Breite ergiebt.

Dies Miniatur-

format wurde ohne Zweifel gewählt , damit das Schreiben von den Hanauer Botengängern im Fall der Not leichter verborgen oder beseitigt werden könne. Die beredten Vorstellungen der unerschrockenen Fürstin hatten endlich den gewünschten Erfolg.

Wilhelm V. entschied sich, obwohl

ungern , mit dem Beginn der Feindseligkeiten nicht länger zu zögern und den kaiserlichen Generalen (Marchese Caretto di Grana und von Vehlen ) ,

welche trotz der noch schwebenden Unter-

handlungen die hessischen Ämter in Westfalen widerrechtlich besetzt hielten, den Waffenstillstand zum 28. Mai zu kündigen .

Am

Tage vorher brach er mit 4 500 Mann von Kassel auf und rückte in nordwestlicher Richtung über Trendelburg , Driburg und Paderborn vor, um die Gegner zur Räumung ihrer hessischen Kantonnements , sowie überhaupt zu einer rückgängigen Bewegung zu veranlassen

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

147

und sich dadurch für die geplante Unternehmung gegen Lamboy den Rücken zu decken. Diese Absicht gelang vollkommen ; und während Caretto und Vehlen über Warendorf eiligst bis unter die Kanonen von Münster zurückwichen , bezog der Landgraf ein Lager bei Boke oder 17 Haus Bocken " . Das Dorf Boke liegt 15 km westlich Paderborn ,

auf dem

rechten Ufer der Lippe , und ist durch den Flufs von dem Schlofs oder 99 Haus “ Ringboke getrennt. Als der Landgraf Kassel bereits verlassen hatte , fand sich dort noch der Gesandte des Bischofs zu Würzburg, eines besonders thätigen Vermittlers zwischen dem Kaiser und Wilhelm V. , ein und bat wenigstens um eine sechstägige Verlängerung des Waffenstillstandes , wahrscheinlich in der Hoffnung, dafs sich Lamboy inzwischen auf die eine oder andere Weise Hanaus bemächtigt haben werde.

Amelia Elisabeth aber schlug

jenes Ansinnen im Namen ihres Gatten rundweg mit dem Hinzufügen ab: Ihren Herrn hätte sie dem Schirm des Höchsten empfohlen und wäre ihm besser , redlich gefochten und gestorben , als schändlich verdorben ; könne " .

es deuchte sie , dafs es

nicht fehlen

Trotzdem hielt sie es nicht für überflüssig, ihren Gemahl in dem gefafsten Vorsatz zu bestärken und dessen Ausführung zu beschleunigen. In ihrem Auftrag schrieb daher Hofmarschall von Günderode am In Hanaw seindt keine 25. Mai (4. Juni) dem Landgrafen : "" schreiben mehr zu bringen , weil durch etliche corps Crobaten vnd Tragoner die Strafsen fleifsig battirt werden, Es lieget wol nunmehro in agoni , Vnd wehre helffens Zeit. Ich werde defswegen täglich Vielfeltig erinnert. Gleich wie ich aber weifs , dafs E. f.

gn .

ohne

dafs ihr solchen ortt vnd desselben entsatz

hochangelegen sein lassen, Alfs habe ich die jenigen jederzeit dahin verwiesen, Vnd dafs E. f. gn . wann sich es nur auf einige weiſse vnd wege wolle practiciren lassen , Von sich selbst nicht vnterlassen würden.

M. del bo hatt sich defswegen uff dem weg gemachet, vm .

bey E. f. gn. Vntterthänig Zu sollicitiren vnd gewissheit zu haben, damit Sie es

vff den fall ,

nicht gar ad extrema kommen liefsen.

Welches E. F. Gn . ich Unterthänig berichten sollen Vnd verbleibe Deroselben

Vntterthänig gehorsam vnd pflichtschuldig Güntterrodhe ". Indes verzögerte sich die Rettung noch durch (fruchtlos bleibende) Verhandlungen, welche mit dem französischen Gesandten, Marquis de St. Chaumont , wegen eines Bündnifsvertrages zwischen HessenJahrbücher für die Deutsche Armee und Marine . Bd. LXXXIV., 2. 11

148

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) .

Kassel und Frankreich geführt wurden und zu denen sich Wilhelm Anfangs Juni aus dem Lager nach Minden begab.

4.

Vormarsch des Landgrafen.

Am 13. Juni erfolgte endlich der Aufbruch von Boke gen Hanau. Der zu diesem Unternehmen bestimmte hessische Heeresteil marschirte über Paderborn , Korbach , Frankenberg , Rauschenberg und Kirchhain , umging die in Feindeshand befindlichen Festungen Stadtberge (Marsberg ) und Giefsen und erreichte am 20. abends Windecken . Die Entfernung von Boke bis Windecken beträgt , auf den kürzesten Strafsen -Verbindungen gemessen, rund 220 km und wurde in acht Tagen zurückgelegt ; dies ergiebt im Durchschnitt für den Tag die sehr ansehnliche Leistung von 27,5 km und beweist , mit welcher äussersten Eile der Landgraf vorrückte , obgleich die gebirgige Gegend (besonders im Waldeck'schen) und die fast durchweg sehr schlechte Beschaffenheit der Wege dem Marsch die gröfsten Hindernisse bereiteten. Wilhelm selbst war von Boke zunächst nach Kassel gereist und traf mit seinen Truppen wahrscheinlich erst am 18. in der Nähe von Kirchhain wieder zusammen. Vorher hatte er noch aus Kassel unter dem 5. ( 15. ) Juni dem hessen - darmstädtischen „ Regierungs -Praesidenten, Vice Cantzlern vndt Räthen Zue Marrpurgk" ein Schreiben zugehen lassen , worin jede feindliche Absicht gegen Lamboy , den Freund und Verbündeten des Landgrafen Georg, höflich umschrieben und nur von der Proviantierung des notleidenden Hanau die Rede ist.

Zugleich wird den Marburgern

eine 77 Lebendige Salvaguardj " (Schutzwache) von 100 bis 200 Mann angeboten und schliefslich ( die Hauptsache) um Bereitstellung von Lebensmitteln für

die vorüberziehenden Truppen

ersucht * ).

Falls

ihnen diese Vorschläge nicht genehm seien und „ da Euch den von den Schwedischen oder andern Vmbreisenden Partheyen einiger schadt vndt vngelegenheit zugefügt werden vndt Alfso ein vnglückh daraufs erwachsen solte , Wollen wihr hiemit austrucklichen bedinget haben, dafs wihr ahn allem daraufs vff wiedriege bezeigung entstehenden Vnheill entschuldiget sein wollen ". Wie wenig aber die Regierung zu Marburg geneigt war, diese anscheinend so freundschaftliche Fürsorge dankbaren Gemütes zu würdigen, bekundet recht deutlich ein Schreiben, welches sie am 6. (16.), also unmittelbar nach Empfang jenes landgräflichen Erlasses *) Schon Major von Tondorff hatte in seinem Schreiben (S. 145) Marburg und Umgegend ,,,alda es noch Zimblich fett", als besonders geeignet für die Ergänzung des Mundvorrates der Entsatztruppen bezeichnet .

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juli 1636).

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durch Eilboten an den Schultheifs zu Wetter (12 km nördlich Marburg) sandte und worin diesem befohlen wurde, wegen dringender Gefahr der Stadt und des Oberfürstentums „etzliche Kompagnien Land-Ausschufs und geworbenem Volck" auf der Stelle nach Marburg zu führen. Feldmarschall Leslie , der von Herford kam, konnte sich erst am 22. mit den Hessen vereinigen .

Die gesamte Heeresmacht, über

welche der Landgraf nunmehr verfügte, betrug, nach dem im Königlichen Staatsarchiv zu Marburg befindlichen Gefechtsbericht vom 25. Juni, 21 Schwadronen, vier Fufs-Brigaden, acht 12pfünder und 21 leichte 29 Regimentsstücke " . Ihre Kopfstärke wird indes ziemlich verschieden angegeben. Die Hanauischen Schriftsteller beziffern sie übereinstimmend auf 6000 Mann mit 30 Geschützen. Nach dem Theatrum europaeum (III, S. 664) war der Landgraf

17 mit der Avantgarde" (?) 6000 Mann stark. Ein ‫יי‬Fliegendes Blatt" vom Juli 1636 zählt dagegen 1500 Kürassiere , 1500 Dragoner, 7000 Mann zu Fufs (darunter 3000 Musketiere) , 8 halbe Kanonen, 12 RegimentsGeschütze und 4 Mörser auf; von Rommel (Geschichte von Hessen ) giebt dem Landgrafen 3000 Reiter nebst 500 Musketieren und dem Feldmarschall 5000 Mann , im Ganzen 8500 Mann mit 30 Geschützen. Nach Major von Tondorff endlich hatte Leslie 4500 („ fünfhalbdausent“ ) Pferde, sowie 3000 und einige Hundert Mann zu Fufs ausdermafsen schön Volck " , während von den landgräflichen Streitkräften 4000 Fufsknechte und 1500 Pferde dazustofsen sollten . Da die schwedische Reiterei an dem Zuge nicht teil nahm, so ergiebt sich ebenso , wie bei von Rommel, eine Gesamtsumme von 8500 Mann, welche der Wirklichkeit entspricht ; dagegen zählte die hessische Reiterei thatsächlich 500 Pferde mehr , das Fufsvolk 700 Mann weniger , als von Tondorff angiebt. Dies Verhältnifs wurde vermutlich erst nachträglich, im Hinblick auf den Ausfall der schwedischen Reiterei, festgestellt und konnte daher dem Major von Tondorff bei Absendung seines Schreibens an Herzog Bernhard noch nicht bekannt. sein. von Rommel andererseits, der das Entsatzheer im Ganzen ebenfalls auf 8500 Mann beziffert, hat die Stärke des hessischen Fufsvolkes offenbar viel zu gering und die des schwedischen zu hoch veranschlagt . Alles in Allem waren an den Gefechten vor Hanau beteiligt : drei hessische Regimenter zu Pferde, sowie drei hessische und vier schwedische Regimenter zu Fufs, welche zusammen vier Brigaden bildeten . Die Iststärke dieser Truppenteile, über die ich Herrn Major von Stamford, Vorsitzenden des hessischen Geschichtsvereins zu Kassel, sowie Herrn Major von Gironcourt (am 13. November 1888 11*

150

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

leider verstorben) höchst schätzbare Nachweise zu verdanken habe, wird wie folgt zu berechnen sein :

1. 2. 3. 1. 2. 3.

I. Hessen. A. Reiterei. Grünes Leibregiment von Seekirch zus. 21 Schwadronen = 2000 Pferde. Regiment von Dalwigk ein von Eberst 29 B. Fufsvolk. Weifses Regiment Geiso Grünes Leibregiment von Wartenzus. 34 Fähnlein = 3300 Mann. berg Gelbes Regiment Nizeth

II. Schweden. Fufsvolk. 4 Regimenter durchschnittlich zu 800

= 3200 Mann. zusammen

8500.

Die Verbündeten waren also dem Corps des Generals Lamboy , das höchstens 5000 Mann zählte, jedenfalls bedeutend überlegen. Über die einzelnen Truppenteile der Schweden und ihre ordre de bataille sind keine Nachrichten vorhanden. Von höheren Offizieren, welche sich bei dem Heere befanden, werden genannt : General-Lieutenant King , die General - Majors Freiherr von Kratzenstein (von der Cavallerie), Radewin , Beckermann und Wendick , sowie der nachmals zu so grofsem, wenn auch nicht immer ehrenvollen Rufe gelangte Oberst von Königsmark. Oberst Erichs.

Kommandeur der Artillerie war

Wilhelm V. liefs seine Truppen auf dem Nordabhange des zwischen Windecken und Rofsdorf sich erstreckenden Höhenrückens ein Lager beziehen und Vorposten aussetzen.

Der 21. und

22. Juni (Sonnabend und Sonntag) wurde benutzt, um den durch die anhaltenden, beschwerlichen Märsche merklich mitgenommenen Leuten und Pferden die nötige Ruhe zu gewähren . Der Landgraf würde allerdings am liebsten schon am 21. abends angegriffen haben , weil er befürchtete, dafs Lamboy bei längerem Zögern noch namhafte Verstärkungen von Götz erhalten, oder dafs Gallas selbst inzwischen vor Hanau erscheinen könnte . Aber seine geringe Stärke an Fufsvolk und Geschütz verbot ihm jedes entscheidende Unternehmen vor Leslie's Eintreffen , dessen Anmarsch er daher durch ein , unter dem 21. (11. ) an Malsburg gerichtetes Schreiben möglichst zu beschleunigen strebte . Inzwischen aber säumte man nicht, sich der „Pässe " zwischen Windecken und Hanau sogleich zu versichern ; ebenso suchte man sich durch Erkundungen , die zu einigen kleinen Zusammenstöſsen

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

151

mit den Kaiserlichen in der Gegend des Kinzigheimer Hofes führten , und durch Kundschafter über Stärke, Stellung und VerteidigungsAnstalten des Feindes zu vergewissern, um daraufhin in einem Kriegsrat der Generalität den Angriffs-Entwurf für die nächsten Tage festzustellen. Einzelne hessische Patrouillen waren der Stadt schon in der Nacht zum 21. so nahe gekommen, dafs sie deutlich hören konnten , wie die Vorposten der Schweden den kaiserlichen Feldwachen zuriefen : „ Die Belagerer sollten nur den Stiffel schmieren vndt sich auf Auf dem höchsten Punkt der vorerwähnten Hügelkette, unmittelbar östlich der Kreuzung des Weges HanauWindecken mit der von Bergen über Kilianstädten nach Marköbel führenden "7 hohen Strafse " (Römerstrafse) stand schon da-

den Weg fertig machen ! "

mals eine junge Linde , das sogen. Wartbäumchen ( „ arbor speculatoria " ), welches während der seitdem verflossenen 250 Jahre zu einem mächtigen , meilenweit sichtbaren Baum herangewachsen ist. Wenn man sich Hanau von Norden her über Windecken nähert,

so erhält man an dieser Stelle den ersten freien Blick auf

die Stadt und die sie umgebende Ebene, die durchschnittlich gegen 80 m unter dem Kamm jener Anhöhe liegt. Hier liefs der Landgraf in der Nacht vom 20. zum 21. ein Geschütz auffahren und der Festung durch Kanonenschüsse, sowie durch die weithin leuchtenden Flammen eines, mit herbeigetragenem Stroh reichlich genährten Feuers seine hilfsbereite Nähe verkünden. Der wachsame Ramsay , welcher schon vorher durch den flinken . 99 kleinen Heinrich " von dem Anmarsch der Hessen und Schweden. Kenntnifs erhalten hatte, nahm diese ersehnten Zeichen sofort wahr und befahl zur Erwiderung zwischen 12 und 1 Uhr nachts auf dem Turm des gräflichen Schlosses Fackeln abzubrennen, sowie aus dem in Bastion Esel (s . Plan : g¹ ) stehenden 12pfünder und anderen Geschützen lebhaft zu feuern. Vom Feinde waren inzwischen die zum Entsatz Hanaus getroffenen Anstalten selbstredend auch nicht unbemerkt geblieben . Es ist indes fraglich, wann dem General Lamboy die ersten Nachrichten über das Anrücken des Landgrafen und Leslie's zugegangen sind und wie sie gelautet haben mögen. Angeblich war er durch falsche Meldungen seiner Kundschafter, welche die Hessen vorher aufgefangen und bestochen haben sollen, irre geführt worden ; ebenso durch ein Schreiben des Darmstädtischen Kanzlers Wolf, das gleichfalls , wennschon sicherlich ohne Absicht unrichtige Angaben enthielt . Trotzdem war ihm die unmittelbare Nähe des Feindes spätestens am 20. morgens zuverlässig bekannt ; denn schon im Laufe dieses Tages nahm man von den Wällen und Türmen der Stadt eine ungewöhn-

152

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

liche Regsamkeit der Kaiserlichen wahr, aus deren Lager bereits die Verwundeten und Kranken nebst dem gröfsten Teile der Artillerie und dem Trofs auf das linke Mainufer nach Steinheim fortgeschafft wurden.

Über die wirkliche Stärke der landgräflichen Truppen dagegen war Lamboy offenbar nicht unterrichtet. Es möchte dies auch, abgesehen von den falschen Meldungen der Kundschafter, nicht ohne Schwierigkeit gewesen sein , da Hessen und Schweden getrennt marschiert, zu verschiedenen Zeiten bei Windecken angelangt waren und sich so gelagert hatten, dafs sie der vorliegende Höhenrücken. nach Süden hin dem Blick vollständig entzog . Es würde daher eines kräftigen Vorstofses der österreichischen Reiterei bedurft haben, um bis auf jene Hügel selbst zu gelangen und von dort eine ausreichende Übersicht der Aufstellung des Gegners zu gewinnen ; aber entweder wurde Lamboy von dem Auge" seines Heeres schlecht bedient, oder die Überlegenheit der hessischen Kavallerie gestattete nur bisBruchköbel vorzudringen , wobei natürlich nichts gebessert war. Diese Unkenntnifs von des Feindes Absichten und Stärke mufste die ohnehin unangenehme Lage des kaiserlichen Oberbefehlshabers notwendig noch peinlicher gestalten und seine eigenen Entschliefsungen auf die unzuverlässige Grundlage vager Vermutungen stellen . Nur vermöge einer seltenen glücklichen Divinationsgabe konnte es ihm unter solchen Umständen gelingen ,

einen der wirklichen Sachlage

entsprechenden Entschlufs zu fassen .

Dafs Lamboy diese Gabe nicht

besaſs , kann ihm natürlich nicht zum Vorwurf gereichen ; dafs er sich aber für eine Art der Abwehr entschied , die überhaupt allen denkbaren Fällen möglichst wenig entsprach und die Gewifsheit eines verderblichen Ausganges schon von vornherein in sich trug, mufs entschieden getadelt werden . Zwei Wege standen ihm augenscheinlich offen, um dem Landgrafen entgegen zu treten. Hielt er sich ihm für zweifellos überlegen, so war es das Einfachste und Kürzeste, die Rollen

zu wechseln, am 21., vor dem Eintreffen der

Schweden, das hessische Lager selbst anzugreifen , welches der Verteidigung keine besonderen Stützpunkte bot, und den Gegner zu einem jedenfalls verlustreichen Rückzuge durch den Engweg der Nidderbrücke jenseits Windecken zu nötigen. Erschienen ihm hingegen die beiderseitigen Stärkeverhältnisse fraglich, so blieb ihm der sichere Ausweg, auf den beherrschenden Höhen zwischen Mittelbuchen und Kilianstädten eine Flankenstellung, Front gegen Nordost,

zu nehmen .

Selbst mit überlegener Macht

konnte es Wilhelm V. unmöglich wagen, den Kaiserlichen an der Nase vorbei auf Hanau zu marschieren und sie unbehelligt hinter sich

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

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zu lassen ; ein Angriff vom Wartbäumchen oder vom Rofsdorf her war also unvermeidlich, wurde aber durch die Bodenbeschaffenheit sehr wenig begünstigt ; gelang er trotzdem , so behielt Lamboy wenigstens die für ihn in jeder Hinsicht vorteilhafteste Rückzugslinie über Bergen nach Frankfurt offen. Welche dieser beiden Möglichkeiten er aber auch wählen mochte , sein zeitweiliges Verlassen des Lagers und der Schanzen konnte für die demnächstige Wiederaufnahme der Belagerung, sobald es geglückt war, den Landgrafen abzuweisen , kaum von nachteiligem Einflufs werden . Denn einerseits befand sich die Festung nicht in der Lage, aus der völlig ausgesogenen Umgegend ihre aufgebrauchten Vorräte an Lebensmitteln in kurzer Zeit zu erneuern , und andererseits vermochte die so furchtbar zusammengeschmolzene Besatzung den versammelten Einschliefsungstruppen durch einen Ausfall auf gröfsere Selbst zur Entfernungen keinesfalls mehr gefährlich zu werden . Sicherung der Schanzen und Batterien gegen etwaige Zerstörungsversuche würde das Zurücklassen einiger Compagnien auf beiden Ufern der Kinzig genügt haben . Schliefslich kam dann noch ein dritter möglicher Fall in Betracht,

dafs nämlich Lamboy die that-

sächliche sehr grofse Überlegenheit des Entsatzheeres zeitgerecht erkannte und mit Rücksicht darauf jedem Widerstande von vornherein entsagte. Dann war der sofortige Rückzug auf das linke Mainufer angezeigt, um in einer, auf das befestigte Steinheim sich stützenden schwer angreifbaren Verteidigungs - Stellung , den Strom vor der Front, das Weitere abzuwarten.

Trafen die täglich erwarteten Verstärkungen

aus der Pfalz bald und in genügender Zahl ein, so stand der Rückkehr auf das rechte Ufer und einem angriffsweisen Vorgehen gegen den Landgrafen nichts im Wege . Blieben sie aus, so konnte Lamboy wenigstens nach dem Abmarsch der Hessen , denen der herrschende Mangel an Lebensmitteln kein langes Verweilen gestattete,

die Be-

lagerung der inzwischen jedenfalls nur in ganz unzureichendem Maſse verproviantirten Festung wieder von vorn anfangen . Der kaiserliche General mochte sich indes weder zum Angriff, noch zum Rückzug , ja nicht einmal zur Vereinigung seiner gesamten Truppenmacht zu entschliefsen ; er entschied sich vielmehr für eine Art Mittelweg" , d. h . er schob eine schwache, aus Fufsvolk und Reiterei zusammengesetzte Vorhut (gegen 500 Mann ) bis in die Höhe des Kinzigheimer Hofes und in den Köbler Wald vor und zog den 1500 Pferde zählenden. Rest seiner Kavallerie südlich der Kinzig, in der Nähe des Lehrhofs , zusammen, behielt aber im übrigen sämtliche Schanzen des rechten Mainufers, aufser dem Brückenkopf bei Steinheim, stark besetzt.

Da-

mit verzettelte er seine Truppen auf einer Linie von 14000 m Länge,



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Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

welche obenein von der Kinzig, über die nur eine einzige schmale Brücke zu seiner Verfügung stand, in zwei sonst völlig getrennte Teile gespalten wurde. Es war dies unter allen Umständen der schlechteste Entschlufs , welchen Lamboy überhaupt fassen konnte und zu dem er sich offenbar durch ein allzu pedantisches Kleben an der herkömmlichen unfruchtbaren Theorie der verhängnifsvollen Circumvallations -Linien hatte verleiten lassen. Dieser unverzeihliche Fehler genügte schon allein , um die Kaiserlichen dem Landgrafen rettungslos in die Hände zu liefern . 5. Gefechte am 23. Juni. In der Morgendämmerung des 23. Juni begannen sich die hessischen Vorposten bereits mit dem Feinde am Kinzigheimer Hofe herumzuschiefsen,

ohne dafs es aber vorläufig zu einem ernsteren Gefecht

gekommen wäre.

Bald nach Sonnenaufgang liefs Wilhelm V. im

Lager das Morgengebet verrichten, hielt an die versammelten Truppen eine, von furchtloser Zuversicht und freudigem Gottvertrauen zeugende Ansprache und befahl dann den Aufbruch.

In dem Augenblick, als

er sein Schlachtrofs besteigen wollte, soll , wie die Sage berichtet, aus heiterem Himmel ein Blitzstrahl dicht neben dem Fürsten in das Kornfeld gefahren sein, ohne ihn indes zu beschädigen. Unter den Soldaten habe dies unerwartete Phänomen allgemeine Bestürzung hervorgerufen, da es als übles Vorzeichen für die nahe Stunde der Entscheidung gedeutet worden sei .

Der Landgraf aber habe die be-

greifliche Niedergeschlagenheit der Seinen mit grofser Geistesgegenwart durch die Erklärung verscheucht, dafs er in diesem Ereignifs nur die sichere Vorbedeutung gewissen Sieges erblicken könne ; wie ihn der Allmächtige gegen den Blitzstrahl beschützt, werde er ihn auch im Kampfe unversehrt erhalten , die Feinde

aber vernichten.

Ich bemerke nur, dafs auch das vom Landgrafen Ernst über den Zug nach Hanau geführte Tagebuch eines heftigen Donnerschlages bei heiterem Himmel erwähnt, welche Erscheinung der in Wilhelms Gefolge befindliche Oberst -Lieutenant von Günderode für ein glückliches Vorzeichen erklärt habe (von Rommel, a . a. O. S. 461 ) .

Nach

5 Uhr setzten sich die Hessen und Schweden aus dem Lager am Wartbäumchen in drei Kolonnen auf der Friedberger Strafse in Bewegung. Gegen 7 Uhr eröffnete die Vorhut das Gefecht am Kinzigheimer Hof und im nördlichen Teil des Köbler Waldes (s . Plan : A), den die Kaiserlichen nach kurzer und wenig standhafter Gegenwehr räumten, um sich über die Lamboybrücke nach dem Lehrhofe zurückzuziehen.

Die Vorhut verfolgte

sie nur bis an den Südsaum des

Gehölzes , schwenkte dann links , ging über den Fallbach und drang

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

durch das Puppenwäldchen in den Lamboywald ein .

155

Sie bildete auf

diese Weise nunmehr den vorgeschobenen linken Flügel der sich hinter ihr allmählich entwickelnden schrägen Schlachtordnung des landgräflichen Heeres . Zugleich aber verschwand sie, den getroffenen Anordnungen gemäfs , für eine geraume Weile von dem eigentlichen Schlachtfeld, um später wieder desto wirksamer in den Kampf einzugreifen. Die zweite Kolonne hatte den Köbler Wald inzwischen auf einem weiter westlich führenden Wege durchschritten und marschierte, sobald das freie Feld erreicht und der Übergang über den Fallbach bewirkt war ,

in zwei Treffen auf.

Das erste Treffen (B) bestand

aus Fufsvolk und Artillerie ; das zweite (C) wurde von der gesamten Cavallerie gebildet , welcher sich auch die , zuerst der Vorhut beigegebene Reiterei anschlofs , da sie dem im dichten Gehölz vordringenden linken Flügel von keinem Nutzen mehr sein, bezw. überhaupt nicht folgen konnte. In gleicher Höhe mit der zweiten Kolonne marschierte auf der Friedberger Strafse ein, nur aus Infanterie zusammengesetztes rechtes Seiten - Detachement.

Diesem folgte die dritte Kolonne (D)

bis zum südlichen Waldrande und nahm dort auf dem rechten Flügel eine verdeckte Aufstellung, um sofort eingreifen zu können, falls der Feind versuchen sollte, der vorrückenden Mitte (zweite Kolonne ) von den stark besetzten westlichen Schanzen her längs der Kinzig in Flanke und Rücken zu fallen. Nach vollendetem Aufmarsch , währenddessen sich das rechte Seiten - Detachement (E) bereits mit leichter Mühe der am weitesten nördlich vorgeschobenen Dohnaschen Schanze (No. 10) bemächtigt hatte, schritt das erste Treffen der Mitte alsbald zum Angriff auf die beiden östlich der „krummen Kinzig " gelegenen Werke :

Dragoner-

und Stegische Schanze (No. 11 und 12) . Eine kurze , aber lebhafte Kanonade aus sämtlichen Geschützen leitete den Sturm ein, welcher in Folge der wirksamen Vorbereitung durch die Artillerie und bei dem äusserst

energielosen Widerstande der Verteidiger ,

ersten Anlauf und fast ohne Verluste gelang.

schon im

Unmittelbar darauf

teilten auch „ Guck in die Mühl " (No. 13 ) und die Kinzigschanze (No. 14) das Schicksal jener drei zuerst genommenen Werke. Damit war die ganze nordöstliche Circumvallations Linie von 2300 m Länge mit fünf Redouten und einer Batterie (No. 2) , an deren Errichtung hunderte von Menschen wochenlang gearbeitet hatten, in wenig mehr als einer halben Stunde und ohne sonderliche Anstrengung den Hessen zur Beute geworden . In verworrener Hast flutete der Rest ihrer Besatzung gegen die Lamboybrücke zurück , um wenigstens die vermeintlich schützende Schranke der Kinzig möglichst bald zwischen

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

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sich und die hartnäckig nachsetzenden Verfolger zu bringen. Doch auch diese Aussicht auf nahe Rettung sollte sich als trügerisch erweisen .

Mittlerweile hatten nämlich die Truppen des linken Flügels

(die frühere Vorhut) ,

von ortskundigen Landeseinwohnern geführt,

im Lamboywalde eine gangbare Furt durch die Kinzig aufgefunden und das südliche Ufer gewonnen . Sie rückten zu beiden Seiten des Flusses abwärts bis an den westlichen Saum des Bulauwaldes vor, ordneten dort ihre, bei dem langwierigen Marsch in dichtem Unterholz und bei dem Durchschreiten der Kinzig durcheinander gekommenen Reihen und warteten den Erfolg des Mitteltreffens ab . Sobald letzteres , die aus den nördlichen Schanzen geworfenen Kaiserlichen vor sich her treibend, jenseit der Lamboybrücke erschien, brach auch der linke Flügel ( F ) gleichzeitig gegen diese vor.

Die als Brücken-

kopf dienende Flesche, das Storchnest (No. 15 ) , von vorn und in der Kehle zugleich angegriffen , wurde so überraschend schnell gestürmt, dafs selbst der Versuch unterblieb , im letzten Augenblick noch die Brücke zu zerstören. Die bestürzten Kaiserlichen, den Feind an den Fersen und vor sich, suchten seitwärts über das Schwingefurt - Feld nach der Galgenschanze (No. 19) zu entkommen ; aber die meisten erlagen in nächster Nähe des Storchnestes den Schwertern und Kugeln der Hessen ; einige wurden gefangen genommen und nur einer geringfügigen Minderzahl glückte die Flucht. Bei Erstürmung der Schanzen selbst wurden keine Gefangenen gemacht. Wo man zu Sturm gangen , hat niemandt Quartier erlangt, Sondern seindt so wol Officiren als Soldaten nieder gemacht. worden" .

(Gefechtsbericht vom 25. ( 15. ) Juni .

Durch die gelungene Wegnahme der Lamboybrücke hatte der Landgraf nicht nur einen festen Riegel zwischen die auf beiden Ufern des Flusses isolierten Abteilungen der Einschliefsungs - Truppen geschoben, sondern sich auch den unbestrittenen Zugang zu dem südlichen (Nürnberger) Thor (u) der Festung gesichert. Nach Erreichung dieses wesentlichen Resultats , nahm er , dem südlich der Kinzig vorliegenden freien und offenen Gelände entsprechend, die gesamte Cavallerie ( 2000 Pferde) in das Vordertreffen und liefs sie gegen die noch immer am Lehrhof haltende Reiterei Lamboy's ( 1500 Pferde) vorgehen (G) ,

während die nunmehr ver-

einigte Infanterie der Mitte und des linken Flügels das zweite Treffen (H) bildete und sich gegen die ,

500 m südlich der Lamboybrücke

gelegene Mittelschanze (No. 16 ) in Bewegung setzte. Bevor man diese aber noch erreichte, war auf des wachsamen Ramsay Befehl schon ein Teil der Besatzung (I) durch das Nürnberger Thor (u) ausgefallen

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

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und hatte sich des Werks unter kaum nennenswerten Opfern bemächtigt. Der Angriff des nunmehrigen ersten Treffens war inzwischen vollständig gelungen. Die kaiserliche Reiterei entzog sich dem Zusammenstofs mit der, gegen sie anreitenden überlegenen Cavalleriemasse

durch schleunige Flucht ,

welche sie , nicht ohne noch im

Zurückgehen beträchtliche Verluste zu erleiden, gleich über die Mainbrücke fort bis Steinheim auszudehnen für gut fand. Doch gönnte. man sich wenigstens so viel Zeit , die dem linken Ufer zunächst gelegene Brückenjoche abzuwerfen und dadurch der Verfolgung am Main ein Ziel zu setzen. Mit seiner fliehenden Cavallerie verschwand auch General Lamboy vom Kampfplatz und lieferte dadurch den praktischen Beweis , dafs er schon jetzt den Tag für verloren ansah und überdies besonderen Wert darauf legte, seinen Truppen unter so schwierigen Umständen wenigstens den Oberbefehlshaber unversehrt zu erhalten. Sonderbarer Weise waren jedoch, wie die Folge lehren sollte , einige seiner Stabsoffiziere durchaus abweichender Ansicht und leisteten noch nach seiner Entfernung einen weit hartnäckigeren Widerstand, als ihn die Hessen und Schweden während seiner Befehlsführung überhaupt zu bekämpfen gehabt hatten. Es war inzwischen 12 Uhr geworden und der erste Akt des Treffens konnte als beendet gelten. Der Landgraf hatte alle Ursache, mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden zu sein . Sieben Schanzen und die wichtige Lamboybrücke waren genommen , die Umgebung im Osten der Festung völlig vom Feinde gesäubert, der Zugang zur Stadt geöffnet, etwa der vierte Teil des kaiserlichen Fufsvolks tot, verwundet oder gefangen (darunter der Oberst von der Stegen) und General Lamboy selbst mit seiner gesamten Reiterei über den Main gejagt ; dabei hatten diese bedeutenden Erfolge den Siegern nur sehr unerhebliche Verluste zugefügt. Die Zahl ihrer am Vormittag des 23. Gebliebenen betrug nach v. Rommel (a . a. O. S. 415 ) nur elf, nach Chemnitz (II, S. 1017) und Pufendorf (VIII , § . 40 , S. 344) zehn Mann. Dennoch erschienen die braven Truppen, welche sich unter der glühenden Junisonne seit sieben Stunden auf dem Marsch und im Gefecht befanden , einer kurzen Rast in hohem Mafse bedürftig. Diese wurde ihnen in ihrer augenblicklichen Stellung zwischen der eroberten Redoute No. 16 und dem Lehrhof gewährt, nachdem eine Abteilung Fufsvolk bis an die Mainbrücke vorgeschoben worden war, um jeden Versuch des Feindes, sich dieses Überganges etwa wieder zu bemächtigen, auf alle Fälle vereiteln zu können . Während der

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Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

nunmehr eintretenden Gefechtspause ritt der Fürst mit Feldmarschall Leslie und dem Gefolge durch das Nürnberger Thor in die glücklich befreite Stadt. Auch wurden alsbald an 600 mit Korn und Mehl beladene Wagen, sowie mehrere Heerden Schlachtvieh, welche Wilhelm V. aus dem selbst notleidenden Hessen zur Proviantierung Hanaus vorsorglich

hatte

nachführen

lassen ,

gleichfalls

in

die

Festung

geschafft. Nach der im Juni 1642 auf Befehl der Landgräfin Amelia Elisabeth vom Geheimen Rat Jakob von Hof aufgestellten Berechnung waren es im Ganzen 1865 kg Mehl und 180 860 kg Korn . Die Hanauer hatten schon seit dem 20. Juni, in Folge der eingehenden und sich stetig mehrenden Nachrichten und Anzeichen von der herannahenden

ersehnten

Hilfe , in

begreiflicher

fieberhafter

Spannung geschwebt , welche sich noch steigerte , als in der Nacht die Signalschüsse und das Strohfanal am Wartbäumchen alle Zweifel und Sorgen über das wirkliche und zeitgerechte Eintreffen des Landgrafen verscheuchten . In den Morgenstunden des 23. waren alle Türme der Stadt und die hochragenden Hausgiebel mit eifrigen Zuschauern besetzt , welche pochenden Herzens und unverwandten Blicks das allmähliche Vorrücken und die raschen Erfolge der Hessen und Schweden verfolgten. Eine unverbürgte Überlieferung hat mit dieser allgemeinen aufregenden Erwartung und Ausschau nach den Fortschritten des Entsatzheeres sogar den plötzlichen Tod eines angesehenen Bürgers Namens de Lattre in Verbindung gebracht.

Derselbe soll ebenfalls

den (noch heut vorhandenen ) Turm seines Hauses am Neustädter Markt (jetzt Marktplatz No. 20) bestiegen und dort, als er die hessischen Feldzeichen siegreich über dem glücklich erkämpften Boden wehen und den Feind zu wilder Flucht sich wenden sah, durch die freudige Erregung übermannt worden sein und, von einem Herzschlage tötlich getroffen , den Geist aufgegeben haben . Diese Erzählung wird gewöhnlich in das Gebiet der Sage verwiesen .

Dem scheint aber

der wiederholt angezogene Gefechtsbericht vom 25. (15. ) Juni

zu

widersprechen , der in dieser Hinsicht gewifs als unverdächtige Quelle zu betrachten ist. Es seindt die burger in der Stat " , heifst es darin , so fro worden , das sie vor freuden nichts Thun oder lassen konnen vndt drey alte Menner darunter der furnembste Kaufmann , Daniel de Later genannt gewefsen , vor freuden gestorben " . Als der Landgraf endlich gegen 12 Uhr durch das Nürnberger Thor in die Stadt einritt, strömten ihm die durch seinen entschlossenen Beistand von so langer Angst ,

Sorge und Not mit einem Schlage

erlösten Einwohner in dicht gedrängten Scharen entgegen und hiefsen

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) .

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ihren Erretter unter stürmischem Jubel und dem Geläut aller Glocken willkommen.

Sein

erster Weg durch Hanaus Strafsen führte den

gottesfürchtigen Fürsten zur Marienkirche (b) in der Altstadt , um vor allem dem Herrn der Heerscharen für den unter göttlichem Beistand so leicht errungenen Sieg aus vollem Herzen zu danken und die Fülle seiner Macht und Gnade mit freudigem Gemüt zu preisen .

Diesem Gottesdienst ,

der für die neustädtische Gemeinde

gleichzeitig in der französisch- wallonischen Kirche (i) stattfand, wohnten zahlreiche Andächtige aus der Bürgerschaft bei , um unter heifsen Freudenthränen ihre innigen Dankgebete mit denen des frommen Landgrafen zu vereinen. Nach Beendigung der kirchlichen Feier liefs Wilhelm den Almosenpflegern sogleich 3000 Mark zur Verteilung

an die bedürftigsten

Armen einhändigen und begab sich sodann in den „Weifsen Löwen " (1) , das Quartier des General Ramsay , um bei diesem das Mittagsmahl einzunehmen und die weiteren Mafsregeln gegen den Feind zu verabreden. Währenddessen hatte vor der Stadt der Kampf bereits wieder begonnen, indem sich das schwedisch-hessische Fussvolk vom Lehrhof her zunächst gegen die Morastschanze (No. 17) wendete ; dieser Angriff (K) wurde zugleich von der, durch das Nürnberger Thor ausgefallenen Abteilung der Besatzung unterstützt , welche schon am Vormittag die Mittelschanze genommen hatte.

Ihre thätige Teil-

nahme am Gefecht erfolgte wohl weniger , weil die zur Wegnahme der feindlichen Werke auch allein hinlänglich starken landgräflichen Truppen dieses Beistandes wirklich bedurft hätten, als weil der tapfere Ramsay es mit seiner militärischen Ehre für unvereinbar hielt, den zu Hanaus Rettung unternommenen Kampf ausschliefslich von den Bundesgenossen vollbringen zu lassen. In der Morastschanze befehligte der kaiserliche Oberstwachtmeister Buddingen, welcher am 28. Februar bei einem Ausfall der Schweden. gefangen genommen , aber bald wieder ausgewechselt worden war. Dieser wackere Offizier war fest entschlossen , jene Scharte heut auszuwetzen und die ihm anvertraute Schanze bis auf den letzten Mann zu verteidigen, ohne sich durch die schlaffe Haltung, welche die grofse Mehrzahl seiner Kameraden bei den Gefechten des Vormittags gezeigt hatte, im mindesten beirren zu lassen , und obgleich er sehr wohl wufste, dafs ihm jede Aussicht auf Erfolg unbedingt abgeschnitten sei. Buddingen's mannhaftes Beispiel übte auch auf seine treuen Untergebenen einen erhebenden Einfluss aus und entflammte sie zu begeisterter Todesverachtung , sodafs die Hessen und Schweden gegen diese Schanze einen unerwartet harten Stand

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Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

bekamen und bei dem Sturm erheblich gröfsere Verluste erlitten, als vor den sämtlichen bereits genommenen Werken . Bei der bedeutenden Überzahl der Angreifer konnte ihnen aber schliefslich der Sieg nicht entgehen ; sie erreichen den Graben, springen hinab und erklimmen die Brustwehr. In diesem entscheidenden Augenblick, welcher der überwältigten Besatzung nur noch die Wahl zwischen Tod und Gefangenschaft läfst, schwankt Buddingen keinen Augenblick, das äusserste verzweifelte Mittel zu ergreifen . Er reifst einem Musketier die brennende Lunte fort und schleudert sie ohne Zögern in die gefüllte Pulverkammer. Die furchtbare Explosion sprengt zwar die Hälfte der Sternschanze und den gröfsten Teil der Verteidiger mit ihrem heldenmütigen Führer in die Luft ; aber auch von der siegreichen Sturmkolonne müssen viele Buddingen's stoische That mit dem Leben bezahlen ; nach dem 99 Gefechtsbericht" wurden einige zwanzig Mann getötet oder furchtbar verbrannt und verstümmelt. Die wenigen Leute der Besatzung, welche die grause Katastrophe noch verschont hat, werden von den zuerst eingedrungenen , durch den hartnäckigen Widerstand und den Tod so zahlreicher Kameraden erbitterten Hessen ohne Schonung niedergemacht. Nach der Morast- kam die Galgenschanze (Nr. 19) nebst der benachbarten Anschlufslinie , der Flesche 18 und der Batterie 3 an die Reihe (L). Aber die Mannschaft dieser Werke verriet keine Neigung, das heroische Beispiel nachzuahmen , welches Major Buddingen und seine Leute ihnen soeben gegeben hatten ; sie zeigten sich im Gegenteil durch das unter ihren Augen vor sich gehende schreckliche Schauspiel der Explosion und des mörderischen Gemetzels in der benachbarten Sternschanze völlig entmutigt. Nur die unmittelbar neben der Galgenschanze liegende Batterie 3 vergeudete die Kugeln ihrer beiden Zwölfpfünder noch immer unverdrossen gegen die Wälle der Festung, als die von der 800 m entfernten Morastschanze heranrückenden Kolonnen bereits den dazwischen gelegenen Rohrbruch nach der Stadt zu umgangen hatten und sich zum Sturm auf die Flesche anschickten . Die eingeschüchterte Besatzung der letzteren und der Galgenschanze selbst,

zog es indes vor, das entscheidende

Handgemenge nicht erst abzuwarten, sondern den ihnen zugeteilten Posten in schmählicher Flucht zu verlassen. Da ihnen ringsum jeder Ausweg zur Rettung und zum Entkommen auf das linke Mainufer versperrt war, so zerstreuten sie sich in der herrschenden Verwirrung nach allen Richtungen hin ; einige liefen sogar, von sinnloser Todesangst getrieben, bis auf das Glacis der Festung ; aber fast alle wurden durch die nachsetzende Reiterei, welche sich inzwischen vom Lehrhofe nach der Galgenschanze herangezogen hatte ,

eingeholt und

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

161

niedergehauen . Das gleiche Schicksal teilten wenig später auch die Verteidiger der Main- und der Steinheimer Schanze (Nr. 20 und 21 ), sowie der Batterie 4 , während die Lamboyschanze (Nr. 25) , die Fleschen 26 und 28 nebst der Redoute 27 schon früher von den Kaiserlichen geräumt worden waren. Damit hatte die Arbeit dieses Tages ihr Ende erreicht.

Zwischen

Main und Kinzig befand sich kein kampffähiger Feind mehr ; vierzehn Schanzen und drei Batterien waren erobert oder von ihrer Besatzung preisgegeben ; die Lamboybrücke geöffnet und der Mainübergang abgeschnitten. Diese sehr günstigen und mit ungemein geringen Opfern erkauften Resultate waren in erster Reihe unstreitig den durchaus zweckmässigen taktischen Anordnungen des Landgrafen und der geschickten Kombination der verschiedenen Angriffs-Bewegungen, sodann aber auch dem pünktlichen , entschlossenen Ineinandergreifen und Zusammenwirken der einzelnen Truppenteile zuzuschreiben. Dabei trug allerdings die schon oben gerügte fehlerhafte Aufstellung der Kaiserlichen, sowie ihre , mit wenigen Ausnahmen, höchst energielose Führung und Haltung ebenfalls wesentlich zu den raschen Erfolgen der Hessen bei. Immerhin bleibt es, wenn man den Mafsstab der heutigen Gefechtsleitung anlegt, einigermafsen befremdend und rätselhaft, dafs man sich, anscheinend ohne irgend welchen zwingenden Grund, den Angriff auf die feindliche Stellung im Westen der Stadt, von der „krummen" Kinzig bis zum Main noch für den nächsten Tag vorbehielt, statt schon am 23. völlig reine Bahn zu machen , was ohne Zweifel recht wohl möglich war. Es lag ja in jeder Hinsicht so nahe, diese Aufgabe dem gar nicht zum Gefecht gekommenen rechten Flügel der landgräflichen Truppen zu übertragen, welcher schon bei Beginn des Kampfes auf der Friedberger Strafse bis an den südlichen Saum

des Köbler Waldes vorgeschoben und dort den Tag

über belassen worden war, um die Besatzungen der Schanzen 4 bis 9 nötigenfalls im Zaum zu halten.

Diese Kolonne hatte nur am frühen

Morgen eine Strecke von kaum 8 Kilometern in etwa 2 Stunden zurückgelegt und seitdem, ohne einen Schufs zu thun, geruht. Es würde daher keinenfalls eine übermäfsige Anstrengung für sie gewesen sein, nach erfolgter Wegnahme der Lamboybrücke unter dem Schutze des Waldes die Schanzen 2 bis 7 in westlicher Richtung zu umgehen und sich vor allem des kaiserlichen Hauptlagers bei Kesselstadt (Nr. 1 ) , sowie der dort durch den Main führenden Furt zu bemächtigen . Dadurch wären die Kaiserlichen in den genannten Schanzen von der Verbindung mit den Ihrigen gänzlich abgeschnitten und der Möglichkeit eines gesicherten Rückzuges unbedingt beraubt worden ; sie würden

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Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

es deshalb, nach den Vorgängen auf der anderen Seite der Stadt zu urteilen , höchst wahrscheinlich geraten gefunden haben, sich noch am 23. zu ergeben und dem hessisch-schwedischen Fufsvolk die blutigen Opfer zu ersparen, welche der andere Tag auf diesem Teil des Schlachtfeldes noch von ihm fordern sollte . Die Gründe, aus denen diese so einfache und natürliche Mafsregel dennoch unterblieb, sind unbekannt ; man wird aber füglich annehmen dürfen, dafs sie lediglich in den Grundsätzen der damaligen gemächlichen “ Kriegführung zu suchen sind, welche für gewöhnlich weit lieber in der Weile" als in der „Eile " die mafsgebende Richtschnur ihres Handelns zu erblicken geneigt war. 6. Gefechte am 24. Juni. Als der Landgraf am 24. morgens zur Vollendung des am Tage vorher so glücklich begonnenen Werkes schreiten wollte, ergab es sich, dafs während der Nacht zwar noch sieben Schanzen (1 bis 3 und 6 bis 9 ) nebst der letzten Batterie (Nr. 1 ) vom Feinde geräumt worden waren,

wogegen dieser die, in der Gabelung der Strafsen

nach Frankfurt und nach Hochstadt gelegene Hauptschanze (Nr. 4) um so hartnäckiger behaupten zu wollen schien .

Ihre Besatzung be-

stand aus 600 Mann alter erprobter Soldaten von den Regimentern Jung - Tilly , Lamboy und Bönninghausen unter den Befehlen der Oberst-Lieutenants Philipp Ernst Marschall (Marschalck) und Ernst Pape (Papa).

Von Marschall sagt Chemnitz : „Auf welchen die

Keyserliche sehr viel gehalten " .

Pape, vom Regiment Bönninghausen,

war erst am 9. März 1636 zu den Belagerungstruppen vor Hanau gestofsen; er hatte bis dahin (seit dem 9. Dezember 1634) die Stellung als Kommandant von Friedberg bekleidet.

Die

artilleristische Be-

waffnung der Hauptschanze bildeten drei Feldgeschütze ( 8pfünder) nebst einer Anzahl Doppelhaken . Der Fürst erkannte von vornherein, dafs ein Angriff auf dies starke bastionierte Viereck nur nach einer wirksamen Vorbereitung durch Artilleriefeuer Aussicht auf Erfolg versprechen könne.

Er liefs

deshalb zunächst vier Feldgeschütze (12pfünder) und 2 halbe Karthaunen (24 pfünder) nordwestlich der Hauptschanze , ungefähr 350 m davon entfernt,

in Batterie stellen (M).

Diese sechs Kanonen er-

öffneten das Feuer gegen 10 Uhr und gaben während der vier Stunden ununterbrochen andauernden Beschiefsung zusammen 160 Schufs ab — für die damalige Art der Geschützbedienung das reine Schnellfeuer. Dadurch glaubte man Wälle und Mannschaft hinlänglich mürbe gemacht und ihre Widerstandskraft gründlich gebrochen zu haben ; aber die Hessen mussten zu ihrem Schaden sehr bald inne werden , daſs

Mittelbuchen

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Plan

von Hochstadt, des Treffens am Lamboywald ( 43. und 24. Juni 1636. 1: 50000. Hessische u schwed. Truppen Kaiserliche

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163

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

sie die Wirkung der Kanonade bedeutend überschätzt und die standhafte Tapferkeit der alten kaiserlichen Kerntruppen viel zu gering angeschlagen hatten . Um 2 Uhr befahl der Landgraf den Angriff auf das Werk. Rechts und links der nunmehr verstummenden Batterie brechen die beiden Sturmkolonnen (N) gegen die Nordfront der Hauptschanze vor. Letztere , die bisher, einem toten Erdhügel gleich, regungslos dagelegen hat, beginnt sich in diesem Augenblick wie auf einen Zauberschlag zu beleben. Die Brustwehrkrone erscheint plötzlich mit einem starren blinkenden Gürtel von Musketen und Doppelhaken umsäumt ; dazwischen strecken sich den Stürmenden drohend die dunklen Mündungen der drei Geschütze entgegen, welche bis dahin vor dem überlegenen Feuer der Angriffsbatterie weislich hinter schützenden Deckungen zurückgehalten waren; unter krachendem Donner hüllen sich die Wälle in eine wallende Wolke weifsen Dampfes und ihre flammenden Blitze speien einen vernichtenden Blei- und Eisenhagel in die dichten Reihen der tapferen Hessen. Zwar dringen sie trotz des heftigen Feuers und der sich von Schritt zu Schritt mehrenden Verluste noch unentmutigt vor und erreichen schliefslich den Grabenrand ; aber das Hinabsteigen und das Erklimmen der Brustwehr 1 wird ihnen unmöglich gemacht durch die Sturmpfähle und Pallisaden, mit denen die Gräben reichlich gespickt sind, sowie durch das vernichtende Kreuzfeuer, welches sie aus nächster Nähe von den beiden Bastionsflanken der angegriffenen Front erhalten. Gegen jene hemmenden Hindernisse und dies verheerende Feuer erweist sich aller Heldenmut machtlos. Die stark gelichteten Reihen zaudern , schwanken und weichen endlich aus dem Bereich der tötlichen Kugelsaat bis zu der Batterie zurück, die ihr wenig wirksames Feuer sofort wieder aufnimmt.. Noch zweimal liefs der Landgraf den " General " -Sturm

durch

seine tapferen Truppen wiederholen, und noch zweimal schlugen ihn die Kaiserlichen ebenso tapfer und blutig ab. Man konnte sich schliefslich nicht länger verhehlen, dafs eine nachdrücklichere Beschiefsung, als bisher, unerlässlich sei, um den hartnäckigen Widerstand der Hauptschanze zu brechen.

Es wurden

deshalb von den Wällen der Festung noch schleunigst zwei schwere Mörser (darunter ein 120 pfündiger) herbeigeholt und am rechten Flügel (m ) der Kanonen -Batterie aufgestellt. Der mächtigen Durchschlagskraft und Sprengwirkung der in steilem Bogen geschleuderten Hohlgeschosse dieser beiden Geschütze war die Schanze allerdings schutzlos preisgegeben, da sich darin keinerlei bombensichere Eindeckungen, Blockhäuser und dergleichen befanden . Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 2.

Die Besatzung 12

164

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

litt daher sehr empfindlich unter dem anhaltenden Feuer der Mörser, welche aufser den Bomben auch Streugeschosse (Steine) schleuderten ; überdies wurden dadurch erhebliche Beschädigungen der Brustwehren , Pallisaden u. s . w. verursacht . Alles dies würde indes vielleicht nicht hingereicht haben, um bei der vorgerückten Tageszeit noch im Laufe des 24. ein entscheidendes Resultat herbeizuführen. Dennoch sollte sich das Geschick der Schanze noch an diesem Tage erfüllen : Eine besonders glücklich treffende Bombe durchschlug die schwache Decke der Pulverkammer, sprengte diese in die Luft, tötete und verwundete eine gröfsere Anzahl Leute und rifs eine beträchtliche Lücke in den benachbarten Wallkörper . Dies für die Angreifer über Erwarten günstige Ereignifs bewog den Landgrafen, noch einen vierten Sturmversuch wagen zu lassen. Doch die Besatzung , deren zähe Widerstandskraft sich endlich auch erschöpft hatte, wartete jenen äufsersten Fall, der sie mit sicherem Untergange bedrohte, nicht mehr ab, sondern als die Hessen abermals ansetzten, verlangte der kommandirende Offizier zu kapituliren , um das Leben seiner getreuen Mannschaft nicht nutzlos zu opfern. Die Oberst-Lieutenants Marschall und Pape ,

7 Kapitäns und

Lieutenants , 525 Unteroffiziere und Gemeine nebst einem Mefspriester ergaben sich auf Gnade und Ungnade und wurden gefangen abgeführt; gegen 70 Mann waren dem mehrstündigen Bombardement und der Explosion des Pulvervorrats

erlegen.

Die Überlebenden

durften jedenfalls mit einiger Genugthuung darauf zurückblicken, daſs ihre mannhafte Gegenwehr wenigstens die Ehre der österreichischen Waffen gerettet hatte, die bei den Gefechten des vorhergehenden Tages, abgesehen von dem Heldentode des Oberstwachtmeisters Buddingen, bedenklich in die Brüche geraten war. Leider machten die Gefangenen ihrem berechtigten Selbstgefühl in wenig anheimelnder Weise Luft. Indem sie aber gefangen hereingebracht wurden ", berichtet trockenen Tones die Oberkalbacher Handschrift, „ erzeigten sie sich noch als grimmige Bären und liefsen sich ihrer Viele ausdrücklich vernehmen, sie hätten verhofft, auf eine andere Weise herein zu kommen, alsdann wollten sie mit den Bürgern auch ihres Willens gelebt haben.

Ja Etliche , welche ihres Handwerks Zimmer-

leute oder Maurer waren und vor Zeiten gesellensweis am Stadtbau *) gearbeitet hatten, sagten rund heraus , sie hätten vermeint und gewünscht, solche Bäue wieder einzureifsen , und zu verderben, aus welchen und vorigen

Reden das boshaftige verbitterte Gemüt der

*) An der gegen Ende des 16. Jahrhunderts begonnenen Erbauung der Neustadt.

165

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

Belagerer, und wie der Untergang und äufserste Ruin der Stadt beschlossen gewesen,

abzunehmen .

Darum gelobt sei der Herr,

dafs

er uns nicht hat gegeben zum Raub in ihre Zähne. " So war denn auch das letzte und stärkste Bollwerk der Kaiserlichen gefallen , aber nicht ohne dafs seine Eroberung den Hessen und Schweden die schmerzlichsten Opfer gekostet hätte. Bei dem dreimal mifsglückten Sturm auf die Hauptschanze blieben allein von hessischen Offizieren sechs : Hauptmann Wasserhuhn vom weiſsen Regiment; Hauptmann Knoblauch vom gelben Regiment, welcher vor dem äufseren Grabenrande der Schanze erschossen wurde , als er an der Spitze seiner Kompagnie vergeblich die hemmenden Sturmpfähle zu überschreiten versuchte ; endlich Kapitän Meier und drei Fähnrichs vom gelben Regiment ,

darunter Hans von Günderode (Bruder des

Hofmarschalls ) , der seiner tötlichen Wunde bald darauf erlag.

Ver-

wundet waren : Oberstlieutenant Christian Motz des weifsen Regiments , Kommandeur der Sturmkolonne (Schufs durch die rechte Hand), der schwedische Oberstlieutenant Wigrebe vom Regiment des Oberst Aston (Schufs in den Leib) ; Kapitän Graf Christian von Nassau- Siegen vom grünen (Leib-) Regiment, jüngster Stiefbruder der Landgräfin -Witwe Juliane (unter dem linken Auge in den Kopf geschossen , später in Kassel geheilt) ; ferner die Kapitäns von Sallery oder Sallon , Berkeley , Georg Michael Poppenhausen (vom weifsen Regiment

leicht ver-

wundet) , Bernhard Bender , Rittmeister Pfeiffer , Fähnrich Manches Applegard u. a. m. Von Soldaten wurden 30 getötet und an 170 verwundet, während der gesamte Verlust des 23. Juni nicht über 100 Mann betragen hatte . - Andererseits verloren die Kaiserlichen an beiden Tagen im Ganzen 1300 Tote , 700 Gefangene und mindestens 1000 Vermifste, d. h. Versprengte, welche gröfstenteils dem Fufsvolk angehörten und am 23. , nach der plötzlichen Flucht der Reiterei und dem Abbrechen der Mainbrücke, nicht mehr auf das linke Ufer hatten entkommen können ; sie flüchteten in die ausgedehnten Waldungen östlich von Hanau und vermehrten die zahlreichen Banden der „ Merodebrüder", welche auf eigene Faust in dem unglücklichen Lande umherzogen und sich nach hergebrachter Weise von Strafsenraub und Plünderung nährten. Zu den Gefallenen zählten von kaiserlichen Stabsoffizieren, neben Oberst von der Stegen und Oberstwachtmeister Buddingen, noch der Oberstlieutenant du Four und ein ungenannt gebliebener Major. Unter den Gefangenen befanden sich , aufser den , mit der Hauptschanze in die Hände der Sieger gefallenen neun Offizieren , der kurmainzische Dragoner-Kapitän Jean d'Huart und zwei „ Sergeantmajor-Lieutenants ".

12*

166

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) . Der 99 Gefechtsbericht" beziffert die Gesamtzahl der in Gefangen-

schaft geratenen Offiziere auf sechzehn : 4 Oberstlieutenants, 2 Majors und 10 Kapitäns, Lieutenants und Fähnrichs . Damit stimmen indes die im Königl. Staatsarchiv zu Marburg (Kriegsakten von 1636, Fascikel 9713 ) enthaltenen sogen . Interrogatoria" nicht überein, d. h. eine Art Protokoll (ohne Datum), welches man mit einem Teil der gefangenen Kaiserlichen über Namen , Herkunft , Dienst, Dienstzeit, Rang und ob „ beweibet vnndt wo sich das weib befinde ", aufgenommen hatte . Es werden darin aufser Oberstlieutenant Philipp Ernst Marschall , 3 Hauptleute , 2 Kapitäns, 1 Kapitän-Lieutenant, 4 Lieutenants, 2 Fähnrichs , 1 Adjutant und ein , christlicher Mefspriester beym Oberstlieutenant Marschall " nebst 176 Unteroffizieren und Soldaten aufgeführt, sowie in der Beilage noch 1 Fähnrich,

1 Fourier und eine

gröfsere Anzahl von Soldaten , darunter mehrere als gestorben bezeichnet. Dafs auch dies Verzeichnifs nicht vollständig sein kann, geht aus dem Fehlen des Oberstlieutenant Pape hervor. Die gefangenen Offiziere wurden am 25. nach Hessen gesendet, während man die Soldaten zunächst in den Neustädter Holzhof neben dem damaligen Rathause sperrte, dann aber, als sich ihr widerhaariger Trotz einigermafsen gelegt hatte , nach der Sitte der Zeit mehrere hundert Mann bei den hessischen und schwedischen Regimentern "unterstellte ".

Nach Chemnitz a. a. O. waren die 525 Gefangenen aus der Hauptschanze lauter alte Knechte , welche zehn und mehr Jahre im Regiment Jung Tilly gedient hatten ; auch befanden sich einige darunter , die früher unter schwedischer Fahne fechtend , bei Nördlingen in Gefangenschaft geraten waren. Von den drei in der Hauptschanze eroberten Geschützen erhielt der Landgraf zwei und Leslie eins, während die Gefangenen gleichmäfsig zwischen beiden geteilt wurden. Fahnen und Standarten hatte man überhaupt nicht erbeutet, was darauf schliefsen läfst, dafs diese am 20. Juni mit dem gröfsten Teil der Artillerie und dem Trofs ebenfalls auf das linke Mainufer hinüber

geschafft worden waren. 7.

General Lamboys Abzug.

Nachdem das rechte Mainufer vollständig von Feinden gesäubert war, erschien es dringend wünschenswert, sich auch noch Steinheims , des letzten Stützpunktes der Kaiserlichen , zu bemächtigen , damit. dem Gegner, selbst nach dem bevorstehenden Rückmarsch des Entsatzheeres ein etwa beabsichtigtes abermaliges Unternehmen gegen Hanau

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636 ).

167

möglichst erschwert werde. General Lamboy , der am 23. Mittags mit heiler Haut in Steinheim eingetroffen war, schien anfangs, vermutlich in der ersten Erregung über die soeben erlittene schmähliche Schlappe , zur hartnäckigsten Verteidigung des Ortes

entschlossen .

Wenigstens liefs er nicht nur die Thore schleunigst verrammeln und alle sonstigen notwendig erscheinenden Mafsregeln treffen, um dem zu gewärtigenden Angriff kräftig zu begegnen , sondern er empfing auch , wie das vorerwähnte Fliegende Blatt" meldet , von seinem Beichtvater , einem Jesuiten , das heilige Abendmahl , trug also in allem das Gebahren eines Mannes zur Schau, der gesonnen ist , sich bis zum letzten Blutstropfen ritterlich zu wehren. Die Mannschaft, auf welche er dabei rechnen konnte, war der Zahl nach (gegen 1500 Mann) allerdings völlig hinreichend , um die wenig ausgedehnten und grofsenteils sturmfreien Ringmauern der Stadt gegen einen gewaltsamen Angriff behaupten zu können ; ebenso gebrach es nicht an Artillerie, da man, wie erwähnt, die meisten Geschütze des Belagerungsheeres schon früher nach Steinheim in Sicherheit gebracht. hatte. Aber die Waffengattungen, aus denen sich Lamboys Truppen zusammensetzten, erschienen für die Verteidigung eines festen Platzes. wenig geeignet.

Das Fufsvolk bestand lediglich aus dem nur noch

200 oder 300 Mann zählenden kurmainzischen Regiment des Grafen . Dohna ; den ganzen Rest von 1200 Mann bildeten ausschliefslich die Überbleibsel der mit dem General " vom Lehrhof über den Main geflüchteten Reiterei, da die kaiserliche Infanterie nicht schnell genug hatte laufen können, um ihren scharf reitenden Oberbefehlshaber zu begleiten und mit ihm noch vor Abbruch der Mainbrücke den rettenden Anschlufs rechtzeitig zu erreichen .

Überdies liefs auch die moralische

Kraft dieser bunt zusammengewürfelten Besatzung von Steinheim in Folge der erlittenen entscheidenden Niederlage ohne Zweifel recht viel zu wünschen übrig. Mochte sich nun Lamboy von diesen oder sonstigen Erwägungen leiten lassen, jedenfalls hatte er den Gedanken an einen Widerstand bis zum äussersten über Nacht schon wieder aufgegeben und den vorsichtigeren Entschlufs gefafst , mit seiner Reiterei in aller Stille abzuziehen , so lange ihm die Wege noch offen ständen . Diese Absicht führte er bereits am 24. abends aus , als ihm die Nachricht von dem Fall der Hauptschanze zugegangen war , woraus er mit grofser Wahrscheinlichkeit folgern konnte, dafs die Reihe nun auch bald an Steinheim , bezw. an ihn selbst kommen werde. Er schlug eine südwestliche Richtung ein, um auf dem kürzesten Wege über Speier nach Drusenheim zu gelangen, wo das kaiserliche Heer unter Gallas damals lagerte .

Auf dem Marsch dorthin stiefsen noch drei

168

Das Treffen am Lamboywald ( 23. und 24. Juni 1636).

Reiterregimenter ( 1200 Pferde) zu ihm, welche Graf Bray aus Thüringen nach dem Rhein führte. Gegen Gallas und den König von Ungarn soll sich Lamboy sehr lebhaft beklagt haben, dafs er so rücksichtslos im Stich gelassen und die zugesagten Verstärkungen ihm vorenthalten worden seien.

Darin hatte er freilich vollkommen recht, dafs er ohne

einen namhaften Zuwachs an Hilfstruppen überhaupt nicht im Stande gewesen wäre, gegen die Hessen und Schweden das Feld zu halten und die Belagerung Hanaus fortzusetzen ; aber die Gröfse und den Umfang seines Mifsgeschicks und der erlittenen Verluste mufste er ehrlicher Weise vor allem seinen eigenen verkehrten und energielosen Mafsregeln zuschreiben.

Von dem wirklichen Sachverhalt scheint man

jedoch im kaiserlichen Lager keine Kenntnifs erhalten zu haben , oder man wollte aus anderen Gründen geflissentlich darüber hinwegsehen ; wenigstens fiel Lamboy ob seines Mifserfolges keineswegs in Ungnade, sondern fand schon nach wenigen Wochen mit seiner Cavallerie wieder Verwendung in dem Heere , welches der König von Ungarn nach Breisach führte , um

einen mit dem Kardinal - Infanten Don

Fernando verabredeten Angriff auf Burgund vorzubereiten .

8.

Siegesfeier.

Die so plötzlich vom Gipfel des Elends in erträgliche und vor allem gesicherte Zustände zurückversetzten Hanauer strömten am 26. Juni im hellen Haufen unter lautem Jubel hinaus vor die Thore, um zum letzten Mal und in nächster Nähe die , noch vor wenig Tagen so drohend hinüberblickenden kaiserlichen Schanzen in Augenschein zu nehmen und dann ihre Spuren auf immer vom Erdboden zu vertilgen.

Der frohe hastige Eifer, mit dem Alt und Jung, Reich

und Arm bei diesem willkommenen Werke zugriff, liefs jene mühevollen Denkmäler langwieriger fruchtloser Anstrengungen in kürzester Frist verschwinden , mit Ausnahme der Schanzen 25-28 , welche wegen ihrer grofsen Entfernung von der Stadt und der dadurch bedingten Unschädlichkeit und im Falle einer abermaligen Belagerung, völlig unberührt blieben und, wie erwähnt, zum Teil noch heut erhalten sind.

Die Schanzen seint noch nicht alle geschleift , man

ist aber täglich in starker arbeit “ , schreibt Paul Ludwig am 18. (28.) Juni. Bei dem Einebenen der Werke wurde verständiger Weise zugleich Sorge getragen, die zahlreich umher liegenden Körper der erschlagenen Feinde zu unterst auf den Grabensohlen zu betten und sie mit der Erde der abgetragenen Brustwehren zu bedecken, um keinen neuen Krankheitsherd durch die Verwesung so vieler unbestattet bleibenden Leichen entstehen zu lassen . Was die besonderen Dankes- und Freudenbezeugungen anlangt , durch welche

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636) .

169

die Bürgerschaft ihrer frohen Erregung über die glückliche Befreiung der Stadt von so schweren Drangsalen Ausdruck gab , so werden darüber verschiedene und mitunter in der That höchst sonderbar klingende Mären mitgeteilt. So berichtet Martin Zeiller im Anhang zur „ Topographia Hassiae“ wie folgt: „ Der Welsche Graff, Galeatius Gualdus , schreibet , in seinen Historien , part . 1. lib . 12 , pag. 327 des ersten Drucks , daſs, wegen defs ermelten Entsatzes , die Hanauer drey Tag nach einander , auff defs Landgraven Gesundheit getruncken und dazu

die

Stück

abgehen

lassen ,

vnd

Burgermeister sich zu todte gesoffen. die zu Hanau am besten wissen " .

hette

darüber

der

Ob deme also , werden

Der Hanauer Chronist Georg Friedrich Dhein führt diese Stelle in seinen „ Memorabilia hanovica" ebenfalls an , ist aber über das , seinen Mitbürgern und deren Oberhaupt nachgesagte, wenig rühmenswerte Verhalten offenbar in gelinde Entrüstung geraten und bemerkt dazu : Nb. Diefsen umstand hab in meiner Edition de A° 1672 : Vienna, nicht gefunden. "

Dabei scheint indes dem patriotischen Dhein ein

kleiner Irrtum untergelaufen zu sein ; eine zu Wien im Jahre 1672 erschienene Ausgabe der 77 Historia universale " des Grafen Galeazzo Gualdo Priorato ist mir allerdings nicht zugänglich geworden ; aber in der bekannten, 1642 zu Venedig gedruckten Ausgabe ist die von Zeiller angeführte Stelle in der That fast wörtlich enthalten, nur werden dem verunglückten Bürgermeister, wahrscheinlich nach dem Grundsatz : „ De mortuis nil nisi bene !" noch einige ausgesuchte Schmeicheleien gewidmet. Trotzdem dürfte für die Bürgerschaft Hanaus kein triftiger Grund vorliegen , sich wegen jener, ihren Vorfahren angehängten üblen Nachrede zu beunruhigen , denn Graf Galeazzo Gualdo Priorato ist, unbeschadet seiner sonstigen Bedeutung als Geschichtsschreiber, jedenfalls ein sehr oberflächlich und unzuverlässiger Kenner der Kämpfe um Hanau , wie sich schon daraus ergiebt, dafs er die Festung durch Oberst 99 Wistum" (General Vitzthum) , den unglücklichen Kommandanten von Frankfurt, verteidigen und neben Lamboy auch noch durch den Marchese di Grana angreifen läfst . Ebenso ist er auch, in vorliegendem Falle wenigstens , über die vermeintliche Todesart des Bürgermeisters unzweifelhaft übel berichtet gewesen,

da nachweislich weder der Oberschultheifs -Amts-

verweser, Kanzleirat Dr. Erkenbrecht , noch auch die Bürgermeister der Alt- bezw. der Neustadt, B. Conradi und P. Cotrell , im Jahre 1636 verstorben sind . Ob im Übrigen das Volk von Hanau seiner Freude über die siegreich erzwungene Aufhebung der Belagerung

170

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

vielleicht durch reichliche Libationen und lärmenden Jubel einen allzu stürmischen Ausdruck gegeben hat, mag dahin gestellt bleiben .

Aus

den würdigen und erhebenden Worten, welche die Oberkalbacher Handschrift dem folgenreichen Entsatz

der Festung widmet,

geht

jedenfalls hervor, dafs in den besseren Bürgerkreisen das bedeutsame Ereignifs mit gebührendem Ernst aufgenommen und ebenso das allgütige Walten der Vorsehung dankbaren Herzens anerkannt wurde ; am 22. Juni ( 2. Juli) , so wie am 26. Juni (6. Juli) ,

dem

zweiten

Sonntage nach Trinitatis, veranstaltete man einen 27 Dank-, Fast- , Bufs- und Bettag" . An beiden Tagen hielt Heinrich Rosenstein aus Battenberg, Pfarrer des Freigerichts, die Festpredigt in der Hospitalkirche. Während der folgenden Jahre (spätestens seit 1640) wurde die Gedächtnifsfeier in der ganzen Grafschaft unter Fasten und Gottesdienst stets am 13. (23. ) Juni begangen. in der Regel

Es

beteiligten sich daran

auch einige benachbarte Isenburg'sche Ortschaften,

welche den Leidensbecher der Kriegsdrangsale ebenfalls bis zur Hefe hatten leeren müssen. Dafs man dabei auf eine angemessene Mitwirkung der Geistlichkeit jederzeit besonderen Wert legte, ist aus einer Andeutung in Wilhelm Bachs Kirchenstatistik der evangelischen Kirche im Kurfürstentum Hessen ( 1835 ) ersichtlich , nach der, laut Akten des reformierten Konsistoriums zu Hanau, unter dem 4. Juli (24. Juni) 1646 der Pfarrer des Dorfes Praunheim zu einer Erklärung aufgefordert werden sollte, aus welchen Gründen er Bedenken getragen habe, den Lamboytag festlich zu begehen. Anderthalb Jahrhunderte hindurch blieb die Stadt der ererbten Sitte der Väter treu und widmete nicht allein den Vor- und Nachmittag lediglich der Andacht in den Gotteshäusern, sondern pflegte sich auch freiwillig ein Fasten aufzuerlegen. Kein Herdfeuer durfte an diesem Tage brennen und in den meisten Familien wurde erst gegen Abend eine Mahlzeit eingenommen. Dies Verhältnifs erlitt indes eine Änderung, als der in HessenKassel eingeführte allgemeine Bufstag, welcher alljährlich auf den ersten Mittwoch nach dem 18. Oktober traf, im Jahre 1786 auch für das Gebiet der Grafschaft Hanau in Kraft trat und damit die bisherige Bufsfeier am 13. Juni dauernd fortfiel. Seit 1793 begann der Lamboytag den Charakter eines beliebten Volksfestes anzunehmen, welches auch in Windecken , Nauheim, Schlüchtern u. a . m. , sowie von den in der Fremde weilenden Hanauern begangen wurde und dem selbst der unerträgliche Druck der Fremdherrschaft zur Napoleonischen Zeit keinen Abbruch zu thun vermochte. Noch heut nimmt das Lamboyfest eine der ersten Stellen (wenn nicht die aller-

Das Treffen am Lamboywald (23. und 24. Juni 1636).

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erste) in Hanaus Festkalender ein und wird an jedem 13. Juni unter regster Teilnahme der gesamten Bevölkerung im Lamboywalde auf eine Weise gefeiert, die freilich den entschiedensten Gegensatz zu dem, von den frommen Vorfahren an jenem Tage geübten entsagungsreichen Fasten bildet. Bei Festhaltung dieses Datums bis in die. neuere Zeit ist der, mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts auch in den evangelischen Teilen Deutschlands erfolgte Übergang vom alten zum neuen Stil unberücksichtigt geblieben, da nach letzterem der Lamboytag nicht am 13. , sondern am 23. Juni gefeiert werden müfste. Um zu ermessen , wie sehr das Fest der Einwohnerschaft im Laufe der Zeit ans Herz gewachsen ist, genügt auch für den ferner Stehenden ein Blick in die ausführlichen Schilderungen und begeisterten Lobpreisungen, welche Hundeshagen, Wachs u. a. von dem Fest entworfen haben, sowie in eine 1833 erschienene Lokalskizze in Hanauer Mundart, betitelt : „Das Lamboifest in und aufser der Stadt" . Sogar das negative Verdienst Lamboys um diesen nach ihm benannten. Festtag wird im V. Band des Hanauischen Magazins durch folgende sonderbare Verse gewürdigt : ,,Unter das Portrait des Generals Grafen von Lamboy."

,,Dies ist der Mann , Der Hanau so viel Leids gethan! Man siehts ihm an, Doch Wilhelm kam, dafs er nicht sollte Das alles thun, was er nicht wollte. Er floh und liefs für Hanaus Glück Ein jährlich's Dankfest ihm zurück."

9. Folgen des Treffens. Der Ruf des rühmlichen Sieges , welchen Landgraf Wilhelm V. erfochten hatte, flog rasch durch Deutschlands Gauen und noch weit über dessen Grenzen hinaus. Von der geschäftigen Fama wohl zur Ungebühr entstellt und vergröfsert, erweckte die Nachricht bei Freund und Feind vielfach höchst übertriebene Vorstellungen von den wahrscheinlichen strategischen und politischen Folgen jener Waffenthat. Wie aus den Glückwunschschreiben des Hofmarschalls von Günderode und des Generals Melander hervorgeht, traf die Siegesbotschaft in Kassel am 26. oder 27. , in Dortmund am 30. Juni und in Hamm den 2. Juli ein ; ebenso gelangte sie mit ungewöhnlicher Schnelligkeit nach Paris, wo sie der dort weilenden Königin Christine von Schweden durch Hugo Grotius überbracht wurde ,

ferner nach dem Haag,

wo der Prinz von Oranien gerade eine Sammlung für die Armen in Hanau mit einer Beisteuer von 700 Mark eröffnet hatte und endlich

172

Das Treffen am Lamboywald ( 23. und 24. Juni 1636).

nach London zur Pfalzgräfin Elisabeth , der Witwe des Winterkönigs, welche Wilhelm V. mit den wärmsten Lobsprüchen überhäufte .

Sie

sah sich im Geiste bereits in ihre schöne Hauptstadt Heidelberg zurückgeführt und wähnte den Tag nicht mehr fern , wo der Landgraf ihren ältesten Sohn Karl Ludwig , welchen der Kaiser seines Erblandes beraubt und den der eigene Grofsvater und Oheim (Jakob I. und Karl I. von England) ohne wirksamen Beistand gelassen hatten, wieder in den Besitz der Pfalz setzen werde. Nur Herzog Bernhard schien über Hanaus glücklichen Entsatz keine ungemischte Freude zu empfinden.

Schon in einem Schreiben

vom 29. Januar ( 8. Februar) 1636 hatte er es Ramsays Ermessen anheimgestellt, wenn er sich nicht länger halten könne, eine möglichst günstige Kapitulation in dem Sinne abzuschliefsen, dafs Graf Philipp Moritz seine Garnison in Hanau behalte , Ramsay dagegen mit seinen eigenen Truppen zum herzoglichen Heere geleitet werde.

Des Generals Brief vom 16. (26. ) Juni, in welchem er Bern-

hard den geschehenen Entsatz anzeigt und der erst unter dem 4. ( 14. ?) August durch ein Glückwunschschreiben des Herzogs aus ElsafsZabern*) beantwortet wurde, ist überdies auffallender Weise in ziemlich gereiztem und mifsvergnügtem Tone gehalten ; es macht fast den Eindruck ,

als habe Ramsay (vielleicht von Feldmarschall Leslie oder

Graf Königsmark) in Erfahrung gebracht , dafs es dem Herzog erwünschter gewesen sein würde , wenn der General Hanau nicht bis aufs äufserste behauptet, sondern schon früher geräumt hätte und mit seinen Truppen zum weimarischen Heere gestofsen wäre, das ja damals jeden , wenn auch wenig zahlreichen Zuwachs sehr gut gebrauchen konnte. Von der gegnerischen Seite aber fürchtete namentlich der Kurfürst von Mainz nicht ohne Grund für sein rechtsrheinisches Gebiet, welches den hessisch- schwedischen Truppen schutzlos offen lag und durch Berennung Steinheims schon in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ebenso lag für den Landgrafen von Hessen-Darmstadt die Besorgnifs nahe , durch einen geharnischten Besuch seines Vetters Wilhelm V. überrascht zu werden, dem die oberhessischen Landesteile von Darmstadt bereits vollständig preisgegeben waren. Die Häupter der evangelischen Union in Deutschland andererseits , obwohl in ihren Hoffnungen weit weniger sanguinisch als die Pfalzgräfin-Witwe, erwarteten immerhin, dafs Wilhelm entweder auf dem linken Mainufer in südlicher Richtung weiter vorrücken oder

* ) Herzogliche Bibliothek zu Gotha ; codex chart. und 172.

A. 723 , Blatt 168, 169

Das Treffen am Lamboywald ( 23. und 24. Juni 1636).

173

wenigstens die Feste Hermannstein (Ehrenbreitstein) entsetzen werde , welche von den Franzosen verteidigt und durch den kaiserlichen Oberst Druckmüller belagert wurde.

Dies besonders seitens

des französischen Gesandten Marquis St. Chaumont lebhaft befürwortete Unternehmen, das für die Streitkräfte des Landgrafen allenfalls wohl ausführbar gewesen sein würde, war jedoch inzwischen dadurch überflüssig geworden, dafs sich die Kaiserlichen schon aus freien Stücken zur vorläufigen Aufhebung der Belagerung entschlossen hatten. Gleichzeitig aber zogen sich von anderer Richtung her drohende Wetterwolken gegen die hessischen Lande selbst zusammen : General Götz war mit seiner ganzen Macht (25 Regimenter) vom Rhein durch den Westerwald aufgebrochen, um mit dem Feldzeugmeister de Geleen in Verbindung zu treten und in Niederhessen einzufallen. Aufser dieser dringenden Gefährdung des eigenen Gebietes mufste der Landgraf auch die Unmöglichkeit in Rechnung ziehen , seine zahlreichen Truppen in der gänzlich ausgesogenen Wetterau oder auf dem linken Mainufer längere Zeit genügend verpflegen zu können , wenn nicht die für die Belagerten aus Hessen mühsam mitgeführten Vorräte oder die von Frankfurt eintreffende Zufuhr stark in Anspruch genommen werden sollte. Diese zwingenden Verhältnisse bewogen Wilhelm V. , sowohl auf alle etwa noch geplanten Unternehmungen in südlicher und westlicher Richtung vorerst zu verzichten, als auch seinen Aufenthalt in Hanau nach Möglichkeit abzukürzen .

Bereits den 26. Juni trat er

deshalb den Rückmarsch nach Hessen an und lagerte an diesem Tage wieder bei Windecken , während der Rest seines Heeres Hanau am 27. verliefs . Mit ihm marschierte auch das schwedische blaue Regiment Burgsdorf aus, welches nur noch 200 (nach der Oberkallbacher Handschrift und Dhein : 300) Mann zählte ; es hatte also von seiner ursprünglichen Stärke , die beim Einzug in Hanau (2. Oktober 1634) 862 Mann betrug , binnen 21 Monaten gegen 70 Prozent eingebüfst. An Stelle dieses Regiments liefs

der Landgraf vier

„ starke "

Fähnlein oder Kompagnieen vom hessischen weifsen Regiment (Johann Ludwig Geiso) unter dem am 24. Juni bei dem Sturm auf die Hauptschanze zurück.

verwundeten

Oberstlieutenant

Christian Motz , in Hanau

Wilhelm V. wurde bekanntlich in der Blüte seiner Jahre am 1. Oktober 1637 zu Leer in Ostfriesland von einer heimtückischen Krankheit dahingerafft. Aber seine Witwe Amelia Elisabeth liefs sich weder durch ihren herben Schmerz um den Tod des geliebten Gemahls, noch durch die dräuenden Gefahren ihrer eigenen Lage ab-

Das

174

Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges .

halten, alle Pflichten als Regentin mit ebenso viel Mut wie Klugheit zu erfüllen . Durch beharrliche, mit weiser Mäfsigung gepaarte Entschlossenheit gelang es der hochherzigen Fürstin das lecke und dem Sinken nahe Staatsschiff den stürmischen Wogen des ringsum brandenden Krieges wieder zu entreifsen. Als dann die fernere Existenz der Landgrafschaft glücklich gesichert war, fand Amelia Mufse , sich auch der bedeutenden Opfer zu erinnern , welche Hessen -Kassel bei verschiedenen Gelegenheiten für Hanau gebracht hatte und unter denen die eben besprochene Rettung der Stadt die Hauptrolle spielte. Der im Hinblick auf diese Verpflichtungen und auf die natürlichen Erbansprüche Amelias am 5. August 1643 zwischen beiden Staaten abgeschlossene Erbvertrag trat genau 100 Jahre nach Wilhelms V. befreiendem Sieg in Kraft, als das Hanauer Grafengeschlecht am 28. März 1736 im Mannesstamm erlosch und damit Hanau-Münzenberg an Kassel fiel.

VIII .

Das „ Gefecht " im Beginn des Sezessionskrieges . Von Scheibert, Major z . D.

Aus dem Tagebuche Soldaten

eines

früheren Rebellen - conföderirten

möchten wir solche Auszüge wiedergeben, welche zeigen,

wie im Beginn des grofsen Krieges , ungeübt waren, gekämpft wurde.

als Führer und Leute noch

Es wird besonders diejenigen Leser

amüsiren, welche dem eigenartigen und vielfach lehrreichen Kriege Es handelt sich um die ihre Aufmerksamkeit gewidmet haben. Schlacht bei Williamsburg .

Die Wahrheit

der Aussagen des

Tagebuches ist durch keinen geringeren als den berühmten General Longstreet besonders bestätigt worden. Die allgemeine Lage ist die, dafs Mc. Clellan mit einer Armee von 110 000 Mann auf der Halbinsel (in Monroe) gelandet war , um gegen Richmond vorzurücken. Magruder mit 11 000 Mann hatte ihn in schnell aufgeworfenen Linien festzuhalten, welche dieser General weder mit seinen geringen Mannschaften noch mit Geschützen hinlänglich zu besetzen vermochte,

Das

175

Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges .

weswegen er Baumstämme in die Scharten legen liefs und andere Dieser, bei der

Listen anwandte, um den Angreifer zu täuschen.

grofsartigen Hochachtung , welche unser Jahrhundert vor aller Spatenarbeit hegt, wagte diese Linien nicht gewaltsam anzugreifen , sondern beehrte sie mit dem beliebten förmlichen Angriffe" mit Approchen pp . Inzwischen hatte General Lee, welcher damals zum ersten Male den Oberbefehl über die Armee von Virginien führte, die Hauptstadt Richmond befestigt, und befahl das Verlassen der Williamsburger Linien und das Besetzen der grofsen Stellung bei Richmond. die Rückbewegung,

Um

welche natürlich bald bemerkt werden mufste,

zu decken, hatte Longstreet den Befehl erhalten , mit seiner Division auf der groſsen Strafse bei Williamsburg (der einstigen Hauptstadt von Virginien) sich den Schaaren Mc. Clellan's entgegen zu stellen , sich dort einen Tag lang (5. Mai) zu halten und dann dem Hauptheere zu folgen. Dies gelang vollkommen ! Dennoch schreiben. nordische Schriftsteller, da Longstreet am andern Tage abzog , die Schlacht bis Williamsburg fälschlich den Unionisten als Sieg zu, was natürlich die Südländer sehr ärgert, weil an dem Tage der Schlacht von den 4 feindlichen Divisionen, welche gegen Longstreets Truppen . anstürmten, auch nicht ein Mann in die von den Rebellen vertheidigten Linien hineingedrungen ist. Im Gegenteil die Rebellen eroberten nicht nur 8 Fahnen ,

sondern auch bis

auf eines

alle Geschütze,

welche die Angreifer in Thätigkeit gebracht hatten ; ja sie drangen sogar offensiv so weit vor, dafs sie am Abende des Tages den Gegner mehrere Kilometer zurückgedrängt hatten.

Die Niederlage der

an

Zahl weit überlegenen Yankees war eine so grosse, dafs Mc . Clellan glaubte, die ganze Armee der Rebellen gegen sich zu haben , so dafs er erst 3 Tage später (8. Mai ) den Weitermarsch zu unternehmen wagte. Einer der Freiwilligen ( Dutcher ) , welcher die Schlacht mitmachte, giebt zum Beweise der Erfolge der südländischen Armee folgenden Bericht aus seinem Tagebuche in die Southern Papers . „ Die Schlacht begann für meine Wenigkeit sehr unerwartet, denn ich war aus dem Biwak geschlüpft und frühstückte recht vergnügt bei einer mir bekannten Dame, als dicht bei uns eine Kanone losgefeuert wurde. Ohne jede Abschiedsceremonie, denn das ganze hochpeinliche Militärgericht drohte mir im Geiste schon mit schrecklichen Strafen, griff ich nach Gewehr und Gepäck und rannte, so schnell

ich vermochte, in der Richtung auf unser Lager vor ;

meiner Bestürzung sah ich, dafs Alles

zu

schon in Bewegung war;

Adjutanten und Ordonnanzen jagten hin und her; konnte mir sagen, wo meine Brigade hingerathen sei .

aber Niemand In der Angst

werfe ich einen Teil meines Gepäckes fort, um besser laufen

zu

Das ,,Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges.

176

können, und strebte nun unaufhaltsam nach vorwärts, bis endlich mir ein Stabsoffizier eine Truppe zeigte, die eben im Wald entschwand, und die ich auch als mein Regiment erkannte. Um zu ihr zu gelangen musste ich entweder über eine Strafse gehen , die der Länge nach von einer feindlichen Batterie bestrichen wurde , oder einen Umweg machen, der mich zu weit abbrachte und mein Regiment mich sicher wieder verlieren liefs. Nach einer kurzen Beobachtung ersah ich, dafs lagenweise geschossen wurde ;

deshalb wartete ich

eine derselben ab und lavirte dann flugs durch den Hohlweg , die steile Böschung auf allen Vieren erklimmend . Meine Kameraden empfingen mich mit Hurrah ; ich aber fühlte mich nun so frisch und zufrieden wie ein Fisch im Wasser ; jung wie ich war. Vor uns avancirte ein Regiment mit vorgenommenen Schützenlinien ; doch als die Leute,

es war ein junges Regiment, welches noch nie Pulver

gerochen hatte, das erste Feuer bekamen, rissen sie aus wie geängstete Hasen und sprangen an uns vorbei ; doch wurden sie bald wieder gesammelt und schlugen sich nun, beschämt über ihr erstes wenig schönes Verhalten , den Tag über ganz prächtig. Wir muſsten nun vor und entwickelten Schützen in einem dichten Gehölze , in welches die Kugeln in ebenso dichtem Hagel hineinprasselten. Sobald wir festen Grund unter den Fülsen hatten, gingen wir stetig vorwärts.

Ob ich bei dem Feuer, welches wir hierbei zeitweise

abgaben, dem Feind irgend welchen Schaden gethan habe, weifs ich nicht, glaube es auch kaum ; aber das weifs ich, dafs ich beinahe das Leben eines meiner Kameraden auf mein Gewissen geladen hätte. Als wir uns nämlich vorschoben und ich eben angelegt habe um zu schiefsen, sprang ein dicker Mann aus dem Gliede zum Feuern so plötzlich vor,

dafs mein Schufs unmittelbar an seinem Ohr vorbei-

sauste , mir den Schreck in alle Glieder jagend. Er sah sich natürlich höchst verwundert und mächtig vorwurfsvoll um, doch hatten wir beide keine Zeit mit Pardon ! und keine Ursach' ! " gegenseitig Abbitte zu leisten, sondern rammten statt dessen lieber neue Kugeln in den Lauf.

Als wir nun attackirten, stiefsen wir ins Leere, denn

der Feind hatte es vorgezogen, sich rechtzeitig zu entfernen.

Meine

Stimmung war eine sehr gereizte, da in dem Walde ein abgeschossener Ast mir auf den Rücken geschlagen war und mich tüchtig gequetscht hatte. Ich sah mich deshalb nach einem Gegenstand um, an dem ich meine Wuth auslassen könnte, und sah bei der Gelegenheit seitwärts in einem Gebüsch sich feindliche Scharfschützen bewegen, denen Compagnien nach Compagnien in breiter Front nachfolgten und sich auf uns zu bewegten. Ich lag hinter einem Baume und schofs wie wir alle mit sehr sorgsamen Nehmen des Zieles . Es ent-

Das ""Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges.

177

stand sofort eine Bewegung beim Feinde , und wir waren nahe genug zu sehen, wie dessen Truppen anlegten und Salve auf Salven gegen uns abgaben, was wir nun mit einem heftigen aber gut gezielten . Feuer erwiderten. Da ein junger,. mir theurer Offizier dicht vor mir erschossen wurde, so steigerte sich meine Kampflust auf das Äusserste , was meine Sorgfältigkeit im Schiefsen nur noch steigerte. Von allen Seiten kamen nun die feindlichen Truppen heranmarschirt, so dafs mit der Zeit ein wahrhaft betäubendes Feuer entstand . Weder Artillerie noch Kavallerie konnte sich an dem nahen Feuergefecht beteiligen, welches auf beiden Seiten schwere Opfer kostete. Nach einem Kampfe von etwa 1 Stunde , liefs das Feuern des Feindes nach , doch nur um eine Pause zu machen ; dann fing es wieder in alter Heftigkeit an , obgleich das Schiefsen damals noch mühsam war, denn wir hatten ja alle noch die alten Vorderlader, deren Papierpatronen wir aufbeifsen und deren Kugeln wir mit umständlichen Griffen mit dem Ladestocke herunterstofsen mufsten. Dann konnte erst der Hahn gespannt und das Zündhütchen aufgesetzt werden ! Bald setzte sich im Rohr der Schleim fest , er zwang den Schützen den Krätzer zu brauchen um die Flinte zu reinigen. Meine Flinte war durch das heftige Feuern so schmutzig geworden, dafs ich trotz versuchten Reinigens die Ladung nicht mehr herunter bekam, da der Ladestock sich klemmte. Um aber zu Schufs zu kommen, stiefs ich den Stock mit Gewalt gegen einen Baum, wodurch ich den augenblicklichen Zweck zwar erreichte , allein den Stock so verbog , dafs er beim nächsten Laden die Patronen nicht mehr herunterbrachte. Ich warf deshalb verzweiflungsvoll die Flinte ins Korn, ging eine neue suchen, und fand sie auch bald bei einem toten Soldaten.

Als ich sie nehmen wollte , schüttelte plötzlich der

vermutlich Tote den Kopf. Trotzdem ich ihm andeutete , dafs sie ihm doch nichts mehr nützen könne, fuhr er mit seinen abwehrenden Gestikulationen fort ; ich aber hatte auch hier wieder keine Zeit zum Parlamentiren, sondern nahm ihm zum besten des Vaterlandes seine Flinte ohne Ceremonien weg und selbige sofort in lebhaftesten Gebrauch. Eine zweite Feuer - Pause erfolgte ; da unsere Munitionsvorräthe dem Versiegen nahe waren, befahl General A. P. Hill , der unsere Brigade führte, den Angriff. Mit unserem bekannten Gellen gingen wir in verlängertem Schritt darauf los und waren bald mitten in der früheren Stellung des Feindes ,

welche durch Verwundete,

Tote und lange Reihen abgelegter Tornister genau bezeichnet war. Wir eilten in der ersten Pause den Verwundeten mit Wasser zu Hülfe , füllten dann unsere Patronentaschen aus den feindlichen Vorräten, stöberten in den hinterlassenen Sachen herum und versahen

178

Das „ Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges .

uns mit Elsbarem.

Bald aber mufsten wir wieder antreten und zur

weiteren Verfolgung schreiten , welche erst durch einen Wald ging , bald aber in eine Lichtung geriet. Nun aber erst sollte es so ernst werden, daſs alles bisherige , wie Sancho Panza sagt, nur „ Torte und Marmelade" war.

Die gegenüberstehenden Wälder waren mit

gefällten Baumstämmen umgrenzt und hinter denselben stand ein ganz neues Regiment ( 17. New -York) , legen.

um uns den Weg zu ver-

Dasselbe hat zwei Stunden lang alle unsre Versuche vorwärts

zu kommen, lediglich durch die Schwere des

Feuers

aufgehalten

und ist nicht eher gewichen , als bis zwei Drittel der Truppe auf ihrem Ehrenposten hingestreckt lagen .

Doch wir wollen nicht vor-

greifen . Wir sahen also durch den noch in der Luft hängenden Rauch der vorigen Kämpfe die oben beschriebenen Linien , von deren Brustwehren die Flaggen der Union fröhlich herabwehten und hinter denen die Truppen in dichter Reihe aufmarschiert standen.

Wir

lagen hinter den Stumpfen der feindlicherseits gefällten Bäume und nahmen dort Deckung. Ich hatte leider einen etwas zu dünnen Stamm erfafst, den ich mir fortwährend weit dicker wünschte . Von allen Seiten brachten nun die beiderseitigen Führer ihre letzten Reserven ins Gefecht , auch Stuart's reitende Artillerie marschirte auf und half das Getöse vergröfsern , welches in den engen Walddickichten ein furchtbares Echo fand.

Unsre Leute , meist in den

Kopf geschossen , fielen leider in Menge . Der Tod zeigte sich in mancherlei Gestalten . Manche fielen plötzlich vornüber, andere glitten langsam seitwärts oder rückwärts nieder, und wieder andre stürzten in sich zusammen . Ein Todesfall erschien mir besonders tragisch , wenn er auch des Eigentümlichen nicht entbehrte. Unter den Rekruten waren zwei Männer des Pfluges, Vater und Sohn, eingetreten, welche im Lager durch ihre urwüchsige Bekleidung lustigen Bemerkung Stoff gegeben hatten.

zu mancher

Der Alte hatte nämlich

einen Cylinderhut ältesten Systems auf dem Kopfe , während der ähnlich ausstaffirte Sohn den Spuren seines Vaters folgte, wohin er auch ging. Beide waren von löwenhafter Tapferkeit. Als sein Sohn neben ihm fiel , verzog der Alte keine Miene , sondern sank selbst bald getroffen von einer Kugel auf den grasigen Grund, aus dem sein graues ehrwürdiges Haupt, bedeckt von der hohen antidiluvianischen Kopfbedeckung, noch lange hervorragte . Das Feuer der Feinde wurde immer dichter.

Sie schoben schon

Scharfschützen im Vorgelände vor, welche uns einzeln auf das Korn nahmen und es besonders auf unsere Fahne abgesehen hatten, welche 27 Kugeln im Tuche zeigte und zweimal dem Träger aus der Hand

Das ,,Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges.

179

geschossen wurde. Doch gelang es dem tapferen Sergeanten , die Fahne selbst noch aus dem Kampfe zu tragen, wofür ihm der hohe Senat von Virginien einen Ehrensäbel schenkte, den er getragen hat, bis auch er im Kampfe ums Vaterland fiel. Wir hatten nun sieben Stunden im Kampfe gestanden, zwei davon hier im Walde ; und die Nerven waren fast überspannt. Plötzlich sprang ein Mann auf unserem rechten Flügel auf, warf seine Flinte in das Gras und rannte, wie von Gespenstern verfolgt, erschreckt in den Wald ; dies war das Signal zu einer Panik, die sich blitzschnell ausbreitete und die ganze Linie wie toll davon jagen liefs. Aufzog auch ich Draht" . Als aber nach drei gerichtig gestanden, waltigen Sätzen eine innere Stimme, die bisher geschwiegen hatte, mir bittere Vorwürfe machte, so machte ich wieder kehrt und hielt auch den nächsten Flüchtling fest, der in der Angst mit mir zu ringen begann, bis ein junger Offizier mir zu Hülfe kam. Wir brachten dann noch einige Mann zum Stehen, die sich jedoch bald wieder davon machten. Dem nächsten Flüchtling setzte der Offizier den Säbel auf die Brust ; ich hielt zwei andere auf, indem ich drohte, sie zu erschiefsen . Einen Augenblick hielten die Leute stand , aber plötzlich rannten sie uns über den Haufen, als wenn der Teufel ihnen in dem Ich ging etwas verzagt zu meinem Baumstumpf zurück , denkend, dafs es gleichgiltig sei, ob ich nun von hinten oder von vorne erschossen würde. In meiner Nähe hielten noch einzelne Leute

Nacken säfse.

stand. Als der Rauch sich leise hob, sah ich, dafs der Feind sich zum Vorstofse rüstete . Schon erschien ein halb Dutzend Scharfschützen in dem gefällten Holze und hinter ihnen ralliirten sich die Linien ; doch zeigten sie weder die lustigen Fahnen, noch die energische Haltung, welche sie anfangs besafsen, auch war die Zahl etwa auf die Hälfte zusammengeschmolzen , ein Zeichen, wie sehr sie doch unser Feuer mitgenommen . Doch schien es, als wenn sie plötzlich zögerten. Die Ursache wurde mir bald klar, denn hinter mir hörte. ich ein kräftiges Rauschen, und mit Freuden bemerkte ich , dafs unsere Leute sich ebenso schnell wieder formirt hatten , als sie kläglich davon Nun kamen sie in schnellem Schritte heranmarschirt, fürchterlich gellend . Schnell nahmen sie ihre Stellung im Holze wieder gelaufen waren .

ein und begannen doppelt heftig zu feuern, als wenn sie durch die kleine Abwechselung der Flucht sich erst recht erfrischt hätten . Ich mufs noch heute über den Freudenschrei lachen , den ich bei ihrem Wiedererscheinen abgab, er hätte dem Kriegsrufe eines ComancheIndianers alle Ehre gemacht. Denn schon hatte ich alle Hoffnung auf irgend welchen Erfolg aufgegeben , als das frische Vorgehen der Leute, ihr kräftiges Geschrei und hartnäckiges Schiefsen durch meinen. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 2 . 13

180

Das ,,Gefecht" im Beginn des Sezessionskrieges.

ganzen Körper ein neues Leben strömen liefs .

Mitten in diesem Ge-

tümmel erschien General A. P. Hill, ruhig die Lage des Feindes betrachtend, er schritt dann einen Teil der Linie entlang und studirte noch einmal die feindliche Stellung. Bald kam denn auch der Befehl zum Angriffe. Mit Freuden wurde dem Kommando gefolgt und im Handumdrehen waren wir, ich weifs nicht wie , durch den Holzschlag gestürmt, bald Stämme überspringend , bald unter ihnen durchkriechend, bald auf ihnen entlang laufend ; die vorgedrungenen feindFürchterlich aber lichen Schützen waren wie im Netz gefangen . war der Anblick der vom Feinde verlassenen Waldecke ; sie sah aus , als wenn ein Cyklon in derselben gehaust hätte ; überall lagen die verstümmelten Leichen umher. Ich war in dem Dickicht abgekommen, schritt aber unaufhaltsam vorwärts ; plötzlich aber tauchte vor mir ein Geschütz auf, welches soeben abgefeuert werden sollte. Ich warf mich daher sofort flach auf die Erde, wünschend, ich sei ein Maulwurf und könnte unter dem Boden verschwinden. Schmutz , Blätter und Rauch fielen auf mich nieder als der Schufs

erkrachte ,

dabei

aber merkte ich, dafs ich dem Geschütze viel zu nahe lag, als dafs es mich treffen könne ; dennoch fühlte ich mich sehr unbehaglich , als ich die Mündung des Rohres so unmittelbar vor meinem Gesichte drohend leuchten sah. Ehe ich aber zu einem Entschlusse gekommen war, hörte ich neues wildes Gellen, graue Männer sprangen über die Stämme, brachen in den Busch hinein und die Batterie war unser! Noch zitternd erhob ich mich und fragte mich nach meinem Regimente durch, welches tüchtig durch einander gekommen war. Ich fand es im Walde liegen als Reserve der Brigade Colston , welche uns abgelöst hatte, den Kampf aber nur noch mit Feuern weiter führte . In der Dunkelheit marschirten wir , wie bestimmt , noch bis Williamsburg und vor Anbruch des nächsten Tages nach Richmond, wo die Hauptarmee bereits die neuen Stellungen eingenommen hatte. Wie unsere Gegner aber dazu kommen, die Schlacht bei Williamsburg als einen Sieg für sich in Anspruch zu nehmen, ist denen völlig unbegreiflich, welche dieselbe mitgemacht haben . -

IX.

Betrachtungen über die

Dauer zukünftiger Kriege

und deren Mittel. Von

A. Dittrich, K. und K. Landwehrhauptmann .

Die Frage , wie lange wohl der drohende oder bereits ausgebrochene Krieg dauern werde, möchte wohl allezeit von Fall zu Fall sehr angelegentlich erörtert worden sein und war es dabei natürlich , dafs die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung eine möglichst kurze, die Mehrzahl der Krieger dagegen eine möglichst lange Dauer des Krieges wünschte und hoffte . Zog sich aber der Kampf in die Länge, so geschah es freilich , dafs auch die kriegslustigsten Männer sich nach dem Frieden sehnten . Wie sehr wurde gegen das Ende des dreifsigjährigen, des spanischen Erbfolge- und des siebenjährigen Krieges von den Armeen beider Teile das Ende des Kampfes herbeigewünscht und wie sehr wünschten die Marschälle Napoleons ihre Würden und Reichtümer endlich in Ruhe geniefsen zu können . Doch stimmten die Wünsche nicht immer mit dem, was erwartet werden konnte , überein. Begründete oder unbegründete Schätzung der eigenen Leistungsfähigkeit , Vertrauen in die Fähigkeiten des Feldherrn und der Unteranführer mochten in den Soldaten die Zuversicht erwecken , dafs die Sache in kurzer Zeit abgemacht sein würde , wogegen die an der Spitze stehenden und in alle Verhältnisse eingeweihten Personen einen langen und harten Kampf vorher sahen und eben deshalb ihre Maſsnahmen so trafen , dafs die in ihrer Hand gelegene rasche Entscheidung unmöglich wurde . Die Geschichte kann mehr als einen tüchtigen, aber zu vorsichtigen Feldherrn als Beispiel anführen. Doch auch die klügsten Männer, welche die beiderseitigen Verhältnisse kannten , die Zahl und Güte der Truppen , die Befähigung der Heerführer , die Beschaffenheit des Kriegsschauplatzes und alles übrige genau abwogen , konnten im besten Falle nur mit einiger 13*

182

Betrachtungen über die Dauer

Wahrscheinlichkeit die Dauer des Kampfes vorhersagen.

Der ge-

ringste Zwischenfall , der Hinzutritt eines Elementes , das man ganz übersehen oder anders beurteilt hatte , der Wechsel in der Heeresleitung u. s. w . konnten die scharfsinnigsten Berechnungen über den Haufen werfen. Das geschah aber von Fall zu Fall , nämlich vor oder bei Beginn jedes einzelnen Krieges und nicht leicht mochte jemand daran denken , die Dauer der künftigen Kriege überhaupt bestimmen und gewissermafsen eine Theorie der Dauer der Kriege " aufstellen zu wollen, wie man etwa die Dauer des Widerstandes eines. nach diesem oder jenem System befestigten Platzes nach Wochen, ja nach Tagen genau berechnete. Und doch haben auch hier die Thatsachen nur zu oft die genauesten Berechnungen zu Schanden gemacht , obwohl man da mit nicht so vielen unbekannten und variablen Gröfsen zu rechnen hatte. Es hat zu allen Zeiten Kriege von langer, aber auch von sehr kurzer Dauer gegeben, ohne dafs man aus allen etwa angeführten Beispielen eine Regel hätte aufstellen können. Die verschiedenen Machtverhältnisse der Gegner , ihre geistige und kriegerische Veranlagung und viele andere Dinge waren mafsgebend , und so lange Bewaffnung, Bildungsgrad und Wehr- und Staatsverfassung der Völker verschieden waren, konnten Ausgang und Dauer eines Krieges weder mit einiger Bestimmtheit vorhergesehen , noch als Mafsstab zur Beurteilung der etwaigen Dauer anderer Kriege benutzt werden. Auch bei Kämpfen zwischen auf ziemlich gleicher Bildungsstufe stehenden Völkern war die Sache schwierig , verschiedene Wehrverfassung hatten.

wenn dieselben eine

Von den Kriegen des Alter-

tums kann man eigentlich bei Erörterung der vorliegenden Frage kaum sprechen. Die Gegner waren gewöhnlich zu ungleich an Ausrüstung , Zahl und Mut. Waren es auch gewöhnlich wirkliche Volksheere , welche von den „ Barbaren" aufgebracht wurden , so standen sie doch trotz ihrer grofsen Zahl , die übrigens von den griechischen und römischen Geschichtsschreibern deren Berichte ja allein auf uns gekommen sind

wahrscheinlich sehr übertrieben

wurde , ihren Gegnern bezüglich der Bewaffnung , Taktik , Kriegsgeübtheit und häufig auch des Mutes weit nach. War das nummerische Verhältnifs zu ungleich, so zog sich der Kampf in die Länge, während er im anderen Falle sehr rasch aber fast immer mit dem Siege der höher gebildeten Partei endete. Die Geschichte Griechenlands und Roms bietet hierfür genug Beispiele, wenn es auch an Ausnahmen nicht fehlt.

Übrigens scheint besonders in der römischen Geschichte sehr viel übertrieben oder falsch dargestellt worden zu sein, so dafs dieselben Kriege, welche man nach einigen Berichten

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

183

für sehr kurze halten möchte , bei näherer Betrachtung sich als sehr langwierige Kämpfe darstellen . Denn derselbe Krieg , der z. B. nach dem Berichte des Titus Livius mit dem Aufgebot der ganzen Kraft Roms begonnen, aber in überraschend kurzer Zeit mit der vollständigen Niederlage des Feindes , ja mit dessen Vernichtung beendet wurde , fand im nächsten und zweiten Jahre , ja oft durch Jahrzehnte seine Wiederholung. Die römischen Erfolge scheinen da sehr stark aufgebauscht worden zu sein oder die römischen Heerführer begnügten sich mit dem erstbesten Erfolge , um für denselben in Rom einen Triumph feiern zu können und sich selbst oder ihren Nachfolgern für das nächste Jahr eine Arbeit übrig zu lassen . Auch die gröfsten. Feldherren Roms verfuhren auf diese Weise und die Kriege gegen die Samniten und manche andere Völker mochten von den römischen Machthabern vielleicht nur darum nicht rascher beendet worden sein, weil die Feldherren sich Ruhm erwerben und die Truppen in steter Kriegstüchtigkeit erhalten konnten. Man wird dabei an die Kämpfe im Kaukasus und in Algerien erinnert. Einige Kriege ,

in welchen Rom

wirklich seine ganze Macht

aufbot, waren allerdings langwierig und hartnäckig . Es waren eben jene Kriege , welche von mutigen Völkern um ihre Freiheit und Existenz geführt wurden. Volksheeren innewohnt.

Sie sprechen für die Kraft, welche wahren. Dafs die Römer schliefslich , so lange sie

Römer blieben , doch immer die Oberhand behielten , war bei ihrer stets zunehmenden Übermacht ganz natürlich . Die späteren Kriege waren dafür um so kürzer oder bestanden aus einer Reihe kurzer Feldzüge .

Beide Teile

unternahmen Einfälle

in das gegnerische

Gebiet und zogen sich, auch wenn sie nicht zurückgeschlagen wurden , ziemlich bald , Alles um sich verwüstend , wieder zurück . Zuletzt waren aber nur die Feinde Roms in dieser Weise thätig , bis sie endlich , letzteres hinlänglich erschüttert erachtend , tief in das Innere des ungeheuren Reiches eindrangen und dessen Umsturz herbeiführten. Die Kämpfe während und unmittelbar nach der Völker-

wanderung können schon darum, weil unsere Nachrichten hierüber zu unvollständig sind, nur schwer beurteilt werden. Doch handelte. es sich im Allgemeinen um die Existenz der Völker oder mindestens der augenblicklich von ihnen bewohnten Gebiete. Der Zug ging zumeist von Osten gegen Westen oder von Norden. gegen Süden oder Südwesten und kaum durfte sich der Versuch um

den Besitz

eines Volkes, in anderer Richtung vordringen zu wollen , nachweisen lassen. Die Völker befanden sich in steter Kriegsbereitschaft , doch war von langwierigen Kriegen keine Rede , wenn man die an den

184

Betrachtungen über die Dauer

Grenzen vorkommenden zahlreichen Einzelkämpfe und Beutezüge aufser Acht lässt. Man stellte sich dem Andringen eines von Osten oder Norden kommenden Volkes entgegen .

War der Widerstand

erfolglos , so dienten die weiteren Kämpfe höchstens zur Deckung des allgemeinen Rückzuges, und das seine Wohnsitze verlassende Volk warf sich auf den westlichen oder südlichen Nachbar und verdrängte ihn oder verbündete sich mit demselben zu gemeinsamer Ansiedlung und Verteidigung gegen einen etwaigen neuen Angriff. Auch im früheren und späteren Mittelalter waren lange Kriege, ja selbst lange währende Feldzüge eine seltene Erscheinung. Grofse Reiche wurden in ganz kurzen Feldzügen , nach dem Verluste einer einzigen Schlacht zertrümmert (die Eroberung Spaniens durch die Araber, Schlacht bei Hastings, die Mongolenzüge, die Schlachten bei Crecy, Ancyra , auf dem Amselfelde u. s . w. ) oder es wurde , wenn sich beide Gegner wieder verstärkt hatten, der Kampf im nächsten Jahre wieder aufgenommen. Eine Ausnahme hiervon bildeten nur jene hartnäckigen und langwierigen Kämpfe , in welchen tapfere Völker , die sich vor der Übermacht ihrer Gegner in einen festen Zufluchtsort zurückgezogen hatten , den Widerstand aufs Äufserste fortsetzten und ihre Selbständigkeit behaupteten oder wohl auch die frühere Macht wieder erlangten (die Spanier von den Pyrenäen aus) . Ähnlich war es später mit den Religionskriegen , die gleich den Freiheitskämpfen von besonderer Dauer und Hartnäckigkeit zu sein pflegten und einen Beweis der Stärke selbst ganz improvisirter Volksheere gegenüber den bestgeschultesten Truppen liefern . Die Ursache der kurzen Feldzüge im Verlaufe des Mittelalters lag hauptsächlich in der eigentümlichen Wehrverfassung der meisten Völker. Wohl waren die Freien und Edlen wehrpflichtig und konnten letztere auch ihre Diener und Hörigen bewaffnen und aufbieten , aber diese Wehrpflicht galt nur im eigenen Lande oder für ein noch kleineres Gebiet zu aller Zeit und unter allen Umständen, während die Verpflichtung zu einem Zuge über die Grenze gewöhnlich sich nur auf einige Monate oder Wochen beschränkte, während welcher Zeit der Krieger auch für den nötigen Proviant sorgen musste. Wollte man einen längeren Feldzug unternehmen , so mufste man den Kriegern oft grofse Zugeständnisse machen und jedenfalls für den weiteren Unterhalt derselben sorgen. Letzteres war bei der Unvollkommenheit der Verkehrs- und Handelsverhältnisse jener Zeit oft eine höchst schwierige Sache . Auch leisteten die grofsen Vasallen nur zu häufig ihre Heeresfolge zögernd und ungenügend oder forderten für dieselbe besondere Belohnungen .

Die eigene Macht der Regenten (die Haustruppen , Kronsassen ,

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

185

Burghörigen) aber war selten von einiger Bedeutung und es war deren Erhaltung, für welche in der Regel der Landesherr zu sorgen hatte, schwierig. Der Feldherr mufste sich also sehr beeilen, wenn er mit seinem Heere, auf dessen langes Beisammenbleiben er nicht rechnen durfte, einen Erfolg erringen wollte.

Daher kam es auch

gewöhnlich, sobald die beiden Gegner einander ansichtig geworden waren und sich über die beiderseitigen Verhältnisse orientirt hatten, nach ganz kurzem Zuwarten und einigen unbedeutenden Vorpostengefechten zur entscheidenden Schlacht und oft noch auf der Wahlstatt zu Waffenstillstands- oder Friedensverhandlungen . Beide Heere zogen in die Heimat , wo sie sich auflösten und man schied unter den Versicherungen ewiger, unverbrüchlicher Freundschaft, um im nächsten Frühjahr oder nach wenigen Jahren von Neuem anzufangen. So stellen sich bei näherer Betrachtung die meisten „langwierigen “

Kriege des Mittelalters als eine oft auch durch Zwischenräume von Jahren unterbrochene lange Reihe von mehr oder minder kurzen Feldzügen oder Fehden dar. Und wie bei den obersten Lehensherren, so fehlte es auch bei ihren Vasallen nicht an zahlreichen Fehden, die zwar häufig erneuert wurden , selten aber längere Zeit währten. Hier war neben der Geld- und Proviantfrage auch die tiefe Stufe, auf welcher sich die Kunst des Angriffes fester Plätze befand , mafsgebend. Man konnte sich auf eine lange Belagerung oder auch nur Blokade nicht einlassen und beendete die Fehde , wenn Sturm oder Überrumplung erfolglos unternommen worden waren . Dafs es ausnahmsweise an zahlreichen recht hartnäckigen und lange Zeit währenden Kämpfen nicht fehlte, ist natürlich .

in den gedachten Perioden auch

Erst als die Regenten, mehr und mehr auf die Mitwirkung des Volkes verzichtend oder auf den unverlässigen Beistand ihrer Vasallen nicht bauend, sich eine eigene, nur von ihnen abhängende Truppenmacht zu schaffen bemühten, konnten sie sich auf kriegerische Unternehmungen von voraussichtlich längerer Dauer einlassen . Sie wurden jedoch besonders zur Zeit der Landsknechte und Schweizertruppen nur zu häufig durch den eingetretenen Geldmangel im entscheidenden Momente an der vollständigen Durchführung ihrer Pläne gehindert oder zur vorzeitigen Einstellung des Kampfes genötigt. Die von den Fürsten und Städten Italiens mit Hilfe der Condottieri durchgeführten

langwierigen " Kriege erscheinen in einem

eigentümlichen Lichte, wenn man daran denkt,

dafs diese Söldner-

schaaren häufig sich gegenseitig wenig Schaden zufügten, sondern es vorzogen, auf Kosten der Unterthanen des feindlichen wie des eigenen Fürsten sich zu bereichern und ein zügelloses Leben zu führen.

Betrachtungen über die Dauer

186

Die sich mehrenden Anlässe

zu bedeutenden Kriegen führten

jedoch bald dahin, dafs man, entgegen der bisherigen Gepflogenheit, die geworbenen Truppen nach abgeschlossenem Frieden nicht mehr entliefs , sondern im Sold behielt, wenn man auch noch nicht an ein wirkliches stehendes Heer dachte. Oft wurde eine unbedeutende Fehde unternommen, um einen Grund für die Beibehaltung der Truppen , deren Verwendung

für einen gröfseren Krieg in späterer Zeit man

sich sichern wollte, zu haben . Der Streit Spaniens und Frankreichs, später auch Deutschlands um die Oberherrschaft in Italien, die Gefahr, welche von dem Vordringen der Osmanen

drohte,

die Los-

reifsungsbestrebungen der grofsen Vasallen und endlich die religiösen Unruhen führten dahin, dafs alle Fürsten und Staaten auf ihre stete Kriegsbereitschaft bedacht

waren

und beständig

eine

mehr

oder

minder bedeutende Zahl von Truppen unterhielten . Die bedeutend erhöhten Steuern und Abgaben lieferten die Mittel dazu. Es begann das Zeitalter der lange währenden Kriege , von welchen jene wieder die hartnäckigsten waren, welche der Religion oder Freiheit wegen entstanden und ( oft allerdings nur angeblich) deshalb fortgeführt wurden. Geldmittel das baldige Ende

Während früher oft das Versagen der des Krieges veranlafste, hatte es hier

merkwürdiger Weise das Gegenteil zur Folge. So hoch auch die Steuern bemessen wurden, so konnte man damit. zumal bei dem nur mit verdamals ziemlich bedeutenden Solde der Truppen hältnifsmäfsig geringen Streitkräften auftreten.

Wohl wurden An-

lehen gemacht, Güter und selbst ganze Provinzen verpfändet und bedeutende Summen von reichen Privatmännern und befreundeten Regierungen als patriotische Spenden und Subsidien gegeben , sowie grofse Brandschatzungen eingehoben, so dafs man die Truppen bedeutend vermehren und für ihre Bedürfnisse sorgen konnte. Aber das aus den gedachten Quellen fliefsende Geld war bald verschwunden und es war nicht nur an keine Vermehrung der Streitkräfte zu denken, sondern es mufsten auch die vorhandenen Truppen vermindert oder dem empfindlichsten Mangel preisgegeben und Monate , ja Jahre hindurch ohne Sold gelassen werden, wodurch häufig die entscheidenden Operationen verzögert oder ganz vereitelt wurden . So konnte es geschehen, dafs der wiederholt geschlagene und zur Unterwerfung geneigte Gegner sich erholte und sich zur energischen Fortsetzung des Kampfes entschlofs . Und der des Sieges schon gewisse Teil wollte und konnte nicht auf die Früchte seiner bisherigen Anstrengungen verzichten und keinen nachteiligen Frieden eingehen , sondern beschlofs auszuharren , bis die Verhältnisse sich bessern und beim Gegner vielleicht die gleichen Geldkalamitäten eintreten würden .

Man musste

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

187

schon der ob des Soldmangels unzufriedenen Truppen wegen , die nur durch Hinweis auf künftige erfolgreiche Unternehmungen und ratenweise Bezahlung des Soldrückstandes von Empörung und Übertritt zum Feinde abhalten konnte , sich zur Fortsetzung des Krieges entschliefsen. So mancher durch Jahrzehnte währende Krieg hätte sehr bald beendigt werden können , wenn es nicht dem einen oder anderen Teile in der empfindlichsten Weise an den erforderlichen Geldmitteln gefehlt hätte . Es ist diese Zeit lehrreicher als es scheinen mag und darf dieselbe bei der richtigen Beurteilung der jetzigen und zukünftigen Verhältnisse nicht unberücksichtigt bleiben . Der merkwürdigste und längste dieser Kriege war jener, welchen Spanien mit den aufgestandenen niederländischen Provinzen führte . Er währte ununterbrochen 40 Jahre und darf, man seine Fortsetzung während des dreifsigjährigen Krieges hinzurechnet, den längsten von der Geschichte aufgezeichneten Kriegen vorangesetzt werden , zumal letztere fast durchgehends von mehreren längeren Pausen unterbrochen wurden . Sowohl Spanien als die Niederländer wendeten riesige Summen auf die Anwerbung der Truppen und die Anschaffung der Kriegsbedürfnisse , ersteres die ihm aus Amerika zufliefsenden Schätze, letztere einen grofsen Teil des aus ihrem Handel und Gewerbe angewachsenen Reichtumes. Aber Beide wendeten. doch nicht Das auf, was sie hätten wirklich leisten können und sollen ! Sie konnten oder wollten nicht ihre ganze Kraft aufbieten oder thaten es wenigstens anfänglich nicht.

Bei den Spaniern geschah es teils

aus Unterschätzung des Gegners, teils

wegen der Schwerfälligkeit

der eigenen Finanzverwaltung und weil man die verfügbaren Kräfte auf andere fernliegende Unternehmungen verwendete . Bei den Niederländern aber zögerten die reichen Städte mit kleinlicher Sparsamkeit, bis sie endlich und dann oft vergeblich das Doppelte aufwenden mufsten. Beide Teile wufsten, dafs sie auch in der Zukunft auf Hilfsquellen zu rechnen hätten ; so zog sich der Kampf in die Länge und forderte mehr Opfer, als es bei beiderseitiger Aufbietung aller Kräfte und einer energischen Kriegführung der Fall gewesen wäre . Das Resultat wäre, da beide Gegner aus Erschöpfung hatten innehalten müssen, doch wahrscheinlich dasselbe gewesen. Anders war es im dreifsigjährige Kriege , der eigentlich n

aus einer Reihe kürzerer Kriege sich zusammensetzte . Nur der Kaiser , oder richtiger Österreich stand ununterbrochen im Kampfe , zu welchem es durch immer neu auftretende , gewissermafsen sich ablösende Feinde auf verschiedenen Kriegsschauplätzen gezwungen wurde . Gleichwohl wurden die ersten Kriege in kurzer Zeit und durch einige zermalmende

188

Betrachtungen über die Dauer

Schläge beendigt , und hätte nicht die ewige Geldnot Österreich gehindert, gleiche Mittel wie seine Gegner auf die Rüstungen zu verwenden, hätte es sich nicht im wichtigsten Zeitpunkte der Armee des Herzogs von Friedland entäufsert, so würde die Geschichte vermutlich von keinem „ dreiſsigjährigen Kriege " zu berichten haben. Die nun folgenden Kriege mit Frankreich endeten , auch wenn sie einige Jahre gedauert hatten, doch, nachdem Frankreich einen Vorteil über einen seiner Gegner erlangt hatte, Dank der Uneinigkeit der letzteren, mit einem Frieden , welcher nur von Frankreich zu neuen Rüstungen benutzt wurde. Diese Kriege würden auch früher beendet worden sein, hätten die Verbündeten oder auch nur Deutschland oder Spanien ihre volle Kraft entwickelt.

Frankreich , dadurch

ebenfalls zur Aufbietung aller seiner Kräfte gezwungen, würde, selbst im günstigsten Falle, nicht so bald einen neuen Krieg begonnen haben. Der grofse Türkenkrieg , an sich schon nicht mit den Kriegen zwischen christlichen Staaten zu vergleichen , würde dennoch binnen wenigen Jahren beendet worden sein , wäre der Finanzstand Österreichs ein besserer gewesen und hätte dasselbe nicht immer wieder einen grofsen Teil seiner Streitkräfte gegen Frankreich wenden müssen. Auch bei den folgenden zwei langen Kriegen, dem spanischen Erbfolgestreit und dem grofsen nordischen Krieg wäre die Entscheidung früher erfolgt , wenn der eine oder der andere Teil alle seine Mittel entfaltet hätte oder nicht durch Geldmangel oder unzeitige Sparsamkeit gehindert worden wäre.

Weder Prinz Eugen ,

noch Karl XII . konnten daher ihre Siege so ausnützen, wie es unter anderen Umständen möglich gewesen wäre , ebenso erging es dem Marschall Berwick und Peter d. Gr. nach den Siegen bei Almanza und Pultawa. Dafs endlich der Czar doch die Oberhand behielt, war bei der Kräfteungleichheit beider Gegner und dem Eigensinn des Schwedenkönigs unausbleiblich. Nun kamen die sogenannten Kabinetkriege ,

die von beiden

Seiten nur mit halber Kraft oder mindestens ohne begeisterte Teilnahme der Bevölkerung , wenn auch von Seite der Truppe mit gewohnter Tapferkeit geführt wurden. Die ersten derartigen Kriege wurden nach verhältnifsmäfsig kurzer Dauer durch einen Frieden beendet, der gewöhnlich den Keim eines neuen Krieges in sich barg. Anders war es mit dem österreichischen Erbfolgekrieg , welcher für die Gegner und Verbündeten Österreichs ein Kabinetkrieg, für letzteres aber ein Kampf um die Existenz war und deshalb zu ebenso ungewohnten als seinen Feinden unerwarteten Anstrengungen veranlafste. Nur der Umstand , dafs , als die höchste Gefahr abgewendet war, Österreichs Verbündete noch lauer wurden und in Öster-

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

189

reich selbst der übermäfsigen Anstrengung eine Erschlaffung folgte, war Ursache, dafs dieser Krieg so lange fortgesetzt wurde. Ebenso nahmen an dem siebenjährigen Kriege nur Preufsen und Österreich mit voller Kraft und entschiedenem Willen Teil . Wäre das Gleiche auch bei den anderen Mächten der Fall gewesen , so hätten schon im dritten Jahre Preufsen trotz des Genies seines Königs und Frankreich wegen des Verlustes aller seiner überseeischen Besitzungen und des Ruins seines Handels den Frieden um jeden Preis eingehen müssen. Alle diese Kriege waren wohl von langer Dauer, aber es waren keine ununterbrochenen Kämpfe, vielmehr ergaben sich nach den meisten Feldzügen mehr oder minder lange Pausen . Gewöhnlich bezogen beide Teile im Spätherbste die Winterquartiere und es ruhten die Waffen ! Winterfeldzüge gehörten zu den seltenen Ausnahmen und es konnten während der oft sechsmonatlichen Pause beide Teile für den kommenden Feldzug sich vorbereiten . Oft wurden die Truppen sogar auf den Friedensstand gesetzt oder in entlegene Provinzen entsendet , wo ihre Verpflegung mit weniger Schwierigkeiten verbunden war. So konnte allerdings ein Krieg mehrere Jahre fortgesetzt werden , ohne dafs die Kriegführenden durch Erschöpfung zum Frieden gezwungen wurden.

Die Gegenden , in welchen Krieg

geführt wurde, hatten gewifs auch so manches Ungemach zu ertragen, doch bei weitem nicht in solchem Grade , wie in späterer Zeit.

Die

Truppen wurden im allgemeinen aus den Magazinen verpflegt und in Lagern oder engen Kantonnirungen untergebracht und pflegten ziemlich gute Manneszucht zu halten , welche übrigens schon zur Verhütung der Desertionen höchst notwendig war. So kam denn der französische Revolutionskrieg , der für alle Teile neue, nie geahnte Verhältnisse schuf. Auf der einen Seite. wurde immer nur ein Teil der verfügbaren Kräfte , auf der anderen Seite aber alles , was zu verwenden war, verwendet ; hier starres Festhalten an der Magazinsverpflegung und dem derselben entsprechenden bedächtigen Operiren, dort rasches Vorwärtsdringen , Requisition und rücksichtsloses Ausbeuten des feindlichen Landes ! Würden die gegen Frankreich Verbündeten sich gleich anfänglich zur vollen Ausnützung ihrer Kräfte entschlossen haben, so würde der Kampf wahrscheinlich sehr bald ein Ende gefunden haben. Frankreich, auf dessen Gebiet dann der Krieg hinübergespielt worden wäre, würde unter der Last der eigenen Rüstung und der durch seine Gegner ihm zugefügten materiellen Verluste zusammengebrochen sein und hätte , auch wenn es durch eine verzweifelte Anstrengung sein Gebiet wieder freigemacht, kaum mehr die Kraft und Lust zur weiteren Fortsetzung des Krieges

Betrachtungen über die Dauer

190 behalten .

Die Verluste aber würden auf beiden Seiten doch nicht so

grofs gewesen sein ,

als sie sich im Laufe so vieler Jahre heraus-

stellten ! Übrigens bestand auch der grofse französische Revolutionskrieg aus einer Reihe von Kriegen zwischen den verschiedensten Gegnern und auf verschiedenen Gebieten. Doch nur der erste Krieg, in welchem zuletzt Österreich allein Frankreich gegenüber stand, dann der Krieg in Spanien - der Kampf eines erbitterten Volkes gegen endlich der letzte Verzweiflungskampf Napodie Fremdherrschaft leons , sowie der Seekrieg , in welchem schliesslich Frankreich nach Verlust seiner Flotten den Angriffen Englands wehrlos gegenüber stand, waren von längerer Dauer. Die anderen Kriege wurden durch wenige, aber zermalmende Schläge nach kurzer Zeit, Wochen entschieden.

oft schon in wenigen

Die nun folgenden Kämpfe waren zumeist die Folgen von Volkserhebungen und es dauerten - mit Ausnahme des griechischen Freiheitskampfes " die längsten wenig über ein Jahr, während manche durch fremde Intervention in einigen Wochen oder Monaten beendet wurden. Die Unterwerfung Algeriens und des Kaukasus hätte, wie schon angedeutet, mit gröfserem Kraftaufwande in ungleich kürzerer Zeit bewirkt werden können , wenn man nicht aus anderen Gründen ein minder energisches Vorgehen und damit eine Verlängerung des Kampfes für passender erachtet hätte. Die Dauer des ersten schleswig-holsteinischen Krieges (1848-1850) findet eben nur in den zerfahrenen politischen Verhältnissen jener Epoche ihre Erklärung.

Der Krieg hätte nach der Zahl der zeitweilig zur Ver-

fügung stehenden Truppen ebenso rasch wie jener im Jahre 1864 beendet werden können . Dafs der Krimkrieg so lange währen konnte , war nur den auf beiden Seiten aufgebotenen ungenügenden Kräften beizumessen . Die Alliirten mufsten aus weiter Entfernung ihre Streitkräfte nach der Krim überschiffen und konnten daher nicht Anders war es bei den Russen. mit stärkerer Macht auftreten. Diese schickten, um die Alliirten zu überbieten oder wenigstens ihnen gleich zu bleiben , ein ganz normal zusammengesetztes Armeecorps nach dem andern hinab. Jedes Corps hatte seine Artillerie , seine die Kosaken abgerechnet Reiterei , aber auch nicht mehr. Hätten sie letztere beide Waffen , an denen sie Überflufs hatten und worin es die Alliirten ihnen niemals gleich thun konnten, von mehreren Armeecorps zusammengezogen und hinabgeschickt, so würde der Erfolg vielleicht ein ganz anderer gewesen sein. " Mit diesen Worten äuſserte sich einst der k. k. F. Z. M. v. Hauslab in Bezug auf Verwendung der Feldartillerie gewils eine Autorität Der

grofse

amerikanische

über den Krimkrieg.

Bürgerkrieg

kann

mit

den

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

191

europäischen Kriegen in keine Parallele gezogen werden, ebensowenig als der Krieg in Mexiko und Paraguay und alle andern Kämpfe in Amerika. Die Verhältnisse dortselbst sind wenigstens noch im gegenwärtigen Zeitpunkte - eben anders als in den übrigen Erdteilen . Hingegen wurden in Europa nach einander mehrere Kriege geführt, in welchen die Entscheidung in überraschend kurzer Zeit erfolgte, so daſs man ziemlich allgemein annahm, daſs bei der heutigen Vervollkommnung der Waffen und Verkehrsmittel, sowie dem grofsen Umfange der aufgebotenen Streitmittel eine längere Dauer der Kriege ausgeschlossen sei . Rüstow sprach gar von einer Theorie von eigentlich den kurzen Kriegen mit den gewaltigen Schlägen — lediglich abgeleitet von den modernen Kriegen Österreichs " , wobei er in seiner Gehässigkeit übersah ,

dafs den Feldzügen von 1859 und

1866 (im Norden) jene von 1849 , 1864 und 1866 (im Süden) entgegengestellt werden können . Übrigens war es eben dieser Schriftsteller, welcher wenn auch nicht als der Einzige, so doch zuerst von einer derartigen Theorie sprach.

Man nahm einfach nach den vor-

liegenden Beispielen eine kurze Dauer der nächsten Kriege an und war daher überrascht, als der grofse deutsch-französische Krieg sieben volle Monate dauerte. Es war natürlich, dafs man die Ursache der

langen " Dauer

dieses Krieges erforschen wollte , ja dafs man, weil in diesem Falle die Annahme sich nicht bewährt hatte, eine Regel für die Berechnung der mutmafslichen Dauer der nächsten Kriege aufzustellen versuchte. Es wurde hinsichtlich des Feldzuges 1859 darauf hingedeutet, dafs damals Österreich nur einen Teil seiner Kräfte verwendet habe , seine weiteren Rüstungen aber nicht mehr rechtzeitig hätte beenden können. Vom Jahre 1866 aber sagte man, dafs Österreich unterliegen musste , weil es nur einen Teil seiner Wehrkraft ausnützen konnte, während Preufsen die ganze Kraft des Volkes " heranzog. In beiden Fällen also unzureichende Kräfte, was aber doch nur auf den endlichen Sieg des Stärkeren, nicht sein konnte.

aber auf die Dauer des Kampfes von Einfluſs

Indessen fehlte es nicht an Stimmen, welche behaupteten,

dafs eben durch die Heranziehung der gesammten Wehrkraft der Kampf wohl ein sehr blutiger, aber kein langer sein könne, weil sehr bald die allgemeine Erschöpfung zur beiderseitigen Friedensgeneigtheit führen werde. Man hoffte, dafs der nächste Krieg in noch kürzerer Zeit als die früheren Kriege

beendigt werden würde.

Als jedoch

diese Voraussetzung im deutsch-französischen Kriege nicht eingetroffen war, so behaupteten Manche, dafs ein Krieg , in welchem die „ ganze Kraft des Volkes" aufgeboten werde, sehr hartnäckig und von langer Dauer sein müsse ; es würden nicht so leicht wie ehedem unbedeutender

Betrachtungen über die Dauer

192

Ursachen wegen Kriege geführt, letztere mithin viel seltener werden, es würde fürderhin nur vitaler Interessen wegen zum Kriege kommen können, dann aber der Krieg zum wahren Volkskriege werden und eben darum

desto länger währen. Man dachte vermutlich daran, dafs die Volkskriege früherer Zeit, namentlich die Insurrektionskriege, gewönlich sehr hartnäckig und langwierig gewesen waren, war also geneigt, eine sehr lange Dauer der künftigen Kriege vorauszusetzen und die Äufserungen so mancher Autoritäten mussten diese Annahme bestärken. Man wurde in dem Glauben an die lange Dauer der künftigen Kriege auch dann nicht wankend, als die Heeresmacht aller Staaten fortwährend verstärkt und auf den doppelten, ja noch höheren Stand gegen ehedem gebracht wurde . In jedem Kriege der jüngsten Vergangenheit, so entgegnete man , seien auf beiden Seiten gröfsere Heeresmassen als in dem vorhergehenden Kriege aufgeboten worden. Solches sei auch 1870-71 geschehen und doch habe dieser Kampf länger gedauert. Und so würde auch der nächste Krieg wahrscheinlich länger als alle seine Vorgänger währen, zumal die Vorkehrungen für den Krieg überall vermehrt und verbessert werden, der Widerstand also ein weit hartnäckigerer sein würde. Was früher nur Annahme oder Mutmafsung war, scheint nun wirklich als ein feststehender Satz einer an der Hand der Erfahrung herangebildeten Theorie" betrachtet zu werden und es dürfte die Prüfung der Wichtigkeit der Annahme der langen Dauer des nächsten grofsen Krieges wohl sehr mühsam, jedenfalls aber nicht ohne Interesse auch für weitere Kreise sein. Es dürfte die Behauptung, dafs die Zeit der sogenannten Kabinetskriege sowie der kleinen Kriege vorüber sei, kaum einem Widerspruche begegnen.

Sind ja die kleineren Staaten Europas fast durchaus

Teile gröfserer Staatenwesen geworden ,

oder neutralisirt

oder aber

von ihren mächtigen Nachbarn derartig beschützt und bevormundet, dafs ihnen ein längeres und selbstthätiges kriegerisches Auftreten weder möglich noch wünschenswert wird. Ein dennoch mit einem Nachbarstaat begonnener Krieg würde jedenfalls durch die diplomatische oder militärische Intervention der mächtigen Nachbarn rasch beendet werden, oder nur das Vorspiel und die Veranlassung eines Kampfes zwischen diesen Nachbarn selbst bilden. Es ist überflüssig, Beispiele anzuführen .

Kabinetskriege im

Sinne der früheren Zeit

aber sind schon der Regierungsverfassung der heutigen Staaten wegen einfach unmöglich. Ebenso ist es richtig, dafs heutzutage unbedeutender Ursachen willen kein Krieg geführt werden, sondern dafs dieses nur zur Verteidigung der vitalsten Interessen der Völker und Staaten

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

geschehen wird.

193

Nichtsdestoweniger kann auch jetzt ein an sich

ganz unbedeutender Vorfall den scheinbaren Anlafs zum Kriege bieten. Es ist damit sowie mit manchen Duellen, deren äufsere Veranlassung ganz unbedeutend, ja lächerlich ist, welche aber von beiden Gegnern benutzt wurde, um ihren bestehenden Zwist zur Entscheidung zu bringen.

So war

z. B.

die

spanische Thronfolgefrage nur der

Anlaſs, um den längst geplanten Krieg gegen Deutschland beginnen zu können . Es werden eben die gerechterweise erregten oder künstlich aufgestachelten Gefühle der Bevölkerung der rivalisirenden Staaten sein, welche der Krieg trotz seiner scheinbar unbedeutenden offiziellen Veranlassung zum Ausbruche reifen lassen werden. Der Kampf wird dann schon wegen der grofsen Zahl der aufgebotenen Streitkräfte und weil es sich um die Interessen der Bevölkerung handelt, ein gewaltiger, ja erbitterter und opferreicher sein, aber er mufs deshalb kein sehr langer sein. Er kann gerade wegen der grofsen Anstrengungen und Opfer ein sehr kurzer sein und zwar um so kürzer, je gröfser die Verluste auf beiden Seiten oder gar nur des einen Teiles sind. Regelmäfsig wurde bei jeder Vervollkommnung oder Erfindung auf dem Gebiete des Waffenwesens die Befürchtung ausgesprochen, dafs die Verluste in einem künftigen Kriege gröfser als je vorher sein würden.

Aber diese Erwartung ist nicht erfüllt worden .

Wohl

kam es vor, dafs einzelne Truppenteile enorme Verluste erlitten , ja unter beinahe vernichtet wurden . Der Gesamtverlust aber war der Voraussetzung der gleichen Bewaffnung beider Teile gröfser, ja

eher noch geringer als in früheren Schlachten.

moralische Eindruck ,

nicht Der

den das Schicksal einer solchen unglück-

lichen Abteilung auf die andern Truppen übte , entschied oft mehr , als wenn auch diese den unter gewöhnlichen Verhältnissen zu erwartenden Verlust erlitten hätten. Und so dürfte bei den in einem künftigen Kriege auftretenden ungeheuren Heeresmassen auch der auf einem

Teile

des Kriegsschauplatzes

erlittene bedeutende

Nachteil von solcher Wirkung nicht blofs auf die übrigen Truppen, sondern etwa auch auf die etwaigen Alliirten und auf die Stimmung der Bevölkerung sein , dafs ein etwaiges Friedensangebot des Gegners gewils günstige Aufnahme finden würde. Ein eigenes Ansuchen um „Frieden um jeden Preis " würde allerdings dann den Krieg noch verlängern , weil der siegreiche Gegner noch grössere Vorteile zu erlangen suchen wird. Es könnte auf die lange Dauer vieler „ Volkskriege " früherer Zeit hingewiesen werden , um daraus die Wahrscheinlichkeit der langen Dauer der künftigen Kriege, die ja nicht mehr von einfachen

Betrachtungen über die Dauer

194

Soldatenheeren, sondern auf beiden Seiten von dem ausgefochten werden, abzuleiten.

Volk in Waffen"

Aber es ist ein grofser Unterschied

zwischen den Kämpfern eines sogenannten Volkskrieges früherer Zeit und dem Volksheere der Gegenwart. Die Kämpfer einer Insurrektion , zumal wenn von derselben ein Guerillakrieg geführt wird, entfernen sich selten weit von ihrer Heimat und sind durch deren genaue Kenntnifs im Vorteil gegen ihren Gegner, den sie zu grofser Machtentfaltung nötigen und für den sie lange Zeit etwas gewissermaſsen Unfassbares sind. Sie sorgen gewöhnlich für ihren Unterhalt selbst und bedürfen auch sonst nur geringe Unterstützung. Dieser Volkskrieg pflegt der Bildung eines aus festorganisirten Truppenkörpern bestehenden Volksheeres voranzugehen, dasselbe in seinen Unternehmungen

zu unterstützen und bei dessen Niederlage den

Kampf weiter fortzusetzen.

Der Kampf mit den bereits organisirten

Truppen eines solchen Volksheeres dauerte selten lange. entweder mit

Es wurde

einigen Schlägen zersprengt und damit der Aufstand,

wenn derselbe abermals zum Guerillakriege griff, beendet oder der Gegner erkannte , dafs die Erhebung sich bereits zu sehr gekräftigt habe und stellte den Kampf zeitweilig oder gänzlich ein. Das moderne 77 Volksheer " aber mufs von dem Staate erhalten werden und hat dieselben Bedürfnisse wie das reine Soldatenheer der früheren Zeit, nur in vergröfsertem Mafsstabe . Diese Bedürfnisse werden in eben dem Mafse vermehrt werden müssen, in welchem dafür auf Seite der Gegner gesorgt wird.

Wenn also

die Bedürfnifslosigkeit der Krieger eines Insurrektionskampfes, zumal eines solchen in einem beschränkten, aber der Verteidigung günstigen Gebiete

eine längere Dauer des Widerstandes ,

also des

Krieges

ermöglicht, so kann daraus doch kaum gefolgert werden , dafs auch der Kampf riesiger einander gegenüberstehender Heeresmassen auf ausgedehnten Gebieten ,

Heeresmassen , deren Ausrüstung nur mit

riesigen Summen erneut werden und deren Verpflegung nur mit den gröfsten Schwierigkeiten bestritten werden könnte , sehr lange dauern kann und mufs !

Allerdings werden die Äufserungen mehrerer

Autoritäten als Beweis der Wahrscheinlichkeit der langen Dauer des nächsten Krieges angeführt ; aber es scheint, dafs diese Äufserungen nur zu häufig willkürlich ausgelegt oder nur bedingungsweise gemacht wurden. So namentlich die berühmten Worte des Generalfeldmarschalls Grafen Moltke , womit derselbe nur die durch lange Zeit gebotene stete Bereitschaft zur Abwehr eines feindlichen Angriffes , d . h. eines neuen französisches Krieges, nicht aber die Dauer des Krieges andeutete. Zudem darf nicht vergessen werden , an welchem Orte Graf Moltke diese Äufserung machte .

Es geschah

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

195

Solches vor den versammelten Reichsvertretern, die nach Deutschlands. glänzenden Kriegserfolgen den Frieden für alle Zeit gesichert und jede weitere Ausgabe für Rüstungszwecke überflüssig erachten mochten ! Kurz vor dem Beginn des deutsch - französischen Krieges sprach der k . k. Feldmarschall Frh . v. Hefs über die damaligen politischen Verhältnisse .

„ Es

bestehen in Europa ", sagte der Feldmarschall ,

deren Lösung schliefslich nur mit den Waffen möglich sein wird . Es wird ein harter Kampf sein und sind die letzten Kriege nur Versuche gewesen , so viel auch durch Die jetzige Generation wird wohl den sie erreicht worden ist. so viele wichtige Fragen ,

Beginn dieses Kampfes , aber schwerlich dessen Ende erleben . Denn die Lasten eines heutigen Krieges " (die allgemeine Wehrpflicht war damals in Österreich bereits eingeführt und befand sich das Heereswesen im Zustande der Umwandlung) 97 würden zu grofs sein, um sie Besonders der gleich anfänglich im lange ertragen zu können. Nachteil befindliche Staat würde, um nicht ganz zu Grunde zu gehen , sehr bald nachgeben müssen und den Wiederanfang des Krieges für eine bessere Zeit aufsparen. Oder es würden, falls die Entscheidung nicht bald erfolgen sollte, beide Teile sich zum Frieden einigen oder den Kampf mit immer mehr sich vermindernden Mitteln weiterführen ".

Ähnlich äufserte sich der gelehrte F. Z. M. Ritter von Hauslab, als er ( 1858 ) auf eigene Veranlassung Versuche mit einem gezogenen Geschütz ausführte , nur dafs er sich weniger mit der Streiterzahl als mit dem toten Material befafste. Die Waffen und überhaupt alle Kriegsmittel " , sagte der General , 97 werden immer komplizirter und kostspieliger und es wird deshalb in den uns oder unseren Nachkommen

noch vorbehaltenen schweren Kämpfen oft schwer fallen, auch in dem Falle , dafs das Geld vorhanden sein würde, alle diese Kriegsmittel herbeizuschaffen oder nur zu erzeugen. Es werden dadurch grofse Pausen eintreten , um Gelegenheit zur Erholung zu

geben oder man wird notgedrungen zu den einfachsten Mitteln, zum ersten Shrapnel mit der einfachen Holzbrandröhre , zur Lunte und zum Schilfrohrbrandel zurückgreifen müssen ". (Schlufs folgt) .

Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 2.

14

X.

Offene Fragen über Verwendung der Cavallerie.

Bezüglich der Art und Weise der Verwendung der Cavallerie im Felde können keinerlei Zweifel darüber bestehen, dafs dieselbe insbesondere im Aufklärungsdienste stattfinden mufs . Auch die Art dieser Verwendung ist gründlich erörtert und durch

und Weise

die Cavallerie -Übungsreisen in sachgemäfse Wege geleitet. Dagegen erscheint die Frage noch nicht genügend geklärt, von welcher Stelle. aus die Verwendung der Cavallerie geleitet werden soll . Nach unserer Überzeugung wird dies im Allgemeinen nur vom Oberkommando einer Armee und zwar durch Vermittlung einer eigens hierfür zugeteilten Persönlichkeit geschehen können, insbesondere dann, wenn mehrere Cavallerie-Divisionen zum Bestandteile dieser Armee gehören. Nicht so ganz klar erscheinen uns aber die Verhältnisse zu liegen für jene Fälle, in welchen die nähere Fühlung mit feindlichen Massen gewonnen ist, die Armeecorps einer Armee zusammengezogen und zum Schlagen bereit gestellt werden, oder sich in dieser Bereitschaft bewegen. Insbesondere aber dann wird diese Unklarheit an Bedeutung zunehmen, wenn der Aufmarsch zum Gefechte und dieses selbst beginnt.

So lange die Armeen durch gröfsere Räume getrennt gegen einander operiren , wird es den Cavallerie-Divisionen möglich sein , durch die heute mehr wie zu jeder früheren Zeit nötige Aufklärung auf grofse Distanzen, genügenden Raum für sich selbst zur Verfügung

zu haben.

So lange die gegnerische Cavallerie allein diesen Raum zu beschränken sucht, so lange bleibt die Bekämpfuug und Vertreibung derselben die Hauptaufgabe, um sodann die Aufklärung der gegnerischen Armee-Bewegungen bethätigen zu können . Je nach der Gestaltung des Geländes und des Anbaues wird das Verbleiben der Cavallerie- Divisionen vor der Front der anmarschierenden Corps früher oder später unthunlich, und wird es notwendig, dafs sich dieselben entweder nach den Flügeln oder auf Nebenwegen zwischen die Anmarschlinien der Corps ziehen . Hierfür werden sie meistens neuer

Offene Fragen über Verwendung der Cavallerie. Befehle oder Instruktionen bedürfen .

197

Nur die aufklärenden Patrouillen

und Eskadrons werden ihre Beobachtung fortsetzen, bis zur Ablösung durch die Regimenter der Corps -Cavallerie . Mit dem Aufmarsche zum Gefechte und insbesondere während des Verlaufes der Schlacht selbst, scheinen uns die Ansichten über die Aufgaben der Cavallerie bezw. über ihre Verwendung dagegen noch besonders im Unklaren zu liegen .

Ein nicht geringer

Teil dieser Unklarheit beruht auf dem Umstande, dafs man die Verwendung für Aufklärung vor und während des Kampfes nicht sachgemäfs auseinander hält.

Aufklären ist Aufgabe von Patrouillen und

kleineren taktischen Körpern bis etwa zur Eskadron. Die Eskadron bewegt sich noch vollkommen unbehindert, selbst auf engerem Raume ; sie findet leicht Deckung und kann, durch rasche Bewegung und Annahme entsprechender Formen , selbst vom gegnerischen Feuer bestrichene Räume ohne schwere Verluste zu erleiden durcheilen . Mit dem beginnenden Gefechte wird sohin die Eskadron der gröfste taktische Körper sein, welcher zum Aufklären vor und in der Front zur Verwendung kommen kann . Je gröfser die taktischen Verbände werden, je weniger wird dies aber möglich sein und es bleibt somit Aufgabe der Führer,

die Cavallerie überall,

griffe geführt werden soll

oder mufs,

wo sie nicht zum An-

rechtzeitig in Deckung ge-

währende Stellung zu bringen, aus dieser Stellung den Gang der Ereignisse zu beobachten, für die eigenen Zwecke aufklären zu lassen und unter günstigen Umständen zum Angriffe zu schreiten . Die Frage, wann sind solche günstige Umstände für einen Angriff zu erwarten, scheint allerdings in der Praxis nicht so leicht. auszuführen, wie in der Theorie zu beantworten. Dennoch sind diese

der Waffe günstigen Umstände die Momente, welche in der Regel allein die Veranlassung für die Angriffe der Cavallerie werden dürfen , insbesondere auch dann, wenn es sich um Angriffe von CavallerieDivisionen handelt . Die Beurteilung, wann solche Umstände eingetreten sind, kann in der Hauptsache nur dem Führer der Cavallerie zustehen. Von diesem Gesichtspunkte aus erklärt sich auch die Bestimmung, nach welcher " der Führer einer Cavallerie- Division zur Lösung seiner Aufgaben der vollkommensten Selbständigkeit bedarf“ . Wird als Regel für den Cavallerieangriff festgehalten, dafs er nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen und auf schriftlichen Befehl ohne wenn der Auftrag nicht an Ort und Stelle gegeben wird Berücksichtigung

der

allgemeinen

Verhältnisse

und der

Verfassung des Angriffsobjektes stattfinden darf, so dürfte die Lage schon wesentlich geklärt erscheinen . Es ist ganz selbstverständlich , dafs die Beachtung dieser Ver14*

198

Offene Fragen über Verwendung der Cavallerie.

hältnisse um so schwieriger werden mufs , je mehr die Cavallerie an kleinere Heeresverbände gebunden erscheint oder zum Angriffe berufen werden könnte , wenn die Gefechtslage dieser Verbände momentan eine kritische geworden ist.

Unter solchen Umständen wird aber die

Cavallerie trotz schwerer Verluste sehr häufig nur indirekte Erfolge erringen können, was nie zur Hauptaufgabe einer Waffe werden darf. Ein hervorragender cavalleristischer Schriftsteller hat diese Art der Angriffe ganz richtig mit „Verlegenheits attacken " bezeichnet. Die Kriegsgeschichte zeigt uns solche Attacken in nicht geringer Anzahl ; auf diese Art verwendete Cavallerie mufs natürlich in ihren thatsächlichen Erfolgen stets mehr und mehr zurückgehen. Die Zweifel an der Möglichkeit des entscheidenden Auftretens , müssen in der Cavallerie wie bei den anderen Waffen immer weitere Kreise beherrschen und diese Zweifel werden unstreitig den Nimbus der Waffe in steigender Progression zerstören . Günstige Verhältnisse für die Angriffe der Cavallerie sind aber unstreitig nur jene, bei welchen sie nicht Gefahr läuft, in einen gänzlich ungleichen Kampf mit den Feuerwaffen zu geraten. Dies wird vor allem ausführbar bei Möglichkeit von Überraschung und unter Verhältnissen, welche diese Feuerwirkung mehr oder weniger beeinträchtigen. Die Überraschung ist nur denkbar bei einer verdeckten Annäherung an das Angriffsobjekt . Es wäre natürlich am vorteilhaftesten für die Cavallerie , wenn diese Deckung bis zur nächsten Nähe an das Angriffsobjekt möglich ist. Immerhin besitzt die Cavallerie in der Schnelligkeit ihrer Bewegung einen mächtigen Faktor für die Überraschung. Selbst wenn diese verdeckte Annäherung nicht bis in die nächste Nähe erreichbar, wird der Grundsatz : „ sich zeigen und attackiren noch immer einige Momente der Überraschung bieten, beim Gegner Unsicherheit und Unruhe um so mehr erzeugen, je entschlossener der Angriff durchgeführt wird , je intensiver durch das vorausgegangene Gefecht die Ordnung und Gefechtsleitung dort bereits Einbusse erlitten hat.

Ebenso selbstverständlich ist es , dafs das feind-

liche Feuer auf kleine angreifende Linien aus grofsem Umkreise gerichtet, von empfindlicherer Wirkung sein mufs, dafs nur ganz sachgemäfse Verwendung von in zweiter und eventuell dritter Linie anreitender Eskadrons nicht minder, wie ebenso verwendeter Reserven, die stets besonders verderblichen Rückschläge werden verhüten können. Alle diese wichtigen Momente für einen glücklichen Cavallerieangriff deuten ganz untrüglich auf die Massen verwendung hin. Die Schlachten der neueren Zeit zeigen infolge der erhöhten Wirkung der vervollkommneten Feuerwaffen nicht zu verkennende Krisen ; dieselben werden herbeigeführt durch ganz erhebliche Ver-

Offene Fragen über Verwendung der Cavallerie.

199

luste, insbesondere an Führern , durch Auflösung der Truppenverbände , durch intensive Erschöpfung grofser Teile der Schlachtlinien . Die Schlachten der Zukunft werden solche Erscheinungen wohl in noch. weit höherem Grade zeigen. Diese Momente sind es , welche in früheren Zeiten und mit aller Sicherheit auch in Zukunft grofsen Cavalleriemassen die Möglichkeit zu entscheidenden Schlägen geboten haben und in höherem Grade bieten werden. Solche Momente abzuwarten und mit rücksichtsloser Energie auszunützen , bleibt die Hauptaufgabe für die Cavallerie . Ist der Moment eingetreten , in welchem die Cavallerie zu solchem Angriffe schreitet , so sind alle in der Nähe befindlichen CavallerieAbteilungen verpflichtet, sich demselben durch entsprechende Angriffsbewegungen anzuschliefsen und bei der Ausnützung des Angriffs bis zum Äuſsersten mitzuwirken ; nicht minder notwendig wird dies für die reitenden Batterieen . Die ganze Natur solcher Angriffe grofser Cavalleriemassen erfordert natürlich eine grofse Sicherheit der Truppe, ebenso grofse Entschlossenheit und Selbständigkeit aller Unterführer. Beides aber kann doch wohl nur dann in ausreichendem Maſse gewonnen werden, wenn die einfachsten Prinzipien festgestellt sind und entsprechende Friedensübungen Führung wie Truppe für

diese

Verwendung gut vorbereiten. Wenn wir angeführt haben, dafs für Angriffe der Cavallerie „in der Regel" günstige Verhältnisse abgewartet werden müssen, so haben wir damit für die Cavallerie eine Forderung gestellt , welche auch für die Infanterie gilt. Diese Forderung aber hat für die Cavallerie um so gröfsere Bedeutung, als ihr ein wesentliches Mittel 27 die Feuerwirkung " fehlt , um ihren Angriff vorzubereiten.

Artillerie und In-

fanterie besitzen dieses Vorbereitungsmittel ; je nachdem sie dasselbe auf ein gemeinschaftliches Objekt richten, desto gröfsere Aussicht besteht auf günstigen Erfolg. Überall wo der Cavallerie nicht die Gelegenheit geboten ist „ überraschend " aufzutreten, kann sie sich nur bei dem Ausnützen jener Erfolge beteiligen. Nur ausnahmsweise und unter zwingenden Verhältnissen darf die Cavallerie ohne weitere Beachtung günstiger Verhältnisse für ihr Gefecht verwendet werden.

Je mehr solche Grundsätze im Laufe aller Zeiten Beachtung gefunden haben, je gröfser war der Nutzen, welchen die Cavallerie gebracht hat. Seit mindestens 150 Jahren kann in dieser Beziehung doch wohl von " offenen Fragen “ und „ naiven Anschauungen der Cavallerie" in Beziehung auf ihre Gefechtsthätigkeit nicht mehr die Rede sein. Wir Cavalleristen finden, dafs gerade jene offenen Fragen und der Vorwurf naiver Anschauungen Zeugnifs darüber ablegen , wie

200

Offene Fragen über Verwendung der Cavallerie.

wenig die Waffe und deren Wirkungssphäre in Schlachten und Gefechten sich klarer und sachgemäfser Auffassung allgemein zu erfreuen hat. Leider haben sich auch einzelne Cavalleristen keineswegs ganz frei halten können von irrtümlichen Anschauungen; in wie fern die bereits erwähnten Gegensätze daran schuld haben, möge vorerst als gegenstandslos nicht untersucht werden. Als ein Hauptzeichen solcher Anschauungen mag z . B. die sehr beliebt gewordene Redensart : 77 die Cavallerie wirft Welle auf Welle über die Infanterie " angeführt sein. Ruhige und noch besonnene Infanterie wird wohl aus der ersten Cavallerie- Welle einen „ Wall " machen, an welchem jede folgende Welle schon an und für sich zerschellen mufs . Wird schon dieses schöne Gleichnifs bei einer Infanterie in einigermafsen guter Verfassung zur begriffverwirrenden Redensart, so wird im anderen Falle die erste Welle zum Niederwerfen genügen, folgende Abteilungen (nicht Linien) werden das Weiterführen des Angriffes und das Aufräumen u . s . w. besorgen können , Reserven aber verderbliche und stets bedenkliche Rückschläge verhüten. Die Cavallerie wäre ja ganz unstreitig die erste und allein entscheidende Waffe, könnte sie durch solche Wellenschläge die Infanterie stets bewältigen. Es ist und bleibt demnach vorerst unsere Aufgabe , derartige Ansichten zu bekämpfen ; wir werden damit der Waffe wie der Armee nützlicher sein, wie durch Überschwenglichkeiten in dieser oder jener Richtung. Möchten die Cavallerie- und Truppenführer doch Kunersdorf stets vor Augen haben als ein Beispiel dafür , was die Cavallerie nicht leisten kann, selbst wenn sie so vortrefflich in ihrer Ausbildung, Kriegserfahrung und Führung sein sollte, wie sie damals ganz unstreitig war. Es wird unter dieser Voraussetzung nicht schwer werden, die Gründe für die zahlreichen und hervorragenden Erfolge der Waffe zu erkennen.

Der Umstand endlich, dafs solche Erfolge

recht oft mit verhältnifsmäfsig geringen Verlusten erreicht wurden, kann ein Ändern oder Aufgeben richtiger Prinzipien doch wohl nicht veranlassen. Die Verwendung der Cavallerie nach richtigen Prinzipien wird für den Gegner verderblich, von den kämpfenden Truppen der eigenen Armee ganz unzweifelhaft mit freudigem Enthusiasmus begrüfst werden und um so häufiger ein entscheidendes Ende herbeiführen, mit je geringeren Opfern solche Erfolge erkämpft wurden. -Die Geschichte der Kriege, insbesondere seit 150 Jahren, hat zur Genüge alle diese offenen Fragen beantwortet, und jede naive Anschauung in positivster Weise geklärt „ für einen Jeden , der sehen kann und will " . Dagegen sind leider andere Fragen offen geblieben , welche für cavalleristische Erziehung, Verwendung und Führung von der gröfsten Bedeutung sind.

Auch hierüber giebt die Geschichte

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie.

201

der gleichen Zeit ganz untrügliche Anhaltspunkte, und es erscheint sehr fraglich, ob die Interessen der Waffe zum Durchbruche gelangen werden bei dem offenkundigen Widerstreben anderer Faktoren, das 8 uns allerdings vollkommen unverständlich erscheint .

XI.

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie . *)

„Sie wissen, mein Herr, welch ein grofses Gewicht wir in Ruſsland auf die Verwendung der Schufswaffe bei der Cavallerie legen, es hat sich in dieser Beziehung in den militärischen Kreisen Rufslands ein bestimmter Gegensatz zu den Anschauungen anderer Länder herausgebildet, ein Gegensatz, welcher ganz naturgemäſs auf die taktische Ausbildung der Cavallerie von ganz hervorragendem Einflufs sein mufste . Man hat in die russische Reiterei ein infanteristisches Element hineingetragen, welches die reine cavalleristische Ausbildung zu ihrem Nachteil beeinflufsen musste . Ob man in dieser Beziehung einen glücklichen Griff getan hat, will ich nicht direkt entscheiden, aber soviel ist bestimmt , dafs die militär - geographischen Verhältnisse Rufslands entschieden mit Recht auf diesen Umschwung einen ganz bedeutenden Einfluss ausgeübt haben; mehr die strategischen Verhältnisse als die taktische Notwendigkeit haben hier gewirkt und die ersteren sind zwingend genug diese Wirkung zu rechtfertigen. Rufsland ist sich sehr wohl bewufst, dafs es am Beginn des nächsten Feldzuges sehr viel auf die Schnelligkeit ankommen wird , mit welcher es schon in den ersten Tagen den Kampf beginnt. Wir und kann dies bei der ungeheueren Ausdehnung unseres sind gegenüber den anderen Staaten an Landes nicht anders sein Raschheit der Mobilisirung weit zurück.

Wir müssen zu dem Mittel

greifen, was der kleine " Napoleon im Jahre 1870 so wenig anzuwenden wufste, Sie wissen was ich meine . Hätte Napoleon und die *) Anmerkung d. Leitung: Dieser Aufsatz giebt ein Gespräch wieder, welches der Herr Verfasser im vergangenen Jahre mit einem höheren russischen Cavallerie-Offizier hatte und deswegen besonderer Beachtung würdig ist.

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie.

202

ganze französische Kriegsleitung sich nicht durch blinde Überstürzung Deutschland hätte gesiegt, das selbst operationsunfähig gemacht ist wahr, aber es hätte blutiger gesiegt und das wäre vielleicht für Europa vorteilhafter gewesen. Die russische Heeresleitung mufs besser vorsorgen, sie mufs im Beginn in den ersten Tagen, Schläge führen,

welche

das gegnerische Land zittern

machen,

welche die

gegnerische Mobilisierung stören oder doch die Leitung zwingt , den Aufmarsch der Truppen recht weit nach rückwärts zu verlegen. Das kann unmöglich durch eine ich möchte sagen rein cavalleristische Reiterei verbunden mit Artillerie in solchem durchgreifenden Maſse ausgeführt werden.

Cavallerie vermag ein Land zu überschwemmen

aber nie zu behaupten. "

Wir geben aus diesen Gründen der Cavallerie

jenes Element, jene Stärke, welche sie zum Widerstand und zum Angriff auf jeden Gegner bedarf, wir nehmen ihr ihre Einseitigkeit, die sie in den meisten anderen Staaten noch besitzt. Sie wird oftmals in Situationen kommen, wo es gilt mit intakter Infanterie ins Gefecht zu treten. Es werden Defileen zu öffnen sein, Garnisonen müssen aufgehoben werden, die weit vorgeschobenen Stellungen sollen gehalten werden . Erst wenn die Cavallerie zu solchen taktischen Handlungen fähig gemacht ist, wird sie auch im Stande sein dauernd zu wirken. Bringen Sie mir nur kein Beispiel aus der Vergangenheit, welche der Zukunft, wenn Sie es selbst noch erleben werden, auch auf militärischen Gebiete recht unähnlich in solchen Beziehungen sehen muſs .

Der Beginn eines österreichischen Feldzuges wird unsere

Cavallerie zunächst nach Galizien von Wolynien oder Polen her einbrechen lassen. Die Dnjester Linie ist für uns eben auch nur eine Linie, die man zwar leicht forcieren aber schwer verteidigen kann. Der Einbruch wird und kann vor den Karpaten nicht zum Stehen kommen und selbst hinter diesem Gebirge dürfte die österreichische Mobilisierung nicht so ruhig von Statten gehen können als man etwa annimmt. Ein Einbruch von Polen her hat für uns noch den Vorzug, dafs die Weichsel - Linie sich von vornherein in unserem Besitz befindet.

Das befestigte Krakau ist von unserer Cavallerie nach Norden

leicht zu umgehen und wird bereits am 2. oder 3. Tag nachher von unserer Infanterie eingeschlossen.

Der Vorstofs wird in der Richtung

auf Bielitz-Brünn alsbald fortgesetzt und wird die Forcierung Krakaus teils dadurch teils durch eine Stellung an der Baba leicht zu decken sein.

Alles wird von unserer Schnelligkeit abhängen.

Wir beginnen

unter Umständen unseren Feldzug im Beginn des Frühjahrs um im Sommer ernten zu können .

Wer vermöchte in den dortigen Breiten

die Anstrengungen eines Krieges in dieser Jahreszeit besser zu tragen als wir.

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie. Sie können aus

diesen Umständen

entscheiden ,

203 ob

man

in

Deutschland mit Recht uns Vorwürfe über die Ausbildung unserer Cavallerie macht oder nicht. Der Friede vermag hier wenig zu entscheiden und ein Krieg wurde unter solchen Verhältnissen noch nie geführt, im Gegenteil haben bisher meistens die Anfänge der Feldzüge gezeigt, wie man Cavallerie nicht verwendet. Das infanteristische Element der Cavallerie mufs aber heutzutage eine bedeutendere Rolle spielen als jemals vorher.

Man spürt das in Deutschland an manchen

Stellen, man spricht viel von Bcigabe der Jägerbataillone an CavallerieDivisionen, auch weifs ich nicht zu entscheiden, ob man dem Gedanken ganz ferne

ist, der Cavallerie kleinkalibrige Schnellfeuer-

geschütze mitzugeben . Artillerie stärkt aber nicht den Angriffsgeist und mit Maschinen stürmt man keine Position , der Sturm wird erleichtert

dadurch erst ermöglicht ; aber es mufs in den Truppen und auch die nötige Kraft vorhanden sein. Man

diese Kenntnis

predigt uns vor, dafs wir über die Wertschätzung und Benutzung der Feuerwaffe das Vertrauen auf die Stichwaffe verloren hätten. Das ist unrichtig !

Man hat

allerdings bei uns die Lanze nahezu

völlig abgeschafft, wenigstens bei den regulären Truppen, aber irrig wäre es daraus zu schliefsen , dafs wir auch im Reitergefecht auf die Schufswaffe mehr geben als auf die blanke Waffe. Das Gewehr ist auf dem Pferde kaum etwas anderes als ein gefährliches Spielzeug , gefährlicher für den Kameraden als für den Gegner.

In Rufsland

haben die taktischen Anschauungen, verbunden mit oben erwähnten strategischen Verhältnissen nur mäfsigend auf das cavalleristische Vertrauen gegenüber den anderen Waffen eingewirkt und man hat gut daran gethan. Vielleicht denkt man in Deutschland auch noch einmal daran gewifs nach dem nächsten Kriege. Ich habe Gelegenheit gehabt die Cavallerie in Deutschland in allen denkbaren Situationen zu sehen, niemals sah ich sie mit dem Carabiner in der Hand . Einer meiner Kameraden , welcher glücklicher war als ich, sagte mir : Der deutsche Cavallerist sehe mit dem Carabiner in der Hand aus , wie ein Kind mit einem ungewohnten Spielzeug. Man lernt vielleicht die Patrone noch mehr schätzen als die Lanze. Das krampfhafte Festhalten am Althergebrachten " , welches oft gegen die bessere Einsicht kultiviert wird, hat in Deutschland schon viel Unheil gestiftet. Was hilft der Paradeschritt gegen die verheerende Wirkung des Shrapnelfeuers , was der ideale Reitergeist gegen die erschreckende Realität eines vernichtenden Gewehrfeuers . Man ist in Deutschland vorzüglich in der Theorie , aber nirgends habe ich zwischen ihr und der Praxis eine gröfsere Kluft gesehen als dort, wo man selbst die Initiative zur Schablone macht.

Frankreich hatte

204

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie.

lange Zeit gar keine Theorie , alles ging in der Routine auf und deswegen unter. Wer aber Gelegenheit hatte, die Fortschritte der französischen Truppen, besonders die unteren Chargen zu sehen, der muſs mit mir in unbedingter Bewunderung übereinstimmen. Frankreich hat den Fehler, dafs es zu laut ist, dadurch verliert es viel, es sollte nicht durch Zeitungsschreibereien , nicht in den militärischen Blättern sondern auf den Schlachtfeldern zu überraschen suchen. Der Russe steht den Fortschritten der Taktik keineswegs konservativ gegenüber, er war sogar lange Zeit weit voraus . Er hat auf den Gefechtsfeldern gelernt , der Deutsche hat viel verlernt. Der Russe war auch den Fortschritten der Bewaffnung nicht ablehnend gegenüber gestanden, allein er war mifstrauisch und wie die Erfahrungen beweisen mit Recht.

Der Vorsprung der anderen Staaten, unter welchen be-

sonders Deutschland unerreicht bis jetzt dasteht, mufs freilich von Rufsland erst eingeholt werden , allein Rufsland besitzt zu seiner gegenwärtigen Waffe ein geradezu unglaubliches Vertrauen, man blickt ihrem Scheiden nicht ohne Wehmut nach, denn sie hat sich bewährt. Ob Deutschland durch den oftmaligen Wechsel seiner Waffe recht viel im Vertrauen zu seiner gegenwärtigen gewonnen hat, bleibt zum mindesten fraglich. Doch ich beginne mich von unserem eigentlichen Thema zu entfernen , ich wollte Ihnen noch etwas aus unserem cavalleristischinfanteristischen Leben erzählen. Wir wollten der Cavallerie das Bewusstsein einimpfen , dafs sie gegen alle Arten von Gegner zu gebrauchen ist und dafs ihre Wirksamkeit nicht da ihr Ende erreicht, wo das Pferd zum Stehen kommen mufs oder wo der Reiter seinen Fufs auf den Boden setzt. Wir leisten erstaunliches in der Raschheit des Überganges aus der Cavallerielinie in die Schützenkette und sind die derartigen Übungen sehr interessant.

So greift z . B. Cavallerie er-

schütterte Infanterie an, die letztere wird über den Haufen geritten und nun erscheint plötzlich gegnerische Artillerie. Im nächsten Augenblick sind die Reiter von den Pferden, um gegen den neuen Feind mit der Schufswaffe aufzutreten. Sie werden mir sagen , das sei Unsinn, wenn die Infanterie über ritten ist, so stürze man sich auf die Artillerie, das mag richtig sein , und Vionville hat es bewiesen, aber man will mit solchen Manövers doch in erster Linie die Gewandtheit der Truppe, die Vielseitigkeit ihrer Verwendung zeigen. Sie sagen, dafs man mit solchen taktischen „ Scherzen " falsche Ideen unter Führer und Leute brächte, darin mag Wahres enthalten sein. Auch ich halte das erwähnte Manöver in der Wirklichkeit für unmöglich, aber im Frieden aus oben erwähnten Gründen für nützlich.

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie.

205

Der von Ihnen erwähnte Grundsatz : man solle auf den Übungsplätzen nichts lernen,

was man im Kriege nur wieder verlernen

müſste, ist vielleicht doch etwas zu einseitig , wenn man hier ihn anwenden will . Sie stimmen mir ja auch darin bei, dafs man im Frieden gar nicht vielseitig genug eine Truppe ausbilden könnte. Dafs im Übrigen solche Manövers doch einen Wert haben, dürfte vielleicht nachfolgendes Beispiel beweisen . Während eines Manövers befand sich unsere Brigade als linker Flügelschutz gedeckt hinter einem Wald aufgestellt, welcher sich längs eines sehr tief eingeschnittenen Flüſschens hinzog, an welches der gegnerische rechte Flügel sich anlehnte. Der Befehl kam zur Vorwärtsbewegung. Wir sollten nach Vertreibung der gegnerischen Cavallerie auf die Rückzugslinie des Gegners drücken. Kaum war der Vormarsch etliche Tausend Schritt weit begonnen, als wir die Deckung des Waldes in unserer rechten Flanke verloren und auch sofort von gegnerischer Artillerie in der Flanke gefasst wurden .

Wir mufsten wieder am

Walde Deckung suchen, unser Regiment safs ab und ich befand mich noch in lebhafter Debatte mit meinem Chef, als in unserer rechten Flanke Gewehrfeuer hörbar wurde und kurz nachher erneuerte sich auch das Artilleriefeuer. Kaum 5 Minuten nach unserem Halt erscholl lautes „ Hurrah “ jenseits des Waldes und fast gleichzeitig wurde von uns der Vormarsch wieder aufgenommen. Zu meinem nicht geringen Erstaunen sah ich jetzt erst, dafs unser Schwesterregiment abgesessen war, den schluchtenartigen Einschnitt des Flusses durchklettert und die überraschte gegnerische Artillerie

mit der

Schufswaffe angegriffen und vertrieben hatte. Was hätte der deutsche Cavallerist in diesem Falle gethan?

Er

denkt gar nicht an den Karabiner, er verachtet ihn in dem Kampf, schimpft auf ihn auf dem Marsche und liebt ihn allein am Nagel im Stalle. Nur eine unserer Cavalleriegattungen ist nach deutschen Begriffen unverdorben geblieben und das sind die irregulären Kosaken . Der Kosake kennt kein Reglement, er kennt blofs Natur und diese läfst sich nicht in Paragraphen schrauben . sehen, um sich von ihren Übungen,

Man mufs die Kosaken

von ihrer Art und Weise der

Durchführung taktischer Ideen einen Begriff machen zu können . giebt es zum Beispiel gegnerische Cavallerie zu attackiren.

So Der

ganze Haufe ist in einer unregelmäfsigen Masse vereinigt. Plötzlich ein kurzer Ruf des Führers und alles stiebt in Windeseile auseinander.

In einem Glied mit weit geöffnetem Abstande stürmt nun .

alles konzentrisch gegen das Objekt vorwärts . Wer Regelmässigkeit suchen will, sucht hier vergebens . Hier sprengt einer an, zusammen-

206

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie,

gekauert auf dem Pferde , die Lanze weit vorgestreckt, ein zweiter steht auf dem Rücken des Pferdes und schiefst sein Gewehr in die Luft, ein dritter hängt an der einen Pferdsseite, die Lanze zwischen Knie und Sattel, die Schufswaffe in der Hand, so geht die wilde Jagd vorwärts , plötzlich, wie auf Kommando, fliegen auf 30 Schritte von dem Gegner die Pferde herum, die Kosaken hängen an der inneren Seite und in dem Moment des Abschwenkens krachen die Gewehre und dann geht es in wilder Karriere rückwärts .

Dort

scheint einer auf 200 Schritte vom Gegner gestürzt, das Pferd liegt auf dem Boden, er daneben, da kracht es zwei- , dreimal hinter einander , das Tier springt auf, rennt den andern nach und der Reiter sitzt verkehrt auf dem Pferde und schiefst Schufs auf Schufs auf den nachfolgenden Gegner, der sich bei der Verfolgung ganz auflöst. Unbemerkt drängen sich jetzt die Kosaken auf den Flügeln zusammen, um mit Blitzesschnelle zum zweiten Male abzuschwenken und den Gegner in Flanke und Rücken zu fallen . Es ist richtig , dafs die Kosaken oftmals die Vorbedingungen für ein derartiges taktisches Verfahren nicht finden werden, zur vollendeten Geltung gelangt es blofs in weiten Flächen . Aus diesem Grunde hat man in Rufsland versucht, sie zu regulären Reitern heranzubilden , ein Versuch der mifslang, es entstand eine Halbheit, weder Dragoner noch Lancier. Ein Offizier, der bei dieser militärischen „ Civilisierung" beteiligt war , erzählte mir , dafs er ihnen einst Vorwürfe machte, weil sie nichts lernten , worauf sie ihn baten : er möge sie doch einer geschlossenen Abteilung gegenüberstellen , dann würden sie zeigen, was sie könnten, sie würden alle tot machen. Der Kosak ist nur vorzüglich als Einzelreiter, er folgt dem Pfiff, dem kurzen Ruf des Führers mit staunenswertem instinctiven Verständnifs. Wehe dem Unglücklichen , welcher fehlt, der Führer beweist ihm , dafs er die Knute zum mindesten ebensogut schwingen kann , wie der Sündenbock seine Lanze. Der Führer ist der Halt des Ganzen, er dirigirt von der Mitte aus, attaquirt nicht mit und um ihn versammeln sich die wilden Steppensöhne, wenn der Gegner oder die Verhältnisse stärker waren als sie. Der Kosak ist im Aufklärungsdienste sehr gut , er ist wie eine Katze im Klettern, nur mit dem Laufen will es bei ihm nicht recht gehen . Leider hat er jedoch eine grofse Untugend und das ist, dafs er über seiner Lust Beute zu machen nur allzu oft den Zweck seiner Sendung vergifst.

Ich erinnere mich davon vieler Beispiele

aus dem türkischen Feldzuge.

Die Leute hatten eine Gewandtheit

im Pferdestehlen mitten in türkischen Lagern und Bivaks erlangt, welche geradezu grofsartig war.

So konnte man um weniges Geld

Ein russisches Urteil über die russische Cavallerie.

207

in den späteren Phasen des Krieges das schönste arabische Pferd sich erwerben und ich habe bis vor Kurzem noch ein solches geritten. Die Türken fürchteten die Kosaken, wie die Franzosen die Ulanen , und ich war selbst einmal Augenzeuge, dafs die türkische Cavallerie schon bei dem blofsen Erscheinen der Kosaken hinter ihrer Infanterie Schutz suchte. Sie nahm späterhin überhaupt Cavallerieangriffe von Seiten der Russen nicht mehr an . Der Kosake besitzt eine gar nicht genug zu würdigende Tugend an seiner Mäfsigkeit und Ausdauer. Es erschien mir am Balkan oft unglaublich , wenn ich die Kerle in bitterer Kälte halb im Schnee vergraben neben ihren Pferden ohne Feuer nächtigen sah. Dabei besitzt der Kosake eine Art stumpfsinnigen Todesmut und erreicht darin zum mindesten den strenggläubigen Türken. Man findet das ja überhaupt bei den Russen , seine ganze Anschauung vom Leben hat etwas so ernstes , etwas so man könnte sagen trübes, dafs er ein Weggehen aus demselben nicht als Verlust empfinden kann . grofse Geldliebe .

Ein Fehler des Kosaken ist seine

Für klingende Münze ist er leicht zugänglich und

stiehlt auch gern, besonders bei Nicht-Kosaken, während er zum Betruge absolut nicht hinneigt. Ich glaube, dafs die Neigung sich fremdes Gut anzueignen viel von seiner Liebe zum Beutemachen und zu Abenteuern beeinflusst wird . Denn der Kosake ist im Grofsen und Ganzen das , was sie in Deutschland einen guten Kerl nennen . Seine Anhänglichkeit ist sehr grofs und er ist dabei zu jedem Opfer fähig ; irrig wäre es, wenn man ihn für geistig beschränkt halten würde , er ist klug, in der Gefahr selbst verschlagen und meist kalt wie ein Eisblock , kein Zucken einer Gesichtsmuskel verrät seine Aufregung, nur in der Nähe ein Hund ,

des Gegners hebt er seinen Kopf, wie

welchem der Wind den Geruch des Wildes

zuträgt.

Beginnt aber der Sturm , dann fängt der ganze Mensch an sich zu regen, eine Art heilige Begeisterung spricht dann aus seinen Augen . und er sieht nichts anders mehr als den Todfeind , dem er die Lanze zwischen die Rippen rennen will . Das Pferdematerial der Kosaken ist ein anerkannt vorzügliches . Die Beweglichkeit, die Ausdauer dieser Steppentiere ist hervorragend. Das Pferd besitzt die Anhänglichkeit des Hundes , es folgt seinem Herrn auf den Pfiff und scheint ihn auch im Gespräche recht gut zu verstehen. Es sieht geradezu komisch aus, wenn man eines dieser Tiere wie einen Hund auf den Hinterfüfsen sitzen sieht, man erstaunt über die Gelenkigkeit, mit der sie sich auf dem Platze drehen und es erscheint fabelhaft, wenn man sie im Klettern beobachtet. Wie das Pferd den Kosaken , so liebt er seinen Kampfgenossen .

Nie

fällt ein Schlag auf den Rücken des Tieres , kein Sporn wird ein-

208

Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere.

gesetzt, ein kurzer Ruf wirkt Wunder, giebt dem Pferde neue Kraft, ein Schmeichelwort macht es vor Vergnügen stampfen , ein leichter Schlag mit dem Zügel zeigt dem Tiere , dafs es seine Sache nicht richtig gemacht. Die Tiere sind klein mit grauen struppigen Haaren. Man hat Versuche gemacht sie zu veredeln , man cultivierte sie mit englischem Vollblute, die Erfolge sind glänzende . Leider beginnen jene idealen Naturverhältnisse mehr und mehr zu schwinden. Der Donkosake lernt den Nutzen des Getreidebaues auf dem so sehr fruchtbaren Steppenboden immer mehr schätzen und es giebt schon Gegenden, wo an der Stelle der unendlichen Weideplätze Kornfelder getreten sind. Die Bevölkerung wächst, der Boden wird kostbarer, die Natur erstirbt unter dem Drucke der Verhältnisse. " 22.

XII.

Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere. Von Hildebrandt, Oberstlieutenant z. D.

Wie das Mittelmeer mit den um sein Becken gruppirten Ländern seit alter Zeit ein Schauplatz regen Völkerlebens war, so auch bildeten seine Gewässer von jeher die Hauptverkehrswege der verschiedensten Wechselbeziehungen dreier Erdteile. Eine reiche Kulturwelt erblühte am mittelländischen Gestade, wichtige Vorgänge von hohem geschichtlichen Interesse spielten sich dort ab und noch heute ragen die Trümmer dieser grofsen Vergangenheit in unsere neugeartete Zeit hinein. Vorwiegend Griechen, Römer und Osmanen teilten sich nachund miteinander in die Vorherrschaft über Meer und Küste , bis sich ihnen im Anfange des vorigen Jahrhunderts als neuer Bewerber die britische Nation anreihte, nachdem England 1713 zufolge der Utrechter Friedensbestimmungen im Besitze von Gibraltar bestätigt worden Hundert Jahre später erwarb diese Macht nach dem Pariser Frieden die maltesische Inselgruppe, aber erst 1869 seit Eröffnung des Suez -Kanals hat England zur Sicherung seines modernen ostindischen Seeweges auch im östlichen Mittelmeergebiete festen Fuls

Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere.

zu fassen gesucht.

209

Durch die britischen Stellungen zu Gibraltar und

in Ägypten werden die Zugänge der angloindischen Etappenlinie in das mittelländische Meer gedeckt, während von Malta die Verbindung dieser beiden maritimen Positionen unterhalten und durch die Besetzung von Cypern der Hafen von Alexandretta als Ausgangspunkt der Euphratbahn, eines neugewonnenen, die Indienfahrt kürzenden Überlandweges, bewacht wird. Gegenwärtig ist das Mittelmeer mehr als sonst von europäischen Mächten umworben, namentlich haben die marokkanische und ägyptische Frage in neuester Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit auf das nordafrikanische Küstengebiet gelenkt, wo sich mannigfache nationale Interessen kreuzen. Schon seit Jahren betreibt Frankreich von Algerien aus eine ununterbrochene Expansionspolitik .

Zusehends

er-

weitert sich seine Machtsphäre nicht nur in der binnenländischen Richtung des westlichen Sudan, sondern auch am mediterranen Strande . Durch Besitznahme der keilartig in das Meer vorgreifenden , massigen Landecke von Tunis wurde das französische Herrschgelüst im westlichen Becken, welches bereits mit Vorliebe

die französische See"

genannt wird, erheblich gefördert, dann aber auch im Ostbecken , an weitem Wüstensaume Frankreichs Banner bedeutungsvoll entfaltet. Die enorme Tragweite dieser Verstärkung wird indessen erst zum vollen Ausdruck gelangen nach der Befestigungsvollendung des vorzüglichen Hafens von Biserta , wichtigen Küstenpunktes .

eines strategisch und politisch sehr

Die Biserta-Bucht, 50 km nordwestlich von

Tunis belegen, umfafst bei einer mittleren , für die gröfsten Schiffe zureichenden Tiefe von 13 m, sowie bei gutem Ankergrunde

einen

Flächenraum von 150 qkm und ist mithin annähernd so grofs wie der Jadebusen , dessen Durchschnittstiefe übrigens nur 11 m mifst. Der Abflufskanal, welcher den See von Biserta mit dem Meere verbindet, soll sich mit verhältnifsmäfsig geringen Kosten für die grofse Schiffahrt öffnen lassen , so dafs , wenn dies geschehen sein wird, ein von den leicht zu befestigenden Höhen des Küstengeländes geschützter Ankerplatz gewonnen wird , geräumig genug, eine ganze Flotte aufzunehmen , überhaupt allen Anforderungen eines brauchbaren Kriegshafens vollkommen zu entsprechen . Diese am Südrande des Mittelmeeres entstehende Marineposition Frankreichs dominirt, zumal im Verein mit dem Hafen von Goletta vor Tunis, die befahrenste, nur mit beträchtlichen Umwegen durch die Messina- Straſse zu umgehende Meerstrecke in der Verengung zwischen Tunesien und Sizilien und bildet eine äufserst wertvolle Operationsbasis für kriegerische Mafsnahmen.

Augenscheinlich hat man sich in der Anlage

von Biserta ein hohes Ziel gesteckt,

wobei freilich die Frage offen

210

Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere.

bleibt, ob sich der tunesische Einverleibungsprozefs indigestionslos vollziehen wird. Doch auch in dieser Beziehung liegen die Verhältnisse immerhin recht günstig, insofern die Eroberung der Franzosen aus ethnologischen Ursachen wesentlich erleichtert sein dürfte . Die sefshafte Bevölkerung, déren Grundstock wie in Algier Berbern und Mauren bilden, lebt nämlich in stetem Rassenkampfe und kann in ihrer Uneinigkeit einer europäischen Invasion gar nicht mit Erfolg entgegentreten. Wie an der kleinen Syrte, so entwickelt Frankreich auch am Iberischen Meere eine bemerkbare Thätigkeit , dort rückhaltlos vorgehend, hier vorerst in zuwartender Haltung, bis der Zusammenbruch des benachbarten morschen Scherifreiches unvermeidlich geworden. Zwischen Marokko und Algerien giebt es keine sichernde Naturgrenze, welche die räuberischen Einfälle der im westlichen Atlas hausenden, zuchtlosen Stämme zu behindern vermöchte, weshalb die algerischen Grenzpfähle bis an den tiefgespaltenen Thaleinschnitt des Mulujaflusses vorgerückt werden sollen . Die schwer zu überschreitenden Muluja- Gründe bieten nicht nur der Landesgrenze sondern auch der unweit und parallel mit dieser laufenden, militärisch bedeutenden Eisenbahnlinie Oran - Mescheria , deren Weiterführung in südlicher Richtung auf die vielbegehrte Tuat - Oase beabsichtigt wird, genügende Schutzwehr. Inzwischen wirft Italien um so sehnsüchtigere Blicke nach Tripolis , als das vor seiner sizilischen Schwelle liegende tunesische Gebiet 1882 unter das Protektorat Frankreichs gefallen ist . Tunis , nur 140 km von der Küste Siziliens entfernt , ist für die Italiener unwiederbringlich verloren, welche, ohne sich damals fremder Hülfe versichert zu haben,

allein nicht als Mitbewerber aufzutreten ver-

mochten, sondern lediglich auf die

Sicherstellung der

heimischen

Küste Bedacht zu nehmen hatten. Seither hat sich diese eigenste Mittelmeermacht als solche mehr und mehr zur Geltung gebracht, ihre Kriegsmittel wirksam aufgebessert und insbesondere eine starke See-Armada geschaffen . In den vorzüglichen , festen Häfen von Spezia , Neapel und Venedig ankern die Geschwader einer stattlichen Hochsee - Schlachtflotte ,

welche

Panzerschiffe der Welt besitzt.

Um die lokale Seeverteidigung noch

die gröfsten und stärksten

zu kräftigen, werden die neuerlich ebenfalls zu hoher Bedeutung gekommenen Flottenstationen von Otranto und Maddalena zu grofsen Kriegshäfen eingerichtet. Nun bildet eins der unlösbar mit der auswärtigen Politik Italiens verwebten Grofsmachtsziele die Angliederung von Tripolis ,

welche bei der früher oder später eintretenden

Zersetzung des türkischen Länderkonglomerates soll .

inscenirt werden

Täglich wächst die Zahl der italienischen Ansiedler auf tripo-

Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere.

211

litanischem Boden , in deren Händen bereits der hauptsächlichste Transitverkehr wie auch fast sämtliche industrielle Bestrebungen ruhen. Zahlreiche Agenten knüpfen freundschaftliche Beziehungen mit den im Lande wohnenden Arabern, Berbern und Negern an, lassen diese aber gleichzeitig die kulturelle europäische Überlegenheit fühlen und suchen sich für deren geschäftliches Leben unentbehrlich zu machen . Man will einer ähnlichen Verspätung wie seiner Zeit in Tunis durchaus vorbeugen und nichts versäumen, um schnell zugreifen zu können . Und Tripolis scheint solcher Mühe wert zu sein ! Es ist der Schlüssel zum weitgedehnten Hochsudan, einer lebhaften Handelsbewegung nach dem Innern des schwarzen Kontinents die Wege öffnend. Vielleicht richten sich auch schon fernhintreffende Blicke auf die libysch-nubischen Karawanenpfade, um die Möglichkeit einer Landverbindung mit der eritrëischen Kolonie am Roten Meere in Erwägung zu ziehen . Wird jedoch die französische Rivalität eine italienische Okkupation von Tripolis als vollendete Aus der formidablen Seeposition von BiThatsache hinnehmen ? serta

Goletta läfst sich das Fahrwasser zwischen Italien und Tri-

polis vollständig flankiren .

Sollte sich in weiterer Folge das Bild

eines Entscheidungskampfes Roms gegen Karthago nochmals entrollen? Wie die Geschichte zeigt , bedarf es oft nur eines geringen Anstofses, um obwaltende Umstände akut werden zu lassen. Höchst mifstrauisch beobachtet man in Italien die grofsartige Hafenanlage bei Biserta, insofern dieser in Aufschwung begriffene, bedrohliche Stützpunkt der französischen Flotte , das Machtverhältnifs im Mittelmeere wesentlich zu Gunsten Frankreichs verschieben oder gar die Als notwendige eigenen Pläne auf Tripolis paralysiren könnte . Gegenrüstung stellen die Italiener jetzt den wegen der günstigen Bodengestaltung seines Strandes trefflich zu verteidigenden Hafen von Marsala an der sizilischen Westküste wieder her, welchen einst Kaiser Carl V. aus Besorgnifs vor einer Landung der Türken verschütten liefs . Mit dem Zeitaufwande von kaum einer Tagesfahrt kann eine von Biserta auslaufende Dampfer-Flottille an der Küste Siziliens erscheinen, weshalb im Hafen von Marsala bereits Vorbereitungen zurAbwehr eines gelegentlichen Handstreiches getroffen werden. Die gesteigerte Zunahme des französischen Aktionsvermögens im mittelländischen Meere bildet aber auch für England, dessen vitalste Interessen durch eine Unterbrechung seiner Verbindungslinien mit Indien empfindlich geschädigt sein würden , eine grofse Gefahr in sich. Den angloindischen Ansprüchen kann die Aufrechterhaltung der Neutralität des Suezkanals ferner nicht mehr genügen, im Kriegsfalle wird die unbedingte Alleinherrschaft dieser Mittelmeerpforte erforderlich Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . LXXXIV., 2. 15

212

sein !

Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere.

Die Reichtümer Ostindiens lassen sich vollwichtig nur verwerten,

wenn die jetzige See-Etappenlinie, deren dritter Teil die Strecke Gibraltar - Malta - Port Said umfafst, sichergestellt wird. Im westlichen Meeresbecken ist Frankreichs Übergewicht heute kaum noch zu beanstanden , um so weniger , wenn nach Vollendung des Garonne - Kanals die Mittelmeerflotte jederzeit schnell und unbehindert verstärkt werden kann, so dafs eine französische Absperrung der englischen Fahrtlinie

zwischen

Gibralter und Malta durchaus

nicht unmöglich erscheint.

Malta gilt zwar für einen in jeder Beziehung gut vorbereiteten Rückhalt, dürfte jedoch durch Biserta, dessen Wirkungssphäre westlich fast 500 km näher an Gibralter und nördlich bis zum tyrrhenischen Meere reicht, unter Umständen bedenklich isoliert sein. Dem stolzen Albion erwächst somit das unabweisbare Bedürfnifs , im Mittelmeere Anstalten zu treffen, um sich dort nicht überholen zu lassen . Am marokkanischen Nordrande würde ein geeigneter Kraftzuwachs zu erreichen sein , wenn nicht die spanischen Presidien im Wege ständen, gegen deren Verkauf oder Umtausch sich aber ganz abgesehen von den im öffentlichen Leben Spaniens niemals erloschenen maurischen Traditionen, der kastilische Stolz gewaltig aufbäumen möchte . Und doch liesse sich hier vorzugsweise ein Äquivalent gegen die maritimen Stellungen in Algerien und Tunis schaffen, zumal auch die Presidien gröfstenteils brauchbare Häfen haben und namentlich die Hafenfestung Ceuta vermöge ihrer ausspringenden Lage einen strategisch gröfseren Wert als das im eingehenden Winkel liegende Gibralter haben soll. Vor Allem umschliessen jedoch die vor der Mulujamündung gruppierten ChafarinasInseln weite und tiefe , gegen Sturm wie Seegang wohl geschützte Wasserflächen, wo der Natur eben nur künstlich nachzuhelfen sein würde, um einen Hauptkriegshafen herzustellen. Da von einer Vergewaltigung Spaniens indessen nicht die Rede sein kann, so hat England unter Verwertung seiner übermächtigen Streitkräfte den Kampf auf hoher See und die bestrittene Herrschaft im Mittelmeere aufzunehmen. Eine zahlreiche, tüchtige Flotte nutzt gewifs mehr als grofsartige Hafenpositionen, welche sich schliefslich doch dem Sieger öffnen müssen. Während die Franzosen bei der Anlage von Biserta mit Übersehung taktischer Bedenklichkeiten vornehmlich strategischen Gründen Rechnung getragen, so mögen die Briten zusehen, dafs sie durch schnelle Vorbereitung ihrer Kampfmittel jene zu überflügeln im Stande sind . Beide Mächte stehen vor einem „nunc aut nunquam ", eine andere Wahl giebt es nicht ! Ferner hat die Nähe Afrikas stets den gröfsten Einfluss auf die Geschichte Spaniens ausgeübt, welches seine durch natürliche Lage

213

Der Kampf um die Herrschaft im Mittelmeere.

und auf alte Beziehungen bevorrechtigte Stellung in Marokko zu wahren bestrebt ist.

Das Angriffsziel liegt vor der Thüre, da ein für

die Lebensfähigkeit der Presidien nötiges Hinterland und zwar das gesamte Küstengebiet bis zum Berggürtel des kleinen Atlas erworben werden mufs. Aber wird sich das von unversöhnlichen politischen Gegensätzen gespaltene spanische Staatswesen zu einheitlicher, wahrhafter Kraftäufserung aufraffen können ? Oder sollten mit lebendigem nationalen Antriebe doch noch neue Regungen eines disciplinierten Geistes in Spanien erwachen,

wie solcher einst richtunggebend,

als

Träger der militärischen Aktionsfähigkeit über die Pyrenäen Europa durchzog?

Dann wäre es aber hohe Zeit,

dafs der Heilungsprozefs

seinen Anfang nähme , andrerseits dürften die Spanier weder einen Schritt bei Neuordnung der mediterranen Situation thun, noch erreichbare Objekte in ihren Besitz bringen können. Noch bleiben Österreich und die Türkei zu erwähnen , welche beide, als Mittelmeermächte zweiten Ranges einer selbständigen Entscheidung unvermögend, in keiner prinzipiellen Gegnerschaft zu den in der Beherrschung des Meeres konkurrierenden Mächten stehen , sondern nur in der Lage sind den weitgehendsten Gebrauch von ihren Spezialrechten zu machen. Österreichs Einflußs ,

man wird das starke

Offensivvermögen der österreich-ungarischen Landmacht von der nur sekundären Leistungsfähigkeit der Flotte zu unterscheiden haben, beschränkt sich auf das adriatische Meer, welches auf weiter Länge. den istrisch- dalmatinischen Strand bespült.

Die ferne wie auch nahe

Küstenverteidigung gravitiert von dem ausgezeichneten Kriegshafen Pola. Zwar hat die habsburgische Flotte angemessene Kräfte zur Verfolgung gröfserer Ziele nicht verwendbar, doch ist sie stark genug, um sich in der Adria keine Blöfse zu geben. Die Seestreitmittel der Türkei hatten bis vor wenigen Jahrzehnten einen hohen Grad von Vollkommenheit und Stärke erreicht , sind jedoch durch die Verluste des letzten russischen Krieges erheblich verringert worden. Die Halbmondflagge weht nur noch im Ägäischen Meere oder sehr sporadisch an der kleinasiatischen und ägyptischen Küste ; auf dem weiten Mittelmeere ist sie völlig Die osmanische Kriegsmarine hat jetzt bedeutungslos geworden. kaum eine andere Aufgabe zu erfüllen als die Dardanellen abzusperren , d. h. der russischen Flotte Mittelmeer zu verlegen.

den Weg aus

dem Schwarzen in das

Wie man auch über die Lösung der Mittelmeerfrage denken mag, jedenfalls wird dieselbe als Machtfrage in unausbleiblichem Das kommende Zerwürfnifs entkeimt Streite entschieden werden. dem

nordafrikanischen Küstensaume in seiner ganzen Ausdehnung,

15*

Über Schlachtschiffe.

214

von den Säulen des Herkules bis zum Nildelta.

Wohl kann sich

der Zusammenstofs je nach den politischen Konjunkturen noch hinziehen, doch genügt ein Zwischenfall, um das Rad voreilig in's Rollen zu bringen.

Man rüstet,

schreitet zu Gegenrüstungen,

verstärkten Rüstungen geantwortet wird.

worauf mit

Im Grunde genommen ge-

schieht die rückhaltloseste Aufwendung von nahezu unbegrenzten Mitteln für Offensivzwecke im Mittelmeere und zwar soweit eben nur die modernen Wehrkräfte der bewaffneten Macht zu Lande und zu Wasser

entfaltet werden können .

der Feindseligkeiten kommen wird?

Wie es nach Ausbruch

Nun, wie es kommen mufs , denn

die Gewalt der Waffen beendet den Kampf und bestimmt den Preis des Sieges !

XIII .

Über Schlachtschiffe.

Von von Henk, Vize- Admiral z. D.

Der frühere Chef- Konstructeur der britischen Admiralität Mr. Barnaby äufserte sich vor einer Reihe von Jahren *) in der Royal United Service Institution in London über die Grundsätze für Schiffskonstruction etwa folgendermalsen : Die Macht der Staaten für den Seekrieg ist vorzugsweise bedingt durch die Stärke der Handelsflotte (Schiffe und Mannschaft) , sofern diese eine wahrhaft nationale ist, sodann durch die Stärke und Beschaffenheit des auf Kriegsschiffen ausgebildeten Personals , in dritter Linie durch die Leistungsfähigkeit der Werften und Arsenale und erst an vierter Stelle durch die Zahl und Gefechtsstärke der bei Ausbruch eines Seekrieges vorhandenen Kriegsschiffe. Die Schlachtschiffe bilden einen und zwar den wesentlichsten Teil des zuletzt erwähnten Kraftmomentes und sind nach verschiedenartigen Grundsätzen gebaut , bewaffnet und ausgerüstet worden, doch ist für die Beurteilung aller darauf bezüglichen Detail*) cfr. ,, Die Post " vom 29. 4. 1883.

Über Schlachtschiffe .

fragen die Gröfse der entscheidende Moment .

215

Je gröfser das Schiff

und seine Maschine ist, um so kräftiger wirkt dasselbe beim Rammen, um so widerstandsfähiger kann es gemacht werden , um so besser lassen sich Vorkehrungen zum Schutze der Maschine und der Widerstandskraft des Schiffes treffen etc." Gewifs sind diese Grundsätze zunächst unanfechtbar. Die wichtigsten Faktoren, welche die Gefechtskraft eines Schlachtschiffes bedingen, sind, eine mächtige Artillerie, ein starker Panzerschutz und ein kräftiger Motor, welcher dem Schiffe sowohl grofse Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit, als grofse Kraft zum Rammstofs zu verleihen im Stande ist. In allen diesen Punkten wird das gröfsere Schiff mehr zu leisten vermögen als das kleinere, besonders bei stürmischem Wetter auf hoher See . Indessen wird sich doch eine Grenze ergeben, wo die Nachteile des gröfseren Schiffes, das gröfsere Ziel welche es bietet, seine geringere Lenkbarkeit und die gröfsere Abhängigkeit von der Wassertiefe sich in bedenklicher Weise fühlbar machen . Für den Rammstofs wird so wie so die gröfsere Masse kaum von Wert sein , da auch ein minder grofses Schiff bei genügender Geschwindigkeit genug lebendige Kraft entwickeln wird, um den Rammstofs erfolgreich zu machen. Um nun Monstregeschütze, wie die 110 Tons Kanonen auf den Schiffen aufstellen zu können und diese gegen eben solche Gegner zu decken ; um ferner den Motor, die Pulver- und Granatkammern, den Steuerapparat etc. zu schützen, ist man allmählich zu enormen Dimensionen für die Schlachtschiffe gelangt , wie z . B. bei Royal Sovereign, Resolution u . a. bis zu 14 150 Tons Deplacement. Betrachtet man andererseits aber die enorme Steigerung der Durchschlagskraft der Geschosse , welche sich durch die Einführung von 45 Kaliber langen Rohren und die neuesten Pulversorten ergeben hat, so erscheint es wahrscheinlich , daſs sich im nächsten Seekriege die Kanone des 77 mittleren " Kalibers mit der Ramme und dem Whitehead-Torpedo in die Zerstörung der Schiffe teilen werden. Die Verringerung der Geschützgröfsen ist auf den Schiffen aber schon deshalb von Wichtigkeit , weil dadurch die Bedienung der Kanone durch Menschenkraft ermöglicht und die Schnelligkeit des Feuerns gesteigert wird ; während die Monstregeschütze nur in Intervallen von zehn Minuten schiefsen können . Die ungewöhnlich grofsen Dimensionen unserer heutigen Panzerkolosse sind das Ergebnifs des Kampfes zwischen Panzer und Kanone . Wenn es nun möglich wird, durch

mittlere " Geschütze eine an-

nähernd gleiche Wirkung wie durch die Monstrekanonen zu erzielen , so wird man wol, selbst wenn man kleinere Vorteile der letzteren aufgeben mufs , die 99 mittleren " Geschütze zur Hauptarmierung der

Über Schlachtschiffe ,

216

Panzerschiffe

wählen. Die enorme Ersparnifs an Artilleriegewicht würde dann aber wahrscheinlich ermöglichen , das Deplacement zu zu verringern. Besitzen auch die Panzerkolosse ihrer Gröfse ent-

sprechend die vorzüglichsten Manövriereigenschaften, so ist es doch gewifs nicht ausgeschlossen, dafs dieselben auch bei kleineren, gleich zweckmässig konstruirten Schiffen von geringerem Tiefgange und geringeren anderen Dimensionen , mit der fortschreitenden Technik nicht nur zu erreichen , sondern sogar zu übertreffen sind . Durch ihre geringeren Dimensionen bieten die kleineren Schiffe aber ein kleineres Ziel für die Geschosse sowol wie besonders für Angriffe der Torpedoboote. Durch ihr besseres Drehungsmoment ist es vielleicht möglich, einem wol gezielten Torpedoschusse auszuweichen, oder das von ihnen gebotene Ziel um sechs bis acht Meter zu verringern , dadurch den Treffer zum Nichttreffer zu machen und die Zerstörung abzuwenden etc. Dahin allerdings wird man wohl niemals kommen , die Seeschlachten mit den geträumten 77 Microben " des französischen Admirals Aube zu schlagen ! Wann aber der Zeitpunkt zur Verringerung der Dimensionen der Panzerkolosse gekommen sein wird; welche Neuerungen und Vervollkommnungen in der Technik und Mechanik, in der Schiffs - Artillerie , den Torpedos , den Torpedos , den submarinen Booten denselben beschleunigen werden , wer will es vorhersagen? In der englischen Marine scheint man die Absicht zu haben, von der weiteren Herstellung der 110 Tons Schiffsgeschütze vorläufig Abstand nehmen zu wollen, da dieselben den gesagten Erwartungen nicht entsprochen haben dürften ; umsomehr, wenn es sich wirklich herausstellen sollte , dafs dieselben , wie man behauptet , nur etwa 85 scharfe Schufs mit voller Pulverladung mit Sicherheit abzugeben im Stande sind. Ob man aber die Verringerung des Artillegewichts zur Verringerung des Deplacements , oder aber zu Gunsten anderer Faktoren der Schiffskonstruction verwerten will, ist noch nicht zu übersehen. In Frankreich scheint man sich gleichfalls mit der Frage der Verringerung des Deplacements der Schlachtschiffe zu beschäftigen und macht sich dort bekanntlich, seitdem in neuerer Zeit der Torpedo in die Reihe der Marinewaffen eingetreten ist, unter den Seeoffizieren eine Strömung gegen den Bau kostspieliger riesiger Panzerschiffe geltend. Man möchte das Geld, das diese Kolosse kosten, lieber auf Erweiterung des Torpedowesens verwenden. Der eifrigste Vertreter dieses Princips war bekanntlich der Admiral ‫י י‬Aube " . Wir verweisen in dieser Beziehung, ohne auf die weiteren Details einzugehen, auf die nautischen

Über Schlachtschiffe.

217

Rückblicke von Vize - Admiral z. D. Batsch bei Gebrüder Paetel in Berlin 1892. Ferner behandelt der französische Contre - Admiral Réveillère in Kapitel IX

seiner Broschüre :

Les

guerres

navales

de

demain

Paris 1891 " unter dem Titel : „ Technique des armes" die GeschwindigZunächst keit, die Panzerung, den Sporn, die Kanone, den Torpedo . legt der Verfasser ein grofses Gewicht auf eine grofse Fahrgeschwindigkeit der Panzerschiffe und hält dieselbe für den Angriff wie für die Verteidigung gleich

erforderlich.

Er bezeichnet dieselbe sogar als

die vornehmste Eigenschaft eines Kriegsschiffes .

Diese Ansicht findet

denn auch in allen anderen Marinen und gewifs bei allen Seeoffizieren ungeteilte Zustimmung. Bezüglich der Geschütze spricht der Verfasser sich für geringere Kaliber der Hauptarmirung der Schlachtschiffe aus, da, wie er meint, die Verwendung von brisanten Sprengstoffen ohnehin hinreichend Verwüstungen im Innern des Schiffes anrichten , sobald solche Geschosse den Panzer durchschlagen haben.

Er befürwortet daher auch

die Geschütze kleineren Kalibers (Schnellfeuerkanonen) durch starke Stahlwände von einander zu trennen.

Dagegen hält er die Ver-

wendung des Sporns im allgemeinen nicht für so gefährlich, während er die Zerstörungen , welche durch glückliche Treffer von Torpedos am Schiffskörper herbeigeführt werden , mit zu denen zählt , welche die gröfsten Verwüstungen anrichten . Contre-Admiral Réveillère hat seine Ansichten über das Schlachtschiff der Zukunft *) ferner auch in der Brester Zeitung „ La Dépêche " in kurzen Umrissen dahin präcisirt : „Die Verwendung des Melinits zur Füllung von Granaten läfst die Defensivverhältnisse der bisher erbauten Kriegsschiffe in wesentlich verändertem Lichte erscheinen . Ein derartig adjustirtes Hohlgeschofs bestreicht mit seinen totbringenden Splittern ein Feld von 400 m Radius ; man kann daher ohne Übertreibung annehmen , daſs das Krepieren einer 16 cm Granate in der Batterie eines Schiffes, wie z . B. des Admiral Duperré die gesamten dortigen Geschützbemannungen aufser Gefecht zu setzen imstande ist. Um solchen Eventualitäten aber vorzubeugen , ist es notwendig, jedes der dort aufgestellten Geschütze, ähnlich dem bei Landbefestigungen üblichen System von Traversen, durch Stahlwände von mindestens 10 cm Dicke von einander abzusondern . Ein Schiff, welches derlei Schutzmittel entbehrt, würde schon nach kurzer Gefechtsphase bei der vollen Zerstörung seines toten Werkes angelangt sein , und hätte dann, wenn es überhaupt noch schwimmen sollte, nur noch den *) cfr. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Vol. XIX. No. X. 1892.

Über Schlachtschiffe.

218

Gnadenstofs durch die Ramme oder den Torpedo zu erwarten .

Hin-

gegen werden Schiffe , die mit solchen Traversen , zweckmäſsigen wasserdichten Schotten und einem den Schüssen aus Beigeschützen widerstehenden Gürtelpanzer versehen sind, in der Schlacht sicherlich länger stand halten , als selbst die neuesten Typen unserer Panzerschiffe.

Von diesem Standpunkte aus betrachtet ,

de Lôme das sein etc. "

dürfte der Dupuy

beste der gegenwärtig schwimmenden Panzerschiffe

Dann heifst es weiter : „ Auf den Schiffen Admiral Duperré , Admiral Baudin und Formidable sind die Geschütze von geringerem Kaliber zu nahe dem Wasserspiegel aufgestellt und daher ihr Emplacement ein ungünstiges .

Solche Geschütze , welche nicht

nur das Gefecht eröffnen , sondern während der ganzen Dauer desselben mitzuspielen und ihr Feuer gegen Türme und Oberbaue der feindlichen Schiffe zu richten hätten , müfsten jedenfalls möglichst hoch aufgestellt sein , um durch Seegang nicht behindert zu werden. Dagegen sollte der Aufstellungsort der schweren Geschütze nicht, wie dies bei vielen Schlachtschiffen der Fall ist, auf Kosten des Bestreichungsfeldes

der Nebengeschütze und

gewählt sein etc. "

der Schnellfeuerkanonen

Im weiteren Verlaufe seiner Abhandlung kommt

Contre-Admiral Réveillère zu dem Schlufs , dafs die Schlachtschiffe der Zukunft ein Deplacement von 8000 Tons nicht überschreiten , daſs sie ferner mit einem dem mittleren Kaliber gewachsenen Gürtelpanzer umgürtet sein und 17-18 Knoten Fahrgeschwindigkeit zu entwickeln imstande sein sollten. Aufser den Hauptgeschützen hätte ihre Armirung aus

einer

grofsen Zahl

Schnellfeuerkanonen

zu bestehen ,

gleichzeitig aber müfsten sie mit sechs bis acht wohl geschützten Torpedolancierrohren ausgestattet sein etc. etc. " *) Wenn auch in mancher Beziehung den obigen Anschauungen des Contre-Admirals Réveillère zuzustimmen ist , so erscheint es doch faglich , ob die Schiffs - Konstrukteure alle diese Eigenschaften auf Schlachtschiffen von so geringer Gröfse zu vereinigen imstande sind und scheint 8000 Tons Deplacement etwas niedrig gegriffen zu sein, wenn möglichste Unverwundbarkeit , eine formidable Artillerie und gröfstmöglichste Schnelligkeit in einem Panzerschlachtschiffe vereinigt sein soll . Vor allem wird die Erreichung einer hohen FahrgeschwindigUnd doch ist überlegene Schnelligkeit zur erfolgreichen strategischen Ausnützung augenblicklich günstiger Verhältnisse , die meist nur kurz zu dauern pflegen , sich aber dem, keit Schwierigkeiten verursachen .

*) Es dürfte hier nicht unerwähnt bleiben , dafs Contre-Admiral Réveillère ein Verehrer von Admiral Aube ist.

Über Schlachtschiffe .

219

der sie erkennen und auszunutzen versteht, dennoch im Kriege häufig bieten

zur See von höchster Bedeutung.

Vor allem aber für

unsere deutschen Schiffe , bei ihrer beschränkten Anzahl , wenn sie den nach Fertigstellung des Nord-Ostseekanals sich ihnen bietenden Vorteil des kürzeren Weges ,

des ungehinderten raschen Wechsels

des Operationsgebietes zwischen Nord- und Ostsee sollen ausnutzen, wenn sie die , eine Vereinigung anstrebenden , etwa verschiedenen Flaggen angehörenden feindlichen Geschwader an dieser rechtzeitig hindern und die noch Getrennten sollen einzeln schlagen können ! Der Chef eines Geschwaders wird mit viel gröfserer Zuversicht kühne. Entschlüsse , wie sie dem deutschen Charakter und der deutschen Armeeleitung eigen sind , fassen , Schiffen verfügt ,

wenn er über eine Anzahl von

die dem Gros des Gegners an Gefechtsstärke in

jeder Beziehung überlegen sind , als wenn er sich sagen mufs , dafs er von den zu bekämpfenden Geschwadern sogar in der Fahrgeschwindigkeit überflügelt wird ,

so

dafs sie allezeit in der Lage

sind , entweder ihm zuvorzukommen , oder die Annahme eines nachteiligen Kampfes zu verweigern ! Ob es unseren Schiffs- und MaschinenKonstrukteuren aber gelingen wird , mit unseren neuesten Panzerschlachtschiffen den in anderen Marinen mit ähnlichen Schiffen erzielten Resultaten an Fahrgeschwindigkeit gleich zu kommen bezw . sie zu überflügeln, mufs die Zukunft lehren ! Was andere Marinen hierin geleistet haben, ist in verschiedenen fachlichen Schriften, so z . B. im österreichischen Marine-Almanach , dem französischen Le Carnet u. a. zu ersehen. Sind in denselben , wie von mancher Seite behauptet wird, auch einzelne Ungenauigkeiten enthalten , so scheinen die Hauptmomente im allgemeinen doch richtig zu sein . Da ergiebt sich denn allerdings, dafs es in schon zahlreichen Konstruktionen gelungen ist , bei Deplacements unter 10000 Tonnen, Fahrleistungen bis zu 17 Knoten zu erzielen, trotzdem auch diese Schiffe Panzer von 43 cm bis 54 cm Stärke und schwerste Geschütze von 30,5 cm bis 34 cm Kaliber tragen . So soll die uns am meisten interessirende russische Marine , welche uns bedauerlicherweise zur Zeit mit ihren neueren Konstruktionen angeblich schon bedeutend überholt hat , fünf Panzerschiffe besitzen , welche 16 Knoten laufen , bei Deplacements von 7000 , 8000 und 8500 Tonnen , Panzerstärke von 25,4-30,6-36,6 cm Compound oder Stahlplatten und Geschütze , welche imstande sind , unseren Schiffen älterer Konstruktion gefährlich zu werden , während die Turmgeschütze von zweien derselben auch die Panzer unserer im Bau befindlichen Schiffe (40 cm) durchschlagen können . Weitere Neubauten von grofsen Panzerschiffen mit allen Neuerungen der Technik und Mechanik sind bereits in nicht unbeträchtlicher Zahl in Angriff

Über Schlachtschiffe .

220

genommen worden. aufzunehmen sein.

Solche Angaben dürften jedoch mit Vorsicht

Die französische Admiralität hat im Laufe dieses Jahres bereits drei neue Panzerschiffe, den „ Lazare Carnot “ , „ Charles Martel " Jauréguiberry " in Angriff genommen. Die Konstruktionsund details ,

des

nur in Dimensionen und einzelnen Besonderheiten der

inneren Einrichtung und der Aufbauten von seinen genannten zwei Schwesterschiffen abweichenden letztgenannten Panzers , sind vor einiger Zeit durch eine Publikation des Journals Le Yacht " bekannt geworden.

Charakteristisch für diesen Schiffstyp ist, dafs nicht nur

die schwere, sondern auch die mittelschwere Artillerie in geschlossenen Panzer - Drehtürmen steht , welche nach Belieben mit der Hand oder durch Elektrizität bewegt werden können ; ebenso, dafs alle Munitionsherbeischaffung , auch die für die 24 kleineren Schnellfeuergeschütze , nach

Wahl , auf gleiche

Weise

geschehen

kann.

Diese Verwendung der elektrischen Kraft auf Kriegsschiffen ist , soweit bekannt , ein Unicum bis jetzt ; aber das Wagnifs, welches in diesem ersten Versuche liegen könnte , verliert das Bedenkliche durch die Möglichkeit , dafs , so oft der elektrische Strom infolge irgend einer Störung versagt , derselbe durch Menschenkraft ersetzt werden kann .

Die Elektrizität wird überhaupt im weitesten

Sinne auf dem Jauréguiberry als treibende Kraft verwendet, so z. B. zur Bewegung sämtlicher Hülfsmaschinen, welche bisher durch Dampf oder durch hydraulischen Druck getrieben wurden . Konstruktiv ist der Jauréguiberry als eine vervollkommnete Marceau - Klasse mit 11 818 Tonnen Deplacement zu betrachten.

Die vier Hauptgeschütze,

und zwar zwei à 30 cm und zwei à 27 cm von 35 Kaliber Länge derselben, werden in gleicher Weise, wie auf dem Marceau, in Panzertürmen von 370 mm Panzerstärke aufgestellt ; dagegen sollen die acht 14 cm Schnellfeuerkanonen paarweise an den vier Ecken des Aufbaues auf dem Oberdeck in Drehtürmen von 10 cm Stahlpanzer Aufstellung finden. Die artilleristische Offensivkraft des Jauréguiberry ist daher höchst respektabel und hat den grofsen Vorteil , dafs sämtliche Geschütze durch Menschenkraft bedient werden . Der ballistische Gesamteffekt

einer vollen Breitseite eines unserer neuen Panzer-

schiffe, wird aber dem des Jauréguiberry überlegen sein. Die Wasserlinie wird durch einen 45 cm starken Nickelstahlpanzer gedeckt, der sich nach den Enden bis zu 27,5 cm verjüngt. Über diesem ist ein 75 cm starkes Panzerdeck zum Schutz der Maschinen, Kessel, Munitionsräume, des Steuerapparates etc. angebracht.

Über dem Panzergürtel führt ein Kofferdamm von quell-

fähiger Cellulose, welcher wiederum durch eine 10 cm Panzerplatten-

Über Schlachtschiffe.

lage von aufsen gedeckt ist, um das ganze Schiff. Panzer soll

die

sogenannten

221

Dieser letztgenannte

Brisanzgranaten ,

anläfslich

ihrer

Empfindlichkeit und unglaublich raschen Detonationsfähigkeit ihrer Sprengfüllung vom Eindringen in das Innere des Schiffes etc. abhalten. Der doppelte Schiffsboden soll durch Herstellung einer thunlichst grofsen Anzahl wasserdichter Zellen , welche teilweise auch mit Cellulosen etc. gefüllt dienen.

werden

zum Schutz gegen Torpedoexplosionen

Die durch 24 Kessel zu speisenden Dampfmaschinen von 13275 indicierten Pferdekräften sollen dem Schiffe mit Doppelschrauben bei natürlichem Zuge eine Fahrgeschwindigkeit von 17 Knoten (?) geben. Das Schiff sollte anfangs drei Schrauben erhalten, doch hat man davon Abstand genommen und wird nun mit zwei Schrauben versehen. Ein kleinerer Typ französischer Panzerschiffe, welche in den Marinelisten Küstenverteidigungsschiffe genannt werden , deren Seefähigkeit, die Stärke ihrer Deckungsmittel und ihre erhebliche Offensivkraft sie eher befähigen, Schlachtschiffe zweiter Klasse zu nennen , sind : „ Bouvines , Jemappes , Tréhouart und Valmy “ . Den älteren Formen der „ Küstenverteidiger " gegenüber sind es Schiffe, welche nicht, wie diese, nur im taktischen , sondern auch im strategischen Sinne Verwendung finden können. Nach den bisherigen Äufserungen der französischen Fachpresse, welche so dringend eine Vermehrung der Schlachtschiffe in den westlich und nördlich gelegenen Kriegshäfen Frankreichs verlangt, da man sich bis jetzt dort zu schwach fühlt , um offensive Unternehmungen der deutschen Flotte im Kriegsfalle mit Sicherheit abweisen zu können, ist die Annahme wohl berechtigt, dafs die ganze im Bau begriffene Serie dieser Schiffe zur Verstärkung der Nord-Division der französischen Flotte bestimmt ist, umsomehr, da ihre Gröfse, Armierung, Maschinenkraft etc. sie sehr wohl zur offensiven Verwendung in der Ostsee geeignet erscheinen lassen. Ihre Armierung Ihr Deplacement beträgt circa 6600 Tonnen . besteht aus zwei 34 cm bezw. zwei 30 cm Geschützen, welche sie in je einem Thurm aufgestellt im Bug und am Heck tragen. Der feste untere Teil der Thürme erhält eine Panzerstärke von 32 cm , der obere, die bewegliche Kuppel , eine solche von 37 cm. Aufserdem erhalten die Schiffe noch vier resp. acht 10 cm Schnellfeuer- Kanonen und 8 Revolverkanonen. Der Panzerschutz wird durch einen um das Schiff reichenden Gürtelpanzer von 46 cm Stärke mitschiffs , welcher sich nach den Enden bis 25 cm verjüngt, hergestellt . Ein unter der Wasserlinie

liegendes

Panzerdeck von 7-10 cm Dicke

Über Schlachtschiffe.

222 schützt Maschine ,

Kessel

etc.

Während die

Schiffe

selbst zwei

Torpedolancirrohre besitzen, sind sie zur Abwehr von Torpedobooten mit acht 37 mm Revolverkanonen ausgerüstet.

Dagegen ist bei dieser

Klasse von Schiffen für die Deckung des über Wasser liegenden Teiles derselben gegen die Wirkung von Brisanzgranaten keinerlei Vorkehrung getroffen .

Man darf wohl hierbei nicht fehlgreifen, daſs

dies geschehen ist, weil durch so erhebliche Gewichtsvermehrung das Deplacement bedeutend gewachsen sein würde. Die Maschinen der Schiffe obiger Serie sind für 7500 indicierte Pferdekräfte in Aussicht genommen, mit denen man glaubt eine Schnelligkeit von 16 Knoten bei natürlichem, von 17 Knoten bei künstlichem Zuge zu erzielen . Im Grofsen und Ganzen scheinen die Zeichen der Zeit doch darauf hinzudeuten, dafs man von den enormen Dimensionen der Schlachtschiffe etwas zurückkommen wird, und dafs für die nächste Zeit, denn weiter kann man in unserem sich überstürzenden Zeitalter nicht rechnen

der mittlere Tonnengehalt der Schlachtschiffe sich

um etwa 10,000 Tons herum bewegen wird. *)

*) Anmerkung. Nach der Kölnischen Zeitung No. 409 im Mai d. J. sollen im Jahre 1895. England : 29 Panzerschiffe I. Kl., 37 Panzerschiffe II. Kl., 111 Kreuzer und 161 Torpedoboote, Frankreich : 18 Panzerschiffe I. Kl., 27 Panzerschiffe II. Kl. , 25 Kreuzer (?), 174 Torpedoboote, Russland : 16 Panzerschiffe I. Kl. , 19 Kreuzer (?), 43 Torpedoboote,

Deutschland : 9 Panzerschiffe I. Kl., 21 Panzerschiffe II. Kl , 36 Kreuzer, 118 Torpedoboote , Österreich - Ungarn : 9 Panzerschiffe I. Kl. , 2 Panzerschiffe II. Kl., 11 Kreuzer, 57 Torpedoboote, Italien : 13 Panzerschiffe I. Kl., 11 Panzerschiffe II . Kl. , 15 Kreuzer und 93 Torpedoboote besitzen. Ob jene Angaben sämtlich als genau anzusehen sind, sind wir nicht in der Lage zu beurteilen.

XIV .

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen .

1. Ein militärischer Erfinder im 18. Jahrhundert. Der Ausbruch des Krieges gegen England veranlafste im Jahre 1779 einen früheren französischen Offizier mit drei militärischen Erfindungen an die Öffentlichkeit zu treten, die er für so wichtig ansah, dafs er es für seine Pflicht erachtete, dafs Geheimnifs derselben an den Fülsen des Thrones niederzulegen ; er war überzeugt, dafs ihre Ausbeutung den Ruhm der königlichen Waffen vermehren würde. Auffallend und mit dieser patriotischen Gesinnung nicht ganz zu vereinbaren ist, dafs er seine Mitteilungen nicht in vertraulicher Weise machte, sondern sie der Öffentlichkeit preis gab, so dafs der Feind ebensowohl in der Lage war, die Erfindungen zu verwerten, wie das eigene Vaterland . Es geschah in einem auch andere gemeinnützige Angelegenheiten besprechenden Buche , welches den Titel führt : 77 Le grand oeuvre de l'agriculture ou l'Art de régénérer les surfaces et les fonds , accompagné de découvertes intéréssantes sur l'agriculture et la guerre, presenté au Roi et à la famille royale" , welches 1779 zu Lyon im Druck erschien . Als Verfasser nennt sich Montagne, Marquis de Poncis , ancien officier aux Gardes françaises . Die erste und zugleich als die wesentlichste bezeichnete der Erfindungen besteht in dem Vorschlage, Gräben auszuheben, in denen man Truppen verstecken könne, welche im gegebenen Augenblicke unvermutet über den Feind herfallen . Hauptsächlich sollten die Gräben für den Gebrauch der Infanterie angelegt und dazu 7 bis 9 Fufs tief und so breit gemacht werden, dafs die Besatzung drei Mann hoch darin stehen könne, es sollte aber auch Platz zum Sitzen und zum Niederlegen vorhanden sein, damit man, wenn es nötig wäre , viele Tage im Verborgenen bleiben könne .

Um das Geheimnifs vollständig zu

wahren , sollte ein jeder Infanterist einen Balken, einen Sparren oder eine Latte und einige Faschinen mitbringen, mit denen man die Gräben so eindecken könne, dafs sie sich, wenn man Erde oder der-

224

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

gleichen darauf streute, vom Boden gar nicht unterschieden ; nur kleine Öffnungen sollten bleiben, durch welche die besonders an den Enden postirten Schildwachen den Feind zu beobachten hätten . Auch gröfsere Infanteriemassen, bis zur Division , könne man auf diese Weise verstecken und, wenn man die eine Grabenwand en douce pente" gestaltete, ebeso gut Cavallerie darin unterbringen ; mit der Artillerie würde man freilich Schwierigkeiten haben, unmöglich sei es aber nicht, sie in gleicher Weise unterzubringen. Der Gebrauch, welchen. der sinnreiche Erfinder von seinen Vorschlägen gemacht sehen will, ist ein sehr mannigfaltiger ; die Wirkung, welche er sich von seinen unterirdischen Heeren verspricht, beruht auf dem Eindrucke , den ihr plötzliches Erscheinen auf den arg- und sorglos der Ruhe sich hingebenden oder auch im Marsche befindlichen Feind machen müsse ; diese Arg- und Sorglosigkeit setzt er in solchem Grade voraus, dafs er anheim giebt, beim Verlassen einer Stadt eine ansehnliche Truppenzahl in der von ihm angegebenen Weise dort versteckt zurückzulassen. Zieht dann der Feind ein, so wird er sich bald wie in einer Mäusefalle gefangen sehen ! Also eine Neuauflage des Trojanischen Pferdes.Der zweite Vorschlag ist ebenfalls auf eine Täuschung des Feindes berechnet. Das Mittel soll besonders auf weite Entfernungen, in länger dauernden Stellungen, an Küsten und auf Schiffen Dienste thun. Es sind die Dörfer, welche Potemkins, des Tauriers , erfindungsreicher Geist um jene Zeit der Kaiserin Katharina vorzauberte, hier militärische Hampelmänner, Lebensgröfse

Soldaten in verschiedener Uniformirung, in

auf Pappe gemalt und ausgeschnitten in drei Glieder

gestellt, durch Draht oder Stricke mit einander verbunden und an den Enden durch zwei Soldaten in der nämlichen Uniform gehalten. Die beiden Soldaten lassen die Puppen allerlei Bewegungen machen und zeigen dem Gegner ein täuschendes Zauberbild. Das dritte Geheimnifs soll bei Flufsübergängen aushelfen, wenn keine Pontons zur Stelle sind und wo es an Holz fehlt, um Brücken zu schlagen . Leider setzt seine Anwendung das Vorhandensein von Hilfsmitteln voraus, die noch schwerer zu beschaffen sein werden . Es sind Seile, durch welche man die Ufer verbindet und die man nach Art der Weber mit Stricken durchflicht, so dafs das Ganze einen geknüpften Teppich bildet , auf welchen Infanterie mit aller Sicherheit, unter Umständen aber auch Cavallerie und Artillerie übergehen können . 14 . 2. Ein anderer militärischer Erfinder des 18. Jahrhunderts war der sachsen-gothaische Oberst, auch Kammerherr und Kommandant der Stadt Gotha, von Berbisdorf, welcher vorschlug, den cilin-

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

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drischen Ladestock auf ein Dritteil seiner Länge dreikantig zu gestalten und ihn dann als Bajonett zu gebrauchen. Eine besondere Vorrichtung, welche einen Teil der Erfindung ausmacht, diente dazu , Gewehr und Bajonett mit einander zu vereinigen und der Waffe die für den Stofs erforderliche Festigkeit zu geben. *) Johann Jakob Mauvillon, ein bekannter Schriftsteller, zuletzt Militärlehrer am Kollegium Carolinum zu Braunschweig, wo er 1794 gestorben ist, welcher als Ingenieur-Offizier in hannoverschen, hessen-kasselschen und braunschweigischen Diensten gestanden hat, legte dem Vorschlage so hohe Bedeutung bei, dafs er, nachdem er Berbisdorf aufgewartet und von mit einer Gütigkeit, die er nicht genug rühmen könne , alles

ihm

an den Flinten erklärt erhalten hatte " , den Vorschlag , damit die Ehre der Erfindung, die so ingeniös als nützlich ist und die den Herrn Erfinder als einen über das Metier tief und mit Einsicht nachdenkenden Mann zeigt ", demjenigen zukäme dem sie gebühre , einen mehrere Druckseiten umfassenden Bericht darüber schrieb, welcher im Jahre 1782 im 4. Stück des in Dresden erscheinenden, von dem Normalstreber" (Jahrbücher 1889 , Dezemberheft), dem preufsischen Dragoner - Lieutenant C.

von Seidl , Journal Bellona abgedruckt wurde.

herausgegebenen militärischen 14.

3. Eine französische Regiments belohnung. Zur Belohnung für die Dienste, welche das französische 22. Dragoner-Regiment geleistet hatte, als unter seinem Schutze in der Nacht vom 14. zum 15. März 1804 der General Ordener auf Befehl des Ersten Konsuls Bonaparte den Herzog von Enghien in dem badischen Städtchen Ettenheim aufheben und über den Rhein nach Strafsburg schaffen liefs , erhielt das Regiment die Erlaubnifs statt des für die Dragoner sonst vorgeschriebenen grün-roten Federstutzes einen ganz roten auf dem Helme zu tragen. So erzählt in seinem vor kurzem zu Paris im Drucke erschienenen „‫ ײ‬Souvenirs militaires " der im Jahre 1869 in seiner Vaterstadt Metz verstorbene Kommandant Thirion, welcher nicht lange vor dem Stattfinden jenes Unternehmens freiwillig in den Dienst getreten war und von der Regimentsgarnison Schlettstadt aus an dem Zuge teil nahm. Worauf es beruhte, dafs man den Farbenwechsel als eine Auszeichnung betrachtete , wird in dem Buche nicht mitgeteilt ; dem Berichterstatter ist auch nicht gelungen, es anderweit zu ermitteln . Der in Rede stehende Zierrat, *) Anmerkung der Leitung . Die alte preufsische Zündnadeljägerbüchse hatte eine Reihe von Jahren einen als Bajonett zu gebrauchenden Entladestock welcher vielleicht dieser Erfindung sein Entstehen dankt.

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

226

"plumet" , unterschied sich von dem eigentlichen Federbusche ( panache ") durch seine geringere Gröfse und durch seine pinselartige Gestalt ; er war an dem Eisenhelme, welchen die Dragoner trugen, auf dem vorderen Teile des Kammes angebracht, von dem hinten 14. der schwarze Rofsschweif auf den Nacken herunterfiel. 4.

Ein Ehren tribunal aus dem Jahre 1809 .

Die Allerhöchste Verordnung vom 3. August 1808 hatte den Offiziercorps des preufsischen Heeres die Ehrengerichte als ein Königliches Geschenk gebracht.

Ihr Vorhandensein gab die Möglichkeit

zum

Einschreiten

alle

dem

gegen

diejenigen

Offiziere ,

welche

sich

Trunke ergaben oder mit liederlichen Weibern unanständige Verbindungen eingingen oder mit Leuten von schlechtem Rufe Gemeinschaft hegten oder gemeine Örter besuchten oder aus dem Spiele ein Gewerbe machten oder die Subordinationsverhältnisse in der den höheren Offizieren schuldigen Achtung nicht zu ehren verstanden oder sonst eine niedere Denkungsart verrieten.

Die einzige Strafe,

welche das Gericht verhängen durfte, bestand in der Erklärung, dafs der Angeklagte bis zu erfolgter Besserung des Avancements unfähig sei. Der Gesetzgeber erhoffte von der der Gemeinschaft durch die Einrichtung auferlegten Selbstzucht, dafs die Bestrafung durch Vorgesetzte mehr und mehr überflüssig werden würde. Diese war bist dahin an der Tagesordnung gewesen , sie hatte oft wegen geringfügiger Kleinigkeiten stattgefunden und war in einer Art und Weise vollzogen worden, welche den davon Betroffenen in den Augen seiner Untergebenen herabsetzen mufste und geeignet war sein eigenes Ehrgefühl zu verletzen.

Die

Bestimmungen über das Verhängen

und die Ausführung der Strafen wurden gleichzeitig von Grund auf geändert. Den Offizieren war es heiliger Ernst mit dieser Selbstzucht. Sie waren erfüllt von der ihnen auferlegten Verpflichtung solche Selbstzucht zu üben , sich des ihnen bezeigten Vertrauens ihres Königs würdig zu erweisen . Wenn die Offiziere eines Regiments sich wechselseitig unter einander sorgsam bewachen , die älteren Offiziere ihre jüngeren Kameraden bei Zeiten warnen , die pünktliche Ausführung einer jeden übertragenen Dienstpflicht zur Ehrensache gemacht und der gute Ruf des ganzen Offiziers -Corps als der Anteil jedes Einzelnen angesehen wird, dessen Schmälerung nicht zu gestatten der Ehrgeiz eines jeden Mitgliedes des Offizier - Corps sein mufs : so wird der höhere Vorgesetzte sich selten in der unangenehmen Notwendigkeit befinden, Männer, deren Stand und Bildung sie eines äufseren Antriebes zur Pflichterfüllung entheben sollten , mit Strafen zu belegen. - Ein Beispiel, in wie hohem Grade diese Weisungen beherzigt wurden, gab

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

227

das Offizier - Corps des Leib - Infanterie - Regiments , so genannt wegen des rühmlichen Verhaltens bei der Belagerung Colbergs " . Das Regiment war aus vier Bataillonen zusammengesetzt, welche bis dahin vereinzelt gestanden hatten , im Jahre 1808 war ihm Berlin als Garnison angewiesen. Um so mehr fühlte das Offizier - Corps , wie richtig es sei , dafs ein Geist die Gemeinschaft erfülle und dafs ein jedes Mitglied Alles vermeiden müsse, was im Entferntesten ein ungünstiges Licht auf sein Verhalten werfen könnte . Aus dieser Anschauung entsprang die Einrichtung eines Ehren tribunals , welchem die Kapitäns und die Lieutenants des Regiments sich freiwillig unterordneten . In „ Erinnerungen aus dem Leben des Königlich Preussischen Generals von Röder" (Als Manuskript gedruckt, Berlin 1861 ), damals Lieutenant im Regiment , in den Befreiungkriegen Adjutant Yorks , heifst es auf Seite 43 : Mit Vorwissen unserer Stabsoffiziere bildeten die Kapitäns und Lieutenants daher ein permanentes Ehrentribunal, welches aus uns gewählt war. Jeder Offizier verpflichtete sich, diesem Alles anzuzeigen, was nur im Entferntesten nachteilig für das Regiment sein könne, sei es auch nur ein kleiner Verstofs gegen die Sitte von Offizieren, sowie wir uns auch verpflichteten , den Aussprüchen dieses Tribunals uns zu unterwerfen . Es hat sehr günstig gewirkt ; ich war Mitglied desselben und kann versichern, dafs sowohl Verstöfse gegen die Sitte auf die schonendste Weise den Betreffenden gesagt , als auf die beste Art von diesen aufgenommen wurden ; so hatte zum Beispiel einmal ein Offizier in einem unbedachtsamen Moment in einer Konditorei die Wette gemacht, während ein anderer Offizier ein Glas Wein trinke , eine gewisse Quantität Kuchen zu essen . Dem wurde nun vorgebeugt " . Weitere 14. Einzelnheiten teilt der Verfasser nicht mit. 5. Marginal - Bemerkungen König Friedrich Wilhelms I. Der König hielt auf eine menschliche Behandlung seiner Soldaten und bestrafte Zuwiderhandelnde sehr streng , wie aus einem Schreiben des Generals v. Katte (Chef des Cürassier-Regiments Derselbe schreibt, dafs No. 9) , vom 30. August 1733 hervor geht. ein Unteroffizier seines Regiments

einem Reichsrekruten

ohne die

geringste Ursache ein Auge aus dem Kopfe geschlagen habe ; er bittet , ihn wenigstens ein halb Jahr mit Festungsarbeit in der Friedrichsburg (Zitadelle von Königsberg i . Pr. ) zu bestrafen , „ damit ein Exempel statuirt werde " . lehbens karren lassen ".

Marginale regis :

" Gut , soll Zeit

Die persönliche Anteilnahme des Königs an dem Gesundheitszustande seiner Offiziere erhellt aus folgendem SchreiJahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 2. 16



Umschau in der Militär-Litteratur .

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ben an den 1728 verstorbenen Generalmajor Georg Levin von Winterfeld (Chef des Cürassier - Regiments No. 12) , vom 27. Februar 1727: Mahrwitz sehr ellent krank , ist ein brav Kerel den nicht gern. verliehren möchte.

Macht dafs ihr zur Revue gesund werdet , sind

Fohlgen von Ausschweifungen die nuhn zu Hause kohmen, wer Venus liebt in Jugenth muhfs im Alter dafor büfsen" . (Man. bor. Diez . C. fol. 81 ). Als der General - Major von Röseler am 31. Dezember 1733 aus Geldern über ein Desertions - Komplott von vier Franzosen berichtet und meldet, dafs 2 gestanden, die anderen zum Geständnifs gezwungen worden wären, aber doch nicht gestanden hätten, und um VerhaltungsBefehle bittet , dekretirt der König eigenhändig : soll brav hangen. lassen und wieder brav anwerben " . (Man . bor. fol . 318 ) . Schbg.

XV .

Umschau in der Militär - Litteratur.

I.

Ausländische Zeitschriften.

Streffleurs österreichische militärische Zeitschrift. (Juni) : Die feierliche Enthüllung des Radetzky - Denkmals in Wien. --- Vom Vater Alte Krieger . Radetzky ; von H. Albertall (Schlufs). Sentenzen. -Studie über den Infanterie - Angriff (Hauptm. Fidler v. Isarborn). Über das Schiefsen der Feld - Artillerie (Oberlieutenant Christl). - Bilder des Radetzky -Monumentes . Unser 33. Infanterie - Regiment. Blätter und Blüten aus der Kriegsgeschichte aller Völker und Zeiten ; von H. Albertall (Forts ). Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und GenieWesens (Österreich) . 6. Heft: Gas-, Benzin- und Petroleum - Motoren (Hauptm. Blaim). Über die elektrische Beleuchtung der Schlachtfelder (Dr. Wächter). Zur Blitzschutzfrage (Hauptm. Dietl). Armeeblatt (Österreich) . Nr . 22 : Unsere Schiefsausbildung (Forts .) . Nr. 23 : Valutaregulierung und Gehaltsregulierung. - FleischConservierung durch Kälte für die Kriegs-Verpflegung. Die Garnison von Paris. Unsere Schiefsausbildung (Forts. ) . Nr . 24 : Valutaregulierung und Gehaltsregulierung. - Unsere Schiefsausbildung (Forts.) . Nr. 25 : Unsere Schiefsausbildung (Forts.) .

Umschau in der Militär- Litteratur.

229

Militär-Zeitung (Österreich). Nr. 20 : Wissmann's Dampferexpedition . Militärische Ballonfahrten in Deutschland . Nr. 21 : Die Verpflegung der Armee im Felde mit gefrorenem Fleisch . Behandelt besonders den Transport und die Verpackung desselben , über welche bislang nur Frankreich praktische Versuche angestellt hat. Nr. 22 : Organisationsskizze der serbischen Armee. Die Reichswehr (Österreich). Nr. 344 : Das Krönungs-Jubiläum. Die technischen Truppen in Italien . Nr. 345 : Persicae res. Behandelt die militär-politische Lage Persiens. Nr. 346 : „ Pelikan. " Behandelt die mangelhafte maschinelle Ausrüstung dieses erst kürzlich fertiggestellten Torpedo-Depotschiffes . Sorgen und Wünsche unserer Kavallerie. Nr. 347 und 348 : Judenflinten und andere Gewehre . In diesem Aufsatz , welcher gegen die Kölnische Zeitung polemisirt , weil dieselbe behauptet, etwaige mangelhafte deutsche Gewehre seien vielleicht steyrischen Ursprungs, findet sich die Bemerkung : „ Die Überzeugung bricht sich in Deutschland Bahn (! ), dafs der Fehler im preussischen Kriegsministerium zu suchen sei ; die Konstruktion der ersten Gewehre sei eine fehlerhafte gewesen, indem wahrscheinlich bei Berechnung der Widerstandsfähigkeit der Läufe die Einschaltung eines Sicherheits-Coëffizienten vergessen (!) wurde. " (Man darf erwarten, dafs die R. für diese befremdende Behauptung die unumgänglichen Beweise beibringen werde ! ) Sorgen und Wünsche unserer Kavallerie (Schlufs) . Nr. 349/50 : Die Schlachtschiffe von Einst und Jetzt. Le spectateur militaire. (15. Mai ) : Regional- Rekrutirung (C. Boissonnet). ― Über Unteroffizierschulen . - Der Marsch auf Fontainebleau und die Schlacht von Beaune - la - Rolande (Forts .) ; ein bemerkenswerter Beitrag zur Geschichte des Krieges 1870/71 . (15. Juni) : Nachtgefechte und Schilde. Regional - Rekrutirung (Forts,) . - Die verschiedenen Organisationen der Armeen Carl des Kühnen. Revue de Cavalerie . (Mai.) Briefe eines Cavalleristen . II . Einheit der Organisation und Leitung. - Sebastiani , von General Thoumas (Schlufs). Grosse Manöver und Cavallerie . - Das Manuskript der „ Carabiniers" (Forts .) ; enthält wertvolle Beiträge zum Feldzuge 1806/7 . -Das Überschreiten von Wasserläufen durch Cavallerie (Übersetzung aus dem Deutschen des Lieut. v. Hartmann ; Forts .) . Revue d'Artillerie. (Juni.) Schiefsvorschriften der russischen FeldArtillerie. Die muschelförmige Libelle. Bemerkungen über das Feldgeschütz der Zukunft (Schluſs), von Capitän Moch . Revue du service de l'intendance militaire. (Mai - Juni. ) Die Bemerkungen zu dem neuen Hefte der Aufträge für die Lieferung des Truppen-Tuches . - Über das Aluminium . Die italienische Militär- Verwaltung (Forts. ) ―― Studie über den Geschäftsbetrieb der Feld- Bäckerei eines Armee- Corps . Revue du cercle militaire. Nr. 23 : Die englischen Torpedos. Die Einmarschlinien in Marocco (Forts . ) . - Der Besatzungs- und EtappenDienst in der schweizerischen Armee (Forts. ) .

Nr. 24 : Eine Reserve der 16*

230

Umschau in der Militär- Litteratur.

,,algierischen Tirailleurs". - Die Reglements der österreichisch-ungarischen Armee. Die Einmarschlinien in Marocco (Schlufs) . Nr. 25 : Der „ Royal Sovereign". Beschreibung dieses neuesten englischen Schlachtschiffes. Die Reglements u . s. w. (Forts. ) . Eine Reserve der algierischen Tirailleurs (Forts ). L'Avenir militaire. Nr. 1689-91 : Die neue Einteilung der Jahresklassen. Gegenüber dem Freycinetschen Plane der Verlängerung der Reserve Dienstzeit befürwortet A. eine einzige Armee mit nur 2 Kategorieen von Soldaten , solchen , die bei der Fahne sind (3 Jahresklassen) und 22 Klassen in der Reserve. Ministerielle Instruktion vom 29. April 1892 über Organisation und Geschäftsordnung der Schiefs- und Turn - Vereine . Aus dieser Instruktion erhellt, daſs den Schiefsvereinen die Gewehre vom Staate gegen eine Gebühr von 8 Francs leihweise geliefert werden dürfen , desgleichen die Munition des Modells 1879/83 zum Preise von 25 Francs für 1000 Patronen ; die Schiefsvereine der Territorial - Armee können innerhalb der budgetären Grenzen die Munition gratis erhalten. Nr. 1692 : Ein wenig Taktik. Wendet sich gegen die mehr und mehr Platz greifende Richtung , allzusehr Verluste vermeiden zu wollen ; das müsse dem Angriff den Schneid rauben. Nr. 1693: Die Verteilung der (Jahres-) Klassen in Frankreich und Deutschland . Vergleich des deutschen Wehr-Gesetzes mit dem Freycinet'schen Entwurfe. Nr. 1695 : Die nationalen Heerstrassen und die LandesVerteidigung. Der Übergang der ersteren in die Verwaltung des Departements und ihre schlechtere Instandhaltung sei strategisch sehr bedenklich. - Die Zivilanstellung der Unteroffiziere .

Le Progrès militaire. Nr.1208 : Genie- und Eisenbahn - Truppen. Bezieht sich auf die Kommandierung von Infanterie- Offizieren des deutschen Heeres zu den Eisenbahn - Regimentern und empfiehlt diese Mafsregel. Nr. 1209 : General de Gallifet hat am 1. Juni eine an der Ostgrenze stattfindende Generalstabsreise angetreten, an welcher höhere Offiziere des 4., 5. , 6., 11. und 18. Corps Teil nehmen. Nr. 1211 : Die Cavallerie. Weist auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen Oberleitung (GeneralInspektion ?) derselben hin. Nr. 1212 : Die Truppe und der Cadre der Reserve - Regimenter. Nr. 1213 : Unsere Infanterie - Cadres . Es wird behauptet , dieselben seien zu schwach , die Kompagnieen müfsten einen 4. Offizier erhalten , der Grad des Korporals sei abzuschaffen , an seine Stelle müsse ein anderer , mit dem Range der Unteroffiziere ausgestatteter treten. Nr. 1214 : Die Verjüngung der Cadres. La France militaire. Nr. 2430 : Das Prytaneum von La Flèche , entsprechend unserm Kadetten - Corps , soll auf 1000 Zöglinge gebracht werden (z. Z. 500). Nr. 2434 : Milit. Radfahrwesen. Bis zu den HerbstÜbungen wird die Organisation so weit fortgeschritten sein, um die Erfolge beurteilen zu können. Nr. 2436 : Die Verteidigung der Nordgrenze. Das verschanzte Lager von Lille wird nach N. und O. verstärkt, Maubeuge nach N.O. mit seiner Fort - Linie bis zur belgischen Grenze ausgedehnt, Nr. 2438 und 2439 : Eine einzige Armee. Die gegenwärtige Teilung

Umschau in der Militär - Litteratur .

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in aktive und Territorial - Armeen ist nicht bezeichnend, letztere wird oft aktiv und aufserhalb des Territoriums auftreten, Teile der ersteren werden als Besatzungen zurückbleiben . Es wird vorgeschlagen , aus den Tauglichen von 25-45 Jahre die National - Armee zu bilden , welche das Kadre-Heer und seine Reserve umfafst . Bei Vaterlands - Gefahr soll das Massen-Aufgebot erfolgen, welches noch die Leute von 17 bis 20 und von 45 bis 50 Jahren unter die Fahne ruft. Auch diese zählen zur Reserve, die im ganzen in 6 Aufgebote (bans) zerfallen soll, hinter denen noch ein Landsturm (carrière ban) steht, der auch Freiwillige jeden Alters aufnimmt. Nr. 2440 : Ein einziges Offizier - Corps. Die Offiziere sollen lediglich aus den Staatsbürgern hervorgehen, welche gründliche Schulbildung besitzen und in physischer wie moralischer Hinsicht sichere Garantieen gewähren und sollen einen gleichen Ausbildungsgang durchmachen. Nr. 2441 : Ein neues Gewehr. Versuche mit dem neuen 61/2 mm Gewehr in der Normal-Schiefsschule haben sehr günstige Ergebnisse geliefert. Nr. 2443 : Die Senegal - Schützen. Entstehung und Vorgeschichte. Sie wurden durch Dekret von 1857 ins Leben gerufen , nachdem schon vorher Kompagnieen von schwarzen Soldaten bestanden hatten . Seit 1889 sind es 3 Bataillone ; augenblicklich werden Schützen des Sudan gebildet, welche auf 12 Kompagnieen kommen sollen . Nr. 2445-2449 : Das Mannlicher Gewehr in Chile. Nach der "" Reichswehr" und ,,Revue militaire de l'étranger". Nr. 2459 : Italienische Sonette. Erwiderung auf eine Äusserung der „ Italia militare e marina " hinsichtlich eines in der Fr. m. veröffentlichten Briefs, wonach ein italienischer Oberst gesagt haben solle, die Armee sei durch die eingerissene Knickerei entmutigt. La Belgique militaire. Nr. 1105 : Die Armee und der General Brialmont. Dieser Artikel feiert genannten General als das Gehirn der Armee ; er hinterlasse seinem Vaterlande zwei unsterbliche Werke : Die Befestigungen der Maas und Schelde. - Die französisch - belgische Grenze. Studie über die französche Befestigung derselben, besonders die verschanzten Lager von Lille und Maubeuge. Nr. 1107 : Das Mannlicher Gewehr in Chile (entnommen der ,,France militaire“). Die RepetirRevue de l'armée belge. Tome VI. Mai 1892. gewehre von A. W. --- Vortrag über die Militär- Velozipedie . - Studie über Pulver und Explosiv - Stoffe (Forts .) . Ein neues SchnellfeuerGeschütz, konstruiert von der Société Cockerill (Teraing) , Modell 1891 , der ,,Société Nordenfelt". Die National Kriegswaffenfabrik zu Herstal, Lüttich). Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen . (Mai) : Der heutige Stand der Inlandsarmee Grofsbritanniens (Forts .) . Der Offizier im Felde (Forts .) . - Massénas Übergang über die Limmat. Extrabeilage : Die Stellung des Infanterie-Unteroffiziers in einigen Dienstzweigen. Mit besonderer Berücksichtigung des neuen Exerzier-Reglements f. d. schweiz. Infanterie. Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie.

Nr. 5 :

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Die Kavallerie- OffiziersNochmals die Beschaffung der Artilleriepferde . Patrouille als Hauptträger der strategischen Aufgabe der Kavallerie (Schluſs). Revue militaire suisse . Nr. 6 : Die Munitions-Ausrüstung des ArmeeDie Corps. - Eine Reform in der Ausbildung unserer Kavallerie. Schweiz und Italien. Beilage : Bericht des eidgenössischen Militär- Departements über seine Geschäftsführung 1891 . Allgemeine schweizerische Militärzeitung. Nr. 23 : Die Mobilisierung der russischen Armee (Schlufs). Nr. 24 : Die Vollendung der belgischen Maasbefestigungen. Nr. 25 : Waffenchefs oder Abteilungschefs. Die ersteren sollten verschwinden und an ihre Stelle die Abteilungschefs des Departements treten. Army and Navy Gazette. Nr. 1687. Die Mobilisirung der Die im Frühjahr Landes - Verteidigungskräfte von Portsmouth. stattgehabte Probe - Mobilisierung der Befestigungen von Portsmouth und der Insel Wight wird kritisch beleuchtet. Die Armierung der Werke soll nur sehr schwach gewesen sein, ebenso seien auch die dazu bestimmten Truppenkörper ungenügend gewesen . Die Schiefsausbildung der Armee. Man ist mit den in der Schiefsausbildung gemachten Fortschritten zufrieden , die Ergebnisse mit dem neuen Lee - Milford - Gewehr haben die mit dem Martini - Henri um 4 % übertroffen. Nr. 1689 : Die LandesVerteidigung. Es soll der Landes- Verteidigung an dem nötigen wechselseitigen Ineinanderwirken der verschiedenen Faktoren, aus denen diese sich zusammensetzt , mangeln . Man betrachte die Flotte als ausschliefsliches Verteidigungsmittel, während sie doch nur den wesentlichsten Teil derselben bildet. - Geschichte des East- Yorkshire - Regiments Nr. 15. Errichtet im Jahre 1685. Nr. 1690 : Die russische Kavallerie. Ein englischer Veterinär - Rittmeister veröffentlicht seine persönlichen Beobachtungen über die russische Kavallerie. Die Pferde ständen in jeder Weise gegen die englischen zurück, und seien zu schwer belastet. Sattel- und Zaumzeug werden gelobt. Der Beschlag wird besonders anerkannt, eine Folge der sorgfältigen Ausbildung der Schmiede, die sämmtlich NichtKombattanten sind. -- Die Entwickelung der Magazin - Gewehre. Eine kurze Entwickelungs- Geschichte der Magazingewehre der verschiedenen Europäischen Heere seit dem Jahre 1887. Nr. 1691 : Die Leistungsfähigkeit unserer Armee im Mutterlande. Anknüpfend an die stattgehabten Parlaments-Verhandlungen werden die Schwächen der englischen Armee, soweit sie nicht in den Kolonien steht, erörtert. Es kommen zur Sprache : 1. die Landes - Verteidigung mit der damit verbundenen OffensivKraft, 2. die Heeres - Verwaltung, 3. die Organisation, 4. der Dienstbetrieb. Als gröfste Schwäche wird das Rekruten - Aushebungs - Wesen und der Vom 18. Juni 1815 bis 18. Juni Mangel an Reserven hingestellt . 1892. Betrachtung über die Leistungsfähigkeit der englischen Armee in der Schlacht bei Waterloo im Vergleich zu der jetzt geringen Offensivkraft derselben. Journal of the United Service Institution of India. (April 1892.) Betrachtungen über die voraussichtlichen Folgen der Einführung

Umschau in der Militär- Litteratur.

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der Magazin - Gewehre . Von General - Major H. R. Browne. Die Erweiterung der Flugbahn wird als wesentlichster Theil des Einflusses der neuen Gewehre auf die Taktik hervorgehoben, und daraus eine erhöhte ― Gefährdung der Artillerie gefolgert. Der Einflufs des Geländes auf die militärischen Operationen . Preisschrift des Lieut. Reed der Artillerie. Unter Zugrundelegung der Erfahrungen des amerikanischen Bürgerkrieges und des deutsch - französischen Krieges 1870/71 wird der Einfluss des Geländes auf die Schlachten und die Anmärsche zu denselben erörtert. Dann werden Gebirge, Flüsse, Sümpfe, Wälder, Ebenen, Strafsen u. s. w. in Bezug auf ihren Einfluss auf die Kriegsführung und die Grundsätze für die Aufklärung besprochen. Journal of the Royal United Service Institution. (Juni 1892. ) Mititär-Geographie . Von Oberst Maurice , Professor der Kriegskunst und der Geschichte an der Generalstabs - Akademie . Nach kurzer Einleitung über Militär - Geographie im allgemeinen werden die deutschen Grenzverhältnisse gegen Westen und Osten eingehend besprochen . - Die militärische Erziehung. Grundsätze für die Erziehung und Ausbildung der Offiziere vor dem Diensteintritt und im Heere. Wajennüj Ssbornik. (Juni.) Die russische Armee unter Katharina Über die taktischen Beschäftigungen der Offiziere. der Grofsen (Schlufs). Verf. kommt zu dem Schlufs , dafs es für die Ausbildung der russischen Offiziere durchaus notwendig wäre, den Kreis der taktischen Beschäftigungen zu erweitern. Hierzu sei aber erforderlich , dafs die Instruktion für diese Beschäftigungen mit den Offizieren nicht nur der Form, sondern dem Geiste nach ausgeführt würde. — Über einige Veränderungen des russischen Kavallerie - Reglements . - Die Pferdezucht und die Transportmittel des europäischen Rufslands und des Kaukasus . Beresowski'js Raswiedtschik. Nr. 96 : Bild und Biographie des Generals Wassilij Janowsky. Kommandeur des 7. Armee-Corps. - Die wichtigsten Bedingungen für die erfolgreiche Führung grofser Armeen. Nr. 97 : Bilder und Biographien der Kommandeure des Grenadier- und des 5. Armee-Corps, der Generallieutenants Malachow und Swistunow. - Die Militär -Heil - Anstalt in den Schlammbädern von Sakki im Gouvernement Taurien. Ein Plastunder-Posten am Flusse Araxes . Russischer Invalide. Nr. 102 : Über Kanada nach Indien . Verfasser bespricht die strategische Bedeutung der kanadischen Pacific - Bahn. Der Weg über Kanada nach Kalkutta ist doppelt so lang (14 900 engl. Meilen) als der über Suez (7540 engl . Meilen) , bietet aber den Vorteil, dafs er leichter zu decken und teilweise (auf der kanadischen Eisenbahn) schneller zu befahren ist. Nr . 103-104 : Die Sommer - Übungen der FeldPionier- Truppen im laufenden Jahre . Nr . 106 : Verordnung, betreffend die Aufstellung von je 2 leichten Batterien bei den Schützen- Brigaden. Nr. 107 : Die kleinkalibrigen Gewehre und das rauchlose Pulver ; deren Einfluss auf die Gefechtsthätigkeit der Infanterie . Nr. 108 : Zur Frage der Luftschifffahrt. Verfasser glaubt nicht an die Möglichkeit der Erfindung eines lenkbaren Luftballons . Nr. 109 : Aluminium-Hufeisen . Die mit diesen bei

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Umschau in der Militär- Litteratur.

einem Kavallerie - Regiment angestellten Versuche haben sich bewährt. Nr. 110 : Die Neu-Organisation der Japanischen Armee. Besprechung des Aufsatzes der Jahrbücher über die Frage einer General - Inspektion der Kavallerie. Nr. 112: Zur Frage der Infanterie - Ausrüstung. Vergleich der bei den Europäischen Armeen bestehenden Verhältnisse. Verfasser giebt folgende Gesamt- Gewichte der Infanterie- Ausrüstung bei den verschiedenen Armeen an : Deutschland 34 kg ., Italien 32 kg., Frankreich 30 kg ., Rufsland 29 kg., Oesterreich 28,25 kg ., England 22,25 kg. Nr. 113 : Der Einflufs der kleinkalibrigen Waffen auf den Angriff der Infanterie. Verfasser schlägt einen Normal - Angriff für ein Detachement von 4 Bat. , 2 Esc. und 2 Battr. vor. Nr. 116 : Die Jagd - Kommandos bei den Truppen. Weitere Förderung derselben wird befürwortet. Rivista militare Italiana. 1. Juni : Das nationale Scheibenschiefsen in seinen Beziehungen zum Heere. -- Der Generalstab in Frankreich (sehr beachtenswert). - Amiens (Fortsetzung einer interessanten strategisch- taktischen Studie). 15. Juni : Das neue italienische Rekrutierungsgesetz weist nach, dafs der Pelloux'sche Entwurf mit den richtigen Mitteln dem hohen Ziele zustrebt, dem Lande für die Zeit des Krieges die gröfstmöglichste Zahl felddiensttüchtiger und vollständig geschulter Leute sicher zu stellen. Das nationale Scheibenschiefsen in seinen Beziehungen zum Heere (Forts. ). Amiens (Forts.). Esercito Italiano . Nr. 65 : Grofse Manöver werden in diesem Jahr das VII. und IX . Corps unter Leitung des General - Lieutenants Driquetol halten. Die Corps erscheinen aus den zu ihnen dauernd gehörenden Einheiten zusammengesetzt, verstärkt durch die Reservisten des Jahrgangs 1866 und einen Teil des Jahrgangs 1867. Beim VII . Corps wird eine Brigade Mobilmiliz zu 2 Regimentern à 3 Bataillonen an den Manövern teilnehmen . Die Corps halten Corpsmanöver für sich, dann gegeneinander ab, endlich operieren sie vereinigt gegen einen markirten Feind. Nr. 67: Bezüglich der Offiziere, die nur kirchliche Heiraten ohne Konsens eingegangen sind, beabsichtigt der Kriegsminister Pelloux ein Gesetz einzubringen, das solche Übelstände dauernd ausschliefsen soll . Nr. 68 : Für das 6 monatliche provisorische Budget hat der Kriegsminister, da für die Fabrikation von 6,5 mm, die Rückstände an Mitteln noch reichen, 3 300 000 und die Übertragung von 1 600 000 Lire, die in Capitel Spezia noch übrig sind , in das Capitel „ Ankauf von Feld - Artillerie - Material" genehmigt erhalten. Rivista di artigleria e genio. (Mai.) Defilement. Von GenieKapitän Zanotti . Mit 6 Tafeln. Die Krümmung langer Kanonen , von Michael Lewitzky, Oberstlieutenant der Artillerie in der russischen Marine, nach einer Studie von Otto Crel, Direktor des metallurgischen Instituts von St. Petersburg. Danach erfahren die Vorderteile der langen Rohre Schwingungen, welche die Zahl von 7 bis 12 in der Sekunde erreichen. Die Abweichungen von der ursprünglichen Achsenlage gehen bis zu 25 Winkelminuten . Die Ursache liegt darin, dafs der Rückstofs eine andere Richtung hat als diejenige, in welcher der Schufs erfolgt, Abweichungen,

Umschau in der Militär - Litteratur. welche 30 Grad, bei Mörsern 60 Grad erreichen . die Laffeten- Konstruktion möglich.

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Die Abhilfe ist nur durch

Revista cientifico - militar (Spanien). Nr. 10 : Die Gesundheit des Soldaten. VI . Brief. Von der persönlichen Reinlichkeit des Soldaten . - Praktische Übungen der allgemeinen Kriegs - Akademie in 1892. Praktische Schule einer Bergbatterie im Lager von Carabanchel. Nr. 11 : MarschDie Gesundheit des Soldaten (Forts. von VI . Brief). und Kantonnements-Dienst der Artillerie. Memorial de Ingenieros del Ejercito ( Spanien ) . Nr. 5 : Gemischte praktische Schulen für Artillerie und Ingenieure. Revista militar (Portugal). Nr. 11 : Eine Episode aus dem spanisch - portugiesischen Halbinselkrieg. Krigsvetenskaps- Akademiens - Handlinger (Schweden). (9. und 10. Heft. ) Wie sind die Truppen zum Angriff vorzuführen ? Norsk. -Militaert - Tidsskrift (Norwegen). (5. Heft .) Einheitspatronen für die Feld - Artillerie (Forts. ). De Militaire Gids (Holland). (3. Lieferung .) Die Erziehung des Soldaten . Militaire Spectator (Holland) . Nr. 6 : Kriegsgeschichtliche Studie über die Verteidigung der Batavischen Republik 1799 (Forts.). Taktische Betrachtungen über das Exerzier - Reglement für die niederländische Infanterie.

II. Bücher. Dietrich von Falkenberg, Oberst und Hofmarschall Gustav Adolfs . Ein Beitrag zur Geschichte des dreifsigjährigen Krieges von Karl Wittich . Magdeburg 1892. Verlag der Schäfer'schen Buchhandlung (M. Liebscher). Als im Jahre 1874 Wittich's ,,Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly" erschien , verfehlte dieses , aus gröfstenteils unbenutztem archivalischen Material aufgebaute monumentale Werk nicht, in weitesten Kreisen, auch des Auslandes, das gröfste Aufsehen zu erregen . War es doch dem Verfasser gelungen, nach jahrelanger Forscherarbeit eine jener mit Hartnäckigkeit festgehaltenen landläufigen Legenden zu zerstören, an denen ja in den Büchern der Geschichte kein Mangel ist. Wittich hat mit schlagenden, urkundlich beglaubigten Beweisen dargethan, dafs Magdeburg, dieses Bollwerk des Luthertums in der ersten Hälfte des 30jährigen Krieges, als stärkste Elbfestung jener Zeit von Freund und Feind umworben und zum Besitz begehrt , nicht , wie eine tendenziöse Geschichtsschreibung hat glauben machen wollen, durch Tilly und Pappenheim absichtlich zerstört worden sei. Er wies nach, dafs die Magdeburger selbst , an ihrer Spitze die fanatisierte Predigerschaft und vor allen der heldenhafte schwedische Kommandant Falkenberg , in finsterem Glaubenseifer selbst die planmäfsig vorbereitete Zerstörung ausgeführt haben , als die heifs umworbene Veste in des Feindes Hände fiel.

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Vom militärischen Standpunkte war es längst schon unverständlich gewesen, was denn wohl den liguistischen General habe veranlassen können, das wichtige Kampfobjekt , um dessen Besitz es sich doch handelte , aus dem man eine Zwingburg des Protestantismus zu machen erhoffte, durch Feuer zu vernichten . Jedem denkenden Offizier mufs es einleuchten, dafs eine solche Handlung vom militärischen Standpunkte eine Ungeheuerlichkeit, eine nahezu selbstmörderische gewesen sein würde , deren man den begabten Heerführer der Liguisten denn doch nicht fähig halten kann. Wittichs Verdienst ist es, die unwiderleglichen Beweise des Gegenteils beigebracht zu haben. In mehreren nachfolgenden kleineren Schriften bringt er fernere Beweisstücke bei , so in einem Aufsatze : „ Zur Katastrophe des 10./20 . Mai 1631 ",*) dann ,, Magdeburg als katholisches Marienburg", **) wo er die Schicksale der unglücklichen Stadt nach der Zerstörung in der kurzen Zeit der kaiserlichen Herrschaft schildert, eine Episode des grofsen Krieges, die von den Historikern bisher kaum gestreift und nahezu übersehen worden war. Hier giebt er hochwichtige Einzelheiten über die Folgen der entsetzlichen Katastrophe, bei der 20-24 000 Menschen, Besiegte und Sieger zusammengerechnet, ihr Leben eingebüfst haben, ferner über die Räumung der unhaltbar gewordenen Festung von Seiten der Sieger nach nur 8 monatlichem Besitz . In vorliegendem Werke vollendet Wittich seine verdienstvolle Forscherarbeit mit dem trefflich gelungenen Lebensbilde jenes tüchtigen Kriegsmannes, welcher die Seele des Widerstandes war und die Treue gegen seinen König und seinen Glauben mit seinem Leben gezahlt hat . Über Falkenbergs Persönlichkeit wufste man bis jetzt wenig mehr, als dafs er der von Gustav Adolf eingesetzte Kommandant gewesen sei und bei Erstürmung der Festung tapfer kämpfend seinen Tod gefunden habe. Um wie viel gröfser tritt er aber an der Hand der Wittich'schen Forschung aus dem Rahmen jener denkwürdigen Begebenheiten heraus ! - Besonders die Archive in Stockholm, Berlin, dem Haag und Dresden haben das Material hergegeben, aus welchem dieses Lebensbild geschaffen wurde ; im 1. Teile wird gezeigt, wie sich dasselbe von dem grofsen historischen Hintergrunde in scharfen Linien abhebt, der 2. vorwiegend kritische Teil enthält neue urkundliche Belege und eine nochmalige Prüfung der einschlägigen Kontroverse. Falkenberg entstammt einem in der Gegend von Paderborn ansäfsig gewesenen westfälischen Adelsgeschlechte. Sein Geburtsjahr ist mit Sicherheit nicht festzustellen , wie auch über seine Jugendjahre nur spär liche und ungenaue Daten vorhanden sind. Schon im Jahre 1615 kommt er durch Vermittelung des Landgrafen Moritz von Hessen an den schwedischen Hof, und gelingt es ihm im Laufe der Zeit, das Vertrauen, die Freundschaft, ja das ganze Herz Gustav Adolfs zu gewinnen, der ihn 1626 zu seinem Hofmarschall ernennt, nicht, um ihn in kleinlichen Dingen des *) Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg. **) Sybel's historische Zeitschrift. N. F. Bd . XXIX.

22. und 23. Jahrgang.

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Hofdienstes verkommen zu lassen, sondern um ihn zu wichtigen politischen Missionen, die des Königs nächsten Zwecken entsprechen, zu gebrauchen . In demselben Jahre schon finden wir ihn als Unterhändler des Königs in Danzig, welche wichtige Handelsstadt dieser, um besser Fühlung mit den Führern der deutschen Protestanten zu erlangen, zu gewinnen trachtete . Aber auch als Truppenführer erntet Falkenberg schon Lorbeeren auf dem schwedisch-polnischen Kriegsschauplatze ; 1627 und 1628 wird sein Name. rühmend an der Seite Banér's und Torstensons genannt. Im folgenden Jahre entsendet ihn Gustav Adolf nach Holland, wo es galt, durch Werbung Truppen zu gewinnen ; eine schwierige Sendung, deren er sich mit Geschick entledigte ; 3 Regimenter vermochte er dem Könige zuzuführen . Der König plante , „ ein Heer von Deutschen durch Deutsche" zu errichten, und dazu erschien ihm sein Hofmarschall und Oberst, der mehr Soldat war als Diplomat , er, der mannhafte deutsche Ritter, der feurige und beredte Protestant, als der richtige Mann. Seinen Offizieren und Soldaten befahl der König, ihn als „ Legatum ad exercitum" zu ehren und zu respektieren. An den norddeutschen Fürstenhöfen sehen wir ihn in eben dieser Zeit rastlos thätig, um dieselben für die Sache seines Königs und seines Glaubens zu gewinnen . Die wichtigste Mission aber erhielt er im Sommer 1630, die nach Magdeburg, welche freilich ein beispielloses Schicksal in sich trägt . Magdeburg war, wie wir wissen, vom Könige als die Basis des Krieges bezeichnet worden war es doch, nach dem Ausspruche zeitgenössischer Schriftsteller ,,die Braut, um welche vorzugsweise die Parteien tanzten“ im Vertrauen auf seine Mauern und Wälle sollte es das Signal zu einem deutschen Universalaufstande geben, dann das Bollwerk für den schwedischen Krieg in Deutschland werden, um von dort aus alle benachbarten Aufstände leiten zu können. Keinem geeigneteren konnte der König die schwierige Mission übertragen, als seinem Falkenberg. In den der Ernennung zum Kommandanten voraufgehenden Verhandlungen , auf welche wir hier nicht eingehen können, spielte eine wichtige Rolle der flüchtige Magdeburgische Administrator, Christian Wilhelm von Brandenburg , ferner eine in der Folgezeit höchst verhängnifsvolle ein gewisser Stallmann, diplomatischer Agent, dessen persönlichem Ehrgeize vor allem der verfrühte engste Anschlufs Magdeburgs an das schwedische Bündnifs und somit eine der Hauptursachen der Katastrophe zur Last gelegt werden muſs. Am 16. August 1630 erfolgte Falkenbergs Ernennung zum Kommandanten. Ehe er seinen Posten übernahm , galt es mit den Herzögen von Mecklenburg und Lauenburg in diplomatische Unterhandlungen einzutreten und mit den Lübecker und Hamburger Kaufleuten über die zur Verteidigung der Stadt und Truppenwerbung nötigen Gelder zu verhandeln. Als Falkenberg nach gefahrvoller Reise endlich allein in der Elbveste eintraf, galt es zunächst, die gänzlich unfertigen Verteidigungs - Anstalten zu verstärken. In eingehendster Weise schildert Wittich Falkenbergs bebezügliche rastlose Thätigkeit, die zwiespältigen Zustände in der Stadt, den Mangel an Proviant und Geld, das unheilvolle Treiben Stallmanns , den

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Kleinmut des Administrators, die ganze, durch die leichtfertige und verfrühte Erhebung geschaffene mifsliche Lage. Völlig klar sah Falkenberg, dafs der Stadt die schwersten Prüfungen bevorstanden, aber fest entschlossen war er, mit Magdeburg zu stehen und zu fallen. Nicht können wir an dieser Stelle in alle Einzelheiten der Berennung und Belagerung eingehen, doch sei noch eines Mannes besonders gedacht, des eifrigsten Gehilfen Falkenbergs , des Pastors Gilbert. Ihm ist es, nächst Falkenberg, vor allem beizumessen, dafs sich die bedrängte Stadt nicht ergeben, sondern, Tilly abweisend, ein Märtyrerthum für die ganze evangelische Kirche auf sich nahm. Dafs es auch an Bestechungsversuchen von gegnerischer Seite nicht gefehlt hat , bleibe nicht unerwähnt . Pappenheim, dem gefährlichsten Gegner der Magdeburger, antwortete Falkenberg auf einen solchen in derb soldatischer Weise : wenn er einen meineidigen Schelm und Verräter haben wolle, möge er einen solchen nicht bei ihm, dem Kommandanten, sondern in seinem eigenen Busen suchen". Von besonderem taktisch - fortifikatorischen Interesse ist es, dem Verlaufe der Verteidigung an der Hand dieser Schilderungen zu folgen ; ganz in modernem Sinne leitete Falkenberg dieselbe, indem er dem Feinde bis zu einer halben Meile mit seinen neu entstandenen Werken entgegen schanzte . Magdeburg sollte nur das Kernwerk, die neu aufgeworfenen Werke den Umkreis der projektierten Lagerfestung darstellen. Aber dem grofsartig veranlagten Plane, welcher auf das Eintreffen der königlichen Entsatz -Armee gegründet war, entsprachen die der Verteidigung zur Verfügung stehenden schwachen Kräfte nicht. Auf Falkenbergs haltlose Aufsenwerke baute Pappenheim seine Siegeshoffnung. Immer schwieriger wurde die Lage in der Stadt, deren Bevölkerung, am Sukkurs des Königs verzweifelnd, zu meutern drohte . In dieser Lage rief Falkenberg, im Einverständnifs und wirksamst unterstützt von der Predigerschaft, des Fanatismus dunkle Macht mehr und mehr wach. Von der Predigerschaft wurde der heilige Kampf gegen das abgöttische Papsttum verkündet, allgemeine Wehrpflicht aller Bürger eingeführt und deren Opferwilligkeit bis auf das äufserste in Anspruch genommen. Magdeburg war in den „,Brennpunkt des europäischen Religionskampfes" getreten ; somit erschien Falkenbergs Aufgabe, deren glückliche Lösung die Magdeburger noch bis zum letzten Augenblick erhofften, von unermesslicher Bedeutung. Zu ,,rechter Märtyrerschaft vor Gott" wurde die entmutigte Bürgerschaft von den Kanzeln aufgerufen ; als lutherische ,,Lucretia in ewiger Gloria " ist Magdeburg alsbald nach der Katastrophe von einem feurigen Gesinnungsgenossen Gilbert's ge priesen worden. Am Morgen des 10./20 Mai brach, gänzlich überraschend , die Katastrophe über die Stadt herein; Falkenberg blieb , seinem Eide getreu , tapfer kämpfend auf dem Platze . ,,Ein zweiter Leonidas", sagt der Verfasser, ,,hat er seinem Könige Wort gehalten und sein Blut nicht gespart, um diesen Posten an der Elbe zu verteidigen". Von besonderer Wichtigkeit ist das V. Kapitel , in dem Wittich die Folgen von Falkenberg's Fall schildert und den nochmaligen Nachweis

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liefert, dafs Magdeburg keineswegs blofsem Zufall und regellosen Brandfällen erlegen sei , sondern einem planmässig vorbereiteten, nach Aussage von Zeitgenossen ,,an gar vielen Orten zugleich angelegtem Brande". Ein wüster Steinhaufen, ein leeres Nest war alles, was der liguistische Feldherr gewann. Wohl durch Plünderung, nicht aber durch nutzlose und zweckwidrige Zerstörung hat er die ungehorsame Stadt zu züchtigen gedacht. Ein Pyrrhus - Sieg war es, den er erfochten . Die Gefangenen, welche Tilly in die Hände fielen , haben Falkenberg als den eigentlichen Urheber der Zerstörung bezeichnet ; noch eindringlicher spricht von der Selbst-Zerstörung durch die Magdeburger die durchaus spontane Magdeburgische „ Saguntina prosopopeia ", die mit freimütigen Worten sagt : „ Eh ich die päpstliche Liga erkenn und sie mein eigen Herrn nenn, viel lieber in das Feuer renn". Jeder Zweifel mufs vollends schwinden , wenn wir hier erfahren, dafs Falkenberg vor der Katastrophe seinem Bruder geschrieben hat,,, wenn er die Stadt nicht mehr halten könne , werde er das ganze Nest anstecken". „ Falkenberg's Gröfse", sagt Wittich,,,war sein Charakter, seine von unerschütterlichem Heldenmut getragene Festigkeit ; unbestreitbar wird bleiben , dafs sein verzweifelter Widerstand , ohne welchen Magdeburg kapituliert haben würde , die Ursache war , dafs es in Trümmer fiel, unbestreitbar, dafs damit Gustav Adolfs Niederlage abgewendet wurde. " --Weniges nur haben wir aus dem ungemein fesselnd geschriebenen Werke hier berühren können. Wir stehen nicht an, es für einen in kriegsgeschichtlicher Hinsicht ganz besonders wertvollen Beitrag zur 1. Geschichte des 30jährigen Krieges zu bezeichnen. Zur Taktik der Zukunft. Grundlegende Betrachtungen über die Wirkungen der Einführung des rauchlosen Pulvers und kleinkalibrigen Mehrladers auf die Taktik. Von Spohr , Oberst a. D. Sonderdruck aus ,,Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine" . Berlin 1892 . Verlag von A. Bath .

Preis 1,80 M.

Unsere Leser werden in vorliegendem Buche eine Reihe von Aufsätzen wieder finden , welche in der Zeit vom Oktober v. J. bis zum April d . J. in den Spalten unserer Zeitschrift erschienen sind . Auf die Gefahr hin, dass man eine Besprechung dieser nun in Buchform vorliegenden Aufsätze als eine ,, oratio pro domo " bezeichnen werde, wollen wir nicht unterlassen, nochmals die Aufmerksamkeit auf diese geistvolle taktische Studie zu richten, damit ihr die, in Anbetracht des Themas doppelt wichtige Beachtung von Seiten denkender Offiziere nicht versagt bleibe. Das Buch ist, nächst einer kurzen Einleitung, in 7 Abschnitte gegliedert : I. Betrachtungen über die neuen , beziehungsweise veränderten Faktoren der Taktik. II . Über die veränderte Bedeutung der Deckungen und Geländebedeckungen für das heutige Feuergefecht. III. Betrachtungen über die zweckmäfsige Ausführung des Aufklärungs- und Sicherungsdienstes gegenüber den heutigen Handfeuerwaffen . IV. In welchem Zeitpunkt, beziehungsweise auf welche Entfernung soll das Feuer eröffnet werden ? V. Über die zweckmäſsigsten

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Truppenformen für die Bewegung im Feuer und für das Feuergefecht beim VI. Die letzten Phasen der VerteidiAngriff und bei der Verteidigung. gung und des Angriffs. Sprungweises Vorgehen. Feuer in der Bewegung. Nachtgefechte. VII. Schanzen beim Angriff. Ablegen des Gepäcks. Eine Lücke Verluste. Gefecht. im Schlufsbetrachtungen : Munitions-Ersatz n im Exerzier- Reglement. Friedens-Übungen im Überschiefse von Truppen. Schlufs . - Man sieht, dafs Oberst Spohr so ziemlich alle brennenden taktischen Fragen vor sein Forum gezogen und dieselben zu lösen sich, in der ihm eigenen streng logischen und gründlichen Weise, bemüht hat. Wir können nur versichern, dafs wir in allen Hauptpunkten mit dem Herrn Verfasser übereinstimmen und sind überzeugt, dafs seine lichtvollen „ Betrachtungen“ zur Klärung und Lösung der hier behandelten Fragen ein Wesentliches beigetragen haben werden. Wir müssen uns an diesen wenigen Andeutungen aus naheliegenden Gründen genügen lassen, möchten aber das aufmerksame Studium dieser tüchtigen Arbeit allen denen dringend empfohlen haben, welchen es Ernst damit ist, sich Klarheit zu verschaffen über die leitenden Grundsätze unserer Taktik der Zukunft. 1. Heeresbewegungen und Märsche. Taktische und kriegsgeschichtliche Studien von Georg Cardinal von Widdern . Leipzig, A. Reisewitz , 1892 . Unter vorstehendem Titel tritt uns eine sehr wertvolle und gründliche Arbeit des bereits rühmlichst bekannten Militärschriftstellers entgegen. Das Buch bildet gewissermassen die vierte Auflage des 1. Teiles des von ihm früher herausgegebenen Handbuches für Truppenführung und Stabsdienst, welches aber hierbei eine wesentliche Umarbeitung erfahren hat. Durch Einführung der neuen Felddienstordnung und der neuen Reglements, sowie infolge Neubewaffnung der Infanterie und Einführung des rauchschwachen Pulvers wurde solche um so mehr geboten, als die jetzigen Vorschriften auf Gebiete eingehen, die vor noch nicht langer Zeit nur Gegenstand der Behandlung in Lehrschriften und Handbüchern waren. Verfasser hat sonach davon Abstand genommen , die vierte Auflage seiner Schrift ferner noch als Handbuch erscheinen zu lassen , sich vielmehr die Aufgabe gestellt, in Erweiterung des Standpunktes oben genannter Vorschriften, eine Ergänzung derselben zu geben und dabei die taktischen Lehren möglichst an kriegsgeschichtlichen Vorgängen oder konkreten Beispielen zu entwickeln. Im ersten Teil des neuen Werkes sind in diesem Sinne Heeresbewegungen und Märsche behandelt und ist hier alles bearbeitet, was dem höheren Führer sowie dem Generalstabsoffizier über Eisenbahntransporte und Marschverhältnisse zu wissen nötig ist. Hieran schliefsen sich belehrende Betrachtungen über die in den verschiedensten Truppenverbänden und Kriegslagen auszuführenden Märsche und Muster der hierzu zu erlassenden Befehle . Wir finden dort Marschdirektiven des grofsen Hauptquartiers, Marschbefehle der Armee-Oberkommandos zu Bewegungen mit Fühlung und ohne Fühlung am Feinde, ebensolche Befehle vom Standpunkt eines Generalkommandos , desgleichen Operationsdirektiven für

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Kavalleriedivisionen und Marschbefehle der letzteren, sowie solche für Infanteriedivisionen ; sämtliche unter den verschiedensten Kriegslagen . In derselben Weise wie diese Verhältnisse im Vormarsch sind sie auch bezüglich auf Flankenmärsche, im Rückzuge und in der Verfolgung dargestellt. Wenn schon im ersten Theil alle theoretischen Betrachtungen mit Beispielen aus der Kriegsgeschichte reich durchsetzt oder an selbst gewählten Situationen mit Hilfe einer beigegebenen Karte erläutert sind , so bringt der zweite Theil des Werkes eine Reihe kriegsgeschichtlicher Beispiele solcher Heeresbewegungen zur Darstellung, deren Studium eine erhöhte Aufmerksamkeit verlangt, nämlich vorzugsweise Verfolgungen, Rückzüge und Kavalleristisches mit in den Text gedruckten Karten und 7 Planskizzen , z. B.: I. Blüchers Verfolgung nach der Schlacht an der Katzbach bis zur Spree, 1813. II. Gneisenaus erste Verfolgungsanordnungen nach der Schlacht von Laon, 1814. III. Verfolgung Napoleons durch Blücher nach der Schlacht von Belle-Alliance bis Paris. IV. Verfolgung und Rückzug nach der Schlacht von Jena und Auerstädt , 1806. V. Das österreichische X. Armee-Corps im Rückzuge in der Flanke angegriffen, 1866. VI. Betrachtungen zu den Heeresbewegungen nach der Schlacht bei Königgrätz u. s. w. Im höchsten Grade anzuerkennen ist der Fleifs, mit dem Verfasser im ersten Teil des Werkes fast alle nur denkbaren Kriegslagen besprochen und mustergiltige Befehle ausgearbeitet hat , wie sie nur aus einer so methodisch geschulten Feder hervorgehen konnten ; sie werden allen Offizieren, welche ernste Studien über Truppenführung machen, hierzu ein wertvolles Mittel bieten. Da Verfasser bei dieser Gelegenheit fortgesetzt Anlehnung an historischen Ereignissen nimmt, so hat er die an sich vielleicht etwas trockene Materie interessant zu gestalten und den entwickelten Grundsätzen durch lebendige Beläge überzeugendere Kraft zu geben gewufst. Es betrifft dies besonders den zweiten Teil, welcher mehr einen kriegsgeschichtlichen Charakter trägt, da er in erster Linie Episoden der verschiedensten Epochen in einer durchaus fesselnden Form zur Darstellung bringt und in umgekehrter Weise aus ihnen die Belehrung im Sinne der Theorie des ersten Teiles zieht. So werden in meisterhafter Weise die Mafsregeln gezeichnet, welche Feldmarschall Blücher mit Hilfe Gneisenaus sowohl nach der Schlacht an der Katzbach eintreten liefs , als noch selbst auf dem Schlachtfeld von Belle-Alliance anordnete ; es wird gezeigt , mit welcher , oft rücksichtlosen Energie er in beiden Fällen das Unglaublichste leistete, nirgends den Gegner zur Ruhe kommen liefs und mittelst Gewaltmärschen demselben häufig zuvorkam. Klar sind die Anordnungen dargestellt, durch die er es auf diese Weise ermöglichte, in 10 Tagen nach letztgenannter Schlacht vor den Thoren von Paris zu erscheinen und 4 Tage später die Kapitulation zu erzwingen, wobei hervorgehoben wird , wie die meisten Führer , in Sonderheit die kavalleristischen , es damals verstanden haben, im Sinne des alten Blücher zu handeln und durch selbständige , hervorragende Unternehmungen glänzende Erfolge zu erzielen. In derselben Weise werden. die genialen und energischen Mafsnahmen Napoleons für die Verfolgung

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und die erstaunlichen Leistungen seiner Truppen nach der Schlacht bei Jena sowie die trostlose Vernichtung geschildert, welche hierdurch der geschlagenen Armee zugefügt wurde, bei der allein Blücher noch eine zielbewufste Thatkraft entwickelt. In durchaus objektiver Weise werden aber auch im Gegensatz hierzu die wenig zureichenden Mittel und Wege besprochen, welche für die Verfolgung der Österreicher nach der Schlacht bei Königgrätz getroffen wurden , wobei allerdings der Humanität König Wilhelms und sonstiger physischer Einflüsse gebührend Rechnung getragen wird. Dargethan wird indes, dafs die damaligen Mafsnahmen keineswegs mit den Grundsätzen übereinstimmten, die Moltke seitdem stets so scharf vertreten habe und nachgewiesen , wie das damalige abhängige Verhältnifs der höheren Kavallerieführer ihre Initiative lähmen musste , wie endlich so manche Unterlassung hier für den Friedensschluſs leicht hätte verhängnifsvoll werden können ! etc. Nach alle dem gesagten kann das Buch für ernste militärische Studien nur wärmstens empfohlen werden . v. M. Die Bedeutung des Deutsch-französischen Krieges 1870/71 für die Geschichte der Kriegskunst. Eine kriegsgeschichtliche Untersuchung. 1. Teil : Strategie. Von N. Michnewitzch , Oberst-Lt. im Generalstabe.

St. Petersburg.

Besobrasow & Co. Preis 3 Rubel.

Die vorliegende Arbeit darf unser Interesse in ganz besonders hohem Mafse beanspruchen . Gestützt auf ein aufserordentlich eingehendes QuellenStudium und bezugnehmend auf die Aussprüche der bedeutendsten klassischen Militär - Schriftsteller sucht Verfasser die Bedeutung des deutschfranzösischen Krieges für die Geschichte der Kriegskunst nachzuweisen. Der Herr Verfasser hat sich damit eine aufserordentlich umfangreiche und schwierige Aufgabe gestellt , eine Aufgabe , welche abschliefsend und umfassend zu lösen unseres Wissens bisher weder in Deutschland noch in Frankreich versucht worden ist . Um so mehr mufs eine derartige Arbeit, wie sie hier geboten wird , unsere Hochachtung erregen. Der Herr Verfasser spendet der deutschen Kriegsführung reichliches Lob ; um so mehr darf man annehmen, dafs dort, wo Kritik angelegt und Tadel ausgesprochen wird, lediglich sachliche Erwägungen zu Grunde gelegt sind , und um so mehr darf eine derartige Kritik uns zum Nachdenken anregen . Dennoch möchten wir nicht unterlassen, vorweg zu bemerken, dafs wir uns mit mancherlei kritischen Betrachtungen , namentlich soweit sie die oberste Heeresleitung betreffen, keineswegs einverstanden erklären können . Wir müssen es uns zwar versagen, an dieser Stelle auf die Ausführungen des Verfassers näher einzugehen, hoffen aber noch Gelegenheit zu haben , auf dieselben zurückzukommen. Wir möchten jedoch nicht unterlassen , unsere Leser , soweit sie der russischen Sprache mächtig sind , auf das vorliegende Werk ganz besonders aufmerksam zu machen ; es ist jedenfalls eine Erscheinung, wie sie die russische Militär-Litteratur nicht jedes Jahr aufzuweisen vermag. Wir sehen mit Spannung der Fortsetzung dieser Arbeit , von welcher zu93. nächst der 1. Teil Strategie" erschienen ist, entgegen.

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Die Thätigkeit der deutschen Reiterei vom 19. August bis zum 1. September 1870, während des Vormarsches gegen die Armee von Châlons . Von Hermann Kunz , Major a. D. Sonderabdruck aus der „ MilitärZeitung". Berlin 1892. Verlag von R. Eisenschmidt. Die Thätigkeit der deutschen Reiterei während des deutsch-französischen Krieges ist wiederholt, auch von gegnerischer Seite, zum Gegenstande eingehender Studien gemacht worden. Doch sind es mehr die glänzenden Cavallerie-Gefechte des denkwürdigen 16. August , welche den Anlass zu solchen gegeben haben, als die wenn möglich noch wichtigere Rolle, welche sie in den Tagen nach Gravelotte bis Sedan bei Ausübung des Aufklärungsund Sicherheitsdienstes zu spielen hatte . Mit jener Frische der Darstellung, welche die kriegsgeschichtlichen Arbeiten des Major Kunz auszeichnet, hat derselbe die Thätigkeit unserer Reiterei in genanntem Zeitraume , mit voller Berücksichtigung auch der Leistungen der französischen Cavallerie, in vorliegendem , 59 Druckseiten füllenden Schriftchen geschildert. Während des Rückzuges der französischen Armee nach der Schlacht bei Wörth , hat der Generalstab einen Augenblick in den Ebenen der Champagne die Spur des Feindes verloren , weil derselbe seine Pläne plötzlich verändert hat ; aber die Cavallerie findet sie schnell wieder , verliert von da an die Fühlung nicht mehr, marschirt, unter täglichen kleinen Gefechten, in des Feindes Flanke , seinen Marsch beobachtend, und entfaltet einen Schleier, hinter dem die deutschen Armeen, vom Feinde ungesehen, ungehindert marschiren und manöveriren konnten . Anders unsere Gegner, bei denen, nach ihrem eigenem Geständnifs , eine gänzlich falsche Verwendung der Cavallerie, sowohl auf den Schlachtfeldern als auch ganz besonders in den so wichtigen Zwischenpausen der grofsen Aktionen nachgewiesen werden kann. „Heroische Tapferkeit, aber unser ganzes Wissen in dieser zusammenfassend " , sagt Bonie in seinem trefflichen Werke : „ La cavalerie française". Wir meinen, dafs jeder, auch der ältere Cavallerie- Offizier, gut thun würde , die Thätigkeit der Reiterei in jenen verhängnisvollen 14 Tagen vor Sedan mit Hülfe dieser Schrift und guter Karten , zum Gegenstande recht eingehender Studien zu machen . Nicht eindringlich genug können wir immer und immer wieder auf die Notwendigkeit hinweisen, sich durch das Studium der Kriegsgeschichte auf die Kämpfe der Zukunft vorzubereiten . Man mufs es daher dem Verfasser Dank wissen , dafs er zu diesem Zwecke die Wege zu ebnen unablässig bemüht ist . In diesem Sinne lenken wir gern die Aufmerksamkeit auf vorliegende 2. Schrift, deren kriegsgeschichtlicher Wert aufser Frage steht. Gefechtsweise und Expeditionsführung in Afrika. Peters. Berlin 1892. Verlagsbuchhandlung.

Hermann Walther ,

Von Dr. Carl

Walther und Apolants

Dafs Dr. Peters zuständig ist , ein gewichtiges Wort in der beregten Frage zu sprechen, steht ebenso aufser Zweifel, wie das allgemeine Interesse, welches der gebildete Deutsche , zumal der Offizier, den kriegerischen Verhältnissen und Vorgängen in unserem afrikanischen Kolonial-Gebiete ent17 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 2.

H

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gegenbringt. Sind ja doch Unteroffiziere unseres Heeres, insonderheit aber zahlreiche ehemalige Angehörige des deutschen Offiziercorps drüben als Führer thätig gewesen oder noch thätig, - haben Erfolge und Ruhm eingeheimst - oder mit ihrer Person gezahlt im Kampfe gegen die Eingeborenen. Dr. Peters bemerkt in der aus der Kilimandscharo-Station vom 14. Januar d . J. datirten Einleitung , dafs die öffentliche Meinung geneigt zu sein scheine, das Heldenhafte an Reisen in Afrika weit zu überschätzen . „Aber die Kühnheit darin zu suchen , bestehende oder doch immerhin mögliche Gefahren zu übersehen und nicht alles zu thun , was zu ihrer Abwendung möglich ist, das ist nicht Zeichen eines mutigen sondern eines thörichten Kopfes “ . Kühl abwägend , aus reicher persönlicher Erfahrung heraus urteilend, bringt der bewährte " Reisende" seine Ansichten und Vorschläge in vortrefflicher Klarheit und Knappheit zu Papier. Zunächst sollen die militärischen Unternehmungen in Afrika in den Dienst der wirtschaftlichen und civilisatorischen Erschliefsung des Erdteils treten und darüber hinaus nicht ausgedehnt werden. - 99 Die Gegner" demnächst, die Neger, ermangeln des moralischen Mutes gänzlich, des physischen zum grofsen Teile ; aber sie besitzen ein grofses Maſs natürlicher Tücke und List ; also Überfälle, Hinterhalte, - Nahkampf. Der Neger ist eine Bestie, blutdürstig, daneben sklavisch : unterwürfig unter starker Hand, - gefährlich nur in der Defensive , ohne Verständnifs für Milde in der Kriegsführung ; Milde nach dem Siege verwischt den Eindruck desselben . Das Terrain drittens ist von geradezu grundlegender Bedeutung : zu vermeiden ist die Grassteppe und die durch Brand der Expedition Gefahr bringende trockene Fläche . Die Tücken der am Kilimandscharo bestehenden Bananenhaine mit Dornen- und Steinbefestigungen , Hecken und labyrinthartigen Irrwegen werden beschrieben . - Abschnitt IV bespricht die „, taktischen Folgerungen , die sich aus dem vorher Gesagten für die kriegführenden Europäer ergeben ". Für den „ Marsch “ wird ein umsichtiger und kühner Eclaireurdienst und stete Gefechtsbereitschaft begründet , für das ,, Lager" besondere Sicherungen verlangt , im ,,Gefecht" ,, moralische Effekte " erfordert : die Europäer müssen sich unter allen Umständen die Initiative sichern ! .... Wenn irgend eines, so ist dieses unzugängliche Afrika das Land des ,,kleinen Krieges " und seine Eroberung, soweit solche nötig ist, demnach nicht durch Gefechte oder per Feldschlachten , sondern durch das System der Militärstationen zu vollziehen. - Das Interesse wächst mit dem Schlufskapitel : Was für eine Art von Truppen erscheint den eigenartigen Verhältnissen Afrikas gegenüber am geeignetsten ? " - Antwort : eine kleine deutsche, dann eine so zu sagen irreguläre Truppe, aus Eingeborenen bestehend , Einer als Ergänzung sodann eine schwarze Polizei“. Stellungnahme zu Dr. Peters Ausführungen enthalten wir uns begreiflicher Weise! 34. Deutschlands Kriege von Fehrbellin bis Königgrätz . Eine vaterländische Bibliothek für das deutsche Volk und Heer. Von Carl

Tanera , Hauptmann z. D.

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Die Kriege Friedrichs des Grofsen . Zweiter Band : Erster und zweiter schlesischer Krieg. Dritter Band : Der siebenjährige Krieg. München 1892. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung . Preis geh. à M. 2, eleg. cart, à M. 2,50. Wir haben dem Herrn Verfasser schon manch schöne Arbeit auf dem Gebiete populärer Geschichtsschreibung zu danken ; würdig reihen sich die vorliegenden beiden Bände ihren Vorgängern an, übertreffen dieselben aber fast noch an Frische und Geschicklichkeit der Darstellung. Gern gestehen wir, als ziemlich genauer Kenner der fridericianischen Zeit und begeisterter Verehrer des ,,Grofsen Königs", dafs es dem Verfasser gelungen ist, ein ausserordentlich treffendes Lebensbild unseres gröfsten nationalen Helden und seiner Zeit zu entwerfen. Diese Blätter sind , möchte ich sagen, mit warmen Herzblut durchtränkt. ,Wie grofs mufs dieser Fürst gewesen sein," lesen wir in der Vorrede, wenn es ihm gelang, eine solche Begeisterung zu entflammen, wie sie, abgesehen von seinem Volke, eine so grofse Zahl seiner urteilsfähigen Zeitgenossen erfafst und wie sie immer mehr bei allen denen um sich greift , welche sein Leben gewissenhaft studieren". Dafs dies bezüglich des Verfassers der Fall gewesen sein mufs, unterliegt keinem Zweifel und erhellt u. A. aus der Thatsache, dafs derselbe auf die Wiedergabe mancher schlecht beglaubigten Anekdoten, so die Zorndorfer Wakenitz - Legende, verzichtet hat. Freilich wird man die bei Darstellung der Zorndorfer Schlacht hier Seydlitz in den Mund gelegten Worte für nicht minder fragwürdig erklären müssen. In der Hauptsache aber hat Hauptmann Tanera stets das Richtige und den richtigen Ton getroffen ; wir halten seine „ Kriege Friedrichs des Grofsen “ für eine sehr wertvolle Bereicherung unserer populären Geschichtslitteratur ; wir empfehlen sie besonders zur Beschaffung für Mannschafts - Bibliotheken. Eine Übersichtskarte und zahlreiche kleine Schlachtenpläne kommen dem Verständnifs zu Hilfe . Der Preis der sehr geschmackvoll ausgestatteten 4. Bände ist ein verhältnifsmäſsig sehr niedrig gestellter. Die Kriege 1864, 1866 und 1870/71, kurz dargestellt zum Gebrauch in den Kapitulantenschulen, sowie zum Selbstunterricht für Unteroffiziere und Mannschaften bestimmt. Von Senckler , Hauptmann etc. Mit vier Kartenskizzen . Berlin 1892. E. S. Mittler & S. Preis 20 Pf. Verfasser hat seine Aufgabe unseres Erachtens sehr geschickt gelöst. Auf nur 14 Seiten giebt er in Kürze eine Darstellung der drei Kriege unter König Wilhelm I. , durch welche den breiten Schichten unserer Unteroffiziere und Mannschaften ein klares Bild der denkwürdigen Ereignisse jener Kriegsjahre entrollt wird. Wir wünschen, im Interesse der Belebung des vaterländischen Gedankens , dem Büchelchen zahlreiche und eifrige Leser. 4. Biblioteca Minima Militare Popolare. 4. F. „ La guerra e lo stato sociale," 169 pag.; Enrico Barone ,,Come operano i grandi eserciti “, 132 pag. Casa Editrice Italiana . Roma. Via venti settembre, 122 . 17*

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Offiziere , Ärzte und Beamten der Königl. italienischen Armee und Marine haben sich mit Männern aus verschiedenen Civilberufen , namentlich Parlaments -Mitgliedern , vereinigt, eine allgemeinverständliche militärische Taschen - Bibliothek herauszugeben . Unter den 63 Mitarbeitern sind alle Waffen, mit Ausnahme der Kavallerie, besonders die Marine und der Generalstab , darunter General - Lieutenant Nicola Marselli , welcher ,,Dezember 1891 ", in der hochangesehenen italienischen Zeitschrift ,,Nuova Antologia" , die , auch aufserhalb Italiens der Beachtung hervorragend werte Abhandlung über ,,Italiens äufsere Politik und Militär-Ausgaben" Politica estera e spese militari - veröffentlichte, vertreten . Geleitet von dem Grundgedanken, dafs heutzutage alle Wissenschaften , alle unaufhörlichen Fortschritte der menschlichen Thätigkeit für den Krieg nutzbar gemacht werden müssen, und diese Nothwendigkeit mit den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft, deren unmittelbarer Ausflufs ja die gegenwärtigen Heere sind, übereinstimmt, ist es das Bestreben der militärischen VolksBibliothek, mit sorgfältiger Auswahl der Beweisgründe , einer leichten und klaren Erklärung, das, was jetzt nur Wissen weniger Auserwählten ist, allen zugänglich zn machen. Im ganzen soll diese Taschenbibliothek 36 Bändchen, zum Preise von 16 Francs, für das Ausland 30 Francs, jedes einzelne Bändchen 50 Centimes, für das Ausland 1 Francs, teils didaktischen, teils geschichtlichen , geographischen , biographischen etc. Inhalts umfassen. -- Zwei dieser Bändchen liegen uns vor ; wir können dieselben den , der schönen italienischen Sprache beflissenen deutschen Offizieren etc. wärmstens empfehlen. ,,La guerra e lo stato sociale" Der Krieg und der gesellschaftliche Zustand ― erfreut nicht nur durch den weiten, staatsmännischen Blick, welchen dessen nicht genannter Verfasser darlegt, sondern vor allem auch durch die sichere Grundlage auf der alle Betrachtungen ruhen, durch das hohe Mafs überaus gründlicher und sorgfältiger Studien , die sichere Beherrschung des Materials, und dessen klare und übersichtliche Gruppierung und Zusammenfassung. Auch vom zweitgenannten Bändchen „ Come operano i grandi eserciti" - Wie operieren die grofsen Heere —, von Enrico Barone, Capitano di Stato Maggiore, verfafst , können wir uns nicht minder befriedigt erklären . - Wir müssen dem Königreich Italien unseren wärmsten Glückwunsch zu dem, von einer wahren Elite seiner Männer unternommenen und in so vorzüglicher Art begonnenen, wahrlich nicht kleinsten - minima Werke aussprechen. Zugleich aber drängt sich uns der warme Wunsch auf, es möchte ,,La guerra e lo stato sociale" von den Männern des Krieges und des Friedens gelesen und beherzigt werden. Die unerbittliche Notwendigkeit vom Bestehen einer militärischen Thätigkeit im gesellschaftlichen Leben und von der Übereinstimmung, welche zwischen ihr und den anderen gesellschaftlichen Thätigkeiten bestehen mufs, wird dann immer mehr Gemeingut aller Angehörigen des Volkes werden . Denn, weil jedes Volk das Bedürfnifs gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wohlergehens hat, mufs es, wenn diese Wohlthat bedroht würde, sie schützen (difendere) 32. können, indem es siegt .

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Du Landsturm. Lettres d'un soldat aux jeunes et aux vieux par A. T. Neuchatel, Attinger frères, Éditeurs , 1892 . Die 31 Seiten umfassende, von warmer Vaterlandsliebe durchhauchte Darstellung der Schweizer Landsturmorganisation ist in dem Bewusstsein geschrieben, dafs ein europäischer Krieg auch über Sein und Nichtsein der Schweiz entscheiden wird und dafs gegenüber ,,de l'atmosphère toujours plus chargée d'électricité que l'Europe respire" alle Kräfte des Volkes und Landes zur Selbsterhaltung eingesetzt werden müfsten . Das Bild des im nächsten Kriege aufzustellenden Schweizer Landsturmes wird, nach Ansicht des Verfassers, der wohl ein Offfzier ist, den revolutionären Massenerhebungen früherer Zeit nicht gleichen ; denn infolge der militärischen Schulung des ganzen Volkes erhält auch der Landsturm ein rein militärisches Gepräge, was jedoch nicht ausschliefst, dafs auch alle übrigen Teile des Volkes - Greise, Frauen u. s. w. - ihre ganze Kraft der heiligen Sache des Vaterlandes widmen (Krankenpflege u . dergl.) . - Im Einzelnen wird ferner die gesetzliche Gliederung des Schweizer Landsturmes, der im ganzen 280 000 Mann ausmacht, behandelt. Alle Schweizer gehören vom 17. bis 50. Lebensjahre dem Landsturm an, sofern sie nicht schon im Heere dienen. Freiwilliger Eintritt in den Landsturm ist auch ausserhalb dieser Altersgrenzen zulässig. Der gesamte Landsturm zerfällt in le landsturm armé und le landsturm auxiliaire. Erstere thut Kriegsdienst wie das Heer unter besonderer Berücksichtigung seiner Befähigung zur Deckung der Landesgrenzen, der Mobilmachung und der Verkehrsadern, er wird auch zur Besetzung fester Plätze verwendet. Le landsturm auxiliaire versieht den Pionier-, Etappen-, Bäckerei- u . s. w. Dienst für das Heer. Für den gesamten Landsturm ist eine feste Gliederung in Bataillone und Kompagnien vorgesehen. Der Verfasser sieht aber mit dem scharfen Auge des Fachmannes auch die Schattenseiten in der Organisation des Schweizer Landsturmes ; u. a. erkennt er einen Mifsstand in der Besetzung der höheren Landsturmoffizierstellen mit Männern, welche seit langer Zeit dem Militärdienst entfremdet sind, während denselben unter Umständen jüngere Offiziere des Heeres unterstellt sein können . --- Durch treffende Beispiele aus der Kriegsgeschichte erhärtet der Verfasser seine Behauptungen und Vorschläge. Wenn wir uns auch für das Milizsystem selbst auf Grundlage allgemeiner Wehrpflicht nicht erwärmen können , so zeigt uns doch die Schrift von A. T. , mit welchem Ernste die Schweiz an ihrer Wehrfähigkeit nach Mafsgabe der gesetzlichen Mittel : "" Tout Suisse est tenu au service militaire" - arbeitet. Jedem, welcher die Schweizer Landsturmorganisation kennen lernen will, sei die Schrift hiermit empfohlen. -

6.

Leitfaden für den Unterricht in der Terrainlehre, im militärischen Planzeichnen und Aufnehmen an der Königlichen Kriegsschule . Zweite Auflage. München 1892. Th. Ackermann . Preis 3,20 M. Dieser ,,mit Genehmigung der Kgl. Inspektion der bayerischen Militär- Bildungsanstalten" unter Zugrundelegung des Leitfadens von Ulrich bearbeitete Leitfaden ist nicht nur ein Lehr- und Lernbehelf für an-

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gehende Offiziere, sondern letzteren selbst ein vortrefflicher Ratgeber und Führer auf dem genannten Gebiete. Die Bedeutung des Geländes für die Taktik ist, unter dem Einflusse der verbesserten Feuerwaffen , stetig zunehmend ; Grund genug, dem Verständnifs desselben in jeder nur ersinnlichen Weise Vorschub zu leisten . Diesem Zwecke dient dieser Leitfaden in geradezu mustergültiger Weise . 10 in Steindruck ausgeführte Tafeln erläutern den Text. Wir möchten nicht unterlassen, die Aufmerksamkeit besonders des Lehrpersonals der übrigen Kriegsschulen des deutschen 4. Heeres auf diesen Leitfaden zu lenken . Krieger-Sitte . Ein Ratgeber für junge Offiziere und für die militärische Jugend zum Eintritt in den Stand und in die Welt. Von Major Franz Rieger. Im Auftrage des Reichs-Kriegs-Ministeriums verfafst. Wien 1891. Verlag des Reichs-Kriegs-Ministeriums . Das aus dem Herzen des Verfassers heraus geschriebene und zum Herzen sprechende Werk, vom Reichs-Kriegs-Ministerium angeregt und unter der Fürsorge des Erzherzogs Albrecht, dem es gewidmet ist, gestellt, wird unter den Kameraden der uns so eng verbündeten Armee gewiſs eine anerkennende Aufnahme finden. Verf. giebt zunächst eine Schilderung der Eigenschaften, welche den Charakter des Offiziers ausmachen, dann giebt er Ratschläge für den Verkehr des Offiziers mit sich selbst ; d. h. die stete Arbeit an der eigenen Veredlung und Vervollkommnung, für den Verkehr mit der Welt, und das Verhalten des Offiziers in den Wechselfällen des Lebens sowie den mannigfachen Verhältnissen des Berufes. - Das trefflich geschriebene Buch sei auch den Kameraden des deutschen Heeres 17. bestens empfohlen. Militärische Redensarten und Kunst-Ausdrücke , gesammelt und mit den notwendigen Erläuterungen herausgegeben von Gotthold Krebs , k. u. k. Hauptmann. Wien 1892. Seidel u . Sohn. Preis 2 M. Nach denselben Grundsätzen wie die vor ungefähr 25 Jahren in erster Auflage erschienenen Büchmannschen „ geflügelten Worte" hat der Verfasser die in der militärischen Dienst- und Umgangssprache gebräuchlichen Redensarten und Worte in alphabetischer Ordnung zusammengestellt. Die Sammlung ist eine aufserordentlich reichhaltige, wenngleich sie noch nicht. erschöpfend genannt werden kann ; das wird erst dann der Fall sein, wenn aus dem militärischen Leserkreise dem Wunsche und der Bitte des Verfassers um Zusätze und Berichtigungen in weitesten Mafse nachgekommen wird. Es ist im höchsten Grade interessant, zu sehen, wie die meisten der mitgeteilten Redensarten und Bezeichnungen in der österreichischen Armee genau dieselben sind wie in der deutschen . Der Inhalt des Buches ist in zwei Abschnitte geteilt, von denen der erste die Redensarten, der zweite die Spitz- und Spottnamen aus der sogenannten Soldatensprache enthält. Letzterer ist aufserdem für die österreichische, preufsische, bayerische und sächsische Armee eingeteilt, eine Anordnung, die wir aus dem Grunde nicht für richtig halten möchten , weil die bei weitem gröfste Zahl der

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Worte in allen deutschen Kontingenten gleichmässig bekannt sind . Eine kurze Notiz, aus welchem Volksstamme oder aus welcher Provinz das Wort stammt, dürfte wohl genügen . Wir wünschen dem Buche eine recht weite Verbreitung und zweifeln nicht, dafs es überall günstige Aufnahme finden wird . D.

Russisch-Deutsches Militärisches Wörterbuch. Sammlung militärtechnischer Ausdrücke mit Erläuterungen. Unter Mitwirkung mehrerer Offiziere bearbeitet von Dr. Z. Koiransky, Docent an der Königlich bayerischen Kriegs- Akademie . Erste Lieferung. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Vollständig in 3 Lieferungen zum Gesamtpreise von 7 bis höchstens 8 M. Schon die Lektüre des Vorwortes, welches über die Art und Weise der Entstehung dieses Werkes Aufschlufs giebt, läfst darauf schliefsen, dafs die Lösung der gestellten Aufgabe in der denkbar vollkommensten Weise erreicht wird. In der That können wir uns nicht denken, dafs dies auf anderem als dem hier gewähltem Wege erfolgen kann ; um ein derartiges. Werk zu schreiben, bedarf es allerdings eines jahrelangen Verfolgens der einschlägigen Litteratur, eines eingehenden Studiums der bestehenden Reglements und Vorschriften, und zwar unter ausgedehnter Mitwirkung von Fachleuten ; nicht zuletzt allerdings bedarf es einer so eingehenden Kenntnifs der betreffenden fremden Sprache, wie sie eben dem bereits aus anderen Arbeiten bekannten Herrn Verfasser zur Verfügung steht . Die Arbeit selbst, soweit sie bis jetzt vorliegt, bestätigt durchaus den aus der Lektüre gewonnenen Eindruck. Wir behalten uns vor, auf das Werk näher einzugehen, sobald es fertig vor uns liegt ; wir glauben dasselbe aber bereits jetzt jedem Russisch treibenden Offizier empfehlen zu können ; es steht jedenfalls in einem angenehmen Gegensatz zu dem kürzlich an dieser 93. Stelle besprochenen Werke gleichen Titels.

Schrobsdorffs Litteratur-Vademecum für den deutschen Offizier. Düsseldorf 1892.

Schrobsdorffsche Buchhandlung.

Preis 1 M.

Dieses Schriftchen kündigt sich an als ein . , systematischer, nach Schlagworten geordneter Führer durch die neueren Erscheinungen auf dem Gebiete der Kriegswissenschaft " , und zwar als „, Hilfsmittel bei taktischen Arbeiten" . Nur die neueren, sowie noch mafsgebende ältere Publikationen sind aufgenommen. Wir vermissen freilich sehr viele hervorragende. litterarische Neuheiten, so z. B. beim 30jährigen Kriege : Wittichs Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly. Sehr spärlich bedacht sind die Kriege Friedrichs des Grofsen, hier fehlen die Werke Schäfers, Schönings , Westphalens, Tempelhoffs u . v. a . , selbst die Oeuvres de Frédéric le Grand sind vergessen, Alles denn doch noch ,,mafsgebende" Publikationen . Auf Vollständigkeit kann somit dieses Vademecum keinen Anspruch machen, auch fehlt leider, was sehr unbequem für den Gebrauch ist, die Angabe des 4. Verlages und Verlagsortes.

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III. Seewesen. Marine-Rundschau. Heft 5. Über den Dauerproviant und die Präserven in der Schiffsverpflegung , deren Bedeutung für die Schifffahrt und die Hygiene. Von Marine - Stabsarzt Dr. Richter. (Schlufs. ) Die artilleristische Ausbildung in der englischen Marine von Walther II., Kapitainlieutenant. Zur artilleristischen Ausbildung der Seeoffiziere , Unteroffiziere, Geschützkommandeure der Schiffsartillerie etc. dienen die beiden Linienschiffe : ,,Cambridge" in Portsmouth und ,,Excellent" in Plymouth, Dieselben dienen gewissermassen als Depotschiffe für die ihnen als Tender beigegebenen Panzerschiffe , Kanonenboote etc. Für die Ausbildung der Seeofffziere bestehen drei verschiedene Kurse : 1. Für Spezial- Artillerie Offiziere, Dauer 19 Monate. 2. Abgekürzter Kursus für Lieutenants, Dauer 2 Monate. 3. Für Unterlieutenants, Dauer 3 Monate. Ausserdem bestehen noch einmonatliche Kurse für Offiziere auf Halfpay und verabschiedete Offiziere und dreimonatliche Kurse für Offiziere der Coast Guard ; ferner für Maschinen-Ingenieure Kurse von 20 Tagen Dauer über die maschinellen und hydraulischen Einrichtungen an den Geschützen und Türmen . Nach Aufführung des Ausbildungsganges der einzelnen Kategorieen von Offizieren, folgen der Ausbildungsgang der Unteroffiziere und Mannschaften und am Schlufs die allgemeinen Bestimmungen über die artilleristische Ausbildung und die Durchführung der Schiefsübungen auf den Schiffen. - Schiefsversuche zu Sévran - Livry (Frankreich) gegen Panzerplatten aus besonderem Stahl . (Entnommen aus Le Génie civil vom 2. April 1892.) Die Bestimmung der Richtung und Entfernung auf See , ein Verfahren, welches von Herrn H. P. Dowling in Cardiff erfunden ist, und das erste vollständige System zur Berechnung der Entfernung auf See auf dem bezeichneten Wege zu sein scheint (dem Engineer vom März 1892 entnommen). Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Band XX. Nr. IV und V: Das Seekriegsrecht im chilenischen Kriege ; bietet für Fachleute und Juristen manche interessante Momente. Es heifst in dem Artikel wörtlich : ,,Wenn vereinzelte kriegerische Ereignisse zur See stattfinden , so zeigt es sich sofort , wie wenig positive Klarheit obwaltet, und es hat darum ein Interesse, jene vereinzelten Verhältnisse des Näheren zu verfolgen. In dieser Richtung hat der jüngste Revolutionskrieg in Chile einige bemerkenswerte Umstände zu Tage gefördert, denen Herr Geffcken in der "" Revue de droit international" einige Betrachtungen widmet, Umstände, welche uns einer Erörterung würdig erscheinen ." Bekanntlich hatte sich die chilenische Flotte bei Ausbruch der Revolution fast ganz gegen den Präsidenten Balmaceda der Partei des Kongresses angeschlossen, während ersterem nur die Torpedofahrzeuge und drei im Auslande bestellte Schiffe zur Verfügung blieben , welche jedoch vor Ende des Krieges nicht eintreffen konnten. Auf die Frage , wie ein Kriegsschiff einer nicht aner-

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kannten Partei von Dritten zu behandeln sei, citiert Herr Geffcken einen Ausspruch des englischen Ministers Canning aus der Zeit des griechischen Freiheitskampfes . Derselbe sagte damals : „ Eine Macht, deren Kreuzer in See auftreten, mufs entweder als eine kriegführende Partei oder als Pirat behandelt werden." Ein Drittes giebt es nicht. Piraten aber sind rechtlos und deren Bekämpfung steht jedem frei. Dementsprechend würde es formell richtig gewesen sein, daſs, wenn ein Kriegsschiff einer anderen Macht, ein chilenisches der Kongressisten auf See angetroffen hätte, dasselbe berechtigt gewesen wäre , solches anzugreifen und eventuell zu vernichten ." (,,Und doch würde dies kaum eine entschuldbare Handlung gewesen sein. ") Bezeichnend ist der Schlufs des Artikels : "" Wir sehen also aus diesen einigen Vorkommnissen, dafs es auf dem Gebiete des Seekriegsrechtes eine Menge offener Fragen giebt und dafs vieles der Willkür anheimgestellt ist. Wir sehen , dafs es unter allen Umständen noch Mühe kosten wird , feste und unverbrüchlich beobachtete Normen zur Geltung zu bringen und dafs man heute keineswegs mit Sicherheit sagen kann, was in einem künftigen grofsen Seekriege Übung sein wird. Wird Humanität oder Opportunität die Oberhand behalten ? Wir glauben , daſs man gut thun wird , sich wenigstens auf das Schlimmste gefafst zu machen und danach seine Mafsregeln zu treffen ." Über Schnellfeuerkanonen grofsen Kalibers . Von Friedrich Zedliczka , k. und k. Marine- Artillerie-Ingenieur. (Forts .) - Das rauchlose Pulver Ballistit. Eine längere Auseinandersetzung, welche einer Kruppschen Publikation über das mit W. P. C./89 bezeichnete Geschütz- und Gewehrpulver , d. h. Würfelpulver Konstruktion 1889 , entnommen worden ist, nebst einer Vergleichstabelle einer Anzahl Pulversorten unter Angabe von Verhältnissen für Kraftausführung etc. Army and Navy Gazette. Nr. 1683 bespricht einen Artikel der ,,Quarterly Review": ,,What is her Navy to Britain?" Derselbe enthält folgende Sätze : ,,Durch die Marine nur existiren wir im Kriege und mit der Marine stehen und fallen wir." ,,Eine Marine , welche stark genug ist uns zu verteidigen, ist billig, sie möge kosten was sie wolle etc." - Aufserdem bespricht der Artikel der ,, Review" die Verteidigung der Küsten Grofsbritanniens und die Anlage von Befestigungen durch die Armee ; kritisirt die Flottenmanöver Englands während der letzten beiden Jahre und schliefst mit folgenden Sätzen : ,We may rely upon the spirit of the Navy to do all for us that loyalty, devotion, intelligence and capacity can do. We must rely on the spirit of the nation to give our only defenders a supply of weapons adequate to their duties and adapted to their needs." --- Das neueste englische Panzerschiff „, Royal Sovereign " soll während drei Stunden der Probefahrt 18 Knoten pro Stunde gelaufen sein. (?) Die diesjährigen französischen Flottenmanöver , an welchen sich die aktive wie die Reserve-Division des Mittelmeeres beteiligen, werden während des Monats Juli stattfinden ; jedoch sollen nicht wie in früheren Jahren zwei Flotten gegen einander manöveriren . Nr. 1685 : Nach dem „ Russischen Invaliden" besteht die russische Ostseeflotte aus : 9 Schlachtschiffen ,

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20 Küstenverteidigern , 23 Kreuzern , 3 Torpedo- Kreuzern , 14 Kanonenbooten, 114 Torpedobooten etc. Die Schwarze - Meer - Flotte dagegen zählt : 6 Schlachtschiffe, 2 Küstenverteidiger, 1 Kreuzer erster Klasse, 3 TorpedoKreuzer, 6 Kanonenboote, 23 Torpedoboote etc. Nach den Mitteilungen der ,,Marine française" soll der italienische Obere Marine-Rat beschlossen haben, den Hafen von Reggio (Calabrien) zum Marine- Hafen auszubauen. -- Die Army and Navy Gazette will wissen . dafs die französische Flotte nicht allein mit Ballons ausgerüstet werden soll , sondern dafs die Schiffe auch eine Anzahl Zweiräder (Velocipedes) erhalten und Offiziere und Mannschaften im Radfahren ausgebildet werden. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 170 enthält eine Marine-Preisschrift über das Thema : ,,Maritime supremacie being essential for the general Protektion of the British Empire and its commerce, to what extent , if any, should our naval force be supplemented by fixed defences at home and abroad , and to whom should they be confided ? Von Capitain W. Craigie . Verfasser ist der Überzeugung, dafs in erster Linie der sicherste Schutz des Inselreiches in der Beherrschung des Meeres bei Ausbruch eines Seekrieges liege. Er exemplificirt in hypothetischer Weise den Fall, dafs die nächst England stärkste französische Flotte sich mit der russischen alliiren könnte und giebt die Stärke der englischen Flotte pro 1894 auf 42 gepanzerte Schlachtschiffe , 15 gepanzerte Küstenverteidiger, 20 gepanzerte Kreuzer ; ferner [ 1 ungepanzerte Kreuzer 1. Kl., 50 Kreuzer 2. Kl . , 44 Kreuzer 3. Kl . und 33 Kanonenboote an ; während Frankreich und Rufsland zusammen 33 gepanzerte Schlachtschiffe , 18 gepanzerte Küstenverteidiger , 20 gepanzerte Kreuzer ; ferner 7 ungepanzerte Kreuzer 1. Kl. , 11 zweiter, 30 dritter und 20 Kanonenboote besitzen werden. Zur Aufrechterhaltung einer Blockade glaubt Verfasser, dafs die Blockadegeschwader um 1/3 stärker an Panzerschiffen und um das Doppelte an Kreuzern sein müfsten als die Zahl der zu blockirenden Schiffe , ersteren aufserdem noch ein Reserve- Geschwader zur Disposition stehen müsste. Dann bespricht er den Schutz der Postverbindungen zur See nebst den Transportschiffen nach den Kolonien , die chinesische , die indische , die australische, die nordamerikanische, die westindische, die Panama-australische, Vancouver-australische und die Vancouver-Yokohama Handelsrouten etc. Er geht dann auf die Sicherstellung der heimischen Flufsmündungen und Seeplätze über , führt die hierzu nötige Anzahl Torpedoboote , Geschützarmirungen und Besatzung etc. für dieselben , sowie für die einzelnen Kohlenstationen etc. in den Kolonien auf. Zwei Übersichtskarten sind der Arbeit beigegeben . Army and Navy Journal. Nr. 36 : In der ersten Session des 52. Kongresses werden für die Nordamerikanische Marine 24,223,773 § gefordert. Zu den Mehrforderungen für Panzer und Maschinen der im Bau befindlichen Schiffe , treten noch die für den Neubau eines stark gepanzerten seegehenden Küstenverteidigers von 9000 Tons Deplacement mit grofser Geschwindigkeit; ferner ein Hafenverteidiger (Monitor mit Doppelthürmen) von

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7500 Tons mit gröfstmöglichster Geschwindigkeit, vier Kanonenboote mit geringem Tiefgange von 800-1200 Tons aber möglichst grofser Schnelligkeit ; 6 Torpedoboote etc. Ferner sind 50,000 $ für den Bau der Pinta und Nina , der Caravallen des Columbus ausgeworfen etc. Nr. 37 : Die Pilot Chart des Nord-Atlantischen Oceans pro Mai d. J. , herausgegeben vom Hydrographischen Büreau in Washington enthält Mitteilungen über den Golf-Strom, den Gebrauch von Öl bei stürmischen Wetter, Flaschenposten , Stürme im Atlantischen Ocean, Rapporte über die Bewegungen der Eisberge etc. Der Zeitung ,, Steamship" zufolge soll der portugiesische Ingenieur Don Fontes Pereira de Mello ein Submarine- Boot konstruirt haben, dessen Doppelschrauben durch Accumulatoren getrieben werden und eine Geschwindigkeit von 6 Knoten während 14 Stunden mit dem Boote erzielt haben. Während die italienische Marine früher eine Anzahl kleiner Torpedo - Kreuzer von 740 Tons mit drei Schrauben versah, von dieser Construction jedoch bei den gröfseren Fahrzeugen Abstand genommen hat, hat die französische Marine das Drei - Schraubensystem bei dem ,, Dupuy de Lôme" von 6297 Tons wieder eingeführt, und beeilt sich die Probefahrten mit obigem Schiffe auszuführen. Auch in der deutschen Marine hat bei der „ Kaiserin Augusta" dies System Anwendung gefunden und soll man mit der mittleren Schraube 10-12 Knoten Geschwindigkeit erzielt haben.

Revue Maritime et Coloniale. Nr. 368 : Beschäftigt sich zunächst mit der Geschichte der preufsischen und deutschen Marine. (E. Guiffart). Voyages aëriens au long cours. Die Luftballons und die Exploration des afrikanischen Continents von M. M. Leo Dex, vormais Eleve der polytechnischen Schule, und Maurice Dibos, Ingenieur. ― Das Budget der englischen Kriegsmarine pro 1892/93 . Memorandum des ersten Lords der Admiralität (übersetzt aus dem Englischen von Mr. Garreau) . Das Budget der Marine der Vereinigten Staaten Nord - Amerikas pro 1892/93 entnommen dem Broad Arrow vom 2. April d. J.; das MarineBudget der Österreich - Ungarischen Marine pro 1892/93 nach den Mitteilungen aus Pola vom März 1892. Eine Zusammenstellung der Dimensionen, Leistungen etc. des russischen Kreuzers ,,Rurik ", des französischen ,,Dupuy de Lôme ", des spanischen Carlos, der amerikanischen ,, NewYork" und des englischen ,,Crescent" , entnommen der United service Gazette vom 2. April 1892. Der oberen Reihenfolge entsprechend, haben dieselben ein Deplacement von : 11,000 Tons 6297 Tons ; - 9235 Tons ; -8155 und 7470 Tons und 7700 Tons . Sie haben Maschinen von : 15,000 Pf.; 15,000 Pf.; - 16,500 und 21,000 Pf.; - und 9000 Pferde14,000 Pf.; kräften . Erwartete Geschwindigkeit : 18 Knoten; - 17,5 ; - 19 ; - 20; Voraussichtliche Seemeilenzahl ohne Kohlen auf— 21 ; - 19,5 Knoten. zufüllen bei 10 Knoten Geschwindigkeit : 20,000 Seem.; franz. nicht ange6750 und 10,000 Seem. (amerik. ) und 10,000 See12,000 ; geben ; meilen. Maximale Panzerstärke in obiger Reihenfolge : 254 mm ; · 102 mm; Versuch mit einem 152 mm; — 152 und 102 mm ; 152 mm etc. -

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Ericson'schen Torpedo in Nordamerika. Der Bericht der MarineTorpedo - Kommission soll sich über das Resultat dieses submarinen Zerstörungs-Mittels im Erie- Bassin nach dem Army and Navy Journal vom 26. März d. J. äusserst günstig ausgesprochen haben . Das Projektil hatte eine Länge von 29 Fufs, wog 1500 Pfund, war bestimmt eine ExplosivMaterie von 300 Pfund zu tragen. Es ist mit 20 Pfund Pulver abgefeuert worden und hat in 11 Sekunden mit gröfster Präcision eine Entfernung von Henk . von 700 Fufs erreicht.

IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher.

1. Das Königlich bayerische 10. Infanterie - Regiment Prinz Ludwig. I. Band. Von der Errichtung der ältesten Stammcompagnie bis zum Beginn des spanischen Erbfolgekrieges 1664-1702 . Von Joseph Dauer , Sek .- Lieutenant. Ingolstadt. Druck der Ganghofer'schen Buchdruckerei 1892. 2. Deutschlands Kriege von Fehrbellin bis Königgrätz . Eine vaterländische Bibliothek für das deutsche Volk und Heer. Von Carl Tanera , Hauptmann z. D. Zweiter und dritter Band : Die Kriege Friedrichs des Grofsen : Erster und zweiter schlesischer Krieg. Der siebenjährige Krieg. München 1892. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung. à 2 Mk.; eleg. cart. à 2,50 Mk.

Preis geh.

3. Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen. XIII . Jahrgang : 1891. Unter Mitwirkung mehrerer Offiziere, herausgegeben von H. v. Löbell. Oberst z. D. Berlin . E. S. Mittler & Sohn. Preis 8 Mk.

4. Wahre Worte für tapfere Männer von Charles Kingsley. Ein Buch für Soldaten und Seeleute . Autorisierte Übersetzung von Marla Baumann. Ausgabe in 9 Heften à 15 Pf. , in einem Bande ( 160 Seiten) geh. à 1,40 Mk. Berlin . Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. 5. General-Feldmarschall Graf Yorck von Wartenburg . Eine Charakterskizze, den jungen Offizieren und solchen, die es werden wollen, gewidmet von Senckler , Hauptmann a. D. Berlin 1892. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. Preis 60 Pf. 6. Der Dienst des Infanterie - Unteroffiziers im Kriege. Schilderungen aus dem täglichen Leben im Felde von Paul von Schmidt, Generalmajor z. D. Preis 2 Mk .

Berlin 1892.

Verlag der Liebel'schen Buchhandlung.

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7. Das Deutsche Offiziertum und die Zeitströmungen . Den Kameraden gewidmet von Paul von Schmidt , Generalmajor z. D. Dritte Auflage. Berlin 1892. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung . Preis 1,50 Mk. 8. Die Ausbildung der Infanterie im Schiefsen im Anschlufs an die ,,Schiefsvorschrift 1889 " und an den Neudruck des ‫ وو‬ExerzierReglements 1889 " von v. Brunn , Oberstlieutenant a. D. Vierte Auflage. Mit 19 Figuren und 2 Figurentafeln im Text. Berlin 1892. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. Preis 3 Mk. 9. Die Ausbildung des Soldaten zum Schützen und der wagerechte Anschlag von E. v. D. Wien und Leipzig 1892. Wilhelm Braumüller. Preis 1 Mk. 10. Billige und gesunde Ernährung . Zum Gebrauch für Massenverpflegung beim Militär , in Pensionaten etc. von Wilhelm Waniek , k. u. k. Hauptmann d. R. Wien 1892. Wilhelm Braumüller. Preis 70 Pf. 11. Die Militär- Feuerwehr. Ein Instructionsbehelf für das militärische Feuerwehrwesen. Von A. Grünzweig von Eichensieg , k. u . k. Hauptmann im Geniestabe. Wien 1892. Herausgegeben vom k. u. k. techn . u. administr. Militär-Comité . Preis 70 Kr. ö. W. 12. Geschichte des Infanterie - Regiments Herzog Karl von Bearbeitet für die UnterMecklenburg (6. Ostpreufsisches) Nr. 43. offiziere und Mannschaften durch Goltz , Premierlieutenant u. Adjutant, unter Benutzung der Regimentsgeschichten des Oberstlieutenants Sperling, und Oberstlieutenants Frh. v. Forstner. Mit 7 Bildnissen und Abbildungen sowie zwei Skizzen im Text. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 1 Mk. 13. Geschichte des Hannoverschen Jäger - Bataillons Nr. 10. Verfafst von Krahmer - Möllenberg , Hauptmann a. D. und v. Eschwege, Premierlieutenant . Mit einer Marschkarte und zwei Skizzen im Text. 14.

Berlin 1892.

E. S. Mittler & Sohn .

Preis 1,25 Mk.

Scharfe Taktik und Revuetaktik im 18. und 19. Jahr-

hundert. Zehn geschichtlich - taktische Abhandlungen von D. v. Malachowski , Oberstlieutenant. Mit Skizzen im Text. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 6 Mk . 15. Der Krieg in seiner wahren Bedeutung für Staat und Volk. Von von Boguslawski , Generallieutenant z. D. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 2,50 Mk. 16. Anleitung zur Anfertigung von Krokis , Skizzen und Erkundungs-Berichten. Nach den Bestimmungen der Felddienst- Ordnung und den Angaben des Leitfadens der Terrainlehre zusammengestellt von Kutzen , Major. Zweite , durchgesehene und erweiterte Auflage. Mit sieben Beilagen in Steindruck. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Preis 1 Mk.

Druckfehler - Berichtigung .

256

17. Der Vaterländische Frauenverein in Vergangenheit und Gegenwart. Festrede zur Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens des Vaterländischen Frauen - Vereins gehalten in der Sing - Akademie zu Berlin am 5. April 1892 von Dr. Paul Hassel . Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 30 Pf.

18 .

Die türk Weh und die Arm B d rma een er alkanisch ch,t S staa , Ge Bulg , R u r e u n rbie iech män d Montete ar e negr .n Von H. i A. n Wie 1892enlVaenrd -Anst n ,,Reic ien". Prei 4 Mk. l n . s alt ags hswe o hr

Druckfehler-Berichtigung : Juliheft 1892. Man lese : ,,Caulincourt". Seite 60, Zeile 9 v. u.: statt ,,Colingburt"

Kroll's Buchdruckerei, Berlin S , Sebastianstrasse 76.

XVI .

Statistische und taktische Betrachtungen über die drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

Von Kunz, Major a. D.

(Schlufs .) III.

Die Schlacht von Gravelotte - St. Privat am 18. August.

Einleitung : Wir beabsichtigen nicht, über den 17. August hier eingehende Erörterungen anzustellen . Ohne Zweifel sind an diesem Tage auf Seite der Deutschen mancherlei Unterlassungssünden begangen worden, welche hätten vermieden werden können . Indessen sieht sich 22 Jahre später am bequemen Schreibtische die Sachlage immer ganz anders an , als auf einem blutgetränkten Schlachtfelde . Das Schlachtfeld vom 16. August war nun so blutgetränkt, wie kaum ein anderes in diesem Jahrhundert es gewesen ist.

Ferner sind die

tüchtigsten Männer auch heute noch erheblich klüger, wenn sie vom Rathause kommen , als wenn sie dasselbe betreten . Am Morgen des

17. August waren die Deutschen mit ihren

Kräften so ziemlich zu Ende, wenigstens soweit sie am Tage vorher ernsthaft gefochten hatten .

Das gilt nicht blos in Bezug auf die

physischen , sondern auch in Bezug auf die moralischen Kräfte . so entsetzlichen Verlusten einen langen Truppen, welche unter so Sommertag hindurch, bis in die Nacht hinein , gefochten haben, verfügen nach einer Biwaksnacht mitten unter Leichen und Verwundeten , nicht mehr über eine besonders grofse Offensivkraft. Die menschliche Natur verlangt ihr Recht.

Mag die Theorie auch noch so un-

erbittlich dies bekämpfen , es wird dadurch nicht das Mindeste geändert. Im nächsten ähnlichen Falle wird es wieder so sein. Wer ein derartiges Biwak auf einem mit Tausenden von Leichen besäeten Schlachtfelde mitgemacht hat ,

weifs dies ;

er weifs auch , dafs das

Stöhnen der Verwundeten nicht geeignet ist, den Mut der Gesunden . Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 3. 18

258

Statistische und taktische Betrachtungen über die

wesentlich zu erhöhen .

Aufserdem aber fehlte es an Munition.

Die

Kriegslage war mithin für die Deutschen am Morgen des 17. August nichts weniger als rosig . Man erwartete sehnsüchtig das Eintreffen von Verstärkungen und dankte Gott von ganzem Herzen dafür, dafs die Franzosen am frühen Morgen nicht angriffen , sondern vielmehr den Rückzug antraten. So war die Grundstimmung der Seelen auf deutscher Seite und zwar von den obersten Kommando-Behörden bis zum letzten Musketier. Diese Stimmung mufs man sich dauernd vor Augen halten , man die Ereignisse des 17. August gerecht beurteilen will.

wenn

Wir halten es dagegen für unbedingt notwendig, die Schnelligkeit ganz besonders hervorzuheben , mit welcher die frischen deutschen Armee-Corps auf das Schlachtfeld herangezogen wurden.

Schon um

912 Uhr früh war das sächsische Armee-Corps mit seiner Spitze bei Xonville eingetroffen . Gegen 1 Uhr nachmittags rückte das Gardecorps auf Hagéville (südwestlich von Chambley) vor. Damit war für die Deutschen jede ernste Gefahr vorüber. Sicherlich wäre es im Laufe des Nachmittags den Deutschen möglich gewesen, die Rückzugsrichtungen der Franzosen festzustellen. Bei der Unthätigkeit der Franzosen war es nicht einmal erforderlich, hierzu nennenswerte Cavallerie zu verwenden. Einzelne Generalstabsoffiziere, begleitet von einigen gut berittenen, findigen Reitern , hätten der Aufgabe völlig genügt . Indessen würde es beim besten Willen am 17. August nicht gelungen sein, die Stellung genau festzustellen, in welcher man die Franzosen am 18. August thatsächlich angreifen mufste und zwar aus einem sehr einfachen Grunde , nämlich weil das 6. französische Armee-Corps erst spät abends am 17. August in das Biwak von St. Privat la Montagne rückte, nachdem es bis zum Nachmittage bei Vernéville verblieben war. Bis dahin nahm die Division Cissey des 4. Armee-Corps den rechten Flügel der Franzosen ein, nämlich zwischen der Eisenbahn Metz Verdun und St. Privat. Dies hätte man erkunden können ; dazu war nur notwendig, ein paar Offizierpatrouillen über St. Marie aux Chênes vorzutreiben. Mehr aber konnte man deutscherseits nicht erkunden . Freilich würde schon dies genügt haben , um festzustellen , dafs der rechte Flügel der Franzosen sehr viel weiter nach Norden reichte , als man im grofsen Hauptquartier annahm. Die Marschrichtungen der 2. Armee wären zweifellos für den 18. August anders angeordnet worden. Es bleibt also die Unterlassungssünde bestehen , aber es giebt doch auch Milderungsgründe genug für sie. Anders liegt die Sache für den Morgen des 18. August .

Die

Deutschen verfügten vom frühen Morgen ab über so gewaltige Kräfte,

259

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

dafs die Rücksichten, welche am Tage vorher Zurückhaltung geboten hatten , völlig in Wegfall kamen. Am 18. August geht die Sonne um 4 Uhr 48 Minuten früh auf. Den Franzosen fiel es gar nicht ein, Reiterpatrouillen weit vor ihre Stellungen hinaus vorzutreiben . Nichts hinderte die Deutschen , die wahre Ausdehnung der französischen Stellungen in den frühen Morgenstunden auf das genaueste aufzuklären . Wäre alles Erforderliche in dieser Richtung geschehen , so mufste das Oberkommando der 2. Armee spätestens um 8 Uhr früh wissen , dafs Roncourt von den Franzosen besetzt war. Hier also Man wollte mit der ganzen versammelten Heeresmacht die Franzosen angreifen , wo man sie fände, und dennoch dachte Niemand daran, am frühen Morgen des entscheidenden Tages zunächst festzustellen, wo man denn den rechten Flügel der Franzosen finden würde. Heute erscheint uns eine ähnliche Versäumnifs kaum liegt der eigentliche Fehler.

glaublich ; dennoch ist sie vorgekommen . Soviel steht fest , dafs in einer ähnlichen Kriegslage die Cavallerie - Divisionen niemals irgend welchem Armee - Corps unterstellt werden dürfen . Sie sind die berufenen Organe für das Oberkommando einer Armee. und nur dieses kann und soll ihre Kräfte zweckentsprechend ausnutzen . Selten wird es in Zukunft wieder vorkommen , dafs ein Gegner sich so völlig passiv verhält , wie die Franzosen es am 18. August gethan haben. Wenige deutsche Reiterpatrouillen hätten in den Morgenstunden des 18. August die Ausdehnung der französischen Stellungen bis ins Einzelne erkunden können , ohne dabei mehr als ein paar aufser Gefecht gesetzte Reiter bezw. Pferde zu verlieren . Wie auf dem Präsentirteller lag alles dem Einblick der Deutschen offen; freilich standen die Franzosen auf den Höhen , aber es war doch äusserst leicht, festzustellen , wie weit diese Höhen auch wirklich besetzt waren . Darauf kam es aber gerade an ; alles andere war deutscherseits in vorsorglichster Weise geregelt worden.

Selbst wenn

man annimmt, dafs im grofsen Hauptquartier der Glaube vorherrschte , dafs

ein grofser Teil der Rheinarmee im Abmarsch nach Westen

begriffen war, konnte dies nur zur beschleunigten Entsendung zuverlässiger Erkundungsabteilungen antreiben. Stärke der Franzosen am 18. August früh . 1. Das Garde - Corps : Grenadier-Division 3650 Gewehre, 8 Geschütze, 6 Mitrailleusen ; Voltigeurs - Division 5910 Gewehre , 12 Geschütze , 6 Mitrailleusen ; Artillerie 36 Geschütze .

Cavallerie - Division 2730 Säbel ; ReserveZusammen 9560 Gewehre , 2730 Säbel,

56 Geschütze, 12 Mitrailleusen.

Die beiden gezogenen 4uer Batterien 18*

Statistische und taktische Betrachtungen über die

260

der Grenadier

Division vermochten nach Dick , Teil IV, Seite 401

nur je 4 Geschütze zu bespannen. 2. Das 2. Armee - Corps : Division Vergé 5630 Gewehre, 12 Geschütze , 6 Mitrailleusen ; Division Fauvart - Bastoul , früher Bataille 5980 Gewehre , 12 Geschütze , 6 Mitrailleusen ; Brigade Lapasset 3300 Gewehre , 330 Säbel , 6 Geschütze ; Cavallerie - Division 1755 Säbel ; Reserve-Artillerie 36 Geschütze . Zusammen 14910 Gewehre, 2085 Säbel, 66 Geschütze , 12 Mitrailleusen . 3. Das 3. Armee - Corps : Division Montaudon 7840 Gewehre, 12 Geschütze , 6 Mitrailleusen ; Division Nayral 6820 Gewehre , 12 Geschütze, 6 Mitrailleusen ; Division Metman 7450 Gewehre, 12 Geschütze , 6 Mitrailleusen ; Division Aymard 7950 Gewehre , 12 Geschütze, 6 Mitrailleusen ; Cavallerie - Division 2330 Säbel ; ReserveArtillerie 48 Geschütze . Zusammen 30060 Gewehre , 2330 Säbel , 96 Geschütze, 24 Mitrailleusen. Von der Cavallerie - Division waren die Regimenter Chasseurs Nr. 2 und 3 zum 6. Armee-Corps abkommandirt 9 Schwadronen . Eine Schwadron bildete bekanntlich die Begleitung des Marschalls Bazaine. 4. Das 4. Armee - Corps. Division Cissey 6800 Gewehre , 12 Geschütze, 6 Mitrailleusen ; Division Grenier 7350 Gewehre , 12 Geschütze, 6 Mitrailleusen ; Division Lorencez 8430 Gewehre,

12 Ge-

schütze , 6 Mitrailleusen ; Kavallerie - Division 1770 Säbel ; ReserveArtillerie 36 Geschütze . -- Zusammen : 22580 Gewehre , 1770 Säbel , 72 Geschütze. 18 Mitrailleusen. 5. Das 6. Armee - Corps : Division Tixier 8600 Gewehre , 22 Geschütze ; Regiment Nr. 9 1400 Gewehre ; Division Lafont de Villiers 6000 Gewehre, 18 Geschütze ; Division Levassor-Sorval 7000 Gewehre, 12 Geschütze ; Cavallerie-Division Du Barail 420 Säbel, 12 Geschütze; Brigade der Chasseurs à cheval Nr. 2 und 3 930 Säbel ; Begleitungsschwadron des Marschalls Canrobert 100 Säbel ; Reserve - Artillerie 12 Geschütze. Zusammen : 23000 Gewehre , 1450 Säbel , 76 Geschütze.

Die Batterie 5/8 der Division Tixier hatte am 16. August

1 Geschütz verloren ; demontirt worden. 6.

ein

anderes Geschütz derselben Batterie war

Reserve - Cavallerie - Division de Forton :

1700 Säbel,

12 Geschütze.

7. Bedeckungsschwadronen des Marschalls Bazaine : 160 Säbel. 8. Reserve - Artillerie = 72 Geschütze . Uebersicht der Stärke der Franzosen : Garde - Corps : 9560 Gewehre , 2730 Säbel, 56 Geschütze, 12 Mitrailleusen. 2. Armee Corps : 14910 Gewehre , 2085 Säbel,

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

66 Geschütze, 12 Mitrailleusen.

261

3. Armee - Corps : 30060 Gewehre,

2330 Säbel , 96 Geschütze , 24 Mitrailleusen . 4. Armee - Corps : 22580 Gewehre, 1770 Säbel , 72 Geschütze, 18 Mitrailleusen. 6. ArmeeCorps : 23000 Gewehre , 1450 Säbel , 76 Geschütze. CavallerieDivision de Forton : 1700 Säbel , 12 Geschütze. Bedeckungsschwadronen :

160

Säbel.

Reserve - Artillerie : 72

Geschütze .

Zusammen : 100110 Gewehre, 12225 Säbel, 450 Geschütze, 66 MiEinschliesslich der Artilleristen waren dies rund trailleusen . 122600 Streitbare. Indessen kam ein grofser Teil dieser Truppen nicht ernsthaft ins Gefecht. Es läfst sich leider nicht genau feststellen , welche Truppenteile am Entscheidungskampf keinen Anteil genommen haben , indessen geben die Verluste einigermafsen Aufschlufs hierüber. Auf Grund dieser Verluste wollen wir daher versuchen, die Stärke der Franzosen annähernd richtig zu beziffern, welche am Entscheidungskampfe Teil genommen haben. Die französische Reiterei hat so wenig Anteil an dem gewaltigen Ringen gehabt,

dafs wir von ihr ganz absehen können.

Bei der

Infanterie werden wir jedes Armee-Corps einzeln betrachten müssen. Die Infanterie des Garde-Corps hat bei dem Entscheidungskampfe nicht mitgewirkt. Die Voltigeurs-Division war ganz verzettelt ; Teile derselben befanden sich hinter dem 3. Armee-Corps , fochten aber . nicht mit. Die Grenadier - Division eilte zwar spät abends dem 6. Armee- Corps zu Hülfe, kam aber zu spät. - Vom 2. Armee-Corps hat das Regiment Nr. 67 der Division Fauvart-Bastoul gar nicht gefochten. Vom Regiment Nr. 84 der Brigade Lapasset kamen nur 3 Kompagnien = 1 Bataillon ins Gefecht. Die Zahl der wirklich ins Gefecht gekommenen Gewehre des 2. Armee- Corps wird man Beim 3. Armeedaher auf rund 12300 Gewehre beziffern dürfen. Corps müssen wir jede einzelne Division genau verfolgen . Von der Division Montaudon kamen die Regimenter Nr. 81 und 95 , die Bataillone III/51 und III/62 ins Feuer, etwa rund 4950 Gewehre. Von der Division Nayral kamen nur geringfügige Teile zu ernstem Kampfe und zwar anscheinend nicht mehr als etwa 2000 Gewehre . Der Gesammtverlust der Division Nayral betrug nur 100 Mann Infanterie. Die Division Metman kam schärfer ins Feuer , von ihr fochten das. Regiment Nr. 59 , Jägerbataillon Nr . 7 , II und III /29 , 3 Kompagnien und 1 Kompagnie des Regiments Nr. 7 , zusammen 63 Bataillone oder etwa rund 4000 Gewehre. Wieviel Truppen der von II/71

Division Aymard ernsthaft ins Gefecht gekommen sind, ist vorläufig nicht zu ermitteln ; jedenfalls stand die ganze Division dauernd in scharfem Granatfeuer und folgende Truppenteile kamen bestimmt heftig ins Infanteriegefecht : III/60 und einige Kompagnien des

Statistische und taktische Betrachtungen über die

262

11. Jägerbataillons im bois des Genivaux , 2 Bataillone Regiments Nr. 80 und 1/85 bei St. Hubert bezw. Point du Jour. Wir werden die Hälfte der Division Aymard als ernsthaft in den Kampf verwickelt rechnen dürfen , also etwa 4000 Gewehre. Von den 30060 Gewehren des 3. Armee- Corps kamen mithin nur 15000 Gewehre ernsthaft ins Gefecht, oder die Hälfte, während die andere Hälfte unthätig im Granatfeuer verblieb. Die Infanterie des 4. und 6. ArmeeCorps kam sämtlich in das Gefecht. Am Entscheidungskampfe nahmen mithin Teil :

Gewehre des 2. , 23000 Gewehre

12300

15000 Gewehre des 3. , 22580 Gewehre des 4., Zusammen des 6. französischen Armee - Corps.

72880 oder rund 72900 Gewehre. Dagegen verblieben in Reserve : 9560 Gewehre des Garde-Corps, 2610 Gewehre des 2. , 15060 Gewehre des 3. Armee-Corps . Zusammen 27 230 oder rund 27200 Gewehre. Von der französischen Artillerie haben gefeuert (nach der Anklageschrift Rivières gegen den Marschall Bazaine) : 22 Geschütze des Garde-Corps , 48 Geschütze, 12 Mitrailleusen des 2. , 96 Geschütze, 24 Mitrailleusen des 3. , 72 Geschütze, 18 Mitrailleusen des 4. , 76 Geschütze des Artillerie.

6. Armee - Corps ,

24 Geschütze der Armee - Reserve-

Zusammen 338 Geschütze , 54 Mitrailleusen.

Es sind mithin nicht weniger als 116 Geschütze und 12 Mitrailleusen am 18. August gar nicht zum Feuern gelangt,

und zwar

38 Geschütze , 12 Mitrailleusen des Garde-Corps ; 18 Geschütze des 2. Armee-Corps, 12 Geschütze der Cavallerie-Division de Forton und 48 Geschütze der Reserve-Artillerie der Armee. Die Franzosen haben mithin nur 72900 Gewehre und 392 Geschütze bezw . Mitrailleusen zum Entscheidungskampfe verwendet, oder rund 80700 Streitbare . Dagegen blieben 27200 Gewehre , 12225 Säbel und 124 Geschütze bezw. Mitrailleusen verfügbar , 41900 Streitbare.

oder rund

Jedenfalls ist die Thatsache von hoher Bedeutung , dafs die Franzosen bei einer Gesamtstärke von 122600 Streitbaren nur 80700 Streitbare in den Entscheidungskampf haben eingreifen lassen. Die Reiterei konnte auf der Strecke vom Moselthale bis zum bois de la Cusse freilich nicht erfolgreich verwendet werden, dagegen recht wohl auf der Strecke vom bois de la Cusse bis Roncourt. Hier also mulsten die Reitermassen versammelt

werden ,

hier konnten sie,

namentlich nachdem der erste Angriff der preufsischen Garden auf St. Privat unter geradezu entsetzlichen Verlusten zum Stehen gekommen war , Wunder wirken. Dazu hätte ein gleichzeitiges Vorbrechen gegen Front und beide Flanken genügt.

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

263

Die französische Heeresleitung hat es also nicht verstanden , an dem Tage, welcher über die Geschicke Frankreichs entschied, die ihr zur Verfügung stehenden Kräfte auszunützen. Sie hat nur etwa 65,8 Prozent dieser Streitkräfte zur Entscheidung herangezogen und ist in Folge dieser Unthätigkeit gründlich unterlegen. Die Franzosen suchen sich bei einer solchen Gelegenheit jederzeit einen Sündenbock , welcher dann auch noch ein Verräter sein muss . Denn es ist nach französicher Anschauung nur unter der Voraussetzung eines Verrates an höchster Stelle möglich , dafs ein grofses französisches Heer überhaupt besiegt werden kann , es sei denn , dafs eine geradezu erdrückende Überlegenheit des Gegners der französischen Eigenliebe einen anderen Rettungsanker für die verletzte nationale Eitelkeit auswerfen sollte . Ob diese erdrückende Überlegenheit wirklich vorhanden war oder nicht , spielt dabei keine Rolle . Auf diese Weise hat man jenseits der Vogesen die Niederlage von Wörth zu einem désastre glorieux gestempelt. Wir wollen uns nun hier keineswegs zu einem Verteidiger des Marschalls Bazaine aufwerfen. Im Gegenteil! Er war absolut unfähig , ein Heer von der Stärke der Rheinarmee zu führen ; aber nach unserer Ansicht trifft in solchem Falle die Schuld viel weniger den Mann selbst, als das System, welches es möglich machte , dafs ein solcher Mann mit einer so hervorragenden Stellung betraut werden konnte. Bazaine mufste am 18. August seine Cavalleriemassen, das Garde - Corps und die Armee-Reserve -Artillerie auf seinen rechten Flügel nehmen . Daſs das nicht geschah, ist seine Schuld. Mehr aber auch nicht . Warum hat denn der Marschall Leboeuf 15 000 Gewehre seines Armee-Corps unthätig gelassen? Warum ging er nicht mit diesen durchaus kampfestüchtigen Massen zur Offensive über? Die bekannte Lücke zwischen dem 8. und 9. deutschen Armee - Corps hätte einer derartigen Offensive den allerbesten Vorschub geleistet . Weshalb verwendete General Frossard seine in Reserve stehenden 2600 Gewehre nicht dazu ,

die Deutschen in das Mancethal herunter zu stofsen ?

Die gesamte höhere Führung der Franzosen versagte am 18. August so gut wie vollständig und deshalb ist es ungerecht, einem einzigen Manne die Schuld für die Niederlage aufzubürden . Das System des 2. Kaiserreichs ging am 18. August kläglich zu Grunde. Marschall Bazaine war nur ein Vertreter dieses Systems, allerdings der höchst gestellte Vertreter desselben. 1806 hat uns Preufsen weder der Herzog von Braunschweig, noch der unselige Massenbach allein zu Grunde gerichtet ; das ganze System versagte und wir verdanken. unsere Erfolge von 1813-1815 in allererster Linie dem Umstande, dafs das ganze System von Grund aus geändert wurde .

264

Statistische und taktische Betrachtungen über die Stärke der Deutschen am 18. August. Es nahmen an der Schlacht Teil : vom 1. Armee-Corps 5220 Ge-

wehre , 135 Säbel , 6 Geschütze , vom 7. Armee-Corps 17365 Gewehre, 1120 Säbel, 84 Geschütze, vom 8. Armee-Corps 21340 Gewehre, 1120 Säbel, 90 Geschütze, vom Garde - Corps 25585 Gewehre, 2940 Säbel, 90 Geschütze , vom 2. Armee-Corps 21720 Gewehre , Geschütze, vom 3. Armee-Corps 14405 Gewehre ,

1120 Säbel , 84

1080 Säbel , 84 Ge-

schütze , vom 9. Armee-Corps 19380 Gewehre ,

1640 Säbel , 90 Ge-

schütze , vom 10. Armee-Corps 16785 Gewehre ,

1020 Säbel, 84 Ge-

schütze , vom 12. Armee-Corps 24200 Gewehre , 2160 Säbel, 96 Geschütze, von der 1. Cavallerie -Division 3000 Säbel , 6 Geschütze , von der 5. Cavallerie -Division 3600 Säbel , 12 Geschütze , vallerie-Division 2300 Säbel ,

6 Geschütze .

wehre, 21235 Säbel , 732 Geschütze. 201800 Streitbare.

von der 6. Ca-

Zusammen :

166000 Ge-

Das ergiebt 201875 oder rund

Am Entscheidungskampfe nahmen Teil : vom 1. Armee- Corps 215 Gewehre , 6 Geschütze , vom 7. Armee-Corps 13800 Gewehre, 82 Geschütze , vom 8. Armee-Corps 20445 Gewehre , 90 Geschütze , vom Garde-Corps 25140 Gewehre, 90 Geschütze, vom 2. Armee- Corps 10335 Gewehre ,

12 Geschütze ,

vom 3. Armee- Corps

60 Geschütze ,

vom 9. Armee-Corps 16040 Gewehre, 90 Geschütze, vom 10. ArmeeCorps 3825 Gewehre, 84 Geschütze, vom 12. Armee-Corps 19070 Gewehre, 96 Geschütze , von der 1. Cavallerie-Division 6 Geschütze , von der 5. Cavallerie - Division 12 Geschütze . Zusammen : 108870 Gewehre, 628 Geschütze .

Von der Reiterei ist auf deutscher Seite ganz ebenso abgesehen . worden, wie auf Seite der Franzosen .

Auch hier haben wir uns in

Bezug auf die Deutschen eng an die Ausführungen der kriegsgeschichtlichen Einzelschriften gehalten, welche bekanntlich auf Grund aktenmässigen Materials an der entscheidenden Stelle zusammengestellt worden sind. Nur die Pioniere haben wir hier, wie überall, grundsätzlich nicht mitgerechnet ; im Übrigen nur ganz geringfügige Abrundungen vorgenommen. Es haben also den Entscheidungskampf durchgefochten 108870 Gewehre, 628 Geschütze der Deutschen = 121430 oder rund 121400 Streitbare. Die deutsche Heeresleitung hat es also verstanden , nach der Überraschung , welche die Schlacht vom 16. August erzeugt hatte, 201800 Streitbare auf das entscheidende Schlachtfeld des 18. August heranzuziehen . Das ist eine glänzende Leistung. Jeder Kommentar ist überflüssig . Von diesen 201800 Streitbaren wurden

am

18. August nur

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

265

121400 Streitbare zur Herbeiführung der Entscheidung verwendet. Es hätten also 80400 Streitbare noch mitwirken können , wenn das erforderlich gewesen wäre.

Wenn also die Franzosen 41900 Streit-

bare in Reverse hatten, deren Verwendung durch das höchst mangelhafte Verständnifs ihrer höheren Führung nicht herbeigeführt wurde , so standen diesen Massen noch immer 80400 Deutsche gegenüber , welche ihr Gewicht gleichfalls nicht in die Wagschale des Kampfes eingesetzt haben , aber nur deshalb nicht, weil dies nicht mehr erforderlich war, bezw. weil die eintretende Dunkelheit es nicht mehr gestattete, wie z. B. beim 2. Armee-Corps. Wir erhalten also für den 18. August folgendes Bild. Deutsche:

166000 Gewehre, 21235 Säbel, 732 Geschütze . Rund 201800 Streitbare.

Es standen sich überhaupt gegenüber : Franzosen :

100110 Gewehre,

12225 Säbel , 450 Geschütze , 66 Mitrailleusen. Rund 122600 Streitbare.

Am Entscheidungskampfe nahmen Teil : Deutsche :

108870 Gewehre, 628 Geschütze . Rund 121 400 Streitbare.

Franzosen : 72900 Gewehre, 338 Geschütze, 54 Mitrailleusen. Rund 80700 Streitbare.

Diese Zahlen sind sehr lehrreich ; sie zeigen uns, dafs im Ganzen das Verhältnifs sich auf 1000 Deutsche gegen 607 Franzosen stellt, dagegen im Entscheidungskampfe auf 1000 Deutsche gegen 664 Franzosen. Die Deutschen brachten von 732 Geschützen 628 zur Thätigkeit, die Franzosen von 516 Geschützen bezw. Mitrailleusen nur 392 ! Die Übermacht der Deutschen war grofs , ganz besonders grofs in Bezug auf die Artillerie ; jedoch nur in Bezug auf die am Entscheidungskampfe beteiligte Artillerie ; während ursprünglich die Franzosen verhältnifsmäfsig mehr Artillerie besafsen, als die Deutschen. Dafs

sie dieselbe nicht besser zu verwerten verstanden , ist ihre

Schuld. Artillerie in Reserve nützt gar nichts , destomehr aber nützen Munitionskolonnen in Reserve und zwar um so mehr , je näher sie der feuernden Artillerie stehen. Wenn bei der Infanterie und Cavallerie geschlossene Massen als Reserven unerlässlich sind, aus denen man je nach Bedarf den Kampf speisen kann , so wird bei der Artillerie dieselbe Rolle von den Munitionskolonnen gespielt. Also recht viele Munitionskolonnen auf einem Schlachtfelde und recht nahe heran an die feuernden Geschützmassen !!! Dagegen, sobald es sich um die Entscheidung handelt , nicht ein einziges Geschütz in Reserve !

266

Statistische und taktische Betrachtungen über die Verluste der Deutschen. Todt und Verwundet.

Garde- Corps

309 Offiziere, 54 99 2 77

2. Armee-Corps 3. 77 99 7. 8. 9.

29

10. 12.

17

77

97 19 1. Cavallerie-Division 5.

77

179 Mann.

9

77

1

77

"7

3030

77

13 55

19

3850 91

""

38

99

8

77

1923

27

190

77

29

178 201

"1

Vermifst.

779

36

6 107

7744 Mann, 1184 99 49 77

77

7

27 99

1

99

88 99

Zusammen : 901 Offiziere, 18738 Mann,

77 493 Mann.

Die Infanterie verlor 798 Offiziere , 18237 Mann ; hierbei sind die Verluste der als Infanterie verwendeten Pioniere eingerechnet, die Cavallerie 841 Mann.

8

Offiziere ,

140 Mann , die Artillerie 78 Offiziere,

Der Unterschied gegen den Gesamtverlust erklärt sich aus den Verlusten der höheren Stäbe , der Ärzte , der Sanitäts -Detachements u. s . W. Einzelne Regimenter erlitten ungeheuere Verluste. So verloren das Gardeschützen-Bataillon mehr als 48 % , das 2. Garde-Regiment etwa 39,8 % seiner Stärke, nahezu ebenso viel das 1. und 3. GardeRegiment. Das Regiment Kaiser-Franz -Grenadiere verlor etwa 38 %. Beim 8. Armee-Corps hatte Regiment Nr. 60 den gröfsten Verlust, nämlich etwas über 24 %. Beim 9. Armee-Corps verloren Regiment Nr. 85 etwa 28 %, das hessische Jägerbataillon Nr. 1 über 30 % ihrer Stärke . Munitionsverbrauch

der Deutschen.

Nach

dem

Beiheft

Nr. 10 des Militär -Wochenblatts von 1872 verbrauchten die Deutschen : Garde-Corps 90 Geschütze , 8449 Granaten , 1. Armee-Corps 12 Geschütze, 783 Granaten , 2. Armee-Corps 12 Geschütze, 25 Granaten, 3. Armee -Corps 54 Geschütze , 2863 Granaten, 7. Armee-Corps 80 Geschütze , 3216 Granaten, 16 Kartätschen, 8. Armee-Corps 90 Geschütze , 6149 Granaten , 9. Armee-Corps 54 Geschütze, 4986 Granaten, 4 Kartätschen, Hessische Division 36 Geschütze, 4447 Granaten, 10. ArmeeCorps 86 Geschütze, 1487 Granaten , 12. Armee-Corps 96 Geschütze , 2040 Granaten, 196 Shrapnels , 4. Armee-Corps 6 Geschütze, 183 Granaten. Zusammen : 616 Geschütze, 34628 Granaten , 20 Kartätschen , 196 Shrapnels . Hierbei sind die reitenden Batterien der 1. und 5. Cavallerie - Division bei ihren Armee - Corps eingerechnet (Nr. 1 , 4 , 10).

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

267

Nach Hoffbauer : „Die deutsche Artillerie in den Schlachten um Metz.

Dritter

Teil. "

verbrauchten

die

Deutschen :

Garde - Corps

8429 Granaten , 1. Armee-Corps 90 Granaten , 1. Cavallerie - Division 693 Granaten, 2. Armee-Corps 26 Granaten , 3. Armee- Corps 2786 Granaten , 7. Armee-Corps 3221 Granaten ,

16 Kartätschen , 8. Armee-

Corps 5919 Granaten, 9. Armee-Corps 5232 Granaten, 4 Kartätschen , Hessische Division 4447 Granaten , 10. Armee-Corps 1418 Granaten , 12. Armee-Corps 2056 Granaten, 179 Shrapnels , 5. Cavallerie - Division 164 Granaten . Zusammen : 34481 Granaten , 20 Kartätschen , 179 Shrapnels. Das Militär -Wochenblatt ergiebt mithin 34844 Kanonenschüsse , Hoffbauers Werk 34680 Kanonenschüsse. Munitionsverbrauch der Franzosen. Nach der Anklageschrift Rivières gegen den Marschall Bazaine verbrauchten die Franzosen: Garde-Corps 22 Geschütze, 660 Granaten und Shrapnels, 2. Armee-Corps 48 Geschütze, 1910 Granaten und Shrapnels , 3. ArmeeCorps 96 Geschütze, 5112 Granaten und Shrapnels , 4. Armee-Corps 72 Geschütze, 6626 Granaten und Shrapnels, 6. Armee- Corps 76 Geschütze ,

6990 Granaten und Shrapnels ,

schütze , 768 Granaten und Shrapnels . 22066 Granaten und Shrapnels .

Reserve - Artillerie 24 GeZusammen : 338 Geschütze,

Aufserdem wurden verbraucht : 122 12uige und 612 4uige Kartätschen ; zusammen 734 Kartätschen . Die 54 Mitrailleusen des 2. , 3. und 4. Armee- Corps verbrauchten 9000-10000 Schufs . Es

verbrauchten :

66

12uer

3683

Granaten

und

Shrapnels,

122 Kartätschen ; 272 4er 18383 Granaten und Shrapnels, 612 Kartätschen. Zusammen : 338 Geschütze , 22066 Granaten und Shrapnels , Einschliefslich der 9000-10000 Mitrailleusen734 Kartätschen. schüsse gaben also die Franzosen rund 32000 Kanonenschüsse ab. Im Folgenden wollen wir einen kurzen Abrifs der Ereignisse geben , welche am 18. August in der Doppelschlacht von St. Privat la Montagne Amanvillers und von Moscou ferme Point du Jour sich zugetragen haben.

Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen , werden

wir jede dieser beiden Schlachten für sich betrachten.

A.

Schlacht von St. Privat la Montagne - Amanvillers .

11 , Uhr:

Der erste Kanonenschufs wird vom 9. Armee - Corps ab-

gegeben . 12 Uhr : Entwickelung von 4 Batterien der 18. Division und von 5 Batterien der Corps -Artillerie 9. Armee-Corps gegen das 4. französische Armee-Corps.

268

Statistische und taktische Betrachtungen über die

122 Uhr : Die ferme l'Envie wird von der 1. und 4. Kompagnie Regiments Nr. 36

besetzt und siegreich gegen wiederholte

Angriffe der Franzosen behauptet. Die Lage der Artillerie 9. Armee-Corps wird bereits sehr kritisch . 1 Uhr: Im bois de la Cusse stehen im Kampfe bezw. in Reserve 2., 3./36. , I und F / 84 . Bei Chantrenne ferme bildet sich eine andere Kampfgruppe , bestehend aus II und III /36, 1., 2., 4./9 . Jägerbataillons . Die Avantgarden-Artillerie der hessischen Division und der 1. Garde - Division tritt in Thätigkeit. 2 Uhr: Die 4. schwere Batterie 9. A.-C. ist bereits von den Franzosen vernichtet. mit Mühe.

Die übrigen Batterien behaupten sich nur noch Die reitende Batterie der hessischen Division

verstärkt die Artillerielinie, so dafs wieder 54 deutsche Geschütze im Feuer stehen. 41/4 hessische Bataillone haben die Kampfgruppe im bois de la Cusse verstärkt. 30 hessische Geschütze stehen östlich von Habonville am Eisenbahneinschnitt im Feuer.

54 Geschütze der Garde (Corps -Artillerie

und Artillerie der 1. Garde-Division) stehen zwischen Habonville und St. Ail im Feuer. Beide letztgenannten sind von I und III /Garde-Füsilieren besetzt. 3 Uhr:

Dörfer

Zur Rettung der Artillerie 9. A.-C. hat sich F/85 geopfert. Binnen 20 Minuten verliert das Bataillon 12 Offiziere und 484 Mann todt und verwundet , seine Trümmer müssen zurückweichen. - 5 weitere Batterien 9. A.-C. sind derartig zusammengeschossen, dass sie zurückgehen müssen. also bei 6 Batterien

eine Katastrophe

Es ist

eingetreten ; diese

6 Batterien haben in der kurzen Zeit nicht weniger als 13 Offiziere , 187 Mann , 370 Pferde verloren ! - Die Kampfgruppe von Chantrenne ferme wird durch I/85 verstärkt, welches in das bois des Genivaux eindringt. II/85 folgt. Die 1. Garde - Division entwickelt ihre Avantgarde gegen St. Marie aux chênes ; ebenso entwickeln sich die 7 Bataillone der 47. (sächsichen) Brigade gegen dieses Dorf. 10 Geschütze der Garde , 78 Geschütze der Sachsen bereiten den Sturm auf das Dorf vor, welches von 22 Bataillonen Regiments Nr. 94 besetzt ist. 3 2 Uhr: 7 preufsische Garde-Bataillone (Garde-Füsiliere , 4. GardeRegiment, Garde-Jäger-Bataillon ) und 8 sächsische Bataillone (Regimenter Nr. 104 ,

105 ,

III/ 108 , Jäger-Bataillon Nr. 12)

erstürmen das Dorf St. Marie aux chênes. Einige Hundert Gefangene blieben in den Händen der Deutschen.

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

269

4 Uhr : Die noch gefechtsfähigen 4 Batterien 9. A.-C. (einschl . der reitenden hessischen Batterie) beschiefsen Champenois ferme mit 22 Geschützen.

24 Geschütze der

Corps -Artillerie

3. A.-C. haben sich bei Chantrenne ferme, 12 Geschütze derselben Corps -Artillerie auf dem linken Flügel der Artillerie der 18. Division ins Feuer gesetzt, so dafs jetzt wieder 58 deutsche Geschütze zwischen dem bois des Genivaux und dem bois de la Cusse im Feuer stehen. Das 1. Bataillon 2. hessischen Regiments setzt zum Angriff auf Champenois ferme an. Das 1. hessische Jäger-Bataillon dringt gegen Kuppe 1058 (vor Amanvillers) vor. bois des Genivaux gezogen.

II/85 wird in das

3 hessische Bataillone setzen

zu einem Vorstofse in der Richtung auf St. Privat an , um das Vorgehen der Garde zu unterstützen . Sobald man erkennt, dafs die Garde noch gar nicht daran denkt, St. Privat anzugreifen , wird der Vorstofs eingestellt . In und bei St. Marie aux chênes

ist nach der Erstürmung ein wildes

Durcheinander der dort zusammengeströmten 15 Bataillone eingetreten. Die Garde-Artillerie geht in eine neue Stellung vor, Front gegen Nordosten, also gegen die Höhen zwischen St. Privat und dem bois de la Cusse . - Teile der Sachsen dringen gegen Roncourt vor, 4. II . III/105 ; 5. , 7. , 8. , III /104 ; 9. , 10. , 12./108 ; Teile des 12. Jägerbataillons ; also etwa 21 Kompagnien. Dieselben geraten in einen schweren Kampf. Nach der Eroberung von St. Marie aux chênes setzen 7 sächsische Batterien = 42 Geschütze ihr Feuer gegen die Franzosen fort. 5 Uhr : 11 Geschütze der Corps -Artillerie 9. A.-C. haben sich retablirt und verstärken nebst der 5. leichten Garde-Batterie die Geschützlinie der Deutschen

zwischen

und dem bois des Genivaux. Geschütze im Feuer.

dem bois de la Cusse

Es stehen also hier 75 deutsche

31 hessische Geschütze, später noch

durch 4 Geschütze der Corps -Artillerie 9. A.-C. verstärkt, feuern am Eisenbahneinschnitt. Im bois de la Cusse stehen 612 Bataillone . Auf der Kuppe 1058 befindet sich ein. hessisches Bataillon . Vorwärts der hessischen Artillerielinie. stehen 13 hessische Bataillone im Feuer. 3 Bataillone der hessischen Division bilden eine Reserve rückwärts der hessischen Artillerielinie . 1 hessisches Bataillon hält Champenois ferme besetzt. 1/2 Bataillon der 18. Division verteidigt l'Envie ferme. 434 Bataillone dieser Division stehen bei Chantrenne ferme im Feuer. - 31 Bataillone der

18. Division

haben

in

und bei Verneville

Stellung

Statistische und taktische Betrachtungen über die

270

genommen. mandirt ; die

1 Bataillon der noch

übrigen

18. Division

312 Bataillone

sion gehören zur Kampfgruppe des und sind bei dieser bereits berechnet .

war abkomdieser

Divi-

bois de la Cusse 72 Geschütze der

Garde stehen im Feuer zwischen St. Marie und Habonville; ebenso 72 Geschütze der Sachsen zwischen St. Marie und dem Gehölz zwischen Auboué und Roncourt.

Das Feuer

dieser sämtlichen 144 Geschütze richtet sich gegen die Artillerie und Infanterie des 6. französischen A.-C. , soweit dieselbe sichtbar ist, jedoch nicht auf das Dorf St. Privat. Angriffsstösse der Franzosen gegen St. Marie und die Die Stellung der Garde -Artillerie werden abgewiesen. 21 sächsischen Kompagnien , welche von St. Marie gegen Roncourt vorgegangen waren, haben das Gefecht auf Befehl abgebrochen und sind zurückgenommen worden. - Die Brigade Nr. 45 hat sich mit den Regimentern Nr. 100 und 108 in den Besitz des Gehölzes zwischen Auboué und RonBrigade court gesetzt ; dahinter folgt Regiment Nr. 101. Nr. 46 befand sich im Marsche zwischen Moineville und Brigade Nr. 47 war bei St. Marie gesammelt Coinville. Brigade Nr. 48 befand sich noch in der Umworden. Die 1., 2. und 4. Gardegehung auf Montois begriffen. Infanterie-Brigade standen versammelt zwischen St. Ail und Die 3. Garde - Infanterie - Brigade stand bei St. Marie. Habonville zur Unterstützung des 9. A.-C. bereit . Auf der ganzen Front vor St. Privat trat jetzt eine Art von Gefechtspause ein. Nunmehr müssen wir jede einzelne Kampfgruppe gesondert betrachten . 5

bis 6¼ Uhr :

Vorgehen der 4. Gardebrigade südlich der Chaussee

St. Marie - St. Privat mit 26 Kompagnien. Enorme Verluste. Aber der Abhang der Höhe 1050 am Heckenwege in der Richtung St. Privat-Habonville wird erorbert . Die Gegenangriffe der Division Cissey werden mit wirksamster Unterstützung der Garde- Artillerie abgeschlagen. 200 unverwundete Gefangene bleiben in den Händen der Sieger. Dann bleibt die Brigade halten und behauptet dauernd den gewonnenen Boden. 5

bis 6

Uhr : Vorgehen des 1. und 3. Garde- Regiments nördlich

der Chaussee .

Auch hier ungeheure Verluste.

Auf etwa

600 bis 800 Schritte vor St. Privat kommt der Angriff zum Stehen. 15 Kompagnien haben die Front gegen St. Privat, 9 Kompagnien gegen Roncourt. Nun rückt das 2. Garde-

271

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

Regiment in

die

Lücke zwischen

der

1. und

Brigade. Wiederum entsetzliche Verluste. die Lücke auszufüllen. 614 bis 72 Uhr : St. Privat.

4. Garde-

Es gelingt nur,

Sehr kritische Lage der Garde - Infanterie vor 2 Schwadronen der 3. Chasseurs à cheval reiten

eine Attacke en fourrageurs, werden aber abgewiesen . Verluste 4 Offiziere, 21 Mann , 46 Pferde. Das 4. Garde-Regiment rückt in einer Mulde zur Unterstützung des linken Flügels der 1. Garde-Brigade vor.

Erst jetzt wird St. Privat und

Jerusalem kräftig unter Granatfeuer genommen. 8 Batterien der Garde und 2 Batterien 10. A.-C. feuern gegen beide Orte ; 6 Batterien der Garde feuern in der Richtung auf Amanvillers . Die Franzosen unternehmen keinen Gegenstoss und es gelingt glücklich , die überaus schwierige Gefechtslage zu überwinden . 5 bis 6 Uhr : Die 45. Brigade geht durch die Gehölze östlich von Auboué gegen Roncourt vor, wartet dann aber das Eintreffen der Umgehungskolonne ab. Die sächsische Artillerie beschiefst Roncourt und die Artillerie des rechten französischen Flügels mit 12 Batterien. 6 Uhr : Die 48. Brigade entwickelt sich gegen Montois , welches jedoch bereits von den Franzosen geräumt war. 3 Kompagnien Regiments Nr. 106 und 1 Batterie wenden sich gegen Malancourt. 62 Uhr:

Gegen Roncourt entwickeln sich in erster Linie 6 Kompagnien 1. und 3. Garde-Regiments und eine Garde-Pionier-

Kompagnie ; 22 Kompagnien der 45. Brigade ; 17 Kompagnien der 48. Brigade ; in zweiter und dritter Linie 14 Kompagnien der 45. Brigade ; zusammen 60 Kompagnien. 66 sächsische Geschütze bereiten den Sturm vor. Etwa 6 Uhr : Wider Erwarten wird Roncourt von den Franzosen nur sehr schwach verteidigt , nur durch eine schwache Nachhut. Der Sturm gelingt daher ohne jede Schwierigkeit. 7 bis 72 Uhr: Etwa 180 Geschütze der Sachsen , der Garde, des 10. A.-C. und der hessischen Division bereiten den letzten Sturm auf St. Privat in vernichtender Weise vor. Ein grofser Teil der sächsischen Infanterie, welche auf Roncourt vorgegangen war , setzt den Angriff gleich auf St. Privat fort, so z. B. Regiment Nr. 100 ;

II III/101 ;

I II/107 .;

ebenso

4 Kompagnien des 1. und 3. Garde-Regiments , welche zuerst auf Roncourt vorgegangen waren . 72 Uhr: Umfassender letzter Sturm auf St. Privat ; gemeinschaftlich von den Sachsen und der Garde durchgeführt.

272

Statistische und taktische Betrachtungen über die

8 Uhr: Das Dorf St. Privat befindet sich im Besitze der Deutschen ; über 2000 unverwundete Gefangene bleiben in den Händen der Sieger.

Während dieser Zeit hat der linke Flügel der

Sachsen ein selbständiges Gefecht am Waldrande von Jaumont zu bestehen, welches gleichfalls siegreich endet. Ende der Schlacht : Oberstlieutenant de Montluisant hat mit 10 Batterien des 6. A.-C. = 58 Geschützen zur Deckung des Rückzuges an den Steinbrüchen von Amanvillers , südlich der Strafse St. Privat - Saulny Stellung genommen . Es treffen hier noch allmählich ein , 12 gezogene 12 er der ArmeeReserve-Artillerie, 20 gezogene 4 er der Garde , 12 gezogene 4 er des 3. A.-C. (reitende Batterien) = 44 Geschütze , so dafs sich eine grofse Artillerielinie von 102 Geschützen bildet. Deutscherseits Neuer heftiger Kampf beider Artillerien . feuern zwischen dem Walde 4 Batterien des Zwischen

St.

10 A.-C.

Privat

und

von Jaumont und St. Privat 7 Batterien der Sachsen .

und dem

bois

de la Cusse feuern

9 Batterien 10. A.-C. , 12 Batterien der Garde, 2 Batterien der 5. Cav. -Div . , 5 Batterien der hessischen Division und 1 Batterie 9. A.- C.; zusammen 29 Batterien. Da jedoch nicht alle Batterien ihre sämtlichen Geschütze zur Stelle haben , so wird man die Geschützmasse dieser 40 Batterien auf etwa 230 Geschütze annehmen dürfen.

Erst die Dunkelheit macht.

dem Kampfe ein Ende. 5 Bataillone 10. A.-C. haben an den letzten Gefechten auch noch thätigen Anteil genommen. 5½ Uhr : Die 3. Garde-Brigade geht zum Angriff gegen Amanvillers vor, aber nicht gleichzeitig mit allen Kräften , sondern zuerst die Garde-Schützen, dann 2 Bataillone Regiments Alexander. Schwerer, sehr verlustreicher Kampf. 64 Uhr:

12 Bataillone Regiments Elisabeth werden vorgezogen.

Der Bergrücken 1058 bleibt endgültig im Besitze der 3. GardeBrigade.

Endlich ist hier auch die französische Infanterie

im Bereiche des Zündnadelgewehrs ; ihre Vorstölse gegen Front und Flanke der Garde-Bataillone werden abgeschlagen. 7 Uhr : Das Gefecht kommt hier zum Stehen. 5

bis 7 Uhr: Während des Gefechts der 3. Garde-Brigade hatten Teile der hessischen Division gleichfalls versucht, nach vorwärts Boden zu gewinnen und zwar 3 Bataillone der 49. und einige Kompagnien der 50. Brigade. Das Bahnwärterhäuschen wird erreicht und besetzt. Alle übrigen Versuche scheitern aber vollständig. Ganz ebenso scheitern die Versuche von I und F / 84 ,

der Garde-Brigade wirksame Unterstützung zu

273

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

Dagegen unterhalten 24 Geschütze der Garde und bringen. 12 Geschütze der hessischen Division ein wirksames Feuer gegen die immer wieder zum Angriff vorbrechenden französischen Truppen , welche von den Steinbrüchen von Amanvillers her ihre Offensivversuche unternehmen . Später folgten auch die 3 übrigen hessischen Batterien und die 3. leichte Batterie 9. A.-C. Nach 8 Uhr Abends :

Nach der Eroberung von St. Privat ging

das 2. Bataillon Regiments Elisabeth nochmals gegen die Höhe von Amanvillers vor, ebenso das 2. Bataillon Regiments Alexander. Es kommt zum Handgemenge. Aber die Dunkelheit macht diesen Einzelkämpfen bald ein Ende. 5 bis 7 Uhr : Die Gefechtsgruppe von Chantrenne ferme erhält Verstärkung durch 5 und 8/84 und durch eine zufällig hierher geratene Kompagnie vom 8. A.-C. (6/67) ; später auch durch die 3. Kompagnie 9. Jägerbataillons . Es waren also schliefslich hier vereinigt II und III/36 , I und II/85 , Jägerbataillon Nr. 9, 6/67, 5, 8/84 = 23 Kompagnien. Alle Angriffe der Preufsen scheitern , wie früher ; aber auch der Gegenangriff der Franzosen wird siegreich abgeschlagen . Gegen 7 Uhr Abends : 48 Geschütze des 3. A.-C. , 6 Geschütze der Garde und 4 hessische Geschütze , zusammen 58 Geschütze nehmen nunmehr das Waldstück zwischen Chantrenne ferme und Leipzig ferme unter ein überaus wirksames Granatfeuer. Es gelingt aber nicht , das Waldstück in den Besitz der Preufsen zu bringen. Notiz .

Die Zahl der Geschütze ist nur immer für einen be-

stimmten Zeitpunkt richtig, sie hat aber sehr stark gewechselt.

So

bestand z . B. die reitende , hessische Batterie von etwa 6½ Uhr Nachmittags an nur noch aus 2 Geschützen. B.

Schlacht von Moscou ferme

St. Hubert ferme

Point

du Jour. 12 4 Uhr : Die Artillerie des 7. und 8. A.-C. beginnt sich zu entwickeln. 1 Uhr : 42 Geschütze 7. A.-C. , 66 Geschütze 8. A.-C. , zusammen 108 Geschütze im Feuer. Etwa 12 Uhr : Regiment Nr. 33 geht über Gravelotte hinaus vor, südlich der Chaussee . Im Gebüsch der Manceschlucht werden . 15 Mann des Regiments Nr . 55 der Division Vergé zu Gefangenen gemacht ; das Regiment richtet sich am jenseitigen. 19 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 3.

Statistische und taktische Betrachtungen über die

274

Thalhange so gut als möglich ein. stabswerkes . )

(Seite 786 des General-

Etwa 2 Uhr : Die 30. Brigade geht mit 24 Kompagnien nördlich der Chaussee vor, nimmt den vorliegenden Waldrand und sucht nach vorwärts Boden zu gewinnen. Erst an der Thalgabelung der Manceschlucht wieder ernster Widerstand, welcher aber sofort überwunden wird. Beim Heraustreten aus dem Walde ergiefst sich ein furchtbares Gewehrfeuer über die Preufsen , welche aber trotzdem, St. Hubert ferme gegenüber , sich festsetzen und zwar stellenweise auf nur 250 Schritte von der Umfassung der ferme. 6 Kompagnien Regiments Nr. 33 setzen sich in den Kiesgruben südlich der Chaussee fest. Die Lücke zwischen den somit entstandenen Hälften des Regiments Nr. 33 wird durch das Regiment Nr. 60 ausgefüllt, welches mit 10 Kompagnien vorgeht. 3 Uhr:

60 Geschütze 7. A.-C., 66 Geschütze 8. A.-C., 6 Geschütze 1. Cav. - Division , zusammen 132 Geschütze im Feuer. Das Gehöft St. Hubert wird gemeinschaftlich von Abteilungen des Jägerbataillons Nr. 8, der Regimenter Nr. 67 , 60 und 33 erstürmt, 40 unverwundete Gefangene werden gemacht. Demnächst drängen sich von allen Seiten starke Abteilungen in das Deckung bietende Gehöft, zunächst 4 Kompagnien 8. Jäger, 7 Kompagnien Regiments Nr. 67 , 3 Kompagnien Regiments Nr. 60 , 3 Kompagnien Regiments Nr. 33 ; dann auch noch 1/28 ; also zusammen 18 Kompagnien . Alle Angriffe der 28 er in der Richtung auf Moscou ferme , sowie der 33 er in der Richtung auf Point du Jour scheitern. Das Gehöft Point du Jour steht in Flammen .

32 Uhr :

Auf dem rechten Flügel ,

südlich der Chaussee befinden

sich die Trümmer von 1. 2. II/33 , F/60, 1. 2. 4/60. In der Mitte ist St. Hubert von den genannten 18 Kompagnien besetzt , welche noch durch Teile von II/28 und die Reste von 9. , 10. , 12/33 verstärkt werden. - Im bois des Genivaux, besonders in der Nähe der Thalgabelung Hauptmasse des Regiments Nr . 28 und 12/67 . Bei der Artillerie und in der Lücke zwischen dem 8. und 9. A.-C. II/67 und 5/60. — In Folge des furchtbar heftigen Gewehrfeuers der gedeckt liegenden Franzosen ist für den Angreifer bei dem Mangel jeglicher Deckung auf den östlichen Hängen der Manceschlucht an den Erfolg eines Angriffs zunächst nicht zu denken. Aus denselben Gründen sind zwar in der vordersten Linie recht viele Tapfere ; im Mancegrunde aber sammeln sich nicht blos

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

275

massenhafte Verwundete , sondern auch recht viele hülfreiche Seelen, welche man mit dem bezeichnenden Namen „DrückeWährend dieser ganzen Zeit stehen berger" geehrt hat . 5 Bataillone 7. A.-C. am Nordrande des bois de Vaux gegenüber der Höhe 1081 , ohne dafs jedoch von hier ein ernster Angriff auf die vorliegenden Steinbrüche erfolgt.

Es fehlt

hierzu einheitliche Leitung und vor allen Dingen ein Befehl. Nach 3 Uhr : Die 29. Brigade geht vor, Regiment Nr. 69 in 12 Kompagniekolonnen entwickelt nördlich der Chaussee , Regiment Nr. 29 in dichter Marschkolonne auf der Chaussee . Gerade jetzt befiehlt General von Steinmetz der 1. Cav.-Division über die Thalenge von Gravelotte vorzugehen . Gleichzeitig ordnete General von Zastrow ein Vorgehen der Artillerie 7. A.-C. über dieselbe Thalenge an, zu deren Schutz die 27. Brigade an den Waldsaum südlich der Chaussee vorgezogen wurde. Man glaubte die Franzosen bereits im Rückzuge ,

während

sie in Wirklichkeit nicht einmal ernstlich erschüttert waren . Eine gewaltige Katastrophe mufste unter diesen Umständen eintreten und sie trat ein. Katastrophe bei der Artillerie östlich der Thalenge : Zum Glück konnten nur 4 Batterien 7. A.-C. den erhaltenen Befehl ausführen. Sie gingen mit glänzender Tapferkeit vor ; jedoch wurden die 4. leichte und 4. schwere Batterie so zusammen geschossen, dafs sie zu einer wirksamen Gefechtsthätigkeit überhaupt nicht gelangten. Dagegen behaupteten sich die 3. reitende und 3. leichte Batterie, wenngleich unter furchtbaren Verlusten. Es verloren die 3. leichte Batterie 1 Offizier , 14 Mann, 40 Pferde, die 4. leichte Batterie 2 Offiziere, 15 Mann ,

37 Pferde ,

6 Mann , 10 Pferde , 35 Mann, 77 Pferde .

die

4. schwere Batterie

1 Offizier,

die 3. reitende Batterie 3 Offiziere,

Der Versuch der 1. Cav. -Division jenseits der Thalenge sich zu entwickeln scheiterte vollständig.

Nur das 4. Ulanen-

Regiment gelangte wenigstens mit seiner Hauptmasse zum Aufmarsch, konnte aber absolut nichts ausrichten und mufste gleichfalls zurück, nachdem es 3 Offiziere, 49 Mann, 101 Pferde verloren hatte. Die ganze lange Cavalleriekolonne , aufser der 1. Cav. -Div. , auch noch Husaren Nr. 9 und 15 , machte Kehrt und entzog sich dem Feuer. Die Franzosen unternahmen mit etwa 3 Bataillonen des 2. A.-C. einen Gegenstofs , südlich der Chaussee und warfen. hier die noch ausharrenden Teile des Regiments Nr. 33 zurück, 19*

276

Statistische und taktische Betrachtungen über die welche ihrerseits von den am Waldrande rückwärts befindlichen Teilen des Regiments Nr. 60 Feuer erhielten , so dafs

hier die Ordnung völlig verloren ging. Vorgehen der 31. Brigade : Unter diesen traurigen Umständen konnte von einem einheitlichen Eingreifen der 31. Brigade um so weniger die Rede sein, als das Regiment Nr. 29 sich

in Marschkolonne auf derselben Chaussee befand , auf der die gesamte Cavalleriemasse zurückströmte und als vom Regiment Nr. 69 von Hause aus 7., 8. und F/69 nach der Thalgabelung vorgezogen wurden. Es kam daher überall nur zu vereinzelten , successiven Vorstöfsen viel zu schwacher Abteilungen, denen andere Vorstöfse ebenfalls viel zu schwacher Abteilungen folgten . Von einer einheitlichen Leitung war gar keine Rede . Alles zersplitterte sich und die tapfersten Anstrengungen verbluteten erfolglos . 5 Uhr:

Südlich der Chaussee ist Regiment Nr. 39 über die Manceschlucht vorgegangen und bildet den festen Kern für die

Trümmer der bisher im Kampfe gewesenen Truppen des 8. A.-C. Zwischen Gravelotte und dem Waldsaume steht Regiment Nr. 74 in Reserve hinter dieser Gruppe . Zur Besatzung von St. Hubert sind hinzugetreten : Regiment Nr. 29 bis auf 5 Züge des Füsilierbataillons ; I , 5. 6. 10./69 und Die Truppen an der einzelne andere Teile von F /69 . Thalgabelung im bois des Genivaux sind verstärkt worden durch 7. 8. 9. 11. 12./69 und durch 5 Züge von F / 29 . Von der Artillerie 7. A.-C. befinden sich bei Gravelotte nur noch 6 Batterien im Feuer. 3 Batterien sind in Reserve zurückgenommen worden. 2 Batterien behaupten sich mühsam noch bei St. Hubert , 2 Batterien sind gefechtsunfähig geworden. Dagegen sind sämtliche 15 Batterien des 8. A.-C. und die Batterie der 1. Cav. -Div. im Feuer. 5 bis 7 Uhr :

Die 3. reitende Batterie hat um 5 Uhr nur noch für

ein einziges Geschütz Bedienungsmannschaften und tritt daher bald nachher auf Befehl den Rückzug an , in ruhmvollster Weise, langsam und ihre Schwerverwundeten auf den Protzen mit sich führend. Nun tritt eine Kampfpause ein. Um 54 Uhr marschirt die 3. Infanterie-Division und die CorpsArtillerie 2. A.-C. auf Gravelotte vor, um 62 Uhr folgt die Um 6 Uhr gehen 4. Infanterie-Division von Rezonville aus . Regiment Nr. 72 und II /40 nach dem Mancethale vor, nachdem schon vorher I/40 nach Malmaison , III /40 nach der Thalgabelung im bois des Genivaux entsendet worden waren.

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

277

Massenhafte Leichtverwundete und Versprengte befinden sich in den Steinbrüchen von St. Hubert und in der Manceschlucht. Bis gegen 7 Uhr abends dauert die Kampfpause . Gegen 7 Uhr abends : Plötzlich hüllten sich etwa gegen 7 Uhr abends die französischen Linien in einen dichten Pulverdampf und von neuem ergofs sich ein furchtbares Feuer aus Geschütz und Gewehr über den bereits so stark mit Blut getränkten Ostabhang der Manceschlucht. Sehr schnell folgte ein ganz unerwarteter, energischer Offensivstofs der Franzosen von den Höhen herunter. Die Folge davon war eine ernste Panik. Die Leichtverwundeten und Versprengten strömten in regellosen Massen nach rückwärts . Aber der Offensivstofs der Franzosen verlor schon 150 m östlich des stark besetzten Waldrandes der Manceschlucht seine Kraft , so dafs die Franzosen selbst in regelloser Flucht nach der Hauptstellung zurückeilten . Jetzt erfolgt der Angriff von II / 40 und Regiment Nr. 72 gegen Point du Jour.

Er scheitert ,

aber

das Gefecht wird völlig hergestellt ; in der vordersten Kampflinie ist fortab keine Spur von Unentschlossenheit oder gar von Panik zu sehen .

Dagegen war das 9. Husaren- Regiment der 32. Brigade gefolgt und erhielt gerade jetzt, als es hinter der Infanterie und jenseits der Thalenge wegen des feindlichen Feuers abgesessen war, seine Augmentationsmann-

schaften und Pferde. Cavallerie war jenseits der Thalenge bei Einbruch der Dunkelheit absolut ohne Nutzen ; das Regiment machte denn auch Kehrt und ging zurück. Die zuletzt angekommenen Augmentationsmannschaften bildeten vorerst eine 5. Schwadron, die jetzt beim Rückzuge die Spitze hatte. Die Pferde waren begreiflicherweise nicht durchgeritten und sehr aufgeregt ; die gegebenen Signale wurden vom Regiment zwar ganz richtig, von der neuen Schwadron aber falsch verstanden . Sie trabte zuerst , um schliefslich immer schneller zu werden und zuletzt in rasender Eile nach rückwärts zu galoppiren. Zum Unglück traf diese ungeordnete Reitermasse auf die Handpferde und Fahrzeuge der vorn im Kampf begriffenen Truppen und auf die bei der ersten Panik nach rückwärts enteilten Versprengten der Infanterie , welche eben mühsam gesammelt wurden . Eine unbeschreibliche Unordnung entstand und erschwerte den Vormarsch des 2. A.-C. Das Husaren-Regiment Nr. 9 selbst wurde von dieser Panik nur insoweit betroffen, als 2 Züge der letzten Schwadron mit den

Augmentationsmannschaften

durchgingen ;

das

übrige

278

Statistische und taktische Betrachtungen über die

Regiment bewahrte die beste Ordnung. Während dessen gingen vom 7. A.-C. Regiment Nr. 73 , 1/77 und 1. , 4./13 südlich der Chaussee vor. Weiter rechts unternahm der gröfsere Teil der am Nordrande des bois de Vaux befindlichen Bataillone (I, II / 53 , II / 13 , F / 13 , 7. Jägerbataillon) gleichfalls einen Vorstofs. Indessen scheiterten auch diese Versuche und man beschränkte sich darauf, im allgemeinen nur die Waldränder stark besetzt zu halten. Nur II / 13 blieb längere Zeit vorwärts des Waldsaumes und führte bis in die Nacht hinein ein Feuergefecht mit den Franzosen. Angriff der 3. Infanterie - Division : An der Spitze der 3. Inf. -Div . befanden sich die 2. Jäger und Regiment Nr . 54. Die Jäger entwickelten sich südlich der Chaussee , die 54 er stürmten auf St. Hubert los, in der irrigen Annahme, daſs dieses Gehöft von den Franzosen wieder erobert sei. Hinter St. Hubert lagen nun aber Teile aller möglichen Regimenter ,

welche

von dem Feuer der 54 er getroffen wurden und nun alsbald in wilder Panik zurückfluteten. Die Besatzung von St. Hubert wurde von dieser Panik nicht im mindesten betroffen , dagegen hemmte der Strom der Zurückeilenden den Vormarsch des 2. A.-C. in äusserst unliebsamer Weise. Unter diesen Umständen konnte bei aller Tapferkeit auch die 3. Inf. - Div. nichts ausrichten und mufste sich damit begnügen , vor den französischen Stellungen halten zu bleiben und den eroberten Boden zähe fest zu halten. Bei dem wilden Durcheinander wurde von allen Seiten und nach allen Seiten geschossen und so erlitten die Truppen des 2. A.-C. noch sehr erhebliche Verluste, von denen ein nicht unbedeutender Teil leider auf preufsische Kugeln gerechnet werden mufs. Erst nach 10 Uhr abends verstummte hier das Feuer. Kampf in den Steinbrüchen südlich von Point du Jour : Die Steinbrüche südlich von Point du Jour waren gröfstenteils gegen 3 Uhr von 1. 2. 5. 8./33

erobert worden.

Bei der

ersten Offensive der Franzosen , etwa nach 4 Uhr , wurden die 33 er nach dem Waldrande zurückgeworfen. Während der 2. Offensive der Franzosen aber nahmen Teile der Regimenter Nr. 33 , 39, 40 abermals Besitz von den Steinbrüchen und behaupteten sich hier bis in die Nacht hinein . Als die Franzosen nach dem Scheitern ihres zweiten Angriffsstofses in ihre Hauptstellung zurückeilten, konnten sogar die Preufsen von den Steinbrüchen aus gegen die fliehenden Bei dem Angriff der Franzosen sehr wirksam feuern .

-

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

279

3. Inf. -Div. erhielten die erwähnten preufsischen Abteilungen gleichfalls Feuer in den Rücken , von den Truppen bei St. Hubert, behaupteten aber dennoch ihren Posten standhaft. Schliefslich gelang es , sich mit den eigenen Truppen zu verständigen und Verstärkungen heranzuholen . Gefecht der 26. Inf. - Brigade bei Jussy : Unabhängig von allen diesen erbitterten Kämpfen führte die 26. Inf. -Brigade ein selbständiges Gefecht von 4 Uhr nachmittags an bei Jussy gegen die Brigade Lapasset. Dieses Gefecht wurde jedoch ohne besondere Energie geführt. Die Vortruppen der Brigade Lapasset wurden zurückgedrängt, Jussy in Besitz genommen . Damit begnügte man sich preufsischerseits. Die Franzosen brauchten nicht einmal das in Reserve gehaltene Regiment Nr. 84 zu verwenden . Ende der Schlacht : Das Ende der Schlacht sah also die Preufsen in Jussy , am Nordrande des bois de Vaux , in den Steinbrüchen südlich von Point du Jour , in St. Hubert und an der Thalgabelung im bois des Genivaux.

Starke Abteilungen

des 2. preufsischen Armee - Corps sicherten vorwärts und seitwärts von St. Hubert den Besitz des gewonnenen Bodens .

Ergebnisse der Schlacht. Der rechte Flügel der Franzosen (das 6. und der weitaus gröfste Teil des 4. A.-C. ) hatte eine gründliche Niederlage erlitten . Beim Rückzuge nach Metz ereigneten sich hier ganz ähnliche Paniken , wie wir sie auf deutscher Seite in der Manceschlucht und bei Gravelotte gesehen haben.

Die Dunkelheit schützte jedoch die Franzosen , so

dafs das 6. Armee - Corps im allgemeinen leidlich geordnet zurückgehen konnte . Wäre es den Deutschen möglich gewesen , St. Privat statt um 8 Uhr abends, schon um 5 Uhr nachmittags zu erobern , so würde das 6. französische A.-C. eine furchtbare Katastrophe erlitten haben ; denn die 40 Batterien der Deutschen zwischen dem Walde von Jaumont und dem bois de la Cusse hätten dann dicht gedrängte Massen auf bester Schufsweite, wie auf dem Präsentirteller vor sich. gehabt. Hier hätte jede Granate treffen müssen und es läfst sich gar nicht absehen , was unter diesen Umständen aus dem 6. A.-C. geworden wäre . Das 3. französische A.-C. behauptete seine Stellungen intakt ; es verlor einzig und allein die ferme St. Hubert . Ebenso behauptete sich das 2. französische A.- C.; nur die Brigade Lapasset mufste den Deutschen das Dorf Jussy überlassen . Nicht ein einziges französisches Geschütz ging verloren, während die Sieger 2 Geschütze in den Händen der Franzosen lassen mufsten .

In Folge der Nieder-

Statistische und taktische Betrachtungen über die

280

lage des rechten Flügels der Franzosen musste auch der linke Flügel seine Stellungen räumen und am Morgen des 19. August zeigte sich das Endergebnifs , nämlich das völlige Zurückwerfen der ganzen französischen Rheinarmee nach Metz . Thatsächlich ist der 18. August der Wendepunkt des Krieges gewesen. Sedan wurde erst möglich , weil die öffentliche Meinung Die glänzenden Frankreichs den Entsatz der Rheinarmee forderte . Erfolge der Schlacht von Sedan haben die blutigen Opfer des 18. August nicht unwesentlich in den Hintergrund gedrängt. Mit Unrecht. Denn Sedan war nur die Frucht jener blutigen Saat von St. Privat. Bis zum 18. August stand die Sache Frankreichs noch nicht hoffnungslos ; vom 19. August an stand sie dagegen verzweifelt. Es wird zu gröfserer Klarheit beitragen , wenn wir die grofse Doppelschlacht vom 18. August in die verschiedenen Gruppen zerlegen, welche sich deutlich von einander absondern. Wir wollen in dieser Richtung nicht zu weit gehen und beschränken uns daher darauf, die Stärkeverhältnisse der 3 grofsen Hauptgruppen gesondert zu berechnen, ebenso die Verluste derselben anzugeben.

Dem Lieb-

haber bleibt es überlassen , für die Sondergruppen von Chantrenne ferme und von Jussy ein Gleiches zu thun .

Gefechtsgruppe Nr. 1 . Von Roncourt bis zum bois de la Cusse, ausschliesslich letzteren Gehölzes .

A. Franzosen : 6. A.-C.

23000 Gew., 76 Gesch. 18 Division Cissey 4. A.-C. 6800 27 77 Gard. -Gren.- Division 3650 14 (2Batterien hatten nur je 4 Geschütze.) 77 12 Vom 3. A.-C. (Batterien 3/17, 4/17.) 99 V.d. Res . -Art. d . Armee

12

"

V.d. Res . -Art. d . G.-C.

12

77

(Batterien 6/13, 7/13.) der reitenden Artillerie.

Zusammen: 33450 Gew. , 144 Gesch. Die Infanterie der Garde-Grenadier- Division und ihre Mitrailleusenbatterie gelangten nicht mehr zu ernster Gefechtsthätigkeit , so daſs die Zahl der Streiter nur 29800 Gewehre und 138 Geschütze bezw. Mitrailleusen beträgt = rund 32500 Streitbare. So weit sich aus den bisher veröffentlichten Verlustangaben ersehen läfst, betrugen die Verluste dieser Gefechtsgruppe, ausschliefslich der Offiziere, annähernd : Infanterie des 6. A.-C. 5150 Mann, der Division Cissey 1700 Mann , Artillerie der Gefechtsgruppe 200 Mann. Zusammen 7050 Mann.

281

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

Hiervon sind etwa 2550 unverwundete Gefangene in Abzug zu bringen, so dafs der Verlust an Todten und Verwundeten nur rund 4500 Mann beträgt = 13,8 % der Gefechtsstärke. B. Deutsche : 16 Bataillone der 1. Garde-Inf. -Div . = 14400 Gewehre =

7 97 2. Artillerie der Garde

77

6265

17

=

84 Geschütze

Vom Garde-Corps zusammen : = 20665 Gewehre, = 19070 Gewehre, Vom 12. A. - C.: 22 Bataillone = 3825 Vom 10. A. -C.: 5 Bataillone Von der 5. Cav. -Div.: Von der hess . Div.: 4 Bataillone Vom 9. A.-C. 3. leichte Batterie

3740

96 Geschütze 84 "" 12 27 30 4

=

Zusammen : Hierbei muss man aber die

84 Geschütze

"7

47300 Gewehre, 310 Geschütze sehr verschiedenartige Teilnahme

der Artillerie würdigen, weshalb wir die Angaben Hoffbauers folgen lassen : Garde-Artillerie : 84 Gesch. verschoss .: 8054 Granat., 12. A.-C.:

96

10. A.-C.:

84 12

5. Cav. -Division : Hessische Division :

27 77 27

30

3.leichte Batt. 9. A.-C.

"7

2056

77 77

1418

164

"7

77

3871

77

‫י‬

341

99

179 Shrapn.

310 Gesch. verschoss .: 15904 Granat., 179 Shrapn . Mit voller Genauigkeit lassen sich hier die Angaben nicht auseinander halten ; denn die 3. leichte Batterie 9. A.-C. wirkte anfangs mit 6 Geschützen bei Gruppe Nr. 2 ;

dagegen trat 1 Geschütz der

reitenden hessischen Batterie schliefslich zu Gruppe Nr. 1 über. Verluste der Deutschen .

Ohne Offiziere.

Garde-Corps : 12. A.-C.:

Infanterie 6174 Mann, Artillerie 167 Mann 32 77 2054 "" 21 77 76 10. A. -C .: 27 77 ‫י‬ 78 Teile der hessisch . Div.: 630 77 27 24 77 3. leichte Batterie 9. A. - C .: Zusammen : Infanterie 8934 Mann, Artillerie 322 Mann . Es sind hier nur die oben berechneten Truppen berücksichtigt worden , nicht aber die in Reserve befindlichen , deren Verluste übrigens nur wenige Mann betragen haben. Gegen die Stärkeverhältnisse sind wir insofern abgewichen , als wir die 1. und 3. Kompagnie Regiments Alexander mitgerechnet haben . 53500 Streitbare verloren mithin 9256 Mann = 17,3 % der Gefechtsstärke .

282

Statistische und taktische Betrachtungen über die

Der Verteidiger verlor also 13,8 %, der Angreifer 17,3 % seiner Gefechtsstärke. Der Unterschied markirt sich hier nicht besonders , wohl aber in der positiven Zahl der Verluste.

Diese beträgt rund

9250 Mann des Angreifers gegen 4500 Mann des Verteidigers .

Gefechtsgruppe Nr. 2. Vom bois de la Cusse

einschl. bis zur ferme Chantrenne und

dem bois des Genivaux . A. Franzosen : 4. A.-C. ohne Division Cissey 15780 Gew. , 72 Gesch. 18 Vom 3. A.-C. Div. Montaudon 7840 "9

Etwa d . halbe Div. Nayral

3410

V.d. Reserve-A. 3. A.-C. etwa

27 24

Zusammen: 27030 Gew., 114 Gesch . , rund 29300 Streitb. Verluste der Franzosen : Division Grenier Infanterie 1650 Mann, Artillerie 40 Mann 35 77 Lorencez 2100 77 77 97 Reserve-Artillerie 4. A.-C. 105 77 17 Division Montaudon 550 20 97 100 Nayral "" 17 24 Gesch. d. Res . -Art. 3. A.-C.

"

40

77

Zusammen : Infanterie 4400 Mann , Artillerie 240 Mann. Da nun von der Division Montaudon nur 4950 Gewehre , von der Division Nayral etwa 2000 Gewehre fochten ,

so

haben

nur etwa

22800 Gewehre und 114 Geschütze der Franzosen am Kampfe wirkIhr Verlust betrug lich Teil genommen = rund 25000 Streitbare . 4640 Mann = 18,56 % der Gefechtsstärke . B.

Deutsche.

9. Armee-Corps ohne die bei Gruppe 1 berechneten und ohne die in den Stärkeverhältnissen Seite 669 als taktische Reserven berechneten Truppen, einschl . des anderweitig verwendeten Bataillons I/11 , zusammen = 12300 Gewehre , 54 Geschütze ; vom 3. A.-C. 60 Geschütze ; vom Garde-Corps 5

Bataillone , 1 Batterie 4920 Gewehre, 6 Geschütze. Zusammen 17220 Gewehre, 120 Geschütze = rund 19600 Streitbare.

Verluste dieser Gefechtsgruppe. 9. A. - C.:

Infanterie 2851 Mann , Artillerie 282 Mann , 3. A.-C.:

Artillerie 50 Mann , Garde-Corps : Infanterie 1560 Mann , Artillerie 18 Mann. Zusammen : Infanterie 4411 Mann , Artillerie 350 Mann. Es verloren also 19600 Streitbare 4761 Mann = 24,3 % der Gefechtsstärke.

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

283

Sieht man französischerseits von der Teilnahme des 3. ArmeeCorps an dem Kampfe dieser Gefechtsgruppe ab , so beträgt der Verlust der rund 17200 Streitbaren des 4. A.-C. 3930 Mann = 22,8 % der Gefechtsstärke.

Hieraus geht einmal die grofse Passivität der

Divisionen Montaudon und Nayral hervor , dann aber der auffallend grofse Verlust der Artillerie 4. A.-C. Der Munitionsverbrauch der Deutschen betrug bei dieser Gefechtsgruppe 54 Geschütze 9. A. -C.: 5467 Granaten, 4 Kartätschen ; 60 Geschütze 3. A. - C.: 2786 Granaten; 6 Geschütze der Garde : 375 Granaten. Zusammen : 120 Geschütze, 8628 Granaten, 4 Kartätschen .

Gefechtsgruppe Nr. 3. Vom bois des Genivaux bis zum Moselthale .

Eigentlich bildete

die Brigade Lapasset innerhalb dieser Gruppe wieder eine gesonderte Gefechtsgruppe. Allein ihr Kampf war so unbedeutend, dafs wir es vorgezogen haben , diese Episode nur im Rahmen des grofsen Kampfes zu betrachten .

Liebhabern bleibt es

überlassen , die statistischen.

Verhältnisse bei der Brigade Lapasset sich selbst zu berechnen . Das hierzu erforderliche Material findet sich in unseren Angaben. A.

Franzosen.

Die halbe Division Nayral 3. A. -C.: Division Metman 3. A. - C.:

3410 Gewehre, 7450

Division Aymard 3. A. - C .: Rest der Reserve -Artillerie 3. A. -C.:

7950

77

18 Geschütze , 18 77 18 99

2. A.-C. einschl . Brigade Lapasset : 14910 3 Garde-Voltigeurs-Regimenter 3960 und 2 Batterien der Garde : J

‫י‬

78

29

""

12

77

12

""

Von d. Reserve-Artillerie d. Armee :

12

Zusammen : 37 680 Gewehre, 168 Geschütze. Von den 3 genannten Garde-Voltigeurs-Regimentern befand sich Regiment Nr. 1 auf der Hochfläche von Châtel St. Germain, Regiment Nr. 2 im Dorfe gleichen Namens, Regiment Nr. 3 hinter der Division Aymard in Reserve ; dazu treten 2 reitende Batterien , von welchen jedoch nur 2 Geschütze feuerten. Ernsthaft fochten von diesen Truppen jedoch nur : 4000 Gewehre der Division Metman, 4000 der Division Aymard , 12300 des 2. A.-C. einschliefslich der Brigade Lapasset; 66 Geschütze des 3. A.-C. , 60 Geschütze des 2. A.-C. und der Brigade Lapasset , 2 Geschütze der Garde , 12 Geschütze der Armee-Reserve-Artillerie. Zusammen : 20300 Gewehre, 140 Geschütze = 23100 Streitbare.

Statistische und taktische Betrachtungen über die

284

Verluste dieser Gefechtsgruppe : Division Metman 600 Mann , Division Aymard 900 Mann , Division Vergé 480 Mann , Division Fauvart - Bastoul 160 Mann , Brigade Lapasset 60 Mann , GardeVoltigeurs 20 Mann. Zusammen : Infanterie 2220 Mann . Artillerie des 3. A.-C. etwa 100 Mann, des 2. A.-C. etwa 60 Mann . Zusammen : Artillerie 160 Mann . Es verloren also 23100 Streitbare 10,3 % ihrer Gefechtsstärke. Hierbei sind sogar die allerdings sehr geringen Verluste der GardeVoltigeurs mitgerechnet , so dafs eigentlich der Prozentsatz sich nur auf 10,2 % der Gefechtsstärke stellt. Die Infanterie der Divisionen Vergé und Fauvart-Bastoul brachte 10230 Gewehre ernsthaft ins Feuer und verlor nur 640 Mann = 6,25 % ihrer Stärke. Dieses überaus

günstige Ergebnifs

verdankte

die

französische Infanterie

lediglich den vorzüglichen Erddeckungen , welche sie sich geschaffen hatte.

B.

Deutsche.

Wir rechnen hier nur diejenigen Truppen , welche am Entscheidungskampfe Teil genommen haben. 2 Geschütze des 7. A.-C. kamen nicht zur Thätigkeit.

Es kamen ernsthaft zur Thätigkeit :

Vom 1. A.-C. 215 Gewehre, 6 Geschütze, vom 2. A.-C. 10335 Gewehre , 12 Geschütze , vom 7. A.-C. 13800 Gewehre , 82 Geschütze, vom 8. A.-C. 20445 Gewehre , 90 Geschütze , von der 1. CavallerieDivision 6 Geschütze. Zusammen : 44795 Gewehre , 196 Geschütze . 48715 oder rund 48700 Streitbare . Verluste dieser Gruppe :

2. A.-C.

Infanterie

1185 Mann,

Artillerie 4 Mann, 7. A.-C. Infanterie 682 Mann, Artillerie 103 Mann, 8. A.-C. Infanterie 3023 Mann , Artillerie 43 Mann , 1. CavallerieDivision Artillerie 19 Mann. Zusammen : Infanterie 4890 Mann, Artillerie 169 Mann. Darunter befindet sich freilich ein Verlust von mehr als 200 Mann , welchen die gar nicht zur Wirksamkeit gelangten Truppen der 4. Infanterie - Division erlitten. Diesen Verlust verdankten aber die betreffenden Truppen lediglich der heillosen Verwirrung , welche im Mancethal herrschte . Es verlor also der Verteidiger 2380 Mann , der Angreifer 5059 Mann. Die Infanterie

des

2.

preufsischen A.-C. hat den Franzosen

sicherlich allerhöchstens 100 Mann aufser Gefecht gesetzt , wahrscheinlich aber noch viel weniger ; sie selbst verlor 1185 Mann . Wie es angesichts dieser einfach nicht weg zu leugnenden Thatsache noch immer Schwärmer für das Nachtgefecht geben kann , ist uns gänzlich unerfindlich . Welche riesigen Verheerungen würde wohl unser heutiges Gewehr in den tiefen Massen der Pommern angerichtet haben ?

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

285

Der Munitionsverbrauch der Deutschen stellt sich bei dieser Gefechtsgruppe wie folgt : 1. A.-C. 90 Granaten, 2. A.-C. 26 Granaten, 7. A.-C. 3221 Granaten , 16 Kartätschen , 8. A.-C. 5919 Granaten, 1. Cavallerie - Division 693 16 Kartätschen.

Granaten.

Zusammen :

9949

Granaten ,

Es ist interessant, diesem Munitionsverbrauch die thatsächlichen Verluste der Franzosen gegenüber zu stellen, wobei man aber nicht vergessen mufs , dafs die Zahl der verbrauchten Gewehrpatronen eine ganz ungeheuer grofse , leider aber nicht festzustellende war. Die Franzosen verloren 2380 Mann ; es gehörten also, abgesehen von der Wirkung des Gewehrfeuers , allein mehr als 4 Granaten dazu , um Der Wert guter Erdeinen Franzosen aufser Gefecht zu setzen . deckungen wird hierdurch in helles Licht gesetzt.

Gesamtverlust der Franzosen . Nach unseren Berechnungen stellt sich der Gesamtverlust der Franzosen am 18. August auf etwa 595 Offiziere, 14200 Mann . Darunter befanden sich etwa 2600 unverwundete Gefangene (ohne Offiziere) . Mithin betrug der Verlust an Toten und Verwundeten etwa 11600 Mann (ohne Offiziere) . Annähernd verlor die Infanterie der Garde etwa 30 Mann , des 2. A.-C. etwa 700 Mann, des 3. A.-C. etwa 2150 Mann , des 4. A.-C. etwa 5450 Mann , des 6. A.-C. etwa 5150 Mann. Zusammen : 13480 Mann . Die Artillerie verlor etwa 600 Mann, die Cavallerie etwa 80 Mann. die Pioniere u. s. w.

Der Rest verteilt sich auf

Die Franzosen behaupten, dafs unter diesen Verlusten 2000 bis 3000 Mann des 4. und 6. A.-C. einbegriffen seien , welche bei dem übereilten , nächtlichen Rückzuge nach Metz geflohen wären, wo man sie 3-4 Tage lang nicht aufzufinden vermochte .

Allmählich seien diese Mannschaften aber wieder bei ihren Truppenteilen eingetroffen . Wenn man den Stärkerapport vom 8. September zu Rate zieht , so kommt man aber dahinter, dafs höchst wahrscheinlich die von Dick angegebenen Verlustzahlen im allgemeinen richtig sind. Wir wollen daher nicht bezweifeln , dafs wirklich 2000-3000 Mann des 4. und 6. A.-C. am späten Abend nach Metz geflohen sind und sich dort 3-4 Tage lang verborgen gehalten haben ; dagegen nehmen wir mit. Sicherheit an , dafs diese Kategorie von „ Versprengten " , welche wir einfach mit dem Namen „ Drückeberger " bezeichnen , in den französischen Verlustlisten nicht enthalten sind .

Statistische und taktische Betrachtungen über die

286

Taktische Bemerkungen. Über die Schlacht der 1. Armee enthalten wir uns jeder eingehenden Betrachtung und haben uns darauf beschränkt, in der allgemeinen Übersicht die Ereignisse bei dieser Armee etwas eingehender aufzuführen, als dies bei der 2. Armee geschah . schienene Werk Hönigs

Das unlängst er-

24 Stunden Moltkescher Strategie" behandelt

die taktischen Vorgänge in der Manceschlucht so eingehend, dafs wir uns damit begnügen dürfen, einfach auf dieses Buch zu verweisen. Wir können das um so eher, als selbst die Gegner Hönigs zugeben müssen, dafs sein Buch das bedeutendste ist, was auf dem Gebiete der Kriegsgeschichte von 1870/71 in jüngster Zeit geleistet worden ist. Wir gehen daher nur auf die taktischen Ereignisse bei der 2. Armee näher ein. I. Die Unkenntnifs über die Ausdehnung des rechten Flügels der Franzosen, in welcher sich das Oberkommando der 2. Armee bis 11 Uhr früh befand , kann heute durch Nichts mehr gerechtfertigt werden. Wenn am Morgen des 18. August alles so funktionirt hätte, wie es hätte sein sollen, so mufste das Oberkommando der 2. Armee spätestens um 8 Uhr früh davon unterrichtet sein, dafs die Franzosen sich bis Roncourt ausdehnten . Thatsächlich gelangte die Besetzung von St. Privat durch die Franzosen erst nach 11 Uhr zur Kenntnifs des Prinzen Friedrich Karl .

(Seite 695 des Generalstabswerks)

Sehr

viel später wurde erkannt, dafs auch Roncourt von den Franzosen besetzt war. Wir begnügen uns damit, diese Thatsachen zu erwähnen. Dafs die deutsche Cavallerie vorzüglich sehen und ebenso vorzüglich melden konnte, hat sie später zur Genüge bewiesen. An ihr lag der Fehler also nicht. Ihre Verwendung war eben an diesem Tage mangelhaft. II .

Das allzu kühne Vorgehen der Corpsartillerie des 9. A.-C.

hat sich schwer bestraft. Dies Ereignifs ist jedoch so vielfach besprochen worden, dafs es zwecklos sein würde, hier nochmals darauf einzugehen . III. Die Vorbereitung des Angriffs auf St. Marie aux chênes war ausgezeichnet. Nicht weniger als 88 Geschütze der Deutschen hielten das Dorf und seine nächste Umgebung unter Feuer. Nach einer so wirksamen Vorbereitung durch massenhaftes Granatfeuer gelang denn auch der Angriff ohne jede ernste Schwierigkeit. Allein es wurden zu demselben ungebührlich grofse Massen verwendet, nämlich 15 Bataillone.

Die Folge davon war ein starkes Durcheinanderkommen

dieser Massen, welche sich nach der Eroberung des Ortes in und neben demselben stauten und so der höheren Führung für den Augen-

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

287

blick aus den Fingern glitten . Das Sammeln dieser Massen nahm ziemlich viel Zeit in Anspruch.

siegreichen.

IV. Der nunmehr erfolgende Vorstofs von 21 sächsischen Compagnien in der Richtung auf Roncourt darf wohl zum Teil auf die augenblicklich eingetretene Unordnung geschrieben werden. falls lag er durchaus nicht im Sinne der höheren Führung. konnte

er angesichts

der Überlegenheit

JedenAuch

der Franzosen und ihrer

äufserst günstigen Stellung keinen Erfolg erringen. kamen vielmehr in eine recht schwierige Gefechtslage.

Die Truppen Ein Truppen-

teil rifs dabei den anderen mit fort; das kameradschaftliche Gefühl des Hülfebringens erklärt das zur Genüge . Es ist aber ein sehr gutes Zeichen für die höhere Führung der Sachsen und für die Disziplin der Truppen, dafs es in verhältnifsmäfsig kurzer Zeit gelang, diese 21 Kompagnien aus dem Gefecht zurück zu nehmen und sie wieder zu sammeln. Der sächsische Divisions - Kommandeur , General von Nehrhoff hat sich hier durchaus auf der Höhe seiner Aufgabe gezeigt. V. Von hohem Interesse sind die berühmt gewordenen Angriffe der Garde - Infanterie auf St. Privat. näher eingehen .

Wir wollen auf diese Angriffe

Nach der Eroberung von St. Marie aux chênes standen bekanntlich 72 Geschütze der Garde zwischen St. Marie und Habonville und 72 Geschütze

der Sachsen zwischen St. Marie und dem Wäldchen

nördlich dieses Dorfes im Feuer.

Diese mächtige Geschützmasse von

144 Geschützen hatte die ungleich schwächere Artillerie der Franzosen bald niedergekämpft und fast ganz zum Schweigen gebracht. Indessen war die französische Artillerie keineswegs durch grofse Verluste zum Schweigen gezwungen worden; die Franzosen sahen vielmehr nur ihre Ohnmacht gegenüber der weitüberlegenen deutschen Artillerie ein und versparten das Feuer ihrer eigenen Batterien ganz richtig auf den Moment der Entscheidung.

Offensivstöfse französischer

Infanterie gegen die Garde-Artillerie bezw. gegen St. Marie wurden jedesmal zurückgewiesen, wobei besonders das flankirende Feuer der Corps-Artillerie des Garde-Corps sich sehr wirksam zeigte .

Soweit

sich aus den leider sehr lückenhaften Darstellungen der Franzosen ergiebt, nahmen an diesen Offensivstöfsen teil :

III/91 , II/91 , einige

Kompagnien des 9. Jäger-Bataillons und 3 Kompagnien von I/25 . Dick sagt aber Band IV, Seite 281 : Sur tout le front occidental de St. Privat, nos bataillons tentent de vigoureux retours offensifs sur St. Marie-aux-chênes et sur les positions occupées par les batteries de la garde prussienne ; mais ces tentatives sont arrêtées par le feu d'écharpe des nombreuses batteries allemandes et coûtent beaucoup de monde à nos régiments . "

Hiernach darf man wohl annehmen ,

288

Statistische und taktische Betrachtungen über die

dafs noch andere französische Truppen sich an diesen retours offensifs beteiligt haben. Zuletzt machte jedenfalls das Regiment No. 93 noch einen Vorstofs auf St. Marie. Nach dem Abweisen dieser Angriffsversuche der Franzosen trat eine Art von Kampfpause ein und zwar schon vor 5 Uhr. Nur die deutsche Artillerie unterhielt während derselben ein mäfsiges Feuer. Im Allgemeinen hatte bis dahin die deutsche Artillerie ausschliesslich auf die Artillerie und Infanterie der Franzosen gefeuert, nicht aber das Dorf St. Privat selbst ernsthaft unter Feuer genommen. Eine wirksame Vorbereitung des nun folgenden Infanterie - Angriffs Garde hat also durchaus nicht stattgefunden.

der

Die Gründe, welche deutscherseits für das Verhalten der Artillerie vorlagen, sind sehr klar.

Das Generalstabswerk sagt Seite 772 :

„ Der Befehl zum Angriffe der deutschen Infanterie wurde bis jetzt noch zurückgehalten , weil die bestimmte Weisung des Prinzen Friedrich Karl dahin lautete, den Kampf nur mit der Artillerie in hinhaltender Weise fortzuführen, zösischen rechten Flügels

bis

die Umgehung des fran-

durch das 12. A.-C. erfolgt sein würde. "

Freiherr von der Goltz sagt in seinem Werke „ Die Operationen der 2. Armee bis zur Capitulation von Metz " , Seite 146 folgendes : „Für die Aktion waren bis zur Dunkelheit noch 3 Stunden Zeit zu rechnen . Es wurde deshalb fraglich, ob es überhaupt möglich sein werde, den beabsichtigten kombinirten Angriff noch zur Ausführung zu bringen . Ein spät beginnender Angriff konnte leicht ohne Erfolg bleiben. Die Nähe der schützenden Dunkelheit hätte die Energie der Verteidigung ohne Zweifel gehoben, sie schlofs jedenfalls die Verfolgung aus.

Das

Schweigen der feindlichen Artillerie schien gerade den gegenwärtigen Moment für die Offensive günstig zu gestalten ; in 1 bis 2 Stunden war die Situation vielleicht schon wieder eine andere . Der Stand des Kampfes auf den übrigen Teilen der Schlachtlinie machte zudem den Beginn der Aktion auch gegen den feindlichen rechten Flügel erwünscht. Truppenbewegungen waren beim Feinde auf den Höhen von St. Privat sichtbar. Es schien, als zögen von dort neue Massen nach der Gegend von Amanvillers-Montigny la Grange. Und doch hatte schon um 42 Uhr der Oberbefehlshaber die bisher zu seiner speziellen Verfügung zurückgehaltene 3. Garde-Infanterie- Brigade dem 9. A.-C. zur Verfügung stellen müssen. Auch die Corps- Artillerie des 3. A.-C. unterstützte bereits auf Anordnung des Prinzen dort das Gefecht. Sie war zunächst in einer Position zwischen Vernéville und dem bois des Genivaux aufgefahren. der Dinge ein sehr ernster.

Trotzdem war der Stand

Dafs aber im Verlaufe des Angriffs auf St. Privat, wenn auch

289

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

nicht mehr beim Beginn , die Einwirkung des 12. A.-C. fühlbar werden würde, war aufser Zweifel. Es wurde daher mit einem nun schon geführten Offensivschlage auf die Teilnahme dieses A.-C. durchaus nicht verzichtet. Der kommandirende General des Garde-Corps entschlofs sich zum Angriff auf St. Privat und Prinz Friedrich Karl hiefs diesen Angriff gut." Es scheint also festzustehen, dafs der Prinz August von Württemberg den Entschlufs zum Angriffe auf St. Privat selbständig gefafst und dafs Prinz Friedrich Karl diesen Entschlufs gebilligt hat. Der Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Division, General von Budritzky, liefs

nach

Eingang

des

Befehls

die

einzige ,

ihm

verbliebene ,

4. Garde- Infanterie-Brigade sofort antreten , um 514 Uhr, während Prinz August sich zu dem Kommandeur der 1. Garde - InfanterieDivision , General von Pape begab . Letzterer machte den Prinzen August darauf aufmerksam, dafs die nördliche Umgehungskolonne der Sachsen noch nicht in Sicht und dafs ohne vorbereitende Artilleriewirkung ein Gelingen des schwierigen Frontalangriffs gegen das festungsartig liegende St. Privat kaum zu erwarten sei. Hierüber wurde es 54 Uhr. Da nun die 4. Garde-Infanterie-Brigade bereits im Vorgehen begriffen und dasselbe anscheinend erfolgreich war, so blieb es bei dem einmal gegebenen Befehle . Wir heben bei dieser Gelegenheit ganz besonders das Verhalten des Generals von Pape hervor. Dieser hochverdiente General ist der Einzige gewesen, welcher mit richtigem taktischen Blick seine direkten Vorgesetzten über die wahre Sachlage aufklärte. Wenn trotzdem der Angriff erfolgte und zu den geradezu entsetzlichen Verlusten führte, so ist dies nicht die Schuld des Generals von Pape.

Die

Vorstellungen, welche er dem Prinzen August von Württemberg machte, sind von hoher Bedeutung und verdienten wörtlich der Nachwelt überliefert zu werden.

Die Zahl der Männer, welche es wagen, in

entscheidenden Augenblicken einem Vorgesetzten gegenüber und noch dazu einem Prinzen ihre Ansicht zur Geltung zu bringen, ist nicht grofs ; das Verhalten des Generals von Pape ist daher eine That und mufs in höchsten Ehren gehalten werden . Wir gehen nun

zu den einzelnen Phasen

des Kampfes über.

1. Vorgehen der 4. Garde - Infanterie - Brigade : Regiment Franz ging in der damals auf allen Exerzierplätzen üblichen Formation vor, 1 Bataillon im 1. Treffen mit 2 vorgezogenen Flügelkompagnien , das andere Halbbataillon

dahinter ; die 2 Bataillone des 2. Treffens in

Halbbataillonen . Regiment Augusta hatte 6, bald sogar 8 Kompagnien im 1. Treffen, die übrigen 4 Kompagnien folgten im 2. Treffen. 2 Kompagnien 1. Bataillons Regiments Alexander schlossen sich an, so dafs Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 3. 20

290

Statistische und taktische Betrachtungen über die

im Ganzen 26 Kompagnien vorgingen. Regiment Augusta wurde vom Gelände insofern begünstigt, als es 2 Mulden zum Vorgehen benutzen konnte, während Regiment Franz wie auf einem Glacis vorrücken mufste. Aufserdem traf der Angriffsstofs des Regiments Augusta auf den südlich von St. Privat gelegenen Höhenzug , wo die Garde-Artillerie bereits sehr wirksam vorgearbeitet hatte. Französischerseits hatte Marschall Canrobert seit lange den entscheidenden Angriff auf St. Privat vorausgesehen und seinen rechten Flügel entblöfst, um möglichst seine Gesamtkräfte bei St. Privat zu versammeln . Südlich von St. Privat stand die ganze Division LevassorSorval, die Regimenter Nr. 25. 26. 28. 70. In St. Privat selbst befanden sich folgende französische Truppen : Rgt. Nr. 93 auf der Nordseite ; Rgt. Nr. 4 auf der Westseite ; das 9. Jägerbataillon und 3 Kompagnien Rgts . Nr. 94 auf dem Kirchhofe und den daneben gelegenen Gehöften ; aufserdem standen im Dorfe Rgt. Nr. 12 und Teile von den Rgtrn. Nr. 75 und 91. Die Besatzung von St. Privat zählte daher nicht weniger als rund 12 Bataillone ; 12 andere Bataillone hielten den Höhenzug südlich des Dorfes besetzt. Zwischen St. Privat und dem Walde von Jaumont stand Rgt. Nr. 100 . Ein unerhört heftiges Feuer ergofs sich über die dichten Kolonnen der Garde.

Es nutzte wenig, dafs das 1. Treffen sich sehr

bald in eine einzige Schützenlinie auflöste .

Diese Schützenlinie bot

bei dem glacisartig ansteigenden Gelände , welches nicht die geringste Deckung gewährte, noch immer ein kaum zu fehlendes Ziel . Ein Glück war es noch , dafs die Chausseegräben wenigstens einigermafsen Deckung boten.

So schoben sich denn nicht weniger als 10 Kom-

pagnien des Regiments Franz oder vielmehr ihre Trümmer nach der Chaussee heran, d. h . sie suchten die einzige vorhandene Deckung auf und nahmen die Front nunmehr fast senkrecht zu der ursprünglichen Angriffsrichtung.

Glücklicher waren die übrigen Kompagnien, 12 von Augusta, 2 von Alexander, 2 von Franz . Ihnen gegenüber hatte ein grofser Teil der Division Levassor- Sorval in Folge des äusserst wirksamen Granatfeuers der Garde - Artillerie zurückgehen müssen, nämlich die Rgtr. Nr. 25 und 26 , dann auch II/28 .

Schliefslich mufste

auch Rgt. Nr. 70 weichen , nachdem es 4 mal gegen die Garde -Artillerie vorgegangen, aber jedesmal durch deren Feuer zurückgeworfen worden war. Es gelang daher den 16 Garde-Kompagnien nicht nur die ursprüngliche Angriffsrichtung beizubehalten, sondern sogar den Höhenzug südlich der Chaussee zu erobern . blieben in den Händen der Sieger.

200 unverwundete Gefangene

2 Batterien des Garde-Artillerie

gingen so schnell als möglich auf den eroberten Höhenrücken vor ; später folgte eine dritte Batterie und so gelang es, unter der sehr

291

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. wirksamen Hülfe dieser heldenmütig

ausharrenden Batterien ,

die

Gegenstöfse der Division Cissey 4. A.-C. abzuweisen . Dagegen musste der ganze linke Flügel der 4. Garde-Inf. -Brigade , nämlich 10 Kompagnien Rgts. Franz, vorerst halten bleiben ; Offensivkraft war vorläufig zu Ende .

seine

Rgt. Franz verlor 38 Offiziere,

1020 Mann ; Rgt. Augusta 27 Off. , 902 M.; die beiden Kompagnien Alexander 4 Off. , 131 M.; zusammen 69 Off. , 2053 M. Man wird einschl . der Stabsoffiziere und Adjutanten per Kompagnie 5 Offiziere bezw . Offiziersdienstthuer rechnen dürfen, dabei aber einen gewissen Ausfall für erkrankte bezw. abkommandirte Offiziere berücksichtigen . müssen. In runden Zahlen hatten dann die 26 Kompagnien der 4. Garde-Inf. -Brigade eine Stärke von 120 Offizieren, 5800 Gewehren ; ihr Verlust betrug mithin 57,5 % der Offiziere, 35,4 % der Mannschaften . 2. Vorgehen der 1. Garde - Inf. - Brigade : Um 5¾ Uhr führte General von Kessel die 1. Garde - Inf. - Brigade zum Angriff vor. Diese Brigade stand bis dahin südwestlich von St. Marie aux chênes in Rendezvousstellung. Im 1. Treffen befanden sich die Füsilierbataillone beider Regimenter (1. und 3. Garde-Rgt. ) und zwar mit vorgezogenen Flügelkompagnien , im 2. Treffen die zweiten Bataillone in Halbbataillonen, im 3. Treffen die 1. Bataillone ebenfalls in Halbbatataillonen.

Da die Brigade südlich von St. Marie vorging, sich aber

nördlich der Chaussee zum Angriff entwickeln sollte, so muſste sie 2 Achtelschwenkungen ausführen.

Die erste Achtelschwenkung links

wurde noch südlich der Chaussee ausgeführt (Generalstabswerk , Seite 869 , Skizze) und nun etwa mit der Front gegen Roncourt die Chaussee überschritten ; demnächst sollte nördlich der Chaussee durch eine Achtelschwenkung rechts die Front gegen St. Privat hergestellt werden . Dies gelang aber nicht mehr ordnungsmäfsig, weil das Massenfeuer der Franzosen bereits gar zu grofse Verluste herbeiführte. Schon als die Brigade an der Ostseite von St. Marie anlangte , ergofs sich dieses Massenfeuer mit furchtbarer Gewalt über die Truppen.

Man sah von den

Franzosen gar nichts ; ihre Schützengräben waren so geschickt angelegt, dafs nicht einmal die frisch aufgeworfene Erde zu erkennen war. Man sah nur dichte weifse Pulverdampfwolken sich vom Erdboden erheben. Die Entfernung bis St. Privat betrug in diesem Moment etwa 2000 m ; indessen hatten die Franzosen vorwärts des Dorfes Schützengräben ausgehoben und die frische Erde mit Zwiebackund Patronen-Kisten bedeckt. Unter diesen Umständen

gelangte nur

der

gröfste Teil der

1. Garde-Inf. -Brigade in die richtige Front gegen St. Privat, nämlich die Kompagnien 1. 2. 7. 9. 10. 11. 12. des 1. Garde - Rgts. und die Bataillone II und F des 3. Garde - Rgts . , während die übrigen 9 Kom20*

Statistische und taktische Betrachtungen über die

292

pagnien zunächst die Front gegen Roncourt nahmen . hielten die Kompagnien 5. 6. 8. 1. Garde-Rgts . schlufs

an den Hauptteil ihres Regiments ,

Indessen be-

immerhin den An-

wie sich das schon in

ihren Verlusten deutlich ausspricht. Mit einer über alles Lob erhabenen, glänzenden Tapferkeit, welcher auch der Gegner volle Bewunderung zollte, ging die 1. Garde-Inf. -Brigade trotz geradezu verheerender Verluste vor. Bis auf etwa 600-800 Schritt kamen die Garden an St. Privat heran, alles in einer einzigen dichten Schützenlinie ; hier und da allenfalls noch einige Soutiens dahinter. Das rasende Feuer des Feindes zwang zur Auflösung und wo in Folge der notwendigen Achtelschwenkung rechts ein Drängen und Zusammenschieben der massigen Kolonnen vorübergehend eintrat, da rifs das feindliche Feuer bald so riesige Lücken, dafs die Reste der Kolonne schnell genug auch nur noch die Form von Schützenschwärmen hatten. Trotz aller Verluste gingen aber die braven Gardetruppen unentwegt weiter vorwärts und erst auf 600-800 Schritte vom Dorfrande , also auf Gewehrschufsweite des Zündnadelgewehrs mufsten die Trümmer Halt machen. Niemand aber dachte an Rückzug. Alles klammerte sich fest an den Boden und behauptete die gewonnene Stellung ohne jedes Wanken. bezeichnen .

Dies mufs man als eine Heldenthat ohne Gleichen

Es wird von Interesse sein, die Verluste der beiden verschiedenen Gefechtsgruppen der 1. Garde- Inf. -Brigade auf Grund der Regimentsgeschichten zu vergleichen . Es verloren hiernach : Vom 1. Garde- Rgt.: Das 2. Bataillon 11 Offiziere, 342 Mann, das Füsilierbataillon 18 Offiziere, 411 Mann , die Kompagnien 1. 2. 6 Offiziere, 215 Mann.

Zu-

sammen 10 Kompagnien 35 Offiziere, 968 Mann . - Vom 3. Garde-Rgt.: Das 2. Bataillon 16 Offiziere, 513 Mann , das Füsilierbataillon 14 Offiziere, 442 Mann, der Regimentsstab 2 Offiziere. Zusammen 8 Kompagnien, 32 Offiziere, 955 Mann. -

Dagegen verloren die 3. und 4.

Kompagnie 1. Garde-Rgts . nur 1 Offizier, 56 Mann ;

das 1. Bataillon

3. Garde-Rgts . 4 Offiziere, 110 Mann ; zusammen 6 Kompagnien, 5 Offiziere, 166 Mann . Die Gefechtsgruppe von St. Privat umfafste demnach 18 Kompagnien , welche 67 Offiziere , 1923 Mann verloren. Diese Zahlen stimmen besonders bei dem 1. Garde-Rgt. nicht mit den vom Generalstabswerk gegebenen Ziffern überein ; es dürfte daher der Verlust des 1. Garde-Rgts. sich noch um 32 Mann erhöhen ; vermutlich Vermifste, welche wohl zum weitaus gröfsten Teile der Gefechtsgruppe von St. Privat angehört haben werden . Der Verlust dieser Gruppe würde dadurch auf 67 Offiziere und rund 1950 Mann anwachsen, während der Verlust der anderen Gefechtsgruppe 5 Offiziere , 171 Mann

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

293

betragen würde. Die Stärke der 18 Kompagnien vor St. Privat wird man auf etwa 83 Offiziere, 4050 Mann beziffern dürfen, der Verlust stellt sich also auf rund 80 % der Offiziere und auf mehr als 48 % der Mannschaften . Nur wenn man sich diese Zahlen vergegenwärtigt und dabei vor Augen behält , dafs der bei weitem gröfste Teil dieser Verluste binnen einer halben Stunde eintrat , ist man im Stande, den Leistungen unserer Garde -Infanterie volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Recht winzig nimmt sich dieser Gröfse der Opfer gegenüber der Verlust der anderen Gefechtsgruppe aus ; er betrug 17,8 % der Offiziere , 12,7 % der Mannschaften, obschon auch diese Zahlen noch immer recht ansehnliche sind. 3. Vorgehen des

2. Garde - Regiments .

Die erste Unter-

stützung wurde der 1. Garde-Inf. - Brigade durch das 2. Garde -Rgt. gebracht. Dasselbe erhielt den Auftrag, die Lücke auszufüllen, welche zwischen dem rechten Flügel der 1. Garde-Inf. -Brigade und den an der Chaussee befindlichen 10 Kompagnien Regiments Franz vorhanden war. Kurz vor 6 Uhr trat das Regiment an. Die Kompagnien des

1. Bataillons im 1. Treffen entwickelten sich vorschriftsmäfsig, soweit der Raum dies gestattete. Nun aber sehen wir dieselbe Erscheinung wie bei den anderen Regimentern . Alles zersplittert unter dem aufs Neue losbrechenden Massenfeuer des Gegners , aber die Trümmer eilen trotzdem mutig vorwärts. Beim 2. Bataillon gingen die Kompagnien 6 und 7 im Halbbataillon vor, während 5 und 8 sich noch südlich der Chaussee auseinander zogen. Ueberall traten schwere Verluste ein , besonders entsetzliche bei dem Halbbataillon 6 und 7, aber auch hier eilte dennoch alles , was noch gesund war , mit glänzendem Heldenmute

weiter. Das Füsilier - Bataillon folgte im es zog sich noch südlich der Chaussee in Kompagniekolonnen auseinander und hatte das Glück, alle 4 Kompagnien noch 3. Treffen ;

völlig gefechtsfähig in die vorderste Linie zu bringen. Das Regiment kam bis in die Höhe der 1. und 4. Garde-Infanterie-Brigade, mufste aber dort gleichfalls halten bleiben ; es stand mit seinem rechten. Flügel an der Chaussee und zwar von rechts nach links wie folgt : 9. 5. 12. 10. 11. 8. 6. 7. I. Man kann aus den Verlusten der einzelnen Kompagnien deutlich erkennen , wie unzweckmäfsig es war, in Halbbataillonsformation sich einem so furchtbaren Massenfeuer auszusetzen.

Die Kompagnien 6 und 7 verloren nämlich 93 , die

Kompagnien 5 und 8 nur 31 Tote bezw. an Wunden Gestorbene ; es kostete also das Vorgehen im Halbbataillon genau 3 mal so viel Tote , als das Vorgehen in Kompagniekolonnen . Hier reden wieder einmal die Zahlen.

294

Statistische und taktische Betrachtungen über die 4.

Vorgehen des 4. Garde - Regiments.

Um 6

Uhr erhielt

das 4. Garde -Regiment , welches in den Dorfstrafsen von St. Marie zur Verwendung bereit stand, den Befehl zum Vorrücken ; es wurde vom Prinzen August von Württemberg auf den Nordausgang des Dorfes verwiesen und marschirte demnächst in der Thalsenkung, welche auf Hautmécourt hinzieht.

In Höhe der zweiten, nach Osten

sich abzweigenden Wiesenmulde, schwenkte das Regiment rechts ein und ging nunmehr unter sehr geschickter Benutzung des Geländes auf St. Privat vor. Während des ersten Vorgehens hatte das Rgt. das 1. und Füsilier -Bataillon im 1. Treffen und zwar in Kompagniekolonnen, welchen auf 400 Schritte das 2. Bataillon in Halbbataillonen folgte . Bei der Rechtsschwenkung kamen die auf dem linken Flügel des 1. Treffens befindlichen Füsiliere in die 2. Linie , während das 2. Bataillon ins 1. Treffen kam. Das Rgt. ging nun ohne allzu grofse Verluste bis auf 700 Schritte an St. Privat heran und zwar hinter dem linken Flügel des 1. Garde-Rgts. Hier machte es Halt , trat aber sehr bald zum Sturme an. Es verlor bei einer Stärke von rund 56 Offizieren, 2700 Gewehren : 29 Offiziere, 524 Mann = rund 51,8 % der Offiziere , 19,4 % der Mannschaften.

Das 2. Garde-Rgt. ,

welches nur eine einzige Viertelstunde früher ins Feuer kam , aber im Gelände gar keine Unterstützung fand, verlor bei derselben Stärke 39 Offiziere, 1076 Mann = 69,6 % der Offiziere und fast 40 % der Mannschaften ; schaften.

das

1.

Betrachtungen

Bataillon verlor sogar

über den

55,5 %

der Mann-

ersten Angriff der

Garde-

Infanterie. a ) Kaum ist, so lange es eine Kriegsgeschichte giebt, ein Infanterie-Angriff unter so ausnahmsweise schwierigen Umständen mit gröfserem Heldenmute durchgeführt worden , als der Angriff der Garden auf St. Privat. Man lese nur die Regimentsgeschichten. Ein stolzes Gefühl der Freude über den herrlichen Geist unserer Garde mufs dabei Jeden überkommen , der vorurteilsfrei sich diesem Studium hingiebt. Dennoch führte alle Tapferkeit nur zu entsetzlichen Verlusten und die ausgesuchteste Infanterie der Welt mufste auf etwa 600 bis 800 Schritte vom Angriffspunkt halten bleiben, weil sie nur noch aus Trümmern bestand , die erst allmählich verstärkt werden konnten . Es wird für alle Zukunft ein besonderes Ruhmesblatt der preufsischen Garde bleiben , dafs sie trotz der furchtbarsten Verluste nicht zurück ging ,

dafs ihre Trümmer vielmehr

unerschütterlich den gewonnenen Boden behaupteten , bis günstigere Umstände es ermöglichten , nun auch die Früchte so glänzender Tapferkeit zu ernten. Für unsere Infanterietaktik aber dürfte dieser Angriff als Wendepunkt bezeichnet werden können. Man hat vielfach

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870 .

295

von einem Scheitern des Angriffs gesprochen. Das ist historisch unwahr. Der Angriff ist nicht gescheitert , er mufste nur unterbrochen werden , führte aber dann zu einem glänzenden Siege , an welchem gerade die Trümmer der furchtbar zusammengeschossenen Garde-Regimenter einen erheblichen Anteil nahmen. b) Der gröfste Fehler , welcher am 18. August vor St. Privat begangen wurde , war das Unterlassen einer Vorbereitung des Angriffs durch massenhaftes Granatfeuer. Südlich der Chaussee hatte die Garde-Artillerie schon recht wirksam vorgearbeitet und hier gelang denn auch der Angriff jener 16 Kompagnien der 4. Garde-Inf. -Brigade , weil eben der Gegner bereits erschüttert war. Nördlich der Chaussee aber fehlte so gut wie jede Vorbereitung durch Artilleriefeuer. Es war ein besonderes Unglück, dafs General von Pape über seine Divisions-Artillerie nicht verfügen konnte, weil dieselbe auf dem äufsersten rechten Flügel der grofsen Anderenfalls hätten diese Artillerielinie des Garde-Corps stand. 4 Batterien sicherlich schon vor dem 1. Angriff St. Privat mit Granaten überschüttet. Die Franzosen haben sich allerdings sehr geschickt benommen ; ihre Artillerie

schwieg gang oder fast ganz ; ihre Schützengräben

waren so geschickt angelegt , dafs man sie überhaupt nicht sehen konnte. Die Rückzugsbewegungen des rechten, französischen Flügels auf St. Privat konnten den Anschein erwecken , als ob der richtige Augenblick für einen Angriff bereits gekommen sei . Auch neigte der Tag seinem Ende zu.

Das alles sind Milderungsgründe , aber sie

rechtfertigen noch durchaus nicht das Unterlassen einer gründlichen Vorbereitung des Angriffs durch Artilleriefeuer. Wenn der kommandirende General des Garde-Corps um 5 Uhr den Entschlufs zum Angriff falste , so soll die Berechtigung zu diesem Entschlusse in keiner Weise angezweifelt werden. Aber er mufste nun erst seine Artillerie in Masse zur Vorbereitung dieses Angriffs verwenden. Dies war sehr wohl möglich, denn es stand nicht nur die Garde-Artillerie zur Verfügung, sondern auch die Artillerie des 10. A.-C. Ein Blick auf den Schlachtplan des Generalstabswerks lehrt, dafs diese letztere Artillerie mit 14 Batterien um 5 Uhr hinter Batilly bereit stand. Man brauchte sie nur vorholen und konnte dann binnen einer Stunde St. Privat in einen einzigen Trümmerhaufen verwandeln. Im übrigen lag schon zur Zeit der Eroberung von St. Marie der Gedanke sehr nahe , dafs der ostwärts vorliegende Höhenrücken in Bälde genommen werden müfste .

Es wäre daher wohl richtig ge-

wesen , den Befehl des Prinzen Friedrich Karl bezüglich des „ Hinhaltens des Kampfes mit Artillerie " in der Weise zu befolgen , dafs

296

Statistische und taktische Betrachtungen über die

zunächst St. Privat auf das nachdrücklichste mit Granaten überschüttet wurde, sobald die französische Artillerie niedergekämpft war. c ) Dies geschah nicht ; es wurde vielmehr der positive Befehl zum Angriff gegeben .

Dafs

versteht sich von selbst.

dieser Befehl befolgt werden musste,

General von Pape hatte den hohen Mut,

auf die Gefahren hinzuweisen ,

welche ein verfrühter Angriff ohne

vorherige Artillerie- Vorbereitung herbeifüren müfste, drang aber mit seiner nur allzu richtigen Ansicht nicht durch.

General von Budritzky

scheint das Gleiche nicht gethan zu haben , allein das Angriffsfeld für die eine ihm verbliebene Brigade war erheblich günstiger , als das der 1. Garde- Inf. - Brigade und aufserdem hatte südlich der Chaussee die Garde- Artillerie schon recht wirksam vorgearbeitet.

Wenn man

also der Garde-Infanterie daraus einen Vorwurf machen wollte, daſs sie unter den gegebenen Umständen überhaupt angriff, so ist dies ganz unhaltbar. unhaltbar. Dem gegebenen Befehle eines kommandirenden Generals mufs selbstredend gehorcht werden . d) Ein entschiedener Fehler bestand darin, dafs

die

Angriffe

der Garde- Infanterie nicht gleichzeitig stattfanden . Auf diese Weise konnte die Besatzung von St. Privat (und dieses Dorf war bis in die Dächer der Häuser mit Infanterie vollgepfropft) anfangs sogar gegen die 10 Kompagnien Rgts . Franz wirken , welche also nicht blos von Jérusalem und der Höhe 1050 vernichtendes Frontalfeuer, sondern auch von St. Privat her höchst verderbliches Schrägfeuer erhielten . Nachdem diese 10 Kompagnien zusammengeschossen waren, brach die 1. Garde-Inf. - Brigade los. Wiederum konnten alle Gewehre der Franzosen gegen die Angreifer wirken, soweit sie überhaupt das Angriffsfeld bestreichen konnten. Das Ergebnifs kennen wir. Dann erfolgte der Angriff des 2. Garde-Rgts. und wir sehen zum dritten Male dieselbe Erscheinung auf demselben Angriffsfelde . Man ermöglichte also den Franzosen jedesmal,

ihre Gesamtkraft gegen einen

Teil der Angreifer zu verwenden und diesen in furchtbarer Weise zusammenzuschiefsen, nur antrat.

ehe der nächste Teil der Angreifer überhaupt

e) Die Garde -Infanterie erlitt die gröfsten Verluste

auf Ent-

fernungen, auf welchen sie selbst gar nicht daran denken konnte, das eigene Gewehr zu gebrauchen . Gerade hierin lag das besonders Furchtbare, aber andererseits wächst der Ruhm unserer Garde auch um ebenso viel . Denn es ist wahrlich nicht leicht, auf deckungsloser Ebene 1200 bis 1400 m vorwärts zu laufen, fortgesetzt die gröfsten Verluste zu erleiden und dabei nicht einmal das Feuer des Gegners erwidern zu können. f)

Von der

Massenwirkung

des

Chassepotgewehrs

auf Ent-

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

297

fernungen bis zu 2000 m hatte man vor 1870 bei uns in Deutschland keine richtige Vorstellung. Freilich war das Chassepotgewehr unserer Infanterie- Schiefsschule bekannt,

aber

dieselbe verfügte doch wohl

nur über wenige Exemplare und es bleibt sehr zweifelhaft, ob die Prüfung des Gewehrs in Bezug auf die Wirkung seines Fernfeuers selbst auf diesem Musterinstitut ganz klare Vorstellungen erzeugt hat. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so durfte man das Ergebnifs dem deutschen Heere bei Beginn des Krieges von 1870 nicht bekannt geben. Der deutsche Infanterist hatte volles Vertrauen in sein Zündnadelgewehr,

welches 1866 eben erst glänzende

Triumphe gefeiert hatte. Man untergräbt das Vertrauen der Truppen in ihre Waffen nicht ungestraft. Es war daher durchaus richtig, dafs man die Tuppen in Unkenntnifs über die gewaltige Wirkung liefs , welche das französische Gewehr äufsern sollte . g) Eine

andere Frage ist aber

die,

ob nicht die Gefechts-

formen dieser Wirkung schon vor 1870 hätten angepasst werden können . Wir hatten 1866 das seltene Glück , die verblüffende Wirkung des Schnellfeuers unserer Zündnadelgewehre an unseren Gegnern erproben zu dürfen. Man konnte nun nach 1866 alle diejenigen Offiziere zu eingehendem Berichte auffordern , welche die Zertrümmerung der feindlichen Kolonnen durch unser Schnellfeuer Es wäre dabei richtig in vorderster Linie mit angesehen hatten . gewesen, Jedem vollste Freiheit zu lassen und die Rangstufen gar nicht zu berücksichtigen. Auf diesem Wege hätte die oberste Heeresleitung höchst wahrscheinlich

ein richtiges Bild davon be-

kommen, dafs selbst Kompagniekolonnen im wirksamen Schnellfeuer eines Hinterladers in ihre Atome zersplittern müssen .

Eine so weise

allerhöchste Heeresleitung , wie es diejenige unseres Heldenkaisers Wilhelm I. war, würde dann wohl zweifellos zweckentsprechende Änderungen der Gefechtsformen unserer Infanterie befohlen haben . Geschah dies 1867 , so hatten wir noch immer 3 Jahre Zeit, diese Formen in Fleisch und Blut der Infanterie übergehen zu lassen . Bei unserer Artillerie haben wir in der Zeit von 1866 bis 1870 einen vollkommenen Umschwung erlebt und gerade diesem Umschwunge verdankte die preufsische Artillerie ihre glänzenden Erfolge von 1870. Aber hier hat die Macht einer einzigen Persönlichkeit entscheidend eingewirkt , nämlich des hochverdienten Generals von Hindersin. Auch lag nach 1866 bei der Artillerie

die Unbrauchbarkeit des

glatten 12 ers klar zu Tage, während die preufsische Infanterie ja fast überall glänzende Erfolge aufzuweisen hatte . Es ist also erklärlich , daſs die preufsische Infanterie, welche keinen Hindersin hatte, von 1866 bis 1870 nicht annähernd dieselben taktischen Fortschritte

Statistische und taktische Betrachtungen über die

298

machte, wie die preufsische Artillerie. Dennoch hat es auch damals in den Reihen unserer Infanterie Männer gegeben, welche schon vor 1870 den Mut hatten, öffentlich in Druckschriften auf die Unzweckmäfsigkeit der bisherigen Exerzierformationen unserer Infanterie aufmerksam zu machen . Wir haben hierbei besonders zwei Männer im Auge. Der Eine war der jetzige Generallieutenant von Boguslawski, welcher in ebenso überzeugender, wie taktvoller Weise die notwendigen Änderungen klarlegte, dabei aber doch immer noch das Halbbataillon als Gefechtskolonne erhalten wissen wollte ; der Andere war der 1870 gefallene Hauptmann May, welcher leider in etwas sehr leidenschaftlicher Weise über die bisherigen Verhältnisse den Stab brach und deshalb an mafsgebender Stelle nicht die Beachtung fand, welche er verdient hätte. Doch genug davon. Die preufsische Infanterie ging in den Feldzug von 1870 mit genau denselben Gefechtsformen, mit welchen sie. 1866 gegen Vorderlader glänzende Erfolge errungen hatte. h) Unter diesen Umständen halten wir es für falsch , wenn man der Garde-Infanterie hier und da einen Vorwurf daraus gemacht hat, dafs sie in den Formationen zum Angriffe schritt, welche sie auf dem Tempelhofer Felde erlernt hatte . Wir standen damals durchaus noch nicht auf der Höhe unseres heutigen Exerzier- Reglements , welches verbietet, auf dem Exerzierplatze etwas zu lehren, das man im Gefecht nicht brauchen kann. Auch kannte die Garde am Nachmittage des 18. August die Fernwirkung des gewehrs

noch nicht.

Chassepot-

Sie hat am 30. Oktober bei le Bourget ganz

andere Gefechtsformen angewendet, als vor St. Privat, weil sie aus den blutigen Erfahrungen vom 18. August sich selbst ihre Lehren zog.

Ohne Zweifel wäre es besser gewesen, wenn man Halbbataillone •

vor St. Privat überhaupt nicht gezeigt hätte.

Eine Masse von rund

450 Mann in einem einzigen dichten Haufen bot natürlich ein gar nicht zu fehlendes Ziel. Besonders ungünstig war es, dafs die 1. Garde - Infanterie - Brigade

diese

dichten Massen noch dazu im

Momente einer Schwenkung zeigte. Indessen sind dies alles nachträgliche Betrachtungen. Am 18. August ahnte wohl Niemand in den Reihen der Garde, dafs es den Franzosen möglich sein würde , auf etwa 1800 bis 2000 m vernichtendes reichte doch das Feuer des hinaus !

Schnellfeuer abzugeben ;

Zündnadelgewehrs kaum über 800 m

Es mufs besonders hervorgehoben werden , dafs die Ungunst des Geländes für die Garde-Infanterie geradezu erdrückend war. Nicht leicht wird in Zukunft ein ähnlich

deckungsloses Angriffsfeld von

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870. 2000 m sich darbieten .

299

Es kamen also allerhand besondere Umstände

zusammen, welche den Franzosen ihr Zerstörungswerk erleichterten. Wir glauben nun, dafs selbst mit unseren heutigen Gefechtsformen und mit unserem heutigen Magazingewehr in der Hand des Angreifers ein unter denselben Umständen und im selben Gelände unternommener Angriff nur wenig bessere Ergebnisse liefern würde , als der 1. Angriff der Garde-Infanterie am 18. August geliefert hat. Wir würden bei unseren heutigen Gefechtsformen auf den weiteren. Entfernungen nicht so entsetzlich zusammengeschossen werden , als es vor St. Privat geschah ; aber je näher wir an das Angriffsziel herankämen, desto vernichtender würden sich die Verluste gestalten. Eine nicht durch Granatfeuer erschütterte Infanterie , welche hinter massiven Mauern, in geschickt angelegten Schützengräben und in massiven Häusern bis in die Dächer hinauf sich verständig eingenistet hat, vertreibt man nicht durch Gewehrfeuer. Nur massenhaftes Granatfeuer kann eine solche Infanterie erschüttern . Selbst eine Infanterie - Feuerstellung auf 400-600 m vor dem Dorfe würde nicht viel ändern. Denn so vortrefflich gedeckte Infanterie ist gar zu sehr im Vorteile gegen den Angreifer.

Vielleicht würde heute.

der Angriff bis auf 300, ja bis auf 200 m herankommen ; dann aber würde er scheitern und zwar unter so fürchterlichen Verlusten , dafs selbst die beste Infanterie sich nicht am Boden festklammern würde, wie

dies unsere Garde-Infanterie vor St. Privat that.

Auf

einem Felde wie vor St. Privat, ohne jede Spur von Deckung mufs jeder Infanterieangriff scheitern , erschüttert ist.

solange der Gegner nicht ernstlich

Also nicht die Gefechtsformen haben das Unheil verschuldet, welches sich zwischen 5 und 7 Uhr vor St. Privat über unsere Garde ergofs , sondern der Mangel an einer kräftigen Artillerievorbereitung. Die dicken Kolonnen haben die Schuld getragen , dafs schon so frühzeitig entsetzliche Verluste eintraten; allein auch bei den zweckmäfsigsten Gefechtsformen würden dieselben Verluste eingetreten sein , nur etwas später , und nicht in so kurzer Zeit . Dabei aber wollen wir nicht vergessen , dafs bei zweckmäfsigen Gefechtsformen der Eindruck der eintretenden Verluste nicht so überwältigend grofs ist , als bei Kolonnen , wo diese schrecklichen Verluste in wenigen Minuten eintreten . Wir behaupten nun, dafs am 18. August 1870 die Unmöglichkeit des Gelingens

eines Infanterieangriffs gegen einen noch nicht er-

schütterten Gegner, welcher in einem festungsartig auf beherrschender Höhe , mit vorliegendem deckungslosen Angriffsfelde , gelegenen massiven Dorfe sich eingenistet hat, erwiesen worden ist. Was die

300

Statistische und taktische Betrachtungen über die

preufsische Garde - Infanterie nicht zu leisten vermag , wird keine andere Truppe der Welt zu leisten im Stande sein. Das rauchschwache Pulver und

das

Magazingewehr

haben

inzwischen

die

Aussichten auf das Gelingen eines solchen Angriffs noch wesentlich vermindert. Daher geht unser ceterum censeo immer wieder darauf hinaus, dafs in Zukunft die Artillerie erst recht die schlachtenentscheidende Waffe sein wird.

Also recht starke Artillerie ,

ein

Geschütz mit möglichst grofser Treffsicherheit, Granaten von möglichst vernichtender Wirkung gegen lebende und tote Ziele ,

Shrapnels ,

welche selbst einen gut gedeckt in Schützengräben bezw . hinter Mauern, Dämmen u. s . w. liegenden Feind mit absoluter Sicherheit zu treffen vermögen. VI. Der Angriff der Sachsen auf Roncourt wurde sehr gut vorbereitet und ebenso geschickt eingeleitet. 66 sächsische Geschütze bereiteten den Sturm vor, zu welchem 60 Kompagnien (darunter auch Da 7 preufsische ) , in 3 Treffen gegliedert , bereitgestellt wurden. Roncourt nur durch eine schwache Nachhut der Franzosen besetzt war, so kam es hier nur zu einem ganz leichten Gefecht. VII. Gleich nachdem die Garde - Infanterie vor St. Privat zum Halten gezwungen war, nahmen 8 Batterien der Garde und 2 Batterien 10. A.-C. St. Privat und Jerusalem unter Feuer. Durch das siegreiche Vordringen der Sachsen gedeckt , nahm sehr bald auch die sächsische Artillerie das Feuer gegen St. Privat auf;

ebenso

die

Corpsartillerie 10. A.-C. und einige hessische Batterien , so dafs die Jérusalem bis zu Linie vom Walde von Jaumont über St. Privat dem Höhenzuge, welchen die 4. Garde - Inf. Brigade erobert hatte, schliefslich von etwa 30 deutschen Batterien unter ein vernichtendes Feuer gehalten wurde . Die Wirkung dieses gewaltigen Feuers auf das dicht besetzte Dorf St. Privat war erschütternd. VIII. Jetzt erfolgte der letzte grofse Sturm auf St. Privat, gemeinsam von den Garden und den Sachsen ; während Teile des 10. A.-C. folgten. Dieser Sturm gestaltete sich zu einem umfassenden und brachte in der Zeit von 712 bis 8 Uhr Abends das Dorf mit mehr als 2000 unverwundeten Gefangenen in die Hände der Deutschen. Trotzdem war der Kampf im Innern des Dorfes überaus erbittert ; in einem einzigen kleinen Mauerviereck fand man die Leichen von 57 erschlagenen Franzosen . Ein Unteroffizier 4. Garde - Regts. erschofs vom Boden des Schulhauses aus allein 8 Franzosen. Was eine mächtige Artillerie -Entwickelung leisten kann, zeigte sich im Dorfe St. Privat. Mauern und Gebäude waren zusammen geschossen , überall Verwüstung, dazu an mehreren Stellen Feuersbrünste, besonders in der Kirche.

Hätte diese unheimliche Wirkung des massenhaften Granat-

drei grofsen Schlachten vor Metz im August 1870.

301

feuers 2 Stunden früher begonnen , wie vieles wäre anders und besser geworden ! IX . Von Interesse ist der grofse Artilleriekampf am späten Abend gegen die Geschützmasse , welche Oberstlieutenant de Montluisant an den Steinbrüchen von Amanvillers versammelt hatte und welche nach und nach auf 102 Geschütze verstärkt wurde. Es war

dies jedenfalls die gröfste Artilleriemasse, welche die Franzosen bisher an irgend einer Stelle vereinigt hatten. Ihr gegenüber standen aber etwa 230 deutsche Geschütze , zwar in mehrere Gruppen geteilt, schliefslich aber doch in einer einzigen Linie , welche nur durch das brennende St. Privat unterbrochen wurde. Der Raummangel gestattet uns nicht , interessanten Einzelheiten

auf die taktisch sehr

des Kampfes beim 9. Armee - Corps

ein-

Wir empfehlen aber hier zu besonderem Studium folgende Episoden : a ) Die Vorstöfse der Hessen aus dem bois de la Cusse. b) Den Kampf bei Chantrenne ferme. c) Den Angriff der 3. Garde-

zugehen .

Inf. -Brigade. Der Raummangel zwingt uns

ebenso zu einem Verzicht auf

Betrachtungen über das Verhalten der Franzosen . Allerdings fehlen noch immer offizielle Berichte unserer Gegner , so dafs leider über sehr viele wichtige Einzelheiten auch heute noch eine undurchdringliche Dunkelheit schwebt. Aus den Angaben Dicks und aus den historiques der einzelnen Regimenter vermag selbst der gröfste Fleifs nur höchst unvollkommenes zu entwirren . Es wird daher einer späteren Zeit überlassen bleiben müssen, die Handlungen der Franzosen vom taktischen Standpunkte aus gerecht zu beurteilen. Immerhin möchten wir die Aufmerksamkeit eines aufmerksamen Lesers auf zwei Punkte hinlenken, nämlich : 1.

auf das grofse Mifsverhältnifs der Kräfte bei der von uns

mit Nr. 2 bezeichneten Gefechtsgruppe.

Es fochten hier 25 000 Fran-

zosen mit 114 Geschützen in der Defensive gegen 19 600 Deutsche mit 120 Geschützen als Angreifer. Die grofse Passivität des französischen 3. Armee - Corps hat uns hier sehr bedeutende Dienste geleistet. Dieses Corps war künstlich ganz zersplittert worden ; alle 4 Inf. -Divisionen desselben traten in den Kampf, aber keine einzige mit voller Kraft.

Dennoch verfügte das Corps über keine gröfsere,

geschlossene Masse als Reserve . Ja man hielt die Abzweigung von 3 Voltigeurs - Regimentern der Garde hinter das 3. Armee - Corps für erforderlich, ohne aber dabei den Gedanken zu haben, diese 3 Regimenter im Sinne einer Reserve zu verwenden . 2. Ganz dasselbe gilt bei der Gefechtsgruppe Nr. 3 , nur daſs

302

Statistische und taktische Betrachtungen u. s . w.

hier von einem Mifsverhältnifs der Kräfte nur bis zum Eintreffen des preufsischen 2. Armee - Corps gesprochen werden

darf.

Das fran-

zösische 3. Armee - Corps hat von seinen rund 30 000 Gewehren nur die Hälfte ernsthaft ins Gefecht gebracht, dabei aber trotzdem bis auf St. Hubert seine Stellungen behauptet. Was würde sich wohl ereignet haben , wenn Marschall Leboeuf sein Corps so verwendet hätte, dafs er je eine Inf. - Division mit der Front gegen Chantrenne ferme , bezw. mit der Front gegen das preufsische 8. Armee - Corps aufstellte, mit den beiden anderen Inf. - Divisionen aber in der grofsen Lücke zwischen dem 8. und 9. A.-C. eine energische Offensive begann? Diese Offensive traf die linke Flanke der I. und die rechte Recht bedenkliche Gefechtslagen konnten Flanke der II . Armee. sich aus einer solchen Offensive für die Deutschen ergeben. Es würde vermutlich das Einsetzen des arg gelichteten 3. preussischen Armee - Corps und das Vorgehen des 2. preufsischen Armee - Corps in einer ganz anderen Richtung, nämlich mit halblinks, notwendig geworden sein. Vermutlich würde eine derartige Offensive der Franzosen

mit

ihrem

Zurückwerfen

geendet

haben ,

aber

die

deutsche Artillerie wäre auf beiden genannten Flanken sehr schwer gefährdet gewesen und für mehrere Stunden würde sogar ein starkes Man Zurückbiegen beider Flanken unvermeidlich gewesen sein. Point vergesse hierbei nicht, dafs die auf der Front Moscou ferme du Jour verbliebenen Kräfte der Franzosen völlig ausgereicht hätten, um mit Hülfe der 3 Voltigeurs - Regimenter die Eroberer von St. Hubert in das Mancethal herunter zu werfen . Auch konnte man ohne jede Gefahr die noch verfügbaren 4 Bataillone der Garde - VoltigeursDivision zu gleichem Zwecke verwenden .

Man vergleiche hiermit

die Schilderungen Hönigs von den thatsächlichen Vorgängen an den Abhängen des Mancethals und man wird mit uns zu dem Schlusse kommen : ‫ י‬Wir haben am 18. August viel Glück gehabt ".

XVII .

Ein Beitrag zur

Geschichte des

österreichischen

Erbfolgekrieges .

Von Freiherr von Bothmer, Oberst a. D.

Unter den nachgelassenen Papieren

des

Chur - Hannoverschen

General - Lieutenants von Scheither , der sich im 7jährigen Kriege in der Armee des Herzogs Ferdinand von Braunschweig vielfach auszeichnete , befindet sich eine Relation über den Antheil des Bataillons von Maydell an der Schlacht bei Raucoux am 11. October 1746. Die Relation reichte der damalige Major von Scheither , der das Bataillon kommandirte , an den Kommandirenden der Chur-Hannoverschen Truppen, General der Infanterie von Sommerfeld, ein. Die Relation bietet nicht allein im streng militärischen Sinne manches

Interessante ,

sondern

die

Schilderungen

Scheithers

von

seiner Behandlung in der Gefangenschaft geben auch ein hübsches , culturhistorisches Bild. Zum Verständnifs der Relation gebe ich eine kurze Schilderung der militärischen Lage. Der Feldzug 1746 war für die Alliirten ein recht unglücklicher ; Schritt für Schritt waren sie aus ihrer Stellung an der Dyle nach Breda zurückgedrängt , Brüssel , die Citadelle von Antwerpen und Mons waren gefallen. Der Vormarsch, um Charleroi und Namur zu decken , mifslang, der Prinz Carl von Lothringen wurde bei Huy über die Maas gedrängt und konnte erst am 14. September bei Mastricht das linke Ufer wieder gewinnen . Am 7. October bezog er eine Stellung zwischen Lüttich und Houtain -St. Simeon mit 70000 Mann, 88 Bataillonen und 204 Eskadrons ; ihm gegenüber bei Tongern lagerte der Marschall von Sachsen mit 100000 Mann , 168 Bataillonen und 274 Eskadrons. Die Stellung des Prinzen war durch das coupirte Terrain und

Ein Beitrag zur Geschichte des

304

verteidigungsfähige Dörfer sehr fest, aber durch die Länge von einer Meile zu ausgedehnt für die Zahl der verfügbaren Kräfte und hatte aufserdem die Maas im Rücken, über welche bei Viché 3 Brücken geschlagen waren. Der Marschall von Sachsen ging am 10. October über die Geer und lagerte zwischen Wilhogne und Hognoul mit der Absicht ,

am

folgenden Tage anzugreifen trotz der starken Stellung des Feindes ; ihn bewog dazu seine numerische Ueberlegenheit und die Hoffnung, dafs der nach einem Siege unfehlbar stattfindende Fall von Mastricht einen Separatfrieden mit den Generalstaaten zur Folge haben würde. Den Prinzen

von Lothringen ,

der nach dem erfolgten Fall von

Charleroi und Namur eigentlich keinen rechten Grund mehr hatte , sich den Chancen eines ungleichen Kampfes auszusetzen, bewog wohl der Gedanke, den ruhmlosen Feldzug mit einer Waffenthat zu schliefsen zur Annahme des Angriffs. Als am 11. morgens sich die französiche Armee in Bewegung setzte, um vorläufig in die Linie Lantin-Alleux zu marschiren, nahm Bei Slins , das erste Treffen der Alliirten folgende Stellung ein. Fexhe und Anixhe standen 10 österreichische Bataillone , bei Liers die hannoverschen Bataillone Garde und Zastrow , bei Voroux die hannoverschen Bataillone Böselager und Maydell , bei Raucoux 4 englische Bataillone und endlich bei Ans 4 holländische und 2 bayerische Bataillone.

Um 12 Uhr leiteten 36 französische Geschütze den Kampf gegen den linken Flügel der Alliirten ein, um 2 Uhr war er geworfen und zog sich in nördlicher Richtung zurück.

Erst um 4 Uhr begann der

Angriff auf Raucoux und Vauroux ; eine Stunde lang hielten sich die 6 Bataillone gegen 8 Brigaden, als aber beide Dörfer verloren waren, wurden die Bataillone Maydell und Böselager umzingelt , und was nicht todt , mufste sich ergeben .

Ein Teil des Centrums und der

rechte Flügel der Alliirten kam gar nicht ins Gefecht, der Prinz zog sich fast unverfolgt nach Mastricht zurück . Das Bataillon von Maydell verlor an Todten 5 Offiziere , 169 Mann , an Verwundeten 6 Offiziere , 172 Mann , unverwundet in Gefangenschaft gerieten 8 Offiziere und 300 Mann. Die Relation Scheithers lautet : Hochwohlgeborener Herr, Hochgebietender Herr General ! Ew. Excellenz erstatte ich hierdurch unterthänigen Rapport von der bei Rochow und Warow den 11. October vorgefallenen Aktion , so wie solche das Regiment von Maydell mit angehet ; wie nämlich solches vom General - Major von Zastrow dem Regiment Böselager linkerhand in einem Kamp postiret worden , habe ich neben und

österreichischen Erbfolgekrieges.

hinterwärts Divisions

305

durch die Hecken grofse Quartieren ,

en front marschieren können ,

wodurch halbe

machen und solches mit

Traversen bedecken , auf einen zwischen dem Maydellschen und dem Böfelagerschen Regiment von des Feindes Seite oben vom Berg herabkommenden Weg, fast auf die Hälfte vor und verhauen, das äufserste Ende aber , den Feind zu verführen , stehen , so dann die Kanonen linkerhand des Regiments und ein Peloton Grenadiers hinter den Verhack in den Hohlweg setzen lassen. Da nun der Feind angefangen , gegen Mittag die hinter obgenannten Dörfern postirten Regimenter zu canoniren , hat er dadurch dem Regiment von Maydell , weil solches etwas niedrig gestanden , anfänglich nichts schaden können. Bis endlich 8 feindliche Brigaden, jede von 4 Bataillons, namentlich Monaco , Beauvaisi , Champagne , Picardie , Navarre ,

Chartres ,

Orléans und Royal Grenadiers nach

2 Uhr mit grofsen Geschrei, insonderheit das Regiment von Navarre und de Mally nebst den 2 Bataillons Grenadiers auch das Regiment von Maydell Colonnenweise mit 1/2 Divisionen en front losgebrochen und tentiret, insbesondere an den Hecken so ich offen stehen lassen , in den Hohlen Weg durchzubrechen .

Der unvermuthete Empfang

aber derer in dem Weg verborgener Grenadiers auch die Kanonen mit Cartettschen, welche ganze feindliche ½ Divisionen niederlegten , behinderten den vorgehabten Einbruch, und obgleich auch der Feind en fronte linkerseits mit force aufdrang, wurde er doch zu 3 unterschiedenen mahlen durch ein Vives unaufhörliches Heckenfeuer repoussiret.

Als aber binnen der Zeit einige von den obbenannten

feindlichen Brigaden Gelegenheit gefunden, anderwärts zu überflügeln und ich den Feind sahe an beide Flanquen des Regiments rücken , Separirte ich das Regiment in 2 Divisionen und defendirte auf beide Flanquen , liefs auch wie das Regiment alle Patronen verschossen, beständig Munition zutragen. Da aber die Hessen und das Böselagersche Regiment sich etwas zurückziehen

wollen , und

das Regiment von Maydell ohne meine

Ordre , Ihnen zu folgen bereits den Anfang machte , setzte ich mich zwischen beiden Divisionen des Regiments mit den Fahnen und liefs Appel schlagen ,

da sich das Regiment denn auch sofort gehorsam

nieder setzte und beständig rund um sich feuerte . Als aber selbiges von allen Seiten auch rückwärts von ganzen Brigaden umringet und zuletzt die Artillerie - Pferde todt geschossen ,

auch der Artillerie-

Lieutenant Wedemeyer dreimal Blessirt war, auch sowohl Engländers , Hessen und Hannoversche mit dem Feinde pele mele Melliret waren und verschiedene Offiziers vom Regiment erschossen oder schon blessirt waren , so wurd endlich der Feind Meister , Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 3.

dergestalt dafs 21

306

Ein Beitrag zur Geschichte des

sich nichts mehr auf die Armee zurückziehen konnen , und da ich selber den Huth vom Kopfe durch einen Schufs verloren, doch ohne blessirt zu werden und von einer passirten Kanonen Kugel von der Luft übern Haufen geworfen , vier Contusionen empfangen.

wodurch ich über den rechten Knie Da bin ich denn gleichfalls in feind-

liche Hände gefallen und ob mir gleich ein französicher Offizier selbst den Degen abgenommen und ich mich selbigen zur Protection ergeben , so bin ich doch darauf von den Grenadiers Royal angepacket , welche mir alles bis auf die Kleidung , so sie mir gelassen , abgenommen, und als ich wegen der empfangenen Contusionen nicht so geschwind mit ihnen fortkommen können , haben sie mir verschiedentlich

die Bajonette in die Seiten gehalten und mich

zu

massacriren gedrohet und mit vielen Schlägen bin ich endlich auf die Höhe bei dem Marquis de Chabane angelanget , der mich in Protection genommen . Befohlen , dafs mir kein Leid zugefüget würde, und zu einem Offizier gesaget, er wolle es von ihm fordern. Die französischen Offiziere haben

mich darauf umzingelt ,

der eine

noch mehr Höflichkeit als der andere gezeiget , mein Sort beklaget, mir ihre kalte Küche und Cantines offeriret. Ich dankte sie aber, sagend, ich wäre vor diesmal ganz satt, obgleich ich den Tag nichts Des Abends wie alles vorbei , wurden die gesammte Gefangene, so bei mir auf die Höhe gebracht worden, sortiret und die Offiziere apart gesetzet , wobei der Prinz Isenburg und 21 hessische Offiziere und von uns und von Böselager 17 Offiziers waren ; was hernach zu uns kommen, war denselben Abend nicht bei uns .

Dem

Prinz und mir gaben sie Reitpferde , die andern mussten zu Fuss gehen und brachten uns nach Othey , woselbst wir nach Msr. l'Intendant General de Schelle gebracht wurden. Er liefs eine Souppé serviren und als wir gegessen und getrunken hatten, trieb man den Prinz von Isenburg und uns alle in eine Scheune im Stroh und andern Morgens wurden wir

alle nach Tongern auf eben die Art,

wie vorigen Abends nach Othey gebracht , daselbst wurden wir in ein Göllen Haus geführet und uns ein grofser Saal angewiesen. Den Mittag aber wieder bei Msr. l'Intendant General de Schelle zur Tafel gebeten und recht Superbe tractiret , und auch offeriret nach Gefallen in Tongern zu gehen , wo wir wollten, uns wurde auch offeriret so viel Geld als gefällig zu haben. Unser Aufzug war all courieux, weil mancher und ich auch selber keine Hüthe , mancher keinen Rock an hatte , und mancher im blofsen Hemde einherging .

Ich behielt

aber dabei noch das Glück (dafs , weil ich nebst verschiedenen andren Sachen noch Silbern Vergoldete Uhr und Tombachne Tabatière , so sie vielleicht beides vor Gold angesehen, und weil ich eine Börse von

österreichischen Erbfolgekrieges.

307

73 Ducaten, auch 2 Reitpferde mit voller Equipage ihnen überlassen müssen) meine ganze Kleidung, Ringkragen und Escharpe inzwischen die Schläge insbesondere zu behalten . Der Verlust , so ich erlitten, übersteiget den Betrag von einer Summa über 600 Thaler. Die Offiziere haben alles bei sich gehabte verlohren, wobei sie sehr übel gehandhabet worden. - Den 18. October haben wir allerseits bei dem Duc de Biron und den 14. bei dem Marschall de Saxe selber gegessen und aller dieser Orten wurden uns täglich die Tafel offeriret. Um aber Ew. Excellenz unsern Schuldigsten Rapport von allen am besten abzustatten , haben der Major Böselagerschen Regiments von Plato sowohl als ich bei dem Marschall de Saxe Urlaub gebeten und auf 4 Wochen solchen erhalten . Ich nach meiner Wenigkeit bescheide mich nichts mehr als meine Schuldigkeit gethan ,zu haben. Bitte mir aber als höchste Gnade aus , denen mir im Maydellschen Regiment nachgesetzten Offiziers , wegen ihres in der Action überhaupt bezeigten Eifers, woran es ein jeder den andern zuvor thun wollen , es in Gelegenheit Hoher Vorsprache geniefsen zu lassen. Mit äussersten Respect verharrend

Ew. Excellenz etc. Zweimal bat Scheither , der in die Heimat gereist war , um Verlängerung seines Urlaubes zur Regelung

Marschall

den von

Familien-Angelegenheit. Auf jedes Gesuch erfolgte die Genehmigung des Marschalls mit ein Paar verbindlichen Worten von der Hand desselben.

21*

Betrachtungen über die Dauer

308

XVIII.

Betrachtungen über die

Dauer zukünftiger Kriege

und deren Mittel.

Von A. Dittrich, K. und K. Landwehrhauptmann .

(Schlufs). Wenn der deutsch - französische Krieg im Vorhinein nicht nach den vorhergegangenen beurtheilt werden konnte, so darf man ebenso wenig nach diesem Kampfe die Kriege der Zukunft darstellen wollen. In jedem in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts geführten gröfseren Kriege wurden immer gröfsere Streitkräfte als in dem vorhergegangenen aufgeboten.

Der Krimkrieg wurde von dem

Feldzuge 1859 , dieser von dem Kriege 1866 und dieser von dem deutsch-französischen Kriege in Bezug auf die Zahl der beiderseits auftretenden Streitmassen übertroffen . Der letzte russisch-türkische Krieg kann nicht in Betrachtung genommen werden .

Wohl leisteten

die Türken und die Balkanstaaten Alles , was sie nach ihren Kräften leisten konnten , aber Rufsland hätte unstreitig mit einer noch grösseren Macht auftreten können , wenn sein Mobilisirungs- und Verpflegungsapparat besser gewesen wäre und man sich in leitenden russischen Kreisen die Sache nicht gar zu leicht vorgestellt hätte. Vergleicht man die Truppenmassen , welche 1870-71 von Deutschland und Frankreich (von diesem mit Einrechnung der schon in der ersten Hälfte des Feldzuges in Gefangenschaft geratenen Armee) aufgestellt wurden , mit den Zahlen, welche die jetzige Organisation der deutschen und französischen Heeresmacht aufweist, so entnimmt man, dafs in einem künftigen Kriege beide Staaten mindestens die doppelte Zahl von Streitern als in dem gedachten Kriege werden aufstellen können .

Eben so ist es mit Österreich, Italien und den

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

309

meisten Staaten zweiten und dritten Ranges, während der russische Heeresstand sich seither mindestens verdreifacht hat. Das sind nun gewaltig geänderte Verhältnisse, mit denen gerechnet werden mufs und welche ebensowenig als die übrigen ver. änderten Umstände , unter welchen der nächste Krieg stattfinden kann, unberücksichtigt bleiben dürfen. Frankreich ist bekanntlich ein hochkultivirtes und geldreiches Land, welches nicht nur die eigene, sondern auch einen guten Teil der feindlichen Armee erhalten konnte. Wenn seine Heeresorganisation sich anfänglich der Zahl der aufzustellenden Truppen nach als ungenügend erwies, so kam dieser Umstand dem Lande insofern zu Gute, als es deshalb noch hinreichende Kraft zur Erhaltung der deutschen Truppen behielt. Für jeden Soldaten, welchen die französische Heeresverwaltung zu wenig aufgestellt hatte , konnte ein deutscher Soldat von dem Lande erhalten werden , während anderseits die Erhaltung einiger Hunderttausende Gefangener von Seiten Deutschlands sehr schwer empfunden worden wäre, wenn dieses auch noch für den völligen Unterhalt seiner im feindlichen oder eigenen Lande stehenden Armee hätte sorgen müssen. Die Folgen der Unfähigkeit der französischen Heeresverwaltung kamen in gewisser Beziehung der Bevölkerung des Landes , aber noch mehr den Deutschen zu Gute . Im entgegengesetzten Falle, wenn nämlich die Franzosen,

eine gleich grofse Macht auf-

geboten hätten und in Deutschland eingedrungen wären oder wenn beide Teile einander zum Stehen gebracht hätten, wäre die Erhaltung der Truppen für längere Zeit beiden Teilen, den Deutschen aber vielleicht in noch höherem Grade als den Franzosen eine fast unerträgliche Last geworden. *) Wie wird sich die Sache nun bei einem Aufgebote der doppelten Streiterzahl gestalten? Das Volk, das heifst der nicht der Armee angehörende Teil desselben ist der Ernährer des ihn verteidigenden Teiles des Volkes , also der Armee . Der Wehrstand mufs von dem Nährstande erhalten werden !

Je gröfser die Armee, desto gröfser die der Be-

völkerung auferlegte Last.

War die Erhaltung einer Armee auf dem

noch vor zwanzig Jahren als ausreichend angenommenen Kriegsstande äufserst schwierig, je nach den Vermögensverhältnissen des betreffenden Landes nur auf eine gewisse jedoch gewifs nicht sehr lange Zeit möglich, wie mufs sich erst die Lage erschweren , wenn der Stand der Armee um das Doppelte erhöht wird? *) Deutschland wäre aber dann, weil seine aufgewendeten Kriegskosten noch grösser gewesen wären, zur Forderung einer noch höheren Kriegsentschädigung berechtigt gewesen!

Betrachtungen über die Dauer

310

Man würde sehr irrig rechnen ,

wenn man diese Frage damit

beantworten würde, dafs , „ nachdem die Armee verdoppelt worden sei , sich einfach auch die Last verdoppeln werde " .

Wie schon früher

angedeutet wurde , pflegten die Kämpfer eines früheren sogenannten 97 Volkskrieges " gewöhnlich selbst für ihre Verpflegung und ihre andern Bedürfnisse zu sorgen . Kampfe beteiligen.

Leicht konnten da alle Männer sich an dem

Sie vertauschten einfach, je nachdem die Ge-

legenheit es erheischte, die Flinte mit dem Spaten.

Und wenn die

Kämpfer ganz von ihrer kriegerischen Thätigkeit in Anspruch genommen wurden, so sorgten Weiber und Kinder für die Herbeischaffung des Lebensunterhalts und trugen nötigenfalls ihren Gatten und Vätern die frugale Mahlzeit auf ihre Posten zu, wie sie auch den Transport der Munition besorgten oder selbst am Kampfe sich beteiligten, wie es ja in so manchen früheren Insurrektionskriegen und neuerlich bei den Montenegrinern und den Empörern in der Crivoscie vorgekommen ist. Das moderne Volksheer " aber läfst sich in dieser Hinsicht auch weniger als in irgend einer andern mit den „ Volkskämpfern " der vorerwähnten Gattung vergleichen . Für den Unterhalt eines jeden Mannes mufs da vom Staate" , also von von der nicht unter den Waffen stehenden Bevölkerung ebenso gesorgt werden, als es zur Zeit der Heere früherer Zeit der Fall war. Und wenn die spanischen Miquelets, die gräco-slavischen und andere Gebirgsbewohner

bei

der kümmerlichsten Nahrung

eine fast un-

glaubliche Ausdauer bethätigen, mufs der Reserve-, Landwehr- oder Landsturmmann unserer Heere dieselbe Ration wie der Liniensoldat erhalten und zwar nicht allein, um das Prinzip der Gleichberechtigung zu wahren, sondern weil ein grofser Teil der Mannschaft, so z. B. die an oft überreichliche Nahrung gewöhnten Ackerbauer aus den Flachlandgegenden oder die oft sehr verkümmerte Handwerkerbevölkerung der grofsen Städte

(die so zu sagen erst aufgefüttert

werden mufs ) ohne reichliche und kräftige Nahrung sehr bald den Anstrengungen eines Feldzuges erliegen würden . Jeder der Armee zugeteilte Mann vermindert die Zahl der Ernährer der ersteren. Mit dem Anwachsen des Wehrstandes nimmt und zwar nicht in gleichem, sondern in rapid wachsendem Maſse der Nährstand ab. Kinder, Greise und Kranke können nicht für Andere sorgen, sondern müssen von Anderen erhalten werden . Dieselben müssen also , sowie ein grofser Teil des weiblichen Geschlechtes Die Zahl der von der Zahl der Ernährer abgerechnet werden. Letzteren wird aber durch Arbeitsuntaugliche, Erwerbslose, Vaganten und Inhaftierte noch mehr verringert. Arbeiter, Handwerker und alle in Staats-, öffentlichen und Privatdiensten Stehenden können nur

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

311

dann den Ernährern beigezählt werden, wenn sie Steuern zahlen , was nun bei der Mehrzahl nicht der Fall ist , weil sie nach der geringen Höhe ihres Einkommens wenigstens keiner direkten Steuer unterzogen werden können. Der Hauptanteil der Ernährung fällt also der mit der Landwirtschaft sich befassenden Bevölkerung zu . Wohl liefern auch die , alle Bewohner treffenden indirekten Steuern und die von dem Handel und der Industrie entrichteten Zölle und Abgaben bedeutende Summen, aber in den meisten Fällen, zumal in den mittleren und östlichen Staaten Europas fällt der ländlichen Bevölkerung der Löwenanteil der Ernährung der Armee und eines grofsen Teiles der übrigen Bewohner des Landes zu. Sie entrichtet nicht nur die Steuern , sondern sie mufs auch die Bedürfnisse, welche mit den aus den Abgaben fliefsenden Summen . vom Staate für die Armee angekauft werden oder zum Lebensunterhalt der übrigen Bevölkerung dienen, erzeugen und herbeischaffen. ist also im doppelten Sinne die Ernährerin der Armee.

Sie

Der Betrieb der Landwirtschaft in den meisten Ländern Europas bedarf mehr oder minder tüchtige männliche Arbeiter und kann von Frauen und Kindern allein nicht wohl betrieben werden. Nun aber ist gerade die ländliche Bevölkerung im Durchschnitt kräftiger als alle andern Bewohner und sie liefert daher verhältnifsmäfsig wie absolut den gröfsten Teil der tauglichen und wegen ihrer Tauglichkeit in die Armee eingereihten Militärpflichtigen . Die Zahl der ཥ་Ernährer", welche sich nach den früher angedeuteten Abstrichen ohnedem bedeutend vermindert hat,

mufs durch den so sehr erhöhten

Kriegstand der Heere in bedenklicher Weise zusammen schrumpfen . ,,Die für die Armee erforderlichen Vorräte werden demungeachtet im Inlande erzeugt werden können oder müfsten im Auslande angekauft werden".

Mit diesen recht hübsch klingenden Worten dürften viel-

leicht die früher ausgesprochenen Bedenken beantwortet werden. Aber es sollen von den Landwirten die Lebensbedürfnisse nicht nur für die Armee , sondern auch für die übrige Bevölkerung , oder doch wenigstens der gröfsere Teil dieser Lebensmittel erzeugt werden . Wird dieses möglich sein? Man höre nur die Klagen der Landwirte und lese die zahlreichen Eingaben und Gesuche der Gemeinden und Landtage vor und während der Erntezeit, wie da geklagt wird, dafs so viele Hände gerade zur dringendsten Zeit der Feldarbeit entzogen würden und für wie viele Männer darum um Enthebung von der Einrückung zu den Waffenübungen ersucht wird .

Die Klagen und Beschwerden mögen wohl

zum Teile übertrieben sein, aber ganz unbegründet sind sie gewils nicht. Und doch handelt es sich da immer nur um einen Teil der

Betrachtungen über die Dauer

312

Reservisten, Ersatzreservisten , welche obendrein nur für kurze Zeit einrücken , während von der ungeheuren Zahl der Landsturmmänner gar Niemand einberufen und auch bei den Erstgenannten in besonders dringenden Fällen Rücksicht genommen wird. Wie dann aber , wenn Reserve , Ersatzreserve , Landwehr und selbst der Landsturm einberufen werden und dem Betriebe der Landwirtschaft durch längere Zeit entzogen bleiben? Und die Zahl der landwirtschaftlichen Arbeiter wird in einer solchen Zeit noch dadurch verringert werden , dafs viele derselben , welche nicht mehr militärpflichtig sind, die Gelegenheit benutzen werden , um eine Stelle im öffentlichen oder Privatdienste und an offenen Posten wird es ja dann nicht fehlen zu suchen. Dafs

oder eine einträglichere und leichtere Arbeit

eine solche Stockung des Betriebes der Landwirt-

schaft , die überdies durch die Entziehung eines grofsen Teiles ihrer unentbehrlichsten Hilfskräfte , nämlich durch die Abgabe so vieler Pferde und später den Verkauf des Hornviehes in einer kaum zu berechnenden Weise gehemmt wird, notwendig auch das Erträgnifs der Steuern in bedeutendem und mit der Länge der Zeit stets wachsendem Mafse herabmindern mufs , bedarf keines Beweises. Während die Zahl der Produzenten und der Steuerzahlenden , also der Ernährer der Armee und des Volkes sich fortwährend vermindert, wird die Zahl der zu Ernährenden bei längerer Dauer des Krieges rapid zunehmen.

Die Verluste der Armeen werden durch

Heranziehung frischer Jahrgänge , Freiwillige und auf andere Weise ergänzt werden. Aber diese Verluste bestehen nicht allein aus Toten und Vermifsten , welche gänzlich oder für eine Zeit aus der Verpflegung ausgeschieden werden, sondern auch aus Kranken und Verwundeten , für welche ebenfalls gesorgt werden mufs. Wenn auch bei dem heutigen Stande der Heilkunde zu hoffen ist, dafs die Mehrzahl der in den Spitälern Befindlichen dieselben geheilt verlassen und die Lücken bei den Truppen ausfüllen wird , so werden doch sehr viele durch lange Zeit in der ärztlichen Behandlung verbleiben oder als invalid entlassen und dann auch versorgt werden müssen. Der Verpflegungsstand der Armeen wird sich also stets vermehren, abgesehen von den ebenfalls zu ernährenden feindlichen Gefangenen, Überläufern , Flüchtlingen aus einem befreundeten Staate und vielen anderen Personen .

Die Soldaten der früheren Zeit waren nur ausnahmsweise verehelicht * ) ,

daher der Staat nur ausnahmsweise für deren Weiber

*) Anmerkung. In manchen Staaten und zu gewissen Zeiten war übrigens die Zahl der verehelichten Soldaten sehr beträchtlich. Man denke nur an den die

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

313

und Kinder zu sorgen hatte. Dieses Verhältnifs änderte sich auch dort nicht bedeutend , wo zwar die allgemeine Wehrpflicht , jedoch nur eine kurze Dienstzeit im Heere bestand und das Aufgebot der Landwehr oder wenigstens deren Verwendung aufserhalb des Landes. nur für den äufsersten Notfall in Aussicht stand. Nun aber , wo fast überall der Unterschied zwischen den Formationen der ersten, zweiten und selbst dritten Linien nicht beachtet werden kann , weil das Vorgehen des Feindes zur Aufbietung aller verfügbaren Kräfte zwingt, wird die Zahl der zu den Waffen einberufenen Familienväter eine enorme sein . Hunderttausende von Weibern und Kindern oder anderen Familienangehörigen werden durch den Erlafs des Mobilmachungsbefehls ihrer Ernährer beraubt werden ! Es giebt dann nur zwei Fälle. Entweder werden alle diese Hilfebedürftigen vom Staate oder von ihren Gemeinden ernährt oder wenigstens unterstützt

Weiber, Buben und Dirnen in Ordnung haltenden ,,Waibl " der Landsknechtzeit und an den Trofs der Heere des dreifsigjährigen Krieges ! Doch auch im Heere des grofsen Königs wurde die Eheschliefsung selbst den gemeinen Soldaten nicht nur gestattet, sondern auch begünstigt. Im und nach dem Kriege machte die Versorgung so vieler Witwen und Kinder dem König freilich manche Sorge, doch hielt er trotzdem die Ehe für das beste Mittel , um die Geworbenen namentlich die Ausländer -- von der Desertion abzuhalten . Ähnlich war es in Österreich bis zur Zeit Josefs II. , der die bei jeder Truppe zulässige Zahl der verheirateten Soldaten feststellte. Diese Zahl wurde später wiederholt vermindert und betrug vor 40 Jahren nur 3 per Kompagnie , bis nach Einführung der allgemeinen Wehrpflicht die Ehebewilligung im Aktivstande nur den länger dienenden Unteroffizieren erteilt wurde. (Bei der der Reserve und Landwehr angehörenden Mannschaft besteht jedoch ebensowenig eine Beschränkung wie seinerzeit in der Militärgrenze. ) Bei den französischen Heeren im vorigen Jahrhundert war die Zahl der verehelichten Soldaten nicht beträchtlich, desto grösser aber oft die der - ,,Begleiterinnen !" Mit der Einführung der Kapitulationen , d. h. der Festsetzung einer bestimmten allerdings oft ziemlich bedeutenden Dauer der Dienstzeit , also seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts wurde in allen Armeen die zulässige Zahl der Soldatenehen mehr und mehr beschränkt und dort , wo man sich den heutigen Wehrinstitutionen näherte , den Soldaten des Aktivstandes die Ehebewilligung nur ausnahmsweise erteilt. Indessen waren die Heere der früheren Zeit gegenüber den heutigen klein und daher könnte die Zahl der Frauen und Kinder der Mitglieder dieser Heere mit den heutigen Verhältnissen nicht verglichen werden . Die Hauptsache aber war, dafs man bis zum Beginn des vorigen Jahrhunderts im allgemeinen für die Familien der Soldaten garnicht und auch später nur in sehr kümmerlicher Weise sorgte und die Versorgung mehr oder minder nur als Gnadensache und eine Verpflichtung des Staates als nicht bestehend betrachtet wurde. Die geringen Summen , welche damals als „,Abfertigung“ und „ dauernde Versorgung" ausbezahlt wurden, verschwinden gegen jene Beträge, welche jetzt schon vom Beginn der Mobilmachung zur augenblicklichen Unterstützung der bedürftigen Familien der Einberufenen erforderlich sein werden .

Betrachtungen über die Dauer

314 oder -- nicht.

Mag nun im ersteren Falle die vom Staate gewährte

Unterstützung noch so gering sein und nur den wirklich Bedürftigen erteilt werden, so werden im ganzen doch sehr bedeutende Summen erfordert werden, welche sich bei längerer Dauer des Krieges durch die fortwährend wachsende Zahl der Bedürftigen beständig vermehren. Dennoch würde dieses noch das kleinere Übel sein. Denn im andern Falle würden die Familien der zum Waffendienste Herangezogenen auf ihre eigene Hilfe und die öffentliche Mildthätigkeit angewiesen. Beides würde nicht genügen. Wenn auch die Hinweisung auf die erstere nur in einzelnen Fällen zum Laster oder Verbrechen und zu Thaten der Verzweiflung führen würde , so könnte der Einfluss auf die allgemeine Stimmung nur ein höchst ungünstiger sein . Ebensowenig würde die private Mildthätigkeit , die zu dieser Zeit ohnedem von anderer Seite , als z. B. Pflege der Kranken und Verwundeten, Unterstützung der Bewohner zerstörter Ortschaften u . s . w. vielfach in Anspruch genommen werden wird , nicht genügen ; es müfsten schliefslich doch die Gemeinden und öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten die Sorge für diese Bedauernswerten übernehmen. Das würde aber vielleicht erst geschehen oder geschehen können , wenn der allgemeine Hilferuf und mehrere bekannt gewordene Fälle des gröfsten Elends die allgemeine Stimmung in der nachteiligsten Weise erregt haben würden. Die bestgesinnteste und opferwilligste Bevölkerung kann dann wenn auch nur für einige Zeit und an manchen Orten verzagt, ja widerwillig werden ! Aber auch auf die Stimmung der Truppen kann die Sache einen Nur zu leicht wird der Mann , besonders der

üblen Einfluss haben .

seit langer Zeit nicht mehr an die Disziplin gewöhnte, also besonders der Landsturmmann oder der erst eingereihte Ersatzreservist bei dem Gedanken an seine unversorgte und in Not lebende Familie , wenn er auch die erste Zeit froh und mutig ausgehalten , bei längerer Dauer des Krieges verdrossen und mutlos werden oder er wird, in das Unvermeidliche sich fügend , sich für sein Mifsgeschick auf eigene Faust schadlos zu halten suchen, d. h. gegen wehrlose Feinde und die friedlichen Bewohner des feindlichen Landes gewaltthätig und grausam verfahren . Die bei den früheren mäſsigstarken Heeren nur nach langer Dauer des Krieges eingetretene Verwilderung dürfte sich bei den heutigen gewaltigen Heeren in sehr kurzer Zeit einstellen . - Entmutigung und Verwilderung es ist das Eine so traurig wie das Andere und kann nur die übelsten Folgen haben ! Von einer umsichtigen Heeresverwaltung mufs vorausgesetzt werden, dafs sie schon im Frieden darauf bedacht ist, alle Bedürfnisse des Heeres in einem Kriege sicher zu stellen.

Es wird dieses schon

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

315

für den Beginn wegen der so sehr vermehrten Stärke der Heere weit schwieriger als früher sein , mufs aber doch als durchgeführt angenommen werden. Aber auf welche Zeitdauer wird sich diese Vorsorge zu erstrecken haben ?

Diese Frage kann niemand mit Bestimmtheit beantworten , wie auch niemand die Ereignisse vorhersehen kann , welche die Ergänzung dieser Bedürfnisse beschleunigen oder verhindern . Zerstörte oder weggenommene Magazine, Fabriken.

und

Proviantkolonnen , Eisenbahnunfälle , Feuersbrünste , Überschwemmungen , Viehseuchen und so manche andere Dinge können die sorgfältigsten Entwürfe durchkreuzen . Dennoch mufs man annehmen , dafs man auch auf solche Vorkommnisse gefafst sein wird. Auf einen von allem Anfang an durchaus günstigen Erfolg, auf einen durchaus siegreichen Verlauf des Krieges zu rechnen, wäre thöricht,

wennschon man noch weniger im voraus das Schlimmste besorgen soll . Eine pessimistische Heeresleitung ist ebenso übel daran als eine übermütig zuversichtliche . So darf also bei der Berechnung der Bedürfnisse der Truppen und natürlich in erster Linie der Lebensmittel keineswegs darauf gerechnet werden , dafs die Armee sofort nach Eröffnung der Feindseligkeiten sich auf gegnerischem Gebiet wird ausbreiten und auf Kosten des Feindes leben können. Es wird schon viel sein , wenn man mit einiger Sicherheit voraussagen kann , dafs wenigstens das eigene Gebiet gegen einen gröfseren feindlichen Einfall geschützt erscheint. Im günstigsten Falle werden beide Teile für eine Zeit auf dem eigenen Gebiete oder nicht weit von demselben entfernt, einander gegenüberstehen und nur unbedeutende Teile des gegnerischen Landes besetzt halten , daher zumeist nur auf ihre eigenen Hilfsquellen angewiesen sein. Bei der grofsen Stärke der sich gegenüberstehenden Armeen sind auch grofse und sehr verlustreiche Schlachten zu erwarten. Nach einem solchen Kampfe wird auch der Sieger so erschöpft, daſs er an eine ausgiebige Verfolgung selten denken kann , und anderseits

der Besiegte ,

auf die hinter ihm sich sammelnden

Reserven gestützt, nicht zu rasch zurückzugehen braucht.

Der Gewinn

an Terrain wird also nicht bedeutend sein oder wenigstens keine augenblicklichen materiellen Vorteile bieten , da auch in einem wohlhabenden und dichtbevölkerten Lande diese Gegend von dem Feinde vollkommen ausgesogen sein wird. In einem wenig bebauten und bevölkerten Lande ist die Sache noch schlimmer und wenn sich etwa der Feind unter Zerstörung oder Fortnahme der noch vorhandenen Vorräte rasch, vielleicht ohne dazu genötigt zu sein , zurückzieht , so wird die Herbeischaffung der Bedürfnisse mit grofsen Schwierigkeiten verbunden sein.

Die hieraus

Betrachtungen über die Dauer

316

erwachsenden Nachteile können vielleicht dem Schaden gleichkommen, welchen die Besatzung eines Teiles des eigenen Gebietes durch den Feind und der damit verbundene Entfall der Hilfsquellen und besetzten Gebietes bedeuten würde . Keine Intendanz kann und wird daran denken , sämmtliche für den Bedarf der Truppen erforderlichen Lebensmittel auf längere Zeit vorrätig zu halten, vielmehr mufs sie sich aus verschiedenen Gründen (ungenügender Raum der Magazine , Gefahr des Verderbens bei längerer Aufbewahrung, Kostenpunkt u. s . w. ) damit begnügen , nur die Beistellung und den Transport aller Bedürfnisse sicherzustellen. Das wird aber bei einem länger dauernden Kriege mit fortwährend wachsenden Schwierigkeiten und Kosten verbunden sein. Der Satz von den drei Geld ,

zur Kriegführung unentbehrlichen Dingen , nämlich Geld und wieder Geld bleibt immer richtig , wenn auch

manche Beispiele dafür angeführt werden können , dafs man durch Monate , ja selbst Jahre Krieg führen konnte , ohne den Truppen ihren Sold auszubezahlen . Aber die Lebensmittel und so viele andere Dinge werden doch bezahlt werden müssen.

Die bei einem

glücklichen Verlaufe eines Krieges gemachten Requisitionen und Contributionen , sowie die erbeuteten feindlichen Vorräte werden nicht genügen . Jener Teil des eigenen Gebietes , auf welchem die Armee ihren Aufmarsch bewirkte , wird bald ganz ausgesogen sein und die Zufuhren werden aus immer entfernteren Gebieten bewirkt werden müssen. Es wird demnach schon der Transport der Bedürfnisse mehr als im Anfange kosten . Es wäre sehr irrig , wenn man behaupten wollte, dafs die vermehrten Transportauslagen

die einzigen Mehrausgaben wären oder

gar dafs einfach die Bedürfnisse eines Teiles der Bevölkerung , nämlich der Armee, auf einer Stelle zusammengebracht werden müfsten, statt von eben diesem, im Frieden über das ganze Reich verteilten Teile der Bevölkerung an verschiedenen Orten verzehrt zu werden .

Die

im Kriegsfalle bei der Armee vereinigten Hunderttausende von Landleuten , Arbeitern, Handwerkern u . A. werden ungleich mehr zu ihrer Ernährung bedürfen ,

als wenn sie ihre gewohnte

Be-

schäftigung in der Heimat betreiben , da die Beköstigung der meisten dieser Leute an Quantität und Qualität - namentlich in Bezug auf die Fleischnahrung hinter jener des Soldaten (nach der Kriegsration) zu stehen pflegt ! Auch wird der Einzelne in der Regel seine Nahrung billiger kaufen , als sie der Staat für den Soldaten herbeizuschaffen vermag .

Die Menge der Lebensmittel für die Truppen kann mit

Dem, was für die Bevölkerung eines Bezirkes von gleicher Kopfzahl

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

317

genügend erscheint, nicht verglichen werden und es sind daher auch die Kosten weit gröfser. Die Einberufung aller oder der meisten Wehrpflichtigen wird , wie früher nachgewiesen wurde, einen hindernden Einfluss auf den Betrieb der Landwirtschaft nehmen , was notwendig eine fortwährende Verminderung der Produktion zur Folge haben mufs . Wurde unter gewöhnlichen Umständen so viel Getreide und Vieh produzirt , dafs ein Teil davon ausgeführt werden konnte , so wird jetzt bald der eigene Bedarf nicht mehr gedeckt werden können. Dieses wird besonders in Bezug auf das Schlachtvieh der Fall sein . Der Bestand des Letzteren kann übrigens sehr leicht noch durch Man wird sich bei der eine andere Ursache vermindert werden . Verproviantirung des Heeres nicht blos auf das gesunde und kräftige Steppenvieh beschränken können, sondern die Tiere kaufen, wo man sie findet. Die grofsen der Armee folgenden Herden von Schlachttieren können aber nicht unter Dach gebracht werden, sondern werden im Allgemeinen zu jeder Jahreszeit unter freiem Himmel verbleiben müssen . Das Vieh der meisten Landwirte , noch mehr aber jenes aus den grofsen Mästereien ist ziemlich verweichlicht und wird nicht nur sehr rasch an Gewicht verlieren , sondern auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen zu Grunde gehen. Ja es ist bei so grofsen Ansammlungen der Ausbruch von Viehseuchen leicht. möglich. Auch mufs berücksichtigt werden , dafs dieses Vieh ungleich besseres Futter erhalten mufs , als es in der Heimat bedarf. Die Abfälle , mit welchen es in den heimischen Ställen genährt wird, gehen nun unbenützt verloren, was zwar nicht für die Armee , wohl aber für die betreffenden Landwirte und somit indirekt für das Allgemeine ein Nachteil ist. Die Armee wird somit sehr bald auf die Zufuhr aus dem Auslande angewiesen sein . Es ist aber sehr wahrscheinlich , dafs die neutralen oder selbst befreundeten Nachbarstaaten , auch wenn von denselben kein ausdrückliches Ausfuhrverbot erlassen wird, sehr wenig werden liefern können , da sie für die Deckung des eigenen Bedarfes besorgt sein müssen . Sie werden entweder selbst am Kriege teilnehmen oder sich für alle Fälle vorsehen.

Erfolgte im Frieden

die Zufuhr aus dem feindlichen Staate , so hört mit dem Beginn des Krieges oder noch früher der Bezug von dort her gänzlich auf. Ein grofser Teil der Verpflegsbedürfnisse wird demnach aus weiter Ferne und auf grofsen Umwegen bezogen werden müssen , was eine weitere Verteuerung dieser Artikel bedingt. Damit ist die Sache aber nicht abgethan.

Mögen die abgeschlossenen Verträge noch so sicher und

bindend lauten , so werden die Lieferanten sehr bald aufser Stande

Betrachtungen über die Dauer

318

sein, ihren Verpflichtungen unter den vereinbarten Bedingungen nachzukommen . Sie müssen die Preise erhöhen . Die verminderte Produktion, der vermehrte Bedarf, die schwierigere Herbeischaffung , vielleicht auch die Entwertung des Papiergeldes oder mindestens die in solcher Zeit unvermeidlichen

Schwankungen des

Geldmarktes ,

Fallimente

bedeutender Handelsfirmen , Steuererhöhungen , die Verteuerung vieler anderen Bedürfnisse und viele andere Ursachen werden eine rapide Preissteigerung aller Verpflegungsartikel herbeiführen ,

ohne

dafs selbe durch übergewinnsüchtige Spekulation künstlich erzeugt zu werden braucht. Wenn das

bisher Bemerkte sich nur auf die Verpflegung der

Armee und die in einem längeren Kriege unausbleibliche schwere Schädigung überhaupt bezieht, so ist es doch selbstverständlich, dafs sehr bald auch die Beschaffung der übrigen Heeresbedürfnisse auf Schwierigkeiten stofsen und immer gröfsere Summen erfordern wird und auch die meisten andern Erwerbszweige die schwerste Einbufse erleiden werden.

Selbst Jene, welche sich mit der Erzeugung

und Lieferung der Kriegsbedürfnisse befassen , können zuletzt ebenfalls in den allgemeinen Ruin hingezogen werden . So wird die Nachschaffung der Bekleidung in mehr oder minder kurzer Zeit der Armeeverwaltung auch bei reichlich vorhandenen Geldmitteln viele Mühen und Verlegenheiten bereiten .

Die Magazine reichen im besten Falle

für die einmalige Bekleidung des ganzen Kriegsstandes und der ersten Nachschube aus, weil man schon der so schwierigen Conservierung wegen keine gröfseren Vorräte aufbewahren kann . Diese Magazine werden sehr bald gänzlich geleert werden und kann noch vor ihrer Wiederanfüllung die Nothwendigkeit eintreten, die Truppen neu zu bekleiden . Die Geschichte weils von mehreren Feldzügen, in denen die Truppen schon nach wenigen Monaten barfufs und halbnackt waren, zu berichten. Bonaparte konnte beim Herabsteigen von den Alpen seine schlechtbekleideten Soldaten auf die reiche lombardische Ebene verweisen,

wo sie Alles finden würden und -

er konnte später auch

die geweckten Hoffnungen erfüllen . Seine Armee war verhältnifsHeute würden die siegreich mäfsig klein und das Land sehr reich. vorrückenden Feldherren auch in einem wohlhabenden und industriereichen Lande nicht die Mittel finden, auch nur die Hälfte oder das Drittel ihrer Truppen neu zu bekleiden. Die Ergänzung mufs aus dem Inlande zugeführt werden . Die Erzeugung dieses Nachschubes dürfte möglicherweise durch den Arbeitermangel verzögert werden, so zahlreich auch die mit der Herstellung von Bekleidungsgegenständen sich befassenden Handwerker sind . Aber ein

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

319

grofser Teil dieser Handwerker wird sich bei dem Heere befinden und trotz des naheliegenden Auskunftsmittels ,

die z. B. dem Land-

sturme angehörenden einschlägigen Handwerker in eigene Arbeiterabteilungen zu vereinigen , wird die Erzeugung aus mehrfachen Gründen sich sehr verlangsamen .

Unbedingt aber werden die Kosten weit

gröfser sein, als es bei den im Frieden angeschafften Ausrüstungsgegenständen der Fall ist. Denn es wird nicht nur das Rohmaterial bedeutend im Preise steigen, sondern es werden auch die Arbeiter höhere Löhne erhalten müssen. Ähnlich wird es sich mit allen übrigen Ausrüstungsgegenständen sowohl des einzelnen Mannes wie der Truppen , mit Fuhrwerken , Lager- und Spitalgerät u. dgl . verhalten. Überall grofser und rascher Verbrauch , wenige oder ungeübte Arbeiter und steigende Rohmaterialpreise.

Und alle diese Übelstände

werden sich, je länger der Krieg währt, in steigendem Grade vermehren. Selbst um die Ergänzung der Bewaffnung können die Kriegführenden bei längerer Dauer des Krieges in Verlegenheit gerathen, obgleich wohl für keinen Zweig des Kriegsmaterials solche riesige Summen verausgabt und die gröfsten Vorräte an Waffen und Munition angehäuft wurden. Freilich mag ein grofser Teil dieser Vorräte aus 17 veraltetem Material " bestehen. Gerade die neuesten Waffen , namentlich Repetirgewehre und Schnellfeuergeschütze sind trotz ihrer soliden Beschaffenheit mehr als die früheren dem Unbrauchbarwerden durch die geringste Beschädigung oder Vernachlässigung ausgesetzt, so dafs , obschon keine Erfahrungen über das Verhalten dieser Waflen in einem grofsen Kriege vorliegen, die Zahl der schon in einem kurzen Kriege unbrauchbar werdenden. Stücke als eine sehr bedeutende angenommen werden darf. längeren Kriege würde es noch ärger werden.

In einem

Bezüglich der Nach-

schaffung würde es dieselben Übelstände wie bei jener des übrigen Kriegsmaterials

oder in noch höherem Grade geben,

da hier der

Mangel an geschickten Arbeitern noch empfindlicher ist und die Herstellung sich nur bei manchen Stücken und in beschränktem Mafse beschleunigen läfst. So ungeheuer auch die angesammelten Vorräte an Munition sein mögen, so können dieselben doch Dank unseren SchnellfeuerNoch läfst sich, waffen in sehr kurzer Zeit verbraucht werden . da jede Erfahrung fehlt und das rauchschwache Pulver als ein neuer Faktor von fast unbekannter Tragweite

hinzugekommen

ist ,

der

Munitionsverbrauch der künftigen Schlachten nicht annähernd berechnen. Er dürfte aber ein enormer sein. Wenn auch die früher angeführten Worte des F. Z. M. v. Hauslab nicht buchstäblich in Erfüllung gehen würden , so dürfte man doch

Betrachtungen über die Dauer

320

häufig auf das Alte zurückgreifen müssen und jener Staat,

welcher

sich nicht des „älteren " Materials um jeden Preis entledigte , dieses Zögern nicht zu bedauern haben. Die Kosten für die Erhaltung und Ergänzung all der angeführten Bedürfnisse entziehen sich fast jeder Berechnung. Wenn man aber erwägt, dafs in den meisten Staaten während des Friedens nahezu die Hälfte des Kriegsbudgets oder noch mehr für die Kosten der Anschaffung und Erhaltung der Kriegsvorräte in Anspruch genommen . wird und dafs der gröfste Teil von Dem, was im Laufe vieler Jahre angeschafft wurde, im Laufe eines Feldzuges verbraucht werden kann und bei längerer Dauer des Krieges vielleicht wiederholt, in gröfserer Menge und um einen weit höheren Preis als zur Zeit des Friedens nachgeschafft werden mufs , so kann man beiläufig die ungeheure Höhe der in einem künftigen Kriege aufzubringenden Summen ahnen ! In Bezug auf die Kosten der Erhaltung der Truppen selbst kann es genügen , darauf hinzudeuten, dafs der Kriegsstand einer Armee je nach der Organisation derselben das Vier- bis Sechsfache des Friedensstandes beträgt und die Verpflegung auf dem Kriegsfufse eine kostspieligere ist.

Die Rechnung ist hier ziemlich einfach , ergibt

aber ebenfalls ganz gewaltige Summen. Teils als zum Stande der Truppen gehörend , teils als ein Bedürfnifs derselben müssen die Pferde betrachtet werden. Aufser in besonders pferdereichen Ländern wird die Versetzung der gesamten Wehrmacht auf den vollen Kriegsstand nahezu Alles, was

sich

für den Truppengebrauch tauglichen Thieren im Lande befindet, Anspruch nehmen und man darf zufrieden sein , wenn nicht bei dieser Gelegenheit werden mufs .

zum

Pferdekaufe

im

Ausland

an in

schon

geschritten

Bei der Menge der im Stande der Armee befindlichen Pferde würde der unter ganz normalen Verhältnissen sich ergebende Abgang eine ziemlich bedeutende Zahl bilden. Dieser Abgang wird aber in der günstigsten Jahreszeit wegen der gröfseren Anstrengung ,

unge-

nügenden Wartung und Fütterung (was bei aller Vorsorge nie wird ganz vermieden werden können) und hauptsächlich wegen des Übernachtens im Freien ein weit gröfserer sein. Tritt dann die rauhe Jahreszeit oder andauernd ungünstige Witterung ein und kommt es zu gröfseren Zusammenstöfsen oder reifsen Epidemien ein ,

welche

Höhe wird dann dieser Abgang erreichen und mit welchen Schwierigkeiten und mit welchem ungeheuren Kostenaufwande wird derselbe gedeckt werden können?

Vielleicht kann man sich nach dem Angeführten eine Vorstellung

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

321

von den riesigen Summen , welche zur Erhaltung der in dem nächsten grofsen Kriege auftretenden ungeheuren Streitermassen und zur Herbeischaffung aller andern Kriegsbedürfnisse erforderlich sein werden, machen oder es geht die Sache über unsere Vorstellungen, weil die alsdann sich heranbildenden gänzlich verschiedenen Verhältnisse jede Berechnung illusorisch machen dürften ! Es wurde die Zahl der zu Ernährenden und die Menge der an-

zuschaffenden Bedürfnisse angedeutet. Wie steht es nun mit den Mitteln zur Ernährung und Anschaffung und wo sind diese Mittel und die Besitzer derselben zu finden ? einen Staat der leichteren Rechnung wegen Man nehme

von rund 40 Millionen Einwohnern an.

Noch vor zwei Menschen-

altern würde man es als eine besondere Leistung betrachtet haben , wenn dieser Staat eine Heeresmacht von einer halben Million durch längere Zeit erhalten hätte.

Vor zwanzig Jahren durfte man schon

von einer Million sprechen . Deutschland mit einer unter dieser Annahme stehenden Bevölkerung hatte gleichwohl gegen Ende des Krieges weit über eine Million aufgestellt .

Doch dürfen die aufser-

ordentlichen Erfolge der deutschen Heere nicht übersehen werden , welche seit dem Beginn des Krieges zum gröfsten Teile auf feindlichem Gebiete standen und dessen Hilfsquellen benützten . Frankreich stellte bekanntlich beim Beginn des Krieges in Allem eine halbe zuletzt mochte es allerdings wenn man die GeMillion auf fangenen in Deutschland und die Internirten in der Schweiz hinzuebensoviele Soldaten als Deutschland aufgebracht haben . rechnet Jetzt wird ein Staat von der gedachten Bevölkerungszahl eine Streitmacht von mindestens zwei Millionen (der Name der verschiedenen Formationsarten ist gleichgiltig) aufbieten müssen oder wenigstens können , um hinter den übrigen Staaten nicht zurück zu bleiben. Die Hälfte der Gesamtbevölkerung mufs für das weibliche Geschlecht in Abzug gebracht

werdee .

Letzteres überwiegt übrigens

in den meisten Ländern Mittel-Europas das männliche um eine nicht unbedeutende Zahl. Die zwei Millionen eingereihter Wehrpflichtigen repräsentiren ein Zehntel der gesamten männlichen Bevölkerung. Mindestens drei Zehntel entfallen auf Kinder und Knaben bis zum Alter von 15 Jahren ,

drei Zehntel auf Männer über

60 Jahre ,

Kranke , Krüppel und Erwerbsunfähige der wehrpflichtigen Altersklassen und endlich ein Zehntel auf Abwesende , die aus öffentlichen Mitteln Besoldeten und Erhaltenen u. s . w. Es bleiben somit zwei Zehntel der männlichen = ein Zehntel der gesamten Bevölkerung oder , wenn man die früheren Ansätze für zu hoch erachtet, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 3. 22

Betrachtungen über die Dauer

322

doch höchstens ein Achtel der letzteren .

Bei der Aufstellung eines

Heeres von nur einer Million ist das Verhältnifs ungleich günstiger. Die von der Zahl der männlichen Bevölkerung abzurechnenden sieben Zehntel

bleiben

halbes Zehntel

aufrecht ,

dagegen

beträgt

die Armee nur ein

ein Zwanzigstel und es verbleiben fünf Zwanzigstel

oder ein Achtel oder Siebentel der gesamten Bevölkerung.

Der

Unterschied tritt aber deutlicher bei der Vergleichung des Verhältnisses der Stärke der Armee gegenüber jenen „ Übrigbleibenden “ in dem einen und anderen Falle hervor. Diese Übrigbleibenden " sind es , welchen hauptsächlich die Erhaltung der Armee sowie die Herbeischaffung aller Bedürfnisse derselben zufällt . Es soll zwar nicht behauptet werden , dafs sie auch die Erhalter der übrigen sieben Zehntel der männlichen und der gesamten weiblichen Bevölkerung sind , da ein grofser Teil der letzteren , wie auch der im Jünglings- und Greisenalter Stehenden für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen vermag. In Bezug auf die Erhaltung der Armee aber ist von den gedachten Teilen der Bevölkerung gewifs nicht viel zu verlangen. Ist die Armee eine Million stark, so kommen auf jeden Mann derselben fünf Mitglieder der beitragleistenden Klasse, wogegen bei einer Armee von zwei Millionen jedem Wehrmanne nur zwei dieser 27 Contribuenten" entgegen stehen. Das ist ein sehr verschiedenes Verhältnifs ! Die von Letzteren geforderten Leistungen haben sich auf das Zweieinhalbfache erhöht und müssen sie zudem auch zu den andern Staatsbedürfnissen beitragen, während ihre Leistungsfähigkeit vom Beginn an wesentlich verändert erscheint. Denn ein bedeutender Teil der die zweite Million bildenden Wehrpflichtigen trug bis zur Einberufung nicht unbedeutend zu den Staatseinnahmen bei , aus welchen er nun erhalten wird . Die Leistungsfähigkeit wird sich aber fortwährend und in rasch zunehmender Weise vermindern . Die Teuerung der meisten Lebensbedürfnisse , der Rückgang der meisten Gewerbe und Handelszweige, sowie des Geschäftsverkehrs überhaupt und alle übrigen den Volkswohlstand beeinflussenden Folgen der durch die allgemeine Mobilmachung und den Krieg herbeigeführten Änderung aller Verhältnisse müssen notwendig eine Erschlaffung und bei längerer Dauer eine erschreckend zunehmende Verminderung der Steuerkraft herbeiführen . Und wenn die Letztere versagt, pflegen auch die andern Mittel zur Geldbeschaffung ,

Anlehen ,

Ver-

käufe und Verpfändungen nur geringen Ertrag zu liefern . Es könnte jedoch bemerkt werden , dafs auch schon Kriege ohne Geld geführt worden sind und dafs das Unentbehrlichste das lebende Material ist , da sich ohne Mannschaft absolut kein Krieg führen

zukünftiger Kriege und deren Mittel .

323

läfst.

Das ist richtig, wenn auch die angebliche Kriegsführung ohne Geld bei näherer Betrachtung ganz eigentümlich aussieht. Denn es ist entweder doch Geld beschafft worden oder es wurde an dessen Stelle Geldeswert substituirt, was dann gewöhnlich eine noch grössere und bleibende Verarmung des Landes zur Folge hatte. Aber das lebende Material wird Dank der allgemeinen Wehrpflicht immer beschafft werden können und das 99 unerschöpfliche MenschenReservoir " wird sich nicht vermindern , so lange die Bevölkerung des Landes sich nicht bedeutend vermindert , was bei einem länger dauernden Kriege doch nicht ausbleiben kann. War es ja auch am Ende der langen Kriege des 17. und 18. Jahrhunderts zur Zeit der kleinen und aus geworbenen oder geprefsten Soldaten bestehenden Armee schwer, die Truppen auf ihren Sollstand zu bringen. Um die Zahl der Kriegsleute braucht man also nicht besorgt zu sein, wohl aber wird die Qualität sehr bald in bedenklicher Weise abnehmen ! Je gröfser die Abgänge, um so mehr wird man die jüngsten und ältesten Jahrgänge, ja durch eine Gesetzesänderung noch nicht “ und „ nicht mehr" Wehrpflichtigen , sowie die Mindertauglichen heranziehen müssen . Auch die Schulbildung wird bei dem späteren Ersatz zu wünschen lassen , was um so fühlbarer sein die

müſste, da die theoretische Heranbildung der Chargen bei der Truppe entfallen würde . Da ein Teil des Lehrkörpers namentlich der Mittelschulen zum Waffendienste einberufen wird, so müfste man bald auch um den Offiziersnachwuchs in Verlegenheit kommen . Allerdings will man, um diesem Übelstande vorzubeugen, durch verschiedene Mittel den Militärschulen und Lehranstalten die Fortsetzung ihrer Thätigkeit nach der erfolgten Mobilmachung ermöglichen, doch dürfte der Erfolg ein bescheidener sein. Sehr bald würde es diesen Schulen wenn nicht an Schülern , so wenigstens an Schülern mit genügender Vorbildung fehlen, was auf die Störungen des Unterrichts an den Mittel- und Hochschulen zurückzuführen sein würde. Jeder auf irgend einen Punkt des staatlichen und gesellschaftlichen Organismus ausgeübte Druck würde sich bald auch an andern Stellen bemerkbar machen. Durch die Einberufung so vieler Studierenden würde bald der Nachwuchs an Ärzten, Juristen, Technikern u . s. w. sehr merkbar vermindert werden. Die Folgen würden zwar auch nach einem kurzen Kriege bemerkbar sein, dann aber leichter verschmerzt und ausgeglichen werden können ; sie würden aber während eines langen Krieges die traurigsten Verhältnisse heranbilden. Eine für die Armee besonders empfindliche Rückwirkung würde sich in der Degenerirung des Sanitätspersonales zeigen ! Es würde zu weit führen, sollten alle die traurigen Folgen ge22*

Betrachtungen über die Dauer

324

schildert werden , welche sich bei längerer Dauer eines mit dem ganzen Aufgebot der verfügbaren Wehrkraft geführten Krieges notwendig einstellen müssen . Es sind diese Folgen von verschiedenen dadurch zunächst Bedrohten angegeben, wenn auch noch von Keinem in ein übersichtliches Ganzes zusammen gefafst worden.

Die Kriege

der Zukunft werden nicht um unbedeutender Ursachen willen geführt werden, sie werden wahre Volkskriege sein ,

nicht nur,

weil

der

gröfste Teil der wehrpflichtigen Männer des Volkes mitkämpfen , sondern weil auch die übrige Bevölkerung den Krieg als eine ihr Lebensinteresse berührende Sache betrachten wird. Liebe zum Vater-

1

lande, Anhänglichkeit und Ergebenheit gegen den Herrscher und die feste Überzeugung von der Gerechtigkeit der eigenen Sache werden jedoch die Opferwilligkeit der Bevölkerung stärken und sie zum weiteren Ausharren ermächtigen.

Es würde eine schwere Zeit sein,

aber dieselbe könnte dennoch mit hoffnungsreicher Beharrlichkeit überdauert werden, wenn der Geist in allen Schichten der Bevölkerung derselbe wäre, wie er es in früheren bedrängten Zeiten gewesen. Und hier mufs auf eine

ob nun mehr oder minder bedeutende

aber doch bestehende Gefahr hingedeutet werden , obgleich oder gerade weil, wenn von der Leistungsfähigkeit der heutigen Volksheere die Rede ist, diese Gefahr gänzlich ignorirt zu werden pflegt. Es ist die von der sozialistischen Agitation her drohende Gefahr. Wenn auch der Sozialismus sich mehr und mehr zu beruhigen und gesetzlichen Bahnen zu folgen sich bemüht, so ist es seine Entartung, der Anarchismus , der nur auf eine Gelegenheit harrt, um wieder einmal seine Kraft zu erproben. Zudem sind gerade für seine Lehren oder vielmehr für die Truglehren und Aufreizungen seiner Wortführer die Massen der Ungebildeten und Unzufriedenen und die Zahl der letzeren wird zu solcher Zeit riesig anwachsen nur zu sehr empfänglich. Werden sich wohl die im Geheimen thätigen Leiter dieser Bewegung die Gelegenheit zur Anfachung einer erhöhten Thätigkeit , ja zu einem offenen Ausbruche entgehen lassen, wenn sie wissen, dafs die gesamte bewaffnete Macht ferne von den Grenzen des Reiches oder in diesem

in nur zur Versehung des gewöhnlichen Sicherheits-

dienstes genügenden schwachen Garnisonen verteilt sich befindet, daſs die Zahl der Erwerblosen und eben darum Unzufriedenen mit jedem Tage zunimmt und dafs es auch unter den zuletzt Einberufenen Manche giebt, welche nur mit Widerwillen diesem Rufe folgten ?

Es

ist vielmehr zu besorgen , dafs sie ihr Augenmerk vorzüglich auf die aus den zuletzt aufgebotenen Reserve-Formationen gebildeten

1

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

325

Truppen dieser Garnisonen lenken und unter denselben durch verschiedene Mittel Kleinmut und Unzufriedenheit zu verbreiten suchen werden. Sie werden auch, wenn sie wie es gewöhnlich der Fall ist nicht selbst offen hervortreten wollen , die richtigen catilinarischen Existenzen aufzufinden und zu gewinnen wissen, damit diese die andern Mifsvergnügten mit sich fortreifsen. Bei der dem Feinde gegenüber stehenden Armee ist allerdings keine Unbotmäſsigkeit oder noch Ärgeres zu besorgen, aber es genügt, wenn im Inlande Unruhen ausbrechen und die Dämpfung derselben durch die gedachten Garnisonen , weil dieselben zu schwach sind oder nicht die nötige Entschlossenheit zeigen, nicht sofort bewirkt werden kann. Dadurch würde wahrscheinlich nicht nur in der Nachsendung der Ergänzungen

und Zufuhren

für die Armee eine

Stockung eintreten , sondern sogar die Entsendung von Truppen notwendig werden, was weil durch die Fama ins Ungeheure vergröfsert auch auf die übrigen Truppen der Armee einen höchst deprimirenden Eindruck machen müfste. Dafs der Gegner derartige Vorkommnisse bestens ausbeuten und die Unzufriedenen durch seine Agenten und durch heimliche Geldunterstützung zu neuen Unruhen aufreizen würde, ist selbstverständlich. Bei den künftigen Kriegen wird es sich nicht, wie vielfach behauptet wurde , um die Erlegung einer mehr oder minder bedeutenden Kriegsentschädigung oder um die Abtretung einer Provinz, sondern um die Existenz der Dynastien unb Staaten oder wenigstens um die Selbstständigkeit derselben handeln und „ darum werden die Kriege mit gröfster Hartnäckigkeit und lange geführt werden " . Wenn zwei Menschen mit dem Aufgebot aller Kräfte einen Kampf auf Tod und Leben miteinander führen, so ist es wahrscheinlich, dafs der Kampf mit dem Tode oder der vollständigen Kampfunfähigkeit eines Kämpfers vielleicht auch Beider endet. Auch bei dem Kampfe mehrerer Männer

z . B. bei dem Zusammenstofse zweier

Patrouillen ist die gänzliche Vernichtung der einen Partei leicht. möglich, wogegen selbst ein sehr hitziges Rencontre zwischen zwei gröfseren Abteilungen mit dem Rückzuge der zumeist erschütterten Truppe oder mit deren Zersprengung oder Gefangennahme endet. In höherem Grade ist dieses bei einem gröfseren Treffen oder einer Schlacht der Fall. Hier äufsert auch der moralische Eindruck seine Wirkung, indem die Thatsache, dafs die Verluste, welche einige Abteilungen erlitten haben, andere Truppen, welche vielleicht noch gar nicht zum Kampfe gekommen sind, entmutigen oder den Anführer bestimmen werden, dafs er den Rückzug anordnet.

Hier kann es auch

geschehen, dafs die allgemeine Erschöpfung den Abbruch des Gefechtes

Betrachtungen über die Dauer

326

veranlafst und dann höchstens Derjenige als der Besiegte anzusehen ist, welcher sich zuerst zum Rückzuge entschliefst. Ist der von einer kämpfenden Armee angetretene Rückzug die Folge des unwiderstehlichen Vordringens des Gegners oder des mehr oder minder rasch gefafsten Entschlusses des Feldherrn, so wird bei der Entscheidung über die weitere Fortsetzung des Krieges die Erwägung aller Verhältnisse oder auch nur die günstigere oder ungünstigere Beurteilung derselben mafsgebend sein. So mancher Krieg wurde beendet, nicht weil es an Truppen fehlte oder weil diese nicht mehr kampffähig waren, sondern weil man erkannte oder glaubte , dafs kein Erfolg zu erwarten sei. Nach dem früher Erwähnten würde schon die Aufbietung der gesamten Wehrmacht in dem durch die heutigen Organisationen ermöglichten Umfange und die erste Herbeischaffung aller ihrer Bedürfnisse die Leistungsfähigkeit des Staates und seiner Bewohner im höchsten Grade in Anspruch nehmen.

Es braucht da keineswegs ,

wie vielleicht Manche glauben, sofort die ganze Masse des Heeres und aller seiner Reserven an der Grenze aufgestellt zu werden. Heer wird in

Das

seiner vollen Kriegsstärke aufgestellt und in dieser

durch die zurückbleibenden verschiedennamigen Reserven, denen auch die Besetzung der Garnisonen obliegt, erhalten werden , gerade so wie die 10000 Unsterblichen " des Xerxes , die immer den gleichen Stand behielten, während sich die Stärke des Heeres zusehends verminderte . Es würde eine sehr geringe Erleichterung sein, wenn diese Reserven nur nach Bedarf und partienweise einberufen würden , da bei nur etwas längerer Dauer des Krieges gezogen werden würden.

doch Alle heran-

Die Erhaltung dieser Wehrmacht und die stete Ergänzung ihrer Bedürfnisse, sowie die anderen Lasten des Krieges würden mit jedem Tage dem Staate und seiner Bevölkerung schwerere Anforderungen auferlegen und selbst der geldreichste Staat wäre auch bei einem günstigen Fortgange des Krieges schwerlich im Stande, durch längere Zeit diesen Anforderungen in ihrem vollen Umfange nachzukommen. Die Kriegsgeschichte weifs aus der Periode des späteren Mittelalters, als die Schwere der Rüstungen auf das Äufserste gebracht worden war, von mehreren Gefechten zu erzählen, in welchen es wenig oder gar keine durch die Waffen Getötete und Verwundete gab, wohl aber Mehrerer, welche in ihren Rüstungen erstickt oder aus Erschöpfung von ihren Pferden gefallen und erdrückt oder zertreten worden waren ! Und so dürfte es auch in den nächsten Kriege geschehen, dafs der eine oder andere Gegner, gänzlich erschöpft von den bisherigen Anstrengungen und Verlusten und sich

zukünftiger Kriege und deren Mittel .

327

unvermögend fühlend , noch ferner diese Lasten zu tragen, von dem weiteren Kampfe abstehen wird, wenn auch die Truppen von dem besten Willen beseelt und kampffähig sein sollten.

Und da wahr-

scheinlich auch der Gegner in gleichem Grade erschöpft sein und, um es zu keinem Verzweiflungskampfe kommen zu lassen , seine Forderungen ermäfsigen dürfte, so würde das Friedenswerk bald zu Stande kommen . Würde aber der Krieg , zumal wenn sich das Glück bisher keiner Seite entschieden zugewendet hätte, noch länger fortgeführt, so würde es vielleicht mit gleichem Eifer , aber sicher nicht lange mehr mit gleichen Mitteln geschehen. Dieselben würden sich nämlich fortwährend vermindern oder man würde auf ihre Verwendung freiwillig verzichten.

Der Ersatz der verbrauchten

Kriegsbedürfnisse und selbst der Lebensmittel würde aus Mangel an Geld und Vorräten nur langsam und ungenügend bewirkt werden können, was wieder eine Verminderung des Truppenstandes zur Folge haben könnte . Man würde schliefslich auf die prompte Ausfüllung der bei den Truppen entstandenen Lücken durch die Reserven verzichten , ja vielleicht die ältesten Jahrgänge derselben aus Rücksicht auf den Ackerbau und wegen Ernährungsschwierigkeiten in die Heimat beurlauben.

Auch würde man, da die Vorräte an neuartigen

Waffen und Kriegsgeräten bald verbraucht oder untauglich geworden sein dürften und es an Zeit und Geld zur Neuerzeugung fehlen möchte, Umschau in den Magazinen halten und denselben alles nur Brauchbare entnehmen oder das vorhandene Geld ohne langes Bedenken auf die Ausführung der verschiedenartigsten Projekte verwenden. Der amerikanische Bürgerkrieg liefert für Beides zahlreiche Beispiele. So dürfte es geschehen , dafs ein mit dem Aufgebot aller Kräfte begonnener Krieg allerdings länger als die Kriege in dem verflossenen Vierteljahrhundert dauern , jedoch beiderseits scheidenen Truppenzahl und mit teilweise mitteln weitergeführt werden würde ! .-

von einer sehr be-

sehr einfachen Kampf-

Können uns aber diese Betrachtungen von der weiteren Ausbildung des gesamten Heeresapparates abhalten oder gar zur Beschränkung der schon getroffenen Vorbereitungen verleiten und dürfen wir an eine Verminderung des Kriegsstandes der Armee und eine Vereinfachung und Verwohlfeilung der Kampfmittel auf Kosten der Wirkung derselben denken ? -

Solches wäre gleichbedeutend mit

der Verzichtleistung des Staates nicht nur auf dessen Machtstellung, sondern auch auf seinen Besitzstand , seine Unabhängigkeit , ja selbst auf die Sicherheit der persönlichen Rechte seiner Unterthanen ! Bald würden diese und jene Teile des Staates von den Nachbarn in Besitz

328

Betrachtungen über die Dauer

genommen oder der Staat selbst unter die Oberhoheit eines andern gebracht werden und die Bewohner , denen man die Lasten der Kriegsvorbereitung erleichtern wollte , müfsten dieselben für ein ihnen fernstehendes Interesse und wahrscheinlich in erhöhtem Grade tragen. So mufs denn auch fernerhin den Kriegsvorbereitungen alle Aufmerksamkeit zugewendet werden und können Erleichterungen nur insoweit stattfinden , als die Wehrhaftigkeit und damit die Sicherheit des Staates dadurch nicht beeinträchtigt werden kann . Und kommt es dazu , dafs die Entscheidung durch die Waffen ohne die Preisgebung der vitalsten Interessen des Staates nicht vermieden werden kann, dann würde jede Zögerung und unzeitige Sparsamkeit nicht nur vom Übel sein , sondern es mufs vielmehr das Aufgebot aller verfügbaren Mittel mit aller Energie , Umsicht und Raschheit betrieben werden. Vor Allem ist es dann ein Gebot der Selbsterhaltung , dem Gegner zuvor zu kommen, d. h. nicht nur dessen Einbruch in das eigene Gebiet zu hindern , sondern in das feindliche Land zu rücken und so den Gegner in der Mobilmachung seiner Streitkräfte zu hindern. Der landläufige Satz , dafs der vorrückende Angreifer sich von seinen Hilfsmitteln entfernt und also an Kraft einbüfst , der zurückgehende Verteidiger aber durch die Annäherung an seine Hilfsquellen sich verstärkt , ist mit grofser Vorsicht aufzunehmen. Er ist der natürliche Feind jeder entschlossenen Offensive und bestärkt den Zögernden nur noch mehr in seiner zuwartenden Unthätigkeit . Es würde vielleicht sehr nachteilig sein , mit der Vorrückung bis zum Eintreffen aller zu erwartenden Truppen , also bis zum vollzogenen Aufmarsch zu warten, da ja dann der Gegner vermutlich auch schon vollkommen gerüstet dastehen wird , während er durch einen vor diesem Zeitpunkte unternommenen Angriff überrascht und vielleicht zurückgedrängt, jedenfalls aber in seiner Mobilmachung sehr gestört und aufgehalten wird. Wenn dann auch beim weiteren Vordringen auf feindlichem Gebiete keine Subsistenzmittel vorgefunden werden, weil dieselben vom Gegner aufgebraucht oder

vernichtet wurden,

so sind wenigstens die Hilfsmittel des eigenen Landes vor dem gleichen Schicksal bewahrt worden, während der Gegner auf seine sich fortwährend vermindernden Ressourcen beschränkt wird und durch die fortgesetzte gezwungene oder freiwillige Preisgebung oder gar Verwüstung seines Gebietes sich selbst am empfindlichsten schädigt, von dem auf der einen Seite ebenso entmutigenden als auf der Gegenseite ermutigenden moralischen Eindruck garnicht zu reden. So mufs es dahin kommen, dafs entweder der Gegner nicht die volle Kraft, welche er verwenden zu können glaubte, entfalten kann

zukünftiger Kriege und deren Mittel.

329

oder dafs er , wenn es ihm gelingt, gleich den erwähnten Kämpfern des Mittelalters unter der erdrückenden Last seiner überschweren Rüstung erschöpft zusammenbricht und sich entweder eines guten Teiles der letzteren entledigt oder den Kampf aufgiebt. Wenn aber der mutig Vordringende nach dem erlangten ersten Erfolge in seinen Rüstungen nicht nachliefs , vielmehr dieselben mit allem Eifer beschleunigte und vervollständigte , um dem Gegner desto wuchtigere Schläge beibringen zu können , so wird, sobald die Erschöpfung des Feindes unbezweifelt ist, die anderen Verhältnisse aber dennoch eine rasche Beendigung des Kampfes nicht hoffen lassen , es möglich , ja geboten sein , die eigene Rüstung etwas zu erleichtern , nämlich mit den verfügbaren Kräften zu sparen , ja einen Teil davon aufser Gebrauch zu setzen , um im gelegenen Moment mit nochmaliger Aufbietung einer überwiegenden und dann um so wirksameren Macht die Entscheidung zu bringen. bleiben .

Letztere wird dann auch nicht lange aus-

Unablässige Aufmerksamkeit auf die Schaffung ,

Heranbildung

und Erhaltung aller Kampfmittel im Frieden , vollständiges Aufgebot dieser Mittel im gegebenen Falle , sowie rasches , thatkräftiges und zielbewusstes Handeln , sobald der Kampf unvermeidlich erscheint dies werden die leitenden Grundsätze der Kriegsverwaltung und der Heerführer sein müssen .

Und die Befolgung dieser Grundsätze

dürfte die Dauer der Kriege zum Wohle der Völker und Staaten auf eine sehr kurze Zeit herabdrücken . Ob nun diese Hoffnung sich erfüllt oder nicht , so wird doch immer mit den verfügbaren Mitteln hauszuhalten sein und darf deren Verwendung nie in Verschwendung ausarten. Denn vielleicht noch mehr als ehedem wird und mufs in den künftigen Kriegen, mag deren Dauer eine kurze oder lange sein , der von dem grofsen König aufgestellte Satz , dafs der Sieg demjenigen zufällt , welcher den letzten Mann und den letzten Thaler aufbieten kann , Geltung behalten !

XIX .

Constructions - Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser. Von Ernst von Paschwitz in Rosenheim bei München.

Die günstige Beurteilung ,

welche meinem Telemeter vom mili-

tärischen Standpunkte aus in vorliegender Zeitschrift von 1881 , Bd . 38 , Seite 208 u. s. w. , vom wissenschaftlichen in Dingler's polytechn. Journal von 1880 , Bd . 235 , Seite 199 u. s . w. zu Teil wurde , namentlich aber mein persönlicher Verkehr mit ausländischen ArtillerieKommissionen gelegentlich der stets erfolgreichen Prüfungen des Instrumentes war mir Anregung in meinen Musestunden unablässig mit Feder und Griffel , an der Drehbank und dem Schraubstock zu arbeiten, um das Instrument auf die höchste Stufe technischer Vollendung zu bringen. Man bekommt wohl noch öfters die antiquirte Behauptung zu hören , die Artillerie braucht überhaupt keine Telemeter, sie schiefst sich ein in wenigen Minuten , welcher Behauptung jedoch die Thatsache gegenüber steht , dafs im Feldzuge 1870/71 „ nachgewiesener Massen Batterien ganze Gefechtstage zu kurz oder zu weit geschossen , ohne ihren Fehler bemerkt zu haben . " *) Wer ferner die Manöverberichte seit Einführung des rauchlosen Pulvers verfolgt hat, dem wird nicht entgangen sein , dafs durch die kolossal gesteigerte Leistungsfähigkeit der neuen Infanterie -Waffe in Bezug auf Tragweite und Leistungsfähigkeit, die Artillerie künftig eine ungleich schwierigere Stellung erhalten wird , als dies vor Einführung Dazu kommt noch , dafs in der Magazins - Gewehre der Fall war. Folge des am Ziele fehlenden Rauches das Einschiefsen erheblich erschwert ist, weil nunmehr einesteils die Beobachtung der Lage der Schüsse zum Ziele nicht mehr gut möglich ist , andernteils die sich über einer feuernden Linie zusammenziehenden Rauchwolken fehlen , welche meist eine ziemlich verlässige Handhabe zum Schätzen der Diese und noch andere Gründe mögen bei Entfernung boten. *) Allgem. Militärzeitung vom 29. Juli 1878, Nr. 30, Seite 237.

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser.

331

Abfassung der Schiefsvorschrift für die Feldartillerie " von 1890 die Veranlassung gewesen sein , in § 193 und 197 den Offizieren und Unteroffizieren Fertigkeit im Distanzschätzen als unerlässliche Bedingung hinzustellen und stete, wenn möglich tägliche Übung hierin zur Pflicht zu machen . Aber das Schätzen der Entfernungen beruht auf dem trügerischen Augenmafs , das optischen und im Kampfe auch noch moralisch optischen Täuschungen unterworfen ist und daher zu gefährlichen Irrungen Veranlassung geben kann. Auch das in § 196 und 198 der Schiefsvorschriften von den Offizieren verlangte „ sichere Entnehmen der Entfernungen von Karten " hat seine grofsen Schwierigkeiten ; denn abgesehen von den verschiedenen Fehlerquellen , die jede Karte enthält, ist es öfters schon schwierig genug, den eigenen Standpunkt mit einiger Genauigkeit zu bezeichnen , während für die gegnerische Stellung häufig jeglicher Anhaltspunkt fehlt . Nun bieten allerdings zuweilen auch das gegnerische Artillerie-Material oder dessen Deckungen kein geeignetes Objekt für telemetrische Messungen , allein es werden sich irgendwo im Terrain doch stets geeignete Hilfspunkte finden , deren genau bestimmte Entfernung der Distanzschätzung eine sichere Unterlage giebt. In Würdigung oben aufgeführter Umstände wird man nicht erstaunt gewesen sein, als im vergangenen Winter die Nachricht durch die Zeitungen lief,

dafs die Preuss . Artillerie - Prüfungs - Kommission ,

welche der Telemeterfrage bisher ziemlich indifferent gegenüberstand , einen Entfernungsmesser geprüft und dabei die besten Resultate erhalten hätte . Wir wollen die behaupteten besten Resultate einstweilen auf Treu und Glauben annehmen , bevor wir die Sonde der Kritik an dies Instrument gelegt haben und uns zunächst den Bedingungen zuwenden, welche bei Konstruktion dieser Instrumente zu erfüllen sind. Wenn wir von den auf rein optischem Prinzipe (Bildweitenmesser) und dem akustischen (Schallzeitmesser), als von vornherein verfehlt , absehen , so bleibt nur noch das geometrische Prinzip übrig : es mufs stets eine Seite, die Basis und die beiden anliegenden Winkel bekannt sein, resp. gemessen werden . Hierbei kann 1. die Basis im Instrumente selbst enthalten sein , so dafs also die Entfernung von einem einzigen Standpunkte aus gemessen wird : System Roskiewicz , Paschwitz früheres Modell von 1867 und andere. *) 2. die Basis wird im Terrain abgesteckt und werden dabei entweder die Instrumente in freier Hand gehalten : System Franz , Gauthier u. s. w. oder *) Die Telemetrie von Wondre mit 7 Tafeln , Brünn Winkler's Buchhandlung, Preis 2 Mk. 80 Pfg., enthält sämmtliche hier aufgeführte Systeme.

332

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser.

3. die Instrumente werden von Stativen getragen : System Nolan, Paschwitz neueres Modell u . s . w. Jede Klasse dieser Instrumente hat ihre Fehlerquellen und nur durch Ermittlung derselben und Aufdeckung ihres Einflusses auf die Resultate kann der zur Beurteilung jedes einzelnen Instrumentes nötige Überblick erhalten werden. Als solche Fehlerquellen mögen bezeichnet werden : a) Fehler im Bestimmen der Basis , diese stehen in der Regel im einfachen Verhältnisse zur Distanz ; ein Fehler im Ausmessen der Basis von 12 %, giebt daher auch einen Distanzfehler von 1/ ½ %b) Fehler im Winkelmessen , die sich aus Fehlern im Visiren , Einstellen, Ablesen, Einteilung der Mefsvorrichtungen etc. zusammensetzen , haben wegen der grofsen Disproportion zwischen Basis und Distanz einen ungleich gröfseren Einfluss auf die Resultate , als die Basisfehler. c) Eine dritte Klasse von Fehlern , und zwar in der Regel die gröfste, sind die Collimationsfehler , sie werden durch MolekularVeränderungen im Materiale hervorgerufen ,

welche im einseitigen

Erwärmen des Instrumentes durch die Sonne oder Erkältung durch Wind, durch nicht vermeidliche Verbiegungen beim Verpacken oder Erschütterungen beim Transporte u. s. w. ihren Grund haben . zur Verminderung

dieser

Einflüsse

verwendeten

Die

Korrektur - Vor-

richtungen kompliziren das Instrument oder sind für den Feldgebrauch zu umständlich, während sie ihren Zweck nur mangelhaft erfüllen . Zu vorstehender Aufzählung der verschiedenen Telemeter- Systeme

möge nunmehr folgende Kritik Platz finden. Ad 1. Instrumente, welche die Entfernung von einem einzigen Standpunkte aus angeben , können wegen der immensen Disproportion zwischen Basis und Distanz für die Feldartillerie keine brauchbaren Denken wir uns ein Instrument mit z. B. 1 m Resultate geben. Basis auf ein Objekt von 3000 m Distanz gerichtet, so ist der parallaktische Winkel , unter welchem die Basis vom Objekt aus erscheint und der an der Basis gemessen wird 0° 1' 9 " ; lassen wir diesen Winkel nur um 10 " wachsen , resp. falsch messen , so vermindert sich die Distanz auf 2611 m, d . h . ein Fehler von nur 10 " wird bei 3000 m schon einen Distanzfehler von 13 % ergeben. Eine Genauigkeit im Winkelmessen von 10" liefse sich auch bei Feldinstrumenten mit schon theoretisch wenigstens Hilfe einer Mikrometerschraube erreichen , was allerdings bei Weitem nicht ausreichen würde ; aber es tritt bei diesen Instrumenten noch jene Fehlerquelle auf, welche in der Molekular -Veränderung des Materials ihren Grund hat und welche selbst bei den solidest ausgeführten Instrumenten dieser Art

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser .

333

brauchbare Resultate ausschliefst. Zu dieser Klasse von Instrumenten gehört der bereits erwähnte Telemeter Roskiewicz , der aus einem zweckmäfsig konstruirten Metallrohr besteht, an dessen beiden Enden . die nach dem Objekte gerichteten Fernrohre senkrecht zur Rohrachse, die als Basis dient , befestigt sind und werden die Winkel mittelst eines Mikrometer - Oculares gemessen. Der Konstrukteur kennt die durch Molekular-Veränderungen

bewirkten Fehler und sucht diese

dadurch zu korrigiren , dafs er mit jedem der Fernrohre ein kleines Collimations-Fernrohr rechtwinklig und fest verbindet, letztere Fernrohre gegeneinander richtet und hierdurch die Parallelität der gröfseren Fernrohre herzustellen sucht.

Da aber auch die Winkel, welche die

eigentlichen Fernrohre mit den Collimations -Fernrohren einschliefsen wegen genannter Molekular -Veränderungen nicht konstant bleiben, so wird auch durch diese Anordnung der Zweck nicht völlig erreicht. Von ungleich soliderer Konstruktion und daher den MolekularVeränderungen weniger unterworfen als das eben beschriebene Instrument ist mein Telemeter vom Jahre 1867. * )

Derselbe besteht

aus einem massiven gufseisernen Rohre , welches ein einziges Gufsstück von 1 m Länge ist, an welchem sämtliche Teile festgeschraubt sind.

Das Rohr ist überdies noch mit einer starken Schicht Pappe

und Leder überzogen, um einseitigen Temperaturveränderungen durch die Sonne , den Wind oder beim Ergreifen durch die Hände vorzubeugen.

P' und P" sind Spiegelprismen ,

welche

die Lichtstrahlen

durch die Objektive O' und O" nach den beiden kleinen Spiegelprismen R reflektiren , von welchen dieselben durch Ocular S ins Auge gelangen.

G' ist ein um eine vertikale Achse drehbares Plan-

parallelglas , durch welches die Lichtstrahlen gehen und gebrochen werden. Die Stellung dieses Glases zur optischen Achse wird , wenn beide Bilder des Objektes genau übereinanderstehen , gemessen und ist eine Funktion der Distanz . Das Planparallelglas G " dient als Collimations - Vorrichtung gegen oben erwähnte Molekular -Veränderungen, ohne jedoch deren Einflufs gänzlich zu beseitigen. Hierher gehört auch noch das bereits erwähnte Instrument, dessen Prüfung auf einem preufsischen Schiefsplatze angeblich die besten Resultate ergeben hätte. Nach einem Artikel in der Münchener Allgem. Zeitung besteht dasselbe aus einem Stabe, an dessen beiden Enden Winkelmesser angebracht sind . Ob die Winkelmessung mittelst eingeteilter Kreissectoren und Nonien oder wie bei Roskiewicz mittelst Mikrometerschrauben oder sonst wie erfolgt , ist nicht gesagt ,

aber

auch ganz gleichgiltig ; denn wie bereits auseinandergesetzt, läfst sich *) Dingler's polyt. Journal 1868, Bd . 188 , S. 438.

334

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser.

mit einer Basis von 1 oder 2 m Länge wegen der Fehler im Winkelmessen und jener in Folge der Molekular-Veränderungen durchaus kein brauchbares Resultat erreichen ; deshalb mufs es in hohem Grade befremden, wie ein solches Instrument überhaupt als zur Prüfung zulässig erklärt werden konnte. Ad 2. Wir kommen nun zu jener Klasse von Instrumenten , bei welchen eine Basis im Terrain abgesteckt wird und die in freier Hand gehalten werden. Diese Instrumente verblüffen den Laien anfänglich durch ihre Einfachheit ;

„ das Ei des Columbus " hiefs es

Ende der 60er Jahre , wenn in Bayern vom Franz'schen DistanzWinkelspiegel die Rede war. Aber die Einfachheit eines Gegenstandes für sich allein ist für dessen Wert nicht entscheidend , in erster Linie ist es die Erreichung des Zweckes ,

die Brauchbarkeit.

Das wackelige , zweibeinige menschliche Gestell mit seiner Herz- und Lungenthätigkeit, die im Ernstfalle noch hoch gesteigert wird, kann unter obwaltenden Verhältnissen niemals als Stativ benützt werden, zudem lassen sich bei diesen Instrumenten

die Vorteile optischer

Vergröfserung mit Fadenkreuz nicht anwenden. Die mit Verständnifs konstruirten vereinfachten Spiegelfextanten von Goulier und Gauthier und Anderen konnten sich nicht einbürgern und den Versuchen mit dem Franz'schen Winkelspiegel konnte trotz der krampfhaften Protection der Mifserfolg nicht erspart bleiben. Es

bleibt daher kein anderer Weg übrig ,

als ad 3 , die Be-

nützung von je zwei Stativen , welche in den Endpunkten der im Terrain abgemessenen Basis aufgestellt werden. Je gröfser hierbei die Basis genommen wird, desto genauer fallen natürlich die Resultate aus , desto schwieriger wird aber auch die Verwendbarkeit des Instrumentes.

Ist z . B. die Basis

20 m und die Distanz

3000 m,

so wird ein Fehler im Messen des parallaktischen Winkels von 10", eine Verminderung der Distanz 0,7 % ergeben;

ein Resultat ,

von 20 m ,

also

einen Fehler von

das mit Hinzufügung eines mittleren

Basisfehlers von vielleicht 0,5 % entsprechen dürfte, wenn nicht auch hier die Molekular-Veränderungen noch sehr störend auftreten würden. Als Prototyp der hierher gehörigen Instrumente möge der Nolan'sche Telemeter * ) aufgeführt werden, ein vereinfachter und dem Gebrauche sehr zweckmässig angepafster Theodolit , mit welchem s . Z. in der englischen Artillerie grofsartige Versuche **) gemacht wurden . Wenn daher dieses Instrument nicht zur allgemeinen Verwendung gelangen konnte, so liegt der Grund hiervon nicht darin, dafs es nicht gehörig beachtet wurde, sondern in dem störenden Auftreten der schon öfter *) Dingler's polytechn. Journal 1871 , Bd. 196, S. 505. **) Jahrbücher f. d. Deutsche Arm. u. Mar. 1881, Bd. 38, S. 217.

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser.

335

erwähnten Molekular-Veränderungen, die sich in einem gegenseitigen Verschieben der optischen Achsen, mit denen visirt und der mechanischen Achsen , mit denen die Winkel gemessen werden , kund geben. Hierher gehört auch der Telemeter Paschwitz , neuerer Konstruktion von 1870-1892 , über dessen praktischen Wert das kommissionelle Gutachten des Badischen Feldartillerie- Regimentes Nr. 14 vom Februar 1872 * ) die älteste Urkunde ist . Nachdem genanntes Instrument in letzter Zeit auch die Aufmerksamkeit ausländischer Artillerie-Kommissionen erregt hat und die vorgenommenen Prüfungen von Erfolg begleitet waren, so möge die Beschreibung des Telemeters gerechtfertigt erscheinen .

Der Telemeter Paschwitz Modell von 1870-1892 . F

EQ L

LI

To to 90 S 12 13 14 15 16 17 18 1920 N



K

40 50 M

20mot

Object K IV § 10 20 30 40 50 50 73 80 90 100 110 120 V

D A

a B

GRG" Ρ $ Modell von 1867.

Beschreibung des Telemeters Paschwitz .

Modell 1888.

Die einzelnen Teile dieses Apparates sind : 1. Das optische Instrument , ca. 25 cm lang , besteht aus einem terrestrischen Fernrohre F mit Fadenkreuz und einem vor *) Jahrbücher f. d. Deutsche Arm . u. Mar. 1881 , Bd . 38, S. 322.

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser .

336

demselben angebrachten Winkelspiegel W,

welcher nur die Hälfte

des Objektivglases G verdeckt und die seitlichen Lichtstrahlen um einen konstanten Winkel a ablenkt, der aus Konstruktions -Rücksichten etwas kleiner als 90 ° ist. Im Spiegelgehäuse ist ferner ein Diopter E angebracht, dessen Visirlinie mit der des Spiegelbildes zusammenfällt. An der Aufsenseite des Instrumentes befinden sich zwei Ringe R, mittelst deren es in die Lager der beiden Stative eingelegt und um seine Achse gedreht werden kann. Ferner ist dicht hinter dem Objektiv - Glase G ein halbrundes Kompensations - Glas angebracht, wodurch die Bildweite des entfernten Objektes ein wenig verlängert und mit der des nahen Zielschildchens in der Ebene des Fadenkreuzes vereinigt wird.

2.

Die beiden Stative I und II tragen die Lager L zum Ein-

legen des Fernrohres und sind mit Vorrichtungen zum Horizontalund Vertikal-Bewegen versehen . 3.

Der Mefsstab M ist 40 oder 66 cm lang

je nachdem

die Distanzskala eine Ausdehnung von 1000 bis 5000 m oder von 600 bis 10000 m enthält und wird bei Vornahme einer Vermessung mittelst der sub 4 beschriebenen Messingschiene S in die Schlitze P des Lagers L eingelegt. Derselbe ist mit zwei Einteilungen versehen, nämlich mit der auf der oberen Seite befindlichen Distanzskala, welche genannte Entfernungen, in Hektometer ausgedrückt, enthält, und der seitlichen groben Einteilung zum unmittelbaren Ablesen mittelst des optischen Instrumentes aus

20 m Abstand.

Auf ihm ist ein Ziel-

schildchen K verstellbar angebracht, das mit einem Vertikalstrich O zum Einstellen auf das Fadenkreuz und einem Zeiger Z versehen ist. 4. Die Kompensation . Zum leichteren Verständnifs dieser Vorrichtung sei erwähnt , dafs es bei Vornahme einer Vermessung sehr schwierig und zeitraubend wäre , das Stativ II in B genau auf das Fadenkreuz des in A befindlichen optischen Instrumentes aufzustellen ;

es wird daher das Stativ II nur annäherungsweise in der

Visirlinie A B aufgestellt und die Abweichung von derselben kompensirt.

Die dies bezweckende Vorrichtung besteht aus dem Visir-

stabe V und der Messingschiene S , welche beide mit gleichen Einteilungen versehen sind. Der Visirstab V ist am Lager des Statives II befestigt und mit einem Diopter versehen , Punkt zeigt, wie das eingelegte Fernrohr.

welches auf denselben

Er besitzt wie der Mefs-

stab eine feinere obere Einteilung und eine gröbere seitliche , sowie ebenfalls ein auf ihm verschiebbares Zielschildchen K. Die Messingschiene S ist auf dem Mefsstabe befestigt und in zwei Schlitzen P des Lagers I verschiebbar ; sie kann auf einen Indexstrich N , nach Mafsgabe der Ablesung am Visirstabe, eingestellt werden .

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser. 5.

337

Das Aufstellen des Statives II am Ende der 20 m langen

erfolgt mittelst einer mit Draht durchflochtenen Mefsschnur , welche freischwebend mit ca. 25 cm Einsenkung benützt wird.

konstanten Basis

Das Gewicht des ganzen Apparates ist 12 kg, mithin gegenstandslos gegenüber dem einer ausgerüsteten Batterie. Verfahrungsweise . Behufs Vornahme einer Vermessung stellt der Beobachter das Stativ I in A auf, legt das optische Instrument in das Lager, visirt das Objekt C an und läfst sodann vom Gehilfen , indem er durch das Diopter E sieht , rechtsseitlich das Stativ II in der Visirlinie des Diopters und in 20 m Abstand vom Stativ I in B aufstellen. Nun richtet der Gehilfe den Visirstab V nach dem Objekt und schiebt das Zielschildchen K auf den ,

vom

Beobachter im Spiegelbilde des optischen Instrumentes abgelesenen und ihm zugerufenen Schnittpunkt des Fadenkreuzes mit dem Visirstabe V z. B. auf die Zahl 67. Sollte hierbei das Fadenkreuz den Vertikalstrich O des Zielschildchens noch nicht genau halbiren , so wird das Schildchen auf diesen Ort verschoben, z. B. auf 674Hierauf wechseln Beobachter und Gehilfe ihre Plätze. Der Beobachter legt das Instrument in das Lager des Statives II und visirt das Objekt in der Weise an , dafs der horizontale , besonders aber der vertikale Faden des Fadenkreuzes genau wieder auf denselben Punkt zu liegen kommt, wie bei der ersten Visur, während der Gehilfe die Messingschiene S am Index des Lagers I auf dieselbe Ziffer (674 ) einlegt, welche er am Visirstabe erhalten hatte. Sodann schiebt der Gehilfe das Zielschildchen auf den ihm vom Beobachter zugerufenen Schnittpunkt des Fadenkreuzes mit dem Mefsstabe M und liest , wenn das Zielschildchen mit dem Fadenkreuze durch Zurufen vollständig in Coincidenz gebracht ist ,

an der Mefsstabskala

die Entfernung ab (2850 m) . Die Anstellung einer Vermessung erfordert zwei Mann und dauert 3 Minuten. Theorie.

So einfach die Konstruktion und die Handhabung des

Telemeters ist , so einfach ist auch seine Theorie. Denken wir uns vorerst den konstanten Winkel a = 90 ° , so findet gemäfs DreiecksKonstruktion die Gleichung statt : AC: AB

AB : AD

und ist sonach die Basis AB die mittlere Proportionale zwischen der Distanz AC und dem, auf der rückwärts verlängerten Visirlinie , abgeschnittenen Stück AD ; man kann daher für jede Distanz den Abschnitt AD berechnen und auf dem Mefsstabe auftragen, sowie um23 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 3.

338

Constructions-Bedingungen für Artillerie-Distanzmesser.

gekehrt aus dem vom Fadenkreuze abgeschnittenen Stück AD die. Distanz AC ersehen. Wegen der aus Konstruktions- Rücksichten seitlichen Befestigung der Stäbe, auf denen das Fadenkreuz erscheint , ist die in Berechnung zu ziehende effektive Basis um einige cm kürzer, ohngefähr 19,96 m, woraus sich die ganze Länge der Mefsstab - Skala von 1000 bis 5000 m zu 318,7 mm ergiebt. Legt man anstatt des Winkels von 90 °, jenen von 8912 ° zu Grunde und berechnet man die Abschnitte AD auf trigonometrischem Wege , so erhält man wieder dieselben Resultate. Professor Lorber hat aus 500 von seinen Hörern unter allen Witterungsverhältnissen angestellten Versuchen die Leistungsfähigkeit des Telemeters berechnet und die Resultate in einer mustergiltigen Abhandlung veröffentlicht ; hiernach ist der mittlere Fehler bei 1000 m = 4 m 2000 77 = 10 3000 17 = 20 4000 77 = 33 ‫ײ‬ 99 5000 ‫ = י‬50 Das damals benützte Instrument hatte zwar eine Basis

‫י‬ 27

von

25 m , allein durch Verwertung der seitdem gesammelten Erfahrungen

· dürfte obige Leistungsfähigkeit für die nunmehrige Basis unverändert bleiben *). Beim Studium dieses Instrumentes wird man finden ,

dafs die

angewandte Winkelmefsmethode die einfachste , aber auch die denkbar genaueste ist ; denn indem auf den 20 m entfernten Mefsstab sich das Fadenkreuz projicirt , vertreten diese Teile den Teilkreissector samt Alhidade und können selbstverständlich ungleich mehr leisten , als ein Sector von 10 oder 20 cm Radius. Überdies ist der Ausschlag des Fadenkreuzes auf dem Mefsstabe ein so grofser , dafs die Entfernungen unmittelbar aufgetragen und abgelesen werden. können , wodurch tabellarische oder mechanische Hilfsmittel zur Distanzermittlung samt ihrem Zeitaufwand und Fehlerquellen vermieden werden . Aber auch das eigentliche optische Instrument ist von der denkbar einfachsten und solidesten Konstruktion , da es keinerlei dem Derangement zugängliche Teile enthält , wie fein geteilte Kreissectoren, Mikrometerschrauben u. s. w. Ein nicht minderer Vorzug ist schliefslich noch der, daſs durch Anbringung eines Winkelspiegels vor dem optischen Instrumente die Collimations - Fehler beseitigt sind.

Wenn man nämlich durch einen seitlichen Druck

*) ,,Ueber den v. Paschwitz'schen Distanzmesser" von Professor Lorber : Repertorium für phys. , mathem. u. astr. Instrumentenkunde von Prof. Dr. Carl, München 1879, Bd. 15 ; ferner Dingler's polytechn . Journal 1880, Bd. 235.

Offizier-Reitstunde.

339

oder ein einseitiges Anlegen eines Stückes heifsen Eisens an das Fernrohr ein Verziehen desselben und dadurch einen CollimationsFehler zu veranlassen sucht , so verziehen sich beide optische Achsen um gleichviel und in gleicher Richtung , sodafs der Ablenkungswinkel a sich nicht ändert , mithin Collimations - Fehler ausgeschlossen sind.

Auf Grund dieser Auseinandersetzungen glaube ich die Behaupdafs das Problem der Telemetrie in

tung aussprechen zu dürfen ,

vorliegendem Instrumente seine erschöpfende Lösung gefunden haben dürfte.

XX.

Offizier - Reitstunde . *)

Die Reitkunst, welche die Beziehungen zwischen Reiter und Pferd regelt ,

bildet ein weites

Gebiet ,

welches nach allen Richtungen

wissenschaftlich und praktisch zu beherrschen, wohl keinem Sterblichen gegeben ist. Um so mehr mufs man jede fachmännische Äufserung,

welche auf langjähriger Erfahrung beruht,

mit Freuden

begrüfsen, denn viele zweckmäfsige Bausteine gehören zu dem grofsen Tempelbau, an welchem mitzuarbeiten zwar Viele berufen, aber nur Wenige auserwählt sind. Wenn der Verfasser des vorliegenden Büchleins so bescheiden . auftritt, dafs er sich am Schlusse des „Einganges " (Vorworts) als einen Anhänger Plinzner's bekennend , dennoch keinen Anspruch auf , etwas Neues" erhebt, so dürften wir dem gegenüber wohl gespannt sein, wie er die Plinzner'schen Ansichten mit den für die „ OffizierReitstunde doch mafsgebenden der Reitinstruktion " zu vereinen versuchen würde, ohne etwas Neues " zu sagen. Wir fanden dann auch, dafs der Verfasser Manches bringt, was in der That neu ist , und , wenn wir vielfach nach seinen Ausführungen in Versuchung kamen, zu glauben, dafs er mit nur schein*) Offizier-Reitstunde. Seinen ehemaligen Schülern gewidmet von Siegfried von Sanden, Oberstlieutenant a. D. Rathenow 1892. Verlag von H. Babenzien , Preis 1,20 M. 23*

Offizier-Reitstunde.

340

barer Anhänglichkeit an Plinzner der Mode und dem Zeitgeiste Rechnung zu tragen gesonnen sei, während sein Inneres unter der Herrschaft der Reitinstruktion stehe, so haben wir uns doch nach wiederholter Lektüre seiner Schrift überzeugt, dafs er in der That glaubt, das Plinzner'sche (nicht das Steinbrecht - Plinzner'sche , denn dieses ist wesentlich von jenem verschieden) der Reitinstruktion ehrlich vereinen zu können .

System mit dem

In wie weit dies möglich ist, ohne jenem oder diesem in wesentlichen Punkten zu nahe zu treten , soll, so weit der Raum dies hier gestattet, in den nachstehenden Bemerkungen über die Schrift besonders berücksichtigt werden . Das Kapitel : Allgemeines (S. 3-11 ) enthält viel Beherzigenswertes, von dem wir Einiges uns hier anzuführen und hervorzuheben . erlauben. S. 4 wendet sich der Verfasser in treffenden Worten gegen das sich überhebende Reitergefühl, welches oft jüngern Rennreitern einige leichte Reitererfolge auf zufällig in ihre Hände geratenen , ausgezeichneten Pferden , einzuflöfsen pflegen " . Wir sagen , Schiller imitirend : Weil ein Ritt Dir gelang auf gut gerittenem Pferde, glaubst Du ein Reiter zu sein ". Der Wunsch , dafs jeder Cavallerieoffizier den Winter über 2 Reitpferde in täglichen 2 Reitstunden zu reiten verpflichtet werden möge, und, dafs die eine Stunde den Charakter einer Dressurstunde. tragen solle, finden wir durchaus gerechtfertigt. Auch, was der Verfasser gegen den Luxus mit Pferden, Meuten , Piqueuren S. 6 anführt, der durch einfache Schnitzeljagden auf gutem preufsischem Pferde leicht und mit Nutzen zu beseitigen sei , muſs jedem echten Campagne-Reiter aus der Seele gesprochen sein . Die S. 7 gemachten Bemerkungen über die geringere Geeignetheit der vorzugsweise im Generalstabe und in der Adjutantur grofs gewordenen Cavallerieoffiziere als Reitlehrer treffen weiter und tiefer als es der Verfasser vielleicht geglaubt und gewollt hat.

Sie treffen

das ganze System einer so frühzeitigen Auswahl der Offiziere zum Generalstabe, dafs diese Wahl notwendig vielfach eine verfehlte sein mufs , ein Fehler , der , wenn überhaupt, später nur auf Kosten des Dienstes gut zu machen ist. Die Ausführungen S. 10 und 11 , denen wir durchaus zustimmen, führen im Grunde genommen dahin , dafs die Dressurstunde zweckmäfsig vom Lehrer zu Pferde und zwar auf gut durchdressirtem Pferde zu geben sei , um unmittelbar zu seinen Lehren das Beispiel durch Anschauung hinzufügen zu können. Das Kapitel :

Im Besondern " S. 12 und 13 fordert in einigen.

Offizier-Reitstunde.

341

Punkten unsern Widerspruch heraus . Mit der Bemerkung über den Nutzen der Reithalfter sind wir einverstanden , dagegen können wir den Pelham mit seinen vielfachen schiefen Wirkungen, seiner ewig sich verschiebenden Kinnkette , durchaus nicht für ein

sehr gutes

Mundstück" erklären, 27 für Pferde, die nicht gern an den Zügel (soll wohl heifsen das Gebifs " ) heran wollen. " Er wird nur dazu führen, dafs der Reiter sich über die betr. Schwierigkeiten eine Zeit lang durch das Pferd hinwegtäuschen läfst. Eben so wenig können wir den „ Martingal " für den Gebrauch im Freien als einen guten Hilfszügel ansehen. Wir halten ihn für eine Notbremse für nicht durchgerittene Pferde, die aber nicht nur den Kopf, sondern auch den Hals des Pferdes an der Basis herabzieht und zum Festziehen des Tieres im Zügel Veranlassung giebt. Bei der Kandare empfehlen sich die 97Troschke'schen Kinnkettenhaken " am wenigsten , da sie den der gewöhnlichen, unmittelbar mit den Oberbäumen verbundenen Kinnkette überhaupt anhaftenden , Fehler, den Druck bei schärfern Anzügen steigend in den obern Rand der Kette zu verlegen , im höchsten Mafse begünstigen . Der gegebene Rat, aus praktischen Gründen beide Trensenzügel mit in die linke Hand zu nehmen, weifst ebenso ,

wie die damit im

Zusammenhange stehenden Bemerkungen über den Gebrauch der Faust zu Kandarenhülsen ,

die Halsstellung

des Pferdes

bei Wendungen

u. s . w. darauf hin, dafs der Verfasser eine völlige Durcharbeit der Pferde nicht ins Auge fafst bezw. für nicht durchführbar hält. Wenn Reithosen „ Knieschäden und sogar ernsterer Art" herbeiführen , so liegt das am fehlerhaften Schnitt (ohne Ausweitung des Knies ) und an den Fufsstrippen, die zweckmäfsig fortfallen , während die Hose durch einen , mit 2 Knöpfchen annähernd dem Fessel anschliefsend zuzuknöpfenden Schlitz an ihrem Ende genügend vor dem Heraufziehen bewahrt bleibt.

Eine grofse Weite der Hose im Ober-

schenkel und Enge im Knie, wie sie der Verfasser anrät, führen erst recht zu Kniedruck. Den Bemerkungen über Sattel und Bügel、 ( S. 15 und 16) können wir fast durchweg zustimmen. Das Kapitel : „Der Sitz des Reiters" sucht unserer Ansicht nach Unvereinbares , nämlich der Sitz der Reitinstruktion mit dem von Plinzner geforderten in Übereinstimmung zu bringen , und schränkt, wie es bei einer solchen Aufgabe kaum anders möglich , gerade die treffendsten Lehren wieder durch Nachsätze ein, die am besten ganz fehlen würden . Der Abschnitt über „ Zügel “ enthält viele treffliche Bemerkungen . Auch mit dem Wenigen über den „ Sporn " Gesagten können wir uns

Offizier-Reitstunde.

342

einverstanden erklären , vermissen aber eine Andeutung darüber, dafs der Sporn stets in der Richtung von hinten nach vorn, niemals umgekehrt, angewendet werden darf. Auch die Abschnitte über „ Gewichtshülfen “ und „ Arbeitsplan “ werden sich der Zustimmung erfahrener Reiter und Reitlehrer erfreuen. Die folgenden Abschnitte über 27 das natürliche und künstliche Gleichgewicht" des Pferdes , sowie über die „ Aufrichtung aus der Tiefe " zeigen den Verfasser wieder als Vermittler zwischen der Reitinstruktion und Plinzner, und nicht immer als einen glücklichen, trotz mancher treffenden Bemerkungen. Bei Betonung der unbedingten Beizäumung" als erster und des „aufgewölbten Rückens " als zweiter Regel fehlt die wichtigste dritte:

die Biegung der Hanken und

die durch diese in Verbindung mit der Aufrichtung des Halses aus der Tiefe

erzielte

Senkung der Kruppe.

Diese dritte und

Hauptregel fehlt nicht in Steinbrecht - Plinzner's Gymnasium des Pferdes " , einem der besten Reitlehrbücher aller Zeiten , während allerdings Plinzner in seinen späteren kleineren Schriften „ Studium über Gymnastik des Pferdes " , System der Reiterausbildung, Briefe" etc. immer einseitiger die „ unbedingte" Beizäumung und die „ Aufwölbung “ des Rückens betont. Die

Beizäumung" aber giebt das Pferd nur in dem Mafse in

die Hand des Reiters , als sie mit stetiger und weicher Anlage der Ganaschenränder an den Hals bzw. die Ohrspeicheldrüsen Hand in Hand geht und dadurch Kopf und Hals des Pferdes zu einem sichern Winkelhebel gestaltet , dessen sich der geschickte Reiter durch entsprechende Verbindung von Zügel und Schenkelhülsen aktiv und passiv zum Tragendmachen ( Biegen ) , wie zum Fördern der Schnellkraft ( Schieben ) der Hinterhand bedienen kann. Das ist das Ziel der Reitinstruktion und ihrer 77 Aufrichtung aus der Tiefe ", ein Ziel, das im „ Gymnasium des Pferdes" auch deutlich hervor- , in den späteren Schriften Plinzner's dagegen immer mehr in den Hintergrund tritt. Indem man dieses höchste und letzte Ziel der Campagnedressur fallen läfst , macht man sich die Arbeit zwar bedeutend leichter, aber den Gang und Gehorsam des Pferdes nicht sicherer, seine Leistungsfähigkeit nicht gröfser. Dafs dem Verfasser der hier besprochenen Schrift dieser Gegensatz nicht völlig entgangen, er vielmehr nur bemüht ist, sich künstlich über ihn hinwegzusetzen , werden wir noch an dem Kapitel über die

Versammlung des Pferdes " nachzuweisen in der Lage sein. Zu den 3 Abschnitten 99 das Pferd gerade machen “ ,

„ Schenkel-

weichen “ und „ Abbiegen “ nur einige kurze Bemerkungen. S. 41 und

Offizier-Reitstunde.

42 scheint der Verfasser anzunehmen ,

343

dafs die meisten Pferde auf

der rechten Seite biegsamer seien , als auf der linken. Denn er sagt S. 41 ausdrücklich : „ Man leitet diese Erscheinung aus der vorherrschend rechts gedrehten Lage des Fohlens im Mutterleibe her. " Nun kann aber von einer gedrehten Lage des Fohlens im Mutterleibe überhaupt keine Rede sein ; dagegen sind die bei weitem meisten Fohlen im Mutterleibe links so zusammengebogen , dafs die Schnautze sich der linken Hinterbacke zuwendet. Daher sind denn auch die bei weitem meisten Pferde auf der ganzen linken Seite biegsamer. Darauf deutet nun auch die erste Anmerkung des Verfassers S. 41 hin , welche lautet : „Damit ist nicht ausgeschlossen, Vergleicht man aber gedafs es auch steife linke Seiten giebt " . nauer das S. 41 und 42 Gesagte, so findet man recht scharfe Widersprüche oder hat der Setzerteufel wickeltes Spiel getrieben ? Warum sagen wir immer noch nicht 29 Gegen - Schulter herein "?

herein "

einmal wieder

ein recht ver-

Contra - Schulter herein" und

oder noch einfacher :

„Kruppe

Recht gut ist das Kapitel „ Abbiegen " , und in dem folgenden „Abbrechen " ist der springende Punkt die Forderung : „die Ohrspeicheldrüse soll dahin gebracht werden , dafs sie ihre Funktion als Puffer zwischen Hals und Ganasche auch bei gröfster Zusammenstellung der genannten Körperteile ohne Empfindlichkeit ausübt. " Völlig einverstanden ! Aber, wie stimmt es damit , wenn der Verfasser kurz vorher gestatten will , dafs sich beim Abbrechen der äufsere Ganaschenrand vom Halse abschiebt und das äufsere Ohr und die äufsere Maulspalte des Pferdes höher stehen , als die innern betreffenden Teile " ? Das nennen wir in Übereinstimmung mit Reitinstruktion , Seidler , Seeger , Krane und Monteton *) Genickverdrehen" , wodurch das Tier eben der verlangten Zügelwirkung sich zu entziehen sucht. In der "" Versammlung des Pferdes " fällt nun zunächst die moderne Scheu vor den Seitengängen auf, als ob diese etwas anderes.

wären, als die leichten Einzel-Vorschulen zu den richtigen Biegungen des Pferdes in Hanken , Rippen und Hals , und als ob man durch direktes Abverlangen dieser Biegungen im Ganzen in geraden Gängen *) Wenn die Reitinstruktion und alle die angeführten Reitschriftsteller für gewöhnlich beim Abbrechen das Höherführen des äufsern Zügels, also desjenigen der konvex gebogenen Seite , verlangen , so geschieht das keineswegs , um auf dieser Seite Maul und Ohr des Tieres höher zu stellen, sondern um eben diesen meist auf der innern d . h . hohlgebogenen Seite eintretenden Erscheinungen vorzubeugen. Treten diese umgekehrt auf der konvex gebogenen Seite ein , so erfordern sie auch die umgekehrten Hülfen.

Offizier-Reitstunde .

344

und in der Volte sie eher erreichte ! Während der Naturalismus im Schwimmen, Schlittschuhlaufen u. s. w. längst einer wohldurchdachten Schule Platz gemacht hat , Dank welcher jene Künste heutzutage viel rascher und sicherer erlernt und viel ästhetischer ausgeübt werden, als früher ,

steuert man in der viel schwereren , weil sich auf die

Übereinstimmung

zweier lebender und beide mit Intelligenz

und

Willen ausgerüsteter Wesen gründenden, Reitkunst immer wieder in den anglomanischen Naturalismus zurück. Warum? weil man die Vorschulen, hier die Seitengänge, für schwerer erklärt, als die Nachschulen: das Versammeln , Gehen in versammelten und durchgebogenen Gängen , Reiten richtiger Volten , durchgebogene Paraden u. s . w. Und , indem der Verfasser in einer Anmerkung (S. 47) der Reitinstruktion seinen dienstmässigen Respekt bezeugt, sucht er sie im Text als nicht auf der Höhe der Zeit und Reitkunst stehend darzustellen. Wie aber die , S. 47 unten sehr gut beschriebene , Versammlung mit einem Pferde erreicht werden soll , welches die versammelnden Hülfen nicht einzeln in den Seitengängen kennen und befolgen gelernt ,

ist uns nicht erfindlich.

Das wird

gerade so eine Versammlung sein , wie das Geradeausgehen solcher Pferde oder ihre kleinen Volten. Jenes ist meist ein der Nasenachgehen mit allerhand schiefen Biegungen in Genick, Hals und Wirbelsäule , und letztere sind unregelmäfsige Vielecke oder abgerundete Vierecke, wenn es hoch kommt, annähernde Ellipsen . Kein Pferd , welches nicht in Schulterherein und Travers geschult ist , wird eine genau der Cirkellinie folgende Volte in durchgebogenem Gleichgewicht zu gehen vermögen . Da wundern wir uns denn nicht, wenn der Verfasser S. 48 unten von dem Widerstreben des Pferdes gegen die versammelnden Hülfen sprechend , die Äusserung thut : „Ein Streit , der nie ganz aufhört ; der Sieg wird nur, je vollkommener das Pferd durchgebildet ist, dem Reiter immer leichter. " Wir verlangen mehr , wir verlangen eine Gewohnheitshaltung des Tieres ,

die

der Aufforderung zur

Versammlung willigst entgegenkommt. Eine solche ist dann freilich nur durch eine gründliche Durcharbeit mittelst aller Seitengänge zu erreichen . Die „ willige Anlage der Ganaschen an den Hals " (S. 49 oben) wird stets einen Grad von Aufrichtung bedingen, wie ihn die weiter unten gestellte Neu-Plinzner'sche Forderung, dafs der 3. Halswirbel der höchste Punkt des Halses wird", unbedingt ausschliefst. Selbst für das Schulpferd können wir nur eine solche Wölbung des Halses gestatten, dafs Genick und 3. Halswirbel durch einen flachen

Offizier-Reitstunde.

345

sanften, von der geraden Linie kaum abweichenden Bogen sich verbinden. Wird dies beachtet, so möchte sich der Schlufs dieses und des ganzen folgenden Kapitels vom Galopp in einzelnen Stücken anders gestalten. Vor dem abgekürzten Galopp , der durch Zurückbleiben der Hinterbeine entsteht , und den der Verfasser mit Recht einen " Hasengalopp " nennt , d . h. „ einen Galopp mit hoher Kruppe und tiefer Nase" wird dann weniger gewarnt zu werden brauchen , weil, wie S. 52 unten richtig bemerkt wird, der 27 wahre abgekürzte Galopp nur aus der wachsenden Fähigkeit der Hinterhand hervorgehen kann , die Last ruhig aufzunehmen und in ruhigen abgemessenen Sprüngen mit erleichterter und aufgerichteter (davon

steht in den jüngsten

Plinzner'schen Büchern nichts) Vorhand fortzubewegen. " Diese Äufserung ebenso , wie die begeisterte Lobrede auf die Vorzüge des Contragalopps " (S. 53 und 54) lassen uns den Verfasser denn doch nur als einen bedingten Anhänger Plinzner's erscheinen. Über 99 Einzelreiten " denken wir noch etwas strenger und günstiger als der Verfasser, und meinen z. B. , dafs man eines besonders ausgebildeten „ Tetenpferdes " noch nicht einmal zu besonderen Schaustellungen bedürfen sollte. Das Kapitel „Springen " hat uns über das uns nicht bekannte. Keudell'sche Buch, dem der Verfasser gefolgt zu sein behauptet, kein günstiges Vorurteil erweckt.

Dafs der Reiter im Moment des Ab-

sprunges sein Gewicht dicht hinter den Widerrifs verlegen soll “ , dafs das

Pferd ohne Zügel noch leichter in die Höhe kommt , weil

es sich zur Not auf seinen eigenen Kopf stützen kann " , war uns zwar neu, aber nicht einleuchtend, und scheint uns beides auch dem . S. 59 gegebenen Rat , beim Reiten gegen ein Hindernifs bei einem unsicheren Kandidaten, sich der Hinterbeine durch schärferes Einsetzen , wie etwa vor dem Galopp ( auch nicht nach Plinzner, sondern ihm entgegen) zu versichern " , schnurstracks zu widersprechen.

Dem

letzteren Rat stimmen wir zu, und sind überhaupt der Ansicht, dafs der Reiter beim Springen nur darauf zu achten hat, seinen Schwerpunkt , vorausgesetzt, dafs das Pferd zum Springen richtig vorbereitet war, nicht zu wechseln , sondern ihn in derselben Schwerlinie. mit dem Pferde zu erhalten, dann springt der Reiter richtig mit, und dem Tier wird das Springen am leichtesten . Die beiden letzten Abschnitte : „ Vorbereitung zur eigentlichen Leistung" und Schlufsbemerkungen" haben uns am besten gefallen . Das alles sind Ansichten eines erfahrenen Kampagnereiters , der die Rennreiterei weder anglomanisch überschätzt, noch ihr pedantisch als Feind gegenübersteht.

Umschau auf militär-technischem Gebiet .

346

Das Büchlein enthält manche treffende Bemerkung und würde entschieden einheitlicher und logischer ausgefallen sein , wenn es sich zur Ausfüllung Plinzner'schen

der

Reitinstruktion

Gymnasium

des

mehr

von

Pferdes " ,

dem als

Steinbrecht-

von den Neu-

Plinzner'schen Büchern , die immer einseitiger der „ tiefen Nase und dem hochgewölbten Rücken" das Wort reden, hätte leiten lassen . Nicht zu gläubig-andächtiger Nachbetung, sondern zum scharfen kritischen Durcharbeiten glauben wir das Büchlein jedem denkenden . Reitersmann empfehlen zu können . Dann wird es anregend wirken, und an der Hand der Erfahrung wird man einzelne Irrtümer und 50. Widersprüche leicht auszumerzen im Stande sein .

XXI.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

Die diesmalige Berichts -Periode bietet zwar kein so reichhaltiges Material, wie die jüngst besprochene (vergl. Band 83 , S. 338 ) , immerhin ist sie inhaltsvoll gewesen und hat in tief einschneidenden Fragen wichtige Aufklärungen gebracht, insbesondere bezüglich der weiteren Verkleinerung des Gewehrkalibers und der Neubewaffnung der FeldArtillerie . Es wird uns aufserdem die Aufgabe , die letzthin begonnene Berichterstattung über das Artillerie - Material von NordAmerika fortzuführen und einige bisher weniger beachtete Themata aufzunehmen. Hinsichtlich der Gewehrfrage hatten wir mitgeteilt, wie Italien das Kaliber von 6,5 mm endgültig angenommen , Rumänien sich im Prinzip zum gleichen Kaliber entschlossen hat und die Niederlande dasselbe in sichere Aussicht genommen haben. Italien fertigt die sämtlichen Gewehre in seinen eigenen Fabriken an , Verhandlungen mit der österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft in Steyr behufs Übernahme eines Quantums scheinen gleichwohl geschwebt zu haben. Die uns aus Italien gewordenen direkten Mitteilungen über den Wert des neuen Gewehrs lauten aufserordentlich zufriedenstellend . In Rumänien ist seitens des Parlamentes ein Kredit von 15 Mill. Frs . behufs Einführung des Mannlicher - Gewehrs von 6,5 mm Kaliber bewilligt worden . Die Kommission , welche sich mit der Prüfung

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

347

der verschiedenen Systeme kleinkalibriger Mehrlader beschäftigt hatte, ist einstimmig und endgültig für dasselbe eingetreten . Es hat sich allerdings herausgestellt ,

dafs das passende rauchlose Pulver für

dasselbe noch nicht bestimmt ist und weiterhin den Gegenstand der Untersuchung bildet. Man hat 10 Arten des Pulvers aus Frankreich, Belgien und Deutschland durchprobirt und nur 2 Arten haben sich als einigermalsen zufriedenstellend gezeigt ; mit diesen sollen die Versuche in gröfserem Mafsstabe fortgesetzt werden, wozu 5000 Gewehre in Steyr bestellt sind.

Diese sollen von den Truppen mit den

2 Arten rauchlosen Pulvers in feldmäfsigem Gebrauch erprobt werden. Bis dahin bleibt die Frage der Waffe wie des Pulvers noch eine offene (Erklärungen des Kriegsministers General Lahovary im Senat nach Köln . Z. Nr. 507 , 23. Juni ) . In den Niederlanden hat die Versuchs-Kommission ihre Arbeiten beendet und sich gleichfalls für das

6,5 mm Mannlicher-Gewehr erklärt.

Umfassendere Prüfungen

sollen in Kürze beginnen, nachdem der Ankauf der nötigen Zahl von Gewehren bewerkstelligt sein wird. In Spanien ist die endgültige Annahme des 7,65 mm Mauser - Gewehrs im Juli erfolgt.

Die ein-

gehenden Versuche im Lager von Carabanchel haben die günstigsten Ergebnisse geliefert.

Die ballistischen Leistungen haben sich

staunenerregende erwiesen ,

als

selbst nachdem die Truppen die Waffe

erst kurze Zeit geführt haben ; die Begeisterung des Soldaten für die Waffe soll eine aufserordentliche sein. Das Gefechtsschiefsen hat bis zu Entfernungen von 2000 m stattgefunden . Rufsland hat der 1889 konstituirten National -Waffenfabrik in Herstall bei Lüttich ,

welche eine Bestellung von 150000 Ge-

wehren für Belgien in Auftrag hat , die Umänderung von 400000 Berdan- Gewehren in Mehrlader übertragen. Die Bestellung soll in 2 Jahren ausgeführt werden.

Die Umänderung kostet 15 Mill . Frs .

(das Nähere über die aus den Lütticher Gewehrfabrikanten gebildete Gesellschaft enthält Revue de l'armée belge " , VI. Band , Mai 1892 ) . Die Türkei beabsichtigt ihre 550000 Martini-Henry Gewehre vom Kaliber 11,3 mm in solche von 7,65 mm umzuwandeln. Um die Ausführung bewerben sich nach russischen Mitteilungen der deutsche Fabrikant Mauser ,

einige englische Fabriken und eine französische

Firma , Versuche sind im Gange. Die zur Zeit noch sehr ungleichmäfsigen Gewehrbestände sollen auf das Einheitskaliber von 7,65 mm, welches dasjenige des Mauser - Gewehrs M/90 ist , gebracht werden. Über das Kaliber von 6,5 mm konnten wir bislang nur unvollständige Modell - Notizen geben (vgl . Tabelle Bd . 83 , S. 356/7 ). Inzwischen ist im Mai - Heft der Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie -Wesens (Wien) eine eingehendere

348

Umschau auf militärtechnischem Gebiet .

Darstellung eines vom Ober - Ingenieur Mannlicher konstruirten 6,5 mm Repetir- Gewehrs veröffentlicht. Die Revue d'artillerie hat in ihrem Juli-Heft eine Arbeit über das gleiche Thema, bei welcher die offiziellen Veröffentlichungen des technischen und administrativen Militär-Komités in Wien über die mit jenem Gewehr ausgeführten Versuche und eine von der Steyrer Fabrik gelieferte Beschreibung desselben zur Verfügung gestanden haben. Wir folgen der letzteren Quelle , welche noch dazu zahlreiche Abbildungen beibringt. Die Konstruktions - Verhältnisse des Gewehrs zeigen eine grofse Analogie mit denjenigen des deutschen Gewehrs 88 vom Kaliber 7,9 mm. Dem Gewehr von Mannlicher fehlt indess der Mantel und ist dasselbe dafür mit einem hölzernen Handschutz versehen .

Die 4 Züge haben

eine Drallänge von 20 cm entsprechend 31 Kalibern.

Geringfügige

Abweichungen am Verschlufs , der Patronenzuführung, am Schaft und an der Visir-Einrichtung übergehen wir. Letztere geht bis 2500 m, entsprechend einem Abgangswinkel von 9 Grad 16 Min . , dem ein Fallwinkel von 16 Grad 50 von 11,21 Sekunden .

Min . gegenübersteht, mit einer Flugzeit

Die Patrone (mit Krämpe) hat eine Ladung

von 2,35 g Blättchen-Pulver der Rhein. Westfäl. Sprengstoff-AktienGesellschaft in Troisdorf bei Bonn , das Stahl- oder Nickel - MantelGeschofs wiegt 10,5 g , ist 31,4 mm lang und hat 6,7 mm gröſsten äufseren Durchmesser. Die Patrone hat eine Länge von 77,7 mm, ein Gewicht von 22,7 g , der Patronenhalter für 5 Patronen wiegt ungefähr 9,5 g. Das Wiener Komité versuchte zwei Gewehre verschiedener Länge und desgl. Gewichts mit derselben von der obigen wenig abweichenden Munition (Patrone 76,5 mm lang, 21,9 g schwer) . Gewehre bezw. Läufe differirten um 60 mm, das längere hatte 1,285 m, das kürzere 1,225 m , Gewichte 3,935 und 3,845 kg. erstreckten sich auf:

1. Anfangsgeschwindigkeit ,

Die Versuche

2. Ordinaten der

Bahn von 450m, 3. Eindringungstiefe des Geschosses , 4.Vibrationswinkel, 5. Visirhöhen und 6. Streuung .

Beim kurzen Gewehr wurden zu den

Geschwindigkeits- Ermittelungen Ladungen von 2,1 g Ballistit und 2,6 g österr. Gewehrpulvers M/90 verwendet , einmal gewogen , das andere Mal abgemessen ; beim langen Gewehr nur gewogene Ladungen österr. Pulvers . Die gewogenen Ladungen ergaben die geringeren Abweichungen , das österr. Pulver geringere als das Ballistit. Die Geschwindigkeiten des langen und kurzen Gewehrs wichen nur unerheblich von einander ab. Aus 705 m gemessener Geschwindigkeit beim kurzen Gewehr (V25 ) wurde die eigentliche Anfangsgeschwindigkeit zu 730 m berechnet.

Die höchste Ordinate der

Bahn von 450m lag auf 262,5 m mit 81,5 cm. Das Stahl -Mantel- Geschofs

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

349

durchschlug zunächst der Mündung 69 cm Rotbuchenholz gegen 50 bis 56 cm beim 8 mm Gewehr, 15 cm Kiefernholz wurden auf 1500 m durchschlagen, die Eindringungstiefe auf 2500 m betrug noch 11 cm, der Vibrationswinkel betrug + 13 Min. beim langen, + 14½ beim kurzen Gewehr. Nachfolgende Tabellen , welche den in der Arbeit enthaltenen entnommen sind, geben einige interessante ballistische Daten.

Entfernung in m

4

Bestrichener Doppelte Raum in m für EndAbg. Fallwahrscheinl. winkel winkel Flugzeit geschwindig- 1m Zielhöhe mit Abweichung in Sek. einer Anschlagskeit in m höhe von m in m " 0 0 0 1,5 Vertk. Horiz .

100 500 1000 1500 2000 2500

0 0 1 2 5 9

Schussweite in m

500 600 800 1000

4 0 0 450 25 10 03440 11 30 151 20 46 40 444 40 23 20 939 20 16 01650 30

0,14 0,90 2,36 4,56 7,51 11,21

Ordinaten in m auf halber Entfernung

650 445 330 282 202 174

135 80 31 12 5,5 3

0,03 0,21 0,66 1,40 4,20 16,00

0,02 0,19 0,52 1,34 3,40 8,00

Koordinaten des Scheitelpunktes der Bahn in m

6,5mm Gew.

Deutsches Gew. 88

Visir für m Entfernung

Abscisse

Ordinate

1,04 1,65 3,53 6,74

1,50 2,50 5,40 10,01

1200 1400 1600 1800 2000 2500

710 820 940 1070 1210 1500

12,70 21,88 35,37 53,56 77,20 165,90

Bei einem Vergleich wird dem Deutschen Gewehr 88 , welchem eine gleich grofse Feuergeschwindigkeit zugeschrieben wird , hebt Verfasser hervor ,

wie beim 6.5 mm der gefüllte Rahmen nur 120 g

wiegt, also 25 g leichter ist als beim Gew. 88, mithin eine Steigerung der Munitions - Ausrüstung um ein Viertel ohne Gewichts - Vermehrung zulässig.

Die Gestrecktheit der Bahn (730 m Geschwindigkeit

gegen 630 m) nimmt erheblich zu, wie beifolgende Zusammenstellung zeigt.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

350

Anschlagshöhe in m

1,5 (stehend) 0,4 (liegend)

Zielhöhe in m

Gröfster bestrichener Raum in m

1,8 ( Infant. stehend ) 2,7 (Kavall . ) 1,8 (Infant. stehend) 2,7 (Kavall . )

500 645 600 720

Auch die Präzision ist beim Kleinkaliber erheblich gröfser, ohne dem eine grofse Bedeutung beilegen zu wollen, der Rückstofs ist geringer. Der Berechnung zufolge ist noch auf 2000 m das Durchschlagsvermögen demjenigen des Lebelgeschosses überlegen. Der Verfasser gedenkt am Schlusse noch der weiteren Herabsetzung des Kalibers auf 5 mm an der Hand der Hebler'schen Betrachtungen (v. Bd. 83 , S. 354).. Inzwischen haben auch in Frankreich interessante SchiefsVersuche mit einem neuen Repetier - Gewehr von 6,5 mm den Abschlufs erreicht. Die Fr. mil. vom 31. Mai macht hierüber eine Andeutung.

Geringes Gewicht, Einfachheit , Solidität des Mechanismus ,

sehr beträchtliche

Geschofsgeschwindigkeit und Rasanz der Bahn ,

geringes Munitionsgewicht (Patrone 20 g gegen 29 g bei Lebel) werden als Vorzüge hervorgehoben. - Nachdem das französische LebelGewehr durch seine Ladeweise als denjenigen aller fremden Mächte nachstehend erachtet werden mufs , ist es anzunehmen , dafs man ungeachtet der vorzüglichen ballistischen Eigenschaften desselben dem Gedanken einer Neubewaffnung mehr und mehr zuneigt. Die Annahme des verkleinerten Kalibers durch Italien , das nach Durchführung der Bewaffnung eine wesentliche , auch ballistische Ueberlegenheit über das französische Gewehr im Gefolge hat ,

wird die

Entscheidung beschleunigen . Jedenfalls ist anzunehmen, dafs innerhalb der nächsten Jahre wieder wesentliche Umwälzungen auf dem Gebiete der Gewehrbewaffnung kommen werden. Das im Juni genehmigte und im Juli veröffentlichte ExerzierReglement für die Deutsche Feldartillerie zeigt hinsichtlich des Feld-Materials keine Veränderung gegenüber den Verhältnissen , wie sie sich bereits aus der Schiefsvorschrift von 1890 ergeben haben, als dafs für die Sprenggranaten ein neuer , der 9. Munitionswagen eingestellt, ebenso der 8. Munitionswagen für solche bestimmt ist, die gesamte Ausrüstung der Batterie mit Sprenggranaten also 150 Stück beträgt. Die Munitions-Ausrüstung umfafst Feld-Granaten mit Aufschlag-Zünder, Schrapnels und Sprenggranaten mit Doppel-Zünder und Kartätschen. Das inzwischen eingestellte neue Stahlrohr C/73.91 hat Veränderungen für die Bedienung anscheinend nicht im Gefolge.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

351

Die für das Etatsjahr 1892/93 bewilligte erste Rate (40876400 Mk . ) einer Gesamt - Forderung von über 106 Millionen für artilleristische Zwecke war in der Presse u. a. im Sinne der Mittel zur Beschaffung von Einheits-Geschossen und Metallkartuschen gedeutet worden, was nunmehr mindestens verfrüht erscheint. Dagegen hat es allen Anschein ,

als würde Frankreich dem-

nächst zur Einstellung einer schnellfeuernden Kanone in die FeldArtillerie schreiten. Dafs dieselbe aber mit der von Oberst Langlois, früher Professor der Kriegshochschule, in dem Werke über die FeldArtillerie skizzierten 7,4 cm Schnellfeuerkanone, welche ein Geschofs von 5 bis 6 kg hat und mit Schutzschildern versehen ist , übereinstimme, stellt die Fr. mil. vom 2. Juli in Abrede . Gleichwohl liefern die Andeutungen dieses Blattes eine ziemlich sichere Unterlage für die obige Vermutung , die noch in Italien Glauben findet , wo man auch ernstlich von einer Schutzpanzerung an den französischen Feldgeschützen spricht. Letztere hat übrigens gerade in Italien bereits vor längerer Zeit einen warmen Anhänger in der Person des jetzigen Obersten vom 13. Feld - Artill . - Regim . in Rom , Giuseppe Biancardi , gehabt , der in einer geistvollen Broschüre : La fortificazione di battaglia e l'artigleria da campagna " , Rom 1883 (besprochen im 49. Bd. der Jahrbücher 1883 ) den Gedanken unter Zugrundelegung einer ausgearbeiteten Konstruktion vertreten hat. Frankreich giebt in diesem Jahre zum ersten Male seine bis dahin geheim gehaltene Sprenggranate mit Cresilyt-Füllung zu den Schiefsübungen an die Feld-Artillerie aus . Wir hatten vor längerer Zeit die Behauptung aufgestellt ,

dafs

Rohrkrepirer von Sprenggranaten stählerne Rohre gewaltsam auseinander sprengen. Es hat dies s . Z. dazu veranlafst, bei den Schiefsübungen der Feld -Artillerie Bronze-Geschütze einzustellen , da diese in dem Falle für die Umgebung weniger gefahrbringend sind.

Die

Schweizer Artillerie hat nun im September 1891 Versuche mit Granaten , deren Sprengladungen aus Weifspulver, einem brisanten Stoffe, bestehen, unter Verwendung eines 12 cm Gufsstahl-Geschützrohrs

M/1867

angestellt ,

um

zu untersuchen ,

welche

Wirkung

derartige Granaten , wenn sie im Geschützrohr oder kurz vor demselben krepiren, auf das Geschütz bezw. seine Besetzung ausüben . Mitteilungen darüber finden sich im Juniheft der Schweiz . Zeitschrift für Artillerie und Genie " .

Beim Krepiren einer solchen Granate im

Rohr war letzteres in mehr als 20 Stücke zersprungen, die Rohrseele erlitt starke Eindrücke von den Granatsplittern , letztere zeigten an ihrer äuſseren Oberfläche in der gufseisernen Wandung scharfe Ausprägungen der Züge , was auf die bedeutende Kraft schliefsen läfst,

352

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

die beim Springen der Granate entwickelt wurde. Laffete und Räder wurden vollständig zertrümmert, letztere in einen Haufen von Splittern verwandelt. Bei den 3 bis 10 m vor der Geschützmündung krepirten Granaten konnte eine Rückwärtswirkung der Sprengstücke ,

welche

im Ernstfall die Besetzung der Geschütze gefährdet hätte , nicht konstatirt werden , dagegen wurde eine sehr starke seitliche Ausbreitung der Geschofsstücke beobachtet , was zugleich zur Erklärung der grofsen Wirkungsfähigkeit der Sprenggranaten gegenüber den dicht hinter Deckungen stehenden lebenden Zielen bei günstiger Lage des Sprengpunktes einen Beitrag liefert.

Die Bruchstücke des

zerstörten Rohres erreichten Gewichte bis zu 165 kg , Entfernungen bis zu 90 m vor bezw. hinter, 107 m seitlich der Geschütz - Aufstellung. Das rauchlose Pulver hat in der Schweiz nach dem Vorgang anderer Staaten für die gesamten Geschütze der Artillerie Einführung gefunden (Beschlufs vom 24. Dez. 1891 ) . Das durch die viel besprochene Schrift des Generals R. Wille über das Feldgeschütz der Zukunft in den Vordergrund getretene Thema einer Steigerung der Geschofsgeschwindigkeiten leichter Geschütze findet einen weiteren Beitrag in einer Mitteil. der Rev. d'artill. (Juli) , wonach im Mai und Juni auf dem Schiefsplatz von Le Hoc bei Hâvre mit einer 57 mm Schnellfeuerkanone von Canet Geschwindigkeiten bis zu 1000 m ohne wesentlich gröfseren Gasdruck als

3000 Atmosphären

erreicht worden.

Die Rohrlänge

ist

mit

80 Kalibern, das Geschofsgewicht mit 2,7 und 3 kg angegeben , die Ladungen betrugen bis zu 1,45 kg des Pulvers BN und BNG. Das Geschütz ist für Schiffe und Küstenverteidigung bestimmt.

Die Ge-

strecktheit der Bahn ist derart , dafs gegen ein Ziel von 6 m Höhe bis auf 1650 m Entfernung ohne Aufsatz zu nehmen gefeuert werden kann. Das Gewicht des Rohres ist nicht angegeben , sodaſs allerdings eine unmittelbare Schlufsfolgerung in der von Wille für Feldgeschütze angeregten Frage nicht gezogen werden kann . Bulgarien hat nach der Köln . Z. Nr. 529 9 cm Feldhaubitzen bei Krupp bestellt , welche derart in die Feld -Artillerie einzustellen sind, dafs jedes Regiment 4 Kanonen- und 1 Haubitz-Batterie zählt. In Italien wurde für die Festungs-Artillerie ein 28 cm Hinterladungs-Mörser von Stahl angenommen, derselbe hat als Geschosse die kurze Minen -Granate von Stahl und das Schrapnel , die gröfste Ladung beträgt 7 kg Progressiv- bezw . 4,5 kg grobkörniges Pulver. In Spanien ist nach den Erklärungen des Kriegs - Ministers Generallieut. Azcarragua vor den Cortes für die Küsten -Verteidigung ein System schwerer Geschütze vom Oberstlieut. Don Salvador Ordonnez angenommen, dessen Herstellung in der Königl. Geschütz-

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

353

fabrik von Trubia stattzufinden hat, deren Unterdirektor er ist.

Das

System umfafst an Kanonen die Kaliber 15 cm , 21 cm, 24 cm und 30,5 cm , an Mörsern die Kaliber 21 cm , 24 cm und 30,5 cm. Die Revista cientifico militar" Nr. 9 stellt einen Bericht über die Einrichtung und ballistischen Eigenschaften der neuerdings angenommenen 30,5 cm Kanonen und Mörser in Aussicht , sobald die Versuche abgeschlossen sein werden.

Nach dem „ Memorial de artilleria “ ist die

21 cm Kanone 16600 kg schwer und kostet 36000 Mk .; mit 45 kg deutschen Pulvers und gewöhnlichen Granaten von 130 kg ergiebt sie eine Geschwindigkeit von 520 m, mit Sprenggranaten von 95 kg eine solche von 616 m. Gröfste Schufsweite bei + 28 Grad 11 km, auf 2 km wurde eine 31 cm starke Eisenplatte durchschlagen.

Die

24 cm Kanone ist 24700 kg schwer und kostet 44000 Mk. Mit 70 kg deutschen Pulvers und einer Granate von 195 kg wurde eine Geschwindigkeit von 520 m erreicht ; gröfste Schufsweite bei +22 Grad gleich 11 km, auf 2000 m wurde eine Eisenplatte von 37 cm durchschlagen.

Der Rücklauf beträgt bei beiden Geschützen ca. 1 m.

30,5 cm Kanone wiegt 48000 kg und kostet 40000 Mk.

Die

Mit 120 und

125 kg deutschen Pulvers erhielt die Granate von 380 kg eine Geschwindigkeit von 520 m , auf 2000 m wurde eine Eisenplatte von 48 cm durchschlagen . Die

Frage

der

Weitere Mitteilungen behalten wir uns vor. Schnellfeuerkanonen

für

die

französische

Marine hatte schon unter dem Marine-Minister G. Cavaignac eine Interpellation in der Kammer veranlafst , auf welche derselbe keine die Interpellanten völlig zufriedenstellende Auskunft geben konnte. Der neue Minister Burdeau hat sich alsbald nach seinem Amtsantritt der Sache mit Entschiedenheit angenommen .

Man hatte s . Z.,

um hinter den anderen Mächten nicht zurückzubleiben , gewöhnliche Geschütze des Typus 1886 und später 1891 in Schnellfeuergeschütze umgewandelt und aufserdem bei der Privat- Industrie (auch in England !) einige neue Muster mit abweichenden Geschossen und Patronen in Bestellung gegeben. Die grofse Verschiedenheit dieser Typen erscheint als ein wesentlicher Nachteil und eine nicht zu unterschätzende Gefahr bei der Munitions -Versorgung . Burdeau strebt eine Einheitlichkeit der Konstruktion an und es ist nun für die 10 cm Schnellfeuergeschütze festgestellt worden, dafs das Rohr fernerhin in Länge und Einrichtung nach dem Typus der Staatsfabrik von Ruelle zu fertigen, Verschlufs und Laffete aber nach dem System Canet zu gestalten sei .

Die Konstruktionen von Ruelle

sind erprobt und leisten in

Bezug auf Geschofsgeschwindigkeit und Durchschlags -Vermögen das wünschenswerte . Dagegen erscheinen die Konstruktionen von Canet hinsichtlich des Verschlufses und der Schnelligkeit des Richtens mit 24 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV. , 3.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

354

Vorteilen begabt , welche man bei den bisherigen Typen vermiſst . Die Umänderung der alten Kanonen in Ruelle wird sofort eingestellt und die Anfertigung des neuen Typus baldmöglichst in Angriff genommen, wobei auch die Privat-Industrie zu einer umfassenden Mitwirkung heranzuziehen ist (Fr. mil . 30. Juli) . Nach den Mitteil. des ersten Lords der Admiralität sind in England im Jahre 1891 390 Schiffs - Kanonen fertiggestellt worden (gegen 240 in 1890). Darunter befanden sich : 1-41,2 cm von 110 t, 21-34,2 cm 77 67 t, 10-25,4 cm 77 29 t, 22 t, 19-23,3 cm 14 t, 1-20,3 cm 97

75-15,2 cm 22-12,7 cm

19

8-10,1 cm

5 t, 2,031 t, 1,320 t,

an Schnellfeuerkanonen 8-15,2 cm, 225-12 cm. 17 27 Am 31. Dez. 1891 waren im Ganzen 1623 Geschütze verschiedener Typen laffetirt und zum Einschiffen bereit. In Nord-Amerika beabsichtigt das Marine - Departement das Herstellungs-Verfahren der Harvey Stahl Kompagnie für Nickelstahl- Platten zu erwerben ; es würde der Erwerb des HerstellungsRechts den Preis allerdings etwas erhöhen. Die H. Kompagnie hat übrigens neuerdings ein sparsameres Fabrikations-Verfahren gefunden . und sollen künftig alle Platten auf diesem Wege hergestellt werden. Das Harvey-Verfahren hat den Zweck , die Oberfläche der Platten mehrere Zoll tief zu härten, während das Andere unverändert bleibt. Die harte Aufsenseite soll die Geschosse aufhalten oder zerbrechen, die weichere Hinterlage die ganze Platte zusammenzuhalten , ähnlich wie das Prinzip der Compound-Platten ,

ganz

nur dafs diese ver-

schiedenes Material anwenden (Vergl. Bd . 82 , S. 365). Die Anwendung des Nickelstahls zu Geschützrohren ist seitens der nordamerik. Marine-Departements gleichfalls beabsichtigt . den früheren erwähnten Bethlehem Eisenwerken sind Blöcke

Bei aus

Nickelstahl für ein 20,3 cm Rohr in Bestellung gegeben (3 % Nickelzusatz).

Man hofft den zulässigen Gasdruck um 1/3 steigern zu können

und damit um 30-60 m vergröfserte Anfangsgeschwindigkeiten zu erreichen (nach Army and Navy Journal). Die Amerikanische GeschützFabrikation hat überhaupt seit 1886 ,

wo noch Nichts vorhanden

war , grofse Fortschritte gemacht. Die Privatfabriken können jegliche Stahlsorte liefern und stehen aufserdem zwei vollständig eingerichtete Privat - Geschütz -Werkstätten , die Midvale Stahl Komp. und

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

355

die Bethlehem Eisenwerke, zur Verfügung. Die letzteren haben von der Regierung über 250 Schmiedestücke bis zum 13 zöll. Kaliber hinauf in Auftrag erhalten. Die Betrachtung des Materials der Artillerie der Vereinigten Staaten von Nord -Amerika nach dem „ Engineering" hatte im Bd . 83 , S. 345 mit dem schweren Feldgeschütz von 3,6 Zoll gleich 9,14 cm abgeschlossen. Die Munition desselben besteht aus Granaten , Schrapnels und Kartätschen . Die Granaten und das Schrapnel wiegen jedes 9,07 kg.

Vom Schrapnel giebt es 2 Arten , das eine mit Vorder- ,

das andere mit Hinter-Kammer.

Das Schrapnel mit Vorder-Kammer

hat eine gezogene Stahlhülle, in welche der unabhängige Boden verschraubt ist. Die Pulverkammer ist gleichfalls besonders eingesetzt. Die Füllung besteht aus 152 Kugeln von 14 g , deren Zwischenraum mit entsprechend geformten Eisenstücken erfüllt sind , Sprengladung 70 g Feinpulver. Das Schrapnel mit Hinter - Kammer ist aus Gufseisen, durch die Kugelfüllung geht eine cylindrische Röhre , welche das Feuer des Zünders zur Kammer (Diaphragma) leitet, 145 Kugeln von 14 g , Sprengladung 98 g. Die Kartätsche hat eine schmiedeeiserne Hülle. Das Schrapnel hat einen Doppelzünder von Flagler . Vorratswagen und Feldschmiede der Batterie sind in einer Konstruktion vereinigt.

Ein besonderes Fahrzeug

dient zum Transport der

Tornister (120 à 11,34kg) und eines Wasserfasses von 113,5 Liter Inhalt. Die Verschlüsse werden alle in den Staatsfabriken hergestellt. Im Versuch ist ein Schrauben - Verschlufs von Gerdom , Mechaniker der National-Geschützfahrik. Die Schraube hat nur 2 Unterbrechungen, die Drehung erfolgt um 90 Grad, daran schliefst sich unmittelbar das Abdrehen um eine vertikale Achse , so dafs nur 2 Bewegungen zum Öffnen bezw. Schliefsen vorkommen , im Gegensatz zu den 3 Bewegungen des Bange'schen Verschlusses . Die Belagerungs - Artillerie umfafst nur zwei Geschützmodelle , die 5zöllige Kanone von 12,7 cm und die 7zöllige Haubitze von 17,8 cm , von ähnlicher Konstruktion wie die Feldgeschütze . Wir

Zoll cm anone

10

aubitze

7

5

Elevation

Dru am ck t . Schwarzs Feuerhöhe

Gewicht

Laffete

Lebendige Kraft an der Mündung in mt

Rohr protgewicht Lad.kg pro gewicht Gasdruck

Geschwindigkeit

Rohrzum Geschofsgewicht

Ladungsquotient

Ladung

Geschofs

Gewicht in kg

total

Lang. Gew. m kg

Drall . Kal

Rohr

Länge Bohrung der

Kaliber

Züge Kaliber Zahl

Geschütz -Art

geben in folgender Tabelle eine Anzahl wichtiger Daten, das Übrige der nächsten Umschau vorbehaltend.

Gdr. +38 12,7 3,69 1660,16 23,5 32 35 19,5 5,67 1/3,4 | 1/85,1 557 308,82 186 54,3 2504 1279 499 1,83 bis -10 +40 17,8 2,438 1682,84 12,4 40 35 47,6 4,42 1/10,7 1/35,3 330,6 265,37 158 60,04 1985 1451,5 590 1,83 bis -5 24*

kg kg

Bemerkungen

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

356

Italien legt demnächst auf der Werft Venedig ein neues Panzerschiff nach den Plänen des General - Inspekteurs der Marine Pullino auf. Länge 105 m, Breite ohne Panzer 21,12 m , Tiefgang 7,55 m, 9802 Tonnen , 13500 indic. Pferdekraft bei künstlichem Zug für 18 Seemeilen,

9000 bei natürlichem Zug für 16 Seemeilen ,

maler Kohlenvorrat 600 t , aufserordentlicher 1000 t ;

nor-

durchgehendes

Panzerdeck von 40-80 mm Stärke, in der Mitte gepanzertes Reduit, an Bug und Heck je 1 Turm mit 2-25,4 cm Kanonen. Im Reduit 8-15,2 cm Schnellfeuer-Kanonen , aufserhalb 8-12 cm SchnellfeuerKanonen, 4-5,7 cm desgl. , insgesamt mit Mitrailleusen 36 Geschütze, 5 Torpedo-Lanzierrohre . und

erstreckt

sich

Die Panzerung hat Platten von 10-25 cm

auf Wasserlinie ,

Reduit ,

Turm ,

Querwände ;

2 Maschinen mit 3 facher Expansion und 12 cylindrische Kessel, jeder mit 3 Oefen , für

eine Spannung von 100 Atmosphären .

Mit

dem

Kohlenvorrat von 600 t vermag das Schiff bei 10 Knoten 4600 Seemeilen, bei 17 Knoten 1450, bei 18 Knoten 900 Seemeilen zurückzulegen , mit dem Kohlenvorrat von 1000 t bei 10 Knoten 7500 Seemeilen, bei 16 Knoten 2400, bei 18 Knoten 1500 Seemeilen .

Ausge-

nommen einige wenige Maschinenteile wird das gesamte Material aus Italien bezogen (Es . it. 29. 7. ) - Ein vom selben Konstrukteur herrührendes Unterseeboot soll sich vorzüglich bewährt haben . Angesichts der seitens einiger Taktiker angeregten häufigeren Anwendung nächtlicher Angriffe im Felde , wie der nicht minder grofsen Wichtigkeit der Waffenwirkung bei Nacht im Festungskriege erscheint die weitere Fortbildung der Erleuchtungs -Vorrichtungen Die „ Rivista di artigleria e genio “ von nicht geringem Interesse. (April 92 ) enthält Mitteilungen über Versuche in Spanien ( 1891 ) mit Scheinwerfern , welche von der Firma Sautter-Lemonnier nach Angaben der Zentral - Schiefsschule von Madrid konstruiert waren. Der Plan- Spiegel (specchio aplanatico) des Obersten Mangin wurde mit dem nötigen Zubehör auf einem Karren transportiert, ein zweiter Karren trug den Kessel und den Motor Parson (für einen Strom von 100 Ampères und 70 Volts) . konnten an

Truppenteilen

Von der günstigsten Position aus

Einzelheiten

bis

auf 4000 m

erkannt,

Baulichkeiten konnten bis 9000 m deutlich gesehen werden . Artillerie konnte auf 3000 m wie am Tage schiefsen ,

Infanterie musste sich

indes auf 600 m beschränken , um genügenden Erfolg zu haben. Andere Versuche fanden seitens der türkischen Marine bei Konstantinopel statt , um den Plan - Spiegel Mangin von 60 cm mit dem parabolischen Spiegel von Schuckert (Nürnberg) gleicher Dimension in Parallele zu stellen. Der erstere trug auf 7000 m , der letztere auf 4800 m, indes mit schwächerem Strom .

Die Kommission sprach

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

sich für ersteren aus .

357

Die Fr. mil . vom 31. Mai spricht von Ver-

suchen des französischen Genie - Korps ,

welche von den Pariser Forts und vom Eiffelturm ausgingen und die Polarisation des zum nächtlichen Feld - Signalwesen verwendeten Lichts bezweckten ; man erhielt ein Licht, welches nur dem Posten sichtbar ist, dem es dienen soll, im übrigen unsichtbar bleibt. Über die elektrische Erleuchtung der Schlachtfelder für die Sanitäts - Kolonnen spricht Dr. Friedr. Wächter im Juniheft der Wiener " Mitteil. etc. " auf Grund vielfacher eigener Erfahrungen und neuerer Versuche.

Er giebt im Allgemeinen den Suchlichtern

mit anderen Lichtquellen (insbesondere Petroleum) den Vorzug. Doch haben die im Mai d. J. vom techn. und administr. Militär - Komité angestellten Versuche mit elektrischen Suchlichtern mit Akkumulatorbatterien günstige Ergebnisse gehabt ; lampe wurde

hinsichtlich

der Petroleum-

eine gleiche Leistungsfähigkeit anerkannt ,

doch die

Handhabung bei aller Einfachheit der Einrichtung als weniger bequem erachtet. Ein bisher wenig der Beachtung gewürdigtes Thema findet sich im Aprilheft der „ Rivista di artigleria e genio " behandelt, wir meinen die Anwendung der Photographie zu militärischen Zwecken. Die Darstellung betrachtet die Bedeutung der Photographie in diesem Sinne unter 5 verschiedenen Gesichtspunkten und zwar: graphie ,

2. Benutzung zur Ermöglichung der Taubenpost ,

nahme aus dem Ballon , 4. Phototopographie ,

1. Karto3. Auf-

5. zu topographisch-

militärischen Rekognoszierungen . Des näheren Eingehens sehr instruktive Arbeit müssen wir uns hier enthalten .

auf die

Die Wirkung der kleinkalibrigen Gewehr-Geschosse gegenüber den animalischen Organismen bildet neuerdings wieder einen Gegenstand eingehendster Prüfungen und Erwägungen. Die Anregung hat der Wiener Professor der Wundarzneikunde Billroth im Dez. v. J.

durch seinen Vortrag vor den Delegationen über die Ver-

wundungen im nächsten Kriege gegeben, bei welcher Gelegenheit derselbe die gegenwärtigen Sanitäts -Einrichtungen als für die Zukunft gänzlich unzureichend bezeichnete. Billroth glaubt an eine viel gröfsere Zahl Schwerverwundeter als bisher ; über die Art der Verwundungen hat er sich weniger ausgesprochen. Dafs die Wirkung in der ersten Zone auch bei den Mantelgeschossen noch eine explosive ist, wird ziemlich allgemein angenommen.

Major Gaede als deutscher

Regierungs - Kommissar bestätigte dies in der ReichstagsSitzung vom 18. Febr. d. J. auf Grund der Erfahrungen der Militär- Schiefsschule . Auf gröfsere Entfernungen ,

wo die Knochen glatt

durchschlagen

werden , sind die Verwundungen weniger gefährlich , es werden mehr

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

358 Verwundete ,

aber nicht mehr Schwerverwundete als bisher vor-

kommen , die Wunden verhältnifsmäfsig rasch geheilt werden .

Die

Sanitäts-Vorkehrungen schildert Major Gaede als voraussichtlich den kommenden Anforderungen gewachsen.

Weitere wichtige Daten hat

Professor v. Bardeleben , Generalarzt und Geh. Ober-Medizinalrat, im März d . J. gelegentlich seines Vortrags über „ die kriegschirurgische Bedeutung der neuen Geschosse" geliefert, ebenso der XXI . Kongreſs der deutschen Gesellschaft für Chirurgie im Juni d. J. durch Prof. Bruns (Tübingen) und Stabsarzt Dr. E. Reger (Hannover) , denen beiden eingehende eigene Studien zur Seite gestanden . Humaner als bisher, aber auch massenhafter erachtet man die Verwundungen , deren Wartung man mit den zur Verfügung stehenden Kräften zu bewältigen hoffte. Die höchst gefährlichen Arten der Verwundungen durch kleinkalibrige Geschosse , welche auf nahe Entfernungen abgegeben sind, haben durch verschiedene Erfahrungen bei Volks - Aufständen eine traurige Bestätigung gefunden.

Auf gröfseren Entfernungen fehlen

aus naheliegenden Gründen in unserem Weltteil genügende Anhaltspunkte gegenüber lebenden Wesen . Beim chilenischen Bürgerkrieg liegen solche allerdings vor , sind aber wohl noch nicht genügend gesichtet (vgl . 82. Bd. , S. 365) .

Aus Spanien wird den Versuchs-

Ergebnissen an toten Leibern der volle Wert abgesprochen . Der lebende Körper leiste einen viel gröfseren Widerstand und sei daher das Verhalten der eindringenden Geschosse in solchen ein wesentlich abweichendes . Im Lande der Stierkämpfe hat man es nicht verschmäht , zur Aufklärung

der Sache eine Art Vivisektion durch

Beschiefsen ausrangirter Pferde und Maultiere aus 7,65 mm und 6,5 mm Mauser- Gewehren vorzunehmen und zwar auf der beträchtlichen Entfernung von 2000 m. Die Verwundungen waren sehr schwer, zum Teil tötlich, im besten Falle wäre die Heilung von langer Dauer und schwierig gewesen. Vergl. Band IV der Revue de l'armée belge, 1892, nach dem Memorial de artilleria. Bei der Frage der weiteren Herabsetzung des Gewehrkalibers auf 5 mm oder noch weniger wird die Art der Verwundungen und die wahrscheinliche Dauer der Heilung eine wichtige Rolle spielen . Schott.

XXII .

Umschau in der Militär - Litteratur .

I.

Ausländische Zeitschriften .

Streffleurs österreichische militärische Zeitschrift. (Juli) : Studie über die Ausbildung der Infanterie für das Gefecht (Oberst F. Bender). - Die Einführung einer Berufung im ehrenrätlichen Verfahren. - Über das Schiessen der Feld-Artillerie ( Oberlieutenant Christl ; Forts .) -- Alte Krieger- Sentenzen. - Über Torpedo . - Italiens militärische Situation im Dreibunde und sein Heeresbudget. - Das Mehrladegewehr- System Krag-Jörgensen. - Die Teilnahme des Titler-Grenz -Tschaikisten -Bataillons am österreich-türkischen Kriege 1788-1791 (A. Gjukić ; Forts. ). Organ der militär - wissenschaftlichen Vereine (Österreich. ) XLIV Bd. 6. (Schluss-)Heft . Die Feldzüge der französischen Revolution. Der Feldzug 1794. Von A. Chevalier Minarelli-Fitzgerald, k. u . k. Major des Generalstabs -Corps. Armeeblatt (Österreich) . Nr. 26 : Unsere Schiefsausbildung (Forts .) . Der Fafsmesser, System Nr. 27: Unsere Schiefsausbildung (Forts.). Unsere SchiefsMatievic. Nr. 28 : Die Grenzen der Gehorsamspflicht. ausbildung (Schluſs) . Militärzeitung (Österreich) . Nr. 23 : Herstellung von Feldbefestigungen in der französischen Infanterie. Nr. 24 : Zu den Wirren in Uganda . Nr. 25 : Das Fahrrad in der französischen Armee. Reichswehr (Österreich). Nr. 351 : Schufswunden. Nr. 352 u. 353 : Die k. k. Landwehr. Nr. 354 : Kriegsschule und höherer Infanterie - Curs. Nr. 355 : Das Ende der Geniewaffe. Behandelt die bevorstehende Umwandlung der bestehenden 10 Genie- in 10 Pionier-Bataillone . Die R. bedauert diese Mafsregel. Nr. 356 u. 357 : Der Altweiber- Friedensbund. Wendet sich gegen die Apostel des ewigen Friedens. Nr. 358 : Die Cholera und unsere Militär- Unterkünfte. Der Altweiber-Friedensbund (Schlufs). Nr. 359 : Die Infanterie-Taktik im 18. und 19. Jahrhundert (anknüpfend an das Malachowski'sche Buch : ,, Scharfe Taktik und Revuetaktik“. Der Bürgerkrieg in Venezuela. Nr. 360 : Die Entvölkerung Frankreichs , Der deutsche Militär- Strafprozeſs .

360

Umschau in der Militär-Litteratur.

Journal des sciences militaires (Juni) . Einleitung in den positiven Teil der Strategie (Forts .) . Über die Beförderung in der Armee im Jahre 1892. - Die Vorbereitung des Schützen für das Schlachtfeld. Der Feldzug 1814 (Forts .) Einige Bemerkungen über den Dienst der MilitärArtillerie im Felde (Forts ) . - Erziehung des Soldaten (Forts .). Topographie des Ober - Elsasses (Forts.) . Die französische Armee 1690

(Forts.). Revue de Cavalerie (Juni) . Briefe eines Cavalleristen. III . Massenund Gefechtstaktik. D'Hautpoul, von General Thoumas. Biographie dieses in der Schlacht von Eylau 1807 gefallenen napoleonischen Reitergenerals. Die italienische Armee und Cavallerie. Berühmte Cavalleriegefechte (Forts.) . ― Über den Galopp . Revue du cercle militaire. Nr. 26 : Eine Reserve der algerischen Tirailleurs (Forts . ) . Die Reglements der österreich - ungarischen Armee (Schluss) . Nr. 27 : Dahomey, eine militär-politische Studie, mit Karte. Die italienischen , Lagunari ". Behandelt die Organisation und den Dienst der für die Verwendung in den Lagunen bestimmten 3 Kompagnien. - Die Befestigungen der Schweiz . Nr. 28 : Die ersten Kämpfe der Rhein- Armee, nach persönlichen Aufzeichnungen eines Offiziers. Dahomey (Forts.). - Die ital. „, Lagunari " (Schlufs) . Nr. 29 : Dahomey (Forts . ). L'Avenir militaire. Nr. 1696 : Das Ausbildungsjahr. Ausdehnung der Herbstmanöver wird befürwortet. Nr.1699 : Das zukünftige deutsche Militärgesetz. Interessanter Vergleich der deutschen und französischen Wehrkräfte. Verfasser meint, die künftigen deutschen Rüstungen seien nicht dazu angethan, Frankreich zu verstimmen ; aber man möge ohne Unterlafs die Armee und die Reglements verbessern . Nr. 1700 : Die Einrahmung ( encadrement ) der Neuformationen. Behandelt besonders das Rang - Verhältnifs der aktiven Offiziere im Gegensatz zu denen der Territorial- Armee. Nr. 1702 : Der Oberbefehl in Dahomey. Behandelt die erforderliche Einheit desselben, eine Verlängerung des Feldzuges sei für Frankreich eine wirkliche Demütigung. Le Progrès militaire. Nr. 1215 : Die gemischten Formationen und der Ersatz an Pferden ; es wird betont, dafs besonders der Osten des Landes, wo der ganzen Cavallarie vereinigt sei, Mangel an Reitpferden habe. Nr. 1216 : Die Artillerie in Deutschland und in Frankreich ; behandelt besonders die Vorteile der Trennung der Feld- und Fuſs -Artillerie. Nr. 1217 : Mifsbräuche in der Cavallerie . Behandelt besonders die Remontirung derselben und die vielen Abkommandirungen an Pferden, sowie die Verpflichtung, die Pferde für das berittene Personal der Armee zureiten zu müssen. Nr. 1218 : Das Schutzzelt. Kritische Besprechung der Einführung eines solchen . - Der Militärdienst und die Entvölkerung. Frankreich ist in 100 Jahren von der ersten auf die vierte Stufe gesunken in Bezug auf Vermehrung seiner Bevölkerung. Nr. 1220: Die Budgetkommission hat das Kriegs-Budget von 648 714 000 auf 635 093 311 Fres. herab gesetzt. Nr. 1222 : Juli - Decorationen. Es wurden ver-

Umschau in der Militär - Litteratur.

361

liehen: 5 Grofs- Offizier-, 20 Kommandeur-, 80 Offizier-, 405 Ritterkreuze der ,,Ehrenlegion" , ferner 613 Militair-Medaillen, wozu noch 27 Kreuze und 7 Medaillen für die Territorial - Armee und 20 Kreuze für Militär - Beamte treten, im Ganzen 1178 Auszeichnungen. La France militaire. Nr. 2462 : Die gemischten Regimenter. Die Kammer ist den Änderungen der Wehrpflicht günstig. Sie geben den gemischten Regimentern mit der Homogenität einen bessern Zusammenhalt. Vergleich mit der Verschmelzung der alten Regimenter u. der Freiwilligen - Bataillone 1791-93 . - Nr. 2463 : Die Zahl. Der Abgeordn. Raiberti hat in der Kammer ausgesprochen , nicht in der Überlegenheit durch die Zahl überhaupt, sondern in der Versammlung auf dem richtigen Punkt liege der Sieg. Fr. m. hält es für sicherer erst für die Zahl i überhaupt zu sorgen , es sei denn , dafs Raiberti den richtigen Mann bezeichne, der für die Überlegenheit am richtigen Punkte Sorge trage. Nr. 2464 : Das Drunter u . drüber (La débâcle) von Emil Zola. Kurze Analyse des Romans u . Dank an den Autor, dafs er die Niedrigen u. Kleinen, welche die erdrückende Majorität bilden, zum Gegenstand einer so herrlichen Studie gemacht habe . Nr. 2470 : Die moderne Befestigung. Wendet sich gegen eine belgische Prefsstimme, welche erklärt, dafs die Verteidigung von Lille in Folge des bedeckten Vorgeländes unmöglich sei. Nr. 2472: Der Landsturm. Anknüpfend an eine schweiz . Stimme , welche die Organisation des dortigen Landsturms für unzureichend hält , verlangt Fr. m. im Falle einer feindlichen Invasion, dafs jeder Franzose , auch über die jetzigen Grenzen der Wehrpflicht hinaus zum Kriegsdienst verpflichtet werde, und will einen bewaffneten u. einen Hülfs - Landsturm . Nr. 2474 : Das Kadre - Gesetz. Die ArmeeKommisssion des Senats beschwört den Minister durch ihren Berichterstatter General Deffis , die Einbringung des Gesetzes zu beschleunigen . Nr. 1108 : Die grofsen Manöver 1892 . La Belgique militaire. Übersicht über diejenigen Frankreichs, Deutschlands, Österreich-Ungarns, Russlands , Italiens , der Niederlande und Belgiens. Nr. 1109 : Die Einteilung in 4 Divisionsbezirke (Gent, Antwerpen, Lüttich und Brüssel) wird hier detaillirt . Nr. 1110 : Der General Brialmont (Übersetzung eines Aufsatzes des Berliner Tageblattes). Nr. 1111 : Der Mannlicher in Chile. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (Juni) . Der Der heutige Stand der Inlandsarmee Grofsbaitanniens (Schlufs). Offizier im Felde (Schlufs). Die militärische Erziehung in unserer Armee. Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. (Juni) . Ergebnisse eines Versuches über die Wirkung von vor, oder im Geschützrohr springenden 12 cm Granaten mit Sprengladungen aus Weifspulver auf Geschütz und Geschützbedienung, vorgenommen am 5. Sept. 1891 in Thun. Ein neuer Die Bewaffnung der Positionsartillerie mit Gewehren . Beitrag zur Beurteilung des preufsischen Feldzuges von 1866. Nochmals die Beschaffung der Artilleriepferde (Schlufs) . - Der schweizerische Landsturm .

362

Umschau in der Militär- Litteratur.

Allgemeine schweizerische Militärzeitung. Nr. 26 : Das Instruction scorps. Die Frage , ob man dasselbe entbehren könne , wird verneint. Nr. 27 : Die Verwendung des Zweirades in den europäischen Armeen. ― Die mexikanische Armee. Nr. 28 : Über die Oberinstruktoren der Truppen und die Inspectoren. Nr. 29 : Zur Befestigung von St. Luziensteig. Army and Navy Gazette. Nr.1692 : Die Britische Cavallerie. Der General - Major H. F. Davies weist in einem Vortrage nach, dafs die mangelhafte Ausbildung der Cavallerie ihren Grund darin hat, dafs es an Gelegenheit fehlt, Übungen in gröfseren Verbänden und in durchschnittenem Gelände vorzunehmen . Viele Offiziere haben nicht einmal Gelegenheit, im Regiment geschlossen zu üben. Die Schiefsausbildung der Armeen. Col. Stade , der Kommandeur der Schiefsschule zu Hythe veröffentlicht die Ergebnisse der Schiefsausbildung im verflossenen Übungsjahre, die als gut bezeichnet werden. Es schossen 23 Bataillone mit dem Sterblichkeit der Lee-Milford, 43 mit dem Martini- Henry Gewehre. Europäischen Truppen in Indien. Die grofse Sterblichkeit der Truppen wird dem Mangel an geeigneten Europäischen Krankenwärtern zugeschrieben, den Indischen Wärtern fehlt es an Ausbildung und Kenntnifs in diesem Berufe. Waterloo . Ein Rückblick auf die Schlacht bei Waterloo , unter besonderer Berücksichtigung der Stärkeverhältnisse der Franzosen und der Alliirten. - Die Kriegsvorräte und Munition. Dem früher so grofsen Mangel an genügenden Vorräten für den Kriegsfall soll durch die jetzige Heeresverwaltung vollständig abgeholfen sein . — Die Einführung der Lanze. Nachweis der Notwendigkeit , dieselbe nach dem Beispiele Deutschlands einzuführen. Das optische Signalwesen. Trotz der tüchtigen Ausbildung der Offiziere und Mannschaften ist dasselbe bei den Truppenführern noch nicht bekannt in Bezug auf die Beurteilung, wann es mit Vorteil zu taktischen Zwecken verwandt werden kann und mufs. Die Marschälle Frankreichs. Ein historischer Rückblick auf die Entstehung dieser Charge im Jahre 1185 bis zur Jetztzeit. - Geschichte des Bedfordshire Regiments. 16. Linien - Regiment , errichtet 1688. Nr. 1694 : Unsere Landesverteidigung von 1886 und 1892. Anknüpfend an die diesjährige sog . Probe-Mobilmachung in Portsmouth wird der Fortschritt nachgewiesen, der in den letzten Jahren in dieser Beziehung gemacht ist. Die französische Armee. Betrachtung über die bei den letzten französischen Manövern gemachten Beobachtungen in Bezug auf die Offensive und Verwendung der Artillerie. - Die Egyptische Artillerie. Die Organisation und Ausbildung der Egyptischen Artillerie, 1 reitende, 2 Feld- und 3 Garnison-Batterien stark, wird eingehend geschildert. Russischer Invalide 1892. Nr. 118 u. 119 : Über die im vergangenen Jahre bei den Sappeur - Brigaden ausgeführten Versuche. Unter Anderem wurden wiederum Tierfelle, welche zu Ballons aufgebläht wurden , als Hülfsmittel zum Passiren von Flüssen erprobt. Verfasser schliefst mit folgenden Nr. 125: Der Nord - Ostsee - Kanal. Worten: ,,Mit Eröffnung des Kanals wird der Handel sämtlicher Häfen des

Umschau in der Militär - Litteratur.

363

Ostsee-Beckens zweifellos einen erheblichen Aufschwung nehmen . Für alle Schiffe, welche von Stockholm , Petersburg, Abo ; Reval, Riga, Libau, Königsberg und Stettin nach Liverpool, Hull, London u . s. w. fahren , wird sich ein erheblicher Zeitgewinn ergeben, wobei die Schiffe 13 Stunden in absoluter Gefahrlosigkeit durchfahren. Die deutsche Kriegsflotte wird, je nach Bedarf, sich in der Ost- oder Nordsee vereinigen können ; ein im Kanal befindliches Geschwader kann in kürzester Zeit sowohl nach der Nordsee, wie nach der Ostsee heranberufen werden." Nr. 126 : Verfügung vom 28. 5. cr. betreffend die Ergänzung der Kosaken - Truppenteile im Kriege. Nr. 127: Verfügung vom 5. Juni cr. betreffend Formation eines Festungs-Artillerie- Bataillons in Kiew am 1. October d . J. Nr. 129 : Die Verwendung des Velocipeds für Kriegszwecke. Nr. 130, 131, 135 : Taktische Übungen der Front - Offiziere. Verfasser tritt für eine eingehendere und vielseitigere Ausbildung der Offiziere im Frontdienst ein. Nr. 137 : Verfügung vom 16. Juni d . J. betreffend Vermehrung der Zahl der Reserve-Pferde bei den Ersatz-Kadres der Kavallerie . — Die Infanterie -Ausrüstung. Verfasser spricht sich für den Ersatz des Tornisters durch Packtaschen aus. - Nr. 138 : Über das Anlegen von Relais zur schleunigen Weitergabe von Meldungen und Befehlen. - Nr. 141 : Verfügung vom 19. Juni d. J. betreffend Vermehrung der Festungs - Artillerie in Sebastopol um 3 Kompagnien. ---- Nr. 142 : Verfügung vom 20. Juni d. J. betreffend Formirung eines Finnländischen Feld-Artillerie- Regiments, und zwar aus zwei neu zu formirenden leichten Batterien und aus der 7. und 8. leichten Batterie der 24. Artillerie-Brigade. Russisches Artillerie - Journal. Maiheft : Die Ausbildung der Feld-Artillerie für das Gefecht. (Forts.) - Das Feldgeschütz der Zukunft. Eingehende Besprechung des gleichnamigen Werkes des General Wille (70 Seiten). Zur Ausbildung im Schiefsen. - Das FestungsArtillerie-Material. Juniheft : Über den Widerstand der Luft und über die Lösung von Aufgaben des indirekten Schiefsens. Das Feldgeschütz der Zukunft. Eingehende Besprechung des gleichnamigen Werkes des General Wille (54 Seiten. Forts. ) Das Kryptophon. Besprechung des von dem französischen Major Henri erfundenen Horch-Apparats zur Anmeldung der Annäherung eines Gegners. Russisches Ingenieur- Journal. Maiheft. Die Thätigkeit des 5. Pontonnier - Bataillons im Feldzuge 1877-78 . Das Bataillon war an dem Übergang über die Donau bei Sistowa beteiligt. - Die Panzerkuppeln für die neuen belgischen Maas- Befestigungen. Die grofse Straſse Patentirte hölzerne Dachziegel. - Natürvon Kotschausk nach Herat. liehe Stein-Baumaterialien, ihre Eigenschaften, ihre Gewinnung und Bearbeitung. (Forts.) Rivista militare Italiana (Juli) . Einige Konsequenzen der kurzen Dienstzeit. - Initiative oder Gehorsam? (Sehr lesenswerth, durch kriegsgeschäftliche Beispiele erläutert) . -- Die nationalen Schiefsgesellschaften in ihren Beziehungen zum Heere. Der Stand der Wehrkraft in der Schweiz.

364

Umschau in der Militär - Litteratur. Esercito Italiano

Nr. 75 : Die strategischen Bahnen in Sa-

voyen. Beleuchtet die ungünstige Lage, in welche die Landesverteidigung Italiens durch den Bau der Bahnen nach Chamounix und Albertville zumal dann kommen kann, wenn Frankreich die Neutralität der Schweiz nicht Nr. 78 : Gepanzerte Artillerie in Frankreich bespricht die achtet. Absicht die Bedienung durch Nickelstahlplatten von 6 mm Stärke, 2 m Fläche und 80 k Gewicht zu schützen . Nr. 81 : Für die italienische FeldArtillerie ist ein neuer Quadrant - Aufsatz (Richtbogen) eingeführt worden, der sich bei den Proben sehr gut bewährt hat. Nr. 82: Die diesjährigen Feldmanöver des italienischen Heeres, nicht zu verwechseln mit den grofsen Manövern , finden vom 21.- 30 . August statt und nehmen an denselben teil : Beim I. Corps beide Divisionen , ebenso beim II. und III. , beim IV. Corps 3 Infanterie- Brigaden , beim V. und VI. beide Divisionen , beim VII. 3 Brigaden, zu denen für die grofsen Manöver noch eine Landwehr(Mobilmiliz) Brigade tritt, beim VIII , IX. , X. Corps beide Divisionen, beim XI. Corps 3 Brigaden, beim XII . beide Divisionen . - Übungen im Aufklärungsdienst finden im Bereich des III. Corps (2 Regimenter, 2 reitende Batterien), V. Corps (3 Regimenter, 2 reitende Batterien) und IX . Corps (auf jeder Seite 3 Regimenter) statt . Rivista di artigleria e genio (Juni). Die elektrische Beleuchtung in den Küstenbatterien vom Artill. Lieut. San Martino . Revista cientifico -militar (Spanien) . Nr. 12 : Das britische Reich. Studie von Carlos Banus (Forts. folgt) . Praktische Übungen der GeneralMilitär - Akademie (Forts.) . - Die belgischen Maas - Befestigungen. Anfang einer Studie vom Genie-Kapitän Rubio y Bellvé. Revista Militar (Portugal). Nr. 12 : Schiedsrichter für Feuerwirkung. Die durch kleinkalibrige Geschosse hervorgebrachten Verwundungen. -Eine Episode aus dem HalbinselKrieg. Krigsvetenskaps Akademiens Handlinger (Schweden) . 11. und 12. Heft : Allgemeine Grundsätze für die Einrichtung der Feldverwaltung des schwedischen Heeres. - Kriegshunde. Kann das Gepäck des schwedischen Infanteristen nicht erleichtert werden? Norsk Militaert Tidsskrift (Norwegen). 6. Heft : Kampf der Infanterie gegen Artillerie. Militaert Tidsskrift (Dänemark). 4. Heft: Lebenslauf eines

dänischen Ingenieur- Offiziers im vorigen Jahrhundert.

II. Bücher. Beschreibung der Kriegsthaten des General- Feldmarschalls Ernst Albrecht von Eberstein (geb. 1605 , † 1676). Bearbeitet von L. F. Freiherrn von Eberstein , Kgl. Preufs. Ingenieur-Hauptmann a. D. Zweite Ausgabe. Druck von G. Schenck, Kgl. Hofbuchhändler. Berlin 1892.

Umschau in der Militär- Litteratur.

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Verfasser vorliegender Lebensbeschreibung hat sich durch seine verdienstvollen Forschungen auf dem Gebiete der Familiengeschichte längst schon einen in der gelehrten Welt bekannten und hoch geachteten Namen gemacht. Seine "" Urkundliche Geschichte des reichsritterlichen Geschlechtes Eberstein von Eberstein auf der Rhön " , in 5 Bänden erschienen 1889 , ist ein Familien - Denkmal, wie sich dessen sicherlich nur sehr wenige unserer alten adeligen Geschlechter berühmen können , zumal selbige über den Rahmen einer Familiengeschichte weit hinausgreifend, aufserordentlich wertvolle Aufschlüsse über die Kulturgeschichte unseres Volkes bietet und deshalb neben der Bedeutung als geschichtliche Darstellung eines deutschen Adelsgeschlechtes auch den Wert eines die Erkenntnifs des Vorlebens weiterer Kreise in deutschen Landen fördernden Werkes für sich in Anspruch nehmen kann. Der berühmteste des alten fränkisch-thüringischen Geschlechtes ist der in Rede stehende General-Feldmarschall E. A. v. E. Schon im Jahre 1891 hatte der Herr Verfasser die ,, Kriegsberichte" des letzteren aus dem zweiten schwedisch-dänischen Kriege in einem stattlichen, mehr als 500 , dem Kopenhagener und Berliner Archive entnommene , Urkunden zählenden Bande niedergelegt, dem nun die abgerundete Darstellung der Kriegsthaten dieses tüchtigen Mannes folgt. E. A. v. E. ist am 6. Juni 1605 zu Gehofen im Unstrutthale geboren. Schon in dem jugendlichen Alter von 15 Jahren hat er als Page seines Oheims an der Schlacht am Weissen Berge bei Prag (1620) Teil genommen und in kaiserlichen , schwedischen , hessischen , dänischen und kursächsischen Diensten ein überaus bewegtes kriegerisches Leben geführt. An den Ereignissen des 30 jährigen Krieges hat er , unter verschiedenen Fahnen kämpfend , den ehrenvollsten Anteil genommen . 1732 finden wir ihn als ,, Major in des Landgrafen (von Hessen-Cassel) Leib-Regiment zu Rofs", als solcher nahm er Teil an der Schlacht bei Lützen ; in Flandern und Brabant kämpfte er gegen die Spanier. 1636 steht er als Oberst an der Spitze von 6 hessischen Regimentern unter Befehl des schwedischen Generals Banérs ; 1642 wird er zum General - Major befördert, 1644 in hessen - darmstädtischen Diensten Kriegsrat und Ober - Kommandant der Festung Giefsen , 1646 „, Generallieutenant über die ganze Miliz zu Rofs und zu Fufs", 1648 Feldmarschall - Lieutenant. Nach Beendigung des Krieges trat er in kaiserliche Dienste ; er befindet sich unter den 100 kaiserlichen Offizieren , deren Bildnisse der Gen. Feldmarschall Graf v. Buchheim 1649 anfertigen und in ein Album Honori sacrum betitelt zusammenstellen liefs . 8 Jahre lebte E. nach dem Prager Frieden ruhig auf seinen Gütern und wurde 1656 in den ,,Palmenorden und fruchtbringende Gesellschaft" unter dem Namen ,,der Wohlverdiente " aufgenommen . 1657 traf ihn ein Ruf aus dem Norden , der ihn von Neuem in das Kriegsgetümmel hinein zog. Der König von Dänemark , Friedrich III , begehrte seine Dienste gegen den Schwedenkönig Karl Gustav. Als Feldmarschall trat er in dänische Dienste, in welchen er, als Organisator besonders tüchtig, 8 Jahre blieb.

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Seine glänzendste Waffenthat ist hier die Schlacht von Nyborg (14. November 1659), in welcher er den linken Flügel des verbündeten Heeres befehligte und auch Kurbrandenburgische Truppen unter Quast unter seinen Befehlen hatte . Die Schlacht von Nyborg rettete bekanntlich die dänische Monarchie vor sicherem Untergange. Am 27. Mai 1665 erbat E. ,,wegen heran nahenden Alters als auch schlechten Zustand seiner Güter" den Abschied. Mehrfach hat man darauf den vielgewandten , kriegserfahrenen Mann für andere Dienste zu gewinnen gesucht ; er zog es aber vor , einem ehrenvollen Anerbieten des Kurfürsten von Sachsen zu folgen , der ihn am 1. Januar 1666 zum „ Geheimen Kriegsrat, General- Feldmarschall, Kammerherrn und Obersten zu Rofs und Fufs" ernannte. Dies war der letzte Herr, dem er diente ; am 9. Juni 1676 endete auf der von ihm erbauten Burg Neuhaus bei Harzgerode ein sanfter Tod seine ruhmvolle Laufbahn . Wir wollen nicht zu bemerken vergessen, dafs für die leider noch sehr wenig durchforschte brandenburgische Kriegsgeschichte des 17. Jahrhunderts die hier beigebrachten Schilderungen des dänisch - schwedischen Krieges ein sehr reiches urkundliches , hier zum ersten Male veröffentlichtes Material bieten , dessen sich eine zukünftige brandenburgische Kriegsgeschichtsschreibung zu erinnern haben wird ! - Wir können zum Schlufs unserer Bewunderung über diese mit einem wahrhaft bienenartigen Fleifse und höchster Gründlichkeit verfafste Lebensbeschreibung nur unverhohlenen Ausdruck geben und müssen sie als eine wahre Bereicherung der kriegsgeschichtlichen Litteratur bezeichnen. Der geschätzte Herr Verfasser aber kann sich für seine treue und rastlose Mühewaltung um die Herstellung dieses glänzend ausgestatteten biographischen Denkmals des Dankes aller Freunde der vaterländischen Kriegs- und Heeresgeschichte versichert halten. 1. General-Feldmarschall Graf York von Wartenburg, eine Characterskizze von Senckler , Hauptmann . Berlin 1892. Liebelsche Buchhandlung. Mit dem Motto : ,,Treue im Frieden Treue im Kriege bis in den Tod ! halfen zum Siege" giebt Verfasser ein Bild des durch unermüdliche Selbstzucht gestählten Charakters des Helden von Wartenburg, des Mannes von Tauroggen. Edelmann von Kopf bis zur Zehe in des Wortes bester Bedeutng , war es Yorks wichtigste Sorge , auch die ihm unterstellten Offiziere zu solchen zu erziehen . Wie aber York unter stetem Kampf mit den Widrigkeiten des Lebens, unter Entbehrungen mancher Art, aber auch im stetigen, unverdrossenen Studium des Krieges heranreifte zu der ehernen Säule der Armee in schwerster Zeit , das hat in grofsen Zügen Verfasser in seiner kleinen Schrift dem jungen Nachwuchse des Offizier17. corps vor die Augen geführt. Einhundertfünfundsiebzig Jahre des Königlich Preusifschen Kürassier- Regiments Herzog Eugen Friedrich von Württemberg (Westpreussisches) Nr. 5 bearbeitet von Hans Ewald von Zanthier.

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Premier-Lieutenant im Regiment . Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. 8º. VIII und 110 Seiten. (4, 50 Mk. ) Dem Verfasser lag nicht ob eine Regimentsgeschichte zu schreiben. Rittmeister v. Bärensprung hat sie Eine solche ist schon vorhanden. gründlich und eingehend bearbeitet ; in einem stattlichen Bande ist sie 1878 im Druck erschienen. Premier- Lieutenant v. Zanthier hatte von seinem Regimentskommandeur den Auftrag erhalten zum 1. Mai 1892 , dem Tage, an welchem das Regiment die Feier seines einhundertfünfundsiebziegjährigen Bestehens beging , eine Festgabe herzustellen für die alten und die jungen Kameraden . Mit Ausnahme der Darstellung der letztverflossenen funfzehn Friedensjahre hatte sie nichts Neues zu bringen , sondern nur aus jener umfangreichen Arbeit das Wichtigste herauszugreifen . Eine wesentliche Bereicherung der Heeres- und Kriegsgeschichte bietet sie daher nicht, ihrer Bestimmung aber genügt sie vollkommen, namentlich durch Beigabe eines reichen Bilderschmuckes, welcher der Regimentsgeschichte fehlt. Es sind vier Bildnisse und neun farbige Uniformbilder, welche die Trachten des Regiments in allen ihren Gestaltungen zur Anschauung bringen, aufserdem eine bildliche Darstellung der Packung aus dem Jahre 1717, in welchem die von Sachsen übernommenen Porcellan-Dragoner den Stamm des Dragoner-Regiments von Wuthenau Nr. 6 , des gegenwärtigen KürassierRegiments , bildeten . 99 Wie dasselbe errichtet und organisirt , wie es bewaffnet und ausgerüstet worden ist, die Uniformen, die es getragen, seine Feldzugs- und anderen wichtigsten Ereignisse seit seiner Errichtung am 1. Mai 1717 bis zur Gegenwart" zu schildern , hat der Verfasser übernommen und diese Aufgabe hat er in einer ansprechenden Weise erfüllt. Ob das Bedürfnifs vorlag ein solches Buch zu schreiben , hat weder der Offfzier zu untersuchen , der dem Wunsche seines Regimentskommandeurs entsprach , noch der Berichterstatter , welcher von dem Erscheinen des 14. Buches den Lesern der Jahrbücher die Kenntnifs vermittelt. Geschichte des Königlich Preufsischen Hessischen Train - Bataillons Nr. 11 und der vormaligen Grofsherzoglich Hessischen Train - Kompagnie. Bearbeitet von Kiesling , Seconde-Lieutenant und Adjutant des Hessischen Train Bataillons Nr. 11. Berlin 1892. E. S. Mittler u. Sohn. Wenn es schon nicht leicht ist, die Geschichte eines Truppenteils interessant zu schreiben , sofern derselbe nicht Kriegsthaten von allgemein geschichtlichem oder doch von kriegsgeschichtlichem Interesse aufzuweisen hat, so ist es ganz gewifs besonders schwierig, den Leser für die Geschichte eines Truppenteils zu interessiren , der die entsagungsreiche Aufgabe hat, im Felde nur das für die Verpflegung und das Sanitätswesen der Armee erforderliche ungeheure Material zu befördern , ohne jemals mit der Waffe in der Hand dem Feinde entgegenzutreten , es sei denn ausnahmsweise da, wo die eigene Verteidigung dies gebietet. Umsomehr verdient es Anerkennung , wenn es dem Herrn Verfasser geglückt ist, in klarer, übersichtlicher Form und mit entsprechender Ausstattung die Geschichte seines Truppenteils so vorzuführen , dafs dieselbe

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das volle Interesse aller derer zu erwecken geeignet ist , welche dem Bataillon bezw . der vormaligen Grofsherzoglich Hessischen Train- Kompagnie nahe stehen oder gestanden haben. Dadurch dafs das statistische Material gröfstenteils in die 14 Anlagen verwiesen ist, wird die Übersicht wesentlich erleichtert. Die ersten 6 Seiten behandeln kurz die Entwickelung des Bataillons von der Errichtung 1866 bis zur Mobilmachung 1870. Seite 7-77 folgt der Feldzug gegen Frankreich. Dieser Hauptteil des kleinen Buches giebt kurze, dem Generalstabswerke entnommene und aus dem Sanitätsbericht über die Deutschen Heere 1870/71 durch Skizzen erläuterte Darstellungen derjenigen kriegerischen Aktionen, an denen Formationen des Bataillons beteiligt waren , besonders die in erster Linie und im unmittelbaren Anschlnfs an die fechtenden Truppen auftretenden Sanitäts -Detachements. Diese Beteiligung wird uns auf Grund des Kriegstagebuches in kurzen Worten geschildert , die doch die Hauptsache erschöpfen und uns erkennen lassen , mit wie grofser Aufopferung und Selbstverleugnung Sanitäts- Detachements und Feldlazarethe ihre Pflicht erfüllten . Der dritte Teil, Seite 80-99 , von der Demobilmachung 1871 bis zur Feier des 25 jährigen Bestehens des Bataillons 1891 entspricht dem ersten Teil, nur tritt hier von 1872 ab dem Bataillon die Grofsherzogliche TrainKompagnie hinzu , bis dieselbe am 1. Oktober 1890 aus dem Verhältnifs zum Bataillon scheidet und nun den Stamm für das neu zu formirende Bataillon Nr. 25 bildet . Wenn wir uns vorstehend mit dem, was uns der Herr Verfasser geboten und wie er es geboten hat, völlig einverstanden erklären konnten , so vermögen wir schliefslich doch das Bedauern nicht zu unterdrücken, dafs die Mobilmachung (S. 8) nicht eingehender behandelt worden. Von allen Truppenteilen , die ins Feld rückten , hat keiner eine so complicirte und so umfangreiche Mobilmachung wie ein Train - Bataillon, dessen ganzer Bestand an Officieren, Mannschaften und Pferden vollständig aufgelöst und auf eine Anzahl der verschiedensten Formationen verteilt wird, denn an der vorbezeichneten Stelle des Buches sind nur die aufzustellenden gröfseren Formationen aufgeführt. Diesen treten aber noch alle mit Train-Mannschaften, Pferden und Fahrzeugen mobil zu machenden Stäbe und Branchen hinzu , so dafs schon die Mobilmachungsvorarbeiten eines Train- Bataillons so schwierig , so mühsam und so ausgedehnt sind, wie sie aufser einem Bezirks - Kommando keine Kommandobehörde kennt. Wir hätten daher dem in der Anmerkung auf Seite 8 gegebenen Hinweis auf eine andere Schrift des Herrn Verfassers eine Darstellung der Thätigkeit vorgezogen, welche Vorbereitung und Ausführung der Mobilmachung eines Train-Bataillons erfordern . Die knappe und übersichtliche Darstellungsweise des durch seine dienstliche Stellung mit den Mobilmachungsvorarbeiten vertrauten Herrn Verfassers giebt uns die Gewähr , dafs wir eine anschauliche und doch den Leser nicht ermüdende Schilderung erhalten 52. haben würden .

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Storia della Brigata Aosta dalle origini ai nostri tempi . Narrata da tenente colonnello Cecilio Fabris e colonnello Severino Zanelli . Seconda edizione. Città di Castello . S. Lapi tipografo-editore . 1892 . Pag. 488. Prezzo 12 lire. Die Brigade Aosta, aus dem 5. und 6. Königlich Italienischen InfanterieRegiment gebildet, feierte am 20. Februar 1890, in der Hauptstadt Italiens , Rom, die Wiederkehr des Jahrestages, an welchem, 200 Jahre vorher, deren Stamm-, ein Füsilier-, Regiment vom Herzog Victor Amadäus II. von Savoyen errichtet worden war. Zur Feier dieses Tages erschien die erste Auflage des vorliegenden Werkes, welches die Geschichte der, mit Piemonts, Sardiniens und Italiens und vor Allem ihres uralt edlen Herrscherhauses Geschicken enge verknüpften Brigade Aosta, von deren Anfängen bis zu unseren Zeiten, erzählt. Der Zeitraum von 1690 bis 1800 ist von Herrn Oberstlieutenant Fabris , Professor an der Königlich Italienischen Kriegs -Akademie, jener von 1814 ab von Herrn Oberst Zanelli, Commandeur Leider gedes 62. Königlich Italienischen Infanterie- Regiments, verfasst. stattet der zur Verfügung stehende Raum nur sehr kurze Erwähnungen aus dem reichen und höchst interessanten Inhalte des musterhaft gelungenen Geschichtswerkes . - 15. September 1774 ernannte König Victor Amadäus III . seinen Sohn Victor Emanuel, Herzog von Aosta, zum colonello titolare des allein noch nicht nach Provinzen des Königreichs Sardinien benannten Füsilier- Regiments, welches bereits, mit berechtigtem Stolze, auf 30 Feldzugsjahre zurückblicken konnte. Unter dem Namen ,,Aosta" nahm das Regiment an den letzten Kriegen des 18. Jahrhunderts (1792 bis 1800) ehrenvollsten Anteil. - Nachdem 1800 bis 1814 das Königreich Sardinien auf die Insel gleichen Namens beschränkt gewesen war, wurde, nach der Rückkehr des Königs Victor Emanuel nach Turin, August 1814, das Regiment Aosta wieder gebildet. Ende 1815 wurde verfügt, dafs jedes der, im Frieden zwei Bataillone starken Infanterie-Regimenter des Königreichs Sardinien, beim Übergange auf den Kriegsfufs, eine vier Bataillone starke Brigade zu bilden habe . 1831 wurde bestimmt, dafs jede der 9, für den Krieg vorgesehenen Infanterie - Brigaden , bereits im Frieden , aus zwei , von Obersten befehligten Regimentern zu bestehen habe und von einem Generalmajor zu kommandiren sei. 1839 erhielten die 18 Regimenter, welche die 9 Infanterie- Brigaden bildeten, durchlaufende Nummern, jene der Brigade. Aosta die Nummern 5 und 6. Dem hohen inneren Werthe des vorliegenden Geschichtswerkes steht die hervorragend schöne, durch mehr als 60 im Texte eingeschaltete Bilder gezierte Ausstattung desselben würdigst zur Seite. Nicht nur Abbildungen, welche die äufsere Erscheinung Bekleidung und Bewaffnung - der Brigade während ihres Bestehens darstellen, sondern auch die Bilder der festen Plätze pp ., an deren Erstürmung bezw. tapferen Verteidigung die Brigade Teil nahm, aufserdem die Bildnisse vieler, insbesondere seit 1814 , ihr vorgesetzten höheren Generale, dann diejenigen der in ihrem Verbande gestandenen Offiziere, welche durch hohe Stellung oder besonders tapfere Thaten hervorragten, sowie aller seit 1859 auf dem Felde der Ehre gefallenen Offiziere , tragen mächtig dazu bei, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXIV., 3. 25

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dafs die Geschichte der Brigade Aosta deren braven Thaten in vollstem Umfange gerecht wurde. Die höchste Ehrung, der gröfste und schönste Lohn der tapferen, durch den Schmuck der Fahnen ihrer beiden Regimenter - Juli 1859 mit der goldenen Tapferkeitsmedaille - ausgezeichneten Brigade, sind die Worte, mit welchen der Glückwunsch ihres Allerhöchsten Kriegsherrn zur 200jährigen Jubelfeier schlofs : ,, Ich wiederhole den Ruf, welcher schon auf jedem Schlachtfelde wider32. hallte "Viva Aosta ."

Die Zusammensetzung

der französischen Provinzialarmeen im Kriege von 1870/71 . Von Kunz , Major a. D. Berlin 1892. E. S. Mittler & S. Preis : 1,20 Mk .

Der Herr Verfasser hat, in der ihm eigenen gründlichen Weise, die Frage der Rekrutirung der französischen Armee der Republik im Kriege 1870/71 , in diesem zuerst in den Spalten des Militär -Wochenblattes, nun als Sonderabdruck, erschienenen Schriftchen behandelt. Anknüpfend an das im Jahre 1891 bei E. Dentu in Paris erschienene Werk von Richard : ,.Annuaire de la guerre de 1870/71 . Troisième partie. Armeés des provinces", unterwirft Major Kunz die Ordre de bataille der französischen Truppen einer kritischen Studie und kommt zu dem Ergebnisse, dafs das Richard'sche Buch zahlreiche und bedeutende Irrthümer, besonders hinsichtlich der Zusammensetzung der Artillerie der einzelnen Armee- Corps, enthalte . Es hat dies seinen Grund darin, dafs die ,,section historique du ministère de la guerre" dem Verfasser des ,,Annuaire de la guerre de 1870/71 " den Einblick in seine Archive nicht gestattet hat. Wenn, wie Major Kunz sagt, das Richard'sche Werk ,, eine Fülle hochinteressanten Materials" bringt, so wird dessen kriegsgeschichtlicher Werth doch durch die eben erwähnte Thatsache sehr erheblich beeinträchtigt und ist es darum eine gewifs dankenswerthe Aufgabe, eine Ordre de bataille der französischen Provinzial-Armeen unter Berücksichtigung der Mängel des Richard'Auch das schon 1871 erschienene Freyschen Werkes aufzustellen. cinet'sche Werk : ,,La guerre aux provinces" behandelt die wichtige Frage sehr summarisch und schafft keine Klarheit. So weit dies an der Hand der bisher erschienenen offiziellen und halboffiziellen Werke französischer Generale möglich ist, hat nun der Verfasser, in Vergleich mit dem Richard'schen Buche, die Wahrheit zu ermitteln versucht und am Schlusse seiner Arbeit die gesammte Kraftanstrengung zusammen gefafst, welche die französische Republik gemacht hat, um den deutschen Heeren nach der Katastrophe von Sedan den Sieg zu entreifsen, und zwar einschliesslich der in Paris befindlich gewesenen Truppen. - Wir stehen hier einer mühevollen Forscherarbeit gegenüber und müssen sie als eine sehr schätzenswerthe Bereicherung der Litteratur des deutsch-französischen Krieges bezeichnen . 1.

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Der Krieg in seiner wahren Bedeutung für Staat und Volk von v. Boguslawski , General - Lieutenant z. D. E. S. Mittler & Sohn . Berlin 1892. Wie ein erquickender Thau wirkt das gesunde Wort des echten Soldaten im Gegensatz zu den versaugenden Theorien der, von modernen Anschauungen angekränkelten s . g. Civilisation ! - In diesem Sinne begrüfsen wir die Schrift des oben genannten, rühmlichst bekannten Verfassers, welche es sich zur Aufgabe stellt, gegen die s. g. Friedensmänner und die Anhänger fortschrittlicher und sozialdemokratischer Ideen aufzutreten, die in dem „ Kriege" nur ein absolutes Übel, in der Kriegskunst ein brutales Handwerk und die Kunst des Massenmordes, in der Kriegführung nur Barbarei und Menschenschlächterei erblicken ! Sie stellen den Krieg nur als ein Werkzeug der Fürsten und besitzenden Klassen dar , um an der Macht zu bleiben , ja, sie gehen sogar so weit, den Muth, die schönste Tugend des Mannes als wertlos, verächtlich und niederträchtig zu bezeichnen und wollen Volksbewegungen für die Abschaffung des Krieges ins Leben rufen! So sehr nun auch Verfasser dem Mifsbrauch des Krieges entgegentritt, und die Hoffnung äufsert, dafs die Kriege in Zukunft seltener werden, da sie jetzt tiefer in die Geschicke der Völker eingreifen als früher, so legt er die Unhaltbarkeit obiger Anschauungen überzeugend dar, indem er beweist, dafs der Krieg der Übel gröfstes nicht ist ! Der Krieg, sagt er, ist der erweiterte Kampf zwischen Staaten ; aber der Kampf ist Naturgesetz , verstöfst somit nicht wider das Sittengesetz ; ohne Kampf keine Bewegung, kein Fortschritt im Leben ! Der Krieg erzeugt zwar auch Schädliches und Böses, doch treibt er die höchsten Tugenden zur Blüthe, die Tapferkeit, die Aufopferung, die Selbstüberwindung ; er erzeugt den Gehorsam , die Disziplin, befördert Dankbarkeit und Pietät und macht die Gemüther empfänglich für den Gedanken an den Allmächtigen ! So wirkt er auch veredelnd und fördernd auf unsere friedliche Entwickelung ein, indem er dauerhafte staatliche Einrichtungen gestaltet und das Geschlecht geistig und körperlich zu einem würdigen und thatkräftigen erzieht. Endlich erzeugt er als seine edelste und herrlichste Frucht, das Helden- und FeldAus ihnen schöpft die Kunst ihre gröfsten und glücklichsten herrnthum . Motive, so dafs die Dichtkunst sowie die bildenden Künste ohne den Krieg verkümmern würden. Der Waffendienst im Frieden ist eine zweite Volksschule, er erzieht den Mann zur Ordnung und Gesittung , fördert seine Ein ewiger Friede körperliche, seine intellectuelle und moralische Kraft! würde die Welt eines notwendigen Bewegungs- und Entwickelungsmittels berauben, daher sehr bald zur Stagnation und Verderbnifs führen ! — Mag die s. g. Friedensmänner immerhin noch ein edleres Motiv bei ihren Bestrebungen leiten, so müssen sie sich doch überzeugen, dafs sie für ein unmögliches Prinzip kämpfen ; die Umsturzmänner hingegen benutzen die Ideen und Sprache der ersteren allein zum Zweck der Auflösung der Disziplin des stehenden Heeres und zur Zersetzung der bestehenden Ordnung ! Desgleichen ist es bemerkenswert, dafs alle aufserdeutschen 25*

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Mitglieder der Friedensversammlungen dort sowie in allen Agitationen ein unserem Vaterlande feindseliges Walten zu erkennen geben ! Der Föderalismus zwischen unabhängigen Staaten kann Kriege nicht verhindern, so wenig wie dies internationale Schiedsgerichte vermögen, denn die Streitfälle unter den Staaten sind nicht nur einfache Vertragsverletzungen oder Einmischungen in bestehende Rechte. Das Auftreten neuer politischer, sozialer und religiöser Grundlagen kann Bewegungen und internationale Reibungen hervorrufen, für deren Beurteilung jeder Anhalt fehlt ! Da auch stets eine gewisse Spannung zwischen den Staaten vorhanden ist, so kann wohl überdies niemals der Zeitpunkt für Einsetzung und Anerkennung solcher Gerichte gefunden werden . Weder das auf Revanche sinnende Frankreich, noch das, nach Machterweiterung strebende Rufsland würde sich beispielsweise gegenwärtig dazu bereit finden. Am wenigsten würde indefs die Sozialdemokratie, die jetzt am meisten die Abrüstungsfrage anregt, ein Schiedsgericht nach erfolgter Abrüstung respectiren ! Der Austrag ihrer Theorien würde blutiger sein als alle bisherigen Volkskriege ! Indem der Verfasser vorstehend skizzirte Gedanken in philosophisch eingehender Weise weiterer Betrachtung unterzieht, wobei er sich vielfach an Clausewitz, unsere erste militairphilosophische Autorität, an Aussprüche Moltkes und zahlreiche geschichtliche Vorgänge anlehnt, bespricht er die verschiedenen Gestaltungen des Krieges und weist nach, wie immer der Krieg es gewesen, der berufen war, die sittliche Kraft wieder zu erwecken ! Er schliefst seine Schrift mit der Betrachtung, daſs das hinfällige Bemühen der s. g. Friedensapostel an sich kaum einer Widerlegung wert sei, daſs er es aber notwendig gehalten habe, der durch sie veranlafsten falschen Einwirkung auf das Empfinden und das Begriffsvermögen unseres Volkes und somit der Verminderung seiner moralischen Kraft sowie dem Hange ,,Wer kann zu einer materialistischen Weltanschauung entgegenzutreten. denn aber," so fährt er fort,,,über das Wesen des Krieges und seine erhabenen Einwirkungen auf das Empfinden des Menschen ein besseres Urteil haben als der, der ihn erlebt hat!" ,,Somit, Ihr alten Kämpfer, Kameraden unseres grofsen, unvergesslichen Kaisers und Feldherrn, sehet auch fürder mit Stolz auf die Ehrenzeichen auf Eurer Brust, die eisernen Zeichen eines eisernen Geschlechts. Seid ein Damm gegen den Umsturz und ein Beispiel der Jugend ! etc. " - Jedem echten Soldatenherzen mufs die gesunde, überzeugungskräftige Sprache des Verfassers wohl thuen, aber allen s. g. Friedensmännern, wenigstens denen, die es mit ihren philantropischen Ideen ehrlich meinen, können wir nur Sie werden dringend rathen, die ganz vortreffliche Schrift zu lesen . schwerlich die darin enthaltenen Argumente widerlegen können, sie müssen einsehen und beherzigen, dafs das Wohl der Menschheit mit ihren Mitteln V. M. nicht gefördert wird!

Auf Grundlage des deutsch- französischen Von F. von Verdy du Vernois , General der

Studien über den Krieg. Krieges 1870/71 .

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Infanterie. I. Teil . Ereignisse in den Grenzbezirken . (Vom 15. Juli bis 2. August 1870). III. Heft. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn . Mit diesem Hefte liegt der 1. Teil des bereits anerkennend besprochenen Werkes vollendet vor uns . Mit ihm wird gewissermafsen die wissenschaftliche Lehre von der Führung des Krieges der Grenz - Detachements, wie sie sich als das Resultat der Untersuchungen einer Reihe von konkreten Fällen ergiebt, abgeschlossen. Zunächst wird die kritische Schilderung des Gefechtes von Saarbrücken am 2. August gegeben . Mit der dem Verf. eigenen Gründlichkeit und Klarheit werden die Einzelheiten des Gefechts von der Berührung der ersten Patrouillen bis zum Schlufs geschildert. Sehr zutreffend ist, was der General über die Art und Weise sagt, wie Kritik nutzbringend geübt werden soll . Man soll aus den Erscheinungen des Krieges für sich lernen , ohne fortwährend den handelnden Personen mit seinem Tadel nahe zu treten, falls die Thätigkeit derselben scheinbar oder thatsächlich nicht den Anschauungen entspricht, zu welchen man in ruhiger Gedankenarbeit im bequemen Sessel des Studirstübchens auf Grund Denn eine der klar zu übersehenden wirklichen Vorgänge gelangte. solche Gedankenarbeit unter all' den Reibungen des Gefechts zu vollziehen ist dem Führer einfach unmöglich . - Diesen Reibungen widerstehen , sich nicht von denselben beherrschen lassen , kann nur derjenige, welcher durch Selbstzucht den Charakter gestählt, welcher durch Studium des Krieges sich mit den Wechselfällen desselben vertraut gemacht hat. Das letztgenannte Ziel zu erreichen bieten die „ Studien " des Generals von Verdy 17. ein treffliches Hilfsmittel. Das Feldgeschütz der Zukunft und die Kritik der Gegenwart . Von R. Wille , Generalmajor z. D. Mit mehreren Abbildungen , Berlin 1892. Verlag von R. Eisenschmidt. Das im November - Heft 1891 kurz besprochene Werk des Generals Wille : ,,Das Feldgeschütz der Zukunft" hat Anlafs zu einer umfassenden Diskussion in der militärischen Presse des In- und Auslandes gegeben . Wo man über die Grenzen des wohlwollenden Referats hinausgegangen ist, hat man die Existenzbedingungen des Zukunfts- Geschützes als mit dem heutigen Standpunkt der Technik unvereinbar erklärt, Verfasser hält gleichwohl noch immer seinen Standpunkt mit Energie fest und wir sind der Ansicht, dafs ihm dabei gewichtige, heute noch nicht der Öffentlichkeit zugängliche Erfahrungen zur Seite stehen müssen . Ohne dafs damit ein Abschlufs derselben leuchtung geboten.

in der Frage erreicht werden kann, wird für Diejenigen, welche näher stehen , in der vorliegenden Zusammenstellung und Beder gegnerischen Kritik ein werthvolles Orientirungs-Mittel Was die militärische Fach-Presse betrifft , so hatte die französ .

Rev. d'art. in einer durch nicht weniger als 6 Hefte sich hinziehenden Artikel- Reihe aus der geschätzten Feder von G. Moch Stellung, und zwar im Sinne des Widerspruchs, zu dem Zukunftsgeschütz genommen , welche auch im Juliheft nach dem Erscheinen der Wille'schen Antikritik aufrechterhalten und noch verschärft wird, die ,, Mitteil. über Artill, u . Genie-Wesen"

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in Wien eine mafsvolle, wennschon in der Hauptsache nicht zustimmende Kritik gebracht, das deutsche Archiv für Artill. u . Ingen .-Offiz. eine Besprechung gegeben, als deren beste Eigenschaft ,,die kernige Kürze der Sparter" bezeichnet wird, während die italienische Rivista di artigl. e genio sich ohne ausgesprochene Stellungnahme des Breiteren darüber ergangen hat. Aus der übrigen Militär-Presse sind in Deutschland hauptsächlich die halboffiziellen Angriffe des Militär -Wochenblatt, denen sich kürzlich noch eine weitere Folge angereiht hat, zu erwähnen, in Frankreich hat das schon so verhängnifsvoll gewordene 2. Bureau des Gr. Generalstabs die Spalten seiner Zeitschrift ( Heft Januar bis März 1892) zur Bekämpfung der Wille'schen Ideen eingeräumt, von England hat in der Allg. M. Z. (Darmstadt) der vielbesprochene Karl Bender einen Gegenstofs versucht u. a. m . Mit dieser Phalanx von Gegnern fertig zu werden , eine wahre Herkules -Aufgabe, hat sich General Wille unter Verausgabung eines köstlichen Humors in der vorliegenden Schrift alle Mühe gegeben, wobei der Liebe behandelt wird, ja in Rezensent des Mil. W. Bl . mit der meisten einem Schlufs - Kapitel „, Proteus- Kritiker" wie es scheint, sich noch einer besonderen Aufmerksamkeit zu erfordern gehabt hat. Die Lösung der Frage auf dem allzeit geduldigen Papier kann erst erwartet werden, wenn der Verfasser des Zukunftsgeschützes aus der oben erwähnten Reserve herauszutreten für gut befindet. Der Federkrieg ist darum doch nicht. vom Übel, denn er hat schon viele Klarheit in die wichtige Sache gebracht, wefshalb wir auch dieser ,,Kritik der Kritik" unsern Glückwunsch auf die Reise mitgeben. S. Über Fesselballon - Stationen und deren Ersatz

im Land-

und

Seekriege , mit 6 Figuren im Text. Eine Studie von Hermann Hoernes , K. u . K. Hauptmann im Eisenbahn- und TelegraphenRegimente . Wien 1892. Verlagsanstalt „ Reichswehr" . Die Heranziehung , Verwendung und Ausnutzung der Luftschifffahrt für militärische Zwecke ist zur Zeit in allen Militärstaaten eine mit dem lebhaftesten Interesse behandelte Aufgabe . Ein ganz neuer Ausbildungszweig im Heeresorganismus ist erstanden - die Militär-Aëronautik. Der Verfasser hat es sich zur Aufgabe gestellt nach abgeschlossenen und vergleichenden Studien" ein klares Bild über den gegenwärtigen Stand der Militar - Luftschifffahrt jedem sich hierfür Interessirenden zu bieten , namentlich über den wichtigsten Teil derselben , über Fesselstationen im Land- und See-Kriege . Dieser Aufgabe ist der Herr Verfasser in vollem Mafse gerecht geworden. - Giebt die sehr lesenswerte Stadelmannsche Broschüre ,, die Luftschifffahrt in den Militär - Staaten Europas etc.", (besprochen im Juni-Hefte der „, Jahrbücher") eine übersichtliche Anschauung vom Stande der Militär - Luftschifffahrt im Allgemeinen , so bietet die vorliegende Abhandlung einen klaren Einblick in die Verhältnisse , welche bei dem gefesselten Ballon mafsgebend sind , sowie eine schätzenswerthe Angabe der militärischen Anforderungen , welche an eine Fessel - Station gestellt werden müssen. Von dem reichhaltigen Inhalt mögen als ganz

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besonders beachtenswert hervorgehoben werden folgende Kapitel : 1. Über das Beschiefsen von Ballons . 2. Über die Fessel- Schraube (System Poppes). 3. Gegenwärtige Organisation des französischen Luftschiffer- Parks und dessen Verwendung bei Manövern. 4. Über Marine-Lufschifffahrt. - Die Punkte, auf welche Lieutenant Grofs in der „Zeitschrift für Luftschifffahrt" X. Jahrgang S. 55 , aufmerksam macht , wiedergegeben im Vorliegenden Gr. v. Pf. S. 96/97, verdienen eingehendste Beachtung. Wahre Worte für tapfere Männer von Charles Kingsley. Ein Buch für Soldaten und Seeleute . Autorisirte Übersetzung von Marta Baumann. Verlag der Liebel'schen Buchhandlung. Die vorliegende kleine Sammlung von Ansprachen und Vorträgen an Soldaten und Seeleute bildet eine Auswahl des von der kürzlich verstorbenen Gattin des Verfassers im Jahre 1890 herausgegebenen gleichnamigen Buches. Es sind 15 Erzählungen religiösen und militär- ethischen Inhaltes , welche wir als eine gesunde geistige Speise in Stunden der Einkehr bezeichnen können. Besonders ansprechend und recht zeitgemäss sind Nr. 7 : Davids Königstreue", Nr. 14 : ,,Tapfere Worte für tapfere Soldaten und Seeleute", Nr. 15 : „ Die Geschichte von Cortez“ . - Wir möchten dieses Büchelchen zur Beschaffung für Mannschafts- Bibliotheken recht dringlich empfehlen , zumal neben dieser Buchausgabe im Preise von 1,40 M. die Verlagsbuchhandlung auch eine solche in 9 Heften à 15 Pf. (20 Exemplare à 12 , 50 à 10 Pf. ) veranstaltet hat ; dieselben werden auch 4. einzeln abgegeben . Der Dienst des Infanterie - Unteroffiziers im Kriege. Schilderungen aus dem täglichen Leben im Felde von Paul von Schmidt , General. Berlin 1892. Liebelsche Buchhandlung. Ein treffliches Werk, das in keiner Unteroffizier - Bibliothek fehlen sollte. Wenn General Trochu sehr richtig sagt: „ Un soldat averti en vaut deux", dann ist des Verf. Arbeit ein wichtiger Beitrag zur Kräftigung unseres Unteroffiziercorps. In fesselnder, naturwahrer Schilderung versetzt uns General v. Sch. in das Leben des Krieges mit seinen Wechselfällen. Keine poetischen Phantasien ; sondern die schmucklose Wirklichkeit zeigt er uns , wohl geeignet , den Friedenssoldaten für den Krieg vorzubereiten. Die anregende Form , welche der General seinen Gedanken giebt , macht 17. die Schrift zu einer im edelsten Sinne volkstümlichen. Rittmeister Isegrimm und andere Erzählungen aus dem Soldatenleben von Gustav Harrven (G. David). Wien 1892. Verlagsanstalt ,,Reichswehr".

16 Erzählungen aus dem österreichischen , russischen (2) und französischen (2) Offizier und Soldatenleben, humoristischen, nur eine (,,Auf Arbeitsurlaub") tragischen Inhaltes. Die erste und längste dieser Erzählungen hat dem Büchelchen den Namen gegeben. Verfasser verfügt über eine schöne Gabe des Erzählens . Seine „ Erzählungen " erinnern in vielen Be-

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ziehungen an Hackländers, Winterfelds und Dewalls Soldatengeschichten, sind zuweilen von etwas übermütig sprudelnder Laune, immer aber unterhaltend und harmlos. Wir verdanken denselben einige genufsreiche Stunden und können sie jedem Freunde eines gesunden Humors empfehlen. 4. Das bosnische Pferd. Von N. Spaleny , k. u. k. Hauptmann d. K. Wien 1892. Commissionsverlag von L. W. Seidel & Sohn. Verfasser bezeichnet seine Arbeit, die als Sonderabdruck der ,,Armeeund Marine - Zeitung" erscheint, als einen Versuch, den Kreis der Gönner und Freunde dieses tüchtigen, im Okkupationsgebiete unentbehrlichen Gebirgspferdes zu erweitern. Man gewinnt bei Lektüre dieser kleinen 15 Seiten zählenden Schrift allerdings die Überzeugung , dafs diese Gebirgspferde von Ponygröfse, in jenen, zum Teil noch strafsenlosen Gegenden, für die Kriegsführung von unschätzbarem Werte sind. Seine Sicherheit, Zuverlässigkeit , Ausdauer und Genügsamkeit machen das bosnische Pferd zu einem Militärpferde ersten Ranges und zwar sowohl als Reit- wie als 4. Tragetier.

III. Seewesen. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. XX. Jahrgang, Heft II. Bericht der deutschen Seewarte über das Ergebnifs der magnetischen Beobachtungen in dem deutschen Küstengebiete 1891. Derselbe enthält Deklinations- und InklinationsTabellen der Magnetnadel, welche nach den in Wilhelmshaven, Hamburg, Kiel, Lübeck, Rostock, Barth, Wustrow, Flensburg u. a . Orten Deutschlands gemachten Beobachtungen zusammengestellt sind . - Beiträge zur Kenntnifs der Wind- und Wetterverhältnisse des der Südspitze Amerika's benachbarten Meeres . - Magnetische Beobachtungen an den Küsten der Adria in den Jahren 1889 u. 1890 auf Anordnung des K. u. K. ReichsKriegs -Ministeriums (Marine- Sektion ) . Eine höchst beachtenswerte Arbeit. Marine -Rundschau (Juni) enthält : Das Marine - Etablissement Vom auf dem Dänholm . - Der Bürgerkrieg in Chile 1891 . Kontre-Admiral und Geschwader-Chef Valois, unter Mitwirkung von OffiDer höchst interessante zieren und Beamten des Kreuzergeschwaders. Artikel umfasst eine kurze Einleitung ; dann den Bruch des Präsidenten Balmaceda mit dem Kongrefs ; Aufzählung der Streitkräfte der Regierung und der Opposition bei Beginn des Kampfes - ; die nächsten Maſsnahmen der Belligeranten und Ereignisse und die Besitznahme des Nordens durch die Opposition . Aus den Mitteilungen aus fremden Marinen sind zu erwähnen : die Maschinen des österreichischen Depotschiffes ,, Pelikan ", welches den Zweck hat, einer Torpedoboots-Flottille Reservestücke , Kohlen und Munition zuzuführen . Das Schiff und die Maschinen sind bei der Firma Schichau in Elbing gebaut. Im Vertrage war eine Geschwindigkeit von 16,5 Knoten bedungen, doch erreichte das Schiff bei natürlichem Zuge durchschnittlich 18,3 Knoten ; die Maschinen entwickelten hierbei 4700 und

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Nach Be4800 indizirte Pferdekräfte etc. Eine vorzügliche Leistung. richten der Times vom 20./4. und 22./4 . hat das englische Panzerschiff ,,Royal Sovereign" , das gröfste der Welt, während der abgehaltenen Probefahrten mit natürlichem Zuge bei 9700 Pferdekräften, 16,4 Knoten, bei 11,910 Pferdekräften und künstlichem Zuge 18 Knoten Geschwindigkeit erzielt. ― Es dürfte dies mit Bezug auf die Reichstags-Verhandlungen im Februar und März 1891 selbst für den Laien höchst interessant sein. In

den Vereinigten Staaten von Nordamerika macht unter dem Namen ,, die bewegliche Ramme " das Unterwasser-Geschofs von Ericson viel von sich reden. Dasselbe unterscheidet sich von einem Torpedo durch seine bedeutend gröfsere Geschwindigkeit und den kürzeren Lauf. Um das vom Bug aus abgefeuerte Geschofs mit Aussicht auf Erfolg anwenden zu können, mufs das angreifende Schiff auf seinen Gegner, ganz wie beim Rammen, direkt losgehen, und aus nächster Nähe den Schufs abgeben. Für den Ankauf der Kanone sind vom Congrefs bereits 1890 dreifsigtausend Dollars bewilligt worden. - Flüssiges Feuerungsmaterial auf Kriegsschiffen. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens Vol . XX No. IV u. V. Die Systeme der Küstenverteidigung der europäischen Staaten, (C. Rogers, Linienschiffs -Lieutenant der Kriegsmarine der Vereinigten Staaten). Übersetzt aus : ,,The Years naval Progress" 1891 Washington. Es wird hierin BeDeutschlands und Frankreichs Küstenverteidigung behandelt. schiefsung einer Chamond - Specialplatte. Dieselbe war 985 mm hoch, 1770 mm breit und 40 mm dick, und aus einem Stahl besonderer Komposition, bei welcher dem Nickel die Hauptrolle zufiel, hergestellt, und wurde von der Kompagnie des hauts fourneaux et acieries de la marine et des chemins de fer in den Werken von St. Chamond angefertigt. Von den abgegebenen 28 Schüssen wurden die ersten 5 Schufs von der Platte zurückgeworfen, ohne Risse zu zeigen . Erst beim 7. und 8. Schufs fanden sich leichte Risse an der Rückseite etc. Das Resultat wird als ein überaus günstiges bezeichnet ( ,,Engineering") . - Breitseittorpedo - Lancierung unter Wasser. Nach Mitteilungen des „ Marine Engineer“ soll es langjährigen fortgesetzten Versuchen an Bord des englischen Torpedoschulschiffes ,,Vernon “ nunmehr gelungen sein, einen Unterwasserlancierapparat für Breitseit - Torpedolancierung zu konstruiren , welcher gute Torpedobahnen ergiebt und entsprechend einfach ist. Der Torpedo wird von einer Schiene getragen, die durch Hydraulik ausgerannt und wieder eingeholt wird, er wird ausgetrieben und löst sich von der Führungsschiene ab, sobald diese in die entsprechende Position kommt etc. Army and Navy Gazette. Nr. 1686 : Der Vortrag eines Nichtfachmannes , Mr. Laird Clowes, in der Royal United Service Institution über die Verwendung von Torpedobooten im Kriege wird sehr günstig beurteilt. Den Vorsitz führte Admiral Sir Geoffrey Hornby. Der Vortragende hat sich seit 1885 mit dieser Materie beschäftigt und ist zu verschiedenen Malen an Bord der Torpedoboote, wenn dieselben während eines Manövers Schiffe attakirt haben, und wiederum an Bord von Schiffen, welche von

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Torpedobooten angegriffen wurden, gewesen . Er ist der Ansicht, dafs der weitaus gröfste Teil der Torpedoboote auch im Frieden mit einem Stamm von Offizieren, Deckoffizieren und besonders Maschinisten besetzt sein müfste und häufig Übungen und Manöver mit den Fahrzeugen ausgeführt werden müfsten, wenn sie besonders bei Ausbruch eines Krieges ihr Ziel verfolgen , den Anforderungen entsprechen sollten . Nr. 1687 : Das französische Torpedoboot „ Zouave " nach den Entwürfen des Schiffbauers Normand in Havre hat eine Geschwindigkeit von 21,4 Knoten mit 307 Umdrehungen erzielt, der Kreuzer Alger bei forciertem Dampf 191/2 Knoten . - Professor J. K. Langhton hat am zweihundertjährigen Jahrestage der Seeschlacht von Barfleur und La Hogue ( 19. - 24 . Mai 1692) zwischen der französischen Flotte unter Admiral Tourville, und der kombinirten englisch-holländischen unter Admiral Russel eine eingehende Beschreibung über die Stärke der resp . Flotten, sowie über den Verlauf der Schlacht veröffentlicht, welche zu lesen angelegentlichst empfohlen werden. - Nr. 1689 : Interessanter Artikel über die nationale Verteidigung Englands. Ferner eine andere sehr schmeichelhafte Anerkennung über die Veröffentlichungen Lord Brassey's bezüglich der englischen Flotte pp . (Lord Brassey's annual naval Gift). Details über das vom französischen Marine-Minister Mons. Godefroy Cavaignac der Kammer vorgelegte Marine- Budget pro 1892-93 ; sowie die fernere Vertheilung der französischen Seestreitkräfte an den Küsten des Mittelmeeres sowie an der West- und Nordküste . The Army and Navy Journal. Vol. XXIX . Nr. 39: Wenn die französische aktive und Reserve- Flotte im Mittelmeere beisammen ist, wird Admiral Rieunier unter seinem Kommando nicht weniger als 18 Schlachtschiffe und 24 Kreuzer aufser den kleineren Fahrzeugen haben. Über die Probefahrt des englischen Panzerschiffes ,, Royal Sovereign" heifst es, dafs die Geschwindigkeit desselben während 8 Stunden bei natürlichem Zuge 16,77 Knoten pro Stunde und die mittlere Geschwindigkeit während 3 Stunden von vieren mit forciertem Dampf ist auf 18 Knoten geschätzt worden. Aus den 67 Tons-Geschützen wurde dreimal gefeuert, zwei Mal mit voller und einmal mit reduzierter Pulverladung. Nr. 40 : Zusammenstellung der Flotten und Kriegsschiffe der verschiedenen Länder, scheinbar entnommen aus offiziellen Rapporten, und ferner eine Gegenüberstellung der englischen und nordamerikanischen Schlachtschiffe und Kreuzer, nach Tonnenzahl, Armirung etc., welche dem Londoner ,, Engineer" entnommen ist.-Nr. 41 : Die Kreuzer der Nordamerikanischen Marine Nr. 12 und 13 sollen mit drei Schrauben nach den Plänen des Chef-Ingenieur Melville versehen werden. Man erwartet von den Schiffen eine Geschwindigkeit von 23 Knoten . Der französische Kreuzer ,, Dupuy de Lome" wird ebenfalls drei Schrauben erhalten sowie das Panzerschiff ,, Massena" von 12 000 Tonnen Deplacement. Auch der deutsche Kreuzer ,,Kaiserin Augusta“ von 6000 Tonnen erhält drei Schrauben . - Mit dem Destroyer's submarinen Geschütz hat man in dem hölzernen Trockendock zu Brocklyn Schiefsversuche gegen sechs hinter einander ausgespannte Netze (Drahtnetze) angestellt, welche jedoch noch nicht zum Abschlufs gelangt sind .

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Die Versuche sind höchst interessant. So sprang z. B. beim ersten Schufs das Geschofs über das erste 100 Fufs von der Geschützmündung entfernte Netz hinweg und traf erst das zweite Netz etc. Nr. 42 : enthält den Der erste Schlufs der obigen Schiefsversuche gegen die Drahtnetze. Artikel des Journal of the society of Naval Engineers im Monat Mai d. J. soll aufser anderen interessanten Angaben über das Maschinenwesen der resp . Marinen, auch eine volle Beschreibung der Schiffsschrauben der neuen Schiffe der Nordamerikanischen Marine nebst Zeichnungen enthalten . Das Journal erscheint bei P. A. Engr. Webster in New -York. - Nach Mitteilungen eines Franzosen, der sich längere Zeit in Wladiwostock, dem östlichsten russischen Kriegshafen aufgehalten hat, soll dort eine aufserordentliche Thätigkeit in Betreff des Ausbaues desselben, Anlage von Strafsen und Festungswerken , Aufführung von Gebäuden , Magazinen, Kasernen, Docks etc. herrschen. Die dortige Flotten - Abteilung besteht aus der Kreuzer-Division von fünf grofsen Kreuzern und aus einer Anzahl von Torpedobooten und kleineren Fahrzeugen zur Küstenverteidigung. Auch werden beide Abteilungen von Fahrzeugen in kürzester Frist eine Vermehrung erfahren . Revue maritime et coloniale. Band CXIII . Nr. 368 : Die deutsche VerKriegsmarine. Von Mons. E. Guiffart Enseigne de Vaisseau, fasser bespricht sowohl die Verwaltung , die Kommando - Angelegenheiten, Organisation, wie das schwimmende Material derselben. Es sind zwar manche Ungenauigkeiten in seinen Ausführungen enthalten , jedoch sieht man daraus, dafs er sich alle Mühe gegeben hat, sich mit dem Wesen der deutschen Marine vertraut zu machen. Das Budget der englischen Kriegsmarine pro 1892/93 .

Memorandum des ersten Lords der Ad-

miralität. Übersetzt aus dem englischen von Mons. Garreau , Commissaire de la marine en retraite. Eine wertvolle Zusammenstellung, welche für Fachleute und Laien interessante Momente bietet. Nähere Details über die zehn für den Royal Sovereign bestimmten 15 cm Schnellfeuerkanonen , welche von dem Etablissement in Elswick geliefert worden sind (aus der Army and Navy Gazette entnommen). Mit 15 Pfund Cordite Geschützladung hat das Geschofs eine Anfangsgeschwindigkeit von 623 m pro Secunde entwickelt , welche die Durchschlagskraft einer 14,7 cm Panzerplatte repräsentiert. - Versuche mit dem submarinen Ericson Geschütz in Nordamerika. Nach dem von der Marine-Torpedo- Kommission über jenen Versuch im Erie-Bassin abgestatteten Rapport hat ein 29 Fufs langes Projectil von 1500 Pfund Gewicht , für eine Sprengladung von 300 Pfund bestimmt und mit 20 Pfund Pulver abgefeuert, eine Distanz von 700 Fufs in 9 Secunden durchlaufen und mit grofser Präcision das Ziel erreicht (dem Army and Navy Journal New - York vom 26. März entnommen). Vermehrung der russischen Flotte pro 1892 (einem Artikel der United service Gazette vom 12. März cr. a. entnommen) . Von den Schiffsbauten sind besonders diejenigen der Schwarzen Meerflotte hervorzuheben und zwar : des Panzerschiffes Georgij - Pobjädonosetz (Georg

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der Siegreiche) von 10 280 Tonnen Deplacement und 15 000 Pferdekräften ; und des Panzerschiffes : Dwjänatzat-Apostolow (Zwölf Apostel) von 8076 Tonnen Deplacement und 11 500 Pferdekräften und des Tri - Swjatitelja (Drei Metropoliten) von 12 480 Tonnen Deplacement.

IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Studien über die heutigen Eisenbahnen im Kriegsfalle. Von Miles Ferrarius . Wien, Pest, Leipzig. A. Hartlebens Verlag. 2. La neutralité de la Suisse. (Traduit de la Biblioteca minima militare popolare. ) Rome 1892. Casa editrice italiana di F. de Luigi. 3. Uniformkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben , gezeichnet und mit kurzem Texte von R. Knötel . Band III. Heft 5. Rathenow. Verlag von A. Babenzien. Preis 1,50 M. 4. Geschichte des Kürassier - Regiments Graf Wrangel (Ostpreufsisches) Nr. 3. Bearbeitet von Orlop , Rittmeister u. EskadronsChef im Regiment. Mit Bildnissen und Abbildungen. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 27,50 M. 5. Erlebnisse eines preufsischen Offiziers in russischen Diensten während des türkischen Krieges 1877/78 . Von Richard Graf von Pfeil , Major etc. Mit einer Skizze. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 4,50 M., in Leinwand gebunden 5,50 M. 6. Equitation diagonale dans le mouvement en avant. BergerLevrault et Cie, éditeurs. Paris -Nancy 1892. 7. Les grands cavaliers du premier empire . Notices biographiques par Ch. Thoumar, général de division en retraite. Deuxième serie. BergerLevrault et Cie, éditeurs. Paris-Nancy 1892. 8. Die Vorbereitung in der Garnison und in Berlin zur Kriegs -Akademie . Erstes Beiheft. Von von Schultzendorff, Oberst z. D. Berlin 1892. Im Selbstverlage des Verfassers. Preis 50 Pf. 9. Aperçus sur la tactique de demain mise en rapport avec la puissance du nouvel armement et l'emploi de la poudre sans fumée. Par le général Coumès. Paris 1892. Librairie militaire de L. Baudoin . Preis 9 frcs. 10. La defénse des frontières de la France. Tome premier. Etude par le général Pierron . Paris 1892. Libraire militaire de L. Baudoin . Preis 12 frcs. 11. Die Schlacht bei Breitenfeld am 17. September 1631. Von Leipzig 1892. A. Deichtersche VerlagsbuchWalter Opitz , Dr. phil. handlung Nachf. (G. Böhme). Preis 2 M. 12. Taktische Aufgabe nebst Lösung. Applicatorische ReglementStudie von C. E. Wien und Leipzig 1892. Wilhelm Braumüller. Preis 1,20 M.

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13. Die elegante Hausfrau. Mitteilungen für junge Hauswesen. Mit besonderen Winken für Offiziersfrauen von Frau Ida von der Lütt. Deutsche Verlags - Anstalt. Stuttgart , Leipzig, Berlin, Wien. Preis 5 M. 14. Geschichte der Feld - Artillerie - Schiefsschule. Auf dienstliche Veranlassung bearbeitet von Carp , Hauptmann. Mit Bildnissen in Lichtdruck. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 2,40 M. 15.

Geschichte der Fuss - Artillerie - Schiefsschule.

Auf dienst-

liche Veranlassung bearbeitet von Kaehne - Zöllner , Hauptmann und Carp , Hauptmann. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 2,50 M.

für die Ausbildung im Felddienste und im Schiefsen, unter Einfügung der einschlägigen Bestimmungen aus dem Exerzir- Reglement, der Schiefsvorschrift und der Felddienstordnung von A. Ott , Oberstlieutenant z . D. Berlin 1892. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1,50 M. 16.

Lehrgang

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