Handbuch Handel: Strategien – Perspektiven – Internationaler Wettbewerb 3409142983, 9783409142984

Namhafte Wissenschaftler und Berater sowie hochkarätige Vertreter der Unternehmenspraxis beleuchten in 46 Beiträgen die

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Handbuch Handel: Strategien – Perspektiven – Internationaler Wettbewerb
 3409142983, 9783409142984

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Joachim Zentes (Hrsg.) Handbuch Handel

Joachim Zentes (Hrsg.)

Handbuch Handel Strategien - Perspektiven Internationaler Wettbewerb

GABLER

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.

Univ.-Prof. Dr. Joachim Zentes ist Inhaber des Lehrstuhls fur Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Auftenhandel und Internationales Management sowie Direktor des Instituts fur Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.). Weiterhin ist er Direktor des Europa-lnstituts, Sektion Wi rtsc haftswissenschaft, der Universitat des Saarlandes, Saarbrucken.

1. Auflage Januar 2006 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Barbara Roscher / Renate Schilling Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschiieftlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung aufterhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt am Main Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-409-14298-3

Bruno Tietz sprach plakativ von der „Wiederkehr der Handlergesellschaft'' in einem seiner letzten Biicher (Zukunftsstrategien fiir Handelsunternehmen, Deutscher Fachverlag, Frankfurt a.M. 1993); er zeigte in diesem Buch in iiberzeugender Weise auf, dass „Hander' zur dominanten Betatigungsform in einer zunehmend dienstleistungsorientierten Wirtschaft wird. Nicht nur institutionelle Handelsunternehmen, so Unternehmen des Grofihandels (einschliefilich des Aufienhandels) und des Einzelhandels, sondern zunehmend auch Industrieunternehmen sind durch Handelsaktivitaten charakterisiert. Neben den seit langer Zeit praktizierten Handelsaktivitaten in Form des Zukaufs von Fertigprodukten zur Arrondierung des eigenen Produktionsprogramms („Handelsware'') zeigen insbesondere die sich gegenwartig verstarkt abzeichnenden Tendenzen der absatzmarktorientierten Vertikalisierung, dass die sektoralen Grenzen fliefiender werden. Mit der faszinierenden Welt des Handels beschaftigt sich das vorliegende Sammelwerk. Dabei steht die klassische institutionelle Perspektive des Handels und hier wiederum die des Einzelhandels im Vordergrund. Die angesprochene zunehmende Handelstatigkeit der Industrie wird ebenso behandelt wie ausgewahlte Aspekte des Grofihandels. In dem Sammelwerk werden zunachst Erscheinungsformen des Handels, Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren diskutiert (Erstes Kapitel). Hierzu zahlen die Charakterisierung der Dynamik des Handels, des wettbewerblichen und technologischen Umfeldes sowie des Spannungsfeldes zwischen staatlicher Deregulierung und marktlicher Koordination. Den nationalen und regionalen Strukturen und Besonderheiten des Handels ist in umfassender Form das Zweite Kapitel gewidmet. Im Dritten Kapitel werden grundlegende strategische Stofirichtungen und Konzepte erortert, so die Fragen der Kooperation, der Vertikalisierung, der Internationalisierung sowie die Wachstumsoption Filialisierung. Das breite Spektrum der heutigen und kiinftigen Betriebs- und Vertriebstypen („Formate'') des Handels wird im Vierten Kapitel thematisiert. Dieses reicht von eher traditionellen Fachgeschaften liber moderne Convenience-Stores bis hin zu Internet-Vertriebskanalen sowie ihrer kombinativen Realisierung in Form des Multi-Channel-Retailing. Das Charakteristikum der Handelsunternehmen, ihre zweiseitige Marktorientiertheit, pragt das Fiinfte und Sechste Kapitel. Im Mittelpunkt des Flinften Kapitels steht das Handelsmarketing, also die absatzmarktorientierte Perspektive. Hierzu gehoren einerseits strategische Fragen wie Retail-Branding, Customer-Relationship-Management und Category-Management und andererseits Fragen des operativen Marketing, so

Vorwort des Herausgebers

Ladengestaltung, PoS-Marketing und Handelswerbung. Im Sechsten Kapitel tritt die beschaffungsmarktorientierte Perspektive in den Mittelpunkt. Neben Fragen der Internationalisierung der Beschaffung, des E-Procurement und Supplier-RelationshipManagements treten neue logistische Konzepte, die eine zunehmende Bedeutung im Handelsmanagement einnehmen, so das Supply-Chain-Management. Die spezifischen Auspragungsformen des Managements im Handel werden im Siebenten Kapitel erortert, so Fragen der Organisation, des Human-ResourceManagements, des Controlling und der IT-Systeme. Da die Entwicklung des Handels, insbesondere des Einzelhandels, nicht losgelost von der Entwicklung der Innenstadte gesehen werden kann, werden auch diese gesellschaftspolitischen sowie wettbewerbs- und raumordnungspolitischen Fragen im abschliefienden Achten Kapitel aufgegriffen, so die Konzepte des Stadt- bzw. Citymarketing und die neueren Konzepte der Business-Improvement-Districts. Trotz des gewahlten breiten Ansatzes, der viele Facetten des Handels abdeckt, ist das Sammelwerk sicherlich nicht in der Lage, das Feld des Handels vollstandig zu bearbeiten. So werden einzelne Bereiche, so der Grofihandel, nur ansatzweise bzw. in ausgewahlten Fragestellungen behandelt. Hier ist sicherlich ein Ansatzpunkt fur ein eigenes Werk gegeben, das der Bedeutung dieses Wirtschaftsbereiches gerecht wird. Der Herausgeber ist fur Anregungen, Verbesserungsvorschlage oder sonstige Kommentare stets offen und bedankt sich hierfiir bereits im Voraus. Richten Sie diese bitte an das H.I.MA. (Institut fur Handel & Internationales Marketing) an der Universitat des Saarlandes, Saarbriicken: [email protected]. Bei der Entstehung dieses Sammelwerkes ist der Herausgeber vielen Personen zu Dank verpflichtet. Mein Dank gilt vor allem den Autoren, die in grofier Zahl bereit waren, Beitrage fur das Sammelwerk zu erarbeiten. Ohne ihre breite Unterstiitzung ware die Entstehung dieses Sammelbandes nicht moglich gewesen. Fur dessen redaktionelle Fertigstellung danke ich Herrn Dipl.-Kfm. Markus Lehnert, der unterstiitzt von Herrn Jonas Bastian und Herrn Matthias Schu die Durchfiihrung der Redaktionsund Layoutarbeiten ubernahm. Nicht zuletzt danke ich Frau Barbara Roscher und Frau Renate Schilling vom Verlag Dr. Th. Gabler fur die gewohnt sehr angenehme Zusammenarbeit und die wie immer iiberaus professionelle Betreuung dieses Sammelwerkes.

Saarbriicken, im Herbst 2005

JOACHIM ZENTES

VI

Vorwort des Herausgebers

Erstes Kapitel: I.

II.

Erscheinungsformen, Rahmenbedingungen, Einflussfaktoren

Joachim Zentes Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstrategien Ulrich Eggert Wettbewerbliches Umfeld - Konsumenten, Lieferanten, Konkurrenten

III. Holger Wenzel Der Handel im Spannungsfeld - Zwischen staatlicher Deregulierung und marktwirtschaftlicher Regulierung IV.

Bernd Hallier Technologisches Umfeld - IT als Entwicklungstreiber

Zweites Kapitel: I.

II.

V

3

23

49

71

Nationale und regionale Strukturen und Besonderheiten

Uwe Christian Tdger Strukturen und Entwicklungstendenzen im deutschen Distributionssystem Gerard Cliquet Retailing in Western Europe - Structures and Development Trends

89

Ill

III.

Steve Burt Retailing in Eastern Europe - Emerging Markets within the European Union.. 139

IV.

Constantin Hilt/Lambert Scheer Handel in Nordamerika - Rahmenbedingungen, Entwicklungstendenzen und Perspektiven

161

VII

Inhaltsverzeichnis

V.

Gerhard Hausruckinger/Kristina DenglerIPatrick Muller-Sarmiento Handel in Siidamerika - Strukturen und Entwicklungstendenzen

183

VI. Peter Schafer Handel in Japan - Strukturen und Entwicklungstendenzen

209

VII. Gerd Bovensiepen/Stephanie Rumpff Handel in asiatischen Emerging Markets: Paradiesische Gegebenheiten?

233

Drittes Kapitel: I.

II.

III.

IV.

V

Joachim Siebert/Ludwig Veltmann Horizontale Kooperation als Wettbewerbsstrategie - Erscheinungsformen und Entwicklungstendenzen

259

Joachim Zentes/Michael Neidhart Secured und Controlled Distribution - Die Industrie als Einzelhandler

275

Torben Leif Brodersen Franchising als Wachstumsstrategie - Modernes Partnership-for-Profit

299

Michael Lingenfelder Internationalisierung als Wachstumsstrategie - Potenziale und Strategien

321

Dirk Mohlenbruch Wachsrumsstrategien durch Filialisierung im Einzelhandel

337

Viertes Kapitel: I.

II.

VIII

Strategische Stoftrichtungen und Konzepte

Betriebs- und Vertriebstypen

Andreas Kaapke Fachgeschafte und Fachmarkte - Erscheinungsformen und kimftige Entwicklung

361

Wolfgang Twardawa Die Rolle der Discounter im deutschen LEH - Marken und Handelsmarken im Wettbewerb der Vertriebskanale fur Konsumgiiter

377

Inhattsverzeichms

III.

Bernhard Szvoboda/Sandra Schwarz Convenience-Stores - Internationale Entwicklung und Kauferverhalten in Deutschland

395

Bernd W. Wirtz/Nadine Sammerl Versandhandel - Erscheinungsformen und kiinftige Entwicklung

423

Fred Otto Supermarkte, Verbrauchermarkte, SB-Warenhauser - Erscheinungsformen und kiinftige Entwicklung

441

VI. Lovro Mandac Kauf- und Warenhauser - Erscheinungsformen und kiinftige Entwicklung

453

VII. Alexander Otto Shopping-Center - Erscheinungsformen und kiinftige Entwicklung

481

VIII. Hanna Schramm-Klein Multi-Channel-Retailing - Erscheinungsformen und Erfolgsfaktoren

501

IV.

V.

FUnftes Kapitel: I.

II.

Handelsmarketing

Dirk Morschett Retail-Branding - Strategischer Rahmen fiir das Handelsmarketing

525

Hans-Peter Liebmann/Elke Gruber Customer-Relationship-Management - Neuere Ansatze der Kundenpolitik

547

III. Hendrik Schroder/Andreas Rodl Category-Management - Kooperative Sortimentspolitik IV

V.

567

Hermann Diller/Sabine Anselstetter Preis- und Sonderangebotspolitik - Formen und Erfolgsfaktoren

597

Manfred Bruhn Handelsmarken - Erscheinungsformen, Potenziale und strategische Stofirichtungen

631

VI. Peter Weinberg/Guido Purper Ladengestaltung - Grundlagen und Konzepte

657

IX

Inhaltsverzeichnis

VII. Andrea Groppel-Klein Point-of-Sale-Marketing

671

VIII. Thomas Foscht/Thomas Angerer Handelswerbung - Strategien und Instrumente

693

Sechstes Kapitel: I.

II.

III.

IV

V

Beschaffungs- und Supply-Chain-Management

Thomas Rudolph/Joelle Loos Internationalisierung der Beschaffung - Die zunehmende Bedeutung des Multi-Channel-Sourcing

717

Michael Efiig Electronic Procurement - Konzeption und Anwendung

735

Waldemar Toporowski/Stephan Zielke Supplier-Relationship-Management

759

Dirk Seifert Konzepte des Supply-Chain-Managements - CPFR als unternehmensubergreifende Losung

781

Michael ]. Kolodziej Logistik im Kontext handlerischer Leistung

795

VI. Wolfgang Prumper/Jorg Pohl/Jack Thorns Beschaffungslogistik im Handel - Innovationen in Prozessen, Strukturen und Organisationen

809

Siebentes Kapitel: Corporate Management I.

II.

Roland Mattmiiller/Ralph Tunder Organisationsformen - Primar- und Sekundarorganisation

829

Peter Keller Human-Resource-Management - Personal als Erfolgsfaktor

851

III. Joachim Hurth Controlling im Handel

X

873

Inhaltsverzeichnis

IV

V.

Michael Neidhart/Dirk Morschett/Henryk Biesiada Retail-Performance-Measurement - Neuere Controllingkonzepte zur Messung der Performance in Handelsunternehmen

895

Joachim Hertel IT-gestiitzte Warenwirtschaftssysteme - Basis des modernen Handelsmanagements

919

VI. Markus Lehnert/Guido Huffer IT-gestutztes Category-Management - Status quo und Entwicklungstendenzen

Achtes Kapitel: I.

II.

943

Handel und Innenstadt

Paul Vogels Konzepte des Stadt- und Citymarketing - Erfahrungen und Entwicklungstendenzen vor dem Hintergrund stadtebaulicher und handelsstruktureller Entwicklungen

965

Mario S. Mensing/Meike Albers Umsetzungskonzepte fur erfolgreiche Vitalisierungsstrategien Public-Private-Partnership, Business-Improvement-Districts und Quartiersmanagement

985

Stichwortverzeichnis

1007

XI

Erstes Kapitel Erscheinungsformen, Rahmenbedingungen, Einflussfaktoren

1

Wandel der Erscheinungsformen des Handels 1.1 Einfuhrung 1.2 Vom realen Tauschhandel zu virtuellen Transaktionen 1.3 Vom Grofihandel zum Business-to-Business-Handel 1.4 Vom Einzelhandel zum Business-to-Consumer-Handel 1.5 Vom Tante-Emma-Laden zum Internet-Shop 1.6 Vom Ein-Format-Handler zum Multi-Channel-Retailer 1.7 Von der Branchenfokussierung zur Category-Migration

5 5 5 6 9 10 11 11

2

Strategische Optionen des Handels 2.1 Vom „verlangerten Arm" der Industrie zur Retail-Brand 2.2 Vom lokalen Handler zum Global Player 2.3 Vom Einkauf zum Supply-Chain-Management 2.4 Vom Einzelkampfer zum Netzwerk-Akteur 2.5 Von Daumenregeln zu Business-Intelligence-Tools

12 12 13 13 14 15

3

Politisch-rechtliche und gesellschaftliche Entwicklungen und ihr Einfluss auf die Handelsdynamik 3.1 Von Regulierung zu Liberalisierung 3.2 Vom monistischen Gewinnstreben zur okologischen und sozialen Verantwortung

4

Ausblick

16 16 18 19

Literatur

Univ.-Professor Dr. Joachim Zentes ist Inhaber des Lehrstuhls fur Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Aufienhandel und Internationales Management, Direktor des Instituts fur Handel & Internationales Marketing (H.I.MA.) und Direktor des Europa-Instituts, Sektion Wirtschaftswissenschaft, der Universitat des Saarlandes, Saarbriicken.

Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstrategien

1

Wandel der Erscheinungsformen des Handels

1.1

Einfiihrung

Der Handel zeichnet sich durch einen stets fortschreitenden Wandel seiner Erscheinungsformen aus; daher wird oftmals auch von der Dynamik des Handels gesprochen. Mit dieser Dynamik geht zugleich das Phanomen der „Wiederkehr der Handlergesellschaft" (Tietz 1993c) einher, das im Vorwort dieses Sammelwerkes herausgestellt wurde. Gemeint ist damit, dass der Handel in einer zunehmend dienstleistungsorientierten Wirtschaft zur dominanten Betatigungsform wird. Die einzelnen Auspragungen dieses Wandels, die zu dieser „Wiederkehr" fuhren, werden im Folgenden erortert.

1.2

Vom realen Tauschhandel zu virtuellen Transaktionen

Handel ist einer der ersten organisierten und wichtigsten Vorgange in der Lebensgestaltung der Menschen. „Lange vor jeder staatlichen Organisation war der Handel organisiert, und zwar als Tauschhandel und hier in der Form des stummen Handels" (Tietz 1993a, S. 52). Diesen stummen Handel gab es nach Herodot noch 450 v. Chr., so zwischen Karthagern und Afrikanern (Tietz 1993a, S. 52): „Wenn die Karthager dort angekommen sind, laden sie ihre Waren aus und legen sie nebeneinander an den Strand. Dann steigen sie wieder in die Schiffe und ziinden ein Feuer an. Sobald die Eingeborenen den Rauch sehen, kommen sie ans Meer, legen als Preis fur die Waren Gold hin und Ziehen sich wieder weit zuriick. Nun steigen die Karthager aus, um nachzuschauen, und wenn das Gold dem Werte der Waren gleichkommt, nehmen sie es und fahren ab. Wenn es aber nicht genug ist, steigen sie wieder in die Schiffe und warten. Die Eingeborenen kommen dann wieder und legen Gold dazu, bis jene zufrieden gestellt sind. Keiner schadigt den anderen: die Karthager riihren das Gold nicht eher an, als bis es den Waren gleichwertig ist, und jene riihren die Waren nicht eher an, als bis die Karthager das Gold genommen haben" (Sedillot 1966, S. 68f.). Diese und andere Formen des geregelten organisierten Tauschs losten „Vorformen des Handels" ab, wie den Krieg zwischen Stammen und das damit verbundene Beute machen, den Raub, oder die Kontaktaufnahme zwischen Stammen mit Geschenken und Gegengeschenken (Tietz 1993a, S. 52).

5

Joachim Zentes

Dieser „Tausch- oder Handelstrieb" der Menschen horte nie auf zu existieren. Er findet sich bis heute in vielen Varianten, so in Form von Flohmarkten, Schwarzmarkten u.A. (Zentes/Schramm-Klein/Neidhart 2005, S. 60f.). Einen geradezu gigantischen Auftrieb erreicht diese Form des „Consumer-to-Consumer-Handels" - heute meist als „C2C"Handel bezeichnet - durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien wie Internet (vgl. hierzu den Beitrag von Hallier in diesem Kapitel). Herauszustellen ist in diesem Kontext die Internet-Plattform eBay (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1:

Quelle:

1.3

Entwicklung des eBay-Transaktionsvolumens in Deutschland

eBay 2004.

Vom Grofthandel zum Business-to-BusinessHandel

Im betriebswirtschaftlichen Schrifttum - wie auch in der amtlichen Statistik und in Verbands- und Kammerstatistiken - wird Grofihandel in einem traditionellen Verstandnis - sowohl im institutionellen wie auch im funktionellen Sinne - ubereinstimmend abgegrenzt (vgl. hierzu Zentes 2002). So sind nach Tietz (1993b, S. 10) Grofihandlungen dadurch gekennzeichnet, „dass sie in eigenem Namen und fur eigene Rechnung oder fremde Rechnung Waren kaufen und diese unverandert oder nach den tiblichen Manipulationen an andere Handelsunternehmen, Weiterverarbeiter, gewerbliche Verbraucher oder behordliche Grofiverbraucher absetzen". Ein weit gehend ubereinstimmendes Begriffsverstandnis besteht in dieser traditionellen Sichtweise auch

6

Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstratesien

bzgl. des „Au£enhandels" sowie der Unterscheidung in „Produktionsguterhandel" und „Konsumgiiterhander / bzw. / ,Produktionsverbindungshandel // und „Konsumtions verbindungshandel". Gemeinsam ist all diesen Formen bzw. Varianten des Grofihandels, dass er Transaktionen zwischen Unternehmen und vergleichbaren Institutionen (z.B. Behorden, Bildungsstatten usw.) zum Gegenstand hat und damit dem Business-to-Business-Bereich, der heute meist als „B2B"-Bereich bezeichnet wird, zuzuordnen ist. Abgegrenzt wird dieser Bereich - und damit auch der Grofihandel - von Transaktionen zwischen Unternehmen und privaten Verbrauchern (Konsumenten), die als Business-to-ConsumerBereich bezeichnet werden, analog verkiirzt als „B2C//-Bereich. Kennzeichnend fur den B2B-Bereich ist, dass hier Transaktionen anderen Regeln und Gesetzmafiigkeiten folgen als Interaktionen zwischen Unternehmen und Konsumenten, wenngleich sicherlich die Akteure im B2B-Bereich neben ihrer beruflichen Verkaufer- bzw. Kauferrolle auch als Konsumenten „agieren // . Dies bringt es mit sich, dass zur Erklarung und Prognose des Ablaufs von Interaktionsprozessen im B2B-Bereich einerseits spezifische Konzepte und Theorien herangezogen werden, andererseits auch auf Erkenntnisse der Konsumentenverhaltensforschung zuriickgegriffen werden kann. Tietz/Greipl haben bereits 1994 einen „neuen und erweiterten Definitionsansatz des Grofihandels" vorgestellt (Tietz/Greipl 1994, S. 293ff.; Greipl 2000, S. 146f.). Sie pladieren auf Grund „... der Verschiebung der klassischen Funktionsprofile und sektoralen Tatigkeitsschwerpunkte in Richrung Tertiarisierung" fur eine Anpassung der statistischen Abgrenzungen und der wirtschaftspolitischen Zuordnungen (Greipl 2000, S. 146). Der Grofihandelssektor ist nach diesem funktionssektoralen Konzept „... der Gesamtbereich der intermediaren Transaktion von Waren und Diensten": „Der intermediare Transaktionssektor in der Volkswirtschaft umfasst somit neben dem Grofihandel i.e.S., als dem von der Warentransaktion dominierten Dienstleistungsbereich, alle Dienstleistungsbranchen, die intermediar orientiert sind und - integriert, kombiniert und komplementar in Bezug auf die Grofihandelskernleistung - Serviceaufgaben im Rahmen der gewerblichen Versorgung ubernehmen" (Tietz/Greipl 1994, S. 295f.). Fur den Denkansatz spricht viel, da gerade die Entwicklungen der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere die Internetentwicklung, zu neuen Akteuren/Institutionen bzw. gewerblichen Dienstleistungen sowie intermediar affinen Diensten gefiihrt hat und weiter fuhren wird, die in einem traditionellen institutionellen Abgrenzungsverstandnis, so nach dem Schwerpunktprinzip der amtlichen Statistik, dem „Gro£handel" nicht zugeordnet werden konnten (vgl. hierzu Zentes/Swoboda/Morschett 2002). Dem funktionssektoralen Konzept folgend, sind sie jedoch dem intermediaren Transaktions- und Servicebereich zuzurechnen. In diesem Sinne wird hier von „B2B-Handel// gesprochen, der den Grofihandel im traditionellen Begriffsverstandnis einschliefit, aber wesentlich dariiber hinausgeht. Dies gilt auch aus rechtlicher Sicht. B2B-Handel umfasst aus dieser Perspektive sowohl

7

Joachim Zentes

den Eigenhandel, d.h. der Verkauf erfolgt „im eigenen Namen und auf eigene Rechnung", den Kommissionshandel („im eigenen Namen und auf fremde Rechnung") als auch den „Agenturhandel" („in fremdem Namen und auf fremde Rechnung") und den „Maklerhandel". B2B-Handel wird oftmals nur auf elektronische Transaktionen bezogen und damit nur als Teilbereich des E-Commerce betrachtet. Dieser Perspektive wird hier nicht gefolgt: Transaktionen zwischen GroiShandels- und Einzelhandelsunternehmen, die in „klassischer Form" (z.B. durch personliche Interaktionen in Verkaufsgesprachen) ablaufen und bei denen die Ubermittlung der Bestelldaten und der Rechnungsdaten in konventioneller Weise (z.B. in „Papierform") erfolgt, werden ebenso dem B2B-Handel zugerechnet wie Transaktionen, bei denen eine personale Interaktion stattfindet, die Ubertragung der Bestelldaten und/oder Rechnungsdaten jedoch iiber elektronischen Datenaustausch (EDI) abgewickelt wird. Gleichermafien werden virtuelle Verkaufsaktivitaten gegenliber gewerblichen/institutionellen Abnehmern, die iiber einen InternetPlattform-Anbieter ablaufen, der moglicherweise als Makler tatig wird, als eine Auspragungsform des B2B-Handels betrachtet.

Abbildung 2:

Quelle:

Entwicklung des weltweiten elektronischen B2B-Transaktionsvolumens

Gartner Group 2005.

Wird nur noch auf diese virtuellen (elektronischen) Interaktionsformen Bezug genommen, so kann von „E-B2B-Handel// gesprochen werden. E-B2B-Handel ist dennoch nicht mit „E-B2B-Commerce// im iiblichen Verstandnis gleichzusetzen; er stellt nur einen Teilbereich dar. E-B2B-Commerce wird weiter gefasst; hierunter werden 8

Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstrategien

i.d.R. auch die direkten elektronischen oder virtuellen Verkaufs- bzw. Vertriebsaktivitaten zwischen bspw. Herstellern und Einzelhandelsunternehmen oder Herstellern und Handwerksbetrieben subsumiert, die ohne Einschaltung von Intermediaren, z.B. des (institutionellen) Grofihandels, erfolgen. Beispielhaft verdeutlicht Abbildungl das Transaktionsvolumen im elektronischen Business-to-Business-Bereich (unter Einschluss des elektronischen B2B-Volumens der Industrie, d.h. des „E-B2B-Commerce").

1.4

Vom Einzelhandel zum Business-toConsumer-Handei

Analog zu den aufgezeigten Entwicklungen im Grofihandel zeichnet sich ein Veranderungsprozess auf der Einzelhandelsebene ab. Neben den traditionellen institutionellen Einzelhandelsunternehmen treten immer wieder neue Akteure in der Wettbewerbsarena des „Verkaufs an Endverbraucher (Konsumenten)" auf. Dies sind seit langer Zeit - um nicht zu sagen seit ihrem Bestehen - institutionelle Grofihandelsunternehmen, die einen Teil ihres Umsatzes (nicht mehrheitlich) mit Endverbrauchern erzielen, wie auch Industrieunternehmen, die iiber Formen des Direktvertriebs, z.B. liber eigene Verkaufsniederlassungen oder Aufiendienstmitarbeiter, unmittelbar mit den privaten Endabnehmern in Transaktionsbeziehungen stehen, oder in klassischen Formen des Fabrikverkaufs (meist nur geringe) Anteile ihres Umsatzes mit Konsumenten erwirtschaften. Insbesondere bei den Industrieunternehmen zeichnen sich hier bedeutende Veranderungen ab, welche die Hersteller zu einem immer wichtiger werdenden Business-toConsumer-Handler werden lassen, die unter dem Konzept der Vertikalisierung diskutiert werden (Zentes/Schramm-Klein/Neidhart 2005, S. 133ff.). Hierunter werden die absatzmarktorientierten Varianten einer verstarkten Einflussnahme auf die Vertriebskanale verstanden, bei denen im Wesentlichen zwischen „ Controlled Distribution" und „ Secured Distribution" unterschieden wird (Zentes/Swoboda/Morschett 2005b; vgl. auch den Beitrag von Zentes/Neidhart im Dritten Kapitel). Bei „ Secured Distribution" handelt es sich letztlich um die weitestgehende Form der Vertikalisierung, namlich um die integrative Distribution. Diese Art der Distribution, bei welcher der Hersteller nicht nur in kommunikativer Hinsicht, sondern letztlich auch in kaufvertraglicher Hinsicht mit den privaten Endabnehmern in unmittelbarem Kontakt steht, kann iiber stationare Verkaufseinheiten (z.B. Niederlassungen, Verkaufsstellen), iiber „mobile Einheiten" wie Aufiendienstmitarbeiter oder iiber Formen des Versandhandels (klassische Mail Order, Internetvertrieb (virtueller Vertrieb) oder iiber (interaktiven) TV-Vertrieb) realisiert werden.

9

Joachim Zentes

Kooperative Distributionsformen sind durch kontraktuelle Arrangements gekennzeichnet (Kontraktvertrieb), so mit Eigenhandlern, Handelsvermittlern oder Kommissionaren. In diesen Kontext gehoren auch „ straff e" kooperative Formen wie Franchising (vgl. hierzu den Beitrag von Brodersen im Dritten Kapitel).

1.5

Vom Tante-Emma-Laden zum Internet-Shop

Gravierende Veranderungen vollziehen sich im Handel nicht nur mit Blick auf die Akteure auf der Anbieterseite, sondern auch bzgl. der Betriebs- und Vertriebstypen, in denen Handelstransaktionen im B2B- wie B2C-Bereich realisiert werden. Mafigebliche Veranderungen haben sich dabei sowohl im stationaren als auch im nicht stationaren Bereich ergeben (vgl. hierzu die Beitrage im Vierten Kapitel). Zu erwahnen sind nicht nur Discounter, Fachmarkte, Convenience-Stores, die in den letzten Jahren als innovative stationare Formate entwickelt wurden, sondern insbesondere - wie bereits erwahnt - unter dem Einfluss moderner Informations- und Kommunikationstechnologien virtuelle Shops, z.B. Internet-Shops. Wenngleich gerade die Entwicklung des E-B2C-Commerce, um begrifflich an den Abschnitt 1.2 dieses Beitrages anzuknupfen, langsamer verlaufen ist als von vielen geradezu euphorisch prognostiziert wurde, so zeichnet sich dennoch eine zunehmende Akzeptanz derartiger Einkaufskanale ab (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3:

Quelle:

10

Entwicklung des E-B2C-Commerce

HDE 2005.

Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstrate^ien

1.6

Vom Ein-Format-Handler zum Multi-ChannelRetailer

Die skizzierten Entwicklungen im Bereich der Betriebs- und Vertriebstypen des Handels wie auch die aufgezeigten distributiven Tendenzen der Hersteller, z.B. Fabrikverkauf, Factory-Outlet-Center, Flagship-Stores, Internet-Shops, deuten auf eine zunehmende Parallelitat der von Handels- und Herstellerunternehmen eingesetzten Formate bzw. Absatzkanale hin. Insbesondere die E-Commerce-Entwicklung hat dazu beigetragen, dass sich ein Wandel von einer Monokanalpolitik zu einer Multikanalpolitik vollzogen hat. Immer mehr Handelsunternehmen praktizieren ein Multi-ChannelRetailing, in dem sie neben dem/den bewahrten (stationaren) Format(en) virtuelle Kanale, so vorrangig den Vertrieb iiber Internet, einschalten (vgl. hierzu den Beitrag von Schramm-Klein im Vierten Kapitel).

1.7

Von der Branchenfokussierung zur CategoryMigration

Die Handelsentwicklung setzt sich seit mindestens der zweiten Halfte der achtziger Jahre iiber produktbezogen definierte Branchengrenzen hinweg: Traditionelle Branchengrenzen losen sich auf (Zentes/Swoboda 1998b, S. 129ff.). Handelsstandorte mit hoher Besuchsfrequenz wie Discounter und Tankstellen „schlachten // durch Aktionen und temporare Angebote ursprunglich „fremde // Produktsegmente aus. Aber auch andere Anbieter wie Baumarkte und Unterhaltungselektronik-Fachmarkte folgen diesem Modell. Das Sockelgeschaft zur Basisfrequenzgenerierung bleibt bestehen; die Rotationssortimente nehmen aber einen immer starkeren Umsatzanteil ein. Neben temporaren Formen der Category-Migration kennzeichnen auch auf Dauer angelegte Sortimentsausweitungen das Profilierungsstreben von Handelsunternehmen. Diese Category-Diversifikation tragt gleichermafien zu einer Wettbewerbsintensivierung bei: Neben die traditionellen Anbieter einer Branche treten neue, meist offensive, oftmals aggressive Newcomer, welche die bisherigen Spielregeln des Wettbewerbes umkehren. Derartige Category-Diversifikationen sind auch in Form der Integration von Dienstleistungsangeboten von primar oder bisher ausschliefilich warenorientierten Formaten festzustellen, so Versicherungen, Kurzreisen, Telekommunikationsleistungen (auch einschliefilich der materiellen Produkte wie Handys u.A.) (Zentes/Morschett 2004). Beglinstigt oder gar ausgelost wird auch diese Entwicklung durch ein entsprechendes Konsumentenverhalten: Eine zunehmende Wechselbereitschaft - auf der Produkt- wie auf der Einkaufsstattenebene -, die Suche nach Abwechslung („Variety Seeking") sind

11

Joachim Zentes

die verhaltensbezogenen Ausloser dieser Perspektive (Zentes/Schramm-Klein/Neidhart 2005, S. 53ff.).

2

Strategische Optionen des Handels

2.1

Vom „verlangerten Arm" der Industrie zur Retail-Brand

Parallel zu dem im vorangegangenen Abschnitt diskutierten Wandel der Erscheinungsformen des Handels vollzog sich und vollzieht sich weiterhin ein fundamentaler Wandel in der Stellung und in der Bedeutung des Handels in der Wertschopfungskette wie gleichermafien ein Wandel im Bewusstsein und im Selbstverstandnis der Handelsunternehmen (vgl. hierzu auch die Beitrage in Dichtl/Lingenfelder 1999). Spielte der Handel in den so genannten Wirtschaftswunderjahren, die in der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg zunachst durch eine Verkaufermarktsituation gekennzeichnet waren, bis zum Auslaufen der „Preisbindung der Zweiten Hand" eine eher passive Rolle in dem Marketing-Mix der Hersteller, so als passiver Distributionskanal, so emanzipierte sich der Handel zunehmend. Insbesondere fuhrte das Preisbindungsverbot zu einem starken Wachstum der innovativen, preisaggressiven Betriebstypen und wirkte zugleich als Katalysator auf Konzentrationstendenzen, so durch Akquisitionen und Fusionen. Als Folge des „erstarkten" Handels zeichnete sich bereits in den achtziger Jahren ein fundamentaler Wandel in der Bedeutung des Handels ab. So strebte der Handel zunehmend die Marketingfuhrerschaft in der Wertschopfungskette an (vgl. Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 243ff. und die dort angegebene Literatur). Diese strategische Stofirichtung fuhrte zu einer verstarkten Profilierung am Markt, so durch Handelsmarken auf der Produkt- bzw. Sortimentsebene (Liebmann/Zentes 2001, S. 414ff.), zu einem eigenstandigen kommunikativen Marktauftritt, so in der Werbung und in der Ladengestaltung, und „gipfelte // in Retail-Branding als Ausdruck einer ganzheitlichen, eigenstandigen Perspektive (vgl. hierzu die Beitrage von Bruhn, Weinberg/Purper, Groppel-Klein, Foscht/Angerer und insbesondere Morschett im Fiinften Kapitel). Die auch weiterhin zunehmende Professionalisierung des Handelsmarketing, die auch als Gegenbewegung (im Sinne einer „balance of power") die aufgezeigten Vertikalisierungstendenzen der Industrie ausgelost hat, zeigt sich gleichermaSen in einer Neuorientierung der Sortimentspolitik wie auch der Kundenpolitik. Durch eine strategische Ausrichtung der Sortimentspolitik im Sinne des Category-Managements und der

12

Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstrategien

Kundenpolitik im Sinne eines Customer-Relationship-Managements soil eine Alleinstellung bzw. eine Einzigartigkeit im Vergleich mit den Konkurrenten erreicht werden (vgl. hierzu die Beitrage von Schroder/Rodl und Liebmann/Gruber im Fiinften Kapitel).

2.2

Vom lokalen Handler zum Global Player

Die im voran gegangenen Abschnitt skizzierte , / emanzipatorische // Entwicklung des Handels zeigt sich zugleich aus einer anderen Perspektive. War der Handel in den funfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts vorrangig lokal oder hochstens regional orientiert, so setzte in den siebziger Jahren durch eine verstarkte Filialisierung eine Herausbildung nationaler Handelsorganisationen ein. Erst gegen Ende der siebziger Jahre begannen einige GroBunternehmen des Handels mit der systematischen Erschliefiung von auslandischen Absatzmarkten (Lingenfelder/Lauer 1999, S. 48ff.; vgl. auch Zentes/Swoboda 1998a). Das vergleichsweise geringe Auslandsengagement deutscher Einzelhandelsunternehmen bildete dabei in Europa keineswegs eine Ausnahme: „Landerubergreifende Einzelhandelsaktivitaten gehorten in Europa bis Mitte der siebziger Jahre eher zu den Ausnahmen" (Lingenfelder/Lauer 1999, S. 48). Heute kann die Internationalisierung oder gar die Globalisierung des (Einzel-)Handels als eine der zentralen strategischen Stofirichtungen eingestuft werden. Durch Filialisierung und/oder durch Mergers & Acquisitions entwickeln sich bisher regional oder national tatige Handelsunternehmen zu Global Playern, was auch im internationalen Kontext nicht nur eine Wettbewerbsverscharfung mit sich bringt, sondern auch eine zunehmende Konzentration (vgl. hierzu den Beitrag von Lingenfelder im Dritten Kapitel).

2.3

Vom Einkauf zum Supply-Chain-Management

Wahrend ein absatzmarktorientiertes „ Going International" fur Handelsunternehmen vergleichsweise neu ist, kennt der Handel eine internationale oder gar globale Beschaffungsmarktorientierung - heute meist als Global Sourcing bezeichnet - seit vielen Jahrzehnten oder gar seit vielen Jahrhunderten (Zentes/Swoboda 1998a, S. 4f.): Auf den Beschaffungsmarkten agiert der Handel als ein Global Player (vgl. hierzu auch den Beitrag von Rudolph/Loos im Sechsten Kapitel). Dennoch zeichnen sich auch auf diesem Feld weit reichende Veranderungen ab. Sie reichen von der verstarkten Elektronisierung/Virtualisierung der Beschaffung (EProcurement) bis zu einem Wandel von transnationalen zu relationalen Interaktionsformen mit den Lieferanten im Sinne eines Supplier-Relationship-Managements

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Joachim Zentes

(Bartsch 2004; vgl. auch den Beitrag von Toporowski/Zielke im Sechsten Kapitel), flankiert durch neue IT-gestiitzte Verfahren des Supplier-Performance-Measurements (Zentes/Knorr 2004). Parallel zu der bereits diskutierten absatzmarktorientierten („ down-stream") Emanzipationsstrategie, die in Konzepten wie Retail-Branding miindet, zeichnet sich eine „up-stream"-orientierte Fiihrerschaftsstrategie des Handels ab, so das Streben nach Logistikfiihrerschaft, das mit einem verstarkten Insourcing logistischer Aktivitaten gekoppelt ist (vgl. hierzu Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 244 und die dort angegebene Literatur sowie Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005, S. 19; vgl. auch die Beitrage von Kolodziej und Prumper/Pohl/Thoms im Sechsten Kapitel). Moderne Logistikkonzepte werden heute - bei Industrie- wie Handelsunternehmen nicht nur aus der unternehmensinternen Perspektive gesehen bzw. realisiert, sondern aus einer unternehmensubergreifenden Perspektive, die auf eine Gesamtsystemoptimierung im Sinne des ECR-Konzeptes abzielt. Derartige Logistikkonzepte, die letztlich zu einer Auflosung von Unternehmensgrenzen fuhren, werden heute meist als Supply-Chain-Management-Konzepte bezeichnet (vgl. hierzu den Beitrag von Seifert im Sechsten Kapitel); sie stellen die Grundorientierung aller modernen Losungen im Handel dar. Die kooperative Sichtweise, die derartigen Konzepten inharent ist, steht dabei nicht im Widerspruch zur aufgezeigten Stofirichtung der Logistikfiihrerschaft. Auch unter dem steuernden Einfluss eines Akteurs lassen sich Win-Win-Situationen in einer unternehmensubergreifenden Wertschopfungskette erzielen. Sicherlich besteht dabei die grundsatzliche Gefahr, dass es unter opportunistisch gepragten Machtaspekten, was nicht gleichzusetzen ist mit der koordinierenden Funktion eines fokalen Netzwerkakteurs, zu Ineffizienzen in der Wertschopfungskette durch die nicht vollstandige Ausschopfung der Effizienzsteigerungspotenziale kommen kann.

2.4

Vom Einzelkampfer zum Netzwerk-Akteur

Die aufgezeigten unternehmensubergreifenden Formen des Supply-ChainManagements - in ahnlicher Form werden zunehmend auch vertikal-kooperative Konzepte des Category-Managements diskutiert - leiten iiber zur generellen Frage kooperativer Arrangements im Handel. So haben in den letzten Jahren nicht nur vertikal-kooperative Losungen an Bedeutung gewonnen, sondern auch horizontale Kooperationskonzepte. Wenngleich horizontale Kooperationen, so in Form von Einkaufsgenossenschaften, eine rund 150-jahrige Tradition haben (vgl. hierzu den Beitrag von Siebert/Veltmann im Dritten Kapitel), so zeichnen sich sowohl eine Zunahme derartiger Kooperationssysteme als auch eine verstarkte Intensivierung der Zusammenarbeit in diesen Systemen ab, die zugleich zu veranderten Entscheidungsprozessen und

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Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstrategien

-strukturen fuhrt (vgl. hierzu IBB/Institut fur Handel & Internationales Marketing 2003). Zugleich zeigen sich die bereits angesprochenen Tendenzen einer zunehmenden, wettbewerbsbedingten Auslese und damit Konzentration auch auf der Ebene kooperativer Gruppierungen: „Kooperation der Kooperationen", Akquisitionen und Fusionen sind die Folge dieses Prozesses (vgl. hierzu auch Olesch 1998). Waren in der Vergangenheit die Initiatoren und Akteure horizontaler Kooperationen im Handel in erster Linie kleine und mittlere Unternehmen, die auf dem Weg der Kooperation einen Nachteilsausgleich anstrebten, so zeichnet sich seit einigen Jahren auch eine verstarkte Allianzbildung von Grofiunternehmen des Handels ab (vgl. hierzu Liebmann/Zentes 2001, S. 287ff.; Zentes/Swoboda/Morschett 2005a).

2.5

Von Daumenregeln zu Business-lntelligenceTools

Die skizzierte Professionalisierung des Handels schlagt sich nicht nur in modernen Marketing- und Logistikkonzepten nieder, sondern auch auf der Ebene von Managementsystemen, so Organisationsformen, Human-Resource-Modellen u.A. (vgl. hierzu die Beitrage von Mattmuller/Tunder und Keller im Siebenten Kapitel). Voraussetzung moderner Marketing- und Logistik- sowie Managementlosungen ist die Verfiigbarkeit der relevanten Daten, die iiber IT-Systeme, so insbesondere in Form von Warenwirtschaftssystemen, bereitgestellt werden und Verfahren oder Methoden, mit deren Hilfe Entscheidungen unterstiitzt werden konnen. Gerade auf diesem Feld hat sich in den letzten Jahren ein fundamentaler Wandel vollzogen. Dies gilt einerseits hinsichtlich der Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen (von elektronischen Artikelerfassungssystemen am Wareneingang wie an der Kasse iiber Datenlibertragungsnetze bis zu Data-Warehouse-Losungen) als auch andererseits bzgl. IT-gestiitzter Tools. Die heute im Handel bereits anzutreffenden Systeme ermoglichen nicht nur eine Perfektionierung traditioneller Controllingkonzepte, sondern auch einen Aufbau neuerer Konzepte des Performance-Managements (vgl. hierzu die Beitrage von Hurth und Neidhart/Morschett/Biesiada im Siebenten Kapitel). Gleichermafien ermoglichen IT-gestutzte Supportsysteme im Sinne moderner BusinessIntelligence-Losungen Optimierungen des Marketing-Instrumentaleinsatzes, so der Sortimentspolitik, der Preispolitik, der Werbepolitik (vgl. hierzu den Beitrag von Lehnert/Hiiffer im Siebenten Kapitel). Das Spektrum der Losungen reicht dabei aus methodischer Sicht von traditionellen Methoden bis hin zu Methoden aus dem Bereich der Kimstlichen Intelligenz (KI) (Zentes 2004b; Rufi/Schwaiger/Stahmer 2004). Dennoch bleibt festzuhalten, dass selbst

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Joachim Zentes

Verfahren der Kiinstlichen Intelligenz weder den „gesunden Menschenverstand" noch Erfahrungswissen in Form eines „Bauchgefuhls" vollstandig ersetzen konnen; Business-Intelligence-Verfahren ermoglichen jedoch eine Objektivierung und damit auch eine intersubjektive Fundierung zu treffender Entscheidungen, da in einer zunehmend komplexer werdenden Welt einfache Heuristiken alleine nicht mehr geniigen. Diese Entwicklungen ermoglichen eine Informationsdominanz des Handels gegeniiber der Industrie, die das Streben nach Marketingfuhrerschaft begiinstigt, wenngleich die Informationsdominanz heute noch meist bei der Industrie liegt (Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005, S. 18ff.).

3

Politisch-rechtliche und gesellschaftliche Entwicklungen und ihr Einfluss auf die Handelsdynamik

3.1

Von Regulierung zu Liberalisierung

Der Handel war und ist in Deutschland durch eine Vielzahl von spezifischen Gesetzen und Verordnungen in seinen Aktivitaten eingeschrankt (vgl. hierzu den Beitrag von Wenzel in diesem Kapitel). Wie bereits erwahnt, bildete die Aufhebung der „Preisbindung der Zweiten Hand" zum 01. Januar 1974 einen Meilenstein in der Entwicklung des Handels. Einen weiteren Meilenstein stellte die Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung zum 01. August 2001 dar, die den preis- und konditionenpolitischen Handlungsspielraum innerhalb der Grenzen des nach wie vor geltenden UWG mafigeblich erweiterte und neben rabattpolitischen Instrumenten neue Formen der Kundenbindung in Form von Loyalitatsprogrammen eroffnete, wie sie bspw. bei Fluggesellschaften bereits iiblich und auch zulassig waren (z.B. das „Miles & More"Programm der Lufthansa). Weit reichende Veranderungen haben sich gleichermafien im Bereich der Ladenoffnungszeiten ergeben. Kaum ein handelsrelevantes Gesetz wurde iiber eine so lange Zeit so intensiv und kontrovers diskutiert wie das Ladenschlussgesetz; diese Diskussion, an der sich alle gesellschaftlich relevanten Gruppen stets aufierst engagiert beteiligten, halt bis heute an. Absehbar ist - diese Position wird im politischen Raum zunehmend vertreten - eine schrittweise vollige Liberalisierung im Sinne einer Aufhebung des Ladenschlussgesetzes, was zunachst Offnungszeiten wahrend der Nacht und mittelfristig auch an Sonn- und Feiertagen ermoglichen wiirde.

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Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstratesien

Vor dem Hintergrund des in Deutschland gegebenen Overstoring und der - auch demografisch bedingt - eher stagnierenden oder gar riicklaufigen kunftigen Einzelhandelsentwicklung ist jedoch zu fragen, ob eine weitere Liberalisierung - jedenfalls zum gegenwartigen Zeitpunkt - zweckmafiig ware, da damit letztlich eine Expansion der verfugbaren Kapazitaten einherginge, betrachtet man die „verfugbaren Verkaufsflachenstunden" als Mafi (Zentes 2004a). Damit ist zugleich eine wesentliche binnenhandelspolitische Frage angesprochen, die Frage der Flachenverfugbarkeiten bzw. der Standorte. Auch in diesem Handlungsfeld war und ist der Handel stets durch raumordnungs- bzw. bauplanungsrechtliche Vorschriften eingeengt, da die Entwicklung des Handels stets mit der Entwicklung der Stadte, so insbesondere der Innenstadte, der Siedlungs- und Verkehrsstrukturen eng verbunden ist (vgl. Zentes/Swoboda 1999; vgl. hierzu auch die Beitrage im Achten Kapitel). Von besonderer Bedeutung war und ist in diesem Kontext die Baunutzungsverordnung (Bau NVO) und hier insbesondere §11 Absatz 3, der mafigeblich zur Expansion der Discounter in Deutschland beigetragen hat, ohne dies intendiert zu haben. Wenngleich in einer Situation eines bereits bestehenden Overstoring in einem enormen Ausmafi sicherlich nichts fur eine „Aufweichung" des Baurechtes spricht, etwa fur die Anhebung der Grenze von 1.200 m 2 Geschossflache, so sind dennoch Forderungen der Supermarktbetreiber nachzuvollziehen und zu unterstutzen, die mindestens eine „flexiblere Handhabung" der geltenden Bau NVO fordern, um einen Nachteilsausgleich gegemiber Discountern, denen 800 bis 1.200 m 2 Verkaufsflache geniigen, zu erzielen, da Supermarkte als Vollsortimenter ebenerdige Verkaufsflachen von mindestens 1.500 m 2 benotigen (Zentes/Schramm-Klein/Neidhart 2005, S. 155ff.). Neben der Wirkung wettbewerbsrechtlicher und bauplanungsrechtlicher Vorschriften auf den Handel, bei denen sich in der Vergangenheit tendenziell eine Liberalisierung abzeichnete, eine Tendenz, die auch weiterhin zu erwarten ist, kann eine weitere Basistendenz herausgestellt werden, die neue Markte (hier: „Handelsmarkte") schafft und damit zum Aufkommen neuer Intermediare, neuer Betriebs- und Vertriebstypen und zur Etablierung bestehender Betriebs- und Vertriebstypen in „neuen Branchen" fuhrt: sektorale Deregulierung. Hierunter ist die (meist schrittweise) Transformation bisher protektionistisch abgeschirmter und in der Folge oftmals monopolistischer Wirtschaftsbereiche in „marktliche Strukturen" zu verstehen. Herauszustellen sind u.a. die neuen Markte der Transporte bzw. Verkehre, der Telekommunikation und der leitungsgebundenen Energien wie Strom und Gas (Morschett 2002). Weitere Bereiche stehen mitten in vergleichbaren Deregulierungsprozessen oder werden in den nachsten Jahren derartigen fundamentalen Transformationen unterworfen, so der Gesundheitsbereich (z.B. die Arzneimitteldistribution), die Bereiche Wasser und Entsorgung (Zentes 2002, S. 9).

17

Joachim Zentes

Die sektorale Deregulierung bringt - wie bereits erwahnt - die Einschaltung neuer Intermediate mit sich; so etablieren sich „Energiegrofihandler" als neuartige B2BHandler im liberalisierten Strommarkt (vgl. Bernuth 2002). Fundamentale Veranderungen vollziehen sich gleichermafien in der Arzneimitteldistribution. Die bevorstehende vollstandige Aufhebung des Mehrbesitzverbotes und die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes fiihren u.a. zur Etablierung von Kettenapotheken (in Form von Filial- oder Franchise-Systemen), Einkaufsgemeinschaften und zur Sortimentsdiversifikation etablierter Unternehmen, so des Food- und Near-Food-Handels, durch Aufnahme von Arzneimitteln (einschliefilich rezeptpflichtiger Arzneimittel). So sind in dem bereits weit gehend liberalisierten Arzneimittelmarkt in GroSbritannien mehr als die Halfte der insgesamt rund 12.000 Apotheken filialisiert (vgl. zu den veranderten Wettbewerbsstrukturen im Handel den Beitrag von Eggert in diesem Kapitel). Als dritte Liberalisierungs- bzw. Deregulierungsperspektive mit fundamentaler Wirkung auf den Handel kann die zunehmende Offnung von Landern fur grenzuberschreitende Transaktionen herausgestellt werden, so durch die Einbeziehung von Staaten wie China in die WTO-Abkommen oder durch die Extensivierung und Intensivierung regionaler Wirtschaftsraume wie die Europaische Union (vgl. hierzu Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 94ff.). Diese Liberalisierungsschritte eroffnen Handelsunternehmen sowohl auf der Beschaffungs- als auch auf der Absatzseite die Option einer weiter gehenden Internationalisierung oder gar Globalisierung.

3.2

Vom monistischen Gewinnstreben zur bkologischen und sozialen Verantwortung

Die im Zweiten Abschnitt dieses Beitrages angesprochene Orientierung des Handels im Sinne einer Marketing- und Logistikfuhrerschaft, die mit einem „up-stream"- und „down-stream"-orientierten Ausbau seines Wertschopfungsanteils einhergeht und sich u.a. in der Entwicklung und Produktion von Eigenmarken niederschlagt, ist zunehmend auch Ausdruck eines Bewusstwerdens der okologischen und sozialen Verantwortung der Handelsunternehmen bzgl. ihres Handelns. War in der Vergangenheit das Zielsystem meist monistisch gepragt, in dem Sinne, dass ausschliefilich unternehmerische Gewinninteressen verfolgt wurden, so findet sich zunehmend eine Ausweitung im Sinne einer Stakeholder-Orientierung (vgl. hierzu Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 75ff.). In dieser Stakeholder-Orientierung driicken sich nicht nur die Beachtung der Interessen der „ublichen" Anspruchsgruppen wie die der Lieferanten, der Kunden und der Mitarbeiter (bzw. ihrer Vertretungen) aus, sondern die der natiirlichen Umwelt oder der „Menschheit // in einem sehr weit gehenden Verstandnis.

18

Dynamik des Handels - Perspektiven und Zukunftsstrategien

Sicherlich muss jedoch an dieser Stelle betont werden, dass auch „monistisches Gewinnstreben" des Handels stets positive soziale Effekte hatte. Beispielsweise haben die preisaggressiven Discounter bei uberdurchschnittlichen Umsatzrenditen, d.h. hohen Gewinnmargen, wesentlich zur Steigerung der realen Kaufkraft der Verbraucher beigetragen. Wenn im Folgenden von einer verstarkten okologischen und sozialen Verantwortung des Handels im Sinne einer „ Corporate Social Responsibility" gesprochen wird (Scholz/Zentes 2005, S. 18), dann ist damit die Ausweitung des unternehmerischen Zielsystems gemeint, d.h. die Schaffung eines pluralistischen Zielsystems, das auch mit Gewinnzielen konfligierende Ziele einschliefit. Ethische Aspekte, so hinsichtlich menschlicher Arbeit (z.B. Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten, Arbeitslohne, insbesondere in Entwicklungslandern), Fragen der Nachhaltigkeit und damit des Umweltbzw. Ressourcenschutzes, Fragen des Tierschutzes (z.B. artgerechte Aufzucht, schonende bzw. „stressfreie" Transporte) erreichen in einem derartigen Verstandnis okologischer und sozialer Verantwortlichkeit einen Stellenwert, den bislang okonomische Ziele wie Gewinnstreben, Sicherung der Wettbewerbsposition des Unternehmens u.A. allein innehatten. Als „Pioniere" konnen in diesem Kontext der deutsche Drogeriemarktbetreiber dmdrogerie markt und die Schweizer Coop herausgestellt werden. So ist bei dm-drogerie markt in der Unternehmensphilosophie verankert: „Wir sehen als Wirtschaftsgemeinschaft die standige Herausforderung, ein Unternehmen zu gestalten, durch das wir (...) als Gemeinschaft vorbildlich in unserem Umfeld wirken wollen". Die Schweizer Coop, die bereits seit 1993 die okologisch- und sozial-orientierten Kompetenzmarken-Programme „Naturaplan", „Naturaline" und „Max Havelaar" (FairTrade-Produkte) fuhrt, veroffentlichte 1996 ihren ersten Umweltbericht (CoopUmweltbericht 1995) und 2004 ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht. Die dahinter stehende ethische Verantwortung des Unternehmens kommt in der Einfuhrung zu diesem Bericht von Anton Felder (Prasident des Verwaltungsrates) und Hansueli Loosli (Vorsitzender der Geschaftsleitung) klar zum Ausdruck: „Der Verwaltungsrat und die Geschaftsleitung fuhlen sich der Nachhaltigkeit verpflichtet - dem Handeln also, das neben okonomischen auch die okologischen und sozialen Aspekte einbezieht".

4

Ausblick

Wenngleich in kompetitiver werdenden Markten das Bewusstsein fur „Social Responsibility" und die Umsetzung von ethischen Standards eher schwieriger wird, solange diesbeziiglich kein Konsens bei alien Akteuren im Handel herrscht, so konnen dennoch dieser Wandel von monistischen zu pluralistischen Zielsystemen und die damit

19

Joachim Zentes

verbundenen Handlungsweisen als wiinschenswert eingestuft werden, weil nicht zuletzt - wie gerade die aufgezeigten Fallbeispiele dm-drogerie markt und Coop verdeutlichen - Unternehmen sich dadurch auch Wettbewerbsvorteile erarbeiten konnen, die ihrerseits nachhaltig, d.h. nicht einfach zu kopieren, sind: „Langfristiger Erfolg am Markt ist nur mit nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen moglich. Nachhaltigkeit gehort zum Selbstverstandnis von Coop. Mit dem personlichen Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und mit dem Einsatz unserer Geschaftspartner vollbringen wir Spitzenleistungen und erreichen nachhaltige Resultate - okonomisch, okologisch und sozial" (Coop 2004).

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22

1 Der Verbraucher 2010/15 unterscheidet sich ganz erheblich vom heutigen

25

2 Der Verbraucher 2010/15 verhalt sich vollig anders

29

3 Der Verbraucher 2010/15 hat vollig andere Nachfragestrukturen als der heutige.. 33 4 Das Wachstum des Handels bleibt auf Jahre gering - aber der Wettbewerb erreicht abnorme Ausmafie

36

5 Power-Retailer erobern die Markte: Vertikalisten, Discounter und Systeme; Discounter werden Marktfuhrer

42

6 Grofie ist viel - Kompetenz ist mehr

46

Literatur

Dipl.-Kfm. Ulrich Eggert ist Handel- und Trendspezialist der BBE Unternehmensberatung GmbH, Koln.

Wettbewerbliches Umfeld - Konsumenten, Lieferanten, Konkurrenten

1

Der Verbraucher 2010/15 unterscheidet sich ganz erheblich vom heutigen

Das ist sicherlich keine fundamental neue Aussage, aber sie hat sehr viele verschiedene Facetten und ungeheure Konsequenzen fur die Nachfrage im Handel und die Lieferanten. So wie die Einwohnerzahlen in der nachsten Zeit noch leicht steigen werden auf ca. 83-84 Mio. Einwohner hochstwahrscheinlich - droht jedoch ab 2010 Stagnation und spater ein allmahlich ansteigender Riickgang der Bevolkerung. 15-20 % der Bevolkerung werden diejenigen sein, die wir heute siiffisant „Auslander" oder „Zuwanderer" nennen, in manchen Stadten werden diese Gruppen eine GroBenordnung von 40 % erreichen mit der Gefahr der „Tribisierung", was nichts anderes bedeutet, als dass diese Gruppen, wenn sie nicht integriert werden, sich verkapseln gegen den Rest der Welt. Senioren nehmen allmahlich uberhand, ebenso die Singles, wohingegen sich die Arbeitslosigkeit abbauen wird und sei es allein durch die Uberalterung der Gesellschaft. Auf Grund langerer Ausbildungszeiten tritt man immer spater in das Berufsleben ein und auf Grund spater Eheschliefiung werden die ersten Kinder i.d.R. dann geboren, wenn die Frauen ein Alter von 30 Jahren uberschritten haben. Es wird immer mehr berufstatige Frauen, auch im Alter, und damit Doppelverdiener in den Haushalten geben. Auf der einen Seite werden wir ein hohes Erbvermogen in der Summe verzeichnen konnen, aber auf der anderen Seite werden die Rentenproblematik und die Probleme der Sozialkassen immer mehr zunehmen. Die Ausgaben verlagern sich immer starker in den Dienstleistungsbereich und auch die Arbeitskultur wird sich erheblich wandeln: die neue Arbeit wird durch vielfachen Wechsel und auch durch mehrere Paralleljobs und standige Fortbildung gekennzeichnet sein. Dabei sind folgende Kennzeichen bzw. Strukturen charakteristisch fur die Verbraucher im Jahre 2010: knapp 83-84 Mio. Einwohner; ab 2010 Stagnation und ansteigender Riickgang ca. 15-20 % Zuwanderer/Auslander (in manchen Stadten 40 % - Gefahr der „Tribisierung") Senioren-Gesellschaft - 26%uber60Jahre - 18 % unter 20 Jahre steigende Lebenserwartung und gute Finanzlage Single-Haushalte: uber 40 %, in manchen Stadten liber 50 % noch immer hohe Arbeitslosigkeit (6-7 %) und 3-Klassen-Gesellschaft lange Ausbildungszeiten mit spatem Eintritt in das Berufsleben hohes Alter bei Eheschliefiungen 25

Ulrich Eggert



hoher Anteil berufstatiger Frauen, auch im Alter: viele Doppelverdiener



umfangreiches Erbvermogen



Rentenproblematik/Sozialkassen



hohe DL-Ausgaben: Ausbildung, Miete, Information, Verkehr, Unterhaltung.

Die Konsequenz daraus ist eine immer starkere Singlesierung der Haushalte (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1:

Quelle:

Haushaltsgrofie in Deutschland und Altersstruktur der Ein-PersonenHaushalte

Eggert 2005, S. 6.

Demnachst werden mehr als 40 % aller Haushalte Ein-Personen-Haushalte sein, dieser Zustand ist bereits heute in Koln, Frankfurt und Berlin langst erreicht. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um die viel geriihmten Yuppies, die Young-UrbanProfessionals, sondern es ist leicht festzustellen, dass die Mehrheit aller Ein-PersonenHaushalte liber 55 Jahre alt und wiederum mehrheitlich weiblich ist. Konsequenterweise werden ohne Nachwuchs die Bevolkerungszahlen sinken. Naturlich wird die Bevolkerungsentwicklung auch durch die Anzahl der Zuwanderer beeinflusst, aber Abbildung 2 macht deutlich, dass wir jahrlich einen Zuwanderungsiiberschuss von 500.000 Personen haben miissten, um bis 2050 in etwa die gleiche Einwohnerzahl wie heute halten zu konnen.

26

Wettbewerbliches Umfeld - Konsumenten, Lieferanten, Konkurrenten

Abbildung 2:

Quelle:

Langfristige Bevolkerungsentwicklung bei unterschiedlich hoher Zuwanderung (in Mio.)

Eggert 2005, S. 7.

Wahrscheinlich ist jedoch, dass der Zuwanderungsuberschuss in dieser Zeit zwischen 100.000 und 200.000 Personen pro Jahr im Durchschnitt liegen wird, was bedeutet, dass die Gesamteinwohnerzahl Deutschlands bis 2050 auf unter 70 Mio. Einwohner absinken wird. Diese naturliche Nachfragebeschrankung auf Grund der Bevolkerungsentwicklung wird erganzt durch eine mangelnde Dynamik der Einkunfte vor alien Dingen in den nachsten Jahren. Tabelle 1 verdeutlicht, dass bereits von 1991 bis 2003 die Nettorealeinkiinfte in Deutschland im Durchschnitt leicht gesunken sind. Das hatte bisher schon zur Konsequenz, dass der Handelsumsatz in dieser Zeit praktisch nicht gestiegen, sondern mehr oder weniger gleich geblieben ist. In der realen Betrachtung sind sogar eher leichte Rlickgange zu verzeichnen.

27

Ulrich Eggert

Tabelle 1:

Quelle:

Veranderung der Nettoverdienste je Arbeitnehmer in Prozent

Eggert 2005, S. 8.

Fur die Zukunft wird viel davon geredet, dass man entweder fur das gleiche Geld mehr arbeiten will bzw. soil oder aber, dass die Einkunfte und damit die Lohne leicht sinken sollen. Damit ist keineswegs eine Trendwende der Entwicklung der neunziger Jahre zu erwarten, im Gegenteil: Die finanziellen Mittel dieses Staates werden immer knapper und er versucht, immer mehr Leistungen direkt auf die Bevolkerung abzuwalzen. Das gilt insbesondere fur die Renten-, Gesundheits- und Arbeitslosenvorsorge. Die neue Parole heifit „Vorsorge statt Konsum!". Deshalb wird in Zukunft nicht mehr von der Entwicklung der Nettorealverdienste geredet, sondern von den Einkiinften nach Steuern, nach Preissteigerung und nach privater Vorsorge. Dieser Wert diirfte auf jeden Fall in den nachsten Jahren sinken, sodass fur die Handelsnachfrage immer weniger Einkommen zur Verfiigung steht. Damit ist bis 2010/15 dem Handel die Wachstumsbasis durch steigende Einkommen entzogen, lediglich das leichte Bevolkerungswachstum konnte einen gewissen Ausgleich bringen. Dieses schlagt jedoch ab 2015 in das Gegenteil um, sodass damit zu rechnen ist, dass die Handelsumsatze in Deutschland nie mehr iiber die alten Werte hinaus steigen.

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Wettbewerblkhes Umfeld - Konsumenten, Lieferanten, Konkurrenten

Doch wie immer gibt es auch die andere Seite der Medaille: Weil das Gesamtvermogen permanent auf Grund der allgemeinen Wertentwicklung steigt, wird sich auch das jahrliche Erbschaftsvolumen Schritt fur Schritt weiter erhohen. Deutschland ist und bleibt wohl ein reiches Land, allein 4 Bill. EUR reines Geldvermogen liegen in privaten Handen. Hinzu kommen die Immobilien, die Firmenwerte, die Rentenwerte usw. Von diesem Gesamtvermogen wurden alleine 2003 170 Mrd. EUR vererbt, mit weiterhin steigender Tendenz. Das Problem liegt jedoch darin, dass der durchschnittliche deutsche Erbe bereits iiber 59 Jahre alt ist. Das bedeutet, dass i.d.R. Rentner an „Beinahe-Rentner" vererben. Beiden Gruppen ist jedoch gemeinsam, dass sie meinen, alles das, was man fur das Leben braucht, schon langst gekauft zu haben. Sie neigen deshalb tendenziell dazu, von Jahr zu Jahr immer weniger einzukaufen, wenn auch immer qualitativ hoherwertiges und immer mehr Dienstleistungen. Sie meinen jedoch auch zusatzlich, dass es fur das eigene Wohlbefinden wie auch vor alien Dingen das der Nachkommen durchaus angenehm ist, vom eigenen Vermogen wiederum ausreichend zu vererben. Deshalb wird ererbtes Vermogen verstarkt gut angelegt, um rechtzeitig ein neues Vermogen zur Verfugung zu haben, das an die dann eigenen (Senioren-)Nachkommen vererbt werden kann. Banken und Versicherungen haben den Wettkampf um das Geld der Verbraucher langst gewonnen, Handel und Industrie sind die Verlierer dieser Entwicklung.

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Der Verbraucher 2010/15 verhalt sich vollig anders

Der Mensch hat im Laufe der Zeit hinsichtlich seiner Nachfragestrukturen einen erheblichen Wandel durchgemacht. Wahrend des Agrarzeitalters wurden v.a. Agrarprodukte gekauft, um leben zu konnen. Das industrielle Zeitalter verfuhrte zum Konsumieren von Konsumgutern. Heute ist man mehr diensteorientiert, d.h., man will besser leben und kauft deshalb v.a. Services und Dienstleistungen ein. Diejenigen jedoch, die es sich leisten konnen, wollen heute im postindustriellen Zeitalter v.a. Spafi haben und leisten sich Erlebnisse u.a. Dinge. Doch was kommt danach? Der Mensch will sich immer mehr selbst verwirklichen, selbst darstellen und dazu versucht er, sich seine Wimsche und Traume immer mehr zu erfiillen. Damit steigt in der Entwicklung der Wertschopfung die Individualisierung immer starker an, die Nachfrage wird komplexer und immer weniger konkret. Doch was ist heute? Der Verbraucher hat zwar weiterhin im Prinzip ausreichend Geld in den Handen, aber man flirchtet um die Zukunft und versucht, immer mehr Vorsorge zu treffen. Das bedeutet, dass zumindest im Kopf trotz hohen Einkommens immer

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Ulrich Egbert

weniger zur Verfiigung steht. Deshalb versucht der Konsument sich smart zu verhalten. Das bedeutet nichts anderes, als dass er seine Geldausgaben strategisch steuert. Auch der Konsument mit durchschnittlichem Einkommen mochte sich immer wieder etwas Angenehmes leisten, er mochte mit den „Reichen" mithalten konnen. Doch wie erreicht er das?

Abbildung 3:

Quelle:

Wertschopfung der Zukunft

Eggert 2005, S. 12.

Er gibt schlicht und ergreifend auf der einen Seite strategisch moglichst wenig Geld aus, um auf der anderen Seite moglichst viel zur Verfiigung zu haben. Er geht morgens zum Discounter, kauft dort Haushaltsrollen, Toilettenpapier, Aluminiumfolie und Grundnahrungsmittel, abends jedoch geht er ins Restaurant oder kauft sich fur das Friihstuck Parmaschinken und Champagner fur den wochentlichen Brunch. Prinzipiell existieren heute drei verschiedene Kaufertypen: •

Den Qualitatskaufer, der es sich leisten kann, viel Geld fur seine Einkaufe auszugeben,



den Schnappchenjager, der einfach sparen muss, weil sein Gehalt nicht reicht sowie

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den Smart-Shopper, der ein mittleres Einkommen hat, aber keineswegs dazu neigt, mittlere Preislagen zu zahlen.

Diese Smart-Shopper machen vielleicht 30 % der Bevolkerung aus und werden sich bis zum Jahre 2010 auf die Halfte der Bevolkerung hochstwahrscheinlich ausdehnen. Sie setzen, wie schon erwahnt, ihr Geld strategisch ein. Das bedeutet, sie sparen auf der einen Seite und sind auf der anderen Seite bereit, sehr viel Geld fur einzelne Dinge auszugeben. Wer zu fruh kauft, den bestraft auch noch das Sonderangebot.

Abbildung 4:

Quelle:

Die drei Grundtypen in der deutschen Konsumbevolkerung

Eggert 2005, S. 14.

Die Konsequenz daraus lautet: Alles, was gut und teuer ist, hat seinen Markt, aber auch alles das, was billig ist, hat seinen Markt. Das heifit auf der anderen Seite, alles das, was in der Mitte ist, hat ein Problem: Niemand mochte es gerne haben. Die Mitte ist tot, wer Erfolg haben will im Handel, der muss zusehen, dass er aus der Mitte herausfliichtet. Doch wohin? Nach unten in die Discount- und Trashmarkte? Dort sitzen schon Aldi, Lidl und Co. Nach oben, in die Luxus- und Statusmarkte? Auch dort sind schon reichlich Anbieter vorhanden, die weltweit agieren und dieses Geschaft bestens verstehen. Aber es gibt noch andere Felder fur die Flucht aus der

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Ulrich Eggert

Mitte, z.B. auf das Feld von Erlebnis, Entertainment, Spafi und „Halligalli", also Markte fur die jungen Leute.

Abbildung 5:

Quelle:

Polar isierung der Markte

Eggert 2005, S. 14.

Auf der anderen Seite sind es jedoch die Convenience- und Dienstleistungsmarkte, also Betreuen, Beraten und individuell auf den Kunden zugehen. Damit sind insbesondere Senioren ansprechbar, da sie sich weniger der Masse verbunden fuhlen und auch liber das Geld verfiigen, um sich Dienste und Services leisten zu konnen.

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Abbildung 6:

Quelle:

Marktevolution: Die vier „Fluchtachsen " aus der Mitte

Eggert 2005, S. 16.

Der Verbraucher 2010/15 hat vollig andere Nachfragestrukturen als der heutige Ein Blick in die Historie der Abbildung 7 macht klar, dass die Wirtschaft in den verschiedenen Zeitaltern vollig unterschiedlich organisiert war. In der Agrarkultur haben Naturproduzenten ihre Giiter mehr geerntet, die Wirtschaft war „naturlich". In der industriellen Kultur standen dann Produzent und Handler im Vordergrund, die ihre Waren standardisiert produzierten. Die spatindustrielle Kultur ging liber zum kundenorientierten Verhalten, d.h., Dienstleistungen spielten eine Rolle und die Ware wurde dem Abnehmer geliefert. Im heutigen Wissenszeitalter geht es jedoch vor alien Dingen um Know-how und Kompetenz, die vermittelt werden mussen und die zentrale Eigenschaft der Unternehmen ist ihre Kompetenz. Der zentrale Charakter des Distributeurs ist es, die Leistung zu vermitteln. Doch was kommt in der nachsten Zeit? In der Zukunft geht es darum, Erlebnisse, Selbstverwirklichung und

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Ulrich Eggert

Wohlfuhlen zu inszenieren. Es geht um die personliche Beruhrtheit und derjenige, der die Leistung anbietet, ist mehr ein Arrangeur: Willkommen in der Dream-Society.

Abbildung 7:

Quelle:

Die Zeitalter und ihre Organisationsformen

Eggert 2005, S. 17.

Der entscheidende Unterschied zwischen der Agrarkultur und der heutigen Zeit besteht darin, dass die fruheren Kulturen warenorientiert waren, die heutigen jedoch eher dienstleistungs- und erlebnisorientiert sind. Das sind fundamentale Unterschiede, die sich v.a. im Charakter des Distributeurs bemerkbar machen. Das lauft darauf hinaus, dass der Handel, der die Ware von einem zum anderen bringt, seine Hoch-Zeit bereits hinter sich hat und in Zukunft nur noch eine verminderte Rolle spielt, da andere an seine Stelle treten. Die Entwicklungsgeschichte weist dem Handel kiinftig eine Nebenrolle bei der Versorgung zu. Diese Entwicklung macht sich auch bereits in der relativ kurzen Zeitspanne von 1991 bis 2000 bemerkbar. Anteilig nehmen nur die Konsumausgaben zu, die mehr oder weniger Dienstleistungscharakter haben. Das sind vor alien Dingen Mietzahlungen, Gesundheitspflege, Nachrichtenvermittlung und sonstige Waren und Dienstleistungen, was auch immer sich dahinter verstecken mag, wie z.B. Putzfrauen, Steuerberater usw. Alles das, was gehandelt wird, oder im Handwerk eingekauft wird, geht anteilig in den Verbrauchsausgaben zuriick, Wohnungen und Dienstleistungen werden unverhaltnismaSig stark am Budget anteilig gewinnen. Der „klassische // Handler sitzt auf

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dem falschen Ast des Sozialprodukts: Der Mensch will Dienstleistung, immer weniger reine Warenleistung. Der regelmafiig herausgegebene Deutschlandreport des PROGNOS Institutes, Basel, bringt sehr eindeutige Aussagen liber die Verschiebung der Nachfrage der Verbraucher in den nachsten Jahren, die Details dazu sind in Abbildung 8 und Abbildung9 naher verzeichnet. Insbesondere die Nachfrage nach Dienstleistungen wird zunehmen, die klassische Verbrauchs- und Gebrauchsguternachfrage wird innerhalb des privaten Konsums permanent anteilig zuruckgehen. Der Handel muss seine Sortimente kiinftig vollig neu konzipieren: Tchibo bietet heute bereits Riester-Rente-Produkte und Kredite an. Was hat der „klassische" Handler im Sortiment?

Abbildung 8:

Quelle:

Konsumschwerpunkte der Zukunft - erwartetes jahrliches Wachstum zwischen 2001 und 2020 in Prozent

Eggert 2005, S. 24.

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Ulrich Eggert

Abbildung 9:

Quelle:

Anderung in der Konsumstruktur der Verbraucher (Anted an Gesamtausgaben)

Eggert 2005, S. 24.

Das Wachstum des Handels bleibt auf Jahre gering - aber der Wettbewerb erreicht abnorme Ausmafie Der Handel wird entgrenzt, er verliert alle Grenzen. Das gilt in jeder Beziehung, nicht nur hinsichtlich staatlicher Grenzen (siehe Abbildung 10). In Zukunft wird all das im Handel gemacht, was erlaubt ist - und fast alles wird erlaubt sein. Das Angebot steigt weiter - nur kein Konsument mit Nachfrage wird deshalb zusatzlich geboren. Der Wettbewerb steigt deshalb ebenfalls.

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Abbildung 10:

Quelle:

Der Handel verliert die Grenzen

Eggert 2005, S. 26.

Bei all dieser Entgrenzung der Handler und Warenanbieter darf jedoch nicht vergessen werden, dass der Anteil des Warenabsatzes am privaten Verbrauch immer mehr zuruckgeht - oder genauer gesagt, der Anteil des Einzelhandels, der ja die Waren vertreibt, am privaten Verbrauch. Noch in den sechziger Jahren gab der Deutsche, wenn man ihm 1 DM mehr Einkommen gab, die Halfte davon im Handel aus. Gibt man ihm jedoch heute 1 EUR mehr, fliefien davon vielleicht noch 10-15 Cent in den Handel. Mit anderen Worten: was im Handel gehandelt wird, trifft immer weniger auf die Nachfrage des Verbrauchers. Der Handel muss weit gehend lernen, das Handeln zu vergessen, er muss andere Leistungen bieten, um Umsatz zu erzielen, derm der Umsatz ist zwischen 1992 und 2002 im Handel praktisch nicht mehr gestiegen, zwischenzeitliche Hochs wurden abgebaut.

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Abbildung 11:

Quelle:

Eggert 2005, S. 27.

Abbildung 12:

Quelle:

Anteile des Einzelhandels am Zuzvachs des privaten Verbrauchs

Anteil der Einzelhandelsumsdtze am privaten Verbrauch

Eggert 2005, S. 28.

Diese Uberlegungen standen auch im Vordergrund der umfassenden Szenariostudie, die die BBE Unternehmensberatung kiirzlich zur Entwicklung des Handels erarbeitet hat. Dabei wurde ein Entwicklungskorridor zwischen einer pessimistischen und einer optimistischen Wirtschaftsentwicklung aufgezeichnet, der einen Einzelhandelsumsatz im Jahre 2010 zwischen 311 und 395 Mrd. EUR erwarten lasst. Die wahrscheinlichste

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Entwicklung wird es sein, dass im Jahre 2010 wiederum 365 Mrd. EUR wie auch schon 2002 und 1993 erreicht werden. Nichtsdestotrotz bleibt festzustellen, dass die Investitionslust im deutschen Handel keineswegs nachgelassen hat, wie Abbildung 14 eindrucksvoll dokumentiert. Uber zehn Jahre hinweg zwischen 1992 und 2002 ist der Handelsumsatz nicht gewachsen, in der gleichen Zeit sind jedoch die Verkaufsflachen um fast ein Drittel gestiegen. Das bedeutet nichts anderes, als dass wir heute ein Drittel „heifie Luft" im deutschen Handel haben, die auf die Rendite driicken und den Wettbewerb verscharfen.

Abbildung 13:

Quelle:

Entwicklungskorridor fur den deutschen Einzelhandel i.e.S.

Eggert 2005, S. 29.

Ohne scharfe Restrukturierung lassen sich die Probleme - zu wenig Umsatz auf zu viel Flache - nicht losen, derm die Umsatze werden ja kaum steigen. Hinzu kommt, dass der Direktverkauf der Industrie u.a. Anbieter seit der Wiedervereinigung in Deutschland schneller wachst als der Verkauf im klassischen Einzelhandel. Seit 1991 liegen die Wachstumsraten fur diese Vertriebsform permanent oberhalb der Raten des stationaren Handels. Damit wird die Industrie immer mehr auch zum Mitbewerber des Handels.

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Abbildung 14:

Quelle:

Die Fldchen wachsen - Entwicklung der Einzelhandelsflachen in Mio. Quadratmetern in Deutschland

Eggert 2005, S. 30.

Diese Situation wird dadurch verscharft, dass immer mehr Nichthandler, so genannte Non-Retail-Systems (NRS), auf den Markt treten und Anteile erringen. Multimedia macht es moglich, dass Industrie, Grofihandel und Importeure direkt verkaufen konnen. Aber auch die Bahn tritt mit ihren Bahnhofen massiv als Anbieter an, immerhin stehen 6.000 Bahnhofe fur solche Zwecke zur Verfugung. Die Post verkauft heute nicht nur Briefmarken, sondern auch das Schreibpapier und die Schreibgerate dazu, auch wenn jetzt die Tochtergesellschaft McPaper verkauft worden ist, so werden die Produkte jedoch weiterhin in den Postfilialen angeboten. Speditionen haben erstklassige Logistikvoraussetzungen, um im Warengeschaft mitzumischen, denn eine Waschmaschine ist zu schwer, als dass man sie auf dem Weg vom Hersteller zum Kunden dreimal auf- und abladt. Es ist dem Spediteur ein Einfaches, sie vom Hersteller direkt zum Endverbraucher zu fahren, er muss nur wissen, wo es hingehen soil. Aber auch Kinos, Sportstatten und Erholungslandschaften wollen am Erlebnisdenken der Verbraucher teilhaben und bieten Verkaufsflachen an, um ihre Waren zu verkaufen. Ehemalige Start-up-Gesellschaften wie Amazon sind auf Grund ihrer Kreativitat heute zu wichtigen Anbietern von Waren geworden. Das Angebot wird grenzenlos wachsen - die Preise wohl weniger. Die Rendite sinkt in den Keller. So haben sich heute vollig neue Wettbewerbsdimensionen aufgetan: Jeder steht im Kampf gegen jeden um die Verbrauchsausgaben der Verbraucher - sei es innerhalb der einzelnen Branchen oder auch zwischen verschiedenen Branchen. Genauso wird auf internationaler Ebene um das Geld gefochten, auch zwischen den verschiedenen

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Wirtschaftsstufen. Systeme treten gegen andere Systeme an, seien es nun Filial- oder Franchise-Systeme. Es herrscht absoluter Verdrangungswille und das Ergebnis ist Hyperwettbewerb: Die Nachfrage stagniert, aber immer mehr Anbieter treten auf und die Produkte und Leistungen werden austauschbar und immer schneller werden neue Angebote entwickelt, sodass der Zeitdruck immer grofier wird. Permanent treten Branchenneulinge auf und die traditionellen Anbieter versuchen, sich neu zu positionieren. Branchengrenzen verschwinden und auch Marktgrenzen verandern sich permanent.

Abbildung 15:

Quelle:

Europdische Absatzkandle: Status im Lebenszyklus

Eggert 2005, S. 34.

In diesem Wettbewerbskampf treten permanent neue Trends auf, die die Dynamik Jahr fur Jahr verscharfen. Die Unternehmen versuchen sich zu vertikalisieren, d.h., eine Verbindung zwischen Produktion und Handel herzustellen, und genauso versuchen sie, international aufzutreten. Die Sortimentsgrenzen verwischen und man arbeitet in Systemen, d.h., unterhalb einer Leitstrategie wird ortlich versucht, das Geschaft zu optimieren. Der Handel versucht mithilfe von Technik Personal durch Kapital zu ersetzen und Multimedia ermoglicht vollig neue Absatzformen und damit neue Anbieter. Die Industrie reagiert mit Controlled Distribution, indem sie selbst als Anbieter auftritt. Der Einzelne versucht nicht mehr, alleine zu arbeiten, sondern strategische Allianzen zu bilden, um gemeinsam die Kosten zu teilen oder im Einkauf grofiere Positionen aufzubauen. Dadurch werden Systeme gebildet, die dann gegen andere Systeme antreten.

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