Informationsweitergabe durch die Geschäftsleiter beim Buyout unter Managementbeteiligung: Zugleich ein Beitrag zur Treubindung der Geschäftsleiter in Aktiengesellschaft und GmbH [1 ed.] 9783428530465, 9783428130467

Thilo Kuntz untersucht auf rechtsvergleichender Grundlage die Informationsweitergabe durch die Geschäftsleiter bei Buyou

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German Pages 240 Year 2009

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Informationsweitergabe durch die Geschäftsleiter beim Buyout unter Managementbeteiligung: Zugleich ein Beitrag zur Treubindung der Geschäftsleiter in Aktiengesellschaft und GmbH [1 ed.]
 9783428530465, 9783428130467

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 22

Informationsweitergabe durch die Geschäftsleiter beim Buyout unter Managementbeteiligung Zugleich ein Beitrag zur Treubindung der Geschäftsleiter in Aktiengesellschaft und GmbH

Von

Thilo Kuntz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

THILO KUNTZ

Informationsweitergabe durch die Geschäftsleiter beim Buyout unter Managementbeteiligung

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Bonn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 22

Informationsweitergabe durch die Geschäftsleiter beim Buyout unter Managementbeteiligung Zugleich ein Beitrag zur Treubindung der Geschäftsleiter in Aktiengesellschaft und GmbH

Von

Thilo Kuntz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-13046-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die Arbeit wurde Ende 2007 abgeschlossen. Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen hat sie im Sommersemester 2008 als Dissertation angenommen. Für die Druckfassung wurden Rechtsprechung und Literatur aktualisiert, soweit dies sinnvoll erschien. Meinem Doktorvater, Prof. Dr. Jens Ekkenga, danke ich für die gewährten Freiheiten bei der Bearbeitung, stete Unterstützung und Förderung sowie die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Prof. Dr. Christoph Benicke danke ich für die Übernahme der Mühen der Erstellung des Zweitgutachtens und einige wertvolle Anregungen, den Herausgebern für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe. Dank schulde ich auch Thomas Broichhausen für seine stete Diskussionsbereitschaft und die Lektüre eines frühen Entwurfs sowie Dr. Axel Beranek, der ebenfalls eine frühe Fassung gelesen hat. Dr. Andreas Fleckner hat mir mit seiner gründlichen Lektüre der Druckfahnen sehr geholfen. Last, but not least, danke ich Nina Baer für die Bindung an das normale Leben und für Vieles mehr. Ich widme die Arbeit meinen Eltern, die mich stets bedingungslos unterstützt haben. Gießen, im Februar 2009

Thilo Kuntz

Inhaltsverzeichnis Einleitung

17

A. Das Problem in rechtstatsächlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

B. Rechtsökonomische Aspekte der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

I. Kontrolle durch Reputation und den Markt für Manager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

II. Treuepflicht und vertragliche Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

III. Einschaltung einer Überwachungsinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

IV. Aufklärung der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

C. Die juristische Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

D. Zu einigen Begriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

E. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

28

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

I. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Organschaftliche Treuepflichten gegenüber den Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . .

29

a) Wertungsgrundlage einer direkten Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

b) Verbandsrechtliche Haftungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

aa) Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

bb) Die Haftung der Geschäftsleitung als kapitalgesellschaftsrechtlicher Sonderfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

(1) Umkehrschluss zu den §§ 31 Abs. 6, 43 GmbHG, §§ 93 Abs. 2, 117, 317, 318 AktG und §§ 25, 125 UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

(2) Die Reichweite des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

(3) Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

(4) Haftungskanalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

(5) Wettlauf zwischen Insolvenzverwalter und Gesellschaftern in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

(6) § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 266 StGB als Grundlage der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

6

Inhaltsverzeichnis (7) Historische Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

(8) Treuepflicht der Organe und Treuepflichten der Mitglieder . . . . .

44

c) Verbandsrechtliches System des Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

aa) Reichweite der §§ 46 Nr. 8 GmbHG, 147 f. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

bb) Das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

cc) Beschränkung auf „überschießende Mitgliederinteressen“ . . . . . . . . . .

47

d) Schutzdefizite und Präventionsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

2. Treuepflicht mit Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . .

49

a) Die Rechtsprechung zur GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

b) Drittschutz durch Organpflichten und Anstellungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . .

50

c) Schweigepflichten als Anwendungsfall? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

3. Schweigepflichten gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

a) Reichweite der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

aa) Geheimnisschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

bb) Vertrauliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

b) Disposition über die Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

4. Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

a) Insidertatbestände als Verschwiegenheitspflichten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

b) Das Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen nach dem Wertpapierhandelsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

c) Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

5. Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

a) § 404 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

b) § 38 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

6. Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

a) Aktienrechtliches Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

b) Wettbewerbsverbot nach UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

aa) § 17 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

bb) § 18 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

II. Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

1. Gesellschafts- und strafrechtliche Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . .

62

2. Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

3. Auswirkungen des Insiderrechts nach Wertpapierhandelsgesetz . . . . . . . . . . . . . .

63

III. Die US Corporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

1. Duty of Loyalty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

a) Die Duty of Loyalty im Rahmen der Pflichten des Managements . . . . . . . .

65

b) Schweigepflicht als Ausprägung der Duty of Loyalty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

Inhaltsverzeichnis 2. Wettbewerbsverbot und Corporate Opportunities Doctrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 67

3. Insiderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

a) Vorbemerkung zu den Grundlagen des Rechtsvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . .

68

b) Keine allgemeinen ad hoc-Mitteilungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

c) Insiderhandelsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

B. Vorvertraglicher Kontakt mit Investoren und Beratern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

I. Unterscheidung zwischen Investor und Berater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

II. Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

1. Grundsatz: Disponibilität der Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

2. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

3. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

a) Keine direkte Anwendung von §§ 112 AktG, 181 BGB, 47 Abs. 4 GmbHG

78

b) § 112 AktG analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

aa) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

bb) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

cc) Rechtsökonomische Kontrollüberlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

c) § 181 BGB oder § 47 Abs. 4 GmbHG analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

aa) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

bb) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

cc) Ergebnis zu § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG analog . . . . . . . . . . . . . . .

87

dd) Sonderproblem: Lediglich ein Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

III. Insiderrecht nach Wertpapierhandelsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

1. Erwerbsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

2. Weitergabe an Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

a) § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

aa) Weitergabe und normale Berufsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

bb) Schweigepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

cc) Mitteilung des Entschlusses zur Durchführung eines Buyouts . . . . . . .

92

dd) Mitteilung von anderen Informationen an die Investoren . . . . . . . . . . . .

94

(1) Grundsätze zum Paketkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

(2) Besonderheiten des Buyouts unter Managementbeteiligung . . . . .

96

(3) Zur Abwägung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG berufenes Organ

98

b) § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

c) Ergebnis: Keine Befugnis der Manager zur Informationsweitergabe . . . . . 100

8

Inhaltsverzeichnis d) Kein Ausscheiden der Informationsweitergabe insgesamt . . . . . . . . . . . . . . . . 101 e) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3. Weitergabe an Berater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IV. Probleme der Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

C. Zusammenfassung § 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 § 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

105

A. Offenlegungspflichten im US-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I. Einzelstaatliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Face-to-Face Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Börsenhandel im Common Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Besonderheiten bei der Close Corporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4. Anwendung auf den Buyout unter Managementbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 II. Federal Securities Laws . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Rule 10b-5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Disclose or abstain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Cady, Roberts & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) SEC v. Texas Gulf Sulphur Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insiderhandelsverbote für Corporate Insider nach U.S. v. O’Hagan

111 111 112 113

b) Misappropriation Theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Close Corporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Offenlegungspflichten im Übernahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Section 13(d) SEA 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Section 14(d) SEA 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Section 14(e) SEA 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 d) Rule 13e-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Manager als Affiliates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Offenlegungspflichtige Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 e) Verhältnis von „disclose or abstain“ und Übernahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . 119 III. Zusammenfassung Abschnitt A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber den Gesellschaftern im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I. Anstellungsvertrag oder Organpflicht mit Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 II. Vormitgliedschaftliche Treuebindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Das Konzept der vormitgliedschaftlichen Treuebindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Inhaltsverzeichnis

9

2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Zukünftige Mitgliedsstellung der Manager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Gesellschaftsrecht vs. Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Zur Begründung vormitgliedschaftlicher Treuepflichten . . . . . . . . . . . . 123 bb) Anwendung auf den Buyout unter Managementbeteiligung . . . . . . . . . 125 III. Culpa in contrahendo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Entwicklung einer Aufklärungspflicht beim Buyout unter Managementbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Grundsatz: Keine Pflicht zur Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Ausnahmen vom Grundsatz fehlender Informationspflichten . . . . . . . . . . . . 128 aa) Wertungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Anwendung auf den Buyout unter Managementbeteiligung . . . . . . . . . 130 (1) Gesellschaftsrechtliche Informationsrechte und gleicher Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (a) § 131 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (b) § 51a GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (2) Zur Position der Geschäftsleiter als „Quasitreuhänder“ . . . . . . . . . . 134 (a) Nicht ausgehandelte Sondervorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (b) Erhöhung der Kontrollkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 cc) Sonderproblem: Recht zur Lüge bei Nachfrage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 dd) Schlussfolgerung: Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Beginn der Aufklärungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Der Manager als Aufklärungspflichtiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4. Auswirkungen des Wertpapierhandelsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 V. Gleiche Maßstäbe für Aktiengesellschaft und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 C. Asset Deal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 D. Reichweite der Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 I. Gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Verbandsrechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Rechtsökonomische Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Kapitalmarktrechtliche Pflicht zur Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Die Angebotsunterlage nach WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 aa) Funktion der Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

10

Inhaltsverzeichnis bb) Inhaltliche Anforderungen an die Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . . . . . 150 (1) Ausdrücklich geforderte Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (2) Nicht ausdrücklich geregelte Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (a) Übernahmeangebot durch unternehmensfremde Dritte . . . . . . 152 (b) Übernahmeangebot unter Beteiligung des Managements . . . . 152 b) Übernahmerechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 c) Exkurs: Berechtigung zum Anteilserwerb und zur Anteilsveräußerung . . 156 aa) Berechtigung des Managers zum Anteilserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Berechtigung des Anteilseigners zur Anteilsveräußerung . . . . . . . . . . . 158 cc) Interesse an der Geheimhaltung der Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 d) Auswirkungen auf die Informationspflichten nach culpa in contrahendo 160 2. Wertpapierhandelsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Grundsatz: § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 b) Ausnahme: § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3. Allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . 162 a) Der Begriff des „Prinzips“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Gesamtschau einiger Einzelregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 c) Wertungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Keine einheitlichen Grundlagen der Einzeltatbestände . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Gleichbehandlungspflicht als Ausnahmetatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (1) EGV und Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (2) Gleichbehandlung im Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (3) Regelungsmaterie Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 cc) Rechtsökonomisches: Effizienz der Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . 169 dd) Verankerung in einem „allgemeinen Prinzip der Gerechtigkeit“ . . . . . 170 d) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4. Erfordernis der Gleichbehandlung im konkreten Fall? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

E. Inhalt der Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I. Sektorale vs. globale Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 II. Gegenstand der Offenbarungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Informationen über vorhandene Vermögenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Geschäftschancenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Geschäftschancenlehre und Geschäftsinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . 175 bb) Corporate Opportunities Doctrine und Buyouts unter Managementbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Inhaltsverzeichnis

11

dd) Die Corporate Opportunities Doctrine in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (1) Bestimmung einer Corporate Opportunity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Line of Business Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Interest bzw. Expectancy Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Fairness Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Kombinierte Ansätze und weitere Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Private und amtsbedingte Kenntniserlangung . . . . . . . . . . . . . . . (f) Differenzierung zwischen Close und Public Corporation . . . .

179 179 182 183 183 183 184

(2) Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (a) Corporate Rejection . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (b) Financial / Legal Inability und Third Party Unwillingness . . . 187 (3) Zusammenfassung der Corporate Opportunities Doctrine in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 ee) Corporate Opportunities Doctrine und deutsche Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (1) Ansatzpunkte für eine Übertragung in das deutsche Recht . . . . . . 189 (2) Maßgeblichkeit der Realstruktur der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . (a) Unterschiede zwischen Publikumsgesellschaften und geschlossenen Gesellschaften im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . (b) Der Manager zwischen Agenturtheorie und Berufswahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Bedeutung der Analogie zu § 88 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . (d) GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

190

191 193 194 195

(3) Zuordnung einer Geschäftschance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zuordnung kraft Sachzusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zuordnung kraft konkreter Erwartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Kontaktaufnahme mit Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Vertragsverhandlungen und Gesellschafterbeschlüsse . .

195 196 197 198 198

191

(4) Maßstäbe der Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (5) Rechtfertigung der Wahrnehmung von Geschäftschancen . . . . . . . (a) Finanzielle Leistungsfähigkeit und rechtliches Unvermögen der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Private und amtliche Kenntniserlangung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Passive Vermögensanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Persönlicher Bedarf als Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200 200 201 203 204

(6) Weitergabe an Berater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (7) Bedeutung für die inhaltliche Ausgestaltung der Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Konkretisierung der Offenbarungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Stille Reserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 bb) Finanzierungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Geschäftschancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

12

Inhaltsverzeichnis 2. Gesellschaftsexterne Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Zukünftige Pläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Kaufangebote Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 c) Entscheidungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) US-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 bb) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

Abkürzungsverzeichnis A., A.2d

Atlantic Reporter, Atlantic Reporter, Second Series

A. A., a. A.

anderer Ansicht

A. a. O., a. a. O.

am angegebenen Ort

Ala.L.Rev.

Alabama Law Review

A.L.R.

American Law Reports

AnSVG

Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes vom 29. 10. 2004

App.D.C.

United States Court of Appeals for the District of Columbia

Ark.

Arkansas, Supreme Court of Arkansas

bspw.

beispielsweise

Bus.L.

Business Law

Bus.Law.

Business Lawyer

CA.

Supreme Court of California

Cal.App.

California Court of Appeals

Case W.Res.L.Rev.

Case Western Reserve Law Review

Cir.

Circuit

Colo.

Colorado, Supreme Court of Colorado

Colum.L.Rev.

Columbia Law Review

Conn.

Connecticut, Supreme Court of Connecticut

Corp.

Corporation

Del.

Delaware, Delaware Supreme Court

Del.Ch.

Delaware Court of Chancery

Del.J.Corp.L.

Delaware Journal of Corporate Law

ECFR

European Company and Financial Law Review

F.

Federal Reporter

F.2d

Federal Reporter, Second Series

F.3d

Federal Reporter, Third Series

F.Supp.

Federal Supplement

F.Supp.2d

Federal Supplement, Second Series

Ga.

Georgia, Supreme Court of Georgia

Ga.App.

Georgia Court of Appeals

Harv.L.Rev.

Harvard Law Review

Ill.

Illinois, Supreme Court of Illinois

14

Abkürzungsverzeichnis

Inc.

Incorporated

Kan.

Kansas, Supreme Court of Kansas

Ltd.

Limited

Mass.

Massachusetts, Supreme Court of Massachusetts

Mass.App.Ct.

Massachusetts Court of Appeals

Md.

Maryland, Maryland Reports

Mich.L.Rev.

Michigan Law Review

Misc.

Miscellaneous Reports

Miss.L.J.

Mississippi Law Journal

Mo.App.

Missouri Court of Appeals

N.

Nummer

N.C.L.Rev.

North Carolina Law Review

N.D.Ill.

Northern District of Illinois

N.E.

Northeastern Reporter

N.J.

New Jersey

N.W.

Northwestern Reporter

N.W.2d

Northwestern Reporter, Second Series

N.Y.

New York Reports

Ore.

Oregon, Supreme Court of Oregon

P.

Pacific Reporter

Pa.

Pennsylvania, Supreme Court of Pennsylvania

Pub.L.No.

Public Law Number

Rdnr.

Randnummer

Rdnrn.

Randnummern

S.

Seite

SA, SA 1933

Securities Act 1933

S.Ct.

Supreme Court of the United States

S.D.N.Y.

Southern District of New York, United States District Court for the Southern District of New York

S.E.

Southeastern Reporter

SEA, SEA 1934

Securities Exchange Act 1934

SEC

Securities and Exchange Commission

So.

Southern Reporter

Sup.Ct.Econ.Rev.

Supreme Court Economic Review

S.W.

Southwestern Reporter

UMAG

Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. 11. 2005

U.S.

United States of America, United States Reports

Abkürzungsverzeichnis U.S.App.

United States Court of Appeals

U.S.Dist.

United States District Court

v.

versus

Va.L.Rev.

Virginia Law Review

Vand.L.Rev.

Vanderbilt Law Review

Wash. & Lee. L.Rev.

Washington & Lee Law Review

W.Va.

West Virginia

Yale L.J.

Yale Law Journal

15

Im Übrigen wird auf das Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache von Kirchner / Butz, 5. Aufl. 2003, verwiesen.

Einleitung A. Das Problem in rechtstatsa¨chlicher Hinsicht Möchten die Geschäftsleiter die Gesellschaft kaufen, deren Geschäfte sie führen, ergibt sich ein grundlegender Interessenkonflikt:1 Während sie einerseits mit allen Kräften zum Vorteil der Aktiengesellschaft oder GmbH arbeiten sollen, haben sie andererseits ein Interesse daran, diese zu erwerben und für sie einen möglichst geringen Preis zu zahlen.2 Kraft ihrer Position kennen sie die Verhältnisse der Gesellschaft oder haben zumindest die Möglichkeit, alle Vorteile und Schwachstellen bis ins Detail nachprüfen zu können. Die Gesellschafter, insbesondere Aktionäre, verfügen typischerweise über kein derartiges Wissen und können sich es mit regulären Mitteln auch nicht beschaffen. Im Fall eines Erwerbs mittels Anteilskaufs sind die Informationen daher asymmetrisch zugunsten der Geschäftsleiter verteilt. Nutzen diese ihre Position aus, können sie den Kaufpreis stark zu eigenen Gunsten beeinflussen.3 Zugleich haben sie grundsätzlich die Möglichkeit, Mittel zur Finanzierung des Geschäfts zu Konditionen zu beschaffen, die kein außenstehender Mitbewerber erhält. Denn aufgrund ihres umfassenden Wissens können die Geschäftsleiter das Risiko der (regelmäßig beteiligten) Investoren minimieren, eine fehlerhafte Anlageentscheidung zu treffen. Aus Sicht der Investoren dient die Beteiligung des Managements dazu, wie in der Literatur ausdrücklich hervorgehoben wird, „Interessendivergenzen zwischen dem Finanzinvestor und dem Management entgegenzuwirken [ . . . ].“4 Mit anderen Worten sollen die Manager auf die Seite der Finanzinvestoren gezogen werden. Daraus ergibt sich die Gefahr, dass die am Buyout beteiligten Geschäftsleiter nicht mehr ausschließlich im Gesellschafts- und Gesellschafterinteresse handeln. Betrachtet man den Unternehmenskauf im zeitlichen Längsschnitt, stellt sich daher zunächst die Frage, welche Informationen die Geschäftsleiter über die Verhältnisse der Gesellschaft im Vorfeld einer avisierten Transaktion preisgeben dürfen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Kontaktaufnahme zu in Betracht kommenden Geldgebern. Daran schließt sich das weitere Problem an, ob die Geschäftsleiter verpflichtet sind, die Informationsasymmetrie zu ihren Lasten und zugunsten ihres Gegenübers, Gesellschaft beim Asset Deal und Anteilseigner beim Share Deal, auszugleichen. Dies führte zu einer Pflicht zur Informationsweitergabe. 1 2 3 4

s. auch Vicari, ECFR 2007, 346 (352 ff.). Vicari, ECFR 2007, 346 (352). Vicari, ECFR 2007, 346 (352). Traugott / Grün, AG 2007, 761 (763). Vgl. auch Hohaus / Inester, DStR 2003, 1765.

18

Einleitung

Über den klassischen Management Buyout hinaus stellen sich diese Fragen auch bei einem Kauf durch Investoren, die aus unterschiedlichen Gründen wenigstens ein Mitglied der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft an der Übernahme beteiligen, indem sie einen Gesellschaftsanteil für den Fall des Vollzugs der Transaktion anbieten. Denn selbst wenn nur ein Organmitglied beteiligt ist, wird damit eine Person in das Geschäft involviert, die über wesentliche Informationen hinsichtlich der Zielgesellschaft verfügt. Im Ergebnis stehen sich also wieder zwei informationell nicht gleichgestellte Parteien gegenüber: Auf der einen Seite die Investoren gemeinsam mit einem Insider, auf der anderen die Gesellschafter. In der Arbeit wird daher, um einem verengten Blick ausschließlich auf den Management Buyout vorzubeugen, vom Buyout unter Managementbeteiligung die Rede sein.5 Zwar weisen diese Gestaltungsformen des Buyouts Unterschiede auf. Insbesondere dient die Beteiligung des Managements an der Transaktion jeweils unterschiedlichen Zwecken: Während der Management Buyout dazu führen soll, dass das Management die Zielgesellschaft übernimmt und anschließend selbst leitet, werden sog. Managementbeteiligungsmodelle genutzt, um sich eines Insiders bedienen zu können. Der Manager wird jedoch nur in geringem Umfang beteiligt6 und ist nicht selbst eine die Übernahme initiierende Partei.7 Dennoch werden beide Formen des Buyouts in dieser Arbeit einheitlich als „Buyout unter Managementbeteiligung“ diskutiert. Dies entspricht der praktischen Beobachtung, dass die Grenze zwischen Management Buyouts sowie Managementbeteiligungsmodellen nicht exakt gezogen werden kann, sondern fließend ist.8 Außerdem existiert die gleiche Grundproblematik, weil bei beiden Gestaltungen auf der Käuferseite ein Unternehmensinsider beteiligt ist, der über einen Wissensvorsprung gegenüber den Anteilseignern verfügt.

B. Rechtso¨konomische Aspekte der Fragestellung Rechtsökomisch handelt es sich bei einem Buyout unter Managementbeteiligung um eine Konstellation, die in den Anwendungsbereich der Prinzipal-Agenten-Theorie fällt:9 Der Geschäftsleiter (Agent) handelt als Sachwalter fremder Interessen. Er nimmt im Rahmen einer langfristig angelegten Beziehung gegen Entgelt die Aufgaben wahr, welche anderenfalls der Prinzipal (die Gesellschafter) selbst 5 Dieser weite Ansatz entspricht dem von Rhein, S. 4, gewählten Begriff des Management Buyouts. Ähnlich auch Koppensteiner, ZHR 151 (1991), 97 (98). 6 Zu den Gründen Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765. 7 Vgl. Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765; Traugott / Grün, AG 2007, 761 ff. 8 Hohaus / Inhester, DStR 2003, 1765. 9 Dieses Instrument der Institutionenökonomik ist mittlerweile hinlänglich bekannt und hier nicht en detail zu beschreiben. Insofern sei verwiesen auf einschlägiges Schrifttum, etwa Richter / Furubotn, S. 173 ff. sowie die kurze Darstellung bei Fleischer, ZGR 2001, 1 (7 f.). Für die Zwecke der folgenden Untersuchung genügt eine Skizze der wesentlichen Gedanken.

B. Rechtsökonomische Aspekte der Fragestellung

19

besorgen müsste.10 Mangels vollständiger Information über sämtliche Zustände der Welt in der Zukunft und die darin auftretenden Handlungsprobleme können die Parteien die Beziehung nicht im Vorhinein umfassend regeln. Die Vereinbarung zwischen Agent und Prinzipal bleibt notwendig unvollständig.11 Hieraus ergeben sich zwei Probleme: Da allein der Beauftragte im Geschäftsleben aktiv wird, kann er unbeobachtet vom Prinzipal Informationen gewinnen – sog. versteckte Informationen.12 So erlangt er einen Wissensvorsprung, der zu einer asymmetrischen Informationsverteilung zulasten des Geschäftsherrn führt.13 Für den Agenten ergibt sich die Möglichkeit, diesen Vorsprung verborgen vor dem Prinzipal zu eigenen Gunsten auszunutzen.14 Die Anteilseigner oder die Gesellschaft können diese Gefahren kaum und, wenn überhaupt, nur zu erheblichen Kosten ausreichend kontrollieren.15 Dieses zunächst nur auf der Gesellschaftsebene bestehende Problem erweitert sich zu einem mit kapitalmarktlicher Dimension, sobald es um den Buyout einer börsennotierten Aktiengesellschaft geht. Hier verwerten nämlich Insider Informationen zu eigenen Gunsten. Nach mittlerweile vorherrschender Ansicht16 ist Insiderhandel geeignet, den Kapitalmarkt zu schädigen und daher unerwünscht. Diese Sichtweise hat sich der deutsche Gesetzgeber zu Eigen gemacht. Für die folgenden Betrachtungen ist sie daher verbindlich.17 Obwohl es sich bei einem Buyout unter Managementbeteiligung um einen Desinvestitionsprozess handelt, der auf die Auflösung der Agency-Beziehung zwischen Altgesellschaftern bzw. Gesellschaft und Geschäftsleitung zielt, gewinnt die Problematik einer möglichen Übervorteilung des Prinzipals gerade hier besondere Bedeutung:18 Es gilt sicherzustellen, dass die ausscheidenden Gesellschafter von dem profitieren, was im Laufe der bestehenden Prinzipal-Agenten-Beziehung an Werten zugunsten der Gesellschaft geschaffen wurde, um die besonderen Pflichten des Agenten nicht im Nachgang zu entwerten.19 Wie zu Recht bemerkt wird, stellte man der Geschäftsleitung anderenfalls eine effektive Variante zur Verfügung, das anvertraute Treugut doch noch zu vereinnahmen.20 Easterbrook / Fischel, 91 Yale L.J. 698, 700 (1982). Cooter / Freedman, 66 N.Y.U. L. Rev. 1045, 1048 (1991); Easterbrook / Fischel, Economic Structure, S. 90; Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 163. 12 Richter / Furubotn, S. 174. 13 Fleischer, ZGR 2001, 1 (8); Richter / Furubotn, S. 174. 14 Fleischer, ZGR 2001, 1 (8); Richter / Furubotn, S. 174. 15 Hopt, AG 1995, 353 (356); Rhein, S. 67; Richter / Furubotn, S. 174, zu verschiedenen Ansätzen im Zusammenhang mit Vertretungskosten dies., S. 422 ff. 16 Eine umfassende Darstellung des einschlägigen Schrifttums liefert Hopt, AG 1995, 353 ff. 17 Vgl. Grundmann, Treuhandvertrag, S. 440. 18 Ebenso Rhein, S. 70. 19 Rhein, S. 70. 20 Rhein, S. 70; ähnlich auch Fleischer, AG 2000, 309 (312). 10 11

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Einleitung

Daher stellt sich die Frage nach adäquaten Lösungsansätzen für die Bewältigung des beim Buyout unter Managementbeteiligung auftretenden Prinzipal-AgentenKonflikts. Die einzelnen zu lösenden Probleme ergeben sich aus der unter A. vorgenommenen Beschreibung der Interessen der Beteiligten: Während die Manager an der Weitergabe von Informationen über werthaltige Positionen an Investoren interessiert sind, möchten sie diese den Gesellschaftern gegenüber möglichst nicht offenlegen. Vermögenswerte werden von den Managern bei einem Buyout insbesondere derart zu eigenen Gunsten vereinnahmt, dass den Anteilseignern ein Kaufpreis gezahlt wird, der nicht alle relevanten Bewertungspositionen enthält. Die Gesellschafter bekommen eine zu geringe Entschädigung für die Aufgabe ihrer Partizipationsrechte. Aufgrund der Besonderheit, dass es sich um einen Desinvestitionsvorgang handelt, bedürfen die gemeinhin zur Lösung der agenturtheoretischen Fragen genutzten Konzepte einer Überprüfung, inwieweit sie zur Bewältigung der Kontrollprobleme geeignet sind. Dabei werden im Folgenden die Bedeutung von Reputation und der Markt für Manager (I.), die Treuepflicht und vertragliche Regelungen (II.), die Einschaltung einer Überwachungsinstanz (III.) sowie Aufklärungspflichten (IV.) näher untersucht.

I. Kontrolle durch Reputation und den Markt für Manager Grundsätzlich ist ein Geschäftsleiter daran interessiert, seinen Wert auf dem Markt für Manager, seine Reputation, nicht wegen mangelnder Sorgfalt bei der Ausübung seines Amtes zu mindern.21 Anderenfalls riskiert er die Entlassung aus dem Amt und gefährdet seine Chancen auf Neueinstellung. Dieses Argument bezieht sich allerdings auf eine zeitlich andauerende Prinzipal-Agenten-Beziehung, die aus Sicht des Managers auch noch in der Zukunft Bestand haben soll. Zumindest will er die Möglichkeit haben, später eine vergleichbare Position einnehmen zu können. Er wird aber nur dann die Chance auf eine neue Stelle als Geschäftsleiter wahren, wenn er eine Reputation hat, die aus Sicht der Nachfrageseite Gewähr dafür bietet, sich ausreichend für deren Interessen einzusetzen. Bei einem Buyout unter Beteiligung des Managements fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung dieser Begründungslinie. Denn die Transaktion ist, wie eingangs dieses Abschnitts beschrieben, nicht auf Fortsetzung, sondern auf Auflösung der Prinzipal-Agenten-Beziehung gerichtet. Es tritt ein Problem auf, welches als „last period problem“ bezeichnet wird.22 Vor allem bei einem Management Buyout soll nicht nur die bestehende Verbindung aufgehoben werden. Vielmehr sind die 21 Cooter / Freedman, 66 N.Y.U. L. Rev. 1045, 1064 (1991); Easterbrook / Fischel, Economic Structure, S. 91, 169; Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 217, 238 f. 22 Vgl. Easterbrook / Fischel, Economic Structure, S. 169; Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 239.

B. Rechtsökonomische Aspekte der Fragestellung

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Manager auch auf längere Sicht nicht mehr an der Eingehung einer neuen Prinzipal-Agenten-Beziehung mit fremden Anteilseignern interessiert. Denn Ziel des Buyouts ist gerade der Erwerb einer Stellung als Manager-Gesellschafter in der „eigenen“ Gesellschaft. Die Geschäftsleiter verfolgen eine Strategie, die zum Ausscheiden aus dem Markt für Manager führt. Damit verlieren auch die herkömmlich als wichtig angesehenen Signale an Bedeutung, den Wert des eigenen Angebots von Arbeitskraft gegenüber den Nachfragern mittels Reputation darzustellen. Infolge dessen können sich die Anteilseigner nicht mehr darauf verlassen, dass die Geschäftsleiter aus eigenem Interesse ein optimales Anstrengungsniveau mit Blick auf ihre Aufgaben im Verhältnis zu den Prinzipalen wählen. Um den solchermaßen begründeten Gefahren zu begegnen, sind mithin andere Kontrollmechanismen notwendig.

II. Treuepflicht und vertragliche Lösungen Prinzipiell dient die Treuepflicht dazu, die Aneignung fremder Vermögenswerte zu verhindern.23 Für ex ante im Einzelnen bereits erkennbare Gefahren, etwa die Aneignung von Geschäftschancen, lassen sich bis zu einem gewissen Grad explizite vertragliche Lösungen im Anstellungsvertrag finden. In der Literatur wird die Treuepflicht als Weg zur Bewältigung des eben beschriebenen Problems der letzten Periode betrachtet, da sie den Anteilseignern wenigstens die Möglichkeit zur klageweisen Durchsetzung ihrer Interessen eröffne.24 Die Leistungsfähigkeit dieser Ansätze, Regulierung mit Hilfe von Treuepflicht und Vertrag, ist jedoch durchaus fraglich: Kann im Rahmen einer fortbestehenden Gesellschaftsstruktur die treuwidrige Aneignung von Vermögenswerten nachträglich entdeckt werden, ist dies nach einem Buyout schwierig. Denn hier fehlen im Anschluss an die Transaktion möglicherweise die Mittel, einen früheren Verstoß nachzuweisen. Zum einen bleibt das Management im Amt. Zum anderen erlangen die Manager als neue Prinzipale auch maßgeblichen Einfluss auf etwaige Kontrollorgane wie den Aufsichtsrat. Die Altgesellschafter sind aus dem Verband ausgeschieden und stehen der Gesellschaft ferner als vor der Transaktion. Ihre Möglichkeiten, Fehlinformationen und Treueverstöße zu ermitteln, sind noch weiter eingeschränkt, als sie es während der Dauer ihrer Anteilseignerschaft waren. Insofern sind an der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aufgrund einer Treuepflichtverletzung Zweifel angebracht. Wenn auf diese Weise aus tatsächlichen Gründen die Gefahr besteht, dass die Treuepflicht oder Vertragsverletzungen nicht mehr sanktionsbewehrt sind, werden sie als Kontrollmittel weitgehend wertlos, da die Manager keine Haftung mehr befürchten müssen. 23 Cooter / Freedman, 66 N.Y.U. L. Rev. 1045, 1053 (1991); Easterbrook / Fischel, Economic Structure, S. 90 ff.; Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 215. 24 Easterbrook / Fischel, Economic Structure, S. 168 f.; Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 239.

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Einleitung

Darüber hinaus ist aus deutscher Perspektive die Leistungsfähigkeit der Treuepflicht noch aus einem anderen Grund zu diskutieren. Es ist nämlich zweifelhaft, ob sie juristisch zur Überbrückung der Informations- und damit verbundenen Kontrollasymmetrien zwischen Management und Anteilseigner geeignet ist. Verneint man eine direkte Treuebindung zwischen diesen Parteien und nimmt lediglich eine mittelbare über die Kette Geschäftsleiter – Gesellschaft – Gesellschafter an, können die Gesellschafter aus der Treuepflicht unmittelbar keine Kontrollmöglichkeiten herleiten.

III. Einschaltung einer Überwachungsinstanz Weiteres Mittel neben der Treuepflicht zum Schutz der Anteilseigner vor der Enteignung aufgrund Handelns der Geschäftsleiter ist die Einschaltung eines Kontrollorgans, das für die Gesellschafter die Überwachung übernimmt.25 Diese Strategie hat den Vorteil, dass sie relativ kostengünstig ist.26 Statt die aufwendige Prozedur eines Anteilseignerbeschlusses zu durchlaufen, handelt ein mit wenigen Personen besetztes Organ, das sich wegen der geringen Zahl der Mitglieder schneller einigen und das schneller informiert werden kann. Außerdem werden so die Probleme der kollektiven Wahl sowie der rationalen Apathie umgangen, die vor allem in größeren Gesellschaften eine informierte Überwachung des Managements seitens der Anteilseigner erschweren.27 Die primäre Prüfungsaufgabe des Organs besteht in der Kontrolle mittels Bestätigung und Überwachung.28 Darüber hinaus kann es in ausgewählten Situationen nicht nur am Entscheidungsprozess beteiligt werden, sondern in diesem sogar die Rolle des Entscheidungsträgers übernehmen. Ein Beispiel hierfür ist im deutschen Recht die Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand nach § 112 AktG. Das Überwachungsorgan ist bei einem Buyout unter Managementbeteiligung wegen der soeben dargelegten Defizite der Treuepflicht von besonderer Bedeutung. Es kann für die Anteilseigner tätig werden, indem es das Geschäftsleiterhandeln nicht nur nachträglich kontrolliert, sondern bereits ex ante, etwa indem es anstelle der Manager entscheidet. Der ansonsten aktive Agent, die Geschäftsleitung, wird auf diesem Weg ausgeschaltet und so auch der Einfluss des Interessenkonflikts auf die Vornahme der in Rede stehenden Handlungen minimiert. 25 Ausführlich Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 137 ff. Für den Buyout Vicari, ECFR 2007, 346 (357). Zu verschiedenen Überwachungsmodellen Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 19 ff. 26 Ähnlich Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 16; Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 140. Allgemein zu den Kosten und Vorteilen der Einschaltung eines boards Hertig / Kanda, in: Kraakman et al., Anatomy, S. 109. 27 Dazu Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 141 f. 28 Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 140. Ausführlich zu den Aufgaben des Überwachungsträgers Leyens, Information des Aufsichtsrats, S. 26 ff.

B. Rechtsökonomische Aspekte der Fragestellung

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Würde die Rolle der Überwachungsinstanz hinsichtlich der Informationsweitergabe an Investoren auf ein vorhergehendes Einverständnis beschränkt, existierte nach wie vor das oben im Zusammenhang mit der Treuepflicht beschriebene Problem, dass die Einhaltung der auferlegten Grenzen nur unzureichend kontrolliert werden könnte. Wird das Kontrollorgan nach der Transaktion abgeschafft oder neu besetzt, vermag es Verstöße gegen seine Vorgaben nicht mehr zu verfolgen. Daher ist es unter dem Gesichtspunkt des effektiven Handelns im Interesse der Anteilseigner sinnvoll, das Überwachungsorgan in diesem Fall als die die Entscheidung ausführende Instanz einzusetzen.

IV. Aufklärung der Anteilseigner Das Informationsbedürfnis der Anteilseigner bei einer Übernahme ist unbestritten.29 Um die Gefahr bewusster Falschinformation seitens des Bieters zu vermeiden, sehen sowohl US-amerikanisches als auch deutsches Übernahmerecht Informationspflichten vor.30 Die Strategie, diesbezüglich ein Überwachungsorgan einzuschalten, ist nicht geeignet, die Informationsasymmetrie zwischen Management und Gesellschaftern bei Verhandlungen über den Anteilserwerb vollständig auszugleichen.31 Denn die Mitglieder treffen eine Entscheidung über eine Desinvestition und müssen in diesem Rahmen ihren Anteil bewerten, um eine Grundlage für die Kaufpreisverhandlungen zu haben. Ihnen ist also nicht damit geholfen, dass ein Überwachungsorgan über die maßgeblichen Informationen verfügt. Zwar kann dieses zur Angemessenheit des Preises Stellung nehmen oder diesen sogar aushandeln.32 Ein so bewerteter bzw. ausgehandelter Preis stimmt aber nicht zwingend mit demjenigen überein, den ein Anteilseigner bei voller Information selbst ausgehandelt hätte. Ein Mehrheitseigner wird regelmäßig einen höheren Preis verlangen als ein Minderheitseigner, weil er eine Kontrollprämie fordert. Zudem kann die subjektive Bewertung zwischen Gesellschaftern mit gleicher Beteiligungsquote differieren. Hinzu kommt, dass die Gesellschafter auch die Empfehlungen eines Kontrollorgans einschätzen müssen. Hierfür benötigen sie wiederum umfangreiche Informationen. Einziges Mittel, die existierende informationelle Benachteiligung der Gesellschafter zu beseitigen, ist daher die Aufklärung über werthaltige Informationen. s. nur Davies / Hopt, in: Kraakman et al., Anatomy, S. 174. Vgl. Davies / Hopt, in: Kraakman et al., Anatomy, S. 174 ff. 31 Für die Einschaltung eines Ausschusses aber in Anlehnung an die Special Litigation Committees (SLCs) US-amerikanischer Prägung Vicari, ECFR 2007, 346 (357). Zur Möglichkeit des Einsatzs von SLCs im US-amerikanischen Recht s. Simpson, 43 Bus.Law. 665, 678 ff. (1988). 32 Für letzteres Vicari, ECFR 2007, 346 (357). Im US-amerikanischen Recht werden SLCs vor allem für die Beurteilung der Angemessenheit des Preises eingesetzt, s. Simpson, 43 Bus.Law. 665, 685 ff. (1988). 29 30

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Auf diese Weise lassen sich Verhandlungen auf gleicher Ebene herstellen. Über die Vorteilhaftigkeit der Investition kann nur der Investor selbst entscheiden, notfalls unter Rückgriff auf den Rat sachkundiger Dritter. Das schließt die zusätzliche Stellungnahme eines Kontrollorgans nicht aus. Letztere ist immerhin ein erster Fingerzeig hinsichtlich der ordnungsgemäßen Kaufpreisermittlung. Rechtsökonomisch lässt sich das auch als eine Pflicht zur Rechnungslegung interpretieren: Die Prinzipale verlangen als Bedingung für die Übertragung der den Agenten zur Verwaltung anvertrauten Vermögenswerte eine vorherige Aufstellung über den Bestand an werthaltigen Positionen. Auf diese Weise gewinnen die Anteilseigner faktisch Einflussmöglichkeiten zurück, die sie vorher mangels Wissens und wegen der Delegation der Verwaltungsbefugnis an die Geschäftsleiter nicht mehr hatten.

C. Die juristische Fragestellung Lassen sich als rechtsökonomische Regelungsziele damit die Einschaltung eines Überwachungsorgans, die Unterwerfung der Geschäftsleiter unter Treuepflichten sowie Aufklärungspflichten gegenüber den Gesellschaftern ausmachen, bleibt die Frage, ob und wie sich diese Vorgaben juristisch umsetzen lassen. Allein die rechtsökonomische Sinnhaftigkeit einer bestimmten Strategie führt noch nicht zur juristischen Lösung. So ist es etwa denkbar, dass das Gesetz Handlungen gestattet, die nach den oben angestellten Überlegungen zur Kontrolle des Managerhandelns besser unterbleiben sollten, und umgekehrt. Die Bindung der Geschäftsleiter mittels der Treuepflicht als juristisches Mittel zur Bewältigung der Trennung von Eigentum und Kontrolle sowie der daraus entstehenden Interessenkonflikte ist anerkannt.33 Hinsichtlich der kapitalmarktrechtlichen Dimension gelten die Insiderhandelsverbote des § 14 WpHG. Allerdings bilden diese Regeln lediglich den dogmatischen Startpunkt. Zu berücksichtigen ist nämlich die andere Seite der Pflichtenbindung von Geschäftsleitern im Interesse von Gesellschaft und Gesellschaftern: Vorstand und Geschäftsführer unterliegen gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten, die zumindest im Fall der Aktiengesellschaft in weitem Umfang auch für die Informationsweitergabe gegenüber den Gesellschaftern greifen. Die angesprochenen Regelungsmittel treten also möglicherweise in einen Zielkonflikt. Konkret lassen sich für die weitere Untersuchung drei Leitfragen herauskristallisieren: 1. Dürfen Geschäftsleiter trotz Bindung an Schweigepflichten Informationen über die Gesellschaft nach außen an Investoren und Berater geben?

33 Easterbrook / Fischel, 91 Yale L.J. 698, 700 f. (1982); Fleischer, ZGR 2001, 1 (8); Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen, S. 238 ff.; Wiedemann, FS Heinsius, 949 (951).

D. Zu einigen Begriffen

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2. Auf welcher Grundlage sind die Geschäftsleiter verpflichtet, Gesellschaft und / oder Gesellschafter über wertbildende Faktoren aufzuklären? 3. Wie weit reichen diese Aufklärungspflichten? Im Rahmen der ersten Frage ist die Reichweite und Geltung der Treuepflicht zu klären sowie zu überlegen, welches Überwachungsorgan das Handeln der Geschäftsführer kontrolliert. Die anschließenden Fragen befassen sich mit der Forderung nach der Begründung von Aufklärungspflichten der Manager, insbesondere gegenüber den Gesellschaftern. In diesem Zusammenhang ist nicht nur deren Existenz zu untersuchen. Darüber hinaus muss definiert werden, was als „Vermögenswert“ unter eine solche Informationspflicht fällt. Obwohl inzwischen mehrere Arbeiten erschienen sind, die sich mit dem „Interessenkonflikt der Manager beim Management Buy-Out“34 beschäftigen, ist speziell die Frage nach Informationsrechten und -pflichten bislang nicht umfassend untersucht worden.35 Zugleich hat sich die gesetzliche Ausgangslage stark gewandelt, insbesondere im Hinblick auf kapitalmarktliche Regelungen. Das WpÜG wurde bisher nicht berücksichtigt, ebenso steht eine genauere Analyse der Regeln des Wertpapierhandelsgesetzes aus. Auch das Material aus den USA wurde nur kursorisch aufgearbeitet. Das rechtfertigt eine aktuelle Studie zu dem beschriebenen Problemkreis.

D. Zu einigen Begriffen Diese Arbeit befasst sich allein mit Geschäftsleitungsorganen, also dem Vorstand einer Aktiengesellschaft sowie den Geschäftsführern einer GmbH. Andere Organe wie etwa der Aufsichtsrat oder allein vertraglich gebundene Personen bleiben ausgeklammert. Wenn im Folgenden von „Manager(n)“ die Rede ist, sind daher ausschließlich Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung gemeint. Auf sonstige Personen, die in der Praxis als „Manager“ bezeichnet werden (Prokuristen etc.), lassen sich die im Folgenden erörterten Lösungen im Wesentlichen übertragen. An die Stelle der gesellschaftsrechtlichen Bindung tritt dann eine vertragsrechtliche. Weil sich die Probleme bei den korporationsrechtlich zur Leitung berufenen Organen am deutlichsten darstellen lassen, konzentriert sich die Arbeit auf diese. Soweit im Folgenden von „Director(s)“ die Rede ist, werden hierunter die nach US-Recht zur Vertretung der Corporation nach außen berufenen Organe verstan34 So der Titel der Arbeit von Tilman Rhein aus dem Jahr 1996. Außerdem zu erwähnen sind die Untersuchungen von Harbers (1992), Heidemann (1994) und von Tirpitz (2001). 35 s. etwa Fleischer, AG 2000, 309, der beklagt, dass sich im Schrifttum „nur wenige weiterführende Hinweise“ finden.

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den.36 Einem Director obliegt trotz seiner umfassenden Vertretungsmacht nicht zwingend die laufende Geschäftsführung. Das ist vielmehr die Aufgabe der Officers, den angestellten Managern der Corporation. Ein Director kann, muss aber nicht zugleich Officer sein. Was genau ein Officer ist, entzieht sich abstrakter Betrachtung, im Einzelfall sind die Satzung und Bylaws maßgeblich.37 Mit „Officer(s)“ sind in der folgenden Untersuchung nur die wichtigen Entscheidungsträger gemeint, deren Positionen sich auch oder zumindest ähnlich in der deutschen gesellschaftsrechtlichen Praxis wiederfinden.38 Für sie gelten im Großen und Ganzen die gleichen Treuepflichten wie für die Directors.39 Aus Vereinfachungsgründen stellt die Arbeit daher vor allem auf die Directors ab. Regelungen aus dem Securities Act 1933 und dem Securities Exchange Act 1934 werden im Anschluss an die US-Literatur und Rechtsprechung ihrer gebräuchlichen Form nach „Section“ zitiert und nicht gemäß dem US-Code. Bei dem Securities Act 1933 handelt es sich um die Regelungen 15 U.S.C. §§ 77a ff., beim Securities Exchange Act 1934 um 15 U.S.C. §§ 78a ff. Zitiert wird also nicht etwa „15 U.S.C. § 78j“, sondern „Section 10“ des Securities Exchange Act 1934.

E. Gang der Untersuchung Die Untersuchung ist in zwei Hauptabschnitte gegliedert, die sich an der tatsächlichen zeitlichen Abfolge eines Buyouts orientieren – Gespräche mit Investoren, anschließend Verhandlungen mit den Gesellschaftern bzw. mit der Gesellschaft: Zunächst widmet sich die Arbeit dem Recht der Geschäftsleiter zur Informationsweitergabe (§ 1). Diesbezüglich werden die Verschwiegenheitspflichten bei der Aktiengesellschaft, GmbH sowie der US-amerikanischen Corporation näher untersucht. In diesem Zusammenhang erfahren insbesondere die Frage nach der Reichweite der Verschwiegenheitspflichten sowie das Problem des für die Freigabe von Geheimnissen zuständigen Organs eine eingehende Betrachtung. In § 2 richtet sich der Blick auf die Pflicht zur Informationsweitergabe. Der Schwerpunkt liegt hier auf der rechtlichen Begründung einer derartigen Pflicht und anschließend in ihrer konkreten Ausformung. Dabei werden nicht nur gesell36 Vgl. Sec. 141(a) D.G.C.L.: „The business and affairs of every corporation [ . . . ] shall be managed by or under the direction of a board of directors [ . . . ].“ 37 s. nur Clark, S. 114. Im Zusammenhang mit der Regulation D des Securities Act 1933 wird in Rule 501 ein „Executive Officer“ definiert als „the president, any vice president in charge of a principal business unit, division or function (such as sales, administration or finance), any other officer who performs a policy making function, or any other person who performs similar policy making functions for the issuer.“ 38 Das sind vor allem der Chief Executive Officer, President, Treasurer, Secretary sowie die jeweiligen Stellvertreter (s. Clark, S. 113). 39 Clark, S. 114.

E. Gang der Untersuchung

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schafts- und schuldrechtliche Instrumente überprüft, sondern auch das Kapitalmarktrecht. Soweit es im zweiten Kapitel um Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Buyout – rechtstechnisch also der Übernahme – einer Aktiengesellschaft geht, bleibt die Diskussion aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des WpÜG zur Begründung von Informationspflichten des Bieters gegenüber den Gesellschaftern der Zielgesellschaft weitestgehend ausgeblendet.40 Das Problem hat sich innerhalb des Anwendungsbereichs des WpÜG mit der Einführung von § 11 erledigt.

40 Stellvertretend dazu die Beiträge von Assmann / Bozenhardt, Übernahmeangebote, 1 (72 ff.); Grunewald, WM 1989, 1233 (1236); Peltzer, Übernahmeangebote nach künftigem Recht, 178 (189 f.).

§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe Gegenstand des folgenden Kapitels ist das Recht der Geschäftsleiter zur Informationsweitergabe. Als Einführung in die Problematik werden zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen der bestehenden Verschwiegenheitspflichten nach Gesellschafts-, Straf- und Kapitalmarktrecht betrachtet (A.). Die weiteren Überlegungen befassen sich mit dem Verhältnis der Geschäftsleiter zu Investoren und Beratern, insbesondere hinsichtlich der Frage der Kontaktaufnahme und Weitergabe von Informationen (B.). Ausgeklammert bleibt in diesem Kapitel die Informationsweitergabe an Gesellschafter. Zwar ist es denkbar, dass ein Geschäftsleiter freiwillig Informationen an einen Anteilseigner weitergibt, um diesen zu einem Verkauf seiner Anteile zu bewegen. Die freiwillige Preisgabe von Informationen stellt aber gleichzeitig die Erfüllung der in § 2 noch näher zu beschreibenden Pflicht zur Offenlegung dar. Um Wiederholungen zu vermeiden, bleibt die Frage der Informationsweitergabe an Gesellschafter daher § 2 vorbehalten. Das gilt auch für die Problematik der informationellen Gleichbehandlung der Gesellschafter.

A. Verschwiegenheitspflichten der Gescha¨ftsleiter Ausgangspunkt der Untersuchung von Rechten der Geschäftsleiter zur Informationsweitergabe ist die Frage nach der Reichweite von Verschwiegenheitspflichten. Je nachdem, wie weit diese gehen, ist der Manager befugt, Informationen an Investoren weiterzugeben. Das deutsche Recht enthält an vielen Stellen Verbote zulasten von Geschäftsleitern, Geschäfts- bzw. Betriebsgeheimnisse preiszugeben. Die Spannweite erstreckt sich dabei von dem gesellschaftsrechtlichen Tatbestand des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG und dem strafrechtlichen Verbot nach § 404 AktG bzw. § 85 Abs. 1 GmbHG über das Wettbewerbsrecht in Form von §§ 17, 18 UWG bis zur kapitalmarktrechtlichen Norm des § 14 WpHG. Im Gegensatz dazu beinhaltet das US-amerikanische Recht weitaus weniger detaillierte Regeln für die verschiedenen Materien. Leitgedanke der folgenden Darstellung ist die Frage, inwieweit Informationen über die Gesellschaft mittels der jeweiligen Tatbestände geschützt sind und unter welchen Voraussetzungen der Manager seine Pflichtenbindung durchbrechen kann. Dabei wird der Anstellungsvertrag zwischen Gesellschaft und Geschäftsleiter nicht gesondert gewürdigt. Zwar ist es nicht unüblich, in diesen Verträgen besondere Klauseln zur Dauer und zum Umfang von Verschwiegenheitspflichten zu vereinbaren. Doch ist die Reichweite besonders vereinbarter Verschwiegenheitspflichten

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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eine Frage des Einzelfalls und entzieht sich abstrakter Betrachtung. Zudem wird der Anstellungsvertrag häufig lückenhaft sein, weil die Parteien nicht sämtliche möglicherweise entstehenden Probleme vorhersehen können. Insofern ist ein Rückgriff auf die gesetzlichen Tatbestände notwendig. Für die folgenden Überlegungen werden daher nur die gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten berücksichtigt.

I. Aktiengesellschaft Die Verschwiegenheitspflichten in der Aktiengesellschaft ergeben sich aus verschiedenen Quellen. Zum einen enthält das Aktiengesetz ausdrücklich normierte Verschwiegenheitspflichten gegenüber der Gesellschaft (§ 93 Abs. 1 S. 3). Zum anderen verpflichtet auch das UWG in den §§ 17, 18 zur Bewahrung von Geheimnissen. Außerdem dürfen nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG Insiderinformationen nicht unbefugt weitergegeben werden. Gelegentlich wird im Schrifttum sogar eine direkte Treuepflicht der Geschäftsleiter gegenüber den Gesellschaftern anerkannt. Auch aus einer derartigen Pflicht, so sie denn existiert, könnten sich Schweigepflichten ergeben. Gleiches gilt für die Herleitung einer Treuepflicht auf der Basis einer Interpretation des Anstellungsvertrages bzw. Organverhältnisses im Sinne einer Schutzpflicht zugunsten Dritter – Dritte wären die Anteilseigner. Im Folgenden werden diese beiden zuletzt genannten Ansätze zuerst geprüft (sogleich 1. und 2.). Denn sie gewährten den Gesellschaftern im Rahmen der Prinzipal-AgentenBeziehung unmittelbaren Schutz. Anschließend werden die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten (3.) und am Ende das Insiderrecht (4.) betrachtet.

1. Organschaftliche Treuepflichten gegenüber den Gesellschaftern Bestünden direkte Treuepflichten der Geschäftsleiter gegenüber den Aktionären, ließe sich vertreten, die Geschäftsleiter seien den Gesellschaftern gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das entspräche der dogmatischen Anknüpfung der Verschwiegenheitspflicht nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG an die Treuepflichten des Vorstands im Verhältnis zur Gesellschaft.1 Folge wäre, dass die Gesellschafter in eine Informationsfreigabe einwilligen müssten. Hinsichtlich des in der Einleitung beschriebenen Problems der Überwachung des Managements wäre die Einschaltung eines weiteren Überwachungsorgans unnötig, die Anteilseigner könnten selbst über die Informationsweitergabe entscheiden. In der Literatur gibt es nicht wenige Stimmen, die – mit Unterschieden im Einzelnen – eine direkte Treuebindung zwischen den Geschäftsleitern und den Gesellschaftern bejahen.2 Hauptproblem dieser Ansicht ist ihre Vereinbarkeit mit dem Hüffer, § 93 Rdnr. 6 m. w. Nachw. Flume, S. 308 mit Fußn. 190; Heidemann, S. 238; Raiser, in: Großkomm / GmbHG9, § 14 Rdnr. 60; ders., ZHR 153 (1989), 1 (13); Rhein, S. 173 ff.; Schmolke, Organwalterhaf1 2

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

innerverbandlichen Haftungssystem nach GmbHG und Aktiengesetz.3 Umso mehr erstaunt es, wenn zum Teil ohne Berücksichtigung dieser zentralen Frage die Begründung einer direkten Treuebeziehung schlicht darauf gestützt wird, dass der Vorstand der Gesellschaft und diese wiederum den Aktionären zur Treue verpflichtet sei.4 Ob dies den Vorstand gegenüber den Anteilseignern lediglich mittelbar binde oder direkt, könne dahinstehen, denn jedenfalls sei die Geschäftsleitung den Aktionären treuepflichtig. 5 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Unterscheidung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Pflichten den Kern des Problems ausmacht. Hält man die Bindung nämlich lediglich für eine mittelbare, ist dies ein juristischer Gemeinplatz. Fehlt es an einer direkten Treuepflicht der Geschäftsleitung gegenüber den Aktionären, haben letztere keinen Anspruch gegen den Vorstand, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen verlangen zu können. Aus diesem Grund bedarf es einer näheren Untersuchung der Frage, ob sich unmittelbare organschaftliche Treuepflichten mit den organisationsrechtlichen Vorgaben der gesetzlichen Verbandsordnung vereinbaren lassen. Das ist insbesondere deshalb notwendig, weil sich die dies ablehnende herrschende Meinung bislang mit dem allgemeinen Hinweis auf die Verbandsordnung begnügt und nicht über einige bloß kursorische Bemerkungen hinausgehend mit den Argumenten für eine solche Treuepflicht auseinandersetzt.6 Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist zunächst eine Überprüfung der Wertungen, die zugunsten einer direkten Treuepflicht ins Feld geführt werden [a)]. Anschließend wird die Vereinbarkeit dieses Konzepts mit der lex lata überprüft, erst im Hinblick auf die verbandsrechtliche Haftungsordnung [b)], dann mit Rücksicht auf das dazugehörige Rechtsschutzsystem [c)]. Die Ausführungen erstrecken sich aufgrund des sachlichen Zusammenhangs auch auf die GmbH.

tung, S. 148 ff.; Sonnenschein, S. 159 ff.; van Aubel, S. 130 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 4 IV. 2. b), S. 241; Wunderlich, S. 242. 3 Das sieht auch Rhein, S. 186 ff. 4 So Wunderlich, S. 242, der mit keinem Wort auf die möglichen regulatorischen Konflikte eingeht. 5 Wunderlich, S. 242, der hieraus konkrete Verhaltensmaximen gegenüber den Aktionären ableiten möchte. 6 s. etwa RG, Urt. v. 21. 09. 1938 – II 183 / 37, RGZ 158, 248 (256); BGH, Urt. v. 12. 03. 1990 – II ZR 179 / 89, BGHZ 110, 323 (334), für den Verein; Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 26; Fleischer, AG 2000, 305 (319); ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 107; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 272; Habersack, 205 ff.; ders., WM 2001, 545 (548 f.); Krieger / Sailer, in: Schmidt / Lutter, § 93 Rdnr. 64; Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, § 43 Rdnr. 27; Hopt, FS Mestmäcker, 909 (924 ff.); ders., in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 469; Mülbert, in: Großkomm / AktG4, Vor §§ 118 – 147 Rdnrn. 194 f.; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 300; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 266; Verse, S. 432 ff.; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 43 Rdnr. 64.

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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a) Wertungsgrundlage einer direkten Treuepflicht Der wesentliche Ansatz zur Begründung einer direkten Treuebeziehung zwischen Anteilseignern und Geschäftsleitung wird aus rechtsökonomischen Wertungen des Prinzipal-Agenten-Konflikts bzw. der treuhänderischen Stellung der Geschäftsleiter hergeleitet.7 Außerdem wird auf die Schädigungsrisiken verwiesen, die die Geschäftsleitung zulasten der Aktionäre verwirklichen könne,8 und damit verbundene „Funktionsdefizite“ in der Haftungskette Organwalter-Gesellschaft-Gesellschafter.9 Hier liegt eine Verwechslung der Beschreibung des Problems mit dessen Lösung vor. Die ökonomische Analyse bewegt sich von vornherein in den seitens des Gesetzgebers gezogenen Grenzen.10 Existiert eine gesetzliche Grundentscheidung für oder gegen ein bestimmtes System, kann diese nicht mittels ökonomischer Werkzeuge korrigiert werden.11 Leitlinie ist immer das gesetzte Recht, dessen Wertungen auch für die ökonomische Analyse und Lösungen auf dieser Basis als gegeben hinzunehmen sind. Der Rechtsökonomik verbleibt damit prinzipiell die Aufgabe, Regelungslücken und -probleme aufzuzeigen sowie im Rahmen von Wertungsentscheidungen Kriterien für zu berücksichtigende Gesichtspunkte zu liefern. Das Gleiche gilt hinsichtlich des Plädoyers für eine Rechtsfortbildung angesichts des Potentials der Stellung eines Geschäftsleitungsorgans, die Gesellschafter zu schädigen. Diese Feststellung ist Analyse und nicht Problemlösung. Zudem ist hier ebenfalls die gesetzliche Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Ausgleichssystem hinzunehmen. Erst bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Rechtsfortbildung können Lösungen praeter, extra oder sogar contra legem entwickelt werden. Dies alles bedarf aber sorgfältiger Argumentation und Fundierung, die nicht in der Beschreibung eines Problems selbst liegt. Daher ist vor einem Rückgriff auf ökonomische Wertungen oder angebliche Funktionsdefizite zur Begründung direkter Treuepflichten zunächst zu prüfen, ob der vom Gesetzgeber gesetzte Rahmen diesen methodischen Weg überhaupt eröffnet.

b) Verbandsrechtliche Haftungsordnung aa) Bestandsaufnahme Die zentralen Normen, welche sich im Zusammenhang des Gefüges von Geschäftsleitung, Gesellschaft und Gesellschaftern mit der Haftung von Vorstand und Geschäftsführern befassen, sind die §§ 93 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1, 117 Abs. 1 Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (13); Rhein, S. 182 ff. van Aubel, S. 139 f. 9 Schmolke, Organwalterhaftung, S. 194, 231 ff. 10 Ausführlich hierzu Eidenmüller, S. 414 ff., zur Bedeutung von Öffnungsklauseln im Gesetz ders., S. 450 ff. 11 Eidenmüller, S. 414 ff., zu möglichen Einwänden ders., S. 438 ff. 7 8

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AktG sowie die §§ 31 Abs. 6, 43 Abs. 2 GmbHG. § 93 Abs. 2 S. 1 AktG und § 43 Abs. 2 GmbHG enthalten die Anspruchsgrundlagen für Schadensersatz im Fall einer Pflichtverletzung seitens der Geschäftsleiter. Sie begründen ausdrücklich eine Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft. In § 93 Abs. 5 S. 1 AktG wird darüber hinaus den Gläubigern der Aktiengesellschaft zugestanden, den Anspruch der Gesellschaft geltend zu machen, sofern sie von dieser keine Befriedigung ihrer Forderungen erlangen können.12 Die Anteilseigner finden jeweils keine Berücksichtigung. § 309 Abs. 4 S. 1 AktG sieht ein Recht der Aktionäre vor, den Ersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft gegenüber den gesetzlichen Vertretern des herrschenden Unternehmens geltend zu machen. Nach § 309 Abs. 4 S. 2 AktG können sie aber nur Leistung an die Gesellschaft verlangen. Um einen eigenen Anspruch der Aktionäre handelt es sich nicht.13 Zugunsten der Gesellschafter begründen § 117 Abs. 1 S. 2 AktG sowie § 31 Abs. 6 GmbHG jeweils für Sonderfälle Schadensersatzansprüche, aktienrechtlich eine Haftung für schädigenden Einfluss und GmbH-rechtlich eine Verpflichtung der Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Erstattung von entgegen § 30 GmbHG geleisteten Zahlungen. Daneben sehen insbesondere die §§ 25, 125 UmwG eine persönliche Haftung der Mitglieder von Verwaltungsorganen gegenüber den Anteilseignern vor. Zudem enthalten die §§ 317 Abs. 1 S. 2, 318 Abs. 1 S. 1 AktG einen Schadensersatzanspruch der Gesellschafter einer abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern. § 318 Abs. 1 S. 2 AktG gewährt einen Ersatzanspruch für von den Aktionären der abhängigen Gesellschaft erlittene mittelbare Schäden gegenüber den Mitgliedern der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens. Nach § 318 Abs. 1 S. 1 AktG können die Aktionäre der abhängigen Gesellschaft deren Vorstand im Rahmen der Haftung aus § 317 AktG in Anspruch nehmen, soweit dieser es pflichtwidrig unterlassen hat, das nachteilige Rechtsgeschäft oder nachteilige Maßnahmen im Bericht über die Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen aufzuführen oder die Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft sowie einen fehlenden Ausgleich anzugeben.

12 Zur umstrittenen Frage, ob es sich hierbei um einen eigenen Anspruch oder lediglich einen Fall gesetzlicher Prozessstandschaft handelt, s. statt aller Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnrn. 396 ff. 13 Zur Streitfrage, ob § 309 Abs. 4 S. 1 AktG eine gesetzliche Prozessstandschaft enthält oder einen Fall der actio pro societate darstellt, Altmeppen, in: MünchKomm / AktG, § 309 Rdnrn. 121 ff.

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bb) Die Haftung der Geschäftsleitung als kapitalgesellschaftsrechtlicher Sonderfall (1) Umkehrschluss zu den §§ 31 Abs. 6, 43 GmbHG, §§ 93 Abs. 2, 117, 317, 318 AktG und §§ 25, 125 UmwG Angesichts dieser Bestandsaufnahme liegt es nahe, im Wege eines Umkehrschlusses zu folgern, dass über die gesetzlichen Sonderfälle hinaus mit organisationsrechtlichen Mitteln keine direkte Haftung der Geschäftsleitung gegenüber den Anteilseignern begründet werden kann. Dem wird entgegengehalten, der Vergleich von §§ 31 GmbHG, 117 AktG sowie den §§ 93 AktG, 43 GmbHG mache aufgrund unterschiedlicher Regelungsgegenstände keinen Sinn.14 So könne im Verhältnis von § 31 Abs. 6 sowie § 43 GmbHG ein argumentum e contrario lediglich den Schluss begründen, dass den Gesellschaftern außerhalb der Haftung für verbotene Einlagenrückgewähr kein Regress zustehe.15 Ein solcher Umkehrschluss sei jedoch unsinnig, weil es nicht um eine Haftung der Gesellschafter gehe.16 Auch die Gegenüberstellung der aktienrechtlichen Vorschriften führe nicht weiter, da man daraus allenfalls den Verzicht auf einen Direktanspruch wegen der Verletzung gesellschaftsbezogener Pflichten ableiten könne, aber keinen Verzicht auf eine Haftung für unmittelbare Schäden jenseits der Voraussetzungen des § 117 AktG.17 Keines dieser Argumente vermag zu überzeugen. Hinsichtlich der Normen des GmbHG, §§ 31 Abs. 6 und 43, ist tertium comparationis des Umkehrschlusses nicht ein Regressanspruch der Gesellschafter, sondern die Haftung der Geschäftsführer. Soweit auf den Regelungsgegenstand des § 31 Abs. 6 GmbHG im engeren Sinn abgestellt wird, geht dies an der zu entscheidenden Wertungsfrage vorbei. Diese richtet sich vielmehr allgemeiner darauf, ob der Gesetzgeber mittels der Norm eine spezielle, nur auf einen Sonderfall gerichtete Haftung begründen wollte (auch ein Regressanspruch beinhaltet eine Haftung) oder ob dies eine der Stellen im Gesetz ist, welche lediglich ein allgemeines Prinzip der Verantwortlichkeit von Geschäftsleitungsorganen im Recht der GmbH zum Ausdruck bringt. Die Abgrenzung des argumentum e contrario von der Analogie18 stellt hier kein Problem dar,19 weil die dem Umkehrschluss zugrunde liegende Überlegung auch anders formuliert werden kann, ohne dass dies Einfluss auf den Untersuchungsgegenstand hätte: Wollte man § 31 Abs. 6 GmbHG analog auf andere Fälle anwenden, bedürfte es einer planwidrigen Lücke im Gesetz, deren interessengerechte Behebung durch entsprechende Anwendung der Norm möglich sein müsste. Das wiederum wäre nur statthaft, wenn die Vorschrift keine Sonderregelung enthielte und die Beschrän14 15 16 17 18 19

Rhein, S. 190. Rhein, S. 190. Rhein, S. 190. Rhein, S. 190. Dazu Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 209. So aber Rhein, S. 190.

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kung auf die spezielle Situation dem Sinnzusammenhang des Gesetzes nicht zuwiderliefe.20 Für einen abschließenden Charakter des § 31 Abs. 6 GmbHG spricht zunächst der Vergleich des Wortlauts mit § 43 Abs. 2 GmbHG. Das Gesetz differenziert bereits terminologisch exakt zwischen Ansprüchen der Gesellschaft und solchen der Gesellschafter. Darüber hinaus wäre die Vorschrift bedeutungslos, sofern eine allgemeine direkte Verantwortlichkeit der Geschäftsführer gegenüber den Mitgliedern bestünde. Denn wird ein Gesellschafter im Rahmen der Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG in Anspruch genommen, ist dies Folge einer pflichtwidrigen Auszahlung (Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG) an den ausgefallenen Mitgesellschafter. Diese Pflichtverletzung wäre kausal und zurechenbar auch für den eingetretenen Schaden des Erstattungspflichtigen. Bestünde nun eine direkte Pflichtenbindung im Verhältnis Geschäftsführer – Gesellschafter, ergäbe sich der Regressanspruch ohne weiteres unmittelbar aus dieser Beziehung. Einer gesonderten Statuierung in § 31 Abs. 6 GmbHG bedürfte es nicht. Gleiches gilt bezogen auf die §§ 93, 117 AktG. Die Regelung des § 117 AktG wäre überflüssig, existierten direkte Treuepflichten zwischen Vorstand und Aktionären. Ebenso ist die Differenzierung zwischen Ansprüchen der Gesellschaft und Ansprüchen der Aktionäre im Wortlaut der Vorschrift eindeutig. Der Einwand, den genannten Normen könne nichts hinsichtlich unmittelbarer Schäden der Aktionäre entnommen werden,21 überzeugt deshalb nicht. Denn § 117 Abs. 1 S. 1 AktG spricht ausdrücklich vom „Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre“22. § 117 Abs. 1 S. 2 AktG sieht für unmittelbare Schäden einen direkt auf Restitution des Aktionärsvermögens abzielenden Anspruch vor.23 Diese Formulierung zeigt, dass sich der Gesetzgeber über die Unterscheidung unmittelbarer und mittelbarer, d. h. über den Schaden der Gesellschaft vermittelter Schäden bewusst war. Mit der Frage, wieso vor dem Hintergrund dieser expliziten Regelung außerhalb von § 117 AktG noch Raum für eine Differenzierung in – angeblich ungeregelte – unmittelbare und – vorgeblich ausschließlich geregelte – mittelbare Aktionärsschäden sein soll, setzt sich die hier diskutierte Ansicht nicht auseinander.24 Die Regeln der §§ 317, 318 AktG sowie §§ 25, 125 UmwG betreffen noch mehr als die eben besprochenen Tatbestände Sonderkonstellationen. § 318 Abs. 1 AktG erfasst eine spezielle Pflichtverletzung, die nicht bei der Schadenszufügung i. S. v. § 317 AktG ansetzt, wie es bei der Existenz von Treuepflichten sein müsste, sondern an der unvollständigen Darstellung des Berichts über die Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen. Der §§ 25, 125 UmwG bedürfte es

20 21 22 23 24

Vgl. Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 209. Rhein, S. 190. Hervorhebung vom Verfasser hinzugefügt. Hüffer, § 117 Rdnr. 9; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 117 Rdnr. 53. Vgl. Rhein, S. 190.

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nicht, wenn es eine allgemeine Treuepflicht gäbe. Diese Normen regeln ebenfalls eine spezielle Sachlage. (2) Die Reichweite des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Eine gängige Formulierung in den Kommentierungen zu § 53a AktG lautet, die Norm betreffe „das Verhältnis zwischen Aktionär und Gesellschaft und ihren Organen [ . . . ].“25 Gebunden seien Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung.26 Der Gleichbehandlungsgrundsatz gelte auch für Maßnahmen von Vorstand und Aufsichtsrat.27 Hieraus wird gelegentlich gefolgert, das Gesetz bzw. die rechtswissenschaftliche Literatur statuiere damit eine unmittelbare Beziehung zwischen Vorstand und Aktionären.28 Dagegen spricht schon die Überschrift des Dritten Teils des Ersten Buches des Aktiengesetzes, die „Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“ lautet. Abgesehen von diesem gesetzessystematischen Einwand liegt der These einer unmittelbaren Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine ungenaue Betrachtung der Beziehung zwischen Gesellschaftern und Vorstand zugrunde. Die Auswirkungen auf die Aktionäre sind in tatsächlicher Hinsicht Folge des Handelns der Vorstandsmitglieder als individueller Personen. Von der juristischen Warte aus betrachtet handelt aber allein die Aktiengesellschaft. Diese Differenzierung ist notwendig, weil die Gesellschaft, die ihre Existenz lediglich einer juristischen Fiktion verdankt, nicht im tatsächlichen Sinne selbst handeln kann, sondern sich natürlicher Personen als Organ bedienen muss, um im Rechtsverkehr aufzutreten. Die Bindung des Vorstands an das Gleichbehandlungsgebot betrifft also nur das Innenverhältnis zwischen der natürlichen Person als Organ und der Aktiengesellschaft. Das ist gemeint, wenn die Kommentarliteratur darauf hinweist, dass „innerhalb der AG [ . . . ] Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung“29 gebunden sind. Für die GmbH gilt das Gleiche.30 Damit kann aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz keine unmittelbare Treuebindung zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern abgeleitet werden.31 25 Statt aller die Formulierung von Lutter / Zöllner, in: KölnKomm / AktG, § 53a Rdnr. 25, auf die die übrigen Kommentare stets Bezug nehmen. 26 Bungeroth, in: MünchKomm / AktG, § 53a Rdnr. 4; Cahn / Senger, in: Spindler / Stilz, § 53a Rdnr. 4; Fleischer, in: Schmidt / Lutter, § 53a Rdnr. 15; Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnr. 29; Lutter / Zöllner, in: KölnKomm / AktG, § 53a Rdnr. 25. 27 Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnr. 29; Lutter / Zöllner, in: KölnKomm / AktG, § 53a Rdnr. 34. 28 van Aubel, S. 140. 29 Bungeroth, in MünchKomm / AktG, § 53a Rdnr. 4; ähnlich Lutter / Zöllner, in: KölnKomm / AktG, § 53a Rdnr. 25. 30 s. nur Hueck / Fastrich, in: Baumbach / Hueck, § 13 Rdnr. 44. 31 So auch Verse, S. 423 ff. Zu europarechtlichen Aspekten des Gleichbehandlungsgrundsatzes s. noch § 2 D.I.1.a).

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(3) Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden An diesem Punkt zeigt sich ein Problem, das rechtsformübergreifend sowohl bei der GmbH als auch bei der Aktiengesellschaft aufträte, wollte man den Aktionären in den Fällen unmittelbarer Schäden stets einen direkten Anspruch gegen die Geschäftsleiter zubilligen. Es stellt sich nämlich die Frage nach einer sinnvollen und trennscharfen Abgrenzung unmittelbarer und mittelbarer Schäden.32 Über die Erkenntnis hinaus, diese Unterscheidung „[möge] nicht ganz leicht erscheinen“,33 setzen sich die Befürworter eines solchen Konzeptes nicht weiter mit der Umsetzung ihres Vorschlages auseinander. Zwar ist eine Trennung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden in Sondervorschriften in der lex lata angelegt (§§ 117 Abs. 1 S. 2, 317 Abs. 1 S. 2 AktG). Dennoch sucht man vergeblich nach allgemeinen Kriterien, die dem Rechtsanwender eine Lösung der Frage ermöglichten. Die deutsche Literatur scheint auf die betroffene Vermögensmasse abzustellen,34 arbeitet aber eher an Einzelfällen orientiert.35 Vielfach begnügt man sich im Wesentlichen mit der Feststellung, die Wertminderung der Aktie sei jedenfalls kein ersatzfähiger Schaden.36 Ungeeignet als Anknüpfungspunkt ist die Lehre von sog. Doppelschäden, sofern die Gesellschaft geschädigt, zugleich ein Schutzgesetz zugunsten der Aktionäre verletzt wird und diese einen Reflexschaden erleiden.37 Insoweit können die Aktionäre nach herrschender Ansicht lediglich Ersatz an die Gesellschaft verlangen.38 Im Gegensatz zur Situation in Deutschland setzen sich Rechtsprechung und Literatur in der Schweiz seit längerem mit dieser Problematik auseinander und haben verschiedene Lösungsansätze erprobt. Aus diesem Grund lohnt sich ein rechtsvergleichender Blick auf die dortige Rechtslage. Die Analyse wird vor allem belegen, dass die prima facie so einleuchtend erscheinende Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden bei näherer Betrachtung alles andere als klar ist: In der Schweiz regeln die Art. 752 ff. des Obligationenrechts (OR)39 unter anderem die Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates, dem grundsätzlich zur Ge32 Im Zusammenhang mit der Problematik einer dritt(=gesellschafter)schützenden Wirkung des Anstellungsvertrages und der Frage nach der Schutzwirkung der Pflichten des Geschäftsführers gleichsinnig kritisch Grunewald, Gesellschafterklage, S. 97. 33 Rhein, S. 194. 34 Vgl. Hommelhoff / Witt, in: Schmidt / Lutter, § 117 Rdnr. 23; Hüffer, § 117 Rdnr. 9; Kort, in: Großkommentar / AktG4, § 117 Rdnr. 175; Schall, in: Spindler / Stilz, § 117 Rdnr. 20. 35 Z. B. Schall, in: Spindler / Stilz, § 117 Rdnr. 20; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 117 Rdnrn. 54 f. 36 Hommelhoff / Witt, in: Schmidt / Lutter, § 117 Rdnr. 23; Hüffer, § 117 Rdnr. 9; Kort, in: Großkommentar / AktG4, § 117 Rdnr. 175; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 117 Rdnr. 20; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 117 Rdnr. 54. 37 Dazu nur Hüffer, § 93 Rdnr. 19. 38 BGH, Urt. v. 21. 10. 2002 – II ZR 118 / 02, NZG 2003, 85; s. auch Hüffer, § 93 Rdnr. 19 mit Nachw. zum Streitstand. 39 Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches.

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schäftsführung und Vertretung der Schweizer Aktiengesellschaft befugten Organ.40 Nach Art. 754 Abs. 1 OR sind die Mitglieder des Verwaltungsrates sowohl der Gesellschaft als auch den Aktionären für die Verletzung ihrer Pflichten verantwortlich. Gemäß Art. 756 Abs. 1 OR haben neben der Gesellschaft auch die Aktionäre das Recht, den der Gesellschaft verursachten Schaden einzuklagen, wobei der Anspruch des Aktionärs auf Leistung an die Korporation geht.41 Das Obligationenrecht differenziert also zwischen mittelbaren und unmittelbaren Schädigungen der Aktionäre. Mittelbare Schäden sind solche, die aufgrund einer Schädigung der Gesellschaft bei den Aktionären als Reduzierung des im Anteil verkörperten Substanzwertes eintreten, unmittelbare treffen ausschließlich die Gesellschafter, ohne die Aktiengesellschaft zu berühren.42 Das Schweizerische Bundesgericht unterschied diese beiden Schadensarten lange Zeit nach der Art der Pflichtverletzung, die dem Organ vorgeworfen wird.43 Es kam darauf an, ob die verletzte Norm auch den Interessen der Gesellschaft (dann nur mittelbarer Schaden) oder ausschließlich dem Schutz der Aktionäre (dann unmittelbarer Schaden) dienen sollte. Ausdrücklich hielt das Gericht für unerheblich, in welcher Vermögensmasse der Schaden eintrat.44 Diese Rechtsprechung wird in weiten Teilen der Literatur abgelehnt.45 Drastisch bezeichnen sie einzelne Stimmen als Widerspruch zum „gesunden Menschenverstand“.46 Maßgeblich könne allein eine Abgrenzung danach sein, in welcher Vermögensmasse ein Verlust eintrete47. In einem neueren Urteil aus dem Jahr 2004, dem „Biber“-Entscheid, hat das Bundesgericht sich nunmehr auch dieser Kriterien bedient.48 Es beschränkte die Geltung der alten Rechtsprechung auf Sachverhalte, in denen neben den Aktionären und Gesellschaftsgläubigern die 40 s. Art. 716 Abs. 2 OR („Der Verwaltungsrat führt die Geschäfte der Gesellschaft, soweit er die Geschäftsführung nicht übertragen hat.“) und Art. 718 Abs. 1 S. 1 OR („Der Verwaltungsrat vertritt die Gesellschaft nach aussen [sic].“). Zur sog. Oberleitung der Aktiengesellschaft durch den Verwaltungsrat s. ausführlich Böckli, Schweizer Aktienrecht, S. 1532 ff. 41 Zur streitigen Rechtsnatur dieses Klagerechts als Prozessstandschaft oder eigener Anspruch s. nur Böckli, Schweizer Aktienrecht, S. 2083; von der Crone / Carbonara / Hunziker, Verantwortlichkeit, S. 64 ff. m. w. Nachw. 42 Meier-Hayoz / Forstmoser, § 16 N 386. 43 Etwa BGE 128 III 180 (182 f.); BGE 127 III 374 (377); BGE 122 III 176 (189 ff.). Die Urteile betrafen die Abgrenzung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Gläubigerschaden, einer gleichsinnigen Problematik. In BGE 128 III 180 befand das Bundesgericht, die Vorschriften über die Einlage des Aktienkapitals sowie die Pflicht zur Benachrichtigung des Richters bei Überschuldung dienten nicht nur dem Aktionärs- und Gläubigerschutz, sondern auch dem Schutz der Gesellschaftsinteressen. Auf dieser Grundlage lehnte das Gericht eine Organhaftung für direkte Schäden ab. 44 BGE 127 III 374 (377). 45 Statt aller: Forstmoser, Der Schweizer Treuhänder 76 (2002), 485 (489); Maier-Hayoz / Forstmoser, § 16 N 389; von der Crone / Carbonara / Hunziker, Verantwortlichkeit, S. 10 ff. 46 Forstmoser, Der Schweizer Treuhänder 76 (2002), 485 (489). 47 Forstmoser, Der Schweizer Treuhänder 76 (2002), 485 (489). 48 BGE 131 III 306 (311). Aus der Literatur dazu etwa kritisch von der Crone / Carbonara / Hunziker, Verantwortlichkeit, S. 13 ff.

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insolvente Gesellschaft direkt geschädigt wird.49 Doch auch die jetzt für das schweizerische Recht vorherrschende Methode der Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden nach der geschädigten Vermögensmasse ist, wie selbst Befürworter dieses Ansatzes vermerken,50 nicht geeignet, trennscharf zu arbeiten. Denn sie beruht vom theoretischen Fundament her betrachtet darauf, dass eine der beiden Vermögensmassen als Bezugsgröße statisch bleibt, während sich die andere vermindert. Insbesondere das Vermögen der Gesellschaft – und hierauf kommt es bei der Feststellung eines unmittelbaren Schadens der Aktionäre an – eignet sich kaum je für diese vom Ausgangspunkt her starre Sichtweise, da es sich in der Praxis ständig verändert. Weiterhin wird nur schlecht nachzuvollziehen sein, ob sich das Gesellschaftsvermögen in einem bestimmten Zeitpunkt verändert hat, weil es wegen einer Pflichtverletzung oder aus anderen Gründen vermindert wurde.51 Um zu einem Ergebnis zu kommen, bedarf es letztlich einer stark wertenden Betrachtung, die oftmals Zufallsresultate und keinesfalls Rechtssicherheit hervorbringen wird. Angesichts der aufgezeigten Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von mittelbaren und unmittelbaren Schäden sollte es bei der restriktiven Haltung des deutschen Rechts bleiben. Eine Rechtsfortbildung, die mehr Fragen aufwirft als sie beantworten kann, ist zu wenig nutze und aus praktischer Sicht vollkommen entbehrlich. (4) Haftungskanalisierung Nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben des geltenden Kapitalgesellschaftsrechts haften die Geschäftsleiter regelmäßig nur im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft.52 Dieses Prinzip der Haftungskanalisierung schließt nach überwiegender Ansicht eine direkte Treuepflicht der hier diskutierten Art aus.53 Aufgrund fehlerhaften Vorstands- bzw. Geschäftsführerhandelns entstandene mittelbare Schäden sollen im Gesellschaftsvermögen kompensiert werden.54 Auf diese Weise gewährleistet das Gesetz den Erhalt oder die Wiederherstellung der den Gläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse. In Verbindung mit den Ausschüttungsverboten der §§ 30 GmbHG, 57 AktG wird verhindert, dass die Gesellschafter zulasten der Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen zurückgreifen können. In der Schweiz wird das weitgehend mittels einer differenzierten Klageberechtigung der Aktionäre erreicht. Auch dort gilt das Verbot der EinlagenBGE 131 III 306 (311). Forstmoser, Der Schweizer Treuhänder 76 (2002) 485 (489). 51 Ähnlich Bürgi / Nordmann-Zimmermann, in: Obligationenrecht b / 3, Art. 753 / 754 a. F. N 51. 52 Zu den Ausnahmen s. bereits oben (1). 53 Z. B. BGH, Urt. v. 10. 11. 1986 – II ZR 140 / 85, WM 1987, 13 (16); Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 107; Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, § 43 Rdnr. 27. 54 BGH, Urt. v. 10. 11. 1986 – II ZR 140 / 85, WM 1987, 13 (16); Baums, Gutachten 63. DJT, F 229; Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, § 43 Rdnr. 27. 49 50

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rückgewähr, Art. 680 Abs. 2 OR.55 Mittelbare Schäden können Aktionäre zwar nach Art. 756 Abs. 1 S. 1 OR einklagen. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift geht der Anspruch der Anteilseigner aber auf Leistung an die Gesellschaft. Billigte man den Gesellschaftern einen Direktanspruch zu, könnten sie Leistung an sich selbst verlangen. Dies ermöglichte ihnen, den durch die Kapitalerhaltungsvorschriften erreichten Gläubigerschutz zu unterlaufen. Aus dieser Beobachtung lässt sich der entscheidende Grund herleiten, warum § 64 GmbHG als Schutzgesetz zugunsten der Gesellschaftsgläubiger ausgelegt werden darf, nicht aber § 43 GmbHG. Das ist kein Wertungswiderspruch, wie in der Literatur behauptet wird,56 sondern Konsequenz der gesetzlichen Haftungsprinzipien. Das Gesellschaftsvermögen dient in erster Linie dem Schutz der Gläubiger. Daher ist es auch möglich, diesen einen weiteren Anspruch außerhalb der ausdrücklich geregelten Ansprüche zu gewähren. Sie unterliegen, vom Insolvenzfall abgesehen, grundsätzlich keinen Beschränkungen, ihre Ansprüche gegen die Gesellschaft durchzusetzen. Demgegenüber suchen GmbHG und Aktiengesetz auf verschiedene Art und Weise, den Zugriff der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen auszuschließen oder zumindest im Verhältnis zu den Gläubigern als nachrangig auszugestalten. Deshalb kann eine Auslegung von § 43 GmbHG als Schutzgesetz zugunsten der Anteilseigner nicht mit dem Argument begründet werden, alles andere sei mit der Interpretation von § 64 GmbHG nicht vereinbar. (5) Wettlauf zwischen Insolvenzverwalter und Gesellschaftern in der Insolvenz Ein weiteres Problem der Zubilligung direkter Ansprüche ist der Grund, warum das Schweizer Bundesgericht vor seiner Rechtsprechungswende im „Biber“-Entscheid überhaupt die verschiedenen Schadensarten an dem Schutzzweck der Norm festgemacht hat: Es ging ihm um eine Verhinderung des Wettlaufs von Konkursverwaltung sowie direkt klagenden Gläubigern und Aktionären.57 Das Insolvenzrecht stellt die Interessen der Gesellschafter einer insolventen Gesellschaft hintan. Im Fall der Krise verwirklicht sich das Risiko, welches die Anteilseigner mit ihrer Investition in den Erwerb eines Mitgliedschaftsrechts eingegangen sind. Unter Wertungsgesichtspunkten leuchtet es nicht ein, warum ein Aktionär den hierdurch erlittenen Schaden in der Insolvenz gleichrangig mit den übrigen Gläubigern der Gesellschaft (vermittelt durch den Insolvenzverwalter) geltend machen können soll. Denn im Gegensatz zu diesen hat er die Möglichkeit gehabt, auf die Wahl der Geschäftsleitung Einfluss zu nehmen. Vor allem Mehrheitsaktionäre sind in der Praxis im Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft vertreten und üben neben ihren aktienrechtlichen Kompetenzen einen nicht unerheblichen individuellen Einfluss Dazu Maier-Hayoz / Forstmoser, § 16 N 55 ff. Sonnenschein, S. 160. 57 BGE 131 III 306 (311) und das Ursprungsurteil dieser Rechtsprechung BGE 122 III 176 (189 ff.). 55 56

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auf die Bestellung der Vorstandsmitglieder aus. Im Recht der GmbH haben die Gesellschafter ebenfalls umfangreiche Kontrollrechte, mit denen sie die Geschäftsführer überwachen können.58 Keines dieser Instrumente steht einem regulären Gläubiger zur Verfügung.59 Die Schädigung der Gesellschafter ist die Kehrseite der Möglichkeit, dank gut arbeitender Geschäftsleitungsorgane erhebliche Renditen zu erzielen. An dieser Entscheidung muss sich ein Anteilseigner festhalten lassen. Der Einwand liegt nahe, dass über § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Mitgliedschaftsrecht des Gesellschafters ähnliche Ergebnisse wie durch die Annahme einer unmittelbaren Schädigung erzielt werden könnten und dann für das Insolvenzverfahren keine Einschränkung zum Tragen käme. So wird zu Art. 754 OR ein Fall des unmittelbaren Schadens angenommen, wenn die Geschäftsleitung das Bezugsrecht eines Aktionärs nicht berücksichtigt und Zeichnungen Dritter annimmt.60 Betrachtet man jede Verkürzung der im Mitgliedschaftsrecht zusammengefassten Funktionen bezüglich Herrschaft, Teilhabe und Vermögen des Gesellschafters als gemäß § 823 Abs. 1 BGB absolut geschütztes Recht,61 erfüllt eine solche Verletzung des Bezugsrechts alle Kriterien, um einen Anspruch zu begründen. Denn es handelt sich um eine „Minderung des Einflusses der Mitgliedsposition“.62 Doch abgesehen davon, dass die herrschende Ansicht eine derartig weite Auslegung des Schutzes der Mitgliedschaft im Verhältnis zu den Verwaltungsorganen zu Recht ablehnt,63 halten auch die Vertreter der Mindermeinung eine allgemeine Treuepflicht zwischen Organ und Mitglied für zu weitgehend.64 Soweit im Einzelfall Direktansprüche etwa nach § 826 BGB in Betracht kommen, spricht dies nicht gegen die grundsätzliche Ablehnung einer Ausweitung der Organpflichten hinsichtlich der unmittelbaren Schädigung von Gesellschaftern. Die Perspektive ist eine andere: Im Fall des § 826 BGB und in vergleichbaren Situationen wird ausnahmsweise eine direkte Beziehung zwischen Organ und Mitglied hergestellt. Zudem sind diese Situationen solche, in denen die Geschäftsleitung zwar ebenfalls zulasten eines Gesellschafters handelt, aber hierbei kein typisches, aus den Organpflichten resultierendes Risiko verwirklicht. Der Vorstand 58 Hingewiesen sei hier nur auf das Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG sowie das Einsichtsrecht i. S. v. § 51a GmbHG. 59 Für die Praxis ist aber festzuhalten, dass große Gläubiger sich in der Regel ein erhebliches Maß an Einfluss verschaffen. Das ändert jedoch nichts daran, dass ihnen statutarisch kein Stimmrecht bei der Wahl der Geschäftsleitungsorgane zusteht. 60 Bürgi / Nordmann-Zimmermann, in: Obligationenrecht b / 3, Art. 753 / 754 a. F. N 47. 61 Habersack, S. 171 ff.; Mertens, in: Hachenburg, § 43 Rdnr. 105; ders., FS Fischer, 461 (468 ff.). 62 Vgl. Mertens, in: Hachenburg, § 43 Rdnr. 105; ders., FS Fischer, 461 (471). 63 Für die AG: Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 473; für die GmbH: Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 43 Rdnr. 65. 64 Habersack, S. 206.

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oder Geschäftsführer schädigt nicht in Ausführung seiner ihm kraft Organstellung und Anstellungsvertrag anvertrauten Tätigkeit, sondern lediglich „bei Gelegenheit“. (6) § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 266 StGB als Grundlage der Treuepflicht Für einige Fallgruppen, etwa die Verletzung des Bezugsrechts eines Altaktionärs, wird ein Anspruch geschädigter Gesellschafter gemäß § 266 StGB in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB angenommen.65 Der Vorstand nehme nämlich mittelbar Aktionärsinteressen wahr.66 Weiterhin ist die strafrechtliche Literatur und Rechtsprechung teilweise der Meinung, zwischen Aufsichtsrat und Aktionären bestehe eine Vermögensbetreuungspflicht, ohne jedoch hierfür eine Begründung zu liefern.67 Wie dies mit der allgemeinen Ansicht in Einklang gebracht werden soll, dass der Geschäftsführer einer GmbH den Gesellschaftern nicht treuepflichtig i. S. v. § 266 StGB ist,68 wird allerdings nicht weiter erläutert.69 Zu Recht weist der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Beziehung von Geschäftsführer und Mitglied auf die Trennung von Gesellschafts- sowie Gesellschaftervermögen hin und die daraus resultierende Folge, dass sich die Vermögensbetreuungspflicht des Geschäftsführers allein auf eine für die Anteilseigner fremde Vermögensmasse erstreckt.70 Der Einwand, diese Trennung sei nicht relevant, da die Organe vor allem Amtsträger des Verbandes seien,71 geht fehl.72 Denn maßgeblicher Bezugspunkt der Pflichten im Rahmen dieser Amtsträgerschaft ist der Verband als vom Individuum abstrakte Bündelung gleichförmiger Interessen hinsichtlich des Investitionszieles und der erwarteten Rendite. Die Ausformung dieser Zusammenfassung ist das Konstrukt „juristische Person“, welches eigen65 Baums, Gutachten 63. DJT, F 232; Klette, BB 1968, 1101 (1104); Hopt, FS Mestmäcker, 909 (925) – wohl jetzt anders ders., in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 476; Hüffer, § 93 Rdnr. 19; Lutter, in: KölnKomm / AktG, § 186 Rdnr. 41; Mertens, in: Hachenburg, § 43 Rdnr. 103. 66 Klette, BB 1968, 1101 (1104); Lutter, in: KölnKomm / AktG, § 186 Rdnr. 41. 67 LG Düsseldorf, Urt. v. 22. 07. 2004 – XIV 5 / 03, NJW 2004, 3275; OLG Hamm, Beschl. v. 21. 06. 1985 – 4 Ws 163 / 85, NStZ 119 (119 f.); Lenckner / Perron, in: Schönke / Schröder, § 266 Rdnr. 25. Die bei Lenckner / Perron zitierte Entscheidung BGH, Urt. 6. 12. 2001 – 1 StR 215 / 01, BGHSt 47, 187 (201), befasst sich nicht mit der Problematik, sondern erörtert ausdrücklich nur die Treuepflicht des Aufsichtsrates gegenüber der Gesellschaft. 68 BGH, Urt. v. 25. 04. 2006 – 1 StR 519 / 05, GmbHR 2006, 762 (763 f.); Kohlmann, Rdnr. 171; Lenckner / Perron, in: Schönke / Schröder, § 266 Rdnr. 25. 69 Vgl. Lenckner / Perron, in: Schönke / Schröder, § 266 Rdnr. 25. 70 BGH, Urt. v. 25. 04. 2006 – 1 StR 519 / 05, GmbHR 2006, 762 (764) mit zust. Anm. Marxen / Taschner, EWiR 2006, 509; ebenso zur AG Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 476. 71 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 4 IV. 2 b), S. 241. 72 Ebenso Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 476.

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ständig am Rechtsverkehr teilnimmt. Der Verband steht juristisch für sich allein. Diese Isolation des Verbandes von den Mitgliedern hat damit Folgen für den Umfang der Pflichten der Amtsträger. Dass auch die Interessen der Mitglieder mittels einer Schädigung des Verbandes weiterhin beeinträchtigt werden können, ist vor allem eine rechtstatsächliche Beobachtung wirtschaftlicher Folgen bestimmter Ereignisse. Rechtlich steht sie jedoch einer Trennung von Verband und Mitgliederinteressen nicht entgegen. Das wird auch daran deutlich, dass ein Geschäftsleiter unter Umständen dazu verpflichtet ist, gegen die Vermögensinteressen der Gesellschafter zu handeln.73 Mit einer gleichzeitig konstruierten Treuepflicht zwischen diesen Personen ist das nicht zu vereinbaren. Ein allgemeiner Interessengleichlauf von Gesellschaft und Gesellschaftern existiert nicht.74 Das setzte nämlich eine gleiche Ausrichtung der Interessen der Gesellschafter voraus. Sieht man vom abstrakten Ziel der Rendite als Endzweck der Investition in eine Gesellschaft ab, unterscheiden sich die einzelnen Interessen unter Umständen ganz erheblich, wie unter anderem der notorische Konflikt zwischen Mehrheit und Minderheit beweist. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Stellung eines Aufsichtsrates. Nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung handelt dieser ebenfalls allein für die Gesellschaft, §§ 116, 93 AktG. Eine Vermögensbetreuungspflicht lässt sich also entgegen den oben zitierten Stimmen auch nicht für dieses Verhältnis herstellen. Soweit man in Einzelfällen eine gesonderte Pflichtenbeziehung annimmt, bedarf dies einer besonderen Begründung und kann nicht bloß auf einer Reflexwirkung beruhen.75 Diese Betrachtung konfligiert nicht mit der Feststellung, dass es grundsätzlich keine Treuepflicht zwischen Organen und Gesellschaftern gibt.76 Sind im Aktiengesetz oder GmbHG selbst Anknüpfungspunkte für eine direkte Beziehung angelegt, kann unter Beachtung der jeweiligen Grenzen nach Sinn und Zweck eine auf die gesonderte Situation bezogene Pflichtenbindung angenommen werden. So hat der Geschäftsführer eine Pflicht gegenüber den Gesellschaftern, ihnen ein Bankkonto für die befreiende Leistung der Einlagen zu nennen, sowie die oben erörterte Pflicht aus § 31 Abs. 6 GmbHG.77 Diesbezüglich besteht dann nicht die Gefahr, die gesetzlich vorgegebene Verbandsordnung zu verletzen, weil die Durchbrechungen im Gesetz selbst angelegt sind.

73 BGH, Urt. v. 25. 04. 2006 – 1 StR 519 / 05, GmbHR 2006, 762 (763); ähnlich zur AG Mülbert, in: Großkomm / AktG4, Vor §§ 118 – 147 Rdnr. 194. 74 Ebenso Mülbert, in: Großkomm / AktG4, Vor §§ 118 – 147 Rdnr. 194. Anders aber Sonnenschein, S. 162. 75 Ähnlich BGH, Urt. v. 25. 04. 2006 – 1 StR 519 / 05, GmbHR 2006, 762 (764). 76 Diesen Unterschied verkennt van Aubel, S. 135. 77 s. Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 26; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 301 m. weiteren Bsp.

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(7) Historische Einwände Auch rechtshistorische Überlegungen sprechen gegen die Annahme einer direkten Pflichtenbindung der Geschäftsleitung gegenüber den Gesellschaftern. Bereits im 19. Jahrhundert war umstritten, ob ein Vorstandsmitglied einem einzelnen Aktionär gegenüber haften kann, soweit nicht ein besonderer deliktischer Tatbestand vorliegt.78 Das Reichsoberhandelsgericht schloss sich der verneinenden Ansicht79 an.80 Auch der Gesetzgeber der Aktienrechtsnovelle des Jahres 1884 folgte dem.81 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde diese Diskussion als abgeschlossen erachtet.82 § 101 AktG 1937, der Vorläufer des heutigen § 117 AktG, wurde erst im Verlaufe der Reform von 1937 eingefügt. Erklärtes Ziel war insoweit aber nicht der Schutz der geschädigten Aktionäre, sondern vor allem der Gläubigerschutz mittels Erhaltung des Gesellschaftsvermögens.83 Das Reichsgericht erklärte im Jahr 1938 explizit: „zwischen den Aktionären und den Mitgliedern des Aufsichtsrates [ . . . ] besteht allgemein kein Rechtsverhältnis vertraglicher oder sonstiger Art, aus dem Treupflichten [ . . . ] hergeleitet werden können.“84 Der Hinweis, ein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers im Gesellschaftsrecht als besonders dynamischen Entwicklungen unterworfenem Rechtsgebiet zähle nicht viel, weil dieses sich in besonderer Weise einem interessenbezogenen Denken verpflichtet zeige,85 kann nicht zu anderen Ergebnissen führen. Man mag zwar in Einzelfällen und bezogen auf gesonderte Probleme neue Lösungen entwickeln können. Doch lässt sich auf diese Weise keine grundlegende Systementscheidung überspielen. Die Folgen einer Rechtsfortbildung müssen immer noch mit dem Ordnungsrahmen des jeweiligen Gesetzes vereinbar sein. Im Jahr 2000 stellte der Gutachter des 63. Deutschen Juristentages fest, dem Gedanken einer Treuepflicht gegenüber den Aktionären sei nicht ohne weiteres durch die Annahme umfassender und haftungsbewehrter Pflichten der Verwaltungsmitglieder den Aktionären gegenüber Rechnung zu tragen.86 Außerdem zeigt etwa auch der Diskussionsentwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes (KapInHaG) aus dem Jahr 2004,87 dass sich der Gesetzgeber der Problematik durchaus bewusst ist. Hinsichtlich des in diesem Entwurf gemachten Vorschlags einer Direkthaftung Zum Streitstand im Jahr 1875 Renaud, S. 611. Z. B. Renaud, S. 611 f. 80 ROHG, Urt. v. 23. 11. 1875 – Rep. 1222 / 75, ROHGE 19, 178 (179 f.); Urt. v. 17. 04. 1877 – Rep. 1585 / 76, ROHGE 22, 239 ff. 81 Lehmann, S. 279. 82 Vgl. Lehmann, S. 279. 83 Kropff, in: MünchKomm / AktG, Band 2, 2. Aufl. 2004, § 117 Rdnr. 1. 84 RG, Urt. v. 21. 09. 1938 – II 183 / 37, RGZ 158, 248 (256). 85 Rhein, S. 191 unter Bezugnahme auf Zöllner, Schranken, S. 17, der dies aber weniger weittragend formuliert. 86 Baums, Gutachten 63. DJT, F 231. 87 Abgedruckt u. a. in NZG 2004, 1042 ff. 78 79

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von Organmitgliedern für den Fall falscher oder unterlassener Kapitalmarktinformationen unterschied die Begründung zum KapInHaG-Entwurf sehr genau zwischen der „Innenhaftung [ . . . ] nach den §§ 93 I und 116 AktG“ sowie „einer persönlichen Haftung“ der Vorstandsmitglieder.88 (8) Treuepflicht der Organe und Treuepflichten der Mitglieder Teile der Literatur sind der Ansicht,89 erkenne man das Entstehen von Treuepflichten aufgrund eines Eintritts in eine Personengemeinschaft an, folge hieraus, dass erst recht Schutzpflichten auch der Verwaltungsorgane gegenüber den Mitgliedern existierten. Denn deren Einfluss auf die Vermögensinteressen der Gesellschafter sei größer als derjenige der übrigen Anteilseigner.90 Das berücksichtigt jedoch die Grundlagen der Entstehung einer Treuepflicht sowie die unterschiedlichen Ausprägungen der Treuepflichten einzelner Mitglieder nicht ausreichend. Maßgeblicher Ansatz für die Entstehung von Treuepflichten zwischen den Mitgliedern ist der mit der im Verband verfassten Personengemeinschaft gemeinsam verfolgte Zweck.91 Dabei ist aber, und das blendet die auf den Erst-Recht-Schluss hinweisende Ansicht aus, stets die Realstruktur des Verbandes zu beachten.92 Bei Kleinaktionären einer Publikumsgesellschaft scheidet eine Treuebindung daher regelmäßig aus.93 Selbst wenn man Großaktionäre in den Blick nimmt, um hinsichtlich der Korrelation von Macht und Verantwortung als das den Umfang der Treuepflicht bestimmende Element94 einen Vergleich zu der Einwirkungsmacht von Geschäftsleitern herzustellen, ergibt sich nichts anderes. Denn deren Rechte beziehen sich stets unmittelbar auf die anderen Gesellschafter. Das Ausmaß ihrer Stimmrechtsmacht verringert den faktischen Wert der Anteile der Kleinaktionäre, weil diese sich bei formaler Betrachtung nach den gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsanforderungen nicht durchsetzen können. Insofern ist das Verhältnis der Gesellschafter individualisiert: Der Großaktionär kann jede einzelne abweichende Stimme hinsichtlich des Einflusses auf ein Abstimmungsergebnis entwerten. Das ist bei dem Vorstand einer Aktiengesellschaft bzw. der Geschäftsführung einer GmbH anders. Denn diese(r) handelt eben nicht im eigenen Namen und aufgrund eigenen Interesses, welches unter Umständen mit dem anderer Gleichrangiger in Konflikt gerät. Wie oben unter (2) schon dargelegt, agiert juristisch allein der Verband. Das Auftreten der Organe ist lediglich eine Notwendigkeit aus tatNZG 2004, 1046 f. Reuter, in: MünchKomm / BGB, § 38 Rdnr. 6; van Aubel, S. 139 f. 90 Reuter, in: MünchKomm / BGB, § 38 Rdnr. 6; van Aubel, S. 140. 91 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (126). 92 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (126); Wiedemann, FS Heinsius, 949 (951). 93 BGH, Urt. v. 20. 03. 1995 – II ZR 205 / 94, BGHZ 129, 136 (143 f.); Lutter, AcP 180 (1980), 84 (126). 94 Dazu umfassend Zöllner, Schranken, S. 339 ff. 88 89

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sächlichen Gründen. Bei Beachtung dieser Differenzierung zeigt sich, dass die Macht zur Einwirkung auf die Rechte der Gesellschafter nicht dem einzelnen Organ zuzuordnen ist, sondern dem von diesem vertretenen Verband. Dann kann aber auch nur der Verband einer ausgleichenden Verantwortung unterworfen sein.

c) Verbandsrechtliches System des Rechtsschutzes Die zweite große systematische Argumentationslinie gegen die Annahme einer allgemeinen Treuepflicht zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern lässt sich aus der verbandsrechtlichen Ordnung des Rechtsschutzes herleiten. Eine direkte Treuepflicht in der hier diskutierten Form zeigte Wirkung nicht nur auf der Ebene der Anspruchsbegründung, sondern auch hinsichtlich der Anspruchsdurchsetzung. Denn die Zubilligung von Ansprüchen aus Verletzung der Treuepflicht muss sich, soll sie nicht wirkungslos bleiben, in einem eigenen Recht des einzelnen Anteilseigners auf prozessuale Durchsetzung widerspiegeln. Hier kommen zwei miteinander verbundene Aspekte ins Spiel, nämlich die Reichweite der §§ 46 Nr. 8 GmbHG, 147 f. AktG auf der einen [dazu aa)] sowie in grundsätzlicher Hinsicht das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit auf der anderen Seite [unten bb)]. aa) Reichweite der §§ 46 Nr. 8 GmbHG, 147 f. AktG Gemäß § 46 Nr. 8, 1. Alt. GmbHG unterliegt den Gesellschaftern die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer zustehen. Die Norm bezieht sich ausschließlich auf Ansprüche der Gesellschaft, nicht auf solche der Gesellschafter.95 Auf den ersten Blick scheint dies gegen die Möglichkeit eines Umkehrschlusses hinsichtlich direkter Treuebeziehungen zwischen Organ und Gesellschafter zu sprechen. Denn eigene Ansprüche aus der Verletzung eigener Rechte werden von § 46 Nr. 8 GmbHG nicht erfasst.96 Das ist in dieser Abstraktheit auch richtig. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hebt hervor, dass ein geschädigter Gesellschafter einen Geschäftsführer „im eigenen Namen, aus eigenem Recht und in seinem wie auch im Interesse der Gesellschaft in Anspruch [ . . . ] nehmen“ kann, „wenn der Geschäftsführer durch sein Handeln zugleich eine Rechtspflicht verletzt hat, die er aufgrund besonderer gesellschafts- oder schuldrechtlicher Beziehungen gegenüber dem mitbetroffenen Gesellschafter zu beachten hatte.“97 Nun könnte man an das Problem der actio pro socio anknüpfen und zugunsten einer direkten Treuepflicht einwenden, dass im Rahmen der actio pro socio jedenfalls im Recht der GmbH der klagende Gesell95 BGH, Urt. v. 23. 06. 1969 – II ZR 272 / 67, NJW 1969, 12; Scholz / K. Schmidt, § 46 Rdnr. 145. 96 So die Argumentation von Rhein, S. 192. 97 BGH, Urt. v. 28. 06. 1982 – II ZR 199 / 81, ZIP 1982, 1203; ähnlich zuvor schon Urt. v. 23. 06. 1969 – II ZR 272 / 67, NJW 1969, 12.

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schafter ebenfalls eigene Ansprüche geltend mache.98 Das ähnelte dem in der Literatur vorgeschlagenen Modell der Unterscheidung von individuell verfolgbaren „überschiessende[n] [sic] Mitgliederinteressen“ und anderen Interessen, die entstandene Schäden allein durch Ersatz im Gesellschaftsvermögen kompensieren.99 Dieser Vergleich trägt im Ergebnis jedoch nicht. Das ergibt sich aus zwei Überlegungen: Zunächst wird der eigene Anspruch des Gesellschafters im Regelfall nur für die Verfolgung von Ansprüchen gegenüber den Mitgesellschaftern anerkannt.100 Soweit vereinzelt ein solcher direkter Anspruch gegen die Geschäftsleitung bejaht wird, beruht die Begründung auf der Annahme einer direkten Treuepflicht101. Demgegenüber lehnt die herrschende Meinung für die actio pro socio einen eigenen Anspruch eines Gesellschafters bezüglich der Klage gegen Fremdgeschäftsführer ab.102 Auf die Rechtslage bei der actio pro socio abzustellen hieße also, einem Zirkelschluss zu unterliegen, da das gesuchte Ergebnis selbst Voraussetzung dieser Klage ist, soweit sie als Mittel zur Verfolgung eigener Rechte auch gegenüber einem Fremdgeschäftsführer aufgefasst wird. Weiterhin spricht auch die Rechtslage bei der Aktiengesellschaft gegen eine derartige Argumentation. Nach § 147 Abs. 1 AktG müssen die dort bezeichneten Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder geltend gemacht werden, wenn die Hauptversammlung das mit einfacher Mehrheit beschließt. Diese Regelung erstreckt sich auch auf Ansprüche aus § 117 AktG und damit auf solche, die aus einem mittelbaren Aktionärsschaden aufgrund einer Schädigung der Gesellschaft herrühren. Als eine wesentliche Neuerung des Rechtsschutzsystems im Aktienrecht durch das UMAG103 darf eine qualifizierte Aktionärsminderheit nach § 148 Abs. 1 AktG jetzt bei Gericht beantragen, die in § 147 AktG bezeichneten Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen geltend zu machen, sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 148 AktG gegeben sind. Gemäß § 148 Abs. 3 S. 1 AktG kann die Gesellschaft aber jederzeit das Verfahren übernehmen. Die Klage der Aktionäre wird dann unzulässig.104 In ihrer Gesamtheit sprechen diese Regeln gegen die Annahme einer direkten Treuepflicht zwischen Vorstand und Aktionären. Denn selbst wenn man argumentiert, auch § 148 AktG beziehe sich nur auf die Ansprüche der Gesellschaft und nicht auf die der Anteilseigner, bleibt immer noch 98 So etwa Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 17; Raiser, in: Großkommentar / GmbHG9, § 14 Rdnr. 60; Lutter / Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, § 13 Rdnr. 33 f. 99 Rhein, S. 193. 100 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 13 Rdnr. 27; Lutter / Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, § 43 Rdnr. 33 101 So Raiser, in: Großkommentar / GmbHG9, § 14 Rdnr. 60. 102 s. nur Michalski / Ebbing, § 14 Rdnr. 102; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 96 ff.; Hueck / Fastrich, in: Baumbach / Hueck, § 13 Rdnr. 39; Scholz / K. Schmidt, § 46 Rdnr. 161; Zöllner, ZGR 1988, 393 (437). 103 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. 11. 2005, BGBl. I, S. 2602. 104 Hüffer, § 148 Rdnr. 13; Mock, in: Spindler / Stilz, § 148 Rdnr. 81.

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§ 148 Abs. 1 AktG dahingehend relevant, dass die Norm die Klagebefugnis der Aktionäre als Ausnahmefall und abhängig von der Zustimmung des Gerichts ausgestaltet. Bestünde eine direkte Treuepflicht, wäre eine solche Regelung widersinnig. Es bedürfte keinerlei Zulassungsverfahren oder Sonderregeln für Quoren, ab denen eine Rechtsverfolgung von den Aktionären selbst durchgeführt werden kann. Zugleich macht eine Quorenregelung deutlich, dass den Gesellschaftern eben nicht in jedem Fall einer Pflichtverletzung ein eigenes Verfolgungsrecht zustehen soll. bb) Das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit Neben dieser Frage der zur Verfügung stehenden Mittel, um Pflichtverletzungen zu verfolgen, wirft das Postulat unmittelbarer Treuepflichten weitere Probleme im Hinblick auf das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit in der Gesellschaft auf. Die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Geschäftsführer i. S. v. § 46 Nr. 8 GmbHG bedarf nach § 47 Abs. 1 GmbHG eines mit einfacher Mehrheit gefassten Gesellschafterbeschlusses. § 147 Abs. 1 AktG knüpft an die einfache Stimmenmehrheit der Hauptversammlung an, Abs. 2 sieht die Bestellung eines besonderen Vertreters zur Geltendmachung der Ansprüche der Aktiengesellschaft auf Antrag von Aktionären vor, die 10 % des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million Euro erreichen. § 148 AktG enthält ein Quorum von 1 % des Grundkapitals bzw. eines Anteils von 100.000 Euro. Sowohl Aktiengesetz als auch GmbHG sehen also grundsätzlich den Primat der Mehrheit vor. Diese entscheidet über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Verwaltungsmitglieder. Demgegenüber sind Minderheitenrechte an für einen einzelnen Aktionär kaum zu erreichende Anteilsschwellen geknüpft. Dieser Vorrang der Mehrheitsentscheidung würde durchbrochen, sofern eine direkte Treuepflicht existierte, die, sollte sie effektiv wirken, auch zugunsten eines einzelnen Aktionärs Klagerechte nach sich ziehen müsste. Damit stellte man das gesetzliche System des Primats der Mehrheitsentscheidung auf den Kopf. Insbesondere das Problem der missbräuchlichen Aktionärsklagen gewönne eine neue Dimension, die Strukturmaßnahmen von Gesellschaften zu einer Spielwiese von Gesellschaftern machte, die hieraus persönlichen Profit ziehen wollen. Gerade solchen Klagen sog. „räuberischer Aktionäre“ sollte z. B. das UMAG105 respektive die Regelung des § 148 AktG vorbeugen.106 cc) Beschränkung auf „überschießende Mitgliederinteressen“ Zur Vermeidung der beschriebenen Probleme soll die Treubindung auf die Geltendmachung „überschiessender [sic] Mitgliederinteressen“ zu beschränken sein.107 105 106 107

Nachw. oben Fußn. 103. s. Bt.-Dr. 15 / 5092, S. 20. Rhein, S. 193.

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Abgesehen von den – eingeräumten108 – generell bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten von verdrängten und bestehen bleibenden Interessen, auf die bereits oben eingegangen wurde, wirft diese Restriktion die allgemeinere Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Rechtsfortbildung auf, die im Wesentlichen aus Ausnahmen zur postulierten Regel besteht.109 Wenn die Treuepflicht sich ohnehin nur in gesonderten Situationen im Sinne eines durchsetzbaren Direktanspruchs der Gesellschafter manifestiert, wird damit zugleich die Legitimation einer solchen Ausprägung außergesetzlicher Regeln fragwürdig. Rechtsfortbildung soll der Schließung regelungsbedürftiger Lücken dienen, dabei aber gleichzeitig das Ausmaß neu geschaffener Instrumente auf das Notwendige beschränken. Werden Anwendungsfälle der direkten Treuebeziehung zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern ohnehin nur als Ausnahme begriffen, ist den zugrunde liegenden Regelungsnotwendigkeiten daher besser mit anderen Mitteln nachzukommen. Insbesondere die Möglichkeit der Auslegung einzelner Normen als Schutzgesetz bietet ein weites Feld an Vorgaben für die jeweils einschlägige Situation. Hier ist nicht der Ort, ein solches Haftungskonzept im Einzelnen zu entwickeln. Es geht allein darum, die fehlende Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung in Richtung direkter Treuepflichten im Verhältnis von Geschäftsleitung und Gesellschaftern zu zeigen. Weiterhin kann der hier vertretenen Ablehnung einer Treuepflicht zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern unter dem Aspekt des Vorrangs der Mehrheitsentscheidung nicht entgegengehalten werden, mit einer derart einseitigen Sichtweise gerate der Schutz der Minderheit vor der Stimmrechtsmacht der Mehrheit aus dem Blick. Denn der Schutz einer Gesellschafterminderheit gegenüber der Mehrheit vollzieht sich im Wesentlichen horizontal mittels zwischen den Anteilseignern bestehenden Treuepflichten. d) Schutzdefizite und Präventionsaspekte Abschließend ist noch kurz auf vermeintliche Schutzdefizite des geltenden Rechts und Präventionsaspekte direkter Treuepflichten der Organmitglieder gegenüber den Gesellschaftern einzugehen. Einer Literaturmeinung nach verzichten die Gesellschafter unter Umständen auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Gesellschaft, wenn das den Schaden begründende Handeln des Organs in der Nähe zur Insolvenz auftrat, so dass die Gesellschaft mangels eigenen Schadens nicht gegen das Organ vorgehen könne.110 Außerdem scheitere die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs der Gesellschafter gegen die Gesellschaft möglicherweise daran, dass die Ausschüttung der Ersatzsumme gegen das Kapitalerhaltungsgebot verstieße.111 Unter Präventionsgesichtspunkten sei daRhein, S. 194. Gegen die Notwendigkeit direkter Treuebindungen auch Mülbert, in: Großkomm / AktG4, Vor §§ 118 – 147 Rdnr. 195. 110 Schmolke, Organwalterhaftung, S. 238 f. 111 Schmolke, Organwalterhaftung, S. 233 ff. 108 109

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her ein direkter Anspruch zuzubilligen, um das Organ zu ordnungsgemäßem Verhalten zu animieren.112 Dieser Argumentation stehen zwei Einwände entgegen: Erstens beruht sie teilweise auf Spekulation, soweit das Verhalten der Gesellschafter betroffen ist – woher soll das Organ wissen, dass der geschädigte Gesellschafter seine Forderung im Insolvenzverfahren nicht zur Tabelle anmeldet?113 Außerdem ist zweifelhaft, ob diese Fälle eines Verzichts in der Praxis häufig genug auftreten, um ein Regelungsanliegen mit solcher Tragweite zu rechtfertigen.114 Ähnliches gilt für das Problem der faktischen Beschränkung von Schadensersatzansprüchen aufgrund der Kapitalerhaltungsvorschriften. Die Gesellschafter sind berechtigt, in analoger Anwendung des § 285 Abs. 1 BGB die Abtretung des Regressanspruchs der Gesellschaft gegen das Organmitglied zu verlangen.115 Das behauptete Schutzdefizit ist also zumindest weniger groß als beschrieben. Zweitens: Selbst wenn man die eben diskutierten Einwände für gravierend genug hält, aus ihnen die Notwendigkeit der Einführung einer direkten Beziehung zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern zu folgern, handelt es sich doch zunächst nur um eine rechtspolitische Forderung. Nach wie vor begründungsbedürftig bleibt, wie sich ein derartig weit reichender Eingriff in das derzeit geltende System des Kapitalgesellschaftsrechts einfügen soll. Hier ist auf die ausführliche Darstellung unter a) bis c) zu verweisen, die belegt, dass sich de lege lata eine Vereinbarkeit nicht herstellen lässt.

2. Treuepflicht mit Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter Scheidet eine direkte Treuebindung zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern aus, liegt die Konstruktion von Schutzwirkungen zugunsten der Anteilseigner nahe. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, in der GmbH & Co. KG entfalteten die Pflichten zwischen dem Geschäftsführer der geschäftsführenden GmbH und den Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft unter bestimmten Umständen drittschützende Wirkung [dazu sogleich a)]. Weiterhin wurden auch in der Literatur Ansätze entwickelt, den Gesellschaftern über diesen Weg Ansprüche zuzubilligen [dazu b)]. Ließen sich diese Ansätze verallgemeinern, könnte hieraus möglicherweise eine Grundlage für die Entwicklung direkter Treuepflichten zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern herausgearbeitet werden [dazu c)].

112 113 114 115

Schmolke, Organwalterhaftung, S. 239, 242 f. Verse, S. 434. Zweifelnd auch Verse, S. 434. Verse, S. 434, 409 ff.; s. auch Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 249.

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a) Die Rechtsprechung zur GmbH & Co. KG Besteht die einzige Aufgabe der Komplementär-GmbH darin, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen, erstreckt sich nach dem Bundesgerichtshof die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers der GmbH auch auf die Kommanditgesellschaft.116 Diese Schutzwirkung des Dienstverhältnisses zwischen GmbH und Geschäftsführer besteht nicht nur bei Publikumsgesellschaften, sondern auch bei anderen.117 Gemäß Treu und Glauben sowie einer der Interessenlage entsprechenden Betrachtung sei davon auszugehen, dass das Interesse der ausschließlich oder vorwiegend zur Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft eingesetzten Komplementär-GmbH ebenfalls auf eine ordnungsgemäße Leitung der Kommanditgesellschaft gerichtet sei, weil diese auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligung bedacht sein müsse und als persönlich haftende Gesellschafterin selbst aus dem Gesellschaftsvertrag zu einer sorgfältigen Geschäftsführung verpflichtet sei und ferner darauf vertrauen können müsse, dass ihr Geschäftsführer den Angelegenheiten der Kommanditgesellschaft die gleiche Sorgfalt widme wie ihrer eigenen.118 Schäden zeigten sich regelmäßig nur im Vermögen der Kommanditgesellschaft.119 Gleichsinnig urteilte der Bundesgerichtshof im Fall einer GmbH & Still.120 Der Gesellschaftsvertrag werde von den stillen Gesellschaftern in der Erwartung einer ordnungsgemäßen Tätigkeit der GmbH abgeschlossen.121 Zudem seien sie hierauf wegen ihrer geringen Mitwirkungsrechte in besonderem Maße angewiesen.122 Für eine GmbH, die nicht in eine Kommanditgesellschaft eingebunden war, entschied das Oberlandesgericht Stuttgart im Jahr 2006, der Anstellungsvertrag entfalte gegenüber den einzelnen Gesellschaftern keine Schutzwirkung.123 Die Rechtslage unterscheide sich „grundlegend“ von derjenigen bei der GmbH & Co. KG.124 b) Drittschutz durch Organpflichten und Anstellungsvertrag In der Literatur wird diese Rechtsprechung zu drittschützenden Wirkungen der Organpflichten oder zumindest des Anstellungsvertrages als möglicher Ansatz zur 116 Grundlegend BGH, Urt. v. 12. 11. 1979 – II ZR 174 / 77, BGHZ 75, 321 (322 f.). Weiter BGH, Urt. v. 24. 03. 1980 – II ZR 213 / 77, BGHZ 76, 326 (337 f.); BGH, Urt. v. 17. 03. 1987 – VI ZR 282 / 85, BGHZ 100, 190 (193); BGH, Urt. v. 25. 02. 2002 – II ZR 236 / 00, GmbHR 2002, 588 (589). 117 BGH, Urt. v. 24. 03. 1980 – II ZR 213 / 77, BGHZ 76, 326 (338). 118 BGH, Urt. v. 17. 03. 1987 – VI ZR 282 / 85, BGHZ 100, 190 (193 f.). 119 BGH, Urt. v. 12. 11. 1979 – II ZR 174 / 77, BGHZ 75, 321 (323). 120 BGH, Urt. v. 14. 11. 1994 – II ZR 160 / 93, ZIP 1995, 738 (745 f.). 121 BGH, Urt. v. 14. 11. 1994 – II ZR 160 / 93, ZIP 1995, 738 (741). 122 BGH, Urt. v. 14. 11. 1994 – II ZR 160 / 93, ZIP 1995, 738 (745). 123 OLG Stuttgart, Beschl. v. 23. 01. 2006 – 14 U 64 / 05, GmbHR 2006, 759 (760). 124 OLG Stuttgart, Beschl. v. 23. 01. 2006 – 14 U 64 / 05, GmbHR 2006, 759 (760).

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Begründung direkter Organpflichten gegenüber den einzelnen Gesellschaftern betrachtet.125 Bis auf eine Ausnahme126 wird die Auslegung des Anstellungsvertrages als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter allerdings auf Einzelfälle und konkret zu bestimmende Fallgruppen beschränkt.127 So soll der Geschäftsleiter den Gesellschaftern aufgrund dieser dogmatischen Konstruktion haften, wenn er die Anteilseigner vor einer Kapitalerhöhung falsch über die Vermögenssituation der GmbH informiert hat.128 Diese Information liege erkennbar allein im Interesse der Gesellschafter.129 Ein möglicher Schaden trete nur bei dem einzelnen Anteilseigner ein.130 Mit dem Vertrag zwischen ihm und der Gesellschaft habe es der Geschäftsführer auch übernommen, diese Informationspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.131 c) Schweigepflichten als Anwendungsfall? Ob die oben dargestellten Ansichten im Einzelnen dogmatisch haltbar sind, kann hier dahinstehen.132 Denn wenn man von der Einzelmeinung einer allgemeinen Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter absieht, die mit den gleichen Argumenten abzulehnen ist wie eine allgemeine direkte Treuepflicht auf organisationsrechtlicher Grundlage, ist stets eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Daher bedarf es hier lediglich der Prüfung, ob es sich beim Buyout unter Managerbeteiligung überhaupt um eine Konstellation handelt, in der ein Rückgriff auf Schutzpflichten zugunsten der Gesellschafter in Erwägung gezogen werden kann. Als eine wesentliche Voraussetzung der Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrages muss der Dritte nach herrschender Ansicht bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommen.133 Die Schweige125 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 243 ff., 248 ff.; Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (13); K. Schmidt, JZ 1991, 157 (161). Außerhalb der GmbH & Co. – Rspr. grundsätzlich ablehnend etwa Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 36; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 97 f.; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 269; Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, § 43 Rdnr. 27; Krieger / Sailer, in: Schmidt / Lutter, § 93 Rdnr. 64; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 167; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 303; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 264; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 43 Rdnr. 64. 126 Raiser, ZHR 153 (1989), 1 (13); ders., in: Großkomm / GmbHG9, § 14 Rdnr. 60. 127 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 243 ff. (falsche Information über Kapitalerhöhung); allgemeiner jedoch K. Schmidt, JZ 1991, 157 (161). 128 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 243 ff. 129 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 248. 130 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 248. 131 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 249. 132 Kritisch etwa Fleischer, AG 2000, 309 (318); Grunewald, BB 1981, 581 ff.; dies., Gesellschafterklage, S. 97 f.; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnrn. 423 ff. 133 s. nur BGH, Urt. v. 2. 07. 1996 – X ZR 104 / 94, BGHZ 133, 168 (173); BGH, Urt. v. 26. 06. 2001 – X ZR 231 / 99, NJW 2001, 3115 (3116); Gottwald, in: MünchKomm / BGB, § 328 Rdnr. 111; Staudinger / Jagmann, § 328 Rdnr. 98; Palandt / Heinrichs, § 328

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pflichten des Geschäftsleiters sind jedoch lediglich Nebenpflichten zu seiner Hauptaufgabe, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen. Außerdem bedeutete die Interpretation von Schweigepflichten als Pflicht, mit der die Gesellschafter bestimmungsgemäß in Berührung kommen, nichts anderes als die Anerkennung der oben abgelehnten direkten Treuepflicht zwischen Organ und Mitgliedern: Die Schweigepflichten existieren nämlich beständig, d. h. nicht bloß situationsbezogen. Dehnte man ihren Anwendungsbereich auch auf die Gesellschafter aus, schüfe man also eine dauernde unmittelbare Verbindung zwischen ihnen und der Geschäftsleitung. Eine solche Konstruktion stünde, wie soeben unter 1. ausführlich diskutiert wurde, im Widerspruch zu den Ordnungsprinzipien des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts. Im Ergebnis kommt Drittschutz im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur GmbH & Co. KG mithin nicht in Betracht. Außerdem handelt es sich auch nicht um eine typische Geschäftsleitertätigkeit in dem Sinne, dass bereits bei Abschluss des Anstellungsvertrages bzw. der Bestellung des Organs Pflichten entstehen, die allein im Interesse der Gesellschafter existieren, wie dies in der oben dargestellten Literatur etwa für die Information vor einer Kapitalerhöhung vertreten wird. Daher fehlten selbst auf Grundlage einer solchen Betrachtung des Verhältnisses zwischen Geschäftsleiter und Gesellschaftern bzw. Gesellschaft Anhaltspunkte, Schutzpflichten zugunsten Dritter begründen zu können.134

3. Schweigepflichten gegenüber der Gesellschaft Die gesellschaftsrechtliche Schweigepflicht des Vorstands einer Aktiengesellschaft ist in § 93 Abs. 1 S. 3 AktG ausdrücklich geregelt.135 Danach haben die Vorstandsmitglieder über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren.

a) Reichweite der Verschwiegenheitspflicht aa) Geheimnisschutz Nach einer häufig gebrauchten Formel sind Geheimnisse der Gesellschaft Tatsachen mit Bezug zur Gesellschaft, die nur einem eng begrenzten Personenkreis Rdnrn. 17 f. Weiter Schwab, JuS 2002, 872 (874), der auch Nebenpflichten i. S. § 241 Abs. 2 BGB einbeziehen will. 134 Ähnlich für die Geschäftsleiterhaftung wegen Verweigerung von Auskünften gegenüber einem Gesellschafter, der seine Anteile veräußern möchte, Peters, S. 117 f. 135 Vor dem UMAG (oben Fußn. 103) war die Schweigepflicht in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG geregelt.

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bekannt sind, hinsichtlich derer ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung besteht und welche nach dem ausdrücklichen oder vermutlichen Willen der Gesellschaft geheim gehalten werden sollten.136 Anderer Ansicht gemäß ist ein berechtigtes Interesse kein Bestandteil des Geheimnisbegriffs.137 Dessen Fehlen könne aber ein Recht zur Verbreitung geben, sofern gegenläufige berechtigte Interessen existierten.138 Inhaltlich folgen hieraus keine Unterschiede. Denn nach beiden Meinungen ist jedenfalls dann die Offenbarung von Informationen an außerhalb des begrenzten Personenkreises stehende Dritte unzulässig, wenn die Gesellschaft ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat.139 Da das objektive Bedürfnis an der Geheimhaltung maßgeblich ist, bedarf es keiner ausdrücklichen Bezeichnung der Tatsache als Geheimnis.140 Eine erschöpfende Definition des „Geheimnisses“ gibt es nicht. Nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG sind „namentlich“ Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse „Geheimnis“ im Sinne der Vorschrift. Hieraus lässt sich ableiten, dass jedenfalls Informationen über Tätigkeit und Zustand der Gesellschaft sowie auf diese bezogene Planungen unter die Verschwiegenheitspflicht zu subsumieren sind.141 Weiterhin können sonstige Tatsachen, hinsichtlich derer herkömmlich kein Geheimhaltungsinteresse besteht, Geheimnis im Normsinn sein, sofern man aus diesen Umständen Rückschlüsse auf geschützte Geheimnisse ziehen kann.142 Außerhalb der Amtstätigkeit erlangte Informationen fallen ebenfalls unter die Verschwiegenheitspflicht.143 Dogmatisch betrachtet resultiert dies nicht aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG, sondern aus der allgemeinen Treuepflicht des Vorstandes.144

136 BGH, Urt. v. 5. 06. 1975 – II ZR 156 / 73, BGHZ 64, 325 (329); Hüffer, § 93 Rdnr. 7; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 4; Krieger / Sailer, in: Schmidt / Lutter, § 93 Rdnr. 18; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 99. 137 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 191. Ebenso Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 152. 138 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 191. 139 Hinsichtlich der begrifflichen Präzision ist die Ansicht von Hopt (vorige Fußn.) allerdings vorzugswürdig. Denn ob ein Geheimnis vorliegt, ist zunächst unabhängig von einem berechtigten Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung. Letzteres ist allein maßgeblich für die Beurteilung, ob das Geheimnis offenbart werden darf. 140 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 153; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 191; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 4; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 100. 141 s. etwa Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 191; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 4; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 100. 142 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 191. 143 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 198. 144 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 198; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 12; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 105.

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bb) Vertrauliche Angaben Vertrauliche Angaben sind ebenfalls Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht. Es handelt sich hierbei um Tatsachen, deren Bekanntwerden materielle oder immaterielle Nachteile zulasten der Gesellschaft hervorzurufen geeignet ist.145 Im Unterschied zu einem Geheimnis kann die Tatsache bereits bekannt sein.146 Eine genaue Abgrenzung ist schwierig.147 Allerdings dürfen die Begriffe auch nicht gleichgesetzt werden.148 Zum einen gilt dies im Hinblick auf § 404 AktG, der nur Geheimnisse erfasst.149 Zum anderen geht ein in der Literatur erhobener Einwand fehl, bei Bekanntheit der Information mangele es an einer zu schützenden Vertraulichkeit.150 Die Gesellschaft kann nämlich auch in dieser Situation ein Interesse an der vertraulichen Behandlung bereits bekannter Tatsachen haben.151 So vermag etwa verhindert werden, dass ein nur einem kleinen Kreis von Personen bekannter Umstand zusätzlich der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.152 Im Hinblick auf den weiten Tatbestand des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG bedarf es innerhalb seines Anwendungsbereichs keiner Abgrenzung.153

b) Disposition über die Verschwiegenheitspflicht Die Verschwiegenheitspflicht hat keine absolute Dimension.154 Grund und Grenze ist die Wahrung des Gesellschaftsinteresses.155 Die Gesellschaft ist darin 145 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 154; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 195; Hüffer, § 93 Rdnr. 7; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 8; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 103. 146 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 196; Hüffer, § 93 Rdnr. 7; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 8; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 103. 147 Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 8. 148 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 196; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 8; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 99. 149 Dazu sogleich unter 5.a). 150 So aber Kittner, ZHR 136 (1972), 208 (228). 151 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 196; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 103. 152 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 196, unter Hinweis auf Rivalitäten und Streit in der Gesellschaft. 153 Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 9. Unterschiede hinsichtlich des Vorstandsermessens bezüglich einer Preisgabe der Informationen macht tendenziell Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 196. 154 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 157; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 18; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 116 ff. 155 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 157; Hüffer, § 93 Rdnr. 8; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 18; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 116; Krieger / Sailer, in: Schmidt / Lutter, § 93 Rdnr. 22.

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frei, Geheimnisse zu offenbaren.156 Der Vorstand hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob der Gesellschaft wegen der Informationsveröffentlichung Schaden droht.157 Sofern die Vorstandsmitglieder entgegen dem gesetzlichen Modell des § 77 Abs. 1 S. 1 AktG zur Einzelgeschäftsführung berechtigt sind, entscheidet jedes Mitglied im eigenen Geschäftsbereich grundsätzlich selbst.158 Hat die Maßnahme aber ressortübergreifende oder für die Gesellschaft eine besondere Bedeutung, bedarf es einer Entscheidung des Gesamtvorstandes, etwa anlässlich einer Due Diligence Prüfung.159 Ein genereller Dispens der Geschäftsleiter von der Verschwiegenheitspflicht durch Hauptversammlungs- oder Aufsichtsratsbeschluss ist unzulässig.160 Gleiches gilt für eine entsprechende Bestimmung in der Satzung.161 Allein das Geheimnis als solches darf freigegeben werden. Im Ergebnis bedarf es also stets einer pflichtgemäßen Abwägung aller gegenläufigen Interessen. Nach der Business Judgment Rule, wie der Bundesgerichtshof sie in „ARAG / Garmenbeck“162 für das deutsche Recht noch vor dem UMAG geprägt hat, liegt keine Pflichtverletzung vor, „wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ Eine grundlose Weitergabe von Geheimnissen bzw. vertraulichen Angaben ist damit verboten.163 Zugleich wird mittels dieser Formel aber auch zum Ausdruck gebracht, dass die Preisgabe von Informationen nicht stets unterbleiben muss. Vielmehr kann unter Umständen sogar eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestehen, sofern das Gesellschaftsinteresse eine solche Maßnahme erfordert.164

156 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 157; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 209. Allerdings kann die Schweigepflicht nicht mittels Satzung enger gefasst werden, Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 125. 157 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 157; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 209; Hüffer, § 93 Rdnr. 8; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 18; Krieger / Sailer, in: Schmidt / Lutter, § 93 Rdnr. 22. 158 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 157; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 20; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 124. 159 Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 157; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 20; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 124. 160 Rhein, S. 88. 161 Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 125; Rhein, S. 88. 162 BGH, Urt. v. 21. 04. 1997 – II ZR 175 / 95, BGHZ 135, 244 (253 f.). 163 Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 21. 164 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 209; Körber, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 10 Rdnr. 21; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 116.

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4. Kapitalmarktrecht a) Insidertatbestände als Verschwiegenheitspflichten? Die Erörterung der Insidertatbestände im Kontext von Verschwiegenheitspflichten könnte dem Einwand ausgesetzt sein, den Regelungszusammenhang mit § 15 WpHG zu verkennen. Konkret lautet das Argument, dass die in § 14 WpHG enthaltenen Verbote im Kontext der ad hoc-Publizitätspflichten zu sehen sind und in erster Linie gemeinsam mit diesen die Veröffentlichung von Insiderinformationen erzwingen sollen. Auch wenn dies dem Grunde nach zutrifft, ist doch gleichzeitig zu berücksichtigen, dass sowohl § 14 Abs. 1 WpHG als auch § 15 WpHG Ausnahmen vorsehen. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG untersagt die „unbefugt[e]“ Weitergabe von Insiderinformationen. Nach § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG muss eine befugt an eine andere Person weitergegebene Insiderinformation dann nicht zeitgleich veröffentlicht werden, wenn der Empfänger „rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet“ ist. Außerdem ist die Emittentin gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG so lange von der Pflicht zur ad hocMitteilung i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG befreit, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, wenn keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. Aufgrund dieser Ausnahmetatbestände ist es nicht unwahrscheinlich und in der Praxis häufig der Fall, dass Insiderinformationen, die die Zielgesellschaft betreffen, noch nicht bekannt gemacht sind. Insbesondere die Regelung des § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG hebt den Gleichlauf der Weitergabe einer Insiderinformation und Veröffentlichung der Insiderinformation auf. In diesem Zusammenhang gewinnen die Verbote des § 14 Abs. 1 WpHG unabhängig von § 15 WpHG eine Bedeutung als Schweigepflichten. Sie sind maßgeblich für die Beantwortung der Frage, ob rechtmäßig nicht veröffentlichte Informationen, die nach § 15 WpHG unveröffentlicht bleiben dürfen, Dritten gegenüber preisgegeben werden können. Aus diesem Grund werden sie auch in den folgenden Überlegungen berücksichtigt.

b) Das Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen nach dem Wertpapierhandelsgesetz Neben der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht finden sich – wie soeben angedeutet – im Kapitalmarktrecht weitere Verbote, Informationen preiszugeben bzw. auszunutzen. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG verbietet es einem Insider, unter Verwendung einer Insiderinformation Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern. Die Nr. 2 des gleichen Absatzes untersagt einem Insider darüber hinaus, einem anderen eine Insiderinformation unbefugt mitzuteilen oder zugänglich zu machen. Gemäß der Nr. 3 darf ein Insider nicht auf Grundlage einer Insiderinformation einem anderen den Erwerb

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oder die Veräußerung von Insiderpapieren empfehlen oder einen anderen auf sonstige Weise dazu verleiten. Die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind sog. Primärinsider.165 Denn sie haben als Mitglied des Geschäftsführungsorgans der Emittentin Kenntnis von Insiderinformationen. Eine Insiderinformation ist nach § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf eine oder mehrere Emittentinnen von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Eine solche Eignung ist gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde.

c) Geltungsbereich Dieses kapitalmarktrechtliche Verbot, Insidertatsachen mitzuteilen, hat einen engeren Geltungsbereich als das verbandsrechtliche Verbot. Es bezieht sich gemäß § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WpHG allein auf Wertpapiere, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen oder in den regulierten Markt oder in den Freiverkehr einbezogen sind oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Erfasst werden demnach nur an einem organisierten Kapitalmarkt zum Handel zugelassene Papiere. Damit fallen GmbH-Geschäftsanteile und nicht zum Handel zugelassene Papiere aus dem Anwendungsbereich der wertpapierhandelsrechtlichen Schweigepflicht. Das Insiderhandelsverbot ist nicht auf den börslichen Handel beschränkt, sondern erstreckt sich weiterhin auf außerbörsliche Geschäfte hinsichtlich börsennotierter Papiere.166 Da es sich beim Buyout unter Managementbeteiligung lediglich um eine bestimmte Form des Beteiligungserwerbs handelt, gilt das Insiderrecht auch für diese Art von Face-to-Face Geschäften.167

165 Diese Terminologie behält auch weiterhin ihre Gütigkeit, da § 38 Abs. 1 WpHG immer noch zwischen Primär- und Sekundärinsidern trennt, s. Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 2. Ausführlich zur Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärinsidern Kümpel, Rdnrn. 16.131 ff. 166 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 42; Cahn, Der Konzern 2005, 5 (7 f.); Kümpel / Veil, Kap. 2 Rdnr. 30. Gleiches galt bereits zum alten Recht: Fleischer, AG 2000, 309 (312); Peters, S. 56; kritisch zuletzt Hammen, WM 2004, 1753 (1759), der aber nach Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie der hier vertretenen Ansicht zustimmt. 167 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 42; Fleischer, AG 2000, 309 (312).

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5. Strafrecht a) § 404 AktG Die gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG wird von dem Straftatbestand des § 404 AktG flankiert. Dieser stellt nach § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG die unbefugte Offenbarung eines Geheimnisses der Gesellschaft unter Strafe, das einem Geschäftsleiter in der Eigenschaft als Mitglied des Vorstands bekannt geworden ist. Richtiger Ansicht nach schützt die Norm jedoch nur die Interessen der Gesellschaft und nicht auch diejenigen der Aktionäre.168 Die abweichende Meinung169 zieht § 404 Abs. 3 AktG zur Ausweitung zugunsten der Anteilseigner heran. Der Wortlaut dieses Absatzes erwähnt jedoch nur die Gesellschaft. Das Argument, zu dieser gehörten auch die Aktionäre als deren Anteilseigner,170 kann nicht überzeugen. Denn zur Begründung wird angeführt, das Antragsrecht des § 404 Abs. 3 AktG stehe auch den Aktionären zu.171 Das ist schlicht falsch. Die Aktionäre haben nach dem klaren Wortlaut der Norm kein Antragsrecht.172 Berechtigt ist ausschließlich die Gesellschaft, § 404 Abs. 3 S. 1 AktG. S. 2 verteilt die Kompetenzen ausdrücklich auf Vorstand und Aufsichtsrat bzw. Abwickler. Außerdem wählt die weite Ansicht einen ungenauen Bezugspunkt. Die Geheimhaltungspflicht in § 93 Abs. 1 S. 3 AktG ist nach heute ganz herrschender Meinung ein gesetzlich geregelter Spezialfall der allgemeinen Treuepflicht der Mitglieder des Vorstandes.173 Die Treuepflicht besteht jedoch nur gegenüber der Gesellschaft, nicht auch im Verhältnis zu den Gesellschaftern.174 § 404 AktG ist kein Sondertatbestand, sondern lediglich die strafrechtliche Absicherung der bereits nach Gesellschaftsrecht existierenden Schweigepflichten gemäß § 93 Abs. 1 S. 3 AktG.175 Daher lassen sich aus dieser Vorschrift auch keine weitergehenden 168 Oetker, in: Schmidt / Lutter, § 404 Rdnr. 1; von Stebut, DB 1974, 613 (616); zur Parallelnorm in § 85 GmbHG: Lutter / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, § 85 Rdnr. 1; SchulzeOsterloh / Servatius, in: Baumbach / Hueck, § 85 Rdnr. 1. 169 Otto, in: Großkomm / AktG4, § 404 Rdnr. 2; Schaal, in: MünchKomm / AktG, § 404 Rdnr. 3; für die GmbH: Michalski / Dannecker, § 85 Rdnr. 9; Schaal, in: Rowedder / SchmidtLeithoff, § 85 Rdnr. 1. 170 Schaal, in: MünchKomm / AktG, § 404 Rdnr. 3; Michalski / Dannecker, § 85 Rdnr. 9. 171 Schaal, in: MünchKomm / AktG, § 404 Rdnr. 3; ders., in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, § 85 Rdnr. 1; Michalski / Dannecker, § 85 Rdnr. 9; Scholz / Tiedemann, § 85 Rdnr. 2. 172 Oetker, in: Schmidt / Lutter, § 404 Rdnr. 1; Schulze-Osterloh / Servatius, in: Baumbach / Hueck, § 85 Rdnr. 1. 173 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 187; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 75 (der die Verschwiegenheitspflicht allerdings auch auf die Sorgfaltspflicht bezieht); Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnr. 96, jeweils m. Nachw. zur älteren Gegenansicht, die sich allein auf die Sorgfaltspflicht bezieht. Das würde die obige Argumentation aber nicht beeinflussen, da auch die Sorgfaltspflicht nur gegenüber der Gesellschaft besteht und nicht auch gegenüber den Aktionären. 174 Vgl. auch Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 93 Rdnrn. 275 f. zu § 266 StGB. Zur Reichweite der Treuepflicht s. ausführlich oben I.1.

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Schutzpflichten ableiten. Vielmehr bilden die zivilrechtlichen Normen den Bezugspunkt für die Bestimmung des geschützten Rechtsguts von § 404 AktG. Da es sich bei § 404 AktG um ein absolutes Antragsdelikt im Sinne von § 77 Abs. 1 StGB handelt, zeigt auch diese Norm, dass es keine absolut geltende Verschwiegenheitspflicht gibt, sondern der Umfang des Geheimnisschutzes grundsätzlich durch die Gesellschaft bzw. die zuständigen Organe bestimmt werden kann.176

b) § 38 WpHG Auch das im WpHG verankerte Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen nach § 14 Abs. 1 in seinen verschiedenen tatbestandlichen Ausprägungen erhält durch § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG eine strafrechtliche Dimension. Bemerkenswert ist insbesondere, dass gemäß § 38 Abs. 2 WpHG ausländische Verbote der Weitergabe von Insiderinformationen den inländischen Verboten gleichgestellt werden. Hinsichtlich des geschützten Rechtsguts steht die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der organisierten Kapitalmärkte im Vordergrund.177

6. Wettbewerbsverbote a) Aktienrechtliches Wettbewerbsverbot Die Rechtsprechung fasst ausdrücklich auch die Ausnutzung von, so wörtlich, „Insiderinformationen“ unter das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot.178 Allerdings hat der Tatbestand des § 88 Abs. 1 S. 1 AktG für den Buyout unter Managementbeteiligung aus zwei Gründen keine Bedeutung, soweit die Problematik der Informationsweitergabe betroffen ist. Zunächst verbietet das aktienrechtliche Wettbewerbsverbot die Informationsausnutzung zu Wettbewerbszwecken.179 Das ist etwas anderes als die bloße Weitergabe von Informationen. Zwar kann auch diese rechtswidrig sein. Die Rechtswidrigkeit folgt aber nicht aus dem Wettbewerbsverbot, sondern etwa aus dem Bruch der Verschwiegenheitspflichten. Allein die Weitergabe von Informationen stellt noch keinen Wettbewerb mit der Gesellschaft dar. Darüber hinaus ist es vor dem Hintergrund des Zwecks von § 88 Abs. 1 175 Oetker, in: Schmidt / Lutter, § 404 Rdnr. 1; Schaal, in: MünchKomm / AktG, § 404 Rdnr. 2. 176 Zur Frage der Entscheidungsbefugnis s. u. B.II. 177 Vogel, in: Assmann / U. H. Schneider, § 38 Rdnr. 1. 178 OLG Oldenburg, Urt. v. 17. 02. 2000 – 1 U 155 / 99, NZG 2000, 1038 (1040), zur GmbH. 179 Zur verbotswidrigen Ausnutzung von Informationen nach Beendigung der Vorstandstätigkeit: BGH, Urt. v. 23. 09. 1985 – II ZR 246 / 84, WM 1985, 1443 (1444); Fleischer, AG 2005, 336 (341); Goette, DStR 1998, 1137 (1139); Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 184; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 74.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

S. 1 AktG nicht angezeigt, einen Buyout unter Managementbeteiligung unter die Norm zu fassen. Das Wettbewerbsverbot richtet sich nämlich gegen die Errichtung eines konkurrierenden Unternehmens bzw. die Teilhabe daran. Dagegen soll der Buyout der Übernahme der existierenden Gesellschaft dienen. Es fehlt also an dem für § 88 Abs. 1 S. 1 AktG erforderlichen Aufbau einer parallel im Wettbewerb auftretenden Einheit. Die Teilhabe an einer möglicherweise bestehenden Akquisitionsgesellschaft ist unschädlich, da dem Vorstand grundsätzlich gestattet ist, als Gesellschafter an einer anderen Gesellschaft beteiligt zu sein.180 Zwar greift § 88 Abs. 1 S. 1 AktG auch dann, wenn die Gesellschafterstellung dazu benutzt wird, nach der Norm verbotene Tätigkeiten auszuüben.181 Aber selbst wenn der Manager Anteile in nicht geringem Umfang hält und aus diesem Grund eine nähere Überprüfung seiner Position gerechtfertigt erschiene, gilt für die Beteiligung an einem Akquisitionsvehikel etwas anderes. Denn diese Erwerbsgesellschaft wird allein zu dem Zweck gegründet, die Zielgesellschaft zu erwerben. Sie soll von vornherein nicht in Wettbewerb mit der Zielgesellschaft treten. Daher scheidet auch bei maßgeblicher Beteiligung des Managers an der Akquisitionsgesellschaft die Anwendung des § 88 Abs. 1 S. 1 AktG aus.

b) Wettbewerbsverbot nach UWG Das UWG enthält mit den §§ 17 und 18 Verbote, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse weiterzugeben. Ihr Zweck besteht darin, das Geheimnis als individuelles Rechtsgut sowie den Wettbewerb als Institution zu schützen.182 § 88 Abs. 1 S. 1 AktG bezweckt demgegenüber den Erhalt der Arbeitskraft des Vorstands zugunsten der Gesellschaft sowie deren Schutz vor Wettbewerb.183 Die teleologische Ausgangslage ist damit im UWG eine andere. Aus diesem Grund kann die oben dargelegte Argumentation gegen die Anwendung des aktienrechtlichen Wettbewerbsverbotes nach § 88 Abs. 1 S. 1 AktG nicht auf die Tatbestände des UWG übertragen werden. Diese sollen jeweils schon vor der Preisgabe des Geheimnisses an sich bewahren.184 Damit betreffen sie die Frage der Zulässigkeit der Weitergabe von Informationen an Investoren seitens des Managements.

180 Hüffer, § 88 Rdnr. 4; Seibt, in: Schmidt / Lutter, § 88 Rdnr. 8; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 88 Rdnr. 19. 181 Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 88 Rdnr. 19. 182 Köhler, in: Köhler / Hefermehl / Bornkamm, § 17 Rdnr. 2; Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnrn. 4 ff.; Rengier, in: Fezer, § 17 Rdnr. 4; Többens, WRP 2005, 552 (555). Gegen den Schutz des Wettbewerbs Brammsen, in: MünchKomm / UWG, § 17 Rdnr. 4. 183 Statt aller: Hüffer, § 88 Rdnr. 1. 184 Vgl. Brammsen, in: MünchKomm / UWG, § 17 Rdnr. 3; Köhler, in: Köhler / Hefermehl / Bornkamm, § 17; Rdnr. 18; § 18 Rdnr. 1; Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnr. 22, § 18 Rdnr. 2; Rengier, in: Fezer, § 17 Rdnr. 34; Többens, WRP 2005, 552 (555, 559).

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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aa) § 17 UWG § 17 Abs. 1 UWG untersagt den bei einem Unternehmen beschäftigten Personen, ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses zu Wettbewerbszwecken, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, weiterzugeben. „Beschäftigt“ im Sinne der Norm sind auch Vorstände und Geschäftsführer.185 Vor diesem Hintergrund sind die subjektiven Tatbestandsmerkmale zu interpretieren. Sie sanktionieren den Geheimnisverrat, weil sich der Beschäftigte damit Vorteile verschaffen oder den Wettbewerb zum Unternehmen fördern will.186 Unwesentlich ist dabei, ob der Wettbewerb erst in der Zukunft eintreten soll.187 Wie auch § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG lässt § 17 UWG eine befugte Weitergabe zu. Somit kann die Informationspreisgabe seitens der Gesellschaft bzw. des zuständigen Organs durch eine Einwilligung gebilligt werden.188 Auch die Offenlegung aufgrund gesetzlicher Pflicht rechtfertigt die Weitergabe.189 Ein bloß vertraglicher Anspruch genügt demgegenüber nicht.190 bb) § 18 UWG § 18 UWG verbietet es, im geschäftlichen Verkehr anvertraute Vorlagen oder Vorschriften technischer Art, insbesondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte, zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz unbefugt zu verwerten oder jemandem mitzuteilen. Einerseits ergänzt § 18 UWG den Geheimnisschutz des § 17, andererseits schützt die Norm auch technisches Know-how des Unternehmens, sofern es in bestimmter Weise verkörpert ist.191 Hinsichtlich der befugten Informationsweitergabe gilt das zu § 17 UWG Gesagte.

185 Köhler, in: Hefermehl / Köhler / Bornkamm, § 17 Rdnr. 14; Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnr. 24. 186 Köhler, in: Hefermehl / Köhler / Bornkamm, § 17 Rdnrn. 23 ff.; Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnrn. 41 ff. 187 Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnr. 43. 188 Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnr. 50. 189 Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnr. 51; Rengier, in: Fezer, § 17 Rdnr. 46. 190 Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnr. 52. 191 Otto, in: Großkomm / UWG, § 18 Rdnr. 2; Többens, WRP 2005, 552 (559).

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

II. Gesellschaft mit beschränkter Haftung 1. Gesellschafts- und strafrechtliche Verschwiegenheitspflichten Bei der GmbH fehlt es an einer ausdrücklichen gesellschaftsrechtlichen Pflicht zur Verschwiegenheit.192 Eine dem § 93 Abs. 1 S. 3 AktG vergleichbare Norm im GmbHG existiert nicht. Strafrechtliche Geheimhaltungspflichten begründet § 85 GmbHG. In der Vorschrift ist die unbefugte Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unter Strafe gestellt. Mittelbar lässt sich hieraus eine – wenn auch ungeschriebene – korporationsrechtliche Verschwiegenheitspflicht ableiten.193 Immer geschützt sind Geheimnisse, hinsichtlich derer ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht.194 Grundsätzlich genügt nach herrschender Ansicht jedoch schon ein subjektives Interesse an der Geheimhaltung.195 Auch bei der GmbH gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht absolut, sondern steht grundsätzlich zur Disposition.196 Anders als bei der Aktiengesellschaft können die Geschäftsführer von der Pflicht befreit werden.197 Erforderlich ist hierfür ein Gesellschafterbeschluss.198 Geschütztes Rechtsgut sind auch insoweit nur die Interessen der Gesellschaft, nicht aber diejenigen der Gesellschafter.199 § 85 GmbHG ist Parallelnorm zu § 404 AktG und stimmt mit ihr inhaltlich weitestgehend überein.200 Aus diesem Grund kann zur Diskussion um die Reichweite der Norm auf die Ausführungen zu § 404 AktG verwiesen werden.201 192 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 16; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 127; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 74; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 40. 193 Allg. Ansicht, s. nur Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 16; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 127; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 74; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 40. 194 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 16; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 128; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 77; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 40. 195 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 16; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 77; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 40; a. A. etwa Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 130. 196 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 43 Rdnr. 16; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 77; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 40. 197 Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 135; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 40. 198 Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 135; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 40. 199 Wie hier Lutter / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, § 85 Rdnr. 1; Schulze-Osterloh / Servatius, in: Baumbach / Hueck, § 85 Rdnr. 4. A. A. etwa Michalski / Dannecker, § 85 Rdnr. 9; Kohlmann, in: Hachenburg, § 85 Rdnr. 12; Schaal, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, § 85 Rdnr. 1; Scholz / Tiedemann, § 85 Rdnr. 2. 200 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 85 Rdnr. 1; Kohlmann, in: Hachenburg, § 85 Rdnr. 3; Schulze-Osterloh / Servatius, in: Baumbach / Hueck, § 85 Rdnr. 1. 201 Oben I.4.a).

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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2. Wettbewerbsverbote Neben den Verboten gemäß den §§ 17, 18 UWG, die hier genauso gelten wie bei der Aktiengesellschaft, gibt es auch bei der GmbH ein gesellschaftsrechtliches Wettbewerbsverbot. Dieses im GmbHG nicht ausdrücklich niedergelegte Verbot wird aus der Treuepflicht des Geschäftsführers abgeleitet.202 Im Handelszweig der Gesellschaft darf er keine anderweitige Tätigkeit ausüben.203 Im Übrigen gelten die Ausführungen zum aktienrechtlichen Wettbewerbsverbot entsprechend.204 Auch hier scheidet die Anwendung des gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbotes also aus.

3. Auswirkungen des Insiderrechts nach Wertpapierhandelsgesetz Zwar sind auf die GmbH die Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes hinsichtlich des Handels in Geschäftsanteilen nicht anwendbar.205 Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht verlangt aber der „Gesichtspunkt wertungsmäßiger Konsistenz“, den Geschäftsführer einer GmbH mit Blick auf das Insiderrecht des Wertpapierhandelsgesetzes „nicht minder strengen Rechtsregeln zu unterwerfen als das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft“. 206 Die Wertungen des Kapitalmarktrechts seien insoweit verallgemeinerungsfähig, da sie allgemein als Schutz vor strukturellen Informationsnachteilen zu interpretieren seien.207 Soweit dies den Ausgangspunkt betrifft, die Ausnutzung unveröffentlichter Informationen zulasten eines Vertragspartners zu verhindern,208 ist dem zuzustimmen. Das ist aber nicht mehr als die Herausbildung eines Wertungsaspektes. Hieraus eine identische Pflichtenbindung von Vorstand und Geschäftsführung zu folgern, betont diesen Gesichtspunkt über Gebühr. Aktiengesetz sowie GmbHG bieten nämlich abweichende und unterschiedlich stark ausgeprägte Instrumente zur Kontrolle des Organhandelns. Steht den Aktionären lediglich das Fragerecht aus 202 Statt aller: BGH, Urt. v. 26. 10. 1964 – II ZR 127 / 62, WM 1964, 1320 (1321); Armbrüster, ZIP 1997, 1269 (1276); Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, Anh § 6 Rdnrn. 20 f.; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 153; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 41. 203 BGH, Urt. v. 5. 12. 1983 – II ZR 242 / 82, BGHZ 162 (170); Armbrüster, ZIP 1997, 1269 (1276); Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, Anh § 6 Rdnrn. 22; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 153; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 41. 204 Oben I.6.a). 205 Sofern Schuldverschreibungen einer GmbH an einem organisierten Markt gehandelt werden, handelt es sich um Insiderpapiere, deren Handel mittels des Wertpapierhandelsgesetzes reguliert wird. Insoweit lassen sich die Überlegungen zur börsennotierten Aktiengesellschaft übertragen. In der Arbeit wird das Problem nicht gesondert behandelt. 206 Fleischer, AG 2000, 309 (312); s. auch ders., Informationsasymmetrie, S. 561 ff. 207 Fleischer, AG 2000, 309 (312) und ausführlich ders., Informationsasymmetrie, S. 301 ff. 208 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 562.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

§ 131 AktG zu, reichen die Informationsmöglichkeiten eines GmbH-Gesellschafters nach § 51a GmbHG deutlich weiter. Verstärkt wird diese Position noch durch das Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG.209 Zudem wird die unterschiedliche Zielsetzung der Weitergabeverbote des § 14 WpHG und der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten210 zu sehr vernachlässigt. Das Kapitalmarktrecht bezweckt in erster Linie den Schutz des Kapitalmarktes als Institution.211 Ein freier Anteilshandel, dessen Beeinträchtigung mit dem Wertpapierhandelsgesetz verhindert werden soll, existiert bei Gesellschaften mbH nicht. Selbst wenn man auch auf den Anlegerschutz abstellt212, folgt hieraus kein anderes Ergebnis. Denn der Anlegerschutz soll reflexartig mittels der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte gewährleistet werden.213 Schutzgut ist das Vertrauen der Anleger in den Markt.214 Da es keinen Markt in diesem Sinne für den Handel mit GmbH-Geschäftsanteilen gibt, existiert insoweit kein aus kapitalmarktrechtlicher (!) Sicht schützenswertes Vertrauen. Aus diesem Grund ist den gesellschaftsrechtlichen Instrumenten zur Kontrolle des Geschäftsleiterhandelns ein stärkeres Gewicht einzuräumen als bei der Aktiengesellschaft. Der allgemeine Gedanke der Makelhaftigkeit des Insiderhandels ist damit im konkreten regelungsbedürftigen Zusammenhang abzuwägen gegen andere Mechanismen. Erst aus einer Gesamtschau sämtlicher Wertungsgesichtspunkte lässt sich dann eine angemessene Lösung entwickeln.215 Eine Gleichsetzung von Vorstand und Geschäftsführung a priori scheidet daher aufgrund der ungleichen Ausgangsposition der Gesellschafter in Aktiengesellschaft und GmbH aus.

209 Zur Berücksichtigung der Informationsrechte nach § 131 AktG und § 51a GmbHG sowie des GmbH-rechtlichen Weisungsrechts nach § 37 Abs. 1 GmbHG s. noch ausführlich unten § 2 B.II.1.bb)(a) und (b). 210 Damit ist auch jeweils die strafrechtliche Sanktionierung nach § 404 AktG bzw. § 85 GmbHG einbezogen. 211 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 7; BAFin, Emittentenleitfaden, S. 27; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 671; Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (159); Kümpel, Rdnrn. 16.64 ff.; Kümpel / Veil, Kap. 2 Rdnr. 9; Schwark, in: Schwark, vor § 12 WpHG Rdnr. 8; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 6. 212 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 10; Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (159); Schwark, in: Schwark, vor § 12 WpHG Rdnr. 8. 213 Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (159); Kümpel, Rdnrn. 16.70 ff.; Kümpel / Veil, Kap. 1 Rdnr. 8; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnrn. 6, 9. 214 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 10; Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (159); Kümpel, Rdnr. 16.66; Schwark, in: Schwark, vor § 12 WpHG Rdnr. 8; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 6. 215 Dazu noch ausführlich unten § 2 B.III.1.

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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III. Die US Corporation Die Ausführungen zur US Corporation orientieren sich vor allem an der in den USA praktisch wichtigsten Form, der Public Corporation. Besonderheiten bei der Close Corporation werden im konkreten Zusammenhang dargestellt.

1. Duty of Loyalty Die Pflichten des Managements einer US Corporation wurden im Wesentlichen von der Rechtsprechung entwickelt. Gesetzliche Regelungen gibt es nur wenige. Zudem sind existierende Tatbestände sehr weit und bieten wenig Anhaltspunkte. Maßgeblich bleibt daher nach wie vor die gerichtliche Praxis, auf welche deshalb im Folgenden der Schwerpunkt gelegt wird. Bevor dabei Einzelheiten dargestellt werden, bedarf es einer kurzen allgemeinen Erläuterung der Pflichten eines Managers.

a) Die Duty of Loyalty im Rahmen der Pflichten des Managements Die Duty of Loyalty ist neben der Duty of Care eine der wesentlichen Pflichten der Directors einer Corporation.216 Begründet werden diese Pflichten häufig mittels Parallelen zur Stellung von Trustees und Agents.217 Die Diskussion hierüber ist aber mittlerweile verebbt und wird außerdem von Teilen der Literatur für überflüssig gehalten.218 Die Duty of Loyalty bezieht sich auf Geschäfte, die die Directors trotz existierender Interessenkonflikte vornehmen.219 Da es bei einem Buyout unter Managementbeteiligung um die Ausnutzung von Wissen zu eigenen Gunsten geht, gibt die Duty of Loyalty den Maßstab für die Behandlung der auftretenden Probleme vor. Die Fiduciary Duties bestehen zunächst gegenüber der Gesellschaft.220 Hiervon geht auch der M.B.C.A. aus, der die Directors in § 8.30(a) verpflichtet, „in the best interests of the corporation“ zu handeln. Dies wird dahingehend verstanden, dass die Directors verpflichtet sind, zugunsten der Gesellschaft eine Profitmaximierung 216 Offen ist die Entwicklung zur Duty of Good Faith. Die Diskussion hierüber gewinnt erst in letzter Zeit an Bedeutung, s. etwa Eisenberg, 31 Del.J.Corp.L. 1 (2006). Darunter wird bspw. das Verbot verstanden, der Gesellschaft bewusst Schaden zuzufügen oder aus unlauteren Motiven zu handeln (z. B. Rache), s. Eisenberg, 31 Del.J.Corp.L. 1, 31 ff. (2006). Jüngst hat die Rechtsprechung betont, die Duty of Good Faith sei keine dritte eigenständige Kategorie, Stone v. Ritter, 911 A.2d 362, 370 (Del. 2006). 217 Vgl. Bainbridge, Corporation Law, S. 306; Gevurtz, S. 273. 218 Z. B. Gevurtz, S. 273. 219 Bainbridge, Corporation Law, S. 307. 220 Gevurtz, S. 304.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

zu suchen.221 Die Gerichte erweitern die Pflichten jedoch und beziehen auch die Shareholder mit ein.222 In der Sache Francis führte der Supreme Court of New Jersey aus, die Duty of Care existiere nicht „in the abstract, but must be considered in relation to specific obligees“.223 Im Zusammenhang mit der Duty of Care hätten die Shareholder ein Recht darauf, von den Directors ordnungsgemäße Kontrolle über die Gesellschaft zu erwarten.224 Allerdings beschränkt sich die Pflicht zur Beachtung der Gesellschafterinteressen grundsätzlich auf deren Gesamtheit.225 Die Gerichte legen – zumindest der Wortwahl nach226 – einen hohen Maßstab an die Ausübung der Pflichten eines Directors. Nach einer berühmten Formulierung gilt, dass ein „trustee is held to something stricter than the morals of the market place. Not honesty alone, but the punctilio of an honor the most sensitive, is then the standard of behaviour.“227

Der M.B.C.A. ist etwas zurückhaltender und fordert in § 8.30(a) Handeln „(1) in good faith and (2) a manner the director reasonably believes to be in the best interests of the corporation.“ Trotz dieser zum Teil recht drastisch ausgedrückten Anforderungen gehen die Gerichte sehr pragmatisch und stark am Einzelfall orientiert vor. In der oben zitierten Entscheidung zur Duty of Care, Francis v. United Jersey Bank228 befasst sich der New Jersey Supreme Court etwa ausführlich mit Gevurtz, S. 304. Z. B. Bancroft-Whitney Company v. Glen, 64 Ca.2d 327, 411 P.2d 921, 49 Cal. Rptr. 825, 24 A.L.R.3d 795 (Cal. 1966); Francis v. United Jersey Bank, 87 N.J. 15, 432 A.2d 814 (N.J. 1981); Malone v. Brincat, 722 A.2d 5 (Del. 1998); Ostrowski v. Avery, 243 Conn. 355, 703 A.2d 117 (Conn. 1997); Smith v. Van Gorkom, 488 A.2d 858 (Del. 1985); Van Schaack Holdings, Ltd. v. Van Schaack, 867 P.2d 892, 18 BTR 197 (Colo. 1994). 223 Francis v. United Jersey Bank, 87 N.J. 15, 36, 432 A.2d 814 (N.J. 1981). 224 Francis v. United Jersey Bank, 87 N.J. 15, 36, 432 A.2d 814 (N.J. 1981). In der Sache ging es in dem Urteil Francis aber um eine viel weitergehende Frage, nämlich die Einbeziehung von Gläubigern der Gesellschaft in den Pflichtenkreis der Directors. Dies wird in der Literatur unter dem Titel „Duty to other constituencies“ diskutiert. Eine prägnante Darstellung findet sich etwa bei Gevurtz, S. 305 ff. Einschränkend zur „Oversight“-Problematik für Delaware Stone v. Ritter, 911 A.2d 362, 370 (Del. 2006). 225 Zur Problematik, inwieweit es sich hierbei um Treuepflichten auch gegenüber den einzelnen Aktionären handelt, s. § 2 A.I. im Zusammenhang mit den Offenbarungspflichten der Directors und Officers. 226 Dazu auch Talley, 108 Yale L.J. 277, 299 f. (1998): „It is not difficult to find prominent examples in the case law where courts, after invoking the moralistic rhetoric of uncompromising fidelity, proceed nonetheless to permit acts of self-dealing at the expense of corporate shareholders.“ 227 Judge Cardozo in: Meinhard v. Salmon, 249 N.Y. 458, 464, 164 N.E. 545, 62 A.L.R. 1 (N.Y.App. 1928). Diese Entscheidung betraf zwar ein joint venture, wird aber häufig im Zusammenhang mit den Pflichten eines Directors zitiert, s. Henn / Alexander, S. 626. Die Formulierung aus Meinhard v. Salmon wird bspw. auch aufgegriffen in Guth v. Loft, Inc., 5 A.2d 503, 515, 23 Del.Ch. 255 (Del. 1939); Northeast Harbor Golf Club, Inc. v. Harris, 661 A.2d 1146, 1148 (Me. 1995). 228 87 N.J. 15, 432 A.2d 814 (1981). 221 222

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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der Frage, welche Pflichten einen Director unter welchen Umständen in welchem Umfang treffen.

b) Schweigepflicht als Ausprägung der Duty of Loyalty Eine ausdrücklich geregelte gesellschaftsrechtliche Schweigepflicht der Directors gibt es nicht. Im Zusammenhang mit dem Problemkreis des Wettbewerbs mit der Gesellschaft229 wird aber betont, die Directors dürften keine Trade Secrets der Corporation an Dritte weitergeben.230 Ein Trade Secret in diesem Sinne ist ein geheimer Plan oder Prozess, ein Werkzeug, ein Mechanismus oder eine Verbindung, welche(r / s) nur dem Inhaber und solchen Angestellten bekannt ist, deren Kenntnis des Geheimnisses erforderlich ist.231 Die wichtigen Urteile zur Schweigepflicht ergingen im Zusammenhang mit Fragen der Reichweite des Wettbewerbsverbotes sowie der Geschäftschancenlehre und werden daher auch hier in diesem Rahmen dargestellt.

2. Wettbewerbsverbot und Corporate Opportunities Doctrine Wettbewerb mit der Gesellschaft während der Amtszeit wird grundsätzlich als schwerwiegender Bruch der Duty of Loyalty betrachtet.232 Der Director schulde der Corporation ungeteilte und uneigennützige Loyalität.233 Nach Niederlegung seines Amtes wird Wettbewerb nicht nur als erlaubt, sondern sogar als wünschenswert angesehen.234 Diese scheinbar strikten Regeln werden jedoch in vielfacher Weise begrenzt. Ihre ausnahmslose Anwendung würde die unternehmerische Freiheit und die Eigeninteressen eines Directors zu sehr einschränken und daher kompetente Personen von der Übernahme eines solchen Amtes abschrecken.235 Insbesondere Dazu ausführlicher sogleich unter 2. Components for Research, Inc., v. Isolation Products, Inc., 241 Cal.App.2d 726, 729, 50 Cal.Rptr. 829 (Cal.App. 1966); Henn / Alexander, S. 629. 231 Z. B. Schulenburg v. Signatrol, Inc., 33 Ill. 2d 379, 212 N.E.2d 865 (Ill. 1965); für Produktionstechniken s. Components for Research, Inc., v. Isolation Products, Inc., 241 Cal.App. 2d 726, 728 f., 50 Cal.Rptr. 829 (1966). 232 Maryland Metals, Inc. v. Metzner, 282 Md. 31, 38, 382 A.2d 564 (Md.App. 1978); Ritterpusch v. Lithographic Plate Service, Inc., 208 Md. 592, 602, 119 A.2d 392 (1956), betreffend einen general manager; abgestellt wurde aber auch insoweit auf die Duty of Loyalty; Gevurtz, S. 384; Henn / Alexander, S. 628. 233 Bancroft-Whitney Company v. Glen, 64 Cal. 2d 327, 345, 411 P.2d 921, 49 Cal. Rptr. 825, 24 A.L.R.3d 795 (Cal. 1966); Guth v. Loft, Inc., 5 A.2d 503, 510, 23 Del. Ch. 255 (Del. 1939); Maryland Metals, Inc. v. Metzner, 282 Md. 31, 37 f., 383 A.2d 564 (1978); Henn / Alexander, S. 628. 234 Maryland Metals, Inc. v. Metzner, 282 Md. 31, 39; 382 A.2d 564 (Md.App. 1978); Gevurtz, S. 385. 229 230

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

Vorbereitungshandlungen für eine zukünftige erlaubte wettbewerbliche Tätigkeit nach Beendigung der Amtszeit werden nicht in jedem Fall als anstößig gewertet.236 Wesentlich sei die Art der Vorbereitungen.237 Auch nach Beendigung der Amtszeit ist nicht jede Nutzung von Geheimnissen der Gesellschaft möglich.238 Aus diesem Spannungsfeld von Loyalitätspflicht einerseits und Wahrung unternehmerischer Freiheit andererseits resultiert der Ansatz für die Lehre von den Corporate Opportunities, die im zweiten Teil der Arbeit noch ausführlicher behandelt wird.239 Wie schon zu § 88 Abs. 1 S. 1 AktG dargelegt, ist das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot beim Buyout unter Managementbeteiligung für die Frage der Berechtigung zur Informationsweitergabe nicht einschlägig. 3. Insiderrecht a) Vorbemerkung zu den Grundlagen des Rechtsvergleichs Bevor man sich mit der Frage eines Verbots der Weitergabe von Insiderinformationen im US-amerikanischen Recht befasst, ist es sinnvoll, sich den allgemeinen regulatorischen Hintergrund vor Augen zu führen. Insoweit existieren einige erhebliche konzeptionelle Unterschiede zum deutschen bzw. europäischen Recht. Das deutsche Insiderrecht versucht im Wege der Kombination des Weitergabeverbots nach § 14 WpHG mit der Pflicht zur ad hoc-Mitteilung gemäß § 15 WpHG sicherzustellen, dass Insidertatsachen möglichst früh dem gesamten Markt zur Verfügung stehen und vor der Veröffentlichung kein Insiderhandel stattfindet. In den USA existieren keine derart breiten Regelungen. Im Gegensatz zum deutschen Recht, das die Veröffentlichung von Insiderinformationen als Frage der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Marktes betrachtet, wird dies im US-amerikanischen Recht herkömmlich als eine Frage des Gesellschaftsinteresses begriffen. Die Publikation von Insidertatsachen steht grundsätzlich im Ermessen der Manager nach den Grundsätzen der Business Judgment Rule.240 Doch sieht sich 235 Maryland Metals, Inc. v. Metzner, 282 Md. 31, 39 f., 382 A.2d 564 (Md.App. 1978); Henn / Alexander, S. 628. 236 Bancroft-Whitney Company v. Glen, 64 Cal.2d 327, 346, 411 P.2d 921, 49 Cal. Rptr. 825, 24 A.L.R.3d 795 (Cal. 1966); plastisch Keiser v. Walsh, 118 F.2d 13, 14 (D.C.Cir. 1941): „An agent need not wait until he is on the street before he looks for other work.“; Maryland Metals, Inc. v. Metzner, 282 Md. 31, 39, 382 A.2d 564 (Md.App. 1978); Ritterpusch v. Lithographic Plate Service, Inc., 208 Md. 592, 602, 119 A.2d 392 (Md.App. 1956); Gevurtz, S. 385. 237 Bancroft-Whitney Company v. Glen, 64 Cal.2d 327, 346, 411 P.2d 921, 49 Cal. Rptr. 825, 24 A.L.R.3d 795 (Cal. 1966). 238 Etwa Operations Research, Inc. v. Davidson, 241 Md. 550, 217 A.2d 375 (Md. 1966) für einen employee. 239 Unten § 2 E.II.1.a). 240 Bainbridge, Insider Trading, S. 45.

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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diese traditionelle Auffassung seit einigen Jahrzehnten im Aufweichen begriffen. Mehr und mehr wird die Veröffentlichung von Insiderinformationen als Problem des Marktschutzes gesehen und von der individual-gesellschaftsrechtlichen Ebene in ein anderes Regelungssegment überführt. Während im deutschen Recht sowohl die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen als auch das Insiderhandelsverbot mittels des Wertpapierhandelsgesetzes dem Kapitalmarktrecht zugeordnet werden, handelt es sich in den USA demnach um eine gespaltene Materie: Das Recht der Insiderhandelsverbote wurde von der Rechtsprechung auf Grundlage der Section 10(b) des Securities Exchange Act 1934 sowie der dazu gehörenden Rule 10b-5 entwickelt und von der SEC in einigen Rules fortgeschrieben (etwa Rule 14e-3 zum SEA 1934). Demgegenüber ist die Frage der Veröffentlichung von Insiderinformationen abseits von Insiderhandelskonstellationen nach wie vor im Wesentlichen Gegenstand des Gesellschaftsrechts. Der deutsche Betrachter muss daher, wenn er sich mit dem Recht der Insiderinformationen in den USA beschäftigt, die das deutsche Recht prägende klare Zuordnung des Insiderrechts zum Kapitalmarktrecht des Wertpapierhandelsgesetzes ein Stück weit überwinden. Wenn im Folgenden von „Insiderhandel“ die Rede ist, werden deshalb sowohl die einschlägigen gesellschaftsrechtlichen als auch die kapitalmarktrechtlichen US-amerikanischen Regeln dargestellt. Nur auf diese Weise kann ein funktionaler Vergleich zwischen dem Insiderrecht deutscher Prägung und dem „Insiderrecht“ der USA angestellt werden. Gleichzeitig ist die nachfolgende Darstellung etwas breiter angelegt als diejenige zum deutschen Insiderrecht, um den Gesamtzusammenhang der US-amerikanischen Regeln deutlich zu machen. b) Keine allgemeinen ad hoc-Mitteilungspflichten Trotz aller modernen Entwicklungen in den USA ist immer noch Stand der Dinge, dass es keine allgemeine ad hoc-Publizitätspflicht gibt. Auch die im Jahr 2000 eingeführte Regulation FD241 ändert hieran nichts. Nach Regulation FD ist die selektive Weitergabe von Insiderinformationen an bestimmte Dritte nicht mehr erlaubt.242 Gemäß der in dieser Regulierung enthaltenen Section 243.100 (a) muss eine Emittentin oder eine für sie handelnde Person immer dann, wenn sie eine wesentliche Insiderinformation betreffend die Emittentin oder ihre Wertpapiere gegenüber bestimmten Personen wie etwa Börsenmaklern oder Wertpapierinhabern243 offenbart, die Information zugleich öffentlich verlautbaren. Die Regula241 17 C.F.R. § 243.100-243.103. Siehe dazu den Adopting Release „Selective Disclosure and Insider Trading“ der SEC, 2000 WL 1201556, vom 15. 08. 2000. 242 SEC Release (vorige Fußn.), 2. 243 Die genaue Beschreibung des Personenkreises findet sich in Regulation FD § 243.100 (b) (1). Bspw. löst die Weitergabe an Wertpapierinhaber nur dann eine Veröffentlichungspflicht aus, wenn es nach den Umständen vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass diese Person auf Grundlage der Information Wertpapiere kaufen oder verkaufen wird, § 243.100 (b) (1) (iv). Außerdem enthält § 243.100(2) weitere Ausnahmen.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

tion FD enthält jedoch in zweifacher Hinsicht keine allgemeine Pflicht zur ad hocPublizität: Zum einen greift die Veröffentlichungspflicht nur, sofern die Emittentin Insiderinformationen weitergibt. Unterlässt sie dies, ist sie weiterhin nicht zur Publikation verpflichtet. Zum anderen greift die Pflicht zur generellen Offenlegung lediglich dann, wenn die Informationsweitergabe gegenüber dem definierten Personenkreis stattfindet. Nicht darunter fallen etwa Ratingagenturen und die Presse.244 Section 13(a) des SEA 1934 enthält eine Pflicht zur periodischen Berichterstattung. Gemäß Section 13(a)(2) SEA 1934 müssen sämtliche der Section 12 SEA 1934 unterliegenden Emittentinnen von Securities245 jährlich und vierteljährlich Bericht erstatten, soweit die SEC dies in ihren den SEA 1934 interpretierenden Rules verlangt. Diese nach den jeweiligen Formblättern benannten Reports 10-K (Jahresbericht) und 10-Q bzw. 10-QSB (Vierteljahresberichte) erfassen nur bestimmte Informationen und bieten keine Grundlage für eine generalklauselartige Veröffentlichungspflicht. Außerhalb dieser an bestimmte Termine gebundenen Berichterstattung existiert noch eine Pflicht nach Section 16 des SEA 1934, dass unter anderem Directors und Officers ihre Anteile an der Emittentin sowie diesbezügliche Veränderungen veröffentlichen müssen. Der Sarbanes-Oxley-Act hat die Publizitätspflichten im Hazen, Securities Regulation, S. 557. Was genau eine „Security“ darstellt, ist bislang nicht abschließend geklärt. Zwar enthalten sowohl der Securites Act 1933 als auch der Securities Exchange Act 1934 eine Beschreibung. Diese sind aber nicht geeignet, Klarheit zu schaffen (Cox / Hillman / Langevoort, Securities Regulation, S. 19, nennen sie ironisch „a lawyers dream“). Die Definition in Section 2(a)(1) SA 1933 lautet: „The term ,security‘ means any note, stock, treasury stock, security future, bond, debenture, evidence of indebtedness, certificate of interest or participation in any profit-sharing agreement, collateral-trust certificate, preorganization certificate or subscription, transferable share, investment contract, voting-trust certificate, certificate of deposit for a security, fractional undivided interest in oil, gas, or other mineral rights, any put, call, straddle, option, or privilege on any security, certificate of deposit, or group or index of securities (including any interest therein or based on the value thereof), or any put, call, straddle, option, or privilege entered into on a national securities exchange relating to foreign currency, or, in general, any interest or instrument commonly known as a ,security‘, or any certificate of interest or participation in, temporary or interim certificate for, receipt for, guarantee of, or warrant or right to subscribe to or purchase, any of the foregoing.“ Die Definition in Section 3(a)(10) des SEA 1934 weist zwar leichte terminologische Abweichungen auf; der United States Supreme Court hält beide Fassungen aber für „virtually identical“, Tcherepnin v. Knight, 389 U.S. 332, 336, 88 S.Ct. 548 (S.Ct. 1967). Die Gerichte gehen bei ihren Bemühungen um weitere Klärung zumeist von dem Begriff des „investment contracts“ aus und versuchen diesen im Lichte der Notwendigkeit des Anlegerschutzes zu interpretieren, Hazen, Securities Regulation, S. 41. Nach der grundlegenden Entscheidung SEC v. W. J. Howey Co., 328 U.S. 293, 298 f., 66 S.Ct. 1100 (S.Ct. 1946) ist ein „investment contract“ im Sinne des Securities Act 1933 „a contract, transaction or scheme whereby a person invests his money in a common enterprise and is led to expect profits solely from the efforts of the promoter or a third party [ . . . ].“ Hier ist nicht der Ort, die weiteren Differenzierungen nachzuzeichnen. Jedenfalls fallen Anteile an einer Corporation hierunter, vgl. Hazen, Securities Regulation, S. 55 ff. 244 245

A. Verschwiegenheitspflichten der Geschäftsleiter

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Hinblick auf wesentliche Veränderungen der finanziellen oder geschäftlichen Lage der Emittentin erweitert. Solche Umstände sind von dem Emittenten gemäß Section 13(l) SEA sofort zu veröffentlichen. Die SEC hat diese Umstände mittels der Form 8-K detaillierter beschrieben. Im Ergebnis kommt das der deutschen Pflicht zur ad hoc-Mitteilung schon näher. Trotz dieser Erweiterung der Berichtspflichten verbleibt aber nach wie vor der konzeptionelle Unterschied zum deutschen Recht, dass kein allgemeiner Zwang zur Veröffentlichung von ad hoc-Mitteilungen besteht. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass die genannten Regeln nicht ausdrücklich auf Insider abzielen, sondern allgemein formuliert sind. In der US-amerikanischen Literatur wird 8-K im Zusammenhang mit Insiderrecht nicht weiter diskutiert. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung Section 13(l) SEA 1934 fortentwickelt. Section 10 des SEA 1934, die in Verbindung mit der von der SEC erlassenen Rule 10b-5 für die Insiderhandelsverbote wesentliche Bedeutung erlangte, gibt ebenfalls keine Handhabe, allgemeine Veröffentlichungspflichten zu begründen.246 Lediglich die Ordnungen einzelner Börsen sehen ad hoc-Publizitätspflichten vor. So enthält etwa das Company Manual der New York Stock Exchange eine Regelung, wonach für einen vernünftigen Investor wesentliche Informationen so schnell als möglich veröffentlicht werden sollen.247 Diese Pflichten gelten allerdings nur im Verhältnis zwischen gelisteter Gesellschaft und Börse. Allein letztere kann Sanktionen verhängen, was in der Praxis eher selten vorkommt.248 Die SEC hat insoweit keine Befugnisse.249 c) Insiderhandelsverbote Die für die später zu behandelnde Rechtsprechung zum Handel von Insidern mit Nichtinsidern bedeutendste Regelung ist Section 10 SEA 1934. Diese Norm ermächtigt die SEC, Ausführungsvorschriften zu erlassen, um manipulative oder täuschende Handlungen im Wertpapierhandel zu unterbinden.250 Auf ihrer Grundlage 246 Blanchard v. Edgemark Financial Corp., 2001 WL 587861 (N.D.Ill. 2001); Hazen, Securities Regulation, S. 552. 247 Abschnitt 202.05 Abs. 1 des Manuals lautet: „A listed company is expected to release quickly to the public any news or information which might reasonably be expected to materially affect the market for its securities. This is one of the most important and fundamental purposes of the listing agreement which the company enters into with the Exchange.“ [Abrufbar unter: http: // www.nyse.com / Frameset.html?nyseref=http%3A // www.nyse.com / regulation / listed / 1182508124422.html&displayPage= / lcm / lcm_section.html, zuletzt abgerufen am 11. 12. 2008.] 248 So Hazen, Securities Regulation, S. 553. 249 Hazen, Securities Regulation, S. 553. 250 Section 10(b) lautet: „To use or employ, in connection with the purchase or sale of any security registered on a national securities exchange or any security not so registered, or any securities-based swap agreement ( . . . ), any manipulative or deceptive device or contrivance in contravention of such rules and regulations as the Commission may prescribe as necessary or appropriate in the public interest or for the protection of investors.“

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

schuf die SEC Rule 10b-5, die in verschiedenen Konstellationen als Basis für die richterrechtliche Kreation von Insiderhandelsverboten diente.251 Im Zusammenhang mit Insiderhandelsverboten zu erwähnen ist noch Rule 14e-3. Danach ist es jeder anderen Person als derjenigen, die ein Übernahmeangebot abgibt oder abzugeben im Begriff ist, verboten, auf der Basis der Vorabinformation hinsichtlich des Übernahmeangebots Handel zu treiben, sofern dieses noch nicht veröffentlicht ist. In United States v. O’Hagan wurde diese Regelung nicht beanstandet.252 Sie erfasst sowohl Tippers als auch Tippees.253 Die Regel ist eine Reaktion der SEC auf die Entscheidung Chiarella v. United States254 und soll jeden einbeziehen, der wesentliche Insiderinformationen besitzt.255 Der Supreme Court stellte im Rahmen der Rule 10b-5 die Voraussetzung auf, dass die aufgrund von Insiderinformationen handelnde Person eine Treuepflicht verletzt haben muss. Anlass der Entscheidung war, dass ein Beschäftigter einer Druckerei aus zum Druck gegebenen Unterlagen trotz falscher Namen und Auslassungen korrekt auf die bevorstehende Abgabe eines Übernahmeangebots sowie die beteiligten Gesellschaften schloss, daraufhin Anteile an der Zielgesellschaft erwarb und diese sofort nach Bekanntgabe des Angebots wieder verkaufte. Der Supreme Court verneinte einen Verstoß gegen Rule 10b-5, weil der Drucker keine Treuepflicht verletzt habe. Im Ergebnis darf ein Manager daher keinen Handel in den Papieren der Gesellschaft treiben, sofern er nicht direkt am Übernahmekonsortium beteiligt ist. Abseits dieser aus den Securities Laws und einigen Börsenordnungen stammenden Pflichten ist ein Corporate Insider ausschließlich an das Gesellschaftsinteresse gebunden. Teilt er einem anderen eine Insiderinformation mit, bricht er unter Umständen seine Duty of Loyalty, sofern aus Sicht der Gesellschaft die Veröffentlichung unterbleiben sollte.256 Die Verletzung der Duty of Loyalty setzt voraus, dass der Insider mit der Weitergabe der Insiderinformation einen direkten oder indirekten ökonomischen oder persönlichen Vorteil erzielen wollte.257 Aus dogmatischer Sicht ist allerdings nach wie vor nicht geklärt, inwiefern sich aus den Securities Laws solche Treuepflichten herleiten lassen.258 Um State Common LawPflichten kann es sich nicht handeln, da die Securities Laws bundesstaatliche Regelungen sind und infolgedessen in der Gesetzeshierarchie Vorrang haben.259 Dazu noch ausführlich unten § 2 A.II.1. 521 U.S. 642, 667, 117 S.Ct. 2199 (S.Ct. 1997) 253 Vgl. SEC. v. Falbo, 14 F.Supp. 2d 508, 525 (S.D.N.Y. 1998). 254 445 U.S. 222, 100 S.Ct. 1108 (S.Ct. 1980). 255 Hazen, Securities Regulation, S. 425. 256 s. etwa SEC v. Yun, 327 F.3d 1263, 1277 (U.S.App. 2003); Dirks v. SEC, 463 U.S. 646, 660 (S.Ct. 1983). 257 SEC v. Yun, 327 F.3d 1263, 1277 (U.S.App. 2003); Dirks v. SEC, 463 U.S. 646, 663 (S.Ct. 1983). 258 Bainbridge, 52 Wash. & Lee L.Rev. 1189, 1201 (1995). 259 s. nur Bainbridge, 52 Wash. & Lee L.Rev. 1189, 1201 (1995). 251 252

B. Vorvertraglicher Kontakt mit Investoren und Beratern

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Die Gerichte haben sich bislang nicht dazu geäußert, wie sie dieses Problem auflösen wollen bzw. was genau eine Fiduciary Duty im Rahmen von Rule 10b-5 beinhaltet.260 In praktischer Hinsicht geben die einzelstaatlichen Regeln aber die Ausprägung des Federal Law vor.261

IV. Zwischenergebnis Das deutsche Recht verbietet einem Manager in weitem Umfang, Geschäftsgeheimnisse und Insiderinformationen weiterzugeben oder Insiderinformationen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes ohne vorherige Veröffentlichung für sich zu nutzen. Gleichzeitig werden diese Regeln aber in zweierlei Hinsicht eingeschränkt: Zunächst besteht die Möglichkeit der Befreiung von einigen Verboten. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft kann auf einer Fall zu Fall – Basis von seinen nicht kapitalmarktlichen Schweigepflichten befreit werden, der Geschäftsführer einer GmbH sogar generell. Weiterhin dürfen Schweigepflichten durchbrochen werden, soweit das Gesellschaftsinteresse nicht entgegensteht. Es gibt keine Schweigepflicht der Manager gegenüber den Gesellschaftern. Weder existieren im deutschen Korporationsrecht direkte Treuepflichten noch lassen sich solche mittelbar über die Konstruktion einer Pflicht mit Schutzwirkung zugunsten der Anteilseigner herstellen. Während im US-amerikanischen Recht auf gesellschaftsrechtlicher Ebene gleichfalls Schweigepflichten existieren, beruht das kapitalmarktliche Insiderrecht auf einem deutlich abweichenden Konzept. Die Securities Laws lassen unter Umständen die Weitergabe von Insiderinformationen zu, sofern der Manager nicht gegen Treuepflichten verstößt.

B. Vorvertraglicher Kontakt mit Investoren und Beratern Der folgende Abschnitt befasst sich mit dem aus praktischer Sicht wichtigsten Problem eines Rechts zur Informationsweitergabe. Die Geschäftsleiter sind regelmäßig nicht in der Lage, die für den Buyout notwendigen finanziellen Mittel selbst aufzubringen. Sie bedürfen daher der Unterstützung und auch des Know-hows von Investoren, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Sprechen umgekehrt die Investoren die Geschäftsleiter an – in der Praxis der relevanteste Fall –, sind diese ebenfalls an Informationen interessiert und bedürfen zur Durchführung der avisierKritisch etwa Bainbridge, 52 Wash. & Lee L.Rev. 1189, 1201 ff. (1995). Bainbridge, 52 Wash. & Lee L.Rev. 1189, 1207 ff. (1995), der die Interpretation des Insiderrechts auf Grundlage des State Law befürwortet. Grundsätzlich kritisch Ribstein, 6 Sup.Ct.Econ.Rev. 123, 170 (1998), der das Insiderrecht mit Blick auf die Misappropriation Theory generell dem State Law überantworten möchte, a. a. O., 154 ff. Zur Misappropriation Theory s. noch unten § 2 A.II.1.b). 260 261

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

ten Transaktion der Unterstützung des Managements. Gleiches gilt etwa für die frühzeitige Beratung in rechtlichen Fragen und damit für die Kontaktaufnahme zu Rechtsanwälten. An dieser Stelle der Vorbereitung einer möglichen Transaktion stellt sich daher die Frage, ob und in welchem Umfang ein Geschäftsleiter einen Investor oder Berater über die Gesellschaft informieren darf. Wie im Zusammenhang mit dem Wettbewerbsverbot ausgeführt, sind Maßnahmen zur Vorbereitung einer neuen beruflichen Tätigkeit grundsätzlich zulässig. Dazu wird man auch die Gründung eines neuen Unternehmens als wirtschaftlich übliche Maßnahme zum Aufbau einer neuen Existenzgrundlage zählen können. Bei einem Buyout wird zwar regelmäßig eine neue Gesellschaft (die „NewCo.“) mit Hilfe von Investoren gegründet. Aber diese Gründung setzt bereits voraus, dass die Geschäftsleiter Kontakt zu Investoren und sonstigen Buyout-Beratern aufgenommen haben. Damit lassen sich die für den Fall des regulären Ausscheidens aus dem Amt und der Übernahme einer neuen Position bei einem Dritten geltenden Grundsätze nicht ohne weiteres übertragen.

I. Unterscheidung zwischen Investor und Berater Für die folgenden Überlegungen ist zwischen Investoren und Beratern zu unterscheiden. Investor ist derjenige, der Anteile an der Zielgesellschaft oder deren Vermögenswerte direkt oder indirekt über eine Erwerbsgesellschaft erwerben möchte. Der Investor hat ein Eigeninteresse an den Informationen, da er selbst als (potentieller) Käufer auftritt bzw. auftreten möchte. Werden ihm Informationen zur Verfügung gestellt, gewinnt er hierdurch mit Blick auf die späteren Vertragsverhandlungen einen Vorsprung gegenüber dem Verkäufer. Unter Beratern sind im Zusammenhang mit dieser Untersuchung solche Personen zu verstehen, die dem Geschäftsleiter bei der Vertretung (allein) eigener Interessen helfen. Für einen am Buyout interessierten Manager stellen sich viele schwierige Fragen rechtlicher und wirtschaftlicher Art, die er regelmäßig nicht selbst wird beantworten können. Möchte er etwa dem Investor eine Tatsache über die Gesellschaft mitteilen, muss er klären, ob diese eine Insiderinformation darstellt und welche Vorgehensweise er einzuhalten hat, um sich mit der Weitergabe nicht strafbar zu machen. Der Berater hat in diesem Fall kein Eigeninteresse an der Information selbst, welches über die Dienstleistung zugunsten des Geschäftsleiters hinausgeht. Zugleich ergibt sich hieraus eine weitere Einschränkung: Personen, die für den Investor tätig sind, können grundsätzlich nicht als Berater im beschriebenen Sinn gewertet werden. Denn sie haben die Aufgabe, zugunsten des Investors so viele Interna wie möglich aufzudecken. Eine Rechtsanwaltskanzlei, die den Investor berät, ist daher selbst dann kein „Berater“ des Geschäftsleiters, wenn sie ihm Rechtsrat erteilt. Eine Ausnahme ist nur denkbar, wenn kanzleiintern sichergestellt wird, dass die Berater des Geschäftsleiters nicht in Kontakt mit den Beratern des Investors stehen. Zu denken ist etwa an die Errichtung von Chinese Walls, wie sie in wertpapierhandelsrechtlichem Zusam-

B. Vorvertraglicher Kontakt mit Investoren und Beratern

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menhang bekannt sind. Gleiches gilt für sonstige Dienstleister, z. B. Investmentbanken. Will die Bank selbst als Investor auftreten und berät eine Abteilung einen Geschäftsleiter, muss die Unterbindung des Informationsaustauschs gewährleistet sein.

II. Verschwiegenheitspflichten 1. Grundsatz: Disponibilität der Verschwiegenheitspflichten In den Ausführungen zu Beginn des Kapitels wurde bereits festgestellt, dass die gesellschaftsrechtlichen und UWG-rechtlichen Verschwiegenheitspflichten nicht absolut gelten.262 Sie existieren lediglich in den Grenzen des Gesellschaftsinteresses. Sowohl das UWG als auch die gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitstatbestände gestatten daher, dass die Gesellschaft als Geheimnisinhaberin über die Preisgabe von Informationen entscheidet. Rechtstechnisch ist zur Entscheidung befugtes Organ grundsätzlich der Vorstand bzw. die Geschäftsführung.263 Gleiches gilt für die USA. Dort entscheiden die Directors nach Maßgabe der Business Judgment Rule über die Offenlegung von Gesellschaftsgeheimnissen.264 Das ist jedoch nicht unproblematisch, weil damit bei einem Buyout unter Managementbeteiligung diejenigen zur Informationsfreigabe berufen sind, die an der Informationsweitergabe ein starkes Eigeninteresse haben. Hier ist noch einmal an die Rollenverteilung von Management und Investoren zu erinnern: Die am Buyout beteiligten Manager stehen auf der gleichen Seite wie die Investoren. Sie sind als Käufer oder als wenigstens mittelbar am Kauf partizipierende Personen daran interessiert, möglichst umfassend Know-how an die Investoren zu vermitteln. Aus Sicht der Investoren dient die Beteiligung der Manager an einem Buyout auch dazu, die Interessen des Managements an die eigenen Vorstellungen anzugleichen.265 Insoweit zeigt sich der in der Einleitung beschriebene Interessenkonflikt, in dem sich die Manager befinden, besonders deutlich. In der Einleitung wurde ausgeführt, dass die Treuebindung der Manager allein das Problem nicht hinreichend löst.266 Vielmehr ist aus rechtsökonomischer Sicht die Einschaltung eines Überwachungsorgans sinnvoll. Im Folgenden wird kurz die US-Lösung mittels sog. „interested director statutes“ vorgestellt (2.), um dann in einem weiteren Schritt zu untersuchen, inwieweit in Deutschland eine Lösung des Konflikts in der beschriebenen Art und Weise möglich ist (3.). Oben A.I.3.b). Oben A.I.3.b). 264 Oben A.III.3.c). 265 s. ausdrücklich Traugott / Grün, AG 2007, 760 (763): „Sie [die Managementbeteiligungen, Anm. des Autors] sollen möglichen Interessendivergenzen zwischen dem Finanzinvestor und dem Management entgegenwirken [ . . . ].“ 266 Einleitung B.II. 262 263

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

2. USA Ursprünglich galt nach der Rechtsprechung seit dem Leiturteil in der Sache Globe Woolen Co. v. Utica Gas & Electric Co.,267 dass ein Vertrag nichtig war, sofern ein befangener Director mit abgestimmt hatte. Dieser Grundsatz wurde später in Bayer v. Beran aufgegeben.268 Das Gericht knüpfte an die vollständige Offenlegung aller wesentlichen Umstände gegenüber dem Board an und befand das betroffene Geschäft für „fair“. Mittlerweile gibt es in den Vereinigten Staaten „interested director statutes“. Diese beginnen in der Regel mit der Feststellung, dass ein Vertrag oder eine Handlung nicht bereits allein deshalb unwirksam ist, weil ein befangener Director bei dem entscheidenden Board Meeting anwesend war oder mit abgestimmt hat. Das setzt aber voraus, dass vor der Abstimmung bestimmte Anforderungen erfüllt wurden. § 144(a) des Delaware General Corporation Law verlangt etwa, dass: – die wesentlichen Fakten das Interesse des Directors und die Transaktion betreffend vollständig gegenüber dem Board offengelegt wurden und eine Mehrheit der disinterested Directors zugestimmt hat; oder – die Gesellschafter in gutem Glauben und in Kenntnis der Informationen über den Vertrag oder die Transaktion abgestimmt haben; oder – der Vertrag oder die Transaktion als solche(r) „fair“ für die Corporation ist.269 267 121 N.E. 378 (N.Y. 1918). Dieses Urteil erging auf Grundlage des Rechts von New York, hatte aber Leitcharakter für viele weitere Jurisdiktionen. 268 Bayer v. Beran, 49 N.Y.S. 2d 2 (Sup.Ct. 1944). 269 § 144(a) DGCL lautet: „No contract or transaction between a corporation and 1 or more of its directors or officers, or between a corporation and any other corporation, partnership, association, or other organization in which 1 or more of its directors or officers, are directors or officers, or have a financial interest, shall be void or voidable solely for this reason, or solely because the director or officer is present at or participates in the meeting of the board or committee which authorizes the contract or transaction, or solely because any such director’s or officer’s votes are counted for such purposes, if: (1) The material facts as to the director’s or officer’s relationship or interest and as to the contract or transaction are disclosed or are known to the board of directors or the committee, and the board or committee in good faith authorizes the contract or transaction by the affirmative votes of a majority of the disinterested directors, even though the disinterested directors be less than a quorum; or (2) The material facts as to the director’s or officer’s relationship or interest and as to the contract or transaction are disclosed or are known to the shareholders entitled to vote thereon, and the contract or transaction is specifically approved in good faith by vote of the shareholders; or (3) The contract or transaction is fair as to the corporation as of the time it is authorized, approved or ratified, by the board of directors, a committee or the shareholders.“ Andere Interested Director Statutes sind vergleichbar, s. etwa § 713 des New York Business Corporations Law. § 713 des New Yorker Rechts weicht insofern von § 144(a) DGCL ab, als § 713(a)(1) die einstimmige Einwilligung sämtlicher disinterested Directors voraussetzt, wenn die Zahl der disinterested Directors nicht die Quorumsanforderungen des § 708

B. Vorvertraglicher Kontakt mit Investoren und Beratern

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Eine genaue gesetzliche Definition des Begriffes der „transaction“ sucht man vergebens. Für die hier wichtige Frage nach der Entscheidung über die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen kommt es aber darauf nicht an. Denn sowohl Common Law als auch das gesetzte Recht zeigen, dass bei Eigeninteresse eines Directors, eine Mehrheit unabhängiger Directors nach vollständiger Offenlegung der Interessen des befangenen Directors sowie den Einzelheiten zum Geschäftsgeheimnis zugestimmt haben muss. Dies entspricht der prominenten Stellung des Board of Directors, welches im Vergleich zu deutschen Geschäftsleitungsorganen eine stärkere Position im Kompetenzgefüge der Gesellschaft einnimmt.270 Als letzter Ausweg steht dem Director die Möglichkeit offen, die Fairness der Transaktion nach Common Law Regeln zu beweisen.271 Der Interessenkonflikt wird damit aus rechtsökonomischer Sicht insoweit sinnvoll gelöst, als grundsätzlich ein Überwachungsorgan beteiligt werden muss. Allerdings bleibt die US-amerikanische Lösung auf Grundlage eines Interested Director Statutes wie das in Section 144 des Gesellschaftsrechts von Delaware enthaltene hinter dem zurück, was aus rechtsökonomischer Sicht wünschenswert erscheint: Die Einschaltung eines Überwachungsorgans als die die Handlung ausführende Instanz.272 Zwar existiert kein gesondertes Organ wie der deutsche Aufsichtsrat. Möglich wäre aber immerhin für die Fälle der Informationsweitergabe bei einem Buyout unter Managementbeteiligung, ausschließlich Disinterested Directors mit der Vornahme der Handlung zu beauftragen. Als Vorbild für die jetzt folgende Untersuchung des deutschen Rechts taugt das US-amerikanische Recht aus den genannten Gründen nur bedingt. Allerdings lässt sich immerhin die Bestätigung der Einsicht feststellen, dass die Treuepflicht allein als Regelungsinstrument nicht genügt und ein Überwachungsorgan am Entscheidungsprozess zu beteiligen ist.

3. Deutsches Recht Mangels eines „interested director statutes“ im deutschen Recht liegt ein Rückgriff auf Normen nahe, die Interessenkonflikte bei der Vertretung und Geschäften der Gesellschaft im Allgemeinen regeln. Geprüft wird deshalb, inwieweit die §§ 112 AktG, 181 BGB oder § 47 Abs. 4 GmbHG in direkter oder analoger Anwendung die Einschaltung einer Kontrollinstanz vorsehen.

erfüllt, wonach eine gültige Handlung des Boards nur vorliegt, wenn mindestens die Mehrheit der anwesenden Directors für diese Handlung gestimmt hat (§ 708(d) NYBCL). 270 Beispielsweise entscheidet das Board in Delaware auch über die Ausschüttung von Dividenden, s. nur § 170(a) DGCL. 271 Marciano v. Nakash, 535 A.2d 400, 404 (Del. 1987). 272 s. Einleitung B.III.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

a) Keine direkte Anwendung von §§ 112 AktG, 181 BGB, 47 Abs. 4 GmbHG § 112 AktG und § 181 BGB knüpfen an den Begriff der „Vertretung“ an. Bei der Entscheidung über die Informationsweitergabe handelt es sich aber nicht um eine Frage der Vertretung der Gesellschaft durch die Geschäftsleitung im Sinne von § 112 AktG oder § 181 BGB: „Vertretung“ ist nach § 164 Abs. 1 S. 1 BGB die Abgabe einer Willenserklärung im Namen eines anderen. Das Vorliegen einer „Willenserklärung“ wiederum setzt die private Äußerung eines Willens voraus, die auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist.273 Nun ließe sich argumentieren, hier gehe es um eine Rechtsfolge. Diese bestehe in der befugten (und damit: haftungsrechtlich unbedenklichen) Weitergabe von Informationen der Gesellschaft an Außenstehende. Selbst wenn man dies zugesteht, fehlt es jedoch immer noch an einer Willensäußerung. Der Vorstand / der Geschäftsführer bzw. generell das am Buyout beteiligte Organmitglied gibt keine Erklärung im Namen der Gesellschaft ab. Es entscheidet vielmehr allein, ohne Einbeziehung Dritter, und ohne hierbei seinen Willen über die Entscheidung kundzutun. Die Preisgabe von Informationen ist lediglich ein faktischer Vorgang, der keinen Erfolg rechtlicher Art herbeiführen soll. Aus den gleichen Gründen handelt es sich bei der Entscheidung über die Freigabe von Daten über die Gesellschaft nicht um ein Rechtsgeschäft im Sinne eines aus zumindest einer Willenserklärung bestehenden Tatbestandes, an den die Rechtsordnung den Eintritt eines gewollten rechtlichen Erfolges knüpft.274 Auch § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG greift infolgedessen seinem Wortlaut nach nicht ein. Es geht, wie eben festgestellt, nicht um „die Vornahme eines Rechtsgeschäfts“. Vielmehr handelt es sich um ein Problem der verbandsinternen Willensbildung: Fraglich ist, welches Organ befugt ist, für den Verband zu entscheiden. Dieses Problem stellt sich unabhängig von der Ausgestaltung des Buyouts als Asset oder Share Deal, weil der Vorstand bzw. Geschäftsführer in beiden Fällen der Gesellschaft gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und es jeweils um die Mitteilung von Informationen an Dritte geht. Da auch der hier zu beantwortenden Frage ein Interessenkonflikt zugrunde liegt, bietet es sich an, auf die Normen zurückzugreifen, die im Bereich der Rechtsgeschäfte und Prozesshandlungen Regelungen für Interessenkonflikte enthalten. Im Folgenden wird daher untersucht, ob eine analoge Anwendung von § 112 AktG und § 181 BGB bzw. § 47 Abs. 4 GmbHG in Betracht kommt.

273 Statt aller: Brox / Walker, BGB AT, Rdnr. 82; Kramer, in: MünchKom / BGB, Vorbem. §§ 116 ff. Rdnr. 18a. 274 Zur Definition statt aller Brox / Walker, BGB AT, Rdnr. 96.

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b) § 112 AktG analog aa) Planwidrige Regelungslücke Wie in der Einleitung dieses Abschnitts ausgeführt wurde, erfasst § 112 AktG die zu diskutierende Situation nicht direkt. Um die Norm analog anwenden zu können, muss die Regelungslücke planwidrig sein.275 Es bedarf also einer Erörterung der Frage, welchem Zweck § 112 AktG dient und ob der hier in Rede stehende Sachverhalt dem gesetzgeberischen Anliegen nach von der Norm erfasst sein sollte. Nach ganz herrschender Meinung liegt die Ratio des § 112 AktG in der Sicherstellung der unbefangenen Vertretung der Gesellschaft und in der Vermeidung von Interessenkollisionen.276 Ziel ist demgemäß die Gewährleistung einer unbefangenen Wahrung der Gesellschaftsbelange.277 Der Aufsichtsrat hat nicht nur Vertretungsbefugnis, sondern ist auch geschäftsführungsberechtigt und -verpflichtet.278 Ihm kommt demnach die Befugnis zu, inhaltlich zu entscheiden und nicht nur formal für den wirksamen Abschluss von Entscheidungen zu sorgen.279 Vereinzelt wird vertreten, § 112 AktG sei nicht eigenständig von Bedeutung, sondern lediglich Annex zu den sonstigen Kompetenzen des Aufsichtsrates.280 Habe der Aufsichtsrat keine an anderer Stelle des Aktiengesetzes zugewiesene besondere Befugnis, sei der Vorstand zuständig.281 Diese Interpretation wird jedoch dem Wortlaut und der Gesetzessystematik nicht gerecht.282 § 112 AktG enthält keine Beschränkung. Die Formulierung ist allgemein auf die Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand ausgerichtet. Unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten ist zudem einzuwenden, dass die Platzierung der Norm im Zweiten Abschnitt des Ersten Buches des Aktiengesetzes („Aufsichtsrat“) darauf hindeutet, dass die Vorschrift allgemein die Kompetenzen des Aufsichtsrates gegenüber dem Vorstand regelt. Weiterhin ist § 112 AktG Ausdruck der dualistischen Organisation von Geschäftsführung und Kontrolle in der Aktiengesellschaft.283 Das Gesetz sieht vor, Zu den Voraussetzungen der Analogie etwa Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 208 ff. BGH, Urt. v. 28. 04. 1997 – II ZR 282 / 95, AG 1997, 416 (417); Urt. v. 26. 06. 1995 – II ZR 122 / 94, BGHZ 130, 108 (111), st. Rspr.; Drygala, in: Schmidt / Lutter, § 112 Rdnr. 1; Habersack, in: MünchKomm / AktG, § 112 Rdnr. 1; Hopt / Roth, in: Großkomm / AktG4, § 112 Rdnr. 4; Hüffer, § 112 Rdnr. 1; Rupietta, NZG 2007, 801 (802); Spindler, in: Spindler / Stilz, § 112 Rdnr. 1; Werner, ZGR 1989, 369 (381 f.). 277 Dies. (vorige Fußn.). 278 Drygala, in: Schmidt / Lutter, § 112 Rdnr. 2. 279 Drygala, in: Schmidt / Lutter, § 112 Rdnr. 2. 280 Kleindiek, WuB II A. § 112 AktG 1.88. 281 Kleindiek, WuB II A. § 112 AktG 1.88. 282 So auch Rupietta, NZG 2007, 801 (802 f.) [allgemein und nicht nur auf Kleindiek bezogen]; Werner, ZGR 1989, 369 (381 f.). 283 Hopt / Roth, in: Großkomm / AktG4, § 112 Rdnr. 1. 275 276

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dass der Aufsichtsrat tätig wird, sofern die Handlungen des Vorstands möglicherweise mit den Interessen der Gesellschaft kollidieren. Es kommt nicht darauf an, ob eine konkrete Gefährdung der Belange der Gesellschaft vorliegt.284 Legt man diesen Gedanken der Verhinderung bereits abstrakter Gefährdung der Gesellschaft zugrunde, ist anzunehmen, dass die existierende Regelungslücke planwidrig ist. Denn die Gefährdung ist nicht deshalb geringer, weil der Vorstand kein Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft tätigt, sondern „lediglich“ im eigenen Interesse auf andere Weise für sie handelt. Für die Planwidrigkeit spricht überdies, dass das Gesetz für weitere Fälle abstrakter Gefährdung der Gesellschaft das Tätigwerden des Aufsichtsrats vorsieht: Ein Beispiel hierfür ist § 88 Abs. 1 S. 1 AktG: Will ein Vorstandsmitglied Organ einer anderen Gesellschaft werden, bedarf dies der Einwilligung des Aufsichtsrates. Ausschlaggebend ist die abstrakte Gefährdung – der Aufsichtsrat muss in ausnahmslos jede weitere Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds als Organ in einer anderen Gesellschaft einwilligen. Gleichermaßen ist gemäß § 89 Abs. 1 S. 1 AktG für die Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder die Zustimmung des Aufsichtsrates notwendig. Auch insoweit kommt es nicht auf die konkreten Bedingungen der Kreditgewährung an. Die Zustimmungspflicht wird allein von der Tatsache der Kreditgewährung als solcher ausgelöst, unabhängig davon, ob der Vertrag einem Drittvergleich standhält. § 89 Abs. 1 S. 2 AktG stellt explizit heraus, dass der Beschluss des Aufsichtsrates keine allgemeine Wirkung entfaltet, sondern nur für bestimmte Kreditgeschäfte gilt. bb) Vergleichbare Interessenlage § 112 AktG existiert, wie soeben erörtert, um eine unbefangene Wahrung der Gesellschaftsinteressen zu gewährleisten. Es geht um die Verhinderung schon lediglich abstrakter Gefährdungen des Gesellschaftsinteresses. Eine solche abstrakte Gefährdung hängt nicht von der rechtlichen Qualifikation der fraglichen Handlung ab. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob ein Rechtsgeschäft getätigt werden soll, die Vertretung im Prozess organisiert werden muss oder andere Geschäfte betroffen sind. Ist Kern der Vorschriften §§ 88, 89 und 112 AktG die Wahrung des Gesellschaftsinteresses bei Entscheidungen, die ein Vorstandsmitglied in seinen eigenen Interessen berühren, ist es nicht sachgerecht, die Zuständigkeit des Aufsichtsrates von der Zufälligkeit der juristischen Charakterisierung der fraglichen Handlung abhängig zu machen. Interpretiert man die Ratio der genannten Normen auf diese Weise, sind die Vorschriften als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes zu verstehen. Die Interessenlage ist daher vergleichbar. Aus diesem Grund ist eine analoge Anwendung von § 112 AktG geboten. In diesem Tatbestand findet sich bereits das allgemein gefasste Prinzip der Zuständig284

Statt aller: Drygala, in: Schmidt / Lutter, § 112 Rdnr. 1.

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keit des Aufsichtsrates bei der Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand. Deshalb bietet es sich an, ihn über den Wortlaut hinaus auf solche Sachverhalte anzuwenden, die nicht die Vertretung der Gesellschaft im technischen Sinn betreffen, sondern auch andere Handlungen für die Gesellschaft, unabhängig von der äußeren Form als Willenserklärung oder Prozessvertretung. Dass das US-amerikanische Recht auf ein Zustimmungsmodell setzt, liefert keinen Grund, von der hier vertretenen Lösung abzuweichen. Denn im Unterschied zum deutschen Recht wird in den Vereinigten Staaten die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis des befangenen Directors generell nicht ausgeschlossen. Das deutsche Recht geht mit § 112 AktG einen anderen Weg, indem es ein besonderes Organ einschaltet. Die Grundentscheidung der Behandlung von Interessenkonflikten und der Aufteilung von verbandsinternen Kompetenzen folgt einem anderen Muster, von dem Abstand zu nehmen kein Anlass besteht. Ein Rückgriff auf § 88 Abs. 1 AktG ist wenig sinnvoll. Denn eine analoge Anwendung dieser Norm löste das Kontrollproblem nicht, es würde nur weitergeschoben: Bei analoger Anwendung von § 88 Abs. 1 AktG müsste der Aufsichtsrat der Informationsweitergabe lediglich im Vorfeld zustimmen. Die Durchführung der Maßnahme obläge aber weiterhin dem Vorstand. Daher bestünde die Notwendigkeit zu überwachen, dass der Vorstand tatsächlich nur die Informationen weitergibt, die ihm der Aufsichtsrat weiterzugeben gestattet hat. Das wurde bereits in der Einleitung als unzureichende Lösung bewertet.285 Dieses Problem erledigt sich bei der Anwendung von § 112 AktG analog. cc) Rechtsökonomische Kontrollüberlegung Die Notwendigkeit, ein Überwachungsorgan einzuschalten, wurde bereits in der Einleitung unter B.III. begründet. Sein Eingreifen gleicht die Schwäche der Treuepflicht bei Buyouts unter Managementbeteiligung aus, im Fall von Verstößen nachträglich nur schwierig durchgesetzt werden zu können. Die Zuständigkeit des Aufsichtsrates (im Gegensatz zur Zuständigkeit der übrigen Vorstandsmitglieder) lässt sich agenturtheoretisch zudem mit Blick auf Kontrollkosten stützen: Hielte man die übrigen Vorstandsmitglieder zur Entscheidung berufen, wäre sicherzustellen, dass diese kein eigenes Interesse an der Zustimmung zum fraglichen Geschäft bzw. zur in Rede stehenden Handlung haben. In jedem Einzelfall müsste also zusätzlich zum zur Entscheidung vorgelegten Problem auch noch sichergestellt werden, dass die entscheidenden Vorstandsmitglieder unabhängig und nur im Interesse der Gesellschaft tätig werden. Um hier Missbräuchen vorzubeugen, bedürfte es wiederum verschiedener Mechanismen, deren ordnungsgemäßes Eingreifen von einer dritten Partei überprüfbar sein sollte. Abgesehen von der Frage, wo diese Kette an Überwachern endet, ist der Nachweis der Un285

Einleitung B.III.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

abhängigkeit der Entscheider unter Umständen schwierig zu führen. Diesen Kontrollproblemen entgeht man, wenn ein Gremium für zuständig erklärt wird, welches institutionell vom Vorstand getrennt existiert und für das daher zumindest eine Vermutung der Unabhängigkeit besteht.286 Nicht zu verkennen ist, dass dieser Gedanke in der Praxis aufgrund der Vergabe des Aufsichtsratsvorsitzes an ehemalige Vorstandsmitglieder häufig in Zweifel gezogen werden mag. Vom Leitbild des Gesetzes aus betrachtet, spart die Berufung des Aufsichtsrats als kraft Amtes unabhängigen Organs zur Entscheidung aber die aufwendige Kontrolle der Entscheider. Dem erwähnten praktischen Einwand ist zudem entgegenzuhalten, dass die Regelungsalternative die Probleme nicht behebt. Vielmehr besteht zugunsten des Aufsichtsrats grundsätzlich eine Vermutung der Unabhängigkeit, so dass nur in Ausnahmefällen ein Eigeninteresse einzelner Aufsichtsratsmitglieder geprüft werden muss, während dies im Alternativsystem der Zuständigkeit der übrigen Mitglieder des Vorstands stets der Fall wäre. dd) Ergebnis § 112 AktG soll im Verbund mit einigen anderen Vorschriften, die Zustimmungspflichten des Aufsichtsrates vorsehen, die unabhängige Wahrnehmung von Interessen der Gesellschaft absichern. Dieser Regelungszweck kommt auch dann zum Tragen, wenn es sich nicht um einen der ausdrücklich geregelten Fälle (z. B. §§ 88 Abs. 1 S. 1, 89 Abs. 1 S. 1 AktG) bzw. kein Rechtsgeschäft und keine Prozessvertretung im Sinne von § 112 AktG handelt. Denn der Eintritt einer abstrakten Gefährdung der Interessen der Gesellschaft ist unabhängig von der juristischen Form der zu prüfenden Handlung eines Vorstandsmitglieds. Daher ist § 112 AktG analog auf die Entscheidung über die Freigabe von Geheimnissen anzuwenden, die den gesellschaftsrechtlichen und UWG-rechtlichen Informationsweitergabeverboten unterliegen. Bei einem Buyout unter Beteiligung des Managements entscheidet damit der Aufsichtsrat über die Weitergabe von Informationen, hinsichtlich derer die Verschwiegenheitspflichten greifen. Dieses Ergebnis erstreckt sich grundsätzlich auch auf die GmbH mit Aufsichtsrat. Nach § 52 Abs. 1 GmbHG findet § 112 AktG nämlich auch in der GmbH mit Aufsichtsrat Anwendung.287 Etwas anderes gilt nur, soweit die Anwendung von § 112 AktG im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen sein sollte. Dann kommen die sogleich unter c) zu diskutierenden Grundsätze zum Tragen. 286 Hiermit wird keineswegs vertreten, das Vorstands-Aufsichtsrats-System sei der einstufigen Struktur des US-Rechts allgemein überlegen. Die Sinnlosigkeit solcher Diskussionen, etwa unter Zuhilfenahme von Punktesystemen, zeigen Bhagat / Bolton / Romano, The Promise and Peril of Corporate Governance Indices, ECGI – Law Working Paper No. 89 / 2007. Deutlich S. 12: „The empirical literature investigating the effect of individual corporate governance mechanisms on corporate performance has not systematically identified positive effects and is, at best, inconclusive.“ 287 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 128.

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c) § 181 BGB oder § 47 Abs. 4 GmbHG analog In der GmbH ohne Aufsichtsrat288 stellen sich hinsichtlich des Interessenkonflikts des Managers vergleichbare Fragen wie bei der Aktiengesellschaft. Mangels einer § 112 AktG vergleichbaren Norm ist daher zu überlegen, ob mit der analogen Anwendung von § 181 BGB oder § 47 Abs. 4 GmbHG ein entsprechendes Ergebnis erzielt werden kann. aa) Planwidrige Regelungslücke § 47 Abs. 4 GmbHG sieht vier Fälle vor, in denen das Gesetz einem Gesellschafter ausdrücklich das Stimmrecht versagt.289 Ähnlich wie bei den oben diskutierten Vorschriften des Aktiengesetzes soll § 47 Abs. 4 GmbHG den Einfluss verbandsfremder Sonderinteressen auf den Verband betreffende Entscheidungen begrenzen.290 Genauso wenig wie bei der Aktiengesellschaft kommt es darauf an, wie der betroffene Gesellschafter konkret abstimmt und ob im Einzelfall tatsächlich eine Beeinträchtigung der Gesellschaftsbelange einträte.291 Die Norm wird ihrer Ratio entsprechend analog auf weitere Sachverhalte angewendet. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist der Stimmrechtsausschluss zulasten sämtlicher Geschäftsführer, sofern nur ein Organmitglied direkt vom Stimmrechtsausschluss betroffen ist.292 Über diese Stimmrechtsverbote hinaus verhindert § 181 BGB den Abschluss eines Geschäfts mit der Gesellschaft zu eigenen Gunsten,293 sofern die Satzung nicht eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens enthält.294 Dieses Verbot gilt gemäß § 35 Abs. 4 S. 1 GmbHG auch für Einmann-Gesellschaften mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer.295 Ist einer von mehreren Geschäftsführern wegen § 181 BGB an der Vertretung der Gesellschaft gehindert, können jedoch die übrigen Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft handeln und sie gegenüber dem nach § 181 BGB ausgeschlossenen Organmitglied repräsentieren.296 Nach dem Bundes288 Bzw. bei Ausschluss der Anwendung von § 112 AktG im Gesellschaftsvertrag gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG. 289 (i) Entlastung und (ii) Befreiung von einer Verbindlichkeit (§ 47 Abs. 4 S. 1 GmbHG) sowie (iii) Beschlussfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder (iv) die Einleitung bzw. Erledigung eines Rechtsstreits (§ 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG). 290 Statt aller: Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 47 Rdnr. 76; ausführlich ders., Schranken, S. 146 ff. 291 Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 47 Rdnr. 76. 292 BGH, Urt. v. 12. 06. 1989 – II ZR 246 / 88, BGHZ 108, 21 (25 f.); Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 47 Rdnr. 77 m. w. Nachw. 293 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 128. 294 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 140. 295 Hierzu ausführlich Ekkenga, AG 1985, 40 (42 ff.). 296 Vgl. Michalski / Lenz, § 35 Rdnr. 81; Lutter / Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, § 35 Rdnr. 19.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

gerichtshof ist es sogar möglich, dass ein Gesamtvertreter einen anderen ermächtigt, allein im Namen der Gesellschaft aufzutreten.297 Im Gegensatz zur aktienrechtlichen Regelung solcher Interessenkollisionen schiebt das GmbHG die Kompetenz, für die Gesellschaft zu handeln, nicht in eine andere Ebene. Allerdings kann zumindest der sich im Interessenkonflikt befindliche Geschäftsführer nicht mehr im Namen der Gesellschaft aktiv werden. Wenn damit auch das GmbHG Konflikte zwischen dem Interesse der Gesellschaft an einer unabhängigen Entscheidung und dem Eigeninteresse von Gesellschaftern und Geschäftsführern mittels eines Vertretungsverbotes oder eines Stimmrechtsausschlusses löst, lässt sich das zu § 112 AktG Ausgeführte übertragen. Denn wiederum besteht die abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung von Verbandsinteressen, die aber nicht direkt einen der im Gesetz aufgezählten Tatbestände erfüllt. Die Gefährdungslage ist jedoch, ebenso wie bei der Aktiengesellschaft, unabhängig von der Einordnung in eine bestimmte juristische Kategorie. bb) Vergleichbare Interessenlage Auch wenn § 47 Abs. 4 GmbHG nicht als allgemeines Verbot des Richtens in eigener Sache verstanden werden kann,298 ist doch anerkannt, dass die einzelnen Fälle der Norm sowohl einer Analogie als auch einer weiten Auslegung zugänglich sind.299 Zudem sehen Rechtsprechung und Lehre den Sinn des § 181 BGB darin zu verhindern, dass einander widersprechende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, um einen Interessenkonflikt und die damit einhergehende Gefahr einer Schädigung des Vertretenen auszuschließen.300 Scheinen demnach also beide Normen, § 47 Abs. 4 GmbHG und § 181 BGB, vordergründig geeignet, die oben aufgezeigte Regelungslücke zu füllen, ist unter dogmatischen Gesichtspunkten zu überlegen, welche Vorschrift dem zu regelnden Sachverhalt näher steht. Unabhängig vom allgemeinen Verhältnis der beiden Tatbestände zueinander301 kann für die hier zu diskutierende Fragestellung darauf abgestellt werden, dass § 181 BGB die Situation betrifft, dass sich Vertretener und 297 BGH, Urt. v. 6. 03. 1975 – II ZR 80 / 73, BGHZ 64, 72 (75 f.). A. A. etwa Lutter / Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, § 35 Rdnr. 19; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 131. Zur Frage der Vertretung der Einmann-Gesellschaft durch einen Fremdgeschäftsführer gegenüber einem Gesellschaftergeschäftsführer s. ausführlich Ekkenga, AG 1985, 40 (42 f.) einerseits und Lutter / Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, § 35 Rdnr. 24; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 138, andererseits. 298 BGH, Urt. v. 10. 02. 1977 – II ZR 81 / 76, BGHZ 68, 107 (109); Michalski / Römermann, § 47 Rdnr. 81; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 47 Rdnr. 76. A. A. etwa Roth, in: Altmeppen / Roth, § 47 Rdnrn. 56 ff. 299 Michalski / Römermann, § 47 Rdnr. 81; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 47 Rdnr. 76. 300 BGH, Urt. v. 6. 03. 1975 – II ZR 80 / 73, 72 (76). Ausführlich Soergel / Leptien, § 181 Rdnrn. 3 ff. 301 Dazu ausführlich Michalski / Römermann, § 47 Rdnrn. 110 ff.

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Vertreter gegenüberstehen, während § 47 Abs. 4 GmbHG die verbandsinterne Willensbildung regelt. Bei der Entscheidung über den Dispens von der Verschwiegenheitspflicht tritt der Geschäftsführer der Gesellschaft nicht als andere Partei entgegen. Vielmehr handelt es sich um eine Frage der gesellschaftsinternen Willensbildung. Es geht um das Handeln der Gesellschaft als solcher, indem sie sich ihres Organs bedient, und nicht um das möglicherweise konfligierende Handeln zweier verschiedener Personen. Dieser Sachverhalt liegt daher näher an § 47 Abs. 4 GmbHG als an der von § 181 BGB reglementierten Situation. Damit stellt sich die Frage, an welches Tatbestandsmerkmal des § 47 Abs. 4 GmbHG angeknüpft werden kann. Die beiden Fälle des § 47 Abs. 4 S. 1 GmbHG betreffen in der Vergangenheit liegende Konstellationen (Entlastung und Befreiung von einer Verbindlichkeit). Demgegenüber regelt § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG die Abstimmung über zukünftige Ereignisse (Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder Einleitung bzw. Erledigung eines Rechtsstreits). Das entspricht eher der Interessenlage bei der Entscheidung über die Erlaubnis, Geschäftsgeheimnisse offenzulegen. Denn auch diese soll ein zukünftiges Verhalten regeln. Innerhalb des § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG ähnelt der Tatbestand der „Vornahme eines Rechtsgeschäfts“ der diskutierten Problematik. So fasst die Literatur etwa Maßnahmen zur Kontrolle gegenüber den Geschäftsführern im Sinne von § 46 Nr. 6 GmbHG unter das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG.302 Auch hierbei handelt es sich lediglich um einen Akt der Unterwerfung des Geschäftsführers unter eine gesellschaftsinterne Maßnahme. Dem Tatbestand des Rechtsgeschäfts ähnelt dies insofern, als lediglich das Innenverhältnis von Gesellschaft und Geschäftsführer betroffen ist. Die Außenwelt wird davon nicht berührt. Das ist bei der Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreits anders, weil dies die Einschaltung einer dritten Partei, nämlich des Gerichts, beinhaltet. Gegen die Analogie zu § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG liegt der Einwand nahe, dass sie gerade mit der abstrakten Gefährdungslage begründet wird. Im Zusammenhang mit Entlastungsbeschlüssen werden unter Umständen sämtliche Mitglieder des Organs von der Abstimmung ausgeschlossen.303 Die entsprechende Anwendung des § 112 AktG auch auf die GmbH mit Aufsichtsrat wurde auf die mögliche Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des Organs insgesamt zurückgeführt.304 Diese Beurteilung ändert sich nicht allein deshalb, weil keine dem § 112 AktG vergleichbare Norm existiert. Damit stellt sich die Frage, ob nicht auch bei der GmbH ohne Aufsichtsrat die Zuständigkeit auf ein anderes Organ übergehen sollte, mithin auf die Gesellschafterversammlung. 302 Michalski / Römermann, § 47 Rdnr. 275; Roth, in: Roth / Altmeppen, § 47 Rdnr. 69; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 47 Rdnr. 90. Grundsätzlich zustimmend, aber auf die Fälle der konkreten Prozessvorbereitung beschränkend Koppensteiner, in: Rowedder / SchmidtLeithoff, § 47 Rdnr. 65; Scholz / K. Schmidt, § 47 Rdnr. 142. 303 Nachw oben in Fußn. 292. 304 Oben II.1.a).

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

Einer derartigen Lösung stehen indes gewichtige Bedenken entgegen. Hintergrund der geführten Diskussion ist die Befreiung von Verschwiegenheitspflichten. Es geht also um die Offenlegung von Informationen, die im Gesellschaftsinteresse vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben sollen. Diesem Interesse wäre schlecht gedient, ließe man die Gesellschafterversammlung über die Freigabe abstimmen. Das erforderte nämlich eine Information aller Gesellschafter über den Beschlussgegenstand. Insbesondere bei Gesellschaften mit einer größeren Anzahl von Anteilseignern wäre die Geheimhaltung nicht mehr gewährleistet. Dieser Argumentation lässt sich entgegensetzen, dass die Lösung im Sinne des Gesellschaftsinteresses an der Geheimhaltung dann darin liege, die Information überhaupt nicht offenzulegen. Mit anderen Worten müsste der Geschäftsführer sein verbandsfremdes Eigeninteresse dem Gesellschaftsinteresse unterordnen, weil weder eine unabhängige Entscheidung durch die Geschäftsführer getroffen werden könne noch eine Abstimmung in der Gesellschafterversammlung in Betracht komme. Eine solche Sichtweise kollidiert allerdings mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Im Zusammenhang mit dem gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot etwa werden Vorbereitungshandlungen für eine spätere eigene Betätigung im Wettbewerb nach Ablauf der Amtszeit gebilligt.305 Selbst wenn man die hier diskutierte Frage nur als ein Problem der Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. GG betrachtet,306 ist zweifelhaft, ob die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer Einschränkung erfüllt werden. Berufsausübungsregelungen werden durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt.307 Je stärker die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit ist, desto stärker müssen die Gemeinwohlbelange sein, denen die zu prüfende Regelung zu dienen bestimmt ist.308 Hier gilt es zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber des GmbHG selbst das Problem abstrakter Gefährdungen nicht für so gravierend gehalten hat, dass er in jedem Fall der Befangenheit eines Organmitglieds dem Organ insgesamt die Entscheidungszuständigkeit entzogen hat. Wie oben dargestellt wurde, verbleibt etwa im Fall des Selbstkontrahierens die Vertretungszuständigkeit grundsätzlich bei den übrigen Geschäftsführern. Damit wurde eine Grundentscheidung getroffen, die auch hier beachtet werden muss. Anderenfalls schüfe man im Bereich der analogen Anwendung einer Norm strengere Anforderungen, als sie in direkter Anwendung des GmbHG existieren. Das leuchtete nicht ein. Mit Blick auf die Berufsfreiheit des Geschäftsführers gemäß Art. 12 Abs. 1 GG scheidet daher eine Lösung aus, 305 RG, Urt. v. 27. 03. 1917 – Rep. II 318 / 16, RGZ 90, 98 (100); OLG Oldenburg, Urt. v. 17. 02. 2000 – 1 U 155 / 99, NZG 2000, 1038 (1040); Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 88 Rdnr. 13; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 88 Rdnr. 10; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 88 Rdnr. 20; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 112 Rdnr. 20 zu § 112 HGB. 306 Zur Abgrenzung von Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit statt aller: Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 12 Rdnrn. 25 ff. 307 Statt aller: BVerfG, Urt. v. 13. 12. 2000 – 1 BvR 335 / 97, BVerfGE 103, 1 (10); Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 12 Rdnr. 36. 308 BVerfG, Urt. v. 13. 12. 2000 – 1 BvR 335 / 97, BVerfGE 103, 1 (10).

B. Vorvertraglicher Kontakt mit Investoren und Beratern

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die vom betroffenen Geschäftsführer verlangte, das von ihm angestrebte Geschäft zu unterlassen. cc) Ergebnis zu § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG analog Der am Buyout beteiligte Geschäftsführer einer GmbH ist nach § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG analog von der Entscheidung über die Freigabe von Geschäftsgeheimnissen ausgeschlossen. Die Zuständigkeit, diese Entscheidung zu treffen, liegt bei den übrigen Geschäftsführern. Angesichts des Geheimhaltungsinteresses der Gesellschaft kommt keine Kompetenz der Gesellschafterversammlung in Betracht. dd) Sonderproblem: Lediglich ein Geschäftsführer Ein Sonderproblem tritt auf, wenn lediglich ein Geschäftsführer existiert. Gibt es etwa nur einen Fremdgeschäftsführer oder einen Alleingeschäftsführer, der bloß einen Teil der Anteile hält, stellt sich die Frage nach der Entscheidungskompetenz in einem anderen Kontext. Insbesondere können nicht andere Geschäftsführungsmitglieder im Gesellschaftsinteresse handeln. Es ändert sich aber nichts daran, dass das Interesse der GmbH an der Geheimhaltung der relevanten Informationen dafür spricht, nicht die Gesellschafterversammlung entscheiden zu lassen. Genauso bleibt jedoch auch das grundrechtlich geschützte Interesse des Geschäftsführers bestehen, wenigstens eine Entscheidung über den Sachverhalt herbeizuführen. Daher ist zu überlegen, ob eine den Interessen von Gesellschaft und Organ gerecht werdende Lösung existiert. In Betracht kommt folgender Weg: Der Geschäftsführer legt gegenüber den Gesellschaftern offen, dass er aufgrund eines Interessenkonflikts an der Entscheidung eines Sachverhalts gehindert ist. Anschließend bestellen die Gesellschafter einen Geschäftsführer, dessen Amt ausschließlich die herbeizuführende Entscheidung betrifft. Sollte der verhinderte Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter sein, ist dies unschädlich. Denn gemäß § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG analog unterliegt er einem Stimmrechtsausschluss. Dies entspricht der Rechtslage beim Stimmrechtsausschluss für Gesellschafterbeschlüsse, die das Verhalten eines Gesellschafters billigen oder missbilligen.309 Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die übrigen Gesellschafter wissen, dass der Geschäftsführer einem Interessenkonflikt unterliegt und die Notwendigkeit besteht, einen sachkundigen und unabhängigen Dritten zum Geschäftsführer zu bestellen. Gleichzeitig wird diese Lösung dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft gerecht.

309 OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. 02. 2000 – 6 U 77 / 99, GmbHR 2000, 1050 (1052); Lutter / Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, § 47 Rdnr. 19.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

III. Insiderrecht nach Wertpapierhandelsgesetz Oben wurde bereits dargelegt, warum das Insiderrecht des Wertpapierhandelsgesetzes im Zusammenhang mit den Verschwiegenheitspflichten der Manager zu berücksichtigen ist.310 Im Folgenden wird nun die Reichweite der in § 14 Abs. 1 WpHG enthaltenen Tatbestände im Einzelnen geprüft.

1. Erwerbsbegriff Auf den ersten Blick könnte man meinen, der Buyout unter Managementbeteiligung stelle in seiner eingangs vorgestellten Form mittels Gründung einer Erwerbsgesellschaft jedenfalls hinsichtlich der Investoren keinen Erwerb im Sinne der § 14 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 WpHG dar. Argumentiert man nämlich formalistisch, kann sich je nach Ausgestaltung der Transaktion folgendes Bild ergeben: „Erwerberin“ ist allein das Akquisitionsvehikel. Dieses kauft die Anteile. Die Manager werden lediglich Gesellschafter. Eine juristische Person kann zwar Insider im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes sein.311 Das erledigt aber das Problem nicht. Denn die Erwerbsgesellschaft wird erst gegründet, wenn sich die Beteiligten über die Durchführung der Transaktion einig sind. Mit anderen Worten ist hier ein zeitlich vorgelagertes Stadium zu betrachten, in dem die Manager die Informationen weitergeben möchten. Doch auch nach Gründung der Erwerbsgesellschaft stellen sich insiderrechtliche Fragen. Denn bei Zugrundelegung deutscher sachen- und wertpapierrechtlicher Begrifflichkeiten sind Manager und Investoren als Gesellschafter nicht Erwerber der Anteile. Wenn sie aber keine Wertpapiere erwerben, greifen die Verbote der Nrn. 1 und 3 aus § 14 Abs. 1 WpHG nicht. Denn diese knüpfen ausdrücklich an Erwerb und Veräußerung von Insiderpapieren an. Im Ergebnis bedeutete dies, dass die Manager allein § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG unterlägen. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG unter sogleich zu erläuternden Umständen die Weitergabe von Insiderinformationen zulässt, § 14 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 WpHG jedoch keine Ausnahmeregelung enthalten. Greift allein § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, wären die Anforderungen an die Weitergabe von Insiderinformationen geringer. Aus diesem Grund kommt es darauf an, ob „Erwerb“ mehr meint, als der Rückgriff auf die deutsche Terminologie vermuten lässt. „Erwerb“ i. S. v. § 14 WpHG ist nach zutreffender herrschender Meinung nicht unter Nutzung deutscher Begrifflichkeiten auszulegen.312 Soweit vereinzelte LiteOben A.I.4.a). Assmann, AG 1997, 50 (52); Schwark, in: Schwark, § 13 Rdnr. 26. 312 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 12; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 722; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 6; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 57. Im Ergebnis auch BAFin, Emittentenleitfaden, S. 25. Zu entstehenden Schutzlücken bei Abstellen auf die Verschiebung von Verfügungsmacht Kümpel, Rdnr. 16.160. 310 311

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raturstimmen gelegentlich eine dingliche Zuordnung oder zumindest eine Verschiebung der Verfügungsmacht fordern,313 verkennen sie die Anforderungen richtlinienkonformer Auslegung des Tatbestandes. Die der Vorschrift in ihrer Ursprungsfassung zugrunde liegende Insiderrichtlinie314 ging nicht von der deutschen Rechtsordnung aus.315 Gleiches gilt nunmehr nach der Marktmissbrauchsrichtlinie.316 Insoweit trägt das Wortlautargument nicht.317 Daher ist die Bandbreite europäischer kauf- und sachenrechtlicher Vorgaben als Hintergrund zu sehen.318 Wesentlich ist deshalb, dass der Insider die Realisierung des erwarteten Gewinns sichergestellt hat.319 Dies ist auch bei einem Buyout mittels einer Erwerbsgesellschaft der Fall. Über die Mitgliedschaft können Investoren und Manager erzielte Gewinne realisieren. Zugleich sichert der Anteil an der Gesellschaft diese Gewinnrechte und ist nicht ohne weiteres entziehbar. Folglich sind Manager und Investoren als zukünftige Gesellschafter des Akquisitionsvehikels „Erwerber“ im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes, so dass sie grundsätzlich sämtlichen Verboten des § 14 Abs. 1 WpHG unterliegen.320 2. Weitergabe an Investoren a) § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG Die in der Praxis im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen wichtigste insiderrechtliche Norm des Wertpapierhandelsgesetzes ist § 14 Abs. 1 Nr. 2. Daher wird sie an dieser Stelle vorrangig behandelt. Wie oben dargestellt, verbietet § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG die unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen an andere. Darüber hinaus genügt bereits das Zugänglichmachen, also das Schaffen der Voraussetzungen, unter denen ein anderer 313 Casper, WM 1999, 363 (364); tendenziell auch noch Schäfer, in: Schäfer / Hamann, § 14 WpHG Rdnr. 12 a.E. 314 Richtlinie 89 / 592 / EWG des Rates vom 13. 11. 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, ABl. L 334 vom 18. 11. 1989, 30. 315 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 12; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 57. 316 Richtlinie 2003 / 6 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. 01. 2003 über Insider-Geschäfte und Markmanipulation, ABl. L 96 vom 12. 04. 2003, 16. 317 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 12; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 722. Das verkennt Casper, WM 1999, 363 (364). 318 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 12. 319 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 12; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 7. Ähnlich Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 57. Auch die BAFin stellt lediglich auf die vertragliche Absicherung des Gewinns ab, Emittentenleitfaden, S. 25. 320 Damit ist die Frage der ad hoc-Mitteilungspflicht nach § 15 WpHG noch nicht entschieden. Insbesondere kann man nicht schon allein aus den Feststellungen im Text eine derartige Publizitätspflicht folgern. Ob die Manager die Transaktion vor Veröffentlichung einer ad hocMitteilung durchführen können, wird in § 2 D.II.1.c) und 2. noch ausführlich erörtert.

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Kenntnis von der Insidertatsache erlangen kann, ohne die Tatsache als solche mitzuteilen.321 Das Wertpapierhandelsgesetz insgesamt dient der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte sowie der Verbesserung des Anlegerschutzes.322 Das Insiderrecht hat die Aufgabe, den Kreis der Insider möglichst klein zu halten sowie eine Gleichbehandlung der Anleger zu gewährleisten.323 Dieser Schutzzweck verdrängt aber nicht jedes abweichende Interesse der Normadressaten.324 Anderenfalls unterbände man unter Umständen auch sinnvolle Verhaltensweisen auf dem Markt.325 So kann ein Buyout unter Beteiligung des Managements etwa der einzige Weg sein, schnell eine notwendige Nachfolgeregelung zu treffen. Es bedarf daher einer Abwägung zwischen den Belangen der Normadressaten sowie den Zielen des Insiderrechts unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.326 aa) Weitergabe und normale Berufsausübung Grundlage für eine solche Abwägung ist nach allgemeiner Ansicht im Anschluss an die Entwurfsbegründung zum Wertpapierhandelsgesetz 327 bzw. die Marktmissbrauchsrichtlinie328 die Orientierung daran, ob die Weitergabe sich innerhalb des normalen Rahmens der Berufsausübung oder der Erfüllung der Aufgaben der Insider bewegt.329 Eine Maßnahme ist aber nicht schon dann „normal“, wenn sie 321 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 66; BAFin, Emittentenleitfaden, S. 31; Kümpel, Rdnr. 16.179; Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 43; Schäfer, in: Schäfer / Hamann, § 14 WpHG Rdnr. 20; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 28. Einschränkend wird gefordert, dass der andere tatsächlich auf Grund eigener Handlung Kenntnis erlangt, Assmann, Schwark, jeweils a. a. O., Schäfer, Rdnr. 21; dagegen wohl Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 734. Hinsichtlich der Möglichkeit des Unternehmenskaufs liegt die Erfüllung dieser Tatbestandsmerkmale aber nahe, weil die andere Person lediglich einen Rückschluss von der Tatsache ziehen muss, dass sie von einem Geschäftsleiter auf die Möglichkeit einer Durchführung eines Buyouts angesprochen wird. 322 Begründung des Regierungsentwurfs zum WpHG, BT-Dr. 12 / 6679 v. 27. 01. 1994, S. 1 und die Nachw. in Fußn. 211. 323 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 73; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 671; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Kümpel, Rdnr. 16.180; Kümpel / Veil, Kap. 3 Rdnr. 44; Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 46; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 25. 324 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 73; Cahn, ZHR 162 (1998), 1 (2); Kümpel, Rdnr. 16.180; s. auch BAFin, Emittentenleitfaden, 31. 325 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 73; Cahn, ZHR 162 (1998), 1 (3); Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 30. 326 s. nur Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 73; Cahn, ZHR 162 (1998), 1 (3); Götz, DB 1995, 1949 (1950); Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 46; Ziemons, AG 1999, 492 (497). 327 BT-Dr. 12 / 6679, 47. 328 s. Art. 3 lit. a der Richtlinie (Nachw. in Fußn. 316). 329 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 73; BAFin, Emittentenleitfaden, S. 31; Hammen, in: BuB, Rdnrn. 7 / 735; Hemeling, ZHR 169 (2005), 274 (283); Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 31; Ziegler, DStR 2000, 249 (253); Ziemons, AG 1999, 492 (497).

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als üblich betrachtet wird.330 Der mittlerweile einhelligen Ansicht im deutschen Schrifttum, „normal“ heiße jedoch auch nicht „zwingend erforderlich“,331 steht neuerdings auf den ersten Blick die Entscheidung des EuGH in der Sache „Grøngaard“332 entgegen.333 Nach dieser ist die zugrunde liegende Bestimmung der Richtlinie334 eng auszulegen.335 Weiter sei die Weitergabe einer Insiderinformation nur dann gerechtfertigt, „wenn sie für die Ausübung einer Arbeit oder eines Berufes oder für die Erfüllung einer Aufgabe unerlässlich ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.“336 Auch die Sensibilität der Information sei wichtig.337 Andererseits weist der Gerichtshof aber ausdrücklich darauf hin, dass Art. 3 lit. a) der Insiderrichtlinie [jetzt Art. 3 lit. a) der Marktmissbrauchsrichtlinie] „unter Berücksichtigung der Besonderheiten des anwendbaren nationalen Rechts zu beurteilen ist.“338 Es fehle nämlich insoweit an einer Harmonisierung.339 Damit bleibt trotz des nunmehr geltenden strengeren Maßstabs eine Weitergabe jedenfalls an gesellschaftsexterne Berater möglich.340 Auf andere Weise ist etwa die Erteilung qualifizierten Rechtsrats nicht zu gewährleisten. Des Weiteren gilt nach wie vor die in der Marktmissbrauchsrichtlinie in Erwägungsgrund (29) fixierte Ausnahme für die Weitergabe von Insiderinformationen im Rahmen einer Due Diligence Prüfung anlässlich eines avisierten Paketerwerbs bzw. Übernahmeangebots.341 Für die hier relevanten Fragen ändert sich damit nichts im Vergleich zur bisherigen Rechtslage.

330 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 74; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 735; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 32. 331 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 74; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 33, jeweils m. Nachw. 332 EuGH, Urt. v. 22. 11. 2005 – C-384 / 02, NZG 2006, 60 ff. – Knud Grøngaard, Allan Bang. 333 Sethe, ZBB 2006, 243 (250). 334 Das Urteil erging zur Insiderrichtlinie (Fußn. 314). Da die Marktmissbrauchsrichtlinie aber insoweit keine Änderungen mit sich gebracht hat, gelten die Grundsätze des EuGH auch insoweit. 335 EuGH, Urt. v. 22. 11. 2005 – C-384 / 02, NZG 2006, 60 Rdnr. 27 – Knud Grøngaard, Allan Bang. 336 EuGH, Urt. v. 22. 11. 2005 – C-384 / 02, NZG 2006, 60 (61 Rdnr. 34) – Knud Grøngaard, Allan Bang, Hervorhebung im Text vom Autor hinzugefügt. 337 EuGH, Urt. v. 22. 11. 2005 – C-384 / 02, NZG 2006, 60 (61 Rdnr. 37) – Knud Grøngaard, Allan Bang. 338 EuGH, Urt. v. 22. 11. 2005 – C-384 / 02, NZG 2006, 60 (61 Rdnr. 39) – Knud Grøngaard, Allan Bang. 339 EuGH, Urt. v. 22. 11. 2005 – C-384 / 02, NZG 2006, 60 (61 Rdnr. 40) – Knud Grøngaard, Allan Bang. 340 So auch Sethe, ZBB 2006, 243 (252). 341 Sethe, ZBB 2006, 243 (252).

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bb) Schweigepflichten Auf die Existenz berufsrechtlicher oder vertraglicher Verschwiegenheitspflichten kommt es nicht an.342 Im Gegenzug kann aus der Eigenschaft des Empfängers als Insider nicht stets auf die Befugnis zur Informationsweitergabe geschlossen werden.343 cc) Mitteilung des Entschlusses zur Durchführung eines Buyouts Denkbar ist zunächst, dass nicht die Geschäftsleiter von einem Investor angesprochen werden, sondern dass das Vorstandsmitglied selbst Gespräche initiieren möchte. Allein das Auftreten der Geschäftsleiter lässt Rückschlüsse auf die Möglichkeit eines Erwerbs der Zielgesellschaft zu. Im Rahmen eines regulären Unternehmenskaufs ist das eine nicht öffentlich bekannte Tatsache, welche zur Kursbeeinflussung geeignet ist.344 Selbst wenn die Geschäftsleiter also keine Gesellschaftsinterna mitteilen, ist der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG eröffnet. Entscheidend ist daher im Fall des regulären Unternehmenskaufs (also ohne Beteiligung der Geschäftsleiter), ob die Weitergabe von Informationen bzw. das Ansprechen als „befugt“ im Sinne der Norm zu beurteilen ist.345 Nach den oben ausgeführten Grundsätzen muss die Weitergabe mithin als normale Berufsausübung bzw. Ausübung einer Arbeit anzusehen sein. Handelte der Geschäftsleiter im Rahmen eines avisierten Unternehmenskaufs für die erwerbswillige Gesellschaft, wäre eine Weitergabe zulässig.346 Insoweit würde er nämlich in Ausübung seiner Aufgaben tätig. Die Besonderheit bezogen auf einen Buyout unter Beteiligung des Managements ergibt sich daraus, dass der Geschäftsleiter nicht für die Gesellschaft handelt, sondern allein im eigenen Interesse. Stellt man auf seine Position als Vorstandsmit342 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 75; BAFin, Emittentenleitfaden, S. 31; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 735; Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 47; Schäfer, in: Schäfer / Hamann, § 14 WpHG Rdnr. 28; Sethe, ZBB 2006, 243 (250); von Falkenhausen / Widder, BB 2005, 225 (227 f.). Die abweichende Ansicht (zum alten Recht: Götz, DB 1995, 1949 [1950], zum neuen Recht: Liekefett, S. 183 f.; Rodewald / Tüxen, BB 2004, 2249 [2252]), welche sich nach Inkrafttreten der Marktmissbrauchsrichtlinie auf deren Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 2 stützt, überzeugt nicht. Ihr wird zu Recht entgegengehalten (Assmann, Rdnr. 76; Schäfer, Rdnr. 28), dass von dieser Regelung zur ad hoc-Publizität nicht auf die befugte Weitergabe rückgeschlossen werden kann: Eine Verschwiegenheitspflicht lässt nur die Veröffentlichungspflicht i. S. v. § 15 WpHG entfallen, sagt aber nichts über die „Befugnis“ i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG aus (Assmann, Rdnr. 76). 343 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 79; Ziemons, AG 1999, 492 (497). 344 A. A. Schlitt / Schäfer, AG 2004, 346 (354). Dagegen zu Recht Cahn, Der Konzern 2005, 5 (9) mit dem Hinweis, dass es nicht stimme, „dass der Entschluss für denjenigen, der ihn gefasst hat, keine Insiderinformation wäre.“ 345 Cahn, Der Konzern, 2005, 5 (9 Fußn. 38). 346 BAFin, Emittentenleitfaden, S. 31; Cahn, Der Konzern 2005, 5 (9 Fußn. 38); Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 736;

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glied ab, lässt sich ein Zusammenhang mit beruflichen Aufgaben schwerlich begründen. Es gehört nicht zu seinen Pflichten, die von ihm geleitete Gesellschaft zu erwerben. Dennoch ist eine Offenlegung des Erwerbsentschlusses gegenüber einem Investor zulässig.347 Es ist nämlich bereits zweifelhaft, ob man, wie bei einem sonstigen Unternehmenskauf, überhaupt von dem Vorliegen einer Insiderinformation sprechen kann. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG muss die Information konkret sein, um als Insidertatsache in Betracht zu kommen. Gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG sind konkrete Umstände auch solche, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden. Die Marktmissbrauchsrichtlinie setzt nach Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 insoweit eine „präzise“ Information voraus. Präzise ist eine Information nach der Definition der Durchführungsrichtlinie 2003 / 124 / EG zur Marktmissbrauchsrichtlinie, 348 „wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits existieren oder bei denen man mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie in Zukunft existieren werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten wird, und diese Information darüber hinaus spezifisch genug ist, dass sie einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse von Finanzinstrumenten oder damit verbundenen derivativen Finanzinstrumenten zulässt.“ Teilt ein Geschäftsleiter einem Investor seinen Entschluss mit, einen Buyout durchzuführen, handelt es sich noch nicht um einen Umstand, der bereits existiert oder dessen Realisierung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Denn die Verwirklichung des Entschlusses hängt maßgeblich von der Bereitschaft des Investors ab, das Geschäft zu finanzieren. Durch Gespräche mit dem Investor soll überhaupt erst die Umsetzbarkeit des Vorhabens erörtert werden. Gleiches gilt für den praktisch wichtigeren Fall, dass die Investoren ein Vorstandsmitglied ansprechen. Allein die Teilnahme an einem Gespräch seitens eines Managers lässt noch nicht auf eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der zukünftigen Durchführung des Buyouts schließen. Vielmehr sollen solche Gespräche dazu dienen, die Machbarkeit und Wahrscheinlichkeit der Transaktion erst auszuloten. Deshalb fehlt es an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Der Entschluss zur Durchführung eines Buyouts ist damit noch keine Insiderinformation. Mithin bedarf es auch nicht der Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Offenlegung des Entschlusses gegenüber einem Investor „befugt“ erfolgt. Der Tatbe347 Vgl. auch Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 146, für Personen, die der Bieter im Rahmen eines regulären Übernahmeangebots zum gemeinschaftlichen Handeln gewinnen möchte. 348 Richtlinie 2003 / 124 / EG der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003 / 6 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation, ABl. L 339 vom 24. 12. 2003, 70.

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stand des § 14 WpHG greift bereits nicht ein, weil es an einer Insiderinformation fehlt. Im Ergebnis darf der Geschäftsleiter also seine Absicht, einen Buyout durchzuführen, offen legen. Sobald die Investoren sich dem Geschäftsleiter anschließen, stellt das einen eine Insiderinformation begründenden Umstand dar, weil ab diesem Zeitpunkt die Durchführung der Transaktion hinreichend wahrscheinlich ist. dd) Mitteilung von anderen Informationen an die Investoren (1) Grundsätze zum Paketkauf Die Weitergabe von Informationen an Investoren, vor allem dann, wenn diese die Geschäftsleiter ansprechen, ähnelt bei oberflächlicher Betrachtung der Situation eines Paketkaufs. Für den Fall des Paketerwerbs bzw. des Erwerbs von Gesellschaftsbeteiligungen ist nach der herrschenden Ansicht eine Weitergabe von Insidertatsachen durch den Veräußerer an den Erwerber befugt.349 Argumentiert wird damit, dass der Erwerber seinen Entschluss zum Erwerb ausführen darf, selbst wenn ihm der Veräußerer im Rahmen der Vertragsverhandlungen Unterlagen mit vertraulichen Informationen vorlegt.350 Der Veräußerer müsse also im Umkehrschluss zur Weitergabe von Informationen an den Erwerber befugt sein, damit dieser eine endgültige Entscheidung über den Erwerb treffen könne.351 Sachlich rechtfertige sich dies im Fall positiv wirkender Insiderinformationen, weil der Veräußerer ein berechtigtes Interesse daran habe, die Information in den Kaufpreis einzubeziehen.352 Umgekehrt sei er hinsichtlich negativ wirkender Informationen zur Mitteilung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1 S. 1, 311 Abs. 2 BGB) zur Weitergabe verpflichtet.353 Diesem Argument der herrschenden Meinung kann nicht entgegengehalten werden, die Aufklärungspflichten könnten nicht weiter reichen, als es die Verbote der §§ 12 ff. WpHG gestatten.354 Zunächst resultiert der Anspruch auf Aufklärung 349 Assmann, AG 1997, 50 (56); BAFin, Emittentenleitfaden, S. 31; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 736; Kümpel, Rdnr. 16.195; Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 57; Roschmann / Frey, AG 1996, 449 (53); Schäfer, in: Schäfer / Hamann, § 14 WpHG Rdnrn. 71, 76 (sofern mehr als 30 % des Grundkapitals erworben werden sollen); Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 40; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 111; Süßmann, AG 1999, 162 (168 f.); Ziegler, DStR 2000, 249 (253); kritisch bei Poolmitgliedern aber Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (146). 350 BAFin, Emittentenleitfaden, S. 27 f.; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 40; Ziegler, DStR 200, 249 (253). 351 Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 40; Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 352 Assmann, AG 1997, 50 (59); ders., in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 164; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 40. 353 Assmann, AG 1997, 50 (59); ders., in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 166; Hammen, in: BuB, Rdnr. 7 / 736; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 40; Schmidt-Diemitz, DB 1996, 1809 (1810 f.); Süßmann, AG 1999, 162 (168).

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nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo aus einer gesetzlichen Grundlage und ist nicht von privatautonomer Entscheidung abhängig. Damit ginge das Argument fehl, die Parteien hätten die Umgehung der §§ 12 ff. WpHG sinnwidrig in der Hand. Zudem unterliegt der Empfänger der Information selbst gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG einem Weitergabeverbot.355 Dass die Insiderinformation vor der Weitergabe mit Hilfe einer ad hoc-Mitteilung veröffentlicht werden kann, ist unschädlich. Denn dieser Umstand hat mit dem hier diskutierten Problem nichts zu tun. Fraglich ist nämlich gerade die Möglichkeit einer Weitergabe von Insiderinformationen an Dritte, ohne zugleich oder vorher eine ad hoc-Mitteilung veröffentlichen zu müssen. Außerdem ist der Hinweis auf die Aufklärungspflicht aus culpa in contrahendo im Rahmen der Abwägung nicht der allein entscheidende Gesichtspunkt, sondern, wie schon aus dem Hinweis auf die Interessen des Veräußerers hervorgeht, ein Faktor unter mehreren. Zur Rechtfertigung der Informationsweitergabe im Verhältnis von Veräußerer und Erwerber wird von der überwiegenden Ansicht weiter vorgebracht, die Preisgabe verschaffe dem Interessenten keinen Sondervorteil.356 Berührt würden lediglich das Ob und Wie, also Kaufvertragsabschluss sowie Höhe des Kaufpreises, zu weiteren Transaktionen dürften die Informationen nicht ausgenutzt werden.357 Diese Sichtweise ist problematisch. Wird einem Erwerber gegenüber eine Insiderinformation offen gelegt, anderen Erwerbern aber nicht, erzielt ersterer dann einen Sondervorteil, wenn letztere zum gleichen Zeitpunkt Wertpapiere über die Börse erwerben.358 Außerdem preist der Erwerber die Volatilität der Börsenkurse mit ein, so dass insofern entgegen Stimmen in der Literatur359 der Börsenkurs auch beim außerbörslichen Erwerb von Bedeutung ist.360 Darüber hinaus ist ein Anleger, der keinen so großen Anteil erwirbt wie ein anderer, trotzdem genauso schützenswert.361 Zudem kann nicht eingewandt werden, außerbörslicher Handel führe nicht unmittelbar zu Kursbewegungen zulasten anderer Aktionäre. Dieses Argument rechtfertigte nämlich eine – von niemandem gewollte – Freistellung des gesamten außerbörslichen Geschäfts von den §§ 12 ff. WpHG.362 354 So aber Hasselbach, NZG 2004, 1087 (1090); Weimann, DStR 1998, 1556 (1560); insoweit zustimmend auch Ziegler, DStR 2000, 249 (255 Fußn. 77). Zur parallelen Frage der §§ 17, 18 UWG in diesem Sinne auch Otto, in: Großkomm / UWG, § 17 Rdnr. 52. 355 Zur gebotenen teleologischen Reduktion von § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG hinsichtlich der Aufklärung der Anteilseigner über Insiderinformationen s. u. § 2 D.II.1.c). 356 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 164; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 40; Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 357 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 164; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 40; Ziegler, DStR 2000, 249 (253). 358 Weimann, DStR 1998, 1556 (1560). 359 Assmann, AG 1997, 50 (56). 360 Banerjea, ZIP 2003, 1730 (1733). 361 Banerjea, ZIP 2003, 1730 (1733); Schäfer, in: Schäfer / Hamann, § 14 Rdnr. 75. 362 Schäfer, in: Schäfer / Hamann, § 14 Rdnr. 75 a. E.

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Die maßgeblichen Argumente sind für den Paketerwerb andere: Bereits die Marktmissbrauchsrichtlinie nimmt in Erwägungsgrund (29) den Zugang zu Insiderinformationen über eine andere Gesellschaft und deren Verwendung bei einem öffentlichen Übernahmeangebot mit dem Ziel des Kontrollerwerbs oder eines Zusammenschlusses von den insiderrechtlichen Verboten aus. Zudem weist die Literatur richtigerweise darauf hin,363 dass sowohl der Erwerber ein schützenswertes Interesse an der Informationserlangung hat als auch ein allgemeines Interesse daran besteht, dass nach dem Beteiligungserwerb keine Einschnitte bei der Zielgesellschaft vorgenommen werden. Die potentielle Informationsasymmetrie zwischen Geschäftsleiter und Investor wird beim Buyout unter Managementbeteiligung von diesem Gedanken der Herstellung gleichwertiger Verhandlungsbedingungen aber nicht gedeckt, weil ein Kaufvertrag nicht zwischen diesen Parteien, sondern mit einem Dritten364 geschlossen werden soll. (2) Besonderheiten des Buyouts unter Managementbeteiligung Die Überlegungen zum Paketkauf lassen sich nicht unbesehen auf die Offenlegung von Informationen gegenüber einem Investor übertragen. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass nicht der Veräußerer Informationen an den Erwerber weitergibt. Vielmehr möchte einer der künftigen Erwerber – der Geschäftsleiter – einen potentiellen Miterwerber – den Investor – über bestimmte Tatsachen in Kenntnis setzen. Die Grundsätze der culpa in contrahendo (§§ 280, 311 Abs. 2 BGB) können hier, also im Verhältnis von Geschäftsleiter und Investor, nicht herangezogen werden. Zum einen besteht aufgrund der geschäftlichen Expertise des Investors nicht die Gefahr, seitens des Managers übervorteilt zu werden. Der Manager verfolgt die gleichen Interessen wie der Investor, beide Parteien stehen auf der gleichen Seite der Transaktion. Zum anderen hat der Investor die Möglichkeit, sich zu einem späteren Zeitpunkt mittels einer Due Diligence Zugang zu wichtigen Informationen zu verschaffen und die Transaktion gegebenenfalls neu zu evaluieren.365 Es steht also in seiner Macht, etwaige Informationsasymmetrien zu beheben. Aufklärungspflichten existieren mithin, wenn überhaupt, nur im Verhältnis von Veräußerer und Erwerber, um faire Verhandlungsgrundlagen zu schaffen und Informationsasymmetrien zu beseitigen.366 An dieser Stelle ist deshalb noch nicht entschieden, ob Aufklärungspflichten bei einem Buyout unter Managementbeteiligung generell nicht in Betracht kommen. Die damit zusammenhängenden Fragen werden im zweiten Kapital umfassend untersucht. 363 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 164; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 111. 364 Mit den Gesellschaftern. 365 Zum Kriterium des Informationszugangs als maßgeblicher Wertung für die Zubilligung eines Aufklärungsanspruchs aus culpa in contrahendo s. ausführlicher unten § 2 B.III.1.b). 366 Dazu noch umfassend § 2 B.III.

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Genauso scheidet ein Rückgriff auf gesellschaftsrechtliche Treuepflichten aus: Im Zusammenschluss von Investoren und Managern lässt sich die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sehen. Mit Blick auf die unter den Gesellschaftern bestehenden Treuepflichten könnte man nun argumentieren, der Manager sei in seiner Eigenschaft als Gesellschafter zur Aufklärung verpflichtet, weil die Informationen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erreichung des Gesellschaftszwecks stünden.367 Doch kommt eine derartige Pflicht aus zwei Gründen nicht in Betracht: Erstens ist den übrigen Gesellschaftern von vornherein bekannt, dass der Manager verschiedenen Offenlegungsverboten unterliegt. Wenn sie trotzdem mit ihm gemeinsam eine Gesellschaft gründen, erkennen sie diese Beschränkung implizit an. Zweitens machte eine solche Herleitung von Aufklärungspflichten aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht die Umgehung der Schweigepflichten des Managers einfach. Da es sich um eine gesetzliche Aufklärungspflicht handelte, könnte dieser ohne Verstoß gegen die Tatbestände des Aktiengesetzes, GmbHG, UWG und Wertpapierhandelsgesetzes sämtliche Interna weitergeben. Damit eröffnete sich eine einfache Möglichkeit, ohne Zustimmung und Wissen der Gesellschaft Informationen offenzulegen. Das lässt sich nicht mit dem Ziel der Verschwiegenheitsbestimmungen vereinbaren. Die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Zweck der Umgehung der Informationsweitergabeverbote wäre rechtsmissbräuchlich. Gegen diese enge Interpretation des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG lässt sich auf den ersten Blick ein Wertungsargument entwickeln, wie folgendes Beispiel zeigt: Das konzernierte Zielunternehmen Z befindet sich in einer Lage, in der es dringend der Zuführung liquider Mittel bedarf. Anderenfalls droht die Insolvenz. Z verfügt über einige Produktpatente, die zukünftig hohe Profite erwarten lassen. Die Konzernmutter überlegt schon längere Zeit, Z zu veräußern. In dieser Situation können die Geschäftsleiter mit einer Bank über ein Sanierungsdarlehen verhandeln, um das Überleben von Z zu sichern. Die Bank bietet den Geschäftsleitern nun an, einen Buyout mitzufinanzieren und in diesem Zuge der Z ausreichend liquide Mittel darlehensweise zu überlassen.

Wirtschaftlich betrachtet ähneln sich die Vorgänge aus Sicht der Bank. In beiden Fällen soll die Bereitstellung liquider Mittel der Erhaltung von Z dienen. Auch im Fall der „reinen“ Kreditgewährung wird die Bank einen tiefen Einblick in die Geschäftsunterlagen und -daten von Z verlangen. Hier wären die Geschäftsleiter befugt und verpflichtet, über das Ob und Wie einer Offenlegung von Gesellschaftsinterna zu entscheiden. Der entscheidende Grund für eine differenzierte Betrachtung ergibt sich aus der unterschiedlichen Stellung der Geschäftsleiter. Im „Darlehensfall“ handeln sie als die kraft Gesetzes zur Entscheidung befugten Vertreter der Gesellschaft. Entscheidungsmaßstab ist – auch aus ihrer Sicht – allein das Gesellschaftsinteresse. Bei einem Buyout unter Managerbeteiligung tritt aber neben das Gesellschaftsinteresse noch das Eigeninteresse der Manager. 367 Zur Herleitung von Aufklärungspflichten zwischen Gesellschaftern aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht BGH, Urt. v. 11. 12. 2006 – II ZR 166 / 05, NZG 2007, 185 (186).

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

Wie schon bei den gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten368 existiert auch hier eine abstrakte Gefährdungslage. Denn die Manager haben Eigeninteressen an der Weitergabe, gegenüber denen die Interessen der Gesellschaft und der Marktschutz zurückzutreten drohen. Es ist nicht gewährleistet, dass die Manager bei einer zu Recht noch nicht veröffentlichten Insiderinformation das Interesse des Emittenten an der weiteren Geheimhaltung gebührend berücksichtigen bzw. das Interesse der Emittentin an einer Weitergabe nicht überbetonen, um es stärker zugunsten einer Weitergabebefugnis gewichten zu können. Hinsichtlich des Marktschutzes besteht die Gefahr, dass dieses abstrakte Ziel gegenüber dem konkreten Wunsch der Manager keine ausreichende Beachtung erfährt. Für die Abwägung im Rahmen der Weitergabe i. S. v. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ergibt sich deshalb das Risiko, dass keiner der zu berücksichtigenden Aspekte angemessen berücksichtigt wird. (3) Zur Abwägung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG berufenes Organ Angesichts der beschriebenen Gefahren ist auch im Rahmen von § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG der Aufsichtsrat nach § 112 AktG analog zur Entscheidung berufen. Diese Lösung stellt die Manager sowie die Investoren einem Käufer gleich, der nicht bereits vor der Transaktion für die Gesellschaft tätig war. Hier scheint der Einwand möglich, es liege eine unzulässige Vermischung der kapitalmarktrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Ebenen vor. § 14 WpHG diene nämlich nicht dem Schutz der Gesellschaft vor Handlungen der Geschäftsleitung im Eigeninteresse. Bei näherer Betrachtung ist ein Gesellschaftsinteresse an einer konfliktfreien Entscheidung aber genauso zu bejahen wie ein kapitalmarktrechtliches: Das der Gesellschaft ergibt sich mittelbar aus § 37b Abs. 1 WpHG. Nach dieser Norm haftet sie, wenn sie Insiderinformationen nicht mittels einer ad hoc-Mitteilung i. S. v. § 15 WpHG veröffentlicht hat, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wäre. Wären die Geschäftsleiter zur Entscheidung über die Abwägung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG berufen, bestünde aufgrund ihres starken Eigeninteresses das Risiko einer unrechtmäßigen Weitergabe von noch nicht publizierten Insiderinformationen. Um ihr mit der Weitergabe verfolgtes Ziel erreichen zu können, ist es ihnen wichtig, dass die Informationen weiterhin nichtöffentlich bleiben. Folglich werden sie entgegen § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG davon absehen, gleichzeitig eine ad hoc-Mitteilung zu publizieren. Das wiederum begründet die beschriebene Schadensersatzpflicht. Das Gesellschaftsinteresse an der Anwendung von § 112 AktG analog resultiert also daraus, dass mit einer fehlerhaften Abwägungsentscheidung die Gefahr einhergeht, die mit der Weitergabe grundsätzlich verbundene ad hoc-Mitteilungspflicht i. S. v. § 15 WpHG zu verletzen und so Schadensersatzpflichten gemäß § 37b Abs. 1 WpHG auszulösen. 368

Dazu oben II.3.

B. Vorvertraglicher Kontakt mit Investoren und Beratern

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Ein kapitalmarktrechtliches Interesse daran, dass nicht die Geschäftsleiter über das Vorliegen der Befugnis nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG entscheiden, ergibt sich aus dem Zweck des Insiderrechts. Es dient, wie bereits mehrfach erwähnt, dazu, das Vertrauen der Anleger in einen funktionsfähigen Kapitalmarkt und damit auch in ordnungsgemäße Geschäftsabläufe zu schützen. Das Vertrauen der Anleger soll unter anderem so begründet bzw. aufrechterhalten werden, dass die Weitergabe einer Insiderinformationen vor der Veröffentlichung einer ad hoc-Mitteilung grundsätzlich verboten ist. Zwar lassen die §§ 14 Abs. 1 Nr. 2 und 15 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 WpHG Ausnahmen zu. Diese dienen aber bestimmten Zielen und können nicht ohne weiteres bejaht werden. Eine Weitergabe von Insiderinformationen nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG hat, wie oben unter aa) beschrieben wurde, bestimmte Voraussetzungen. Eigeninteressen der Mitglieder des entscheidenden Organs gehören nicht dazu. Die Weitergabe muss im Rahmen der normalen Berufsausübung bzw. in Erfüllung ihrer Aufgaben erfolgen. Dürften die Manager über die Weitergabe entscheiden, bestünde die Gefahr der Aushebelung dieser engen Voraussetzungen. In der Folge könnten die Anleger nicht mehr davon ausgehen, dass eine objektive Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung dieser Kriterien durchgeführt wird. Auf diese Weise würde die Erreichung des Zwecks der §§ 14, 15 WpHG in Frage gestellt, das Anlegervertrauen zu schützen. Auch aus kapitalmarktrechtlicher Sicht ist es daher geboten, den Managern die Entscheidungsbefugnis zu entziehen. Dieses Gebot muss mangels entsprechender organisationsrechtlicher Vorgaben im Wertpapierhandelsgesetz mit den Mitteln des Aktienrechts umgesetzt werden. Das führt ebenfalls zur analogen Anwendung von § 112 AktG.

b) § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG Die Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber den Investoren findet zu einem Zeitpunkt statt, in dem die Geschäftsleiter die Finanzierung des möglicherweise zukünftig durchzuführenden Kaufs sicherstellen wollen. Mit anderen Worten dient die Weitergabe dazu, die Investoren zu überzeugen, sich am Geschäft zu beteiligen. Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz369 hat § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG erweitert. War zuvor nur die Empfehlung des Erwerbs von Insiderpapieren auf Grundlage von Insiderinformationen untersagt, verbietet die Norm heute auch, einen anderen auf sonstige Weise zum Erwerb zu verleiten. Zum Erwerb oder zur Veräußerung verleitet nach der Begründung des Entwurfs, wer den Willen des anderen durch beliebige Mittel beeinflusst.370 Das Verleiten erfasst auch die Empfehlung, ist also weiter auszulegen als die alte Fassung des Tatbestandes.371 Weiter muss die Verleitung ursäch369 370 371

Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (AnSVG) v. 28. 10. 2004, BGBl. I S. 2630. Begründung des Regierungsentwurfs zum AnSVG, BT-Dr. 15 / 3174, S. 34. Begründung des Regierungsentwurfs zum AnSVG, BT-Dr. 15 / 3174, S. 34.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

lich auf der Kenntnis einer Insiderinformation beruhen.372 Die Motivation für die Geschäftsleiter, einen Buyout durchzuführen, beruht auf der genauen Kenntnis über die Gesellschaft betreffende Insiderinformationen sowie über deren Auswirkungen. Wollen sie einen Investor zur Finanzierung der Transaktion bewegen, handeln sie zumindest auch auf Grundlage der Insiderinformation. Die Ansprache der Investoren durch die Manager beruht auf diesen Tatsachen. Ohne Kenntnis der der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Chancen würden die Geschäftsleiter die Transaktion nicht durchführen. Insofern liegt ein Ursachenzusammenhang vor. Daher greift § 14 Abs. 1 Nr. 3, 2. Var. WpHG.

c) Ergebnis: Keine Befugnis der Manager zur Informationsweitergabe Die Tatbestände aus § 14 Abs. 1 WpHG sind gleichrangig und stehen nebeneinander. Selbst wenn man daher entgegen der oben vertretenen Ansicht eine Befugnis zur Weitergabe nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG annehmen möchte, scheidet eine Informationsweitergabe dennoch nach Maßgabe der Nr. 3 aus. Im Unterschied zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG enthält die Nr. 3 nämlich keine Ausnahme hinsichtlich bestimmter Verhaltensweisen. Eine „Befugnis“ sieht diese Norm nicht vor. Deshalb ist es den Geschäftsleitern aus Sicht des Wertpapierhandelsrechts nicht gestattet, Insiderinformationen an einen Investor weiterzugeben, um diesen zur Finanzierung und zum Miterwerb beim Buyout zu bewegen. Auch wenn der Investor – entgegen der gängigen Praxis – kein Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft wird, sondern dieser lediglich ausreichende Mittel zur Verfügung stellt, steht jedenfalls § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG einer Informationsweitergabe entgegen. Allerdings findet § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG keine Anwendung, da es insoweit an einem Erwerb fehlt. Selbst bei einer weiten Auslegung dieses Begriffs mangelt es hier an der notwendigen Absicherung des potentiellen Gewinns. Gewinn macht der Investor in einem solchen Fall lediglich über den an ihn zu zahlenden Zins. Eine Weitergabe sonstiger Interna verbietet das Wertpapierhandelsgesetz nicht. Hierbei handelt es sich um eine Frage der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten. Entstehende Schwierigkeiten sind hinzunehmen, Unsicherheiten lassen sich gegebenenfalls im Rahmen einer Due Diligence Prüfung ausräumen.373 Sollten die Geschäftsleiter von der gesellschaftsrechtlichen Geheimhaltungspflicht befreit worden sein, führt dies nicht zu einer insiderrechtlich zulässigen Weitergabe. Maßstab für die Befreiung von den korporativen Verschwiegenheitspflichten ist allein das Gesellschaftsinteresse, bei § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG tritt das Ziel des Marktschutzes hinzu. Die Abwägungsentscheidung hinsichtlich der Be372 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 127; Schäfer, in: Schäfer / Hamann, § 14 Rdnr. 35. 373 Zur Due Diligence s. noch unten IV.

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freiung berücksichtigt damit aus Sicht des Kapitalmarktrechts nicht alle Kriterien. Es bleibt insoweit bei den oben dargestellten Argumenten gegen eine Weitergabebefugnis des Vorstandes.

d) Kein Ausscheiden der Informationsweitergabe insgesamt Aus praktischer Sicht liegt der Einwand nahe, eine derartige Auslegung der kapitalmarktrechtlichen Schweigepflichten komme einem Verbot des Buyouts unter Managerbeteiligung nahe. Denn ein Investor wird als Grundlage für die Planung von Finanzierungsmaßnahmen möglichst umfassende Informationen verlangen.374 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Wünsche eines Geschäftsleiters bezüglich seiner zukünftigen Tätigkeit bestehende Rechte und Pflichten nicht verändern375 und sich hier in besonderer Weise ein Interessenkonflikt zeigt. Zudem erstreckt sich das Weitergabeverbot des § 14 WpHG nur auf noch nicht nach § 15 WpHG bekannt gemachte Insiderinformationen. Dem Zweck von § 15 WpHG und des Insiderrechts insgesamt, Marktschutz zu gewährleisten,376 läuft das genannte Ergebnis nicht zuwider. Im Gegenteil: Wenn diese Vorschriften dem Marktschutz dienen und nicht dem Interesse der Aktiengesellschaft, fehlt es grundsätzlich – und im Gegensatz zum Gesellschaftsrecht – an der Disponibilität der in den Normen verankerten Pflichten und Verbote. Eine singuläre Weitergabe von Insiderinformationen scheidet damit prinzipiell aus und es ist die Veröffentlichung einer Mitteilung nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG notwendig. Außerdem ist die Vornahme der erforderlichen Interessenabwägung im Rahmen von § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nach der hier vertretenen Ansicht zunächst lediglich dem betroffenen Vorstandsmitglied verwehrt. Eine Freigabe der Informationen gegenüber Dritten ohne gleichzeitige Veröffentlichung einer ad hoc-Mitteilung bleibt nach wie vor möglich. Allerdings müssen nunmehr andere Personen entscheiden. Da die Mitglieder des Aufsichtsrates kein eigenes Interesse an dem Buyout haben, sind für sie die § 14 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 WpHG nicht relevant. Maßgeblich ist allein § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG mit der Möglichkeit, auf Grundlage einer ordnungsgemäßen Abwägung Insidertatsachen offen zu legen.

e) Schlussfolgerung Der Vorstand muss, will er eine Informationsweitergabe erreichen, den Aufsichtsrat informieren, damit dieser entscheiden kann. Es liegt dann an diesem zu prüfen, welche Tatsachen vom Verbot des § 14 Abs. 1 WpHG betroffen sind, und 374 375 376

Hauschka, BB 1987, 2169 (2175); Weitnauer, in: Weitnauer, MBO, Teil E 51. Hauschka, BB 1987, 2169 (2175). Dazu bereits oben a).

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

über die Weitergabe zu entscheiden. Dieses Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund von § 15 WpHG relevant. Denn trotz der Verpflichtung zur Veröffentlichung von ad hoc-Mitteilungen gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ist es möglich und wahrscheinlich, dass angesichts der in der Norm verankerten Ausnahmetatbestände noch unveröffentlichte Insiderinformationen existieren.377 Hinsichtlich dieser Informationen ist die Frage der Befugnis zur Weitergabe auch unter wertpapierhandelsrechtlichen Aspekten zu beurteilen.

3. Weitergabe an Berater Allgemein wird die Weitergabe von Informationen an außenstehende Hilfspersonen und Berater wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und „M&A-Dienstleister“378 als befugt angesehen, sofern diese die Informationen zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Emittentin benötigen.379 Einschränkend wird vorausgesetzt, dass nur diejenigen Informationen weitergegeben werden, welche der Bearbeitung der übertragenen Aufgaben dienen.380 Fraglich ist jedoch, ob diese Sichtweise ohne weiteres auf die Informationsweitergabe im Rahmen der Planung eines Buyouts übertragen werden kann. Insoweit werden die Berater nämlich nicht für die Emittentin tätig, sondern allein für die Geschäftsleiter. Dennoch ergibt sich kein entscheidender Unterschied. Ausgangspunkt der wertpapierhandelsrechtlichen Beurteilung ist auch hier der Schutz des Marktes bzw. der Anlegerschutz. Das Wertpapierhandelsgesetz mit seinen insiderrechtlichen Vorschriften bezweckt nicht den Schutz der Gesellschaft vor der Weitergabe sie betreffender Insiderinformationen. Dies ist Aufgabe vor allem der einschlägigen gesellschafts- und strafrechtlichen Tatbestände, die zur Verschwiegenheit verpflichten. Nach dieser funktionsbezogenen Betrachtung kommt es nicht in erster Linie darauf an, wem die Informationen zuzuordnen sind, sondern darauf, den Inhaberkreis klein zu halten oder aber ihn auf alle Marktteilnehmer zu erweitern. Die Herkunft spielt demnach keine Rolle.381 Diesem Schutzzweck wird auch bei einer Kontaktaufnahme zu Beratern Rechnung getragen, da diese ebenfalls den wertpapierhandelsrechtlichen Weitergabe- und Ausnutzungsverboten unterliegen. Dazu bereits oben A.I.4.a). Wer oder was genau ein solcher Dienstleister ist, kann hier dahinstehen. Begrifflich folgt die Arbeit der übrigen Literatur, z. B. Rozijn, NZG 2001, 494; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 46. 379 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 97; BAFin, Emittentenleitfaden, S. 31; Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 56; Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 46. 380 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 97; BAFin, Emittentenleitfaden, 31; Rozijn, NZG 2001, 494 (501); Schwark, in: Schwark, § 14 WpHG Rdnr. 46; Ziemons, AG 1999, 492 (498). 381 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, Vor § 12 Rdnr. 48; Cahn, Der Konzern 2005, 5 (9 f.). 377 378

C. Zusammenfassung § 1

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IV. Probleme der Due Diligence Die Zulässigkeit der Due Diligence und ihre Probleme im Allgemeinen sind bereits Gegenstand vielfältiger Untersuchungen.382 Das wesentliche Problem für den hier diskutierten Buyout unter Managementbeteiligung liegt auch bei der Due Diligence in der Organzuständigkeit. Könnten die Geschäftsleiter über die Bereitstellung von Informationen entscheiden, läge es in ihrer Hand, alle für ihre Eigeninteressen wichtigen Tatsachen offen zu legen. Insoweit gelten die oben dargelegten Grundsätze.383 Danach wechselt für den Fall eines Buyouts unter Managementbeteiligung die Organzuständigkeit. Besteht ein Aufsichtsrat, obliegt diesem die Entscheidungsbefugnis. Bei Gesellschaften mbH ohne Aufsichtsrat sind die unbeteiligten Geschäftsführer zuständig.

C. Zusammenfassung § 1 Ein Manager darf nach deutschem Recht in weitem Umfang keine Geschäftsgeheimnisse und Insiderinformationen weitergeben oder ohne vorherige Veröffentlichung für sich nutzen. Von den gesellschaftsrechtlichen Verboten kann der Manager aber fallweise (Aktiengesellschaft) oder sogar generell (GmbH) befreit werden. Im Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes ist der Geschäftsleiter deutlich engeren Schranken unterworfen. Während das US-amerikanische Gesellschaftsrecht den deutschen Vorgaben ähnelt, ergeben sich hinsichtlich der Securities Laws gravierende Unterschiede. Insoweit ist in den USA eine Freigabe von Insiderinformationen grundsätzlich möglich, sofern der Manager nicht gegen Treuepflichten verstößt. Bei der Informationsweitergabe seitens der Manager ist zu unterscheiden zwischen einer Weitergabe an Investoren und einer Weitergabe an Berater. Letztere ist zulässig, weil der Geschäftsleiter insoweit keine Information zu eigenem Vorteil auszuwerten versucht. Außerdem muss ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, sich etwa hinsichtlich rechtlicher Probleme beraten zu lassen. Mit einer Offenlegung von Tatsachen gegenüber Investoren verstößt der Geschäftsleiter jedoch grundsätzlich gegen seine Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft. Aufgrund der abstrakten Gefährdung der Gesellschaft sind § 112 AktG bzw. § 47 Abs. 4 S. 2, 1. Alt. GmbHG analog anzuwenden. Demnach entscheidet bei der Aktiengesellschaft und bei der GmbH mit Aufsichtsrat der Aufsichtsrat über die Freigabe, bei einer GmbH ohne solches Organ sind die übrigen Geschäftsführer zuständig. Hat eine GmbH nur einen Geschäftsführer, muss dieser gegen382 Monographisch etwa die Dissertationen von Liekefett und Peters sowie die Ausführungen bei Verse, S. 539 ff. 383 Oben II.

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§ 1 Das Recht zur Informationsweitergabe

über der Gesellschafterversammlung seinen Interessenkonflikt offen legen und die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers beantragen. Das Insiderrecht nach dem Wertpapierhandelsgesetz steht der Mitteilung des Entschlusses eines Vorstandsmitglieds gegenüber einem Investor, einen Buyout durchführen zu wollen, nicht entgegen. Anders als bei einem regulären Paketkauf ist der Manager aber aufgrund seines Interessenkonflikts nicht berechtigt, anderen gegenüber Insiderinformationen offenzulegen, die die Gesellschaft betreffen. Das gilt sowohl für die Abwägung im Rahmen von § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als auch bezüglich § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG. Zuständig für die Entscheidung über die Freigabe der Insiderinformationen ist entsprechend § 112 AktG allein der Aufsichtsrat, auch wenn nur ein Vorstandsmitglied am Buyout teilnehmen möchte.

§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe Ging es im vorigen Kapitel um das Recht der Geschäftsleiter, Informationen an Investoren und Berater weiterzugeben, wird im Folgenden die Perspektive gewechselt hin zu einer möglichen Pflicht zur Informationsweitergabe gegenüber den Gesellschaftern. Diese beiden Aspekte bedürfen einer sorgfältigen Trennung.1 Das Bedürfnis für eine Weitergabe von Informationen liegt auf der Hand: Ein Gesellschafter, vor allem einer mit kleiner Beteiligung, verfügt nicht über die Möglichkeiten, an Informationen zu gelangen, die für ihn hinsichtlich seiner Entscheidung wichtig sind, seine Anteile zu einem bestimmten Preis zu verkaufen. Im Rahmen der einleitenden rechtsökonomischen Betrachtung dieser Informationsasymmetrie wurde das Bestehen einer Aufklärungspflicht zugunsten der Anteilseigner befürwortet.2 Diese Einsicht bedarf jetzt noch ihrer rechtskonstruktiven Umsetzung. In diesem Kapitel richtet sich das Untersuchungsziel demgemäß auf die Prüfung der rechtsdogmatischen Mittel, zu einem solchen Recht auf Information zugunsten der Gesellschafter zu gelangen. Wie sogleich näher dargestellt wird, bietet das US-Recht wertvolle Anregungen (dazu A.). Im Anschluss wird das Verhältnis von Geschäftsleitung und Gesellschaftern in Deutschland beleuchtet (B.). Im Weiteren werden sodann der Asset Deal (C.) sowie die Reichweite der Informationspflichten im Hinblick auf die aufzuklärenden Personen (D.) und ihren Inhalt (E.) untersucht.

A. Offenlegungspflichten im US-Recht In den USA gibt es sowohl im Gesellschaftsrecht als auch im Kapitalmarktrecht Grundlagen für die Herleitung von Informationspflichten der Manager gegenüber den Gesellschaftern. Problematisch (nicht nur) in rechtsvergleichender Hinsicht ist die Tatsache, dass das Gesellschaftsrecht in den Vereinigten Staaten nicht einheitlich geregelt, sondern Teil der einzelstaatlichen Gesetzgebungskompetenz ist.3 Damit existieren 50 verschiedene und teilweise deutlich divergierende korporationsrechtliche Statute und Präzedenzordnungen. Im Folgenden können deshalb nur einige wichtige Entscheidungen wiedergegeben und diskutiert werden. Die Darstellung beschränkt sich auf Fälle, in denen Manager wesentliche Informationen 1 2 3

Vgl. Lutter, ZIP 1997, 613 (617). Einleitung B.IV. s. im Einzelnen Merkt / Göthel, Rdnrn. 182 ff.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

verschwiegen haben. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Recht der Public Corporation. Soweit es bei der Close Corporation Besonderheiten gibt, werden diese im konkreten Zusammenhang behandelt.

I. Einzelstaatliches Recht 1. Face-to-Face Transaktionen Im 19. Jahrhundert galt es als ausgemacht, dass den Director, auch wenn er grundsätzlich die Stellung eines Trustee habe, gegenüber den Shareholders in privaten Geschäften keine besonderen Pflichten träfen.4 Trotz der bestehenden Interessenkollisionen aufgrund der Informationsvorteile, die ein Director kraft Amtes erlangt haben kann, erachteten die Gerichte eine Haftung nur dann als gerechtfertigt, wenn der Director einen Shareholder aktiv daran hinderte, sich selbst Informationen zu beschaffen.5 Dieser Regel, die auch als „Majority Rule“ bezeichnet wurde, folgten viele Gerichte.6 Nur wenige Entscheidungen nahmen sich ein Urteil des Georgia Supreme Court zum Vorbild, das Aufklärung verlangte.7 Diese „Minority Rule“ – auch als „Kansas Rule“ bekannt8 – hat daher keine so starke praktische Bedeutung erlangt. Der United States Supreme Court hatte 1909 erstmalig Gelegenheit, sich mit der Frage direkter Aufklärungspflichten von Directors gegenüber den Anteilsinhabern zu beschäftigen. Dem Urteil Strong v. Repide9 lag folgender Sachverhalt 4 Etwa Carpenter v. Danforth, 52 Barb. 581 (N.Y.Sup.Ct. 1868). Einen umfassenden Überblick zur älteren Rechtsprechung gibt Wilgus, 8 Mich.L.Rev. 267 (1910). Bereits Wilgus wandte sich gegen die Ansicht, es bestünden keine Aufklärungspflichten: „That the director may take advantage of his position to secure the profits that all have won, offends the moral sense; no shareholder expects to be so treated by the director he selects; [ . . . ] that the law yet allows him [the director] to do this, does more to discourage legitimate investment in corporate shares than almost anything else [ . . . ]“, 8 Mich.L.Rev. 267, 297 (1910). 5 Carpenter v. Danforth, 52 Barb. 581 (N.Y. Sup. Ct. 1868). 6 Neben der Entscheidung Carpenter v. Danforth z. B. Blabon v. Hay, 269 Mass. 401, 169 N.E. 268 (Mass. 1929); Cahall v. Lofland, 12 Del.Ch. 299, 114 A. 224 (Del.Ch. 1921); Hooker v. Midland Steel Co., 74 N.E. 445 (Ill. 1905): „A Director, however, does not sustain that relation to an individual stockholder with respect to his stock, over which he has no control whatever, but he may deal with an individual stockholder and purchase his stock practically on the same terms as a stranger. In the absence of actual fraud, such a purchase will not be set aside for a mere failure to disclose any information the Director may have affecting the value of the stock.“ Aus heutiger Zeit noch: Treadway Companies, Inc. v. Care Corp., 638 F.2d 357 (C.A.N.Y. 1980). 7 Oliver v. Oliver, 45 S.E. 232, 235 (Ga. 1903); auch heute noch gültig – Gibbs v. Dodson, 229 Ga.App. 64, 492 S.E.2d 923 (Ga.App. 1997); umfassende Nachw. bei Fletcher, Cyclopedia of the Law of Corporations, § 1168.20. 8 Ein bekanntes Urteil i. S. der Minority Rule ist die Entscheidung Hotchkiss v. Fischer, 136 Kan 530, 16 P.2d 536 (Kan. 1932), die auf der Grundlage des Rechts von Kansas erging. 9 213 U.S. 419, 29 S.Ct. 521 (S.Ct. 1909).

A. Offenlegungspflichten im US-Recht

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zugrunde: Der Philippine Sugar Estates Development Company, Limited, gehörten Grundstücke auf den Philippinen. Diese waren ihr wesentliches Vermögen. Der Gouverneur bot der Company und anderen Gesellschaften an, das Land zu erwerben. Nach einigen Verhandlungen kaufte Repide, der Director der Gesellschaft, 800 Anteile von Mrs. Strong. Diese Anteile befanden sich im Besitz ihres Maklers. Doch statt diesen direkt auf den Verkauf der Anteile anzusprechen, beauftragte Repide über einen Mittelsmann einen anderen Makler, die Shares zu erwerben. Eine Aufklärung über das Angebot des philippinischen Gouverneurs unterblieb. Der Supreme Court wertete das Verhalten des Directors als Betrug, der diesen zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtete. Das Gericht wählte einen Mittelweg zwischen den oben geschilderten Extrempositionen, indem es eine „Special Facts“Doktrin kreierte. Zwar verneinte es für den Regelfall das Bestehen von Aufklärungspflichten und schloss sich insoweit der Majority Rule an. Im Ergebnis hielt der Supreme Court aber unter den besonderen Umständen dieses Falles eine Pflicht zur Informationsweitergabe für angemessen. Anderenfalls sei das Recht nicht wirksam, wenn der Verkauf nicht angefochten bzw. der Beklagte nicht zu Schadensersatz verurteilt werden könne.10 Die besonderen Fakten waren das Verschleiern der Identität seitens des Directors und die fehlende Offenbarung wesentlicher, für den Börsenkurs bedeutsamer Umstände. Nach einer Studie aus dem Jahr 1937 folgten die meisten Gerichte der Special Facts Doktrin, während die ehemalige Majority Rule stark an Bedeutung verloren hatte.11 Dieser Stand hat sich bis heute nicht mehr wesentlich verändert.12 Auch die Rechtsprechung einiger Bundesstaaten, die früher der Majority Rule folgte, hat sich mittlerweile an der Special Facts Doctrine orientiert.13 Das „Besondere“ an den besonderen Umständen wird in der Rechtsprechung kaum herausgearbeitet und besteht zumeist vor allem in dem Wissensvorsprung der Manager hinsichtlich des Unternehmens.14 10 „. . . the law would indeed be impotent if the sale could not be set aside or the defendant cast in damages for his fraud“, Strong v. Repide, 213 U.S. 419, 433, 29 S.Ct. 521 (S.Ct. 1909). 11 Lake, 9 Miss. L.J. 427, 448 f. (1937). 12 Bainbridge, Insider Trading, 15. Deutlich Bailey v. Vaughan, 178 W.Va. 371, 375, 359 S.E.2d 599 (W.Va. 1987): „We come to the conclusion that there is presently no majority rule that enables a director utilize insider information which points to substantial undervaluation of the corporate shares and then to purchase shares from an uninformed shareholder without any liability.“ Diese Aussage wird in anderen Urteilen ausdrücklich zustimmend herangezogen, s. etwa Van Schaack Holdings, Ltd., v. Van Schaack, 867 P.2d 892, 897 Fn. 4 (Colo. 1994, en banc). Entgegen Merkt / Göthel, Rdnrn. 975 ff., ist nicht nur die Close Corporation von dieser Ansicht betroffen, vgl. nur Bailey v. Vaughan, a. a. O. 13 Etwa American Trust Co. v. California Western States Life Ins. Co., 15 Cal.2d 42, 98 P.2d 497 (CA. 1940); Goodwin v. Agassiz, 283 Mass. 358, 362 (Mass. 1933); umfassende Nachw. bei Fletcher, Cyclopedia of the Law of Corporations, § 1171. 14 Branson, 45 Ala.L.Rev. 753, 763 (1994).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Im Ergebnis gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Special Facts Rule und der Minority Rule.15 Immer dann, wenn der Director einem Anteilseigner Anteile abkauft, muss er diesen über wesentliche Umstände aufklären, die mit dem Geschäft in Verbindung stehen.16 Hinzu kommt, dass viele Fälle, die der Majority Rule zugerechnet werden, auf Grundlage anderer Konstellationen entschieden wurden, in denen es nicht um Insiderwissen oder ähnliches ging.17 2. Börsenhandel im Common Law Im Gegensatz zu den oben dargestellten Grundsätzen ist die Rechtslage im Fall anonymer Transaktionen an Börsen einfacher. Bereits 1933 erging die bis jetzt maßgebliche Entscheidung Goodwin v. Agassiz.18 Ein Director sowie verschiedene andere Officer einer Minengesellschaft erfuhren von der Theorie eines Geologen, in Nordmichigan könnten substantielle Kupfervorräte lagern. In der Folge sicherte sich die Gesellschaft Rechte an dem in Betracht kommenden Land. Gleichzeitig erwarben die späteren Beklagten Anteile an der Gesellschaft über die Börse. Darunter waren auch die Wertpapiere eines Aktionärs. Weder Käufer noch Verkäufer wussten um die Identität der anderen Partei. Als der ehemalige Anteilseigner von den hier geschilderten Umständen erfuhr, verklagte er die Directors. Er behauptete, dass er bei Kenntnis der Theorie über die Kupfervorkommen seine Anteile nicht verkauft hätte. Der Supreme Judicial Court of Massachusetts wies die Klage ab. Zunächst stellte das Gericht fest, unter besonderen Umständen könnten Directors im Fall von Geschäften zwischen ihnen und Anteilsinhabern verpflichtet sein, Informationen zu offenbaren, um faire Verhandlungen zu ermöglichen.19 Insoweit schloss es sich also der Special Facts Doktrin hinsichtlich Face-to-Face Transaktionen an. Dennoch lehnte das Gericht im Ergebnis eine Offenbarungspflicht ab.20 Dies geschah jedoch nicht allein aufgrund des börslichen Erwerbs. Im Gegensatz zur vielerorts in der US-amerikanischen Literatur geäußerten Ansicht, die dieses Urteil als Beleg dafür anführt, dass es bei einem Anteilserwerb über die Börse keine Aufklärungspflichten gebe,21 ist die Reichweite der Entscheidung als unklar zu beBailey v. Vaughan, 178 W.Va. 371, 375, 359 S.E.2d 599 (W.Va. 1987). Jernberg v. Mann, 358 F.3d 131, 136 (U.S.App. 1st Cir. 2004); Malone v. Brincat, 722 A.2d 5, 10 f. (Del. 1998); Patrick v. Allen, 355 F.Supp. 2d 704, 714 (S.D.N.Y. 2005). 17 s. Bailey v. Vaughan, 178 W.Va. 371, 375, 359 S.E.2d 599 (W.Va. 1987), mit umfangreichen Nachw. 18 283 Mass. 358, 186 N.E. 659 (Mass. 1933). 19 Goodwin v. Agassiz, 283 Mass. 358, 362 (Mass. 1933). 20 Goodwin v. Agassiz, 283 Mass. 358, 363 f. (Mass. 1933); ebenso unter Berufung auf diese Entscheidung der U.S. Court of Appeals, 1st Cir., in einem Verfahren nach dem Recht von Massachusetts, Jernberg v. Mann, 358 F.3d 131 (U.S.App. 1st Cir. 2004). 21 s. etwa Bebchuk / Hamdani, 106 Colum.L.Rev. 1793, 1810 (2006); Karmel, 60 Bus.Law. 1, 4 (2004); Roe, 117 Harv.L.Rev. 588, 614 (2003). 15 16

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zeichnen:22 Das Gericht handelte nämlich relativ ausführlich die verschiedenen Umstände ab, die gegen eine Veröffentlichungspflicht sprachen – unter anderem sei die Theorie über die Kupfervorkommen mehr Hoffnung als gesicherte Erwartung gewesen.23 Diese Frage wird jedoch mittlerweile durch die bundesrechtlichen Securities Laws geregelt und bedarf deshalb mit Blick auf das Common Law keiner weiteren Vertiefung.

3. Besonderheiten bei der Close Corporation Auch im Recht der Close Corporation gibt es eine Diskussion über die Reichweite von Treuepflichten. Die insoweit existierende Trennlinie zwischen „Majority“ oder auch „Massachusetts Rule“ und der „Minority“ bzw. „Delaware Rule“ markiert hier aber nicht die Frage, ob Directors und Officers eine Treuepflicht gegenüber den Anteilseignern trifft, sondern ob auch die Shareholder Fiduciary Duties haben.24 Da beide Ansichten jedenfalls Aufklärungspflichten der Manager bejahen,25 kann das Problem an dieser Stelle vernachlässigt werden.

4. Anwendung auf den Buyout unter Managementbeteiligung In der hier relevanten Konstellation verfügen allein die Manager über die wichtigen Informationen. Außerdem haben die Shareholder kaum eine Möglichkeit, sich die Informationen selbst zu beschaffen. Sie sind darauf angewiesen, dass der Director ihnen wichtige Fakten mitteilt. Sowohl nach der Special Facts-Rule als auch gemäß der Minority Rule sind die an einem Buyout beteiligten Manager daher zur Aufklärung der Shareholder über alle werterheblichen Umstände verpflichtet, sofern es sich um eine Face-to-Face Transaktion handelt. Sowohl die Minority Rule als auch die Special Facts Doctrine gehen davon aus, dass ein Director den Anteilseigner über das Unternehmen betreffende, wesentliche Umstände aufklären muss. Bei einem Erwerb über die Börse scheidet nach herkömmlicher Lesart der Entscheidung Goodwin v. Agassiz eine Aufklärungspflicht aus. Auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage können die Shareholders deshalb bei einem börslichen Geschäft keine Information vom Management verlangen. So auch Bainbridge, Insider Trading, S. 12 f. Goodwin v. Agassiz, 283 Mass. 358, 364 (Mass. 1933). 24 Zum Ganzen Siegel, 29 Del.J.Corp.L. 377 (2004) mit umfassenden Rechtsprechungsnachweisen. Siegel, 29 Del.J.Corp.L. 377 (2004) ist der Ansicht, dass die herrschende Meinung in der Literatur die Rechtsprechung missinterpretiert und von einer Majority-Rule i. S. einer überwiegenden Judikatur nicht die Rede sein könne. Diese Frage ist im hiesigen Zusammenhang allerdings nicht wesentlich und wird daher auch nicht weiter verfolgt. 25 s. Siegel, 29 Del.J.Corp.L. 277, 277 f. (2004). 22 23

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

II. Federal Securities Laws Grundsätzlich anders stellt sich die Rechtslage im Anwendungsbereich der Securities Laws dar. Mit diesen Regelungen hat der Bundesgesetzgeber den Grundstein für umfassende Aufklärungspflichten gelegt, die nach dem Securities Act 1933 und insbesondere dem Securities Exchange Act 1934 durch die Gerichte und die Securities and Exchange Commission beharrlich ausgebaut wurden. Wichtigste rechtliche Grundlage ist Section 10 des SEA 1934. Diese Norm ermächtigt die SEC, Ausführungsvorschriften zu erlassen, um manipulative oder täuschende Handlungen im Wertpapierhandel zu unterbinden.26 Bereits im ersten Teil wurde im Zusammenhang mit den US-amerikanischen Insiderhandelsverboten auf die bekannte Rule 10(b)-5 hingewiesen. Auf ihrer Grundlage erging eine ganze Serie wegweisender Urteile, die das US-amerikanische Insiderrecht im Wesentlichen erst ausgestaltet haben. Über diese allgemein geltenden Grundsätze hinaus verbietet Section 16(b) des SEA 1934 Handel zum Erzielen von Shortswing Profits. 1. Rule 10b-5 Rule 10b-5 ist eine von der SEC geschaffene Ausführungsvorschrift zur eben erwähnten Section 10 des SEA 1934. Die zu ihr ergangenen Entscheidungen haben nach und nach das Insiderrecht von der Ebene des Gesellschaftsrechts in das Kapitalmarktrecht verlagert, wie bereits im ersten Teil beschrieben wurde.27 Nach Rule 10b-5 ist es untersagt, (a) to employ any device, scheme or artifice to defraud, (b) to make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in order to make the statements made, in the light of the circumstances under which they were made, not misleading, or (c) to engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person, in connection with the purchase or sale of any security.

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat der Supreme Court zwei sich ergänzende Ansätze herausgearbeitet, um der Norm im Zusammenhang mit dem Insiderhandel Konturen zu verleihen: Die Regel „disclose or abstain“ sowie die Misappropriation Theory. Sie unterscheiden sich in ihrem Anwendungsbereich. Während 26 Section 10(b) lautet: „[It shall be unlawful for any person] to use or employ, in connection with the purchase or sale of any security registered on a national securities exchange or any security not so registered, or any securities-based swap agreement ( . . . ), any manipulative or deceptive device or contrivance in contravention of such Rules and regulations as the Commission may prescribe as necessary or appropriate in the public interest or for the protection of investors.“ 27 § 1 A.III.3.c).

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„disclose or abstain“ für Corporate Insider gilt [dazu a)], erfasst die Misappropriation Theory Corporate Outsider [dazu b)].28

a) Disclose or abstain Die Regel „disclose or abstain“ ist die ältere von beiden. Bereits die SEC bediente sich ihrer in der Entscheidung Cady, Roberts & Co. aus dem Jahr 1961.29 Sie wurde in Sachen „Securities and Exchange Commission v. Texas Gulf Sulphur Co.“ durch den Second Circuit Court of Appeals in der Rechtsprechung aufgegriffen.30 Da Cady, Roberts & Co. sowie Texas Gulf Sulphur die grundlegenden Fälle zur Interpretation der Rule 10b-5 als Insiderhandelsverbot darstellen,31 von denen die gesamte weitere Rechtsprechung ausgeht und die immer noch als Hintergrund aktueller Entscheidungen mitschwingen, werden sie etwas ausführlicher erläutert. Daran schließt sich die Erörterung der aktuellen Rechtslage anhand der Rechtsprechung des Supreme Court in United States v. O’Hagan an. aa) Cady, Roberts & Co. Das Board der Curtiss-Wright Corporation beschloss eine Dividendenkürzung. Einer der Directors war zugleich Partner von Cady, Roberts & Co., einem Börsenmaklerunternehmen. Vor der Veröffentlichung dieser Information informierte dieser Director einen anderen Partner, der daraufhin tausende in Kundendepots befindliche Curtiss-Wright-Anteile veräußerte. Nach der Veröffentlichung des Beschlusses, die Dividende zu kürzen, fiel der Aktienkurs deutlich ab. Die Kunden von Cady, Roberts & Co. vermieden damit erhebliche Verluste. Nach Ansicht der SEC verstießen beide Partner gegen Rule 10b-5.32 28 SEC v. Yun, 327 F.3d 1263, 1269 (U.S.App. 11th Cir. 2003), rehearing en banc denied, 2004 U.S.App. LEXIS 10537. 29 In the matter of Cady, Roberts & Co., 40 S.E.C. 907. 30 SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833 (U.S.App. 2nd 1968), cert. denied sub nom. Coates v. S.E.C., 394 U.S. 976 (1969). 31 Vgl. Bainbridge, Insider Trading, 43, der Texas Gulf Sulphur als „first of the truly seminal insider trading cases“ bezeichnet. 32 Gleichzeitig erörterte die SEC noch Section 17(a) des Securities Act 1933. Dieser lautet in der heutigen Fassung: „It shall be unlawful for any person in the offer or sale of any securities or any securitybased swap agreement (as defined in Section 206B of the Gramm-Leach-Bliley Act) by the use of any means or instruments of transportation or communication in interstate commerce or by use of the mails, directly or indirectly – (1) to employ any device, scheme, or artifice to defraud, or (2) to obtain money or property by means of any untrue statement of a material fact or any omission to state a material fact necessary in order to make the statements made, in light of the circumstances under which they were made, not misleading; or

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Die SEC stellte in ihrer Entscheidung erstmalig für die Securities Laws und die Rule 10b-5 die Regel des „disclose or abstain“ auf.33 In der Version der SEC muss ein Insider, der über wesentliche Insidertatsachen verfügt, diese Tatsachen vor einem Handel in den entsprechenden Insiderpapieren veröffentlichen oder, sofern eine Veröffentlichung nicht möglich oder aber unangemessen sein sollte, vom Handel absehen.34 Die Pflicht, diese Regel zu befolgen, wurde auf zwei Voraussetzungen zurückgeführt: Zum einen die Existenz einer Beziehung zur Informationsquelle, die direkten oder indirekten Zugang zu einer Information eröffnet, welche allein für Zwecke der Gesellschaft und nicht um persönlichen Gewinn zu erzielen zur Verfügung steht; zum anderen die einer Ausnutzung der Information zu eigenem Vorteil innewohnende Unfairness, mit anderen Personen in dem Wissen Handel zu treiben, dass diesen die Information nicht zur Verfügung steht.35 bb) SEC v. Texas Gulf Sulphur Co. Ende der 1950er Jahre nahm Texas Gulf Sulphur Probebohrungen in Kanada vor. Dabei stießen Ingenieure auf besonders mineralreiches Gestein. Die Gesellschaft beschloss, das Land zu erwerben. Gleichzeitig sollten die Informationen über die Probebohrungen geheimgehalten werden, um den Kaufpreis für das Land nicht in die Höhe zu treiben. In der Zwischenzeit bis zum später durchgeführten Erwerb des Grund und Bodens erwarben Beschäftigte von Texas Gulf Sulphur36 Anteile und Call Options auf Anteile an der Gesellschaft, ohne die Information zu offenbaren. Vor der Veröffentlichung betrug der Anteilspreis zwischen USD 18 und 25. Kurze Zeit nach Bekanntwerden der Informationen schnellte der Börsenkurs bis auf ca. USD 58 hoch. In seiner Entscheidung wendete der Second Circuit Court die Regel „disclose or abstain“ an. Er verwies dabei direkt auf die Darstellung der wesentlichen Voraussetzungen der Rule 10b-5 in Cady, Roberts & Co.37 Hinsichtlich der rechtspolitischen Basis, der sog. „policy“, ging das Gericht allerdings weiter. Es führte aus: „the Rule [sic] is based in policy on the justifiable expectation of the securities marketplace that all investors trading on impersonal exchanges have relatively equal access to (3) to engage in any transaction, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon the purchaser.“ 33 Vgl. Die Formulierung der SEC: „This is a case of first impression and one of signal importance in our administration of the federal securities acts.“, 40 S.E.C. 907. 34 40 S.E.C. 907, 911. 35 40 S.E.C. 907, 912. 36 Sowie einige Tippees, auf die es im Zusammenhang mit der für die vorliegende Untersuchung wesentlichen Fragen nicht ankommt. 37 401 F.2d 833, 848 (U.S.App. 2nd 1968).

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material information [ . . . ]. The essence of the Rule [sic] is that anyone who, trading for his own account in the securities of a corporation has ,access, directly or indirectly, to information intended to be available only for a corporate purpose and not for the personal benefit of anyone‘ may not take ,advantage of such information knowing it is unavailable to those with whom he is dealing,‘ i.e., the investing public. [ . . . ] Thus, anyone in possession of material inside information must either disclose it to the investing public, or, if he is disabled from disclosing it in order to protect a corporate confidence, or he chooses not to do so, must abstain from trading in or recommending the securities concerned while such inside information remains undisclosed.“38

Damit ging die das Urteil tragende Mehrheit der Richter sogar noch einen Schritt weiter als die SEC in Cady, Roberts & Co. Sie formulierte einen weit reichenden und von jedem dem Common Law entstammenden Vorbild abweichenden Standard, wonach nicht nur der Vertragspartner aufgeklärt werden muss, sondern das gesamte Marktpublikum. Zu beachten ist, dass diese aus deutscher Sicht an § 15 WpHG erinnernde Pflicht gerade keine allgemeine ad hoc-Publizität begründet bzw. begründen sollte. Das Urteil bezog sich allein auf die Pflichten eines Insiders, der über die Börse Anteile erwarb, also mit Anteilseignern zumindest mittelbar Geschäfte abschloss. Davon strikt zu trennen ist die Pflicht der Gesellschaft, Insiderinformationen zu veröffentlichen. cc) Insiderhandelsverbote für Corporate Insider nach U.S. v. O’Hagan Nach zwei weiteren wegweisenden Urteilen – Chiarella v. United States39 sowie Dirks v. Securities and Exchange Commission40 – folgte schließlich 1997 die das heute in den USA geltende Insiderrecht prägende Entscheidung United States v. O’Hagan41.42 401 F.2d 833, 848 (U.S.App. 2nd 1968), Hervorhebungen vom Autor hinzugefügt. 445 U.S. 222, 100 S.Ct. 1108 (1980). Zum Sachverhalt und zur Entscheidung s. o. § 1 A.III.3.c). 40 463 U.S. 646, 103 S.Ct. 3255 (1983). Dirks, ein Wertpapieranalyst, hatte aufgrund von seitens eines Corporate Insiders weitergegebenen Informationen einen massiven Betrugsfall aufgedeckt. Er gab diese Informationen an die SEC und das Wall Street Journal weiter sowie an einige seiner Kunden, die daraufhin ihre Wertpapiere in der betroffenen Gesellschaft veräußerten. Die SEC beschuldigte Dirks, gegen die Insiderhandelsregelungen der Securities Laws verstoßen zu haben. Der Supreme Court entschied schließlich, dass ein Tippee nur dann gegen diese Regelungen verstoße, wenn der Tipper seinerseits mittels der Offenbarung der relevanten Informationen gegenüber dem Tippee eine Treuepflicht verletzt hat und der Tippee von der Treuepflichtverletzung wusste oder zumindest wissen musste. Diese Voraussetzungen waren im Fall nicht gegeben. Der Insider-Tipper hatte die Informationen nicht weitergegeben, um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, sondern ausschließlich, um den Betrug ans Tageslicht zu bringen. 41 521 U.S. 642, 117 S.Ct. 2199 (1997). 42 Gute Übersicht über die Entwicklung der Rechtsprechung bei Lange, WM 1998, 525 ff. 38 39

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

O’Hagan war Partner einer Anwaltskanzlei. Seine Kanzlei vertrat die englische Grand Metropolitan PLC im Hinblick auf die mögliche Abgabe eines Angebots zur Übernahme des Common Stocks der US-amerikanischen Pillsbury Company. Sowohl Grand Met als auch die Kanzlei trafen Vorsichtsmaßnahmen, um die Vertraulichkeit der Übernahmepläne zu gewährleisten. O’Hagan war nicht als Berater von Grand Met tätig. Er erfuhr dennoch von den Plänen und kaufte Call Options für Anteile sowie Anteile an Pillsbury, letztere für ca. USD 39. Nach der Abgabe des Übernahmeangebots stieg der Preis für Pillsburyaktien auf ca. USD 60. Mit dem Verkauf der Optionen sowie der Aktien erzielte O’Hagan einen Gewinn von mehr als USD 4,3 Millionen. Der Supreme Court hielt die Verurteilung O’Hagans wegen Verletzung von Rule 10b-5 für gerechtfertigt. Er stützte sich dabei auf die Misappropriation Theory. Gleichzeitig setzte sich das Gericht aber umfassend mit dem Insiderrecht nach Rule 10b-5 und der bis dato ergangenen Judikatur auseinander. Nach O’Hagan gilt die klassische disclose or abstain-Rule für Corporate Insider.43 Dabei handelt es sich neben den Officers und Directors einer Corporation um solche Personen, die der Gesellschaft gegenüber zumindest temporär zur Treue verpflichtet sind (etwa Anwälte und Berater).44 Handeln diese Corporate Insider auf der Grundlage45 von wesentlichen, nicht öffentlichen Informationen, verletzen sie damit Rule 10b-5 mittels einer betrügerischen Handlung, denn zwischen den Anteilseignern einer Corporation sowie solchen Insidern, die vertrauliche Informationen aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft erlangt haben, bestehe eine „relationship of trust and confidence“.46 Die Pflicht zur Aufklärung der anderen Seite reicht weit. Im Gegensatz zum Common Law, wie es in Goodwin v. Agassiz ausgeformt wurde,47 kann sich ein Director oder Officer nicht mehr auf die Anonymität des Börsenhandels zurückziehen. Vielmehr muss er sämtliche Insiderinformationen dem gesamten Kapitalmarkt gegenüber offenlegen.48 Das ist insofern konsequent, als er bei einem Erwerb von Wertpapieren über die Börse seine potentiellen Vertragspartner nicht kennt und somit keine individuelle Aufklärung leisten kann.

521 U.S. 642, 652 (1997). 521 U.S. 642, 652 (1997). 45 Bis heute ist heftig umstritten, was genau ein Handel „on the basis of“ Insiderinformationen meint. Die Debatte wird unter den Stichworten „Possession v. Use“ geführt. In der Rechtsprechung hat sich dabei die Position durchgesetzt, dass der Insider die Informationen nicht nur zur Verfügung gehabt haben, sondern sie gerade zum Zweck des Handelns ausgenutzt haben muss, s. nur U.S. v. O’Hagan, 521 U.S. 642, 656 (1997). Aus der Literatur s. etwa den Überblick bei Hazen, Securities Regulation, S. 534 ff. 46 521 U.S. 642, 652 (1997). 47 A.I.2. 48 s. Dirks v. SEC, 463 U.S. 646, 661 Fußn. 21, 103 S.Ct. 3255 (S.Ct. 1983); SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833, 848 (U.S.App. 2nd Cir. 1968). 43 44

A. Offenlegungspflichten im US-Recht

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b) Misappropriation Theory Hinsichtlich anderer Insider gilt nach der O’Hagan-Entscheidung die Misappropriation Theory. Danach begeht derjenige Betrug im Sinne von Rule 10b-5 in Verbindung mit dem Handel von Securities, der sich widerrechtlich vertrauliche Informationen zum Zweck des Handels aneignet, indem er eine der Quelle der Information geschuldete Pflicht verletzt.49 Die Haftung wegen der Verletzung einer der Informationsquelle geschuldeten Treuepflicht tritt an die Stelle der Treuebeziehung zwischen dem Corporate Insider und dem Käufer bzw. Verkäufer.50 Um einer Haftung vorzubeugen, muss der Insider seiner Quelle gegenüber seine Absicht offenlegen, auf Grundlage der Insiderinformation Handel zu treiben.51

c) Close Corporation Obwohl Section 10(b) sowie Rule 10b-5 dem Securities Exchange Act 1934 zuzuordnen sind, gelten ihre Verbote nicht nur für die Securities, welche nach Section 12 des SEA 1934 gelistet werden müssen. Rule 10b-5 gilt für „any security“ und deshalb nicht nur für den Handel in Papieren börsennotierter Gesellschaften.52 Auch Geschäfte mit Anteilen an Close Corporations unterliegen daher der Rule 10b-5 und folglich allen damit einhergehenden Beschränkungen.53

2. Offenlegungspflichten im Übernahmerecht Das im Wesentlichen durch den Williams Act54 eingeführte und durch Anpassungen des SEA 1934 geregelte Übernahmerecht enthält verschiedene Veröffentlichungspflichten, die bei einem Buyout unter Managementbeteiligung relevant sind. Dazu gehören nicht nur Regeln über den Prospekt, sondern auch Offenlegungspflichten bei dem Erreichen bestimmter Schwellenwerte.

a) Section 13(d) SEA 1934 Nach Section 13(d)(1) SEA 1934 ist jeder,55 der nach dem Erwerb eines Anteils direkt oder indirekt mehr als fünf Prozent der Anteile an einer nach dem SEA ge49 50 51 52 53 54 55

521 U.S. 642, 652 (1997). 521 U.S. 642, 652 (1997). 521 U.S. 642, 655 (1997). Hazen, Securities Regulation, S. 479. Hazen, Securities Regulation, S. 479. Pub.L.No. 90 – 439, 82 Stat. 454 (1968). Ausgenommen ist die Gesellschaft selbst; insoweit gilt Section 13(e).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

listeten Gesellschaft hält,56 verpflichtet, innerhalb von 10 Tagen Bericht bei der SEC zu erstatten.57 In dem Bericht sind unter anderem die an dem Erwerb beteiligten Personen offenzulegen [Section 13(d)(1)(A)]. Sofern Ziel des Erwerbs sein sollte, die Kontrolle über die Emittentin zu erlangen, sind gemäß Section 13(d)(1)(C) weiterhin die Pläne der Erwerber darzustellen, die Gesellschaft zu liquidieren, ihr Vermögen zu veräußern, es mit einer anderen Gesellschaft zu verschmelzen oder eine andere wesentliche Veränderung der Geschäfts- oder Gesellschaftsstruktur durchzuführen. Näher konkretisiert werden die anzeigepflichtigen Umstände durch Schedule 13D, Item 4, einem von der SEC vorgegebenen und nach Rule 13d-1 auszufüllenden Formular.58 Danach sind auch geplante Veränderungen in der Zusammensetzung des Board of Directors [Item 4 d)] oder das Delisting bestimmter Share Classes [Item 4 h)] zu veröffentlichen. Problematisch an dieser Regelung ist allerdings, dass aufgrund des Zeitfensters von 10 Tagen zwischen Überschreiten des Schwellenwertes und der Registrierung des Erwerbs bei der SEC weitere Anteile erworben werden können. Der Zweck von Section 13(d), möglichst früh wesentliche Veränderungen in der Anteilseignerstruktur offenzulegen, wird damit weitgehend vereitelt.59

b) Section 14(d) SEA 1934 Section 14(d) SEA 1934 sieht umfassende Veröffentlichungspflichten im Fall eines Tender Offers60 vor. Im Gegensatz zu Section 13(d) greifen diese schon mit der Abgabe des Angebots und nicht erst nach vollzogenem Erwerb. Inhaltlich knüpft Section 14(d)(1) Satz 1 an die Veröffentlichungspflichten nach Section 13(d) an. Damit sind auch bei einem Tender Offer Pläne zum zukünftigen Die Anforderungen an das Listing sind in Section 12 geregelt. Zudem sind die Gesellschaft und jede Börse, an der Anteile der Gesellschaft gehandelt werden, zu unterrichten, Section 13(d)(1). 58 Abrufbar etwa unter www.sec.gov. Soweit bestimmte institutionelle Investoren oder Broker im Rahmen ihres normalen Geschäftsbetriebs die Schwelle überschreiten und kein Kontrollerwerb beabsichtigt ist, können sie auf den kürzeren Schedule 13G zurückgreifen. 59 Hazen, Securities Regulation, S. 404. 60 Eine genaue Definition, was ein Tender Offer in diesem Sinne ist, existiert nicht. Gerichte und SEC stellen auf zumeist auf einen Test mit acht Faktoren ab: (1) Abzielen des Angebots auf einen weitgestreuten Kreis von Aktionären, (2) Bemühen um einen wesentlichen Anteil an den Aktien der Zielgesellschaft, (3) das Angebot einer Prämie über dem derzeitigen Marktpreis, (4) Angebot eher starr als verhandelbar, (5) Abhängigkeit des Angebots von der Andienung einer Mindestanzahl von Anteilen, (6) Befristung des Angebots, (7) Druck auf die Anteilseigner, ihre Anteile zu veräußern, (8) öffentliches Verkünden eines Erwerbsprogramms, das einer raschen Anhäufung von Anteilen vorhergeht oder diese begleite; vgl. etwa Wellman v. Dickinson, 475 F.Supp. 783, 823 f. (S.D.N.Y. 1979); Hoover Company v. Fuqua Industries, Inc., 1979 WL 1244, 4 (N.D.Ohio 1979) sowie Hazen, Securities Regulation, S. 406 ff. Nicht näher behandelt werden hier die Ausnahmen nach Rule 14d-1c. hinsichtlich ausländischer Gesellschaften, an denen US-Aktionäre beteiligt sind. 56 57

A. Offenlegungspflichten im US-Recht

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Umgang mit der Gesellschaft sowie die Bieter offenzulegen. Nach Section 14(d)(1) Satz 2 ist die SEC ermächtigt, die Veröffentlichungspflichten näher auszugestalten. Von dieser Ermächtigung hat sie mit der Regulation 14D Gebrauch gemacht. Gemäß Rule 14d-3a.1. hat der Bieter einen Schedule TO61 einzureichen. Offengelegt werden müssen etwa Interessenkonflikte (Item 5), Pläne für die Zeit nach dem Erwerb (Item 6) und Informationen über die finanzielle Lage des Bieters (Item 10). Item 11 enthält eine Auffangklausel für sonstige wesentliche Informationen. Unter anderem verlangt diese Norm die Offenlegung von Vereinbarungen zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft oder deren Directors bzw. Executive Officers.

c) Section 14(e) SEA 1934 Section 14(e) verbietet unter anderem, im Zusammenhang mit einem Tender Offer wesentliche Tatsachen zu verschweigen. Wie auch Section 10(b) und Rule 10b-5 gilt Section 14(e) nebst den dazu erlassenen SEC-Rules unabhängig davon, ob die Zielgesellschaft den Anforderungen des SEA 1934 unterliegt.62 Auch nicht börsennotierte Gesellschaften fallen in den Anwendungsbereich.63

d) Rule 13e-3 Ist mit dem Buyout einer börsennotierten Gesellschaft zugleich ein Rückzug von der Börse verbunden, sieht Rule 13e-3 zu Section 13(e) SEA 1934 umfassende Publizitätspflichten für den Fall vor, dass die Emittentin oder einer ihrer „Affiliates“ Anteile im Wege eines Übernahmeangebots erwirbt. aa) Manager als Affiliates Ein Affiliate ist dabei nach Rule 13e-3a.1. eine Person, die direkt oder indirekt durch einen oder mehrere Intermediäre die Emittentin kontrolliert, von ihr kontrolliert oder gemeinsam mit ihr von einer dritten Person kontrolliert wird. Was genau „Kontrolle“ in diesem Sinn ausmacht, wird nicht näher definiert. Die SEC selbst hat sich bislang ebenfalls nicht umfassend dazu geäußert, wie sie diesen Terminus konkretisieren möchte.64 61 Schedule TO verweist in weitem Umfang auf die Regulation M-A. Im Text wird jeweils nur das Item in Schedule TO genannt, ohne noch die Detailregelung der Regulation M-A aufzuführen. 62 Hazen, Securities Regulation, S. 421. 63 So ausdrücklich der United States District Court W.D. Pennsylvania in Clearfield Bank & Trust Co. v. Omega Financial Corp., 65 F.Supp. 2d 325, 336 (W.D.Pa. 1999). Das Gericht verwarf explizit das Argument, der Gesetzgeber habe eine entsprechende Einschränkung versehentlich nicht in den Text aufgenommen. 64 Vgl. Loss / Seligman, 3, S. 1517.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Immerhin existiert eine Definition in Rule 405 zum Securites Act 1933, die man zumindest als Anhaltspunkt heranziehen kann. Danach heißt Kontrolle, dass man direkt oder indirekt in der Lage ist, die Entscheidungen einer Person zu kontrollieren oder solche zu verursachen, sei es aufgrund von Anteilen in stimmberechtigten Shares, aufgrund Vertrages oder auf andere Weise. Auf der gleichen Linie liegt die Rechtsprechung, wenn sie betont: „Stock ownership is but one aspect of control, which can rest with more than one person at the same time or from time to time.“65 Zugleich wird hervorgehoben, der Begriff sei eher weit als eng auszulegen.66 Die Entscheidung, ob Kontrolle vorliege, sei anhand der Fakten im Einzelfall zu treffen.67 Aufgrund ihrer einflussreichen Position werden zumindest Senior Officers in den Kreis der Personen einbezogen, die Kontrolle ausüben können.68 Findet der Buyout unter Beteiligung des Chief Executive Officers oder des Chief Financial Officers statt, kann man also regelmäßig von „Kontrolle“ ausgehen. Auch wenn es, wie erwähnt, auf die Umstände des Einzelfalles ankommt, so bewirkt eine derartige Stellung zumindest eine Umkehr der Beweislast dahingehend, dass der Officer das Vorliegen einer Ausnahme begründen muss.69 Einschränkend wird gelegentlich gefordert, der beteiligte Officer müsse eine wesentliche Position in der Buyout-Gruppe einnehmen.70 bb) Offenlegungspflichtige Umstände Die offenlegungspflichtigen Umstände ergeben sich im Einzelnen aus dem nach Rule 13e-3d.1. einzureichenden Schedule 13E-3. Dieser verweist hinsichtlich der einzelnen Informationen wie auch der Schedule TO im Zusammenhang mit der Rule 14d-3a.1. auf die Regulation M-A. Insoweit gilt deshalb das oben zu Rule 14d-3a.1. Gesagte entsprechend. Zu beachten ist allerdings, dass nach Item 8 auch zur Fairness des Angebots Stellung genommen werden muss. Dabei genügt es nicht, sich auf Gemeinplätze wie „die Transaktion ist fair für die Anteilsinhaber“ zurückzuziehen.71 Insbesondere sind solche Faktoren zu diskutieren, die 65 U.S. v. Sprecher, 783 F.Supp. 133, 159 (S.D.N.Y. 1992); U.S. v. Corr, 543 F.2d 1042, 1050 (U.S.App. 2nd 1976). 66 U.S. v. Corr, 543 F.2d 1042 (U.S.App. 2nd Cir. 1976). 67 U.S. v. Sprecher, 783 F.Supp. 133, 159 (S.D.N.Y. 1992); U.S. v. Corr, 543 F.2d 1042, 1050 (U.S.App. 2nd 1976). 68 Hazen, Securities Regulation, S. 231; Loss / Seligman, 3, S. 1517. 69 Loss / Seligman, 3, S. 1517. 70 Oesterle / Norberg, 41 Vand.L.Rev. 207, 247 (1988). 71 Vgl. Howing Co. v. Nationwide Corp., 826 F.2d 1470, 1478 (Ohio 1987); das weitere Verfahren in dieser Sache ging zweimal zum Supreme Court, ohne dass aber die hier und die in den folgenden Fußnoten zitierten Passagen davon betroffen waren (s. die Entscheidungen

A. Offenlegungspflichten im US-Recht

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auf einen höheren Wert als die im Angebot enthaltene Gegenleistung hindeuten.72 Die Differenzen sind spezifisch anzusprechen und eine Stellungnahme soll die Grundlage für die Darstellung der Fairness im Lichte dieser Unterschiede enthalten.73 Weiterhin bedarf es nach Item 9 einer Offenlegung von Berichten und Stellungnahmen Dritter, etwa von Investmentbanken, die im Zusammenhang mit der Transaktion erstellt wurden. Vergleichbare Items fehlen im Schedule TO.74 In der Literatur wird allerdings bezweifelt, dass die Gerichte diese Unterscheidung tatsächlich nachvollziehen oder nicht eher den gleichen Maßstab an die „Wesentlichkeit“ von Informationen anlegen.75 Im Zweifel wird man im Zusammenhang mit einem Buyout unter Managementbeteiligung wohl eher von einem strengeren Maßstab ausgehen dürfen. Dies entspricht jedenfalls der Linie der Gerichte, bei Auftreten von Fiduciaries auf beiden Seiten der Transaktion die Treuepflichten streng auszugestalten.76 Die Informationen zur Fairness des Angebots müssen den Anteilsinhabern auch dann bekannt gegeben werden, wenn bereits nach anderen Regelungen des SEA 1934 bzw. der SEC-Rules Publizitätspflichten bestehen, Rule 13e-3e.1.ii. Zudem bedarf es einer direkten Bekanntgabe, allein das Einreichen des Schedule 13E-3 bei der SEC gemäß Rule 13e-3d.1. genügt nicht.

e) Verhältnis von „disclose or abstain“ und Übernahmerecht Die speziellen übernahmerechtlichen Regelungen der Section 14 SEA 1934 schließen die Anwendung von Rule 10b-5 nicht aus. Im Gegenteil werden zusätzlich zum Insiderhandelsverbot der Rule 14e-3 regelmäßig Verstöße gegen Rule 10b-5 gerügt.77 Verfügt ein an einem Übernahmeangebot beteiligter Manager über Insiderinformationen, die nicht bereits Gegenstand der Veröffentlichungspflichten im Zusammenhang mit Tender Offers sind, greift die Regel „disclose or abstain“ 927 F.2d 263 [U.S.App. 6th Cir. 1991], 502 U.S. 801, 112 S.Ct. 39 [S.Ct. 1991], 972 F.2d 700 [U.S.App. 6th Cir. 1992, en banc] und 507 U.S. 1004, 113 S.Ct. 1645 [S.Ct. 1993]). 72 Howing Co. v. Nationwide Corp., 826 F.2d 1470, 1478 (Ohio 1987). 73 Howing Co. v. Nationwide Corp., 826 F.2d 1470, 1478 (Ohio 1987). 74 Oesterle / Norberg, 41 Vand.L.Rev. 207, 248 (1988). 75 Oesterle / Norberg, 41 Vand.L.Rev. 207, 248 (1988) unter Verweis auf Flynn v. Bass Bros. Enterprises, Inc., 744 F.2d 978, 988 (U.S.App. 3rd Cir. 1984). In dieser Entscheidung verlangte der 3rd Circuit, dass nach Section 14(e) auch von Experten vorgenommene Bewertungen über Vermögensgegenstände offengelegt werden müssen, sofern diese wesentlich und hinreichend valide sind; ähnlich auch der 6th Cir. in Radol v. Thomas, 772 F.2d 244, 252 f. (U.S.App. 6th Cir. 1985). Beide Gerichte haben im konkreten Fall allerdings eine Pflicht zur Offenlegung verneint. 76 Vgl. etwa Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701 (Del. 1983). 77 Vgl. nur U.S. v. O’Hagan, 521 U.S. 642, 117 S.Ct. 2199 (S.Ct. 1997).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

ohne Einschränkung. Das führt – wie oben erläutert – zu einer Veröffentlichungspflicht gegenüber dem Kapitalmarkt. Im Ergebnis wirkt sich die Regel „disclose or abstain“ daher häufig als „deal killer“ aus, weil eine Veröffentlichung sämtlicher Insiderinformationen aufgrund des darin liegenden Schädigungspotentials regelmäßig ausscheiden wird.

III. Zusammenfassung Abschnitt A. Im US-amerikanischen Recht bestehen sowohl unter gesellschafts- als auch unter kapitalmarktrechtlichen Gesichtspunkten weitreichende Aufklärungspflichten. Das für das Gesellschaftsrecht maßgebliche Common Law erzwingt angesichts der Position der Manager und ihres Wissensmonopols eine Aufklärung nach der herrschenden Special Facts Doktrin, soweit es sich um Face-to-Face Transaktionen handelt. Findet der Anteilserwerb über die Börse statt, existiert nach herkömmlicher Lesart der Entscheidung Goodwin v. Agassiz keine Aufklärungspflicht. Insoweit greifen dann die Federal Securities Laws ein. Zum einen muss der Manager als Insider gemäß der disclose or abstain-Regel entweder seine Insiderinformationen dem Markt gegenüber offenlegen oder aber vom Geschäft insgesamt Abstand nehmen. Zum anderen sehen diverse spezielle Vorschriften Veröffentlichungspflichten im Einzelfall vor. Das US-amerikanische Recht überbrückt die Informationsasymmetrie damit jedenfalls für Face-to-Face Transaktionen im Sinne der rechtsökonomischen Vorgabe, eine Aufklärungspflicht zu begründen. Die juristische Lösung entspricht der ökonomischen Theorie insoweit, als diese Pflicht aus der treuhänderischen Stellung der Manager im Verhältnis zu den Gesellschaftern hergeleitet wird. Auch für Börsentransaktionen greift das US-Recht zugunsten der Anteilseigner, indem es die die Gefährdung auslösende Transaktion verbietet, soweit nicht die Insiderinformationen offenbart werden. Das ist zwar keine im Individualverhältnis von Manager und Gesellschafter bestehende Aufklärungspflicht. Sie sorgt aber mit Hilfe der herzustellenden Marktöffentlichkeit für die Möglichkeit des Informationszugangs.

B. Informationspflichten der Gescha¨ftsleiter gegenu¨ber den Gesellschaftern im deutschen Recht Das Hauptproblem der Informationspflichten im deutschen Recht besteht darin, sie rechtstechnisch überhaupt erst zu begründen. In Anknüpfung an die Lösung des US-Rechts wäre die Bejahung einer direkten organschaftlichen Treuepflicht der Geschäftsleitung gegenüber dem einzelnen Mitglied die einfachste Lösung, die aber, wie im ersten Kapitel ausführlich diskutiert wurde, mit dem deutschen Kapi-

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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talgesellschaftsrecht nicht vereinbar ist.78 Denkbar wäre, für den Sonderfall der Informationspflichten beim Buyout unter Managementbeteiligung eine Schutzwirkung der Organpflichten bzw. des Anstellungsvertrages zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern anzunehmen (dazu I.).79 Weiterhin stellt sich die Frage nach vormitgliedschaftlichen Treuebindungen und ihren Auswirkungen (dazu II.). Schließlich lässt sich aus dem Bürgerlichen Recht noch das in § 311 Abs. 2 BGB verankerte Institut der culpa in contrahendo heranziehen (III.). Die genannten Varianten werden im Folgenden für GmbH und Aktiengesellschaft gemeinsam diskutiert.

I. Anstellungsvertrag oder Organpflicht mit Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter? Den Ansatz für eine Aufklärungspflicht könnte erneut die bereits im ersten Kapitel dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur GmbH & Co. KG bieten.80 Unabhängig von der Frage nach der dogmatischen Begründung solcher Schutzpflichten im Allgemeinen ist aber schon zweifelhaft, ob der Buyout unter Managementbeteiligung eine Konstellation darstellt, in der ein Rückgriff auf solche Pflichten zugunsten der Gesellschafter in Erwägung gezogen werden kann. Anders als bei den Schweigepflichten steht hier nicht sofort der Einwand im Raum, es handele sich um die Herleitung eines dauernden direkten Pflichtenverhältnisses zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern. Um bei einer Buyout-Transaktion in Form eines Share Deals Schutzpflichten zugunsten der Gesellschafter bejahen zu können, müssten im Rahmen dieses Geschäfts gegenüber der Gesellschaft selbst Aufklärungspflichten bestehen.81 Erst wenn solche Pflichten bejaht werden, stellt sich überhaupt die Frage, ob sie auf Dritte auszudehnen sind. Soll das Geschäft allein zwischen den Gesellschaftern und den Investoren bzw. Geschäftsleitern abgewickelt werden, berührt dies nicht die Belange der Gesellschaft.82 Sie bleibt in ihrem Bestand unberührt, Aktiva und Passiva verändern sich nicht im Zuge der Transaktion. Damit entstehen zu ihren Gunsten weder Haupt- noch Nebenleistungspflichten zur Aufklärung.83 § 1 A.I.1. Dazu auch schon § 1 A.I.2. 80 s. o. § 1 A.I.2. 81 Also Aufklärungspflichten gegenüber der Gesellschaft anlässlich eines Share Deals. Das ist etwas anderes als die unten sub C. zu diskutierende Frage nach Aufklärungspflichten bei einem Asset Deal. 82 Fleischer, AG 2000, 309 (312); i. Erg. ebenso Rhein, S. 207. 83 Daher kommt es für den hier relevanten Sachverhalt nicht auf die Frage an, ob auch Nebenpflichten geeignet sind, Schutzpflichten zu begründen, wie dies Schwab, JuS 2002, 872 (874), befürwortet. 78 79

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Bereits hieran scheitert eine Anwendung der Grundsätze zur Schutzwirkung des Anstellungsverhältnisses bei der GmbH & Co. KG. Eine Aufklärungspflicht kann daran also nicht angeknüpft werden.

II. Vormitgliedschaftliche Treuebindung 1. Das Konzept der vormitgliedschaftlichen Treuebindung In der Literatur werden Informationspflichten der Geschäftsleitung gegenüber den Altgesellschaftern der Zielgesellschaft von einigen Autoren aus vormitgliedschaftlichen Treuebindungen hergeleitet.84 Dieses Konzept beruht auf der Überlegung, dass zukünftige Mitglieder schon im Vorstadium der Mitgliedschaft Treuepflichten unterworfen sein sollen.85 Insbesondere das Institut der culpa in contrahendo komme nicht in Betracht, gesellschaftsrechtliche Vorfeldkontrollen zu ersetzen, da es sich nicht eigne, die „doppelte Ausrichtung spezifisch gesellschaftsvertraglicher Bindungen (auf gemeinsamen Gesellschaftszweck und Mitgesellschafter gleichermaßen)“ zu erfassen.86 Speziell der Buyout könne als „paradigmatische Fallgruppe“ vormitgliedschaftlicher Bindungen herangezogen werden.87 Die culpa in contrahendo trage den Besonderheiten eines Kaufs von Gesellschaftsanteilen nicht ausreichend Rechnung. Vielmehr nehme der schuldrechtliche Teil nur eine untergeordnete Stellung ein, so dass in erster Linie gesellschaftsrechtlich argumentiert werden müsse.88 2. Kritik a) Zukünftige Mitgliedstellung der Manager Nicht vollends überzeugen kann die in der Literatur geäußerte Kritik an der Erfassung des Buyouts mittels vormitgliedschaftlicher Treubindungen, die Legitimationsbasis liege nicht in der zukünftigen Gesellschafter-, sondern in der Geschäfts84 M. Weber, Treubindungen, S. 277 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV. 1. b), S. 588; Wittkowski, GmbHR 1990, 544 (549). Grundsätzlich abweichend etwa Lutter, AcP 180 (1980), 84 (156); ders., ZHR 153 (1989), 446 (458, 460) sowie die Autoren unten in Fußn. 92, die die Entstehung von Treuepflichten stets von dem Erwerb der Mitgliedschaft abhängig machen. Speziell im Zusammenhang mit der Diskussion zum Übernahmerecht vor dem Inkrafttreten des WpÜG auch Peltzer, Übernahmeangebote nach künftigem Recht, 179 (189 ff.). Die Diskussion um Informationspflichten im Übernahmeverfahren hat sich jedoch mit der Einführung von § 11 WpÜG erledigt. Die damals befürworteten Aufklärungspflichten gingen nicht weiter als heute § 11 WpÜG i.V. m. der WpÜG-AngV, s. etwa Peltzer sowie – auf Grundlage der culpa in contrahendo – Assmann / Bozenhardt, Übernahmeangebote, 1 (76). Im Text werden daher nur die speziell für den Buyout relevanten Fragen erörtert. 85 M. Weber, Treubindungen, S. 177 ff., 226 ff. 86 M. Weber, Treubindungen, S. 232. 87 M. Weber, Treubindungen, S. 267. 88 M. Weber, Treubindungen, S. 267, allerdings ohne weitere Begründung.

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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leiterstellung des Managers.89 Sollten nach Durchführung der Transaktion Altmitglieder in der Gesellschaft verbleiben, wird ein Prinzipal-Agenten-Konlikt im horizontalen Verhältnis der Anteilseigner untereinander herbeigeführt. Bei einem Buyout unter Managementbeteiligung tritt ein voll informierter Mehrheitsgesellschafter auf Anteilseignerseite ein, der gleichzeitig die Führung der Geschäfte in den Händen hält. Es erscheint nicht ausgeschlossen, auch für dieses Verhältnis auf der Basis der Agenturtheorie ausreichende rechtsökonomische Gründe zu Gunsten von Aufklärungspflichten als Wertungsgrundlage zu finden.90

b) Gesellschaftsrecht vs. Schuldrecht Das entscheidende Problem des Ansatzes, Aufklärungspflichten mittels vormitgliedschaftlicher Treubindungen begründen zu wollen, liegt in der Frage, ob es letztere gibt. Der Bundesgerichtshof unterscheidet in seiner Rechtsprechung deutlich zwischen dem gesellschaftlichen und dem außergesellschaftlichen Bereich.91 In der Literatur stößt das Konzept vormitgliedschaftlicher Treuepflichten auf unterschiedliche Resonanz.92 Hier ist nicht der Ort, sich umfassend damit auseinanderzusetzen.93 Es genügt eine Überprüfung des Konzepts hinsichtlich des Buyouts. Im Folgenden werden daher zunächst nur einige grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit der Begründung vormitgliedschaftlicher Treupflichten erörtert [aa)], um anschließend die Anwendung auf den Buyout unter Managementbeteiligung zu diskutieren [bb)]. aa) Zur Begründung vormitgliedschaftlicher Treuepflichten Fragwürdig ist bereits die Analyse M. Webers im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb, das Institut der culpa in contrahendo sei defizitär.94 Bevor er zu diesem Schluss gelangt, stellt er nämlich selbst fest, dass „[z]ugunsten der Zivilrechtslösung [ . . . ] mit der culpa in contrahendo ein ausgefeiltes Instrument [zur prozessualen Betrachtung des Beteiligungserwerbs] zur Verfügung steht.“95 Der So Fleischer, AG 2000, 309 (320). Ob es solche Gründe gibt, sei hier dahingestellt. 91 Z. B. BGH, Urt. v. 22. 06. 1992 – II ZR 178 / 90, NJW 1992, 3167 (3171). 92 Ablehnend etwa Bungeroth, in: MünchKomm / AktG, Vor § 53a Rdnr. 23 Fußn. 22; Janke, Treuepflicht, S. 29 f.; sehr kritisch Fleischer, AG 2000, 309 (320) und Kort, ZHR 164 (2000), 444 ff.; offener dagegen Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, Anh § 53a Rdnr. 41. Befürwortend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV. 1. b), S. 588; Tröger, S. 59 ff., für Zeichner (ohne Bezug auf M. Weber); Wittkowski, GmbHR 1990, 544 (549). 93 s. die ausführliche Besprechung der Habilitationsschrift M. Webers von Kort, ZHR 164 (2000), 444 ff. 94 M. Weber, Treubindungen, S. 232. 95 M. Weber, Treubindungen, S. 230. 89 90

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Umstand, dass die culpa in contrahendo grundsätzlich auf nur zwei Seiten hin orientiert wirkt, macht es noch nicht erforderlich, vormitgliedschaftliche Treubindungen zu bejahen.96 Denn soweit Fragen zu Parallelkäufen bei Übernahmeangeboten oder zu ähnlichen Sachverhalten aufgeworfen werden,97 wäre noch näher zu begründen gewesen, warum diese ausgerechnet mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln zu bewältigen sein sollen. Es liegt näher, diese Probleme mittels spezifisch kapitalmarktrechtlicher Instrumente zu regulieren. In ganzem Ausmaß zeigt sich die Schwierigkeit des Ansatzes einer Lösung über vormitgliedschaftliche Treubindungen denn auch hinsichtlich der Erfassung des Insiderhandels von Nichtmitgliedern. Das Problem wird von M. Weber erkannt, der selbst konstatiert, es „[könne] nicht angehen [ . . . ], den gesamten kapitalmarktrechtlich gesteuerten Bereich [ . . . ] mit weitgehend parallelkonstruierten [sic] gesellschaftsrechtlichen Verhaltensbindungen zu überziehen.“98 Es bleibt im Dunkeln, worin der Vorteil einer Anerkennung allgemein existierender vormitgliedschaftlicher Treubindungen bestehen soll, wenn diese ohnehin in wichtigen Bereichen nicht über die Lösungen hinausgehen, welche bereits existierende und in der Praxis erprobte Institute wie etwa die culpa in contrahendo ohne Schutzdefizit ebenso gut erzielen.99 Eine „funktionale Notwendigkeit partieller Gleichbehandlung von Gesellschaftern und (Noch-)Nichtgesellschaftern“100 ist nicht ersichtlich.101 Warum sollte man bei Nichtmitgliedern an die gesellschaftsrechtlichen Verhaltensbindungen solcher Personen anknüpfen, die etwa aufgrund ihrer Stellung als Organ gebunden sind? Die Ausgangslage ist jeweils grundverschieden: Während ein Organ in aktueller Beziehung zur Gesellschaft steht oder ein ehemaliger Gesellschafter einem nachwirkenden Wettbewerbsverbot unterworfen werden kann, weil er bereits Teil des Verbandes gewesen ist und sich damit einmal in Beziehung zu anderen Mitgliedern gesetzt hat, fehlt ein solcher legitimierender verbandsbezogener Anhaltspunkt bei potentiellen Neugesellschaftern.102 Diese Bedenken werden bestätigt durch die Einschränkung, diese Wertungen seien „in sich sehr heterogen“.103 Über die sehr abstrakten Ausführungen zu indirekten Einwirkungsmöglichkeiten, die „sich von de[n]jenigen sonstiger Dritter wie bloßer Kreditgeber oder Lieferanten unterscheide[n]“104, bleibt offen, woraus eine Notwendigkeit der geforderten Gleichbehandlung von Gesellschaftern und Nichtgesellschaftern folgen soll.105 So aber M. Weber, Treubindungen, S. 232. Weitere Bsp.: Börsenverkauf, entschädigungspflichtiger Verkauf an Dritte seitens „ahnungsloser Kleinaktionäre“, M. Weber, Treubindungen, S. 232. 98 M. Weber, Treubindungen, S. 323. 99 Ähnlich Janke, Treuepflicht, S. 29 f. 100 Dazu M. Weber, Treubindungen, S. 233 ff. 101 So auch Kort, ZHR 164 (2000), 444 (451). 102 A. A., allerdings ohne weitere Begründung, M. Weber, Treubindungen, S. 233. 103 M. Weber, Treubindungen, S. 233. 104 M. Weber, Treubindungen, S. 233 und passim. 105 Ähnlich die Kritik von Kort, ZHR 164 (2000), 441 (451). 96 97

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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Sie ergibt sich auch nicht für den Fall eines Angebots zur Übernahme der Anteile an einer börsennotierten AG. Zwar kann man hier argumentieren, dass insoweit ein auf der culpa in contrahendo basierender Ansatz mangels individualisierter Offerte scheitert, so dass vormitgliedschaftliche Treupflichten einen Erklärungsansatz böten. Dieser Einwand schlägt aber nicht durch. Zum einen gehen einem öffentlichen Übernahmeangebot in der Rechtspraxis bereits Verhandlungen mit Paketaktionären voraus, die eine ausreichende Basis für Aufklärungspflichten aus culpa in contrahendo darstellen, was die Konstruktion vormitgliedschaftlicher Treubindungen wieder obsolet macht. Die zeitlich spätere Aufklärung der übrigen Anteilseigner ist dann besser anhand kapitalmarktrechtlicher Wertungen zu erklären als mittels gesellschaftsrechtlicher Überlegungen.106 Das insoweit auftretende Problem einer Gleichbehandlung der Aktionäre wird unten ausführlich behandelt.107 Zum anderen sieht das Übernahmerecht selbst Informationspflichten vor. bb) Anwendung auf den Buyout unter Managementbeteiligung Diese genannten Defizite zeigen sich bei dem angeblich paradigmatischen Fall der Anwendung vormitgliedschaftlicher Treubindungen auf den Buyout. Es fehlt an überzeugenden Nachweisen, welche Probleme sich über die befürwortete Rechtsfortbildung besser oder überhaupt nur im Wege des Neuansatzes lösen lassen.108 Hinzu kommt, dass hier auch ein wertungsmäßiges Problem auftritt: Macht es unter Umständen Sinn, einem Zeichner bestimmte Pflichten aufzuerlegen, weil seine Stellung als späterer Gesellschafter bereits gefestigt ist,109 ist die Situation eines erwerbswilligen Managers im Vorfeld eines Buyouts noch eine ganz andere.110 Denn die Frage der Informationspflichten erlangt in einem Stadium Bedeutung, in dem der Beteiligungserwerb eher einen Wunsch als eine gefestigte Aussicht darstellt. Die Informationspflichten sollen den Käufer in einer Situation treffen, in der er mit den Anteilseignern über den Erwerb in Verhandlungen tritt. Den Gesellschaftern soll durch die zu offenbarenden Informationen erst ermöglicht werden, über die Veräußerung zu entscheiden. Es ist zweifelhaft, warum es hier schon vormitgliedschaftlicher Pflichten bedarf. Insoweit besteht die in der Literatur bereits früher hervorgehobene Gefahr, eine Ausweitung der Treuepflichten auf Nichtmitglieder „würde [ . . . ] das [ . . . ] Schiff weit überfrachten und zum Untergang verurteilen.“111 Eine derartige Ausweitung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten ließe ihre Konturen verschwimmen und würde neue Abgrenzungsfragen 106 Ähnlich für den umgekehrten Fall des Bieterschutzes vor den Altaktionären Ekkenga, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 33 Rdnr. 13 a. E. 107 D. 108 Vgl. die Ausführungen von M. Weber, Treubindungen, S. 212 f. und 277 ff. 109 Dazu M. Weber, Treubindungen, S. 209 ff. Vom Ansatz her ähnlich Tröger, S. 60 ff. 110 Ähnlich Tröger, S. 61, mit Verweis auf Übernahmeangebote. 111 Lutter, AcP 180 (1980), 84 (156).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

aufwerfen. So müsste das Verhältnis zum Schuldrecht neu bestimmt werden, insbesondere mit Blick auf den umfangreicheren gesellschaftsrechtlichen Pflichtenkatalog im Vergleich zu dem im Grundsatz weniger strengen Schuldrecht. Im Ergebnis sind vormitgliedschaftliche Treubindungen nicht das geeignete Instrument, Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber den Gesellschaftern zu begründen. Inwieweit das in anderen Situationen angemessen sein mag, kann hier dahinstehen.112

III. Culpa in contrahendo Im Abschnitt zu den vormitgliedschaftlichen Treubindungen wurde bereits angedeutet, dass die culpa in contrahendo einen Ansatz bietet, das Problem der Informationspflichten zu bewältigen. Der dogmatische Bezugspunkt für das Entstehen schuldrechtlich begründeter Aufklärungspflichten aus culpa in contrahendo liegt dabei in dem angestrebten Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile.113 Als Bestandteil der Schutz- und Rücksichtspflichten nach § 241 Abs. 2 BGB114 bilden die Aufklärungs- und Informationspflichten im Vorfeld eines Vertragsabschlusses heute das wichtigste Anwendungsfeld der culpa in contrahendo.115 Die Rechtsprechung hat eine reichhaltige Kasuistik für die verschiedenen typischen Situationen schuldrechtlicher Verträge wie etwa Kauf, Miete, Anlageberatung und Bankgeschäfte geschaffen.116 Soweit in der Literatur vertreten wird, aus culpa in contrahendo könnten keine Aufklärungspflichten abgeleitet werden, da sie „nur Anspruchsgrundlage [ . . . ]“ sei und damit das Bestehen von Aufklärungspflichten voraussetze,117 tritt nicht nur eine höchst ungewöhnliche Auffassung hinsichtlich des Zusammenhangs von Tatbestand und Rechtsfolgen zutage. Vielmehr offenbart sich ein grundlegendes Fehlverständnis des Instituts der culpa in contrahendo. Das zeigt sich unter anderem daran, dass im Anschluss an die zitierte Aussage Aufklärungspflichten aus Vertrauens-, Sachwalter- und Berufshaftung erläutert werden, die „keinen Gegensatz [zur culpa in contrahendo, Anm. des Autors], sondern eine Konkretisierung des gesetzlichen Schuldverhältnisses“ darstellten.118 112 Dazu etwa Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, Anh § 53a Rdnr. 41, sowie Kort, ZHR 164 (2000), 444 (450), deren ansatzweise Offenheit für die Thesen M. Webers aber ebenfalls nicht erkennen lässt, wo genau vormitgliedschaftliche Treubindungen Wirkung entfalten sollen. 113 Fleischer, AG 2000, 309 (320); Harbers, S. 60; Kort, in: Großkomm / AktG4, § 76 Rdnr. 130; D. Weber, ZHR 155 (1991), 120 (126). Zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufklärungspflichten s. unten 2. 114 s. Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 69; Staudinger / Löwisch, § 311 Rdnr. 107. 115 Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 96. 116 Übersichten bei Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnrn. 121 ff.; Staudinger / Löwisch, § 311 Rdnrn. 119 ff. 117 So von Tirpitz, Pflichten beim Management Buy-Out, S. 81. 118 von Tirpitz, Pflichten beim Management Buy-Out, S. 81.

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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Im Folgenden werden speziell für den Fall des Buyout unter Managementbeteiligung die Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht aus culpa in contrahendo herausgearbeitet. 1. Entwicklung einer Aufklärungspflicht beim Buyout unter Managementbeteiligung a) Grundsatz: Keine Pflicht zur Information Den Fällen, in denen Aufklärungspflichten bejaht werden, steht der Grundsatz gegenüber, dass das deutsche Recht keine generelle Pflicht zur Information des zukünftigen Vertragspartners kennt.119 Im Gegenteil besteht zunächst für jede Partei selbst die Pflicht, sich ausreichend zu informieren.120 Eine informationelle Gleichstellung der Parteien ist unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht wünschenswert, da das System gerade auf einer asymmetrischen Verteilung von Informationen beruht.121 Von Hayeks berühmte Definition des Wettbewerbs als Verfahren, das zur Entdeckung von Tatsachen dient, die ohne sein Bestehen unbekannt oder zumindest ungenutzt blieben,122 bietet hier einen unmittelbaren Anknüpfungspunkt. Ein solches Verfahren setzt aus Sicht des auf der Suche nach neuen Tatsachen Befindlichen im Regelfall erhebliche Anstrengungen voraus. Diese wird er zumeist nur unternehmen, wenn er auch die Früchte seiner Arbeit ernten kann.123 Zudem ist es der Marktprozess, der über Preise Signale dafür gibt, wonach es sich zu suchen lohnt.124 Diese Funktion wird begünstigt, wenn neue Tatsachen und Kenntnisse möglichst schnell im Markt verteilt werden.125 Um Innovation und Wachstum einer Volkswirtschaft zu fördern, ist deshalb die Aufrechterhaltung und Stimulierung des Marktprozesses von entscheidender Bedeutung. Rechtsökonomisch sind Aufklärungspflichten daher nur in Ausnahmefällen angebracht. Das findet seinen Ausdruck in dem juristischen Grundsatz, dem Teilnehmer am Rechtsverkehr Selbstverantwortung insoweit zuzuschreiben, dass er sich grundsätzlich eigenständig über den Vertragsgegenstand informieren muss.126 Es bedarf daher besonderer Umstände, die eine Aufklärungspflicht zulasten einer Partei auslösen. 119 RGZ 111, 233, 234 f.; Canaris, iustitia distributiva, S. 47 f.; Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 101; Soergel / Teichmann, § 242 Rdnr. 136; Soergel / Wiedemann, Vor § 275 Rdnr. 153. 120 Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 101. 121 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 298. 122 von Hayek, Freiburger Studien, S. 249. 123 Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 13 f. (1978). 124 von Hayek, Freiburger Studien, S. 253. 125 Vgl. Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 13 (1978). 126 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 298 f.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

b) Ausnahmen vom Grundsatz fehlender Informationspflichten Exakte Kriterien, die für jede Situation präzise die Entstehung einer Aufklärungspflicht vorhersagen können, existieren nicht.127 Insoweit gilt die gelegentlich despektierlich als „Leerformel“ bezeichnete128 Aussage, dass Bestand und Ausmaß der Aufklärungspflicht von den Umständen des Einzelfalles abhängen.129 Andererseits lassen sich diese Umstände einer groben Systematisierung unterwerfen, aus der sich die grundlegenden Wertungen ergeben, die für oder gegen eine Aufklärungspflicht sprechen. Eine Parallele zu den üblicherweise herangezogenen Fallgruppen zu ziehen, ist im Fall des Buyouts eher schwierig. Betrachtet man etwa die typischen Konstellationen der Aufklärungspflichten beim Gebrauchtwagenoder Hauskauf (Stichwort: Hausschwamm130), ist dort stets der Verkäufer derjenige mit überlegenem Wissen, sieht man einmal von den Fällen ab, in denen der Käufer aufgrund seiner finanziell bedrängten Lage und vereinbarter Vorleistung des Verkäufers diesen informieren muss.131 Dagegen verfügt in den hier relevanten Situationen der Käufer über die wichtigen Informationen. Mithin gestaltet sich auch ein Rückgriff auf die im Schrifttum vorhandene topische Einteilung der Kriterien etwa nach Art des Vertrages als schwierig.132 Aus diesem Grund bedarf es einer eingehenderen Analyse, welche Faktoren für oder gegen Aufklärungspflichten sprechen. Dabei werden zunächst abstrakt die maßgeblichen Kriterien dargestellt [aa)], um anschließend auf dieser Basis die Notwendigkeit von Aufklärungspflichten herauszuarbeiten [bb)]. aa) Wertungskriterien Die maßgeblichen Wertungskriterien sind Ausdruck der Interessen der an dem potentiellen Vertrag beteiligten Parteien.133 Auf Seiten der informierten Vertragspartei geht es vor allem um den Schutz vor opportunistischem Verhalten, also um die Vermeidung der Übervorteilung durch die Gegenseite nach Offenbarung be127 Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 101; Soergel / Wiedemann, Vor § 275 Rdnr. 153. 128 Breidenbach, Informationspflichten, S. 52. 129 RG, Urt. v. 3. 02. 1904 – 404 / 03 I., JW 1904, 167 (168); BGH, Urt. v. 28. 03. 1984 – VIII ZR 5 / 83, NJW 1984, 2289 (2290); Urt. v. 31. 01. 1979 – I ZR 77 / 77, MDR 1979, 730; OLG Brandenburg, Urt. v. 28. 09. 2005 – 4 U 37 / 05, NJW-RR 2006, 51 (52); Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 102; Soergel / Wiedemann, Vor § 275 Rdnr. 153. 130 BGH, Urt. v. 9. 10. 1964 – V ZR 109 / 62, NJW 1965, 34. 131 Etwa BGH, Urt. v. 27. 10. 1982 – VIII ZR 187 / 01, NJW 1983, 676 (677); OLG Karlsruhe, Urt. v. 26. 11. 1987 – 9 U 251 / 85, NJW-RR 1988, 999; Soergel / Wiedemann, Vor § 275 Rdnr. 153. 132 Zu einer solchen Einteilung s. grundlegend Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 567 ff., sowie Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnrn. 103 ff.; Soergel / Wiedemann, Vor § 275 Rdnrn. 153 ff. 133 Zu anderen Versuchen der Systembildung und ihren Defiziten s. überzeugend Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 266 ff.

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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stimmter Informationen.134 Ist diese nämlich alleinige Inhaberin des begehrten Gutes, steht es ihr kraft ihrer quasi monopolistischen Position frei, nach Bekanntwerden des Kaufentschlusses der anderen Seite dieser nahezu beliebige Konditionen aufzuzwingen.135 Gegen einen solchen „Raubüberfall“136 hilft grundsätzlich nur der Verzicht auf Aufklärung.137 Weiterhin bedarf es Vorkehrungen dahingehend, dass der Person mit Informationsvorsprung Schutz vor der Entwertung eigener Informationsanstrengungen geboten wird.138 Sofern jemand kraft eigenen Entschlusses Investitionen in die Informationsgewinnung über den Gegenstand getätigt hat (vor allem: Zeit und Geld), soll ihm – von Ausnahmefällen abgesehen139 – dieser Vorteil nicht genommen werden.140 Aus Sicht der nicht informierten Vertragspartei bedarf es zuvorderst eines Schutzes vor Benachteiligung wegen struktureller Informationsdefizite. Dabei kann es nach der oben kurz erwähnten Funktion von Informationsasymmetrien als Marktbedingung nicht um die Herstellung von Informationsgleichheit im Sinne gleicher Informationsverteilung gehen, sondern lediglich um den Ausgleich unterschiedlicher Möglichkeiten des Informationszugangs.141 Das betrifft insbesondere die Ausnutzung von Insiderwissen auf einer Seite.142 Grundsätzlich nicht geschützt wird ein Käufer vor der Unkenntnis der aufgrund allgemein zugänglicher Informationen einschätzbaren Marktlage und einem im Vergleich zu den realen Möglichkeiten des Marktes zu geringen verlangten Preis.143 Dies spiegelt sich in einer Obliegenheit zur Selbstinformation wider, die auch die Rechtsprechung anerkennt.144 Eine Ausnahme gilt, sofern Umstände zum Zuge kommen, die eine besondere Verbundenheit zwischen den Parteien bewirken (z. B. Geschäftsbesorgungsverhältnisse).145 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 278 f. Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 279. 136 Richter / Furubotn, S. 101. 137 Ausführlich Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 279 ff. 138 Fleischer, S. 281 ff. 139 Dazu Fleischer, S. 284 ff., Bsp. 286. 140 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 281, 284. 141 Ausdrücklich auf Informationsmöglichkeiten abstellend OLG Brandenburg, Urt. v. 28. 09. 2005 – 4 U 37 / 05, NJW-RR 2006, 51 (52); ausführlich Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 297 ff. Ähnlich unter dem Aspekt der Verteilung von Risikosphären Henssler, Risiko, S. 148. 142 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 301 ff., 578 f. Im Ergebnis ähnlich Breidenbach, Informationspflichten, S. 71, wenn er eine Aufklärungspflicht daraus ableitet, dass der Vertragspartner allein über ein bestimmtes Wissen verfügt. 143 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 321 ff., 577 f. 144 OLG Brandenburg, Urt. v. 28. 09. 2005 – 4 U 37 / 05, NJW-RR 2006, 51 (52); Henssler, Risiko, S. 145, 148; Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 586 f. 145 OLG Brandenburg, Urt. v. 28. 09. 2005 – 4 U 37 / 05, NJW-RR 2006, 51 (52); Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 324 f.; i. Erg. wohl auch Breidenbach, Informationspflichten, S. 71, wenn er bei gleichen Zugriffsmöglichkeiten eine Informationspflicht aus einem wesentlichen Informationsbedarf des Adressaten herleiten will. Allein das „präsente Wissen“ 134 135

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

bb) Anwendung auf den Buyout unter Managementbeteiligung Betrachtet man diese Wertungen vor dem Hintergrund der Positionen der Beteiligten beim Buyout, rücken zwei widerstrebende Aspekte ins Blickfeld: Während einerseits der Käufer als Geschäftsleiter über Insiderwissen verfügt, halten andererseits § 51a GmbHG und § 131 AktG Informationsrechte zugunsten der Gesellschafter bereit. Unter dem Gesichtspunkt des gleichwertigen Informationszugangs und der Obliegenheit zur Selbstinformation sind diese Normen näher auf ihre Tragweite hin zu untersuchen, um die Notwendigkeit einer Aufklärungspflicht prüfen zu können. (1) Gesellschaftsrechtliche Informationsrechte und gleicher Informationszugang (a) § 131 AktG An individuellen Informationsrechten146 kann der Aktionär außerhalb besonderer Sachverhalte147 nur das Auskunftsrecht nach § 131 AktG geltend machen. Schuldnerin ist allein die Gesellschaft.148 Der Anspruch auf Auskunft steht dem Aktionär in seiner Eigenschaft als Teilnehmer der Hauptversammlung zu.149 § 131 AktG soll in erster Linie die sinnvolle Ausübung der Rechte des Mitglieds in der Hauptversammlung ermöglichen.150 Aus dieser Funktion folgt zugleich eine inhaltliche Beschränkung des Fragerechts auf die Tagesordnung.151 Selbst wenn man mit einer vielfach vertretenen Ansicht aus der Mitgliedschaft einen weitergehenden Anspruch auf Rechenschaft ableitet,152 besteht dieser gleichfalls lediglich im des Informationsinhabers wird aber entgegen Breidenbach, a. a.O., nach dem oben Gesagten nicht ausreichen. Kritisch Henssler, Risiko, S. 143 f. 146 Zur Unterscheidung individueller und kollektiver Informationsrechte s. nur Wilde, ZGR 1998, 423 (423 f.). 147 Für Unternehmensverträge: §§ 293g Abs. 3, 295 AktG; für die Eingliederung: §§ 319 Abs. 3 S. 4, 320 Abs. 4 S. 3, 326 AktG; für die Konzernrechnungslegung: § 321a Abs. 1, 2 HGB; für Umwandlungen: §§ 64 Abs. 2, 125 S. 1 UmwG. 148 Decher, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnr. 90; Hüffer, § 131 Rdnr. 5; Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 16; Siems, in: Spindler / Stilz, § 131 Rdnr. 16; Spindler, in: Schmidt / Lutter, § 131 Rdrn. 14. 149 Hüffer, § 131 Rdnr. 1. 150 Decher, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnr. 7; Hüffer, § 131 Rdnr. 1; Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 1; Spindler, in: Schmidt / Lutter, § 131 Rdnr. 1. 151 Decher, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnr. 9; Wilde, ZGR 1998, 423 (442). 152 s. etwa KG, Beschl. v. 24. 08. 1995 – 2 W 1255 / 95, WM 1995, 1927 (1928); KG, Beschl. v. 15. 02. 2001 – 2 W 3288 / 00, AG 2001, 421; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5. 11. 1987 – 19 W 6 / 87, AG 1988, 53 (54); Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 1. Ob der BGH in seinem Urt. v. 29. 11. 1982 – II ZR 88 / 81, BGHZ 86, 1 (19), tatsächlich einen derart weiten Rechenschaftsanspruch befürwortet, ist zu bezweifeln. Zur abw. Ansicht s. nur Decher, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnrn. 10 ff.; Hüffer, § 131 Rdnrn. 2, 19a; Siems, in: Spindler / Stilz, § 131 Rdnr. 19; Spindler, in: Schmidt / Lutter, § 131 Rdnrn. 6, 17; Wilde, ZGR 1998, 423 (442), jeweils m. Nachw.

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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zeitlichen Rahmen der Hauptversammlung.153 Weiterhin gibt es keine allgemeine Informationspflicht der Gesellschaft.154 Ein Recht zur Einsicht in Unterlagen der Gesellschaft besteht ebenfalls nicht.155 Zusätzliche Einschränkungen ergeben sich daraus, dass nur zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderliche Fragen gestellt werden können. Ein bloßer Zusammenhang genügt nicht.156 Hinzu kommen die Verweigerungsbefugnisse des Vorstandes nach § 131 Abs. 3 AktG. So ist er etwa im Rahmen von § 131 Abs. 3 Nr. 3 AktG berechtigt, Auskünfte über stille Reserven zu verweigern.157 Weitergehend erstreckt sich dieses Verweigerungsrecht auf alle Fragen, die auf eine Ermittlung des wahren Werts der von § 131 Abs. 3 Nr. 3 AktG betroffenen Gegenstände abzielen.158 Zusätzlich billigt die herrschende Meinung dem Vorstand ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Nr. 5 AktG zu, wenn es sich bei der weiterzugebenden Information um eine Insidertatsache im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes handelt und nicht zumindest gleichzeitig Bereichsöffentlichkeit hergestellt wird.159 Wendet man sich im Anschluss an diese kurze tour d’horizon wieder der Ausgangsfrage nach der Möglichkeit des gleichberechtigten Informationszugangs von Geschäftsleitung und Gesellschafter als den an der Vertragsanbahnung beteiligten Parteien zu, scheidet ein Verweis der Aktionäre auf eine Obliegenheit zur Selbstinformation aus. Die Kaufvertragsverhandlungen sowie die sonstigen mit der Vorbereitung des Anteilserwerbs zusammenhängenden Geschäfte finden sämtlich Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 23. OLG Karlsruhe, Urt. v. 28. 08. 2002 – 7 U 137 / 01, AG 2003, 444 (446); Hüffer, § 131 Rdnr. 2. 155 BGH, Urt. v. 5. 04. 1993 – II ZR 238 / 91, BGHZ 122, 211 (236 f.); Hüffer, § 131 Rdnr. 22; Lutter, ZIP 1997, 613 (616). 156 KG, Urt. v. 31. 01. 1996 – 23 U 3989 / 94, AG 1996, 421 (423); Hüffer, § 131 Rdnr. 12; Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 36. Zum Problem, ob die Frage im Zusammenhang mit dem passenden Tagesordnungspunkt gestellt werden muss Siems, in: Spindler / Stilz, § 131 Rdnr. 28 (bejahend) m. w. Nachw. 157 Dechert, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnrn. 317 f.; Hüffer, § 131 Rdnr. 29; Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 108. 158 Dechert, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnr. 318; Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 108. 159 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 87; Schäfer, in: Hamann / Schäfer, § 14 Rdnr. 83; Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 52; Peters, S. 54; Schwark, in: Schwark, § 14 Rdnr. 36; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 106, jeweils m. w. Nachw. A. A. etwa Schneider / Singhof, FS Kraft, 585 (597); Siems, in: Spindler / Stilz, § 131 Rdnr. 50. Siems verkennt mit seinem Verweis darauf, „ein ordnungsgemäß handelnder Vorstand hätte die Insidertatsachen [sic] bereits vor der Hauptversammlung veröffentlicht“, dass § 15 WpHG im Emittenteninteresse Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht vorsieht. Es leuchtet nicht ein, warum eine Veröffentlichungspflicht über § 131 AktG erzwungen werden können soll, wenn § 15 Abs. 3 WpHG die Pflicht zur ad hoc-Mitteilung dem Emittenteninteresse unterordnet. In diesem Fall kann sich der Vorstand gerade nicht auf eine Befugnis zur Weitergabe i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG berufen. 153 154

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

außerhalb der Hauptversammlung statt und damit außerhalb des Fragerechts nach § 131 AktG. Selbst wenn ein Anteilseigner sich informieren will, steht ihm von (Aktien-)Rechts wegen kein entsprechender Anspruch zu. Und sofern ein Aktionär in der Hauptversammlung fragen möchte, ergibt sich aus der Beschränkung zulässiger Gegenstände des Fragerechts die Unmöglichkeit, sämtliche für die Vertragsverhandlungen wichtigen Informationen zu erlangen. Dieses Defizit wird überdies noch von der gemäß § 131 Abs. 3 AktG statthaften Verweigerung verstärkt, Auskünfte zu erteilen. Insbesondere bei dem für den Gesellschafter hinsichtlich möglicher Kaufvertragsverhandlungen wesentlichen Aspekt des wahren Wertes bestimmter Gegenstände – Stichwort: stille Reserven – fehlt eine Informationsmöglichkeit. Mit dem auch bei Hauptversammlungen bestehenden Verbot der Mitteilung von Insidertatsachen sind zudem weitere wichtige Informationen vom Auskunftsrecht ausgenommen. Zusammengefasst steht dem Aktionär also kein effektives Recht zur Verfügung, von den Informationsinsidern – dem Vorstand – wesentliche Aufklärung zu erlangen. Dieses informationelle Defizit erweist sich im Vergleich zu den Auskunftsansprüchen aus culpa in contrahendo noch aus einem weiteren Grund als unzureichend: Die culpa in contrahendo verpflichtet zur Aufklärung ohne Aufforderung. Nur so wird der unterlegene Teil in die Lage versetzt, seine Rechte effektiv wahrzunehmen. Im Zweifel wird ein Aktionär selbst bei Zubilligung eines allgemeinen Informationsanspruches der asymmetrischen Verteilung von Wissen bereits deshalb nicht Rechnung tragen können, weil er nicht weiß, wonach er fragen soll. Es ist ihm nicht zuzumuten, sozusagen „freihändig“ und auf gut Glück nach Informationen zu verlangen. Folglich spricht aktienrechtlich nichts dafür, die Informationsasymmetrie zu erhalten bzw. dem Aktionär die daraus erwachsenden Risiken aufzubürden. (b) § 51a GmbHG Das Auskunftsrecht der Gesellschafter einer GmbH ist deutlich umfassender als das der Aktionäre. Bereits ein erster Blick auf den Normtext zeigt das Fehlen einer zeitlichen Einschränkung auf bestimmte Ereignisse wie etwa die Gesellschafterversammlung.160 Weiterhin schließt das Recht nach § 51a GmbHG nicht nur ein Auskunftsrecht ein, sondern enthält zusätzlich ein Einsichtsrecht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft. Schuldnerin des Anspruchs ist allein die GmbH.161 Das Informationsrecht ist grundsätzlich unbeschränkt und wird nur durch eine allgemeine Grenze nicht zweckentsprechender Wahrnehmung limitiert.162 Selbst wenn man mit einem Teil des Schrifttums noch eine weitere Schranke im Sinne Ausführlich dazu BGH, Urt. v. 6. 03. 1997 – II ZR 4 / 96, BGHZ 135, 48 (54). BGH, Urt. v. 6. 03. 1997 – II ZR 4 / 96, BGHZ 135, 48 (51); Hüffer, in: Großkomm / GmbHG9, § 51a Rdnr. 19; Lutter / Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, § 51a Rdnr. 5; Scholz / K. Schmidt, § 51a Rdnr. 16; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 51a Rdnr. 9. 162 BGH, Urt. v. 6. 03. 1997 – II ZR 4 / 96, BGHZ 135, 48 (54); ausführlich Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 51a Rdnrn. 27 ff. 160 161

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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eines erforderlichen Informationsbedürfnisses befürwortet,163 folgt hieraus für den Fall eines Buyouts unter Managementbeteiligung keine Beschneidung der Informationsrechte der Gesellschafter. Nachteile bestehen allerdings in anderer Hinsicht. Wie auch bei der Aktiengesellschaft setzt die Information nach § 51a GmbHG ein entsprechendes Verlangen eines Gesellschafters voraus. Eine Pflicht zur unaufgeforderten Information ergibt sich jedenfalls nicht aus dieser Vorschrift.164 Darüber hinaus enthält die Norm keine besonderen Voraussetzungen für die Beantwortung der Fragen der Gesellschafter. Zwar sollen einerseits keine übertriebenen Anforderungen an die Konkretisierung des Informationsbegehrens gestellt werden,165 aber andererseits determiniert die Detailtiefe der Frage sehr wohl die inhaltliche Ausgestaltung der Antwort: Bei allgemein gehaltenen Fragen genügen allgemein gehaltene Antworten, lediglich präzise Fragen erfordern präzise Antworten.166 Das benachteiligt insbesondere Minderheitsgesellschafter, die in der Regel den Angelegenheiten der Gesellschaft ferner stehen und nicht über die gleichen informellen Wege der Informationsbeschaffung wie die Mehrheitsgesellschafter oder Gesellschafter mit einer substantiellen Beteiligung verfügen. Insoweit wird zu Recht hervorgehoben, dass gerade derjenige wenig fragen kann, der wenig weiß.167 Auf dieser Grundlage existiert für den GmbH-Gesellschafter ebenso wenig wie für den Aktionär eine Möglichkeit gleichwertigen Informationszugangs. Auch wenn die Informationsrechte nach § 51a GmbHG weiter reichen als diejenigen eines Aktionärs, besteht doch das wesentliche Manko gleichermaßen darin, dass die Geschäftsleiter nicht verpflichtet sind, von sich aus aufzuklären. Damit hängt es von der Zufälligkeit richtig gestellter Fragen ab, ob die Gesellschafter an wichtige Informationen gelangen. Zudem bedarf es eines Anstoßes, überhaupt Fragen zu stellen und diese noch zielführend zu formulieren. Zusätzlich schuldet auch hier nur die Gesellschaft Aufklärung, nicht aber der eigentliche Informationsinhaber. Insgesamt ist daher im Ergebnis auch bei der GmbH eine Obliegenheit zur Selbstinformation ebenso wie das Bestehen eines gleichwertigen Informationszugangs zu verneinen.

163 So etwa Scholz / K. Schmidt, § 51a Rdnr. 8; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 51a Rdnr. 27, jeweils m. w. Nachw. Für die gegenteilige h. M. stellvertretend Hüffer, in: Großkomm / GmbHG9, § 51a Rdnr. 57. 164 Michalski / Römermann, § 51a Rdnr. 104; vgl. auch Scholz / K. Schmidt, § 51a Rdnr. 18. 165 Scholz / K. Schmidt, § 51a Rdnr. 18. 166 BayObLG, Beschl. v. 22. 12. 1988 – 3 Z 157 / 88, WM 1989, 371 (375); Hüffer, in: Großkomm / GmbHG9, § 51a Rdnr. 32; Scholz / K. Schmidt, § 51a Rdnr. 24; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 51a Rdnr. 15. 167 Rhein, S. 141.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

(2) Zur Position der Geschäftsleiter als „Quasitreuhänder“ Neben diesen soeben erörterten Defiziten der gesellschaftsrechtlichen Informationsansprüche aus § 131 AktG und § 51a GmbHG ist die Funktion der Geschäftsleiter zu betrachten. Sie agieren, wie bereits eingangs dargestellt,168 in quasi-treuhänderischer Funktion zugunsten der Gesellschafter, indem sie deren in der Gesellschaft zusammengeführtes Vermögen verwalten. Zugleich sind sie als die aktiv mit der Verwaltung befassten Personen kraft Amtes Insider und in Besitz aller die Gesellschaft betreffenden Informationen bzw. mit unbegrenzter Zugangsmöglichkeit zu diesen ausgestattet. Damit wird die bestehende strukturelle asymmetrische Informationsverteilung noch verstärkt, da die Geschäftsleiter nicht lediglich besseren Zugang zu den Informationen haben, sondern sie teilweise sogar erst selbst schaffen (z. B. hinsichtlich zukünftiger Geschäftsbestrebungen oder Ausnutzung bestimmter Geschäftschancen). Auf diese Weise erzielen sie nicht ausgehandelte Sondervorteile [dazu (a)] und erhöhen den Kontrollaufwand [(b)]. (a) Nicht ausgehandelte Sondervorteile Bereits in der Einleitung wurde unter B.IV. darauf hingewiesen, dass Aufklärungspflichten verhindern sollen, dass die Geschäftsleiter Vermögenswerte ohne Einwilligung der Prinzipale vereinnahmen. Die Aufklärung hat im Rahmen der Auflösung der Agency-Beziehung die Funktion der Rechnungslegung hinsichtlich des verwalteten Vermögens. Im rechtsökonomischen Schrifttum findet sich der Einwand, die agenturtheoretische Betrachtung sei fehl am Platz, da jedenfalls hinsichtlich der in eigenem Interesse eingesetzten Arbeitszeit eine Kompensation ohnehin einträte (entweder ex ante, weil Angestellte ein niedrigeres Gehalt annähmen im Gegenzug für die Möglichkeit, Chancen an sich zu ziehen, oder ex post, etwa aufgrund geringerer Bonuszahlungen wegen eines geringeren Arbeitseinsatzes für das Unternehmen).169 Hier lässt sich an die von Grundmann entwickelte Differenzierung anknüpfen, der hinsichtlich der Frage voller Kompensation des Treuhändereinsatzes darauf abstellt, ob ein Gleichlauf von Einsatz und offener Vergütung besteht.170 Existiert eine derartige Parallele, resultiert daraus die strikte Pflicht, fremdnützig zugunsten des Prinzipals zu handeln.171 Abgegolten sind etwa Fachkenntnisse und Kontakte, weil jedenfalls ein Vollzeitmanager aufgrund dieser Kriterien beschäftigt wird.172 Das gilt sowohl für selbst mitgebrachte als auch im Laufe der Prinzipal-AgentenEinleitung B. Easterbrook / Fischel, 91 Yale L.J. 698, 735 (1982); dies., Economic Structure, S. 141 f., für Geschäftschancen. Diese Argumentation lässt sich für die hiesigen Zwecke verallgemeinern. 170 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 213 ff. 171 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 213, 220 ff. 172 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 219. 168 169

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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Beziehung erworbene Kenntnisse und Kontakte.173 Daraus lässt sich eine Gegenposition zu dem eben dargestellten Einwand entwickeln: Er vernachlässigt, dass es gerade um die Verhinderung heimlicher Verwertung von Informationen geht, die nicht zu einer Minderung des Einkommens des Managers führen soll. Zudem ist fraglich, ob ein Geschäftsleiter tatsächlich ein niedrigeres Einkommen hinnimmt, um etwa Geschäftschancen nutzen zu können. Im Gegenteil spricht angesichts der Gefahr, dass sich die Chance nicht realisieren lässt und der Geschäftsleiter sein Risiko insoweit nicht diversifizieren kann,174 viel dafür, dass der Geschäftsleiter einen Risikozuschlag nimmt.175 Dieser kann in einem bereits von vornherein höheren Gehalt bestehen, aber auch darin, dass jedenfalls der aus der Chancennutzung erzielte Gewinn nicht proportional als Lohnsenkung an die Gesellschaft weitergegeben wird.176 Auch die ex post-Argumentation führt in den Fällen nicht weiter, in dem es dem Manager nicht auf die Höhe einer Bonuszahlung ankommt, sondern darauf, durch Ausnutzung bzw. Mitnahme von Informationen, etwa über Geschäftschancen, eine neue – besser bezahlte – Anstellung zu erhalten, oder sie durch Gründung eines in den Wettbewerb eintretenden Unternehmens selbst zu nutzen. So verhält es sich gerade bei einem Buyout unter Managementbeteiligung angesichts des in der Einleitung unter B.III. dargestellten Problems der „letzten Periode“. (b) Erhöhung der Kontrollkosten In der Literatur wird außerdem zu Recht auf den rechtsökonomischen Einwand einer unerwünschten Erhöhung der Kontrollkosten zulasten der Anteilseigner hingewiesen.177 Bestünde keine Aufklärungspflicht, müssten die Gesellschafter zum eigenen Schutz Nachforschungen anstellen, was ihre Kosten zur Kontrolle des Agenten entgegen der Agency-Lehre erhöhte.178 Gleiches gilt für den Einwand, der veräußernde Anteilsinhaber könne sich vertraglich zusichern lassen, alle relevanten Informationen erhalten zu haben.179 Eine solche Obliegenheit würde die Transaktionskosten unverhältnismäßig erhöhen, zumal ein rational handelnder Anteilseigner regelmäßig eine derartige Garantie einforderte oder aber vom Geschäft insgesamt Abstand nähme, was ebenfalls kein sinnvolles Ergebnis wäre.180 Aus rechtsökonomischer Sicht spricht daher viel für eine Aufklärungspflicht zulasten der Manager. Hinzu kommt, dass die Aktionäre ihr Geld gerade deshalb 173 174 175 176 177 178 179 180

Zu Geschäftschancen s. noch ausführlich unten E.II.1.a). Grundmann, Treuhandvertrag, S. 441; Easterbrook / Fischel, Economic Structure, S. 53. Grundmann, Treuhandvertrag, S. 441. Grundmann, Treuhandvertrag, S. 441. Fleischer, AG 2000, 309 (317). Fleischer, AG 2000, 309 (317). Hamermesh, 49 Vand.L.Rev. 1087, 1152 (1996). s. Hamermesh, 49 Vand.L.Rev. 1087, 1152 (1996).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

in eine Aktiengesellschaft investieren, weil sie selbst weder die Zeit noch die Mittel haben, eigenständig nach Gewinnmöglichkeiten zu suchen. Die Wahl der gesellschaftsrechtlichen „Verpackung“ ermöglicht Spezialisierung – eine besonders kundige Person (der Geschäftsleiter) wird mit der Suche nach Informationen und der Verwirklichung von gefundenen Möglichkeiten zur Gewinnerzielung beauftragt.181 Müssten die Gesellschafter den Geschäftsleiter im Fall eines Verkaufs ihrer Anteile an diesen doch kontrollieren, machte man diese Vorteile zunichte.182 Dies gilt auch für die GmbH. cc) Sonderproblem: Recht zur Lüge bei Nachfrage? In den hier diskutierten Komplex ist eine weitere Frage einzuordnen, die sich im Zusammenhang mit der Ausnutzung von Sonderwissen stellt. Gängiger Auffassung gemäß ist ein Verkäufer unabhängig von etwaigen Aufklärungspflichten aus culpa in contrahendo jedenfalls nicht berechtigt, auf konkrete Nachfrage hin falsche Informationen zu erteilen.183 Mit anderen Worten gibt es kein „Recht zur Lüge“. Um nicht gegen Nebenpflichten zu verstoßen, verbleibt dem Verkäufer lediglich die Möglichkeit zu schweigen, wenn dies durch fehlende Aufklärungspflichten gerechtfertigt ist. Auf diese Weise besteht grundsätzlich die Chance, Sonderwissen für sich zu nutzen. Das ist die marktwirtschaftlich begrüßenswerte Konsequenz einer fehlenden Pflicht zur Herstellung von Informationsgleichheit. Hieraus kann sich ein spezielles Problem ergeben: Macht jemand von diesem Schweigerecht auf eine konkrete Frage hin Gebrauch, ist dies gleichsam trotzdem eine Antwort. Für diese Fälle „beredten Schweigens“ wurde im US-amerikanischen Schrifttum die Forderung erhoben, insoweit müsse es ein Recht zur Lüge geben.184 Anderenfalls könne die nicht informierte Partei von der Kenntnis der anderen profitieren, ohne selbst Informationsbeschaffungsaufwendungen tätigen zu müssen.185 Auf den ersten Blick stellt sich beim Buyout unter Managementbeteiligung eine vergleichbare Frage, da auch hier die Verkäufer vom überlegenen Wissen der Käufer profitieren. Sollten die Geschäftsleiter im Vorfeld der Planung der Transaktion etwa aufwändige Marktstudien betrieben haben, würden die Anteilseigner insoweit Informationen für eine Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidung erlangen, die sie anderenfalls selbst beschaffen müssten. Gegen eine solche Sichtweise lassen sich Hamermesh, 49 Vand.L.Rev. 1087, 1154 (1996). Hamermesh, 49 Vand.L.Rev. 1087, 1154 (1996). 183 Statt aller BGH, Urt. v. 6. 04. 2001 – V ZR 394 / 99, NJW 2001, 2875 (2876); Urt. v. 26. 09. 1997 – V ZR 29 / 96, NJW 1998, 302; Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 123. 184 Levmore, 68 Va.L.Rev. 117, 137 ff. (1982); zustimmend Wonnell, 41 Case W.Res.L.Rev. 329, 361 (1991). 185 Levmore, 68 Va.L.Rev. 117, 139 (1982); Wonnell, 41 Case W.Res.L.Rev. 329, 361 (1991). 181 182

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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zwei Einwände formulieren, ein prinzipieller sowie ein konkreter im Hinblick auf den Buyout: Zunächst spricht schon in prinzipieller Hinsicht gegen ein solches rechtsökonomisch verbrämtes „Recht zur Lüge“, dass die ökonomischen Gesamtkosten nicht unerheblich gesteigert würden, weil die Verkäufer gezwungen wären, angesichts der vermehrten Unsicherheiten selbst umfassende und damit teure Nachforschungen anzustellen.186 Weiterhin besteht das Risiko einer Verunsicherung des Geschäftsverkehrs, verbunden mit dem Risiko einer Marktbeeinträchtigung.187 Insgesamt würden die Kosten eines Vertragsschlusses damit deutlich erhöht.188 Selbst wenn man diese Argumente gegen ein derartiges „Recht zur Lüge“ nicht für überzeugend hält, stehen der Anwendung jedenfalls beim Buyout unter Managementbeteiligung gewichtige Bedenken entgegen. Denn insoweit ist die besondere Stellung der Geschäftsleiter zu berücksichtigen. Grundsätzlich gebühren sämtliche Ergebnisse einer Informationsbeschaffung der Gesellschaft.189 Zudem kommt hier – wenn man sich ohnehin schon auf dem Boden der rechtsökonomischen Analyse bewegt – wiederum die Stellung der Geschäftsleiter als Quasi-Treuhänder der Gesellschafter bzw. die Prinzipal-Agenten-Theorie zum Tragen. Die Geschäftsleiter sind danach nicht wie jeder „dritte“ Käufer zu behandeln, sondern unterliegen einem gesteigerten Pflichtenkatalog. Wenn ein Gesellschafter also in Ausübung seines Fragerechts (wohl nur nach) § 51a GmbHG oder in den Verkaufsverhandlungen einen „Glückstreffer“ landet, hat die Geschäftsführung unabhängig von anderweitig begründeten Aufklärungspflichten die Pflicht, wahrheitsgemäß zu antworten. dd) Schlussfolgerung: Aufklärungspflichten Aus dieser eingeschränkten Informationsmöglichkeit der Anteilseigner einerseits und dem strukturellen, amtsbedingten Wissensvorsprung der Geschäftsleiter andererseits folgt in der Gesamtschau eine Aufklärungspflicht. Die Geschäftsleiter haben die Gesellschafter unaufgefordert über alle wesentlichen Umstände190 aufzuklären. Ihnen steht nicht das Recht zu, ihr Sonderwissen auf Nachfrage mittels einer Lüge zu schützen. 2. Beginn der Aufklärungspflicht Zeitlich entsteht das vorvertragliche Schuldverhältnis nicht erst mit der Aufnahme der Verhandlungen, sondern, wie seit der Schuldrechtsreform aus § 311 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 263. Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 263. 188 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 263. Auch in der US-amerikanischen Literatur wird dieser Ansatz abgelehnt, s. nur Posner, Economic Analysis, S. 111; DeMott, 19 Del.J. Corp.L. 65, 87 (1994). 189 Zur Geschäftschancenlehre s. ausführlich unten E.II.1.a). 190 Welche dies sind, wird in Abschnitt D. erörtert. 186 187

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Abs. 2 Nr. 2 BGB abgeleitet werden kann, bereits mit der Vertragsanbahnung. Dafür ist noch nicht die feste Absicht entscheidend, tatsächlich über einen Kauf bzw. Verkauf der Anteile zu verhandeln.191 Vom Blickwinkel der Gesellschafter aus kommen Vertragsverhandlungen nämlich unter Umständen von vornherein nicht in Betracht, sofern sie etwa nach einer Aufklärung über bestimmte Tatsachen entscheiden sollten, dass sie keinesfalls verkaufen möchten. Dementsprechend genügt für das Vorliegen des Tatbestandes der Vertragsanbahnung bereits die Aufnahme von Vorgesprächen über den Anteilskauf oder das Unterbreiten eines entsprechenden Angebots seitens der Geschäftsleiter.192

3. Der Manager als Aufklärungspflichtiger Die Aufklärungspflichten lassen sich aus culpa in contrahendo zulasten der Manager begründen, sofern diese direkt Anteile von Altgesellschaftern erwerben.193 Ein Problem ergibt sich aber dann, wenn – wie das in der Praxis regelmäßig der Fall ist – nicht das Management direkt, sondern die Erwerbsgesellschaft die Anteile erwirbt und daher kein Geschäftsleiter als Käufer auftritt. Vorvertragliche Beziehungen entstehen hier bei genauerer Betrachtung allein zwischen den Gesellschaftern der Zielgesellschaft und dem Akquisitionsvehikel. Diesem Problem lässt sich eine weitere Variante hinzufügen: Die Erwerbsgesellschaft oder ein Investor erwirbt den größten Teil der Anteile und der Geschäftsleiter wird lediglich im Rahmen eines Manager-Beteiligungsmodells Neugesellschafter mit einem kleinen Anteil, der bloß Anreizfunktion haben soll. Angenommen, der Geschäftsleiter erwirbt diesen Anteil a) von einem bestimmten Gesellschafter E, während die Gesellschafter A – D ausschließlich an den Investor / die NewCo. veräußern, oder b) derivativ von dem Investor, was aber von vornherein verabredet war; soll hier eine Aufklärungspflicht des Managers entfallen, gestützt auf das Argument, dogmatisch bestehe keine schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Geschäftsleiter und den Gesellschaftern A – D bzw. – in der Variante b) – zu keinem Gesellschafter der Zielgesellschaft? In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass, wenn Käufer allein die Erwerbsgesellschaft sei, diese als Vehikel zur Interessenverfolgung der Manager diene, so dass sich an den Aufklärungspflichten nichts ändern könne.194 191 So auch Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 70; Palandt / Heinrichs, § 311 Rdnr. 23; Soergel / Wiedemann, Vor § 275 Rdnr. 244, jeweils mit Nachw. zur Gegenansicht. 192 Vgl. Emmerich, in: MünchKomm / BGB, § 311 Rdnr. 71; Palandt / Heinrichs, § 311 Rdnrn. 22 ff.; Soergel / Wiedemann, Vor § 275 Rdnr. 244. 193 Zur Aufklärungspflicht gegenüber der Gesellschaft beim Asset Deal s. u. C. 194 Harbers, S. 61; Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97 (104).

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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Treten die Geschäftsleiter in den Verhandlungen mit den Gesellschaftern auf, ist ein Rückgriff auf § 311 Abs. 3 BGB möglich. Nach § 311 Abs. 3 S. 1 BGB kann ein vorvertragliches Schuldverhältnis auch im Verhältnis zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Dies gilt gemäß § 311 Abs. 3 S. 2 BGB insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss wesentlich beeinflusst. Die Vertrauensstellung der Geschäftsleiter ergibt sich aus ihrem Amt. Dies fügt sich in die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein, wonach ein die Eigenhaftung des Vertreters begründender Umstand die Stellung als Sachwalter sein kann.195 Zwar wird man auch hier keine Parallele zu den Kfz-Verkäufer-Fällen ziehen können, da diese aufgrund ihrer Eigenschaft als „Quasi-Verkäufer“196 in den Anwendungsbereich von § 311 Abs. 3 BGB einbezogen werden197 und die Geschäftsleiter auf der anderen Seite stehen. Die zugrunde liegende Wertung ist jedoch vergleichbar: Derjenige soll in den Kreis der Personen i. S. v. § 311 Abs. 3 BGB aufgenommen werden, der kraft seiner besonderen Stellung über maßgeblichen Einfluss und Wissen im Hinblick auf die Vertragsverhandlungen verfügt. Da § 311 Abs. 3 BGB nicht voraussetzt, dass der Dritte als Vertreter auftritt,198 ist die juristische Funktion der Geschäftsleiter bei den Verhandlungen unerheblich. Sobald sie involviert werden, entstehen zu ihren Lasten Aufklärungspflichten gegenüber allen Gesellschaftern, die auf der Veräußererseite stehen. Schwieriger wird es, wenn die Geschäftsleiter überhaupt nicht in den Verhandlungen auftreten, sondern allein die Investoren, und die Manager nur als Informationsträger im Hintergrund fungieren sollen. Besonderes Vertrauen in den Verhandlungen nehmen die Manager dann nicht in Anspruch. Dennoch entbindet sie das nicht von ihrer Informationspflicht.199 Das Dazwischenschalten der Erwerbsgesellschaft dient nur als Mittel zur Verfolgung eigener Interessen, das rechtsmissbräuchlich wäre, nutzte man es allein oder jedenfalls auch zur Vermeidung persönlicher Verpflichtung gegenüber den Altgesellschaftern.200 Sollte den Gesellschaftern darüber hinaus die zumindest mittelbare Beteiligung der Manager am Buyout bekannt sein, lässt sich zugunsten einer direkten Anwendung der § 311 Abs. 2 und 3 BGB argumentieren: Zwar treten die Manager nicht selbst in den Verhandlungen auf. Aus ihrer organisationsrechtlichen Stellung in der 195 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 3. 04. 1990 – XI ZR 206 / 88, NJW 1990, 1907 (1908); Urt. v. 29. 01. 1997 – VIII ZR 356 / 95, NJW 1997, 1233 (1234) sowie die Nachw. bei Palandt / Heinrichs, § 311 Rdnr. 63. 196 Palandt / Heinrichs, § 311 Rdnr. 66. 197 s. nur BGH, Urt. v. 25. 05. 1983 – VIII ZR 55 / 82, BGHZ 87, 302 (304); Urt. v. 29. 01. 1997 – VIII ZR 356 / 95, NJW 1997, 1233 (1234) sowie die Nachw. bei Palandt / Heinrichs, § 311 Rdnr. 66. 198 Vgl. nur Palandt / Heinrichs, § 311 Rdnrn. 60 ff. 199 Koppensteiner, ZHR 151 (1991), 97 (104); Heidemann, S. 238. 200 Ähnlich Koppensteiner, ZHR 151 (1991), 97 (104); Heidemann, S. 238.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Zielgesellschaft resultiert jedoch ein besonderes Vertrauen.201 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entstehen auch dann Pflichten aus culpa in contrahendo, wenn die relevante Person zwar nicht selbst gegenüber der anderen Partei auftritt, aber eine besondere Vertrauensstellung innehat.202 Weiter ist nach dem Bundesgerichtshof Voraussetzung für die Haftung einer Vertrauen in Anspruch nehmenden Person, die nicht an den Verhandlungen teilnimmt, dass sie dem Vertragspartner gegenüber als die Person erscheint, von deren Entscheidung der Abschluss des Vertrags abhängt.203 Dies spricht auf den ersten Blick gegen eine Verpflichtung des Geschäftsleiters, da aus der Sicht der Anteilseigner seine Beteiligung eher nicht als entscheidend für den Abschluss angesehen werden wird, weil allein die Investoren über ausreichende finanzielle Mittel verfügen und das Gros der Anteile – über die Erwerbsgesellschaft – erwerben wollen. Auf der gleichen Argumentationslinie lässt sich zudem noch das einschlägige Fallmaterial zum Prospekthaftungsrecht im Zusammenhang mit Publikumskommanditgesellschaften heranziehen. Der Bundesgerichtshof stützt eine Haftung der Gründer und Initiatoren darauf, dass die Beitrittsinteressenten allein den persönlich haftenden Gesellschaftern vertrauen.204 Hierauf aufbauend könnte man argumentieren, dass Gesellschafter, die die Veräußerung ihrer Anteile erwägen, nicht dem Manager als „Hintermann“ ihr Vertrauen schenken, sondern allenfalls den die Verträge aushandelnden Investoren als hinter dem Akquisitionsvehikel stehende Personen. Allerdings verkennte eine solche Sichtweise einen entscheidenden Unterschied der Prospekthaftungsfälle zum Buyout unter Managementbeteiligung: Bei einem Buyout unter Managementbeteiligung besteht bereits vor der Transaktion eine kraft Organisationsrechts institutionalisierte Vertrauensstellung. Der Manager fungiert nicht erst anlässlich der Vertragsverhandlungen als Gegenüber, dem Vertrauen entgegengebracht wird. Er befindet sich ex ante in einer solchen Position und möchte sie in Vollzug des Buyouts auflösen. Maßgeblich ist daher nicht der Eindruck, dass das Ergebnis der Verhandlungen vom Geschäftsleiter abhängt. Ausschlagebend ist vielmehr die Erkenntnis der Gesellschafter, dass jemand am Geschäft partizipiert, dem sie die Verwaltung ihrer Investition anvertraut haben. Rechtsökonomisch folgt dieses Ergebnis aus der Prinzipal-Agenten-Theorie: Es spielt keine Rolle, in welcher Form und mit welchen Mitteln sich der Agent das Vermögen des Prinzipals aneignen will. Maßgeblich ist allein der Vorgang als solcher und der daraus resultierende Interessenkonflikt. Es handelt sich um ein geradezu klassisches Problem der Ausnutzung einer Amtsstellung als Prinzipal. 201 Ähnlich für den Fall der Abgabe von Erklärungen seitens der Geschäftsleitung im Rahmen regulärer Anteilsveräußerungen an gesellschaftsexterne Dritte Rodewald / Unger, DB 2007, 1627 (1629). 202 BGH, Urt. v. 4. 05. 2004 – XI ZR 40 / 03, NJW 2004, 2523 (2525); Urt. v. 4. 05. 2004 – XI ZR 41 / 03, NJW-RR 2005, 23 (25). 203 BGH, Urt. v. 4. 05. 2004 – XI ZR 40 / 03, NJW 2004, 2523 (2525); Urt. v. 4. 05. 2004 – XI ZR 41 / 03, NJW-RR 2005, 23 (25). 204 s. nur BGH, Urt. v. 4. 05. 1981 – II ZR 193 / 80, NJW 1981, 2810.

B. Informationspflichten der Geschäftsleiter gegenüber Gesellschaftern

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4. Auswirkungen des Wertpapierhandelsgesetzes In § 1 wurde im Zusammenhang mit den wertpapierhandelsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten ausgeführt, eine Weitergabe von Informationen durch die Geschäftsleiter an Investoren sei unzulässig.205 Daher ist auch hier die Frage relevant, ob sich die Informationspflichten aus culpa in contrahendo gegenüber § 14 WpHG durchsetzen können. Weil sich ein Buyout stets auf Kontrollerwerb richtet, ist dieses Problem vor dem Hintergrund des Übernahmerechts zu erörtern. In der Literatur wird gegen eine Mitteilung von Insiderinformationen an Paketaktionäre im Vorfeld einer Unternehmensübernahme auf die Missbrauchsgefahr hingewiesen, die aufgrund der Mitteilung an eine „Fülle von Personen“ entstehe, und zum anderen die Erforderlichkeit eines solchen Vorgehens und damit ein berechtigtes Interesse des Bieters bestritten.206 Es ist bereits zweifelhaft, ob es tatsächlich zu der befürchteten Ansprache einer großen Anzahl von Personen kommt. Ziel sind insoweit Paketaktionäre mit wesentlichen Beteiligungen. Davon gibt es typischerweise nicht sehr viele. Das Missbrauchsrisiko hält sich damit in Grenzen. Im Übrigen leuchtet nicht ein, warum die Mitteilung von Informationen bei einem bloßen Paketerwerb ohne Absicht der Kontrollerlangung möglich sein soll, nicht aber im Übernahmeverfahren. Auch bei einem Paketerwerb werden in der Regel mehrere Aktionäre angesprochen. Die Gefahr einer anschließenden Nutzung der Informationen durch diese ist dabei nicht geringer. Ohne derartige Vorabsprachen erhöht sich außerdem das Risiko für den Bieter nicht unerheblich, mit seinem Übernahmeangebot zu scheitern.207 Erhalten die Aktionäre lediglich die aus dem Übernahmeprospekt sowie aus ad hoc-Mitteilungen ersichtlichen Informationen, besteht eine große Chance, dass sich insbesondere Inhaber bedeutender Beteiligungen eher skeptisch verhalten. Aus ihrer Sicht ist der Verkauf ihrer Anteile im Rahmen eines Übernahmeverfahrens verglichen mit einem Face-to-Face Geschäft risikoreicher, weil sie über weniger Informationen verfügen und damit die Möglichkeiten für die Berechnung eines von ihrer Warte aus angemessenen Preises schlechter sind. Für den Bieter ist mit dem Scheitern eines Übernahmeangebots ein Reputationsverlust verbunden, der sich schädlich auf seine Stellung im Wirtschaftsleben auswirken kann. Hinzu kommt der erhebliche logistische und wirtschaftliche Aufwand zulasten des Bieters. Nun ließe sich immer noch einwenden, dass der Bieter lediglich keine Insiderinformationen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes mitteilen dürfe, ihm aber die Offenlegung anderer Tatsachen freistehe. Hiergegen spricht, dass die Abgrenzung zwischen Oben § 1 B.III.2. Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 139. Anders aber Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 57 für die Ansprache mehrerer potentieller Investoren für Block Trades. Wie hier wohl auch BAFin, Emittentenleitfaden, S. 31 und 28. 207 Ähnlich Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 33. A. A. Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 139. 205 206

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Insiderinformationen und solchen Informationen, die den Tatbestand nicht erfüllen, häufig nur schlecht möglich ist. Man mutete dem Bieter zu, sich erheblicher Rechtsunsicherheit auszusetzen, verlangte man eine derartige Trennung. Aus diesem Grund ist ein Interesse des Bieters anzuerkennen, bereits im Vorfeld im Rahmen von Verhandlungen mit Paketaktionären Insiderinformationen mitzuteilen. Im Ergebnis ist die Situation im Übernahmeverfahren also die gleiche wie bei einem sonstigen Paketerwerb. Folglich bedarf es auch hier einer teleologischen Reduktion der Verbote des § 14 Abs. 1 Nrn. 1 – 3 WpHG.

V. Gleiche Maßstäbe für Aktiengesellschaft und GmbH Die Pflicht zur vollständigen und umfassenden Aufklärung trifft Vorstand und Geschäftsführer dem Grunde und dem – unten noch näher zu konkretisierenden – Gegenstand nach in gleichem Maß.208 Billigte man dem Vorstand einer Aktiengesellschaft ein Geheimhaltungsinteresse zu,209 setzte man die Maßstäbe der Informationsmöglichkeiten der Gesellschafter von GmbH und Aktiengesellschaft in ein falsches Verhältnis. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gerade Aktionäre, die ohnehin nur mit dem schwachen Informationsrecht des § 131 AktG ausgestattet sind, zusätzlich noch durch weitere Schranken belastet werden sollen. Im Gegenteil: Wenn man entgegen der hier vertretenen Position einem Geschäftsleiter Geheimhaltungsrechte zubilligen will, dann am ehesten dem Geschäftsführer einer GmbH. Denn insoweit besteht wenigstens die Chance zugunsten der Gesellschafter, über § 51a GmbHG ihr Interesse durchzusetzen. Der Einwand, anderenfalls mache man vielerorts Geschäftschancen zunichte,210 schlägt demgegenüber nicht durch. Wenn eine Chance existiert, ist der Vorstand zur Realisierung zugunsten der Aktiengesellschaft verpflichtet, ein Eigeninteresse ist grundsätzlich nicht anzuerkennen.211

C. Asset Deal Bei einem Asset Deal sind die Geschäftsleiter nicht verpflichtet, die Gesellschaft über die wesentlichen Informationen aufzuklären, soweit nicht aus vom Buyout unabhängigen Gründen Offenlegungspflichten bestehen.212 Die oben dargestellten Argumente zugunsten einer Aufklärungspflicht der Manager gegenüber den Gesellschaftern lassen sich nicht auf einen Asset Deal übertragen. A. A. Rhein, S. 216. So Rhein, S. 216. 210 Rhein, S. 216. 211 Zur Geschäftschancenlehre s. ausführlich unten E.II.1.a). 212 Ausführlich zur allgemeinen Pflicht des Vorstandes zur Information des Aufsichtsrats die Monographie von Leyens. 208 209

C. Asset Deal

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In der klassischen Ausprägung der Organtheorie ist das Wissen der Organmitglieder das Wissen der juristischen Person.213 Danach bedürfte es allein deshalb keiner Aufklärung, weil die Gesellschaft juristisch betrachtet sämtliche Informationen hat, auf die es ankommt. In den letzten zehn Jahren hat der Bundesgerichtshof die Rechtsprechung zur Wissenszurechnung dahingehend geändert, dass er nicht mehr ausschließlich auf die Rechtsform der Organisation abstellt.214 Er bedient sich anderer Kriterien wie etwa der Berücksichtigung der Notwendigkeit des Verkehrsschutzes.215 Auf der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof seine alte Rechtsprechung aber auch noch nicht aufgegeben.216 Nach seiner Ansicht darf „das als Wissen Zuzurechnende [ . . . ] nicht zu einer Fiktion entarten, die juristische Personen [ . . . ] weit über jede menschliche Fähigkeit hinaus belastet.“217 Das ist jedenfalls in der hier problematischen Konstellation nicht der Fall. Der Gesellschaft stehen alle Möglichkeiten offen, ihre Lage umfassend und unter der Heranziehung von Spezialisten bewerten zu lassen. Sie unterliegt keinen Beschränkungen hinsichtlich des Zugangs zu Informationen. Anders als bei der Frage, ob und wann eine konkrete Person innerhalb einer Organisation von einem bestimmten, gesellschaftsexternen Umstand Kenntnis genommen hat bzw. hätte Kenntnis nehmen müssen, und der Schutz Dritter ins Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Organisation zu setzen ist, liegt das Problem bei einem Asset Deal ausschließlich darin, dass die Gesellschaft alle ihr zur Verfügung stehenden Informationen ordnungsgemäß auswertet. Das kann mittels der Einschaltung sachkundiger Dritter wie etwa Anwälten und Wirtschaftsprüfern sichergestellt werden. Im Ergebnis besteht aus Sicht der Gesellschaft kein Aufklärungsbedürfnis, welches Anlass gäbe, an den Ergebnissen der Organtheorie zu zweifeln. Eine Pflicht zur Aufklärung über die bereits gesetzlich geregelten Fälle hinaus existiert demnach nicht.

213 BGH, Urt. v. 8. 12. 1989 – V ZR 246 / 87, BGHZ 109, 327 (331) m. Nachw.; Hüffer, § 78 Rdnr. 3; Soergel / Leptien, § 166 Rdnr. 5; Scholz / U. H. Schneider, § 35 Rdnr. 81; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 78 Rdnr. 87. Einschränkend etwa Michalski / Lenz, § 35 Rdnrn. 102 ff.; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 150. Zur unmittelbaren Zurechnung von Insiderinformationen i. S. des WpHG auf Grundlage der Organtheorie Assmann, AG 1997, 50 (52); Schwark, in: Schwark, § 13 WpHG Rdnr. 26. 214 Beginnend mit BGH, Urt. v. 2. 02. 1996 – V ZR 239 / 94, NJW 1996, 1339 (1341); s. auch Urt. v. 12. 11. 1998 – IX ZR 145 / 98, NJW 1999, 284 (286). Überblick über die Diskussion bei Buck, Wissen, S. 203 ff. 215 BGH, Urt. v. 2. 02. 1996 – V ZR 239 / 94, NJW 1996, 1339 (1341). Aus dem Schrifttum etwa Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 150. 216 s. nur BGH, Urt. v. 12. 11. 1998 – IX ZR 145 / 98, NJW 1999, 284 (286), wo das Gericht seine eigene Rechtsprechung in BGHZ 109, 327 (331) als Belegstelle für die herrschende Meinung zitiert. 217 BGH, Urt. v. 2. 02. 1996 – V ZR 239 / 94, NJW 1996, 1339 (1341).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

D. Reichweite der Aufkla¨rungspflichten Ist die Existenz von Aufklärungspflichten der Geschäftsleiter nach dem oben Dargelegten zu bejahen, stellt sich jetzt ein Folgeproblem: Eine Aufklärungspflicht aus culpa in contrahendo wirkt schuldrechtlich und damit grundsätzlich nur zwischen den verhandelnden Parteien. Auf Grundlage dieses Ansatzes sind nur die Gesellschafter aufzuklären, mit denen die Geschäftsleitung verhandelt, also auch nur die, welche der Vorstand bzw. die Geschäftsführung von sich aus auswählt. Die übrigen Anteilseigner, in der Rechtspraxis vor allem Minderheitsgesellschafter, müssen danach nicht aufgeklärt werden. Denn da zwischen diesen und dem Management keine Verhandlungen stattfinden, fehlt es an dem für das Entstehen der Aufklärungspflichten wesentlichen Merkmal. Darüber hinaus ist auch zweifelhaft, ob § 311 Abs. 2 BGB in einem öffentlichen Übernahmeverfahren überhaupt greift. Das Bestehen der notwendigen Sonderverbindung begegnet gravierenden Einwänden: Eine individuelle Verhandlungssituation existiert nicht, auch fehlt es an einem persönlichen Kontakt zwischen den Parteien.218 Diese Diskussion wurde vor dem Inkrafttreten des WpÜG intensiv geführt und mit § 11 WpÜG entschieden. Sie wird daher hier nicht erneut umfassend dargestellt.219 Das bedeutet in der Konsequenz, dass solche Gesellschafter jedenfalls auf Basis dieses schuldrechtlichen Konzepts keine Möglichkeit haben, mittels umfassender Informationen ihren Anteil zu bewerten. Wollen sie aufgrund des bevorstehenden Kontrollwechsels aus der Gesellschaft ausscheiden, indem sie ihre Anteile an Dritte veräußern, verfügen sie also nicht über die gleichen informationellen Grundlagen zur Einschätzung eines angemessenen Kaufpreises. Im Extremfall kann dies soweit führen, dass einer der an die Buyout-Partner veräußernden Gesellschafter einen um ein Vielfaches höheren Preis verlangen wird als einer der „uninformierten“ Anteilseigner. Fraglich ist daher, ob es insoweit eine Pflicht zur Gleichbehandlung gibt. Dieses Problem wird im Folgenden zunächst aus gesellschaftsrechtlicher Warte betrachtet (I.), um anschließend die kapitalmarktrechtlichen Gesichtspunkte zu beleuchten (II.).

218 Das wurde bereits vor dem Inkrafttreten des WpÜG gegen eine Informationspflicht des Bieters gegenüber den Aktionären der Zielgesellschaft aus culpa in contrahendo eingewandt, s. Grunewald, WM 1989, 1233 (1236); Heidemann, S. 237; Peltzer, Übernahmeangebote nach künftigem Recht, 179 (190). A. A. Assmann / Bozenhardt, Übernahmeangebote, 1 (76 f.). 219 Zur Diskussion s. die Nachweise in der vorhergehenden Fußnote.

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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I. Gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungspflicht In § 1 wurde schon ausgeführt, dass sich sowohl der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG als auch derjenige des GmbH-Rechts nur gegen die Gesellschaft richtet.220 Weder Vorstand noch Geschäftsführung werden dadurch gegenüber den Gesellschaftern verpflichtet. Aus diesem Grund muss die Lösung auf anderen Wegen gesucht werden.

1. Verbandsrechtliche Ausgangslage Auch wenn sich die gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungspflichten nur gegen die Gesellschaft richten, lassen sich aus ihrer Reichweite zumindest Rückschlüsse auf die Intentionen des Gesetzgebers ziehen, in welchem Maß er grundsätzlich eine Gleichbehandlung auf korporativer Ebene fordert. a) Aktiengesellschaft Die herrschende Ansicht verneint zu Recht ein striktes informationelles Gleichbehandlungsgebot im Aktienrecht.221 Insoweit ist ein Blick auf § 131 Abs. 4 AktG hilfreich. Danach muss eine Auskunft, die einem Aktionär wegen dieser Eigenschaft außerhalb der Hauptversammlung gegeben wurde, auch jedem anderen Aktionär auf dessen Verlangen in der Hauptversammlung erteilt werden. Daraus ergibt sich, dass nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Offenlegungspflicht auch gegenüber den übrigen Aktionären besteht.222 Zum einen muss die Information dem Aktionär gerade in dieser Eigenschaft erteilt werden. Das ist bei einem Buyout der Fall, ohne Aktionärseigenschaft würde er nicht auf eine Veräußerung von Anteilen angesprochen werden können. Zum anderen aber ist das Verlangen des anderen Aktionärs notwendig, der die Information ebenfalls haben möchte. Von sich aus muss die Gesellschaft daher keine Gleichbehandlung herstellen.223 Im Übrigen lässt auch § 53a AktG eine Differenzierung zwischen einzelnen Aktionären aus im Unternehmensinteresse liegenden Gründen zu.224 Diese Schranke ist Oben § 1 A.I.b)bb)(2). Decher, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnr. 337; Duden, FS von Caemmerer, 499 (503); Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnr. 58; Hoffmann-Becking, FS Rowedder, 155 (157, 159); Hüffer, § 131 Rdnr. 42; Seibt, ZGR 2006, 501 (508); Wilde, ZGR 1998, 423 (462); Spindler, in: Schmidt / Lutter, § 131 Rdnr. 94. A. A. aus jüngerer Zeit allein Joussen, DB 1994, 2485 (2486) und Verse, S. 513 ff., ersterer allerdings ohne Begründung. 222 Decher, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnr. 335; Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnr. 132; Kubis, in: MünchKomm / AktG, § 131 Rdnr. 125; Seibt, ZGR 2006, 501 (508); Siems, in: Spindler / Stilz, § 131 Rdnr. 73; Spindler, in: Schmidt / Lutter, § 131 Rdnr. 94; Wilde, ZGR 1998, 423 (461 f.). 223 Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnr. 58; Spindler, in: Schmidt / Lutter, § 131 Rdnr. 92. 220 221

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

auf § 131 Abs. 4 AktG als Spezialfall des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebots225 anwendbar.226 Eine neuere Ansicht meint, das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung zwinge zu einer informationellen Gleichbehandlung von Aktionären über die Pflicht des § 131 Abs. 4 AktG hinaus.227 Richtig ist, dass sowohl Art. 42 der Zweiten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Kapitalrichtlinie) 228 als auch Art. 17 Abs. 1 der Transparenzrichtlinie 229 Gleichbehandlung verlangen. Allerdings schreiben beide Richtlinien nur vor, Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Damit verbleibt auch nach den Richtlinien die Möglichkeit, aus Sachgründen zwischen Kleinaktionären und Paketeignern zu differenzieren.230 Außerdem verlangt Art. 42 der Kapitalrichtlinie die Gleichbehandlung nur „[f]ür die Anwendung dieser Richtlinie“ und begrenzt dieses Gebot somit auf Maßnahmen der Kapitalaufbringung und -erhaltung, Kapitalmaßnahmen und den Erwerb eigener Aktien.231 Eine solche Beschränkung enthält die Transparenzrichtlinie allerdings nicht. Sie sieht bei an einem geregelten Markt notierten Gesellschaften allgemein vor, dass die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich behandelt werden. In der Literatur wird dies sogar auf nicht notierte Aktiengesellschaften ausgedehnt, da man nicht davon ausgehen könne, dass der Gesetzgeber gespaltene Tatbestände habe schaffen wollen.232 Ob dies tatsächlich zur Folge hat, § 131 Abs. 4 AktG in der Weise auszuhebeln, dass die nicht informierten Aktionäre stets unverzüglich informiert werden müs224 Bungeroth, in: MünchKomm / AktG, § 53a Rdnr. 14; Cahn / Senger, in: Spindler / Stilz, § 53a Rdnr. 18; Fleischer, in: Schmidt / Lutter, § 53a Rdnrn. 31 ff.; Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnrn. 58, 132; Hüffer, § 53a Rdnr. 10; Seibt, ZGR 2006, 501 (509). 225 Decher, in: Großkomm / AktG4, § 131 Rdnr. 337; Duden, FS von Caemmerer, 499 (503); Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnr. 58; Hoffmann-Becking, FS Rowedder, 155 (157); Hüffer, § 131 Rdnr. 42; Seibt, ZGR 2006, 501 (509); Siems, in: Spindler / Stilz, § 131 Rdnr. 72; Wilde, ZGR 1998, 423 (462). A. A. anscheinend Joussen, DB 1994, 2485 (2486). 226 Henze / Notz, in: Großkomm / AktG4, § 53a Rdnrn. 58, 132; Seibt, ZGR 2006, 501 (509). 227 Verse, S. 513. 228 Zweite Richtlinie 77 / 91 / EWG des Rates vom 13. 12. 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. L 26 v. 31. 01. 1977, 1. 229 Richtlinie 2004 / 109 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 12. 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001 / 34 / EG, ABl. L 390 v. 31. 12. 2004, 38. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006 / 68 / EG vom 6. 09. 2006, ABl. L 264 v. 25. 09. 2006, 32. 230 Allgemein zur Möglichkeit der Ungleichbehandlung Verse, S. 99 ff. 231 Das erkennt auch Verse, S. 97 f., 515 ff. 232 Verse, S. 516.

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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sen, ist aber zweifelhaft. Die Nachinformation in der Hauptversammlung für nicht richtlinienkonform zu halten, überzeugt nicht vollends. Denn die Transparenzrichtlinie enthält keine Vorschriften darüber, wie die Gleichbehandlung herzustellen ist. Eine Wartezeit von einem Jahr bis zur nächsten Hauptversammlung ist der Extremfall.233 Es erscheint daher nicht zwingend, bereits vor der nächsten Hauptversammlung zu informieren. Der weitere Einwand gegen die Europarechtskonformität von § 131 Abs. 4 AktG, es fehle an wirksamen Sanktionen im Innenverhältnis von Organ und Gesellschaft in Fällen nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung,234 bleibt ohne konkretere Erläuterung. Der Hinweis darauf, die Unabhängigkeit des Aufsichtsrates von Großaktionären, denen die Ungleichbehandlung typischerweise zugute komme, sei nicht gewährleistet,235 geht von der nicht näher belegten Prämisse aus, die Kontrolle durch den Aufsichtsrat sei unwirksam. Zu wenig berücksichtigt wird auch das Interesse der Gesellschaft. Handelt es sich bei den weitergegebenen Informationen um wichtige Tatsachen, deren Bekanntwerden geeignet ist, die Stellung der Gesellschaft im Markt zu schädigen, wäre eine informationelle Gleichbehandlung kontraproduktiv. Dem Anlegerschutz erwiese man einen schlechten Dienst, wenn die Veröffentlichung von wichtigen Informationen an möglicherweise tausende von Aktionären wegen der nicht mehr zu gewährleistenden Geheimhaltung dazu führte, dass Wettbewerber von der Gleichbehandlung profitieren. Eine weitere vertiefte Stellungnahme ist an dieser Stelle nicht notwendig. Denn jedenfalls verlangen auch die zitierten Richtlinien keine umfassende informationelle Gleichbehandlung. Aus Sachgründen kann differenziert werden. In diesem Fall liegt auch kein Zwang zur informationellen Gleichbehandlung vor. b) GmbH Auch in der GmbH gibt es die Möglichkeit der Ungleichbehandlung.236 Eine dem § 131 Abs. 4 AktG vergleichbare Regelung enthält § 51a GmbHG nicht, so dass der GmbH-Gesellschafter sich ohnehin nur auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen kann. Die oben genannten Richtlinien haben für die GmbH keine Relevanz. Selbst wenn man also mit der zitierten Mindermeinung die Nachinformation der übrigen Aktionäre bereits vor der nächsten Hauptversammlung für notwendig hält, ändert dies nichts daran, dass im GmbH-Recht keine solche Pflicht besteht.

Hierauf stellt Verse, S. 515, ab. So Verse, S. 514. 235 Verse, S. 514. 236 Statt aller: Hueck / Fastrich, in: Baumbach / Hueck, § 13 Rdnrn. 41 ff.; Lutter / Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, § 14 Rdnr. 30. 233 234

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

c) Ergebnis Im Ergebnis sieht also bereits das ausdrücklich geregelte Recht Ausnahmen vom Prinzip der Gleichbehandlung vor. Aus diesem Grund ist zweifelhaft, ob im Verhältnis zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern eine Gleichbehandlung rechtlich begründet werden muss. Da schon die Aufklärungspflichten eine Ausnahme zur Bewältigung einer besonderen Interessenlage beinhalten, müssten sich Gründe anführen lassen, die über diejenigen zur Herausbildung der Informationspflicht im Individualverhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien hinausgehen. Weil die Grundlage der bisher diskutierten Informationspflichten aus culpa in contrahendo im Wesentlichen auf der in der Prinzipal-Agenten-Theorie abgebildeten Konfliktlage beruht, bietet es sich an, diese noch einmal genauer zu prüfen.

2. Rechtsökonomische Wertungen Betrachtet man die rechtsökonomische Ausgangslage nach der Agency-Theorie, scheint zunächst einiges für die Notwendigkeit einer gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungspflicht zu sprechen. Schließlich sind die Geschäftsleiter Agenten für alle Gesellschafter. Eine Differenzierung von Aufklärungspflichten nach der Größe des Anteils ist damit auf den ersten Blick nicht vereinbar. Indes geht eine solche Argumentation fehl. Zunächst ist die Differenzierung zwischen Gesellschaftern nach Anteilsgröße nicht primär eine Unterscheidung aufgrund des Beteiligungsumfangs. Vielmehr beruht sie auf einer Entscheidung des Managements, nur mit bestimmten Anteilseignern Verhandlungen aufzunehmen. Dass dies aus Sicht des Managements im Idealfall ein Mehrheitsgesellschafter ist, ergibt sich aus der damit einhergehenden Vereinfachung der geplanten Transaktion, weil diese mit wenigen Partnern einfacher durchzuführen ist als mit vielen, die jeweils nur eine kleine Beteiligung haben. Hiervon abgesehen, ergibt sich auch unter Agency-Gesichtspunkten keine Forderung, alle Gesellschafter in gleichem Maße aufzuklären. Denn maßgeblich ist nicht die Gleichbehandlung aller Gesellschafter im Sinne einer Rechtsbegründung, also einer Besserstellung im Vergleich zu regulären Anteilsveräußerungen an außenstehende Dritte. Es geht allein um die Verhinderung einer Ungleichbehandlung als Rechtsverlust, nämlich des Erleidens eines Verlustes aufgrund unfairer Verhandlungsbedingungen. Unfaire Verhandlungsbedingungen wegen eines informationellen Defizits auf Veräußererseite sind aber nur dort relevant, wo es zu Verhandlungen bzw. zum Verkauf kommt. Mit anderen Worten ist ein Ausgleich des Vorsprungs der Insider lediglich dort erforderlich, wo diese ihn auch ausnutzen können. Das betrifft allein die im Hinblick auf eine Veräußerung angesprochenen Gesellschafter. Die übrigen Anteilseigner werden hiervon nicht berührt. Der grundsätzlich denkbare Einwand, ihnen müsse der Ausstieg aus der Gesellschaft mittels Veräußerung an einen außenstehenden Dritten unter Realisierung des vollen Anteilswertes ermöglicht

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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werden, schlägt nicht durch. Da die Gesellschafter insoweit nicht der Gefahr einer Benachteiligung seitens eines Insiders ausgesetzt sind, mangelt es an der Notwendigkeit, besondere, über die regulären Instrumente hinausgehende Informationsmechanismen zu installieren. Alles andere wäre eine Stärkung der Gesellschafterrechte, derer es unter agenturtheoretischen Aspekten nicht bedarf.

II. Kapitalmarktrechtliche Pflicht zur Aufklärung 1. WpÜG In der Literatur weitgehend unbeachtet geblieben ist der Umstand, dass der Buyout einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf einen Kontrollerwerb gerichtet ist und damit ein Pflichtangebot im Sinne des WpÜG auslöst, sofern das Übernahmeangebot nicht schon selbst auf den Erwerb aller Anteile abzielt.237 Für die hier relevante Fragestellung der Informationspflichten ergeben sich daraus zwei zu diskutierende Anknüpfungspunkte: § 11 WpÜG sieht die Veröffentlichung einer Angebotsunterlage vor, deren Inhalt durch die WpÜG-Angebotsverordnung (WpÜG-AngV) konkretisiert wird. Diese Unterlage soll Angaben enthalten, die eine Entscheidung für oder gegen das Angebot „in Kenntnis der Sachlage“ ermöglichen. Diesbezüglich ist zu erörtern, ob sich schon hieraus die Pflicht ergibt, alle oben im Zusammenhang mit der Aufklärungspflicht aus culpa in contrahendo diskutierten Informationen offen zu legen [dazu sogleich a)]. Außerdem besteht gemäß § 3 Abs. 1 WpÜG eine übernahmerechtliche Gleichbehandlungspflicht. Demgemäß muss der Bieter Inhaber von Wertpapieren gleicher Gattung gleich behandeln [dazu b)].

a) Die Angebotsunterlage nach WpÜG aa) Funktion der Angebotsunterlage Das WpÜG enthält mit § 11 WpÜG in Verbindung mit der WpÜG-AngV Regelungen, die als spezielle Ausprägungen des Transparenzgrundsatzes nach § 3 Abs. 2 WpÜG dem Ausgleich der Informationsasymmetrie zwischen Bieter und Anlegern dienen.238 Die gemäß diesen Normen zu erstellende Angebotsunterlage ist das im Übernahmeverfahren wesentliche Dokument zum Schutz der Aktionäre.239 In diesem sind die für die Entscheidung über das Angebot maßgeblichen Informationen darzustellen.240 Die Aktionäre sollen nach § 11 Abs. 1 S. 2 WpÜG „in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden [ . . . ] können.“ Ausdrücklich berücksichtigt nur von Schäfer, in: Hdb. börsennotierte AG, § 13 Rdnr. 74. Vgl. nur Assmann, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnrn. 20, 24; Thoma, in: Baums / Thoma, § 11 Rdnr. 2. 239 Bosch / Meyer, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 11 Rdnr. 1; Noack, in: Schwark, § 11 WpÜG Rdnr. 1; Renner, in: Frankfurter Kommentar, § 11 Rdnr. 1. 237 238

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Funktional ist diese Pflicht also vergleichbar mit Aufklärungspflichten aus culpa in contrahendo. Es geht jeweils darum, Informationsdefizite des Verkäufers zu beseitigen, die aus der besseren informationellen Ausgangslage des Käufers resultieren. Die Gesellschafter sollen in die Lage versetzt werden, eine informierte Entscheidung zu treffen. Insofern ersetzt die übernahmerechtliche Informationspflicht nach § 11 WpÜG (gemeinsam mit den übrigen Vorschriften, die der Herstellung von Transparenz dienen) den an individuellen Austauschbeziehungen orientierten culpa in contrahendo-Ansatz mittels eines kapitalmarktrechtlich ausgerichteten Systems. Sind beide Instrumente damit von ihrer Funktion her vergleichbar, stellt sich die sogleich zu behandelnde Frage, inwieweit sie dies auch qualitativ sind. Mit anderen Worten bedarf es einer genaueren Betrachtung, welchen Umfang die Aufklärungspflichten haben. bb) Inhaltliche Anforderungen an die Angebotsunterlage § 11 Abs. 2 und 3 WpÜG enthalten genauere Anforderungen hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Angebotsunterlage, die durch die WpÜG-AngV noch weiter ausgeführt werden. (1) Ausdrücklich geforderte Angaben Der Bieter hat im Anwendungsbereich des § 11 WpÜG gemäß Abs. 2 S. 3 Nr. 2 über seine zukünftigen Pläne hinsichtlich der Zielgesellschaft aufzuklären. Es reicht aus, wenn Veränderungen lediglich konkret in Aussicht genommen sind, einer förmlichen Beschlussfassung oder ähnlicher nach außen gerichteter Maßnahmen bedarf es nicht.241 Ergänzend sind weiterhin gemäß § 2 Nr. 3 WpÜG-AngV die zur Festsetzung der Gegenleistung angewandten Bewertungsmethoden und die Gründe darzustellen, warum die Anwendung dieser Methoden angemessen ist. Der Aktionär soll damit in die Lage versetzt werden, eine Plausibilitätsprüfung im Hinblick auf die Ermittlung der Gegenleistung durchzuführen.242 Bei dem Angebot einer Geldleistung genügt allerdings nach herrschender Ansicht eine Bezugnahme auf den Börsenkurs der Wertpapiere der Zielgesellschaft. 243 In Fällen anderer Gegenleistungen (z. B. Wertpapiere) reicht die Darstellung der Berechnungsmethode aus.244 Bei keiner 240 Bosch / Meyer, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 11 Rdnr. 7; Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 11 Rdnr. 1; Renner, in: Frankfurter Kommentar, § 11 Rdnr. 1; Thoma, in: Baums / Thoma, § 11 Rdnr. 2. 241 Bosch / Meyer, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 11 Rdnr. 108; Noack, in: Schwark, § 11 WpÜG Rdnr. 21; Seydel, in: KölnKomm / WpÜG, § 11 Rdnr. 66. 242 Bosch / Meyer, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 2 WpÜG-AngVO Rdnr. 11. 243 Statt aller: Bosch / Meyer, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 2 WpÜG-AngVO Rdnr. 12 m. w. Nachw. 244 s. Bosch / Meyer, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 2 WpÜG-AngVO Rdnr. 13.

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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Form der Gegenleistung bedarf es demnach einer Aufklärung darüber, welche Werte in die Ermittlung der Gegenleistung einbezogen wurden. Insofern sieht das WpÜG in § 31 Abs. 1 lediglich vor, dass die Gegenleistung „angemessen“ sein muss. Laut überwiegender Meinung ist auch im Fall eines Management Buyout keine Unternehmensbewertung erforderlich, selbst wenn die Mitglieder des Vorstandes wissen, dass der Unternehmenswert die Marktkapitalisierung überschreitet.245 Auch die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie Patente erfahren bloß eine mehr oder weniger kursorische Beachtung. Es bedarf nach § 2 Nr. 2 WpÜG-AngV i.V. m. Tz. 11 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 809 / 2004245a lediglich einer Beschreibung der diesbezüglichen Strategien einschließlich der Angabe der vom Emittenten finanzierten Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten. Schließlich fehlt es an einer Einbeziehung schwebender Verhandlungen des Emittenten mit Dritten sowie existierender Geschäftschancen. Diese Angaben sind aber, wie unten noch näher ausgeführt wird, Bestandteil der Aufklärungspflichten nach culpa in contrahendo.246 Im Ergebnis bleiben die Informationspflichten nach dem WpÜG also hinter denjenigen auf Grundlage der culpa in contrahendo zurück. (2) Nicht ausdrücklich geregelte Angaben Dieses Bild bleibt selbst dann unverändert, wenn man mit einem großen Teil der Literatur die Auflistung der darzustellenden Angaben in § 11 WpÜG und der WpÜG-AngV für nicht abschließend hält247 bzw. die Pflicht zur Stellungnahme im Sinne von § 27 Abs. 1 WpÜG einbezieht. Gelegentlich wird von den an einem Buyout beteiligten Managern erwartet, mehr als nur auf den Börsenkurs in der Angebotsunterlage hinzuweisen, sondern zusätzlich noch eine gründliche Bewer245 Krause, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 WpÜG-AngVO Rdnr. 7; MarschBarner, in: Baums / Thoma, § 31 Rdnr. 16. A. A. Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 31 Rdnr. 8. Das schließt allerdings nicht aus, eine Aufklärungspflicht über das Mehrwissen und den Mehrwert aus anderen Gründen zumindest zugunsten der Paketaktionäre zu bejahen. s. dazu unten E.II.1.b). 245a Verordnung (EG) Nr. 809 / 2004 der Kommission zur Umsetzung der Prospektrichtlinie betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Beweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung vom 29. 04. 2004, in der berichtigten Fassung, ABl. L 186 vom 18. 08. 2005, 3. 246 Unten E.II. 247 So etwa Assmann, AG 2002, 153 (156); Hamann, ZIP 2001, 2249 (2251); Häger / Steinhardt, in: Steinmeyer / Häger, § 12 Rdnr. 13; Renner, in: Frankfurter Kommentar, § 11 Rdnr. 33; Thoma, in: Baums / Thoma, § 11 Rdnrn. 25, 29. A. A. bspw. Bosch / Meyer, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 11 Rdnr. 53; Hopt, ZHR 166 (2002), 383 (403); Seydel, in: KölnKomm / WpÜG, § 11 Rdnr. 27; Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 11 Rdnr. 3; Wackerbarth, in: MünchKomm / AktG, § 11 WpÜG Rdnr. 14. Auch die zuletzt genannte Ansicht lässt aber unter besonderen Umständen weitere Angaben zu, s. jew. a. a. O.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

tung darzustellen.248 Um die Besonderheiten eines Buyouts unter Beteiligung des Managements würdigen zu können, sind zunächst die allgemeinen Regeln für den Fall eines Übernahmeangebots durch unternehmensfremde Dritte zu betrachten. (a) Übernahmeangebot durch unternehmensfremde Dritte Die Organe der Zielgesellschaft bleiben auch im Übernahmeverfahren an ihre gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten gebunden.249 Weder dem Bieter noch den Aktionären gegenüber dürfen Tatsachen preisgegeben werden, deren Veröffentlichung zu erheblichen Nachteilen für die Gesellschaft führten.250 Das gilt selbst dann, wenn diese Tatsachen von Relevanz für die Entscheidung über die Annahme des Angebots sind.251 In diesem Zusammenhang ist weiter der allgemeine Grundsatz des § 3 Abs. 3 WpÜG zu beachten, wonach Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft in deren Interesse zu handeln haben. Diese Aufrechterhaltung der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten ist auch notwendig, da anderenfalls die Stellung der Zielgesellschaft im Wettbewerb nachhaltig geschädigt würde.252 Es wäre für jeden Konkurrenten einfach, via Übernahmeverfahren einen tiefen Einblick in die Situation des Wettbewerbers zu erhalten. Die Aktionäre werden hierdurch nicht schlechter gestellt, da sie über die Informationspflichten des WpÜG ohnehin mehr Auskünfte erhalten, als sie nach dem Aktiengesetz erlangen könnten. Daher ist auch unerheblich, ob man die Interessen der Zielgesellschaft abstrakt oder als bloße Abbreviatur der Aktionärsinteressen versteht.253 Für § 93 Abs. 1 S. 3 AktG kommt es darauf nicht an. In einem „regulären“ Übernahmeverfahren finden die Interessen der Aktionäre also eine Schranke im Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft. (b) Übernahmeangebot unter Beteiligung des Managements Bei einem Buyout unter Beteiligung des Managements ändern sich die Vorzeichen: Hier entsteht ein Zielkonflikt zwischen den einerseits oben ausführlich dargestellten Aufklärungspflichten aus culpa in contrahendo, die weit reichen, und dem Interesse der Gesellschaft, welches aus den genannten Gründen für eine lediglich in den Grenzen des WpÜG bestehende Aufklärungspflicht streitet. Nun könnte man auf der Grundlage eines Verständnisses des Interesses der Zielgesellschaft als bloßer Zusammenfassung der Aktionärsinteressen einen Wider248 Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 11 Rdnr. 33; ablehnend Thoma, in: Baums / Thoma, § 31 Rdnr. 16. 249 Krause / Pötzsch, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 40. 250 Krause / Pötzsch, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 40. 251 Krause / Pötzsch, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 40. 252 Ähnlich im allgemeinen Zusammenhang mit § 11 WpÜG Renner, in: Frankfurter Kommentar, § 11 Rdnr. 74. 253 Ausführlich dazu Baums / Hecker, in: Baums / Thoma, § 3 Rdnrn. 30 ff.

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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spruch generell in Abrede stellen. Denn wenn die Interessen der Gesellschafter für eine weitgehende Aufklärungspflicht sprechen und zugleich kein gesondertes Gesellschaftsinteresse bestünde, ließe sich für den Sonderfall des Buyouts unter Managementbeteiligung insgesamt eine umfassende Aufklärungspflicht nach Maßgabe der Grundsätze der culpa in contrahendo herleiten. Aus Sicht der verkaufswilligen Anteilseigner wäre auf den ersten Blick auch unerheblich, dass aufgrund einer so weitreichenden Informationspolitik die Zukunftschancen der Gesellschaft hinsichtlich ihrer wettbewerblichen Situation am Markt unter Umständen beeinträchtigt würden. Denn sie wären zukünftig nicht mehr beteiligt, sondern stießen vorher ihre Anteile ab. Indes stehen solchen Überlegungen wesentliche Einwände entgegen: Muss ein Bieter eine sich verschlechternde Wettbewerbssituation der Zielgesellschaft einkalkulieren, schlägt sich dies, sofern er überhaupt noch an einem Erwerb interessiert wäre, im Preis nieder. Unweigerlich fiele das Angebot einer Gegenleistung erheblich niedriger aus. Im Ergebnis bescherte eine weite Ausdehnung der Informationspflichten im Sinne der culpa in contrahendo-Grundsätze den Anteilseignern ein finanziell schlechteres Angebot, da insbesondere das Entwicklungspotential der Gesellschaft für die Zukunft kaum noch als preisbestimmender und in der Regel wohl auch preiserhöhender Faktor in Betracht käme. Daher sprechen nicht nur die Interessen der Zielgesellschaft, wenn man sie anders als eine bloße Abbreviatur der Aktionärsinteressen interpretiert, für eine Beschränkung der Offenlegungspflichten auf das vom WpÜG vorgegebene Maß, sondern auch die Interessen der Aktionäre. Im Übrigen werden die Aktionäre zumindest nicht schlechter gestellt als in Übernahmesachverhalten ohne Beteiligung des Managements, zumal der Preis nach § 31 Abs. 1 WpÜG ohnehin angemessen sein muss. Eine weitere Absicherung erfahren die Aktionäre dahingehend, dass sie nach § 27 Abs. 1 WpÜG über den Interessenkonflikt des Vorstands informiert werden müssen.254 In die Stellungnahme – des Aufsichtsrats aufgrund der Befangenheit des Vorstands – ist beim Buyout unter Managementbeteiligung ein Hinweis auf die Identität von Bieter und Vorstand aufzunehmen.255 Zu diesen Argumenten gesellt sich noch ein weiteres, resultierend aus der tatsächlichen Vorgehensweise bei der Planung und Abwicklung einer öffentlichen Übernahme: Ein öffentliches Angebot i. S. v. § 10 WpÜG wird in der Praxis regelmäßig nicht abgegeben, ohne dass der Bieter zuvor mit Inhabern wesentlicher Beteiligungen über deren Bereitschaft zur Veräußerung gesprochen hat.256 Das Ergebnis dieser Gespräche ist in der Regel entweder ein Recht zugunsten des Pakets. Hopt, ZHR 166 (2002), 383 (420). Noack, in: Schwark, § 27 WpÜG Rdnr. 20; in die gleiche Richtung Röh, in: Frankfurter Kommentar, § 27 Rdnr. 48. 256 Sonderkonstellationen bei feindlichen Übernahmen bleiben hier außer Betracht. Gerade die das Buyout-Geschäft im Wesentlichen betreibenden Private Equity-Gesellschaften verfolgen zumeist eine Politik, nur freundliche Übernahmen durchzuführen. 254 255

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

aktionärs auf Andienung der Anteile im laufenden Übernahmeverfahren oder sogar ein Kaufvertrag über die Aktien. Beiden Formen der Vereinbarung gehen Vertragsverhandlungen voraus. Diese finden außerhalb des Anwendungsbereichs des WpÜG statt, da der Bieter noch keine Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots nach § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG getroffen hat. Vielmehr fällt er diese erst auf Grundlage seiner Gespräche mit den Paketaktionären.257 Wollte man einen „Entschluss“ gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG bereits in dem Ansprechen der Aktionäre sehen, hätte dies zur Folge, dass der potentielle Bieter einen Entschluss veröffentlichen müsste, obwohl die Durchführung des Übernahmeversuchs sowohl aus seiner Sicht als auch aus derjenigen eines objektiven Dritten noch unsicher wäre. Denn lehnen bereits Paketaktionäre eine Veräußerung im Vorhinein ab, wird ein Bieter nur sehr selten trotzdem ein Angebot abgeben, da es mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt ist. Selbst bei einer sehr weiten Vorverlagerung des Zeitpunkts einer „Entscheidung“ lässt sich eine solche in der eben besprochenen Situation nicht begründen.258 Befindet man sich demnach noch außerhalb des Anwendungsbereichs des WpÜG, gelten auch nicht die darin enthaltenen Informationspflichten gegenüber sämtlichen Aktionären. Demzufolge entstehen hier bei einer weitgehenden Aufklärung nicht die oben beschriebenen Risiken der Schädigung der Gesellschaft im Wettbewerb. Die Rechte der übrigen Aktionäre werden reflexartig geschützt, obwohl sie lediglich die Informationen nach Maßgabe des WpÜG erhalten. Zwar verfügen sie nicht über die gleiche informationelle Entscheidungsbasis. Bedenkt man aber, dass die Informationen dazu dienen sollen, einen aus eigener Sicht fairen Preis bestimmen zu können, werden ihre Rechte trotzdem mittelbar gewährleistet. Der Bieter muss die Gegenleistung im Übernahmeangebot in einer Höhe festsetzen, die dem Ergebnis der Verhandlungen mit den Paketaktionären entspricht. Diese Verhandlungen wiederum haben unter Offenlegung aller entscheidungserheblichen Informationen stattgefunden, so dass die einbezogenen Aktionäre sozusagen stellvertretend für die übrigen nicht involvierten Gesellschafter handeln konnten. Eine Ungleichbehandlung der Aktionäre im laufenden Übernahmeverfahren scheidet aufgrund von § 3 Abs. 1 WpÜG aus. Die Gegenleistung muss danach für alle Anteilseigner (der gleichen Wertpapiergattung) gleich hoch sein. Daher wirkt die Verhandlung der Paketaktionäre im Verfahren zugunsten der übrigen Gesellschafter fort.259 Das zeigt auch § 31 Abs. 1 WpÜG, wonach „den“, also allen Ak257 Vgl. Thoma / Stöcker, in: Baums / Thoma, § 10 Rdnr. 17, die in dem Abschluss der Vereinbarung über einen Paketerwerb eine konkludente Entscheidung sehen. Zu den insiderrechtlichen Problemen dieser Vorgehensweise s. u. D.II.2. 258 Vgl. etwa Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 10 Rdnrn. 5 ff. („wesentliche Eckdaten geklärt“); Walz, in: Frankfurter Kommentar, § 10 Rdnrn. 20 f.; Thoma / Stöcker, in: Baums / Thoma § 10 Rdnr. 17. 259 Deshalb bedarf es auch nicht der von Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 31 Rdnr. 8, geforderten Unternehmensbewertung, um den Unternehmenswert für alle Aktionäre transparent darzustellen.

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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tionären eine angemessene Gegenleistung angeboten werden muss. Das Gesetz geht dabei von einer einheitlich bestimmten Gegenleistung aus. Die Norm enthält eine Konkretisierung des allgemeinen übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.260 Gemäß § 4 WpÜG-AngV sind bis zu sechs Monate vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage vereinbarte oder gewährte Gegenleistungen als Untergrenze der Gegenleistung im öffentlichen Übernahmeangebot anzusetzen. Selbst wenn also nicht das praktisch häufig vorkommende Andienungsrecht zugunsten der Paketaktionäre vereinbart wird, sondern die Übertragung der Anteile sogar schon vor Veröffentlichung der Unterlage vollzogen werden sollte, unterbindet das Gesetz eine Ungleichbehandlung der veräußernden Aktionäre. Zuletzt vermag auch ein Verweis auf die abweichende Rechtslage im US-amerikanischen Recht261 kein anderes Ergebnis zu begründen. Wenn in den USA die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen eines Corporate Insiders auch im laufenden Übernahmeverfahren und trotz veröffentlichten Prospekts besteht, ist dies die Folge eines vom deutschen Recht fundamental abweichend ausgestalteten Insiderrechts. In den USA besteht mangels Pflicht zur ad hoc-Mitteilung jederzeit das Risiko, dass trotz der Angaben im Übernahmeprospekt viele Insiderinformationen noch nicht in die Kapitalmarktöffentlichkeit gelangt sind. Das ist im deutschen Recht aufgrund von § 15 WpHG grundsätzlich anders. Hier kann man davon ausgehen, dass dem Anlegerpublikum die wesentlichen Informationen bereits bekannt gegeben wurden und der Übernahmeprospekt ein zusätzliches Informationsmittel bietet. In den Vereinigten Staaten ist es dagegen denkbar, dass der Prospekt hinsichtlich bestimmter Tatsachen die einzige Informationsgrundlage bietet, während andere Informationen weiterhin vor der Marktöffentlichkeit verborgen bleiben. In der Situation eines Buyouts unter Managementbeteiligung ist das maßgebliche Ziel, die Geschäftsleiter an einer Ausnutzung ihrer Insiderstellung zulasten der Aktionäre zu verhindern. Das wird mit dieser Lösung erreicht. Eine Besserstellung im Vergleich zu sonstigen Übernahmeverfahren ist nicht angezeigt. Das fügt sich auch in die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers ein, Informationspflichten nur in den Grenzen sonstiger, insbesondere gesellschaftsrechtlicher Schweigepflichten zu begründen.

b) Übernahmerechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz Gemäß § 3 Abs. 1 WpÜG sind alle Inhaber von Wertpapieren gleicher Gattung gleich zu behandeln. Erhalten nur die Paketaktionäre bestimmte Informationen, die übrigen Aktionäre jedoch nicht, ist das eine Ungleichbehandlung, die grundsätzlich 260 Krause, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 31 Rdnr. 4; Möller, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 14. 261 Dazu bereits oben A.II.2.e).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

§ 3 Abs. 1 WpÜG verletzt.262 Ein Verstoß gegen den übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt dennoch nicht vor. Die Anwendung des § 3 Abs. 1 WpÜG ist nämlich zeitlich begrenzt. Die Vorschrift gilt nur für die Dauer des Übernahmeverfahrens.263 Damit greift sie ab der Veröffentlichung der Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG.264 Wie bereits oben dargelegt wurde, fällt diese Entscheidung aber erst nach den Gesprächen mit den Paketaktionären. Somit findet die Informationsweitergabe nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo im Vorfeld eines formellen Übernahmeverfahrens im Sinne des WpÜG statt und liegt deshalb außerhalb der Reichweite des übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

c) Exkurs: Berechtigung zum Anteilserwerb und zur Anteilsveräußerung aa) Berechtigung des Managers zum Anteilserwerb Im Zusammenhang mit der Herleitung einer Aufklärungspflicht bei einem Buyout unter Managementbeteiligung mit einer börsennotierten Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft stellt sich die Frage, ob diese Konstellation rechtlich überhaupt relevant werden kann, sofern die Beteiligten berechtigt davon absehen, eine ad hoc-Mitteilung nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen. Mit Blick auf § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG wird in der Literatur nämlich argumentiert, dass den Managern der börsliche Anteilserwerb verwehrt ist, wenn sie aufgrund von Insidertatsachen handeln.265 In der Praxis ist dies regelmäßig der Fall. Entweder eine bestimmte Tatsache stellt den eigentlichen Antrieb für die Transaktion dar oder die nicht veröffentlichten Informationen schaffen zumindest einen Teil der Motivation. Insbesondere in der häufigen Konstellation der Ansprache von Mitgliedern des Vorstands durch Investoren stellt sich diese Frage hinsichtlich für die Gesellschaft wichtiger Personen. Kann man unter Umständen bei einem Vorstand des Marketingbereichs argumentieren, dass ihm einige wesentliche Informationen unbekannt sind, ist die Lage bei dem Finanzvorstand oder dem Vorstandsvorsitzenden eine ganz andere. Da ein Buyout in der Praxis auf den Erwerb der Anteilsmehrheit, in der Regel sogar auf möglichst vollständigen Erwerb der Aktien gerichtet ist, reichen Face-to-Face Transaktionen nicht aus, so dass auch Geschäfte mit Gesellschaftern stattfinden, die nicht besonders aufgeklärt wurden. Käme hier § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zur Anwendung, führte dies dazu, dass diese Form des Unternehmenskaufs an Bedeutung verlöre. Ein Buyout, der sich aus insiderrechtlichen Vgl. Krause, WM 1996, 845 (847). Baums / Hecker, in: Baums / Thoma, § 3 Rdnr. 12; Möller, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 17. 264 Baums / Hecker, in: Baums / Thoma, § 3 Rdnr. 12; Möller, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 17. 265 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 170 a. E.; für den Erwerb im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebotes BAFin, Emittentenleitfaden, 28; generell für den börslichen Erwerb im Rahmen von Management Buyouts Fürhoff, AG 1998, 83 (88). 262 263

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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Gründen unterhalb der 30 Prozent-Schwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG bewegen muss, ist im Zweifel uninteressant, da die Chance auf den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung vereitelt wird.266 Im Ergebnis wirkte sich § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG als Verbot eines Buyouts börsennotierter Gesellschaften aus. Diese Interpretation von § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG überzeugt nicht. Das Insiderhandelsverbot ist kein Selbstzweck, sondern soll dazu dienen, einen Marktmissbrauch zu verhindern. In der Begründung ihres Entwurfs der Marktmissbrauchsrichtlinie führt die Kommission aus, Insidergeschäfte führten „zu ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteilen auf Kosten nicht eingeweihter Personen“.267 Marktmissbrauch könne vorliegen, „wenn Anleger in unangemessener Weise benachteiligt worden sind, indem andere Personen [nicht öffentlich zugängliche Informationen] zu ihrem Vorteil [ . . . ] genutzt“ haben.268 Es geht im Insiderrecht also um die Verhinderung der Ausnutzung missbilligenswerter Vorteile.269 Gleichzeitig erkennt die Kommission an, dass „unter bestimmten Umständen und aus vollkommen einsichtigen Gründen Ausnahmen [ . . . ] vorgesehen werden müssen.“270 Aus dem gleichen Grund wird die Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG abgelehnt, wenn beide Parteien über einen gleichen Wissensstand verfügen.271 Diese Erwägungen gelten für jedes Insidergeschäft, also auch für einen Buyout unter Beteiligung von Managern, die aufgrund von Insiderinformationen handeln. Eine Verabsolutierung des Insiderhandelsverbots zulasten dieser Personen schießt damit über das Regelungsziel der Marktmissbrauchsrichtlinie und des Insiderrechts insgesamt hinaus. Besteht das Ziel der einschlägigen Verbotstatbestände darin, die Nutzung von Informationsasymmetrien zu eigenen Gunsten und zum Schaden anderer zu verhindern, bedarf es keines Verbots, sofern die andere Partei nicht in dieser Weise gefährdet wird. Ausgangspunkt der insiderrechtlichen Beurteilung eines Buyouts unter Managementbeteiligung muss also die Suche nach Mechanismen sein, die Verkäufer vor Benachteiligung durch die Insider zu schützen. Wie aus den obigen Zitaten ersichtlich ist, geht es dabei ausschließlich um eine Benachteiligung im wirtschaftlichen Sinne. Die Wertpapierinhaber sollen wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden, als sie stünden, handelten sie mit einem Nichtinsider. Aus dem WpÜG sowie der WpÜG-AngV folgt nach dem oben Gesagten die Pflicht, sämtliche Anteilseigner im Hinblick auf die Gegenleistung gleich zu be266 Das setzt den praktisch häufigsten Fall voraus, dass die Erwerber über keine oder allenfalls eine kleine Beteiligung an der Zielgesellschaft verfügen. 267 KOM(2001) 281 endgültig, 2001 / 0118 (COD), 3. 268 KOM(2001) 281 endgültig, 2001 / 0118 (COD), 2 f. 269 Engert, ZIP 2006, 2105 (2109). 270 KOM(2001) 281 endgültig, 2001 / 0118 (COD), 5. 271 s. nur Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 28, auch mit Nachw. zum alten Recht; Cahn, Der Konzern 2005, 5 (10 f.); Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnr. 32; Sethe, in: Assmann / Schütze, § 12 Rdnr. 77.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

handeln. Das Übernahmerecht verhindert auf diese Weise mittelbar, dass Insider (Manager und Paketaktionär) auf Kosten nicht informierter Gesellschafter wirtschaftliche Vorteile erzielen. Weder kann der Manager den übrigen Aktieninhabern eine niedrigere Gegenleistung anbieten als dem Paketaktionär noch ist es dem Paketaktionär möglich, sich aufgrund seines erlangtes Insiderwissen Sondervorteile im Verhältnis zu den Minderheitsgesellschaftern zu verschaffen. Trotz fehlender Aufklärung der im anonymen Handel veräußernden Aktionäre schadet die Informationsasymmetrie nicht. Das steht nicht im Widerspruch zu sonstigen Übernahmeverfahren, in denen es zuvor keine Absprachen mit Paketaktionären gab. So betont etwa der Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Abgabe eines Übernahmeangebotes, bei dem der Bieter Insiderinformationen verwende, die er im Rahmen einer Due Diligence Prüfung der Zielgesellschaft erlangt habe, sei erst nach einer ad hoc-Mitteilung seitens der Emittentin zulässig.272 Gab es keine Vereinbarung mit Paketaktionären, tritt der Bieter als Insider auf, während die Gesellschafter über keinen ausreichenden Schutzmechanismus verfügen. In dieser Situation ist es gerechtfertigt, eine Veröffentlichung der Insiderinformationen zu verlangen, um einen Marktmissbrauch zu verhindern. Die zugrunde liegende Wertung ist dann aber eine andere als in der oben dargestellten Variante mit vorherigen Vereinbarungen mit Paketaktionären. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erkennt an, dass § 14 WpHG bei einem Paketerwerb, der unterhalb der Kontrollschwelle von § 29 Abs. 2 WpÜG liegt, nicht zum Zuge kommt, weil das Schutzgut der Norm nicht betroffen sei.273 Gleiches gilt im hiesigen Zusammenhang. Eines besonderen Schutzes durch § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG bedarf es damit nicht, sofern es Absprachen mit Paketaktionären gibt, denen gegenüber die Insiderinformationen offengelegt wurden. Unter Rückgriff auf den Schutzzweck des Insiderrechts kann der Tatbestand daher teleologisch reduziert werden, so dass den Managern der Erwerb der Anteile ohne Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot möglich ist. bb) Berechtigung des Anteilseigners zur Anteilsveräußerung Eine vergleichbare Frage stellt sich auf der Seite der Paketaktionäre, die von den Insidern über die Insiderinformationen aufgeklärt werden. Betrachtet man § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG näher, scheint hieraus ein Verbot zulasten des Informationsempfängers zu folgen, nach der Aufklärung durch die Geschäftsleiter ihre Anteile an diese zu veräußern.274 Dieser Schluss ist für den hier in Rede stehenden 272 Emittentenleitfaden der BaFin, S. 28. Vgl. auch Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 141; Pawlik, in: KölnKomm / WpHG, § 14 Rdnrn. 31 ff.; Schwark, in: Schwark, § 14 Rdnr. 54. 273 Emittentenleitfaden, S. 27. 274 So wohl Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 139.

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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Fall des Buyouts unter Managementbeteiligung von dem Schutzzweck der Norm nicht gedeckt.275 Billigt man dem Paketaktionär ein Recht auf Aufklärung zu, und verstößt die Aufklärung seitens der Geschäftsleiter auch nicht gegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG, kann nicht auf der anderen Seite verboten sein, dieses Wissen gegenüber der informierenden Partei auszunutzen. Zudem leuchtet nicht ein, warum gerade ein informierter Anleger daran gehindert werden soll, seine Wertpapiere an eine andere, ebenfalls informierte Partei zu veräußern. Dies stellt vor dem Hintergrund des Zwecks der Regelungen zum Insiderhandel den Idealzustand dar, weil auf keiner Seite die Möglichkeit besteht, nicht öffentlich bekannte Tatsachen zum Schaden des anderen und zum eigenen Vorteil auszunutzen. Dass die übrigen, nicht informierten Aktionäre durch eine solche Transaktion keinen Schaden erleiden, wurde oben ausführlich dargelegt. cc) Interesse an der Geheimhaltung der Informationen Letztes Argument gegen die hier vertretene Ansicht ist ein Verweis auf § 15 WpHG und der Einwand, dass das Gesetz mittels der Pflicht zur ad hoc-Mitteilung kein Interesse an der Geheimhaltung anerkenne. Wenn es ohnehin einer Veröffentlichung der Insiderinformation bedarf, stellt sich die Frage, warum der Bieter die Information weitergeben und der Paketaktionär seine Anteile veräußern können soll, ohne dass zuvor Mitteilung gemacht wird. Dem steht schon entgegen, dass das Wertpapierhandelsgesetz selbst zwei wichtige Ausnahmen von der ad hoc-Pflicht vorsieht. Zum einen kann die Emittentin nach § 15 Abs. 3 WpHG eine Mitteilung unterlassen, sofern es der Schutz ihrer Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. Allein die Einleitung einer Unternehmensübernahme ändert nichts am Schutzbedürfnis der Emittentin. Nur weil ein Anteilseignerwechsel bevorsteht, ändert sich ihre Interessenlage nicht. Zum anderen erlaubt § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG, eine ad hoc-Mitteilung zu unterlassen, sofern der Empfänger der Informationen einer Schweigepflicht unterliegt.276 Gestattet man dem Bieter und dem Paketaktionär im Rahmen des Übernahmeverfahrens die Geheimhaltung der Insiderinformation, dient dies also auch dem Interesse der Emittentin. So richtig es ist, darauf zu verweisen, dass das Wertpapierhandelsgesetz keine Bereichsausnahme für das Übernahmerecht kennt,277 so wenig kann ein Übernahmeverfahren abseits spezieller Vor275 Zuzustimmen ist Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 139, dahingehend, dass Zukäufe, die von dem Paketaktionär nach Information durch den Bieter getätigt werden, gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen. Denn auf diese Weise verschafft sich der Paketaktionär Sondervorteile im Vergleich zu anderen Aktionären, die keinen Schutzmechanismus in Anspruch nehmen können. 276 Zu § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG sogleich ausführlich unter 2.b). 277 s. Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 134; BAFin, Emittentenleitfaden, S. 28.

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schriftten dazu führen, die Veröffentlichungspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes auszudehnen. d) Auswirkungen auf die Informationspflichten nach culpa in contrahendo Bleiben die Maßstäbe des WpÜG hinter denjenigen der culpa in contrahendo zurück, sind sie dennoch für die inhaltliche Präzisierung dieser schuldrechtlichen Informationspflichten nicht bedeutungslos. Im Gegenteil bieten sie die Chance, auf Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Wertung zu einer genaueren Eingrenzung der Aufklärungspflichten gemäß der culpa in contrahendo zu gelangen. Wie oben unter Abschnitt a)aa) erläutert, decken sich die Funktionen der Informationspflichten nach WpÜG und culpa in contrahendo. Es handelt sich um die Informationen, die der Gesetzgeber als wesentlich für die Beurteilung eines Angebots erachtet. Dies ermöglicht eine Verallgemeinerung der gesetzlichen Grundsätze über den Anwendungsbereich des WpÜG hinaus. Sie liefern einen Maßstab, an dem man sich als Untergrenze bei der Konkretisierung anderer Informationspflichten beim Anteilskauf zu orientieren hat. Damit ist die Basis für die unten vorzunehmende Präzisierung der Aufklärungspflichten aus culpa in contrahendo gewonnen.278

2. Wertpapierhandelsgesetz a) Grundsatz: § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG Scheidet eine Pflicht zur Weitergabe der Informationen an alle Aktionäre unter übernahmerechtlichen Gesichtspunkten aus, besteht sie aber hinsichtlich existierender Insiderinformationen, soweit der Anwendungsbereich des § 15 WpHG eröffnet ist. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG sind Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen. Inhaltlich kann die Pflicht zur ad hoc-Publizität jedoch bereits deshalb nicht die Aufklärung nach culpa in contrahendo ersetzen, weil die Reichweite von § 15 WpHG von vornherein auf Insiderinformationen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes beschränkt ist. Selbst wenn man also zu einer Mitteilungspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG gelangt, bleibt die Informationstiefe hinter dem schuldrechtlichen Tatbestand der culpa in contrahendo zurück. Ein weiteres Problem ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG, wie sogleich zu zeigen ist.

b) Ausnahme: § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG Gemäß § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG ist eine Insiderinformation auch bei befugter Weitergabe an einen anderen zeitgleich zu veröffentlichen, es sei denn, der andere 278

s. u. E.II.1.b).

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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ist zur Vertraulichkeit verpflichtet. Die Vorschrift eröffnet damit die Möglichkeit, Insiderinformationen nicht publik zu machen. Das maßgebliche Problem bei der Neuregelung des § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG ist die Tatsache, dass jeder Empfänger einer Insiderinformation wiederum den Weitergabeverboten des § 14 WpHG unterfällt, also stets zum Schweigen verpflichtet ist.279 Der Ausnahmetatbestand ist damit bei wortgemäßer Auslegung keine Ausnahme, sondern immer erfüllt.280 Ein Teil des Schrifttums plädiert daher dafür, § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG aus dem Anwendungsbereich der Verschwiegenheitspflichten herauszunehmen.281 Man könne dem Gesetzgeber nicht unterstellen, er habe eine Norm ohne Anwendungsbereich schaffen wollen.282 Außerdem sei das Weitergabeverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht hinreichend adressatenspezifisch und werde daher nicht als Verschwiegenheitspflicht wahrgenommen.283 Dagegen spricht schon, dass die fehlende Wahrnehmung einer Strafnorm nach allgemein herrschendem Rechtsverständnis nicht vor Strafe schützt. Ob eine Norm „adressatenspezifisch“ ist oder nicht, spielt keine Rolle.284 Rechtlich handelt es sich um ein valides Verbot, das den Tatbestand von § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG erfüllt. Auch etwaige anderslautende Absichten des Gesetzgebers sind nicht relevant. Eine telelogische Reduktion des Merkmals der Verschwiegenheitspflichten liefe nämlich auf eine Extension eines Ordnungswidrigkeitstatbestandes [§ 39 Abs. 2 Nr. 5 a) WpHG] hinaus.285 Das Ordnungswidrigkeitengesetz verbietet nach § 3 eine derartige wortlautüberschreitende Interpretation.286 Die Grenze eines Tatbestandes ist der Wortsinn.287 Maßgeblich ist der im Gesetz zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers.288 Anhaltspunkte zugunsten einer Ausweitung des Anwendungsbereichs der Norm finden sich weder im Text des § 15 WpHG noch in den Gesetzesmaterialien. 279 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 15 Rdnr. 118; Brandi / Süßmann, AG 2004, 642 (648); Leuering, NZG 2005, 12 (15); Sethe, ZBB 2006, 243 (250); Simon, Der Konzern 2005, 13 (19); von Falkenhausen / Widder, BB 2005, 225 (227 f.); Verse, S. 531; Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453). 280 Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 15 Rdnr. 118; Leuering, NZG 2005, 12 (15); Simon, Der Konzern 2005, 13 (19); von Falkenhausen / Widder, BB 2005, 225 (227 f.); Verse, 530; Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453). 281 Leuering, NZG 2005, 12 (15); Liekefett, S. 184 f.; Schwintek, S. 37; Versteegen, in: Köln-Komm / WpHG, § 15 Rdnr. 225. 282 Leuering, NZG 2005, 12 (15); Versteegen, in: KölnKomm / WpHG, § 15 Rdnr. 225. 283 Schwintek, S. 37. 284 Kritisch auch Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 15 Rdnr. 119. 285 Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453). 286 Widder / Gallert, NZG 2006, 451 (453). 287 BVerfG, Urt. v. 11. 11. 1986 – 1 BvR 713 / 83 u. a., BVerfGE 73, 206 (235); Tröndle / Fischer, § 1 Rdnr. 11 (zum gleichlautenden § 1 StGB); Rogall, in: KK / OWiG, § 3 Rdnr. 53. 288 BVerfG, Beschl. v. 9. 11. 1988 – 1 BvR 243 / 86, BVerfGE 79, 106 (121); Tröndle / Fischer, § 1 Rdnr. 12; Rogall, in: KK / OWiG, § 3 Rdnr. 53 ff.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Neben diesen methodischen Einwänden gegen eine teleologische Reduktion des Merkmals der Verschwiegenheitspflichten in § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG ist auch der grundsätzliche Ansatz der Heranziehung eines derartigen Kunstgriffs fragwürdig. Nicht jede juristische Unachtsamkeit des Gesetzgebers muss gegen den Wortlaut repariert werden, zumal sich bei einer Beachtung des Normtextes keine schwerwiegenden Gerechtigkeitsdefizite ergeben, die eine Korrektur zwingend erforderten. Manche mögen den Vorwurf erheben, Investoren, die die Informationen nicht erhielten, könnten sich übervorteilt fühlen und das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Marktes verlieren. Gegen dieses Argument spricht schon, dass das Gesetz nicht durchgängig eine Offenlegung fordert. § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG zeigt gerade, dass der Gesetzgeber die uninformierten Marktteilnehmer als nicht so gravierend gefährdet betrachtet, wenn der Empfänger der Information zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Der „Fairnesseinwand“ stützt sich einseitig auf das nicht näher definierte und empirisch nicht belegte Interesse der nicht informierten Investoren, ohne mögliche gegenläufige Bedürfnisse anderer Marktteilnehmer oder des Emittenten zu berücksichtigen. Im Ergebnis sind damit auch die Anteilseigner nach befugter Weitergabe der Insiderinformationen durch die Geschäftsleitung Verschwiegenheitspflichten im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG unterworfen. Aus diesem Grund scheidet gemäß dieser Norm eine Pflicht zur zeitgleichen Veröffentlichung einer ad hoc-Mitteilung aus. Die nicht in die Verhandlungen involvierten Gesellschafter müssen deshalb nach dem Wertpapierhandelsgesetz nicht – oder zumindest nicht zeitgleich – mit denselben Informationen versorgt werden wie die Paketaktionäre.

3. Allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz Scheiden Informationspflichten zugunsten der übrigen Aktionäre auf Grundlage spezieller Tatbestände des WpÜG und des Wertpapierhandelsgesetzes aus, stellt sich die Frage, ob man eine Aufklärungspflicht mittels allgemeiner Prinzipien herleiten kann. Dies wäre unter Umständen dann möglich, wenn über die oben geprüften Sondertatbestände hinaus ein allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz bestünde. In vielen Stellungnahmen findet sich der Hinweis, das Kapitalmarktrecht diene vor allem der Gleichbehandlung der Anleger.289 Auch die Insiderrichtlinie290 erwähnte in Erwägungsgrund (5) die Gleichstellung der Anleger als maßgeblich für deren Vertrauen in den Kapitalmarkt. Fraglich ist, ob dieses „Prinzip“ eines mit juristischem Verwirklichungsanspruch neben den existierenden 289 Z. B. Fleischer, Gutachten 64. DJT, F 27 f.; Seibt, ZGR 2006, 501 (510); Wieneke, NZG 2005, 109 (112). Differenzierend Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (165 ff.), einschränkend auch Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, vor § 12 Rdnr. 45. 290 Nachw. oben, § 1 Fußn. 314.

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Einzeltatbeständen ist oder ob es sich eher um ein Leitbild handelt, mit dem man schlagwortartig die spezialgesetzlichen Normen einheitlich erfasst. Das Schrifttum hat sich damit bislang nur selten eingehender auseinandergesetzt.291 Diese Unterscheidung ist jedoch fundamental, da man nicht bereits daraus einen auf direktive Wirkung abzielenden Satz ableiten kann, dass man mehrere Einzeltatbestände unter einer gemeinsamen Überschrift zusammenfasst.292 Für die Betrachtung bedarf es zunächst einer kurzen Darstellung der Anforderungen an ein „Prinzip“, also an eine Regel, die rechtliche Geltung beansprucht [dazu a)]. Weiter sind in einer Gesamtschau stellvertretend einige Einzelregelungen zu erörtern, die jeweils Gleichbehandlung fordern [b)]. In einem dritten Schritt sind dann Wertungen zu untersuchen, die über die Spezialgesetze hinausgreifen [c)], um abschließend die Ausgangsfrage beantworten zu können [d)].

a) Der Begriff des „Prinzips“ Um sich der Frage zu nähern, ob es sich bei einem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz im Kapitalmarktrecht um ein rechtliche Durchsetzung beanspruchendes „Prinzip“ handelt, bedarf es einer näheren Beschreibung, was ein solches Prinzip ausmacht. Wesentliches Merkmal ist hier der Charakter als „Norm“ im Rechtssinne, die sagt, was sein soll.293 Im Unterschied zur Rechtsregel enthalten Prinzipien Optimierungsgebote, die in unterschiedlichem Maß erfüllt werden können und bei denen das Maß der Erfüllung von tatsächlichen sowie rechtlichen Möglichkeiten abhängt.294 Hier ist erneut zu differenzieren zwischen der semantischen Ebene – der Frage, ob überhaupt eine Norm ausgedrückt werden soll295 – und der geltungstheoretischen Ebene, also der Frage nach der Wirksamkeit der Norm296.297 Die Existenz des sprachlichen „Sollens“ wird im Zusammenhang mit dem Gleichbehandlungsgebot vorausgesetzt,298 da hieraus das Problem überhaupt 291 Ausführlich jetzt aber die Dissertation von Mehringer. Siehe auch (jeweils ablehnend) Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 ff. und die Ansätze bei Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, vor § 12 Rdnr. 45 („Leitbild“); Seibt, ZGR 2006, 501 (510 f.). 292 Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 251. 293 Alexy, Theorie, S. 72; ähnlich Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 252. 294 Alexy, Theorie, S. 75 f. Eine Regel stellt demgegenüber eine Norm dar, die entweder erfüllt oder nicht erfüllt werden kann, Alexy, S. 76, sowie ders., Rechtsprinzip, 68 ff. Zu Abweichungen zu Dworkins „Model of Rules“ (I und II, abgedruckt in Taking Rights Seriously), s. Alexy, Rechtsprinzip, 63 ff. Die genauere Abgrenzung zwischen Regel und Prinzip kann hier dahinstehen, da sowohl Alexys als auch Dworkins Arbeiten, die jeweils die Diskussion der letzten Jahrzehnte maßgeblich beeinflusst haben, davon ausgehen, dass es sich bei Prinzipien um Normen handelt, s. Alexy, Theorie, S. 72 ff. und Dworkin, 24 ff. 295 Alexy, Theorie, S. 43 ff. 296 Alexy, Theorie, S. 49. 297 Zum Ganzen Alexy, Theorie, S. 40 ff. 298 Zur Kontextabhängigkeit der semantischen Frage Alexy, Theorie, S. 44.

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erst resultiert. Hinsichtlich der Geltungsebene muss sich die Norm – das Gleichbehandlungs„prinzip“ – auf einen Normgeber zurückführen lassen.299 Für die folgende Untersuchung ist damit Leitgedanke die Suche nach einem gesetzgeberischen Anwendungsbefehl. Mangels ausdrücklicher Anordnung gewinnt dabei eine eingehende systematische Betrachtung besondere Bedeutung.

b) Gesamtschau einiger Einzelregeln Das Übernahmerecht enthält diverse Regeln, die Gleichbehandlung fordern bzw. gewährleisten sollen.300 Neben den oben schon vorgestellten §§ 3 Abs. 1 und 31 WpÜG besteht etwa nach § 19 WpÜG eine Pflicht zur gleichmäßigen Aufteilung der Wertpapiere, sofern die Zahl der Veräußerungsangebote höher ist als ein Teilangebot des Bieters. Weiterhin sieht § 32 WpÜG die grundsätzliche Unzulässigkeit eines Teilangebots vor, das in § 35 Abs. 2 WpÜG (Pflichtangebot) seine Fortsetzung findet. Auch das Insiderhandelsverbot nach § 14 WpHG sowie die ad hoc-Mitteilungspflichten gemäß § 15 WpHG dienen der Herstellung gleicher Chancen für die Anleger.301 Darüber hinaus sollen Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufgrund § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zur Gleichbehandlung ihrer Kunden verpflichtet sein.302 Die allgemeinen Prospektpflichten im Primärmarkt nach § 39 Abs. 3 Nr. 2 BörsG und § 3 WpPG gewährleisten eine Entscheidung der Erwerbsinteressenten auf gleicher Informationsgrundlage. In der Literatur wird dies als informationelle Gleichbehandlung verstanden.303 Weiterhin verpflichtet § 39 Abs. 1 Nr. 1 BörsG den Emittenten, die Inhaber der zugelassenen Wertpapiere unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. § 27 Abs. 2 S. 1 BörsG enthält eine Pflicht des Skontroführers, alle zum Zeitpunkt der Feststellung vorliegenden Aufträge bei ihrer Ausführung unter Beachtung der an der Börse bestehenden besonderen Regelungen gleich zu behandeln.

Alexy, Theorie, S. 49; Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 182. Aus diesem Grund wird die vor Inkrafttreten des WpÜG geführte Debatte um die rechtsökonomische und dogmatische Begründung von Gleichbehandlungspflichten bei privaten Kontrolltransaktionen nicht aufgegriffen. Insoweit hat der Gesetzgeber eine Grundsatzentscheidung zu Bestand und Umfang solcher Pflichten getroffen. Im Zusammenhang mit dem Buyout geht es daher nur um die Herausarbeitung der auftretenden Besonderheiten. Zum Stand der Diskussion vor dem WpÜG nur Grundmann, Treuhandvertrag, S. 467 ff., 475 ff., sowie die Monographie von Reul. 301 Statt aller: Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, vor § 12 Rdnr. 49; Beck, in: Schwark, § 1 WpHG Rdnr. 2; Schwark, in: Schwark, vor § 12 WpHG Rdnr. 8; Zimmer, in: Schwark, § 15 Rdnr. 11. 302 Vgl. Koller, in: Assmann / U. H. Schneider, Vor § 31 Rdnr. 17: Kümpel / Veil, Kap. 8 Rdnr. 18; Schwark, in: Schwark, § 31 Rdnr. 37. 303 Wieneke, NZG 2005, 109 (110, 112). 299 300

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c) Wertungsfragen aa) Keine einheitlichen Grundlagen der Einzeltatbestände Die Menge der oben dargestellten Tatbestände zeichnet bei oberflächlicher Betrachtung ein einheitliches Bild von allerorten anzutreffenden Gleichbehandlungspflichten. Von diesem Bild ausgehend tatsächlich Einheitlichkeit der Tatbestände anzunehmen, verwischte allerdings die Grenzen zwischen den im Einzelnen sehr disparaten Normen.304 So ist etwa die „informationelle Gleichbehandlung“ im Rahmen der Prospektpflicht nicht ausdrückliches Regelungsziel, sondern faktische Folge des Zwangs zur Offenlegung bestimmter Informationen. Vergleicht man bestimmte die Gleichbehandlung beweckende Normen, wird zudem die unterschiedliche Reichweite dieses Prinzips im Einzelfall deutlich. Enthält das Wertpapierhandelsgesetz selbst im Bereich der §§ 14 und 15 Ausnahmen, lässt damit also Ungleichbehandlungen zu, und eröffnen auch andere Tatbestände Möglichkeiten der Differenzierung (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 BörsG), soll der übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 WpÜG verbreiteter Ansicht nach absolut, d. h. ohne die Möglichkeit einer sachlich begründeten Differenzierung gelten.305 Darüber hinaus unterscheidet sich auch der Anwendungsbereich der Gleichbehandlungspflichten. Die Informationspflichten nach dem WpÜG gelten nur im laufenden Übernahmeverfahren. Außerhalb einer solchen Transaktion greifen allein die §§ 14, 15 WpHG mit ihrer beschränkten Reichweite. Auch die Wertungsgrundlagen für die gesetzliche Anordnung einer Gleichbehandlung weichen voneinan-der ab: Das Ziel der §§ 14, 15 WpHG ist in erster Linie ein institutionelles, das nur mittelbar mit dem Informationsinteresse der Anleger zu tun hat.306 Demgegen-über dient der Gleichbehandlungsgrundsatz des WpÜG primär dem Ausgleich der praktisch regelmäßig existierenden Informationsasymmetrie zwischen Bieter und Aktionären.307 Letzteren soll eine informierte Entscheidung unter Einbeziehung wesentlicher unternehmensbezogener Daten ermöglicht werden.308 Über § 3 Abs. 2 WpÜG hinaus soll Abs. 1 den Erwartungen der Wertpapierinhaber an ein „faires“ Übernahmeverfahren Rechnung tragen.309 Damit dient § 3 Abs. 1 Ähnlich Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (151). Assmann, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 9; Baums / Hecker, in: Baums / Thoma, § 3 Rdnr. 11; Versteegen, in KölnKomm / WpÜG, § 3 Rdnr. 14; Steinhardt, in: Steinmeyer / Häger, § 3 Rdnr. 4. A. A. etwa Schwennicke, in: Geibel / Süßmann, § 3 Rdnr. 5; Schüppen, in: Frankfurter Kommentar / WpÜG, § 3 Rdnr. 8; Wackerbarth, in: MünchKomm / AktG, § 3 WpÜG Rdnr. 4. 306 Statt aller: Assmann, in: Assmann / U. H. Schneider, § 14 Rdnr. 7 und die Nachw. oben in § 1 Fußn. 211. 307 Assmann, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 7; Baums / Hecker, in: Baums / Thoma, § 3 Rdnr. 4; Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 3 Rdnrn. 13, 18. 308 Assmann, in: Assmann / Pötzsch / U. H. Schneider, § 3 Rdnr. 7; Baums / Hecker, in: Baums / Thoma, § 3 Rdnr. 4; Oechsler, in: Ehricke / Ekkenga / Oechsler, § 3 Rdnr. 13. 304 305

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

(in Verbindung mit Abs. 2) WpÜG vor allem dem Ausgleich eines strukturellen Defizits unmittelbar zugunsten der Aktionäre. Der Schutz des Kapitalmarkts als Institution spielt allenfalls im Hintergrund eine Rolle. Auch die Prospektpflichten nach dem Wertpapierprospektgesetz gelten nicht uneingeschränkt. So befreit § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WpPG von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts, wenn sich ein öffentliches Angebot an weniger als 100 nicht qualifizierte Anleger in jedem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes richtet. Bei dem Angebot im Sinne dieser Norm kann es sich um ein echtes öffentliches Angebot handeln, der Versuch einer Privatplatzierung ist nicht notwendig.310 Dies gilt unabhängig von der Größe des Angebots. Obwohl hier unter Umständen auch unerfahrene Anleger angesprochen werden können,311 verlangt das Wertpapierprospektgesetz nicht die Offenlegung der Informationen, die bei sonstigen öffentlichen Angeboten in einem Prospekt veröffentlicht werden müssen. Erwerben bei solchen Angeboten sowohl qualifizierte als auch nicht qualifizierte Anleger Wertpapiere, fordert das Wertpapierprospektgesetz keine Gleichbehandlung, obwohl anzunehmen ist, dass die qualifizierten Anleger über mehr Informationen verfügen. Der mangelnde Informationszugang wird hingenommen. bb) Gleichbehandlungspflicht als Ausnahmetatbestand Neben die Beobachtung, dass die einzelnen Gleichbehandlungstatbestände auf zum Teil divergierenden Wertungsgrundlagen beruhen, tritt die Frage nach der Einordnung von Gleichbehandlungspflichten im Rechtssystem. Im Anschluss an einen kurzen Blick auf allgemeine Diskriminierungsverbote im EGV und im Grundgesetz [(1)] sind die Fallgruppen der Gleichbehandlung im Privatrecht näher zu betrachten [(2)], um letzthin noch das Kapitalmarktrecht als Regelungsmaterie einzubeziehen [(3)]. (1) EGV und Grundgesetz Sowohl der EGV als auch das Grundgesetz enthalten Gleichbehandlungspflichten. Während die Grundfreiheiten die Diskriminierung von Ausländern verhindern sollen,312 unterbindet Art. 3 Abs. 1 GG auf nationaler Ebene Ungleichbehandlungen. Sowohl der EGV als auch das Grundgesetz richten sich aber nur gegen 309 Baums / Hecker, in: Baums / Thoma, § 3 Rdnr. 4; Versteegen, in: KölnKomm / WpÜG, § 3 Rdnr. 12. 310 Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rdnr. 7. 311 s. das Beispiel bei Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rdnr. 7: Öffentliches Angebot per Zeitungsanzeige, nur die ersten 100 Anleger werden berücksichtigt. 312 Das Problem eines ungeschriebenen europäischen Diskriminierungsverbots nach der Entscheidung des EuGH im Verfahren „Mangold“ (Urt. v. 22. 11. 2005, Rs. C-144 / 04, NJW 2005, 3695, v. a. Rdnrn. 74 ff.) bleibt an dieser Stelle ausgeklammert, da die Reichweite dieser Entscheidung vollkommen ungeklärt ist und sehr kontrovers diskutiert wird.

D. Reichweite der Aufklärungspflichten

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Hoheitsträger als Verpflichtete.313 Art. 3 GG erfasst damit alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie Beliehene.314 Die Norm entfaltet grundsätzlich keine Drittwirkung zulasten Privater.315 Ausnahmefälle sind eng begrenzt. (2) Gleichbehandlung im Privatrecht Gleichbehandlungspflichten im Privatrecht bestanden klassisch nur in wenigen Fällen. Anerkannt sind sie im Arbeitsrecht,316 innerhalb der Personenverbände,317 im Insolvenzrecht (Gläubigergleichbehandlung)318 sowie im GWB (§ 20 Abs. 1). Worauf die Gleichbehandlung beruht, ist allerdings in keinem der Bereiche abschließend geklärt.319 Neuerdings hinzugekommen ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.320 Nimmt man letzteres einmal aus, lässt sich eine systematische Gemeinsamkeit dieser Gleichbehandlungsgebote ausmachen, nämlich eine bestehende Rechtsbeziehung.321 Außerhalb einer solchen rechtlichen Bindung existiert grundsätzlich kein Gleichbehandlungspostulat, abgesehen von gesondert begründeten Pflichten.322 Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verlangt, anders als seine Bezeichnung glauben macht, keine „allgemeine“ Gleichbehandlung.323 Vielmehr enthält es an besondere Kriterien anknüpfende spezielle Diskriminierungsverbote.324 Selbst bei Vorliegen von zur Gleichbehandlung zwingenden Gründen sieht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in den §§ 8 bis 10 und 20 Rechtfertigungsgründe für Ungleichbehandlungen vor. Dies entspricht der oben schon angesprochenen325 wohlfahrtstheoretischen Erkenntnis, dass der Markt sozusagen von der Diskriminierung lebt. Ressourcen sol313 Für das GG: Sachs / Höfling, Art. 1 Rdnrn. 80 ff.; für den EGV: Kingreen, Grundfreiheiten, 631 (676). Für den EGV gilt insoweit eine Ausnahme, als dieser auch besonders wirkungsmächtige private Organisationen erfasst, s. nur EuGH, Urt. v. 15. 12. 1995 – Rs. C-415 / 93, Slg. 1995 I-4921 – Bosmann und ausführlich Kingreen, Grundfreiheiten, 631 (676 ff.). 314 Sachs / Höfling, Art. 1 Rdnr. 84. 315 Sachs / Osterloh, Art. 3 Rdnr. 75. Im Arbeitsrecht wird dies insbes. vom BAG anders gesehen, etwa jüngst BAG, Urt. v. 11. 04. 2006 – 9 AZR 369 / 05 (juris, insoweit nicht in DB 2006, 1684 ff. abgedruckt). 316 BAG, Urt. v. 11. 04. 2006 – 9 AZR 369 / 05, DB 2006, 1684 ff. 317 § 53a AktG und K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 II 4. b), S. 462; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 2, S. 427. 318 Foerste, Insolvenzrecht, Rdnr. 8. 319 Überblick bei Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (156 ff.). 320 Gesetz v. 14. 08. 2006, BGBl. I S. 1897. 321 Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (160 f.). 322 Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (162). 323 Thüsing, in: MünchKomm / BGB, § 1 AGG Rdnr. 4. 324 Thüsing, in: MünchKomm / BGB, § 1 AGG Rdnr. 4. 325 Oben B.III.1.a).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

len dort eingesetzt werden, wo sie zum größten Nutzen führen, was wiederum voraussetzt, nach eigenen Präferenzen handeln zu können.326 Ausgleichsmechanismen bedarf es nur dort, wo Funktionsbedingungen des Marktes gesichert werden müssen.327 Es geht nicht um die Gewährleistung der Gleichbehandlung als Zweck an sich, sondern um die Gleichbehandlung als Mittel zur Erreichung eines funktionierenden Marktes.328 Mit dieser funktionalen Betrachtung verträgt sich kein ausnahmslos geltender allgemeiner Grundsatz der Gleichbehandlung. Vielmehr wäre er wohlfahrtsheoretisch kontraproduktiv329 und mangels eindeutiger Grenzen juristisch wohl auch nicht zu beherrschen. (3) Regelungsmaterie Kapitalmarktrecht Zu den vorgetragenen Bedenken kommen noch verfassungsrechtliche Zweifel. Kapitalmarktrecht ist im Wesentlichen Öffentliches Recht. Begibt man sich auf die Suche nach einem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz in dieser Regelungsmaterie, zielt diese auf eine öffentlichrechtliche Pflicht zulasten Privater, die im Rahmen der Missstandsaufsicht nach § 4 Abs. 1 WpHG bzw. § 4 Abs. 1 WpÜG seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht geltend gemacht werden könnte. Damit stellt sich die Frage, ob dem Vorbehalt des Gesetzes noch ausreichend Rechnung getragen würde, nähme man ein allgemeines kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsgebot an. Grundsätzlich steht der Verwaltung das Recht zu, im Wege der Analogie und Auslegung Rechtssätze herzuleiten, die sie anschließend auch durchsetzen darf.330 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen aber wesentliche Entscheidungen durch das Parlament mittels formellen Gesetzes getroffen werden.331 Insbesondere bei strafrechtlich sanktionierten Normen des Verwaltungsrechts geht das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Bestimmtheit, also der Vorhersehbarkeit der Rechtsfolgen,332 von gesteigerten Anforderungen aus.333 Die Bejahung eines allgemeinen Gleichbehandlungsprinzips erweiterte die Pflichten der Marktteilnehmer in unkalkulierbarem Maß und griffe in den gesamten marktlichen Verkehr ein. Die Grenzen eines solchen Grundsatzes sind weder vorsehbar noch beherrschbar. Für Emittenten wäre vollkommen unklar, wann sie über die einzelnen Gesetze hinaus wem gegenüber in 326 s. nur Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (162 m. Nachw.). Kritisch zum AGG Thüsing, in: MünchKomm / BGB, Einl. AGG Rdnr. 62. 327 Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (163). 328 Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (164). 329 Dazu sogleich noch unten cc). 330 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 44 Rdnrn. 52 f. 331 BVerfG, Beschl. v. 28. 10. 1975 – 2 BvR 883 / 73 u. a., BVerfGE 40, 237 (248 f.). 332 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 44 Rdnr. 51; BVerfG, Beschl. v. 22. 06. 1988 – 2 BvR 234 / 87, 1154 / 86, BVerfGE 78, 374 (382). 333 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 22. 06. 1988 – 2 BvR 234 / 87, 1154 / 86, BVerfGE 78, 374 (381 ff.); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 44 Rdnr. 51.

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welchem Umfang Gleichbehandlung ausüben müssten. „Wesentlichkeit“ liegt daher vor. Somit steht auch die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Ausprägung eines Rechtsprinzips des hier diskutierten Inhalts entgegen. cc) Rechtsökonomisches: Effizienz der Gleichbehandlung In einer gründlichen Diskussion der Thesen Easterbrooks und Fischels334 hat man nachzuweisen versucht, dass eine Gleichbehandlung der Aktionäre bei privaten Kontrolltransaktionen ökonomisch effizient sei.335 Nicht nur sei die These von der Effizienz einer Ungleichbehandlung der Aktionäre unhaltbar,336 vielmehr erhöhe die Pflicht zur Gleichbehandlung sogar die optimale Ressourcenallokation,337 senke die Agency- und Transaktionskosten338 und diene schließlich der Stärkung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts339. Macht man sich diese Sichtweise zu Eigen, scheint Anlass zu bestehen, die unter bb)(1) und (2) gewonnen Erkenntnisse nochmals kritisch zu überdenken. Aber auch hier gelten die bereits oben erwähnten Grenzen der Anwendung rechtsökonomischer Einsichten:340 Der Gesetzgeber hat sich mit dem WpÜG grundsätzlich für eine Gleichbehandlung entschieden, dieser aber in ihrer konkreten Ausprägung Grenzen gezogen. Obwohl auch bei Übernahmen durch außenstehende Dritte Paketaktionäre regelmäßig besser informiert sein werden als Kleinaktionäre, begrenzt das WpÜG die Informationspflichten im Wesentlichen auf die Angaben nach § 11 in Verbindung mit der WpÜG-AngV sowie § 27. Die so vorgenommene Interessenabwägung gilt, mag man sie auch für fragwürdig halten. Sie muss infolgedessen hier gleichermaßen Berücksichtigung finden. Insbesondere steht sie einer Rechtsfortbildung entgegen, die das sorgsam austarierte Regelungsgefüge (vor allem) des Übernahmerechts durcheinanderbrächte. Die Frage nach der allgemeinen Effizienz oder Ineffizienz einer Gleichbehandlung kann deshalb an dieser Stelle dahinstehen. Kurz ist aber noch ein Einwand aufzugreifen, den jüngst Mehringer zugunsten eines allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsprinzips erhoben hat: Um ein Marktversagen zu verhindern und das Vertrauen der Anleger zu sichern, müsse „Publizität bestmöglich hergestellt werden.“341 Der Schutz vor Missbrauch informationeller Überlegenheit werde mittels der Gleichbehandlungspflicht „be91 Yale L.J. 698 (1982). Ausführlich Reul, Gleichbehandlung, S. 127 ff. 336 Reul, Gleichbehandlung, S. 237 ff. Insoweit zustimmend Grundmann, Treuhandvertrag, S. 468. 337 Reul, Gleichbehandlung, S. 238 f. Zu Recht kritisch hierzu und den folgenden Ausführungen Reuls Grundmann, Treuhandvertrag, S. 470 ff. 338 Reul, Gleichbehandlung, S. 239 ff. 339 Reul, Gleichbehandlung, S. 241 ff., dort auch noch zu weiteren Aspekten. 340 Oben § 1 A.I.1.a). 341 Mehringer, S. 47. 334 335

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

sonders gut“ verwirklicht, wenn „jedem alle wichtigen Informationen zur Verfügung“ stünden.342 Diese Argumentation setzt sich nur unzureichend mit den Erkenntnissen der Informationsökonomik auseinander und ist geprägt von einer einseitigen Betonung des Interesses an einer Veröffentlichung von Informationen, ohne zu bedenken, welche Funktion eine ungleiche Verteilung von Informationen haben kann.343 Insbesondere wird verkannt, dass Informationen nur beschafft werden, sofern ausreichende Anreizstrukturen existieren. Setzt man die Gewinnung von Informationen als notwendige Bedingung für einen funktionierenden Markt voraus, bedarf es aus Sicht der Marktteilnehmer Gründe, Aufwendungen zur Erlangung von Informationen zu tätigen.344 Ein Mittel hierfür ist das Zugeständnis, Informationsvorsprünge zu eigenen Zwecken ausnutzen zu dürfen. Das erkennt die ein Gleichbehandlungsprinzip propagierende Ansicht auch,345 ohne aber die Bedeutung dieser Einsicht in Bezug zu den übrigen Argumenten zu setzen. Außerdem beseitigt die symmetrische Verteilung von Informationen keineswegs, wie von der oben beschriebenen Ansicht suggeriert wird, sämtliche Gefahren opportunistischen Verhaltens. Vielmehr kann es zu Fällen ex post opportunistischen Verhaltens einer Vertragspartei kommen, sofern die für die Transaktion notwendigen Investitionen ungleich verteilt sind, d. h. eine Partei deutlich mehr aufwenden muss als die andere.346 Im Gesetz finden diese Erwägungen zum Teil zumindest indirekten Ausdruck, indem etwa § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG den Emittent von der Pflicht zur Veröffentlichung einer ad hoc-Mitteilung befreit, sofern dies der Schutz seiner Interessen erfordert. dd) Verankerung in einem „allgemeinen Prinzip der Gerechtigkeit“ Neben seinen rechtsökonomischen Erwägungen beschreibt Mehringer das „Verlangen nach allgemeiner Gleichbehandlung“ als einen „tief im menschlichen Bewusstsein verankerte[n] Wunsch.“347 Die Gleichbehandlung am Kapitalmarkt entspreche „also [sic!] den Gerechtigkeitserwartungen der Anleger in vertrauensschaffender Weise.“348 Über die nicht näher belegte und unter Vernachlässigung der einschlägigen Gesetze aufgestellte Behauptung, ein allgemeines kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsprinzip fördere die marktordnenden Funktionen des Mehringer, S. 50. Eingängige Darstellung bei Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 158 ff. 344 Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 176. 345 Mehringer, S. 108. 346 Vgl. Richter / Furubotn, S. 100. Muss eine Partei mehr als die andere investieren, besteht das Risiko, dass die weniger investierende Partei etwa aufgrund profitablerer Angebote von einer vertraglichen Beziehung Abstand nimmt, und die andere Partei sich aufgrund der von ihr getätigten Investitionen nicht ohne weiteres umstellen kann. 347 Mehringer, S. 51. 348 Mehringer, S. 52. 342 343

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Kapitalmarktrechts,349 gelangt diese Meinung nach einem Überblick über einige gesetzliche Gleichbehandlungsgebote zu der Aussage, nicht jede dieser Einzelnormen erfülle sämtliche Zwecke einer Gleichbehandlung in gleichem Maße.350 Weiterhin scheide eine Gesamtanalogie aus, weil „eine Gesamtanalogie aus wenigen Normen, die oft nicht einmal explizit eine Gleichbehandlungspflicht statuieren, eine dürftige [sic] Grundlage für ein allgemeines Prinzip [darstellt], das ein ganzes Rechtsgebiet umfassen und prägen soll.“351 Nachdem Mehringer also erkennt, dass Gleichbehandlung anordnende Normen keineswegs ubiquitär sind und zudem verschiedenen Zielen dienen,352 meint er nur wenig später die Grundlage für das von ihm rechtspolitisch propagierte353 Prinzip in einem „allgemeinen Rechtsgedanken der Gerechtigkeit“ zu entdecken.354 Weil die Gleichheit neben der Zweckmäßigkeit und der Rechtssicherheit das „zentrale Element [ . . . ] einer Gerechtigkeitsidee für das gesamte Rechtssystem [darstelle]“, müsse sie auch den „Inhalt des Kapitalmarktrechts“ bestimmen.355 Es bleibt unklar, wie aus dieser rechtspolitischen Ansicht auf ein de lege lata geltendes Prinzip, also einen durchsetzungsfähigen Rechtssatz geschlossen werden kann. Diese Mängel machen Mehringer selbst zu schaffen, wenn er einerseits an verschiedenen Stellen feststellt, es fehle z. B. im Wertpapierhandelsgesetz an einem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot356 und die einzelnen Normen seien unterschiedlich ausgerichtet (s. Zitat oben), andererseits die Relevanz gesetzlich fixierter Ausnahmetatbestände wie etwa § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG mit dem Hinweis abtut, diese könnten „jedoch die Gültigkeit eines allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsprinzips nicht widerlegen.“357 Die Ausnahmetatbestände „beleg[t]en nur die Relativität des Prinzips, welches mit anderen Interessen kollidieren kann und gegen sie abgewogen werden m[ü]ss[e].“358 Die Verankerung eines allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsprinzips in einem „allgemeinen Gedanken der Gerechtigkeit“ ist abzulehnen. Der Gesetzgeber verlangt, wie Mehringer selbst anerkennt, Gleichbehandlung stets nur in einem besonderen Kontext. Einige Gesetze enthalten allgemeine Grundsätze Mehringer, S. 57. Mehringer, S. 123. 351 Mehringer, S. 124. 352 Etwa Mehringer, S. 122: „Leider [sic!] sind diese Normierungen [des Gleichbehandlungsprinzips im Kapitalmarktrecht, Anm. des Autors] aber stets auf einzelne Gesetze begrenzt, [sic] oder es sind Softlawquellen ohne zwingende Geltung und Durchsetzungskraft.“; ders., S. 123: „Im WpHG ist das Gleichbehandlungsprinzip außerdem überhaupt nicht normiert worden, es steht nur als Begründung hinter diversen Einzelregelungen.“ 353 s. das erste Zitat in der vorhergehenden Fußnote („Leider“). 354 Mehringer, S. 127. 355 Mehringer, S. 127. 356 Mehringer, S. 123. 357 Mehringer, S. 144. 358 Mehringer, S. 144. 349 350

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

(z. B. § 3 Abs. 1 WpÜG), andere dagegen nicht (z. B. das Wertpapierhandelsgesetz). Hier auf ein nur wenig konturiertes und konkreter Maßstäbe entbehrendes allgemeines Gleichbehandlungsprinzip als juristischen deus ex machina zurückzugreifen, ist Verwirklichung programmatischen Wunschdenkens ohne Bezug zum geltenden Recht. Diese Schwierigkeiten und Widersprüchlichkeiten offenbaren sich in den Überlegungen Mehringers immer wieder, wenn er auf der einen Seite die Möglichkeit einer Gesamtanalogie mit Verweis auf die uneinheitliche Regelungslage verneint, auf der anderen Seite aber trotzdem ein inhaltlich nicht präzisiertes und im geltenden Recht nicht festgemachtes allgemeines kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsprinzip vorschlägt.

d) Schlussfolgerung Ausgangspunkt der angestellten Überlegungen war, ob ein gesetzgeberischer Anwendungsbefehl existiert, aus dem sich ein rechtlich auf Durchsetzung bedachtes, allgemeines kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsgebot ableiten lässt. Das ist nach der durchgeführten Untersuchung zu verneinen: Weder beruhen sämtliche Gleichbehandlungstatbestände auf einer gemeinsamen gestalterischen Grundlage noch ist es funktional geboten oder erwünscht, eine allgemeine Gleichbehandlungspflicht im Kapitalmarktrecht anzuerkennen. Darüber hinaus steht dem auch der Vorbehalt des Gesetzes entgegen. Es gibt demnach kein allgemeines Prinzip der Gleichbehandlung im Kapitalmarktrecht im Sinne einer auf juristische Durchsetzung zielenden Norm.359 Ein Gleichbehandlungs„prinzip“ existiert allenfalls insoweit, als man hiermit zum Zweck der sprachlichen Vereinfachung die Summe der einzelnen spezialgesetzlichen Tatbestände meint. Es bleibt aber auf seine semantische Dimension beschränkt. 4. Erfordernis der Gleichbehandlung im konkreten Fall? Es ließe sich immer noch einwenden, dass auch bei Nichtbestehen eines allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes der Weg zur Rechtsfortbildung in Richtung eines auf den Fall des Buyouts unter Managementbeteiligung begrenzten ungeschriebenen Prinzips offen bleibe. Hiergegen spricht aber bereits ein fehlendes Schutzinteresse, welches die nicht informierten Anleger für sich reklamieren könnten. Wie oben ausführlich beschrieben,360 werden ihre Interessen reflexartig durch die Verhandlungen zwischen Ge359 So auch Bachmann, ZHR 170 (2006), 144 (172 ff.); Seibt, ZGR 2006, 501 (510 f.). Zu gebotenen Differenzierungen im Einzelfall, die aber hier nicht relevant sind, Bachmann, a. a. O. 360 D.II.1.b)bb)(2)(b).

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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schäftsleitern und Paketaktionären geschützt. So minimiert sich das Risiko, aufgrund der Ausnutzung von Insiderwissen auf Seiten der Manager Schäden zu erleiden. Es genügt demnach, den übrigen Aktionären die nach dem WpÜG vorgesehenen Informationen zu offenbaren. Auf diese Weise werden sie nicht schlechter gestellt als in einem Übernahmeverfahren mit unternehmensfremdem Bieter. Zugleich bleibt die gesetzlich vorgesehene Verteilung der Preis- und Informationsrisiken weitestgehend gewahrt. Wie schon zum gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot ausgeführt, kann es nicht um eine Verbesserung der Lage der Aktionäre im Vergleich zum gesetzlichen Normalfall gehen, sondern nur um den Schutz vor einer Verschlechterung ihrer Situation. Dem ist mit der Offenlegung gegenüber den Paketaktionären Genüge getan.

III. Ergebnis Eine Pflicht zur Aufklärung sämtlicher Gesellschafter besteht nicht. Sie lässt sich weder unter gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten noch anhand kapitalmarktrechtlicher Maßstäbe begründen. Gesellschaftsrechtlich steht einer solchen Pflicht das Fehlen einer Gleichbehandlungspflicht der Geschäftsleiter gegenüber den Gesellschaftern entgegen. Kapitalmarktrechtlich gehen die einzelgesetzlich verankerten Informationspflichten nicht so weit wie diejenigen auf Grundlage der culpa in contrahendo. Außerdem existiert kein allgemeines kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsprinzip. Wertungsmäßig ist dieses Ergebnis angemessen, da es im Zusammenhang mit einem Buyout unter Beteiligung des Managements nur darum geht, eine Benachteiligung der Gesellschafter im Vergleich zu Transaktionen mit unternehmensexternen Dritten zu verhindern. Solche Benachteiligungen werden schon mittels anderer Mechanismen vermieden.

E. Inhalt der Aufkla¨rungspflichten In diesem Abschnitt geht es nunmehr um die Frage, wie weit die oben umrissenen Aufklärungspflichten inhaltlich reichen. Es gilt, die einzelnen eine Aufklärungspflicht begründenden Instrumente (vor allem Geschäftschancenlehre, Insiderrecht nach Wertpapierhandelsgesetz, allgemeines Vertragsrecht) hinsichtlich der Rechtsfolgen in der culpa in contrahendo zusammenzuführen. Mit anderen Worten wird hier eine ergebnisorientierte Betrachtung vorgenommen, die aus den oben dargestellten abstrakten Ansätzen konkrete Handlungsgebote bezogen auf einzelne Faktoren ableitet. Soweit im Vorangegangenen bereits im jeweiligen Zusammenhang detaillierte Vorgaben erörtert wurden, werden diese hier nochmals aufgegriffen und in einen systematischen Zusammenhang gestellt.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

I. Sektorale vs. globale Informationen Im Rahmen der Diskussion um die Informationsweitergabe bei einer Due Diligence unterscheidet ein Teil der Literatur zwischen sektoralen und globalen Informationen.361 Die Weitergabe globaler, also sich über das gesamte Unternehmen erstreckender Informationen sei nur in Ausnahmefällen zulässig.362 Zugunsten dieser engen Sicht wird angeführt, die Gesellschaft verhalte sich gegenüber einem Gesellschafterwechsel neutral, so dass es kein Gesellschaftsinteresse hieran geben könne, welches das Geheimhaltungsinteresse überwiege.363 Dieses Argument kann aber, wenn überhaupt, nur Berücksichtigung finden im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe an gesellschaftsexterne Dritte. Der entscheidende Unterschied bei einer Weitergabe anlässlich eines Buyouts unter Managementbeteiligung liegt darin, dass Begünstigte die Anteilseigner der Gesellschaft sind. Zugleich ist das Schädigungsrisiko anders gelagert: Sind bei einer Preisgabe von Informationen an unternehmensfremde Dritte vor allem die Gesellschafter gefährdet, weil bei einer missbräuchlichen Ausnutzung der Daten ein Schaden der Gesellschaft voll auf die Anteilseigner durchschlägt, so dass man hier durchaus mit den Sorgfaltspflichten der Geschäftsleiter argumentieren kann, ist dies bei einem Buyout unter Beteiligung des Managements anders. Das Risiko eines Wertverlusts kann sich nicht im Vermögen der Altgesellschafter realisieren, da diese zum Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht mehr Inhaber von Anteilen sind. Opfer eines Missbrauchs werden die Erwerber, mithin (auch) die Geschäftsleiter als Neugesellschafter. Um deren Schutz geht es bei einem Buyout jedoch nicht. Die sie insoweit treffenden Risiken sind Folgen einer eigenverantwortlichen Entscheidung. Zuzugeben ist allerdings, dass auch zulasten derjenigen Altgesellschafter ein Risiko besteht, die ihre Anteile nicht an die Erwerber veräußern. Aber das ist kein durchgreifender Einwand. Denn die veräußernden Gesellschafter sind auch nach dem Ausscheiden einer strengeren Pflichtenbindung unterworfen als beliebige gesellschaftsfremde Dritte. Sie unterliegen in gewissen Grenzen allgemein anerkannten nachwirkenden Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft und den verbleibenden Anteilseignern.364 Im Fall missbräuchlicher Verwendung der erhaltenen Informationen sind die ausgeschiedenen Gesellschafter damit schadensersatzpflichtig. Die Diskussion muss demzufolge hier aufgrund dieser anderen Interessenlage nicht geführt werden.365 Lutter, ZIP 1991, 613 (617); Ziemons, AG 1999, 492 (495). Lutter, ZIP 1991, 613 (617); Ziemons, AG 1999, 492 (495); tendenziell auch Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 51a Rdnr. 37. 363 Ziemons, AG 1999, 492 (495). 364 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 183; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 74; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV. 1. b), S. 588; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 39. 365 Dazu mit umfassenden Nachw. Liekefett, S. 88 ff., speziell zum Verhältnis von Geheimhaltungsinteresse und Weitergabe S. 106 ff. 361 362

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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II. Gegenstand der Offenbarungspflicht Für die folgende Konkretisierung des Inhalts der Offenbarungspflicht bietet es sich an, zwischen solchen Informationen zu unterscheiden, die den „Ist-Zustand“ der Gesellschaft beschreiben und damit vorhandene Vermögenswerte betreffen (dazu 1.), sowie Informationen, die nicht aus der Sphäre der Gesellschaft selbst herrühren, sondern aus Einfluss von außen resultieren (2.). Diese Differenzierung dient nur einer gedanklichen Orientierung, juristische Folgen sind nicht an sie geknüpft. Anhand einiger typischer Fallgruppen werden unter Einbeziehung US-amerikanischer Spruchpraxis Maßstäbe der Offenlegung herausgearbeitet.

1. Informationen über vorhandene Vermögenswerte Bevor Einzelfragen angesprochen werden, ist zunächst der Frage nachzugehen, gemäß welchen Kriterien der Gesellschaft Vermögenswerte zugeordnet werden können. Ist dies noch relativ einfach bei Vermögensgegenständen, die existieren und hinsichtlich derer die Gesellschaft eine sachenrechtlich gesicherte Position hat (z. B. Eigentum an Grundstücken) oder sonst eine nach außen abgrenzbare Berechtigung nachweisen kann (z. B. Patente), wird es schwierig für Umstände, die noch nicht oder jedenfalls noch nicht vollständig realisiert sind. Führt die Gesellschaft etwa bereits Verhandlungen über den Erwerb einer Immobilie, stellt sich die Frage, ob den Gesellschaftern hierzu etwas mitgeteilt werden muss. Gleiches gilt für andere Möglichkeiten, bspw. die Chance, einen lukrativen Liefervertrag abzuschließen. Einerseits handelt es sich hier noch nicht um abgeschlossene Geschäfte. Andererseits ist erkennbar, dass die Gesellschaft ein Interesse an der Realisierung hat und demnächst ein Geschäftsabschluss zu erwarten ist. Mit diesem Spannungsverhältnis beschäftigt sich die Geschäftschancenlehre, die deshalb nachfolgend dargestellt wird [a)]. Im Anschluss daran wird der Inhalt der Offenbarungspflicht anhand einiger Beispiele konkretisiert [b)].

a) Geschäftschancenlehre aa) Geschäftschancenlehre und Geschäftsinformationen Die ausführliche Beschäftigung mit der Geschäftschancenlehre im Zusammenhang mit der Weitergabe von Informationen über die Gesellschaft an Dritte liegt insbesondere deshalb nahe, weil die Lehre von den Corporate Opportunities auch Geschäftsinformationen erfasst.366 Da dieses Institut vor allem im US-Recht mitt366 Fleischer, NZG 2003, 985 (986); Hopt, Self-Dealing, 285 (302); Röhricht, WPg 1992, 766 (775). Für die USA gilt das Gleiche. So formuliert § 5.04(a) der Principles of Corporate Governance von 1994 in der Fassung des American Law Institute: „A Director [ . . . ] may not use corporate property, material non-public corporate information [ . . . ] to secure a pecuni-

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

lerweile eine breite Grundlage hat und auf etlichen Fallbeispielen aufbauen kann, bietet es einen geeigneten Ansatzpunkt, die Informationsweitergabe beim Buyout unter Managementbeteiligung zu beurteilen.367 Sowohl im Anwendungsbereich der Geschäftschancenlehre als auch bei der Frage der Berechtigung, eine Information für sich zu behalten, geht es um die Inanspruchnahme von Vermögenswerten, die grundsätzlich der Gesellschaft und damit, wenigstens mittelbar, auch den Gesellschaftern zustehen.368 Eine vereinzelt gebliebene Literaturmeinung hält es für „offensichtlich unrichtig“, Informationen über Geschäftschancen als Vermögenswerte zu betrachten.369 Diese Kritik verfängt jedoch nicht.370 Im Gegenteil sind gerade diese Positionen für die Einschätzung des Unternehmenswertes und damit des Verkaufspreises ein wesentlicher Faktor. Die Eigenschaft von Informationen als Wirtschaftsgüter ist seit langem anerkannt.371 Schließt etwa ein kleiner Autoteilelieferer einen langfristigen Liefervertrag mit einem der großen Kraftfahrzeughersteller, bleibt dies nicht ohne Auswirkung auf den Unternehmenswert des Zulieferers. Für die Einbeziehung der Geschäftschancenlehre in die Entwicklung eines Ansatzes zur Bewältigung des Problems der Informationszuordnung sprechen auch rechtsökonomische Gesichtspunkte. Das gilt zunächst unter dem Blickwinkel der Prinzipal-Agenten-Theorie: Bedient sich ein Geschäftsleiter der Gesellschaft zustehender Chancen, erzielt er verdeckte, d. h. nicht mit der Gesellschaft ausgehandelte Gewinne.372 Um dies zu verhindern, bedürfte es einer verstärkten Kontrolle, die wiederum höhere Kosten verursachte.373 Insoweit gelten die oben unter B.III.1.b)bb)(2)(a) dargestellten Überlegungen entsprechend. bb) Corporate Opportunities Doctrine und Buyouts unter Managementbeteiligung Lässt sich nach den oben angestellten Überlegungen die Geschäftschancenlehre generell als Werkzeug für das Problem der Zuordnung von wirtschaftlich wertvollen Informationen nutzen, steht immer noch der Einwand im Raum, beim Buyout unter Managementbeteiligung sei die Situation eine andere. Denn Ziel dieser Transaktion ist nicht, der Gesellschaft Profite vorzuenthalten, indem diese gesellary benefit.“; aus der Rechtsprechung s. etwa Rosenblum v. Judson Engineering Corp., 99 N.H. 267, 273, 109 A.2d 558, 563 (N.H. 1954); Goodman v. Perpetual Building Association, 320 F.Supp. 20, 38 (U.S.Dist. D.C. 1970). 367 So bereits Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97 (102 f.). 368 Fleischer, AG 2000, 309 (315); Koppensteiner, ZHR 151 (1991), 97 (103). 369 Rhein, S. 244 Fußn. 17. 370 Ebenso Fleischer, AG 2000, 309 (315). 371 Dazu Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 154 ff. sowie Kronman, 7 J. Legal Stud. 1 ff. (1978). 372 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 439; Hopt, Self-Dealing, 285 (296); Weisser, S. 11. 373 Brudney / Clark, 94 Harv. L.Rev. 997, 999 (1981); Weisser, S. 11.

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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schaftsextern zu eigenem Nutzen des Managers verwertet werden. Vielmehr wollen die Manager die Gesellschaft übernehmen, so dass die Wahrnehmung von Chancen auch zukünftig der Gesellschaft zugute kommt. Der Manager investiert in sein „eigenes“ Unternehmen. Nutzt er Geschäftschancen, die er zuvor nicht offenbart hat, entsteht kein Schaden. Bei einem Share Deal bleibt der Manager derselben juristischen Person mittels der Treuepflicht verbunden und die Ausnutzung von Geschäftschancen kommt derselben Gesellschaft zugute, der sie auch vor der Transaktion zustanden. Wie bereits im ersten Teil der Arbeit ausführlich dargelegt wurde, bestehen keine direkten Treuepflichten zwischen Management und Anteilsinhabern.374 Gegen das oben dargestellte Argument, die Gesellschaft selbst werde nicht geschädigt, ist einzuwenden, dass es die Sachlage wesentlich verkürzt. Denn die Gesellschaft existiert nicht unabhängig von den Anteilseignern. Sie ist vielmehr das Vehikel der Gesellschafter, Rendite zu erzielen, indem die investierten Gelder mittels eines juristischen Konstrukts gepoolt und von geschäftskundigen Personen verwaltet werden. Die Gesellschaft beinhaltet sämtliche Vermögenspositionen der Mitglieder.375 Erneut mag man einwenden, dass dies zwar die reale Situation widerspiegele, aber der deutschen Dogmatik nicht entspreche. Die unbesehene Übertragung der Geschäftschancenlehre US-amerikanischer Prägung auf den Buyout unter Managementbeteiligung scheide aus, denn im Unterschied zu Deutschland bestehe im US-Recht gerade eine Sonderverbindung zwischen Directors und Anteilseignern. Dieses formalistische Argument übersieht einen entscheidenden Aspekt: Mit der auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten abstellenden Argumentation wird nicht die Herstellung einer Sonderverbindung zwischen Anteilseignern und Geschäftsleitung bezweckt. Auf die Existenz direkter Treuepflichten zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern kommt es zur Begründung der Aufklärungspflicht überhaupt nicht an. Denn das Bestehen einer Aufklärungspflicht ergibt sich, wie oben ausführlich diskutiert wurde,376 aus den Grundsätzen über die culpa in contrahendo. Auf diese Weise wird die ansonsten geltende Trennung zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaft sowie Gesellschaft und Anteilseignern für eine besondere Sachlage überwunden. Die Existenz dieser Trennung wird nicht in Frage gestellt. Mithin geht es nur noch um die Frage, wie weit die Aufklärungspflichten inhaltlich reichen. Ergebnis der Überlegungen zur culpa in contrahendo war, dass die Manager den Anteilseignern gegenüber verpflichtet sind, diejenigen für die Wertbestimmung wesentlichen Informationen offenzulegen, die nicht von den Gesellschaftern selbst ermittelbar sind.377 In einem zweiten Schritt ist nun zu begründen, warum die Geschäftschancen Bestandteil der Aufklärungspflichten sein sollen, wenn man allein auf das juris374 375 376 377

§ 1 A.I.1. Fleischer, AG 2000, 309 (315); Grundmann, Treuhandvertrag, S. 268 ff. Oben B.III. B.III.1.b).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

tische Argument abstellt, wonach die Geschäftschancen gerade nicht Bestandteil eines von den Gesellschaftern übertragenen Treugutes sind, sondern Treueobjekt nur das Gesellschaftsvermögen ist. Der maßgebliche Gesichtspunkt ergibt sich aus den Argumenten, die bereits zur Begründung der Aufklärungspflicht aus culpa in contrahendo geführt haben.378 Der wesentliche Gesichtspunkt hierbei war die Notwendigkeit, die bestehende Informationsasymmetrie zwischen Mitgliedern und Management auszugleichen, indem gleicher Informationszugang gewährt wird.379 Dies lässt sich nur bewerkstelligen, wenn den Gesellschaftern die wesentlichen Informationen über die Gesellschaft offengelegt werden. Hier kommt die Geschäftschancenlehre ins Spiel. Denn bislang ist ungeklärt, nach welchen Maßstäben der Inhalt der Aufklärungspflicht präzisiert werden kann. Es bedarf der Erarbeitung von Abgrenzungskriterien, welche Informationen noch der Sphäre der Gesellschaft zuzuordnen sind, und welche nicht. Damit ist die Brücke zur Geschäftschancenlehre geschlagen. Die Geschäftschancenlehre bietet nämlich einen Kriterienkatalog, der zur Entscheidungsfindung dienen kann. Ihr Pflichtenprogramm wird nicht vollständig übertragen – so ist etwa die Frage der Zuständigkeit für eine Freigabe von Geschäftschancen ohne Belang für die Zuordnung einer Geschäftschance. Es werden lediglich ihre Grundgedanken fruchtbar gemacht, soweit es um Maßstäbe für die Offenlegung von Informationen geht. Damit sind die Manager den Anteilseignern gegenüber verpflichtet, der Gesellschaft zustehende Geschäftschancen offenzulegen. Gegen diese Argumentation lässt sich nicht einwenden, die Anteilseigner hätten möglicherweise unausgesprochen eingewilligt, dass das Management ihre Anteile zu einem Preis unter dem tatsächlichen Wert erwerben kann.380 Denn das setzt voraus, dass die potentiell veräußerungswilligen Anteilsinhaber ausreichend informiert sind, wie hoch der tatsächliche Wert des Anteils ist, da sie zumindest verhindern müssen, ausgebeutet zu werden. Diese Informationen werden aber regelmäßig fehlen.381 Die Annahme einer impliziten vertraglichen Regelung überzeugt daher nicht.382 cc) Zwischenergebnis Es spricht also alles für einen Rückgriff auf die Geschäftschancenlehre. Dies gilt bei einem Buyout unter Managementbeteiligung umso mehr, als hier die Existenz bestimmter Geschäftschancen gerade die Motivation für die Transaktion schafft. Sähe die Buyoutgruppe bzw. der übernahmewillige Manager kein bislang unrealisiertes Potential in den geschäftlichen Möglichkeiten der Gesellschaft, strebte 378 379 380 381 382

Dazu ausführlich oben B.III.1.b). Oben B.III.1.b). In diese Richtung aber Easterbrook / Fischel, 91 Yale L.J. 698, 711 ff. (1982). Repetti, 67 N.C.L.Rev. 121, 132 (1988). So auch Repetti, 67 N.C.L.Rev. 121, 132 (1988) und oben B.III.1.b)bb)(2).

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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sie / er keinen Kauf an. Der Manager selbst betrachtet zumindest eine Geschäftschance als wirtschaftlich wertvolle Information. Im Folgenden werden daher zunächst die Grundzüge der Corporate Opportunities Doctrine nach US-amerikanischem Recht dargestellt [dd)]. In einem weiteren Schritt wird untersucht, inwieweit sich deren Strukturen auf das deutsche Recht übertragen lassen [ee)]. dd) Die Corporate Opportunities Doctrine in den USA Die Corporate Opportunities Doctrine wurzelt in den Treuepflichten des Directors gegenüber der Corporation.383 Die folgenden Ausführungen werden vor allem von der Frage geleitet, wie bestimmt wird, was eine Geschäftschance ist und unter welchen Umständen das Management diese für sich selbst in Anspruch nehmen kann. (1) Bestimmung einer Corporate Opportunity Das Hauptproblem der Corporate Opportunity Doctrine besteht darin, das Vorliegen einer Geschäftschance festzustellen. Die Rechtsprechung hat hierzu mehrere „Tests“ entwickelt. Diese werden im Folgenden mittels der Darstellung einiger ausgewählter Urteile unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur vorgestellt. (a) Line of Business Test Der Line of Business Test wird in der US-amerikanischen Literatur als der herrschende Ansatz zur Bestimmung von Geschäftschancen betrachtet.384 In einem der bekanntesten Anwendungsfälle der Corporate Opportunities Doctrine, dem Fall „Guth v. Loft“ aus dem Jahr 1939, ordnete der Supreme Court of Delaware die Chance der Gesellschaft mit der Begründung zu, diese liege „in the line of business“.385 Er stellte einen mittlerweile als allgemeingültig anerkannten Rechtssatz auf: „Where a corporation is engaged in a certain business, and an opportunity is presented to it embracing an activity as to which it has fundamental knowledge, practical experience Dazu schon § 1 A.III.2. Talley, 108 Yale L.J. 277, 289 (1998). 385 Guth v. Loft, 5 A.2d 503, 511, 23 Del. Ch. 255 (Del. 1939). In der Literatur wird gelegentlich bestritten, dass das Gericht hier den line of business-test anwendete, s. Gevurtz, S. 364. Das ist aber nicht überzeugend. Das Gericht setzte sich ausdrücklich und ausführlich mit der Frage auseinander, ob hier „in the line“ von Lofts Geschäft gehandelt wurde (dazu sogleich oben im Text). Zuzugeben ist jedoch, dass das Gericht sich durchaus auch auf andere Faktoren stützte, Weisser, S. 49 mit Fußn. 94. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich die verschiedenen „Tests“ nicht trennscharf abgrenzen lassen. 383 384

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

and ability to pursue, which, logically and naturally, is adaptable to its business having regard for its financial position, and is one that is consonant with its reasonable needs and aspirations for expansion, it may be properly said that the opportunity is in the line of the corporation’s business.“386

Der zugrunde liegende Fall spielte sich im Wesentlichen wie folgt ab: Eine Corporation namens „Loft“ betrieb eine Süßwarenkette. Der Geschäftsbereich umfasste die Herstellung sowie den Verkauf von Süßigkeiten, Sirup, Getränken und anderen Nahrungsmitteln. Ihr Präsident war Guth. Dieser war gemeinsam mit seiner Familie zugleich Eigner der Grace Company, die Sirup für Softdrinks herstellte und unter anderem Loft mit „Lady Grace Chocolate Syrup“ belieferte. In den Läden von Loft wurde auch Coca-Cola vertrieben. Nachdem Guth vergeblich mit der Coca-Cola Company um einen Einkaufsrabatt verhandelt hatte, beschloss er, sich nach einem Ersatz umzusehen. Megargel, kontrollierender Anteilseigner der (zu diesem Zeitpunkt insolventen) Pepsi-Cola Company vereinbarte mit Guth, dass er, Megargel, die geheime Formel und die Marke von Pepsi-Cola erwerben und diese in eine neue Gesellschaft einbringen würde. Zudem erwarben beide Aktien von Pepsi-Cola. Die notwendigen Finanzmittel besorgte sich Guth von Loft. Während mehrerer Jahre kontrollierte er sowohl Loft als auch Pepsi. Ohne Wissen oder Zustimmung der übrigen Directors von Loft unterstützte er Pepsi durch den Einsatz von Kapital und Betriebsmitteln von Loft. Sogar die Lohnabrechnungen von Pepsi waren Teil derjenigen von Loft. Die Produktion gestaltete sich in der Weise, dass Loft das Sirupkonzentrat herstellte, an die Grace Company veräußerte, die Zucker und Wasser zusetzte, um diesen Sirup dann an Pepsi zu hohen Profiten weiter zu veräußern und direkt an Pepsis Kunden auszuliefern. Zu letzteren gehörte als Großabnehmer auch Loft. Guth und die Grace Company wurden u. a. verurteilt, ihre Pepsi-Anteile an Loft zu übertragen und Ausgleichszahlungen zu leisten. Nach diesem Test darf der Geschäftsleiter keine Geschäftschance wahrnehmen, die mit dem von der Gesellschaft betriebenen Geschäft zusammenhängt.387 Hierin liegt zugleich der Mangel dieses Ansatzes. Denn fraglich ist, was zum „business“ gehört.388 Es liegt nahe, dass in diesem Sinne bereits dann eine allein der Gesellschaft zuzuordnende Chance vorliegt, wenn es um besonderes Know-how oder bestimmte Möglichkeiten der Produktion bzw. des Vertriebs geht.389 Die Bewertungsmaßstäbe der Gerichte schwanken ganz erheblich. Viele Entscheidungen beGuth v. Loft, 5 A.2d 503, 511, 23 Del. Ch. 255 (Del. 1939). Gevurtz, S. 363. 388 Clark, S. 228; Gevurtz, S. 363. 389 Merkt / Göthel, Rdnr. 921. Beispielhaft aus der Rechtsprechung Ostrowski v. Avery, 243 Conn. 355, 703 A.2d 117 (Conn. 1997), wo es darum ging, ob die Herstellung kleiner Schleifscheiben die Corporate Opportunity eines Unternehmens war, das große Schleifscheiben produzierte (vom Gericht bejaht). In Plainville Electrical Products Company v. Michaud, 2000 Conn. Super Lexis 1717 (Conn. Super. 2000), beabsichtigte ein Hersteller großer komplexer elektronischer Kontrollpanels einen Hersteller kleiner und weniger komplexer Panels zu kaufen (ebenfalls als Corporate Opportunity gewertet). 386 387

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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werten die Situation danach, wie eng die Anforderungen des Geschäfts mit den Möglichkeiten und Erfahrungen der Gesellschaft in Verbindung stehen.390 Innerhalb dieser Gruppe gibt es erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Anforderungen an die enge Verbindung. Während einige Gerichte restriktiv urteilen, indem sie entweder auf das Entstehen direkten Wettbewerbs oder die von der Gesellschaft tatsächlich durchgeführten Geschäfte abstellen,391 halten andere die bloße Wahrnehmungsmöglichkeit seitens der Gesellschaft392 für maßgeblich oder einen möglichen praktischen Nutzen393, die Zugehörigkeit zu für die Zukunft maßgeblichen Plänen394 oder sogar nur die Beeinträchtigung der Überlebensfähigkeit der Gesellschaft395. Einen Mittelweg schlagen die ALI Principles of Corporate Governance ein. Section 5.05 wertet Geschäfte als solche der Gesellschaft, bezüglich derer ein Director entweder weiß, dass die Gesellschaft interessiert ist, oder die eng mit dem gegenwärtigen oder zukünftigen Geschäft der Gesellschaft verbunden sind.396 Hieran orientieren sich auch einige neuere Urteile.397 Insoweit wird zu Recht eingewandt, es gehe weniger um eine klare Einordnung des Geschäfts als vielmehr um Fragen nach der ökonomischen Effizienz der Wahrnehmung desselben.398 390 Talley, 108 Yale L.J. 277, 289 (1998). Aus der Rechtsprechung s. etwa Balin v. Amerimar Realty, No. 12896, 1996 Del. Ch. LEXIS 146, 19 (Del. Ch. 1996); Miller v. Miller, 222 N.W.2d 71, 81, 301 Minn. 207 (Minn. 1974); Imperial Group (Texas), Inc. v. Scholnick, 709 S.W.2d 358, 363 (Tex.App. 1986). 391 So bspw. Thorpe v. CERBCO, Inc., 676 A.2d 436, 443 (Del. 1996); Guth v. Loft, 5 A.2d 503, 513, 23 Del. Ch. 255 (Del. 1939); Turner v. American Metal Co., 268 A.D. 239, 252, 50 N.Y.S. 2d 800 (N.Y.App. Div. 1944). 392 Irving Trust Co. v. Deutsch, 73 F.2d 121, 124 (2d Cir. 1934), rehearing denied, 73 F.2d 121. 393 Greene & Co. V. Dunhill International, Inc., 249 A.2d 427, 435 (Del. Ch. 1968); Schildberg Rock Producers v. Brooks, 140 N.W.2d 132, 138 (Iowa 1966). 394 Central Ry. Signal Co. v. Longden, 194 F.2d 310, 319 (7th Cir. 1952); Rosenblum v. Judson Engineering Corp., 99 N.H. 267, 273, 109 A.2d 558 (N.H. 1954). 395 So Rapistan Corporation v. Michaels, 203 Mich.App. 301, 310, 511 N.W.2d 918 (Mich. App. 1994). 396 § 5.05 lautet: „[ . . . ] (b) Definition of a Corporate Opportunity. For purposes of this Section, a Corporate Opportunity means: (1) Any opportunity to engage in a business activity of which a Director or senior executive becomes aware, either (A) In connection with the performance of functions as a Director or senior executive, or under circumstances that should reasonably lead the Director or senior executive to believe that the person offering the opportunity expects it to be offered to the Corporation; or (B) Through the use of corporate information or property, if the resulting opportunity is one that the Director or senior executive should reasonably be expected to believe would be of interest to the Corporation; or (C) Any opportunity to engage in a business activity of which a senior executive becomes aware and knows is closely related to a business in which the Corporation is engaged or expects to engage.“ 397 Northeast Harbor Golf Club v. Harris, 661 A.2d 1146, 1148 f. (Me. 1995); Demoulas v. Demoulas Super Markets, Inc., 677 N.E.2d 159, 181 n.36, 424 Mass. 501 (Mass. 1996); Klinicki v. Lundgren, 695 P.2d 906, 917 ff. (Or. 1985).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

(b) Interest bzw. Expectancy Test Eine weitere in der Rechtsprechung erwogene Möglichkeit, die Existenz einer Corporate Opportunity zu bestimmen, ist der Interest bzw. Expectancy Test. Dabei handelt es sich um den ältesten Ansatz. Begründet wurde er in der Entscheidung Lagarde v. Anniston Lime & Stone Co. aus dem Jahr 1899.399 Dabei ging es um die Frage, ob die Directors zwei Anteile400 an einem Steinbruch kaufen durften, von denen einer an die Gesellschaft mit dem Versprechen verpachtet worden war, ihr den Anteil zu verkaufen, sobald er frei von Pfandrechten sei, und ein weiterer vergeblich von der Gesellschaft zu kaufen versucht worden war. Den dritten Anteil hatte die Gesellschaft bereits inne. Das Gericht sah hinsichtlich des Kaufs des ersten Anteils einen Treubruch als erwiesen an, nicht aber bezüglich des zweiten. Argument für diese Unterscheidung war die mittels Verpachtung und Vorkaufsrecht hergestellte „reasonable expectancy“.401 Diese Linie wird auch in jüngeren Entscheidungen teilweise noch verfolgt.402 Die Kriterien zur Feststellung des Interesses der Gesellschaft variieren. So wurde etwa ein bereits bestehender Vertrag als erforderlich betrachtet,403 an anderer Stelle genügte die aktive Suche der Gesellschaft nach dieser speziellen Geschäftschance404. Vorteil des Interest bzw. Expectancy Tests ist die Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes auf gegenwärtige Maßnahmen der Gesellschaft.405 Der Maßstab der Fiduciary Duty wird also negativ formuliert: Die Geschäftsleiter dürfen nicht in Maßnahmen eingreifen, welche von der Gesellschaft bereits angestoßen wurden.406 Diese Einschränkung stellt jedoch zugleich das entscheidende Problem des Tests dar, weil viele geschäftliche Handlungen erst in der Zukunft ihre Wirkung entfalten, ohne bereits aktuell greifbar zu sein.407

398 Clark, S. 227: „rough and ready inquiry into economic efficiency“. Kritisch etwa auch der Supreme Judicial Court of Maine in Northeast Harbor Golf Club, Inc. v. Harris, 661 A.2d 1146, 1149, der dem Line of Business Test i. S. der Guth v. Loft-Entscheidung „some significant weaknesses“ bescheinigt (ihn aber trotzdem nutzt). 399 126 Ala. 496 (Ala. 1899). 400 Genauer gesagt ging es um zwei Anteile von jeweils einem Drittel. 401 Lagarde v. Anniston Lime & Stone Co., 126 Ala. 496, 501 (Ala. 1899). 402 Z. B. Havlicek / Fleisher Enterprises, Inc.v. Bridgenman, Jr., 788 F.Supp 389, 398 (1992); Kuo v. Kuo, 2000 U.S.App Lexis 14164, 4 (2nd Cir. 2000); Lindenhurst Drugs, Inc., v. Becker, 154 Ill.App. 3d 61, 68, 506 N.E.2d 645 (Ill. 1987); Southeast Consultants, Inc., v. McCrary Engineering Corp., 246 Ga. 503, 509, 273 S.E.2d 112 (Ga. 1980) für „former Officers“. 403 So Lagarde v. Anniston Lime & Stone Co., 126 Ala. 496, 502 (Ala. 1899). 404 Southeast Consultants, Inc., v. McCrary Engineering Corp., 246 Ga. 503, 509, 273 S.E.2d 112 (Ga. 1980) 405 Talley, 108 Yale L.J. 277, 292 (1998). 406 Clark, S. 226. 407 Talley, 108 Yale L.J. 277, 292 f. (1998), der neue Kunden als Beispiel nennt; s. auch Clark, S. 226 f.

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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(c) Fairness Test Einige wenige Gerichte sind einem in der Literatur entwickelten Ansatz408 gefolgt, nach der die Gesellschaft vor unfairem Eigennutz auf ihre Kosten geschützt werden müsse.409 Weder der Urheber noch die Rechtsprechung haben aber die Maßstäbe für diese „fairness“ näher beschrieben.410 (d) Kombinierte Ansätze und weitere Kriterien In einigen Entscheidungen werden verschiedene Tests kombiniert. Ein bekannteres Beispiel hierfür ist die „Miller v. Miller“-Rechtsprechung,411 die einen Zweistufentest kreierte aus dem Line of Business-Test (erste Stufe) in Kombination mit der Frage, ob die Nutzung der Chance durch den Director fair sei (zweite Stufe).412 Die Literatur reagierte deutlich ablehnend auf solche Ansätze.413 Diese Denkweise „both reflects and creates confusion in the thinking of those who use it.“ 414 Auch in der sonstigen Gerichtspraxis hat Miller v. Miller wenig Widerhall gefunden. (e) Private und amtsbedingte Kenntniserlangung Diverse Judikate setzen sich mit der Frage auseinander, wie der Director an die Informationen über die Corporate Opportunity gelangt ist. Dieses Kriterium wird in relativ vielen Urteilen herangezogen und ist aufgrund seiner Verwendung in den ALI-Principles of Corporate Governance415 von prominenter Stelle anerkannt, so dass es hier gesondert berücksichtigt wird. In Guth v. Loft billigte das Gericht einem Director die Wahrnehmung einer Geschäftschance zu eigenen Gunsten dann zu, wenn er die Kenntnis nicht in Ausübung des Amtes erlangt und sie weder wesentlich für die Gesellschaft sei noch diese Interesse an ihr habe.416 Anderer gerichtlicher Meinung nach kommt der privaten Kenntniserlangung insofern Bedeutung zu, als nur der Interest Test Anwendung finde.417 Jüngere Entscheidungen Ballantine, S. 204 f. Durfee v. Durfee & Canning, Inc., 80 N.E.2d 522, 528 f., 323 Mass. 187 (Mass. 1948); Schreiber v. Bryan, 396 A.2d 512, 519 (Del Ch. 1978). 410 Clark, S. 228; Merkt / Göthel, Rdnr. 922; Talley, 108 Yale L.J. 277, 293 (1998). 411 Miller v. Miller, 222 N.W.2d 71, 301 Minn. 207 (Minn. 1974). 412 Im Anschluss an Miller v. Miller etwa Southeast Consultants, Inc. v. McCrary Engineering Corp., 246 Ga. 503, 509, 273 S.E.2d 112 (Ga. 1980), obwohl das Urteil – wiederum ausdrücklich – unter Berufung auf den Interest Test erging; Cannon Oil & Gas Well Service, Inc. v. Evertson, 836 F.2d 1252, 1255 (10th Cir. 1987). 413 Statt aller: Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 998 f. (1981); Clark, S. 229. 414 Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 998 f. Fußn. 2 (1981). 415 Nachw. oben Fußn. 396. 416 Guth v. Loft, 5 A.2d 503, 510, 23 Del. Ch. 255 (Del. 1939). 417 Kaplan v. Fenton, 278 A.2d 834, 836 (Del. 1971). Entgegen Clark, S. 230, hat das Gericht den interest test aber nicht als Erleichterung im Gegensatz zum line of business-test 408 409

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

verzichten teilweise anscheinend auch noch auf die genannten zusätzlichen Einschränkungen. In der Sache Chemical Dynamics war der Missouri Court of Appeals der Meinung, dass eine Geschäftschance dem Director gebühre, wenn sie ihm in „his individual capacity“ angeboten worden sei.418 An anderer Stelle wird dies als eines von mehreren Kriterien zur Bestimmung der Zuordnung einer Business Opportunity begriffen.419 Differenzierte man konsequent nach der Art der Kenntniserlangung, könnte ein Geschäftsleiter niemals eine Geschäftschance selbst wahrnehmen, welche sich ihm in Ausübung seines Amtes darbot.420 Das entspräche jedoch nicht dem Vorgehen der Gerichte, soweit sie sich auf Guth v. Loft als anwendbaren Präzedenzfall stützen. Die Diskussion dieses Punktes ist in keinem Urteil der entscheidende Faktor, welcher allein über die Zuordnung der Opportunity zur Gesellschaft oder zu dem Director führte. Vielmehr handelt es sich stets um einen von mehreren Faktoren.421 Das Hauptaugenmerk liegt eher auf der Frage nach der Line of Business bzw. dem Interesse der Gesellschaft an der Geschäftschance.422 (f) Differenzierung zwischen Close und Public Corporation In der Literatur wurde von prominenter Seite der Vorschlag gemacht, einen weiteren Umstand zu berücksichtigen. In einem viel diskutierten Aufsatz treten Brudney und Clark dafür ein, zwischen Close Corporation und Public Corporation zu differenzieren.423 Für die Public Corporation stellen sie ein kategorisches Verangewandt, sondern relativ unreflektiert auf Guth v. Loft abgestellt. Ausdrücklich aber (unter Berufung und Fortführung von Guth v. Loft und Kaplan v. Fenton) der Michigan Court of Appeals in Rapistan Corporation v. Michaels: „ [ . . . ] the nature of the opportunity is analyzed differently, depending on whether the opportunity is presented to a corporate official in the official’s individual or corporate representative capacity“, 203 Mich.App. 301, 309, 511 N.W.2d 918 (Mich.App. 1994). 418 Chemical Dynamics v. Newfeld, 728 S.W.2d 590, 593 (1987). Anders aber etwa Havlicek / Fleisher Enterprises, Inc. v. Bridgeman, Jr., 788 F.Supp. 389, 399 (1992) unter Verweis auf das Interesse der Gesellschaft, die Chance trotzdem selbst wahrzunehmen. 419 Rapistan Corporation v. Michaels, 203 Mich.App. 301, 309, 511 N.W.2d 918 (1994); in beiden Fällen beriefen sich die Gerichte auf Guth v. Loft; Northeast Harbor Golf Club, Inc. v. Harris, 661 A.2d 1146, 1149 (Me. 1995). 420 Gevurtz, S. 363. 421 s. die Aufzählung in Rapistan Corporation v. Michaels, 203 Mich.App. 301, 309, 511 N.W.2d 918 (Mich. App. 1994), wonach es auf drei Kriterien ankommt: (1) Private oder amtsbedingte Kenntniserlangung, (2) Natur der Opportunity und (3) die unterschiedliche Art der Chance, je nach Form der Kenntniserlangung. 422 Insofern deckt sich die Rechtsprechung mit einem in der neueren Literatur vertretenen Ansatz von Gevurtz, S. 367 ff., der Corporate Opportunities mittels der Verbildlichung der maßgeblichen Aspekte beurteilen will. Dabei wird die Verbindung von Geschäftschance und Director in Form der Art und Weise der Kenntniserlangung als eine Seite der „triangulating Corporate Opportunities“ berücksichtigt. Die beiden anderen Seiten des Dreiecks sind die Beziehung zwischen Gesellschaft und Opportunity, die i. S. des Line of Business Tests betrachtet wird, und die Verbindung von Gesellschaft und Director.

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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bot zulasten der full-time Directors auf, Geschäftschancen wahrzunehmen.424 Sie argumentieren vor allem auf Grundlage der typischen Strukturunterschiede zwischen Close und Public Corporation.425 So seien Gesellschafter einer Close Corporation regelmäßig besser in der Lage als solche einer Public Corporation, Einfluss auf die Wahl der Fiduciaries auszuüben. Weiterhin hätten sie bessere Kontrollmöglichkeiten, das Managerverhalten zu überwachen. Demgegenüber seien Anleger einer Public Corporation eher passiv und die Anteile weit verstreut. Die Gelder würden daher von vorausgewählten Geschäftsleitern verwaltet, an die sämtliche Verwaltungsrechte abgetreten werden müssten. Gesellschafter einer Close Corporation dagegen gebe es typischerweise nicht viele und zudem kennten sie sich. Demzufolge träfen sie auch bewusstere Entscheidungen, wenn sie Manager aus ihrem Kreis beriefen. Darüber hinaus stünden ihnen bessere Wege zur Verfügung, sich über die Aufteilung von Gütern zu einigen. Weitere Differenzierungsmerkmale ergäben sich aus dem Umfang der seitens der Geschäftsleiter notwendigen Tätigkeit für die Gesellschaft sowie der daraus folgenden Intensität der Pflichtenbindung. Fordere eine Public Corporation normalerweise eine Vollzeitbeschäftigung mit den Geschicken der Gesellschaft und spiegele die Vergütungsvereinbarung das auch wider, sei dies bei einer Close Corporation anders. Hier bestehe Raum für andere Tätigkeiten, außerdem komme die Einholung einer Zustimmung von den Gesellschaftern in Betracht. Abschließend sei auch die Geschäftsstrategie abweichend. Public Corporations seien darauf angelegt, jede neue Geschäftsmöglichkeit wahrzunehmen. Close Corporations wären hingegen sowohl hinsichtlich existierender Kompetenz und Erfahrung als auch bezüglich ihrer finanziellen Möglichkeiten häufig nicht in der Lage, über ihren bisherigen Geschäftsbereich hinauszugehen. Hinsichtlich der Public Corporations komme eine Befreiung durch Zustimmung von disinterested Directors oder Shareholders nicht in Frage. Zunächst stehe die Freigabe einem Geschenk ohne Gegenleistung gleich und sei eine Verschwendung von Gesellschaftsvermögen. Darüber hinaus bezweifeln Brudney und Clark, dass die Entscheidung über die Freigabe angemessen informiert und unabhängig getroffen werden kann.426 Damit postulieren die Autoren hinsichtlich der Public Corporation ein absolutes Verbot der Wahrnehmung von Geschäftschancen durch fulltime Directors. Eine Ausnahme machen sie lediglich hinsichtlich so genannter 423 Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1001 ff. (1981); s. zusammenfassend Clark, S. 235 ff. Grundsätzlich zustimmend hinsichtlich dieser Unterscheidung etwa Epstein, 21 Del.J.Corp.L. 5, 17 (1996), der allerdings andere Schlussfolgerungen zieht und im Fall von Close Corporations dafür plädiert, keine strikten Beschränkungen ex ante anzunehmen. 424 Clark, S. 237 f., 243 ff. Zu Einschränkungen gelangen Brudney / Clark bei outside Directors, part-time Officers und multicompany Officers, 94 Harv.L.Rev. 997, 1042 ff. (1981). Zustimmend Epstein, 21 Del.J.Corp.L. 5, 23 (1996). 425 Hierzu und zum Folgenden Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1001 ff. (1981); Clark, S. 235 ff. 426 94 Harv.L.Rev. 997, 1034 f. (1981).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

„passive investments“ und Finanzintermediäre. Ein passives Investment ist ein Anteilserwerb, der den Director nicht in die Lage versetzt, Entscheidungen eines anderen Unternehmens zu beeinflussen. Soweit nach diesem Modell für die Close Corporation die Nutzung von Corporate Opportunities seitens der Geschäftsleiter in Betracht kommt, stellen Brudney und Clark einen mehrstufigen Test auf. Danach kann eine Corporate Opportunity wahrgenommen werden, wenn die Chance (1) entweder nicht funktional mit dem Geschäft der Gesellschaft zusammenhängt427 und (2) die Gesellschaft kein Interesse an der Wahrnehmung hat428 oder (3) alle Beteiligten vorher oder gleichzeitig mit der Maßnahme dieser zustimmen, auch im Fall des Verstoßes gegen (1) oder (2).429 Hinsichtlich der funktionellen Beziehung bzw. des Interesses an der Geschäftschance soll eine widerlegliche Vermutung zugunsten einer Zuordnung der Opportunity zur Gesellschaft gelten und entsprechend die Beweislast für eine andere Einordnung beim Geschäftsleiter liegen.430 (2) Rechtfertigungsgründe Viele Entscheidungen zur Wahrnehmung von Corporate Opportunities setzen sich mit der Frage auseinander, ob die Handlung der Directors gerechtfertigt war. Klassischerweise wird hier in drei Kategorien unterteilt: Corporate Rejection, Corporation’s Financial Inability und Third Party Unwillingness. (a) Corporate Rejection Ein häufiger Einwand eines verklagten Directors ist die angebliche Ablehnung der Gesellschaft, die Geschäftschance wahrzunehmen. Das wird von den Gerichten im Grundsatz auch akzeptiert.431 Problematisch ist hinsichtlich dieser Rechtfer427 Inhaltlich handelt es sich hierbei, wie die Autoren selbst anmerken, um den Line of Business Test, Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1012 (1981); Clark, S. 240. Allerdings wird der Geschäftsbereich allein mittels der tatsächlichen Aktivitäten der Gesellschaft bestimmt (und nicht über die Satzung), Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1012 f. (1981). 428 Interest oder Expectancy Test, Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1013 f. (1981); Clark, S. 240. 429 Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1011 (1981); Clark, S. 240. 430 Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1013, 1016 (1981). 431 Etwa Demoulas v. Demoulas Super Markets, Inc., 677 N.E.2d 159, 180, 424 Mass. 501 (Mass. 1997); Havlicek / Fleisher Enterprises, Inc. v. Bridgeman, Jr., 788 F.Supp. 389, 399 (1992); McCabe Packing Co. v. United States of America, 809 F.Supp. 614, 617 (U.S.Dist. Ill. 1992); Klinicki v. Lundgren, 695 P.2d 906, 917 ff., 298 Ore. 662 (Ore. 1985); ebenso die ALI Principles of Corporate Governance, die von einigen Gerichten in diesem Zusammenhang herangezogen werden (z. B. Northeast Harbor Golf Club v. Harris, 661 A.2d 1146, 1150 [Me. 1995]), § 5.05: „(a) General Rule. A Director or senior executive may not take advantage of a Corporate Opportunity unless: (1) The Director or senior executive first offers the Corporate Oppor-

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tigungsmöglichkeit, dass grundsätzlich diejenigen über die Corporate Rejection entscheiden können, die sie später selbst in Anspruch zu nehmen beabsichtigen, nämlich die Directors. Aus diesem Grund ist nach allgemeiner Ansicht Voraussetzung, sich auf eine Corporate Rejection berufen zu können, die vollständige Information der Gesellschaft über die Geschäftschance.432 Informiert werden muss das Gremium, welches unbefangen entscheiden kann, im Regelfall „disinterested Directors“.433 Bereits die Nichtanzeige einer Corporate Opportunity wird als Verletzung der Treuepflicht betrachtet.434 Die Freigabeentscheidung selbst muss nicht nur durch unbefangene Personen erfolgen, sondern auch fair sein. Diese Fairness ist nicht zu verwechseln mit dem Fairness Test zur Feststellung einer Corporate Opportunity.435 Vielmehr etabliert diese Frage nach der Fairness der Corporate Rejection einen Prüfungsmaßstab: Die Freigabe ist dann rechtmäßig, sofern nach der Ansicht des beurteilenden Gerichts ein unbefangenes Board diese Entscheidung getroffen hätte.436 (b) Financial / Legal Inability und Third Party Unwillingness Ein häufig zur Verteidigung gegen Klagen der Gesellschaft vorgebrachter Einwand ist die angebliche finanzielle Unfähigkeit der Gesellschaft, die Chance selbst wahrzunehmen.437 Zumeist reagieren die Gerichte hierauf im Ergebnis ablehtunity to the Corporation and makes disclosure concerning the conflict of interest and the Corporate Opportunity; (2) The Corporate Opportunity is rejected by the Corporation; and (3) Either: (A) The rejection of the opportunity is fair to the Corporation; (B) The opportunity is rejected in advance, following such disclosure, by disinterested Directors, or, in the case of a senior executive who is not a Director, by a disinterested superior, in a manner that satisfies the standards of the business judgment rule; or (C) The rejection is authorized in advance or ratified, following such disclosure, by disinterested shareholders, and the rejection is not equivalent to a waste of corporate assets.“ 432 s. nur Demoulas v. Demoulas Super Markets, Inc., 677 N.E.2d 159, 180, 424 Mass. 501 (Mass. 1997); Ostrowski v. Avery, 243 Conn. 355, 369 f., 703 A.2d 117 (Conn. 1997); Havlicek / Fleisher Enterprises, Inc. v. Bridgeman, Jr., 788 F.Supp. 389, 399 (1992). 433 Vgl. die ALI Principles of Corporate Governance, § 5.05(a)(3)(B), Fußn. 431, sowie Ostrowski v. Avery, 243 Conn. 355, 369, 703 A.2d 117 (Conn. 1997). Hierbei kommt es auf die Gegebenheiten des konkreten Falls an. Unter Umständen bedarf es einer Information der Anteilsinhaber, damit diese entscheiden können, s. etwa Kerrigan v. Unity Savings Association, 58 Ill.2d 20, 28, 317 N.E.2d 39 (Ill. 1974). 434 Demoulas v. Demoulas Super Markets, Inc., 677 N.E.2d 159, 181, 424 Mass. 501 (Mass. 1997). 435 Gevurtz, S. 376. 436 Gevurtz, S. 376. 437 Vgl. nur Broz v. Cellular Information Systems, 673 A.2d 148, 155 (Del. 1996), reversing 663 A.2d 1180 (Del. 1995); Schildberg Rock Producers v. Brooks, 140 N.W.2d 132, 137 (Iowa 1966); Irving v. Trust Co. v. Deutsch, 73 F.2d 121, 124 (2d Cir. 1934).

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nend.438 Gleiches gilt hinsichtlich vermeintlich aus rechtlicher Sicht entgegenstehender Gründe zulasten der Gesellschaft, die Geschäftschance zu nutzen.439 Auch die vorgebliche Weigerung eines Dritten, mit der Gesellschaft Geschäfte machen zu wollen, rechtfertigt nicht zwingend die Nutzung einer Corporate Opportunity seitens eines Directors oder Officers. In Energy Resources Corporation, Inc., v. Porter440 ging es um die Frage, ob sich ein Officer damit rechtfertigen kann, dass der Geschäftspartner ausschließlich mit einem Angehörigen einer bestimmten Minderheit (hier: einem Afro-Amerikaner) zusammenarbeiten wollte, er selbst dieser Minderheit angehört und die Gesellschaft aufgrund des politischen Einschlags niemals zum Zuge gekommen wäre. Der Massachusetts Court of Appeals verneinte dies mit der Begründung, erst hätte der Officer der Gesellschaft gegenüber diesen Sachverhalt offenbaren und ihr die Gelegenheit geben müssen, den Geschäftspartner doch von einer Zusammenarbeit zu überzeugen.441 (3) Zusammenfassung der Corporate Opportunities Doctrine in den USA Die Corporate Opportunities Doctrine erfasst auch die Weitergabe von Informationen seitens der Directors an Dritte. Das Vorliegen einer Corporate Opportunity wird von der Rechtsprechung danach beurteilt, ob das Geschäft im Geschäftsbereich der Gesellschaft liegt (Line of Business Test) oder sie ein gefestigtes Interesse daran hat (Interest bzw. Expectancy Test). Insbesondere nach jüngeren Entscheidungen besteht grundsätzlich ein Verbot zulasten der Directors, eine so festgestellte Geschäftschance selbst zu nutzen. Erforderlich sind die Offenlegung gegenüber der Gesellschaft sowie die Zustimmung von nicht von dem Interessenkonflikt betroffenen Directors oder Shareholders. Finanzielles oder rechtliches Un438 Demoulas v. Demoulas Super Markets, Inc., 677 N.E.2d 159, 181, 424 Mass. 501 (Mass. 1997); Ostrowski v. Avery, 243 Conn. 355, 366 n.9, 703 A.2d 117 (Conn. 1997); Klinicki v. Lundgren, 695 P.2d 906, 920, 298 Ore. 662 (Ore. 1985); Irving v. Trust Co. v. Deutsch, 73 F.2d 121, 124 (2d Cir. 1934). Anders aber z. B. In re Summit Metals, Inc. v. Gray, 2004 U.S. Dist. Lexis 15819, 56 (U.S.Dist. Del. 2004); Broz v. Cellular Information Systems, 673 A.2d 148, 156 (Del. 1996), reversing 663 A.2d 1180 (Del. 1995); Schildberg Rock Producers v. Brooks, 140 N.W.2d 132, 138 (Iowa 1966); in Schildberg war die Gesellschaft aber im Ergebnis finanziell in der Lage, die Chance wahrzunehmen, so dass die Aneignung durch den Director illegal war. Zwar wiederholen viele Gerichte in den Urteilsgründen gebetsmühlenhaft die Definition einer Geschäftschance i. S. Guth v. Loft, die das finanzielle Vermögen der Gesellschaft einbezieht. Allein maßgeblicher Faktor für eine Entlastung des Directors ist die financial inability aber fast nie. So hatte der Director in Broz v. Cellular Systems seine Erwerbsabsichten vollständig offen gelegt. 439 Demoulas v. Demoulas Super Markets, Inc., 677 N.E.2d 159, 181, 424 Mass. 501 (Mass. 1997); Klinicki v. Lundgren, 695 P.2d 906, 920 f., 298 Ore. 662 (Ore. 1985). 440 Energy Resources Corporation, Inc., v. Porter, 14 Mass.App. Ct. 296, 438 N.E.2d 391 (Mass.App. 1982). 441 Energy Resources Corporation, Inc., v. Porter, 14 Mass.App. Ct. 296, 300, 438 N.E.2d 391 (Mass.App. 1982).

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vermögen der Gesellschaft, die Corporate Opportunity selbst wahrzunehmen, wird herrschend nicht als Rechtfertigungsgrund akzeptiert. In der Literatur existieren darüber hinausgehend Ansätze, wonach es dem fulltime Director einer Public Corporation immer verboten sein soll, eine Geschäftschance der Gesellschaft selbst zu nutzen. Eine Befreiung von diesem Verbot ist nach dieser Ansicht nicht möglich. ee) Corporate Opportunities Doctrine und deutsche Verschwiegenheitspflichten Oben wurde erläutert, dass die Geschäftschancenlehre bei einem Buyout unter Managementbeteiligung vor allem für die Bestimmung der inhaltlichen Reichweite der Aufklärungspflichten des Managements Bedeutung hat. Im Folgenden wird geprüft, ob und in welchem Umfang sich die Corporate Opportunities Doctrine US-amerikanischer Prägung in das deutsche Recht einpassen lässt. (1) Ansatzpunkte für eine Übertragung in das deutsche Recht Der Ansatzpunkt, die US-amerikanische Geschäftschancenlehre in das deutsche Recht zu übertragen, liegt in der Treuepflicht der Geschäftsleiter.442 Zunächst beinhaltet diese das Gebot der Vermeidung von Interessenkonflikten.443 Damit wird ausgedrückt, dass die Geschäftsleiter der Gesellschaft verpflichtet sind und Eigeninteressen hintanzustellen haben.444 Hieraus leitet insbesondere die Rechtsprechung die Geschäftschancenlehre ab.445 Einen konkret normierten Ansatzpunkt bietet im Aktienrecht darüber hinaus das Wettbewerbsverbot des § 88 AktG. Indem § 88 Abs. 1 S. 1 AktG den Vorstandsmitgliedern verbietet, im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte zu machen, regelt das deutsche Recht jedenfalls in einem Teilbereich bereits ausdrücklich Probleme, die im US-amerikanischen Recht mittels der Corporate Opportunities Doctrine erfasst werden.446 442 Allg. Ansicht, s. nur Fleischer, in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 10; Grundmann, Treuhandvertrag, S. 429; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 116; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 166; Janke, Treuepflicht, S. 60; Krieger / Sailer, in: Schmidt / Lutter, § 93 Rdnr. 16; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 57; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 201; Tillmann, FS Felix, 507 (510 f.); Weisser, S. 131 ff., S. 141. 443 Fleischer, in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 10; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 116; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 57; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 201. 444 Fleischer, in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 10; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 110; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 57; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 201. 445 BGH, Urt. v. 23. 09. 1985 – II ZR 246 / 84, WM 1985, 1443 (1444); Urt. v. 8. 05. 1989 – II ZR 229 / 88, WM 1989, 1216 (1217); OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 13. 05. 1997 – 11 U (Kart) 68 / 96, GmbHR 1998, 376 (378).

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Aus diesem Grund ist § 88 AktG entsprechend auch für die Geschäftschancenlehre anzuwenden.447 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Begründung der Geschäftschancenlehre anhand der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht des Geschäftsleiters gegenüber der Gesellschaft nicht zur oben getroffenen Aussage in Widerspruch steht, wonach die Zuordnungskriterien der Geschäftschancenlehre auch auf die Informationspflichten der Manager aus culpa in contrahendo übertragen werden können. Denn vor der Frage der Zuordnung einer Geschäftschance stellt sich das Problem, ob es im deutschen Recht überhaupt so etwas wie eine Geschäftschancenlehre gibt. Erst wenn abstrakt und für den Regelfall festgestellt wurde, dass in Deutschland eine Form der Corporate Opportunities Doctrine existiert, ergibt sich die Möglichkeit, deren Maßstäbe für andere Sachverhalte zu nutzen. (2) Maßgeblichkeit der Realstruktur der Gesellschaft Einige Stimmen in der deutschen Literatur haben sich der Argumentation von Brudney und Clark angeschlossen, wonach für Publikumsgesellschaften ein absolutes Verbot bestehe, Geschäftschancen wahrzunehmen.448 Unter agenturtheoretischen Gesichtspunkten hat diese Ansicht auf den ersten Blick den Vorteil, dass es sich um eine „klare“ Lösung handelt und die Gefahr opportunistischen Handelns minimiert zu werden scheint. Die Kontrollkosten werden gesenkt, weil nicht mehr zwischen Aufsichtsrat und Vorstand abgestimmt werden muss, welche Chance eine „Geschäftschance“, also eine der Gesellschaft zuzuordnende Möglichkeit ist. Dieser offenbar zielführenden und denkbar einfachen Lösung stehen allerdings Bedenken entgegen, die im Folgenden näher zu untersuchen sind. Zunächst bedarf 446 Fleischer, in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 24; ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 125; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 167. Zum Verhältnis von Wettbewerbsverbot und Geschäftschancenlehre s. näher Fleischer, jew. a. a. O.; Grundmann, Treuhandvertrag, S. 443; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 45; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 117 f.; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 167 m. w. Nachw., die zu Recht betonen, dass Wettbewerbsverbot und Geschäftschancenlehre zwar eine gemeinsame Schnittmenge haben, nicht aber das eine als Unterfall des anderen begriffen werden darf (a. A. z. B. Goette, DStR 1998, 1137 [1139]; Kübler, FS Werner, 437 [440] – anders aber Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 [173]; Weisser, S. 147). 447 Fleischer, in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 25; ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 125; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 118; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 167. 448 Abeltshauser, S. 373 f.; Janke, Treuepflicht, S. 234; Kübler, FS Werner, 437 (446 ff.); Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 161 (167). Soweit einige Stimmen eine Zuordnung umso mehr zugunsten der Gesellschaft vornehmen wollen, als diese personalistisch organisiert ist (Timm, GmbHR 1981, 177 [181] im Anschluss an Immenga, S. 159), ergibt sich hieraus entgegen dem ersten Anschein kein Widerspruch. Denn diese Ansicht befasst sich mit dem Verhältnis von Gesellschaft und Gesellschafter, während es hier um die Beziehung von Gesellschaft und Geschäftsleiter geht. Beide Ansätze nutzen die gleiche Ausgangswertung, das Maß an Einfluss als Kriterium der Strenge der Zuordnung.

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es einer näheren Betrachtung der Unterschiede zwischen Publikumsgesellschaften und geschlossenen Gesellschaften im deutschen Recht [dazu (a)]. Außerdem kann sich auch ein Vorstandsmitglied auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Die Rechtsprechung zum gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot bietet hier einige Anhaltspunkte [dazu (b)]. Weiterhin ist zweifelhaft, wie ein kategorisches Verbot der Wahrnehmung von Geschäftschancen mit der analogen Anwendung von § 88 Abs. 1 S. 1 AktG vereinbart werden kann [dazu (c)]. (a) Unterschiede zwischen Publikumsgesellschaften und geschlossenen Gesellschaften im deutschen Recht Das von Brudney und Clark vorgeschlagene Modell der Geschäftschancenlehre knüpft an die Unterscheidung von Publikumsgesellschaften und geschlossenen Gesellschaften an. Zwar ist diese Unterscheidung auch im deutschen Recht präsent.449 Sie findet aber keine Entsprechung in der Gesetzesterminologie. Das Gesetz unterscheidet lediglich zwischen Aktiengesellschaften und GmbH. Je nach Rechtsform existieren Rechte und Kontrollmöglichkeiten zugunsten der Gesellschaft bzw. zugunsten der Anteilseigner. Stellt man ausschließlich auf die den Gesellschaftern zur Verfügung stehenden Mittel der Kontrolle des Vorstands- bzw. Geschäftsführerhandelns ab, besteht ein deutlicher Unterschied zwischen GmbH und Aktiengesellschaft: Während die Mitglieder einer GmbH nach § 51a GmbHG das Recht zur Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie zur jederzeitigen Erteilung von Auskünften haben, beschränkt § 131 Abs. 1 AktG das Fragerecht der Aktionäre auf die Hauptversammlung. In Bücher und Schriften der Gesellschaft können Aktionäre keine Einsicht nehmen. Weiterhin dürfen Gesellschafter einer GmbH nach § 37 Abs. 1 GmbHG Weisungen erteilen, Aktionäre dagegen nicht. Hieran anzuknüpfen vernachlässigt allerdings, dass in der Aktiengesellschaft nach § 111 Abs. 1 AktG vor allem der Aufsichtsrat zur Kontrolle des Vorstands berufen ist. Der Aufsichtsrat kann Bücher und Schriften der Gesellschaft einsehen (§ 111 Abs. 2 S. 1 AktG) sowie Zustimmungsvorbehalte einführen (§ 111 Abs. 4 S. 2 AktG). In der Aktiengesellschaft sind die Kontrollmechanismen also lediglich auf eine andere Ebene verlagert. Daher fehlt es an einem unterschiedlichen Maß an Kontrolle in Aktiengesellschaft und GmbH. Das bedeutet zugleich, dass, betrachtet man die Aktiengesellschaft als typische Publikumsgesellschaft und die GmbH als typische geschlossene Gesellschaft, kein Anlass besteht, Publikumsgesellschaften und geschlossene Gesellschaften im deutschen Recht unterschiedlich zu behandeln. (b) Der Manager zwischen Agenturtheorie und Berufswahlfreiheit Das Ausgangsproblem resultiert aus dem Spannungsverhältnis zwischen der in der Einleitung beschriebenen Notwendigkeit, den Manager vor dem Hintergrund 449

s. nur Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 2 II. 2. b), c), S. 118 ff.

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der Agenturtheorie davon abzuhalten, sich unkontrolliert der Gesellschaft zustehender Werte zu bedienen, und der auch einem Geschäftsleitungsorgan zugute kommenden Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG.450 So wird das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot dahingehend ausgelegt, dass Vorbereitungen eines Vorstandsmitglieds für eine spätere eigene Betätigung im Wettbewerb nach dem Ablauf der Amtszeit grundsätzlich erlaubt sind.451 Selbst wenn man in dem kategorischen Verbot, Geschäftschancen wahrzunehmen, lediglich eine Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG sieht,452 ist zweifelhaft, ob die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer Einschränkung erfüllt werden. Berufsausübungsregelungen werden durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt.453 Je stärker die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit ist, desto stärker müssen die Gemeinwohlbelange sein, denen die zu prüfende Regelung zu dienen bestimmt ist.454 Es ist unklar, welchen Interessen des Gemeinwohls gedient ist, wenn Manager selbst dann keine Geschäftschancen wahrnehmen dürfen, sofern die Gesellschaft bzw. das zuständige Organ der Wahrnehmung der Chance seitens des Managers zustimmt. Begibt sich die Gesellschaft unter Zugrundelegung der wesentlichen Informationen einer Geschäftschance, erschließt sich nicht, warum sie ihr dennoch zwingend zugeordnet werden soll. Volkswirtschaftlich würden auf diese Weise Wohlfahrtsgewinne verhindert. Auch der Aktiengesellschaft selbst ist damit nicht gedient. Denn sie wird Geschäftschancen nur freigeben, wenn sie diese entweder nicht selbst wahrnehmen kann oder eine angemessene Vergütung für die Preisgabe erhält. Es leuchtet nicht ein, warum die Gesellschaft, wenn sie gehindert ist, die Chance selbst wahrzunehmen, diese nicht wenigstens im Wege eines Verkaufs gewinnbringend verwerten können soll. 450 Zur Abgrenzung von mittelbarer und unmittelbarer Geltung von Grundrechten im Zivilrecht instruktiv Canaris, AcP 184 (1984), 201 (210 ff.). Auf Grundlage der von Canaris a. a. O. getroffenen Differenzierung zwischen Rechtsnormen und Rechtsgeschäften sowie anderen Akten von Privatrechtssubjekten liegt hier die Annahme einer unmittelbaren Wirkung der Grundrechte nahe, weil mit einer Analogie, wie sie im Text diskutiert wird, letztlich materiell Recht gesetzt wird. Selbst wenn man dies ablehnen und von einer mittelbaren Wirkung ausgehen wollte, würde sich im Ergebnis für das im Text diskutierte Problem kein Unterschied ergeben. Gerade bei Fragen der Rechtsfortbildung geht das Bundesverfassungsgericht von einer weit reichenden Ausstrahlungswirkung der Grundrechte aus, vgl. BVerfGE 96, 375, 398. Hier ist jedoch weder der richtige Ort noch der Raum, sich umfassend mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Insofern ist auf die Literatur zu verweisen, s. etwa Jarass, in: Jarass / Pieroth, Vorb. Rdnrn. 58 ff. m. Nachw. 451 RG, Urt. v. 27. 03. 1917 – Rep. II 318 / 16, RGZ 90, 98 (100); OLG Oldenburg, Urt. v. 17. 02. 2000 – 1 U 155 / 99, NZG 2000, 1038 (1040); Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 88 Rdnr. 13; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 88 Rdnr. 10; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 88 Rdnr. 20; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 112 Rdnr. 19 zu § 112 HGB. 452 Zur Abgrenzung von Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit statt aller: Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 12 Rdnrn. 25 ff. 453 Statt aller: BVerfG, Urt. v. 13. 12. 2000 – 1 BvR 335 / 97, BVerfGE 103, 1 (10); Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 12 Rdnr. 36. 454 BVerfG, Urt. v. 13. 12. 2000 – 1 BvR 335 / 97, BVerfGE 103, 1 (10).

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(c) Bedeutung der Analogie zu § 88 Abs. 1 AktG Aus § 88 Abs. 1 S. 1 AktG analog ergibt sich zudem schon eine einfachgesetzliche Grenze der Übertragung der Geschäftschancenlehre in der Ausprägung von Brudney und Clark: Soweit sich Corporate Opportunity Doctrine in der US-amerikanischen Ausprägung und deutsches Wettbewerbsverbot decken, sieht nämlich bereits diese Norm eine Ausnahme vom Verbot der Wahrnehmung einer Geschäftschance zu eigenem Nutzen seitens der Geschäftsleiter vor. Mit Zustimmung des Aufsichtsrates darf ein Vorstandsmitglied ein Handelsgewerbe betreiben und im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte machen. Aus diesem Grund kommt ein kategorisches Verbot der Nutzung von Corporate Opportunities bei Publikumsgesellschaften in der von Brudney und Clark postulierten Form für das deutsche Recht nicht in Betracht. Eine restriktive Ausprägung der Geschäftschancenlehre kann allenfalls dazu dienen, die Messlatte für die Erteilung der Zustimmung hoch anzusetzen. So scheidet eine Einwilligung immer dann aus, wenn die Gesellschaft wegen ihrer Erteilung geschädigt würde.455 Die Wahrnehmung von Geschäftschancen ohne Einwilligung des Aufsichtsrates kommt ebenso wenig in Frage. Das Verbot der Wahrnehmung von Geschäftsmöglichkeiten zulasten der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft ist daher im deutschen Recht nur in dem Sinne kategorisch, dass es jede Nutzung einer der Gesellschaft zuzuordnenden Chance vor Offenlegung und Einwilligung untersagt. Dies entspricht dem zu bewältigenden Interessenkonflikt zwischen Gesellschaft und Geschäftsleiter. Denn dürfte letzterer der Gesellschaft zuzuordnende Chancen ohne Offenlegung und Einwilligung eigennützig wahrnehmen, billigte man ihm zu, über das Unternehmensinteresse in einer Angelegenheit zu entscheiden, die ihn unmittelbar selbst betrifft. Die Gesellschaft gewährt dem Geschäftsleiter für einen Verzicht auf die Verfolgung eigener Interessen im Gegenzug eine Vergütung. Nimmt jemand ein Amt als Geschäftsleiter an, garantiert er der Gesellschaft, sich in vollem Maß für sie einzusetzen. Diese Einschränkung wird durch die Vergütung kompensiert.456 Dem Geschäftsleiter steht frei, sich diese Restriktion zu einem aus seiner Sicht angemessenen Preis vergüten zu lassen.457 Diese strenge Sichtweise lässt sich auch mit § 88 Abs. 1 S. 1 AktG stützen. § 88 Abs. 1 S. 1 AktG verbietet generell den Betrieb „eines“ Handelsgewerbes ohne Zustimmung des Aufsichtsrates. Den Vorstandsmitgliedern ist also jegliche handelsgewerbliche Tätigkeit untersagt, unabhängig von der Nähe zum Geschäft der Gesellschaft. Das gilt analog auch für Geschäftschancen. Hinzu kommt, dass eine Pflicht zur Offenbarung ex ante dem Geschäftsleiter einen Anreiz nimmt, potentielle Chancen doch für sich zu nutzen.458 Interpretiert Kübler, FS Werner, 437 (447 f.). Dazu auch Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1023 f. (1981). Gegen die Einwände von Easterbrook / Fischel, 91 Yale L.J. 698, 735 (1982) s. bereits oben B.III.1.b)bb)(2)(a). 457 Brudney / Clark, 94 Harv.L.Rev. 997, 1023 (1981). 458 Bainbridge, Corporation Law, S. 328. 455 456

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

man die Beziehung zwischen Gesellschaft und Geschäftsleiter rechtsökonomisch als ein Modell gemeinschaftlicher Gewinnmaximierung zwischen Agent und Prinzipal,459 bietet das hier vertretene Konzept einen Weg, die Interessen beider Seiten gebührend zu berücksichtigen. Einerseits wird dem Prinzipal jede Gewinnchance offengelegt. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass er sämtliche Chancen selbst wahrnimmt, so dass dem Agenten nicht alle Gelegenheiten genommen werden, eigene Interessen zu verfolgen. Ein umfassendes Verbot der Wahrnehmung von Geschäftschancen selbst nach Einwilligung der Gesellschaft käme im Ergebnis einer Aushebelung von § 88 Abs. 1 S. 1 AktG gleich. Denn auch wenn die Lehre von den Corporate Opportunities und das Wettbewerbsverbot richtiger Ansicht nach nicht deckungsgleich sind,460 bestehen doch Überschneidungen. Geschäftschancen umfassen, wie unten noch zu zeigen sein wird,461 ein wesentlich breiteres Betätigungsfeld als das Wettbewerbsverbot. Verböte man jede Wahrnehmung von Corporate Opportunities, bliebe für das Wettbewerbsverbot nur noch ein sehr eingegrenzter Anwendungsbereich. Obwohl die Geschäftschancenlehre mit dem Bezug zur gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht im geltenden Recht gut verankert ist, ist doch zu berücksichtigen, dass die Entfaltung dieser Doktrin nicht dazu führen darf, gesetztes Recht, nämlich § 88 Abs. 1 S. 1 AktG zu verdrängen. Wenn der deutsche Gesetzgeber für eine andauernde Wahrnehmung konkurrierender Aufgaben die Möglichkeit zur Legalisierung mittels Einwilligung des Aufsichtsrates vorsieht, muss dies auch für die Inanspruchnahme einzelner grundsätzlich im Gesellschaftsinteresse liegender Chancen gelten. (d) GmbH Für die GmbH gilt das Gleiche. Zwar kann man hier einwenden, im Gegensatz zum Aktiengesetz enthalte das GmbHG kein ausdrückliches Wettbewerbsverbot, so dass sich das Problem der Aushebelung eines normierten Tatbestandes nicht in der gleichen Form stelle. Dem steht aber entgegen, dass der Vorschlag eines kategorischen Verbots der Wahrnehmung von Geschäftschancen bei Publikumsgesellschaften in den spezifischen Kontrollproblemen dieser Organisationsform begründet ist. Für Gesellschaften mbH entspricht es allgemeiner Ansicht, dass die Manager mit Zustimmung des zuständigen Organs Geschäftschancen der Gesellschaft zum eigenen Profit verfolgen dürfen.462

459 Ausführlich zur Interpretation von Fiduciary Obligations als „joint maximization model“ Goetz / Scott, 67 Va.L.Rev. 1089, 1127 ff. (1981); ebenso mit Bezug auf Corporate Opportunities Bainbridge, Corporation Law, S. 327. 460 Nachw. oben in Fußn. 446. 461 Unten (3). 462 Vgl. die oben in Fußn. 448 Genannten.

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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(e) Zwischenergebnis Richtiger Ansicht nach gibt es im deutschen Recht bei Publikumsgesellschaften kein kategorisches Verbot der Wahrnehmung von Geschäftschancen durch das Management. Das folgt einerseits aus der grundrechtlich geschützten Berufsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG, andererseits aus der analogen Anwendung von § 88 Abs. 1 S. 1 AktG. Auch rechtsökonomische Kontrollüberlegungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn selbst wenn man der strengen Lösung folgen wollte, entstünden vergleichbare Kosten nachgelagerter Kontrolle des Vorstands durch den Aufsichtsrat. Darüber hinaus existieren bei der Aktiengesellschaft Kontrollmechanismen, die denen der GmbH vergleichbar sind. Die Geschäftschancenlehre zulasten von Vorständen strenger auszugestalten als bezogen auf Geschäftsführer, unterstellte implizit und ohne rechtstatsächlichen Beleg, dass der Aufsichtsrat in Deutschland seinen Aufgaben nicht nachzukommen pflegt.463 In den folgenden Abschnitten ist näher auszuloten, welche Ausnahmen vom Verbot der Wahrnehmung von Geschäftschancen bestehen und vor allem, wie eine Geschäftschance zu definieren ist. (3) Zuordnung einer Geschäftschance In der Literatur werden – inhaltlich übereinstimmend, aber terminologisch abweichend – zwei Formen der Zuordnung von Geschäftschancen unterschieden. Zunächst kommt eine Zuordnung kraft Sachzusammenhangs in Betracht.464 Davon werden Chancen erfasst, welche in sachlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit der Gesellschaft stehen.465 Weiterhin besteht die Möglichkeit einer Zuordnung kraft konkreter Erwartung.466 Insoweit ist maßgeblich, dass ein Zusammenhang zwischen Geschäftschance und Gesellschaftsinteresse bereits nach außen erkennbar geworden ist.467

Ähnlich Fleischer, NZG 2003, 985 (987). So die Terminologie von Weisser, S. 146 ff., der hier gefolgt wird. Ähnlich etwa Fleischer, NZG 2003, 985 (986) – kraft abstrakter Geschäftsfelder; ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 130; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 168 – Tätigkeitsbereich der Gesellschaft; Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (439) – formale Kriterien; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 67; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 203 – objektive Geschäftschance kraft Gegenstands; Verse, in: Hdb. Managerhaftung, § 20 Rdnrn. 29 ff. 465 Fleischer, NZG 2003, 985 (987); Sieg / Zeidler, in: Hauschka, § 4 Rdnr. 7; Weisser, S. 147. 466 Fleischer, NZG 2003, 985 (986) – kraft konkreter Geschäftsaussichten; ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnrn. 128; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 168 – konkretes Interesse; Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (439, 440) – materielle Kriterien; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 203 – subjektive Geschäftschance durch Konkretisierung; Weisser, S. 164 ff. 467 Fleischer, NZG 2003, 985 (986). 463 464

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

(a) Zuordnung kraft Sachzusammenhangs Der Sachzusammenhang mit der Tätigkeit der Gesellschaft lässt sich grundsätzlich mittels zweier Ansätze ermitteln. Zum einen kann man auf die Satzung abstellen und den Unternehmensgegenstand zur Auslegung heranziehen. Zum anderen bietet sich eine Betrachtung der tatsächlichen geschäftlichen Tätigkeit der Gesellschaft an. Für Wettbewerbsverbote wird ganz herrschend vertreten, der satzungsmäßig bestimmte Unternehmensgegenstand sei nur Ausgangspunkt, nicht aber zugleich Grenze „nach oben“ für die Bestimmung des Geschäftsbereichs.468 Darüber hinaus müssen die tatsächliche Geschäftstätigkeit sowie angrenzende Tätigkeitsfelder berücksichtigt werden.469 Im Bereich der Geschäftschancen ist der satzungsmäßig bestimmte Unternehmenszweck nicht maßgeblich.470 Die abweichende Ansicht471 verkennt die unterschiedlichen Zielsetzungen von Wettbewerbsverbot und Geschäftschancenlehre. Während ersteres abstrakt eine Gefährdung der Interessen der Gesellschaft verhindern soll, regelt die Corporate Opportunities Doctrine die Wahrnehmung sich konkret eröffnender Chancen.472 Der Gesellschaft sollen ihr zustehende Möglichkeiten gewahrt bleiben. Es geht nicht darum, dem Geschäftsführer jeden Zugriff auf Geschäftschancen zu verwehren. Aus diesem Grund ist es nicht angebracht, auf die Satzung abzustellen. Anderenfalls bestünde das Risiko, den Schutzzweck der Geschäftschancenlehre in zweifacher Hinsicht zu verfehlen: Bei einer weit gefassten Gegenstandsklausel – in der Praxis der Regelfall – könnte der Geschäftsführer selbst dann nicht auf eine Chance zugreifen, wenn die Gesellschaft niemals auf dem relevanten Geschäftsfeld tätig war oder tätig werden wird.473 Umgekehrt träfen den Geschäftsführer keine Beschränkungen, sofern die Gesellschaft über ihren Satzungsgegenstand hinaus tätig würde. Somit kommt es allein auf die tatsächliche Tätigkeit der Gesellschaft an. 468 s. nur BGH, Urt. v. 5. 12. 1983 – II ZR 242 / 82, BGHZ 89, 162 (170); Armbrüster, ZIP 1997, 1269 (1270), enger für die GmbH ders., ZIP 1997, 1269 (1276), allerdings mit Verweis auf die Chancenlehre in Fußn. 131; Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 88 Rdnr. 21; Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, Anh. § 6 Rdnr. 22; Hüffer, § 88 Rdnr. 3; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 88 Rdnr. 9; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 127; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 88 Rdnr. 14; Staub / Ulmer, § 112 Rdnrn. 15 ff.; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 42. A. A. bspw. Heymann / Emmerich, § 112 Rdnr. 12a, der über die Satzung hinausgehende Tätigkeiten nicht erfassen will. 469 Statt aller Hommelhoff / Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, Anh. § 6 Rdnr. 22; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 163; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 42. Allein auf die tatsächliche Tätigkeit abstellend etwa Tillmann, in: FS Felix, 507 (510 f.). 470 BFH, Urt. v. 11. 06. 1996 – I R 97 / 95, DStR 1996, 1769; Fleischer, NZG 2003, 985 (987); Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 (170); Schiessl, GmbHR 1988, 53 (54); Sieg / Zeidler, in: Hauschka, § 4 Rdnr. 7; Weisser, S. 150. 471 Salfeld, S. 45 f. 472 Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 201. 473 Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 (170); Schiessl, GmbHR 1988, 53 (54); Weisser, S. 150.

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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Um der Gesellschaft nicht unnötig Entwicklungsmöglichkeiten zu beschneiden, sind aber auch angrenzende Tätigkeitsfelder einzubeziehen.474 Rechtsvergleichend kann hier die US-amerikanische Rechtsprechung zum Line of Business Test herangezogen werden. Diese berücksichtigt ebenfalls potentielle Tätigkeitsfelder.475 Prinzipiell ist der Tätigkeitsbereich weit zu fassen.476 Der Hinweis auf Schwierigkeiten bei der Umsetzung in der Rechtspraxis477 ist richtig, ändert aber nichts daran, dass es der Entwicklung von Zuordnungsmaßstäben bedarf.478 Angesichts der Vielfalt an Möglichkeiten wirtschaftlicher Betätigung ist es sogar erforderlich, Maßstäbe nutzen zu können, die flexibel genug sind, die unterschiedlichsten Situationen zu bewältigen. (b) Zuordnung kraft konkreter Erwartung Bei der Zuordnung kraft konkreter Erwartung handelt es sich um einen Maßstab, der ähnlich auch im US-amerikanischen Recht in Form des Expectancy bzw. Interest Test existiert.479 Damit werden vor allem Chancen erfasst, welche außerhalb eines sachlichen Zusammenhangs mit der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft liegen.480 Die Rechtfertigung für die Zuordnung solcher Chancen liegt darin, dass der Gesellschaft der Zugriff gerade auch auf noch nicht gefestigte Erwerbsaussichten gesichert werden soll.481 Problematisch hierbei ist die Definition einer konkreten Erwartung. Nähert man sich dieser Frage begrifflich, lassen sich folgende Ausgangspunkte entwickeln: Eine „Erwartung“ richtet sich auf einen künftig eintretenden Zustand, dessen Entstehung gegenwärtig noch nicht feststeht. „Konkret“ bedeutet, dass ein individualisierbarer Umstand im Hinblick auf die Erwartung existiert. Hieraus lassen sich Leitlinien zum Auffinden konkreter Erwartungen ableiten: Nicht erforderlich, aber in jedem Fall ausreichend ist eine vertragliche Absicherung des Geschäfts.482 Die Individualisierung wird hier mittels des Vertrags erreicht, der zugleich auf einen in der Zukunft herzustellenden Zustand abzielt. Es genügt aber bspw. nicht, wenn ein Unternehmen, welches derzeit Fahrzeugteile herstellt, ohne weitere Planung im Rahmen einer Strategiediskussion für 474 Fleischer, NZG 2003, 985 (987); Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 (170); Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 45; Schiessl, GmbHR 1988, 53 (54); Verse, in: Hdb. Managerhaftung, § 20 Rdnr. 31; Weisser, S. 152. A. A. Sieg / Zeidler, in: Hauschka, § 4 Rdnr. 7. 475 Oben dd)(1)(a). 476 Hopt, in: Großkomm/AktG4, § 93 Rdnr. 168; Mertens, in: KölnKomm /AktG, § 93 Rdnr. 67. 477 Abeltshauser, S. 380. 478 Das lässt sich auch nicht mit der von Abeltshauser, S. 380, befürworteten Regel beheben, eine Geschäftschance im Zweifelsfall der Gesellschaft zuzuordnen. Das setzt bereits logisch voraus, dass es in bestimmten Fällen keine Zweifel gibt, eine Abgrenzung also klar ist. Für diese Feststellung muss man sich bestimmter Kriterien bedienen. 479 Weisser, S. 164. Zum Expectancy bzw. Interest Test s. oben dd)(1)(b). 480 Weisser, S. 164. 481 Weisser, S. 164. 482 Fleischer, NZG 2003, 985 (986); ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 128.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

die nächsten Jahre überlegt, zusätzlich Bankgeschäfte anzubieten, um seinen Markt für Privatkunden zu erweitern. Während man hier zwar unter Umständen von einer Erwartung sprechen kann (die Entstehung des Zustands „Angebot von Bankgeschäften“ ist ungewiss), fehlt es an hinreichender Individualisierung. Es wurde noch nichts unternommen, um den Eintritt des Zustands herbeizuführen. Entlang dieses gesellschaftsrechtlichen Ariadnefadens lassen sich die in der Literatur und Rechtsprechung diskutierten Einzelfälle entscheiden: (aa) Kontaktaufnahme mit Dritten Macht ein Dritter dem Geschäftsführer der Gesellschaft als solchem ein Angebot, liegt eine konkrete Erwartung vor.483 Die Beziehung ist kraft der Ansprache des Geschäftsführers individualisiert. Außerdem beinhaltet das Angebot einen möglicherweise künftig eintretenden Zustand. Hiergegen wird argumentiert,484 in dem der zitierten Entscheidung des BGH485 zugrunde liegenden Fall sei die Sache letztlich an einen anderen verkauft worden, was ein mangelndes Interesse des Verkäufers impliziere. Das geht indes an der Sache vorbei. Es kommt nicht auf die Sicht des Dritten an, sondern auf das Interesse der Gesellschaft. Maßgeblich ist dabei eine Betrachtung ex ante, also zum Zeitpunkt des Angebots.486 Ließe man den in der Literatur vorgebrachten Einwand zu, böte sich dem Geschäftsleiter eine zu einfache Rechtfertigungsmöglichkeit: Immer wenn er statt der Gesellschaft mit einem Dritten kontrahierte, müsste man eine Zuordnung verneinen. Gerade dies soll aber verhindert werden. (bb) Vertragsverhandlungen und Gesellschafterbeschlüsse Haben bereits Vertragsverhandlungen stattgefunden, liegt eine konkrete Erwartung vor.487 Gleiches gilt, sofern bereits ein wirksamer Gesellschafterbeschluss zur Wahrnehmung der Geschäftschance existiert.488 Weiterhin genügt es, wenn die Gesellschaft selbst bloß Interesse an der Geschäftschance geäußert hat.489 483 BGH, Urt. v. 8. 05. 1967 – II ZR 126 / 65, GmbHR 1968, 141 mit zust. Anm. Schaudwet, 142; Buyer, BB 1993, 2057 (2060); Fleischer, in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 128; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 169; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 67; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 204; Timm, GmbHR 1981, 177 (180). A. A. Weisser, S. 166. 484 Weisser, S. 166. 485 Urt. v. 8. 05. 1967 – II ZR 126 / 65, GmbHR 1968, 141. 486 Vgl. gleichsinnig BGH, Urt. v. 24. 11. 1975 – II ZR 104 / 73, WM 1976, 77 (78). 487 Statt aller: BGH, Urt. v. 8. 05. 1998 – II ZR 229 / 88, WM 1989, 1216 (1217); Buyer, BB 1993, 2057 (2060); Fleischer, NZG 2003, 985 (986); Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 169; Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 67; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 45; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 204; Weisser, S. 166 (mit Einschränkungen). Anders noch Lagarde v. Anniston Lime & Stone Co., 126 Ala. 496 (Ala. 1899), s. dazu oben II.2.a)bb). 488 Statt aller: BGH Urt. v. 8. 05. 1998 – II ZR 229 / 88, WM 1989, 1216 (1217 f.); Fleischer, NZG 2003, 985 (986); Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 169; Merkt, ZHR 159

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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(4) Maßstäbe der Offenlegung490 In den einschlägigen US-Urteilen wird „full disclosure“ aller „material facts“ gefordert.491 „Material fact“ ist dabei all das, was einer Person wichtig sein kann, ein Geschäft zu unternehmen oder zu unterlassen.492 Zu den offen zu legenden Tatsachen gehört, dass der Director erklärt, welches Interesse er an der eigennützigen Wahrnehmung der Geschäftschance hat.493 Auch im deutschen Recht ist eine vollständige Offenlegung aller Umstände erforderlich, die für die Entscheidung von Belang sein können.494 Einen festen Katalog an darzulegenden Fakten kann es angesichts der vielfältigen Arten von Geschäftschancen nicht geben. Zu den Mindestanforderungen zählt aber die Offenlegung der Existenz sowie der Art der Chance. Weiterhin hat der Geschäftsleiter preiszugeben, wie er die Corporate Opportunity nutzen will.495 Darüber hinaus bedarf es der Erläuterung, was bisher für die Realisierung der Geschäftschance zugunsten der Gesellschaft getan wurde.496 Außerdem muss der Geschäftsleiter erklären, warum die Gesellschaft die Geschäftschance nicht wahrnehmen sollte497 und was dafür spricht, dass er selbst sie nutzt. Zusätzlich ist eine Darstellung der Folgen einer Freigabe für die Gesellschaft notwendig.498 Das steht im Einklang mit den Grundsätzen der „Süssen“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wo(1995), 423 (439); Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 45; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 204. Ein nichtiger Beschluss reicht jedoch nicht aus, s. Hopt m. Nachw. 489 Statt aller: BGH, Urt. v. 24. 11. 1975 – II ZR 104 / 73, WM 1976, 77 – in dem Sachverhalt war der Geschäftsführer beauftragt, für die Eröffnung von Tankstellen geeignete Grundstücke zu suchen; Fleischer, NZG 2003, 985 (986); Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 120; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 169. 490 Zuständig für die Freigabe ist wegen der analogen Anwendung von § 88 Abs. 1 S. 1 AktG der Aufsichtsrat, bei einer GmbH ohne Aufsichtsrat nach h. M. die Gesellschafterversammlung, s. Fleischer, NZG 2003, 985 (990); Kübler, FS Werner, 437 (440); Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 (171); Merkt, ZHR 159 (195), 423 (445); Polley, 150; Sieg / Zeidler, in: Hauschka, § 4 Rdnr. 12; Weisser, S. 213. 491 Z. B. Demoulas v. Demoulas Super Markets, Inc., 677 N.E.2d 159, 180, 424 Mass. 501 (Mass. 1997); Havlicek / Fleisher Enterprises Inc. v. Bridgeman, Jr., 788 F.Supp. 389, 399 (U.S.Dist. E.Wisc. 1992). 492 Havlicek / Fleisher Enterprises Inc. v. Bridgeman, Jr., 788 F.Supp 389, 399 (U.S.Dist. E. Wisc. 1992). 493 Havlicek / Fleisher Enterprises Inc. v. Bridgeman, Jr., 788 F.Supp 389, 399 (U.S.Dist. E. Wisc. 1992). 494 Statt aller: BGH, Urt. v. 10. 02. 1977 – II ZR 79 / 75, GmbHR 1977, 129 (130); Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 167; Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (445); Polley, S. 149; Röhricht, WPg 1992, 766 (770); Timm, GmbHR 1981, 177 (185); Weisser, S. 206. 495 Ähnlich BGH, Urt. v. 10. 02. 1977 – II ZR 79 / 75, GmbHR 1977, 129 (130), wo das Gericht auf die Absicht der Gesellschafter abstellte, eine Chance ausschließlich einer anderen Gesellschaft zugute kommen zu lassen. 496 Timm, GmbHR 1981, 177 (183); Weisser, S. 207. 497 Weisser, S. 207. 498 Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (445).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

nach die Befreiung von einem satzungsmäßigen Wettbewerbsverbot der sachlichen Rechtfertigung bedarf.499 (5) Rechtfertigung der Wahrnehmung von Geschäftschancen Aus der Sicht von Geschäftsleitern sind Situationen denkbar, die die Einholung der Einwilligung des für die Freigabe zuständigen Organs entbehrlich erscheinen lassen. Immer wieder versuchen sich Manager etwa damit zu rechtfertigen, die Gesellschaft sei nicht in der Lage gewesen, die Chance selbst wahrzunehmen [dazu (a)] oder die Kenntnis von der Geschäftschance stamme aus der Privatsphäre des Managers [dazu (b)]. (a) Finanzielle Leistungsfähigkeit und rechtliches Unvermögen der Gesellschaft Reichen die vorhandenen finanziellen Mittel der Gesellschaft nicht aus, muss sich der Geschäftsführer um eine anderweitige Finanzierung bemühen.500 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass anderenfalls der verfehlte Anreiz für Geschäftsführer entstünde, die Suche nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten nicht mit voller Kraft zu betreiben.501 Für rechtliche Hinderungsgründe kann nichts anderes gelten.502 Diese strikte Sichtweise ist notwendig, um angesichts des Fehlens objektiver Maßstäbe für die jeweils sachgerechte Maßnahme Missbräuchen vorzubeugen.503 Man mag einwenden, dass eine Vorlage an die Gesellschaft sinnlos sei, wenn sie rechtlich an der Wahrnehmung der Geschäftschance gehindert ist. Dieser Einwand greift jedoch zu kurz. Denn zum einen muss der Gesellschaft die Möglichkeit gegeben werden, bestehende Hindernisse auszuräumen.504 Zum anderen besteht die Gefahr, dass der Vorstand voreilig von der Existenz rechtlicher Hindernisse ausgeht, um sich die Chance selbst aneignen zu können. 499 BGH, Urt. v. 16. 02. 1981 – II ZR 168 / 79, BGHZ 80, 69 (74). Allerdings bedarf es keiner Verhältnismäßigkeitsprüfung; den Verzicht als Geschäftsführungsmaßnahme auf diese Weise zu prüfen, macht wenig Sinn, Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 (172); Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (444 f.). 500 BGH, Urt. v. 23. 09. 1985 – II ZR 257 / 84, WM 1985, 1444 (1445); Buyer, BB 1993, 2057 (2060); Fleischer, NZG 2003, 985 (988); ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 134; Janke, Treuepflicht, S. 61; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 124; Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 171; Röhricht, WPg 1992, 766 (770). 501 Clark, S. 243; Fleischer, NZG 2003, 985 (988); Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (444); Polley, S. 145. 502 Fleischer, NZG 2003, 985 (988); Polley, 145; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 208; Sieg / Zeidler, in: Hauschka, § 4 Rdnr. 11; Timm, GmbHR 1981, 177 (182). A. A. Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 (171); für kartellrechtliche Verbote auch Grundmann, Treuhandvertrag, S. 454. 503 BGH, Urt. v. 16. 02. 1981 – II ZR 168 / 79, BGHZ 80, 69 (74); Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (443 f.); Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 208. 504 Fleischer, NZG 2003, 985 (988); Polley, S. 145.

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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(b) Private und amtliche Kenntniserlangung Der Modus der Kenntniserlangung, privat oder amtlich, spielt grundsätzlich keine Rolle.505 Die hiergegen im Schrifttum geäußerte Kritik506 überzeugt nicht. Danach beschränkt eine derart rigorose Sichtweise den Wettbewerb über Gebühr, da Geschäftsleiter in ihrer Angestelltenstellung festgehalten und damit Neugründungen von Unternehmen sowie der Wettbewerb um fähige Geschäftsleiter unterbunden würden.507 Diese Argumentation ermöglicht Manipulationen vielfältiger Art.508 Im Zweifel wird sich ein Geschäftsleiter stets darauf berufen, er habe privat Kenntnis erlangt.509 Andererseits wird zu Recht betont, eine auf die Unteilbarkeit der Treuepflicht abstellende Argumentation setze das Durchschlagen der Pflicht zur Amtstreue auf die Privatsphäre des Geschäftsleiters bereits voraus, obwohl eine so weit reichende Einschränkung der freien privaten Entfaltung erst noch zu begründen wäre.510 Nicht überzeugend ist allerdings das Argument, es sei wenig wahrscheinlich, dass Geschäftsleiter ohne zusätzliche Vergütung bereit wären, privat erlangte Kenntnisse an die Gesellschaft weiterzuleiten. 511 Auf die tatsächliche Wahrschein505 BGH, Urt. v. 23. 09. 1985 – II ZR 246 / 84, WM 1985, 1443 (Druckmittelzylinderfall); OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 13. 05. 1997 – 11 U (Kart) 68 / 96, GmbHR 376 (378); Janke, Treuepflicht, S. 60; Goette, DStR 1998, 1137 (1139); Grundmann, Treuhandvertrag, S. 434 f., 446; Michalski / Haas, § 43 Rdnr. 121; Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162 (171); Mertens, in: KölnKomm / AktG, § 93 Rdnr. 67; Paefgen, in: Großkomm / GmbHG9, § 43 Rdnr. 45; Polley, S. 140 f.; Röhricht, WPg 1992, 766 (771); Salfeld, S. 44 f.; Schiessl, GmbHR 1988, 52 (55); Weisser, S. 171; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 35 Rdnr. 41 a. E. Das gelegentlich als abweichende Entscheidung angeführte Urteil des BGH v. 8. 05. 1989 – II ZR 229 / 88, WM 1989, 1216, enthält keine andere Aussage. Hinsichtlich des Verbotes zulasten eines Kommanditisten, Geschäftschancen an sich zu ziehen, führte das Gericht lediglich aus, dass die Voraussetzungen der Zuordnung einer Chance zur Gesellschaft nicht allgemein bestimmbar seien. Einer dieser Fälle liege aber vor, wenn die Gesellschaft als erste Geschäftsberührung hatte und der Kommanditist in Gesellschaftereigenschaft von der Chance erfahren hat, WM 1989, 1216 (1217). Daraus lässt sich nicht umgekehrt ableiten, dass die private Kenntniserlangung nach dem BGH Anlass für eine andere Beurteilung bietet. Er hat darüber nicht entschieden. 506 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 169; vermittelnd Fleischer, NZG 2003, 985 (989); ders., in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 36; ders., NJW 2006, 3239 (3240); ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 136 – Freundschaft und Familienkreis als mögliche Quellen im Rahmen eines Mehrfaktorentests sowie Beweislast beim Geschäftsleiter. 507 Hopt, in: Großkomm / AktG4, § 93 Rdnr. 170. 508 Fleischer, NZG 2003, 985 (989); ders., in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 36; Schiessl, GmbHR 1988, 52 (54 f.); Weisser, S. 171. 509 Fleischer, NZG 2003, 985 (989); ders., in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 36; Schiessl, GmbHR 1988, 52 (55). 510 Fleischer, NZG 2003, 985 (989); ders., in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 36; ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 136. 511 So Fleischer, NZG 2003, 985 (989); ders., NJW 2006, 3239 (3240); ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 136.

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

lichkeit der Informationsweiterleitung oder Bereitwilligkeit der Geschäftsleiter hierzu kommt es nicht an, wenn eine entsprechende Pflicht besteht. Wie bereits erörtert, haben es die Geschäftsleiter in der Hand, diese Einschränkungen im Vorfeld mittels entsprechender Vergütungsvereinbarungen zu kompensieren.512 Die Gesellschaft kann davon ausgehen, dass eine bestehende Vereinbarung die Einhaltung sämtlicher Pflichten des Geschäftsleiters abdeckt.513 Abgesehen von den auftretenden Abgrenzungsproblemen514 verpflichtet sich dieser nämlich zur alleinigen Förderung der Interessen der Gesellschaft. Aus deren Sicht ist es unerheblich, wie der Geschäftsleiter an wichtige Geschäftschancen gelangt. Sie vergütet ihn dafür, ihr Geschäft bestmöglich zu fördern. Von der Warte dieses Optimierungsgesichtspunktes aus ist es unerheblich, in welcher Eigenschaft die entscheidende Kenntnis erlangt wurde. Da andererseits aber angesichts des grundrechtlichen Schutzes freier Entfaltung und freier Berufsausübung ein umfassendes Verbot zulasten der Geschäftsleiter, privat erlangtes Wissen auch privat zu verwerten, zu weit ginge, bedarf es der Wahrung einer Balance. Nach § 93 Abs. 2 S. 2 AktG liegt die Beweislast bei den Vorstandsmitgliedern. Gleiches gilt für die Geschäftsführer einer GmbH.515 Damit müssen die Geschäftsleiter den Nachweis erbringen, auch tatsächlich nicht in ihrer Eigenschaft als Vorstand bzw. Geschäftsführer von der Chance erfahren zu haben. Das rechtfertigt es, zumindest für den Familien- und Freundeskreis eine Ausnahme zu machen.516 Damit erhält man ein grundsätzliches Verbot, privat erlangte Geschäftschancen zu verwerten, das nur in seltenen Fällen durchbrochen werden kann. Auf der anderen Seite eröffnet man Geschäftsleitern wenigstens die Möglichkeit, sich in eng begrenzten Ausnahmefällen auf die private Kenntniserlangung zu berufen. Die Interessen der Gesellschaft bleiben gewahrt, weil nicht sie, sondern der Vorstand bzw. Geschäftsführer im Streitfall die Beweislast trägt.

Oben (2)(c). Ähnlich Grundmann, Treuhandvertrag, S. 446 (Vermutung dafür, dass Vollzeitgeschäftsführer jeden Kontakt verkauft haben, der für die Gesellschaft von Nutzen sein kann). Kritisch Fleischer, NJW 2006, 3239 (3240). 514 Schönes Beispiel bei Clark, S. 230: Ein Geschäftsleiter wird zu einer Party eingeladen. Ein Gast teilt ihm eine Geschäftschance mit. Sofern die Gastgeberin den Geschäftsleiter nur wegen seiner Stellung eingeladen hat, ist fraglich, ob hier eine private oder amtsbezogene Kenntniserlangung vorliegt. 515 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, § 43 Rdnr. 36. 516 Fleischer, NZG 2003, 985 (989); ders., in: ders. (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 9 Rdnr. 36; ders., NJW 2006, 3239 (3240); ders., in: Spindler / Stilz, § 93 Rdnr. 136; Scholz / U. H. Schneider, § 43 Rdnr. 205; Verse, in: Hdb. Managerhaftung, § 20 Rdnr. 33; a. A. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 13. 05. 1997 – 11 U (Kart) 68 / 96, GmbHR 376 (378); Schiessl, GmbHR 1988, 52 (55). 512 513

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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(c) Passive Vermögensanlage Es bleibt noch die Frage, ob eine Ausnahme hinsichtlich der auch von Brudney und Clark für möglich gehaltenen passiven Investments517 für das deutsche Recht ebenfalls in Betracht kommt.518 Einen Ansatz bietet erneut § 88 Abs. 1 S. 1 AktG. „Geschäftemachen“ i. S. v. § 88 AktG erfasst jede auf Gewinnerzielung gerichtete Teilnahme am geschäftlichen Verkehr, die nicht nur persönlichen Charakter hat wie etwa die Anlage eigenen Vermögens.519 Auch das Aktiengesetz unterscheidet also zwischen verschiedenen Formen von „Investments“. Eine ähnliche Differenzierung gilt hinsichtlich des Betriebs eines Handelsgeschäfts. Da insoweit die §§ 1 ff. HGB greifen,520 bedarf es hier ebenfalls einer Betätigung in einem gewerblichen Umfang. Wiederum sind daher private Vermögensanlagen ausgenommen, die keinen Einfluss auf ein Handelsgewerbe eröffnen. Hieraus lassen sich zwei Kriterien ableiten: Erstens geht es um die Anlage eigenen Vermögens, zweitens um die Größenordnung der Investition. Deutet letzteres Kriterium in Richtung einer Unterscheidung aktiver und passiver Investments i. S. der Vorgaben von Brudney und Clark, zielt der erstgenannte Aspekt auf etwas anderes ab, nämlich den Ursprung der Investition. Hierin liegt der Kern zur genaueren Begrenzung eines Ausnahmetatbestandes: Bei der Geschäftschancenlehre geht es um die Zuordnung von Informationen zur Gesellschaft als Wertposition.521 Vor diesem Hintergrund legt hier nur derjenige eigenes Vermögen an, der sich nicht eines Informationswertes der Gesellschaft bedient.522 Aus Sicht der Gesellschaft ist der Umfang der Investition unerheblich – auch ein „kleiner“ Missbrauch ist ein Missbrauch. Im Ergebnis sind somit private / passive Investments (nur) dann ausgenommen, wenn sie ein doppelte Qualifizierung erfüllen: Zunächst dürfen sie nicht auf der Verwertung von Gesellschaftsinformationen beruhen. Außerdem dürfen sie hinsichtlich ihres Umfangs keinesfalls als Teilnahme am geschäftlichen Verkehr zu werten sein. In diesem Fall greift nämlich die Geschäftschancenlehre dahingehend, dass es sich hier um ein Geschäftsfeld handelt, das der Geschäftsleiter kraft Amtes hätte der Gesellschaft eröffnen müssen.

94 Harv.L.Rev. 997, 1036 f. (1981). Dafür etwa Kübler, FS Werner, 437 (447); der Tendenz nach auch Polley, S. 104 (allerdings ohne Zusammenhang mit Brudney / Clark). Vgl. auch BGH, Urt. v. 9. 07. 1979 – II ZR 125 / 77, WM 1979, 1328 (1330): Ein Vorstandsmitglied baut 24 Altenwohnungen parallel zu einem Bauvorhaben der AG über 62 solcher Wohungen; der BGH beurteilte die Tätigkeit allein schon wegen ihres Umfangs als nicht mehr als private. Kritisch Weisser, S. 115. 519 BGH, Urt. v. 17. 02. 1997 – II ZR 278 / 95, NJW 1997, 2055 (2056); Hüffer, § 88 Rdnr. 3; Spindler, in: MünchKomm / AktG, § 88 Rdnr. 12. 520 Hüffer, § 88 Rdnr. 3. 521 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 435. 522 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 435. 517 518

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

(d) Persönlicher Bedarf als Ausnahme Eine weitere Ausnahme stellen Geschäfte dar, die der Deckung des persönlichen Bedarfs der Geschäftsleiter zu dienen bestimmt sind. Das deckt sich mit der Auslegung von § 88 AktG. Auch hier hat der Bundesgerichtshof eine Teilnahme am geschäftlichen Verkehr ausgenommen, die zur Befriedigung eigener privater Bedürfnisse erfolgt.523 An dieser Stelle gilt aber ebenfalls die oben dargestellte Voraussetzung, dass es sich nicht um die Verwertung von der Gesellschaft zustehenden Informationen handelt. (6) Weitergabe an Berater Die Weitergabe an Berater ist wie schon im Zusammenhang mit den Verschwiegenheitspflichten ohne weiteres möglich. Die Informationsweitergabe an Berater ist keine Inanspruchnahme einer Geschäftschance der Gesellschaft. Der Berater soll nur die Zulässigkeit der Inanspruchnahme prüfen, nicht aber bei der Realisierung helfen. (7) Bedeutung für die inhaltliche Ausgestaltung der Aufklärungspflichten Für die inhaltliche Ausgestaltung der Aufklärungspflichten aus culpa in contrahendo bedeutet die weit gehende Beschränkung der Geschäftsleiter hinsichtlich der eigennützigen Wahrnehmung von Geschäftschancen, dass die Manager diese offenlegen müssen, sofern es sich um Chancen der Gesellschaft handelt. Selbst wenn es bei der Aufklärung der Gesellschafter nicht um die Freigabe von Geschäftschancen geht, stellt sich doch das Problem der Zuordnung von Werten. Aus den gleichen Gründen, die zur Herleitung der Aufklärungspflicht führen,524 müssen die Geschäftschancen erläutert werden. Denn auch insoweit verfügen die Manager über einen von den Gesellschaftern nicht zu überwindenden Informationsvorsprung.

b) Konkretisierung der Offenbarungspflicht aa) Stille Reserven Sollen die Gesellschafter eine informierte Entscheidung treffen können, müssen sie um den tatsächlichen Wert des Unternehmens und damit auch ihrer Anteile wissen.525 Ein maßgeblicher Faktor sind dabei stille Reserven.526 Im AnwendungsBGH, Urt. v. 17. 02. 1997 – II ZR 278 / 95, NJW 1997, 2055 (2056). Oben B.III.1.b). 525 Fleischer, AG 2000, 309 (316); Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97 (103); M. Weber, Treubindungen, S. 279. 526 Fleischer, AG 2000, 309 (316); Harbers, S. 69; Heidemann, S. 238; Koppensteiner, ZHR 151 (1991), 97 (110); M. Weber, Treubindungen, S. 284. 523 524

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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bereich des deutschen Handelsbilanzrechts liegen hier wahre „Schätze“ verborgen. Selbst wenn diese nicht bilanziell ausgewiesen sind, stellen sie doch tatsächlich wesentliche Vermögenswerte dar, die allein dem Gesellschaftsvermögen zuzurechnen sind. Deshalb fallen sie in den Bereich des von der Geschäftsleitung zu verwaltenden und zu mehrenden Vermögens der Gesellschaft527 und bilden damit eine Berechnungsgrundlage für die Bewertung der Anteile an dieser. Zur Konkretisierung der Anforderungen an die Darstellung des Unternehmenswertes lässt sich ein US-amerikanisches Urteil heranziehen: Der Delaware Supreme Court entschied im Zusammenhang mit den Offenlegungspflichten eines Mehrheitseigners, dieser habe den Unternehmenswert korrekt darzustellen.528 Er bezog sich dabei ausdrücklich auf die Aufklärungspflichten eines Directors529 und kann daher auch hier berücksichtigt werden. Im Angebot wurde der Wert einer einzelnen Aktie als nicht unter USD 16 angegeben, obwohl er tatsächlich mindestens mit USD 20 anzusetzen war. In der Summe machte das einen Unterschied in der Bewertung der net assets von über 50 Millionen Dollar aus. Das Gericht hielt es nicht für ausreichend, dass die 16 Dollar lediglich als Mindestwert beschrieben wurden und zugleich darauf hingewiesen wurde, der wahre Wert könne wesentlich höher liegen. Die Angabe sei zwar technisch richtig, biete aber in ihrer Allgemeinheit keinen Ersatz für „harte Fakten“.530 Wenn zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden zu divergierenden Werten führten, dürfe das Management der Zielgesellschaft nicht nur die aus eigener Sicht genauere zugrunde legen, sondern müsse beide darstellen.531 Diese Rechtsprechung wurde später vom gleichen Gericht im bekannten Fall Smith v. van Gorkom bestätigt.532 Hier hatte man den wahren Wert erst gar nicht umfassend ermittelt. Vielmehr belief sich das Angebot auf einen Preis, der die Durchführung eines Leveraged Buyouts ermöglichen sollte.533 Der Supreme Court wertete es ausdrücklich als Mangel, dass keine adäquate Information über den wahren Unternehmenswert zur Verfügung gestellt, sondern dieser lediglich auf Grundlage eines niedrigen Börsenkurses berechnet wurde.534 Diese Wertungen lassen sich auf das deutsche Recht übertragen. Ein Einfallstor für die Angabe der Bewertungsmethoden bieten Regelungen des WpÜG: Zum Fleischer, AG 2000, 309 (318). Lynch v. Vickers Energy Corporation, 383 A.2d 278, 281 (Del. 1977) und später im grundlegenden Urteil Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 711 (Del. 1983). 529 Lynch v. Vickers Energy Corporation, 383 A.2d 278, 281 (Del. 1977). 530 „Technically speaking, the language may be accurate; but that kind of generality is hardly a substitute for hard facts when the law requires complete candor.“, Lynch v. Vickers Energy Corporation, 383 A.2d 278, 281 (Del. 1977). 531 Lynch v. Vickers Energy Corporation, 383 A.2d 278, 280 f. (Del. 1977). Hinzu kam im konkreten Fall, dass das den Minderheitsaktionären gemachte Angebot niedriger war als das für den sonstigen Erwerb festgelegte. 532 Smith v. van Gorkom, 488 A.2d 858, 890 ff., 46 A.L.R.4th 821 (Del. 1985). 533 Smith v. van Gorkom, 488 A.2d 858, 891, 46 A.L.R.4th 821 (Del. 1985). 534 Smith v. van Gorkom, 488 A.2d 858, 891, 46 A.L.R.4th 821 (Del. 1985). 527 528

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

einen muss die angebotene Gegenleistung gemäß § 31 Abs. 1 WpÜG und § 3 S. 1 WpÜG-AngV angemessen sein. Legt der Bieter wie in Lynch v. Vickers Energy Corporation seinem Angebot einen deutlich zu niedrig kalkulierten Unternehmenswert zugrunde, spricht das gegen die Angemessenheit des Angebots. Weiterhin sind nach § 2 Nr. 3 WpÜG-AngV die zur Festsetzung der Gegenleistung angewandten Bewertungsmethoden darzustellen und die Begründung, warum die Anwendung dieser Methoden angemessen ist. Auch nach deutschem Recht genügt es also nicht, allein die aus Bietersicht günstige Bewertungsmethode anzuwenden. Vielmehr ist zu erklären, warum ein bestimmter Modus im Gegensatz zu anderen üblichen gewählt wurde. Diese Grundsätze gelten aus den bereits an anderer Stelle erläuterten Gründen nicht nur für die Darstellung in der Angebotsunterlage, sondern sind auch auf die culpa in contrahendo anzuwenden.535 Zwar verlangt das WpÜG gerade nicht, stille Reserven offenzulegen. Wie oben geschildert, sind dessen Vorgaben aber nur Anhaltspunkte, welche Informationen mindestens dargestellt werden müssen. Es verbietet kein Abweichen „nach oben“ im Rahmen anderweitig begründeter Pflichten, sofern sich entsprechende Wertungen finden lassen. Weil es bei der Aufklärungspflicht aus culpa in contrahendo darum geht, dem Verkäufer die Möglichkeit zu eröffnen, einen aus eigener Sicht angemessenen Preis zu bestimmen, bedarf es einer Offenlegung der stillen Reserven. bb) Finanzierungssituation Die Geschäftsleiter sind verpflichtet, die Finanzierung der Gesellschaft zu erläutern. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn das Unternehmen nicht solvent zu sein scheint, so dass die Gesellschafter den Eindruck gewinnen könnten, das Erwerbsangebot biete eine willkommene Möglichkeit, einer schlechten Quote im Fall der Liquidation vorzubeugen. In diesem Sinne entschied auch der Supreme Court of Kansas im Fall Sampson v. Hunt.536 Danach müssen Manager einer Gesellschaft unter anderem darlegen, dass mit einer Bank die Gewährung zusätzlicher Darlehen vereinbart werden konnte, um ein Projekt der Gesellschaft zu finanzieren. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die mittels § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO in Verbindung mit § 7 WpPG in Bezug genommene Verordnung 809 / 2004,537 die in Anhang I Tz. 20.9. vorschreibt, dass wesentliche Veränderungen in der Finanzlage der Emittentin – also hier der Zielgesellschaft – beschrieben werden müssen. Oben D.II.1.a)aa). Sampson v. Hunt, 222 Kan. 268, 564P.2d 489 (Kan. 1977). 537 Verordnung (EG) Nr. 809 / 2004 der Kommission zur Umsetzung der Prospektrichtlinie betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Beweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung vom 29. 04. 2004, in der berichtigten Fassung, ABl. L 186 vom 18. 08. 2005, 3. 535 536

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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cc) Geschäftschancen Umfassend offenzulegen sind schließlich in dem beschriebenen Umfang auch die Geschäftschancen der Gesellschaft.538 Insoweit sind zunächst die oben ausführlich dargestellten Abgrenzungskriterien zu beachten.539 Angesichts der Vielzahl möglicher Chancen und unternehmerischer Grundkonstellationen werden hier unter Rückgriff auf US-Rechtsprechung nur einige Beispiele herausgegriffen, um einen Eindruck zu vermitteln: – Möglichkeit des Kaufs eines Unternehmens, welches gut zu der Zielgesellschaft passt, weil sich die Produktpalette ergänzt und eine Kombination der bisherigen Produkte mit den bisherigen Mitteln und Mitarbeitern ohne weiteres technisch umsetzbar ist;540 im Vergleich zur US-amerikanischen Rechtsprechung sind aber Unterschiede zu beachten, die sich nicht nur aus den vielfältigen Kriterien zur Bestimmung einer Geschäftschance nach dem US-Recht selbst ergeben,541 sondern auch aus Unterschieden zu den deutschen Abgrenzungskriterien. In der Sache Rapistan Corporation v. Michaels542 wurde das Bestehen einer Corporate Opportunity auf Grundlage des Line of Business-Tests i. S. v. Guth v. Loft verneint, weil die Chance – der Erwerb eines in wesentlichem Umfang gleiche Produkte herstellenden Unternehmens – nicht die Überlebensfähigkeit von Rapistan berührte.543 Aus deutscher Sicht hätte aufgrund des existierenden Sachzusammenhangs die Chance der Gesellschaft zugeordnet werden müssen. Dafür spricht vor allem die Gleichartigkeit der tatsächlichen Hauptgeschäftsfelder. – Möglichkeit, für den Ausbau des Betriebs notwendige Grundstücke zu erwerben;544 538 Fleischer, AG 2000, 309 (316); Koppensteiner, ZHR 151 (1991), 97 (102 f.); Rhein, S. 216. 539 Oben a)ee)(3). 540 Plainville Electrical Products Company v. Michaud, 2000 Conn. Super. Lexis 1717 (Conn. 2000); s. auch Regal-Beloit Corporation v. Drecoll, 955 F.Supp. 849 (U.S.Dist. Ill. 1996). 541 Dazu oben a)dd)(1). 542 Rapistan Corporation v. Michaels, 203 Mich. App.301, 511 N.W.2d 918 (Mich.App. 1994); Paulman v. Kritzer, 74 Ill.App. 2d 284, 219 N.E.2d 541 (Ill.App. 1966). 543 „[ . . . ] we conclude that, although plaintiffs are correct in their belief that the business of Alvey was related to the business of Rapistan, the acquisition was not so indispensably necessary to the conduct of the business of Rapistan that the deprivation of the acquisition threatened the viability of Rapistan.“, Rapistan Corporation v. Michaels, 203 Mich.App. 301, 310, 511 N.W.2d 918 (Mich.App. 1994). Sowohl Rapistan als auch die von ehemaligen Managern erworbene Alvey, Inc., stellte Förderbänder her. Diese Produktion machte 2 / 3 des Geschäfts von Alvey aus. Im Übrigen produzierte Alvey Palletiermaschinen, die auf dem für Rapistan relevanten Markt nicht genutzt wurden. 544 BGH, Urt. v. 8. 05. 1989 – II ZR 229 / 88, WM 1989, 1216; Urt. v. 23. 09. 1985 – II ZR 257 / 84, WM 1985, 1444; Urt. v. 24. 01. 1976 – II ZR 104 / 73. Aus der US-Rechtsprechung: Northeast Harbor Golf Club v. Harris, 661 A.2d 1146 (Me. 1995); Imperial Group (Texas), Inc. v. Scholnick, 709 S.W.2d 358 (Tex.App. 1986).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

– Möglichkeit, ein Alleinvertriebs- / Franchiserecht zu erwerben;545 – Möglichkeit, einen Vertrag über die Erbringung der von der Gesellschaft angebotenen Dienstleistungen546 oder über die Lieferung von Produkten der Gesellschaft abzuschließen.547

Neben diesen Chancen im Sinne noch nicht verwirklichter Tatbestände stehen die gleichfalls zu offenbarenden bereits existenten Beziehungen. Das betrifft etwa eine Unterrichtung über die wichtigsten Kunden samt einer Einschätzung des Wertes der Kundenbeziehung sowie die unternehmensinterne Planung der künftigen Geschäftsentwicklung.548 2. Gesellschaftsexterne Faktoren Unter gesellschaftsexternen Faktoren sind solche Informationen zu verstehen, die sich aus den Absichten Dritter im Zusammenhang mit der Gesellschaft ergeben. a) Zukünftige Pläne Zukünftige Pläne der Erwerber mit der Gesellschaft sind mitzuteilen.549 Hiergegen wird eingewandt, diese Pläne seien noch nicht verfestigt genug, um sie als Treugut der Gesellschaft einordnen zu können.550 Gestützt wird dies mit einem Verweis auf die Geschäftschancenlehre sowie auf das Insiderrecht, wonach die Umsetzung eines eigenen Beschlusses nicht gegen § 14 Abs. 1 WpHG verstoße.551 Wirtschaftlich spiegele sich diese Einschränkung der mitteilungspflichtigen Tatsachen in der Berechnung der angemessenen Abfindung nach §§ 305, 320b AktG wider.552 Insoweit würden ebenfalls nur jene Entwicklungen berücksichtigt, die in den Verhältnissen am Bewertungsstichtag angelegt seien.553 Wertzuwächse, die ihre Grundlage erst in der Zeit nach dem Ausscheiden der außenstehenden Gesellschafter hätten, blieben außer Betracht.554 Außerdem zwinge man die Manager zu Lindenhurst Drugs v. Becker, 154 Ill.App. 3d 61, 506 N.E.2d 645 (Ill.App. 1987). Klinicki v. Lundgren, 298 Ore. 662, 695 P.2d 906 (Ore. 1985) betreffend Aufträge an eine Fluggesellschaft. 547 Central Ry. Signal Co. v. Longden, 194 F.2d 310 (7th Cir. 1952). 548 Bancroft-Whitney Company v. Glen, 64 Cal.2d 327, 411 P.2d 921, 49 Cal.Rptr. 825, A.L.R.3d 795 (Cal. 1966). 549 Harbers, S. 69 f.; Heidemann, S. 238; M. Weber, Treubindungen, S. 284 f. A. A. Fleischer, AG 2000, 309 (317); Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97 (110); Rhein, S. 216 (im Zusammenhang mit öffentlichen Übernahmeangeboten aber tendenziell anders, S. 234). 550 Fleischer, AG 2000, 309 (317). 551 Fleischer, AG 2000, 309 (317). 552 Fleischer, AG 2000, 309 (317). 553 Fleischer, AG 2000, 309 (317). 554 Fleischer, AG 2000, 309 (317). 545 546

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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einer von der Wirklichkeit abweichenden Bewertung oder dazu, ihre Verhandlungsposition zu zerstören.555 Keines dieser Argumente überzeugt. Der Verweis auf die Berechnungsgrundlagen für die Bemessung einer angemessenen Abfindung keine normative Bedeutung. Ist juristisch eine Einbeziehung zukünftiger Entwicklungen geboten, hat sich die betriebswirtschaftliche Berechnung hieran zu orientieren. Zudem hat die Rechtsprechung die Einbeziehung von Plänen keineswegs ausgeschlossen. Der Bundesgerichtshof etwa erkannte ausdrücklich an, dass, „wie das in der Betriebswirtschaftslehre angenommen wird, bei der Bewertung der Ertragserwartung auch die [ . . . ] Absichten der Unternehmensleitung (Betriebsumstellungen usw.) eine Rolle spielen“ können.556 Weiter sei es, „um die Unsicherheit bei der Bewertung des Zukunftsertrages möglichst einzuschränken, sogar angebracht, auch noch die während des Bewertungszeitraumes erkennbare Entwicklung des Unternehmens, wozu [ . . . ] die [ . . . ] Veräußerung einer Unternehmensabteilung gehören könnte, mit in die Bewertung einzubeziehen“.557 Die Wurzeltheorie, wonach spätere Entwicklungen, deren Wurzeln in der Zeit nach dem Bewertungsstichtag liegen, nicht berücksichtigt werden,558 steht der Einbeziehung von Plänen also nicht entgegen.559 Denn insoweit existiert ein zeitlich entsprechend früh gelegter Bezugspunkt. Auch Umstände, die erst später bekannt werden, ihre Wurzel jedoch vor dem Stichtag haben, sind bei der Bewertung grundsätzlich zu berücksichtigen.560 Die Einbeziehung der Pläne der Geschäftsleiter entspricht der Funktion des Erfordernisses einer „Wurzel“. Vermieden werden soll, jede Entwicklung einzubeziehen, für die sich rückwirkend eine irgendwie geartete Kausalkette bilden lässt.561 Was noch verwurzelt ist, bedarf daher einer einzelfallbezogenen Beurteilung.562 Zu berücksichtigen sind zudem stets die Ziele der Bewertung.563 Während bei der Bewertung im Zusammenhang mit für den Rhein, S. 216. BGH, Urt. v. 17. 01. 1973 – IV ZR 142 / 70, DB 1973, 563 (565), Hervorhebung im Text vom Verfasser hinzugefügt. 557 BGH, Urt. v. 17. 01. 1973 – IV ZR 142 / 70, DB 1973, 563 (565), Hervorhebung im Text vom Verfasser hinzugefügt. 558 BGH, Urt. v. 17. 01. 1973 – IV ZR 142 / 70, DB 1973, 563 (565); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2. 04. 1998 – 19 W 3 / 93, WM 1998, 2058 (2062); Fleischer, AG 2000, 309 (317); Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 59. 559 A. A. Fleischer, AG 2000, 309 (315). 560 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2. 04. 1998 – 19 W 3 / 93, WM 1998, 2058 (2062); Hüffer, § 305 Rdnr. 23. 561 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. 02. 1984 – 19 W 1 / 81, WM 1984, 732 (734); Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 60. 562 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. 02. 1984 – 19 W 1 / 81, WM 1984, 732 (734); Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 62. 563 Vgl. nur Bilda, in: MünchKomm / AktG, § 304 Rdnr. 83; Fleischer, GmbHR 1999, 752 (759); Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 25. 555 556

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

Gläubigerschutz relevanten Maßnahmen strenge Maßstäbe sinnvoll sind, kann dies im Fall des Minderheitenschutzes anders sein.564 Bei der Berücksichtigung des Minderheitenschutzes erweist sich – wie zu Recht hervorgehoben wird – „eine formale Grenzziehung bei der Wertermittlung als nicht überzeugend.“565 Entsprechendes gilt hier. In beiden Fällen soll den „Eigentümern“ ein angemessener Preis gezahlt werden. Es kommt insoweit nicht auf Vorsicht aus Gründen des Gläubigerschutzes an. Eine strenge Bewertung im Sinne einer Ausblendung möglichst vieler Unsicherheiten ist nicht notwendig. Bei Plänen der Geschäftsleiter für die Zeit nach dem Buyout handelt es sich nicht um eine Spekulation über die zukünftige Entwicklung. Vielmehr sind solche Absichten in der Praxis regelmäßig vorhanden und ausreichend konkretisiert. Daher besteht kein Widerspruch zur Wurzeltheorie.566 Es ist eine Beweisfrage, ob entsprechende Pläne und / oder Absichten bereits zum Bewertungsstichtag objektiv begründet waren. Im Übrigen ist die zugrunde liegende Interessenlage eine andere: Die außenstehenden Aktionäre im Sinne der §§ 305, 320b AktG erhalten keine Abfindung als Ergebnis von Verhandlungen, sondern in Folge eines von ihnen nicht zu beeinflussenden Kontrollwechsels aufgrund eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages. Es geht insoweit nicht darum, faire Verhandlungsbedingungen herzustellen. Ob die außenstehenden Aktionäre Chancen erkennen oder nicht, ist für die Frage des Kontrollwechsels nicht relevant. Bei einem Buyout stellt sich das Problem der Einbeziehung zukünftiger Pläne demgegenüber im Rahmen der Entscheidungsfindung (d. h. anlässlich der Vertragsverhandlungen) über den Kontrollwechsel. Darüber hinaus ist es nicht erheblich, dass zukünftige Pläne mangels ausreichender Verbindung zur Gesellschaft keine Geschäftschance darstellen. Bei der Geschäftschancenlehre handelt es sich um ein Kriterium unter mehreren, um den Umfang der offen zu legenden Informationen bestimmen zu können. Auch wenn noch keine Geschäftschance existiert, kann trotzdem aus dem Zweck der Aufklärungspflichten, Asymmetrien zu beseitigen, eine Pflicht zur Weitergabe folgen. Gerade der letzte Punkt wird durch das WpÜG gestützt. Wie oben im Zusammenhang mit der Problematik eines allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes im Kapitalmarktrecht dargestellt, sieht § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG eine Pflicht des Bieters vor, seine Absichten im Hinblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft in der Angebotsunterlage preiszugeben. Insbesondere s. Fleischer, GmbHR 1999, 752 (759). Fleischer, GmbHR 1999, 752 (759). 566 Die von Fleischer, AG 2000, 309 (317), zitierte Entscheidung BGH, Urt. v. 9. 11. 1998 – II ZR 190 / 97, GmbHR 1999, 31, widerspricht dem nicht. Die Aussage im Urteil zu zukünftigen Erfolgschancen ist allgemein gehalten und gibt nur die oben beschriebenen allgemeinen Grundsätze wieder. Zudem stellt der BGH, a. a. O., 31 (32), auf den „Regelfall“ ab, so dass Raum für eine einzelfallbezogene Betrachtung bleibt. 564 565

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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kommt es – wie oben ebenfalls ausgeführt – nicht auf förmliche Beschlüsse an. Aus Sicht des Gesetzgebers gehört diese Angabe also zu einer der wesentlichen Informationen, die der Bieter übermitteln muss. Wenn das schon ohne enge Verbindung in Vertragsverhandlungen so ist, spricht alles dafür, diese Wertung erst recht auch für eine Verhandlungssituation zu übernehmen. Inhaltlich erstreckt sich die Mitteilungspflicht etwa auf mögliche Abspaltungen, Veränderungen der Kapitalstruktur sowie Verschmelzungen mit anderen Gesellschaften.567 b) Kaufangebote Dritter Die Geschäftsleiter sind verpflichtet, Kaufangebote Dritter mitzuteilen.568 Diese Pflicht erstreckt sich nicht nur auf höhere Angebote,569 sondern auch auf niedrigere. Den Gesellschaftern muss selbst vorbehalten bleiben, mit wem sie kontrahieren. Für sie sind unter Umständen lediglich nur monetäre Aspekte eines höheren Angebots interessant, sondern etwa auch die mit einem Erwerb verbundenen Änderungen in der Geschäftspolitik der zukünftigen Anteilseigner. Will man über die Informationspflichten eine eigenverantwortliche Entscheidung der Gesellschafter in Kenntnis sämtlicher relevanter Daten ermöglichen, gehört dazu auch, über den Angebotsmarkt aufzuklären. Die Aufklärung hierüber ist damit Teil der allgemeinen Pflichten aus culpa in contrahendo,570 da im Zweifel ausschließlich die erwerbswilligen Manager genügend Einblick in den Markt haben, um die Lage einschätzen zu können. Auch der Supreme Court of Appeals of West Virginia entschied, bereits laufende Vertragsverhandlungen über die Veräußerung der Gesellschaft an einen Dritten seien den Gesellschaftern mitzuteilen, wenn der Geschäftsleiter von ihnen Anteile kaufen möchte.571 c) Entscheidungswert Eine der wesentlichen Fragen im Zusammenhang mit den Offenbarungspflichten eines Geschäftsleiters, der an einem Buyout beteiligt ist, betrifft den Betrag, den er höchstens zu zahlen bereit ist (sog. Entscheidungswert). Niemand wird in Verhand567 Vgl. nur Geibel / Süßmann, in: dies., § 11 Rdnrn. 23 f.; Seydel, in: KölnKomm / WpÜG, § 11 Rdnr. 68; Thoma, in: Baums / Thoma, § 11 Rdnr. 67. 568 Fleischer, AG 2000, 309 (316). Da es sich nicht um eine Frage von Informationspflichten handelt, bleibt das Problem einer Pflicht der Geschäftsleiter zur Einholung von Angeboten Dritter i. S. der US-Rechtsprechung in der Sache Revlon v. MacAndrews & Forbes Holdings, Inc., 506 A.2d 173 (Del. 1985), ausgeblendet. 569 So Fleischer, AG 2000, 309 (316). 570 Ähnlich Fleischer, AG 2000, 309 (317): Pflicht zur treuhänderischen Rechenschaftspflicht. 571 Bailey v. Vaughan, 178 W.Va. 371, 359 S.E.2d 599 (W.Va. 1987).

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

lungen eintreten, der keinen Verhandlungsspielraum mehr hat, weil die Gegenseite bereits weiß, was sie verlangen kann – und im Zweifel auch verlangen wird. aa) US-Recht Rechtsvergleichend gibt vor allem das Urteil in Sachen Weinberger v. UOP572 zu denken: Signal hielt 50,5 % Anteile an UOP und beabsichtigte, auch die übrigen 49,5 % zu erwerben. Zwei Mitglieder des Board of Directors von UOP, die zugleich Positionen als Officers bei Signal innehatten, erstellten für Signal eine Machbarkeitsstudie, in der sie die Preisobergrenze mit 24 Dollar bezifferten. Der Marktpreis belief sich zu dieser Zeit auf 14 Dollar. Das Board von Signal bot dem UOP-Board einen Betrag von 21 Dollar pro Anteil an. Auf Seiten von UOP kannten nur der ebenfalls auf Seiten Signals stehende UOP-CEO sowie vier weitere, gleichermaßen Signal zugehörige Directors die Studie. Das Gericht entschied, diese Vorgehensweise entspreche nicht den Anforderungen des „fair dealing“.573 Obwohl dem UOP-Board eine Fairness Opinion vorlag, sei den Outside Directors von UOP eine wesentliche Information vorenthalten worden.574 Weiterhin stellte der Delaware Supreme Court darauf ab, dass auch den Minderheitsaktionären die „ critical information“ der Ansicht Signals nicht offenbart worden sei, ein Preis bis zu 24 Dollar sei ein gutes Investment.575 Unter diesen Umständen sei die Abstimmung der Minderheitseigner keine informierte gewesen und daher bedeutungslos.576 Im gleichen Urteil wird zudem neben diesem das Verfahren betreffenden Aspekt noch „fair price“ herangezogen.577 Das umfasst Faktoren wie etwa die Vermögensgegenstände, Marktpreis, Umsatz, zukünftige Aussichten sowie alles, was den Wert des Unternehmens beeinflusst.578 In der Literatur wurde das als Pflicht des Mehrheitsaktionärs interpretiert, stets seine „top bid“ gegenüber den Minderheitsaktionären offenbaren zu müssen.579 Diese Ansicht verwarf der Delaware Supreme Court zwei Jahre nach Weinberger in Rosenblatt v. Getty ausdrücklich.580 Allerdings bezog sich die Klarstellung nur auf diese angebliche Pflicht eines Mehrheitsaktionärs. Grundlage der WeinbergerWeinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 711 (Del. 1983). Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 711 (Del. 1983). 574 Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 712 (Del. 1983). 575 Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 712 (Del. 1983). 576 Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 712 (Del. 1983). 577 Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 711 (Del. 1983). Beide Faktoren ergeben den sog. „entire fairness test“; aus neuerer Zeit etwa In re: Summit Metals, Inc. v. Gray, 2004 U.S. Dist. LEXIS 15819, 48 (U.S.Dist. Del. 2004). 578 Weinberger v. UOP, Inc., 457 A.2d 701, 711 (Del. 1983). 579 Herzel / Colling, 39 Bus.Law. 1525, 1532 (1984). 580 Rosenblatt v. Getty Oil Co., 493 A.2d 929, 939 (Del. 1985). 572 573

E. Inhalt der Aufklärungspflichten

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Entscheidung sei allein die Verletzung der Duty of Loyalty der auf beiden Seiten stehenden UOP Directors, die die Machbarkeitsstudie erstellt hatten.581 Die Reichweite dieser Einschränkung nach Rosenblatt ist unklar.582 Da bei einem Buyout unter Managementbeteiligung der Manager stets auf beiden Seiten der Transaktion steht, ist der Interessenkonflikt der gleiche wie in Weinberger v. UOP und insofern auch nicht Gegenstand der später vorgenommenen Präzisierung.583 Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass Gerichte sich auf die Weinberger-Judikatur berufen und eine Mitteilungspflicht hinsichtlich der „top bid“ annehmen. In einer späteren Entscheidung, Kahn v. Tremont Corp.,584 hat zumindest der Delaware Court of Chancery (die Eingangsinstanz) ausdrücklich eine Pflicht zur Preisgabe der top bid verneint:585 „The clearest example [of facts privileged from disclosure in order for a negotiation to occur at all] would involve information disclosing the top price that a proposed buyer would be willing or able to pay, or the lowest price that a proposed seller would accept. If the law required such information to be disclosed it would (insofar as it would not simply create additional incentives for deception) simply mean that a committee could not approve a transaction at other than the highest price that the counter party could pay. Obviously such a Rule would grossly impede, if it would not eliminate, such transactions because it would destroy the incentive for a parent corporation to offer a transaction that was beneficial to both itself and the subsidiary. Indeed, I take it as clear that a negotiating party does not have to disclose what is the top price it would or could pay.“586

Der Delaware Supreme Court hob diese Entscheidung im weiteren Prozessverlauf jedoch auf.587 Zwar widmete er sich nicht ausdrücklich der Meinung des Chancery Court, der Preis gehöre zu einer Sorte privilegierter, also nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegender Informationen.588 Er verwarf aber explizit das zugrunde liegende Konzept, bestimmte Informationen von der Veröffentlichungspflicht auszunehmen, soweit es sich nicht um besondere Umstände handelt, die etwa dem Klientenverhältnis zwischen Anwalt und Corporation unterliegen.589 Rosenblatt v. Getty Oil Co., 493 A.2d 929, 939 (Del. 1985). Repetti, 67 N.C.L.Rev. 121, 157 f. (1988). 583 Repetti, 67 N.C.L.Rev. 121, 158 (1988). Gegen eine Veröffentlichungspflicht Oesterle / Norberg, 41 Vand.L.Rev. 207, 245 (1988), allerdings ohne Diskussion der Weinberger-Rechtsprechung. 584 Kahn v. Tremont Corp., No. Civ. A 12339, 1996 WL 145452 (Del.Ch. 1996), reversed, 694 A.2d 422 (Del. 1997). 585 Kahn v. Tremont Corp., No. Civ. A 12339, 1996 WL 145452, 15 (Del.Ch. 1996), reversed, 694 A.2d 422 (Del. 1997). 586 Kahn v. Tremont Corp., No. Civ. A 12339, 1996 WL 145452, 15 (Del.Ch. 1996). 587 Kahn v. Tremont Corp., 694 A.2d 422 (Del. 1997). 588 Vgl. Kahn v. Tremont Corp., 694 A.2d 422, 432 (Del. 1997). 589 Kahn v. Tremont Corp., 694 A.2d 422, 432 (Del. 1997). 581 582

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§ 2 Die Pflicht zur Informationsweitergabe

In einem späteren Urteil äußerte der Delaware Chancery Court erneut die Ansicht, „in general“ müsse der Reserve Price nicht offenbart werden.590 Angesichts fehlender Präzedenzurteile des Delaware Supreme Court und der Begründung in Kahn v. Tremont ist aber zweifelhaft, ob die Entscheidungen des Chancery Court herangezogen werden können, um eine Veröffentlichungspflicht hinsichtlich des Entscheidungswertes zu verneinen. Ein gewisses Restrisiko verbleibt jedenfalls. bb) Deutsches Recht Zweck der Informationspflichten ist es, ein Verhandeln „auf Augenhöhe“ sicherzustellen. Wie oben näher ausgeführt,591 sollen die Aufklärungspflichten der Manager lediglich den Rahmen dafür schaffen, dass auch die Gegenseite die Möglichkeit hat, eine informierte Einschätzung des Objektwertes vorzunehmen. Die Aufgabe von Informationspflichten besteht nicht darin, den Marktprozess auszusetzen. Dieser besteht gerade darin, dass die Marktteilnehmer einen Preis verlangen, der aus ihrer Sicht einen Gewinn verspricht. Die Verwertung des Mehrwertes, der aus der Differenz zwischen verhandeltem Preis und geschätztem „wirklichen“ Wert des Gegenstandes herrührt, bildet eine der wesentlichen Säulen dieses Prozesses. Die Mitteilung des Entscheidungswertes führte den Gedanken einer Verhandlung ad absurdum, da Ergebnis ein einseitiger Verhandlungsvorteil der veräußerungswilligen Anteilseigner wäre.592 Man schaltete einen elementaren Grundsatz des marktlichen Geschehens aus, indem man einer Seite die Möglichkeit nähme, den Mehrwert zu optimieren. Auch das WpÜG geht von einem zumindest ähnlichen Grundgedanken aus. Selbst im Fall von Interessenkonflikten ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus der Angebotsverordnung die Pflicht, die „top bid“ zu offenbaren. Der Schutz des Anlegers wird vor allem durch die Offenlegung wesentlicher Informationen über das Unternehmen gewährleistet. Die endgültige Entscheidung, ob der im Übernahmeangebot enthaltene Preis aus der Sicht der Anteilsinhaber einen angemessenen Wert darstellt, muss also von letzteren eigenverantwortlich und unabhängig von einem Einblick in möglichen Verhandlungsspielraum „nach oben“ getroffen werden. Im deutschen Recht müssen die Geschäftsleiter daher den Betrag, den sie äußerstenfalls zu zahlen bereit sind, nicht mitteilen.593

In re Pure Resources, Inc., Shareholders Litigation, 808 A.2d 421, 451 (Del.Ch. 2002). s. o. B.III.1.b). 592 Fleischer, AG 2000, 309 (317). 593 Fleischer, AG 2000, 309 (317); Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97 (110); Rhein, S. 216. 590 591

Zusammenfassung Die Arbeit untersucht die Informationsweitergabe seitens der Geschäftsleiter bei einem Buyout unter Managementbeteiligung. Darunter wird jede Form des Unternehmenskaufs verstanden, bei dem auf Käuferseite wenigstens ein Mitglied der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft beteiligt ist.1 Angesichts des privilegierten Informationszugangs der Manager einerseits und ihrer Pflichtenbindung gegenüber der Gesellschaft sowie kapitalmarktrechtlicher Verschwiegenheitspflichten andererseits stellt sich die Frage, welchen Beschränkungen und Pflichten sie im Hinblick auf die Informationsweitergabe unterliegen. Aus rechtsökonomischer Sicht lässt sich das Problem im Rahmen der Agenturtheorie erfassen.2 Allerdings sind die herkömmlichen Kontrollmechanismen im Fall eines Buyouts unter Managementbeteiligung besonders auf ihre Eignung zu überprüfen. Reputation und der Markt für Manager scheiden als Disziplinierungsmechanismen aus, weil die Geschäftsleiter im Zuge der Transaktion aus diesem Markt ausscheiden und daher nur noch in geringem Maß auf Reputation angewiesen sind. Da die Manager nach der Übernahme der Anteile die Besetzung von Überwachungsorganen beeinflussen können und selbst im Amt bleiben, ist die Verfolgung von Verstößen gegen die Treuepflicht nicht gewährleistet. Aus diesem Grund sollte ein Überwachungsorgan eingeschaltet werden und das Management nicht nur kontrollieren, sondern an seiner Stelle handeln, soweit es die Informationsweitergabe an Investoren betrifft. Um die Informationsasymmetrie zulasten der Anteilseigner in den Kaufvertragsverhandlungen auszugleichen, bedarf es der Schaffung einer Aufklärungspflicht der Manager. Die Untersuchung orientiert sich an der rechtstatsächlichen zeitlichen Abfolge bei der Durchführung eines Buyouts. Im ersten Kapitel (§ 1) wird demgemäß erörtert, ob und in welchem Umfang der Geschäftsleiter Informationen an Investoren sowie Berater weitergeben darf. Das zweite Kapitel (§ 2) befasst sich anschließend mit der Frage, ob und in welchem Umfang der Geschäftsleiter Informationen an die Gesellschafter bzw. die Gesellschaft weitergeben muss. Dabei wird rechtsvergleichend das US-amerikanische Recht herangezogen. Das erste Kapitel beginnt mit einer Untersuchung, inwieweit der Gesellschaft zuzuordnende Informationen geschützt sind.3 Sowohl das Gesellschaftsrecht als auch wettbewerbliche Vorschriften schützen, jeweils flankiert durch entsprechende 1 2 3

S. 18. S. 18 ff. S. 28 ff.

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Zusammenfassung

Straftatbestände, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Gesellschaft.4 Für den Vorstand einer börsennotierten Aktiengesellschaft gelten zudem die Insiderhandelsverbote des Wertpapierhandelsgesetzes. Weder bei der Aktiengesellschaft noch bei der GmbH existieren aber direkte Treuepflichten der Geschäftsleitung gegenüber den Gesellschaftern.5 Die Begründung direkter Treuepflichten im Verhältnis von Geschäftsleitung und Mitgliedern lässt sich mit den Prinzipien des deutschen Organisationsrechts der Kapitalgesellschaften nicht vereinbaren.6 Soweit einzelne Vorschriften eine direkte Haftung vorsehen, handelt es sich um nicht verallgemeinerungsfähige Spezialfälle; generell gilt das Prinzip der Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft. Hinzu kommen die mit der Anerkennung einer direkten Treuepflicht verbundenen Probleme wie etwa die Frage nach handhabbaren Kriterien für eine Unterscheidung von mittelbaren und unmittelbaren Schäden der Gesellschafter. Das verbandsrechtliche System des Rechtsschutzes sieht Klagemöglichkeiten für einzelne Anteilseigner nur in Ausnahmefällen vor und gewährleistet grundsätzlich das Primat der Mehrheit. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur drittschützenden Wirkung des Anstellungs- oder Organverhältnisses zwischen GmbH und Geschäftsführer im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft eignet sich nicht, Schweigepflichten des Managements den Anteilseignern gegenüber zu begründen.7 Eine generelle Übertragung der Wertungen der kapitalmarktrechtlichen Verbote auf Geschäfte mit GmbH-Anteilen scheidet aus, da es insoweit an einem zu schützenden Markt fehlt.8 Das US-amerikanische Recht unterwirft die Directors und Officers einer Corporation gesellschaftsrechtlich ebenfalls Schweigepflichten.9 Dem deutschen Recht vergleichbare kapitalmarktrechtlich verankerte ad hoc-Mitteilungspflichten gibt es in den USA nicht.10 Die Securities Laws enthalten lediglich Sonderregelungen für einzelne Situationen. Hinzu kommen Vorschriften einzelner Börsen wie etwa der New York Stock Exchange für dort notierte Gesellschaften. Das Insiderhandelsrecht und damit verbunden die kapitalmarktrechtlichen Regeln zur Informationsweitergabe wurden von der Rechtsprechung im Rahmen der Rule 10b-5 zum SEA 1934 entwickelt.11 Der Manager einer US Corporation ist mit Blick auf die Informationsweitergabe abseits existierender Sonderregelungen lediglich an das Gesellschaftsinteresse gebunden.12 S. 52 ff. S. 29 ff. 6 S. 31 ff. 7 S. 49 ff. 8 S. 63 f. 9 S. 67 f. 10 S. 69 ff. 11 S. 71 f. 12 S. 72. 4 5

Zusammenfassung

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Hinsichtlich der im weiteren untersuchten konkreten Frage der Berechtigung zur Informationsweitergabe bedarf es einer Trennung zwischen Investoren auf der einen und Beratern auf der anderen Seite.13 Die Offenlegung von Informationen an Berater ist möglich, weil insoweit kein wirtschaftlicher Vorteil zu erzielen versucht wird.14 Bezüglich der Investoren ist das anders. Denn diese sollen eine Transaktion finanzieren, welche im Eigeninteresse des Geschäftsleiters liegt. Selbst wenn keine konkrete Gefährdung der Gesellschaftsinteressen besteht, dürfen die am Buyout beteiligten Manager aufgrund der analogen Anwendung von § 112 AktG (Aktiengesellschaft und GmbH mit Aufsichtsrat)15 bzw. § 47 Abs. 2 S. 2, 1. Alt. GmbHG (GmbH ohne Aufsichtsrat)16 nicht über die Offenlegung von Informationen entscheiden. Zuständig ist bei Anwendung von § 112 AktG analog der Aufsichtsrat. In der GmbH ohne ein solches Organ bestimmen die übrigen Geschäftsführer über die Offenlegung, nicht die Gesellschafterversammlung. Das US-amerikanische Recht setzt demgegenüber zwar grundsätzlich die Einwilligung eines Kontrollorgans voraus, schließt den befangenen Manager aber nicht von der Handlung aus.17 Der Buyout unter Managementbeteiligung fällt unter den Erwerbsbegriff des Wertpapierhandelsgesetzes, auch bei Nutzung einer Erwerbsgesellschaft.18 Der Informationsweitergabe seitens eines Vorstandsmitglieds an Investoren stehen § 14 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 WpHG entgegen.19 Im Gegensatz zum regulären Paketkauf kommt keine Befugnis zur Entscheidung über die Offenlegung von Insiderinformationen i. S. v. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG in Betracht. Anders als bei einem regulären Paketkauf sollen keine Informationen im Verhältnis von Veräußerer und Erwerber weitergegeben werden, sondern von einem Erwerber (Manager) an andere Erwerber (Investoren). Ausgenommen vom Weitergabeverbot ist nur die Mitteilung des Entschlusses, einen Buyout durchführen zu wollen.20 Insoweit liegt mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Eintritts dieser Tatsache vor derAbsprache mit Investoren noch keine Insiderinformation vor. Auch § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG verbietet die Weitergabe von Informationen abseits der Mitteilung dieses Entschlusses, weil die Investoren dazu bewegt werden sollen, Wertpapiere der Zielgesellschaft zu erwerben. Berechtigt zur Entscheidung über die Offenlegung der Insiderinformationen ist analog § 112 AktG allein der Aufsichtsrat, nicht die an der Transaktion unbeteiligten Vorstandsmitglieder.21 13 14 15 16 17 18 19 20 21

S. 74. S. 102. S. 79 ff. S. 83 ff. S. 76 f. S. 88 f. S. 89 ff. S. 92 ff. S. 98 f.

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Zusammenfassung

Hinsichtlich einer Due Diligence besteht ebenfalls das Problem der Entscheidungsbefugnis über die Offenlegung von Informationen. Um hier einem Missbrauch vorzubeugen, gelten die oben dargestellten Grundsätze: Analog § 112 AktG ist bei der Aktiengesellschaft und GmbH mit Aufsichtsrat der Aufsichtsrat zuständig, bei der GmbH ohne solches Organ sind die übrigen Geschäftsführer aufgrund § 47 Abs. 2 S. 2, 1. Alt. GmbHG zur Entscheidung befugt.22 Das zweite Kapitel wendet sich der Frage nach einer Verpflichtung des Geschäftsleiters zu, Informationen an die Gesellschafter oder die Gesellschaft weiterzugeben. Im US-Recht ist zunächst zwischen Pflichten gemäß Common Law sowie Pflichten basierend auf den Federal Securities Laws zu unterscheiden.23 Mit Blick auf Face-to-Face Transaktionen trifft den Director einer Corporation nach der Special Facts Doctrine anlässlich eines Buyouts unter Managementbeteiligung eine Aufklärungspflicht.24 Erwirbt er die Anteile dagegen im anonymen Handel, scheidet eine derartige Pflicht aus. An dieser Stelle greifen allerdings die Federal Securities Laws. Die auf Grundlage der Rule 10b-5 zum Securities Exchange Act 1934 entwickelte Regel „disclose or abstain“ verlangt von einem Insider, seine Informationen gegenüber dem Kapitalmarkt preiszugeben oder aber vom Handel Abstand zu nehmen.25 Hinzu kommen einige spezielle Regeln im Übernahmerecht, die verschiedene Offenlegungspflichten vorsehen.26 Das gilt sowohl hinsichtlich bestimmer Erwerbsschwellen als auch bezüglich der aus Anlass des Tender Offers darzustellenden Angaben. Diese Pflichten bestehen neben denen der Regel „disclose or abstain“.27 Für das deutsche Recht kommen im Fall eines Share Deals nach der Ablehnung allgemeiner Treuepflichten zwischen Geschäftsleitung und Gesellschaftern drei Möglichkeiten in Betracht, eine Aufklärungspflicht gegenüber den Gesellschaftern zu begründen: (1) Schutzwirkungen des Anstellungsvertrages bzw. Organverhältnisses zugunsten der Anteilseigner, (2) vormitgliedschaftliche Treuepflichten sowie (3) culpa in contrahendo. Eine vertragliche oder organschaftliche Treuepflicht mit Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter scheidet aus.28 Unabhängig von ihrer allgemeinen dogmatischen Fundierung scheitert sie am Fehlen einer Hauptleistungspflicht gegenüber der Gesellschaft im Zusammenhang mit einem Buyout im Wege eines Share Deals. Das Konzept der vormitgliedschaftlichen Treubindung führt gleichfalls nicht weiter.29 Es fehlt schon an der Notwendigkeit einer derartigen Rechtsfortbildung 22 23 24 25 26 27 28 29

S. 103. S. 105 ff. S. 107, 109. S. 111 ff. S. 115 ff. S. 119 f. S. 121 f. S. 122 ff.

Zusammenfassung

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angesichts des Instruments der culpa in contrahendo. Zudem würden vormitgliedschaftliche Treubindungen eine Fülle von neuen Abgrenzungsfragen aufwerfen. Die Aufklärungspflichten sind an das Institut der culpa in contrahendo anzuknüpfen.30 Zwar besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung. Aufgrund der bei einem Buyout existierenden Informationsasymmetrien und der unzureichenden Informationsmöglichkeiten für Gesellschafter ist im Zusammenhang mit einer solchen Transaktion jedoch eine andere Wertung geboten.31 Das Wertpapierhandelsgesetz steht der Informationsweitergabe nicht entgegen.32 § 14 WpHG ist dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der Manager als Bieter Informationen an Paketaktionäre weitergeben darf, ohne gegen das Insiderrecht zu verstoßen. Gegenüber der Gesellschaft bestehen keine Aufklärungspflichten.33 Nach der Organtheorie ist ihr das Wissen der Geschäftsleiter zuzurechnen. Aufklärungspflichten bestehen ausschließlich gegenüber den Gesellschaftern, mit denen die Manager über den Anteilsverkauf verhandeln.34 Nur die Gesellschaft wird durch die organisationsrechtliche Gleichbehandlungspflicht gebunden. Sie kann keine Pflicht der Geschäftsleiter gegenüber den übrigen Gesellschaftern begründen. Auch aus dem Kapitalmarktrecht lässt sich kein Anspruch auf Aufklärung zugunsten der übrigen Anteilseigner herleiten.35 Die Gleichbehandlungspflichten des WpÜG gelten erst ab Einleitung des Übernahmeverfahrens und greifen daher noch nicht im Stadium der Vorabverhandlungen mit Paketaktionären. In der Angebotsunterlage bedarf es keiner Offenlegung der Informationen, die den Paketaktionären gegenüber preisgegeben wurden.36 Zum einen schädigte dies die Gesellschaft im Wettbewerb. Zum anderen verhindert der Zwang, allen Anteilseignern den gleichen Preis anzubieten, eine Ungleichbehandlung der nicht aufgeklärten Aktionäre. Denn der Preis, den die Paketaktionäre mit dem Bieter aushandeln, beruht auf der Kenntnis sämtlicher wesentlicher Informationen. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass auch die übrigen Mitglieder eine angemessene Gegenleistung für ihre Anteile erhalten, obwohl sie nicht in Besitz sämtlicher Informationen sind. § 14 WpHG steht weder dem Anteilserwerb seitens des Managers noch der Anteilsveräußerung seitens der Paketaktionäre entgegen.37 Aufgrund des übernahmerechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung sämtlicher Gesellschafter in preislicher Hinsicht kann sich keine Seite mittels ihrer Insiderinformationen Sondervorteile 30 31 32 33 34 35 36 37

S. 126 ff. S. 128 ff. S. 141 f. S. 142 ff. S. 144 ff. S. 149 ff. S. 152 ff. S. 156 ff.

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Zusammenfassung

zulasten nicht informierter Personen verschaffen. Den Zielen des Insiderrechts ist damit Genüge getan und § 14 WpHG entsprechend teleologisch zu reduzieren. Eine Pflicht zur Veröffentlichung einer ad hoc-Mitteilung scheidet gemäß § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG ebenfalls aus, weil der Informationsempfänger nach § 14 WpHG gesetzlichen Geheimhaltungspflichten unterliegt.38 Ein allgemeines kapitalmarktrechliches Gleichbehandlungsprinzip existiert nicht.39 Die einzelnen Gleichbehandlungstatbestände beruhen auf unterschiedlichen Grundlagen. Zudem stellt eine Pflicht zur Gleichbehandlung im marktlichen System stets eine Ausnahme dar. Gründe, die eine solche Ausnahme bei einem Buyout unter Managementbeteiligung rechtfertigten, gibt es keine. Zur näheren Bestimmung der Informationen, die offenzulegen sind, bietet vor allem die Geschäftschancenlehre wertvolle Kriterien.40 In der US-amerikanischen Ausprägung der Corporate Opportunities Doctrine sind insbesondere der Line of Business Test sowie der Interest bzw. Expectancy Test von Bedeutung, die auf die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft sowie ihre geschäftlichen Interessen abstellen.41 Ein prominenter Ansatz in der Literatur unterscheidet zwischen Public sowie Close Corporation.42 Bei der Public Corporation ist nach dieser Meinung die Chance stets der Gesellschaft zuzuordnen und eine Freigabe nicht möglich. Zur Rechtfertigung der Verwendung einer Corporate Opportunity zu eigenen Gunsten seitens eines Directors verlangt die Rechtsprechung in der Regel eine Zurückweisung durch die Gesellschaft und damit verbunden die Offenlegung der Chance.43 Regelmäßig kein Erfolg beschieden ist dem Einwand, die Corporation sei finanziell nicht in der Lage gewesen, die Chance selbst wahrzunehmen. Private Kenntniserlangung wird in der Rechtsprechung regelmäßig lediglich als eines unter mehreren Kriterien begriffen, um die Frage zu entscheiden, ob die Opportunity eine Corporate Opportunity ist.44 Im deutschen Recht bietet die Treuepflicht der Geschäftsleiter das dogmatische Einfallstor, die Geschäftschancenlehre dem Grunde nach nutzen zu können.45 Darüber hinaus regelt § 88 AktG Teilfragen, die nach der US-amerikanischen Doktrin zur Geschäftschancenlehre gehören. Eine Differenzierung nach Publikumsgesellschaften und geschlossenen Gesellschaften ist im deutschen Recht allerdings nicht möglich.46 Insbesondere kann ein Vorstandsmitglied keinem kategorischen 38 39 40 41 42 43 44 45 46

S. 160 ff. S. 162 ff. S. 175 ff. S. 179 ff. S. 184 ff. S. 186 ff. S. 183 f. S. 189 f. S. 190 ff.

Zusammenfassung

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Verbot der Wahrnehmung von Geschäftschancen unterworfen werden, das selbst dann greift, wenn die Gesellschaft der Ausnutzung zustimmt. Der Gesellschaft gebühren solche Chancen, die ihr kraft Sachzusammenhangs oder kraft konkreter Erwartung zuzuordnen sind.47 Die Inanspruchnahme einer Chance, die der Gesellschaft zuzuordnen ist, setzt stets die vorherige Offenlegung und das Einverständnis der Gesellschaft voraus.48 Die Offenlegung bezieht sich nicht nur auf die Chance, sondern auch auf weitere Faktoren wie etwa die Pläne des Geschäftsleiters zur Verwertung und eine Begründung, warum die Gesellschaft sie nicht selbst wahrnehmen sollte. Private Kenntniserlangung oder finanzielle bzw. rechtliche Unmöglichkeit der Wahrnehmung einer Chance seitens der Gesellschaft entbindet den Geschäftsleiter grundsätzlich nicht von diesen Pflichten, sofern die Informationen nicht aus dem engeren Familien- oder Freundeskreis stammen.49 Ausnahmen gelten weiter für die passive Anlage eigenen Vermögens und für Anschaffungen zur Deckung persönlichen Bedarfs.50 Der Nutzung der Geschäftschancenlehre anlässlich eines Buyouts unter Managementbeteiligung widerspricht nicht, dass die Geschäftschancenbindung aus der Treuepflicht des Managements gegenüber der Gesellschaft herrührt.51 Denn im hiesigen Zusammenhang dient sie nicht der Begründung, sondern lediglich der inhaltlichen Ausformung der Aufklärungspflichten. Die Sonderverbindung zwischen Managern und Gesellschaftern resultiert aus culpa in contrahendo. Aufzuklären ist neben Geschäftschancen über stille Reserven der Gesellschaft und ihre Finanzierungssituation.52 Hinsichtlich gesellschaftsexterner Faktoren besteht eine Pflicht zur Offenlegung der Pläne der Geschäftsleiter für die Zukunft und zur Aufklärung über Kaufangebote Dritter.53 Es bedarf aber keiner Preisgabe des Entscheidungswertes.54

47 48 49 50 51 52 53 54

S. 195 ff. S. 199. S. 200 f. S. 203 f. S. 176 ff. S. 204 ff. S. 208 ff. S. 211 ff.

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Sachregister Ad hoc-Publizität – Ausnahmen 161 – Deutschland 160 – USA 69 Angebotsunterlage – Funktion 149 – Inhalt 150 Asset Deal 17, 142 Aufklärungspflicht – Asset Deal 142 – aus culpa in contrahendo 126 – Bedürfnis 23 – Beginn 137 – Begründung 128 – Entscheidungswert 211 – Finanzierungssituation 206 – Geschäftschancen 176, 177, 207 – Grundlage 120 – Inhalt 173 – Kaufangebote Dritter 211 – Manager als Aufklärungspflichtiger 138 – Reichweite 144 – stille Reserven 204 – übernahmerechtliche 149 – USA, Börsenhandel im Common Law 108 – USA, Face-to-Face Transaktionen 106 – USA, Federal Securities Laws 110 – USA, Übernahmerecht 115 – zukünftige Pläne 208 Aufsichtsrat 21, 22, 41, 79 – 82, 98

Due Diligence 103 Duty of Care 65 Duty of Loyalty 65

Buyout unter Managementbeteiligung 18

Haftungskanalisierung 38

Corporate Opportunity siehe Geschäftschancen culpa in contrahendo 126 siehe auch Aufklärungspflicht

Informationsasymmetrie 17, 19, 23, 96, 120, 127, 129, 132, 134, 149, 157, 158, 165, 178, 215, 219 Informationszugang 129, 130, 132 Insiderrecht, Deutschland – Abwägung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG 98

Director, Begriff 25 Disclose or abstain 111

Geschäftschancen – corporate rejection 186 – Differenzierung zwischen Close und Public Corporation 184 – financial / legal inability 187 – finanzielle Leistungsfähigkeit und Wahrnehmungsmöglichkeit 200 – Interest / Expectancy Test 182 – Kenntniserlangung 201 – Kenntniserlangung, US-Recht 183 – Line of Business Test 179 – persönlicher Bedarf 204 – third party unwillingness 188 – und passive Investments 203 – und Realstruktur der Gesellschaft 191 – Zuordnung kraft konkreter Erwartung 197 – Zuordnung kraft Sachzusammenhangs 196 Gleichbehandlung – Aktienrecht 35 – Aktienrecht, informationelle 145 – Effizienz 148, 169 – EGV und GG 166 – GmbH-Recht 147 – Kapitalmarktrecht, allgemein 162 – Privatrecht 167 – Übernahmerecht 155

Sachregister

235

Anwendung auf GmbH 63 „Erwerb“ von Insiderpapieren 88 Geltungsbereich 57 Paketkauf 94 Verschwiegenheitspflichten 56 Weitergabe von Informationen und normale Berufsausübung 90 – Weitergabe von Insiderinformationen an Investoren 89 Insiderrecht, USA 68 – Disclose or abstain siehe Disclose or abstain – Insiderhandelsverbote 71 – Kansas Rule 106 – Majority Rule 106, 107 – Minority Rule 106 – Misappropriation Theory siehe Misappropriation Theory – Rule 10b-5 110 – Special Facts-Doktrin 107, 108 Interessenkonflikt 17, 65, 75, 77, 78, 81, 83, 84, 101, 193, 214 interested director statutes 76

Raubüberfall 129 Recht zur Lüge 136 Rechtsschutz, verbandsrechtliches System 45 Reputation 20

Kontrollkosten 81, 135, 190

Überwachungsinstanz – Aufgabe 22 – Aufsichtsrat als . . . 22 – Bedeutung bei Buyouts 22

– – – – – –

last period problem 20, 21, 135 Management Buyout 18 Managementbeteiligungsmodell 18 Manager, Begriff 25 Markt für Manager 20 Misappropriation theory 115 Mitgliederinteressen, überschießende 47 Offenlegungspflicht siehe Aufklärungspflicht Officer, Begriff 26 Organtheorie 143 Prinzip, Begriff 163 Prinzipal-Agenten-Beziehung – Auflösung 19, 20 – Buyouts und . . . 18, 20 – Geschäftsleiter als Quasitreuhänder 134, 137 – Pflicht zur Rechnungslegung 24

Schäden, unmittelbare und mittelbare – Abgrenzung, Deutsches Recht 36 – Abgrenzung, Schweiz 36 – Kompensation mittelbarer Schäden 38 Share Deal 17, 121, 177, 218 Sondervorteil 95, 134, 220 Treuepflicht – als Kontrollmittel 21 – direkte 22, 29 – mit Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter 49, 121 – Mitglieder 44 – Präventionsaspekte 48 – Untreue und Deliktshaftung 41 – vormitgliedschaftliche 122

Verschwiegenheitspflicht – aktienrechtlich 52 – aufgrund Insiderrecht 56 – Disponibilität 54, 75 – gesellschaftsrechtlich, USA 67 – GmbH-rechtlich 62 – strafrechtlich 58, 59, 62 versteckte Informationen 19 Wettbewerb als Entdeckungsverfahren 127 Wettbewerbsverbot – aktienrechtlich 59, 189 – gesellschaftsrechtlich 192 – GmbH-Recht 63 – und Corporate Opportunities Doctrine 67 – und Geschäftschancen 194 – UWG-rechtlich 60 Wurzeltheorie 209