Informationstechnik: Automation und Arbeit [Reprint 2018 ed.] 9783486782325, 9783486207682

Darstellung und Auswirkungen der informationstechnischen Entwicklung mit dem Schwerpunkt "Automation und Arbeit&quo

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German Pages 272 Year 1988

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einführung Technik und Ökonomie
Kapitel I. Die Entwicklung der Halbleiterindustrie
Kapitel II. Mikroelektronik im Produktionsbereich
Kapitel III. Mikroelektronik in Büros und Verwaltungen
Kapitel IV. Mikroelektronik und Beschäftigung - Spekulationen und Prognosen
Kapitel V. High-tech und Arbeit
Literaturverzeichnis
Übungsaufgaben
Planspiel
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Informationstechnik: Automation und Arbeit [Reprint 2018 ed.]
 9783486782325, 9783486207682

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Informationstechnik Automation und Arbeit

Von Privatdozent

Dr. Thomas Rasmussen Universität Hamburg

R. Oldenbourg Verlag München Wien

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Rasmussen, Thomas: Informationstechnik : Automation u. Arbeit / von Thomas Rasmussen. - München ¡Wien : Oldenbourg, 1988 ISBN 3 - 4 8 6 - 2 0 7 6 8 - 7

© 1988 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk außerhalb lässig und filmungen

einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzustrafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverund die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Gesamtherstellung: Grafik + Druck, München

ISBN 3-486-20768-7

Inhaltsverzeichnis

Einführung: Technik und Ökonomie

1

Mikroelektronik - Inhalte und Anwendungsbereiche

8

Kapitel I: I.1

Marktstruktur, Marktverhalten und Marktergebnisse

Kapitel II: II.l 11.2 113 11.4 11.5

Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

Mikroelektronik im Produktionsbereich

Alte Maschinen — Neue Leistungen Neue Investitionsgüter — Industrieroboter Der Markt für Industrieroboter Entwicklungstendenzen des Robotereinsatzes Die Zukunft der Produktion

12 17 43 49 59 73 86 119

Kapitel I I I : Mikroelektronik in Büros und Verwaltungen

154

111.1 Datennetze und Kommunikationssysteme 111.2 Neue Techniken - Neue Aufgaben

157 179

Kapitel I V :

Mikroelektronik und Beschäftigung — Spekulationen und Prognosen

187

IV. 1 Beschäftigungsperspektiven aus der Sicht von Produzenten und Betroffenen IV.2 Beschäftigungsperspektiven in gesamtwirtschaftlicher Sicht IV.3 Beschäftigungsperspektiven für die Bundesrepublik Deutschland

190 204 219

Kapitel V :

235

High - tech und Arbeit

Literaturverzeichnis

245

Übungsaufgaben

253

Planspiel

260

Einführung Technik und Ökonomie Der Chip ist zum

Symbol einer technischen Revolution gewor-

den. Die auf ihm basierende Mikroelektronik wird von vielen Menschen als Bedrohung ihrer angestammten Arbeitsplätze und vertrauten Gewohnheiten empfunden. Tatsächlich in sehr kurzer

hat sich eine

Zeit eine gigantische Veränderung in den

Möglichkeiten der Informationsbe- und -Verarbeitung vollzogen, die mittlerweile in alle Lebensbereiche hineingreift, deren Ende noch nicht abzusehen ist und deren Folgen nur schwer zu überblicken sind. Zwar ist man mit

Schlagworten

schnell bei der Hand gewesen, doch die eigentliche Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Risiken der technischen Entwicklungen ist weitgehend entfallen. Die Techniker haben viele Jahre im Stillen gewerkelt und ihr Produkt zu ungeahnten Leistungshöhen gebracht. Die Kaufleute waren ebenso behende in der Erschließung entsprechender neuer Märkte. Nur die Wissenschaft hat sich in vielen Fällen der Betrachtung und Analyse der sich abzeichnenden Veränderungen verschlossen. Dies gilt auch und gerade für die Ökonomie, die sich zur Zeit noch abmüht, ihre Modelle halbwegs in Einklang mit der Realität der letzten zwanzig Jahre zu bringen und die demgemäß an die Integration relevanter Zukunftsfragen vermutlich erst dann herangehen wird, wenn auch diese bereits zwanzig Jahre zurückliegen. Dieses Defizit kann einerseits mit der schlichten Überlegung erklärt werden, daß einem fundierten Ökonomen selbstverständlich die Niederungen der Technik höchst unzugänglich erscheinen und andererseits die allzu direkte Konfrontation mit der Realität auch gar nicht erstrebenswert ist. Außerdem könnte vielleicht auch die Beschäftigung mit einem derartig faszi-

2

Einfuhrung

nierenden und brisanten Stoff wie der Mikroelektronik bei näherer Betrachtving Anforderungen an ökonomische

Theorien

entstehen lassen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder ganz noch teilweise in den bestehenden Ideengebäuden berücksichtigt werden können. All diese Erklärungen sind unbefriedigend und doch realitätsnah. Dies schließt nicht aus, daß es immer wieder Ökonomen und nicht nur solche gegeben hat, die der kecken Versuchung nicht widerstehen konnten, sich hiermit schäftigen.

intensiver zu be-

Immerhin veröffentlichte SCHELSKY bereits zu

Beginn der fünfziger Jahre einen Aufsatz, in dem er wesentliche Teile der jetzigen Diskussion vorweggenommen hat und dessen Ausführungen

auch heute noch in unveränderter Form

für viele Schriften über die hier zu diskutierenden Probleme eine recht geeignete Einführung abgeben würden. Im Jahre 1953 schrieb er:" Mit dem Abklingen des Fortschrittsoptimismus ist unser Denken erstaunlich zukunftsblind geworden; die politische, soziale, philosophische oder moralische Utopie hat den Atem verloren... Dabei kennen wir heute... gewisse technische Erfindungen, die ganz neue Gesetzlichkeiten und Folgen in der industriellen Gesellschaft anzukündigen scheinen; sie

sind

bereits zu solcher Reife gediehen und befinden sich zum Teil schon so weit in Anwendung, daß ihre Auswirkung und Ausbreitung weitgehend zu übersehen sind. Im Zentrum dieser neuartigen technischen Ausstattung

, die von vielen

kompetenten

Beobachtern als der Beginn der zweiten industriellen Revolution angesehen wird, stehen die

Elektronen-Rechenmaschinen

oder sonstigen automatischen Steuerungsapparate" SCHELSKY, 1953. Diese bereits damals erkennbare Entwicklung hat sich mit einem geradezu irrwitzigen Tempo durchgesetzt und ist sicherlich wesentlich weiter gediehen, als man das zu Beginn der fünfziger Jahre vorhersehen konnte. Doch hat die

wissen-

3

Einführung

schaftliche Begleitforschung weitgehend immer noch den von Schelsky seinerzeit beklagten Charakter: "Tatsächlich

aber

sind, von der technischen Fachliteratur abgesehen, bislang nur drei literarische Gruppen erkennbar, die diesen technischen Wandlungen als Determinanten unserer menschlichen und gesellschaftlichen Zukunft nachzugehen wagen: die journalistische Reportage, die von der Arbeitswissenschaft herkommende Industriesoziologie und die Science Fiction, also der wissenschaftliche Abenteuerroman." SCHELSKY, 1953. Das ist noch immer der Stand der Dinge, wenngleich sich der Abenteuerroman heute häufig hinter einer sogenannten wissenschaftlichen Arbeit verbirgt, bei der das Abenteuerliche in der

Methode liegt und das Romanhafte in den Ergebnissen.

Lediglich zu lesen sind solche Arbeiten leider wesentlich schlechter als ein gut präsentierter Science Fiction Beitrag. Dieser Zustand ist nicht nur bedauerlich, sondern angesichts der sich abzeichnenden Trends in Wirtschaft und Gesellschaft einerseits und in der Technik andererseits auch höchst bedenklich. Denn neben den - vom Verbraucher willig angenommenen -technischen Veränderungen seiner Konsumartikel, die immer billiger, leistungsfähiger und intelligenter werden, vollziehen sich gewaltige Wandlungen nicht nur in der industriellen Produktion, sondern auch bei der Erstellung von Dienstleistungen. Verglichen mit den sich hier darbietenden Prozessen dürfte die Durchsetzung der Dampfmaschine oder des Flugzeuges als technische Neuerung

ein eher harmloses Ereignis

gewesen

sein. Wir befinden uns - so die Leitlinie dieses Buches - auf dem Wege in eine neue Arbeitsteilung, die alles bisherige auf den Kopf stellen wird. Dies gilt nicht nur für die Produktion, wo Roboter und vollautomatische, computergesteuerte

Maschinen

4

Einführung

sowohl Menschen als auch alte Anlage ersetzen, sondern noch viel mehr für Büros und Verwaltungen. Das schlichte Bild vom Austausch des Menschen durch die Maschine beschreibt diesen Prozeß nur unzureichend. Die Wirkungen der Mikroelektronik gehen wesentlich weiter als das, was man gemeinhin mit dem Schlagwort der Automatisierung umreißt. Dampfkraft und Fließbänder vermochten allenfalls Teile der menschlichen Arbeitskraft im Produktionsprozeß zu ersetzen und bestimmte Arbeitsvorgänge zu übernehmen. Jede Leistungssteigerung erfolgte hierbei jedoch durch Spezialisierung und Monotonisierung, immer simplere Arbeitsgänge wurden immer schneller vollzogen. Der Mensch bemühte sich, dem Leistungstempo der Maschinen nachzukommen. Die Mikroelektronikprodukte sind hingegen von ganz anderer Qualität. Sie sind im Prinzip ganzheitlich aufgebaut und ermöglichen so erst die eigentliche Automatisierung, indem sie Teile der menschlichen Leistungsspezifika mit eingebaut bekommen. Sie haben dann die sogenannte künstliche Intelligenz , das heißt schlicht die Chance zu überlegen und nach logischen Kriterien zu reagieren. Anders als in früheren Rationalisierungswellen und Automatisierungsansätzen wird hierbei in idealer Form eine Kombination von Flexibilität und Spezialisierung erreicht, die den alten Anlagen vorenthalten war. Galt bislang der Zusammenhang, daß eine Maschine entweder für Vieles mäßig geeignet war (Universalmaschine) oder für Weniges hervorragend (Spezialmaschine), so ist die Mikroelektronik in der Lage, diese Barrieren endgültig zu überspringen. Die modernen Geräte können Vieles hervorragend und sind noch nicht einmal besonders teuer. Obwohl diese Trends seit einigen Jahren keineswegs mehr Visionen

sondern harte Realität sind, fehlt es bislang an

Untersuchungen und einer auch der breiteren Öffentlichkeit zugänglichen Literatur zu diesem Bereich. Zwar mangelt es

5

Einfuhrung

mittlerweile nicht mehr an Veröffentlichungen, die vornehmlich durch eindrucksvolle Schlagworte glänzen, doch widmen sie sich in der Regel entweder sehr spezifischen Fragestellungen oder aber sie sind isolationistisch - dogmatischer Natur. Die wenigen problemorientierten

Ansätze, die

es

selbstverständlich auch gibt, sind meist nicht so formuliert, daß sie einem unvorbereiteten Leser die erforderlichen Einsichten vermitteln. Anliegen dieser Studie ist es, in begrenztem Umfang diese Lücken zu schließen. Die generelle Sichtweise hierbei ökonomischer

ist

Natur. Die Formulierungen sind nicht immer

schonend und teilweise recht technokratisch, wie das den Ökonomen so eigen ist. Dies soll nicht den Eindruck erwecken, der Verfasser wäre nicht in der Lage, die soziale Problematik der von ihm geschilderten Sachverhalte

zu überblicken , doch

sollen hier im wesentlichen die Tatsachen präsentiert werden, und nicht deren Interpretationsmöglichkeiten. Demgemäß steht im Mittelpunkt der Ausführungen nicht die Frage nach dem "ob überhaupt" und "wenn wieviel" der Mikroelektronik sondern die nach dem

"was passiert demnächst wo

und wie" . Die vollzogene Entwicklung der letzten Jahre hat längst Tatsachen geschaffen, die eine lange Auseinandersetzung über die Grundlagen und Bedingungen des Mikroelektronikeinsatzes überflüssig machen. Eine Wiederaufarbeitung der in diesen Zusammenhang gehörenden Diskussionen

ist

absolut

müßig. Hier soll vielmehr das breite Spektrum der Einsatzfolgen anhand typischer Beispiele näher durchleuchtet werden und auf Handlungsnotwendigkeiten hingewiesen werden. Zugleich soll dieser Text dem in der Lehre Tätigen die erforderlichen Sachinformationen für die Vorbereitung seines Unterrichts bereitstellen. Nach Meinung des Verfassers werden in wenigen Jahren Entwick-

6

Einßhrung

1ungen sichtbar werden, die wesentliche Teile der traditionellen ökonomischen Theorien derart fragwürdig werden lassen, daß man sich rechtzeitig um neue kümmern sollte. Was nützt noch eine Wachstumstheorie, die als zentrale Argumente Kapital und Arbeit enthält, wenn das Wachstum von Ressourcen, Umwelt und Technologie bestimmt wird, der spezifische Kapitaleinsatz in der Produktion sinkt und Arbeitskräfte zu den gegebenen Bedingungen im Überfluß vorhanden sind. Was nützt uns eine Außenhandelstheorie, die Ex- und Importe über Faktorproportionen (Arbeits- und Kapitalkosten) und internationale Direktinvestitionen über Lohnniveaus erklärt, angesichts der Tatsache, daß weder das eine noch das andere von wesentlicher Bedeutung ist, weil Technologien und Informationen wichtiger als Stundenlöhne geworden sind. Was hilft uns die beste Markttheorie, das beste System der sozialen Sicherung, wenn die Realität Sachverhalte schafft, die die theoretischen Vorgaben lange als inhaltsleer deklassiert haben. Um ein Beispiel zu geben, was nützt ein Generationenvertrag in der Rentenversicherung, wenn künftig automatische Systeme den wesentlichen Teil der Wertschöpfung erstellen. Roboter zahlen keine Rentenversicherungsbeiträge. Was nützt eine Wettbewerbstheorie, die auf Modellen basiert, die den technischen Fortschritt ins ökonomische Jenseits befördern und die Konstrukte vollständiger Konkurrenz als Ausgangspunkt ihrer Analysen nimmt. Die Reihe der Problemfelder ließe sich beliebig fortsetzen,

ohne daß man damit ihrer Lösung näher wäre.

Ein erster Ansatzpunkt liegt meines Erachtens in der Überwindung des "Robinson Syndroms", des Inseldenkens, das die wesentlichen Probleme jeweils auf die Nachbarinsel zu verlagern versucht und damit aus dem eigenen Ansatz ausblendet. Gefordert - wenngleich schwierig zu realisieren - ist ein Systemdenken, das die einzelnen Elemente in ihrem Zusammenhang sieht und deren Wirkungsverknüpfungen generell akzep-

Einßhrung

7

tiert und integriert. Dies setzt zum einen voraus, daß man sich auch mit den Forschungen der jeweils benachbarten Bereiche beschäftigt und so interdisziplinär einer Lösung näherkommt und zum anderen, daß man einen Teil seiner Vorurteile aufgibt. In diesem Sinne soll das vorliegende Buch ein bescheidener Versuch sein, die Mikroelektronik

sowohl

aus

technischer

Sicht als auch bezüglich ihrer ökonomischen Einwirkungsmöglichkeiten auf die wesentlichen Wirtschaftsbereiche zu erfassen. Daß dies nicht vollständig gelingen kann, liegt zum einen an den begrenzten Fähigkeiten des Verfassers und zum anderen an den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten der Mikroelektronik .

Einßhrung

8

Mikroelektronik - Inhalte und Anwendungsbereiche Mikroelektronik ist zu einem schillernden und für viele auch bedrohlichen Begriff geworden, unter dem man sich nicht ohne weiteres konkret etwas vorzustellen vermag. In der schlichten Sprache des Technikers hingegen handelt es sich um eine relativ einfache Sache:" Mikro-Elektronik ist die untrennbare Zusammenfassung vieler elektronischer Bauelemente auf einem Kristall (Chip). Der Integrationsgrad ist die Anzahl der zusammengefaßten integrierten Bauelemente. Die Basis der Mikroelektronik ist die Halbleitertechnologie, Silizium als Ausgangsmaterial spielt eine entscheidende Rolle. In einer Dekade hat sich der Integrationsgrad um den Faktor 500 vergrößert und er wird in der vor uns liegenden Dekade noch weiter steigen...Die Kosten pro Transistorfunktion sanken in einer Dekade ebenfalls um den Faktor 500 (vergl. hierzu Übersicht 1 ). Es ist jedoch nicht die Entwicklung der Technologie selbst, die von dominierendem Interesse ist, sondern vielmehr ihre Einsatzmöglichkeiten und deren Folgen." In the last decade, developments in microelectronic - based technologies have opened prospects for the rapid evolution of equipment used in performing a great variety of tasks that involve receiving, processing, transmitting and acting upon information. From an economic vantage point, the innovations in microelectronis - based technologies have three dimensions: - miniturisation - adding of "intelligence" to equipment - rapidly processing very large quantities of information at small

costs.

As a consequence, microelectronics - based technologies can be introduced in any application that currently makes use of some information processing, from consumer goods to office

Einführung

Übersicht 1: KOSTEN UND LEISTUNGEN VON SPEICHERCHIPS 1971 - 1989

A.

ELECTRONIC M E M O R Y PRICES

9

10

Einßhrung

equipment and manufacturing equipment. These technologies are not only of localised significance, but effect the economy in general."

OECD 1982

Zur entscheidenden Frage wird so - neben den Tendenzen im Bereich der Mikroelektronik selbst - wo sie konkret ihren Einsatz findet (primärer Effekt) und wie sich diese Mikroelektronikprodukte ihrerseits auf die Einsatz- und Verwendungsfelder selbst auswirken (sekundärer Effekt). Ausgangspunkt der weiteren Ausführungen ist zunächst der primäre Effekt, also die Frage nach den technischen Möglichkeiten der Basistechnologie. Generell sind in diesem Zusammenhang zwei Produktlinien zu unterscheiden, die

deutlich

berührt sind, und zwar in höchst unterschiedlicher Form. Einerseits Erzeugnisse, die ihrerseits wieder zur Herstellung von Produkten und Leistungen benötigt werden, die sogenannten Investitionsgüter, und andererseits Erzeugnisse, die unmittelbar dem Verbraucher zugänglich sind, die Konsumgüter. Diese banal anmutende Unterscheidung hat recht

erhebliche

Unterschiede in der Betrachtung zur Folge. Veränderte Investitionsgüter implizieren unmittelbar gewandelte Produktionsprozesse und sind damit direkt arbeitsplatzwirksam.

Gewan-

delte Konsumgüter hingegen verändern die Nachfragestrukturen, das Kaufverhalten der Verbraucher und wirken auf diesem Wege erst indirekt auf die Arbeitsplätze in den betroffenen Branchen und Unternehmen zurück. Das Schwergewicht dieser Untersuchung soll auf den Investitionsgütern liegen. Zwar sind die Einsatzfelder der Mikroelektronik im Konsumgüterbereich sehr eindrucksvoll und sicher auch nicht unwesentlich, doch sind die wesentlichen Folgen der Mikroelektronik im Bereich der Investitionsgüter zu sehen. Wie bereits erwähnt bietet die neue Technologie überall dort besonders gute Anwendungschancen, wo in großem Umfang Infor-

Einführung

mationen gesammelt,

bearbeitet

oder

verarbeitet

müssen. "Aus technischer Sicht gibt es Spektrum von Entwicklungslinien,

11

werden

(daher) ein breites

die zu anwendungsreifen

Produkt- und Prozeßinnovationen führen werden...Die meisten dieser

technischen Entwicklungen werden a l l e r

nach keine

erheblichen

auslösen oder

direkten

Voraussicht

Beschäftigungseffekte

erscheinen für die 80er Jahre nur bedingt

innovationsrelevant.

Dagegen i s t

die

Mikroelektronik

in

Verbindung mit der Datentechnik die dominante anwendungsreife technische Entwicklungslinie, insbesondere, wenn man von der Diffusionstiefe und - b r e i t e in sektoraler Hinsicht ausgeht." (ifo-Institut sicherlich

München u.a.1979).

Diese globale Aussage

r i c h t i g und wird nachfolgend

Herstellungs-

wie der

hinsichtlich

Anwendungsbereiche

ist der

differenziert

untersucht werden. Am Anfang a l l e r Überlegungen s o l l allerdings ein kurzer Abriß der Gegebenheiten in der Grundlagenindustrie dieses gesamten Feldes vermittelt werden, der Halbleiterindustrie.

Kapitel I Die Entwicklung der Halbleiterindustrie Alles, was im Bereich der Mikroelektronik passiert und sich vollziehen kann hängt an den Entwicklungen im Feld der dazugehörigen Grundstoffindustrie,der Halbleiterherstellung. Die hiermit angesprochenen Integrierten Schaltkreise, auch integrated circuits oder kurz IC's genannt, sind der Grundstoff der

Informationstechnologie. Aus diesem Grunde wurden die

Halbleiterelemente auch schon als Rohöl der 90er Jahre bezeichnet,

als der Schlüsselstoff für die kommenden Jahre.

Von ihrer Entwicklung werden die wesentlichen Antriebsmomente nicht nur für fortschrittliche elektronische Komponenten, sondern auch für die vielen anderen Anwendungsbereiche ausgehen. Die Halbleiterindustrie ist einer der Belege für die Dynamik von Märkten und zugleich ein demonstrativer Hinweis auf die Abhängigkeit wesentlicher Industriezweige von nur wenigen technologischen Entwicklungslinien.

Zugleich

läßt

sich an diesem Beispiel belegen, wie der Wettbewerb sowohl Produkt- als auch Prozeßinnovationen

vorantreiben

kann.

Vorantreiben auf Niveaus, die weit über das hinausgehen, was der Markt von der Nachfrageseite her fordert und oftmals auch über das, was die Abnehmer überhaupt zum fraglichen Zeitpunkt in hinreichendem Maße verwenden können. Hieraus resultierten zum Teil beträchtliche Marktinstabilitäten, ausgedrückt durch Preis- und Absatzschwankungen recht beachtlicher Art, die letztendlich

in einer kontinuierlichen Scherenentwicklung

zwischen Preisen und Leistungen der

Halbleiterelemente

kumulierten:

- die Leistungsfähigkeit der auf der

Integrationstechnik

beruhenden Schaltkreise wuchs von Jahr zu Jahr rapide; - die Kosten für die einzelnen Schaltfunktionen sanken in ähnlichem Ausmaß.

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

Gleichzeitig

13

versuchten und versuchen viele Regierungen,

überzeugt von der Triebkraft dieser Schlüsselindustrie mit mehr oder minder ehrgeizigen Förderungsprogrammen, die eigene Halbleiterindustrie in ihrer Leistvingsfähigkeit voranzutreiben. Eines der neuesten Beispiele hierzu stammt aus der Bundesrepublik, wo erhebliche Forschungsförderungsmittel an die beiden führenden Halbleiterhersteller vergeben wurden, um ihnen gemeinsam die Entwicklung eines extrem leistungsfähigen integrierten Schaltkreises, eines Megachips zu ermöglichen. (OECD, 1985). Nach

Herstellerangaben

stieg

auch ohne diesen

Entwicklungsschritt die Leistvingsfähigkeit der

letzten

Halbleiter-

technologie seit dem Übergang vom schlichten Transistor auf die Siliziumtechnologie, die der Einstieg zur Chip-Produktion war, also dem eigentlichen Beginn der revolutionär anmutenden Entwicklung(1963) um etwa den Faktor 83.000 von 12 Funktionen je Chip auf nunmehr 1.000.000. Die Kosten je Transistorfunktion auf dem Chip hingegen sanken etwa um den Faktor 1000 im gleichen Zeitraum (Vergl. hierzu die Übersicht 1 ). Diese Entwicklungsschere hat es erst ermöglicht, den breiten und vielseitigen Einsatz der integrierten Schaltkreise auch bei simplen Anwendungen zu erreichen und hierdurch wiederum eine beschleunigte Weiterentwicklung der Elemente selbst geradezu erzwungen. Denn in diesem Bereich verspricht jeder Fortschritt aufgrund der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten eine rasche und hohe Rentabilität Rückfluß der Allerdings

für

die

wachsen die

Entwicklungsschritt

, d.h. einen

Entwicklung

schnellen

eingesetzten

finanziellen

Gelder.

Anforderungen

von

zu Entwicklungsschritt nachhaltig, ein

Trend, aus dem ein ständig zunehmender Druck auf die Halbleiterhersteller in Richtving auf zunehmende Unternehmensgrößen resultiert. Waren die Grunderfindungen npch Einzelleistungen

14

Kapitel I: Die Entwicklung

findiger

der

Halbleiterindustrie

Forschergeister und konnten neue Firmen noch von

Einzelkämpfern aufgebaut werden, so spielt sich die heutige Forschung fast ausschließlich in den Labors der Großindustrie und damit der Marktführer ab. Zugleich erklärt diese Entwicklung die zunehmende Bedeutung einzelner Hersteller als Lieferanten von Schlüsseltechnologien und zeigt so ein weiteres Mal,

daß

nicht immer der intensivste Wettbewerb auch die

besten Ergebnisse hervorbringen muß. Im Gegenteil, der Halbleitermarkt wird immer mehr zu einem Aktionsplatz von Giganten und es ist keineswegs sicher, ob sich im Zuge der nationalen und internationalen Anbieterkonzentration tatsächlich eine unveränderte Innovationstradition aufrechterhalten wird und ob es langfristig sinnvoll war, diese Entwicklungen recht ungehindert und unbeeinflußt laufen zu lassen. Denn schließlich hängt eine ganze

ab-

Reihe

sehr wesentlicher Branchen hier an dem seidenen Faden der Belieferung mit den entscheidenden Komponenten sehr weniger Hersteller. die

Welche Bedeutung die Bauelementeindustrie, also

Hersteller

der

Halbleiterchips bereits heute in den

Volkswirtschaften hat, das mag eine Übersicht für die Bundesrepublik Deutschland belegen

(Tabelle 1) In dieser Darstel-

lung

das

wird maßstabsgerecht

Umsätzen

der

Mikroelektronik,

Investitionsgüterindustrie

Verhältnis der

zwischen

den

Elektronik- und

der

aufgezeigt. Beeindruckend

hieran

ist, daß der Mikroelektronikverbrauch nicht einmal 10 % des Bruttosozialproduktes

ausmacht. Die Schlüsselfunktion

der

Mikroelektronik muß darin gesehen werden, daß sie für das Wachstum der Elektronik und damit der fünf wichtigsten deutschen

Industriezweige

im Bereich der

Investitionsgüterher-

stellung die technische Basis darstellt, ohne die Spitzenprodukte in Zukunft nicht mehr denkbar sind. Die Industriezweige der Fünfergruppe stehen mit einer Ausfuhr von 195 Mrd. DM oder

45 %

ihres

Gesamtumsatzes

an exponierter Stelle und

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

erbringen den Grundbeitrag für den aktiven Teil

15

unserer

Handelsbilanz. Ziemlich direkt hängen 39 Mrd. DM der Elektronikproduktion wiederum von der Mikroelektronik ab (WEINERT, 1984). Noch deutlicher wird die Rolle, die die Mikroelektronik bereits in den Industrieländern einnimmt, diese Daten noch etwas weiter auf. Die

schlüsselt

man

Mikroelektronik

beeinflußt heute etwa 60 % aller Industrieumsätze

in der

Bundesrepublik, dabei teilen sich die Branchen wie folgt auf (1985): - Büro-, Daten- und Nachrichtentechnik verbrauchen 42 % der IC-Produktion; - Konsumelektronik verwendet 30% der Ic-Produktion; - Industrieelektronik benötigt ca. 22% der IC-Produktion; - Autoelektronik ist für 6% des IC-Verbrauches verantwortlich Schon aus diesen groben Angaben wird unmittelbar ersichtlich, welche Position die Mikroelektronik mittlerweile gewonnen hat und

in welchem Umfang ihre Erzeugnisse Eingang in andere

Wirtschaftsbereiche gefunden haben. Sie zeigen zugleich, daß schon aus diesem Grunde die Frage nach den wesentlichen Zusammenhängen im Bereich der Bauelementehersteller identisch ist mit der nach der künftigen Wettbewerbsfähigkeit von Industrien und Volkswirtschaften gleichermaßen, wie mit der Frage nach den grundsätzlichen Mustern künftigen sektoralen und regionalen Strukturwandels.

16

Kapitel I: Die Entwicklung

der

Halbleiterindustrie

Tab. 1: M I K R O E L E K T R O N I K UND W I R T S C H A F T IN D E R BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

Kapitel I: Die Entwicklung

der

17

Halbleiterindustrie

LI Marktstruktur, Marktverhalten und Marktergebnisse

Integrierte Schaltungen sind ein Weltmarktprodukt, das international in großen Mengen und mit beeindruckender Dynamik gehandelt wird. Es gibt praktisch keinen Technologieunterschied zwischen den Produkten einer bestimmten Kategorie. Der Markt ist von der Offenheit vieler anderer Rohstoffmärkte und in vielen Elementen eher einer Börse denn einem ähnlich.

So kommt er konstruktionsgemäß

punkten dem nahe,

in vielen

Idealbild der Ökonomen von einem

allerdings

auch

mit

erheblichen

Produktmarkt Einzel-

Markt

recht

Abweichungen

vom

Konstrukt. Er zeichnet sich gleichermaßen durch rasante Zuwachsraten wie durch hektische Nachfrageschwankungen aus, die neben dem betrübt'

'himmelhochjauchzend' auftreten

zugleich wieder das

lassen. Die Anbieter können bei

Einigkeit über die generell

expansive

Entwicklung

'tief aller ihres

Absatzbereiches nie sicher sein, wie die Umsätze in den vor ihnen liegende Monaten aussehen werden, und welche Technologien in diesem Zeitraum von welchem Konkurrenten zu welchem Preis auf den Markt gebracht werden. Da auch die Nachfrager in vielen Bereichen eher von labilem Charakter sind und ihre Entscheidungen keineswegs immer die gebotene

Rationalität

erkennen lassen, handelt es sich insgesamt um ein recht empfindsames Gebäude.

So entwickelte

sich der

Absatz

nach

einigen sehr flauen Jahren seit Mitte 1983 geradezu explosionsartig. Die zuvor verfallenen Preise für die Halbleiterelemente zogen deutlich an, es kam zu teilweise beträchtlichen Lieferfristen und sogar ein sonst nur vom Rohöl bekannter Spotmarkt entwickelte sich, auf dem bestimmte

Halblei-

tererzeugnisse zu teilweise beachtlichen Aufpreisen kurzfristig angeboten wurden.

"Weil einzelne

Hersteller

überhaupt

nicht lieferfähig waren oder bei manchen Produkten Liefer-

18

Kapitel I: Die Entwicklung

der

Halbleiterindustrie

fristen bis zu sechs Monaten meldeten, wichen die Abnehmer auf

den

Spotmarkt

aus. Wer dort kaufen mußte, wurde mit

Preisaufschlägen von 30 - 50% geschockt, in einzelnen Fällen hatte er sogar den doppelten Preis zu zahlen (INDUSTRIEMAGAZIN, 2/84). Ein knappes Jahr später sah die Lage schon wieder ganz anders aus. Die FINANCIAL TIMES meldete am 22.November

1984 unter

der Schlagzeile: "Suddenly the good times may be Coming to an end: Nach einem Boomjähr, in dem der Weltmarkt um 50% auf 27 Mrd.Dollar angewachsen ist, fragt sich die US-Halbleiterindustrie, ob die guten Zeiten sich dem Ende zuneigen. Plötzlich scheint sich der Boom umzukehren. Schlüsselkomponenten, bei denen es vor kurzem noch Lieferengpässe gab, reichlich

sind

verfügbar. Die von der US-Industrie

wieder

argwöhnisch

beobachtete "books - to - bill - ratio", die das Verhältnis von Auftragseingängen zu Auslieferungen widerspiegelt, zeigt Einbrüche. Sie hat seit letztem Dezember ständig abgenommen von

1.66

: 1 auf ein Rekordtief von 0.67

: 1

in diesem

Oktober. Dies bedeutet, daß nunmehr die Auftragseingänge nur noch zwei Drittel der Auslieferungen betragen. Amerikanische Hersteller, die ursprünglich 3 Mrd.US Dollar für den Ausbau ihrer Anlagen in diesem Jahr aufbringen wollten, haben begonnen,

ihre Pläne umzuwerfen und

ihren Personalaufbau

ge-

stoppt." Noch dramatischer wurde dann 1985 die Marktentwicklung. Die bereits

als recht beachtlich angesehenen

Markt-

schwankungen der früheren Jahre wurden durch die Ergebnisse 1985 weit übertroffen. Der

Markt b r a c h

im freien

Fall

zusammen und führte zum

schlechtesten Ergebnis in der noch kurzen Geschichte dieses jungen

Industriebereiches. Die Jahresanalyse der

FINANCIAL

TIMES gibt die Veränderungen sehr knapp wie folgt wieder: "Mit einem unerwarteten weltweiten Rückgang des Absatzes um 11% ging einher, daß die meisten Chip-Hersteller

1985 nur

Kapitel I: Die Entwicklung

der Halbleiterindustrie

19

noch um das reine Überleben gekämpft haben und nicht mehr um Wachstum. Dies alles in der Hoffnung, beim nächsten

Auf-

schwung noch dabei zu sein. Die Verkäufe in den USA sanken 1985 um 29%, die in Japan um 6.4% und in Europa um 5%. Die Gründe hierfür sind sehr komplex gewesen, doch haben sie ihre Ursache in den früheren Marktentwicklungen einerseits und in den Entwicklungen der Personalcomputerhersteller andererseits gehabt. Zum einen hatte diese Hauptanwendergruppe der Chips erhebliche Absatzprobleme zu überstehen. Zum anderen jedoch hatten sich die Hersteller von chipshaltigen Produkten nach den Erfahrungen der früheren Jahre teilweise mit recht erheblichen Lagerbeständen an Bauelementen ausgestattet, um vor den negativen Folgen eines weiteren Booms mit den bekannten Lieferengpässen zumindest teilweise sicher zu sein. Die Situation entwickelte sich in dem Augenblick von einer schlechten in eine miserable Lage, als nun die Hauptanwender der Chips selbst auf Absatzprobleme trafen.

Als Folge hiervon gerieten alle wesentlichen Halbleiterproduzenten in ernsthafte Schwierigkeiten. Allein die US-Hersteller entließen 1985 54.000 Arbeitskräfte, das entsprach fast 20% der Gesamtbeschäftigung in diesem Bereich. Doch auch die Japaner blieben hiervon nicht unberührt. Zwar traf sie die Entwicklung weniger hart, doch mußten auch sie 5% der entsprechenden Arbeitskräfte entlassen. Seit Mitte 1985 arbeiteten die dortigen Halbleiterhersteller mit Verlust. 1986 kam dann zwar wieder Bewegung in den Markt, es gab eine spürbare Expansion, doch war diese auf wenige Regionen begrenzt. Nur im amerikanischen und pazifischen Raum wurden von

20 beziehungsweise

sogar

Zuwachsraten

65 Prozent erreicht. Japan

hingegen hatte ebenso wie Europa mit Wachstumsraten zwischen 0 und

2 Prozent

faktisch eine Stagnation

zu

verzeichnen.

Weltweit kam es so nach einem Absatzminus von über 17% in 1985 wieder zu einer Stabilisierung auf dem Niveau von 1984.

20

Kapitel I: Die Entwicklung

der

Halbleiterindustrie

1987 war dann das erste echte Wachstums jähr nach der Krise. Der Weltabsatz an Halbleitern stieg von 1986 ca 25 Mrd. US $ in diesem Jahr auf rd. 32 Mrd. US $und machte somit einen gewaltigen Sprung von 35 %, eine Zuwachsrate, wie sie aus den Jahren vor 1984 geläufig war.

Allerdings sind die Perspektiven für die kommenden Jahre eher dürftig. Bis in die 90er Jahre wird man sich auf einstellige Zuwachsraten einstellen müssen, wenn es nicht zu unvorhersehbaren neuen Anwendungsmöglichkeiten und technischen Lösungen kommen sollte. Solche sind jedoch gegenwärtig nicht erkennbar. Die traditionellen Abnehmerbranchen sehen sich zunehmenden Marktbegrenzungen gegenüber, der Boom der

Gründerjähre

der Mikroelektronik beginnt zunehmend in eine zwar dynamische aber doch kalkulierbarere Entwicklung einzumünden.

Die hier nur kurz skizzierten Kennzeichen der Marktentwicklung ändern jedoch nichts an der Tatsache, daß die Grundtendenzen des Marktes alle auf Wachstum gerichtet sind und daß die Schwankungen nur die Begleiterscheinung eines dynamischen und wenig etablierten Marktes sind, die bleiben

werden,

wie

Produzenten und

solange

bestehen

Verbraucher

Produkte gleichermaßen hohe Innovationsraten

dieser

aufweisen

und

sich daher auf ständig sich wandelnde Marktpartner und Marktgegebenheiten

einzustellen haben. Als Ergebnis dieser

Ten-

denzen ist jedenfalls festzuhalten, daß der sich stets in rezessiven Marktphasen einstellende Preisverfall generell in den anschließenden Erholungsphasen nicht wieder zu korrigieren war, so daß letztendlich Anwender

recht

zumindest aus der Sicht

der

günstige Preis-Leistungs- Verhältnisse

aus

diesen allgemeinen Tendenzen hervorgegangen sind, die wiederum einer nachhaltigen Verbreitung der entsprechenden Produkte zugute kamen.

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

21

Die weltweite Halbleiterproduktion hat eine unbeschreiblich stürmische Entwicklung genommen. 1959 belief sich das gesamte Produktionsvolumen auf gerade 400 Mio US Dollar, zwanzig Jahre später war er auf 15 Mrd. US Dollar angewachsen. Der Produktionshöhepunkt wurde 1984 mit nahezu 30 Mrd.US Dollar erreicht:

Tab. 2

DIE ENTWICKLUNG DER WELTPRODUKTION VON HALBLEITERN in Mrd. US Dollar 1959 - 1988

JAHR 4 Produktion

1959

1969

1979

1983

1984

1985

1986

1987

1988

0.4

1.7

15.0

20.0

29.0

17.0

25,4

32,1

40,0

+

IQuelle: OECD, FINANCIAL TIMES

So eindrucksvoll diese Daten auch für sich genommen

sind,

sie zeigen nur einen sehr begrenzten Ausschnitt der tatsächlichen Dynamik, die sich auf diesen Märkten vollzogen hat, da sie ja nur die wertmäßige Seite der Angelegenheit widerspiegeln. Da wir bereits eingangs auf die drastischen Preisreduktionen bei den entsprechenden Produkten hingewiesen haben, ist unmittelbar einsichtig, daß die realen, tatsächlichen Entwicklungen um ein etliches dynamischer gewesen sind. Allein der Preis des 256K-Ram (Dynamik Random Access Memory), eines spezifischen Speicherchips der neueren Generation fiel von 1983 rd. 110 US-Dollar per Stück auf 1985 noch gerade gute 5 US-Dollar. Dies ist im Prinzip eine recht typische Entwicklung. Würden wir sie einmal auf den gesamten Bereich umsetzten, so wäre das reale Marktvolumen 1985 nicht läppische 17 Mrd.Us Dollar gewesen sondern etliche hundert Milliarden.

22

Kapitel I: Die Entwicklung

der

Halbleiterindustrie

Doch abgesehen hiervon, der Markt wird weiter expandieren und erhebliche

Absatzchancen bieten.

Es darf

nicht

vergessen

werden, daß die beteiligten Unternehmen trotz dieser enormen Preisverfälle insbesondere 1984 beachtlich verdient haben, so daß die Schlußfolgerung erlaubt ist, daß alle anderen Preise, als die, die der Markt tatsächlich erlaubt hat, zu Extragewinnen beachtlicher Höhe geführt hätten. Alle einschlägigen Schätzungen wesentlicher Hersteller gehen für die Zukunft von einem Wachstum von gut 20 % pro Jahr aus. Es ist unmittelbar einsichtig, daß die Teilnahme an diesen Märkten nicht nur für die einzelnen Unternehmen beachtliche Perspektiven eröffnet sondern auch für ganze Volkswirtschaften

existenzbedeutend

sein kann. Die Schlüsselfunktion der Halbleiterindustrie ist unbestritten

und

je schneller

ein

Markt wächst,

desto

schneller wachsen auch die Abstände zwischen den jeweiligen Marktpartnern, die zu Beginn der Expansionsphase

bestanden

haben, denn es ist in der Regel sehr schwer in einem verlorenen Markt wieder Anteile zu gewinnen oder gar in Größenordnungen vorzudringen, die über den Ausgangswerten liegen, es sei

denn,

e s wird in irgendeiner Form nachgeholfen,

z.B.

durch staatliche Eingriffe. Diese Praxis hat sich in der Tat in allen Staaten, die sich intensiv mit den Zukunftstechnologien beschäftigen,

herausgebildet.

Zwar

auf

schiedlichen Wegen, doch mit prinzipiell

recht

ähnlichen

unterZielen

greift der Staat in vielen Fällen seiner Industrie helfend unter die Arme. Die Strategien verdeutlicht die nachfolgende Übersieht 2.

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

Übersicht 2

STAATLICHE HILFEN FÜR FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG (in Mio US $) T

+

|LAND *

| ZEITRAUM +

| PROJEKT +

*

| VOLUMEN | + +

KOMMENTAR | +

Australien

1983-84

CSIRO Resarch

0.6

-

Kanada

1981

Gal1ium-Arsen.

1.7

-

USA

1978-84 1978-82 1985-89

VHSIC Phase 1 nicht VHSI VHSI Phase 2

341.1 200.5 340.3

Japan

1975-81

LSI IC'S für Computer,Fernsehen Mikrow. VLSI

180.0

1976-79

Europäische Gemeinschaften

121.2

1980-91 1982-90 1982-89

Optoelektronik Supercomputer Neue Funktionselemente

1983-84 1982-85

ESPRIT 11.4 Mikroelektronik- 32.0 projekt ESPRIT Programm 744.0

1984-89

77.5 92.3 100.4

Frankreich

1982-86

2. Komponenten Plan

Bundesrepublik

1974-78

Deutschland

1981-82

BMFT Elektron. 157.0 Bauelemente BMFT Elektron. 110.0 Bauelemente 0.9 VDI Forschung u. Entwicklung Mikroelektronik 196.0

1981-84 1984-88

x

23

: Rückzahlung erforder1. Zuschuß

EG- Anteil EG- Anteil

487.0

Großbritannien

1983-88

Förderprogramm geschr. Informationstechn.

308.5

Finnland

1982-85

C-MOS Technol.

7.0

Schweden

1980-85

Nationalrat zur Technologieentwicklung.

Forschungsbeiträge



47.3

Quelle: OECD 1985 .i

24

Kapitel I: Die Entwicklung

der

Halbleiterindustrie

Alle diese Maßnahmen haben jedoch nicht verhindern können, daß sich Veränderungen in den Weltmarktpositionen der einzelnen Anbieter vollzogen haben und auch weiter vollziehen werden, die keineswegs immer den Vorstellungen der nationalen Regierungen entsprechen. So hat trotz aller Bemühungen die amerikanische Halbleiterindustrie sehr schnell ihre dominante Marktposition verloren. In der Frühphase der Entwicklung wurde nahezu der gesamte Markt von amerikanischen Unternehmen beherrscht. Es gab seinerzeit extrem günstige Entwicklungsbedingungen für die Branche, da einerseits die Regierung die Produkte mit massiven Hilfen förderte (vornehmlich indirekt über die entsprechenden Ausgaben des Verteidigungsministeriums) und andererseits die entsprechenden Wettbewerbsgesetze dafür sorgten, daß große Anbieter wie zum Beispiel IBM ihre Halbleiter am offenen Markt nicht verkaufen durften, also keine Konkurrenten für kleinere Unternehmen darstellen. Hieraus resultierte eine massive Gründungswelle von neuen Halbleitervinternehmen, die sich zu einem erheblichen Teil aus dem brain-drain eines einzigen Unternehmens speiste, nämlich aus den Abwanderungen qualifizierten

Personals von Fairchild, dem

seinerzeit

führenden Anbieter von Chips. Diese Gründungswelle führte zu einem recht hektischen und innovativen Wettbewerb auf dem amerikanischen Markt, der sich erst Mitte der 70er Jahre etwas abmilderte, als einerseits die Produkte einen gewissen Reifegrad erhalten hatten und andererseits nunmehr Leistungserfordernisse an die Halbleiter herangetragen wurden, die mit dem genialen

Erfindergeist

alleine nicht mehr zu beantworten waren. Die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich hat mittlerweile Größenordnungen erreicht, die von kleineren Unternehmen nicht mehr ohne weiteres aufgebracht werden können. Dies führte zur Entwick-

Kapitel I: Die Entwicklung

der Halbleiterindustrie

25

lung von Marktzutrittsschranken, die so hoch wurden, daß ein problemloser Markteintritt nicht mehr möglich war. Der finanzielle Aufwand einer Unternehmensneugründung ist so groß geworden, daß er nur noch von entsprechend

finanzkräftigen

Einheiten bestritten werden kann. Wesentlicher

Wettbewerber

außerhalb des

amerikanischen

Marktes wurde, wenngleich getragen von ganz anderen Strategien und Entwicklungsanstößen, Japan. Hier war es nicht der militärische Bereich mit seinen Anforderungen, der die Entwicklung der Halbleitertechnologie forcierte,

sondern

die

eigene Konsumgüterindustrie einerseits, sowie eine massive Protektionspolitik andererseits. Man benötigte für die eigenen Konsumgüterhersteller in großen Mengen leistungsfähige Standardchips, und um die nicht aus Amerika ins Land kommen zu lassen, schützte man sich ganz massiv gegen Importe dieser Produkte. Der einzige Weg für die US-Industrie nach Japan zu gelangen war der über Lizenzen oder durch andere Formen des Technologieverkaufes an japanische Unternehmen. Zudem waren es in Japan nicht viele kleinere und neue Unternehmen, die den Halbleitermarkt bestimmten sondern im wesentlichen die bereits etablierten großen Elektrokonzerne wie Fujitsu und Hitachi. Dies schuf völlig

andere Startbedingungen

und

Ausrichtungen der industriellen Entwicklung einerseits und der staatlichen Förderung andererseits. Die fünf Hauptproduzenten (Fujitsu, Hitachi, Toshiba, Mitsubishi und NEC) wurden gemeinsam im VLSI-Projekt, der Förderung der

Entwicklung

hochintegrierter und -leistungsfähiger Mikrochips durch das zuständige Ministerium für Internationalen Handel und Industrie gefördert.

Ein Projekt, mit dem der technologische

Rückstand gegenüber den USA aufgeholt werden sollte. Noch bevor dieses Projekt jedoch seine volle Wirkung entfalten konnte, hatte die japanische Industrie aus eigener Kraft

26

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

gewaltige Erfolge auch und gerade auf dem US-amerikanischen Markt erringen können und ihren Absatz dort erheblich gesteigert. Das traditionelle Defizit der japanischen Außenhandelsbilanz in diesem Bereich ist seit 1980 verschwunden. Zwar ist der mittlerweile eingetretene Exportüberschuß in die USA immer noch sehr bescheiden ( ca. 1.1 Mrd US Dollar 1985), doch war die Zuwachsrate atemberaubend. Das amerikanisch-japanische Defizit stieg seit 1980 um gut das Zehnfache . Mittlerweile haben die japanischen Anbieter in Amerika einen Marktanteil von ca. M % in diesem Bereich während sich der amerikanische Marktanteil in Japan seit zehn Jahren unverändert bei etwa

bewegt. Hinzu kommt, daß alle japanischen Her-

steller von Halbleiterelementen im Gegensatz zu den amerikanischen Anbietern zugleich Produzenten und Verwender sind, also nicht auf den externen Absatz ihrer Produkte im gleichen Umfang angewiesen sind, wie die US-Unternehmen. Zwar gibt es auch hier Unternehmen wie IBM oder Digital Equipment, die integrierte Hersteller-Nutzer-Konzerne sind, doch machen sie nicht die Mehrheit aus. Infolge dieser Veränderungen der japanischen Industrie und der spezifischen Förderung, die sie erfahren hat, haben sich dann auch nachhaltige Wandlungen des gesamten Weltmarktes und der Marktstrategien aller beteiligten Unternehmen ergeben. Im Zeitraum 1970 - 1982 wuchs die japanische Halbleiterproduktion jährlich um fast 26%, 1984 realisierte sie

sogar

einen Zuwachs um 32%. Eine insgesamt beachtliche Leistung, die dazu führte, daß die Hälfte der Spitzenverkäufer auf dem Weltmarkt japanischer Herkunft sind. 1986 überstieg erstmals der Weltmarktanteil der Japaner den der USA-Hersteller

im Halbleiterbereich. Während die US-

Firmen seit 1980 kontinuierlich an Boden verloren, gewannen die japanischen mit gleicher Regelmäßigkeit hinzu. Hatten die

Kapitel I: Die Entwicklung

27

der Halbleiterindustrie

USA 1980 mit einem Marktanteil von gut 60% noch die eindeutige Führungsrolle und mußten sich zugleich die Japaner mit einer Quote von 30% zufrieden geben, erstmals

ein Marktanteilsgleichstand

so hatte sich

1986

eingestellt, beide

Nationen kamen auf jeweils 45% Anteil. Dies ist allerdings nicht zuletzt das Ergebnis der 84er Krise, die die japanischen Unternehmen wesentlich besser überstanden hatten als die amerikanischen, die seinerzeit infolge der verschlechterten Marktlage nahezu 60.000 Beschäftigte entlassen mußten. Die Ursache für die höhere Stabilität der japanischen Halbleiterhersteller lag allerdings weniger an den spezifischen japanischen Marktverhältnissen als vielmehr in den Eigenheiten der jeweiligen Chiphersteller,

in der besonderen Bran-

chenstruktur. Viele US-Konzerne in diesem Bereich sind reine Chipproduzenten, die verkaufen, an wen sie nur können. Sie haben

in der

Regel geringe finanzielle Reserven und sind

aufgrund ihrer begrenzten Produktpalette den Schwankungen des Marktes in vollem Umfang ausgeliefert. Die japanischen Produzenten sind hingegen in der Regel Bestandteil großer, differenzierter

Konzerne mit dem

Hinter-

grund entsprechender finanzieller Mittel sowie einer stabilen Absatzkomponente im eigenen Konzern. So verwendet NEC (Nippon Electronic Company) einer der größten Halbleiterhersteller weltweit, ca. 25% seiner

Chippro-

dukte intern. Dies hat allerdings nicht nur für die Stabilität des Absatzes erhebliche Bedeutung, sondern auch für die Ausgestaltung und Effizienz von Forschung und Entwicklung. Denn in diesen Unternehmen können die neu entwickelten

Halbleitererzeugnisse

zunächst einmal intern eigesetzt und den Erfordernissen der Produktion angepaßt werden, ehe sie als fertiges Erzeugnis dann auch Dritten angeboten werden. Das so entwickelte Markt-

28

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

Produkt h a t dann einen wesentlich höheren Reifegrad a l s d i e Produkte

reiner

Chipschmieden,

deren Z u v e r l ä s s i g k e i t

erst

beim Kundeneinsatz ü b e r p r ü f b a r i s t . Ein w e i t e r e r

Grund f ü r d i e

Stabilität

der

japanischen

H e r s t e l l e r l i e g t i n der auch in diesem Bereich p r a k t i z i e r t e n Marketingstrategie,

d i e auf l a n g f r i s t i g e Markterfolge

und g e g e b e n e n f a l l s k u r z f r i s t i g e P r o f i t m a x i m i e r u n g

setzt

hintan-

stellt. Das E r g e b n i s

dieser

Strategie

s p i e g e l t d i e nachfolgende

Tabelle s e h r d e u t l i c h wider: Tab. 3

+

TOP TEN DER HALBLEITERVERKAUFER 1984 - 1987 VERKÄUFE 1987 IN MRD. US $

UNTERNEHMEN

RANGORDNUNG

+

VERKAUFE

| 1984 I 1985 I 1986 | 1987 | + + + * + NEC

2

1

1

1

3.193

TOSHIBA

5

5

3

2

2.939

HITACHI

4

3

2

3

2.781

MOTOROLA

3

4

4

4

2.450

TEXAS INSTRUM.

1

2

5

5

2.125

FUJITSU

8

6

6

6

1 .899

PHILIPS/ SIGNETICS

9

9

8

7

1.597

INTEL

7

7

11

8

1.500

MITSUBISHI

-

-

10

9

1.481

MATSUSHITA

10

10

9

10

1 .479

6

8

NATIONAL SEMICONDUCTORS

QUELLE: FINANCIAL TIMES/DATATQUEST

Kapitel I: Die Entwicklung

Auffällig

ist

in diesem

der Halbleiterindustrie

Zusammenhang

die

29

schwächliche

Position der europäischen Industrie. Unter den zehn größten Anbietern

von

Halbleiterelementen

ist

nur

ein

einziges

europäisches Unternehmen, nämlich Philips. Und auch

diese

Position beruht weniger auf dynamisch-innovatorischem Unternehmerverhalten als vielmehr auf dem käuflichen Erwerb des amerikanischen

Halbleiterherstellers

Signetics. Obwohl die

europäische Industrie seinerzeit von ähnlichen Vorgaben wie die japanischen Unternehmen ausgegangen ist, nämlich fehlenden eigenen Kapazitäten und einem unaufholbar

erscheinenden

technologischen

ist es ihnen

Rückstand gegenüber den USA,

auch nicht annähernd gelungen, zu einer ähnlichen Marktposition zu gelangen. Allenfalls gewisse Achtungserfolge sind zu verzeichnen gewesen, keinesfalls jedoch entsprechende technologische Durchbrüche oder auch nur der Aufbau einer nennenswerten Massenproduktion ausgereifter Erzeugnisse. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielfältig und nicht in einer Ursache alleine zu finden. Einerseits gab es keine den USA vergleichbaren Entwicklungen im Bereich neuer

Anbieter,

andererseits gelang es jedoch auch den bereits etablierten großen Elektrokonzernen nicht, im Bereich dieser neuen Technologie hinreichend Fuß zu fassen. Sie waren weitestgehend nicht in der Lage, ihre Produktionsstrukturen den geänderten Marktbedingungen

anzupassen.

Alles gemeinsam führte zu dem

oben bereits erkennbaren Bild, das noch deutlicher wird, wenn man sich die Marktstrukturen etwas genauer betrachtet:

30

Kapitel I: Die Entwicklung

Tab.4

der

Halbleiterindustrie

PRODUKTION UND VERBRAUCH VON HALBLEITERN NACH REGIONEN 1983 in Mrd. US-Dollar

REGION

|

PRODUKTION

- +

T

|

VERBRAUCH

+

| Absolut|

%

T

| Absolut

| +

|

%

USA

9.8

52.1

8.3

44.0

JAPAN

6.9

36.7

5.6

29.8

EUROPA

1.9

10.1

3.4

18.1

SONSTIGE

0.2

0.1

1.5

8.0

|

Quelle: FINANCIAL TIMES 1984

Die USA und Japan dominieren mit ihren Produktionen

den

Weltmarkt, während Westeuropa ein erheblicher Nettoimporteur ist, das heißt hier wird wesentlich mehr verbraucht als hergestellt. Wenn man sich dann noch vor Augen hält, daß in den Produktionszahlen von Europa in erheblichem Umfang Erzeugnisse enthalten sind, die von amerikanischen oder japanischen Firmen in ihren europäischen Niederlassungen erzeugt worden sind, so wird die Lücke noch deutlicher. Allerdings haben die Europäer zumindest auf ihrem eigenen Markt mit ca. 36 % einen erheblichen Anteil. Führender Hersteller ist hierbei Philips-Signetics. Gefolgt von zwei amerikanischen

Unternehmen,nämlich

Texas

Instruments

und

Motorola. Erst an vierter Stelle folgt dann Siemens als Anbieter. Die

japanischen Produzenten haben sich hier bislang nicht

durchsetzen können, sie haben in Europa lediglich

einen

Marktanteil von 10%. Doch dies soll nicht der Endzustand sein. Sie sind mittlerweile Marktposition zu verbessern.

nachhaltig

bestrebt,

ihre

Kapitel I: Die Entwicklung

Tab. 5 +

FÜHRENDE HALBLEITERHERSTELLER IN EUROPA Umsätze in Mio. US $ 1986

Gesellschaft

802

Texas Instruments

488

Motorola

425

Siemens

357

Thomson

302

SGS Semiconductor

244

National Semiconductor

236

ITT

215

Intel

214

NEC x

31

+

Umsatz

Philips - Signetics

+

|

der Halbleiterindustrie

198 j.

Quelle: Financial Times

+

|

x

Zudem muß man beachten, daß diese Zahlen für sich genommen nur sehr wenig über die Qualität der hinter ihnen stehenden Produkte aussagen. Hier stimmt eine detaillierte Analyse der europäischen aber auch der amerikanischen Industrie recht betrüblich, denn die oben genannten Entwicklungen fallen um so deutlicher aus, je fortschrittlicher die Produkte sind. Je komplexer die Chips sind, desto größer sind die japanischen Marktvorteile. Waren es bei den einfachen Chips zu Beginn der 70er Jahre noch 95% des Weltmarktes, die von den USA beliefert wurden, so sank dieser Anteil beim 4 K-RAM-Chip schon auf 84%. Bei der nächsten Generation, dem 16 K-RAM-Chip Ende der 70er Jahre waren es gerade noch 57% und bei dem jetzt auf seinem Verwendungshöhepunkt stehenden 64 K-RAM-Chip sind es nur noch dürftige 29%. In diesem spezifischen Marktelement

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

32

haben die japanischen Unternehmen ihren Anteil von 5% auf 70% gesteigert. Noch bedrohlicher ist die Entwicklung beim nunmehr bereits großseriellen Einsatz des 256 K-RAM-Chips. Hier werden die japanischen Unternehmen vermutlich am Ende noch besser darstehen, als beim 64 K-Element. Die Europäer hatten das Spiel bereits beim Übergang vom 16er auf den 64er Chip verloren. Zwischen den USA und Japan einerseits und Europa andererseits liegen zumindest bei den Speicherchips - Halbleiterwelten. Dies wird sich auch künftig kaum ändern, da schon neue Massenproduzenten wie Korea am Horizont der

Halbleitermärkte

auftauchen. Doch nicht alleine bei der Produktion hinken die Europäer

- und

mit

ihnen die Bundesrepublik

Deutschland-

weit hinterher, auch beim Prokopfverbrauch dieses "Rohstoffes" waren die Lücken schon immer beachtlich und sind weiter drastisch im Ansteigen begriffen. Setzt dieser

Schlüsseltechnologie

man den

Einsatz

als Maßstab für die künftige

internationale Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften, so sind

die absehbaren Entwicklungen mehr als bedenklich.

Tab. 6 t |JAHR +

PRO-KOPF-VERBRAUCH VON HALBLEITERERZEUGNISSEN 1970 - 1990 T T | 1970 | 1980 | 1990 + + +

REGION USA JAPAN WESTEUROPA BUNDESREPUBLIK +

100

100

100

50

92

75

8

24

19

16

47

30

j.

| QUELLE: FINANCIAL TIMES j.

j.

j..

+ | +

Kapitel I: Die Entwicklung

der Halbleiterindustrie

33

Diese Daten belegen einmal mehr, welche Probleme die europäische Halbleiterindutrie hat. Sie arbeitet in relativ kleinen Märkten mit recht begrenzten Pro-Kopf-Verbrauchen und ist bislang nicht in international wettbewerbsfähige Größenordnungen vorgestoßen. Einzig Philips ist ein nennenswerter internationaler Anbieter und dies auch nur, weil sie rechtzeitig in den amerikanischen Markt eingestiegen ist. Ihre Tochterfirma Signetics ist für zwei Drittel aller PhilipsHalbleiterverkäufe zuständig. Zugleich verlor die europäische Industrie weltweit an Marktanteilen.

Ihr heutiger

Anteil

macht gerade noch rd. 10% desjenigen aus, den sie 1979 hatte. Der Weltmarktanteil der europäischen Hersteller ist mit 3 % kaum als nennenswert zu betrachten. Da sich zugleich das Tempo des technischen Fortschritts in diesem Bereich nicht gerade vermindert hat und vermindern wird, sind die Probleme noch wesentlich gravierender, als diese wenigen Zahlen es zum Ausdruck bringen. Man hat in Europa nicht nur die Bedeutung der Halbleitertechnologie offenkundig

viele Jahre

unter-

schätzt, sondern vor allem das Tempo ihrer Weiterentwicklung. Um ein Beispiel zu geben, als der IBM Personalcomputer 1981 auf den Markt kam enthielt er noch 250 Chips. Mittlerweile sind es bei gleicher Leistung noch 18 und in wenigen Jahren werden es vermutlich noch wesentlich weniger sein, vielleicht nur noch drei oder vier. Die Lebenszyklen der Produkte und der Chips, die sie kennzeichnen,

vermindern

sich

immer

weiter, nach wenigen Jahren sind die einst fortschrittlichsten Erzeugnisse alte Produkte geworden und allenfalls noch als Ladenhüter anzusehen. Wer wirtschaftlichen Erfolg haben will, ist darauf angewiesen, möglichst frühzeitig über die jeweils neuesten Technologien zu verfügen. Tut er das aus welchen Gründen auch immer nicht, so ist sein

Scheitern

vorprogrammiert. Die relativ schlechte Position Europas ergibt sich aus einer Reihe von Gründen, die nur teilweise durch gezielte Gegenmaß-

34

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

nahmen zu überwinden sind. Generell sind die

europäischen

Märkte zu klein und eine gezielte Überwindung der hierdurch aufgeworfenen Grenzen wird zwar in vielen Absichtserklärungen der zuständigen Politiker immer wieder gleichermaßen gefordert wie versprochen, doch ist sie bislang aus Egoismen vinterblieben. entsprechender

nationalen

Zwar gibt es mittlerweile

gesamteuropäischer

Ansätze

Forschungsprogramme,

doch

dürfte ihr Erfolg eher bescheiden bleiben. Dies schon deswegen, weil die Regierungen alle für sich genommen versuchen, durch gezielte Maßnahmen zunächst einmal die eigene Industrie zu fördern . Wo dies nicht möglich oder sinnvoll erscheint, kooperiert man dann allenfalls mit einem Nachbarland.

Dies

ist beispielsweise der Fall bei der massiven Subventionierung der Unternehmen Philips und Siemens durch die niederländische und die deutsche Regierung. Hier soll in einem Kraftakt mit geballtem Forschereinsatz eine neue Chipgeneration entwickelt werden, um den Forschungsrückstand gegenüber den Japanern, der auf zwei bis drei Jahre geschätzt wird, zu überspringen. Es scheint jedoch höchst zweifelhaft, ob auf diesem Wege, der schon in vielen anderen Fällen gescheitert ist, durch Subvention Leistung ersetzt werden kann. Denn neben diesen künstlichen Barrieren im Handelsbereich ist festzustellen, daß auch die Anwender oder besser gesagt, die potentiellen Anwender,

nicht

in dem

erforderlichen

Maße

vorhanden sind oder aber nicht bereit sind, die entsprechenden Techniken massiv einzusetzen. So mangelt

es

zunächst

einmal schon an einer leistungsfähigen Computerindustrie, die im erforderlichen Maße Chips benötigt. Vom gesamten Absatz in Europa gehen gerade 20% an diesen Produktionsbereich, während es in Japan und in den USA etwa 50% sind. Mit einem vergleichbarem Anteil ist der Konsumgüterbereich am Absatz der Halbleiterindustrie beteiligt. Ein Produktionsbe-

Kapitel I: Die Entwicklung

der Halbleiterindustrie

35

reich, der mit erheblichen Problemen zu kämpfen hat und daher auch nicht geeignet ist, die notwendige Dynamik zu entfalten. Problemerschwerend kommt hinzu, daß der wesentlichste Abnehmerbereich, die Telekommunikation, in Europa in der Regel fest in der Hand nationaler Monopole ist, was der Marktdynamik nach einschlägigen Erfahrungen auch nicht gerade förderlich ist. Die Monopole bewegen sich meist in slow-motion, in Zeitlupe und fordern ihre Lieferanten keinesfalls zu flexiblem Verhalten heraus. Insgesamt gesehen mußten europäische

deshalb

Hersteller, denen zudem das nötige Know-How

weltweiten Vertriebs in dynamischen Märkten oftmals

fehlt

nahezu zwangsläufig in die Position eines Mitläufers geraten, eine Position, aus der sie vermutlich zumindest bei der Massenware nicht wieder herauskommen werden. Die Chancen liegen in dem Bereich der spezifischen, kundenorientierten Erzeugnisse, die Problemlösungen bereits eingebaut enthalten, und bei denen das kow-how mindestens

die

gleiche Rolle spielt wie die Produktionsmengen. Hochspezialisierte Kundenchips (customer chips) versprechen gute Marktmöglichkeiten, stabilere Erträge und größere Chancen auch für die europäischen Anbieter. Begünstigt wird dies durch die schwerwiegenden Absatzprobleme, die sich auf den Weltmärkten für die Massenprodukte in den letzten Jahren ergeben haben, und die viele Unternehmen bereits in erhebliche Schwierigkeiten gebracht haben. Die Chancen einer solchen Strategie stehen und fallen jedoch mit der Bereitschaft, entsprechende Spezialerzeugnisse überhaupt einzusetzen und den

Möglich-

keiten, sie zu verwenden. Daß ein erheblicher Bedarf besteht, ergibt sich schon aus der Tatsache, daß bislang recht beschränkte Einsatzquoten zu verzeichnen waren, die vermutlich darauf beruhen, daß die tatsächlichen Einsatzmöglichkeiten bei weitem noch nicht ausgenutzt werden.

36

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

Ein weiterer Ansatz, die anstehenden Probleme zu überwinden, liegt in der sich vollziehenden weltweiten Integration der Halbleiterindustrie. Nachdem sowohl die Zeit der US-amerikanischen Marktdominanz überwunden ist und auch die japanische Aufholjagd und die europäischen Versuche zur Adaption der Technik durch eigene Unternehmen als abgeschlossen

gelten

können, befinden wir uns nun in der Phase weltweiter Integrationsversuche. Der Technologietransfer auf diesem Gebiet ist in neue Dimensionen vorgedrungen.

Sowohl

internationale

Direktinvestitionen als auch ein internationaler Lizenzaustausch

zwischen Unternehmen gleicher

Entwicklungsstände

bestimmen zunehmend das Bild. Nachdem als Folge einer massiven Investitionswelle amerikanischer Unternehmen in Europa und im fernen Osten in den 60er Jahren mittlerweile gut die Hälfte der europäischen Halbleiterproduktion von amerikanischen Unternehmen produziert wird und eine Reihe europäischer Unternehmen sich Mitte der siebziger Jahre durch Aufkäufe amerikanischer Halbleiterhersteller hervortaten, ist man nun in eine neue Phase getreten. Seit Ende der 70er Jahre konzentrieren sich die japanischen Hersteller auf Direktinvestitionen in Europa und in den USA. So wurden zwischen 1978 und 1981 drei neue Produktionsstätten für Halbleiterelemente durch japanische Unternehmen in den USA eröffnet (NEC, Hitachi und Fujitsu ). 1983 folgte diesen Unternehmen noch Mitsubishi, und Toshiba verstärkte seine Präsenz in den USA durch Unternehmensaufkäufe.

In Europa

gründeten japanische Hersteller seit 1980 vier neue Produktionsstätten. Hitachi und Toshiba ließen sich in der Bundesrepublik nieder, Fujitsu in Irland und NEC in Großbritannien. Diese Neugründungen sind als der Versuch zu betrachten, die Schwierigkeiten der früheren Jahre in einem massiven Anlauf zu überwinden. Denn die US-Unternehmen hatten in Europa schon große Vorsprünge und gut funktionierende Vertriebsorganisa-

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

37

tionen aufgebaut, bevor die Japaner überhaupt in diesen Markt traten. Nun allerdings sind die Dinge im Wandel begriffen. Die wohl eindrucksvollste

Demonstration der

japanischen

Strategie ist das Toshiba-Werk in Braunschweig, die ersten Produktionsstätte,

in der auf professioneller Basis der

Megabit-Speicherchip produziert wird. Kein

europäischer

Hersteller ist zu ähnlichem auf eigener technologischer Basis bislang fähig. Hierbei darf nicht vergessen werden,

daß

Toshiba lediglich aus europäischer Perspektive ein unwesentlicher Anbieter ist. Im Weltmarkt hingegen ist die Company neben NEC vermutlich der zweitgrößte

Halbleiterhersteller

überhaupt. Mit seiner Investition in der Bundesrepublik begibt sich das Unternehmen nun auf den Weg, seine Weltmarktbedeutung auch in Europa zu demonstrieren. Doch nicht nur auf diesem Feld der Massenspeicher zeigt sich die neue Marktstrategie der japanischen Halbleiterhersteller. Auch in dem Bereich der kundenspezifischen Prozessoren, der als besonders zukunftsträchtig gilt beginnen sich die Dinge zu wandeln. Da dieses keine weltweit vertriebenen Massenprodukte sind, gestalten sich die Marktbedingtingen hier völlig anders. Denn hier, bei den maßgeschneiderten Chips für bestimmte Abnehmergruppen, hatten die europäischen Anbieter

bislang

eine relativ günstige Position. Es ist in diesem Marktbereich der enge Verbund

zwischen

Lieferanten und Abnehmer gefordert, da die Vorgaben für die

38

Kapitel I: Die Entwicklung

der

Halbleiterindustrie

jeweiligen Chips sehr eng definiert werden müssen und entsprechende Halbleitererzeugnisse nicht ohne weiteres bei unterschiedlichen Anbietern bezogen werden können. Gerade bei diesen Chips werden die derzeit und wohl auch künftig höchsten Zuwachsraten realisiert. Diese "Application specific integrated circuits", kurz ASICS genannt, werden weltweit von ca 250 Unternehmen produziert, von denen in den kommenden Jahren sehr viele aus dem Markt ausscheiden werden. Bereits heute teilen sich die drei größten Anbieter Motorola, Intel und National Semiconductors 90% des in diesem Zusammenhang relevanten 32 bit MikroprozessorMarktes. Dieser Prozessor ist das bislang leistungsfähige Bauelement für die professionelle Anwendung. Diese Prozessoren stellen die Gehirne der mikroelektronischen Produkte dar. Sie verwalten und steuern die Datenströme in den Computern gleichermaßen,

wie sie die eigentliche Datenverarbeitung

bewerkstelligen. Eine besonders leistungsfähige mikroelektronische Konstruktion ergibt sich naturgemäß dann, wenn man eine große Datenspeicherleistung mit einer

wirkungsvollen

Datenverarbeitungsleistung kombiniert. Unter den gegebenen Bedingungen besteht eine solche Kombination aus dem MegabitSpeicherchip und dem 32-bit Prozessor, die Speicherung und Verarbeitung auf kleinstem Raum verbindet. Ist man nun noch in der Lage, zu günstigen Preisen die Prozessorleistungen auf bestimmte Kundenwünsche abzustellen, so ist man im Bereich der kundenspezifischen Leistungen angelangt. Durch zunehmende Verbesserungen in der Produktionstechnik der Chips selbst ist es mittlerweile gelungen, diese spezifischen Prozessoren nach den Steuerungsanforderungen der Kunden

Kapitel I: Die Entwicklung

der Halbleiterindustrie

39

schnell und billig zu erstellen. Da man mit solchen Prozessoren häufig bestimmte Problemlösungen mit einem geringerem Bauelementeaufwand und auf kleinerem Raum erstellen kann, als bei Anwendung einer größeren Zahl von Standardchips, besteht ein wesentlicher Ansatz zur weiteren Miniaturisierung eben in diesem Bereich. Zugleich steigt mit einer abnehmenden Zahl von Bauelementen in einem Gerät einerseits dessen Zuverlässigkeit und nehmen andererseits die Produktionskosten ab. So gehören diesen spezifischen Chips sicherlich erhebliche Anteile des künftigen Halbleitermarktes, was angesichts eines auch insgesamt wachsenden Halbleitermarktes zweistellige Zuwachsraten produzieren wird. Begünstigt wird diese Entwicklung sowohl durch die Möglichkeiten der Hersteller, solche Chips zu produzieren, als auch durch deren Wunsch nach stabilen Marktverhältnissen. Auch die Kunden haben durch diese Chips erhebliche Vorteile und sind somit ebenfalls bestrebt sie möglichst umfassend einzusetzen. Allerdings werden auch in diesem Marktsegment die üblichen Erscheintingen des Halbleiterbereiches auftreten: die Preise für entsprechende Chips beginnen bereits deutlich zu fallen und die Zahl der Produzenten schrumpft zumindest genauso, wie die Entwicklungszeiten neuer Lösungswege. Auch hier werden die Zeiten zur eigentlichen Vermarktung eines neuen Erzeugnisses immer kürzer und die Aufwendlangen zur Entwicklung neuer technischer Lösungen immer größer. Es ist somit hier einerseits ein immenser Wachstumsmarkt vorhanden, aber andererseits nur einer für große und leistungsfähige Anbieter, von denen nur wenige langfristig in diesem Bereich überleben werden. Dies ist umso wahrscheinlicher, als

40

Kapitel I: Die Entwicklung

der

Halbleiterindustrie

sich bereits neue Entwicklungstrends bei den Chips abzeichnen, die die kundenspezifische Programmierving mittelfristig ablösen werden. Die Chips der nächsten Generation werden nicht mehr kundenorientiert produziert, sondern sie sind auf elektronischem Wege- für die einzelnen Anwendungszwecke programmierbar. Sie werden also nicht beim Entwurf im Produktionswerk eingestellt, sondern beim jeweiligen Anwender auf seine jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt. Diese Abstimmung der Chips ist zudem jederzeit revidierbar und neuen Bedürfnissen im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit anpaßbar. Hiermit schließt sich der Bogen zur ersten Chipgeneration. Diese neuen Erzeugnisse werden wieder Massenprodukte sein, die weltweit gehandelt werden. Die ASICS sind in diesem Sinne nur Übergangsprodukte von einem Massenerzeugnis

zu einem

neuen, die solange Marktberdeutung haben werden, wie es noch nicht gelingt die elektronisch zu individualisierenden Chips in großem Stil kostengünstig zu produzieren. Sie werden in den kommenden Jahren eine schnelle Blüte erfahren, jedoch in wenigen Jahren wieder in die Bedeutungslosigkeit versinken. Die Zukunft gehört dem aus diesen ASCIS entwickelten Produkt. Wer heute nicht in der Lage ist, solche anwenderspezifischen Chips hezustellen, dem wird es in Zukunft kaum gelingen auf dem Markt der nächsten Chip-Generation noch vertreten zu sein.

Anders formuliert, die meisten europäischen Hersteller werden in den kommenden Jahren noch weiter an Boden verlieren. Ein Warnsignal

für diese Entwicklungen ist die Zusammenarbeit

zwischen Toshiba und Motorola. In dieser Verbindung kommt der zweitgrößte Speicherhersteller der Welt mit dem dominierenden Produzenten von 32 bit-Prozessoren zusammen, bei den gegebenen technischen Standards und Markterfordernissen eine geradezu ideale Kombination, die erkennen läßt, wie die künftigen Strukturen der Halbleiterwelt aussehen werden.

Kapitel I: Die Entwicklung

der Halbleiterindustrie

41

Daneben entwickelte sich seit Ende der 70er Jahre eine neue Strategie der Gemeinschaftsprojekte zwischen amerikanischen, japanischen und europäischen Unternehmen, die auf die gegenseitige Marktdurchdringung und die Entwicklung neuer Produkte gerichtet war. In diesem Zusammenhang gebührt der sogenannten Strategie des "second sourcing" die hervorragende Position. Hierbei erlaubt ein Unternehmen einem anderen, von seinem Produkt jeweils eine exakte Kopie herzustellen. Dies klingt zunächst zwar recht unlogisch, doch hat es seine guten Gründe. Einerseits erlaubt es auch kleineren Unternehmen innovatorisch tätig zu werden, denn ihre Produkte werden vermutlich eher akzeptiert, wenn sie in wesentlichen Elementen denen der großen und etablierten Anbieter entsprechen.

Andererseits

erlauben die vielfältigen Produkte der kleineren Produzenten den großen Unternehmen eine Abrundung ihrer Produktpalette in Bereichen, die sie selbst sinnvollerweise mit ihren eigenen Erzeugnissen nicht abdecken, da die Serien zu klein sind. Zudem kann man bei geschickter Marketingstrategie auf diesem Wege versuchen, spezifische Standards durchzusetzen und so seinen Konkurrenten erhebliche

Schwierigkeiten bereiten.

Beispiele aus diesem Bereich sind vornehmlich in der Unterhaltungselektronik plastisch geworden, so bei der Durchsetzung bestimmter Videosysteme. Der Marktkampf der großen Anbieter zur Durchsetziang ihrer jeweiligen Systeme ging hier zu einem erheblichen Teil über die großzügige Vergabe entsprechender Lizenzen. Ähnliches gilt auch im Halbleiterbereich. Europäische Unternehmen bedienten sich dieser Strategie der großen Hersteller, um relativ schnell auf den heimischen Märkten entsprechende Produkte anbieten zu können.

Eine

andere Variante besteht in Exklusiwerträgen zwischen Anwendern und Herstellern elektronischer Komponenten. In diesem Rahmen verpflichtet sich der Abnehmer dieser Bauelemente zum

42

Kapitel I: Die Entwicklung der Halbleiterindustrie

exklusiven Bezug b e i

einem Unternehmen und der

Hersteller

räumt Produktions- und Namensrechte f ü r s e i n e Produkte e i n . Auf diesem Wege l ä ß t s i c h die Existenz k l e i n e r e r und innovat i v e r Unternehmen aufrecht erhalten, d i e auch aus der Sicht großer

Hersteller

Kooperationen

notwendig sind.

zwischen

A l l e r d i n g s sind

europäischen

Unternehmen

solche höchst

s e l t e n , was s i c h schon aus der r e l a t i v schwachen technologischen Position solche

aller beteiligten

Kooperationen

nicht

Unternehmen

ergibt,

gerade e r q u i c k l i c h

die

erscheinen

l ä ß t , da s i e kaum überzeugende V o r t e i l e erbringen könnte, d i e d i e Nachteile e i n e r Zusammenarbeit aufwiegen könnten. Auch darf

d i e s e hohe K o o p e r a t i o n s b e r e i t s c h a f t

nicht

mit

mangelndem Wettbewerb g l e i c h g e s e t z t werden , ganz im Gegent e i l , d i e Halbleiteranbieter stehen in einem sehr hektischen weltweiten Wettbewerb und nutzen d i e

Kooperationsstrategien

h ä u f i g zur Umgehung von H a n d e l s b a r r i e r e n , diesem Bereich h ä u f i g anzutreffen sind.

die

gerade

in

Kapitel II Mikroelektronik im Produktionsbereich Die Einsatzbereiche der Halbleitertechnik sind vielfältig und nur unter erheblichen Schwierigkeiten zu systematisieren. Die Mikroelektronik verändert bekannte Produkte, sie schafft neue Erzeugnisse und wirkt durch sie wiederum auf den Produktionsprozeß ein. Sie schafft auch hier völlig veränderte Gegebenheiten, die ihrerseits häufig

die Veränderung und Anpassung

von Erzeugnissen an die Erfordernisse der von Mikroelektronik geprägten Produktionsprozesse hervorrufen. So wirkt sie weit über ihren eigentlichen Einsatzbereich hinaus. Letztendlich wird von diesen Prozessen kaum einer in einer Volkswirtschaft unberührt bleiben. Die Mikroelektronisierung vollzieht sich hierbei schleichend und für den einzelnen kaum spürbar und doch sind ihre Konsequenzen für jeden vorhanden. Früher oder später wird es auch dem letzten der Betroffenen klar werden, welche Wandlungen sich hier in vielen Einzelschritten vollzogen haben. Der am leichtesten nachvollziehbare Aspekt liegt hierbei noch in der Herausbildung neuer Produkte. Allerdings herrscht in diesem Zusammenhang erhebliche Unklarheit darüber, was eigentlich unter einem neuen Produkt zu verstehen ist. Häufig wird hier schon von bahnbrechenden Entwicklungen gesprochen, wenn eigentlich gar nichts wesentliches an Erzeugnissen verändert worden ist. Wir wollen daher drei Klassifikationselemente an den Anfang unserer Überlegungen stellen, die die Innovation näher kennzeichnen. Ein neues Produkt kann darin bestehen, daß es - eine neue Funktion erfüllt ( Verwendungsmöglichkeit) - eine neue Arbeitsweise ermöglicht ( technische Lösung) - eine neue Eigenschaft hat ( Beschaffenheit ).

44

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

Je nach der Ausprägungstiefe dieser Elemente kann man von unterschiedlichen Neuerungsgraden

(Novitätsgraden) der Pro-

dukte sprechen. Nur die vollständige Erfüllung aller drei Kriterien gleichzeitig kennzeichnet ein tatsächlich neues Produkt. Also eine völlig neue Verwendungsmöglichkeit nicht nur eine

und

zusätzliche, eine völlig neue technische

Lösung und nicht nur eine abgewandelte und eine völlig neue Beschaffenheit und nicht nur eine Modifikation. Es reicht also nicht

aus, daß ein vorhandenes

geringfügige Veränderving in technischer

Produkt durch eine Hinsicht oder

in

seiner stofflichen Zusammensetzung eine neue Verwendungsmöglichkeit gewinnt. Um ein Beispiel zu geben, wird eine Waschmaschine mit einem neuen Kunststoffgehäuse versehen und bekommt sie eine neue Steuerung, die es ihr erlaubt, auch die nasse Wäsche zu trocknen, so hat sie sich zwar verändert, ist aber immer noch eine Waschmaschine und damit zwar eine Novität aber kein neues Produkt. Es handelt sich hierbei somit lediglich um eine mehr oder minder ausgeprägte Weiterentwicklung eines prinzipiell bekannten Erzeugnisses. (FOTILAS) In diesem Sinne hat der Einsatz der Mikroelektronik bislang nur in sehr wenigen Fällen zu neuen Erzeugnissen geführt. Der Einsatz der neuen Technologie bewirkte in der Regel

eine

Verbesserung bereits vorhandener Produkte. Auf dieser Ebene liegt die breite Palette der

Mikroelektronikanwendungen.

Hierbei wird in der Regel anhand produktspezifischer Entwicklungen die traditionelle Steuerungstechnik mechanischer oder elektromechanischer Art durch entsprechende mikroelektronische Elemente ersetzt. Dies hat in der Regel zwei unterschiedliche Folgen: 1. die Verwendung des so gewandelten Erzeugnisses in der bekannten Art wird beibehalten, die veränderten Eigenschaften des Produktes führen zu einer günstigeren Datenkonstellation, d.h. zum Beispiel zu niedrigeren Gebrauchskosten;

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

2. die neue Technologie des Produktes zusätzlichen Anwendungsmöglichkeiten,

in deren

45

führt zu

Folge

sich

Produktionsprozesse oder /und Produkte verändern. Während im ersten Fall lediglich die Nutzungsintensität eine Rolle spielt, muß im zweiten Fall auch das zusätzliche Nutzungsspektrum mit in die Betrachtungen einbezogen werden. Auch in diesem Zusammenhang ist generell festzustellen, daß die Mehrheit der Mikroelektronikanwendungen

in die

erste

Kategorie einzuordnen ist, und daß sich erst in jüngster Zeit eine deutliche Wandlung

zugunsten der zweiten

Kategorie

vollzogen hat. Die ersten Schritte des Mikroelektronikeinsatzes galten und gelten noch bei allen Produkten, die sich hier anbieten, dem Übergang von mechanischen Steuerungseinheiten auf elektronische Elemente. Es handelt sich also um das mehr oder minder schlichte Ersetzen bestimmter Bauelemente durch die neue Technik ohne wesentliche Änderungen des

Gesamtproduktes.

Entsprechend gering waren auch die wirtschaftlichen Konsequenzen dieses Schrittes. Zwar gab es in einzelnen Bereichen, wie

zum Beispiel in der Uhrenindustrie durch diesen Aus-

tauschprozeß revolutionär anmutende Veränderungen, doch blieb die gesamtwirtschaftliche Bedeutving dieses Prozesses solange relativ begrenzt, wie es sich eben um solche Einzelanwendungen gehandelt hat. Genau dieser Prozeß hat sich

bislang im

Bereich der Investitionsgüter vollzogen und läuft zur Zeit noch ab. Auch hier befindet sich die Hauptentwicklung noch auf der schlichten Stufe der Ersatzinnovationen, also dem schlichten Austauschprozeß bestimmter Funktionselemente durch neuartige Einrichtungen auf der Basis Steuerungselemente.

mikroelektronischer

46

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

Nachfolgend sollen die wesentlichen Komponenten dieses Prozesses einerseits in ihren Hauptmerkmalen und Entwicklungslinien beschrieben werden und andererseits in ihren Konsequenzen für die künftigen Entwicklungen näher durchleuchtet werden. Die Hauptentwicklungslinien verdeutlicht die nachfolgende Übersicht, die zugleich die wesentlichsten Veränderungen in der künftigen Unternehmenslandschaft erkennen läßt, die Integration von Bereichen, die bislang sehr stark voneinander getrennt in den Unternehmen vor sich hingewirtschaftet haben und für die anfänglich auch unterschiedliche Lösungsansätze durch die neuen Techniken entstanden sind, der administrativverwaltende Bereich einerseits und der produzierende Bereich andrerseits. (Vergl. hierzu die Übersicht 3) In beiden Bereichen gibt es entwicklungsmäßig eine deutliche Parallele: die Mikroelektronik hat ihren Einzug jeweils über gewandelte Produkte genommen, also modifizierte alte Maschinen und ist nun dabei ihre integrativen Funktionen zur Wirkung zu bringen, näjnlich die Veränderung ganzer Abläufe sowohl in den Verwaltungen als auch in der Produktion zu bewerkstelligen. Diente sie zunächst der Beschleunigung bereits vorhandener Prozesse wie Rechnen, Kopieren oder Datentransport einerseits oder Herstellen von bestimmten Produkten andererseits, so beginnt sie jetzt in Anfängen, die gesamten Prozesse zu verändern und auch die Produkte mit in die Rationalisierungsbemühungen einzugliedern. Die bislang getrennten Linien von Verwaltung und Prodiaktion wachsen immer weiter zusammen und die einstmals klar zu trennenden Zuständigkeiten und Tätigkeiten verwischen sich. Der Konstrukteur der Maschinen, die die Produkte herstellen sollen, nimmt zunehmend Einfluß auf

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

47

Übersicht 3

INTEGRATIONSSTUFEN IN DER INDUSTRIE

%

I

N

F

O

R

M

A

T

I

O

N

S

CIM = COMPUTER INTEGRATED MANUFACTURING CAD = COMPUTER AIDED DESIGN CAP = COMPUTER AIDED PLANNING CAH = COMPUTER AIDED HANDLING FFZ = FLEXIBLE FERTIGUNGSZELLE DNC = DIRECT NUMERICAL CONTROLLED

T E C H N I K

CAM CAE CAQ FFS CNC IR

_ = = = = -

*

COMPUTER AIDED MANUFACTURING COMPUTER AIDED ENGENIERING COMPUTER AIDED QUALITY/TESTING FLEXIBLES FERTIGUNGSSYSTEM COMPUTER CONTROLLED NUMERICAL INDUSTRIEROBOTER

48

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

die Prodiakte, die auf seinen Geräten erstellt werden sollen und der Konstrukteur eines Produktes nimmt seinerseits erheblich größeren Einfluß auf die Maschinen, die das von ihm entworfene Produkt erzeugen sollen. Das Unternehmen als Gesamtsystem wächst immer enger zusammen und die alten Gegensätze von Kaufleuten und Technikern, bei denen der eine nach möglichst günstigen Lösungen suchte und der andere nach technisch perfekten Ergebnissen, wird künftig nicht mehr in dieser Form bestehen, da beide gemeinsam für alle Belange des Unternehmens zuständig sein werden. Nachfolgend sollen diese Veränderungen zunächst getrennt nach ihren Entwicklungslinien und Perspektiven dargestellt und dann in den Gesamtzusammenhang gestellt werden. Dies sind einerseits die NC - Maschinen (Numerical controlled machines ), also computergesteuerte Produktionsmaschinen sowie das gesamte Feld der sogenannten Industrieroboter, und andererseits die wichtigsten Bausteine der Verwaltungsrationalisierung von Textverarbeitungssystemen bis hin zu CAI>-Systemen ( Computer Aided Design ).

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

49

II.l Alte Maschinen - neue Leistungen Im Produktionsbereich haben wir es durch die Mikroelektronik mit zwei neuen Techniklinien zu tun, die die Arbeitsplätze und Arbeitsinhalte grundlegend verändern werden. Die erste Linie setzt bei den bekannten Maschinen an und führt durch ihre elektronische Ergänzung zu völlig neuen Leistungsspektren. Dieser Ansatz gilt im Prinzip für alle Maschinen, denn er ist stets einzubringen, wenn es um die Steuerungsseite dieser Geräte geht. Wo bislang die Ablaufsteuerung einer Maschine vom Bediener durchgeführt wurde, die Einrichtung also manuell gefahren wurde oder über bestimmte Schablonen gesteuert ablief, ist nun prinzipiell die Möglichkeit gegeben, diesen Prozeß durch eine elektronische Steuerung ablaufen zu lassen. Hierbei ist es lediglich eine Zeitfrage und eine Frage des Unternehmensumfeldes, in welchem Ausmaß eine entsprechende numerische ( d.h. mikroelektronische) Steuerung zum Einsatz gebracht wird und in welchem Ausmaß sie zentral oder noch dezentral an der einzelnen Maschine erfolgt. In den meisten Fällen wird es vermutlich bei der ersten Entwicklungsstufe bleiben, d.h. bei dem Einsatz numerisch gesteuerter Maschinen, die noch in der Werkstatt programmiert werden, bei denen also in bestimmten Ausmaß Maschinenbediener und Programmierer vor Ort, d.h. in der Produktionsanlage selbst, tätig sein werden. Diese Veränderung der Maschinen vom handgesteuerten Betrieb zur numerisch gesteuerten Einheit hat jedoch nicht nur eine erhebliche Leistungssteigerung der Maschine bezogen auf die schon bisher von ihr ausgeübten Tätigkeiten zur Folge, sondern bietet zugleich die Möglichkeit, recht unterschiedlich ausgelegte Produkte mit sehr begrenztem Unstellungsauf-

50

Kapitel II: Mikroelektronik

im

Produktionsbereich

wand auf diesen Geräten zu produzieren. Die wächst

Flexibilität

in diesem Fall und ganz anders als bei früheren

Maschinengenerationen gleichzeitig mit der

Produktivität.

Während bei den älteren Maschinengenerationen eine Leistungssteigerung in der Regel durch eine Verengving des möglichen Einsatzbereiches

erfolgte, die generellen Maschinen also

Schritt für Schritt zu Spezialmaschinen wurden, auf denen letztendlich nur noch ein einziges ganz spezielles Teil hergestellt werden konnte, geht der Weg heute in die umgekehrte Richtung. Die neuen Steuerungstechniken erlauben es nun,

generellere Maschinen zu bauen, die trotzdem hochspezi-

alisierte Erzeugnisse produzieren und zugleich sehr leistungsfähig sind. Die numerische

Steuerung hat somit eine außerordentlich

wichtige Rolle gespielt, da sie die Entwicklung von Maschinen mit mehreren Funktionen ermöglicht, die die gleichzeitige Steuerung von mehr als zwei Bewegungsachsen erfordern, was vor der Einführung der neuen Technik nicht möglich war. Die jüngsten Fortschritte im Bereich der Mikrotechnik ermöglichen es, die Werkzeugmaschinen mit Meßfühlern für den Nachweis des Kraftmomentes und des Werkzeugbruches sowie die Erkennung der Werkstücke auszustatten, sie mit Systemen für den Werkzeugwechsel auszustatten und ihnen damit ein bisher unbekanntes Maß an Autonomie zu verleihen. Schließlich ist auf die zunehmende Tendenz hinzuweisen, numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen mit automatischen Be-/Entladesystemen auszustatten, die der einzelnen Maschine eine weitere erhebliche Steigerung der Kapazität verleihen ( EGKommission, 1985 ).

Der Erfahrungssatz sagt, daß der Übergang von einer konven—

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

tionellen Werkzeugmaschine zu einer numerisch

51

gesteuerten

Maschine die Möglichkeit bietet, die Maschinenproduktivität um den Faktor 3 zu erhöhen. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß die Maschine selbst erheblich teurer als eine konventionelle Anlage ist, man rechnet in der Regel mit einem doppelt so hohen Preis. Zudem ist zu berücksichtigen, daß durch die höheren Nutzungszeiten und die stärkere Belastung der

Maschinen auch höhere Instandhaltungskosten entstehen.

Andererseits wird ein erheblicher Teil dieser Nachteile durch verminderte Lagerhaltungskosten und die höhere Flexibilität der Geräte bei Produktveränderungen wieder ausgeglichen, so daß insgesamt eine erhebliche Steigerung der Ertragskraft der Geräte die Regel ist. Da es sich einerseits um eine relativ teure Technik handelt und andererseits die Entwicklung dieser Maschinen erst vor wenigen Jahren zur Serienreife gelangte, ist ihr Verbreitungsgrad bislang noch recht begrenzt. Hinzu kommt, daß eine Vielzahl

potentieller

Anwender

im Bereich kleiner

und

mittlerer Unternehmen zu sehen ist, die ihrerseits

die

erforderlichen Mittel für entsprechende Investitionen nicht ohne weiteres aufbringen können. Zwar gibt es nur wenige Daten über den tatsächlichen Umfang der eingesetzten Anlagen, doch zeigen die

nachfolgenden

Zahlen, daß es zwischen den einzelnen Industrienationen keine wesentlichen Nutzungsunterschiede gibt.

Kapitel II: Mikroelektronik

52

Tab.: 7

im

Produktionsbereich

ANTEIL DER NC- MASCHINEN AM GESAMTEN WERKZEUGMASCHINENBESTAND 1980/1983 T

T

| +

LAND

JAHR

+

| ANTEIL IN V.H. | + +

Vereinigte Staaten von Amerika

1983

4,7

Japan

1981

2,9

Bundesrepublik Deutschland

1980

2,2

Vereinigtes Königreich

1982

3,3

Frankreich

1980

1,6

IQuelle: EG Kommission 1985

Ganz anders stellt sich die Situation bei den Herstellern dar. Hier gibt es wesentlich stärkere regionale Konzentrationen. SITUATION DER MASCHINENANBIETER Der Maschinenbau gehört westdeutschen

traditionell

zu den

Industrie und der gesamten

Angebotspalette

auf den Weltmärkten.

Domänen

der

westeuropäischen

Erzeugnisse

dieser

Branche stellten seit vielen Jahren Spitzenprodukte dar und gehörten

zu den

exportstarken

Gütern. Die

westdeutsche

Maschinenbauindustrie nimmt in diesem Zusammenhang noch eine zusätzliche Sonderrolle ein. Ihre Exportquote Verhältnis zum Gesamtumsatz)

(Exporte im

liegt traditionell weit über

den entsprechenden Importgrößen und ist mehr als doppelt so hoch wie diese. Über ein Drittel der westdeutschen Maschinenbauproduktion gehen Jahr für Jahr in den Export und ihre Technologieintensität schätzt

wird gemeinhin als sehr hoch einge-

(Strukturberichte der Forschungsinstitute HWWA und

Kapitel II: Mikroelektronik

53

im Produktionsbereich

ifo 1984 ). Ähnlich gelagert sind die Verhältnisse auf dem gesamten Markt der Europäischen Gemeinschaft. Die Werkzeugmaschinenindustrie der Gemeinschaft steht mit etwa 20 % des Weltmarktes, aber nahezu 30 % der Produktion traditionsgemäß weltweit an der Spitze. Allerdings hat sich diese Position in den letzten Jahren durch das eines neuen Konkurrenten, nämlich

Aufkommen

Japans, nachhaltig gewan-

delt. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche ist erheblich beeinträchtigt worden und dies hat insbesondere die deutsche Industrie getroffen, die alleine etwa die Hälfte der gesamten Produktion der Europäischen Gemeinschaft in diesem Bereich erstellt. Auslösender Faktor für diese Lageveränderung war die Einführung der numerischen Steuerungstechnik in diesem Bereich, die für alle Anbieter

eine technische Herausforderung ersten

Ranges war und ist. Waren insbesondere die Japaner

zuvor

allenfalls bei relativ einfachem Gerät als ernstzunehmender Gegner betrachtet worden, so änderte sich dies mit dem Aufkommen der neuen Maschinengeneration schlagartig. Während die europäischen Hersteller sich bemühten,

ihre

gegebene

Produktpalette den neuen Techniken anzupassen, setzten die japanischen Hersteller von Anbeginn auf ein ganz

anderes

System, nämlich auf das auch aus dem Automobilbau bekannte Baukastenprinzip.

Hierbei wird aus prinzipiell

gleichen

Teilen je nach Bedarf ein höchst unterschiedliches Produkt zusammengesetzt. Die Werkzeugmaschine wird hierbei nicht mehr als komplexe Einheit gesehen, sondern als verschiedener

eine

Zusammenstellung

Bauteile, die in unterschiedlichen Kombina-

tionen jeweils ein unterschiedliches Produkt ergeben. So kann man beispielsweise das gleiche Gestell verwenden und durch den Einbau unterschiedlicher

Motoren und

unterschiedlich

54

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

leistungsfähiger Steuerungen für das Gerät dafür sorgen, das mit geringen Änderungen höchst unterschiedliche

Produkte

entstehen. Dies geschieht gleichermaßen wie in der Automobilindustrie, wo auf der Basis einer bestirnten Zahl von Karosserie-und Motorvarianten mit unterschiedlichen Sitzen und Bezügen eine Vielzahl individuell erscheinender

Fahrzeuge

hergestellt werden kann. Dieses Prinzip hat den enormen Vorteil, daß einerseits mit einer begrenzten Zahl von Teilen kostengünstig ein

recht

breites Produktionsprogramm hergestellt werden kann und daß andererseits auch kleine Serien von einem Erzeugnis bereits zu konkurrenzfähigen Preisen herzustellen sind. Konsequenterweise haben die japanischen Maschinenproduzenten bereits seit Mitte der siebziger Jahre diesen Ansatz nicht nur für die eigentlichen Maschinen verfolgt, sondern auch für die Steuerungen dieser Geräte, also den numerischen Teil, der die neue Technik ausmacht. Dies erforderte zunächst erhebliche

Investitionen in die Normung der Bauteile und die

Standardisierung der Steuerungsabläufe, doch diese spielten sich sehr schnell wieder ein, da hieraus enorme Kostenvorteile resultierten, die die Weltmarktstellung sprechenden

Anbieter

innerhalb weniger

Jahre

der

ent-

deutlich

verbessern half. Dies wurde noch dadurch begünstigt, daß man sich von Anbeginn schwerpunktmäßig auf bestimmte Prodiaktbereiche konzentrierte, nämlich kleinere

Bearbeitungszentren

vind Werkzeugmaschinen. Hier finden wir das bereits bei den Konsumgütern angewandte Prinzip wieder, das zuvor der japanischen Automobilindustrie auf den Weltmärkten die bekannten Erfolge ermöglicht hatte, nämlich hohe Produktvielfalt

in

einem begrenzten Marktbereich. Im Ergebnis dieser Strategie entstanden Kostenvorteile gegenüber den etablierten Anbietern, die von nahezu atemberauben-

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

55

dem Niveau waren. Bei der Vermarktung dieser beiden Arten von kleineren Maschinen haben die Europäer nach Schätzung der EG einen Kostennachteil von ca 10 - 40 % auf dem eigenen europäischen Markt und von bis zu 60% auf dem amerikanischen Absatzgebiet. (EG 1985 ). Daraus hat sich nahezu zwangsläufig ein spektakulär anmutender Durchbruch der japanischen Anbieter in diesem Bereich ergeben, der noch dadurch erleichtert wurde, daß die durch die genannten Produktionsmethoden entstehenden Kostensenkungsspielräume die Maschinen preislich in Größenordnungen brachten, die zu einer erheblichen Ausweitung ihrer Anwendungsmöglichkeiten

führten. Viele potentielle

Nachfrager, denen zuvor entsprechendes Gerät schlichtweg für ihre Einsatz zwecke zu teuer war, konnten nunmehr bedient werden und so entstand ein breiter Markt für solche Maschinen, den

es

zuvor

mangels passenden Angebotes gar nicht

gegeben hatte. Deutlich wird diese Veränderung

anhand

der

nachfolgenden Übersicht.

Tab.: 8

FERTIGUNG VON NC - WERKZEUGMASCHINEN

LAND

1975 absolut| 1

1983 absolut | % +

1980 %

1975 - 1983

absolut I

Japan

2.182

23

22.052

54

26.398

54

USA

4.136

44

8.856

22

8.000

16

Bundesrep. Deutschld.

1.085

11

4.743

12

8.000

16

Großbritannien

739

8

1.240

3

1.800

4

Italien

800

8

2.700

7

3.000

6

Frankreich

500

5

1.100

3

1.300

3

9.442

100

40.691

100

48.498

100

Gesamt

Quelle: Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1985, eigene Berechnungen

56

Kapitel II: Mikroelektronik

im

Produktionsbereich

Diese Zahlen verdeutlichen mehr als viele Worte den nachhaltigen Durchbruch der japanischen Anbieter in dem Bereich der NC-Werkzeugmaschinen innerhalb weniger Jahre. Zwischen 1975 und 1980 steigerten sie ihren Marktanteil von nicht einmal einem Viertel auf über 50%. Nicht mithalten konnten mit dieser Entwicklung vornehmlich die USA, die im gleichen Zeitraum ihre einstmals führende Position verloren und die

sich nun-

mehr mit einem Anteil begnügen müssen, der noch vinterhalb der Werte der Japaner Mitte der 70er Jahre liegt, ein kompletter Rollentausch also. Einigermaßen gut gehalten hat sich in diesem

Zeitraum die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie,

die

ihren Anteil noch ausbauen konnte und 1983 genausoviel NC-Maschinen absetzte wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Die übrigen namhaften europäischen Anbieter haben hingegen ebenso wie die USA trotz mehr oder minder umfangreicher Steigerungen ihrer Produktion mit der Weltmarktentwicklung nicht mithalten können und alle haben an relativer Bedeutung, d.h. an Marktanteilen verloren. Allerdings gelten diese drastischen Entwicklungen nur für den hier angesprochenen Bereich der

Werkzeugmaschinenindustrie,

nämlich die kleineren Bearbeitungszentren und Drehmaschinen und nicht etwa für den gesamten Bereich. Zwar machen diese Geräte den überwiegenden Anteil der japanischen Werkzeugmaschinen aus ( ca. 70% der Produktion ), doch gilt dies nicht für

die europäischen Hersteller.

So ist beispielsweise

im

Segment der nicht minder wichtigen Bohr- und Fräsemaschinen der japanische Automatisierungsgrad wesentlich geringer als der anderer relevanter Hersteller. So sind nur eine Minderheit dieser Geräte aus japanischer Herstellung (unter 10% ) mit numerischen Steuerungen ausgerüstet, während es bei den bundesrepublikanischen Geräten gut die Hälfte ist. Dies ist zwar sehr beruhigend, doch darf es nicht über die der

europäischen

Anbieter

in dem oben genannten

Probleme Bereich

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

57

hinwegtäuschen, da die kostengünstige Produktion numerisch gesteuerter Geräte nicht nur für diesen Markt relevant ist, sondern ganz erhebliche Rückwirkungen auch in den Anwendungsbereichen hat. Zum

anderen bieten die zunächst im Marktsegment der kleine-

ren Maschinen gewonnenen Erfahrung mit der Serienherstellung numerisch gesteuerter Geräte auch die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Übertragung dieser Produktionstechniken auf andere Bereiche der Maschinenbauindustrie, die bislang noch als mehr oder minder unangefochtene Domänen der westeuropäischen und insbesondere der bundesdeutschen Maschinenbauindustrie gelten. Es ist zu erwarten, daß in absehbarer Zeit auch hier die relativ ausgeprägten Wettbewerbsvorteile der europäischen Hersteller schwinden und sich eine ähnliche Entwicklung wie im Bereich der kleineren Bearbeitungszentren und Drehbänke nochmals nun bei den größeren Geräten vollzieht. Da eine leistungsfähige und nach neuestem Standard arbeitende Werkzeugmaschinenindustrie für alle Bereiche, die entsprechende Geräte bei der Produktion ihrer Erzeugnisse einsetzen, ein entscheidender Wettbewerbsbestandteil ist, können aus den hier genannten Vorteilen zunächst nur in einem ganz speziellen Marktsegment sehr schnell Vorteile in einer ganzen Reihe anderer Bereiche erwachsen, die zunächst gar nicht vermutet werden. Diese Einwirkung eines Vorteils in andere Sektoren ist ein häufig übersehenes Phänomen, das jedoch vielleicht das eigentliche Problem der Zukunft für die europäische Industrie darstellt, wenn es hier nicht zu einem schnellen Ausgleich kommt, bzw. Wege gefunden werden, der japanischen Herausforderung auf diesem Gebiet durch geeignete Strategien zu begegnen. Denn man darf nicht vergessen, numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen sind ein wesentlicher Bestandteil moderner

58

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

Produktionsmethoden und all jener Konzeptionen, die unter dem Stichwort "Fabrik der Zukunft" diskutiert werden. Ein zweites Bein in diesem Bereich und ein wesentliches Element der weiteren Rationalisierung der industriellen Produktion sind die Industrieroboter,

mit denen wir uns

nachfolgenden Kapitel etwas näher beschäftigen wollen.

in

dem

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

59

II.2 Neue Investitionsgüter - Industrieroboter Während die bislang analysierten Techniken nur für einen ganz bestimmten

Produktionsbereich geeignet sind, nämlich die

speziellen Anwender von Werkzeugmaschinen, nachfolgend beschriebene

gilt für

das

Objekt ein wesentlich breiteres

Anwendungsgebiet. Die sogenannten Roboter,

Industrieroboter

oder kurz Robis sind in einer Vielzahl von Einsatzbereichen zu finden und ihre Einsatzgrenzen sind heute noch gar nicht zu übersehen,

zumal ihre eigene Technik

ständig weiter

entwickelt wird und damit auch ihre Anwendbarkeit.

Was genau unter einem solchen Roboter zu verstehen ist, ist allerdings recht unklar. Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Definitionen, die sich nicht nur auf akademischer oder technikspezifischer

Ebene unterscheiden,

sondern

deren

jeweilige Anwendung zu höchst unterschiedlichen Aussagen über Stand und Entwicklungstendenzen des Robotereinsatzes in den einzelnen

Ländern zur Folge haben und somit auch recht

unterschiedliche Reaktionen auf den Einsatz dieser Geräte. Eine sehr weit gefaßte Definition, dessen, was ein Roboter ist, führt zu enorm hohen Bestandsangaben und zu entsprechend sensiblen Reaktionen nicht nur auf der Seite der Gewerkschaften in diesem Bereich.

So hat beispielsweise der Verband der japanischen Roboterindustrie eine sehr weit gefaßte Definition für die Beschreibung dessen gewählt, was unter Robotern zu verstehen sei und umfaßt solche Dinge wie ganz schlichte Geräte, die in eine Maschine Bleche einlegen oder ähnliches, was eigentlich mit einem Roboter aus europäischer Sicht wenig zu tun hat. Legt man eine solche Abgrenzung zugrunde, so kommt man gerade für

60

Japan

Kapitel II: Mikroelektronik

im

Produktionsbereich

zu phantastisch

hohen Beständen

an Robotern.

So

ermittelte man auf dieser Basis für 1980 einen Roboterbestand von 75.000 Einheiten, eine engere Definition nach europäischem oder amerikanischem Raster führt zu einer

Bestands-

schätzung für das gleiche Jahr von lediglich 5.500 Einheiten. Dieser Einschätzung liegt eine Definition zugrunde, die

Roboter als - ein Handhabungsgerät (f. Werkstücke, Werkzeuge oder sonst.) - mit freier Programmierbarkeit - funktionsmäßiger Flexibilität (Mehrfunktionsgerät ) - variabel programmierbaren Bewegungsabläufen kennzeichnen. Eingesetzt werden diese Geräte zunächst überall dort, wo in der Fertigung gleichförmige Arbeiten anfallen und es sich um besonders gesundheitsgefährdende, strapazierende, gefährliche oder unangenehme Tätigkeiten handelt ( Commerzbank 1983 ). Prinzipiell kann man innerhalb der Handhabungsgeräte schiedene Arten und Formen sowie verschiedene unterscheiden, lassen.

die

ver-

Generationen

sich wie folgt schematisch darstellen

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

UBERS. 4

FAMILIENSTRUKTUR DER INDUSTRIEROBOTER

SYNCHRONMANIPULATOREN j. BALANCER x

-,

x DIREKT MANUELL

±±

—LJ

61

x FERNGESTEUERT T

.x

X.

J- J-

T

J- -

r

X x x 1. 2. 3. GENERAT. GENERAT. GENERAT. , XX T J-J. T X

INDIREKT MANUELL

FIXIERTE FLEXIBLE PROGRAMMSTEUERUNG PROGRAMMSTEUERUNG _xx_ x OHNE SEN- OHNE SEN- MIT SEN- MIT SENSORIK SORIK SENSORIK SORIK - J.X.J..

OHNE REAKTIONSMÖGLICHKEITEN

QUELLE: EIGENER ENTWURF, RASMUSSEN

MIR BEGRENZTEN REAKTIONSMÖGLICHKEITEN

MIT KOMPLEXEN REAKTIONSMÖGLICHKEITEN

62

Kapitel II: Mikroelektronik

Wie man aus dieser

im

Produktionsbereich

Familienchronik

ersehen kann,

sind

Industrieroboter prinzipiell dem Bereich der Handhabungsgeräte zuzurechnen, also jenen Apparaten, die dem Menschen die Arbeit dadurch erleichtern sollen, daß sie ihn durch Übernahme von Handhabungsarbeiten entlasten. Solche Einrichtungen sind seit langem bekannt und werden in vielen Fertigungsprozessen eingesetzt, ohne jemals die besondere Aufmerksamkeit aller Beteiligten gefunden zu haben. Der entscheidende Bruch ist erst in dem Moment eingetreten, als diese Geräte zu Universalmaschinen heranwuchsen, die sich sowohl vom Bediener als auch von dem speziellen Produktionsprozeß bzw. von der speziellen Produktionseinrichtung lösten und so zu universell einsetzbaren Gehilfen wurden, die im Laufe der Zeit zudem recht schnell an Fähigkeiten gewannen und so ihre Einsatzmöglichkeiten immer mehr erweiterten. Sie sind mittlerweile zu "universell einsetzbaren Bewegungsautomaten mit

mehreren

Achsen geworden, deren Bewegungen hinsichtlich Bewegungsfolge und Wegen beziehungsweise Winkeln frei (d.h. ohne mechanischen Eingriff ) programmierbar und gegebenenfalls sensorgeführt sind. Sie sind mit Greifern, Werkzeugen oder anderen Fertigungsmitteln ausrüstbar und können Handhabungs- und/oder Fertigungsaufgaben ausführen" ( VDI 1982 ). In diesem Sinne gehören zu den Industrierobotern also nur jene Geräte, die in der obigen Familienchronik den

frei

programmierbaren Geräten zugeordnet werden. Von eben diesen gehen dann auch die wesentlichen strukturellen Effekte aus, da sie es ermöglichen, nicht nur Teile des Produktionsprozesses zu übernehmen, sondern ihr Einsatz auch diese

selbst

verändert. Da sie bestimmten Abläufen und Begrenzungen in ihren Leistungen unterliegen, zum Beispiel nur Gewichte heben können oder in ihrer

Arbeitsgenauigkeit

gewissen Grenzen unterliegen, steigt mit der Einsatzes die Notwendigkeit,

bestimmte Zahl

ihres

Produktionsabläufe und auch

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

63

Produkte ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten anzupassen. War es bei der Einführung des Fließbandes in der Automobilproduktion Zielsetzung und Notwendigkeit, die Standardisierving der Produkte möglichst weit zu treiben, da die Rationalisierungswirkung der Anlagen im Extremfall eines Produktes mit nur einer bestimmten Ausführung am größten sind, so liegen die Dinge jetzt ganz anders. Konnte und mußte Ford seinerzeit noch den Grundsatz proklamieren, daß er jedes Auto liefern könnte, solange es schwarz sei und dem einzigen von ihm produzierten Modell entspreche, so sieht die Lage heute ganz anders aus. Die Grenzen der Produktvielfalt sind nicht mehr durch die Standardisierung, d.h. Vereinheitlichung gesetzt sondern nur noch durch die Aktionsmöglichkeiten der Roboter und die Leistungsfähigkeit derjenigen, die die Steuerung der Produktionsabläufe organisieren. Während am Fließband traditioneller Art die einzelnen Abläufe fest in den Maschinen, den Pressen, den Arbeitsplatzanordnungen und den Taktzeiten, in denen die Bediener die Arbeitsgänge verrichten, vorgegeben sind, kann der Roboter prinzipiell für höchst unterschiedliche Arbeitsabläufe eingesetzt werden. Seine Anlernzeit hängt lediglich von der Qualität des Programms ab, durch das er gesteuert wird und es ist ihm weitgehend gleichgültig, wie der Gegenstand aussieht, den er handhabt. Die Grenzen liegen lediglich in seiner spezifischen Auslegung, was Kraft, Reichweiten oder Genauigkeit seiner Arbeitsleistung angeht. Die Entwicklung dieser Technologie nahm ihren Anfang bereits zu Beginn der 60er Jahre in den USA. Die Firma UNIMATION war der erste professionelle Roboterhersteller und wurde 1962 gegründet. Der erste Roboter wurde bereits 1961 bei General Motors zum Schweißen versuchsweise eingesetzt. Allerdings vollzog sich die Durchsetzung dieser neuen Technik zunächst in gemäßigtem Tempo. Die erforderlichen Steuerungen waren

Kapitel II: Mikroelektronik

64

im

Produktionsbereich

noch relativ plump und aufwendig und die Geräte selbst von eher ruppiger Natur. Parallel

zum Durchbruch der Halbleitertechnologie und der

entsprechenden

Leistungssteigerungen

Kontrolltechnologien

bei

Steuerungs- und

zu Beginn der siebziger Jahre vollzog

sich eine deutliche Steigerung

ihres Einsatztempos. Die

Geräte wurden gleichermaßen leistungsfähiger wie billiger und auch Volkswirtschaften, wesentlichen

an denen diese

Entwicklungen

im

vorbeigegangen waren, wurden nun von diesem

Trend erfaßt, die Roboter setzten sich mit zunehmendem Tempo durch.

Tab.: 9

BESTAND AN INDUSTRIEROBOTERN IN DEN WESTLICHEN INDUSTRIELÄNDERN 1974 - 1986 1986 abs. | %

JAHR LAND

1974 abs. | %

1981 abs. | %

1983 abs. | %

Japan

1.500 48,6

9.500 47,5

16.500 44,9

90.000

60,0

USA

1.200 38,9

4.500 22,5

8.000 21,8

27.000

18,0

4.800 13,1

12.400

8,3

Deutschland

130

4,2

2.300 11,5

Schweden

85

2,8

1.700

8,5

1.900

5,2

3.800

2,5

Großbritannien

50

1,6

713

3,6

1.753

4,8

3.800

2,5

Frankreich

30

1,0

790

3,9

2.010

5,5

7.500

5,0

Italien

90

2,9

450

2,2

1.800

4,9

5.500

3,7

Gesamt

4-

3.088 100

-L

i.

±

20.015 100 J.

J.

36.763

±

100

150.000

J.

J.

100

1 Revidierte Daten aufgrund eines Definitionswechsels Quelle: OECD, eigene Berechnungen Diese Daten zeigen sehr deutlich, daß zu Beginn der

70er

Jahre der Einsatzschwerpunkt der Geräte eindeutig in den USA und in Japan gelegen hat und daß erst nach einigen Jahren

+

Kapitel II: Mikroelektronik

65

im Produktionsbereich

Anlaufzeit auch die europäischen Anwender in stärkerem Maße zum Einsatz dieser Geräte übergegangen sind. Während

die

Japaner im Zuge dieses Prozesses ihre relativ starke Position noch ausbauen konnten und noch spürbare relative

Gewinne

realisieren konnten, sahen sich insbesondere die USA nicht in der Lage, ihre zu Beginn der 70er Jahre eingenommene Stellung unter den Anwendern zu behaupten, sie konnten mit dem Entwicklungstempo dieses Marktes offensichtlich nicht mithalten. Ihre Industrie setzt nunmehr lediglich ein gutes Fünftel aller in den wesentlichen

Industrieländern

arbeitenden

Roboter ein. Stark aufgeholt auf diesem Gebiet hatte insbesondere die Bundesrepublik Deutschland, die 1974 noch 4,2% aller Einsatzfälle aufzuweisen hatte und Mitte der 80er Jahre bei über 13% lag. Allerdings hat man in jüngster Zeit dem allgemeinen Roboterisierungstempo nicht standhalten können und so wie deutlich Anteile am Gesamtbestand

eingebüßt.

Frankreich und Italien haben nach einem sehr schwachen Start in den letzten Jahren ebenso wie Großbritannien aufgeholt und in ganz erheblichem

deutlich

Umfang solche Geräte

eingesetzt, doch sind sie in der absoluten und relativen Zahl der

Anwendungsfälle noch weit hinter den anderen Ländern

zurückgeblieben. Eine Sonderrolle nimmt Schweden ein,

das

schon frühzeitig in erheblichem Umfang Roboter eingesetzt hat, doch durch eine

Umstellung

in der

statistischen

Erfassung der Daten keine vergleichbare Zeitreihe aufzuweisen hat. Allerdings sind diese sehr globalen Zahlen, die in keinem Bezug zum Einsatzpotential und den Produktionsmöglichkeiten der einzelnen Länder stehen, nur begrenzt aussagefähig. Der schlichte Vergleich der

Roboterzahlen

sagt über

ihren

Durchdringungsgrad in der Industrie recht wenig aus. Wesentlich plastischer wird die Anwendungsintensität der Roboter,

66

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

wenn man sie auf die Gesamtzahl der Industriebeschäftigten bezieht. Hier bietet sich denn auch ein etwas anderes Bild als in der undifferenzierten globalen Betrachtung:

Tab.: 10 |

ROBOTERINTENSITÄT DER INDUSTRIEPRODUKTION ROBOTER JE 10.000 INDUSTRIEBESCHÄFTIGTE 1978

1980

1983

1986

JAHR

| 1974

Schweden

1.3

13,2

18,7

20,3

38,7

Japan

1,9

4,2

8,3

11,8

78,1

BR Deutschland

0,4

0,9

2,3

6,3

14,4

USA

0,8

2,1

3,1

3,9

12,4

Frankreich

0,1

0,2

1,1

4,1

14,2

Großbritannien

0,1

0,2

0,6

3,4

5,9



0,7

3,4

10,2

LAND

Italien *

| 1 nicht mit den Vorjahren vergleichbar; Quelle : OECD

i.

j.

Weltweit führend im Einsatz der Industrieroboter sind unter dem Gesichtspunkt des gesamten Potentials, hier ausgedrückt in der Zahl der Industriebeschäftigten

mittlerweile

die

Japaner, sie haben Schweden weit überholt. Auf je 10.000 Beschäftigte in der Industrie kommen hier bereits fast 80 Roboter, während es in Schweden lediglich rd. 39 sind und die Bundesrepublik mittlerweile vor den USA und den

anderen

restlichen westlichen Industrienationen liegt. Man muß sich doch, stellt man Überlegungen bezüglich der Einsatzmöglichkeiten der Roboter an, vergegenwärtigen, daß bereits heute in Japan die doppelte Menge pro Erwerbstätigen an Robotern wie in Schweden eingesetzt wird und dort wiederum weit mehr als das Doppelte wie in der Bundesrepublik. Diese Daten verdeutlichen mehr als viele Worte einerseits die Reserven, die hier

Kapitel II: Mikroelektronik

67

im Produktionsbereich

noch liegen dürften und andererseits aber auch das erhebliche Marktpotential

für Roboterhersteller,

wenn man einmal

die

japanischen Werte auf die anderen Industrienationen überträgt und in absolute Roboterzahlen umrechnet. Allein für Schweden würde dies annähernd des

Roboterbestandes

bedeuten,

Einsatz von ca. 4.000 Robotern.

d.h.

eine

einen

Verdoppelung zusätzlichen

In den USA müßten

weitere Robis installiert werden und in der

171.579

Bundesrepublik

nochmals gut 67.000 Einheiten. Zugleich

werden

sich

erhebliche

Umschichtungen

in

den

Anwendungsbereichen der Roboter ergeben. Prinzipiell gilt, je älter die Geräte - und hierbei geht es allenfalls um Zeiträume von 1 - 2 Jahren Unterschied- desto weniger brauchbar sind

sie u n d desto

gröber sind die von ihnen

ausgeübten

Tätigkeiten. Je gröber diese Tätigkeiten wiederum sind, desto stärker

ist die

Einsatzkonzentration

in der

Domäne des Robotereinsatzes, im Automobilbau. Je fähiger

die

branchenmäßige

Geräte werden, Streuung.

desto breiter

klassischen leistungs-

ist auch

Analysiert man vor diesem

ihre

Hinter-

grund die bisherigen Verwendungszwecke, so zeigt sich sehr deutlich der Zustand des Roboterbestandes:

68

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

Tab.: 11 LAND

ROBOTEREINSATZ NACH INDUSTRIEBEREICHEN in v. H. des nationalen Bestandes 1

Kanada

Bundesr. Italien Deutsch.

Japan

Niederlande

Schweden

BRANCHE 30

5

22

/

/

/

6

36

9

9

6

8

5

64

51

5

/

/

/

/

/

Maschinenbau

/

12

/

/

12

15

Plastik/Gummiindustrie

/

6

1

10

1

/

Stahl und Eisen

/

/

1

1

/

/

Baumaterialienherstellung

/

/

/

/

3

/

/

/

8

/

/

/

46

28

9

/

/

Elektrotechnische Industr.

6

14

Metallbearbeitg.

6

Gerätebau

Automobilbau

63

Rohrleitungsherstellung

Haushaltsgerätebau

j

Quelle:OECD, 1983

Insbesondere das Beispiel Schweden und Japan läßt erkennen, daß man in diesen Ländern schon recht weit vom

zentralen

Einsatz der Geräte im Automobilbau entfernt ist, während man insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland noch diesem Einsatzbereich nachhängt. Bei uns hat man insbesondere in den letzten fünf Jahren erhebliche Investitionen in die Modernisierung der Produktionsanlagen in dieser Branche gesteckt und dementsprechend hoch ist ihr Anteil am Gesamtbestand

der

Roboter. Hier wird sich in Zukunft sicher erhebliches ändern,

69

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

zumal die Roboter bei Modellwechseln nicht mehr

erneuert

werden müssen, da sie in erheblichem Umfang auf neue Aufgaben umgestellt werden können. Bei diesen Daten muß man sich zudem vor Augen halten, daß die eigentlichen Marktpotentiale, d.h. die tatsächlichen Anwendungsmöglichkeiten

erst

zu einem recht geringen

Anteil

tatsächlich auch ausgenutzt werden. Anders formuliert, ihren Fähigkeiten

von

her gesehen könnten bereits weit mehr

Roboter im Einsatz sein, als dies bislang der Fall ist. Der Ausschöpfungsgrad

dieses

Potentials liegt zur Zeit nach

Schätzungen von Experten bei ca. 2% und wird sich in den kommenden Jahren erst Schritt für Schritt auf ca 60% erhöhen (ERNO 1984). Wie sich Einsatzmöglichkeiten und Einsatzrealität tatsächlich entwickeln, hängt von einer ganze Reihe spezifischer Faktoren ab, wie man sich die Dinge in etwa vorstellt vermag die nachfolgende Tabelle etwas mehr zu verdeutlichen.

Kapitel II: Mikroelektronik

70

Tab.: 12 +

im

Produktionsbereich

ENTWICKLUNG DES EINSATZES VON INDUSTRIEROBOTERN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND 1977 1990 NACH EINSATZBEREICHEN IN V.H.ALLER EINSÄTZE 1977

| JAHR

1980

1982

+

1990/94

1985/87

EINSATZBEREICH Beschichten

17

12

11

7

4

Punktschweißen

14

27

38

20

11

Bahnschweißen

2

11

17

3

2

Entgraten

2

1

-

1

1

Montage

-

4

35

10

21

Pressen

10

6

2

21

21

5

2

1

3

2

23

11

4

6

4

3

15

6

23

26

24

11

3

7

7

Schmieden Druck-/Spritzguß Werkzeugmaschinen «Sonstiges

j

|Quelle: OECD, 1985 _ _ i

_

_

±

Wie aus diesen Daten ersichtlich hat sich bereits in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel im Einsatzspektrum der Geräte vollzogen. Er wird sich allerdings in den kommenden Jahren noch deutlicher als bislang fortsetzen und dann auch spürbarere Auswirkungen zeigen. Gegenwärtig ist das Schweißen der wesentlichste Einsatzbereich der Geräte. Fast die Hälfte aller

Roboter

wird

für diese

Zwecke eingesetzt,

unverändert der klassische Anwendungsbereich, sogenannte

Punktschweißen

die

wobei

nämlich

das

Einsätze dominiert. Diese

Tätigkeit wird nahezu ausschließlich in der

Automobilindu-

strie ausgeübt und so sind denn auch entsprechende Roboter fast nur hier zu finden. Andererseits klassischen

Anwendungsfeld

dürfte

in diesem

der ROBIS der Markt zunehmend

Kapitel II: Mikroelektronik

gesättigt

im Produktionsbereich

sein, so daß hier die früher

71

anzutreffenden

Zuwachsraten im Einsatz nicht mehr das künftige Bild bestimmen dürften. Bereits seit einigen Jahren ist hingegen eine deutliche Zunahme beim Einsatz von Geräten zum Bahnschweißen zu erkennen. Ein im Prinzip recht schwierig zu handhabender Bereich, der recht komplizierte Abläufe und zugleich erhebliche Belastungen für den Roboter bedingt. Das Schweißen mit einem

Lichtbogen ist wesentlich größeren Schwankungen und

Fehlerrisiken unterworfen als die schlichte Blechverbindung durch recht grob gestaltete Schweißpunkte. Man war bis vor wenigen Jahren noch der Meinung, daß diese

Aufgabe

nur

mittels sensorgesteuerter Geräte gelöst werden könnte, mithin noch für einige Jahre Zukunftsmusik bleiben müßte, weil es keine geeigneten Sensoren gibt. Doch hat die Praxis gezeigt, das man auch mit der herkömmlichen Technik dem Problem schon recht nahe kam und somit hat man mittlerweile bereits eine erhebliche Zahl entsprechender Geräte im Einsatz und ist auf dem besten Wege, die dominante Aufgabe des Punktschweißens zumindest einzuholen. Das drittgrößte Anwendungsgebiet für die Industrieroboter in der Werkzeughandhabung ist das sogenannte Beschichten, also das Auftragen von Lacken, Unterbodenschutz und ähnlichem. Hier war in den letzten Jahren eine stetige

Zunahme

zu

erkennen. Solche Roboter gehören mittlerweile zum Stand der Technik und werden in der Regel gleich mit vom Lackier- oder Beschichtungsanlagenhersteller vertrieben. Sie werden in der letzten Zeit allerdings zunehmend auch zum Auftragen

von

Klebstoffen oder zur Aufbringung von Dichtungsmassen eingesetzt. Weitgehend ungelöst sind bislang die

praktischen

Probleme des Robotereinsatzes sowohl beim Entgraten, d.h. der endgültigen Bearbeitung von Gußteilen und in der Montage. Zwar werden auch in diesen Bereichen mittlerweile Roboter eingesetzt, doch ist ihre Leistungsfähigkeit zur Zeit noch

72

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

nicht so groß, daß dies in großem Stil geschieht. Bei der Werkstückhandhabung beginnt sich allerdings bereits

ein

deutlicher Trend zum Einsatz der Geräte in der Bedienung von Werkzeugmaschinen abzuzeichnen. Sein Tempo wird vermutlich zu einem erheblichen Teil von den künftigen Entwicklungslinien der NC- Maschinen bestimmt werden.

73

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

II.3 Der Markt für Industrieroboter Zwar sind Industrieroboter prinzipiell keine neue

Technik

sondern seit nunmehr 25 Jahren auf dem Markt, doch gibt es keine amtliche Statistik, die die Produktion und den Einsatz dieser Geräte zuverlässig und nach einheitlichen

Gesichts-

punkten ermittelt. Demgemäß weichen Aussagen über Produktion, Export und Einsatz dieser Geräte teilweise nicht unerheblich voneinander ab. Für die Bundesrepublik werden diese

Werte

einerseits vom zuständigen Industrieverband, dem VDMA (Verein Deutscher Maschinenbauanstalten) und hier wiederum von der entsprechenden Fachgemeinschaft

"Montage, Handhabung,

Indu-

strieroboter" durch Befragtingen erhoben und andererseits vom Fraunhofer- Institut für Produktions- und Anlagentechnik in Stuttgart

(IPA) ermittelt. Der Markt ist insgesamt

recht

unübersichtlich und durch eine Vielzahl von Herstellern und Anwendern gekennzeichnet, die ihrerseits wiederum

teilweise

Eigenverwender sind, wie z. B. Volkswagen, einer der größten Hersteller in der Bundesrepublik, der ausschließlich für den Eigenbedarf produziert. Anhand der Entwicklung der letzten zehn Jahre soll zunächst einmal ein grober Überblick über die EinsatzVerhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland vermittelt werden. 1977 waren in Deutschland gerade 541 Geräte eingesetzt. Bis 1980 steigerte sich diese Zahl zwar um beachtliche Prozentsätze, die absoluten Zahlen blieben jedoch sehr begrenzt. In diesem Jahr ( per 31.12.) waren 1255 Geräte im Einsatz. Von diesem Jahr an ging es jedoch dann steil bergan. Während die inländische Produktion jährlich um etwa 300 Einheiten gesteigert wurde, nahm der Robotereinsatz mit stark steigender Tendenz zu. Waren es 1982: 1200 Geräte mehr als im Vorjahr; so war dies 1983: 1300 mehr, 1984: 1800 und 1985 sogar 2200 mehr

74

Kapitel II: Mikroelektronik

im

Produktionsbereich

Robis als im jeweiligen Vorjahr. Ende 1985 waren somit ca. 8800 Geräte im Einsatz. Mittlerweile sind es sogar 12.400. Dem stand und steht eine inländische Produktion von 2400 Geräten gegenüber, die zu fast 40% in den Export geht. Dabei werden zugleich etwa 34 % der installierten Roboter importiert. Der Markt ist also von recht hohem internationalen Verflechtungsgrad. Eine seiner Ursachen hat dieses Faktum sicherlich in der Tatsache, daß sich mittlerweile einerseits das Einsatzspektrum dieser Geräte erheblich erweitert hat und parallel hierzu Roboter mit besonderen Begabungen entwickelt worden sind. Das Angebot besteht somit auch bei diesen generell einsetzbaren Geräten aus einer Reihe von Spezialgeräten, die beispielsweise besondere Fähigkeiten im Montieren haben oder im Schweißen unschlagbar sind, dafür im Lackiereinsatz weniger begabt. Diese Spezialisierung erfordert einen entsprechenden internationalen Handel mit diesen Geräten, um jeweils genügend große Märkte für einen hinreichenden Absatz zu haben. Welchen Veränderungen im Einsatz die Roboter in den letzten Jahren unterworfen gewesen sind, das läßt sich für die Bundesrepublik anhand folgender Tabellen verdeutlichen:

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

Tab.: 13

75

ANWENDUNGSGEBIETE FÜR INDUSTRIEROBOTER IM WANDEL 1981 - 1985

Aufgabe

| 1981

|

1985

|

85/81

Beschichten

231

775

335,5

Punktschweißen

771

2.548

330,5

Bahnschweißen

227

1.781

784,6

10

25

250,0

101

753

745,5

Sonstiges

59

293

496,6

Pressen

25

173

692,0

Schmieden

29

84

289,7

Druck-/Spritzguß Maschinen be-u. entladen

113 374

174 805

154,0 215,2

Sonstiges

339

1.179

347,8

22

210

954,5

Entgraten Montage

Forschung/Test/ Schulung

|

-+

|Quelle: IPA, eigene Berechnungen

I

—L

Waren zu Beginn der 80er Jahre noch im wesentlichen die traditionellen Einsatzgebiete der Roboter, nämlich Schweißen (Punktschweißen) und Maschinenbe- und entladen dominierend, so hat sich innerhalb weniger Jahre das Bild drastisch verschoben. Die höchsten und weit über dem Durchschnitt liegenden Zuwachsraten hatten die Anwendungsgebiete Bahnschweißen, Montage und Bedienung von Pressen einerseits sowie der Bereich der Schulungs- und Forschungsroboter andererseits. Dies läßt sich sowohl aus der zunehmenden Ausreifung der Geräte erklären, die nunmehr ihre Anwendung auch in komplizierteren Aufgabenfeidern erlauben, als auch aus der Intensivierung der

76

Kapitel II: Mikroelektronik

im

Produktionsbereich

Forschung auf diesem Gebiet, die zudem in wachsendem Maße aus den reinen Anwenderforschungen im einzelnen Auftragsfall zu einer Grundlagenforschung mit erheblicher staatlicher Unterstützung geworden ist. Mittlerweile bemüht man sich, kompliziertere Roboterkonfigurationen zu erstellen und auch vielfältigere Aufgaben der Robis einer Lösung näher zu bringen. Dies bedingt einen verstärkten Einsatz dieser Geräte im Forschungsbereich . Allerdings dürfen die beachtlichen Zuwachsraten des Robotereinsatzes, der innerhalb des Betrachtungszeitraumes um nahezu 400% gestiegen ist (und das in einer Zeit schwachen wirtschaftlichen Wachstums !) nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Werte im wesentlichen auf die sehr schmale Ausgangsbasis zurückzuführen sind. Unverändert ist mengenmäßig immer noch die traditionelle Anwendung des Punktschweißens bestimmend, mittlerweile ergänzt durch das Bahnschweißen. Von den zwölf Anwendungskategorien stellen diese beiden Bereiche gut die Hälfte aller Einsätze. Wie bereits in dem vorangegangenen internationalen Vergleich erkennbar, ist dies ein deutlicher Hinweis auf die recht inflexible Struktur des Einsatzes in der Bundesrepublik. Entsprechend hoch ist auch der Anteil einer einzigen Branche an diesem Geschehen, nämlich der Automobilindustrie. Hier sind nach wie vor rd. 50% der eisernen Kollegen beschäftigt und erst mit großem Abstand folgen dann die Branchen Elektroindustrie, Maschinenbau, kunststoffverarbeitende Industrie sowie die metallverarbeitende Industrie. Insbesondere im Automobilbau ist abzusehen, daß in zunehmendem Maße nicht mehr der Neubedarf das Geschehen bestimmen wird sondern der Ersatzbedarf. Dies gilt insbesondere für die traditionellen Anwendungsgebiete des Schweißens und des Lakkierens. Demgemäß wird auch das mengenmäßige Wachstum zumindest in diesem Teil des Robotermarktes nicht mehr die bisherigen Größenordnungen annehmen.

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

77

DIE ANBIETER DER EISERNEN KOLLEGEN Die raschen Zuwächse im Einsatz der Industrieroboter könnten auf den ersten Blick vermuten lassen, daß wir uns hier mit einem typischen Wachstumsmarkt beschäftigen, der vielen neuen und traditionellen Anbietern eine realistische Chance bieten müßte, bei guten Gewinnen rasch zu expandieren. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Roboter sind zwar von der allgemeinen Entwicklung aus vielerlei Gründen begünstigt, doch ist ihr Bau und ihr Einsatz keineswegs unproblematisch. Erfolgreiche Automatisierung durch Robotereinsatz erfordert einen ganz erheblichen Aufwand an Know How, denn das schlichte Aufstellen eines solchen Gerätes ist in der Regel keine sachgerechte Problemlösung. Vielmehr muß hierfür nicht nur der geeignete Roboter vorhanden sein, sondern das gesamte Umfeld muß seinen jeweiligen Bedürfnissen angepaßt werden. Es müssen geeignete Vorrichtungen zur Zuführung von Material und Werkstücken bzw. Werkzeugen ebenso geschaffen werden, wie die gesamten Arbeitsabläufe umzuorganisieren sind, um dem

eisernen Gesellen

auch genügend Arbeit zu verschaffen, damit er seine Vorzüge tatsächlich ausspielen kann. Das gesamte Uttfeld, die sogenannte Peripherie ist also mindestens genauso bedeutsam wie der Robi selbst. Es verursacht häufig Kosten, die wesentlich höher sind als die des Roboters und erfordert oftmals auch wesentlich mehr Ingenieurgeist als die Einstellung eines Roboters auf seine speziellen Aufgaben. Ohne eine solche umfassende Problemlösung ist jedoch ein Roboter schwer zu verkaufen und auch wenig nützlich. Dies heißt für die Anbieter solcher Geräte jedoch, daß sie ein ganz erhebliches Forschungspotential vorhalten müssen, um den Anforderungen ihrer Kunden nach speziellen Problemlösungen gerecht werden zu

können.

Dies hat unter anderem dazu geführt, daß es im Gegensatz zu vielen anderen Branchen hier absolut unüblich ist, beispiels-

78

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

weise ein kostenloses Angebot abzugeben, das dem Nachfrager als Entscheidungsbasis dienen könnte. Vielmehr ist es branchenüblich, daß die erforderlichen Problemlösungen im Auftrag des Kunden erarbeitet werden und von diesem auch zu bezahlen sind. Diese Entwicklung wird sich vermutlich in den kommenden Jahren deutlich verstärken. Führt man sich einmal vor Augen, wie eihfach der Einsatz eines schlichten Punktschweißroboters im Vergleich zu einem Gerät ist, das wesentlich kompliziertere Aufgaben zum Beispiel in der Montage zu erledigen hat, dem eine Vielzahl von Teilen zugeführt werden muß und das recht komplizierte Abläufe zu erledigen hat. Noch bevor man das Anbieterspektrum näher betrachtet, läßt sich hieraus unmittelbar schließen, daß auf Dauer nur solche Anbieter bestehen können, die groß genug sind, solche Problemlösungen unmittelbar anzubieten und gegebenenfalls auch einmal eine Zeit lang ohne Aufträge zu überstehen. Die guten Absatzaussichten auf diesem Markt haben nämlich dazu geführt, daß sich in recht kurzer Zeit eine recht große Anbieterzahl herausgebildet hat, die aus den unterschiedlichsten Branchen kommt und die nun über teilweise nicht unerhebliche Preiskämpfe bei den Geräten versuchen, ihre Marktanteile zu erhöhen. Die Folge davon ist unmittelbar einsichtig. Es findet zwar weltweit eine erhebliche Nachfrageexpansion statt, zugleich jedoch reduzieren sich die Profite. Cincinnati Milacron, der führende amerikanische Roboter- und Werkzeugmaschinenhersteller, hat bis 1985 nur in einem der letzten 11 Jahre bei den Robotern überhaupt Gewinn gemacht und wird auch in diesem Jahr wieder Verlust machen. Zwar wird der gesamte Weltmarkt mittlerweile auf mehr als 500 Mio US $ pro Jahr veranschlagt, mit Zuwachsraten zwischen 20 und 30% pro Jahr, doch tummeln sich auf diesem

Gebiet eine Vielzahl von

Herstellern. Einschlägige Schätzungen gehen von über 200 Herstellern allein in den westlichen Industrienationen aus, von

Kapitel II: Mikroelektronik

79

im Produktionsbereich

denen allerdings 30 große Anbieter rund 80% des Marktes bedienen und die anderen 85 % der Anbieter sich die restlichen 20% teilen müssen. Die führenden Anbieter in Europa sind: Unimation ( USA ) Trallfa (Norwegen) ASEA (Schweden) Elektrolux (Schweden Volkswagen ( BRD ) Kaufeld (Schweden) Sonstige

Marktanteil " " " » " " " " " " " " " " " » » "

über ca. ca. ca. ca. ca. ca.

20% 20% 15% 5% 12% 4% 21%

In der Bundesrepublik gibt es nach Fachkreisangaben ca.30 Anbieter, von denen etwa 2000 Geräte pro Jahr produziert und weitere 400 von Kooperationspartnern bezogen und vertrieben werden. Da die Anbieter dieser Geräte - wie bereits erwähnt aus den verschiedensten Branchen kommen und ihre Produktion entsprechend auch der verschiedenen Branchen zugeordnet wird, gibt es keine verläßliche Statistik über deren Produktionszahlen oder gar Umsätze. Die am internationalen Markt tätigen Anbieter kommen aus drei Industriebereichen und haben jeweils ihren eigenen Entwicklungshintergrund. Die erste Gruppe entstammt den traditionellen Maschinenbauunternehmen, die aus der Weiterentwicklung ihrer Produkte und mit dem speziellen Wissen des Maschinenbauers ausgestattet in den Roboterbau eingestiegen

sind.

Problematisch war für sie der Einstieg in die komplexen elektronischen Schaltungen und ähnliches, die sich nur dann im Produktionsprogramm fanden, wenn bereits NC-Maschinen hergestellt wurden. Für die deutschen Anbieter liegt eine weitere Hürde in der Tatsache, daß der Maschinenbau überwiegend aus kleineren und mittleren Unternehmen besteht, die zwar erhebliches Ausmaß an Weltmarkt - und

ein

Industriekenntnissen

haben, doch nicht unbedingt über die erforderliche Kapitalbasis für einen dauerhaften Einstieg in einen komplexen Markt

80

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

verfügen. Diese Maschinenbauanbieter sind im wesentlichen: in der Bundesrepublik: KUKA (Augsburg) ZF ( Friedrichshafen ) NIMAK Maschinenfabrik (Wissen/Sieg) VFW - Fokker (Bremen) in den USA: Unimation Prab COnveyors, Cincinnati Milacron in Schweden: ASEA, in Norwegen: Trallfa in Italien: Norda und Basfer in Japan: Kawasaki Heavy Industries, Yaskawa Die zweite Gruppe von Anbietern hat ihren Ursprung in Unternehmen der elektrotechnischen Industrie und damit entsprechende Probleme beim Zugang zum technologischen Know-How der Maschinenbauhersteller.Andererseits haben sie den Vorteil, sich bei der Elektronik gut auszukennen und zugleich sind sie auch groß genug, um sich an einem solchen Markt langfristig zu behaupten. Dies sind: in der Bundesrepublik: Siemens, BBC und IBM in den USA:

General Electric, IBM, Bendix und Westinghouse

in Großbritannien:

General Electric

in Italien:

Olivetti

in Japan:

Hitachi, Matsushita, Fujitsu/Fanuc

Daneben hat sich schon recht frühzeitig als dritte wesentliche Anbietergruppe der Bereich herauskristallisiert, der zunächst als Hauptabnehmer der gesamten Technik vornehmlich für den eigenen Bedarf produzierte, mittlerweile aber auch als Anbieter am Markt auftritt, nämlich die Automobilhersteller. Sie haben teilweise schon sehr frühzeitig die Leistungsfähigkeit dieser Technik für ihre Belange erkannt und in eigenen Entwicklungsabteilungen entsprechendes Gerät konstruiert. Diese Anbieter sind:

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

81

in der Bundesrepublik: Volkswagen (als einer der größten Hersteller) in Frankreich: Renault über seine Tochter ACMA Cribier COMAU-FIAT in Italien: General Motors. in den USA: Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig und zählt nur die jeweils wesentlichsten Anbieter auf. Hinzu kommen eine ganze Reihe weiterer Unternehmen, die sich auch diesem Bereich widmen. Auch der Eindruck, es würde sich hierbei um voneinander unabhängige Anbieter handeln, leitet vollkommen fehl. Auf Grund der raschen Entwicklung des Marktes einerseits, der Technik andererseits und des intensiven Wettbewerbs zum dritten hat sich in den letzten Jahren ein sehr enger Produktions-, Forschungs- und Vertriebsverbund herausgebildet, der den gesamten Markt durchzieht. Das so entstandene Geflecht vertraglicher Beziehungen ist eng und nur schwer durchschaubar. Dies, zumal es ständigen Änderungen unterworfen ist und auch keineswegs mit Begeisterung seitens der

Beteiligten

bekannt

gegeben wird. Es haben sich in diesem Zusammenhang drei Strategiebündel herausgearbeitet, die von den einzelnen Produzenten verfolgt werden: - gemeinsame Entwicklung und/oder Teilefertigung - Lizenzvergabe entweder für die Produktion oder den Vertrieb der jeweiligen Geräte - sogenannte joint ventures, also der Aufbau gemeinsamer Vorhaben mit gemeinsamer Kapitalbeteiligung. Während die Lizenzen noch einen recht lockeren Verbund mit hoher Flexibilität darstellen, der bevorzugt gewählt wird, um mit seinen eigenen Produkten in einen neuen Markt zu gelangen, ohne zugleich unter eigenem Namen und mit eigenem Vertriebsnetz antreten zu müssen, geht es bei den anderen beiden Strategien um langfristig konzipierte Ansätze, die mit erheblichen materiellen Verknüpflangen verbunden sind.

82

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

Übersicht 5: V E R F L E C H T U N G DER

ROBOTERHERSTELLER

Kapitel II: Mikroelektronik

im Produktionsbereich

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Die Verflechtungen sind vielfältig und nehmen kaum einen der wesentlichen

Roboterhersteller

aus. Betrachtet

man die

direkten Verbindungslinien zwischen den einzelnen Unternehmen , so sieht deutschen und

man, daß es vier

Verknüpfungen

japanischen Herstellern gibt,

zwischen

jeweils

drei

zwischen deutschen und deutschen sowie deutschen und europäischen Produzenten und nur zwei zwischen deutschen und amerikanischen Anbietern von Industrierobotern. So arbeiten fast alle europäischen Anbieter auf diese Art und Weise zusammen, während sowohl die japanischen als auch die amerikanischen Unternehmen

jeweils die Partner in anderen

Absatzgebieten

bevorzugen, untereinander mit wenigen Ausnahmen jedoch nicht zusammenarbeiten. Dies dürfte nicht

zuletzt das

Ergebnis

verschiedener Marketingstrategien sein, hauptsächlich jedoch seine Ursache in den unterschiedlichen Größenstrukturen der Unternehmen haben. Sowohl die japanischen Produzenten als auch die amerikanischen fühlen sich offenkundig

jeder für

sich auf den heimischen Märkten stark genug, im Wettbewerb zu bestehen und betreiben jeder für sich eine eigene Außenwirtschaftspolitik

sowohl des Wissens, das

sie sich

durch

entsprechende Lizenzverträge und andere Kooperationen aus dem Ausland holen, als auch bezüglich

ihrer

jeweiligen

Ver-

kauf sstrategie auf den ausländischen Märkten. Die Europäer hingegen haben offensichtlich eine doppelseitige

Strategie

gefahren. Sie arbeiten einerseits untereinander auf vertraglicher Basis zusammen

als auch mit den

Produzenten

der

anderen Regionen. Praktisch hat sich keiner der wesentlichen europäischen Anbieter von Industrierobotern auf die alleinige Kooperation mit japanischen oder amerikanischen Produzenten verlassen. Dies sicherlich ein deutlicher Hinweis darauf, daß es ihnen allen an gewissen Leistungspotentialen in diesem Bereich fehlt oder, daß sie zumindest das Gefühl haben, daß dies der Fall ist. Zum anderen läßt sich an dieser intensiven Zusammenarbeit auch ablesen, daß offenkundig der Wille zur

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Kapitel II: Mikroelektronik

im

Produktionsbereich

Etablierung einer leistungsfähigen Branche zumindest vorhanden ist. In wieweit man allerdings der

japanischen

oder

amerikanischen Konkurrenz künftig gewachsen sein wird, das hängt unter anderem davon ab, wie geschickt die Möglichkeiten der differenzierten Kooperation tatsächlich genutzt werden. Daß der Markt die erforderlichen Chancen für solche Entwicklungen bietet, das zeichnete sich bereits im vorangehenden Teil deutlich ab, als die Roboterisierungsgrade der einzelnen Länder

miteinander

verglichen wurden. Um eine gewisse

Vorstelliang über den künftigen Robotereinsatz zu bekommen, seien nachfolgend einmal kurz einige Prognosen und Hypothesen zu diesem Bereich durchgerechnet und in ihren wesentlichen Ergebnissen dargestellt. Hierbei werden einmal die Prognosen der Commerzbank und der OECD dargestellt und andererseits

zwei Varianten

einer

eigenen Prognose. Die erste schreibt die bisherigen Zuwächse im Robotereinsatz in der Bundesrepublik fort und überträgt sie auf die künftige Situation. Die zweite geht von der bislang zu beobachtenden Tatsache aus, daß der

Roboteri-

sierungsgrad der Bundesrepublik etwa fünf Jahre hinter dem Schwedens herhinkt, daß also ein time lag dieser Größe besteht. Dies würde bedeuten, daß wir 1990 einen Roboterisierungsgrad von ca. 32 Robotern je 10.000 Industriebeschäftigten hätten. Die sich hieraus ergebende Roboterzahl ist der unten stehenden Übersicht zu entnehmen. Allerdings sind diese Prognosen mehr als ein mengenmäßiger Hinweis auf das künftige Marktvolumen denn als exakte Vorhersage zu verstehen.

Kapitel II: Mikroelektronik

Tab.: 14

im Produktionsbereich

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PROGNOSEN ZUM INDUSTRIEROBOTEREINSATZ IN DER BUNDESREPUBLIK |

COMMERZBANK OECD IST-SITUATION WACHSTUMSFORTSCHR. 80 - 85 WACHSTUMSFORTSCHR. SCHWEDISCHER WEG -5JAHRE

1985

|

1990

7.500

14.000

12.500

39.000

|

2000

|

8.800 65.934

2.615.130

21.384

212.688

[Quelle: COMMERZBANK, 1983, OECD, 1982, eigene Berechnungen

In der Vergangenheit hat sich nämlich sehr deutlich gezeigt, daß gerade bei den Robotern das Prognosegeschäft äußerst riskant ist. Die Trefferquoten waren teilweise sehr schlecht und geben kaum Anlaß zur Euphorie bei weiteren Vorausschätzungen.

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Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

II.4 Entwicklungstendenzen des Robotereinsatzes Handhabungsgeräte generell und Roboter speziell befinden sich zur Zeit weltweit erst an der Schwelle ihres umfassenden Einsatzes.. Bereits die wenigen Anmerkungen zu diesem Bereich im vorigen Abschnitt der Studie haben erkennen lassen, welch dynamische Entwicklung sich hier vollzieht und auch weiterhin vollziehen wird. Um sich ein Bild über das Einsatzspektrum machen zu können, muß man sich etwas näher mit den Grundlagen der Produktion und ihren speziellen Ausprägungsmerkmalen vertraut machen. Grundsätzlich steht die industrielle Produktion im Spannungsfeld von Markterfordernissen und Prodiaktionsnotwendigkeiten. Der Markt erfordert in der Regel Produkte, die auf eine spezielle Problemlösung und einen speziellen Bedarf zugeschnitten sind, hat also stark individualistische Tendenz. Selbst bei vermeintlichen Massenprodukten wie dem Automobil ist der Käufer in der Regel bemüht, ein für seine Vorstellungen passendes Sonderprodukt zu finden, das möglichst eine gewisse Individualität erkennen läßt und sich tunlichst von den anderen im Prinzip gleichartigen Erzeugnissen abheben

soll.

Dieser Forderung versuchen sowohl die Anbieter durch Differenzierung ihres Typen- und Ausstattungsprogrammes nachzukommen als auch eine Fülle von SpezialUnternehmen, die bemüht sind im Nachhinein dem Massenprodukt einen einmaligen Charakter zu verleihen, sei dies nun durch spezielle Reifen und Felgen oder durch einen besonderen Lack oder auch nur durch eine Fülle von unterschiedlichen Aufklebern. Während sich der Hersteller abmüht, die notwendigen Varianten mit dem Erfordernissen einer kostengünstigen Massenproduktion in Einklang zu bringen, versucht der Käufer das genaue Gegenteil zu erreichen. Der Markt fordert also das individuelle Produkt,

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

87

während die Produktionsökonomik das einheitliche Erzeugnis favorisiert. Dies gilt in unterschiedlichem Maße für alle Erzeugnisse und je nach Kompromißfähigkeit des Verwendvings Zweckes

ergeben

sich hieraus die unterschiedlichen Marktstrukturen in den einzelnen Branchen, also das Zusammenspiel von Massenherstellung und die Ergänzung dieses Bereiches durch kleinere und mittlere Anbieter, die mit entsprechenden die Nachfragelücken

füllen, die mit den

Spezialprodukten

Standardprodukten

nicht abgedeckt werden können. Je eingeschränkter der Verwendungszweck der Produkte ist, je höherwertiger sie sind und je größer

ihr

Anwendungsnutzen ist, desto größer ist in der

Regel auch die Produktpalette, die der Markt fordert, und desto häufiger treten auch entsprechende Spezialanbieter in Erscheinung. Für die Fertigung heißt dies, daß schrittweise der Übergang von der Massenfertigung über Mittel-und Kleinserienfertigung

zu Einzelfertigung

erfolgt. Im Zuge dieses

Prozesses der Vereinzelung der Produkte erfolgt eine entsprechende Umschichtung bei den zugrundeliegenden Fertigungsabläufen, den verwendeten Maschinen, der Art und Weise, wie die Werkstücke gehandhabt werden und der Art und Weise, wie die erforderlichen Materialien in den Produktionsprozeß eingebracht werden. Die nachfolgende

Übersicht

verdeutlicht

diese Zusammenhänge recht anschaulich und zeigt zugleich in grober Form die Einsatzmöglichkeiten der NC- Maschinen einerseits und der Industrieroboter andererseits auf.

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Kapitel II: Mikroelektronik

im

Produktionsbereich

| ÜBERS. 6 MERKMALE UNTERSCHIEDLICHER FERTIGUNGSFORMEN FERTIGUNSFORM

Einzel- und Kleinserien

Mittelserien

FERTIGUNGSMITTEL

konventionelle Einzelmaschine NC - Maschine

programmgesteuerte Maschine

Automat Transferstraße

WERSTÜCKHANDHABUNG

vorwiegend manuell

manuell oder automatisch

automatisch

manuell oder automatisch

automatisch

FERTIGUNGSART

Massenfertigung

L Punktfertigung Werkstattfertigung Gruppenfertigung Fließfertigung

MATERIALmanuell FLUß L |Quelle: Schraft, 1983

j

Wie man bereits anhand dieser Übersicht erkennen kann, sind mittlerweile bereits im Bereich der Einzelfertigung NC-Maschinen sinnvoll einsetzbar und automatische Handhabung beginnt bereits im Bereich der mittleren Serien. Selbst bei sehr

geringen

Seriengrößen

sind NC-Maschinen

sinnvoll

einsetzbar. Die dahinter liegenden Daten verdeutlicht die folgende Grafik.

Kapitel II: Mikroelektronik im Produktionsbereich

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