Imparitatsprinzip Und Gob-System Im Bilanzrecht 1986 (German Edition) 3428062035, 9783428062034


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Imparitatsprinzip Und Gob-System Im Bilanzrecht 1986 (German Edition)
 3428062035, 9783428062034

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DIRK FEY

Imparitätsprinzip und Goß-System im ßilanzrecht 1986

Forschungsergebnisse aus dem Revisionswesen und der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre Herausgegeben von Prof. Dr. Erich Loitlsberger, Prof. Dr. Dieter Rückle und Prof. Dr. Jörg Baetge

Band 7

Imparitätsprinzip und Goß-System im ßilanzrecht 1986

Von

Dr. Dirk Fey

DUNCKER

&

HUMBLOT / BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Fey, Dirk:

Imparitätsprinzip und GoB-System im Bilanzrecht 1986 / von Dirk Fey. - Berlin : Duncker und Humblot,1987. (Forschungsergebnisse aus dem Revisionswesen und der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre ; Bd.7) ISBN 3-428-06203-5

NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Satz: Hermann Hagedorn GmbH&Co., Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06203-5

Meinen Eltern und meinem Bruder

Michel de Montaigne: Essais 11, 1 "Die Teile kann man unmöglich richtig unterbringen, wenn man das Bild des Ganzen nicht richtig im Kopf hat."

Vorwort des Herausgebers In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, welche Konsequenzen sich aus der Kodifikation des Imparitätsprinzips für die Niederstwertvorschrift und die Bildung einer Verlustrückstellung im Bilanzrecht 1986 ergeben. Denn § 252 Abs.1 Nr. 4 des HGB 1985 verlangt erstmals ausdrücklich, "alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind," bei der Bewertung der Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

Fey zeigt, daß bei der allgemein praktizierten Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden künftige Verluste nach anderen Methoden berechnet werden als vergangene Erfolge. Die Unterschiede ergeben sich durch: 1. Verwendung verschiedener Erfolgsträger. 2. Verwendung verschiedener Bewertungsverfahren. 3. Verwendung verschiedener Zurechnungsprinzipien für Aufwendungen.

Der Verfasser versucht daher, die Frage zu beantworten, "ob solche Widersprüche im Rahmen des GoB-Systems rechtlich zulässig sind oder ob nicht vielmehr eine folgerichtige Anwendung der einheitlichen Rechtsprinzipien, auf denen das GoB-System basiert, zu einer systemgerechten Verlustantizipation führen muß, die nicht im Widerspruch zum Inhalt anderer Grundsätze steht. " Fey vermeidet diese bisher üblichen und akzeptierten Widersprüche zwischen der Ermittlung vergangener Erfolge und künftiger Verluste dadurch, daß er einheitliche übergeordnete Prinzipien, die er als Systemgrundsätze bezeichnet, folgerichtig auf die Konkretisierung des Imparitätsprinzips anwendet. Bei den Systemgrundsätzen handelt es sich um die im neuen HGB verankerten fundamentalen Rechtsprinzipien - Going-Concern-Concept (§ 252 Abs. 1 Nr. 2), - Pagatorik (§ 242 i. V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 5), - Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3). Der Verfasser berücksichtigt diese drei Systemgrundsätze bei der Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste und kommt dadurch in Übereinstimmung mit Leffson zu dem Ergebnis, daß erstens das einzelne Absatzgeschäft den einzig systemgerechten Verlustträger darstellt und zweitens die absatzmarktorientierte pagatorische Bewertung systembedingt das einzige den GoB entsprechende Verfahren zur Berechnung künftiger Verluste sein kann. Drittens zeigt er, daß bei der Berechnung der Einzelverluste (wie der Einzelgewinne) systemgerecht die gesamten fixen Aufwendungen entsprechend ihrer tatsächli-

6

Vorwort des Herausgebers

chen Verwendung den Unternehmensleistungen zuzurechnen sind und eine systemgerechte Aufteilung der 'nicht direkt zurechenbaren Aufwendungen durch das Durchschnittskostenprinzip erreicht wird. Zwar ergibt die Untersuchung, daß die Niederstwertvorschrift und die Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nicht die systemgerechte Antizipation aller Verluste erlauben. Doch schlägt Fey in weitgehender Übereinstimmung mit den grundlegenden Ausführungen des BFH vor, die Verluste, die weder einzelnen Aktiva zurechenbar sind, noch durch Verkaufsverträge begründet sind, in einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu erfassen. Mit seiner Untersuchung hat sich der Verfasser wegen der HGB-N ovellierung einem sehr aktuellen Problem gestellt. Darüber hinaus hat er aber auch einen Lösungsweg eingeschlagen, der nicht nur grundlegende Bedeutung für die Verlustantizipation im neuen Bilanzrecht erlangen könnte, sondern für viele Rechnungslegungsfragen, die anhand der GoB zu beantworten sind. Denn Fey untersucht in der Bilanzlehre erstmalig, ob und wieweit die GoB. auf der Grundlage des neuen Bilanzrechts systemkonform zu konkretisieren sind. Es gelingt ihm nachzuweisen, daß die GoB nach dem Willen des Gesetzgebers als Bestandteile eines Systems, nicht aber einer Kasuistik zu verstehen sind und die Systemgerechtigkeit neben der Zweckgerechtigkeit (und untergeordnet dem allgemeinen Konsens) als wesentliches Merkmal von GoB anzusehen ist. Die vorliegende Dissertation ist für die Betriebswirtschaftslehre sehr interessant, weil sie wesentlich dazu beitragen kann, die Konkretisierung von GoB zu vereinheitlichen. Denn die inhaltliche Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs GoB wird durch Feys Konzeption in stärkerem Maße als bisher rational überprüfbar gemacht, und zwar anhand von Rechtsnormen, die der Gesetzgeber im neuen Bilanzrecht kodifiziert. Diese Weiterentwicklung der Gedanken von Leffson und mir führt damit einerseits zu einer Objektivierung, einer Einengung von Manipulationsspielräumen durch eine eindeutigere Konkretisierung der GoB. Andererseits wird jedoch der bilanzpolitische Spielraum für die Unternehmen durch die vorgeschlagene Konzeption nicht beeinträchtigt. Denn die explizit durch den Gesetzgeber eingeräumten Wahlrechte werden als gesetzliche Ausnahmevorschriften nicht durch die Forderung nach systemgerechter Konkretisierung berührt. Fey versucht nicht, das GoB-System im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Bilanztheorie zu verstehen, sondern geht in einer de lege lata-Betrachtung von einem Rechtssystem unter besonderer Berücksichtigung des neuen HGB aus. Dieser Ansatz steht in Einklang mit der herrschenden juristischen Methodenlehre. Der Entwicklung der GoB wird deshalb ein Weg gewiesen, von dem anzunehmen ist, daß er von Juristen akzeptiert wird. Indem Fey den bestehenden umfangreichen Diskurs zur handelsrechtlichen Bewertung dadurch zu klären versucht, daß er die Kontroverse über das Imparitätsprinzip auf eine

7

Vorwort des Verfassers

übergeordnete Ebene verlagert, die den rechtlichen Rahmenbedingungen entspricht, kann die Rechnungslegungspraxis den Ansatz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften umsetzen. Jörg Baetge

Vorwort des Verfassers Diese Arbeit wurde durch die wirtschaftswissenschaftliehe Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster unter dem Titel "Systemgerechte Verlustantizipation im neuen Bilanzrecht" als Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Wirtschaftswissenschaft angenommen. Die Dissertation soll die Zusammenhänge zwischen dem Imparitätsprinzip und den anderen Grundsätzen des GoB-Systems verdeutlichen, insbesondere zeigen, welche Konsequenzen sich aus den tragenden Grundsätzen des GoB-Systems für eine gesetzesentsprechende Verlustantizipation in der Bilanzierungspraxis ergeben. Aus einer grundlegenden Untersuchung der Struktur und Funktionsweise des GoB-Systems wird klar, daß das Imparitätsprinzip, ebenso wie alle übrigen GoB, unter Beachtung des Systemzusammenhangs auszulegen ist. Wird dieser Aspekt der Systemgerechtigkeit bei der Auslegung von GoB außer acht gelassen, so besteht die Gefahr, daß gesetzlich unzulässige Widersprüche im GoB-System entstehen. Trotz der in der Wissenschafts geschichte immer wieder aufkommenden Kritik am Systemdenken hoffe ich, mit dieser Arbeit zum bilanzrechtlichen Diskurs einen konstruktiven Beitrag und nicht einen weiteren Beleg für die Auffassung von A. A.-C. Shaftesbury (1671-1713) geliefert zu haben, der die Ansicht vertrat: "The most ungenious way of becoming foolish is by a system". Allen, die mir bei dieser Dissertation geholfen haben, möchte ich danken. Dirk Fey

Inhaltsverzeichnis 1

2

3

Einleitung.... .... .................. . ..... .. ..... .... ...... .. .......

17

1.1 Bedeutung der Verlustantizipation aufgrund des Imparitätsprinzips in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

1.2 Problemstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1.3 Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

Berücksichtigung künftiger Verluste im handelsrechtIichen Periodenerfolg. . . . . .

23

2.1 Lösungsvorschläge des Schrifttums und deren Mängel . . . . . . . . . . . . . . . .

23

2.1.1 Wahl des Verlustträgers und seine Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

2.1.1.1 Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

2.1.1.2 Interpretation des Aktiengesetzes 1965 durch Adler/Düringl Schmaltz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

2.1.1.3 Auffassung von Koch und Leffson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

2.1.1.4 Kritik. .... ..... ............. ..... ................ .. .

29

2.1.2 Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung . . . . . . .

30

2.1.2.1 Problematik.... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

2.1.2.2 Interpretation des Aktiengesetzes 1965 durch AdlerlDüringl Schmaltz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

2.1.2.3 Auffassung von Leffson. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

2.1.2.4 Kritik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

2.2 Eigene Lösungsidee: Konzeption einer systemgerechten Konkretisierung des Imparitätsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

3.1 Systemgerechtigkeit trotz Unbestimmtheit des GoB-Begriffs? . . . . . . . . . .

42

3.1.1 Der GoB-Begriff als Gesetzeslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

10

4

Inhaltsverzeichnis 3.1.2 Der GoB-Begriff als konkretisierungsbedürftiger Typus. . . . . . . . . . .

48

3.2 Systemgerechtigkeit als ein Merkmal im Merkmalsgefüge von GoB . . . . .

51

3.2.1 Wortsinn des GoB-Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

3.2.2 Bedeutungszusammenhang des GoB-Begriffs zu anderen gesetzlichen Vorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

3.2.3 Teleologie des GoB-Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

Konkretisierung des Goß-Merkmals Systemgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

4.1 Ermittlung der Zwecke von GoB als Voraussetzung zur Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

4.2 Konkretisierung des GoB-Merkmals Zweckgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . .

60

4.2.1 Konkretisierungsgrundlagen für das GoB-Merkmal Zweckgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

4.2.1.1 Ermittlung der Konkretisierungsgrundlagen. . . . . . . . . . . . . . .

60

4.2.1.2 Betroffene Interessen in der Realität (Natur der Sache) als Konkretisierungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

4.2.1.3 Zwecke der gesetzlichen Vorschriften als Konkretisierungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

4.2.1.3.1 Bedeutung der Zwecke der gesetzlichen Vorschriften für die Zwecke von GoB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

4.2. U.2 Ermittlung der Zwecke der gesetzlichen Vorschriften ("Induktionsschluß") ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

4.2.2 Ermittlung der Zwecke von GoB aus den Zwecken der gesetzlichen Vorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

4.2.2.1 Interessenausgleich nach Moxter durch Analogieschluß . . . .

80

4.2.2.2 Interessenausgleich nach Baetge durch Umkehrschluß . . . . .

82

4.2.2.3 Interessenausgleich nach Leffson durch Analogieschluß . . . .

84

4.2.2.4 Zweckgerechtigkeit durch einen "gleichgewichtigen" Gesamtinteressenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

4.3 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit durch zweckgerechte Systembildung ("Deduktionsschluß'') . : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

4.3.1 Unmöglichkeit der Bildung eines axiomatisch-deduktiven GoBSystems aufgrund der gesetzlichen Zwecke von GoB. . . . . . . . . . . . .

91

4.3.2 Bildung eines zweckgerechten, teleologischen GoB-Systems . . . . . . .

96

Inhaltsverzeichnis

5

6

11

4.3.2.1 Definition eines teleologischen Systems. . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

4.3.2.2 Folgerichtigkeit als Merkmal eines teleologischen Systems. .

98

4.3.2.3 Sinneinheit als Merkmal eines teleologischen Systems . . . . .

99

4.4 Möglichkeit einer Vereinheitlichung der zweckgerechten Systembildung (Reduktion der Alternativen) durch das GoB-Merkmal allgemeiner Konsens

102

Systemgerechtigkeit der GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen . .

104

5.1 Systemgrundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

5.1.1 Aufgabe der Systemgrundsätze und ihre Stellung im Rahmen eines teleologischen GoB-Systems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

5.1.2 Inhalt der Systemgrundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110

5.1.2.1 Going-Concern-Concept. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110

5.1.2.2 Pagatorik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119

5.1.2.3 Einzelbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125

5.2 Systemgerechte Verlustantizipation durch Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131

5.2.1 Systemgerechte Wahl des Veriustträgers und seine systemgerechte Bewertung: Pagatorische Bewertung eingeleiteter Absatzgeschäfte. .

131

5.2.2 Systemgerechte Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136

5.2.2.1 Das systemgerechte Zurechnungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . .

136

5.2.2.2 Die systemgerechte Zurechnung bestimmter Kostenarten. . .

137

5.2.2.2.1 Die Zurechnung der Kosten aus langfristigen Beschaffungsdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

137

5.2.2.2.2 Zeitlich und sachlich nicht zurechenbare Kostenarten

141

5.2.2.3 Der fiir eine systemgerechte Zurechnung maßgebliche Beschäftigungsgrad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142

5.2.2.4 Die systemgerechte Aufteilung der nicht direkt zurechenbaren Kostenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146

Berücksichtigung systemgerecht antizipierter Verluste de lege lata . . . . . . . . . . . .

149

6.1 Berücksichtigung systemgerecht antizipierter Verluste in der GuV. . . . . . .

149

6.2 Berücksichtigung systemgerecht antizipierter Verluste in der Bilanz. . . . .

150

12

Inhaltsverzeichnis 6.2.1 Aktivischer Ausweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150

6.2.2 Passivischer Ausweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154

6.2.2.1 Rückstellung rur drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154

6.2.2.2 Rückstellung rur ungewisse Verbindlichkeiten. . . . . . . . . . . . .

156

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160

Literaturveneichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163

Rechtsprechungsveneichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179

Namenveneichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

180

Sachveneichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 3

7

Abbildungsverzeichnis Abb.: Interessenkonflikte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

2

Ermittlung der Zwecke von GoB ..•...............................

69

3

Interessenausgleich nach Moxter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

4

Interessenausgleich nach Baetge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

5

Interessenausgleich nach Leffson. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

6

"Gleichgewichtiger" Gesamtinteressenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

7

Modifikation des GoB-Systems nach Leffson. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107

8

Abbildung des Faktorkombinationsprozesses in der Bilanz bei unterschiedlichen Graden der Fertigstellung der Absatzleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

132

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abb. Abs. ADHGB ADS a.F. AG AGB-Gesetz AktG a.M. Anm. Art. Autl

B.

BAG-U BB Bd. BFH BFuP BGB BGBI. BGH BStBl. BT BWL bzw. DB DBW ders.A. d.h. DIW DStR DStZ/A EG EStG EStR f.

FG FR

anderer Ansicht Abbildung Absatz Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch v. 5.6. 1869 Adler / Düring / Schmaltz alter Fassung Die Aktiengesellschaft Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen v. 9.12.1976 i.d.F. v. 29.3.1983 Aktiengesetz v. 6.9. 1965 i. d. F. v. 29.3.1983 und v. 19.12. 1985 am Main Anmerkung, Anmerkungen Artikel Auflage Beschluß Urteil des Bundesarbeitsgerichts Betriebs-Berater Band Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliehe Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch v. 18.8. 1896 i.d.F. v. 8.11. 1985 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundessteuerblatt Bundestags Betriebswirtschaftslehre beziehungsweise Der Betrieb Die Betriebswirtschaft derselben Ansicht das heißt Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerzeitung, Ausgabe A Europäische Gemeinschaft Einkommensteuergesetz 1985 i.d.F. v. 19.12. 1985 Einkommensteuer-Richtlinien 1984, Stand v. Okt. 1985 folgende Finanzgericht Finanz-Rundschau

Abkürzungsverzeichnis GCC GenG ggf. GmbHG GoB HGB HGB-E

HGB-EU

Hrsg. hrsg. v. HWB HWF HWR HWRev HWStR i. Br. i.d.F. i.d.R. i.e. S. Institut FSt i.w.S. JbFSt Jg. m.w.N. NB Nr. od. OECD OHG o.V. RegEAktG RFH RStBl. S. S. s. Sp. StbJb. StBp.

15

Going-Concern-Concept Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften v. 5. 1. 1889 i.d.F. v. 29.7.1976 und i.d.F. v. 19.12. 1985 gegebenenfalls Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v. 20. 4. 1892 i.d.F. v. 25.10.1982 und i.d.F. v. 19. 12. 1985 Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung Handelsgesetzbuch vom 15.5. 1897 i.d.F. v. 4.7. 1980 und i.d.F. v. 19.12. 1985 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinie-Gesetz) v. 26.8. 1983 Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz), Entwurf des Unterausschusses des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags v. 1. 8. 1985 Herausgeber herausgegeben von Handwörterbuch der Betriebswirtschaft Handwörterbuch der Finanzwirtschaft Handwörterbuch des Rechnungswesens Handwörterbuch des Revisionswesens Handwörterbuch des Steuerrechts im Breisgau in der Fassung in der Regel im engeren Sinne Institut "Finanzen und Steuern" im weiteren Sinne Jahrbücher der Fachanwälte für Steuerrecht Jahrgang mit weiteren Nachweisen Neue Betriebswirtschaft Nummer oder Organization of Economic Cooperation and Development Offene Handelsgesellschaft ohne Verfasser Regierungsentwurf des Aktiengesetzes v. 20.8. 1983 Reichsfinanzhof Reichssteuerblatt Satz Seite siehe Spalte Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche Betriebsprüfung

16 u.a. usw. u.U. v. vgl. Vorbem. WiSt WISU WPg z.B. ZfB ZfbF ZGR ZfhF

Abkürzungsverzeichnis unter anderem, unter anderen und so weiter unter Umständen vom, von vergleiche Vorbemerkung Wirtschaftswissenschaftliches Studium Wirtschaftsstudium Die Wirtschaftsprüfung zum Beispiel Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

1 Einleitung 1.1 Bedeutung der Verlustantizipation aufgrund des Imparitätsprinzips in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation Veränderte Rahmenbedingungen,l wie die immer schnellere Entwicklung des technischen Fortschritts,2 haben zu einem tiefgreifenden StrukturwandeP in vielen Wirtschaftszweigen geführt. Viele Unternehmen, die früher glaubten, mit großer Wahrscheinlichkeit nachhaltig Gewinne erwirtschaften zu können, müssen heute aufgrund der eingetretenen Veränderungen Verluste hinnehmen, die das Eigenkapital der Unternehmen verringern. Die Unternehmen stehen dabei oftmals vor der Schwierigkeit, trotz sinkendem Eigenkapital die Investitionen finanzieren zu müssen, die zur Anpassung an den Strukturwandel erforderlich geworden sind. Weil die meisten Kapitalgeber sich an der Kapitalstruktur der Unternehmen orientieren,4 ist häufig die Höhe des in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapitals für die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung von ausschlaggebender Bedeutung. Unternehmen mit geringer Eigenkapitalausstattung sind zum Teil gezwungen, dringend notwendige Anpassungsmaßnahmen zu unterlassen. 5 Der Fortbestand solcher Unternehmen ist gefährdet, denn der Zusammenhang zwischen der gesunkenen durchschnittlichen Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen und der stark gestiegenen Zahl der Unternehmenszusammenbrüche von 1965-19846 ist offensicht1 Vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.): Grundlinien der Wirtschaftsentwicklung 1985. Westliche Industrieländer: Wirtschaftliche Expansion setzt sich abgeschwächt fort, in: Wochenbericht des DIW, 52. Jg. (1985), S. 1-28, hier S. 12f. 2 Vgl. o. v.: Längerfristige Herausforderungen an die Wirtschaftspolitik. Beitrag des Bundesministeriums für Wirtschaft zum informellen OECD-Sonderministertreffen über die längerfristige Wirtschaftspolitik, Paris 13./14. Februar 1984, in: Die wirtschaftliche Lage der Bundesrepublik, hrsg. v. Bundesminister für Wirtschaft, Bonn 1984, S. 23-25. 3 Vgl. Deutsches Institutfür Wirtschaftsforschung (Hrsg.): Analyse der strukturellen Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Ausgewählte Ergebnisse der Strukturberichterstattung 1983 des DIW, in: Wochenbericht des DIW, 51. Jg. (1984), S. 59-71. 4 Vgl. Leffson, Ulrich: Bilanzanalyse, 3. Aufl., Stuttgart 1984, S. 75f. 5 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Chancen für einen langen Aufschwung. Jahresgutachten 1984/85, Stuttgart und Mainz 1985, S. 87 f. 6 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 1985 für die Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart und Mainz 1985, S. 134f.

2 Fey

18

1 Einleitung

lich.7 In der gegenwärtigen durch den Strukturwandel geprägten gesamtwirtschaftlichen Situation muß daher für viele Unternehmen eine Politik der Kapitalerhaltung und Konkursvorsorge im Vordergrund stehen.8 Das Eigenkapital muß gestärkt werden, indem auf Ausschüttungen oder Entnahmen verzichtet wird. Im handelsrechtlichen lahresabschluß ist allen Risiken 9 im Rahmen der Gewinnverwendung durch Bildung von Rücklagen Rechnung zu tragen. lO In der Gewinnermittlung der abzuschließenden Rechnungsperiode sind entsprechend der jahrhundertealten handelsrechtlichen Konvention des Imparitätsprinzips alle vorhersehbaren Verluste, mit deren Eintritt der bilanzierende Kaufmann aufgrund von konkreten Dispositionen der Vergangenheit rechnet, erfolgsmindernd zu erfassen,!l so daß diese konkretisierbaren künftigen Verluste durch den Erfolg der abgelaufenen Rechnungsperiode gedeckt werden können. Bei Kapitalgesellschaften besteht dann in Höhe der erwarteten Verluste eine Ausschüttungssperre, wenn keine freien Rücklagen vorhanden sindP Darüber hinaus soll die Vorwegnahme (Antizipation)13 dieser Verluste im Rahmen der Gewinnermittlung bei allen Unternehmen eine Entnahmebegrenzung fördern und damit die Gewinnverwendung zugunsten der Kapitalerhaltung beeinflussen. Einer sorgfältigen Beachtung der alten Tradition, aufgrund des Imparitätsprinzips künftige Verluste zu antizipieren, kommt daher in der aktuellen wirtschaftlichen Lage besondere Bedeutung zu. Denn der Kaufmann wird so gezwungen, sich frühzeitig mit bestehenden Risiken auseinanderzusetzen l4 und sich und ggf. andere Rechenschaftsinteressenten über alle vorhersehbaren 7 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 1984/85, S. 84-88, insbes. S.87; Eickeler, Rudolf: Entwicklung bei Insolvenzen: Gebremster Anstieg, in: Handelsblatt, Düsseldorfund Frankfurt, Nr. 238 v. 12. 12. 1983, S.2. B Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Bd. 1, Einführung in die Bilanztheorie, 3. Aufl., Wiesbaden 1984, S. 158. 9 Hier Risiko im Sinne von Veriustgefahr, vgl. Philipp, Fritz: Risiko und Risikopolitik, in: HWB, hrsg. v. Erwin Grochla und Waldemar Wittmann, 4. Aufl., Stuttgart 1976, Sp. 3454-3460, hier Sp. 3454. 10 Vgl. Koch, Helmut: Zur Problematik des Niederstwertprinzips, in: WPg, 10. Jg. (1957), S. 1-6, S. 31-35, S. 60-63, hier S. 5. 11 Vgl. Leffson, Ulrich: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 6. Aufl., Düsseldorf 1982, S. 301-303. 12 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 91f.; Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 106. 13 Vgl. Koch, Helmut: Zur Problematik des Teilwertes, in: ZfhF, 10. Jg. (1960), S. 319353, hier S. 340; Beinen, Edmund: Handelsbilanzen, 10. Aufl., Wiesbaden 1982, S. 178. 14 Vgl. Baetge, Jörg: Möglichkeiten der Objektivierung des Jahreserfolges, Bd. 2 der Schriftenreihe des Instituts für Revisionswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, hrsg. v. Ulrich Leffson, Düsseldorf 1970, S. 138 und S. 156.

1.2 Problemstellung

19

künftigen Verluste zu infonnieren, die aus Dispositionen vergangener Rechnungsperioden resultieren.1s Die frühe Kenntnis von Risiken und drohenden Verlusten muß den Kaufmann zu einem betont vorsichtigen Ausschüttungsund Entnahmeverhalten veranlassen,16 so daß die Kapitalausstattung verbessert wird und sich die Überlebenschance der Unternehmen im gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel erhöht.

1.2 Problemstellung Nach dem Imparitätsprinzip sind erwartete Verluste anders als erwartete Gewinne, die dem Realisationsprinzipl zufolge erst durch den Absatz von Gütern entstehen, in der Gewinnennittlung der abgelaufenen Rechnungsperiode vorwegzunehmen, auch wenn der Absatz der Verlustprodukte erst in künftigen Rechnungsperioden stattfindet? Die Verlustantizipation aufgrund des Imparitätsprinzips und die Erfassung von Gewinnen nach dem Realisationsprinzip sind Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoB). Durch das HGB 1985 3 werden diese GoB im § 252 Abs. 1 Nr. 4 erstmals kodifiziert. Aufgrund des Imparitätsprinzips sind im Rahmen der Gewinnermittlung Risiken und künftige Verluste zu erfassen, die auf konkreten Dispositionen der Vergangenheit beruhen. Diese Dispositionen müssen sich in bilanzierungsfähigen Vorgängen, der Beschaffung von Bilanzgegenständen, oder dem Abschluß von Verträgen konkretisiert haben.4 Daraus resultierende künftige Verluste müssen laut HGB 1985 ebenso wie zuvor nach dem AktG 1965 entweder durch Abschreibungen des Anlage- oder Umlaufvermögens im Rahmen der Niederstwertvorschrifts oder durch Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften 6 berücksichtigt werden. Alle Verluste, die aus VgI. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 94. VgI. Koch, Helmut: Teilwert, S. 335-338. 1 VgI. Leffson, Ulrich: Buchführung und Bilanzierung, Grundsätze ordnungsmäßiger, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, Stuttgart 1970, Sp. 307-314, hier Sp. 311; Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 29 f.; derselbe: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, Klaus Chmielewicz und Marcell Schweitzer, 2. Aufl., Stuttgart 1981, Sp. 702-714, hier Sp. 712f. 2 Vgl. Koch, Helmut: Teilwert, S. 335. 3 Vgl. Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz) vom 19. 12. 1985, BGBI. I 1985, S. 2355-2435. 4 Vgl. Friederich, Hartrnut: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für schwebende Geschäfte. Beiträge zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, Bd.4 der Schriften der Schmalenbach-Gesellschaft, Düsseldorf 1975, S. 17; Groh, Manfred: Künftige Verluste in der Handels- und Steuerbilanz, zugleich ein Beitrag zur Teilwertdiskussion, in: StuW, 53. (6.) Jg. (1976), S. 32-42, hier S. 32f. 5 VgI. §§ 154 Abs. 2,155 Abs. 2 und 3 AktG 1965; 253 Abs. 2 und 3, 279 Abs. 1 HGB 1985. 6 VgI. § 152 Abs. 7 AktG 1965; 249 Abs. 1 HGB 1985. 15

16

2"

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1 Einleitung

solchen konkret eingeleiteten Geschäften 7 erwartet werden, sind als Aufwand zu antizipieren. Daß diese Verlustantizipation nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern für alle Rechtsformen gelten soll, macht der Gesetzgeber dadurch deutlich, daß er die aktienrechtlichen Vorschriften in den für alle Kaufleute geltenden Abschnitt des HGB 1985 übernommen hat. Trotz der jahrhundertealten Praxis, erwartete Verluste zu antizipieren, besteht bis heute in der Bilanzwissenschaft und -praxis keine Einigkeit darüber, wie die künftigen Verluste aufgrund der gesetzlichen Vorschriften berechnet und im lahresabschluß erfaßt werden sollen.8 Obwohl Koch schon 1957 die uneinheitliche Anwendung der Niederstwertvorschrift kritisiert und ebenso wie später Leffson eine einheitliche Auslegung anhand des Imparitätsprinzips als Grundsatz der Verlustantizipation vorgeschlagen hat,9 konnte sich bis heute keine einheitliche Auslegung in der Bilanzierungspraxis durchsetzen. Ein wichtiger Grund dafür ist wohl darin zu sehen, daß die Praxis die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften durch das Imparitätsprinzip in der Interpretation von Koch und Leffson nicht für zwingend hielt,lO da den GoB im Verhältnis zu den kodifizierten Vorschriften eine untergeordnete Bedeutung zukam. l l Das HGB 1985 stellt dagegen eindeutig klar, daß der lahresabschluß (Bilanz und GuV)12 künftig den GoB zu entsprechen hat 13 und daß bei der Bewertung der Bilanzgegenstände im lahresabschluß "alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind,"14 berücksichtigt werden müssen. Da somit von nun an die Auslegung der gesetzlichen Bewertungsvorschriften explizit an die in § 252 Abs. 1 HGB kodifizierten GoB gebunden ist und das Imparitätsprinzip im Gesetz als Grundsatz zur Verlustantizipation festgeschrieben ist, bekommt die Auslegung des Imparitätsprinzips für die künftige Bilanzierungspraxis ausschlaggebende Bedeutung.

Vgl. Leffsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 351 f. Vgl. Heibel, Reinhold: Handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze und Besteuerung. Eine Analyse der erfolgsteuerlichen Implikationen des Realisationsprinzips und des Imparitätsprinzips, Bd. 10 der Steuerwissenschaft, hrsg. v. Wolfgang Freericks u. a., Köln 1981, S. 63 mit weiteren Literaturhinweisen. 9 Vgl. Kach, Helmut: Niederstwertprinzip, S. 1 und S. 4f.; LefJsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 350-377. 10 Vgl. Adler, Hans, Düring, Walther, Schmaltz, Kurt: Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, Bd. 1, Rechnungslegung, 4. Aufl., Stuttgart 1968, § 155 Anm. 152. 11 Vgl. Leffsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 25. 12 Vgl. § 242 Abs. 3 HGB. 13 Vgl. § 243 Abs. 1 HGB. 14 § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB. 7

8

1.2 Problemstellung

21

Wie Abschnitt 2 dieser Arbeit zeigt, ergeben sich sowohl bei der derzeitigen Auslegung der kodifizierten Vorschriften durch die Bilanzierungspraxis als auch bei der Interpretation des Imparitätsprinzips durch Koch und Leffson Widersprüche zu jenen GoB, die die Abgrenzung handelsrechtlicher Periodenerfolge festlegen. Aufgrund der entscheidenden Bedeutung des Imparitätsprinzips für die Erfassung drohender Verluste nach neuem Bilanzrecht soll in dieser Untersuchung die Frage gestellt werden, ob solche Widersprüche im Rahmen des GoB-Systems rechtlich zulässig sind oder ob nicht vielmehr eine folgerichtige Anwendung der einheitlichen Rechtsprinzipien, auf denen das GoB-System basiert, zu einer systemgerechten Konkretisierung des Imparitätsprinzips führen muß, die nicht im Widerspruch zum Inhalt anderer Grundsätze steht. Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, die der Frage in vollem Umfang gerecht werden soll, müssen grundlegende Vorfragen, die für die Bilanzierung von allgemeiner Bedeutung sind, in die Problemstellung einbezogen werden. Denn es ist zu untersuchen, ob eine solche systemgerechte Konkretisierung des Imparitätsprinzips und auch der übrigen GoB überhaupt den gesetzlichen Zwecken entspricht oder ob der unbestimmte Rechtsbegriff GoB nicht auch eine rein kasuistische Auslegung von Bilanzierungsgrundsätzen zuläßt, die Widersprüche nicht ausschließt. Kommt man zu dem Ergebnis, daß ein System von GoB den gesetzlichen Zwecken eher entspricht als eine Kasuistik, ist anschließend zu klären, welche Anforderungen an ein Rechtssystem zu stellen sind und welche Konsequenzen sich daraus de lege lata für das GoB-System ergeben. Anhand des HGB 1985 ist dann festzustellen, auf welchen übergeordneten Prinzipien eine solche systemgerechte Bilanzierung beruht und wie diese Prinzipien folgerichtig auf die Konkretisierung des Imparitätsprinzips und der anderen GoB anzuwenden sind. Erst wenn diese für die Bilanzierung grundlegenden Fragen beantwortet sind, läßt sich de lege la ta eine schlüssige Antwort auf das alte, nach wie vor strittige Problem der gesetzesadäquaten Konkretisierung des Imparitätsprinzips finden. Weil das Imparitätsprinzip und die übrigen GoB der rechtlichen Regelung wirtschaftlicher Sachverhalte dienen, hat die Untersuchung der systemgerechten Verlustantizipation primär ein Rechtsproblem zu lösen. Deshalb muß auch ein Wirtschaftswissenschaftler, wenn er für die Bilanzierungspraxis nach neuem Bilanzrecht relevante Lösungsvorschläge erarbeiten will, von den durch d~s HGB 1985 vorgegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen ausgehen und versuchen, mit Hilfe juristischer Methoden zu einem Ergebnis zu kommen, das sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens bewegt und dabei den wirtschaftlichen Sachverhalten soweit wie möglich gerecht wird. 15 15 Vgl. Döllerer, Georg: Gedanken zur "Bilanz im Rechtssinne", in: JbFSt 1979/80, S. 195 -205, hier S. 20H.; M ellwig, Winfried: Bilanzrechtsprechung und Betriebswirtschaftslehre. Zu einigen Grundlagen der steuerlichen Bilanzrechtsprechung und ihrer betriebs-

22

1 Einleitung

1.3 Gang der Untersuchung Im Abschnitt 2 dieser Arbeit werden die beiden Hauptprobleme bei der Erfassung künftiger Verluste, die Wahl des Verlustträgers und seine Bewertung sowie die Abgrenzung der Aufwendungen für die Verlustberechnung, erörtert. Zu jedem Problem sollen die in sich widersprüchlichen Lösungsvorschläge von Adler / Düring / Schmaltz und Koch / Leffson dargestellt werden. Aus der Kritik an diesen Vorschlägen ergibt sich dann als eigene Lösungsidee die Konzeption einer systemgerechten Konkretisierung des Imparitätsprinzips. Im Abschnitt 3 wird versucht nachzuweisen, daß die Unbestimmtheit des GoB-Begriffs einer systemgerechten Bilanzierung nicht entgegensteht. Vielmehr ergibt die Auslegung des GoB-Begriffs, daß GoB systemgerecht zu konkretisieren sind, da GoB nach geltendem und künftigem Bilanzrecht nicht nur zweckgerecht, sondern auch systemgerecht sein müssen. Darüber hinaus zeigt sich, daß GoB auf einem allgemeinen Konsens beruhen sollten. Im Vordergrund des Abschnitts 4 steht die Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit. Weil Systemgerechtigkeit nur durch eine zweckgerechte Systembildung erreicht werden kann, sind zunächst die Zwecke von GoB zu untersuchen. Erst anschließend kann geklärt werden, wie ein zweckgerechtes System zu bilden ist und welche Anforderungen an die GoB als Systemelemente zu stellen sind, damit sie das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit erfüllen. lni Abschnitt 4.4 wird die Möglichkeit untersucht, ein einheitliches, zweckgerechtes System durch das Merkmal allgemeiner Konsens zu bilden. Aufgabe der im nachfolgenden Abschnitt 5 eingeführten Systemgrundsätze ist es, eine systemgerechte Konkretisierung des Rechenschaftsgrundsatzes Realisationsprinzip und der Kapitalerhaltungsgrundsätze, des Imparitätsprinzips und des Vorsichtsprinzips, sicherzustellen. Indem das Imparitätsprinzip anhand der Systemgrundsätze, Going-Concern-Concept, Grundsatz der Pagatorik und Grundsatz der Einzelbewertung, interpretiert wird, sollen eine systemgerechte Verlustantizipation erreicht und die in Abschnitt 2 analysierten Widersprüche bei der bisher praktizierten Berücksichtigung drohender Verluste beseitigt werden. Ob und wie systemgerecht antizipierte Verluste nach neuem Bilanzrecht im handelsrechtlichen lahresabschluß auszuweisen sind, soll zum Abschluß der Untersuchung im Abschnitt 6 behandelt werden.

wirtschaftlichen Kritik, in: BB, 38. Jg. (1983), S. 1613 -1620, hier S. 1615; Beisse, Heinrich: Zum Verhältnis von Bilanzrecht und Betriebswirtschaftslehre, in: StuW, 61. (14.) Jg. (1984), S. 1-14, hier S. 11-14; zum grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Arbeiten Egner, Henning: Über "grenzüberschreitendes wissenschaftliches Arbeiten" und die Dilettantismusgefahr, in: ZfbF, 36. Jg. (1984), S. 421-431, hier S. 425-431.

2 Berücksichtigung künftiger Verluste im handelsrechtlichen Periodenerfolg 2.1 Lösungsvorschläge des Schrifttums und deren Mängel 2.1.1 Wahl des Verlustträgers und seine Bewertung 2.1.1.1 Problematik

Bei der Berechnung der Erfolge vergangener Perioden ist die Wahl des Erfolgsträgers und seine Bewertung unproblematisch. Zur Abgrenzung realisierter Periodenerfolge werden Einnahmen und Ausgaben nach bestimmten im Gesetz und in nicht kodifizierten GoB festgelegten Zurechnungsregeln periodisiert.I Nach dem Realisationsprinzip werden die Unternehmensleistungen als Erfolgsträger mit ihren Absatzpreisen in dem Zeitpunkt erfolgswirksam bewertet, in dem sie den Absatzmarkt erreichen. 2 In derselben Periode werden alle Anschaffungsausgaben für Faktoren, die zur Erstellung der jeweiligen Unternehmensleistung verbraucht wurden und aufgrund bestehender Verpflichtungen noch verbraucht werden, dem realisierten Ertrag als Aufwand entsprechend den Grundsätzen der sachlichen und zeitlichen Abgrenzung gegenübergestellt.3 Bis zum Zeitpunkt der Ertragsrealisation müssen die verbrauchten Faktoren entsprechend den kodifizierten Normen als Bestandteile des Vermögens in Höhe ihrer Anschaffungsausgaben aktiviert, beziehungsweise bestehende Zahlungsverpflichtungen passiviert werden.4 Mit Hilfe dieser Zurechnungsregeln für Einnahmen und Ausgaben zu einzelnen Absatzleistungen sind der Erfolgsträger und seine Bewertung bei der Ermittlung vergangener Erfolge vorgegeben. 5 1 Vgl. Leffsan, Ulrich: Wesen und Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses, in: ZfbF, 18. Jg. (1966), S. 375-390, hier S. 376; Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 18; derselbe, Hömberg, Reinhold: Gewinn und Verlust, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, Klaus Chmie1ewicz und Marcell Schweitzer, 2. Aufl., Stuttgart 1981, Sp. 657 -668, hier Sp. 658f. 2 Vgl. Heinen, Edmund: Handelsbilanzen, 10. Aufl., S. 117; Maxter, Adolf: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 114. 3 Vgl. Leffsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 171 und S. 270- 300; Caenenberg, Adolf G.: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse. Betriebswirtschaftliche, handels- und steuerrechtliche Grundlagen, 5. Aufl., Landsberg am Lech 1981, S. 46-48. 4 Vgl. Adam, Elmar: Die Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach dem AktG 1965. Ein Beitrag zur Auslegung des § 149 AktG, Zürich 1975, S. 174-190; Maxter, Adolf: Bilanzierung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, Tübingen 1982, S. 5-187 (soweit auf die Handelsbilanz übertragbar).

24

2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

Will man die erwarteten künftigen Verluste nun nach demselben Verfahren berechnen, so stößt man auf ein unlösbares Problem: Die Unmöglichkeit einer sinnvollen Aufteilung des drohenden Verlustes auf einzelne Verlustträger, wenn die künftige Absatzleistung noch nicht fertiggestellt wurde.6 Nur soweit die noch nicht abgesetzten Unternehmensleistungen bereits als Fertigerzeugnisse vorrätig sind, können die aus dem Absatz dieser Erzeugnisse erwarteten Verluste direkt einzelnen Verlustträgern zugerechnet werden.? In den meisten Fällen sind jedoch künftige Verluste, die durch vergangene Dispositionen verursacht wurden, zu einem Zeitpunkt erkennbar, in dem der Kombinationsprozeß von Faktoren noch nicht bis zur Fertigstellung des Verlustträgers fortgeschritten ist.8 Die Frage, mit welchem Anteil die einzelnen Dispositionen in Form von Verträgen oder bereits beschafften und teilweise kombinierten Faktoren ursächlich zu künftigen Verlusten führen, läßt sich im allgemeinen nicht beantworten? Nur für die noch nicht vorhandene künftige Absatzleistung, die gemeinsame Leistung der kombinierten Faktoren, wird auf dem Absatzmarkt ein Verlust erwartet, ohne daß der drohende Verlust retrograd in begründ~arer Weise etwa dem Verbrauch des Faktors Arbeit oder eines Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffes zugeordnet werden könnte. lO Außer bei Fertigerzeugnissen können somit künftige Verluste nicht durch Abwertung der aktivierten Faktoren berücksichtigt werden. Um alle erwarteten Verluste, die infolge konkreter Dispositionen der Vergangenheit unabwendbar erscheinen, entsprechend dem Imparitätsprinzip erfolgsmindernd im Erkenntniszeitpunkt zu erfassen, hat die Bilanzierungspraxis daher seit langer Zeit einen anderen Lösungsweg eingeschlagen, der sich auch heute noch in den Auffassungen des führenden deutschen AktienrechtskomVgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 28-30. Vgl. etwa die umfangreiche Literatur zum Zurechnungsproblem von Erträgen auf einzelne Investitionsobjekte, z. B. Adam, Dietrich: Das Interdependenzproblem in der Investitionsrechnung und die Möglichkeit einer Zurechnung von Erträgen auf einzelne Investitionsobjekte, in: DB, 19. Jg. (1966), S. 989-993; Krause, Wolfgang: Investitionsrechnungen und unternehmerische Entscheidungen. Kritische Untersuchung der Möglichkeiten und Grenzen traditioneller und moderner Investitionsrechnungsverfahren, Bielefeld 1973, S. 172-174; Schulte, Karl-Werner: Wirtschaftlichkeitsrechnung, 2. Aufl., Würzburg und Wien 1981, S. 168-170. 7 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 332. 8 Denn eine Stückkalkulation für das künftige Absatzerzeugnis ermöglicht die Berechnung des für das unfertige Erzeugnis bereits angefallenen und des künftig bis zum Absatz noch anfallenden Aufwandes. Falls dieser Aufwand den voraussichtlichen Ertrag aus dem Verkauf übersteigt, ergibt sich für das künftige Absatzerzeugnis ein Verlust. 9 Vgl. Stapelberg, Friedrich: Zurechnungstheorien in der Betriebswirtschaftslehre, Dissertation, Freiburg 1929, S. 176; Koch, Helmut: Teilwert, S. 320; Riebel, Paul: Ertragsbildung und Ertragsverbundenheit im Spiegel der Zurechenbarkeit von Erlösen, in: Beiträge zur betriebswirtschaftlichen Ertragslehre, hrsg. v. Paul Riebei, Opladen 1971, S.147-200. 10 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 333-336. 5

6

2.1.1 Wahl des Verlustträgers und seine Bewertung

25

mentars von Adler / Düring / Schmaltz (ADS) zum Aktiengesetz von 1965 niederschlägt.l l 2.1.1.2 Interpretation des Aktiengesetzes 1965 durch Adler I Düring I Schmaltz

Das Imparitätsprinzip bezieht sich nach Ansicht von ADS auf die Bewertung des Anlage- und Umlaufvermögens sowie der schwebenden GeschäfteP Beschaffte Faktoren und im Rahmen des Herstellungsprozesses bereits kombinierte Faktoren sollen zur Abgrenzung der Periodenerfolge als Gegenstände des Anlage- und Umlaujvermögens mit den Ausgaben aktiviert werden, die bei ihrer Beschaffung tatsächlich angefallen sindP Nur wenn der Wert, der den Gegenständen am Bilanzstichtag beizulegen ist, niedriger ist als diese Anschaffungsausgaben, ist dieser Wert anzusetzen. 14, 15, 16 Laut ADS soll der niedrigere am Bilanzstichtag beizulegende Wert kein "bestimmter" Wert sein, sondern der Wert, der nach dem Zweck der Vorschrift und unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalls, ggf. nach Art des zu bilanzierenden Gegenstandes, der "sinnvollste" Wert ist.17 Bei den Gegenständen des Anlagevermögens soll sich der niedrigere Wert im Regelfall aus den gesunkenen Wiederbeschajjungspreisen, also den fiktiven Anschaffungspreisen am Bilanzstichtag, ergeben. 18 Nur bei beabsichtigtem Verkauf der Gegenstände seien die vorsichtig geschätzten Absatzpreise heranzuziehen. 19 11 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1,4. Aufl., Anm. zu §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 und 3, 152 Abs. 7. 12 Vgl. ebenda, § 149 Anm. 78f. 13 Vgl. ebenda, §§ 153 Anm. 11, 155 Anm. 17,19. 14 Vgl. § 40 Abs. 2 HGB a. F., §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 AktG 1965, §§ 253 Abs. 2 S. 3, 253 Abs. 3 S. 2 HGB 1985. 15 Bei den Gegenständen des Umlaufvermögens ist der niedrigere beizulegende Wert nur anzusetzen, wenn kein Börsen- oder Marktpreis feststell bar ist. (§ 155 Abs. 2 AktG 1965, § 253 Abs. 3 S.2 HGB 1985). 16 Die im AktG 1965 und HGB 1985 kodifizierten Wahlrechte zur Berücksichtigung von Wertminderungen beim Anlage- und Umlaufvermögen sowie das Beibehaltungswahlrecht für den niedrigeren Wert (nach §§ 253 Abs. 5, 280 HGB nur noch bei NichtKapitalgesellschaften) erlauben über das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB kodifizierte Gebot zur Verlustantizipation hinaus, andere Gesichtspunkte bei der Bestimmung des niedrigeren Wertes einzubeziehen. Da der Gesetzgeber durch solche zulässigen Abweichungen von den GoB (§ 252 Abs.2 HGB) offensichtlich andere Absichten verfolgt, als künftig erwartete Verluste den Zwecken der Rechenschaft und Kapitalerhaltung entsprechend zu antizipieren, sollen diese Regelungen nicht Gegenstand der Untersuchung sein. 17 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 154 Anm. 73. 18 Vgl. ebenda, § 154 Anm. 74. 19 Vgl. ebenda, § 154 Anm. 76.

26

2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

Für die Gegenstände des Umlaufvermögens, vor allem die Vorräte, sind nach ADS zwar in erster Linie die voraussichtlichen künftigen Absatzpreise zur Bestimmung des niedrigeren Wertes relevant. 2o Unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich der Möglichkeit des Fremdbezugs oder dem Vorhandensein von Überbeständen 21 , sollen aber auch zur Bewertung der Vorräte die gesunkenen Wiederbeschaffungspreise des Stichtags maßgeblich sein. Da diese Voraussetzungen in der Realität fast immer gegeben sein dürften,22 haben die niedrigeren Wiederbeschaffungspreise für die Vorratsbewertung nach ADS ebenfalls entscheidende Bedeutung. Mit welchen Preisen drohende Verluste aus schwebenden Geschäften bewertet werden sollen, geben ADS nicht explizit an. Man kann jedoch davon ausgehen, daß für Beschaffungsverträge die Wiederbeschaffungspreise, für Verkaufsverträge die Absatzpreise zu beachten sind.23 Zur Berechnung des drohenden Verlustes aus schwebenden Geschäften seien nicht in erster Linie die Preisverhältnisse am Bilanzstichtag, sondern zum Zeitpunkt der Vertragsabwicklung ausschlaggebend.24 Dadurch, daß ADS bis auf wenige Ausnahmen künftige Wertminderungen für beschaffte Faktoren aufgrund gesunkener Wiederbeschaffungspreise am Bilanzstichtag berechnen, wählen sie bei der Ermittlung künftiger Wertminderungen i. d. R. nicht denselben Erfolgsträger und dasselbe Bewertungsverfahren wie bei der Bestimmung vergangener Erfolge. Denn Verluste werden so nicht für die zu veräußernden Faktorkombinationen berechnet, sondern die einzelnen beschafften Faktoren werden bewertet, und zwar nicht mit den künftigen gesunkenen Absatzpreisen des Verkaufstages, sondern mit den niedrigeren Wiederbeschaffungspreisen des Bilanzstichtags. Durch die Bewertung der Beschaffungsgeschäfte und der beschafften Faktoren mit niedrigeren Wiederbeschaffungspreisen des Stichtags enWillt das Problem, zur Berechnung künftiger Verluste einzelnen aktivierten Faktoren, die noch nicht im Rahmen des Faktorkombinationsprozesses Bestandteil eines Fertigerzeugnisses geworden sind, künftige Erträge anteilig zuzuordnen. Der Wechsel des Erfolgsträgers und des Bewertungsverfahrens ermöglicht es, die Problematik der Ertragszurechnung zu umgehen. Nur ausnahmsweise muß nach ADS untersucht werden, ob ein Verlust· deshalb zu erwarten ist, weil die künftigen anteiligen Absatzpreise die Anschaffungsausgaben für die aktivierten Faktoren nicht decken. Zum einen müßte ein Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 152, 159f. Vgl. ebenda, Anm. 157 und die dort genannte wenig exakte Definition des Begriffs "Überbestände" . 22 Vgl. Schulte, Karl-Werner: Imparitätsprinzip und Niederstwertvorschrift, in: WPg, 32. Jg. (1979), S. 505-510, hier S. 507. 23 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 152 Anm. 143. 24 Vgl. ebenda, § 152 Anm. 143. 20 21

2.1.1 Wahl des Verlustträgers und seine Bewertung

27

anteiliger erwarteter Ertrag einzelner Faktoren dann bestimmt werden, wenn die Wertminderung eines unfertigen Erzeugnisses aufgrund gesunkener Absatzpreise errechnet werden soll. Zum anderen seien die anteiligen Erträge zu ermitteln, um den niedrigeren Ertragswert zu bestimmen, den ADS als Wertansatz bei Patenten, Beteiligungen und ähnlichen Rechten fordern, weil dort die Wiederbeschaffungspreise nicht bestimmbar seien.25 Die Unmöglichkeit, in beiden Fällen einen anteiligen Ertrag zu berechnen, wird von ADS offensichtlich nicht erkannt.26 2.1.1.3 Auffassung von Koch und Leffson

An der dargestellten Berücksichtigung von Wertminderungen bei aktivierten Gegenständen aufgrund gesunkener Wiederbeschaffungspreise, wie sie entsprechend der Ansicht von ADS praktiziert wird, hat das betriebswirtschaftliche Schrifttum seit langem Kritik geübt. Koch hat als erster nachgewiesen, daß eine Abschreibung der Gegenstände des Umlaufvermögens wegen niedrigerer Wiederbeschaffungspreise am Bilanzstichtag nicht zu einer Antizipation der tatsächlich erwarteten Verluste führtP Er hat gezeigt, daß die Differenz zwischen der historischen Anschaffungsausgabe und den gesunkenen fiktiven Beschaffungspreisen am Bilanzstichtag keinerlei Anhaltspunkt dafür gibt, ob an dem Tag, an dem der bilanzierte Gegenstand tatsächlich verkauft wird, ein Preis erzielt werden kann, der die Anschaffungsausgabe deckt. 28 Erwartete Verluste können seiner Ansicht nach deshalb nur anhand der künftigen, am voraussichtlichen Verkaufstag zu erzielenden Absatzpreise ermittelt werden.29

Das Problem der Ertragszurechnung stellt sich für Koch lediglich bei unfertigen Erzeugnissen, weil er das Anlagevermögen sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe nicht in die Verlustantizipation einbeziehPo Bei den unfertigen Erzeugnissen wählt er dann Beispiele, bei denen eine Zurechnung ausnahmsweise durchführbar ist.31 Es ist das große Verdienst von Leffson, die GoB erstmalig in einer geschlossenen Konzeption dargestellt zu haben. Dabei hat sich Leffson wohl am umfassendsten von allen Autoren mit dem Imparitätsprinzip als Grundsatz der Verlustantizipation und der Problematik seiner Auslegung im Rahmen des GoB-Systems auseinandergesetzt.32 Obwohl er das Imparitätsprinzip in einer 25 26 27 28 29

30 31

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

ADS, Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 154 Anm. 77. ebenda, § 155 Anm. 161, 188. Koch, Helmut: Niederstwertprinzip, S. 60f. derselbe: Teilwert, S. 332f. derselbe: Niederstwertprinzip, S. 33. derselbe: Teilwert, S. 335f. und S. 350. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 333 f.

28

2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

Grundsatzantinomie zu den übrigen GoB sieht, die die Abgrenzung vergangener Erfolge regeln,33 hat er versucht, das Imparitätsprinzip als Grundsatz zur Antizipation künftiger negativer Erfolge in das GoB-System zu integrieren.34 Leffson zeigt aufbauend auf der Argumentation von Koch,35 daß Wertminderungen am ruhenden Vermögen, die auf sinkenden Wiederbeschaffungspreisen am Bilanzstichtag basieren, nicht oder nur zufallig in den Fällen den Periodenerfolg mindern, in denen ein Unternehmen durch drohende Verluste wirklich gefährdet ist.36 Ebenso wie Koch fordert er darum eine Bewertung ausschließlich anhand der erwarteten niedrigeren Absatzpreise.37

Um das Problem der Ertragszurechnung zu umgehen, verzichtet Leffson auf die retrograde Bewertung von aktivierten Faktoren. Er schlägt statt dessen vor, die Beschaffung von Faktoren und Vertragsabschlüsse einheitlich als Dispositionen zu verstehen, durch die künftige Absatzgeschäfte eingeleitet werden. 38 Die drohenden Verluste sollen demnach unabhängig davon, ob das Absatzprodukt schon fertiggestellt ist oder sich in einer früheren Phase des Herstellungsprozesses befindet, für die Absatzleistungen berechnet werden. Sind bestimmte Faktoren, die zur Erstellung der künftigen Absatzleistung erforderlich sind, noch nicht vorhanden, so müßten die künftig voraussichtlich bei der Beschaffung zu zahlenden Ausgaben als Aufwand in der Verlustberechnung berücksichtigt werden.39 Der aus dem eingeleiteten Absatzgeschäft erwartete Verlust soll als Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften passiviert werden.40 Dadurch, daß Leffson die drohenden Verluste grundsätzlich für künftige Absatzleistungen des Unternehmens berechnet, indem er die Anschaffungsausgaben für die zur Produktion erforderlichen Faktoren mit den für die Leistung erzielbaren Absatzpreisen vergleicht, gelingt es ihm als erstem, den Erfolgsträger und das Bewertungsverfahren, die zur Berechnung vergangener Erfolge gelten sollen, auch im Rahmen der Verlustantizipation beizubehalten. Doch auch Leffson durchbricht die von ihm geforderte Einheitlichkeit der Verlustantizipation. Denn die Gegenstände des Sachanlagevermögens sollen als beschaffte Faktoren selbständig bewertet und nicht in die Verlustantizipation aus eingeleiteten Absatzgeschäften einbezogen werden. Nach Ansicht von Vgl. Vgl. 34 Vgl. 35 Vgl. 36 Vgl. (1967), S. 37 Vgl. 38 Vgl. 39 Vgl. 40 Vgl. 32 33

Lellson. Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 301-383. ebenda, S. 301-304. ebenda, S. 309 - 311 und S. 353 f. Koch. Helmut: Niederstwertprinzip, S. 61. Leffson, Ulrich: Die Niederstwertvorschrift des § 155 AktG, in: WPg, 20. Jg. 57-61, hier S. 58. derselbe: GoB, 6. Aufl., S. 339. ebenda, S. 350-354. ebenda, S. 356. ebenda, S. 370.

2.1.1 Wahl des Verlustträgers und seine Bewertung

29

LejJson sollen nicht für die mit einer Anlage herzustellenden Absatzleistungen, sondern für die Anlage selbst Verluste ermittelt werden, indem die Aus- und Einzahlungen, die mit der Anlage verbunden sind, in einer Überschußrechnung einander gegenübergestellt werden.41 Wenn in dieser Überschußrechnung die Auszahlungen einer Anlage bei festliegender Verwendung in einem überschaubaren Zeitraum nicht durch die Einzahlungen gedeckt würden, so sei der Buchwert bzw. Restbuchwert der Anlage in Höhe des Auszahlungsüberschusses abzuschreiben.42 Damit wechselt Leffson bei den Gegenständen des Anlagevermögens den Verlustträger.43 2.1.1.4 Kritik

Geht man davon aus, daß eine Bilanzierung, die dem Kommentar von ADS folgt, nach wie vor für die deutsche Bilanzierungspraxis repräsentativ ist, so wird die Niederstwertvorschrift auch heute noch entsprechend der Zwecksetzung "Verhütung eines zu hohen Bilanzansatzes''44 interpretiert. Eine Antizipation künftiger Verluste aus Kapitalerhaltungsgründen wird entgegen der Ansicht von ADS so jedoch nicht gewährleistet.45 Denn es werden teils "Verluste" antizipiert, die mit Sicherheit nie eintreten,46 und teils Verluste, die tatsächlich vom Absatzmarkt her zu erwarten sind, nicht erfaßt.47 Durch die Verlustantizipation für eingeleitete Absatzgeschäfte hat Leffson zwar als erster eine Lösung erarbeitet, die es erlaubt, tatsächlich erwartete Verluste zu antizipieren und damit künftige Verluste so zu berechnen, wie es dem Vorgehen bei der Ermittlung vergangener Erfolge entspricht. Bei den Gegenständen des Anlagevermögens geht Leffson aber von einer Verlustantizipation für Absatzleistungen auf eine Verlustantizipation für beschaffte Anlagegegenstände über und wählt damit einen anderen Verlustträger. Da LejJson auch für Anlagegegenstände nur Verluste antizipieren will, die später auf dem Absatzmarkt tatsächlich eintreten,48 stellt sich erneut das Problem, die künftig auf dem Absatzmarkt realisierten Erträge einem einzelnen beschafften Faktor zuzurechnen.49 Vgl. ebenda, S. 365. Vgl. Leffsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 366. 43 Damit kommt es bei ihm u. U. auch zu einer doppelten Berücksichtigung von künftigen Verlusten. 44 ADS: Rechnungslegung, Bd. 1,4. Aufl., § 154 Anm. 73 und vgl. § 154 Anm. 74, § 155 Anm.153. 45 Vgl. ebenda, § 155 Anm. 151 sowie die Kritik durch Kach und Leffsan im vorangehenden Abschnitt 2.1.1.3 dieser Untersuchung. 46 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 154 Anm. 74. 47 Vgl. ebenda, § 155 Anm. 161. 48 Vgl. Leffsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 365. 49 Neben dem Zurechnungsproblem besteht außerdem die Gefahr einer Mehrfachzählung von künftigen Verlusten. 41

42

30

2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

Obwohl Leffson umfassend begründet, daß die Dispositionsfreiheit heutiger Industrieunternehmen im Gegensatz zum Handlungsspielraum von Handelsunternehmen der vorindustriellen Wirtschaft insbesondere durch langfristige Sachinvestitionen und andere langfristig festgelegte Aufwendungen beschränkt ist ,50 bleibt unverständlich, wie gerade bei den Gegenständen des Anlagevermögens Verluste antizipiert werden sollen. Denn wie die künftigen Erträge aus den mit der Anlage produzierten Absatzerzeugnissen der Anlage selbst zugerechnet werden sollen, muß auch bei Leffson ungeklärt bleiben, weil hier die Ertragszurechnung ebensowenig durchführbar ist wie bei allen übrigen Produktionsfaktoren. 51 Verluste, die aufgrund langfristiger Investitionen im Anlagevermögen drohen, können damit außer im Falle der Stillegung oder des Verkaufs einer Anlage praktisch nicht antizipiert werden. 52 So bietet auch das Imparitätsprinzip in der Interpretation nach Leffson letztlich gerade in all den Fällen keine Möglichkeit, Verluste zu antizipieren, in denen durch langfristige Dispositionen im Bereich der Sachanlagen Verluste in großer Höhe drohen. 2.1.2 Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung 2.1.2.1 Problematik

Sieht man dem grundsätzlichen Vorschlag Leffsons entsprechend die Absatzleistungen sowohl bei der Ermittlung vergangener Erfolge als auch bei der Verlustantizipation einheitlich als Erfolgsträger an und bewertet man die Absatzleistungen sowie den Faktorverbrauch einheitlich mit dem Anschaffungsaufwand bzw. Absatzertrag, so entsteht für die Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste gleichermaßen die Frage, nach welchem Zurechnungsprinzip der Faktorverbrauch den Absatzleistungen zeitlich und sachlich zuzuordnen ist. Denn bei allen Unternehmensleistungen, die nicht in derselben Periode hergestellt und abgesetzt werden, sind die zur Erzielung des Ertrages getätigten Aufwendungen bis zum Realisationszeitpunkt zu aktivieren. 53 Ebenso ist zur Antizipation der unrealisierten Verluste aus einem künftigen Absatzgeschäft der Betrag zu berechnen, um den die erwarteten Aufwendungen für die Absatzleiso Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 341-344.

51 Vgl. Heibel, Reinhold: Handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze und Besteuerung, S. 71-79. 52 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 366. 53 Vgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 30; Boelke, Wilfried: Die Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965 und ihre Geltung für die Unternehmen in anderer Rechtsform. Eine Untersuchung zur Frage der Übereinstimmung der aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften und der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, Berlin 1970, S. 68f.; Zimmermann, Doris: Schmalenbachs Aktivierungsgrundsätze, in: Betriebswirtschaftliche Studien Rechnungs- und Finanzwesen, Organisation und Institution, hrsg. v. Wolfgang Ballwieser und Dieter Ordelheide, Bd. 3, Frankfurt a. M. usw. 1985, S. 69f.

2.1.2 Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung

31

stung den voraussichtlichen Ertrag übersteigen. 54 Die Höhe der Erfolge aus den einzelnen Geschäften wird notwendig durch den Umfang der Aufwendungen bestimmt, die der Absatzleistung zeitlich und sachlich zugerechnet werden. Zeitlich und sachlich zuzurechnen sind alle leistungsbezogenen Aufwendungen. Der Begriff der Leistung ist im Rahmen handelsrechtlicher Bilanzierung im Gegensatz zur Kostenrechnung 55 nicht auf die Erträge begrenzt, die aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit resultieren, sondern unter Leistung wird hier jede Handlung verstanden, die der Erzielung einer bestimmten Einnahme dient (etwa auch Wertpapierspekulationen).56 Den so definierten Leistungen können bei einer Bewertung des Faktorverbrauchs mit den dafür gezahlten oder voraussichtlich zu zahlenden Entgelten nur aufwandsgleiche, pagatorische 57 , nicht hingegen kalkulatorische Kosten gegenübergestellt werden. 58 Außerdem sind diesen Leistungen auch betriebsfremde Aufwendungen zuzurechnen, soweit diese Aufwendungen zur Erzielung von Erträgen anfallen, die nicht aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit resultieren (pagatorische Kosten im handelsrechtlichen Sinn).59 Welche dieser pagatorischen Kosten im einzelnen den Unternehmensleistungen zuzuordnen sind, bestimmt sich dann nach dem jeweils angewandten Zurechnungsprinzip.60 Denn das Zurechnungsprinzip regelt -

die Art der zuzuordnenden Kosten (Einzel-, Gemeinkosten) (variable, fixe Kosten), die Höhe der zu verrechnenden Kosten bei unterschiedlichen Beschäftigungsgraden und die Art der Verteilung von Gemeinkosten.

54

Vgl. Koch, Helmut: Niederstwertprinzip, S. 33; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 341.

55 Vgl. zum Leistungshegriff in der Kostenrechnung Zimmermann, Gebhard: Grund-

sätze der Kostenrechnung, Stuttgart usw. 1976, S. 27f.; Haberstock, Lothar: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, 2. Aufl., München 1977, S. 16. 56 Vgl. Eifler, Günter: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen. Beiträge zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, Bd. 5 der Schriften der Schmalenbach-Gesellschaft, Düsseldorf 1976, S. 14. 57 Vgl. zum pagatorischen Kostenbegriff Koch, Helmut: Grundprobleme der Kostenrechnung, Köln und Opladen 1966, S. 51. 58 Vgl. Fülling, Friedhelm: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte. Beiträge zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, Bd. 6 der Schriften der Schmalenbach-Gesellschaft, Düsseldorf 1976, S. 83; Ahlert, Dieter, Franz, Klaus-Peter: Industrielle Kostenrechnung, 2. Aufl., Düsseldorf 1979, S.68. 59 Nicht zugerechnet werden können dagegen Aufwendungen, die sich auf Leistungen früherer Rechnungsperioden beziehen oder überhaupt nicht im Zusammenhang mit den Unternehmensleistungen stehen. 60 Vgl. Menrad, Siegfried: Vollkostenrechnung, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, 2. Aufl., Stuttgart 1981, Sp. 1736-1748, hier Sp. 1738f.

32

2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

Für die Durchführung der zeitlichen und sachlichen Abgrenzung ergeben sich dabei aus folgenden Gründen Probleme: In der Literatur wird weder allgemein erkannt, daß sich die Beantwortung der drei gerade angesprochenen Fragen konsequent aus dem gewählten Zurechnungsprinzip ergibt, noch ist die Verwendung eines bestimmten Prinzips trotz umfangreicher Diskussion allgemein als zweckgerecht anerkannt,6l noch wird ein einmal gewähltes Prinzip gleichermaßen auf die Verlustantizipation und die Berechnung vergangener Erfolge angewandt. Als repräsentative Beispiele seien wiederum die Ansichten von ADS und Leffsan dargestellt. 2.1.2.2 Interpretation des Aktiengesetzes 1965 durch Adler I Düring I Schmaltz

ADS halten für die Beurteilung der zeitlich und sachlich zuzurechnenden Kastenarten grundsätzlich eine am Verwendungszweck der Faktoren orientierte finale Betrachtung für maßgeblich. Nach dem Finalprinzip werden auch die fixen Kosten als leistungsverbunden angesehen,62 obwohl sie unabhängig von der Anzahl der produzierten Leistungseinheiten anfallen und daher eine kausale Verursachung durch die Produktion bestimmter Absatzleistungen nicht gegeben ist.63 Da eine Leistungserstellung ohne Fixkosten nicht möglich ist 64 und die fixen Kosten ebenso wie die variablen Kosten zum Zweck der Leistungserstellung aufgewandt werden, sind sie in einer finalen, also zweckorientierten, Betrachtung ebenfalls in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Unternehmensleistung zu sehen.65 Die fixen Kosten, die unabhängig von der Beschäftigung für mehrperiodig nutzbare Faktoren anfallen, werden daher zuerst entsprechend dem voraussichtlichen Nutzungspotential auf die Rechnungsperioden aufgeteilt und der Anteil jeder Rechnungsperiode anschließend auf die in dieser Periode mit Hilfe der Potentialfaktoren produzierten Leistungseinheiten verrechnet (zeitliche und sachliche Abgrenzung). Deshalb sind nach ADS alle im Sinne des Finalprinzips zeitlich und sachlich anfallenden Kosten den produzierten Absatzleistungen einer Periode zuzurechnen. 66 61 Vgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 48; Pieper, Werner: Steuerliche Herstellungskosten. Erzeugnisbewertung in der Ertragsteuerbilanz aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 6 der Schriftenreihe Besteuerung der Unternehmung, hrsg. v. Gerd Rose, Wiesbaden 1975, S. 88-97 m.w.N. 62 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 65. 63 Vgl. Kilger, Wolfgang: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 8. Aufl., Wiesbaden 1981, S. 16f. 64 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 66. 65 Vgl. Kosiol, Erich: Kostenrechnung, in: Wirtschaftswissenschaften, hrsg. v. Erich Gutenberg, Wiesbaden 1965, S. 29f. 66 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 63.

2.1.2 Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung

33

Die Anwendung der finalen Zurechnung bei der Abgrenzung vergangener Erfolge ist nach ADS jedoch nicht rechtlich zwingend. Aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Aktiengesetzes folgern ADS vielmehr ein Aktivierungswahlrecht für die Fixkosten als Bestandteil der Herstellungskosten.67 Demnach wäre es gesetzlich erlaubt, nur die variablen Kosten zu aktivieren und die fixen Kosten schon in der Herstellungsperiode als Aufwand zu erfassen. Dies entspräche einern Wahlrecht zwischen einern kausalen und einern finalen Zurechnungsprinzip. Eine über die kausale Zurechnung hinausgehende Begrenzung der zeitlich und sachlich zuzurechnenden Kostenarten nach dem Identitätsprinzip lehnen ADS ab. Nach dem Identitätsprinzip wäre nur der Faktorverbrauch einer einzelnen Leistung zurechenbar, der durch die Entscheidung zur Produktion dieser Leistung entstanden ist.68 Deshalb dürften nach dem Identitätsprinzip allein die direkt einer einzelnen Unternehmensleistung zurechenbaren Kosten, die Einzelkosten, im Rahmen der Herstellungskosten aktiviert werden. Nach Ansicht von ADS beeinträchtigt eine ausschließliche Aktivierung der Einzelkosten die Informationsfunktion des Jahresabschlusses.69 Bei der Berücksichtigung von künftigen Verlusten fordern ADS, soweit sie ausnahmsweise Wertminderungen aktivierter Faktoren über gesunkene Absatzpreise und nicht über niedrigere Wiederbeschaffungspreise bestimmen,7o ebenfalls eine finale Zurechnung aller bereits angefallenen und künftig anfallenden variablen und fixen Aufwendungen auf die künftig abzusetzende Leistung und den damit voraussichtlich erzielbaren Absatzpreis. 71 Die finale Zurechnung bei der Verlustantizipation führt allerdings nur dann zur Antizipation der künftig tatsächlich eintretenden Verluste, wenn die fixen Aufwendungen bei der Ausübung des Aktivierungswahlrechts nicht schon als Periodenaufwand verrechnet werden. Andernfalls würden Aufwendungen doppelt erfaßt. Werden die fixen Kosten in die Aktivierung einbezogen, so sind ADS der Auffassung, das aktienrechtliche Wahlrecht beziehe sich auch auf den unterstellten Beschäjtigungsgrad.72 Es sei ebenso zulässig, von der Istbeschäftigung auszugehen, wie fixe Kosten auf Basis der N orrnal- oder Optimalbeschäftigung sowie dreier weiterer Planbeschäftigungsgrade zu erfassen.73 Bei der Berechnung

Vgl. ebenda, § 155 Anm. 74-80. Vgl. Riebel, Paul, Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung. Grundfragen einer markt- und entscheidungsorientierten Untemehmensrechnung, 5. Aufl., Wiesbaden 1985, S. 76 und S. 100. 69 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 80a. 70 Vgl. Abschnitt 2.1.1.2 dieser Untersuchung. 71 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 178, 189. 72 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 23. 73 Vgl. ebenda, § 155 Anm. 23 - 34. 67

68

3 Fey

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2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

künftiger Verluste nach dem. Imparitätsprinzip hingegen seien fixe Kosten immer auf Basis der Normalbeschäftigung zu berücksichtigen.74 ADS machen keine Angaben, warum die auch ihrer Ansicht nach schwierig zu berechnende Normalbeschäftigung 75 nur bei der Verlustantizipation maßgeblich sein soll. Ebensowenig wird ein Zusammenhang zwischen der Höhe der zu verrechnenden fixen Kosten bei unterschiedlichen Beschäftigungsgraden und den verschiedenen Zurechnungsprinzipien hergestellt. Warum welcher Beschäftigungsgrad unterstellt wird und warum bestimmte Fixkosten bei der Berechnung vergangener Erfolge zu berücksichtigen sind, nicht aber bei der Verlustantizipation oder aber auch umgekehrt, bleibt offen. ADS geben keine Gründe an, die die Anwendung unterschiedlicher Beschäftigungsgrade erklären.

Auch bei der Verteilung der Gemeinkosten auf die einzelnen Leistungseinheiten orientieren sich ADS nicht an einem übergeordneten Zurechnungsprinzip, um einen geeigneten Verteilungsschlüssel auswählen zu können. Die Verteilung sei sowohl bei der Bestimmung vergangener Erfolge als auch bei der Erfassung von künftigen Verlusten anhand eines sachgemäßen Schlüsselungsverfahrens durchzuführen.76 Es seien Verteilungsschlüssel zu verwenden, die in den tatsächlichen Verhältnissen des Betriebes begründet wären.77 Dazu könnten unterschiedliche Methoden geeignet sein, weil eine richtige Verteilung der nicht direkt zurechenbaren Aufwendungen letztlich nicht durchführbar sei.78 Darüber, ob bei der Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste für dieselben oder die gleichen Absatzleistungen identische Schlüssel gewählt werden sollen, wird keine Aussage gemacht. 2.1.2.3 Auffassung von Leffson

Ebenso wie ADS hält Leffson bei der Bestimmung vergangener Erfolge für die zeitliche und sachliche Zurechnung der einzelnen Kostenarten das Finalprinzip für maßgeblich, um die funktionale Beziehung zwischen Faktorverbrauch und Leistungsentstehung dem Rechnungszweck handelsrechtlicher Jahresabschlüsse entsprechend abzubilden. 79 Im Gegensatz zu ADS fordert er jedoch wegen der Rechenschaftsfunktion des Jahresabschlusses eine Aktivierungspflicht für fixe Kosten im Rahmen der Herstellungskosten.8o

Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 188. Vgl. ebenda, § 155 Anm. 27. 76 Vgl. ebenda, § 155 Anm. 188. 77 Vgl. ebenda, § 155 Anm. 70. 78 Vgl. ebenda, § 155 Anm. 72. 79 V gl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 275 mit Zitat von Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 119f. 80 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 296. 74

75

2.1.2 Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung

35

Diese konsequente Anwendung der finalen Zurechnung ist nach Ansicht von Leffson jedoch nicht in vollem Umfang auf die Verlustantizipation zu übertragen. Denn hier berechnet Leffson "negative Erfolgsbeiträge"81 für künftige Absatzleistungen. Die "negativen Erfolgsbeiträge" werden ermittelt, indem den künftigen Erträgen aus den eingeleiteten Absatzgeschäften die bereits angefallenen fixen und variablen sowie die künftig noch anfallenden variablen, nicht aber die künftigen fixen Aufwendungen zugerechnet werden.82 Auf die Vergangenheitsgrößen soll also das Prinzip der finalen, auf künftige Aufwendungen dagegen das Prinzip der kausalen Verursachung angewandt werden. Die fixen Kosten sind nach Meinung von Leffson einheitlich auf Basis der Normalbeschäftigung sachlich den Leistungen zuzurechnen.83 Die Faktoren, die als Folge von Unterbeschäftigung nicht genutzt würden und dadurch nicht in das Faktorbündel der Absatzleistung eingingen, seien aus der sachlichen Abgrenzung auszuklammern. 84 Kosten für solche Faktoren sollen deshalb als "Leerkosten"85 im Aufwand der Herstellungsperiode verrechnet werden. Bei der Verrechnung der Gemeinkosten auf die einzelnen Leistungseinheiten fordert Leffson einheitlich für die Berechnung vergangener Erfolge und für die Verlustantizipation eine Verteilung nach dem Leistungsentsprechungsprinzip (Durchschnittskostenprinzip).86 Das Leistungsentsprechungsprinzip will die durch die Periodengesamtleistung final verursachten Kosten leistungsentsprechend verteilen, so daß bei gegebenen Kalkulationsbedingungen gleiche Leistungseinheiten mit gleich hohen Gesamtkostenanteilen belastet werden.87 Das Prinzip der minimalen Gemeinkostenstreuung soll die Anwendung des Leistungsentsprechungsprinzips auch bei der Gemeinkostenverrechnung auf heterogene Leistungseinheiten sicherstellen. Es wird der Schlüssel gewählt, bei dem die Korrelation zwischen der Summe der geschlüsselten heterogenen Leistungseinheiten pro Periode und den Periodengemeinkosten für unterschiedliche Zusammensetzungen der Schlüsselsumme am größten ist.88

81 82

83 84

147.

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

ebenda, S. 302. ebenda, S. 346. ebenda, S. 296 und S. 354. ebenda, S. 276 unter Hinweis auf Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 139-

85 Vgl. zum Begriff der Leerkosten Gutenberg, Erich: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1, Die Produktion, 19. Aufl., Berlin usw. 1972, S. 348f. 86 Vgl. Koch, Helmut: Zum Problem des Gemeinkostenverteilungsschlüssels, in: ZfhF, 17. Jg. (1965), S. 180-200, hier S. 169-200; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 275f. und S. 348. 87 Vgl. Koch, Helmut: Grundprobleme der Kostenrechnung, S. 102f. 88 Vgl. derselbe: Gemeinkostenverteilungsschlüssel, S. 185-189; Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 48 und S. 51 f.

3'

36

2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste 2.1.2.4 Kritik

Der Einblick in die exemplarisch dargestellten Lösungsvorschläge zeigt, daß die Einzelfragen der Aufwandszurechnung mit Hilfe unterschiedlicher Zurechnungsprinzipien gelöst werden und keineswegs für ein bestimmtes Problem jeweils dasselbe Prinzip zur Lösung benutzt wird. Nicht zu kritisieren ist dabei, daß für unterschiedliche Probleme unterschiedliche Zurechnungsmethoden vorgeschlagen werden. Zu kritisieren ist vielmehr, daß häufig nicht deutlich wird, warum in dem einen Fall mit dem einen Prinzip, im anderen hingegen mit einem anderen argumentiert wird. So fehlt bei ADS die Begründung, weshalb eine kausale Zurechnung, die die Fixkosten aus der Aktivierung ausklammert, einen genauso sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage gestatten soll wie eine finale Zurechnung, nicht aber das Identitätsprinzip, das zusätzlich die variablen Gemeinkosten von der Zurechnung ausschließt.89 Die strikte Anwendung der finalen Betrachtung bei der Veriustberechnung im Rahmen des Imparitätsprinzips ließe sich zwar bei ADS wie die Niederstwertvorschrift mit dem Zweck der "Verhütung eines zu hohen Bilanzansatzes" rechtfertigen,90 aber zum einen ist ein bestimmter Bilanzansatz nicht ex eo ipso ein lahresabschlußzweck und zum anderen erklärt er nicht, wieso bei ein- und derselben Faktorverbrauchs-LeistungsentstehungsBeziehung die Fixkosten im einen Fall als nicht leistungsverbunden angesehen werden können, im anderen jedoch in einem zwingenden sachlichen Zusammenhang zur Unternehmensleistung stehen sollen.91 Ebenso ist unklar, warum ADS bei der Abgrenzung vergangener Erfolge eine zeitliche und sachliche Zurechnung von Fixkosten auf Basis unterschiedlicher Beschäftigungsgrade für zulässig halten, bei der Veriustantizipation aber in jedem Fall die Normalbeschäftigung maßgeblich sein soll, obwohl ADS vorher darauf hinweisen, die Feststellung der Normalbeschäftigung sei unter Umständen nicht unproblematisch.92 Der "Verhütung eines zu hohen Wertansatzes" produzierter Erzeugnisse durch die Veriustantizipation wird am ehesten die Verrechnung der Fixkosten auf Basis der Istbeschäftigung gerecht. Denn dann werden alle anfallenden Fixkosten den produzierten Leistungen zugerechnet, so daß die zu antizipierenden Verluste am höchsten wären. Aufgrund der hohen Wertminderung, die bei den aktivierten Leistungen berücksichtigt werden müßte, wäre der Wertansatz dieser Aktiva dann am niedrigsten. Berechnet man dagegen die Verluste auf Basis der Normalbeschäftigung, so werden Fixkosten künftiger Perioden aus der Verlustantizipation ausgeklammert, wenn die Istbeschäftigung künftig kleiner als die Normalbeschäftigung ist.93 89 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1,4. Aufl., § 155 Anm. 80, 80a. 90

Vgl. ebenda, § 154 Anm. 73f. und § 155 Anm. 153.

91 Vgl. Selchert, Friedrich W.: Grundsatz der Einheitlichkeit der Bewertung, in: WPg,

36. Jg. (1983), S. 447-453, hier S. 447. 92 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd.1, 4. Aufl., § 155 Anm. 23-34, 188.

2.1.2 Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung

37

Wenn ADS schließlich jede sachlich vertretbare Schlüsselung von Gemeinkosten akzeptieren,94 aber gleichzeitig die Auffassung vertreten, die Richtigkeit der Schlüsselungsmethode lasse sich nicht feststellen, erklären sie damit de facto fast jede Schlüsselung für sachlich vertretbar. Wie man aus der Kommentierung schließen darf, ist es nach Ansicht von ADS nicht ungesetzlich, bei der Berechnung vergangener Erfolge die Gemeinkosten den Erträgen nach anderen Aspekten zuzuordnen als bei der Berechnung von künftigen Verlusten. Dadurch könnten bestimmten Produkten, deren Aufwendungen ohnehin nicht durch ihre Erträge gedeckt werden, zusätzlich Aufwendungen "zugeschlüsselt" werden, die in voller Höhe zu antizipieren wären. Umgekehrt wäre es auch denkbar, wenn bilanzpolitisch eine Verbesserung des Ergebnisses angestrebt wird, Verlustprodukte zu "entlasten". Die Pflicht, erwartete Verluste zu antizipieren, könnte umgangen und der lahresabschluß, zumindest ohne genaue Kenntnis der verwandten Schlüsselungsverfahren, nicht mehr sinnvoll interpretiert werden. Ebenso wie ADS begründet auch Leffson letztlich nicht zufriedenstellend die Anwendung unterschiedlicher Zurechnungsprinzipien für die Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste. Denn aus der Sache heraus ist nicht zu verstehen, warum bei der Berechnung vergangener Erfolge einem Produkt alle Fixkosten 95 final zugerechnet werden sollen, nicht aber, wenn vor dem Realisationszeitpunkt für dasselbe Produkt in den Vorperioden zum Zwecke der Verlustantizipation die Höhe der zuzurechnenden Kosten bestimmt werden soll. Als Argument ist nicht akzeptabel, daß die Fixkosten im zweiten Fall teilweise erst in künftigen Perioden der Fertigstellung und dem Absatz des Produkts final zuzurechnen sind,96 Denn durch das Vorgehen Leffsons werden Teile der erwarteten Verluste nicht antizipiert. Obwohl aus Geschäften, die ihre anteiligen künftigen Fixkosten nicht decken, ebenso Verluste entstehen können wie aus Geschäften, die obendrein die künftigen variablen Kosten nicht decken, werden sämtliche Verluste, die durch nicht gedeckte anteilige fixe Kosten voraussichtlich entstehen, in der Verlustantizipation nach Leffson nicht erfaßt. Konsequenzen einer Beschränkung der Verlustantizipation auf "negative Erfolgsbeiträge" im Sinne von Leffson ergeben sich deshalb für alle Dispositionen, die sich in künftigen fixen Aufwendungen niederschlagen und denen voraussichtlich keine Erträge in gleicher Höhe gegenüberstehen werden. Dabei handelt es sich vor allem um langfristige Beschaffungsverträge über Sachgüter 93 Ist die Istbeschäftigung größer als die Normalbeschäftigung, muß in der Handelsbilanz immer auf Basis der Istbeschäftigung gerechnet werden, da sonst kalkulatorische Kosten zugerechnet würden, die die tatsächlich anfallenden fixen Ausgaben übersteigen. Eine solche Kalkulation ist im Rahmen der Kostenrechnung zweckgerecht, in der Handelsbilanz jedoch nicht zulässig. 94 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 72, 188. 9S Auf Basis der Normalbeschäftigung. 96 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 296 und S. 346; Selchert, Friedrich W.: Einheitlichkeit der Bewertung, S. 450.

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2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

und Dienstleistungen sowie die langfristig nutzbaren Gegenstände des Anlagevermögens. Damit werden gerade die Dispositionen nicht in die Antizipation von Verlusten aus eingeleiteten Absatzgeschäften einbezogen, die die Verwendung von Faktoren langfristig festlegen und künftig fixe Aufwendungen in großer Höhe verursachen. Eine von den künftigen Absatzgeschäften unabhängige Berücksichtigung von Verlusten für die beschafften oder noch zu beschaffenden Faktoren, also für die Beschaffungsdispositionen selbst, ist aufgrund der Unmöglichkeit der Ertragszurechnung ebenfalls keine Alternative, um die erwarteten Verluste zu antizipieren, wie im Abschnitt 2.1.1.4 gezeigt wurde. Das Imparitätsprinzip in der Interpretation nach Leffson ist daher auf langfristige Dispositionen i. d. R. nicht anwendbar. Einheitlich für die Bestimmung vergangener Erfolge und für die Verlustantizipation fordert Leffson, die vergangenen Perioden final zuzurechnenden Fixkosten auf Basis der Normalbeschäftigung als leistungsverbunden zu betrachten?? Bei Unterbeschäftigung werden so tatsächlich für die Leistungserbringung angefallene Istkosten aus der sachlichen Abgrenzung ausgeschlossen, weil bei dem höheren Planbeschäftigungsgrad den Leistungseinheiten geringere Fixkostenanteile zuzurechnen sind und sich für diese Leistungseinheiten darum geringere Stückkosten ergeben. Die Tatsache, daß nicht oder nicht voll genutzte Faktoren genauso wie alle übrigen der Planbeschäftigung entsprechend genutzte Faktoren zum Zweck der Leistungserbringung beschafft wurden, also auch in finaler Beziehung zur Unternehmensleistung stehen, hat nach Leffson offenbar nicht dasselbe Gewicht, wenn die Istbeschäftigung geringer ist als die Plan beschäftigung. Die rein finale Argumentation weicht dann Opportunitätsüberlegungen 9B • Es wird nicht mehr die tatsächliche Kostenstruktur des Unternehmens in ihrer Verwendung abgebildet, sondern von einer fiktiven, "normalisierten" Wirklichkeit ausgegangen. Der finale Ursache-Wirkungs-Zusammenhang wird durch Fiktion in Richtung auf eine kausale Zurechnung eingeengt. Bei der Verteilung der Gemeinkosten geht Leffson dagegen nicht von einer kausalen Kostenverursachung aus. Denn die Gemeinkosten sollen seiner Ansicht nach bei der Bestimmung vergangener Erfolge und bei der Verlustantizipation einheitlich nach dem Leistungsentsprechungsprinzip verrechnet werden. 99 Bei einer kausalen Zurechnung müßte die Verrechnung nach dem Proportionalitätsprinzip erfolgen, also mit dem Schlüssel, der einen größtmöglichen Anteil variabler Kosten bei unterstellter linearer Gesamtkostenfunktion ergäbeYlO Leffson verteilt vielmehr unter Hinweis auf Koch die angefallenen Gemeinkosten nach Durchschnittsgesichtspunkten auf die Leistungseinheiten, Vgl. Leffson,Ulrich: GoB, 6. Aufl, S. 296 und S. 354. Vgl. zum Opportunitätsgedanken Kilger, Wolfgang: Flexible Plankostenrechnung, 8. Aufl., S. 189f.; Ahlert, Dieter, Franz, Klaus-Peter: Industrielle Kostenrechnung, 2. Aufl., S. 68. 99 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 275f. und S. 348. 100 Vgl. Koch, Helmut: Gemeinkostenverteilungsschlüssel, S. 172-174 und S. 180f. 97

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2.2 Konzeption einer systemgerechten Verlustantizipation

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wobei nicht entscheidend sei, wieviel Kosten eine Leistungseinheit verursacht habe, sondern welche Kosten im Durchschnitt für eine Leistungseinheit angefallen seien. IOI Die nicht zurechenbaren Kosten werden hier wiederum aus der Sicht ihrer geplanten Verwendung, also in Einklang mit dem finalen Zurechnungsprinzip verteilt. Warum bei der Verteilung der Gemeinkosten eine finale Betrachtung relevant sein soll und warum die Frage des unterstellten Beschäftigungsgrades bei den Fixkosten nach anderen Gesichtspunkten zu klären ist, wird durch die Argumentation Leffsons nicht überzeugend begründet. In der Analyse der Einzelprobleme erscheinen die vorgeschlagenen Lösungen des Schrifttums zur Verlustantizipation zwar einleuchtend und logisch zwingend. Betrachtet man aber den Zusammenhang zwischen der Ermittlung vergangener Erfolge und künftiger negativer Erfolge (Verlustantizipation), dann zeigen sich bei der Auslegung durch Leffson ebenso wie bei der Kommentierung von ADS Widersprüche.

2.2 Eigene Lösungsidee: Konzeption einer systemgerechten Konkretisierung des Imparitätsprinzips Wer das Imparitätsprinzip so interpretieren will, daß die Antizipation künftiger Verluste möglichst ohne Widersprüche zur Ermittlung realisierter Erfolge bleibt, muß sich an einheitlichen übergeordneten Gesichtspunkten orientieren.l Eine folgerichtige Zusammenstellung von mehreren Erkenntnissen zu einem einheitlichen Ganzen aufgrund weniger Prinzipien wird im wissenschaftlichen Sprachgebrauch allgemein ein System genannt? Deshalb wird vorgeschlagen, die angestrebte Auslegung des Imparitätsprinzips, die Widersprüche zwischen der Ermittlung vergangener Erfolge und künftiger Verluste dadurch vermeiden soll, daß sie sich an einheitlichen, übergeordneten Prinzipien ausrichtet, als systemgerechte Verlustantizipation zu bezeichnen.3 Das Imparitätsprinzip wird danach als ein Baustein eines Systems aufgefaßt, der anhand der 101 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 276 mit Zitat von Koch, Helmut: Die Ermittlung der Durchschnittskosten als Grundprinzip der Kostenrechnung, in: ZfuF, 5. Jg. (1953), S. 303-327 und S. 318f. 1 Vgl. zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Bewertung Selchert, Friedrich W.: Einheitlichkeit der Bewertung, S. 453. 2 Vgl. Eisler, Rudolf: Stichwort "System", in: Handwörterbuch der Philosophie, Berlin 1913, S. 666f.; o. V.: Stichwort "System", in: Brockhaus Enzyklopädie, Bd.18, 17. Aufl., Wiesbaden 1973, S. 406; o. v.: Stichwort "System", in: Der Neue Herder, Bd. 6, 2. Aufl., Freiburg i.Br. 1973, S. 251; o. v.: Stichwort "System", in: Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 23,9. Aufl., Mannheim, Wien und Zürich 1978, S. 123f. 3 Vgl. zur Forderung nach Widerspruchslosigkeit und konzeptioneller Geschlossenheit von Vorschlägen zu Jahresabschlußverbesserungen Ballwieser, Wolfgang: Zur Begründbarkeit informationsorientierter Iahresabschlußverbesserungen, in: ZfbF, 34. Jg. (1982), S. 772 - 793, hier S. 772 f.

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2 Handelsrechtliche Berücksichtigung künftiger Verluste

allgemeinen Prinzipien, auf denen dieses System beruht, konkretisiert werden soll. Die übergeordneten Prinzipien müssen dabei dem geltenden Bilanzrecht entnommen werden, also den im Gesetz explizit aufgeführten Vorschriften und den nicht kodifizierten gewohnheitsrechtlichen GOB4. Deshalb müssen auch Wirtschaftswissenschaftler, die ihre Aufgabe darin sehen, widersprüchliche Interpretationen de lege lata zu beseitigen, und nicht unabhängig vom bestehenden Recht betriebswirtschaftliche Modelle zum handelsrechtlichen Jahresabschluß konzipieren wollen, die juristischen Rahmenbedingungen als ein Datum akzeptieren. 5 Wenn die Aussagen der Wirtschaftswissenschaftler von der Praxis umgesetzt werden sollen, muß die Auslegung des geltenden Rechts durch die Betriebswirtschaftslehre zwar auf Basis betriebswirtschaftlich abgesicherter Erkenntnisse, aber mit den Methoden der Jurisprudenz durchgeführt werden.6 Bevor die Möglichkeiten einer systemgerechten Konkretisierung des Imparitätsprinzips de lege lata untersucht werden können, muß zuerst nachgewiesen werden, daß eine solche systemgerechte Interpretation der GoB vom Gesetzgeber überhaupt gewollt ist. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs GoB im Abschnitt 3 ergibt, daß jede Konkretisierung von GoB nach dem Willen des Gesetzgebers systemgerecht erfolgen muß, daß alle GoB als Bestandteile eines Systems und nicht einer Kasuistik aufzufassen sind und nur aus diesem Zusammenhang heraus verstanden werden können. Abschnitt 4 zeigt, welche Anforderungen an das Rechtssystem von GoB zu stellen sind und daß Widersprüche in einem solchen System nicht zulässig sind. Im Abschnitt 5 wird dann deutlich, auf welchen grundlegenden, im § 252 Abs.1 HGB 1985 kodifizierten Prinzipien dieses System basiert und wie anhand dieser Prinzipien auch das Imparitätsprinzip systemgerecht konkretisiert werden muß. Abschnitt 6 schließlich untersucht, welche Konsequenzen die systemgerechte 4 Vgl. zu gewohnheitsrechtlichen GoB Kruse, Heinrich Wilhelm: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung - Rechtsnatur und Bestimmung, 3. Aufl., Köln 1978, S. 2936. 5 Vgl. Ballerstedt, Kurt: Das Recht des Jahresabschlusses als Beispiel für das Verhältnis zwischen Recht und Wirtschaft, in: Das Verhältnis der Wirtschaftswissenschaft zur Rechtswissenschaft, Soziologie und Statistik, hrsg. v. Ludwig Raiser u. a., Berlin 1964, S. 120 -132; Döllerer, Georg: Bilanz im Rechtssinne, S. 203; derselbe: Grundsätze ordnungswidriger Bilanzierung - Systematische Fehler in Bilanzen, in: BB, 37. Jg. (1982), S. 777781, hier S. 778f; Mellwig, Winfried: Bilanzrechtsprechung und BWL, S. 1615; Beisse, Heinrich: Verhältnis von Bilanzrecht und BWL, S. 11-14. 6 Vgl. Beisse, Heinrich: Handelsbilanzrecht in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, in: BB, 35. Jg. (1980), S. 637-646, hier S. 644; derselbe: Die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Auslegung der Steuergesetze in der neueren deutschen Rechtsprechung, in: StuW, 58. (11.) Jg. (1981), S. 1-14, hier S. 4 und zur Rechtfertigung eines solchen wissenschaftlichen Vorgehens Egner, Henning: Grenzüberschreitendes Arbeiten und Dilettantismusgefahr, S. 425-431.

2.2 Konzeption einer systemgerechten Verlustantizipation

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Konkretisierung des Imparitätsprinzips für den Ausweis der antizipierten Verluste im Rahmen der geltenden handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften hat. Nur diese so umfassende Untersuchung des GoB-Systems und seiner rechtlichen Grundlagen kann de lege lata eine Auslegung der kodifizierten Vorschriften zur Verlustantizipation gewährleisten, die die dargestellten Widersprüche vermeidet.

3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von Goß 3.1 System gerechtigkeit trotz Unbestimmtheit des GoB-Begriffs? 3.1.1 Der GoB-Begriff als Gesetzeslücke

Die Existenz eines auf wenigen grundlegenden Rechtsprinzipien basierenden Systems wird von vielen Vertretern der Jurisprudenz sowohl für das Recht insgesamt 1 als auch für die GOB2 abgelehnt. Seit Anfang dieses Jahrhunderts bestreiten die Anhänger der "Interessenjurisprudenz"3 im Gegensatz zu einer langen, rechtsphilosophischen Tradition, daß das Recht als eine vollständige Rechtsordnung anzusehen sei, die auf jede einzelne Rechtsfrage angewandt werden könne. 4 , 5 Gerechte Lösungen einzelner rechtlicher Probleme seien nicht durch eine starre Bindung an eine vorgegebene Rechtsordnung zu erreichen.6 Vielmehr seien in einem kasuistischen empirischen Verfahren die Interessen der in der jeweiligen Frage beteiligten Rechtskreise in einer subjektiven Entscheidung gegeneinander abzuwägen.? Da zur Klärungjeder Rechtsfrage eine solche persönliche Wertung desjenigen, der das Rechtsproblem lösen müsse, erforderlich sei, dürfe die Rechtsordnung nicht als ein geschlossenes, vollständiges System von Rechts1 Vgl. Überblick über diese Rechtsauffassung bei Marx, Michael: Interessenjurisprudenz und Freirechtslehre, in: Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, hrsg. v. Arthur Kaufmann und Winfried Hassemer, Heidelberg und Karlsruhe 1977, S. 97-102 m.w.N. 2 Vgl. insbesondere Kruse, Heinrich Wilhelm: GoB, 3. Aufl., S. 116. 3 Vgl. als einen frühen Vertreter mit extremen Ansichten Kantorowicz, Hermann: Der Kampf um die Rechtswissenschaft, in: Rechtswissenschaft und Soziologie. Ausgewählte Schriften einer Wissenschaftslehre, hrsg. v. Thomas Würtenberger, Karlsruhe 1962, S. 18. 4 Vgl. zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung Coing, Helmut: Grundzüge der Rechtsphilosophie, 3. Aufl., Berlin und New York 1976, S. 329f.; Rode, Karlheinz: Geschichte der europäischen Rechtsphilosophie, Düsseldorf 1974, S. 164. 5 Vgl. als gegenwärtigen Vertreter dieser Ansicht Esser, Josef: Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, 3. Aufl., Tübingen 1974, S. 261. 6 Vgl. Hassemer, Winfried: Rechtssystem und Kodifikation. Die Bindung des Richters an das Gesetz, in: Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, hrsg. v. Arthur Kaufmann und Winfried Hassemer, Heidelberg und Karlsruhe 1977, S. 72-96. 7 Vgl. Darstellung dieses Vorgehens bei Creifelds, Carl (Hrsg.): Rechtswörterbuch, 7. Aufl., München 1983, S. 145 und S. 579.

3.1 Systemgerechtigkeit trotz Unbestimmtheit des GoB-Begriffs?

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normen verstanden werden. Vielmehr sei das Recht lückenhaft und ausfüllungsbedürftig. Im kodifizierten Bilanzrecht scheint für ein derartiges Rechtsverständnis die Tatsache zu sprechen, daß viele Begriffe der handels- und aktienrechtlichen Vorschriften wenig bestimmt sind und ein Begriff wie die GoB nahezu vollständig durch den Bilanzierenden oder bei einer Rechtsstreitigkeit durch den Richter auszufüllen ist.8 So liegt der Gedanke nahe, aus dem hohen Grad der Ausfüllungsbedürftigkeit der unbestimmten Rechtsbegriffe zu folgern, eine kasuistische Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe entspräche eher dem Willen des Gesetzgebers als eine Auslegung, die sich an einem System orientiert.9 Die Auslegungen des Aktiengesetzes von ADS sind offensichtlich stärker kasuistischer Natur und weniger auf ein System ausgerichtet, das auf wenige grundlegende Prinzipien zurückgeführt werden kann.l° Es ist das große wissenschaftliche Verdienst von Leffson, daß er erstmalig GoB nicht nur entsprechend den Ansichten der Vertreter der Interessenjurisprudenz und der Kommentierung von ADS beispielhaft in einer Kasuistik, sondern im Rahmen eines Systems konkretisiert hatP Nach Auffassung Leffsons sind GoB nicht durch subjektive und kasuistische Einzelfallentscheidungen zu ermitteln, sondern müssen aufgrund von systematischen Überlegungen 12 aus den Zwecken des Jahresabschlusses abgeleitet 13 werden. Offenbar hat aber auch Leffson GoB nicht immer anhand von einheitlichen Prinzipien konkretisiert, wie die unterschiedliche Abgrenzung vergangener Erfolge und künftiger negativer Erfolge zeigt. Zumindest ist in den Fällen, die in Abschnitt 2 dargestellt werden,14 nicht erkennbar, aufgrund welcher Prinzipien die GoB von Leffson gerade so und nicht anders konkretisiert werden. Teilweise ist seine Ableitung aus den Zwecken der GoB daher nicht nachvollziehbar. 15 Ebensowenig scheint der· § 259 Regierungsentwurf des BilanzrichtlinieGesetzes (HGB-E)16 für eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs GoB zu sprechen, die sich stärker als bisher an einheitlichen Prinzipien Vgl. Le//son, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 22. Vgl. Kruse, Heinrich Wilhelm: GoB, 3. Aufl., S.116. 10 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 149 Anm. 20; Abschnitte 2.1.1.3, 2.1.1.4, 2.1.2.3, 2.1.2.4 dieser Untersuchung. 11 Vgl. Le//son, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 158-165. 12 Vgl. ebenda, S. 132 f. 13 Vgl. ebenda, S. 28 und S. 33f. 14 Vgl. Abschnitte 2.1.3, 2.1.4, 2.2.3, 2.2.4 dieser Untersuchung. 15 Vgl. Hartte, Joachim: Möglichkeiten der Entobjektivierung der Bilanz. Eine ökonomische Analyse, Bd. 1 der Betriebswirtschaftlichen Studien Rechnungs- und Finanzwesen, Organisation und Institution, hrsg. v. Wolfgang Ballwieser und Dieter Ordelheide, Frankfurt usw. 1984, S. 66f. und S. 70. 16 Vgl. Regierungsentwurf des Bilanzrichtlinie-Gesetzes (HGB-E), Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemein8

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3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

orientiert. Denn der Regierungsentwurf führt in § 259 Abs. 1 zwar für die Auslegung der Bewertungsvorschriften wesentliche GoB explizit auf, läßt aber in Abs. 2 von den in Abs. 1 genannten GoB abweichende Bewertungsmethoden auch ohne gesetzliche Ausnahmevorschrift zu, wenn diese Abweichungen den GoB entsprechen. Mit anderen Worten es ist nach der im Regierungsentwurf vertretenen Auffassung des Gesetzgebers möglich, daß GoB Abweichungen von GoB erlauben. Zwar gestattet das endgültig kodifizierte HGB 1985 im § 252 Abs. 2 Abweichungen von den Grundsätzen "nur in begründeten Ausnahmefällen" und vermeidet dadurch die widersprüchliche Formulierung des Regierungsentwurfs. Da aber weiterhin das eigentliche Problem bestehen bleibt, wie "Ausnahmefälle" "begründet" werden sollen - wenn nicht durch GoB scheint der Begriffsinhalt des unbestimmten Rechtsbegriffs GoB auch in Zukunft widersprüchliche Interpretationen zuzulassen. Da unbestimmte Rechtsbegriffe wie die GoB demjenigen, der einen solchen Begriff im Hinblick auf eine einzelne Rechtsfrage konkretisieren möchte, einen sehr großen Beurteilungsspielraum lassen,!7 werden sie häufig vor allem von den Vertretern der "Interessenjurisprudenz" als Gesetzeslücken bezeichnet.I 8 Kruse beispielsweise sieht überall da eine Gesetzeslücke, wo das Gesetz unvollständig ist, d. h. einen nicht exakt definierten Begriff gebraucht und damit eine wertende Entscheidung verlangt.19 Bei der Frage, welches Verfahren bei einzelnen Bilanzierungsproblemen den GoB entspricht, gebe das Gesetz durch den unbestimmten Rechtsbegriff GoB dem Bilanzierenden oder bei Rechtsstreitigkeiten dem Richter keine Aufklärung über die Rechtmäßigkeit der einen oder der anderen Vorgehensweise.20 Durch den hohen Grad der Unbestimmtheit enthalte das Gesetz de facto keine Regelung. Weil das Gesetz keine Lösung gebe und ein Gesetzeswille nicht erkennbar sei, könne man ebenso gut von einer Gesetzeslücke sprechen. So schreibt Kruse: "Im Grunde geht es dem Richter mit der richtungweisenden Generalklausel wie jenem Fremden, der sich verlaufen hat und nun den Rat bekommt, sich links zu halten. "21 schaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, in: BT-Drucksache 10/317 v. 26.8. 1983. 17 Vgl. zum Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe Larenz, Kar!: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Studienausgabe, Ber!in usw. 1983, S. 171-173; zur Unbestimmtheit des GoB-Begriffs Moxter, Adolf: Die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und das neue Bilanzrecht, in: ZGR, 9. Jg. (1980), S. 254-276, hier S. 254f. 18 Vgl. die Darstellung dieser Auffassung bei Bartholomeyczik, Horst: Die Kunst der Gesetzesauslegung. Eine wissenschaftliche Hilfe zur praktischen Rechtsanwendung, Frankfurt a.M. 1951, S.59f.; Engisch, Kar!: Einführung in das juristische Denken, 7. Aufl., Stuttgart usw. 1977, S.141 und S.281-283 m. w. N. zum Lückenproblem; Germann, Oskar Adolf: Probleme und Methoden der Rechtsfindung, Bern 1965, S. 120f. 19 Vgl. Kruse, Heinrich Wilhelm: GoB, 3. Aufl., S. 109. 20 Vgl. ebenda, S.117. 21 Ebenda, S. 117.

3.1 Systemgerechtigkeit trotz Unbestimmtheit des GoB-Begriffs?

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Damit ist der Ansicht Kruses zufolge die Entscheidung, welche Bilanzierungsweise rechtmäßig ist, vom Gesetzgeber dem subjektiven Ermessen des Bilanzierenden übertragen worden, bzw. bei Rechtsstreitigkeiten ist der Richter durch den unbestimmten Rechtsbegriffzu einer subjektiven Abwägung der Interessen im Einzelfall ermächtigt.22 Letztlich seien unbestimmte Rechtsbegriffe Ermächtigungsnormen für eine Rechtsschöpfung durch den RichterP Soweit sich zu bestimmten Bilanzierungsfragen noch kein gewohnheitsrechtlicher Grundsatz in der Praxis gebildet habe, müsse der Richter anhand von Verkehrsanschauung, Handelsbrauch und Natur der Sache entscheiden, welche Bilanzierungsweise den GoB entspräche und so neues Recht schaffen.24 Kruse spricht sich damit gegen die Ausfüllung der Gesetzeslücke durch ein System von GoB und für eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs durch subjektive und kasuistische richterliche Einzelfallentscheidungen aus. 25 Bedenken gegen eine solche Argumentation, die der Rechtsauffassung der "Interessenjurisprudenz" entspricht, müssen aber schon allein dadurch entstehen, daß der Gesetzgeber den unbestimmten Rechtsbegriff GoB überhaupt ins Gesetz aufgenommen hat. In allen Gesetzen, die konkrete Bilanzierungsnormen enthalten, hat er den Einzelvorschriften jeweils eine generelle Norm vorangestellt, die auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung verweist (§§ 38 Abs. 1 HGB a. F., 238 Abs. 1,243 Abs. 1 HGB 1985, 149 Abs. 1 AktG 1965, 264 Abs. 2 HGB 1985, 5 Abs. 1 EStG, 41 Abs. 1 GmbHG, 33 b Abs. 1 GenG a. F.). Die Annahme, der Gesetzgeber hätte in allen diesen Gesetzen den Bilanzierungsvorschriften eine pseudonormative Leerformel vorangestellt, ergibt wenig Sinn.26 Denn handelte es sich bei dem unbestimmten Rechtsbegriff GoB lediglich um eine Gesetzeslücke, so hätte man auf den Begriff überhaupt verzichten können. Der Gesetzgeber will vielmehr eine - allerdings unbestimmte - Regelung treffen, indem er auf die GoB verweist. Diese Auffassung wird durch eine Untersuchung der Entstehungsgeschichte des GoB-Begriffs gestärkt. Das Handelsrecht, das im Zeitalter einer freien Marktwirtschaft entstand, wurde weitgehend vom liberalen Denken dieser Zeit geprägtP In einer Wirtschaftsordnung, die auf der Initiative des einzelnen basierte und durch den Wettbewerb geregelt wurde, sah der Gesetzgeber seine Aufgabe lediglich darin, Regeln aufzustellen, die den Wirtschaftssubjekten die Entfaltung ihrer individuellen Wirtschaftspläne ermöglichen sollten.28 AußerVgl. ebenda, S. 125-129. Vgl. ebenda, S. 116. 24 Vgl. ebenda, S. 127. 25 Vgl. ebenda, S.129. 26 So auch Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 23. 27 Vgl. Jacobs, Otto H.: Das Bilanzierungsproblem in der Ertragsteuerbilanz. Ein Beitrag zur steuerlichen Lehre vom Wirtschaftsgut, Stuttgart 1971, S.37; Steinbach, Adalbert: Gedanken zum gegenwärtigen Stand der Diskussion über Wesen, Rechtsnatur und Ermittlungsmethoden der GoB, in: ZfbF, 25. Jg. (1973), S. 1-15, hier S. 2. 22 23

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3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

dem war die Legislative auf diese Weise nicht gezwungen, sich mit einer komplexen Materie, wie der Aufzeichnung und Bilanzierung von wirtschaftlichen Vorgängen, auseinanderzusetzen und konnte die Verantwortung für diese technischen Probleme der Praxis übertragen?9 Doch seit Entstehung des GoB-Begriffs begannen sich durch verbesserte Erkenntnisse und durch Forschungsergebnisse der Betriebswirtschaftslehre und der Jurisprudenz im Laufe der Zeit die Vorstellungen des Gesetzgebers von einer ordnungsmäßigen Bilanzierung in steigendem Maße zu konkretisieren.3o Gleichzeitig erwies sich aus Sicht des Gesetzgebers die globale und flexible Regelung durch den unbestimmten Rechtsbegriff GoB und deren Ausfüllung durch die Bilanzierungspraxis in vielen Fällen als nicht ausreichend. 31 Deshalb hat es der Gesetzgeber - vor allem im Aktienrecht - immer wieder für notwendig gehalten, einzelne Bilanzierungsnormen zu kodifizieren. Seit Entstehung des GoB-Begriffs hat sich der Umfang der gesetzlich geregelten Detailnormen vervielfachp2 Was bei der Entstehung des Handelsrechts wie die Flucht des Gesetzgebers in eine LeerformeP3 zu werten war, stellt sich inzwischen in einem ganz anderen Licht dar. Denn der unbestimmte RechtsbegriffGoB steht heute in einem völlig anderen Bedeutungszusammenhang. Zwar verwendet der Gesetzgeber auch heute noch dieselbe unbestimmte Formulierung und verweist auf nicht gesetzlich geregelte Normen, um das Gesetz mit Hilfe einer globalen Regelung von einer Fülle von Detailnormen zu entlasten und angesichts der ständigen Fortentwicklung von Technik und Wirtschaft die Flexibilität der gesetzlichen Vorschriften zu erhalten.34 Doch heute sind erheblich mehr Anhaltspunkte vorhanden, um die GoB anhand der Wertungen des Gesetzgebers zu konkretisieren. 28 Vgl. Spitaler, Arnim: Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für die Besteuerung, in: StuW, 36. Jg. (1959), Sp. 633-644, hier Sp. 663. 29 Vgl. Barth, Kuno: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, betriebswirtschaftlich, handelsrechtlich und steuerlich. Ein geschichtlicher Aufriß, in: ZfhF, 15. Jg. (1963), S. 384-397, hier S. 394. 30 Vgl. Döllerer, Georg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, deren Entstehung und Ermittlung, in: WPg, 12. Jg. (1959), S. 653 -658, hier S. 657. 31 Vgl. Bodarwe, Ernst: Erfüllen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung noch ihre Aufgaben?, in: WPg, 18. Jg. (1966), S. 668-672, hier S.668; Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., Wiesbaden 1976, S.460. 32 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 120-122. 33 Vgl. Hedemann, Justus Wilhelm: Die Flucht in die Generalklauseln. Eine Gefahr für Recht und Staat, Tübingen 1933, S. 66-70. 34 Vgl. Brönner, Herbert, Mellerowicz, Konrad: Aktiengesetz, Großkommentar, Bd. 2, 3. Aufl., Berlin 1970, § 149 Anm. 4; Klein, Walter: Das Aktiengesetz und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Gedanken über die Reichweite der aktienrechtichen Bewertungsbestimmungen, in: BB, 22. Jg. (1967), S. 89-91, hier S.89; Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp.703.

3.1 Systemgerechtigkeit trotz Unbestimmtheit des GoB-Begriffs?

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Denn durch die Vielzahl der kodifizierten Einzelnormen erhalten die Wertungen des Gesetzgebers und der Zweck des Gesetzes erheblich klarere Konturen. Durch ein ganzes Gefüge von gesetzlichen Normen und auch durch die Kodifikation einzelner GoB in § 252 Abs. 1 HGB hat sich trotz der Ausnahmeregelung in § 252 Abs.2 der Grad der Unbestimmtheit des GoB-Begriffs deutlich verringert. Deshalb muß derjenige, der den GoB-Begriff interpretiert, den geänderten gesetzlichen Gesamtzusammenhang und die in den gesetzlichen Regelungen unmittelbar oder mittelbar zum Ausdruck kommenden Gesetzeszwecke bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs berücksichtigen. Im Gegensatz zu den Ansichten der Vertreter der "Interessenjurisprudenz" haben daher nicht die Interessen der beteiligten Rechtskreise bei einer subjektiven Wertung des Bilanzierenden oder des Richters im Vordergrund zu stehen. Die überwiegende Mehrheit der Juristen 35 ist aus Sicht der "Wertungsjurisprudenz"36 vielmehr der Meinung, die Wertungen des Gesetzes für bestimmte Interessenkonflikte seien vom Gesetzesanwender auch bei der Interpretation unbestimmter Rechtsbegriffe in vollem Umfang zur Geltung zu bringen. Denn Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz bindet die Rechtsprechung an das Gesetz, so daß eine von den Wertungen des Gesetzes losgelöste, subjektive Entscheidung bei jeder Unbestimmtheit oder Unvollständigkeit des Gesetzes nicht verfassungsmäßig sein kann. 37 Obwohl bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs GoB ein persönliches Werturteil vom Gesetzesanwender verlangt wird, hat dieser seine Entscheidung durch Bezug auf die Rechtsordnung zu begründen, sie intersubjektiv nachprüfbar und einer rationalen Kritik zugänglich zu machen.38 Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, jede Unbestimmtheit des Gesetzes als Gesetzeslücke zu definieren 39 und so die Konkretisierung der GoB vom gesetzlichen Kontext und den Wertungen des Gesetzes zu isolieren. Der enge Zusammenhang zwischen dem im Gesetz ausdrücklich genannten Begriff und den Zwecken des Gesetzes würde verdeckt. Nach Ansicht von Larenz, einem Vertreter der Wertungsjurisprudenz, kann nicht schon dann von einer Lücke gesprochen werden, wenn das Gesetz einen nicht exakt definierten Begriff gebraucht und darum eine Wertung des Gesetzesanwenders erforderlich wird. Eine Gesetzeslücke liegt seiner Meinung nach nur vor, wenn eine Regelung im 35 Vgl. Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 10; Pawlowski, Hans-Martin: Methodenlehre für Juristen, Karlsruhe 1981, S. 73 f. 36 Larenz und Pawlowski sind Vertreter der Wertungsjurisprudenz. 37 Vgl. Pawlowski, Hans-Martin: Methodenlehre, S. 46; Coing, Helmut: Rechtsphilosophie, S. 46. 38 Vgl. zur Forderung nach Überprüfbarkeit einer wertenden Entscheidung Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 166-171. 39 Vgl. Engisch, Karl: Juristisches Denken, 7. Aufl., S. 141; Esser, Josef: Grundsatz und Norm, S.51; Canaris, Claus-Wilhelm: Die Feststellung von Lücken im Gesetz. Eine methodologische Studie über Voraussetzungen und Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung praeter legern, 2. Aufl., Berlin 1983, S. 26f. und S. 30.

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3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

Gesetz fehlt, die der Gesetzgeber aufgrund seiner Zielsetzungen eigentlich hätte treffen müssen, also eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes gegeben ist.40 Eine solche Gesetzeslücke stellt der GoB-Begriff nicht dar.41 Denn die Unbestimmtheit des GoB-Begriffs und die Notwendigkeit einer Konkretisierung dieser flexiblen Regelung durch den Gesetzesanwender ist vom Gesetzgeber beabsichtigt und entspricht seinen Zielvorstellungen. Sonst wäre dieser Begriff sicherlich in einer der vielen Gesetzesänderungen durch einen anderen ersetzt worden oder mit der zunehmenden Zahl der GoB-Kodifizierungen in den Gesetzen entfallen. Durch die Verwendung eines ausfüllungsbedürftigen, unbestimmten Rechtsbegriffs sagt der Gesetzgeber noch nichts darüber aus, auf welche Weise der Begriff konkretisiert werden soll. Daß der oberflächliche Eindruck, der GoBBegriff sei aufgrund seiner Unbestimmtheit wie eine Gesetzeslücke zu behandeln und unabhängig vom übrigen Bilanzrecht in erster Linie durch subjektives Ermessen auszufüllen, nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann, hat die bisherige Untersuchung gezeigt. Ob die GoB Bestandteil eines Rechtssystems und anhand von einheitlichen Rechtsprinzipien zu ermitteln sind oder sich nur rein kasuistisch in Form von Beispielen, die einander unter bestimmten Aspekten auch widersprechen können, konkretisieren lassen, soll die weitere Untersuchung des GoB-Begriffs ergeben. 3.1.2 Der GoB-Begriff als konkretisierungsbedürftiger Typus Weil der GoB-Begriffkeine Gesetzeslücke ist, stellt sich die Frage, wie er statt dessen zu verstehen ist und welche Konsequenzen damit für die Konkretisierung verbunden sind. Auf der einen Seite handelt es sich aufgrund der Unbestimmtheit des GoBBegriffs offensichtlich nicht um einen Begriff, der durch bestimmte, klar abgrenz bare Merkmale eindeutig definiert ist und der bei Übereinstimmung dieser Merkmale mit denen einer bestimmten Bilanzierungsmethode diese eindeutig als GoB identifiziert.42 Auf der anderen Seite gewährt der GoB-Begriff nicht einen ebenso großen Spielraum für eine wertende Entscheidung wie etwa die unbestimmten Rechtsbegriffe "Treu und Glauben" oder die "guten Sitten". Denn im Gegensatz zu solchen ausfüllungsbedürftigen Wertmaßstäben 43 , deren 40 Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 245-248; so auch Engisch, Kar!, Juristisches Denken, 7. Aufl., S. 141. 41 Der Auffassung, der GoB-Begriff sei keine Gesetzeslücke, ist auch Körner, Werner: Wesen und Funktion der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: WPg, 26. Jg. (1973), S. 309-318, hier S. 313. 42 Vgl. zu eindeutig definierten Begriffen Ellscheid, Günter: Das Naturrechtsproblem in der neueren Rechtsphilosophie, in: Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, hrsg. v. Arthur Kaufmann und Winfried Hassemer, Kar!sruhe 1977, S. 23-71, hier S. 43; Pawlowski, Hans-Martin: Methodenlehre, S. 33.

3.1 Systemgerechtigkeit trotz Unbestimmtheit des GoB-Begriffs?

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Geltungsbereich sich auf das gesamte Bürgerliche Recht erstreckt, ist der Bereich von Sachverhalten, auf den der GoB-Begriff angewandt werden soll, weitaus stärker eingegrenzt. Dadurch ist es erheblich leichter, aus den in diesem Bereich vorhandenen Strukturen und Normen sowie dem kodifizierten Recht die Merkmale zu erarbeiten, die für GoB "typisch" sind. Weil diese Merkmale einerseits nicht so abstrakt sind wie allgemeine Rechtsgedanken, die Begriffen wie "Treu und Glauben" oder den "guten Sitten" zugrunde liegen, andererseits aber nicht so konkret sein können, daß der unbestimmte Rechtsbegriff durch einen Katalog dieser Merkmale exakt definiert wäre, läßt sich der GoB-Begriff juristisch als "Typus" charakterisieren.44 Ein Typus zeichnet sich in der Jurisprudenz im Gegensatz zu eindeutig definierten Begriffen nicht durch einen starren Merkmalskatalog, sondern durch ein "elastisches Merkmalsgefüge" aus.45 Für jede Entscheidung, ob eine bestimmte Bilanzierungsmethode den GoB entspricht, lassen sich die für GoB typischen Merkmale, das dominierende Merkmal und die Rangfolge der übrigen Merkmale als Entscheidungskriterien angeben. Doch haben die Merkmale selbst eher flexiblen Charakter und sind nicht völlig eindeutig abzugrenzen. Außerdem kann die Ausprägung der einzelnen Merkmale bei einer vorhandenen oder neu entwickelten Bilanzierungsmethode im Einzelfall sehr unterschiedlich sein. Damit bleibt die Beantwortung der Frage, ob und wieweit die Merkmale einer bestimmten Bilanzierungsmethode mit dem "elastischen Merkmalsgefüge" des Typus übereinstimmen, eine Entscheidung, bei der die persönliche Wertung großes Gewicht hat.46 Trotzdem ist die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit von Bilanzierungsmethoden anhand des Typus GoB nicht willkürlich und nicht in erster Linie vom subjektiven Ermessen des Bilanzierenden abhängig. Weil keine Gesetzeslücke vorliegt, ist der Bilanzierende nämlich bei der Konkretisierung des GoB-Begriffs nach der juristischen Methodenlehre an eine Auslegung mit Hilfe der klassischen Auslegungskriterien gebunden.47 Nur eine Gesetzeslücke würde dem 43 Vgl. zum Terminus "ausfüllungsbedürftiger Wertmaßstab" Strache, Karl-Heinz: Das Denken in Standards, München 1966, S. 68; Müller, Friedrich: Juristische Methodik, 2. Aufl., Berlin 1976, S. 92. 44 Vgl. Loy, Arno: Grundsätze und Regeln ordnungsmäßiger Buchführung ihre Rechtsnatur, in: BB, 25. Jg. (1979), S. 1210-1213, hier S. 1211. 4S Vgl. Kaufmann, Arthur: Analogie und Natur der Sache, Karlsruhe 1964, S.37; Leenen, Detlef: Typus und Rechtsfindung, Berlin 1971, S. 34. 46 Vgl. zur Bedeutung der Wertung bei der Konkretisierung von Typen Koller, Arnold: Grundfragen einer Typuslehre im Gesellschaftsrecht, Freiburg (Schweiz) 1967, S.58; Leenen, Detlef: Typus und Rechtsfindung, S. 183. 47 Nach Engisch, Karl: Juristisches Denken, 7. Aufl., S.83; Zippelius, Reinhold: Einführung in die juristische Methodenlehre, 3. Aufl., München 1980, S. 57f. und S. 85; Müller, Friedrich: Juristische Methodik, 2. Aufl., S. 286 ist der Gesetzesanwender generell bei der Auslegung an die klassischen Auslegungskriterien gebunden.

4 Fey

50

3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

Gesetzesanwender eine Rechtsfortbildung gestatten, die die klassischen Auslegungskriterien, insbesondere den Wortsinn, nicht mehr als entscheidende Anhaltspunkte berücksichtigen muß.4lJ Obwohl der mögliche Wortsinn als Grenze der Auslegung mit steigender Unbestimmtheit einer gesetzlichen Norm 49 an Trennschärfe verliert 50 und eine Bilanzierungsmethode nicht zwingend logisch unter den gesetzlichen Typus GoB subsumiert werden kann,51 erlaubt eine Auslegung des Typus anhand der klassischen Auslegungskriterien 52 Wortsinn, Bedeutungszusammenhang und Teleologie doch ein Herausarbeiten der für GoB typischen Merkmale. Auch wenn die auf diese Weise ermittelten Merkmale so global sind, daß sie einen relativ großen Spielraum bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit von einzelnen Bilanzierungsalternativen lassen, erfüllen sie dennoch den Zweck, die subjektive Entscheidung in größtmöglichem Umfang an die Wertungen des Gesetzes und die übrige Rechtsordnung zu binden. Die Beurteilung von alternativen Bilanzierungsmethoden anhand von Typusmerkmalen gewährleistet, daß einheitliche Überlegungen bei der Konkretisierung des GoB-Begriffs angewandt werden. Weil über die klassischen Auslegungskriterien alle hermeneutisch bedeutsamen Umstände 53 bei der Merkmalsermittlung zu berücksichtigen sind, gehen sie auch in jede Einzelentscheidung ein, bei der anhand der Merkmale untersucht wird, ob eine Bilanzierungsmethode den GoB entspricht. Die Wertungen für den Einzelfall werden dadurch objektiviert. 54 Sie lassen sich anhand einheitlicher, rationaler Kriterien überprüfen. GoB sind somit nicht allein durch Beispiele zu konkretisieren, für deren Wahl im Einzelfall unterschiedliche Gesichtspunkte ausschlaggebend sein können. Vielmehr tritt an die Stelle solcher kasuistischer Einzelwertungen bei der Konkretisierung des Typus anhand der einheitlichen Merkmale ein Systemdenken, das auf einheitliche Kriterien ausgerichtet ist.

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244.

Vgl. zur Rechtsfortbildung Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 214-

49 Vgl. zum Begriff der Gesetzesnorm Müller, Friedrich: Juristische Methodik, 2. Aufl., S. 122-124. 50 Vgl. Leenen, Detlef: Typus und Rechtsfindung, S. 173. 51 Vgl. zum Gegensatz zwischen Subsumtion und der Konkretisierung von Typen LaTenz, Kat!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 103. 52 Vgl. ebenda, S. 195-222. 53 Für eine Ermittlung der Merkmale des Typus kann eine Auslegung, die zusätzlich noch eine Übereinstimmung mit den Verfassungsprinzipien untersucht, aufgrund der geringen "Werthöhe" des GoB-Begriffs wenig leisten; ders. A. Kruse, Heinrich Wilhelm: GoB, 3. Aufl., S. 147 -150. Die in Abschnitt 32 erarbeiteten Merkmale bewegen sich in dem von der Verfassung vorgegebenen Rahmen. 54 Vgl. zur Bedeutung des Begriffs Objektivierung im Sinne intersubjektiver N achprüfbarkeit Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 16f.

3.2 Systemgerechtigkeit als ein Merkmal im Merkmalsgefüge von GoB

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3.2 Systemgerechtigkeit als ein Merkmal im Merkmalsgefüge von Goß 3.2.1 Wortsinn des GoB-Begriffs

Um die typischen Merkmale von GoB zu ermitteln, ist es notwendig, den unbestimmten Rechtsbegriff 'GoB unter allen Aspekten zu untersuchen, die zusätzliche Erkenntnisse über die Merkmale dieses Typus erbringen könnten. Je nach Verständnis des Wortsinns, Auswertung des Bedeutungszusammenhangs und Beurteilung der Teleologie können die Bedeutung und damit die für typisch gehaltenen Merkmale eines Begriffs höchst unterschiedlich sein. Deshalb sind alle diese Umstände für die Merkmalsermittlung relevant und bei der Auslegung zu berücksichtigen. Ausgangspunkt für die Auslegung muß auch bei unbestimmten Rechtsbegriffen der Wortsinn dieser Begriffe im allgemeinen, im wirtschaftswissenschaftlichen oder im juristischen Sprachgebrauch sein. l Den rechtlich relevanten Anwendungsbereich für den Typus GoB gibt der kaufmännische Ausdruck "Buchfohrung" an. Nach juristischem Sprachverständnis sind mit dem Begriff Buchführung neben der Buchführung i. e. S. auch die Inventur und der Jahresabschluß gemeint? Diese Buchführung i. w. S. soll nach Auffassung des Gesetzgebers durch "Grundsätze", also grundlegende, fundamentale Rechtssätze, geregelt werden.3 Denn nach allgemeinem Sprachverständnis sind Grundsätze das Resultat langfristiger, fundierter Überlegungen, die zu normativen Aussagen mit generellem Charakter geführt haben.4 Weil sich Grundsätze in Untersuchungen vieler Sachverständiger bewährt haben müssen,5 können sie allgemeine Geltung beanspruchen.6 Für eine vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichende juristische Deutung dieses Wortsinns gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Vgl. Bartholomeyczik. Horst: Gesetzesauslegung, S. 19. Vgl. Klinger. K.: Zur Frage des Inhalts der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: NB, 9. Jg. (1956), S. 104-107, hier S. 104; Leffson. Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 18 und S. 55; Christoffers. Rudolf: Die Grundlagen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: BFuP, 22. Jg. (1970), S. 78 -95, hier S. 78; Maaßen. Kurt: Weiterentwicklung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: DB, 23. Jg. (1970), S. 847 -849, hier S. 847; Küting. Karlheinz: Zur Frage der Ermittlung von Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, in: Die Unternehmung, 28. Jg. (1979), S. 297 -311, hier S. 297. 3 Vgl. Boelke, Wilfried: Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes, S.47; Körner, Werner: Wesen und Funktion der GoB, S. 310. 4 Vgl. Spannhorst, Burkhardt: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Rechtsnatur, Entstehung und Ermittlung, Dissertation, Münster 1973, S. 45. 5 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 134f. 6 Vgl. Müller, Erhard: Können Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung durch Verwaltungsmaßnahmen oder Rechtsprechung entwickelt oder beeinflußt werden?, in: StbJb 1956/57, S. 209-296, hier S. 212. 1

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4*

52

3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

Die Grundsätze sollen festlegen, welchen Anforderungen ein "ordnungsmäßiger" lahresabschluß und die dafür notwendigen Aufzeichnungen entsprechen sollen. Ordnungsmäßigkeit besagt, daß die Rechnungslegung nach einer bestimmten Ordnung aufgebaut sein muß.? Deshalb müssen auch die Grundsätze, die diese Ordnung gewährleisten sollen, folgerichtig im Hinblick auf diese Ordnung konzipiert werden. Dadurch werden die Grundsätze selbst nach einem einheitlichen Kriterium geordnet, stellen selbst eine Ordnung dar 8 oder anders ausgedrückt, bilden ein System. Denn der Ausdruck Ordnung 9 impliziert eine folgerichtige Zusammenstellung von Erkenntnissen nach einheitlichen Prinzipien, und eine solche Zusammenstellung war in Abschnitt 22 als System definiert worden. GoB, die einheitlich der Realisierung einer ordnungsmäßigen Rechnungslegung dienen sollen, sind darum im Rahmen eines Systems zu konkretisieren. Die Zweckorientierung der GoB erfordert ein System. Bei näherer Betrachtung hat der Begriff ordnungsmäßig bezogen auf die Rechnungslegung nicht nur die Bedeutung, daß Inventur, Buchführung und lahresabschlußlO planmäßig aufgebaut und systemgerecht strukturiert sein sollen. Denn ordnungsmäßig hat darüber hinaus den Sinn von richtig, rechtund gesetzmäßig. Leffson ll weist in diesem Zusammenhang auf Korn 12 hin, der gezeigt hat, daß der Begriff ordnungsmäßig vor allem durch Übersetzung des Wortes legal Eingang in die deutsche Amtssprache fand. Es ist darum naheliegend, wenn das Gesetz eine ordnungsmäßige Buchführung fordert, darunter eine legale, also gesetzmäßige, Bilanzierung zu verstehenP Obwohl das Gesetz den Ausdruck ordnungsmäßig in einem unbestimmten Rechtsbegriffverwendet, also gerade nicht im Detail regelt, was gesetzmäßig ist, hat die Auslegung der Ordnungsmäßigkeit im Sinne von Gesetzmäßigkeit einen wesentlichen Aussagegehalt. Denn Gesetzmäßigkeit besagt hier, daß die Bilanzierung und das System von Grundsätzen, auf denen sie basiert, so geordnet werden sollen, daß sie mit den Wertungen des Gesetzes in Einklang stehen. Indem der Gesetzgeber den Begriff ordnungsmäßig im Gesetz aufführt, 7 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 20; Boelke, Wilfried: Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes, S. 47. 8 Vgl. Böse, Wulf H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, Wiesbaden 1973, S. 32f. 9 Vgl. zur synonymen Verwendung des Begriffs "Ordnung" im ökonomischen Sprachgebrauch o. v.: Ökonomisches Lexikon, Bd. 2, 2. Aufl., Ber!in 1970, S. 310. 10 Im folgenden werden nur die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung untersucht, da sie allein im Zusammenhang mit der systemgerechten Ver!ustantizipation von Bedeutung sind. Daher wird die Abkürzung GoB im weiteren Ablauf der Untersuchung auch nur in diesem Sinne verwandt. 11 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 19. 12 Vgl. Korn, Kar!: Sprache in der verwalteten Welt, 2. Aufl., Olfen und Freiburg i. Br. 1959, S. 49 und S. 93. 13 Anderer Ansicht Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 19.

3.2 Systemgerechtigkeit als ein Merkmal im Merkmalsgefüge von GoB

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integriert er ihn in den gesetzlichen Kontext und unterstellt ihn seinen Wertungen.14 Gesetzmäßig ist die Ordnung oder das System, das den gesetzlichen Zwecken entspricht. 15 Eine ordnungsmäßige Bilanzierung ist somit nicht unbedingt eine aus betriebswirtschaftlicher Sicht optimale Bilanzierung, sondern das System von Regeln, das die Gesetzeszwecke verwirklicht. 16 Allerdings müssen aus der Natur der Sache die Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre zur Ermittlung dieser gesetzesadäquaten Regeln berücksichtigt werden. Versucht man den Wortsinn des GoB-Begriffs und die daraus folgenden gedanklichen Konsequenzen in Form von wenigen typischen Merkmalen auszudrücken, so treten drei wesentliche Anforderungen hervor, die Rechnungslegungsmethoden erfüllen müssen, um dem Typus GoB zu entsprechen: 1.

Zweckgerechtigkeit Nur das kann ordnungsmäßig sein, was den gesetzlichen Zwecken dient. Rechnungslegungsmethoden müssen daher zweckgerecht sein, um den GoB zu entsprechen.

2.

Systemgerechtigkeit Die Zweckgerechtigkeit kann nicht durch eine Kasuistik, ein Konglomerat sich teils widersprechender Einzelregelungen, sondern nur durch eine Ordnung von Normen erreicht werden. GoB sind daher als Bestandteil eines zweckgerichteten Systems zu verstehen. GoB müssen systemgerecht sein.

3.

Allgemeiner Konsens Der Ausdruck Grundsatz läßt erkennen, daß es sich bei den GoB um Regeln handelt, die das bewährte Ergebnis langer fachlicher Diskussionen oder praktischer Übung sind. Dem Wortsinn des GoB-Begriffs entsprechend ist das dritte Merkmal von GoB das Bestehen eines allgemeinen Konsenses bezüglich dieser Regeln.

Ob diese drei Merkmale sich nur durch die Auslegung des Wortlauts ergeben oder durch eine weitergehende Untersuchung des GoB-Begriffs modifiziert oder widerlegt werden, muß anhand der übrigen Auslegungskriterien festgestellt werden.

3.2.2 Bedeutungszusammenhang des GoB-Begriffs zu anderen gesetzlichen Vorschriften Der Wortsinn eines rechtlichen Begriffs wird erst dann deutlicher, wenn man ihn aus seinem gesetzlichen Kontext zu verstehen sucht und ihn so als Teil eines Zusammenhangs von Regelungen begreift. Dadurch, daß der Bedeutungszusammenhang als klassisches Auslegungskriterium bei jeder Auslegung zu 14 Vgl. zu Verweisen des Gesetzgebers auf Begriffe, die normativen Charakter haben, Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 336f. 15 Vgl. Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke des aktienrechtlichen Jahresabschlusses, in: Bilanzfragen. Festschrift zum 65. Geburtstag von Ulrich Leffson, hrsg. v. Jörg Baetge, Adolf Moxter und Dieter Schneider, Düsseldorf 1976, S. 11- 30, hier S. 13. 16 Vgl. Beisse, Heinrich: Handelsbilanzrecht in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, S. 644; derselbe: Verhältnis von Bilanzrecht und BWL, S. 11.

54

3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

berücksichtigen ist,17 sollen Widersprüche durch unterschiedliche Auslegungen einzelner rechtlicher Begriffe vermieden sowie der vorhandene gemeinsame Sinn und die sachliche Übereinstimmung von Regelungen innerhalb der Rechtsordnung zum Ausdruck gebracht werden. lB Die Auslegung eines Begriffs mit Hilfe des Bedeutungszusammenhangs geht von einer rechtlichen Ordnung, einem System, aus, das bestimmten Zwecken dient und auf einheitlichen Rechtsprinzipien basiert. Deshalb wird diese Auslegungsmethode auch als "systematische" Auslegung bezeichneU9 Trotz der Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs sind auch die Merkmale des Typus GoB im Rahmen dieser systematischen Auslegung zu konkretisieren. Eine Bilanzierungsmethode kann demnach nur dann als GoB gelten, wenn sie sachlich auf das System bilanzrechtlicher Regeln abgestimmt ist und darum nicht zu Widersprüchen führt. Durch das Erfordernis einer systematischen Ausiegung 20 des GoB-Begriffs wird die Systemgerechtigkeit zum zwingend notwendigen Merkmal des Typus GoB. Jede Bildung eines Systems von Normen erfolgt unter bestimmten Zielvorstellungen. Durch den Kontext, in den der GoB-Begriff eingegliedert ist, wird deutlich, daß der Gesetzgeber die GoB ausdrücklich für bestimmte Zwecke vorgesehen hat. In den Generalklauseln der §§ 38 Abs. 1 S. 1 HGB a. F., 238 Abs. 1, 243 Abs. 1 HGB 1985, 149 Abs. 1 AktG 1965, 264 Abs. 2 HGB 1985 ergibt der Bedeutungszusammenhang, daß mit Hilfe der GoB vor allem die Informations- und Rechenschaftsfunktion von Buchführung und Jahresabschluß realisiert werden soll. Die Handelsgeschäfte und die Vermögenslage sind nach den GOB2l ersichtlich zu machen,22 bzw. der Jahresabschluß soll "unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 23 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage"24 vermitteln. Außerdem sollen GoB nach Auffassung des Gesetzgebers noch anderen Zwecken als der in den Generalklauseln genannten Informationsfunktion dienen. Denn nach dem Wortlaut des Regierungsentwurfs im § 237 Abs. 2 S. 3 HGB-ps können auch bei einer Bilanzierung, die den GoB entspricht, 17 Vgl. Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 200; Abschnitt 3.1.2 dieser Untersuchung. 18 Vgl. Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 203. 19 Vgl. Engisch, Karl: Juristisches Denken, 7. Aufl., S.79; Spannhorst, Burkhardt: GoB, S. 55; Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 17. 20 Vgl. zur Notwendigkeit, alle klassischen Auslegungskriterien in die Auslegung miteinzubeziehen, auch Abschnitt 3.1.2 dieser Untersuchung. 21 Hervorhebungen durch den Verfasser. 22 Vgl. §§ 38 Abs.1 S. 1 HGB a.F. und § 238 Abs. 1 S. 1 HGB 1985. 23 Hervorhebungen durch den Verfasser. 24 § 264 Abs. 2 HGB 1985.

3.2 Systemgerechtigkeit als ein Merkmal im Merkmalsgefüge von GoB

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Abweichungen von einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild und damit eine Beeinträchtigung der Informationsfunktion auftreten. Das impliziert, daß es GoB gibt, die der Gesetzgeber aus anderen Gründen ebenfalls für gesetzmäßig hält. Insbesondere § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, der das Vorsichtsprinzip, das Imparitätsprinzip und das Realisationsprinzip kodifiziert, macht deutlich, daß auch die Kapitalerhaltung ein wichtiger Zweck von GoB ist. Wie der Bedeutungszusammenhang zeigt, sind GoB in besonderem Maße an die gesetzlichen Zwecke gebunden. Da der Gesetzgeber den GoB-Begriff auch in zahlreichen Detailvorschriften immer dann benutzt, wenn er sicherstellen will, daß nur die aus seiner Sicht zweckgerechten Methoden verwendet werden sollen,26 ist Zweckgerechtigkeit neben der Systemgerechtigkeit als eine conditio sine qua non für GoB anzusehen.27 Demnach können selbst seit langem praktizierte Bilanzierungsmethoden nicht den GoB entsprechen, sobald ihre mangelnde Zweckgerechtigkeit erkannt wird. Auch über das dritte GoB-Merkmal, den allgemeinen Konsens, gibt der Bedeutungszusammenhang Aufschluß. Gemäß § 238 Abs. 1 S. 2 HGB soll die Buchführung einem sachverständigen Dritten über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens einen Überblick gewähren. Ein Dritter kann nur dann von einer Abbildung im Jahresabschluß auf die Realität zurückschließen, wenn ihm eindeutige Regeln bekannt sind, nach denen Sachverhalte im Jahresabschluß abgebildet werden können.2 8 Die Kenntnis aller anwendbaren Methoden ist jedoch nicht ausreichend, wenn in bestimmten Fällen eine Mehrzahl von Bilanzierungsmethoden zweck- und systemgerecht ist. Denn auch bei Kenntnis sämtlicher Methoden kann ein Dritter dann nicht beurteilen, welche Methode gerade in einem konkreten Fall durch den Bilanzierenden verwendet wurde. Deshalb ist der Kreis der potentiell in Frage kommenden Methoden über einen allgemeinen Konsens auf einheitliche Rechnungslegungsmethoden zu reduzieren.29 Wenn mehrere Methoden die Merkmale Zweckgerechtigkeit und Systemgerechtigkeit besitzen, soll das Merkmal allgemeiner Konsens die für ein bestimmtes Problem relevanten Methoden auf eine einzige begrenzen und so gewährleisten, daß die Rechnungslegung gemäß § 238 Abs. 1 S.2 HGB durch jeden sachverständigen Dritten überprüft werden kann.3D 2S

Nicht ganz so deutlich im § 264 Abs. 2 S. 2 HGB 1985.

26 Vgl. eine Zusammenstellung solcher aktienrechtlichen Vorschriften bei ADS:

Rechnungslegung, Bd. 1,4. Aufl.,§ 149 Anm. 19 sowie§§ 39 Abs. 2a, Abs. 3, Abs. 4Nr. 2, 40 Abs. 4 S. 1,43 Abs. 4,44 Abs. 3 HGB a. F., 239 Abs. 4,241 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2, 257 Abs. 3 HGB 1985. 27 Vgl. Steinbach, Adalbert: Wesen, Rechtsnatur und Ermittlungsmethoden der GoB, S. 3-7 m.w.N. 28 Vgl. Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 709 f. 29 Vgl. zur Notwendigkeit einheitlicher Rechnungslegungsmethoden Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 16f.

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3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

Die systematische Auslegung bestätigt damit die drei Merkmale des GoBBegriffs, die schon die Auslegung des Wortlauts ergeben hatte. Darüber hinaus zeigt die Untersuchung des Bedeutungszusammenhangs und die methodische Notwendigkeit der systematischen Auslegung, daß Zweck- und Systemgerechtigkeit unverzichtbare Merkmale von GoB sind und daß das Merkmal allgemeiner Konsens die Aufgabe hat, bei Existenz mehrerer zweck- und systemgerechter Methoden eine Vereinheitlichung der Rechnungslegung herbeizuführen.31 Die Bedeutung und die Funktion der einzelnen Merkmale kann also mit Hilfe der systematischen Auslegung näher bestimmt werden. Weitere Hinweise auf die Merkmale von GoB und ihre jeweilige Aufgabe für die Konkretisierung des Typus GoB gibt die teleologische Auslegung. 3.2.3 Teleologie des GoB-Begriffs Die teleologische Auslegung will den Sinn und Zweck einer gesetzlichen Regelung erforschen und bei der Auslegung zur Geltung bringen.32 Aufgrund der Unbestimmtheit des GoB-Begriffs hat die methodische Notwendigkeit einer teleologischen Auslegung 33 für die Merkmalsermittlung von GoB vergleichbare Konsequenzen wie das Erfordernis der systematischen Auslegung. Denn ebenso wie die systematische Auslegung zu einer systemgerechten Konkretisierung des GoB-Begriffs zwingt 34 und die Systemgerechtigkeit infolgedessen zu einem notwendigen Merkmal des Typus GoB wird, macht die teleologische Auslegung durch ihre Anwendung auf den Typus eine zweckgerechte Konkretisierung erforderlich und die Zweckgerechtigkeit zu einem notwendigen Merkmal von Goß. Teleologische Auslegung kann die Gesetzeszwecke immer nur soweit zum Ausdruck bringen, wie der Wortsinn und der Bedeutungszusammenhang einer gesetzlichen Norm dies zulassen. Der Wortsinn und der Bedeutungszusammenhang des GoB-Begriffs weisen bereits übereinstimmend auf die Zweckgerechtigkeit als Merkmal von GoB hin.35 Dadurch bekommen die Gesetzeszwecke bei der Konkretisierung des Typus ein besonders großes Gewicht. 30 Vgl. Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp.710; derselbe: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, noch unveröffentlichter Beitrag im German Handbook of Business Management (im Druck). 31 Vgl. derselbe: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 706. 32 Vgl. Coing, Helmut: Rechtsphilosophie, S. 317; Fikentscher, Wolfgang: Methoden des Rechts in vergleichender Darstellung, Bd. 4, Tübingen 1977, S. 190; Pawlowski, HansMartin: Methodenlehre, S. 178 f. 33 Vgl. zum Erfordernis der Berücksichtigung aller klassischen Auslegungskriterien bei der Gesetzesauslegung auch Abschnitt 3.1.2 dieser Untersuchung. 34 Vgl. den voraufgehenden Abschnitt 3.2.2 dieser Untersuchung. 3S Vgl. Abschnitt 3.2.1 und 3.2.2 dieser Untersuchung.

3.2 Systemgerechtigkeit als ein Merkmal im Merkmalsgefüge von GoB

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Um die Zweckgerechtigkeit der Auslegung zu gewährleisten, ist immer zugleich eine systemgerechte Auslegung erforderlich. Denn die teleologische Auslegung muß die gesetzlichen Zwecke folgerichtig auf einzelne rechtliche Probleme übertragen. Indem verschiedene Einzelfälle anhand einheitlicher Zwecke folgerichtig beurteilt werden, entsteht ein System rechtlicher Wertungen. Die Bedeutung des systemgerechten Denkens für die teleologische Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs GoB wird zusätzlich durch den Wortsinn des Begriffs betont, der explizit eine ordnungsmäßige Buchführung fordert und damit auf eine Ordnung der Rechnungslegung durch ein System von Grundsätzen hinweist.36 Teleologische und systemgerechte Auslegung des GoB-Begriffs sind daher nicht voneinander zu trennen. Das Merkmal der Zweckgerechtigkeit des Typus GoB impliziert das Merkmal der Systemgerechtigkeit. Weil das Kriterium der teleologischen Auslegung auf den GoB-Begriff angewandt wird, ergibt sich außerdem zwangsläufig, daß das Merkmal allgemeiner Konsens nur untergeordnete Bedeutung für die Frage haben kann, ob eine Bilanzierungsmethode den GoB entspricht. Eine unter Umständen konsensfähige, aber nicht zweck- und systemgerechte Bilanzierungsmethode muß aus der Betrachtung ausscheiden.37 Der allgemeine Konsens von Sachverständigen, welcher Qualifikation auch immer, kann aus Sicht der teleologischen Auslegung nicht eine Methode rechtfertigen, die die Merkmale der Zweck- und Systemgerechtigkeit nicht besitzt.38 Umgekehrt ist eine Methode, die anderen offensichtlich aus Gründen der Zweck- und Systemgerechtigkeit vorzuziehen ist, als GoB einzustufen, auch ohne daß bereits ein allgemeiner Konsens besteht.39 Damit reduziert die Anwendung der teleologischen Auslegung die Bedeutung des Merkmals allgemeiner Konsens auf die Aufgabe, die dem Merkmal bereits durch den Bedeutungszusammenhang zugewiesen wurde: die Vereinheitlichung von zweck- und systemgerechten Methoden in den Fällen, wo mehrere alternative Methoden die Merkmale der Zweck- und Systemgerechtigkeit besitzen.40 Die Untersuchung des Typus GoB anhand der klassischen Auslegungskriterien Wortsinn, Bedeutungszusammenhang und Teleologie bestätigt damit übereinstimmend die Merkmale Zweckgerechtigkeit, Systemgerechtigkeit und allgemeiner Konsens. Im Hinblick auf die Merkmale Zweckgerechtigkeit und allgemeiner Konsens zeigt das Resultat dieser rechtlichen Interpretation des GoB-Begriffs weitgehende Übereinstimmung mit Ergebnissen anderer wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchungen des GoB-Begriffs.41 Vgl. Abschnitt 3.2.1 dieser Untersuchung. Vgl. auch BFH-Beschluß des GrS v. 3.2. 1969, BStBI. II 1969, S. 291-294, hier S. 292; BFH-Urteil v. 31. 5.1967, I 208/63, BStBI. III 1967, S. 607-609, hier S. 609. 38 Vgl. Döllerer, Georg: GoB, Entstehung und Ermittlung, S. 656. 39 Vgl. Boelke, Wilfried: Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes, S. 53-57. 40 Vgl. Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 706; Abschnitt 3.2.2 dieser Untersuchung. 36 37

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3 Notwendigkeit systemgerechter Konkretisierung von GoB

Gegenüber diesen Untersuchungen enthält das Resultat der hier durchgeführten Auslegung mit Hilfe der genannten Auslegungskriterien jedoch eine nicht unwesentliche Erweiterung. Der Typus GoB ist der juristischen Methodenlehre zufolge de lege lata durch ein weiteres Merkmal, die Systemgerechtigkeit, gekennzeichnet. Dieses zusätzliche Merkmal ermöglicht es, den Kreis der gesetzmäßigen Rechnungslegungsmethoden erheblich genauer zu beschreiben und Widersprüche bei der Konkretisierung der Gesetzeszwecke zu vermeiden. Außerdem sichert die juristische Auslegung die wirtschaftswissenschaftIichen Überlegungen zur Bedeutung der Merkmale für die Entstehung von GoB methodisch ab. So ist allein durch die Anwendung der Auslegungskriterien die Rangfolge der Merkmale Zweckgerechtigkeit und aIIgemeiner Konsens methodisch vorgegeben. Ziel dieser Untersuchung ist es, die Systemgerechtigkeit der Verlustantizipation durch eine entsprechende Auslegung des Imparitätsprinzips zu gewährleisten. Deshalb ist zu überlegen, wie das System von Bilanzierungsgrundsätzen aufgebaut sein muß und weIche Anforderungen das System an die Auslegung der einzelnen Grundsätze und darum auch an das Imparitätsprinzip stellt, damit die Auslegung systemgerecht ist. Das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit ist zu konkretisieren.

41 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 132-136; Federmann, Rudolf: Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht, 5. Aufl., Bielefeld 1979, S. 78-82; Steinbach, Adalbert: Die Rechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965. Aus der Perspektive eines neuen Systems der "Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoB)", Wiesbaden 1973, S. 33-37; Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 281 f.

4 Konkretisierung des Goß-Merkmals Systemgerechtigkeit 4.1 Ermittlung der Zwecke von Goß als Voraussetzung zur Konkretisierung des Goß-Merkmals Systemgerechtigkeit Wie im voraufgehenden Abschnitt dargestellt, soll das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit sicherstellen, daß die Zwecke von GoB durch ein System von Grundsätzen folgerichtig auf alle Sachverhalte angewandt werden, die in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zu erfassen sind und von GoB geregelt werden sollen. Um das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit zu konkretisieren, ist daher zu untersuchen, wie ein System zu bilden ist, das die Zwecke von GoB realisiert. Systemgerecht sind dann die Grundsätze, die den Anforderungen dieses zweckgerechten Systems genügen und darum Elemente des Systems darstellen. Ein zweckgerechtes System kann nur gebildet werden, wenn die Zwecke, die das System verwirklichen soll, vorher bekannt sind. Denn die Konstruktion und die Funktionsweise des Systems sowie die Anforderungen, denen das System und die Systemelemente gerecht werden sollen, sind davon abhängig, ob es sich bei diesen Zwecken um komplementäre oder konfliktäre Zwecke handelt und ob sich ggf. bei konfliktären Zwecken eine Rangfolge dieser Zwecke angeben oder ein Konflikt durch Elimination widersprüchlicher Zwecke beseitigen läßt,! Darüber hinaus ist für den Aufbau des Systems entscheidend, ob sich die Zwecke inhaltlich so eindeutig abgrenzen lassen, daß sie als einheitliche Gesichtspunkte eine folgerichtige Zusammenstellung der Grundsätze ermöglichen,2 oder ob zusätzliche Rechtsprinzipien erforderlich sind, um eine einheitliche und damit widerspruchsfreie Bilanzierung zu erreichen. Die Konkretisierung des GoBMerkmals Systemgerechtigkeit ist somit davon abhängig, wie das Merkmal Zweckgerechtigkeit konkretisiert wird. Deshalb wird das Merkmal Zweckgerechtigkeit zum ausschlaggebenden Kriterium, zum konstitutiven Wertungsgesichtspunkt 3 für die Frage, ob eine Bilanzierungsmethode den GoB gerecht wird. Da die Bildung des GoB-Systems 1 Vgl. zu den Möglichkeiten einer Lösung solcher Zielkonflikte Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 18 - 21. 2 Vgl. Heinen, Edmund: Handelsbilanzen, 10. Aufl., S. 111; Waldner, Wolfgang: Der Bundesgerichtshof und die Rechtsnatur der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: BB, 16. Jg. (1961), S. 1108-1111, hier S. 1110; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 132; Steinbach, Adalbert: Wesen, Rechtsnatur und Ermittlungsmethoden, S. 11. 3 Vgl. zum Begriff "konstitutiver Wertungsgesichtspunkt" Strache, Karl-Heinz: Denken in Standards, Berlin 1966, S. 56 f.; Leenen, Detlef: Typus und Rechtsfindung, S. 42 -45.

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4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

nur in Abhängigkeit von der Konkretisierung des Merkmals Zweckgerechtigkeit möglich ist und das Merkmal allgemeiner Konsens lediglich eine weitere Vereinheitlichung zweck- und systemgerechter Normen herbeiführen soll, ist die Zweckgerechtigkeit als dominierendes GoB-Merkmal anzusehen.4 Um die Zweckgerechtigkeit als Voraussetzung einer zweckgerechten Systembildung zu konkretisieren, bietet es sich an, auf das Schrifttum zurückzugreifen, da die Frage nach den gesetzlichen lahresabschlußzwecken und den Zwecken von GoB zu den meist diskutierten Problemen des Bilanzrechts gehört. Trotz der umfangreichen Diskussion ist jedoch bis heute in der Literatur keine Einigung erzielt worden. 5 Weil die Konkretisierung der Zweckgerechtigkeit aber notwendig ist, um Aussagen zu einer systemgerechten Bilanzierung machen zu können und eine differenzierte Lösung zu den Zwecken von GoB vorgeschlagen werden soll, wird im Rahmen dieser Untersuchung die Problematik aus rechtlicher Sicht erneut aufgegriffen.

4.2 Konkretisierung des Goß-Merkmals Zweckgerechtigkeit 4.2.1 Konkretisierungsgrundlagen für das Goß-Merkmal Zweckgerechtigkeit 4.2.1.1 Ermittlung der Konkretisierungsgrundlagen

Während die teleologische Auslegung schon als Auslegungskriterium Aussagen über die Merkmale des Typus GoB gestattete, sollen nun die Bestandteile der teleologischen Auslegungsmethode, die historisch-teleologische und die objektiv-teleologische Auslegung, die Konkretisierungsgrundlagen für das GoBMerkmal Zweckgerechtigkeit liefern. Ausgangspunkt für jede teleologische Auslegung ist die Regelungsabsicht des historischen Gesetzgebers, die sich häufig aus der Entstehungsgeschichte einer gesetzlichen Vorschrift ergibt.1 Wie die Geschichte der handels- und aktienrechtlichen Generalklauseln zeigt, hatte der Gesetzgeber, bevor er den GoB-Begriff in diese Generalklauseln einfügte, nicht die Absicht, die Bilanzierung an einheitliche, auf die gesetzlichen Zwecke ausgerichtete Grundsätze zu binden. Es wurden lediglich "ordentliche Bücher" verlangt. 2 "Die Grundsätze, nach welchen die Bilanz aufzunehmen" war, mußten im Gesellschaftsvertrag angegeben werden.3 4 Vgl. Greiffenhagen, Hermann: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: FR, 16. (43.) Jg. (1961), S. 410f., hier S. 410; Christoffers, Rudolf: Grundlagen der GoB, S. 89. 5 Vgl. Baetge, Jörg (Hrsg.): Der Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen, Düsseldorf 1983 und die dort enthaltenen kontroversen Auffassungen m. w. N. 1 Vgl. Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 203-209. 2 Vgl. § 1468 des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794, bei Barth, Kuno: Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts und der auf ihm beruhenden Bilanzauffassungen, handelsrechtlich und steuerrechtlich, Bd. 1, Stuttgart 1953, S. 245.

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Damit wurde keine für alle bilanzierenden Unternehmen einheitliche Regelung angestrebt, sondern es blieb dem Bilanzierenden überlassen, die Regelungen zur Buchführung und Rechnungslegung individuell nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen für den jeweiligen Betrieb zu gestalten. Im Zuge der Entwicklung allgemein üblicher Buchführungs- und Bilanzierungsmethoden wurde 1897 die noch heute geltende Generalklausel des § 38 HGB geschaffen, die den Kaufmann verpflichtet, in seinen Büchern "seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. "4 Durch die Einführung der GoB verwies das Gesetz erstmals auf einen einheitlichen Maßstab. Die "Gepflogenheiten sorgfältiger Kaufleute" sollten durch den gesetzlichen Verweis auf die GoB zum Beurteilungskriterium für die GoB werden. 5 Häufig hat man bei der Interpretation der Denkschrift zum HGB-Entwurf die Bedeutung der allgemeinen Übung der Kaufleute überbetont und dabei vernachlässigt, daß als Richtschnur auch nach dem Willen des historischen Gesetzgebers nur die Gepflogenheiten sorgfältiger Kaufleute angesehen werden sollten.6 Schärfere Konturen erhielten die Wertungen des Gesetzgebers, wie im Abschnitt 3.1.1 beschrieben, allerdings erst, nachdem insbesondere im Aktienrecht in größerem Umfang Bilanzierungsnormen kodifiziert worden waren und eine stärker am Gesetz orientierte Interpretation des GoB-Begriffs ermöglichten. Konkretisierungsgrundlage für das GoB-Merkmal Zweckgerechtigkeit können deshalb nicht die wenig klaren, subjektiven Regelungsabsichten des historischen Gesetzgebers sein, sondern statt dessen muß versucht werden, die hinter den GoB stehenden Zwecke, die dem Gesetzgeber im Entstehungszeitpunkt wohl nicht in vollem Umfang bewußt waren,7 im Rahmen einer objektiv-teleologischen Auslegung herauszuarbeiten. Die objektiv-teleologische Auslegung orientiert sich 'an zwei Gesichtspunkten. Erstens hat sie den rechtlichen Anwendungsbereich des GoB-Begriffs und die dort bestehenden Interessenstrukturen zu berücksichtigen.8 Denn der Jahresab3 Vgl. § 2 Nr. 4 des Preußischen Gesetzes über die Aktiengesellschaften vom 9. 11. 1843, Art. 209 Nr. 6 des ADHGB von 1861, Neuer Art. 209 Nr. 7 der Aktienrechtsnovelle vom 11. 6. 1870, bei Barth, Kuno: Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, S.284-286. 4 Heute § 238 Abs. 1 S. 1 HGB 1985. 5 Vgl. Entwurf eines Handelsgesetzbuchs mit Anschluß des Seehandelsrechts nebst Denkschrift, aufgestellt im Reichsjustizamt, Berlin 1896, Denkschrift S. 45. 6 Vgl. Waldner, Wolfgang: BGH und Rechtsnatur der GoB, S. 1108f.; van der Velde, Kurt: Die Anerkennung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im Steuerrecht, in: WPg, 3. Jg. (1950), S. 109-112, hier S. 109; Schlüter, earl: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung und steuerliche Gewinnermittlung, in: WPg, 4. Jg. (1951), S. 436f., hier S. 436; van der Velde, Kurt: Zur Kritik an den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, in: DB, 9. Jg. (1956), S. 804f. 7 Vgl. Kruse, Heinrich Wilhelm: GoB, 3. Aufl., S. 25f. 8 Vgl. dazu allgemein Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S.209-215;

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schluß ist als technisches Mittel zu verstehen, mit dem verschiedenen Zwecken und unterschiedlichen Interessen entsprochen werden kann.9 Um eine der Natur der Sache angemessene, "sachgerechte" Regelung der Rechnungslegung zu erreichen, müssen alternative Bilanzierungsmethoden daraufhin untersucht werden, welchen Interessen sie gerecht werden. lO Diesen Argumenten aus der Natur der Sache sind dann zweitens die Zwecke des Gesetzes gegenüberzustellen. ll Dabei ist für die Zweckgerechtigkeit einer Bilanzierungsmethode entgegen der Ansicht von Leffson 12 primär nicht ausschlaggebend, ob sie der Natur der Sache gerecht wirdP Denn das Gesetz ist nicht gezwungen, die in Theorie und Praxis bestehenden Interessenwertungen und die entsprechenden Bilanzierungsmethoden zu übernehmen. 14 Die Aufgabe des Typus GoB kann nicht darin bestehen, außerrechtliche Normen unreflektiert zu legalisieren; nicht einmal solche außerrechtlichen Normen, die betriebswirtschaftlich gesehen zweckgerecht sind. Zweckgerecht sind vielmehr nur die Normen, die den Zwecken des Gesetzes und dem dadurch angestrebten Interessenausgleich 15 gerecht werden. Der vom Gesetz geforderte Interessenausgleich und betriebswirtschaftliche Argumente aus der Natur der Sache müssen durchaus nicht übereinstimmen. Konkretisierungsgrundlagen für das GoB-Merkmal Zweckgerechtigkeit sind demnach die Interessen, die durch die Bilanzierungsvorschriften und die GoB in der Realität betroffen sind, sowie die Wertung und der Ausgleich dieser insbesondere für die GoB Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 708. 9 Vgl. Maul, Kar!-Heinz: Offene Probleme bei der Ermittlung von Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, in: ZfbF, 26. Jg. (1974), S. 726-745, hier S. 730; Sieben, Günter: Kritische Würdigung der externen Rechnungslegung unter besonderer Berücksichtigung von Scheingewinnen, in: ZfbF, 26. Jg. (1974), S.153-168, hier S.153-158; Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 13; Yoshida, Takeshi: Methode und Aufgabe der Ermittlung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: Bilanzfragen, Festschrift für Ulrich Leffson, hrsg. v. Jörg Baetge, Adolf Moxter und Dieter Schneider, Düsseldorf 1976, S. 49-63, hier S. 54; Rückle, Dieter: Normative Theorie der Steuerbilanzpolitik, in: Veröffentlichungen der Kommission für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, hrsg. v. Wilhelm Weber, Wien 1983, S. 21. 10 Vgl. Engisch, Kar!: Juristisches Denken, 7. Aufl., S. 196f.; Müller, Friedrich: Juristische Methodik, 2. Aufl., S. 120f. und S. 270. 11 Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 210f. 12 Vgl. Le//son, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 32f.; derselbe: Zur Gemeinsamkeit juristischer und ökonomischer Ermittlung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: WPg, 26. Jg. (1973), S. 582- 585, hier S. 584f. 13 Vgl. Zippelius, Reinhold: Rechtsphilosophie, München 1982, S. 49. 14 Vgl. Engisch, Kar!: Auf der Suche nach Gerechtigkeit, München 1971, S.238; Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 291 f. und S. 301. 15 Vgl. Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S.23f.; derselbe: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 708; derselbe: GoB, in: GBM.

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Interessen, die durch das Gesetz angestrebt werden. Zunächst ist darum zu fragen, welche Interessen durch eine Regelung der Rechnungslegung berührt werden und welche Möglichkeiten in der Realität bestehen, diese Interessen durch die Rechnungslegung zu verwirklichen. 4.2.1.2 Betroffene Interessen in der Realität (Natur der Sache) als Konkretisierungsgrundlage

Die Zwecke und Funktionen der Rechnungslegung ergeben sich aus den Zielen, die die an einer Unternehmung interessierten oder beteiligten Personen verfolgen.16 • 17 Dabei führen die verschiedenen Formen der wirtschaftlichen Beziehungen zum Unternehmen zu sehr unterschiedlichen Interessen, die auch in erheblich divergierenden Erwartungen bezüglich der Rechnungslegung zum Ausdruck kommen. IB Die unterschiedlichen Erwartungen lassen sich aufgrund ähnlicher Präferenzen innerhalb einzelner Interessengruppen zu kollektiven Präferenzfunktionen aggregieren. 19 Diese kollektiven Präferenzfunktionen tatsächlich zu ermitteln, ist jedoch nicht unproblematisch,2° Denn erstens ist es schwierig, Art und Gewicht der Gruppeninteressen überhaupt zu erkennen,21 zweitens läßt sich bezüglich bestehender Informationsinteressen nur näherungsweise bestimmen, welche Information für welche Entscheidung benötigt wird,22 und drittens sind die Interessen der Gruppen nicht homogen,23 insbesondere auch unterschiedlich je nach konkreter Entscheidungssituation.24 Um aber überhaupt etwas über 16 Vgl. Coenenberg. Adolf G.: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 5. Aull., S. 521; Schildbach, Thomas: Der Bilanzgewinn in Unternehmungen mit mehr als einem Beteiligten, in: BFuP, 24. Jg. (1972), S. 237-244, hier S. 237. 17 Die Frage, welche dieser Interessen tatsächlich als berechtigte Interessen (Bilanzadressaten) aus Sicht des Gesetzgebers anzusehen sind, läßt sich nur indirekt anhand der kodifizierten Vorschriften und deren Zwecksetzungen ermitteln; vgl. den folgenden Abschnitt 4.2.1.2 dieser Untersuchung. 18 Vgl. Baetge, Jörg: Vorwort zum "Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen", hrsg. v. Jörg Baetge, Düsseldorf 1983, S. 5; derselbe: GoB, in: GBM. 19 Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Begründbarkeit informationsorientierter Jahresabschlußverbesserungen, S. 787; Hartle, Joachim: Entobjektivierung der Bilanz, S. 13f. 20 Vgl. Wagner, Helmut: Zum Problem der Zielfunktion in einer operationalen Theorie der betrieblichen Kapitaldisposition, unveröffentlichte Habilitationsschrift, Münster 1971, S. 116-124 und S. 426-428. 21 Vgl. Moxter, Adolf: Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft, in: Bilanzfragen, Festschrift für Ulrich Leffson, hrsg. v. Jörg Baetge u. a., Düsseldorf 1976, S. 87 -100, hier S. 90. 22 Vgl. Heinen, Edmund: Handelsbilanzen, 10. Aull., S. 110f. 23 Vgl. Baetge. Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 24; Ballwieser, Wolfgang: Begründbarkeit informationsorientierter Jahresabschlußverbesserungen, S. 785. 24 Vgl. Egner, Henning: Bilanzen, München 1974, S. 13.

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Rechnungslegungszwecke aussagen zu können, muß wenigstens versucht werden, die in typischen Entscheidungssituationen bestehenden Interessen zu konkretisieren. 25 An der Rechnungslegung sind neben der Unternehmensleitung vor allem die Eigentümer, die Gläubiger, die Arbeitnehmer, der Fiskus und die Öffentlichkeit interessiert, die sich aus heterogenen Gruppen, wie Abnehmern und Lieferanten, der Konkurrenz, den Wirtschafts- und Arbeitnehmerverbänden, der Presse etc., zusammensetzt.26 Die teilweise divergierenden Interessen dieser Gruppen lassen sich nach wohl überwiegender Ansicht des betriebswirtschaftlichen Schrifttums in zwei Hauptkomponenten zusammenfassen: in das Informationsund in das Zahlungsbemessungsinteresse.27 • 28 Das Informationsinteresse richtet 25 Vgl. StützeI, Wolfgang: Bemerkungen zur Bilanztheorie, in: zm, 37. Jg. (1967), S. 314-340, hier S. 319f. 26 Vgl. Egner, Henning: Bilanzen, S. 10. 27 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 149 Anm.3; Coenenberg, Adolf: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 5. Aufl., S. 34f.; Drukarczyk, Jochen: Zur Interpretation des § 156 Abs.4 Aktiengesetz, in: Bilanzfragen, Festschrift für Ulrich Leffson, hrsg. v. Jörg Baetge, Adolf Moxter und Dieter Schneider, Düsseldorf 1976, S.119-136, hier S.129 m. w. N.; Forster, Karl-Heinz: Vom Gläubigerschutz zum Aktionärsschutz - der Wandel in den Bewertungsbestimmungen des Aktienrechts, in: WPg, 17. Jg. (1964), S. 422-429, hier S. 424 und S. 427; Kropff, Bruno: Vorbem. zu § 149 Anm. 3-9, in: Geßler, Ernst, Hefermehl, Wolfgang, Eckhardt, Ulrich, Kropff, Bruno, Aktiengesetz, Kommentar, Bd. 3, München 1973; Leffson, Ulrich: Wesen und Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses, in: ZfbF, 18. Jg. (1966), S. 375-390, hier S. 383f.; derselbe: GoB, 6. Aufl., S. 55 - 86; Meier, Albert: Die Aussagekraft der aktienrechtlichen Bilanz aus der Sicht der dynamischen Bilanzauffassung, in: ZfbF, 18. Jg. (1966), S. 532- 543, hier S. 533; Mellwig, Winfried: Rechnungslegungszwecke und Kapitalkonten bei Personengesellschaften, in: BB, 34. Jg. (1979), S.1409-1418, hier S.1410-1412; Moxter, Adolf: Die Jahresabschlußaufgaben nach der EG-Richtlinie. Zur Auslegung von Art. 2 Bilanzrichtlinie, in: AG, 24. Jg. (1979), S. 141-146; Wagner, Franz W.: Zur Informations- und Ausschüttungsbemessungsfunktion des Jahresabschlusses auf einem organisierten Kapitalmarkt, in: ZfbF, 34. Jg. (1982), S. 749-771. 28 Teilweise beurteilen die Autoren diese Interessen in Abhängigkeit von der Rechtsform der Unternehmen unterschiedlich. Aber einerseits regelt das HGB die Rechnungslegung weitgehend einheitlich für alle Rechtsformen. Andererseits nimmt sowohl die Bedeutung der Informationsfunktion als auch der Zahlungsbemessungsfunktion ausgehend von den Kapitalgesellschaften über die Personengesellschaften bis hin zum Einzelkaufmann aufgrund besserer alternativer Informationsmöglichkeiten bzw. infolge der unbeschränkten Haftung ab. Daher soll hier vom komplexesten Fall, nämlich der Interessenzusammensetzung in einer Aktiengesellschaft, ausgegangen werden. Ähnliche Interessenprobleme bestehen in abgeschwächter Weise auch bei den übrigen Gesellschaftsformen. Vgl. dazu Christoffers, Rudolf: Problematik einer Rechtsformabhängigkeit der Bilanzierungsvorschriften, in: DB, 23. Jg. (1970), S. 1649-1657; Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 127 -133; Mellwig, Winfried: Rechnungslegungszwecke, S. 1410-1412; Biener, Herbert: Interessenkonflikte bei der Anpassung der Rechnungslegungsvorschriften in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in: Der Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen, hrsg. v. Jörg Baetge, Düsseldorf 1983, S.21-45, hier S.39-41; Rückle, Dieter: Normative Theorie der Steuerbilanzpolitik, S. 202-220.

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sich dabei in erster Linie aufInformationen über Rentabilität und Liquidität der jeweiligen Unternehmung.29 Das Zahlungsbemessungsinteresse verlangt von der Rechnungslegung, daß sie als Zahlungsbemessungsgrundlage für ergebnisabhängige Auszahlungen dient und den für alle Interessenten optimalen entnahmefähigen Betrag 30 angibt. Beiden Interessen kann kein Rechnungslegungsinstrument, das bisher durch die Betriebswirtschaftslehre entwickelt wurde, simultan gerecht werden. So gestattet der "ökonomische Gewinn" eine Berechnung der Optimalentnahme nur unter realitätsfremden Prämissen.3 ! Finanzpläne geben zwar Informationen über Rentabilität und Liquidität,32 können aber keine Zahlungsbemessung sicherstellen, die bei drohender Insolvenz eine frühzeitige Kapitalerhaltung in Höhe der Haftungsmasse gewährleistet.33 Eine Realisierung aller Informations- und Zahlungsbemessungswünsche der Rechnungslegungsinteressenten ist allein schon deshalb nur begrenzt möglich, weil alle zur Verwirklichung der Interessen notwendigen Rechnungen zu einem großen Teil auf Zukunftsdaten basieren müssen,34 so daß die Richtigkeit dieser ex-ante Rechnungen immer vom Eintreffen subjektiver Erwartungen über künftige Größen abhängig ist.35 Außerdem wäre eine zukunfts bezogene Rechnungslegung manipulierbar. Aufgrund ihrer Machtposition könnten die U nternehmensinsider durch Angabe manipulierter Zukunftsdaten eine Informationsumverteilung 36 und eine Zahlungsbemessung herbeiführen, die den Interessen der Unternehmensoutsider zuwiderliefe. 29 Vgl. Leffson, Ulrich: Der Ausbau der unternehmerischen Rechenschaft durch vollständigen Kapitaldispositionsnachweis, in: NB, 21. J g. (1968), S. 1-17, hier S. 2; derselbe: Wesen und Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses, S.380f.; Baetge, Jörg, Lammerskitten, Peter: Publizität und Finanzierung, in: HWF, hrsg. v. Hanns E. Büschgen, Stuttgart 1976, Sp. 1469-1486, hier Sp. 1470; Moxter, Adolf: Jahresabschlußaufgaben, S. 143 f. 30 Vgl. Schildbach, Thomas: Analyse des betrieblichen Rechnungswesens aus der Sicht der Unternehmungsbeteiligten, dargestellt am Beispiel der Aktiengesellschaft, Bd. 22 der Schriftenreihe Betriebswirtschaftliche Beiträge, hrsg. v. Hans Münstermann, Wiesbaden 1975, S. 49 -128. 31 Vgl. Lippmann, Klaus: Der Beitrag des ökonomischen Gewinns zur Theorie und Praxis der Erfolgsermittlung, Bd. 4 der Schriftenreihe des Instituts für Revisionswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, hrsg. v. Ulrich Leffson, Düsseldorf 1970, S.109f.; Koch, Helmut: Jahresabschluß und Unternehmenstheorie, in: ZfbF, 36. Jg. (1984), S. 987 -1004, hier S. 988 und S. 991. 32 Vgl. Baetge, Jörg: Vermögens- und Finanzlage, Prüfung der, in: HWRev, hrsg. v. Adolf Gerhard Coenenberg und Klaus v. Wysocki, Stuttgart 1983, Sp. 1642-1662, hier Sp.1647. 33 Vgl. Egner, Henning: Bilanzen, S.172-177. 34 Vgl. Schildbach, Thomas: Bilanzgewinn, S. 238. 3S Vgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 18 und S. 21; Ballwieser, Wolfgang: Begründbarkeit informationsorientierter Jahresabschlußverbesserungen, S. 778 f. 36 Vgl. Hartle, Joachim: Entobjektivierung der Bilanz, S. 82-84.

5 Fey

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Deshalb beruht die traditionelle Rechnungslegung durch handelsrechtliche Jahresabschlüsse auch heute noch zu einem großen Teil auf Vergangenheitsdaten. Da die für Jahresabschlußinteressenten wirklich entscheidungsrelevanten Daten zukunftsbezogen sein müssen, können traditionelle Jahresabschlüsse den bestehenden Interessen nur sehr beschränkt genügen.37 Denn die Bilanz liefert zwar Informationen zur Vermögens- und Kapitalstruktur,38 gibt jedoch zur Liquidität und Rentabilität eines Unternehmens allenfalls Hinweise.39 Für die Fähigkeit, künftigen Zahlungsverpflichtungen in jedem Zeitpunkt nachkommen zu können (Liquidität), bietet die Bilanz nur Anhaltspunkte. Denn sie enthält lediglich die am Bilanzstichtag vorhandenen flüssigen Mittel, aber weder alle künftigen Ein- und Auszahlungen sowie deren Fälligkeit noch die potentielle Liquidität.40 Die in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelten Periodenerfolge bilden auch keinen theoretisch befriedigenden Maßstab für die Rentabilität, da durch Gegenüberstellung einzelbewerteter aktiver und passiver Bilanzgegenstände41 bzw. durch Ertragsrealisation und Aufwandszurechnung nicht das durchschnittliche künftige Einkommen approximiert wird.42 Deshalb kann der handelsrechtliche Jahresabschluß auch die Zahlungsbemessungsaufgabe nur begrenzt erfüllen.43 Insbesondere die Erhaltung der Haftungsmasse durch eine Ausschüttungssperre, die bei bestimmten Bilanzrelationen eintritt, muß bezweifelt werden. Denn positive Abweichungen von den durch die Bilanzrelationen vorgegebenen Sollwerten garantieren keinen going-concern, umgekehrt sind negative Abweichllngen nicht zwangsläufig mit dem Unternehmenszusammenbruch gleichzusetzen.44 Eine Wertung der vorhandenen Rechnungslegungsinteressen ist somit für den Gesetzgeber keine leichte Aufgabe. Denn das zukunftsbezogene Rechnungsle37 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S.255, S.294 und S.303 und zum Gegensatz zwischen objektiver und "ökonomisch brauchbarer" Information Baetge, Jörg: Objektivierung, S.169-173. 38 Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Sind mit der neuen Generalklausel zur Rechnungslegung auch neue Prüfungspflichten verbunden?, in: BB, 40. Jg. (1985), S. 1034-1043, hier S.1035f. 39 Vgl. Leffson, Ulrich: Kapitaldispositionsnachweis, S. 2f. 40 Vgl. Leffson, Ulrich: Bilanzanalyse, 3. Aufl., Stuttgart 1984, S.33; Baetge, Jörg, Lammerskitten, Peter: Publizität und Finanzierung, Sp. 1471 f. und Sp. 1478f.; Vogler, Gerhard: Bilanzen, Bd. 92 von Schaeffers Grundriß des Rechts und der Wirtschaft, hrsg. v. H. G. SchachtschabeI, Düsseldorf 1972, S. 195f. 41 Vgl. Baetge, Jörg: Kapital und Vermögen, in: HWB, hrsg. v. Erwin Grochla und Waldemar Wittmann, Bd. 2,4. Aufl., Stuttgart 1975, Sp. 2089-2096, hier Sp. 2094. 42 Vgl. Egner, Henning: Bilanzen, S. 94f.; Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 288 und S. 290; Baetge, Jörg, Lammerskitten, Peter: Publizität und Finanzierung, Sp. 14751477. 43 Vgl. Koch, Helmut: Jahresabschluß und Unternehmenstheorie, S. 1000. 44 Vgl. Baetge, Jörg: Vermögens- und Finanzlage, Sp. 1654.

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4.2 Konkretisierung des GoB-Merkmals Zweckgerechtigkeit

gungsinstrument, mit dem gleichzeitig dem Infonnations- und Zahlungsbemessungsinteresse Rechnung getragen werden könnte, kann und wird es aus den gerade angeführten Gründen nicht geben. Traditionelle Jahresabschlüsse aber werden allen Interessen nur begrenzt gerecht. Der Gesetzgeber hat bei einer Interessenwertung, die die Rechnungslegung stärker auf das eine oder andere Ziel ausrichtet, nur die Wahl zwischen mehreren sub optimalen Lösungen.45 Weiterhin erschwert wird eine gesetzliche Wertung der Interessen durch die große Anzahl der divergierenden Interessen selbst. Egner hat die Infonnationsund Zahlungsbemessungsinteressen der fünf Gruppen Unternehmensleitung, Eigentümer, Gläubiger, Arbeitnehmer und Fiskus im Hinblick auf ihre gegenseitige Übereinstimmung untersucht. Dabei differenziert er zwischen positiven und negativen Infonnations- und Zahlungsbemessungsinteressen.46

Abbildung 1 Interessenkonflikte

positive InFormationsbzw. ZaillungslJemessLlngsinteressen

negative InFormationsinteressen A

B

C

0

negative Zalllungsbemessungsinteressen E

TI

A

45 4(j

5'

C

x

B

x

x

C

x

x

D

x

x

E

x

x

Legende: A: B: C: D: E:

B

x

x

x

x

x

x

x

x

x

D

E

x

x

x

x

x

x

Unternehmensleitung Eigentümer Gläubiger Arbeitnehmer Fiskus

x

x x

x: wahrscheinlicher Zielkonflikt

Vgl. Schildbach, Thomas: Analyse des Rechnungswesens, S. 131-133. Vgl. Egner, Henning: Bilanzen, S. 12.

68

4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

Unter positiven Interessen versteht er den Wunsch nach mehr Informationen bzw. höheren Zahlungen, unter negativen Interessen die Zielsetzung, die Informationen oder die Zahlungen an andere Gruppen oder Mitglieder der eigenen Gruppe zu beschränken. Zwischen den positiven und negativen Interessen der fünf Gruppen untereinander und innerhalb jeder Gruppe ermittelt Egner in bezug auf den Informationszweck 11, in bezug auf den Zahlungsbemessungszweck 16 konfliktäre Situationen! Tabellarisch ergibt sich das in Abb. 1 auf S. 67 dargestellte Gesamtbild: 47 Die Tabelle macht deutlich, daß sich für in so vielfältiger Weise divergierende Interessen kein gemeinsames Oberziel angeben läßt, durch das alle Konflikte beseitigt werden könnten.48 Deshalb kann jeder Interessenausgleich zwangsläufig nicht allen widersprechenden Interessen gerecht werden und somit nicht für alle betroffenen Personengruppen gleich akzeptabel sein. Der Gesetzgeber muß also bei seinen Regelungen die konfliktären Interessen gegeneinander abwägen. Bei dieser Interessenwertung ist er gezwungen, ein Werturteil 49 zu fällen, für das ihm der zu regelnde Sachbereich keine endgültige Lösung vorgibt. Denn die Divergenz der in der Realität bestehenden Interessen und die begrenzten Möglichkeiten, die Rechnungslegung diesen Interessen entsprechend zu gestalten, lassen aus der Natur der Sache 50 nicht die Aussage zu, eine bestimmte Interessenwertung sei optimal und müsse darum durch den Gesetzgeber verwirklicht werden. Für die Konkretisierung der Zwecke von GoB können die vorhandenen Interessen der Personenkreise, die durch gesetzliche Regelungen zur Rechnungslegung betroffen sind, nur den Ausgangspunkt bilden. Entscheidend ist die Wertung der Interessen durch die Zwecke der gesetzlichen Vorschriften und der GoB. 4.2.1.3 Zwecke der gesetzlichen Vorschriften als Konkretisierungsgrundlage

4.2.1.3.1 Bedeutung der Zwecke der gesetzlichen Vorschriften for die Zwecke von GoB

Um das GoB-Merkmal Zweckgerechtigkeit zu konkretisieren, müssen die gesetzlichen Zwecke von GoB bekannt sein. Die Gesetze, die den GoB-Begriff verwenden, enthalten zu den Zwecken der GoB jedoch keine expliziten VgI. Egner, Henning: Bilanzen, S. 89f. (hier Zusammenfassung beider Tabellen). VgI. Schildbach, Thomas: Analyse des Rechnungswesens, S.130; Baetge, Jörg: Vorwort zum "Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen", S. 5. 49 VgI. zu Werturteilen, insbesondere bei der Konkretisierung von ausfüllungsbedürftigen Wertmaßstäben Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 166-171. so VgI. die Argumentation zur Natur der Sache in Abschnitt 4.2.1.1 dieser Untersuchung. 47

48

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4.2 Konkretisierung des GoB-Merkmals Zweckgerechtigkeit

Angaben. Die gesetzliche Wertung der Interessen, die durch die Konkretisierung der GoB berührt werden, ist daher nicht unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen. Um trotzdem die gesetzlichen Zwecke von GoB zu ermitteln, soll versucht werden, von den Zwecken der kodifizierten Bilanzierungsvorschriften auf die Zwecke von GoB zu schließen. 51 Denn die kodifizierten Vorschriften des HGB 1985 entsprechen teilweise den GoB, u. a. wurden auch bestimmte GoB erstmals vom Gesetzgeber in die gesetzlichen Vorschriften übernommen. Graphisch läßt sich diese indirekte Ermittlung der Zwecke von GoB mit Hilfe der Zwecke der gesetzlich fixierten Vorschriften wie in Abbildung 2 darstellen. Die unterschiedlich gekennzeichneten Pfeile in der Abbildung 2 sollen verdeutlichen, daß sich die Konkretisierung der Zwecke von GoB m zwel gedankliche Teilschritte zerlegen läßt:

Abbildung 2

Ermittlung der Zwecke von Goß

-- -

I nteressenausgleil:;h durch (Zwecke der) gesetzl. Vorschriften

I

I

:

1)

I

I

~O

....

1) -----2) - - - - - - + 3)

0

C :::J

....

3)

~

GoBSystem

Einzelvorschriften des kodifizierten Bereichs und Generalnorm Legende:

-~

Interessenausgleich durch (Zwecke der) GoB

_

Induktionsschluß Analogieschluß oder Umkehrschluß Deduktionsschluß auf das GoB-System Generalnonn (§§ 149 Abs. 1 AktG 1965, 264 Abs. 2 HGB 1985) kodifizierte Einzelvorschriften

51 Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Neue Generalklausel und neue Prüfungspflichten, S.1035.

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Im ersten Schritt sind die kodifizierten Bilanzierungsvorschriften auf ihren gemeinsamen Sinn hin zu untersuchen. 52 Die gesetzlich festgelegten Vorschriften regeln bestimmte Bilanzierungssachverhalte, indem sie diese Sachverhalte im Rahmen von Normen als rechtliche Tatbestände generell umschreiben und für alle Sachverhalte, die diesen Tatbeständen entsprechen, bestimmte Bilanzierungsmethoden als Rechtsfolgen anordnen. 53 Die einzelnen gesetzlich festgelegten Tatbestände und die damit verbundenen Rechtsfolgen sind daher daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihnen ein oder mehrere gemeinsame Zwecke herausfiltern lassen, die als allgemeine Rechtsprinzipien hinter allen kodifizierten Rechtsnonnen stehen. 54 Die juristische Methodenlehre nennt diesen Schluß vom Besonderen auf das Allgemeine, von den besonderen Rechtsnonnen auf ein allgemeines Rechtsprinzip, in Übereinstimmung mit der Wissenschaftstheorie "Induktion" 55 (in Abb. 2: Pfeil 1). Im zweiten gedanklichen Teilschritt ist anschließend zu überlegen, ob sich die für den kodifizierten Bereich induzierten Zwecke auf die Bilanzierungssachverhalte übertragen lassen, die durch den Typus GoB geregelt werden sollen. Geht man davon aus, daß nach der gesamten gesetzlichen Zielsetzung (ratio legis) der Typus GoB denselben Zwecken dienen soll wie die kodifizierten Vorschriften, spricht man von einem Analogieschluß56 (in Abb. 2: Pfeil 2). Die durch den unbestimmten Rechtsbegriff GoB geregelten Tatbestände werden dann dadurch in den kodifizierten Bereich integriert, daß die Zwecke der kodifizierten Vorschriften analog auf sie angewandt werden. In einer Gesamtanalogie 57 werden die als identisch angesehenen gemeinsamen Zwecke auf alle Bilanzierungssachverhalte übertragen, die in den Anwendungsbereich des GoB-Begriffs fallen. Dieser Analogieschluß ist jedoch nicht ohne weiteres berechtigt. Denn die Zwecke der kodifizierten Vorschriften müssen nach der ratio legis durchaus nicht mit den Zwecken der GoB identisch sein. Vielmehr wäre es ebenso denkbar, daß der Gesetzgeber zur Verwirklichung der von ihm insgesamt angestrebten Interessenwertung für den Interessenausgleich durch die kodifizierten Bilanzierungsvorschriften andere Schwerpunkte setzt als für den Interessenausgleich durch GoB. Wenn man nämlich annimmt, daß die ausschließlich durch GoB geregelten Tatbestände, gerade weil sie nicht kodifiziert werden, anderen Interessen gerecht werden sollen, dürfen die Zwecksetzungen des Vgl. Moxter, Adolf: Jahresabschlußaufgaben, S. 144. Vgl. zur logischen Struktur jedes Rechtssatzes Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 131 f. 54 Vgl. Baumann, Jürgen: Einführung in die Rechtswissenschaft, 7. Aufl., München 1984, S. 110. 55 Vgl. Engisch, Kar!: Juristisches Denken, 7. Aufl., S. 147; Popper, Kar!: Logik der Forschung, 5. Aufl., Tübingen 1973, S. 3 - 5. 56 Vgl. Fikentscher, Wolfgang: Methoden des Rechts, Bd.4, S. 297f. 57 Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S.258. 52

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kodifizierten Bereichs nicht auf den GoB-Begriff übertragen werden. Da die Zwecke der kodifizierten Vorschriften dann ausschließlich für diese Regelungen gelten würden, wäre es nach der ratio legis nicht möglich, sie auf den GoBBegriff anzuwenden. An die Stelle des Analogieschlusses müßte dann im zweiten Gedankenschritt ein Umkehrschluß ( argumentum e contrario ) 58 treten (Abb. 2: Pfeil 2). Sowohl der erste als auch der zweite Gedankenschritt zur Ermittlung der Zwecke der GoB basieren nicht allein aufformallogischen Überlegungen. Denn bei dem "Induktionsschluß" läßt sich ein logischer Nachweis im Sinne eines kausalen Zusammenhangs 59 zwischen den kodifizierten Tatbeständen und deren Rechtsfolgen einerseits und einem allgemeinen Rechtsprinzip andererseits nicht führen. Ein so verstandener "Induktionsschluß", der von untersuchten Einzelfällen eindeutig auf eine Gesetzmäßigkeit schließen will, ist nicht einmal im Bereich mathematisch-naturwissenschaftlicher Zusammenhänge wissenschaftstheoretisch zulässig.60 Die "Induktion" darf hier vielmehr nur als gedankliche Reduktion der kodifizierten Regelungen auf ihren gemeinsamen Sinn verstanden werden. Eine solche Reduktion beruht vor allem auf einer wertenden Beurteilung der geregelten Tatbestände und ihrer Rechtsfolgen und entzieht sich damit einer rein formallogischen Rechtfertigung.61 Ebensowenig ist im zweiten gedanklichen Teilschritt die Überlegung, ob der Analogieschluß oder das argurnenturn e contrario anzuwenden ist, rein logischer Natur. Obwohl die beiden Schlüsse selbst logisch einwandfrei sind und formallogisch auf ihre Richtigkeit überprüft werden können, handelt es sich bei der Vorentscheidung, das eine und nicht das andere Schlußverfahren anzuwenden, um eine wertende Entscheidung.62 Ob die durch die GoB geregelten Tatbestände den kodifizierten Tatbeständen so ähnlich sind, daß für sie dieselben Zwecke gelten (Analogie), oder ob sie sich in bezug auf die für die ratio legis maßgeblichen'Gesichtspunkte so stark unterscheiden, daß für sie notwendig andere Zwecke dominieren (argurnenturn e contrario), ist eine logisch nicht eindeutig beweisbare Wertung. 63 Zwar muß die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung von GoB-Begriffund kodifizierten Normen sachlich begrün58 Vgl. Baumann, Jürgen: Rechtswissenschaft, 7. Aufl., S.111; Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 264. 59 Vgl. Küting, Kar!heinz: Ermittlung von GoB, S.310 zum Nichtvorhandensein kausaler Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten bei der "Induktion" von GoB aus der Kaufmannspraxis. 60 Vgl. Popper, Kar!: Logik der Forschung, 5. Aufl., S. 3 - 5; Yoshida, Takeshi: Methode und Aufgabe der GoB-Ermittlung, S. 55. 61 Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S.265; Müller, Friedrich: Juristische Methodik, 2. Aufl., S. 208; Pawlowski, Hans-Martin: Methodenlehre, S. 35f. 62 Vgl. Klug, Ulrich: Juristische Logik, 4. Aufl., Berlin und Heidelberg 1982, S. 143146. 63 Vgl. grundsätzlich zur Wertung, die einem Analogie- oder Umkehrschluß vorausgeht, Larenz, Kar!:'Methodenlehre, Studienausgabe, S. 265.

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det werden, und die Entscheidung muß bei Kenntnis der Argumente und deren Gewichtung durch jeden Dritten überprüfbar sein.64 Die Gewichtung der Argumente selbst aber wird durch eine teleologische Wertung und nicht durch einen formallogisch überprüfbaren Schluß vorgenommen. Die Ergebnisse der folgenden Untersuchung sind daher immer als Resultat einer wertenden Betrachtung anzusehen. Die induzierten Zwecke der gesetzlichen Vorschriften und die im Abschnitt 4.2.2 ermittelten Zwecke von GoB sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Konkretisierung eines GoBSystems 65 (in Abb. 2: Pfeil 3) dürfen infolgedessen nicht als das einzig mögliche, logisch richtige Ergebnis, sondern immer nur als Resultat einer wertenden Entscheidung verstanden werden, die nicht den Anspruch auf absolute Richtigkeit erheben kann. 4.2.1.3.2 Ermittlung der Zwecke der gesetzlichen Vorschriften ("Induktionsschluß" )

Anhaltspunkte für die "Induktion" des Interessenausgleichs, den die kodifizierten Vorschriften verwirklichen sollen, geben die Entstehungsgeschichte der Rechnungslegungsvorschriften und das Gesamtbild der heute bestehenden gesetzlichen Regelungen. Zweck der frühesten Rechnungslegungsvorschriften, die in der Ordonnance de Commerce 1673 in Frankreich erlassen wurden und die deutsche Gesetzgebung weitgehend beeinflußten, war in erster Linie die Konkursvorsorge,66 wie man auch aus den drastischen Sanktionen (Todesstrafe) bei Verstoß gegen die Buchführungspflichten im Konkursfall schließen darf.67 Als Ende des 19. Jahrhunderts die Bedeutung der Aktiengesellschaften wuchs, sah der Gesetzgeber in Deutschland ebenfalls die Konkursgefahr durch überhöhte Ausschüttungen als Hauptursache für einen gesetzlichen Regelungsbedarf an.68 Deshalb wurden Höchstwertvorschriften eingeführt, durch die die Aktionäre vor dem Erwerb von Aktien zu überhöhten Preisen und die Gläubiger vor dem Verlust ihrer Forderungen geschützt werden sollten.69 Damit wurden die Interessen für schutzwürdig gehalten, die darauf ausgerichtet waren, das Periodenergebnis aus Gründen der Ausschüttungsbegrenzung möglichst gering 64 Vgl. zum Erfordernis der Nachprüfbarkeit einer wertenden Entscheidung Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 6. 6S Vgl. Abschnitt 4.3 dieser Untersuchung. 66 Vgl. Barth, Kuno: Bilanz, handelsrechtliche, in: HWR, hrsg. v. Erlch Kosiol, Stuttgart 1970, Sp.187-200, hier Sp.187. 67 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 27. 68 Vgl. Forster, Karl-Heinz: Vom Gläubigerschutz zum Aktionärsschutz, S.424. 69 Vgl. Kropf!, Bruno: Leitgedanken der Bewertungsvorschriften des künftigen Aktienrechts, in: WPg, 17. Jg. (1964), S. 565-575, hier S. 568f.

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zu halten. Hauptaufgabe der Rechnungslegung war es demnach, den negativen Zahlungsbemessungsinteressen 70 Rechnung zu tragen. Erstmals in der Aktienrechtsverordnung von 1931 wird in der Generalklausel des § 260b Abs.2 die Forderung erhoben, der Jahresabschluß müsse "den Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die Lage der Gesellschaft" gewähren.71 Neben die Zahlungsbemessungsfunktion trat damit als weiteres Ziel die Informationsaufgabe der Rechnungslegung. Allerdings konnte sich die Einblicksforderung der Generalklausel weder in der Aktienrechtsverordnung von 1931 noch im Aktiengesetz von 1937 - dort kodifiziert durch den § 129 Abs. 1 - gegenüber den Bewertungsvorschriften durchsetzen,72 die weiterhin auf eine niedrige Zahlungsbemessung ausgerichtet waren. Denn durch die letztlich unbegrenzte Möglichkeit, im Rahmen der Bewertungsvorschriften stille Rücklagen zu bilden, konnte die Rechnungslegung die Informationsaufgabe de facto nicht erfüllen. Die Problematik wurde vom Gesetzgeber offensichtlich erst in den Referenten- und Regierungsentwürfen des Aktiengesetzes von 1965 erkannt.73 Dort war der spätere § 149 mit dem Inhalt, "im Rahmen der Bewertungsvorschriften" sei ein möglichst sicherer "Einblick in die Vermögens- und Ertragslage" zu geben, nicht enthalten, weil deutlich geworden war, daß die Informationsfunktion der Rechnungslegung mit stillen Rücklagen in diesem Umfang nicht vereinbar war.74 Erst als Mindestwertvorschriften eingeführt wurden, die die stillen Rücklagen begrenzten und gleichzeitig den Aktionärsinteressen an einer angemessenen Ausschüttung Rechnung trugen, wurde die Generalklausel des § 149 in der endgültigen Formulierung ins Aktiengesetz übernommen.75 Im HGB 1985 fordert die Generalklausel des § 264 Abs. 2, der Jahresabschluß einer Kapitalgesellschaft 76 solle "unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" vermitteln, so daß die Informationsauf70 Vgl. zum Begriff "negative Zahlungsbemessungsinteressen" Abschnitt 4.2.1.2 dieser Untersuchung. 71 Vgl. Barth, Kuno: Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, S. 295. 72 Vgl. Döllerer, Georg: Handelsbilanz ist gleich Steuerbilanz, in: Der Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen, hrsg. v. Jörg Baetge, Düsseldorf 1983, S. 157 -177, hier S. 164f. 73 Vgl. Claussen, Carsten P.: Bilanzierungsgrundsätze des neuen Aktienrechts, in: AG, 13. Jg. (1968), S. 1-6, hier S. 2. 74 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., Vorbem. zu §§ 153-156 Anm.3, 4; Döl!erer, Georg: Gläubigerschutz und Aktionärsschutz im neuen Aktienrecht - ein Scheingegensatz, in: BB, 21. Jg. (1965), S. 629-633, hier S. 631-633. 75 Vgl. Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S.41-55. 76 Vgl. § 264 Abs.1 HGB, der für Kapitalgesellschaften eine Erweiterung des Jahresabschlusses nach § 242 Abs. 3 HGB um den Anhang vorschreibt.

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gabe durch diesen Wortlaut noch stärker betont wird als im Aktiengesetz von 1965.77 Im krassen Gegensatz zu der gestiegenen Bedeutung der Informationsfunktion bei Kapitalgesellschaften steht allerdings, daß im neuen Bilanzrecht trotz starker Kritik durch das Schrifttum 78 erneut stille Rücklagen bei Nichtkapitalgesellschaften legalisiert wurden.79 Das HGB 1985 gestattet diesen Unternehmen nämlich in § 253 Abs. 4, stille Rücklagen "im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung" zu bilden. Nach dem Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert, Stiegler zum HGB-Entwurf des Rechtsausschusses (HGB-EU) ist die Bildung stiller Rücklagen bei Nichtkapitalgesellschaften möglich, da für Nichtkapitalgesellschaften nicht die Generalklausel in § 264 Abs. 2 HGB, sondern nur die Generalklausel des § 243 Abs. 1 HGB gelte,80 die die bilanzierenden Kaufleute lediglich verpflichtet, den Jahresabschluß "nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen"81. Dadurch sei bei Nichtkapitalgesellschaften eine Bewertung zulässig, die die für Kapitalgesellschaften gesetzlich festgelegten Wertuntergrenzen unterschreite.82 Die rechtsformspezifisch gespaltene Generalklausel der §§ 243 Abs. 1 und 264 Abs. 2 HGB hat daher einen sehr widersprüchlichen Inhalt. Bei Kapitalgesellschaften verlangt sie, der Jahresabschluß solle realitätsnahe Informationen geben, bei Nichtkapitalgesellschaften erlaubt sie nach Ansicht des Unterausschusses in praktisch unbegrenztem Umfang ein "Verlustverschleierungspotential"83 zu bilden. Im einen Fall soll der in der Generalnorm für Kapitalgesellschaften enthaltene GoB-Begriff eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Abbildung der Realität gewährleisten, im anderen die Bildung stiller 77 Vgl. Leffson, Ulrich: Zur Bedeutung des § 149 AktG und Art. 2 Abs. 3 der 4. EGRichtlinie, in: ZfbF, 31. Jg. (1979), S. 213-216, hier S. 214. 78 Vgl. derselbe, Zur Generalnorm und zum Bestätigungsvermerk des Vorentwurfs eines Bilanzrichtliniegesetzes sowie Anmerkungen zu weiteren Vorschriften, in: WPg, 33. Jg. (1980), S. 289-293, hier S. 293; Kropff, Bruno: Sinn und Grenzen von Bilanzpolitik im Hinblick auf den Entwurf des Bilanzrichtlinie-Gesetzes, in: Der Jahresabschluß im Widerstreit derInteressen, hrsg. v. Jörg Baetge, Düsseldorf 1983, S. 179-211, hier S. 209; Biener, Herbert: Zum Stand der Anpassung des deutschen Rechts an die Vierte gesellschaftsrechtliche Richtlinie der EG, in: DB, 38. Jg. (1985), Beilage Nr. 10, S. 1-10, hier S. 7. 79 Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Neue Generalklausel und neue Prüfungspflichten, S. 1036. 80 Vgl. Erläuterungen zu §§ 242,243 HGB-EU, in: Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert (Hannover), Stiegler zum Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz), in: BT-Drucksache 10/4268 v. 18.11. 85, S. 86-150, hier S. 96f. 81 § 243 Abs. 1 HGB. 82 Vgl. Erläuterungen zu § 253 HGB-EU, in: Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert (Hannover), Stiegler zum HGB-Entwurf, S. 100. 83 Vgl. StützeI, Wolfgang: Bemerkungen zur Bilanztheorie, S. 329f.; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 75 -78.

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Rücklagen erlauben. Der Inhalt der Generalklausel wäre erheblich eindeutiger, wenn er wie noch im § 237 Abs. 2 des Regierungsentwurfs in der jetzt allein für Kapitalgesellschaften geltenden Fassung "im Interesse der Rechtsvereinheitlichung, der Rechtsvereinfachung und der Rechtssicherheit"84 unabhängig von der Rechtsform für alle bilanzierenden Kaufleute festgeschrieben worden wäre, wie es ausdrücklich in der Begründung zum Regierungsentwurf hieß. Da die Generalklausel für Nichtkapitalgesellschaften in § 243 Abs. 1 HGB lediglich den GoB-Begriff ohne weiteren Kontext erwähnt, ermöglicht sie auch keinerlei Aussage für die Bestimmung der Zwecke von GoB, die über den Inhalt des Begriffs selbst hinausgeht. 85 Im folgenden kann daher zur Konkretisierung der Zwecke von GoB anhand der Zwecke der gesetzlichen Vorschriften nur die Generalklausel in § 264 Abs. 2 HG B zusätzliche Anhaltspunkte geben. Dabei ist jedoch ihre ausschließliche Gültigkeit für Kapitalgesellschaften zu beachten. Die Entstehungsgeschichte zeigt, daß die Generalklausel des AktG 1965, des Regierungsentwurfs und des § 264 Abs. 2 HGB 1985 die Informationsaufgabe der Rechnungslegung in den Vordergrund stellen. Als schwieriger erweist sich, das Gesamtbild der neben diesen Generalklauseln heute geltenden Einzelvorschriften zu beurteilen. Denn alle Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften sind nicht nur durch die Informations- und Zahlungsbemessungsaufgabe geprägt, sondern auch durch das Erfordernis der Objektivierung. 86 Damit die Daten im lahresabschluß nicht im Interesse der Rechnungslegenden manipuliert werden können und dadurch den Informations- und Zahlungsbemessungsinteressen aller übrigen zuwider gehandelt wird, ist eine eindeutige und einheitliche Information und Zahlungsbemessung erforderlich. Aus Sicht aller, die auf den 1ahresabschluß als Informations- und Zahlungsbemessungsinstrument angewiesen sind, muß die Rechnungslegung aufüberprüfbaren Daten beruhen.87 Deshalb tritt neben die inhaltlichen Zwecke die Notwendigkeit, die Einzelregelungen, die diese Zwecke realisieren sollen, zu objektivieren.88 Will man von den objektivierten gesetzlichen Einzelvorschriften mit Hilfe des ohnehin problematischen Induktionsschlusses auf die Gewichtung der Rechnungslegungszwecke durch den Gesetzgeber schließen, so muß das zu fragwürdigen Resultaten führen. 89 Ob beispielsweise die Bewertung zu Anschaffungsko84 Begründung zum Regierungsentwurf des Bilanzrichtlinie-Gesetzes (HG B-E), in: BTDrucksache 10/317, v. 26.8.1983, S. 77. 85 Vgl. v. Wysocki, Klaus: Das Bilanzrichtlinie-Gesetz aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre, in: ZfbF, 37. Jg. (1985), S. 735-740, hier S. 739. 86 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 164f.; Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 710. 87 Vgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 16f. 88 Vgl. Hartle, Joachim: Entobjektivierung der Bilanz, S. 26-29 und S. 48-50. 89 Vgl. Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S.14; Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 429.

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sten, das Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Anlagewerte, das Gebot einer planmäßigen Abschreibung, die Begrenzung der Bilanzierung von Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen 90 der Objektivierung der Zahlungsbemessung oder der Objektivierung der Information in stärkerem Maße dienen oder dienen sollen, ist wohl nicht zu klären. Denn diese aus dem Objektivierungszwang resultierenden Bestimmungen führen zu einer Beschränkung aller Jahresabschlußaufgaben.91 Ein nicht aktiviertes Patent etwa trägt weder für den Aktionär zu einer zutreffenden Indikation der Ertragslage der Rechnungsperiode bei, noch werden seine Ansprüche auf eine Mindestausschüttung dadurch zufriedenstellend berücksichtigt, noch erhält der Gläubiger eine sinnvolle Information über das Schuldendeckungspotentia1.92 Zwar wird so die Ausschüttung begrenzt, doch wird dies unter Umständen auf der Passivseite durch die Beschränkung der Rückstellungsbildung kompensiert. Im AktG 1965 und im HGB dominieren die ausschüttungsbegrenzenden Vorschriften rein zahlenmäßig nach wie vor die eine Mindestausschüttung begünstigenden Vorschriften.93 Aber allein durch die Art und den Umfang der Bilanzierungssachverhalte, die jeweils im Einzelfall gegeben sind, kann sich die Objektivierung der Regelungen insgesamt positiv oder negativ auf die Höhe des Periodenergebnisses auswirken.94 Die Konsequenzen, die die Objektivierung in einem konkreten Jahresabschluß für die Realisierung des einen oder anderen Rechnungslegungszwecks hat, können daher sehr unterschiedlich sein. Welche Bedeutung der Generalklausel 95 und damit dem Informationszweck im Verhältnis zu den objektivierten Einzelvorschriften und ihren unterschiedlichen Zwecken zukommt, läßt sich ebenfalls nicht eindeutig beantworten. Der rechtsmethodische Grundsatz "Lex specialis derogat legi generali" wird mißverstanden, wenn man ihn so interpretiert, daß das Vorhandensein von Spezialnormen die Gültigkeit einer Generalnorm grundsätzlich aufheben soll.96 Denn das Verb "derogare" darf in diesem Zusammenhang nicht mit "aufheben", "ver90 Vgl. §§ 153 Abs. 1, 155 Abs. 1, 153 Abs. 3,154 Abs. 1, 152 Abs. 9,152 Abs. 7 AktG 1965 sowie §§ 253 Abs. 1 und 2, 255 Abs. 1- 3, 248 Abs. 2,253 Abs. 2,250 Abs. 1 und 2, 249 HGB 1985. 91 Vgl. Moxter, Adolf: Die handelsrechtlichen GoB und das neue Bilanzrecht, S. 267. 92 Vgl. derselbe: Bilanzlehre, 2. Aufl., S.434f.; Mellwig, Winfried: Bilanzrechtsprechung und BWL, S. 1616f. 93 Vgl. zum AktG 1965 Coenenberg, AdolfG.: Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, S. 35f.; Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S.115-117; Egner, Henning: Bilanzen, S. 78f.; Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S.25f.; Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 51- 56, S.415-418 und S.434f. 94 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 93. 95 Vgl. §§ 149 Abs. 1 AktG 1965, 237 Abs. 2 HGB-E, 264 Abs. 2 HGB 1985. 96 So interpretiert von Schildbach, Thomas: Zum Verhältnis von § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG zu den §§ 153-156 AktG, in: WPg, 31. Jg. (1978), S. 617-624, hier S. 618; Schulte,

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drängen" oder "ausschließen" übersetzt werden, sondern ist vielmehr im Sinne von "vermindern" oder "teilweise verdrängen"97 zu begreifen. In anderen Rechtsgebieten, wo sich die Diskussion um die Bedeutung der Generalklausel und die Dominanz verschiedener Zwecke und Interessen nicht so stark polarisiert hat wie im Bilanzrecht, etwa bei der Auslegung der Generalklauseln des Kündigungsschutzgesetzes 98 und des AGB-Gesetzes 99 durch die Rechtsprechung, wird deutlich, daß die Spezialregelungen nicht den Anspruch der Generalnorm grundsätzlich verdrängen. Die Aussage der Generalnorm muß vielmehr in die Auslegung der Detailnormen einbezogen werden. loo Ob im Rahmen dieser Auslegung dann eine Detailnorm als Ausnahme von der Generalnorm anzusehen ist und darum die Gültigkeit der Generalnorm für diesen speziellen rechtlichen Tatbestand aufhebt oder ob sie dazu dient, die Generalnorm auf den Spezialfall anzuwenden und daher den Geltungsanspruch der Generalnorm zusätzlich betont, ist eine Wertungsfrage lOl bei der Auslegung jeder einzelnen Spezialregelung. Wer den lateinischen Grundsatz als Argument dafür verwendet, aus der höheren Anzahl ausschüttungsbegrenzender Einzelvorschriften eine vom Gesetzgeber gewollte Dominanz der negativen Zahlungsbemessungsinteressen gegenüber den in der Generalklausel berücksichtigten Informationsinteressen zu induzieren, deutet den Sinn dieses Grundsatzes nicht richtig. Eine generelle Aussage über eine Dominanz von Generalnorm und Einzelbestimmungen, aus der dann die Dominanz bestimmter Rechnungslegungszwecke gefolgert wird, muß fragwürdig bleiben.102

Karl-Werner: Imparitätsprinzip und Niederstwertvorschrift, S. 510; derselbe: Die aktienrechtliche Niederstwertvorschrift, in: WISU, 8. Jg. (1979), S. 275-280, hier S. 280. 97 Vg1. Petschenig, Michael (Hrsg.): Der kleine Stowasser, Lateinisch-deutsches Wörterbuch, München 1970, S. 164. 98 Vg1. zu § 1 Abs. 2 S. 1 Kündigungsschutzgesetz: BAG-Uv. 13. 9. 1973, in: BB, 28. Jg. (1973), S.1635-1638, hier S.1637; Hueck, Alfred (Hrsg.): Kündigungsschutzgesetz, Kommentar, 10. Aufl., München 1980, S. 71 f.; Herschel, Wilhelm, Löwisch, Manfred (Hrsg.): Kommentar zum Kündigungsschutzgesetz, 6. Aufl., Heidelberg 1984, S. 106 und S.161f. m.w.N. 99 Vg1. Hefermehl, Wolfgang: § 9 AGB, in: Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd.1, hrsg. v. Walter Ermann, 7. Aufl., Münster 1981, S.2469; Kötz: Vorbemerkung zu § 8 AGB, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1, hrsg. v. Franz-Jürgen Säcker, 2. Aufl., München 1984, S. 1677; Heinrichs, Helmut: Vorbemerkung zu § 8 AGB, in: Palandt, Kurzkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. v. Peter Bassenge u.a., 43. Aufl., München 1984, S. 2268. 100 Vg1. Leffson, Ulrich: Zur Bedeutung des § 149 AktG, S. 214 m. w. N.; Ballwieser, Wolfgang: Neue Generalklausel und neue Prüfungspflichten, S. 1035. 101 Vg1. zu solchen Werturteilen Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 166171. 102 AA Baetge, Jörg: GoB, in: GBM.

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Der Interessenausgleich, den der Gesetzgeber durch die kodifizierten Vorschriften realisiert sehen möchte, ist also offensichtlich nicht eindeutig zu ennitteln. 103 Weder ist es möglich, die objektivierten Einzelvorschriften aus ihrer Entstehungsgeschichte und in ihrer heutigen Fonnulierung als Ausdruck einer eindeutigen Interessenwertung zu verstehen, noch ist aus der Einblicksforderung in der Generalklausel auf eine "generelle" Rangordnung zwischen Infonnations- und Zahlungsbemessungsinteressen zu schließen. Will man trotz dieser Probleme Aussagen zum Interessenausgleich durch die gesetzlichen Vorschriften machen und eine Wertung der unterschiedlichen Zwecke aus den gesetzlichen Vorschriften induzieren, so muß man offensichtlich ein größeres Spektrum von vertretbaren Meinungen gelten lassen. Im Rahmen dieses Spektrums vertretbarer Auffassungen sieht Moxter unter Betonung der Entstehungsgeschichte den Hauptzweck von Bilanz und GuV ebenso wie Dieter Schneider 104 in der Zahlungsbemessungsfunktion, insbesondere in der Ermittlung des Betrages, der dem jeweiligen Unternehmen unbedenklich entzogen werden kann. lOs Die Infonnationsfunktion der Bilanz soll sich nach Ansicht von Moxter im wesentlichen auf eine objektivierte Aussage über das Schuldendeckungspotential beschränken, während Infonnationen über künftig zu erwartende Entnahmen vor allem dem Anhang entnommen werden sollen. 106 Moxter spricht in bezug auf Bilanz und GuV von einer relativen Dominanz 107 der Ausschüttungsregelungen gegenüber den Infonnationsregelungen. Die Zahlungsbemessungsinteressen stehen seiner Meinung nach in der Wertung des Gesetzes eindeutig vor den Infonnationsinteressen. 108 Dagegen argumentiert Leffson überwiegend aus der Natur der Sache, wenn er den Hauptzweck des gesamten Jahresabschlusses im Gegensatz zu M oxter in der Infonnations- und nicht in der Zahlungsbemessungsfunktion sieht. 109 Er versteht die vergangenheitsorientierte Rechenschaft als eigentliche Zielfunktion und die (nominelle) Kapitalerhaltung als Restriktion.1 lO Seiner Auffassung nach 103 Vgl. Schneider, Dieter: Bilanzrechtsprechung und wirtschaftliche Betrachtungsweise, in: BB, 35. Jg. (1980), S. 1225 -1232, hier S. 1230; derselbe: Bilanzierungs- und Buchungsfahigkeit, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol u. a., 2. Aufl., Stuttgart 1981, Sp. 215224, hier Sp. 216. 104 Vgl. derselbe: Aktienrechtlicher Gewinn und ausschüttungsfähiger Betrag, in: WPg, 24. Jg. (1971), S. 607 -617, hier S. 607. lOS Vgl. M oxter, Adolf: Betriebswirtschaftliche Gewinnennittlung, Tübingen 1982, S. 212; derselbe: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 105f. und S. 158. 106 Vgl. derselbe: Der Einfluß der EG-Bilanzrichtlinie auf das Bilanzsteuerrecht, in: BB, 33. Jg. (1978), S. 1629-1632, hier S. 1630; derselbe: Jahresabschlußaufgaben, S. 144-146. 107 Vgl. derselbe: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 415-417. 108 Vgl. derselbe: Der Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen Ziele und Zielerreichung, in: Der Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen, hrsg. v. Jörg Baetge, Düsseldorf 1983, S. 9-20, hier S. 20. 109 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 52, S. 56, S. 59-61; derselbe: Bilanzanalyse, S.38.

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führt eine objektivierte Information in Bilanz und GuV über die Ertragslage zu einer interessengerechteren Rechnungslegung als eine Entnahmebegrenzung, die als aktienrechtliche Ausschüttungssperre den nicht gesicherten Gläubigern lediglich eine Konkursquote von 2-3% sichert und damit viel zu spät greift.11l Die negativen Auswirkungen einer Entnahmebegrenzung auf die Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses, auch für die Gläubiger 112 ,schätzt er offensichtlich so hoch ein, daß ihm eine "Heilung" durch Berichterstattung im Anhang, insbesondere aus Perspektive der künftigen Generalnorm 113, nicht als ausreichend erscheint. 114 Aus einem objektivierten Gesetz, das die "merkwürdigsten Kompromisse" 115 zwischen den Rechnungslegungszwecken enthält, kann durch "Induktion" keine eindeutige gesetzliche Wertung der Interessen ermittelt werden. Ein Werturteil, wie Leffson und M oxter es jeweils hinsichtlich des vom Gesetzgeber durch die gesetzlichen Vorschriften angestrebten Interessenausgleichs gefällt haben, beruht auf einer unterschiedlichen Gewichtung der Argumente. Leffson hält den Wert der objektivierten Informationen für die Jahresabschlußinteressenten für höher und betont die Bedeutung der Generalklausel für Bilanz und Gu V,116 M oxter hingegen sieht eine Konkursvorsorge durch die Ausschüttungssperre und eine "vorsichtige" Bilanzierung als weitgehend gewährleistet an und meint, der Gesetzgeber habe die Zwecke von Bilanz und GuV in objektivierten Einzelregelungen, die der Entnahmebegrenzung dienten,ll7 zum Ausdruck gebracht. Beide Werturteile bewegen sich in dem von der gesetzlichen Teleologie vorgegebenen Rahmen. Denn wo Interessenwertungen aufgrund der Vieldeutigkeit der Gesetzestexte und der "mangelnden Tiefe der Gesetzesbegründungen" 118 nur innerhalb einer Bandbreite vorgenommen werden können, deckt der Gesetzes"plan" die unterschiedlichen Auffassungen. Das Gesamtbild der im HGB 1985 kodifizierten Vorschriften scheint aufgrund der gespaltenen Generalklausel 119 für die Induktion unterschiedlicher Vgl. Leffson. Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 93f. Vgl. ebenda, S. 91 f. 112 Vgl. ebenda, S. 75 - 78. 113 Vgl. Generalnorm für Kapitalgesellschaften in § 264 Abs. 2 HGB. 114 Vgl. Leffson. Ulrich: Bilanzanalyse, S. 208; derselbe: Generalnorm und Bestätigungsvermerk, S. 290. 115 Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 429. 116 Vgl. Leffson, Ulrich: Zur Bedeutung des § 149 AktG, S. 214-216. 117 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 51- 55; derselbe: Bilanzlehre, Bd.l, 3. Aufl., S. 93-97, S. 106 und S. 158. 118 Schneider, Dieter: Rechtsfindung durch Deduktion von Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aus den gesetzlichen Jahresabschlußzwecken?, in: StuW, 60. (13.) Jg. (1983), S. 141-160, hier S. 144. 119 Vgl. §§ 243 Abs. 1, 264 Abs. 2 HGB 1985. 110 111

80

4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

Zwecke bei den Vorschriften für Kapitalgesellschaften und bei den Vorschriften für Nichtkapitalgesellschaften zu sprechen. Insbesondere die Erläuterungen im Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert und Stiegler zum HGB-Entwurf geben Anlaß für eine solche Differenzierung. Dann wird die Induktion der Zwecke der gesetzlichen Vorschriften durch Moxter eher dem vom Gesetzgeber künftig bei Nichtkapitalgesellschaften angestrebten Interessenausgleich, die Induktion der Zwecke der gesetzlichen Vorschriften durch Leffson eher dem vom Gesetzgeber künftig bei Kapitalgesellschaften angestrebten Interessenausgleich gerecht. Um das GoB-Merkmal Zweckgerechtigkeit zu konkretisieren, ist von dem Interessenausgleich, der in diesem Abschnitt für die gesetzlichen Vorschriften induziert wurde, in einem zweiten gedanklichen Teilschritt (Abb. 2: Pfeil 2)120 auf den Interessenausgleich zu schließen, der mit Hilfe des unbestimmten Rechtsbegriffs GoB verwirklicht werden soll.

4.2.2 Ermittlung der Zwecke von Goß aus den Zwecken der gesetzlichen Vorschriften 4.2.2.1 Interessenausgleich nach Moxter durch Analogieschluß

Die Zwecke, die man dem Typus GoB zuordnet, damit er gemeinsam mit den kodifizierten Vorschriften einem Gesamtinteressenausgleich dient, sind davon abhängig, welchen Interessenausgleich man für die kodifizierten Vorschriften induziert und welchen Gesamtinteressenausgleich man für gesetzmäßig hält. Denn im Rahmen des Gesamtinteressenausgleichs müssen die GoB die Interessen berücksichtigen, die nach der ratio legis als "unverzichtbar" anzusehen sind,12l denen aber durch die kodifizierten Vorschriften nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Moxters Erörterungen lassen erkennen, daß er einen Gesamtinteressenausgleich bereits durch die kodifizierten Vorschriften realisiert sieht. Denn seiner Ansicht nach wird den konfliktären Interessen durch eine Aufgabenteilung zwischen Bilanz und GuV einerseits und dem Anhang andererseits entsprochen.122 Indem er die Informationsaufgabe vor allem den Gliederungsvorschriften und den Vorschriften zum Anhang, die Zahlungsbemessungsaufgabe den übrigen kodifizierten Bilanzierungsvorschriften zuweist, hat er keine Veranlassung, für die durch GoB geregelten Tatbestände einen anderen Interessenausgleich zu postulieren als für den kodifizierten Bereich.

Deshalb differenziert er die Rechnungslegungszwecke auch nicht in divergierende Zwecke für gesetzliche Vorschriften und GoB, sondern wendet den aus 120 121 122

Vgl. Abb. 2 in Abschnitt 4.2.1.3.1 dieser Untersuchung. Vgl. Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 24 und S. 27. Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Bd.1, 3. Aufl., S.157-159.

81

4.2 Konkretisierung des GoB-Merkmals Zweckgerechtigkeit

den gesetzlichen Vorschriften induzierten Interessenausgleich durch Aufgabenteilung (Abb. 3: Pfeil 1) analog (Abb. 3: Pfeil 2) auf die GoB an, indem er die GoB in zwei Gruppen unterteilt. Die "Bilanzierungsprinzipien" für Bilanz und GuV dienen nach Auffassung M oxters überwiegend dem Zahlungs bemessungszweck,123 während die "Grundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft" vor allem im Anhang die berechtigten Informationsinteressen berücksichtigen sollen. l24 Mit Hilfe des Analogieschlusses wird die für den kodifizierten Bereich realisierte Aufgabenteilung auf die durch GoB geregelten Tatbestände übertragen. Graphisch läßt sich der Analogieschluß M oxters in folgender Weise abbilden: Abbildung 3 Interessenausgleich nach Moxter

ratio legis: Gesamtinteressenausgleich durch Aufgabenteilung

--

-"7

2)

-~-

......... '-

Dominanz des Zahlungsbemessungszwecks für Bilanz und GulJ (Ausschüttungsbegrenzung)

1)

! '"i

I;

,

,

0

'

i

'"

,

,

0

I

l.t;..

Dominanz des Informationszwecks für Gliederung und Anhang

r.:1) ':': 11

"'!'

Dominanz des Zahlungsbemessungszwecks bei "Bilanzierungsprinzipien" für Bilanz und GuV (Ausschüttungsbegrenzung)

~

Dominanz des Informationszwecks bei "Grundsätzen ordnungsmäßiger nechenschaft" für Gliederung und Anhang

r.'

'i'

:

DODDoÖ AusscllLi t tungsregelnde Einzelvorschriften des kodifizierten Bereiclls

Legende:

1) 2)

Generalnorm und Vorschriften zur Gliederung und zum Anhang

- - - - - - ---+

-

----~

."'-

0

-

c:::r

-

Induktionsschluß Analogieschluß Generalnorm (§§ 149 Abs. 1 AktG 1965, 237 Abs. 2 HGB-E, 264 Abs. 2 HGB) kodifizierte Einzelvorschriften

123 VgL derselbe: Wirtschaftliche Gewinnermittlung und Bilanzsteuerrecht, in: StuW, 60. (13.) Jg. (1983), S. 300- 307, hier S, 302; derselbe: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 102105 und S.159-165. 124 VgL Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 449; derselbe: Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft, S. 91 und S. 99f.

6 Fey

82

4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit 4.2.2.2 Interessenausgleich nach Baetge durch Umkehrschluß

Ebenso wie Moxter meint Baetge, daß der Gesetzgeber durch viele der kodifizierten Einzelregelungen in erster Linie eine Ausschüttungsbegrenzung erreichen wollte.125 Anders als Moxter folgert er aus der Dominanz der ausschüttungsbegrenzenden Vorschriften jedoch keine Dominanz der Zahlungsbemessungsfunktion für alle nicht explizit geregelten Bilanzierungstatbestände, sondern er fordert einen Ausgleich für die Informationsinteressen, die im kodifizierten Bereich durch Informationsbegrenzungen seiner Meinung nach benachteiligt werden. 126 Ein sinnvoller Gesamtinteressenausgleich kann seiner Ansicht nach nur erzielt werden, indem der Dominanz der Ausschüttungsregelungen bei den kodifizierten Vorschriften zur Bilanz und Gu V die Dominanz der Informationsfunktion im Bereich der GoB gegenübergestellt wird. 127 Das "induzierte" Übergewicht von Ausschüttungsregelungen (Abb. 4: Pfeil 1) soll durch GoB, die sich ausschließlich am Informationszweck orientieren,128 kompensiert werden. Nach Meinung von Baetge ist es offensichtlich nicht ausreichend, den Gesamtinteressenausgleich durch Zusatzinformationen im Anhang zu erreichen. Vielmehr sollen seiner Ansicht nach Bilanz und GuV selbst eine Globalinformation über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens geben,129 indem das rechnerische Ergebnis des Jahresabschlusses einen vergleichbaren Indikator für den Erfolg und die Unternehmens tätigkeit in der jeweiligen Rechnungsperiode darstellt. l3D Die Generalklausel 131 verpflichtet der Auffassung Baetges zufolge den Gesetzesanwender zum Umkehrschluß (Abb. 4: Pfeil 2). Das argumentum e contrario 132 impliziert, daß die ratio legis die Zahlungsbemessungsfunktion auf den kodifizierten Bereich beschränken will und daher die durch GoB geregelten Tatbestände nach anderen Zwecksetzungen beurteilt werden müssen. Gerade weil die Zahlungsbemessungsfunktion die kodifizierten Vorschriften dominiert, darf sie nach Meinung von Baetge nicht analog auf die GoB übertragen werden, sondern gilt ausschließlich für die Spezialregelungen.133 Bei allen übrigen

Vgl. Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 25f. Vgl. derselbe: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp.708. 127 Vgl. derselbe: Rechnungslegungszwecke, S. 25-27. 128 Vgl. ebenda, S. 29. 129 Vgl. Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR; 2. Aufl., Sp. 708. 130 Vgl. derselbe: Objektivierung, S. 27f. und S. 155f. 131 Vgl. §§ 149 Abs. 1 AktG 1965, 237 Abs. 2 HGB-E, 264 Abs. 2 HGB. 132 Vgl. Abschnitt 4.2.1.3.1 dieser Untersuchung. 125

126

133

Vgl. Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 25f.

4.2 Konkretisierung des GoB-Merkmals Zweckgerechtigkeit

83

Bilanzierungstatbeständen, die nicht von den Spezialregelungen erfaßt würden, dominiere aufgrund der Generalklausel die Infonnationsfunktion. l34 In graphischer Fonn läßt sich die Argumentation Baetges wie folgt veranschaulichen: Abbildung 4 Interessenausgleich nach Baetge ratio legis: Gesamtinteressenausgleich 71,\

,,

2L Dominanz des ZahlungsbemessungszL ------>

o

."'- Induktionsschluß ."'- Analogieschluß _ Generalnorm(§§ 149 Abs. 1 AktG 1965,237 Abs. 2 HGB-E, 264 Abs. 2 HGB) ."'- kodifizierte Einzelvorschriften

4.2.2.4 Zweckgerechtigkeit durch einen "gleichgewichtigen" Gesamtinteressenausgleich

Es fragt sich, welcher der dargestellten Lösungsvorschläge für einen Interessenausgleich de lege lata den gesetzlichen Vorstellungen am nächsten kommt. Nicht zu diskutieren ist, ob die verschiedenen Ansichten durch die gesetzliche Teleologie abgedeckt sind, denn die mangelnde Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelungen rechtfertigt die unterschiedlichen Auffassungen zu den Gesetzes143

Vgl. derselbe: GoB, 6. Aufl., S. 93-96.

86

4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

zwecken von GoB. Gefragt werden soll vielmehr, welcher Lösungsvorschlag der von der Gesetzgebung wahrscheinlich beabsichtigte war,t44 wenn man alle für die Auslegung relevanten Umstände berücksichtigt. Die Untersuchung der Entstehungsgeschichte, die Mehrdeutigkeit der Zwekke der vom Objektivierungserfordernis geprägten Einzelvorschriften und die Überlegungen zum Verhältnis von Generalnorm und kodifizierten Einzelvorschriften 145 sprechen für einen Gesamtinteressenausgleich im Sinne Leffsons. Trotz des Übergewichts von Regelungen, die die Höhe des Periodenerfolgs begrenzen und dadurch der Kapitalerhaltung dienen, legt das Gesamtbild der unterschiedlichen Vorschriften für Kapitalgesellschaften einschließlich der Generalnorm l46 und des GoB-Begriffs nicht den Schluß nahe, der Zahlungsbemessungszweck sei als vorrangiger Gesetzeszweck der Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften zu verstehen. Es erscheint unwahrscheinlich, daß ein Gesetz, das ein Konglomerat von objektivierten Einzelnormen, die Generalnorm 147 und den GoB-Begriff enthält und einer Vielzahl von divergierenden Interessen gerecht werden soll, einen dominanten Zweck verwirklichen soll. Viel näher liegt statt dessen der Gedanke, in dieser Vielfalt den Versuch des Gesetzgebers zu sehen, einen Gesamtinteressenausgleich durch eine "gleichgewichtige" Realisierung des Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgedankens herbeizuführen, den Versuch, einer Vielfalt von unterschiedlichen Interessen durch dominanzfreie Regelungen gerecht zu werden. Grundsätzlich erscheint auch der Analogieschluß von den Zwecken des für Kapitalgesellschaften kodifizierten Bereichs auf die Zwecke der GoB plausibler als das argurnenturn e contrario. Denn warum sollten die GoB, die genauso Bilanzierungsnormen sind wie die gesetzlich normierten Einzelvorschriften, andere Zwecke erfüllen und nicht einer ähnlichen Interessenvielfalt gerecht werden wie die kodifizierten Vorschriften. Eine weitgehend analoge Anwendung des im gesetzlich geregelten Bereich gefundenen Interessenausgleichs auf die GoB scheint im Hinblick darauf, daß es sich offensichtlich um für die rechtliche Behandlung ähnliche Tatbestände l48 handelt, am ehesten angebracht zu sein. Zu prüfen ist allerdings, ob die Kapitalerhaltung für die GoB dasselbe Gewicht haben muß wie für die gesetzlichen Einzelvorschriften. Wenn man durch Gesetz und GoB einen "gleichgewichtigen" Gesamtinteressenausgleich erreichen möchte, spricht vieles dafür, den Schwerpunkt der Aufgabenstellung bei den GoB zu verlagern. Vgl. Beisse, Heinrich: Wirtschaftliche Betrachtungsweise, S. 9. Vgl. zur Entstehungsgeschichte, der Mehrdeutigkeit objektivierter Einzelvorschriften sowie zum Verhältnis von Generalnorm und Einzelvorschriften Abschnitt 4.2.1.3.2 dieser Untersuchung. 146 Vgl. §§ 149 Abs. 1 AktG 1965, 237 Abs. 2 HGB-E, 264 Abs. 2 HGB. 147 Vgl. ebenda. 148 Vgl. zur Ähnlichkeit von Tatbeständen Abschnitt 4.2.1.3.1 dieser Untersuchung. 144

145

4.2 Konkretisierung des GoB-Merkmals Zweckgerechtigkeit

87

Induziert man bei dem für Kapitalgesellschaften kodifizierten Teil der Rechnungslegungsnormen ein Übergewicht der kapitalerhaltenden Normen (Abb. 6: Pfeil 1), so fordert ein "gleichgewichtiger" Gesamtinteressenausgleich ein Übergewicht des Rechenschaftsgedankens bei den GoB. Im Sinne von Baetge ist den "benachteiligten" Informationsinteressen im kodifizierten Bereich dann durch stärkere Betonung des Rechenschaftsgedankens bei den GoB Rechnung zu tragen. l49 Damit wird der Analogieschluß, der grundsätzlich wohl der ratio legis entspricht, durch das argumentum e contrariolSOmodiJiziert (Abb. 6: Pfeil 2). Graphisch läßt sich dieser "gleichgewichtige" Gesamtinteressenausgleich wie unten in Abbildung 6 darstellen. Für eine ausschließliche Verwendung des Umkehrschlusses im Rahmen eines "gleichgewichtigen" Gesamtinteressenausgleichs kann nur der plädieren, der aus den gesetzlichen Regelungen ein totales Übergewicht eines Zweckes induziert und gleichzeitig nach der ratio legis die Realisierung anderer Zwecke

Abbildung 6 "Gleichgewichtiger" Gesamtinteressenausgleich ratio legis: Gleichgewichtige Realisierung von Kapitalerhaltung und Rechenschaft _-T

_ _ 2)--

1)

I I

I I

I I

I I

I I

I I

2)

-~

Übergewicht ("Relative Dominanz") der Rechenschaft bei den GoB

Übergewicht ("relative Dominanz") der Kapitalerhaltung im kodifizierten Bereich I I

DDDC][~DO Kapitalerhaltende und rechenschaftsorientierte Einzelvorschriften sowie die Generalnorm

Legende:

1)

2)

------

~

-

-------4>

."-

0

."-

C:J

-

Induktionsschluß Analogieschluß modifiziert durch Umkehrschluß Generalnorm (§§ 149 Abs. 1 AktG 1965, 237 Abs. 2 HGB-E, 264 Abs. 2 HGB) kodifizierte Einzelvorschriften

Vgl. Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 24 und S. 27. Vgl. zur Verwendung von Analogie- und Umkehrschluß Abschnitt 4.2.1.3.1 dieser Untersuchung. 149 150

88

4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

ebenfalls für erforderlich hält. Um einen Ausgleich der Interessen zu erreichen, müßte die "totale Dominanz" des einen Zwecks dann durch die "totale Dominanz" der übrigen Zwecke bei den GoB kompensiert werden. Die Induktion einer" totalen Dominanz" entspricht jedoch nach der durchgeführten Untersuchung wahrscheinlich nicht der Intention des Gesetzes. Aufgrund der angestellten Überlegungen wird vielmehr davon ausgegangen, daß ein "gleichgewichtiger" Gesamtinteressenausgleich durch eine "relative Dominanz" des Rechenschaftszwecks über den Kapitalerhaltungszweck bei der Konkretisierung der Zwecke von GoB bei Kapitalgesellschaften am ehesten mit der gesetzlichen Teleologie in Einklang steht. Zu untersuchen ist, ob trotz der unterschiedlichen Generalklauseln für Kapitalgesellschaften 151 und Nichtkapitalgesellschaften 152 und den daraus in Abschnitt 4.2.1.3.2 dieser Untersuchung induzierten unterschiedlichen Zwecken der kodifizierten Vorschriften die gerade ermittelten Zwecke von GoB bei Kapitalgesellschaften mit den Zwecken der GoB bei Nichtkapitalgesellschaften gleichgesetzt werden können. Einer Gleichsetzung der Zwecke völlig entgegen stehen die Erläuterungen im Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert, Stiegler zum HGB-Entwurf, aufgrund derer der GoB-Begriff in § 243 Abs. 1 HGB die Bildung stiller Rücklagen bei Nichtkapitalgesellschaften zulassen soll,IS3 wodurch eine "relative Dominanz" des Rechenschaftszwecks bei den GoB nicht mehr gegeben wäre. Denn GoB, die ein Wahlrecht zur Bildung stiller Rücklagen zum Inhalt haben, sind mit der Rechenschaft über die tatsächliche Lage des Unternehmens nicht vereinbar. Nach dem Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert, Stiegler wurde die Generalklausel in § 243 Abs. 1 HGB für Nichtkapitalgesellschaften überhaupt erst eingeführt, weil man erkannte, daß zwischen der in der Generalklausel des Regierungsentwurfs l54 erhobenen Forderung, auch die Jahresabschlüsse von Nichtkapitalgesellschaften müßten ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln, und dem in § 269 HGB-E kodifizierten Wahlrecht zur Bildung stiller Rücklagen für Nichtkapitalgesellschaften ein Widerspruch bestand. 155 Da die Informationsanforderungen an die Jahresabschlüsse von Nichtkapitalgesellschaften aufgrund der Vierten Richtlinie nicht erhöht werden sollten, wurde das Wahlrecht zur Bildung stiller Rücklagen für Nichtkapitalgesellschaften aus § 269 HGB-E in den § 253 Abs. 4 HGB übernommen und eine gespaltene Generalnorm geschaffen.156 Die neue Generalnorm in § 243 Abs. 1 Vgl. § 243 Abs. 1 HGB. Vgl. § 264 Abs. 2 HGB. 153 Vgl. Erläuterungen zu § 253 HGB-EU, in: Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert (Hannover), Stiegler zum HGB-Entwurf, S. lOOf. 154 Vgl. § 237 Abs. 2 HGB-E, der § 264 Abs. 2 HGB entspricht. 155 Vgl. Erläuterungen zu §§ 242, 243, 253 HGB-EU, in: Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert (Hannover), Stiegler zum HGB-Entwurf, S. 96f. und S. lOOf. 151

152

4.2 Konkretisierung des GoB-Merkmals Zweckgerechtigkeit

89

für Nichtkapitalgesellschaften bindet die Jahresabschlüsse dieser Rechtsformen nur an die GoB, die nach den Erläuterungen der Gesetzesverfasser auch die Bildung stiller Rücklagen erlauben. 1S7 Diese für alle bilanzierenden Kaufleute gültigen GoB würden im HGB-Entwurf dann bei den Jahresabschlüssen für Kapitalgesellschaften durch die für diese Rechtsformen kodifizierten Wertuntergrenzen (§ 279 Abs. 1 HGB 1985) eingeschränkt. Durch dieses Vorgehen der Gesetzesverfasser wird der Widerspruch, der im Regierungsentwurfzwischen der Generalnorm und der Möglichkeit der Bildung stiller Rücklagen bestand, auf den GoB-Begriff verlagert. Denn wie schon in Abschnitt 4.2.1.3.2 angesprochen wurde, ist es nicht möglich, daß dieselben GoB einerseits bei Kapitalgesellschaften dazu dienen sollen, ein Bild der tatsächlichen Verhältnisse zu geben, und andererseits bei Nichtkapitalgesellschaften eine praktisch nicht beschränkte Unterbewertung erlauben. Iss Diese Verlagerung des Widerspruchs von den kodifizierten Vorschriften auf den GoB-Begriff erscheint wenig sinnvoll. Is9 Denn dadurch besteht die Gefahr, daß erneut alle nicht kodifizierten GoB sich nicht mehr anhand von bestimmten - wenn auch wenig eindeutigen - Zwecken konkretisieren lassen, sondern nur noch als "offene Türe" zur Bildung stiller Rücklagen angesehen werden. Im Zuge einer solchen Entwicklung würde die Generalklausel des § 243 Abs. 1 HGB zu einer pseudonormativen Leerformel degenerieren;I60 man wäre wieder beim "Stand von 1897" angelangt, als der Begriff GoB eingeführt wurde,I6I Entgegen der Intention der Gesetzesverfasser, die die Entwicklung der GoB nicht hemmen wollten,I62 würde die Fortentwicklung des GoB-Begriffs somit nicht nur beeinträchtigt, sondern in beträchtlichem Maße zurückgeworfen. Dabei ist die Konkretisierung der Zwecke von GoB und die "weite" Auslegung durch den Unterausschuß in keiner Weise erforderlich. Versteht man nämlich den § 253 Abs. 4 HGB, der die Bildung stiller Rücklagen erlaubt, als Ausnahme156 Vgl. Erläuterungen zu §§ 242, 243, 253 HGB-EU, in: Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert (Hannover), Stiegler zum HGB-Entwurf, S. 96f. und S. 100f. 157 Vgl. Erläuterungen zu § 243,253 HG B-EU, in: Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert (Hannover), Stiegler zum HG B-Entwurf; Helmrich, Herbert: Zur Umsetzung der 4. und 7. EG-Richtlinie in deutsches Handels- und Gesellschaftsrecht, in: ZfbF, 37. Jg. (1985), S. 723-734, hier S. 729f. 158 Vgl. Baetge, Jörg, Fey, Dirk, Fey, Gerd: Kommentar zu§ 243 Abs. 1 HGB 1985, in: Handbuch der Rechnungslegung, hrsg. v. Karlheinz Küting und Claus-Peter Weber, das 1986 erscheint. 159 Vgl. Moxter, Adolf: Die handelsrechtlichen GoB und das neue Bilanzrecht, S. 270273. 160 Vgl. Baetge, Jörg, Fey, Dirk, Fey, Gerd: Kommentar zu § 243 Abs. 1 HGB 1985. 161 Vgl. zum "Stand von 1897" Abschnitt 3.1.1 dieser Untersuchung. 162 Vgl. Erläuterungen des Unterausschusses zu § 243 HGB-EU, in: Erläuterungen des Unterausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz) v. 1. 8. 85.

90

4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

vorschrift for Nichtkapitalgesellschaften, so handelt es sich dabei um eine Abweichung von den GoB, die nach den kodifizierten Vorschriften zulässig ist und deshalb nicht durch die Generalklausel des § 243 Abs. 1 HGB und den dort enthaltenen GoB-Begriff gedeckt zu werden braucht.I 63 Eine solche Regelung war schon im § 149 Abs. 1 AktG 1965 kodifiziert, wonach der lahresabschluß den GoB zu entsprechen hat, ein Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse aber nur "im Rahmen der Bewertungsvorschriften" zu geben ist. D. h. die kodifizierten Vorschriften erlauben bzw. verpflichten zu Abweichungen von den GoB. Um die Anforderungen an die Rechnungslegung der Nichtkapitalgesellschaften nicht zu erhöhen, erscheint es daher weitaus zweckmäßiger, den § 253 Abs. 4 als gesetzliche Ausnahmevorschrift zu akzeptieren, als erneut den GoB-Begriff zu verwässern. Bei dieser Auslegung der gespaltenen Generalklausel bestünde außerdem keine Gefahr, daß sich nach neuem Bilanzrecht rechtsformspezifische GoB für Kapitalgesellschaften und Nichtkapitalgesellschaften entwickeln. Das entspräche auch den ausdrücklichen Regelungsabsichten der Gesetzesverfasser. l64 Die für Kapitalgesellschaften ermittelten Zwecke von GoB sollen daher in dieser Untersuchung für den GoB-Begriff insgesamt gelten. Gerechtfertigt wird diese Auslegung auch durch das Gesamtbild der in § 252 Abs.l HGB für alle bilanzierenden Kaufleute kodifizierten GoB. Denn die Bilanzidentität 165, das Going-Concern-Concept 166, die Einzelbewertung l67 , das Realisationsprinzip l68, die Abgrenzung der Aufwendungen und Erträge!69, der Grundsatz der Stetigkeit 170 (Sollvorschrift, im HGB-E noch Wahlrecht)l7l lassen eindeutig die "relative Dominanz" des Rechenschaftsgedankens bei diesen kodifizierten GoB erkennen. Allein das Imparitätsprinzip 172 und das Vorsichtsprinzip sind in erster Linie Grundsätze, die der Kapitalerhaltung dienen. Um die beiden für Kapital- und Nichtkapitalgesellschaften einheitlichen, aber wenig eindeutigen und teilweise gegensätzlichen Zwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung durch eine geordnete Zusammenstellung von Grundsätzen zu verwirklichen, ist zu untersuchen, wie ein solches System von Grundsätzen aufgebaut sein muß. Vergegenwärtigt man sich, wie ungenau und widersprüchVgl. Baetge, Jörg, Fey, Dirk, Fey, Gerd: Kommentar zu § 243 Abs. 1 HGB 1985. Vgl. Erläuterungen des Unterausschusses zu §§ 243, 253 HGB-EU, in: Erläuterungen des Unterausschusses zum HGB-EU v. 1. 8. 1985. 165 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB. 166 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. 167 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr.3 HGB. 168 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB und Abschnitt 5.1.1 dieser Untersuchung. 169 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB. 170 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. 171 Vgl. § 259 Abs. 1 Nr. 1 HGB-E. 172 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr.4 HGB. 163

164

4.3 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

91

lich die Angaben über die gesetzlichen Zwecke von GoB bleiben müssen, so ergeben sich daraus zwangsläufig Konsequenzen für die Möglichkeiten einer Systembildung. Denn das zweckgerechte System muß im Hinblick auf die wenig präzisen und teils gegensätzlichen Zwecke der GoB, Rechenschaft und Kapitalerhaltung, gestaltet werden und die Anforderungen, die das System erfüllen soll, sind mit Rücksicht auf die mangelnde Eindeutigkeit und Gegensätzlichkeit dieser Zwecke zu formulieren. 173 Die Konkretisierung des Merkmals Systemgerechtigkeit muß auf der vagen Konkretisierung des Merkmales Zweckgerechtigkeit aufbauen.

4.3 Konkretisierung des Goß-Merkmals Systemgerechtigkeit durch zweckgerechte Systembildung ("Deduktionsschluß") 4.3.1 Unmöglichkeit der ßildung eines axiomatisch-deduktiven Goß-Systems aufgrund der gesetzlichen Zwecke von Goß

Das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit soll dazu dienen, den Interessenausgleich, den der Gesetzgeber durch den Typus GoB erreichen will, im Rahmen eines Systems zu verwirklichen. l Die Zwecke von GoB sind zu konkretisieren, indem ein System von Grundsätzen gebildet wird. Für diese Ermittlung zweckgerechter Bilanzierungsgrundsätze im Rahmen eines Systems wird im juristischen und betriebswirtschaftlichen Schrifttum allgemein der Begriff "Deduktion" gebraucht.2 Die Verwendung dieses Begriffs für eine bestimmte Vorgehensweise zur Ermittlung von GoB erklärt sich wohl vor allem aus der historischen Entwicklung. Während fr:.üher GoB aus der tatsächlichen Übung und den Ansichten der Kaufleute ermittelt wurden und allein auf den Handelsbrauch und die Verkehrsauffassung zur Bestimmung der nicht gesetzlich festgelegten Grundsätze zurückgegriffen wurde, setzte sich in der Wissenschaft und in der Rechtsprechung die Ansicht durch, daß nicht die Bilanzierungspraxis, sondern nur die Zweck- und Sachgerechtigkeit von Bilanzierungsmethoden ausschlaggebend für ihre Übereinstimmung mit den GoB sein dürften.3 Die Gewinnung von GoB durch "Nachdenken"4 darüber, welche konkreten Regeln den gesetzlichen Zwecken am besten gerecht werden, wurde als Vgl. Abschnitt 4.1 dieser Untersuchung. Vgl. Abschnitt 3.2 dieser Untersuchung. 2 Vgl. Abb. 2: Pfeil 3 in Abschnitt 4.2.1.3.1 dieser Untersuchung. 3 Vgl. Döllerer, Georg: GoB, Entstehung und Ermittlung, S. 656; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 116-136; Christoffers, Rudi: Grundlagen der GoB, S. 79-82; Jacobs, Otto H.: Das Bilanzierungsproblem, S. 45 f. 4 Döllerer, Georg: GoB, Entstehung und Ermittlung, S. 656. 173

1

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"Deduktion" bezeichnet.5 Dadurch sollte der Gegensatz zu einer "induktiven" Ermittlung von GoB deutlich werden. Damit war nicht die in Abschnitt 4.2.1.3.2 beschriebene "induktive" Ermittlung der Zwecke aus den gesetzlichen Vorschriften gemeint, sondern das Verfahren, das von den praktizierten Methoden der Kaufleute auf deren Gesetzmäßigkeit schloß.6 Der Ausdruck "Deduktion" wurde benutzt, um klarzustellen, daß eine ausschließliche Ausrichtung der Konkretisierung von GoB an der Bilanzierungspraxis einseitig die Interessen der Bilanzierenden berücksichtige und damit nicht im Sinne eines gesetzlichen Interessenausgleichs sein könne.? Nicht die Interessen der Bilanzierenden, sondern die gesetzliche Wertung aller von der Rechnungslegung betroffenen Interessen, also die Gesetzeszwecke, sollten nach der "deduktiven" Methode bei der Konkretisierung von GoB im Vordergrund stehen. Offensichtlich hat der Begriff "Deduktion" in jüngster Zeit zu einem Mißverständnis geführt, weil der Terminus in der Betriebswirtschaftslehre mit einem wesentlich strengeren Inhalt belegt wird als in der Jurisprudenz. Entgegen der ursprünglichen juristischen Bedeutung des Begriffs, der mit der Ermittlung von GoB aus den gesetzlichen Rechnungslegungszwecken lediglich einen gedanklichen Schluß von abstrakten, allgemeinen Rechtsprinzipien aufkonkretere, speziellere Grundsätze meinte,8 ist neuerdings von betriebswirtschaftlicher Seite gefordert worden, dieser Schluß vom Allgemeinen zum Besonderen, müsse den strengen Anforderungen genügen, die wissenschaftstheoretisch an jede Deduktion zu stellen seien und dementsprechend seien auch die Anforderungen an das GoB-System zu formulieren. 9 Untersucht werden soll daher, ob die Deduktion von GoB in diesem wissenschaftstheoretischen Sinne zu einer zweckgerechten Bildung eines GoB-Systems führt. Zuvor ist darum zu klären, wie der Begriff Deduktion in der Wissenschaftstheorie verwandt wird und welche Anforderungen sich daraus für eine Systembildung ergeben. In der Wissenschaftstheorie wird unter Deduktion ein Schlußverfahren verstanden, bei dem aus Grundaussagen (Hypothesen, Axiomen) mit Hilfe streng formallogischer Implikationen andere Aussagen (Theoreme) abgeleitet werden. lO Wenn eine Menge von Einzelaussagen mit Hilfe logischer Transforma5 Vgl. Grass, Adolf: Wandlungen im Bilanzsteuerrecht, in: StuW, 46. Jg. (1969), Sp. 605-632, hier Sp. 609; Moxter, Adolf: Wirtschaftliche Gewinnermittlung und Bilanzsteuerrecht, S. 306. 6 Vgl. Glade, Anton: Strapazierte Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: StbJb 1971/72, S. 313-359, hier S. 318; Steinbach, Adalbert: Wesen, Rechtsnatur und Ermittlungsmethoden der GoB, S. 2. 7 Vgl. ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 149 Anm. 20; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 107f.; Küting, Karlheinz: Ermittlung von GoB, S. 302f. 8 Vgl. Beisse, Heinrich: Verhältnis von Bilanzrecht und BWL, S. 3 und S. 7f.; a.A. Baetge, Jörg: GoB, in: GBM; derselbe: GoB, in: Handbuch der Rechnungslegung. 9 Vgl. Schneider, Dieter: Deduktion von GoB, S. 144 und S. 148; a.A. Baetge, Jörg: GoB, in: GBM; derselbe: GoB, in: Handbuch der Rechnungslegung.

4.3 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

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tionsregeln aus wenigen Grundaussagen und gegebenen Definitionen abgeleitet werden kann, entsteht ein axiomatisch-deduktives Aussagensystem. l1 An die Axiome eines solchen Systems sind folgende Anforderungen zu stellen: 12 1. Widerspruchsjreiheit: Keine Aussage darf gleichzeitig mit ihrer Negation aus den Axiomen ableitbar sein, sonst sind alle Aussagen ableitbar. 2. Vollständigkeit: Jede Erweiterung der Axiome muß dazu führen, daß das System widersprüchlich wird. 3. Unabhängigkeit: Kein Axiom darf aus einem anderen ableitbar sein.

Weil bei der Deduktion der Inhalt der Axiome lediglich logisch umgeformt wird, entstehen bei der Deduktion von Aussagen aus den Axiomen Theoreme, die inhaltlich bereits in den Axiomen enthalten sind (Tautologie)13 und bei formallogisch richtiger Deduktion den genannten drei Anforderungen ebenfalls gerecht werden. Aussagensysteme, die wie das gesuchte GoB-System semantisch interpretiert werden können, heißen Modelle. 14 Sogenannte Idealmodelle erheben lediglich Anspruch auf formallogische Richtigkeit, das heißt, die Axiome sollen die drei genannten Anforderungen erfüllen, und die daraus abgeleiteten Aussagen sollen nach den Gesetzen der formalen Logik einwandfrei deduziert werden. Die in Idealmodellen abgeleiteten Aussagen müssen jedoch nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Im Gegensatz dazu beanspruchen Realmodelle, über ihre formallogische Richtigkeit hinaus empirisch wahre Aussagen zu machen. 1s Die Axiome von Realmodellen können durch Vergleich der deduktiv abgeleiteten Aussagen mit den Beobachtungen in der Realität falsifiziert werden. 16 Damit stellt sich die Frage, ob unter der Konkretisierung des Merkmals Systemgerechtigkeit die Deduktion von GoB in einem axiomatisch-deduktiven 10 Vgl. Bochenski, Josef M.: Die zeitgenössischen Denkmethoden, 8. Autl, München 1980, S. 82; Lippmann, Klaus: Ökonomischer Gewinn, S.20. 11 Vgl. Köhler, Richard: Theoretische Systeme der Betriebswirtschaftslehre im Lichte der neueren Wissenschaftslogik, Stuttgart 1966, S. 2. 12 Vgl. Bochenski, Josef M.: Zeitgenössische Denkmethoden, S. 80; Schweitzer, Marcell: Axiomatik des Rechnungswesens, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, Stuttgart 1970, Sp. 83 -90, hier Sp. 83; Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 87. 13 Vgl. Schreiber, Rupert: Erkenntniswert betriebswirtschaftlicher Theorien, Dissertation, Köln 1959, S. 36f. 14 Vgl. Schweitzer, MarceIl: Axiomatik des Rechnungswesens, Sp. 83. 15 Vgl. derselbe: Struktur und Funktion der Bilanz. Grundfragen der betriebswirtschaftlichen Bilanz in methodologischer und entscheidungstheoretischer Sicht, Berlin 1972, S. 32f.; Koch, Helmut: Jahresabschluß und Unternehmenstheorie, S. 991-994. 16 Vgl. Popper, Kar!: Logik der Forschung, 5. Aufl., S. 14f.; Koch, Helmut: Jahresabschluß und Unternehmenstheorie, S. 994.

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Aussagensystem zu verstehen ist, das alle für ein solches Modell geltenden wissenschaftstheoretischen Anforderungen erfüllen muß. Zu überlegen ist, ob die Betriebswirtschaftslehre, die in Form von Bilanztheorien vielfach Systematisierungsvorschläge für die Rechnungslegung gemacht hat, axiomatisierte oder axiomatisierbare Aussagensysteme geschaffen hat, die eine Deduktion von GoB mit dem Anspruch empirischer Gültigkeit zulassen und die der Gesetzgeber bei Übereinstimmung mit den Gesetzeszwecken übernehmen könnte. Alle Bilanztheorien, die sich auf eine künftige, nach den geltenden gesetzlichen Zwecken noch nicht existierende Wirklichkeit beziehen, also de lege ferenda argumentieren, lassen sich anhand der beobachtbaren Realität des geltenden Rechts nicht überprüfen. Bei solchen Änderungsvorschlägen zum geltenden Recht, die der Gesetzgeber dann zu einem späteren Zeitpunkt kodifizieren könnte, handelt es sich um IdealmodelleP Aussagen dieser Idealmodelle, beispielsweise, daß die Interessen der Gläubiger durch veränderte Bilanzrelationen, die ein früheres Eintreten der Ausschüttungssperre bewirken, besser geschützt würden oder daß im Gegenteil dadurch der zu diesem Augenblick noch mögliche Fortbestand des Unternehmens verhindert werde, können durch Beobachtungen in der Realität nicht falsifiziert werden. lB Die im Rahmen dieser Bilanztheorien aufgestellten Hypothesen sind deshalb nicht beweisbare B'ehauptungen und können ausschließlich anhand ihrer Evidenz beurteilt werden. Die aus den Hypothesen dieser Idealmodelle deduzierten Aussagen haben darum lediglich Anspruch aufformallogische und nicht auf empirische Gültigkeit.1 9 Wie Schweitzer gezeigt hat, ist eine Axiomatisierung von Bilanzierungsgrundsätzen in Idealmodellen durchführbar, wenn man von der Zahlungsbemessungsfunktion der Rechnungslegung absieht und sich auf eine wirklichkeitsgetreue Abbildung der Vergangenheit beschränkt.20 Die Probleme der Zahlungsbemessung, etwa eine Begrenzung der Ausschüttungen, indem die Höhe des Periodenerfolgs aus Kapitalerhaltungsgründen verringert wird, sind in diesem Modell nicht berücksichtigt?l Durch Elimination der konfliktären Zwecke erhält man widerspruchsfreie Axiome und ein den Gesetzen der formalen Logik entsprechendes Modell. De lege ferenda wäre es bei einer strikten Trennung von Gewinnermittlung und Gewinnverwendung sowie einer Sicherung der Kapitalerhaltung durch Vgl. Koch, Helmut: Jahresabschluß und Unternehmenstheorie, S. 987. Vgl. Popper, Karl: Logik der Forschung, 5. Aufl., S.17-19; Bochenski, Josef M.: Zeitgenössische Denkmethoden, S.64f.; Köhler, Richard: Theoretische Systeme der BWL, S. 36f. 19 Vgl. Köhler, Richard: Theoretische Systeme der BWL, S. 51- 56; Schweitzer, Marcell: Struktur und Funktion der Bilanz, S. 41 f. 20 Vgl. Schweitzer, Marcell: Struktur und Funktion der Bilanz, S. 64. 21 Vgl. derselbe: Axiomatik des Rechnungswesens, Sp. 89f. 17 18

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weitergehende Vorschriften zur Rücklagenbildung durchaus vorstellbar, daß der handelsrechtliche Gesetzgeber einen Interessenausgleich in einer solch "totalen Dominanz" des Rechenschaftszwecks bei der Gewinnermittlung realisiert sehen könnteP Ob ein axiomatisiertes Modell unter einer solchen Zwecksetzung jedoch wirklich anzustreben ist,23 muß auch unter rechtspolitischen Zielsetzungen beurteilt werden, die über den Bereich der Bilanzierung hinausgehen. So können zum Beispiel sozialpolitische Gründe (Pas si vierungswahlrecht für Pensionsrückstellungen)24 oder Harmonisierungsbestrebungen bei der Rechnungslegung innerhalb der EG (Aktivierungshilfe für Kosten der Ingangsetzung und Erweiterung)25 für die Interessenwertung des Gesetzgebers den Ausschlag geben. Um Realmodelle zu konzipieren, müßten die Zwecke von GoB durch den Gesetzgeber de lege lata so festgelegt werden, daß diese als Axiome eines widerspruchsfreien, vollständigen und unabhängigen Aussagensystems fungü;;ren könnten. Nur dann wäre eine logisch einwandfreie Deduktion durchführbar, deren empirische Richtigkeit in der wirtschaftlichen Realität nach geltendem Recht überprüft werden könnte. De lege lata ist den momentan kodifizierten Vorschriften ein widerspruchsfreier Interessenausgleich nicht zu entnehmen, der nur komplementäre Zwecke enthält beziehungsweise eine eindeutige Regelung oder Aufgabenteilung bei konfliktären Zwecken vornimmt und daher als Basis einer Axiomatisierung dienen könnte.2ö Weder die vorhandenen Bilanzierungsvorschriften noch die GoB sind Aussagen, die im wissenschaftstheoretischen Sinne aus den beiden teils gegensätzlichen Zwecken Rechenschaft und Kapitalerhaltung deduziert werden könnten, sondern historisch gewachsene Konventionen, die auf ihre Zweck- und Sachgerechtigkeit nur in einer teleologischen und damit wertenden Betrachtung überprüft werden könnenP Nach geltendem Recht können (und sollen) die GoB nicht die wissenschaftstheoretischen Anforderungen erfüllen, die an ein axiomatisch-deduktives Aussagensystem gestellt werden.28 Vgl. Friederich, Hartmut: GoB für schwebende Geschäfte, S. 57. Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 137; Ballwieser, Wolfgang: Neue Generalklausei und neue Prüfungspflichten, S. 1038. 24 Vgl. § 250 Abs. 3 HGB-E, geändertin§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB; ErIäuterungenzu§ 249 HGB-EU, in: Bericht der Abgeordneten Helmrich, Kleinert (Hannover), Stiegler zum HGB-Entwurf; ADS: Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 152 Anm. 161. 2S Vgl. Begründung zu § 241 HGB-E, in: Begründung zum HGB-E; nicht geändert in § 269 HGB. 26 So auch Schneider, Dieter: Deduktion von GoB, S.155-157. 27 Vgl. Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 282; Beisse, Heinrich: Tendenzen zur Rechtsprechung des BFH zumBilanzrecht, in: DStR, 18. Jg. (1980), S.243-252, hier S.250; derselbe: Handelsbilanzrecht in der Rechtsprechung des BFH, S. 643 f.; Hartle, Joachim: Entobjektivierung der Bilanz, S. 67f. 28 Vgl. Beisse, Heinrich: Verhältnis von Bilanzrecht und BWL, S. 3 und S. 6-8. 22 23

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"Deduktion" von GoB kann deshalb für den, der de lege lata Aussagen über eine zweck- und systemgerechte Bilanzierung machen will, nicht die inhaltliche Bestimmung von GoB durch logische Ableitung aus Axiomen im Rahmen eines Realmodells bedeuten, sondern nur eine wertende Beurteilung von alternativen Bilanzierungsmethoden im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit den teils gegensätzlichen Zwecken Rechenschaft und Kapitalerhaltung.29 Durch eine teleologische 30 , wertende Zuordnung zum Typus GoB soll der vom Gesetzgeber wahrscheinlich beabsichtigte Interessenausgleich verwirklicht werden. Auch die Vertreter der Betriebswirtschaftslehre müssen versuchen, wenn sie de lege lata argumentieren, Vorschläge zur Konzeption eines GoB-Systems zu erarbeiten, die die teils gegensätzlichen Zwecke des geltenden und künftigen Rechts berücksichtigen. Sie dürfen nur die Anforderungen an das System stellen, die auch trotz der wenig eindeutigen und gegensätzlichen Zwecke des geltenden Rechts erfüllt werden können. 4.3.2 ßildung eines zweckgerechten, teleologischen Goß-Systems 4.3.2.1 Definition eines teleologischen Systems

Die Untersuchung der Möglichkeiten einer Deduktion von GoB aus den gesetzlichen Zwecken im geltenden Bilanzrecht hat deutlich gemacht, daß Systemgerechtigkeit de lege lata nicht durch Bildung eines axiomatischdeduktiven GoB-Systems realisiert werden kann. Zu fragen ist also, wie ein GoB-System zu konzipieren ist, das zwar den strengen wissenschaftstheoretischen Anforderungen eines Modells nicht gerecht werden kann, aber trotzdem verhindert, daß die GoB lediglich ein Konglomerat uneinheitlicher und widersprüchlicher Normen darstellen. Im juristischen Schrifttum läßt sich eine große Zahl von unterschiedlichen Systemdefinitionen finden. 31 Dabei scheiden die Definitionen für die Anwendung auf ein GoB-System aus, die sich auf eine Klassifikation, eine assoziative Reihung eines gegebenen Stoffs, beschränken.32 Gesucht wird statt dessen ein Systembegriff, der es ermöglicht, ein Gebäude von Begründungszusammenhängen aufzubauen, bei dem man ausgehend von wenigen allgemeinen Grundprinzipien auf speziellere Grundsätze "schließen" kann, so daß sich "einleuchtende" Längs- und Querverbindungen innerhalb des geordneten Stoffes ergeben.33

Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 29. Vgl. zur teleologischen Ermittlung von GoB, Baetge, Jörg: in: GBM. 31 Vgl. Fikentscher, Wolfgang: Methoden des Rechts, Bd.4, S.84-96 mit einem umfangreichen Überblick über juristische Systemdefinitionen. 32 Vgl. ebenda, S. 99-101. 33 Vgl. ebenda, S. 98 und S. 101 f. 29

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Canaris 34 und ihm folgend Larenz 35 haben versucht, ein solches teleologisches System für die gesamte Rechtsordnung eines Staates zu konzipieren. Diese teleologische Systemdefinition kann auf jedes einzelne Rechtsgebiet übertragen werden,36 wobei das Bilanzrecht und im besonderen das GoB-System als Teilsysteme des geltenden Rechts verstanden werden müssen.

Die gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften und die GoB dienen einem Interessenausgleich und sollen damit letztlich wie alle rechtlichen Regelungen den Gerechtigkeitsgedanken verwirklichen.3? Informations- und Zahlungsbemessungsinteressen von Personengruppen, die nicht bei der Aufstellung von Jahresabschlüssen mitwirken und keinen direkten Einfluß auf die Unternehmensleitung haben, werden als schutzbedürftig angesehen. 38 Die unterschiedlichen Machtpositionen der am Unternehmen Interessierten sollen nicht dazu führen, daß rechtlich gleiche Ansprüche unterschiedlich behandelt werden.39 Gerechtigkeit fordert, daß vor dem Recht Gleiches gleich und Ungleiches nach dem Maß seiner Verschiedenheit unterschiedlich zu bewerten ist.40 Der Jahresabschluß soll damit ein Mittel sein, die gerechte Behandlung aller Ansprüche durch Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsregelungen sicherzustellen. Voraussetzung, um überhaupt einen Interessenausgleich durch die kodifizierten und nicht gesetzlich festgelegten Regelungen zu realisieren, ist die folgerichtige Anwendung der gesetzlichen Interessenwertung auf alle maßgeblichen Einzelfälle. Werden nämlich nach der ratio legis gleich zu wertende Bilanzierungssachverhalte in dem einen Fall anders als in einem anderen behandelt, entstehen Wertungswidersprüche 41 , die eine konsequente Durchführung der angestrebten Interessenwertung bei allen relevanten Sachverhalten gefährden. Gerechtigkeit bedingt demnach die Folgerichtigkeit der Wertung. Folgerichtigkeit läßt sich nur gewährleisten, wenn die Vielzahl von Einzelwertungen in wenigen grundlegenden Interessenwertungen, einer Sinneinheit, zum Ausdruck kommt. Gerechtigkeit und gleichzeitig Rechtssicherheit können nur 34 Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriffin der Jurisprudenz, Berlin 1967. 3S Vgl. Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 55f. und S. 310-360. 36 Vgl. Tipke, Klaus: Steuerrecht - Chaos, Konglomerat oder System?, in: StuW, 48. (1.) Jg. (1971), S. 2-14, hier S. 5 -7. 37 Vgl. Böse, Wulf H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, S.38; Baetge, Jörg: Rechnungslegungszwecke, S. 23. 38 Vgl. Steinbach, Adalbert: Die Rechnungslegungsvorschriften des AktG 1965, S. 186-195. 39 Vgl. zur Gleichbehandlung rechtlich gleicher Ansprüche Engisch, Kar!: Juristisches Denken, 7. Aufl., S. 187. 40 Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S.47f.; Pawlowski, HansMartin: Methodenlehre, S. 177 -179. 41 Vgl. zu Wertungswidersprüchen Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S.211.

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in einem folgerichtig geordneten, von wenigen überschaubaren, einheitlichen Prinzipien geleiteten Recht bestehen. Folgerichtigkeit und Sinneinheit durch wenige, einheitliche, tragende Grundprinzipien sind nach Canaris die Merkmale eines teleologischen Rechtssystems.42 Die Notwendigkeit eines derartigen Systems ergibt sich somit direkt aus dem Gerechtlgkeitspostulat. "Unsystematische" Wertungen, die nicht folgerichtig aus wenigen einheitlichen Rechtsprinzipien erfolgen, sind nicht in der Lage, Gerechtigkeit zu gewährleisten. Wertungswidersprüche verhindern, daß der vom Gesetzgeber angestrebte Interessenausgleich auf alle aus seiner Sicht gleichgelagerten Einzelfälle übertragen wird. Sogar in einem case law nach anglo-amerikanischem Muster muß in systematischen Zusammenhängen gedacht werden, um rechtlich gleich zu Bewertendes auch gleich zu behandeln.43 4.3.2.2 Folgerichtigkeit als Merkmal eines teleologischen Systems

Versucht man herauszuarbeiten, was unter der Folgerichtigkeit als Voraussetzung eines Rechtssystems genauer zu verstehen ist, so ergeben schon die bisher angestellten Überlegungen, daß sich die Folgerichtigkeit von Wertungen nicht allein mit den Mitteln der formalen Logik begründen läßt. Zwar bedient sich auch die Jurisprudenz der logischen Schlußverfahren.44 Wie jedoch bei der Anwendung des Analogieschlusses oder des argurnenturn e contrario deutlich wurde, liegt die eigentliche Aufgabe der Rechtswissenschaft in diesem Fall vor allem darin festzustellen, ob eine Regel auf einen nicht ausdrücklich geregelten Tatbestand analog übertragen werden soll oder ob es sich nach der ratio legis um eine Ausnahme handelt.45 Ist diese Wertung im "Vorfeld" der Logik einmal abgeschlossen,46 so ergibt sich die Anwendung eines bestimmten logischen Schlusses aus dieser wertenden, teleologischen Vorentscheidung quasi automatisch.47 Die Ableitungen von Folgerungen aus der Teleologie eines Gesetzes und die Zusammenhänge zwischen einzelnen Prinzipien eines Systems basieren demnach weniger auf einer streng formalen als auf einer "intuitionistischen" Logik.48 Daraus ist jedoch nicht zu schließen, daß juristische Folgerungen nicht rational erfaßbar oder überprüfbar wären. Ob Einzelwertungen juristischer Theorien sachlich angemessen sind, kann zwar nicht wie bei den Realmodellen anhand von Tatsachen empirisch überprüft werden. Ihre Folgerichtigkeit läßt 42 Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S.16-18 und die allgemeine Systemdefinition aus Abschnitt 2.2 dieser Untersuchung. 43 Vgl. Esser, Josef: Grundsatz und Norm, S.44. 44 Vgl. Klug, Ulrich: Juristische Logik, 4. Aufl. 45 Vgl. Abschnitte 4.2.1.3.1 und 4.2.2 dieser Untersuchung. 46 Vgl. Klug, Ulrich: Juristische Logik, 4. Aufl., S. 143 -146. 47 Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 24f. 48 Vgl. Fikentscher, Wolfgang: Methoden des Rechts, Bd. 4, S. 118f.

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sich aber anhand ihrer Vereinbarkeit mit den geltenden Rechtsnormen, anerkannten Rechtsprinzipien und der gesetzlichen Teleologie "beweisen'~. Ist im Ergebnis einer wertenden Betrachtung die Kompatibilität mit den leitenden Grundprinzipien zu verneinen, ist die Theorie "falsifiziert". Eine Falsifikation wird dadurch, daß die teleologische Richtigkeit einer Wertung nur anhand der selbst interpretationsbedürftigen geltenden Rechtsordnung überprüft werden kann, zwar erheblich erschwert, nicht aber unmöglich gemacht.49 4.3.2.3 Sinneinheit als Merkmal eines teleologischen Systems

Das zweite notwendige Merkmal von rechtlichen Systemen, die Sinneinheit der teleologischen Ordnung, entsteht durch die tragenden allgemeinen Rechtsprinzipien eines Rechtsgebiets. Als einheitliche, leitende Rechtsprinzipien für das geltende Bilanzrecht sind die oben ermittelten Zwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung anzusehen. 50 Solch konträre Rechtsprinzipien, die in einem nicht völlig aufzulösenden Konflikt zueinander stehen, verhindern keine Systembildung, sondern gehören geradezu zum Wesen teleologischer Systeme. An die tragenden Rechtsprinzipien und das auf ihnen ruhende System sind daher auch ganz andere Anforderungen zu stellen als an die Axiome von axiomatisch-deduktiven Systemen und die daraus abgeleiteten Aussagen. Widerspruchslosigkeit von Axiomen ist nur bei axiomatisch-deduktiven Systemen unverzichtbar. Im Rahmen teleologischer Systeme können Prinzipiengegensätze bestehen bleiben.51 Auch ohne einen der teils gegensätzlichen Zwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung zu eliminieren oder eine eindeutige Rangordnung oder Aufgabenteilung festzulegen, wird ein "systematischer" Ausgleich der Interessen durchgeführt, indem sich Anhaltspunkte für eine Gewichtung der Zwecke von GoB finden lassen und, wie noch zu zeigen ist, sich jedem Zweck ein bestimmter Anwendungsbereich innerhalb der Gewinnermittlung zuweisen läßt. 52 Daß sich die Prinzipien auch über ihren nicht vollständig abzugrenzenden Anwendungsbereich hinaus gegenseitig beeinflussen, ist ebenfalls für ein teleologisches System charakteristisch.

Ebensowenig erheben die Prinzipien einen Anspruch auf Vollständigkeit. Denn erstens können die Zwecke als leitende Rechtsprinzipien die Vollständigkeit des Systems nie sicherstellen, da die einzelnen GoB, die die Zwecke Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 322-326. Canaris führt selbst als Beispiel für ein allgemeines Rechtsprinzip die Erhaltung des Grundkapitals einer AG an. Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 51 f. 51 Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 53 und S. 115 f.; zum bestehenden "Spannungsverhältnis" zwischen Rechenschafts- und Kapitalerhaltungszweck und dessen Auswirkungen auf die Konkretisierung von GoB Baetge, Jörg: GoB, in: GBM. 52 Vgl. Abschnitt 5.1.1 dieser Untersuchung. 49 50

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konkretisieren, sich inhaltlich nicht direkt aus den Zwecken selbst ergeben.53 Denn der Inhalt der GoB läßt sich nicht durch tautologische Umfonnung 54 ennitteln wie die Aussagen, die aus den Axiomen axiomatisch-deduktiver Systeme abgeleitet werden. Vielmehr muß aufjeder Systemstufe, jeder Ebene der Konkretisierung des Systems mit Hilfe von Einzelwertungen die Zweckgerechtigkeit von bestimmten Grundsätzen im Rahmen des Gesamtsystems untersucht werden. 55 Bei einer solchen wertenden Konkretisierung wird im Gegensatz zur axiomatisch-deduktiven Systematisierung eine inhaltliche Geschlossenheit und Vollständigkeit des Systems gar nicht angestrebt. 56 Zweitens muß das System der GoB offen bleiben, weil sich die Grundwertungen, die in den allgemeinen Rechtsprinzipien zum Ausdruck kommen, durch Änderungen von Gesetz, Gewohnheitsrecht oder Natur der Sache (z. B. technische Entwicklung) wandeln können. 57 Das GoB-System darf kein geschlossenes System sein, damit neue betriebswirtschaftliche und rechtswissenschaftliche Erkenntnisse über die Zweck- und Systemgerechtigkeit von Bilanzierungsalternativen im Rahmen des Systems berücksichtigt werden können. Nur die Offenheit macht das System entwicklungsfähig. 58 Auch die Unabhängigkeit ist keine Anforderung, der die Zwecke von GoB und die GoB als zweck- und systemgerechte Normen genügen müssen. Zwischen den einzelnen GoB und den einzelnen Prinzipien bestehen im Gegenteil Querverbindungen, durch die erst der eigentliche Sinngehalt der Systembausteine deutlich wird. Jeder Grundsatz und jedes Prinzip muß als Teil des Systemganzen begriffen und interpretiert werden. Umgekehrt wird das gesamte System wiederum durch die Prinzipien und Grundsätze konkretisiert und inhaltlich ausgefüllt. 59 Dieses sich wechselseitig ergänzende und beschränkende, nicht restlos festgelegte Zusammenspiel von übergeordneten Rechtsprinzipien, Grundsätzen und Gesamtsystem kennzeichnet die henneneutische Grundstruktur des teleologischen Systems.60 Der Verstehensprozeß und das Vorgehen der Konkretisierung verläuft nicht linear wie bei der Deduktion von Aussagen aus Axiomen, sondern in wechselseitiger Sinnergänzung.61 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 29. Vgl. Abschnitt 4.3.1 dieser Untersuchung. 55 Vgl. allgemein zu teleologischen Systemen Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 27 - 29, S. 53 f. und S. 57 f. 56 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 137; nur in der Verwendung der Begriffe "geschlossen" und "offen" unterscheiden sich in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Baetge, Jörg: GoB, in: GBM. 5? Vgl. Beisse, Heinrich: Verhältnis von Bilanzrecht und BWL, S. 1 f.; dazu allgemein bei Rechtssystemen Fikentscher, Wolfgang: Methoden des Rechts, Bd. 4, S. 115. 58 Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 72. 59 Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 55 und S. 90. 60 Vgl. zur hermeneutischen Konkretisierung von GoB Baetge, Jörg: GoB, in: GBM. 61 Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 347. 53

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Wenn die Zwecke von GoB als einheitliche, übergeordnete Rechtsprinzipien auf alle relevanten Bilanzierungssachverhalte folgerichtig angewandt werden, so handelt es sich dabei an sich nur um eine besondere Form der teleologischen Auslegung.62 Weil jedoch die Bandbreite der gesetzlichen Wertungen ein großes Spektrum von Bilanzierungsmethoden zuläßt, kann das Systemargument bestimmte zweckgerechte Bilanzierungsmethoden aufgrund vieler Längs- und Querverbindungen als sinnvolle inhaltliche Systemergänzungen erscheinen lassen, andere jedoch nicht. Obwohl das Systemargument ein teleologisches Argument ist, hat es für die Bestimmung von GoB einen zusätzlichen Selektionswert. Bei mehreren zweckentsprechenden Vorgehensweisen ist im Zweifel die systemgerechte als die de lege lata verbindliche anzusehen.63 Da i. d. R. eine Mehrzahl alternativer Bilanzierungsmethoden den Wertungen des Gesetzgebers entsprechen, muß für die Ermittlung der GoB in der Praxis das Typenmerkmal Systemgerechtigkeit in einer großen Zahl von Fällen von ausschlaggebender Bedeutung sein. Denn erst dieses Merkmal erlaubt es, die Vielzahl möglicher Bilanzierungsmethoden in einer der Teleologie entsprechenden Weise rational einzugrenzen. Die Konkretisierung des Merkmals Systemgerechtigkeit bliebe unvollständig, würde man nicht die Bedeutung des dritten GoB-Merkmals allgemeiner Konsens für eine zweckgerechte Systembildung herausarbeiten. Denn auch wenn man versucht, die gesetzlichen Zwecke von GoB einheitlich und folgerichtig auf alle Einzelfragen anzuwenden und so den Kreis der jeweils relevanten Bilanzierungsmethoden systemgerecht einzugrenzen, sind die gesetzlichen Zwecke von GoB zu wenig konkret, um zu einem einheitlichen System von Bilanzierungsgrundsätzen zu führen. 64 Vorausgesetzt, es soll im Interesse der Rechtssicherheit 65 bei einzelnen Bilanzierungssachverhalten nicht eine ganze Fülle von Bilanzierungsmethoden gesetzmäßig sein, so muß wenigstens für die tragenden Prinzipien des GoB-Systems ein allgemeiner Konsens erzielt werden. Außerdem ist das in Abschnitt 5.1.1 dargestellte GoB-System nicht unabhängig von den bereits vorhandenen Bilanzierungsnormen, sondern stimmt mit ihnen überein,66 soweit die bestehenden Normen den Zwecken von GoB entsprechen und im System keine Wertungswidersprüche verursachen.

62 Vgl. zum Systemdenken als Form des teleologischen Denkens Canaris, ClausWilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 88. 63 Vgl. Canaris, Claus-Wilhelm: Systemdenken und Systembegriff, S. 110. M Vgl. Abschnitt 4.2.2 dieser Untersuchung und Moxter, Adolf: Die handelsrechtlichen Goß und das neue ßilanzrecht, S. 262-264. 65 Vgl. zur Notwendigkeit der Rechtssicherheit im ßilanzrecht Le//son, Ulrich: Gemeinsamkeit juristischer und ökonomischer Ermittlung der Goß, S. 583 f. 66 Vgl. Le//son, Ulrich: Goß, 6. Aufl., S. 23-25.

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4 Konkretisierung des GoB-Merkmals Systemgerechtigkeit

4.4 Möglichkeit einer Vereinheitlichung der zweckgerechten Systembildung (Reduktion der Alternativen) durch das Goß-Merkmal allgemeiner Konsens Wie schon die Auslegung des Typus GoB in Abschnitt 3.2 ergeben hat, wird durch den allgemeinen Konsens, der sich bezüglich bestimmter Normen gebildet hat, die zweckgerechte Systembildung vereinheitlicht. Die geltenden Rechtsnormen, d. h. die kodifizierten Rechtsnormen und die Normen des Gewohnheitsrechts, aber auch die Normen, die noch keine Rechtsgeltung haben und sich als Handelsbrauch oder in der Verkehrsauffassung oder in der Rechtsprechung entwickelt haben, dürfen infolgedessen bei der Systembildung nicht unberücksichtigt bleiben, sondern sind Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines allgemeinen Konsenses.! Nicht übersehen werden darf, daß der Nachweis aller nichtkodifizierten Bilanzierungsnormen als Erkenntnismittel für den allgemeinen Konsens häufig sehr problematisch ist.2 So sind Bilanzierungsmethoden, die seit längerer Zeit praktiziert werden und nach Auffassung der Rechtsgemeinschaft Rechtsgeltung besitzen, zwar Gewohnheitsrecht und damit als den kodifizierten Rechtsnormen gleichwertige Rechtsquellen anzusehen. 3 Aber es ist nur in Ausnahmefällen möglich, die Existenz eines Gewohnheitsrechts, vor allem des Rechtsgeltungswillens der Rechtsgemeinschaft, nachzuweisen.4 Ebenso schwierig ist es, einen allgemeinen Konsens durch das Vorhandensein eines Handelsbrauchs oder einer Verkehrsauffassung greifbar zu machen. Denn ob ein Handelsbrauchs wirklich besteht, also eine Bilanzierungsmethode tatsächlich allgemeine, gleichförmige und dauernde Übung ist oder eine bestimmte Ansicht zu einem Bilanzierungssachverhalt die Durchschnittsmeinung der betroffenen Rechtskreise und darum die Verkehrsauffassung 6 widerspiegelt, ist im Einzelfall oft nicht leicht festzustellen.? Deshalb können diese 1 Vgl. van der Velde, Kurt: Zur Kritik an den GoB, S. 804; Steinbach, Adalbert: Wesen, Rechtsnatur und Ermittlungsmethoden der GoB, S. 11-14; Kruse, Heinrich Wilhelm: Bilanzierungswahlrechte und Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: Bilanzfragen, Festschrift für Ulrich Leffson, hrsg. v. J örg Baetge, Düsseldorf 1976, S. 65 - 86, hier S.72-76. 2 Vgl. Spannhorst, Burkhardt: GoB, S. 156f. 3 Vgl. Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S.305; Federmann, Rudolf: Bilanzierung nach Handelsrecht und Steuerrecht, 5. Aufl., S. 79; Kruse, Heinrich Wilhelm: GoB, 3. Aufl., S. 16f. und S. 28f. 4 Vgl. Larenz, Karl: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 231; Adam, Elmar: Generalklausei über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 80. S Vgl. zur Definition des Handelsbrauchs Baumbach, A., Duden, Konrad, Hopt, KlausJürgen: Handelsgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl., München 1983, § 346 Anm. 2A. 6 Vgl. zur Definition der Verkehrsauffassung Kruse, Heinrich Wilhelm: GoB, 3. Aufl., S.60f. 7 Vgl. Spannhorst, Burkhardt: GoB, S. 110, S. 115 und S. 121.

4.4 Vereinheitlichung des GoB-Systems durch aJlgemeinen Konsens?

103

schwer faßbaren Normen immer nur einen Hinweis auf das Vorhandensein eines allgemeinen Konsenses darstellen. Leicht ermitteln lassen sich dagegen die Normierungen, die in schriftlich fixierten richterlichen Entscheidungen vorgenommen werden. Trotzdem darf nicht ohne weiteres auf eine allgemeine rechtliche Geltung der dort angegebenen Normen und einen sich daraus ergebenden allgemeinen Konsens geschlossen werden. Denn trotz der hohen faktischen Bedeutung präjudizieller Entscheidungen für die Konkretisierung des GoB-Begriffs ist zu beachten, daß Urteile immer nur gesetzliche Wertungen auf den Einzelfall anwenden B und deshalb eine allgemeine Verbindlichkeit nicht von vornherein unterstellt werden darf.9 Aufgrund der dargestellten Probleme soll hier die erforderliche Vereinheitlichung des GoB-Systems daher vor allem mit Hilfe von Grundsätzen erreicht werden, die de lege lata bereits kodifiziert wurden. Insbesondere sollen die Grundsätze, die ein Bindeglied zwischen den abstrakten, allgemeinen Zwecken von GoB und den konkreteren Grundsätzen bilden sollen und damit den Inhalt und Aufbau der konkreteren Grundsätze mitbestimmen, dem kodifizierten Bilanzrecht entnommen werden. Sie werden im folgenden Abschnitt als Systemgrundsätze bezeichnet.

8 9

Vgl. Larenz, Kar!: Methodenlehre, Studienausgabe, S. 302-308. Vgl. Boelke, Wilfried: Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes, S. 56f.

5 Systemgerechtigkeit der Goß durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen 5.1 Systemgrundsätze 5.1.1 Aufgabe der Systemgrundsätze und ihre Stellung im Rahmen eines teleologischen Goß-Systems

Die Funktion der Systemgrundsätze innerhalb des GoB-Systems, ihre Aufgabe bei einer systemgerechten Konkretisierung von GoB und vor allem ihre Bedeutung für eine systemgerechte Verlustantizipation werden ersichtlich, wenn man sich noch einmal den Ablauf der bisherigen Untersuchung und deren Ergebnisse vergegenwärtigt. Ausgangspunkt im Abschnitt 2 dieser Arbeit war die Feststellung, daß analoge Probleme bei der Berücksichtigung künftiger Verluste in Theorie und Praxis bisher vielfach anders gelöst werden als bei der Ermittlung vergangener Erfolge. Da die aufgeführten Literaturmeinungen diese uneinheitliche Vorgehensweise nicht schlüssig begründen konnten, mußten die Lösungsvorschläge im Zusammenhang betrachtet als in sich widersprüchlich angesehen werden. Anschließend wurde im Abschnitt 3 gefragt, ob eine solch widerspruchsvolle Auslegung handelsrechtlicher Bewertungsvorschriften mit dem geltenden Bilanzrecht vereinbar sei, insbesondere wenn man die kodifizierten Vorschriften - wie im Gesetz gefordert - mit Hilfe der GoB interpretiert. Dabei wurde nachgewiesen, daß der unbestimmte Rechtsbegriff GoB keine Gesetzeslücke darstellt, die auch durch widersprüchliche Einzelfallentscheidungen ausgefüllt werden könnte. Statt dessen ergab die Auslegung, daß der GoB-Begriff ein konkretisierungsbedürftiger Typus ist, der durch das Merkmal Systemgerechtigkeit gekennzeichnet und darum systemgerecht zu konkretisieren ist. Abschnitt 4 zeigte dann, daß Systemgerechtigkeit einzelner GoB nur zu realisieren ist, indem die Grundsätze inhaltlich als Bestandteile eines zweckgerechten GoB-Systems formuliert werden. Weil ein solches zweckgerechtes System von GoB de lege lata aufgrund der mangelnden Eindeutigkeit und partiellen Gegensätzlichkeit der Zwecke von GoB nicht den Anforderungen eines axiomatisch-deduktiven Systems gerecht werden kann, wurde das GoBSystem als ein teleologisches System verstanden, das trotz vorhandener Prinzipiengegensätze Wertungswidersprüche vermeiden hilft, indem es eine überschaubare Anzahl von einheitlichen Rechtsprinzipien folgerichtig auf einzelne Sachverhalte anwendet.

5.1 Systemgrundsätze

105

Um trotz der teilweise gegensätzlichen Zwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung die GoB im Rahmen eines teleologischen Systems widerspruchsfrei zu konkretisieren, sind über diese Zwecke und die zur Realisierung der Zwecke notwendige Objektivierung hinaus zusätzlich einheitliche Rechtsprinzipien erforderlich, die gleichermaßen auf die Abgrenzung vergangener Erfolge und die Verlustantizipation angewandt werden und so die bestehenden Widersprüche beseitigen. Diese Prinzipien müssen wesentlich konkreter als die Zwecke von GoB und als Grundlagen handelsrechtlicher Bilanzierung allgemein anerkannt sein. Geht man vom GoB-System Leffsons aus, so erkennt man, daß die dort genannten Rahmengrundsätze: Richtigkeit (Willkürfreiheit), Klarheit und Vollständigkeit,1 von Baetge erweitert und modifiziert um den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (Grundsatz der Relevanz/materiality) und den Grundsatz der Vergleichbarkeit (Stetigkeit),2 als Bedingungen jeder Informationsvermittlung 3 zwar einen Rahmen für die Verwirklichung der Zwecke von GoB bilden, jedoch selbst viel zu abstrakt sind, um eine einheitliche Lösung der oben angesprochenen Probleme 4 zu ermöglichen. Vielmehr bedürfen die genannten Rahmengrundsätze selbst der Konkretisierung. Denn die Rahmengrundsätze erlauben keine Ableitung von Grundsätzen, sondern gewinnen selbst erst an Aussagekraft, wenn ihnen durch konkrete Bilanzierungsgrundsätze ein bestimmter Inhalt gegeben wird. Erst wenn solche konkreten Grundsätze bereits vorhanden sind, läßt sich im Hinblick auf diese bestehenden Grundsätze beurteilen,5 ob eine Bilanzierungsmethode den Rahmengrundsätzen der Richtigkeit, Klarheit und Vollständigkeit entspricht. Um konkrete Grundsätze zu ermitteln, die die Abgrenzung des Periodenerfolgs regeln und die Kapitalerhaltung sicherstellen, ohne zu Widersprüchen zu führen, wie sie im Abschnitt 2 dieser Untersuchung aufgedeckt wurden, sind daher auf einer Zwischenstufe speziellere Rahmengrundsätze erforderlich. Aufgabe dieser speziellen Rahmengrundsätze ist es, die Zwecke von GoB durch inhaltlich exakt festgelegte Prinzipien zu präzisieren und damit die Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätze systemgerecht zu konkretisieren. Weil die speziellen Rahmengrundsätze als einheitliche Bezugsbasis für eine folgerichtige Konkretisierung dienen und so Widersprüche bei der Auslegung von Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätzen verhindern sollen, werden sie als Systemgrundsätze bezeichnet. 1 Vgl. Lellson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 163 und S. 174-275; derselbe: Buchführung und Bilanzierung, Grundsätze ordnungsmäßiger, in: HWR, 1. Aufl., Sp. 309f. 2 Vgl. Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 710-712. 3 Vgl. Baetge, Jörg, Lammerskitten, Peter: Publizität und Finanzierung, Sp. 1474. 4 Vgl. Abschnitt 2 dieser Untersuchung. S Vgl. Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 709.

106

5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Das GoB-System nach Leffson 6 ist daher nach Ansicht des Verfassers durch die Systemgrundsätze, Going-Concern-Concept (GCC), Pagatorik und Einzelbewertung zu modifizieren. Das Schema auf Seite 107 soll das modifizierte System veranschaulichen. Weil sich die Abbildung an das bereits von Leffson veröffentlichte Schema anlehnt, wird hier auf eine umfassende Darstellung aller Grundsätze verzichtet. Lediglich auf die Abänderungen in dem durch Abb. 7 dargestellten System soll kurz eingegangen werden, bevor die Systemgrundsätze und ihre Bedeutung für die Auslegung des Imparitätsprinzips detailliert untersucht werden. In dem abgebildeten GoB-System wurde bewußt auf die in vergleichbaren Schemata üblichen Pfeile verzichtet, die die Deduktion von konkreten Grundsätzen aus übergeordneten Rechtsprinzipien symbolisieren sollen. Eine derartig starre Ableitung von Grundsätzen ist in einem teleologischen System nicht möglich. Da keine tautologische Umformung von Axiomen durchgeführt wird, sondern auf jeder Konkretisierungsstufe erneut verschiedene, teils gegensätzliche Prinzipien gegeneinander abgewogen werden müssen,7 lassen sich die zahlreichen gedanklichen Längs- und Querverbindungen nicht in übersichtlicher Weise durch Pfeile darstellen. Da der Konkretisierungsprozeß in teleologischen Systemen in wechselseitiger Sinnergänzung abläuft, wäre es noch nicht einmal möglich, in jedem Fall eine eindeutige Richtung der Pfeile anzugeben.8 Statt dessen wurde versucht, die Grundsätze räumlich so anzuordnen bzw. zu Gruppen zusammenzufassen, daß der Einfluß übergeordneter Prinzipien auf bestimmte Gruppen von Grundsätzen deutlich wird. Der Rechenschaftsgrundsatz wird dem Rechenschaftszweck und der Objektivierung, die Kapitalerhaltungsgrundsätze werden dem Kapitalerhaltungszweck und der Objektivierung zugeordnet. Da die Systemgrundsätze wie die Rahmengrundsätze gleichermaßen einer objektivierten Rechenschaft und Kapitalerhaltung dienen und einheitlich auf Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätze angewendet werden sollen, wurden sie im Zentrum des Systems plaziert. Im Gegensatz zu Leffson, der alle Bilanzierungsgrundsätze als Rechenschaftsgrundsätze versteht,9 wird in diesem Entwurf eines GoB-Systems zwischen Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätzen unterschieden. lO Denn es wäre verfehlt, wollte man vor allem das Imparitätsprinzip, aber auch die rechenschaftsorientierte Deutung des Vorsichtsprinzips nach Baetge ll und Vgl. Schema bei LeJJson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 165. Vgl. Abschnitt 432. 8 Vgl. Abschnitt 432. 9 Vgl. LeJJson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 158; derselbe, Baetge, Jörg: Buchführungsvorschriften, allgemeine, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, Stuttgart 1970, Sp. 314- 319, hier Sp. 317. 10 So auch Baetge, Jörg: GoB, in: GBM; derselbe: GoB, in: Handbuch der Rechnungslegung. 6 7

107

5.1 Systemgrundsätze Abbildung 7 Modifikation des GoB-Systems nach Leffson

Rechenschaftszweck

Objektivierungserfordernis

Kapitalerhaltungszweck

I. Rahmengrundsätze - Richtigkeit (Willkürfreiheit) - Klarheit - Vollständigkeit jeweils unter Berücksichtigung von: - Wirtschaftlichkeit (Relevanz / materiality) - Vergleichbarkeit (Stetigkeit)

II. Systemgrundsätze - Going-ConcernConcept (Finalprinzip) - Pagatorik - Einzelbewertung III. Rechenschaftsgrundsatz - Realisationsprinzip

IV. Kapitalerhaltungsgrundsätze - Imparitätsprinzip - Vorsichtsprinzip V. Definitionsgrundsätze für Bilanzgegenstände - Aktivierungsgrundsätze - Passivierungsgrundsätze - Rechnungsabgrenzungsgrundsätze

Leffson,12 in erster Linie dem Rechenschaftszweck zuordnen. Zumindest läßt sich der Ansatz einer Rückstellung für die Differenz zwischen Mittelwert und dem Wert am unteren Ende einer Bandbreite möglicher Werte, die Baetge als Rückstellung für die mittlere Bandbreite,13 Leffson ihm folgend als Vorsichtskomponente bezeichnet,14 nicht allein durch den Rechenschaftszweck begründen. Zwar hat das Vorsichtsprinzip nach Baetge ebenso wie das Imparitätsprin11 Vgl. Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 711. 12 Vgl. Leffsan, Ulrich: Buchführung und Bilanzierung, Grundsätze ordnungsmäßiger, in: HWR, 1. Aufl., Sp. 313 f. 13 Vgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 154f. 14 Vgl. Leffsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 432-435.

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5 Systemgerechte GaB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

zip auch die Funktion, über Risiken zu infonnieren,15 ihre eigentliche Aufgabe liegt jedoch in der Kapitalerhaltung. I6 Deshalb wurden das Vorsichtsprinzip und das Imparitätsprinzip im vorliegenden Schema explizit als Kapitalerhaltungsgrundsätze aufgeführt. l7 Das Realisationsprinzip hingegen legt durch den Realisationszeitpunkt den Eckpfeiler einer objektivierten Periodenabgrenzung von Ein- und Auszahlungen fest. ls Es wird hier deshalb vor allem als Ausdruck objektivierter Rechenschaft verstanden und nicht wie im HGB 1985 als Ausdruck "vorsichtiger" Bewertung aufgefaßt 19, die primär dem Kapitalerhaltungszweck dient.29 Das Realisationsprinzip dient zwar auch der Kapitalerhaltung, indem es den Ansatz unrealisierter Gewinne verhindert. Jedoch hätte eine objektivierte Kapitalerhaltung weit besser verwirklicht werden können, wenn der Realisationszeitpunkt nicht schon dem Zeitpunkt der Lieferung eines Gutes, sondern erst dem Zeitpunkt des Zahlungseingangs entspräche.21 Der Rechenschaftsgedanke erhält bei der Konkretisierung des Realisationszeitpunktes offensichtlich den. Vorrang, so daß das Realisationsprinzip in dem dargestellten GoB-System als Rechenschaftsgrundsatz genannt wird.22 Obwohl in diesem System der Rechenschafts- und Kapitalerhaltungszweck in getrennten Anwendungsbereichen realisiert werden, hat schon die gerade durchgeführte kurze Betrachtung einiger Grundsätze gezeigt, daß die Zwecke und ihre Anwendungsbereiche nie isoliert gesehen werden dürfen: Kapitalerhaltungsgrundsätze haben gleichzeitig Rechenschaftsaufgaben und umgekehrtP Dabei liegt der Schwerpunkt dieses GoB-Systems ebenso wie bei Leffson auf dem Rechenschaftsgedanken, wie auch die nähere Untersuchung der Systemgrundsätze zeigen wird.24 Im Gegensatz zu Leffson sollen hier jedoch die primär der Kapitalerhaltung dienenden Grundsätze nicht nur als Verlegenheitslösung und Bilanzierungskonvention 25 akzeptiert werden. Vielmehr soll insbeVgl. Leffson, Ulrich: GaB, 6. Aufl., S. 94. Vgl. ebenda, S. 421. 17 So auch Baetge, Jörg: GaB, in: GBM; derselbe: GaB, in: Handbuch der Rechnungslegung. 18 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 263; derselbe: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 160 -162; Lellson, Ulrich: Buchführung und Bilanzierung, Grundsätze ordnungsmäßiger, in: HWR, 1. Aufl., Sp. 313; derselbe: GaB, 6. Aufl., S. 320. 19 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB. 20 Vgl. Leffson, Ulrich: GaB, 6. Aufl., S. 420f.; Baetge, Jörg: GoB, in: GBM; derselbe: GaB, in: Handbuch der Rechnungslegung. 21 Diese Ansicht vertreten Schneider, Dieter: Aktienrechtlicher Gewinn und ausschüttungsfähiger Betrag, S. 609f.; Jacobs, Otto H.: Das Bilanzierungsproblem, S. 125. 22 So auch Baetge, Jörg: GaB, in: GBM. 23 Vgl. Leffson, Ulrich: GaB, 6. Aufl., S. 82; Baetge, Jörg: GaB, in: Handbuch der Rechnungslegung. 24 Vgl. Abschnitt 5.1.2 dieser Untersuchung. 15

16

5.1 Systemgrundsätze

109

sondere das Imparitätsprinzip in vollem Umfang als Kapitalerhaltungsgrundsatz anerkannt 26 und auch inhaltlich dieser Aufgabe entsprechend systemgerecht konkretisiert werden. Außer den Systemgrundsätzen wird in der Abbildung 7 dem GoB-System nach Leffsan noch eine weitere Gruppe von Grundsätzen hinzugefügt: Die Definitionsgrundsätze für Bilanzgegenstände, die durch einheitliche Aktivierungs- und Passivierungs- sowie Rechnungsabgrenzungsregeln zusätzlich die Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätze objektivieren sollenP Denn für die Bilanzierung nach dem geltenden Recht ist nach Auffassung des Gesetzgebers eine weitergehende Objektivierung mit Hilfe von Aktivierungs-, Pas si vierungs- und Rechnungsabgrenzungsregeln offensichtlich notwendig, wie zahlreiche Vorschriften zum Ansatz bestimmter Bilanzposten belegen.2s Einheitliche Kriterien zur Bilanzierungsfähigkeit und -pflicht von Bilanzgegenständen sind allerdings den kodifizierten Normen nicht zu entnehmen.29 Da eine umfangreiche Untersuchung der Definitionsgrundsätze für Bilanzgegenstände für eine systemgerechte Auslegung des Imparitätsprinzips keine weiteren relevanten Ergebnisse erbringt, soll hier lediglich auf die Notwendigkeit einheitlicher Definitionsgrundsätze für eine systemgerechte Bilanzierung hingewiesen, im folgenden aber von den kodifizierten Aktivierungs- und Passivierungsnormen ausgegangen werden. Der hier vertretene Vorschlag unterscheidet sich weiterhin dadurch vom GoBSystem nach Leffsan, daß im Rahmen der Rechenschaftsgrundsätze das Anschaffungskostenprinzip und der Grundsatz der Abgrenzung der Sache und der Zeit nach nicht mehr genannt werden. Die Ursache dafür liegt nicht darin, daß auf diese wesentlichen Grundsätze verzichtet werden soll. Vielmehr wird der Inhalt dieser Grundsätze durch das Going-Concern-Concept und den Grundsatz der Pagatorik im Rahmen der Systemgrundsätze einheitlich auf die Erfassung realisierter Erfolge und künftiger Verluste angewandt. Der Grundsatz der Abgrenzung der Sache und der Zeit nach erhält innerhalb des GCC30,

25 Vgl. Le//son, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 303 und S. 311; Friederich, Hartrnut: GoB für schwebende Geschäfte, S. 57 f. 26 So auch Baetge, Jörg: GoB, in: GBM; derselbe: GoB, in: Handbuch der Rechnungslegung. 27 Vgl. Steinbach, Adalbert: Die Rechnungslegungsvorschriften des AktG 1965, S. 95f.; Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 174-194. 28 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 64-69 und S.' 429-438. 29 Vgl. Baetge, Jörg, Ballwieser, Wolfgang: Ansatz und Ausweis von Leasingobjekten in Handels- und Steuerbilanz, in: DBW, 38. Jg. (1978), S. 3-19, hier S. 12; Moxter, Adolf: Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, S. 102 f. und S. 159 -165; derselbe: Bilanzrechtsprechung, 2. Aufl., Tübingen 1985, S. 6-104. 30 Vgl. Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

das Anschaffungskostenprinzip innerhalb des Grundsatzes der Pagatorik 31 eine allgemeinere, systemtragende Bedeutung. Auch Leffson nennt das GCC, das Nominalprinzip (Pagatorik) und die Einzelbewertung "ergänzende, die Bewertung determinierende Prinzipien"32. Aufgrund mangelnder Konkretisierung könnten sie jedoch nur als Bilanzierungsvoraussetzungen im Rahmen der Konzeption der Handelsbilanz, nicht aber unmittelbar als GoB angesehen werden.33 Gegen diese Auffassung spricht heute erstens, daß inzwischen nach HGB 1985 sämtliche Systemgrundsätze als GoB ausdrücklich kodifiziert sind,34 und zweitens, daß diese Prinzipien, die auch nach Ansicht von Leffson das Fundament der GoB bilden,35 für eine systemgerechte Auslegung aller Grundsätze erforderlich sind.36 Deshalb sollen diese Prinzipien, die die Bewertung determinieren, im System selbst mit dem angemessenen Stellenwert berücksichtigt werden. 5.1.2 Inhalt der Systemgrundsätze 5.1.2.1 Going-Concern-Concept

§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB enthält den allgemeinen Grundsatz, daß bei der Bewertung der Bilanzgegenstände die Fortführung der Unternehmenstätigkeit zu unterstellen sei, solange von dieser Prämisse "aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten" ausgegangen werden könne. Dadurch wird das Going-Concern-Concept (GCC), das bisher vor allem im amerikanischen Schrifttum behandelt wurde 37 und in deutschen Gesetzestexten explizit nur in der Teilwertdefinition des § 6 EStG enthalten war, vom deutschen Gesetzgeber ausdrücklich als übergeordnetes rechtliches Prinzip für die handelsrechtliche Bewertung genannt. Nach Moxter ist der Inhalt des GCC ebensowenig präzise wie der gesetzliche Sinn und Zweck des handelsrechtlichen Jahresabschlusses 38 und wird erst durch die Bewertungsvorschriften konkretisiert. Dann wäre das GCC jedoch als Vgl. Abschnitt 5.1.2.2 dieser Untersuchung. Leffson, Ulrich: Bewertungsprinzipien, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, 2. Aufl., Stuttgart 1981, Sp. 151-160, hier Sp. 158. 33 Vgl. derselbe: GoB, 6. Aufl., S. 164. 34 Vgl. §§ 252 Abs. 1 Nr. 2,3 und 5,240 Abs. 1, 253 Abs. 1 und 2, 255 Abs. 1-3 HGB sowie Begründung zu § 260 HGB-E, Begründung zum HGB-E, S. 87f. 35 Vgl. Leffson, Ulrich: Bewertungsprinzipien, in: HWR, 2. Aufl. Sp. 158-160. 36 Auch Baetge, Jörg: GoB, in: GBM, führt den Grundsatz der Einzelbewertung unter den Rahmengrundsätzen auf. 37 Vgl. Beinen, Edmund: Bilanz, handelsrechtliche, in: HWB, hrsg. v. Erwin Grochla und Waldemar Wittmann, 4. Aufl., Stuttgart 1974, Sp. 866-887, hier Sp. 884. 38 Vgl. Moxter, Adolf: Ist bei drohendem Unternehmenszusammenbruch das bilanzrechtliche Prinzip der Unternehmensfortführung aufzugeben?, in: WPg, 33. Jg. (1980), S. 345 - 351, hier S. 345. 31

32

5.1 Systemgrundsätze

111

Systemgrundsatz im Rahmen des GoB-Systems unbrauchbar. Ein Rechtsprinzip, das ebensowenig eindeutig ist wie die Zwecke der GoB, würde sich nicht als einheitlicher Gesichtspunkt für eine folgerichtige Konkretisierung der Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätze eignen.39 Es wäre ungeeignet, die Wertungswidersprüche zwischen der Bilanzierung vergangener Erfolge und künftiger drohender Verluste zu beseitigen. Der Inhalt des GCC und sein Einfluß auf die Bewertung wird allerdings nur dann deutlich, wenn man die Unterschiede zwischen der Bewertung von Bilanzgegenständen im fortgeführten Unternehmen und der Bewertung von Bilanzgegenständen in einem Unternehmen, das nicht mehr fortgeführt werden kann oder soll, herausarbeitet. Für Moxter bestanden jedoch - zumindest bevor das HGB 1985 rechtskräftig wurde - bis auf das Objektivierungserfordernis in der Handelsbilanz keine Unterschiede zwischen Liquidationsstatus und Handelsbilanz. Da er alle Abweichungen in einer Bewertung von Handelsbilanz und Liquidationsstatus nur der Notwendigkeit zuschreibt, die schwer zu schätzenden Liquidationswerte in der Handelsbilanz zu objektivieren, interpretiert er das GCC nicht als Fortführungsprinzip, sondern als objektiviertes "Zerschlagungsprinzip"40. Dadurch hat das GCC für ihn praktisch keinerlei zusätzlichen Aussagegehalt, der über den Inhalt der bestehenden objektivierten gesetzlichen Bewertungsvorschriften hinausgeht. Auf die Problematik, objektivierte Normen auf ihren gemeinsamen Sinn hin zu interpretieren, wurde bereits im Abschnitt 4.2.1.3 eingegangen. Die dargestellte Auslegung von GCC und objektivierten Bewertungsvorschriften durch Moxter ist jedoch mit dem Wortlaut des heute geltenden Gesetzes nicht mehr vereinbar. Denn die Handelsbilanz der Kapitalgesellschaften soll gemäߧ 264 Abs.2 HGB über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage mit einem "den tatsächlichen Verhältnissen" entsprechenden Bild Rechenschaft geben. Nach dem für alle bilanzierenden Kaufleute geltenden § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entspricht das GCC den "tatsächlichen Gegebenheiten" solange, wie die Fortführung des Unternehmens in der Realität rechtlich möglich und tatsächlich beabsichtigt ist.41 Unterstellt man wie Moxter für die handelsrechtliche Bewertung eine Liquidation, so widerspricht dies offensichtlich den tatsächlichen Gegebenheiten 42 und damit dem Wortlaut dieser Vorschriften. Denn der going cancern ist Realität, und die Zerschlagung solange Fiktian 43 , bis die Vgl. Abschnitt 5.1.1 dieser Untersuchung. Moxter, Adolf: Prinzip der Unternehmensfortführung, S. 347f. spricht von einem objektivierungsbedingt "moderierten Zerschlagungsprinzip" . 41 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd. 1,4. Aufl., § 149 Anm. 65; Le//son, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 169; Ballwieser, Wolfgang: Neue Generalklausel und neue Prüfungspflichten, S. 1041 f. 42 Vgl. Hartle, Joachim: Entobjektivierung der Bilanz, S. 56-59. 43 Vgl. Moxter, Adolf: Prinzip der Unternehmensfortführung, S. 347; derselbe: Wirtschaftliche Gewinnermittlung und Bilanzsteuerrecht, S. 302, spricht selbst von der Stichtagszerschlagungsjiktion. 39

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Fortführung des Unternehmens rechtlich nicht mehr zulässig ist und! oder die Liquidation zu einem konkreten Zeitpunkt beabsichtigt ist.44 Daß die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften, wie das Anschaffungskostenprinzip oder die Abschreibung der Gegenstände des Anlagevermögens, nicht Ausdruck einer objektivierten Zerschlagung, sondern einer objektivierten Fortführung des Unternehmens sind, machte schon § 270 Abs. 3 AktG 1965 deutlich, der ausdrücklich für den .Ausnahmefall der Unternehmenszerschlagung, in dem alle Bilanzgegenstände tatsächlich veräußert werden sollen, die aktienrechtlichen Bewertungsgrundsätze aufhebt, damit ein Liquidationsstatus erstellt werden kann. Nach § 270 Abs. 2 des AktG 1985 sind im Liquidationsfall die Gegenstände des Anlagevermögens wie das Umlaufvermögen zu bewerten, "soweit ihre Veräußerung innerhalb eines übersehbaren Zeitraums beabsichtigt ist oder diese Vermögensgegenstände nicht mehr dem Geschäftsbetrieb dienen"45. Entscheidend für die Bewertung in der Handelsbilanz und im Liquidationsstatus ist demnach jeweils die tatsächlich beabsichtigte Verwendung der Bilanzgegenstände. Im Liquidationsstatus werden alle aktiven Bilanzgegenstände zu den Werten bilanziert, die bei ihrer tatsächlich beabsichtigten Veräußerung im Zerschlagungszeitpunkt voraussichtlich erzielt werden können, und den im Zerschlagungszeitpunkt bestehenden Verpflichtungen gegenübergestellt.~ Die Unternehmenszerschlagung ist hier Realität und nicht Fiktion. Der handelsrechtliche Jahresabschluß dagegen soll die Bilanzgegenstände aufgrund ihrer tatsächlich beabsichtigten Verwendung im normalen Leistungsprozeß abbilden.47 Der going concern ist dann Realität, die Unterstellung einer Zerschlagung wäre Fiktion. Die Bewertungsvorschriften des handelsrechtlichen Jahresabschlusses müssen daher dasfortgeführte Unternehmen unter Berücksichtigung des Objektivierungserfordernisses abbilden. Es wäre nicht folgerichtig, wollte man dem Gesetzgeber unterstellen, er habe grundsätzlich eine Bewertung gefordert, die die tatsächlichen Verhältnisse entsprechend dem GCC wiedergeben soll, aber gleichzeitig spezielle objektivierte Bewertungsvorschriften erlassen, die als Ausdruck einer objektivierten Zerschlagung anzusehen seien. Vielmehr ergibt die Interpretation von Wortlaut und Sinnzusammenhang der angeführten Vorschriften ein widerspruchsfreies, mit den gesetzlichen Zwecken übereinstim44 So auch Moxter, Adolf: Prinzip der Unternehmensfortführung, S. 348 - 350; Baetge, J örg: Früherkennung negativer Entwicklungen der zu prüfenden Unternehmung mit Hilfe von Kennzahlen, in: WPg, 33. Jg. (1980), S. 651-665, hier S. 665; Janssen, Carl-Friedrich: Überlegungen zum "Going concern concept", in: WPg, 37. Jg. (1984), S. 641-648, hier S. 646f.; Le//son, Ulrich: Die Going-concern-Prämisse bei Unsicherheit über den Fortbestand der Unternehmung, in: WPg, 37. Jg. (1984), S. 604-606, hier S. 604. 45 § 270 Abs. 2 AktG 1985. 46 Vgl. Moxter, Adolf: Prinzip der Unternehmensfortführung, S. 348. 47 Vgl. Böse, Wulf, H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, S. 74f.

5.1 Systemgrundsätze

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mendes Ergebnis, wenn die Bewertungsvorschriften das fortgeführte Unternehmen - den "going concern" - unter Berücksichtigung des Objektivierungserfordernisses abbilden sollen. Insbesondere bei Kapitalgesellschaften wird nur so gemäß der Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB entsprechend über die tatsächlichen Verhältnisse Rechenschaft gegeben und eine Kapitalerhaltung durch die laufenden Erträge des Unternehmens sichergestellt. Die Argumentation Moxters muß den zentralen Aussagegehalt des jetzt ausdrücklich kodifizierten GCC übersehen, wenn sie die vom Unternehmen eingesetzten Mittel nicht aufgrund ihrer tatsächlich beabsichtigten Verwendung im Prozeß der Leistungserstellung bewertet.48 Denn im Gegensatz zu einer Verwendung von Faktoren 49 bei der Liquidation bedeutet eine Verwendung von Faktoren im laufenden Unternehmen immer, daß die beabsichtigte oder begonnene Herstellung einer Absatzleistung als eigentlicher Zweck der Mittelbeschaffung bei der Bilanzierung aller eingesetzten Mittel zu berücksichtigen ist. Durch eine Bewertung nach dem GCC wird ein sachlicher Zusammenhang zwischen Mittelbeschaffung und Mittelverwendung im laufenden Unternehmen geschaffen, während die Stichtagszerschlagungsfiktion durch die Unterstellung einer Veräußerung aller vorhandenen Mittel den sachlichen Zusammenhang zur tatsächlich geplanten Leistungserstellung aus den Bewertungsüberlegungen ausklammert. Bilanzierung nach dem GCC impliziert somit immer, daß der Zweck der während der laufenden Unternehmenstätigkeit aufgewandten Mittel, also ihre tatsächlich beabsichtigte oder bereits durchgeführte Verwendung im Prozeß der Leistungserstellung,50 als entscheidendes Kriterium für die sachliche Zurechnung dieser Mittel zu berücksichtigen ist. Deshalb macht das GCC zugleich eine Aussage über das Zurechnungspr inZip,51 das regelt, wie eingesetzte Mittel zeitlich und sachlich den erstellten Leistungen zuzuordnen sind. Eine zweckorientierte Betrachtung, die die zum Zweck der Leistungserstellung eingesetzten Mittel sachlich den Leistungen der Perioden zuordnet, für die sie eingesetzt wurden oder eingesetzt werden sollen, beschreibt den sachlichen Zusammenhang zwischen Faktorverbrauch und Leistungserstellung als Mittel-Zweck-Beziehung. 52 Aufgrund dieser hier betrachteten Mittel-Zweck-Beziehung in einer Unternehmung, bei der bestimmte Mittel bewußt im Hinblick auf einen vorher gewählten Zweck beschafft und eingesetzt werden, um diesen Zweck zu realisieren, ist der Faktorverbrauch der Leistungsentstehung nach dem Finalprinzip zuzuordnen. 53 Vgl. Moxter, Adolf: Prinzip der Unternehmensfortführung, S. 347f. Die Begriffe "Faktoren" und "Mittel" werden synonym gebraucht. so Vgl. Steinbach, Adalbert: Die Rechnungslegungsvorschriften des AktG 1965, S. 56 f. SI Vgl. zur Bedeutung des Zurechnungsprinzips in dieser Untersuchung Abschnitt 2.1.2. 52 Vgl. Ehrt, Robert: Die Zurechenbarkeit von Kosten auf Leistungen auf der Grundlage kausaler und finaler Beziehungen, Bd. 21 der Veröffentlichungen der U niversität Mannheim, Stuttgart usw. 1967, S. 22f. 48

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, die finale sachliche Abgrenzung von Aufwendungen für verbrauchte Faktoren müsse dem realen Zusammenhang entsprechen, der sich aufgrund des im Unternehmen ablaufenden Entscheidungsprozesses zwischen der Entscheidung, eine bestimmte Leistungseinheit zu produzieren, und dem durch diese konkrete Disposition entstandenen Faktorverbrauch herstellen lasse. 54 Nur zwischen dem Zweck, eine einzelne Leistungseinheit herzustellen, und den Mitteln, die aufgrund dieser Zwecksetzung eingesetzt würden, bestehe in der Realität ein finaler Zusammenhang. 55 Riebel hat überzeugend nachgewiesen, daß für jede Entscheidung allein der Faktorverbrauch relevant ist, der sich direkt auf diese Entscheidung zurückführen läßt. 56 Das Identitätsprinzip nach Riebelläßt infolgedessen in einer finalen Grenzbetrachtung jeder Entscheidung zur Produktion einer einzelnen zusätzlichen Leistungseinheit nur eine Zurechnung des Faktorverbrauchs auf die Leistungseinheit zu, der durch dieselbe Entscheidung entstanden ist (Einzelkosten}.57

Zu untersuchen ist, ob diese für die unternehmerische Entscheidungsfindung 5B notwendige Begrenzung der finalen Zurechnung auf die Mittel, die allein mit dem Zweck eingesetzt werden, eine bestimmte Leistungseinheit zu produzieren, und dieser darum unmittelbar zugerechnet werden können, mit den Zwecken der GoB und dem GCC vereinbar ist. Denn ausschlaggebendes Kriterium für die Wahl des Zurechnungsprinzips in handelsrechtlichen Jahresabschlüssen ist nicht notwendig die Entscheidungssituation der Unternehmensleitung, sondern der Zweck der GoB.59 Handelsrechtliche Jahresabschlüsse geben überwiegend vergangenheitsorientierte, objektivierte Informationen über das finanzielle Geschehen einer bereits 53 Vgl. ebenda: S.5 und S.22f.; Schnutenhaus, Otto R.: Über die angebliche Entwertung der Kausalität in Kostenrechnungsverfahren sowie über Zurechnungsverfahren, in: DB, 20. Jg. (1967), S. 129-133, hier S. 130f.; Kühnemund, Klaus: Zur Diskussion des Kausalitätsprinzips im Rechnungswesen, in: BFuP, 22. Jg. (1970), S. 237 -243, hier S. 241-243. 54 Vgl. die Darstellung dieser Ansicht bei Pieper, Wemer: Steuerliche Herstellungskosten, S. 94-96 m. w. N. 55 Dieser Ansicht Layer, Manfred: Herstellungskosten in neuester Sicht, in: DB, 23. Jg. (1970), S. 988 - 992. 56 Vgl. zur finalen Betrachtungsweise beim Identitätsprinzip RiebeI, Paul: Kurzfristige unternehmerische Entscheidungen im Erzeugungsbereich auf Grundlage des Rechnens mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen, in: NB, 20. Jg. (1967), S. 1-23, hier S. 9; derselbe: Die Fragwürdigkeit des Verursachungsprinzips im Rechnungswesen, in: Rechnungswesen und Betriebswirtschaftspolitik. Festschrift für Gerhard Krüger, hrsg. v. Manfred Layer und H. StrebeI, Berlin 1969, S. 49-64, hier S. 58-61. 57 Vgl. ebenda: S. 61. 58 Vgl. zum Zurechnungsprinzip bei der Entscheidungsfindung Ahlert, Dieter, Franz, Klaus-Peter: Industrielle Kostenrechnung, 2. Aufl., S. 76. 59 Vgl. Schneider, Dieter: Kostentheorie und verursachungsgemäße Kostenrechnung, in: ZfhF, 13. Jg. (1961), S. 677 -707, hier S. 693.

5.1 Systemgrundsätze

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abgeschlossenen Rechnungsperiode.60 Zwangsläufig kann der Jahresabschluß daher, wie in Abschnitt 4.2.1.2 dargestellt, nur sehr begrenzt als Dispositionsgrundlage für zukunftsbezogene Entscheidungen dienen. Der Zweck der GoB besteht vielmehr darin, über den finanziellen Gesamterfolg in einer abgelaufenen Rechnungsperiode Rechenschaft zu geben,61 wobei außerdem künftige Risiken wegen des Kapitalerhaltungsgedankens zu berücksichtigen sind. Der Blickwinkel, unter dem aus Perspektive des Rechenschafts- und Kapitalerhaltungszwecks das Finalprinzip zu betrachten ist, kann daher nicht derselbe sein wie bei der Entscheidungsfindung. Dem Zweck der GoB, über den Gesamterfolg der in einer Rechnungsperiode eingesetzten Mittel Rechenschaft zu geben, wird eine finale Grenzbetrachtung einzelner Entscheidungen, die das Identitätsprinzip nach Riebel verlangt, nicht gerecht. Für die Rechenschaft ijber vergangene Erfolge und künftige Verluste ist die Frage, aufgrund welcher Einzeldispositionen welche Kosten entstehen oder entstanden sind, nicht relevant. 62 Statt dessen kann die Forderung des GCC, die GoB müßten bei der Rechenschaft über die periodischen Gesamterfolge eines fortgeführten Unternehmens den tatsächlichen Verwendungszweck der eingesetzten Mittel berücksichtigen, nur zweckgerecht im Sinne einer finalen Gesamtbetrachtung 63 der eingesetzten Mittel verstanden werden. Rechnungszweckadäquat für die Rechenschaft über Periodenerfolge kann demnach nur ein Zurechnungsprinzip sein, das den sachlichen Zusammenhang der eingesetzten Mittel zu Periodengesamtleistungen erfaßt. Die zur Leistungserstellung verwandten Faktoren sind daher unabhängig davon, ob sie einer einzelnen Leistungseinheit, einer geplanten Anzahl von Leistungseinheiten oder der Gesamtleistung einer Rechnungsperiode final zugerechnet werden können,64 grundsätzlich entsprechend ihrer tatsächlichen Verwendung für die Periodengesamtleistungen zu periodisieren. Rechenschaft über Periodenerfolge und über erwartete künftige Verluste wird nur dann gegeben, wenn den Periodengesamtleistungen alle dafür aufgewandten Faktoren zugerechnet werden (Vollkosten) .65 Verrechnete man dagegen entsprechend dem Identitätsprinzip alle nicht direkt einer Leistungseinheit zurechenbaren Aufwendungen zeitproportional in der Periode der Ausgaben, so würde man zwar das Rechenproblem der Aufteilung dieser Aufwendungen auf die einzelnen Leistungseinheiten und die Unlösbarkeit einer " richtigen " Schlüsselung auf heterogene Leistungseinheiten 60 VgI. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 168f.; Döllerer, Georg: Bilanz im Rechtssinne, S.195f. 61 VgI. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 62f.; Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 23-25. 62 VgI. Eijler, Günter: GoB für Rückstellungen, S.70. 63 VgI. zur Notwendigkeit der Gesamtbetrachtung bei der Ermittlung von Erfolgen in Jahresabschlüssen Eijler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 69f. 64 VgI. Schneider, Dieter: Kostentheorie und verursachungsgemäße Kostenrechnung, S.696. 65 VgI. Boelke, Wilfried: Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes, S. 99.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

umgehen. 66,67 Weil aber die zeitproportionale Verrechnung alle nicht direkt zurechenbaren Aufwendungen für Leistungen, die erst in späteren Perioden veräußert werden, nicht entsprechend ihrer tatsächlichen Verwendung in späteren Perioden erfolgswirksam erfaßt,68 würde aus Sicht des Rechenschaftszwecks ein größerer Fehler gemacht als durch die "unrichtige" Schlüsselung. Dem Kapitalerhaltungszweck würde ebenfalls nicht mehr richtig Rechnung getragen, wenn die nicht direkt zurechenbaren Aufwendungen aus der Verlustantizipation ausgeklammert würden und aufgrund einer falschen sachlichen Abgrenzung durch Erträge gedeckt werden müßten, für die sie nicht aufgewandt wurden. Eine rechnungszweckadäquate Zurechnung ist vielmehr nur gegeben, wenn der finale Gesamtzusammenhang zwischen Aufwand und Ertrag bei der Verlustantizipation gleichermaßen wie bei den realisierten Erfolgen berücksichtigt wird.69 Die überwiegende Zahl der Ansichten, die im Gegensatz zu dieser Untersuchung im Schrifttum zur Wahl des Zurechnungsprinzips vertreten werden,70 hält eine Begrenzung der finalen Betrachtung auf die direkt zurechenbaren Aufwendungen (Einzelkosten) gemäß dem Identitätsprinzip im lahresabschluß für nicht rechnungszweckadäquat, sondern fordert eine Begrenzung der finalen sachlichen Zurechnung im Sinne des Kausalprinzips.71 Danach sollen nicht alle tatsächlich zur Leistungserstellung aufgewandten Mittel (Vollkosten), sondern nur die durch eine bestimmte Periodenleistung kausal verursachten Mittel zugerechnet werden (variable Kosten). Die Kosten, die unabhängig von der Höhe der Beschäftigung anfallen, die Fixkosten 72, werden nach dieser Ansicht aus der sachlichen Abgrenzung ausgeklammert, weil sie auch entstehen, ohne daß Leistungen in der jeweiligen Periode erstellt werden. Die kausale Zurechnung beschränkt sich damit darauf, den sachlichen Zusammenhang von Faktorverbrauch und Leistungsentstehung über den funktionalen Zusammenhang des Faktorverbrauchs zur Kosteneinflußgröße Beschäftigung zu erfassen?3 Zu untersuchen ist, ob eine sachliche Abgrenzung, die allein den funktionalen Zusammenhang zwischen der Kosteneinflußgröße Beschäftigung Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 113 -117. Der Grundsatz der Einzelbewertung fordert eine Aufteilung aller nicht direkt zurechenbaren Aufwendungen, wenn diese in einem sachlichen Zusammenhang zur Leistungserstellung stehen. 68 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 287. 69 Vgl. Eifler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 131. 70 Vgl. dazu Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Zur Ennittlung der handelsrechtlichen "Herstellungskosten" unter Verwendung der Daten der Kostenrechnung, in: WiSt, 14. Jg. (1985), S. 274-280, hier S. 279. 71 Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 119. 72 Vgl. zur Definition der Fixkosten Küpper, Hans-Ulrich: Kosten, fixe und variable, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, 2. Aufl., Stuttgart 1981, Sp. 950-962, hier Sp. 951. 73 Vgl. Pieper, Wemer: Steuerliche Herstellungskosten, S.104-120. 66 67

5.1 Systemgrundsätze

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und dem Faktorverbrauch berücksichtigt und darum nur die variablen Kosten sachlich den Leistungen zurechnet, dem Rechenschafts- und Kapitalerhaltungszweck im GCC entspricht. Für die Rechenschaft über den finanziellen Erfolg der zur Leistungserstellung eingesetzten Mittel ist es irrelevant, ob die Mittel aufgrund der tatsächlich produzierten Leistungsmenge aufgewandt wurden oder ob andere Kosteneinflußgrößen, wie das geplante Produktions- und Absatzprogramm oder die Betriebsgröße, einen bestimmten Faktorverbrauch verursacht haben und dadurch Kosten in Höhe der gezahlten Faktorpreise entstanden sind. Die Tatsache, daß die Faktoren überhaupt zur Leistungserstellung in einer bestimmten Periode eingesetzt wurden, erfordert Rechenschaft über den Erfolg der Mittelverwendung in dieser Periode, einerlei, welche Kosteneinflußgrößen den Mitteleinsatz verursacht haben. Eine Begrenzung des sachlichen Zusammenhangs auf eine einzige Kosteneinflußgröße, die Beschäftigung, ist durch den Rechenschaftszweck nicht zu rechtfertigen.74 Auch der Kapitalerhaltungsgedanke erfordert bei der Verlustberechnung keinen Ausschluß der fixen Kosten. Denn Verlustrisiken können aus beschäftigungsabhängigem wie beschäftigungsunabhängigem Faktorverbrauch gleichermaßen entstehen.75 Eine Begrenzung der Zurechnung auf die variablen Kosten ist demnach weder durch den Rechenschafts- noch den Kapitalerhaltungszweck zu begründen. Vielmehr erfordern beide Zwecke, sämtliche drohenden Verluste zu erfassen, die durch alle beschafften oder im Rahmen eingeleiteter Dispositionen noch zu beschaffender Faktoren und deren geplante Verwendung voraussichtlich eintreten werden. Ebensowenig wie der Entscheidungsfindung oder einer verursachungsgemäßen Kostenverrechnung nach dem Kausalprinzip dient der handelsrechtliche lahresabschluß der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit.76 Deshalb ist für die handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze auch die Frage, ob die aufgewandten Faktoren geeignet waren, die angestrebte Wirkung zu erreichen, nicht relevant. Wenn die eingesetzten Mittel nicht optimal verwandt wurden, weil eine andere Maßnahme kostengünstiger gewesen wäre, hat das auf die handelsrechtliche Bewertung keinen Einfluß. Denn im GCC ist über den Periodenerfolg der tatsächlich im Rahmen der laufenden Unternehmenstätigkeit eingesetzten Mittel Rechenschaft abzulegen und die Verluste, die aus der tatsächlich durchgeführten oder beabsichtigten Mittelverwendung drohen, sind aus Gründen der Kapitalerhaltung zu antizipieren. Ein Vergleich der tatsächlich durchgeführten Handlungen mit den am Bilanzstichtag als optimal angesehenen Handlungsalternativen dagegen basiert auf der Fiktion alternativer Möglichkeiten des Mitteleinsatzes aufgrund von Opportunitätsüberlegungen 77. Solche 74 75 76

Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 123. Vgl. Kluge, Volker: Das Maßgeblichkeitsprinzip, Dissertation, Berlin 1969, S.179f. Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 107.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Fiktionen ermöglichen zwar eine Kontrolle der Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Kostenrechnung, dienen jedoch nicht der Rechenschaft und Kapitalerhaltung im going concern. Unter der für handelsrechtliche Jahresabschlüsse allein realistischen Prämisse der Unternehmensfortführung wird nur Rechenschaft über die tatsächlichen Verhältnisse gegeben, wenn die eingesetzten Mittel im Hinblick auf ihre tatsächliche Verwendung zugerechnet werden. Der Periodenerfolg bei fortgeführter Unternehmenstätigkeit errechnet sich aus der Differenz der in einer Periode realisierten Erträge und den final diesen Erträgen zeitlich und sachlich zuzurechnenden Aufwendungen.78 Künftige Verluste sind im going concern aus der Differenz zwischen den künftig realisierten Erträgen und dem Aufwand zu ermitteln, der aufgrund des Finalprinzips zeitlich und sachlich den künftigen Leistungen zuzuordnen ist.7 9 Das GCC verlangt damit eine einheitliche 80 , finale zeitliche und sachliche Abgrenzung der Aufwendungen bei der Berechnung realisierter, vergangener Erfolge und künftiger Verluste. Daher wurde der Grundsatz einer finalen zeitlichen und sachlichen Abgrenzung, den Leffson nur aufvergangene Erfolge bezieht,81 den Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätzen als einheitlicher, übergeordneter Systemgrundsatz vorangestellt. Eine unterschiedliche zeitliche und sachliche Abgrenzung vergangener und künftiger Erfolge läßt sich im GCC nicht begründen. Deshalb sind alle eingesetzten Faktoren einheitlich nach dem Finalprinzip zuzurechnen. Potentialfaktoren, die über mehrere Perioden genutzt werden, sind zuerst zeitlich und anschließend sachlich final abzugrenzen. 82 Aufwendungen, die keiner Periodengesamtleistung final zeitlich und sachlich zugeordnet werden können, sind als Aufwand ohne Gegenleistung in der Periode zu erfassen, in der die Ausgabe erfolgt (z. B. Schenkungen).83 Dasselbe gilt für nachzuverrechnende Beträge, die früheren Rechnungsperioden zeitlich und sachlich final zuzuordnen sind, dort aber nicht erfaßt wurden (z. B. zu geringe Rückstellungen oder Wertberichtigungen in Vorperioden).B4 Sie werden ebenso wie der Aufwand ohne Gegenleistung rein zeitlich abgegrenzt. Der auf den ersten Blick sehr allgemeine Grundsatz des Going-ConcernConcepts führt durch die Forderung, die eingesetzten Mittel final entsprechend 77 Vgl. zum Opportunitäts gedanken Kilger, Wolfgang: Flexible Plankostenrechnung, 8. Aufl., S. 409. 78 Vgl. Boelke, Wilfried: Die Bewertungsvorschriften des AktG 1965, S. 99. 79 Vgl. Böse, Wulf H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, S. 184. 80 Vgl. zur Forderung nach einheitlicher Abgrenzung des Aufwands Selchert, Friedrich W.: Einheitlichkeit der Bewertung, S. 451. 81 Vgl. Abschnitt 2.1.2.4 dieser Untersuchung. 82 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 298; Elf/er, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 14-16. 83 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 299. 84 Vgl. ebenda: S. 299f.

5.1 Systemgrundsätze

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ihrer tatsächlichen Verwendung den Periodenleistungen zuzurechnen, zu einer ganz konkreten Aussage. Das GCC fordert eine einheitliche sachliche Abgrenzung nach dem Finalprinzip. Mit welchen Werten die in finaler Beziehung zur Unternehmensleistung stehenden Faktoren und die damit erstellten Leistungen im Jahresabschluß zu erfassen sind, regelt ein weiterer Systemgrundsatz, der Grundsatz der Pagatorik. 5.1.2.2 Pagatorik

Der Grundsatz der Pagatorik besagt, daß alle Gütermengen in der handels. rechtlichen Rechnungslegung ausschließlich durch die Zahlungen abzubilden sind, die für diese Güter tatsächlich geleistet werden.85 Dabei werden auf der einen Seite sämtliche beschafften Faktoren mit den Ausgaben erfaßt, die dem Unternehmen durch Beschaffung der Faktoren entstanden sind, und auf der anderen Seite den abgesetzten Leistungen die Einnahmen zugeordnet, die dem Unternehmen aus dem Absatz dieser Leistungen zufließen.86 Denn Aufgabe des Jahresabschlusses ist es, die realen Vorgänge, die in der Buchführung spiegelbildlich durch die damit verbundenen Zahlungsvorgänge als einzelne Geschäftsvorfälle berücksichtigt werden,87 in einer richtigen, klaren und vollständigen Darstellung zu aggregieren. Weil der Jahresabschluß die pagatorischen Vorgänge einer Rechnungsperiode nur zusammenfassen soll, ist seine Konzeption ebenso pagatorischer Natur 88 wie die Rechnung, auf der er basiert. Die Bewertung der beschafften Faktoren mit den bei der Anschaffung für sie gezahlten oder zu zahlenden Preisen, das Anschaffungskostenprinzip, ist nach Leffson der älteste GoB.89 Er ist im HGB 1985 in den §§ 252 Abs. 1 Nr. 5, 253 Abs. 1 und 2, 255 Abs. 1- 3 kodifiziert. Im Gegensatz zu früheren Gesetzestexten wird zwar schon seit längerem nicht mehr von Anschaffungs- und Herstellungspreisen, sondern von Anschaffungs- und Herstellungskosten gesprochen.9° Das bedeutet jedoch nicht, daß heute auch nicht-pagatorische Größen den beschafften Gütern zugeordnet werden dürfen. 91 Vielmehr sollte die damalige Änderung

85 Vgl. Leffson, Ulrich: Bewertungsprinzipien, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 152; Baetge, Jörg, Bömberg, Reinhold: Gewinn und Verlust, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 658f. 86 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 160. 87 Vgl. Pack, Ludwig: Die Elastizität der Kosten. Grundlagen einer entscheidungsorientierten Kostentheorie, Wiesbaden 1966, S. 22; Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 709. 88 Vgl. zur pagatorischen Konzeption des Jahresabschlusses Beinen, Edmund: Bilanz, handelsrechtliche, in: HWB, 4. Aufl., Sp. 867. 89 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 232. 90 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd. 1,4. Aufl., § 153 Anm. 11, § 155 Anm. 19; Boelke, Wilfried: Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes, S. 25 und S. 42-44.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

des Gesetzestextes nur verdeutlichen, daß die Anschaffungskosten zusätzlich alle Ausgaben enthalten, die erforderlich sind, um einen Gegenstand in Betrieb zu nehmen (Anschaffungsnebenkosten). Auch die Herstellungskosten enthalten ausschließlich die Preise, die für die einzelnen zu einem Bündel kombinierten Faktoren gezahlt wurden.92 Die Bewertung der veräußerten Faktorkombinationen mit den beim Verkauf erzielbaren Absatzpreisen war wohl nie umstritten und wurde wahrscheinlich deshalb nie ausdrücklich gesetzlich festgelegt. Die Bilanzierung des Eigen- und Fremdkapitals ist ebenfalls rein pagatorischer Natur, wie der § 253 Abs. 1 HGB zeigt. Der pagatorische Charakter des handelsrechtlichen Jahresabschlusses entspricht dem Objektivierungserfordernis 93 und dem Rahmengrundsatz der Wirtschaftlichkeit.94 Denn eine Bewertung der realen Güterbewegungen anhand der damit korrespondierenden Zahlungs ströme ist intersubjektiv nachprüfbar 95 und gewährt keinerlei Ermessensspielräume. Zudem bereitet es keine Schwierigkeiten, die Höhe der Zahlungen zu ermitteln. Der Aufwand für die Beschaffung der Daten, die notwendig sind, um den Jahresabschluß aufzustellen, ist so relativ gering.96 Der Grundsatz der Pagatorik ermöglicht somit eine objektive und wirtschaftliche Rechnungslegung. Die Pagatorik handelsrechtlicher Jahresabschlüsse hat die betriebswirtschaftlich gesehen negative Konsequenz, daß sie als Nominalrechnung lediglich eine nominelle, nicht aber eine substantielle Kapitalerhaltung sicherstellt.97 Es ist in der Literatur 98 darauf hingewiesen worden, daß eine Bewertung beschaffter Faktoren mit gestiegenen Wiederbeschaffungspreisen die Wiederbeschaffung der Unternehmenssubstanz gewährleiste und genauso nominalen Charakter 91 Vgl. Buchner, Robert: Zur Bedeutung des Anschaffungswertprinzips für die Ermittlung der aktienrechtlichen Herstellungskosten, in: ZfB, 44. Jg. (1974), S. 71- 88, hier S.77. 92 Vgl. Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ermittlung der "Herstellungskosten", S.275. 93 Vgl. zur Bedeutung der Bewertung mit Marktpreisen im Zusammenhang mit dem Objektivierungserfordernis Moxter, Adolf: Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, S. lOH. 94 Vgl. zu den Grundsätzen der Objektivität und Wirtschaftlichkeit Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 710-712. 95 Vgl. zur Objektivierung der Wertfindung durch die Gleichsetzung von Werten mit gezahlten oder zu zahlenden Preisen Lellson, Ulrich: Bewertungsprinzipien, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 152. 96 Vgl. Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 165. 97 Vgl. Baetge, J örg: Objektivierung, S. 25; Koch, Helmut: Zur Frage der J ahreserfolgsrechnung bei inflationären bzw. deflationären Preisänderungen - die Konzeption der . synchronen Erfolgsrechnung, in: ZfB, 54. Jg. (1984), S. 824-841, hier S. 824. 9B Vgl. Beisse, Heinrich: Über Wesen und Tragweite des Nominalwertprinzips, in: FR, 30. (57.) Jg. (1975), S. 472-477, hier S.477; Schneider, Dieter: Deduktion von GoB, S.146f.

5.1 Systemgrundsätze

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habe wie eine Bewertung zu Anschaffungs- und Absatzpreisen, da sie sich ebenfalls an Marktpreisen orientiere. Wenn bei gestiegenen Wiederbeschaffungspreisen gleichzeitig in der Bilanz ein entsprechender Passivposten gebildet werde, verstoße man auch nicht gegen das Anschaffungskostenprinzip.99 Das Nominalwertprinzip schließe eine Bewertung zu Wiederbeschaffungspreisen daher nicht aus. Diese Argumentation greift insofern, als auch Wiederbeschaffungspreise offensichtlich pagatorischer Natur sind.lOo Nicht berücksichtigt wird dabei hingegen der Zusammenhang des Grundsatzes der Pagatorik mit dem GoingConcern-Concept. Das GCC läßt nämlich ausschließlich eine Bewertung von Faktoren aufgrund ihrer tatsächlichen Verwendung im fortgeführten Unternehmen zu. lOl Der Wert eines Faktors im going concern bestimmt sich daher nur aufgrund seiner tatsächlichen Verwendung im realisierten Leistungsprozeß und der daraus tatsächlich resultierenden Einnahme. Werte von Bilanzgegenständen ändern sich im Rahmen des GCC nicht dadurch, daß die Wiederbeschaffungspreise der Gegenstände steigen oder sinken. 102 Das GCC gebietet, den Bilanzgegenständen nur die Preise zuzuordnen, die tatsächlich gezahlt wurden (vergangene Erfolge) oder voraussichtlich tatsächlich künftig gezahlt werden (künftige Verluste), nicht aber fiktive Preise, die tatsächlich vom Unternehmen nie gezahlt werden. Die Differenz zwischen dem Preis, den ein fiktiver Dritter am Bilanzstich.tag hätte entrichten müssen, wenn er sich einen bestimmten Gegenstand hätte beschaffen wollen, und dem tatsächlich gezahlten historischen Anschaffungspreis gibt eine "Wertänderung am ruhenden Vermögen" an,103 die im Rahmen von Substanzerhaltungsüberlegungen l04relevant ist. !Os Steuerrechtlich stellt diese Wertänderung am ruhenden Vermögen bei gesunkenen Wiederbeschaffungspreisen die Höhe der Teilwertabschreibung dar, wie sie sich aufgrund der Teilwerifiktion des § 6 EStG und deren Auslegung durch die Rechtsprechung des BFH ergibt. 106 Ein handelsrechtlicher Verlust entsteht Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 232. Vgl. Beisse, Heinrich: Nominalwertprinzip, S. 472. 101 Vgl. Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung. 102 Vgl. Jonas, Heinrich H.: Der Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen aus der Sicht des bilanzierenden Kaufmanns -, in: Der Jahresabschluß im Widerstreit der Interessen, hrsg. v. Jörg Baetge, Düsseldorf 1983, S. 95 -129, hier S. 117 f. 103 Vgl. Schrnidt, Fritz: Die organische Tageswertbilanz, 3. Aufl., unveränderter Nachdruck, Wiesbaden 1951, S. 305 und S. 324; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 318320; M oxter, Adolf: Betriebswirtschaftliche GewinnermiUlung, S. 113 -116. 104 Oder im Rahmen einer synchronen Erfolgsrechnung als Nebenrechnung zum Jahresabschluß, vgl. dazu Koch, Helmut: Synchrone Erfolgsrechnung, S. 838. 105 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 64-66. 106 Vgl. Schneider, Dieter: Steuerbilanzen, Wiesbaden 1978, S.145-147. 99

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

jedoch durch die infolge der gesunkenen Wiederbeschaffungspreise entgangenen Gewinne nicht.107 Solche Fiktionen sind im handelsrechtlichen lahresabschluß, der über den

tatsächlichen pagatorischen Erfolg der im fortgeführten Unternehmen eingesetzten Mittel Rechenschaft geben und tatsächlich erwartete pagatorische

Verluste antizipieren soll, nicht zweckgerecht und darum systemfremd. Gerade hier zeigt sich, daß innerhalb eines teleologischen Systems, wenn Wertungswidersprüche vermieden werden sollen, einzelne Grundsätze nicht isoliert interpretiert werden dürfen, sondern aus dem Sinnzusammenhang mit dem gesamten System zu verstehen sind.10s Nicht außer acht gelassen werden darf, daß die dargestellte Auslegung des inhaltlichen Zusammenhangs von GCC, Pagatorik und den Zwecken von GoB zusätzlich dadurch gestützt wird, daß die nominelle Kapitalerhaltung die Kriterien eines Gewohnheitsrechts 109 erfüllt, das bis heute durch keine andersartige gesetzliche Regelung modifiziert wirdyo.111 Weil im Hinblick auf die nominelle Kapitalerhaltung keine Zweifel über die Existenz eines Gewohnheitsrechts bestehen, wird das Vorhandensein dieses Gewohnheitsrechts neben den kodifizierten Vorschriften als Anhaltspunkt für einen allgemeinen Konsens bezüglich der Übereinstimmung von Pagatorik und nomineller Kapitalerhaltung angesehen.

Leffson bezeichnet die Pagatorik nicht als Systemgrundsatz, sondern betrachtet das Anschaffungskostenprinzip als Bestandteil des Realisationsprinzips.112 Die Pagatorik wird nicht als übergeordnetes, einheitliches Rechtsprinzip für Periodenabgrenzung und Imparitätsprinzip verstanden. Vielmehr differenzieren Leffson1l3 und Baetge 14 unter Hinweis auf Füllingll5 in die "Bepreisung"116, nämlich die Zuordnung von Geldbeträgen zu Gütermengen bei der Berechnung vergangener Periodenerfolge, und in die "Bewertung" zur Ermittlung drohender Verluste.ll7 Nach Fülling hat die "Bepreisung" nichts mit Überlegungen zum Vgl. Abschnitt 2.1.1.3 dieser Untersuchung. Vgl. Abschnitt 4.3.2 dieser Untersuchung. 109 Vgl. die Aufzählung dieser Kriterien in Abschnitt 4.4 dieser Untersuchung. 110 Vgl. Leffsan, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 84. III Vgl. Art. 33 der 4. EG-Richtlinie, der eine Bilanzierung zu Wiederbeschaffungspreisen gestattete, aber nicht in das Bilanzrichtlinien-Gesetz übernommen wurde, und Begründung zum HGB-E, S. 87. 112 Vgl. Leffsan, Ulrich: Buchführung und Bilanzierung, Grundsätze ordnungsmäßiger, in: HWR, 1. Aufl., Sp. 311. 113 Vgl. derselbe: Bewertungsprinzipien, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 152-156. 114 Vgl. Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ermittlung der "Herstellungskosten", S. 275. 115 Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 79-83. 116 Vgl. zur "Bepreisung" ebenda: S. 79. 117 Vgl. zur "Bewertung" ebenda: S. 204-206 und S. 212f. 107 108

5.1 Systemgrundsätze

123

"Wert" eines Gegenstandes zu tun,118 weil nur die tatsächlich gezahlten Anschaffungs- und Veräußerungspreise bilanziert würden. In die Rechenschaft über vergangene Periodenerfolge gingen keine subjektiven Schätzgrößen ein, dies sei erst bei der Berechnung künftiger Wertminderungen der Fall. Dann werde das Anschaffungskostenprinzip durchbrochen,l19 weil im Rahmen von "Bewertungs"überlegungen die in Höhe der Anschaffungsausgaben aktivierten Faktoren um die künftigen Wertminderungen korrigiert würden.l2° Zuzustimmen ist Fülling bei der Überlegung, daß die Antizipation künftiger Wertminderungen aufgrund des Imparitätsprinzips ein völlig anderer Sachverhalt als die Abgrenzung vergangener Periodenerfolge und darum von ihr zu trennen ist. 12l Im einen Fall geht es nämlich um vergangene, realisierte Gewinne und Verluste, im anderen um künftige, unrealisierte Verluste. Abgelehnt werden muß jedoch die Terminologie Füllings,122 weil sie zu Mißverständnissen Anlaß gibt. Denn die Antizipation unrealisierter Verluste erfordert genauso eine Zuordnung von Geldbeträgen zu Gütermengen wie die "Bepreisung" beschaffter oder veräußerter Bilanzgegenstände. 123 Soll das Imparitätsprinzip die tatsächlich erwarteten Geldverluste antizipieren,l24 so besteht der Unterschied zur Berechnung vergangener Erfolge lediglich darin, daß die künftig für die Absatzleistung noch erforderlichen Ausgaben und die im Absatzzeitpunkt künftig voraussichtlich zu realisierende Einnahme zur Berechnung der erwarteten "Wert"minderung geschätzt werden müssenps Dadurch wird der Grundsatz der Pagatorik und die Vorgehensweise der "Bepreisung" aber nicht durchbrochen. Denn die erwarteten Verluste werden nicht aufgrundfiktiver Preise, die nie gezahlt werden, oder subjektiver Nutzenüberlegungen oder "Wert"kategorien ermittelt, sondern durch eine Schätzung der tatsächlich erwarteten pagatorischen Vorgänge berechnet.126 Die "Bepreisung" der Dispositionen, bei denen man einen Verlust erwartet, wird vorweggenommen, so daß der künftige Verlust sich in der Periode, in der er tatsächlich eintritt, erfolgsneutral auf das Periodenergebnis auswirkt. Die Tatsache, daß die künftigen Zahlungen geschätzt werden müssen, führt demnach nicht zu einem Vgl. ebenda: S. 79. Vgl. Leffson, Ulrich: Goß, 6. Aufl., S.162 und auchADS, Rechnungslegung, ßd.l, 4. Aufl., § 155 Anm. 147. 120 Vgl. Fülling, Friedhelm: Goß für Vorräte, S. 80 und S. 205. 121 Vgl. Fülling, Friedhelm: Goß für Vorräte, S. 79. 122 Vgl. inzwischen ebenfalls dieser Ansicht Baetge, ]örg: Handbuch der Rechnungslegung. 123 Vgl. Fülling, Friedhelm: Goß für Vorräte, S. 204f., der trotz der vorgebrachten Argumente ebenfalls für eine pagatorische Verlustantizipation eintritt. 124 So auch Koch, Helmut: Teilwert, S. 334-338. 125 Vgl. Koch, Helmut: Niederstwertprinzip, S. 32; Leffson, Ulrich: Goß, 6. Aufl., S. 348-350. 126 Vgl. Koch, Helmut: Niederstwertprinzip, S. 33 f. 118

119

124

5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Bruch mit dem Grundsatz der Pagatorik und dem GCC. Die "Bewertung" durch Antizipation erwarteter künftiger Geldverluste muß ebenso wie die "Bepreisung" eine "pagatorische Bewertung" sein. Auch das Anschaffungskostenprinzip wird durch die Antizipation von Geldverlusten nicht durchbrochen. Verändert wird durch das Imparitätsprinzip lediglich der vom Realisationsprinzip vorgegebene Zeitpunkt, zu dem anstelle der Anschaffungspreise die Veräußerungspreise bilanziert werden sollen.127 Denn nach dem Imparitätsprinzip müssen die unrealisierten Veräußerungspreise schon in dem Zeitpunkt an die Stelle der historischen Anschaffungspreise treten, in dem der Bilanzierende erkennt, daß die Veräußerungspreise, die mit dem Absatz der kombinierten Faktoren voraussichtlich erzielt werden, niedriger sind als deren Anschaffungspreise, also Verluste zu erwarten sind.128 Das Imparitätsprinzip verlegt den Bilanzierungszeitpunkt der Veräußerungspreise, wenn Verluste drohen, vom Realisationszeitpunkt auf den früheren Erkenntniszeitpunkt. Damit bleibt die Pagatorik bei Realisationsprinzip und Imparitätsprinzip bestehen. In einem GoB-System, das den Grundsatz der Pagatorik als gemeinsames übergeordnetes Rechtsprinzip anerkennt, legen Realisations- und Imparitätsprinzip daher nur noch den Zeitpunkt fest, zu dem von einer beschaffungsmarktorientierten Pagatorik auf eine absatzmarktorientierte Pagatorik übergegangen werden muß. Der Systemgrundsatz der Pagatorik macht deutlich, daß auch handelsrechtliche "Bewertungsüberlegungen" nach Fülling nur von pagatorischen Größen ausgehen dürfen, die sich auch tatsächlich in Zahlungen realisieren. So dürfen fiktive Zahlungen wie Zusatzkosten und Anderskosten bei der Bewertung in handelsrechtlichen Jahresabschlüssen keine Rolle spielen. 129 Dies gilt auch für Passivapo Beispielsweise sind Verbindlichkeiten nur dann abzuzinsen, wenn tatsächlich eine Zinszahlung vereinbart wurde (Disagio) oder eine implizite Zinsvereinbarung unterstellt werden kann (Pensionsrückstellungen).l3l Eine Abzinsung unverzinslicher Positionen hingegen würde zu Zinserträgen führen, die sich entweder nie in Zahlungen realisieren (ersparte Fremdkapitalzinsen) oder sich nie berechnen lassen (kalkulatorische Eigenkapitalzinsen).132 Ebenso127

163.

Vgl. Böse, Wulf H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, S. 112-

128 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 162; Friederich, Hartmut: GoB für schwebende Geschäfte, S. 5. 129 Vgl. Baetge, Jörg, Hömberg, Reinhold: Gewinn und Verlust, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 666f. 130 Vgl. Moxter, Adolf: Fremdkapitalbewertung nach neuem Bilanzrecht, in:'WPg, 37. Jg. (1984), S. 397 -408, hier S. 399f. 131 Vgl. Boelke, Wilfried: Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes, S. 178 f.; Moxter, Adolf: Fremdkapitalbewertung nach neuem Bilanzrecht, S. 401-404. 132 Vgl. Friederich, Hartmut: GoB für schwebende Geschäfte, S.74; Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ermittlung der "Herstellungskosten", S. 277f.

5.1 Systemgrundsätze

125

wenig können fiktive Kosten wie die kalkulatorische Abschreibung 133,134 oder der kalkulatorische Unternehmerlohn oder ein angemessener Gewinnaufschlag für die handelsrechtliche Bewertung Bedeutung haben. 135 Zu berücksichtigen sind dagegen bei der Berechnung zu antizipierender Verluste tatsächlich erwartete Preissteigerungen für Faktoren, die zur Produktion der Absatzleistung noch beschafft werden müssen, weil diese gestiegenen Preise dann tatsächlich zu höheren Ausgaben des Unternehmens führenP6 Wird in dieser Untersuchung von Bewertung gesprochen, so ist damit immer eine "pagatorische Bewertung" vergangener Erfolge und künftiger Verluste gemeint. Für die Berechnung vergangener und künftiger Erfolge ist neben der Pagatorik und dem Finalprinzip, die einen systemgerechten Bewertungsmaßstab vorgeben und eine systemgerechte sachliche Zuordnung von Ausgaben und Einnahmen erlauben, ein Grundsatz erforderlich, der nähere Angaben zum Bewertungsobjekt selbst macht. Denn traditionsgemäß werden in Jahresabschlüssen nur Einzelerfolge berechnet. 5.1.2.3 Einzelbewertung

Im Inventar hat jeder Kaufmann nach § 240 Abs. 1 HGB alle Bilanzgegenstände zu erfassen und dabei den "Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden" aufzuzeichnen. Außerdem muß ein lahresabschluß erstellt werden, der das Vermögen und das Verhältnis der aktiven und passiven Bilanzgegenstände darstellt, wobei gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB die im Jahresabschluß enthaltenen Vermögensgegenstände "einzeln zu bewerten" sind. Bewertungsobjekt ist demnach nicht das gesamte Unternehmen als wirtschaftliche Einheit. 137 Denn dann wäre der Periodenerfolg mit der Änderung der Ertragswerterwartungen zwischen Periodenanfang und Periodenende gleichzusetzen. Eine solche Gesamtbewertung 138 , für die jeweils alle künftigen Ausgaben und Einnahmen des going concern geschätzt werden müßten, würde einen Bewertungsspielraum eröffnen, der jede objektivierte Rechenschaft und Kapitalerhaltung zunichte machteP9 Aus Objektivierungsgründen verbietet Vgl. Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ermittlung der "Herstellungskosten", S. 274. Bei der bilanziellen Abschreibung sollen zum Zweck der zeitlichen und sachlichen Abgrenzung die tatsächlich gezahlten Anschaffungskosten eines Potentialfaktors verteilt werden. Bei der kalkulatorischen Abschreibung wird nach dem Substanzerhaltungsgedan~ ken von den Wiederbeschaffungswerten ausgegangen und damit eine Wiederbeschaffung des Potentialfaktorsfingiert. Vgl. dazu Zimmermann, Gebhard: Grundzüge der Kostenrechnung, S. 45. 135 Vgl. Eifler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 129f. 136 Vgl. Friederich, Hartmut: GoB für schwebende Geschäfte, S. 69f. 137 Vgl. Moxter, Adolf: Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, S. 98f. 138 Vgl. ebenda: S. 90. 139 Vgl. Lippmann, Klaus: Ökonomischer Gewinn, S. 111 f. 133

134

126

5. Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

deshalb das Gesetz, das Unternehmen insgesamt zu bewerten, und verlangt, den Unternehmenswert indirekt in für Dritte nachprüfbarer Weise zu errnitteln.l40 Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung 141 ist darum zunächst die Objektgesamtheit Unternehmen in Einzelobjekte zu zerlegen, denen anschließend entsprechend dem Realisations- oder Imparitätsprinzip die danach maßgeblichen Preise zuzuordnen sind. Jeder Bilanzgegenstand ist einzeln anhand von Einnahmen oder Ausgaben zu bewerten.142 Erst nachdem die Einzelobjekte pagatorisch bewertet worden sind, werden sie rechnerisch in der Bilanz zusammengefaßt und als aggregierte Größen in verschiedenen Bilanzpositionen ausgewiesen. 143 Der Wert der Objektgesamtheit und der Periodenerfolg lassen sich dann abschließend bestimmen, indem die Werte der Aktiva und Passiva jeweils addiert und die beiden Summen miteinander verglichen werden. Der Grundsatz der Einzelbewertung konkretisiert die Rahmengrundsätze Richtigkeit, Klarheit und Vollständigkeit und ist gleichzeitig die Basis für das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip.l44 Denn realisierte Gewinne nach dem Realisationsprinzip und unrealisierte Verluste nach dem Imparitätsprinzip sind immer Einzelgewinne und Einzelverluste. Der Periodenerfolg des Jahresabschlusses entspricht den kumulierten realisierten Einzelerfolgen abzüglich aller Einzelverluste, die in dieser Periode antizipiert werden, sowie aller rein zeitlich abzugrenzenden Aufwendungen. Da Einzelgewinne zu einem anderen Zeitpunkt im Periodenerfolg zu berücksichtigen sind als unrealisierte Einzelverluste, ist es für die Richtigkeit der Rechenschaft und Kapitalerhaltung entscheidend, daß der Grundsatz der Einzelbewertung beachtet wird. 145 Denn aus Kapitalerhaltungsgründen soll der Umfang der zu antizipierenden Verluste nicht durch Saldierung von Einzelverlusten mit Einzelgewinnen reduziert werden, und eine richtige Rechenschaft, d. h. der Wirklichkeit entsprechende Darstellung durch die geltenden Abbildungsre140 Vgl. Brunner, Werner: Der Grundsatz der Einzelbewertung und die Möglichkeiten seiner Durchbrechung in der Steuerbilanz, Dissertation, Nürnberg 1960, S.4; Adam, Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 155f. 141 Vgl. zum Grundsatz der Einzelbewertung Krautter, Jochen: Grundsatz und Prinzipien der Bewertung, in: BFuP, 18. Jg. (1966), S. 19- 35, hier S. 22; Kruschwitz, Lutz: Zum Grundsatz der Einzelbewertung, in: DB, 26. Jg. (1973), S. 1905-1912, hier S. 1905; Körner, Werner: Das Prinzip der Einzelbewertung, in: WPg, 29. J g. (1976), S. 430-441, hier S. 430; Institut der Wirtschaftsprüfer (Hrsg.): Wirtschaftsprüfer-Handbuch 1985/86, Bd. 1, Düsseldorf 1985, S. 545f. und S. 690; Baetge, Jörg: in: GBM. 142 Vgl. Leffson, Ulrich: Bewertungsprinzipien, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 159. 143 Vgl. die handelsrechtliche Auslegung von Herrmann, earl, Heuer, Gerhard, Raupach, Arndt: Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer einschließlich Nebengesetzen, 19. Aufl., Köln und Marienburg 1950/82, (Stand Dez. 1985), § 6 Anm.86. 144 Vgl. Böse, Wulf H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, S. 76. 145 Vgl. Großfeld, Bernhard: Bilanzrecht, Heidelberg und Karlsruhe 1978, S.41 und S. 71; Federmann, Rudolf: Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht, 5. Aufl., S. 96.

5.1 Systemgrundsätze.

127

geln 146, ist nur durchführbar, soweit alle Regeln auf die für sie vorgesehenen Objekte angewandt werden. 147 Werden zwei Objekte, die nach geltendem Recht getrennt zu bewerten sind, saldiert, so werden durch die Zusammenfassung unter Umständen die falschen Abbildungsregeln verwendet. Wird etwa für das Produkt A ein Einzelgewinn und für das Produkt Bein Einzelverlust aus dem Absatz in der Folgeperiode erwartet, so untersagt das Realisationsprinzip, den unrealisierten Gewinn von A im Periodenerfolg zu berücksichtigen, während das Imparitätsprinzip verlangt, den unrealisierten Einzelverlust von B zu antizipieren. l48 Würden entgegen dem Grundsatz der Einzelbewertung Einzelverlust und Einzelgewinn addiert, so wäre das Imparitätsprinzip entweder gar nicht anzuwenden, nämlich wenn der Gewinn von A größer als der Verlust von B ist, oder ein zu geringer Verlust würde antizipiert, wenn der Verlust von B den Gewinn von A übersteigt. Aufgrund der Saldierung der Einzelerfolge würden die falschen Bewertungsregeln benutzt und die Zahlungen zum falschen Zeitpunkt erfolgswirksam. 149 Dadurch, daß der Grundsatz der Einzelbewertung mißachtet wird, wird also gleichzeitig gegen den Grundsatz der Richtigkeit verstoßen. Außerdem wird bei der Saldierung der Grundsatz der Vollständigkeit nicht beachtet, da nicht alle nach geltendem Recht geforderten Informationen im Ansatz von Bilanzpositionen zum Ausdruck kommen. 1so Darüber hinaus ist bei Verstößen gegen den Grundsatz der Einzelbewertung auch eine sachgerechte Gliederung von Bilanz und GuV nicht mehr möglich, so daß gleichfalls die Klarheit des Ausweises im lahresabschluß beeinträchtigt wird. lSl Weil der Grundsatz der Einzelbewertung offensichtlich systemtragende Bedeutung hat, wird eine Saldierung von Einzelerfolgen zusätzlich durch § 246 Abs. 2 HGB verhindert.

146 Vgl. zum Begriff "Abbildungsregel" im Zusammenhang mit den GoB Baetge, Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp.709f. . 147 Vgl. Herrmann, earl, Heuer, Gerhard, Raupach, Arndt: Kommentar zur Einkommen- und Körperschaftsteuer, § 6 Anm. 86; Ludewig, Rainer: Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus dem Auftragsbestand, S. 102f., in: DB, 27. Jg. (1974), S. 101104, hier S. 102f. 148 Vgl. Maaßen, Kurt: Die Aufrechnung von Verlust- und Gewinnchancen bei schwebenden Geschäften, in: StBp, 5. Jg. (1965), S. 85-89, hier S.87; Oft, Horst: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung schwebender Verluste gefährdet?, in: StBp, 6. Jg. (1966), S. 280-282, hier S. 281; Sä/fing, Günter: Diskussionsbeitrag: Verlustprodukte, in: FR, 33. (60.) Jg. (1978), S. 240f., hier S. 241. 149 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 149 Anm. 90; Heinen, Edmund: Bilanz, handelsrechtliche, in: HWB, 4. Aufl., Sp. 885. 150 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 200 und S. 204. 151 Vgl. ebenda: S. 195.

128

5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Den Rahmengrundsatz der Wirtschaftlichkeit 152 berücksichtigt die deutsche Gesetzgebung ebenfalls, indem sie zahlreiche Ausnahmen von der Einzelbewertung gestattet.153 Neben Wirtschaftlichkeitsüberlegungen spielen dabei auch technische Gründe 154 eine Rolle, wie etwa bei der Zulässigkeit von Verbrauchsfolgeverfahreniss und der Stichprobeninventur.156 Außerdem geht das Gesetz wohl davon aus, daß in bestimmten Fällen allein die Zusammenfassung von Einzelobjekten zu aussagefähigen Bilanzansätzen führt,157 beispielsweise bei der Pauschalwertberichtigung zu Forderungen wegen des allgemeinen Kreditrisikos.158.159 In allen Vorschriften, die ein Abweichen von der Einzelbewertung erlauben, wird jedoch der Ausnahmecharakter durch eindeutig abgegrenzte Tatbestände deutlich. Der Grundsatz der Einzelbewertung steht im Konflikt zur finalen Betrachtung des GCC. Denn wie im Abschnitt 5.1.2.1 dargestellt wurde, fordert das Finalprinzip keine Grenzbetrachtung einzelner Maßnahmen. Zwischen den aufgewandten Mitteln und der einzelnen abgesetzten Leistungseinheit muß kein direkter Zusammenhang bestehen. Mittel und Leistung müssen nicht auf einer einzelnen, identischen Entscheidung beruhen. Statt dessen impliziert das Finalprinzip eine Gesamtbetrachtung aller Mittel. Sie müssen aufgrund ihrer tatsächlichen Verwendung der Gesamtleistung einer Periode zugerechnet werden. Dieser Widerspruch zur Einzelbewertung läßt sich nur auflösen, indem man sich den eigentlichen Zweck der Einzelbewertung, nämlich die Objektivierung von Rechenschaft und Kapitalerhaltung, deutlich macht. Zweck der Einzelbewertung kann es nicht sein, einzelne Maßnahmen des Leistungsprozesses für die Entscheidungsfindung zu analysieren oder die Gesamtbetrachtung der Rechnungsperioden in eine Grenzbetrachtung von Einzelobjekten urnzuwandeln. l60 Denn das würde dem Gedanken einer Rechenschaft über den finanziellen Erfolg aller im going concern während einer Rechnungsperiode eingesetzten Mittel 152 Vgl. Baetge. Jörg: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 712, der den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit explizit unter den Rahmengrundsätzen aufführt. 153 Vgl. Körner, Werner: Einzelbewertung, S. 440. 154 Vgl. Adam. Elmar: Generalklausel über den Inhalt des Jahresabschlusses nach § 149 AktG, S. 164f. 155 Vgl. § 256 HGB; Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 45-47. 156 Vgl. § 241 Abs.1 HGB; Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 56-61. 157 Vgl. Leffson, Ulrich: Bewertungsprinzipien, in: HWR, 2. Aufl., Sp. 159. 158 Vgl. §§ 152 Abs.6 AktG 1965, 240 Abs.2 HGB-E. Nach HGB 1985 soll die Pauschalwertberichtigung zu Forderungen nur noch in Form einer direkten Abschreibung vorgenommen werden. 159 Vgl. Brunner, Werner: Grundsatz der Einzelbewertung und Möglichkeiten seiner Durchbrechung, S. 92. 160 Vgl. Eifler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 69f. und S. 132f.

5.1 Systemgrundsätze

129

völlig entgegenstehen.161 Die Aufgabe der Einzelbewertung besteht vielmehr nur darin, die finale Gesamtbetrachtung zu objektivieren, indem über Einzelerfolge berichtet wird. Die Einzelbewertung soll also nicht das Finalprinzip aufheben, sondern die Einzelbewertung hat im Rahmen des GCC dem Finalprinzip Rechnung zu tragen. Eine finale Einzelbewertung läßt sich nur realisieren, indem die Mittel im Hinblick auf ihre Verwendung, nämlich den Absatz, bewertet werden. Finale Einzelbewertung bedeutet die Berechnung einzelner Absatzerfolge. Um die einzelnen Absatzerfolge zu ermitteln, muß dem Absatzpreis für die einzelne Absatzleistung die Summe der mit Anschaffungsausgaben bewerteten Faktoren gegenübergestellt werden,162 die in finalem Zusammenhang zu dieser Absatzleistung stehen. Die finale Einzelbewertung bedingt somit erstens die Zusammenfassung aller mit Anschaffungsausgaben bewerteten Faktoren, die für eine einzelne Absatzleistung aufgewandt werden. Zweitens erfordert die finale Einzelbewertung auch, die Faktoren, die für eine Mehrzahl von Leistungseinheiten aufgewandt werden, rechnerisch auf die einzelnen Leistungseinheiten aufzuteilen.163 Begrenzt wird die finale Einzelbewertung durch die bestehenden Aktivierungsund Passivierungsnormen. Denn nach dem Finalprinzip müssen alle mit ihren Anschaffungsausgaben bewerteten Faktoren, die in einem finalen Zusammenhang zur Absatzleistung stehen, dem Absatzpreis gegenübergestellt werden. Der gesamte finale Aufwand kann aber nur dann vollständig dem Ertrag zugeordnet werden, wenn alle finalen Ausgaben von Vorperioden aktiviert worden sind und alle finalen Ausgaben künftiger Perioden passiviert werden. Aufgrund der im HGB kodifizierten Aktivierungs- und Passivierungsnormen dürfen jedoch keineswegs alle Ausgaben, die in einem finalen Zusammenhang zu Absatzleistungen stehen, aktiviert oder passiviert werden. So darf beispielsweise der Aufwand für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände, der teilweise nach dem Finalprinzip zeitlich und sachlich den Absatzleistungen zuzurechnen wäre, nicht aktiviert werden. l64 Ebenso sind bestimmte künftige Ausgaben als Rechnungsabgrenzungsposten nicht passivierbar. 165 Das Objektivierungserfordernis der Rechnungslegung führte zu kodifizierten Aktivierungs- und Passivierungsnormen, die die finale Einzelbewertung häufig in den Fällen einschränken, in denen die finale Zurechnung durch Dritte nur schwer nachvollziehbar isU 66 Die Objektivierbarkeit finaler

161 162 163 164 165

166

9 Fey

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung. Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ennittlung der "Herstellungskosten", S. 275. Fülling, Friedhelm: Goß für Vorräte, S. 120-123. § 248 Abs. 2 HGß. § 250 Abs. 2 HGB. Moxter, Adolf: ßilanzlehre, 2. Aufl., S. 430-438.

130

5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Zusammenhänge stand bei der gesetzlichen Formulierung von Aktivierungsund Passivierungsnormen im Vordergrund.167 Im endgültig kodifizierten HGB 1985 hat der Gesetzgeber durch das Wahlrecht zur Bildung von Aufwandsrückstellungen in § 249 Abs. 2 allerdings dem Bilanzierenden die Möglichkeit eingeräumt, bei konketisierbaren Aufwendungen dem Finalprinzip eine größere Bedeutung als der Objektivierung einzuräumen. Denn Aufwandsrückstellungen genügen dem Objektivierungserfordernis in viel geringerem Maße als Rückstellungen für ungewisse Verpflichtungen gegenüber Dritten. Entgegen der Auffassung von Aibach 16B und Dieler Schneider 169 müssen die Faktoren, die zur Leistungserstellung aufgewandt werden, für eine Aktivierung als Bestandteil der künftigen Absatzleistung nicht selbst Vermögensgegenstände sein. Das HGB macht dies besonders deutlich, indem nach § 255 Abs. 2 HGB ausdrücklich Fertigungskosten und Sonderkosten der Fertigung zu aktivieren sind und außerdem der Wertverzehr von Anlagen, allgemeine Verwaltungskosten und Aufwendungen für soziale Einrichtungen und Leistungen in angemessenem Umfang aktiviert werden dürfen. Obwohl eine selbständige Aktivierung dieser beschafften Faktoren nicht möglich ist, müssen bzw. dürfen sie im Rahmen der Faktorkombination der entstehenden Absatzleistung zugerechnet werden.170 Auch hier erhält das Prinzip einer finalen Einzelbewertung eindeutig den Vorrang vor einer noch weitergehenden Objektivierung. l7l Aufgabe der Einzelbewertung ist es, gemeinsam mit dem Grundsatz der Pagatorik und dem Finalprinzip neben einer systemgerechten Rechenschaft eine Kapitalerhaltung durch das Imparitätsprinzip zu gewährleisten, die nicht zu Widersprüchen innerhalb des GoB-Systems führt. 172 Zu untersuchen ist daher, ob es durch eine folgerichtige Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der drei dargestellten einheitlichen Systemgrundsätze gelingt, eine systemgerechte Verlustantizipation durchzuführen.

167 Vgl. Steinbach, Adalbert: Die Rechnungslegungsvorschriften des AktG 1965, S.95f. 168 Vgl. Albach, Horst: Bewertungsprobleme des Jahresabschlusses nach dem Aktiengesetz 1965, in: BB, 21. Jg. (1966), S. 377 -382, hier S. 380; derselbe: Rechnungslegung im neuen Aktienrecht, in: NB, 19. Jg. (1966), S. 178-192, hier S.180. 169 Vgl. Schneider, Dieter: Aktienrechtlicher Gewinn und ausschüttungsfähiger Betrag, S.609. 170 Vgl. auch Abschnitt 33 Abs.9 S.2 EStR (1984), mit Bedeutung auch für das Handelsrecht. 171 Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 126-131. 172 Vgl. Abschnitt 5.1.1 dieser Untersuchung.

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

131

5.2 Systemgerechte Verlustantizipation durch Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze 5.2.1 Systemgerechte Wahl des Verlustträgers und seine systemgerechte Bewertung: Pagatorische Bewertung eingeleiteter Absatzgeschäfte Wie am Anfang dieser Untersuchung im Abschnitt 2.1 dargestellt wurde, ist ein Hauptgrund für widersprüchliche Interpretationen des Imparitätsprinzips die Tatsache, daß in dem Zeitpunkt, in dem ein drohender Verlust erkannt wird, der eigentliche Verlustträger als Bewertungsobjekt häufig noch gar nicht vorhanden ist. Denn fast immer wird ein Verlust, der aufgrund bestimmter, bereits durchgeführter Dispositionen zu erwarten ist, bei sorgfältiger Planung von Produktion und Absatz vor Fertigstellung der Absatzleistung durch den Bilanzierenden vorauszusehen sein.! Das Imparitätsprinzip fordert damit in der Regel, den künftigen Verlust als Vermögensminderung in der Bilanz zu berücksichtigen, obwohl das Bewertungsobjekt, dem der Verlust zuzuordnen ist, noch nicht in Form eines einzelnen aktiven Bilanzgegenstandes existiert.2 Denn wenn die verlustbringenden Dispositionen des Unternehmens sich zu Beginn des Kombinationsprozesses lediglich in noch nicht erfüllten Beschaffungsverträgen konkretisiert haben, kommen sie in der Bilanz aktivisch überhaupt noch nicht zum Ausdruck. Wenn verschiedene Faktoren bereits beschafft oder kombiniert worden sind und die Absatzleistung noch nicht fertiggestellt wurde, werden für jede einzelne verlustbringende Disposition mehrere Bilanzgegenstände aktiviert. Im ersten Fall ist überhaupt kein aktivierter Vermögensgegenstand vorhanden, im zweiten ist eine Berechnung eines "anteiligen" Verlustes für die aktivierten Bilanzgegenstände aufgrund der Unmöglichkeit der Ertragszurechnung nicht durchführbar.3 Der eigentliche Unterschied zwischen einer Bewertung vergangener und künftiger Erfolge, der eine folgerichtige Anwendung einheitlicher Bewertungsprinzipien auf die Verlustantizipation erschwert, liegt augenscheinlich darin, daß der Zeitpunkt, in dem ein künftiger unrealisierter Verlust antizipiert werden muß, mit allen verschiedenen Stadien des Faktorkombinationsprozesses zusammentreffen kann, während vergangene, realisierte Erfolge immer erst nach Beendigung von Produktion und Absatz berücksichtigt werden müssen. Diese Überlegung soll das Schema auf Seite 132 beispielhaft verdeutlichen. Bei der Bilanzierung vergangener Erfolge kann der erzielte Absatzpreis im Zeitpunkt ts nach dem Realisationsprinzip immer einem einzelnen aktivierten Vgl. Friederich, Hartrnut: GoB für schwebende Geschäfte, S. 97 f. m. w. N. Vgl. Moxter, Adolf: Rückstellungskriterien nach neuem Bilanzrecht, in: BB, 34. Jg. (1979), S. 433-440, hier S. 439. 3 Vgl. Abschnitt 2.1.1 dieser Untersuchung. 1

2

9*

132

5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Bewertungsobjekt zugeordnet werden. Bei der Bilanzierung von künftigen, unrealisierten Verlusten dagegen ist im Zeitraum zwischen t1 und t3 in der Bilanz kein geeignetes Objekt aktiviert, dem der erwartete Absatzpreis zugeordnet und dessen Anschaffungsausgaben um die erwartete Vermögensminderung reduziert werden könnte.4 Abbildung 8 Abbildung des Faktorkombinationsprozesses in der Bilanz bei unterschiedlichen Graden der Fertigstellung der Absatzleistung Bilanzierungszeitpunkt: Zu bilanzierendes Stadium der Faktorkombination:

Graphische Darstellung:

I1bbildung in der Bilanz:

t1

t?

t}

Bescharfungsverträge über z.B. 6 Faktoren

DurcilFührung der BeschaFFung

Kombination: z~ B. 2 unfertige Erzeugnisse, 1 RohstoFF

t4 Fertigstel lung der Absatzleistung

i ~ -

I1ktivierung der Faktoren, soweit möglich

AktivieAk ti vierung von 2 rung des unFertigen FertigerErzeugnis- zeugnisseR sen und 1 Rohstoff

ts I1bsat.zvertrag (u. U. auch vor t 4 ) und LieFerung od. Leistung

-

--A.

Aktivierung der rorderung oder der Einzahlung

Welche Konsequenzen für die Wahl des Verlustträgers und seine Bewertung ergeben sich angesichts dieser Problematik aus der Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze? Das GCC als Systemgrundsatz impliziert, daß alle während der laufenden Tätigkeit des Unternehmens aufgewandten Mittel einheitlich in ihrer tatsächlich beabsichtigten oder durchgeführten Verwendung im finalen Faktorkombinationsprozeß abgebildet werden müssen,s und zwar unabhängig davon, ob es sich um bereits abgeschlossene Prozesse der Leistungserstellung handelt oder sich der Kombinationsprozeß noch in einem früheren Stadium befindet. Die im GCC allein maßgebliche finale Betrachtungsweise hat also zur Folge, daß auch für die Berechnung künftiger Erfolge als einheitliches Bewertungsobjekt allein die 4 Vgl. Heibel, Reinhold: Handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze und Besteuerung, S. 130f. 5 Vgl. Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung.

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

133

Absatzleistung in Frage kommt. Dem steht nicht entgegen, daß das Bewertungsobjekt in vielen Fällen noch nicht existiert.6 Um künftige Verluste im Erkenntniszeitpunkt zwischen t1 und t3 zu antizipieren, ist vielmehr der künftige, finale Leistungserstellungs- und Absatzvorgang zu Ende zu denken. Die noch nicht vorhandene Absatzleistung, das Ergebnis des Kombinationsprozesses selbst, ist als Verlustträger zu antizipieren.

Eine einheitliche Anwendung des Systemgrundsatzes der Pagatorik verlangt, die künftigen Verluste nach demselben Verfahren zu berechnen wie bereits realisierte, vergangene Erfolge. Demnach sind die zur Leistungserstellung eingesetzten Faktoren mit den für sie gezahlten oder noch zu zahlenden Preisen, die Absatzleistungen mit den dafür erzielten oder voraussichtlich erzielbaren Preisen einheitlich zu bewerten. Der erwartete künftige Absatzpreis läßt sich aber bei der Verlustantizipation nur dann einem einzelnen Bewertungsobjekt zuordnen, wenn unabhängig vom Grad der Fertigstellung 7 die künftige Leistung als Ergebnis des Kombinationsprozesses ebenfalls antizipiert und der Ertrag aus dem Absatz dieser Leistung allen dafür getätigten Aufwendungen gegenübergestellt wird.8 Würde man dagegen versuchen, anstelle der erst entstehenden, noch nicht existenten Absatzleistung die Beschaffungsdispositionen in den Stadien t1 - t3 zu bewerten, würde man wie ADS das Bewertungsobjekt wechseln und müßte sich eines anderen Bewertungsverfahrens bedienen.9 Denn angesichts der Unmöglichkeit, den voraussichtlichen Absatzpreis auf die Beschaffungsdispositionen über einzelne Faktoren aufzuteilen, müßte man mit Hilfe der Wiederbeschaffungspreise den "Wert" dieser Faktoren ermitteln. Damit fingiert man Zahlungsvorgänge, die sich im fortgeführten Unternehmen niemals oder nur zufällig tatsächlich realisieren. Es läge ein Verstoß gegen den Systemgrundsatz der Pagatorik vor. 10 Um dem erwarteten Ertrag alle dafür getätigten Aufwendungen zuzuordnen, sind die mit ihren Anschaffungsausgaben bewerteten Faktoren, die zur Herstellung der künftigen Absatzleistung beschafft wurden und noch beschafft werden müssen, zusammenzufassen. Die Zusammenfassung der Ausgaben für die einzelnen Faktoren einer Faktorkombination verstößt nicht gegen den Grundsatz der Einzelbewertung. Denn eine finale Einzelbewertung muß die Faktoren einheitlich im Hinblick auf ihre Verwendung zusammenfassen und bewerten, 6 Der künftige finale Leistungserstellungs- und Absatzvorgang der eingeleiteten veriustbringenden Dispositionen muß nach dem Grundsatz der Objektivität für Dritte nachvollziehbar sein. 7 Vgl. Roer, Hans: Einfluß des Fertigungsgrads auf die Veriustrückstellung eines schwebenden Geschäfts?, in: Dß, 28. Jg. (1975), S. 1381-1385, hier S. 1382-1384. 8 Vgl. Leffson, Ulrich: Goß, 6. Aufl., S. 339f. und S. 352f. 9 Vgl. Abschnitt 2.1.1.2 und 5.1.2.2 dieser Untersuchung. 10 Vgl. Abschnitt 5.1.2.2 dieser Untersuchung.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

einerlei, ob es sich um vergangene oder künftige Erfolge handelt und in welchem Stadium sich der Kombinationsprozeß im Erkenntniszeitpunkt drohender Verluste befindet. Bei der Verlustantizipation kann die Zusammenfassung der Faktoren nicht als Verstoß gegen die Einzelbewertung angesehen werden, wenn sie bei der Bilanzierung vergangen er Erfolge als rechtmäßig betrachtet wird.H Da die Systemgrundsätze fester Bestandteil des GoB-Systems und sowohl für Rechenschafts- als auch für Kapitalerhaltungsgrundsätze maßgeblich sind, dürfen die teilweise gegensätzlichen Zwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung nur konkretisiert werden, indem zusätzlich die Systemgrundsätze als einheitliche, übergeordnete Prinzipien beachtet werdenP Dadurch werden Bilanzierungsalternativen, die die Zwecke der GoB in einer isolierten Regelung einzelner Grundsätze verwirklichen wollen, durch die Konstruktion des Systems selbst unmöglich. Die Systemgrundsätze zwingen zu einer Konkretisierung der Zwecke, die zugleich die Interdependenzen im Rahmen des Gesamtsystems berücksichtigen muß. Beispielsweise ist eine Konkretisierung des Imparitätsprinzips durch die sogenannte 3-fach-Niederstwertvorschrift, wie ADS sie bei Handelswaren sowie bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen unter gewissen Voraussetzungen befürworten,13 unter Umständen zwar zweckgerecht, aber nie systemgerecht innerhalb eines GoB-Systems, in dem die Systemgrundsätze bei der Konkretisierung der Zwecke von GoB zu beachten sind: Nach der 3-fach-Niederstwertvorschrift sind die genannten Vermögensgegenstände mit dem niedrigsten Preis zu bewerten, der sich bei Vergleich des historischen Anschaffungspreises, des Wiederbeschaffungs- und des Absatzpreises ergibt.14 Da auf diese Weise neben den künftigen, tatsächlich durch den Absatz eintretenden Verlusten zusätzlich entgangene Gewinne in Form gesunkener Wiederbeschaffungspreise als Aufwand den Periodenerfolg mindern, wird dem Kapitalerhaltungsgedanken durch die 3-fach-Niederstwertvorschrift entsprochen. Wer das Imparitätsprinzip allein aufgrund des Kapitalerhaltungszwecks isoliert vom Rechenschaftsgedanken und dem übrigen System konkretisiert, wird die 3-fach-Niederstwertvorschrift daher für zweckgerecht halten. Betrachtet man dagegen das Imparitätsprinzip nicht nur aus der Perspektive des Kapitalerhaltungszwecks, sondern außerdem unter dem Aspekt der Rechenschaft über tatsächliche pagatorische Einzelerfolge der eingesetzten Mittel, also auch aus Sicht der Rechenschaft und der Systemgrundsätze, so führt die 3-fach-Niederstwertvorschrift im Gesamtsystem zu Widersprüchen. Denn die gesunkenen Wiederbeschaffungspreise geben nur Vgl. Abschnitt 5.1.2.3 dieser Untersuchung. Vgl. Abschnitt 5.1.1 dieser Untersuchung. 13 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 152; Groh, Manfred: Künftige Verluste in Handels- und Steuerbilanz, S. 33f. und S. 37. 14 Vgl. Koch, Helmut: Niederstwertprinzip, S. 2; Engels, Wolfram: Betriebswirtschaftliche Bewertungslehre im Licht der Entscheidungstheorie, Köln und Opladen 1962, S. 223f.; Schweitzer, Marcell: Struktur und Funktion der Bilanz, S. 137. 11

12

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

135

über fiktive Zahlungsvorgänge Auskunft, die nichts mit den im going concern erwarteten und später tatsächlich eintretenden Verlusten zu tun haben. 15 Eine solche zusätzliche Berücksichtigung von entgangenen Gewinnen steht nicht mit dem Finalprinzip und der Pagatorik in Einklang. Die Zwecke von GoB dürfen also trotz der unterschiedlichen Anwendungsbereiche von Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätzen bei der Konkretisierung der Grundsätze nicht isoliert betrachtet werden. Denn wie die Untersuchung des GoB-Begriffs und das gerade angeführte Beispiel gezeigt haben, entspricht eine Auslegung nur dann den GoB, wenn sie gleichermaßen die Merkmale Zweckgerechtigkeit und Systemgerechtigkeit erfüllt. Der Systemgerechtigkeit dient die Auslegung anhand der Systemgrundsätze. Werden die Systemgrundsätze ihrer Stellung im GoB-System entsprechend einheitlich auf die Rechenschaft über realisierte Erfolge und auf die Kapitalerhaltung durch die Antizipation unrealisierter Verluste angewandt, so müssen Bewertungsobjekt und -verfahren bei der Bilanzierung vergangener und künftiger Erfolge identisch sein. Indem die Absatzleistung aufgrund der Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze folgerichtig das Bewertungsobjekt einer finalen pagatorischen Einzelbewertung darstellt, wird eine Verlustantizipation ohne Widersprüche zum übrigen System möglich. Weil bei einer systemgerechten Verlustantizipation das erwartete Absatzgeschäft mit den Preisen bewertet wird, mit denen es voraussichtlich später im Realisationszeitpunkt tatsächlich erfaßt wird, handelt es sich bei der Bilanzierung vergangener und künftiger Erfolge einheitlich um eine pagatorische Bewertung von Absatzgeschäften. Der einzige Unterschied besteht darin, daß nach dem Realisationsprinzip bereits durchgeführte Absatzgeschäfte, nach dem Imparitätsprinzip eingeleitete Absatzgeschäfte bewertet werden. Die Konsequenz systemgerechter Auslegung des Imparitätsprinzips ist somit die von Leffson geforderte Antizipation von Verlusten, die aus den durch Beschaffungsdispositionen eingeleiteten Absatzgeschäften drohen. 16 Durch die Auslegung der Zwecke von GoB anhand der Systemgrundsätze wurde das Ergebnis Leffsons stärker im System selbst verankert, da die Zwecke der GoB allein zu wenig konkret erschienen, um die Auslegung des Imparitätsprinzips zu einer intersubjektiv nachprüfbaren Wertung zu machenP Daher wurde auf die Notwendigkeit einer systemgerechten Auslegung mit Hilfe anerkannter, einheitlicher Wertungsgesichtspunkte verwiesen. IB Erst die Auslegung anhand der Systemgrundsätze, die aufgrund ihrer Festlegung im Gesetz und ihrer systemtragenden Bedeutung als übergeordnete Wertungsgesichtspunkte gekennzeichnet wurden,19 machte deutlich, daß das Absatzgeschäft den einzig systemgerechIS 16 17

18

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 337. ebenda, S. 350f. Abschnitt 4.2.2 dieser Untersuchung. Abschnitt 5.1.1 dieser Untersuchung.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

ten Verlustträger darstellt und die absatzmarktorientierte pagatorische Bewertung systembedingt das einzige den GoB entsprechende Verfahren zur Berechnung künftiger Verluste sein kann. Wesentlich größere Bedeutung als für die Wahl des Verlustträgers und des Verfahrens seiner Bewertung hat die Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze jedoch hinsichtlich der Widersprüche, die sich bei Leffson und ADS bezüglich der Abgrenzung der Aufwendungen bei der Berechnung von realisierten Erfolgen und künftigen Verlusten ergeben hatten.2o In diesem Zusammenhang soll auch die Verlustantizipation für die Gegenstände des Anlagevermögens untersucht werden. LejJson schlägt zur Verlustberechnung von Gegenständen des Anlagevermögens eine Ertragswertermittlung in Form einer Überschußrechnung und damit einen Wechsel des Verlustträgers vom Absatzgeschäft zum beschafften Anlagegegenstand vor.21 Gegen diese wenig systemgerechte und nicht operationale Vorgehensweise hatte sich die Kritik im Abschnitt 2.1.1.4 dieser Untersuchung gerichtet.

5.2.2 Systemgerechte Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung 5.2.2.1 Das systemgerechte Zurechnungsprinzip

Wird die künftige Absatzleistung systemgerecht als Verlustträger gewählt und werden die eingeleiteten Absatzgeschäfte systemgerecht pagatorisch bewertet, ,hängt die Antwort auf die verbleibende Frage, welche Aufwendungen einem Ertrag aus einem künftigen Absatzgeschäft sachlich zuzurechnen sind, allein davon ab, welches Zurechnungsprinzip für eine systemgerechte Verlustantizipation maßgeblich ist. Denn wie im Abschnitt 2.1.2.1 dargestellt wurde, regelt das Zurechnungsprinzip erstens, welche Kostenarten der künftigen Absatzleistung sachlich zuzuordnen sind, zweitens, welcher Beschäftigungsgrad für die Höhe der sachlich abzugrenzenden Kosten zu unterstellen ist, und drittens, nach welcher Methode die nicht direkt zurechenbaren Kosten auf die einzelnen Verlustträger aufzuteilen sind.22 Die Untersuchung des Systemgrundsatzes Going-Concern-Concept ergab, daß den Zwecken Rechenschaft und Kapitalerhaltung nur dann entsprochen wird, wenn das Zurechnungsprinzip bei der Berechnung realisierter Erfolge und Vgl. Abschnitt 5.1.2 dieser Untersuchung. Vgl. Abschnitt 2.1.2 dieser Untersuchung. 21 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 365f. 22 Unter Kosten sind hier aufwandsgleiche pagatorische Kosten zu verstehen, die keine kalkulatorischen Kosten, aber betriebsfremde Aufwendungen enthalten. In diesem Sinne werden vom Gesetzgeber auch die Begriffe Anschaffungs- und Herstellungskosten verstanden. 19

20

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

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künftiger, unrealisierter Verluste gleichermaßen die tatsächliche Verwendung der Mittel erfaßt, die in einer Periode zum Zweck der Leistungserstellung eingesetzt werden. Das GCC impliziert eine einheitliche Auslegung der sachlichen Abgrenzung anhand des Finalprinzips, das folgerichtig auch auf die Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustberechnung anzuwenden ist, wenn erwartete Verluste systemgerecht antizipiert werden sollen.23 Für die Anwendung des Kausalprinzips oder des Identitätsprinzips läßt das GCC dagegen keinen Raum. 24 Ein Wechsel des Zurechnungsprinzips, wie ADS und auch Leffson ihn bei der Lösung der verschiedenen Fragen der sachlichen Abgrenzung vornehmen,25 ist mit den Zwecken der GoB im Rahmen des GCC nicht vereinbar. Die Einseitigkeit und Widersprüchlichkeit der Konkretisierung von Rechenschafts- und Kapitalerhaltungsgrundsätzen, die ein Wechsel des Zurechnungsprinzips zur Folge hat,26 wird durch eine einheitliche sachliche Abgrenzung anhand des Finalprinzips vermieden. Das Finalprinzip gewährleistet, daß über die tatsächlich realisierten Erfolge und die künftigen Verluste systemgerecht Rechenschaft gegeben wird und so für die tatsächlich erwarteten Verluste Kapitalerhaltungsmaßnahmen ergriffen werden können. Die Durchführung der sachlichen Abgrenzung nach dem Finalprinzip ist hinsichtlich der dabei zu erfassenden Kostenarten von Leffson,27 Fülling 28 und Baetge / Uhlig 29 für die Berechnung realisierter Erfolge ausführlich dargestellt worden, so daß sich eine detaillierte Untersuchung der einzelnen, bei der Verlustantizipation einzubeziehenden Kostenarten an dieser Stelle erübrigt. Lediglich die Probleme, die sich aus einer systemgerechten Übertragung der finalen sachlichen Abgrenzung auf die Verlustantizipation bei langfristigen Beschaffungsdispositionen ergeben, sollen erörtert werden. Außerdem wird anschließend kurz auf die Kostenarten eingegangen, die einem künftigen Verlustträger zeitlich und sachlich nicht zugeordnet werden können. 5.2.2.2 Die systemgerechte Zurechnung bestimmter Kostenarten

5.2.2.2.1 Die Zurechnung der Kosten aus langfristigen Beschaffungsdispositionen

Die nach dem Finalprinzip den eingeleiteten Absatzgeschäften zuzurechnenden Kostenarten entsprechen den pagatorischen Selbstkosten der künftigen 23 Vgl. Böse, Wulf H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, S. 67f. 24 2S

26 27

28 29

278.

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung. Abschnitte 2.1.2.2 und 2.1.2.3 dieser Untersuchung. Abschnitt 2.1.2.4 dieser Untersuchung. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 270-297. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 104-106 und S. 110-133. Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ennittlung der "Herstellungskosten", S. 275-

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Absatzleistungen, die sich aus den Materialeinzel- und -gemeinkosten, den Fertigungseinzel- und -gemeinkosten, den Sondereinzelkosten der Fertigung, den allgemeinen Verwaltungskosten sowie den Vertriebskosten zusammensetzen.30 Da nach dem Finalprinzip auch künftige fixe Gemeinkosten entgegen der Auffassung Leffsons 31 in die Verlust berechnung eingehen müssen,32 ergeben sich durch die systemgerechte Auslegung des Imparitätsprinzips anhand des Finalprinzips vor allem Konsequenzen für die Verlustantizipation aus Absatzgeschäften, die durch langfristige Dispositionen über die Beschaffung von Potentialfaktoren eingeleitet werden. Denn diese verursachen in erster Linie künftige fixe Gemeinkosten. Aufgrund der finalen sachlichen Abgrenzung sind solche langfristigen Beschaffungsdispositionen, die zu künftigen fixen Gemeinkosten führen, genauso als Bestandteile eingeleiteter Absatzgeschäfte zu bewerten wie andere Beschaffungsgeschäfte. Denn eine isolierte Ertragswertberechnung für langfristig nutzbare Potentialfaktoren im Rahmen einer Überschußrechnung und eine Abschreibung der Potentialfaktoren in Höhe des erwarteten Auszahlungsüberschusses, wie Leffson sie für die Gegenstände des Sachanlagevermögens vorschlägt,33 widerspricht der einheitlichen finalen Betrachtung aller beschafften Faktoren. Zudem läßt sich ein erwarteter Auszahlungsüberschuß nur durch eine Abschreibung der Potentialfaktoren berücksichtigen, soweit die beschafften Faktoren in der Bilanz aktiviert werden können. So ist bei Disposition,en wie langfristigen Arbeits- und Ausbildungsverträgen 34 sowie langfristigen Abnahmeverpflichtungen 35 , solange noch keine Absatzleistungen erstellt werden, eine Abschreibung der beschafften Faktoren nicht durchführbar, weil diese Dispositionen nicht in aktivierten Faktoren zum Ausdruck kommen.36 Würde man wie Leffson die künftigen fixen Gemeinkosten aus der Verlustantizipation ausklammern, so könnten nur Verluste für die aktivierten Potentialfaktoren antizipiert 30 Wobei hier von einer Istkostenrechnung auf Vollkostenbasis ausgegangen wird, deren Kostenträgerstückrechnung mit Hilfe einer Zuschlagskalkulation durchgeführt wird. Vgl. Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ermittlung der "Herstellungskosten", S. 277; Ludewig, Rainer: Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus dem Auftragsbestand, S. 101. 31 Vgl. Abschnitte 2.1.2.3 und 2.1.2.4 dieser Untersuchung. 32 Vgl. Ludewig, Rainer: Rückstellungen für drohende Verluste aus dem Auftragsbestand, S.102; Groh, Manfred: Künftige Verluste in Handels- und Steuerbilanz, S.34; Leineweber, Bernhard: Einbeziehung von fixen Kosten bei der Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, in: DB, 37. Jg. (1984), S. 638f., hier S. 638. 33 Vgl. Abschnitt 2.1.1.3 dieser Untersuchung. 34 Vgl. zur Verlustantizipation bei Ausbildungsverträgen Fey, Dirk: Keine Rückstellung für künftige Ausbildungskosten aus Berufsausbildungsverhältnissen?, in: DB, 38. Jg. (1985), S. 713-717, hier S. 716f. 35 Vgl. Ludewig, Rainer, Assenmacher, Peter: Bilanzierung von Gebrauchtwagen und zukünftigen Verlusten im Kraftfahrzeughandel, in: DB, 27. Jg. (1974), S. 598f., hier S. 598 f. 36 Vgl. Abschnitt 5.2.1 dieser Untersuchung.

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

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werden. Obwohl die Beschaffung nicht aktivierbarer Potentialfaktoren häufig fixe Aufwendungen künftiger Perioden in großer Höhe festlegt, könnten daraus entstehende Verluste nicht im Erkenntniszeitpunkt als Aufwand erfaßt werden. Es käme zu einer Ungleichbehandlung der Verlustantizipation von aktivierbaren und nicht aktivierbaren langfristigen Beschaffungsgeschäften. Bei der Aktivierung wird die Ungleichbehandlung der Potentialfaktoren mit dem Objektivierungserfordernis und dem Kapitalerhaltungsgedanken begründet.37 Bei der Verlustantizipation aber ist eine analoge Ungleichbehandlung aus denselben Gründen nicht gerechtfertigt. Vielmehr steht das Objektivierungserfordernis einer Verlustantizipation bei nicht aktivierbaren Potentialfaktoren genausowenig entgegen wie bei aktivierbaren Potentialfaktoren, wenn die nicht aktivierten Faktoren zu zeitlich und sachlich ebenso zurechenbaren künftigen Aufwendungen führen. 38 Aus Kapitalerhaltungsgründen ist sämtlichen Verlusten, die aus der Beschaffung von Potentialfaktoren entstehen, gleichermaßen Rechnung zu tragen. 39 Deshalb müssen auch Verluste, die aus nicht aktivierten Potential faktoren drohen, über die künftig anfallenden fixen Gemeinkosten in die Verlustantizipation aus eingeleiteten Absatzgeschäften einbezogen werden.40 Nur die systemgerechte Berücksichtigung künftiger fixer Gemeinkosten bei der Verlustberechnung gestattet eine zweckgerechte Antizipation aller vorhersehbaren Verluste aus langfristigen Beschaffungsdispositionen. Diese systemgerechte Verlustantizipation für langfristige Beschaffungsdispositionen ist jedoch nur unter bestimmten Bedingungen zweckgerecht. Verluste aus langfristigen Dispositionen dürfen aufgrund des Objektivierungserfordernisses nur dann antizipiert werden, wenn die künftige Verwendung der beschafften und noch zu beschaffenden Faktoren sich eindeutig voraussehen läßt.41 Voraussetzung für die Vorhersehbarkeit der Verwendung der Faktoren bei der Faktorkombination ist ein Produktions- und Absatzprogramm, in dem die Faktorverwendung so festgelegt ist,42 daß die künftigen fixen Gemeinkosten bestimmten Periodenleistungen zugeordnet werden können. Der Planungshorizont wird bei Potentialfaktoren mit langer Nutzungsdauer und mehreren alternativen Verwendungsmöglichkeiten zwangsläufig nur einen begrenzten Zeitraum umfassen, für den Verluste sich glaubhaft berechnen lassen.43 Große

37 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Bd. 1, 3. Aufl., S. 162-165; derselbe: Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, S. 128-130 und S. 159-163; Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S.50f. 38 Hiermit sind nicht aktivierbare Potentialfaktoren gemeint, die bereits für einen bestimmten Preis beschafft wurden oder für die aufgrund eines Beschaffungsvertrages eine Abnahmeverpflichtung zu einem festgesetzten Preis gegeben ist. 39 Vgl. Pieper, Werner: Steuerliche Herstellungskosten, S. 179. 40 Vgl. Fey, Dirk: Keine Rückstellung für Ausbildungskosten, S. 717. 41 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 349 f. und S. 358 - 360. 42 Vgl. Fey, Dirk: Keine Rückstellung für Ausbildungskosten, S. 717.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Bedeutung hat in diesem Zusammenhang auch die Prognostizierbarkeit der Preisentwicklung für Faktoren, die noch beschafft werden müssen, und für die Preise, die durch den Absatz der Leistungen voraussichtlich erzielt werden können. Im Einzelfall kann daher der Zeitraum, für den sich künftige Verluste aufgrund einer nachprüfbaren und eindeutigen Planung ermitteln lassen, höchst unterschiedlich sein. Für eine Begrenzung des Antizipationszeitraums von künftigen Verlusten spricht jedoch nicht nur das Objektivierungserfordernis. Wenn nämlich Verluste über einen sehr langen Zeitraum vorhersehbar sind und dem Imparitätsprinzip entsprechend als Aufwand im Periodenerfolg berücksichtigt werden, so kann die Höhe der für einen langen Zeitraum zu antizipierenden Verluste bei einem insolvenzgefährdeten Unternehmen zur Überschuldung führen, obwohl den künftigen unrealisierten Verlusten unter Umständen höhere künftige unrealisierte Gewinne im selben Zeitraum gegenüberstehen. Der eigentliche Sinn des Imparitätsprinzips und des Kapitalerhaltungsgedankens, die Insolvenz zu vermeiden und die Fortführung des Unternehmens zu gewährleisten, würde so konterkariert. In Ausnahmefällen wäre es sogar möglich, daß eine Aktiengesellschaft, die ständig Gewinne erwirtschaftet und bei der dies auch für eine überschaubare Zukunft erwartet wird, gezwungen ist, gemäß § 92 Abs. 1 AktG 1965 44 die Hauptversammlung einzuberufen, weil die künftigen unrealisierten Verluste zu einem Fehlbetrag führen, der die Hälfte des Grundkapitals übersteigt. Um solche Auswirkungen des Imparitätsprinzips zu verhindern, aber nicht zugleich auf eine systemgerechte Verlustantizipation bei langfristigen Beschaffungsdispositionen zu verzichten, muß der Antizipationszeitraum generell beschränkt werden. Im Gesetz findet sich eine vergleichbare Begrenzung im § 253 Abs. 3 HGB, wonach künftige Wertminderungen bei Gegenständen des Umlaufvermögens in Form von Abschreibungen berücksichtigt werden dürfen, wenn die Wertminderungen durch Wertschwankungen "in der nächsten Zukunft" eintreten. In der Begründung zum RegEAktG 1965 wird darunter in Analogie zu einem Urteil des Reichsgerichts vom 11. 2.1927 ein Zeitraum von etwa zwei Jahren verstanden.45 Angesichts der ständig sinkenden Eigenkapitalquote 46 der deutschen Unternehmen sowie der heute vorhandenen verbesserten Planungs- und Prognosemethoden, die eine relativ zuverlässige mittel- bis langfristige Finanzplanung erlauben,47 sollten Kapitalerhaltungsmaßnahmen 43 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. AutI., S. 363 f.; Ludewig, Rainer: Rückstellungen für drohende Verluste aus dem Auftragsbestand, S. 102. 44 Unverändert im AktG 1985. 45 Vgl. Kropf!. Bruno: Aktiengesetz, Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6.9. 1965 und des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz vom 6.9. 1965 mit Begründung des Regierungsentwurfs und Bericht des Rechtsauschusses des Deutschen Bundestags, Düsseldorf 1965, S.247. 46 Vgl. zur sinkenden Eigenkapitalquote Abschnitt 1.1 dieser Untersuchung.

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

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heute für einen längeren Zeitraum getroffen werden. Deshalb trägt man dem Kapitalerhaltungszweck heute wohl besser Rechnung, wenn man den gesetzlichen Begriff "nächste Zukunft" im Sinne eines Zeitraumes von vier bis fünf Jahren auslegt. Diese generelle Begrenzung der Verlustantizipation für langfristige Beschaffungsdispositionen ist zusätzlich in all den Fällen auf einen kürzeren Zeitraum einzuschränken, für die sich die Verluste über vier bis fünf Jahre nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit prognostizieren lassen. 5.2.2.2.2 Zeitlich und sachlich nicht zurechenbare Kostenarten

Bestimmte Kostenarten sind aus Objektivierungsgründen aus der finalen sachlichen Abgrenzung auszuklammern. Wie bereits bei der Untersuchung der langfristigen Beschaffungsdispositionen deutlich wurde, sind alle Aufwendungen, die sich zeitlich und sachlich nicht einer bestimmten Periodenleistung final zuordnen lassen, nicht bei der Verlustberechnung zu berücksichtigen.48 So läßt sich für nicht auftragsbezogene Forschungs- und Entwicklungskosten sowie für allgemeine Verwaltungskosten, die durch die Planung des künftigen Unternehmensgeschehens entstehen, eine finale Beziehung zu bestimmten künftigen Periodenleistungen nicht herstellen.49 Eine sachlich begründbare und objektivierbare Aufteilung auf die Leistungen bestimmter künftiger Perioden ist hier nicht möglich. 50 Ebenso schwierig ist die sachliche Abgrenzung der Finanzierungskosten. 51 Selbst wenn man die Finanzierungskosten durch das Eigenkapital und zinsloses Fremdkapital unberücksichtigt läßt, da sie sich nicht in pagatorischen Größen niederschlagen, und die in einer bestimmten Periode tatsächlich angefallenen Fremdkapitalkosten auf die Herstellungsleistung dieser Periode wie die übrigen Gemeinkosten verrechnet, läßt sich eine solche Zuordnung nicht begründen. Der finale sachliche Zusammenhang von Finanzierungskosten und Herstellungsleistung ist zwar eindeutig gegeben, eine zeitliche Zuordnung von Finanzierungsmaßnahmen zu Leistungen bestimmter Perioden ist jedoch nicht möglich, soweit sie nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Finanzierung eines konkreten Bilanzgegenstandes anfallen. 52 Die nicht final abgrenzbaren Finanzierungskosten sind daher ebenso wie die zeitlich und sachlich einer bestimmten 47 Vgl. Koch. Helmut: Aufbau der Unternehmensplanung, Wiesbaden 1977, S. 101 f., S. 104-106 und S. 111-115; Perridon, Louis, Steiner, Manfred: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 2. Aufl., München 1980, S. 332 und S. 347.-353; Koch, Helmut: Integrierte Unternehmensplanung, Wiesbaden 1982, S. 195-203. 4B Vgl. voraufgehenden Abschnitt 5.2.2.2.1 dieser Untersuchung. 49 Vgl. van der Velde, Kurt: Herstellungskosten in der Kostenrechnung und in der Steuerbilanz, 3. Aufl., Stuttgart 1960, S. 149; Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ermittlung der "Herstellungskosten", S. 278. 50 Vgl. Fülling, Friedhelm: Goß für Vorräte, S. 134-137. 51 Vgl. Pieper, Werner: Steuerliche Herstellungskosten, S. 236-240. 52 Vgl. § 255 Abs. 3 HGß; Abschnitt 33 Abs. 7 EStR (1984).

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Periodenleistung nicht zurechenbaren Kosten für Planung, Forschung und Entwicklung rein zeitlich als Aufwand ohne Gegenleistung abzugrenzen. 53 Rein zeitlich abzugrenzen sind auch die AnschajJungsgemeinkosten, die aufgrund des Finalprinzips eigentlich ebenfalls in den eingeleiteten Kombinationsprozeß der Leistungserstellung einbezogen werden müßten. § 255 Abs. 1 S. 1 HGB fordert jedoch explizit, nur Aufwendungen in den Anschaffungskosten zu berücksichtigen, "soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können". Die Anschaffungsgemeinkosten sollen aus Vereinfachungsgründen nicht aktiviert werden. 54 Eine nachträgliche Aktivierung der Anschaffungsgemeinkosten bei Beginn der Leistungserstellung im Rahmen der Herstellungskosten verbietet sich ebenfaHs, weil dadurch unter Umständen der Aufwand von Vorperioden aktiviert würde. Weil die Anschaffungsgemeinkosten infolgedessen bereits im Zeitpunkt der Beschaffung der Faktoren in den Periodenaufwand eingehen, sollen sie auch nicht in der Verlustberechnung berücksichtigt werden, um eine einheitliche sachliche Abgrenzung bei realisierten Erfolgen und künftigen Verlusten durchzuführen und eine Doppelerfassung des Aufwandes zu vermeiden. 5.2.2.3 Der für eine systemgerechte Zurechnung maßgebliche Beschäftigungsgrad

Aus der finalen Abgrenzung bei der Berechnung realisierter Erfolge und künftiger Verluste sind nach Ansicht von Leffson außerdem die sog. Leerkosten auszuklammern. 55 Gemeinsam mit der überwiegenden Mehrheit der im Schrifttum vertretenen Meinungen 56 ist er der Auffassung, die fixen Periodengemeinkosten seien nur dann der tatsächlich erstellten Anzahl von Leistungseinheiten sachlich zuzurechnen, wenn die realisierte Beschäftigung den geplanten Beschäftigungsgrad nicht unterschreite. 57 Denn geht man immer von der realisierten Beschäftigung aus, so müssen den einzelnen Leistungseinheiten bei sinkender Beschäftigung höhere Anteile der fixen Periodengemeinkosten zugerechnet werden, weil die Fixkosten bei rückläufiger Beschäftigung aufgrund der mangelnden Teilbarkeit der Potentialfaktoren nicht kurzfristig abgebaut werden können. Wenn man alle angefallenen Fixkosten einer Periode unabhängig von der geplanten Beschäftigung auf die einzelnen Leistungseinheiten aufteilt, folgt daraus, daß bei sinkender Beschäftigung in der Bilanz zu aktivierende Leistungen mit einem höheren Wert anzusetzen sind als bei der geplanten Beschäftigung. 58 Vgl. Baetge, Jörg, Uhlig, Annegret: Ermittlung der "Herstellungskosten", S.278. Vgl. Begründung zum HGB-E, S. 88. 55 Vgl. Abschnitt 2.1.2.3 dieser Untersuchung. 56 Vgl. Literaturübersicht bei Pieper, Werner: Steuerliche Herstellungskosten, S. 255f. 57 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 296 mit Hinweis auf Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 139-146. 53

54

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

143

Nach Ansicht von Leffson wird der Einblick in die tatsächliche Vermögensund Ertragslage verzerrt,s9 wenn angesichts einer verschlechterten Auftragslage der Wert der aktivierten Leistungen steigt. Indem bei schwankender Beschäftigung den einzelnen Leistungseinheiten in jeder Periode andere Fixkostenanteile zugerechnet würden, werde außerdem gegen den Grundsatz der Stetigkeit verstoßen.60 Für eine richtige und stetige Rechenschaft sei es daher erforderlich, den Faktorverbrauch, der für Leistungseinheiten aufgewandt würde, die tatsächlich nicht produziert würden, aus der finalen sachlichen Abgrenzung auszuklammern. Denn dieser Faktorverbrauch sei nicht anteilig in die tatsächlich erstellten Faktorkombinationen eingegangen.61 Eingesetzte Faktoren könnten vielmehr nur dann Bestandteil eines Faktorbündels sein und im Rahmen des Faktorkombinationsprozesses "konserviert"62 werden, wenn das Faktorbündel auch wirklich erstellt werde. Deshalb seien Fixkosten, die anteilig auf geplante, aber nicht produzierte Leistungseinheiten entfielen, als Leerkosten sachlich nicht zurechenbar und rein zeitlich abzugrenzen. 63 Die gerade dargestellte Auffassung übersieht, daß auch die Höhe der sachlich abzugrenzenden Aufwendungen bei unterschiedlichen Beschäftigungsgraden sich nach dem im Going-Concern-Concept maßgeblichen Zurechnungsprinzip richten muß. Gegen die zeitproportionale Verrechnung von Leerkosten spricht das Finalprinzip in Verbindung mit den Zwecken der GoB. Im Gegensatz zum Kausalprinzip stellt das Finalprinzip einen Zusammenhang zwischen Kosten und Leistung nicht allein aufgrund der Kosteneinflußgröße Beschäftigung, sondern aufgrund aller Kosteneinflußgrößen her. M Die fixen Gemeinkosten sind zur Leistungserstellung in einer bestimmten Periode aufgewandt worden und daher den in dieser Periode produzierten Leistungseinheiten insgesamt final zuzurechnen. In einer finalen Gesamtbetrachtung 65 spielt das Abweichen der tatsächlich realisierten Beschäftigung von der geplanten Beschäftigung keine Rolle für die Höhe der sachlich abzugrenzenden Fixkosten. Auch der Grundsatz der Stetigkeit fordert, die finale sachliche Abgrenzung in allen Rechnungsperioden beizubehalten und nicht von einer Bewertung zu Istkosten auf eine Bewertung zu Sollkosten überzugehen, die die Konstanz anteiliger Fixkosten pro Leistungseinheit fingiert. Die Behauptung, ein bestimmter Anteil des angefallenen Verbrauchs eines Potentialfaktors sei nicht in 58 Vgl. Neth, Manfred: Die Berechnung der Herstellungskosten als bilanzpolitisches Mittel, Düsseldorf 1971, S. 57f. 59 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 296f. 60 Vgl. ebenda: S. 296f; Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 110. 61 Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 140. 62 Börner, Dietrich: Direct Costing als System der Kostenrechnung, Dissertation, München 1961, S. 162-164. 63 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 300. M Vgl. Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung. 65 Vgl. ebenda.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

ein Faktorbündel eingegangen,66 geht immer von einem solchen in der Realität nicht feststell baren Planverbrauch pro Leistungseinheit aus. Denn der Planverbrauch eines Potentialfaktors läßt sich nur durch Fiktion eines Plan-Beschäftigungsgrades ermitteln, da der tatsächliche Faktorverbrauch eines Potentialfaktors, der in ein Faktorbündel eingeht, i. d. R. nicht meßbar ist. In der Realität ist allein feststellbar, daß bei sinkender Beschäftigung der Faktorverbrauch eines Potentialfaktors, der einer bestimmten Periodenleistung zeitlich und sachlich zuzurechnen ist, für eine geringere Anzahl von Leistungseinheiten aufgewandt wurde. Das Bild vom nicht genutzten Faktorverbrauch, der nicht in ein Faktorbündel eingeht, ist zwar plastisch, gibt aber nicht den finalen Kombinationsprozeß wieder und entspricht damit nicht den Zwecken von GoB. Allein die Bestimmung der realisierbaren Maximalbeschäftigung und die sich daraus ergebende Festlegung der Plan beschäftigung sind nur mit Hilfe so vieler subjektiver und nicht nachprüfbarer Annahmen möglich, daß allein aufgrund des Objektivierungserfordernisses die Fiktion eines von der Istbeschäftigung abweichenden Beschäftigungsgrades abzulehnen ist.67 Rechenschaft soll über das tatsächliche und nicht über einfiktives Geschehen gegeben werden. Es würde gegen den Grundsatzfinaler Pagatorik verstoßen, wenn die erstellten Leistungen nicht zu Istkosten, sondern aufgrund von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen zu Sollkosten aktiviert würden.68 Denn wie in Abschnitt 5.1.2.2 gezeigt wurde, hat die nachträgliche Erkenntnis, daß die produzierten Leistungseinheiten auch kostengünstiger hätten hergestellt werden können, also andere Handlungsalternativen wirtschaftlicher gewesen wären, auf das tatsächlich realisierte finanzielle Geschehen und damit auf die handelsrechtliche Bewertung keinerlei Einfluß. Der Einblick in die Vermögens- und Ertragslage wird nicht verzerrt, wenn bei rückläufiger Beschäftigung den einzelnen Leistungseinheiten erhöhte Anteile von fixen Gemeinkosten zugerechnet werden.69 Die effektiv angefallenen Stückkosten der einzelnen Leistungseinheiten sind nämlich tatsächlich gestiegen 70 und erhöhen ebenso wie alle anderen sachlich zuzurechnenden Kosten den "Wert" der aktivierten Leistung. Solange der gestiegene Aufwand pro Leistungseinheit durch den dafür zu erwartenden Ertrag gedeckt wird, sinkt bei konstantem Ertrag lediglich der zu erwartende Stückgewinn. Die verminderten Gewinne realisieren sich nach dem Realisationsprinzip erst, wenn die aktivierten Leistungseinheiten in Folgeperioden abgesetzt werden. Die Vermögens- und Ertragslage der Rechnungsperiode ist davon nicht betroffen. Würde man Vgl. Fülling, Friedhelm: GoB für Vorräte, S. 140. Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd.l, 4. Aufl., § 155 Anm. 61; Pieper, Werner: Steuerliche Herstellungskosten, S. 276-298; Moxter, Adolf: Bilanzierung nach der Rechtsprechung des BFH, S. 166f. 68 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzierung nach der Rechtsprechung des BFH, S. 165f. 69 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 64. 70 Vgl. Bange, Frank: Der Begriff der Herstellungskosten in der Handels- und Steuerbilanz, Dissertation, Würzburg 1970, S. 109. 66 67

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

145

dagegen die anteiligen Leerkosten von Produkten, die erst in Folgeperioden verkauft werden, aufgrund eines Vergleichs mit niedrigeren Sollkosten als Periodenaufwand verrechnen, so würde ein Teil der Aufwendungen künftiger Perioden nicht erfolgsneutral behandelt, sondern antizipiert.71 Dadurch wird der Erfolg der Rechnungsperiode aus Sicht der finalen sachlichen Abgrenzung zu niedrig, der Erfolg der Verkaufsperiode zu hoch angesetztY Dem steht auch nicht entgegen, daß nach § 255 Abs.2 S. 3 HGB nur angemessene Teile der notwendigen Material- und Fertigungsgemeinkosten zugerechnet werden dürfen. Denn unter notwendigen Kosten sind in einer finalen Betrachtung nicht die für eine fiktive, geplante Beschäftigung notwendigen Kosten, sondern die für die tatsächliche Beschäftigung angefallenen, aus Sicht der Unternehmensleitung notwendigen Kosten zu verstehen.73 Leerkosten als Periodenaufwand zu verrechnen, ist nur dann zweck- und systemgerecht, wenn die erhöhten anteiligen Gemeinkosten dazu führen, daß der für die Leistung voraussichtlich zu erzielende Ertrag den durch mangelnde Beschäftigung erhöhten Aufwand nicht mehr deckt und daher bereits in der Herstellungsperiode aus dem eingeleiteten Absatzgeschäft ein Verlust droht.74 Der Kapitalerhaltungsgedanke rechtfertigt allein in dem Fall, in dem durch den Absatz Verluste drohen, die Differenz zwischen Gesamtaufwand pro abzusetzender Leistungseinheit und erwartetem Ertrag dem Imparitätsprinzip entsprechend als Aufwand in der Erkenntnisperiode zu antizipieren. Um künftigen Verlusten, die durch einen erwarteten Rückgang der Beschäftigung hervorgerufen werden, frühzeitig Rechnung zu tragen, sind die "Leerkosten" in die Verlustberechnung als fixe Gemeinkosten einzubeziehen.75 Muß ein Unternehmen aufgrund einer verschlechterten Auftragslage künftig die Anzahl der in einer Periode produzierten Leistungseinheiten reduzieren, ohne daß Potentialfaktoren abgebaut werden sollen, ist es demnach erforderlich zu überprüfen, ob die steigenden anteiligen Gesamtkosten pro Leistungseinheit noch durch den voraussichtlichen Absatzpreis gedeckt sind. Denn die rückläufige Beschäftigung erhöht die Wahrscheinlichkeit von künftigen Verlusten aus eingeleiteten Absatzgeschäften. Die Berücksichtigung fast aller Kostenarten 76 bei der finalen sachlichen Abgrenzung auf Basis der Istbeschäftigung vergrößert im Vergleich zur 71 Vgl. Kuhn, Klaus: Einbeziehung von Unterbeschäftigungskosten in die Herstellungskosten - eine Stellungnahme zur Grundsatzentscheidung des BFH v. 15.2. 1966 aus betriebswirtschaftlicher Sicht, in: NB, 20. Jg. (1967), S. 9-19, hier S. 9 (im übrigen a.A.). 72 Vgl. Bange, Frank: Der Begriff der Herstellungskosten, S. 70. 73 Vgl. van der Velde, Kurt: Herstellungskosten, S. 91 f. 74 Vgl. ADS, Rechnungslegung, Bd. 1, 4. Aufl., § 155 Anm. 26. 75 Vgl. Tubbesing, Günter: Zur verlustfreien Bewertung unfertiger Erzeugnisse, in: WPg, 18. Jg. (1965), S. 617-624, hier S. 619-621. 76 Vgl. Ausnahmen in Abschnitt 5.2.2.2.2 dieser Untersuchung.

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5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Auslegung des Imparitätsprinzips durch Leffson?? die Anwendungshäufigkeit und den Umfang der Verlustantizipation. Ebenfalls steigende Bedeutung erhält dadurch das Verfahren, nach dem die nicht direkt zurechenbaren Periodengemeinkosten gemäß dem Grundsatz der Einzelbewertung auf die einzelnen Absatzleistungen als Verlustträger zu verteilen sind. 5.2.2.4 Die systemgerechte Aufteilung der nicht direkt zurechenbaren Kostenarten

Im Rahmen einer systemgerechten Verlustantizipation muß das Verfahren zur Auswahl des optimalen Verteilungsschlüssels mit dem Finalprinzip in . Einklang stehen und dem Objektivierungserfordernis genügen. Da eine richtige Schlüsselung nicht möglich ist, besteht nach dem Prinzip vom mangelnden Grunde 78 allein die Möglichkeit, alle final einer bestimmten Periodengesamtleistung zuzurechnenden Öemeinkosten, so wie Koch und Leffson es fordern,79 nach dem Durchschnittskosten- bzw. Leistungsentsprechungsprinzip auf die einzelnen eingeleiteten Absatzgeschäfte aufzuteilen. Nach dem Leistungsentsprechungsprinzip sind gleich großen künftigen Leistungseinheiten gleich große Gemeinkostenanteile zuzuordnen. BO Bei heterogenen Leistungseinheiten Bl bildet das von Koch entwickelte Prinzip der minimalen GemeinkostenstreuungB 2 das einzige bekannte Verfahren zur Auswahl des Schlüssels B3 , der eine optimale Anwendung des Leistungsentsprechungsprinzips auf heterogene Leistungseinheiten gestattet. B4 Durch ein nachprüfbares Verfahren wird hierbei der Schlüssel gewählt, bei dem die Korrelation zwischen der Summe der geschlüsselten heterogenen Leistungseinheiten pro Periode und der Höhe der Periodengemeinkosten am größten ist,8S wenn die Zusammensetzung der heterogenen Leistungseinheiten bei konstanter Summe von Einheiten der Schlüsselgröße in einer für denkbar gehaltenen Bandbreite schwankt.86 Vg1. Abschnitt 2.1.2.3 dieser Untersuchung. Vg1. zum Prinzip vom mangelnden Grunde Schneider, Dieter: Abschreibungsverfahren und Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, in: WPg, 27. Jg. (1974), S. 365 - 376, hier S. 369 und S. 375 f.; derselbe: Das Problem der risikobedingten Anlagenabschreibung, in: WPg, 27. Jg. (1974), S. 402-405, hier S. 405. 79 Vg1. Abschnitt 2.1.2.3 dieser Untersuchung. 80 Vg1. Koch, Helmut: Das Prinzip der traditionellen Stückkostenrechnung, in: zm, 35. Jg. (1965), S. 325-337, hier S. 331. 81 Vg1. zum Begriff "heterogene Leistungseinheit" derselbe: Die Gemeinkostenrechnung als Gegenstand unternehmerischer Entscheidungen, in: ZfbF, 30. Jg. (1978), S. 366392, hier S. 368 - 371. 82 Vg1. derselbe: Durchschnittskosten als Grundprinzip der Kostenrechnung, S. 325f. 83 Vg1. zur Wahl von Schlüsselgrößen Börner, Dietrich: Gemeinkosten und ihre Verrechnung, in: HWR, hrsg. v. Erich Kosiol, Stuttgart 1970, Sp. 562-570, hier Sp. 567. 84 Vg1. Menrad, Siegfried: Vollkostenrechnung, in: Entwicklungslinien der Kosten- und Erlösrechnung, hrsg. v. Klaus Chmielewicz, Stuttgart 1983, S.1-15, hier S. 7. 85 Vg1. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 51f. 77 78

5.2 Auslegung des Imparitätsprinzips anhand der Systemgrundsätze

147

Der Vorzug des Prinzips der minimalen Gemeinkostenstreuung liegt darin, daß alle Gemeinkosten, die final zugerechnet werden sollen, nach Durchschnittsgesichtspunkten aufgeteilt werden. Dem Finalprinzip wird dadurch so weit wie möglich entsprochen. Versuchte man statt dessen, alle final zuzurechnenden Gemeinkosten über das Proportionalitätsprinzip 87 mit dem Schlüssel zu verteilen, bei dem der Anteil der variablen Gemeinkosten an den gesamten Gemeinkosten am größten ist, würde man für die Schlüsselwahl das Kausalprinzip 88 als maßgeblich ansehen. Damit wechselte man das Zurechnungsprinzip bei der Aufteilung der Gemeinkosten. Es entstünde ein Widerspruch zur finalen Betrachtungsweise des GCc. Obwohl das Prinzip der. minimalen Gemeinkostenstreuung das einzige Verfahren ist, das eine objektivierbare, dem Finalprinzip nicht widersprechende Schlüsselung erlaubt, dürfen die Nachteile dieses Verfahrens nicht übersehen werden. So ist es erstens denkbar, daß das Verfahren gerade auf die optimale Schlüsselgröße nicht angewandt wird, weil dieser Schlüssel überhaupt nicht als Alternative erkannt oder absichtlich weggelassen wird. 89 Deshalb müssen sämtliche alternative Schlüsselgrößen vollständig im Hinblick auf ihre Korrelation zu den Gemeinkosten überprüft werden. Zweitens erlaubt das Prinzip der minimalen Gemeinkostenstreuung nicht, den optimalen Schlüssel zu ermitteln, wenn die Höhe der Gemeinkosten bei bestimmten Kostenarten durch die Veränderung der Zusammensetzung der heterogenen Leistungseinheiten bei gegebener Schlüsselsumme nicht beeinflußt wird.90 Dann besteht die Gefahr, daß beliebige oder allein bilanzpolitisch gewünschte 91 Schlüsselgrößen gewählt werden. Auf eine Schlüsselung solcher Gemeinkostenarten ist infolgedessen dann zu verzichten, wenn sich mit Hilfe der Schlüsselgrößen von Verrechnungsstufe zu Verrechnungsstufe nicht ein glaubwürdiger Sachzusammenhang zwischen der Höhe der Gemeinkosten und den Leistungen herstellen läßt. Das Objektivierungserfordernis zwingt in den Fällen, in denen die Wahl der Schlüsselgrößen letztlich willkürlich bleiben muß, die finale sachliche Abgrenzung zu unterlassen und die nicht in intersubjektiv nachprüfbarer oder glaubwürdiger Weise verteilbaren Aufwendungen zeitlich abzugrenzen. 86 Vgl. Koch, Helmut: Gemeinkostenverteilungsschlüssel, S. 189f; derselbe: Gemeinkostenrechnung als Gegenstand unternehmerischer Entscheidungen, S. 375 - 378. 87 Vgl. zum Proportionalitätsprinzip Koch, Helmut: Gemeinkostenverteilungsschlüssel, S. 174f; Menrad, Siegfried: Vollkostenrechnung, in: Entwicklungslinien der Kostenund Erlösrechnung, S. 6 f. 88 Vgl. zum Kausalprinzip Abschnitte 2.1.2.3 und 5.1.2.1 dieser Untersuchung. 89 Vgl. Pieper, Werner: Steuerliche Herstellungskosten, S. 211. 90 Vgl. ebenda: S. 211; Koch, Helmut: Gemeinkostenrechnung als Gegenstand unternehmerischer Entscheidungen, S. 374f. und S. 391 f. 91 Vgl. zu den Bedingungen einer zweckorientierten Bilanzpolitik Baetge, Jörg, Ballwieser, Wolfgang: Probleme einer rationalen Bilanzpolitik, in: BFuP, 30. Jg. (1978), S. 511-530, hier S. 516-523.

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148

5 Systemgerechte GoB durch Auslegung anhand von Systemgrundsätzen

Die dargestellte Wahl der Schlüsselgrößen läßt sich ebenso wie der unterstellte Beschäftigungsgrad und die Berücksichtigung bestimmter Kostenarten bei der sachlichen Abgrenzung nur ausreichend begründen, wenn neben den Zwecken der GoB zusätzlich das im GCC verankerte Finalprinzip für die Abgrenzung der Aufwendungen herangezogen wird. Da das GCC im HGB 1985 kodifiziert ist, muß die finale Betrachtung zwingend bei der Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste beachtet werden.92 Nach neuem Bilanzrecht wird dadurch eine systemgerechte und widerspruchsfreie Abgrenzung der Aufwendungen bei der Verlustantizipation sichergestellt. Abschließend ist zu untersuchen, wie Verluste, die aufgrund einer systemgerechten Wahl des Verlustträgers, einer systemgerechten Bewertung und einer systemgerechten sachlichen Abgrenzung berechnet werden, nach den Vorschriften des HGB 1985 auszuweisen sind.

92

Vgl. Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung.

6 Berücksichtigung systemgerecht antizipierter Verluste de lege lata 6.1 Berücksichtigung systemgerecht antizipierter Verluste in der GuV Die Verlustantizipation mindert die in einer Rechnungsperiode realisierten Erfolge, indem die erwarteten Verluste in der GuV zusätzlich neben den Aufwendungen erfaßt werden, die sachlich den realisierten Periodenleistungen zuzurechnen oder rein zeitlich in dieser Periode abzugrenzen sind. Das Periodenergebnis kann sich aufgrund der antizipierten Verluste stark verändern, insbesondere wenn man erkennt, daß aus langfristigen Dispositionen Verluste in großer Höhe drohen. l Um die Rechenschaft über das Periodenergebnis nicht völlig zunichte zu machen, ist daher ein gesonderter Ausweis des antizipierten Aufwandes zu fordern. 2 Die Konkretisierung des Kapitalerhaltungsgedankens durch das Imparitätsprinzip darf in einem Goß-System, das im Rahmen eines· "gleichgewichtigen" Gesamtinteressenausgleichs 3 überwiegend dem Rechenschaftszweck dienen soll, nicht den Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Rechnungsperiode verzerren.4 Rechenschaft über realisierte Periodenerfolge kann aber nur dann gegeben werden, wenn das Periodengesamtergebnis sich durch den ßilanzleser in periodische und aperiodische Erfolgskomponenten zerlegen läßt und dadurch die Vergleichbarkeit der erwirtschafteten Periodenerfolge nachträglich hergestellt werden kann. 5 Deshalb sind im HGß 1985 die Gliederungsvorschriften der GuV für Kapitalgesellschaften geändert worden. Während das AktG 1965 lediglich einen gesonderten Ausweis der außerordentlichen Erträge verlangt,6 müssen nach dem HGß 1985 bei Kapitalgesellschaften auch aperiodische Aufwendungen entweder gesondert ausgewiesen oder im Anhang erläutert werden.7 Auch wenn Vgl. Abschnitt 5.2.2.2.1 dieser Untersuchung. Vgl. Lellson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 370; Baetge, Jörg: GoB, in: GBM. 3 Vgl. zum Begriff "gleichgewichtiger" Gesamtinteressenausgleich Abschnitt 4.2.2.4 dieser Untersuchung. 4 Vgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S. 138 und S. 140f. 5 Vgl. Baetge, Jörg: Objektivierung, S.27 und S. 156; Böse, Wulf H.: Grundsätze ordnungsmäßiger Jahreserfolgsrechnung, S. 198 f.; Friederich, Hartmut: GoB für schwebende Geschäfte, S. 102. 6 Vgl. § 157 Abs. 1 AktG 1965. 7 Vgl. § 277 Abs. 3 HGB sowie Begründung zu § 256 Abs. 1 HGB-E, Begründung zum HGB-E, S. 86. 1

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150

6 Systemgerechte Verlustantizipation de lege lata

das HGB 1985 die Pflicht zu einem gesonderten Ausweis oder einer Erläuterung aperiodischer Aufwendungen nur für Kapitalgesellschaften kodifiziert, ist wohl davon auszugehen, daß es nach neuem Bilanzrecht für den Leser von Jahresabschlüssen aller Rechtsformen möglich sein wird, die künftigen Verluste von den realisierten Periodenerfolgen zu isolieren. Denn auch die Gliederungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965 wurden trotz ihres rechtsformspezifischen Charakters zur allgemeinen Übung. B Außerdem erfordert der Rahmengrundsatz der Klarheit 9 unabhängig von der Rechtsform ebenfalls eine eindeutige Klassifikation von periodischen und aperiodischen Erfolgskomponenten. 1o

6.2 Berücksichtigung systemgerecht antizipierter Verluste in der Bilanz 6.2.1 Aktivischer Ausweis

Da bereits im Abschnitt 5.2 dargestellt wurde, wie die erwarteten Verluste nach einer systemgerechten Auslegung des Imparitätsprinzips zu berechnen sind, ist es die Aufgabe dieses Abschnitts zu untersuchen, welche Möglichkeiten und Pflichten aufgrund der Bewertungsvorschriften des neuen Bilanzrechts bestehen, die systemgerecht ermittelten Verluste in der Bilanz zu erfassen. Dabei ist es für die Untersuchung der systemgerechten Verlustantizipation nicht von Bedeutung, welche Bewertungsprobleme oder -spielräume sich aus den neuen Vorschriften ergeben. Vielmehr sind die Bewertungsvorschriften ausschließlich daraufhin zu untersuchen, wie sie im Hinblick auf das künftig kodifizierte Imparitätsprinzip und die daraus resultierende Pflicht, erwartete Verluste zu antizipieren, auszulegen sind. Zu fragen ist daher allein nach dem Ausweis der systemgerecht ermittelten Verluste in der Bilanz, nicht nach den Bewertungsmöglichkeiten, die das neue Bilanzrecht über die Pflicht zur Verlustantizipation hinaus gewährt. In die Bilanz können die künftigen Verluste grundsätzlich entweder durch Minderung der Aktiva oder durch Erhöhung der Passiva eingehen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 259 Abs. 1 Nr. 3 b HGB-P, in dem das Imparitätsprinzip enthalten ist, sind die künftigen Verluste entweder aktivisch durch eine außerordentliche Abschreibung des Anlage- oder Umlaufvermögens gemäß der Niederstwertvorschrift in §§ 261 Abs. 2 und 263 Abs. 2

8 Vgl. Baumbach, Adolf, Duden, Konrad, Hopt, Klaus: HGB-Kommentar, 25. Aufl., § 39 Anm. IB. 9 Zum Grundsatz der Klarheit vgl. § 243 Abs.2 HGB. 10 Vgl. Eifler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 56-59; Baetge, Jörg, Fey, Dirk, Fey, Gerd: Kommentar zu § 243 Abs. 2 HGB 1985. 1 Entspricht inhaltlich § 252 Abs. 1 Nr.4 HGB 1985.

6.2 Berücksichtigung in der Bilanz

151

und 3 HGB-E2 oder passivisch durch Bildung einer Rückstellung gemäß § 250 HGB-E3 zu erfassen.4 Bilanzgegenstände des Anlagevermögens müssen nach § 253 Abs. 2 S. 3 HGB bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auf den niedrigeren am Bilanzstichtag beizulegenden Wert abgeschrieben werden. Bei einer voraussichtlich vorübergehenden Wertminderung von Gegenständen des Anlagevermögens besteht danach ein Abschreibungswahlrecht, das bei Kapitalgesellschaften auf Finanzanlagen beschränkt ist. 5 Bilanzgegenstände des Umlaufvermögens sind gemäß § 253 Abs.3 S.1 und 2 HGB auf den niedrigeren Börsen- oder Marktpreis oder, falls dieser nicht ermittelt werden kann, auf den niedrigeren am Bilanzstichtag beizulegenden Wert abzuschreiben. Ein Wahlrecht besteht außerdem nach § 253 Abs.3 S.3 HGB für eine Abschreibung, die weitere Wertminderungen in der nächsten Zukunft berücksichtigt. Außer daß das Aktiengesetz 1965 beim gesamten Anlagevermögen eine Abschreibung bei voraussichtlich vorübergehenden Wertminderungen gestattete und daß § 154 Abs. 2 AktG 1965 im Falle der voraussichtlich dauernden Wertminderung beim Anlagevermögen nicht eine Abschreibung auf den niedrigeren am Bilanzstichtag beizulegenden Wert forderte, sind die angesprochenen Vorschriften des HGB 1985 mit denen des Aktiengesetzes 1965 identisch. Entgegen der in der Begründung zum HGB-E geäußerten Auffassung des Gesetzgebers kann die in den beiden Gesetzen enthaltene Niederstwertvorschrift dem Ausweis systemgerecht antizipierter Verluste jedoch nur sehr begrenzt dienen. Denn nach dem GCC sind die Gegenstände des Anlagevermögens, die nach § 247 Abs. 2 HGB dazu "bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen", auch entsprechend ihrer tatsächlichen Verwendung im Unternehmen zu bewerten.6 Zu antizipierende Verluste treten bei der Verwendung der Anlagegegenstände im betrieblichen Leistungsprozeß nur auf, wenn die mit Hilfe der Anlagegegenstände erzielten Erträge für Absatzleistungen die anteiligen Aufwendungen, die für diese Anlagegegenstände anfallen, nicht mehr decken.7 Immer dann ist aber, wie eingangs der Untersuchung dargestellt,8 eine retrograde Bewertung der Anlagegegenstände durch außerordentliche Abschreibungen in Höhe der künftigen Verluste aufgrund des Zurechnungsproblems unmöglich.

Entspricht inhaltlich §§ 253 Abs.2 und 3, 279 Abs. 1 S.2 HGB 1985. Entspricht inhaltlich § 249 Abs. 1 S. 1 HGB 1985. 4 Vgl. Begründung zu § 259 Abs. 1 HGB-E, Begründung zum HGB-E, S. 87. 5 Vgl. § 279 Abs. 1 S. 2 HGB 1985. 6 Vgl. Abschnitt 5.1.2.1 dieser Untersuchung. 7 Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 365; Groh, Manfred: Künftige Verluste in Handels- und Steuerbilanz, S. 37. B Vgl. Abschnitte 2.1.1.1 und 2.1.1.4 dieser Untersuchung. 2

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6 Systemgerechte Verlustantizipation de lege lata

Eine außerordentliche Abschreibung bei Gegenständen des Anlagevermögens, die entsprechend ihrer tatsächlichen Verwendung im Unternehmen final und pagatorisch bewertet werden sollen, ist lediglich in zwei Ausnahmef,illen erforderlich, wobei jedoch nur in einem dieser Fälle Verluste antizipiert werden. Erstens tritt eine außerordentliche Wertminderung bei abnutzbaren Gegenständen des Anlagevermögens ein, wenn die Nutzungsdauer zu hoch geschätzt wurde. Die Aufwendungen, die nach dem Finalprinzip aufgrund der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer den Leistungen von Vorperioden hätten zugerechnet werden müssen, sind dann in einer außerplanmäßigen Abschreibung vom Restbuchwert am Bilanzstichtag abzusetzen 9 und als aperiodischer Aufwand rein zeitlich abzugrenzen. Mit der Verlustantizipation hat diese zeitliche Abgrenzung jedoch nichts zu tun. Zweitens mindert sich der "Wert"IO der Gegenstände des Anlagevermögens, wenn ihre Veräußerung beabsichtigt ist, der voraussichtlich erzielbare Veräußerungspreis aber geringer ist als der Buchwert bzw. Restbuchwert des Stichtags.u Die zum Verkauf vorgesehenen Anlagegegenstände sind dann wie das Umlaufvermögen zu bewerten. Der durch den Verkauf künftig eintretende Verlust ist im Erkenntniszeitpunkt durch eine außerordentliche Abschreibung zu antizipieren. Sollen die Anlagegegenstände aber weiterhin Bestandteil des Anlagevermögens bleiben und der Leistungserstellung dienen, so können in einer finalen Bewertung sinkende Preise auf dem Beschaffungs- und Absatzmarkt für Anlagegegenstände nicht dazu führen, daß den Gegenständen in einer außerordentlichen Abschreibung ein niedrigerer Wert am Bilanzstichtag beizulegen ist. Denn solange die Erträge aus dem Absatz der Produkte, die mit den Anlagen hergestellt werden, die anteiligen Aufwendungen decken, droht kein Verlust. Mit der Antizipation tatsächlich erwarteter Geldverluste ohnehin nicht zu rechtfertigen ist eine Abschreibung wegen einer voraussichtlich vorübergehenden Wertminderung nach §§ 253 Abs. 2 S. 3, 279 Abs. 1 S.2 HGB, also einer Wertminderung, von der man glaubt, daß sie sich nie realisiertP Verluste, die aus dem Einsatz von Anlagegegenständen im betrieblichen Leistungsprozeß resultieren, können nach dem GCC zweck- und systemgerecht nicht im Rahmen der Niederstwertvorschrift des § 253 Abs.2 S.3 HGB antizipiert werden, sondern sind über die mit der Beschaffung der Anlagegegenstände eingeleiteten Absatzgeschäfte zu erfassen. Wenn die eingeleiteten Absatzgeschäfte bereits zur Fertigstellung von vorrätigen Absatzleistungen geführt haben und der voraussichtliche ~bsatzpreis Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 81 f. Vgl. zum Begriff "Wert" i. V. m. dem Grundsatz der Pagatorik Abschnitt 5.1.2.2 dieser Untersuchung. 11 Vgl. Groh, Manfred: Künftige Verluste in Handels- und Steuerbilanz, S. 37. 12 Vgl. Schulte, Karl-Werner: Niederstwertvorschrift, S. 279. 9

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6.2 Berücksichtigung in der Bilanz

153

geringer ist als die Aufwendungen, die für diese Absatzprodukte anfallen, sind gemäß § 253 Abs. 3 HGB die im Umlaufvermögen zu aktivierenden Fertigerzeugnisse um die erwarteten Wertminderungen abzuschreiben. Für die Höhe der Abschreibung sind nicht die fiktiven Preise, die man am Abschlußstichtag hätte erhalten können, sondern die voraussichtlich am Verkaufstag für die Absatzleistungen tatsächlich erzielbaren Preise relevantP Denn nach dem Wortlaut des § 252 Abs. 1 Nr.4 HGB, der das Imparitätsprinzip kodifiziert, sind die "vorhersehbaren" Verluste zu antizipieren. Entgegen anderer Ansichten in der Literatur 14 fordert auch der Wortlaut des § 253 Abs. 3 S. 2 HGB durch die Abschreibung auf den am Bilanzstichtag beizulegenden Wert nicht notwendig, den Absatzpreis des Stichtags für die Abschreibung zu berücksichtigen, sondern erlaubt ebenso, den Wert, der den Gegenständen "am Abschlußstichtag beizulegen ist", aufgrund des künftigen Absatzpreises am voraussichtlichen Verkaufstag zu berechnen. 15 Im Gegensatz zum AktG 1965 zwingt das im HGB kodifizierte Imparitätsprinzip zu der zweiten Auslegung, da durch den Stichtagswert nicht die vorhersehbaren, am Verkaufstag voraussichtlich eintretenden Verluste antizipiert werden. Das Abwertungswahlrecht in § 253 Abs. 3 S. 3 HGB gibt dieser Auslegung zufolge durch die Verwendung des Begriffs "nächste Zukunft" dann lediglich einen Hinweis auf die Dauer des Zeitraumes, für den die auf Basis künftiger Absatzpreise berechneten Verluste antizipiert werden müssen.16 Außer bei Fertigerzeugnissen und Handelswaren ist jedoch bei den übrigen Vorräten eine systemgerechte Verlustantizipation wegen des unlösbaren Zurechnungsproblems ebensowenig durchführbar wie bei den Gegenständen des AnlagevermögensP Wenn der Verlustträger selbst noch nicht oder erst zum Teil vorhanden ist, stellt sich bei der Verlustantizipation in den früheren Stadien des Kombinationsprozesses immer das Problem einer anteiligen Zurechnung der künftigen Verluste auf die einzelnen, noch nicht vorhandenen oder kombinierten Faktoren.1B Um die tatsächlich aus dem Absatz der künftigen Faktorkombinationen drohenden Verluste überhaupt in der Bilanz erfassen zu können, müssen sie auf der Passivseite ausgewiesen werden. Bei dem passivischen Antizipationsposten handelt es sich nicht um eine Wertberichtigung. 19 Denn solange der Faktorkombinationsprozeß noch nicht Vgl. Abschnitte 5.1.2.2 und 5.2.1 dieser Untersuchung. Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, 2. Aufl., S. 442; Schulte, Karl-Werner: Imparitätsprinzip und Niederstwertvorschrift, S. 509. IS Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 379-381. 16 Vgl. Abschnitt 5.2.2.2 dieser Untersuchung. 17 Vgl. Abschnitt 2.1.1.1 dieser Untersuchung. 18 Vgl. Abschnitt 5.2.1 dieser Untersuchung und Schulte, Karl-Werner: Das Imparitätsprinzip als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung, in: WiSU, 8. Jg. (1979), S. 6367, hier S. 66f. 19 Vgl. Niemann, Ursula: Zur Bilanzierung drohender Verluste aus schwebenden Geschäften, in: Institut FSt, Brief 187, Bonn 1979, S. 10. 13

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154

6 Systemgerechte Verlustantizipation de lege lata

abgeschlossen ist, wird durch den antizipierten Verlust zwar eine Vermögensminderung in der Bilanz ausgewiesen, aber diese Vermögensminderung kann nicht einem bestimmten aktiven Bilanzgegenstand zugeordnet werden.20 6.2.2 Passivischer Ausweis 6.2.2.1 Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften

Um alle künftigen Verluste aus Absatzgeschäften, die durch die Beschaffung von Beständen oder den Abschluß von Verträgen eingeleitet wurden, systemgerecht auszuweisen, hat Leffson gefordert, eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden.21 Leffson selbst weist darauf hin, daß dieser Ausweis sich in der Bilanzierungspraxis nicht durchgesetzt hat und es auch strittig ist, ob ein solcher Ausweis der 4. EG-Richtlinie entspricht.22 § 249 Abs.1 S.l HGB hat die Formulierung des § 152 Abs.7 AktG 1965 bezüglich der drohenden Verluste aus schwebenden Geschäften übernommen, wobei jedoch die Passivierungspflicht im Wortlaut des HGB 1985 deutlich zum Ausdruck kommt. Erschwert wird ein einheitlicher Ausweis systemgerecht antizipierter Verluste, die nicht aktivisch erfaßt werden können, vor allem durch den juristischen Sprachgebrauch des Ausdrucks "schwebendes Geschäft", den der Gesetzgeber im § 249 Abs.1 S.l HGB verwendet. Während ein Kaufmann unter einem eingeleiteten Geschäft wie Leffson alle konkreten Dispositionen versteht, die den Herstellungs- und Absatzprozeß einleiten, aber noch nicht beendet haben,23 verwendet der Gesetzgeber den Begriff "schwebendes Geschäft" ausschließlich im Sinne unerfüllter Verträge.24 Aus den §§ 730,740 BGB und §§ 149,340 HGB geht eindeutig hervor, daß der Sinnzusammenhang und Zweck dieser Vorschriften eine extensive Auslegung des Geschäftsbegriffs im kaufmännischen Sinne nicht rechtfertigt. -

So sind nach Auflösung einer BGB-Gesellschaft die "schwebenden Geschäfte" zum Zweck der Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern zu beenden (§ 730 Abs. 2 BGB).

Vgl. Eifler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 124. Vgl. Leffson, Ulrich: GoB, 6. Aufl., S. 370. 22 Vgl. ebenda, S. 383. 23 Vgl. Friederich, Hartrnut: GoB für schwebende Geschäfte, S. 16f. 24 Vgl. Littmann, Eberhard: Der schwebende Vertrag in der Steuerbilanz des Kaufmanns, in: DStZ/A, 51. Jg. (1963), S. 177-182, hier S. 177; Döllerer, Georg: Zur Bilanzierung des schwebenden Vertrags, in: BB, 29. Jg. (1974), S. 1541-1548, hier S. 1542; Groh, Manfred: Künftige Verluste in Handels- und Steuerbilanz, S. 39; Moxter, Adolf: Bilanzierung nach der Rechtsprechung des BFH, S. 110. 20 21

6.2 Berücksichtigung in der Bilanz

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-

Bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer BGB-Gesellschaft nimmt der Ausscheidende am Gewinn und Verlust teil, der "sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergibt" (§ 740 Abs. 1 BGB).

-

Bei Auflösung einer aRG müssen die Liquidatoren die "laufenden Geschäfte" beendigen, die Zahlung von Forderungen und Verbindlichkeiten bewirken und das Vermögen veräußern (§ 149 HGB).

-

Nach Auflösung einer stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter am Gewinn und Verlust der zur Zeit der Auflösung bestehenden "schwebenden Geschäfte" beteiligt (§ 340 HGB a.F.).

In allen Fällen können nicht sämtliche Absatzgeschäfte gemeint sein, die ein Kaufmann etwa durch den Abschluß langfristiger Beschaffungsverträge oder die Beschaffung langfristig nutzbarer Faktoren einleitet. Vielmehr ist den rechtlichen Verpflichtungen, die ein Unternehmen durch den Abschluß von Verträgen übernommen hat, bei Auflösung einer Gesellschaft kurzfristig Rechnung zu tragen, indem die Verpflichtungen durch Fortsetzung der Geschäftstätigkeit erfüllt werden. Ebenso nimmt ein ausscheidender Gesellschafter lediglich am Ergebnis der schwebenden Absatzgeschäfte teil, die aus noch nicht erfüllten Absatzverträgen resultieren. Es wäre absurd anzunehmen, der Gesetzgeber hätte den ausscheidenden Gesellschafter über Jahre am Gewinn oder Verlust beteiligen wollen, nur weil beispielsweise kurz vor dessen Ausscheiden eine langfristige Beschaffungsdisposition durchgeführt wurde. Sämtliche Verluste aus Absatzgeschäften, die durch die Beschaffung von Beständen oder den Abschluß von Beschaffungsverträgen eingeleitet wurden, in der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu berücksichtigen, stünde eindeutig im Widerspruch zu der Bedeutung, in der der Gesetzgeber den Begriff "schwebendes Geschäft" im BGB und HGB verwendet. Versucht man aus der Rechtsprechung weitere Anhaltspunkte für eine Auslegung zu gewinnen, ist man auf die Urteile des BFH angewiesen, da zivilrechtliche Entscheidungen zu bilanzrechtlichen Fragen nur in Ausnahmefällen vorliegen und der BFH aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz häufig zum Handelsbilanzrecht Stellung genommen hat.2s Dies gilt insbesondere für den aktienrechtlichen Rückstellungsbegriff, bei dem der BFH von einer Übereinstimmung zwischen Handels- und Steuerrecht ausging.26 In der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind auch nach Ansicht des BFH handelsrechtlich grundsätzlich nur Verluste aus bereits vertraglich festgelegten Geschäften zu erfassen.27 In einem jüngeren 2S Vgl. Beisse, Heinrich: Handelsbilanzrecht in der Rechtsprechung des BFH, S. 637; Ballwieser, Wolfgang: Neue Generalklausel und neue Prüfungspflichten, S. 1042f. 26 Vgl. Reibel, Reinhold: Handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze und Besteuerung, S. 93; Beisse, Heinrich: Handelsbilanzrecht in der Rechtsprechung des BFH, S. 640. 27 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzierung nach der Rechtsprechung des BFH, S. 110f.

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6 Systemgerechte Verlustantizipation de lege lata

Urteil räumt der BFH allerdings ein, im Einzelfall müsse es dem Kaufmann überlassen bleiben, wie er den Begriff des "schwebenden Geschäfts" auslege und welche Aufwendungen er im Einzelfall einrechnen wolle?S Neuerdings gestattet der BFH sogar, Verluste aus Beschaffungsverträgen von Handelswaren zu antizipieren, auch wenn diese noch nicht geliefert und Verkaufsverträge noch nicht abgeschlossen wurden, bei Aufstellung der Bilanz jedoch mit Verkaufsverlusten zu rechnen ist.29 Sogar bei längerfristigen Beschaffungsverträgen wie Ausbildungsverträgen gibt der BFH zu erkennen, daß er eine Rückstellungsbildung für möglich hält, wenn die aufgrund dieser Beschaffungsverträge für Absatzgeschäfte anfallenden anteiligen Aufwendungen nicht durch die Erträge aus den Absatzgeschäften gedeckt werden. 30 Trotz der erkennbaren Tendenz des BFH, den Begriff des "schwebenden Geschäfts" mehr kaufmännisch zu interpretieren, bleibt die Rechtsprechung des BFH insgesamt in ihrer Auslegung der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften so restriktiv, daß eine generelle Zusammenfassung von Beschaffungs- und Absatzgeschäften und damit eine systemgerechte Verlustantizipation für alle Beschaffungsgeschäfte nach wie vor nicht mit der Rechtsprechung des BFH vereinbar zu sein scheint.31 Deshalb soll in dieser Untersuchung als Alternative ein anderer Ausweis systemgerecht antizipierter Verluste vorgeschlagen werden. 6.2.2.2 Rückstellung rur ungewisse Verbindlichkeiten

Bei einer systemgerechten Antizipation künftiger Verluste werden den Erträgen aus allen eingeleiteten Absatzgeschäften unabhängig vom Stadium, in dem sich der Faktorkombinationsprozeß am Bilanzstichtag befindet, jeweils alle final diesen Erträgen zuzurechnenden Aufwendungen gegenübergestellt.32 Der Betrag, um den die Aufwendungen den Ertrag aus einem bereits abgeschlossenen oder künftig mit dem Leistungsempfänger abzuschließenden Verkaufsvertrag übersteigen, ist als Verpflichtungsüberschuß zu antizipieren.33 Rein juristisch gesehen wird also in den Fällen, in denen der Faktorkombinationsprozeß eingeleitet, aber noch kein Vertrag über den Verkauf der Absatzleistung vereinbart wurde, das künftige Rechtsgeschäft und der daraus resultierende Verpflichtungsüberschuß gegenüber dem künftigen Leistungsempfänger antizipiert. Der künftige Verlust ist damit eine ungewisse Verbindlichkeit gegenüber Vgl. BFH-Urteil v. 22.2. 1973, IV R 168/71, BStBl. 11 1973, S. 481 f., hier S. 482. Vgl. BFH-Urteil v. 21. 10. 1981, I R 170/78, BStBl. 11 1982, S. 121-123, hier S. 122. 30 Vgl. BFH-Urteil v. 25. 1. 1984, I R 7/80, BStBI. 11 1984, S. 344-347, hier S. 347; Fey, Dirk: Keine Rückstellung für Ausbildungskosten, S. 717. 31 Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzierung nach der Rechtsprechung des BFH, S. 112-119. 32 Vgl. Abschnitt 5.2.1 dieser Untersuchung. 33 Vgl. M oxter, Adolf: Bilanzierung nach der Rechtsprechung des BFH, S. 111; derselbe: Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, S. 164f. 28

29

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einem im allgemeinen noch unbekannten Dritten, die sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach noch ungewiß ist.34 Im Gegensatz zu Verpflichtungsüberschüssen aus schwebenden Geschäften, die auf rechtswirksamen Verkaufskontrakten beruhen und daher rechtlich feststehende, nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten darstellen, sind alle Verluste aus den übrigen eingeleiteten Absatzgeschäften rechtlich noch nicht entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, die sich bis auf die Rechtsprechung des RFH zurückführen läßt, brauchen ungewisse Verbindlichkeiten rechtlich am Bilanzstichtag noch nicht in Form klagbarer Rechtsansprüche gegen das Unternehmen vorzuliegen.35 Dem Urteil des BFH vom 24.6. 1969 36 zufolge muß eine Verbindlichkeit, die rechtlich erst künftig entsteht, jedoch wirtschaftlich so eng mit der vergangenen Rechnungsperiode verbunden sein, daß sie in dieser Periode als wirtschaftlich verursacht anzusehen ist. Das sei anzunehmen, "wenn der Tatbestand, dessen Rechtsfolge die Verbindlichkeit ist, im wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verwirklicht"37 ist. Für den Kaufmann müsse eine ernsthafte Gefahr bestehen, wegen eines im wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verursachten Tatbestandes als Schuldner einer künftigen Verbindlichkeit in Anspruch genommen zu werden.38 Unter wirtschaftlich verursachten, rechtlich noch nicht entstandenen Verpflichtungen versteht der BFH in den Urteilen, in denen er die künftigen rechtlichen Verpflichtungen für passivierungspflichtig hält, Aufwendungen, die final der Leistung der abzuschließenden Rechnungsperiode zeitlich und sachlich zuzurechnen sind.39 Beispiele dafür sind die Rückstellungen für lahresabschlußkosten, Rekultivierungsverpflichtungen und für die Produkthaftung.40 Damit 34 Vgl. Dollerer, Georg: Bilanzierung des schwebenden Vertrags, S. 1542; derselbe: Grundsätzliches zum Begriff der Rückstellungen, in: DStZ / A, 63. Jg. (1975), S. 291- 296, hier S.293; Niemann, Ursula: Rückstellungen im Handels- und Steuerrecht nach gegenwärtigem Recht, in: StbJb. 1974/75, S. 259-319, hier S. 282f.; Eifler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 105f.; Wöhe, Günter: Rückstellung, in: HWStR, Bd.2, hrsg. v. Wilhelm Hartz u.a., 2. Aufl., München und Bonn 1981, S. 1158-1161, hier S.1161. 35 Vgl. Eifler, Günter: GoB für Rückstellungen, S. 106 sowie RFH-Urteil v. 15. 1.1931, VI A 31/31, RStBl. 1931, S. 201f., hier S. 201. 36 Vgl. BFH-Urteil v. 24.6.1969, I R 15/68, BStBl. II 1969, S. 581-584. 37 Ebenda, S. 582; BFH-Urteil v. 1. 8.1984, I R 88/80, BStBl. II 1985, S. 44-47, hier S.46f. 38 Vgl. BFH-Urteil v. 13.12. 1972, I R 7-8/70, BStBl. II 1973, S. 217f., hier S. 217; Döllerer, Georg: Grundsätzliches zum Rückstellungsbegriff, S.294; Niemann, Ursula: Bilanzierung drohender Verluste aus schwebenden Geschäften, S. 12-15; Kammann, Evert: Die Bedeutung von Imparitätsprinzip und wirtschaftlicher Betrachtungsweise für die Rückstellungsbildung - Grundfragen der Handelsbilanzkonzeption aus der Perspektive der Jahresabschlußkostenurteile des FG Münster v. 23. 2. 1979 und des BFH v. 20. 3. 1980, in: DStR, 18. Jg. (1980), S. 400-408, hier S. 406f. 39 Vgl. Heibel, Reinhold: Handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze und Besteuerung, S. 126-129. 40 Vgl. ebenda, S. 126-129.

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antizIpIeren diese Rückstellungen als wirtschaftlich verursachte ungewisse Verbindlichkeiten zwar künftige Auszahlungsverpflichtungen, nicht jedoch künftige Aufwendungen, die den Leistungen künftiger Perioden final zuzurechnen sind und die durch die korrespondierenden künftigen Erträge nicht gedeckt werden. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH sind wirtschaftlich verursachte ungewisse Verbindlichkeiten nur vergangenen Perioden zuzurechnende Aufwendungen, nicht künftige Verluste.41 Nach neuem Bilanzrecht stellt sich aber die Frage, ob der BFH nicht seine Auslegung zur wirtschaftlichen Verursachung ändern sollte, indem auch sachlich künftigen Periodenleistungen zuzurechnende. Aufwendungen als ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren sind, wenn es sich dabei um Verpflichtungsüberschüsse handelt, die durch eingeleitete Absatzgeschäfte des vergangenen Geschäftsjahres wirtschaftlich verursacht werden. Denn nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB sind "alle vorhersehbaren 42 Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen." Werden vorhersehbare Verluste durch Beschaffungsdispositionen des vergangenen Geschäftsjahres eingeleitet, so besteht für das Unternehmen eine ernsthafte Gefahr, wegen dieses im wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verursachten Tatbestandes als Schuldner einer künftigen Verbindlichkeit in Höhe des erwarteten Verpflichtungsüberschusses in Anspruch genommen zu werden. Die Gesetzesänderung, durch die das Imparitätsprinzip kodifiziert wird, zwingt zum Ausweis aller drohenden Verluste. Wenn die Rechtsprechung dem neuen Bilanzrecht dadurch gerecht würde, daß sie einen Ausweis der systemgerecht zu antizipierenden Verluste in einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gestattete, ergäben sich daraus nur Veränderungen der bisherigen Rechtsprechung, die mit den zitierten grundlegenden Aussagen des BFH zur wirtschaftlichen Verursachung ungewisser Verbindlichkeiten vereinbar wären. Die vorgeschlagene Lösung wäre insbesondere deshalb vertretbar, weil es keine Alternative zum Ausweis der Verluste gibt, denen nicht im Rahmen der Niederstwertvorschrift durch Abschreibung von Anlagegegenständen (beabsichtigter Verkauf), Fertigerzeugnissen und Handelswaren oder einer Rückstellung für drohende Verluste aus rechtswirksamen Absatzverträgen Rechnung getragen werden kann; es sei denn, die Rechtsprechung wäre künftig bereit, den Begriff des "schwebenden Geschäfts" abweichend von seiner üblichen Verwendung im juristischen Sprachgebrauch kaufmännisch zu verstehen. Aufgrund der dargestellten Auslegung der Bewertungsvorschriften des neuen Bilanzrechts wird zum Ausweis der systemgerecht antizipierten Verluste daher folgender de lege lata realisierbarer Lösungsversuch vorgeschlagen:

41 42

Vgl. Moxter, Adolf: Rückstellungskriterien nach neuem Bilanzrecht, S. 438f. Hier anderer Kasus als im Gesetzestext.

6.2 Berücksichtigung in der Bilanz

159

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Tatsächlich erwartete Verluste aus dem beabsichtigten Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens sind aktivisch durch Abschreibung dieser Gegenstände nach der Niederstwertvorschrift in § 253 Abs.2 HGB als "voraussichtlich dauernde Wertminderung" zu erfassen.

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Tatsächlich erwartete Verluste aus dem beabsichtigten Verkauf von Fertigerzeugnissen und Handelswaren sind nach der Niederstwertvorschrift in § 253 Abs. 3 HGB ebenfalls aktivisch durch Abschreibung dieser Gegenstände zu berücksichtigen.

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Tatsächlich erwartete Verluste aus Absatzgeschäften, die sich in rechtswirksamen Verkaufsverträgen niedergeschlagen haben, für die die Absatzleistungen selbst aber noch nicht fertiggestellt sind, müssen passivisch nacil § 249 Abs. 1 S. 1 HGB in einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ausgewiesen werden.

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Alle übrigen tatsächlich erwarteten Verluste aus Absatzgeschäften, die zwar durch Beschaffungsverträge, die Beschaffung oder Kombination von Faktoren eingeleitet wurden, für die die Absatzleistungen jedoch noch nicht fertiggestellt wurden und auch rechtswirksame Verkaufsverträge noch nicht abgeschlossen sind, sollen ebenfalls passivisch nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB in einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ausgewiesen werden.

7 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse Das Imparitätsprinzip wird im neuen Bilanzrecht erstmals ausdrücklich kodifiziert. Deshalb sollte diese Untersuchung die Frage beantworten, ob eine Auslegung des Imparitätsprinzips rechtlich zulässig ist, bei der Widersprüche im Rahmen des GoB-Systems auftreten, weil für die Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste jeweils unterschiedliche Bewertungsobjekte und -verfahren sowie verschiedene Zurechnungsprinzipien für Aufwendungen gewählt werden. Es ergaben sich folgende Ergebnisse: 1. Der oberflächliche Eindruck, der GoB-Begriff sei aufgrund seiner Unbestimmtheit wie eine Gesetzeslücke zu behandeln, die nach subjektivem Ermessen und darum auch auf widersprüchliche Weise ausgefüllt werden könnte, entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Vielmehr ist der GoB-Begriff ein konkretisierungsbedürftiger Typus, der durch ein Gefüge nicht eindeutig abgrenzbarer Merkmale gekennzeichnet ist.

2. Die Auslegung des GoB-Begriffs zeigt, daß das Merkmalsgefüge des Typus GoB aus den drei Merkmalen Zweckgerechtigkeit, Systemgerechtigkeit und allgemeiner Konsens besteht. Neben dem dominierenden GoB-Merkmal Zweckgerechtigkeit, fordert das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit, daß GoB folgerichtig nach einheitlichen Rechtsprinzipien konkretisiert werden und darum Widersprüche im GoB-System rechtlich unzulässig sind. Aufgabe des Merkmals allgemeiner Konsens ist es, die Bildung des zweckgerechten GoB-Systems zu vereinheitlichen. 3. Um das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit zu konkretisieren, müssen die Zwecke des GoB-Systems bekannt sein. Es zeigt sich jedoch, daß weder aus der Natur der Sache noch aus den gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften ohne weiteres auf bestimmte Zwecke von GoB geschlossen werden kann, durch die eine eindeutige Rangordnung der betroffenen, divergierenden Informations- und Zahlungsbemessungsinteressen und damit ein bestimmter Ausgleich dieser Interessen gesetzlich festgelegt ist. 4. Geht man trotz dieser mangelnden Eindeutigkeit der gesetzlichen Zwecke von GoB von einer relativen Dominanz des Kapitalerhaltungszwecks bei den gesetzlichen Vorschriften aus und kommt man außerdem zu dem Ergebnis, der Gesetzgeber wolle mit den gesetzlichen Vorschriften und dem GoB-Begriff einer Vielzahl von Interessen durch eine "gleichgewichtige" Realisierung des Rechenschafts- und Kapitalerhaltungszwecks gerecht werden, so ist die relative Dominanz des Kapitalerhaltungszwecks bei den

7 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

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gesetzlichen Vorschriften durch eine relative Dominanz des Rechenschaftszwecks bei den GoB auszugleichen. 5. Versucht man aus diesen Zwecken von GoB ein axiomatisch-deduktives GoB-System abzuleiten, so zeigt sich, daß die teils gegensätzlichen Zwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung keine Deduktion von GoB im Rahmen eines axiomatisch-deduktiven GoB-Systems erlauben. Das GoB-Merkmal Systemgerechtigkeit kann daher nicht konkretisiert werden, indem es mit den Anforderungen gleichgesetzt wird, die wissenschaftstheoretisch an die Bildung axiomatisch-deduktiver Aussagensysteme zu stellen sind. 6. Deshalb sind GoB im Rahmen teleologischer Systeme zu konkretisieren. In teleologischen Systemen sollen Widersprüche bei der Konkretisierung von GoB dadurch vermieden werden, daß einheitliche, leitende Rechtsprinzipien auch bei bestehenden Prinzipiengegensätzen in einer wertenden Betrachtung folgerichtig auf alle Bilanzierungsfragen angewandt werden. 7. Die Widersprüche zwischen der Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste können jedoch in einem teleologischen GoB-System nur beseitigt werden, wenn über die wenig konkreten, teils gegensätzlichen Zwecke Rechenschaft und Kapitalerhaltung hinaus zusätzlich konkretere, einheitliche Rechtsprinzipien zur Abgrenzung vergangener Erfolge und künftiger Verluste herangezogen werden. Da diese Grundsätze als einheitliche Bezugsbasis für eine folgerichtige Konkretisierung dienen, werden sie als Systemgrundsätze bezeichnet. Im HGB 1985 kodifizierte Systemgrundsätze sind das Going-Concern-Concept, der Grundsatz der Pagatorik und der Grundsatz der Einzelbewertung. 8. Das Going-Concern-Concept besagt, daß die Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen hat, also alle im laufenden Unternehmen eingesetzten Faktoren aufgrund ihrer tatsächlich beabsichtigten oder durchgeführten Verwendung zu bewerten sind. Das GCC impliziert damit die zeitliche und sachliche Zurechnung des Faktoreinsatzes zur Periodenleistung nach dem Finalprinzip. Nach dem Grundsatz der Pagatorik sind alle Faktoren im Jahresabschluß durch die Zahlungen abzubilden, die tatsächlich für sie geleistet wurden oder künftig geleistet werden. Der Grundsatz der Einzelbewertung fordert, alle Bilanzgegenstände und alle Erfolge einzeln zu bewerten. 9. Wird das Imparitätsprinzip ebenso wie das Realisationsprinzip einheitlich anhand dieser Systemgrundsätze ausgelegt, so wird deutlich, daß auch bei der Verlustantizipation das einzelne Absatzgeschäft den einzig systemgerechten Verlustträger darstellt und die absatzmarktorientierte pagatorische Bewertung systembedingt das einzige den GoB entsprechende Verfahren zur Berechnung künftiger Verluste sein kann. 10. Für eine systemgerechte Zurechnung der Aufwendungen bei der Berechnung vergangener Erfolge und künftiger Verluste ist nach dem Going11

Fey

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7 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Concern-Concept einheitlich das Finalprinzip als systemgerechtes Zurechnungsprinzip anzuwenden. Auch künftige fixe Gemeinkosten, die durch langfristige Beschaffungsdispositionen entstehen, sind deshalb in die Verlustberechnung für die dadurch eingeleiteten Absatzgeschäfte einzubeziehen. Leerkosten dürfen in einer konsequent finalen Betrachtung ebenfalls nicht aus der zeitlichen und sachlichen Zurechnung zum Absatzgeschäft ausgeklammert werden. Die einzelnen Absatzgeschäften nicht direkt zurechenbaren Kostenarten müssen in Einklang mit dem Finalprinzip einheitlich nach dem Leistungsentsprechungsprinzip (bei heterogenen Leistungseinheiten nach dem Prinzip der minimalen Gemeinkostenstreuung) aufgeteilt werden. 11. Die systemgerecht antizipierten Verluste sind nach neuem Bilanzrecht in der Gu V als aperiodischer Aufwand zu erfassen. In der Bilanz müssen Verluste, die aus dem beabsichtigten Verkauf von Gegenständen des Anlage- oder Umlaufvermögens erwartet werden, gemäß der Niederstwertvorschrift durch eine Abschreibung dieser Gegenstände aktivisch berücksichtigt werden. Alle vorhersehbaren Verluste, die einem aktivierten Gegenstand nicht direkt zugerechnet werden können, müssen in einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ausgewiesen werden, wenn das Absatzgeschäft bereits in einem Verkaufsvertrag festgelegt wurde. Alle übrigen Verluste, die aus Absatzgeschäften drohen, die zwar durch Beschaffungsverträge oder die Beschaffung von Faktoren eingeleitet wurden, aber weder einzelnen Aktiva zurechenbar sind noch in Verkaufsverträgen zum Ausdruck kommen, sind nach HGB 1985 in einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu erfassen.

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Rechtsprechungsverzeichnis Datum

Aktenzeichen

FundsteIle

Reichsfinanzhof U. v. 15. 1. 1931

VIA31/31

RStBl. 1931,S. 201 f.

Bundesfinanzhof U. v. 31. 5. 1967 B. v. 3. 2. 1969 U. v. 24. 6. 1969 U. v. 13. 12. 1972 U. v. 22. 2. 1973 U. v. 21. 10. 1981 U. v. 25. 1. 1984 U. v. 1. 8. 1984

I 208/63 Gr. S. 2/68 IR 15/68 IR 7-8/70 IVR168/71 IR 170/78 IR 7/80 IR 88/80

BStBl. BStBl. BStBl. BStBl. BStBl. BStBl. BStBl. BStBl.

12*

III 1967, S. 607-609. II 1969, S. 291-294. II 1969, S. 581- 584. II 1973, S. 217 f. II 1973, S. 481 f. II 1982, S. 121-123. II 1984, S. 344-347. II 1985, S. 44-47.

Namenverzeichnis Adam, Dietrich 24 Adam, Elmar 23, 54, 58, 63, 73, 76, 93, 95, 102, 109, 119, 126, 128 ADS 20,25,26,27,29, 32, 33, 34, 36, 37, 43, 55, 64, 73, 92, 95, 111, 119, 123, 127, l34, 144, 145 Ahlert, Klaus-Peter 31, 114 Albach, Horst l30 Assenmacher, Peter l38 Baetge, Jörg 18, 19, 30, 32, 35, 46, 50, 53,55,56,57,59,60,62,63,65,66, 68,75, 76, 77, 80, 82, 83, 84, 87, 89, 90,91,92,96,99, 100, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 112, 115, 116, 119, 120, 122, 123, 124, 125, 12~ 12~ 129, 137, l38, 141, 142,149 Ballerstedt, Kurt 40 Ballwieser, Wolfgang 39, 63, 65, 66, 69, 7~ 77, 95, 10~ 111, 14~ 155 Bange, Frank 144, 145 Barth, Kuno 46, 60, 61, 72, 73 Bartholomeyczik, Horst 44, 51 Baumbach, Adolf 102, 150 Baumann, Jürgen 70, 71 Beisse, Heinrich 22, 40, 53, 86, 92, 100 12~1~ , Biener, Herbert 64, 74 Bochenski, JosefM. 93,94 Bodarwe, Ernst 46 Boelke, Wilfried 30,51, 52, 57, 103, 115 118, 124 ' Börner, Dietrich 143, 146 Böse, WulfH. 52,97,112,118,124, 126, l37, 149 Brönner, Herbert 46 Brunner, Werner 126, 128 Buchner, Robert 120 Canaris, Claus-Wilhelm 47,97,98,99, 100, 101 Christoffers, Rudolf 51, 60, 64, 91 Claussen, Carsten P. 73

Coenenberg, Adolf G. 23 63 64 76 Coing, Helmut 42,47,56' , , Creifelds, Carl 42 DIW 17 Döllerer, Georg 21,40,46,57,73,91, 115, 154, 157 Drukarczyk, Jochen 64 Duden, Konrad 102, 150 Egner, Henning 22,40,63,64,65,66,67, 76 Ehrt, Robert 113 Eickeler, Rudolf 18 Eifler, Günter 31, 115, 116, 118, 125, 150, 154, 157 Eisler, Rudolf 39 Ellscheid, Günter 48 Engels, Wolfram l34 Engisch, Karl 48, 49, 54, 62, 70, 97 Esser, Josef 47,98 Federmann, Rudolf 58, 102 Fey, Dirk 89, 90, 91, l39, 150, 156 Fey, Gerd 89, 90, 91, 150 Fikentscher, Wolfgang 56, 70, 96, 98, 100 Forster, Karl-Heinz 64, 72 Friederich, Hartmut 19,95, 109, 124, 125, l31, 149, 154 Fülling, Friedhelm 31 34 35 116 117 122, 123, 129, l30, 137, 141 ' 142 ' 143 ' 144 ' , , Germann, Oskar Adolf 44 Glade, Anton 92 Grass, Adolf 92 Greiffenhagen, Hermann 60 Groh, Manfred 19, l34, l38, 151, 152, 154 Großfeld, Bernhard 126 Gutenberg, Erich 35 Haberstock, Lothar 31 Hartle, Joachim 43,63,65,75,95, 111

Namenverzeichnis Hassemer, Winfried 42 Hedemann, Justus-Wilhelm 46 Hefermehl, Wolfgang 77 Heibel, Reinhold 20, 30, 132, 155, 157 Heinen, Edmund 18,23, 59, 63, 110, 119 Heinrichs, Helmut 77 Heimrich, Herbert 89 Herrmann, Car! 126, 127 Herschel, Wilhelm 77 Hömberg, Reinhold 23, 119, 124 Hopt, Klaus-Jürgen 102, 150 Hueck, Alfred 77 IdW 126 Jacobs, Otto H. 45, 91 Janssen, Carl Friedrich 112 Jonas, Heinrich H. 121 Kammann, Evert 157 Kantorowicz, Hermann 42 Kaufmann, Arthur 49 Kilger, Wolfgang 32, 38, 118 Klein, Walter 46 Klinger, K 51 Klug, Ulrich 71,98 Koch, Helmut 18, 19,20,24,27,28,31, 35,38,65,66,93,94,120,121,123, 134, 141, 147 Köhler, Richard 93, 94 Körner, Werner 48,51, 126 Kötz 77 Koller, Arnold 49 Korn, Kar! 52 Kosiol, Erich 32 Krause, Wolfgang 24 Krautter, Jochen 126 Kropff, Bruno 64, 72, 74, 140 Kruschwitz, Lutz 126 Kruse, Heinrich Wilhelm 40, 42, 43, 44, 45, 50, 61, 102 Kühnemund, Klaus 114 Küpper, Hans-Ulrich 116 Küting, Karlheinz 51, 71, 92 Kuhn, Klaus 145 Lammerskitten, Peter 65, 66, 105 Larenz, Karl 44,47,50, 53, 54, 60, 62, 68, 70, 71, 77, 97, 99, 102, 103 Layer, Manfred 114 Leenen, Detlef 49, 50, 59 Leineweber, Bernhard 138

181

Leffson, Ulrich 17, 18, 19,20,23,24,25, 27,28,29,30,31,34,35,37,38,39,43,45, 51, 52, 58, 59, 62, 64, 65, 66, 74, 76, 77, 78,79,84,85,92,95,96,99,100,101,105, 106, 107, 108, 109, 110, 111; 112, 115, 116, 118, 119, 121, 122, 123, 124, 126, 127, 128, 133, 135, 136, 137, 138, 140, 142, 143, 149, 151, 154 Lippmann, Klaus 65, 93, 125 Littmann, Eberhard 154 Löwisch, Manfred 77 Loy, Arno 49 Ludewig, Rainer 127, 138 Maaßen, Kurt 51, 127 Marx, Michael 42 Maul, Kar!-Heinz 62 Meier, Albert 64 Mellerowicz, Konrad 46 Mellwig, Winfried 21, 40, 64, 76 Menrad, Siegfried 31, 146, 147 Moxter, Adolf 18, 23, 44, 46, 64, 65, 66, 70,72,75,76,78,79,80,81,82,89,92, 101, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 120, 121, 124, 125, 129, 131, 139, 144, 152, 153, 154, 155, 156, 158 Müller, Erhard 51 Müller, Friedrich 49, 62, 71 Neth, Manfred 143 Niemann, Ursula 153, 157 Ott, Horst 127 o.V. 17,39,52 Pack, Ludwig 119 Pawlowski, Hans-Martin 47,48,56,71,97 Perridon, Louis 141 Petschenig, Michael 77 Pieper, Werner 32, 114, 116, 139, 141, 142, 144, 147 Philipp, Fritz 18 Popper, Kar! 70, 71, 93, 94 Raupach, Arndt 126, 127 Riebei, Paul 24, 33, 114 Rode, Karlheinz 42 Roer, Hans 133 Rückle, Dieter 62, 64 Sachverständigenrat 17 Schildbach, Thomas 63,65,67,68,76

182

Namenverzeichnis

Schlüter, earl 61 Schmidt, Fritz 121 Schneider, Dieter 78,79,92,95,108,114, 115, 120, 121, 130, 146 Schnutenhaus, OUo R. 114 Schreiber, Rupert 93 Schulte, Karl-Werner 24,26,76, 152, 153 Schweitzer, Marcell 93, 94, 134 ~elchert, Friedrich W. 36,37, 38, 118 Sieben, Günter 62 Söffing, Günter 127 Spannhorst, Burkhardt 51, 54, 102 Spitaler, Arnim 46 Stapelberg, Friedrich 24 Statistisches Bundesamt 17 Steinbach, Adalbert 45,55,58,59,92,97, 102, 109, 113, 130 Steiner, Manfred 141 Strache, Karl-Heinz 49, 59 Stützei, Wolfgang 64, 74

Tipke, Klaus 97 Tubbesing, Günter 145 Uhlig, Annegret 116, 120, 122, 124, 125, 137, 138, 141, 142 van der Velde, Kurt 61, 102, 141, 145 Vogler, Gerhard 66 Wagner, Franz W. 64 Wagner, Helmut 63 Waldner, Wolfgang 59, 61 Wöhe, Günter 157 v. Wysocki, Klaus 75 Yoshida, Takeshi 62, 71 Zimmermann, Doris 30 Zimmermann, Gebhard 31 Zippelius, Reinhold 49, 62

Sachverzeichnis Abgrenzung des Aufwands, zeitliche und sachliche 23, 30 ff, 90, 113 ff, 136 ff, 141 ff Abschreibung 19, 27, 150 ff Absatzpreise 23,26 ff, 112, 121, 124, 129, 135, 142, 151, 156 f. Aktivierung(s-) 23, 30 ff, 107, 109 ff, 120 ff., 137 f. - pflicht 34 - wahlrecht 32 ff, 95 Analogieschluß 69 f., 71, 80 ff, 84 ff, 87 f., 97 Anhang 73, 79, 82 ff, 149 Anschaffungskostenprinzip 109, 110, 120, 121, 122, 123, 136 - gemeinkosten 142 Antizipation von Verlusten s. Imparitätsprinzip argumentum e contrario s. Umkehrschluß Aufgaben s. Zwecke Auslegung s. Rechtsauslegung A usschüttung( s-) - begrenzung 72, 76 ff, 94 - sperre 18, 66, 79 f., 84, 94 Mindestausschüttung 73, 76 Axiom 92 ff, 99 ff Beschäftigungsgrad 33,34,35,36,38,116, 137, 142 ff Istbeschäftigung 33,36, 144, 145 Maximalbeschäftigung 144 Norrnalbeschäftigung 33,35, 36ff Optimalbeschäftigung 33 Planbeschäftigung 33,38, 142 ff Unterbeschäftigung 35, 38, 142 ff Bewertung, Bepreisung 122 ff Bewertung(s-) - der Erfolgsträger 23 ff., 131 ff - des Anlageverrnögens 25,27 ff., 135, 136, 138 ff, 151 ff, 159 - des Eigen- und Fremdkapitals 120, 124

- der schwebenden Geschäfte 26, 154 ff., 159 - des Umlaufverrnögens 17 ff, 25, 150, 152 f. - objekt 23 ff, 125 ff, 131 ff, 135 - verfahren 23 ff, 122 ff, 131 ff, 135 Beurteilungsspielraum 44, 49, 50 BFH-Rechtsprechung 155 ff. Bilanzadressaten 63 Bilanzgegenstände, Definitionsgrundsätze für 107, 109 f. Bilanzidentität 90 Bilanzrelationen 66, 94 Bilanztheorie 94 Buchführung 52 Deduktionsschluß 69,91 ff, 100 Definitionen 93 Disagio 124 Durchschnittskostenprinzip s. Leistungsentsprechungsprinzip Eigenkapitalquote 17 f., 140 Einzelbewertung 22, 90, 106, 110, 115, 125 ff, 133 Ausnahmen von der - 128 Einzelkosten s. Kosten Einzelvorschriften, gesetzliche 69, 76 ff., 81 ff Entnahme 18, 19, 78 entnahmefähiger Betrag 65, 78 Entscheidung - der Unternehmensleitung 63, 64, 65, 113ff, 117, 128 - präjudizielle 103 Erfolg(s-) - berechnung 23 ff, 131 ff - beitrag, negativer 35, 38 - komponenten, periodisch, aperiodisch 149 f. - träger 23 ff, 131 ff Erwartungswert 83, 125

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Sachverzeichnis

Faktorkombinationsprozeß 24 ff, 128 ff, 131 ff, 142, 143, 153, 156 Falsifikation 93 ff, 99 Fiktion 111 ff, 118, 121 ff, 133 ff, 144 ff Finalprinzip 32 ff, 107, 113 ff, 119 f., 128ff., 137ff., 141 ff., 146ff., 152 Finanzplan 82 Fixkosten s. Kosten Folgerichtigkeit 97 ff Fortfiihrungsprinzip s. GCC Gemeinkosten s. Kosten Generalnorm 69,73 ff, 81 ff., 87 ff., 11lf. Entstehungsgeschichte der - 61 ff Gerechtigkeit 96 ff Geschäft - schwebendes 19, 26, 154 f., 156 f., 159 - eingeleitetes 19,28,35,38, 131 ff., 135, 137f., 145, 152 ff Beschaffungs- 26, 37, 134, 137 ff, 156 Absatz- 28 ff., 38, 131 ff, 135 ff Gesetzeslücke 44 ff, 47 ff, 104 gesetzmäßig 52 f. Gewinn - ermittlung/ - verwendung 18,94 entgangener - 27 f., 121, 134 f. ökonomischer - 65 thesaurierter - 84 Gesamtanalogie 70 Gesamtbetrachtung 115, 128 f., 143 Gesamtbewertung 125 Gewohnheitsrecht 100, 102, 122 GoB-Begriff(s) 42 ff, 48 ff., 51 ff, 53 ff - Entstehung des - 45 f., 60 ff - Unbestimmtheit des - 42 ff., 54 GoB-System 21,27 f., 39 f., 52, 69, 72, 83, 91 ff, 96 ff, 104 ff, 134 ff axiomatischdeduktives - 91 ff teleologisches - 96 ff., 104 ff Offenheit des - 99 ff. Going-Concem-Concept 22,90, 106, 110, 121 ff, 128 ff, 132f., 136 f., 147, 152 ff Grenzbetrachtung 114 ff., 128 Grundsatzantinomie 28 Haftung(s-) 65 f. - masse 65 f., 84 Handelsbrauch 91, 102 Hermeneutik 100

Herstellungskosten 33 ff, 120, 136 ff, 14lf. Hypothese 92 f., 94 Idealmodell 94 ff Identitätsprinzip 34, 36, 114 ff., 137 Imparitätsprinzip(s-) aktuelle Bedeutung des 17 ff. Antizipationszeitraum 139 ff., 153 - als GoB 19f.,104ff Verlustausweis 149 ff, 158 f. - aktivisch 150 ff - passivisch 154 ff Verlustberechnung 23 ff, 30 ff, 131 ff., 136ff Verlustträger 23 ff, 125 ff, 131 ff uneinheitliche und widersprüchliche Auslegung des - 19 ff, 23 ff, 30ff Indikatorerfolg 82 Induktionsschluß 70 f., 72 ff, 75 ff Informationsinteresse 64 ff, 73 ff, 82, 97 positives/negatives - 67 f. Informationszweck s. Rechenschaft Insolvenz 65 f., 140 Interessen- ausgleich 62, 67 ff, 78 f., 80 ff., 85 ff Gesamtinteressenausgleich s. Interessenausgleich gleichgewichtiger Gesamtinteressenausgleich 85 ff., 149 - jurisprudenz 42, 47 f., 52 - konflikte 67 f. - strukturen 61, 63 ff Istbeschäftigung s. Beschäftigung Jahresabschlußinteressenten 64,67,79, 97 Kapitalerhaltung( s-) - nominell 18 f., 55, 65, 78, 83 ff, 90, 95 ff 105 ff., 116 ff, 125 f., 134 f., 139, 145, 149 - substantiell 120 ff - grundsätze 22, 105 ff, 134 ff, 203 Kasuistik 21, 43 ff., 50 Klarheit 105 ff, 126 f., 150 Konsens, allgemeiner 22, 53, 55, 102 f., 122 Konkurs- quote 79 - vorsorge 18, 72, 78 f.

Sachverzeichnis Kosten - arten 30 ff., 136 ff., 141 ff. - einflußgrößen 116f, 143 ff. Einzel- 33, 114, 116 Finanzierungs - 141 Fix - 31 ff., 36ff., 116f., 136ff., 142ff. F. u. E. - 141 Gemein- 31, 34ff., 137ff., 145ff. kalkulatorische - 31, 137 Leer - 35, 142 ff. pagatorische - 31, 137 variable- 31ff., 35ff., 116, 147 Verwaltungs - 141 Voll - 115 [, 137 Leistung(s-) 31, 113 ff., 128 ff. - entsprechungsprinzip 35,38 [, 146f lex gen./sp. 76 [ Liquidation(s-) 111 ff. - status 111 [ Liquidität 65 [ Logik, formale 71 [, 92 ff., 98 [ Logik, juristische s. Wertung Lücke, s. Gesetzeslücke Manipulierbarkeit 65, 75 Merkmal(s-) 48 ff. - gefiige, elastisches 49 - gefiige von GoB 51 ff., 53 [, 56 ff. Modell 93 ff. Natur der Sache 62 ff., 68, 100 Niederstwertvorschrift 19 [, 25 ff., 29, 36, 134 f., 150 ff., 158 [ Nominalprinzip s. Pagatorik Normalbeschäftigung s. Beschäftigungsgrad Objektivierung 50, 65 f., 75 ff., 84, 105 ff., 111 ff., 120, 125, 128 ff., 139 [, 141, 144, 147 Opportunitätsüberlegungen 38, 117 f. Optimalbeschäftigung s. Beschäftigungsgrad Ordnung s. System Pagatorik 22, 106, 109-[, 119 ff., 131 ff., 144, 152f. Potentialfaktor 32,37 [, 137 ff., 142, 145 Präferenzfunktion, kollektive 63 Prinzipien s. Rechtsprinzipien

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Prinzip der minimalen GK-streuung 35, 146 ff. Prinzipiengegensätze 99, 104 Proportionalitätsprinzip 38, 147 Rahmengrundsätze 105 ff. ratio legis s. Interessenausgleich Realisationsprinzip 19, 22 ff., 90, 107 ff., 122 ff., 13 H, 135 Realmodell 93, 95 Rechenschaft(s-) 22,107 ff., 115, 117,134, 137 - zweck 54 [, 73 [, 81 ff., 95 [, 105, 107 ff., 113, 115 ff., 125, 128, 134, 143 [, 149 Rechnung( s-) - abgrenzungsgrundsätze 107, 109 - legung, zukunftsbezogene 65 [ Recht(s-) - auslegung 49, 53 [ - auslegungskriterien: Wortsinn 51 Bedeutungszusammenhang 53 [ Teleologie 56 f., 60 ff., 79, 85, 88, 95 [,98 ff. historisch-teleologische - 60 [ objektiv-teleologische - 61 ff. - begriff, unbestimmter 43 ff., 48, 51ff.,56 - folge 70 - form 20,64, 74f., 86ff., 150 - fortbildung 50 - prinzipien, übergeordnete 39 [, 43 [, 48, 52, 54, 59, 97 ff., 105, 135 [ - satz 70 - system s. System Rentabilität 65 [ Richtigkeit 105, 107, 126f Risiko 18 ff. Rücklage - freie 18, 95 - stille 73 ff., 88 ff. Rückstellung 19,83, 151, 154ff. Bandbreiten - 83, 107 - fiir drohende Verluste aus schwebenden Geschäften 19,25 [, 154 ff., 159 - fiir ungewisse Verbindlichkeiten 156 ff. 159 Pensions - 124 Saldierung 126 ff. Schätzung 123 [

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Sachverzeichnis

Schlüsselungsverfahren s. Verteilungsschlüssel Schuldendeckungspotential 76, 78 Sinneinheit 97 ff. Stetigkeit 90, 105, 107, 143 f. Strukturwandel 17 ff. Substanzerhaltung s. Kapitalerhaltung System 39, 43, 45, 52 f., 56 ff., 91 ff. axiomatisch-deduktives - 91 ff. teleologisches - 96 ff., 122 Systemgerechtigkeit 2lf., 39 ff., 5lf., 53 f., 56 ff., 91 ff., 96 ff., 102, 104 ff., 134 f. Systemgrundsätze 22, 104 ff., 110 ff., 119 ff., 125 ff., 131 ff. Tatbestand 70 Tautologie 93, 100, 106 Teleologie s. Rechtsauslegungskriterien Theorem 92 f. Typus 48 ff., 51 Überschuldung 140 Überschußrechnung 29, 136, 138 f. Umkehrschluß 69, 71, 82 f., 87, 98 Ausnahmevorschrift 89 f. Unabhängigkeit 93, 100 Unternehmensinsider 65 Unternehmensoutsider 65,97 Verbindlichkeit, ungewisse s. Rückstellung Vereinheitlichung 55,57,60, 102f. Vergleichbarkeit s. Stetigkeit Verkehrsauffassung 91, 102 f. Verlustantizipation s. Imparitätsprinzip Verteilung von GK 31, 34, 37 ff., 136, 146 ff. Verteilungsschlüssel 34, 37f., 115 f., 146f. Verwendung, tatsächlich durchgeführte oder beabsichtigte 112 ff., 128, 132, 137, 139, 151 Verursachung s. Kausal- und Finalprinzip

Verursachung, rechtliche und wirtschaftliche (Verbindlichkeiten) 157 ff. Vollständigkeit 93, 99 f., 105, 107, 126 f. Vorhersehbarkeit 139 f., 153 Vorsichtsprinzip 22, 79, 83, 90, 106 f. Wahlrechte 25,33 ff., 84, 88,95, 151, 153 Wert, niedrigerer s. Bewertung Wertmaßstab, auslegungsbedürftiger 48 Wertung -, nachpriifbare 47 f., 50, 71 ff., 97 ff., 135 -, subjektive 43, 44f., 47 f., 50, 71, 77 Wertungsjurisprudenz 47 Werturteil 68, 71, 77, 79 Widerspruch 21 f., 44, 58, 89 f., 98, 104 f., 111, 122, 135 f. Widerspruchsfreiheit 93,99, 104f. Wiederbeschaffungspreis 25 ff., 120 f., 134f. Wirtschaftlichkeit 105,107,117,128,144 Kontrolle der - 117 Wissenschaftstheorie 70, 92 ff. Zahlungen s. Pagatorik Zahlungsbemessungs- interesse 65 ff., 73, 77, 80 ff. - zweck 66, 73, 75, 78 Zerschlagungsprinzip 121 ff. Zinsen 124 Zurechnungsprinzip 31 ff., 113, 136 ff. s. Final-, Identitäts- und Kausalprinzip Zurechnungsproblem 24 ff., 113 ff., 131 f., 151, 153 Zwecke - der gesetzlichen Vorschriften 68, 72 ff., 78 ff. Ermittlung der - 72 ff. - von GoB 54 f., 59 f., 68 ff., 80 ff., 84 ff. Ermittlung der - 68 ff., 80 ff. Zweckgerechtigkeit 22, 52 ff., 60 ff., 63 ff., 68 ff., 80 ff. Zweck-Mittel-Beziehung 113 ff.