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German Pages 1292 [1296] Year 1968
HANDBUCH DES DISZIPLINARRECHTS für Beamte und Richter in Bund und Ländern
ZWEITER BAND Formelles Disziplinarrecht
Von
DR. ERICH LINDGEN Abteilungspräsident
B E R L I N 1968
WALTER DE GRUYTER & CO. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.
Archiv-Nr. 2250681 Satz und Druck: Walter de Gruyter Sc Co., Berlin 30. Alle Rechte, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten
Vorwort Der zweite Band behandelt in Teil III das formelle Disziplinarrecht. Zunächst werden der Aufbau und die Aufgaben der im Disziplinarrecht vorgesehenen Behörden behandelt; gerade hier soll die ausführliche Darstellung der geschichtlichen Entwicklung das Verständnis für die heutige Disziplinargerichtsbarkeit wecken. Die Abschnitte, die den beschuldigten Beamten und den Verteidiger behandeln, weisen auf den erheblichen Wandel hin, den die Novelle zum Bundesdiszipünarrecht gerade für diesen Personenkreis gebracht hat, wobei nunmehr auch im Disziplinarrecht die Rechtsstaatlichkeit vollauf gewährleistet ist. Während meiner langjährigen Praxis im Disziplinarwesen mußte ich feststellen, daß gerade das Beweisrecht den Verfahrensbeteiligten, vor allem den Dienstvorgesetzten im Vorermittlungsverfahren und den Untersuchungsführern in der Untersuchung, die nach wie vor den Schwerpunkt des Disziplinarverfahrens bildet, soweit es sich um die Aufklärung des Tatbestandes handelt, erhebliche Schwierigkeiten bereitet, zumal oft die forensischen Erfahrungen fehlen und gerade hier die einschlägigen Bestimmungen hauptsächlich in der Strafprozeßordnung zu finden sind, die jedoch durch die Bundesdisziplinarordnung verschiedene Abweichungen erfahren haben. Aus diesem Grunde erschien eine eingehende systematische Darstellung des Beweisrechts angebracht. Gleiches gilt auch für den Einfluß des Strafverfahrens auf das schwebende Disziplinarverfahren, da in zahlreichen Fällen der Beamte bei der Verletzung seiner Dienstpflichten gegen eine strafrechtliche Norm verstößt und er sich zugleich straf- und disziplinarrechtlich zu verantworten hat. Hierbei muß auf die Eigenständigkeit des Disziplinarverfahrens hingewiesen werden, um den Irrtum zu zerstreuen, daß das Disziplinarrecht eine Teildisziplin des Strafverfahrensrechts ist. Bei der Behandlung der Fristen ist ein besonderes Augenmerk auf die Darstellung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerichtet worden, weil, wie die Entscheidungssammlungen der höchstrichterlichen Disziplinarrechtsprechung zeigen, ein erheblicher Teil der Rechtsmittel und Rechtsbehelfe wegen Fristversäumung zurückgewiesen werden muß, was immer wieder zu Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt. Von besonderer Bedeutung sind die obligatorisch vorgeschriebenen Vorermittlungen, weil sie das Disziplinarverfahren einleiten und mit ihnen die meisten Disziplinarfälle auch enden. Gerade die Voraussetzungen, unter denen sie einzuleiten sind, bereiten den Dienstvorgesetzten erhebliche Schwierigkeiten, auf die im vorliegenden Werk deshalb besonders eingegangen wird. Gleiches gilt für die Form und den Inhalt der Disziplinarverfügung, die Beschwerde gegen die Disziplinarverfügung und vor allem für das disziplinargerichtliche Antragsverfahren, dem durch die Erweiterung der BefugIII
Vorwort
nisse der Disziplinargerichte neuerdings eine besondere Bedeutung zukommt. Bei der Darstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens ist besondere Sorgfalt den Ausführungen über die Form und den Inhalt der Einleitungsverfügung, dem Antrag des Beamten auf Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens gegen sich selbst, die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge, die Einstellungsverfügung, die Form und den Inhalt der Anschuldigungsschrift, die Beteiligten in der Hauptverhandlung, den Gegenstand der Urteilsfindung, die Form der Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen, die Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsbelehrung, die Begründung der Berufung und das Berufungsverfahren gewidmet. In Teil IV sind die Besonderheiten im materiellen und im formellen Disziplinarrecht behandelt, das für die unter das Deutsche Richtergesetz und die Länderrichtergesetze fallenden Personen gilt. Der 2. Band war bereits im Umbruch fertiggestellt, als das Gesetz zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. 7.1967 erlassen war. Einerseits mußten die zahlreichen Neuerungen, die der Innen- und der Rechtsausschuß erarbeitet hatten, berücksichtigt werden, andererseits sollte zwecks Einsparung von Druckkosten das Buch schon bezüglich der Seitenzahlen so wenig Änderungen wie möglich erfahren. Wenn aus diesem Grunde noch auf die Bestimmungen der Bundesdisziplinarordnung i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 28. 11. 1952 eingegangen ist, so haben diese zwar keine unmittelbare Bedeutung mehr, doch sind sie insofern notwendig, als ihre Paragraphenfolge den Organen der Disziplinarrechtspflege durchaus geläufig ist und bestimmte Vorstellungen erwecken; zudem stimmt das Länderdisziplinarrecht z. Z. noch weitgehend mit dem bis zum 30. 9. 1967 in Geltung gewesenen Bundesrecht überein, so daß bei der Behandlung des ersteren auf die Bundesdisziplinarordnung i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 28.11.1952 Bezug genommen werden konnte, auf dessen Abweichungen vom geltenden Bundesdisziplinarrecht bei der Darstellung des Disziplinarrechts des Bundes hingewiesen ist. Mit der Zeit wird auch das Länderdisziplinarrecht dem Gesetz zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. 7. 1967 angeglichen werden. Hinzu kommt, daß auch das Bundesdisziplinarrecht mit dem Gesetz vom 20. 7. 1967 noch zu keinem Abschluß gekommen ist, weil die Bundesregierung auf eine Entschließung des Bundestages vom 12. 5. 1967 zu prüfen hat, inwieweit die Disziplinargerichtsorganisation und das disziplinargerichtliche Verfahren in Bund und Ländern weiter vereinfacht und e i n h e i t l i c h geregelt werden können, wobei die Disziplinargerichte in die allgemeinen Verwaltungsgerichte eingebaut werden sollen und für die Bundes- und Länderbeamte eine einheitliche Verfahrensordnung zu erarbeiten ist. Da sich nicht voraussehen läßt, wann dieser Prozeß einmal zum Abschluß kommen wird — es werden voraussichtlich noch viele Jahre vergehen — kann mit der Herausgabe des 2. Bandes des Handbuchs solange nicht gewartet werden. Hierbei muß in Kauf genommen werden, daß in Kürze das eine oder andere Land sein Disziplinarrecht ändern wird. Da dieses voraussichtlich dem geltenden Bundesdisziplinarrecht angeglichen werden wird, wird das Handbuch dem Leser auch dann bei der Auslegung einer Bestimmung eine Hilfe geben. IV
Vorwort
Das Handbuch berücksichtigt das Bundes- und das Länderdisziplinarrecht nach dem Stande vom 2. 2. 1968. Die Disziplinarrechtsprechung ist bis zum 1.12. 1967 eingearbeitet worden. In einem in Kürze folgenden Ergänzungsheft wird Band 1 des Handbuchs berichtigt und ergänzt, wobei vor allem die Abweichungen berücksichtigt werden, die sich aus dem Gesetz zur Änderung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. 7. 1967 ergeben, so daß auch dieser Band als brauchbare Arbeitsgrundlage für die Organe der Disziplinarrechtspflege des Bundes dienen kann. Falls sich in der Zwischenzeit auch für Band 2 noch Änderungen ergeben sollten, werden diese selbstverständlich ebenfalls berücksichtigt werden. B o n n , im Februar 1968 Erich Lindgen
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Inhaltsverzeichnis TEIL n i Das formelle Disziplinarrecht Seite
§ 65 Die Anwendung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung im Disziplinarrecht I. Allgemeines II. Anwendung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes im Disziplinarrecht III. Anwendung von Vorschriften der Strafprozeßordnung im Disziplinarrecht
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1. Abschnitt Aufbau und Aufgaben der im Disziplinarrecht vorgesehenen Behörden und die sonstigen Verfahrensbeteiligten 1. Kapitel Die im Disziplinarrecht vorgesehenen Organe § 66 Die Disziplinargerichte I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Deutsches Reich C. Vereinigtes Wirtschaftsgebiet D. Bundesrepublik II. Allgemeine Aufgaben der Disziplinargerichte III. Unabhängigkeit der Disziplinargerichte IV. Beratung und Abstimmung der Disziplinargerichte V. Amtstracht bei den Disziplinargerichten VI. Die Disziplinargerichte der 1. Instanz A. Aufbau B. Dienstaufsicht C. Geschäftsgang D. Besetzung E. Zuständigkeit VII. Das Disziplinargericht der 2. Instanz A. Der Bundesdisziplinarhof (bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO) B. Das Bundesverwaltungsgericht (nach Inkrafttreten der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht) VIII. Landesrechtliche Regelung
5 5 5 8 9 10 14 14 16 18 19 19 21 21 25 28 35 35
§ 67 Die Disziplinarrichter I. Geschichtliche Entwicklung A. Reichsbeamtengesetz vom 31. 3. 1873 B. Reichsratsentwurf vom 12. 11.1931 C. Preußische Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 1932 D. Reichsdienststrafordnung vom 26.1.1937 E. Bundesdisziplinarordnung vom 28.11. 1952 F. Novelle zum Bundesdisziplinarrecht
57 57 57 57 58 58 58 59
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39 44
Inhaltsverzeichnis II. Rechtsstellung A. Allgemeine Rechtsstellung B. Dienstaufsicht C. Richterliche Unabhängigkeit III. Ernennung A. Geschichtliche Entwicklung B. Voraussetzungen für die Ernennung C. Ernennung und Bestellung TV. Ausschluß als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer A. Rechtsquellen B. Absolute Ausschließungsgründe C. Beschränkte Ausschließungsgründe (vor Inkrafttreten der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht) D. Verfahren E. Wirkung einer Disziplinarentscheidung, bei der ein Disziplinarrichter mitgewirkt hat, der kraft Gesetzes von der Mitwirkung im Disziplinarverfahren ausgeschlossen war V. Ablehnung des Disziplinarrichters bzw. des Beamtenbeisitzers wegen Befangenheit A. Allgemeines B. Voraussetzungen für die Ablehnung C. Verfahren D. Rechtsfolgen einer erfolgreichen Ablehnung VI. Ruhen des Beamtenbeisitzeramtes A. Geschichtliche Entwicklung B. Voraussetzungen für das Ruhen C. Rechtsfolgen des Ruhens VII. Erlöschen des Beamtenbeisitzeramtes A. Geschichtliche Entwicklung B. Voraussetzungen für das Erlöschen C. Entbindung vom Beamtenbeisitzeramt und die Wirkung des Erlöschens VIII. Pflichten der Beamtenbeisitzer IX. Reisekostenvergütung für Beamtenbeisitzer X. Landesrechdiche Regelung
Seite
59 59 60 60 61 61 62 64 67 67 69 73 75
76 76 76 77 81 86 87 87 87 88 88 88 89 91 91 93 93
§ 68 Der Untersuchungsführer I. Geschichtliche Entwicklung II. Rechtsstellung i n . Bestellung A. Voraussetzungen für die Bestellung B. Bestellung durch die Einleitungsbehörde IV. Ablehnung wegen Befangenheit V. Beendigung des Amtes als Untersuchungsführer A. Ausschluß als Untersuchungsführer B. Erlöschen des Amtes als Untersuchungsführer C. Abberufung des Untersuchungsführers D. Freiwilliger Rücktritt des Untersuchungsführers E. Sonstige Beendigungsgründe des Amtes als Untersuchungsführer . . VI. Aufgaben des Untersuchungsführers VII. Beschwerden gegen Maßnahmen des Untersuchungsführers VIII. Landesrechdiche Regelung
100 100 101 103 103 106 107 109 109 110 111 111 112 112 113 114
§ 69 Der Schriftführer I. Geschichtliche Entwicklung II. Rechtsstellung und Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Schriftführers in der Untersuchung III. Bestellung des Schriftführers in der Untersuchung A. Voraussetzungen für die Bestellung B. Bestellung durch den Untersuchungsführer IV. Ablehnung des Schriftführers in der Untersuchung
117 117 118 119 119 119 121
VII
Inhaltsverzeichnis Seite
V. VI. VII. VIII. IX.
Beendigung des Amtes als Schriftführer in der Untersuchung Aufgaben des Schriftführers in der Untersuchung Kosten für Hinzuziehung des Schriftführers in der Untersuchung . . . Der Schriftführer in der Hauptverhandlung Landesrechtliche Regelung
121 122 123 123 124
§ 70 Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde I. Geschichtliche Entwicklung II. Dienstvorgesetzter A. Begriff und Aufzählung der Dienstvorgesetzten B. Befugnisse auf disziplinarrechdichem Gebiet III. Oberste Dienstbehörde A. Begriff und Aufzählung der obersten Dienstbehörden B. Befugnisse auf disziplinarrechtlichem Gebiet IV. Landesrechtliche Regelung
125 125 126 126 130 131 131 135 136
§ 71 Die Einleitungsbehörde
142
I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Deutsches Reich C. Bund II. Begriff und Aufzählung der Einleitungsbehörden A. Bei unmittelbaren Bundesbeamten B. Bei mittelbaren Bundesbeamten C. Bei Ruhestandsbeamten III. Wechsel der Einleitungsbehörde IV. Aufgaben der Einleitungsbehörde V. Folgen von Disziplinarmaßnahmen der unzuständigen Einleitungsbehörde VI. Landesrechtliche Regelung
142 142 142 143 144 144 148 149 150 150 152 152
§ 72 Der Bundesdisziplinaranwalt im Bereich der Bundesverwaltungen — Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen im Bereich der Verwaltungen des Landes Nordrhein-Westfalen 159 I. Geschichtliche Entwicklung II. Organisation A. Unterstellung des Bundesdisziplinaranwalts unter den Bundesminister des Innern B. Sonstige Mitarbeiter des Bundesdisziplinaranwalts C. Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts III. Aufgaben des Bundesdisziplinaranwalts A. Allgemeines B. Verlangen auf Ubersendung der Akten C. Keine Durchführung von Ermittlungen D. Antrag auf Durchführung des förmlichen Disziplinarverfahrens. . . E. Widerspruchsrecht bei Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens F. Weitere Befugnisse im Verlaufe des förmlichen Disziplinarverfahrens IV. Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen in Nordrhein-Westfalen A. Koordinierung und Wahrung des öffentlichen Interesses als Grundaufgaben B. Bezeichnung und Organisation C. Unterrichtung durch die Behörden D. Befugnisse
159 161 161 162 163 163 168 168 169 170 170 172 172 173 173 174
§ 73 Der Vertreter der Einleitungsbehörde und der Vertreter der obersten Dienstbehörde im Landesdisziplinarrecht 174 I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Deutsches Reich
vm
174 174 175
Inhaltsverzeichnis Seite
II. Landesrechtliche Regelung A. Bestellung und Abberufung B. Rechtsstellung . . .' C. Aufgaben i § 74 Die Mitwirkung sonstiger Verwaltungsstellen und Gerichte im Wege der Amts1 und Rechtshilfe I. Geschichtliche Entwicklung II. Gegenstand der Amts- und Rechtshilfe HI. Voraussetzungen für das Amts- bzw. Rechtshilfeersuchen TV. Die zum Ersuchen um Amts- oder Rechtshilfe befugten Disziplinarorgane V. Die Stellen, an die das Amts- und Rechtshilfeersuchen gerichtet werden kann VI. Ersuchen um Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen an das Amtsgericht VII. Landesrechtliche Regelung
177 177 179 180 182 182 183 185 185 186 186 188
2. Kapitel Die sonstigen Verfahrensbeteiligten § 75 Der Beamte (Beschuldigter) I. Übereinstimmung und Abweichungen zur Stellung des Angeklagten im Strafverfahren II. Stellung des Beamten im Vorermitdungsverfahren III. Stellung des Beamten in der Untersuchung IV. Stellung des Beamten nach der Anhängigkeit des förmlichen Disziplinarverfahrens bei den Disziplinargerichten V. Landesrechtliche Regelung
189 189 193 195
§ 76 Der Pfleger I. Geschichtliche Entwicklung II. Voraussetzungen für die Bestellung des Pflegers HI. Verfahren anläßlich der Bestellung des Pflegers IV. Beendigung des Amtes als Pfleger V. Rechtliche Stellung des Pflegers VI. Landesrechtliche Regelung
201 201 202 205 207 207 208
§ 77 Der Verteidiger I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Als Verteidiger zugelassene Personen III. Bestellung zum Verteidiger IV. Beendigung der Vollmacht für den Verteidiger V. Aufgaben und Befugnisse des Verteidigers A. Allgemeines B. Vorermittlungen C. Disziplinarverfügungsverfahren D. Förmliches Disziplinarverfahren VI. Rechtliche Stellung des Verteidigers zum Beamten und zur Disziplinarbehörde A. Stellung zum Beamten B. Stellung zur Disziplinarbehörde C. Recht auf Akteneinsicht D. Wahrung der Verschwiegenheitspflicht und Zeugnisverweigerungsrecht VII. Gebühren VIII. Landesrechtliche Regelung
209 209 209 209 210 211 216 218 219 219 220 221 222
197 199
224 224 225 225 227 228 229
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Inhaltsverzeichnis § 78 Die Personal Vertretung I. Bei Disziplinarmaßnahmen gegenüber Beamten II. Bei der Verhängung von Dienst- und Ordnungsstrafen III. Landesrechtliche Regelung
Seite
232 232 233 234
2. A b s c h n i t t Allgemeine Verfahrensbestimmungen § 79 Das Beweisrecht I. Disziplinarrechtliche Besonderheiten II. Mittelbarkeit der Beweisaufnahme III. Beweismittel A. Zeugen 1. Inhalt der Zeugenaussage 2. Zeugnisfähigkeit 3. Ladung 4. Erscheinenspflicht 5. Folgen des Nichterscheinens 6. Aussagepflicht 7. Befreiung von der Aussagepflicht 8. Aussagegenehmigung bei Beamten und Richtern sowie bei Mitgliedern der Bundes- und Landesregierung 9. Durchführung der Vernehmung 10. Eidespflicht 11. Abstandnahme von der Vereidigung 12. Vornahme der Vereidigung 13. Folgen der Aussage- und Eidesverweigerung . 14. Entschädigung der Zeugen B. Sachverständige 1. Allgemeines 2. Die für Sachverständige anwendbaren Vorschriften 3. Auswahl der Sachverständigen 4. Ablehnung 5. Gutachterpflicht 6. Weigerungsrecht 7. Ungehorsamsfolgen 8. Verhältnis zwischen Untersuchungsführer bzw. Gericht und Sachverständigem 9. Eidespflicht 10. Nochmalige Begutachtung 11. Entschädigung der Sachverständigen C. Sachverständige Zeugen D. Augenschein E. Urkundenbeweis IV. Herbeischaffen von Beweismitteln A. Allgemeines B. Beschlagnahme von Beweismitteln C. Durchsuchung zum Zwecke des Auffindens von Beweismitteln . . . V. Selbstladung von Zeugen und Sachverständigen VI. Durchführung der Beweisaufnahme A. Umfang der Aufklärungspflicht B. Behandlung von Beweisanträgen 1. Allgemeines 2. Im Verlaufe der Vorermittlungen gestellte Beweisanträge . . . 3. Im Verlaufe des disziplinargerichtlichen Verfahrens vor der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge 4. Im Verlaufe der Untersuchung und in der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge 5. Entscheidung über Beweisanträge 6. Behandlung verspätet eingebrachter Beweisanträge . . . . . .
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236 236 241 243 243 243 243 245 247 248 250 251 262 264 268 271 275 278 282 283 283 284 284 285 285 285 286 286 286 287 287 287 288 289 289 289 290 292 293 295 295 297 297 298 298 300 306 307
Inhaltsverzeichnis C. Weitere Beweiserhebungen durch das Disziplinargericht D. Behandlung präsenter Beweismittel E. Leitung der Beweisaufnahme und Ausübung des Fragerechts . . . . F. Kreuzverhör G. Ausschluß des Beamten von der Beweiserhebung H. Entlassung der Zeugen und Sachverständigen I. Verlesen von Schriftstücken K. Befragung des Beamten nach der Beweiserhebung L. Aufnahme der Niederschrift VII. Kommissarische Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen . . . VIII. Kommissarischer Augenschein § 80 Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren I. Allgemeines II. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Deutsches Reich C. Bund III. Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach Erhebung der öffentlichen Klage nach § 13 Abs. 1 BDO i. d. F. AndGes. 1952 A. Allgemeines B. Erhebung der öffentlichen Klage C. Wirkungen der Klageerhebung D. Fortsetzung des Disziplinarverfahrens E. Fortsetzung des Disziplinarverfahrens trotz Erhebung der öffentlichen Klage IV. Aussetzung und Fortsetzung des Disziplinarverfahrens nach § 17 BDO i. d. F. der Novelle V. Wirkungen des Freispruchs im gegenstandsgleichen Strafverfahren auf das Disziplinarverfahren A. Strafgerichtlicher Freispruch als Voraussetzung B. Wirkung eines strafgerichtlichen Freispruchs VI. Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils A. Allgemeines B. Tatsächliche Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil als Voraussetzungen für die disziplinarrechtliche Bindung C. Disziplinarorgane, die an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils gebunden sind D. Umfang der Bindung an die strafgerichtlichen Feststellungen . . . . E. Beseitigung der bindenden Feststellungen des Strafurteils durch Beschluß des Disziplinargerichts VII. Landesrechdiche Regelung
Seite
308 310 311 312 313 315 315 316 317 317 320 320 320 322 322 324 325 326 326 327 328 331 332 333 336 337 339 344 344 345 348 349 353 355
§ 81 Der Einfluß sonstiger Verfahren auf das Disziplinarverfahren 356 I. Geschichtliche Entwicklung 356 II. Aussetzung des Disziplinarverfahrens 357 A. Voraussetzungen für die Aussetzung 357 B. Aussetzung des Disziplinarverfahrens 359 C. Fortsetzung des Disziplinarverfahrens 360 III. Umfang der Bindung des Disziplinarorgans an die in einem anderen Verfahren getroffenen Feststellungen 361 IV. Landesrechtliche Regelung 363 § 82 Die ausschließliche Zuständigkeit der Disziplinargerichte und die Bindung der sonstigen Gerichte und der Verwaltungsstellen an die Entscheidungen der Disziplinarorgane I. Ausschließliche Zuständigkeit der Disziplinargerichte II. Bindende Wirkung der Disziplinarentscheidungen gegenüber sonstigen Gerichten und sonstigen Verwaltungsstellen III. Landesrechtliche Regelung
363 363 365 367
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§ 83 Die Fristen I. Begriff II. Fristbeginn III. Ende und Berechnung der Fristen IV. Im Disziplinarrecht vorgesehene Fristen A. Fristen im Disziplinarverfügungsverfahren B. Fristen im förmlichen Disziplinarverfahren C. Fristen außerhalb des Disziplinarverfahrens D. Landesrechtliche Regelung V. Wahrung der Fristen VI. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand A. Allgemeines B. Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung 1. Naturereignisse und unabwendbarer Zufall 2. In der Person des Antragstellers begründete unabwendbare Zufälle 3. Persönliche Verhältnisse, die keine Wiedereinsetzung begründen 4. Behördliches Verschulden 5. Verschulden des Verteidigers 6. Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung beim Bundesdisziplinaranwalt bzw. Vertreter der Einleitungsbehörde C. Verfahren 1. Antrag 2. Entscheidung über das Gesuch D. Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO
367 367 368 368 370 370 370 372 372 374 376 376 377 377 378 381 383 386 389 390 391 395 400
401 § 84 Die Zustellung I. Allgemeines 401 II. Notwendigkeit der Zustellung 402 m . Personen, an die die Zustellung vorzunehmen ist 403 IV. Zustellungsarten 404 A. Übergabe an den Empfänger 404 B. Zustellung durch eingeschriebenen Brief mit Rückschein 405 C. Zustellungen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung . . . . 405 D. Zustellung durch Vorlage der Akten mit der Urschrift der zuzustellenden Schriftstücke 409 E. öffentliche Zustellung 409 V. Die die Zustellung anordnenden und ausführenden Stellen 410 VI. Besonderheiten bei der Zustellung an den Beamten 410 410 VII. Mängel in der Zustellung VIII. Landesrechdiche Regelung 411
3. Abschnitt Das Disziplinarverfahren 1. Kapitel Das dem Disziplinarverfügungsverfahren und dem förmlichen Disziplinarverfahren vorgeschaltete Verfahren § 85 Die Vorermittlungen I. Begriff II. Geschichtliche Entwicklung III. Voraussetzungen für die Erhebung von Vorermittlungen IV. Gegenstand der Vorermittlungen V. Vorermittlungen als Bestandteil des Disziplinarverfahrens VI. Leiter der Vorermittlungen A. Bei aktiven Beamten B. Bei wiederverwendeten Ruhestandsbeamten
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418 418 419 421 427 428 430 430 431
Inhaltsverzeichnis Seite
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C. Bei Ruhestandsbeamten D. Bei Ruhestandsbeamten, deren Versorgungsbezüge der Bund trägt, ohne daß sie Bundesbeamte waren E . Bei unter das G 131 fallenden Personen Gang der Vorermittlungen A. Einleitung der Vorermittlungen B. Anhörung des Beamten C. Beweiserhebungen D. Recht auf Akteneinsicht E . Befugnisse des Verteidigers im Vorermittlungsverfahren F. Mitteilung des Ergebnisses der Vorermittlungen an den Beamten und den Bundesdisziplinaranwalt Abschluß der Vorermitdungen A. Einstellung des Verfahrens B. Disziplinarische Verfolgung durch den Dienstvorgesetzten oder Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens Anhang: Erstattung der durch das Dienstvergehen entstandenen Schäden am öffentlichen Vermögen A. Schadensersatzanspruch B. Ersatzmöglichkeiten C. Niederschlagung der Dienstschulden Landesrechtliche Regelung
431 433 435 435 436 438 446 448 451 451 452 452 456 460 460 460 462 462
2. K a p i t e l Das Disziplinarverfügungsverfahren § 86 Die Disziplinarverfügung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Personenkreis, gegen den eine Disziplinarverfügung erlassen werden kann III. Für den Erlaß einer Disziplinarverfügung zuständige Stellen A. Unmittelbare oder höhere Dienstvorgesetzte B. Umfang der Disziplinarbefugnis des Dienstvorgesetzten IV. Form und Inhalt der Disziplinarverfügung V. Zustellung oder Eröffnung der Disziplinarverfügung VI. Wirkung der Disziplinarverfügung VII. Aktenmäßige Behandlung der Disziplinarverfügung VIII. Behandlung der Akten betr. Disziplinarverfügungen beim Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts I X . Landesrechtliche Regelung § 87 Die Beschwerde gegen die Disziplinarverfügung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Voraussetzungen für die Einlegung der Beschwerde III. Form und Inhalt der Beschwerde IV. Beschwerdefrist und die für die Einlegung zuständige Stelle V. Wirkung der Einlegung der Beschwerde VI. Prüfung der Beschwerde und Entscheidung VII. Weitere Beschwerde nach § 26 Abs. 3 B D O i. d. F. ÄndGes. 1952 . . . VIII. Landesrechtliche Regelung
468 468 468 470 471 471 473 473 475 479 484 487 488 488 489 492 492 492 493 493 494 495 496 498 498 504 505
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Inhaltsverzeichnis Seite
§ 88 Der Antrag auf disziplinargerichtliche Entscheidung gegen eine Disziplinarverfügung bzw. eine Beschwerdeentscheidung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Voraussetzungen für den Antrag auf disziplinargerichtliche Entscheidung III. Rechtsnatur des Antrages auf disziplinargerichtliche Entscheidung . . . IV. Form und Inhalt des Antrages auf disziplinargerichtliche Entscheidung V. Antragsfrist und die für die Einlegung zuständige Stelle VI. Wirkung des Antrages auf disziplinargerichtliche Entscheidung . . . . VII. Nachprüfung und Entscheidung des Disziplinargerichts VIII. Landesrechtliche Regelung § 89 Die Änderung einer Disziplinarentscheidung im Disziplinarverfügungsverfahren außerhalb des Beschwerde- und disziplinargerichtlichen Antragsverfahrens I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Erneute Ausübung der Disziplinargewalt nach Aufhebung einer Disziplinarverfügung durch das Disziplinargericht III. Änderung der Disziplinarverfügung durch den höheren Dienstvorgesetzten oder die oberste Dienstbehörde IV. Landesrechtliche Regelung
508 508 508 508 508 509 510 510 511 513 514 521 525 525 525 525 526 526 528 535
3. Kapitel Das förmliche Disziplinarverfahren 1. Titel: Das förmliche Disziplinarverfahren bis zur Gerichtshängigkeit i 90 Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens auf eigene Veranlassung der Einleitungsbehörde I. Geschichdiche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Allgemeines III. Voraussetzungen für die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens A. Verfolgbarkeit des Täters B. Verfolgbarkeit der Tat IV. Zuständigkeit für die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens . V. Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens bei Bekleidung mehrerer Ämter A. Allgemeines B. Bei Bekleidung mehrerer Hauptämter C. Bei Bekleidung von Haupt- und Nebenamt D. Bei Bekleidung eines Amtes im Bundesdienst, ohne den Rechtsstand aus dem G 131 verloren zu haben VI. Verbindung und Trennung mehrerer Disziplinarverfahren A. Verbindung bei derselben Einleitungsbehörde B. Verbindung bei verschiedenen Einleitungsbehörden C. Verbindung bei verschiedenen Beschuldigungen gegen denselben Beamten D. Zuständigkeit der Einleitungsbehörde bis zur Gerichtshängigkeit . . E. Wirkung der Verbindung F. Trennung von Disziplinarverfahren VII. Form und Inhalt der Einleitungsverfügung VIII. Zustellung der Einleitungsverfügung IX. Rechtswirkungen und Anfechtbarkeit der Einleitungsverfügung . . . .
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538 538 538 539 539 539 541 541 543 546 547 547 548 549 550 550 550 551 552 552 552 553 553 556 558
Inhaltsverzeichnis X. Ausdehnung des förmlichen Disziplinarverfahrens A. Ausdehnung durch Ergänzungsverfügung der Einleitungsbehörde . B. Ausdehnung auf neue Anschuldigungspunkte durch Untersuchungsführer C. Ausdehnung nach Gerichtshängigkeit durch Nachtrag zur Anschuldigungsschrift XI. Landesrechtliche Regelung
Seite
560 560 560 562 562
§ 91 Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens auf Antrag des Bundesdisziplinaranwalts im Bund und des Vertreters des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen in Nordrhein-Westfalen I. Allgemeines II. Voraussetzungen für die Einleitung oder Fortsetzung eines förmlichen Disziplinarverfahrens A. Dienstvergehen eines Beamten, das zu keiner Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens geführt hat B. Antrag auch zugunsten des Beamten C. Herbeiführung einer Untersuchung nach §§ 56ff.BDO — §§ 44 BDO a. F. —, §§ 50ff. DO NW III. Verfahrensregelung IV. Bindung der Einleitungsbehörde an den Antrag
567 568 570
§ 92 Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens auf Antrag des Beamten I. Geschichdiche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Voraussetzungen für den Antrag III. Prüfung des Antrages durch die Einleitungsbehörde IV. Befugnisse des Dienstvorgesetzten nach der Stellung des Antrages . . . V. Entscheidung der Einleitungsbehörde VI. Rechtsmittel gegen die Ablehnung des Antrages VII. Wirkungen der Entscheidung der Einleitungsbehörde VIII. Landesrechtliche Regelung
571 571 571 571 572 572 575 576 576 578 580 580
§ 93 Die vorläufige Dienstenthebung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Voraussetzungen für die vorläufige Dienstenthebung A. Personenkreis B. Verdacht eines Dienstvergehens C. Unvereinbarkeit des weiteren Verbleibens des Beamten im Dienst mit der Dienstzucht D. Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens bei Beamten auf Lebenszeit E. Wiederaufnahmebeschluß zuungunsten des Beamten nach § 103 Abs. 3 BDO — § 89 Abs. 3 BDO a. F F. Anordnung einer Untersuchung nach § 126 BDO — § 107 BDO a. F. •— bei Beamten auf Widerruf und Beamten auf Probe G. Fordaufende Nachprüfung der Voraussetzungen III. Zuständigkeit für den Erlaß der Anordnung IV. Form und Inhalt der Anordnung V. Rechtswirkungen der Anordnung VI. Anfechtbarkeit der Anordnung VII. Aufhebung der Anordnung durch die Einleitungsbehörde VIII. Ende der Anordnung kraft Gesetzes oder aus besonderen Gründen . . IX. Anhang: Verbot der Führung der Dienstgeschäfte X. Landesrechtliche Regelung
582 582 582 584 585 585 585 586
564 564 565 565 567
586 588 589 590 590 590 591 592 594 597 598 599 602
XV
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§ 94 Die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts sowie der Verfall und die Nachzahlung der einbehaltenen Beträge I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Allgemeines III. Voraussetzungen für die Einbehaltung IV. Höhe der Einbehaltung V. Zuständigkeit für den Erlaß der Anordnung VI. Form und Inhalt der Anordnung VII. Rechtswirkungen der Anordnung VIII. Anfechtbarkeit der Anordnung IX. Aufhebung und Änderung der Anordnung durch die Einleitungsbehörde X. Ende der Anordnung kraft Gesetzes oder aus besonderen Gründen . . XI. Verfall der einbehaltenen Beträge A. Voraussetzungen für den Verfall B. Umfang des Verfalls C. Zeitpunkt des Verfalls D. Wirkungen des Verfalls E. Einfluß des Wiederaufnahmeverfahrens F. Rechtsweg XII. Nachzahlung der einbehaltenen Beträge A. Voraussetzungen für die Nachzahlung B. Umfang der Nachzahlungen C. Abzüge von den nachzuzahlenden Beträgen D. Anrechnung von Einkünften aus einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit E. Fälligkeit des Nachzahlungsanspruchs F. Nachzahlungsverpflichteter und Nachzahlungsberechtigter G. Nachzahlungsanspruch ohne Einfluß auf Höhe der Disziplinarmaßnahme H. Einfluß der Wiederaufnahme des Verfahrens I. Rechtsweg XIII. Einbehaltung der Bezüge nach Art. 14 a des Dienststraf rechtsänderungsgesetzes XIV. Landesrechtliche Regelung § 95 Die Untersuchung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Allgemeines III. Abstandnahme von der Untersuchung IV. Bestellung des Untersuchungsführers V. Ziel und Umfang der Untersuchung VI. Parteienöffentlichkeit in der Untersuchung VII. Ladung des Beamten VIII. Vernehmung des Beamten IX. Teilnahme des Beamten und des Verteidigers an den Beweiserhebungen A. Recht auf Teilnahme B. Ausschließung des Beamten von einzelnen Untersuchungshandlungen X. Teilnahme des Bundesdisziplinaranwalts an den Beweiserhebungen . . . XI. Behandlung von Beweisanträgen XII. Recht auf Akteneinsicht XIII. Ausdehnung der Untersuchung auf weitere Anschuldigungspunkte . . .
XVI
606 606 606 608 609 609 610 615 618 618 619 621 626 628 629 629 634 634 634 635 636 636 636 638 638 640 641 642 642 643 643 644 645 649 649 649 651 652 653 653 656 656 659 659 660 662 662 663 664 665 666 667
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XIV. Abschluß der Untersuchung A. Abschließende Äußerung des Beamten B. Abschlußbericht des Untersuchungsführers XV. Landesrechtliche Regelung § % Die Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens durch die Einleitungsbehörde I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Einstellung aus formellen Gründen A. Verfahrensmängel B. Tod des Beamten C. Ausscheiden oder Entlassung des Beamten D. Verlust der Rechte als Ruhestandsbeamter E. Verzicht auf die Rechte als Ruhestandsbeamter F. Sonstige beamten- und disziplinarrechtliche Einwirkungen auf ein gegen einen Ruhestandsbeamten schwebendes Disziplinarverfahren . III. Einstellung aus materiellen Gründen IV. Mitwirkung des Bundesdisziplinaranwalts V. Die Einstellungsverfügung VI. Rechtswirkungen der Einstellung VII. Anfechtbarkeit der Einstellungsverfügung VIII. Landesrechtliche Regelung § 97 Der Antrag auf beschleunigte Vorlegung der Anschuldigungsschrift oder Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens I. Geschichtliche Entwicklung II. Voraussetzungen für den Antrag auf beschleunigte Durchführung des Disziplinarverfahrens III. Verfahren A. Antrag B. Stellungsnahme des Bundesdisziplinaranwalts und der Einleitungsbehörde C. Entscheidung des Disziplinargerichts D. Wirkung der Entscheidung IV. Landesrechtliche Regelung § 98 Die Fertigung und Vorlage der Anschuldigungsschrift beim Disziplinargericht I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Vorlage der Akten an den Bundesdisziplinaranwalt zur Fertigung der Anschuldigungsschrift III. Fertigung der Anschuldigungsschrift A. Zuständigkeit B. Form und Inhalt der Anschuldigungsschrift IV. Wirkungen der Anschuldigungsschrift A. Gerichtshängigkeit B. Umgrenzung des weiteren Verfahrens V. Landesrechtliche Regelung 2. Titel: Das förmliche Disziplinarverfahren vor dem Disziplinargericht der ersten Instanz § 99 Die Zustellung der Anschuldigungsschrift an den Beamten § 100 Der Nachtrag zur Anschuldigungsschrift I. Geschichtliche Entwicklung II. Voraussetzungen für die Anfertigung eines Nachtrages zur Anschuldigungsschrift
668 668 669 670 677 677 677 678 679 679 679 682 682 683 684 684 684 687 688 690 692 694 695 695 696 698 698 698 698 700 701 702 702 702 703 703 704 704 704 705 714 714 715 715
716 717 717 717
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m . Verfahren IV. Landesrechtliche Regelung
718 720
§ 101 Die Rückgabe der Anschuldigungsschrift I. Geschichtliche Entwicklung II. Voraussetzungen für die Rückgabe der Anschuldigungsschrift III. Verfahren IV. Landesrechtliche Regelung
720 720 721 723 724
§ 102 Die Einsicht in die Disziplinarakten I. Geschichtliche Entwicklung II. Umfang der Einsicht in die Disziplinarakten III. Verfahren IV. Einsicht des Bundesdisziplinaranwalts in die Akten V. Landesrechtliche Regelung
724 724 725 726 727 728
§ 103 Die Äußerung des Beamten zur Anschuldigungsschrift und die Behandlung der von ihm gestellten Beweisanträge 728 I. Bundesregelung 728 II. Landesrechtliche Regelung 728 § 104 Die Verbindung und Trennung anhängiger Disziplinarverfahren I. Geschichtliche Entwicklung II. Bundesregelung A. Verbindung anhängiger Disziplinarverfahren B. Trennung anhängiger Disziplinarverfahren III. Landesrechtliche Regelung
729 729 729 729 731 731
§ 105 Die Vorbereitung der Hauptverhandlung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung III. Ladungen zur Hauptverhandlung A. Vom Vorsitzenden zu ladende Personen B. Ladungsfristen C. Form der Ladung IV. Heranschaffen von Beweismitteln V. Ladung von Zeugen und Sachverständigen durch den Beamten . . . . VI. Kommissarische Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen . . . VII. Landesrechtliche Regelung
731 731 731 732 732 733 733 733 736 737 738 738 739 739
§ 106 Die Hauptverhandlung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Anwendungsbereich III. Mittelbarkeit der Beweisaufnahme IV. Beteiligte A. Beteiligte, deren Teilnahme an der Hauptverhandlung obligatorisch ist B. Beteiligte, deren Erscheinen in der Hauptverhandlung fakultativ ist V. Beschränkte NichtÖffentlichkeit der Hauptverhandlung VI. Ununterbrochene Gegenwart VII. Aussetzung und Unterbrechung der Hauptverhandlung VIII. Verbindung von Disziplinarsachen in der Hauptverhandlung IX. Verhandlungsleitung X. Sitzungspolizei XI. Berichterstatter
741 741 741 742 743 743 744 744 745 747 756 756 757 758 758 759 759
XVIII
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XII. Erweiterte Besetzung 760 X n i . Gerichtssprache 761 XIV. Niederschrift 761 A. Notwendigkeit der Niederschrift 761 B. Inhalt der Niederschrift 761 C. Form der Niederschrift 763 D. Berichtigung der Niederschrift 763 E. Beweiskraft der Niederschrift 764 XV. Gang der Hauptverhandlung 765 A. Folgen des Abweichens von der im Gesetz festgelegten Reihenfolge 765 B. Beginn der Hauptverhandlung 766 C. Vernehmung des Beamten zur Person 766 D. Sachvortrag 767 E. Vernehmung des Beamten zur Sache 768 F. Beweisaufnahme 769 G. Anhörung des bevollmächtigten Beamten der Einleitungsbehörde . . 774 H. Schlußvorträge 774 I. Beratung und Abstimmung 776 K. Urteilsverkündung 777 L. Mitteilung des Ergebnisses der Hauptverhandlung durch den Beauftragten an den Bundesdisziplinaranwalt 777 XVI. Landesrechtliche Regelung 777 § 107 Das Urteil I. Allgemeines II. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund III. Gegenstand der Urteilsfindung A. Umfang der Urteilsfindung B. Verwertung der Beweise IV. Inhalt des Urteils A. Allgemeines B. Verurteilung C. Freispruch D. Einstellung E. Kostenentscheidung V. Verkündung des Urteils VI. Schriftliche Abfassung des Urteils VII. Zustellung des Urteils V m . Berichtigung des Urteils IX. Landesrechtliche Regelung
779 779 780 780 780 781 781 781 786 790 790 791 792 793 795 795 797 803 804 805
3. Titel: Das förmliche Disziplinarverfahren in der zweiten Instanz § 108 Allgemeine Vorschriften über Rechtsmittel und Rechtsbehelfe 808 I. Zweck der Rechtsmittel und der Rechtsbehelfe 808 II. Rechtsmittel 808 III. Rechtsbehelfe 809 IV. Dienstaufsichtsbeschwerde 810 V. Anzuwendende Vorschriften der StPO 811 VI. Beschwer 812 VII. Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsbelehrung sowie ihr Einfluß auf den Lauf der Fristen 815 A. Allgemeines und geschichtliche Entwicklung 815 B. Voraussetzungen für eine Belehrung 816 C. Verzicht auf Erteilung einet Belehrung 817 D. Inhalt und Form der Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbelehrung . . 818
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E. Folgen einet unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsmitteloder Rechtsbehelfsbelehrung F. Landesrechtliche Regelung VHI. Zur Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen Berechtigte . . . IX. Form der Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen X. Zurücknahme und Verzicht auf Rechtsmittel und Rechtsbehelfe . . . .
820 821 822 825 828
§ 109 Die Beschwerde I. Geschichtliche Entwicklung II. Beschwerdefähige Entscheidungen A. Allgemeines B. Beschwerdefähige Entscheidungen der Kammer und des Vorsitzenden C. Beschwerdefähige Entscheidungen des Untersuchungsführers . . . D. Beschwerdefähige Entscheidungen des ersuchten und beauftragten Richters E. Beschwerdefähige Entscheidungen der Einleitungsbehörde und der obersten Dienstbehörde III. Nichtbeschwerdefähige Entscheidungen A. Endgültige Entscheidungen der Kammer B. Der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidungen C. Maßnahmen des Vorsitzenden im Rahmen der Sitzungspolizei . . . D. Bestätigung der Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge durch die Kammer E. Maßnahmen des Untersuchungsführers hinsichtlich der Beweiserhebung F. Maßnahmen der Einleitungsbehörde G. Kosten- und Kostenfestsetzungsentscheidungen H. Richterliche Festsetzung von Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige IV. Verfahren bei Beschwerden gegen Entscheidungen der Kammer und des Kammervorsitzenden A. Beschwerdeberechtigte B. Beschwerdefrist C. Form der Beschwerde D. Wirkung der Beschwerdeeinlegung E. Verfahren und Entscheidungsmöglichkeiten auf die Beschwerde . . V. Verfahren bei Beschwerden gegen Maßnahmen des Untersuchungsführers sowie des beauftragten und ersuchten Richters VI. Landesrechtliche Regelung
833 833 834 834 834 836
§ 110 Die Berufung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Allgemeines III. Einlegung der Berufung A. Berufungsfähige Entscheidungen B. Beschwer C. Zur Berufungseinlegung Berechtigte D. Berufungsfrist E. Für die Berufungseinlegung zuständige Stelle F. Form der Berufungseinlegung G. Verzicht und Rücknahme der Berufung H. Wirkung der Berufungseinlegung IV. Berufungsbegründung A. Berufungsbegründungsfrist B. Für die Einlegung der Begründung zuständige Stelle C. Form der Berufungsbegründung D. Inhalt der Berufungsbegründung
846 846 846 847 848 848 849 849 850 850 852 854 855 856 856 856 856 857 857 857
XX
837 837 837 837 837 838 838 839 839 839 839 840 840 840 841 841 842 844 845
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XII. Erweiterte Besetzung XIII. Gerichtssprache XIV. Niederschrift A. Notwendigkeit der Niederschrift B. Inhalt der Niederschrift C. Form der Niederschrift D. Berichtigung der Niederschrift E. Beweiskraft der Niederschrift XV. Gang der Hauptverhandlung A. Folgen des Abweichens von der im Gesetz festgelegten Reihenfolge B. Beginn der Hauptverhandlung C. Vernehmung des Beamten zur Person D. Sachvortrag E. Vernehmung des Beamten zur Sache .F. Beweisaufnahme G. Anhörung des bevollmächtigten Beamten der Einleitungsbehörde . . H. Schlußvorträge I. Beratung und Abstimmung K. Urteilsverkündung L. Mitteilung des Ergebnisses der Hauptverhandlung durch den Beauftragten an den Bundesdisziplinaranwalt XVI. Landesrechtliche Regelung § 107 Das Urteil I. Allgemeines II. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund III. Gegenstand der Urteilsfindung A. Umfang der Urteilsfindung B. Verwertung der Beweise IV. Inhalt des Urteils A. Allgemeines B. Verurteilung C. Freispruch D. Einstellung E. Kostenentscheidung V. Verkündung des Urteils VI. Schriftliche Abfassung des Urteils VII. Zustellung des Urteils Vin. Berichtigung des Urteils IX. Landesrechtliche Regelung
760 761 761 761 761 763 763 764 765 765 766 766 767 768 769 774 774 776 777 777 777 779 779 780 780 780 781 781 781 786 790 790 791 792 793 795 795 797 803 804 805
}. Titel: Das förmliche Disziplinarverfahren in der %weiten Instant § 108 Allgemeine Vorschriften über Rechtsmittel und Rechtsbehelfe I. Zweck der Rechtsmittel und der Rechtsbehelfe II. Rechtsmittel III. Rechtsbehelfe IV. Dienstaufsichtsbeschwerde V. Anzuwendende Vorschriften der StPO VI. Beschwer VII. Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsbelehrung sowie ihr Einfluß auf den Lauf der Fristen A. Allgemeines und geschichtliche Entwicklung B. Voraussetzungen für eine Belehrung C. Verzicht auf Erteilung einer Belehrung D. Inhalt und Form der Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbelehrung . .
808 808 808 809 810 811 812 815 815 816 817 818
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Inhaltsverzeichnis E. Folgen einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsmitteloder Rechtsbehelfsbelehrung F. Landesrechtliche Regelung VIII. Zur Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen Berechtigte . . . IX. Form der Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen X. Zurücknahme und Verzicht auf Rechtsmittel und Rechtsbehelfe . . . .
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820 821 822 825 828
§ 109 Die Beschwerde I. Geschichtliche Entwicklung II. Beschwerdefähige Entscheidungen A. Allgemeines B. Beschwerdefähige Entscheidungen der Kammer und des Vorsitzenden C. Beschwerdefähige Entscheidungen des Untersuchungsführers . . . D. Beschwerdefähige Entscheidungen des ersuchten und beauftragten Richters E. Beschwerdefähige Entscheidungen der Einleitungsbehörde und der obersten Dienstbehörde III. Nichtbeschwerdefähige Entscheidungen A. Endgültige Entscheidungen der Kammer B. Der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidungen C. Maßnahmen des Vorsitzenden im Rahmen der Sitzungspolizei . . . D. Bestätigung der Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge durch die Kammer E. Maßnahmen des Untersuchungsführers hinsichtlich der Beweiserhebung F. Maßnahmen der Einleitungsbehörde G. Kosten- und Kostenfestsetzungsentscheidungen H. Richterliche Festsetzung von Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige IV. Verfahren bei Beschwerden gegen Entscheidungen der Kammer und des Kammervorsitzenden A. Beschwerdeberechtigte B. Beschwerdefrist C. Form der Beschwerde D. Wirkung der Beschwerdeeinlegung E. Verfahren und Entscheidungsmöglichkeiten auf die Beschwerde . . V. Verfahren bei Beschwerden gegen Maßnahmen des Untersuchungsführers sowie des beauftragten und ersuchten Richters VI. Landesrechtliche Regelung
833 833 834 834 834 836
§ 110 Die Berufung I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Allgemeines III. Einlegung der Berufung A. Berufungsfähige Entscheidungen B. Beschwer C. Zur Berufungseinlegung Berechtigte D. Berufungsfrist E. Für die Berufungseinlegung zuständige Stelle F. Form der Berufungseinlegung G. Verzicht und Rücknahme der Berufung H. Wirkung der Berufungseinlegung IV. Berufungsbegründung A. Berufungsbegründungsfrist B. Für die Einlegung der Begründung zuständige Stelle C. Form der Berufungsbegründung D. Inhalt der Berufungsbegründung
846 846 846 847 848 848 849 849 850 850 852 854 855 856 856 856 856 857 857 857
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V. Verwerfung der Berufung durch die Vorinstanz A. Voraussetzungen für die Verwerfung B. Verfahren VI. Beantwortung der zulässigen Berufung durch den Berufungsgegner . . VII. Übersendung der Akten an das Berufungsgericht VIII. Das Beschluß verfahren beim Berufungsgericht A. Verwerfung der Berufung als unzulässig B. Einstellung des Verfahrens C. Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache in die Vorinstanz IX. Hauptverhandlung beim Berufungsgericht X. Entscheidungsmöglichkeiten auf Grund der durchgeführten Hauptverhandlung A. Entscheidungsmöglichkeiten bei nur einer Berufungseinlegung . . . B. Entscheidungsmöglichkeiten bei beiderseits eingelegter Berufung . . XI. Grundlage für die Berufungsentscheidung XII. Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) XIII. Das Urteil im Berufungsverfahren XIV. Landesrechtliche Regelung
4. Titel: Die Rechtskraft und deren Beseitigung durch das
866 866 867 869 870 871 871 872 872 878 880 880 882 882 887 891 893
Wiederaufnahmeverfahren
§111 Die Rechtskraft I. Geschichtliche Entwicklung II. Geltungsbereich III. Formelle Rechtskraft IV. Materielle Rechtskraft V. Der Rechtskraft fähige Entscheidungen VI. Nicht der Rechtskraft fähige Entscheidungen VII. Entscheidungen mit rechtskraftähnlicher Wirkung VIII. Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtskraft A. Wirksame disziplinarrechtliche Entscheidung B. Bestehenbleiben der Prozeßvoraussetzungen C. Verkündung der Entscheidung D. Unanfechtbarkeit der disziplinarrechtlichen Entscheidung IX. Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft A. Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts B. Entscheidungen des Gerichts der zweiten Instanz X. Erteilung des Rechtskraftsvermerks XI. Umfang der Rechtskraft XII. Landesrechtliche Regelung
897 897 897 898 898 900 901 901 902 902 902 902 903 903 903 905 906 906 907
§ 112 Die Wiederaufnahme des Verfahrens
907
I. II. III. IV. V.
Geschichtliche Entwicklung Abgrenzung gegenüber dem strafprozessualen Wiederaufnahmeverfahren Wiederaufnahmeverfahren und Gnadenerlaß Wiederaufnahmefähige Entscheidungen Ziel der Wiederaufnahme des Verfahrens A. Zugunsten des Verurteilten B. Zuungunsten des Beamten VI. Wiederaufnahmegründe A. Allgemeines B. Erhebliche neue Tatsachen oder Beweismittel C. Unechte oder verfälschte Urkunde D. Vorsätzlich oder fahrlässig falsch abgegebenes Zeugnis oder Gutachten E. Aufhebung des Urteils, auf dessen tatsächlichen Feststellungen das angegriffene Disziplinarurteil beruht F. Geständnis des Beamten
907 910 911 912 913 913 915 916 916 916 922 923 924 926
XXI
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VH.
Vffl. IX.
X.
G. Strafbare Verletzung einer Amtspflicht eines Disziplinarrichters . . . H. Mitwirkung eines kraft Gesetzes ausgeschlossenen Richters . . . . I. Verurteilung zu einer ungesetzlichen Disziplinarmaßnahme . . . . Unzulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens im Falle strafgerichtlicher Verurteilung A. Nachträgliche sachgleiche strafgerichtliche Verurteilung B. Nachträgliche strafgerichtliche Verurteilung, die kraft Gesetzes den Verlust der Beamtenrechte oder der Rechte als Ruhestandsbeamter nach sich zieht Verfahren A. Zulassungsverfahren B. Entscheidendes Verfahren Entschädigung unschuldig Verurteilter A. Voraussetzung für die Entschädigung B. Umfang der Entschädigung C. Schuldner und Gläubiger des Anspruchs D. Ersatz weiteren Schadens Landesrechtliche Regelung
926 927 927 929 929 930 931 931 942 951 951 951 954 955 956
§113 Die Wiederaufnahme politisch beeinflußter Disziplinarverfahren 964 I. Allgemeines 964 II. Personenkreis 965 III. Ziel des Wiederaufnahmeverfahrens 966 IV. Wiederaufnahmefähige Entscheidungen 967 V. Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens 967 A. Aus politischen Gründen begangene Dienstvergehen 967 B. Aus politischen Erwägungen erfolgte Wertung des Handelns oder Unterlassens als Dienstvergehen 969 C. Politisch beeinflußte Zumessung der Disziplinarmaßnahme 971 VI. Verfahren 972 VII. Landesrechtliche Regelung 974
4. A b s c h n i t t Die Kosten § 114 Geschichtliche Entwicklung 977 I. Bis zum Inkrafttreten der RDStO 977 II. Regelung in der RDStO 978 III. Regelung im Vereinigten Wirtschaftsgebiet und in dem Entwurf zu einer Novelle zur RDStO 979 IV. Regelung in der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 979 V. Regelung in der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht 980 § 115 Art und Umfang der Kosten I. Die Kosten im engeren Sinne II. Die Kosten im weiteren Sinne (Auslagen des Beamten) III. Landesrechtliche Regelung
981 981 984 987
§ 116 Die Kostenregelung im Disziplinarverfügungsverfahren 988 I. Die Kostenentscheidung in der Disziplinarverfügung und in der Beschwerdeentscheidung 988 II. Die Kostenentscheidung im disziplinargerichtlichen Antragsverfahren nach § 31 Abs. 3 und 4 BDO 991 III. Landesrechtliche Regelung 992 § 117 Die Kostenregelung im förmlichen Disziplinarverfahren I. Rechtsgrundlage und Anwendungsbereich II. Notwendigkeit der Kostenentscheidung III. Inhalt der Kostenentscheidung
xxn
993 993 993 995
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IV. V. VI. VII.
Anfechtung der Kostenentscheidung Wirksamwerden der Kostenentscheidung Kostenregelung bei Verurteilung des Beamten Kostenregelung bei Einstellung des Verfahrens A. Die Kosten im engeren Sinne B. Die Auslagen des Beamten VIII. Kostenregelung bei Freispruch des Beamten A. Kostenpflicht des Bundes B. Kostenpflicht des Anzeigenden IX. Kostenregelung bei Einlegung von Rechtsmitteln X. Kostenregelung im Wiederaufnahmeverfahren XI. Kostenregelung bei den Verfahren nach § 110 BDO — § 96 BDO a. F. — XII. Kostenregelung in den Verfahren in besonderen Fällen der §§121 bis 124 BDO — § 105 BDO a. F. — Xni. Kostenregelung im Verfahren nach § 34 BDO XXV. Landesrechdiche Regelung § 118 Die Festsetzung und Beitreibung der Kosten I. Die Kostenfestsetzung II. Die Beitreibung der im Kostenfestsetzungsbeschluß angesetzten Kosten III. Kostengläubiger und Kostenträger A. Kostengläubiger B. Kostenschuldner IV. Landesrechtliche Regelung
996 997 997 998 998 1000 1001 1001 1002 1003 1006 1007 1008 1008 1009 1013 1013 1016 1017 1017 1018 1018
5. A b s c h n i t t Die Vollstreckung § 119 Die Vollstreckbarkeit von Disziplinarmaßnahmen I. Geschichtliche Entwicklung II. Anwendung der Bestimmungen der StPO III. Allgemeines IV. Wirksamkeit der Vollstreckung der einzelnen Disziplinarmaßnahmen . . A. Verweis B. Geldbuße C. Gehaltskürzung und Kürzung des Ruhegehalts D. Versagung des Aufsteigens im Gehalt E. Einstufung in eine niedrigere Dienstaltersstufe F. Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt G. Entfernung aus dem Dienst und Aberkennung des Ruhegehalts . . V. Landesrechtliche Regelung § 120 Die Einziehung und Beitreibung von Geldbeträgen I. Geschichtliche Entwicklung II. Anzuwendende Vorschriften der StPO HC. Einzuziehende bzw. beizutreibende Geldbeträge IV. Vollstreckungsbehörde V. Vollstreckungsgläubiger VI. Einziehung der Kosten außerhalb des Verwaltungszwangsverfahrens . . VII. Beitreibung der Kosten im Verwaltungszwangsverfahren VIH. Einwendungen gegen die Vollstreckung IX. Landesrechtliche Regelung
1020 1020 1022 1023 1024 1024 1024 1025 1026 1027 1027 1028 1029 1032 1032 1032 1032 1033 1034 1034 1035 1036 1037
6. A b s c h n i t t Verfahren in besonderen Fällen § 121 Das Verfahren bei Streitigkeiten über die Tragweite einer Disziplinarentscheidung oder deren Folgen, bei Feststellung des Verfalls der Dienstbezüge nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 BDO und bei Kostenentscheidungen nach § 113 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BDO 1039
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I. Geschichtliche Entwicklung II. Voraussetzungen für das disziplinargeriehtliche Antragsverfahren . . . A. Streit über die Auslegung, die Tragweite oder die Folgen einer Disziplinarentscheidung B. Feststellung des Verfalls der Dienstbezüge bzw. des Ruhegehalts im Falle des § 96 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle . . C. Kostenentscheidung der Einleitungsbehörde gemäß § 113 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle III. Verfahren A. Nach der BDO i. d. F. § 198 Nr. 15 BBG B. Nach der BDO i. d. F. der Novelle IV. Landesrechtliche Regelung § 122 Das Verfahren bei unentschuldigtem Fernbleiben vom Dienst und bei Verletzung der Pflicht, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis zu folgen I. Geschichdiche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Verfahren bei Verlust der Dienstbezüge infolge schuldhaften Fernbleibens vom Dienst A. Feststellungsbescheid B. Wirkungen der Feststellung C. Antragsverfahren auf Aufhebung der Feststellung III. Verfahren bei Verlust der Versorgungsbezüge infolge Verletzung der Pflicht, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis zu folgen . . A. Voraussetzungen für die Feststellung des Verlustes der Versorgungsbezüge B. Feststellung des Verlustes der Versorgungsbezüge C. Antragsverfahren auf Aufhebung der Feststellung des Verlustes der Versorgungsbezüge IV. Landesrechtliche Regelung § 123 Das Verfahren bei Anfechtung einer dienstlichen Mißbilligung I. Notwendigkeit der Zulassung von Anfechtungsmöglichkeiten bei dienstlichen Mißbilligungen II. Voraussetzungen für die Anwendung des § 124 BDO III. Das Verfahren nach § 124 BDO §124 Die Aufhebung von Disziplinarmaßnahmen nach § 123 BDO I. Keine Zuerkennung von geringfügigen Disziplinarmaßnahmen bei Erfüllung des Disziplinarzwecks durch Strafen oder Ordnungsmaßnahmen . II. Aufhebung von Disziplinarmaßnahmen nach Ahndung des Verhaltens des Beamten durch ein Gericht oder eine Behörde
1039 1039 1039 1042 1042 1043 1043 1046 1047 1048 1048 1048 1049 1049 1050 1050 1052 1053 1060 1060 1062 1063 1064 1066 1066 1068 1069 1069 1069 1070
7. A b s c h n i t t Sondervorschriften bei bestimmten Beamtengruppen § 125 Das Verfahren bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf . . . . I. Geschichtliche Entwicklung A. Preußen B. Reich C. Bund II. Der durch § 126 BDO — § 107 BDO a. F. — erfaßte Personenkreis . . III. Wertung von Pflichtverletzungen bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf IV. Obligatorische Untersuchung V. Vorläufige Dienstenthebung und Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge VI. Entlassung nach Abschluß der Untersuchung
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1072 1072 1072 1073 1073 1074 1075 1077 1080 1083
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VII. Verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der Entlassung 1084 VIII. Keine Beteiligung des Bundesdisziplinaranwalts im Verfahren gegen Beamte auf Probe und Beamte auf Widerruf 1086 IX. Reinigung vom Verdacht eines Dienstvergehens 1087 X. Landesrechtliche Regelung 1088 § 126 Das Verfahren gegen Polizeibeamte I. Verfahren gegen Beamte der uniformierten Vollzugspolizei des Bundes A. Personenkreis B. Rechtsverhältnisse C. Zuständigkeitsregelungen im förmlichen Disziplinarverfahren und im Disziplinarverfügungsverfahren D. Besondere Straffolgen und Zahlungsregelungen nach der Novelle zur BDO II. Landesrechtliche Regelungen für die staatliche Polizei
1090 1090 1090 1090 1091 1093 1093
§127 Das Verfahren gegen Beamte der Gemeinden, Gemeinde verbände, gemeindlichen Zweckverbände und Landkreise 1096 § 128 Das Verfahren gegen Beamte, die bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigt sind I. Zuständigkeitsregelung im Disziplinarverfügungsverfahren gegen Beamte der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts A. Befugnisse der „obersten Dienstbehörde" B. Befugnisse der der obersten Dienstbehörde „nachgeordneten Behörde" und der „Dienstvorgesetzten" II. Zuständigkeitsregelung im Disziplinarverfügungsverfahren und im förmlichen Disziplinarverfahren gegen Beamte der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes unterstehen (außer Gemeinden und Landkreisen) §129 Das Verfahren gegen die an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätigen Lehrpersonen
1105 1105 1106 1107
1108 1112
§ 130 Das Verfahren gegen die unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen 1115 I. Verfahren nach § 9 G 131 als echte Disziplinarverfahren 1116 II. Personenkreis 1120 A. Unter § 9 G 131 fallende Personen 1120 B. Nicht unter § 9 G 131 fallende Personen 1127 III. Nach § 9 G 131 zu verfolgende Personen und Handlungen 1132 A. Nach § 9 G 131 verfolgbare Personen 1132 B. Verfolgbare Handlungen 1133 C. Begriff des Dienstvergehens im Sinne des § 9 G 131 1136 D. Dienstvergehen der Berufssoldaten 1138 E. Dienstvergehen Volksdeutscher Beamter fremder Staaten 1139 F. Bewußtsein der Beamteneigenschaft als Prozeß Voraussetzung . . . . 1 1 3 9 IV. Mit dem Verfahren nach § 9 G 131 zu erreichende Ziele 1141 V. Nach § 9 G 131 zu verhängende Disziplinarmaßnahmen 1141 VI. Besonderheiten des Verfahrens nach § 9 G 131 1142 A. Legalitätsprinzip 1142 B. Amts- und Rechtshilfe 1142 C. Einleitungsbehörde 1143 D. Einbehaltung der Bezüge 1144 E. Zuständiges Disziplinargericht 1145 F. Verhältnis der Verfahren nach § 9 G 131 zu den nach der Bundesdisziplinarordnung eingeleiteten Verfahren 1145 G. Entscheidung des Disziplinargerichts 1147 H. Gnadenerweise 1149 VII. Landesrechdiche Regelung 1150
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TEIL IV Besonderheiten im materiellen und formellen Disziplinarrecht bei den unter die Richtergesetze fallenden Personen § 131 Die disziplinarrechtlichen Bestimmungen für Richter und Mitglieder der Rechnungshöfe 1153 I. Die Rechtsverhältnisse der Richter nach dem Deutschen Richtergesetz vom 8. 9.1961 (BGBl. I S. 1665) A. Geschichtliche Entwicklung B. Rechtsgrundlagen C. Rechtsstellung D. Besondere Pflichten E . Disziplinarmaßnahmen F. Gerichtsbarkeit G. Disziplinarverfahren II. Die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Bundesrechnungshofes nach §§11 und I I a des Gesetzes über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes vom 27. 11. 1950 (BGBl. S. 765) i. d. F. des § 96 des Deutschen Richtergesetzes vom 8. 9. 1961 (BGBl. I S. 1665) E I . Landesrechtliche Regelung
1153 1153 1154 1155 1156 1161 1162 1166
1168 1169
§ 132 Das Verfahren gegen Generalbundesanwalt und Bundesanwälte beim Bundesgerichtshof, Oberbundesanwalt und Bundesanwälte beim Bundesverwaltungsgericht, Bundesdisziplinaranwalt, Bundeswehrdisziplinaranwalt, Staatsanwälte bei den Oberlandes-, Land- und Amtsgerichten sowie Staatsanwälte und Landesanwälte bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit I. Allgemeines II. Personenkreis III. Besondere Rechtsstellung IV. Besondere Pflichten V. Disziplinarverfahren VI. Landesrechtliche Regelung
1212 1212 1214 1215 1215 1216 1217
Stichwortverzeichnis
1223
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Abkürzungsverzeichnis (Vgl. auch Band I S. XIX ff.) ArbGG BaWüVBl. BDO oder BDO i. d. F. der Novelle
Arbeitgerichtsgesetz Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt Bundesdisziplinarordnung i. d. F. und der Paragraphenfolge des Art. IV des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. 7.1967 (BGBl. I S. 713ff., 738ff.) BDO a. F. oder BDO Bundesdisziplinarordnung i. F. des Gesetzes zur Änderung und i. d. F. ÄndGes. 1952 Ergänzung des Dienststrafrechts vom 28.11. 1952 (BGBl. I S. 761ff.) BeitrO Beitreibungsordnung BhV Allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften) BSHG Bundessozialhilfegesetz DokBer. ab 1. 10. 1967: Dokumentarische Berichte aus dem Bundesverwaltungsgericht, Ausg. B:Beamtenrecht—Disziplinarrecht, Herausgeber: Hartmann HRiG Hessisches Richtergesetz vom 19.10. 62 (GVB1. S. 455) HessVGRspr. Rechtsprechung der Hessischen Verwaltungsgerichte (Beilage zum Hessischen Staatsanzeiger) LG Landgericht LRiG BW Landesrichtergesetz für das Land Baden-Württemberg vom 25. 2. 64 (GVB1. S. 79) LRiG Bin Berliner Richtergesetz vom 18.1. 63 (GVB1. S. 93) LRiG NW Richtergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. 3. 66 (GVB1. S. 217) LRiG Rh.-Pf. Landesrichtergesetz für Rheinland-Pfalz vom 29.10.62 (GVB1. S. 159) NRiG Niedersächsisches Richtergesetz vom 14.12. 62 (GVB1. S. 265) PostVwG Postverwaltungsgesetz PersV Der Personenverkehr, Zeitschrift RiG Bayr. Bayerisches Richtergesetz vom 26. 2. 65 (GVB1. S. 13) RiG Brm. Bremisches Richtergesetz vom 15.12. 64 (GVB1. S. 187) RiG Hmb Hamburgisches Richtergesetz vom 15. 6. 64 (GVB1. S. 109) RiG Schi. Hol. Schleswig-Holsteinisches Richtergesetz vom 27. 6. 66 (GVB1. S. 106) Saar JB1. Justizblatt des Saarlandes SRiG Saarländisches Richtergesetz StGH Staatsgerichtshof VerfGH Verfassungsgerichtshof VerkMitt. Verkehrsmitteilungen VkBl. Verkehrsblatt (Amtsblatt des Bundesministers für Verkehr) VR Richtlinien für die Gewährung von Vorschüssen in besonderen Fällen (Vorschußrichtlinien) W Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Bundesdisziplinarordnung vom 7.11.1967 (GMB1. Nr. 29 vom 29.11.1967) S. 486 WBO Wehrbeschwerdeordnung ZeugEntschäG Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen
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T e i l IE
D A S FORMELLE DISZIPLINARRECHT § 65. Die Anwendung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung im Disziplinarrecht I. ALLGEMEINES Wenn auch das materielle Disziplinarrecht in seiner Zielsetzung vom Strafrecht erheblich abweicht, so sind jedoch die Gerichtsorganisation und die Verfahrensvorschriften, die für die Ahndung des begangenen strafbaren und disziplinaren Fehlverhaltens maßgebend sind, miteinander durchaus verwandt. Es liegt nämlich im öffentlichen Interesse, auf der eine Seite begangenes Unrecht zu sühnen und die Allgemeinheit vor dem Täter zu schützen, auf der anderen Seite aber auch das Beamtentum von unwürdigen Elementen zu säubern, weil nur ein intakter Beamter die Aufgaben des Staates erfüllen kann. Trotz der Verwandtschaft beider Verfahrensarten, die vor allem die im Zivilprozeß geltende Parteimaxime ausschalten, bedeutet dies noch nicht, daß die Erkenntnisse in beiden Verfahren aufeinander abgestimmt werden müßten; da z. B. die Zurechnungsfähigkeit oder der Rücktritt von der Tat im Disziplinarrecht andere Wirkungen als im Strafrecht auslösen, ist es erforderlich, daß begangenes Unrecht in v e r s c h i e d e n e n sachgleichen Verfahren zur Ahndung gelangt, wobei sich jedoch die Verfahrensvorschriften weitgehend ähneln. Soweit sich im Disziplinarverfahrensrecht vom Strafverfahrensrecht Abweichungen ergeben, ist dies einmal dadurch bedingt, daß es sich beim ersteren mehr um ein öffentlich-rechtlich ausgestaltetes Kündigungsverfahren handelt, das weitgehend entsprechend dem Ehrengerichtsverfahren standesrechtlich ausgestaltet ist. Dies drückt sich vor allem in der Mitwirkung von Beamten als Beisitzern aus, die auf Grund ihrer Sachkunde den hauptamtlichen Richter bei der Urteilsfällung unterstützen. An die Stelle des Laienschöffen tritt also hier der fachkundige Beamtenbeisitzer. Verfahrensrechtliche Abweichungen ergeben sich überdies aus der geschichtlichen Entwicklung des Disziplinarrechts, das im Laufe des 19. Jahrhunderts die Disziplinarbefugnis nahezu ausschließlich auf die Verwaltungsorgane verlagert hatte und erst mit dem Auslaufen des 19. Jahrhunderts den Schwerpunkt auf die Gerichte verlagerte. So ist einmal die strenge Unterscheidung zwischen Anklagebehörde und Gericht bis jetzt noch nicht getroffen, wobei nur auf die Ausübung der Disziplinarverfügungsgewalt durch den Dienstvorgesetzten hingewiesen werden soll; allerdings obliegt seit dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes die letzte Entscheidung, ob der Beamte disziplinarrechtlich zu bestrafen ist, nunmehr wiederum dem Disziplinargericht, das allerdings erst auf den Antrag des Beamten tätig wird. Historisch bedingt ist die Mittelbarkeit des Verfahrens, die vom Straf1 L i n d g e n . Disziplinarrecht II
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§ 65
Die Anwendung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes
verfahrensrecht abweicht. Allerdings findet die Mittelbarkeit der Beweisaufnahme ihre Rechtfertigung in der Fachkunde der Dienstbehörde des Beamten, die eine genaue Feststellung des Sachverhalts ermöglicht. Mit Rücksicht auf das Fehlen von im Gesetz genau umrissenen Straftatbeständen erübrigt sich eine Revisionsinstanz, so daß der Bundesdisziplinarhof — nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO die Beamtendisziplinarsenate des Bundesverwaltungsgerichts — und auf Länderebene die jeweiligen Disziplinarhöfe in letzter Instanz als reine Berufungsgerichte entscheiden. Mit Rücksicht auf die verschiedenartige Zielsetzung des materiellen Disziplinarrechts kann ein strafrechtlicher Verfahrensabschnitt nicht eine Disziplinarmaßnahme, die eine Entscheidung vorbereiten soll, ersetzen, da trotz im wesentlichen gleicher Prozeßregeln jedes Verfahren eine verschiedenartige Beurteilung der gegenstandsgleichen Tat erfordert. So können z.B. nicht kriminalpolizeiliche Ermitdungen die Ermitdungen nach § 26 BDO (§21 BDO a. F.) ersetzen, insbesondere wenn es sich um Verstöße gegen rein dienstliche Maßnahmen handelt1. Wenn auch für beide Verfahren grundsätzlich gleiche Prozeßregeln gelten, so müssen sie trotzdem ihre Selbständigkeit bewahren; hierbei handelt es sich aber um rein materiellrechtliche Erwägungen, die auf den Ablauf beider selbständig nebeneinander einherlaufender Verfahren keinen Einfluß ausüben können. Bei der Frage, welche Bestimmungen des GVG und der StPO im Bereich des Disziplinarrechts Geltung beanspruchen, muß man also die materiellrechtlichen Gesichtspunkte scharf von den formellen Erwägungen trennen. Wenn man von den Abweichungen absieht, die sich aus der Natur der Sache oder der geschichtlichen Entwicklung des Disziplinarrechtes ergeben, kann man von dem Grundsatz ausgehen, daß die Bestimmungen der strafgerichtlichen Organisation und des Strafverfahrensrechts im Disziplinarrecht sinngemäß anzuwenden sind. Aus diesem Grunde bestimmt § 25 BDO (§20 BDO a. F.) ausdrücklich, daß zur Ergänzung dieses Gesetzes die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes (Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung) und der Strafprozeßordnung anzuwenden sind, soweit nicht die Eigenart des Disziplinarverfahrens entgegensteht. Eine entsprechende Regelung haben die Länderdisziplinargesetze in § 23 LDO BW, Art. 21 DStO Bayr., § 23 LDO Bln., § 20 DStO Brm., § 20 DO Hmb., § 21 HDO, § 25 NDO, § 23 DO NW, § 23 LDO Rh.-Pf., § 20 DStO Saar und § 25 DStO Schl.-Hol. übernommen. § 21 Satz 2 HDO bestimmt zusätzlich hierzu, daß § 53 Abs. 2 StPO (Ablauf einer Frist an einem Sonntag oder allgemeinen Feiertag) entsprechend gilt, wenn das Ende einer Frist auf einen Werktag fällt, der auf Grund der allgemeinen Anordnung bei der Behörde, bei der die Frist wahrzunehmen ist, arbeitsfrei ist. Erstmals sah der Reichsratsentwurf zu einer Reichsdienststrafordnung vom 1 2 . 1 1 . 31 eine sinngemäße Anwendung von Vorschriften des GVG und der StPO vor. So sollten nach § 47 Abs. 1 des Entwurfs die §§ 176 bis 182 GVG über die Sitzungspolizei entsprechend gelten, wobei Abführung zur Haft und Verhängung von Haft als Ordnungsstrafe unzulässig sein sollten. Nach § 44 Abs. 1 des Entwurfs sollten die §§ 48 bis 111 StPO über Zeugen, Sachverständige, Augenschein, Beschlagnahme und Durchsuchung entsprechend gelten, soweit der Entwurf nichts anderes vorsah. Nach § 45 Abs. 1 des Entwurfs sollten die § § 2 2 bis 24, 26, 29, 30, 31 Abs. 1 StPO über die Ausschließung und Ab1 DiszSenat OVG Münster 15. 9. 61 — Y 9/61 — OVGE (DiszS) Bd. 2 S. 175 = L i n d g e n Teil IV Nr. 658.
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Anwendung des Gerichtsverfassungsgesetzes im Disziplinarrecht
§65
lehnung der Gerichtspersonen entsprechend Anwendung finden. Nach § 46 Abs. 1 des Entwurfs sollten die gleichen Bestimmungen auch für den Untersuchungsführer und den Schriftführer gelten.
Die sinnentsprechende Anwendung der Vorschriften des GVG und der StPO ergab sich dann aus § 20 RDStO, der unverändert als § 20 BDO a. F. übernommen worden ist. Im Reichsratsentwurf von 1931 wurden sogar die einzelnen Vorschriften der StPO, die im Disziplinarrecht anzuwenden sind, aufgezählt, was jedoch dem Gesetzgeber in der RDStO und der BDO untunlich erschien. Auch die Novelle zur BDO hält in § 25 BDO daran fest, wobei in Satz 1 allein aus formellen Gründen angeführt ist, daß die Vorschriften des GVG über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung zur Ergänzung der BDO anzuwenden sind. An die Stelle der in dem GVG und der StPO genannten Fristen von einer Woche tritt jeweils eine solche von zwei Wochen ( § 2 5 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Verlängerung auf zwei Wochen entspricht den sonstigen in der BDO geläufigen Fristen; mit Rücksicht darauf, daß der Beamte oft nicht am Sitz des Disziplinargerichts wohnt, ist schon deshalb eine Frist von einer Woche als zu kurz anzusehen. IL ANWENDUNG VON VORSCHRIFTEN DES GERICHTSVERFASSUNGSGESETZES IM DISZIPLINARRECHT In Ergänzung der BDO und der sonstigen landesrechtlichen Disziplinargesetze sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des Disziplinarverfahrens entgegensteht (vgl. § 20 BDO a. F., § 25 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle und die unter I angeführten landesrechtlichen Bestimmungen). Zunächst einmal sind die Vorschriften §§ 176 bis 183 GVG über die Sitzungspolizei im Disziplinarrecht sinngemäß anzuwenden (im einzelnen vgl. § 106 X S. 759). Die Aufrechterhaltung der Ordnung obliegt in den Sitzungen der Disziplinargerichte dem jeweiligen Vorsitzenden und bei den Vernehmungen und sonstigen Beweiserhebungen durch die Untersuchungsführer und den Dienstvorgesetzten bzw. den von ihnen beauftragten Personen diesen (§§ 176, 180 GVG). Wenn auch im Disziplinarrecht — abgesehen von § 60 BDO (§48 BDO a. F.) — keine Zwangsmaßnahmen, insbesondere kein Freiheitsentzug in Frage kommen, kann im Rahmen der sitzungspolizeilichen Maßnahmen sogar gegen den Beamten Haft verhängt werden, sofern die Ordnungsstrafe durch den Vorsitzenden des Disziplinargerichts oder durch den Untersuchungsführer ausgesprochen wird. § 177 GVG kann jedoch nicht gegenüber dem Verteidiger oder dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dessen Beauftragten angewandt werden2; nur wenn durch die Schuld des Verteidigers eine Aussetzung des Verfahrens erforderlich wird, können ihm nach § 145 Abs. 2 StPO die hierdurch verursachten Kosten auferlegt werden. Ist eine Maßnahme der Sitzungspolizei durch den Dienstvorgesetzten angeordnet worden, so entscheidet über eine Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 181 GVG der nächsthöhere Dienstvorgesetzte, wenn sie durch 2 So auch W i t t l a n d Anm. 2 zu §20 RDStO; S c h w a r z Anm. 2 zu §177 G V G ; Behnke Anm. 4 zu § 20 BDO; H ä r t u n g in DJ 1934 S. 1021 und RGSt. Bd. 11 S. 138.
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§ 65
Die Anwendung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes
den Vorsitzenden der Kammer oder den Untersuchungsführer erlassen ist, der Bundesdisziplinarhof — nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO das Bundesverwaltungsgericht — und falls der ersuchte Amtsrichter entschieden hat, das Oberlandesgericht, weil es sich bei letzterem um ein Organ der ordentlichen Gerichtsbarkeit handelt. Die Gerichtssprache ist in §§ 184 bis 191 GVG geregelt. Danach ist sie deutsch (§184 GVG). Die Hinzuziehung eines Dolmetschers ergibt sich aus § 185 GVG. Im einzelnen siehe § 106 XIII S. 761. Die Bestimmungen der §§ 192 bis 198 GVG über die Beratung und Abstimmung kommen nur für die Disziplinargerichte in Frage. Die Entscheidungen ergehen mit einfacher Stimmenmehrheit. § 263 StPO, der die Abstimmung in der strafgerichtlichen Hauptverhandlung regelt, entfällt im Disziplinarrecht, weil eine Zweidrittelmehrheit daselbst nicht vorgesehen ist. Hier gilt der sich aus § 196 Abs. 1 GVG ergebende Grundsatz der absoluten Mehrheit auch für die Schuld- und Straffrage. Über die Einzelheiten bei der Beratung und Abstimmung siehe § 106 X V I S. 776f. HI. ANWENDUNG VON VORSCHRIFTEN DER STRAFPROZESSORDNUNG IM DISZIPLINARRECHT In Ergänzung des Disziplinarrechts sind auch die Vorschriften der Strafprozeßordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des Disziplinarverfahrens entgegensteht (vgl. §20 BDO a.F., §25 Satzl BDO i.d.F. der Novelle und die unter I angeführten landesrechtlichen Bestimmungen). Da die Disziplinargesetze nur vereinzelt verfahrensrechtliche Bestimmungen enthalten, müssen die Lücken durch die Strafprozeßordnung ergänzt werden. Hierbei handelt es sich um das jeweils geltende, nicht etwa das zur Zeit des Inkrafttretens des jeweiligen Disziplinargesetzes geltende Strafprozeßrecht3. Welche Bestimmungen der Strafprozeßordnung im Disziplinarrecht zur Anwendung kommen, hatte der Reichsratsentwurt zu einer RDStO von 19314 im einzelnen geregelt. Die geltenden Disziplinargesetze haben von einer derartigen Aufzählung Abstand genommen. Es muß also von Fall zu Fall geprüft werden, welche Vorschriften der Strafprozeßordnung mit dem Wesen und Zweck des Disziplinarverfahrens vereinbar sind®. Selbst wenn sie hiermit vereinbar sind, so kommen sie dann nicht zur Anwendung, wenn das Disziplinargesetz eine abschließende Regelung getroffen hat oder wenn die strafprozessuale Vorschrift nur instruktioneller Art ist, was vor allem für die Ordnungsvorschriften gilt 6 . Die S o l l v o r s c h r i f t e n kommen dann zur Anwendung, wenn sie einem rechtsstaatlichen Verfahren dienlich sind. Der Eigenart des Disziplinarverfahrens stehen solche strafprozessuale Vorschriften entgegen, die im Disziplinargesetz entgegengesetzt oder anderweitig geregelt sind. So ist z.B. in§22 BDO (§18 BDO a.F.) ausdrücklich festgelegt, daß der Beamte im Disziplinarverfahren weder verhaftet noch vorläufig festgenommen noch — abgesehen von dem Fall des § 60 3 PrOVG Bd. 92 S. 255; PrDHnichtrB in PrVBl. Bd. 45 S. 472 = D J Z 1924 S. 996; W i t t l a n d Anm. 6 zu § 20 RDStO; Brand Anm. 2 zu § 20 RDStO. 4 Abgedruckt bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 308ff. 5 PrOVG Bd. 54 S. 457, Bd. 87 S. 484; S c h u l t e - W i s s e r m a n n in Beamtenjahrbuch 1932 S. 435; W i t t l a n d in Beamtenjahrbuch 1935 S. 623 und S. 703. 6 Vgl. Behnke Anm. 7 zu § 20 BDO.
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Die Disziplinargerichte.
Geschichtliche Entwicklung
§ 66
BDO (§48 BDO a. F.) — zwangsweise vorgeführt werden kann; damit entfallen im Disziplinarrecht die §§ 112 bis 131 StPO über die Verhaftung und vorläufige Festnahme. Dies gilt auch dann, wenn eine bestimmte Materie im Disziplinarrecht abschließend geregelt ist, wie z. B. die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des erstinstanzlichen Disziplinargerichts nach § 33 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, wodurch § 16 StPO ausgeschlossen ist, wonach der Angeschuldigte den Einwand der Unzuständigkeit, falls keine Voruntersuchung stattgefunden hat, noch in der Hauptverhandlung geltend machen kann, solange mit der Verlesung des Beschlusses über die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht begonnen ist. Sind im Disziplinarrecht keine abweichenden Bestimmungen getroffen, so muß auch bei bestehenden Lücken geprüft werden, ob eine strafprozessuale Regelung dem Wesen des Disziplinarrechts entgegensteht, wobei auch das materielle Disziplinarrecht heranzuziehen ist; so kann mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit des Dienstvergehens nicht für jede einzelne Tathandlung eine Einzelstrafe festgesetzt und hieraus keine Gesamtstrafe nach § § 460, 462 StPO gebildet werden. Im Disziplinarrecht finden folgende Bestimmungen der Strafprozeßordnung Anwendung 7 : §§ 3, 6,15,19,22—31,33—38,42—53a, 55—581,60, 63, 64, 66b—e, 67, 68—78, 80—81b, 83—86, 93—97, 98 Abs. 4, 99,101—110 Abs. 3, 111, 133 Abs. 1, 136, 136a, 137 Abs. 2, 146, 149,184,188,192, 193 Abs. 4 und 5,194, 195, 214 Abs. 2, 216 Abs. 2, 218—220, 222, 223 Abs. 1 und 2, 224, 225—227, 228 Abs. 1 und 2, 229, 235, 238, 248, 249, 252, 257—259, 260 Abs. 1, 261, 267, 268, 271—275, 296—303, 307—309, 310 Abs. 2, 315, 316 Abs. 1, 318, 326, 327, 329 Abs. 2, 331 Abs. 1,361 Abs. 1, 365, 373 Abs. 2, 449, 456, 458 Abs. 1 und 3, 462 Abs. 1, 2 und 4, 466, 469 und 473 Abs. 3. 1. Abschnitt
Aufbau und Aufgaben der im Disziplinarrecht vorgesehenen Behörden und die sonstigen Beteiligten 1. Kapitel
Die im Disziplinarrecht vorgesehenen Organe § 66. Die Disziplinargerichte I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG A. Preußen 1. Preuß. Beamten-Disziplinargesetz vom 29. 3. 1844 Erstmals sah § 40 Abs. 2 des Preuß. Gesetzes betr. das gerichtliche und Disziplinarstrafverfahren gegen Beamte vom 29. 3. 1844 (PrGS S. 77) ein Disziplinargericht vor. Wohl entschied nach § 40 Abs. 1 a. a. O. in Untersuchungen gegen richterliche Beamte in erster Instanz das vorgesetzte Landesjustizkollegium, falls es sich um die Entfernung aus dem 7 Vgl. N a d l e r - W i t t l a n d , beamtenrechtliche Gesetze S. 276—309; B r a n d Anm. 2 Abs. 2 zu § 20 RDStO.
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§66
Die Disziplinargerichte
Dienst handelte. Gegen dessen Entscheidung war nach § 40 Abs. 2 a. a. O. jedoch der Rekurs an das Geheime Obertribunal zulässig. Handelte es sich um die Entfernung aus dem Dienst bei sonstigen Beamten, so entschied grundsätzlich in der ersten Instanz die Provinzial-Dienstbehörde durch kollegialen Beschluß und in den Fällen der §§ 35 ff. das Staatsministerium (vgl. § 28 a. a. O.). Gegen den vom Verwaltungschef bestätigten Beschluß der Provinzialdienstbehörde fand kein Rekurs statt (§ 29 Abs. 1 Satz 2 a. a. O.).
2. Preuß. B e a m t e n - D i s z i p l i n a r v e r o r d n u n g v o m 11. 7. 1849 Für nichtrichterliche Beamte sah erstmals die Preuß. Verordnung betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 11. 7.1849 (PrGS S. 271) ein Disziplinargericht, und zwar den Disziplinarhof in Berlin vor. Nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 a. a. O. entschied dieser in Verfahren, in denen es sich um die Entfernung aus dem Dienst handelte, in erster Instanz bei denjenigen Beamten, zu deren Anstellung eine vom König oder den Ministern ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich war; in den sonstigen Fällen entschieden die Provinzialbehörden (§ 26 Abs. 1 Nr. 2 a. a. O.). In zweiter Instanz war die Entscheidung jedoch in allen Fällen wiederum einer Verwaltungsbehörde, nämlich dem Staatsministerium übertragen (vgl. §§45ff. a.a.O.). Der Disziplinarhof bestand aus einem Präsidenten und zehn anderen Mitgliedern, von denen mindestens vier zu den Mitgliedern der beiden obersten Gerichtshöfe gehören mußten (§ 31 Abs. 1 a. a. O.). Bei der Entscheidung mußten wenigstens sieben Mitglieder mitwirken (vgl. § 32 a. a. O.).
3. Preuß. R i c h t e r d i s z i p l i n a r v e r o r d n u n g v o m 10.7. 1849 Bei Richtern entschieden auf Grund der Verordnung betr. die Dienstvergehen der Richter vom 10. 7. 1849 (PrGS S. 253) Disziplinargerichte in beiden Instanzen. In erster Instanz entschieden nach § 21 a. a. O. das Obertribunal, sofern der Beschuldigte diesem Gericht angehörte oder Präsident oder Direktor eines Appellationsgerichts war, und in den sonstigen Fällen die Appellationsgerichte. Gegen die Urteile der Appellationsgerichte entschied der Oberste Gerichtshof (vgl. § 41 a. a. O.). Beim Obertribunal entschied die erste Abteilung dieses Gerichtshofs in der Besetzung von mindestens 11 Mitgliedern in einer Plenarversammlung (vgl. § 23 Abs. 1 a. a. O.). Bei den Appellationsgerichten mußten nach § 25 Abs. 1 a. a. O. einschließlich des Vorsitzenden mindestens sieben Mitglieder mitwirken; hatte das Gericht mehr als neun Mitglieder, so entschied die Abteilung des Gerichts, in der der 1. Präsident gewöhnlich den Vorsitz führte
4. Preuß. R i c h t e r - D i s z i p l i n a r g e s e t z v o m 7. 5. 1851 Nach § 18 des Preuß. Gesetzes betr. die Dienstvergehen der Richter vom 7. 5.1851. (PrGS S. 218) kamen ebenso wie in der VO vom 10. 7. 1849 als erstinstanzliche Disziplinargerichte in Richterdisziplinarsachen das Obertribunal und die Appellationsgerichte und nach § 36 a. a. O. in der zweiten Instanz der Oberste Gerichtshof in Betracht. In erster Instanz entschieden nach § 20 Abs. 1 a. a. O. ganz allgemein die erstinstanzlichen Gerichte in Plenarsitzungen, an denen wenigstens einschließlich des Vorsitzenden mindestens sieben Mitglieder teilnehmen mußten.
5. Preuß. B e a m t e n - D i s z i p l i n a r g e s e t z v o m 21. 7. 1852 § 24 des Preuß. Gesetzes betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 21. 7.1852 (PrGS S. 465) beließ es bei der in § 26 der VO vom 11. 7.1849 vorgesehenen Regelung. Ebenso entschied nach § 41 a. a. O. über die Berufung das Staatsministerium. Die Organisation des Disziplinarhofes war in § 29 a. a. O. ebenso wie in der VO vom 11. 7.1849 geregelt.
6. Preuß. D i e n s t s t r a f o r d n u n g für die r i c h t e r l i c h e n B e a m t e n v o m 27. 1. 1932 Nach § 22 Abs. 1 der Preuß. Dienststrafordnung für die richterlichen Beamten vom 27.1. 32 (PrGS S. 79) kamen als Dienststrafgerichte gegen Richter die Dienststrafsenate und der Große Dienststrafsenat in Frage. Die Dienststrafsenate wurden bei einem Oberlandesgericht für seinen Bezirk oder den Bezirk mehrerer Oberlandesgerichte gebildet
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Geschichtliche Entwicklung
§66
(§22 Abs. 2 a. a. O.), während der Große Dienststrafsenat beim Kammergericht in Berlin errichtet wurde. Für die Präsidenten der Oberlandesgerichte und der Landgerichte sowie für die Senatspräsidenten bei den Oberlandesgerichten war der für den Bezirk des Kammergerichts zu bildende Dienststrafsenat im ersten Rechtszuge zuständig (§24 a. a. O.). Die Dienststrafsenate entschieden in der Besetzung mit fünf Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden (§25 Abs. 1 a. a. O.). Vorsitzender war der Präsident des Oberlandesgerichts, im Falle seiner Behinderung ein Senatspräsident. Beisitzer waren zwei weitere ständige Mitglieder des Oberlandesgerichts und zwei im Bezirk des Dienststrafsenats planmäßig angestellte Richter (§25 Abs. 2 a. a. O.). Der Große Dienststrafsenat entschied in der Besetzung mit sieben Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden (§ 26 Abs. 1 a. a. O.). Vorsitzender war der Kammergerichtspräsident, im Falle seiner Behinderung ein Senatspräsident des Kammergerichts. Beisitzer waren drei weitere ständige Mitglieder des Kammergerichts, von denen wenigstens eins zu den Senatspräsidenten gehören mußte, und drei planmäßig angestellte Richter (§26 Abs. 2 a. a. O.).
7. Preuß. B e a m t e n d i e n s t s t r a f o r d n u n g v o m 27.1. 1932 Für nichtrichterliche Beamte sah erstmals die Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27.1. 32 (PrGS S. 59) in beiden Instanzen Disziplinargerichte vor, und zwar Dienststrafkammern in erster Instanz und den Dienststrafhof in zweiter Instanz (vgl. § 27 Abs. 1 a. a. O.), wobei besonders hervorgehoben wurde, daß die Dienststrafgerichte unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen waren (§ 27 Abs. 2 a. a. O.). Bei Verfahren gegen Beamte der Gemeinden und Gemeindeverbände und der Körperschaften des öffentlichen Rechts traten an die Stelle des Dienststrafhofs die Dienststrafsenate des Oberverwaltungsgerichts (§97 Buchst, a a. a. O.). Die Dienststrafkammem wurden für den Umfang eines Regierungsbezirks bei den Regierungen, für Berlin beim Oberpräsidium errichtet (§ 28 Satz 1 a. a. O.). Jede Dienststrafkammer bestand aus einem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern, richterlichen Beisitzern und Beisitzern aus der Beamtenschaft (Beamtenbeisitzer) (§30 Abs. 1 a. a. O.). Die Dienststrafkammer entschied in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, einem richterlichen Beisitzer und drei Beisitzern aus der Beamtenschaft, von denen je einer Beamter des höheren, mitderen und unteren Dienstes sein mußte (§31 Abs. 1 a. a. O.). Sämtliche Mitglieder der Dienststrafkammer übten ihre Tätigkeit in richterlicher Unabhängigkeit aus (§32 a. a. O.). Der Dienststrafhof hatte seinen Sitz in Berlin (§ 39 Abs. 1 Satz 1 a. a. O.). Er bestand aus einem Präsidenten, seinen Stellvertretern, richterlichen Beisitzern und Beisitzern aus der Beamtenschaft (§39 Abs. 1 Satz 2 a. a. O.). Beim Dienststrafhof konnten durch Beschluß des Staatsministeriums mehrere Senate gebildet werden (§39 Abs. 1 Satz 3 a. a. O.). Der Dienststrafhof entschied in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, drei richterlichen Beisitzern und drei Beisitzern aus der Beamtenschaft; von diesen mußte je einer Beamter des höheren, mittleren und unteren Dienstes sein (§39 Abs. 2 a. a. O.). Die Dienststrafsenate beim Oberverwaltungsgericht entschieden in der Besetzung mit einem Senatspräsidenten, zwei Räten des Oberverwaltungsgerichts und zwei Beisitzern aus der Beamtenschaft. Im Verfahren gegen die Gemeinden und Gemeindeverbände mußte mindestens ein Beisitzer des Dienststrafgerichts gemeindlicher Beamter sein (§97 Buchst, a a. a. O.).
8. Preuß. Gesetz 18. 8.1934
zur
Änderung
des
Dienststrafrechts
vom
Nach § 27 Abs. 1 des Preuß. Gesetzes zur Änderung des Dienststrafrechts vom 18. 8.34 (PrGS S. 353) waren in Beamtendienststrafsachen Dienststrafgerichte die Dienststrafkammem und das Oberverwaltungsgericht. Nach § 28 a. a. O. Satz 1 der Preuß. Beamtendienststrafordnung wurden die Dienststrafkammern für den Regierungsbezirk bei den Regierungen und für den Bezirk der Hauptstadt Berlin bei der Bau- und Finanzdirektion errichtet. Nach § 31 Abs. 1 a. a. O. entschied die Dienststrafkammer in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, einem richterlichen Beisitzer und einem Beamtenbeisitzer. Die in der Beamtendienststrafordnung dem Oberverwaltungsgericht zugewiesenen Aufgaben wurden von den Dienststrafsenaten des Oberverwaltungsgerichts wahrgenommen (§39 Satz 1 der Preuß. Beamtendienststrafordnung); sie entschieden in der Besetzung mit einem Senatspräsidenten oder seinem Vertreter, zwei Räten des Oberverwaltungsgerichts und zwei Beisitzern aus der Beamtenschaft (§39 Satz 2 a. a. O.).
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§66
Die Disziplinargerichte
Nach § 22 Abs. 1 der Richterdienststrafordnung i. d. F. des Art. II Nr. 8 des Preuß. ÄndGes. vom 18. 8. 34 waren bei Richtern Dienststrafgerichte die Dienststrafkammern bei den Oberlandesgerichten und der Dienststrafsenat beim Kammergericht. Die Dienststrafkammer entschied in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern ( § 2 5 Abs. 1 a. a. O.). Vorsitzender war grundsätzlich der Oberlandesgerichtspräsident (vgl. § 25 Abs. 2 a. a. O.). Beisitzer der Dienststrafkammer waren zwei in ihrem Bezirk planmäßig angestellte Richter (vgl. § 25 Abs. 3 a. a. O.). Der Dienststrafsenat beim Kammergericht entschied in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und vier Beisitzern (§26 Abs. 1 a. a. O.). Vorsitzender war der Kammergerichtspräsident und Beisitzer des Dienststrafsenats planmäßig angestellte Richter (vgl. § 26 Abs. 2 und 3 a. a. O.).
B. Deutsches Reich 1. Reichsbeamtengesetz v o m 31. 3. 1873 Im förmlichen Disziplinarverfahren waren nach § 86 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3. 1873 (RGBl. S. 61) entscheidende Disziplinarbehörden, die je nach Bedürfnis zusammentraten, in 1. Instanz die Disziplinarkammern und in 2. Instanz der Disziplinarhof. Hiernach waren die Disziplinarbehörden unständige Kollegien. Ihre Mitglieder konnten Reichs- oder Landesbeamte sein, wenn auch die Disziplinargerichte selbst Reichsbehörden waren. An in § 87 a. a. O. namentlich aufgezählten Orten wurde je eine Disziplinarkammer gebildet, während der Disziplinarhof nach § 87 Abs. 3 a. a. O. am Sitze des Reichsgerichts, also in Leipzig zusammentrat. Jede Disziplinarkammer bestand aus sieben Mitgliedern (§ 89 Abs. 1 Satz 1 a. a. O.) Der Präsident und wenigstens drei andere Mitglieder mußten in richterlicher Stellung in einem Bundesstaate sein (§ 89 Abs. 1 Satz 2 a. a. O.). Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinarsachen erfolgt durch fünf Mitglieder ( § 8 9 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Der Vorsitzende und wenigstens zwei Beiseitzer mußten zu den richterlichen Mitgliedern gehören. (§ 89 Abs. 2 Satz 2 a. a. O.). Der Disziplinarhof bestand aus 18 Mitgliedern, von denen wenigstens sechs zu den Mitgliedern des Reichsrats, der Präsident und wenigstens acht zu den Mitgliedern des Reichsgerichts gehören mußten ( § 9 1 Abs. 1 a. a. O.). Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Disziplinarsachen erfolgte durch sieben Mitglieder (§ 91 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Der Vorsitzende und wenigstens drei Beisitzer mußten zu den richterlichen Mitgliedern gehören (§ 91 Abs. 2 Satz 2 a. a. O.).
2. R e i c h s r a t s e n t w u r f v o m 12. 11. 1931 Der Reichsratsentwurf sah in § 22 Abs. 1 als Dienststrafgerichte die Reichsdienststrafkammern und den Reichsdienststrafhof vor. Die Dienststrafgerichte waren unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (§22 Abs. 2 a. a. O.). Die Reichsdienststrafkammern sollten vom Reichspräsidenten mit Zustimmung des Reichsrats errichtet, aufgehoben und verlegt werden, und ebenso sollten ihre Bezirke bestimmt werden (§23 a. a. O.). Die Zuständigkeit war in § 24 a. a. O. geregelt. Nach § 25 Abs. 1 a. a. O. sollten die Reichsdienststrafkammern aus einem Präsidenten, seinen Stellvertretern, richterlichen Beisitzern und Beisitzern aus dem Beamtenstande bestehen. Im Beschlußverfahren sollten sie nach § 25 Abs. 1 a. a. O. in der Besetzung mit zwei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und einem Mitgliede aus dem Beamtenstande und in der Hauptverhandlung in der Besetzung mit zwei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und drei Mitgliedern aus dem Beamtenstande entscheiden, wobei je einer Beamter des höheren, des mittleren und des unteren Dienstes sein sollte. Die Mitglieder sollten vom Reichspräsidenten auf die Dauer von fünf Jahren ernannt werden. § 27 a. a. O. regelte die Vereidigung der Mitglieder der Dienststrafkammern und § 28 die Reihenfolge der Einberufungen zur Sitzung. Der Reichsdienststrafhof sollte seinen Sitz beim Reichsgericht haben (§34 Abs. 1 a. a. O.). Er sollte aus einem Präsidenten, seinen Stellvertretern, richterlichen Beisitzern und Beisitzern aus dem Beamtenstande bestehen (§34 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Im Beschlußverfahren sollte er mit zwei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und einem Mitglied aus dem Beamtenstande und in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern und zwei Mitgliedern aus dem Beamtenstande entscheiden (§34 Abs. 3 a. a. O.). Der Präsident, seine Stellvertreter und die richterlichen Beiseitzer sollten Mitglieder des Reichsgerichts oder des Reichsverwaltungsgerichts sein (§34 Abs. 4 Satz 1 a. a. O.).
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Geschichtliche Entwicklung
§66
3. R e i c h s d i e n s t s t r a f o r d n u n g v o m 26. 1. 1937 Als Dienststrafgerichte kamen nach § 31 Abs. 1 RDStO die Dienststrafkammern und der Reichsdienststrafhof in Frage, wobei in § 31 Abs. 2 a. a. O. ausdrücklich hervorgehoben wurde, daß sie unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen waren. Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 a. a. O. übten sämtliche Mitglieder der Dienststrafgerichte ihre Tätigkeit in richterlicher Unabhängigkeit aus. Die Dienststrafkammern wurden nach § 32 a. a. O. bei Verwaltungsgerichten gebildet, wobei der Reichsminister des Innern Sitz und Bezirk der Dienststrafkammern bildete. Nach Anlage 1 zur DVO i. d. F. der VO vom 4.10. 38 (RGBl. I S. 1338) wurden 25 Dienststrafkammern gebildet. Für Österreich kam die VO über die Dienststrafkammern in der Ostmark vom 16. 6. 39 (RGBl. I S. 1030), für das Sudetenland die Durchführungsbestimmungen zur VO reichsrechtlicher Vorschriften auf dem Gebiete des Beamtenrechts und des Besoldungsrechts in den sudetendeutschen Gebieten vom 31. 3. 39 (RGBl. I S. 682), für das Protektorat Böhmen und Mähren die VO über die Anwendung reichsrechtlicher Vorschriften des Beamtenrechts und des Besoldungsrechts bei den Behörden und Dienststellen des Reichs im „Protektorat Böhmen und Mähren" vom 7. 10. 39 (RGBl. I S. 2378) und für die „eingegliederten Ostgebiete in Polen" die VO über die Einführung der reichsrechtlichen Vorschriften des Beamtenrechts und des Besoldungsrechts in den eingegliederten Ostgebieten vom 24.12. 39 (RGBl. I S. 2489) in Frage. Mitglieder der Dienststrafkammern waren der Vorsitzende, seine Stellvertreter, rechtskundige und andere Beisitzer (§ 35 Abs. 1 a. a. O.). Die Dienststrafkammern entschieden nach § 37 a. a. O. mit drei Mitgliedern, dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern, von denen einer rechtskundig sein mußte; einer der Beisitzer sollte der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören. Der Reichsdienststrafhof wurde beim Reichsverwaltungsgericht gebildet und gliederte sich in Dienststrafsenate ( § 4 1 Abs. 1 Satz 1 a. a. O.). Er bestand aus dem Präsidenten, seinen Stellvertretern, richterlichen und anderen Beisitzern ( § 4 1 Abs. 2 a. a. O.). Der Präsident, seine Stellvertreter und die richterlichen Beisitzer mußten Mitglieder des Reichsverwaltungsgerichts sein (§ 41 Abs. 3 a. a. O.). Jeder Dienststrafsenat beschloß mit zwei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden, und einem weiteren Mitglied ( § 4 3 Satz 1 a.a.O.). In der Hauptverhandlung entschied er mit drei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden, und zwei weiteren Mitgliedern (§43 Satz 2 a. a. O.). Auf Grund des § 3 der VereinfachungsVO vom 17. 5. 40 (RGBl. I S. 781) beschloß der Senat mit zwei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden, wobei die Stimme des letzteren den Ausschlag gab; in der Hauptverhandlung entschied der Reichsdienststrafhof mit zwei richterlichen Mitgliedern und einem weiteren Mitglied. Wollte ein Dienststrafsenat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Dienststrafsenats oder des Großen Dienststrafsenats abweichen, so hatte er die Rechtsfrage unter Begründung seiner Rechtsauffassung an den Großen Dienststrafsenat zu verweisen (§42 Abs. 1 Satz 1 a. a. O.). Der Große Dienststrafsenat bestand aus dem Präsidenten des Reichsdienststrafhofes, seinen Stellvertretern und je einem richterlichen Mitgliede, das der Vorsitzende jedes Dienststrafsenats von Fall zu Fall zur Mitwirkung in den Großen Dienststrafsenat entsandte ( § 4 2 Abs. 3 a. a. O.).
C. Vereinigtes Wirtschaftsgebiet 1. G e s e t z über die E r r i c h t u n g 5. 7. 1948
von Dienststrafkammern
vom
Nachdem nach dem Zusammenbruch von 1945 die Dienststrafgerichte ihre Tätigkeit auf Grund des Gesetzes Nr. 2 der Militärregierungen Deutschlands (MR Amtsblatt 1946 S. 8) eingestellt hatten, wurde im Vereinigten Wirtschaftsgebiet erst durch das Gesetz über die Errichtung von Dienststrafkammern vom 5. 7. 48 (GuVOBl. S. 67) die Möglichkeit geschaffen, die bis zum 14. 7. 48 eingeleiteten Disziplinarverfahren durchzuführen. Die Dienststrafgerichte nahmen ihre Tätigkeit im Herbst 1948 auf. Sie setzten sich aus Dienststrafkammern im ersten Rechtszug und dem Dienststrafhof, der in Frankfurt a. M. gebildet wurde, im zweiten Rechtszug zusammen (vgl. § 7 Abs. 1 a. a. O.). Die Mitglieder der Dienststrafgerichte waren die Vorsitzenden, ihre Stellvertreter, richterliche und nichtrichterliche Beisitzer ( § 7 Abs. 3 Satz 1 a. a. O.). Die Vorsitzenden, ihre Stellvertreter und die richterlichen Beisitzer mußten nach § 7 Abs. 4 Satz 1 a. a. O. die Befähigung zum Richteramt haben. Die Dienststrafkam9
§66
Die Disziplinargerichte
mer entschied mit drei Mitgliedern, und zwar dem Vorsitzenden und zwei nichtrichterlichen Mitgliedern (§12 Satz 1 a. a. O.). Einer der Beisitzer sollte der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten, der andere einer fachlich zuständigen Gewerkschaft angehören (§12 Satz2 a.a.O.). Der Dienststrafhof entschied außerhalb der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern und in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen und zwei nichtrichterlichen Mitgliedern. 2. M i l i t ä r r e g i e r u n g s g e s e t z Nr. 15 Die Disziplinargerichtsbarkeit sollte durch das Militärregierungsgesetz Nr. 15 (abgedruckt im Personalblatt des VWG vom 23. 2. 49) beseitigt werden. Die Anordnung und Durchführung von Disziplinarmaßnahmen oblagen der zuständigen obersten Dienstbehörde, gegen deren Entscheidung die Beschwerde beim Personalamt in Frage kam. In Ziff. 16 der 1. Änderung des Gesetzes Nr. 15 gab die Militärregierung jedoch zu erkennen, daß sie gegen die Fortsetzung der Disziplinargerichtsbarkeit im bisherigen Sinne keine Einwengungen zu erheben hatte. 3. G e s e t z z u r Ä n d e r u n g des G e s e t z e s ü b e r die E r r i c h t u n g v o n D i e n s t s t r a f k a m m e r n v o m 12. 8. 1949 Auf Grund der Änderung des Gesetzes Nr. 15 erließ der Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung von Dienststrafkammern vom 12. 8. 49 (GuVOBl. S. 253). Hierdurch wurde die Durchführung der nach dem 14. 7. 48 eingeleiteten Disziplinarverfahren ermöglicht. Wohl konnten die obersten Dienstbehörden und im Fall der Delegation die nachgeordneten Behörden jegliche Disziplinarstrafen, also auch die Entfernung aus dem Dienst und die Aberkennung des Ruhegehalts, verhängen (vgl. § 6 Abs. 1 bis 3 a. a. O.). Binnen einer Frist von vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung der Dienststrafbehörde konnten jedoch der Beschuldigte und der Vertreter des öffentlichen Interesses nach § 6 Abs. 4 a. a. O. Antrag auf dienststrafgerichtliche Entscheidung stellen. Als Dienststrafgerichte kamen die beim Personalamt in Frankfurt a. M. gebildeten Dienststrafkammern und der Dienststrafhof in Frage (§7 Abs. 1 a. a. O.). Bezüglich der Zusammensetzung (§ 7 Abs. 2 bis 6 a. a. O.) und der Abstimmung (§ 12 a. a. O.) galt das gleiche wie im Gesetz vom 5. 7. 48. Die nichtrichterlichen Beisitzer wurden von dem Leiter des Personalamtes aus den Vorschlagslisten der Verwaltungen und der fachlich zuständigen Gewerkschaften je zur Hälfte gewählt und für die Dauer von drei Jahren ernannt (§7 Abs. 5 a. a. O.).
D. Bundesrepublik 1. G e s e t z ü b e r die E r r i c h t u n g v o n B u n d e s d i e n s t s t r a f g e r i c h t e n v o m 12. 11. 1951 Wenn auch auf Grund des § 2 Buchst, a—c des Bundespersonalgesetzes vom 17. 5. 50 (BGBl. S. 207) u. a. auch die Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37, und zwar in der Bekanntmachung vom 30. 6. 50 (BGBl. S. 306) zur Anwendung kam, so konnten zunächst die Dienststrafverfahren, die gegen Beamte nach deren Ernennung zu Bundesbeamten eingeleitet waren, nicht durch die Dienststrafgerichte weitergeführt oder gar abgeschlossen werden. Erst auf Grund des Gesetzes über die Errichtung von Bundesdienststrafgerichten vom 12.11. 51 (BGBl. I S. 883), das am 16.11. 51 in Kraft getreten war, war eine Disziplinargerichtsbarkeit auf Bundesebene geschaffen worden. Als Dienststrafgerichte galten Bundesdienststrafkammern und ein Bundesdienststrafhof. Nach § 2 Ziff. 2 a. a. O. errichtete der Bundesminister des Innern die Bundesdienststrafkammern und bestimmte deren Sitz und Bezirk. Sie setzten sich aus einem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, einem rechtskundigen Beisitzer und einem weiteren Beisitzer und einem weiteren Beisitzer zusammen (vgl. § 2 Nr. 4 a. a. O.). Der Dienststrafhof wurde nach § 2 Nr. 7 a a. a. O. beim Bundesverwaltungsgericht gebildet. Nach § 2 Nr. 9 a. a. O. wurde er mit dem Sitz in Berlin vorläufig als selbständige Behörde errichtet. 2. G e s e t z z u r Ä n d e r u n g u n d E r g ä n z u n g des D i e n s t s t r a f r e c h t s v o m 2 8 . 1 1 . 1952 — B u n d e s d i s z i p l i n a r o r d n u n g Art. 1 Nr. 20 bis 24 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Dienststrafrechts vom 28. 11. 52 (BGBl. I S. 749) — AndGes. 1952 — befaßt sich mit den Änderungen der
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Geschichtliche Entwicklung
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Bestimmungen der Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37, welche die Disziplinargerichtsorganisation betreffen, soweit nicht schon das Gesetz vom 12. 8. 49 Änderungen getroffen hatte. Nach Art. 1 Nr. 1 ÄndGes. 1952 traten an die Stelle der Bezeichnungen „Bundesdienststrafkammer" und „Bundesdienststrafhof" die Bezeichnungen „Bundesdisziplinarkammer" und „Bundesdisziplinarhof". Nach Art. 1 Nr. 20 (§35 Abs. 3 BDO) müssen der Vorsitzende, seine Stellvertreter und die rechtskundigen Beisitzer der Disziplinarkammern die Fähigkeit zum Richteramt an einem ordentlichen Gericht oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen an einem allgemeinen Verwaltungsgericht haben; nach § 98 Nr. 1 des Deutschen Richtergesetzes vom 8. 9. 61 (BGBl. I S. 1665) ist die Fähigkeit zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz erforderlich. Die obersten Bundesbehörden und die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten können für die nach § 37 zweiter Halbsatz BDO zu bestellenden Beisitzer Vorschläge machen (Att. 1 Nr. 21 ÄndGes. 1952, § 36 Abs. 3 BDO). Art. 1 Nr. 22 (§ 41 Abs. 3 BDO) befaßt sich mit der Geschäftsverteilung, dem Präsidium und dem Geschäftsgang beim Bundesdisziplinarhof. Auf Grund des Art. 1 Nr. 24 ÄndGes. (§43 BDO) beschließt beim Bundesdisziplinarhof jeder Dienststrafsenat mit drei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden. In der Hauptverhandlung entscheidet jeder Disziplinarsenat mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Eines dieser weiteren Mitglieder soll der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören. 3. N o v e l l e zum B u n d e s d i s z i p l i n a r r e c h t a) Ä n d e r u n g e n bei d e r O r g a n i s a t i o n d e r D i s z i p l i n a r g e r i c h t e Die Novelle zur BDO sieht erhebliche formelle und materielle Änderungen der Bestimmungen vor, die sich mit der Gerichtsorganisation befassen. In formeller Hinsicht wird die „Bundesdisziplinarkammer" als „Bundesdisziplinargericht" bezeichnet. Disziplinargerichte des Bundes stellten bisher die Bundesdisziplinarkammern und der Bundesdisziplinarhof dar, die als Sammelbezeichnung künftig nur noch „Disziplinargerichte" genannt werden. Die Bezeichnung „Bundesdisziplinargericht" für die bisherige „Bundesdisziplinarkammer" ist deshalb notwendig, weil bei dem „Bundesdisziplinargericht", das in erster Instanz entscheidet, Kammern gebildet werden; die Unterscheidung zwischen diesen beiden Disziplinarorganen tritt durch die neugewählte Bezeichnung „Bundesdisziplinargericht" und „Kammer" deutlich zutage. Die Fortlassung der Abs. 2 und 3 in § 31 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, wonach die Disziplinargerichte unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind und die Mitglieder der Disziplinargerichte ihre Tätigkeit in richterlicher Unabhängigkeit ausüben, hat gleichfalls nur formelle Bedeutung, da die Unabhängigkeit der Richter sich bereits aus Art. 97 GG und 25 DRiG ergibt. § 42 BDO sieht eine Neuorganisation des Disziplinargerichts der 1. Instanz vor. Nach § 42 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle wird das Bundesdisziplinargericht mit dem Sitz in Frankfurt a. M. errichtet. Bei dem Bundesdisziplinargericht, das an die Stelle der 14 Bundesdisziplinarkammern tritt, werden Kammern mit örtlicher Zuständigkeit gebildet (§42 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Der Bundesminister des Innern bestimmt durch Rechtsverordnung die Bezirke der Kammern (§ 42 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Sitzungen der Kammern finden in der Regel innerhalb ihrer Kammerbezirke statt (§ 42 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). Bei dem Bundesdisziplinargericht wird eine Hauptgeschäftsstelle errichtet (§42 Abs. 3 Satz 1 BDO). Der Bundesminister des Innern kann daneben für die Kammern am Ort ihrer regelmäßigen Sitzungen Nebengeschäftsstellen errichten und deren Aufgaben anderen Dienststellen des Bundes mit Zustimmung der zuständigen obersten Dienstbehörde übertragen (§42 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). § 43 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle schließt eine bisher bestehende Lücke, indem die. für den Sitz der Bundesregierung zuständige Kammer auch dann zuständig ist, wenn der letzte dienstliche Wohnsitz des nunmehrigen Ruhestandsbeamten außerhalb des Geltungsbereich des Grundgesetzes liegt. §34 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, der sich mit dem Kompetenzkonflikt bei den Bundesdisziplinarkammern befaßt, wird in der Novelle zur BDO dahingehend geändert,
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§66
Die Disziplinargerichte
daß bei Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Kammern auf Antrag einer Kammer das Präsidium des Bundesdisziplinargerichts durch Beschluß entscheidet (§44 BDO i. d. F. der Novelle). Das Bundesdisziplinargericht besteht nach § 45 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle aus dem Präsidenten, Direktoren und weiteren Richtern. Bei dem Bundesdisziplinargericht wirken ehrenamtliche Richter (Beamtenbeisitzer) mit, die auf Lebenszeit ernannte Bundesbeamte sein müssen (vgl. § 45 Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle). Die Novelle schließt sich hier an die Regelung des Deutschen Richtergesetzes an, das gleichfalls zwischen „Berufsrichtern" und „ehrenamtlichen Richtern" unterscheidet. Unter den „ehrenamtlichen Richtern" werden die bisherigen „rechtskundigen und anderen Beisitzer" zusammengefaßt. Eine wesentliche Neuerung stellt § 45 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle dar, wonach beim Bundesdisziplinargericht auch Richter kraft Auftrags verwendet werden können, was im Interesse der Rechtspflege und aus personalwirtschaftlichen Gründen geboten ist. Während der Präsident des Bundesdisziplinarhofs die Dienstaufsicht über die Geschäftsführung der Bundesdisziplinarkammern führte, übt nach § 46 BDO i. d. F. der Novelle der Präsident des Bundesdisziplinargerichts die Dienstaufsicht über die Richter, Beamten, Angestellten und Arbeiter aus, während übergeordnete Dienstaufsichtsbehörde für das Bundesdisziplinargericht nach § 46 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts ist. Ist ein ständiger Vertreter nicht bestellt, so vertritt den Präsidenten bei Verhinderung der dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter der dem Lebensalter nach älteste Verwaltungsgerichtsdirektor (§ 47 BDO i. d. F. der Novelle). Zur Hauptverhandlung kann der Vorsitzende auf Antrag des Bundesdisziplinaranwalts einen weiteren Berufsrichter und einen weiteren Beamtenbeisitzer heranziehen (erweiterte Besetzung), wenn dies nach Umfang oder Bedeutung der Sache geboten ist ( § 5 0 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle). Dieser Regelung dient § 56 der Wehrdisziplinarordnung zum Vorbild, wonach bis zum Beginn der Hauptverhandlung der Vorsitzende der Truppendienststrafkammer die Zuziehung eines weiteren richterlichen Mitglieds anordnen kann, wenn dies wegen der besonderen Bedeutung des Falles oder wegen des Umfanges der Sache notwendig erscheint. Die Kammern entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit ( § 5 0 Abs. 6 BDO i. d. F. der Novelle). Die wesentlichste Änderung der Gerichtsorganisation bedeutet die Zusammenlegung des Bundesdisziplinarhofs mit dem Bundesverwaltungsgericht. Wenn auch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 der Bundesdisziplinarhof beim Bundesverwaltungsgericht errichtet ist, so besteht zwischen diesen beiden Gerichten keine sachliche und organisatorische Verbindung. Wohl entscheidet der Bundesdisziplinarhof als letztinstanzliches Gericht des Bundes. Trotzdem tauchten darüber Zweifel auf, ob er zu den in Art. 96 Abs. 1 GG angeführten oberen Bundesgerichten gehörte. Hieraus ergeben sich Schwierigkeiten für ein Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der oberen Bundesgerichte, durch das ein gemeinsamer Senat der oberen Bundesgerichte gebildet werden soll. Um die bestehenden rechtlichen Unklarheiten zu beseitigen, sieht deshalb die Novelle zur BDO vor, den Bundesdisziplinarhof und das Bundesverwaltungsgericht zu e i n e m Gericht zusammenzulegen; die hierfür vorgesehene Regelung erfolgt jedoch nicht in der Bundesdisziplinarordnung, wo die §§42 und 43 gestrichen werden, sondern in der Verwaltungsgerichtsordnung. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 VwGO i. d. F. der Novelle zur BDO werden beim Bundesverwaltungsgericht Verwaltungsrechtsenate, Beamtendisziplinarsenate und Wehrdienstsenate gebildet. Die Beamtendisziplinarsenate entscheiden in einer Besetzung, die der der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 gleicht. Über die Einzelheiten der Organisation des Bundesverwaltungsgericht siehe VII B S. 41ff.
b) Ä n d e r u n g v o n V o r s c h r i f t e n , die sich auf die B e a m t e n b e i s i t z e r beziehen Nach § 51 BDO i. d. F. der Novelle ist ein Richter oder ein Beamtenbeisitzer von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er 1. durch das Dienstvergehen verletzt ist, 2. Ehegatte oder Vormund des Beamten oder Verletzten ist oder gewesen ist, 3. mit dem Beamten oder mit dem Verletzten verwandt, verschwägert usw. ist,
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Geschichtliche Entwicklung
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4. bei der Disziplinarverfolgung des Beamten in der anhängigen Sache tätig gewesen, als Zeuge vernommen worden oder als Sachverständiger tätig gewesen ist, 5. bei einem sachgleichen Strafverfahren gegen den Beamten als Richter, als Verfahrensbeteiligter, als Polizeibeamter oder als Sachverständiger tätig gewesen oder als Zeuge vernommen worden ist, 6. Dienstvorgesetzter des Beamten oder bei der Dienststelle des Beamten mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten befaßt ist. § 52 BDO wird durch die Novelle nur in formeller Hinsicht geändert, indem das bisherige Wort „Beisitzer" durch „Beamtenbeisitzer" ersetzt wird und Abs. 2 Satz 1 folgende Fassung erhält: „Auf Antrag des Betroffenen entscheidet die Kammer endgültig." Ebenso erweisen sich die Änderungen in § 53 BDO i. d. F. der Novelle nur formaler Art, indem zunächst einmal festgestellt wird, daß die Vorschrift entsprechend der bisherigen Rechtsübung sich nicht auf Richter, sondern nur auf Beamtenbeisitzer bezieht. Nach § 53 BDO i. d. F. der Novelle ist der Beamtenbeisitzer während des gegen ihn schwebenden förmlichen Disziplinarverfahrens oder des wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens eingeleiteten Strafverfahrens oder während der Dauer des auf Grund des § 60 Abs. 1 BBG ausgesprochenen Verbotes zur Ausübung seines Amtes nicht heranzuziehen. In § 54 Abs. 1 BDO werden durch die Novelle die Worte „Das Amt eines Beisitzers der Bundesdisziplinarkammer" durch die Worte „Das Amt eines Beamtenbeisitzers" ersetzt. Als Grund des Erlöschens des Amtes des Beisitzers gilt u. a. nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BDO i. d. F. der Novelle die Versetzung in ein Amt außerhalb des Bezirks der Kammer, der der Beamtenbeisitzer zugeteilt ist (entsprechend § 54 Abs. 1 Nr. 2 BDO). Eine Neuerung stellt § 54 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle dar, indem das Amt als Beamtenbeisitzer u. a. nur dann erlischt, wenn dieser auf andere Weise als durch Versetzung oder Beförderung aus dem Amt ausscheidet, das er bei seiner Bestellung bekleidet hat. Hierdurch wird klargestellt, daß eine Beförderung auf die Eigenschaft als Beamtenbeisitzer ohne Einfluß bleibt. Entgegen DVO zu § 40 BDO a. F. scheidet der Beamtenbeisitzer nach der Novelle auch dann nicht aus, wenn er in eine höhere Laufbahn aufsteigt.
c) Ü b e r l e i t u n g s v o r s c h r i f t e n Mit Inkrafttreten der Novelle zur BDO werden die Richter der Bundesdisziplinarkammern Richter des Bundesdisziplinargerichts und die Richter des Bundesdisziplinarhofs Richter des Bundesverwaltungsgerichts (Art. III § 1 der Novelle zur BDO). Die Amtszeit der nach den bisherigen Vorschriften bestellten Beamtenbeisitzer endet mit dem auf das Inkrafttreten der Novelle folgenden 31.12. (Art. III § 2 Satz 1 a. a. O.). Bis zu diesem Zeitpunkt gelten für die Heranziehung der Beamtenbeisitzer zu den einzelnen Sitzungen die bisherigen Vorschriften (Art. III § 2 Satz 2 a. a. O.). Entsprechendes gilt,wenn während der in Satz 1 genannten Amtszeit die Bestellung neuer Beamtenbeisitzer für den Rest der Amtszeit erforderlich wird (Art. III § 2 Satz 3 a. a. O.). Innerhalb von zehn Jahren nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO ist der Beschluß des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts über den Wechsel eines Richters von Verwaltungsrechtsenaten zu Beamtendisziplinarsenaten und umgekehrt nur wirksam, wenn ihm die Mehrheit der dem Präsidium angehörenden Mitglieder der beiden Senatsgruppen zugestimmt hat (Art. III § 3 a. a. O.). Richterrat und Präsidialrat beim Bundesdisziplinarhof fallen mit Inkrafttreten der Novelle zur BDO fort (Art. III § 4 Abs. 1 a. a. O.). Die Amtszeit des Richterrats und des Präsidialrats beim Bundesverwaltungsgericht endet mit Inkrafttreten der Novelle zur BDO (Art. III § 4 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Richterrat und Präsidialrat führen ihre Geschäfte bis zur Neuwahl des Richterrats oder Neubildung des Präsidialrats weiter (Art. III § 4 Abs. 2 Satz 2 a. a. O.). Soll nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO ein Richter bei dem Bundesdisziplinargericht oder bei einem Truppendienstgericht oder bei dem Bundesverwaltungsgericht für eine Tätigkeit bei den Beamtendisziplinarsenaten oder bei den Wehrdienstsenaten ernannt werden, so beginnt die Frist gemäß § 57 Abs. 2 DRiG erst mit der Neubildung des Präsidialrats beim Bundesverwaltungsgericht, spätestens einen Monat nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO (Art. ID § 4 Abs. 3 a. a. O.). Mit Inkrafttreten der Novelle zur BDO gehen bei den Bundesdisziplinarkammern und beim Bundesdisziplinarhof anhängige Disziplinarverfahren in der Lage, in der sie sich befinden, auf die zuständigen Gerichte über (Art. III § 5 Abs. 1 a. a. O.). 13
§ 66
Die Disziplinargerichte
H. ALLGEMEINE AUFGABEN DER DISZIPLINARGERICHTE Die Disziplinarbefugnisse werden von den zuständigen Behörden und Dienstvorgesetzten sowie den für die Entscheidung im förmlichen Disziplinarverfahren zuständigen Disziplinargerichten ausgeübt (§ 15 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Den Forderungen des Rechtsstaats entspricht es, daß auch im Disziplinarrecht die Entscheidungen, die in einem erheblichen Umfang in die Rechtssphäre des Beamten eingreifen, von unabhängigen und unparteiischen Stellen getroffen werden. Deshalb liegt der Schwerpunkt der Disziplinarrechtsflege bei den Disziplinargerichten. Es ist kaum durchführbar, die Disziplinarbefugnis im vollen Umfang solchen Organen zu übertragen, die von dem Dienstvorgesetzten und der Behörde, bei der der Beamte beschäftigt ist, unabhängig sind. Das Disziplinarrecht überträgt daher den Disziplinargerichten Disziplinarbefugnisse grundsätzlich nur im förmlichen Disziplinarverfahren. Wenn auch in diesen Verfahren auf sämtliche Disziplinarmaßnahmen erkannt werden kann, so sollen doch hier nur solche dienstliche Verfehlungen zur Aburteilung gelangen, die voraussichtlich mit Gehaltskürzung, Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt, Entfernung aus dem Dienst, Kürzung oder Aberkennung des Ruhegehalts geahndet werden. Dem Dienstvorgesetzten hingegen ist grundsätzlich im Wege der Disziplinarverfügung die Ahndung der leichteren Dienstvergehen vorbehalten, bei denen als Disziplinarmaßnahmen Verweis oder Geldbuße ausreichen. Nach der RDStO endete der Beschwerdezug hier bei der obersten Dienstbehörde, da deren Entscheidungen endgültig waren (§26 Abs. 4 RDStO). Die BDO schaltet nunmehr die Disziplinargerichte auch in das Verfahren vor dem Dienstvorgesetzten ein. Wenn schon an der Disziplinarbefugnis des Dienstvorgesetzten in den leichteren Fällen weiterhin festgehalten ist, so endet doch der Instanzenzug bei der Disziplinarverfügung nicht mehr bei der obersten Dienstbehörde, sondern bei den Disziplinargerichten. Überdies sind zahlreiche Entscheidungen der Einleitungsbehörde, die nach der RDStO endgültig waren, nunmehr mit der Beschwerde, über welche die Disziplinargerichte entscheiden, anfechtbar. So ist z. B. gegen die Entscheidung über die Ablehnung des Untersuchungsführers und des Schriftführers die Beschwerde beim Bundesdisziplinargericht zulässig (§44 Abs. 3 Satz 5, § 45 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 56 Abs. 4 Satz 2, § 57 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Disziplinargerichte sind also nunmehr ganz allgemein zum Schutz des Beamten gegen Willkürmaßnahmen der Verwaltung vorgesehen. HI. UNABHÄNGIGKEIT DER DISZIPLINARGERICHTE Es galt als selbstverständlich, daß die in §§ 86 ff. RBG vorgesehenen Reichsdisziplinarkammern und der Reichsdisziplinarhof als unparteiische und unabhängige Gerichte eine objektive Handhabung des Disziplinarrechts gewährleisteten sollten. Daß die richterliche Gewalt durch unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene Gerichte ausgeübt wurde, folgte bereits aus § 1 GVG vom 27. 1. 1877 (RGBl. I S. 41; BGBl. III S. 3). Daß die Disziplinargerichtsbarkeit in richterlicher Unabhängigkeit ausgeübt wird, wurde erstmals 14
Unabhängigkeit der Disziplinargerichte
§66
in § 32 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 (PrGS S. 59) zum Ausdruck gebracht. Ebenso stellen § 31 Abs. 2 RDStO und BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 fest, daß die Disziplinargerichte unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Dies gilt auch im Bereiche des Länderdisziplinarrechts auf Grund § 35 Abs. 2 LDO BW, Art. 32 Abs. 2 DStO Bayr., § 31 Abs. 2 DStO Brm., § 31 Abs. 2 DO Hmb., § 35 Abs. 2 HDO (wo lediglich festgestellt wird, daß die Disziplinargerichte ihre Tätigkeit in Unabhängigkeit ausüben), §39 Abs. 2 NDO, §37 Abs. 2 DO NW, § 37 Abs. 2 LDO Rh.-Pf., § 31 Abs. 2 DStO Saar und § 38 Abs. 2 DStO Schl.-Hol. Durch Art. 97 GG ist sogar verfassungsrechtlich sanktioniert, daß die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Nachdem dies auch in § 25 des Deutschen Richtergesetzes vom 8. 9. 61 (BGBl. I S. 1665) festgestellt ist, erübrigt sich ein nochmaliger Hinweis im Disziplinarrecht, so daß die Novelle zur BDO mit Recht die Streichung des § 31 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 vorsieht. Ebenso fehlt ein entsprechender Hinweis in der LDO Bln. (vgl. § 35 LDO Bln.). Die auch für die Richter der Disziplinargerichtsbarkeit gewährleistete Unabhängigkeit, die sowohl für die Berufsrichter als auch für die Beamtenbeisitzer in Frage kommt, bedeutet das Recht, aber auch die Verpflichtung, nach sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung und Überlegung ihre Entscheidung ohne Beeinflussung durch Dritte zu bilden. Der Disziplinarrichter hat Beeinflussungen weder durch seine Verwaltung noch durch eine sonstige Stelle zu unterliegen. Die Eigenart des Dienstbetriebs jeder Verwaltung kann es notwendig erscheinen lassen, daß sie den Disziplinargerichten beratend zur Seite steht. Diese sind jedoch auch nach Anhörung einer Verwaltungsstelle nicht an deren Stellungnahme gebunden. Das Disziplinargericht bleibt trotz Einholung einer behördlichen Stellungnahme in seiner Beurteilung des Sachverhalts völlig frei. Wie auf der einen Seite das Disziplinargericht berechtigt ist, seine Meinung ohne Beeinflussung durch eine dritte Stelle frei zu bilden, so darf es sich aber auch nicht durch vorgefaßte Meinungen und Vorurteile bei seiner Entscheidung leiten lassen. Das Recht der richterlichen Unabhängigkeit darf nicht dazu führen, daß sich z. B. ein Beisitzer von Einflüssen des Berufsverbandes, der ihn als Beisitzer vorgeschlagen hat, leiten läßt. Die Unabhängigkeit der Disziplinargerichte findet im übrigen ihre Grenzen im geltenden Recht. Sie sind dem Gesetz unterworfen, wozu u. a. alle Bundes- und Landesgesetze, die allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Art. 25 GG), die noch geltenden Anordnungen der Militärregierungen und das Gewohnheitsrecht, nicht jedoch Verwaltungsanordnungen und Dienstbefehle gehören. Die Disziplinarrichter dürfen weder vorsätzlich noch fahrlässig gesetzliche Bestimmungen außer acht lassen. Weiterhin müssen allgemeingültige Erkenntnisquellen berücksichtigt werden. Wenn auch eine Beeinflussung durch außenstehende Dritte unzulässig ist, so wird es sich doch empfehlen, die Rechtsprechung und das Schrifttum bei streitigen Fragen in den Kreis der Erwägungen einzubeziehen. Ob die Disziplinargerichte richtig entschieden haben, unterliegt jedoch keiner disziplinarischen Beurteilung. Lediglich im Wege der Rechtsmitteleinlegung durch den Beamten oder den Bundesdisziplinaranwalt kann die höhere Instanz das Erkenntnis der Vorinstanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einer erneuten Nachprüfung unterziehen. Nur dann können die Mitglieder des Disziplinargerichts zur Ver15
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Die Disziplinargerichte
antwortung gezogen werden, wenn sie die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen bewußt außer acht gelassen haben. Vor dieser Verantwortlichkeit schützt sie auch nicht die Garantie der richterlichen Unabhängigkeit. Da die Mitglieder der Disziplinargerichte nur Lebenszeitbeamte sein können (§ 35 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 45 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle), können sie bei Verletzung ihrer Pflichten anläßlich der Wahrnehmung ihrer richterlichen Aufgaben nicht durch Widerruf, sondern nur im förmlichen Disziplinarverfahren entlassen werden. Die richterliche Unabhängigkeit konnte durch § 36 Abs. 1 RDStO erhebliche Einschränkungen erfahren. Hiernach wurden sämtliche Mitglieder der Dienststrafgerichte nur auf die Dauer von drei Jahren bestellt. Ein Dienststrafrichter, der zu irgendwelchen Beanstandungen Anlaß gegeben hatte, konnte also kaum mit seiner Wiederbestellung nach Ablauf seiner Amtszeit rechnen. Wenn auch durch § 36 Abs. 1 RDStO nur ermöglicht werden sollte, solche Mitglieder nach Ablauf der Amtszeit auszuschalten, die in fachlicher Hinsicht den an sie gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden waren, so war es dennoch denkbar, daß im Einzelfall ein Mitglied auch dann nicht mehr wiederbestellt wurde, wenn es rechtlich haltbare, jedoch den Verwaltungen nicht angenehme Entscheidungen gefällt hatte. Diesem Übelstand ist nunmehr dadurch wirksam begegnet, daß der Vorsitzende und seine Stellvertreter auf Lebenszeit ernannt werden ( § 3 6 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Lediglich bei den Beisitzern ist die richterliche Unabhängigkeit auch heute nicht völlig gewährleistet. Hier konnte der Gesetzgeber nicht davon abgehen, daß sie nach Ablauf einer Amtszeit von drei Jahren wieder neu ernannt werden müssen. Es kann nämlich häufig vorkommen, daß ein Beisitzer sich in fachlicher Hinsicht nicht bewährt. Die Unabhängigkeit der Beisitzer kann jedoch durch deren Dienstvorgesetzte illusorisch gemacht werden. Diese können bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO durch Versetzung ein Tätigwerden des Beisitzers verhindern. Ferner können sie weitgehend auf den Beisitzer durch die Zufügung anderer wirtschaftlicher Nachteile, wie Nichtbeförderung, einwirken. § 49 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle sieht eine Verlängerung der Amtszeit der Beamtenbeisitzer auf die Dauer von vier Jahren vor. Überdies erlischt das Amt des Beisitzers nach § 54 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle u. a. nur dann, wenn der Beisitzer aus dem Hauptamt auf andere Weise als durch Versetzung oder Beförderung ausscheidet. Die Dienstbehörde kann also künftighin nicht mehr auf die Ausübung des Amtes als Beisitzer durch eine Versetzung desselben in einen anderen Bezirk einen Einfluß ausüben. IV. BERATUNG UND ABSTIMMUNG DER DISZIPLINARGERICHTE Die Beratung und Abstimmung der Disziplinargerichte richtet sich nach §§ 193 bis 198 GVG, die nach § 25 BDO (§ 20 BDO a. F.) im Disziplinarrecht sinnentsprechende Anwendung finden. In der Beratung wird über die Tat- und Schuldfrage sowie über den Strafausspruch entschieden. Die Entscheidung erfolgt auf Grund einer Abstimmung. Es ist nicht notwendig, daß sich das Disziplinargericht in das Be16
Beratung und Abstimmung der Disziplinargerichte
§66
ratungszimmer zurückzieht. Leise, für andere nicht vernehmbare Verständigung der Richter im Sitzungssaal ist zulässig, was insbesondere im Beschlußverfahren vorkommen wird 1 . Bei der Beratung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die bei demselben Gericht zu ihrer juristischen Ausbildung beschäftigten Personen zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet (§ 193 GVG). Von der Beratung sind auch der Bundesdisziplinaranwalt, sein Beauftragter, der Aufsichtsrichter, der Protokollführer und ein evtl. vorgesehener Ergänzungsrichter ausgeschlossen. Wird bei der Kammer gegen § 193 GVG verstoßen, so würde dies in der Berufung zu einer Aufhebung des Urteils nur dann führen, wenn die Entscheidung der Kammer auf diesem Verstoß beruhen würde2. Da die Beratung nicht Teil der Hauptverhandlung, sondern ein selbständiger Gerichtsakt ist, darf sie der Protokollführer im Protokoll nicht beurkunden3. Der Vorsitzende leitet die Beratung, stellt die Fragen und sammelt die Stimmen (§ 194 Abs. 1 GVG). Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebnis der Abstimmung entscheidet das Gericht (§ 194 Abs. 2 GVG). Im allgemeinen wird erst über die Prozeßvoraussetzungen und erst dann über die Schuld- und die Straffrage entschieden. Über prozessuale Voraussetzungen und Prozeßfragen wird einzeln und über die Schuldfrage wird hinsichtlich der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen insgesamt abgestimmt. Eine Abstimmung hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsmerkmale ist unzulässig4. Die Schuldfrage umfaßt die einheitliche Entscheidung über die als erwiesen angesehenen Tatsachen und ihre Eingruppierung als Dienstvergehen. Die Schuldfrage umfaßt auch Umstände, die die Strafbarkeit ausschließen (z. B. Entscheidungen über die Rechtswidrigkeit, Zurechnungsfähigkeit, Notwehr), vermindern oder erhöhen (z. B. Gewinnsucht) (§ 263 Abs. 2 StPO). Ein Disziplinarrichter oder Beisitzer darf die Abstimmung über eine Frage nicht verweigern, weil er bei der Abstimmung über eine vorhergehende Frage in der Minderheit geblieben ist (§ 195 GVG). Hiernach ist für die Überstimmten der Standpunkt der Mehrheit für die Folge maßgebend, so daß ein Richter, der die Schuldfrage verneint hat, dennoch später über die Strafzumessungsfrage mitabstimmen muß. Die Disziplinargerichte entscheiden sowohl über die Schuldfrage als auch über die Frage der Zumessung der Disziplinarmaßnahme immer mit einfacher Stimmenmehrheit. Dies ist in § 50 Abs. 6 BDO i. d. F. der Novelle ausdrücklich vorgesehen. Da immer nur mit Stimmenmehrheit abgestimmt wird, findet § 263 StPO im Disziplinarrecht keine Anwendung. Bilden sich in einer Disziplinarsache, von der Schuld abgesehen, mehr als 2 Meinungen, deren keine die erforderliche Mehrheit für sich hat, so werden die dem Beamten nachteiligen Stimmen den zunächst minder nachteiligen so lange hinzugerechnet, bis sich die erforderliche Mehrheit ergibt (§ 196 Abs. 3 Satz 1 GVG). Stimmen in der 2. Instanz 2 Richter für eine Gehaltskürzung auf die Dauer von 1 Jahr, 2 Richter für eine Gehaltskürzung von 1 2 3 4
RGSt. Bd. 46 S. 374. RGSt. Bd. 46 S. 374. BGH in NJW 1954 S. 650. RGSt. Bd. 4 S. 220.
2 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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Die Disziplinargerichte
2 Jahren und 1 Richter für eine Gehaltskürzung von 3 Jahren, so ist auf eine Gehaltskürzung von 2 Jahren zu erkennen5. Bilden sich in der Straffrage zwei Meinungen, ohne daß eine die erforderliche Mehrheit für sich hat, so gilt die müdere Meinung (§ 196 Abs. 3 Satz 2 GVG). Die Richter stimmen nach dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter nach dem Lebensalter, die Beisitzer nach dem Lebensalter ab; der jüngere stimmt vor dem älteren. Die Beisitzer stimmen vor den hauptberuflichen Disziplinarrichtern. Ist ein Berichterstatter benannt, so stimmt er zuerst. Zuletzt stimmt der Vorsitzende (§197 GVG). Bei der Beratung hingegen bestimmt der Vorsitzende die Reihenfolge. Er kann z. B. sogleich nach dem Berichterstatter das Wort ergreifen. Die Beisitzer sind verpflichtet, über den Hergang der Beratung und Abstimmung Stillschweigen zu wahren (§198 GVG). Diese Verpflichtung ergibt sich für die hauptamtlichen Richter und die Beisitzer, die ja auch Beamte sind, eigentlich schon aus ihrer Amtspflicht. Verletzt ein Richter oder Beisitzer die Verschwiegenheitspflicht, so kann dies nach §§ 823 Abs. 2, 839 BGB zu Schadensersatzansprüchen führen. Die vorgesetzte Dienstbehörde kann von der Schweigepflicht nicht entbinden. So ist eine Vernehmung der Richter und Beisitzer als Zeugen über den Hergang der Beratung und Abstimmung unzulässig6. Die Angabe des Stimmenverhältnisses ist jedoch im Urteil zulässig, damit in Zweifelsfällen die Nachprüfung der Richtigkeit des Urteils in der höheren Instanz möglich ist7. V. AMTSTRACHT BEI DEN DISZIPLINARGERICHTEN Für die Amtstracht bei den Bundesdisziplinargerichten kommt die Anordnung des Bundespräsidenten vom 31. 3. 53 (BGBl. I S. 122) in Frage. Hiernach gilt folgendes: I. Die Amtstracht der Bundesrichter, des Bundesdisziplinaranwalts sowie der für ihn auftretenden Beamten, der Vorsitzenden dem Bundesdisziplinargericht und der Urkundsbeamten bei den Disziplinargerichten des Bundes besteht aus einer Amtsrobe und einem Barett. Zur Amtsrobe tragen die Bundesrichter, der Bundesdisziplinaranwalt sowie die für ihn auftretenden Beamten und die Vorsitzenden der Kammern eine breite weiße Binde mit herabhängenden Enden, die Urkundsbeamten eine einfache weiße Halsbinde. II. Die Farbe der Amtstracht ist für die Richter und die Beamten bei dem Bundesdisziplinarhof — Bundesverwaltungsgericht — und für den Bundesdisziplinaranwalt karmesinrot, für die Richter und die Beamten beim Bundesdisziplinargericht schwarz. Die für den Bundesdisziplinaranwalt auftretenden Beamten tragen die Amtstracht in der Farbe des Disziplinargerichts, vor dem sie tätig werden. Der Besatz an der Amtsrobe und am Barett besteht für die Bundesrichter und die Vorsitzenden der Kammern aus Samt, für den « RG in HRR 1936 S. 1440. • RGSt. Bd. 61 S. 218. 7 RGSt. Bd. 60 S. 296.
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Die Disziplinargerichte der 1. Instanz
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Bundesdisziplinarwanwalt und für die für ihn auftretenden Beamten aus Seide, für die Urkundsbeamten aus Wollstoff. Am Barett tragen a) der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts drei Schnüre in Gold, b) die Senatspräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts zwei Schnüre in Gold, c) die Bundesrichter und der Bundesdisziplinaranwalt zwei karmesinrote Schnüre in Seide, d) die Vorsitzenden der Kammern eine Schnur in Silber, e) die für den Bundesdisziplinaranwalt auftretenden Beamten die für die Beamten der gleichen Besoldungsgruppe in der Justizverwaltung festgelegten Abzeichen in Gold, soweit sie vor dem Bundesverwaltungsgericht, und in Silber, soweit sie vor den Kammern tätig werden. IV. Der Bundesminister des Innern wird ermächtigt, Ausführungsbestimmungen zu dieser Anordnung zu erlassen. VL DIE DISZIPLINARGERICHTE DER 1. INSTANZ A. Aufbau Als Disziplinargerichte der ersten Instanz kommen im Bundesdisziplinarrecht bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO die Bundesdisziplinarkammern und nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO das Bundesdisziplinargericht in Frage. Sie sind selbständige Behörden, weil der Bund keine allgemeinen Verwaltungsgerichte der ersten Instanz hat, denen er die Disziplinargerichte angliedern kann. Die Novelle zur BDO sieht als Disziplinargericht der 1. Instanz das Bundesdisziplinargericht vor, bei dem Kammern mit örtlichem Zuständigkeitsbereich gebildet werden (§42 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Die Bezirke der Kammern werden durch Beschluß des Präsidiums des Bundesdisziplinargerichts bestimmt (§42 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Sie können nur zum Beginn eines Geschäftsjahres geändert werden (§ 42 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle). In Ausführung des § 42 Abs. 2 BDO hat das Präsidium des Bundesdisziplinargerichts durch Beschluß vom 4.12. 67 (veröffentlicht durch Rdschr. des Bundesministers des Innern vom 19. 12. 67 — D I 2 — 214 113/1 im GMB1. 1967 S. 515f.) in Abänderung der bisherigen Kammerbezirke mit Wirkung vom 1.1. 68 zwölf Kammerbezirke mit folgenden örtlichen Zuständigkeitsbereichen gebildet: Kammer I — Frankfurt (Main) —: für den Bereich des Landes Hessen — regelmäßiger Sitzungsort: Frankfurt (Main); Kammer II — Karlsruhe —: für den Bereich der baden-württembergischen Regierungsbezirke Nordbaden und Südbaden •— regelmäßiger Sitzungsort: Karlsruhe; 2*
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Die Disziplinargerichte
Kammer HI — Stuttgart — : für den Bereich der baden-württemberigschen Regierungsbezirke Nordwürttemberg und Südwürttemberg-Hohenzollern — regelmäßiger Sitzungsort: Stuttgart; Kammer IV — München—: für den Bereich der bayerischen Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz und Schwaben — regelmäßiger Sitzungsort: München; Kammer V — Nürnberg —: für den Bereich der bayerischen Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken — regelmäßiger Sitzungsort: Nürnberg; Kammer VI — Berlin —: für den Bereich des Landes Berlin — regelmäßiger Sitzungsort: Berlin-Charlottenburg; Kammer VII — Hamburg —: für den Bereich des Landes Schleswig-Holstein, der Freien und Hansestadt Hamburg, der Freien Hansestadt Bremen sowie der niedersächsischen Regierungsbezirke Aurich, Stade und des Verwaltungsbezirks Oldenburg — regelmäßiger Sitzungsort: Hamburg; Kammer VlU — Hannover —: Für den Bereich des Landes Niedersachsen mit Ausnahme der Regierungsbezirke Aurich, Stade und des Verwaltungsbezirks Oldenburg —regelmäßiger Sitzungsort: Hannover; Kammer IX — Dortmund —: für den Bereich der nordrhein-westfälischen Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster — regelmäßiger Sitzungsort: Dortmund; Kammer X — Düsseldorf —: für den Bereich der nordrhein-westfälischen Regierungsbezirke Düsseldorf, Aachen und Köln — regelmäßiger Sitzungsort: Düsseldorf; Kammer XI — Mainz —: für den Bereich des Landes Rheinland-Pfalz — regelmäßiger Sitzungsort: Mainz; Kammer XII — Saarbrücken — : für den Bereich des Saarlandes — regelmäßiger Sitzungsort: Saarbrücken.
Die Bundesdisziplinarkammern hatten ihren Sitz in Frankfurt (Main). Auch nach § 42 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle wird das Bundesdisziplinargericht mit dem Sitz in Frankfurt am Main errichtet. Die Bundesdisziplinarkammern brauchten nicht an ihrem Sitz, d. h. in Frankfurt (Main), zu tagen. Sie konnten vielmehr außerhalb von Frankfurt (Main) und sogar außerhalb des Bezirks tagen, für den sie zuständig waren. Nach § 42 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle finden die Sitzungen der Kammern jedoch in der Regel innerhalb ihrer Bezirke statt. Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle wird eine Hauptgeschäftsstelle errichtet. Der Bundesminister des Innern kann daneben für die Kammern am Ort ihrer regelmäßigen Sitzungen Nebengeschäftsstellen errichten; er kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Dienstbehörde bestimmen, daß andere Dienststellen des Bundes die erforderlichen Bürokräfte, die Räume und die Mittel für den sonstigen sächlichen Bedarf dafür zur Verfügung stellen (§ 42 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Der Bundesminister des Innern hat in Abschnitt II seines Rundschreibens vom 19.12.1967 — I D 2 — 214 113/1 (veröffentlicht in GMB1. 1967 S. 515 [516]) mit Zustimmung der obersten Dienstbehörden nach § 42 Abs. 3 BDO mit Wirkung vom 1. 1. 68 für die Kammern des Bundesdisziplinargerichts am Ort ihrer regelmäßigen Sitzungen folgende Nebengeschäftsstellen errichtet: Kammer I: bei der Hauptgeschäftsstelle des Bundesdisziplinargerichts in Frankfurt (Main), Adickesallee 40; Kammer II: bei der Oberpostdirektion in Karlsruhe, Ettlinger-Tor-Platz 2; Kammer HI: bei der Bundesbahndirektion in Stuttgart N, Heilbronner Straße 7; Kammer TV: bei der Bundesbahndirektion in München 2, Prielmayer Straße 1; Kammer V: bei der Bundesbahndirektion in Nürnberg, Sandstraße 38—40;
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Die Disziplinargerichte der 1. Instanz
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Kammer VI: bei dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin-Charlottenburg, Hardenbergstraße 31; Kammer VII: bei der Bundesbahndirektion in Hamburg-Altona, Museumstraße 39; Kammer VlU: bei der Oberpostdirektion in Hannover, Zeppelinstraße 24; Kammer IX: bei der Oberpostdirektion in Dortmund, Hiltrop wall 10; Kammer X: bei der Oberfinanzdirektion in Düsseldorf, Jürgensplatz 1; Kammer XI: bei der Bundesbahndirektion in Mainz, Kaiserstraße 3; Kammer XII: bei der Oberpostdirektion in Saarbrücken, Klausenerstraße 4—6.
Die oben genannten Dienststellen sind inzwischen angewiesen worden, die erforderlichen Bürokräfte, die Räume und die Mittel für den sonstigen sächlichen Bedarf für die Nebengeschäftsstellen zur Verfügung zu stellen. Die Novelle zur BDO sieht entsprechend der bisherigen Regelung beim Bundesdisziplinarhof ein Präsidium auch beim Bundesdisziplinargericht vor. Es besteht aus dem Präsidenten als Vorsitzenden, den Direktoren und dem Dienstalter nach ältesten weiteren Richter (§48 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag (§ 48 Abs. 2 a. a. O.). B. Dienstaufsicht Im Wege der Dienstauf sieht werden diejenigen Maßnahmen getroffen, durch die die ordnungsgemäße Führung der Dienstgeschäfte sichergestellt wird oder die der Einrichtung und Verwaltung der Gerichte dienen. Dagegen darf sie sich nicht gegen die Tätigkeit der Gerichte als Organe der Rechtspflege richten, weil dies im Widerspruch zur persönlichen Unabhängigkeit der Richter stehen würde. So kann im Wege der Dienstaufsicht nicht gerügt werden, daß das Gericht eine Disziplinarsache nicht zügig zur Entscheidung gebracht hat. Nach § 46 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle über der Präsident des Bundesdisziplinargerichts die Dienstaufsieht über die Richter, Beamten, Angestellten und Arbeiter aus. Übergeordnete Dienstaufsichtsbehörde für das Bundesdisziplinargericht ist der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts (§46 Abs. 2 a.a.O.). Der Präsident übt die Dienstauf sieht nicht als unabhängiger Richter, sondern als Verwaltungsbeamter innerhalb der Justizverwaltung aus. Richtet sich die Maßnahme der Dienstaufsicht gegen einen Beamten, so steht ihm hiergegen der Verwaltungsrechtsweg offen. Richter müssen die Entscheidung des Dienstgerichts anrufen, wenn die Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit berührt (vgl. § 26 Abs. 3, § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchst, e, § 78 Nr. 4 Buchst, e DRiG); ansonsten ist auch hier die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte begründet. C. Geschäftsgang Der Bundesminister des Innern regelte den Geschäftsgang der Kammern (§ 32 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Durch die Geschäftsanweisung vom 22.12. 52—23—3407/52 war folgende Regelung getroffen:
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Die Disziplinargerichte
1. Die zur Verhandlung anstehenden Sachen werden in der Reihenfolge, die der Vorsitzende bestimmt hat, vor dem Sitzungszimmer durch Aushang bekanntgemacht. 2.
Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Der Vorsitzende der Kammer hat halbjährlich dem Präsidenten des Bundesdisziplinarhofs — Bundesverwaltungsgerichts — eine Geschäftsübersicht einzureichen. Darin hat er die Zahl der anhängig gewordenen, erledigten und unerledigt gebliebenen Sachen anzugeben. In dem Bericht kann auf praktische Erfahrungen bei der Anwendung der materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften hingewiesen werden. 3. (1) Bei jeder Kammer wird eine Geschäftsstelle eingerichtet. Der Leiter der Geschäftsstelle hat folgende Aufgaben: a) die für die Kammer eingehenden Schriftstücke zu öffnen und mit bereits vorhandenen Vorgängen dem Vorsitzenden der Kammer vorzulegen. Er hat für eine fortlaufende Numerierung der Blätter und Akten zu sorgen und die Aktenführung zu überwachen; b) Entscheidungen des Gerichts und Verfügungen dem Vorsitzenden nach den ihm erteilten Weisungen vorzubereiten und durchzuführen; c) in den Gerichtssitzungen die Verhandlungsniederschriften zu fertigen, gemeinsam mit dem Vorsitzenden zu unterzeichnen und für die Aufnahme in die Akten zu sorgen; d) die dem Gericht obliegenden Zustellungen zu bewirken; e) nach Erledigung einer Sache die Gerichtskosten festzusetzen; f) die Geschäftskontrollbücher (Prozeßregister, Kostenregister usw.) nach den ihm erteilten allgemeinen und besonderen Anweisungen zu führen; g) den Dienstbetrieb der Geschäftsstelle unter Beachtung der angeordneten Geschäftsverteilung nach den ihm erteilten allgemeinen und besonderen Weisungen zu regeln und zu überwachen. (2) Der Leiter der Geschäftsstelle ist zugleich Urkundsbeamter. Die Geschäfte des Urkundsbeamten können ganz oder teilweise auch von anderen Beamten der Geschäftsstelle wahrgenommen werden, soweit sie von dem aufsichtsführenden Richter damit beauftragt sind. Für den Urkundsbeamten und seine Aufgaben gelten die nach der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 22. 3.35 (RGBl. IS. 403) erlassenen Anordnungen sinngemäß. (3) Die Geschäftsstelle der Kammer in Frankfurt (Main) nimmt die Aufgaben einer Hauptgeschäftsstelle sämtlicher Kammern wahr. In dieser Hauptgeschäftsstelle werden alle Aufgaben der übrigen Geschäftsstellen zusammengefaßt, soweit dies möglich ist. Die Hauptgeschäftsstelle nimmt für alle Geschäftsstellen die Aufgaben der Gerichtskasse wahr. 22
Die Disziplinargerichte der 1. Instanz
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Der Leiter der Hauptgeschäftsstelle hat zusätzlich folgende, besondere Aufgaben: a) den mit der Dienstaufsicht über die Geschäftsstellen betrauten Richter in der Führung der Verwaltungsgeschäfte zu unterstützen; b) den Haushalt der Kammern nach dem Haushaltsplan zu überwachen. (4) Die Dienststunden der Kammern richten sich nach den Dienststunden der Bundesbehörden mit dem gleichen Dienstsitz. 4. (1) Auf jedem eingehenden Schriftstück sind der Zeitpunkt des Eingangs, die Zahl der Anlagen und die auf dem Eingang etwa lastenden Postgebühren unter Beifügung des Namenszeichens des Beamten, der es entgegennimmt, anzugeben. Bei Benutzung eines behördlichen Eingangsstempels kann der Namenszug wegbleiben. Sind Name oder Wohnung des Einsenders oder das Datum des Schreibens nicht deutlich zu erkennen, so ist der Briefumschlag bei dem Schriftstück zu belassen. Die Briefumschläge von Einschreibesendungen sind in jedem Fall zu den Akten zu nehmen. Lastet auf einer in einem Briefumschlag eingehenden Sendung Nachporto, das der Absender zu tragen hat, so ist der Umschlag zur Einziehung des Portos der Post zurückzugeben. Gelangt ein Schriftstück usw. nicht an dem gleichen Tag, ein Protokoll nicht am Tag seiner Aufnahme an die Geschäftsstelle, so hat diese einen besonderen Eingangsvermerk zu machen. Fehlt eine Anlage, auf die in dem Schriftstück verwiesen ist, so ist dies zu vermerken. (2) Liegen der Sendung bares Geld, Briefmarken oder sonstige Wertzeichen bei, so hat der beurkundende Beamte dem Eingangsvermerk seine volle Namensunterschrift beizufügen. Auf Verlangen ist dem Überbringer wichtiger Schriftstücke der Empfang schriftlich zu bestätigen. 5. (1) Über Geld- und Wertsendungen ist ein Eingangsbuch zu führen. (2) Eingegangene Geldbeträge sind unverzüglich an die zuständige Kasse abzuführen, sofern nicht im Einzelfall eine abweichende Behandlung notwendig ist. (3) Die Empfangsbescheinigungen werden von dem Leiter der Geschäftsstelle oder seinem ständigen Vertreter unter der Behördenbezeichnung vorgenommen. (4) Bei Geld- und Wertsendungen sind die Begleitschreiben und, wenn solche fehlen, die sofort aufzunehmenden Vermerke mit einer Angabe über den Verbleib des Geldes oder der Wertgegenstände zu versehen. Die Postabschnitte sind beizufügen, soweit sie nicht bei der zuständigen Kasse verwahrt werden. 6.
(1) Alle Eingänge sind unter Beifügung etwa vorhandener Vorgänge zunächst dem Vorsitzenden der Kammer vorzulegen. 23
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(2) Mündlich vorgebrachte Beschwerden, Berufungs- und sonstige Anträge hat der Leiter der Geschäftsstelle oder sein ständiger Vertreter zu Protokoll zu nehmen. (3) Die Anschuldigungsschriften sind nach der zeitlichen Reihenfolge ihres Eingangs in das von der Geschäftsstelle zu führende Prozeßregister einzutragen. Für Beschwerden ist ein Beschwerderegister zu führen. Alle sonstigen Anträge sind in einem besonderen Register aufzunehmen. 7. (1) Die Geschäftsstelle hat die Verfügungen des Vorsitzenden der Kammer auszuführen. (2) Der Schriftwechsel, der mit der Herbeischaffung von Akten zusammenhängt, kann der Geschäftsstelle zur selbständigen Erledigung übertragen werden. Gesetzte Fristen sind einzuhalten. (3) Alle Reinschriften, Ausfertigungen und Abschriften sind mit den Entwürfen oder Urschriften genau zu vergleichen, Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften grundsätzlich unter Hinzuziehung eines zweiten Beamten oder Angestellten. (4) Bei Versendung von Urschriften oder Akten ist in jedem Falle ein Kontrollblatt für die Akten anzulegen, auf dem das versandte Schriftgut genau zu bezeichnen, die Anschrift der empfangenden Stelle, das Absendedatum und die Frist für eine Wiedervorlage zu vermerken ist. (5) Sendungen zu Lasten des Empfängers müssen in den Akten als gebührenpflichtige Dienstsachen vermerkt und durch den Hinweis „G. D." kenntlich gemacht werden. Auf alle Postsendungen ist die Geschäftsstelle als Absender zu bezeichnen. Auslands-, Wert- und Einschreibesendungen sind dem Botenmeister besonders zu übergeben. (6) Alle Verfügungen sind bei ihrer Erledigung mit einem Erledigungsvermerk zu versehen, auf dem insbesondere auch der Tag der Absendung der Reinschriften unter Beifügung des Namenszeichens ersichtlich ist. Der Betrag einer etwa in Rechnung zu stellenden Postgebühr, Zustellungsgebühr und der Umfang gebührenpflichtigen Schreibwerkes ist anzugeben. (7) Bei Vollziehung von Ausfertigungen, Auszügen, Beglaubigungen und Bescheinigungen ist in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen das Gerichtssiegel, sonst der Stempel beizudrücken. (8) Die Dienstsiegel und Dienststempel sind vom Leiter der Geschäftsstelle so zu verwahren, daß jeder Mißbrauch ausgeschlossen ist. 8.
(1) Die Berechnung der Kosten des Verfahrens hat nach den hierfür geltenden Bestimmungen durch den Leiter der Geschäftsstelle oder seinen ständigen Vertreter zu erfolgen, der auch die erforderlichen Einnahme- und Ausgabeanweisungen auszustellen hat. (2) Sämtliche Anweisungen bedürfen der Unterschrift des Vorsitzenden der Kammer oder seines Stellvertreters. Bei der Geschäftsstelle ist ein besonde24
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res Kostenregister zu führen, aus dem hervorgehen muß, welche Kostenbeträge im Laufe des Rechnungsjahres berechnet werden und wann sie eingegangen sind. Das Kostenregister ist für jedes Rechnungsjahr neu zu beginnen. Die Geschäftsstelle hat für ordnungsgemäße Ausfertigung, Zustellung und Vollstreckung der Kostenbeschlüsse zu sorgen. 9. Die für die Kammer zu bewirkenden Zustellungen hat der Urkundsbeamte unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften zu veranlassen. 10.
Für die Führung der Akten und der Register gelten die bisher bei den Dienststrafgerichten des ehemaligen Vereinigten Wirtschaftsgebietes geltenden Bestimmungen fort, bis sie durch neue Bestimmungen ersetzt werden. 11.
(1) Die Akten sind mit dem Aktenzeichen zu versehen. Die einzelnen Aktenblätter erhalten auf der oberen rechten Ecke fortlaufende Nummern. (2) Bei der Übersendung der Akten an das Disziplinargericht der 2. Instanz ist auf die Vollständigkeit der mit zu versendenden Vorakten zu achten. In einem besonderen Übersendungsbericht sind das Verfahren, Name, Dienstbezeichnung und Wohnung der Beteiligten anzugeben sowie derjenigen, die das Rechtsmittel eingeleitet haben. 12.
(1) Die Urlaubserteilung für die Richter steht dem Präsidenten des Gerichts der 2. Instanz zu. Für die übrigen Beschäftigten bei den Kammern ist der aufsichtführende Vorsitzende der Kammer Frankfurt (Main) zuständig. (2) Wer durch Krankheit oder sonstige nicht zu beseitigende Umstände verhindert ist, seine dienstlichen Obliegenheiten wahrzunehmen, hat dies unverzüglich seinem zuständigen Dienstvorgesetzten anzuzeigen. D. BESETZUNG 1. A l l g e m e i n e s Die Bundesdisziplinarkammer bestand aus dem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern, rechtskundigen und anderen Beisitzern (§35 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Sie entschied mit drei Mitgliedern, und zwar dem Vorsitzenden — oder seinem Stellvertreter — und zwei weiteren Beisitzern, wobei es gleich blieb, ob es sich um eine Entscheidung in der Hauptverhandlung oder im Beschlußverfahren handelte. Die Geschäftsverteilung legte für das Kalenderjahr die Teilnahme der Mitglieder der einzelnen Sitzungen der Kammer fest, wobei zu beachten war, daß der Geschäftsverteilungsplan vor Ablauf des vorgesehenen Zeit nur geändert werden konnte, wenn die in § 41 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 genannten Voraussetzungen gegeben waren, d. h. Überlastung der Kammer, Ausscheiden, Neuernennung oder langdauernde Verbindung eines Mitgliedes der Kammer. 25
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Die in §37 Abs. 1 und 2 a.a.O. bezeichneten Anordnungen konnten im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen der Uberlastung oder ungenügender Auslastung einer Kammer oder infolge Wechsels oder andauernder Verhinderung einzelner Vorsitzender der Kammern erforderlich wurde (§37 Abs. 3 a.a.O.). Nach § 45 Abs. 1 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle besteht das Bundesdisziplinargericht aus dem Präsidenten, Direktoren und weiteren Richtern. Es können auch Richter kraft Auftrags verwendet werden (§45 Abs. 2 BDO 1. d. F. der Novelle). Ist kein Direktor als ständiger Vertreter bestellt, so vertritt den Präsidenten bei Verhinderung der dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter der dem Lebensalter nach älteste Direktor (§45 BDO i. d. F. der Novelle). Nach § 50 Abs. 4 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle entscheiden auch die Kammern in einer Besetzung mit drei Mitgliedern, und zwar dem Vorsitzenden und zwei Beamtenbeisitzern. Vor Anberaumung der Hauptverhandlung kann jedoch der Vorsitzende nach Anhörung des Bundesdisziplinaranwalts durch Beschluß einen weiteren Richter hinzuziehen — sog. erweiterte Besetzung —, wenn dies nach Umfang oder Bedeutung der Sache geboten ist (§50 Abs. 5 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Die Kammern entscheiden im Falle der erweiterten Besetzung mit fünf Mitgliedern, dem Vorsitzenden, einem weiteren Richter und drei Beamtenbeisitzern (§50 Abs. 5 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). § 50 Abs. 4 Satz 2 und 3 BDO i. d. F. der Novelle gilt entsprechend (§ 50 Abs. 5 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). 2. H a u p t b e r u f l i c h e Richter Der Vorsitzende der Bundesdisziplinarkammer mußte hauptamtlicher Berufsrichter sein, der die Befähigung zum Richteramt haben mußte (vgl. § 35 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Sein Vertreter war durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmt. Fiel der Vertreter aus, so trat ihn der Vorsitzende der den einzelnen Bundesdisziplinarkammern zahlenmäßig nachfolgenden Kammern, wobei die Bundesdisziplinarkammer I der Bundesdisziplinarkammer XIV folgte. Da die Disziplinargerichte des Bundes nicht Teile eines Gerichts, sondern selbständige Gerichte waren, konnten sich die Vorsitzenden nicht ohne Einhaltung des Geschäftsplanes vertreten, ein Richter konnte vielmehr nur dann als Vorsitzender einer Bundesdisziplinarkammer tätig werden, wenn er bei dieser zum Vorsitzenden bestellt war8. Der Vorsitzende einer Bundesdisziplinarkammer konnte zugleich zum Vorsitzenden von höchstens zwei weiteren Kammern ernannt werden (§ 35 Abs. 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Sämtliche hauptberuflichen Richter des Bundesdisziplinargerichts müssen die Fähigkeit zum Richteramt nach dem DRiG haben. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle führen den Vorsitz in den Kammern der Präsident und die Direktoren. Vor Beginn des Geschäftsjahres bestimmt der Präsident die Kammer, deren Vorsitz er übernimmt (§50 Abs. 1 Satz 2 a. a. O.). Über die Verteilung des Vorsitzes unter den übrigen Kammern entscheiden der Präsident und die Direktoren mit Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag ( § 50 Abs. 1 Satz 3 a. a. O.). Dem Vorsitzenden einer Kammer kann zugleich 8
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BDH 18.10. 55 — n D 160/54 — BDHE Bd. 2. S. 184.
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der Vorsitz in höchstens zwei weiteren Kammern übertragen werden ( § 5 0 Abs. 1 Satz 4 a. a. O.). Das Präsidium bestimmt vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres die Mitwirkung der weiteren Richter in den Kammern sowie die Vertretung der Vorsitzenden der Kammer (§ 50 Abs. 2 a. a. O.). 3. Beamtenbeisitzer Neben dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter wirken in der Bundesdisziplinarkammer bzw. im Bundesdisziplinargericht zwei weitere Beisitzer aus der Beamtenschaft als ehrenamtliche Richter mit. Die Beamtenbeisitzer müssen auf Lebenszeit ernannte Bundesbeamte sein (§ 35 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 45 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Sie mußten bisher ebenso wie der Vorsitzende der Kammer bzw. der Präsident und die Direktoren das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben (vgl. § 35 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die Novelle zur BDO schreibt ganz allgemein für den Präsidenten, die Direktoren und die Beamtenbeisitzer ein Mindestalter nicht vor. Bei der Auswahl dieser Personen wird jedoch ohnehin darauf Bedacht genommen, daß sie über eine ausreichende Lebens- und Berufserfahrung verfügen, so daß sich die Forderung nach einem Mindestalter erübrigt. Die Beisitzer mußten bisher bei ihrer Ernennung den dienstlichen Wohnsitz im Bezirk der Bundesdisziplinarkammer haben (§35 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Einer der Beisitzer muß die Befähigung zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen (vgl. § 35 Abs. 3 BDO i. V. m. § 37 Halbsatz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 50 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle9). Wer bis zum Inkrafttreten des DRiG nach mindestens dreijährigem Studium der Rechtswissenschaft an einer Universität und dreijähriger Ausbildung im öffentlichen Dienst durch Ablegung der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst erworben hat, kann auch nach Inkrafttreten des DRiG zum rechtskundigen Beisitzer in der Disziplinargerichtsbarkeit ernannt werden (§110 DRiG). In erster Linie ist der rechtskundige Beisitzer als Berichterstatter hinzuzuziehen. Ihm kann vom Vorsitzenden aufgegeben werden, einen schriftlichen Sachbericht zu fertigen, der den bis zur Hauptverhandlung aufgelaufenen Prozeßstoff enthält. Hierbei wird es sich empfehlen, soweit es sich um die Darstellung der persönlichen Verhältnisse des Beamten handelt, auf den in den Personalakten befindlichen Personalbogen Bezug zu nehmen. Ebenso kann bei der Darstellung des Sachverhalts auf das beiliegende Strafurteil und die Anschuldigungsschrift Bezug genommen werden. Aus der Verpflichtung, einen schriftlichen Sachbericht zu fertigen, ergibt sich jedoch noch nicht die Verpflichtung, auch das Urteil abzusetzen10. Die Fertigung des Urteils obliegt allein dem Vorsitzenden; im einzelnen hierzu siehe § 107 V S. 797f. Der weitere Beamtenbeisitzer, der an der Entscheidung der Kammer mitwirkt, soll der Laufbahngruppe und möglichst dem Verwaltungszweig des beschuldigten Beamten angehören (§37 Halbsatz 2 BDO, § 50 Abs. 4 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). Als Laufbahn kommen der höhere, der gehobene, der mittlere sowie der einfache Dienst und als Verwaltungszweige im Bereich 9 10
DiszSenat OVG Münster 1 1 . 1 0 . 63 — V 17/63 — in JMB1. NRW 1964 S 17.8. BGH 23.10. 63 — RiZ 1/62 — in NJW 1964 S. 2415.
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der Bundesverwaltung u. a. Bahn, Post und Zoll in Betracht. Auch die rechtskundigen Beisitzer können als „andere" Beisitzer im Sinne des § 35 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 50 Abs. 4 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle tätig sein. Über die Geschäftsverteilung für die Teilnahme der Beamtenbeisitzer bei den Sitzungen der Kammern vgl. § 67 III C 2a S. 65 und b S. 66. 4. Ergänzungsbeamtenbeisitzer Wenn auch an der Entscheidung des Disziplinargerichts nur die gesetzlich bestimmte Zahl von Richtern mitwirken darf, so kann doch bei Verhandlungen von längerer Dauer der Vorsitzende die Hinzuziehung von Ergänzungsbeisitzern anordnen, die der Verhandlung beizuwohnen und im Falle der Verhinderung eines Beamtenbeisitzers für ihn einzutreten haben (§ 192 Abs. 2 GVG i. V. m. § 20 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 25 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Die Hinzuziehung von Ergänzungsbeisitzern liegt im Ermessen des Vorsitzenden. Gleiches gilt auch für die Zahl. Die Reihenfolge des Eintritts muß vor Beginn der Verhandlung festgelegt sein. Der Ergänzungsbeamtenbeisitzer ist in der Verhandlung vollberechtigter Richter, wobei er u. a. das Fragerecht ausüben kann11. Vor dem Eintritt ergangene Entscheidungen des Gerichts behalten ihre Gültigkeit. Ihre Richtigkeit ist jedoch bei der Urteilsberatung und in den Urteilsgründen nachprüfbar12. Solange der Vertretungsfall jedoch noch nicht eingetreten ist, dürfen die Ergänzungsbeamtenbeisitzer an der Beratung nicht teilnehmen. 5. Folgen der nichtordnungsgemäßen Besetzung Ist die Kammer nicht ordnungsgemäß besetzt, so stellt dies einen Verfahrensmangel im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO (§ 73 BDO a. F.) dar, der im Falle der Berufung berechtigt, das Urteil aufzuheben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen. Der Mangel der ordnungsmäßigen Besetzung der Kammer wird auch dadurch nicht geheilt, daß sowohl der Bundesdisziplinaranwalt als auch der Beamte auf eine entsprechende Verfahrensrüge verzichten. Die nichtordnungsgemäße Besetzung des Gerichts stellt nach § 338 Ziff. 1 StPO einen absoluten Revisionsgrund dar und verstößt weiterhin gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 266, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf13. Von einer Aufhebung des Urteils kann jedoch dann abgesehen werden» wenn der Sachverhalt völlig geklärt ist, insbesondere wenn der Beamte geständig ist. Einen Verfahrensmangel stellt es nicht dar, wenn bei der Entscheidung ein Beisitzer nicht der Laufbahn oder dem Verwaltungs- zweig des Beschuldigten angehört hat (vgl. § 37 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 50, Abs. 4 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle), da es sich hierbei nur um eine Sollvorschrift handelt. E . Zuständigkeit 1. Sachliche Zuständigkeit Die Kammer führt nach Eingang der Anschuldigungsschrift das förmliche Disziplinarverfahren bis zum Erlaß einer den Instanzenzug abschließen11 12
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Vgl. Behnke Anm. 7 zu § 73 BDO. RGSt. Bd. 67 S. 278.
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den Entscheidung durch. Sie trifft hierbei sämtliche Maßnahmen, die der Vorbereitung und der Durchführung der Hauptverhandlung dienen. Weiterhin entscheidet sie über die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 100 BDO, §§86 ff. BDO a. F.). Im förmlichen Disziplinarverfahren entscheidet die Kammer fernerhin über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Einleitungsbehörde über die Ablehnung des Untersuchungsführers ( § 4 4 Abs. 3 Satz 5 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 56 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle) und gegen die Entscheidung des Untersuchungsführers über die Ablehnung des Schriftführers (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 57 Abs. 2 Satz 2 BDO 1. d. F. der Novelle). Nach der RDStO waren die Entscheidungen der Einleitungsbehörde und des Untersuchungsführers endgültig. Das Disziplinarverfahren des Dienstvorgesetzten endete nach der RDStO im Beschwerdezuge bei der obersten Dienstbehörde ( § 2 6 Abs. 3 RDStO). Die BDO, BDO i. d. F. der Novelle hingegen schaltet hier die Bundesdisziplinarkammer — das Bundesdisziplinargericht — als letzte Beschwerdeinstanz ein: Gegen die Entscheidung des Dienstvorgesetzten ist die Beschwerde an den nächsthöheren Dienstvorgesetzten zulässig, und gegen dessen Entscheidung kann der Beamte die Entscheidung der Bundesdisziplinarkammer — des Bundesdisziplinargerichts — beantragen, die dann endgültig durch Beschluß entscheidet (§ 31 Abs. 4 BDO, § 26 Abs. 4 bzw. 3 BDO a.F.). Die Einschaltung der Bundesdisziplinarkammer —• des Bundesdisziplinargerichts — in das Disziplinarverfahren des Dienstvorgesetzten entspricht den in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Forderungen des Rechtsstaates. Die Kammer hat die sachliche Zuständigkeit nach § 6 StPO in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen. Stellt sie fest, daß sie sachlich unzuständig ist, so muß sie das Verfahren einstellen. Eine Rückgabe der Akten an den Bundesdisziplinaranwalt nach § 53 Abs. 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 67 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle kommt nicht in Frage. Hat die Kammer trotz sachlicher Unzuständigkeit entschieden, so ist die Entscheidung wirksam, wenn sie nicht angefochten wird. Hiervon bleibt unberührt, ob die Ausführung der Entscheidung rechtlich möglich ist. Wird z. B. ein Beamter auf Widerruf, der versehentlich von der Kammer als Beamter auf Lebenszeit angesehen worden ist, zu einer Gehaltskürzung verurteilt; so kann diese Disziplinarmaßnahme nicht vollstreckt werden. 2. Ö r t l i c h e Z u s t ä n d i g k e i t a) Z u s t ä n d i g k e i t bei a k t i v e n B e a m t e n Das Disziplinargericht hat auch die örtliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen 13 . Zuständig ist nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle die Kammer, in deren Bezirk der Ort liegt, der bei Zustellung der Disziplinarverfügung oder bei der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens dienstlicher Wohnsitz des Beamten war. Der Begriff des dienstlichen Wohnsitzes ist weder im Bundesbeamtengesetz noch in der Bundesdisziplinarordnung noch sonst in einem beamtenrechtlichen Nebengesetz allgemeinverbindlich näher bezeichnet. In Recht13
Vgl. Behnke Anm. 7 zu § 73 BDO.
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sprechung14 und Schrifttum15 wird bei der Erläuterung des Begriffs „dienstlicher Wohnsitz" in disziplinarrechtlicher Hinsicht auf die Besoldungsvorschriften verwiesen. Nach § 14 Abs. 1 BBesG ist dienstlicher Wohnsitz in der Regel der Sitz der Behörde oder der Dienststelle, bei der der Beamte angestellt oder beschäftigt ist, da hier der Schwerpunkt seiner dienstlichen Beziehungen liegt. Hierbei spielt es keine Rolle, daß die für die Personalangelegenheiten zuständige Verwaltung ihren Sitz an einem anderen Orte hat und demgemäß dort Vorermittlungen und Untersuchung stattgefunden haben. Gleichgültig ist auch, wo sich die Planstelle des Beamten befindet16®. Im allgemeinen deckt sich der Begriff des dienstlichen Wohnsitzes im Sinne des §43 BDO (§33 BDO a. F.) mit der im Bundesbesoldungsgesetz vorgesehenen Regelung, weil § 14 Abs. 1 BBesG etwas Allgemeingültiges aufweist, das über das Besoldungsrecht hinaus Geltung beanspruchen kann. Soweit jedoch das Besoldungsrecht aus besoldungsrechtlichen oder aus besoldungstechnischen Gründen Sonderregelungen trifft, so sind sie für das Disziplinarrecht noch nicht ohne weiteres verbindlich, wenn sie die dienstlichen Beziehungen des Beamten zu seiner Behörde in wesensfremder Weise vernachlässigen16. Es entspricht nämlich nicht dem Sinn und Zweck des § 43 BDO (§33 BDO a. F.), der unter Koppelung an den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens eine aus dienstlichen Beziehungen herrührende feste Zuständigkeit schaffen will, die Zuständigkeit des Gerichts von besoldungsrechtlichen Besonderheiten abhängig zu machen. Daher sind abweichende, auf besoldungsrechtlichen Gründen beruhende Festsetzungen des dienstlichen Wohnsitzes, insbesondere bei Empfängern von Trennungsentschädigung, für das Disziplinarrecht ohne Bedeutung17. Die Nichtanordnung des Umzuges steht also ungeachtet der Vorschrift des § 14 Abs. 3 BBesG nicht entgegen, den dienstlichen Wohnsitz dort zu bestimmen, wohin der Beamte versetzt worden ist. Ebenso ist es für die Bestimmung des Wohnsitzes nach § 43 BDO (§33 BDO a. F.) unerheblich, ob die Versetzung nur vorübergehender Natur sein sollte18; der Zweck des §43 BDO (§33 BDO a. F.) würde vereitelt, wenn für die gerichtliche Zuständigkeit interne Erwägungen der die Versetzung anordnenden Behörde maßgebend sein würden, zumaldie Dienstbehörde von solchen Erwägungen jederzeit abgehen und sie durch andere ersetzen kann. Wird der Beamte zu einer Behörde mit einem anderen Amtssitz abgeordnet, so behält er seinen dienstlichen Wohnsitz bis zur Anordnung des Umzuges an den neuen Beschäftigungsort19. Als Ausnahme kann die oberste Dienstbehörde einzelnen Beamten oder Gruppen von Beamten den Ort, der Mittelpunkt ihrer dienstlichen Tätigw BDH 30. 4. 55 — II DB 16/55 —. Behnke Anm. 3 zu § 33 BDO; Wittland Anm. 4 zu §.33 RDStO; Fischbach Anm. I 2 zu § 65 BBG. DokBer. Nr. 1891. 18 DH Rh.-Pfalz 20.10. 58 — W 6/58 — in ZBR 1959 S. 30 = AS Bd. 7 S. 108 = Lindgen Teil IV Nr. 265 (LS); BDH 14. 2. 56 — I DB 19/55 — in ZBR 1956 S. 165 = Lindgen Teil IV Nr. 132. 17 BDH 14. 2. 56 — I DB 19/56 — BDHE Bd. 3 S. 96 = Lindgen Teil IV Nr. 132 = DokBer. Nr. 601 und Nr. 1421. 18 BDH 25. 8. 60 — HI DB 18/60 — BDHE Bd. 5 S. 109 = Lindgen Teil IV Nr. 577. = DokBer. Nr. 1421. 19 Behnke Anm. 3 zu § 33 BDO. 16
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keit ist, als dienstlichen Wohnsitz anweisen (§14 Abs. 2 Nr. 1 BBesG). Ebenso kann sie Beamten, die im Ausland an der deutschen Grenze beschäftigt sind, einen Ort im Inland in der Nähe des Beschäftigungsortes als dienstlichen Wohnsitz anweisen (§14 Abs. 2 Nr. 2 BBesG). Liegt der dienstliche Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs des GG, was bei Beamten der deutschen Dienststellen im Ausland in Betracht kommt, so ist die für den Sitz der Bundesregierung zuständige Disziplinarkammer zuständig (§43 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BDO (§33 BDO a. F.); da Bonn Sitz der Bundesregierung ist, kam bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO die Bundesdisziplinarkammer X in Düsseldorf in Betracht. Für Beamte der Bundeszollverwaltung und der Deutschen Bundesbahn mit dienstlichem Wohnsitz im Ausland ist die Kammer beim Bundesdisziplinargericht zuständig, die dem dienstlichen Wohnsitz am nächsten ist (§ 1 der VO zu § 43 Abs. 1 BDO (BGBl. I S. 1158) i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BDO). Falls der Beamte mehrere dienstliche Ämter mit verschiedenem dienstlichem Wohnsitz bekleidet, so ist nur der dienstliche Wohnsitz des Hauptamtes maßgebend, sofern sie im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen (vgl. § 36 Abs. 2 BDO — § 30 Abs. 2 BDO a. F.). Wenn es sich jedoch um mehrere Hauptämter handelt, so kommt der dienstliche Wohnsitz des Amtes in Frage, dessentwegen das förmliche Disziplinarverfahren zuerst eingeleitet ist. Gegen verschiedene Beamte, die ihren dienstlichen Wohnsitz im Bereich verschiedener Kammern haben, ist die Verbindung der Disziplinarverfahren möglich; die örtliche Zuständigkeit ist auch bei derjenigen Kammer gegeben, die für einen Beteiligten, wenn gegen ihn allein verhandelt werden sollte, nicht zuständig wäre20. Sind für zwei Disziplinarverfahren gegen Beamte, die bei dem Dienstvergehen gemeinschaftlich gehandelt haben, zwei verschiedene Kammern zuständig, beide Verfahren aber bereits bei einer Kammer anhängig, so können sie vom Disziplinargericht der zweiten Instanz unter Bestimmung einer Kammer als zuständig miteinander verbunden werden20®. Zuständig ist nur die Kammer, in deren Bereich der Schwerpunkt der dienstlichen Beziehungen des Beamten liegt. Dies ist immer bei seiner Beschäftigungsstelle der Fall. Auf den Sitz der vorgesetzten Dienstbehörde kommt es hier nicht an21. Die Zuständigkeit kann also nicht bei der Kammer begründet werden, die für die oberste Dienstbehörde des Beamten zuständig ist, sofern nicht diese den Schwerpunkt der dienstlichen Beziehungen darstellt. b) Z u s t ä n d i g k e i t bei Ruhestandsbeamten Bei Ruhestandsbeamten ist der Wohnsitz oder, wenn ein Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht besteht, der letzte dienstliche Wohnsitz maßgebend (vgl. § 33 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 43 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Liegt der letzte dienstliche Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes, so ist nach § 43 Abs. 2 20 i0» 21
PrOVG 30. 4. 35 — I. D. 123/34 — in PrOVG Bd. 96 S. 248 = Perwo S. 359. DiszSenat OVG Münster 14. 7. 64 — G 19/64 — in ZBR 1965 S. 76 (LS). BayrDStH 17.10. 56 — DS II 56 — VGHE n. F. III 30 —.
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Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle die für den Sitz der Bundesregierung zuständige Kammer zuständig. Hat der Ruhestandsbeamte einen doppelten Wohnsitz und liegen die Wohnsitze im Bezirk mehrerer Kammern, so ist wahlweise die Zuständigkeit bei jeder Kammer begründet. Wird ein im einstweiligen Ruhestand befindlicher Beamter wieder in das Beamtenverhältnis übernommen, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem für das Amt maßgebenden dienstlichen Wohnsitz. c) Kein n a c h t r ä g l i c h e r Wechsel der Z u s t ä n d i g e i t Ein im Verlaufe des förmlichen Disziplinarverfahrens eintretender Wechsel des dienstlichen Wohnsitzes ist für die örtliche Zuständigkeit der Kammer unbedeutend. Da als maßgebender Zeitpunkt die Zustellung der Einleitungsverfügung in Betracht kommt, ändert sich die Zuständigkeit auch dann nicht, wenn noch vor der ersten dienstlichen Befassung der Kammer mit der Sache, nämlich vor Eingang der Anschuldigungsschrift, der dienstliche Wohnsitz des Beamten sich ändert. Dies gilt auch dann, wenn sich der beamtenrechtliche Status des Beamten ändert, wenn z. B. der Beamte inzwischen in den Ruhestand tritt oder der sich im einstweiligen Ruhestand befindende Beamte wieder zum Beamten neu ernannt wird. d) Z u s t ä n d i g k e i t bei sonstigen V e r f a h r e n Sofern die Zuständigkeit der Kammer außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens begründet ist, findet § 43 BDO entsprechend Anwendung, wobei z. B. bei § 31 Abs. 4 BDO — § 26 Abs. 4 BDO a. F. — die Zustellung der Disziplinarverfügung, die das Verfahren in Gang setzt, maßgebend ist. e) A n d e r w e i t i g e Z u s t ä n d i g k e i t Da § 43 BDO — § 33 BDO a. F. zwingendes Recht darstellt, ist die Vereinbarung eines anderweitigen Gerichtsstandes unzulässig22. Auch kommt es nicht auf den Ort an, wo das Dienstvergehen begangen ist. Ebenso beeinflußt eine spätere organisatorische Änderung der Bezirke der Kammern nicht mehr die bereits vorhandene Zuständigkeit. Eine anderweitige Zuständigkeit kann sich jedoch auf Grund des § 15 StPO ergeben. Ist die an sich zuständige Kammer in einem einzelnen Falle an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert, so hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache einer anderen Kammer zu überweisen. Das gleiche kann auch in Betracht kommen, wenn gegen den Beamten mehrere Verfahren vor verschiedenen Kammern schweben (§ 69 Abs. 2 BDO — § 54 Abs. 2 BDO a. F.) oder wenn mehrere gegen verschiedene Beamte schwebende Verfahren vor Eintritt der Rechtshängigkeit verbunden werden (vgl. § 36 Abs. 3 u. 4 BDO — § 30 Abs. 3 u. 4 BDO a. F.). f) Verweisung an die zuständige Kammer Die Bundesdisziplinarordnung enthält keine ausdrückliche Vorschrift, wonach eine unzuständige Kammer das Disziplinarverfahren an die zuständige Kammer verweisen kann. Auch aus dem nach § 25 BDO — § 20 BDO a. F. 22
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PrOVG Bd. 96 S. 248.
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ergänzend heranzuziehenend Recht der StPO und des GVG ergibt sich keine Verweisungsmöglichkeit. In Rechtsprechung und Rechtslehre ist die Möglichkeit einer Verweisung von der unzuständigen Kammer an die zuständige verneint worden, weil nach den verfahrensrechtlichen Gegebenheiten des Disziplinarverfahrens das Verfahren an der zuständigen Stelle neu eingeleitet werden konnte oder aber ein unzuständigerweise befaßtes Gericht entscheiden mußte23. Diese Bedenken dürften dann nicht stichhaltig sein, wenn der Beamte die unzuständige Kammer im Beschwerdewege anruft. Eine Verweisungsmöglichkeit muß hier bejaht werden. So hat z. B. auch die VerwGO umfassende Verweisungsmöglichkeiten, soweit solche bisher fehlten, zwischen den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und anderen Zweigen der rechtsprechenden Gewalt geschaffen und dadurch zu erkennen gegeben, daß im Interesse einer unbehinderten Rechtsverfolgung die Rechtsordnung allgemein von dem Prinzip der Verweisung des Staatsbürgers, der ein unzuständiges Gericht anruft, an das zuständige ausgeht. Dies muß auch dort gelten, wo der Beamte gegen eine Maßnahme der Einleitungsbehörde, wie z. B. die Bestellung des Untersuchungsführers, Beschwerde einlegt. Lehnt also der Beamte den Untersuchungsführer wegen angeblicher Befangenheit ab und hat die Einleitungsbehörde seinem Gesuch nicht stattgegeben, so hat im Falle der Einlegung der Beschwerde bei einer unzuständigen Kammer diese die Beschwerde an die zuständige Kammer zu verweisen24. g) Z u s t ä n d i g k e i t s s t r e i t aa) Vor I n k r a f t t r e t e n der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Bundesdisziplinarkammern entschied auf Antrag einer Bundesdisziplinarkammer oder einer anderen am Verfahren beteiligten Behörde der Bundesdisziplinarhof durch Beschluß (§ 34 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Voraussetzung für die Anwendung des § 34 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 war, daß sich zwei Bundesdisziplinarkammern entweder für zuständig oder unzuständig hielten oder wenn Streit über die Zuständigkeit zwischen der Einleitungsbehörde oder dem Bundesdisziplinaranwalt und der Bundesdisziplinarkammer oder zwischen dem Beschuldigten und der Einleitungsbehörde oder dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Beschuldigten und der Bundesdisziplinarkammer herrschte25. Gleichgültig war, ob es sich um ein förmliches Disziplinarverfahren oder um ein sonstiges Verfahren handelte, bei dem die Zuständigkeit der Bundesdisziplinarkammer begründet war (z. B. § 26 Abs. 4, § 105 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Sollte sich in einem Verfahren die Bundesdisziplinarkammer für unzuständig erklärt haben und hiergegen Beschwerde eingelegt sein, so war, solange über die Beschwerde nicht entschieden war, kein Anwendungsfall des § 34 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 gegeben28. Ebenso handelte es sich um keinen Zuständigkeitsstreit, wenn Streit darüber herrschte, ob die Zuständigkeit einer Bundesdisziplinarkammer oder einer Disziplinarkammer eines Landes gegeben 23 24 26 26
Vgl. PrOVG 28. 7. 36 — I. D. 35/36 — in PrOVG Bd. 99 S. 258 = P e r w o S. 379. DH Rh.-Pfalz 23.12. 60 — W 6/60 — L i n d g e n Teil IV Nr. 626. DokBer. Nr. 1421. PrDH in J W 1934 S. 732.
3 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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war oder ob in den Fällen der §§87 und 89 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 die Zuständigkeit der Bundesdisziplinarkammer oder des Bundesdisziplinarhofs begründet war. War bereits Beschwerde oder Berufung beim Bundesdisziplinarhof eingelegt, so konnte er die Sache nach § 73 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 an die Bundesdisziplinarkammer zurückverweisen, so daß in diesen Fällen sich eine Entscheidung nach § 34 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 erübrigte. Antragsberechtigt waren die beteiligten Bundesdisziplinarkammern, der Bundesdisziplinaranwalt, die Einleitungsbehörde und der Dienstvorgesetzte in den Fällen des § 26 Abs. 4 und § 105 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Der Beschuldigte hingegen war auf die sonstigen Verfahrensbehelfe angewiesen, wenn nicht auf seine Anregung hin eine der eben genannten Stellen den Antrag stellte. Der Antrag konnte entweder bei der Bundesdisziplinarkammer oder beim Bundesdisziplinarhof unmittelbar gestellt werden. Wurde der Antrag beim Bundesdisziplinaranwalt oder bei der Einleitungsbehörde gestellt, so wurde er an den Bundesdisziplinarhof weitergeleitet. Ohne Antrag konnte eine Entscheidung nach § 34 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 nicht gefällt werden. Der Bundesdisziplinarhof entschied durch Beschluß. Waren noch Ermittlungen anzustellen, so konnten auf Ersuchen des Bundesdisziplinarhofs diese von der Einleitungsbehörde, vom Bundesdisziplinaranwalt oder von der Bundesdisziplinarkammer gefällt werden. Waren inzwischen Entscheidungen seitens der Bundesdisziplinarkammer gefällt worden, so blieben diese wirksam. Hatte die Bundesdisziplinarkammer jedoch bereits in der Hauptsache entschieden, so war für eine Entscheidung des Bundesdisziplinarhofs kein Raum mehr. Die Entscheidung des Bundesdisziplinarhofs war für alle beteiligten Stellen bindend. Das Disziplinarverfahren ging in der Lage auf die zuständig erklärte Bundesdisziplinarkammer über, in der es sich vor der Entscheidung des Bundesdisziplinarhofs befand. bb) Nach Inkrafttreten der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Kammern entscheidet auf Antrag einer Kammer das Präsidium des Bundesdisziplinargerichts durch Beschluß (§44 BDO i. d. F. der Novelle), weil es sich hier nur um eine Angelegenheit der Geschäftsverteilung handelt. Über die Voraussetzungen, unter denen die Entscheidung des Präsidiums beantragt werden kann, gilt das gleiche wie für aa). h) Geltendmachung der Unzuständigkeit Außerhalb des in § 44 BDO — § 34 BDO a. F. geregelten Verfahrens können der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt in jedem Stand des Verfahrens bis zum Erlaß des Urteils die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Disziplinargerichts rügen. Die Disziplinargerichte haben überdies von Amts wegen ihre Zuständigkeit zu prüfen. Stellt das Disziplinargericht seine Unzuständigkeit fest, so gibt es die Anschuldigungsschrift an den Bundesdisziplinaranwalt zurück, damit er sie beim zuständigen Disziplinargericht einreicht. Stellt das Disziplinargericht die Unzuständigkeit erst in der Hauptverhandlung fest, so stellt es das Verfahren nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 52 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. ein. 34
Das Disziplinargericht der 2. Instanz
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Auch in der Berufung kann der Beamte oder der Bundesdisziplinaranwalt die Unzuständigkeit des Disziplinargerichts rügen. In diesem Falle kann das Bundesverwaltungsgericht nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO — § 73 Abs. 1 Nr. 3 BDO a. F. die Sache an die örtlich zuständige Kammer zur erneuten Verhandlung und Entscheidung verweisen. Dies kommt aber nur dann in Frage, wenn der Bundesdisziplinarhof — das Bundesverwaltungsgericht — es als einen schweren Mangel ansieht, daß die unzuständige Kammer entschieden hat; dies dürfte dann der Fall sein, wenn der Beamte sich durch die unzuständige Kammer mit Recht benachteiligt fühlen kann. i) R e c h t s f o l g e n der Entscheidungen durch die u n z u s t ä n d i g e Kammer Stellt die Kammer vor der die Instanz abschließenden Entscheidung ihre Unzuständigkeit fest, so stellt sie entweder das Verfahren ein, oder der Vorsitzende gibt die Anschuldigungsschrift an den Bundesdisziplinaranwalt zurück, damit er sie bei der zuständigen Kammer einreicht. Hat die Kammer entschieden, obgleich sie unzuständig war, so bleibt ihre Entscheidung wirksam, sofern sie nicht durch den Beamten oder den Bundesdisziplinaranwalt angefochten wird. Ist die Entscheidung jedoch angefochten, so gilt das unter g) Abs. 2 Gesagte. v n . DAS DISZIPLINARGERICHT DER 2. INSTANZ A. Der Bundesdisziplinarhof (bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO) 1. A u f b a u und Besetzung Der Bundesdisziplinarhof war ein oberes Bundesgeiicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Art. 96 Abs. 1 GG. Er war mit dem Sitz in Berlin errichtet (§ 114 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). In haushaltsrechtlicher und personeller Hinsicht war er selbständig. Die hauptamtlichen Richter waren nur Mitglieder des Bundesdisziplinarhofs. Die Dienstaufsicht übte deshalb nur der Präsident des Bundesdisziplinarhofs aus. Unter der Geltung der RDStO war der Reichsdienststrafhof beim Reichsverwaltungsgericht gebildet. Nach Errichtung desselben sollte er dessen Bestandteil sein. Der Bundesdisziplinarhof war kein Teil des Bundesverwaltungsgerichts. Er war lediglich im Gebäude desselben untergebracht. Diese räumliche Bindung war beseitigt, nachdem der Bundesdisziplinarhof in Berlin 30, Reichpietschufer 72—76, untergebracht war. Der Bundesdisziplinarhof bestand aus dem Präsidenten, den Senatspräsidenten, weiteren Bundesrichtern und ehrenamtlichen Richtern (Beamtenbeisitzern) (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Letztere mußte das 35. Lebensjahr vollendet haben (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Als Vorsitzende der Senate waren der Präsident und die Senatspräsidenten tätig. Der Präsident bestimmte vor Beginn des Geschäftsjahres denDisziplinarsenat, dem er sich anschließen wollte (§41 Abs. 4 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Jeder Berufsrichter eines Disziplinarsenats konnte zum Mitglied mehrerer Disziplinarsenate bestellt werden (vgl. § 41 Abs. 4 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). 3»
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Beim Bundesdisziplinarhof war ein Präsidium gebildet, das aus dem Präsidenten, den Senatspräsidenten und den beiden dem Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter dem Lebensalter nach ältesten Bundesrichtern bestand (§ 41 Abs. 3 Satz 1 BDO, BDO i. d. F. der Novelle). Zu den Aufgaben des Präsidiums gehörte die Bestimmung der Geschäftsverteilung für die Dauer eines Geschäftsjahres (§ 41 Abs. 4 Satz 1 BDO, BDO i. d. F. der Novelle). Es beschloß bei Abstimmungen mit Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gab die Stimme des Präsidenten den Ausschlag (§41 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). 2. Dienstaufsicht Die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsganges erfolgte durch den Präsidenten des Bundesdisziplinarhofes im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ( § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des BDH). 3. Abstimmung Jeder Senat beschloß mit drei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden (vgl. § 43 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). In der Hauptverhandlung entschied er mit drei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Beamtenbeisitzern, von denen einer der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören sollte (vgl. § 43 Satz 2 und 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952); hierbei war es gleichgültig, ob Urteile oder Beschlüsse gefällt werden. Für die Entscheidung der Wehrdienstsenate galt § 58 Abs. 4 WDO. Nach § 58 Abs. 4 Satz 1 WDO beschlossen die Wehrdienstsenate, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt war, außerhalb der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden. In der Hauptverhandlung entschieden die Wehrdienstsenate nach § 58 Abs. 4 Satz 2 WDO mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei militärischen Beisitzer. Beisitzer waren ein Soldat, der der Dienstgradgruppe und nach Möglichkeit der Laufbahn des Beschuldigten angehörte, und ein Soldat, der im Dienstgrad über dem Beschuldigten stand, mindestens ein Stabsoffizier (§55 Abs. 2 i. V. m. § 58 Abs. 4 Satz 3 WDO). Die Vorschriften über die Besetzung galten auch in Verfahren gegen Angehörige der Reserve und gegen Soldaten im Ruhestand (§55 Abs. 3 i. V. m. § 58 Abs. 4 Satz 3 WDO). 4. G e s c h ä f t s v e r t e i l u n g und Geschäftsplan Die Geschäftsverteilung wurde vom Präsidium auf die Dauer eines Jahres bestimmt (§ 41 Abs. 4 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Vor Ablauf der vorgesehenen Zeit durfte sie nur geändert werden, wenn es wegen Überlastung des Senats, wegen Ausscheidung, Neuernennung oder langdauernder Verhinderung eines Richters erforderlich wurde ( § 4 1 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Eine nachträgliche Billigung des Geschäftsplans heilte den Mangel der Besetzung nicht27. Der mit der Sache befaßte Senat wurde nicht unzuständig, wenn der Geschäftsverteilungsplan nicht eingehalten wurde. Der Präsident bestimmte vor Beginn des Geschäftsjahres den Disziplinarsenat, dem er sich anschließen wollte (§41 Abs. 4 Satz 3 BDO i.d. F. ÄndGes. 1952). Jeder Berufsrichter konnte zum Mitglied mehrerer Dis27
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RGSt. Bd. 23 S. 167.
Das Disziplinargericht der 2. Instanz
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ziplinarsenate bestellt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die Geschäftsverteilung regelte u. a. die Festlegung des Vorsitzes in den einzelnen Senaten, die Verteilung der hauptamtlichen Beisitzer auf die Senate, die Berufung der Mitglieder des Großen Senats, die Vertretungen und die Verteilung der Geschäfte auf die einzelnen Senate. So wurden von allen zur Entscheidung durch die Senate eingehenden Sachen zugewiesen: dem 1. Senat die Sachen mit gerader, dem 2. Senat die Sachen mit ungerader Nummer und dem 3. Senat Sachen, deren Ordnungsnummer durch drei teilbar war. Der Geschäftsgang wurde durch eine Geschäftsordnung geregelt, die von den Berufsrichtern des Bundesdisziplinarhofs zu beschließen war (§41 Abs. 4 Satz 5 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). § 66 GVG (Stellvertretung des Vorsitzenden), § 67 GVG (Behinderung des Vertreters), § 69 GVG (Verteilung der Geschäfte) und § 32 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 (Geschäftsstelle) fanden entsprechende Anwendung (§41 Abs. 4 Satz 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die Geschäftsordnung, die am 12./16. 3. 53 beschlossen worden war, lautete wie folgt: Für die Geschäftsstelle des Bundesdisziplinarhofs galt § 32 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechend (vgl. § 41 Abs. 4 Satz 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). 5. Zuständigkeit Der Bundesdisziplinarhof war grundsätzlich Disziplinargericht der 2. Instanz. Er entschied über die Berufungen gegen Urteile (§§ 72ff. BDO i.d.F. ÄndGes. 1952) und gegen die im Wiederaufnahmeverfahren ergehenden Entscheidungen (§ 92 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952) sowie über die Beschwerden gegen die Beschlüsse der Bundesdisziplinarkammer, soweit sie nicht endgültig waren (§66 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952) oder die Bundesdisziplinarkammer der Beschwerde nicht selbst abhalf ( § 6 6 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Wurde im Wiederaufnahmeverfahren die Entscheidung des Bundesdisziplinarhofs angefochten, so entschied er über die Zulassung des Antrags (§ 87 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Uber Beschwerdeentscheidungen der obersten Dienstbehörden entschied der Bundesdisziplinarhof, ohne daß zuvor die Bundesdisziplinarkammer mit der Beschwerde Befassung hatte (§26 Abs. 5 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Schließlich war der Bundesdisziplinarhof zuständig für die Entscheidungen in Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Bundesdisziplinarkammern ( § 34 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952) und über die Verbindung von Disziplinarverfahren, die bei verschiedenen Bundesdisziplinarkammern anhängig waren (§54 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). 6. Großer Disziplinarsenat Der Große Disziplinarsenat diente der Einheitlichkeit der Rechtsprechung auf dem Gebiete des Disziplinarrechts. Er entschied nur über Rechtsfragen, jedoch nicht in der Sache selbst, über die immer der zuständige Disziplinarsenat urteilte. Nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen wurde er tätig, insbesondere erstattete er keine Rechtsgutachten. Der Große Disziplinarsenat wurde nur tätig, wenn eine Disziplinarsenat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des 37
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Die Disziplinargerichte
Großen Disziplinarsenats abweichen wollte (§42 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Ob den Beschuldigten Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fiel, war keine Rechts-, sondern eine Tatfrage, über die der Große Disziplinarsenat nicht entscheiden konnte. Bei der Rechtsfrage kann es entscheidend darauf an, welchen Inhalt eine bestimmte Rechtsvorschrift hatte und ob sie in einem gegebenen Falle anzuwenden war oder nicht. Zu den Rechtsfragen gehörten z. B. Statusfragen des Beschuldigten und die Frage, ob ein festgestellter Sachverhalt als ein Dienstvergehen anzusehen war. Ebenso war es eine Rechtsfrage, welche Disziplinarstrafe und in welcher Höhe sie bei einem festgestellten Dienstvergehen ausgesprochen werden sollte. Schließlich stellten prozessuale Vorfragen Rechtsfragen dar. Die Disziplinarsache, auf Grund derer sich die Rechtsfrage aufwarf, mußte bereits beim Bundesdisziplinarhof anhängig sein. Es kam also nicht in Frage, daß eine Kammer die Verhandlung aussetzte und die Rechtsfrage dem Großen Disziplinarsenat zur Entscheidung vorlegte. Hielt der Bundesdisziplinaranwalt die Sache für so wichtig, daß eine Entscheidung des Großen Disziplinarsenats hätte herbeigeführt werden müssen, so wäre ihm nur übrig geblieben, Berufung einzulegen. Dies war aber nur dann möglich, wenn der Bundesdisziplinaranwalt die gegen den Beschuldigten von dem Disziplinargericht der 1. Instanz verhängte Strafe für zu milde hielt. War der Beschuldigte mit der Entfernung aus dem Dienst ohne Zuerkennung eines Unterhaltsbeitrages bestraft worden, so schied die Einlegung der Berufung durch den Bundesdisziplinaranwalt sowieso aus. Wäre der Beschuldigte mit der Entfernung aus dem Dienst unter Zubilligung eines Unterhaltsbeitrages in Höhe von 30 v. H. bestraft worden und hätte der Bundesdisziplinaranwalt diese Strafe als angemessen gehalten, so konnte er keine Berufung nur deshalb einlegen, um so die Entscheidung über eine Rechtsfrage durch den Großen Disziplinarsenat herbeizuführen. Er wäre durch diese Entscheidung, die er für billig hielt, nicht beschwert gewesen. Es war nicht notwendig, daß die Sache beim Disziplinarsenat bereits zur Hauptverhandlung gekommen war. Es reichte aus, wenn sie bei ihm nur anhängig war. Die Anrufung des Großen Disziplinarsenats setzte weiterhin voraus, daß der Disziplinarsenat von der Entscheidung eines anderen Disziplinarsenats oder des Großen Disziplinarsenats abweichen wollte. Wollte er von einer Rechtsfrage abweichen, über die der frühere Reichsdienststrafhof oder ein Disziplinargericht eines Landes entschieden hatte, so kam das Verfahren nach § 42 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 nicht in Betracht. Das gleiche galt, wenn der Disziplinarsenat von einer eigenen früheren Entscheidung abweichen wollte. Darüber, ob die Rechtsfrage tatsächlich abwich, entschied der Große Disziplinarsenat. Stimmte der Senat, von dessen Auffassung abgewichen werden sollte, der Abweichung zu, so konnte der Große Disziplinarsenat nicht angerufen werden (§ 42 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Wollte der Disziplinarsenat der Abweichung zustimmen, so entschieden mit einfacher Stimmenmehrheit alle zur ordnungsgemäßen Besetzung des Disziplinarsenats erforderlichen Mitglieder über die Erteilung der Zustimmung. Waren die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 und 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 gegeben, so überwies der mit der Sache befaßte Disziplinarsenat die zu 28
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entscheidende Rechtsfrage durch Beschluß an den Großen Disziplinarsenat. Die Überweisung konnte auch erst während der Beratung nach der beendeten Hauptverhandlung erfolgen. Nur war in diesem Falle die Verkündung der Entscheidung zu vertagen. War jedoch die Verkündung des Urteils nicht spätestens am vierten Tage nach dem Schluß der Hauptverhandlung möglich (vgl. § 268 Abs. 1 StPO), so mußte die Hauptverhandlung wieder eröffnet oder völlig erneuert werden. Die Akten wurden von dem mit der Sache befaßten Disziplinarsenat unter Bezeichnung der Rechtsfrage und mit einer Begründung der Abweichung dem Großen Disziplinarsenat übersandt. Der Große Disziplinarsenat wurde von Fall zu Fall gebildet. Ihm gehörten der Präsident des Bundesdisziplinarhofes, die Senatspräsidenten und je ein weiterer Bundesrichter jedes Senats, der im Rahmen der Geschäfts Verteilung durch das Präsidium bestimmt wurden, an (§42 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Zunächst prüfte der Große Disziplinarsenat, ob die Voraussetzungen für seine Einberufung gegeben waren. Insbesondere war im Falle des § 42 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 zu prüfen, ob auch tatsächlich die Abweichung von einer anderen Rechtsfrage vorlag. Waren die Voraussetzungen für die Vorlage erfüllt, so entschied der Große Disziplinarsenat nunmehr durch Beschluß ohne Hauptverhandlung mit einfacher Stimmenmehrheit über die Rechtsfrage. Falls Stimmengleichheit vorlag, wurde die Stimme des dem Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter dem Lebensjahr nach jüngsten weiteren Berufsrichters nicht mitgezählt, der Berichterstatter hatte jedoch immer Stimmrecht (§ 42 Abs. 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die von dem Großen Disziplinarsenat über die Rechtslage getroffene Entscheidung war für den mit der Sache befaßten Disziplinarsenat bindend. B. Das Bundesverwaltungsgericht (nach Inkrafttreten der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht) 1. Aufbau und Besetzung Das Bundesverwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Senatspräsidenten und weiteren Bundesrichtern in erforderlicher Anzahl (§10 Abs. 1 VerwGO). Bei ihm werden Senate gebildet (§ 10 Abs. 2 a. a. O.). Für die Anzahl der gebildeten Senate ist der durch den Haushaltsplan bestimmte Stellenplan maßgebend. Für Disziplinarsachen werden beim Bundesverwaltungsgericht Disziplinarsenate im Sinne des § 10 Abs. 1 VwGO gebildet (§ 55 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Das Bundesverwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten, aus den Senatspräsidenten und Bundesrichtern in erforderlicher Anzahl (§10 Abs. 1 VwGO). Der Präsident, die Senatspräsidenten und die Bundesrichter müssen hauptamtlich planmäßig und auf Lebenszeit angestellte Richter sein (vgl. § 29 DRiG). Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts müssen das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben (§15 Abs. 3 VwGO). Wird ein zum Amt des Richters beim Bundesverwaltungsgericht nicht Befähigter bestellt, so ist eine öffentlich-rechtliche Voraussetzung des Richteramtes nicht erfüllt. In einem Verfahren, an dem ein solches Mitglied mitgewirkt hat, ist das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt. Auch die Richter des Bundesverwaltungsgericht können gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entschei39
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dung und nur aus Gründen und in Formen, die das Gesetz bestimmt, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder versetzt werden (vgl. Art 97 Abs. 1 GG, §§21 bis 24, 30 bis 34 DRiG). Den Präsident vertritt bei Verhinderung, wenn kein Senatspräsident als ständiger Vertreter (Vizepräsident) bestellt ist, der dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter der dem Lebensalter nach älteste Senatspräsident oder Bundesrichter (§ 5 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Vorschrift regelt nur die Vertretung des Präsidenten für die Geschäfte, die ihm außerhalb des Vorsitzes eines Senats obliegen. Der Vizepräsident wird dementsprechend ebenfalls von dem jeweils ältesten Senatspräsident oder Bundesrichter vertreten. Was unter Dienstalter zu verstehen ist, ergibt sich aus § 20 DRiG. Hiernach bestimmt sich das allgemeine Dienstalter eines Richters nach dem Tage, an dem ihm sein Richteramt übertragen worden ist. Hatte der Richter zuvor ein anderes Richteramt oder ein sonstiges Amt mit mindestens dem gleichen Anfangsgrundgehalt bekleidet, bestimmt sich das allgemeine Dienstalter nach dem Tage der Ubertragung dieses Amtes. Das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts besteht aus dem Präsidenten, den Senatspräsidenten und den beiden dem Dienstalter, bei gleichen Dienstalter dem Lebensalter nach ältesten Bundesrichtern ( § 6 Abs. 1 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Für einen verhinderten Senatspräsidenten tritt kein Vertreter ein. Ist einer der dem Präsidium angehörenden Richter dauernd verhindert, ist, da die Mitglieder unbedingt vertreten sein sollen, der nächstälteste Richter dem Präsidium zuzuziehen. Für den Begriff des Dienstalters gilt das bereits oben Gesagte entsprechend. Das Präsidium entscheidet nach Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag (§ 6 Abs. 3 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Ist ein Präsidialbeschluß rechtswidrig, so ist es bestritten, welche Rechtsbehelfe hiergegen zulässig sind. Überwiegend (so z. B. Ehrig in NJW 1963 S. 1185, Thürk in DRiZ 1963 S. 45, Schorn, Präsidialverfassung S. 110, a.M.: Tietgen in NJW 1956 S. 1129 und DVB1. 1957 S. 659, Bockelmann in JZ 1952 S. 641, Müller in DRiZ 1962 S. 83) läßt man hiergegen die Anfechtungsklage zu. Nach Eyermann-Fröhler, Kommentar zur VerwGO, 4. Aufl. Anm. 5 zu § 6 ist die Anfechtungsklage jedenfalls dann zuzulassen, wenn der Präsidialbeschluß entsprechend einem Verwaltungsakt in eine Rechtsstellung unmittelbar eingreift, während das Dienstgericht anzurufen ist, wenn der Präsidialbeschluß nach der Behauptung des Richters seine Unabhängigkeit antastet; in allen sonstigen Fällen sollen den jeweiligen Prozeßbeteiligten die in der VwGO vorgesehenen Rechtsmittel zustehen. Den Vorsitz in den Senaten führen der Präsident und die Senatspräsidenten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Ein anderer Richter kann den Präsidenten bzw. den jeweiligen Senatspräsidenten bei einer vorübergehenden Behinderung wohl vertreten, jedoch kann ihm der Vorsitz in einem Senat nicht ständig übertragen werden. So kann sich auch der Präsident nicht durch einen anderen Senatspräsidenten ständig vertreten lassen; dies gilt auch für einen Bundesrichter, der seinem Senat angehört. Ist der dienstälteste Bundesrichter behindert, den Präsidenten bzw. den Senatspräsidenten zu vertreten, so sitzt dem 40
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Senat der nächstälteste Bundesrichter vor. Keine Vertretung kommt in Betracht, wenn ein ordentlicher Vorsitzender nicht bestimmt ist. Ist ein nicht in § 7 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgesehener Senatspräsident dauernd mit dem Vorsitz eines Senats betraut, so ist der Senat nicht vorschriftsmäßig besetzt. Da das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz entscheidet, entfällt die Einlegung eines Rechtsmittels. Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt dann nicht vor, wenn sich ein ordentlicher Vorsitzender im voraus für bestimmte Sitzungstage des gesamten Geschäftsjahres oder für bestimmte Sachgebiete im Vorsitz für behindert erklärt. Das Gericht wäre also auch dann vorschriftsmäßig besetzt, wenn der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts monatlich nur einmal den Vorsitz im Senat führt, da dies noch keine ständige Behinderung im Vorsitz darstellt. Der Präsident oder ein Senatspräsident kann den Vorsitz auch bei mehreren Senaten führen. Nur dürfen die Sitzungen in diesen Senaten nicht zu dem gleichen Zeitpunkt zusammenfallen. Andernfalls kann nicht von einer ordentlichen Besetzung des Gerichts gesprochen werden, es sei denn, daß die Kollision sachlich gerechtfertigt war. Vor Beginn des Geschäftsjahres bestimmt der Präsident des Bundesverwaltungsgericht den Senat, dem er sich anschließt (§7 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Über die Verteilung des Vorsitzes in den übrigen Senaten entscheiden der Präsident und die Senatspräsidenten nach Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag ( § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Das Präsidium verteilt vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer die Geschäfte auf die Senate und bestimmt deren Mitglieder sowie für den Fall ihrer Verhinderung die regelmäßigen Stellvertreter ( § 7 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Jeder Richter kann zum Mitglied mehrerer Senate bestimmt werden (§ 7 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Dem Präsidium steht es völlig frei, nach welchem Prinzip es die Geschäftsverteilung vornimmt. So könnte es in den einzelnen Disziplinarsenaten die Geschäfte nach den Anfangsbuchstaben des beschuldigten Beamten oder regional nach den jeweiligen Kammern oder den einzelnen Ländern, in denen die beschuldigten Beamten ihren dienstlichen Wohnsitz haben, verteilen. Wird die Verteilung nach dem zeitlichen Eingang vorgenommen, so muß nur sichergestellt sein, daß die Geschäftsstelle keinen Einfluß auf die Zuständigkeit eines Senats nehmen kann; ist ein solcher Einfluß so gut wie unmöglich gemacht, so wäre gegen die Zuteilung der jeweiligen Disziplinarsache auf den einzelnen Disziplinarsenat nach dem zeitlichen Eingang der Sache beim Bundesverwaltungsgericht nichts einzuwenden. Der Präsident kann bestimmen, daß in einer einzelnen Sache, in der eine Verhandlung bereits während eines Geschäftsjahres stattgefunden hat, der Senat in seiner früheren Zusammensetzung auch nach Ablauf des Geschäftsjahres weiter verhandelt. Bei Verhinderung des regelmäßigen Vertreters eines Mitgliedes des Senats kann der Präsident des Bundesverwaltungsgericht einen zeitweiligen Vertreter bestimmen (vgl. § 67 GVG). Die Geschäftsverteilung ist eine Maßnahme der gerichtlichen Verwaltung. Verhandelt und entscheidet ein Senat, der nach der Geschäftsver41
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teilung nicht vorgesehen war, so ist ein Verstoß hiergegen unbeachtlich. Anders wäre es nur dann, wenn der Senat nicht vorschriftsmäßig besetzt wäre. Die Geschäftsverteilung kann im Laufe eines Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Senats oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichts nötig wird (§ 7 Abs. 3 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 VwGO gegeben sind, entscheidet nicht der Präsident, sondern das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts. Innerhalb der Senate verteilt der Vorsitzende die Geschäfte auf die einzelnen Richter (§ 8 Abs. 1 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Der Vorsitzende bestimmt vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer, nach welchen Grundsätzen die Mitglieder an den Verfahren mitwirken; diese Anordnung kann nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung, ungenügender Auslastung, Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Senats nötig wird ( § 8 Abs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Innerhalb von zehn Jahren nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO ist der Beschluß des Präsidiums über den Wechsel eines Richteis von Disziplinafsenaten zu anderen Senaten, ausgenommen Wehrdienstsenaten, und umgekehrt nur wirksam, wenn ihm die Mehrheit der dem Präsidium angehörenden Mitglieder der beiden Senatsgruppen zugestimmt hat (Art. III § 3 der Novelle zur BDO). Soll nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO ein Richter bei dem Bundesdisziplinargericht oder bei einem Truppendienstgericht oder bei dem Bundesverwaltungsgericht für eine Tätigkeit bei den Disziplinarsenaten oder den Wehrdienstsenaten ernannt werden, so beginnt die Frist gemäß § 57 Abs. 2 DRiG, nämlich für die Stellungnahme des Präsidialrats über die persönliche und fachliche Eignung des Bewerbers oder Richters, die innerhalb eines Monats abzugeben ist, erst mit der Neubildung des Präsidialrats beim Bundesverwaltungsgericht, spätestens einen Monat nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO (Art. i n § 4 Abs. 3 der Novelle zur BDO). Die Beamtenbeisitzer müssen auf Lebenszeit ernannte Bundesbeamte sein (§ 45 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 55 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle). Einer der Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beamten angehören (§ 50 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 55 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Beamtenbeisitzer werden durch zwei Richter der Disziplinarsenate aus den Beamten ausgelost, die dem Bundesverwaltungsgericht als Beisitzer benannt worden sind, wobei § 49 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle zu beachten ist (§ 55 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). § 49 Abs. 2 bis 5 BDO 1. d. F. der Novelle gilt entsprechend (§ 55 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). 2. Dienstaufsicht Eine Regelung über die Dienstaufsicht über das Bundesverwaltungsgericht ist noch nicht getroffen. Da das Bundesverwaltungsgericht dem Bun42
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desminister des Innern nachgeordnet ist, ist dieser als die dem Bundesverwaltungsgericht übergeordnete Dienstaufsichtsbehörde anzusehen29. 3. Abstimmung Die Beamtendisziplinarsenate entscheiden in der Besetzung von drei Richtern und zwei Beamtenbeisitzern, bei Beschlüssen außerhalb der Hauptverhandlung in der Besetzung von drei Richtern (§55 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Sie entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 50 Abs. 6 i. V. m. § 55 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). 4. Z u s t ä n d i g k e i t der Beamtendisziplinarsenate des Bundesverwaltungsgerichts Hier gilt das unter A 5 Gesagte entsprechend. 5. Großer Senat Bei dem Bundesverwaltungsgericht wird ein großer Senat gebildet (§11 Abs. 1 VwGO). Er soll der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dienen. Der Große Senat besteht aus dem Präsidenten und sechs Richtern (§11 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Die Richter und ihre Stellvertreter werden durch das Präsidium für zwei Geschäftsjahre bestellt (§11 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Den Vorsitz im Großen Senat führt der Präsident, bei Verhinderung sein Stellvertreter (§11 Abs. 2 Satz 3 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). In den Fällen des § 11 Abs. 3 VwGO kann jeder beteiligte Senat, in den Fällen des § 11 Abs. 4 VwGO der erkennende Senat einen Richter, der abstimmungsberechtigt ist, zu den Sitzungen des Großen Senats entsenden (§11 Abs. 2 Satz 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag (§11 Abs. 2 Satz 5 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Will in einer Rechtsfrage ein Senat des Bundesverwaltungsgerichts von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen, so entscheidet der Große Senat (§11 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Von einem solchenAbweichen kanndann keineRede sein,wenn der Senat eine frühere Rechtsansicht selbst schon aufgegeben hat oder aufgeben will oder wenn der Senat, von dessen Meinung abgewichen werden soll, nicht mehr besteht oder wenn der Senat, der anders entscheiden will, infolge Änderung der Geschäftsordnung zur Entscheidung über Ansprüche aus einem in sich geschlossenen Rechtsgebiet an Stelle des Senats berufen ist, von dem abgewichen werden soll. Es empfiehlt sich, daß der Vorsitzende des Senats, der von der Rechtsfrage abweichen will, sich mit dem Vorsitzenden des andern Senats ins Benehmen setzt; will dieser an der bisherigen Rechtsauffassung nicht mehr festhalten, so erübrigt sich die Anrufung des Großen Senats. Erforderlich ist, daß die vertretende Auffassung, von der abgewichen werden soll, einen tragenden Grund der Entscheidung bildet. Die Entscheidung muß in den Gründen die Rechtsfrage lösen. Bei der Rechtsfrage braucht es sich nicht um die Auslegung derselben Gesetzesteile zu handeln. Wird gegen die Vorlagepflicht verstoßen, so ist dies für die Entscheidung des abweichenden Senats unschäd29
So Klinger Anm. C zu § 38 VwGO. 43
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lieh. Hält ein Senat ein erlassenes Gesetz für verfassungswidrig, so hat er nach Art. 100 Abs. 1 GG das Bundesverfassungsgericht unmittelbar anzurufen. Ob es sich um die Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage handelt, entscheidet allein der vorlegende Senat. Der erkennende Senat kann in einer grundsätzlichen Rechtsfrage die Entscheidung des Großen Senats auch dann herbeiführen, wenn nach seiner Auffassung die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung es erfordert (§11 Abs. 4 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle) . Der Große Senat entscheidet auf Grund mündlicher Verhandlung über die Rechtsfrage (§11 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Mit Einverständnis der Beteiligten kann der Große Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Seine Entscheidung ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend (§11 Abs. 5 Satz2 VwGO i. V. m. § 55 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Hierbei ist es gleichgültig, ob es sich um einen Fall des § 11 Abs. 3 oder 4 VwGO handelt. Durch die Bindung wird die Unabhängigkeit der Richter nicht berührt. VÜI. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Hinsichtlich der Zusammensetzung, der Aufgaben und des zweistufigen Aufbaues der Disziplinargerichte stimmen die Disziplinargesetze der Länder weitgehend mit der Bundesregelung überein. Da die Länder Verwaltungsgerichte in zwei Instanzen kennen, liegt es deshalb nahe, die Disziplinargerichte entsprechend der Regelung vor 1945 der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit anzuschließen, so daß die im Bund vorgesehene Selbständigkeit entfällt. Lediglich der Dienststrafhof für den Bereich des Landes Schleswig-Holstein ist nach § 45 Abs. 1 Satz 1 DStO Schl.-Hol. ein selbständiges Gericht. Mit Rücksicht darauf, daß für die Entscheidungen in zweiter Instanz in den Ländern meistens nur ein Diszipünarsenat in Frage kommt, entfällt bis auf die Länder Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein des Bedürfnis nach einem Großen Senat, wie er in § 42 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 vorgesehen ist. Im einzelnen ergibt sich bei den Ländern folgende Regelung: 1. Baden-Württemberg § 35 Abs. 1 LDO BW sieht als Disziplinargerichte Disziplinarkammern und den Disziplinarhof vor. Nach § 35 Abs. 4 LDO BW übt die Dienstaufsicht über den Disziplinarhof der Ministerpräsident, die Dienstaufsicht über die Disziplinarkammern der Vorsitzende des Disziplinarhofs aus. Disziplinarkammern werden bei den Verwaltungsgerichten für deren Bezirk errichtet (§ 36 Abs. 1 LDO BW). Bei jeder Disziplinarkammer besteht eine Geschäftsstelle (§36 Abs. 2 Satz 1 LDO BW). Ihre Aufgaben werden von der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts wahrgenommen, bei dem die Disziplinarkammer errichtet ist (§36 Abs. 2 Satz 2 LDO BW). Zuständig ist die Disziplinarkammer, in deren Bezirk der Beschuldigte bei Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz hat (§ 37 Abs. 1 Satz 1 LDO BW). Liegt der dienstliche Wohnsitz außerhalb des Landes, so ist die Disziplinarkammer beim Verwaltungsgericht 44
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Stuttgart zuständig (§ 37 Abs. 1 Satz 2 LDO BW). Bei Ruhestaadsbeamten ist der Wohnsitz oder, wenn ein Wohnsitz im Land nicht besteht, der letzte dienstliche Wohnsitz maßgebend ( § 3 7 Abs. 2 LDO BW). Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Disziplinarkammern ertscheidet auf Antrag einer Disziplinarkammer oder einer anderen am Verfahren beteiligten Behörde der Disziplinarhof durch Beschluß (§ 38 LDO BW). Mitglieder der Disziplinarkammer sind der Vorsitzende, seine Stellvertreter, rechtskundige und andere Beisitzer ( § 3 9 Abs. 1 LDO BW). Vorsitzender ist der Präsident des Verwaltungsgerichts (§ 39 Abs. 3 Satz 1 LDO BW). Das Präsidium der Disziplinarkammer besteht aus dem Vorsitzenden, den Stellvertretern und den beiden dem Lebensalter nach ältesten rechtskundigen Beisitzern (§39 Abs. 5 Satz 2 LDO BW). Das Präsidium bestimmt die Geschäftsverteilung für die Dauer eines Geschäftsjahres und die Reihenfolge, in der die Beisitzer zu den Sitzungen heranzuziehen sind ( § 3 9 Abs. 5 Satz 3 LDO BW). Es beschließt eine Geschäftsordnung, die den Geschäftsgang regelt (§ 39 Abs. 5 Satz 4 LDO BW). Die Disziplinarkammer entscheidet in der Besetzung mit dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern, von denen einer rechtskundig sein muß; der andere Beisitzer soll der Laufbahngruppe und dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören ( § 4 1 Satz 1 LDO BW). Der Disziplinarhof wird beim Verwaltungsgerichtshof errichtet ( § 4 5 Satz 1 LDO BW). Er besteht aus dem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern, rechtskundigen und anderen Beisitzern ( § 4 5 Abs. 2 LDO BW). Vorsitzender des Disziplinarhofs ist der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs ( § 4 5 Abs. 3 Satz 1 LDO BW). Der Stellvertreter und die rechtskundigen Beisitzer müssen Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts sein (§ 45 Abs. 3 Satz 2 LDO BW). Das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofs besteht aus dem Vorsitzenden, dessen Stellvertretern und den beiden dem Lebensalter nach ältesten rechtskundigen Beisitzern ( § 4 5 Abs. 5 LDO BW). Der Disziplinarhof entscheidet in der Hauptverhandlung in der Besetzung mit dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter), zwei rechtskundigen Beisitzern und zwei anderen Beisitzern ( § 4 6 Satz 1 LDO BW) Einer der anderen Beisitzer soll der Laufbahngruppe und dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören ( § 4 6 Satz 2 LDO BW). Außerhalb der Hauptverhandlung beschließt der Disziplinarhof in der Besetzung mit dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei rechtskundigen Beisitzern (§46 Satz 4 LDO BW). 2. B a y e r n Die Dienststrafgerichtsbarkeit wird durch selbständige Dienststrafgerichte ausgeübt (Art. 32 Abs. 1 Satz 1 DStO Bayr). Dienststrafgerichte sind die Dienststrafkammern und der Dienststrafhof (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 DStO Bayr). Die Aufgaben ihrer Geschäftsstellen werden durch die Geschäftsstellen der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs wahrgenommen (Art. 32 Abs. 1 Satz 3 DStO Bayr). Die Dienststrafkammern sind am Sitz der Verwaltungsgerichte und für deren Bezirk gebildet (Art. 33 Satz 1 DStO Bayr). Der Präsident des Dienststrafhofs erläßt für die Dienststrafkammern nach deren Anhörung eine Geschäftsordnung (Art. 33 Satz 2 DStO Bayr). Er führt die Dienstauf sieht über 45
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die Dienststrafkammern (Art. 33 Satz 3 DStO Bayr). Er kann bei einer Dienststrafkammer mehrere Abteilungen bilden (Art. 33 Satz 4 DStO Bayr). Zuständig ist die Dienststrafkammer, in deren Bezirk der Beschuldigte bei Einleitung des förmlichen Dienststrafverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz hat (Art. 34 Abs. 1 Satz 1 DStO Bayr). Liegt der dienstliche Wohnsitz außerhalb des Landes, so ist die Dienststrafkammer des Sitzes der Staatsregierung zuständig; für bestimmte Arten von Beamten im Grenzdienst kann jedoch das zuständige Staatsministerium die dem dienstlichen Wohnsitz am nächsten liegende Dienststrafkammer als zuständig bezeichnen (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 DStO Bayr). Bei Ruhestandsbeamten ist der Wohnsitz oder, wenn ein Wohnsitz im Land nicht besteht, der letzte dienstliche Wohnsitz maßgebend (Art. 34 Abs. 2 DStO Bayr). Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Dienststrafkammern entscheidet auf Antrag einer Dienststrafkammer oder einer anderen am Verfahren beteiligten Behörde der Dienststrafhof durch Beschluß (Art. 35 DStO Bayr). Mitglieder der Dienststrafkammern sind der Vorsitzende, seine Stellvertreter, rechtskundige und andere Beisitzer (Art. 36 Abs. 1 DStO Bayr). Bei jeder Dienststrafkammer werden mindestens zwei rechtskundige Beisitzer, und zwar ein Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit und ein Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit bestellt (§ 16 Abs. 1 ADV zu DStO Bayr). Die Dienststrafkammer entscheidet in der Besetzung mit drei Mitgliedern, dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern (Art. 38 Satz 1 DStO Bayr). Ein Beisitzer muß rechtskundig sein (Art. 38 Satz 2 DStO Bayr). Der weitere Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören; ist der Beschuldigte ein kommunaler Wahlbeamter, so muß der weitere Beisitzer ebenfalls kommunaler Wahlbeamter sein (Art. 38 Satz 3 DStO Bayr). Für die Ernennung des weiteren Beisitzers haben die Spitzenverbände der zuständigen Gewerkschaften und Beamtenverbände, für die Beisitzer nach Art. 38 Satz 3 Halbsatz 2 DStO Bayr die kommunalen Spitzenverbände das Vorschlagsrecht (Art. 38 Satz 4 DStO Bayr). Das Nähere wird durch Verordnung geregelt (Art. 38 Satz 5 DStO Bayr). Soweit für einzelne Beamtengruppen nichts anderes bestimmt ist, gelten als „Laufbahn" die Laufbahngruppen des höheren, des gehobenen, des mittleren und des einfachen Dienstes, als „Verwaltungszweig" die einzelnen obersten Dienstbehörden mit den ihnen unterstehenden Verwaltungen, auch die Polizei und die Verwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände (§16 Abs. 2 ADV DStO Bayr.). Spitzenverbände der Gewerkschaften und der Beamtenverbände i. S. der DStO Bayr sind die anerkannten Spitzenorganisationen der Berufsbeamten (vgl. § 4 Abs. 2 des Gesetzes über den Senat vom 31. 7. 47 [GVB1. S. 162] i. d. F. des Gesetzes vom 9. 11. 53 [GVB1. S. 187], § 16 Abs. 3 Satz 1 ADV DStO Bayr). Die Vorschläge werden auf Anforderung des Staatsministeriums des Innern eingereicht (§ 16 Abs. 3 Satz 2 ADV DStO. Bayr.). Der Dienststrafhof ist am Sitz des Verwaltungsgerichtshofs gebildet; er gliedert sich in Dienststrafsenate (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 DStO Bayr). Für die Geschäftsverteilung gelten die Vorschriften der §§62 bis 69 GVG (Art. 42 Abs. 1 Satz 2 DStO Bayr). Im übrigen wird der Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung geregelt, die von den vereinigten Dienststrafsenaten beschlossen wird (Art. 42 Abs. 1 Satz 3 DStO Bayr). Der Dienststrafhof besteht 46
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aus einem Präsidenten, seinen Stellvertretern, richterlichen oder anderen Beisitzern (Art. 42 Abs. 2 DStO Bayr.). Der Präsident, seine Stellvertreter und die richterlichen Beisitzer müssen Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs oder Obersten Landesgerichts sein (Art. 42 Abs. 3 DStO Bayr). Die Dienstaufsicht über den Dienststrafhof steht dem Ministerpräsidenten zu (Art. 42 Abs. 4 DStO Bayr). Ebenso wie § 42 BDO kennt die bayerische Regelung einen Großen Dienststrafsenat (vgl. Art. 43 DStO Bayr). Die Regelung in Art. 43 Abs. 1 bis 5 DStO Bayr entspricht der Bundesregelung in § 42 Abs. 1 bis 5 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, nur daß in Abs. 2 an die Stelle des Bundesdisziplinaranwalts der Vertreter der obersten Dienstbehörde tritt und der Große Dienststrafsenat nach Art. 43 Abs. 3 DStO Bayr aus dem Präsidenten des Dienststrafsenats, seinen Stellvertretern und je einem richterlichen Mitgliede besteht, das der Vorsitzende jedes Dienststrafsenats von Fall zu Fall zur Mitwirkung in den großen Dienststrafsenat entsendet. Jeder Dienststrafsenat beschließt mit drei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden (Art. 44 Satz 1 DStO Bayr). Er entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern; von den drei richterlichen Mitgliedern muß eines Mitglied des Verwaltungsgerichtshofs und ein anderes Mitglied des Obersten Landesgerichts sein (Art. 44 Satz 2 DStO Bayr.). 3. Berlin Disziplinargerichte sind das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht (§35 Abs. 1 LDO Bin). Für die Entscheidung im förmlichen Disziplinarverfahren und für die richterliche Nachprüfung der auf Grund der LDO Bln. ergehenden Anordnungen und Entscheidungen der Behörden und Dienstvorgesetzten sind die Disziplinargerichte ausschließlich zuständig (§ 35 Abs. 1 LDO Bin). Die auf Grund der LDO Bin ergehenden Entscheidungen sind für die Beurteilung der vor einem Gericht geltend gemachten Rechte aus dem Beamtenverhältnis bindend (§ 36 Abs. 2 LDO Bin). Mitglieder der Disziplinarkammern sind der Vorsitzende, sein Stellvertreter, rechtskundige und andere Beisitzer. Die Disziplinarkammer entscheidet mit drei Mitgliedern, dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern, von denen einer rechtskundig sein muß (§39 Satz 1 LDO Bin). Einer der Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§39 Satz 2 LDO Bin). Mitglieder des für Disziplinarsachen zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts (Disziplinarsenat) sind der Vorsitzende, sein Stellvertreter, richterliche und andere Beisitzer (§43 Abs. 1 LDO Bin). Der Disziplinarsenat beschließt mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden (§43 Abs. 2 Satz 1 LDO Bin). Er entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden, und zwei weiteren Mitgliedern (§43 Abs. 2 Satz 2 LDO Bin). Eins der weiteren Mitglieder soll der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§43 Abs. 2 Satz 3 LDO Bln.). § 16 DVO zu LDO Bin entspricht inhaltlich DVO zu § 37 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, wobei die Reisekostenentschädigung nach den für Landesbe47
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amte geltenden Vorschriften zu gewähren ist und die Führung des Dienstsiegels sich nach der VO über die Landessiegel vom 28. 10. 54 (GVB1. S. 622) richtet. Der Disziplinarsenat führt als Dienstsiegel das kleine Landessiegel nach der o. a. VO vom 28. 10. 54 (§ 18 Abs. 1 DVO zu § 43 LDO Bin). Die Entscheidungen, Ersuchen usw. der Disziplinarkammer ergehen unter Behördenbezeichnung „Verwaltungsgericht Berlin-Disziplinarkammer" und die des Disziplinarsenats unter „Oberverwaltungsgericht Berlin- Disziplinarsenat". 4. B r e m e n Dienststrafgerichte sind die Dienststrafkammern und der Dienststrafhof ( § 3 1 DStO Brm). Die Dienststrafkammer wird beim Verwaltungsgericht Bremen und der Dienststrafhof beim Verwaltungsgerichtshof Bremen gebildet (Art. 4 § 1 DStO Brm.). Mitglieder der Dienststrafkammer und des Dienststrafhofes sind der Vorsitzende, ein Stellvertreter, rechtskundige und andere Beisitzer (Art. 4 § 2 Abs. 1 DStO Brm). Die Mitglieder müssen auf Lebenszeit ernannte Beamte im Alter von mindestens 30 Jahren sein (Art. 4 § 2 Abs. 2 DStO Brm). Die Vorsitzenden der Dienststrafkammer und des Dienststrafhofes und ihre Stellvertreter sowie die rechtskundigen Beisitzer müssen planmäßige richterliche Beamte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der ordentlichen Gerichtsbarkeit sein (Art. 4 § 2 Abs. 3 a. a. O.). Die Dienststrafkammer entscheidet in einer Besetzung mit zwei richterlichen und drei dem nicht-richterlichen Beamtenstande angehörenden Mitgliedern, von denen eines der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören soll; die beiden weiteren nichtrichterlichen Beisitzer müssen den anderen verschiedenen Laufbahnen angehören (Art. 4 § 3 Abs. 1 DStO Brm.). Der Dienststrafhof entscheidet in der Besetzung mit drei richterlichen und zwei dem nicht-richterlichen Beamtenstande angehörenden Mitgliedern, von denen eines der Laufbahn des Beschuldigten angehören soll (Art. 4 § 3 Abs. 2 DStO Brm). In den Dienststrafgerichten führt ein richterliches Mitglied den Vorsitz (Art. 4 § 3 Abs. 3 Satz 1 DStO Brm.). Die nichtrichterlichen Beamten sind in der Reihenfolge der für die einzelnen Beamten erlassenen, gesondert auszufertigenden Ernennungsurkunde zu den einzelnen Sitzungen zuzuziehen (Art. 4 Abs. 3 Satz 2 DStO Brm). 5. H a m b u r g Disziplinargerichte sind die Disziplinarkammer und der Disziplinarhof (§ 31 Abs. 1 DO Hmb). Die Disziplinarkammer Hamburg wird bei dem Verwaltungsgericht errichtet ( § 3 2 Abs. 1 Satz 1 DO Hmb). Der Senat von Hamburg kann bei der Disziplinarkammer mehrere Abteilungen bilden (§32 Abs. 1 Satz 2 DO Hmb). Das Präsidium besteht aus dem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern und dem dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter dem Lebensalter nach ältesten rechtskundigen Beisitzer ( § 3 2 Abs. 2 Satz 1 DO Hmb). Bei Abstimmungen entscheidet Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag ( § 3 2 Abs. 2 Satz 2 DO Hmb). Für die Geschäftsverteilung und den Geschäftsgang findet § 41 Abs. 5 DO Hmb sinngemäße Anwendung. Berufsrichter als Mitglieder der Disziplinargerichte sind im Nebenamt tätig (§ 31 Abs. 3 DO Hmb). 48
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Mitglieder der Disziplinarkammer sind der Vorsitzende, seine Stellvertreter, rechtskundige und andere Beisitzer (§35 Abs. 1 Satz 2 LDO Hmb). Die Disziplinarkammer entscheidet mit drei Mitgliedern, dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern, von denen einer rechtskundig sein muß; einer der Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§37 DO Hmb). Der Disziplinarhof wird bei dem Oberverwaltungsgericht Hamburg errichtet (§ 41 Abs. 1 Satz 1 DO Hmb). Der Senat von Hamburg kann bei dem Disziplinarhof mehrere Disziplinarsenate bilden (§ 41 Abs. 1 Satz 2 DO Hmb). Der Disziplinarhof besteht aus einem Präsidenten, seinem Stellvertreter, der erforderlichen Zahl von Vorsitzenden der Disziplinarsenate, richterlichen und anderen Beisitzern (§41 Abs.2 Satz2 DOHmb). Der Präsident, sein Stellvertreter, die Vorsitzenden der Disziplinarsenate und die richterlichen Beisitzer müssen Mitglieder des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts oder des Hanseatischen Oberlandesgerichts sein ( § 4 1 Abs. 3 DO Hmb). Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten, seinem Stellvertreter, den Vorsitzenden der Disziplinarsenate und den beiden dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter dem Lebensalter nach ältesten richterlichen Beisitzern ( § 4 1 Abs. 4 Satz 1 DO Hmb). Bei Abstimmungen entscheidet Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag ( § 4 1 Abs. 4 Satz 2 DO Hmb). Das Präsidium bestimmt die Geschäftsverteilung für die Dauer eines Geschäftsjahres ( § 4 1 Abs. 5 Satz 1 DO Hmb). Sie darf vor Ablauf der vorgesehenen Zeit nur geändert werden, wenn es wegen Überlastung eines Disziplinarsenats, wegen Ausscheidens, Neubestellung oder langdauernder Verhinderung eines Mitglieds erforderlich wird ( § 4 1 Abs. 5 Satz 2 DO Hmb.). Sind mehrere Disziplinarsenate gebildet worden, bestimmt der Präsident vor Beginn des Geschäftsjahres den Disziplinarsenat, dem er sich anschließt ( § 4 1 Abs. 5 Satz 3 DO Hmb). Der Geschäftsgang wird durch eine Geschäftsordnung geregelt, die von dem Präsidium zu beschließen ist (§41 Abs. 5 Satz 4 DO Hmb). Die §§ 66, 67 und 39 GVG sind sinngemäß anzuwenden ( § 4 1 Abs. 5 Satz 5 DO Hmb). Jeder Disziplinarsenat beschließt mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden ( § 4 3 Satz 1 DO Hmb). Er entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern (§ 43 Satz 2 DO Hmb). Eins dieser weiteren Mitglieder soll möglichst der Laufbahn und dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§43 Satz 3 DO Hmb). 6. Hessen Disziplinargerichte sind die Disziplinarkammern und der Disziplinarhof (§ 35 Abs. 1 HDO). Die Disziplinarkammern werden bei den Verwaltungsgerichten für deren Bezirk gebildet ( § 3 6 Abs. 1 HDO). Die Aufgaben der Gerichtskasse und der Geschäftsstelle der Disziplinarkammer werden von der Gerichtskasse und der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts wahrgenommen, bei dem die Disziplinarkammer gebildet ist ( § 3 6 Abs. 2 HDO). Zuständig ist die Disziplinarkammer, in deren Bezirk der Beschuldigte bei Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz hat (§37 Abs. 1 Satz 1 HDO). Liegt der dienstliche Wohnsitz außerhalb des Landes, so ist die für den Sitz der Landesregierung zuständige Disziplinar4 L i n d g e i l , Disziplinarrecht 11
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kammer 2uständig ( § 3 7 Abs. 1 Satz 2 HDO). Bei •wiederbeschäftigten Ruhestandsbeamten ist der Sitz der Behörde, bei anderen Ruhestandsbeamten der Wohnsitz oder, wenn ein Wohnsitz im Lande nicht besteht, der letzte dienstliche Wohnsitz maßgebend (§ 37 Abs. 2 Satz 1 HDO). Im übrigen gilt Abs. 1 Satz 2 (§ 37 Abs. 2 Satz 2 HDO). Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Disziplinarkammern entscheidet auf Antrag einer Disziplinarkammer oder einer am Verfahren beteiligten Behörde der Disziplinarhof durch Beschluß (§ 38 HDO). Mitglieder der Disziplinarkammern sind der Vorsitzende oder sein Stellvertreter sowie rechtskundige und andere Beisitzer (§39 Abs. 1 HDO). Die Disziplinarkammer entscheidet in der Besetzung mit dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter und zwei Beisitzern, von denen einer rechtskundig sein muß (§42 Satz 1 HDO). Einer der Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§42 Satz 2 HDO). Der Disziplinarhof wird als besonderer Senat des Verwaltungsgerichtshofs gebildet ( § 4 6 Abs. 1 HDO). Die Aufgaben der Gerichtskasse und der Geschäftsstelle des Disziplinarhofs werden von der Gerichtskasse und der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofs wahrgenommen (§46 Abs. 2 HDO). Der Disziplinarhof besteht aus dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs oder seinem Stellvertreter als Vorsitzenden sowie richterlichen und anderen Beisitzern (§ 47 Abs. 1 Satz 1 HDO). Er beschließt mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden (§48 Satz 1 HDO). Er entscheidet in der Hauptverhandlung in der Besetzung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei weiteren Beisitzern (§46 Satz 2 HDO). Einer dieser Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§48 Satz 3 HDO). 7. N i e d e r s a c h s e n Disziplinargerichte sind die Disziplinarkammern und der Disziplinarhof (§ 39 Abs. 1 NDO). Die Disziplinarkammern werden bei den Verwaltungsgerichten für deren Bezirk gebildet (§ 40 Abs. 1 NDO). Bei jeder Disziplinarkammer besteht eine Geschäftsstelle, deren Aufgaben von der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts wahrgenommen werden ( § 4 0 Abs. 2 NDO). Zuständig ist die Disziplinarkammer, in deren Bezirk der Beschuldigte bei Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz hat (§ 41 Abs. 1 Satz 1 NDO). Liegt der dienstliche Wohnsitz außerhalb des Landes, so ist die Disziplinarkammer des Regierungs- (Verwaltungsbezirks zuständig, zu dessen Bereich die Beschäftigungsbehörde des Beschuldigten gehört; für Beschuldigte, deren Beschäftigungsbehörde zum Bereich mehrerer Regierungs-(Verwaltungs-)bezirke gehört, ist die Disziplinarkammer beim Verwaltungsgericht Hannover zuständig ( § 4 1 Abs. 1 Satz 2 NDO). Bei wiederbeschäftigten Ruhestandsbeamten ist der Sitz der Beschäftigungsbehörde, bei anderen Ruhestandsbeamten der Wohnsitz maßgebend; wenn ein Wohnsitz im Lande nicht besteht, ist die Disziplinarkammer bei dem Verwaltungsgericht Hannover zuständig ( § 4 1 Abs. 2 NDO). In Fällen, in denen eine Disziplinarkammer außerhalb eines förmlichen Disziplinarverfahrens zur Entscheidung berufen ist, gilt § 41 Abs. 1 und 2 NDO entsprechend, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist (§ 41 Abs. 3 Satz 1 NDO). Maß50
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gebend ist der Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung, gegen die die Entscheidung der Disziplinarkammer beantragt wird ( § 4 1 Abs. 3 Satz 2 NDO). In den Fällen des § 90 Abs. 2 NDO ist die Disziplinarkammer zuständig, die im vorangegangenen Hauptverfahren entschieden hatte (§41 Abs. 3 Satz 3 NDO). Ist eine Disziplinarkammer nicht zuständig, so erklärt sie sich durch endgültigen Beschluß für unzuständig und verweist die Sache mit bindender Wirkung an die zuständige Disziplinarkammer ( § 4 1 Abs. 4 Satz 1 NDO). Mit der Bekanntgabe des Beschlusses an den Beteiligten, der sich an die unzuständige Disziplinarkammer gewandt hat, gilt die Sache bei der im Beschluß bezeichneten Disziplinarkammer als anhängig (§ 41 Abs. 4 Satz 3 NDO). Hinsichtlich der Wahrung von Fristen tritt diese Wirkung bereits in dem Zeitpunkt ein, in dem die Sache bei der die Verweisung aussprechenden Disziplinarkammer anhängig geworden ist (§41 Abs. 4 Satz 3 NDO). Die im Verfahren vor der unzuständigen Disziplinarkammer erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei der im Beschluß nach § 41 Abs. 4 NDO bezeichneten Disziplinarkammer erwachsen; entstandene Mehrkosten sind dem aufzuerlegen, der sich an die unzuständige Disziplinarkammer gewandt hat, es sei denn, daß er hierzu durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung veranlaßt worden ist (§ 41 Abs. 5 NDO). Mitglieder der Disziplinarkammer sind der Vorsitzende und sein Stellvertreter sowie weitere Berufsrichter und ehrenamtliche Richter als Beisitzer (§42 Abs. 1 NDO). Die Disziplinarkammer entscheidet in der Besetzung mit dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern ( § 4 4 Satz 1 NDO). Ein Beisitzer muß Berufsrichter sein, der andere ehrenamtlicher Richter ( § 4 4 Satz 2 NDO). Dieser soll der Laufbahngruppe und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§44 Satz 3 NDO). § 45 NDO regelt die Vertretung des Vorsitzenden und die Reihenfolge der Beisitzer. Durch den Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein über das Gemeinschaftliche Oberverwaltungsgericht und den Gemeinschaftlichen Dienststrafhof für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 8./15. 11. 55, ratifiziert durch das Niedersächsische Gesetz vom 14. 3. 56 (GVB1.1 S. 449) i. d. F. des Änderungsvertrages vom 23. 9./9.10. 61, ratifiziert durch das Niedersächsische Gesetz vom 2. 2. 62 (GVB1. S. 17), ist der in Lüneburg errichtete Gemeinschaftliche Dienststrafhof für die in 2. Instanz auflaufenden Disziplinarsachen im Bereich der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein zuständig. Der Disziplinarhof gliedert sich in Disziplinarsenate (vgl. § 49 Abs. 1 Satz 1 NDO). Die Zahl der Disziplinarsenate bestimmt der Präsident des Disziplinarhof s ( § 4 9 Abs. 1 Satz 2 NDO). Der Disziplinarhof besteht aus dem Präsidenten, seinen Stellvertretern sowie Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern (§49 Abs. 2 NDO). Präsident des Disziplinarhofs ist der Präsident des Oberverwaltungsgerichts ( § 4 9 Abs. 3 Satz 1 NDO). Die Stellvertreter des Präsidenten und die beisitzenden Berufsrichter müssen planmäßige Richter des Oberverwaltungsgerichts sein ( § 4 9 Abs. 3 Satz 2 NDO). Das Präsidium des Disziplinarhofs besteht aus dem Präsidenten, seinen Stellvertretern und den beiden dem Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter dem Lebensalter nach ältesten beisitzenden Berufsrichtern ( § 5 0 Abs. 1 Satz 1 NDO). Das Präsidium entscheidet nach Stimmenmehrheit; bei Stimmengleich4«
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heit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag (§50 Abs. 1 Satz 2 NDO). Das Präsidium verteilt vor Beginn eines jeden Geschäftsjahrs für dessen Dauer die Geschäfte auf die Senate und bestimmt deren ständige Mitglieder sowie für den Fall ihrer Verhinderung die regelmäßigen Stellvertreter ( § 5 0 Abs. 2 Satz 1 NDO). Zugleich bestimmt das Präsidium die Reihenfolge, in der die ehrenamtlichen Richter zur Teilnahme an den Sitzungen berufen werden; Beisitzer, die während der Amtszeit neu bestellt werden, treten für das laufende Geschäftsjahr an den Schluß der Reihenfolge (§ 50 Abs. 2 Satz 2 NDO). Die Geschäftsverteilung darf im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Wechsel oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Disziplinarhofs nötig wird ( § 5 0 Abs. 2 Satz 3 NDO). Jeder Disziplinarsenat beschließt außerhalb der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden ( § 5 1 Abs. 1 Satz 1 NDO). Er entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern, einschließlich des Vorsitzenden, und zwei ehrenamtlichen Richtern ( § 5 1 Abs. 1 Satz 2 NDO). Von den ehrenamtlichen Richtern soll einer der Laufbahngruppe und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören ( § 5 1 Abs. 1 Satz 3 NDO). Bei der Heranziehung der Mitglieder zu den Sitzungen ist von der Reihenfolge auszugehen, die das Präsidium nach § 50 Abs. 2 Satz 2 NDO bestimmt hat; § 51 Abs. 1 Satz 3 NDO ist zu beachten (§ 51 Abs. 2 Satz 1 NDO). Ist eine Beamtin Beschuldigte, so soll die in der Liste nächstfolgende Frau zur Teilnahme an der Sitzung berufen werden ( § 5 1 Abs. 2 Satz 2 NDO). Will ein Disziplinarsenat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Disziplinarsenats oder des Großen Disziplinarsenats abweichen, so hat er die Rechtsfrage unter Begründung seiner Rechtsauffassung an den Großen Disziplinarsenat zu verweisen ( § 5 2 Abs. 1 Satz 1 NDO). Dies gilt nicht, wenn der Senat, von dessen Entscheidung er abweichen will, der Abweichung zustimmt ( § 5 2 Abs. 1 Satz 2 NDO). Ein Disziplinarsenat kann die Entscheidung des Großen Disziplinarsenats auch in einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung herbeiführen, wenn nach seiner Auffassung die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung es erfordert ( § 5 2 Abs. 2 NDO). Die Entscheidung der Rechtsfrage durch den Großen Disziplinarsenat ist in der zu entscheidenden Sache bindend (§ 52 Abs. 3 NDO). 8. N o r d r h e i n - W e s t f a l e n Disziplinargerichte sind die Disziplinarkammern der Verwaltungsgerichte in Düsseldorf und Münster sowie der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts in Münster (§ 37 Abs. 1 DO NW). Zuständig ist die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts in Düsseldorf, wenn der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz im Bereich der früheren Rheinprovinz oder außerhalb des Landes hat, im übrigen die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts in Münster ( § 3 9 Abs. 1 DO NW). Bei Ruhestandsbeamten ist der Wohnsitz oder, wenn der Wohnsitz außerhalb des Landes liegt, der letzte dienstliche Wohnsitz im Lande maßgebend (§ 39 Abs. 2 DO NW). Bei Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Disziplinarkammern entscheidet auf Antrag einer Disziplinarkammer oder einer anderen am Verfahren beteilig52
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ten Behörde der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts durch Beschluß (§ 40 DO NW). Mitglieder der Disziplinarkammer sind der Vorsitzende, seine Stellvertreter, rechtskundige und andere Beisitzer ( § 4 1 Abs. 1 DO NW). Die Disziplinarkammer entscheidet mit drei Mitgliedern, dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter und zwei Beisitzern, von denen einer rechtskundig sein muß; einer der Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§43 DO NW). Der Vorsitzende trifft alle der Vorbereitung und Leitung des Verfahrens dienenden Anordnungen und Maßnahmen, für die eine Entscheidung des Gerichts nicht vorgesehen ist (DVO Nr. 1 Satz 1 zu § 43 DO NW). Er bestimmt die regelmäßigen Sitzungstage und verteilt die Geschäfte innerhalb der Kammer (DVO Nr. 1 Satz 2 DVO zu § 43 DO NW). Die Beisitzer der Disziplinarkammer erhalten für die in Ausübung dieser Tätigkeit unternommenen Reisen die Reisekostenvergütungen, die ihnen nach dem Gesetz über Reisekostenvergütung der Beamten vom 15. 12. 33 (RGBl. I S. 1067) in der jeweils geltenden Fassung zustehen (DVO Nr. 2 zu § 43 DO NW). Der Disziplinarsenat ist beim Oberverwaltungsgericht Münster gebildet (vgl. § 37 Abs. 1 DO NW). Bei Bedarf können mehrere Senate gebildet werden (§ 38 i. V. m. § 47 DO NW). Der Disziplinarsenat setzt sich aus dem Vorsitzenden, richterlichen Mitgliedern und weiteren Mitgliedern als Beisitzern zusammen. Er beschließt mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden ( § 4 9 Satz 1 DO NW). Er entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern ( § 4 9 Satz 2 DO NW). Eines dieser weiteren Mitglieder soll der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§ 49 Satz 3 DO NW). Falls zwei oder mehrere Senate errichtet sind, was bis jetzt jedoch noch nicht der Fall ist, so sieht § 48 DO NW einen Großen Disziplinarsenat vor, der von Fall zu Fall zusammentritt. Die Voraussetzungen für sein Zusammentreten, die Zusammensetzung und die Stimmabgabe ist entsprechend § 42 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 geregelt, wobei lediglich mit Rücksicht auf das Fehlen einer dem Bundesdisziplinaranwalt entsprechenden Einrichtung § 42 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entfällt. An die Stelle des Präsidenten des Bundesdisziplinarhofs tritt in § 48 Abs. 3 DO NW der Präsident des Oberverwaltungsgerichts. 9. R h e i n l a n d - P f a l z Landesdisziplinargerichte sind die Disziplinarkammer und der Disziplinarhof (§ 37 Abs. 1 LDO Rh-Pf). Die Disziplinarkammern werden bei den Bezirksverwaltungsgerichten und bei den auswärtigen Kammern der Bezirksverwaltungsgerichte für deren Bezirk gebildet (§ 38 Abs. 1 LDO Rh-Pf). Die Aufgaben der Gerichtskasse und Geschäftsstelle der Disziplinarkammer werden von der Gerichtskasse und der Geschäftsstelle des Bezirksverwaltungsgerichts wahrgenommen, bei dem die Disziplinarkammer gebildet ist (§ 38 Abs. 2 LDO Rh-Pf). Zuständig ist die Disziplinarkammer, in deren Bezirk der Beschuldigte bei Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens seinen dienstlichen Wohnsitz hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LDO Rh-Pf). Liegt der dienstliche Wohnsitz 53
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außerhalb des Landes, so ist die für den Sitz der Landesregierung zuständige Disziplinarkammer zuständig (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LDO Rh-Pf). Bei wiederbeschäftigten Ruhestandsbeamten ist der Sitz der Behörde, bei Ruhestandsbeamten der Wohnsitz oder, wenn ein Wohnsitz im Lande nicht besteht, der letzte dienstliche Wohnsitz maßgebend (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LDO Rh-Pf). Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Disziplinarkammern entscheidet auf Antrag einer Disziplinarkammer oder einer anderen am Verfahren beteiligten Behörde der Disziplinarhof durch Beschluß (§ 40 LDO Rh-Pf). Mitglieder der Disziplinarkammer sind der Vorsitzende sowie rechtskundige und andere Beisitzer (§ 41 Abs. 1 LDO Rh-Pf). Der Vorsitzende, sein Stellvertreter und die rechtskundigen Beisitzer müssen die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben ( § 4 1 Abs. 3 LDO Rh-Pf). Die Disziplinarkammer entscheidet mit drei Mitgliedern, nämlich dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern, von denen einer rechtskundig sein muß ( § 4 4 Satz 1 LDO Rh-Pf). Einer der Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§ 44 Satz 2 LDO Rh-Pf). DVO zu § 44 LDO Rh-Pf entspricht DVO Nr. 1, 2 bis 3 DVO zu § 37 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Für die Teilnahme an Sitzungen erhalten Beisitzer, die am Sitze der Disziplinarkammer wohnen, ein Tagegeld nach § 3 Abs. 3 der VO vom 1. 8. 51 (BGBl. I S. 485; dies gilt nicht, soweit DVO Nr. 3 Satz 1 anzuwenden ist (DVO Nr. 3 Satz 2 zu § 44 LDO Rh.-Pf.). Über die Besonderheiten in Disziplinarverfahren gegen Richter siehe § 129 Nr. 9 S. 1191 ff. Der Disziplinarhof ist beim Oberverwaltungsgericht gebildet (§ 43 LDO Rh-Pf). Er besteht aus dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts als Vorsitzenden sowie richterlichen und anderen Beisitzern ( § 4 9 Abs. 1 LDO Rh-Pf). Der Geschäftsgang des Disziplinarhofs und die Stellvertretung seiner Mitglieder sind durch eine Geschäftsordnung geregelt, die von dem Präsidenten, den richterlichen und drei anderen durch das Los zu bestimmenden Beisitzern zu beschließen ist (§ 50 Abs. 1 LDO Rh-Pf). Die Aufgaben der Gerichtskasse und der Geschäftsstelle des Disziplinarhofs werden von der Gerichtskasse und der Geschäftsstelle des Oberverwaltungsgerichts wahrgenommen (§ 50 Abs. 2 LDO Rh-Pf). Der Disziplinarhof beschließt mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden (§ 51 Satz 1 LDO Rh-Pf). Er entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei weiteren Beisitzern (§51 Satz 2 LDO Rh-Pf). Einer dieser Beisitzer soll der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören ( § 5 1 Satz 3 LDO Rh-Pf). 10. S a a r l a n d Die Gerichtsorganisation richtet sich nach dem Gesetz betr. die vorläufige Regelung der Dienststrafgerichtsbarkeit vom 11. 2. 49 (Amtsblatt des Saarlandes S. 279), durch das die §§ 31 bis 43 und §§ 108 bis 110 RDStO aufgehoben worden sind (vgl. § 1 a. a. O.). Die Dienststrafgerichte im Sinne des Gesetzes vom 11. 2. 49 sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (§ 2 a. a. O.). Dienststrafgerichte sind die Dienststrafkammer und der Dienststrafhof ( § 3 Abs. 1 a. a. O.). Die Dienststrafkammer ist beim Verwaltungsgericht des des Saarlandes in Saarlouis und der Dienststrafhof beim Oberverwaltungs54
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gericht des Saarlandes in Saarlouis errichtet (vgl. Ausführungsbestimmungen zum Gesetz Nr. 76 vom 27.9.51 (Amtsblatt des Saarlandes S. 1252), Gesetz Nr. 363 vom 16. 3. 53 (Amtsblatt des Saarlandes S. 185) und Ausführungsbestimmungen hierzu vom 27. 2. 54 (Amtsblatt des Saarlandes S. 253), insbes. § 21 des Gesetzes Nr. 719 vom 5. 7. 60 (AmtsBl. S. 558). Die Dienststrafkammer besteht aus dem Vorsitzenden und zwei Beisitzern sowie ihren Stellvertretern ( § 4 Abs. 1 a. a. O.). Der Vorsitzende der Dienststrafkammer und einer der Beisitzer sowie deren Stellvertreter müssen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt besitzen ( § 4 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Ein weiterer Beisitzer muß im Regelfall der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören ( § 2 Abs. 2 Satz 2 a. a. O.). Die Mitglieder der Dienststrafkammer und ihre Stellvertreter werden durch die Landesregierung aus den planmäßigen Beamten bestellt ( § 4 Abs. 3 a. a. O.). Deren Berufung erfolgt nach § 2 der AB zum Ges. 76 durch den Vorsitzenden des Gerichts; nach § 4 a. a. O. erhalten sie Auslagenersatz im Rahmen des § 193 J K G vom 20. 4. 50 (ABl. S. 657). Die Dienststrafkammer entscheidet mit drei Mitgliedern, dem Vorsitzenden (oder seinem Stellvertreter) und zwei Beisitzern (§ 5 a. a. O.). Der Dienststrafhof besteht aus dem Präsidenten und vier Beisitzern sowie ihren Stellvertretern ( § 9 Abs. 1 a. a. O.). Der Präsident des Dienststrafhofes sowie zwei Beisitzer und deren Stellvertreter müssen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt besitzen ( § 9 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Zwei weitere Beisitzer müssen im Regelfall der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören ( § 9 Abs. 2 Satz 2 a. a. O.). Die Mitglieder des Dienststrafhofs werden durch die Landesregierung aus den planmäßigen Beamten bestellt (§ 9 Abs. 3 a. a. O.). Der Dienststrafhof beschließt mit zwei rechtskundigen Mitgliedern, einschließlich des Präsidenten (oder dessen Stellvertreters), und einem weiteren Mitglied ( § 1 0 Satz 1 a. a. O.). Er entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern, einschließlich des Präsidenten (oder dessen Stellvertreters), und zwei weiteren Mitgliedern (§ 10 Satz 2 a. a. O.). Durch Bekanntmachung über die Errichtung einer Dienststelle für die Dienststrafgerichtsbarkeit vom 23. 11. 50 (Amtsblatt des Saarlandes S. 1097) wurde eine gemeinsame Geschäftsstelle beim Ministerpräsidenten gebildet. Diese ist jedoch durch Erlaß des Ministerpräsidenten vom 17.1. 63 (Amtsblatt des Saarlandes S.27) aufgelöst. Auf Grund des Erlasses des Ministerpräsidenten betr. Geschäftsstellen der Dienststrafgerichte vom 8. 1. 63 (Amtsblatt des Saarlandes S. 27) wird für den Dienststrafhof des Saarlandes beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes und für die Dienststrafkammer des Saarlandes beim Verwaltungsgericht des Saarlandes eine Geschäftsstelle errichtet. 11. S c h l e s w i g - H o l s t e i n Dienststrafgerichte sind die Dienststrafkammer und der Dienststrafhof (§ 38 Abs. 1 DStO Schl.-Hol.). Die Dienststrafkammer ist beim Schleswig-HolsteinischenVerwaltungsgericht in Schleswig gebildet (§39 Satz 1 DStO Schl-Hol). Der Innenminister kann bei der Dienststrafkammer mehrere Abteilungen bilden; er regelt den Geschäftsgang (§ 39 Satz 2 DStO Schl-Hol.). Die dienstliche Aufsicht über die Geschäftsführung der Dienststrafkammer führt der Landesminister des Innern 55
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Die Disziplinargerichte
(DVO Nr. Nr. 1 zu § § 33 bis 44 DStO Schl-Hol). Der Vorsitzende der Dienststrafkammer bestimmt die Reihenfolge, in der seine Stellvertreter ihn im Falle seiner Verhinderung vertreten. Sind mehrere Abteilungen gebildet, so regelt er den Vorsitz (DVO Nr. 2 zu §§ 39 bis 44 DStO Schl-Hol). Der Vorsitzende verteilt die Geschäfte (DVO Nr. 3 Satz 1 zu §§ 39 bis 44 DStO Schl-Hol). Die Aufgaben der Geschäftsstelle der Dienststrafkammer werden von der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts wahrgenommen (DVO Nr. 10 zu § § 3 9 bis 44 DStO Schl-Hol). Die Dienststrafkammer führt als Dienstsiegel das große Landessiegel nach dem Erlaß der Landesregierung vom 22. 4. 47 mit der Unterschrift „Dienststrafkammer Schleswig" (DVO Nr. 11 zu §§ 39 bis 44 DStO Schl-Hol). Da nur eine Dienststrafkammer errichtet ist, entfallen Bestimmungen über die Zuständigkeit und die Regelung von Zuständigkeitsstreitigkeiten. Die Dienststrafkammer erntscheidet in einer Besetzung von drei Mitgliedern, dem Vorsitzenden, einem rechtskundigen und einem weiteren Beisitzer, der der Laufbahn und dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören soll (§ 41 Abs. 1 DStO Schl.-Hol.). Ist der Beschuldigte ein Beamter eines Kreises, einer kreisfreien Stadt, eines Amtes, einer Gemeinde oder einer sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts, so muß einer der Beisitzer Beamter einer entsprechenden Körperschaft sein; er soll der Laufbahn des Beschuldigten angehören ( § 4 1 Abs. 2 DStO Schl-Hol). Ist eine Beamtin Beschuldigte, so muß mindestens ein Mitglied der Dienststrafkammer eine Frau sein ( § 4 1 Abs. 3 DStO Schl-Hol). Bei Vertagung der Hauptverhandlung oder Zurückweisung der Sache ( § 7 5 Abs. 1 Nr. 2 DStO Schl-Hol) soll die Dienststrafkammer in der gleichen Besetzung entscheiden wie in der ersten Verhandlung (DVO Nr. 5 zu §§ 39 bis 44 DStO Schl-Hol). Der Dienststrafhof ist ein selbständiges Gericht (§ 45 Abs. 1 Satz 1 DStO Schl-Hol). Er kann aus mehreren Dienststrafsenaten bestehen ( § 4 3 Abs. 1 Satz 2 DStO Schl.-Hol.). Das Nähere, unter anderem auch der Sitz des Dienststrafhofs, wird durch Verordnung der Landesregierung bestimmt (§ 45 Abs. 1 Satz 3 DStO Schl.-Hol.). Nach dem Gesetz über den Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein über das Gemeinschaftliche Oberverwaltungsgericht und den Gemeinschaftlichen Dienststrafhof für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 2. 1. 56 (GVB1. S. 1) ist der Gemeinsame Dienststrafhof in Lüneburg errichtet. Der Dienststrafhof besteht aus dem Prsäidenten, seinen Stellvertretern, richterlichen und anderen Beisitzern (§ 45 Abs. 2 DStO Schl-Hol). Jeder Dienststrafsenat entscheidet in der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern (§47 Abs. 1 Satz 1 DStO Schl-Hol). Eines dieser weiteren Mitglieder soll der Laufbahn und möglichst auch dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören (§47 Abs. 1 Satz 2 DStO Schl-Hol.). Jeder Dienststrafsenat beschließt außerhalb der Hauptverhandlung mit drei richterlichen Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden (§ 47 Abs. 2 DStO Schl-Hol). Nach § 46 DStO Schl.-Hol. tritt unter den dort genannten Voraussetzungen von Fall zu Fall der Große Dienststrafsenat zusammen. Die Regelung entspricht der des § 42 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, wobei in § 46 Abs. 2 Satz 2 an die Stelle des Bundesdisziplinaranwalts der Vertreter der obersten Dienstbehörde tritt. Nach § 46 Abs. 3 DStO Schl-Hol besteht der Große Dienst56
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strafsenat aus dem Präsidenten des Dienststrafhofes, seinen Stellvertretern und je einem richterlichen Mitglied, das der Vorsitzende jedes Dienststrafsenats von Fall zu Fall zur Mitwirkung in den Großen Dienststrafsenat entsendet.
§ 67. Die Disziplinarrichter I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG Bereits in § 66 I S. 5 ff. ist die geschichtliche Entwicklung der Disziplinargerichte aufgezeigt worden. Die im Laufe des 19. Jahrhunderts erlassenen Disziplinargesetze befaßten sich im wesentlichen mit dem Aufbau und der Tätigkeit der Disziplinargerichte. Die Rechtsstellung und die Voraussetzungen für die Bestellung und Abberufung der Disziplinarrichter ergaben sich aus den allgemeinen prozessualen Vorschriften.
A. Reichsbeamtengesetz vom 31. 3. 1873 § 90 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3. 1873 (RGBl. S. 61) bestimmte, daß beim Vorhandensein von Gründen, die die Unbefangenheit der zuständigen Disziplinarkammer zweifelhaft machten, auf Antrag des Angeschuldigten oder des Beamten der Staatsanwaltschaft eine andere durch den Disziplinarhof ernannte Disziplinarkammer an deren Stelle trat. In § 93 a. a. O. war die Ernennung der Mitglieder der Disziplinarkammern durch den Kaiser und deren Verpflichtung für die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes geregelt. Im übrigen war die Ausgestaltung der Rechtsstellung weitgehend der Rechtsprechung und Verwaltungsübung überlassen.
B. Reichsratsentwurf zu einer Reichsdienststrafordnung vom 12. 11. 31 1 Nach § 22 Abs. 2 des Reichsratsentwurfs sollten die Dienststrafgerichte unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen sein. Der Reichspräsident sollte die Mitglieder der Reichsdienststrafkammer auf die Dauer von fünf Jahren ernennen ( § 2 6 Abs. 1 Satz 1 a. a. O.). Die Präsidenten der Reichsdienststrafkammern, ihre Stellvertreter und die richterlichen Beisitzer sollten berufsrichterliche Beamte der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Reich oder in einem Lande sein (§ 26 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Die Beisitzer sollten mindestens 30 Jahre alt und mindestens 10 Jahre lang Beamte sein (§ 26 Abs. 3 Satz 1 a. a. O.). Die Mitglieder der Reichsdienststrafkammern waren nach § 27 a. a. O. zu vereidigen. Die Reihenfolge, in der die Beisitzer zur Teilnahme an den Sitzungen berufen werden sollten, sollte nach näherer Regelung der Ausführungsverordnung durch das Los bestimmt werden (§28 a. a. O.). Entzog sich ein Beisitzer ohne genügende Entschuldigung seinen Pflichten, so konnte ihn der Vorsitzende der Reichsdienststrafkammer nach vorheriger Anhörung zum Ersatz der verursachten Auslagen verpflichten (§ 29 Abs. 1 a. a. O.). Die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen war in § 45 a. a. O. geregelt, wobei die §§22 bis 24, 26, 29, 30, 31 Abs. 1 StPO sinnentsprechende Anwendung finden sollten. Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. sollten auch Dienstvorgesetzte, die gegenüber dem Beschuldigten Strafbefugnisse hatten, und Untergebene, denen gegenüber der Dienstvorgesetzte Strafbefugnisse hatte, kraft Gesetzes ausgeschlossen sein. Beamte, die in einem dienstlichen Uberordnungs- und Unterordnungsverhältnis zu dem Beschuldigten standen und bei derselben Dienststelle beschäftig waren, sollten von ihm ohne nähere Begründung abgelehnt werden können (§ 45 Abs. 1 Satz 3 a. a. O.). Gegen Mitglieder der Reichsdienststrafkammer sollte wegen pflichtwidriger Führung Ihres Amtes als Dienststrafrichter nur ein förmliches Dienststrafverfahren auf Entlassung aus diesem Amt zulässig sein (§ 30 Abs. 1 Satz a. a. O.). Wurde gegen ein Mitglied der Reichsdienststrafkammer ein förmliches Dienststrafverfahren oder wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens eine strafgerichtliche Untersuchung eingeleitet, so sollte er während dieser Verfahren an der Ausübung seines Amtes verhindert sein (§ 31 a. a. O.). Hörte ein richterliches Mitglied auf, Berufsrichter zu sein, oder endete bei einem nichtrichterlichen Mitglied sein Beamtenverhältnis, so sollte auch sein Amt als Mitglied der Reichsdienststrafkammer erlöschen (§33 a. a. O.). 1
Abgedruckt bei F o e r s t e r - S i m o n s 1932 S. 308 (313f.).
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Die Disziplinarrichter
Gegen die Mitglieder des Reichsdienststrafhofes sollte wegen pflichtwidriger Führung ihres Amtes kein Dienststrafverfahren zulässig sein (§ 34 Abs. 5 Satz 2 a. a. O.). Entzog sich ein Beisitzer ohne genügende Entschuldigung seinen Pflichten, so sollte der Reichsdienststrafhof ihn nach vorheriger Anhörung im Beschlußverfahren zum Ersatz der Auslagen verpflichten können (§ 34 Abs. 5 Satz 3 a. a. O.).
C. Preußische Beamtendienststrafordnung vom 27.1. 32 Eine nähere Ausgestaltung der Rechtsstellung der Disziplinarrichter brachten die §§ 32ff. der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27.1. 32 (PrGS S. 59). In § 32 a. a. O. wurde die richterliche Unabhängigkeit sämtlicher Mitglieder der Dienststrafgerichte ausdrücklich sanktioniert. § 34 a. a. O. regelte den Ersatz der Auslagen für den Fall, daß sich ein Beisitzer eines Dienststrafgerichts seinen Aufgaben entzog. Nach § 35 a. a. O. konnte ein Beisitzer, gegen den ein förmliches Dienststrafverfahren oder eine Untersuchung wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens schwebte, während der Dauer des Verfahrens sein Amt nicht ausüben. Nach § 36 a. a. O. konnten die Beisitzer Reisekosten nach Stufe III beantragen. Nach § 37 a. a. O. erlosch das Amt als Mitglied des Dienststrafgerichts, wenn das Mitglied aufhörte, Richter zu sein, oder das Beamtenverhältnis erlosch.
D. Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 Eine abschließende Regelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Dienststrafgerichte nahm erstmals die Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 (RGBl. I S. 71) vor. In Übereinstimmung mit § 32 Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 wurde in § 31 Abs. 3 RDStO die richterliche Unabhängigkeit der Mitglieder der Dienststrafgerichte festgelegt. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Ernennung als Mitglieder eines Dienststrafgerichts wurde nach § 35 Abs. 2 RDStO ein Mindestalter von 30 Jahren gefordert. Außerdem mußte der auf Lebenszeit ernannte Beamte seinen Wohnsitz im Bezirk der Dienststrafkammer haben. Der Vorsitzende der Dienststrafkammer und seine Stellvertreter mußten planmäßige richterliche Beamte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der ordentlichen Gerichtsbarkeit sein (§35 Abs. 3 RDStO), während die rechtskundigen Beisitzer die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt besitzen mußten (§35 Abs. 4 RDStO). Die Mitglieder wurden durch den Reichsminister des Innern auf die Dauer von drei Jahren bestellt; sie konnten bei Ablauf ihrer Amtszeit wiederbestellt werden (§36 Abs. 1 RDStO). Dies galt auch für den Vorsitzenden, so daß der Verwaltung bei der Neubesetzung, die alle drei Jahre stattfinden mußte, ein sehr großer Spielraum hinsichdich der Auswahl der ihr geeignet erscheinenden Mitglieder der Dienststrafkammern offengelassen wurde. Im Falle der Säumnis konnten nach § 38 RDStO entsprechend § 34 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27.1. 32 die dadurch verursachten Auslagen dem Beisitzer auferlegt werden; eine entsprechende Anordnung konnte jedoch bei nachträglich genügender Entschuldigung ganz oder teilweise aufgehoben werden. Das Amt eines Mitgliedes der Dienststrafkammer ruhte, wenn gegen ihn ein förmliches Dienststrafverfahren oder wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens ein Strafverfahren eingeleitet oder ihm nach § 6 Abs. 1 DBG die Führung der Dienstgeschäfte verboten war (vgl. § 39 RDStO). Das Amt erlosch nach § 40 RDStO u. a., wenn das Mitglied a) im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe oder im förmlichen Dienststrafverfahren zu Geldbuße oder einer schwereren Strafe rechtskräftig verurteilt wurde, b) in den Wartestand oder in ein Amt außerhalb des Bezirks der Dienststrafkammer versetzt oder als Hochschullehrer entpflichtet wurde oder c) auf andere Weise aus dem Hauptamt ausschied, das es bei seiner Bestellung bekleidet hatte. Das Amt des Vorsitzenden oder Stellvertreters des Vorsitzenden erlosch ferner, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 RDStO wegfielen, wenn er also nicht mehr planmäßiger richterlicher Beamter der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der ordendichen Gerichtsbarkeit war.
E. Bundesdisziplinarordnung vom 28. 11. 52 Die Bundesdisziplinarordnung beließ es im wesentlichen bei der Regelung der RDStO. Nach § 35 Abs. 3 BDO müssen der Vorsitzende, seine Stellvertreter und die rechts-
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Rechtsstellung
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kundigen Beisitzer die Fähigkeit zum Richteramt an einem ordentlichen Gericht oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen an einem allgemeinen Verwaltungsgericht haben. § 36 Abs. 3 RDStO entfiel. Dafür wurde in § 36 Abs. 3 BDO bestimmt, daß die obersten Bundesbehörden und die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten für die nach § 37 zweiter Halbsatz BDO zu bestellenden Beisitzer Vorschläge machen können.
F. Novelle zum Bundesdisziplinarrecht Die Amtszeit der Beisitzer wird nach § 49 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle von bisher drei auf vier Jahre erhöht, um hierdurch eine Gleichmäßigkeit der Rechtsprechung und eine Verwaltungsvereinfachung zu erreichen. Über die Ausschließungsgründe für das Amt eines Richters und Beamtenbeisitzers siehe § 67 I D 3 S. 58. Durch § 53 BDO i. d. F. der Novelle wird lediglich klargestellt, daß entsprechend der bisherigen Verwaltungsübung nur ein Beamtenbeisitzer unter den dort genannten Voraussetzungen nicht zur Ausübung seines Amtes herangezogen werden kann. Eine erhebliche Neuerung bedeutet § 54 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle, wonach das Amt als Beisitzer erlischt, wenn der Beamte auf andere Weise als durch Versetzung oder Beförderung aus dem Hauptamt ausscheidet, das er bei seiner Bestellung bekleidet hat. Insbesondere soll es der Dienstbehörde unmöglich gemacht werden, einen mißliebigen Beisitzer in einen anderen Kammerbezirk zu versetzen, um so seine Ausübung seines Beisitzeramtes unmöglich zu machen. Schließlich erlischt das Beisitzeramt nicht mehr, wenn der Beamte zu einer Geldbuße verurteilt worden ist; nur noch eine schwerere Disziplinarmaßnahme als Geldbuße rechtfertigt das Erlöschen des Beisitzeramtes, soweit es sich um eine disziplinare Verfolgung handelt (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. der Novelle).
H. RECHTSSTELLUNG A. Allgemeine Rechtsstellung I. H a u p t a m t l i c h e R i c h t e r Die hauptamtlichen Mitglieder der Disziplinargerichte sind Richter des Bundes. Ihre Rechtsverhältnisse sind in erster Linie im Deutschen Richtergesetz vom 8. 9. 61 (BGBl. I S. 1665) geregelt. Soweit das Richtergesetz keine abweichenden Bestimmungen trifft, gilt nach § 46 a. a. O. für die Rechtsverhältnisse auch der Bundesdisziplinarrichter bis zu einer besonderen Regelung das Bundesbeamtenrecht sinngemäß weiter. Hierzu rechnen vor allem das BBG, das Bundesbesoldungsgesetz, das Bundesreisekostengesetz und das Gesetz über die Umzugskostenentschädigung. Das Beamtenrecht gilt aber nur sinnentsprechend, wobei auf die besondere Rechtsstellung der Richter Rücksicht zu nehmen ist. Die Bundesdisziplinarrichter werden in das Richterverhältnis berufen ( § 8 der DB zur AO des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst i. d. Neufassung vom 11.7. 67 (BGBl. I S. 794). Sie sind sachlich unabhängig und keinen Weisungen unterworfen. Vor Ablauf ihrer Amtszeit können sie gegen ihren Willen nur kraft gerichtlicher Entscheidung und nur aus Gründen, die die Gesetze bestimmen, entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Sie können nur bei einer Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke an ein anderes Gericht versetzt oder aus ihrem Amt enthoben werden. Bundesrichter beim Bundesdisziplinarhof — Bundesverwaltungsgericht — werden nach dem Dritten Gesetz über die Altersgrenze von Richtern an den 59
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Die Disziplinarrichter
oberen Bundesgerichten und Mitgliedern des Bundesrechnungshofs vom 28.11. 56 (BGBl. I S. 884) mit Vollendung des 68. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt. Für die hauptamtlichen Richter der Bundesdisziplinarkammer — des Bundesdisziplinargerichts — hingegen ist nach § 41 Abs. 1 BBG die Altersgrenze die Vollendung des 65. Lebensjahres. In Angelegenheiten der hauptamtlichen Richter der Disziplinargerichte des Bundes wirkt im Bundespersonalausschuß als weiteres ständiges ordentliches Mitglied der Leiter der Personalabteilung des Bundesministers der Justiz mit, dessen Stellvertreter ein anderer Beamter des Bundesministers der Justiz ist; nichtständige ordentliche Mitglieder sind vier Richter, die ebenso wie ihre Stellvertreter Richter auf Lebenszeit im Bundesdienst sein müssen (vgl. § 47 Sätze 1 und 2 DRiG). 2. E h r e n a m t l i c h e R i c h t e r Die ehrenamtlichen Richter üben ihr Amt als Beamtenbeisitzer als Nebenamt aus, was durch § 31 Abs. 3 Satz 1 DO Hmb. ausdrücklich im Gesetz aufgenommen ist. Für sie gelten die allgemeinen Bestimmungen des BBG und der BDO. Hieraus ergibt sich für sie nach § 64 BBG die Verpflichtung zur Übernahme des Amtes als Beamtenbeisitzer und nach § 61 BBG zur Amtsverschwiegenheit hinsichtlich der Vorgänge, die ihnen im Laufe ihrer Tätigkeit als Beamtenbeisitzer, insbesondere in der Beratung, zur Kenntnis gekommen sind. B. Dienstaufsicht Bezüglich der Dienstaufsicht über die Richter, Beamten, Angestellten und Arbeiter des Bundesdisziplinargerichts siehe § 66 VI B S. 21 und des Bundesverwaltungsgerichts siehe § 66 VII B 2 S. 42. C. Richterliche Unabhängigkeit Bereits in § 66 III S. 14fF. ist gezeigt worden, daß die Disziplinargerichte und somit die einzelnen Mitglieder derselben unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Dies ergibt sich bereits aus § 1 GVG und Art. 97 GG. Eine ausdrückliche Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung im Disziplinarrecht, wie dies in § 31 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 geschehen ist, wonach die Mitglieder der Disziplinargerichte ihre Tätigkeit in richterlicher Unabhängigkeit ausüben, erübrigt sich also; demnach fehlt in der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht eine dem § 31 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechende Bestimmung. Dies gilt auch für die gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen, nämlich für § 35 Abs. 3 LDO BW, § 31 Abs. 3 DStO Brm., § 31 Abs. 3 Satz 2 DO Hmb., § 35 Abs. 2 HDO, § 39 Abs. 3 NDO, § 37 Abs. 3 DO NW, § 37 LDO Rh.-Pf., § 31 Abs. 3 DStO Saar und § 38 Abs. 3 Satz 1 DStO Schl.-Hol. Auf Grund der in Art. 97 GG und § 1 GVG verankerten richterlichen Unabhängigkeit sind nicht nur die Berufsrichter, sondern auch die ehrenamtlichen Richter berechtigt und verpflichtet, nur nach eigener, auf Grund sorgfältiger Prüfung und Überlegung zu bildenden Überzeugung ihre Stimme abzugeben2. Um dem Richter seine Unabhängigkeit bei der Urteilsfindung 2
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Behnke Anm. 8 zu § 31 BDO.
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zu wahren, hat insbesondere bei den Beamtenbeisitzern die Einleitungsbehörde und jede sonstige Verwaltungsstelle sich irgendeiner Beeinflussung zu enthalten 3 . Dies gilt auch für die Gewerkschaften und Beamtenorganisationen; auch die Beamtenbeisitzer dürfen sich nicht von berufsständischen oder gewerkschaftlichen Interessen bei der Abstimmung leiten lassen. Wenn sich auch der Richter jeglicher Beeinflussungsmöglichkeiten enthalten muß, so muß er jedoch alle Erkenntnisquellen nützen, die sich ihm bei der Bildung seiner Meinung erschließen können. Es ist sogar seine Pflicht, daß er sich über den jeweiligen Stand der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung erkundigt. Ebenso bleibt es ihm unbenommen, bei seiner Verwaltung, Mitarbeitern oder sonstigen Stellen Zweifelsfragen, die sich insbesondere auf sachverständige Fragen beziehen, vorzutragen. Es ist dann aber seine Sache, inwieweit er diesen Ratschlägen Folge leistet. Auf keinen Fall kann ihm ein Ratschlag als dienstliche Weisung erteilt werden. Haben der Berufsrichter und der Beamtenbeisitzer ihre Stimme gegen ihre Überzeugung abgegeben oder haben sie beim Erkenntnis fahrlässig gesetzliche Bestimmungen außer acht gelassen oder haben sie Erkenntnisquellen bei zweifelhaften Rechts- und Sachfragen nur mangelhaft ausgeschöpft, so können sie disziplinarisch trotz der ihnen zugesicherten richterlichen Unabhängigkeit herangezogen werden, da sie hierdurch ihre allgemeine Pflichten, zu denen vor allem die Sorgfaltspflicht gehört, verletzen. Darüber hinaus können sie nicht dafür zur Rechenschaft gezogen werden, daß sie im gegebenen Falle nicht richtig entschieden haben. § 38 Abs. 3 Satz 2 DStO Schl.-Hol. bestimmt hierbei, daß auf den sachlichen Inhalt einer in Ausübung dieser Tätigkeit getroffenen Entscheidung die Versetzung der Mitglieder der Dienststrafgerichte in den Ruhestand nicht gestützt werden kann. Machen sich die Richter für ein Fehlverhalten anläßlich der Ausübung ihrer Tätigkeit als Disziplinarrichter disziplinarisch verantwortlich, so unterliegen sie den für die Bekleidung von Haupt- und Nebenamt geltenden Grundsätzen der BDO bzw. des DRiG, je nachdem es sich um ehrenamtliche oder Berufsrichter handelt. Bezüglich der Unterwerfung der Disziplinarrichter unter das Gesetz vgl. § 66 III S. 15f. III. ERNENNUNG A. Geschichtliche Entwicklung Nach § 89 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3. 1873 (RGBl. S. 61) mußten der Präsident und mindestens drei der aus sieben Mitgliedern bestehenden Disziplinarkammer eine richterliche Stellung bekleiden. Beim Disziplinarhof, der aus 18 Mitgliedern bestand, mußten nach § 91 Abs. 1 a. a. O. wenigstens sechs zu den Mitgliedern des Reichsrats, der Präsident und wenigstens acht zu den Mitgliedern des Reichsgerichts gehören; in der mündlichen Verhandlung mußten nach § 91 Abs. 2 a. a. O. der Vorsitzende und wenigstens drei Beisitzer zu den richterlichen Mitgliedern gehören. Zu Mitgliedern der Disziplinargerichte konnten sowohl Reichs- als auch Landesbeamte berufen werden, wobei ein Zwang zur Mitgliedschaft nur bei den Reichsbeamten bestand. Die Mitglieder der Disziplinargerichte wurden nach § 93 a. a. O für die Dauer der zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten Reichs- und Staatsämter vom Bundesrat gewählt, vom Kaiser ernannt und für die Erfüllung ihrer Obliegenheiten ihres Amtes verpflichtet. Eine Vereidigung erfolgte also nicht. Abgesehen von den richterlichen Mitgliedern war bei den übrigen Mitgliedern lediglich Voraussetzung, daß sie ein Reichs- oder ein Staatsamt bekleideten. 3
W i t t l a n d Anm. 2 zu § 31 RDStO.
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Die Disziplinarrichter
Die Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 (RGBl. I S. 71) unterschied bei der Ernennung gleichfalls zwischen den hauptamtlichen Richtern und den Beisitzern der Disziplinargerichte. Der Vorsitzende der Dienststrafkammer und seine Stellvertreter mußten nach § 35 Abs. 3 a. a. O. planmäßige richterliche Beamte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der ordentlichen Gerichtsbarkeit sein, während der Präsident, seine Stellvertreter und die richterlichen Beisitzer nach § 41 Abs. 3 a. a. O. außerdem noch Mitglieder des Reichsverwaltungsgerichts sein mußten. Die Beisitzer mußten nach § 35 Abs. 2 a. a. O. auf Lebenszeit ernannte Beamte im Alter von mindestens 30 Jahren sein und ihren dienstlichen Wohnsitz im Bezirk der Dienststrafkammer haben. Die rechtskundigen Beisitzer mußten nach § 35 Abs. 4 a. a. O. außerdem noch die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt besitzen. Die Mitglieder der Dienststrafkammern wurden nach § 36 Abs. 1 a. a. O. auf die Dauer von drei Jahren bestellt und konnten nach Ablauf der Amtszeit wiederbestellt werden, während die Mitglieder des Reichsdienststrafhofes nach § 41 Abs. 4 a. a. O. vom „Führer" und Reichskanzler gleichfalls auf drei Jahre bestellt wurden. Das Änderungsgesetz vom 28.11. 52 (BGBl. I S. 749) brachte erhebliche Änderungen hinsichtlich der Voraussetzungen, die an die Ernennung zum Mitglied eines Disziplinargerichts geknüpft werden. Nach § 35 Abs. 2 BDO muß das Mindestalter statt bisher 30 Lebensjahre nunmehr 35 Lebensjahre betragen. Gegenüber dem Reichsbeamtengesetz vom 31. 3. 1873 können nur noch Bundesbeamte zu Mitgliedern der Disziplinargerichte bestellt werden. Nach § 36 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 werden die Vorsitzenden der Bundesdisziplinarkammern, seine Stellvertreter und nach § 42 Abs. 2 a. a. O. beim Bundesdisziplinarhof der Präsident, die Senatspräsidenten und die weiteren Bundesrichter auf Lebenszeit und nur noch die Beisitzer nach § 36 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. auf die Dauer von drei Jahren berufen. Bei der Ernennung steht den obersten Bundesbehörden und den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbänden der Beamten nach § 36 Abs. 3 a. a. O. ein Vorschlagsrecht zu. Die hauptamtlichen Richter werden nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen vom Bundespräsidenten ernannt und die Beisitzer nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BDO vom Bundesminister auf die Dauer von drei Jahren bestellt. Nach § 49 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle wird die Amtsdauer der Beisitzer von drei auf vier Jahre erhöht. Nach § 49 Abs. 4 BDO a. a. O. ist der Beamtenbeisitzer bei seiner ersten Dienstleistung in der Amtszeit von dem Vorsitzenden der Kammer auf die gewissenhafte Führung seines Amtes zu verpflichten, wobei über die Verpflichtung eine Niederschrift aufzunehmen ist und die Verpflichtung für die Amtszeit gilt. Ein Berufsrichter und ein Beamtenbeisitzer können unter den § 51 BDO i. d. F. der Novelle genannten Voraussetzungen ausgeschlossen werden. § 53 BDO a. a. O. stellt entsprechend der bisherigen Gerichtsübung fest, daß diese Bestimmung sich nicht auf die Berufsrichter, sondern nur auf die Beamtenbeisitzer bezieht.
B. Voraussetzung für die Ernennung 1. Bei den h a u p t a m t l i c h e n R i c h t e r n Der hauptamtliche Richter muß die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben (§ 35 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die Befähigung zum Richteramt wird nach § 5 des Deutschen Richtergesetzes vom 8. 9. 61 (BGBl. I S. 1665) durch die Ablegung der ersten und zweiten juristischen Prüfung erworben; nach § 7 a. a. O. ist jeder ordentliche Professor der Rechte an einer Universität im Geltungsbereich des Deutschen Richtergesetzes zum Richteramt befähigt. Wer bei Inkrafttreten des Deutschen Richtergesetzes die Befähigung zum Richteramt nach den bisher geltenden Vorschriften besitzt, ist auch nach Inkrafttreten des Deutschen Richtergesetzes zum Richteramt befähigt (§ 109 DRiG). Wer bis zum Inkrafttreten des Deutschen Richtergesetzes nach mindestens dreijährigem Studium der Rechtswissenschaft an einer Universität und dreijähriger Ausbildung im öffentlichen Dienst durch Ablegen der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst erworben hat, kann auch nach Inkrafttreten des Deutschen Richtergesetzes zum Richter in der Disziplinargerichtsbarkeit ernannt werden (§ 110 DRiG). 62
Ernennung
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2. B e i den B e a m t e n b e i s i t z e r n Die Beamtenbeisitzer müssen auf Lebenszeit ernannte Bundesbeamte sein (§ 35 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 45 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Hierbei ist es gleich, ob es sich um unmittelbare oder mittelbare Bundesbeamte handelt. Außerdem müssen sie bei der Ernennung ihren Wohnsitz im Bereich der Kammer haben ( § 3 5 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 49 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Der persönliche Wohnsitz oder tatsächliche Aufenthaltsort kann auch außerhalb des Bezirks einer Kammer liegen. Handelt es sich um Disziplinarverfahren gegen Beamte im Dienstbereich der Landespostdirektion Berlin und der anderen in § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der in den einzelnen Verwaltungszweigen des Landes Berlin beschäftigten Personen vom 26. 4. 57 (BGBl. I S. 397) genannten Verwaltungen, nämlich die Zoll- und Verbrauchssteuerverwaltung einschließlich der Monopolverwaltung für Branntwein und den Devisenüberwachungsdienst sowie die Sondervermögens- und Bauverwaltung des Landesfinanzamtes Berlin, so müssen die Beamtenbeisitzer nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Bundesgesetzes vom 26. 4. 57 i. V. m. § 49 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle Beamte dieser Verwaltungen sein und ihren Wohnsitz im Bereich der genannten Verwaltungen haben. Weiterhin mußten die Beamtenbeisitzer ebenso wie die hauptamtlichen Richter das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben ( § 3 5 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Entscheidend kam es hierbei nicht auf den Zeitpunkt der Ernennung, sondern auf die erste Amtsausübung an. Die Erhöhung des Lebensalters von dreißig auf fünfunddreißig Lebensjahre entsprach der Regelung für die übrigen Bundesgerichte, wie z. B. dem § 14 Abs. 3 VwGO und § 3 Ges. über den Bundesfinanzhof vom 29. 6. 50 (BGBl. S. 257). Hiermit sollte gewährleistet werden, daß sämtliche Richter eines Disziplinargerichts über hinreichende Lebens- und Berufserfahrung verfügen. Waren die Voraussetzungen der Vollendung des fünfunddreißigsten Lebensjahres nicht erfüllt, war der Beamtenbeisitzer durch das Disziplinargericht abzuberufen31. Die Novelle zum Bundesdisziplinarrecht stellt die Forderung nach einem Mindestalter nicht auf, da als Beamtenbeisitzer ohnehin nur lebens- und berufserfahrene Beamte berufen werden. Die rechtskundigen Beisitzer müssen zudem ebenso wie die hauptamtlichen Richter die Fähigkeit zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen (§ 35 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 50 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Wer bis zum Inkrafttreten des Deutschen Richtergesetzes vom 8. 9. 61 (BGBl. I S. 1665) nach mindestens dreijährigem Studium der Rechtswissenschaft an einer Universität und dreijähriger Ausbildung im öffentlichen Dienst durch Ablegung der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst erworben hat, kann auch nach Inkrafttreten des Deutschen Richtergesetzes (1. 7. 62) zum Disziplinarrichter ernannt werden (§ 110 Satz 1 DRiG). Die Befähigung für den höheren Verwaltungsdienst, die z. B. auf Grund des § 35 Abs. 3 der AusbildungsVO vom 29. 6. 37 (RGBl. I S. 666) erworben ist, reicht für die Ernennung zum rechtskundigen Beamtenbeisitzer nicht aus. Aus diesem 8«
DiszSenat OVG Münster 14. 5. 64 — G 7/64 — in ZBR 1965 S. 76 (LS).
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Grunde scheiden im Bereich der DBP die höheren Beamten der Laufbahn V, die ihre Prüfung für den höheren Verwaltungsdienst auf Grund der Prüfungsordnung B für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst — Große Staatsprüfung P — (AmtsblVf. 323/52) bestanden haben, als rechtskundige Beamtenbeisit2er aus. Die ordentlichen öffentlichen Lehrer des Rechts an einer deutschen Universität haben nach § 4 GVG gleichfalls die Fähigkeit zum Richteramt und kommen demnach, sofern sie Bundesbeamte sind, gleichfalls als rechtskundige Beamtenbeisitzer in Betracht. Hierzu können sie auch bestellt werden, wenn sie entpflichtet sind. Die rechtskundigen Beamtenbeisitzer brauchen keine richterliche Tätigkeit im Amt auszuüben. C. Ernennung und Bestellung 1. H a u p t a m t l i c h e R i c h t e r Der Vorsitzende einer Bundesdisziplinarkammer und seine Stellvertreter wurden vom Bundespräsidenten auf Lebenszeit ernannt (§36 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Ebenso wurden der Präsident, die Senatspräsidenten und die weiteren Bundesrichter hauptamtlich ernannt (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Dadurch, daß die hauptamtlichen Disziplinarrichter auf Lebenszeit ernannt wurden, war die richterliche Unabhängigkeit vollends garantiert; nach dem bisherigen Recht bestand die Möglichkeit, auch einen hauptamtlichen Richter, der ja immer nur auf die Dauer von drei Jahren bestellt war, nach Ablauf dieser Periode nicht wieder zu bestellen, wenn er sich durch die Ausübung seiner richterlichen Tätigkeit unbequem gemacht hatte. Nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO folgen die Voraussetzungen für die Ernennung und die Ernennung nach §§ 8 ff. DRiG. Über die Besetzung des erstinstanzlichen Disziplinargerichts siehe § 66 V I D S. 25ff. 2. B e a m t e n b e i s i t z e r a) Bis zum I n k r a f t t r e t e n der N o v e l l e zur B D O Die Beamtenbeisitzer der Disziplinargerichte wurden auf die Dauer von drei Jahren vom Bundesminister des Innern bestellt ( § 3 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Nach § 49 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle wurde die Amtszeit auf vier Jahre verlängert. Die Verlängerung der Amtszeit sollte der Gleichmäßigkeit der Disziplinarrechtsprechung sowie der Verwaltungsvereinfachung dienen. Die Amtszeit erlosch auch dann, wenn in der Bestellungsurkunde keine oder eine andere Zeit genannt war, nach Ablauf der gesetzlichen Periode, die erstmals nach der Errichtung der Bundesdienststrafgerichte durch das Gesetz über die Errichtung von Bundesdienststrafgerichten vom 12. 11. 51 (BGBl. I S. 883) und die VO des Bundesminister des Inneren vom 5. 1. 52 (BGBl. I S. 15) am 10. 6. 52 begann und am 9. 6. 55 endete. Die Amtszeit der nach den bisherigen Vorschriften bestellten Beamtenbeisitzer endete mit dem 31. Dezember nach Inkrafttreten der Novelle (Art. II § 4 der Novelle zur BDO). Die Beamtenbeisitzer konnten bei Ablauf ihrer Amtszeit wiederbestellt werden (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). 64
Ernennung
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Die Anzahl der Beisitzer war nicht begrenzt. Es blieb dem Bundesminister des Innern überlassen, welche Anzahl von Beamtenbeisitzern er für jedes Disziplinargericht auf die Liste setzte. Bei der Festlegung der Anzahl sollte der Bundesminister des Innern davon ausgehen, daß der Beamte durch die Übernahme dieses Nebenamtes nicht über Gebühr von seinen hauptamtlichen Dienstgeschäften abgehalten wird. Die obersten Dienstbehörden und die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten konnten für die Beisitzer, die nach § 37 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören sollten, Vorschläge machen (§ 36 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Ob und in welcher Reihenfolge die vorgeschlagenen Beisitzer berücksichtigt werden sollten, lag im Ermessen des Bundesministers des Inneren. Insbesondere brauchte er die von den Gewerkschaften und den Berufsverbänden der Beamten vorgeschlagenen Beisitzer nicht entsprechend der Zahlenstärke der jeweiligen Berufs verbände zu berücksichtigen. Wurde während der Amtszeit die Bestellung neuer Beisitzer erforderlich, so wurden sie nur für den Rest der Amtszeit bestellt (§36 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die Geschäftsverteilung für die Teilnahme der Beisitzer der Bundesdisziplinarkammern an den zeitlich aufeinanderfolgenden Sitzungen ergab sich aus DVO zu § 36 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952. Hiernach bestimmten der Vorsitzende und die beiden dem Lebensalter nach ältesten Beisitzer der Kammer, darunter ein rechtskundiger Beisitzer, aus der vom Bundesminister des Innern mitgeteilten Beisitzerliste vor Beginn jeden Kalenderjahres für seine Dauer durch Beschluß die Reihenfolge, in der die rechtskundigen und anderen Beisitzer zur Teilnahme an den Sitzungen berufen wurden. Auch der zweite Beisitzer in einer Verhandlung durfte rechtskundig sein4. Das Verfahren, wonach der Vorsitzende der Disziplinarkammer die Beamtenbeisitzer nach Maßgabe einer Liste zu den einzelnen Sitzungen heranzog, verstieß nicht gegen gesetzliche Vorschriften, es war auch mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Rechtstaatlichkeit vereinbar5. Beisitzer, die während der Amtszeit neu bestellt wurden (§36 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952), traten für das laufende Kalenderjahr an den Schluß der Reihenfolge. Bei der Heranziehung der Beisitzer zu den einzelnen Sitzungen war von der festgestellten Reihenfolge auszugehen, mit der Maßgabe, daß einer der Beisitzer der Laufbahn und möglichst dem Verwaltungszweig des Beschuldigten angehören sollte (§37 zweiter Halbsatz BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Zweckmäßigeiweise war die Reihenfolge der rechtskundigen und anderen Beisitzer in einer besonderen Liste festzulegen, damit so dem Beschuldigten oder dem Bundesdisziplinaranwalt die Möglichkeit eröffnet war, nachzuprüfen, ob die Beisitzer auch ordnungsgemäß bestellt waren. Die Beamtenbeisitzer wurden bei ihrer ersten Dienstleistung auf ihr Amt vereidigt (vgl. §51 Abs.l Satz 1 GVG). Die Vereidigung galt für die Dauer der Amtszeit (§51 Abs. 1 Satz 2 GVG). Mehrere Beisitzer leisteten den Eid geson4 DiszSenat ZBR 1964 S. 270 5 DiszSenat ZBR 1964 S. 270
OVG Münster 11. 10. 63 — V 17/63 — in JMB1.NRW 1961 S. 178 = (L. S.). OVG Münster 1 1 . 1 0 . 63 — V 17/63 — in JMB1.NRW 1964 S. 178 = (L. S.).
5 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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Die Disziplinarrichter
dert6. Der Vorsitzende des Disziplinargerichts richtete an den Beamtenbeisitzer die Worte: „Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Beamtenbeisitzers getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben" ( § 5 1 Abs. 2 GVG). Die Beamtenbeisitzer leisteten den Eid, indem jeder einzeln die Worte sprach: „Ich schwöre, so wahr mir Gott helfe" (§ 51 Abs. 3 GVG). Auf Wunsch des Beamtenbeisitzers waren die religiösen Beteuerungen in seinen und des Richters Worten fortzulassen (§ 51 Abs. 6 GVG, Art. 136 Abs. 4 und Art. 177 WeimVerf. i. V. m. Art. 140 GG). War ein Beisitzer Mitglied einer Religionsgemeinschaft, der das Gesetz den Gebrauch bestimmter Beteuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, so wurde die Abgabe einer Erklärung unter der Beteuerungsformel dieser Religionsgesellschaft der Eidesleistung gleichgeachtet (§51 Abs. 5 GVG). Uber die Beeidigung wurde von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ein Protokoll aufgenommen (§ 51 Abs. 7 GVG). Das Protokoll stellte lediglich einen Nachweis für die Beeidigung dar, die auch dann gültig war, wenn über sie kein Protokoll aufgenommen war. Der Beweis der Unrichtigkeit des Protokolls war nicht ausgeschlossen, da es keine erhöhte Beweiskraft nach § 274 StPO, sondern nur die einfache Beweiskraft des § 418 ZPO besitzt7. b) N a c h I n k r a f t t r e t e n der N o v e l l e zur B D O Der Bundesminister des Innern stellt für jeweils vier Kalenderjahre für jede Kammer eine Liste von Beamten mit dem dienstlichen Wohnsitz im Kammerbezirk auf, aus denen die Beamtenbeisitzer auszulosen sind ( § 4 9 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Die obersten Bundesbehörden und die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften der Beamten können für die Aufnahme von Beamten in die Listen Vorschläge machen (§ 49 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). In den Listen sind getrennt die Beamten, die die Befähigung zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen, und die anderen Beamten, gegliedert nach Laufbahngruppen und Verwaltungszweigen, aufzuführen (§ 49 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). Der Bundesminister des Innern übersendet die Listen dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesdisziplinargericht (§ 49 Abs. 1 Satz4 BDO i. d. F. der Novelle). Aus den in den Listen genannten Beamten, die vom Bundesverwaltungsgericht nicht ausgelost worden sind (§55 Abs. 3 BDO i.d.F. der Novelle), werden durch zwei vom Präsidium des Bundesdisziplinargerichts bestimmte Direktoren vor Beginn eines jeden Kalenderjahres für dessen Dauer für jede Kammer rechtskundige und andere Beamtenbeisitzer ausgelost und in der Reihenfolge der Auslosung in Jahreslisten eingetragen ( § 4 9 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Für Fälle unvorhergesehener Verhinderung von Beamtenbeisitzern sind Ersatzbeisitzer auszulosen und in Hilfslisten einzutragen (§49 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Über die Auslosung wird vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eine Niederschrift aufgenommen (§ 49 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). Die Vorsitzenden der Kammern setzen die Beamtenbeisitzer von ihrer Auslosung in Kenntnis ( § 4 9 Abs. 2 6 7
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RGSt. Bd. 61 S. 374. RGSt. Bd. 64 S. 52; BGHSt. 14. 5. 55 — 4 StR 15/55.
Ausschluß als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer
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Satz 4 BDO i. d. F. der Novelle). Bei der Heranziehung der Beamtenbeisitzer ist unter Berücksichtigung von § 50 Abs. 4 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle die Reihenfolge einzuhalten, die sich aus der Eintragung in die Jahreslisten ergibt ( § 4 9 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Wird die Auslosung weiterer Beamtenbeisitzer erforderlich, ist sie nur für den Rest des Kalenderjahres vorzunehmen (§ 49 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Soweit es sich um Beamte im Dienstbereich der Landespostdirektion Berlin, der Verbrauchs- und Steuerverwaltung einschließlich der Monopolverwaltung für Branntwein und des Devisenüberwachungsdienstes sowie der Sondervermögens- und Bauverwaltung des Landesfinanzamtes Berlin handelt, werden die Beisitzer von dem Präsidenten der Landespostdirektion bzw. des Landesfinanzamtes Berlin bestellt ( § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der in den einzelnen Verwaltungszweigen des Landes Berlin beschäftigten Personen vom 20. 4. 57 [BGBl. I S. 37] i. V. m. § 49 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle, der nur deklaratorische Bedeutung hat). Die Bestellung erfolgt durch Aushändigung einer Urkunde, in der nicht ausdrücklich auf die Bestellung als Beamtenbeisitzer hingewiesen zu werden braucht, da für die Wirksamkeit der Disziplinarentscheidungen, bei denen die Beisitzer mitwirken, es nicht auf die Aushändigung der Urkunde, sondern allein darauf ankommt, ob die im Gesetz genannten Voraussetzungen für die Ernennung erfüllt sind. Da der Beamtenbeisitzer bereits den Diensteid als Beamter geleistet hat, ist eine Beeidigung auf des Amt als Beamtenbeisitzer nicht erforderlich. Aus diesem Grunde ist der Beamtenbeisitzer nach § 49 Abs. 4 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle bei seiner ersten Dienstleistung in der Amtszeit von dem Vorsitzenden der Kammer, in der er als ehrenamtlicher Richter mitwirkt, auf die gewissenhafte Führung seines Amtes lediglich zu verpflichten ( § 4 9 Abs. 4 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Über die Verpflichtung wird eine Niederschrift aufgenommen (§ 49 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Verpflichtung gilt nur für das Kalenderjahr ( § 4 9 Abs. 4 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). IV. AUSSCHLUSS ALS DISZIPLINARRICHTER BZW. BEAMTENBEISITZER8 A. Rechtsquellen Ein Disziplinarrichter, gleich ob es sich um einen hauptamtlichen Richter oder einen Beisitzer handelt, kann an einer Disziplinarsache nicht mitwirken, wenn er kraft Gesetzes als Richter ausgeschlossen ist. Für den Ausschluß eines Richters der Disziplinargerichtsbarkeit galten die § § 22, 23 StPO i. V. m. § 20 BDO, soweit sie mit der Eigenart des Disziplinarrechts vereinbar waren 9 . § 51 BDO i. d. F. der Novelle zählt abschließend die Gründe für den Ausschluß eines Disziplinarrichters auf, die zum Teil nach dem bisherigen Recht lediglich zu einer Ablehnung wegen Befangenheit geführt hatten. 8 S c h o r n „Die Ausschließung eines Richters im Strafprozeß in Rechtsprechung und Schrifttum" in GA 1963 S. 257—284. » PrDH für nichtrichterliche Beamte 3. 7. 25 in JR 1925 S. 1044 = PrVBl. 1926 S. 95; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 461 und S. 464 sowie bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 275.
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§67
Die Disziplinarrichter
Nach § 22 StPO ist ein Richter bzw. Beamtenbeisitzer von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen: 1. wenn er selbst durch die strafbare Handlung verletzt ist; 2. wenn er Ehegatte oder Vormund des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist; 3. wenn er mit dem Beschuldigten oder Verletzten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht; 4. wenn er u. a. als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist; 5. wenn er in der Sache als Zeuge oder als Sachverständiger vernommen ist. Ein Richter bzw. Beamtenbeisitzer, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszuge kraft Gesetzes nach § 23 Abs. 1 StPO ausgeschlossen. Der Untersuchungsrichter darf in Sachen, in denen er die Voruntersuchung geführt hat, nicht Mitglied des erkennenden Gerichts sein, auch nicht bei einer außerhalb der Hauptverhandlung ergehenden Entscheidung des Disziplinargerichts mitwirken ( § 2 3 Abs. 3 StPO). An Stelle der §§ 22, 23 StPO ist ein Richter oder ein Beamtenbeisitzer von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes nach § 51 BDO i. d. F. der Novelle ausgeschlossen, wenn er 1. durch das Dienstvergehen verletzt ist; 2. Ehegatte oder gesetzlicher Vertreter des Beamten beteiligt war; oder des Verletzten ist oder gewesen ist; 3. mit dem Beamten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum 3. Grade verwandt oder bis zum 2. Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht; 4. in dem Disziplinarverfahren gegen den Beamten tätig gewesen oder als Sachverständiger oder als Zeuge gehört worden ist; 5. in einem sachgleichen Strafverfahren gegen den Beamten beteiligt war; 6. Dienstvorgesetzter des Beamten oder bei dem Dienstvorgesetzten mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten befaßt ist. Da die Ausschließungsgründe in § 51 BDO i. d. F. der Novelle abschließend geregelt sind, kommt dann § 22 StPO nicht mehr zur Anwendung. 68
Ausschluß als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer
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B. Absolute Ausschließungsgründe Die Voraussetzungen für einen absoluten Ausschließungsgrund sind im Gesetz abschließend geregelt, so daß weitere Ausschließungsgründe auch nicht bei einer weiten Auslegung der Gesetzesvorschrift geschaffen werden können. Sonstige Gründe können nur zu einer Ablehnung wegen Befangenheit führen. Weiterhin liegen diese Gründe von vornherein vor; sie entstehen also nicht erst im Verlaufe der ausgeübten Richtertätigkeit. Liegt ein absoluter Ausschließungsgrund vor, so kommt eine richterliche Tätigkeit auch dann nicht in Frage, wenn ein Verfahrensbeteiligter ausdrücklich oder stillschweigend mit der Mitwirkung des betreffenden Richters bzw. Beamtenbeisitzers einverstanden ist 10 . 1. V e r l e t z u n g d u r c h die S t r a f t a t bzw. das D i e n t s v e r g e h e n Ein Richter bzw. der Beamtenbeisitzer ist kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er durch das Dienstvergehen verletzt ist. Handelt es sich bei dem Dienstvergehen um eine strafbare Handlung, so ergibt sich der Ausschluß aus § 22 Nr. 1 StPO. Da diese Bestimmung im Disziplinarrecht sinngemäß auszulegen ist, kommt ein Ausschluß auch dann in Frage, wenn das Dienstvergehen keine strafbare Handlung darstellt. Dies wird durch § 51 Nr. 1 BDO i. d. F. der Novelle ausdrücklich klargestellt, der § 22 Nr. 1 StPO ersetzt. Verletzter ist, wer durch das zur Aburteilung heranstehende Dienstvergehen unmittelbar persönlich betroffen ist 11 . Eine mittelbare Schädigung reicht nicht aus. Hat der Beamte durch sein Dienstvergehen z. B. die Postkleiderkasse geschädigt, so reicht es für einen Ausschluß als Disziplinarrichter bzw. der Beamtenbeisitzer noch nicht aus, daß dieser dem Vorstand der Postkleiderkasse angehört. Dies gilt insbesondere bei Straftaten, die sich gegen juristische Personen richten 12 . Besteht allerdings in einem solchen Falle ein berechtigter Grund zur Voreingenommenheit, so bleibt es dem Beamten unbenommen, den Richter bzw. den Beamtenbeisitzer wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Andererseits braucht der Disziplinarrichter bzw. der Beamtenbeisitzer nicht durch das Dienstvergehen selbst, sondern kann durch die Folgen, die sich aus dem Dienstvergehen ergeben, benachteiligt sein 13 . § 22 StPO, § 51 Nr. 1 BDO i. d. F. der Novelle kommen aber dann nicht zur Anwendung, wenn der Disziplinarrichter bzw. der Beamtenbeisitzer durch eine andere Tat verletzt ist, die nicht durch die Anschuldigungsschrift erfaßt ist, was allerdings äußerst selten sein wird, weil das Dienstvergehen im allgemeinen das gesamte Fehlverhalten erfaßt 14 . Stellt das Dienstvergehen ein Vermögensdelikt im Sinne des StGB dar, so ist es gleichgültig, ob der Disziplinarrichter bzw. der Beamtenbeisitzer als Eigentümer oder als Gewahrsamsinhaber verletzt worden ist 16 . Beim Betrug RGSt. Bd. 33 S. 310. Vgl. S c h o r n a. a. O. S. 259. 1 2 Vgl. RGSt. Bd. 23 S. 361; Bd. 33 S. 314; Bd. 37 S. 414; Bd. 46 S. 80; Bd. 67 S. 719; Bd. 69 S. 128; RG in JW 1892 S. 8; BGHSt. Bd. 1 S. 298; vgl. jedoch BGH 7. 5. 53 in NJW 1953 S. 1272. 1 3 S c h o r n a. a. O. S. 261; vgl. auch OLG Oldenburg in HESt. Bd. 3 S. 2. 1 1 RGSt. Bd. 24 S. 342 und Bd. 25 S. 179. 1 6 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 1 d aa zu § 23 StPO. 10 11
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Die Disziplinarrichter
ist nur geschädigt, wer an seinem Vermögen Einbuße erlitten hat, nicht jedoch wer allein getäuscht ist, ohne daß er hierdurch einen Schaden erlitten hat16. Handelt es sich um eine Beleidigung, so muß der Richter bzw. der Beamtenbeisitzer selbst beleidigt sein 17 ; als Verletzter kommt nicht der Vorgesetzte oder der Dienstvorgesetzte des Richters bzw. Beamtenbeisitzers in Frage; dies gilt selbst dann, wenn der Dienstvorgesetzte Strafantrag nach § 196 StGB gestellt hat. Im übrigen spielt es beim unmittelbaren Verletzten keine Rolle, ob er Strafantrag gestellt hat 18 . Durch eine Beleidigung des gesamten Richterstandes oder bei Beamtenbeisitzern des gesamten Beamtenstandes gilt nur derjenige als verletzt, der durch die Äußerung betroffen ist 19 . Beleidigt der Beamte einen oder gar sämtliche Mitglieder des Disziplinargerichts, so begründet dies keinen Ausschluß, wenn die Beleidigung nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist 20 ; anders wäre es nur, wenn die Beleidigung im Wege der Nachtragsanschuldigungsschrift einbezogen wird 21 . Wer wegen des Vorhabens oder der Ausführung eines Hochverrats, eines Verfassungsverrats oder eines Landesverrats Anzeige erstattet, ist nicht Verletzter, wennschon er nach § 138 StGB zur Anzeige verpflichtet ist 22 . Der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer ist auch dann ausgeschlossen, wenn er nicht unmittelbar, sondern nur als Ehegatte oder Vormund, nicht aber als Pfleger oder Beistand verletzt ist (vgl. § 22 Nr. 2 StPO, § 51 Nr. 2 BDO i. d. F. der Novelle). Das Verlöbnis kann nur einen Grund für die Ablehnung wegen Befangenheit darstellen (vgl. § 30 StPO). 2. E h e g a t t e , g e s e t z l i c h e r V e r t r e t e r , V e r w a n d t e r u n d V e r s c h w ä g e r t e r des B e a m t e n Der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer ist kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er Ehegatte oder gesetzlicher Vertreter des beschuldigten Beamten oder wenn er mit ihm in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht (vgl. § 22 Nr. 2 und 3 StPO, § 51 Nr. 2 und 3 BDO i. d. F. der Novelle). 3. F r ü h e r e T ä t i g k e i t im S t r a f - bzw. D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n Der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer war bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO nicht ausgeschlossen, wenn er in dem gegenstandsgleichen Strafverfahren als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter, als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist, weil beide Verfahren nicht eine „Sache" im Sinne des § 22 Nr. 4 StPO darstellen 23 . Im Bereiche des Bundes dürfte der Fall, daß jemand sowohl im Disziplinarverfahren als auch im gegenstandsgleichen Strafverfahren tätig wird, kaum gegeben sein; der Ausschluß wäre begründet, wenn der Amtsrichter im Laufe des DisziplinarRGSt. Bd. 74 S. 170. RGSt. Bd. 30 S. 125. 1 8 BGH in JR 1954 S. 388. 1 9 RG in JW 1912 S. 942. 20 Eb. S c h m i d t Anm. 8 zu § 22 StPO; S c h o r n a. a. O. S. 263. 21 S c h o r n a. a. O. S. 263. 22 RGSt. Bd. 7 S. 236. 23 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 464; F o e r s t e r - S i m o n s S. 275; PrDH in PrVBl. 1926 S. 480; W i t t l a n d Anm. 22 zu § 37 RDStO; Behnke Anm. 8 zu § 37 BDO. M
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Ausschluß als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer
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Verfahrens als ersuchter Richter tätig geworden ist 24 . Gleiches gilt auch für ein Ehrengerichtsverfahren25. In entsprechender Anwendung des § 22 Nr. 4 StPO ist ein Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er in der Sache als Bundesdisziplinaranwalt oder als hauptamtlicher Beamter der Dienststelle des Bundesdisziplinaranwalts oder als Beauftragter des Bundesdisziplinaranwalts oder als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger des Beamten tätig geworden war (vgl. § 22 Abs. 4 StPO). War der Beamte zum Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts bestellt, aber in der Disziplinarsache noch nicht tätig, so begründet dies keinen Ausschluß als Disziplinarrichter26. Gleiches gilt auch für denjenigen, der als Verteidiger bestellt, aber für den Beamten noch nicht tätig war. Als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer ist ferner ausgeschlossen, wer im Disziplinarverfahren Vorermittlungen geführt hat27. Im Bereich der Deutschen Bundespost haben nach § 15 der Dienstanweisung für den Sicherungsdienst die Sicherungsbeamten beim Verdacht einer strafbaren Handlung sofort Ermittlungen aufzunehmen, um den Täter festzustellen, Beweismittel zu verschaffen sowie etwaige Vermögensschäden festsustellen und ihre Deckung zu veranlassen; ihre Ermittlungen dienen sowohl dem straf- als auch dem disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahren, so daß ein Ermittlungsbeamter des Sicherungsdienstes der Deutschen Bundespost infolge seiner Mitwirkung bei der Erforschung des Sachverhalts auch im disziplinarrechtlichen Sinne als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer nach § 22 Nr. 4 StPO ausgeschlossen ist. Gleiches gilt auch für den Fahndungsdienst im Bereich der Deutschen Bundesbahn. Erst recht ist der Dienstvorgesetzte ausgeschlossen, der in der gleichen Sache gegen den Beamten eine Disziplinarmaßnahme verhängt hat. Jede sonstige Mitwirkung, die im engen Zusammenhang mit den Vorermittlungen steht oder sonst im förmlichen Disziplinarverfahren getroffen wird, wie die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens oder die vorläufige Dienstenthebung nach § 91 BDO — § 78 BDO a. F. — oder die teilweise Gehaltseinbehaltung nach § 92 BDO — § 79 BDO a. F. —, führen zu einem Ausschluß als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer, da hierdurch persönliche Empfindungen und Beziehungen hervorgerufen werden, welche die Entscheidung eines Richters beeinflussen können, so daß die Rechtspflege mit dem Schein der Parteilichkeit versehen ist 28 . Der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer ist nach § 22 Nr. 5 StPO ausgeschlossen, wenn er in der gleichen Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen worden war 29 . Eine Vernehmung im gegenstandsgleichen Strafverfahren begründete vor Inkrafttreten der Novelle zur BDO einen Ausschluß nicht, da es sich bei beiden Verfahren nicht um die gleiche Sache i. S. des § 22 Nr. 5 StPO handelt. Ob der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer im Verlaufe der Vorermittlungen oder in der Untersuchung RDH in PrVBl. 1927 S. 213; Behnke Anm. 8 zu § 37 BDO. RGSt. in JW 1936 S. 2143; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 464; W i t t l a n d Anm. 22 zu § 37 RDStO; Behnke Anm. 8 zu § 37 BDO. 26 Behnke Anm. 6 zu § 37 BDO; vgl. auch BGH in NJW 1952 S. 1149. 27 BDH 30. 8. 55 — I D 21/54 — Lindgen Teil IV Nr. 120. 28 BDH 4. 4. 62 — I D 6/62 — in ZBR 1962 S. 227 = L i n d g e n Teil IV Nr. 613 = BDHE Bd. 6 S. 42; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r - R e i t b e r g e r Vorbem. 1 zu §22 StPO; BGHSt. Bd. 3 S. 68; BGH in NJW 1952 S. 1149. 29 Vgl. auch RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 463. 24
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Die Disziplinarrichter
oder gar vom Sicherungsbeamten der Deutschen Bundespost vernommen worden ist, ist für die Anwendung des § 22 Nr. 5 StPO gleichgültig 30 . Der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer ist aber noch nicht ausgeschlossen, wenn er allein als Zeuge benannt oder geladen ist 31 , weil ansonsten der Beamte immer erreichen könnte, einen Richter von der Verhandlung in seiner Disziplinarsache auszuschließen. Ob die Zeugenaussage erheblich ist, ist für § 22 Nr. 5 StPO nicht entscheidend32. Gibt jemand eine schriftliche Erklärung über eine Wahrnehmung anläßlich eines Vorganges ab, so kommt § 22 Nr. 5 StPO noch nicht zur Anwendung; dies könnte aber eine Ablehnung wegen Befangenheit begründen 33 . Durch § 51 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle ist klargestellt, daß jegliches Tätigwerden in dem Disziplinarverfahren des Beamten die Ausschließung als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer begründet34. Gleiches gilt nach § 51 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle auch dann, wenn jemand in der anhängigen Sache als Zeuge vernommen oder als Sachverständiger tätig gewesen ist. Auch hier hätte bereits § 22 Nr. 4 StPO ausgereicht, um unter den in § 51 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle angeführten Voraussetzungen einen Ausschluß kraft Gesetzes zu rechtfertigen. Als „Disziplinarsache" i. S. des § 51 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle gelten die Einleitung und Durchführung von Vorermittlungen 36 , Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens nach § 33 BDO — § 28 BDO a. F. — 36, die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung nach § 91 BDO — § 78 BDO a. F. — die teilweise Einbehaltung von Dienst- und Versorgungsbezügen § 92 BDO — § 79 BDO a. F. —. Aufklärungshandlungen des Sicherungsdienstes der Deutschen Bundespost oder des Erkennungsdienstes der Deutschen Bundesbahn, jegliche Untersuchungshandlungen nach §§ 56ff. BDO — §§44ff. BDO a. F. — und sämtliche sonstigen Maßnahmen, die irgendeinen disziplinaren Einschlag haben. Selbst prozeßleitende Verfügungen, wie z. B. die Ladung von Zeugen, gehören hierher. Ebenso ist es nicht ausschlaggebend, ob die Maßnahmen irgendeine Bedeutung oder sich zu Ungunsten des Beamten ausgewirkt haben. Auch kommt es auf das Ausmaß der Mitwirkenden nicht an. Es genügt schon, wenn der Betreffende einen Verfügungsentwurf gefertigt hat, der für die Disziplinarsache von irgendeiner Bedeutung ist. So berechtigt auch die Mitzeichnung einer Verfügung mit disziplinarischem Einschlag zu einem Ausschluß als Disziplinarrichter. Von der Ausübung des Richteramtes bzw. des Amtes als Beamtenbeisitzer ist kraft Gesetzes nach § 51 Nr. 5 BDO i. d. F. der Novelle ausgeschlossen, wer bei einem sachgleichen Strafverfahren gegen den Beamten beteiligt war, sei es z. B. als Richter, als Verfahrensbeteiligter, als Polizeibeamter oder als Sachverständiger. Diese Bestimmung erweist sich als notwendig, weil auch bei diesen Personen der Verdacht der Parteilichkeit bestehen könnte und S c h o r n a. a. O. S. 266; derselbe in „Der Strafrichter", S. 265; RGSt. Bd. 12 S. 180. BGH in NJW 1960 S. 301; RGSt. Bd. 12 S. 180, Bd. 42 S. 1 und Bd. 58 S. 285. RGSt. Bd. 30 S. 70; S c h o r n a. a. O. S. 266. 33 RGSt. Bd. 58 S. 285. 3 1 Dies galt schon nach PrOVG Bd. 97 S. 234 für das bisherige Recht. 38 Wer die ersten Ermittlungen veranlaßt hatte, war nach RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 461 und PrDH in PrVBl. 1926 S. 480 nicht kraft Gesetzes vom Amt als Disziplinarrichter ausgeschlossen. 38 Bereits im früheren Recht PrOVG Bd. 97 S. 234. 30 31
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Ausschluß als Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer
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§ 22 Nr. 4 und 5 StPO infolge eines Verbotes einer extensiven Auslegung nicht auf die am Strafverfahren Beteiligten und daselbst vernommenen Zeugen und Sachverständigen ausgedehnt werden kann. 5. D i e n s t v o r g e s e t z t e r , P e r s o n a l s a c h b e a r b e i t e r u n d B e a m t e der D i e n s t s t e l l e des b e s c h u l d i g t e n B e a m t e n Nach § 51 Nr. 6 BDO i. d. F. der Novelle ist auch ein Beamtenbeisitzer ausgeschlossen, wenn er der Dienststelle des Beamten angehört, Dienstvorgesetzter des beschuldigten Beamten oder bei dem Dienstvorgesetzten mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten befaßt ist. Als Personalsachbearbeiter kommen Personalreferenten, Abteilungsleiter und sogar Bürobeamte in Frage, die Verfügungsentwürfe fertigen. Hierbei ist es gleichgültig, ob die Personalsachbearbeiter Disziplinarangelegenheiten bearbeiten oder sonstige personelle Maßnahmen treffen. C. Beschränkte Ausschließungsgründe (vor Inkrafttreten der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht) Bei den beschränkten Ausschließungsgründen handelt es sich um Fälle, die von vornherein auf keine Voreingenommenheit schließen lassen, wo diese vielmehr erst durch die Mitwirkung des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers in der Sache begründet wird. Hier ist der Betreffende in Ausübung richterlicher Unabhängigkeit in der Sache in einem bestimmten Verfahrensabschnitt tätig gewesen, wo er sich über den Beamten eine bestimmte Meinung bilden mußte, was jedoch Anlaß gibt, ihn in einem weiteren Verfahrensabschnitt nicht mehr tätig werden zu lassen, in dem sich das Gericht über den Beamten unter Überprüfung der früheren richterlichen Maßnahme eine neue unbefangene Meinung bilden muß. Nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO kommt hier § 51 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle in Frage. Bis dahin galt § 23 Abs. 1 und 3 StPO. 1. A u s s c h l u ß v o n der R e c h t s m i t t e l - u n d W i e d e r a u f n a h m e e n t scheidung Nach § 23 Abs. 1 StPO ist ein Richter oder Beamtenbeisitzer, der an einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung teilgenommen hat, von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszuge kraft Gesetzes ausgeschlossen37. Er darf in der höheren Instanz selbst keine prozeßleitenden Entscheidungen oder sonstige Verfügungen treffen, sofern sie die Entscheidung einer niedrigeren Instanz berühren38. Hat der Disziplinarrichter oder Beamtenbeisitzer in der ersten Instanz eine Entscheidung gefällt, so kann er in der zweiten Instanz über ein Ablehnungsgesuch entscheiden, weil es sich hier nicht um die Überprüfung einer vorinstanzlichen Entscheidung handelt 39 . Hat der Richter oder Beamtenbeisitzer in der Beschwerdeinstanz mitgewirkt, so besteht kein Ausschließungsgrund für eine Entscheidung in der Berufungsinstanz40. Ein Disziplinarrichter oder Beamtenbeisitzer, der an einer aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt hat, kann auch bei der Entscheidung in 37 38 39 40
RGZ Bd. 148 S. 200. BGH bei LM § 23 StPO Nr. 1. RG in DRZ 1927 S. 326. RG in JW 1933 S. 444.
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der neuen Hauptverhandlung mitwirken 41 . Im Wiederaufnahmeverfahren kommt § 23 Abs. 2 StPO, wonach ein Richter der bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, von der Mitwirkung bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen ist und, wenn die angefochtene Entscheidung in einem höheren Rechtszuge ergangen ist, auch der Richter ausgeschlossen ist, der an der ihr zugrunde liegenden Entscheidung in einem unteren Rechtszug mitgewirkt hat, nicht in Frage; hier gilt § 107 BDO — § 93 BDO a. F. — wonach ein Disziplinarrichter, der im früheren Verfahren an der den ersten und zweiten Rechtszug abschließenden Entscheidung mitgewirkt hat, und ein Beamter, der im früheren Verfahren als Untersuchungsrichter tätig gewesen ist, von der Mitwirkung im Wiederaufnahmeverfahren als Disziplinarrichter ausgeschlossen sind und nicht als Untersuchungsführer tätig werden dürfen. 2. A u s s c h l u ß des U n t e r s u c h u n g s f ü h r e r s Der Untersuchungsführer darf in der Disziplinarsache, in der er die Untersuchung geführt hat, nicht Mitglied des erkennenden Disziplinargerichts sein; er darf auch nicht bei einer außerhalb der Hauptverhandlung ergehenden Entscheidung mitwirken (vgl. § 23 Abs. 2 StPO). Hat dagegen ein Mitglied des Disziplinargerichts als beauftragter Richter einzelne Beweiserhebungen durchgeführt, so ist er im Gegensatz zum Untersuchungsführer nicht ausgeschlossen, weil der beauftragte Richter im Gegensatz zum Untersuchungsführer nach keinem eigenen Plan handelt42. Da der Untersuchungsführer nach einem eigenen Plan vorgeht, ist die Besorgnis einer Befangenheit begründet 43 . Hat der Untersuchungsführer eine Untersuchung wegen eines Anschuldigungspunktes geführt, der im weiteren Verlaufe des Disziplinarverfahrens als Vorwurf eines Dienstvergehens ausgeschieden ist, so bestehen gegen seine Mitwirkung als Disziplinarrichter keine Bedenken44. Der Disziplinarrichter ist dann nicht ausgeschlossen, wenn er wohl zum Untersuchungsführer bestellt war, aber keine Untersuchungshandlungen getroffen hatte45. Ebenso würde es zu einem Ausschluß nicht ausreichen, wenn der Untersuchungsführer nur prozeßleitende Untersuchungshandlungen, wie z. B. die Ladung des Beamten und der Zeugen, vorgenommen hat44. Als wesentliche Untersuchungshandlungen sind die Vernehmung des Beamten, der Zeugen und Sachverständigen, die Einnahme des Augenscheints und die Erstattung des Abschlußberichtes47 anzusehen. Ob die vom Untersuchungsführer vorgenommene Beweiserhebung für den Ausgang des Disziplinarverfahrens wesentlich ist, ist für die Anwendung des § 23 Abs. 2 StPO nicht entscheidend48. Es genügt, wenn der Untersuchungsführer RGSt. Bd. 31 S. 225. Vgl. RGSt. Bd. 63 S. 337; Schorn a. a. O. S. 269. RGSt. Bd. 68 S. 375. 44 RGSt. Bd. 56 S. 352. » BDH13. 2. 58 — II D 42/56 — BDHE Bd. 4 S. 18 = L i n d g e n Teil IV Nr. 375 (LS). 4« RGSt. Bd. 2 S. 314, Bd. 4 S. 344, Bd. 9 S. 285, Bd. 18 S. 269, Bd. 21 S. 285, Bd. 54 S. 317, Bd. 61 S. 415; RG in JW 1923 S. 19,1928 S. 1155; RG in DRZ 1928 Nr. 74; L ö w e R o s e n b e r g Anm. II 3 ebb zu §23 StPO; S c h w a r z , 16. Aufl. Anm. 2 A zu § 23 StPO. 4 7 BDH 1 9 . 1 . 55 — I D 180/53 — BDHE Bd. 2 S. 89 = L i n d g e n Teil IV Nr. 187. 4 8 RGSt. Bd. 21 S. 285. 41
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nur zeitweise tätig und der Hauptteil der Untersuchung von einem anderen Untersuchungsführer durchgeführt worden ist. Nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO kommt hier § 51 Nr. 4 BDO in Frage. D. Verfahren Die gesetzlichen Ausschließungsgründe sind von Amts wegen zu beachten. Kenntnis hiervon erhält das Disziplinargericht durch Selbstanzeige des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers (vgl. § 30 StPO), durch Hinweis seitens der Verfahrensbeteiligten oder der sonstigen im Disziplinarverfahren nicht beteiligten Personen. Die Geltendmachung eines Ausschlußgrundes ist nicht zeitlich begrenzt, sondern in jeder Lage des Verfahrens zu beachten49. Ist ein Ausschließungsgrund geltend gemacht, so hat sich der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer jeder richterlichen Amtstätigkeit zu enthalten. Er darf selbst keine prozeßleitende Verfügungen treffen. Dies gilt aber erst von dem Zeitpunkt an, in dem die Ausschließung eindeutig feststeht50, was z. B. von dem Zeitpunkt an der Fall ist, an dem der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer den Ausschließungsgrund beim Disziplinargericht anzeigt. Da im Disziplinarrecht Verhaftungen und andere Sofortmaßnahmen ausscheiden, braucht hier nicht geprüft zu werden, ob der Richter, gegen den Ausschließungsgründe vorgebracht werden, Handlungen vornehmen darf, die keinen Aufschub zulassen. Im allgemeinen ist der Grund für einen Ausschluß ohne weiteres erkennbar. Der Richter bzw. Beamtenbeisitzer scheidet dann ohne weiteres von selbst aus; es bedarf keiner Anzeige an die Verfahrensbeteiligten, wenn sich der Vorgang im inneren Betriebe des Disziplinargerichts vollzieht. Bestehen Zweifel über die Ausschließungsgründe, so werden die erforderlichen Ermittlungen angestellt. Über den Ausschluß entscheidet das Disziplinargericht, dem der betreffende Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer angehört. Beim Bundesdisziplinarhof — Bundesverwaltungsgericht •— entscheiden die drei hauptamtlichen Richter allein, es sei denn, daß über den Ausschluß erst in der Hauptverhandlung entschieden wird. Ist der Ausschluß beantragt, so wird hierüber in einem besonderen Beschluß entschieden, der bei Stattgabe der Anträge keiner Zustellung bedarf, da durch ihn keine Frist in Lauf gesetzt wird. Es genügt vielmehr eine formlose Mitteilung (vgl. § 35 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO). Der Beschluß ist nicht anfechtbar (vgl. § 28 Abs. 1 Halbsatz 1 StPO). An die Stelle des ausgeschlossenen Disziplinarrichters tritt der nach dem Geschäftsverteilungsplan berufene Stellvertreter. Ergeht der Beschluß in der Hauptverhandlung, so ist dieselbe zu vertagen, da der ausgeschlossene Richter für das Verfahren endgültig ausscheidet. Wird der Ausschluß abgelehnt, so ist der Beschluß demjenigen zuzustellen, der die Ausschließung beantragt hat. Der Beschluß ist mit der Beschwerde anfechtbar. Wird der Beschluß erst in der Hauptverhandlung erlassen, so genügt die formlose Mitteilung, weil er nicht für sich allein mit der Beschwerde, sondern nur zusammen mit dem Urteil im Wege der Berufung angefochten werden kann (vgl. § 28 Abs. 2 StPO). « RGSt. Bd. 67 S. 267. 60 Schorn a.a.O. S. 278.
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Die Disziplinarrichter
Wird in der Berufung zunächst einmal über die Ausschließung entschieden, so sind auch solche Ausschließungsgründe zu berücksichtigen, die erst im Laufe der Berufungsinstanz bekannt geworden sind, weil die Ausschließung von Amts wegen zu beachten ist. E. Wirkung einer Disziplinarentscheidung, bei der ein Disziplinarrichter mitgewirkt hat, der kraft Gesetzes von der Mitwirkung im Disziplinarverfahren ausgeschlossen war Nimmt ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer an einer Disziplinarentscheidung teil, so ist diese weder nichtig noch unwirksam, sondern kann nur angefochten werden. Sie bleibt wirksam, bis sie durch das Rechtsmittelgericht beseitigt ist 51 . Wird die Disziplinarmaßnahme nicht angefochten, so bleibt sie wirksam, obgleich sie durch eine Gesetzesverletzung zustande gekommen ist. Durch die Mitwirkung des ausgeschlossenen Richters bzw. Beamtenbeisitzers wird kein Wiederaufnahmegrund geschaffen. Ist jedoch an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein ausgeschlossener Disziplinarrichter beteiligt, so bildet dies jedoch nach § 83 Abs. 1 Nr. 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 97 Abs. 2 Nr. 5 BDO i. d. F. der Novelle einen Wiederaufnahmegrund. Wird ein Ausschließungsgrund bei einer Disziplinarmaßnahme, an der ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Richter mitgewirkt hat, noch vor der Hauptverhandlung festgestellt, so ist diese Maßnahme zu wiederholen. V. ABLEHNUNG DES DISZIPLINARRICHTERS BZW. BEAMTENBEISITZERS WEGEN BEFANGENHEIT 58 A. Allgemeines Ein Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch aus sonstigen Gründen wegen Befangenheit abgelehnt werden (§ 24 Abs. 1 StPO i. V. m. § 20 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 25 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Von dem Recht des § 24 StPO wird sehr häufig Gebrauch gemacht. Einmal liegt dies in dem zunehmenden Mißtrauen des Staatsbürgers gegen Maßnahmen des Staates begründet, wobei die in der Presse einsetzende heftige Kritik, die sich vor allem gegen Urteile politischen Gehalts richtet, auch für die Richterablehnung förderlich ist. Ein Querulantentum, das an jeglichen Maßnahmen des Staates Kritik zu üben sucht, kann aber bei der Ablehnung eines Richters bzw. Beamtenbeisitzers wegen Befangenheit keinen allgemeinen Maßstab für die Anerkennung von Ablehnungsgründen geben. Andererseits unterliegt auch die richterliche Tätigkeit zahlreichen Einflüssen, die die Gefahr einer Voreingenommenheit begründen und in dem Beamten ein Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit hervorrufen können. Die Vorurteile können auf Herkunft, Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder zu einer InterVgl. BGH in NJW 1953 S. 114. S c h o r n „Die Ablehnung eines Richters im Strafprozeß in Rechtsprechung und Schrifttum" in GA 1963 S. 161—187; T e p l i t z k y in NJW 1962 S. 2044; W a s s e r m a n n in NJW 1963 S. 429. 51
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essentengruppe oder auf dem konfessionellen Bekenntnis beruhen. Da die Befangenheit eines Richters bzw. Beamtenbeisitzers eine schwere Berufsverfehlung darstellt, wird sie äußerst selten vorkommen. Wird aber durch irgendwelche Mißgriffe das Vertrauensverhältnis des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers zum Beamten zerstört, so wird man einem Ablehnungsgesuch stattgeben müssen. Die Rechtsprechung ist aber bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Richterablehnung sehr zurückhaltend; so ist z. B. auf dem Gebiete der allgemeinen Strafrechtspflege in einem Oberlandesgerichts-Bezirk in der Zeit von 1957 bis 1962 nur 6% der Ablehnungsgesuche stattgegeben worden. B. Voraussetzungen für die Ablehnung Wegen Besorgnis der Befangenheit findet eine Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO). Die Besorgnis der Befangenheit kann sowohl beim hauptamtlichen Disziplinarrichter als auch beim Beamtenbeisitzer begründet sein (vgl. § 31 Abs. 1 StPO). Der Beamte muß bei objektiver Würdigung des Falles einen Grund zur Annahme haben, daß der abgelehnte Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer ihm gegenüber eine Haltung einnehmen werde, die diesen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könnte63. Vom Standpunkt des Beamten müssen vernünftige, jedem Dritten einleuchtende Gründe vorliegen, um an der Unbefangenheit des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers irgendwelche Zweifel zu hegen64. Die subjektive Meinung des Beamten reicht also allein nicht aus56. Es muß ein individueller, gegenständlicher Ablehnungsgrund gegeben sein66. Darauf, ob der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer tatsächlich befangen ist, kommt es nicht an67. Es genügt vielmehr die Befürchtung, daß der Richter bzw. Beamtenbeisitzer befangen sein könnte. Das Gesuch auf Ablehnung eines Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers wegen Befangenheit ist begründet selbst bei entfernter Verwandtschaft mit dem Beamten, bei Freundschaft oder Feindschaft mit dem Beamten68, bei Äußerung des Disziplinarrichters vor oder nach der dienstlichen Befassung mit dem Disziplinarvorgang, wie er als Richter urteilen werde69, 53 BGH in NJW 1963 S. 46; R o s e n b e r g , Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 7. Aufl. Anm. III 1 zu §42 ZPO; S t e i n - J o n a s - S c h ö n k e - P o h l e , ZPO, 18. Aufl. Anm. II I zu § 42 ZPO; W i e c z o r e k Anm. C I zu § 42 ZPO; BGHSt. Bd. 1 S. 34, Bd. 4 S. 264 (267); RGSt. Bd. 61 S. 69, Bd. 65 S. 42. 54 Vgl. PrOVG in RuPrVBl. 1930 S. 563. M PrOVG Bd. 53 S. 448, Bd. 82 S. 462, Bd. 83 S. 411; RDH bei Schulze-Simons S. 464 (466); RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 275. M Vgl. W i e c z o r e k Anm. B II zu §42 ZPO; W a s s e r m a n n a . a . O . S. 430. 57 Schorn a. a. O. S. 161; vgl. auch BGH in NJW 1961 S. 2069. 6 8 RGSt. Bd. 19 S. 341. 59 RGSt. Bd. 61 S. 67.
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Die Disziplinarrichter
bei Stellungnahme des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers gegenüber der Presse über den Inhalt der Disziplinarsache, insbesondere wenn die Veröffentlichung unsachlich ist 60 , bei Hinwirken des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers auf Erweiterung des Disziplinarverfahrens und auf Einreichen von Nachträgen zur Anschuldigungsschrift 61 , bei Beeinflussung von Zeugen, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht keinen Gebrauch zu machen62, bei publizistischer Darlegung der Rechtsauffassung durch den Disziplinarrichter vor der abschließenden Behandlung der Disziplinarsache63, bei der Äußerung des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers, daß er den Beamten für einen Gewohnheitsverbrecher halte64, bei einem Drängen des Vorsitzenden auf den an sich zum Schweigen berechtigten Beamten durch ungewöhnlich scharfe Worte, die Tat zu schildern65, bei der Äußerung des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers, daß er schon wisse, wie er die unsauberen Geschäfte des Beamten bestrafen werde66, bei einer Zuschrift des Disziplinarrichters an den Bundesdisziplinaranwalt, aus der hervorgeht, daß er von der Schuld des Beamten überzeugt sei und es ihm nur darauf ankomme, ihn auch zu überführen67, bei einer Äußerung des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers zu einem Mitbeschuldigten, aus der man auf seine Voreingenommenheit gegenüber beiden Beamten schließen kann68, bei einem Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer, der wegen ehelicher Verfehlungen geschieden worden ist, bei einer Disziplinarsache, bei der ein Ehebruch des Beamten zur Behandlung steht, bei einem Disziplinarrichter, der vor 1945 Beisitzer in einem Sondergericht war, in einer Disziplinarsache, bei der die verfassungsfeindliche Betätigung des Beamten in einer linksradikalen Organisation zur Behandlung steht, bei mit Drohungen versehenen und überstarken Drängen des Disziplinarrichters auf Zurücknahme des Rechtsmittels69, bei Differenzen des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers mit dem Verteidiger des Beamten70. BGHSt. Bd. 1 S. 34; BGH in NJW 1953 S. 1358. PrOVG Bd. 89 S. 404 (406); vgl. auch BGH 5 StR 160/57 (nicht veröffentlicht). 82 BGHSt. Bd. 1 S. 34. 63 Vgl. S c h o r n a. a. O. S. 162; S c h u l e r in NJW 1956 S. 857; Hamelbeck in NJW 1956 S. 540. 6 1 BGH in NJW 1961 S. 789. 66 BGH in NJW 1959 S. 55. 68 RG in DRZ 1927 Nr. 70. 87 BGH 5 StR 160/57 (nicht veröffentlicht). 8 8 BGH in NJW 1960 S. 349. 89 S c h o r n a. a. O. S. 165. 7 0 OLG Oldenburg in HEStE Bd. 3 S. 1. 80 61
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Ablehnung des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers wegen Befangenheit
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Kein Ablehnungsgrund liegt vor, wenn der Beamtenbeisitzer der Einleitungsbehörde des Beamten angehört, weil der ehrenamtliche Richter, seinem Dienstvorgesetzten nur im Hauptamt, nicht jedoch im Nebenamt als Beamtenbeisitzer eines Disziplinargerichts untersteht, wo er mit sachlicher Unabhängigkeit ausgestattet ist 71 . Bedenken gegen die Unabhängigkeit können jedoch dann bestehen, wenn der Beamtenbeisitzer in der gleichen Materie verwaltend tätig wird (und insoweit Weisungen seines Dienstvorgesetzten unterliegt), in der er über die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten als unabhängiger Richter zu entscheiden hat, wobei zu berücksichtigen ist, daß es sich aber bei der im Disziplinarwege zu verhängenden Dienstentfernung nicht um eine Entscheidung über einen Verwaltungsakt, sondern um die aus der Verwaltung herausgenommene und allein der Gerichtsbarkeit übertragene Entscheidung über die Auflösung des Beamtenverhältnisses handelt. Eine Ablehnung wegen Befangenheit ist in folgenden Fällen nicht als begründet anzusehen bei rechtlichen Äußerungen des Disziplinarrichters zur Sache, selbst wenn er bereits in einer anderen Sache in der von ihm geäußerten Weise entschieden hatte72, bei Anheimstellen an den Beamten, das eingelegte Rechtsmittel zurückzunehmen' 3 , bei der Äußerung gegenüber dem Beamten, daß ihm schon das Lachen vergehen werde74, bei Zugehörigkeit des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers zu einer bestimmten Religion oder einer politischen Partei, es sei denn, daß besondere Umstände hinzutreten75, bei der Zuleitung der Disziplinarakten an die Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines Strafverfahrens76, bei einem weiblichen Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer, selbst wenn es sich um die Aburteilung von Sittlichkeitsdelikten handelt77, bei langjähriger Zusammenarbeit des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers mit dem Beamten, bei Ablehnung eines Vertagungsantrages aus sachlichen Gründen78, bei Erklärung des Disziplinarrichters nach Schluß der Beweisaufnahme, das Disziplinargericht halte sich an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden79, 7 1 BDH 25. 4. 63 — II D 6/63 — BDHE Bd. 6 S. 47 = DokBer. Nr. 1757; BVerfGE Bd. 4 S. 311 (344ff.); BSG — Großer Senat — in NJW 1960 S. 2165; Haueisen in DöV 1962 S. 161 (163/4). 72 RGSt. Bd. 4 S. 529. 73 RGSt. Bd. 60 S. 44. 74 BFH in MDR 1953 S. 147. 76 RG in DRZ 1931 Nr. 531; vgl. auch RGSt. Bd. 55 S. 57; RDH bei F o e r s t e r Simons S. 297/99: RG in DJZ1932 Sp. 170; LG Kassel in NJW 1949 S. 316; W a s s e r m a n n a . a . O . S. 430. 76 BayrDStH 19.1. 61 — Nr. DS II 60 — in BBZ 1963 S. 12. 7 7 RG in DRZ 1929 S. 1120. 7 8 PrDStH in RuPrVBl. 1932 S. 877. ' 9 RDH bei F o e r s t e r 1934 S. 132.
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Die Disziplinarrichter
bei einem Werturteil außerhalb des Verfahrens 80 , bei einer in einer Zwischenentscheidung zum Ausdruck gebrachten Auffassung des Disziplinarrichters, daß er den Beamten für dringend verdächtig halte81, bei der Ablehnung eines Gesuchs, das offensichtlich nur auf eine Verschleppung des Disziplinarverfahrens hinausläuft 82 , bei Behandlung einer Rechtsauffassung in einer wissenschaftlichen Abhandlung oder in einem Gutachten in einer gleichgelagerten Sache83, bei Hinweis auf rechtliche Bedenken84, bei angemessenem Vorhalten, insbesondere bei einem Hinweis auf die Lage, in der sich der Beamte befindet, wobei er darauf hingewiesen wird, daß die Beweisanzeichen gegen ihn sprechen würden88, bei einem unbegründeten gegnerischen Verhalten des Beamten, wenn er z. B. gegen den Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer eine Dienstaufsichtsbeschwerde erhebt oder gegen ihn einen Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens stellt86, bei persönlicher Bekanntschaft des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers mit einem Zeugen87, bei kollegialem richterlichen Verhältnis88, bei voraussichtlicher Berücksichtigung einer Rechtsauffassung des vorgesetzten Gerichts89, bei Äußerung des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers in der Berufung, daß die Sache für den Beamten ungünstig stehe90, bei geringfügigen Prozeßverletzungen91, bei einem Gesuch, das lediglich darauf hinausläuft, einen unbequemen Vorsitzenden auszuschalten, weil es sich hier nur um eine Unmutsäußerung handelt92. Wegen der Ablehnung eines Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers wegen Mitwirkung in einem gegenstandsgleichen Strafverfahren vgl. B 3 S. 70 ff. Bis zum Inkrafttreten des § 51 Nr. 5 BDO i. d. F. der Novelle kam eine Ablehnung wegen Befangenheit in Frage. Hierbei muß man unterstellen, daß derjenige, der im Strafverfahren über die Tat abzuurteilen hatte, auch im RGSt. Bd. 61 S. 69. BGH 20.11. 6 1 — 2 StR 472/61 — in GA 1962 S. 282. 82 PrOVG Bd. 53 S. 448; PrOVG 2. 3. 31 in RuPrVBl. Bd. 52 S. 335; Brand Anm. 4c zu § 37 RDStO; B r e i t h a u p t Anm. 4 zu § 37 RDStO. 83 RG in LZ 1921 S. 66. 84 BVerfGE Bd. 4 S. 144; Seibert in JZ 1960 S. 85. 85 S c h o r n a. a. O. S. 163. 88 RGSt. Bd. 44 S. 313; Seibert in JZ 1960 S. 85. 87 S c h o r n a. a. O. S. 165. 8 8 OLG München in GA 1937 S. 223. 89 OLG München bei Alsberg I Nr. 72. 90 RG in HRR 1930 Nr. 994. 9 1 RG in DRZ 1927 S. 422. 92 OLG Hamm 23. 11. 62 — 3 Sa 1405/62 — in JMB1.NRW 1963 S. 45. 80
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Disziplinarverfahren keinen anderen Standpunkt einnehmen wird; es ist kaum anzunehmen, daß ein solcher Disziplinarrichter eine nochmalige Nachprüfung des im Strafurteil festgestellten Tatbestandes nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle beschließen wird, wenn er im gegenstandsgleichen Strafverfahren vorher mitgewirkt hat 93 . C. Verfahren 1. A n t r a g s b e r e c h t i g t e Das Ablehnungsrecht steht dem Beamten, dem nach § 19 BDO — § 15 BDO a. F. — bestellten Pfleger und dem Bundesdisziplinaranwalt, nicht jedoch der Einleitungsbehörde zu (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 1 StPO). Der Verteidiger kann das Ablehnungsrecht nicht aus eigenem Recht geltend machen94. 2. N a m h a f t m a c h u n g der D i s z i p l i n a r r i c h t e r bzw. B e a m t e n b e i sitzer Dem zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer einschließlich des Protokollführers namhaft zu machen, da nach § 31 Abs. 1 StPO auch dieser wegen Befangenheit abgelehnt werden kann. Die Namhaftmachung kann für jede einzelne Amtshandlung gefordert werden. Wird der Antrag in der Hauptverhandlung nicht wiederholt, so kann hierauf keine Berufung gestützt werden 95 . Abgesehen von der Namhaftmachung ist das Disziplinargericht nicht verpflichtet, dem Beamten tatsächliche Unterlagen zur Begründung seines Gesuchs zu liefern98. 3. A n t r a g Der Antragsberechtigte kann nur einzelne Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer wegen Befangenheit ablehnen, wobei sich die Ablehnung nicht nur auf einen Richter zu begrenzen braucht. Es ist aber unzulässig, das Kollegialgericht als Ganzes abzulehnen, da das Ablehnungsgesuch nur die Ablehnung eines einzelnen oder einzelner Richter bzw. Beamtenbeisitzer aus sie persönlich betreffenden Gründen kennt; hieraus ergibt sich, daß der oder die einzelnen Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer im Gesuch namentlich bezeichnet sein müssen97. Die namentliche Aufführung der Disziplinarrichter eines Kollegialgerichts in einem Ablehnungsgesuch ist dann nicht erforderlich, wenn sich aus dem Inhalt des Gesuchs mit ausreichender Sicherheit ergibt, welche Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer abgelehnt werden98. Das Gesuch kann frühestens eingereicht werden, wenn der Beamte weiß, ob das Disziplinarverfahren gegen ihn durchgeführt wird und welche 93 BayrDStH 28. 6. 57 — Nr. 4 DS I 57 — VGH n. F. 10 III 20 = L i n d g e n Teil IV Nr. 271. 94 OLG Hamm in NJW 1951 S. 731. 96 Vgl. RGSt. Bd. 29 S. 62; RG in GA Bd. 74 S. 112. 98 RG in JW 1933 S. 964. 9 7 L ö w e - R o s e n b e r g Vorbem. zum 3. Abschnitt Anm. 4; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l c zu §24 StPO und Anm. 2 zu §26 StPO; S c h w a r z StPO, Ubersicht vor §22 Anm. 3; RGSt. Bd. 56 S. 49; RG in J W 1935 S. 2894; BGH in MDR 1955 S. 271. 9 8 BGH 20.10. 58 — II DB 12/58 — BDHE Bd. 5 S. 91 = L i n d g e n Teil IV N. 493 (LS); vgl. auch BDH in MDR 1935 S. 651.
6 L i n d g e n , Disziplinarrecht H
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Die Disziplinarrichter
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Dis2iplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer in seiner Sache mitwirken werden. Spätestens ist das Gesuch bis zum Beginn der Vernehmung des Beamten zur Sache zulässig (vgl. § 25 Abs. 1 StPO). Wird die Sachvernehmung des Beamten erst nach der Beweisaufnahme durchgeführt, so steht dem Beamten das Ablehnungsrecht bis zum Beginn dieser Sachvernehmung zu". Bei Punktensachen kommt es auf die Vernehmung zum letzten Anschuldigungspunkt an 100 . Die Sachvernehmung des Beamten ist dann noch nicht abgeschlossen, wenn sich erst später nach dem Hervortreten neuer, bisher von den Verfahrensbeteiligten nicht vorgebrachter und dem Disziplinargericht nicht bekannter oder von ihm bisher nicht beachteter tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte die Notwendigkeit ergibt, wieder in die Sachvernehmung des Beamten einzutreten, um ihm so Gelegenheit zu geben, sich zur Sache zu äußern 101 . Handelt es sich um mehrere Beamte, so steht jedem das Ablehnungsrecht bis zur Sachvernehmung des letzten Beamten zu l o a . Ist der Beamte in der Hauptverhandlung nicht anwesend, so kann für ihn sein Verteidiger das Gesuch bis zum Beginn der Verlesung der Niederschrift über die verantwortliche Vernehmung des Beamten in der Untersuchung oder in einem anderen Verfahrensabschnitt stellen 103 . Wird die Einlassung des Beamten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht verlesen, so ist als maßgeblicher Zeitpunkt die Wiedergabe des Inhalts der Anschuldigungsschrift oder ihre Verlesung in der Hauptverhandlung anzusehen104. Gleiches gilt auch für die Berufungsverhandlung. Ist die Berufung auf Art oder Höhe der Disziplinarmaßnahme beschränkt, so endet die Frist mit dem Beginn der Schlußvorträge 105 . Der Zeitpunkt, bis zu dem der Berechtigte das Ablehnungsgesuch stellen will, bleibt ihm im Rahmen des § 25 Abs. 1 StPO selbst überlassen. Wird das Gesuch verspätet — erst nach dem in § 25 Abs. 1 StPO genannten Zeitpunkt — gestellt, war es bis zum Inkrafttreten des StPÄG als unzuverlässig zu verwerfen, selbst wenn der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder dem Antragsteller erst nachträglich bekannt geworden sein sollte 106 . Bei Versäumung der Frist fand keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt 107 . Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO i. d. F. StPÄG jedoch darf ein Richter bzw. Beamtenbeisitzer nach dem Beginn der Vernehmung des Beamten ausnahmsweise noch abgelehnt werden, wenn a) die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eintreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekannt geworden sind und b) die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird. Nach dem letzten Wort des Beamten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig (§ 25 Abs. 2 Satz 2 StPO i. d. F. StPÄG). BGHSt. Bd. 13 S. 358. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3b zu § 25 StPO; Seibert in J Z 1960 S. 85. 1 0 1 Schorn a. a. 0.169/170; vgl. auch BGH in NJW 1962 S. 2358. 102 S c h o r n a.a.O. S. 168; Eberh. Schmidt Anm. 6 zu §25 StPO. 1 0 3 S c h o r n a. a. O. S. 170. 1 0 4 Vgl. RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 470 und F o e r s t e r - S i m o n s S. 275; W i t t land Anm. 25 zu §37 RDStO. 1 0 6 Vgl. § 258 Abs. 1 StPO; S c h o r n a. a. O. S. 170. 1 0 8 RGSt. Bd. 8 S. 356; RG in Recht 1922 S. 1028; RG in LZ 1927 S. 115; BGHSt. Bd. 1 S. 301; DokBer. Nr. 1757; BGH in MDR 1952 S. 659; Behnke Anm. 13 zu § 37 BDO. 1 0 7 RG in JW 1899 S. 473. 89
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Ablehnung des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers wegen Befangenheit
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Wird vom Bundesdisziplinaranwalt ein Nachtrag zur Anschuldigungsschrift eingereicht, so beginnt für den Beamten die Ablehnungsfrist von neuem zu laufen, die dann mit dem Beginn zu seiner Vernehmung zur Anschuldigungsschrift endet. Auch hier gilt § 25 Abs. 2 StPO. Wird die Verhandlung vertagt, so steht dem Beamten in der neuen Verhandlung erneut ein Ablehnungsrecht zu, selbst wenn er gegen den gleichen Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer in der früheren Verhandlung keinen Ablehnungsantrag gestellt hat108. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Hauptverhandlung nach Beginn der Beweisaufnahme nach § 229 StPO unterbrochen und nicht mehr in die Vernehmung des Beamten zur Sache eingetreten wird. Das Ablehnungsgesuch ist beim Disziplinargericht anzubringen, dem der Disziplinarrichter angehört (§ 26 Abs. 1 Halbsatz 1 StPO). Es kann auch vor der Geschäftsstelle erklärt werden (§26 Abs. 1 Halbsatz 2 StPO). Für das Gesuch ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Es kann vor der Geschäftsstelle des Disziplinargerichts zu Protokoll erklärt werden ( § 2 6 Abs. 1 Halbsatz 2 StPO). Es kann auch in der Hauptverhandlung mündlich vorgebracht werden. Es empfiehlt sich, eine auf Besorgnis der Befangenheit gestützte Ablehnung von Gerichtspersonen, die zwar ordnungsgemäß und rechtzeitig, aber nicht schriftlich angebracht und zu den Akten gelangt ist, in ihrem genauen Wortlaut in die Niederschrift über die mündliche Verhandlung aufzunehmen109. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen (§25 Abs. 1 Satz 2 StPO). Der Ablehnungsgrund und in den Fällen des § 25 Abs. 2 StPO die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens ist glaubhaft zu machen ( § 2 6 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen (§26 Abs. 2 Satz 2 StPO). Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden ( § 2 6 Abs. 2 Satz 3 StPO). Ebenso kann auf andere Akten Bezug genommen werden110. Auch kann die bloße Benennung von Zeugen genügen111. Der abgelehnte Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern (§ 26 Abs. 3 StPO). Seine Erklärung ist dem Ablehnenden tunlichst bekannt zu geben112. 4. Anzeige durch den Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuches zuständige Disziplinargericht hat auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter bzw. Beamtenbeisitzer kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (vgl. § 30 StPO). Ablehnungsgründe können sich aus §§22,23 StPO oder aus § 51 BDO i. d. F. 1 0 8 RGSt. Bd. 19 S. 332; OLG Oldenburg in GA 1960 S. 93; OLG Schleswig in GA 1957 S. 187. loa PrOVG 1. 3. 27 — D. U. 20/24 — PrOVG Bd. 82 S. 462 = P e r w o S. 210. 110 BayrObLG in J Z 1952 S. 753. 111 BayrObLG in NJW 1956 S. 640. 112 Vgl. RG in Recht 1935 Nr. 592 und Schorn a. a. O. 174.
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Die Disziplinarrichter
der Novelle oder aus einer Befangenheit des Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers ergeben. Im letzten Falle kommt es bei der Anzeige nicht darauf an, ob sich der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer tatsächlich für befangen fühlt. Es ist vielmehr der Standpunkt des Beamten entscheidend, ob er gegen die Unbefangenheit aus objektiv vernünftig erscheinenden Gründen Bedenken erheben könnte. 5. E n t s c h e i d u n g des D i s z i p l i n a r g e r i c h t s Das Disziplinargericht verwirft nach § 26a Abs. 1 StPO die Ablehnung eines Richters bzw. Beamtenbeisitzers als unzulässig, wenn a) die A b l e h n u n g v e r s p ä t e t ist, b) ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur G l a u b h a f t m a c h u n g n i c h t a n g e g e b e n wird oder c) durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur v e r s c h l e p p t oder nur v e r f a h r e n s f r e m d e Z w e c k e verfolgt werden. Das Disziplinargericht entscheidet über die Verwerfung nach § 26 a Abs. 1 StPO, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet (§ 26a Abs. 2 Satz 1 StPO). Im Falle des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben (§ 26 a Abs. 2 Satz 2 StPO). Wird der Untersuchungsführer, ein beauftragter oder ein ersuchter Richter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO). Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Disziplinargericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung (§27 Abs. 1 StPO). Wird der nach § 20 BDO — § 16 BDO a. F. — ersuchte Richter abgelehnt, so entscheidet nach §27 Abs. 3 StPO ein anderer Richter des Amtsgerichts, sofern das Gesuch nach § 26 a StPO nicht schon von dem abgelehnten Amtsrichter selbst zu verwerfen ist (vgl. § 26a Abs. 2 Satz 3 StPO). An die Stelle des abgelehnten Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers tritt dessen nach dem Geschäftsplan bestimmter Vertreter 113 . Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht ( § 2 7 Abs. 4 StPO). Beschlußunfähigkeit tritt erst ein, wenn bei dem ganzen Gericht kein Vertreter mehr vorhanden ist; dieser Fall dürfte kaum eintreten. Handelt es sich um die Fälle des § 26 a StPO, so scheidet der abgelehnte Disziplinarrichter nicht aus 114 . Ein Ablehnungsgesuch darf deshalb nicht unbeschieden bleiben, weil das Disziplinargericht sich auf einen anderen Termin vertagt und zu diesem Termin andere Beisitzer hinzugezogen werden 116 . Das Disziplinargericht, das nicht zu entscheiden braucht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 3 StPO), prüft zunächst die Zulässigkeit des Ablehnungsgesuchs. Dann stellt es erforderlichenfalls die Ermittlungen an, die zur Aufklärung über den Ablehnungsgrund erforderlich sind. Die vom Antragsteller behaupteten Tatsachen sind auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Hierbei sind auch solche 1 1 3 RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 297; vgl. auch BArbG 25.1. 63 — 1 AZR 527/61 — in NJW 1963 S. 1518. 1 1 4 So schon nach bisherigem Recht RGSt. Bd. 54 S. 328. 1 1 6 BArbG 25. 1. 63 — I AZR 527/61 — in NJW 1963 S. 1518.
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Tatsachen zu berücksichtigen, die der Ablehnende nicht vorgebracht hat oder die ihm unbekannt sind 116 . Vor der Erledigung des Ablehnungsgesuchs hat der Disziplinarrichter nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten ( § 2 9 StPO). Da solche unaufschiebbare Handlungen, wie z. B. die Verhaftung, im Disziplinarrecht entfallen und andere unaufschiebbare Handlungen, wie Beschlagnahmen oder Beweissicherungen (vgl. § 205 StPO) durch die dazu berufenen Behörden ausgeführt werden, ist § 29 StPO für das Disziplinarrecht kaum von Bedeutung. Der Beschluß des nichterkennenden Disziplinargerichts, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, ist nicht anfechtbar ( § 2 8 Abs. 1 StPO). Dies gilt auch dann, wenn der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer nach § 30 StPO selbst Anzeige erstattet hat. Hier bedarf es keiner Zustellung des Beschlusses; es genügt vielmehr eine formlose Mitteilung an die Verfahrensbeteiligten. Erforderlichenfalls genügt die Ausführung des Beschlusses allein. Dem abgelehnten Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer ist der Beschluß mitzuteilen. Wird das Ablehnungsgesuch des nichterkennenden Disziplinargerichts abgelehnt, so ist der Beschluß dem Antragsteller zuzustellen; denn gegen den Beschluß, durch den die Ablehnung als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, steht Beschwerde nach § 79 BDO — § 66 BDO a. F. — zu (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO). Von einem „erkennenden" Disziplinargericht kann erst vom Eingang der Anschuldigungsschrift beim Disziplinargericht gesprochen werden 117 . Auch der Beschluß des in der Hauptverhandlung erkennenden Disziplinargerichts, durch den dem Ablehnungsgesuch stattgegeben wird, ist nicht zuzustellen, weil er gleichfalls nicht anfechtbar ist. Der Beschluß des erkennenden Gerichts, durch den das Gesuch wegen Ablehnung eines Disziplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers wegen Befangenheit abgelehnt wird, ist ebenfalls nicht zuzustellen, sondern den Verfahrensbeteiligten nur formlos mitzuteilen, da dann der Beschluß nicht für sich allein, sondern die Ablehnung nur mit dem Urteil angefochten werden kann (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der abgelehnte Richter bzw. Beamtenbeisitzer wirkt hier bei der Verkündung des Beschlusses, durch den das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen wird, mit 118 . Das Anfechtungsverfahren nach § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO vollzieht sich dann in der Berufung. Es setzt voraus, daß das Urteil, bei dem der abgelehnte Richter mitgewirkt hat, angefochten werden kann. Die Anfechtung ist dann bis zum Ende der Berufungsfrist geltend zu machen und bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zu begründen. Nach deren Ablauf kann die Anfechtung des Beschlusses, durch den das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen ist, nicht mehr erfolgen 119 . Bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch hat der Beamtendisziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts als Berufungsgericht die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe zu prüfen; hierbei sind auch solche Tatsachen zu berücksichtigen, die der Antragsteller nicht vorgebracht hat oder ihm nicht einmal bekannt sind 120 . Hierbei sind auch die u« 118 119 120
RG in DRZ 1927 Nr. 423; RGSt. Bd. 60 S. 44. DokBer. Nr. 864. BGH in NJW 1961 S. 1077; RGSt. Bd. 58 S. 285. BayrObLG in NJW 1957 S. 599. S c h o r n a. a. O. S. 185; S e i b e r t in JZ 1960 S. 85.
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dienstlichen Äußerungen des abgelehnten Dis2iplinarrichters bzw. Beamtenbeisitzers hinzuzuziehen 121 . Ist die Ablehnung des Gesuches zu Unrecht erfolgt, so ist das erstinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist dann zur anderweitigen Verhandlung an das Disziplinargericht der ersten Instanz zurückzuweisen, es sei denn, daß das Berufungsgericht ohne weitere tatsächliche Feststellungen zu einem Freispruch gelangt; in diesem Falle entscheidet das Berufungsgericht in der Sache selbst. D. Rechtsfolgen einer erfolgreichen Ablehnung Da die Stellung eines Ablehnungsgesuches ein prozessuales Recht des Beamten ist, kann ihm die hierdurch erfolgte Verfahrensverzögerung nicht strafschärfend angerechnet werden, es sei denn, daß er in ohne weiteres erkennbarer Weise das Gesuch nur deshalb eingereicht hat, um das Verfahren zu verschleppen und hierdurch einen über Gebühr langen Bezug seiner Bezüge zu erreichen. Hat der Verfahrensbeteiligte den Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer mit Erfolg abgelehnt, so tritt an seine Stelle der nach dem Geschäftsverteilungsplan berufene regelmäßige Vertreter. Der abgelehnte Richter bzw. Beamtenbeisitzer ist nämlich dem kraft Gesetzes ausgeschlossenen Disziplinarrichter gleichgestellt. Ergeht der Beschluß in der Hauptverhandlung und wird diese unter der Mitwirkung des Stellvertreters aufgenommen, so muß sie erneut durchgeführt werden, insbesondere muß die Anschuldigungsschrift abermals verlesen und der Beamte hierzu nochmals gehört werden. Ist der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer wegen Besorgnis der Befangenheit im Disziplinarverfahren mit Erfolg abgelehnt worden, so ist er auch in dem späteren Verfahren wegen Entziehung oder Neubewilligung eines Unterhaltsbeitrages nach § 110 BDO — § 96 BDO a. F. — von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen122. Nimmt ein mit Erfolg abgelehnter Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer an einer Entscheidung teil, so gilt hier das unter IV E S. 76 Gesagte entsprechend. Die Entscheidung ist rechtswirksam; sie kann jedoch mit den allgemeinen Rechtsmitteln angefochten werden. Der Beamtendisziplinarsenat des Bundesverwaltungsgericht kann dann wegen eines Verfahrensmangels die Entscheidung aufheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Disziplinargericht der ersten Instanz zurückverweisen (vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO — § 73 Abs. 1 BDO a. F. —). Die Mitwirkung eines mit Erfolg abgelehnten Richters bei einer Entscheidung des Beamtendisziplinarsents des Bundesverwaltungsgerichts stellt nach § 83 Abs. 1 Nr. 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 97 Abs. 2 Nr. 5 BDO i. d. F. der Novelle einen Wiederaufnahmegrund dar. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Disziplinarrichter bzw. Beamtenbeisitzer hätte abgelehnt werden können, aber keiner der Beteiligten einen Ablehnungsantrag gestellt hat 1 2 3 oder der Richter im Falle der Stellung eines solchen Antrages nicht für befangen erklärt worden ist. RG in JW 1927 S. 1641; S c h o r n a. a. O. 185. BDH 21. 11. 60 — II DB 22/60 — BDHE Bd. 5 S. 92 = L i n d g e n Teil IV Nr. 588 = ZBR 1961 S. 387. 123 RDStH 30.12. 38 — V DW 15. 38. 121
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Ruhen des Beamtenbeisitzeramtes
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VI. RUHEN DES BEAMTENBEISITZERAMTES A. Geschichtliche Entwicklung Erstmals sah im Disziplinarrecht § 35 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27.1. 32 (PrGS S. 59) vor, daß ein Beisitzer, gegen den ein förmliches Dienststrafverfahren oder eine Untersuchung wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens schwebte, während der Dauer des Verfahrens sein Amt nicht ausüben konnte. § 39 RDStO erweiterte diese Bestimmung dahin, daß das Amt des Beisitzers auch dann ruhte, wenn ihm die Führung der Dienstgeschäfte nach § 6 Abs. 1 DBG verboten war. Diese Bestimmung hat das Änderungsgesetz vom 28. 11. 52 in § 39 BDO übernommen, wobei nach Inkrafttreten des BBG § 6 Abs. 1 DBG auf § 60 Abs. 1 BBG umgestellt wurde. Da in § 39 BDO a. F. von einem „Mitglied der Bundesdisziplinarkammer" die Rede ist, müßten nach dem Wortlaut des Gesetzes hierunter auch die hauptamtlichen Richter fallen. § 53 BDO i. d. F. der Novelle hat in die Stelle der Worte „Mitglied der Bundesdisziplinarkammer" das Wort „Beamtenbeisitzer" gewählt, um entsprechend der bisher herrschenden Rechtslehre124 sicherzustellen, daß diese Bestimmung nur für diesen Personenkreis gelten soll. Ebenso hat es nur redaktionelle Bedeutung, daß in § 53 BDO i. d. F. der Novelle zum Ausdruck gebracht wird, daß der Beamtenbeisitzer unter den dort angegebenen Voraussetzungen nicht zur Ausübung seines Amtes heranzuziehen ist. Nach § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 „kann" der Beisitzer „sein Amt nicht ausüben".
B. Voraussetzungen für das Ruhen Das Amt des Beamtenbeisitzers ruht nach § 53 BDO — § 39 BDO a. F. —, wenn 1. gegen ihn ein formliches Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. Maßgebend ist die Zustellung der Einleitungsverfügung an den Beamtenbeisitzer. Durch die Aussetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens auf Grund der § § 17 und 72 Abs. 2 BDO — § § 13 und 59 BDO a. F. — wird das Ruhen nicht unterbrochen. Bei einem Wiederaufnahmeverfahren zu Ungunsten des Beamtenbeisitzers beginnt das Ruhen mit der Anordnung der Wiederaufnahme nach § 103 BDO — § 89 Abs. 1 BDO a. F. —. Ob gegen den Beamtenbeisitzer auch die vorläufige Dienstenthebung nach § 91 BDO — § 78 BDO a. F. — angeordnet ist, ist unbeachtlich, so daß deren Aufhebung zu keiner Beendigung des Ruhens führt. Die rechtskräftige Beendigung des förmlichen Disziplinarverfahrens führt — abgesehen von der Einstellung und einem Freispruch — zu einer Beendigung des Ruhens, wenn der Beamtenbeisitzer nur zu einem Verweis verurteilt worden ist; bei einer schwereren Disziplinierung erlischt das Amt nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 40 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. —. Wird das förmliche Disziplinarverfahren nach § 64 Abs. 2 — § 52 Abs. 2 BDO a. F. — eingestellt und der Beamtenbeisitzer nach § 64 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 52 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. — zu einer Geldbuße verurteilt, so spielt die Höhe der Geldbuße für die Beendigung des Ruhens keine Rolle, weil es sich hier nicht um eine im „förmlichen Disziplinarverfahren" i. S. des § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 40 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. — ausgesprochene Disziplinarmaßnahme handelt; der Beamtenbeisitzer wäre also zur Ausübung seines Amtes selbst dann heranzuziehen, wenn er zu der zulässigen höchsten Geldbuße verurteilt werden würde; 2. gegen ihn ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens oder eines vorsätzlichen Vergehens eingeleitet ist. Was unter „Strafverfahren" zu ver124
Vgl. Behnke Anm. 1 zu §39 BDO.
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Die Disziplinarrichter
stehen ist, ist unter § 80 III S. 327f. erläutert; es kommt nur ein straf g e richtliches Verfahren in Frage. Es reicht also ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren zu einem Ruhen nicht aus. Ansonsten könnte das Amt des Beamtenbeisitzers selbst bei völlig grundlosen Anzeigen gegenstandslos werden. Das Ruhen beginnt erst mit der Erhebung der strafgerichtlichen Klage (vgl. im einzelnen § 80 III S. 327f.). Beendet wird es durch den rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens, nicht jedoch durch dessen Aussetzung oder Einstellung nach § 205 StPO. Wird gegen den Beamtenbeisitzer das strafgerichtliche Wiederaufnahmeverfahren zu dessen Ungunsten durchgeführt, so beginnt das Ruhen mit der Anordnung der Wiederaufnahme nach § 370 Abs. 2 StPO. Nach rechtskräftiger Beendigung des Strafverfahrens endet das Beamtenbeisitzeramt, wenn eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe erfolgt ist (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 40 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. —); in den sonstigen Fällen ist der Beamtenbeisitzer wieder zur Ausübung seines Amtes heranzuziehen; 3. ihm nach § 60 Abs. 1 BBG die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten ist. Auf den Grund für das Verbot des Dienstgeschäftes kommt es nicht an; es können also auch nichtehrenrührige Gründe, die zu einem Verbot geführt haben, zu einem Ruhen des Beamtenbeisitzeramtes führen. Ebenso ist nicht entscheidend, ob das Verbot der Ausübung der Dienstgeschäfte anfechtbar ist; nur ist erforderlich, daß es von der zuständigen obersten Dienstbehörde oder von der von ihr beauftragten Stelle erlassen ist. Das Ruhen des Beamtenbeisitzeramtes endet mit der Aufhebung des Verbotes; das gleiche gilt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den Beamtenbeisitzer das förmliche Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist (vgl. § 60 Abs. 1 BBG). Das Ruhen kommt nur bei Beamtenbeisitzern bei den Kammern und bei den Beamtendisziplinarsenaten des Bundesverwaltungsgerichts in Frage. Die Führung des Verbotes der Dienstgeschäfte kommt bei hauptamtlichen Richtern überhaupt nicht in Betracht (vgl. Art. 97 Abs. 2 GG). C. Rechtsfolgen des Ruhens Liegen die Voraussetzungen des § 53 BDO — § 39 BDO a. F. — vor, so ist der Beamtenbeisitzer während des Straf- bzw. des Disziplinarverfahrens oder der Dauer des Verbotes der Ausübung der Dienstgeschäfte nicht mehr zur Ausübung seines Amtes als Beamtenbeisitzer heranzuziehen. Er steht dann einem kraft Gesetzes ausgeschlossenen Disziplinarrichter gleich. Wird er dennoch in einer Disziplinarsache tätig, so ist die Disziplinarmaßnahme nicht unwirksam, sondern kann ebenso wie eine Disziplinarentscheidung, an der ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Disziplinarrichter mitgewirkt hat, angefochten werden (vgl. im einzelnen IV E. S. 76). VII. ERLÖSCHEN DES BEAMTENBEISITZERAMTES A. Geschichtliche Entwicklung Erstmals befaßte sich mit dem Erlöschen des Amtes als Mitglied der Dienststrafkammer § 40 RDStO. Hier erlosch das Beisitzetamt u. a. bei einer rechtskräftigen Verur-
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Erlöschen des Beamtenbeisitzeramtes
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teilung im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe und im förmlichen Disziplinarverfahren zu Geldbuße oder einer schwereren Disziplinarstrafe, bei Versetzung in den Wartestand oder in ein Amt außerhalb des Bezirks der Dienststrafkammer oder bei einer Entpflichtung als Hochschullehrer und bei Ausscheiden aus dem Hauptamt, das der Beisitzer bei seiner Bestellung bekleidete. Das Amt des Vorsitzenden oder Stellvertreter des Vorsitzenden erlosch ferner unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 RDStO — Beendigung der richterlichen Tätigkeit — (§ 40 Abs. 2 RDStO). § 40 BDO schränkte zunächst einmal die Vorschrift auf die Beisitzer ein. Damit entfiel § 40 Abs. 2 RDStO. Außerdem stellt die Entpflichtung als Hochschullehrer keinen Erlöschensgrund mehr dar (vgl. § 40 Abs. 1 Nr. 3 RDStO). § 40 Abs. 1 Nr. 3 BDO ist nach Inkrafttreten des BBG insofern gegenstandslos geworden, als der Wartestandsbeamte und damit die Versetzung in den Wartestand als Erlöschensgrund entfallen sind. § 40 Abs. 2 BDO regelt den Beginn des Erlöschens im Falle der Versetzung des Beamtenbeisitzers in einen anderen Kammerbezirk. § 54 der Novelle zur BDO hält im Grundsatz an dem bisherigen Rechtszustand fest. In § 54 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle wird klargestellt, daß eine Beförderung auf die Eigenschaft als Beamtenbeisitzer ohne Einfluß ist und dieser entgegen der bisherigen DVO zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 auch dann nicht ausscheidet, wenn er in eine höhere Laufbahn aufsteigt.
B. Voraussetzungen für das Erlöschen Das Amt eines Beamtenbeisitzers erlischt nach § 54 Abs. 1 BDO — § 40 Abs. 1 BDO a. F. — 1. wenn er im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe verurteilt wird (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 40 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. —). Zu den Freiheitsstrafen gehören Zuchthausstrafe, Gefängnis, Einschließung und Haft. Die Ersatzgeldstrafe kommt unter den Voraussetzungen des § 27b StGB in Frage. Ist ein für Vergehen oder eine Übertretung, für die an sich eine Geldstrafe überhaupt nicht oder nur neben Freiheitsstrafe zulässig ist, Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten verwirkt, so ist an die Stelle der Freiheitsstrafe auf Geldstrafe (§§ 27, 27 a StGB) zu erkennen, wenn der Strafzweck durch eine Geldstrafe erreicht werden kann (§ 27 b StGB). Das Erlöschen des Beisitzeramtes wird nicht herbeigeführt, wenn für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe nach § 29 StGB eine Freiheitsstrafe tritt. Die in § 42 a StGB aufgeführten Maßregeln der Sicherung und Besserung stellen keine Strafe dar. Die Rechtsfolge des § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 40 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. — tritt nur ein, wenn der Beamtenbeisitzer durch ein deutsches Gericht im Bundesgebiet oder Westberlin verurteilt worden ist; 2. wenn im förmlichen Disziplinarverfahren eine Geldbuße oder eine schwerere Disziplinarmaßnahme verhängt wird (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 40 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. —). § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. der Novelle unterscheidet sich vom bisherigen Recht dadurch, daß es nunmehr gleichgültig ist, ob die Geldbuße durch ein Disziplinargericht oder durch den Dienstvorgesetzten oder die oberste Dienstbehörde verhängt worden ist, während nach dem bisherigen Recht es allein auf die disziplinargerichtlich verhängte Geldbuße ankam. Wird die Geldbuße durch den Dienstvorgesetzten im Wege des Disziplinarverfügungsverfahrens nach §§ 27 fF. BDO — §§22 ff. BDO a. F. — oder durch die Einleitungsbehörde nach §64 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 52 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. — ausgesprochen, so erlosch das Beisitzeramt nicht. Ob sie durch ein Bundes- oder ein Disziplinargericht eines Landes ausgesprochen ist, ist gleichgültig. Entscheidend 89
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ist, daß es sich um ein deutsches Disziplinargericht im Bundesgebiet oder im Land Berlin handelt. 3. wenn der in ein Amt außerhalb des Bezirks der Kammer versetzt wird (vgl. § 40 Abs. 1 Nr. 3 BDO, § 54 Abs. 1 Nr. 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Versetzung muß aus dem Kammerbezirk erfolgen, dem der Beamtenbeisitzer zugeteilt ist. Wenn jedoch das Amt durch Änderung des Bezirks der Kammer in den Bezirk einer anderen Kammer gelangt, so endet das Beisitzeramt nicht. Das gleiche gilt, wenn der Beamte zu einer Dienststelle außerhalb des Kammerbezirks abgeordnet wird und seinen dienstlichen Wohnsitz im Kammerbezirk behält; hieran ändert sich nichts, wenn der Umzug angeordnet und hierdurch der dienstliche Wohnsitz des Beamtenbeisitzers aus dem Bezirk der Kammer herausverlegt wird. Wird der Beamtenbeisitzer versetzt, so erlischt das Amt mit Ablauf eines Monats nach Zustellung der Versetzungsverfügung, es sei denn, daß der Beamte dem Erlöschen des Beisitzeramtes widersprochen hat (§54 Abs. 2 BDO — § 40 Abs. 2 BDO a. F. •—). Hat der Beamte gegen die Versetzung Widerspruch eingelegt oder Klage im Verwaltungsstreitverfahren erhoben und ist die sofortige Vollziehung der Versetzungsanordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht ausgesprochen worden, so hat die Versetzung wohl aufschiebende Wirkung; trotzdem erlisch das Beisitzeramt, wenn der Beamtenbeisitzer dem Erlöschen des Beisitzeramtes nicht widersprochen hat, weil die Wirkung des Erlöschens nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 54 Abs. 2 BDO — § 40 Abs. 2 BDO a. F. — an die Zustellung der Versetzungsverfügung geknüpft ist; 4. wenn er auf andere Weise aus dem Hauptamt ausscheidet, das er bei seiner Bestellung bekleidet hat (vgl. § 40 Abs. 1 Nr. 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Hier kommen z. B. die Entlassung nach §§28 bis 30 BBG, der Eintritt in den Ruhestand nach § § 35 fF. BBG und die Erlöschungsgründe nach § 6 Abs. 2 und 3 BBG in Frage. Das Beamtenbeisitzeramt erlischt mit dem Wirksamwerden der Entlassung ( § 3 3 BBG) oder dem Beginn des Ruhestandes (§ 47 Abs. 2 BBG). Nach DVO Nr. 4 zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 galt als Ausscheiden aus dem Hauptamt, wenn der Beamte, auch ohne den unmittelbaren Dienstherrn zu wechseln, in eine höhere Laufbahn oder in einen anderen Verwaltungszweig versetzt wurde; dagegen nicht, wenn er innerhalb des Bezirks der Kammer an eine andere Behörde desselben Verwaltungszweigs versetzt oder in derselben Laufbahn befördert wurde. Wurde z. B. der Amtsrat Meier zum Regierungsrat befördert, erlosch das Beamtenbeisitzeramt; nicht jedoch, wenn der Regierungsrat Schulze zum Oberregierungsrat befördert wurde. Nach § 54 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle erlischt jedoch das Amt des Beamtenbeisitzers nicht, wenn er versetzt oder in ein Amt einer höheren Laufbahn befördert wird. Streitig ist, ob der Beamtenbeisitzer auch auf seinen Antrag aus seinem Amt ausscheiden kann 125 . Sofern auf den Beamten durch seine Dienstbehörde keinerlei Druck ausgeübt worden ist, ist dies zu bejahen. Hierbei ist aber zu beachten, daß der Beamtenbeisitzer zur Übernahme des Amtes verpflichtet ist und daß seinem Antrage auf Entlassung nur dann stattzugeben ist, wenn er 126
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Bejahend Behnke Anm. 8 zu §40 BDO; W i t t l a n d Anm. 12 zu §40 RDStO.
Pflichten der Beamtenbeisitzer
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hierfür stichhaltige Gründe anführen kann. Andernfalls könnte die Verpflichtung zur Übernahme des Beisitzeramtes dadurch illusorisch werden, daß der Beamte später unbegründet auf seine Entlassung drängt. Daher kann ein Beamtenbeisitzer auf seinen Antrag von seinem Amt bei starker anderweitiger dienstlicher und außerdienstlicher Beanspruchung nur in besonderen Härtefällen entbunden werden 126 . Ebenso ist ein Beamtenbeisitzer auf seinen Antrag von seinem Nebenamt zu entbinden, wenn er die hierfür erforderliche geistige oder körperliche Fähigkeit nicht oder nicht mehr besitzt 126 ». Über die Abberufung entscheidet das Disziplinargericht12615. C. Entbindung vom Beamtenbeisitzeramt und die Wirkung des Erlöschens Für die Abberufung eines Beamtenbeisitzers ist nicht der Vorsitzende, sondern das Disziplinargericht zuständig 127 . Bei Beamtenbeisitzern des zweitinstanzlichen Disziplinargerichts entscheidet dieses durch Beschluß 128 . Erlischt das Amt des Beamtenbeisitzers, so darf er keinerlei Tätigkeit mehr in dem Disziplinargericht ausüben, dem er zugeteilt ist. Er kann auch nicht mehr rückwirkend wieder zum Beamtenbeisitzer bestellt werden 129 . Nimmt er dennoch an einer Disziplinarentscheidung teil, so stellt diese sich nicht als nichtiger Akt dar, sondern bleibt wirksam 130 . Die Entscheidung kann jedoch mit den zulässigen Rechtsmitteln angefochten werden. Da die Mitwirkung eines ausgeschlossenen Beamtenbeisitzers einen schweren Verfahrensmangel darstellt, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben; handelt es sich um ein Disziplinarurteil, so ist die Sache an die Vorinstanz zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO — § 73 Abs. 1 Nr. 3 BDO a. F. — zurückzuverweisen 131 . VHI. PFLICHTEN DER BEAMTENBEISITZER Der Beamtenbeisitzer ist zunächst einmal verpflichtet, das Nebenamt als ehrenamtlicher Richter bei einem Disziplinargericht anzunehmen. Die allgemeine Verpflichtung zur Übernahme des Beamtenbeisitzeramtes schließt es ein, daß der Beamtenbeisitzer zu den angesetzten Sitzungen pünktlich erscheint. Ist ihm das Erscheinen nicht möglich, weil er sich z. B. zur fraglichen Zeit im Urlaub befindet oder erkrankt oder anderweitig dienstlich in Anspruch genommen ist, so hat er dies dem Vorsitzenden des Disziplinargerichts, dem er als Beamtenbeisitzer zugeteilt ist, rechtzeitig anzuzeigen und um seine Entbindung von der Sitzung, zu der er geladen ist, zu bitten. Es liegt im Ermessen des Vorsitzenden des Disziplinargerichts, ob er dem Gesuch stattgeben will. Wird es abschlägig beschieden, so muß der Beamtenbeisitzer zur Sitzung erscheinen, es sei denn, daß er nachweislich so erkrankt ist, daß seine Teilnahme an der Sitzung ihm nicht zugemutet werden kann. 1 M DiszSenat OVG Münster 20. 4. 64 — Y 9/64 — in DöD 1964 S. 198 und ZBR 1965 S. 76 (LS). DiszSenat OVG Münster 20. 4. 64 — Y 9/64 — in ZBR 1965 S. 76 (LS). DiszSenat OVG Münster 14. 5. 64 — Y 7/64 — in ZBR 1965 S. 76 (LS). 1 2 7 DiszSenat OVG Münster 14. 5. 64 — Y 7/64 — in DöD 1964 S. 196. 1 2 8 DiszSenat OVG Münster 20. 4. 64 — Y 9/64 — in DöD 1964 S. 198. 1 2 9 RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 274. 1 3 0 RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 274 (275); W i t t l a n d Anm. 14 zu §40 RDStO. 131 W i t t l a n d Anm. 15 zu § 40 RDStO.
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Der Vorsitzende kann Beamtenbeisitzern, die sich ohne vorherige Entschuldigung ihren Pflichten entziehen, die dadurch verursachten Auslagen auferlegen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BDO — § 38 Abs. 1 Satz 1 BDO a. F. —) 132 . Dies gilt, wenn die Beamtenbeisitzer überhaupt nicht oder zu spät erscheinen, so daß der Vorsitzende den Termin aufheben mußte, oder wenn sie die Sitzung vorzeitig verlassen. Da es sich bei § 52 BDO — § 38 BDO a. F. — um eine Sondervorschrift handelt, scheiden die allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen über die Ersatzpflicht nach § 78 BBG aus. Die Heranziehung des Beisitzers zum Auslagenersatz kann unterbleiben, wenn er genügende Entschuldigungsgründe vorbringt, zu denen u. a. die Inanspruchnahme durch anderweitige dienstliche Obliegenheiten, eigene Krankheit oder Krankheit von Familienangehörigen zu rechnen ist. Bringt der Beamtenbeisitzer die Gründe nachträglich vor, so kann der Vorsitzende seine Anordnung auf Heranziehung zu den verauslagten Kosten wieder aufheben (§52 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 38 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. —). Die Heranziehung zu den durch die Säumnis des Beamtenbeisitzers entstandenen Kosten erfolgt durch Beschluß. Der Beschluß ist in die Niederschrift über die mündliche Verhandlung aufzunehmen oder sonst zu den Akten zu bringen. Der Beschluß kann auch erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung gefällt werden, falls der Beamtenbeisitzer nachher noch Gelegenheit hatte, Entschuldigungsgründe vorzubringen und diese vom Vorsitzenden nicht als stichhaltig angesehen worden sind. Der Beamtenbeisitzer kann bei der Kammer Antrag auf völlige oder teilweise Aufhebung der Anordnung nach § 52 Abs. 1 BDO — § 38 Abs. 1 BDO a. F. — stellen, über den die Kammer endgültig entscheidet (§52 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 38 Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. —). Der Betroffene darf bei der Entscheidung nicht mitwirken § 52 Abs 2 Satz 2 BDO — § 38 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. —. Der Beamtenbeisitzer kann den Beschluß des Vorsitzenden im Verwaltungsrechtsweg nur insoweit anfechten, als die Höhe derErsatzleistung streitig ist. Der Beamtenbeisitzer hat nicht nur an der Sitzung und Beratung teilzunehmen, sondern auch in der Abstimmung seine Stimme abzugeben. Er kann sich hierbei nicht der Stimme enthalten 133 . Er hat seine Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben. Über den Hergang der Beratung und Abstimmung hat er nach § 198 GVG Verschwiegenheit zu wahren, von der er auch durch seine vorgesetzte Dienstbehörde nicht entbunden werden kann. Er kann demnach nicht als Zeuge über Vorgänge in der Beratung und Abstimmung vernommen werden 134 . Bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO hatte der Beamtenbeistzer die Entscheidung, bei der er mitgewirkt hat, zu unterschreiben. Nachher vgl. § 78 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle. Abgesehen davon, daß der Beamtenbeisitzer, falls er zur Sitzung nicht erschienen ist, nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 38 Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — zu den Kosten des Verfahrens verurteilt werden kann, macht er sich bei einer Säumnis sowie bei einer Weigerung, seine Stimme abzugeben disziplinarisch verantwortlich. Als Dienstvorgesetzte im Sinne der §§ 26, 29 BDO — §§21, 24 BDO a. F. •— gelten hier der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts und 1 3 2 § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entspricht § 34 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 (PrGS S. 59) und § 38 RDStO. § 52 BDO i. d. F. der Novelle bringt in Abs. 2 lediglich zum Ausdruck, daß die Kammer endgültig entscheidet. 134 RGSt. Bd. 61 S. 218. las vgl. PrOVG in RuPrVBl. 1930 S. 419.
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Reisekostenvergütung für Beamtenbeisitzer
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der Bundesminister des Innern ( § 3 Abs. 2 und 3 der VO des Bundesministers des Innern über die Errichtung von Bundesdisziplinarkammern vom 5. 1. 53). Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens erfolgt durch die für das Hauptamt zuständige Einleitungsbehörde (vgl. § 36 Abs. 1 BDO — § 30 Abs. 1 BDO a. F. —. IX. REISEKOSTENVERGÜTUNG FÜR BEAMTENBEISITZER Die Beamtenbeisitzer des Bundesdisziplinargerichts erhalten für die in Ausübung ihrer Aufgaben unternommenen Reisen Reisekostenvergütung nach dem Reisekostengesetz (VV zu § 50 BDO). X. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Die Länderdisziplinargesetze stimmen im wesentlichen mit der Bundesregelung überein, soweit es sich um die Ausgestaltung der Rechtsstellung der Beamtenbeisitzer bei den jeweiligen Disziplinargerichten handelt. Abweichungen ergeben sich im wesentlichen bezüglich der Dauer der Amtszeit. Wer für die Ernennung der hauptamtlichen Richter und der Beamtenbeisitzer zuständig ist, richtet sich nach dem jeweiligen Organisationsrecht des Landes. Allgemein ist den Gewerkschaften und Berufsverbänden der Beamten bei der Ernennung der nichtrechtskundigen Beisitzer ein Vorschlagsrecht eingeräumt. Die Folgen der Pflichtversäumnis eines Beisitzers richten sich in sämtlichen Länderdisziplinargesetzen nach der Bundesregelung in § 38 BDO, BDO i. d. F. der Novelle. Dies gilt auch für das Ruhen des Beisitzeramtes infolge Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens, Verbots der Ausübung der Dienstgeschäfte und Anklageerhebung gegen einen Beamtenbeisitzer. Die Bestimmungen über das Erlöschen der Tätigkeit als Disziplinarrichter erstrecken sich überwiegend auch auf die hauptamtlichen Richter. Im einzelnen gilt folgendes: 1. B a d e n - W ü r t t e m b e r g Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LDO BW bestellt der Ministerpräsident auf Vorschlag des Innenministers die Stellvertreter der Vorsitzenden der Disziplinarkammern und die rechtskundigen Beisitzer auf die Dauer von fünf Jahren. Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 LDO BW werden die übrigen Beisitzer vom Innenminister gleichfalls auf die Dauer von fünf Jahren bestellt. Nach Ablauf der Amtszeit ist Wiederbestellung zulässig (§ 40 Abs. 1 Satz 3 LDO BW). Wird während der Amtszeit die Bestellung eines neuen Beisitzers erforderlich, so wird dieser nur für den Rest der Amtszeit bestellt ( § 40 Abs. 1 Satz 4 LDO BW). Die obersten Landesbehörden, die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten im Lande sowie die kommunalen Landesverbände können für die nach § 40 Abs. 1 Satz 2 LDO BW zu bestellenden Beisitzer Vorschläge machen (§ 40 Abs. 2 LDO BW). Nach § 41 Satz 2 LDO BW sollen Personalreferenten und Personalsachbearbeiter nicht als Beisitzer mitwirken, wenn sie den gleichen Dienstherrn oder als Landesbeamte die gleiche oberste Dienstbehörde wie der Beschuldigte haben. § 42 (Pflichtsäumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i, d, F. ÄndGes, 1952. Ein Mitglied der Disziplinarkammer ist — außer den in der StPO aufgeführten Gründen — von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausge93
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schlössen, wenn er Dienstvorgesetzter des Beschuldigten ist (§43 Satz 1 LDO BW). § 43 Satz 2 LDO BW (Ausschluß eines Beamtenbeisitzers) entspricht dem § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Hinsichtlich des Erlöschens des Amtes als Mitglied des Disziplinargerichts führt § 44 LDO BW zusätzlich zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 noch folgende Gründe auf: Entpflichtung eines Hochschullehrers (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 2 LDO BW) und Versetzung zu einem Dienstherrn, für dessen Bereich die LDO BW nicht güt (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 LDO BW), §44 Abs.l Nr.4 LDO BW entspricht §40 Abs. 1 Nr. 3 BDO und §44 Abs. 1 Satz2 LDO BW dem §40 Abs. 1 Nr. 4 BDO BW. In den Fällen der Versetzung (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 und 4 LDO BW) tritt das Erlöschen des Amtes als Mitglied mit Ablauf des Monats nach der Zustellung der Versetzungsverfügung ein, es sei denn, daß das Mitglied gegen seinen Willen versetzt wurde und dem Erlöschen der Mitgliedschaft als Beisitzer widersprochen hat (vgl. § 44 Abs. 2 LDO BW). Das Amt des Vorsitzenden der Disziplinarkammer erlischt nach § 1 Abs. 1 DVO außer in den Fällen des § 44 Abs. 1 Satz 1 LDO BW durch Ausscheiden aus dem Hauptamt, wenn 1. sein Richteramt endet, 2. er in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn tritt und die Fortdauer des Richterverhältnisses neben dem neuen Dienst- oder Amtsverhältnis angeordnet wird, 3. ihm ein anderes Richteramt innerhalb des Bezirks der Disziplinarkammer übertragen wird und das bisherige Richteramt endet. § 1 Abs. 1 DVO gilt für das Erlöschen des Amts des Vorsitzenden, der Stellvertreter des Vorsitzenden und der rechtskundigen Beisitzer des Disziplinarhofs entsprechend ( § 1 Abs. 2 DVO). 2. B a y e r n Art. 36 DStO Bayr. entspricht § 36 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die Vorsitzenden der Dienststrafkammer und ihre Stellvertreter werden vom Staatsministerium des Innern im Benehmen mit dem Staatsministerium der Justiz, die Beisitzer vom Staatsministerium des Innern für die Dauer von fünf Jahren ernannt (Art. 37 DStO Bayr.). Art. 38 Satz 1 bis Satz 3 Halbsatz 1 DStO Bayr. entspricht § 37 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach Art. 38 Satz 3 Halbsatz 2 DStO Bayr. haben für die Ernennung der nichtrechtskundigen Beisitzer die Spitzenverbände der Gewerkschaften und der Beamtenverbände das Vorschlagsrecht. Das Nähere wird durch die Ausführungsverordnung geregelt (Art. 38 Satz 4 DStO Bayr.). Art. 39 (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Art. 40 DStO Bayr. (Ruhen des Beisitzeramtes) entspricht § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Art. 41 (Erlöschen des Amtes) bezieht sich ebenso wie § 44 LDO BW auch auf die hauptamtlichen Richter. Art. 41 Abs. 1 und 3 DStO Bayr. stimmt mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. Nach Art. 41 Abs. 1 Nr. 2 DStO Bayr. erlischt das Amt auch, wenn das Mitglied in ein Amt außerhalb des Bezirks der Dienststrafkammer versetzt oder als Hochschullehrer entpflichtet wird. Das Amt des Vorsitzenden und des Stellvertreters des Vorsitzenden erlischt ferner, wenn die Voraussetzung des Art. 36 Abs. 3 Satz 1 94
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DStO Bayr. wegfällt (Art. 41 Abs. 2 DStO Bayr.). § 17 ADV DStO Bayr. entspricht DVO zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die Beisitzer der Dienststrafkammer erhalten für die in Ausübung ihrer Tätigkeit unternommenen Reisen die Reisekostenvergütungen, die ihnen nach dem Gesetz über Reisekostenvergütung der Beamten vom 15. 12. 33 in der für bayerische Beamte in der jeweils geltenden Fassung zustehen (§16 Abs. 4 ADV DStO Bayr.). 3. B e r l i n § 37 Abs. 1 LDO Bln. (Mitglieder der Disziplinarkammern) entspricht § 35 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen auf Lebenszeit ernannte Richter, die Beisitzer auf Lebenszeit ernannte Landesbeamte oder Richter sein; sie müssen das 35. Lebensjahr vollendet haben (§37 Abs. 2 Satz 1 LDO Bln.). Die Beisitzer müssen bei ihrer Bestellung den dienstlichen Wohnsitz im Lande Berlin haben (§37 Abs. 2 Satz 2 LDO Bln.). Die rechtskundigen Beisitzer müssen die Befähigung zum Richteramt oder die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst i. S. des § 110 des DRiG haben (§ 37 Abs. 3 LDO Bln.). Die Beisitzer, soweit sie nicht auf Lebenszeit ernannte Richter sind, werden vom Senator für Inneres auf drei Jahre bestellt; sie können bei Ablauf ihrer Amtszeit wiederbestellt werden ( § 3 8 Abs. 1 Satz 1 LDO Bln.). Wird während der Amtszeit die Bestellung neuer Mitglieder erforderlich, so werden sie nur für den Rest der Amtszeit bestellt (§ 38 Abs. 1 Satz 2 LDO Bln.). Die obersten Dienstbehörden, die Dienstbehörden und die in § 60 LBG Bln. genannten Gewerkschaften und Berufsverbände können für die nach § 39 Satz 2 LDO Bln. zubestellenden Beisitzer Vorschläge machen ( § 3 8 Abs. 2 LDO Bln.). § 15 DVO zu LDO Bln. entspricht DVO Satz 1 bis 3 DVO zu § 36 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 39 LDO Bln. (Besetzung der Disziplinarkammern) entspricht § 37 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 40 LDO Bln. (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). 4. B r e m e n Der Senat ernennt den Vorsitzenden und die Beisitzer der Dienststrafkammer und des Dienststrafhofes sowie deren Stellvertreter jedesmal gleichzeitig auf fünf Jahre, die richterlichen Mitglieder nach Anhörung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes im Benehmen mit dem Oberlandesgerichtspräsidenten, die nichtrichterlichen Mitglieder nach Anhörung des Hauptpersonalrates bei den bremischen Behörden (Art. 4 § 4 Abs. 1 Satz 1 DStO Brm.). Dieser ist berechtigt, Vorschlagslisten einzureichen (Art. 4 § 4 Abs. 1 Satz 2 DStO Brm.). Ein im Laufe der fünfjährigen Wahlzeit eintretendes Mitglied bleibt nur bis zu deren Ende in Tätigkeit (Art. 4 § 4 Abs. 1 Satz 3 DStO Brm.). Die ausscheidenden Mitglieder können wiederernannt werden (Art. 4 § 4 Abs. 1 Satz 4 DStO Brm.). Die Mitglieder der Dienststrafkammer und des Dienststrafhofes werden durch den Vorsitzenden der Dienststrafkammer bzw. des Dienststrafhofes auf die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes verpflichtet (Art. 4 § 4 Abs. 2 DStO Brm.). 95
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Die Disziplinarrichter
Art. 4 § 5 DStO Brm. entspricht § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Art. 4 § 6 Nr. 1 DStO Brm. entspricht § 40 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach Art. 4 § 6 Nr. 2 DStO Brm. erlischt das Amt eines Mitglieds der Dienststrafkammer oder des Dienststrafhofes, wenn es aus dem Hauptamt ausscheidet, das es bei seiner Bestellung bekleidet hat. 5. H a m b u r g § 35 Abs. 1 und 2 DO Hmb. entspricht § 35 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BDO i.d. F. ÄndGes. 1952. Nach §35 Abs. 3 DO Hmb. sollen zu Mitgliedern nur solche Beamte oder Richter bestellt werden, die nicht als Personalreferenten oder -Sachbearbeiter beschäftigt sind. Die rechtskundigen Beistzer, die Beamte sind, müssen die Fähigkeit zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen (§ 35 Abs. 4 DO Hmb.). Die Mitglieder der Disziplinarkammer werden auf Vorschlag des Senats von der Bürgerschaft auf drei Jahre gewählt und vom Senat bestellt; Wiederwahl ist zulässig (§ 36 Abs. 1 DO Hmb.). § 36 Abs. 2 DO Hmb. entspricht § 36 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 38 DO Hmb. (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach § 39 Satz 1 DO Hmb ist ein Mitglied der Disziplinarkammer — also nicht nur ein Beamtenbeisitzer — von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er Dienstvorgesetzter des Beschuldigten ist oder bei ihm einer der Gründe vorliegt, die nach der StPO den Ausschluß von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes bewirken. Entsprechendes gilt nach § 39 Satz 2 DO Hmb. für ein Mitglied, gegen das ein förmliches Disziplinarverfahren oder wegen eines Verbrechens oder Vergehens ein Strafverfahren eingeleitet oder dem nach § 62 Abs. 1 BG Hmb. die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten ist, solange das Verfahren läuft oder das Verbot besteht. § 40 Nr. 1 und 4 DO Hmb. entspricht § 40 Nr. 1 und 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Das Amt erlischt nach § 40 Nr. 3 DO Hmb. ferner, wenn das Mitglied als Hochschullehrer entpflichtet wird. 6. Hessen § 39 HDO (Besetzung der Disziplinarkammern) entspricht § 36 Abs. 1 bis 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 HDO ist Vorsitzender der Disziplinarkammer der Präsident des Verwaltungsgerichts. Seine Vertretung regelt § 40 Abs. 1 § 2 u. 3 HDO. Die übrigen Mitglieder bestellt nach § 40 Abs. 1 Satz4 HDO der Minister des Innern auf vier Jahre; sie können bei Ablauf ihrer Amtszeit wiederbestellt werden. §40 Abs.2 HDO entspricht §36 Abs. 2 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952. Die obersten Landesbehörden und die kommunalen Spitzenverbände sollen für die nach § 42 HDO zu bestellenden Beisitzer Vorschläge machen, für die nach §42 Satz 2 HDO zu berufenden auch die im Lande bestehenden Spitzenorganisationen der Gewerkschaften der Beamten (§40 Abs. 3 HDO). Der Vorsitzende und die beiden lebensältesten Beisitzer der Disziplinarkammer bestimmen aus der vom Minister des Innern mitgeteilten Beisitzerliste vor Beginn jedes Geschäftsjahres für dessen Dauer die Reihenfolge, in der dieBeisitzer herangezogen werden, sowie die Stellvertretung (§41 SatzlHDO). 96
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Ist unter den lebensältesten Beisitzern kein rechtskundiger Beisitzer, so tritt an die Stelle des Zweitältesten Beisitzers der lebensälteste rechtskundige Beisitzer (§ 41 Satz 2 HDO). § 43 HDO (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 44 HDO (Ruhen des Beisitzeramtes) entspricht § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 45 HDO (Erlöschen des Amts) entspricht dem § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 mit der Maßgabe, daß sich die Bestimmung auf sämtliche Mitglieder der Disziplinarkammer bezieht. 7. N i e d e r s a c h s e n § 42 NDO (Mitglieder der Disziplinarkammern) stimmt weitgehend mit § 35 Abs. 1 bis 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. Die Mitglieder der Disziplinarkammern werden vom Landesministerium auf die Dauer von fünf Jahren bestellt; sie können bei Ablauf ihrer Amtszeit wiederbestellt werden (§43 Abs. 1 Satz 1 NDO). Das Landesministerium kann seine Befugnis auf andere Stellen übertragen (§43 Abs. 1 Satz 2 NDO). Durch Beschluß des Niedersächsischen Landesministeriums vom 3. 4. 62 (GVB1. S. 386) hat dies die Befugnis zur Bestellung der Mitglieder der Disziplinargerichte auf den Ministerpräsidenten übertragen. Wird während der Amtszeit die Bestellung neuer Mitglieder erforderlich, so werden sie nur für den Rest der Amtszeit bestellt (§43 Abs. 2 NDO). Die obersten Landesbehörden, die kommunalen Spitzenverbände und die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten können für die nach § 44 Satz 3 NDO zu bestellenden ehrenamtlichen Richter Vorschläge machen (§ 43 Abs. 3 NDO). § 46 NDO (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 47 NDO (Ruhen des Amtes als Beisitzer) entspricht § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 48 Abs. 1 NDO (Erlöschen des Amtes) entspricht § 48 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 mit der Maßgabe, daß nicht nur die Beisitzer, sondern sämtliche Mitglieder der Dienststrafkammer erfaßt werden und daß nach Abs. 1 Nr. 2 auch die Entpflichtung als Hochschullehrer zum Erlöschen des Amtes führt. Nach § 48 Abs. 2 NDO gilt es als „Ausscheiden aus dem Hauptamt" im Sinne des § 48 Abs. 1 Nr. 3 NDO, wenn das Mitglied, auch ohne den Dienstherrn zu wechseln, in eine höhere Laufbahn oder in einen anderen Verwaltungszweig versetzt wird, dagegen nicht, wenn es innerhalb des Bezirks der Disziplinarkammer an eine andere Behörde desselben Verwaltungszweiges versetzt oder in derselben Laufbahn befördert wird. § 48 Abs. 2 NDO entspricht der DVO zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 8. N o r d r h e i n - W e s t f a l e n § 41 DO NW (Besetzung der Disziplinarkammern) entspricht inhaltlich § 35 Abs. 1 bis 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die in § 41 Abs. 3 DO NW genannten Mitglieder (Vorsitzende, ihre Stellvertreter und rechtskundige Beisitzer) werden von der Landesregierung auf die Dauer von sechs Jahren bestellt (§ 42 Abs. 1 Satz 1 DO NW). Die 7 Lindgen, Disziplinarrecht II
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Die Disziplinarrichter
übrigen Mitglieder werden nach den für die ehrenamtlichen Mitglieder der Verwaltungsgerichte geltenden Vorschriften berufen ( § 4 2 Abs. 1 Satz 2 DO NW). § 42 Abs. 2 DO NW entspricht § 36 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die obersten Landesbehörden und die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und die Berufsverbände der Beamten können für die nach § 43 zweiter Halbsatz DO NW zu bestellenden Beisitzer Vorschläge machen ( § 4 2 Abs. 3 DO NW). § 44 DO NW (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 45 DO NW (Ruhen des Beisitzeramtes) entspricht § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 46 DO NW (Erlöschen des Beisitzeramtes) entspricht § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, wobei durch diese Bestimmung nicht nur die Beisitzer, sondern sämtliche Mitglieder des Disziplinargerichts erfaßt werden. DVO zu § 46 DO NW entspricht DVO zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 9. R h e i n l a n d - P f a l z § 41 LDO Rh.-Pf. (Besetzung der Disziplinarkammer) entspricht inhaltlich § 35 Abs. 1 bis 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Der Vorsitzende der Disziplinarkammer ist der Präsident des Bezirksverwaltungsgerichts, bei auswärtigen Disziplinarkammern der Vorsitzende der auswärtigen Kammer des Bezirksverwaltungsgerichts (§42 Abs. 1 Satz 1 LDO Rh.-Pf.). Die übrigen Mitglieder bestellt der Ministerpräsident auf vier Jahre; sie können bei Ablauf ihrer Amtszeit wiederbestellt werden (§42 Abs. 1 Satz 2 LDO Rh.-Pf.). § 42 Abs. 2 LDO Rh.-Pf. entspricht § 36 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. DVO zu § 42 LDO Rh.-Pf. entspricht inhaltlich DVO zu § 36 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die obersten Landesbehörden und die im Lande bestehenden Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten können für die nach § 44 Satz 2 LDO Rh.-Pf. zu bestellenden Beisitzer Vorschläge machen (§ 42 Abs. 3 LDO Rh.-Pf.). § 45 LDO Rh.-Pf. (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 46 LDO Rh.-Pf. (Ruhen des Beisitzeramtes) entspricht § 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 47 LDO Rh.-Pf. (Erlöschen des Amtes als Beisitzer) entspricht § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 mit der Maßgabe, daß diese Bestimmung sämtliche Mitglieder der Disziplinarkammer erfaßt. DVO zu § 47 LDO Rh.-Pf. entspricht DVO zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 10. S a a r l a n d § 6, § 7 und § 8 Nr. 1 und 3 des Gesetzes vom 11. 2. 49 (AmtsBl. S. 279) entsprechen den §§37 bis 39 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Es gilt hier das unter I S.58f., VIA S.87f. und VIIA S.88ff. Gesagte. Nach §8 Nr.2 a.a.O. erlischt das Amt eines Mitglieds des Dienststrafgerichts auch dann, wenn er in den vorläufigen Ruhestand versetzt oder als Hochschullehrer entpflichtet wird. 11. S c h l e s w i g - H o l s t e i n Nach § 38 Abs. 3 Satz 2 DStO Schl.-Hol. wird die richterliche Unabhängigkeit noch dadurch gesichert, daß auf den sachlichen Inhalt einer in Aus98
Landesrechtliche Regelung
§67
Übung der Tätigkeit als Mitglied eines Disziplinargerichts getroffenen Entscheidung eine Versetzung in den Ruhestand nicht gestützt werden kann. § 40 Abs. 1 und 2 DStO Schl.-Hol. stimmt mit § 35 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. Der Vorsitzende der Dienststrafkammer und sein Stellvertreter müssen planmäßige richterliche Beamte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der ordentlichen Gerichtsbarkeit sein ( § 4 0 Abs. 3 Satz 1 DStO Schl.-Hol.). Sie werden von der Landesregierung für die Dauer ihres Hauptamtes bestellt (§ 40 Abs. 3 Satz 2 DStO Schl.-Hol.). Die rechtskundigen Beisitzer müssen auf Lebenszeit ernannte Beamte sein und die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt besitzen (§ 40 Abs. 4 DStO Schl.-Hol.). Die anderen Beisitzer müssen auf Lebenszeit ernannte Beamte sein ( § 4 0 Abs. 5 DStO Schl.-Hol.). Die Landesregierung bestellt die Beisitzer der Dienststrafkammer auf die Dauer von fünf Jahren ( § 4 0 Abs. 6 Satz 1 DStO Schl.-Hol.). Sie können nach Ablauf ihrer Amtszeit wiederbestellt werden (§ 40 Abs. 6 Satz 2 DStO Schl.-Hol.). Wird während der Amtszeit die Bestellung neuer Mitglieder erforderlich, so werden sie nur für den Rest der Amtszeit bestellt (§ 40 Abs. 6 Satz 3 DStO Schl.-Hol.). DVO Nr. 4 zu §§39 bis 44 DStO Schl.-Hol., der die Festlegung der Reihenfolge der Beisitzer regelt, entspricht DVO zu § 36 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 mit der Maßgabe, daß der Vorsitzende allein die Reihenfolge festlegt. Als Berichterstatter sind in erster Linie die hauptamtlich ernannten rechtskundigen Beisitzer heranzuziehen (DVO Nr. 3 Satz 2 zu §§39 bis 44 DStO Schl.-Hol.). § 42 (DStO Schl.-Hol. (Säumnis der Beisitzer) entspricht § 38 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 43 DStO Schl.-Hol. läßt das Ruhen des Beisitzeramtes nur zu, wenn gegen das Mitglied ein förmliches Dienststrafverfahren oder wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens ein Strafverfahren eingeleitet ist. § 44 DStO Schl.-Hol. erfaßt sämtliche Mitglieder der Dienststrafkammer. Das Amt erlischt nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 DStO Schl.-Hol. auch dann, wenn eine Entpflichtung als Hochschullehrer vorliegt. Das Amt des Vorsitzenden oder Stellvertreters des Vorsitzenden erlischt nach § 44 Abs. 2 DStO Schl.-Hol. auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 40 Abs. 3 DStO Schl.-Hol. weggefallen sind. DVO Nr. 2 zu § § 3 9 bis 44 DStO Schl.-Hol. entspricht DVO zu § 40 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die beamteten Mitglieder der Dienststrafkammer erhalten für die in Ausübung dieser Tätigkeit unternommenen Reisen die Reisekostenvergütungen, die ihnen nach den Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamten vom 15. 12. 33 (RGBl. I S. 1067) zustehen (vgl. DVO Nr. 8 Abs. 1 DVO zu §§ 39 bis 44 DStO Schl.-Hol.). Die Laienbeisitzer der Dienststrafkammer erhalten eine angemessene Entschädigung für den ihnen durch ihre richterliche Tätigkeit entstehenden Verdienstausfall und den damit verbundenen Aufwand sowie Ersatz der Fahrkosten (DVO Nr. 8 Abs. 2 zu §§39 bis 44 DStO Schl.-Hol.). Ist durch die Teilnahme an einer Sitzung der Dienststrafkammer eine Vertretung des Beisitzers in seinem Beruf erforderlich geworden, so können die Kosten der Vertretung nach billigem Ermessen erstattet werden (DVO Nr. 8 Abs. 3 zu §§ 39 bis 44 DStO Schl.-Hol.). Die Höhe der Entschädigung und der Fahrkosten sowie die Höchst- und Mindestgrenzen der Entschädigung für den Verdienstausfall werden nach der VO über die Entschädigung der Schöffen, Geschworenen und Vertrauenspersonen vom 18. 3. 24 (RGBl. I S. 282) in der je7»
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§68
Der Untersuchungsführer
weils geltenden Fassung berechnet (DVO Nr. 8 Abs. 4 zu § § 39 bis 44 DStO Schl.-Hol.). Entschädigungen und Fahrkosten werden nur auf Antrag gewährt, und zwar muß der Antrag innerhalb von drei Monaten bei der Geschäftsstelle der Dienststrafkammer gestellt werden, andernfalls erlischt der Anspruch (DVO Nr. 8 Abs. 5 zu §§ 39 bis 44 DStO Schl.-Hol.). Über Beschwerden gegen die Festsetzung der Entschädigung und der Fahrkosten entscheidet der Landesminister des Innern endgültig (DVO Nr. 8 Abs. 6 zu § § 3 9 bis 44 DStO Schl.-Hol.).
§ 68. Der Untersuchungsführer1 I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG Auf Grund des § 25 Abs. 2 des Preuß. Gesetzes betr. das Disziplinar-Strafverfahren gegen Beamte vom 29. 3. 1844 (PrGS S. 77) erfolgte die „Instruktion" der Sache durch einen sog. Kommissarius, der nach Abs. 3 a. a. O. von der Behörde ernannt wurde, die die Einleitung der Untersuchung verfügte. Nach Abs. 4 a. a. O. konnte der Verwaltungschef auf Antrag des Angeschuldigten oder wenn er es sonst für angebracht erachtete, die Leitung der „Instruktion" und die Ernennung des Kommissarius einer anderen als der kompeteten Provinzialbehörde überweisen. Welcher Personenkreis als Kommissarius in Frage kam, war im Gesetz nicht gesagt. Das gleiche galt auch für seine Rechtsstellung. Auch die Preuß. Verordnung betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 11. 7. 1849 hielt an dem bisherigen Rechtszustand fest. Nach § 24 a. a. O. gliederte sich das förmliche Disziplinarverfahren, das der Entfernung aus dem Amt vorausgehen mußte, in die von einem Kommissarius zu führende schriftliche Voruntersuchung und in eine Verhandlung nach den in der Verordnung aufgeführten Bestimmungen. Nach § 25 a. a. O. wurde auch hier der Kommissarius von der Einleitungsbehörde ernannt. Nach § 22 des Preuß. Gesetzes vom 21. 7. 1852 (PrGS S. 456) wurde die schriftliche Untersuchung gleichfalls von einem Kommissarius geführt, der nach § 23 a. a. O. von der Einleitungsbehörde ernannt wurde. Die Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 (PrGS S. 59) sah in § 26 vor, daß der Untersuchungsführer auf Antrag der Einleitungsbehörde und im Rahmen mit ihr durch den Vorsitzenden der Dienststrafkammer zu bestellen und die Bestellung dem Angeschuldigten mitzuteilen war. Nach § 40 Abs. 1 a. a. O. wurde der Angeschuldigte in der Voruntersuchung von dem Untersuchungsführer unter Mitteilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erschienen war, gehört. Daneben vernahm der Untersuchungsführer die Zeugen und erhob die sonst sachdienlichen Beweise. Nach § 85 Abs. 1 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3.1873 (RGBl. S. 61) wurde der untersuchungsführende Beamte von der obersten Reichsbehörde ernannt. Von den unmittelbar untergeordneten Behörden und von Vorstehern von Behörden konnte die Ernennung des Untersuchungsführers nur bei Gefahr im Verzuge ausgehen, wobei alsdann die Genehmigung der obersten Reichsbehörde einzuholen und das Verfahren einzustellen war, sofern diese versagt worden war. Nach § 94 Abs. 1 a. a. O. war in der Voruntersuchung der Angeschuldigte unter Mitteilung der Anschuldigungspunkte vorzuladen und bei seinem Erscheinen zu hören. Der Untersuchungsführer hatte ferner die Zeugen — nach Befinden eidlich — zu vernehmen und die sonstigen Beweise zu erheben. Nach § 43 Abs. 5 Satz 1 des Reichsratsentwurfs zu einer Reichsdienststrafordnung vom 12. 11. 1931 sollte auf Antrag der Eröffnungsbehörde und im Benehmen mit ihr der Vorsitzende der Reichsdienststrafkammer aus den Beamten des Geschäftsbereichs der obersten Reichsbehörde, welcher der Beschuldigte unterstand, einen Untersuchungsführer bestellen und die Bestellung dem Beschuldigten mitteilen. Auf Antrag des Beschuldigten sollte, soweit sich die Behörde des Beschuldigten im Ausland befand, zum Untersuchungsführer ein Beamter bestellt werden, der nicht demselben unmittelbaren Dienstvorgesetzten unterstand wie der Beschuldigte (§ 43 Abs. 5 Satz 2 a. a. O.). Der Antrag sollte binnen einer 1 Thiele Das Amt des Untersuchungsführers in DöD 1958 S. 25; Schütz, Die Aufgaben des Untersuchungsführers in DöD 1961 S. 181.
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Rechtsstellung
§68
Woche nach Bekanntgabe des Untersuchungsführers gestellt werden (§43 Abs. 5 Satz 3 a. a. O.). Ein Beamter, der an der Führung der Vorermittlungen gegen den Beschuldigten beteiligt war, sollte nicht zum Untersuchungsführer bestellt werden (§43 Abs. 5 Satz 4 a. a. O.). Auch die Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 RGBl. I S. 71 hielt an der Untersuchung und der Institution des Untersuchungsführers fest. Erstmals wurde in § 44 Abs. 3 Satz 1 a. a. O. festgestellt, daß der Untersuchungsführer in der Durchführung der Untersuchung unabhängig und, abgesehen von den Fällen des § 50 a. a. O., an Weisungen nicht gebunden war. Ferner wurde in § 44 Abs. 3 Satz 2 und 3 a. a. O. bestimmt, unter welchen Voraussetzungen sein Amt erlischt und er abberufen werden kann. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 a. a. O. war die Möglichkeit der Bestellung eines Hilfsuntersuchungsführers vorgesehen, was nach der amtl. Begründung zu § 44 RDStO insbesondere dann in Frage kommen sollte, wenn eine große Zahl von Anschuldigungspunkten vorlag oder die Zahl der zu vernehmenden Zeugen besonders umfangreich war. Hierbei diente § 184 Abs. 2 StPO i. d. F. des Gesetzes vom 28. 6. 35 (RGBl. I S. 844, 846) als Vorbild, wonach auch im Strafverfahren die Bestellung eines Hilfsuntersuchungsrichters zulässig war. Art. 1 Ziff. 25 a des ÄndGes. vom 28. 11. 52 (BGBl. I S. 749) sah wiederum von der Bestellung eines Hilfsuntersuchungsführers, ab, nachdem inzwischen auch § 184 Abs. 2 StPO gestrichen worden war. Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Untersuchung im Disziplinarverfahren sah Art. 1 Ziff. b a. a. O. vor, daß der Untersuchungsführer die Befähignug zum Richteramt haben mußte. Aus rechtsstaatlichen Grundsätzen heraus ordnete schließlich Art. 1 Ziff. 25 a. a. O. an, daß gegen die Entscheidung der Einleitungsbehörde anläßlich des Antrages auf Ablehnung des Untersuchungsführers Beschwerde an die Bundesdisziplinarkammer zulässig war, die dann endgültig entschied. Die Novelle Zum Bundesdisziplinarrecht ändert an den Voraussetzungen und der Rechtsstellung des Untersuchungsführers nichts, wenn man davon absieht, daß nach § 56 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle auch die Bestellung eines Richters zum Untersuchungsführer zulässig ist. Hierbei ist in erster Linie an die „weiteren Berufsrichter" gedacht, die im Rahmen der erweiterten Besetzung in den in § 50 Abs. 3 a. a. O. genannten Fällen als Spruchrichter mitwirken sollen. Soweit sie durch diese Tätigkeit nicht voll ausgelastet sind, ist ihre Verwendung als Untersuchungsführer in Aussicht genommen; allerdings ist ein solcher Untersuchungsführer dann von der Ausübung des Richteramtes nach § 50 a a. a. O. ausgeschlossen. Die Bestellung eines Richters als Untersuchungsführer wird vor allem dann in Frage kommen, wenn es sich um eine Disziplinarsache von besonderem Umfang oder besonderen Bedeutung handelt, bei der die Durchführung der Untersuchung eine besondere forensische Erfahrung erfordert. Das Amt des Untersuchungsführers soll fernerhin nach § 56 Abs. 3 Satz 3 a. a. O. erlöschen, wenn gegen ihn das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet oder wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben worden ist. Nach § 56 Abs. 3 Satz 4 a. a. O. kann der Untersuchungsführer abberufen werden, wenn er länger als zwei Monate infolge Erkrankung dienstunfähig ist. Diese Bestimmung dient der zügigen Durchführung des Disziplinarverfahrens. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 a. a. O. gelten für die Untersuchungsführer § 51 BDO und die Vorschriften der StPO über Ausschließung und Ablehnung von Richtern entsprechend (vgl. § 67 IV S. 67 ff. und V S. 76 ff.). Uber die Ablehnung des Untersuchungsführers entscheidet nach § 56 Abs. 4 Satz 2 a. a. O. nicht mehr die Einleitungsbehörde, sondern von vornherein das Bundesdisziplinargericht; die Änderung der BDO ist aus rechtsstaatlichen Gründen notwendig.
II. RECHTSSTELLUNG Mit Rücksicht auf die besondere Bedeutung der Untersuchung im Disziplinarverfahren, die der Feststellung des Sachverhaltes dient, der in der Hauptverhandlung durch das Disziplinargericht grundsätzlich nur noch disziplinarrechtlich beurteilt wird, mußte der Gesetzgeber darauf bedacht sein, die Rechtsstellung des Untersuchungsführers in besonderer Weise zu sichern. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Untersuchung nach §§56 ff. BDO. — §§44 BDO a. F. — größere Bedeutung als der strafgerichtlichen Untersuchung nach §§ 178 ff. StPO zukommt, weil in erster das Schwergewicht der 101
§68
Der Untersuchungsführer
Beweiserhebung liegt, deren Grundlage die Anschuldigungsschrift bildet durch die die disziplinargerichtliche Entscheidung getragen ist2. Da der Untersuchungsführer entscheidend dazu beiträgt, daß der durch das Disziplinargericht zu beurteilende Tatbestand in seinen Einzelheiten objektiv festgestellt wird, muß ihm als Gerichtsorgan völlige Unabhängigkeit gesichert sein. § 56 Abs. 3 Satz 1 BDO — § 44 Abs. 3 Satz 1 BDO a. F. — bestimmt daher, daß der Untersuchungsführer in der Untersuchung unabhängig und, abgesehen von den Fällen des § 62 BDO — § 50 BDO a. F. — an Weisungen nicht gebunden ist. Nach § 50 Abs. 1 Satz 3 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, § 61 Abs.2 i. V. m. § 62 Abs. 1 Satz 3 BDO i.d.F. der Novelle muß der Untersuchungsführer den Beweisanträgen des Bundesdisziplinaranwalts stattgeben. Weiterhin muß nach § 62 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 50 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. — der Untersuchungsführer dem Antrag des Bundesdisziplinaranwalts stattgeben, die Untersuchung auf neue Punkte erstrecken, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. In den Fällen des § 62 BDO — § 50 BDO a. F. — handelt es sich jedoch um keine Weisungsgebundenheit, so daß nach der Novelle zur BDO in § 56 Abs. 3 Satzl BDO i.d.F. der Novelle die Worte, „abgesehen von den Fällen des § 50" ( § 44 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952) nicht mehr aufgenommen sind. Mit Rücksicht auf die notwendige Unabhängigkeit ist die Rechtsstellung des Untersuchungsführers der des Untersuchungsrichters im Strafverfahren weitgehend angeglichen, wobei er auch mit richterlichen Befugnissen ausgestattet ist 3 . In den Gang der Untersuchung dürfen weder die Einleitungsbehörde noch der Vorgesetzte des Beamten eingreifen. So kann dem Untersuchungsführer nicht aufgegeben werden, die Untersuchungsführung lediglich auf die Bekanntgabe des Strafurteils zu erstrecken und einen besonderen Untersuchungsbericht nicht zu fertigen 3 ». Sie haben vor allem nicht das Recht, Beweisanträge zu stellen oder Beweiserhebungen des Untersuchungsführers zu widersprechen. Weiterhin kann die Einleitungsbehörde den Untersuchungsführer nicht anweisen, die Untersuchung auf neue Anschuldigungspunkte zu erstrecken, weil dieses Recht nach § 62 Abs. 2 BDO — § 50 Abs. 2 BDO a. F. — dem Bundesdisziplinaranwalt allein zukommt4. Einen wesentlichen Verfahrensmangel, der sogar zur Aufhebung eines Disziplinarurteils der ersten Instanz führen müßte, würde es darstellen, wenn die Einleitungsbehörde dem Untersuchungsführer die Anweisung erteilen würde, in einem zusammenfassenden Bericht die Stellungnahme des Beamten zu den Zeugenaussagen auszuwerten, festzustellen, inwieweit der Beamte in den einzelnen Fällen ein Dienstvergehen begangen hat, und Stellung zu nehmen, ob das Verfahren weiter durchzuführen ist, und wenn der Untersuchungsführer diesen Weisungen nachkommen würde 6 . Das Amt des Untersuchungsführers ist höchstpersönlich6. Durch die Bestellung eines mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Unter2 Vgl. BDH 28. 11. 57 — i n D 48/56 — BDHE Bd. 2 S. 36 (38) = L i n d g e n TeilIV Nr. 370; Behnke Anm. 3 zu § 44 BDO. 3 RDHE Bd. 2 S. 141; PrOVG Bd. 84 S. 453. 3 a DokBer. Nr. 1909. 4 BDH 6. 6. 55 — I D 52/54 — BDHE Bd. 2 S. 93 — L i n d g e n Teil IV Nr. 188. 6 BDH 28. 4. 55 — II D 151/54 — BDHE Bd. 2 S. 92 (93) — L i n d g e n Teil IV Nr. 360. 6 PrOVG 14. 5. 37 in PrOVG Bd. 100 S. 202 = P e r w o S. 381.
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Bestellung
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suchungsführers soll sichergestellt werden, daß die Untersuchung, die bei der Feststellung des Sachverhalts den Schwerpunkt des Disziplinarverfahrens darstellt, in einer Hand bleibt. Aus diesem Grunde hat der Untersuchungsführer die Beweiserhebungen selbständig durchzuführen; er kann auch nicht einzelne Untersuchungshandlungen, wie z. B. die Vernehmung eines Zeugen, durch einen anderen Beamten, z. B. durch seinen Vertreter im Amt oder durch einen ihm nachgeordneten Sachbearbeiter, ausführen lassen7. Zulässig ist es jedoch ein Gericht oder eine Behörde um Rechts- bzw. um Amtshilfe zu ersuchen. Den Schlußbericht muß der Untersuchungsführer persönlich erstatten; er kann hierbei nicht als Leiter seiner Dienststelle auftreten8. Etwaige Pflichtverletzungen des Untersuchungsführers im Rahmen eines Disziplinarverfahrens können dem Dienstherrn nicht als Pflichtverletzungen zugerechnet werden9. Da er gegenüber der Einleitungsbehörde selbständig und völlig unabhängig ist, kann er nicht als „Vertreter des Dienstherrn" handeln und deshalb auch nicht diesem gegenüber dem Beamten obliegende Fürsorgepflichten wahrnehmen oder verletzten. Gegenüber dem Beamten obliegen ihm vielmehr lediglich allgemeine Amtspflichten, deren Verletzung haftungsmäßig ausschließlich nach § 839 BGB zu beurteilen ist. III. BESTELLUNG A. Voraussetzungen für die Bestellung Der Untersuchungsführer muß Beamter sein (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 40 Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — ) 10 . Hierbei ist es gleich, ob es sich um einen Beamten auf Lebenszeit oder um einen Beamten auf Probe oder auf Widerruf oder um einen Ehrenbeamten11 handelt. Mit Rücksicht darauf, daß die Untersuchung im förmlichen Disziplinarverfahren, also in einem Verfahren gegen einen Lebenszeitbeamten durchgeführt wird, wird es sich jedoch empfehlen, als Untersuchungsführer einen Beamten auf Lebenszeit auszuwählen. Es muß sich um einen Beamten handeln, der im unmittelbaren oder mittelbaren Bundes- oder Landesdienst steht. Ist der Untersuchungsführer nicht der Einleitungsbehörde unterstellt, so ist das Einverständnis seines Dienstvorgesetzten erforderlich. Tunlichst sollte der Untersuchungsführer dem Dienstgrad des Beamten angehören. Das Beamtenverhältnis muß bei der Bestellung und zumindest bis zur Erstattung des Abschlußberichtes fortbestehen. Scheidet der Untersuchungsführer aus dem Beamtenverhältnis aus oder wird er in den Ruhestand versetzt, ist ein neuer Untersuchungsführer zu bestellen, der die bisherigen Untersuchungshandlungen wiederholen muß, sofern er sie für die Wahrheitsfindung für erforderlich hält. Auch Richter können zum Untersuchungsführer bestellt werden (vgl. § 56 Abs. 2 BDO). Ist die Bestellung eines Richters beim Bundesdisziplinargericht zum Untersuchungsführer angezeigt, teilt dies die Einleitungsbehörde dem Präsidenten des Bundesdisziplinargerichts mit ( W Nr. 1 Satz 1 zu § 56 7 BDH 11. 4. 56 — II D 97/55 — BDHE Bd. 3 S. 81 — L i n d g e n Teil IV Nr. 308; DokBer. Nr. 1059. 8 BDH 14. 7. 54 — I D 82/53 — BDHE Bd. 2 S. 87 = L i n d g e n Teil IV Nr. 83. 9 BGH 3 . 1 1 . 55 — III ZR 148/54 — BGHZ Bd. 18 S. 373 = NJW 1956 S. 58 = LM § 36 DBG Nr. 8. 1 0 So schon für das frühere Recht PrOVG 10. 1. 36 — I. D. 72/35 — P e r w o S. 362. 1 1 DiszSenat OVG Münster 15. 9. 61 — V 14/61 — OVGE (DiszS) Bd. 2 S. 46.
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Der Untersuchungsführer
BDO). Der Präsident entscheidet, ob ein Richter als Untersuchungsführer benannt werden kann ( W Nr. 1 Satz 2 zu § 56 BDO). Die Einleitungsbehörde bestellt den ihr benannten Richter zum Untersuchungsführer und übersendet dem Präsidenten eine Abschrift der Bestellung ( W Nr. 1 Satz 3 zu § 56 BDO). Der Untersuchungsführer muß die Befähigung zum Richteramt oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 44 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. —). Nach dem bisherigen Recht konnte jeder Beamte zum Untersuchungsführer bestellt werden. Die strengen Voraussetzungen die nunmehr an das Amt des Untersuchungsführers gestellt werden, ergeben sich aus der Wichtigkeit, die die Untersuchung bei der Wahrheitsfindung im Disziplinarrecht einnimmt. Grundsätzlich soll die Vereidigung eines Zeugen durch einen Richter oder zumindest durch eine zum Richteramt befähigte Person vorgenommen werden. Der Untersuchungsführer kann nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO aus den gleichen Gründen wie ein Richter oder Beamtenbeisitzer nach § 51 BDO i.d.F. der Novelle ausgeschlossen werden (vgl. § 56 Abs. 4 Satz 1 BDO i.d.F. der Novelle). Im einzelnen siehe § 67 IV B S. 67ff. Daß der Untersuchungsführer Funktionen des Dienstvorgesetzten gegen den Beamten wahrnimmt, stellte bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO keinen Grund für einen Ausschluß dar, wenn es sich auch nicht empfahl, den Dienstvorgesetzten hierzu zu bestellen. Wurde der Dienstvorgesetzte zum Untersuchungsführer bestellt, so mußte er die Untersuchung in richterlicher Unabhängigkeit und frei von Weisungen seines eigenen Dienstvorgesetzten führen. Auf jeden Fall war aber schon nach dem früheren Recht die Bestellung des Dienstvorgesetzten als Untersuchungsführer dann unzulässig, wenn er bereits Ermittlungen zu einer dem Beamten vorgeworfenen Verfehlung geführt hatte12. Aus den gleichen Gründen hatte es sich auch nicht empfohlen, den Vorgesetzten des Beamten oder einen Personalreferenten oder -Sachbearbeiter zum Untersuchungsführer zu bestellen. Vgl. § 67 IV B S. 68 für die durch die Novelle bedingten Änderungen. Ein Beamter war bereits vor Inkrafttreten der Novelle zur BDO dann von der Ausübung des Amtes als Untersuchungsführer kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er zuvor in der gleichen Sache Vorermittlungen nach § 26 BDO i. d. F. der Novelle geführt hatte. Dabei war es nicht entscheidend, daß er sie selbst veranlaßt und allein durchgeführt hatte; wesentlich war vielmehr, daß er zur Erforschung des Sachverhalts und zur Beeinflussung des Verfahrens tätig gewesen war, selbst wenn dies nur in untergeordneter Weise geschehen war13. Dies ergab sich aus § 22 Ziff. 4 StPO i. V. m. § 20 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, wonach ein Richter von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist, wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft oder als Polizeibeamter tätig gewesen war. Der Dienstvorgesetzte bzw. der von ihm beauftragte Beamte hat im Ermittlungsverfahren nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — die Stellung des Staatsanwaltes, weil er sich bereits in diesem BDH 28. 4. 55 — II D 151/54 — BDHE Bd. 2 S. 90 — Lindgen Teil IV Nr. 360. BDH 24. 1. 61 — n D 38/59 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 314 (LS); DisH Rh.Pfalz 23. 9. 60 — W 4/60 — AS Bd. 8 S. 136 = RiA 1961 S. 16 = Lindgen Teil IV Nr. 429; a.M. DStH Lüneburg 13.7.59 — DStB 3/59 — AS Bd. 14 S. 493 — Lingen Teil IV Nr. 407; a.M. Behnke, Anm. 11 zu §44 BDO. 12
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Bestellung
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Verfahrensstadium ein Urteil über den Beamten zu bilden hat und schon deshalb dem Beamten in der nachfolgenden Untersuchung nicht mehr unbefangen gegenübertreten kann. Die Durchführung der Vorermittlungen durch den Dienstvorgesetzten oder den von ihm beauftragten Beamten entspricht der Einleitung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gemäß § 160 StPO14. Hieran ändert sich auch durch die dem Beamten durch § 44c Abs. 3 StPO eingeräumte Möglichkeit nichts, den Untersuchungsführer wegen Befangenheit abzulehnen; im allgemeinen ist dem Beamten das Ablehnungsrecht nicht bekannt, und überdies macht er selbst bei Kenntnisnahme von diesem Recht keinen Gebrauch, weil er sich hierdurch nach seiner Auffassung schadet. Auch sonstige im Vorermittlungsverfahren tätig gewesene Beamte sind kraft Gesetzes vom Amt des Untersuchungsführers ausgeschlossen16. Es genügt z.B., daß der Beamte für den beurlaubten Amtsvorsteher den Bericht über das Ergebnis der Vorermittlungen unterzeichnet oder daß er nach Einleitung des Disziplinarverfahrens außerhalb der Untersuchung einen Zeugen vernommen hat 16 . Auch der Leiter der Einleitungsbehörde sowie sein amtlich bestellter Verteter konnten bereits vor Inkrafttreten der Novelle zur BDO nicht als Untersuchungsführer tätig werden 17 . Dies galt auch für den Referenten und den Abteilungsleiter, die mit der Disziplinarsache Befassung hatten; die Aufgaben des Untersuchungsführers und die der Einleitungsbehörde können nicht von demselben Beamten wahrgenommen werden, weil die Unparteilichkeit des ersteren dann nicht mehr gewährleistet ist, wenn er irgendwie mit dem Gegenstand des Disziplinarverfahrens Befassung hatte18. Mit der Tätigkeit als Untersuchungsführer ist es nicht vereinbar, daß der Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts zum Untersuchungsführer bestellt wird 19 . Auch umgekehrt kann der Untersuchungsführer nach Erstattung des Abschlußberichts nicht zum Beauftragten des Bundesdisziplinaranwals bestellt werden, weil das Amt des Untersuchungsführers mit der Übersendung des Abschlußberichts an die Einleitungsbehörde nicht endet 20 . Dies gilt allerdings nur für den Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts, der mit der jeweiligen Disziplinarsache Befassung hat. Wird der Beauftragte eines anderen Bezirks oder einer anderen Fachverwaltung zum Untersuchungsführer bestellt, so bestehen hiergegen keine Bedenken. Ebenso kann ein Beamter, der in irgendeinem Verfahren als Untersuchungsführer bestellt war, zum Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts bestellt werden; er kann jedoch in dem Verfahren keine Funktionen des Bundesdisziplinaranwalts ausüben, in dem er irgendwelche Untersuchungshandlungen ausgeübt hat. Wird der UnterM ü l l e r - F l e c k - L a h m Anm. II 2a zu § 24 LDO Rh.-Pfalz. A. M. DStH Lüneburg 13. 7. 59 — DStB 3/59 — AS Bd. 14 S. 493 = L i n d g e n Teil IV Nr. 407; vgl. auch Behnke Anm. 13 2. Abs. zu § 44 BDO. 16 BDH 15. 5. 62 — I D 20/62 — in NDBZ 1963 S. 31 = ZBR 1963 S. 28. 1 7 PrOVG Bd. 97 S. 234; RVB1. Bd. 58 S. 104 (105); JW 1936 S. 3280; RÜHE Bd. 2 S. 101; DStK beim V G Stuttgart 3. 9. 55 — DV 9/55 — in BWVB1.; vgl. auch B e h n k e Anm. V I zu § 44 RDStO. 1 8 RDH 26. 10. 38 — I D 80 — W i t t l a n d Anm. 5 zu § 44 RDStO; vgl. jedoch auch PrOVG in RVB1. Bd. 58 S. 104 (105). 1 9 BDH 20. 3. 56 — I D 90/54 — BDHE Bd. 3 S. 58 = L i n d g e n Teil IV Nr. 306; für das frühere Recht vgl. hinsichtlich des Vertreters der Einleitungsbehörde PrOVG 17. 3. 36 — I. D. 113/35 — in PrOVG Bd. 97 S. 234 = P e r w o S. 364. 20 BDH 20. 3. 56 — I D 90/54 — BDHE Bd. 4 S. 60 = L i n d g e n Teil IV Nr. 306 = DokBer. Nr. 620. 14
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Der Untersuchungsführer
suchungsführer später zum Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts bestellt, und wird er in der Disziplinarsache als solcher tätig und rügt dies der Beamte nicht, so liegt allerdings kein schwerer, die Zurückweisung begründender Verfahrensmangel vor; allerdings darf der Untersuchungsführer nach seiner Bestellung zum Beauftragten keine Untersuchungshandlungen mehr vorgenommen haben 21 . Als Untersuchungsführer war schließlich bereits vor Inkrafttreten der Novelle zur BDO kraft Gesetzes ausgeschlossen, wer durch das Dienstvergehen verletzt, wer Ehegatte oder Vormund des Beamten, wer mit dem Beamten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert war, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr bestand, oder wer in der Disziplinarsache als Zeuge oder als Sachverständiger vernommen oder wer als Verteidiger des Verletzten oder als Verteidiger des Beamten in der Disziplinarsache tätig gewesen war (vgl. § 22 StPO). Wird ein Nichtbeamter zum Untersuchungsführer bestellt, so ist die Bestellung nichtig; die von ihm vorgenommenen Untersuchungshandlungen sind wirkungslos 22 . Das Verfahren ist auch dann unzulässig, wenn ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Beamter zum Untersuchungsführer bestellt wird, weil die Untersuchung einen wesentlichen und notwendigen Bestandteil des förmlichen Disziplinarverfahrens darstellt, auf deren ordnungsgemäße Durchführung nicht verzichtet werden kann, falls nicht die Einleitungsbehörde von vornherein von ihr absieht; ein solcher Mangel muß zur Einstellung des Verfahrens führen 23 . Nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO kann allerdings auch ein Richter zum Untersuchungsführer bestellt werden (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). B. Bestellung durch die Einleitungsbehörde Der Untersuchungsführer wird von der Einleitungsbehörde mit oder nach der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens bestellt (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 44 Abs. 2 Sazt 1 BDO a. F. —). Die oberste Dienstbehörde konnte sich die Bestellung des Untersuchungsführers für bestimmte, ihrer Aufsicht unterstehende Gruppen von Beamten allgemein vorbehalten (vgl. Nr. 3 Satz 2 DVO zu § 29 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952). Im übrigen kann der Untersuchungsführer nur von der Behörde bestellt werden, die das Disziplinarverfahren eingeleitet hat24. Über die Bestellung zum Untersuchungsführer wird dem Beamten keine besondere Urkunde ausgehändigt. Er erhält vielmehr von der Untersuchungsbehörde lediglich den schriftlichen Untersuchungsauftrag, in dem keine nähere Anweisungen über die Art und Weise der Untersuchung enthalten sein dürfen. Die Bestellung zum Untersuchungsführer wird dem Beamten und dem Bundesdisziplinaranwalt mitgeteilt (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 44 Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — ). Der Untersuchungsführer ist zur Annahme des Amtes verpflichtet. Wird der Beamte einer anderen Fachverwaltung zum Untersuchungsführer beBDH 20. 3. 56 — I D 90/54 — BDHE Bd. 4 S. 60 = L i n d g e n Teil IV Nr. 620. Vgl. für das frühere Recht PrOVH Bd. 97 S. 230; RVB1. Bd. 57 S. 190 und S. 925 und RÜHE Bd. 1 S. 107. 23 DH Rh.-Pfalz 23. 9. 60 — W 4/60 — in RiA 1961 S. 16. 24 PrOVG in RVB1. 1937 S. 103. 21
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Ablehnung wegen Befangenheit
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stellt, so ist hierzu die Einwilligung seines Dienstvorgesetzten erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn die der obersten Dienstbehörde nachgeordnete Behörde einen ihr nicht unterstellten Beamten bestellt. Ist keine Einwilligung erteilt, so hat dies nur interne Bedeutung und ist auf die Bestellung ohne Einfluß. Ein Beamter ist erst dann wirksam zum Untersuchungsführer bestellt, wenn die ihm auf seine Bestellung gerichtete Willenserklärung der Einleitungsbehörde schriftlich oder mündlich zugeht. Enthält die dem Beamten zugestellte Einleitungsverfügung die Mitteilung, daß ein namentlich genannter Beamter zum Untersuchungsführer bestellt ist, so hindert dies, solange dieser Beamte noch nicht w i r k s a m zum Untersuchungsführer bestellt ist, die Einleitungsbehörde nicht, einen anderen Beamten zum Untersuchungsführer zu bestellen25. Die Einleitungsbehörde kann nur einen Beamten zum Untersuchungsführer bestellen. Handelt es sich um eine umfangreiche Disziplinarsache, so ist der Untersuchungsführer von seinen übrigen Dienstgeschäften für die Dauer oder einen Teil der Untersuchung freizustellen. Es ist auch nicht möglich, einen Vertreter des Untersuchungsführers zu bestellen26. Daß auch die Bestellung eines Hilfsuntersuchungsführers nicht mehr in Frage kommt, ist bereits unter I gezeigt. Ein Wechsel in der Person des Untersuchungsführers ist nur dann zulässig, wenn er unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen ausscheidet oder abberufen wird. Gegen die Bestellung zum Untersuchungsführer stehen dem Beamten und dem Bundesdisziplinaranwalt kein Rechtsmittel, sondern lediglich die Dienstaufsichtsbeschwerde zu27. IV. ABLEHNUNG WEGEN BEFANGENHEIT Das Amt des Untersuchungsführers erlischt zunächst einmal, wenn er mit Erfolg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden ist. Der Untersuchungsführer kann vom Beamten und Bundesdisziplinaranwalt unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Richter oder Beisitzer eines Disziplinargerichts abgelehnt werden (vgl. § 24 StPO i. V.m. § 25 BDO — § 20 BDO a. F. —). Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle gelten für die Ausschließung und Ablehnung des Untersuchungsführers die für die Richter geltenden Vorschriften und § 51 BDO i. d. F. der Novelle entsprechend. Die Einzelheiten hierzu sind bereits in § 67 V S. 76 ff. dargestellt. Aus der Tatsache allein, daß der Untersuchungsführer Vorgesetzter des Beamten ist, war vor Inkrafttreten der Novelle zur BDO im allgemeinen noch kein Grund für eine Ablehnung zu sehen. Der Untersuchungsführer kann erst recht nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden, weil er der gleichen Behörde wie der Beamte oder der Leiter der Einleitungsbehörde angehört. Bedenken gegen die Bestellung als Untersuchungsführer könnten bei einem solchen Beamten jedoch dann bestehen, wenn er in der gleichen Materie wie der Beamte verwaltend tätig wäre und hierbei Weisungen des Dienstvor26 DiszSenat OVG Münster 24. 11. 58 — V 6/58 — L i n d g e n Teil IV Nr. 281 = DöD 1959 S. 73. 26 RDStH 27. 7. 39 — II D 15/39. 27 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 442 und bei F o e r s t e r - S i m o n s 1935 S. 134 (135); Behnke Anm. 12 zu §44 BDO; W i t t l a n d Anm. 7 zu § 44 RDStO.
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Der Untersuchungsführer
gesetzten, folgen müßte28. Ein Grund zur Ablehnung des Untersuchungsführers besteht dann, wenn er im Laufe der Untersuchung eine Anzeige oder eine Beschwerde an die Staatsanwaltschaft entwirft, um dadurch die strafgerichtliche Verfolgung des Beamten herbeizuführen29. Ein objektiv begründeter Verdacht der Parteilichkeit hinwiederum genügt nicht für eine Ablehnung wegen Befangenheit 30 . Die Ablehnung wegen Befangenheit kann in jeder Lage des Disziplinarverfahrens bis zum Abschluß der Untersuchung beantragt werden. Das Ablehnungsgesuch ist bei der Einleitungsbehörde einzureichen. Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; auf das Zeugnis des Untersuchungsführers kann hierbei Bezug genommen werden. Der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Über den Ablehnungsgrund hat sich der Untersuchungsführer zu äußern. Bis zur Erledigung des Antrages auf Ablehnung hat er nur solche Untersuchungshandlungen vorzunehmen, die einen Aufschub nicht zulassen (vgl. § 29 StPO); bei späterem Erfolg der Ablehnung kann das Disziplinargericht die Wiederholung der inzwischen vorgenommenen Untersuchungshandlungen anordnen. Über das Ablehnungsgesuch entschied die Einleitungsbehörde (§ 44 Abs. 3 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952); diese Regelung steht im Widerspruch zu § 27 Abs. 3 Satz 1 StPO, wonach im Strafverfahren das Landgericht über die Ablehnung des Untersuchungsrichters entscheidet. Aus rechtsstaatlichen Gründen sieht deshalb die Novelle zur BDO vor, daß über die Ablehnung des Untersuchungsführers das zuständige Bundesdisziplinargericht endgültig entscheidet (vgl. § 56 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Einleitungsbehörde entschied vor Inkrafttreten der Novelle zur BDO auch dann, wenn sich der Untersuchungsführer selbst für befangen hielt; er konnte sein Amt in einem solchen Falle nicht von selbst, sondern erst nach einer Entscheidung der Einleitungsbehörde niederlegen. Liegen die Voraussetzungen des § 26 a StPO vor, ist die Ablehnung z. B. verspätet vorgebracht, so verwirft der Untersuchungsführer das Ablehnungsgesuch selbst (vgl. § 26a Abs. 2 Satz 3 StPO). Hiergegen ist allerdings Beschwerde an die Kammer zulässig, die dann endgültig entscheidet (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO). Im einzelnen vgl. § 67 V C 5 S. 84ff. Gegen die Entscheidung der Einleitungsbehörde, die den Ablehnungsantrag ablehnte, war Beschwerde an die Bundesdisziplinarkammer binnen einer Woche zulässig, (vgl. § 44 Abs. 3 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1962, §311 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdefrist begann mit der Bekanntmachung der Entscheidung (§§311 Abs. 2 Satzl Halbsatz 2, 35 StPO). Die Einlegung der Beschwerde erfolgte bei der Einleitungsbehörde. Die Einlegung bei der Bundesdisziplinarkammer genügte zur Wahrung der Frist, auch wenn der Fall nicht für dringlich erachtet wurde (§311 Abs. 2 Satz 2 StPO). War die Beschwerde unzuständigkeitshalber beim Bundesdisziplinarhof eingereicht, so konnte er dieselbe an die zuständige Bundesdisziplinarkammer verweisen. Die Einleitungsbehörde war zu einer Abänderung ihrer durch die Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt (vgl. § 311 Abs. 3 StPO). Die Bundesdiszi2 8 Vgl. DokBer. Nr. 1757; BVerfGE Bd. 4 S. 331 (344ff.); BSG Gr. Senat in NJW 1960 S. 2165; Haueisen in DöV 1962 S. 161 (163/4). 29 Vgl. BDH 11. 4. 56 — H D 97/55 — BDHE Bd. 3 S. 81 = L i n d g e n Teil IV Nr. 308. 30 DokBer. Nr. 942.
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Beendigung des Amtes als Untersuchungsführer
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plinarkammer entschied endgültig (vgl. § 44 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BDO a. F.). Der Ausdruck „endgültig" in § 44 Abs. 3 Satz 4 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, § 56 Abs.4 Satz2 BDO i.d.F. der Novelle hat lediglich materielle Bedeutung. Somit ist die Ablehnung des Untersuchungsführers im weiteren Verfahren vor dem Disziplinargericht nicht mehr möglich 31 . Hätte der Ausdruck „endgültig" hier nur formelle Bedeutung, so würde dies nur bedeuten, daß ein weiteres Rechtsmittel an den Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig ist, ohne daß damit dem Beamten die Möglichkeit genommen werden würde, die Ablehnungsgründe nach Rechtshängigkeit der Disziplinarsache beim Disziplinargericht erneut geltend zu machen. Daß das Wort „endgültig" nur im materiellen Sinne verstanden werden kann, ergibt sich aus den Motiven zu § 44 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952; hiernach wird die Einfügung des § 44 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 mit der Erwägung begründet, daß die Beschwerde gegen das Ablehnungsgesuch der Einleitungsbehörde lediglich auf Grund des Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich war 32 . Hätte der Gesetzgeber den Begriff „endgültig" nicht im materiellen Sinne verstanden, so hätte es einer dem Art. 19 Abs. 4 GG genügenden Regelung nicht bedurft, wenn die formell endgültige Entscheidung der Einleitungsbehörde ohnehin im späteren Verlauf des Disziplinarverfahrens durch das Disziplinargericht hätte überprüft werden können. Somit kann also der Beamte insbesondere nach Gerichtshängigkeit der Hauptsache die Befangenheit des Untersuchungsführers nicht mehr geltend machen. Dies gilt auch für die Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts nach § 56 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle. Hatte die Einleitungsbehörde dem Ablehnungsantrag stattgegeben, so kam eine Beschwerde nicht in Frage (vgl. § 28 Abs. 1 StPO). Dies ergab sich nicht aus dem Wortlaut, sondern aus dem Sinne des § 44 Abs. 3 Satz 4 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, der lediglich zugunsten des Beamten eine Rechtsschutzgarantie schaffen sollte. Ist der Untersuchungsführer mit Erfolg abgelehnt, so haben nur die von ihm nach § 29 StPO vorgenommenen Rechtshandlungen Wirksamkeit, es sei denn daß das Disziplinargericht deren nochmalige Durchführung angeordnet hat. Sämtliche sonstigen Untersuchungshandlungen sind rechtsunwirksam 33 und müssen durch den nunmehr ernannten Untersuchungsführer nachgeholt werden, sofern sie dieser für die Beweiserhebung als notwendig erachtet. V. BEENDIGUNG DES AMTES ALS UNTERSUCHUNGSFÜHRER A. Ausschluß als Untersuchungsführer Bereits in III A S. 103 ff. ist dargestellt worden, daß ein Beamter von der Ausübung des Amtes als Untersuchungsführer kraft Gesetzes unter den in §22 3 1 DiszH Rh.-Pfalz 23. 12.60 — W6/60 — Lindgen Teil IV Nr. 627; vgl. jedoch Behnke Anm. 11 zu § 33 BDO; PrOVG 13. 6. 30 in OVGE Bd. 86 S. 417 und PrOVG 28. 7. 36 in PrOVG Bd. 99 S. 258; W i t t l a n d Die preußischen Dienststrafordnungen S. 295 Nr. 13, wobei es sich allerdings um die Verweisung von einer unzuständigen Disziplinarkammer an die Zuständige Disziplinarkammer handelte; vgl. auch §§ 41,178 und 180 VwGO; K ö h l e r Anm. II 1 zu § 178 VwGO. 82 BDH 12.12. 61 — II D 49/60 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 314 (LS) = L i n d g e n Teil IV Nr. 606 = DokBer. Nr. 1368 = BDHE Bd. 6 S. 45. 33 Vgl. Bundestagsdrucksache Nr. 3594 Ziff. 25 c.
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Nr. 1 bis 5 StPO genannten Voraussetzungen ausgeschlossen ist. Wird er dennoch zum Untersuchungsführer ernannt, so sind die nach Eintritt des Ausschließungsgrundes vorgenommenen Untersuchungshandlungen wirkungslos 34 . Weist der Beamte oder Bundesdisziplinaranwalt in einem Gesuch auf Ablehnung des Untersuchungsführers auf einen solchen Ausschließungsgrund hin, so bedarf es erst keiner Entscheidung der Einleitungsbehörde oder des Disziplinargerichts, weil die Ernennung eines solchen Beamten zum Untersuchungsführer nichtig ist, so daß die Ernennung eines anderen Untersuchungsführers nicht erst von der Abberufung des zu Unrecht ernannten Untersuchungsführers abhängig ist. Die Feststellung der Einleitungsbehörde bzw. des Disziplinargerichts, daß beim ernannten Untersuchungsführer ein Ausschließungsgrund nach § 22 StPO vorgelegen hat, hat somit nur deklaratorische Bedeutung; anders wäre es nur dann, wenn der Ausschließungsgrund erst im Laufe der Untersuchung aufgetreten ist. Nach § 56 Abs. 4 der Novelle zur BDO kann der Untersuchungsführer aus den in § 51 der Novelle genannten Gründen ausgeschlossen werden. Im einzelnen siehe § 67 IV B S. 69 ff. B. Erlöschen des Amtes als Untersuchungsführer Das Amt des Untersuchungsführers erlischt aus den gleichen Gründen wie das Amt eines Beisitzers des Disziplinargerichts nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BDO (vgl. § 56 Abs. 3 Satz 2 BDO i.d.F. der Novelle, wobei § 40 Abs. 1 Nr. 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 nunmehr durch § 56 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle ersetzt wird). Das Amt eines Beisitzers erlischt nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. der Novelle, wenn er im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe oder im förmlichen Disziplinarverfahren zu einer schwereren Strafe als Geldbuße rechtskräftig verurteilt wird, nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BDO i. d. F. der Novelle, wenn er in ein Amt außerhalb des Bezirkes der Kammer versetzt wird und nach § 54 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle, wenn er auf andere Weise als durch Versetzung oder Beförderung aus dem Hauptamt ausscheidet, das er bei seiner Bestellung bekleidet hat. Im einzelnen siehe § 67 VII B S. 88 ff. Schwebte gegen den Untersuchungsführer ein Strafverfahren oder ein förmliches Disziplinarverfahren, bei dem voraussichtlich auf eine der in § 54 Nr. 1 BDO — § 40 Nr. 1 BDO a. F. — genannten Maßnahmen erkannt worden wäre, so trat dennoch kein Ruhen des Amtes des Untersuchungsführers ein. Dies kam jedoch dann in Frage, wenn er nach § 91 BDO — § 78 BDO a. F. — vorläufig des Dienstes enthoben worden wäre. Wird ihm dagegen nach § 60 BBG die Fortführung der Dienstgeschäfte verboten, so konnte er trotzdem die Untersuchung fortführen 36 . Die Novelle zur BDO sieht in § 56 Abs. 3 Satz 2 vor, daß das Amt des Untersuchungsführers erlischt, wenn gegen ihn das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet oder wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens die öffentliche Klage im strafge34 36
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RDHE Bd. 2 S. 141 (143). W i t t l a n d Anm. 11 zu § 44 RDStO.
Beendigung des Amtes als Untersuchungsführer
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richtlichen Verfahren erhoben wird. Wenn auch die Möglichkeit besteht, daß der Untersuchungsrichter in beiden Verfahren sogar wegen erwiesener Unschuld freigesprochen wird, wird er dennoch schon aus optischen Gründen während des Schwebens dieser Verfahren kaum irgendwelche Untersuchungshandlungen ausführen, was jedoch zu einer nicht zu verantwortenden Verzögerung des Disziplinarverfahrens, in dem er als Untersuchungsführer eingesetzt ist, führen dürfte. Trotzdem erscheint die in der Novelle vorgesehene Erweiterung der Erlöschensgründe durchaus berechtigt. C. Abberufung des Untersuchungsführers Abgesehen von den Fällen, wo das Amt des Untersuchungsführers erlischt, soll die Einleitungsbehörde grundsätzlich keine Möglichkeit haben, den einmal bestellten Untersuchungsführers von diesem Amt abzuberufen. Hierdurch könnte ein Eingriff in die Unabhängigkeit des Amtes als Untersuchungsführer geschehen. So wie die Einleitungsbehörde ihm bezüglich der Durchführung der Untersuchung keine Weisungen erteilen kann, so soll sie auch keine Möglichkeit erhalten, ihn von seinem Amt abzuberufen, wenn er die Untersuchung nicht in dem Sinne führt, wie es sich die Einleitungsbehörde vorgestellt hat. Dies kann auch dann nicht geschehen, wenn die Einleitungsbehörde die Ansicht vertritt, daß der Untersuchungsführer die Untersuchung zugunsten des Beamten führt, indem er nach deren Auffassung z. B. die Belastungszeugen nicht eingehend gehört oder von einer eventuellen Vereidigung solcher Zeugen keinen Gebrauch gemacht hat. § 56 Abs. 3 Satz 4 BDO i. d. F. der Novelle sieht lediglich vor, daß der Untersuchungsführer nur dann abberufen werden kann, wenn er dienstunfähig und mit der Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Monate nicht zu rechnen ist. Es würde gegen den Sinn dieser Vorschrift verstoßen, wenn die Einleitungsbehörde dem Untersuchungsführer den Rat erteilen würde, sich auf längere Zeit krank zu melden, um so einen Vorwand für seine Abberufung als Untersuchungsführer zu schaffen. D. Freiwilliger Rücktritt des Untersuchungsführers Wenn der Beamte auch im Hinblick auf § 64 BBG zur Übernahme des Amtes als Untersuchungsführers verpflichtet ist, so kann sein Amt dennoch auf Grund seines freiwilligen Rücktritt erlöschen, obgleich derartiges nicht in § 56 BDO — § 44 BDO a. F. — der Novelle vorgesehen ist. Eine Ablösung vom Amt als Untersuchungsführer auf Grund seines freiwilligen Rücktritts wird nur bei dringenden Gründen, wie z.B. bei Arbeitsüberlastung oder ernstlicher Krankheit, in Frage kommen. Bei der Entscheidung über ein solches Rücktrittsgesuch dürfte äußerste Vorsicht geboten sein. Insbesondere ist hierbei zu prüfen, ob der Untersuchungsführer sich zu diesem Gesuch aus nicht in seiner Person liegenden Gründen, wie z. B. auf Grund einer dringenden Empfehlung seines Dienstvorgesetzten oder der Einleitungsbehörde, hierzu gezwungen gesehen hat. Die Ausübung irgendwelchen Druckes auf den Untersuchungsführer, sein Amt vor Abschluß der Untersuchung niederzulegen, würde einen schweren Eingriff in die Rechtsflege bedeuten und müßte im förmlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich mit der schwersten Disziplinarmaßnahme geahndet werden. 111
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Der Untersuchungsführer
E. Sonstige Beendigungsgründe des Amtes als Untersuchungsführer Abgesehen von der rechtskräftigen Beendigung bzw. Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens endet das Amt des Untersuchungsführers durch Tod oder durch Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis, wie z. B. den Eintritt in den Ruhestand. Der Übertritt zu einem anderen Dienstherrn stellt keinen Beendigungsgrund dar. Wenn die Einleitungsbehörde einen Untersuchungsführer bestellt hat, kann sie die Ausübung seiner Funktionen nicht dadurch gegenstandslos machen, daß sie nachträglich von einer Untersuchung Abstand nimmt 36 . Enthält die dem zur Verantwortung gezogenen Beamten zugestellte Einleitungsverfügung die Mitteilung, daß ein namentlich benannter Beamter zum Untersuchungsführer bestellt sei, so hindert das aber nicht, solange dieser Beamte noch nicht wirksam zum Untersuchungsführer bestellt worden ist, einen anderen Beamten zum Untersuchungsführer zu bestellen37. Ist der Untersuchungsführer wirksam ernannt, so ist eine Abberufung gegen seinen Willen nicht mehr möglich 38 . VI. AUFGABEN DES UNTERSUCHUNGSFÜHRERS Die Hauptaufgabe des Untersuchungsführers besteht in der Feststellung des Sachverhalts, in der hierfür vorgesehenen Untersuchung im Wege der Beweiserhebungen, wobei vor allem die Vernehmung des Beamten, von Zeugen und Sachverständigen nach § 58 Satz 1 — § 46 Satz 1 BDO a. F. — in Frage kommt. Zeugen und Sachverständige können hierbei eidlich gehört werden. Nach § 58 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle darf der Untersuchungsführer Zeugen und Sachverständige eidlich nur dann vernehmen, wenn es zur Sicherung des Beweises erforderlich ist. Darüber hinaus konnte der Untersuchungsführer B e s c h l a g n a h m e n u n d D u r c h s u c h u n g e n a n o r d n e n und sie durch die dazu berufenen Behörden ausführen lassen ( § 4 6 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Hierbei ist zu beachten, daß der Bundesdisziplinaranwalt und Polizeibehörden nicht befugt waren, eine Beschlagnahme oder Durchsuchung im Disziplinarverfahren anzuordnen (§46 Satz 3 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952). Nach § 58 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle dürfen Beschlagnahmen und Durchsuchungen nur auf Anordnung des örtlich zuständigen Amtsrichters, bei Gefahr im Verzuge auch auf Anordnung des Untersuchungsführers, durch die dazu berufenen Behörden durchgeführt werden. Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Geisteszustand des Beamten kann der Untersuchungsführer bei dem Disziplinargericht der ersten Instanz b e a n t r a g e n , daß es die U n t e r b r i n g u n g des B e a m t e n in e i n e r ö f f e n t l i c h e n H e i l - oder P f l e g e a n s t a l t anordnet (vgl. § 60 Abs. 1 BDO — § 48 Satz 1 BDO a. F. —). Im einzelnen hierzu siehe § 43 Bd. 1 S. 388 ff. Nach Abschluß der Untersuchung legt der Untersuchungsführer die Akten mit einem zusammenfassenden Bericht der Einleitungsbehörde vor (§ 63 Abs. 2 BDO — § 51 Abs. 2 BDO a. F. —). Im einzelnen hierzu siehe § 95 XIV B S. 668fF. Damit endet die Untersuchung noch nicht. Sie kann bis 38 37 38
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BDH 6. 3. 56 — I D 94/54 — L i n d g e n Teil IV Nr. 127 = JZ 1956 S. 366. DiszSenat OVG Münster 2 4 . 1 1 . 5 8 — V 6/58 — L i n d g e n Teil IV Nr. 281. PrOVG Bd. 97 S. 230 (233).
Beschwerden gegen Maßnahmen des Untersuchungsführers
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zur Anhängigkeit des förmlichen Disziplinarverfahrens vor der Kammer auf Grund von Beweisanträgen des Bundesdisziplinaranwalts fortgesetzt werden. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn neue Anschuldigungspunkte zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden sollen (vgl. § 53 Abs. 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 67 Abs. 3 BDO i.d.F. der Novelle). Verwertet die Anschuldigungsschrift Tatsachen, zu denen sich der Beamte in der Untersuchung nicht hat äußern können, so kann der Vorsitzende der Kammer die Anschuldigungsschrift an den Bundesdisziplinaranwalt zur Beseitigung der Mängel zurückgeben (§ 53 Abs. 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 67 Abs. 4 BDO i. d. F. der Novelle). Selbst wenn das Verfahren bereits vorm Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, kann sich nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 BDO —§ 73 Abs. 1 Nr. 3 BDO a. F. — die Möglichkeit ergeben, daß das Verfahren aufgehoben und die Sache an die Kammer zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird, wenn weitere Aufklärungen für erforderlich gehalten werden. Diese Erhebungen können entweder durch die Kammer selbst oder durch den Untersuchungsführer nach § 53 Abs. 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 67 Abs. 4 BDO i. d. F. der Novelle angestellt werden. Aus diesen Gründen kann mit der Fertigung des Schlußberichts nicht von einem Ende der Untersuchung gesprochen werden. VH. BESCHWERDEN GEGEN MASSNAHMEN DES UNTERSUCHUNGSFÜHRERS Mit Rücksicht auf die in § 56 Abs. 3 Satz 1 BDO — § 44 Abs. 3 Satz 1 BDO a. F. — zugesicherte Unabhängigkeit sind die vom Untersuchungsführer im Verlaufe der Untersuchung getroffenen Maßnahmen grundsätzlich nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Ebenso ist die Einleitungsbehörde nicht berechtigt, dem Untersuchungsführer auf Grund einer Dienstaufsichtsbeschwerde irgendwelche Anweisungen hinsichtlich der Art und der Durchführung der Untersuchung zu erteilen. Der Beamte kann also weder im Wege der formellen noch im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Einleitungsbehörde einen Eingriff in die vom Untersuchungsführer durchgeführte Untersuchung erreichen. Dies gilt insbesondere für die vom Untersuchungsführer abgelehnte Beweisanträge. Anders ist dies lediglich bei den vom Bundesdisziplinaranwalt gestellten Beweisanträgen, denen der Untersuchungsführer nach § 50 Abs. 1 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, § 61 Abs. 2 i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 3 BDO i.d.F. der Novelle nachzukommen hat. Fühlt sich der Beamte durch die Ablehnung eines von ihm gestellten Beweisantrages benachteiligt, so bleibt ihm nichts anderes übrig, als beim Bundesdisziplinaranwalt auf die Stellung eines entsprechenden Beweisantrages zu dringen. Der die Beweiserhebung anordnende oder ablehnende Beschluß des Untersuchungsführers kann übrigens nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden (§ 61 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Gleiches gilt auch für die Erstreckung der Untersuchung auf neue Anschuldigungspunkte. Kommt der Untersuchungsführer einer entsprechenden Anregung der Einleitungsbehörde nicht nach, so muß sie einen solchen Antrag durch den Bundesdisziplinaranwalt stellen lassen. Die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Untersuchungsführer richtet sich an die Einleitungsbehörde, sofern sie sich auf die Art und Weise der 8 Lindgen, Disziplinarrecht n
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Der Untersuchungsführer
Durchführung der Untersuchung bezieht, jedoch gegen den Dienstvorgesetzten des Untersuchungsführers, wenn sie sich gegen die Person des Untersuchungsführers bezieht, wenn z. B. ein Zeuge vorbringen würde, daß ihn der Untersuchungsführer beleidigt hat. Ordnet der Untersuchungsführer im Falle des unentschuldigten Ausbleibens eines geladenen Zeugen oder bei dessen Weigerung zum Zeugnis oder zur Eidesleistung eine Ordnungsstrafe in Geld oder eine Haftstrafe an, so steht den hiervon Betroffenen Beschwerde zu (vgl. § § 304 Abs. 2 und 307 StPO), über die das Disziplinargericht der ersten Instanz entscheidet. Ebenso steht den Verfahrensbeteiligten die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 181 Abs. 3 GVG zu, wenn der Untersuchungsführer in Ausübung der Sitzungspolizei eine Ordnungsstrafe oder Haft verhängt, über die gleichfalls das Disziplinargericht der ersten Instanz entscheidet, weil ein dem Oberlandesgericht entsprechendes Gericht in der Disziplinargerichtsbarkeit nicht vorhanden und eine Zuweisung des Rechtswegs an ein oberes Bundesgericht im ersten Rechtszuge nicht zu rechtfertigen ist. Die Entscheidung der Kammer ist endgültig. VIII. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Die landesrechtlichen Bestimmungen, die sich mit der Rechtsstellung, den Voraussetzungen für die Ernennung und die Abberufung sowie mit den Aufgaben des Untersuchungsführers befassen, stimmen im wesentlichen mit §§ 44 ff. BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein, sofern man von der Regelung der Durchführung der Untersuchung absieht. 1. B a d e n - W ü r t t e m b e r g Zum Untersuchungsführer kann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LDO BW neben einem Beamten auch ein Richter bestellt werden. § 48 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 LDO BW hebt ausdrücklich hervor, daß das Amt des Untersuchungsführers auch dann erlischt, wenn das Beamten- oder Richterverhältnis, in dem sich der Untersuchungsführer bei seiner Bestellung befand, endet oder wenn er als Hochschullehrer entpflichtet ( § 4 4 Abs. 1 Nr. 2 LDO BW) oder zu einem Dienstherrn versetzt wird, für dessen Bereich die LDO BW nicht gilt (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 LDO BW). Eine Abberufung ist nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LDO BW nur dann möglich, wenn er mit seinem E i n v e r s t ä n d n i s in ein Amt außerhalb des Bezirks der Disziplinarkammer versetzt wird oder wenn er infolge Erkrankung dienstunfähig geworden ist und keine Aussicht besteht, daß er innerhalb von drei Monaten wieder voll dienstfähig wird. Über die Ablehnung des Untersuchungsführers entscheidet nach § 48 Abs. 3 Satz 2 LDO BW nicht die Einleitungsbehörde, sondern endgültig die Disziplinarkammer. Im übrigen entspricht die Rechtsstellung des Untersuchungsführers in Baden-Württemberg der Bundesregelung. 2. B a y e r n Art. 47 Abs. 1 und 2 Bayr. DStO entspricht § 44 Abs. 1 und 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Art. 47 Abs. 3 Satz 1 DStO Bayr. stellt ganz allgemein fest, daß der Untersuchungsführer unabhängig und an Weisungen nicht gebunden ist; wenn eine dem § 50 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechende Einschränkung fehlt, so stellt dies gegenüber dem Bundesrecht keine sachliche 114
Landestechtliche Regelung
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Änderung dar, weil, wie bereits gezeigt ist, es sich bei § 50 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 um kein Weisungsrecht handelt. Daher bedeutet es keine Einschränkung, wenn der Untersuchungsführer den Beweisanträgen und den Anträgen auf Ausdehnung der Untersuchung auf neue Punkte stattgeben muß (vgl. Art. 51 Bayr. DStO). Art. 45 Abs. 3 Satz 2 und 3 Bayr. DStO entspricht wiederum § 44 Abs. 3 Satz 2 und 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. In Abweichung zur Bundesregelung stellt dann Art. 45 Abs. 3 Satz 4 fest, daß ebenso wie nach § 48 Abs. 3 Satz 2 LDO BW von vornherein die Dienststrafkammer über das Ablehnungsgesuch endgültig entscheidet. 3. B e r l i n Nach § 44 Abs. 2 LDO Bln. sollen zu Untersuchungsführer in der Regel Beamte mit der Befähigung zum Richteramt oder Richter bestellt werden; es handelt sich also hier bei der Befähigung zum Richteramt nur um eine fakultative Voraussetzung. § 44 Abs. 2 Satz 1 LDO Bln. gilt sogar in Disziplinarverfahren gegen Beamte des Polizeivollzugsdienstes überhaupt nicht, weil die Eigenart der Pflichtwidrigkeiten dieses Personenkreises mehr die Beherrschung von Verwaltungsvorschriften als die Kenntnis von prozessualen Bestimmungen erfordert. § 44 Abs. 3 LDO Bln. entspricht wiederum dem § 44 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 4. B r e m e n Der Senat oder der Magistrat in Bremerhaven bestellt bei oder nach der Einleitung des Verfahrens einen Beamten zum Untersuchungsführer und teilt dies dem Beschuldigten mit (vgl. § 44 Abs. 2 DStO Brm.). Der Untersuchungsführer ist in der Durchführung der Untersuchung unabhängig und an Weisungen nicht gebunden (§44 Abs. 3 Satz 1 DStO Brm.). Sein Amt erlischt aus den gleichen Gründen wie das Amt eines Mitglieds der Strafkammer oder des Dienststrafhofs nach Art. 4 § 6 DStO Brm. (§ 44 Abs. 3 Satz 2 DStO Brm.). Die Vorschriften der StPO, betr. die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen finden auf den Untersuchungsführer entsprechende Anwendung ( § 4 4 Abs. 3 Satz 3 DStO Brm.). Wenn auch nicht vorgesehen ist, daß gegen die Entscheidung der Einleitungsbehörde auf Ablehnung des Untersuchungsführers die Beschwerde an das Disziplinargericht zulässig ist, so folgt dies jedoch aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wonach dem Beschuldigten gegen behördliche Maßnahmen, die ihn in seiner Rechtssphäre beeinträchtigen, der Rechtsweg offen stehen muß; die Rechtsstellung des Beschuldigten kann dadurch beeinträchtigt werden, daß ein Untersuchungsführer bestellt wird, der die Besorgnis der Befangenheit begründet. 5. H a m b u r g §44 DO Hmb. entspricht inhaltlich §56 BDO i.d.F. der Novelle mit der Maßgabe, daß der Untersuchungsführer nach § 44 Abs. 3 Satz 3 DO Hmb. auch dann abberufen werden kann, wenn er infolge Erkrankung dienstunfähig geworden ist und keine Aussicht besteht, daß er innerhalb von drei Monaten wieder voll dienstfähig wird. 6. Hessen In § 49 Abs. 2 HDO fehlt eine dem § 44 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechende Bestimmung, daß der Untersuchungsführer die 8»
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Der Untersuchungsführer
Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben muß. Hiernach kann also jeder Beamte zum Untersuchungsführer bestellt werden. § 49 Abs. 3 HDO entspricht § 44 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 7. N i e d e r s a c h s e n Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 N D O kann zum Untersuchungsführer jeder Richter und jeder Beamte bestellt werden, der zum Richteramt oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen zum höheren Verwaltungsdienst befähigt ist; der Personenkreis ist also hier weiter als in § 44 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 gezogen. Bei der Bestellung des Untersuchungsführers ist der GemRdErl. des Nds. Mdl, des Nds. Ministerpräsidenten und der übrigen Nds. Minister vom 14. 4. 62 — I/5d-VI-61/12 — (Nds. MinBl. 1962 S. 387) zu beachten. Nach § 53 Abs. 2 Satz 1 N D O ist als Untersuchungsführer ausgeschlossen, wer bei den Vorermittlungen (§26 NDO) oder als Vertreter der Einleitungsbehörde in derselben Sache tätig gewesen ist. Im übrigen gelten nach § 53 Abs. 2 Satz 2 N D O die Bestimmungen der StPO über Ausschließung und Ablehnung von Richtern sinngemäß. Über die Ablehnung entscheidet die Einleitungsbehörde (§53 Abs. 2 Satz 3 NDO). Gegen deren Entscheidung kann der Beschuldigte innerhalb einer Woche Beschwerde bei der Disziplinarkammer einlegen (§53 Abs. 2 Satz 4 NDO). Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Einleitungsbehörde ( § 5 3 Abs. 2 Satz 5 NDO). Die Disziplinarkammer entscheidet ohne mündliche Verhandlung endgültig durch Beschluß ( § 5 3 Abs. 2 Satz 6 NDO). Nach § 53 Abs. 3 Satz 1 N D O ist der Untersuchungsführer ohne Einschränkungen unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Er soll jedoch den Beweisanträgen des Vertreters der Einleitungsbehörde nach § 60 Abs. 1 Satz 3 N D O stattgeben. Den Anträgen auf Ausdehnung der Untersuchung muß er nach § 60 Abs. 2 Satz 1 N D O stattgeben. § 53 Abs. 3 Satz 2 und 3 N D O entspricht § 44 Abs. 3 Satz 2 und 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die Abweichungen in § 53 Abs. 2 Satz 2 — 6 N D O von der Bundesregelung bedeuten nur Klarstellungen gegenüber den auch im Bund geltenden Bestimmungen. 8. N o r d r h e i n - W e s t f a l e n Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 DO NW können neben Beamten auch Richter bestellt werden. Nach § 50 Abs. 2 Satz 2 DO NW ist Vorausestzung für die Bestellung zum Untersuchungsführer die Befähigung zum Richteramt oder die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen. Nach § 50 Abs. 2 Satz 3 DO NW kann die Einleitungsbehörde auch Hilfsuntersuchungsführer mit der gleichen Eigenschaft bestellen. § 50 Abs. 3 DO NW entspricht § 44 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 9. R h e i n l a n d - P f a l z Nach § 52 Abs. 2 Satz 2 L D O Rh.-Pf. können zu Untersuchungsführern nur Beamte bestellt werden, die die Fähigkeit zum Richteramt oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung zum Verwaltungsdienst haben. § 52 Abs. 3 L D O Rh.-Pf. entspricht § 44 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Die oberste Landesbehörde kann sich die Bestellung des Untersuchungsführers für bestimmte, ihrer Aufsicht unterstehende Gruppen von Beamten allgemein vorbehalten (DVO Satz 3 zu § 33 L D O Rh.-Pf.). 116
Geschichtliche Entwicklung
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10. S a a r l a n d § 44 DStO Saar entspricht § 44 RDStO (vgl. I S. 101). 11. S c h l e s w i g - H o l s t e i n § 48 Abs. 2 DStO Schl.-Hol. sieht ebenso wie § 49 Abs. 2 HDO nicht vor, daß der Untersuchungsführer die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben muß; es kann also jeder Beamte hierzu bestellt werden. In Übereinstimmung mit § 50 Abs. 2 Satz 3 DO NW kann die Einleitungsbehörde nach § 48 Abs. 2 Satz 2 DStO Schl.-Hol. Hilfsuntersuchungsführer bestellen. Nach § 48 Abs. 3 Satz 1 DStO Schl.-Hol. ist der Untersuchungsführer unbeschränkt unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Beweisanträgen des Vertreters der Einleitungsbehörde soll der Untersuchungsführer jedoch nach § 54 Satz 3 DStO Schl.-Hol. stattgeben. § 48 Abs. 3 Satz 2 und 3 entspricht § 44 Abs. 3 Satz 2 und 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Über den Ablehnungsantrag wegen Befangenheitsbesorgnis entscheidet nach § 48 Abs. 3 Satz 4 DStO Schl.-Hol. sofort die Dienststrafkammer.
§ 69. Der Schriftführer I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG Es gilt als selbstverständlich, daß mit der Niederschrift der erhobenen Beweise und des Verlaufes der Hauptverhandlung eine Amtsperson beauftragt wird, wobei es gleich bleibt, welche Bezeichnung ihr hierbei zukommt. § 32 Abs. 3 des Preuß. Gesetzes betr. Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 21. 7. 1852 (PrGS S. 564) ordnete erstmals ausdrücklich an, daß in der Untersuchung ein vereidigter Protokollführer bei der Vernehmung des Angeschuldigten und dem Verhör der Zeugen hinzuzuziehen war. Nach § 40 Abs. 5 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 (PrGS S. 59) war bei der Vernehmung des Angeschuldigten, der Zeugen und Sachverständigen sowie beim Augenschein ein Schriftführer hinzuzuziehen. Auch § 95 Satz 1 der Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3.1873 (RGBl. S. 61) sah vor daß über jede Untersuchungshandlung ein vereidigter Protokollführer ein Protokoll aufnahm, wobei genügte, daß die Vereidigung nicht ad hoc, sondern allgemein vorgenommen worden war. Nach § 58 des Reichsratsentwurfs zu einer Reichsdienststrafordnung vom 12.11. 311, hatte der Untersuchungsführer bei der Vernehmung des Beschuldigten, der Zeugen und Sachverständigen und beim Augenschein einen Schriftführer zuzuziehen; falls ihm geeignete Beamte oder Angestellte seiner Verwaltung am Orte der Beweisaufnahme nicht zur Verfügung standen, konnte er die Gerichte und Verwaltungsbehörden einschließlich der Polizeibehörden um die Stellung eines Schriftführers, besonders für einzelne Untersuchungshandlungen, ersuchen (§ 58 Satz 2 a. a. O). Dem Ersuchen war tunlichst zu entsprechen (§58 Satz 3 a. a. O.). War der Schriftführer nicht Reichsbeamter oder Landesbeamter, so sollte er durch Handschlag auf die gewissenhafte Wahrnehmung der Geschäfte eines Schriftführers verpflichtet werden. Nach § 45 Abs. 1 RDStO hatte der Untersuchungsführer einen Schriftführer zuzuziehen und ihn, wenn er nicht Beamter war, auf dieses Amt zu verteidigen. § 45 Abs. 2 RDStO stellte gegenüber dem bisherigen Recht eine Neuerung dar, indem er die Ablehnung des Schriftführers zuließ über die allerdings allein der Untersuchungsführer endgültig entschied. Art. 1 Ziff. 26 ÄndGes. 1952 ließ im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gegen die Entscheidung des Untersuchungsführers die Beschwerde an die Bundesdisziplinarkammer zu, die endgültig zu entscheiden hatte. 1
Abgedruckt bei F o e r s t e r - S i m o n s 1932 S. 308 (320).
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§69
Der Schriftführer
Die Novelle zur BDO befaßt sich in § 57 mit der Bestellung, der Verpflichtung und der Ablehnung des Schriftführers. Nach § 57 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle ist der Schrift, führer auf die gewissenhafte Führung dieses Amtes und auf Verschwiegenheit zu verpflichten§ 57 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle ist nur redaktionell geändert. Hiernach erhält § 57 Abs. 1 und 2 BDO i. d. F. der Novelle folgenden Wortlaut: „(1) Der Untersuchungsführer hat bei allen Vernehmungen und Beweiserhebungen einen Schriftführer zuzuziehen und ihn, wenn er nicht Beamter ist, auf die gewissenhafte Führung dieses Amtes und auf Verschwiegenheit zu verpflichten. (2) Über die Ablehnung des Schriftführers entscheidet der Untersuchungsführer. Gegen die Entscheidung ist Beschwerde an das Bundesdisziplinargericht zulässig, das endgültig entscheidet."
II. RECHTSSTELLUNG UND NOTWENDIGKEIT DER HINZUZIEHUNG EINES SCHRIFTFÜHRERS IN DER UNTERSUCHUNG Der Schriftführer übt sein Amt in der Untersuchung als Nebenamt ausDer in der Hauptverhandlung hinzugezogene Schriftführer hingegen übt dieses Amt hauptberuflich aus; es kann jedoch auch in der Hauptverhandlung ein Schriftführer hinzugezogen werden, der hierbei nur im Nebenamt tätig ist. Mit Rücksicht auf die NichtÖffentlichkeit der Hauptverhandlung wird jedoch die Hinzuziehung eines nicht dem Disziplinargericht zugehörigen Beamten oder Angestellten als Schriftführer im Nebenamt kaum in Frage kommen. Der Schriftführer ist bei der Ausführung seiner Tätigkeit lediglich gegenüber dem Untersuchungsführer gebunden. Er ist jedoch hierbei kein Erfüllungsgehilfe, sondern bleibt selbst für die Ordnungsmäßigkeit und Richtigkeit seiner Niederschrift verantwortlich. Weicht er von der Auffassung des Untersuchungsführers bei der Wiedergabe einer Beweiserhebung ab, muß ihm daher zugestanden werden, neben der vom Untersuchungsführer verlangten Niederschrift einer Aussage oder eines anderen Beweisvorganges seine eigene Auffassung wiederzugeben. Ist ein Schriftführer zur Untersuchung oder nur einer einzelnen Vernehmung oder Beweiserhebung nicht hinzugezogen, so handelt es sich um einen wesentlichen Verfahrensmangel, der jedoch nicht die Einstellung des Verfahrens, sondern nur die Rückgabe der Anschuldigungsschrift in sinngemäßer Anwendung des §53 Abs. 3 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, §67 Abs. 4 BDO i. d. F. der Novelle erfordert 2 . Ist der Schriftführer lediglich zu einer einzelnen Beweiserhebung nicht hinzugezogen, die für den Ausgang des Disziplinarverfahrens unerheblich ist, so erübrigt sich die Rückgabe der Anschuldigungsschrift; das gleiche gilt auch dann, wenn dem Beamten die nicht von einem Schriftführer festgehaltenen Beweiserhebungen des Untersuchungsführers später bekanntgegeben werden 3 . Selbst die unterbliebene Unterschrift zu einer sonst ordnungsgemäß aufgenommenen Niederschrift stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Diese Formstrenge ist deshalb notwendig, weil im Disziplinarrecht — anders als im Strafverfahrensrecht — die Hauptverhandlung nicht von dem Grundsatz der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit beherrscht ist und der Schwerpunkt in der Untersuchung liegt, in der im allgemeinen die Beweise erhoben werden. 2 B e h n k e Anm. 2 Abs. 3 zu § 45 BDO; nach PrOVG Bd. 16 S. 395 und RuPrVBl1929 S. 316 kam die Einstellung des Disziplinarverfahrens in Frage. 3 Vgl. BDH18.11. 55 — I D 42/54 —BDHE Bd. 3 S. 180 = L i n d g e n Teil IV Nr. 319.
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Bestellung des Schriftführers in der Untersuchung
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Demnach ist es notwendig, die Beweiskraft der in der Untersuchung aufgenommenen Niederschriften durch Beachtung der Formvorschriften so vollkommen zu gestalten, daß sie in der Hauptverhandlung bedenkenlos durch Verlesen auch zum Nachteil des Beamten verwertet werden können. Die fehlende Unterschrift unter die Niederschrift stellt insbesondere dann einen beachtlichen Verfahrensmangel dar, wenn der Beamte die Tat bestreitet, die Zeugenaussagen widerspruchsvoll sind und gewisse Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestehen4. Die fehlende Niederschrift führt jedoch zu keiner Rückgabe der Anschuldigungsschrift bzw. zu keiner Aufhebung des Urteils in der Berufungsinstanz, wenn keine Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts einer Niederschrift bestehen und der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt keine dahingehenden Einwendungen erheben5. Die Niederschrift des Schriftführers besitzt erhöhte Beweiskraft. Der Inhalt der Niederschrift kann nur durch den Nachweis einer Fälschung entkräftet werden (§ 274 Satz 2 StPO). Im einzelnen siehe § 106 XIV E S. 761 ff. III. BESTELLUNG DES SCHRIFTFÜHRERS IN DER UNTERSUCHUNG A. Voraussetzungen für die Bestellung Als Schriftführer in der Untersuchung und in der Hauptverhandlung kommen nicht nur Beamte, sondern auch andere Personen, insbesondere im öffentlichen Dienst tätige Angestellte in Frage. Der Schriftführer kann auch einem anderen Verwaltungszweig und selbst einer Länder- oder Gemeindeverwaltung angehören. Ebenso ist es gleichgültig, ob er im unmittelbaren oder im mittelbaren Bundes- oder Landesdienst tätig ist. Die Ernennung einer nicht im öffentlichen Dienst tätigen Person scheidet aus, da die Tätigkeit im Disziplinarverfahren, also auch die Tätigkeit des Schriftführers in der Untersuchung oder in der Hauptverhandlung, Ausübung öffentlicher Gewalt darstellt, die von Privatangestellten nicht wahrgenommen werden kann. Ausschließungsgründe, wie sie beim Untersuchungsführer gegeben sind, können auch beim Schriftführer vorliegen. Er kann insbesondere dann nicht Schriftführer sein, wenn er in der Disziplinarsache als Zeuge oder als Sachverständiger gehört werden soll. War er bis zu seiner Anhörung als Zeuge oder als Sachverständiger als Schriftführer hinzugezogen, so bleiben die bis dahin durchgeführten Beweiserhebungen wirksam. B. Bestellung durch den Untersuchungsführer Der Schriftführer wird durch den Untersuchungsführer bestellt. Ist er nicht Dienstvorgesetzter oder Vorgesetzter des Schriftführers, so bedarf er des Einverständnisses seines Dienstvorgesetzten, was jedoch nur interne Bedeutung hat. Handelte es sich um einen Nichtbeamten, so war er auf dieses Amt zu vereidigen (§ 45 Abs. 1 BDO i. d.F. ÄndGes. 1952). Eine generelle Vereidigung * RDH 23. 11. 38 — I D 67/38 —; vor allem BDH 18. 11. 55 — I D 42/54 — BDHE Bd. 3 S. 182 = DokBer. Nr. 528 = L i n d g e n Teil IV Nr. 319; vgl. auch Behnke Anm. 2 zu § 45 BDO und Anm. 7 zu § 17 BDO; W i t t l a n d Anm. 1 und 5 stellt weniger strenge Anforderungen. 5 Siehe für die Vereidigungsformel Runderlaß RuPrMdl 5. 10. 36 in RMB1. V S. 1326.
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§69
Der Schriftführer
war nur beim in der Hauptverhandlung tätigen Schriftführer zulässig. Der nichtbeamtete Schriftführer war vielmehr in jedem einzelnen Disziplinarverfahren zu Beginn der Untersuchung zu vereidigen. Wurde die Untersuchung lediglich auf neue Anschuldigungspunkte ausgedehnt oder das Disziplinarverfahren mit einem anderen verbunden, so bedurfte es keiner erneuten Vereidigung. Für die Beeidigung war keine bestimmte Form vorgeschrieben5. Eine bestimmte Beeidigungsformel sah DVO Nr. 1 zu § 51 DO NW vor; im einzelnen siehe IX Nr. 8 S. 124f. Der Eid hatte zum Inhalt, daß der Schriftführer sein Amt gewissenhaft führen und insbesondere die Amtsverschwiegenheit wahren würde. Dies hebt mit Recht die Novelle zur BDO hervor, um die Formel nicht inhaltslos erscheinen zulassen. Die Vereidigung konnte nicht durch eine Vereidigung in einem anderen Disziplinarverfahren oder durch eine andere Bekräftigungsformel, wie durch eine besondere Verpfllichtungserklärung, oder durch die allgemeine Vereidigung als Angestellte im öffentlichen Dienst, ersetzt werden6. Selbst wenn der Schriftführer früher Beamter war und als solcher einen Diensteid geleistet hatte, kam eine Beeidigung als Schriftführer auch dann in Frage, wenn er inzwischen aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden war. So war ein Ruhestandsbeamter, der als Angestellter weiterhin im öffentlichen Dienst beschäftigt war und der die Funktionen eines Schriftführers wahrnehmen sollte, erneut auf sein Amt zu vereidigen. Die Novelle zur BDO sieht in § 57 Abs. 1 BDO i.d.F. der Novelle mit Rücksicht auf die Bedeutung des Eides im Disziplinarverfahren, der selbst anläßlich der Vernehmung eines Zeugen nur die Ausnahme bilden soll, von einer Vereidigung ab, sondern läßt es mit einer Verpflichtung begnügen; hiemach ist der Schriftführer auf die „gewissenhafte Führung dieses Amtes und auf Verschwiegenheit" zu verpflichten. In der Verhandlungsniederschrift ist nur die Tatsache der Vereidigung bzw. Verpflichtung, jedoch nicht die Vereidigungs- bzw. Verpflichtungsformel sichtbar zu machen. Es genügt, wenn sich am Eingang der Niederschrift der Name des Schriftführers mit dem Zusatz „als vereidigter Schriftführer" bzw. „als verpflichteter Schriftführer" befindet. Handelt es sich um einen Beamten, so muß bei den Vernehmungsprotokollen der Dienstgrad des Beamten angegeben werden, damit das Disziplinargericht so erkennen kann, daß es sich beim Schriftführer um eine Person handelt, die nicht zu vereidigen ist. Unterläßt der Untersuchungsführer die gemäß § 45 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 vorgeschriebene Beeidigung bzw. die nach § 57 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle vorgeschriebene Verpflichtung des Schriftführers, der nicht Beamter ist, so liegt ein Verfahrensfehler vor, welcher der Vernehmungsniederschrift die Beweiskraft nehmen kann7. Eine Wiederholung der Vernehmung ist aber nur dann erforderlich, wenn sich nach den Umständen des Falles Zweifel an der Richtigkeit der Niederschrift ergeben8. Gleiches gilt auch dann, wenn die Verfahrensbeteiligten keine Einwendungen gegen die Niederschrift erheben9. 6 PrDH 1 7 . 1 1 . 24 — in PrVBl. 1924/5 S. 383; PrDStH in JW 1933 S. 240; B e h n k e Anm. 3 zu § 45 BDO. 7 Vgl. RDHE Bd. 2 S. 141 (142). 8 DiszSenat OYG Münster 15. 11. 62 — V 32/62 — in ZBR 1963 S. 317 (LS). 9 Vgl. PrDH in PrVBl. 1925 S. 382 = JW 1925 S. 1681; Behnke Anm. 5 zu § 45 BDO.
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Beendigung des Amtes als Schriftführer in der Untersuchung
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Der Schriftführer bedarf keiner besonderen Bestallungsurkunde. Es genügt bereits der mündliche Hinweis des Untersuchungsführers, sich an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Uhrzeit zu einer Beweiserhebung als Schriftführer einzufinden. Der Untersuchungsführer kann in demselben Disziplinarverfahren auch mehrere Schriftführer bestellen. IV. ABLEHNUNG DES SCHRIFTFÜHRERS IN DER UNTERSUCHUNG Der Schriftführer kann ebenso wie der Untersuchungsführer wegen Befangenheit abgelehnt werden. Im einzelnen gilt das in § 68 IVA S. 104ff.für den Untersuchungsführer Gesagte entsprechend. Über die Ablehnung entscheidet zunächst der Untersuchungsführer (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 57 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Gegen seine Entscheidung ist Beschwerde an das Disziplinargericht der ersten Instanz zulässig, das endgültig entscheidet (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 57 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Das Wort „endgültig" in § 45 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 57 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F der Novelle hat nur materielle Bedeutung, so daß die Geltendmachung der Befangenheit des Schriftführers nach der Entscheidung des erstinstanzlichen Disziplinargerichts nicht mehr möglich ist 10 . Ist der in der Hauptverhandlung tätige Schriftführer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so steht die Entscheidung hierüber dem Vorsitzenden zu (vgl. § 31 Abs. 2 StPO). Gegen dessen Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel11. Hat der Untersuchungsführer dem Antrag auf Ablehnung stattgegeben, so kann der Bundesdisziplinaranwalt keine Beschwerde erheben, weil § 45 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 57 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle nur zugunsten des Beamten besteht. Von der Stellung des Antrages auf Ablehnung an können unter Mitwirkung des abgelehnten Schriftführers nur solche Untersuchungshandlungen vorgenommen werden, die keinen Aufschub gestatten (vgl. § 29 StPO). Ist dies nicht der Fall und ist der Schriftführer später abgelehnt, so erlangen die inzwischen aufgenommenen Niederschriften keinen Beweiswert 12 . V. BEENDIGUNG DES AMTES ALS SCHRIFTFÜHRER IN DER UNTERSUCHUNG Das Amt des Schriftführers endet kraft Gesetzes mit Abschluß des Disziplinarverfahrens oder mit dem Tode des Schriftführers. Scheidet der Schriftführer aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aus, so endet sein Amt gleichfalls, da, wie bereits oben gezeigt ist, seine Tätigkeit hoheitliche Gewalt darstellt, die von einem Privatbediensteten nicht wahrgenommen werden kann. Im Gegensatz zum Untersuchungsführer kann der Schriftführer jederzeit von seinem Amt abgelöst werden. Es kommt nicht darauf an, daß der Schriftführer bis zum Abschluß des Disziplinarverfahrens tätig wird. Ist er an der Ausübung seines Amtes — z. B. durch Krankheit oder Urlaub — be10 11 12
DokBer. Nr. 1568. LG Stuttgart 9.12. 63 — I Xs 808/63 — in NJW 1964 S. 677. RGSt. Bd. 55 S. 5; RDH 23.11. 38 — I D 67/38.
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Der Schriftführer
hindert, so kann der Untersuchungsführer ihn von seinem Amt abberufen und einen neuen Schriftführer bestellen. Erstreckt sich die Untersuchung auf mehrere Orte, so kann der Untersuchungsführer für jeden Ort einen anderen Schriftführer bestellen. Entscheidend ist allein, daß bei den Beweiserhebungen ein Schriftführer zugegen und die Niederschrift nicht vom Untersuchungsführer selbst, sondern von einer anderen Person aufgenommen ist, die sogar innerhalb eines Beweistermins wechseln kann, wobei allerdings in der Niederschrift kenntlich zu machen ist, von welchem Zeitpunkt an der nunmehr ernannte Schriftführer tätig wird. Wird jemand für den Schriftführer nur vertretungsweise tätig, so muß auch er auf das Amt vereidigt bzw. verpflichtet werden, wenn er nicht die Rechtsstellung eines Beamten bekleidet. VI. AUFGABEN DES SCHRIFTFÜHRERS IN DER UNTERSUCHUNG Der Untersuchungsführer ist zu allen Vernehmungen und Beweiserhebungen hinzuzuziehen, wobei es gleichbleibt, ob der Beamte, Zeugen oder Sachverständige gehört oder der Augenschein eingenommen oder Durchsuchungen oder Beschlagnahmen durchgeführt werden. Nach § 21 Abs. 3 BDO — § 17 Abs. 3 BDO a. F. — ist nämlich über jede Beweiserhebung eine Niederschrift aufzunehmen. Bei der Augenscheinseinnahme sind an der Verhandlung auch der anwesende Beamte, der Verteidiger und die zugezogenen Sachverständigen beteiligt und deshalb in der Niederschrift aufzuführen 13 . Im Verlaufe der Untersuchung fertigt der Schriftführer eine Niederschrift über die einzelne Untersuchungshandlung, wobei Meinungsverschiedenheiten zwischen Untersuchungsführer und Schriftführer in der Niederschrift ersichtlich zu machen sind. Die Niederschrift muß den Anforderungen des § 188 StPO genügen. Sie muß sowohl vom Untersuchungsführer als auch vom Schriftführer unterzeichnet werden (§188 Abs. 1 Satz 2 StPO), wodurch die Richtigkeit des Inhalts bezeugt wird 14 . Die Niederschrift muß Ort und Tag der Beweiserhebung sowie die Namen der mitwirkenden und beteiligten Personen anführen und ersehen lassen, ob die wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens beobachtet sind (§188 Abs. 2 StPO)15. Die Zulässigkeit der Niederschrift in Kurzschrift scheidet in der auf Grund der §§56 ff. BDO — §§44ff. BDO — durchgeführten Untersuchung aus16. § 188 Abs. 4 StPO kann im Disziplinarrecht auch keine sinnentsprechende Anwendung finden, weil die Untersuchung im Rahmen des förmlichen Disziplinarverfahrens bei der Aufklärung des Sachverhalts den Schwerpunkt bildet. Im Strafverfahren liegt dieser Schwerpunkt in der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweiserhebung, in der die Fertigung von Kurzschriften mit Rücksicht auf den erheblichen Beweiswert des Protokolls unzulässig ist. Die in § 188 Abs. 4 StPO eingeräumten Erleichterungen, die durch die Zulässigkeit der kurzschriftlichen Niederlegung der Angaben von 13 14 16 16
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Vgl. für das Strafverfahren RGSt. Bd. 68 S. 273. RGSt. Bd. 56 S. 258; PrOVG in RVB1. 1937 S. 700 und RDHE Bd. 2 S. 141 (142). Vgl. auch RDHE Bd. 2 S. 101 (102) und S. 141 (142). S c h w a r z Anm. 1 C zu § 188 StPO; RGSt. Bd. 55 S. 4.
Der Schriftführer in der Hauptverhandlung
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Zeugen und Sachverständigen in einer Anlage zum Protokoll geschaffen sind, kommen deshalb für die Untersuchung im Disziplinarverfahren ebenso wie bei der Aufnahme des Protokolls in der strafgerichtlichen Hauptverhandlung nicht in Betracht. Die Niederschrift ist den bei der Verhandlung beteiligten Personen, soweit es sie betrifft, zur Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchlesung vorzulegen (§188 Abs. 3 Satz 1 StPO). Das Wahlrecht zwischen Verlesen und Durchsicht hat der Untersuchungsführer 17 . Die Genehmigung ist zu vermerken und die Niederschrift von den Beteiligten entweder zu unterschreiben oder darin anzugeben, weshalb die Unterschrift unterblieben ist ( § 1 8 8 Abs. 3 Satz 2 StPO). Den Formerfordernissen der §§ 187, 188 StPO genügt es nicht, wenn die Aussagen eines Beamten oder Zeugen dem Schriftführer laut diktiert, geschrieben und nur auf das Diktat hin, nicht aber auf Grund einer Verlesung des Geschriebenen genehmigt sind; eine später ergangene Disziplinarverfügung oder sonstige disziplinarrechtliche Entscheidung ist aber nicht aufzuheben, wenn sie auf dem Formfehler nicht beruht 18 . Mängel der Niederschrift sind nach freier Beweiswürdigung zu beurteilen, es sei denn, daß die Unterschrift des Schriftführers oder des Untersuchungsführers fehlt 19 . Eine nachträgliche Berichtigung der Niederschrift ist vor einer Geltendmachung des Fehlers durch beide Unterzeichnenden möglich. VII. KOSTEN FÜR HINZUZIEHUNG DES SCHRIFTFÜHRERS IN DER UNTERSUCHUNG Die Kosten, die aus der Tätigkeit des Schriftführers erwachsen, wie z. B. Reisekosten sowie die Gewährung von Tages- und Übernachtungsgeldem, gehören nach § 97a Abs. 2 Nr. 6 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 111 Abs. 2 Nr. 5 BDO i. d. F. der Novelle zu den Kosten des Disziplinarverfahrens im Sinne des Abschn. VI BDO, Absch. V BDO a. F. VIII. DER SCHRIFTFÜHRER IN DER HAUPTVERHANDLUNG Der in der Hauptverhandlung tätige Schriftführer untersteht dem jeweiligen Disziplinargericht und führt sein Amt als Hauptamt aus. Über die ihm zugewiesenen Aufgaben enthält die BDO keine Bestimmungen. Ein Schriftführer muß ununterbrochen der Hauptverhandlung beiwohnen, wobei er ebenso wie der in der Untersuchung hinzugezogene Schriftführer ausgewechselt werden kann 20 . Über die Hauptverhandlung ist vom Schriftführer eine Sitzungsniederschrift aufzunehmen und von dem Vorsitzenden und dem Schriftführer zuunterzeichnen (§ 271 Abs. 1 StPO). Ist in der Hauptverhandlung der Schriftführer gewechselt worden, so unterschreibt jeder Schriftführer den Teil der Niederschrift, die er aufgenommen hat 21 . Über die Einzelheiten hinsichtlich des Inhalts, der Form, der Berichtigung und des Beweiswertes der Niederschrift siehe § 106 XIV S. 761 ff. " RGSt. Bd. 31 S. 135. 1 8 DiszSenat OVG Münster 4. 1. 63 — V 38/62 — in ZBR 1964 S. 269 (LS). 1 9 RGSt. Bd. 55 S. 4. 20 Vgl. PrOVG in RuPrVBl. 1931 S. 595; Behnke Anm. 1 zu § 61 BDO. 2 1 PrOVG in RVB1. Bd. 52 S. 595 (596).
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Der Schriftführer
IX. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Die Regelung der Länderdisziplinargesetze entspricht weitgehend der Regelung des § 45 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 1. B a d e n - W ü r t t e m b e r g § 49 Abs. 1 und 2 Satz 2 und 3 LDO BW entspricht § 45 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach § 49 Abs. 2 Satz 1 finden auf die Ausschließung und Ablehnung des Schriftführers die Vorschriften des § 31 StPO entsprechende Anwendung. 2. B a y e r n Art. 46 Abs. 1 Bayr. DStO entspricht § 45 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Über die Ablehnung des Schriftführers entscheidet nach Art. 46 Abs. 2 Bayr. DStO der Untersuchungsführer endgültig. 3. B e r l i n § 45 LDO Bln. stimmt mit § 45 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. 4. Bremen § 45 DStO Brm. entspricht § 45 RDStO, so daß der Untersuchungsführer über die Ablehnung des Schriftführers endgültig entscheidet. 5. H a m b u r g § 45 DO Hmb. stimmt mit § 45 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. 6. Hessen § 50 HDO stimmt mit § 45 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. 7. N i e d e r s a c h s e n Nach § 55 Abs. 1 NDO hat der Untersuchungsführer einen Schriftführer hinzuzuziehen und ihn, wenn er nicht Beamter ist, auf die gewissenhafte Führung dieses Amtes und auf die gebotene Verschwiegenheit zu verpflichten. § 55 Abs. 2 Satz 1 und 2 Halbsatz 1 NDO entspricht § 45 Abs. 2 Satz a und 2 Halbsatz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach § 55 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 NDO gilt § 53 Abs. 2 Satz 4 bis 6 entsprechend; hiernach kann der Beschuldigte die Beschwerde binnen einer Woche bei der Disziplinarkammer einlegen, es beginnt die Frist mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Untersuchungsführers und entscheidet die Disziplinarkammer endgültig durch Beschluß. Diese in der NDO vorgesehene Regelung stellt gegenüber der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 und den übrigen Ländergesetzen keine Neuerung, sondern nur eine Klarstellung dar, die sich bereits aus den Vorschriften der StPO ergeben, die im Disziplinarrecht sinngemäß anzuwenden sind. 8. N o r d r h e i n - W e s t f a l e n § 51 DO NW stimmt mit § 45 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. Nach DVO Nr. 1 zu § 51 DO NW ist folgender Eid zu leisten: „Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, das Amt eines Schrift124
Geschichtliche Entwicklung
§70
führers in dem Disziplinarverfahren gegen (Namen des beschuldigten Beamten) gewissenhaft zu führen und über alles, was mir bei der Ausführung des Amtes zur Kenntnis gelangt, die gebotene Verschwiegenheit zu bewahren." Der religiöse Zusatz „bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden" ist auf Verlangen des Schwörenden wegzulassen. Über die Vereidigung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die v o m Untersuchungsführer und v o m Schriftführer zu unterzeichnen ist ( D V O Nr. 2 zu § 51 D O NW). 9. R h e i n l a n d - P f a l z § 53 L D O Rh.-Pf. stimmt mit § 45 B D O i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. D V O zu § 53 und 55 L D O Rh.-Pf. entspricht inhaltlich D V O Nr. 1 zu § 51 D O N W und D V O zu § 53 D O NW. Die Vereidigung ist in der Niederschrift zu vermerken ( D V O Nr. 2 zu § 53 L D O Rh.-Pf.). 10. S a a r l a n d § 45 DStO Saar stimmt mit § 45 RDStO überein, so daß der Untersuchungsführer über die Ablehnung des Schriftführers endgültig entscheidet. 11. S c h l e s w i g - H o l s t e i n § 49 D S t O Schl.-Hol. stimmt mit § 45 R D S t O überein; demnach entscheidet auch hier der Untersuchungsführer über die Ablehnung des Schriftführers endgültig.
§ 70. Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde1 I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG Bereits in § 19 des Preuß. Beamten-Disziplinargesetzes vom 21. 7. 1852 (PrGS S. 465) und in §§ 80, 81 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3.1873 (RGBl. S. 61) ist in disziplinarrechtlicher Hinsicht vom Dienstvorgesetzten und den der obersten Reichsbehörde unmittelbar untergeordneten und von den letzteren untergeordneten Behörden die Rede, soweit es sich um die Befugnis zur Verhängung von Disziplinarstrafen handelt. Dieser Regelung folgte auch § 17 der Preuß. Beamten-Dienststrafordnung vom 21. 1. 32 (PrGS S. 59), wobei als höchste Instanz die „oberste Dienstbehörde" bezeichnet worden war. Nach der preußischen Regelung vom 21. 1. 32 wurde klar zwischen Dienstvorgesetzten und Vorgesetzten unterschieden, wobei zu den Dienstvorgesetzten nur die Beamten gerechnet wurden, denen gegenüber den nachgeordneten Beamten ein „volles Dienstaufsichtsrecht" zukam, während der Vorgesetzte nur eine beschränkte Leitungs- und Kontrollbefugnis besaß. In ähnlicher Weise bezeichnete § 2 Abs. 5 DBG als Dienstvorgesetzten denjenigen, der für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten des ihm nachgeordneten Beamten zuständig war, während der Vorgesetzte dem Beamten lediglich für seine dienstliche Tätigkeit Weisungen erteilen konnte. Als „oberste Dienstbehörde des Beamten kam nach § 2 Abs. 4 DBG die oberste Behörde seines Dienstvorgesetzten in Frage, 1 Schütz „Dienstherr, oberste Dienstbehörde und Dienstvorgesetzter im Beamtenrecht" in DöD 1959 S. 181; T h i e l e „Dienstvorgesetzter und Dienstbehörde" in DöD 1958 S. 7.
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Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
wobei nach DVO DBG als oberste Dienstbehörde i. S. des § 2 Abs. 4 DBG im Reich und in den Ländern die oberste Behörde des Verwaltungszweiges, dem der Beamte angehörte, in Betracht kam, während bei Ruhestandsbeamten oder bei den Hinterbliebenen eines Beamten als oberste Dienstbehörde die Behörde galt, die zuletzt oberste Dienstbehörde des Beamten war, wobei der Reichsminister des Innern bestimmte, welche Behörde als oberste Behörde des Ruhestandsbeamten gelten sollte, wenn dies bei Aufhebung und Umbildung von Behörden nicht bestimmt war. Die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde und der Vorgesetzten für eine disziplinare Bestrafung ergab sich aus § 24 RDStO, wonach Warnungen und Verweise jeder Dienstvorgesetzte, Geldbußen die oberste Dienstbehörde bis zum zulässigen Höchstbetrag (einmonatige Dienstbezüge), die der obersten Dienstbehörde unmittelbar nachgeordneten Dienstvorgesetzten bis zur Hälfte des zulässigen Höchstbetrages und die übrigen Dienstvorgesetzten bis zu einem Viertel des Höchstbetrages verhängen konnten (§24 Abs. 1 RDStO), wobei nach § 24 Abs. 2 RDStO die oberste Dienstbehörde für ihren Geschäftsbereich die Befugnis der in § 24 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Dienstvorgesetzten zur Verhängung von Geldbußen weiter abstufen konnte. An diesem Rechtszustand hat auch das ÄndGes. 1952 nichts geändert, so daß § 24 BDO mit der Regelung der RDStO übereinstimmt.
§ 29 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle räumt den Dienstvorgesetzten, denen die Befugnis der Einleitungsbehörde übertragen ist, ebenso wie den obersten Dienstbehörden ein, gleichfalls Geldbußen bis zum zulässigen Höchstbetrag zu verhängen. Nach § 29 Abs. 4 BDO i. d. F. der Novelle kann die oberste Dienstbehörde die Befugnis der in § 29 Abs. 3 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle bezeichneten Dienstvorgesetzten zur Verhängung von Geldbußen sogar ausschließen. IL DIENSTVORGESETZTER A. Begriff und Aufzählung der Dienstvorgesetzten Dienstvorgesetzter ist nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BBG, wer für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihm nachgeordneten Beamten zuständig ist. Zu den beamtenrechtlichen Entscheidungen, die die persönlichen Angelegenheiten eines Beamten betreffen, gehören nach dem allgemeinen Beamtenrecht u. a. die Befugnis zur Erteilung von Urlaub, zur Aussagegenehmigung, zur Annahme von Belohnungen und Geschenken in Bezug auf das Amt sowie zur Übernahme einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit und in disziplinarrechtlicher Hinsicht u. a. die Erhebung von Vorermittlungen und die Ahndung mit einer Disziplinarmaßnahme. Die Funktionen des Dienstvorgesetzten stellen Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Aufgaben dar, was jedoch nicht ausschließt, daß auch eine Person Aufgaben des Dienstvorgesetzten verrichten kann, die sich nicht in einem Beamtenverhältnis befindet, wenn man davon absieht, daß der jeweilige Bundesminister, der die Aufgaben der obersten Dienstbehörde versieht, nicht Beamter ist, sondern sich in einem öffentlich-rechtlichem Amtsverhältnis befindet; so kann auch ein im öffentlichen Dienst befindlicher Angestellter die Funktionen eines Dienstvorgesetzten versehen. Der Dienstvorgesetzte kann selbst wenn er im Wege der Disziplinarverfügung Disziplinargewalt ausübt, nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden la . Der Dienstvorgesetzte kann seine Befugnisse nur gegenüber den ihm unterstellten Beamten ausüben. Bekleidet ein Beamter mehrere Ämter (z. B. Haupt- und Nebenamt), kann der für jedes Amt zuständige Dienstvorgesetzte Disziplinarmaßnahmen im Rahmen seiner Befugnisse verhängen, Geldbußen DokBer. Nr. 1892. 126
Dienstvorgesetzter
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jedoch nur nach Maßgabe der Dienstbezüge aus diesem Amt (VV Abs. 1 Satz 1 zu § 29 BDO). Der Dienstvorgesetzte, der eine Disziplinarmaßnahme verhängt, teilt dies dem anderen Dienstvorgesetzten mit (VV Abs. 1 Satz 2 zu § 29 BDO). Hierzu gehören auch die Beamten, die zu seiner Dienststelle abgeordnet sind, während der Leiter der Dienststelle, von der der Beamte abgeordnet ist, gegenüber dem abgeordneten Beamten nur solche beamtenrechtliche Entscheidungen fällen kann, die nicht durch die Abordnung eingeschränkt sind. Nach VV Abs. 2 zu § 29 BDO geht bei Abordnung oder Beurlaubung eines Beamten zu einer anderen Behörde — anders als bei § 35 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 29 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. — die Disziplinargewalt für die während der Abordnung oder Beurlaubung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten über, soweit dieser nicht ihre Ausübung dem anderen Dienstvorgesetzten überläßt. Anderes würde nur dann gelten, wenn der Beamte eines anderen Dienstherrn zu einer Dienststelle des Bundes abgeordnet wird; in diesem Falle liegt die Disziplinargewalt allein bei dem Leiter der abordnenden Dienststelle, weil nach § 1 BDO a. F., BDO i. d. F. der Novelle dieses Gesetz nur auf solche Beamte anzuwenden ist, die den Bund zum Dienstherrn haben. Der Leiter die Dienststelle, die der Dienststelle übergeordnet ist, zu der der Beamte gehört, wird als höherer Dienstvorgesetzter bezeichnet. So ist z. B. der Präsident einer Bundesbahndirektion höherer Dienstvorgesetzter eines bei einem Verkehrsamt beschäftigten Bundesbahnbeamten. Handelt es sich bei dem Leiter der vorgesetzten Dienststelle um ein Ministerium, so ist hier von der obersten Dienstbehörde die Rede (vgl. III). Der höhere Dienstvorgesetzte kann als Einleitungsbehörde die Zuständigkeit des nachgeordneten Dienstvorgesetzten ganz allgemein und ohne Einschränkung an sich ziehen, wenn er eine Disziplinarverfügung „für ungeeignet" hält 1 ". Der Vertreter eines Behördenleiters darf die Aufgaben eines Dienstvorgesetzten, eines höheren Dienstvorgesetzten bzw. der obersten Dienstbehörde nur wahrnehmen, wenn der Behördenleiter an der Ausübung dieser Funktion verhindert ist. Ein Fall der tatsächlichen Verhinderung liegt nicht vor, wenn der Dienstvorgesetzte von der Ausübung seiner Disziplinargewalt, die ein Ausfluß seiner Dienstvorgesetzteneigenschaft ist, absieht, weil er es im Einzelfall für zweckmäßig hält, daß sein Vertreter tätig wird; eine unter diesen Umständen vom Vertreter erlassene Disziplinarverfügung ist von einem unzuständigen Beamten verfügt und deshalb fehlerhaft2. Gleiches würde auch dann gelten, wenn für einen beurlaubten oder erkrankten Behördenleiter nicht sein amtlich bestellter Vertreter, sondern ein anderer Beamter, wie z. B. der Leiter einer Personalabteilung oder ein Personalreferent, tätig wird. Andererseits kann der Dienstvorgesetzte nicht vom Beamten wegen Befangenheit abgelehnt werden2®. Mit der Stellung des Dienstvorgesetzten ist nicht die des Vorgesetzten zu verwechseln. Vorgesetzter ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BBG, wer einem Beamten DiszSenat OVG Münster 8. 1. 65 — W 14/64 — in NDBZ 1965 S. 162. DH Rh.-Pfalz 18. 6. 59 — W 12/58 — in DöD 1959 S. 757 = L i n d g e n Teil IV Nr. 427 = ZBR 1959 S. 403 mit Anm. von W i d t m a n n = AS Bd. 7 S. 252; a. M.DiszSenat, OVG Münster 8 . 1 . 65 — W14/64 — in NDBZ 1965 S. 162, wonach der ständige (allgemeine) Vertreter eines Disziplinarvorgesetzten auch dann tätig werden kann, wenn der Disziplinarvorgesetzte nicht im Einzelfall verhindert ist. 2 a DokBer. Nr. 1892. 16 2
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Der Dienstyorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
für seine dienstliche Tätigkeit Anordnungen erteilen kann. Während jeder Dienstvorgesetzte zugleich Vorgesetzter eines Beamten ist, ist wiederum nicht jeder Vorgesetzter Dienstvorgesetzter. Als Vorgesetzte können ebenso wie als Dienstvorgesetzte gleichrangige Beamte und neben Beamten auch andere im öffentlichen Dienst tätige Personen, wie z. B. Angestellte, in Frage kommen. Die Stellung als Vorgesetzter hat nicht für die Frage der Zuständigkeit für die Disziplinarverfolgung, sondern lediglich für die Frage der Gehorsams- und Achtungspflichtverletzung Bedeutung. Bei Ruhestandsbeamten gilt als Dienstvorgesetzter die vor Beginn des Ruhestandes für den Beamten zuletzt zuständige oberste Dienstbehörde; sie kann ihre Befugnisse auf nachgeordnete Behörden übertragen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 B D O i. d. F. der Novelle). Besteht die hiernach zuständige oberste Dienstbehörde nicht mehr, so bestimmt der Bundesminister des Innern, wer als Dienstvorgesetzter gilt (§ 15 Abs. 2 Satz 2 B D O i. d. F. der Novelle). Wer als Dienstvorgesetzter und als höherer Dienstvorgesetzter in Betracht kommt, ergibt sich aus der jeweiligen Behördenorganisation, wobei die Eigenschaft als Dienstvorgesetzter im Verwaltungswege verliehen wird. Wer im Bereich des Bundesministers für Arbeit -und Sozialordnung als Dienstvorgesetzter in Frage kommt, ist in § 2 8 1 B S. 1099 ff. dargestellt. Wer im Bereich des Bundesgrenzschutzes als Dienstvorgesetzter in Frage kommt, ist in § 128 I C S. 1084 dargestellt. Im Bereich der Bundesfinanzverwaltung kommen als Dienstvorgesetzte nach der Anordnung zur Durchführung der B D O für die Bundesfinanzverwaltung vom 17. 11. 67 (BGBl. I S. 1161) in Betracht: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
der Bundesminister der Finanzen, der Präsident des Bundesfinanzhofes, der Präsident der Bundesschuldenverwaltung, die Oberfinanzpräsidenten, der Präsident der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, der Bundesbeauftragte für die Behandlung von Zahlungen an die Konversionskasse, der Leiter der Zentralen Bundesbetriebsprüfungsstelle — Steuer —, die Vorsteher der Hauptzollämter, die Vorsteher der Zollfahndungsstellen, die Leiter der Zollschulen, der Leiter des Beschaffungsamts der Bundeszollverwaltung, die Leiter der Forstämter, die Leiter der Bundes vermögenssteilen, der Leiter der Besoldungsstelle der Bundesfinanzverwaltung, die Leiter der Oberförstereien, die Leiter der Zollbundesschulen, die Vorsteher der Zollämter, die selbst die Geschäftsaufsicht ausüben (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 HGO),
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Dienstvorgesetzter
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18. die Zollkommissare hinsichtlich der ihnen unterstellten Beamten des Aufsichtsdienstes und, soweit ihnen die Geschäftsaufsicht über Zollämter zusteht ( § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Geschäftsordnung für die Hauptzollämter und die ihnen nachgeordneten Dienststellen — HGO —), auch hinsichtlich der Beamten bei diesen Dienststellen, einschließlich der Vorsteher. Im Bereich der Bundeswehrverwaltung gelten als Dienstvorgesetzte nach Abschnitt II der Anordnung zur Durchführung der BDO für die Bundeswehrverwaltung vom 10. 8. 65 (BGBl. I S. 773): 1. 2. 3. 4. 5. 6.
der Bundesminister der Verteidigung, der Präsident des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung, der Präsident des Bundeswehrverwaltungsamtes, die Präsidenten der Wehrbereichsverwaltungen, der Bundeswehrdisziplinaranwalt, der Militärgeneraldekan des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr, 7. der Militärgeneralvikar des Katholischen Militärbischofamtes, 8. der Direktor der Akademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik, 9. der Direktor (Leiter) der Ozeanographischen Forschungsstelle der Bundeswehr, 10. die Leiter (Direktoren) der Bundeswehrverwaltungsschulen, 11. der Leiter (Direktor) der Sprachenschule der Bundeswehr, 12. die Leiter der Wehrbereichsgebührnisämter, 13. der Leiter des Zentral-Bekleidungsamtes der Bundeswehr, 14. die Leiter der Wehrbereichsbekleidungsämter, 15. die Leiter der Wehrbereichsverpflegungsämter, 16. die Leiter der Wehrbezirksverwaltungen, 17. die Leiter der Kreiswehrersatzämter, 18. die Leiter der Standortverwaltungen, 19. die Leiter der Bundeswehrverwaltungsstellen im Ausland, 20. die Leiter der Erprobungsstellen der Bundeswehr, 21. die Leiter der Marinearsenale, 22. der Leiter der Musterprüfstelle der Bundeswehr, 23. der Leiter der Materialprüf stelle der Bundeswehr, 24. die Leiter der Bundeswehrfachschulen, 25. die dienstaufsichtführenden Richter der Truppendienstgerichte für das nichtrichterliche Personal, 26. die dienstaufsichtführenden Rechtsberater der Korps, des Truppenamtes, der Luftwaffengruppen, des Luftwaffenamtes, des Kommandos Territoriale Verteidigung sowie der Marine. Dienstvorgesetzteneigenschaft im Sinne des § 24 Abs. 1 BDO besteht nur, soweit die Leiter der Dienststellen und Behörden Beamte sind. 9
L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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Def Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
Im Bereich der Deutschen Bundespost sind unmittelbare Dienstvorgesetzte : 1. der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen für die im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen beschäftigten Beamten, 2. die Präsidenten der Oberpostdirektion, des Posttechnischen Zentralamts, des Fernmeldetechnischen Zentralamtes und des Sozialamtes der Deutschen Bundespost, der Direktor der Ingenieurschule der DBP Berlin und der Direktor der Bundesdruckerei für die bei diesen Behörden beschäftigten Beamten und 3. die Vorsteher der selbständigen Ämter, wie z. B. der Post-Postscheck- und Fernmeldeämter, für die ihnen unterstellten Beamten. B. Befugnisse auf disziplinarrechtlichem Gebiet Auf Grund der BDO (vgl. § 15 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle) stehen dem Dienstvorgesetzten folgende Befugnisse zu: 1. Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, so veranlaßt der Dienstvorgesetzte nach § 26 Abs. 1 BDO — § 21 Abs. 1 BDO a. F. — die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen, wobei er nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden und die für die Strafzumessung bedeutsamen Umstände zu ermitteln hat (im einzelnen siehe § 85 S. 430ff.). 2. Wird durch die Ermittlungen ein Dienstvergehen nicht festgestellt, oder hält der Dienstvorgesetzte eine Disziplinarmaßnahme nicht für angezeigt, so stellt er nach § 27 Abs. 1 BDO — § 22 Abs. 1 BDO a. F. — das Verfahren ein und teilt dies dem Beamten und dem Bundesdisziplinaranwalt mit (im einzelnen vgl. § 85 VIII A S. 452 ff.). 3. Stellt der Dienstvorgesetzte das Verfahren nicht ein, so verhängt er nach §§ 28 i. V. m. 15 Abs. 2 BDO — 23 i. V. m. 11 Abs. 2 BDO a. F. — als Disziplinarmaßnahme einen Verweis oder eine Geldbuße und teilt die Disziplinarverfügung dem Bundesdisziplinaranwalt nach § 30 BDO — § 25 BDO a. F. — mit (im einzelnen vgl. § 86 S. 473 ff.). 4. Hat der Dienstvorgesetzte von seiner Disziplinargewalt Gebrauch gemacht und hat der Beamte gegen die Disziplinarverfügung Beschwerde eingelegt, so nimmt der Dienstvorgesetzte die Beschwerde entgegen und legt sie nach § 31 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 26 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. — spätestens innerhalb einer Woche dem nächsthöheren Dienstvorgesetzten vor, der dann darüber entscheidet (im einzelnen siehe § 87 S. 492 ff.). 5. Der höhere Dienstvorgesetzte kann nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 27 Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — eine Disziplinarverfügung des nachgeordneten Dienstvorgesetzten aufheben und in der Sache anders entscheiden oder die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens veranslassen (im einzelnen siehe § 89 III S. 525ff.). 6. Geldbußen, Gehaltskürzungen und Kürzungen des Ruhegehalts vollstreckt nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 117 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle der Dienstvorgesetzte (im einzelnen siehe § 119 IV S. 1024ff.). 130
Oberste Dienstbehörde
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7. Im Falle des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst stellt der Dienstvorgesetzte nach § 73 Abs. 2 Satz 2 BBG den Verlust der Dienstbezüge fest und teilt dies dem Beamten mit; wird der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben, während er ohne Urlaub schuldhaft dem Dienst fernbleibt, so dauert der Verlust der Dienstbezüge fort, bis der Dienstvorgesetzte nach § 125 BDO — § 106 BDO a. F. — feststellt, daß der Beamte seine Amtsgeschäfte aufgenommen hätte, wenn er hieran nicht durch die vorläufige Dienstenthebung gehindert worden wäre (im einzelnen § 122 II S. 1050ff.). m . OBERSTE DIENSTBEHÖRDE A. Begriff und Aufzählung der obersten Dienstbehörden Oberste Dienstbehörde des Beamten ist nach § 3 Abs. 1 BBG die oberste Behörde seines Dienstherrn, in deren Dienstbereich er ein Amt bekleidet, wobei unter „Amt" nur die „Amtsstelle" in Frage kommt. Die „oberste Dienstbehörde" stellt die Spitze der organisatorischen Einheit in beamtenrechtlicher Hinsicht dar 3 . Einen Anhalt, wer oberste Bundesbehörde ist, ergeben nach DV zu § 2 DBG in der Regel die staatlichen Haushaltspläne. Bei unmittelbaren Bundesbeamten kommt als oberste Dienstbehörde der fachlich zuständige Bundesminister bzw. Chef der obersten Bundesbehörde in Frage. Oberste Dienstbehörden sind auch der Präsident des Bundesrechnungshofes (vgl. §§ 118,119,124 RHO), der Präsident des Deutschen Bundestages, der Präsident des Bundesrates und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts für die jeweils ihnen unterstellten Beamten (vgl. u. a. § 176 BBG). Für die Beamten der Bundesschuldenverwaltung ist oberste Dienstbehörde grundsätzlich der Bundesminister für Finanzen, wobei für einen Teil der Beamten dem Präsidenten der Bundesschuldenverwaltung die Ausübung der Befugnisse der obersten Dienstbehörde zusteht [vgl. § § 24, 26, 28 Abs. 2 der Reichsschuldenordnung i. V. m. dem Gesetz über die Errichtung einer Schuldenverwaltung des VWG vom 13. 7. 48 (GBl. S. 73) und der VO über die Bundesschuldenverwaltung vom 13. 12. 49 (BGBl. S. 1)]. Im Bereich der Deutschen Bundesbahn ist nach § 20 des Bundesbahngesetzes vom 13. 12. 51 (BGBl. I S. 955) oberster Dienstvorgesetzter der Vorstandsmitglieder der Bundesminister für Verkehr und der Vorstand wiederum oberster Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde aller übrigen Bundesbahnbeamten. Bei Beamten der Bundesanstalt für Flugsicherung ist nach § 4 des Bundesgesetzes vom 23. 3. 53 (BGBl. S. I S. 70) der Bundesminister für Verkehr oberste Dienstbehörde. Bei den Beamten des Bundesgrenzschutzes ist oberste Dienstbehörde i. S. des § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDO — § 24 Abs. 2 Nr. 1 BDO a. F. — nach der DVO zur BDO für den Bundesgrenzschutz vom 1. 10. 63 (BGBl. I S. 773) der Bundesminister des Innern. Für die mittelbaren Bundesbeamten ist im allgemeinen im Errichtungsgesetz der betreffenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts geregelt, wer als oberste Dienstbehörde in beamtenrechtlicher Hinsicht in Frage kommt. In disziplinarrechtlicher Hinsicht sind nach Abschnitt II A der Anordnung zur Durchführung der BDO im Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 20. 5. 58 (BGBl. I S. 382) die 8
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Fischbach Anm. 1 1 zu § 3 BBG.
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Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
Befugnisse als „oberste Dienstbehörde" für die Beamten der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, außer für den Präsidenten der Bundesanstalt, seinen ständigen Stellvertretern, die Präsidenten der Landesarbeitsämter und deren ständigen Stellvertreter auf den Vorstand der Bundesanstalt übertragen, der diese Befugnisse wiederum auf den Präsidenten der Bundesanstalt übertragen kann, wobei sich der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vorbehalten hat, diese Befugnisse im Einzelfall oder in bestimmten Arten von Fällen selbst auszuüben. Nach § 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 7. 8. 53 (BGBl. I S. 857) ist oberste Dienstbehörde, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesministers für Arbeit begründet ist, der Vorstand der Bundesversicherungsanstalt, wobei er die Ausübung seiner Rechte auf die Geschäftsführung übertragen kann. Nach § 31 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank vom 26. 7. 57 (BGBl. I S. 745) ist der Präsident der Deutschen Bundesbank oberste Dienstbehörde der Beamten der Deutschen Bundesbank, die nach § 31 Abs. 3 Satz 1 a. a. O. mittelbare Bundesbeamte sind. Der Beamte kann mehreren obersten Dienstbehörden unterstehen, falls er mehrere Ämter bekleidet oder dem Bereich verschiedener Dienststellen unterstellt ist. Dies kommt vor allem dann in Frage, wenn er zu einer anderen Fachverwaltung abgeordnet ist. Der Beamte bleibt beamten- und damit auch disziplinarrechtlich der Verwaltung unterstellt, von der er abgeordnet ist, und daneben der Verwaltung, zu der er abgeordnet worden ist. Gleiches gilt auch dann, wenn der Beamte ein Nebenamt bekleidet, das zu einer anderen obersten Dienstbehörde als der gehört, bei der der Beamte das Hauptamt bekleidet. Nach W Nr. 2 zu § 29 BDO geht bei Abordnung oder Beurlaubung eines Beamten zu einer anderen Behörde — anders als bei § 35 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 29 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. — die Disziplinargewalt des § 29 BDO — § 24 BDO a. F. — für die während der Abordnung oder Beurlaubung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten und damit auch auf die oberste Dienstbehörde über, soweit nicht die Ausübung dem anderen Dienstvorgesetzten bzw. obersten Dienstbehörde überlassen ist. Soll die oberste Dienstbehörde Funktionen des Dienstvorgesetzten bei Ruhestandsbeamten versehen, so bedarf es hierzu einer besonderen gesetzlichen Regelung, weil der Ruhestandsbeamte keinen Dienstvorgesetzten mehr hat. Deshalb gilt nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BDO — § 21 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 BDO a. F. — bei einem Ruhestandsbeamten als Dienstvorgesetzter die vor Beginn des Ruhestandes für den Beamten zuletzt zuständige oberste Dienstbehörde. Sie kann ihre Befugnisse auf nachgeordnete Behörden übertragen (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BDO — § 21 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 BDO a. F. —). Besteht die hiernach zuständige oberste Dienstbehörde nicht mehr, so bestimmt der Bundesminister des Innern, wer als Dienstvorgesetzter gilt (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 21 Abs. 4 Satz 2 BDO a. F. —). Auf Grund des Abschnitts I der Anordnung zur Durchführung der BDO für die Bundesfinanzverwaltung vom 23. 1. 57 (BGBl. I S. 3) hat der Bundesminister der Finanzen die Befugnisse der obersten Dienstbehörde im Vorermittlungsverfahren gegen Ruhestandsbeamte nach § 29 Abs. 4 BDO — § 24 Abs. 4 BDO a. F. auf die Oberfinanzdirektion übertragen, in deren Bezirk der Ruhestandsbeamte seinen Wohnsitz hat; befindet sich der Wohnsitz des 132
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Ruhestandsbeamten außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes, so führt die Oberfinanzdirektion die Vorermittlungen durch, in deren Bereich der Ruhestandsbeamte seinen letzten dienstlichen Wohnsitz hatte. Im Bereich der Deutschen Bundespost sind auf Grund des Abschnittes I der Anordnung zur Durchführung der BDO für die Deutsche Bundespost und die Bundesdruckerei vom 19. 12. 67 — BGBl. 1968 S. 57 — die Befugnisse der obersten Dienstbehörde im Vorermittlungsverfahren gegen Ruhestandsbeamte nach § 26 Abs. 4 BDO auf den Präsidenten der Oberpostdirektion übertragen, in deren Bezirk der Ruhestandsbeamte seinen Wohnsitz hat; hat der Ruhestandsbeamte seinen Wohnsitz im Bezirk der Landespostdirektion Berlin, so übt der Präsident der Landespostdirektion Berlin diese Befugnisse aus. Befindet sich der Wohnsitz des Ruhestandsbeamten außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes, so führt der Präsident der Oberpostdirektion, in deren Bezirk der Ruhestandsbeamte seinen letzten dienstlichen Wohnsitz hatte, die Vorermittlungen durch; hatte der Ruhestandsbeamte seinen letzten dienstlichen Wohnsitz im Bezirk der Landespostdirektion Berlin, so übt der Präsident der Landespostdirektion Berlin die Befugnisse aus. Im Bereich der Bundeswehrverwaltungen sind die Befugnisse der obersten Dienstbehörde im Vorermittlungsverfahren gegen Ruhestandsbeamte nach Abschnitt I der Anordnung zur Durchführung der BDO für die Bundeswehrverwaltung vom 10. 8. 65 (BGBl. I S. 773) auf den Präsidenten der Wehrbereichsverwaltung übertragen, in deren Bereich der Ruhestandsbeamte seinen Wohnsitz hat; befindet sich der Wohnsitz des Ruhestandsbeamten außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes, führt der Präsident der Wehrbereichsverwaltung, in deren Bereich der Ruhestandsbeamte seinen letzten dienstlichen Wohnsitz hatte, die Vorermittlungen durch. Nach den Zusatzbestimmungen der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn Nr. 9 zu § 21 Abs. 4 BDO a. F. vom 1.3.56 sind die Befugnisse der obersten Dienstbehörde im Vorermittlungsverfahren gegen Ruhestandsbeamte der Besoldungsgruppen A 1 bis A 10 auf den Präsidenten der Eisenbahndirektion übertragen, der der Ruhestandsbeamte zuletzt unterstanden hatte. Für nicht wiederbeschäftigte Ruhestandsbeamte, die nicht Bundesbeamte sind oder gewesen sind und deren Bezüge der Bund trägt, ist nach Art. 10 ÄndGes. 1952 oberste Dienstbehörde im Sinne des § 19 Abs. 2 BDO — § 21 Abs. 4 BDO a. F. •— die oberste Dienstbehörde, deren Aufgaben denen der zuletzt für den Beamten zuständig gewesenen obersten Dienstbehörde oder Verwaltungsstelle (Nachfolgebehörde) entsprechen; für den Geschäftsbereich der Deutschen Bundesbahn tritt an die Stelle der obersten Bundesbehörde der Vorstand der Deutschen Bundesbahn. Ist eine nach Art. 10 Abs. 1 ÄndGes. 1952 zuständige Stelle nicht vorhanden, so übt der Bundesminister des Innern diese Befugnisse aus; er kann sie auf andere Stellen übertragen (Art. 10 Abs. 2 a. a. O.). Bei den in der Anlage zu den § § 4 und 5 des Zweiten Überleitungsgesetzes aufgeführten Dienststellen haben die Bundesminister für Finanzen und für Inneres mit dem Gemeinsamen Rundschreiben vom 1. 10. 52 (GMB1. S. 303) i. d. F. des Gemeinsamen Rundschreibens vom 15.12.52 (GMB1.1953 S. 13) die Befugnisse und Aufgaben der obersten Dienstbehörde übertragen: 133
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Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
1. dem Bundesminister des Innern für a) das Reichsministerium des Innern, b) den Reichskommisar für das Saargebiet, die für die besetzten Gebiete bestellten Reichskommissare und Chefs der Zivilverwaltungen und die Regierung des Generalgouvernements, c) den Reichskommissar für die Rückgliederung des Saargebietes, d) das Statistische Reichsamt, e) das Reichsgesundheitsamt einschließlich der Reichsanstalten für Wasser- und Luftgüter, für Lebensmittel- und Arzneimittelchemie und für Vitaminprüfung und Vitaminforschung, f) das Reichswanderungsamt, g) das Reichsarchiv, h) die Reichsanstalt für Landesaufnahme, i) die Staatliche Ausführungsbehörde der Ostgebiete, k) das Zentralnachweisamt für Kriegsverluste und Kriegsgräber, 1) das Statistische Amt für die britische Zone, m) die Deutsche Planungsbehörde für Registrierung und Bestandsaufnahme der Bevölkerung, n) das Kriminalpolizeiamt; 2. dem Bundesminister für Justiz für a) die obersten Gerichtshöfe und Anwaltschaften des Reichs mit Ausnahme der Reichsfinanzhofs, b) das Reichspatentamt, c) den Obersten Gerichtshof für die britische Zone; 3. dem Bundesminister für Wirtschaft für a) das Reichsministerium für Wirtschaft, b) den Reichskommisar für Preisbindung, c) den Reichskommissar für Ein- und Ausfuhrbewilligung, d) die Chemisch-Technische Reichsanstalt, e) die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (einschließlich der früheren Reichsanstalt für Maße und Gewichte), f) das Aufsichtsamt für Versicherungswesen in der britischen Zone, g) das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung; 4. dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für a) das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, b) das Reichsamt für Bodenforschung, c) die Biologische Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft, d) das Zentralinstitut für Holz- und Forstwirtschaft, e) das Zentralamt für Ernährung und Landwirtschaft in der britischenZone; 5. dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung für a) das Reichsarbeitsministerium, b) das Reichsversicherungsamt, c) den Reichstreuhänder für Arbeit, d) die Betriebskrankenkasse des Reichs, e) die Reichsausführungsbehörde für Unfallversicherung, f) das Zentralamt für Arbeit in der britischen Zone; 134
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6. dem Bundesminister für Verkehr für a) das Reichsverkehrsministerium, b) die Deutsche Seewarte, c) die Generaldirektion für Binnenwasserstraßen und Binnenschiffahrt des britischen Kontrollgebiets, d) die Seehäfen-Generaldirektion für das britische Kontrollgebiet, e) die Wasserstraßen-Generaldirektion für die amerikanische Besatzungszone, f) das Kriegsschädenamt für die Seeschiffahrt, g) das Oberseeamt für die britische Zone; 7. dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen für a) das Reichspostministerium, b) die Reichsdruckerei; 8. dem Bundesminister für Wohnungsbau für a) das Reichsministerium für Wiederaufbau, b) den Reichskommissar für das Wohnungswesen; 9. dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes für a) den Rechnungshof des Deutschen Reichs einschließlich der Außenstellen, b) den Rechnungshof des Deutschen Reichs (britische Zone), c) den Rechnungshof für Sonderaufgaben; 10. dem Präsidenten des Deutschen Bundestages für den Deutschen Reichstag; 11. dem Präsidenten des Deutschen Bundesrats für den Zonenbeirat für die britische Zone; 12. dem Bundesminister für Finanzen für alle übrigen Stellen. B. Befugnisse auf disziplinarrechtlichem Gebiet Für die der obersten Dienstbehörde unmittelbar unterstellten Beamten, also z. B. die beamteten Angehörigen eines Bundesministeriums, hat die oberste Dienstbehörde die gleichen Funktionen wie jeder andere Vorgesetzte, so daß das unter II B Gesagte entsprechend gilt. Die oberste Dienstbehörde kann Vorermittlungen (§26 BDO — § 21 BDO a. F. —) auch gegenüber den Beamten der nachgeordneten Behörden durchführen, da ihr Dienstvorgesetzteneigenschaft gegenüber sämtlichen Beamten, die zu dem Ressort der betreffenden Behörde gehören, zukommt. Die oberste Dienstbehörde kann gegen sämtliche Beamte ihres Ressorts Verweise und Geldbußen bis zur Höhe der einmonatigen Dienstbezüge verhängen (vgl. § 29 BDO — § 24 BDO a. F. —). Die oberste Dienstbehörde kann nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 27 Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — eine von ihr selbst oder von einem nachgeordneten Dienstvorgesetzten erlassene Disziplinarverfügung aufheben und in der Sache anders entscheiden oder die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens veranlassen (im einzelnen siehe § 89 II S. 526ff.). 135
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Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
Die oberste Dienstbehörde kann das förmliche Disziplinarverfahren nach § 35 Abs. 1 Buchst, a BDO — § 29 Abs. 1 Buchst, a BDO a. F. — gegen Beamte einleiten, hinsichtlich derer der Bundespräsident das Ernennungsrecht ausübt, mit Ausnahme der unter Buchstabe c bezeichneten, sofern sie für die Dienstaufsicht zuständig ist (im einzelnen siehe § 90 IV S. 546f.). Für die übrigen ihrer Aufsicht unterstehenden Beamten kann die oberste Bundesbehörde die Befugnis der Einleitungsbehörde allgemein oder im Einzelfalle an sich ziehen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). IV. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Die Regelung der Länderbeamten- und Länderdisziplinargesetze entspricht hinsichtlich der Bestimmung des Dienstvorgesetzten und der obersten Dienstbehörde sowie der Funktionen dieser Stellen im wesentlichen der Bundesregelung. An die Stelle der „obersten Dienstbehörde" tritt bei der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens die „oberste Landesbehörde". Im einzelnen gilt folgendes: 1. Baden-Württemberg § 4 Abs. 1 und 2 BG BW entspricht § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 BBG. Nach § 4 Abs. 3 BG BW kann, soweit nicht eine gesetzliche Regelung getroffen ist, das zuständige Ministerium durch Rechtsverordnung regeln, wer Dienstvorgesetzter ist. Wer Vorgesetzter ist, bestimmt sich nach § 4 Abs. 4 BG BW nach dem Aufbau der öffentlichen Verwaltung. Den §§11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 106 BDO 1. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorvorgesetzten die §§14 Abs. 2, 24—26, 27—30, 102 Abs. 1, 108 Abs. 5, 113 LDO BW. Den §§ 24, 27 Abs. 2, 29 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen §§ 27, 30 Abs. 2, 32 LDO BW. Die Regelung für Polizeibeamte ergibt sich aus § 126 II Nr. 1 S. 1093 f., für Beamte der Gemeinden, Gemeindeverbände und gemeindlichen Zweckverbände aus § 127 Nr. 1 S. 1097 f., für Beamte, die bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigt sind, aus § 128 II Nr. 1 S. 1108 f. 2. Bayern Art. 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BG Bayr. entspricht § 3 Abs. 1 und 2 BBG. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BG Bayr. gilt als oberste Dienstbehörde eines Ruhestandsbeamten, eines sonstigen Versorgungsberechtigten oder eines früheren Beamten die Behörde, die zuletzt oberste Dienstbehörde des Beamten war. Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 106 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die Art. 12, 22—24, 25—28, 98 Abs. 1, 103 Abs. 5 und 107 DStO Bayr., wobei die obersten Landesbehörden die Aufgaben als Einleitungsbehörde bei sämtlichen Beamten des Bayerischen Staates allgemein oder im Ein136
Landesrechtliche Regelung
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zelfall auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch auch im Einzelfall in jedem Stand des Verfahrens wieder an sich ziehen können. Die Regelung für Polizeibeamte ergibt sich aus § 126 II Nr. 2 S. 1094, für Beamte der Gemeinden, Gemeindeverbände, gemeindliche Zweckverbände, und Landkreise aus §127 Nr. 2 S. 1097 f., für Beamte der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts aus § 128 II Nr. 2 S. 1109 und für an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätige Lehrkräfte aus § 129 Nr. 2 S. 1113. 3. B e r l i n Oberste Dienstbehörde ist nach § 3 Abs. 1 LBG Bln. für die Beamten a) der Hauptverwaltung: das Mitglied des Senats, zu dessen Geschäftsbereich die Dienstbehörde ( § 4 LBG Bln.) gehört, b) beim Abgeordnetenhaus: der Präsident des Abgeordnetenhauses, c) des Rechnungshofes: der Präsident des Rechnungshofes, d) der Bezirksverwaltungen: der Senator für Inneres, für Beamte des Schuldienstes der Senator für Volksbildung, e) der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts: das durch Gesetz, Satzung oder in sonstiger Weise berufene Organ. Ist die oberste Dienstbehörde weggefallen, so bestimmt der Senator für Inneres die an ihre Stelle tretende Behörde (§ 3 Abs. 3 LBG Bln.). Nach § 4 Abs. 1 LBG Bln. ist Dienstbehörde die Behörde, die als personalaktenführende Behörde für beamtenrechtliche Entscheidungen unmittelbar zuständig ist. Für die Beamten beim Abgeordnetenhaus ist der Präsident des Abgeordnetenhauses, für die Beamten des Rechnungshofes der Präsident des Rechnungshofes Dienstbehörde ( § 4 Abs. 2 LBG Bln.). Im Zuständigkeitsbereich der Bezirksverwaltungen ist das Bezirksamt Dienstbehörde ( § 4 Abs. 3 LDO Bln.). Für die Beamten einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist Dienstbehörde das durch Gesetz, Satzung oder in sonstiger Weise mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde hierzu berufene Organ ( § 4 Abs. 4 LDO Bln.). Für Ruhestandsbeamte und sonstige Versorgungsempfänger gilt als Dienstbehörde die letzte Dienstbehörde. Besteht eine Dienstbehörde nicht mehr, so bestimmt der Senator für Inneres die an ihre Stelle tretende Behörde (§ 4 Abs. 5 LDO Bln.). Dienstvorgesetzter ist nach § 5 Abs. 1 LBG Bln., wer, ohne oberste Dienstbehörde oder Dienstbehörde zu sein, für beamtenrechtliche Entscheidungen zuständig ist. Wer Dienstvorgesetzter ist, bestimmt a) im Bereich der Hauptverwaltung: das zuständige Senatsmitglied; es kann die Befugnis auf nachgeordnete Behörden übertragen, b) beim Abgeordnetenhaus: der Präsident des Abgeordnetenhauses, c) beim Rechnungshof: der Präsident des Rechnungshofes, d) im Bereich der Bezirksverwaltungen: das Bezirksamt, e) im Bereich der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts: das durch Gesetz, Satzung oder in sonstiger Weise berufene Organ. Ist ein Dienstvorgesetzter nicht vorhanden, so nimmt die zuständige Dienstbehörde die Befugnisse des Dienstvorgesetzten wahr ( § 5 Abs. 1 Satz 2 LBG Bln.). Die Regelung für Polizeibeamte ergibt sich aus § 126 II 3 S. 1094. 137
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Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
Die Befugnisse, die in der BDO, BDO i. d. F. der Novelle den Dienstvorgesetzten eingeräumt sind, stehen in der LDO Bln. der Dienstbehörde zu. Den § § 1 1 Abs. 2, 21, 23, 24, 26, 97 und 102 Abs. 5 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse der Dienstbehörde die § § 1 4 Abs. 2, 24—26, 27—29, 98 Abs. 1 und 104 Abs. 5 LDO Bln. und hinsichtlich der Befugnisse der obersten Dienstbehörde den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 die §§ 27, 30 Abs. 2 und 32 LDO Bln., wobei zu beachten ist, daß nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 LDO Bln. jede Dienstbehörde Geldbußen bis zur Hälfte des zulässigen Höchstbetrages verhängen kann und nach § 30 Abs. 2 LDO Bln. eine Änderungsbefugnis allein der obersten Dienstbehörde zusteht. Wer als Dienstbehörde oder oberste Dienstbehörde entscheidet, ist in § 22a LDO Bln. i. d. F. 7 LBÄG geregelt. 4. B r e m e n Oberste Dienstbehörde des Beamten ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BG Brm. für das Land und die Stadtgemeinde Bremen der Senat der Freien Hansestadt Bremen, für die Stadtgemeinde Bremerhaven der Magistrat der Stadt Bremerhaven. Für die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wird die oberste Dienstbehörde durch Gesetz, Verordnung oder Satzung bestimmt; ist eine solche Bestimmung nicht getroffen, so ist oberste Dienstbehörde der Senat der Freien Hansestadt Bremen bzw. der Magistrat der Stadt Bremerhaven ( § 4 Abs. 1 Satz 2 BG Brm.). Die Ausübung der Rechte der obersten Dienstbehörde kann delegiert werden (§ 4 Abs. 1 Satz 3 BG Brm.). Dienstvorgesetzter ist nach § 4 Abs. 2 BG Brm., wer für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihm nachgeordneten Beamten zuständig ist. Vorgesetzter ist, wer einem Beamten für seine dienstliche Tätigkeit Anordnungen erteilen kann ( § 4 Abs. 2 Satz 2 BG Brm.). Wer Dienstvorgesetzter und Vorgesetzter ist, bestimmt sich nach dem Aufbau der öffentlichen Verwaltung ( § 4 Abs. 2 Satz 3 BG Brm.). Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 107 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die §§ 11 Abs. 2, 21—24, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 3 und 106 DStO Brm. sowie für die Befugnisse der obersten Dienstbehörde den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 die §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 DStO Brm. 5. H a m b u r g Oberste Dienstbehörde ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BG Hmb. der Senat als oberste Verwaltungsbehörde. Oberste Dienstbehörde der Körperschaftsbeamten ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BG Hmb. die durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung bestimmte Stelle. Dienstvorgesetzter ist, wer für die beamtenrechtlichen Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihm nachgeordneten Beamten zuständig ist ( § 3 Abs. 2 Satz 1 BG Hmb.). Vorgesetzter ist, wer einem Beamten für seine dienstliche Tätigkeit Anordnungen erteilen kann (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BG Hmb.). Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 11 102 Abs. 4 und 106 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1,102 Abs. 5 und 106 DO Hmb. sowie den § § 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO hinsichtlich der Befugnisse der 138
Landesrechtliche Regelung
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obersten Dienstbehörde die §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 DO Hmb. wobei nach § 29 Abs. 1 DO Hmb. Einleitungsbehörde ganz allgemein der Senat ist. Die Regelung für Polizeibeamte ist in § 126 Nr. 5 S. 1094 und für die bei den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigten Beamten in § 128 II Nr. 5 S. 1110 dargestellt. 6. H e s s e n § 4 Abs. 1 und 2 Satz 1 bis 3 HBG entspricht § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 bis 3 Halbsatz 1 BBG. Ist ein Dienstvorgesetzter nicht vorhanden, so bestimmt nach § 4 Abs. 2 Satz 4 HBG für die Beamten des Landes die oberste Dienstbehörde, im übrigen die oberste Aufsichtsbehörde, wer die Aufgaben des Dienstvorgesetzten wahrnimmt. Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 106 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die § § 1 2 Abs. 2, 22—24, 25—28, 102 Abs. 1, 108 Abs. 4 und 113 HDO sowie den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 hinsichtlich der Befugnisse der obersten Dienstbehörde die §§ 25, 28 Abs. 2 und 31 HDO, wobei die obersten Landesbehörden die Einleitungsbefugnis auch bei den Landesbeamten, die die Landesregierung ernennt, auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie aber im Einzelfall wieder an sich ziehen kann. Die Regelung für Polizeibeamte ist in § 126 II Nr. 6 S. 1095, für die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände in § 127 Nr. 3 S. 1099f. und für Beamte, die bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigt sind, in § 128 II Nr. 6 S. 1110 dargestellt. 7. N i e d e r s a c h s e n § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 NBG entspricht § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 BBG. Wer unmittelbarer, wer höherer Dienstvorgesetzter und wer Vorgesetzter ist, richtet sich nach Aufbau der öffentlichen Verwaltung ( § 3 Abs. 2 Satz 3 NGB). Ist ein Dienstvorgesetzter nicht vorhanden und ist nicht gesetzlich geregelt, wer seine Aufgaben wahrnimmt, so bestimmt für die unmittelbaren Landesbeamten die zuständige oberste Landesbehörde, im übrigen die oberste Aufsichtsbehörde, wer die Aufgaben des Dienstvorgesetzten wahrnehmen soll ( § 3 Abs. 2 Satz 4 NBG). Die Entscheidungen und Maßnahmen nach dem NBG trifft, wenn nicht anderes bestimmt ist, der unmittelbare Dienstvorgesetzte und nach Beendigung des Beamtenverhältnisses der letzte unmittelbare Dienstvorgesetzte (§ 3 Abs. 3 NBG). Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 106 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die §§ 15 Abs, 2, 26—28, 30—33, 111 Abs. 1, 116 Abs. 5 und 120 NBG sowie den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 hinsichtlich der Befugnisse der obersten Dienstbehörde die § § 30, 33 Abs. 2 und 35 NDO, wobei die obersten Landesbehörden die Befugnis zur Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens ganz allgemein oder im Einzelfalle mit Zustimmung des Ministers des Innern auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch wieder im Einzelfalle an sich ziehen können (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 NDO). 139
§70
Der Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde
Hinsichtlich der personalrechtlichen Befugnisse siehe Gem. Bekanntmachung des Nds. Ministerpräsidenten-Staatskanzlei und des Nds. Mdl vom 23. 2. 59—6 Nr. 487/59 u. I—II/4—1—2/5—24 (Nds. MinBl. 1959 S. 174). Die Regelung für Polizeibeamte ist in § 126 II Nr. 7 S. 1095, für Beamte der Gemeinden, Gemeindeverbände und Landkreise in § 127 Nr. 4 S. llOOf., für die Beamten, die bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigt sind, in § 128 II Nr. 7 S. lllOf. und für die an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen beschäftigten Lehrkräfte in § 129 Nr. 7 S. 1114 dargestellt. 8. Nordrhein-Westfalen § 3 BG NW entspricht § 3 BBG, wobei in den Fällen, in denen ein Dienstvorgesetzter nicht vorhanden ist, für die Beamten des Landes die oberste Landesbehörde, im übrigen die oberste Aufsichtsbehörde bestimmt, wer die Aufgaben des Dienstvorgesetzten wahrnehmen soll. Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 106 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die §§ 14 Abs. 2, 24—26, 27—30, 104 Abs. 1, 110 Abs. 5 und 114 DO NW sowie den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 hinsichtlich der Befugnisse der obersten Dienstbehörde die § § 27, 30 Abs. 2 und 32 DO NW, wobei die obersten Landesbehörden die Befugnis zur Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens bei Landesbeamten, hinsichtlich deren sich die Landesregierung das Ernennungsrecht vorbehält, mit Zustimmung des Innenministers auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen und sie im Einzelfall wieder an sich ziehen kann (vgl. § 32 Abs. 1 Buchst, a DO NW). Die Regelung für Polizeibeamte ist in § 126 II Nr. 8 S. 1095, für die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände in § 127 Nr. 5 S. 1102 f., für die bei Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigten Beamten in § 128 II Nr. 8 S. 1111 und für die an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen beschäftigten Lehrkräfte in § 129 Nr. 8 S. 1114 dargestellt. 9. R h e i n l a n d - P f a l z § 4 Abs. und 2 LBG Rh.-Pf. entspricht § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 bis 3 Halbsatz 1 BBG. Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 106 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die §§ 14 Abs. 2, 24—26, 27—30, 106 Abs. 1, 112 Abs. 5 und 116 LDO Rh.-Pf. sowie den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 hinsichtlich der Befugnisse der obersten Dienstbehörde die §§ 27, 30 Abs. 2 und 32 LDO Rh.-Pf., wobei die obersten Landesbehörden die Befugnis zur Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens bei Landesbeamten, bei denen der Ministerpräsident das Ernennungsrecht ausübt, auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen und sie allgemein oder im Einzelfall wieder an sich ziehen können (vgl. § 33 Abs. 1 Buchst. 1 LDO Rh.-Pf.). Die Regelung für Polizeibeamte ist in § 126 II Nr. 9 S. 1095f., für die Beamten der kommunalen Körperschaften in § 127 Nr. 6 S. 1103f., für die bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigten Beamten in § 128 II Nr. 9 S. 1111 f. und für die an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätigen Lehrkräfte in § 129 Nr. 9 S. 1114 f. dargestellt. 140
Landesrechtliche Regelung
§70
10. S a a r l a n d Nach § 4 Abs. 1 BG Saar ist oberste Dienstbehörde für die Beamten a) beim Landtag: der Präsident des Landtages, b) beim Verfassungsgerichtshof: der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, c) der Landesverwaltung: der Fachminister, dessen Geschäftsbereich der Beamte angehört, d) der Generalfinanzkontrolle: der Präsident der Generalfinanzkontrolle, e) der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts: das durch Gesetz, Satzung oder in sonstiger Weise berufene Organ. Ist die oberste Dienstbehörde weggefallen, so bestimmt die Landesregierung die an ihre Stelle tretende Behörde ( § 4 Abs. 2 BG Saar). Hinsichtlich der Begriffsbestimmung des Dienstvorgesetzten und Vorgesetzten entspricht § 4 Abs. 3 BG Saar dem § 3 Abs. 2 BBG, wobei in den Fällen, in denen ein Dienstvorgesetzter nicht vorhanden und nicht gesetzlich geregelt ist, wer seine Aufgaben wahrnimmt, für die Beamten des Landes die zuständige oberste Landesbehörde, im übrigen die oberste Aufsichtsbehörde bestimmt, wer die Aufgaben des Dienstvorgesetzten wahrnehmen soll (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 4 BG Saar). Den §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 5 und 107 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die §§ 11 Abs. 2, 21—23, 24—27, 97 Abs. 1, 102 Abs. 3 und 106 DStO Saar sowie den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 für die Befugnisse der obersten Dienstbehörde die §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 DStO Saar. Die Regelung für Polizeibeamte ist in § 126 II Nr. 10 S. 1096, für die Beamten der Gemeinden, Gemeindeverbände und gemeindlichen Zweckverbände in § 127 Nr. 7 S. 1103f., für die bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigten Beamten in § 128 Nr. 10 S. 1112 und für an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätige Lehrkräfte in § 129 Nr. 10 S. 1115 dargestellt. 11. S c h l e s w i g - H o l s t e i n Jeder Dienstherr bestimmt für die in seinem Dienst stehenden Beamten, wer Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörden im Sinne der DStO Schl.-Hol. ist (§ 110 DStO Schl.-Hol.). § 4 BG Schl.-Hol. entspricht § 3 BBG, wobei in dem Falle, daß ein Dienstvorgesetzter nicht vorhanden ist, die zuständige oberste Landesbehörde bestimmt, wer die Aufgaben des Dienstvorgesetzten wahrnehmen soll (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 4 BG Schl.-Hol.). Den § § 11 Abs. 2,21—23,24—27, 97 Abs. 1,102 Abs. 5,106 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen hinsichtlich der Befugnisse des Dienstvorgesetzten die §§ 16 Abs. 2, 26—28, 29—32, 99 Abs. 1,104 Abs. 3 und 108 DStO Schl.Hol. sowie den §§ 24, 27 Abs. 2 und 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 hinsichtlich der Befugnisse der obersten Dienstbehörde die § § 29, 32 und 36, wobei bei Landesbeamten im Sinne des § 1 DStO Schl.-Hol. mit Ausnahme der Beamten des Landtages allgemein als Einleitungsbehörde der Innenminister in Frage kommt. 141
§71
Die Einleitungsbehörde
Die Regelung für Polizeibeamte ist in §126IINr.ll S.1096f., für die Beamten, der Gemeinden, Ämter, Kreise und kommunalen Zweckverbände in § 127 Nr. 8 S. 1105, für die bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beschäftigten Beamten in § 128 II Nr. 11 S. 1112 und für die in nichtstaatlichen, öffentlichen Schulen tätigen Lehrkräfte in § 129 Nr. 11 S. 1115 dargestellt.
§ 71. Die Einleitungsbehörde I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG A. Preußen Das förmliche Disziplinarverfahren gegen einen nichtrichterlichen Beamten konnte im preußischen Disziplinarrecht nur von einer Dienstbehörde eingeleitet werden. Nach § 25 des Preuß. Gesetzes betr. Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 11. 7. 1849 (PrGS S. 271) verfügte der Minister, der dem Beamten vorgesetzt war, die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, wenn die Entscheidung der Sache vor den Disziplinarhof gehörte. War Gefahr im Verzuge, so konnte die Einleitungsverfügung vorläufig von dem Vorsteher der Provinzialbehörde des Ressorts ergehen, wobei alsdann die Genehmigung des Ministers einzuholen war; wurde die Genehmigung versagt, so war das Verfahren einzustellen. In den Fällen, in denen der Disziplinarhof nicht zuständig war, war das Disziplinarverfahren von dem Vorsteher der Behörde einzuleiten, welcher die entscheidende Disziplinarbehörde bildete, oder von dem vorgesetzten Minister. Als entscheidende Disziplinarbehörden kamen in Betracht der Disziplinarhof bei den Beamten, zu deren Anstellung eine vom König oder von den Ministern ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich war, in den sonstigen Fällen die staatlichen Regierungen, die staatlichen Provinzialschulkollegien, die Provinzialsteuerdirektionen und die staatlichen Oberbergämter, sofern die Beamten bei ihnen angestellt oder ihnen unterstellt waren und nicht die Zuständigkeit des Disziplinarhofs begründet war. § § 23 und 24 des Preuß. Gesetzes betr. Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 21. 7. 1852 (PrGS S. 465) ließen es bei der bisherigen Regelung. Als Provinzialbehörden kamen fernerhin die Generalkommissionen die Militärintendanturen, das Polizeipräsidium Berlin und die Eisenbahnkommissariate in Frage. Nach § 23 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 (PrGS S. 59) kamen als Einleitungsbehörden in Betracht: a) die Fachminister gegen die von ihnen oder vom Staatsministerium ernannten Beamten, wobei es bei Gefahr im Verzuge bei der Regelung des § 25 des Preuß. Gesetzes vom 11. 7.1849 verblieb; b) die Leiter der Provinzialbehörden, zu denen u. a die Regierungen, die Oberpräsidien, die Provinzialschulkollegien, die Landeskulturämter, die Oberbergämter, die Oberlandesgerichte, die Staatsanwaltschaften bei den Oberlandesgerichten gehörte, gegen die übrigen ihrer Dienstaufsicht unterstellten Beamten, wobei allerdings auch den zuständigen Fachministern die Befugnis eingeräumt war, das Disziplinarverfahren einzuleiten. Bei den Beamten der unmittelbar unter den Ministern stehenden Behörden, Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts leitete der Fachminister das förmliche Disziplinarverfahren ein; er konnte dieses Recht für alle oder einzelne Beamtengruppen auf den Leiter der Behörde, Anstalt oder Körperschaft oder auf den Leiter einer Provinzialbehörde übertragen (vgl. § 23 Abs. 2 a. a. O.). Für einzelne Gruppen der unter § 23 Abs. 1 a. a. O. genannten Beamten konnte das Staatsministerium die Befugnis der Einleitungsbehörde dem Leiter der Provinzialbehörde übertragen (vgl. § 24 Abs. 1 a. a. O.).
B. Deutsches Reich Nach § 84 Abs. 1 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3. 1873 (RGBl. S. 61) mußte der Entfernung aus dem Amte ein förmliches Disziplinarverfahren vorausgehen, wobei die Einleitung desselben von der obersten Reichsbehörde verfügt wurde. War Gefahr im Verzuge, so konnte nach § 85 Abs. 2 a. a. O. die Verfügung der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig von einer der im § 81 unter Nr. 3 a. a. O. bezeichneten Behörde, nämlich einer der obersten Reichsbehörde unmittelbar unterstellten Behörde bzw. dem Vorsteher einer solchen Behörde ausgehen, wobei in einem solchen Falle die Genehmigung der obersten
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Geschichtliche Entwicklung
§71
Reichsbehörde einzuholen und das Verfahren einzustellen war, falls die Genehmigung versagt worden war. Da gegen pensionierte Beamte ein Disziplinarverfahren nicht in Frage kam, mußte für diesen Personenkreis die Bestimmung einer Einleitungsbehörde ausscheiden. Nach § 42 des Reichsratsentwurfs zu einer Reichsdienststrafordnung vom 12. 11. 31 sollte das förmliche Dienststrafverfahren von der obersten Reichsbehörde oder von der Behörde eröffnet werden, auf die sie ihre Geschäfte nach § 148 des Entwurfs übertragen konnte. Der Eröffnungsbeschluß sollte dem Beschuldigten zugestellt werden (§ 42 Abs. 2 des Entwurfs). Nach § 29 Abs. 1 der Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 (RGBl. I S. 71) kamen als Einleitungsbehörden in Frage a) für Beamte, deren Ernennung sich der „Führer" und Reichskanzler vorbehalten hatte, mit Ausnahme der unter c) bezeichneten, die für die Dienstaufsicht zuständigen obersten Reichsbehörden; diese konnten ihre Befugnis mit Zustimmung des Reichsministers des Innern auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch im Einzelfalle wieder an sich ziehen, b) für andere Beamte, mit Ausnahme der unter c) bezeichneten, die für die Ernennung zuständige Behörde, c) für Beamte der Gemeinden, Gemeindeverbände und der anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die Behörden, die der für die Aufsicht zuständige Reichsminister im Benehmen mit dem Reichsminister des Innern bestimmte, d) für an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätige beamtete Lehrpersonen, die der staatlichen Bestätigung bedurften, die Behörden, die der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern bestimmte. Die obersten Reichsbehörden konnten auch für die unter b) bis d) genannten, ihrer Aufsicht unterstehenden Beamten die Befugnis der Einleitungsbehörde allgemein oder im Einzelfalle an sich ziehen (§29 Abs. 1 Satz 2 a. a. O.). Zuständig war die Einleitungsbehörde, der der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung unterstand, bei einem nicht wieder beschäftigten Wartestandsbeamten und bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Wartestand oder in den Ruhestand zuständig war (§ 29 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 a. a. O.).
C. Der Bund § 29 Abs. 1 und 2 der Bundesdisziplinarordnung vom 28. 11. 52 (BGBl. I S. 749) beläßt es bei der Regelung des § 29 Abs. 1 und 2 RDStO, wobei an die Stelle der früheren Reichsbehörden die entsprechenden Bundesbehörden, wie z. B. der Bundespräsident und der Bundesminister tritt. § 29 Abs. 1 Buchst, b) und d) RDStO ist in der Bundesregelung entfallen, weil die dort genannten Personen nicht mehr unter das BBG fallen. § 29 Abs. 3 a. a. O. ist auf Grund des Bundesbahngesetzes vom 13. 12. 51 (BGBl. I S. 955), das u. a. die Zuständigkeiten für den Bundesminister für Verkehr und den Vorstand der Deutschen Bundesbahn festsetzt, neu aufgenommen worden. Hiernach ist der Bundesminister für Verkehr Einleitungsbehörde für die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bundesbahn (§29 Abs. 3 Satz 1 a. a. O.). Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn ist Einleitungsbehörde für die übrigen Beamten der Deutschen Bundesbahn, soweit nicht die Ausübung des Ernennungsrechtes auf andere Behörden weiter übertragen worden ist; § 29 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. gilt entsprechend (§ 29 Abs. 3 Satz 2 a. a. O.). Die Novelle zum Bundesdisziplinarrecht sieht zunächst einmal eine redaktionelle Änderung vor, indem in § 35 Abs. 1 a. a. O. die Buchstaben ,,a) bis c)" durch die Nummern „1 bis 3" ersetzt werden und in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 an die Stelle des Buchstaben „c" die Worte „Nummer 3 und 4" treten. Der bisherige § 29 Abs. 3 BDO a. F. tritt zu § 35 Abs. 1 als Nr. 4. Eine erhebliche Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand enthält § 35 Abs. 1 Satz 2 und 3 a. a. O., der wie folgt lautet: „Soweit für Beamte eine für die Dienstaufsicht zuständige oberste Dienstbehörde nicht vorhanden ist, bestimmt der Bundespräsident die zuständige Einleitungsbehörde. Wenn die Einleitungsbefugnis nicht gesetzlich besonders geregelt ist, können die obersten Bundesbehörden auch für die unter Satz 1 Nummer 2 und 3 genannten, ihrer Aufsicht unterstehenden Beamten die ihnen zustehende Befugnis der Einleitungsbehörde auf ihnen unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen oder die diesen zustehende Befugnis allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen; dasselbe gilt entsprechend für den Vorstand der Deutschen Bundesbahn." 143
§71
Die Einleitungsbehörde
Nach der bisherigen Regelung war gegen den Präsidenten des Bundesrechnungshofes und gegen den Chef des Bundespräsidialamtes die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens nicht möglich, da eine für die Dienstaufsicht zuständige oberste Bundesbehörde, die die Befugnis der Einleitungsbehörde wahrnimmt, nicht vorhanden ist; diese Lücke schließt nunmehr § 35 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. für den Chef des Bundespräsidialamtes, während § IIa Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes vom 27. 11. 50 (BGBl. I S. 765) i. d. F. des Art. II § 7 der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht bestimmt, daß oberste Dienstbehörde i. S. des § 63 Abs. 2 DRiG hinsichtlich des Präsidenten des Bundesrechnungshofes der Präsident des Deutschen Bundestages ist. § 35 Abs. 1 Satz 3 a. a. O. hingegen ermöglicht, daß die obersten Dienstbehörden ihre Befugnisse für die unter § 35 Abs. 1 Buchst, b a.a.O. fallenden Beamten der Besoldungsgruppen A 11 und A 12 auf die ihnen unmittelbar nachgeordneten Behörden übertragen können.
IL BEGRIFF UND AUFZÄHLUNG DER EINLEITUNGSBEHÖRDEN Der Begriff der „Einleitungsbehörde" ist eine Schöpfung des Disziplinarrechts und bezeichnet so die Stelle, der im Disziplinarrecht im förmlichen Disziplinarverfahren genau umschriebene Befugnisse eingeräumt sind. In erster Linie obliegt ihr, wie es bereits der Name anzeigt, die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens. Ihre wesentlichen Aufgaben sind mit der Übersendung der Disziplinarakten an den Bundesdisziplinaranwalt zwecks Fertigung der Anschuldigungsschrift beendet. Wer als Einleitungsbehörde in Frage kommt, ist im Disziplinarrecht aufgezeigt. Im allgemeinen kommen diese Aufgaben der obersten Dienstbehörde zu, die über den Beamten, der sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht hat, die Dienstaufsicht führt. Im allgemeinen kann sie die Befugnisse auf die ihr unmittelbar nachgeordnete Behörde delegieren, wobei sie sich jedoch wiederum das Recht vorbehalten kann, die Disziplinarsache wiederum an sich zu ziehen. Maßgebend für die Unterstellung des Beamten unter eine Einleitungsbehörde ist der Zeitpunkt der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BDO — § 29 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BDO a. F. — ). Wer als Einleitungsbehörde in Frage kommt, ist im Bundesdisziplinarrecht in § 35 BDO — § 29 BDO a. F. — geregelt. Hiernach ergibt sich folgende Regelung: A. Bei unmittelbaren Bundesbeamten 1. Bei u n m i t t e l b a r e n B u n d e s b e a m t e n , h i n s i c h t l i c h d e r e n der B u n d e s p r ä s i d e n t das E r n e n n u n g s r e c h t a u s ü b t Für Beamte der Besoldungsgruppen A 13 bis A 16 und der Besoldungsordnung B, hinsichtlich derer der Bundespräsident das Ernennungsrecht ausübt, ist Einleitungsbehörde die für die Dien Staufsieht zuständige oberste Dienstbehörde (§ 29 Abs. 1 Satz l a BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Als für die Dienstaufs'cht zuständig im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz l a BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. der Novelle, gilt die oberste Bundesbehörde, die auf Grund der Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst i. d. Neufassung vom 11. 7. 67 (BGBl. I S. 794) und der dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen vom 14. 10. 55 (BGBl. I S. 681) für die Vorlage der Ernennungsvorschläge an den 144
Begriff und Aufzählung der Einleitungsbehörden
§71
Bundespräsidenten zuständig ist. Dies sind die Bundesminister und die Leiter der sonstigen obersten Bundesbehörden für Ihren Geschäftsbereich, wie z. B. der Präsident des Bundesrechnungshofes auf Grund des Gesetzes über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes vom 27. 11. 50 (BGBl. S. 765). Wird die Zuständigkeit der nach § 35 Abs. 1 BDO — § 29 Abs. 1 BDO a. F. — zuständigen Behörde als Ernennungs- oder Dienstaufsichtsbehörde durch Gesetz, Verordnung oder Anordnung des Bundespräsidenten geändert, so ändert sich auch ihre Zuständigkeit als Einleitungsbehörde. Wohl ist nach § 29 Abs. 1 Satz l a Halbsatz 2 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz2 BDO i.d.F. der Novelle die Möglichkeit geschaffen, die Befugnis mit Zustimmung des BMI auf unmittelbar nachgeordnete Behörden zu übertragen, jedoch ist hiervon noch kein Gebrauch gemacht worden. Da die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn nicht oberste Bundesbehörde, sondern dem Bundesminister für Verkehr nachgeordnet ist, ist als Sonderregelung in § 29 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle bestimmt, daß trotzdem der Vorstand der Deutschen Bundesbahn Einleitungsbehörde für die ihm unterstelltenBeamten ist, soweit er die Ausübung des Ernennungsrechts nicht auf andere Behörden übertragen hat. Für die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bundesbahn ist Einleitungsbehörde jedoch der Bundesminister für Verkehr ( § 3 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle). Die Sonderregelung in § 29 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDO i. d. F. der Novelle ist notwendig geworden, weil die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn eine dem Bundesminister für Verkehr nachgeordnete Behörde, also keine oberste Bundesbehörde darstellt. Soweit für Beamte eine für die Dienstaufsicht zuständige oberste Bundesbehörde nicht vorhanden ist, wie z. B. für den Chef des Bundespräsidialamtes, bestimmt der Bundespräsident die zuständige Einleitungsbehörde ( § 3 5 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Eine abweichende Regelung ergibt sich außer den in § 29 Abs. 1 Buchstabe c BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, §35 Abs. 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle genannten Fällen dann, wenn das Ernennungsrecht einer anderen Stelle als dem Bundespräsidenten übertragen ist. So erfolgt z. B. nach § 176 Satz 2 die Ernennung der Bundestagsbeamten durch den Präsidenten des Bundestages, der Bundesratsbeamten durch den Präsidenten des Bundesrates und der Beamten des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts ; hier kommen die eben genannten Präsidenten als oberste Dienstbehörde in Frage (vgl. § 176 Satz 3 BBG). Nach § 26 Abs. 3 der Reichsschuldenordnung vom 13. 2. 24 (RGBl. S. 95) i. V. m. dem Gesetz über die Errichtung einer Schuldenverwaltung des VWG vom 13. 7. 48 (WiGBl. S. 73) und der VO über die BundesschuldenVerwaltung vom 13. 12. 49 (BGBl. 1950 S. 1) kommt als Ernennungs- und damit als Einleitungsbehörde der Präsident der Bundesschuldenverwaltung in Frage. 2. Bei u n m i t t e l b a r e n B u n d e s b e a m t e n h i n s i c h t l i c h d e r e r der B u n d e s p r ä s i d e n t das E r n e n n u n g s r e c h t n i c h t a u s ü b t Für die Beamten, hinsichtlich derer der Bundespräsident das Ernennungsrecht nicht ausübt, also für die Beamten des gehobenen, mittleren und ein10 Lindgen, Disziplinarrecht II
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§71
Die Einleitungsbehörde
fachen Dienstes, ist Einleitungsbehörde die für die Ernennung zuständige Behörde (§ 29 Abs. 1 Satz l b BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDO i. d. F. der Novelle). Hiernach sind Einleitungsbehörden die nach den genannten Vorschriften für die Ernennung zuständigen Behörden oder, soweit sie die Ausübung der Ernennung auf andere Behörden weiter übertragen haben, diese Behörden. Bei den Beamten der Besoldungsgruppen 12 (Oberamtmänner, Amtsräte, Zoll- und Steuerräte der einzelnen Ressorts, Seehauptkapitäne, Forstoberamtmänner, Justizoberamtmänner, Kanzler Erster Klasse, Fachschuloberlehrer und Kriminalhauptkommissare) kommen als Einleitungsbehörde die obersten Bundesbehörden bzw. der Vorstand der Deutschen Bundesbahn in Betracht, weil nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Anordnung des Bundespräsidenten die Ausübung des Ernennungsrechts hier nicht auf die nachgeordneten Behörden delegiert werden kann. Das gleiche gilt auch für die bei sonstigen nachgeordneten Beamten der bei den obersten Bundesbehörden bzw. bei der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn beschäftigten Beamten. Nach § 35 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle ist es möglich, daß die oberste Dienstbehörde ganz allgemein für unter § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BDO i. d. F. der Novelle genannten Beamten, also auch bei den Beamten der BesGr. A l l und A 12, die Einleitungsbefugnis auf die ihr unmittelbar nachgeordnete Behörde delegieren oder allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen kann, was auch für den Vorstand der Deutschen Bundesbahn gilt. Soweit die obersten Bundesbehörden und der Vorstand der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn das Ernennungsrecht der Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 10 nicht delegiert haben, bleiben sie gleichfalls Einleitungsbehörde. Auf Grund der Weiterübertragung der Ausübung des Ernennungsrechts nach Art. 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Anordnung des Bundespräsidenten kommen als Einleitungsbehörde bei den Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 11 folgende Behörden in Betracht: a) im Bereich der Verwaltung des Post- und Fernmeldewesens (Anordnungen des BPM vom 3. 10. 67 — Amtsbl. Vfg S. 1083 u. vom 19. 12. 67 — Amtsbl. Vfg S. 1357) für die Beamten der Besolungsgruppen A 1 bis A 11, die Präsidenten der Oberpostdirektion, des Fernmeldetechnischen Zentralamtes, des Posttechnischen Zentralamtes, des Sozialamtes, der Bundesdruckerei und die Direktoren der Ingenieurakademien der DBP Berlin und Dieburg; b) im Bereich der Bundesfinanzverwaltung (Anordnung des BFM vom 10. 10. 67 — BGBl. I S. 984) für die Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 11 der Präsident des Bundesfinanzhofes, der Oberfinanzpräsident, der Präsident der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein; c) im Bereich der Bundesjustizverwaltung (Anordnung des Bundesministers der Justiz vom 3. 8. 67 — BGBl. I S. 907 — für die Beamten der Besoldungsgruppe A 1 bis A 11 146
Begriff und Aufzählung der Einleitungsbehörden
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der Präsident des Bundesgerichtshofes, der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, der Präsident des Bundespatentgerichts, der Präsident des Deutschen Patentamtes; d) im Bereich der Deutschen Bundesbahn (Anordnung des Bundesministers für Verkehr vom 15. 8. 67 — BGBl. I S. 983 —) für die Beamten der Deutschen Bundesbahn der Besoldungsgruppen A 1 bis A 11, die Präsidenten der Generalbetriebsleitungen, der Bundesbahndirektionen, der Bundesbahnzentralämter, des Bundesbahnsozialamtes, der Leiter des Hauptwagenamtes; e) im Bereich des Bundesministers für Verkehr (Anordnung des Bundesministers für Verkehr vom 30. 10. 67 — BGBl. I S. 1126) für die Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 9 der Präsident des Deutschen Wetterdienstes, der Präsident und Professor des Deutschen Hydrographischen Instituts, der Präsident der Bundesanstalt für Flugsicherung, der Präsident der Bundesanstalt für Wasserbau, der Präsident und Professor der Bundesanstalt für Straßenwesen, der Direktor des Luftfahrt-Bundesamtes, der Präsident des Kraftfahr-Bundesamtes, der Leiter des Bundesamtes für Schiffsvermessung, der Präsident der Wasser- und Schiffahrtsdirektionen; f) im Bereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Anordnung des BMA vom 11. 12. 67 — BGBl. I S. 1328 — für die Beamten der Laufbahngruppen A I bis A 11 die Präsidenten des Bundesarbeits- und -sozialgerichts, des Bundesversicherungsamtes und der Vorstände der BVA und der LVA OldenburgBremen für ihren Geschäftsbereich; g) im Bereich des Bundesgrenzschutzes (Anordnung vom 22. 4. 63 — BGBL I S. 367) für Beamte der Besoldungsgruppe A 1 bis A 8 sowie für Stabsmeister und Oberstabsmeister (Besoldungsgruppen A 9 und A 10) mit Ausnahme der Fähnriche im Bundesgrenzschutz die Kommandeure der Grenzschutzkommandos, die Kommandeure der Grenzschutzschulen, die Leiter der Grenzschutzdirektion und die Leiter der Grenzschutzverwaltungen; h) im Bereich der Bundeswirtschaftsverwaltung (Anordnung des Bundesministers für Wirtschaft vom 17. 7. 53 — BGBl. I S. 930 —, 2. 9. 55 — BGBl. I S. 589 —, 9.12. 55 — BGBl. I S. 811 — und 2. 2. 61 — BGBl. I S. 71) für die Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 10) der Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, der Präsident des Bundesamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen, der Leiter der Bundesauskunftsteile für den Außenhandel, der Präsident des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft, der Präsident der Bundesanstalt für mechanische und chemische Materialprüfung der Präsident des Bundeskartellamtes; 10*
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Die Einleitungsbehörde
i) beim Bundesverwaltungsgericht, Statistischen Bundesamt, Bundeskriminalamt, Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesverwaltungsamt, Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz (Anordnung des BMI vom 18. 12. 67 — BGBl. I 1968 S. 48 —) für die Beamten der Besoldungsgruppen A I bis A 11 die jeweiligen Präsidenten für ihren Geschäftsbereich, der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts auch für das Bundesdisziplinargericht; beim Bundeskriminalamt sind die Beamten der Laufbahn des leitenden Kriminaldienstes ausgenommen; k) im Bereich des Bundesministers für Verteidigung (Anordnung über die Ernennung und Entlassung der Beamten der Bundeswehrverwaltung vom 2.2.68 BGBl. I S. 122) für die Beamten der Besoldungsgruppe A 1 bis A11 der Präsident des Bundeswehrverwaltungsamtes, der Präsident der Wehrbereichsverwaltungen, der Generaldekan des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr, der Generalvikar des Katholischen Militärbischofamtes für die Bundeswehr und der Präsident des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung. Wenn die Einleitungsbefugnis nicht besonders geregelt ist, können die obersten Bundesbehörden auch für die unter § 29 Abs. 1 Satz 1 Buchst, b und c BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BDO i. d. F. der Novelle genannten, ihrer Dienstaufsicht unterstehenden Beamten die ihnen zustehende Befugnis der Einleitungsbehörde auf ihnen unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen oder die diesen zustehende Befugnis allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen ( § 3 5 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Dasselbe gilt entsprechend für den Vorstand der Deutschen Bundesbahn (§ 35 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952 konnten die obersten Bundesbehörden lediglich auch für die unter § 29 Abs. 1 Buchst, b und c BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 genannten, ihrer Aufsicht unterstehenden Beamten die Befugnisse der Einleitungsbehörde allgemein oder im Einzelfalle an sich ziehen. B. Bei mittelbaren Bundesbeamten Für Beamte der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind Einleitungsbehörden die Behörden, die der für die Aufsicht zuständige Bundesminister im Benehmen mit dem Bundesminister des Innern bestimmt ( § 2 9 Abs. 1 Satz l c BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BDO i. d. F. der Novelle). Hier kommt es also nicht auf das Ernennungsrecht an. Die Einleitungsbehörde ist für die Beamten sämtlicher Besoldungsgruppen bestimmt. Auch hier kann der zuständige Minister nach § 35 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle die ihm zustehende Befugnis als Einleitungsbehörde auf ihm unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen oder die diesen zustehende Befugnis allgemein oder für den Einzelfall an sich ziehen. Soll von der in § 35 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht werden, so müssen dann sämtliche Befugnisse übertragen oder an sich gezogen werden. Will z. B. die oberste Dienstbehörde die teilweise Einbehaltung des Gehalts nach § 92 BDO — § 79 BDO a. F. — 148
Begriff und Aufzählung der Einleitungsbehörden
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anordnen, so muß sie auch die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens veranlaßt haben. Die obertse Dienstbehörde kann sich jedoch die Bestellung des Untersuchungsführers (§ 56 Abs. 2 BDO — § 44 Abs. 2 BDO a. F. —) für bestimmte, ihrer Aufsicht unterstehende Gruppen von Beamten allgemein vorgehalten. Für die Beamten der bundesunmittelbaren Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung sind auf Grund der Anordnung zur Durchführung der BDO im Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 20. 5. 58 (BGBl. I S. 382) i. V. m. der Anordnung zur Änderung der Anordnung zur Durchführung der BDO im Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 15. 2. 63 (BGBl. I S. 138) als Einleitungsbehörde bestimmt: 1. bei der B u n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t f ü r A n g e s t e l l t e a) für die Mitglieder der Geschäftsführung der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, b) für die übrigen Beamten die Geschäftsführung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte; 2. bei der L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t O l d e n b u r g - B r e m e n a) für die Mitglieder der Geschäftsführung der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, b) für die übrigen Beamten die Geschäftsführung der Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen; 3. bei der B u n d e s a n s t a l t f ü r A r b e i t s v e r m i t t l u n g und A r b e i t s l o s e n versicherung a) für den Präsidenten, dessen ständige Stellvertreter, die Präsidenten der Landesarbeitsämter und deren ständige Stellvertreter der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, b) für die übrigen Beamten der Vorstand der Bundesanstalt, der seine Befugnisse auf den Präsidenten der Bundesanstalt übertragen kann. Im Einzelfall hat sich der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vorbehalten, die Befugnisse der Einleitungsbehörde an sich zu ziehen. C. Bei Ruhestandsbeamten Zuständig als Einleitungsbehörde war bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig war; bestand diese Behörde nicht mehr, so bestimmte die oberste Bundesbehörde, welche Behörde zuständig war (§ 29 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Bei einem Ruhestandsbeamten kommt die vor Beginn des Ruhestandes zuletzt zuständige oberste Dienstbehörde in Frage; sie kann aber ihre Befugnisse auf nachgeordneten Behörden übertragen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Besteht die zuständige oberste Dienstbehörde nicht mehr, 149
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Die Einleitungsbehörde
bestimmt der Bundesminister des Innern, welche Behörde zuständig ist (§15 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). War der Ruhestandsbeamte nicht Bundesbeamter, erhält er aber vom Bund seine Bezüge, so ist nach Art. 10 ÄndGes. 1952 Einleitungsbehörde die oberste Bundesbehörde, die nach ihren Aufgaben als Nachfolgebehörde der letzten für den Beamten zuständig gewesenen obersten Dienstbehörde oder Verwaltungsstelle anzusehen ist. Für die unter das G131 fallenden Personen ist nach § 9 a. a. O. i. V. m. § 2 der 4. DVO Einleitungsbehörde der Bundesminister des Innern. ffl. WECHSEL DER EINLEITUNGSBEHÖRDE Die Einleitungsbehörde behält die einmal begründete Zuständigkeit bis zum Abschluß des Verfahrens. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Beamte versetzt oder abgeordnet wird oder in den einstweiligen oder endgültigen Ruhestand tritt oder wenn er den unmittelbaren Dienstherrn wechselt (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 29 Abs. 2 BDO a. F. —). Die Heimatbehörde bleibt zuständig, weil der Beamte gegebenenfalls aus dem bisherigen Amt entfernt werden soll. Ein Wechsel der Einleitungsbehörde tritt nur ein, wenn die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde als Ernennungs- und Aufsichtsbehörde durch Gesetz, Verordnung oder Anordnung des Bundespräsidenten geändert wird (DVO Nr. 4 zu § 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Hier kann die bisherige Einleitungsbehörde nicht mehr im Disziplinarverfahren wirksam tätig werden1. IV. AUFGABEN DER EINLEITUNGSBEHÖRDE Die Einleitungsbehörde ist befugt, sämtliche Maßnahmen zu treffen, die mit der Einleitung und Durchführung des Disziplinarverfahrens bis zur Übersendung der Disziplinarakten an den Bundesdisziplinaranwalt zur Fertigung der Anschuldigungsschrift zusammenhängen. Zunächst leitet sie das förmliche Disziplinarverfahren durch schriftliche Verfügung ein (§33 Satz 2 BDO — § 28 Satz 2 BDO a. F. —•)'. Mit oder nach Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens entscheidet sie, ob der Beamte vorläufig des Dienstes zu entheben ist (§ 91 BDO — § 78 BDO a. F. —)3 und ob die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts in Betracht kommt (§ 92 BDO — § 79 BDO a. F. —)4. Sie kann diese Maßnahmen wieder aufheben (§ 95 Abs. 2 BDO — § 81 Abs. 2 BDO a. F. —). Ebenso entscheidet sie mit oder nach der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, ob gegen den Beamten eine Untersuchung stattfinden soll oder ob von dieser abzusehen ist (§ 44 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 56 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle)5. Kommt eine Untersuchung in Frage, so bestellt sie den Untersuchungsführer. Sie entschied über die Ablehnung des Untersuchungsführers (§ 44 Abs. 3 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Der Untersuchungsführer hat nach Beendigung der Untersuchung seinen Untersuchungsbericht nebst Akten der Einleitungsbehörde vorzulegen 1 2 3 4 6
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RÜHE Bd. 2 Im einzelnen Im einzelnen Im einzelnen Im einzelnen
S. 115 (117) = ZBR 1940 S. 65. siehe § 90 S. 538 ff. siehe § 93 S. 582ff. siehe § 94 S. 606ff. siehe § 95 III S. 653ff. und § 95 IV S. 656.
Aufgaben der Einleitungsbehörde
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(§ 63 Abs. 2 BDO — § 51 Abs. 2 BDO a. F. —). Im Falle der Erhebung einer öffentlichen Klage im ordentlichen Strafverfahren (§17 BDO — § 13 BDO a. F. —), der Durchführung eines anderen Verfahrens (§14 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 17 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle) oder der Verhandlungsunfähigkeit des Beamten (§19 BDO — § 15 BDO a. F. —) entscheidet die Einleitungsbehörde über die Aussetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens. Bis zur Rechtshängigkeit des förmlichen Disziplinarverfahrens vor den Disziplinargerichten ist die Einleitungsbehörde in den Fällen des § 64 Abs. 1 BDO — § 52 Abs. 1 BDO a. F. — (z. B. unwirksame Einleitung oder Unzulässigkeit des förmlichen Disziplinarverfahrens, Tod des Beamten) verpflichtet und im Falle des § 64 Abs. 2 BDO — § 52 Abs. 2 BDO a. F. — (mit Rücksicht auf das Ergebnis der Untersuchung oder aus anderen Gründen) berechtigt, dieses einzustellen6. Die Einleitungsbehörde kann Antrag auf Verbindung oder Trennung mehrerer förmlicher Disziplinarverfahren stellen (§69 Abs. 2 BDO — § 54 Abs. 2 BDO a. F. —). Zur Hauptverhandlung wird auch die Einleitungsbehörde geladen, die daselbst auf ihren Antrag zu hören ist (§74 Abs. 4 — § 61 Abs. 4 BDO a. F. —). Auf Verlangen der Einleitungsbehörde hat der Bundesdisziplinaranwalt Berufung einzulegen; er kann sie auch nur im Einvernehmen mit der Einleitungsbehörde zurücknehmen (§ 80 Abs. 3 BDO — § 67 Abs. 3 BDO a. F. —). Schließlich war die Einleitungsbehörde berechtigt einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952); nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 BDO i. d. F. der Novelle ist der Bundesdisziplinaranwalt antragsberechtigt, der jedoch einem entsprechenden Antrag der Einleitungsbehörde Folge zu leisten hat. Die Befugnisse der Einleitungsbehörde können weitgehend durch den Bundesdisziplinaranwalt eingeschränkt werden (vgl. § 56 Abs. 1, § 64 Abs. 3 BDO — § 44 Abs. 1, § 52 Abs. 3 BDO a. F. —). Da die Aufgaben des Vertreters der Einleitungsbehörde und des Vertreters der obersten Dienstbehörde, die als Organe der Disziplinarrechtspflege in der RDStO vorgesehen waren, auf den Bundesdisziplinaranwalt übergegangen sind, ist die Einleitungsbehörde weiterer Rechte, die sie im Laufe des Verfahrens geltend machen konnte, verlustig gegangen. Die Aufgaben der Einleitungsbehörde darf nur der Behördenleiter selbst wahrnehmen. Der amtlich bestellte Vertreter kann die Befugnisse als Einleitungsbehörde nur dann wahrnehmen, wenn der Behördenleiter beurlaubt oder tatsächlich an der Ausübung seiner Funktionen verhindert ist. Ein Fall der tatsächlichen Verhinderung liegt nicht vor, wenn der Leiter der Einleitungsbehörde von seinen Befugnissen nur deshalb absieht, weil er es im Einzelfalle lediglich für zweckmäßig hält, daß sein Vertreter tätig wird; eine unter diesen Umständen vom Vertreter erlassene disziplinarische Maßnahme ist von einem unzuständigen Beamten verfügt und deshalb fehlerhaft7. Wenn der Leiter der Einleitungsbehörde gegenüber einem seiner Dienstaufsicht unterstehenden Beamten von seiner Disziplinarbefugnis deshalb keinen Gebrauch machen will, weil zwischen ihm und dem Beamten ein enges VertrauensIm einzelnen siehe § 96 S. 677ff. Vgl. DiszHof Rh.-Pfalz 18. 6. 59 — W 12/58 — in DöV 1959 S. 757 = A S Bd. 7 S. 175 = L i n d g e n Teil IV Nr. 427. 8
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Die Einleitungsbehörde
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oder ein Verwandtschaftsverhältnis besteht, so bleibt es ihm überlassen, die oberste Dienstbehörde anzugeben, damit diese den Disziplinarfall an sich zieht. Glaubt diese, nach pflichtgemäßem Ermessen von einem disziplinarischen Einschreiten absehen zu müssen, so müßte eine disziplinarische Verfolgung durch die in erster Linie zuständige Einleitungsbehörde entfallen. V. FOLGEN VON DISZIPLINARMASSNAHMEN DER UNZUSTÄNDIGEN EINLEITUNGSBEHÖRDE Leitet eine unzuständige Behörde das förmliche Disziplinarverfahren ein oder trifft sie sonstige disziplinare Maßnahmen, so ist das Verfahren nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 52 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. — einzustellen, da es unwirksam eingeleitet ist8. Ob das förmliche Disziplinarverfahren von der zuständigen Einleitungsbehörde eingeleitet ist, ist in j e d e m S t a n d des V e r f a h r e n s von A m t s w e g e n zu p r ü f e n . Stellt erst das Disziplinargericht fest, daß das Disziplinarverfahren durch eine unzuständige Behörde eingeleitet ist, so kommt die Einstellung des Verfahrens durch das Disziplinargericht nach § 76 Abs. 3 i. V. m. § 64 Abs. 1 BDO — § 63 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 BDO a. F. —, nicht jedoch die Rückgabe der Anschuldigungsschrift an den Bundesdisziplinaranwalt in Frage. Das unzulässig eingeleitete Disziplinarverfahren ist vielmehr durch die zuständige Einleitungsbehörde neu einzuleiten. Wenn die oberste Bundesbehörde statt der nachgeordneten Behörde das Verfahren einleitet, so ist diese Einleitung rechtswirksam, da sie dann von dem ihr nach § 29 Abs. 1 Satz 2 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 3 BDO i.d.F. der Novelle zustehenden Recht Gebrauch gemacht hat, die Disziplinarsache an sich zu ziehen. Anders wäre es nur, wenn die ihr unmittelbar nachgeordnete Behörde das Disziplinarverfahren rechtswirksam eingeleitet und die oberste Bundesbehörde nachfolgend — abgesehen von der Bestellung des Untersuchungsführers — eine weitere disziplinare Maßnahme, wie z. B. die vorläufige Dienstenthebung des Beamten nach § 91 BDO — § 78 BDO a. F. —, getroffen hat. Hat die Einleitungsbehörde ihre Befugnisse in den Fällen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Buchst, b und c BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BDO i. d. F. der Novelle auf eine nachgeordnete Behörde nicht delegiert, und hat diese Behörde trotzdem das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet, die an sich zuständige Einleitungsbehörde diese Einleitung jedoch nachträglich gebilligt, so wird das von der unzuständigen Einleitungsbehörde eingeleitete Disziplinarverfahren nicht wirksam 9 . VI. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Das Disziplinarrecht der einzelnen Länder sieht hinsichtlich der Zuständigkeit und Aufgabenzuweisung eine der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechende Regelung vor, wobei an die Stelle der in § 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 genannten Bundesbehörden die entsprechenden Landesbehörden treten. Da die Einrichtung des Bundesdisziplinaranwalts in das Länderdisziplinarrecht nicht übernommen worden ist, sind der Einleitungsbehörde im PrOVG Bd. 84 S. 437; PrOVG in RVBI. 1936 S. 244. A. M. BayrDStH 28.12. 54 — Nr. 12 DS II 54 — BDHE Bd. 2 S. 211 = L i n d g e n Teil IV Nr. 298. 8
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Landesrechtliche Regelung
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Bereich der Länder auch noch weitere Disziplinarbefugnisse zugewiesen, die sie durch den Vertreter der Einleitungsbehörde bzw. den Vertreter der obersten Dienstbehörde wahrnimmt. 1. B a d e n - W ü r t t e m b e r g Einleitungsbehörden sind nach § 32 Abs. 1 LDO BW a) für Landesbeamte, die vom Ministerpräsidenten ernannt sind, die obersten Dienstbehörden, b) für andere Landesbeamte die für die Ernennung zuständigen Behörden, c) für andere Beamte die in § 116 Abs. 1 und § 118 Abs. 2 LDO BW bezeichneten Stellen. Die obersten Landesbehörden können auch für die unter b) genannten, ihrer Dienstaufsicht unterstehenden Beamten die Befugnis der Einleitungsbehörde allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen. Zuständig für die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist die Einleitungsbehörde, der der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung untersteht, bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig war ( § 3 2 Abs. 2 Satz 1 LDO BW). Besteht diese Behörde nicht mehr, so bestimmt das Innenministerium im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde, welche Behörde zuständig ist ( § 3 2 Abs. 2 Satz 2 LDO BW). Die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde wird durch eine Beurlaubung oder Abordnung des Beschuldigten nicht berührt ( § 3 2 Abs. 2 Satz 3 LDO BW). Wer Einleitungsbehörde bei den Beamten der Kreise und Gemeindeverwaltungen ist, ist in § 125 Nr. 1 LDO BW dargestellt. Wer Einleitungsbehörde bei Beamten ist, die bei den übrigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, beschäftigt sind, ist in § 128 II Nr. 1 LDO BW dargestellt. S. 1095f. dargestellt. 2. B a y e r n Nach Art. 30 Abs. 1 DStO Bayr. sind Einleitungsbehörden a) für Beamte des Bayerischen Staates die für die Dienstaufsicht zuständigen obersten Landesbehörden; diese können ihre Aufgaben allgemein oder für den Einzelfall auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch im Einzelfall in jedem Stand des Verfahrens wieder an sich ziehen. Für die Dienstaufsicht zuständig im Sinne des Art. 30 Abs. 1 Buchst, a DStO Bayr. ist diejenige oberste Landesbehörde, die ungeachtet einer etwaigen Übertragung der Ausübung des Ernennungsrechtes auf nachgeordnete Behörden für die Ernennung oder für den Ernennungsvorschlag für die Staatsregierung zuständig ist (§ 13 Abs. 1 ADV DStO Bayr.), b) für solche Beamte der Gemeinden, Gemeindeverbände und der anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die dem BG Bayr. unterliegen, die Behörden, die das für die Aufsicht zuständige Staatsministerium bestimmt, c) für an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätige beamtete Lehrpersonen, die der staatlichen Bestätigung bedürfen, die Behörden, die das Staatsministerium für Unterricht und Kultus bestimmt. 153
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Die Einleitungsbehörde
Die obersten Landesbehörden, können auch für die unter b) und c) genannten Beamten die Befugnis der Einleitungsbehörde allgemein oder im Einzelfalle an sich 2iehen (Art. 30 Abs. 2 DStO Bayr.). Die allgemeine Ubertragung der Aufgaben der unmittelbar nachgeordneten Behörden gem. Art. 30 Abs. 1 Buchst, a Bayr. DStO und die Bestimmung von Behörden als Einleitungsbehörden nach Art. 30 Abs. 1 Buchst, b und c Bayr. DStO werden im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht. Das gleiche gilt, wenn die obersten Landesbehörden nach Art. 30 Abs. 2 Bayr. DStO die Befugnisse der Einleitungsbehörden allgemein an sich ziehen ( § 1 3 Abs. 2 ADV Bayr. DStO). § 13 Abs. 3 und 4 ADV Bayr. DStO entspricht DVO Nr. 3 und 4 zu § 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Zuständig ist die Einleitungsbehörde, der der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung untersteht, bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig war (Art. 30 Abs. 3 Satz 1 DStO Bayr.). Besteht diese Behörde nicht mehr, so bestimmt der Ministerpräsident, welche Behörde zuständig ist (Art. 30 Abs. 3 Satz 2 DStO Bayr.). Die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde nach Art. 30 Abs. 3 Satz 1 DStO Bayr. wird durch eine Beurlaubung oder Abordnung des Beschuldigten nicht berührt (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 DStO Bayr.). 3. Berlin Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 LDO Bln. sind Einleitungsbehörden a) für Beamte, bei denen der Senat das Ernennungsrecht ausübt, die zuständige oberste Dienstbehörde ( § 3 LBG Bln.). Der Senat ernennt die Beamten der Hauptverwaltung von der BesGr. 13 der Besoldungsordnung A an aufwärts. Die Befugnis der Ernennung der Beamten der Hauptverwaltung von der BesGr. 12 der Besoldungsordnung A an abwärts ist den Dienstbehörden der Hauptverwaltung übertragen — AO über die Ernennung der Beamten der Hauptverwaltung vom 13. 8. 60 (GVB1. S. 858) — (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 DVO zu LDO Bln.), b) für andere Beamte, mit Ausnahme der unter c) bezeichneten, die zuständige Dienstbehörde (§ 4 LBG Bln.), c) für Beamte einer der Aufsicht des Landes Berlin unterstehenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts die Behörde, die der für die Aufsicht zuständige Senator im Benehmen mit dem Senator für Inneres bestimmt. Die zuständige oberste Dienstbehörde kann auch für die unter b) genannten Beamten die Befugnis der Einleitungsbehörde allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen (§32 Abs. 1 Satz 2 LDO Bln.). Die Befugnis der Einleitungsbehörde i. S. des § 32 Abs. 1 Satz 2 LDO Bln. umfaßt sämtliche der Einleitungsbehörde nach der LDO Bln. zustehenden Anordnungen (§ 13 Abs. 2 DVO zu LDO Bln.). § 13 Abs. 3 DVO zu LDO Bln. entspricht DVO Nr. 4 zu BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Zuständig ist die Einleitungsbehörde, der der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung untersteht, bei einem Ruhestandsbeamten die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständige oberste Dienstbehörde; besteht diese Behörde nicht mehr, so bestimmt der Senator für Inneres, welche Behörde zu154
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ständig ist ( § 3 2 Abs. 2 Satz 1 LDO Bln.). Die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde nach § 32 Abs. 2 Satz 1 LDO Bln. wird durch eine Beurlaubung oder Abordnung des Beschuldigten nicht berührt (§ 32 Abs. 2 Satz 3 LDO Bln.). 4. B r e m e n Einleitungsbehörden sind nach § 29 Abs. 1 DStO Brm. a) für die Beamten des Landes und der Stadtgemeinde Bremen der Senat, b) für die Beamten der Stadtgemeinde Bremerhaven der Magistrat in Bremerhaven, c) für die Beamten der öffentlich-rechtlichen Körperschaften die Behörden, die der Senat bestimmt. § 29 Abs. 2 RDStO ist nicht in die DStO Brm. übernommen worden (vgl. Art. 2 Nr. 12 DStO Brm.). 5. H a m b u r g Nach § 29 Abs. 1 DO Hmb. ist der Senat Einleitungsbehörde. 6. H e s s e n Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 HDO sind Einleitungsbehörden a) für Landesbeamte, die die Landesregierung ernennt, die für die Dienstaufsicht zuständigen obersten Landesbehörden; diese können ihre Befugnis auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch im Einzelfall wieder an sich ziehen, b) für die übrigen Landesbeamten die für die Ernennung zuständigen Behörden; sind diese oberste Landesbehörden, so können sie ihre Befugnis auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen. Einleitungsbehörde ist für die Beamten, die keinen Dienstvorgesetzten haben, und für die Beamten der Gemeinden mit weniger als 10000 Einwohnern die Aufsichtsbehörde, für die übrigen Beamten der Gemeindevorstand oder der Kreisausschuß (§ 116 Abs. 3 HDO). Für die Beamten anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die unter der Aufsicht des Landes stehen, erfolgt die dem § 116 Abs. 3 HDO entsprechende Regelung durch eine von dem zuständigen Fachminister im Einvernehmen mit dem Minister des Innern zu erlassende Rechtsverordnung (vgl. § 120 Satz 1 HDO); bis zum Erlaß dieser Rechtsverordnung gilt § 116 Abs. 3 HDO (vgl. § 120 Satz 2 HDO). Für die Polizeibeamten bestimmt der Minister des Innern durch Rechtsverordnung, wer die Befugnisse der Einleitungsbehörde wahrnimmt (vgl. § 121 Satz 1 HDO). 7. N i e d e r s a c h s e n Einleitungsbehörden sind für die Beamten, deren Ernennung sich das Landesministerium vorbehalten hat oder bei denen es seine Ernennungsbefugnisse auf den Ministerpräsidenten übertragen hat, die für die Dienstaufsicht zuständigen obersten Landesbehörden (§35 Abs. 1 Satz 1 NDO). Diese können ihre Befugnisse als Einleitungsbehörde mit Zustimmung des Ministers des Innern allgemein oder im Einzelfall auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch im Einzelfall wieder an sich ziehen ( § 3 5 Abs. 1 Satz 2 155
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Die Einleitungsbehörde
NDO). Für andere als die in § 35 Abs. 1 NDO ganannte Beamten sind Einleitungsbehörden die für die Ernennung zuständigen Behörden ( § 3 5 Abs. 2 Satz 1 NDO). Die obersten Landesbehörden können für die ihrer Dienstaufsicht unterstehenden Beamten die Befugnisse der Einleitungsbehörde allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen; sie sind dann für alle der Einleitungsbehörde nach dem Gesetz zustehenden Anordnungen zuständig, es sei denn, daß sie sich lediglich die Bestellung des Untersuchungsführers sowie des Vertreters der Einleitungsbehörde für bestimmte, ihrer Aufsicht unterstehende Gruppen von Beamten allgemein vorbehalten (§35 Abs. 2 Satz 2 NDO). Wer Einleitungsbehörde bei Beamten der Gemeinden und Landkreise ist, ist in § 127 Nr. 4 S. llOOf. dargestellt. Die Einleitungsbehörden bei Nichtgebietskörperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind in § 128 II Nr. 7 S. 1110 und bei Lehrkräften, die an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätig sind, in § 129 Nr. 7 S. 1114f. dargestellt. Der Minister des Innern bestimmt durch Verordnung, wer in Disziplinarangelegenheiten der Polizeivollzugsbeamten die Befugnisse als Einleitungsbehörde ausübt (vgl. § 127 NDO). Zuständig ist die Einleitungsbehörde, der der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung untersteht, bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig war; besteht diese Behörde nicht mehr, so bestimmt der Minister des Innern, welche Behörde zuständig ist ( § 3 5 Abs. 3 Satz 1 NDO). Die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde nach § 35 Abs. 3 Satz 1 NDO wird durch eine Beurlaubung oder Abordnung des Beschuldigten nicht berührt (§ 35 Abs. 3 Satz 2 NDO). Während der Dauer des Disziplinarverfahrens tritt ein Wechsel der Einleitungsbehörde nur ein, wenn die Zuständigkeit der nach § 35 Abs. 1 und 2 NDO zuständigen Behörde als Ernennungs- oder Dienstaufsichtsbehörde durch Gesetz, Verordnung oder Beschluß des Landesministeriums geändert wird (§ 35 Abs. 4 Satz 1 NDO). Die von der bisher zuständigen Einleitungsbehörde getroffenen Maßnahmen bleiben wirksam ( § 3 5 Abs. 4 Satz 2 NDO). 8. N o r d r h e i n - W e s t f a l e n Nach § 32 Abs. 1 DO NW sind Einleitungsbehörden a) für Landesbeamte, bei denen die Landesregierung das Ernennungsrecht ausübt, die für die Dienstauf sieht zuständigen obersten Landesbehörden; diese können ihre Befugnisse mit Zustimmung des Innenministers auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen und sie im Einzelfall wieder an sich ziehen, b) für andere Landesbeamte die für die Ernennung zuständigen Behörden. Einleitungsbehörden sind hier die für die Ernennung zuständigen Behörden oder, soweit die Ausübung des Ernennungsrechts auf andere Behörden übertragen ist, diese Behörden (DVO Nr. 1 zu § 32 DO NW), c) für die Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinden und Gemeindeverbände, für die Beamten ehrenamtlich verwalteter Gemeinden und Ämter, für die Kreisausschußmitglieder, für die Mitglieder der Beschlußausschüsse und für die ehrenamtlichen Mitglieder der Sparkassenorgane die Aufsichtsbebehörde, 156
Landesrechtliche Regelung
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d) für die übrigen Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände der Hauptverwaltungsbeamte, e) für die Beamten der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts die Aufsichtsbehörden, f) für an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätige beamtete Lehrerpersonen, die der staatlichen Bestätigung bedürfen, die Behörden die der Innenminister, der Kultusminister und der für die Aufsicht zuständige Minister bestellen. Bei Landesbeamten, hinsichtlich deren die oberste Landesbehörde das Ernennungsrecht ausübt, kann diese ihre Befugnis auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen und sie im Einzelfalle wieder an sich ziehen (DVO Nr. 2 zu § 32 DO NW). Wird die Zuständigkeit der nach § 32 Abs. 1 DO NW zuständigen Behörde als Emennungs- oder Aufsichtsbehörde durch Gesetz oder Verordnung geändert, so ändert sich auch ihre Zuständigkeit als Einleitungsbehörde (DVO Nr. 3 zu § 32 DO NW). Zuständig ist die Einleitungsbehörde, welcher der Beamte im Zeitpunkt der Einleitung untersteht, bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig war; besteht diese Behörde nicht mehr, so bestimmt der Innenminister, welche Behörde zuständig ist ( § 3 2 Abs. 2 Satz 1 DO NW). Die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde nach § 32 Abs. 2 Satz 1 DO NW wird durch eine Beurlaubung oder Abordnung des Beamten nicht berührt (§ 32 Abs. 2 Satz 2 DO NW). Entsprechendes gilt für die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden (§ 32 Abs. 2 Satz 3 DO NW). 9. R h e i n l a n d - P f a l z Nach § 33 Abs. 1 LDO Rh.-Pf. sind Einleitungsbehörden a) für Landesbeamte, bei denen der Ministerpräsident das Ernennungsrecht ausübt, die für die Dienstauf sieht zuständigen obersten Landesbehörden; diese können ihre Befugnis auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch im Einzelfall wieder an sich ziehen, b) für die übrigen Landesbeamten die Behörden, denen die Ausübung des Ernennungsrechts übertragen ist; sind dies oberste Landesbehörden, so können sie ihre Befugnisse auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen, sie jedoch allgemein oder im Einzelfall wieder an sich ziehen. Ist eine nachgeordnete Behörde Einleitungsbehörde, so kann die zuständige oberste Landesbehörde deren Befugnis allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen (DVO Satz 1 zu § 33 LDO Rh.-Pf.). Diese Befugnis umfaßt sämtliche der Einleitungsbehörde nach dem Gesetz zustehenden Anordnungen (DVO Satz 2 zu § 33 LDO Rh.-Pf.). Die oberste Landesbehörde kann sich jedoch die Bestellung des Untersuchungsführers (§ 52 Abs. 2 LDO Rh.-Pf.) für bestimmte, ihrer Aufsicht unterstehende Gruppen von Beamten allgemein vorbehalten (DVO Satz 3 zu § 33 LDO Rh.-Pf.). Wer Einleitungsbehörde bei den Beamten der kommunalen Gebietskörperschaften und Zweckverbände ist, ist in § 127 Nr. 6 S. 1103f. dargestellt. Wer bei den Beamten anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts in Frage kommt, ist in § 128 II Nr. 9 S. 1111 f., wer beiLei-
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Die Einleitungsbehörde
tern und Lehrern an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen als Einleitungsbehörde in Betracht kommt, ist in § 129 Nr. 9 S. 1114 und wer als Einleitungsbehörde bei Polizeivollzugsbeamten in Frage kommt, ist in § 126 II Nr. 9 S. 1095 f. dargestellt. Zuständig ist die Einleitungsbehörde, der der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung untersteht, bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig war; besteht diese Behörde nicht mehr, so bestimmt das Ministerium des Innern, welche Behörde zuständig ist (§ 33 Abs. 2 Satz 1 LDO Rh.-Pf.). Die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde nach § 33 Abs. 2 Satz 1 LDO Rh.-Pf. wird durch eine Beurlaubung oder Abordnung des Beschuldigten nicht berührt ( § 3 3 Abs. 2 Satz 2 LDO Rh.-Pf.). 10. S a a r l a n d Für das Saarland gilt das für die RDStO (siehe I S. 143) Gesagte entsprechend, wobei an die Stelle der früheren Reichsbehörden die entsprechenden Landesbehörden treten. 11. S c h l e s w i g - H o l s t e i n Nach § 36 Abs. 1 DStO Schl.-Hol. sind Einleitungsbehörden a) für Landesbeamte im Sinne des § 1 DStO Schl.-Hol. mit Ausnahme der Beamten des Landtages der Innenminister, im Bereich der Justizverwaltung der Justizminister, für die Beamten des Landesrechnungshofs dessen Präsident im übrigen die für die Ernennung des Beamten zuständige Behörde, soweit nicht nach den Buchst, b und c anderes bestimmt ist. Einleitungsbehörde i. S. des § 36 Abs. 1 a DStO Schl.-Hol. sind nach DVO Nr. 1 zu § 36 DStO Schl.-Hol. aa) für alle Landesbeamten mit Ausnahme der Justizbeamten der Landesminister des Innern, bb) soweit die für die Ernennung von sonstigen Beamten zuständigen Behörden die Ausübung des Ernennungsrechts auf eine andere Behörde übertragen haben, diese Behörde, cc) für an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätige beamtete Lehrpersonen, die der staatlichen Bestätigung bedürfen, die Behörde, die die Bestätigung erteilt, b) die Aufsichtsbehörden der Kreise, Ämter, Gemeinden und kommunalen Zweckverbände aa) für alle Beamte dieser Körperschaften, die keinen Dienstvorgesetzten haben, bb) für die Beamten der gemeindlichen Zweckverbände, soweit ihnen ausschließlich kreisangehörige Gemeinden und engere Zweckverbände angehören, c) für Beamte der anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die Behörden, die der für die Aufsicht zuständige Landesminister im Benehmen mit dem Innenminister bestimmt. Für die an nichtstaatlichen öffentlichen Schulen tätigen beamteten Lehrpersonen, die der staatlichen Beaufsichtigung bedürfen, ist der Kultusminister Einleitungsbehörde; er kann seine Befugnisse auf andere Stellen übertragen (vgl. § 110a Abs. 3 DStO Schl.-Hol.). 158
Geschichtliche Entwicklung
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Die oberste Dienstbehörde kann für die ihrer Aufsicht unterstehenden Beamten, die Aufsichtsbehörde und die oberste Aufsichtsbehörde können für die Beamten der mittelbar oder unmittelbar ihrer Aufsicht unterstehenden Behörden oder Körperschaften die Befugnisse der Einleitungsbehörde an sich ziehen, wenn die nach § 36 Abs. 1 DStO Schl.-Hol. zuständige Einleitungsbehörde es ablehnt, ein Dienststrafverfahren einzuleiten oder den Einleitungsbehörden Weisungen zu erteilen (§36 Abs. 2 DStO Schl.-Hol.). DVO Nr. 4 zu § 36 DStO Schl.-Hol. entspricht DVO Nr. 3 Satz 1 zu § 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Zuständig ist die Einleitungsbehörde, der der Beschuldigte im Zeitpunkt der Einleitung untersteht, bei einem nicht wiederbeschäftigten Beamten im einstweiligen Ruhestand und bei einem Ruhestandsbeamten die Behörde, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig war; besteht die Behörde nicht mehr, so bestimmt die oberste Dienstbehörde welche Behörde zuständig ist (§ 36 Abs. 3 Satz 1 DStO Schl.-Hol.). Im Sinne des § 36 Abs. 3 DStO Schl.Hol. ist für die Einleitung bei einem Ruhestandsbeamten und bei einem im einstweiligen Ruhestand befindlichen Beamten die Behörde zuständig, die bei seinem Eintritt in den Ruhestand zuständig gewesen wäre, wenn die Vorschriften des § 36 Abs. 1 DStO Schl.-Hol. damals schon gegolten hätten (DVO Nr. 7 zu § 36 DStO Schl.-Hol). Die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde nach § 36 Abs. 3 Satz 1 DStO Schl.-Hol. wird durch eine Beurlaubung oder Abordnung des Beschuldigten nicht berührt ( § 3 6 Abs. 3 Satz 2 DStO Schl.Hol.). DVO Nr. 5 zu § 36 DStO Schl.-Hol. entspricht DVO Nr. 4 zu § 29 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952.
§ 72. Der Bundesdisziplinaranwalt im Bereich der Bundesverwaltungen. — Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen im Bereich der Verwaltungen des Landes Nordrhein-Westfalen I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG In § 7 3 1 B S. 175 ist datgestellt, daß die Interessen der Einleitungsbehörde im Reichsbeamtengesetz vom 31. 3. 1873 (RGBl. S. 61) ein von der obersten Reichsbehörde ernannter Beamter als Staatsanwaltschaft wahrgenommen hatte. Die Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 (RGBl. I S. 71) hielt hieran fest und bezeichnete den Beamten, der im Untersuchungsverfahren und im Verfahren vor den Dienststrafgerichten ihre Interessen wahrzunehmen hatte, als Vertreter der Einleitungsbehörde und im zweitinstanzlichen Verfahren als Vertreter der obersten Dienstbehörde. Die Praxis zeigte, daß der Vertreter der Einleitungsbehörde und der Vertreter der obersten Dienstbehörde die Belange ihrer Verwaltung vertraten, die jedoch noch nicht immer mit dem öffentlichen Interesse im Einklang zu stehen brauchten. Das dem Dienstvorgesetzten 1 L i n d g e n „Kontrolle und Sicherung der einheitlichen Handhabung durch den Bundesdisziplinaranwalt" in DVB1. 1952 S. 716; L i n d g e n „Stärkung der Stellung des Bundesdisziplinaranwalts" in ZBR 1962 S. 67; T e i c h m a n n „Die Disziplin ist gut" in ZBR 1962 S. 276; L i n d g e n „Nochmals: Stärkung der Stellung des Bundesdisziplinaranwalts" in ZBR 1963 S. 303; L o c h b r u n n e r „Der Bundesdisziplinaranwalt und seine Weisungsgebundenheit — ein Beitrag zum 10jährigen Bestehen der Behörde" in ZBR 1963 S. 299; L i n d g e n „Nochmals: Vorschläge zur Novellierung der BDO" in DVB1. 1964 S. 249.
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Der Bundesdisziplinaranwalt im Bereich der Bundesverwaltungen
und der Einleitungsbehörde in § 3 RDStO zugesicherte freie Ermessen konnte gerade in der Zeit vor 1945 zu einer Untergrabung des Ansehens der Disziplinarrechtspflege führen. Die in den Jahren vor dem Zusammenbruch gemachten Erfahrungen lehrten, im Disziplinarrecht eine Institution zu schaffen, die — vom Dienstvorgesetzten und der Einleitungsbehörde losgelöst — darum besorgt sein sollte, daß der schuldige Beamte bei einem ernstlichen Fehlverhalten auch disziplinarisch zur Rechenschaft gezogen und daß das Disziplinarrecht bei allen Verwaltungen gleichmäßig gehandhabt wird. Dem Bedürfnis nach einer gerechten und gleichmäßigen Handhabung der Disziplinarrechtspflege trug nach dem Zusammenbruch von 1945 erstmals das Gesetz des Wirtschaftsrates vom 12. 8. 49 zur Änderung des Gesetzes über die Einrichtung von Dienststrafkammern vom 12. 8. 49 (WiGBl. S. 253) Rechnung, nachdem bereits auf Grund des Preuß. Gesetzes vom 27. 1. 32 (GesS. S. 79) im Berufungsverfahren ein hauptamtlicher Beamter der Staatsanwaltschaft vom Minister des Innern allgemein für das Verfahren vor dem Preuß. Oberverwaltungsgericht bestellt war. Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 12. 8. 49 ernannte der Vorsitzende des Verwaltungsrates am Sitze des Dienststrafhofs einen Beamten mit Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst zum V e r t r e t e r des ö f f e n t l i c h e n l n t e r e s s e s , der die einheitliche Handhabung der Dienststrafgewalt sichern sollte. Hielt der Vertreter des öffentlichen Interesses die Durchführung eines Dienststrafverfahrens für angezeigt, so war seinem Antrage von der Dienststrafbehörde stattzugeben (§ 2 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Ihm waren auf sein Ersuchen die Dienststrafvorgänge mit den Personalakten und sonstigen Akten vorzulegen ( § 2 Abs. 2 Satz 2 a. a. O). Der Vertreter des öffentlichen Interesses war an die Weisungen des Vorsitzenden des Verwaltungsrates oder des Leiters des Personalamtes gebunden ( § 2 Abs. 3 Satz 1 a. a. O.). Er konnte zur Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz vom 12. 8. 49 obliegenden Aufgaben mit seiner Vertretung andere Beamte beauftragen, welche die gleichen Befugnisse besaßen ( § 2 Abs. 3 Satz 2 a.a.O.). Da sich die Einrichtung des Vertreters des öffentlichen Interesses im Bereich des Vereinigten Wirtschaftsgebiets bewährt hatte, hielt auch das ÄndGes. 1952 (BGBl. I S. 749) an einer von der Einleitungsbehörde losgelösten Dienststelle fest, die für eine gleichmäßige Handhabung des Disziplinarrechts im Bereich der Bundesverwaltungen sorgen sollte. Man wählte nunmehr als Bezeichnung für diese Dienststelle das Wort „ B u n d e s d i s z i p l i n a r a n w a l t " . Hierzu führte der Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht — Bundestagsdrucksache Nr. 3594 unter Ziff. 19 — folgendes aus: „§ 30 a bringt als Neuerung das Institut des Bundesdisziplinaranwalts. Nach dem bisherigen Recht wurden seine Aufgaben von dem Vertreter der Einleitungsbehörde bzw. der obersten Dienstbehörde wahrgenommen. Dadurch ergab sich die unerfreuliche Konsequenz, daß dieser Vertreter meist der gleichen Behörde angehörte wie der Beschuldigte, was auf Grund persönlicher Beziehungen und der gemeinschaftlichen Arbeit innerhalb derselben Behörde auf die Erfüllung seiner Aufgaben nicht immer ohne Einfluß war. Eine weitere unerfreuliche Folge dieses Zustandes war die unterschiedliche und uneinheitliche Handhabung des Disziplinarrechts besonders bei den kleineren Behörden, bei denen wegen der Seltenheit der Fälle die erforderliche Erfahrung fehlt. Darüber hinaus entwickelte jede Behörde bisher ihre eigene Auffassung über die Pflichten der Beamten, die ja in den Gesetzen nur grundsätzlich festgelegt sind. Diesen unerwünschten Erscheinungen soll durch die Einrichtung des Instituts des Bundesdisziplinaranwalts abgeholfen werden. Er soll keine schärfere, aber sowohl eine straffere und einheitlichere Handhabung der Disziplinargewalt als auch eine gleichmäßigere Behandlung gleichartiger Fälle gewährleisten, indem er die Behörden auf die von den Gerichten in ihren Entscheidungen entwickelten allgemeinen Grundsätze hinweist. Da seine Beteiligung auch in den nicht förmlichen Disziplinarverfahren und in jeder Lage des Verfahrens gegeben ist, könnte er eine einheitliche Auslegung der Beamtenpflichten sichern und dafür sorgen, daß die ganze Handhabung des Disziplinarrechts bei den Behörden der Rechtsprechung der Disziplinargerichte angepaßt wird. Aus diesen Gründen hat bereits das ÄndG. in der Form des „Vertreters des öffentlichen Interesses" eine solche zentrale unabhängige Behörde geschaffen. Dieses Institut hat sich bewährt. Der Bundesdisziplinaranwalt ist die Fortsetzung und Fortentwicklung jener bisherigen Einrichtung. Im Ausschuß wurden verschiedene Bedenken dagegen geäußert. Insbesondere wurde eingewendet, daß eine solche zentrale Behörde den sehr differenzierten Verhältnissen der Praxis nicht gerecht werden könne. Demgegenüber verwiesen die Vertreter der Regierung darauf, daß die Erfahrungen mit dem Vertreter des öffendichen Interesses das Gegenteil bewiesen hätten. Man könne feststellen, daß die Vertreter der Einleitungsbehörde zwar ihren Dienstzweig kennen, nicht aber die für das Disziplinarrecht und dessen gleich-
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mäßige Anwendung erforderliche Erfahrung und allgemeinen Maßstäbe besitzen. Aus diesen Gründen sei man z. B. in Preußen schon früher dazu übergegangen, einen Beamten hauptamtlich mit der Aufgabe zu betrauen, die einheitliche Anwendung der Grundsätze, welche die Rechtsprechung erarbeitet hat, zu überwachen. Ferner wurde geltend gemacht, daß der Bundesdisziplinaranwalt zu weitgehende Befugnisse erhalte. Die Mehrheit schloß sich dieser Auffassung nicht an, weil der Bundesdisziplinaranwalt keine Entscheidungsbefugnis hat, sondern lediglich die Aufgabe erhält, bei allen Disziplinarverfahren die betreffende Behörde auf die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze hinzuweisen und dadurch eine einheitliche gleichmäßige Handhabung des Disziplinarrechts und die Ausschaltung seiner willkürlichen und unsachlichen Anwendung zu erreichen. Die dazu erforderliche Kenntnis und Übersicht könne man aber nun einmal nicht beim einzelnen Verfahren erwerben. Auf die Bedenken wegen der Kosten dieses Instituts wurde darauf hingewiesen, daß der Personalaufwand sehr gering sei, weil die Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts nur im Nebenamte tätig sind. Nach wiederholter Beratung entschied sich der Ausschuß aus diesen Gründen zuletzt mit Mehrheit bei einigen Enthaltungen für die Einführung dieses Institutes. Im Rechtsausschuß wurde beantragt, das Institut des Bundesdisziplinaranwalts fallen zu lassen und an seiner Stelle die Staatsanwaltschaften einzuschalten. Dagegen wurde geltend gemacht, daß die Staatsanwaltschaften Länderbehörden sind und der Bund somit seine Befugnisse an die Länder abgeben würde. Ferner würden dann oft mehrere Staatsanwaltschaften an ein und demselben Verfahren beteiligt sein. Der Antrag wurde mit Mehrheit abgelehnt." In § 30 a Satz 1BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 werden die Aufgaben des Bundesdisziplinaranwalts allgemein umrissen. In § 30 a Satz 2 a. a. O. wird festgelegt, daß der Bundesdisziplinaranwalt die Fähigkeit zum Richteramt haben muß. § 30 b Abs. 1 a. a. O. regelt die Unterstellung des Bundesdisziplinaranwalts unter den Bundesminister des Innern, während nach § 30 b Abs. 2 a. a. O. dem Bundesdisziplinaranwalt geeignete Beamte der verschiedenen Fachverwaltungen als sog. Beauftragte unterstellt werden können. Nach § 30 c a. a. O. kann der Bundesdisziplinaranwalt oder sein Beauftragter Ermittlungen durchführen. Nach § 30 d a. a. O. kann der Bundesdisziplinaranwalt die Durchführung eines förmlichen Disziplinarverfahrens beantragen. Auch die Novelle zum Bundesdisziplinarrecht hält an der Institution des Bundesdisziplinaranwalts fest. Nach § 38 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle ist der Bundesdisziplinaranwalt an die Weisungen der Bundesregierung gebunden. Er kann künftig keine Ermittlungen anstellen, weil § 30c BDO a. F. entfällt. Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens kann er nach § 39 BDO i. d. F. der Novelle nur beantragen, wenn voraussichtlich beim aktiven Beamten auf die schwerste oder zweitschwerste und beim Ruhestandsbeamten allein auf die schwerste Disziplinarmaßnahme erkannt werden wird.
II. ORGANISATION A. Unterstellung des Bundesdisziplinaranwalts unter den Bundesminister des Innern Der Bundesdisziplinaranwalt untersteht dem Bundesminister des Innern (§ 38 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle.) Dieser ist der Dienstvorgesetzte des Bundesdisziplinaranwalts, seines hauptamtlichen Vertreters und des sonstigen Personals. Die Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts hingegen haben ihren Ressortminister zum Dienstvorgesetzten. Der Bundesminister des Innern konnte mit Zustimmung der Bundesregierung allgemeine Grundsätze für die Tätigkeit des Bundesdisziplinaranwalts aufstellen (§ 30 b Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). In diesen Grundsätzen konnten die dem Bundesdisziplinaranwalt obliegenden 11 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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Befugnisse, die organisatorische Gliederung der Behörde, die Regelung der Dienstaufsicht, Grundsätze für die Auswahl und Bestellung der Beauftragten und seine Zusammenarbeit mit den Einleitungsbehörden, Untersuchungsführern, obersten Dienstbehörden und sonstigen Dienstvorgesetzten im einzelnen geregelt sowie allgemeine Leitsätze zum Opportunitätsprinzip2 aufgestellt werden. Im Einzelfall ist der Bundesdisziplinaranwalt bei der Ausübung seiner Befugnisse an die Weisungen der Bundesregierung gebunden, die der Bundesminister des Innern im Benehmen mit der zuständigen obersten Bundesbehörde herbeiführt (§38 Abs. 1 Satz 2 BDO)3. Können sich Einleitungsbehörden und Dienstvorgesetzte mit dem Bundesdisziplinaranwalt nicht einigen, so bleibt es ihnen unbenommen, sich an die oberste Dienstbehörde zu wenden, damit diese mit dem Bundesdisziplinaranwalt eine Einigung findet. Sollte eine Einigung zwischen dem Bundesminister des Innern und einem anderen Minister nicht zu erzielen sein, so entscheidet die Bundesregierung (vgl. Art. 65 Satz 3GG). De lege ferenda wäre es zu begrüßen, wenn der Bundesdisziplinaranwalt von Weisungen einer dritten Stelle völlig befreit werden würde, da der Sinn der § 37 ff. BDO, die Disziplinarrechtspflege von ungesunden Einflüssen dritter Stellen freizuhalten, durch das Weisungsrecht im Einzelfalle illusorisch werden kann. Die Rechtsstellung des Bundesdisziplinaranwalts sollte daher der des Präsidenten des Bundesrechnungshofes angeglichen werden; wie dieser dafür Sorgen zu tragen hat, daß die Verwaltung vor vermögensrechtlichen Schäden bewahrt wird, so wäre es Aufgabe des Bundesdisziplinaranwalts, zu verhüten, daß das Ansehen der Beamtenschaft nicht durch unrechte Machenschaften, die sich in den meisten Fällen auch vermögensrechtlich zum Nachteil des Dienstherrn auswirken, beeinträchtigt wird. Daher dürfte es als eine Forderung des Rechtsstaates angesehen werden, gerade dem Bundesdisziplinaranwalt bei der Ausübung richterliche Unabhängigkeit zu gewähren und es zu untersagen, daß er gegen seinen Willen seines Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden kann. B. Sonstige Mitarbeiter des Bundesdisziplinaranwalts Abgesehen von Sachbearbeitern und Schreibkräften wird der Bundesdisziplinaranwalt im Bereich seiner Dienststelle durch weitere höhere Beamte unterstützt, die ebenso wie er die Befähigung zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen müssen. Daß beim Bundesdisziplinaranwalt die gleichen Voraussetzungen gegeben sein müssen, ergibt sich zudem aus § 122 Abs. 5 DRiG. Als Referenten werden ihnen die bei den einzelnen Fachverwaltungen auflaufenden Disziplinarfälle zur Bearbeitung zugewiesen. Sie sind an die Weisungen des Bundesdisziplinaranwalts gebunden, der zugleich ihr unmittelbarer Dienstvorgesetzter ist. Disziplinarvorgesetzter ist jedoch der Bundesminister des Innern. Im einzelnen siehe L o c h b r u n n e r a. a. O. S. 302. Über die Bedenken gegen ein Weisungsrecht im Einzelfalle siehe L o c h b r u n n e r a.a.O. S. 302/303. 2
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C. Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts Der Bundesdisziplinaranwalt kann, um seine Aufgaben und Befugnisse bei den Einleitungsbehörden und den Disziplinargerichten wahrzunehmen auch bei den Einleitungsbehörden von diesen vorgeschlagene geeignete Beamte als Beauftragte bestellen (§ 38 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BDO i.d.F. der Novelle). 1. V o r a u s s e t z u n g e n f ü r die B e s t e l l u n g Der Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts muß Beamteneigenschaft haben. Die Aufgaben des Bundesdisziplinaranwalts können nur einer mit den Rechten und Pflichten eines Beamten ausgestatteten Person übertragen werden, weil eine ordnungsgemäße Durchführung des Schutzes der Staatsinteressen gewährleistet werden soll4. Deshalb ist in § 38 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle ausdrücklich bestimmt, daß nur ein Beamter als Beauftragter bestellt werden kann. Hierbei braucht es sich nicht um einen Lebenszeitbeamten zu handeln, obgleich es sich nicht empfehlen wird, einen Beamten auf Widerruf, bei dem es sich im allgemeinen um einen Dienstanfänger handeln wird, mit den Aufgaben eines Beauftragten zu betreuen. Der Beauftragte muß die Befähigung zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen müssen (§38 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Im Bereich der Deutschen Bundespost scheiden daher die Beamten der Laufbahngruppe V aus, weil sie die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst nicht nach dem Deutschen Richtergesetz haben. Als Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts können in dem jeweiligen Disziplinarverfahren nur solche Beamte tätig werden, die bisher mit keinen Funktionen der Sachaufklärung beauftragt waren. So darf der mit der Durchführung der Vorermittlungen beauftragte Beamte in dem gleichen Disziplinarverfahren nicht als Beauftragter des Bundesdisziplinaranwalts auftreten5. Nach dem Aufbau der BDO, BDO i. d. F. der Novelle sind die Funktionen des Dienstvorgesetzten, dem die Vorermittlungen nach § 26 BDO —• § 21 BDO a. F. — obliegen, und des Bundesdisziplinaranwalts streng getrennt. Nach § 21 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 26 Abs. 2 Satz 4 BDO i. d. F. der Novelle ist der Beamte in Abwesenheit des Bundesdisziplinaranwalts anzuhören. Diesem ist auch nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 26 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle des wesentliche Ergebnis der Vorermittlungen bekanntzugeben. Hieraus ergibt sich die Unvereinbarkeit der Aufgaben des Leiters der Vorermittlungen und des Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts in demselben Verfahren. Aus ähnlichen Erwägungen kann als Beauftragter des Bundesdisziplinaranwalts auch nicht ein Beamter auftreten, der in dem gleichen Disziplinarverfahren als Zeuge gehört worden ist oder erst gehört werden soll6. 4 Vgl. füt das frühere Recht PrOVG 13. 2. 34 — I. D. 51/33 — in PrOVG Bd. 92 S. 236 = P e r w o S. 308; PrOVG in PrOVG Bd. 82 S. 490. 6 BDH 30. 8. 55 — II DV 6/55 — L i n d g e n Teil IV Nr. 121. 6 Vgl. Behnke Anm. 9 zu § 30 b BDO.
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2. B e s t e l l u n g u n d A b b e r u f u n g Die Beauftragten werden vom Bundesdisziplinaranwalt auf Vorschlag der Einleitungsbehörden bestellt. Ein Beauftragter kann zugleich für die Geschäftsbereiche mehrerer Einleitungsbehörden bestellt werden ( W zu § 38 BDO). Der Bundesdisziplinaranwalt wird nur solche Beamte bestellen, die ihm die Fachverwaltung als geeignet namhaft gemacht hat. Im allgemeinen werden hierfür nur solche Beamte in Betracht kommen, die bereits über eine langjährige Praxis in Personalangelegenheiten verfügen. Von der Bestellung des Referenten, der Disziplinarangelegenheiten bearbeitet, sollte abgesehen werden, weil der Bundesdisziplinaranwalt und somit die Beauftragten in einem gewissen Umfange Kontrolltätigkeiten ausüben. Andernfalls könnte der Fall eintreten, daß der Referent, der eine Disziplinarverfügung entworfen hat, als Beauftragter des Bundesdisziplinaranwalts die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens zu beantragen hat. Die Aufgaben des Beauftragten kann dessen Urlaubsvertreter nicht ohne besondere Bestellung des Bundesdisziplinaranwalts wahrnehmen, es sei denn, daß der allgemeine Vertreter vom Bundesdisziplinaranwalt auch zu seinem Beauftragten bestellt ist. Der Beauftragte kann sich nicht selbst einen Vertreter bestellen, und zwar weder allgemein noch im Einzelfall für eine bestimmte Prozeßhandlung7. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, daß der Bundesdisziplinaranwalt allgemein mit dem Beauftragten zugleich einen Vertreter für dieses Amt bestellt. Dies braucht nicht der allgemeine Urlaubsvertreter des Beauftragten zu sein. Unter „Geschäftsbereichen" im Sinn W zu § 38 BDO sind nicht nur Behörden innerhalb des gleichen Verwaltungszweigs, sondern auch Behörden verschiedener Verwaltungszweige zu verstehen. Es wäre also denkbar, daß ein Beauftragter für einen Oberpostdirektions- und zugleich für einen Eisenbahndirektons-Bezirk bestellt wird. Über die Bestallung wird dem Beauftragten eine Urkunde ausgehändigt, die jedoch lediglich deklaratorische Bedeutung hat und den Beauftragten als Vertreter des Bundesdisziplinaranwalts für den durch die Bestallung umgrenzten örtlichen Zuständigkeitsbereich legitimiert. Zur Wahrnehmung von Vertretungen außerhalb dieses Bereichs, wie z. B. in Verfahren gegen unter das G 131 fallende Personen, bedarf der Beauftragte einer besonderen Vertretungsvollmacht (vgl. Dienstanweisung für die Beauftragten I Nr. 4). In dem jeweiligen Disziplinarverfahren wird dem Beamten nicht angezeigt, wer als Beauftragter des Bundesdisziplinaranwalts in Frage kommt. Der Beauftragte kann ebenso wie der Bundesdisziplinaranwalt nicht abgelehnt werden, da sie Prozeßbeteiligte und nicht zur Mitwirkung an der Disziplinarsache berufene Gerichtspersonen sind; aus diesem Grunde sind bei ihnen Ausschließungs- und Ablehnungsgründe nicht vorgesehen8. 7 Vgl. für Vertreter der Einleitungsbehörde BayrDStH 13. 3. 58 — 17 DS II 57 — VGHE n. F. 11 III 7; DiszSenat OVG Münster 6' 9. 57 — V 15/55 — in DöD 1958 S. 93 = VRspr. Bd. 10 S. 466 = OVGE (DiszS) Bd. 1 S. 31 = L i n d g e n Teil IV Nr. 165. 8 BDH 25. 4. 63 — II D 6/63 — BDHE Bd. 6 S. 47 = DokBer. Nr. 1757; für Vertreter der Einleitungsbehörde vgl. BayrDStH 16. 5. 58 — 9 DS II 58 — VGH n. F. 11 III 12.
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Der Beamte hat gegen den Beauftragten auch kein sonstiges Beanstandungsrecht9. Das Amt des Beauftragten endet durch ausdrückliche Abberufung durch den Bundesdisziplinaranwalt oder bei Erlöschen einer Voraussetzung für die Ernennung, wie z. B. die Zurruhesetzung, Übertritt in den Landesdienst oder Tod des Beauftragten. Die Abberufung als Beauftragter kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen erfolgen. Durch die Versetzung in einen anderen Verwaltungsbezirk, z. B. durch Versetzung von der Oberpostdirektion Köln zur Oberpostdirektion München, erlischt das Amt des Beauftragten nicht automatisch; auch hier bedarf es einer ausdrücklichen Abberufung. Gegenüber dem Untersuchungsführer und dem Disziplinargericht kann die Beauftragung nur durch eine Mitteilung zum Erlöschen gebracht werden; gegenüber dem Beamten ist eine solche Mitteilung nicht erforderlich10. 3. R e c h t s s t e l l u n g Die Beauftragten üben ihr Amt als Nebenamt aus. Ihnen stehen die gleichen Befugnisse wie dem Bundesdisziplinaranwalt zu. Ihr Amt ist höchstpersönlich, so daß, wie bereits unter 1) gezeigt ist, ihre Befugnisse im Verhinderungsfalle nicht durch ihren Vertreter im Hauptamt, sondern durch den vom Bundesdisziplinaranwalt bestellten Vertreter ausgeübt werden können 11 . Nur im Falle der Verhinderung des Beauftragten kann der durch eine Urkunde legitimierte Vertreter für den Bundesdisziplinaranwalt tätig werden. Der Vertreter ist rechtzeitig mit der Tätigkeit des Beauftragten vertraut zu machen, so daß er in der Lage ist, das Amt des Beauftragten vollwertig wahrzunehmen (vgl. DA BDH I Nr. 9). Der Beauftragte ist für die Einarbeitung seines Vertreters verantwortlich. Die Zustellungen sind nur an den Beauftragten oder seinen durch den Bundesdisziplinaranwalt bestellten Vertreter vorzunehmen 12 . Sie sind gegenüber dem Bundesdisziplinaranwalt rechtswirksam (DA BDH I Nr. 12). Die durch den nichtbeauftragten Beamten vorgenommenen Prozeßhandlungen sind wirkungslos, so daß z. B. von einem solchen Beamten gefertigte „Anschuldigungsschrift" keine Gerichtshängigkeit begründen kann. 4. W e i s u n g s b e f u g n i s des B u n d e s d i s z i p l i n a r a n w a l t s Die Einrichtung des Bundesdisziplinaranwalts ist mit Rücksicht auf ihre bürokratische Organisation mit der der Staatsanwaltschaft in der Strafgerichtsbarkeit zu vergleichen. Wie hier der Generalstaatsanwalt an der Spitze steht, so ist der Bundesdisziplinaranwalt der erste Beamte, dem das Recht der Substitution und der Devolution zusteht. Darüber hinaus ist durch § 38 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle sichergestellt, daß die Beauftragten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an die Weisungen des Bundesdisziplinaranwalts gebunden sind. Das Weisungsrecht wirkt sich nur im Innenverhältnis 9 DiszSenat OVG Münster 6. 9. 57 — V 15/55 — in DöD 1958 S. 93 — VRspr. Bd. 10 S. 466; = L i n d g e n Teil IV Nr. 165 = OVGE (DiszS) Bd. 1 S. 31. 1 0 DiszSenat OVG Münster 6. 9. 57 — V 15/55 — OVGE (DiszS) Bd. 1 S. 31 = L i n d g e n Teil IV Nr. 165 = DöD 1958 S. 93 = VRspr. Bd. 10 S. 466. 1 1 Vgl. für das frühere Recht RDHE Bd. 3 S. 145/7; PrOVG Bd. 100 S. 282. 12 RDHE Bd. 2 S. 104.
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zwischen dem Bundesdisziplinaranwalt und seinen Beauftragten aus; etwaige den Beauftragten auferlegte zeitliche oder sonstige Beschränkungen sind verfahrensrechtlich nach außen ohne Bedeutung 13 . Soweit der Beauftragte an die Weisungen des Bundesdisziplinaranwalts gebunden ist, scheidet das Weisungsrecht des Dienstvorgesetzten bzw. Vorgesetzten im Hauptamt aus. Deshalb kann z. B. der Leiter der Einleitungsbehörde dem Beauftragten nicht die Weisung erteilen, in der Hauptverhandlung eine Disziplinarmaßnahme zu beantragen, die der Einleitungsbehörde angemessen erscheint. Erscheint der Einleitungsbehörde die Stellung eines bestimmten Antrages für zweckmäßig oder gar notwendig, so kann sie einen derartigen Antrag beim Bundesdisziplinaranwalt oder seinem Beauftragten anregen; der Anregung braucht aber keine Folge geleistet zu werden. Es bleibt der Einleitungsbehörde unbenommen, falls ihr das Urteil erster Instanz nicht richtig erscheint, dem Bundesdisziplinaranwalt nach § 80 Abs. 3 BDO — § 67 Abs. 3 BDO a. F. — aufzugeben, Berufung einzulegen, der diesem Verlangen nachkommen muß. Für den Beauftragten können sich aus seiner Zwitterstellung zu seinem Dienstvorgesetzten und zum Bundesdisziplinaranwalt Kollisionsmöglichkeiten ergeben. Wenn der Beauftragte auch den Weisungen des Bundesdisziplinaranwalts Folge zu leisten hat, so fühlt er sich noch mehr mit seiner Behörde verbunden, bei der er sein Hauptamt bekleidet. In Fällen, in denen der Beauftragte feststellt, daß sein Dienstvorgesetzter bzw. die Einleitungsbehörde nicht einschreitet und hierbei gegen die gleichmäßige Handhabung der Disziplinarrechtspflege verstößt, kann es sich empfehlen, daß er sich zunächst an seinen nächsthöheren Dienstvorgesetzten, letzten Endes an seine oberste Dienstbehörde wendet, damit auftretende Mängel in der Handhabung der Disziplinarrechtspflege beseitigt werden. Sollte sich hierbei keine Abhilfe schaffen lassen, so hat der Beauftragte beim Bundesdisziplinaranwalt Weisungen einzuholen. Befolgt der Beauftragte die Weisungen des Bundesdisziplinaranwalts nicht, so macht er sich wegen Verletzung der Gehorsamspflicht disziplinarisch verantwortlich. Der Verkehr zwischen dem Bundesdisziplinaranwalt und seinen Beauftragten richtet sich im übrigen nach der „Dienstanweisung für die Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts" — DA BDA —, die am 1. 5. 61 erlassen worden ist. Der Weg des Beauftragten zum Bundesdisziplinaranwalt führt grundsätzlich über den zuständigen Ressortreferenten bei der Dienststelle des Bundesdisziplinaranwalts (DA BDH I Nr. 17). 5. S c h r i f t v e r k e h r des B e a u f t r a g t e n Der Beauftragte unterzeichnet als „Beauftragter des Bundesdisziplinaranwalts für den Bereich (Angabe des durch die Bestallungsurkunde umgrenzten Bereichs)", oder „Vertreter des Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts für den Bereich (Angabe des durch die Bestallungsurkunde umgrenzten Bereichs)". 13 DiszSenat OVG Münster 6. 9. 57 — V 15/55 — OVGE (DiszS) Bd. 1 S. 3 = 1 Lindgen Teil IV Nr. 165 = DöD 1958 S. 93 = VRspr. Bd. 10 S. 466.
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Die Verwendung von Briefbogen mit vorstehendem Kopf erscheint im Interesse der Einheitlichkeit geboten (vgl. DA BDH I Nr. 11). 6. A m t s t r a c h t des B e a u f t r a g t e n In der Hauptverhandlung vor der Kammer hat der Beauftragte die vorgeschriebene Amtstracht zu tragen, die bei der Geschäftsstelle des Disziplinargerichts aufbewahrt wird; sie besteht aus Amtsrobe, Barett und Schleife. Zur Amtstracht hat der Beauftragte ein weißes Hemd mit weißem Stehkragen mit Ecken zu tragen (DA BDA IV Nr. 4 c aa). 7. R e i s e k o s t e n der B e a u f t r a g t e n Die dem Beauftragten bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeit entstandenen Reisekosten trägt die Dienststelle des Bundesdisziplinaranwalts. Anträge auf Reisekostenerstattung sind beim Bundesdisziplinaranwalt einzureichen (DA BDH I Nr. 14). Abschläge auf die voraussichtlich zustehende Reisekostenvergütung (Nr. 37 Abs. 1 A B zum RKG) können beim Bundesdisziplinaranwalt beantragt werden. Sofern ein Antrag hierfür aus zeitlichen Gründen nicht möglich ist, werden dem Beauftragten Vorschüsse bei der Dienststelle des Hauptamtes gewährt. Die auf diese Weise verauslagten Gelder fordert die Dienstbehörde des Hauptamtes bei der Dienststelle des Bundesdisziplinaranwalts zur Erstattung an (DA BDH Nr. 15 und Runderlaß BMI vom 7. 4. 59 — II B 3 — BA 3400 — 91/59). HI. AUFGABEN DES BUNDESDISZIPLINARANWALTS A. Allgemeines Allgemeine Richtschnur für die Aufgaben des Bundesdisziplinaranwalts bildet § 37 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle. Hiernach hat der Bundesdisziplinaranwalt die Aufgabe, die einheitliche Ausübung der Disziplinargewalt zu sichern und das Interesse des öffentlichen Dienstes und der Allgemeinheit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen13". Seine oberste Aufgabe ist es, für eine einheitliche Ausübung der Disziplinarrechtsprechung zu sorgen, was mit Rücksicht auf das in § 3 BDO a. F., BDO i. d. F. der Novelle verankerte Ermessensprinzip, das die Gefahr aufkommen läßt, auch schwerere Verstöße gegen die Dienstpflichten nicht zu ahnden, besonders notwendig erscheint. Hierbei soll der Bundesdisziplinaranwalt auf die Interessen der Allgemeinheit Bedacht nehmen. Das Interesse einer einzelnen Verwaltung an der Verfolgung oder Nichtverfolgung eines Fehlverhaltens des Beamten kann von dem Interesse der Allgemeinheit abweichen. Hier ist es Aufgabe des Bundesdisziplinaranwalts, zwischen diesen widerstreitenden Interessen abzuwägen und das Erforderliche in disziplinarrechtlicher Hinsicht zu veranlassen. Er wird dabei den Interessen der Allgemeinheit den Vorzug geben müssen, da sich der öffentliche Dienst diesen Belangen unterzuordnen hat, wenn er nicht zum Selbstzweck werden will. Selbst wenn nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO das Bundesverwaltungsgericht als zweitinstanzliches Gericht in Disziplinarsachen in Frage 1 3 a Claussen, „Einheitliche Ausübung der Disziplinargewalt — Zur Anwendung der §§ 30a, 30d BDO" in ZBR 1965 S. 203.
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kommt, obliegt in Beamtendisziplinarsachen die Wahrung des öffentlichen Interesses nicht dem Oberbundesanwalt, sondern ausschließlich dem Bundesdisziplinaranwalt. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. d. F. des Art. II § 8 Nr. 2 der Novelle zur BDO kann sich der Oberbundesanwalt wohl zur Wahrung des öffentlichen Interesses an jedem vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren beteiligen; dies gilt jedoch nicht für Verfahren vor den Beamtendisziplinarsenaten, den Wahrdienstsenaten und dem Großen Senat für Disziplinar- und Wehrbeschwerdesachen. B. Verlangen auf Übersendung von Akten Zur Durchführung der dem Bundesdisziplinaranwalt gestellten Aufgaben muß ihm die Möglichkeit gegeben werden, sich über sämtliche Vorgänge zu unterrichten, die einen disziplinarischen Einschlag haben. Aus diesem Grunde sind dem Bundesdisziplinaranwalt auf sein Ersuchen die Akten, die für die Beurteilung eines Dienstvergehens von Bedeutung sein können, sowie die Personalakten vorzulegen (§39 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Vorlegung der Akten kommt nicht erst nach der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, sondern bereits im Stadium der Vorermittlungen in Betracht. Dem Bundesdisziplinaranwalt werden auch dann Akten über dienstliche Verfehlungen zu übersenden sein, wenn Anlaß zu disziplinarischem Einschreiten vorgelegen hat, aber keinerlei Ermittlungen geführt worden sind. Andernfalls würde dem Bundesdisziplinaranwalt immer dort die Möglichkeit zum Einschreiten gegen dienstliche Verfehlungen genommen werden, wo der Dienstvorgesetzte es bewußt unterläßt, irgendwelche Erhebungen anzustellen. Der Bundesdisziplinaranwalt wird hier weitgehend auf die Hilfe seiner Beauftragten angewiesen sein. Es empfiehlt sich, daß die Behörde den Beauftragten sämtliche Vorgänge, bei denen der Verdacht eines Dienstvergehens besteht, übermittelt. C. Keine Durchführung von Ermittlungen Lag ein begründeter Verdacht eines Dienstvergehens vor, so konnte nach § 30 c i. d. F. ÄndGes. 1952 der Bundesdisziplinaranwalt im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde ihm geboten erscheinenden Ermittlungen selbst durchführen oder durch seine Beauftragten durchführen lassen. Diese Bestimmung hat der Innenausschuß in seinen letzten Beratungen der Novelle zur BDO wegfallen lassen, weil sie einen schweren Eingriff in die Disziplinarhoheit der Dienstvorgesetzten bzw. der Einleitungsbehörden darstellt. Ansonsten könnte der mißliche Fall eintreten, daß gegen einen Beamten Ermittlungen sowohl durch den Dienstvorgesetzten oder den von ihm bestimmten Beamten als auch daneben durch den Bundesdisziplinaranwalt durchgeführt werden, was in den meisten Fällen durch dessen Beauftragten geschehen würde. Dieser Dualismus würde keineswegs dem Ansehen der Disziplinarbehörden dienen. Im übrigen hatte vor Inkrafttreten der Novelle zur BDO der Bundesdisziplinaranwalt von dem ihm nach § 39 BDO i. d. F. der Novelle zustehendem Recht kaum Gebrauch gebracht, was auch für die Beseitigung dieser Bestimmung gesprochen hat. Der Wegfall des § 30 c BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 schließt allerdings nicht aus, daß der Bundesdisziplinaranwalt die Durchführung von Ermittlungen bei den zuständigen Disziplinar168
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behörden anregen kann, falls er davon überzeugt ist, daß gegen den Beamten der Verdacht eines Dienstvergehens besteht, von dem Dienstvorgesetzten aber nichts veranlaßt worden ist. Im allgemeinen reicht aber hier das Recht des Bundesdisziplinaranwalts aus, die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens zu beantragen. D. Antrag auf Durchführung des förmlichen Disziplinarverfahrens Die wichtigsten Aufgaben erwachsen dem Bundesdisziplinaranwalt aus seiner Stellung als Kontrollorgan. Er kann nach § 39 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens beantragen, wenn im Verfahren voraussichtlich auf Degradierung, Entfernung aus dem Dienst oder Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird, wobei dem Antrag zu entsprechen ist. Von diesem Antragsrecht wird der Bundesdisziplinaranwalt dann Gebrauch machen, wenn der Dienstvorgesetzte von der Erhebung von Vorermittlungen nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — überhaupt abgesehen hat, weil er den Verdacht eines Dienstvergehens verneint, oder wenn er die Vorermittlungen oder die Einleitungsbehörde das förmliche Disziplinarverfahren eingestellt, oder wenn der Dienstvorgesetzte im Rahmen der ihm zustehenden Befugnisse eine Disziplinarmaßnahme wohl verhängt hat, dem Bundesdisziplinaranwalt jedoch beim aktiven Beamten die schwerste oder zweitschwerste und beim Ruhestandsbeamten die schwerste Disziplinarmaßnahme gerechtfertigt erscheint. Stellt der Bundesdisziplinaranwalt den Antrag auf Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, wird er den Sachverhalt, soweit er der Einleitungsbehörde nicht bereits bekannt ist, unter genauer Anführung der Beweismittel darstellen, wobei er insbesondere darauf eingehen wird, inwieweit das Verhalten ein so schweres Dienstvergehen darstellt, daß einer der in § 39 BDO i. d. F. der Novelle genannten Disziplinarmaßnahmen gerechtfertigt erscheint. Umstritten war, ob dem Bundesdisziplinaranwalt das Recht zustand, die Aufhebung einer Disziplinarverfügung und die Verurteilung des Beschuldigten zu einer höheren Geldbuße zu verlangen. Aus § 39 BDO i. d. F. der Novelle ergab sich dieses Recht nicht. Wenn jedoch der Bundesdisziplinaranwalt die einheitliche Ausübung der Disziplinargewalt sichern sollte, konnte sich für ihn die Notwendigkeit ergeben, bei der obersten Dienstbehörde oder dem Dienstvorgesetzten die Aufhebung der Disziplinarverfügung und eine härtere Verurteilung anzuregen. Seinen Anregungen, die Disziplinarmaßnahme in dem von ihm gewünschten Umfange auszusprechen, wurde im allgemeinen nachgekommen. War der Dienstvorgesetzte anderer Auffassung als der Bundesdisziplinaranwalt, so konnte er bei der obersten Dienstbehörde vorstellig werden, damit diese eine Einigung mit dem Bundesdisziplinaranwalt fand. War eine solche nicht zu erzielen, so blieb dem Bundesdisziplinaranwalt nur übrig, von dem Recht auf Antragstellung auf Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens Gebrauch zu machen. Durch § 39 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle ist ihm nur dann noch möglich, von seinem Antragsrecht Gebrauch zu machen, wenn die Verhängung einer der schwersten Disziplinarmaßnahmen in Betracht kommt. 169
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Die Einleitungsbehörde ist an den Antrag des Bundesdisziplinarverfahrens nach § 39 BDO i. d. F. der Novelle gebunden. Es bleibt ihr aber unbenommen, Gegenvorstellung zu erheben, falls sie einen solchen Antrag nicht für gerechtfertigt oder für unzweckmäßig hält. Notfalls könnte der Bundesminister des Innern über § 38 Abs. 1 Satz 2 BDO bzw. die Bundesregierung im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Bundesbehörde dem Bundesdisziplinaranwalt die Weisung erteilen, den einmal gestellten Antrag wieder zurückzunehmen. Der Bundesdisziplinaranwalt, der mit der Rechtsprechung der Disziplinargerichte und der Handhabung des Disziplinarrechts durch sämtliche Ressorts bestens vertraut ist, wird von dem ihm nach § 39 BDO i. d. F. der Novelle zustehenden Antragsrecht nur bei begründeten Anlässen Gebrauch machen. £. Widerspruchsrecht bei Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens Weiterhin übt der Bundesdisziplinaranwalt bei der Einstellung des Disziplinarverfahrens in den Fällen des § 64 Abs. 1 und 2 BDO i. d. F. der Novelle ein maßgebliches Kontrollrecht aus. Beabsichtigt die Einleitungsbehörde, das Verfahren einzustellen, so teilt sie das dem Bundesdisziplinaranwalt mit, der innerhalb zweier Wochen nach Eingang der Mitteilung widersprechen kann. Die Einleitungsbehörde übersendet ihm dann die Akten zur Fertigung der Anschuldigungsschrift. F. Weitere Befugnisse im Verlaufe des förmlichen Disziplinarverfahrens Im übrigen kann sich der Bundesdisziplinaranwalt weitgehend in ein anhängiges förmliches Disziplinarverfahren einschalten. Die Befugnisse des bisherigen Vertreters der Einleitungsbehörde und des Vertreters der obersten Dienstbehörde sind grundsätzlich auf ihn übergegangen. Er ist zu allen Beweiserhebungen zu laden und kann daran teilnehmen. Seinen Beweisanträgen muß der Untersuchungsführer stattgeben (§62 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Auf seinen Antrag ist die Untersuchung auf neue Punkte zu erstrecken, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Der Bundesdisziplinaranwalt verfaßt die Anschuldigungsschrift und legt sie mit den Akten dem Bundesdisziplinargericht vor (§53 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 65 BDO i. d. F. der Novelle). Nach dem Eingang der Anschuldigungsschrift beim Bundesdisziplinargericht kann der Bundesdisziplinaranwalt neben der Einleitungsbehörde noch neue Anschuldigungspunkte zum Gegenstand der Verhandlung machen ( § 5 3 Abs. 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 67 Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle). Der Bundesdisziplinaranwalt wird zum Termin zur Hauptverhandlung geladen. Daselbst wird er gehört und stellt seine Anträge (§ 61 Abs. 5 BDO i.d.F. der Novelle). Er ist nicht an die in der Anschuldigungsschrift gestellten Anträge gebunden. In der Hauptverhandlung ist er also in der Stellung seiner Anträge völlig unabhängig. Natürlich ist denkbar, daß er hierbei den Interessen der Verwaltung zuwiderhandeln könnte. Das Gericht ist nicht an die Anträge des Bundesdisziplinaranwalts gebunden; es kann vielmehr eine schärfere oder eine mildere Disziplinarmaßnahme als die beantragte verhängen. 170
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Dem Bundesdisziplinaranwalt sind Ausfertigungen des Disziplinarurteils zuzustellen (§78 Abs. 3 BDO i. d.F. der Novelle). Er ist zur Einlegung der Berufung berechtigt. Auf Verlangen der Einleitungsbehörde ist er verpflichtet, Berufung einzulegen, die wiederum nur im Einvernehmen mit ihr zurückgenommen werden kann (§80 Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle). Sofern in dem von dem Beamten angefochtenen Urteil ein Unterhaltsbeitrag bewilligt worden ist, kann sich der Bundesdisziplinaranwalt bis zum Schluß der Hauptverhandlung der Berufung des Beamten oder seines gesetzlichen Vertreters anschließen, um eine Änderung des Unterhaltsbeitrages herbeizuführen (§ 80 Abs. 4 BDO i. d. F. der Novelle). Hat der Beamte Berufung eingelegt, so ist im Falle des § 85 BDO i.d.F. der Novelle (Verwerfung der Berufung, Zurückweisung der Berufung, Aufhebung des Urteils unter Zurückweisung zur Hauptverhandlung durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts) dem Bundesdisziplinaranwalt Gelegenheit zur Äußerung zu geben (§85 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle). Wird die Berufung nicht als unzulässig verworfen, so werden Berufungsanschrift und Berufungsbegründung des Beamten dem Bundesdisziplinaranwalt gleichfalls zum Zwecke der Äußerung in Abschrift zugestellt (§ 84 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Infolge weiterer Änderungen der BDO, BDO i. d. F. der Novelle haben sich für den Bundesdisziplinaranwalt neben der Übernahme der Funktionen des bisherigen Vertreters der Einleitungsbehörde und des Vertreters der obersten Dienstbehörde weitere Befugnisse ergeben. Er kann beantragen, daß die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung oder der Einbehaltung der Dienstbezüge getroffen oder eine bereits getroffene Anordnung ganz oder teilweise wieder aufgehoben wird (§95 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 war die Durchführung des Disziplinarverfahrens während des schwebenden ordentlichen Strafverfahrens nur mit Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts zulässig. Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle ist einem Verlangen des Bundesdisziplinaranwalts auf Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens trotz eines gegenstandsgleichen Strafverfahrens durch die Einleitungsbehörde zu entsprechen. Die Einleitungsbehörde kann nur im Einvernehmen mit dem Bundesdisziplinaranwalt von einer Untersuchung absehen ( § 5 6 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Zum Beginn der Untersuchung ist neben dem Beamten auch der Bundesdisziplinaranwalt zu laden (§59 Satz 3 BDO i.d.F. der Novelle). Eine Ausfertigung des Berichts des Untersuchungsführers ist dem Bundesdisziplinaranwalt zu übersenden ( § 6 3 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Die Einstellungsverfügung hat die Einleitungsbehörde dem Bundesdisziplinaranwalt zuzustellen (§ 64 Abs. 3 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). Sofern Disziplinarverfahren bei verschiedenen Disziplinargerichten anhängig sind, kann auch der Bundesdisziplinaranwalt beim Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Verbindung oder Wiedertrennung der Disziplinarverfahren und Bestimmung der zuständigen Kammer stellen (§69 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle). Bisher stand dieses Recht lediglich der Einleitungsbehörde, einer beteiligten Dienststrafkammer und dem Beschuldigten zu. Im Wiederaufnahmeverfahren war auch dem Bundesdisziplinaranwalt der Beschluß zuzustellen, wonach der Antrag auf Wiederaufnahme des Ver171
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Der Bundesdisziplinaranwalt im Bereich der Bundesverwaltungen
fahrens wegen Unzulässigkeit oder wegen offensichtlicher Unbegründetheit verworfen wurde (§ 88 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Hatte das Disziplinargericht hingegen die Wiederaufnahme zugelassen, so war der Bundesdisziplinaranwalt hiervon zu benachrichtigen ( § 9 0 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Gleiches galt, wenn im Wiederaufnahmeverfahren eine abschließende Entscheidung gefällt wurde (§92 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Nach §§ 97ff.BDO i. d. F. der Novelle ist der Bundesdisziplinaranwalt auch im Wiederaufnahmeverfahren Verfahrensbeteiligter, indem er den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 BDO i. d. F. der Novelle an Stelle der Einleitungsbehörde stellen kann.
IV. DER VERTRETER DES ÖFFENTLICHEN INTERESSES IN DISZIPLINARSACHEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN A. Koordinierung und Wahrung des öffentlichen Interesses als Grundaufgaben Die Disziplinargesetze der Länder haben eine dem Bundesdisziplinaranwalt gleiche oder ähnliche Einrichtung nicht übernommen, sondern es beim Vertreter der Einleitungsbehörde und beim Vertreter der obersten Dienstbehörde belassen (vgl. § 73 S. 174fi). Auch die Disziplinarordnung des Landes Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 1. 6. 62 sieht die Institutionen des Vertreters der Einleitungsbehörde (vgl. § 50 Abs. 4 DO NW) und des Vertreters der obersten Dienstbehörde (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1 DO NW) vor, die die Belange der Einleitungsbehörde in der Untersuchung und in dem Verfahren vor den Disziplinargerichten vertreten. Daneben wird aber nach § 34 Abs. 1 Satz 1 DO NW zur Mitwirkung bei der Untersuchung und Verfolgung von Dienstvergehen von der Landesregierung ein „Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen" bestellt. Seine Einrichtung wird, wie folgt, umschrieben 14 : „Es ist Aufgabe der Ministerien, für die Ausübung der Disziplinargewalt in ihrem Geschäftsbereich nach übereinstimmenden Grundsätzen Sorge zu tragen. Das gilt insbesondere für den Innenminister, der mit Hilfe der Aufsichtsbehörden eine solche Anwendung der DO sicherstellen muß. Die Einrichtung eines Landesdisziplinaranwalts würde wegen der schwierigen Abgrenzbarkeit seines Aufgabenbereichs leicht zu Auseinandersetzungen über seine Zuständigkeit mit den Landes- und Gemeindebehörden führen. Im Zeichen der Verwaltungsreform ist es nicht angezeigt, eine Einrichtung ins Leben zu rufen, die sich voraussichtlich zu einer Sonderbehörde entwickeln wird. Es war daher erforderlich, die in der BDO vorgesehenen Zuständigkeiten des Bundesdisziplinaranwalts, soweit sie nicht in Wegfall kommen, nach dem Vorbild des ehem. preuß. Disziplinarrechts (PrBDStO vom 27. 1. 32 GS S. 59) dem Vertreter der Einleitungsbehörde bzw. der obersten Dienstbehörde zu übertragen. Nur mit begrenzten Befugnissen soll ein Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen ausgestattet werden, der an die Weisungen der Landesregierung gebunden und der allgemeinen Dienstaufsicht des Innenministers unterstellt sein soll. Er soll in erster Linie eine koordinierende Tätigkeit entfalten und, wie seine Amtsbezeichnung zum Ausdruck bringt, auf die Wahrung des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen gem. seinen Befugnissen nach § 35 Bedacht nehmen." 14
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Begr. I in der Drucksache Nr. 1196 des Landtages — 2. Wahlperiode
Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Nordrhein-Westfalen
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B. Bezeichnung und Organisation Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen führt nach DVO Nr. 1 zu § 34 und § 35 DO NW die Bezeichnung: „Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen für das Land Nordrhein-Westfalen." Er führt als Dienstsiegel das kleine Landessiegel mit der Umschrift: „Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen für das Land Nordrhein-Westfalen". (DVO Nr. 2 zu § 34 und § 35 DO NW). Der Vertreter des öffentlichen Interesses ist befugt, im Einzelfalle geeignete Beamte, die ihm der zuständige Fachminister vorschlägt, als Beauftragter für die Durchführung seiner Aufgaben zu bestellen (DVO Nr. 3 Satz 1 zu § 34 und § 35 DO NW). Diese Beamten sind bei der Durchführung ihres Auftrages an die Weisungen des Vertreters des öffentlichen Interesses gebunden (DVO Nr. 3 Satz 2 zu § 34 und § 35 DO NW). Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen ist an Weisungen der Landesregierung gebunden ( § 3 4 Abs. 1 Satz 2 DO NW), untersteht im übrigen jedoch der allgemeinen Dienstaufsicht des Innenministers (§ 34 Abs. 1 Satz 3 DO NW). C. Unterrichtung durch die Behörden Die für die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens und für den Erlaß von Disziplinarverfügungen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen über alle wesentlichen Vorgänge bei Anwendung der DO NW zu unterrichten (§34 Abs. 2 Satz 1 DO NW). Das Nähere bestimmt die Landesregierung durch Verordnung (§ 34 Abs. 2 Satz 2 DO NW). Als wesentlich im Sinne des § 34 Abs. 2 DO NW sind alle Vorgänge anzusehen, die das öffentliche Interesse berühren können (DVO Nr. 4 zu § 34 und § 35 DO NW). Femer ist der Vertreter des öffentlichen Interesses durch den Fachminister über Disziplinarsachen zu unterrichten, in denen grundsätzliche rechtliche Fragen zweifelhaft sind oder verfahrensrechtliche Schwierigkeiten auftreten (DVO Nr. 4 Abs. 2 Satz 1 zu § 34 und § 35 DO NW). Abschriften der für das Verfahren wesentlichen Unterlagen (z. B. Einleitungsverfügungen, Berichte der Untersuchungsführer, Anschuldigungsschriften, Niederschriften über Vernehmungen des Beschuldigten oder von Zeugen) sind beizufügen (DVO Nr. 4 Abs. 2 Satz 2 zu § 34 und § 35 DO NW). Die weitere Durchführung des Verfahrens wird hierdurch nicht berührt (DVO Nr. 4 Abs. 2 Satz 3 zu § 34 und § 35 DO NW). D. Befugnisse Der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen ist nach § 35 DO NW befugt, 1. Vorermittlungen über Dienstvergehen im Einvernehmen mit dem zuständigen Fachminister anzustellen und ihm die Verhandlungen zur Entscheidung vorzulegen, 173
§ 7 3 Vertreter d. Einleitungsbehörde u. d. obersten Dienstbehörde i. Landesdisziplinarrecht
2. Akten, welche für die Beurteilung eines Dienstvergehens von Bedeutung sein können, einzusehen und die ihm geeignet erscheinenden Anregungen zu geben, 3. die Einleitung oder Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens zu verlangen, 4. die Rechte des Vertreters der Einleitungsbehörde an dessen Stelle auszuüben, ohne dabei an Weisungen der Einleitungsbehörde gebunden zu sein. Er muß den Beschuldigten, die Einleitungsbehörde, den Untersuchungsführer und nach Gerichtshängigkeit das Disziplinargericht von der Übernahme der Befugnisse des Vertreters der Einleitungsbehörde unterrichten. Die Übernahme dieser Funktionen kommt in jeder Lage des Verfahrens in Betracht. Der Vertreter des öffentlichen Interesses schaltet sich in Disziplinarsachen nur dann ein, wenn er es für erforderlich hält. Unter welchen Voraussetzungen dies geschieht, ergibt sich bereits aus seinem Namen. Das öffentliche Interesse verlangt vor allem dann ein Einschreiten, wenn es um die Wahrung der Einheitlichkeit in der Disziplinarrechtspflege und das Ansehen des öffentlichen Dienstes und der Allgemeinheit geht, so daß also der Zweck des Einschreitens mit dem in § 37 Satz 1 BDO gleichbleibt. Der Beschuldigte kann die Beteiligung des Vertreters des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen weder verlangen noch ablehnen15.
§ 73. Der Vertreter der Einleitungsbehörde und der Vertreter der obersten Dienstbehörde im Landesdisziplinarrecht I. GESCHICHTLICHE E N T W I C K L U N G A. Preußen Die Belange der Öffentlichkeit nahm in der Preuß. Verordnung betr. die Dienstvergehen der Richter vom 10. 7. 1849 (PrGS S. 253) der Staatsanwalt wahr. Nach § 30 a. a. O. konnte u. a. die Disziplinaruntersuchung auf seinen Antrag hin eingeleitet werden. Vor Abschluß der Voruntersuchung waren die Akten an ihn zu übersenden, damit er seine Anträge stellen konnte (vgl. § 33 Abs. 2 a. a. O.). In der mündlichen Verhandlung wurde nach der Vernehmung des Angeschuldigten der Staatsanwalt nach § 35 Abs. 3 a. a. O. gehört, wobei er seinen Antrag stellte. Die mündliche Verhandlung konnte nach § 36 a. a. O. u. a. auf Antrag des Staatsanwaltes vertagt werden, wenn dies zur Herbeischaffung weiterer Beweismittel diente. Dem Staatsanwalt stand nach § 41 Abs. 2 a. a. O. die Berufung gegen jedes Endurteil des Appellationsgerichts zu. Bei nichtrichterlichen Beamten wurden die Aufgaben der Staatsanwaltschaft nach § 38 der Preuß. Verordnung betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom I I . 7. 1849 (PrGS S. 271) von einem Beamten wahrgenommen, welchen der Minister hierfür bestimmt hatte. Seine Aufgaben entsprachen nach §§ 39, 40, 45 a. a. O. dem des in der VO vom 10. 7. 1849 erwähnten Staatsanwaltes in Disziplinarsachen gegen richterliche Beamte. Die Aufgaben der Staatsanwaltschaft im Disziplinarverfahren gegen Richter entsprachen nach §§ 24, 27 Abs. 2, 30 3, 36 des Preuß. Gesetzes betr. die Dienstvergehen der richterlichen Beamten vom 7. 5. 1851 (PrGS S. 218) denen der in der Preuß. V O vom 10. 7. 1851 vorgesehenen Aufgaben. Der Staatsanwalt konnte zudem nach § 27 Abs. 3 15 DiszSenat O V G Münster in DöD 1958 S. 93 — O V G E Bd. 13 S. 1 (5) — VRspr. Bd. 10 S. 466.
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Geschichtliche Entwicklung
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a. a. O. den Antrag stellen, weitere Untersuchungshandlungen durchzuführen. Nach § 28a a. a. O. konnte er beim Disziplinargericht beantragen, den Angeschuldigten außer Verfolgung zu setzen. Die Aufgaben der Staatsanwaltschaft im Disziplinarverfahren gegen nichtrichterliche Beamte versah nach § 32 Abs. 2 des Preuß. Gesetzes betr. die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 21. 7. 1852 (PrGS S. 465) ein Beamter, der von der Behörde ernannt war, von der die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens verfügt war. Seine Aufgaben bestanden in der Fertigung der Anschuldigungsschrift (§ 34 a. a. O.), im Plädoyer in der mündlichen Verhandlung (§35 Abs. 3 a. a. O.), in der Stellung des Antrages auf Vernehmung weiterer Zeugen (vgl. § 36 a. a. O.), in der Einlegung der Berufung an das Staatsministerium (vgl. § 41 a. a. O) und in der Hinzuziehung zur mündlichen Berufungsverhandlung (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 4 a. a. O.). In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Beamte der Staatsanwaltschaft vom Ressortminister bestimmt (§45 Abs. 4 Satz 3 a. a. O.). Der Beamte der Staatsanwaltschaft war nach § 40 Abs. 4 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 (PrGS S. 59) von der Einleitungsbehörde zu bestellen. Seine Aufgaben bestanden in der Fertigung der Anschuldigungsschrift (§ 42 Abs. 1 a. a. O.), in dem Plädoyer in der mündlichen Verhandlung (§44 Abs. 3 a. a. O.), in der Stellung von weiteren Beweisanträgen (§ 45 a. a. O.), der Berufungseinlegung (vgl. § 49 Abs. 1 a. a. O.) und in der Teilnahme an der Berufungsverhandlung (vgl. § 53 Abs. 2 a. a. O.). Für die Berufungsverhandlung wurde der Beamte der Staatsanwaltschaft vom Fachminister bestellt (§ 53 Abs. 2 Satz 2 a. a. O.). Bei Disziplinarverfahren gegen Richter wurden nach § 37 der Preuß. Dienststrafordnung für die richterlichen Beamten vom 27. 1. 32 (PrGS S. 79) die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft von der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht, soweit jedoch das Verfahren beim Großen Dienststrafsenat anhängig war, von der Staatsanwaltschaft beim Kammergericht wahrgenommen. Die Befugnisse der Staatsanwaltschaft bestanden in der Berechtigung, den Beweiserhebungen in der Voruntersuchung beizuwohnen ( § 4 0 Abs. 2 a. a. O.), weitere Beweisanträge (§ 41 Abs. 2 a. a. O.) sowie Antrag auf Außerverfolgungssetzung des Angeschuldigten zu stellen (§42 Abs. 1 a. a. O.), die Anschuldigungsschrift zu fertigen (§43 Abs. 1 a. a. O.), in der mündlichen Verhandlung zu plädieren (§46 Abs. 3 a. a. O.), gegen die Entscheidung des Dienststrafsenats Berufung einzulegen (§50 a. a. O.) und an der Berufungsverhandlung teilzunehmen (vgl. § 54 a. a. O.).
B. Deutsches Reich Der Beamte, der die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen hatte, wurde nach § 85 Abs. 1 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3. 1873 (RGBl. S. 61) von der obersten Reichsbehörde ernannt. Der Beamte der Staatsanwaltschaft war bei der Voruntersuchung hinzuzuziehen (vgl. § 94 Abs. 1 Satz 1 RBG); der Vernehmung von Zeugen durfte er jedoch nicht beiwohnen (§ 94 Abs. 1 Satz 4 RBG). Nach Fertigung der Anschuldigungsschrift (§ 101 Abs. 1 RBG) konnte er bei der Disziplinarkammer beantragen, weitere Beweise zu erheben (§ 105 RBG). In der mündlichen Verhandlung hielt er das Plädoyer (§ 104 Abs. 3 Satz 1 RBG). Gegen die Entscheidung der Disziplinarkammer stand ihm die Berufung an den Disziplinarhof zu (vgl. § 110 Abs. 1 RBG). Zur Berufungsverhandlung beim Disziplinarhof war er schließlich hinzuzuziehen (§ 116 Abs. 2 Satz 2 RBG). Nach dem Reichsratsentwurf zu einer Reichsdienststrafordnung vom 12.11. 31 1 sollte die Eröffnungsbehörde aus den Beamten ihres Geschäftsbereichs einen Anklagevertreter bestellen und dies dem Beschuldigten mitteilen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 a. a. O.). Ein Beamter, der als Mitglied einer Beamtenvertretung mit der Dienststrafsache befaßt war, sollte nicht bestellt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 a. a. O). Die Bestellung des Anklagevertreters sollte jederzeit widerruflich sein (§ 43 Abs. 2 a. a. O.). Im Verfahren vor dem Reichsdienststrafhof sollte der Oberreichsanwalt Anklagevertreter sein (§ 43 Abs. 3 a. a. O.). Der Anklagevertreter sollte den dienstlichen Anweisungen der Eröffnungsbehörde nachkommen. Die Aufgaben des Anklagevertreters sollten in der Teilnahme und der Stellung von Anträgen in der Untersuchung (§ 60 a. a. O.), der Fertigung der Anklageschrift (§ 68 a. a. O.), dem Plädoyer in der Hauptverhandlung (§ 71 a. a. O. i. V. m. § 258 StPO), der Einlegung der Berufung und in der Teilnahme an der Berufungsverhandlung (vgl. § 100 Abs. 2 a. a. O.) bestehen. 1
Abgedruckt bei F o e r s t e r - S i m o n s , 1932 S. 308ff.
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§ 7 3 Vertreter d. Einleitungsbehörde u. d. obersten Dienstbehörde i. Landesdisziplinarrecht Nach § 44 Abs. 2 der Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 (RGBl. I S. 71) bestellte die Einleitungsbehörde bei oder nach Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens einen Beamten zu ihrem Vertreter in dem Verfahren und teilte dies dem Beschuldigten mit. Dieser Beamte erhielt die Bezeichnung „Vertreter der Einleitungsbehörde". Die an das allgemeine Strafprozeßrecht angelehnte Bezeichnung „Beamter der Staatsanwaltschaft" hatte die RDStO bewußt vermieden, weil dieses Organ lediglich der verlängerte Arm oder das Sprachrohr der Einleitungsbehörde sein sollte2. Hieraus folgte auch, daß der Vertreter der Einleitungsbehörde ihren Weisungen nach § 44 Abs. 4 RDStO zu folgen hatte. Für das Verfahren vor dem Reichsdienststrafhof bestellte die oberste Dienstbehörde einen besonderen Vertreter. Im Verfahren vor dem Reichsdienststrafhof trat nämlich nach § 75 Abs. 1 Satz 1 RDStO an die Stelle des Vertreters der Einleitungsbehörde der Vertreter der obersten Dienstbehörde. Dies galt auch dann, wenn die oberste Dienstbehörde zugleich Einleitungsbehörde war. Dies schloß jedoch nicht aus, daß derjenige Beamte, der in der ersten Instanz als Vertreter der Einleitungsbehörde aufgetreten war, auch vor dem Reichsdienststrafhof als Vertreter der obersten Dienstbehörde tätig werden konnte, sofern er nur von dieser Stelle hierzu ernannt worden war. Der Vertreter der obersten Dienstbehörde nahm seine Tätigkeit auf, sobald die Disziplinarakten beim Reichsdienststrafhof eingegangen waren, wennschon nach § 73 Abs. 2 RDStO der Reichsdienststrafhof vor der Beschlußfassung in den Fällen des § 73 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 RDStO dem Vertreter der Einleitungsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben hatte, falls der Beschuldigte Berufung eingelegt hatte, und die Beschlüsse, die auf Grund des § 73 Abs. 1 bis 4 RDStO durch den Reichsdienststrafhof ergangen waren, an den Vertreter der Einleitungsbehörde zuzustellen waren3. Dem Vertreter der Einleitungsbehörde standen folgende Befugnisse zu: 1. Er war zu allen Beweiserhebungen, abgesehen von Beschlagnahme und Durchsuchungen, zu laden (§50 Abs. 1 Satz 1 RDStO). Er konnte daran teilnehmen, sich aber auch jederzeit durch Einsichtnahme in die Akten über den Stand der Untersuchung unterrichten (§ 50 Abs. 1 Satz 2 RDStO). Seinen Beweisanträgen mußte der Untersuchungsführer stattgeben (§ 50 Abs. 1 Satz 3 RDStO). 2. Er konnte beantragen, die Untersuchung auf neue Punkte, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, zu erstrecken (§50 Abs. 2 Satz 1 RDStO). Der Untersuchungsführer mußte den Anträgen entsprechen (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 RDStO). 3. Er verfaßte nach Weisungen der Einleitungsbehörde eine Anschuldigungsschrift und legte sie mit den Akten der Dienststrafkammer vor (§ 53 Abs. 1 Satz 1). 4. Er wurde nach Schluß der Beweisaufnahme gehört (vgl. § 61 Abs. 4 RDStO), um daselbst die in der Anschuldigungsschrift erhobenen Beschuldigungen auf Grund des Ergebnisses der Hauptverhandlung zu begründen und zu beantragen, a) den Beschuldigten zu einer Disziplinarstrafe zu verurteilen oder b) den Beschuldigten freizusprechen oder c) das Disziplinarverfahren einzustellen. 5. Er konnte nach § 66 RDStO gegen nicht endgültige Beschlüsse Beschwerde einlegen. 6. Er konnte gegen Urteile der Dienststrafkammer nach § 67 RDStO Berufung einlegen. Dieses Recht stand nicht dem Vertreter der obersten Dienstbehörde zu, weil dieser, wie bereits gezeigt wurde, erst nach Übersendung der Akten an den Reichsdienststrafhof tätig werden durfte. Dem Vertreter der obersten Dienstbehörde wiederum standen folgende Befugnisse zu: 1. Nach Eingang der Akten beim Reichsdienststrafhof konnte nur noch er — nicht mehr der Vertreter der Einleitungsbehörde — die Berufung zurücknehmen4. 2 8 1
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Vgl. Amd. Begründung zu §§44ff. RDStO. Vgl. Wittland Anm. 14 zu § 75 RDStO. RDStH 29. 10. 38 — III D 107/37.
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2. Ihm oblag die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins, wobei er die unter 4 angeführten Befugnisse des Vertreters der Einleitungsbehörde ausübte. Das Änderungsgesetz zur Reichsdienststrafordnung vom 28. 11. 52 (BGBl. I S. 749) beseitigte die Einrichtungen des Vertreters der Einleitungsbehörde und des Vertreters der obersten Dienstbehörde und übertrug deren Befugnisse dem Bundesdisziplinaranwalt, der nicht mehr den Weisungen der Einleitungsbehörde, sondern nur noch denen des Bundesministers des Innern zu folgen hatte. Wie in § 72 III S. 167ff. gezeigt worden ist, gehen die Befugnisse des Bundesdisziplinaranwalts weit über die des Vertreters der Einleitungsbehörde und des Vertreters der obersten Dienstbehörde hinaus, so daß diese Institutionen nicht miteinander verglichen werden können.
II. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Sämtliche Länder haben in den nach dem Zusammenbruch von 1945 erlassenen Disziplinarverordnungen an den Einrichtungen des Vertreters der Einleitungsbehörde und des Vertreters der obersten Dienstbehörde festgehalten. Selbst die Disziplinarordnung von Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 1. 6. 62 (GVB1. S. 305), die ein dem Bundesdisziplinaranwalt ähnliches Organ, nämlich den Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen, vorgesehen hat (§§ 34f. DO NW), hält trotzdem an dem Vertreter der Einleitungsbehörde und dem Vertreter der obersten Dienstbehörde fest (vgl. § § 50 Abs. 4, 81 Abs. 1 DO NW); allerdings kann der Vertreter des öffentlichen Interesses in Disziplinarsachen nach § 35 Nr. 4 DO NW die Rechte des Vertreters der Einleitungsbehörde an dessen Stelle ausüben, wobei er nicht an die Weisungen der Einleitungsbehörde gebunden ist. A. Bestellung und Abberufung Der Vertreter der Einleitungsbehörde wird von dieser bestellt. Wird von einer Untersuchung abgesehen, so erfolgt die Ernennung mit oder nach der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens; die Ernennung eines Beamten zum Vertreter der Einleitungsbehörde wird dem Beschuldigten mitgeteilt (vgl. § 32 Abs. 2 LDO BW, Art. 45 Abs. 4 Satz 1 und 3 DStO Bayr., § 44 Abs. 1 Satz 1 LDO Bln., § 44 Abs. 2 DStO Brm., (Bestellung durch Senat oder Magistrat in Bremerhaven), § 29 Abs. 2 DO Hmb., § 31 Abs. 3 Satz 1 HDO, § 54 Satz 1 NDO, § 50 Abs. 4 Satz 1 DO NW, § 52 Abs. 2 Satz 1 LDO Rh.-Pf., § 44 Abs. 2 Satz 1 DStO Saar und § 48 Abs. 2 Satz 1 DStO Schl.-Hol.). Wird eine Untersuchung angeordnet, so erfolgt die Bestellung des Vertreters der Einleitungsbehörde spätestens zusammen mit der des Untersuchungsführers, weil er, wie noch unter B gezeigt werden wird, bereits im Verlaufe der Untersuchung verschiedene Funktionen ausüben muß. Als Vertreter der Einleitungsbehörde kann jeder beliebige Beamte bestellt werden. Als Vertreter der Einleitungsbehörde kann auch ein Beamter auf Probe oder ein Beamter auf Widerruf ernannt werden, wenn sich dies auch nicht empfehlen wird, weil seine Befugnisse im allgemeinen von einem lebenserfahrenen und dienstälteren Beamten wahrgenommen werden sollen. Die Ernennung eines Ruhestandsbeamten scheidet aus. Untersteht der Beamte nicht der Einleitungsbehörde, so ist vor der Ernennung das Einverständnis der vorgesetzten Dienststelle einzuholen. Ist der Beamte Beisitzer des Disziplinargerichts, so ist zu berücksichtigen, daß dann seine richterliche Tätigkeit nach § 22 Nr. 4 StPO nicht in Frage kommt. Lediglich nach § 29 Abs. 4 DO Hmb. muß 12 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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§ 7 3 Vertreter d. Einleitungsbehörde u. d. obersten Dienstbehörde i. Landesdisziplinarrecht
der Vertreter der Einleitungsbehörde ebenso wie der Untersuchungsführer die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 DO Hmb. erfüllen, d. h. er muß die Fähigkeit zum Richteramt an einem ordentlichen Gericht oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen an einem allgemeinen Verwaltungsgericht haben. Nach § 32 Abs. 3 LDO BW und § 54 Satz 1 NDO kann außer einem Beamten auch ein Richter zum Vertreter der Einleitungsbehörde bestellt werden. Der Vertreter kann allgemein oder für einen Einzelfall zum Vertreter der Einleitungsbehörde bestellt werden. § 31 Abs. 3 Satz 2 HDO bringt dies im Gesetz zum Ausdruck. Immer muß jedoch ein b e s t i m m t e r Beamter bestellt werden 6 . Es geht also nicht an, daß z. B. der jeweilige Referent für Disziplinarsachen bereits auf Grund des Geschäftsplans der zuständigen Behörde bestellt wird, was jedoch nicht ausschließt, daß auf Grund einer besonderen Weisung ein bestimmter Beamter für sämtliche Disziplinarsachen, die bei der gleichen Einleitungsbehörde anhängig werden, oder für eine bestimmte Art von Dienstvergehen zuständig sind. In jedem Disziplinarverfahren muß aber dem Beschuldigten der jeweilige Beamte, der die Funktionen des Vertreters der Einleitungsbehörde ausübt, mitgeteilt werden, so daß die Bedenken des Reichsdienststrafhofs8 gegen eine generelle Bestellung damit ausgeräumt sein dürften. Nur die sachlich und örtlich zuständige Einleitungsbehörde kann rechtswirksam den Vertreter bestellen7. Ändert sich im Laufe des förmlichen Disziplinarverfahrens die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde, so geht die Zuständigkeit der Einleitungsbehörde im Laufe des Verfahrens auf die Behörde über, die als Einleitungsbehörde nunmehr zuständig sein würde, wenn im Zeitpunkt der organisatorischen Änderung das förmliche Disziplinarverfahren einzuleiten wäre 8 . Nicht nur in der Hauptverhandlung (vgl. § 227 StPO), sondern in jeder Lage des förmlichen Disziplinarverfahrens können mehrere Beamte als Vertreter der Einleitungsbehörde tätig sein. Werden mehrere Disziplinarverfahren miteinander verbunden und tritt eine Einleitungsbehörde an die Stelle von mehreren, so bleibt nur der von ihr bestimmte Vertreter zuständig. Wenn mehrere Vertreter der Einleitungsbehörde in einem Verfahren ernannt sind, so kann die Anschuldigungsschrift nur von einem Beamten unterzeichnet werden. Will der Vertreter der Einleitungsbehörde den ihm nach den jeweiligen Disziplinargesetzen obliegenden Aufgaben nachkommen, so muß er ausdrücklich hierfür bestellt sein9. Kann er seine Aufgaben infolge Urlaubs, Erkrankung oder dienstlicher Abwesenheit nicht wahrnehmen, so wird für ihn nicht sein Vertreter im Amt, sondern derjenige Beamte tätig, der ausdrücklich als Vertreter des Vertreters der Einleitungsbehörde bestellt ist. Auf keinen Fall geht es an, daß der Vertreter der Einleitungsbehörde im Falle seiner Verhinderung von sich aus einen Beamten zu seinem Vertreter bestimmt 10 . Nimmt der nicht 5 6 7 8 9 10
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RDHE Bd. 2 S. 106 (108). RDStH 6. 7. 38 — IV D 18/38. RDStH 16. 5. 40 — III D 66/39. Vgl. RDHE Bd. 2 S. 115 (117). RDHE Bd. 2 S. 106 (108). RDStH 29.12. 39 — IV D 40/41/39.
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amtlich bestellte Vertreter des Vertreters der Einleitungsbehörde Prozeßhandlungen wahr, so sind sie unwirksam und können auch nachträglich nicht geheilt werden 11 . Der Vertreter der Einleitungsbehörde und dessen Vertreter sind dem Beschuldigten zu benennen. Die Mitteilung kann formlos geschehen. Im allgemeinen wird sie zusammen mit der Einleitungsverfügung oder mit der Bestellung des Untersuchungsführers geschehen. Dem Beschuldigten steht gegen die Bestellung eines bestimmten Beamten zum Vertreter der Einleitungsbehörde kein Beschwerderecht zu. Eine Ablehnung wegen Befangenheit scheidet aus. Der Vertreter der Einleitungsbehörde kann jederzeit abberufen und durch einen anderen Beamten ersetzt werden. Ein Wechsel kommt insbesondere dann in Frage, wenn im Verlaufe des Disziplinarverfahrens eine andere als die bisherige Einleitungsbehörde zuständig wird 12 . Der Vertreter der obersten Dienstbehörde wird von dieser für einen Einzelfall oder generell bestellt. Seine Bestellung braucht dem Beschuldigten nicht angezeigt zu werden. Für den Personenkreis, der hierfür in Frage kommt, die Bestellung mehrerer Beamter und die Abberufung gilt das gleiche wie für den Vertreter der Einleitungsbehörde. B. Rechtsstellung Der Vertreter der Einleitungsbehörde ist nur verlängerter Arm der Einleitungsbehörde, deren Interessen er im Laufe des gesamten Disziplinarverfahrens zu beachten hat. Aus diesem Grunde ist er den Weisungen der Einleitungsbehörde unterworfen (§ 32 Abs. 3 Satz 2 LDO BW, Art. 45 Abs. 4 Satz 2 DStO Bayr., § 44 Abs. 4 LDO Bln., § 44 Abs. 4 DStO Brm. (Weisungen durch Senat oder in dessen Auftrag der Regierungskanzlei und in Bremerhaven des Magistrats in Bremerhaven), § 29 Abs. 2 DO Hmb., § 31 Abs. 3 Satz 2 HDO, § 54 Satz 2 NDO, § 50 Abs. 4 Satz 2 DO NW, § 52 Abs. 4 LDO Rh.Pf., § 44 Abs. 4 DStO Saar und § 48 Abs. 4 DStO Schl.-Hol.). Die Einleitungsbehörde kann dem Vertreter obliegende Funktionen nicht selbst ausüben; trotzdem ausgeübte Prozeßhandlungen sind rechtsunwirksam 13 . Sie kann lediglich dem Vertreter der Einleitungsbehörde entsprechende Anweisungen erteilen. Kommt dieser denselben nicht nach, so macht er sich einer Verletzung der Gehorsamspflicht schuldig, was jedoch nur interne Wirkungen äußert. Insbesondere ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gerechtfertigt, wenn der Vertreter der Einleitungsbehörde nicht fristgemäß deren Weisungen nachkommt. Gleiches gilt auch für die Rechtsstellung des Vertreters der obersten Dienstbehörde. Er ist deren Weisungen unterworfen. Dies ergibt sich aus dem Gesetz nur in § 79 Abs. 1 Satz 2 LDO BW und § 81 Abs. 1 Satz 3 DO NW, ist jedoch als selbstverständlich anzusehen. Die Weisungen erstrecken sich vor allem auf die Stellung des Strafantrages in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinargericht der zweiten Instanz. 11 12 13
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RDHE Bd. 2 S. 106 (108). RDStH 16. 5. 40 — III D 66/39. RDHE Bd. 2 S. 104 (105); a. M. W i t t l a n d Anm. 26 zu § 44 RDStO.
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Vertreter d. Einleitungsbehörde u. d. obersten Dienstbehörde i. Landesdisziplinarrecht
C. Aufgaben 1. In der U n t e r s u c h u n g Der Vertreter der Einleitungsbehörde tritt erstmals in der Untersuchung auf. Er ist zu allen Beweiserhebungen — abgesehen von Beschlagnahmen und Durchsuchungen — zu laden ( § 5 4 Abs. 1 Satz 1 LDO BW. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 DStO Bayr., § 50 Abs. 1 Satz 1 LDO Bln., § 50 Abs. 1 Satz 1 DStO Brm., § 50 Abs. 1 Satz 3 DO Hmb., § 55 Abs. 1 Satz 1 HDO, § 60 Abs. 1 Satz 1 NDO, § 56 Abs. 1 Satz 1 DO NW, § 58 Abs. 1 Satz 1 LDO Rh.Pf., § 50 Abs. 1 Satz 1 DStO Saar und § 54 Satz 1 DStO Schl.-Hol.). Der Vertreter der Einleitungsbehörde kann an den Beweiserhebungen teilnehmen, sich aber auch jederzeit durch Einsichtnahme in die Akten über den Stand der Untersuchung unterrichten ( § 5 4 Abs. 1 Satz 2 LDO BW, Art. 51 Abs. 1 Satz 2 DStO Bayr., § 50 Abs. 1 Satz 2 LDO Bln., § 50 Abs. 1 Satz 2 DStO Brm., § 50 Abs. 1 Satz 1 DO Hmb., § 55 Abs. 1 Satz 2 HDO, § 60 Abs. 1 Satz 2 NDO, § 56 Abs. 1 Satz 2 DO NW, § 58 Abs. 1 Satz 2 LDO Rh.-Pf., § 50 Abs. 1 Satz 2 DStO Saar und § 54 Satz 2 DStO Schl.-Hol.). Er kann jedoch nicht selbständig Zeugen und Sachverständige vernehmen14. An Zeugen und Sachverständige kann er Fragen richten (so ausdrücklich § 53 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 53 Abs. 2. LDO BW). Der Vertreter der Einleitungsbehörde kann fernerhin Beweisanträge stellen, die insbesondere für die Schuldfrage, das Strafmaß oder für die Entscheidung über die Bewilligung des Unterhaltsbeitrages von Bedeutung sein können; diesen Beweisanträgen hat der Untersuchungsführer stattzugeben (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 53 Abs. 3 LDO BW, Art. 51 Abs. 1 Satz 3 DStO Bayr., § 50 Abs. 1 Satz 3 LDO Bln., § 50 Abs. 1 Satz 3 DStO Brm., § 50 Abs. 1 Satz 2 DO Hmb., § 55 Abs. 1 Satz 3 HDO, § 60 Abs. 1 Satz 3 NDO, § 56 Abs. 1 Satz 3 DO NW, § 58 Abs. 1 Satz 3 LDO Rh.-Pf., § 50 Abs. 1 Satz 3 DStO Saar und § 54 Satz 3 DStO Schl.-Hol.). Der Vertreter der Einleitungsbehörde kann beantragen, die Untersuchung auf neue Punkte zu erstrecken, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen (§ 54 Abs. 2 Satz 1 LDO BW, Art. 51 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 DStO Bayr., § 50 Abs. 2 Satz 1 LDO Bln., § 50 Abs. 2 Satz 1 DStO Brm., § 50 Abs. 2 Satz 1 DO Hmb., § 55 Abs. 2 Satz 1 HDO, § 60 Abs. 2 Satz 1 NDO, § 56 Abs. 2 Satz 1 DO NW, § 58 Abs. 2 Satz 1 LDO Rh.-Pf. und § 50 Abs. 2 Satz 1 DStO Saar). Seinen Anträgen hat der Untersuchungsführer zu entsprechen (§ 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 LDO BW, Art. 51 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 DStO Bayr., § 50 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 LDO Bln., § 50 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 DO Hmb., § 55 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 HDO, § 60 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 NDO, § 56 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 DO NW, § 58 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 LDO Rh.-Pf. und § 50 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 DStO Saar). Will der Untersuchungsführer von sich aus die Untersuchung auf neue Punkte ausdehnen, so muß dem der Vertreter der Einleitungsbehörde zustimmen ( § 5 4 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 LDO BW, Art. 51 Abs. 2 Satz 2 DStO Bayr., § 50 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 LDO Bln., § 50 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 DO Hmb., § 55 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HDO, § 60 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 NDO, § 56 14
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RDStH 23. 6. 39 — V D 11/39.
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Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 DO NW, § 58 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 LDO Rh.-Pf. und § 50 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 DStO Saar). 2. Bei der V o r b e r e i t u n g der H a u p t v e r h a n d l u n g ( F e r t i g u n g der Ans chuldigungs schrift) Der Vertreter der Einleitungsbehörde verfaßt nach deren Weisungen eine Anschuldigungsschrift und legt sie mit den Akten dem Disziplinargericht der 1. Instanz (Disziplinarkammer bzw. Dienststrafkammer) vor (§57 Abs. 1 LDO BW, Art. 54 Abs. 1 DStO Bayr,. § 53 Abs. 1 LDO Bln., § 53 Abs. 1 DStO Brm., § 53 Abs. 1 DO Hmb., § 58 Abs. 1 HDO, § 63 Abs. 1 NDO, § 59 Abs. 1 DO NW, § 61 Abs. 1 LDO Rh.-Pf., § 53 Abs. 1 DStO Saar und § 57 DStO Schl.-Hol.). Im einzelnen siehe § 98 S. 702ff. 3. P l ä d o y e r i n der H a u p t v e r h a n d l u n g Nach Schluß der Beweisaufnahme wird zunächst der Vertreter der Einleitungsbehörde gehört (§ 65 Abs. 4 Satz 1 LDO BW, Art. 62 Abs. 4 Satz 1 DStO Bayr., § 61 Abs. 4 Satz 1 LDO Bln., § 61 Abs. 4 Satz 1 DStO Brm., § 61 Abs. 4 Satz 1 DO Hmb., § 66 Abs. 5 Satz 1 HDO, § 72 Abs. 4 Satz 1 NDO, § 67 Abs. 4 Satz 1 DO NW, § 69 Abs. 4 Satz 1 LDO Rh.-Pf., § 61 Abs. 4 Satz 1 DStO Saar und § 63 Abs. 4 Satz 1 DStO Schl.-Hol.). Hierbei begründet er die in der Anschuldigungsschrift gegen den Beschuldigten vorgetragenen Vorwürfe und stellt einen Antrag auf Verurteilung oder Freispruch oder auf Einstellung des Verfahrens. 4. E i n l e g u n g der B e r u f u n g Eine Ausfertigung des Urteils ist auch dem Vertreter der Einleitungsbehörde zuzustellen (§ 69 Abs. 3 LDO BW, Art. 66 Abs. 3 DStO Bayr., § 65 Abs. 3 LDO Bln., § 65 Abs. 3 DStO Brm., § 53 Abs. 3 Halbsatz 1 DO Hmb., § 70 Abs. 2 HDO, § 75 Abs. 3 Halbsatz 1 NDO, § 71 Abs. 3 DO NW, § 73 Abs. 3 LDO Rh.-Pf., § 65 Abs. 3 DStO Saar und § 67 Abs. 3 DStO Schl.-Hol.). Gegen das Urteil kann der Vertreter der Einleitungsbehörde Berufung einlegen. (§§ 71, 72 LDO BW, Art. 68, 69 DStO Bayr., §§ 67, 68 LDO Bln., §§ 67, 68 DStO Brm., §§ 67, 68 DO Hmb., §§ 72, 73 HDO, §§ 77, 78 NDO, §§ 73, 74 DO NW, §§ 75, 76 LDO Rh.-Pf., §§ 67, 68 DStO Saar und §§ 69, 70 DStO Schl.-Hol.). Hierzu ist nicht der Vertreter der obersten Dienstbehörde berechtigt, weil er seine Funktionen erst mit Eingang der Akten beim Berufungsgericht (Disziplinarhof, Dienststrafhof, Dienststrafsenat) aufnimmt. Eine von der Einleitungsbehörde selbst eingelegte Berufung ist wirkungslos 15 ; man muß nämlich scharf zwischen den Aufgaben der Einleitungsbehörde und denen des Vertreters der Einleitungsbehörde unterscheiden, wobei aus der Weisungsgebundenheit noch nicht darauf geschlossen werden kann, daß die Einleitungsbehörde die ihrem Vertreter vorbehaltenen Funktionen selbst ausüben kann. Hat der Vertreter der Einleitungsbehörde Berufung eingelegt, so muß er sie auch begründen (vgl. § 73 LDO BW, Art. 70 DStO Bayr., § 69 1 8 RDHE Bd. 2 S. 104 (105); RDStH 1 1 . 1 . 39 — IV D 58/38 —; a. M. RDStH 26.10. 38 — I D 80/38 — und W i t t l a n d Anm. 7 zu § 67 RDStO.
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Die Mitwirkung sonstiger Verwaltungsstellen und Gerichte der Amts- u. Rechtshilfe
LDO Bln., § 69 DStO Brm., § 69 DO Hmb., § 74 HDO, § 79 NDO, § 75 DO NW, § 77 LDO Rh.-Pf., § 69 DStO Saar und § 71 DStO Schl.-Hol.). 5. Beantwortung der durch den Beschuldigten eingelegten Berufung Wird die Berufung nicht als unzulässig verworfen, so werden die Berufungsschrift und Berufungsbegründung dem Vertreter der Einleitungsbehörde zugestellt, falls der Beschuldigte Berufung eingelegt hat; innerhalb von zwei Wochen kann die Berufung schriftlich beantwortet werden (vgl. § 75 LDO BW, Art. 72 DStO Bayr, § 71 LDO Bln., § 71 DStO Brm., § 71 DO Hmb., § 76 HDO, § 81 NDO, § 77 DO NW, § 79 LDO Rh.-Pf., § 71 DStO Saar und § 73 DStO Schl.-Hol.). 6. Plädoyer des Vertreters der obersten Dienstbehörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht Nach Eingang der Akten beim Berufungsgericht (Disziplinarhof, Disziplinarsenat, Dienststrafhof) tritt an die Stelle des Vertreters der Einleitungsbehörde der Vertreter der obersten Dienstbehörde. Seine Aufgabe besteht im wesentlichen in der Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. § 79 LDO BW, Art. 76 DStO Bayr., § 75 LDO Bln. § 75 DStO Brm., § 80 HDO, § 85 NDO, § 81 DO NW, § 83 LDO Rh.-Pf., § 75 DStO Saar und § 77 DStO Schl.-Hol.).
§ 74. Die Mitwirkung sonstiger Verwaltungsstellen und Gerichte im Wege der Amts- und Rechtshilfe I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG Die Disziplinarorgane können Vernehmungen oder sonstige Amtshandlungen selbst oft nur mit erheblichen Schwierigkeiten durchführen. Eine Beweiserhebung, die sich auf mehrere vom Beschuldigten entfernt liegende Orte erstreckt, verursacht erhebliche Kosten, die im Falle der Verurteilung dem Beschuldigten zur Last fallen. In solchen Fällen erweist es sich u. U. als notwendig, die ordentlichen Gerichte oder Verwaltungsbehörden um Rechtsbzw. um Amtshilfe zu ersuchen. Die Disziplinarorgane machten vom Recht, Gerichte und sonstige Behörden im Wege der Rechts- und Amtshilfe anzugehen, seit jeher Gebrauch, ohne daß dies gesetzlich sanktioniert war. Man sprach hierbei von dem Recht der Requisition. Erstmals wurde dieses Recht gesetzlich in § 16 RDStO festgelegt. Hiernach hatten Gerichte und Verwaltungsbehörden auf Ersuchen des Dienstvorgesetzten, des Untersuchungsführers oder des Vorsitzenden eines Dienststrafgerichts in Dienststrafsachen Amts- und Rechtshilfe zu leisten; um die eidliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen konnten nur die Amtsgerichte ersucht werden. Hatte der Dienstvorgesetzte um die Vernehmung ersucht, so entschied nach § 16 Satz 2 RDStO das Amtsgericht über die Vernehmung. Die RDStO sah sich zu dieser ausdrücklichen Regelung veranlaßt, weil nach §§ 156 ff. G V G nur die Rechtshilfe unter den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit geregelt war und die Amtshilfe unter den Verwaltungsbehörden — von besonderen Rechtsgebieten abgesehen — noch auf landesrechtlicher Regelung beruhte. Das ÄndGes. 1952 hatte an diesem Rechtszustand nichts geändert. Mit Rücksicht auf die Einfügung des Bundesdisziplinaranwalts in das Bundesdisziplinarrecht zählt die Novelle zum Bundesdisziplinarrecht auch dieses Disziplinarorgan zu den Stellen, die berechtigt sind, ein Ersuchen auf Amts- und Rechtshilfe zu stellen. Weiterhin bringt die Novelle zur B D O eine Neuerung gegenüber dem derzeitigen Rechtszustand insoweit, als um die eidliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen lediglich im I n land die Amtsgerichte ersucht werden können. Nach der Novelle zum Bundesdisziplinarrecht erhält § 20 Satz 1 B D O folgende Fassung:
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Gegenstand der Amts- und Rechtshilfe
§74
„Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten dem Dienstvorgesetzten, dem Untersuchungsführer, dem Bundesdisziplinaranwalt und dem Disziplinargericht in Disziplinarsachen Rechts- und Amtshilfe; um die eidliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen können im Inland nur die Amtsgerichte ersucht werden." Nach § 20 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle entscheidet das Amtsgericht über die Vereidigung, es sei denn, daß der Untersuchungsführer zur Vereidigung befugt ist (§58 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle); in diesem Falle ist dem Ersuchen um Vereidigung zu entsprechen.
II. GEGENSTAND DER AMTS- UND RECHTSHILFE Im Wege der Rechtshilfe können andere Gerichte um die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sowie um die Einnahme des Augenscheins oder um die Beschlagnahme oder Durchsuchung angegangen werden. Selbst der Beamte kann im Wege der Rechtshilfe gehört werden. Dies dürfte aber nur in den seltensten Fällen in Betracht kommen, da mit Rücksicht auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens die Disziplinarorgane zumindest sich beim Beamten ein Bild von seiner Persönlichkeit machen sollen. Dieser wird von einer am Disziplinarverfahren nicht beteiligten Stelle nur dann gehört werden, wenn im Hinblick auf die Entfernung seines Aufenthaltsortes mit seinem Erscheinen an dem Ort nicht gerechnet werden kann, an dem die Amtshandlung des Disziplinarorgans vorzunehmen ist. Ebenso können durch die Gerichte Zustellungen, Eröffnungen oder sonstige Mitteilungen ausgeführt werden. Schließlich kann auch die Vollstreckung von Geldbußen und die Beitreibung von Geldbeträgen im Wege der Rechtshilfe durch die darum ersuchten Gerichte bewirkt werden. Im Wege der Amtshilfe können andere Verwaltungsbehörden um dienstliche Auskünfte, dienstliche Äußerungen, Übersendung von Akten — insbesondere Personalakten — ersucht werden. Die ersuchten Dienststellen können sich nicht auf die Vertraulichkeit dieser Akten berufen. Handelt es sich um dienstliche Auskünfte von Behörden und Beamten, so können diese nach § 21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a. F. — nur schriftlich angefordert werden. Im Wege der Amtshilfe kann auch die Bereitstellung von Räumen und Schriftführern in Frage kommen. Auf Grund des § 18 der HV des Reichsministers der Justiz vom 21. 5. 35 ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, den zuständigen Dienstbehörden von der Einleitung und Durchführung von Strafverfahren gegen Beamte Kenntnis zu geben. Hinsichtlich der Mitteilungspflicht auf Grund des § 6 DVO zu G 131 siehe § 130 VI B S. 1142 ff. Ob der Beamte ein Dienstvergehen begangen hat, kann oft erst nach Einsicht in die Steuerakten oder einer Auskunft durch die Finanzämter festgestellt werden. Das gilt nicht nur für die Feststellung, ob ein Beamter ein Steuervergehen begangen hat, sondern auch für den Nachweis, ob der Beamte einer unerlaubten Nebentätigkeit nachgegangen ist oder ob er sich unerlaubterweise Vorteile und Geschenke hat gewähren lassen. Im allgemeinen machen sich die Finanzbeamten nach § 22 Abs. 2 Ziff. 1 RAO einer Verletzung des Steuergeheimnisses schuldig, wenn sie Verhältnisse eines Steuerpflichtigen, die ihnen als Amtsträger im Besteuerungsverfahren oder im Steuerstrafverfahren bekannt geworden sind, u n b e f u g t offenbaren, und sind nach § 412 RAO im Falle der Zuwiderhandlung sogar zu bestrafen. Eine Offenbarungs183
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Die Mitwirkung sonstiger Verwaltungsstellen und Gerichte der Amts- u. Rechtshilfe
pflicht kann sich jedoch nur aus gesetzlichen Sondervorschriften ergeben oder wenn es ein zwingendes öffentliches Interesse rechtfertigt1. § 20 B D O — § 16 B D O a. F. —, der Gerichte und Verwaltungsbehörden nur allgemein verpflichtet, Rechts- bzw. Amtshilfe zu leisten, stellt keine gesetzliche Sondervorschrift dar, die dem § 22 RAO vorgeht 2 . Es kommt also gegenüber den Disziplinarbehörden eine Auskunftspflicht in Steuerangelegenheiten nur dann in Frage, wenn ein solches Auskunftsersuchen durch ein zwingendes öffentliches Interesse erfordert wird. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn der Öffentlichkeit infolge der Nichterteilung der Auskunft schwere Nachteile erwachsen3. Eine schwere Schädigung des Ansehens des Staates und damit ein Nachteil für das Gemeinwohl würde es bedeuten, wenn ein Beamter, der schwer gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat, deshalb nicht disziplinarisch verfolgt werden kann, weil die Disziplinarbehörde keinen Einblick in die Steuerakten erhalten hat4. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn der Nachweis der schweren Bestechung nur dann geführt werden kann, wenn der dem Beamten gewährte Vorteil nur aus der Steuerveranlagung zu ersehen ist. Kohlrust5 bejaht die Zulässigkeit eines Auskunftsersuchens bei Verbrechen, die die Funktionsfähigkeit des Staates beeinträchtigen, und bei Verbrechen und Vergehen im Amt, nicht jedoch bei sonstigen Delikten, die den Finanzämtern im Steuerstrafverfahren bekannt werden, mögen von beamten- und disziplinarrechtlicher Sicht aus die Dienstvergehen noch so schwer wiegen, ebenso bei Antragsdelikten, Ordnungswidrigkeiten, Verletzung der Unterhaltspflicht, Verkehrsdelikten, Eigentumsdelikten, Urkundenfälschungen, sofern es sich in beiden letzten Fällen nicht um Verbrechen und Vergehen im Amt handelt. Stellt das Finanzamt fest, daß ein Steuerbeamter bei seiner dienstlichen Tätigkeit im Besteuerungsverfahren oder im Steuerstrafverfahren ein Dienstvergehen begangen hat, und erfordert die Durchführung des Ermittlungsverfahrens gegen den Beamten die Offenlegung der steuerlichen Verhältnisse dritter Personen, so kann das Finanzamt nach Ansicht von Kohlrust den Disziplinarbehörden auf Ersuchen die erforderlichen Auskünfte erteilen. Ebenso ist nach Kohlrust die vorgesetzte Dienstbehörde zum Zwecke der disziplinarrechtlichen Prüfung vom Finanzamt zu unterrichten, wenn gegen einen Beamten im Verwaltungs steuerstrafverfahren (§§ 420 ff. RAO) wegen eines Steuervergehens eine Strafe verhängt wird, die im Strafregister einzutragen ist, und die Tat sich als Dienstvergehen darstellt. Die Art und Weise der Auskunft richtet sich nach dem Einzelfall; sie kann nur soweit gehen, wie sie der Aufklärung des Dienstvergehens dient. So können die Steuerakten nur insoweit der Disziplinarbehörde übersandt werden, wie sie der Aufklärung des Dienstvergehens dienen8. Die Mitteilung von Auszügen aus Steuerakten oder gar nur von Auskünften wird genügen, während die Überlassung von Steuerakten nur in ganz besonders begründeten Ausnahmefällen in Frage kommt7. Ob M a t t e r n in BB 1955 S. 645; K o c h - W o l t e r „Das Steuergeheimnis" S. 7. K o h l r u s t „Mitteilungen und Auskünfte der Finanzämter für disziplinarrechtliche Zwecke" in ZBR 1961 S. 109. 3 M a t t e r n a. a. O. S. 649; K o c h - W o l t e r a. a. O. S. 58; K o h l r u s t a. a. O. S. 109. 4 B e r g e r „Die Reichsabgabenordnung nach ihren Schwerpunkten für die Praxis", 3. Aufl. S. 32; K o c h - W o l t e r a . a . O . S. 131; W e i ß e n b o r n in NJW 1957 S. 249. 6 K o h l r u s t a. a. O. S. 110. 6 M a t t e r n a. a. O. S. 645; K o c h - W o l t e r a. a. O. S. 70/71; K o h l r u s t a. a. O. S. 110. 7 Mattern a. a. O. S. 645; K o h l r u s t a. a. O. S. 110. 1 2
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Die zum Ersuchen um Amts- oder Rechtshilfe befugten Disziplinarorgane
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und in welchem Umfange eine Auskunft zu erteilen ist, entscheidet nicht die Disziplinarbehörde, sondern das Finanzamt unter Berücksichtigung des § 22 RAO selbst8. Eine Begründung der Ablehnung ist üblich, jedoch nicht notwendig. Gegen die Ablehnung der Auskunft oder Übersendung der Steuerakten steht der Disziplinarbehörde lediglich die Dienstaufsichtsbeschwerde, nicht jedoch die Beschwerde nach § § 237, 303 RAO zu9. ID. VORAUSSETZUNGEN FÜR DAS AMTS- BZW. RECHTSHILFEERSUCHEN Unter welchen Voraussetzungen die Disziplinarorgane von dem Recht auf Amts- und Rechtshilfeersuchen Gebrauch machen können, ist im Gesetz nicht geregelt. Das Recht hierzu ergibt sich einmal aus der Natur der Sache, z. B. bei der Heranziehung von Akten, die bei einem Gericht oder bei einer Verwaltungsbehörde lagern. Im allgemeinen kommt es nicht in Frage, ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde um eine Maßnahme anzugehen, die von der ersuchenden Stelle selbst vorgenommen werden kann. Ist also der Dienstvorgesetzte in der Lage, einen am Dienstort wohnenden Zeugen selbst zu vernehmen, so kommt ein Ersuchen um Vernehmung dieses Zeugen im Wege der Rechtshilfe durch ein Amtsgericht nicht in Frage. Anders wäre es nur dann, wenn es der ersuchenden Stelle, die keine Berechtigung zur Abnahme eines Eides hat, darauf ankommt, daß die zu vernehmende Person eidlich vernommen werden soll, was im Disziplinarverfahren nur durch ein Gericht oder den Untersuchungsführer geschehen kann. Weiter wird eine Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen in Frage kommen, wenn er von dem Disziplinarorgan, das ihn vernehmen soll, in einer erheblichen Entfernung wohnt und durch seine unmittelbare Einvernahme erhebliche Kosten entstehen würden. Die Stelle, die im Wege des Amts- oder Rechtshilfeersuchens um die Vornahme einer Amtshandlung angegangen wird, ist nicht berechtigt, zu prüfen, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Sie kann also die beantragte Vernehmung eines Zeugen nicht mit der Begründung ablehnen, daß derselbe an dem Ort wohnt, wo sich das Disziplinarorgan befindet, oder daß die persönliche Einvernahme durch den Dienstvorgesetzten schon deshalb zu empfehlen ist, um sich von dem Zeugen ein persönliches Bild zu machen. IV. DIE ZUM ERSUCHEN UM AMTS- ODER RECHTSHILFE BEFUGTEN DISZIPLINARORGANE Nach § 20 Satz 2 BDO — § 16 Satz 1 BDO a. F. — kann das Ersuchen um Amts- oder Rechtshilfe vom Dienstvorgesetzten, dem Untersuchungsführer oder dem Vorsitzenden des Disziplinargerichts ausgehen. Zum „Dienstvorgesetzten" rechnet auch die Einleitungsbehörde. Wenn auch das Rechtshilfeersuchen vom Vorsitzenden des Disziplinargerichts ausgehen muß, so kann dennoch das Disziplinargericht als solches durch Beschluß anordnen, daß eine Beweiserhebung im Wege der Amts- oder Rechtshilfe durchgeführt werden soll; hier geht lediglich das Ersuchen an das Gericht oder die Verwaltungsbehörde vom Vorsitzenden aus. Die Übermittlung des ErVgl. OLG Düsseldorf 8 . 1 . 57 — 12 W 24/56 — in DVB1.1957 S. 215. ' Vgl. K o c h - W o l t e r a. a. O. S. 143; K o h l r u s t a. a. O. S. 110. 8
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suchens kann, von der Geschäftsstelle des Disziplinargerichts, dem Schriftführer oder von einem vom Dienstvorgesetzten bzw. der Einleitungsbehörde beauftragten Beamten ausgehen. Der Bundesdisziplinaranwalt ist in § 16 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 nicht als Stelle genannt, die zu einem Amts- und Rechtshilfeersuchen berechtigt ist. Die Novelle zur BDO führt auch ihn als hierzu berechtigte Stelle an. V. DIE STELLEN, AN DIE DAS AMTS- UND RECHTSHILFEERSUCHEN GERICHTET WERDEN KANN Das Rechtshilfeersuchen kann an jedes Gericht ergehen, das zur Vornahme der beantragten Amtshandlung ersucht wird. Im allgemeinen kommt hier das Amtsgericht an dem Ort in Frage, in dessen Bezirk die beantragte Amtshandlung vorgenommen werden soll (vgl. § 157 GVG); ist es unzuständig, so übersendet es das Ersuchen an das zuständige Gericht und macht hiervon der ersuchenden Stelle Mitteilung. Das Ersuchen darf nicht abgelehnt werden (§158 Abs. 1 GVG). Das Ersuchen eines nicht im Rechtszuge vorgesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist (§ 158 Abs. 2 Satz 1 GVG). Ist das ersuchte Gericht nicht zuständig, so gibt es die Sache an das zuständige Gericht ab (§ 158 Abs. 2 Satz 2 GVG). Wird das Ersuchen abgelehnt oder wird der Vorschrift des § 189 Abs. 2 GVG zuwider dem Ersuchen stattgegeben, so entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das ersuchte Gericht gehört (§159 Abs. 1 Satz 1 GVG). Die Entscheidung ist nur anfechtbar, wenn sie die Rechtshilfe für unzulässig erklärt und das ersuchende Disziplinarorgan und das ersuchte Gericht sich in Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte befinden (§ 159 Abs. 1 Satz 2 GVG). Vollstreckungen, Ladungen und Zustellungen werden nach den Vorschriften der Prozeßordnungen bewirkt ohne Rücksicht darauf, ob sie in dem Lande, dem das Prozeßgericht angehört, oder in einem anderen deutschen Lande vorzunehmen sind (§160 GVG). Das Amtshilfeersuchen kann an jede Verwaltungsbehörde gerichtet werden (vgl. § 20 Satz 1 BDO — § 16 Satz 1 BDO a. F. —). Als „Verwaltungsbehörden" gelten auch die Behörden der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verwaltungsstellen, vgl. auch § 129 Abs. 2 BDO und § 187 Abs. 2 BBG). Die Befugnisse des Dienstvorgesetzten, Beamte seiner Behörde oder einer ihm nachgeordnten oder seiner Aufsicht unterstehenden Behörde mit der (uneidlichen) Vernehmung zu beauftragen, bleibt unberührt. VI. ERSUCHEN UM VERNEHMUNG VON ZEUGEN UND SACHVERSTÄNDIGEN AN DAS AMTSGERICHT Da der Untersuchungsführer und das Disziplinargericht befugt sind, Zeugen und Sachverständige eidlich zu vernehmen, können sie im Wege des Rechtshilfeersuchens das Amtsgericht um eine e i d l i c h e Vernehmung angehen, das verpflichtet ist, dieser Aufforderung nachzukommen, es sei denn, daß die Voraussetzungen des § 158 Abs. 2 GVG vorliegen, d. h. die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichtes verboten ist. Im 186
Ersuchen um Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen an das Amtsgericht
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Inland kann das Ersuchen um eidliche Vernehmung nur an das Amtsgericht gerichtet werden (vgl. , §20 Satz 2 BDO — § 16 Satz 2 BDO a. F. —). Im Ausland kommen im allgemeinen die deutschen Auslandsvertretungen in Betracht. Das Amtsgericht muß in dem Ersuchen darauf hingewiesen werden, daß der Zeuge oder Sachverständige eidlich vernommen werden soll. Fehlt ein solcher Hinweis, so ist es in das Ermessen des Amtsgerichts gestellt, ob es die vernommene Person vereidigen soll. Hat der Untersuchungsführer das Ersuchen an das Amtsgericht gerichtet, so hat das Amtsgericht seinem Ersuchen um Vereidigung zu entsprechen, soweit die Vereidigungsbefugnis sich aus § 58 Satz 1 BDO — § 46 Satz 1 BDO a. F. — ergibt, d. h. wenn die Vereidigung der Beweissicherung dient (vgl. § 20 Satz 3 Halbsatz 2 BDO — § 16 Satz 2 Halbsatz 2 BDO a. F. — entsprechend der Stellungnahme des Bundesrats). Weiterhin hat das Amtsgericht § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — zu beachten, wonach die Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen nur zulässig ist, wenn es zur Sicherung des Beweises oder mit Rücksicht auf die Bedeutung der Aussage oder als Mittel zur Herbeiführung einer wahren Aussage erforderlich ist. Ob der Untersuchungsführer bzw. das Disziplinargericht bei dem Ersuchen um eidliche Vernehmung diese Voraussetzungen beachtet hat, hat das ersuchte Amtsgericht nicht nachzuprüfen. Ist das ersuchte Gericht örtlich nicht zuständig, so gibt es das Ersuchen an das zuständige Gericht ab (§ 158 Abs. 2 Satz 2 GVG). Der Dienstvorgesetzte, der Bundesdisziplinaranwalt und — abgesehen von § 46 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle — der Untersuchungsführer haben nicht die Möglichkeit, Zeugen und Sachverständige eidlich zu vernehmen. Es kann jedoch zweckmäßig sein, solche Personen eidlich zu vernehmen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Zeuge anläßlich der Vernehmung einen unglaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat oder wenn sich widersprechende Zeugenaussagen vorliegen. In einem solchen Falle wird erst auf Grund einer eidlichen Vernehmung eine wahrheitsgemäße Aussage zu erreichen sein, da die Abgabe einer unrichtigen eidlichen Aussage unter eine erhebliche Strafandrohung gestellt ist. Da der Dienstvorgesetzte Zeugen und Sachverständige nicht eidlich vernehmen kann, ist er gezwungen, im Wege der Rechtshilfe um eidliche Vernehmung anzugehen. Hierfür kommen nur die Amtsgerichte in Frage, da nach § 20 Satz 2 BDO — § 16 Satz 1 Halbsatz 2 BDO a. F. —• nur sie um die eidliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen ersucht werden können. Allerdings ist in einem solchen Falle das A m t s g e r i c h t n i c h t v e r p f l i c h t e t , den Z e u g e n bzw. S a c h v e r s t ä n d i g e n e i d l i c h zu v e r n e h m e n , da es nach §20 Satz 3 Halbsatz 1 BDO — § 16 Satz 2 Halbsatz 1 BDO a. F. — über die Verteidigung selbst entscheidet. Da der Zeuge bzw. der Sachverständige aber selbst bei einer uneidlichen falschen Aussage vor Gericht oder einer anderen zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stelle nach § 153 StGB mit einer Bestrafung mit Gefängnis nicht unter drei Monaten und in schweren Fällen sogar mit Zuchthaus zu rechnen hat, hat auch eine uneidliche Zeugenaussage im Verlaufe der Wahrheitsermittlung im Vorermittlungsverfahren nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — einen erheblichen Wert. Überdies stehen die in §§ 51, 70 StPO vorgesehenen Zwangsmittel gegen einen Zeugen, der überhaupt nicht erschienen ist oder nicht bereit ist, trotz Erscheinens auszusagen, nicht den Dienstvorgesetzten, sondern allein den ersuchten Amtsgerichten zu. Hat der Zeuge oder 187
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Sachverständige gegen eine Ordnungsstrafe oder gegen eine Beugehaft oder gegen die Verurteilung zu den Kosten, die durch sein Ausbleiben oder seine Weigerung zu einer Aussage entstanden sind, Beschwerde eingelegt, so entscheidet hierüber das Oberlandesgericht (vgl. § 181 Abs. 3 GVG), da hier nicht § 79 BDO — § 66 BDO a. F. —, sondern die Vorschriften der StPO allein in Frage kommen. Das ersuchte Amtsgericht hat die Bestimmungen über die Zeugnisverweigerungspflicht und das Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 52ff. StPO) zu beachten. Handelt es sich um die Vernehmung eines Beamten, so muß das Amtsgericht um die Aussagegenehmigung nach § § 61 f. BBG besorgt sein; ist der zu vernehmende Zeuge oder Sachverständige der ersuchenden Disziplinarbehörde dienstlich unterstellt, so liegt die Genehmigung in dem Ersuchen der Disziplinarbehörde auf Vernehmung. Abgesehen von § 21 Abs. 3 BDO — § 17 Abs. 3 BDO a. F. — ist unter den Voraussetzungen des § 60 StPO von einer Vereidigung abzusehen, während unter den Voraussetzungen des § 61 StPO von der Vereidigung abgesehen werden kann. Die im Wege der Rechtshilfe ersuchten Amtsgerichte nehmen über jede Vernehmung eine Niederschrift auf (vgl. § 21 Abs. 3 BDO — § 17 Abs. 3 BDO a. F. —). Soll ein Zeuge oder Sachverständiger im Ausland einvernommen werden, so kommen hierbei die allgemeinen Vorschriften über die Rechtshilfe im Ausland in Frage 10 . VII. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Hinsichtlich des Ersuchens der Disziplinarbehörden an die Gerichte und Verwaltungsbehörden um Rechts- bzw. Amtshilfe gleichen die landesrechtlichen Disziplinarvorschriften der in der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 vorgesehenen Regelung. Dem § 16 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen § 19 LDO BW, § 19 LDO Bln., (in Satz 2 sind die oberste Dienstbehörde und die Dienstbehörde als ersuchende Dienststellen genannt), § 16 DStO Brm., § 16 DO Hmb., § 17 HDO, § 20 NDO (in Satz 1 sind neben den „Gerichten" und „Verwaltungsbehörden" auch noch „andere mit öffentlichen Aufgaben betraute Stellen" genannt, an die ein Rechts- bzw. Amtshilfeersuchen gerichtet werden kann), § 19 DO NW, § 19 LDO Rh.-Pf. ,§ 16 DStO Saar und § 21 DStO Schl.-Hol. (die beiden Halbsätze in § 16 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 sind in zwei Sätze geteilt und § 16 Satz 2 BDO entspricht § 21 Satz 3 DStO Schl.-Hol.). Art. 17 DStO Bayr. Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 und 3 stimmen mit § 16 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein; nach Art. 17 Satz 1 Halbsatz 2 DStO Bayr. besteht die Pflicht zur Amts- und Rechtshilfe auch gegenüber den entsprechenden Stellen der anderen deutschen Länder, womit eigentlich nur etwas Selbstverständliches zum Ausdruck gebracht ist. Der DVO zu § 16 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen § 9 ADV DStO Bayr., § 9 DVO zu LDO Bln., DVO zu § 19 DO NW, DVO zu § 19 LDO Rh.-Pf., DVO zu § 16 DStO Saar und DVO zu § 21 DStO Schl.-Hol.). 1 0 Vgl. Amtl. Sonderveröffentlichung der Deutschen Justiz Nr. 3 und RDH in S c h u l z e - S i m o n s S. 449.
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Übereinstimmungen und Abweichungen zur Stellung des Angeklagten
§ 75
2. K a p i t e l
Die sonstigen Verfahrensbeteiligten § 75. Der Beamte (Beschuldigte) I. ÜBEREINSTIMMUNGEN UND ABWEICHUNGEN ZUR STELLUNG DES ANGEKLAGTEN IM STRAFVERFAHREN Derjenige, der wegen eines Dienstvergehens zur Rechenschaft gezogen wird, wird von Beginn der Vorermittlungen bis zur Unanfechtbarkeit der Disziplinarentscheidung, die auf Verurteilung, Freispruch oder Einstellung des Verfahrens lautet, „Beamter" genannt. Bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO wurde er „Beschuldigter" genannt. Durch die Sammelbezeichnung „Beamter" soll jeder Anklang an das Strafverfahrensrecht vermieden werden. Unter der Bezeichnung „Beamter" fällt im disziplinarischen Sinne auch der Ruhestandsbeamte. Die rechtliche Stellung des Beamten im Disziplinarverfahren entspricht nur teilweise der des Angeklagten im Strafverfahren. So können gegen den Beamten nicht die im Strafprozeß vorgesehenen Zwangsmittel, die zu einer Beeinträchtigung seiner Freiheit führen, zur Anwendung kommen. Freiheitsstrafen kommen im Disziplinarrecht nicht zum Zuge. Dementsprechend ist auch der Beamte im Laufe des Disziplinarverfahrens auf freiem Fuß zu belassen. Er kann weder verhaftet noch vorläufig festgenommen noch zwangsweise vorgeführt werden (§ 22 BDO — § 18 BDO a. F. —). Dies ändert aber nichts daran, daß der Beamte, wenn er durch das Disziplinarvergehen zugleich gegen die allgemeinen Strafgesetze verstoßen hat, im Verlauf des Strafverfahrens auf Grund der §§ 112ff., 127 StPO verhaftet oder vorläufig festgenommen werden kann. Dies geschieht jedoch durch die im ordentlichen Strafverfahren vorgesehenen Stellen und berührt das Disziplinarverfahren nicht unmittelbar. Selbst wenn sich der Beamte in Straf- oder Untersuchungshaft befindet, ist seine Vorführung vor den Vorermittlungs- bzw. Untersuchungsführer oder das Disziplinargericht gegen seinen Willen nicht möglich. Ist er hingegen in Untersuchungshaft und gestattet der Untersuchungsrichter nicht seine Vorführung vor den Vorermittlungs- oder Untersuchungsführer, so können, wenn er noch nicht zum Gegenstand des Verfahrens gehört worden ist, gegen ihn noch keine disziplinaren Maßnahmen, wie z. B. die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, verhängt werden. Während der Angeklagte im Strafverfahren grundsätzlich zur Hauptverhandlung erscheinen muß, ist dies im Disziplinarverfahren in das Belieben des Beamten gestellt, zur Hauptverhandlung und zu Untersuchungsverhandlungen zu erscheinen. Der Vorsitzende des Disziplinargerichts konnte lediglich nach § 59 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 das persönliche Erscheinen des Beamten, der seinen Wohnsitz nicht im Ausland hat, anordnen und ihm hierbei androhen, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht zugelassen würde. Erschien der Beamte trotzdem nicht, so konnte er weder zwangsweise vorgeführt werden, noch konnte er wegen Ungehorsams bestraft werden; er nahm lediglich in Kauf, daß in der Hauptverhandlung für ihn kein Verteidiger auftreten durfte, was jedoch nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO entfällt. 189
§75
Der Beamte
Im Disziplinarverfahren ist lediglich die zwangsweise Unterbringung des Beamten in eine Heil- oder Pflegeanstalt bis auf die Dauer von sechs Wochen auf Grund des § 60 BDO — § 48 BDO a. F. — vorgesehen. Im übrigen können gegen den Beamten die nach § 177 und § 178 GVG zulässigen Maßnahmen (Entfernung aus dem Sitzungszimmer, u. U. Haft, Ordnungsstrafen in Geld oder bis zu 3 Tagen Haft) getroffen werden (vgl. auch § 81 a StPO). Dem Beamten im Disziplinarverfahren und dem Angeklagten im Strafverfahren ist gemeinsam, daß ihnen keine Aussagepflicht obliegt. Der Beamte braucht sich auch im Disziplinarverfahren zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht zu äußern1. Aus dem Schweigen allein kann noch nicht auf ein Schuldbekenntnis geschlossen werden, da die Beweggründe zum Schweigen recht vielseitig sein können; es muß auch für die Frage nach der Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme und nach dem Maß der Schuld außer Betracht bleiben. Bei Beginn der erstenVernehmung — ganz gleich, ob dies in den Vorermittlungen, in der Untersuchung oder vor dem Disziplinargericht geschieht — ist dem Beamten zu eröffnen, welche Tat ihm als Dienstvergehen zur Last gelegt wird und welche Vorschriften in Frage kommen, gegen die er verstoßen hat (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BDO; vgl. § 136 Abs. 1 Satz 1 StPO). Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen (§ 26 Abs. 2 Satz 3 BDO; vgl. auch § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). Ein Beamter, der im Vorermittlungsverfahren seine Aussage verweigern will, ist nicht verpflichtet, einer Vorladung zu seiner Vernehmung Folge zu leisten; er ist jedoch verpflichtet, von seinem Nichterscheinen Mitteilung zu machen2. Sagt der Beamte aus, so obliegt ihm im Gegensatz zum Angeklagten im Strafprozeß die Verpflichtung, die Wahrheit zu sagen. Wenn er auch ein Recht zum Schweigen hat, so hat er dennoch kein Recht zum Leugnen. Die Verpflichtung, im Verlaufe eines gegen ihn anhängigen Disziplinarverfahrens nicht zu lügen, ergibt sich aus der j edem Beamten obliegenden Wahrheitspflicht3. Er muß auch dann die Wahrheit sagen, wenn er sich durch seine Angaben belastet. Die Verletzung der Wahrheitspflicht wird auch dadurch nicht beseitigt, daß der Beamte später seine unwahren Angaben berichtigt, da es den im Strafrecht für die Straflosigkeit des Versuchs geltenden Grundsatz der „tätigen Reue" (§ 46 Nr. 2 StGB) im Disziplinarrecht nicht gibt 4 . Im allgemeinen genügt es, daß der Beamte, statt auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mündliche Erklärungen abzugeben, sich hierzu schriftlich äußert; nach § 21 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 26 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle ist dies ausdrücklich zugelassen. 1 Vgl. S c h m i d t - L e i c h n e r in NJW 1951 S. 9; Behnke Anm. 11 zu §21 BDO; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 162; BDH 16. 4. 58 — I D 83/57 — in NDBZ 1958 S. 202 = L i n d g e n Teil IV Nr. 222; a. M. Beschluß des PrStMin. vom 8. 11. 27 in RVB1. Bd. 49 S. 402; PrDiszH in RVB1. Bd. 49 S. 433; RDHE Bd. 1 S. 24/32; Fischbach Anm. IX zu § 54 BBG; W i t t l a n d Anm. 9 zu § 21 RDStO. 2 BDH 26. 2. 63 — III D 52/62 — BDHE Bd. 6 S. 18. 3 RDH bei F o e r s t e r 1935 S. 7 und S. 42 (43); RDHE Bd. 1 S. 32 u. S. 144; Dienststrafsenat beim RG 21. 9. 38 — FD 18/38 — und in ZBR 1942 S. 86; PrOVG in RVB1. 1936 S. 1146; DokBer. Nr. 19, Nr. 975 und Nr. 1100; BDH 16. 4. 58 — I D 83/57 — in NDBZ S. 202 = L i n d g e n Teil IV Nr. 222; Behnke Anm. 11 zu § 21 BDO; R ö m e r BDO S. 76 und S. 179; W i t t l a n d Anm. 9 zu § 21 RDStO. 4 BDH 16. 4. 58 — I D 83/57 — in NDBZ 1958 S. 202 = L i n d g e n Teil IV Nr. 222.
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Ubereinstimmungen und Abweichungen zur Stellung des Angeklagten
§ 75
In sämtlichen Fällen soll der Beamte darauf hingewiesen werden, daß er sich schriftlich äußern kann (§ 26 Abs. 2 Satz 3 BDO; vgl. auch § 136 Abs. 1 Satz 3 StPO). Nach § 26 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BDO i.d.F. der Novelle ist der Beamte in jedem Falle hierauf hinzuweisen. Dem Beamten bleibt es freigestellt, ob er sich mündlich oder schriftlich äußern will. Ein Aktenvermerk, der in indirekter Rede mündliche Äußerungen des Beamten enthält, ist nicht geeignet, eine förmliche Vernehmungsniederschrift zu ersetzen; von einer Vernehmung und Protokollierung darf nur dann abgesehen werden; wenn der Beamte auf sein Anhörungsrecht ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet hat, um sich schriftlich zu äußern5. Da der Beamte im Disziplinarverfahren auch vor dem Disziplinargericht nicht zu erscheinen braucht, ersetzt seine schriftliche Erklärung im Gegensatz zum Strafprozeßrecht im Falle seines Nichterscheinens zur Hauptverhandlung auch eine richterliche Niederschrift®. Erscheint der Beamte zu seiner ersten Vernehmung, so ist zugleich auch die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse bedacht zu nehmen (§ 136 Abs. 3 StPO). Dem Beamten ist im Verlaufe des Disziplinarverfahrens Gelegenheit zu geben, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Ihm brauchen nicht sämtliche Verdachtsgründe zu Beginn der Ermittlungen oder der Untersuchung mitgeteilt zu werden; eine Mitteilung derselben kommt insoweit in Frage, als es nach dem jeweiligen Stande des Verfahrens notwendig ist. Da es bei der disziplinarischen Beurteilung eines Fehlverhaltens auf die Gesamtpersönlichkeit des Beamten abzustellen ist, sind bei ihm auch die entlastenden Tatsachen zu berücksichtigen (vgl. § 21 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 26 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle); deshalb ist er anläßlich seiner Vernehmung besonders darauf hinzuweisen, was er zu seiner Entlastung vorbringen kann. Bei der Vernehmung des Beamten ist besonders auf § 136a StPO zu achten, der auch im Disziplinarrecht sinnentsprechende Anwendung findet. Nach § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO darf die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beamten nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder Hypnose. Da die Ausübung von Zwang gegen den Beamten im Disziplinarrecht vollends ausscheidet, wenn man von dem Falle der Anordnung der Unterbringung in eine Heil- oder Pflegeanstalt absieht, entfällt die in § 136a Abs. 1 Satz 2 StPO vorgesehene Ausnahme. Die Drohung mit einer nach den Vorschriften des Straf- bzw. Disziplinarverfahrensrechts unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten (§ 136 a Abs. 1 Satz 3 StPO). Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beamten beeinträchtigen, sind nicht gestattet (§ 136a Abs. 2 StPO). Das Verbot des § 136a Abs. 1 und 2 StPO gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beamten (§ 136 a Abs. 3 Satz 1 StPO). Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beamte zustimmt 8 DiszH Rh.-Pfalz 27. 4. 59 — W 1/59 —; Lindgen Teil XV Nr. 623. « Für den Strafprozeß vgl. BGH in NJW 1952 S. 1027 = JR 1952 S. 289 = LM Nr. 2 zu § 254 StPO; BGHSt. Bd. 6 S. 279, Bd. 7 S. 73 = NJW 1955 S. 191 = MDR 1955 S. 244 = LM Nr. 7 zu § 254 StPO.
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§75
Der Beamte
(§ 136 a Abs. 3 Satz 2 StPO)7. Die Vorschrift des § 136 a StPO haben der Dienstvorgesetzte, der Ermittlungsführer, der Untersuchungsführer und das Disziplinargericht nicht nur bei der Anhörung des Beamten, sondern auch der Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen (vgl. § § 6 9 Abs. 3 und 72 i. V. m. § 69 Abs. 3 StPO) zu beachten. Es bleibt auch gleich, ob die genannten Organe oder von ihnen beauftragten Personen, wie z. B. der Verteidiger oder die Eltern des Beamten, von den in dieser Bestimmung genannten unzulässigen Mitteln Gebrauch machen8. Mißhandlung i. S. des § 136a StPO setzt keine eigentliche Verletzung des Körpers voraus, wenn sie auch im wesentlichen auf körperlichem Gebiet liegt; tatbestandsmäßig werden im allgemeinen §§ 223, 343 StGB erfüllt sein. Bei der „Ermüdung" ist es gleichgültig, ob der Vernehmende für die Ermüdung des Beamten gesorgt hat oder ob dieser aus anderen Gründen ermüdet ist9. Auch genügt eine objektive Ermüdung 10 , die zudem sehr erheblich sein muß 11 , was z. B. dann der Fall wäre, wenn der Beamte bis 23 Uhr vernommen und die Vernehmung bereits um 3 Uhr morgens wieder fortgesetzt wird; entscheidend kommt es hierbei darauf an, ob der Beamte; der Vernehmung noch folgen kann. Wenn auch auuf den Beamten im Disziplinarrecht kein Zwang ausgeübt werden kann und ein körperlicher Eingriff ausscheidet, so muß das Disziplinarorgan bei der Verwertung einer Aussage des Beamten in einem gegenstandsgleichen Strafverfahren darauf achten, daß diese nicht durch körperlichen Eingriff zustande gekommen ist. Hierzu würden vor allem schmerzfreie Eingriffe, wie die Anwendung des Lügendetektors, rechnen, mit dem infolge Messung des Blutdrucks, Pulsschlages und der Atmung Schlüsse auf die subjektive Wahrheit des Aussagenden gezogen werden sollen 12 . Bei der „Verabreichung von Mitteln" ist vor allem an einschläfernde, berauschende und betäubende Mittel, wie z. B. Pervitin, Evipan und Eunarcon, gedacht 13 . Unter „Quälereien" sind erhebliche Einwirkungen auf das Seelenleben, wie z. B. die Erregung von Angst oder Hoffnungslosigkeit, gedacht 14 . Das 7 Bader „Zum neuen § 136a StPO" in JZ 1951 S. 123; Baumann „Sperrkraft der mit unzulässigen Mitteln herbeigeführten Aussage" in GA 1959 S. 33; v o n Cleric „Zur forensischen Würdigung der Suggestivfragen" in Zeitschrift für Schweizer Strafrecht 1929; B i n d o k a t „Zur Frage des Irrtums bei Prozeßhandlungen" in NJW 1956 S. 51; Erbs „Unzulässige Vernehmungsmethoden" in NJW 1951 S. 386; H e l l w i g „Psychologie und Vernehmungstechnik bei Tatbestandsermittlungen, 4. Aufl. 1951; Henkel „Die Zulässigkeit und Verwertbarkeit von Tonbandaufnahmen bei der Wahrheitserforschung im Strafverfahren" in JZ 1957 S. 148; H o f f m a n n „Bemerkungen zur Aussageerpressung" in NJW 1962 S. 972; K o h l h a a s „Tonbandaufnahmen im Strafprozeß" in DRZ 1955 S. 80; Mein e « „Vernehmungstechnik" 4. Aufl. 1956; A. Schmidt „Fehler bei Vernehmungen" in DRZ 1960 S. 426; Eb. S c h m i d t „Zulässigkeit und Verwendbarkeit von Tonbandaufnahmen im Strafverfahren" in JZ 1956 S. 206; Siegert „Zur Tragweite des § 136a StPO. 8 BGHSt. Bd. 14 S. 190 = NJW 1960 S. 1212 = MDR 1960 S. 694 = LM Nr. 9 zu § 136a StPO. 9 BGHSt. Bd. 1 S. 376 = NJW 1951 S. 152 = LM Nr. 2 zu § 136a StPO; BGHSt.; Bd. 13 S. 60 = NJW 1959 S. 1142. 1 0 BGHSt. Bd. 13 S. 60. 1 1 BGHSt. Bd. 1 S. 376. 12 BGHSt. Bd. 5 S. 332 = NJW 1954 S. 649 = JZ 1954 S. 364; LM Nr. 5 zu § 136a StGB. 13 Vgl. BGHSt. Bd. 11 S. 211. 14 Vgl. BGHSt. Bd. 15 S. 187 = NJW 1961 S. 84 = MDR 1961 S. 163 = LM Nr. 11 zu § 136a StGB.
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Stellung des Beamten im Vorermittlungsverfahren
§75
15
Verbot der Täuschung ist einschränkend aus2ulegen . So dürfte eine freundliche Haltung des Vernehmenden noch nicht als Täuschung anzusehen sein; gleiches gilt auch dann, wenn er das Fehlverhalten zu bagatellisieren versucht 16 oder wenn er sich unwissend stellt. Tonbandaufnahmen können dann nicht verwertet werden, wenn sie ohne Einvernehmen mit dem Vernommenen aufgenommen worden sind, da sie sonst gegen das Täuschungsverbot des § 136 a StPO verstoßen17. Die Tonbandaufnahme ersetzt kein Protokoll oder Niederschrift, sondern stellt ein Augenscheinobjekt dar, das nur neben der Vernehmung des Beamten als Gedächtnislücke verwertet werden kann 18 . Eine unter Zwang abgegebene Äußerung scheidet ganz allgemein aus. Drohungen lassen eine Aussage dann wertlos erscheinen, wenn sie die Willensentschließung oder die Willensbetätigung des Beamten beeinträchtigen; der Hinweis, daß Leugnen strafschärfend wirkt, kann sich u. U. schon als Drohung darstellen19. Das nach Art. 6 Abs. 3d der Konvention zum Schutze der Menschenrechte auf Grundfreiheiten gewährleistete Recht eines Beamten, an Zeugen Fragen zu stellen und die Ladung von Zeugen zu erwirken, findet im Disziplinarverfahren deshalb keine Anwendung, weil es sich hier um ein reines Verwaltungsverfahren handelt; die Anwendung der Konvention auf Verwaltungsverfahren ist abzulehnen20. Trotzdem entsprechen §§ 59, 61, 63, 72 BDO — §§ 47, 49, 51 und 59 BDO a. F. — dem Art. 6 Abs. 3d der Konvention 21 . Die prozessuale Stellung des Beamten bleibt im Disziplinarverfahren unberührt, wenn er wegen Trunksucht entmündigt ist 22 . Dies gilt, solange der Vormund lediglich die Stellung des gesetzlichen Vertreters im Sinne des § 149 Abs. 2 StPO, nicht aber die Stellung eines Pflegers im Sinne des § 19 Abs. 2 BDO — § 15 Abs. 2 BDO a. F. — hat, der die Rechte des Beamten im Disziplinarverfahren wahrnimmt. Solange z. B. ein wegen Trunksucht Entmündigter verhandlungsfähig ist und daher eines Pflegers nicht bedarf, berührt dies seine prozeßrechtliche Stellung im Disziplinarverfahren nicht; sein gesetzlicher Vertreter hat nur die gesetzlich eng umgrenzten Rechte (§§ 137 Abs. 2, 149 Abs. 2, 298, 330 StPO). Deshalb müssen ihm z. B. die Anschuldigungsschrift und die Ladung zur Hauptverhandlung und das Urteil zugestellt werden. H. STELLUNG DES BEAMTEN IM VORERMITTLUNGSVERFAHREN Bereits im Vorermittlungsverfahren nach §§ 26 ff. BDO — § § 21 ff. BDO a. F. — ist dem Beamten die Möglichkeit eingeräumt, sich gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verteidigen. Aus diesem Grunde muß ihm bereits hier rechtliches Gehör gewährt werden. Hierzu ist zunächst einmal 1 5 Vgl. Erbs in NJW 1951 S. 388; D a l i i n g e r in SJZ 1950 S. 734; Pauli in DRZ 1950 S. 762. 16 BGHSt. Bd. 5 S. 290 = NJW 1953 S. 1114 = LM Nr. 4 zu § 136a StGB. 1 7 BGHSt. 4. 2. 64. 1 8 BGHSt. Bd. 14 S. 339 = NJW 1960 S. 1582 = MDR 1960 S. 863 = LM Nr. 10 zu § 136 a StGB. 1 9 Vgl. BGHSt. Bd. 14 S. 190 = NJW 1960 S. 1212 = MDR 1960 S. 694 = JR 1961 S. 70. 2 0 OVG Münster in MDR 1956 S. 573. 21 BDH 17. 5. 58 — I D 53/56 — BDHE Bd. 4 S. 20. 22 BDH 17. 5. 60 — II D 53/59 — BDHE Bd. 5 S. 84 = L i n d g e n Teil IV Nr. 554.
13 L i a d g e a , Disziplinarrecht II
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Der Beamte
erforderlich, daß er von den gegen ihn vorgebrachten Tatsachen Kenntnis erhält. Bei Beginn der ersten Vernehmung ist ihm zu eröffnen, welche Tat ihm als Dienstvergehen zur Last gelegt und welche Vorschriften in Betracht kommen, die ihm als dienstliche Verfehlungen ausgelegt werden (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 1 StPO und § 26 Abs. 2 Satz 2 BDO). Er ist nach § 26 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle gleichzeitig darauf hinzuweisen, daß es ihm freistehe, sich schriftlich oder mündlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor der ersten Vernehmung, einen Verteidiger zu beauftragen. Bereits in dem Stadium der Vorermittlungen muß der Beamte zu den ihn belastenden Momenten gehört werden, ganz gleich ob das Ermittlungsverfahren im förmlichen Disziplinarverfahren (§§33ff. BDO — §§28ff. BDO a. F. —), oder im Disziplinarverfügungsverfahren (§§29ff. BDO — §§24 ff. BDO a. F. —) ausläuft23. Die Vernehmung soll dem Beamten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen (§ 26 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle, § 136 Abs. 2 StPO). Bei der ersten Vernehmung des Beamten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse bedacht zu nehmen (§ 136 Abs. 3 StPO). Eine Disziplinarverfügung und ein Disziplinarurteil, die ohne Anhörung des Beamten erlassen worden sind, müssen wegen eines schweren Formmangels aufgehoben werden. Bereits unter I ist darauf hingewiesen worden, daß sich der Beamte auch schriftlich äußern kann. Er ist darauf hinzuweisen, daß er sich schriftlich äußern kann (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 3 StPO, § 26 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Die fehlende Anhörung des Beamten im Vorermittlungsverfahren wird geheilt, wenn er im weiteren Verlaufe des Disziplinarverfahrens, z. B. anläßlich der Beschwerde gegen eine Disziplinarverfügung oder im Verlaufe der Untersuchung nach §§ 56 ff. BDO — §§ 44ff. BDOa. F. — die Gelegenheit erhalten hat, sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern24. Die Anhörung des Beamten erfolgt in Abwesenheit des Bundesdisziplinaranwalts und des Verteidigers. Neben dem rechtlichen Gehör hat der Beamte auch ein Recht auf Einsicht in seine Personalakten und alle ihm ungünstigen Vermerke, die seit Beginn des Ermittlungsverfahrens aufgenommen worden sind26. Sobald es ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks geschehen kann, ist dem Beamten Gelegenheit zur Einsichtnahme in die Vorermittlungsakten und in beigezogene Schriftstücke zu geben (vgl. § 26 Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle. Auf Verlangen kann ihm eine Abschrift der Niederschrift über seine Anhörung ausgehändigt werden (§26 Abs. 2 Satz 4 BDO). Der Beamte hat schließlich das Recht, zu beantragen, daß weitere Ermittlungen angestellt werden (§21 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. Vgl. BDH 2. 7. 53 — II DV 3/53 — BDHE Bd. 1 S. 93. BayrDStH 27. 12. 60 — Nr. 5 DS II 60 — VGH n. F. Nr. 1 S. 1 = L i n d g e n Teil IV Nr. 616; vgl. auch BVerfG in NJW 1956 S. 986 und S. 1026 = BVerfGE Bd. 5 S. 9 und S. 22; BayrVerfGH Bd. 10 S. 1; Röhl in NJW 1958 S. 1268, 1269; BayrObLGZ 1958 S. 74 (75); DiszSenat OVG Münster 23. 6. 61 V 32/60 — L i n d g e n Teil IV Nr. 652; DiszSenat OVG Münster 10. 3. 61 — V 31/60 — L i n d g e n Teil IV Nr. 645; DiszSenat OVG Münster 27. 3. 61 — Y 31/60 — L i n d g e n Teil IV Nr. 648. 26 BDH 26.11. 53 — II D 85/53 — L i n d g e n Teil IV Nr. 62; BDH 28.10. 53 — II DV 2/53 —; BDH 14.10. 53 — I DB 4/53 — L i n d g e n Teil IV Nr. 62 = J Z 1954 S. 287. 23
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Stellung des Beamten in det Untersuchung
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1952, allerdings ist der Dienstvorgesetzte bzw. der von ihm beauftragte Ermittlungsführer nicht an die Anträge des Beamten gebunden (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Der Beamte kann im Vorermittlungsverfahren die Herausgabe eines von ihm zurückgehaltenen amtlichen Schriftstücks nicht mit der Begründung verweigern, daß es für ihn als Beweismittel in Betracht kommen könne26. Würde man zu einem anderen Ergebnis gelangen, so könnte der Beamte die Beweisführung z. B. durch Zurückbehaltung von ihm gefälschter Urkunden erschweren oder gar unmöglich machen. in. STELLUNG DES BEAMTEN IN DER UNTERSUCHUNG Im Untersuchungsverfahren ist der Beamte zum Beginn der Untersuchung zu laden und im Falle seines Erscheinens zu vernehmen, auch wenn er bereits während der Vorermittlungen gehört worden ist. Ist er aus zwingenden Gründen am Erscheinen verhindert und hat er dies rechtzeitig mitgeteilt, so ist er erneut zu laden (vgl. § 59 BDO — § 47 BDO a. F. —). Dem Beamten wird in der Untersuchung Gelegenheit geboten, sich zu sämtlichen gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern. Ihm ist hierbei das gesamte ihn belastende Material bekanntzugeben. Bei Anordnung der Beschlagnahme scheidet eine vorherige Anhörung des Beamten aus, wenn diese den Zweck der Anordnung gefährden würde (vgl. § 33 Abs. 4 Satz 1 StPO). Zu Aussagen kann er, wie im sonstigen Disziplinarverfahren, nicht gezwungen werden; er kann vielmehr seine Aussage auch in der Untersuchung verweigern27. Sagt der Beamte aus, so muß er die aufgenommenen Niederschriften unterschreiben28. War das förmliche Disziplinarverfahren wegen eines gegenstandsgleichen Strafverfahrens ausgesetzt und ist dieses inzwischen rechtskräftig abgeschlossen, so ist der Beamte vor Abfassung der Anschuldigungsschrift vom Untersuchungsführer nochmals zu hören, sofern nicht von der Untersuchung Abstand genommen ist. Die früheren Vernehmungen im Rahmen der Vorermittlungen und seine Anhörung im Strafverfahren ersetzen diese Vernehmung grundsätzlich nicht. Der Beamte soll im Disziplinarverfahren nach Abschluß des Strafverfahrens nochmals Gelegenheit haben, vor Abfassung der Anschuldigungs schrift die Gesichtspunkte geltend zu machen, die für die disziplinare Wertung seines Verhaltens und für die Beurteilung seiner Persönlichkeit beachtlich sein können29. Der Mangel kann dann als geheilt angesehen werden, wenn der Beamte später Gelegenheit gehabt hat, sich auf die Anschuldigungsschrift zu äußern. Insbesondere wird es sich nach Beendigung der Aussetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens empfehlen, ihn über die bindende Wirkung der tatsächlichen Feststellungen, die sich aus § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 BDO i. d. F. der Novelle ergibt, zu belehren. Ist der Beamte im Laufe des weiteren Verfahrens, wie z. B. in der Untersuchung, über die bindende Kraft eines gegen ihn ergangenen strafBDH 13. 3. 62 — II D 31/61 — BDHE Bd. 6 S. 51. RDH 26. 5. 25 in DRZ 1925 S. 158. 2 8 DokBer. Nr. 1501. 29 DiszSenat OVG Münster 10.3. 61 — V 31/60 — in ZBR 1961 S. 390 = L i n d g e n Teil IV Nr. 645; Brand RDStO S. 182 Anm. 1; DokBer. Nr. 1501. 26
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Der Beamte
gerichtlichen Urteils unrichtig belehrt worden, so liegt darin ein der Durchführung des Dis2iplinarverfahrens entgegenstehender Verfahrensmangel dann nicht vor, wenn die unrichtige Rechtsbelehrung den Beamten in keiner Weise benachteiligt hat 30 . Der Beamte ist zu allen Beweiserhebungen, abgesehen von Beschlagnahmen und Durchsuchungen, zu laden. Er kann an ihnen teilnehmen, jedoch kann der Untersuchungsführer den Beamten von der Teilnahme ausschließen, wenn er dies aus bestimmten dienstlichen Gründen oder mit Rücksicht auf den Untersuchungszweck für erforderlich hält; der Beamte ist jedoch über das Ergebnis dieser Beweiserhebungen zu unterrichten (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BDO — § 49 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BDO a. F.). Ein Ausschluß des Beamten von Beweiserhebungen wird besonders dann in Betracht kommen, wenn zu befürchten ist, daß ein Zeuge mit Rücksicht auf die gehobene Stellung des Beamten in dessen Gegenwart voraussichtlich befangen sein und keine wahrheitsgemäße Aussage machen wird. Der Beamte ist berechtigt, im Laufe der Untersuchung Beweisanträge zu stellen, denen der Untersuchungsführer stattzugeben hat, soweit sie für die Schuldfrage, die Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme oder die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages von Bedeutung sein können (§61 Abs. 2 Satz 1 BDO). Wenn auch der Beamte das Recht hat, an den Zeugen Fragen zu richten und Zeugen zu benennen, so ist er dennoch nicht berechtigt, sich mit den Zeugen vor deren Vernehmung in Verbindung zu setzen und zu versuchen, auf deren Aussagen Einfluß zu nehmen. Insbesondere ist es beamtenunwürdig, den Zeugen bestimmte Formulierungen ihrer vor dem Untersuchungsführer oder dem Gericht zu machenden Aussagen vorzulegen 31 . Hält der Untersuchungsführer das Ziel der Untersuchung für erreicht, so hat er dem Beamten auf Antrag Gelegenheit zu geben, die Akten einzusehen und sich abschließend zu äußern (§ 63 Abs. 1 BDO — § 51 Abs. 1 BDO a. F. —). Nach § 51 Abs. 1 Satz 2 RDStO war in es das Ermessen des Untersuchungsführers gestellt, ob er dem Beamten Einblick in die Teile der Personalakten gewähren wollte, die für das Dienststrafverfahren eiheblich waren, wobei es ausreichte, wenn er den Beschuldigten die betreffenden Teile verlas oder gar nur inhaltlich wiedergab, indem in erster Linie an Vermerke über frühere dienstliche Bestrafungen, Aufzeichnungen über dienstliche und außerdienstliche Führung und an die Vorgänge gedacht war, die sich auf das in der Untersuchung geprüfte Fehlverhalten des Beamten bezogen. Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 51 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. — ist hingegen dem Beamten Einsicht in die Akten zu gewähren, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Hieran ändert sich auch nichts durch die Novelle zur BDO. Die Einschränkung, die noch im geltenden Disziplinarrecht besteht, ergibt sich zwangsläufig daraus, daß im Disziplinarverfahren auch solche Akten zur Vorlage kommen, für deren Inhalt eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht besteht, wobei z. B. an das Post- oder das Steuergeheimnis gedacht ist. Zu den „Akten" i. S. des § 63 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 51 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. — gehören nunmehr sämtliche Unterlagen und Schriftstücke, die entweder im Disziplinar30 DiszSenat OVG Münster 10. 3. 61 — V 31/60 — in ZBR 1961 S. 390 = Lindgen Teil IV Nr. 645. 31 Vgl. BDH 17. 5. 58 — I D 53/56 — BDHE Bd. 4 S. 20 (24) = Lindgen Teil IV Nr. 291.
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Stellung des Beamten bei den Disziplinargerichten
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verfahren selbst aufgesetzt oder sonstwie herbeigezogen worden sind. Demnach gehören auch die bei den Ermitdungs- und Untersuchungsakten entstandenen Teilakten, sonstige Unterlagen sowie selbst Aktenvermerke hierzu. Abgesehen von der Sonderregelung des § 63 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 51 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. — hat der Beamte nach § 90 Satz 1 BBG ein auch der Häufigkeit der Inanspruchnahme nach uneingeschränktes umfassendes Recht auf Einsicht in seine vollständigen Personalakten, das in erster Linie seinem Interesse dient 32 . Die Ausübung dieses Rechts steht nicht im Ermessen der Behörde33. Es kann mangels einer gesetzlichen Einschränkung nicht von einer Genehmigung abhängig gemacht und auch nicht befristet werden34. Geregelt werden darf lediglich die Art und Weise der Einsicht, d. h. Ort, Zeit und die Anwesenheit eines bestimmten Beamten38. Hinsichtlich der Reaktion des Beamten auf eine unberechtigte Ablehnung der Akteneinsicht ist auf das berechtigte Verlangen des Beamten auf Akteneinsicht und auf die rechtswidrige Ablehnung abzustellen, wobei auf die Fürsorgepflicht hingewiesen werden muß, die u. a. dahin geht, die Belange des Beamten zu wahren und ihn gerecht und wohlwollend zu behandeln36. Bezeichnet z. B. der Beamte das Begehren der Dienstbehörde auf Einholung einer Genehmigung auf Akteneinsicht als notwendig, obgleich die bereits genehmigte Einsicht noch nicht abgeschlossen war, „als Witz" und das erneute Verlangen der Behörde „als lächerliches Ansinnen", so bedeuten diese Ausdrücke nur Überraschung der Verwunderung, aber nicht eine Beleidigung. Vor allem ist hierbei nicht jede spontane unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck schon ein Dienstvergehen 37 .
IV. STELLUNG DES BEAMTEN NACH DER ANHÄNGIGKEIT DES FÖRMLICHEN DISZIPLINARVERFAHRENS BEI DEN DISZIPLINARGERICHTEN Ist das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet und wird durch den Bundesdisziplinaranwalt die Anschuldigungsschrift dem Gericht vorgelegt, so steht zunächst einmal dem Beamten das Recht zu, die beim Disziplinargericht befindlichen Akten einzusehen und daraus Abschriften anzufertigen (§ 70 Abs. 1 BDO — § 57 Abs. 1 BDO a. F. —). Nach § 101 Abs. 3 RBG stand die Akteneinsicht nur dem Verteidiger zu. Nach § 57 Satz 1 RDStO konnten der Beamte und der Verteidiger die dem Gericht vorliegenden Akten — mit Ausnahme der Personalakten —einsehen und Abschriften daraus entnehmen; DokBer. Nr. 1755. DiszSenat OVG Münster 15. 8. 62 — Y 15/61 in DVB1. 1963 S. 30; P l o g - W i e d o w Randnr. 14 zu § 90 BBG; Bank in RiA 1962 S. 17; HessVGH 2. 9. 49 in DVB1. 1949 S. 658; Matzke in Bundesarbeitsblatt 1 955 S. 184. 34 OVG Koblenz 10. 5. 55 in DVB1. 1955 S. 605. 36 OVG Münster 13. 9. 51 in OVGE Bd. 5 S. 113 — DVB1. 1957 S. 732 = VRspr. Bd. 4 S. 814; Runderlaß des Innenministers des Landes NRW vom 17. 6. 49 in MB1. NW S. 621 i. d. F. vom 13. 9. 55 in MB1. NW S. 1961; Schütz „Die Personalvertretung" 1959 S. 53/54; DiszSenat OVG Münster 15. 8. 62 — Y 15/61 — in DVB1. 1963 S. 30. 36 RGZ Bd. 141 S. 385 (389), Bd. 145 S. 182 (188); BGHZ Bd. 15 S. 185 (187). 37 DiszSenat OVG Münster 11. 8. 61 — Y 10/61 — L i n d g e n Teil IV Nr. 654; DiszSenat OVG Münster 15. 8. 62 — Y 15/61 — in DVB1. 1963 S. 30. 32
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Der Beamte
nach § 57 Satz 2 RDStO konnte der Vorsitzende der Dienststrafkammer den eben genannten Personen auch Auszüge aus den Personalakten übersenden, soweit sie Belastungen enthielten. Die Novelle zur BDO enthält nur stilistische Abweichungen, indem das Wort „Disziplinarkammer" durch das Wort „Gericht" und das Wort „Abschrift" durch „Abschriften" ersetzt wird. Die Ausübung des Rechts des Beamten auf Einsicht in die Disziplinar- und Personalakten steht nicht im Ermessen des Gerichts und kann mangels gesetzlicher Einschränkungen nicht von einer Genehmigung abhängig gemacht werden; geregelt werden darf lediglich die Art und Weise der Einsicht, d. h. Ort, Zeit und die Anwesenheit eines Beamten38. Sie kommt in jeder Lage des Verfahrens vor dem Disziplinargericht — selbst in der Hauptverhandlung — in Frage. Nach Rechtskraft des Disziplinarurteils sind die Disziplinarakten zu den Personalakten zu nehmen, so daß sich das Recht auf Einsicht dann nach § 90 BBG bestimmt, was z. B. dann der Fall ist, wenn der Verurteilte die Einsicht in die Akten zwecks Stellung eines Wiederaufnahmeantrages benötigt. Nach Nr. 1 DVO zu § 57 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 erstreckte sich die Akteneinsicht auf alle dem Disziplinargericht vorgelegten das Verfahren betreifenden Akten mit Ausnahme der für den innerdienstlichen Gebrauch bestimmten Gerichtsakten, insbesondere der Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die zur Vorbereitung der Entscheidungen angefertigten Arbeiten sowie der Schriftstücke, die Abstimmungen betrafen. Der Beamte kann auch nicht Einblick in die Handakten des Bundesdisziplinaranwalts oder seines Beauftragten verlangen. Über den Antrag auf Akteneinsicht entscheidet bis zur Übersendung der Akten an das Gericht der 2. Instanz der Vorsitzende des erstinstanzlichen Gerichts, nachher der Vorsitzende des zuständigen Senats. Im Falle der Verweigerung der Akteneinsicht kommt die Beschwerde in Betracht, über die das Gericht der 2. Instanz entscheidet. Im allgemeinen können die Akten bei der Geschäftsstelle des Disziplinargerichts eingesehen werden. Es kommt auch in Frage, die Akten bei dem für den Beamten zuständigen Amtsgericht oder gar bei der Einleitungsbehörde oder beim Dienstvorgesetzten des Beamten einsehen zu lassen. Eine Überlassung der Akten in die Wohnung des Beamten kommt auf keinen Fall in Frage. Der Beamte kann sich aus den Akten Abschriften fertigen (vgl. § 70 BDO i. d. F. der Novelle) 39 . Sie können auch auf Kosten des Beamten von der Geschäftsstelle des Gerichts angefertigt werden, wenn der Geschäftsbetrieb dies zuläßt. Der Vorsitzende des Disziplinargerichts der 1. Instanz stellt eine Ausfertigung der Anschuldigungsschrift und der Nachträge hierzu dem Beamten zu und bestimmt eine angemessene Frist, innerhalb welcher er sich hierzu äußern kann (§ 55 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Der Beamte ist nicht verpflichtet, sich hierzu zu äußern. Erläßt das Disziplinargericht außerhalb der Hauptverhandlung eine Entscheidung, so ist der Beamte zu hören, bevor zu seinem Nachteil Tat38 88
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DiszSenat OVG Münster 15. 8. 62 — Y 15/61 — in ZBR 1963 S. 319 (LS). Vgl. auch RDH in S c h u l z e - S i m o n s S. 454 (456).
Landesrechtliche Regelung
§75
sachen oder Beweisergebnisse, zu denen er noch nicht gehört worden ist, verwertet werden (vgl. § 33 Abs. 3 StPO). Hat das Gericht in einem Beschluß zum Nachteil des Beamten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen er noch nicht gehört worden ist, und steht ihm gegen den Beschluß keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, so hat es, sofern der Nachteil noch besteht, von Amts wegen oder auf Antrag die Anhörung nachzuholen und auf einen Antrag hin zu entscheiden (§ 33 a Satz 1 StPO). Das Gericht kann seine Entscheidung auch ohne Antrag ändern (§ 33 a Satz 2 StPO). Ist vom Vorsitzenden des Gerichts Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, so ist der Beamte hierzu zu laden. Hierbei konnte sein persönliches Erscheinen angeordnet und ihm dabei angedroht werden, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht zugelassen wurde (§59 Abs. 1 Satz 2, § 75 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Nunmehr kann der Vorsitzende nach § 72 Abs. 1 Satz 2 BDO nur noch das persönliche Erscheinen des Beamten anordnen, sofern er seinen dienstlichen Wohnsitz nicht im Ausland hat; hiervon wird er dann Gebrauch machen, wenn er in der Hauptverhandlung in Anwesenheit des Beamten Widersprüche klären will, die im bisherigen Verfahren aufgetaucht sind, oder wenn sich das Disziplinargericht von der Persönlichkeit des Beamten ein genaues Bild verschaffen soll. Der Beamte hat ein Recht, in der Hauptverhandlung persönlich zu erscheinen. Selbst wenn ihm ein Pfleger nach § 19 BDO — § 15 BDO a. F. — bestellt ist, hat er Anspruch auf Anwesenheit und rechtliches Gehör40. Der Beamte kann verlangen, daß zur Hauptverhandlung Zeugen oder Sachverständige und andere Beweismittel herangeschafft werden. § 219 StPO ist sinngemäß anzuwenden. Der Vorsitzende des Disziplinargerichts entscheidet darüber, ob er den Beweisanträgen des Beamten stattgeben soll. Lehnt er die Ladung einer vom Beamten genannten Person ab, so kann dieser sie unmittelbar laden lassen. Hierzu ist er auch ohne vorgängigen Antrag befugt (§ 220 Abs. 1 StPO). Der Beamte kann von der Teilnahme an der Beweiserhebung nicht ausgeschlossen werden41. Nach Schluß der Beweisaufnahme hat der Beamte ebenso wie der Angeklagte im ordentlichen Strafverfahren (§ 258 Abs. 3, § 351 Abs. 2 Satz 2 StPO) das letzte Wort (§ 74 Abs. 5 Satz 2 BDO — § 61 Abs. 5 Satz 2 BDO a. F. —). Dem Beamten ist vom Gericht eine Ausfertigung des Urteils mit Gründen auszustellen (§ 78 Abs. 3 BDO — § 65 Abs. 3 BDO a. F.). Er ist berechtigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen (§80 Abs. 1 Satz 1 BDO — § 67 Abs. 1 Satz 1 BDO a. F. —). Nach rechtskräftiger Verurteilung wird er als „Verurteilter" bezeichnet. Er ist dann berechtigt, die Wiederaufnahme des Verfahrers zu beantragen. V. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Dem Beschuldigten stehen nach den Disziplinargesetzen der einzelnen Länder im allgemeinen die gleichen Befugnisse wie dem Beschuldigten in der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 zu. BDH 1. 7. 60 — II D 93/59 — in ZBR 1961 S. 388 = Lindgen Teil IV Nr. 567. PrOVGin RVB1. Bd. 53 S. 653; RDH beiFoerster-Simons S. 295 (297); Wittland Anm. 2 zu § 59 RDStO. 40 41
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§75
Der Beamte
§ 24 LDO BW, Art. 22 DStO Bayr., § 24 LDO Bln., § 21 DO Hmb., § 22 HDO, § 26 NDO und § 24 DO NW enthalten im Gegensatz zu § 24 Abs. 2 Satz 3 LDO Rh.-Pf. keine dem § 21 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechende Bestimmung, daß der Beschuldigte im Laufe der Vorermittlungen nicht in Anwesenheit des Verteidigers gehört werden muß. Nach § 56 DStO Brm. und § 56 DStO Saar kann sich der Beschuldigte erst nach Anhängigkeit des förmlichen Disziplinarverfahrens vor dem Disziplinargericht und nach § 34 Abs. 1 DStO Schl.-Hol. in jeder Lage des förmlichen Disziplinarverfahrens eines Verteidigers bedienen. Die Befugnisse des Beschuldigten im Untersuchungsverfahren entsprechen in den §§ 51, 53, 55 LDO BW der Bundesregelung in §§ 47, 49, 51 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, wobei in § 55 Abs. 1 Satz 3 LDO BW zusätzlich bestimmt ist, daß Akten, die der Beschuldigte im Verlaufe der Untersuchung nicht einsehen darf, in der Anschuldigungsschrift nicht verwertet und nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden können. Der Bundesregelung entsprechen weiterhin Art. 48, 50, 52 DStO Bayr., wobei nach Art. 52 Abs. 1 Satz 3 DStO Bayr. vor Zustellung der Anschuldigungsschrift die Einsicht in die Disziplinarakten nur dann gewährt werden soll, wenn der Untersuchungszweck hierdurch nicht gefährdet wird. Außerdem kann nach Art. 52 Abs. 1 Satz 4 DStO Bayr. auf Antrag des Untersuchungsführers die Dienststrafkammer die Einsicht beschränken, wenn wesentliche öffentliche Interessen gefährdet werden. Der Bundesregelung entsprechen §§ 47, 49, 41 LDO Bln., §§47,49, 51 DO Hmb., §§ 52, 54, 56 HDO, wobei nach § 54 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. der Untersuchungsführer den Beschuldigten auch aus Gründen der Staatssicherheit von Untersuchungshandlungen ausschließen kann und nach § 56 Abs. 1 Satz 3 a. a. O. über den Antrag auf Einsichtnahme in die Personalakten anderer Personen als des Beschuldigten und den Umfang der Einsichtnahme der Untersuchungsführer entscheidet, wobei gegen dessen Entscheidung Beschwerde an die Disziplinarkammer zulässig ist, die endgültig entscheidet (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 4 a. a. O.). §§ 57, 59, 61 NDO entsprechen der Bundesregelung mit der Maßgabe, daß nach § 61 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. die Einsicht außerdem dann nicht zu gewähren ist, wenn die Akten ihrem Wesen nach geheimzuhalten sind. Die §§ 53, 55, 57 DO NW und §§ 55, 57, 59 LDO Rh.-Pf. stimmen mit der Bundesregelung vollinhaltlich überein. Während § 51 DStO Schl.-Hol. mit § 47 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 übereinstimmt, ist in § 53 Abs. 1 Satz 1 DStO Schl.-Hol. zusätzlich bestimmt, daß neben dem Beschuldigten auch der Verteidiger an den Beweiserhebungen teilnehmen kann; nach § 55 DStO Schl.-Hol. ist dem Beschuldigten und Verteidiger ohne Einschränkung in alle Akten Einsicht zu gewähren (vgl. auch § 35 DStO Schl.-Hol.). §§ 47, 49, 51 DStO Brm. bzw. DStO Saar entsprechen §§ 47, 49, 51 RDStO, so daß nach § 49 Abs. 3 a. a. O. ein Verteidiger in der Untersuchung nicht zugelassen ist, während sich das Recht auf Einsicht in die Personalakten nach § 93 BG Brm. und § 109 BG Saar richtet. Nach der Anhängigkeit des förmlichen Disziplinarverfahrens ist die Rechtsstellung des Beschuldigten auch im Länderdisziplinarrecht der Bundesregelung angeglichen. Den §§ 57, 59 Abs. 1 und 61 -Abs. 5 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechen, soweit es sich um den Beschuldigten handelt, § § 61,63 Abs. 1,65 Abs. 4 LDO BW, Art. 58, 60 Abs. 1,62 Abs. 4 DStO Bayr., §§ 57, 59 Abs. 1, 61 Abs. 4 LDO Bln., §§ 57, 59 Abs. 1, 61 Abs. 4 DO Hmb., 200
Geschichtliche Entwicklung
§76
§§ 62 Satz 1, 64 Abs. 1, 66 Abs. 5 HDO, §§ 68, 70 Abs. 1, 72 Abs. 4 N D O , § § 6 3 , 65 Abs. 1, 67 Abs. 4 D O N W , §§ 6 5 , 6 7 Abs. 1 , 6 9 Abs. 4 L D O Rh.-Pf. Nach § 62 Satz 2 H D O entscheidet über den Antrag auf Einsichtnahme in die Personalakten anderer Personen als des Beschuldigten und den Umfang der Einsichtnahme der Vorsitzende der Disziplinarkammer. Die §§ 57, 59 Abs. 1, 61 Abs. 4 D S t O Brm. und D S t O Saar entsprechen den §§ 57, 59 Abs. 1, 61 Abs. 4 R D S t O , wobei die in § 57 R D S t O beachtliche Abweichung des Verbots der Einsichtnahme in die Personalakten in Bremen und im Saarland durch die allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen der § § 9 3 B G Brm. und 109 B G Saar beseitigt ist, wonach dem Beamten ganz allgemein ein Recht auf Einsicht in seine Personalakten gewährleistet ist. In SchleswigHolstein entsprechen § § 6 1 Abs. 1, 63 Abs. 4 D S t O Schl.-Hol. den § § 5 9 Abs. 1, 61 Abs. 5 B D O i. d. F. ÄndGes. 1 9 5 2 ; nach § 35 D S t O Schl.-Hol., der zu den allgemeinen Bestimmungen des förmlichen Disziplinarverfahrens gehört, sind dem Beschuldigten und seinem Verteidiger nach Zustellung der Anschuldigungsschrift die Disziplinarakten auf Verlangen vorzulegen, während ihnen vorher die Einsicht nur gewährt werden soll, wenn hierdurch der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird.
§ 76. Der Pfleger I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG War der Beschuldigte längere Zeit verhandlungsunfähig, so kam im Disziplinarrecht § 205 StPO zur Anwendung, wonach das Disziplinargericht durch Beschluß das Verfahren vorläufig einstellen konnte, wenn der Hauptverhandlung für längere Zeit die Abwesenheit des Beschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegenstand. Dieses Ergebnis war für das Disziplinarverfahren wenig befriedigend, weil einem pflichtvergessenen Beamten die Bezüge, die im Höchstfalle bis zur Hälfte einbehalten werden konnten, weiterzuzahlen waren. Die vorläufige Einstellung des Verfahrens sollte deshalb nur dann in Frage kommen, wenn die Geisteskrankheit ein erhebliches Ausmaß erreicht hatte. Konnte sich der Beschuldigte trotz Geisteskrankheit noch in einer vernünftigen Art und Weise verteidigen, so war die Hauptverhandlung durchzuführen1. War dies nicht der Fall, so war das Verfahren vorläufig einzustellen2. Diesen unbefriedigenden Zustand beseitigte § 15 der Reichsdienststrafordnung vom 26.1. 37 (RGBl. I S. 71), indem nunmehr dem Beschuldigten, der nach Begehung des Dienstvergehens geisteskrank oder sonst verhandlungsunfähig geworden war, auf Antrag der Einleitungsbehörde durch das Amtsgericht ein Pfleger zu bestellen war, der die Rechte des Beschuldigten im weiteren Verfahren wahrnehmen sollte. War ein Verfahren vor dem Inkrafttreten der RDStO eingeleitet und in entsprechender Anwendung des § 205 StPO vorläufig eingestellt worden, so konnte es nunmehr fortgesetzt werden, wobei § 15 RDStO anzuwenden war 3 ; andererseits stand nichts im Wege, wegen der gleichen Pflichtverletzung ein neues Disziplinarverfahren einzuleiten. Gegen die Bestellung eines Pflegers im Disziplinarverfahren, wie sie § 15 RDStO vorsah, konnten keine rechtspolitischen Bedenken auftauchen, weil dieses Verfahren keinen Strafcharakter trägt, d. h. nicht die Sühne für bePrDH 25.1. 26 in RVB1. Bd. 47 S. 338; RDH 27. 1. 32 bei F o e r s t e r 1933 S. 130. PrDH in DJZ 1926 Sp. 602 = PrVBl. 1926 S. 338; RDH 30. 5. 33 bei F o e r s t e r 1934 S. 131. 3 RDHE Bd. 3 S. 139 (140). 1 2
201
Der Pfleger
§76
gangenes Unrecht, sondern allein die Reinerhaltung des Beamtenkörpers vor unsauberen Elementen im Vordergrund steht4. Während das Änderungsgesetz zur RDStO vom 28. 11. 52 (BGBl. I S. 749) den § 15 RDStO unverändert als § 15 BDO übernahm4, wurde § 15 Abs. 2 BDO durch § 140 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1. 7. 57 (BGBl. I S. 667) i. d. F. vom 1.10. 61 (BGBl. I S. 1835) insofern geändert, als das Amtsgericht nicht mehr an den Antrag des Dienstvorgesetzten auf Bestellung eines Pflegers gebunden ist, sondern auf Grund eigener richterlicher Prüfung entscheidet, ob der Beamte zur sachgemäßen Wahrnehmung seiner Rechte im Disziplinarverfahren in der Lage ist. Im Verhältnis zu dem von ihm vertretenen Beamten sind dem Pfleger die Befugnisse eines gesetzlichen Vertreters verliehen. Schließlich ist durch § 15 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. BRRG sichergestellt, daß die Vorschriften des FGG für das Verfahren bei Anordnung einer Pflegschaft nach § 1910 BGB entsprechende Anwendung finden. Die Novelle zur BDO läßt die Bestellung eines Pflegers auch dann zu, wenn der Beamte durch Abwesenheit an der Wahrung seiner Rechte gehindert ist (§ 19 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Daß die Bestellung eines Pflegers nur dann in Betracht kommt, wenn der Beamte nach Begehung des Dienstvergehens verhandlungsunfähig geworden ist, braucht im Gesetz nicht ausdrücklich hervorgehoben zu werden, weil ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten, der zur Zeit der Tat unzurechnungsfähig war, ohnehin unzulässig ist6.
II. VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE BESTELLUNG DES PFLEGERS Der Einleitung oder Fortsetzung eines Disziplinarverfahrens steht nicht entgegen, daß der Beamte verhandlungsunfähig oder durch Abwesenheit an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert ist (§ 19 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). In diesem Falle wird aber ein Pfleger bestellt. Es setzt zunächst einmal voraus, daß der Beamte an einem geistigen oder körperlichen Gebrechen leidet. In den meisten Fällen besteht die Gebrechlichkeit in Geisteskrankheit, Geistesschwäche oder in einer sonstigen erheblichen Verminderung der Geisteskräfte. Doch stellen diese Fälle nur einen Teil der Verhandlungsunfähigkeit dar. Die Verhandlungsunfähigkeit deckt sich nicht mit der Unzurechnungsfähigkeit im Sinne des § 51 Abs. 1 StGB. Sie braucht nicht notwendig mit einer Geisteskrankheit verbunden zu sein; es genügt vielmehr, daß der Beamte nicht die Bedeutung des Verfahrens und der einzelnen Verfahrensakte erkennen und sich nicht sachgemäß verteidigen kann6, wenn er z. B. durch langjährigen Alkoholzuspruch nicht in der Lage ist, der Hauptverhandlung zu folgen. Neben der geistigen Gebrechlichkeit, die sich vor allem in der Unzurechnungsfähigkeit offenbart, bilden auch körperliche Gebrechen eine Voraussetzung für die Bestellung eines Pflegers. Was unter „körperlichen Gebrechen" zu verstehen ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus der BDO, BDO i. d. F. der Novelle. Nach § 1910 BGB, der die Voraussetzungen für die Gebrechlichkeitspflegschaft bestimmt, ist jemand als gebrechlich insbesondere dann anzusehen, wenn er taub, blind oder stumm ist. Hierzu rechnen aber auch große Schwerhörigkeit, Altersleiden, Lähmung, erhebliche Verwundungen oder Infektionskrankheiten, wie Tuberkulose, Krebs, erhebliches Rheuma Vgl. amtl. Begründung zur RDStO in Reichsanzeiger Nr. 22 vom 28. 1. 37. PrOVG 12.1. 29 in RVB1. Bd. 51 S. 181. 6 BDH 29.10. 53 — II D 45/53 — BDHE Bd. 1 S. 185 = ZBR 1954 S. 91 = L i n d g e n Teil IV Nr. 139, W i t t l a n d Anm. 3 zu § 15 RDStO. 4 6
202
Voraussetzungen für die Bestellung des Pflegers
§76
und schwere Kreislaufstörungen; entscheidend ist hierbei nur, daß die Leiden nicht in absehbarer Zeit zu beheben sind und eine Verhandlungsunfähigkeit bedingen. Auf keinen Fall kann dem Disziplinargericht zugemutet werden, am Krankenbett des Beamten die Hauptverhandlung durchzuführen. Die körperliche Gebrechlichkeit führt dann nicht zur Bestellung eines Pflegers, wenn der Beamte noch in der Lage ist, einen Verteidiger zu bestellen, mit ihm zu korrespondieren und ihn zu überwachen. Eine Verhandlungsunfähigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 BDO — § 15 Abs. 1 BDO a. F. — wird noch nicht dadurch begründet, daß der Beamte allein wegen vorübergehender Erkrankung nicht an der Verhandlung teilnehmen kann. Für das Strafrecht mag eine schwere körperliche Erkrankung, welche die Unfähigkeit des Angeklagten begründet, der Hauptverhandlung beizuwohnen, die Annahme der Verhandlungsunfähigkeit begründen. Der Begriff der Verhandlungsunfähigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 BDO — § 15 Abs. 1 BDO a. F. — kann aber nicht ohne weiteres dem allgemeinen Strafrecht entnommen werden. Denn während einer länger dauernde Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten im Strafverfahren dazu führt, daß das Verfahren nach § 205 StPO einzustellen ist, begründet die Verhandlungsunfähigkeit im Disziplinarrecht die Möglichkeit, das Verfahren unter Übergehung des Beamten, aber mit Wirkung für und gegen ihn vermittels des gerichtlich bestellten Pflegers durchzuführen. Somit ist es unzulässig, einen trotz eines körperlichen Leidens verhandlungs- und geschäftsfähigen Beamten durch die Bestellung eines Pflegers nach § 19 Abs. 2 BDO — § 15 Abs. 2 BDO a. F. — von der Teilnahme am Disziplinarverfahren auszuschließen, was zudem einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG darstellen würde, wonach jedem Anspruch auf rechtliches Gehör zu gewähren ist, somit aber auch jeder Verfahrensbeteiligter das Recht erhalten muß, auf ein Verfahren, das seine Rechtsstellung betrifft, Einfluß zu nehmen. Es würde der Achtung der Menschenwürde widersprechen, wenn man einen Menschen zum bloßen Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens herabwürdigt 7 . Deshalb soll einem geistig gesunden Volljährigen nicht allein wegen seiner körperlichen Erkrankung die Prozeßfähigkeit entzogen werden. Vgl. jedoch bei Abwesenheit des Beamten schlechthin § 19 Abs. 2 Satz 2 BDO. Bereits unter I ist gezeigt worden, daß die Bestellung eines Pflegers dann entfällt, wenn der Beamte bereits zur Zeit der Ausführung der Tat unzurechnungsfähig war. In diesem Falle kann er für die Tat nicht verantwortlich gemacht werden, so daß disziplinare Maßnahmen, wie Vorermittlungen und die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, überhaupt nicht in Frage kommen und er freizusprechen ist, wenn gegen ihn bereits in die Hauptverhandlung eingetreten war. Hat er einen Teil seiner Taten im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen und ist er bei einem anderen Teil zurechnungsfähig gewesen, so kommen wegen letzterer Taten wiederum disziplinare Maßnahmen in Frage. Stellt sich heraus, daß der Beamte bereits vor der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens verhandlungsunfähig war, so konnte 7 W i n t r i c h in BayrVBl. 1957 S. 139; R ö h l in NJW 1958 S. 1268; M a u n z - D ü r i g Anm. 20 und 36 zu Art. 1 GG; BGH in NJW 1961 S. 1397; K G 24. 8. 61 — 1 W 1446/61 — in NDBZ 1962 S. 423 = Lindgen Teil IV Nr. 682.
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Der Pfleger
ihm die Einleitungsverfügung nicht mit der in § 33 Abs. 1 Satz 3 BDO — § 28 Abs. 1 Satz 3 BDO a. F. — vorgesehenen Wirkung zugestellt werden. In einem solchen Falle muß die Einleitungsbehörde bereits vor der Zustellung der Einleitungsverfügung einen Pfleger nach § 19 BDO — § 15 BDO a. F. — bestellen und ihm die Einleitungsverfügung zustellen, da nur der Pfleger rechtsverbindliche Erklärungen abgeben und auch nur ihm die Einleitungsverf ügung zugestellt werden kann. Stellt sich heraus, daß die Verhandlungsunfähigkeit bereits vor der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens gegeben war und ein Pfleger erst später bestellt worden ist, so ist das förmliche Disziplinarverfahren einzustellen. Die Verhandlungsunfähigkeit muß von Dauer sein; sie darf also nicht nur vorübergehender Art sein. Ist letzteres der Fall, so ist das Verfahren nach § 72 Abs. 2 BDO — § 59 Abs. 2 BDO a. F. — bis auf die Dauer von vier Wochen auszusetzen. Eine vorläufige Einstellung des Verfahrens, wie sie § 205 StPO für das ordentliche Strafverfahren vorsieht, ist im Disziplinarverfahren nicht möglich. Ist bis zum Ablauf von vier Wochen die Verhandlungsunfähigkeit des Beamten noch nicht wiederhergestellt, so ist das Verfahren fortzusetzen. Dem Beamten ist aber dann ein Pfleger nach § 19 BDO — § 15 BDO a. F. — zu bestellen. Nach § 19 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle liegen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflegers auch dann vor, wenn der Beamte nicht nur vorübergehend abwesend ist. Dies wäre z. B. der Fall, wenn er verschollen ist oder sich jenseits des sog. Eisernen Vorhangs befindet. Die Bestellung eines Pflegers ist nicht nur im förmlichen Disziplinarverfahren, sondern auch bereits im Vorermittlungsverfahren sowie im Disziplinarverfügungsverfahren, im Verfahren wegen Entziehung oder Herabsetzung eines bereits bewilligten Unterhaltsbeitrages nach § 110 Abs. 1 BDO — § 96 Abs. 1 BDO a. F. —, im Verfahren wegen Neubewilligung oder Erhöhung eines bereits bewilligten Unterhaltsbeitrages nach § 110 Abs. 2 BDO — § 96 Abs. 2 BDO a. F. —, im Verfahren gegen Beamte auf Probe und Widerruf nach § 126 BDO — § 107 BDO a. F. —, im Verfahren wegen Verlustes der Dienstbezüge nach § 105 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 121 BDO i. d. F. der Novelle und im Verfahren über die Tragweite einer Disziplinarentscheidung oder deren Folgen nach § 105 Abs. 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 122 BDO i. d. F. der Novelle vorgesehen. Dem steht auch nicht der Wortlaut des § 19 Abs. 2 BDO — § 15 Abs. 2 BDO a. F. — entgegen, wonach die „Einleitungsbehörde" einen Antrag auf Bestellung des Pflegers stellen kann 8 . Liegen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflegers vor und wird gegen einen verhandlungsunfähigen Beamten trotzdem verhandelt, ohne daß ihm ein Pfleger bestellt worden ist, so liegt ein schwerer Verfahrensmangel vor, der im Falle der Einlegung der Berufung zur Zurückweisung der Sache in die Vorinstanz führt 9 . Dies gilt auch dann, wenn erst im Verlaufe des Disziplinarverfahrens — selbst bei einer auf Art oder Höhe der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung — festgestellt wird, 8 9
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DokBer. Nr. 1580. DokBer. Nr. 1599.
Verfahren anläßlich der Bestellung des Pflegers
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daß die Verhandlungsunfähigkeit von vornherein vorgelegen hat, also ein Pfleger bereits bei der Erhebung der Vorermittlungen hätte bestellt werden müssen10. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn dem Beamten ein Vormund bestellt war und die in der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, BDO i. d. F. der Novelle vorgesehenen Zustellungen nicht an den Beamten, sondern an den Vormund vorgenommen worden sind. Denn nur durch die Bestellung eines Pflegers wird die prozeßrechtliche Stellung des Beamten berührt. Wird z. B. dem Beamten ein Vormund wegen Trunksucht bestellt, der nur die Stellung eines gesetzlichen Vertreters im Sinne des § 149 Abs. 2 StPO hat, der aber nicht die Rechte eines Pflegers im Sinne des § 19 Abs. 2 BDO — § 15 Abs. 2 BDO a. F. — wahrnehmen kann, so ist dies für das Disziplinarverfahren ohne Einfluß. Wird dem Beamten ein Vormund wegen Trunksucht bestellt, obgleich er noch verhandlungsfähig ist, so bleibt seine prozessuale Stellung im Disziplinarverfahren völlig unberührt, wobei dem Vormund nur die gesetzlich eng umgrenzten Rechte verbleiben; es liegt dann ein schwerer Verfahrensmangel vor, wenn in einem solchen Falle nicht dem Beamten, sondern dem Vormund die Anschuldigungsschrift und die Ladung zur Hauptverhandlung zugestellt werden 11 . ID. VERFAHREN ANLÄSSUCH DER BESTELLUNG DES PFLEGERS Wenn auch die Einleitung und Fortsetzung eines Disziplinarverfahrens nicht dadurch gehindert wird, daß der Beamte verhandlungsunfähig wird oder abwesend ist (§ 19 Abs. 1 BDO — § 15 Abs. 1 BDO a. F. —), so bestellt ihm doch das Amtsgericht in einem solchen Falle auf Antrag der Einleitungsbehörde einen Pfleger als gesetzlichen Vertreter zur Wahrnehmung der Rechte des Beamten in diesem Verfahren (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 15 Abs. 2 Satz 1 a. F. —). Die Pflegschaft zur Wahrnehmung der Rechte des Beamten im Disziplinarverfahren auf Grund des § 19 BDO — § 15 BDO a. F. — hat ihre Grundlage im öffentlichen Recht; daher sind die materiellen Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Pflegschaften nicht anwendbar 12 . Insbesondere erfüllt ein nach § 1910 BGB für den Beamten vom Amtsgericht bestellter Pfleger, zumal wenn er nicht Beamter ist, nicht die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 BDO — § 15 Abs. 2 BDO a. F. —13. Die dem Amtsgericht zugewiesene Aufgabe ist eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit ( § 1 FGG). Die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für das Verfahren bei der Anordnung der Pflegschaft nach § 1910 BGB gelten entsprechend (§ 19 Abs. 2 Satz 3 BDO — § 15 Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. —). Für die Bestellung des Pflegers ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beamten zu der Zeit, zu welcher die Anordnung der Pflegschaft DokBer. Nr. 1766. BDH 17. 5. 60 — II D 53/59 — BDHE Bd. 5 S. 84 = L i n d g e n Teil IV Nr. 544. K G 24. 8 . 6 1 - 1 W 1446/61 — in NJW 1961 S. 2166 = NDBZ 1962 S. 42 = L i n d g e n Teil IV Nr. 682; BayrObLG in NJW S. 349; J a n s e n Anm. 6 zu § 38 FGG. 1 3 BDH 5.12. 61 — I D 71/59 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 313 (LS). 10 11
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§76
Der Pfleger
erforderlich wird, seinen Wohnsitz hat (§38 Abs. 1 Satz 1 FGG). Hat der Beamte weder Wohnsitz noch Aufenthalt im Bundesgebiet, weil er sich z. B. durch Flucht in das Ausland der disziplinarischen Verantwortung entzogen hat, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beamte seinen letzten Wohnsitz hatte (§§ 38, 37 Abs. 2 FGG). Die Pflegschaft wird von der Einleitungsbehörde beim zuständigen Amtsgericht beantragt. Handelt es sich um die Bestellung eines Pflegers außerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens, so kommt die Behörde in Frage, die entweder früher als Einleitungsbehörde in Betracht kam oder die im Falle der Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens als Einleitungsbehörde zuständig sein würde. Die Einleitungsbehörde ist auch dann zuständig, wenn das förmliche Disziplinarverfahren bereits gerichtsanhängig ist. Weigert sich die Einleitungsbehörde, einen Antrag auf Bestellung eines Pflegers zu stellen, so kann das Disziplinargericht gegen die Ablehnung Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen. Führt auch diese nicht zum Erfolg, so hat das Disziplinargericht ohne Antrag zu entscheiden. Da die Vorschriften des BGB über die Bestellung eines Pflegers nach § 19 BDO, § 15 BDO a. F. keine Anwendung finden, ist die Anordnung der Pflegschaft, nicht von der Einwilligung des Beamten abhängig 14 . Er ist jedoch vor Anordnung der Pflegschaft zu hören. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt auch im Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz, mithin auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit16. Deshalb ist die Anhörung des Beamten durch das Amtsgericht obligatorisch1®. Der Mangel der Anhörung kann jedoch dadurch geheilt werden, daß der Beamte im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme erhält 17 ; grundsätzlich hat jedoch das Gericht seine Pflicht zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs in der Weise zu erfüllen, daß es den Beamten vor dem Erlaß der Entscheidung anhört 18 . Sind die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflegers gegeben, so hat das Amtsgericht denselben zu bestellen. Im allgemeinen wird die Person des Pflegers bereits bei der Stellung des Antrages von der Einleitungsbehörde in Vorschlag gebracht; das Amtsgericht ist jedoch hieran nicht gebunden. Zum Pfleger kann nur ein Beamter bestellt werden (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 15 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BDO a. F. —). Hat der Ernannte keine Beamteneigenschaft, so sind seine Bestellung und die von ihm vorgenommenen Rechtshandlungen unwirksam. Im allgemeinen wird als Pfleger ein Beamter ausgewählt, der dem Beamten oder seinen Familienangehörigen genehm ist. Ist bereits ein Pfleger oder Vormund bestellt, so wird zweckmäßigerweise auch dieser zum Pfleger für das Disziplinarverfahren ausgewählt, sofern er Beamter ist. Das gleiche gilt auch für den Verteidiger, der bereits zur Zeit der Stellung des Antrages nach § 19 Abs. 2 BDO — § 15 Abs. 1 BDO a. F. — für den Beamten tätig ist. Das Amtsgericht hat dem Antrage der Einleitungsbehörde nicht schlechthin zu entsprechen; vielmehr hat es eine Prüfung der Voraussetzungen und 14 15 16 17 18
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Wie Fußnote 12. BVerfGE Bd. 7 S. 53. BGH in NJW 1961 S. 1397 = FaraRZ 1961 S. 367; K G 24. 8. 61 — 1 W 1446/61. BVerfGE Bd. 5 S. 9. BVerwGE in NJW 1961 S. 1549; K G 24. 8. 61 — 1 W 1446/61.
Rechtliche Stellung des Pflegers
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des Bedürfnisses für die Bestellung eines Pflegers vorzunehmen. Müßte das Amtsgericht dem Antrage der Einleitungsbehörde ohne Prüfung der Voraussetzungen für eine Bestellung stattgeben, so würde dies einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG darstellen. So ist auch nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Rechtslehre eine sachliche Prüfung der Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflegers für zulässig erachtet worden 19 . Liegen allerdings die sachlichen Voraussetzungen des § 19 BDO — § 15 BDO a. F. — vor, so kann das Amtsgericht die Bestellung des Pflegers nicht nach seinem Ermessen ablehnen. Gegen die Bestellung des Pflegers steht jedem das Recht auf Einlegung der Beschwerde zu, der hierdurch beeinträchtigt ist (§ 20 FGG). Dies ist in erster Linie der Beamte. Das Beschwerderecht kann von ihm nicht ausgeübt werden, wenn eine Verständigung mit ihm nicht möglich ist 20 . Dies gilt vor allem für den geisteskranken Beamten81. Das Beschwerderecht gegen eine Verfügung, durch die die Anordnung einer Pflegschaft abgelehnt oder eine bereits bestehende Pflegschaft aufgehoben ist, steht jedem, der ein rechtliches Interesse an der Änderung der Verfügung hat, zu, auch dem Ehegatten, den Verwandten und den Pflegebefohlenen des Beamten (§57 Abs. 1 Ziff. 3 FGG). IV. BEENDIGUNG DES AMTES ALS PFLEGER Das Amt des Pflegers erlischt mit der Beendigung des Disziplinarverfahrens oder nach Eintritt der Verhandlungsfähigkeit des Beamten. Wird der Beamte wieder verhandlungsfähig oder ist er wieder anwesend, so gilt solange noch die Pflegschaft, bis sie wieder vom Amtsgericht aufgehoben ist. Solange nämlich die ordnungsgemäß vorgenommene Pflegschaft nicht aufgehoben ist, ist von der Vertretungsbefugnis des Pflegers auszugehen22. Das Amtsgericht kann fernerhin den Pfleger abberufen,wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, wenn sich z. B. der bestellte Beamte als Pfleger unfähig erwiesen hat. Bis zur Entlassung hat der Pfleger die Geschäfte als solcher wahrzunehmen. Keineswegs kommt in Betracht, daß er sein Amt niederlegt und sich jeglicher Rechtshandlungen im Disziplinarverfahren enthält. Wohl kann er seine Entlassung beantragen, muß aber sein Amt noch so lange wahrnehmen, bis ihn das Amtsgericht ausdrücklich entlassen hat, was nur dann in Betracht kommt, wenn die Pflegschaft aufgehoben oder ein anderer Beamter zum Pfleger ernannt ist. V. RECHTLICHE STELLUNG DES PFLEGERS 23 Der Pfleger nimmt die Rechte und Pflichten des Beamten im Disziplinarverfahren wahr. Er hat nicht die Stellung eines Verteidigers, sondern eines gesetzlichen Vertreters. Er kann sämtliche Erklärungen abgeben, die dem Beamten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zukommen. 1 9 Wie Fußnote 12; vgl. auch BayrObLGZ 1957 S. 347 zu Art. 95 BayrBeaG; J a n s e n Anm. 6 zu §38 FGG; die entgegenstehende Auffassung von P a l a n d t - L a u t e r bach Anm. 7 zu § 1910 BGB ist durch § 140 BRRG überholt. 20 K G in JW 1939 S. 168. 21 K G in OLGE Bd. 21 S. 246, Bd. 38 S. 262; RGZ Bd. 145 S. 284. 22 DokBer. Nr. 1605. 23 Vgl. W i l h e l m in BayrVBl. 1962 S. 166 (168).
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Der Pfleget
Die Erklärungen des Pflegers können von denen des Beamten abweichen. Ein Verteidiger kann nur vom Pfleger bestellt werden; er wird allerdings bei der Auswahl desselben auf die Wünsche des Beamten bzw. seiner Angehörigen Bedacht nehmen müssen24. Selbst wenn ein Pfleger bestellt ist, hat der Beamte trotzdem Anspruch auf Anwesenheit bei den Zeugenvernehmungen, die im Laufe der Untersuchung durchgeführt werden, und bei der Hauptverhandlung, wo ihm auch rechtliches Gehör zu gewähren ist 26 . Zustellungen und Mitteilungen sind an den Pfleger zu machen. Wird dies nicht beachtet, so sind die betreffenden Handlungen unwirksam. So würde z. B. bei der Zustellung eines Urteils an den Beamten statt an den Pfleger die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen beginnen und keine Rechtskraft eintreten. Sonstige beamtenrechtliche Erklärungen, die sich nicht aus dem Disziplinarrecht selbst, sondern aus sonstigen beamtenrechtlichen Bestimmungen ergeben, kann der Pfleger nicht abgeben. Glaubt er z. B. einen Entlassungsantrag nach § 30 BBG stellen zu müssen, um den Beamten vor weiteren disziplinaren Maßnahmen zu bewahren, so wäre ein solcher von ihm gestellter Entlassungsantrag unwirksam und das Disziplinarverfahren weiterzuführen, Für seine Tätigkeit erhält der Pfleger keine Vergütung. Er kann jedoch Ersatz der notwendigen Auslagen verlangen. Diese galten als bare Auslagen im Sinne des § 97a Abs. 2 Nr. 9 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. § 111 Abs. 2 Nr. 8 BDO i. d. F. der Novelle führt sie ausdrücklich auf. VI. LANDESRECHTLICHE REGELUNG Sämtliche Disziplinargesetze der Länder haben für den Fall, daß der Beschuldigte nach Begehung des Dienstvergehens geisteskrank oder verhandlungsunfähig geworden ist, die Bestellung eines Pflegers für den weiteren Lauf des Disziplinarverfahrens vorgesehen, wobei sie entweder die Regelung des § 15 RDStO bzw. BDO i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 18.11. 52 übernommen haben, wie Art. 16 DStO Bayr., § 15 DStO Brm., § 18 LDO Rh.-Pf. und § 15 DStO Saar, oder sich der Regelung des § 15 BDO i. d. F. des § 140 BRRG anschließen, wie § 18 LDO BW, § 18 LDO Bln., § 15 DO Hmb., § 16 HDO, § 19 NDO, § 18 DO NW und § 20 DStO Schl.-Hol. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 LDO BW hat das Amtsgericht dem Antrag der Einleitungsbehörde auf Bestellung eines Pflegers zu entsprechen. Insoweit gleicht die Regelung in Baden-Württemberg den Bestimmungen in Bayern, Bremen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Tatsächlich unterscheidet sie sich von den Vorschriften des Bundes und der übrigen Länder nicht, weil ganz allgemein das Amtsgericht dem Antrag der Einleitungsbehörde nur dann zu entsprechen hat, wenn die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflegers gegeben sind. Durch Art. II § 1 Nr. 4 des 7. LBÄndG Bln. vom 16. 2. 1966 (GVB1. S. 423) erhält § 18 Abs. 3 LDO Bln. folgenden Wortlaut: „Liegen im Falle des Abs. 1 die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflegers zur Wahrnehmung der Rechte des Beschuldigten in dem Verfahren nicht vor, so bestellt die Disziplinarkammer hierzu auf Antrag der Einleitungsbehörde oder von Amts wegen einen Verteidiger." BDH 1. 7. 60 — II D 93/59 — in ZBR 1961 S. 388 = L i n d g e n Teil IV Nr. 565. RDH 27. 1. 32 in DJZ 1932 S. 938; RDH bei F o e r s t e r 1933 S. 130; PrDHnichtrB 2 5 . 1 . 26 in DJZ 1926 S. 602. 24
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Geschichtliche Entwicklung
§77
§ 77. Der Verteidiger 1 I. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG A. Preußen Nach § 41 der Preuß. Beamtendisziplinar-Verordnung vom 11. 7. 1849 (PrGS S. 271) und §37 der Preuß. Richterdisziplinar-Verordnung vom 10. 7. 1849 (PrGS Bl. S. 253) konnte erstmals sich der Angeschuldigte in der Verhandlung vor der entscheidenden Disziplinarbehörde des Beistandes eines Advokaten oder Rechtsanwalts als Verteidiger bedienen. Wenn das Disziplinarorgan in der Ladung zur Verhandlung oder später es zugelassen hatte, konnte sich der Angeschuldigte auch in seiner Abwesenheit durch den Verteidiger vertreten lassen. § 37 des Preuß. Beamtendisziplinar-Gesetzes vom 21. 7.1852 (PrGS S. 456) und § 32 des Preuß. Richterdisziplinar-Gesetzes vom 7. 5. 1852 (PrGS S. 218) erweiterten die bisherigen Bestimmungen insofern, als der Angeschuldigte sich im Falle seines Nichterscheinens zur Hauptverhandlung ganz allgemein durch einen Verteidiger vertreten lassen konnte. Die Disziplinarbehörde konnte jedoch das persönliche Erscheinen mit der Warnung anordnen, daß beim Ausbleiben des Angeschuldigten der Verteidiger nicht mehr zugelassen würde. Dem Angeschuldigten konnte auch ein Offizialverteidiger gestellt werden. Gemäß § 20 der Preuß. Beamten-Dienststrafordnung vom 21. 7. 32 (PrGS S. 59) und § 38 der Preuß. Richter-Dienststrafordnung vom gleichen Tage (PrGS S. 79) wurde der Personenkreis der als Verteidiger zugelassenen Personen auch auf Verwaltungsrechtsräte, Rechtslehrer an Deutschen Hochschulen, Vertreter von Beamtenorganisationen erweitert, während bei Disziplinarverfahren gegen Richter nur Rechtsanwälte als Verteidiger zugelassen waren. Sonstige Personen konnten durch die Disziplinarorgane zugelassen werden. Der Angeschuldigte konnte sich in jeder Lage des förmlichen Disziplinarverfahrens durch einen Verteidiger vertreten lassen. Mit Zustellung der Anschuldigungsschrift stand dem Verteidiger ein uneingeschränktes Recht auf Einsicht in die Disziplinarakten zu; vorher nur, wenn der Untersuchungszweck nicht gefährdet war (vgl. § 21 bzw. § 37 a. a. O.). Der Verteidiger war zur Hauptverhandlung zu laden, wo er in Anwesenheit des Beschuldigten als Beistand und in dessen Abwesenheit als Vertreter auftreten konnte; im letzteren Falle war sein Auftreten nur dann untersagt, wenn dies in der Ladung dem Beschuldigten für den Fall seines Nichterscheinens angedroht war (§§46 bzw. 53 a. a. O.). Der Verteidiger konnte für den Angeschuldigten Berufung einlegen (§§51 bzw. 58 a. a. O.). Ebenso war er im Wiederaufnahmeverfahren zugelassen.
B. Reich Nach § 101 Abs. 2 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3. 1873 (RGBl. S. 61) konnte sich der Angeschuldigte im Disziplinarverfahren eines Rechtsanwalts als Verteidiger bedienen, wobei diesem gestattet war, Einsicht in die Voruntersuchungsakten zu nehmen. Nach § 102 Satz 2 a. a. O. konnte sich der Angeschuldigte durch einen Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten lassen, wobei — ebenso wie im preußischen Recht — das Disziplinargericht das persönliche Erscheinen des Angeschuldigten unter der Warnung anordnen konnte, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht zugelassen werden würde. Dies galt jedoch nur dann, wenn der Angeschuldigte seinen dienst1 Für das RBG: vgl. Brand: Reichsbeamtengesetz S. 167; Pieper „Reichsbeamtengesetz" S.405,275; P e r e i s - S p i l l i n g Reichsbeamtengesetz zu §100; für dieRDStO:Mumm „Die Stellung des Rechtsanwalts als Verteidiger und Berater im Dienststrafverfahren gegen Beamte auf Grund der RDStO vom 26.1. 37" in JW 1937 S. 1382; Reuß „Der Verteidiger im neuen Dienststrafrecht" in Beamtenjahrbuch 1937 S. 327ff.; Reuß „Verteidigung in Dienststrafsachen" in JW 1938 S.209; L ü t t g e r in NJW 1951 S. 744; für das geltende Recht: Ausschußbericht des Ausschusses für Beamtenrecht in Bundestag in Bundestagdrucksache Nr. 3594 zu Ziff. 19; Reuß „Verteidigung in Beamten-Disziplinarsachen" in DVB1. 1954 S. 8: R e u ß „Der Anwalt als Disziplinarverteidiger" in JR 1960 S. 129; S t a k s „Beamte als Disziplinarverteidiger" in ZBR 1954 S. 240; Schütz „Der Verteidiger im Disziplinar- (Dienststraf-) recht"inDöD 1961 S. 129; BehnkeinDöV1952S.679; Dernedde in DVB1. 1952 S. 709; Reuß „Der Anwalt als Rechtsbetreuer von Beamten" in ZBR 1961 S. 129.
14 Liadgen, Disziplinarrecht II
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Der Verteidiger
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liehen Wohnsitz im Reichsgebiet hatte. Nach § 111 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. konnte der Angeschuldigte die Berufung auch durch einen Bevollmächtigten einlegen lassen. Der Reichsratsentwurf zu einer Reichsdienststrafordnung vom 12. 11. 31 2 sah in § 48 Abs. 1 vor, daß der Beschuldigte sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen konnte. Zu Verteidigern sollten die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte und Verwaltungsräte, Rechtslehrer an deutschen Hochschulen, Beamte sowie Vertreter einer Beamtenorganisation, deren Mitglied der Beschuldigte war, gewählt werden (§48 Abs. 2 a. a. O.). Andere Personen sollten nur mit Genehmigung des Gerichts oder, soweit ein Gericht mit der Sache noch nicht befaßt war, der Eröffnungsbehörde zugelassen werden können (§ 48 Abs. 3 a. a. O). § 56 RDStO Abs. 1 Satz 1 der Reichsdienststrafordnung vom 26. 1. 37 (RGBl. I S. 71) sah gleichfalls die Möglichkeit vor, daß sich der Beschuldigte nach der Rechtshängigkeit des Disziplinarverfahrens eines Verteidigers bedienen konnte. In § 49 Abs. 3 RDStO war ausdrücklich bestimmt, daß im Untersuchungsverfahren kein Verteidiger zugelassen war. Im Verfahren anläßlich der Unterbringung des Beschuldigten in einer Heil- oder Pflegeanstalt war dem Beschuldigten jedoch nach § 48 Abs. 1 Satz 3 RDStO sogar von Amts wegen ein Verteidiger zu bestellen. Gegenüber dem Reichsbeamtengesetz wurde nach § 56 Abs. 2 a. a. O. der Kreis der Verteidiger insofern erweitert, als neben bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälten auch Verwaltungsrechtsräte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen zugelassen worden waren.
C. Bund Auf Grund des Art. 1 Ziff. 19 des Änderungsgesetzes zur RDStO vom 28. 11. 52 (BGBl. I S. 749) ist der Verteidiger auf einen besonderen Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages nicht erst nach Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, sondern Im Interesse des Rechtsschutzes in jeder Lage des Verfahrens — also auch im Vorermittlungsverfahren nach §21 ff. BDO und im Disziplinarverfügungsverfahren nach §§24 ff. BDO — zugelassen. Aus diesem Grunde sind die Vorschriften über die Verteidigung nicht mehr — wie bisher — im 7. Abschnitt enthalten, sondern als § 30 e BDO in einem besonderen Abschnitt 4 b aufgenommen. Allerdings sollte durch die Zulassung des Verteidigers das Verfahren als solches und das öffentliche Interesse nicht gefährdet werden; durch § 21 Abs. 2 BDO, der §§ 147 Abs. 2 und 192 Abs. 2 StPO entspricht, soll es im pflichtgemäßen Ermessen dessen, der die Vorermittliungen führt, stehen, zu entscheiden, ob der Untersuchungszweck gefährdet und deshalb die Akteneinsicht dem Verteidiger zu verweigern ist; überdies kann der Verteidiger den Vernehmungen nicht selbst beiwohnen, sondern nur nachher das Vernehmungsprotokoll einsehen. Bezüglich des Personenkreises, der als Verteidiger im Disziplinarverfahren in Betracht kommt, geht Art. 1 Ziff. 19 des Änderungsgesetzes von 1952 über die bisherige Regelung insoweit hinaus, als nunmehr außer den oben genannten Personen auch Vertreter der Gewerkschaften und Berufsverbände sowie sonstige Beamte zugelassen sind (§ 30e Abs. 2 Satz 1 BDO). Beim Bundesdisziplinarhof sind allerdings nach § 30 e Abs. 2 Satz 2 BDO als Verteidiger nur solche Personen zugelassen, welche die Fähigkeit zum Richteramt an einem ordentlichen Gericht oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen an einem allgemeinen Verwaltungsgericht haben. Nach Satz 1 DVO zu § 30 e BDO ist der Verteidiger zur Teilnahme am Verfahren und zur Akteneinsicht in demselben Umfange berechtigt wie der Beschuldigte. Ein nach § 48 Abs. 1 Satz 3 und 4 BDO bestellter Verteidiger ist nach Satz 2 DVO zu § 30 e BDO stets und ein gewählter Verteidiger dann zu laden, wenn die Wahl dem Gericht angezeigt worden ist. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle kann sich der Beamte ganz allgemein im Disziplinarverfahren eines Verteidigers bedienen, was auch für die Fälle der §§121 bis 124c BDO i. d. F. der Novelle gilt. Er ist nach § 40 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle zu allen Vernehmungen und Beweiserhebungen in der Untersuchung und im disziplinargerichtlichen Verfahren — abgesehen von Beschlagnahmen und Durchsuchungen — zu laden. Von allen Entscheidungen und Verfügungen der Einleitungsbehörde, des Untersuchungsführers und des Disziplinargerichts, die dem Beschuldigten zuzustellen sind, ist dem Verteidiger eine Abschrift zu übersenden (§40 Abs. 1 Satz 4 BDO i. d. F. der Novelle). Dem Verteidiger steht ferner das Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen, im gleichen Umfange zu wie dem Beamten (§40 Abs. 1 Satz 5 BDO i. d. F. der Novelle). Entsprechend der herrschenden Rechtslehre sollen solche Rechtsanwälte, Hochschullehrer und Vertreter der Beamtengewerkschaften nicht mehr als Verteidiger zugelassen werden, die nicht im Geltungs2
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Abgedruckt bei F o e r s t e r - S i m o n s 1932, S. 308 (318).
Als Verteidiger zugelassene Personen
§77
bereich des Grundgesetzes zugelassen sind bzw. daselbst ihren Sitz haben. Als Verteidiger sind beim Bundesverwaltungsgericht nur Personen zuzulassen, die die Befähigung zum Richteramt haben oder die die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen. Ruhestandsbeamte sind im gleichen Umfange wie Beamte zugelassen (§ 40 Abs. 1 Satz 5 BDO i. d. F. der Novelle).
II. ALS VERTEIDIGER ZUGELASSENE PERSONEN Verteidiger können die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen sowie Vertreter der Beamtengewerkschaften im Bereich des Grundgesetzes Beamte und Ruhestandsbeamte sein (vgl. § 40 Abs. 2 Satzl BDO—§ 30 e Abs. 2 Satzl BDOa.F.—). Die Rechtsanwälte müssen im Geltungsbereich des Grundgesetzes zugelassen sein. Wenn auch § 30e Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 von bei „deutschen Gericht zugelassenen Personen" spricht, so kann es sich hierbei um eine Zulassung nach den für die Bundesrepublik geltenden Bestimmungen handeln, so daß nur solche Rechtsanwälte als Verteidiger in Betracht kommen, die bei einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland oder West-Berlins zugelassen sind3. Die Novelle stellt, wie unter I gezeigt worden ist, klar, daß nur solche Rechtsanwälte in Frage kommen, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes, also in der Bundesrepublik Deutschland und im Lande Berlin, zugelassen sind. Ein Assessor kann im Disziplinarverfahren nicht zugelassen werden, auch nicht in Untervollmacht eines Rechtsanwalts; hat er z. B. eine Berufungsbegründungsschrift unterzeichnet, so ist diese unwirksam4. Vertretungsverbote gegen Rechtsanwälte im ehrengerichtlichen Verfahren machen Prozeßhandlungen derselben im Disziplinarverfahren nicht unwirksam, sollen aber dem Disziplinarorgan Veranlassung zur Zurückweisung solcher Prozeßhandlungen geben (vgl. §§ 155 Abs. 6 und 156 Abs. 2 BRAO). § 30e Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 bezeichnete noch Verwaltungsräte6 als Verteidiger. Unter I ist bereits darauf hingewiesen, daß seit dem 1. 10. 60 die Zulassung als Verwaltungsrat erloschen und § 30 e Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 insoweit gegenstandslos geworden ist. Als Hochschullehrer kommen auch nichtbeamtete Kräfte, wie z. B. Privatdozenten und entpflichtete Hochschullehrer, in Betracht. Sie können nur bei einer Hochschule in der Bundesrepublik oder West-Berlin zugelassen sein. Nach § 40 Abs. 2 BDO — § 30e Abs. 2 BDO a. F. — müssen sie die Zulassung im Geltungsbereich des Grundgesetzes erhalten haben. Sie brauchen lediglich als Rechtslehrer zugelassen zu sein, was noch nicht voraussetzt, daß sie Mitglieder einer juristischen Fakultät sind; so können auch solche HochVgl. BGHE Bd. 8 S. 200; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. I 2a zu § 138 StPO. BDH 3 . 1 2 . 53 — II D 149/53 — BDHE Bd. 1 S. 111 = L i n d g e n Teil IV Nr. 146; Behnke Anm. 3 zu § 30e BDO. 5 Im früheren Land Preußen waren Verwaltungsrechtsräte auf Grund des Gesetzes über die Vertretung vor den Verwaltungsgerichten vom 25. 5. 26 (PrGS S. 163) i. d. F. vom 4. 10. 33 (PrGS S. 367) und vom 19. 4. 37 (PrGS S. 61) zugelassen. Von der britischen Militärregierung waren für den Bereich der britischen Zone die Zulassungen, die vor dem Zusammenbruch erteilt waren, nicht anerkannt. Die Verwaltungsgerichtspräsidenten der britischen Zone waren jedoch ermächtigt, Personen, welche die in § 1 des Ges. vom 25. 6. 26 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllten, als Verwaltungsrechtsräte zuzulassen. Da diese Ermächtigung im Juni 1949 widerrufen worden ist, war die Zulassung von Verwaltungsrechtsräten in der britischen Zone nicht mehr möglich. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte das Preußische Gesetz vom 25. 5. 26 durch das Gesetz vom 7. 6. 49 (GuVBl. Nordrhein-Westfalen S. 189) aufgehoben. 8 4
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Der Verteidiger
schullehrer in Disziplinarsachen auftreten, die bei einer Technischen Hochschule, einer Handels-Wirtschaftshochschule oder einer Bergakademie als Rechtslehrer zugelassen sind. Als Verteidiger kommen ferner Vertreter der Beamtengewerkschaften in Frage. Hierzu rechnen auch die Berufsverbände der Beamten. Die Beamtengewerkschaften müssen ihren Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben. Deren Vertreter brauchen nicht dem Fachverband des Beamten anzugehören. So kann z. B. ein Vertreter der „Gewerkschaft öffentliche Dienste" als Verteidiger eines Beamten auftreten, der bei der Deutschen Postgewerkschaft organisiert ist. Überhaupt ist es nicht notwendig, daß der Beamte der Gewerkschaft als Mitglied angehört, deren Vertreter als Verteidiger für ihn auftritt. Der in § 40 Abs. 2 BDO — § 30e Abs. 2 BDO a. F. — gewählte Wortlaut „Vertreter der Beamtengewerkschaft" schließt es aus, daß der Beamte eine B e a m t e n g e w e r k s c h a f t als s o l c h e mit der Verteidigung beauftragt 6 . Da mit der Wahl als Verteidiger persönliche Vertrauensbeziehungen geknüpft werden sollen, soll die Übertragung einer Vollmacht an eine vom Beamten selbst zu seinem Beistand gewählte oder gebilligte Person in Frage kommen. Die Beamtengewerkschaft als solche ist daher nicht in der Lage, für einen Beamten Verfahrenshandlungen vorzunehmen, sei es unter ihrer Gesamtbezeichnung, sei es unter der Bezeichnung ihrer allgemeinvertretungsberechtigten Organe. Der Beamte muß daher einem Vertreter der Beamtengewerkschaft eine auf dessen Namen lautende Verteidigervollmacht ausstellen. Wenn der Beamte in der Vollmacht schreibt, daß „die Beamtengewerkschaft bevollmächtigt ist", so kommt es auf den Wortlaut allein nicht entscheidend an. Wollte nach gewissen Anzeichen der Beamte bestimmte Beamtengewerkschaftsmitglieder persönlich bevollmächtigen, hat er aber im Briefkopf die Beamtengewerkschaft genannt und im Text die „Wir-Form" gewählt, so ist dies noch nicht entscheidend zu seinen Ungunsten auszulegen, weil ein nach § 40 Abs. 2 BDO — § 30e Abs. 2 BDO a. F. — ordnungsgemäß bevollmächtigter Beamtengewerkschaftsvertreter als Verteidiger zugleich in seiner Funktion als Vertreter der betreffenden Beamtengewerkschaft in Erscheinung treten und ebenso in der „Wir-Form" sprechen kann, wenn neben ihm ein anderer Beamtengewerkschaftsvertreter bevollmächtigt worden ist7. Entscheidend ist, daß der Verteidiger die Rechtserklärung, wie z. B. die Beschwerdeschrift oder die Berufungsbegründung, ausdrücklich nicht als Beamtengewerkschaftsvertreter, sondern außerdem noch als „Verteidiger" unterzeichnet hat, was eindeutig ausschließt, daß er die „Beamtengewerkschaft" selbst als Verteidigerin angesehen hat8. Eine auf den ersten Vorsitzenden einer Beamtengewerkschaft namentlich ausgestellte Vollmacht erstreckt sich nicht auf andere Mitglieder des Beamtengewerkschaftsvorstandes9. Es geht auch nicht an, daß die Gewerkschaft oder der Berufsverband in dem Vordruck für die Bevollmächtigung den Satz aufnimmt „Die Beamtengewerkschaft ist be6 DiszSenat OVG Münster 24. 4. 57 — Y 7/56 — L i n d g e n Teil IV Nr. 162 = OVGE (DiszS) Bd. 1 S. 12; DokBer. Nr. 1604. 7 Auch in BDH 8. 9. 59 — I D 75/58 — in DokBer. Nr. 1208 sind aus einer ähnlichen Fassung keine entscheidenden Folgerungen gezogen worden. 8 DokBer. Nr. 1722. ' BDH 6. 2. 56 — I D V 1/56 — BDHE Bd. 3 S. 90 = ZBR 1956 S. 164; DokBer. Nr. 1359 und 1604; vgl. auch BDH 18. 8. 55 — I D 15/55 — BayrDstH 7. 10. 59 — Nr. 8 DS n 59 — VGH n. F. 12 HI 20 = L i n d g e n Teil IV Nr. 419.
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rechtigt, erforderlichenfalls im Verlaufe des Disziplinarverfahrens einen anderen Verteidiger zu bestellen"; sie kann nämlich nicht mehr Rechte übertragen als sie selbst hat 10 . Der Beamtengewerkschaftsvertreter braucht nicht Beamter zu sein, wenn es sich auch empfehlen dürfte, daß die Beamtengewerkschaft nur solche Personen als Verteidiger zur Verfügung stellen, die mit dem Beamtenrecht — besonders mit dem Disziplinarrecht — gut vertraut sind. Der Beamte kann schließlich auch Beamte zu seinem Verteidiger bestellen. Der zum Verteidiger bestellte Beamte braucht nicht der gleichen Behörde wie der Beamte anzugehören. Ebenso brauchen Beamter und Verteidiger nicht den gleichen Dienstherrn zu haben; so kann z. B. ein Landesbeamter in einem Disziplinarverfahren gegen einen Bundesbeamten auftreten. Bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO schieden Ruhestandsbeamte aus, sofern es sich hier nicht um Hochschullehrer oder Vertreter von Gewerkschaften oder Berufsverbänden der Beamten handelte11. Ein nach § 53 Abs. 4 BRAO auf bestimmte Zeit zum Vertreter eines Rechtsanwalts bestellter Ruhestandsbeamter konnte nur für den vom Beamten bevollmächtigten Rechtsanwalt, nicht aber selbständig auf Grund einer für ihn persönlich ausgestellten Vollmacht als Verteidiger auftreten 12 . Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BDO kommen Ruhestandsbeamte ganz allgemein als Verteidiger in Frage. Eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung des Beamten liegt nicht vor, wenn die Dienstbehörde den Verteidiger mit Rücksicht auf dessen Eigenschaft als Personalsachbearbeiter oder als Personalreferent zur Niederlegung der Verteidigung auffordert, um Konfliktmöglichkeiten auszuschließen13. Ganz gleich, ob es sich um Rechtsanwälte, Beamte oder Vertreter der Beamtengewerkschaften handelt, so scheiden sie nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BDO aus, wenn bei ihnen die Voraussetzungen des § 51 Nr. 4 und 6 BDO vorliegen, d. h. wenn sie bei der Disziplinarverfolgung des Beamten in der anhängigen Sache tätig gewesen oder als Zeuge oder als Sachverständiger vernommen (§51 Nr. 4 BDO) oder Dienstvorgesetzter des Beamten oder bei der Dienststelle des Beamten mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten befaßt waren oder sind (§ 51 Nr. 6 BDO). Beim Bundesverwaltungsgericht kommen als Verteidiger nur solche Personen in Betracht, die die Befähigung zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 2 BDO — § 30e Abs. 2 Satz 2 BDO a. F. —). Als Verteidiger vor den Beamtendisziplinarsenaten des Bundesverwaltungsgerichts kommt nicht ein Rechtsreferendar in Frage, selbst wenn er von einem zugelassenen Verteidiger unterbevollmächtigt ist 14 . Auch ein Assessor — sogar ein Anwaltsassessor — kann nicht vor den Beamtendiszipünarsenaten des Bundesverwaltungsgerichts auftreten,, selbst wenn er eine Untervollmacht des bestellten Rechtsanwalts nachweist16. Die erschwerten Voraussetzungen, die hier an einen Verteidiger gestellt werden, ergeben sich daraus, daß gerade bei einem oberen Bundesgericht oft DokBer. Nr. 1604. BDH 20. 8. 53 — II DB 4/53 —; DokBer. Nr. 1429. 1 2 BDH 6. 7. 60 — I D 43/59 — in ZBR 1961 S. 388 (LS) = L i n d g e n Teil IV Nr. 569 (LS). 13 BDH 27. 11. 61 — III DV 8/61 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 314 (LS). 14 BDH 20. 8. 53 — II D 4/53 —; DokBer., Nr. 1429. 1 6 BDH 3 . 1 2 . 53 — II D 149/53 = Lindgen Teil IV Nr. 146 = BDHE Bd. 1 S. 111.. 10
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sehr schwierige rechtliche Fragen zur Entscheidung heranstehen, die vor allem eine gediegene Kenntnis des Prozeßrechts verlangen. Die Voraussetzung, daß der Verteidiger die Fähigkeit zum Richteramt hat, muß erst von dem Zeitpunkt an gegeben sein, von dem an die Akten an das Bundesverwaltungsgericht übersandt worden sind16. Die Berufung kann also durch die nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 30 e Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — zugelassenen Personen eingelegt und begründet werden. Hierbei ist es gleich, ob die Berufseinlegung und Berufungsbegründung beim Disziplinargericht der ersten Instanz oder beim Bundesverwaltungsgericht eingehen. Selbst wenn die Berufung beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt und begründet wird, sind die Akten dennoch an den Vorsitzenden des erstinstanzlichen Disziplinargerichts zu übersenden, da über die Zulässigkeit der Berufung nach § 83 Abs. 1 BDO — § 70 Abs. 1 BDO a. F. — zunächst der Vorsitzende des erstinstanzlichen Gerichts und auf die Beschwerde gegen seine Verwerfung der Berufung alsdann das Disziplinargericht der ersten Instanz selbst entscheidet. Gehen die Akten innerhalb der Berufungs- bzw. der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht der 1. Instanz ein, so ist es unschädlich, wenn der unmittelbar beim Berufungsgericht eingereichte Schriftsatz, der die Berufung bzw. Berufungsbegründung enthält, von einer Person unterzeichnet ist, die als Verteidiger daselbst nicht zugelassen ist. Da der Verteidiger ein unabhängiges Organ der Rechtspflege sein muß, scheiden solche Personen als Verteidiger aus, die als Mitschuldige in Frage kommen17. Es reicht hierbei auch aus, daß der Betreffende verdächtigt ist, als Mittäter, Anstifter oder Helfer beim Dienstvergehen mitgewirkt zu haben 18 . Der Bestellung zum Verteidiger stand es bis zum Inkrafttreten der Novelle zur BDO nicht entgegen, wenn der hierzu Bestellte in dem Disziplinarverfahren als Zeuge auftreten mußte19. Der Verteidiger, der als Zeuge erscheinen mußte, war während der Verlesung der Anschuldigungsschrift und während der Vernehmung des Beschuldigten und der vor ihm zu hörenden Zeugen von der Hauptverhandlung ausgeschlossen20. Nach seiner Vernehmung konnte er wiederum als Verteidiger auftreten. Die Pflicht, als Zeuge auszusagen, ging seinen Pflichten als Verteidiger vor, weil ein Verteidiger im Gegensatz zum Zeugen ersetzbar ist 21 . Nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO scheiden solche Personen, die bei der Disziplinarverfolgung als Zeuge vernommen worden oder als Sachverständige tätig gewesen waren, als Verteidiger aus (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 30e Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — i. V. m. § 51 Nr. 4 BDO). Auf diese Weise soll gewährleistet werden, daß der Zeuge seine Aussage möglichst unbefangen macht. Da § 40 BDO — § 30 e BDO a. F. — für die im Disziplinarverfahren zugelassenen Personen eine abschließende Regelung getroffen hat, können 16 DokBer. Nr. 1534; vgl. aber auch RG in JW 1935 S.1027 und Vereinigter Zivilsenat des RG in JW 1936 S. 2228. 1 7 RG in JW 1926 S. 2756; BayrObLGSt. Bd. 1953 S. 15. 1 8 RG in J W 1926 S. 2756; BGHSt. Bd. 8 S. 196; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. III 2b zu § 138 StPO; E b e r m a y e r in DJZ 1927 S. 134. 1 9 Vgl. GA Bd. 39 S. 312. 20 RGSt. Bd. 55 S. 219. 21 RG in GA Bd. 62 S. 155; BGH in NJW 1953 S. 1601; a. M. Hagemann in DRiZ 1932 S. 261.
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weitere Personen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Stellvertretung rechtswirksame Prozeßhandlungen vornehmen. Wohl hat im allgemeinen Strafprozeß die Rechtsprechung22 den Grundsatz herausgearbeitet, daß der Angeklagte bei der Einlegung von Rechtsmitteln sich durch einen Bevollmächtigten, der die für einen Verteidiger gesetzlich bestimmten Voraussetzungen nicht erfüllt, vertreten lassen kann, da die allgemeinen Vorschriften der StPO eine Vertretung in der Erklärung nicht verbieten. Dies kann jedoch im Disziplinarverfahren nicht gelten, weil die Vertretung in der Erklärung nur insoweit zulässig ist, als dies in § 40 BDO — § 30 e BDO a. F. — möglich ist. Das Disziplinarrecht verlangt seinem Wesen nach, daß, weil ein disziplinarisches Einschreiten innerdienstlicher Art ist, hiervon nur die Personen Kenntnis erlangen sollen, die nach gesetzlicher Vorschrift im Verfahren ausdrücklich zugelassen sind23. Andernfalls würde z. B. die Nichtzulassung der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung (§ 73 BDO — § 60 BDO a. F. —) illusorisch werden, wenn der Beamte jede beliebige Person mit seiner Vertretung beauftragen könnte. Aus diesem Grunde kann z. B. der Sohn des Beamten24, sofern er nicht die Voraussetzungen des § 40 BDO — § 30 e BDO a. F. — erfüllt, nicht für seinen „zur Zeit abwesenden Vater" Berufung einlegen. Desgleichen ist die Ehefrau nicht zur Wahrung der Rechte ihres Ehemanns im Disziplinarverfahren befugt25. Die von einem Prozeßagenten unterzeichnete Berufungsbegründung ist auch dann unwirksam, wenn der Prozeßagent von der Kammer rechtsirrtümlich als Verteidiger im ersten Rechtszuge zugelassen worden war26. Schriftsätze einer zur Verteidigung nicht zugelassenen Person sind jedoch, wenn sie z. B. die Einlegung oder Begründung der Berufung betreffen, dann wirksam, wenn der Beamte sie nach Eingang bei Gericht innerhalb der Rechtsmittelfrist ausdrücklich zu seiner eigenen Erklärung macht27. Außer in den in § 40 BDO — § 30 e BDO a. F. — genannten Personen sind der Ehegatte und der gesetzliche Vertreter des Beamten als Beistände zuzulassen. Die Aufgabe des Beistandes besteht in der Unterstützung des Beamten. Der Beistand kann auch als Zeuge auftreten, er muß jedoch der Hauptverhandlung bis zu seiner Vernehmung fernbleiben. Die Zulassung muß durch den Ermittlungsbeamten, den Untersuchungsführer und durch das Disziplinargericht erfolgen. Der Beistand kann neben dem Verteidiger auftreten. Einen Anspruch auf Zulassung haben die gesetzlichen Vertreter nur in der Hauptverhandlung (vgl. § 149 StPO). Die Befugnisse des Beistandes beschränken sich auf das Gehör28. So kann der Beistand u. a. Beweiserhebungen anregen. Er ist jedoch kein Vertreter im Verfahren29. Hat eine nicht als Verteidiger zugelassene Person eine rechtserhebliche Erklärung abgegeben, so ist diese grundsätzlich als rechtsunwirksam zu betrachten. Solche Erklärungen sind jedoch dann wirksam, wenn sie der Vgl. RGSt. Bd. 66 S. 209. A. M. offenbar DiszSenat OVG Münster 4. 11. 63 — W 6/63 — in ZBR 1964 S. 269. 24 BDH 20.12. 54 — I D 205/53 — BDHE Bd. 1 S. 102. 26 BDH 23. 5. 56 — III DV 3/56 — DHE Bd. 3 S. 94 = L i n d g e n Teil IV Nr. 128 = DokBer. Nr. 602. 26 BDH 6. 9. 55 — II D 35/55 — BDHE Bd. 2 S. 133. 27 RDStH 8. 8. 39 — V D 36/39. 2 8 RGSt. Bd. 25 S. 152. 29 GA Bd. 60 S. 78. 22
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Beamte innerhalb der Frist, innerhalb derer die Erklärung abzugeben ist, ausdrücklich zu seiner eigenen Erklärung macht30. Die Zulassung anderer Personen als des Ehegatten und des gesetzlichen Vertreters, die im übrigen nur im Vorermittlungsverfahren (§ § 21 fF. BDO) in Frage kommt, liegt im Ermessen des Ermittlungsführers (vgl. § 149 Abs. 3 StPO, wo von „richterlichem" Ermessen die Rede ist, an dessen Stelle im Disziplinarverfahren das Ermessen des Dienstvorgesetzten tritt, da die Disziplinargerichte erst nach Rechtshängigkeit tätig werden, es sei denn, daß in der BDO, BOD i. d. F. der Novelle etwas anderes gesagt ist). m . BESTELLUNG ZUM VERTEIDIGER Der Verteidiger ist vom Beamten zu bestellen, weil das Disziplinarrecht grundsätzlich nur den Wahlverteidiger kennt. Ein Pflichtverteidiger kommt lediglich nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BDO — § 48 Abs. 1 Satz 3 BDO a. F. — in Frage: anläßlich der beabsichtigten Unterbringung des Beamten in eine Heil- oder Pflegeanstalt bestellt der Vorsitzende des Disziplinargerichts einen Verteidiger für dieses Verfahren von Amts wegen, sofern der Beamte nicht selbst einen Verteidiger zugezogen hat. §§ 140 ff. StPO können daher nicht einmal sinngemäß im Disziplinarrecht angewendet werden31. Einem Antrage des Beamten auf Bestellung eines Verteidigers kann also das Disziplinarorgan nicht stattgeben. Dies kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Armenrechts in Frage, weil der Beamte schon im Hinblick der Weiterzahlung zumindest der Hälfte seiner bisherigen Dienstbezüge nicht als „arm" im Sinne des § 114 ZPO angesehen werden kann, so daß die Beiordnung eines Verteidigers unter dem Gesichtspunkt des Armenrechts ausscheidet32. Es verstößt auch nicht gegen das Grundgesetz, wenn dem Beamten im Disziplinarverfahren kein Verteidiger von Amts wegen bestellt wird, selbst wenn er finanziell nicht in der Lage ist, die Kosten hierfür aufzubringen. Seine Interessen werden schon dadurch gewahrt, daß das Disziplinargericht von Amts wegen die Wahrheit erforschen muß, wobei auch die den Beamten entlastenden Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 21 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. —). Im übrigen braucht sich der Beamte zu seiner Verteidigung keinen Rechtsanwalt, dem lediglich ein Honoraranspruch auf Grund der Rechtsanwaltsgebührenordnung erwächst, sondern kann sich auch eine andere der in § 40 Abs. 2 BDO — § 30 e Abs. 2 BDO a. F. — genannten Personen auswählen, die, wie z.B. dieVerteter der Beamtengewerkschaft, die Verteidigung im allgemeinen unentgeltlich übernehmen. Im übrigen gibt es auch im Strafprozeß — abgesehen von den Fällen der §§172 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2, 379 Abs. 3, 379 StPO, die unter dem Gesichtspunkt des Anwaltszwanges betrachtet werden müssen — keinen Armenanwalt; der Angeklagte kann die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nur dann begehren, wenn die Vertretung durch denselben geboten ist (vgl. §§ 172 Abs. 3 Satz 2, 390 Abs. 2 StPO). Wenn der Beamte auch das Recht hat, sich nach § 40 BDO — § 30 e BDO a. F. — eines Verteidigers zu bedienen, so ergab sich nach früherem Recht RDStH 8. 8. 39 — V D 36/39. Wittland Anm. 4 zu § 56 RDStO; Behnke Anm. 6 zu § 30e BDO. 32 BDH 2.11. 55 — I D 29/54 — BDHE Bd. 2 S. 135 = DokBer. Nr. 501 = Lindgen Teil IV Nr. 123; DOG Münster 28. 3. 52 — IV 12/51 — in DöV 1953 S. 30 (LS). 30 31
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Bestellung zum Verteidiger
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jedoch aus dieser Bestimmung noch nicht die Verpflichtung des Dienstvorgesetzten, der Einleitungsbehörde oder des Disziplinargerichts, den Beamten ausdrücklich auf dieses Recht hinzuweisen33. Nach § 21 Abs. 2 Satz 3 BDO ist jedoch dem Beamten zu eröffnen, daß er vor seiner ersten Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen kann. Damit ergibt sich auch die Pflicht, auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich durch einen Verteidiger vertreten zu lassen. Der Verteidiger wird durch den Beamten selbst oder durch seinen gesetzlichen Vertreter34 oder durch den Pfleger36 bestellt. Wer als gesetzlicher Vertreter in Frage kommt, bestimmt sich nach bürgerlichem Recht. Gesetzlicher Vertreter ist auch der Vormund des wegen Trunksucht oder Verschwendung entmündigten Beamten, da er die Sorge für die Person hat (vgl. § 1901 BGB). Hierbei ist zu beachten, daß der gesetzliche Vertreter nicht der Vertreter des Beamten ist, daß also die Erklärungen des letzteren auch ohne Genehmigung des gesetzlichen Vertreters gültig sind. Wenn also der Beamte den Verteidiger ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bestellt hat, ist diese Bestellung wirksam36. Die Wahlbefugnis steht dem Beamten und dem gesetzlichen Vertreter selbständig nebeneinander zu. Dem Ehegatten des Beamten steht das Recht auf Bestellung eines Verteidigers nicht zu. Ist nach § 19 BDO — § 15 BDO a. F. — dem Beamten ein Pfleger bestellt, so kann dieser nur allein einen Verteidiger bestellen. Der Beamte kann in einem Disziplinarverfahren auch mehrere Verteidiger bestellen (vgl. § 146 StPO). Ebenso kann ein Verteidiger auch von mehreren Beamten, die sich in einem einzigen Verfahren verantworten müssen, bestellt sein, sofern sich hierbei keine Interessenkollision ergibt37, indem z. B. ein Beamter einen anderen Mitbeschuldigten belastet. Bei widerstreitenden Interessen hat das Disziplinargericht den Verteidiger von der später übernommenen Verteidigung auszuschließen38. Vertritt der Verteidiger mehrere Beamte, bedarf es nach § 146 Abs. 2 Satz 1 StPO nur einer Zustellung, wenn das Schriftstück mehrere oder sämtliche Beamte betrifft (vgl. § 146 Abs. 2 StPO). Der Verteidiger muß sich durch eine Vollmacht ausweisen, wenn er nicht in Anwesenheit des Beamten auftritt39. Eine besondere Form ist für die Vollmacht nicht vorgeschrieben. Es genügt auch die Anzeige des Beamten beim Diszipünarorgan40. Die Vollmacht braucht nicht beglaubigt zu sein. Für die Bevollmächtigung spricht die Vermutung, daß der Verteidiger für den Beamten eine Eingabe fertigt. Bei der Einlegung eines Rechtsmittels geDokBer. Nr. 1587. Reuß in JW 1938 S. 211. 36 Vgl. W i t t l a n d Anm. 5 zu § 56 RDStO. 38 GA Bd. 60 S. 78; RGSt. Bd. 38 S. 106. 3 7 RGSt. Bd. 35 S. 190. 3 8 Vgl. RGSt. Bd. 35 S. 191; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu §146 StPO. 8 9 RGSt. Bd. 21 S. 125. 40 Reuß in JW 1938 S. 210; Brand Anm. 3 zu § 56 RDStO; nach VGH Kassel 1. 8. 63 — ODV 34/60 — in DVB1. 1964 S. 876 muß die Prozeßvollmacht im Verwaltungsprozeß eigenhändig unterschrieben sein, da die Schriftlichkeit hier nicht nur Beweiszwecken dient, sondern vielmehr eine wesentliche Formvorschrift darstellt, ohne die die Vollmacht als Prozeß vollmacht nicht entstehen kann; bei der Einlegung eines Rechtsmittels muß die Vollmacht innerhalb der gesetzlichen Frist nachgereicht werden. 33
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Der Verteidiget
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nügt die rechtzeitige Einlegung durch den Verteidiger, sofern die Vollmacht innerhalb der Frist erteilt ist 41 . Die Bevollmächtigung kann auch erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist nachgewiesen werden 42 . Die rechtzeitige Rechtsmitteleinlegung ist dagegen dann unwirksam, wenn die Vollmacht erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erteilt worden ist, so daß in einem solchen Falle das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ist 43 . Die Vollmacht kann unbeschränkt oder nur auf einzelne Prozeßhandlungen oder nur für einzelne Verfahrensabschnitte beschränkt werden. Ist sie unbeschränkt erteilt, so gilt sie auch für das Wiederaufnahme- und das Gnadenverfahren44. Nimmt der Beamte einzelne Prozeßhandlungen selbst vor, so ist darin noch nicht eine Rücknahme der Vollmacht zu erblicken46. Die Erteilung einer Untervollmacht an eine andere Person ist zulässig, sofern bei ihr die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 BDO — § 30 e Abs. 2 BDO a. F. — vorliegen. Der Beamte muß jedoch mit der Erteilung einer Untervollmacht einverstanden sein. Die Einwilligung kann schriftlich oder mündlich erteilt werden. U. U. genügen konkludente Handlungen. Die Einwilligung kann bereits in der Hauptvollmacht erteilt werden. Bei rein formellen Handlungen, wie der Einlegung der Berufung nach § 81 BDO — § 68 BDO a. F. — § 68 BDO, BDO i. d. F. der Novelle, ist ohne weiteres zu vermuten, daß der Beamte einwilligt, daß ein Unterbevollmächtigter für den Verteidiger auftritt46. Das Vorliegen der Untervollmacht ist nachzuweisen; der Nachweis kann auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist geführt werden47. Der nach § 53 BRAO als allgemeiner Vertreter eines Rechtsanwalts bestellte Vertreter braucht eine Untervollmacht nicht nachzuweisen. Es kann aber der Nachweis der allgemeinen Bestellung als Vertreter verlangt werden. Ohne Vollmacht vorgenommene Rechtshandlungen des Verteidigers sind unwirksam. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn nachträglich eine Vollmacht erteilt wird 48 . Hat der Verteidiger ohne Vollmacht ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf eingelegt, so hat er die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen 49 . IV. BEENDIGUNG DER VOLLMACHT FÜR DEN VERTEIDIGER Die Vollmacht gilt für das gesamte Disziplinarverfahren bis zur Rechtskraft der Disziplinarentscheidung und für ein etwaiges Wiederaufnahmeverfahren, es sei denn, daß die Vollmacht nur auf einzelne Rechtshandlungen beschränkt ist; die Einschränkung bedarf einer schriftlichen Anzeige beim Disziplinarorgan. RGSt. Bd. 29 S. 257. BDH 20. 12. 54 — I D 148/53 — Lindgen Teil IV Nr. 69; RGSt. Bd. 21 S. 125, Bd. 46 S. 372 und Bd. 66 S. 210. 43 RGSt. Bd. 41 S. 14. 44 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. IV 4 zu § 138 StPO. 46 RGSt. Bd. 25 S. 153. 46 RGSt. Bd. 41 S. 15. 47 RGSt. Bd. 29 S. 257. 4 8 GA Bd. 50 S. 120. 49 BayrDStH 25. 8. 61 — Nr. 25 DS I 60 — VGH n. F. 14 III Nr. 4 S. 7 == L i n d g e n TeilIV Nr. 617; vgl. auch L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 7a zu §473 StPO; K l e i n k n e c h t M ü l l e r Anm. 2b II und Anm. 6 zu § 473 StPO; Eb. S c h m i d t , Lehrkommentar zur StPO Anm. 9 zu § 473 StPO. 41
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Aufgaben und Befugnisse des Verteidigers
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Selbst eine unbeschränkte Vollmacht erlischt, wenn der Beamte dieselbe widerruft. Es bedarf dann einer schriftlichen Anzeige beim Disziplinarorgan, bei dem das Disziplinarverfahren schwebt50. Für die Abberufung des Verteidigers durch den gesetzlichen Vertreter bzw. den Pfleger gilt das unter III Gesagte entsprechend. Die Vollmacht endet mit dem Tode des Beamten, so daß der Verteidiger von diesem Zeitpunkt an keine rechtserheblichen Erklärungen — selbst nicht einmal einen Wiedereinsetzungsantrag — stellen kann 61 . Ebenso kann der Verteidiger nach Einstellung des Verfahrens infolge Ablebens des Beamten nicht den Antrag stellen, die Kosten der Verteidigung dem Bund aufzuerlegen 62 ; jedoch können in einem solchen Falle die Witwe und die sonstigen Hinterbliebenen des Verstorbenen dem bisherigen Verteidiger die Vollmacht erteilen, einen solchen Antrag zu stellen. Ein Verteidiger muß mit Rücksicht darauf, daß er ein unabhängiges Organ der Disziplinarrechtspflege ist, sein Amt dann niederlegen, wenn er sich anläßlich der Verteidigung selbst ein Dienstvergehen zuschulden kommen läßt, so daß der gleichfalls mit einer disziplinarischen Verfolgung rechnen muß. Dies kommt vor allem dann in Frage, wenn der Verteidiger Beamter ist. Das Dienstvergehen muß dann in der Verteidigung selbst liegen, was z. B. der Fall wäre, wenn der Verteidiger, der selbst Beamter ist, Mitglieder des Disziplinargerichts in der Hauptverhandlung beleidigt oder zu nötigen versucht. Die Gefahr, daß der Verteidiger anläßlich der Verteidigung erlangtes Wissen in der Öffentlichkeit verwerten kann, reicht nicht aus, um ihm die Zulassung als Verteidiger zu entziehen. Besteht jedoch die Gefahr, daß er Staatsgeheimnisse, die er anläßlich seiner Verteidigung in Erfahrung gebracht hat, außerhalb der Bundesrepublik preisgeben werde, kann er von der Verteidigung selbst dann ausgeschlossen werden, wenn dies gegen seinen Willen geschehen sollte. Ein Ausschluß als Verteidiger kann in Frage kommen, wenn er durch unbotmäßiges Verhalten die Untersuchung oder die Hauptverhandlung stört. Liegen Gründe für einen Ausschluß als Verteidiger vor und befolgt dieser den Rat des Disziplinarorgans nicht, die Verteidigung niederzulegen, so kann nur das Disziplinargericht — nicht der Vorsitzende des Gerichts — ihn als Verteidiger durch Beschluß ausschließen, was zur Anberaumung einer neuen Hauptverhandlung führt, wenn der Beamte beabsichtigt, einen neuen Verteidiger zu bestellen. Gegen den Ausschluß als Verteidiger ist die Beschwerde zulässig, weil die Entscheidung in keinem Zusammenhange mit der Urteilsfällung steht. V. AUFGABEN UND BEFUGNISSE DES VERTEIDIGERS 63 A. Allgemeines Im Gegensatz zum bisherigen Recht, wo der Verteidiger erst im Verfahren vor dem Disziplinargericht — also mit Einreichung der AnschuldigungsRGSt. Bd. 40 S. 6. Behnke Anm. 8 zu § 30e BDO; BDH 28.11. 53 — I D 177/53 — BDHE 1 S. 156; vgl. auch BayrDStH 25. 8. 61 — Nr. 25 DS I 60 — YGH n. F. 14 III Nr. 4 S. 7 = L i n d g e n Teil IV Nr. 617. 52 DokBer. Nr. 1508. 63 Vgl. Mumm in JW 1937 S. 1382. 60 61
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Der Verteidiger
schrift daselbst — tätig werden konnte, kann sich der Beamte nunmehr in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers bedienen. Dies gilt bereits für die Vorermittlungen nach §§ 26ff. BDO — § § 21 fF. BDO a. F., das Disziplinarverfügungsverfahren nach §§ 29fF. BDO — §§ 24ff. BDO a. F., für das förmliche Disziplinarverfahren nach §§ 33 ff. BDO — §§ 28 ff. BDO a. F. —, das Antragsverfahren nach § 110 BDO — § 96 BDO a. F. —, das Gnadenverfahren und für die in § 121 BDO — § 105 BDO a. F. — sowie nach § 40 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle in den in §§ 105, 121 bis 124 sowie 126 BDO genannten besonderen Verfahrensarten, wie z. B. für das Feststellungsverfahren im Falle des Verlustes der Dienstbezüge infolge unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst. Die Aufgabe des Verteidigers besteht vor allem darin, dem Beamten zu helfen und hierbei jegliche Angriffe von ihm abzuwehren. Alles, was für den Beamten günstig ist, hat er vorzutragen, wobei er auf Freispruch plädieren muß, wenn er zur Überzeugung gelangt ist, daß die gegen den Beamten erhobenen Vorwürfe sich nicht als Dienstvergehen darstellen oder wenn sie unwahr oder nicht erweislich wahr sind. Das Vorbringen von Material, das für den Beamten belastend ist, hat er zu unterlassen. Soweit es sich um den Nachweis der Unschuld des Beamten handelt, obliegt es dem Verteidiger, die Wahrheit aufzudecken54. Ist der Verteidiger von der Schuld seines Mandanten überzeugt, braucht er dessen Verteidigung nicht zu übernehmen und kann die einmal übernommene Verteidigung wieder niederlegen, wobei er aber darauf bedacht sein muß, daß dem Beamten noch genügend Zeit verbleibt, einen anderen Verteidiger auszuwählen. Behält der Verteidiger seinen Auftrag, so darf er nicht auf Freispruch plädieren, wenn er von der Schuld des Beamten überzeugt ist, da er sich andernfalls u. U. einer Begünstigung schuldig macht86. Insbesondere darf er nicht die Tatumstände verdunkeln 86 oder zum Zwecke der Verteidigung bewußt falsche Tatsachen vortragen87, was allerdings nicht soweit gehen kann, daß er für den Beamten ungünstige Tatsachen aufdecken muß88. Soweit der Beamte sich des Beistandes eines Verteidigers bedienen kann, ist dieser zur Teilnahme am Verfahren und zur Akteneinsicht in demselben Umfange berechtigt wie der Beamte (§40 Abs. 1 Satz 5 BDO i. d. F. der Novelle). Neben dem Beamten ist der Verteidiger zu allen Vernehmungen und Beweiserhebungen in der Untersuchung und im disziplinargerichtlichen Verfahren — abgesehen von Beschlagnahmen und Durchsuchungen — zu laden (§ 40 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). B. Vorermittlungen Da der Verteidiger nicht mehr Rechte als der Beamte wahrnehmen kann und dieser nicht berechtigt ist, an den einzelnen Ermittlungshandlungen teilzunehmen, stehen demnach auch dem Verteidiger im VorermittlungsverRGSt. Bd. 17 S. 315; E b e r m a y r in DJZ 1927 S. 136. BGHSt. Bd. 2 S. 377; a. M. Schellhas in DJZ 1901 S. 132; K o r n in DJZ 1901 S. 57. 66 E b e r m a y r in DJZ S. 138. 57 Entscheidungen des Ehrengerichtshofs für deutsche Rechtsanwälte Bd. 7 S. 95, Bd. 8 S. 41, Bd. 16 S. 218. 6 8 RGSt. Bd. 70 S. 398. 54 65
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fahren nur begrenzte Befugnisse zu69. Er kann den Beamten hierbei beraten, für ihn Schriftsätze einreichen, weitere Ermittlungen beantragen und sich zu dem Ermittlungsergebnis für den Beamten schriftlich äußern (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 26 Abs. 2 Satz 3 BDO); er hatte aber nicht das Recht, der Vernehmung des Beamten und der Zeugen beizuwohnen60. Nach § 26 Abs. 4 Satz 5 BDO i. d. F. der Novelle ist nunmehr dem Verteidiger vom Beginn der abschließenden Anhörung an bei jeder Anhörung oder Vernehmung des Beamten die Anwesenheit zu gestatten. Soweit es ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks geschehen kann, ist dem Beamten und damit auch dem Verteidiger zu gestatten, die in den Vorermittlungen aufgenommenen Niederschriften, beigezogenen Akten und Schriftstücke einzusehen (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 40 Abs. 1 Satz 5 BDO i. d. F. der Novelle). C. Disziplinarverfügungsverfahren Die prozessuale Tätigkeit des Verteidigers beginnt im Disziplinarverfügungsverfahren mit dem Beginn des Laufes der Rechtsmittelfrist für die Beschwerde gegen eine Disziplinarverfügung des Dienstvorgesetzten bzw. der obersten Dienstbehörde, d. h. mit der Zustellung der Disziplinarverfügung an den Beamten. Von nun an ist der Verteidiger zu sämtlichen Terminen zu laden, sofern er seine Verteidigervollmacht dem Disziplinarorgan nachgewiesen oder der Beamte selbst die Verteidigung beim Dienstvorgesetzten bzw. der obersten Dienstbehörde angezeigt hat61. Aus der DVO zu § 30 e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 kann nicht geschlossen werden, daß die Ladung des Verteidigers nur im förmlichen Disziplinarverfahren von den Disziplinargerichten geboten ist. Nach dem Wortlaut des § 40 BDO — § 30 e BDO a. F. — ist der Verteidiger in allen in der BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, BDO i. d. F. der Novelle vorgesehenen Verfahren zu beteiligen, so daß trotz der DVO zu § 30 e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 40 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle der gewählte Verteidiger auch im nichtförmlichen Disziplinarverfahren zu laden ist. Wird nach Erlaß der Disziplinarverfügung auf die Beschwerde des Beamten gegen die Disziplinarverfügung ein Termin zur Beweiserhebung anberaumt, so ist also hierzu auch der Verteidiger des Beamten zu laden. Würde in diesem Falle der Dienstvorgesetzte es unterlassen, den Verteidiger zum Termin zu laden, so läge ein erheblicher Verfahrensmangel vor, der zu einer Aufhebung der Beschwerdeentscheidung führen müßte, wenn gegen die Beschwerdeentscheidung disziplinargerichtliche Entscheidung beantragt werden würde 62 . Die Aufgabe des Verteidigers erstreckt sich auf die Einlegung und Begründung der Beschwerde bzw. die Stellung des Antrages auf disziplinar6 9 J ülicher „Darf ein Verteidiger schon bei den Vorermittlungen zugezogen werden ?" in DöD 1960 S. 206; S c h ö t t l e r „Zuziehung eines Verteidigers bei den Vorermittlungen im Disziplinarverfahren" in NJW 1961 s. 1344; Schütz a. a. O. S. 129. 6 0 DiszSenat OVG Münster 29. 5. 62 — Y 6/62 — in ZBR 1963 S. 317 (LS). 6 1 BDH 22. 7. 60 — III DV 7/59 — BDHE Bd. 5 S. 96 = ZBR 1961 S. 388 (LS) = L i n d g e n Teil IV Nr. 574. 82 BDH 22. 7 59 — III DV 7/59 — L i n d g e n Teil IV Nr. 392.
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gerichtliche Entscheidung nach § 31 Abs. 3 und 4 BDO — § 26 Abs. 4 BDO a. F. —. D. Förmliches Disziplinarverfahren Der Verteidiger kann den Antrag auf Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens (§ 28 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 34 BDO i. d. F. der Novelle) für den Beamten stellen. Im förmlichen Disziplinarverfahren stehen von der Zustellung der Einleitungsverfügung dem Verteidiger die gleichen Befugnisse wie dem Beamten zu. Er ist berechtigt, an den Untersuchungshandlungen teilzunehmen, sich zur Anschuldigungsschrift, die ihm in Abschrift zugesandt wird, zu äußern (§55 BDO a. F.) und Beweisanträge zu stellen. Er ist neben dem Beamten zu den Untersuchungen — abgesehen von Beschlagnahmen und Durchsuchungen — zu laden ( § 5 9 BDO — § 47 BDO a. F. Satz 2 DVO zu § 30e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 40 Abs. 1 Satz 3 BDO). Neben dem Beamten ist ein Verteidiger zu laden, wenn die Wahl dem Gericht angezeigt worden ist; zwischen der Ladung und dem Termin muß eine Frist von mindestens einer Woche liegen 63 . Zeugen und Sachverständige kann der Verteidiger unmittelbar laden (§ 220 StPO). Auf die Ladung des Verteidigers und die Einhaltung der Ladungsfrist kann der Beamte stillschweigend verzichten. Von allen Entscheidungen und Verfügungen der Einleitungsbehörde, des Untersuchungsführers und des Disziplinargerichts, die dem Beamten zuzustellen sind, ist dem Verteidiger eine Abschrift zu übersenden ( § 4 0 Abs. 1 Satz 4 BDO i. d. F. der Novelle). Auch zur Hauptverhandlung ist der Verteidiger zu laden und kann dort ohne oder neben dem Beamten auftreten. Das Auftreten in der mündlichen Verhandlung konnte ihm nur dann untersagt werden, wenn der Beamte nicht anwesend war, ihm jedoch in der Ladung vom Vorsitzenden das persönliche Erscheinen aufgegeben und ihm angedroht war, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger nicht zugelassen sei ( § 5 9 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Bereits oben ist gezeigt worden, daß diese Bestimmung nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO entfällt. War der Verteidiger in der Hauptverhandlung nicht zugelassen worden, ohne daß dem Beamten diese Folge in der Ladung für den Fall seines Nichterscheinens angedroht war, so stellte dies einen schweren Verfahrensmangel dar, der zu einer Aufhebung des Urteils der ersten Instanz führen mußte64. Ist der Verteidiger verhindert, zur Hauptverhandlung zu erscheinen, hat er weder einen Anspruch auf Verlegung noch auf Vertagung noch auf Aussetzung der Hauptverhandlung, wenn auch im allgemeinen der Vorsitzende des Disziplinargerichts den Wünschen des Verteidigers Rechnung tragen wird, sofern sie nicht der Verschleppung des Verfahrens dienen65. Wird in einem rechtlich oder tatsächlich schwierigen Disziplinarverfahren der Verteidiger durch Erkrankung daran gehindert, an der Hauptverhandlung DiszSenat OVG Münster 5. 2. 60 — V 31/59. Vgl. VGH Baden in RVB1. 1936 S. 76; Reuß in JW 1938 S. 213; Brand RDStO S. 309 und S. 364. 68 Reuß in J W 1938 S. 213 und das dort angeführte Schrifttum. 63
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teilzunehmen, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung zu vertagen68. In der Hauptverhandlung stehen dem Verteidiger das Recht auf Gehör und das Fragerecht zu (vgl. §§ 239 bis 242 StPO)«7. Werden Zeugen und Sachverständige nicht in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinargericht, sondern vorher von einem beauftragten Mitglied des Gerichts oder im Wege der Amts- und Rechtshilfe gehört, so ist der Verteidiger auch zu diesen Beweiserhebungen zu laden. Er kann hier gleichfalls an die Zeugen und Sachverständigen Fragen richten. Dem Verteidiger steht in der Hauptverhandlung das Recht zu, für den Beamten zu plädieren (§ 74 Abs. 5 Satz 1 BDO — § 61 Abs. 5 Satz 1 BDO a. F. —). Eine Zustellung des Urteils an den Verteidiger erfolgt nicht (vgl. § 78 Abs. 3 BDO — § 65 Abs. 3 BDO a. F. —). § 145 a Abs. 1 StPO gilt im Disziplinarrecht nicht. Wird das Urteil dennoch dem Verteidiger zugestellt, so beginnt die Rechtsmittelfrist trotzdem nur von dem Tage an zu laufen, an dem dem Beamten das Urteil zugestellt ist. Der Verteidiger ist berechtigt, für den Beamten ein Rechtsmittel, nämlich Beschwerde bzw. Berufung einzulegen und einen Rechtsbehelf, wie z. B. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, geltend zu machen. Die Ermächtigung hierzu wird vermutet68; sie kann auch begrenzt oder entzogen werden69. Auf den Zeitpunkt des Nachweises der Vollmacht bei Gericht kommt es bei wirksamer Ermächtigung nicht an70. Der Nachweis zur Berufungseinlegung kann auch nach Ablauf der Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfsfrist geführt werden71. Ist der Verteidiger erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bevollmächtigt worden, so kann ein von ihm fristgerecht eingelegtes Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelf nicht nachträglich durch Genehmigung seitens des Beamten wirksam werden72. Gegen den ausdrücklichen Willen des Beamten kann der Verteidiger kein Rechtsmittel einlegen (§297 StPO); ob der entgegenstehende Wille gegenüber dem Verteidiger oder gegenüber dem Disziplinarorgan erklärt worden ist, ist unerheblich73. Im Rechtsmittelverzicht des Beamten ist ein solcher entgegenstehender Wille zu sehen; gleiches gilt auch für Entziehung der Vertretungsbefugnis durch den Beamten. Die Zurücknahme der Berufung durch den Verteidiger bedarf einer ausdrücklichen Vollmacht des Beamten (§ 302 Abs. 2 StPO). Ebenso bedarf der Verteidiger einer ausdrücklichen Ermächtigung des Beamten, wenn er auf ein Rechtsmittel verzichtet 74 oder wenn er die Berufung nur auf das Strafmaß beschränkt76. Die Ermächtigung zur Rücknahme bzw. Verzicht muß ausdrücklich erteilt sein, was auch schon vor Einlegung eines Rechts" «' «8 ">
B D H 3.12. 55 — II D 137/55 — B D H E Bd. 2 S. 107 = L i n d g e n Teil IV Nr. 198. Vgl. BGHSt. Bd. 2 S. 284 (286). BGHSt. Bd. 12 S. 370. RGSt. Bd. 1 S. 71, Bd. 18 S. 346, Bd. 66 S. 211 und S. 266; RG in HRR Bd. 3 Nr. 77. 7 0 RGSt. Bd. 21 S. 125, Bd. 28 S. 430, Bd. 46 S. 372, Bd. 55 S. 213, Bd. 66 S. 210; O L G Bremen in NJW 1954 S. 46. 7 1 RGSt. Bd. 55 S. 213. 72 RGSt. Bd. 66 S. 266; BGHSt. Bd. 5 S. 183. 73 BayrObLGSt. Bd. 29 S. 5. 7 1 RGSt Bd. 64 S. 165; OGHSt. Bd. 1 S. 74. 7 5 Vgl. für den Strafprozeß RGSt. Bd. 65 S. 236.
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mittels geschehen kann76. Die Erklärung kann nicht unter einer Bedingung abgegeben und wegen Irrtums angefochten werden. Die Zurücknahme der Berufung ohne Ermächtigung kann nicht nachträglich wirksam werden 77 . Bei einem in Anwesenheit des Beamten zurückgenommenem Rechtsmittel gilt die Genehmigung als stillschweigend erteilt, sofern sich dieser der Bedeutung der Folgen der Zurücknahme im klaren war. Der Beamte kann im übrigen die Ermächtigung zur Zurücknahme widerrufen, wodurch jede entgegenstehende Erklärung, die noch nicht wirksam geworden war, gegenstandslos wird 78 . Der Nachweis der Ermächtigung kann nach Rücknahme der Berufung geführt werden. Im Berufungsverfahren hat der Verteidiger die gleichen Rechte wie in der ersten Instanz. Selbst nach Rechtskraft des disziplinargerichtlichen Erkenntnisses ist der Verteidiger befugt, für den Verurteilten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen und Gnadengesuche bei den zuständigen Gnadeninstanzen einzureichen. Ebenso kann der Verteidiger im Verfahren auf Neubewilligung, Erhöhung, Herabsetzung oder Kürzung des Unterhaltsbeitrages nach § 110 BDO — § 96 BDO a. F. — für den Beamten auftreten. VI. RECHTLICHE STELLUNG DES VERTEIDIGERS ZUM BEAMTEN UND ZUR DISZIPLINARBEHÖRDE A. Stellung zum Beamten Die Stellung des Verteidigers wird sowohl im Strafprozeß- als auch im Disziplinarrecht nicht einheitlich beurteilt79. Nach herrschender Auffassung ist er Beistand, der an der Seite des Beamten selbständig auftritt und ihn kraft besonderer Vollmacht vertreten kann80. Er ist lediglich Rechtsbeistand mit eigener verfahrensrechtlicher Ausgestaltung 81 . Der Verteidiger ist vom Willen des Beamten grundsätzlich unabhängig; seine Anträge und Behauptungen können sogar im Widerspruch zu denen des Beamten stehen, wenn man von den zu erörternden Fällen der § § 297 und 302 Abs. 2 StPO absieht. Wenn der Verteidiger auch selbständig auftreten kann, so darf er aber nicht auf eine Verurteilung des Beamten hinwirken, da dies mit der eigentlichen Aufgabe der Verteidigerstellung im krassen Widerspruch stehen wurde 83 . Daß die Stellung des Verteidigers nicht mit der des gesetzlichen Vertreters verglichen werden kann, ergibt sich u. a. daraus, daß die Vernehmung des Be76 RGSt. Bd. 24 S. 142, Bd. 77 S. 396; BayrObLGSt. Bd. 51 S. 561; OLG Braunschweig in JZ 1953 S. 343; BGH 4.12. 59 — 2 StR 563/59; OLG Neustadt in JR 1958 S. 189; OLG Köln in MDR 1959 S. 780; a. M. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 10c zu §302 StPO; BayrObLGSt. Bd. 55 S. 181; K G in HESt. Bd. 1 S. 194. " RGSt. Bd. 66 S. 267; K G in JR 1956 S. 308. 7 8 RGSt. Bd. 24 S. 142; Bd. 64 S. 167; BayrObLG in DRZ 1921 Nr. 533; OLG Braunschweig in NdRpfl. 1958 S. 169. 79 Vgl. die bei L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3a vor §§ 137 bis 150 StPO aufgeführten Lehrmeinungen. 8 0 Für den Strafprozeß RGSt. Bd. 17 S. 315 Bd. 37 S. 23, Bd. 64 S. 164, Bd. 66 S. 2 1 1 ; BGHSt. Bd. 9 S. 357, Bd. 12 S. 369; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3a vor §§ 137 bis 150 StPO; Eb. Schmidt Vorbem. 17 zum 11. Abschn. StPO. 8 1 Vgl. Schütz in DöD 1961 S. 132; Reuß in JW 1937 S. 2505 und 1938 S. 209. 82 RGSt. Bd. 17 S. 315.
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amten nicht durch die des Verteidigers ersetzt werden kann83, daß Erklärungen des Verteidigers nicht die Wirkung von solchen des Beamten zukommt, es sei denn, daß der Beamte sie genehmigt84 und daß dem Beamten das letzte Wort in der Hauptverhandlung gebührt (§74 Abs. 5 Satz 2 BDO — § 61 Abs. 5 Satz 2 BDO a. F. —). Der Beamte kann jedoch den Verteidiger zu seinem Vertreter insoweit bestimmen, als die rechtserheblichen Erklärungen kraft Gesetzes nicht durch den Beamten selbst abzugeben sind. Ist der Beamte nicht zur Hauptverhandlung erschienen, hat er jedoch einen Verteidiger bestellt, so liegt in dem Nichterscheinen des Beamten eine stillschweigende Vollmacht für den Verteidiger, als Vertreter aufzutreten. Der Verteidiger kann im Verlaufe des Disziplinarverfahrens keine Erklärungen abgeben, die den beamtenrechtlichen Status des Beamten berühren. Hält er es z. B. für angezeigt, daß der Beamte den unangenehmen Folgen eines Disziplinarverfahrens nur durch sein freiwilliges Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis entgehen kann, so kann er einen Antrag auf Entlassung nach § 30 BBG nicht ohne besondere Ermächtigung des Beamten stellen. B. Stellung zur Disziplinarbehörde Gegenüber den Organen der Disziplinarrechtspflege ist der Verteidiger unabhängig (für Rechtsanwälte vgl. § 1 BRAO). Aus seinem allgemeinen Berufsethos folgt jedoch, daß er dem Recht zu dienen und hierbei die Rechtsfindung nicht zu erschweren hat. Ebenso wie den Beamten trifft den Verteidiger gerade im Disziplinarverfahren eine unbedingte Wahrheitspflicht. C. Recht auf Akteneinsicht Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben steht dem Verteidiger das Recht auf Einsicht in die Akten in dem gleichen Umfange wie dem Beamten zu (vgl. § 30 e Abs. 1 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 40 Abs. 1 Satz 5 BDO i. d. F. der Novelle)85. Nach Zustellung der Anschuldigungsschrift ergibt sich das Recht auf Einsicht in die Akten aus § 70 BDO — §57 BDO a. F. —. Wird die Anschuldigungsschrift zur Behebung von Mängeln an den Bundesdisziplinaranwalt zurückgegeben, so kommen wiederum die für die Untersuchung geltenden Vorschriften in Frage, nämlich § 63 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 51 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. —, wonach Einblick in die Akten zu gewähren ist, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Im Wiederaufnahmeverfahren sind bis zur Stellung des Antrages auf Wiederaufnahme Bestandteil der Personalakten, so daß sich das Recht auf Einsicht der Akten nach § 90 BBG richtet. Dem Verteidiger ist deshalb nach Anzeige seiner Vollmacht Einsicht in die Personalakten zu gewähren. Als Akten kommen die Vorermittlungsakten, die beim Dienstvorgesetzten und der Einleitungsbehörde geführten Disziplinarakten, die Akten des Untersuchungsführers und die Akten des Disziplinargerichtes sowie die Beiakten, 83 84 86
S. 28.
RGSt. Bd. 18 S. 141. RGSt. Bd. 44 S. 285, Bd. 18 S. 141. Vgl. RGSt. Bd. 72 S. 275 und L ü t t g e t in NJW 1951 S. 744, BayrObLGSt. 1953
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•wie z. B. Personalakten und die Akten des Strafgerichts, in Frage. Hierzu gehören nicht Handakten des Bundesdisziplinaranwalts. Vertrauliche Akten dürfen nicht Beiakten der Disziplinarakten werden84. Ebenso gebührt dem Verteidiger kein Einblick in solche Akten, in die der Einblick kraft gesetzlicher Vorschriften untersagt ist, wozu u. a. die Steuerakten gehören. Weiterhin ist der Einblick in Akten untersagt, wenn dies durch Anordnung der die Akten führenden oder verwahrenden Behörde in zulässiger Weise beschränkt ist. Ebenso besteht kein Recht auf Einblick in den Schlußbericht des Untersuchungsführers, weil dieser nur für den innerdienstlichen Gebrauch bestimmt ist. Das Recht auf Einsichtnahme beginnt im Vorermittlungsverfahren mit der Bekanntgabe des Ermittlungsergebnisses an den Beamten. Der Dienstvorgesetzte und der Ermittlungsführer können jedoch die Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen beschränken. Dies wird dann in Frage kommen, wenn der Untersuchungszweck gefährdet werden würde (vgl. § 147 Abs. 2 StPO). Sofern dies nur für einzelne Vorgänge zutrifft, sind die betreifenden Aktenstücke vor der Einsichtnahme zu entfernen. Ist eine Anordnung nach § 147 Abs. 2 StPO nicht vorher entfallen, so hebt der Dienstvorgesetzte sie spätestens mit Abschluß der Vorermittlungen auf (vgl. § 147 Abs. 6 StPO). Handelt es sich um das Disziplinarverfahren des Dienstvorgesetzten, das Vorermittlungsverfahren nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — oder um das Untersuchungsverfahren nach §§56 ff. BDO — §§44ff. BDO a. F. —, so wird der Dienstvorgesetzte, die Einleitungsbehörde bzw. der Untersuchungsführer im allgemeinen dem Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht in einem Geschäftszimmer der Behörde gewähren87. Vor der Gerichtshängigkeit entscheiden der Dienstvorgesetzte bzw. die Einleitungsbehörde bzw. der Untersuchungsführer, nach ihr das Disziplinargericht, bei dem die Sache anhängig ist, über die Gewährung der Akteneinsicht (vgl. § 147 Abs. 5 StPO). Einem auswärtigen Verteidiger kann das Recht auf Akteneinsicht bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts oder einer Dienststelle der Behörde des Beamten am Wohnsitz des Verteidigers gewährt werden88. Bei der Einsichtnahme wird im allgemeinen ein Beamter der Dienststelle zugegen sein. Im Rahmen des § 147 Abs. 4 StPO kommt es auch in Frage, die Akten dem Verteidiger in sein Büro mitzugeben88®. Nach Eingang der Anschuldigungsschrift gestattet der Vorsitzende der Kammer oder der Vorsitzende oder Berichterstatter des Senats dem Verteidiger die Einsichtnahme. Sie wird auch hier entweder auf der Geschäftsstelle des Disziplinargerichtes, eines sonstigen Gerichts oder einer anderen Behörde erfolgen. Die Mitnahme in die Wohnung oder in die Geschäftsräume des Verteidigers, die, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, an sich nach § 147 Abs. 4 StPO zulässig ist, wird sich nur bei besonders umfangreichen Akten und bei solchen Personen empfehlen, die auf Grund ihres Berufes zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Als „wichtiger Grund" i. S. des § 147 Abs. 4 StPO wird immer die Möglichkeit der EinVgl. für den Strafprozeß Reuß in JW 1938 S. 2964. RG in DRiZ S. 962; vgl. auch Nr. 153 A V des Reichsjustizmiiiisters vom 13. 4. 39 in Sonderveröffentlichung DJ Nr. 7. 8 8 OLG Celle in G A Bd. 58 S. 241. 8 8 1 V G Düsseldorf in NJW 1967 S. 2330; a. M. S c h ü t z , Disziplinarrecht Anm. 1 zu § 57 DONW. 86
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sieht in geheimzuhaltende Akten durch außenstehende Dritte angesehen werden können. Das Recht auf Akteneinsicht geht nicht so weit, daß die Disziplinarbehörde, bei der sich die Akten befinden, dem Verteidiger hieraus Abschriften fertigt89. Der Verteidiger hat vielmehr aus den Personalakten Abschriften selbst zu fertigen. Eine Kopieranstalt kann er nur dann in An spruch nehmen, wenn das dortige Personal zur Geheimhaltung verpflichtet ist. Der Verteidiger kann in die Akten einmal oder mehrfach einsehen. Während der Hauptverhandlung scheidet eine Akteneinsicht aus90. Das Nachlesen eines einzelnen Schriftstückes wird ihm jedoch zu gestatten sein. Nach Rechtskraft des Disziplinarverfahrens steht dem Verteidiger ebenso wie dem Beamten ein Recht auf Einsicht in die Disziplinarakten erst dann wieder zu, wenn das Disziplinarorgan mit der Sache wieder Befassung hat, z. B. nachdem ein Wiederaufnahmeantrag oder ein Gnadengesuch gestellt ist. Die zur Einsichtnahme verpflichtete Stelle ist nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens nicht verpflichtet, Beiakten heranzuziehen, die bei anderen Stellen lagern. Wird dem Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht nicht gewährt, oder dasselbe beschränkt, so steht ihm das Recht der Beschwerde zu91. D. Wahrung der Verschwiegenheitspflicht und Zeugnisverweigerungsrecht Der Beamte darf dem Verteidiger nur solche Tatsachen unterbreiten, für die keine Verschwiegenheitspflicht besteht, es sei denn, daß ihm vom Dienstrvorgesetzten eine Genehmigung hierzu erteilt ist oder die an sich geheimzuhaltenden Tatsachen aus den Akten ersichtlich sind92. Hierbei ist zu beachten, daß die dem Beamten eingeräumte Möglichkeit, sich im Disziplinarverfahren durch einen Verteidiger vertreten zu lassen, nicht durchaus gegenstandslos gemacht werden darf, daß der Verkehr zwischen beiden durch die dem Beamten obliegende Geheimhaltungspflicht ungebührlich erschwert wird. Mit Rücksicht auf das dem Verteidiger eingeräumte Recht auf Einsicht in die Personalakten fallen die daselbst aufgeführten Tatsachen ohnehin nicht unter die Geheimhaltungspflicht zwischen Beamten und Verteidiger. Dies gilt auch für sämtliche Angelegenheiten, die im Verlaufe des Disziplinarverfahrens mit dem Beamten erörtert worden sind, selbst wenn sie noch nicht zu den Akten gebracht worden sind. Ebenso muß man dem Beamten zugestehen, dem Verteidiger darüber hinaus solche Tatsachen zu offenbaren, die sachlich der Verteidigung dienen; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die mit der Rechtsverfolgung im Disziplinarverfahren in keinem Zusammenhange stehen, sondern als „schmutzige Wäsche" nur auf das Disziplinarorgan einen Druck ausüben sollen. 80 90 91
Nr. 312.
BayrObLGSt. 1953 S. 29. RG in JW 1932 S. 1748. BDH 9. 5. 57 — II DB 14/57 — BDHE Bd. 3 S. 100 (103) = L i n d g e n Teil IV
92 DiszSenat OVG Münster 5. 8. 60 — V 49/59 — in DöD 1961 S. 35 = Lindgen Teil IV Nr. 455; Schütz in DöD 1961 S. 132; RGSt. Bd. 74 S. 111; Reuß in JW 1937 S. 1385; W i t t l a n d Anm. 10 zu § 56 RDStO; B r a n d RDStO S.302/303; Behnke Anm. 13 zu § 30e BDO; a. M. Schunke in Mitteilungen der Reichs-Rechtsanwaltskammer 1939 S. 179, wonach die Geheimhaltungspflicht nur gegenüber solchen Personen in Frage kommt, die aus keinem sachlich gerechtfertigten Grunde mit der Angelegenheit Belassung haben.
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§77
Der Verteidiger
Der Verteidiger ist im allgemeinen bereits auf Grund seiner beruflichen Stellung verpflichtet, die ihm vom Beamten anvertrauten Tatsachen nur gegenüber dem Disziplinarorgan zu verwerten. So ergibt sich bei einem Verteidiger, der Beamter ist, die Geheimhaltungspflicht aus § § 61 f. BBG selbst dann, wenn er als Beamter für eine Gewerkschaft oder einen Berufsverband der Beamten auftritt, und für einen Rechtsanwalt aus § 300 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Hiernach ist derjenige, der unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm als Rechtsanwalt anvertraut oder bekannt geworden ist, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen zu bestrafen. Die offenbarten Tatsachen müssen den Beamten betreffen, wobei hierunter auch Amtsgeheimnisse fallen, falls der Beamte an deren Geheimhaltung ein Interesse hat. Weiterhin muß die Tatsache geheim, d. h. nur einer beschränkten Personenzahl bekannt sein, wobei auch bei einer größeren Zahl von Mitwissern der Geheimcharakter noch gewahrt sein kann. Der Beamte muß die Geheimhaltung durch den Rechtsanwalt wünschen und daran ein Interesse haben93. Der Rechtsanwalt macht sich nach § 300 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch dann strafbar, wenn die geheimzuhaltende Tatsache nicht durch den Beamten, sondern durch eine andere Person, wie z. B. dessen Ehefrau oder durch ein Disziplinarorgan, wie z. B. den Dienstvorgesetzten oder die Einleitungsbehörde, anvertraut worden ist. Die Tatsache ist auch dann „offenbart" ,wenn sie nicht der Öffentlichkeit, sondern nur einer Einzelperson mitgeteilt ist, wobei sie allerdings dieser Person neu sein muß. Dem Verteidiger steht ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO hinsichtlich solcher Tatsachen zu, die ihm in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden sind, worunter also nicht solche Wahrnehmungen fallen, die er vor seiner Bestellung als Verteidiger gemacht hat; für Rechtsanwälte ergibt sich das Zeugnisverweigerungsrecht über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut ist, aus § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO. VH. GEBÜHREN Dem Verteidiger stehen, sofern er Rechtsanwalt ist, Gebühren nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26.7.57 (BGBl. I S . 907) zu. Der VI. Abschnitt der RAGebO — Gebühren für Strafsachen — gilt für das Disziplinarverfahren mit der Maßgabe des § 109 Abs. 2 bis 5 RAGebO (§109 Abs. 1 RAGebO). Der Rechtsanwalt erhält hiernach als Verteidiger im förmlichen Disziplinarverfahren einschließlich des vorausgegangenen Verfahrens im ersten Rechtszug eine Gebühr von DM 60,— bis DM 600,—. Im zweiten Rechtszug erhält er eine Gebühr von DM 70,— bis DM 700,— (§109 Abs. 2 RAGebO). Ist der Rechtsanwalt als Verteidiger nur im Verfahren vor dem Dienstvorgesetzten tätig, so erhält er eine Gebühr von DM 25,— bis DM 250,— (§ 109 Abs. 3 RAGebO). Im Verfahren auf Erlaß einer Disziplinarverfügung erhält er als Verteidiger eine Gebühr von DM 25,— bis DM 250,— und im Verfahren des Dienstvorgesetzten über eine Beschwerde, im Verfahren über eine weitere Beschwerde und im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung über die Disziplinarverfügung eine Gebühr von DM 25,— bis DM 500,— (§ 109 Abs. 4 RAGebO). Im Verfahren auf Abänderung oder Neubewilligung 93
228
RGSt. Bd. 26 S. 5; Schwarz Anm. 2 A zu §300 StGB.
Landesrechtliche Regelung
§77
eines Unterhaltsbeitrages erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr von DM 25,— bis DM 250— (§ 109 Abs. 5 RAGebO). Im Falle eines Freispruchs des Beamten oder einer Einstellung des Verfahrens aus anderen als in den in § 113 Abs. 2 BDO — § 98 Abs. 2 BDO a. F. — genannten Gründen können die notwendigen Auslagen, zu denen vor allem die Kosten der Verteidigung gehören94, dem Bund gan2 oder teilweise auferlegt werden (§ 100 Abs. 2 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 115 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle gilt gleiches auch dann, wenn die zur Anschuldigung gestellten Punkte nur zum Teil die Grundlage der Verurteilung bilden. Sie sind dem Bund aufzuerlegen, wenn die Schuldlosigkeit des Beamten erwiesen ist oder wenn der Bundesdisziplinaranwalt ein Rechtsmittel zurückgenommen oder erfolglos eingelegt hat (§ 100 Abs.2 Satz2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 115 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle). Nach § 115 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d.F. der Novelle sind dei Auslagen dem Bund auch dann aufzuerlegen, wenn nach dem Ergebnis der Verhandlung ein begründeter Verdacht gegen den Beamten nicht vorliegt. Hat der Bund die Kosten zu tragen, so werden sie nur in der Höhe von der Bundeskasse getragen, wie sie in der RAGbeO vorgesehen ist ( W Halbsatz 1 zu § 115 BDO). Ein darüber hinaus vereinbartes Entgelt wird dem Beamten nicht erstattet ( W Halbsatz 2 zu § 115 BDO). VHI. LANDESRECHTLICHE REGELUNG95 § 56 DStO Brem und § 56 DStO Saar, die die Bestimmungen der RDStO übernommen haben, halten an dem dort angeführten Rechtszustand fest (vgl. IB).
Für die übrigen Länder gilt folgendes: 1. B a d e n - W ü r t t e m b e r g § 34 Abs. 1 Satz 1 bis 3 LDO BW entspricht § 30e Abs. 1 bis 3 BDO 1. d. F. ÄndGes. 1952, § 34 Abs. 1 Satz 4 LDO BW stimmt mit DVO zu § 30e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. § 34 Abs. 2 LDO BW entspricht § 30e Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 mit der Maßgabe, daß beim Disziplinarhof als Verteidiger nur solche Personen zugelassen sind, welche die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz vom 8. 9. 61 (BGBl. I S. 1665) besitzen. Eine dem § 21 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechende Bestimmung, daß im Vorermittlungsverfahren der Beschuldigte in Abwesenheit des Verteidigers zu hören ist, fehlt in der LDO BW. 2. B a y e r n Art. 31a DStO Bayr. stimmt inhaltlich mit § 30e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein. § 14 der ADV DStO vom 28. 9. 55 (GVB1. S. 222) entspricht der DVO zu § 30e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. PrOVG in RVB1. 1937 S. 263. Da seit dem 1. 10. 60 die Zulassung als Verwaltungsrat erloschen ist, sind diese Personen als Verteidiger in sämtlichen nach diesem Zeitpunkt erlassenen und neugefaßten Disziplinargesetzen, wie in der LDO Bln. vom 22. 1. 63, nicht mehr angeführt. In den nachfolgend angeführten nach dem 1. 10. 60 erlassenen Disziplinargesetzen wird nicht mehr besonders darauf hingewiesen. 94
95
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§77
Der Verteidiget
Eine Bestimmung, daß der Beschuldigte im Verlaufe der Vorermittlungen in Abwesenheit des Verteidigers zu hören ist, fehlt in der DStO Bayr. Vor Zustellung der Anschuldigungsschrift soll dem Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht nur gewährt werden, wenn der Untersuchungszweck hierdurch nicht gefährdet wird (Art. 52 Abs. 1 Satz 3 DStO Bayr.). Auf Antrag des Untersuchungsführers kann die Dienststrafkammer die Einsicht beschränken, wenn wesentliche öffentliche Interessen gefährdet werden (Art. 52 Abs. 1 Satz 4 DStO Bayr.). § 14 ADV Bayr. DStO entspricht DVO zu §30e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 3. B e r l i n § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LDO Bln. entspricht der Bundesregelung, wobei in Abs. 1 auch § 18 Abs. 3 LDO Bln. aufgeführt ist. Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 LDO Bln. sind als Verteidiger beim Disziplinarsenat außer Vertretern der Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten nur Personen zugelassen, welche die Befähigung zum Richteramt oder die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst i. S. des § 110 DRiG haben. Nach § 24 Abs. 2 Satz 3 LDO Bln. erfolgt die Anhörung des Beschuldigten im Vorermittlungsverfahren in Anwesenheit des Verteidigers. § 14 DVO zu LDO Bln. entspricht DVO zu § 30e BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. 4. H a m b u r g § 15a Abs. 1 Satz 1 DO Hmb. entspricht § 30e Abs. 1 Satz 1 BDO. Da die DO Hmb. ein dem § 105 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechendes Verfahren nicht kennt, fehlt demnach daselbst auch eine dem § 30 e Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entsprechende Bestimmung. § 15 a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DO Hmb. entspricht § 30 e Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Das Recht auf Einsicht in die Akten steht dem Verteidiger unbeschränkt zu (§ 15a Abs. 1 Satz 3 DO Hmb.). Ebenso wie in Baden-Württemberg und Bayern fehlt auch in der DO Hmb. eine Bestimmung, wonach der Beschuldigte im Vorermittlungsverfahren in Abwesenheit des Verteidigers zu hören ist. Für die Zustellung an den Verteidiger vgl. § 194 DO Hmb. i. V. m. Gesetz vom 12. 6. 54 (GVB1. S. 33) und § 8 BZVG vom 3. 7. 52 (BGBl. I S. 379). 5. H e s s e n § 34 Abs. 1 HDO entspricht inhaltlich § 30 e Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach § 34 Abs. 2 HDO können ganz allgemein — also auch beim Disziplinarhof — als Verteidiger die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen sowie Vertreter der Gewerkschaften und Berufsverbände der Beamten oder Beamte auftreten. Im Vorermittlungsverfahren ist der Verteidiger bei der Vernehmung des Beschuldigten nicht ausgeschlossen. 6. N i e d e r s a c h s e n § 38 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 3 NDO entspricht § 30e Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Nach § 38 Abs. 1 Satz 4 HDO ist von dem Beginn der durch § 26 Abs. 2 Satz 2 NDO ( = § 21 Abs. 2 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952) vorgeschriebenen abschließenden Anhörung des Beschuldigten an dem Verteidiger bei jeder Anhörung oder Vernehmung des Beschuldigten die 230
Landesrechtliche Regelung
§77
Anwesenheit zu gestatten. § 38 Abs. 1 Satz 5 NDO entspricht Satz 2 Halbsatz 1 DVO zu § 30e B D O i. d. F. ÄndGes. 1952. § 38 Abs. 2 HDO entspricht § 30e Abs. 2 B D O i. d. F. ÄndGes. 1952 mit der Maßgabe, daß in Satz 2 an die Stelle der Worte „an einem allgemeinen Verwaltungsgericht" die Worte „zum höheren Verwaltungsdienst" treten. 7. N o r d r h e i n - W e s t f a l e n § 36 DO NW entspricht § 30e B D O i. d. F. ÄndGes. 1952, wobei in Abs. 2 Satz 2 die Worte „an einem allgemeinen Verwaltungsgericht" durch die Worte „an einem Gericht der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit" ersetzt werden, was nur stilistische Bedeutung hat. Die Zuziehung eines Verteidigers während der Vorermittlungen ist im RdErl. IM vom 30.11. 61 (MB1.1962 S. 102/SMB1. NW 20340) geregelt. Hiernach ist der Verteidiger zum Anhörungstermin innerhalb einer angemessenen Frist — formlos — zu laden, sofern seine Bestellung dem Dienstvorgesetzten angezeigt ist. Er kann an dem Anhörungstermin teilnehmen und die Sachund Rechtslage erörtern; eine Vertretung des Beschuldigten ist jedoch nicht möglich, wenn er auch für ihn Erklärungen nach § 24 Abs. 4 Satz 2 D O NW abgeben kann. Der Verteidiger kann neben dem Beschuldigten weitere Ermittlungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 DO NW beantragen. Die in den Vorermittlungen aufgenommenen Niederschriften, beigezogenen Akten und Schriftstücke kann er ebenso wie der Beschuldigte an der Amtsstelle einsehen, wenn dies nach Ansicht des Dienstvorgesetzten den Untersuchungszweck nicht gefährdet. Für die Zustellung an den Verteidiger vgl. § 1 Landeszustellungsgesetz NW vom 23. 7. 57 (GVB1. S. 213) i. V. m. § 8 B V Z G vom 3. 7. 52 (BGBl. I S. 379). D V O zu § 36 DO NW entspricht DVO Satz 2 zu § 30 e B D O i. d. F. ÄndGes. 1952. 8. R h e i n l a n d - P f a l z § 36 Abs. 1 und 2 Satz 1 LDO Rh.-Pf. entspricht § 30 e Abs. 1 und 2 Satz 1 B D O i. d. F. ÄndGes. 1952. § 36 Abs. 2 Satz 2 LDO Rh.-Pf. weicht von der Bundesregelung lediglich stilistisch insofern ab, als beim Disziplinarhof Personen zugelassen sind, welche die Fähigkeit zum Richteramt nach den Vorschriften des G V G oder des Landesgesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit haben; darüber hinaus können aber beim Disziplinarhof auch noch vom Gericht die in § 36 Abs. 2 Satz 1 LDO Rh.-Pf. genannten Personen zugelassen werden. D V O zu § 36 L D O Rh.-Pf. entspricht D V O zu § 30e B D O i. d. F. ÄndGes. 1952. 9. S c h l e s w i g - H o l s t e i n Nach § 34 Abs. 1 DStO Schl.-Hol. kann sich der Beschuldigte des Bei standes eines Verteidigers nur im förmlichen Disziplinarverfahren bedienen Zu Verteidigern können nach § 34 Abs. 2 DStO Schl.-Hol. die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte, (Verwaltungsräte)96, Rechts96
Seit 1. 10. 60 entfallen.
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§78
Die Personalvertretung
lehrer an deutschen Hochschulen, Vertreter von Beamtenorganisationen sowie Beamte gewählt werden. Nach § 34 Abs. 3 DStO Schl.-Hol. können andere Personen von der Einleitungsbehörde als Verteidiger zugelassen werden. Nach § 35 DStO Schl.-Hol hat der Verteidiger ebenso wie der Beschuldigte bis zur Zustellung der Anschuldigungsschrift ein Akteneinsichtsrecht dann nicht, wenn hierdurch der Untersuchungszweck gefährdet würde.
§ 78. Die Personalvertretung1 Die Frage, ob die Personalvertretungen in Disziplinarangelegenheiten mitwirken, wird bei den einzelnen Verwaltungen unterschiedlich beantwortet. Im allgemeinen sehen die Behörden von einer Mitwirkung des Personalrats in Disziplinarangelegenheiten der Beamten ab, während eine solche bei der Verhängung von Dienst- und Ordnungsstrafen gegenüber Arbeitern und Angestellten in Frage kam, wobei man sich lediglich auf eine allgemeine Verwaltungsübung stützte, die aus einer Zeit vor dem Inkrafttreten des Personalvertretungsgesetzes vom 5.8.55 (BGBl. I S. 477) herrührte. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den grundsätzlichen Beschlüssen vom 28. 2. 582 zu der Mitwirkung der Personalvertretung bei Beamtendisziplinarsachen und vom 11.11. 603 zu der Mitwirkung bei der Verhängung von Dienst- und Ordnungsstrafen Stellung genommen. I. BEI DISZIPLINARMASSNAHMEN GEGENÜBER BEAMTEN Eine Mitwirkung des Personalrats in Beamtendisziplinarangelegenheiten könnte sich nur aus dem 4. Abschnitt des Personalvertretungsgesetzes (Beteiligung an Personalangelegenheiten) ergeben. Hier sind in den §§ 70 fF. PersVG die Angelegenheiten, bei denen der Personalrat zu beteiligen ist, erschöpfend aufgezählt4. Durchweg handelt es sich um Maßnahmen vollziehender Art, durch die bestimmte Einzelfälle geregelt werden. Da die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen eine dem BeamtenVerhältnis eigentümliche Institution ist, die aus der besonderen Rechtsstellung der Beamten herrührt, ist sie nicht in den §§ 70 ff. PersVG aufgeführt. Über die Frage, ob die Dienstzucht durch die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen aufrechterhalten werden soll, hat allein das Ermessen des Dienstvorgesetzten oder der Einleitungsbehörde zu entscheiden, das weitgehend durch die Institution des Bundesdisziplinaranwalts eingeschränkt ist. Die dem Bundesdisziplinaranwalt zustehenden Befugnisse, die auf eine einheitliche Handhabung der Disziplinarrechtspflege hinauslaufen, würden weitgehend illusorisch werden, wenn man der Personalvertretung auf dem Gebiete der Disziplinarangelegenheiten eine Mitbeteiligung einräumen wollte. Für den Beamten sind hinreichende Rechtsgarantien dadurch geschaffen, daß er selbst bei der geringsten Disziplinierung durch den Dienstvorgesetzten disziplinargerichtliche Entscheidung bean1 Huber „Mitwirkungsrecht der Personalvertretung bei Verhängung von Dienstund Ordnungsstrafen" in ZBR 1959 S. 352. 2 BVerwG VII P 9/59 in RiA 1961 S. 32 = L i n d g e n TeillV Nr. 466. 3 BVerwG VII P 19/57 in ZBR 1958 S. 211 = L i n d g e n Teil IV Nr. 461. 4 Vgl. D i e t z Vorbem. II 2 zum 4. Abschnitt des PersVG; F i t t i n g - H e y e r Anm. 1 zu § 70 PersVG; G r a b e n d o r f f - W i n d s c h e i d Anm. 2 zu § 70 und Anm. 1 zu § 71 PersVG; M o l i t o r Anm. 2 zu § 70 und Anm. 2 zu § 71 PersVG.
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Bei der Verhängung von Dienst- und Ordnungsstrafen
§78
tragen kann (vgl. § 26 Abs. 3 und 4 BDO, BDO i.d.F. der Novelle), so daß er vor jeder Willkür hinreichend geschützt ist. Schließlich ist zu beachten, daß bei der Entlassung der im öffentlichen Dienst stehenden Arbeiter und Angestellten nach § 70 Abs. 3 a. a. O. eine Mitwirkung des Personalrats nicht in Betracht kommt. Wenn schon eine Mitwirkung bei einer derartig einschneidenden Maßnahme, die im Disziplinargericht mit der Entfernung aus dem Dienst zu vergleichen ist, nicht in Frage kommt, muß sie erst recht bei sämtlichen minder schweren Maßnahmen, wie bei der Verhängung von Dienst- und Ordnungsstrafen auf den sonstigen in § 5 BDO — § 4 BDO a. F. — aufgeführten Disziplinarmaßnahmen, entfallen. Eine Mitwirkung des Personalrats in Beamtendisziplinarangelegenheiten läßt sich auch nicht auf § 57 Abs. 1 Buchst b PersVG stützen, wonach der Personalrat darüber zu wachen hat, daß die zugunsten der Bediensteten geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Dienstvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen durchgeführt werden. Da in diesem Falle die Personalakten, zu denen auch die Disziplinarakten gehören, nur mit Zustimmung des Bediensteten eingesehen werden können (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 2 a. a. O.), würde eine Beteiligung der Personalvertretung dann entfallen, wenn der jeweilige Bedienstete seine Zustimmung zur Einsicht in seine Personal- und Disziplinarakten nicht gäbe. Eine Beteiligung des Personalrats in Diszipünarangelegenheiten kann jedoch nicht von der jeweiligen Zustimmung des Beamten abhängig gemacht werden. Schließlich ist dem Personalrat nach § 57 Abs. 1 Buchst, b PersVG nur ein ganz allgemeines Überwachungsrecht eingeräumt. Darüber, ob im Einzelfall der Beamte im Einklang mit dem jeweiligen Recht verurteilt worden ist, entscheidet nicht der Personalrat, sondern das Disziplinargericht in richterlicher Unabhängigkeit. Demnach scheidet eine Mitwirkung der Personalvertretung in Beamtendisziplinarangelegenheiten auch nach § 57 Abs. 1 Buchst b PersVG aus. Schließlich kann eine Mitwirkung des Personalrats auch nicht auf § 66 Abs. 1 PersVG gestützt werden. § 66 Abs. 1 a. a. O. behandelt die Beteiligung des Personalrats in sozialen Angelegenheiten. Nach § 66 Abs. 1 Buchst g a. a. O. wirkt der Personalrat bei der Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Bediensteten mit. Die Mitwirkung des Personalrats scheidet hier dann aus, wenn eine gesetzliche Regelung den fraglichen Bereich erschöpfend erfaßt. Eine derartige Regelung ist aber in den allgemeinen Beamtengesetzen und in der Bundesdisziplinarordnung vorgenommen worden. Weiterhin werden durch § 66 Abs. 1 Buchst, g a. a. O. keine Einzelmaßnahmen erfaßt. Schließlich dient die gesetzliche Regelung, die sich mit der disziplinarischen Verurteilung von pflichtvergessenen Beamten befaßt, nicht der sozialen Ordnung, die durch § 66 a. a. O. erfaßt werden soll. IL BEI DER VERHÄNGUNG VÖN DIENST- UND ORDNUNGSSTRAFEN Ob bei der Verhängung von Ordnungsstrafen und Bußen durch den Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer, die im öffentlichen Dienst stehen, der Personalrat ein Mitwirkungsrecht hat, ist in der Rechtsprechung bestritten. Nach dem o. a. Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. 11. 60 kommt eine Mitwirkung nicht in Frage, weil selbst bei einer fristlosen Ent233
§78
Die Personalverttetung
lassung eine solche nach § 70 Abs. 3 PersVG entfällt und überdies die Disziplinierung eines Arbeitnehmers keine soziale Angelegenheit i. S. des § 66 Abs. 1 Buchst, g PersVG darstellt. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts5 hingegen hat der Personalrat bei der Verhängung von Ordnungsstrafen und Bußen mitzuwirken. Die Verhängung einer Geldbuße gehört zur Regelung der Ordnung der Dienststelle und des Verhaltens des Bediensteten. Durch sie soll die gestörte Ordnung im Betrieb wiederhergestellt werden. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts gilt für die Anwendung und Auslegung des § 66 Abs. 1 Buchst, g PersVG gegenüber Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes in dieser Hinsicht nichts anderes als für Arbeitnehmer, die in Betrieben beschäftigt sind, in denen der Betriebsrat gemäß § 56 Abs. 1 Buchst, f BetrVG mitzubestimmen hat. Beide Vorschriften sind sinn- und wortgleich. Daraus folgt, daß nicht etwa nur der Erlaß der Straf- oder Bußordnung selbst, d. i. das Aufstellen von Regeln, mitbestimmungspflichtig oder mitwirkungspflichtig ist; vielmehr unterliegt den Beteiligungsrechten gerade auch die auf Grund einer solchen Straf- oder Bußordnung erfolgende Einzelbestrafung oder Verhängung einer Buße. Denn sie sind die konkreten Maßnahmen zur Regelung der Ordnung in der Dienststelle oder im Betrieb und des Verhaltens der einzelnen Arbeitnehmer, die der Aufrechterhaltung oder der Wiederherstellung der Ordnung dienen. Neuerdings sehen die Tarifverträge eine Disziplinierung von im öffentlichen Dienst stehenden Angestellten und Arbeitern nicht mehr vor, so daß hiermit die Frage einer etwaigen Mitwirkung der Personalvertretungen von selbst entfällt. HI. L A N D E S R E C H T L I C H E R E G E L U N G Ob die Personalvertretungen im Bereich des Landesdisziplinarrechts mitwirkungsberechtigt sind, müßte in den in Frage kommenden disziplinar- und personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen zum Ausdruck gebracht werden. Aus den unter I und II widergegebenen Erwägungen ist auch hier überwiegend grundsätzlich eine Mitwirkung der Personalräte abzulehnen. Diese Auffassung wird zumindest von der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens an auch vom Bayerischen Disziplinarhof geteilt6, der hierzu folgendes feststellt: „Für die Ausübung des Anhörungs- und Beratungsrechts durch den Betriebsrat nach § 117 Abs. 1 Buchst, c des Bayr. Betriebsrätegesetzes vom 25. 10. 50 (BayrGS IV S. 586) und seit dem 1. 2. 59 für die Ausübung des Mitwirkungsrechts durch den Personalrat nach Art. 70 Abs. 1 Buchst, a Nr. 6 des Bayr. Personalvertretungsgesetzes vom 21. 11. 58 (GVB1. S. 333, ber. 1959 S. 122) ist nur bis zur Einleitung des förmlichen Dienststrafverfahrens (Art. 29 DStO) Raum, denn der Betriebs- bzw. Personalrat gehört nicht zu den „Beteiligten" des förmlichen Dienststrafverfahrens, deren Anhörung etwa durch § 33 StPO i. V. m. Art. 21 DStO vorgeschrieben wäre. Im förmlichen Dienststrafverfahren kann deshalb die Anhörung des Vertreterorgans der Belegschaft nur in Form der BeweiserBArbG, Urteil v. 25. 2. 66 — 4 AZR 179/63 — in DVB1. 1966 S. 936. BayrDStH 19.1. 61 — Nr. 44 DS II 60 — in BBZ 1963 S. 12 (LS) = ZBR 1963 S. 326 (LS). 5
6
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Landesrechtliche Regelung
§78
hebung (Art. 59, 62, 63 DStO) erfolgen. Daraus ergibt sich auch, daß die sich mit der Einschaltung in das Vorermittlungsverfahren erschöpfende Beteiligung der Personalvertretung im förmlichen Dienststrafverfahren nicht nachgeholt werden kann. Die im Rahmen des Vorermittlungsverfahrens unterbliebene Einschaltung der Personalvertretung berührt jedoch nicht die Rechtswirksamkeit der Einleitung des förmlichen Dienststrafverfahrens und führt nicht zur Einstellung des Verfahrens (Art. 64, Abs. 3, 53 Abs. 1 Bayr. DStO)." Im einzelnen gilt folgendes: 1. B a d e n - W ü r t t e m b e r g Das Personalvertretungsgesetz von Baden-Württemberg vom 30. 6. 58 (GBl. S. 175) sieht eine Mitwirkung der Personalvertretungen in Disziplinarsachen nicht vor. 2. B a y e r n Art. 70 Abs. 1 a des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes vom 22.11. 47 (GVB1. S. 333) sieht eine Mitwirkung des Personalrats sowohl beim Erlaß einer Disziplinarverfügung als auch bei der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, wenn diesem eine auf den gleichen Tatbestand gestützte Dienststrafverfügung nicht vorangegangen ist nur dann vor, wenn der Beamte sie beantragt. 3. B e r l i n Nach § 67 Abs. 1 des Berliner Personalvertretungsgesetzes vom 21. 3. 57 (GVB1. S. 296) ist der Personalrat sowohl im Diszipünarverfügungsverfahren als auch bei der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens zu hören. 4. B r e m e n Nach § 54 Abs. l e des Personalvertretungsgesetzes von Bremen vom 3. 12. 57 (GBl. S. 161 mit Änderung vom 11. 2. 58 GVB1. S. 13) gibt der Personalrat eine Stellungnahme sowohl im Disziplinarverfügungsverfahren als auch bei der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens ab. 5. H a m b u r g Nach § 70a 6 des Personalvertretungsgesetzes von Hamburg vom 18. 10. 57 (GVB1. S. 296) steht dem Personalrat lediglich im Disziplinarverfügungsverfahren eine unechte Mitbestimmung zu. Der Dienstvorgesetzte hat die beabsichtigte Disziplinarstrafe vor der Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend zu erörtern ( § 6 1 Abs. 1 a. a. O.). Der Personalrat hat sich innerhalb einer Woche zu der beabsichtigten Bestrafung zu äußern (vgl. § 61 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Entspricht der Dienstvorgesetzte den Einwendungen des Personalrats nicht oder nicht im vollen Umfange, so teilt er dem Personalrat seine Entscheidung unter Angabe der Gründe mit (vgl. § 61 Abs. 3 Satz 1 a. a. O.). Kommt es zwischen Dienstvorgesetzten und Personalrat zu keiner Einigung, so bestimmt sich das weitere Verfahren nach § 62ff.a. a. O. Nach § 72 Satz 1 a. a. O. kommt das Mitbestimmungsrecht bei Leitern der Dienststellen, deren Vertretern, für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Dienststelle befugt sind, für Angehörige des öffentlichen Dienstes mit vor235
§79
Das Beweisrecht
wiegend wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit nur in Frage, wenn sie es beantragen. Nach § 72 Satz 2 a. a. O. entfällt das Mitbestimmungsrecht für Beamte der Besoldungsgruppen A 16 und höher sowie für vergleichbare Angestellte. 6. H e s s e n Nach dem Hessischen Personalvertretungsgesetz vom 23. 12. 59 (GVB1. S. 83) steht dem Personalrat in Disziplinarsachen weder ein Anhörungs- noch ein Mitwirkungsrecht zu. 7. N i e d e r s a c h s e n Nach dem Personalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen vom 4. 3. 61 (GVB1. S. 79) steht dem Personalrat in Disziplinarsachen weder ein Anhörungs- noch ein Mitwirkungsrecht zu. 8. N o r d r h e i n - W e s t f a l e n Nach dem Personalvertretungsgesetz von Nordrhein-Westfalen vom 28. 5. 58 (GVB1. S. 209) steht dem Personalrat weder im Disziplinarverfügungsverfahren noch im förmlichen Disziplinarverfahren ein Anhörungs* oder Mitwirkungsrecht zu. 9. R h e i n l a n d - P f a l z Nach dem Personalvertretungsgesetz von Rheinland-Pfalz vom 31. 7. 58 (GVB1. S. 135, Berichtigung S. 172) hat der Personalrat im Disziplinarverfahren weder ein Anhörungs- noch ein Mitwirkungsrecht. 10. S a a r l a n d Nach dem Personalvertretungsgesetz des Saarlandes i. d. F. vom 6. 10. 64 (ABl. S. 881) hat der Personalrat im Disziplinarverfahren weder ein Anhörungs- noch ein Mitwirkungsrecht. 11. S c h l e s w i g - H o l s t e i n Nach dem Personalvertretungsgesetz von Schleswig-Holstein i. d. F. vom 23. 11. 57 (GVB1. S. 157) hat der Personalrat in Disziplinarsachen weder ein Anhörungs- noch ein Mitwirkungsrecht. 2. A b s c h n i t t
Allgemeine Verfahrensbestimmungen § 79. Das Beweisrecht I. DISZIPLINARRECHTLICHE BESONDERHEITEN 1 Für die Beweiserhebung im Disziplinarverfahren sind die Bestimmungen der StPO sinngemäß anzuwenden (§20 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 25 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle, § 23 LDO BW, Art. 21 DStO Bayr., § 23 LDO Bln., § 20 DStO Brm., § 20 DO Hmb., § 21 HDO, § 25 NDO, § 23 DO NW, § 23 LDO Rh.-Pf., §20 DStO Saar und §25 DStO Schl.-Hol.). Hiernach verschafft sich das Gericht die Überzeugung von Tatsachen auf Grund von Be1 Hartmann „Mängel im Beweisrecht der Bundesdisziplinarordnung" in NJW1959 5. 1855.
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Disziplinarrechtliche Besonderheiten
§79
weisen. Sämtliche erhebliche Tatsachen, die nicht offenkundig sind, müssen bewiesen werden. Als Beweismittel kommen Zeugen, Sachverständige, der Beamte, Augenscheinsobjekte und Urkunden in Betracht. Das Disziplinarorgan, das über die Bestrafung des Beamten zu entscheiden hat — Disziplinargericht und Dienstvorgesetzter — prüft in freier Überzeugung, ob es eine Tatsache als bewiesen ansehen will oder nicht. Das freie Beweiswürdigungsrecht ist, wie noch in § 5 I X Bd. 1 S. 52f. gezeigt ist, in den Fällen eingeschränkt, wo das Strafgericht einen Freispruch gefällt hat, ohne daß ein sog. disziplinarer Überhang vorliegt. Im Fall einer strafgerichtlichen Verurteilung hingegen kann das Disziplinargericht nach § 18 Abs. 1 BDO die nochmalige Prüfung der Feststellungen, die das Strafgericht getroffen hat, beschließen. Die Stellen, die eine Beweiserhebung anordnen, entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen selbst über die Form, in der die Beweise zu erheben sind (§ 21 Abs. 1 Satz 1 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 1 BDO a. F. —), insbesondere über die Beeidigung von Zeugen2. So können sie einen Zeugen entweder vernehmen oder sich mit seiner schriftlichen Stellungnahme begnügen3. Der Augenschein kann vom Dienstvorgesetzten oder einer von ihm beauftragten Person eingenommen werden. Der Sachverständige kann sein Gutachten schriftlich erstatten, ohne daß er nochmals zur mündlichen Verhandlung erscheinen muß. Es hängt vom Einzelfalle ab, in welcher Form die Beweise erhoben werden. Erscheint der Zeuge dem Dienstvorgesetzten oder dem Untersuchungsführer von vornherein glaubhaft, so genügt bereits eine schriftliche Auskunft. Reicht die schriftliche Stellungnahme zur Aufklärung der Schuldfrage nicht aus, so bleibt es dem Ermittlungs- und dem Untersuchungsführer unbenommen, den Zeugen trotzdem später persönlich zu hören. Selbst wenn sich das Disziplinargerichtder ersten Instanz mit einer schriftlichen Auskunft zufrieden gegeben hat, kann das Gericht selbst in der Berufungsverhandlung trotzdem das persönliche Erscheinen des Zeugen anordnen. Niederschriften über Aussagen von Personen können im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Vernehmung nur verwertet werden, wenn sie in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren vernommen worden waren (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. —, § 20 Abs. 1 Satz2 LDO BW, Art 18 Abs. 1 Satz 2 DStO Bayr., § 20 Abs. 1 Satz 2 LDO Bln., §17 Abs. 1 Satz 2 DStO Brm., § 21 Abs. 1 Satz 2 NDO, § 20 Abs. 1 Satz 2 DO NW, § 20 Abs. 1 Satz 2 DStO Saar)3». Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 DO Hmb. kann dies nur dann geschehen, wenn der Beamte damit einverstanden ist; nach § 18 Abs. 1 Satz 2 HDO muß hierzu die Zustimmung des Beamten vorliegen und nach § 22 DStO Schl.-Hol. kommt dies nur im nichtförmlichen Disziplinarverfahren in Frage. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LDO Rh.-Pf. können mit Zustimmung des Beschuldigten auch Niederschriften über die Einnahme eines richterlichen Augenscheins, die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren aufgenommen sind, im Disziplinarverfahren verwertet werden. Damit ist die Anwendung der §§ 250—256 StPO im Disziplinarverfahren ausgeschlossen4. Dies erklärt sich daraus, daß der Sachverhalt in den meisten Fällen bereits vorher in einem ordentlichen Strafverfahren ge2 3 38 4
DiszSenat OVG Münster 5. 2. 60 — Y 30/59 — OVGE (DiszS) Bd. 2 S. 47. W i t t l a n d Anm. 2 zu § 17 RDStO. Vgl. BDH 24. 5. 67. — H D 4/67 — DokBer. S. 3079. BDH 9. 5. 63 — I D 61/62 — BDHE Bd. 6 S. 24.
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§79
Das Beweisrecht
klärt worden ist. Es würde eine unnötige Verschleppung des Disziplinarverfahrens bedeuten, wenn der Sachverhalt auf Grund einer erneuten Beweisaufnahme nochmals festgestellt werden sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Disziplinargericht grundsätzlich an den vom ordentlichen Strafgericht festgestellten Tatbestand gebunden ist. Andernfalls müßte in Kauf genommen werden, daß eine erneute Vernehmung von Zeugen zu einer Abweichung des vom Strafgericht festgestellten Sachverhalts führen würde, zumal erfahrungsgemäß zwischen den Verhandlungen des Strafgerichts und des Disziplinargerichts oft ein längerer Zwischenraum liegt. Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. — ist, daß die Beweise in einem gesetzlich geordneten Verfahren erhoben sind. Als gesetzlich geordnete Verfahren kommen vor allem staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren, Strafprozesse, Disziplinarverfahren, Ehrengerichtsverfahren, Steuerstrafverfahren, Zivilprozesse und Verwaltungsstreitverfahren in Betracht. Da die Bahnkriminalpolizeibeamten und im wesentlichen auch die Sicherungsbeamten der DBP als Hilfsorgane der Staatsanwaltschaft im Sinne des §152 StPO anzusehen sind, und das bei ihnen schwebende Ermittlungsverfahren in den §§ 160fF., insbesondere §§ 161, 163 StPO gesetzlich geregelt ist, können bahnkriminalpolizeiliche Protokolle und Niederschriften der Sicherungsstellen der DBP im Disziplinarverfahren im Gegensatz zu § 251 StPO beweismäßig verwertet werden5. Das Verfahren, dessen Niederschriften verwertet werden, braucht noch nicht abgeschlossen zu sein; § 21 Abs. 1 Satz 2 B D O — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. — kommt auch bei noch schwebenden Verfahren zur Anwendung6. Ist das Strafverfahren auf Grund einer Amnestie eingestellt, so können auch dann die dort aufgenommenen Niederschriften im Disziplinarverfahren verwertet werden7. Gleichgültig ist, ob im anderen Verfahren die vernommenen Personen vereidigt worden sind oder nicht. Ob und in welchem Umfange die Niederschrift verwertet werden soll, entscheiden der Dienstvorgesetzte, der Ermittlungs-, der Untersuchungsführer und das Disziplinargericht nach freiem Ermessen. Sie sind nicht verpflichtet, die Niederschriften zu verwerten. Erscheinen ihnen die Aussagen nicht vollständig oder wahrheitsgemäß, so können sie die nochmalige Vernehmung der Zeugen anordnen und durchführen. Sollen in einer Hauptverhandlung die Niederschriften verwertet werden, so sind sie nach § 61 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 74 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle zu verlesen und können erst dann bei der Urteilsfindung verwertet werden; der Vortrag des wesentlichen Inhalts durch den Berichterstatter genügt nicht, um die im Disziplinarverfahren oder in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren erhobenen Beweise zum Gegenstand der Hauptverhandlung und damit für die Urteilsfindung verwertbar zu machen7». Soll die Niederschrift in der Vorermittlung verwertet werden, so ist sie dem Beamten nach § 26 Abs. 2 BDO — § 21 Abs. 2 BDO a. F. — bekanntzugeben. Ebenso hat der Untersuchungsführer den Inhalt der Niederschrift dem Beamten mitzuteilen. BDH 25.1. 55 — III D 46/54 — B D H E Bd. 2 S. 119 = L i n d g e n Teil IV Nr. 63.. RDStH 8. 3. 39 — I D 14/39 —; Wittland Anm. 5 zu § 17 RDStO. ' Wie Fußnote 6. 7 » B D K VIII (Hannover) 27. 5. 64 — II D 49/63 — in ZBR 1964 S. 381.
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Disziplinarrechtliche Besonderheiten
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Dienstliche Auskünfte von Behörden und Beamten sind schriftlich einzufordern (§ 21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a. F. § 20 Abs. 2 LDO BW, Art. 18 Abs. 2 DStO Bayr., § 20 Abs. 2 LDO Bln., § 17 Abs. 2 DStO Brm., § 17 Abs. 2 DO Hmb., § 18 Abs. 2 NDO, § 21 Abs. 2 HDO, § 20 Abs. 2 DO NW, § 20 Abs. 2 LDO Rh.-Pf. und § 17 Abs. 2 DStO Saar). Nach § 22 Abs. 2 DStO Schl.-Hol. sind sie schriftlich einzufordern und zu erstatten. Die dienstlichen Auskünfte stellen nur einen Sonderfall der schriftlichen Äußerung dar. Die Einholung einer schriftlichen Auskunft kann auch dann in Betracht kommen, wenn sich die Behörde oder der Beamte am Sitz der die Auskunft einholenden Stelle befindet. Die Einholung von Auskünften von Ruhestandsbeamten, Angestellten, Arbeitern und sonstigen Privatpersonen kommt nicht in Betracht, selbst wenn sie hoheitliche Aufgaben verrichten. Die Auskunft kann sich auf Mitteilungen über bestehende Zustände und den Verlauf von Ereignissen sowie auf Urteile über Leistungen, dienstliche und außerdienstliche Führung des Beamten beziehen. Auch hier kann die Stelle, deren Auskunft eingeholt ist, später vernommen werden. §21 Abs.2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a.F. — und die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen, beziehen sich nicht auf Sachverständige. Diese müssen wie Zeugen auch im Disziplinarverfahren grundsätzlich mündlich vernommen werden 8 ; der Vorschrift des §21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a.F. — wäre aber dann genügt, wenn das Gutachten als dienstliche Auskunft einer Behörde oder eines Beamten angesehen werden kann. Die Auskunft kann auch fernmündlich angefordert werden; dies würde keinen Verstoß gegen § 21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a.F. — bedeuten. Lediglich die Auskunft selbst muß schriftlich erteilt werden. Trotz der mißverständlichen Fassung bedeutet § 21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a. F. — nicht, daß die Behörde oder der Beamte schriftlich gebeten werden müssen, die Auskunft zu erteilen. Die Notwendigkeit einer schriftlichen Anforderung wäre eine nicht einzusehende Erschwerung, die sich bei einer eiligen, z. B. im Laufe einer Verhandlung plötzlich erforderlich werdenden Auskunft für die beschleunigten Ablauf des Verfahrens sehr nachteilig auswirken könnte. Ist eine mündliche Auskunft erteilt worden, so ist dies dann unschädlich, wenn sie im Disziplinarverfahren als Beweisgrundlage nicht verwertet worden ist9. Nach der unmißverständlichen Fassung des § 22 Abs. 2 DStO Schl.-Hol. muß auch die Anforderung der Auskunft schriftlich geschehen. In der Hauptverhandlung können Niederschriften über Beweiserhebungen aus dem Disziplinarverfahren oder einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren durch Verlesen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden (§ 61 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 74 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle, § 65 Abs. 1 Satz 2 LDO BW, Art. 62 Abs. 1 Satz 2 DStO Bayr., § 61 Abs. 1 Satz 2 LDO Bln., § 61 Abs. 1 Satz 2 DStO Brm., § 61 Abs. 1 Satz 2 DO Hmb., § 66 Abs. 1 Satz 2 HDO, § 72 Abs. 1 Satz 2 NDO, § 67 Abs. 1 Satz 2 DO NW, § 69 Abs. 1 Satz 2 LDO Rh.-Pf., § 61 Abs. 1 Satz 2 DStO Saar und § 63 Abs. 1 Satz 2 DStO Schl.-Hol.). Wenn auch im Disziplinarverfahren § 220 StPO gilt, wonach der Beamte Zeugen und Sachverständige selbst laden kann, so kann deren Vernehmung in der Hauptverhandlung nicht erzwungen werden, da § 245 StPO wiederum im 8 9
DokBer. Nr. 1703. DokBer. Nr. 1715.
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Das Beweisrecht
Disziplinarrecht nicht zur Anwendung kommt 10 . Handelt es sich um Niederschriften aus einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren, so können sie nach § 61 Abs. 1 Satz 2 DO Hmb. nur dann zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden, wenn der Beamte damit einverstanden ist. Nach § 66 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 HDO können anderweitige Beweiserhebungen dann nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden, wenn der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person beruht, die als Zeuge oder Sachverständiger geladen und erschienen ist; dann ist diese Person zu hören, wenn ihre Angaben zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden sollen. Über die Beweiserhebung ist eine Niederschrift zu fertigen (§21 Abs. 3 BDO — § 17 Abs. 3 BDO a. F. —, § 20 Abs. 3 LDO BW, Art. 18 Abs. 3 DStO Bayr., § 20 Abs. 3 LDO Bln., § 17 Abs. 3 DStO Brm., § 17 Abs. 3 DO Hmb., § 18 Abs. 3 HDO, § 21 Abs. 3 NDO, § 20 Abs. 3 DO NW, § 20 Abs. 3 LDO Rh.-Pf. und § 17 Abs. 3 DStO Saar). Nach § 22 Abs. 3 DStO Schl.-Hol. ist über jede Beweisaufnahme eine Niederschrift aufzunehmen, im förmlichen Dienststrafverfahren in der im § 188 StPO vorgeschriebenen Form. Die Verpflichtung zur Aufnahme einer Niederschrift gilt für das Vorermittlungsverfahren, die Untersuchung und das Verfahren vor dem Disziplinargericht. Die Aufnahme der Niederschrift erfolgt durch einen Schriftführer, der den wesentlichen Inhalt der Beweiserhebung aufnimmt. Die Einzelheiten der aufzunehmenden Niederschrift ergeben sich aus § 188 StPO. Sie ist von der Stelle, die den Beweis erhebt, und dem Schriftführer zu unterschreiben (§188 Abs. 1 Satz 2 StPO). Fehlt bei der Niederschrift die Unterschrift des Schriftführers oder des Beamten, der die Beweise erhebt, so besitzt sie keine Beweiskraft zuungunsten des Beamten11. Ebenso können Aktenvermerke oder vom Untersuchungsführer niedergeschriebene Zeugenaussagen nicht verwertet werden 12 . K u r z s c h r i f t ist bei der Fertigung der Niederschrift im Disziplinarverfahren ganz allgemein nicht zugelassen. Sind die Niederschriften in Kurzschrift aufgenommen, so liegt eine unrichtige Niederschrift vor. Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann dann durch die Niederschrift nicht bewiesen werden (vgl. § 274 StPO). Vor allem ist der Nachweis der Unrichtigkeit desUrstenogramms—also nicht nur die der Übertragung — zulässig. Ist die Niederschrift zunächst in Kurzschrift aufgenommen, so muß sie in Normalschrift übertragen und von allen Beteiligten unterschrieben werden, soweit deren Unterschrift notwendig ist. Hinsichtlich der Niederschrift in der Hauptverhandlung vgl. §§ 271—274 StPO. Die Vorschriften über die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung gelten im Disziplinarrecht bereits im Laufe der Untersuchung, da diese nur eine vorweggenommene Beweisaufnahme darstellt, die der Hauptverhandlung zur Grundlage dient. § 57 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle hebt deshalb ausdrücklich hervor, daß für die Untersuchung die Vorschriften über die Beweiserhebungen in der Hauptverhandlung gelten. Dies gilt natürlich nur so weit, als diese Bestimmungen nicht durch § 21 BDO — § 17 BDO a. F. —• gegenstandlos werden oder hiermit sogar im Widerspruch stehen, worauf insbesondere bei VI B bis I S. 297 eingegangen ist. 10 11 12
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Wie Fußnote 4. RDHE Bd. 2 S. 80. PrOVG Bd. 84 S. 537.
Mittelbarkeit der Beweisaufnahme
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H. MITTELBARKEIT DER BEWEISAUFNAHME Wie aus I zu ersehen ist, bekennen sich das Bundesdisziplinarrecht und zum größten Teil auch die Disziplinargesetze der Länder zur Mittelbarkeit der Beweiserhebungen, indem die Beweise im wesentlichen nicht durch das erkennende Gericht, sondern im Untersuchungsverfahren, das der Hauptverhandlung vorgeschaltet ist, erhoben werden und sogar Beweiserhebungen aus anderen Verfahren zur Urteilsgrundlage im Disziplinarverfahren gemacht werden können. Im Gegensatz hierzu steht das Prinzip der Unmittelbarkeit, wonach grundsätzlich der Beschuldigte seine Erklärungen und die Zeugen und Sachverständigen ihre Aussagen mündlich in der Hauptverhandlung machen müssen und der Augenschein gleichfalls daselbst einzunehmen ist. Zum Prinzip der Unmittelbarkeit bekennt sich das Strafverfahrensrecht (vgl. § § 230,231 und 250 StPO), das lediglich beim Augenschein durchbrochen ist, indem dieser nach § 225 StPO ohne Einschränkung außerhalb der Hauptverhandlung durch einen ersuchten oder beauftragten Richter eingenommen und dessen Ergebnis in der Hauptverhandlung durch Verlesung des Augenscheinsprotokolls verwertet werden kann (§ 249 StPO). Bereits § 106 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3.1873 (RGBl. S. 61) hatte das Prinzip der Unmittelbarkeit anerkannt. Hiernach mußte die Vernehmung von Zeugen auf Antrag des Beamten der Staatsanwaltschaft oder des Angeschuldigten in der mündlichen Verhandlung erfolgen, sofern die Tatsachen erheblich waren, über die die Vernehmung stattfinden sollte, und das Disziplinargericht nicht die Überzeugung gewonnen hatte, daß der Antrag nur auf eine Verschleppung der Sache abzielte. Ebenso waren nach § 44 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27.1. 32 (PrGS S. 59) die geladenen Zeugen und Sachverständigen zu hören; hierzu gehörten auch die vom Angeschuldigten unmittelbar geladenen Personen ( § 4 2 Abs. 2 a. a. O.). Die Reichsdienststrafordnung vom 26.1. 37 (RGBl. I S. 71) und die Bundesdisziplinarordnung vom 28.11.52 (BGBl. I S. 749) kehrten sich vom Prinzip der Unmittelbarkeit ab und erhoben das Prinzip der Mittelbarkeit zum Grundsatz, wobei der Schwerpunkt der Aufklärung von Tatsachen im Untersuchungsverfahren nach §§44ff. BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 liegt. Deshalb gilt vor allem nicht § 245 StPO, wonach die Beweisaufnahme auf sämtliche vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die anderen herbeigeschafften Beweismittel sich zu erstrecken hat, es sei denn daß die Beweiserhebung unzulässig oder zum Zwecke der Prozeßverschleppung beantragt ist13. Sämtliche moderne Prozeßordnungen — z. B. die StPO und die Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. 8. 59 (BGBl. I S. 565) — bekennen sich selbst dort zum Prinzip der Unmittelbarkeit, wo die Ahndung begangenen Unrechts selbst nur mit einer Ordnungsstrafe gerechtfertigt erscheint. Um so mehr wäre das Prinzip der Unmittelbarkeit im Beamtendisziplinarrecht gerechtfertigt, wo oft die Existenz des Beamten auf dem Spiele steht. Auch das dem Beamten eigentümliche Unterwerfungsverhältnis rechtfertigt es nicht, das Prinzip der Mittelbarkeit anzuerkennen. Zu berücksichtigen ist, daß die Beweise im Untersuchungsverfahren oft von Beamten erhoben werden, denen jegliche forensische Erfahrung 13
BDH 9. 5. 63 — I D 61/62 — BDHE Bd. 6 S. 24.
16 L i i i d g e n , Disziplinarrecht II
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§79
Das Beweisrecht
fehlt. Finger14 stellt mit Recht fest, daß die Untersuchungsführer mit Hilfe von „Merkblättern" und dergleichen erst einmal über die Grundzüge des Disziplinarrechts und des Disziplinarverfahrens unterrichtet werden müssen, weil ihnen Erfahrungen und Kenntnisse auf strafrechtlichem und strafprozessualem Gebiet meistens völlig fehlen oder nur im bescheidensten Ausmaße vorhanden sind, so daß es als das kleinere Übel angesehen wird, mit den Untersuchungen im förmlichen Disziplinarverfahren allzu gern junge Räte oder Assessoren zu betreuen, weil bei ihnen noch „frische" juristische Kenntnisse vorhanden sind, während ihnen aber Berufs- und Lebenserfahrung noch fehlen. Im allgemeinen wird es notwendig erscheinen, daß sich das Gericht von der Persönlichkeit des Zeugen unmittelbare Kenntnis verschafft, wobei es ihm Vorhalte machen und Fragen an ihn richten kann. Es ist geradezu eine Kunst, eine ordnungsgemäße Vernehmung durchzuführen und ein geeignetes Protokoll aufzusetzen. Im sonstigen Verfahrensrecht (vgl. die oben angeführten Prozeßordnungen) verbietet sich sogar die Verlesung von Protokollen, selbst wenn sie von einem Richter aufgesetzt sind. Schneidewin16 und LöweRosenberg16 stellen fest, daß, wie die tägliche Erfahrung lehrt, auch das beste Protokoll im Vergleich zur mündlichen Vernehmung der Auskunftsperson in der Hauptverhandlung das schlechtere Beweismittel ist. Zu berücksichtigen ist, daß der Zeuge — selbst wenn er uneidlich vernommen wird — eine Strafe nach §§ 153 ff. StGB zu gewärtigen hat, während Zeugnisse von Dienstvorgesetzten und sonstige schriftliche Auskünfte schon deshalb einen geringeren Wahrheitsbeweis darstellen, weil sie außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens mit einer gewissen subjektiven Wertung abgegeben worden sind, zumal der Bezeugende bei der Abgabe der Erklärung sich dessen bewußt war, daß er keine Strafe nach § § 153 ff. StGB zu erwarten hat. So ist es verständlich, daß das Verlesen von Leumundszeugnissen im allgemeinen Strafverfahren nach § 256 Abs. 1 StPO unzulässig ist. Die Leumundszeugnisse bilden jedoch gerade im Disziplinarverfahren zumindest für die Strafzumessung und die Frage der Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages eine erhebliche Rolle. Eine Rechtfertigung für die Mittelbarkeit im Disziplinarverfahren besteht nur darin, daß die Disziplinargerichtsbarkeit personalmäßig erheblich ausgeweitet werden müßte, wenn die Beweise vom Disziplinargericht erhoben werden müßten, während nach der derzeitigen Regelung die Kosten der Beweiserhebung lediglich der Einleitungsbehörde erwachsen, aus deren Reihen der Untersuchungsführer entnommen wird. Fiskalische Erwägungen sollten jedoch dafür keinen Ausschlag geben, den Beamten gegenüber den Angeklagten und Beschuldigten in sonstigen Verfahren schlechter zu stellen. § 68 BDO i. d. F. der Novelle stellt einen kleinen Schritt zur Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme dar; im einzelnen vgl. Bd. 1 S. 45 und 817 sowie Bd. 2 S. 299. 14 F i n g e r „Die Bindung im Disziplinarverfahren an Strafurteile" in ZBR 1963 S. 289 (291). 15 JR 1951 S. 482. 19 Anm. 1 Abs. 1 zu § 250 StPO.
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Beweismittel
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BDE. BEWEISMITTEL A. Zeugen16" 1. Inhalt der Zeugenaussage Zeugen sind Personen, die nicht am Disziplinarverfahren beteiligt sind, deren Zeugnisfähigkeit nicht ausgeschlossen ist und die eigene sinnliche Wahrnehmung von Tatsachen bekunden17. Durch die eigene Wahrnehmung unterscheiden sie sich von den Sachverständigen, die auf Grund ihres besonderen Fachwissens — nicht vermöge eigener Wahrnehmungen — auf Grund ihnen unterbreiteter Tatsachen irgendwelche Schlüsse ziehen müssen. Wer ohne Tatsachen zu bekunden nur Äußeres zur Betrachtung darbietet, ist nicht Zeuge, sondern Augenscheinsobjekt. Der Zeuge muß die Tatsachen durch Sehen oder Hören oder durch die Wahrnehmung anderer Sinnesorgane wahrgenommen haben. Hierbei kann der Zeuge zu ihrer Kenntnis erst auf Grund einer urteilenden Tätigkeit gelangt sein18; die urteilende Tätigkeit muß gegenüber der sinnlichen Wahrnehmung jedoch von untergeordneter Bedeutung sein19. Zeugen können auch Tatsachen auf Grund ihrer Fachkenntnisse beweisen, ohne daß diese, wie beim Sachverständigen, unbedingt notwendig sind20. So können zu den Tatsachen auch einfachere und nebensächliche Urteile gehören, die auf Grund sinnlicher Wahrnehmung gewonnen worden sind; der Zeuge kann z. B. über den Grad der Trunkenheit21 oder über Charaktereigenschaften22, wie über die Glaubwürdigkeit des Beamten23, gehört werden. Er darf nur keine reinen Werturteile und Meinungen fällen24. 2. Z e u g n i s f ä h i g k e i t Jedermann ist fähig als Zeuge aufzutreten26. So können u. a. Kinder26, Greise, Gebrechliche27, Geisteskranke, Verwandte, Verschwägerte, gesetzliche Vertreter, Erziehungsberechtigte und durch die Pflichtverletzung Betroffene als Zeugen auftreten. Ihre Glaubwürdigkeit kann durch derartige Umstände gemindert sein, ohne daß hierdurch die Zeugnisfähigkeit ausgeschlossen ist. Als Zeugen können nicht auftreten: a) der Beamte 28 . Er kann auch nicht gegenüber einem anderen Beamten als Zeuge auftreten, sofern dieser sich im gleichen Verfahren verantworten muß29. Dies gilt selbst dann, wenn der Beamte zu einem Vorwurf 1 8 a L e n c k e r „Aussagepflicht, Schweigepflicht und Zeugnisverweigerungsrecht" in NJW 1965 S. 321. 1 7 RGSt. Bd. 52 S. 289. 1 8 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 1 vor §§ 52—55 StPO. 1 9 RGSt. Bd. 27 S. 96, Bd. 37 S. 371, Bd. 57 S. 412 und in GA Bd. 68 S. 353. 2 0 RGSt. Bd. 37 S. 371; A l s b e r g in J W 1922 S. 301. 2 1 Nicht jedoch über „sinnlose Trunkenheit", über die nur der Sachverständige urteilen kann; vgl. RG 15.12. 27 — 2 D 853/27. 22 RGSt. Bd. 39 S. 363. 23 RGSt. Bd. 26 S. 71, Bd. 37 S. 371, Bd. 39 S. 363 und in JW 1928 S. 2252 sowie 1937 S. 761. 24 RGSt. Bd. 57 S. 413; RG in JW 1932 S. 2797,1936 S. 1381 undin HRR1939 Nr. 1210. 2 8 RGSt. Bd. 52 S. 159. a RG in GA Bd. 59 S. 151. 2 7 RGSt. Bd. 33 S. 393, Bd. 54 S. 107, Bd. 57 S. 186, Bd. 58 S. 396. 2 8 RGSt. Bd. 27 S. 312; BGHSt. Bd. 10 S. 8. 2 9 RGSt. Bd. 6 S. 280, Bd. 27 S. 312; RG in GA Bd. 45 S. 219.
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Das Beweisrecht
eines anderen Beamten gehört werden soll, dessentwegen er sich nicht zu verantworten hat 30 . Befindet sich das Verfahren gegen den anderen Beamten in einem anderen Verfahrensabschnitt, so kann er als Zeuge gehört werden; hat z. B. der Zeuge A gegen das Urteil des Disziplinargerichts der 1. Instanz keine Berufung eingelegt, so kann er in der Berufungsverhandlung gegen den anderen Beamten als Zeuge gehört werden, sofern das Urteil gegen ihn rechtskräftig geworden ist. Soll der andere Beamte als Zeuge aussagen, so muß das Verfahren durch Beschluß des Disziplinargerichts getrennt werden; eine schlüssige Maßnahme des Gerichtsvorsitzenden reicht hierzu nicht aus 31 . Die Trennung des Verfahrens kann auch in der Berufungsverhandlung erfolgen. Nach der Vernehmung können die Verfahren wieder miteinander verbunden werden 32 . Erst recht kann der Beamte, der sich in der gleichen Angelegenheit mitschuldig gemacht hat, als Zeuge vernommen werden, wenn gegen ihn noch nicht einmal Vorermittlungen nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — eingeleitet worden sind oder das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren eingestellt worden ist. Unberührt hiervon bleibt, ob der mitbeschuldigte Beamte ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 55 StPO oder ein Recht zur Nichtbeeidigung nach § 60 Nr. 3 StPO hat; b) M i t g l i e d e r des G e r i c h t s , die mit der Disziplinarsache befaßt sind 33 . Wird das Mitglied des Disziplinargerichts als Zeuge benannt oder gar geladen, so scheidet es damit noch nicht als Richter nach § 22 Ziff. 5 StPO aus. Gibt es eine dienstliche Erklärung ab, daß es als Zeuge im bisherigen Verfahren nicht aufgetreten sei oder daß es zu dem Beweisthema nichts aussagen könne, so stellt dies noch keine Vernehmung dar, die seinen Ausschluß als Disziplinarrichter bedingt 34 . Erscheint der Disziplinarrichter auf eine Zeugenladung im Gerichtssaal, so ist er damit Zeuge. In einem späteren Verfahrensabschnittt kann der Richter als Zeuge auftreten; so kann z.B. der Beisitzer der Kammer vor dem Bundesverwaltungsgericht als Zeuge auftreten 35 . Es bleibt gleich, ob es sich beim Disziplinarrichter um ein hauptamtliches Mitglied oder um einen Beamtenbeisitzer handelt; c) d e r S c h r i f t f ü h r e r 3 6 ; d) d e r B u n d e s d i s z i p l i n a r a n w a l t und seine Beauftragten. Tritt der Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts als Zeuge auf, so kann er nach seiner Aussage nicht mehr irgendwelche Funktionen in dem Disziplinarverfahren versehen, in dessen Verlauf er als Zeuge aufgetreten ist 37 ; 30
RGSt. Bd. 6 S. 279; RG in GA Bd. 39 S. 315; BGHSt. Bd. 3 S. 149. Vgl. RGSt. Bd. 52 S. 138. RGSt. Bd. 52 S. 140. 33 BGHSt. Bd. 3 S. 18, Bd. 5 S. 45. 34 RGSt. Bd. 42 S. 1; RG in GA Bd. 59 S. 126; BGHSt. Bd. 7 S. 330 = JZ 1956 S. 31, Bd. 11 S. 206. 35 BGHSt. Bd. 2 S. 99. 36 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4c vor §§48ff. StPO. 37 RGSt. Bd. 39 S. 236; RG in GA 67 S. 436, Bd. 71 S. 92; RG in JW 1925 S. 1403, JW 1933 S. 523; BGH in MDR 1957 S. 16; BayrObLG 1953 S. 27; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4d vor §§48ff. StPO; Eb. S c h m i d t Vorbem. 7 vor 6 StPO; a. M. B e n n e k e B e l i n g S. 343 und Gerland S. 196. 31 32
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e) der V e r t e i d i g e r . Er kann seine Funktionen als Verteidiger solange nicht wahrnehmen, bis er seine Zeugenaussage beendet hat. Nach seiner Aussage kann er jedoch wiederum das Amt eines Verteidigers in dem gleichen Disziplinarverfahren bekleiden. Das Disziplinargericht kann jedoch sein Auftreten als Verteidiger untersagen, wenn er infolge seiner Vernehmung einem wichtigen Teil der Verhandlung ferngeblieben ist oder nach dem Inhalt seiner Aussage als öffentliches Rechtspflegeorgan ungeeignet erscheint38. Bei widerstreitenden Interessen des Verteidigers und des Zeugen gehen letztere vor 39 . Nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO kann gemäß § 40 Abs. 2 i. V. m. § 51 Nr. 4 BDO ein vernommener Zeuge nicht mehr als Verteidiger auftreten; f) der D i e n s t v o r g e s e t z t e , sofern er die Disziplinarbefugnis selbst ausüben will. Will er als Zeuge auftreten, so wird er zweckmäßigerweise die Disziplinarmaßnahme durch den nächsthöheren Dienstvorgesetzten aussprechen lassen. In den sonstigen Fällen kann der Dienstvorgesetzte selbst dann als Zeuge auftreten, wenn er durch die Pflichtverletzung des Beamten unmittelbar oder mittelbar in Leidenschaft gezogen ist. 3. L a d u n g Die Ladung der Zeugen geschieht unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens (§48 StPO). Hierfür bestehen bis auf den Hinweis der gesetzlichen Folgen im Falle des Nichterscheinens keine Formvorschriften. Die Ladung kann daher schriftlich mit oder ohne Zustellung, telegraphisch, fernmündlich oder mündlich durch einen Boten durchgeführt werden 40 . Ist der Zeuge zum Termin erschienen und muß dieser verlegt werden, so kann dem Zeugen mit der Bekanntgabe des neuen Termins aufgegeben werden, erneut zu erscheinen; allerdings muß er wiederum auf die Folgen des Nichterscheinens hingewiesen werden 41 . In der Ladung brauchen die Person des Beamten, das Dienstvergehen und der Gegenstand der Vernehmung nicht angegeben zu werden. Die Ladung erfolgt durch die Stelle, die den Zeugen vernehmen will. Die beim Disziplinarverfahren beteiligten Personen, denen die Befugnis beigelegt ist, Zeugen unmittelbar zu laden, haben mit der Zustellung der Ladung den Gerichtsvollzieher zu beauftragen (vgl. § 38 StPO). Wohnt der Zeuge nicht im Bezirk der vernehmenden Stelle, so kann die Ladung auch ohne die Mitwirkung der Behörde des anderen Bezirks erfolgen. Es wird sich jedoch als zweckmäßig erweisen, daß der Dienstvorgesetzte oder der Untersuchungsführer, der einen Zeugen aus einem anderen Bezirk laden will, dies dem Dienstvorgesetzten des Zeugen anzeigt und ihn hierbei um die Aussagegenehmigung bittet, sofern diese durch die angegangene Stelle erteilt werden kann. Ist ein Zeuge im Ausland zu laden, so sind die Richtlinien über den Verkehr mit dem Ausland und strafrechtlichen Angelegenheiten vom 15. 1. 59 zu beachten, die im Disziplinarverfahren entsprechende Anwendung finden; daselbst ist auch die Ladung exterritorialer Personen geregelt (Ziff. 185ff.). 38 39 40 41
Vgl. BGH in NJW 1953 S. 1601; RGSt. Bd. 24 S. 297. BGH in NJW 1953 S. 1600; RGSt. Bd. 55 S. 219. RGSt. Bd. 40 S. 138. RGSt. Bd. 35 S. 231.
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Für die Ladung von Soldaten gilt der Erlaß des Bundesministers für Verteidigung vom 7. 6. 56 (BAnz. vom 15. 6. 57 S. 2). Ersatzzustellung an den Hauptwachtmeister ist statthaft42. Die Ladung Angehöriger der verbündeten Streitkräfte richtet sich nach dem Truppenvertrag. Der Zeuge kann zugleich mit der Ladung zwangsweise vorgeführt werden, wenn er in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dem mit der Zustellung der Ladung beauftragten Beamten sofort zur vernehmenden Stelle zu folgen. Das kommt jedoch dann nicht in Frage, wenn der Zeuge sein Ausbleiben hinreichend entschuldigt. Die Vorführung ist allgemein nur dann zulässig, wenn die alsbaldige Vernehmung des Zeugen notwendig ist. Mit der Ladung kann dem Zeugen aufgegeben werden, Schriftstücke oder sonstige Beweismittel bei der Vernehmung vorzulegen, falls sie voraussichtlich in seinem Besitz sind und diese als Beweisgrundlage notwendig sind. Der Bundespräsident ist in seiner Wohnung zu vernehmen (§49 Satz 1 StPO). Zur Hauptverhandlung wird er nicht geladen (§49 Satz 2 StPO); aus diesem Grunde können auf ihn § § 223, 224, 251 Abs. 2 und 3 StPO keine Anwendung finden. Das Protokoll über seine gerichtliche Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen (§49 Satz 3 StPO); dies kommt auch dann in Frage, wenn er im Vorermittlungsverfahren oder in der Untersuchung vernommen worden ist. Das Recht des § 49 StPO steht dem Bundespräsidenten höchstpersönlich, nicht seinem Vertreter, dem Präsidenten des Bundesrats, zu. Er kann hierauf verzichten. Der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt haben kein Recht, von dem Vernehmungstermin in Kenntnis gesetzt zu werden und an der Vernehmung des Bundespräsidenten teilzunehmen43. Im übrigen ist der Bundespräsident verpflichtet, auszusagen und seine Aussage zu beeidigen, sofern nicht die in der StPO vorgesehenen Ausschließungsgründe vorliegen. Die Mitglieder des Bundestages, eines Landtages oder einer zweiten Kammer sind während ihres Aufenthalts am Sitz der Versammlung dort zu vernehmen (§50 Abs. 1 StPO). Die Vernehmung muß in die Sitzungsperiode fallen, und der Zeuge muß sich am Sitz des Parlaments aufhalten; nicht entscheidend ist, ob dies an dem Tage, an dem die Vernehmung durchgeführt werden soll, auch tagt. Für die Mitglieder des Bundestages vgl. Art. 38 ff. GG und die Mitglieder des Bundesrats vgl. Art. 51 GG. Eine zweite Kammer besteht nur in Bayern (Senat), auf deren Mitglieder § 50 StPO Anwendung findet, obgleich sie nur beratende Funktionen ausüben. Die Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung sind an ihrem Amtssitz oder, wenn sie sich außerhalb ihres Amtssitzes aufhalten, an ihrem Aufenthaltsort zu vernehmen (§50 Abs. 2 StPO). Hierbei ist es gleichgültig, ob der Aufenthalt dienstlich oder privat erfolgt. In den Ländern stellen die Senate von Berlin, Bremen und Hamburg Landesregierungen i. S. des § 50 Abs. 2 StPO dar, wobei die Bürgermeister und Senatoren als Mitglieder der Landesregierung gelten. Abgesehen von Bayern (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayrVerf) gehören die Staatssekretäre nicht zu den Mitgliedern der Bundes- bzw. Landesregierung, selbst wenn sie die Regierungsmitglieder während ihrer Abwesenheit vertreten. Löwe-Rosenberg Anm. 2d zu § 48 StPO; A r n o l d in NJW 1957 S. 1220. Löwe-Rosenberg Anm. 3 zu § 49 StPO; Fuhrmann-Dalcke Anm. 1 zu §49 StPO; Kleinknecht-Müller Anm. 2 zu § 49 StPO. 42
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Zu einer Abweichung von den Vorschriften des § SO Abs. 1 und 2 StPO bedarf es nach § 50 Abs. 3 StPO: 1. für die Mitglieder eines in § 50 Abs. 1 StPO genanntes Organs der Genehmigung des betreffenden Organs, 2. für die Mitglieder der Bundesregierung der Genehmigung der Bundesregierung und 3. für die Mitglieder einer Landesregierung der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung ist selbst dann einzuholen, wenn der Abgeordnete oder das Regierungsmitglied mit einer Abweichung von § 50 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StPO einverstanden ist44. Die Genehmigung ist von Amts wegen oder auf Antrag einzuholen. Eine Ladung an einen anderen Ort ist ohne sie unzulässig. Es ist jedoch nichts dagegen einzuwenden, wenn der Zeuge gefragt wird, ob er an einem bestimmten Tage am Gerichtsort anwesend sein wird, um ihn dann dort zu vernehmen. Die Mitglieder der in § 50 Abs. 1 StPO genannten Organe der Gesetzgebung und die Mitglieder der Bundesregierung oder der Landesregierung werden, wenn sie außerhalb der Hauptverhandlung vernommen worden sind, zu dieser nicht geladen (§50 Abs. 4 Satz 1 StPO). Das Protokoll über ihre richterliche Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen (§ 50 Abs. 4 Satz 2 StPO). In dem Falle, daß § 50 StPO nicht beachtet ist, ist die Verlesung eines Protokolls nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen der §§ 223, 224, 251 StPO vorliegen; in den sonstigen Fällen ist die Verlesung der gerichtlichen Niederschrift unzulässig. Exterritoriale Personen unterliegen keinem Zeugniszwang der Behörden und der Disziplinargerichte. Exterritorial sind die Mitglieder der bei der Bundesrepublik Deutschland beglaubigten diplomatischen Vertretungen. Dem Zeugniszwang unterliegen auch solche Personen nicht, die nach allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts oder nach einem Staatsvertrag von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind (§ 18 GVG). 4. Erscheinenspflicht Der Zeuge ist verpflichtet, vor dem Untersuchungsführer, dem Disziplinargericht und dem im Wege der Rechtshilfe ersuchten Gericht zu erscheinen. Die Erscheinenspflicht besteht nicht gegenüber dem Dienstvorgesetzten, dem von ihm beauftragten Ermittlungsführer, der Einleitungsbehörde, dem Bundesdisziplinaranwalt sowie seinem Beauftragten und dem Vertreter der Einleitungsbehörde. Die Pflicht, zu dem angesetzten Termin zu erscheinen, setzt eine ordnungsgemäße Ladung voraus, in der Ort und die Zeit des Termins sowie die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens enthalten sind. Bereits unter 3 ist darauf hingewiesen worden, daß auch bei einer erneuten Ladung auf die Folgen des unentschuldigten Ausbleibens hingewiesen werden muß, wenn eine Verpflichtung des Zeugen zum Erscheinen begründet werden soll. Aus der Pflicht zum Erscheinen ergibt sich, daß sich der Zeuge an dem betreffenden Ort zu der in der Ladung genannten Uhrzeit persönlich einfinden muß, wobei es sich nicht um den Gerichtsort handeln muß. Der Zeuge 44 Löwe-Rosenberg Anm. 4 zu § 50 StPO; Fuhrmann-Dalcke Anm. 2 zu § 50 StPO; Kleinknecht-Müller Anm. 2 zu § 50 StPO; Eb. Schmidt Anm. 3 zu § 50 StPO.
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muß auch dann erscheinen, wenn sein Aufenthaltsort von dem Ort erheblich entfernt ist, wohin er geladen ist. Hiervon bleibt unberührt, daß er in einem solchen Falle beantragen kann, ihn am Aufenthaltsort kommissarisch zu vernehmen. Auch die Berechtigung zur Verweigerung der Aussage entbindet den Zeugen nicht, zu dem geladenen Termin zu erscheinen. In einem solchen Falle wird allerdings die vernehmende Stelle, der er den Grund anzeigt, der zur Verweigerung der Aussage berechtigt, die Ladung aufheben; geschieht dies nicht, so muß der Zeuge erscheinen. Der Zeuge muß auch zu der in der Ladung genannten Uhrzeit erscheinen. Ein verspätetes Erscheinen zieht die in § 51 StPO genannten Folgen nach sich45. Der Zeuge muß auch in einem vernehmungsfähigen Zustande erscheinen. Versetzt er sich schuldhaft infolge Alkoholgenusses in einen solchen Zustand, daß eine Vernehmung nicht mehr möglich erscheint, so ist dies dem Nichterscheinen gleichzusetzen. Der Zeuge muß nicht nur zu der in der Ladung genannten Uhrzeit erscheinen, sondern auch am Gerichtsort verbleiben, selbst wenn seine Vernehmung beendet ist, da eine nochmalige Vernehmung oder eine Gegenüberstellung mit dem Beamten sich als notwendig erweisen kann46. Der Zeuge darf sich nach seiner Vernehmung nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Disziplinargerichts oder des Untersuchungsführers entfernen. 5. Folgen des Nichterscheinens Ein ordnungsgemäß geladener Zeuge, der nicht erscheint, ist durch das Disziplinargericht, den Untersuchungsführer bzw. den beauftragten oder ersuchten Richter in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten sowie zu einer Ordnungsstrafe in Geld oder für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen (§51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StPO). Dies kommt auch gegenüber einem strafunmündigen Zeugen in Frage, weil es sich bei den Folgen des § 51 StPO um keine Kriminal-, sondern nur um eine Ordnungsstrafe handelt47. Dies kommt auch gegenüber Abgeordneten des Bundestages und der Länderparlamente in Frage, da in Art. 46 Abs. 2 GG und den entsprechenden Länderverfassungen nur Kriminalstrafen, jedoch nicht Ordnungs- oder Zwangsstrafen erwähnt sind. Gegenüber Exterritorialen kommen Maßnahmen nach § 51 Abs. 1 StPO nicht in Frage. Bleibt der Zeuge bei einer abermaligen Ladung aus, so kann er erneut nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StPO bestraft werden (vgl. § 51 Abs. 1 Satz 3 StPO). Mehr als zweimal darf der Zeuge nicht bestraft werden. Dies gilt aber nur für den Verfahrensabschnitt, in dem der Zeuge geladen wird. Erscheint er z. B. trotz zweimaliger Ladung in der Untersuchung nicht und wird er zur Hauptverhandlung erneut geladen, so kann er, da es sich hier um einen neuen Verfahrensabschnitt handelt, erneut geladen und erneut nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StPO bestraft werden48. Die Höhe der Geldstrafe richtet sich nach Art. II Abs. 2 der VO vom 4. 2. 24 (RGBl. I S. 45), wonach sie mindestens 1,—DM und im Höchstfalle 1000,—DM betragen darf; die Höhe richtet sich innerhalb KG in GA Bd. 69 S. 230. Wie Fußnote 43. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 Abs. 1 zu § 51 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5a zu § 51 StPO; Schwarz Anm. 1 A b zu § 51 StPO. 4 8 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 Abs. 2 zu § 51 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5a zu §51 StPO; Eb. Schmidt Anm. 9 zu §51 StPO. 45
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dieses Rahmens nach freiem richterlichen Ermessen, wobei es auf die Vermögensverhältnisse des Zeugen ankommt. Die abermalige Strafe kann eine andere Höhe aufweisen als die zuerst angesetzte Strafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt bis zu sechs Wochen Haft. Sie kann auch noch nachträglich festgesetzt werden. Gegenüber Abgeordneten des Bundestages und der Länderparlamente kommt sie nicht in Frage, weil sie ebenso wie die zwangsweise Vorführung das Ansehen des Abgeordneten schädigt und ihn in seiner Verbindung mit seinen Wählern behindert. Die Verurteilung zu den Kosten des Verfahrens muß spätestens mit der Entscheidungsreife der Sache getroffen werden, auch wenn mit einer Entschuldigung noch zu rechnen ist. Selbst wenn eine Entschuldigung ausbleibt, kann der Zeuge nach der Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr zu den Kosten des Verfahrens sowie zu einer Ordnungsstrafe verurteilt werden49. Zu den Kosten des Verfahrens gehören vor allem diejenigen, die durch die Verlegung des Termins, die nochmalige Ladung von Zeugen entstehen, Reisekosten, fällig gewordene Verteidigergebühren, Entschädigungen für Zeugen, Sachverständige und Beisitzer der Disziplinargerichte sowie die Kosten, die durch die Vollstreckung der Ordnungsstrafe entstehen. Die Kosten müssen sich im kostenrechtlichen Rahmen halten, wobei es nicht auf deren Notwendigkeit ankommt. Im Falle des Nichterscheinens ist auch die zwangsweise Vorführung zulässig (§51 Abs. 1 Satz 2 StPO). Der Zeuge kann zwangsweise vorgeführt und am Vernehmungsort auch festgehalten werden, wenn er nicht sofort vernommen werden kann 50 . Die Maßnahmen nach § 51 Abs. 1 StPO trifft das Disziplinargericht bzw. der Untersuchungsführer von Amts wegen. Der Zeuge braucht nicht vorher gehört zu werden. Dies wird sich jedoch im allgemeinen im Hinblick auf § 51 Abs. 2 StPO empfehlen. Die Entscheidung kann auch hinausgeschoben werden, bis der Zeuge Gelegenheit hatte, Entschuldigungsgründe für sein Nichterscheinen anzuführen 51 . Die Maßnahmen nach § 51 Abs. 1 StPO werden durch Beschluß getroffen. Hiergegen steht dem Zeugen die Beschwerde zu, die jedoch keine aufschiebende Wirkung hat. Die Beschwerde kommt auch noch nach Rechtskraft der disziplinargerichtlichen Entscheidung, die in der Sache selbst ergeht, in Frage 52 . Sie kann auch durch den beschuldigten Beamten oder den Bundesdisziplinaranwalt eingelegt werden 53 . Wird der Beschwerde stattgegeben, so hat die Kosten des Ordnungsstrafverfahrens der Bund selbst dann zu tragen, wenn der Beamten verurteilt und zu den Kosten des Disziplinarverfahrens nach § 98 BDO, BDO i. d. F. der Novelle verurteilt worden ist. Die Verurteilung zu Strafe und den Kosten des Verfahrens unterbleibt, wenn das Ausbleiben des Zeugen genügend entschuldigt ist ( § 5 1 Abs. 2 Satz 1 StPO). Wird der Zeuge nachträglich entschuldigt, so werden die geBGHSt. Bd. 10 S. 126. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 Abs. 3 zu § 51 StPO; Enzian in NJW 1957 S. 451; S c h w a r z Anm. 1 A a zu § 51 StPO. 6 1 BayrObLG Bd. 1 S. 314; S c h w a r z Anm. 1 B zu §51 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 6 zu § 51 StPO. 42 OLG Hamm in NJW 1956 S. 1935. 53 Vgl. OLG Hamm in NJW 1956 S. 1935. 49
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troffenen Anordnungen wieder aufgehoben ( § 5 1 Abs. 2 Satz 2 StPO). Das Disziplinargericht bzw. der Untersuchungsführer bzw. das ersuchte Gericht entscheiden nach eigenem Ermessen, ob die vom Zeugen zu seiner Entschuldigung angeführten Gründe glaubhaft und ausreichend sind. Hierbei ist zu beachten, daß das öffentliche Interesse den privaten Interessen vorgeht. Als Entschuldigung reicht es z. B. nicht aus, daß der Zeuge dringende Arbeiten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis verrichten mußte54 oder daß andere Personen sein Nichterscheinen verschuldet haben, indem ihn z. B. seine Ehefrau nicht rechtzeitig geweckt hat55. Als Entschuldigungsgrund ist eine zu kurze Ladungsfrist anzusehen. Ebenso reicht es als Entschuldigung aus, daß dem Zeugen die Ladung nicht rechtzeitig an seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort nachgesandt worden ist. Ebenso reicht ein Kraftfahrzeugunfall, der sich auf dem Wege zur Vernehmungsstätte zugetragen hat, als Entschuldigung aus66. Für das Vorbringen der Entschuldigung gibt es keine Frist, da nach dem Gesetzeswortlaut dieselbe nur „genügend" sein muß57. Deshalb kann die Entschuldigung auch nach rechtskräftiger Erledigung der Disziplinarsache abgegeben werden 68 . Selbst nach Beitreibung der Ordnungsstrafe kann der Zeuge noch Entschuldigungsgründe nach § 51 Abs. 2 StPO anführen. Über die nachträgliche Entschuldigung des Ausbleibens eines Zeugen entscheidet zunächst das Gericht, das die Ordnungsstrafe verhängt hat; erst gegen dessen Entscheidung ist die Beschwerde gegeben59. Ist die Ordnungsstrafe aufgehoben, so kann sie wegen des gleichen Tatbestandes nicht erneut verhängt werden 60 . Eine Aufhebung der Maßnahmen nach § 51 Abs. 1 StPO kommt dann nicht in Frage, wenn sich nachträglich herausstellt, daß die Vernehmung des Zeugen nicht erforderlich, sein Ausbleiben jedoch nicht genügend entschuldigt war. 6. A u s s a g e p f l i c h t Der Zeuge ist zur Aussage verpflichtet, sofern keine im Gesetz vorgesehenen Ausschließungsgründe vorliegen. Diese Zeugnispflicht besteht gegenüber dem Gericht, dem ersuchten oder beauftragten Richter und gegenüber dem Untersuchungsführer61. Eine Verpflichtung, als Zeuge vor dem Dienstvorgesetzten, dem Ermittlungsführer, dem Bundesdisziplinaranwalt, dessen Beauftragten, den Beamten der Bahnpolizei, den Sicherungsbeamten der Deutschen Bundespost, den Polizeidienststellen und der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und auszusagen, besteht nicht62. Im allgemeinen werden bei diesen Stellen die Zeugen weder auf das Zeugnisverweigerungsrecht noch das allBayrObLG bei A l s b e r g Bd. 1 Nr. 331. OLG Hünchen bei A l s b e r g Bd. 1 Nr. 179. 68 Vgl. OLG Celle in „Das Recht des Kraftfahrers" 1950 S. 94. 6 7 OLG Hamm in JMB1. NRW 1950 S. 54; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 9 Abs. 4 zu § 51 StPO; S c h w a r z Anm. 1 B zu § 51 StPO. 6 8 BayrObLG Bd. 7 S. 331. 5 9 OLG Frankfurt 16. 3. 64 — 2 Ws 42/64 — in NJW 1964 S. 2124. 60 OLG München bei A l s b e r g Bd. 1 S. 182. 6 1 Vgl. RGSt. Bd. 40 S. 346; RG in das „Recht" 1911 Nr. 3692; GA Bd. 70 S. 42; L ö w e - R o s e n b e r g Vorbem. I zu §§ 52—555 StPO. 62 RGSt. Bd. 9 S. 436; GA Bd. 62 S. 342. 64
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gemeine Recht, eine Aussage vor diesen Behörden zu verweigern, hingewiesen. Daß die Vernehmungsniederschriften solcher Zeugen, die auf das Zeugnisverweigerungsrecht nicht hingewiesen worden sind, trotzdem als Beweisunterlagen verwertet werden können, macht das Zeugnisverweigerungsrecht leider allzuoft illusorisch 63 . Als Beamter kann sich jedoch eine Verpflichtung, als Zeuge vor seinem Dienstvorgesetzten oder dem von ihm beauftragten Beamten auszusagen, aus der allgemeinen Gehorsamspflicht ergeben, sofern keine gesetzlich vorgesehenen Zeugnisverweigerungsgründe vorliegen. Zur Zeugnispflicht gehört es, daß der Zeuge dulden muß, daß er anderen Personen, wie dem Beamten oder weiteren Zeugen oder Sachverständigen, gegenübergestellt wird. Ebenso ist er verpflichtet, einer Augenscheinseinnahme beizuwohnen. Insbesondere bei Jugendlichen, Kindern und solchen Zeugen, die sich infolge Geistesschwäche oder anderen seelischen Leiden der Bedeutung der Aussage nicht im vollen Umfange bewußt sind, können psychologische Sachverständige zugezogen werden, die Fehlerquellen der Aussage aufdecken sollen. 7. B e f r e i u n g v o n der A u s s a g e p f l i c h t a) A l l g e m e i n e s Der Zeuge kann seine Aussage verweigern, wenn ihm das Gesetz Verweigerungsgründe einräumt. Ob er von seinem Weigerungsrecht Gebrauch machen will, steht in seinem freien Ermessen, ohne daß er hierdurch die Belange des Beamten, der Einleitungsbehörde oder des Bundesdisziplinaranwalts verletzt64. Ist der Zeuge trot2 eines bestehenden Zeugnisverweigerungsrechts bereit auszusagen, so kann er dennoch seine Aussage zu bestimmten Tatsachen verweigern 65 . Ebenso braucht er, wenn er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, nicht die Gründe hierfür anzugeben66. Die Tatsache allein, daß dem Zeugen ein Weigerungsrecht zur Aussage zusteht, kann das Gericht bzw. den Untersuchungsführer nicht davon abhalten, den Zeugen zu laden. Insbesondere kann ein Beweisantrag nicht abgelehnt werden, weil dem Zeugen ein Weigerungsrecht zusteht67. Die Zeugnisverweigerungsgründe sind in §§ 52 bis 55 StPO erschöpfend aufgeführt. Im Falle des § 52 StPO kann der Zeuge seine Aussage ganz allgemein verweigern, während ihm in den Fällen der § § 5 3 bis 55 StPO das Weigerungsrecht nur hinsichtlich bestimmter Gegenstände zusteht. Aus dem Schutz des Brief- und Fernmeldegeheimnisses ergibt sich noch kein Zeugnisverweigerungsrecht. Nach Art. 47 GG sind Abgeordnete des Bundestages berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Hat der Zeuge auf die Ausübung seines Weigerungsrechts verzichtet, so kann er trotzdem später dennoch seine Aussage verweigern, da ein Widerruf des Verzichts in jedem Stande des Disziplinarverfahrens zulässig ist 68 . Die 63 64 66 66 67 68
Vgl. K o h l h a a s in DAR 1956 S. 205. RGSt. Bd. 48 S. 269. RGSt. Bd. 48 S. 271. RG in J W 1930 S. 926. BGHSt. Bd. 15 S. 201. RGSt. Bd. 63 S. 302; L ö w e - R o s e n b e t g Vorbem. 4 zu §§52 bis 55 StPO.
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Aussage eines vor der Hauptverhandlung oder der Untersuchung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung oder der Untersuchung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden (vgl. § 252 StPO). b) Im v o l l e n U m f a n g e b e s t e h e n d e s Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt: aa) der V e r l o b t e des Beamten (§ 52 Abs. 1 Ziff. 1 StPO). Dies scheidet aus, wenn das Eheversprechen gegen das Gesetz oder gegen die Sitten verstößt89, wenn z. B. einer der Verlobten noch verheiratet 70 oder anderweitig verlobt 71 ist. Wenn es auch auf die zivilrechtliche Gültigkeit des Verlöbnisvertrages nicht ankommt 72 , der Verlobte also auch minderjährig sein kann 73 , so reicht ein bloßes Liebesverhältnis nicht aus 74 . Mit Rücksicht auf die Befreiung des Ehehindernisses des Ehebruchs kann ein Verlöbnis zwischen den beiden Ehebrechern nach Auflösung der Ehe des einen Ehebrechers bestehen75. Ob ein Verlöbnis besteht, entscheidet die vernehmende Stelle, wobei sie keine weiteren Nachforschungen nach dem tatsächlichen Bestehen des Verlöbnisses anzustellen braucht76. Maßgebend ist, ob das Verlöbnis zur Zeit der Vernehmung besteht; auf die Tatzeit kommt es nicht an 77 . Widerspricht weder der Beamte noch der Bundesdisziplinaranwalt, so nimmt das Gericht bzw. der Untersuchungsführer das Verlöbnis als bestehend hin. Es kann aber auch eine Glaubhaftmachung gefordert werden. Maßgebend ist, daß das Verlöbnis zur Tatzeit noch besteht78. Wird das Verlöbnis gelöst, so besteht von nun an kein Befreiungsgrund mehr 79 ; bb) bei E h e g a t t e n (§ 52 Abs. 1 Ziff. 2 StPO). Im Gegensatz zum Verlöbnis besteht der Befreiungsgrund auch nach der Auflösung der Ehe weiter. Da es allein auf die formellgültige Ehe ankommt 80 , besteht das Weigerungsrecht trotz Nichtigkeits- und Aufhebungsgründen 81 . Handelt es sich hingegen um eine Nichtehe, so besteht kein Zeugnisverweigerungsrecht; in diesem Falle kann aber dann noch ein Verlöbnis vorliegen, das zu einer Weigerung nach § 52 Abs. 1 Ziff. 1 StPO führen kann; 69 RGZ Bd. 61 S. 272; RGSt. Bd. 10 S. 117, Bd. 38 S. 243, Bd. 53 S. 215; RG in J W 1928 S. 3047; OGHSt. Bd. 2 S. 173; BGHSt. Bd. 3 S. 215; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2a zu § 52 StPO. 7 0 RGSt. Bd. 53 S. 215. 71 RGSt. Bd. 71 S. 152, Bd. 75 S. 290; BGH in NJW 1952 S. 1422. 72 RGSt. Bd. 35 S. 49, Bd. 38 S. 243; Eb. Schmidt Anm. 12 zu § 52 StPO. 73 RGSt. Bd. 38 S. 242. 74 RGSt. Bd. 35 S. 49. 76 RGSt. Bd. 40 S. 421; RG in GA Bd. 56 S. 318; D a l c k e - F u h r m a n n Anm. 4 zu § 52 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2a zu § 52 StPO; S c h w a r z Anm. 3 zu § 52 StPO. 76 OHG in NJW 1950 S. 271. " OGHSt. Bd. 2 S. 173. 7 8 RG in Recht 1930 S. 475; OGHSt. Bd. 2 S. 173. 79 RGSt. Bd. 31 S. 142, Bd. 71 S. 152; BGH in MDR 1954 S. 336. 8 0 RGSt. Bd. 47 S. 287, Bd. 56 S. 427. 8 1 RGSt. Bd. 18 S. 42, Bd. 41 S. 114; BGHSt. Bd. 7 S. 384, Bd. 9 S. 37; L ö w e - R o senberg Anm. 2b zu §52 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 13 zu § 5 2 StPO; F u h r m a n n D a l c k e Anm. 6 zu §52 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5 Nr. 2a zu §52 StPO; a. M. S c h w a r z Ann. 3 B zu § 52 StPO.
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cc) bei Personen, die mit dem Beamten in gerader Linie v e r w a n d t , v e r s c h w ä g e r t o d e r d u r c h A n n a h m e an K i n d e s S t a t t v e r b u n den oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht ( § 5 2 Abs. 1 Z i f f . 3 StPO). Verwandtschaft und Schwägerschaft beurteilen sich nach bürgerlichem Recht (§§ 1589, 1590 BGB). So steht z. B. der Tante des Beamten, welche die Ehefrau des Bruders seines Vaters ist, ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zu 8 2 ; sie ist nämlich nach §§ 1590 Abs. 1 Satz 2, 1589 Abs. 1 Satz 3 BGB mit dem Beschuldigten im dritten Grade der Seitenlinie verschwägert. Nach herrschender Ansicht ist auch das uneheliche Kind mit dem unehelichen Erzeuger und dessen Verwandten nicht verschwägert 83 . Die Schwägerschaft wird durch Scheidung, Aufhebung und durch Nichtigkeitserklärung der sie begründenden Ehe nicht rückwirkend aufgelöst 84 . Durch die Annahme an Kindesstatt wird keine Schwägerschaft zwischen dem Kind und dem Ehegatten des Annehmenden begründet 85 . Fernerhin besteht Schwägerschaft nicht zwischen einem Ehegatten und dem Ehegatten des Blutsverwandten des anderen Ehegatten 86 . Die unter aa) bis cc) genannten Personen haben ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn sie zu dem Beamten in den genannten Beziehungen stehen. Wer noch nicht nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — verfolgt wird, ist noch nicht beschuldigter Beamter 87 . Ebenso ist nicht mehr beschuldigter Beamter, gegen den das Disziplinarverfahren endgültig eingestellt ist. Handelt es sich um mehrere Beamte, so steht den unter aa) bis cc) genannten Personen das Weigerungsrecht insoweit zu, als sich das Disziplinarverfahren beim anderen Beamten gegen den sachgleichen Vorwurf richtet88. Hierbei ist zu beachten, daß die Tragweite einer Aussage auf den anderen Beamten oft nicht von vornherein zu übersehen ist 89 . Werden wegen derselben Pflichtverletzung gegen mehrere Beamte getrennte Disziplinarverfahren durchgeführt, so bilden die unter aa) bis cc) genannten Verhältnisse nur in dem Verfahren eine Rolle, in dem der Zeuge vernommen werden soll 90 . Dies gilt auch dann, wenn in dem gleichen Disziplinarverfahren gegen mehrere Beamte der Zeuge zu einem Punkt aussagen soll, durch den der Beamte nicht belastet wird, zu dem ein Verhältnis der unter aa) bis cc) genannten Art besteht 91 . BDH 19. 11. 53 — X D 75/53 — BDHE Bd. 1 S. 122. = L i n d g e n Teil IV Nr. 38. BGHSt. Bd. 7 S. 384, Bd. 9 S. 38; im Falle der Nichtigkeitserklärung a. M. S c h w a r z Atim. 3 C zu § 52 StPO. 84 RGSt. Bd. 30 S. 75. 8 5 RGSt. Bd. 30 S. 75; RG in GA Bd. 54 S. 305; BGH in MDR 1956 S. 371; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 8 zu § 52 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2c zu § 52 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5 Nr. 3 zu § 52 StPO; Eb. Schmidt Anm. 14 zu § 52 StPO. 86 RGSt. Bd. 15 S. 78. 87 Vgl. RG in GA Bd. 68 S. 351. 8 8 BGHSt. Bd. 7 S. 194. 89 RG in GA Bd. 38 S. 341; BayrObLG in DRZ 1927 Nr. 77; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3b zu § 52 StPO; a. M. Beling in JW 1925 S. 1002 und G e r l a n d S. 203. a» RGSt. Bd. 27 S. 270, Bd. 32 S 350; RG in GA Bd. 49 S. 281; RG in LZ 1917 S. 1361, 1919 S. 1085; RG in JW 1932 S. 2730. 9 1 RGSt. Bd. 16 S. 154; RG in GA Bd. 38 S. 343, Bd. 45 S. 286; BGHSt. Bd. 3 S. 25; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 9 zu § 52 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3c zu § 52 StPO; Eb. Schmidt Anm. 9 zu § 52 StPO; S c h w a r z Anm. 2 B zu § 52 StPO. 82
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§79
Das Beweisrecht
Die in § 52 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 StPO bezeichneten Personen sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren (§ 52 Abs. 2 StPO). Die Belehrungspflicht ergibt sich auch für den Dienstvorgesetzten, den mit den Ermittlungen nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — beauftragten Beamten, den Untersuchungsführer, den Bundesdisziplinaranwalt sowie seine Beauftragten und im Bereiche der Deutschen Bundespost und Deutschen Bundesbahn für die Bezirkssicherungsbeamten sowie die Beamten des Erkennungsdienstes (vgl. § 163 a Abs. 5 StPO, der Ausfluß eines allgemeinen Rechtsgedankens ist). Die Belehrung muß bei mehrmaliger Vernehmung in verschiedenen Verfahrensabschnitten wiederholt werden. Die Belehrung muß auch dann erteilt werden, wenn der Zeuge nicht eidlich vernommen werden soll. Die Belehrung erteilen der Dienstvorgesetzte, der von ihm beauftragte Beamte, der Bezirkssicherungsbeamte, der Untersuchungsführer, der ersuchte oder beauftragte Richter und beim Kollegialgericht der Gerichtsvorsitzende. Der Zeuge darf nicht lediglich gefragt werden, ob er aussagen will 92 . Der Vernehmende muß vielmehr den Zeugen auf das Verhältnis zum Beamten, das zur Verweigerung der Aussage berechtigt, hinweisen. Der Beamte kann dem Zeugen Vorhaltungen zur Belehrung über Gegenstand und Bedeutung der Aussage machen93. Der Vernehmende muß sich aber jeder Einwirkung auf den Zeugen enthalten, von dem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen oder auf dasselbe zu verzichten94. Die Belehrung wird mündlich vor der Vernehmung erstattet. Auf sie wird in der Niederschrift hingewiesen; ein Unterlassen eines solchen Hinweises ist jedoch unschädlich95. Ist der Zeuge nicht in der Lage, mangels der notwendigen Verstandesreife die Konfliktssituation, in der er sich bei dem unter § 52 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 StPO genannten Verhältnis anläßlich seiner Vernehmung befindet, zu erfassen, so sind sein gesetzlicher Vertreter — bei ehelichen Kindern beide Elternteile — zu belehren96. Verweigert dieser die Zustimmung, so ist von einer Vernehmung abzusehen; erteilt er sie jedoch, so kann der Zeuge trotzdem die Aussage verweigern 97 . Ist die Belehrung unterblieben, so kann die Aussage nicht verwertet werden. Kannte der Zeuge sein Zeugnisverweigerungsrecht oder hat er später hierauf verzichtet, so ist ein Verstoß gegen § 52 Abs. 2 Satz 1 StPO geheilt 98 . Erklärt er hingegen bei der nachträglichen Belehrung, daß er von seinem Recht nach § 52 Abs. 1 StPO Gebrauch machen wolle, so darf seine frühere Aussage nicht berücksichtigt werden99. Der Mangel wird dadurch geheilt, daß im Urteil RG in J W 1924 S. 1609. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4 b Zu § 52 StPO. 8 1 BGHSt. Bd. 1 S. 34; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4b zu § 52 StPO; K l e i n k n e c h t M ü l l e r Anm. 3d zu § 52 StPO. 98 OLG Dresden in J W 1930 S. 2567. M L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4c zu § 52 StPO; K o h l h a a s in NJW 1960 S. 1 ; BGHSt. Bd. 14 S. 159. 9 7 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4c zu § 52 StPO. 9 8 RGSt. Bd. 25 S. 363; RG in JW 1928 S. 1906; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 10 zu § 52 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 6 zu § 52 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 6b zu § 9 2 StPO; S c h w a r z Anm. 4 B zu § 5 2 StPO. 89 RGSt. Bd. 29 S. 351; Eb. Schmidt Anm. 21 zu §52 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 6c zu § 52 StPO; S c h w a r z Anm. 4 B zu § 52 StPO. 82 88
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Beweismittel
§79
festgestellt wird, daß von der früheren Aussage kein Gebrauch gemacht worden sei 100 . Ist der Zeuge in der Untersuchung irrtümlich belehrt worden, daß ihm ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, obgleich dies nicht der Fall ist, und hat er daraufhin nicht ausgesagt, so ist die Anschuldigungsschrift zurückzugeben; hat das Disziplinargericht der 1. Instanz eine derartige falsche Belehrung erteilt, so ist das Urteil in der Berufungsinstanz aufzuheben. Gleiches gilt auch dann, wenn der Zeuge irrtümlicherweise dahingehend belehrt worden ist, daß ihm ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zusteht und er daraufhin aussagt, es sei denn, daß der Zeuge ohnehin bereit war, trotz des ihm zustehenden Zeugnisverweigerungsrechts seine Aussage zu machen. Die Aussage eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf, da nach § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i.d.F. der Novelle und den gleichlautenden landesrechtlichen Regelungen die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils bindend sind und nach Art. 14 Abs. 3 DStO Bayr. und § 18 Abs. 3 DStO Schl.-Hol. zumindest ohne erneute Nachprüfung der Disziplinarentscheidung zugrunde gelegt werden können sowie mit Rücksicht auf das im Disziplinarrecht herrschende Prinzip der Mittelbarkeit der Schwerpunkt der Beweisaufnahme in der Untersuchung liegt, verwertet werden. Hat jedoch der Zeuge im Laufe der Vorermittlungen oder der polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen trotz seines Zeugnisverweigerungsrechts ausgesagt, so kann seine Aussage in der Untersuchung bzw. in der Hauptverhandlung nicht verlesen werden, weil er insbesondere im Verlaufe der Vorermittlungen im allgemeinen nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen wird, so daß dasselbe im Disziplinarverfahren illusorisch wäre, wenn man § 21 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. — und die gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen dahingehend auslegen wollte, daß die Niederschriften aus anderen Verfahren schlechthin verwertet werden können; §21 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. und die gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen werden durch § 252 StPO insoweit eingeschränkt, als Aussagen von Zeugen außerhalb der Hauptverhandlung im Strafverfahren und der Untersuchung nicht verwertet werden können, die erst in diesen Verfahrensabschnitten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben. § 252 StPO kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß die Verhörsbeamten vernommen werden, es sei denn, daß über eine Aussage bei einer früheren richterlichen Vernehmung Beweis erhoben worden ist und der Zeuge dabei nach Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht ausgesagt hat 101 . Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn der Zeuge sein Zeugnisverweigerungsrecht bei seiner nichtrichterlichen und bei seiner richterlichen Vernehmung gekannt hat, er RGSt. Bd. 29 S. 253. OGHSt. Bd. 1 S. 299; BGHSt. Bd. 2 S. 99; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4 zu § 252 StPO; vgl. auch K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l b z u § 252 StPO; S c h w a r z - K l e i n k n e c h t Anm. 3 zu § 252 StPO; Peters, Lehrbuch des Strafprozesses S. 251; K o h l h a a s in JR 1955 S. 45 und in GA 1958 S. 70; A l s b e r g - N ü s e , Der Beweisantrag im Strafprozeß S. lOOff.; E r b s Anm. 2 b zu § 252 StPO; S a r s t e d t , Die Revision in Strafsachen S. 158; a. M. Eb. S c h m i d t Anm. 6 zu § 252 StPO und in J Z 1957 S. 98; R e i n i c k e in NJW 1952 S. 1036 und S. 1155; Niese in JZ 1953 S. 219; vgl. aber auch RGSt. Bd. 5 S. 143, Bd. 16 S. 119, Bd. 35 S. 5, Bd. 48 S. 246, Bd. 51 S. 123, Bd. 70 S. 6, Bd. 72 S. 222. 100
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Das Beweisrecht
aber nicht belehrt worden ist 102 . § 252 StPO gilt auch zugunsten der anderen Beamten, sofern der Zeuge nur bezüglich eines Beamten zeugnisverweigerungsberechtigt war und seine Aussage hinsichtlich des Schuldvorwurfs auch auf die anderen Beamten bezog 103 . Die Verhörsperson darf erst nach dem weigerungsberechtigten Zeugen vernommen werden 104 ; anders wäre es nur, wenn er seine Bereitschaft zur Aussage schon vorher erklärt hat. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Zeuge in einem sonstigen Verfahren, z. B. in einem Ehescheidungsprozeß, vor einem Richter ausgesagt hatte 108 . Der Verhörsperson ist die T o n b a n d a u f n a h m e aus dem früheren Verfahren gleichzusetzen106. Wenn auch die Niederschrift der Verhörsperson zum Zwecke des Beweises verwertet werden kann (vgl. § 250 StPO), so können der Verhörsperson dennoch Vorhaltungen aus der verlesbaren nicht zu Beweiszwecken dienenden Niederschrift gemacht werden; hierbei kann allerdings die Niederschrift verlesen oder der Verhörsperson zur Einsichtnahme vorgelegt werden107. Hat der weigerungsberechtigte Zeuge nicht in dem gleichen Disziplinarverfahren oder in dem gegenstandsgleichen Strafverfahren oder in einem anderen Verfahren, sondern bei einer anderen Gelegenheit Äußerungen getan, hat er z. B. dem Beamten einen Brief geschrieben, so bleiben diese Mitteilungen trotz § 252 StPO dem Beweise zugänglich, es sei denn, daß dem ein anderweitiges Hindernis, wie z. B. § 97 StPO, entgegensteht 108 . Widerruft der Zeuge unter Berufung auf die Zeugnisverweigerung seine Aussage, so ist durch den Vernehmenden nach den Gründen hierfür nachzuforschen und eine nochmalige eingehende Belehrung zu erteilen 109 . Die unter § 52 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 StPO genannten Personen können den Verzicht auf das Recht zur Zeugnisverweigerung auch während der Vernehmung widerrufen (§52 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dann scheidet eine Verlesung selbst einer früheren richterlichen Aussage auch aus, wenn der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt hiermit einverstanden sind 110 . Eine Begründung des Zeugen für seine nunmehrige Haltung darf in die Niederschrift nicht aufgenommen werden, wenn sie über die Zeugnisverweigerung hinausgeht 111 . Bereits oben ist darauf hingewiesen worden, daß nach § 252 StPO die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen nicht verlesen werden darf, wenn er erst in der Hauptverhandlung auf sein Weigerungsrecht hingewiesen worden ist 112 . Ist der Zeuge auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen worden, so kann der frühere Vernehmungsrichter bzw. der U n t e r s u c h u n g s f ü h r e r bzw. s o n s t i g e V e r n e h m e n d e ü b e r die BGH in NJW 1952 S. 556; BGHSt. Bd. 2 S. 99; BGH in NJW 1954 S. 204. BGHSt. Bd. 7 S. 194. 1 0 4 OGHSt. Bd. 1 S. 303; BGHSt. Bd. 2 S. 110, Bd. 7 S. 194. 1 0 6 BGHSt. Bd. 17 S. 324; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4 zu § 252 StPO; a. M. Eser in NJW 1963 S. 234. 1 0 6 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4 zu §252 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l d zu § 252 StPO. 1 0 7 RGSt. Bd. 72 S. 222. 1 0 8 RGSt. Bd. 22 S. 51; RG in Recht 1913 Nr. 2665; RG in NJW 1917 S. 554. 1 0 9 RGSt. Bd. 2 S. 54, Bd. 38 S. 256, Bd. 40 S. 346; BGH in NJW 1961, S. 1485; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4d zu §52 StPO; Eb. Schmidt Vorbem. 9 vor §52 StPO. 1 1 0 BGHSt. Bd. 10 S. 77. 1 1 1 BGHSt. Bd. 6 S. 279 = LM Nr. 6; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5a zu § 52 StPO. 112 BGHSt. Bd. 10 S. 77. 102
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f r ü h e r e A u s s a g e als Zeuge g e h ö r t werden 113 , wobei dann nur die Aussage des früheren Richters bzw. Untersuchungsführers bzw. Vernehmenden als Beweisgrundlage dienen darf. Dies gilt auch dann, wenn der Zeuge außerhalb des Disziplinarverfahrens einem Dritten zur Sache Erklärungen abgegeben hat; in diesem Falle kann der Dritte als Zeuge vernommen werden114. Ebenso kann ein Polizeibeamter, ein Bezirkssicherungsbeamter der Deutschen Bundespost oder ein Beamter der Bahnpolizei über eine Aussage des Beamten auch dann gehört werden, wenn diesem die Aussage eines Zeugen vorgehalten wurde, der nicht nach § 52 Abs. 2 StPO belehrt worden war 115 . Hat der Zeuge von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 StPO Gebrauch gemacht, so ist diese Tatsache nicht zuungunsten des Beamten zu werten116. Gegen jede Würdigung einer Zeugnisverweigerung ohne zur bloßen Weigerung hinzutretende Indizien bestehen die erheblichsten Bedenken117. c) Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t , das sich nur auf b e s t i m m t e Gegenstände beschränkt Ein beschränktes Zeugnisverweigerungsrecht ergibt sich nach § 53 StPO aus dem Berufs-, Redaktions- und Rundfunkgeheimnis. Hiernach haben ein Zeugnisverweigerungsrecht: aa) G e i s t l i c h e über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekannt geworden ist (§ 53 Abs. 1 Ziff. 1 StPO). Sie müssen einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft angehören118. Der Begriff des „Anvertrauens" ist weit zu fassen. Die Mitteilungen brauchen nicht dem Geistlichen in Ausübung der Seelsorge gemacht zu sein. Die Ausübung der Seelsorge fällt schlechthin unter § 53 Abs. 1 Ziff. 1 StPO, so daß der Geistliche z. B. nicht darüber auszusagen braucht, daß der Beamte bei ihm zur Beichte gegangen war 119 . Was der Geistliche sonst in amtlicher Eigenschaft wahrgenommen hat, wie z. B. Ereignisse aus seiner karitativen oder erzieherischen Tätigkeit, fällt nicht unter das Zeugnisverweigerungsrecht. In Zweifelsfällen kommt es auf die Einstellung des Geistlichen an 120 . Auch sonst entscheidet er allein, ob er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen will. Er braucht selbst dann nicht als Zeuge auszusagen, wenn ihn der Beamte von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden hat 120a . BGHSt. Bd. 2 S. 99, Bd. 11 S. 338. BGHSt. Bd. 1 S. 373; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 4d zu §52 StPO; L ö w e R o s e n b e r g Anm. 5a zu § 52 StPO. 1 1 6 BGH in NJW 1955 S. 1289. 116 RGSt. Bd. 55 S. 21; BGHSt. Bd. 2 S. 351. 1 1 7 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5b zu § 52 StPO; K o h l h a a s in JR 1955 S. 43; Proskauer in NJW 1953 S. 49; Eb. Schmidt Anm. 14 zu § 52 StPO; S c h w a r z Anm. 12 zu § 52 StPO; vgl. auch BGH 29.10. 57 — 5 StR 494/57. 1 1 8 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu § 53 StPO mit eingehender Begründung; BGH 5. 5. 53 — 1 StR 194/53; S c h w a r z Anm. 2 A zu § 53 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 6, 1 zu §53 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 3 zu §53 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 9 zu § 53 StPO; a. M. Erbs Anm. II zu § 52 StPO. 1 1 9 RG in JW 1928 S. 2142; LG Nürnberg-Fürth 10. 7. 64 — 5 R 13/63 — in FamRZ 1964 S. 513. 1 2 0 D a l i i n g e r in J Z 1953 S. 436. 120» w i e Fußnote 119. 113
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17 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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§79
Das Beweisrecht
bb) V e r t e i d i g e r des Beamten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist ( § 5 3 Abs. 1 Ziff. 2 StPO). Als Verteidiger kommen sämtliche in § 30 e BDO, BDO i. d. F. der Novelle genannten Personen in Frage. Sie brauchen den Beamten nicht im jeweiligen Disziplinarverfahren zu verteidigen, sondern es genügt, daß sie irgendwie als Verteidiger für den Beamten in irgendeinem Verfahren aufgetreten sind 121 . Ob die als Verteidiger benannte Person die Verteidigung des Beamten übernommen hat, ist gleichgültig; entscheidend ist allein, daß sie vom Beamten als Verteidiger angegangen worden ist. cc) R e c h t s a n w ä l t e , P a t e n t a n w ä l t e , N o t a r e , W i r t s c h a f t s p r ü f e r , v e r e i d i g t e B u c h p r ü f e r (vereidigteBücherrevisoren), S t e u e r b e r a t e r und S t e u e r b e v o l l m ä c h t i g t e 1 2 1 " , Ä r z t e , Z a h n ä r z t e , A p o t h e k e r u n d H e b a m m e n über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist (§ 53 Abs. 1 Ziff. 3 StPO). Die Tatsachen brauchen dem Rechtsanwalt nicht nur durch den Beamten, sondern können ihm auch anderweitig anvertraut sein, wobei es nicht auf die Gerichtsbarkeit ankommt, in der er für den Beamten auftreten soll. Kein Zeugnisverweigerungsrecht haben Tierärzte, Heilpraktiker und Naturheilkundige. Hat ein Zeuge einem Arzt als einem vom Gericht mit der Untersuchung beauftragten Sachverständigen einen Vorgang geschildert, so erstreckt sich § 53 Abs. 1 Ziff. 3 StPO nicht hierauf 122 , es sei denn, daß diese dritte Person ihr Zeugnis nach § 52 StPO verweigert 123 . Auch dann kommt das Zeugnisverweigerungsrecht in Frage, wenn der Arzt nach anderen gesetzlichen Vorschriften, wie z. B. nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, anzeigepflichtig ist; in einem solchen Falle macht er sich nur nicht nach § 300 StGB strafbar. Das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt sich bei den in § 53 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 StPO genannten Personen nur auf das, was ihnen auf Grund ihres Berufes anvertraut worden ist. Die Mitteilung kann durch den Beamten oder eine sonstige dritte Person gemacht worden sein124. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Verschwiegenheitspflicht ausdrücklich ausbedungen war oder die Geheimhaltung sich aus der Natur der mitgeteilten Tatsache ergab oder durch gesetzliche Vorschriften geboten war 125 . So kann z. B. beim Arzt schon der Name des Patienten unter § 53 Abs. 1 Ziff. 3 StPO fallen 126 . Was die in § 53 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 StPO genannten Personen gelegentlich ihrer Berufsausübung erfahren, fällt nicht unter das Zeugnisverweigerungsrecht. 121 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3a zu § 53 StPO. 121a N ac h § io des Steuerberatungsgesetzes vom 16. 8. 61 (BGBl. I S. 1301) ist Steuerbevollmächtigter, wer durch Aushändigung einer Urkunde von der zuständigen Oberfinanzdirektion als solcher bestellt worden ist. 122 RGSt. Bd. 61 S. 384, Bd. 66 S. 271, 275; RG in JW 1932 S. 3335; OLG Schleswig in SchlHA 1954 S. 25; OGHSt. Bd. 3 S. 61. 123 BGHSt. Bd. 11 S. 97. 1 2 4 RG in GA Bd. 55 S. 325, Bd. 59 S. 464 = JW 1912 S. 943; RG in J W 1914 S. 435; RG in Recht 1914 Nr. 154; RG in LZ 1920 S. 929. 126 RGSt. Bd. 13 S. 60; RG in GA Bd. 57 S. 207, Bd. 59 S. 164; RGSt. Bd. 66 S, 274; RGZ Bd. 54 S. 351. 126 LG Köln in NJW 1959 S. 1958.
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§79
Die unter § 53 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 StPO genannten Personen können von der Schweigepflicht entbunden werden. Sie dürfen das Zeugnis dann nicht verweigern ( § 5 3 Abs. 2 StPO). Bei Jugendlichen muß der gesetzliche Vertreter den Zeugen von der Schweigepflicht entbinden. Ob ein Zeuge von seiner Schweigepflicht zu entbinden ist, ist keine Gewissens- sondern eine Rechtsfrage 127 . Ist der Zeuge, wie z. B. ein Arzt oder ein Verteidiger, von seiner Schweigepflicht entbunden, so muß er nach § 53 StPO aussagen, und für eine Gewissensentscheidung ist kein Raum mehr. Eine solche Entscheidung muß der Zeuge nur dann treffen, wenn die Prozeßordnung ihm das Recht zur Verweigerung gibt, aber andere, möglicherweise höhere Pflichten, wie sie z. B. aus der Gefahr der Verurteilung eines Unschuldigen erwachsen, können ihm gleichwohl die Offenbarung eines Berufsgeheimnisses gebieten. dd) M i t g l i e d e r des B u n d e s t a g e s , eines L a n d t a g e s oder einer zweiten Kammer über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben sowie über diese Tatsachen selbst (§53 Abs. 1 Ziff. 4 StPO). Für die Mitglieder des Bundestages vgl. Art. 47 GG. Für die Mitglieder der Landtage und einer zweiten Kammer ist das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Abs. 1 Ziff. 4 StPO konstitutiv. Das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt sich auch auf die Namen der Gewährsmänner und die Empfänger von Geheimnissen. Eine Entbindung von der Schweigepflicht scheidet bei den Abgeordneten aus, die vielmehr frei entscheiden, ob sie aussagen wollen; ee) R e d a k t e u r e , V e r l e g e r , H e r a u s g e b e r , D r u c k e r und andere, die bei der Herstellung oder Veröffentlichung einer periodischen Druckschrift mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns einer Veröffentlichung strafbaren Inhalts, wenn einer Redakteur der Druckschrift wegen dieser Veröffentlichung bestraft ist oder seiner Bestrafung keine Hindernisse entgegenstehen ( § 5 3 Abs. 1 Ziff. 5 StPO) 128 . Der Redakteur bestimmt, was in eine Druckschrift aufgenommen wird. Das Zeugnisverweigerungsrecht ist nicht auf den nach § 21 des Pressegesetzes für die Druckschrift oder den in Betracht kommenden Teil verantwortlichen Redakteur beschränkt129. Der Verleger vervielfältigt und verbreitet die Druckschrift im eigenen Namen, während der Drucker die Druckerei betreibt, in der die Druckschrift hergestellt wird 130 . Weiterhin kommen sämtliche Personen in Frage, die bei der Herstellung der Druckschrift beschäftigt sind und dabei mitwirken. Das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt sich nur auf periodische Druckschriften, d. h. auf Zeitungen und Zeitschriften, die in bestimmten Zeiträumen erscheinen, wobei es gleichbleibt, ob die Druckschrift nur für eine bestimmte Zeit erscheinen soll. Weiterhin muß es sich um eine Veröffentlichung 127
_ Wehrdienstsenat — 25. 9. 58 — WDB 9/58 — BDHE Bd. 4 S. 140/145. Vgl. zum Redaktionsgeheimnis Becker in JR 1953 S. 377; K o h l h a a s in NJW 1958 S. 41; L o f f l e r in NJW 1958 S. 1215. 129 RG in HR 1927 Nr. 1795; K l e i n k n e c h t - M u l l e r Anm. 5a zu § 53 StPO; L o w e R o s e n b e r g Anm. 3e bb* zu § 53 StPO; S c h w a r z Anm. 2 E zu § 53 StPO. 130 RGSt. Bd. 18 S. 144; L o w e - R o s e n b e r g Anm. 3 e bb»> zu §53 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 25 zu §53 StPO; Eb. Schmidt Anm. 18 zu §53 StPO. B D H
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§79
Das Beweisrecht
strafbaren Inhalts handeln. Es muß ein Delikt begangen sein, durch das auf die Leser mit einem geistig wirksamen, den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllenden Inhalt eingewirkt worden ist 131 . § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO liegt nicht vor, wenn bei der Redaktion Material vorgefunden wird, das erst zur Veröffentlichung vorbereitet werden soll 132 . Die Druckschrift muß vielmehr angekündigt, angepriesen oder verbreitet sein 133 . Mit der Vertreibung der Druckschrift muß begonnen sein. Ist erst die der Kundgebung nachfolgende Handlung strafbar, so scheidet wiederum die Anwendung des § 53 Abs. 1 Ziff. 5 StPO aus 134 . Das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt sich nach § 53 Abs. 1 Ziff. 5 StPO auf die Person des Verfassers, des Einsenders und des Gewährsmannes. Als letzterer kommt derjenige in Betracht, der nur die Anregung zu einer Veröffentlichung gegeben hat, während die Redaktion den Text selbst verfaßt. Schließlich muß der Redakteur wegen der Veröffentlichung bestraft worden sein, wobei noch nicht vorausgesetzt wird, daß er Täter ist. Ist der Redakteur freigesprochen worden, so findet § 53 Abs. 1 Ziff. 5 StPO keine Anwendung. Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht jedoch wiederum, wenn der Bestrafung in absehbarer Zeit keine Hindernisse, wie z. B. Abgeordnetenimmunität, Niederschlagung oder eine Amnestie, im Wege stehen; ff) I n t e n d a n t e n , S e n d e l e i t e r und andere, die bei der Verbreitung oder Durchführung von Rundfunksendungen mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes einer Rundfunksendung strafbaren Inhalts, wenn ein für die Sendung Verantwortlicher wegen dieser Sendung bestraft ist oder seiner Bestrafung keine Hindernisse entgegenstehen; über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes, die selbst im Rundfunk spricht, darf das Zeugnis nicht verweigert werden ( § 5 3 Abs. 1 Ziff. 6 StPO); gg) die G e h i l f e n und Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, sind den in § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StPO Genannten gleichgestellt (§ 53a Abs. 1 Satz 1 StPO). Hierunter fallen z. B. die Sekretärinnen der Bundestagsabgeordneten, Referendare, Krankenschwestern und Sprechstundenhilfen, ohne daß sie berufsmäßig tätig zu sein brauchen135. Der in § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StPO genannte Geheimnisträger entscheidet allein über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts; nach § 53 a Abs. 1 Satz 2 StPO entscheiden nämlich über die Ausübung des Rechts der in § 53 a StPO genannten Hilfspersonen, das Zeugnis zu verweigern, die in § 53 Abs. 1 Ziff. 1 bis 4 StPO Genannten, es sei denn, daß diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden kann. Der Beamte kann nicht vom Hauptgeheimnisträger verlangen, daß er seinem Gehilfen die Genehmigung zur Aussage verL ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 e d d zu §53 StPO. K o h l h a a s in NJW 1958 S. 41; Erbs Anm. II zu § 53 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 3 zu § 53 StPO; S c h w a r z Anm. 2 E c zu § 53 StPO. 133 RGSt. Bd. 5 S. 356, Bd. 32 S. 70, Bd. 40 S. 358. 134 RG in GA Bd. 56 S. 322. 1 3 6 F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu § 53a StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 2 zu § 53a StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 zu § 53a StPO; S c h w a r z Anm. 1 zu § 53a StPO. 131
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Beweismittel
§79
weigert 136 . Die Entbindung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit (§ 53 Abs. 2 StPO) gilt auch für die Hilfspersonen (§ 53a Abs. 2 StPO). Ist dem Hauptgeheimnisträger Aussagegenehmigung erteilt, so muß auch die Hilfsperson aussagen, da das Zeugnisverweigerungsrecht nicht teilbar ist. Andererseits kann der Gehilfe zur Aussage angewiesen werden, wenn der Hauptgeheimnisträger nicht aussagen will 137 ; hh) Personen, bei denen die Beantwortung von Fragen ihnen selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 StPO bezeichneten Angehörigen die G e f a h r s t r a f g e r i c h t l i c h e r V e r f o l g u n g zuziehen würde (vgl. § 55 Abs. 1 StPO). § 55 StPO dient der Beseitigung von Zwangssituationen, die der Herbeiführung einer falschen Aussage dienlich sind. Das Zeugnisverweigerungsrecht bezieht sich hier nur auf die Beantwortung e i n z e l n e r Fragen 138 . Ist die Einzelfrage vom Gesamtkomplex nicht zu trennen, so kann der Zeuge die gesamte Aussage verweigern 139 . Hat der Zeuge bereits ausgesagt, so kann er seine Aussage widerrufen 140 . § 55 StPO findet nur dann Anwendung, wenn dem Zeugen eine straf g e r i c h t l i c h e Verfolgung droht. Die Gefahr disziplinarischer Verfolgung oder der Verwirkung von Grundrechten (§18 GG) reicht zur Anwendung des § 55 StPO nicht aus; gleiches gilt auch dann, wenn die Aussage dem Zeugen lediglich vermögensrechtliche Nachteile oder Schande einbringt; während bei der Gefahr einer Bestrafung bei einer Ordnungswidrigkeit i. S. des Ordnungswidrigkeitsgesetzes oder des Wirtschaftsstrafgesetzes zur Anwendung des § 55 StPO ausreicht 141 . Ob eine Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung besteht, kann nur von Fall zu Fall beurteilt werden 142 . Der Verdacht einer strafbaren Handlung reicht aus. Ist der Zeuge bereits rechtskräftig verurteilt, so kommt § 55 StPO nicht zur Anwendung; dies gilt auch dann, wenn die Straftat verjährt oder amnestiert ist 143 . Mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Wiederaufnahme scheidet § 55 StPO nicht aus, wenn der Zeuge freigesprochen ist144. Dies gilt auch dann, wenn der Zeuge sich der strafrechtlichen Verfolgung aussetzt, wenn er wegen einer anderen als der den Gegenstand des Verfahrens bildenden strafbaren Handlung verfolgt werden könnte145. Da § 55 StPO kein Schutzrecht für den Beamten darstellt, hat er kein Recht, auf die Entschlußfreiheit des Zeugen einen Einfluß auszuüben146. Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung BGHSt. Bd. 9 S. 60. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 53a StPO; Eb. Schmidt Anm. 6 zu § 53a StPO; K o h l h a a s in GA 1958 S. 72; a. M. S c h w a r z Anm. 1 B zu § 53a StPO. 1 3 8 OLG Stuttgart in NJW 1950 S. 760. 1 3 9 RGSt. Bd. 44 S. 45; BGHSt. Bd. 10 S. 105. 1 4 0 RGSt. Bd. 40 S. 5, Bd. 44 S. 45. 1 4 1 K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l d zu § 55 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2a zu § 55 StPO; S c h w a r z Anm. 1 B zu § 55 StPO; a. M. Eb. Schmidt Anm. 3 b zu § 55 StPO. 142 RG in GA Bd. 93 S. 214; OLG Frankfurt in NJW 1951 S. 614; BGHSt. Bd. 9 S. 35. 143 BGHSt. Bd. 4 S. 131. 1 4 4 BGH in MDR 1953 S. 403. 1 4 6 RGSt. Bd. 40 S. 46, Bd. 60, S. 105; RG in LZ 1929 S. 954. 148 BGHSt. Bd. 1 S. 40, Bd. 11 S. 213; BGH in NJW 1957 S. 919; OLG Celle in NJW 1957 S. 194; OLG Oldenburg in NsRpfl. 1954 S. 176; a. M. BayrObLG in NJW 1953 S. 116; OLG Frankfurt in NJW 1951 S. 614; Busch in JZ 1953 S. 703; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l b zu § 55 StPO; Nüse in JZ 1953 S. 223; Eb. S c h m i d t Anm. 9 zu § 55 StPO; S c h w a r z Anm. 1 zu § 55 StPO; G r o ß r a u in MDR 1958 S. 468. 136
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Das Beweisrecht
der Aussage durch den Dienstvorgesetzten bzw. den Ermittlungsführer bzw. den Untersuchungsführer bzw. das Gericht (Vorsitzenden) zu belehren ( § 5 5 Abs. 2 StPO). Diese Verpflichtung erwächst für den Vernehmenden mit dem Augenblick, wo erkennbar ist, daß der Zeuge sich durch seine Aussage selbst belasten müßte. Die Belehrung erfolgt durch den Untersuchungsführer bzw. den Gerichtsvorsitzenden und im letzteren Falle bei Beanstandung durch das Disziplinargericht. Macht der Zeuge von seinem ihm nach § 55 StPO zustehenden Recht Gebrauch, so können selbst früher gemachte Aussagen nicht verwertet werden, soweit sie sich auf die strafbare Handlung beziehen, derentwegen der Zeuge eine strafgerichtliche Verfolgung zu befürchten hat; dem Beamten können jedoch Vorhalte aus einer nicht verwertbaren Zeugenaussage gemacht werden 147 ; ii) der B u n d e s p r ä s i d e n t . Er kann das Zeugnis verweigern, wenn die Ablegung desselben dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde (§54 Abs. 3 StPO). Dies gilt auch für den Präsidenten des Bundesrates, soweit er als Vertreter des Bundespräsidenten fungiert. Das Zeugnisverweigerungsrecht für diese Personen gilt auch dann, wenn sie nicht mehr im Amte sind, die Tatsachen sich aber während ihrer Amtszeit ereignet haben (vgl. § 54 Abs. 4 StPO). Die Tatsache, auf die der Zeuge die Verweigerung des Zeugnisses in den Fällen der § § 52, 53 und 55 StPO stützt, ist auf Verlangen glaubhaft zu machen (§56 Satz 1 StPO). Handelt es sich um den Fall des § 55 StPO, so braucht der Zeuge nicht die Straftat anzugeben, derentwegen er eine strafgerichtliche Verfolgung befürchtet; in diesem Falle genügt der Schwur des Zeugen, daß er sich bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Frage der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würde. Inwieweit der Vernehmende dem Zeugen Glauben schenkt, steht in seinem Ermessen, wobei es nicht auf den Widerspruch des Beamten oder des Bundesdisziplinaranwalts ankommt 148 . Für die Glaubhaftmachung des Zeugnisverweigerungsgrundes genügt die eidliche Versicherung (§56 Satz 2 StPO). Es kann keine eidesstattliche Versicherung verlangt werden 149 . Die Glaubhaftmachung scheidet aus, wenn die Unrichtigkeit des Grundes für die Zeugnisverweigerung durch Tatsachen erwiesen ist. Vom Zeugen kann die eidliche Versicherung in jeder Lage des Verfahrens gefordert werden. Die Glaubhaftmachung fordert der Untersuchungsführer bzw. der Gerichtsvorsitzende; im letzteren Falle ist ein Gerichtsbeschluß herbeizuführen, wenn das Erfordernis der Glaubhaftmachung durch die Verfahrensbeteiligten beanstandet wird. Ob die Angaben als glaubhaft angesehen werden, wird in freier Beweiswürdigung entschieden. 8. A u s s a g e g e n e h m i g u n g bei B e a m t e n und R i c h t e r n s o w i e bei M i t g l i e d e r n der B u n d e s - und L a n d e s r e g i e r u n g Für die Vernehmung von Richtern, Beamten und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als Zeugen über Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur 147
S. 194.
BGH in MDR 1951 S. 180; BGH in NJW 1957 S. 919; OLG Celle in NJW 1957
1 4 8 Vgl. RGSt. Bd. 54 S. 39; OGHSt. Bd. 2 S. 173; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 1 zu § 56 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu § 56 StPO. 1 4 9 F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 3 zu § 56 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 56 StPO; Eb. Schmidt Anm. 1 zu §56 StPO.
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Beweismittel
§79
Amtsverschwiegenheit bezieht, und für die Genehmigung zur Aussage gelten die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften ( § 5 4 Abs. 1 StPO). Zu den Richtern gehören auch die Laienrichter (§ 198 GVG), bei denen aber nur das Beratungsgeheimnis in Frage kommt, von dem sie selbst von ihrem Dienstvorgesetzten nicht befreit werden können; eine Befreiung wäre hier nur durch ein Bundesgesetz möglich. Eine Vernehmung eines Richters als Zeugen über die Vorgänge anläßlich der Beratung scheidet schlechthin aus 160 . Die Verletzung des Beratungsgeheimnisses ist unabhängig von dem Zeugnisverweigerungsrecht zu betrachten. Zulässig ist die Angabe des Stimmenverhältnisses und die Niederlegung der Ansicht eines überstimmten Richters in etwaigen Geheimakten des Gerichts151. Sonst kommt eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht bei Richtern nur hinsichtlich solcher Vorgänge in Betracht, die außerhalb der Beratung gemacht worden sind. Zu den Beamten gehören die Personen, die sich in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis befinden und unter Aushändigung einer Ernennungsurkunde zu Beamten ernannt worden sind. Vgl. über den Begriff des Beamten im einzelnen § 6 II A S. 56ff. Zu den „anderen Personen des öffentlichen Dienstes" i. S. des § 54 StPO zählen die Personen, die eine Tätigkeit verrichten, die mit der Amtsfunktion der Behörde im weitesten Sinne im Zusammenhang steht, wobei mechanische und untergeordnete Tätigkeiten ausscheiden; einen Anhaltspunkt gibt hier § 359 StGB. Auch Geistliche, die keine seelsorgerische Tätigkeit ausüben, können unter § 54 StPO fallen. Der Umfang der Schweigepflicht und die Genehmigung zur Aussage folgt aus dem jeweiligen Bundes- bzw. Landesbeamtenrecht. Hierfür kommen die §§ 61 ff. BBG, §§ 73 ff. LBG BW, Art. 69 ff. BG Bayr., §§ 26 ff. LBG Bln., §§ 61 ff. BG Brm., §§ 63ff. BG Hmb., §§ 75ff. HBG, §§ 68ff. NBG, §§ 64ff. BG NW, §§ 71 ff. LBG Rh.-Pf., §§ 74ff. BG Saar und §§ 77 ff. BG Schl.-Hol. in Frage. Im einzelnen siehe §521 S. 563ff.Die Aussagegenehmigung wird vom Untersuchungsführer bzw. dem Vorsitzenden des Disziplinargerichts eingeholt. Die Aussagegenehmigung gilt als stillschweigend bei den Beamten, Zeugen und Sachverständigen erteilt, die, soweit es sich um die Vorermittlungen handelt, dem Dienstvorgesetzten unterstellt sind, und soweit es sich um die Untersuchung handelt, der Behörde angehören, die das Disziplinarverfahren eingeleitet und den Untersuchungsführer bestellt hat; dies setzt allerdings voraus, daß sich die Aussagen auf die Vorwürfe beziehen, die zum Gegenstand des Disziplinarverfahrens gemacht worden sind. Hat die Behörde die Genehmigung versagt, weil die Aussage dem Wohle der Bundesrepublik bzw. eines Landes Nachteile bereitet oder die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben wesentlich gefährden oder erheblich erschweren würde 152 , so ist der Untersuchungsführer, der ersuchte oder beauftragte Richter bzw. das Disziplinargericht hieran gebunden 153 . Der Vernehmende bzw. der Prozeßbeteiligte hat lediglich das Recht der Dienstaufsichtsbeschwerde154. Die Beschwerde kann sich aber auch gegen die Erteilung der Aussagegenehmigung richten. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2a zu § 54 StPO; RGSt. Bd. 61 S. 218. S c h w a r z Anm. 2 zu § 198 GVG. 162 Vgl. OVG Münster in MDR 1955 S. 61. 1 6 3 RGSt. Bd. 7 S. 74, Bd. 44 S. 291; RG in DRZ 1936 S. 229; OLG Celle in HESt. Bd. 2 S. 79; BGH in MDR 1952 S. 659; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4c § 54 StPO; S c h w a r z Anm. 1 B b zu § 54 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 16 IV zu § 54 StPO. 164 RGSt. Bd. 44 S. 291; LG Wiesbaden in NJW 1950 S. 793. 160 161
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Das Beweisrecht
Für die Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung gelten die für sie maßgebenden Vorschriften (§ 54 Abs. 2 StPO). So kommen für die Mitglieder der Bundesregierung die § § 6 und 7 des Bundesministergesetzes vom 17. 6. 53 (BGBl. I S. 407) in Frage. Die Vorschriften des § 54 Abs. 1 bis 3 StPO gelten auch, wenn die daselbst genannten Personen nicht mehr im öffentlichen Dienst tätig sind, soweit es sich um Tatsachen handelt, die sich während ihrer Dienstzeit ereignet haben oder ihnen während ihrer Dienstzeit zur Kenntnis gelangt sind ( § 5 4 Abs. 4 StPO). 9. D u r c h f ü h r u n g der V e r n e h m u n g a) B e l e h r u n g Vor der Vernehmung sind die Zeugen zur Wahrheit zu ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt ( § 5 7 Satz 1 StPO). Hierbei sind sie auf die Bedeutung des Eides und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen und unvollständigen Aussage zu belehren (§57 Satz 2 StPO). Eine sog. informatorische Anhörung vor der Belehrung ist unstatthaft165. Wie die Belehrung zu erstatten ist, bleibt dem Vernehmenden überlassen; entscheidend ist nur, daß sie von dem Zeugen hinreichend verstanden wird, wobei Alter und Bildungsgrad eine wesentliche Rolle spielen. Sämtliche Zeugen können zweckmäßigerweise zusammen belehrt werden166. Die Belehrung hat sich auch darauf zu erstrecken, daß den Zeugen eine Wahrheitspflicht nicht nur bezüglich der Angaben zur Sache, sondern auch zu seiner Person obliegt 167 . Falls der Vernehmende im Laufe der Vernehmung feststellt, daß der Zeuge voraussichtlich keine wahren Angaben macht, kann die Belehrung während der Vernehmung wiederholt werden, indem der Zeuge dabei auf Angaben der anderen Zeugen hingewiesen werden kann168. Ist über die Belehrung ein Vermerk in der Niederschrift gemacht, gilt die Beweisvermutung der §§ 273, 274 StPO nicht159. Ist die Belehrung unterblieben, so kann deshalb die Anschuldigungsschrift nicht zurückgegeben und die Disziplinarsache nicht in die 1. Instanz zurückverwiesen werden, weil es sich bei § 57 StPO nur um eine Schutzvorschrift zugunsten des Zeugen, nicht jedoch des beschuldigten Beamten handelt160. b) E i n z e l v e r n e h m u n g Die Zeugen sind einzeln und in Abwesenheit der später anzuhörenden Zeugen zu vernehmen ( § 5 8 Abs. 1 StPO). Hatte jemand der Verhandlung vorher als Zuhörer beigewohnt, so kann er trotzdem als Zeuge vernommen werden161. Waren die Zeugen anläßlich des Zeugenaufrufs zur gemeinsamen Zeugenbelehrung im Sitzungssaal erschienen, so haben sie denselben bis zum RGSt. Bd. 66 S. 113, Bd. 67 S. 287, BGH 20. 11. 53 — 1 StR 80/53. RGSt. Bd. 54 S. 297; RG in JW 1900 S. 709. 167 RGSt. Bd. 60 S. 408. 158 RGSt. Bd. 54 S. 298, Bd. 56 S. 67. 169 RGSt. Bd. 56 S. 67; BGH 9.10. 56 — 1 StR 356/56. 160 Vgl. für das Strafverfahren RGSt. Bd. 6 S. 267, Bd. 40 S. 158, Bd. 56 S. 66; RG in JW 1937 S. 2423; BGH 1. 10. 53 — StR 120/53 — 26. 3. 64 — 4 StR 175/55. 161 RGSt. Bd. 2 S. 54, Bd. 54 S. 298; OGHSt. Bd. 2 S. 19. 166
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Beweismittel
§79
Aufruf ihrer Vernehmung zu verlassen, ohne daß sie damit der Ordnungsgewalt des Untersuchungsführers bzw. des Gerichts entzogen werden 162 . Nach der Vernehmung bleibt der Zeuge solange im Sitzungszimmer, bis er vom Vernehmenden ausdrücklich entlassen wird. U. U. kann ihm aufgegeben werden, sich im Zeugenzimmer aufzuhalten, worauf der Beamte oder der Bundesdisziplinaranwalt keinen Anspruch erheben kann 163 . Wenn der Beistand oder der Verteidiger des Beamten als Zeugen vernommen werden sollen, so muß er gleichfalls bei der Vernehmung der vor ihm anzuhörenden Zeugen abwesend sein164. Deshalb soll er tunlichst zu Beginn der Beweisaufnahme gehört werden. Personen, die den Zeugen in einem früheren Stand des Verfahrens verhört haben, sollen erst gehört werden, nachdem der Zeuge von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat165. Während Sachverständige im Gerichtssaal verbleiben können, haben sachverständige Zeugen denselben zu verlassen, weil für sie die für Zeugen in Betracht kommenden Bestimmungen gelten. c) G e g e n ü b e r s t e l l u n g Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beamten in der Untersuchung ist zulässig, wenn es für das weitere Verfahren geboten erscheint (vgl. § 58 Satz 2 StPO). Ob und in welcher Form die Gegenüberstellung erfolgt, liegt im Ermessen des Vernehmenden. Hierbei kann dem einen Zeugen gestattet werden, an den anderen Zeugen Fragen zu richten166. Auf die Gegenüberstellung haben der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt keinen Anspruch. Sie kann in der Hauptverhandlung wiederholt werden. Auf eine Gegenüberstellung der Zeugen haben der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt keinen Anspruch167. d) G e n e r a l f r a g e n Die Vernehmung des Zeugen beginnt damit, daß er über Vornamen, Zunamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort befragt wird ( § 6 8 Satz 1 StPO). Eine Rückgabe der Anschuldigungsschrift bzw. eine Zurückverweisung in die 1. Instanz kommt bei Nichtbeachtung des § 68 Satz 1 StPO nur dann in Frage, wenn eine Personenverwechslung vorliegt 168 . Die Frage nach der Religionsgemeinschaft ist nur dann zulässig, wenn sie für die Würdigung der Aussage des Vernommenen von Bedeutung ist 169 . Erforderlichenfalls sind dem Zeugen Fragen über solche Umstände, die seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen, insbesondere über seine Beziehungen zum Beamten oder dem Verletzten, vorzulegen ( § 6 8 Satz 2 StPO). Die Generalfragen richtet der Dienstvorgesetzte bzw. der Ermittlungsführer bzw. Untersuchungsführer bzw. der Vorsitzende des Gerichts an den Zeugen. U. U. BGHSt. Bd. 3 S. 386. RGSt. Bd. 48 S. 211; BGH 14. 4. 55 — 4 StR 632/54. 164 RGSt. Bd. 59 S. 353; BGH in NJW 1956 S. 520. 166 RGSt. Bd. 59 S.353; BGH in NJW 1952 S. 456; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 2c zu §58 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2c zu §58 StPO. 166 RG bei GA Bd. 50 S. 274. 167 RGSt. Bd. 48 S. 201; BGH 2. 6. 55 — 4 StR 162/55. 188 RGSt. Bd. 40 S. 157, Bd. 45 S. 405, Bd. 55 S. 22; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. l a zu § 68 StPO; a. M. Eb. Schmidt Anm. 1 zu § 68 StPO. 1 6 9 K i e s o w in DJZ 1919 S. 873; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. l b zu §68 StPO. 162
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§79
Das Beweisrecht
kann durch den Zeugen die Entscheidung des Gerichts nach § 238 StPO herbeigeführt werden. Die Vorlegung und Beantwortung der Generalfragen sind in der Sitzungsniederschrift festzuhalten170. e) K e i n e B l o ß s t e l l u n g von Z e u g e n Fragen nach Tatsachen, die dem Zeugen oder einer Person, die i. S. des § 52 Abs. 1 StPO sein Angehöriger ist, zur Unehre gereichen können, sollen nur gestellt werden, wenn es unerläßlich ist (§ 68a Abs. 1 StPO). Die Fragen können an den Zeugen gerichtet werden, wenn dies zur Wahrheitserforschung — insbesondere im Interesse des Beamten — notwendig ist 171 . Ob eine Tatsache als entehrend angesehen werden kann, ergibt sich aus der allgemeinen sittlichen Bewertung. Hierunter fallen nicht solche Tatsachen, die lediglich das Ehrgefühl kränken, wennschon auch sie nur dann an den Zeugen gerichtet werden sollen, wenn dies i. S. der Wahrheitsfindung unerläßlich ist. Der Zeuge soll nach Vorstrafen nur gefragt werden, wenn ihre Feststellung notwendig ist, um über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Nr. 2 und 3 StPO zu entscheiden oder um seine Glaubwürdigkeit zu beurteilen (§ 68a Abs. 2 StPO). Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn die Vermutung besteht, daß der Zeuge infolge gerichtlicher Bestrafung eidesunfähig ist. Ebenso kann die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage gestellt sein, wenn er infolge einer Tat bestraft worden ist, bei der Ehrlosigkeit die Triebfeder seines Handelns war. U. U. können dann die Vorstrafakten des Zeugen herbeigezogen und das Strafurteil verlesen werden 172 . Ist die Vorstrafe im Strafregister getilgt, kann der Zeuge jede Auskunft über die Strafe und die Tat verweigern 173 . Nur aus besonderen Gründen kann der Zeuge auch über getilgte Strafen befragt werden 174 . Ob eine Frage an den Zeugen gerichtet werden kann, die ihm zur Unehre gereicht oder die sich auf eine Vorstrafe bezieht, entscheidet der Vorsitzende. Beanstandet jedoch der Zeuge die Frage, so ist ein Gerichtsbeschluß herbeizuführen17B. f) V e r n e h m u n g zur Sache Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm von dem Gegenstand der Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben ( § 6 9 Abs. 1 Satz 1 StPO). Vor seiner Vernehmung ist ihm der Gegenstand der Untersuchung und die Person des Beamten, sofern ein solcher vorhanden ist, zu bezeichnen (§69 Abs. 1 Satz 2 StPO). 1 7 0 RGSt. Bd. 16 S. 214, Bd. 45 S.406; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l b zu § 6 8 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. l b zu §68 StPO; S c h w a r z Anm. l c zu §68 StPO; a. M. Eb. S c h m i d t Anm. 5 zu § 68 StPO. 1 7 1 BGHSt. Bd. 13 S. 252. 172 BGHSt. Bd. 1 S. 337; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 3 zu § 68a StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 3 zu § 68a StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 68a StPO; Eb. Schmidt Anm. 8 zu § 68a StPO; S c h w a r z Anm. 2 zu § 68 StPO. 1 7 3 Vgl. BGH in NJW 1955 S. 393; H ä r t u n g in JR 1952 S. 42; K l e i n k n e c h t M ü l l e r Anm. 3 zu § 68a StPO; S c h w a r z Anm. 2 B zu § 68a StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 68a StPO; K o h l h a a s in DRZ 1957 S. 177. 1 7 4 F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 3 zu § 68a StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 3 zu § 68a StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 68a StPO; E b . S c h m i d t Anm. 6 zu § 68a StPO; S c h w a r z Anm. 2 B zu § 68a StPO; a. M. K o h l h a a s in NJW 1953 S. 851; H ä r t u n g in JR 1952 S. 42; C r e i f e l s in NJW 1953 S. 178. 1 7 5 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 68a StPO; Eb. Schmidt Anm. 9 zu § 68a StPO.
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Beweismittel
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Der Zeuge muß seine Angaben mündlich machen, wenn man von § 186 GVG. absieht Er darf seine Aussage nicht schriftlich überreichen oder auf eine frühere protokollierte Aussage Bezug nehmen176. Er hat seine Angaben in freier Rede zu machen, wobei er zunächst nicht durch Fragen oder Vorhalte unterbrochen werden darf. Ebenso darf dem Zeugen nicht zu Beginn der Vernehmung seine frühere verhandlungsschriftlich festgelegte Vernehmung verlesen werden, weil dies die Unmittelbarkeit der Zeugenaussage gefährdet und die Wahrheitsermittlung beeinträchtigt177. Ist der Zeuge nicht in der Lage, den Sachverhalt geordnet darzustellen, so kann ihn der Vernehmende in Form des Frage- und Antwortspiels ergründen. Ebenso ist es zulässig, während des Vortrages an den Zeugen Zwischenfragen zu richten, was insbesondere dann in Frage kommt, wenn die Sachdarstellung unvollständig oder widerspruchsvoll ist 178 . Ergänzungsfragen sollen an den Zeugen im allgemeinen erst nach Beendigung der Sachdarstellung gerichtet werden. Der Zeuge kann nicht gezwungen werden, einen von ihm wahrgenommenen Sachverhalt zu würdigen oder Folgerungen aus ihm zu ziehen. Dies gilt auch für Mutmaßungen und Meinungen. Andererseits ist es nicht unzulässig, vom Zeugen ein Werturteil über den Beamten, wie z. B. über seine Glaubwürdigkeit, sittliche Verdorbenheit oder Trunksucht, zu erfragen 179 . Der Zeuge kann auch über solche Tatsachen befragt werden, die er vom Hörensagen kennt 180 . Hier wird es sich allerdings empfehlen, auch die Personen zu hören, die dem Zeugen diese Tatsachen anvertraut haben. Dem Zeugen ist gestattet, bei seiner Vernehmung in Schriftstücke einzusehen, was insbesondere dann in Frage kommt, wenn es sich um die Darstellung eines umfangreichen und komplizierten Tatbestandes handelt, oder wenn sich die Angaben auf Zahlen stützen, die der Zeuge nicht im Gedächtnis behalten kann. Der Vernehmende kann dem Zeugen sogar Schriftstücke vorhalten, falls dies zur Ergänzung oder zur Berichtigung der Aussage notwendig erscheint. Dem Zeugen kann auch Einsicht in Niederschriften gewährt werden, die er selbst aufgenommen hat 181 . Dem Zeugen können zur Stützung seines Gedächtnisses bei seiner Vernehmung die Personalakten des Beamten vorgelegt werden, wenn sie als Personalsachbearbeiter oder Personalreferenten in diesen Akten gearbeitet haben181". Über die Zeugenvernehmung ist eine Niederschrift zu fertigen (§§ 188, 168, 273 StPO). Im einzelnen siehe § 69 VI S. 122f. § 106 XIV S. 761 ff. Der Vgl. RGSt. Bd. 37 S. 330, Bd. 62 S. 146, Bd. 65 S. 273. RGSt. Bd. 62 S. 149, Bd. 74 S.35; BGHSt. Bd. 3 S. 281; BGH in MDR 1951 S. 658; BGH in NJW 1953 S. 35; OLG Braunschweig in NJW 1952 S. 19; OLG Hamm in JMB1. NRW 1953 S. 45; OLG Köln in DAR 1953 S. 218; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2b zu §69 StPO. 1 7 8 BGH 7. 5. 53 — 5 StR 340/52. 1 7 9 RGSt. Bd. 37 S. 371, Bd. 39 S. 363, Bd. 48 S. 266, Bd. 57 S. 412; RG in JW 1927 S. 1160; RG in JW 1927 S. 912; RG in JW 1932 S. 27; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2b zu § 69 StPO. 1 8 0 RGSt. Bd. 48 S. 246; RG in JW 1935 S. 2979; RG in JR 1925 S. 182; BGH in NJW 1952 S. 153; BGH in MDR 1954 S. 400; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2b zu § 69 StPO; S c h w a r z Anm. 2 B zu § 69 StPO. 1 8 1 RGSt. Bd. 8 S. 722, Bd. 9 S. 475, Bd. 36 S. 53; RG in JW 1922 S. 1036; BGHSt. Bd. 1. S. 5. 181 * DokBer. Nr. 1957. 178
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Zeuge kann auf eine frühere Niederschrift, die ihm erneut verlesen worden ist, Bezug nehmen182. Erscheint eine Zeugenaussage mit Rücksicht auf das Alter oder eine Charakterveranlagung als zweifelhaft, so kann ein psychologischer Sachverständiger zugezogen werden 183 . Auf keinen Fall kann ein Zeuge auf seinen Geisteszustand untersucht werden, um so den Beweiswert einerAussage zu ermitteln184. Ein Verstoß gegen § 69 StPO führt nicht zu einer Rückgabe der Anschuldigungsschrift bzw. zur Zurückverweisung in die Vorinstanz, es sei denn, daß die Wahrheitsermittlung und die ungehinderte Beweiswürdigung beeinträchtigt wird, und wenn auf diesem Verstoß die Disziplinarentscheidung beruht 186 . 10. E i d e s p f l i c h t 1 8 6 Die Zeugen sind einzeln und nach ihrer Vernehmung zu vereidigen ( § 59 Satz 1 StPO). Die Vorschrift des § 59 Satz 2 StPO, wonach die Vereidigung in der Hauptverhandlung erfolgt, soweit nichts anderes bestimmt ist, gilt nicht im Disziplinarrecht, weil der Schwerpunkt der Beweisaufnahme nicht in der Hauptverhandlung, sondern in der Untersuchung liegt, so daß eine Vereidigung bereits in diesem Verfahrensabschnitt in Frage kommt 187 . Die Vereidigung bereits durch den Untersuchungsführer kann sogar im Interesse des zu Unrecht Beamten liegen, dem an einer möglichst schnellen Aufklärung gelegen sein kann. Man darf jedoch nicht die Gefahr übersehen, die dadurch entsteht, daß bereits der Untersuchungsführer den Zeugen beeidigt; dann wird der Zeuge bereits vor der Hauptverhandlung auf seine Aussage festgelegt, da er von einer bereits vereidigten Aussage mit Rücksicht auf die nunmehr gegen ihn einzuleitenden strafgerichtlichen Maßnahmen nicht mehr abgehen wird. Aus diesem Grunde sieht § 46 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle vor, daß der Untersuchungsführer Zeugen und Sachverständige nur dann eidlich vernehmen kann, wenn es zur Sicherung des Beweises erforderlich ist. Insoweit hat auch das Amtsgericht dem Ersuchen um eine eidliche Vernehmung nachzukommen (vgl. § 20 Satz 3 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle entsprechend der von der Bundesregierung gebilligter Stellungnahme des Bundesrats.) Während das Strafverfahrensrecht von der Vereidigung der Zeugen als Regel ausgeht, ist die Vereidigung im Disziplinarverfahren durch § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. —, § 20 Abs. 4 LDO BW, Art. 18 Abs. 4 DStO Bayr., § 20 Abs. 4 LDO Bln., § 17 Abs. 4 DStO Brm., § 17 Abs. 4 DO 1 8 2 RGSt. Bd. 74 S. 36; BGH in NJW 1953 S. 35; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l f . zu § 69 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 69 StPO; Eb. Schmidt Anm. 5 zu § 69 StPO; S c h w a r z Anm. 1 B a zu § 69 StPO. 1 8 3 K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 4c zu §69 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4 zu § 69 StPO; Bohne in SJZ 1949 Sp. 9; L o o s in DRZ 1950 S. 322; K o h l h a a s in NJW 1951 S. 903 und NJW 1953 S. 392. 1 8 4 RG in HRR Nr. 2330; OLG Hamm in JZ 1957 S. 181; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 3 zu § 69 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4 zu § 69 StPO. 1 8 6 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 6a zu §69 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 4 zu §69 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 7 zu §69 StPO; Less in DRZ 1950 S. 322. 1 8 6 Seibert „Die Vereidigung von Zeugen in der förmlichen Disziplinaruntersuchung" in ZBR 1959 S. 218. 1 8 7 Behnke Anm. 11 Abs. 2 zu § 17 BDO; Seibert „Die Vereidigung von Zeugen in der förmlichen Disziplinaruntersuchung" in ZBR 1959 S. 218.
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Hmb., § 18 Abs.4 HDO, §21 Abs.4 NDO, § 20 DO NW, § 20 Abs. 4 LDO Rh.-Pf., § 17 Abs.4 DStO Saar und §22 Abs. 4 DStO Schl.-Hol. weitgehend eingeschränkt. Die Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen ist hiernach nur zulässig, wenn a) sie zur Sicherung des Beweises oder b) der Eid mit Rücksicht auf die Bedeutung der Aussage oder c) der Eid als Mittel zur Herbeiführung einer wahren Aussage erforderlich ist. Der Fall a) ist insbesondere bei Gefahr im Verzuge gegeben, d. h. wenn der Zeuge, auf dessen Vereidigung es im Hinblick auf b) und c) ankommen wird, lebensgefährlich erkrankt ist oder das Bundesgebiet verlassen oder aus einem sonstigen Anlaß nicht erreichbar sein wird. Eine Vereidigung mit Rücksicht auf die Bedeutung der Aussage kann dann erforderlich sein, wenn ein Beamter, der sich im allgemeinen einwandfrei geführt hat, nur auf Grund der Aussage eines einzigen Zeugen belastet wird, oder wenn nur ein Zeuge belastende Angaben macht, während die Aussagen der übrigen Zeugen unerheblich sind. Der Eid als Mittel zur Herbeiführung einer wahren Aussage kann dann in Frage kommen, wenn mehrere Zeugen widersprechende Erklärungen abgeben oder ein Zeuge sich im Laufe seiner Vernehmung in Widersprüche verwickelt oder die Angaben des Zeugen nicht überzeugend wirken. Hält der Vernehmende die Vereidigung nach § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. —, bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen, für notwendig, so kommt sie auch dann in Frage, wenn der Zeuge wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt ist188, an Gedächtnisschwäche leidet189 oder wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft steht190 oder zum Zeitpunkt der Vernehmung trunken ist 191 ; im letzteren Falle ist sie auszusetzen. U. U. scheidet eine Vereidigung dann nach § 60 Ziff. 1 StPO aus. Ob die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen vorliegen, entscheidet allein die vernehmende Stelle. Ein Verzicht der Verfahrensbeteiligten auf Beeidigung eines Zeugen ist unbeachtlich. Dies gilt auch dann, wenn die Vernehmung des Zeugen als entbehrlich angesehen wird. Die Beeidigung bezieht sich auf die Aussagen zur Person und zur Sache192. Gelegentliche Auskünfte, die ein Zeuge ohne Verbindung mit seiner Aussage gemacht hat, brauchen nicht beeidet zu werden; dies gilt z. B. dann, wenn der Zeuge über die Glaubwürdigkeit eines anderen Zeugen befragt wird. Ebenso beziehen sich nicht auf den Eideszwang solche Angaben, die hinsichtlich der Zulässigkeit des Zeugnisverweigerungsrechts gemacht worden sind 193 . Bezieht sich die Aussage auf mehrere Pflichtverletzungen des Beamten, so kann sich die Beeidigung u. U.nurauf die Aussagen zu einer einzelnen PflichtverRGSt. Bd. 33 S. 393, Bd. 58 S. 396; RG in GA Bd. 50 S. 398. RGSt. Bd. 20 S. 60. 1 9 0 RG in Recht 1930 Nr. 2355. 1 9 1 RGSt. Bd. 34 S. 283, Bd. 53 S. 137. 192 RGSt. Bd. 6 S. 267, Bd. 60 S. 708; L ö w e - R o s e n b e r g Antn. 2 zu §59 StPO; Eb. Schmidt Anm. 8 zu § 59 StPO; S c h w a r z Anm. 1 A zu § 59 StPO. 1 9 3 RGSt. Bd. 2 S. 55. 188
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letzung erstrecken194. Eine zeitliche Begrenzung ist jedoch nicht möglich 195 . Gilt der Zeuge durch eine einzelne Pflichtverletzung des Beamten als verletzt, so kann er bezüglich der sonstigen Pflichtverletzungen vereidigt werden 196 . Die Zeugen sind einzeln nach Abschluß ihrer Vernehmung zu beeidigen. Spätere Aussagen der Zeugen werden durch den früher geleisteten Eid nicht erfaßt. In einem solchen Falle muß eine erneute Vereidigung stattfinden197. Die Beeidigung des Zeugen kann bis zum Abschluß der Vernehmung der übrigen Zeugen zurückgestellt werden. Ob der Zeuge zu beeidigen ist, entscheidet der Untersuchungsführer, der beauftragte bzw. ersuchte Richter und das Disziplinargericht. Eine Entscheidung durch den Gerichtsvorsitzenden und das Disziplinargericht erst im Falle der Beanstandung entfällt im Disziplinarrecht, weil hier die Beeidigung die Ausnahme bildet und aus diesem Grunde entgegen dem allgemeinen Strafverfahrensrecht das Disziplinargericht zu entscheiden hat, ob der jeweilige Zeuge vereidigt werden soll. Wird der Zeuge durch einen beauftragten oder ersuchten Richter vernommen, so entscheidet zunächst dieser über die Vereidigung (§ 66 b Abs. 1 StPO). Auch für ihn gelten § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Die Vereidigung darf nicht erfolgen, wenn die uneidliche Vernehmung verlangt wird (§ 66 b Abs. 3 StPO). Soll eine eidliche Vernehmung durchgeführt werden, so kann, soweit es sich um den beauftragten Richter handelt, nur das Amtsgericht ersucht werden (§20 Satz 2 BDO — § 16 Satz 2 BDO a. F. —), das aber dann wiederum im freien Ermessen über die Beeidigung entscheidet, wenn der Dienstvorgesetzte um die Beeidigung ersucht hat. Hat der Untersuchungsführer im Rahmen des § 46 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle oder das Disziplinargericht das Amtsgericht um eine Beeidigung angegangen, weil die Stelle die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BDO —• § 17 Abs. 4 BDO a. F. — bejaht, so ist das Amtsgericht an den Antrag auf Beeidigung gebunden (vgl. § 66 b Abs. 2 Satzl StPO). Hat der ersuchte oder der beauftragte Richter Bedenken, weil er die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen verneint bzw. die Voraussetzungen der §§ 60, 61 StPO bejaht, so hat er eine Entscheidung des Untersuchungsführers bzw. des Disziplinargerichts herbeizuführen (vgl. § 66 b Abs.2 Satz2 StPO).Der beauftragte bzw. der ersuchte Richter hat die Tatsachen, die eine Aussetzung der Beeidigung rechtfertigen sollen, in die Verhandlungsniederschrift aufzunehmen (vgl. § 66b Abs.2 Satz3 StPO). Hat eine der in § 52 Abs. 1 StPO bezeichneten Personen die Vereidigung abgelehnt, so ist dies vom ersuchten bzw. beauftragten Richter in der Niederschrift zu vermerken; in diesem Falle sind die Akten an den Untersuchungsführer bzw. an das Disziplinargericht zurückzusenden, ohne daß die Vereidigung auszusetzen ist, weil sie auf jeden Fall ausscheidet. Anders wäre es nur dann, wenn RG in HRR 1937 Nr. 359. RG in GA Bd. 54 S. 81; BGH in MDR 1953 S. 21. 196 RG in HRR 1937 S. 359; BGH in NJW 1954 S. 1055; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 5 zu §59 StPO; L o w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu §59 StPO. 1 9 7 BayrObLG in GA 1958 S. 113, vgl. auch BayrObLG 1956 S. 245; K l e i n k n e c h t Miiller Anm. 5c zu §59 StPO; L o w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu §59 StPO; S c h w a r z Anm. 2 zu § 59 StPO. 194
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sich eine Person zu Unrecht auf § 52 Abs. 1 i. V. § 63 StPO beruft und die Vereidigung verweigert. Erfolgt eine Beeidigung, so ist diese zu begründen, weil sie im Disziplinarverfahren nur die Ausnahme bildet198. In der Verhandlungsniederschrift ist die Tatsache der Beeidigung zu vermerken199. In den Urteilsgründen ist zweckmäßigerweise auf den Grund der Vereidigung hinzuweisen. Gleiches gilt auch für den Abschlußbericht des Untersuchungsführers. 11. A b s t a n d n a h m e von der V e r e i d i g u n g Selbst wenn der Vernehmende die Voraussetzungen für eine Beeidigung nach § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen bejaht, hat er unter den Voraussetzungen des § 60 StPO von einer Beeidigung abzusehen. Liegen die Voraussetzungen des § 61 StPO vor, so kann von der Vereidigung nach dem Ermessen des Gerichts abgesehen werden. Den in § 52 Abs. 1 StPO angeführten Personen steht nach § 63 StPO ein Eidesverweigerungsrecht zu. Durfte ein Zeuge nicht nach § 60 StPO vereidigt werden und ist trotzdem seine Vereidigung erfolgt, so ist seine Aussage nur als uneidliche zu werten 200 . Eine Zurückgabe der Anschuldigungsschrift bzw. die Zurückverweisung in die Vorinstanz scheidet hier ebenso wie in dem Falle aus, wo die vernehmende Stelle in ermessensfehlerhafter Weise die Voraussetzungen des § 61 StPO zu Unrecht bejaht oder verneint. Von einer V e r e i d i g u n g ist abzusehen: a) bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung des sechzehnte L e b e n s jahr noch nicht v o l l e n d e t haben (vgl. § 60 Ziff. 1 StPO). Hier kommt es also nicht auf das Lebensalter zur Zeit der Wahrnehmung an. Der Beginn des siebzehnten Lebensjahres genügt 201 . Im übrigen vgl. § 187 Abs. 2 BGB; b) bei Personen, die wegen m a n g e l n d e r V e r s t a n d e s r e i f e oder wegen V e r s t a n d e s s c h w ä c h e vom Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung haben (vgl. § 60 Ziff. 1 StPO). Es muß genau geprüft werden, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Beeinflußt die Geistesschwäche oder die hierauf beruhende Entmündigung nicht die Vorstellung des Vernommenen von der Bedeutung des Eides, so kommt § 60 Ziff. 1 StPO nicht zur Anwendung 202 . Ebenso reichen bloße Zweifel nicht aus 203 . Die vernehmende Stelle muß die Voraussetzungen des § 60 Ziff. 1 StPO genau begründen, es sei denn, daß Altersmangel vorliegt; c) bei Personen, die nach den Vorschriften der Strafgesetze u n f ä h i g sind, als Zeugen e i d l i c h v e r n o m m e n zu w e r d e n (§ 60 Ziff. 2 StPO). Dies ist der Fall, wenn der Zeuge wegen Meineids (§161 StGB) bestraft ist und die 1 9 8 Anders für das Strafverfahrensrecht (siehe hier RGSt. Bd. 56 S. 248; OLG Sutt gart in MDR 1955 S. 55; OGHSt. Bd. 2 S. 98; BayrObLG 1953 S. 151). 1 9 9 Behnke Anm. 10 zu § 17 BDO. 2 0 0 RGSt. Bd. 6 S. 155, Bd. 28 S. 111, Bd. 56 S. 94; BGH in NJW 1952 S. 1146; L ö w e R o s e n b e r g Anm. 9c zu § 60 StPO; Eb. Schmidt Anm. 9 zu § 60 StPO. 2 0 1 RGSt. Bd. 22 S. 29, Bd. 35 S. 37; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu § 60 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 3 zu § 60 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 zu § 60 StPO; Eb. Schmidt Anm. 10 zu § 60 StPO; S c h w a r z Anm. 2a zu § 60 StPO. 202 RGSt. Bd. 20 S. 60, Bd. 33 S. 395, Bd. 58 S. 396, Bd. 60 S. 68; RG in J W 1 9 3 2 S. 112. 203 Vgl. RGSt. Bd. 26 S. 97, Bd. 47 S. 297; RG in HRR 1934 Nr. 453; RG in GA Bd. 59 S. 145.
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Eidesunfähigkeit im Urteil ausdrücklich ausgesprochen ist 204 . Auf Eidesunfähigkeit muß ein deutsches Gericht rechtskräftig erkannt haben. Vor Rechtskraft des Urteils ist noch die eidliche Vernehmung zulässig 205 . Durch Straftilgung wird die Eidesunfähigkeit nicht beseitigt 206 , es sei denn, daß durch einen Gnadenerweis die Eidesfähigkeit wieder zuerkannt ist 207 ; d) bei Personen, die der T a t , welche den Gegenstand der Untersuchung bildet, oder der B e t e i l i g u n g an ihr oder der Begünstigung oder Hehlerei v e r d ä c h t i g oder deswegen bereits verurteilt sind ( § 6 0 Ziff. 3 StPO). Von einer Vereidigung ist hier deshalb abzusehen, weil eine solche Person kein einwandfreies Zeugnis abgeben kann. Der Zeuge muß entweder disziplinarisch oder strafrechtlich zu verfolgen sein208. Von der Beeidigung eines Zeugen, der an der den Gegenstand der Untersuchung bildenden Tat i. S. des § 60 Ziff. 3 StPO beteiligt war, ist auch dann abzusehen, wenn er infolge seines Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis nicht mehr disziplinarisch verfolgt werden kann 209 . Es kommt also nicht darauf an, ob der Zeuge Beamter ist oder ihm die Beamteneigenschaft fehlt. Die Teilnahmeform ist unerheblich 210 . Entscheidend ist allein, daß der Zeuge in der gleichen Richtung hin mitgewirkt hat wie der Beamte211. Es braucht kein hinreichender oder dringender Verdacht vorzuliegen, da nach dem Gesetzeswortlaut der Verdacht ganz allgemein ausreicht 212 . Handelt es sich um eine fortgesetzte Tat, so braucht der Zeuge nur an einer Teilhandlung teilgenommen zu haben. Hat der Zeuge nicht in der Richtung der im Disziplinarverfahren abzuurteilenden Tat mitgewirkt, so entfällt die Anwendung des § 60 Ziff. 3 StPO; das wäre z. B. dann der Fall, wenn der Dienstvorgesetzte, der eine Tat aufzudecken hätte, den Beamten anläßlich der Vernehmung beleidigt hätte. Ebenso reicht es für die Anwendung des § 60 Ziff. 3 StPO nicht aus, wenn der Zeuge nur Mitwisser des Dienstvergehens ist 213 . Dies gilt auch dann, wenn das Dienstvergehen sich gegen den 204 RGSt. Bd. 73 S. 255; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 3b zu §60 StPO; L ö w e R o s e n b e r g Anm. 1 zu § 60 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 3 zu § 60 StPO; Eb. Schmidt Anm. 7 zu § 60 StPO. 206 RGSt. Bd. 72 S. 254, Bd. 73 S. 255; BGH in MDR 1952 S. 659; K l e i n k n e c h t M ü l l e r Anm. 4 zu § 60 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu § 60 StPO. 206 RG in DRZ 1930 Nr. 563; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 4 zu § 60 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 4 zu § 60 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu §60 StPO; S c h w a r z Anm. 2 B zu §60 StPO; a. M. Eb. Schmidt Anm. 12 zu §60 StPO. 207 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu § 60 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 4 zu § 60 StPO; K o h l h a a s in DRiZ 1957 S. 177. 208 p r o v G Bd. 83 S. 402, RuPrVBl. 1937 S. 505; PrDiszH in PrVBl. 1926 S.480; Behnke Anm. 12 zu § 17 BDO; W i t t l a n d Anm. 13 zu § 13 RDStO; RG in JW 1937 S. 2706; BGH in DRiZ 1951 S. 43 Nr. 367. 2 0 9 DStH Bad.-Württemberg-Dienststrafsenat Karlsruhe — 14. 4. 59 — 1/58 — in ZBR 1959 S. 374 = L i n d g e n Teil IV Nr. 421. 2 1 0 RGSt. Bd. 64 S. 377, Bd. 74 S. 185; BGHSt. Bd. 4 S. 368; BGH in NJW 1951 S. 324; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3b zu § 60 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 6 zu § 60 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5a II zu § 60 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 23 zu § 60 StPO; S c h w a r z Anm. 2 C b zu §60 StPO; Erbs Anm. II zu §60 StPO. 211 RGSt. Bd. 64 S. 298 u. S. 378, Bd. 74 S. 185, Bd. 77 S. 204, OGHSt. Bd. 1 S. 361, Bd. 4 S. 368, Bd. 6 S. 382; BGH in NJW 1957 S. 431; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3b zu §60 StPO; S c h w a r z Anm. 2 C b zu §60 StPO. 212 BGH LM § 60 Ziff. 3; BGHSt. Bd. 2 S. 153, Bd. 4 S. 255; BGH 9. 7. 57 — 5 StR 171/55 — a. M. RGSt. Bd. 59 S. 166 und BGH in NJW 1952 S. 273. 213 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3c zu § 60 StPO.
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Zeugen selbst gerichtet hat 214 . Der Beamte und der Zeuge brauchen nicht bewußt und gewollt zusammengewirkt zu haben; auch Fahrlässigkeitsverletzungen reichen aus 216 , wobei das fahrlässige Verhalten zum gleichen Erfolg beigetragen haben muß, ohne daß die Mitwirkung in gleicher Weise gestaltet gewesen sein muß 216 . Die Beteiligung der Zeugen muß im strafrechtlichen oder im disziplinarischen Sinne schuldhaft sein217. Liegt Notwehr vor, oder ist der Zeuge strafunmündig, oder ist er unzurechnungsfähig, so entfällt § 60 Ziff. 3 StPO 218 . Anders ist es, wenn es sich um persönliche Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe handelt 219 . Verfahrenshindernisse, wie z. B. Fehlen eines Strafantrages 220 , Niederschlagung des Verfahrens auf Grund eines Straffreiheitsgesetzes 221 oder Verjährung 222 , schließen § 60 Ziff. 3 StPO nicht aus, weil es nicht zu einer Bestrafung des Zeugen kommen kann 223 . § 60 Ziff. 3 StPO kommt z. B. zur Anwendung, wenn der Zeuge den Beamten zum Dienstvergehen angestiftet 224 , oder wenn er bei einer Abtreibung mitgewirkt 225 , oder wenn er anläßlich einer schweren Bestechung dem Beamten ein Geschenk gewährt 226 , oder wenn ein Vorgesetzter den Beamten zu einer Dienstfahrt veranlaßt hat, obgleich ihm bekannt war, daß dieser sich in einem fahruntüchtigen Zustande befunden hatte 227 . Handelt es sich um Begünstigung, so muß der Zeuge den Beamten bereits vor der Vernehmung begünstigt haben. Ist anzunehmen, daß er den Beamten erst durch seine Aussage begünstigen wird, so kommt § 60 Ziff. 3 StPO nicht zur Anwendung 228 . Hat der Zeuge im gegenstandsgleichen Strafverfahren der Wahrheit zuwider zugunsten des Beamten ausgesagt, so scheidet eine Beeidigung aus 229 . Anders ist es wiederum bei einem Versuch der Begünstigung, weil dieser straflos ist 230 ; stellt er sich jedoch als Dienstvergehen dar, so ist der Zeuge wiederum nicht zu vereidigen. Ein Verdacht kann auch dann vorliegen, wenn das Straf- oder das Disziplinarverfahren gegen den Zeugen eingestellt oder er in einem dieser Verfahren freigesprochen ist 231 . Der Verdacht wird nicht da214
RGSt. Bd. 50 S. 163; BayrObLG in GA Bd. 74 S. 164. RGSt. Bd. 64 S. 377; RG in DStR 1938 S. 328; BGHSt. Bd. 10 S. 66; BGH in VRS Bd. 10 S. 141. 216 RGSt. Bd. 64 S. 374 u. S. 379; BGH in VRS Bd. 10 S. 142; BGH in N J W1952 S. 1103; BGH 15. 6. 54 — 1 StR 29/54; BGHSt. Bd. 10 S. 66; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5b zu § 60 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3c zu §60 StPO; Schwarz Anm. 2 C b zu § 60 StPO. 217 RGSt. Bd. 44 S. 174; BGHSt. Bd. 9 S. 73. 218 RGSt. Bd. 31 S. 220. 219 RGSt. Bd. 56 S. 115. 220 RGSt. Bd. 64 S. 377. 221 RG in JW 1937 S. 3024; RGSt. Bd. 55 S. 133; BGHSt. Bd. 4 S. 131; BGH 23. 4. 53 — 4 StR 635/52. 222 RGSt. Bd. 22 S. 100; BGH in NJW 1952 S. 1146; BGH in VRS Bd. 14 S. 88. 223 BGHSt. Bd. 131; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5a zu § 60 StPO; L ö w e - R o s e n berg 3 g zu § 60 StPO; Eb. Schmidt Anm. 22 zu § 60 StPO. 224 RGSt. Bd. 70 S. 390. 226 RGSt. Bd. 55 S. 233, Bd. 57 S. 167; BGHSt. Bd. 4 S. 131. 226 BGHSt. Bd. 64 S. 296; BGH 11. 8. 53 — 2 StR 495/52, 25. 6. 53 — 3 StR 608/51. 227 Vgl. BGHSt. Bd. 10 S. 65; KG in VRS Bd. 9 S. 364, Bd. 10 S. 288. 228 RGSt. Bd. 69 S. 263; BGHSt. Bd. 1 S. 360, Bd. 3 S. 213, Bd. 4 S. 107; BGH in MDR 1951 S. 564. 229 RGSt. Bd. 28 S. 211; BGHSt. Bd. 1 S.360; BayrObLG in NJW 1957 S. 1772. 230 RG in JR 1932 Nr. 1902. 231 BGH in MDR 1955 S. 754. 18 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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durch ausgeräumt, daß der Zeuge die Beteiligung unter Eid in Abrede stellt232. Selbst wenn gegen den Zeugen Vorermittlungen oder eine Untersuchung nach §§ 56ff.BDO — §§ 44ff. BDO a. F. — schweben, kann das Dis2iplinargericht oder der Untersuchungsführer den Zeugen beeidigen, wenn die vernehmende Stelle von sich aus den Eindruck gewonnen hat, daß der Zeuge nicht der Tat verdächtig ist 233 . Von einer Vereidigung kann nach Ermessen des Gerichts abgesehen werden: a) bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben (§ 61 Ziff. 1 StPO). Hierbei kommt es nicht auf die Glaubwürdigkeit oder die Unglaubwürdigkeit des Zeugen an234, wenn auch hierdurch auf Mängel der geistigen Entwicklung geschlossen werden kann235. Bereits bei Zweifeln über die erforderliche Reife kann von einer Beeidigung abgesehen werden; b) beim Verletzten sowie bei Personen, die im Sinne des § 52 Abs. 1 StPO A n g e h ö r i g e des Verletzten oder des Beamten sind (§ 61 Ziff. 2 StPO). Verletzter ist, wer durch das Dienstvergehen in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt wird 238 . Verletzter ist z. B. der Mitarbeiter, den der Beamte bestohlen hat, oder die Ehefrau, der gegenüber der Beamte seine Unterhaltspflicht verletzt hat. Sind zwei Pflichtverletzungen, z. B. üble Nachrede und Betrug, Gegenstand des Verfahrens, und ist der Zeuge bezüglich der einen Tat, z. B. bezüglich der üblen Nachrede, Verletzter i. S. des § 61 Ziff. 2 StPO, so erstreckt sich die Ermessensentscheidung über die Beeidigung des Zeugen auch auf die Aussage zur anderen Pflichtverletzung, z. B. zum Betrugstatbestand, wenn sich die beiden Pflichtverletzungen nicht voneinander trennen lassen237. Über den Begriff des Angehörigen vgl. 7a cc S. 253. Ist anzunehmen, daß der Verletzte oder der Angehörige trotzdem die Wahrheit sagen wird, so kann er vereidigt werden238. Selbst wenn diese Personen nicht beeidigt worden sind, kann ihren Angaben Glauben geschenkt werden, zumal die Beeidigung im Disziplinarverfahren die Ausnahme darstellt239. Der Verletzte oder Angehörige kann u. U. zu den Anschuldigungspunkten, bei denen zu erwarten ist, daß er nicht die Wahrheit sagen wird, nicht beeidet werden, während er zu den übrigen Anschuldigungen beeidigt werden kann240; c) wenn das Gericht der Aussage keine wesentliche Bedeutung beimißt und nach seiner Überzeugung auch unter Eid keine wesentliche BeBGHSt. Bd. 4 S. 270; BGH in DAR 1958 S. 99. RGSt. Bd. 16 S. 209. 234 RGSt. Bd. 70 S. 20; Erbs Anm. II zu § 61 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu §61 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 3 zu §61 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. l a zu §61 StPO. 235 Vgl. BGHSt. Bd. 3 S. 230. 286 Vgl. BGHSt. Bd. 5 S. 85 = JZ 1954 S. 357; BGH in NJW 1953 S. 1273. 237 OLG Celle 28. 2. 63 — 1 Ss 567/62 — in NdsRpfl. 1963 S. 163. 238 BGH in VRS Bd. 11 S. 438; Erbs Anm. II zu § 61 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 4 zu § 61 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 b bb zu § 6 1 StPO. 239 RGSt. Bd. 68 S. 323; BGHSt. Bd. 4 S. 202, Bd. 5 S. 85; BGH in NJW 1951 S. 671, 1952; OLG Schleswig in SchlHA 1956 S. 298; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 b cc zu § 61 StPO. 240 Vgl. RG in HRR 1937 Nr. 359; BGH 7. 10. 54 — 3 StR 613/53; BayrObLG in JR 1930 Nr. 578. 232
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deutung zu erwarten ist (§ 61 Ziff. 3 StPO). Mit Rücksicht darauf, daß im Disziplinarrecht die Beeidigung nach § 17 Abs. 4 BDO, BDO i. d. F. der Novelle nur die Ausnahme bildet, kommt dem § 61 Ziff. 3 StPO keinerlei Bedeutung zu. Die in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen des Beamten haben das Recht, die Beeidigung des Zeugnisses zu verweigern; darüber sind sie zu belehren (§ 63 StPO). Wer als Angehöriger i. S. des § 52 Abs. 1 StPO in Frage kommt, ist unter 7 a cc S. 253 dargestellt. Die Belehrung muß nur dann erfolgen, wenn der Untersuchungsführer bzw. das Disziplinargericht von der Nichtvereidigung nach § 61 Ziff. 2 StPO keinen Gebrauch machen will 241 . Die Belehrung muß selbst dann erfolgen, wenn der Zeuge zu erkennen gegeben hat, daß er seine Aussage beeidigen will 242 . Selbst wenn der Zeuge in einem früheren Verfahrensabschnitt oder in der Hauptverhandlung bereits seine Aussage beeidet hat, muß er erneut belehrt werden, wenn er nochmals gehört worden ist243. Andererseits braucht der Vernehmende den Zeugen bei nochmaliger Vernehmung ohnehin nicht nochmals zu beeidigen, wenn er nunmehr glaubt, daß die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 StPO nicht vorliegen244. Hat der Zeuge sich bisher auf sein Eidesverweigerungsrecht nach § 63 StPO berufen, so kann er trotzdem später seine Aussage beeiden246. Ebenso kann der Zeuge, der bisher von seinem Eidesverweigerungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, bei einer nochmaligen Vernehmung die Beeidigung unter Berufung auf § 63 StPO verweigern246. In der Niederschrift muß ersichtlich gemacht werden, daß der Zeuge auf sein Eidesverweigerungsrecht nach § 63 Halbsatz 2 StPO hingewiesen worden ist. Ob der Zeuge von seinem Eidesverweigerungsrecht Gebrauch macht, ist auch für den Beamten von wesentlicher Bedeutung247. Wenn der Zeuge nach seiner Beeidigung anläßlich einer abermaligen Vernehmung von seinem Eidesverweigerungsrecht nach § 63 StPO Gebrauch macht, so kann seine frühere eidliche Aussage im Disziplinarverfahren nur als uneidliche verwertet werden. Bei unterlassener Belehrung kann die Anschuldigungsschrift zurückgegeben bzw. die Disziplinarsache in die Vorinstanz verwiesen werden, wenn sich auf die eidliche Aussage die Anschuldigungsschrift bzw. das Disziplinarurteil stützt. 12. Vornahme der Vereidigung Die Vereidigung erfolgt nach § 66 c Abs. 1 StPO in der Weise, daß der Richter bzw. der Untersuchungsführer an den Zeugen die Worte richtet: 2 4 1 RGSt. Bd. 46 S. 116; RG in GA Bd. 37 S. 187; E t b s Anm. I zu § 63 StPO; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu §63 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 2 zu §63 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu § 63 StPO; Eb. Schmidt Anm. 4 zu § 63 StPO; S c h w a r z Anm. 2 zu § 63 StPO. 242 RG in GA Bd. 56 S. 89; OLG Dresden in DRZ 1931 Nr. 703. 243 BGH 9. 7. 54 — 1 StR 81/54. 244 RGRspr. Bd. 1 S. 358; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 2 zu §63 StPO; L ö w e R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 63 StPO; S c h w a r z Anm. 3 zu § 63 StPO. 248 RGSt. Bd. 62 S. 164; BayrObLG 1949 S. 78; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 2 zu § 63 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4 zu § 63 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 5 zu § 63 StPO; S c h w a r z Anm. 2 zu § 63 StPO. RGSt. Bd. 62 S. 144; BayrObLGSt. 1951 S. 73; OLG München in N J W 1 9 5 0 S. 316. 247 BGHSt. Bd. 4 S. 217; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 2 zu §63 StPO; L ö w e Rosenberg Anm. 6 zu § 63 StPO.
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„Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, daß sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben." und der Zeuge hierauf die Worte spricht: „Ich schwöre es, so wahr mit Gott helfe." Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden247» (§ 66 c Abs. 2 StPO). Niemand darf zur religiösen Eidesform gezwungen werden (vgl. Art. 140 GG und Art. 136 Abs. 4 WeimVerf.). Zur Verstärkung der eidlichen Beteuerung sind konfessionelle Zusätze gestattet. Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben (§ 66c Abs. 3 StPO). Hierbei handelt es sich um eine Sollvorschrift, deren Nichtbeachtung für die Gültigkeit des Eides unerheblich ist. Der Zeuge kann den Eid auch durch andere symbolische Handlungen, wie z. B. das Anfassen eines Kruzifixes, bekräftigen; zu derartigen Handlungen kann er nicht gezwungen werden. Beachten der Vernehmende und der Zeuge nicht den Wortlaut der Eidesformel, so handelt es sich bei der Eidesleistung dann um einen Verfahrensverstoß, der jedoch für die Urteilsfällung unbeachtlich ist, do daß eine Zurückverweisung in die Vorinstanz ausscheidet. Stumme leisten nach § 66d Abs. 1 Satz 1 StPO den Eid in der Weise, daß sie die Worte: „Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit bekundet und nichts verschwiegen habe" niederschreiben und unterschreiben. Stumme, die nicht schreiben können, leisten den Eid mit Hilfe eines Dolmetschers durch Zeichen (§ 66d Abs. 1 Satz 2 StPO). Die Vorschrift des § 66c Abs. 2 StPO gilt bei Stummen entsprechend (§ 66d Abs. 2 StPO). Gibt ein Zeuge an, daß er Mitglied einer Religionsgesellschaft sei, der das Gesetz den Gebrauch gewisser Beteuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, so steht eine unter der Beteuerungsformel dieser Religionsgesellschaft abgegebene Erklärung der Eidesleistung gleich (§ 66e StPO). Hierbei muß es sich um ein Bundes- oder ein Landesgesetz handeln; die Satzung der Religionsgesellschaft reicht nicht aus. Ein entsprechendes Bundesgesetz ist bisher noch nicht ergangen. Als Landesgesetze kommen auch die vor dem Zusammenbruch von 1945 erlassenen Gesetze in Frage. Der Zeuge braucht keinen Nachweis zu erbringen, daß er der betreffenden Religionsgesellschaft angehört; eine Versicherung reicht aus248. Es bleibt der vernehmenden Stelle überlassen, die Angaben des Zeugen nachzuprüfen249. Hat der Zeuge den Eid in der in § 66 e StPO genannten Weise geleistet, ohne daß er der Religionsgesellschaft angehörte, so ist der in dieser Form geleistete Eid trotzdem rechtsgültig 250 . Der 2 3 7 S t r o b e l „Die weltliche Form des Eides" in DRiZ 1964 S. 408 (er kommt zu dem Ergebnis, daß beim weltlichen Eid die Formel nur lauten kann: „Sie schwören "). 248 RGSt. Bd. 27 S. 410. 249 RG in HRR 1941 S. 1291. 260 RGSt. Bd. 75 S. 124; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 1 zu § 66 e StPO; L ö w e R o s e n b e r g Anm. 2 zu § 66e StPO; S c h w a r z Anm. 3 zu § 66e StPO.
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Wortlaut der Beteuerungsformel braucht in der Niederschrift nicht angegeben zu werden 251 . Wird der Zeuge, nachdem er eidlich vernommen worden ist, in der Untersuchung oder im Laufe des weiteren Disziplinarverfahrens nochmals vernommen, so kann der Untersuchungsführer bzw. der Richter statt der nochmaligen Vereidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen ( § 6 7 StPO). Wird die Disziplinarsache nach der erstmaligen Vernehmung des Zeugen mit einer anderen Disziplinarsache verbunden, so kommt § 67 StPO nicht zur Anwendung 252 . Eine nochmalige Vernehmung in derselben Verhandlung kommt nur dann in Frage, wenn die Vernehmung in erkennbarer Weise abgeschlossen war, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Zeuge bereits entlassen war; wird er abermals herbeigerufen, so liegt eine erneute Vernehmung vor 263 . Es muß sich nach § 67 StPO um den jeweiligen Verfahrensabschnitt handeln. War der Zeuge in der Untersuchung nach §§ 56 ff. BDO — §§ 44 ff. BDO a. F. — vernommen, und wird er in der Hauptverhandlung abermals gehört, so scheidet die Anwendung des § 67 StPO jedoch nicht aus, weil die Untersuchung keinen besonderen Verfahrensabschnitt darstellt, sondern mit Rücksicht auf die im Disziplinarrecht geltende Mittelbarkeit des Disziplinarverfahrens nur eine vorweggenommene Beweisaufnahme darstellt, sie also insoweit mit der strafprozessualen Voruntersuchung der §§ 178 ff. StPO nicht verglichen werden kann, die nur ein vorbereitendes Verfahren bildet. Unter „demselben Hauptverfahren" i. S. des § 67 StPO ist im förmlichen Disziplinarverfahren das Verfahren von der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens bis zur Rechtskraft der Disziplinarentscheidung zu verstehen, ganz gleich ob es sich um eine Einstellung nach § 64 BDO — § 52 BDO a. F. — oder um ein disziplinargerichtliches Erkenntnis der 1. oder 2. Instanz handelt, selbst wenn die Hauptverhandlung mehr als 10 Tage unterbrochen war 254 . Hierbei bleibt es auch gleich, ob der Zeuge durch den beauftragten oder ersuchten Richter vernommen worden ist, sofern die Vernehmung im förmlichen Disziplinarverfahren durchgeführt worden ist. § 67 StPO gilt auch dann, wenn das Verfahren durch das Berufungsgericht in die Vorinstanz zurückverwiesen worden ist256. Das Wiederaufnahmeverfahren hingegen stellt ein neues Verfahren dar, so daß § 67 StPO nicht zur Anwendung kommt256. Hat der Zeuge in dem gleichen Verfahren den Sachverständigeneid geleistet, und soll er nunmehr als Zeuge oder als schverständiger Zeuge vernommen werden, so 261 RGSt. Bd. 57 S. 342; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu § 66e StPO; L ö w e - R o senberg Anm. 4 zu § 66e StPO; Eb. Schmidt Anm. 4 zu § 66e StPO. 282 RGSt. Bd. 49 S. 251; L ö w e - R o s e n b e t g Anm. l a zu § 67 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 2 zu § 67 StPO; S c h w a r z Anm. 1 zu § 67 StPO. 263 RGSt. Bd. 63 S. 1; RG in JW 1930 S. 3417, 1931 S. 2370; RG in JR 1934 Nr. 454; BayrObLG in JW S. 2750; OLG Kiel in JW 1930 S. 3549; RG in HRR Nr. 1389. 264 RGSt. Bd. 2 S. 234, Bd. 4 S. 437; BGH 30. 7. 53 — 1 StR 83/53. 256 RGSt. Bd. 2 S. 234, Bd. 53 S. 78; RG in GA Bd. 38 S. 51; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu §67 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. l b b b zu §67 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 4 zu § 67 StPO; a. M. O e t k e r in JW 1930 S. 152. 266 RGSt. Bd. 18 S. 417; RG in Recht 1940 Nr. 2140; O e t k e r in JW 1930 S. 152; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 1 zu §67 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l b zu §67 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. l b b b zu §67 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 6 zu § 6 7 StPO; S c h w a r z Anm. 1 B a zu § 67 StPO.
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kommt § 67 StPO gleichfalls nicht zur Anwendung 257 . Es steht im Ermessen des Vernehmenden, ob er unter den Voraussetzungen des § 67 StPO den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früheren Eid versichern läßt; der Zeuge kann auch nochmals vereidigt werden 268 . Die Entscheidung trifft beim Disziplinargericht der Vorsitzende. Der Zeuge muß die Versicherung selbst abgeben 259 ; eine bloße Verweisung auf den früheren Eid reicht nicht aus. Es genügt allerdings, daß der Zeuge auf die Frage des Vernehmenden, ob er die Richtigkeit unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichert, mit „ja" antwortet 260 . Die rechte Hand wird bei Abgabe der Versicherung nicht erhoben. Über die Bedeutung der abzugebenden Versicherung nach § 67 StPO ist der Zeuge zu belehren281. Daß der Zeuge früher den Eid geleistet hat, ergibt sich aus der früheren Niederschrift, weil im Disziplinarverfahren die Tatsache der Beeidigung zu protokollieren ist. Hat der Zeuge eine Versicherung nach § 67 StPO abgegeben, obgleich diese unzulässig war, so ist die Unterlassung der Beeidigung unschädlich, wenn der Zeuge der Ansicht war, daß seine Aussage als eine eidliche gewürdigt werden würde2®2. Umgekehrt handelt es sich um eine uneidliche Aussage, wenn der Zeuge, der vereidigt war, sich in einer späteren Vernehmung zu Unrecht auf einen früher geleisteten Eid beruft 263 . 13. F o l g e n der A u s s a g e - u n d E i d e s v e r w e i g e r u n g Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so ist der Zeuge in die durch die Weigerung verursachten Kosten sowie zu einer Ordnungsstrafe in Geld und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen ( § 7 0 Abs. 1 StPO). Da die Maßnahmen nach § 51 StPO bei unentschuldigtem Ausbleiben von denen nach § 70 StPO unabhängig sind264, scheidet eine Anrechnung der nach § 51 StPO verhängten Strafe auf eine solche nach § 70 StPO aus265. a) V o r a u s s e t z u n g e n Die in § 70 StPO genannten Zwangsmaßnahmen können gegen den Zeugen nur angeordnet werden, wenn ihm im Hinblick auf die Gesamtheit der objektiven und subjektiven Begleitumstände das Erscheinen im Termin zugemutet werden kann 266 . Hierbei ist zu beachten, daß private Verpflichtungen 247 OLG Köln in MDR 1955 S. 183; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 2 zu § 67 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. l b b b zu §67 StPO; S c h w a r z Anm. 1 B a zu § 67 StPO. 268 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2 zu §67 StPO; vgl. auch S c h o w i n g e n in JZ 1955 S. 257. 269 RGSt. Bd. 19 S. 28; BGHSt. Bd. 4 S. 140; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 4 zu § 67 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 3 zu § 67 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 67 StPO; S c h w a r z Anm. 7 zu § 67 StPO. 2 , 0 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 67 StPO. 281 BGH 9. 7. 54 — 1 StR 81/54. 262 RGSt. Bd. 64 S. 379; BGH in MDR 1953 S. 722; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu § 67 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 6a zu § 67 StPO; S c h w a r z Anm. 1 A zu § 67 StPO; a. M. Eb. S c h m i d t Anm. 10 zu § 67 StPO und O e t k e r in JW 1930 S. 152. 263 RGSt. Bd. 64 S. 379; F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 2 zu § 67 StPO; L ö w e - R o s e n berg Anm. 6 b zu § 67 StPO. 261 OLG Stuttgart in NJW 1956 S. 840. 265 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 2a zu § 70 StPO; Eb. Schmidt Anm. 10 zu § 70 StPO. 268 DokBer. Nr. 1756.
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gegenüber der öffentlich-rechtlichen Zeugnispflicht in den Hintergrund treten müssen; nur bei besonders dringlichen, vornehmlich der Allgemeinheit dienenden Aufgaben können Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen werden, was z. B. dann der Fall wäre, wenn ein als Zeuge geladener Arzt an dem Erscheinen infolge einer dringenden Operation verhindert ist. Ein Fernbleiben infolge beruflicher Gründe bedarf einer eingehenden Darstellung der Dringlichkeit. Die Verpflichtung zum Erscheinen und zur Aussage wird nicht dadurch beseitigt, daß der Zeuge angibt, daß seine Aussage von keiner oder nur untergeordneter Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens sei. Die Voraussetzungen des § 70 StPO liegen nicht vor, wenn der Zeuge keine wahrheitgemäße Aussage gemacht hat; in diesem Falle kommt eine Bestrafung nach §§ 153ff.StGB in Frage 267 . Andererseits kommt § 70 StPO dann zur Anwendung, wenn der Zeuge sich weigert, nur einen Teil der an ihn gerichteten Fragen zu beantworten 268 . b) V e r u r t e i l u n g zu den K o s t e n des V e r f a h r e n s u n d zu e i n e r O r d nungsstrafe Der Zeuge ist in die durch die Weigerung entstandenen Kosten zu verurteilen. Insoweit fallen sie bei einer Verurteilung nicht dem Beamten zur Last. Ist eine Verurteilung des Zeugen in die durch die Weigerung entstandenen Kosten unterblieben, so fallen sie dem Beamten zur Last, falls er zu den Kosten des Verfahrens verurteilt wird; in einem solchen Falle können sie jedoch niedergeschlagen werden. Da es sich bei § 70 Abs. 1 StPO um eine Mußvorschrift handelt, kann der Beamte bei Unterbleiben einer Entscheidung, wonach dem Zeugen die Kosten aufzuerlegen sind, Schadensersatzansprüche gegen den Bund bzw. gegen das Land erheben, je nachdem, ob es sich bei der vernehmenden Stelle um eine Bundes- oder eine Landesbehörde handelt269. Der Zeuge ist nach § 70 Abs. 1 StPO weiterhin zu einer Ordnungsstrafe in Geld und im Nichtbeitreibungsfalle zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen. Die Ordnungsstrafe kann zwischen 1,— DM und 1000,— DM betragen (vgl. Art. II VO über Vermögensstrafen vom 6. 2. 24 [RGBl. I S. 44]). Bei der Bemessung der Höhe der Ordnungsstrafe sind die Bedeutung der Aussage, der Grund des Ungehorsams und die Vermögensverhältnisse des Zeugen zu berücksichtigen 270 . Die Strafe muß auch der Schuld des Zeugen angepaßt werden; hat der Zeuge z. B. nicht leichtfertig gehandelt und geglaubt, daß er aus Gewissensgründen zur Abgabe des Zeugnisses nicht verpflichtet wäre, so kann dies strafmildernd berücksichtigt werden271. Die Strafe kann zunächst einmal dem Zeugen angedroht werden. Vor der Verhängung ist ihm rechtliches Gehör zu gewähren. Die Strafe setzt Verschulden voraus, wobei die Grundsätze des Verbotsirrtums zu beachten sind 272 . Da es sich um eine Ordnungsstrafe handelt, kann sie auch gegen StrafunRGSt. Bd. 73 S. 33; BGHSt. Bd. 9 S. 363. RG in DJ 1933 S. 1252 289 K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 5 zu §70 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4f zu § 70 StPO. 2 , 0 BGH in NJW 1960 S. 550. 271 BDH-Wehrdienstsenat — 25. 9. 58 — WDB 9/58 — BDHE Bd. 4 S. 140. 272 LG Köln in NJW 1958 S. 1598. 267
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mündige verhängt werden 273 . Die Ordnungsstrafe darf in dem gleichen Disziplinarverfahren oder in einem anderen Disziplinarverfahren nur einmal verhängt werden, wobei es gleichbleibt, daß die Strafe nicht auf den Höchstbetrag lautete274. Ist die Strafe gegen den Zeugen im gegenstandsgleichen Strafverfahren verhängt worden, so scheidet eine abermalige Verhängung im Disziplinarverfahren aus. Die Ordnungsstrafe kann auch dann vollstreckt werden, wenn der Zeuge später seiner Zeugnis- bzw. Eidespflicht nachkommt oder wenn sich nachträglich herausstellt, daß es auf seine Aussage nicht angekommen wäre 276 . c) Z w a n g s h a f t oder B e u g e h a f t Zur Erzwingung des Zeugnisses kann auch die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in dem Rechtszug, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten, und, sofern das Dienstvergehen eine Übertretung darstellt, nicht über die Zeit von sechs Wochen hinaus (vgl. § 70 Abs. 2 StPO)276. Die Zwangshaft nach § 70 Abs. 2 StPO kann ohne vorherige oder gleichzeitige Festsetzung der Ordnungsstrafe nach § 70 Abs. 1 StPO nicht angeordnet werden; die Ersatzhaft nach § 70 Abs. 1 StPO kann nicht auf die Beugehaft angerechnet werden 277 . Die Zwangshaft nach § 70 Abs. 2 StPO muß jedoch unterbrochen werden, wenn die Haftstrafe nach § 70 Abs. 1 StPO infolge Uneinziehbarkeit der Ordnungsstrafe Platz greift 278 . Im Gegensatz zu § 70 Abs. 1 StPO handelt es sich bei § 70 Abs. 2 StPO um eine Kannbestimmung, die im allgemeinen nur dann zur Anwendung kommen soll, wenn die Vernehmung bzw. Beeidigung des Zeugen für den Ausgang des Disziplinarverfahrens von entscheidender Bedeutung ist 279 . Es bleibt dem Disziplinargericht unbenommen, trotz Verhängung der Beugehaft wegen Eidesverweigerung die unbeeidete Aussage als Beweisgrundlage zu verwerten 280 . Stellt das Dienstvergehen ein Verbrechen oder Vergehen dar, so kann die Zwangshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, stellt es hingegen eine Übertretung dar, bis zur Dauer von 6 Wochen verhängt werden. Stellt das Dienstvergehen keine strafbare Handlung dar, so scheidet die Beugehaft nach § 70 Abs. 2 StPO völlig aus, da diese nach dem Gesetzeswortlaut an die Begehung einer strafbaren Handlung anknüpft; mit Rücksicht auf die in § 70 Abs. 2 StPO vorgesehene Abstufung scheidet eine Anwendung dieser Vorschrift bei solchen Dienstvergehen aus, die weder ein Verbrechen noch ein Vergehen noch eine Übertretung darstellen. 273 F u h r m a n n - D a l c k e Anm. 4 zu § 70 StPO; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 4c zu §70 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4c zu §70 StPO; S c h w a r z Anm. 1 D b zu § 7 0 StPO. 274 OLG Breslau in GA Bd. 69 S. 201; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4e zu § 70 StPO. 276 K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 4 zu §70 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 4d zu § 70 StPO; Eb. Schmidt Anm. 15 zu § 70 StPO. 278 PrOVG Bd. 84 S. 455 stellt fest, daß § 70 StPO auch im Disziplinarrecht gilt. 277 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu §70 StPO. 2 7 8 K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. 7 zu §70 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5a zu § 70 StPO; a. M. Eb. Schmidt Anm. 17 zu § 70 StPO. 2 7 9 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5b zu § 70 StPO. 2 8 0 RGSt. Bd. 25 S. 134; OLG Koblenz in NJW 1952 S. 278; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5 b zu § 70 StPO.
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Die Zwangshaft nach § 70 Abs. 2 StPO ist aufzuheben, wenn der Zeuge seiner Aussage- bzw. Eidespflicht Genüge geleistet hat, oder wenn die Höchstdauer abgelaufen ist, oder wenn das Verfahren in dem betreffenden Rechtszuge sein Ende gefunden hat, oder wenn das Zeugnis im weiteren Laufe des Disziplinarverfahrens nicht mehr erforderlich ist, oder wenn bei Eidesverweigerung der Zeuge die Eidesfähigkeit verloren hat. Im allgemeinen kommt bei Verhängung der Beugehaft die Aussetzung des Disziplinarverfahrens in Betracht. Das Verfahren ist fortzusetzen, nachdem die Zeitdauer der Beugehaft abgelaufen ist, oder der Zeuge sich bereiterklärt hat, seinen Zeugenpflichten nachzukommen. Die Beugehaft nach § 70 Abs. 2 StPO kann sogar im gleichen Verfahrensabschnitt mehrmals verhängt werden; insgesamt darf aber die Haft die Dauer von sechs Monaten — bei Übertretungen von sechs Wochen — nicht übersteigen. War z. B. die Zwangshaft auf die Dauer von drei Monaten verhängt, so kann sie bis zur Dauer von weiteren drei Monaten verhängt werden, falls sich das Dienstvergehen als Verbrechen oder als Vergehen darstellt. Ist die Maßregel erschöpft, so kann sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt werden (vgl. § 70 Abs. 4 StPO). Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren selbständigen Pflichtverletzungen zusammen, so kommt eine Wiederholung über die Höchstdauer hinaus auch dann nicht in Frage, wenn der Zeuge über jede Tat die Aussage oder den Eid verweigert. Ist der Zeuge im gegenstandsgleichen Strafverfahren zur Beugehaft bis zur Höchstdauer bestraft worden, so scheidet die Verhängung derselben im Disziplinarverfahren aus, da der Sinn des § 70 Abs. 4 StPO dahingeht, auf den Zeugen schlechthin über die in § 70 Abs. 2 StPO genannte Zeit hinaus keinen Zwang auszuüben. d) Z u s t ä n d i g k e i t f ü r die E n t s c h e i d u n g nach § 70 Abs. 1 u n d 2 StPO Die Verhängung einer Ordnungsstrafe sowie die Verurteilung zu den durch die Weigerung entstandenen Kosten und die Anordnung der Beugehaft stehen dem Disziplinargericht, dem ersuchten oder beauftragten Richter und dem Untersuchungsführer zu. Der ersuchte Richter kann von der Befugnissen des § 70 Abs. 1 und 2 StPO entweder selbst Gebrauch machen oder die Entscheidung dem Disziplinargericht überlassen. Macht er von den Befugnissen selbst Gebrauch, so hat er das Disziplinargericht bzw. den Untersuchungsführer hiervon in Kenntnis zu setzen. Hat der ersuchte Richter eine Ordnungsstrafe festgesetzt oder die Dauer der Beugehaft bestimmt, so kann das Disziplinargericht diese Maßnahmen hinsichtlich der Höhe und der Dauer nicht ändern. Bei der Verhängung der durch die Weigerung entstandenen Kosten nach § 70 Abs. 1 StPO muß sichergestellt werden, daß diese Maßnahme durch die vernehmende Stelle getroffen wird, weil nur sie in der Lage ist, über die Höhe der erwachsenen Kosten zu entscheiden. e) A n f e c h t u n g der M a ß n a h m e n nach § 70 Abs. 1 u n d 2 StPO Die Entscheidungen nach § 70 Abs. 1 und 2 StPO können durch den Zeugen im Wege der fristlosen Beschwerde angefochten werden (vgl. § § 304, 306, 307 StPO). Richtet sich die Beschwerde gegen eine Maßnahme des Untersuchungsführers, so entscheidet darüber das Disziplinargericht der ersten Instanz. Gegen Entscheidungen des Disziplinargerichts der ersten Instanz ist die 281
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Beschwerde beim Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts bzw. dem Disziplinarhof oder Dienststrafhof des jeweiligen Landes zulässig. Hat das Disziplinargericht der zweiten Instanz die Entscheidung getroffen, so ist sie unanfechtbar. Bei Maßnahmen des ersuchten Richters ist die Beschwerde beim vorgeordneten Beschwerdegericht einzulegen; handelt es sich beim ersuchten Richter um einen Amtsrichter, so entscheidet über die Beschwerde die Strafkammer des Landgerichts (vgl. § 73 GVG). Über Beschwerden, die sich gegen Anordnungen des beauftragten Richters richten, entscheidet das beauftragte Gericht, indem der beauftragte Richter bei der Beschwerdeentscheidung nicht mitwirken darf. Die Beschwerde ist bei der Stelle, die die Anordnung nach § 70 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StPO getroffen hat, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich einzulegen (§ 306 Abs. 1 Satz 1 StPO). In dringenden Fällen kann sie auch beim Beschwerdegericht eingelegt werden (§ 306 Abs. 1 Satz 2 StPO). Erachtet das Gericht, bzw. der ersuchte oder beauftragte Richter bzw. der Untersuchungsführer, dessen Maßnahme angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so ist ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, der Stelle vorzulegen, die über die Beschwerde zu entscheiden hat (vgl. § 306 Abs. 2 StPO). Durch die Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Anordnung nicht gehemmt (vgl. § 307 Abs. 1 StPO). Jedoch kann die Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und das Beschwerdegericht anordnen, daß die Vollziehung der angefochten Anordnung auszusetzen ist (vgl. § 307 Abs. 2 StPO). Hat die vernehmende Stelle keine Maßnahme nach § 70 Abs. 1 bzw. 2 StPO getroffen, obgleich die Voraussetzungen hierfür gegeben waren, so rechtfertigt dies nicht die Rückgabe der Anschuldigungsschrift bzw. die Zurückverweisung in die Vorinstanz 281 . Ist eine Maßnahme nach § 70 Abs. 1 bzw. 2 StPO zu Unrecht getroffen worden, so kommt die Rückgabe der Anschuldigungsschrift bzw. die Zurückverweisung in die Vorinstanz in Frage, wenn der Zeuge unter Druck eine dem Beamten nachteilige Aussage gemacht hat 282 . 14. E n t s c h ä d i g u n g der Z e u g e n Jeder von dem Richter oder dem Untersuchungsführer geladene Zeuge hat nach Maßgabe der Gebührenordnung Anspruch auf Entschädigung aus der Staatskasse für Zeitversäumnis und, wenn sein Erscheinen eine Reise erforderlich macht, auf Erstattung der Kosten, die durch die Reise und den Aufenthalt am Ort der Vernehmung verursacht werden ( § 7 1 StPO). Maßgebend hierfür ist das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen vom 26. 7. 57 (BGBl. I S. 861), das nicht nur auf die von einem Disziplinargericht, sondern auch auf die in den Vorermittlungen und im Untersuchungsverfahren durchgeführten Zeugenvernehmungen anzuwenden ist 283 . Der Gebührenanspruch setzt voraus, daß der Zeuge ausgesagt und erforderlichenfalls den Zeugeneid geleistet hat, es sei denn, daß er von einem ihm zustehenden Recht auf Verweigerung der Aussage oder des Eides Gebrauch ge2 8 1 Vgl. für die Revision im Strafverfahren RGSt. Bd. 57 S. 29, Bd 59 S. 250, Bd. 73 S. 33; BGH 5. 6. 56 — 5 StR 116/56. 282 Vgl. für das Strafverfahren RGSt. Bd. 73 S. 34. 283 B e h n k e , Anm. 4 letzter Absatz zu § 97a BDO.
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macht hat284. Handelt es sich beim Zeugen um einen Beamten, so stehen ihm nur die im Gesetz über die Reisekostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten — Bundesreisekostengesetz — vom 20. 3. 65 (BGBl. I S. 133) in der derzeit geltenden Fassung genannten Sätze zu. Zuständig für die Entscheidung über die von einem Zeugen gestellten Entschädigungsanträge ist im Untersuchungsverfahren der Untersuchungsführer. Er bleibt zuständig bis zum rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens, sofern es sich um Entschädigungen handelt, die im Laufe der Untersuchung entstanden sind286. Gegen seine Entscheidung ist die Beschwerde an das Disziplinargericht der ersten Instanz zulässig. Dieses entscheidet endgültig 288 . Handelt es sich um eine Entscheidung eines Disziplinargerichts des Bundes, so ist dessen Entscheidung unanfechtbar, weil nach § 15 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen vom 26. 7. 57 die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht als oberes Bundesgericht unzulässig ist287. Setzt eine Disziplinarkammer bzw. eine Dienststrafkammer eines Landes die Entschädigung fest, oder lehnt sie es ab, eine Entschädigung festzusetzen, so ist die Beschwerde an den Disziplinarhof bzw. Disziplinarsenat bzw. Dienststrafhof des jeweiligen Landes zulässig. Sind die Zeugengebühren nach der Gerichtshängigkeit entstanden, so wird die zu gewährende Entschädigung durch gerichtlichen Beschluß festgesetzt, wenn der Zeuge oder die Bundes- bzw. Staatskasse die richterliche Festsetzung beantragt, oder das Gericht sie für angemessen hält (§ 15 Abs. 1 Satz 1 a. a. O.). Zuständig ist das Gericht oder der Richter, von dem der Zeuge oder Sachverständige herangezogen worden ist (§ 15 Abs. 1 Satz 2 a. a. O.). Das Gericht kann seine Festsetzung ändern (§ 15 Abs. 1 Satz 4 a. a. O.). Gegen die richterliche Festsetzung ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,— DM übersteigt ( § 1 5 Abs. 2 Satz 1 a. a. O.). Bezüglich der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, vgl. den o. a. § 15 Abs. 2 Satz 3 a. a. O. Die von dem Untersuchungsführer bzw. Disziplinargericht festgesetzte Entschädigung ist den Zeugen sogleich nach der Vernehmung zu zahlen. Im Untersuchungsverfahren ist die Zahlung aus der Kasse der Einleitungsbehörde, die den Untersuchungsführer bestellt hat, oder aus einer von ihr bestimmten Kasse zu leisten. Bei Entschädigungen infolge Vernehmungen vor den Disziplinargerichten kommt die jeweilige Gerichtskasse in Frage. B. Sachverständige288 1. A l l g e m e i n e s Sachverständige sind Personen, die aus den Tatsachen auf Grund ihrer Sachkenntnisse Schlüsse ziehen. Sie werden zum Zwecke des Beweises vermöge ihrer allgemeinen Sachkenntnis auf einem bestimmten Wissensgebiet S c h w a r z Anm. 1 B zu § 71 StPO. BDH 8. 2. 56 — II DB 3/56 — in JZ 1956 S. 366 = DokBer. Nr. 587. 286 BDH 22.10. 56 — II DB 32/56 — BDHE Bd. 3 S. 89 = L i n d g e n Teil IV Nr. 210. 287 BDH 22. 10. 56 — II DB 32/56 — BDHE Bd. 3 S. 89 = L i n d g e n Teil IV Nr. 210 = DokBer. Nr. 739; BDH 23. 9. 58 — I DB 26/58 — L i n d g e n Teil IV Nr. 290; DokBer. Nr. 1003. 288 vgl. das bei L ö w e - R o s e n b e r g unter Vorbem. 1 zu §§ 72ff. StPO angeführte Schrifttum. 284
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und nicht wegen ihrer speziellen Wahrnehmungen zum Zweck des Beweises herangezogen289. Im Gegensatz zum Zeugen ist der Sachverständige ersetzbar. Allerdings können Personen auftreten, die zugleich Sachverständige und Zeugen sind; diese treten dann als sog. sachverständige Zeugen auf. Soweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, gelten die Vorschriften des Zeugenbeweises (§85 StPO). Der Untersuchungsrichter bzw. das Disziplinargericht entscheidet von sich aus, ob ein Sachverständiger zuzuziehen ist. Im allgemeinen wird der Richter in der Lage sein, von sich aus einen Vorgang beurteilen zu können. Nur dort wo er auf Grund seiner allgemeinen Bildung nicht in der Lage ist, einen Tatsachenkomplex beurteilen zu können, wird er sich der Hilfe des Sachverständigen bedienen. Damit wird aber der Sachverständige nur zum Richtergehilfen, jedoch noch nicht zum Richter. So kann z. B. der psychiatrische Sachverständige einen Beamten vom medizinischen Standpunkt aus für zurechnungs- oder unzurechnungsfähig erklären. Das Straf- bzw. das Disziplinargericht beurteilt jedoch die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht vom medizinischen Standpunkt aus. Ob der Beamte die Fähigkeit zur Einsicht 1. S. des § 51 StGB hat, muß es selbst entscheiden. D a h e r kann das Gericht sich einem S a c h v e r s t ä n d i g e n g u t a c h t e n nicht d u r c h w e g ohne eigene P r ü f u n g anschließen. Das Gutachten entbindet das Gericht nicht von der Pflicht, die Entscheidung über die behandelte Frage selbst zu erarbeiten und sich unter Würdigung aller Umstände ein eigenes Urteil zu bilden 290 . 2. D i e f ü r S a c h v e r s t ä n d i g e a n w e n d b a r e n V o r s c h r i f t e n Auf Sachverständige ist der sechste Abschnitt der StPO über Zeugen (§§ 48 bis 71 StPO) entsprechend anzuwenden, soweit nicht in den §§ 73ff. StPO abweichende Vorschriften getroffen werden ( § 7 2 StPO). Hierbei ist zu beachten, daß §§51 Abs. 1 und 71 bzw. § 84 StPO durch § 77 StPO ersetzt sind und § § 57, 58, 60 und 62 StPO für Sachverständige nicht anwendbar sind. 3. A u s w a h l der S a c h v e r s t ä n d i g e n Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch den Richter bzw. den Untersuchungsführer (vgl. § 73 Abs. 1 StPO). Der Richter bzw. der Untersuchungsführer bestimmt zunächst einmal, auf welchem Fachgebiet ein Sachverständiger zuzuziehen ist. Überdies trifft er die Auswahl der Person des Sachverständigen. Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen allerdings nur dann herangezogen werden, wenn besondere Umstände es erfordern (vgl. § 73 Abs. 2 StPO). Öffentlich bestellt sind insbesondere die Gerichtsärzte. Der Begriff des „öffentlich bestellten Sachverständigen" i. S. des § 73 Abs. 2 StPO ist von dem des „allgemein vereidigten" i. S. des § 79 Abs. 3 StPO zu trennen. Ob die ausgewählte Person genügend Fachkunde besitzt, beurteilt die vernehmende Stelle. 2 8 9 L ö w e - R o s e n b e r g Vorbem. 3 zu §§72ff. StPO; vgl. auch O L G Hamm in NJW1954 S. 1820. 2 9 0 BDH 25. 4. 56 — I D 63/55 — B D H E Bd. 3 S. 179 = L i n d g e n Teil IV Nr. 143.
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4. A b l e h n u n g Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zu Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden (§ 74 Abs. 1 Satz 1 StPO). Im einzelnen siehe § 67 V S. 76 ff. Einen Ablehnungsgrund stellt es nicht dar, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist (§ 74 Abs. 1 Satz2 StPO). Aus der Aussage jedoch kann auf die Befangenheit beschlossen werden. War der Sachverständige bereits im Untersuchungsverfahren nach § 56 ff. BDO — §§44ff. BDO a. F. —• oder im erstinstanzlichen Verfahren als Sachverständiger aufgetreten, so begründet auch dies nicht seine Befangenheit. War jedoch jemand als Untersuchungsführer oder als Richter in der gleichen Angelegenheit tätig, so gilt er im weiteren Verlauf des Verfahrens nach § 23 StPO als befangen, wenn er nunmehr als Sachverständiger auftreten soll. Wenn auch § 74 StPO keine Ausschließungsgründe für den Sachverständigen erwähnt, so gelten jedoch die in § 22 Ziff. 1 bis 4 StPO erwähnten Auschließungsgründe als zwingende Ablehnungsgründe. Schon bei der Auswahl des Sachverständigen muß der Untersuchungsführer bzw. das Gericht darauf Bedacht nehmen, daß der Sachverständige unbefangen wirkt. Das Ablehnungsrecht steht dem Bundesdisziplinaranwalt und dem Beamten zu (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Verteidiger kann den Sachverständigen nicht aus eigenem Recht, sondern nur im Namen des Beamten ablehnen. Die ernannten Sachverständigen sind den zur Ablehnung Berechtigten nahmaft zu machen, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen (§ 74 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen (§74 Abs. 3 StPO). Das uneidliche Zeugnis des Abgelehnten reicht zur Glaubhaftmachung aus. Das Ablehnungsgesuch kann bis zum Eingang des Abschlußberichts des Untersuchungsführers bei der Einleitungsbehörde bzw. bis zum Schluß der Hauptverhandlung, d. h. bis zum Beginn der Urteilsverkündung, gestellt werden. Über das Ablehnungsgesuch entscheidet der Untersuchungsführer bzw. das Disziplinargericht, je nachdem der Sachverständige mit seinem Gutachten in der Untersuchung oder in der Hauptverhandlung gehört werden soll. Für die Beschwerde gilt das unter § 67 V 5 S. 85 Gesagte entsprechend. 5. G u t a c h t e r p f l i c h t Der zum Sachverständigen Ernannte hat der Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung des Gutachtens der erforderlichen Art öffentlich bestellt ist, oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt, oder wenn er zur Ausübung öffentlich bestellt oder ermächtigt ist ( § 7 5 Abs. 1 StPO). Zur Erstattung des Gutachtens ist auch verpflichtet, welcher sich hierzu vor Gericht bereit erklärt hat ( § 7 5 Abs. 2 StPO). Der Inhalt der Sachverständigenpflicht wird durch den jeweiligen Auftrag begrenzt. Sie besteht auch dann, wenn der Sachverständige durch den Beamten geladen ist. 6. W e i g e r u n g s r e c h t Dieselben Gründe, die einen Zeugen berechtigen, das Zeugnis zu verweigern, berechtigen einen Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens (§ 76 Abs. 1 Satz 1 StPO). Das unter III A 7 S. 251 ff. Gesagte gilt ent285
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sprechend. Auch aus anderen Gründen kann ein Sachverständiger von der Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens entbunden werden ( § 7 6 Abs. 1 Satz 2 StPO). Hierfür ist das freie Ermessen des -Untersuchungsführers bzw. des Gerichts maßgebend. Für die Vernehmung von Richtern, Beamten und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als Sachverständige gelten die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften (§75 Abs. 2 Satz 1 StPO); die Aussageverweigerung kann sich hier aus der Amtsverschwiegenheitspflicht oder aus der übermäßigen Beanspruchung der Arbeitskraft des Beamten ergeben. Für die Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung gelten die für sie maßgebenden besonderen Vorschriften ( § 7 6 Abs. 2 Satz 2 StPO). 7. U n g e h o r s a m s f o l g e n Im Falle des Nichterscheinens oder der Weigerung eines zur Erstattung des Gutachtens verpflichteten Sachverständigen wird dieser zum Ersatz der Kosten und zu einer Ordnungsstrafe in Geld verurteilt ( § 7 7 Satz 1 StPO). Im Falle wiederholten Ungehorsams kann neben der Verurteilung in die Kosten noch einmal auf eine Ordnungsstrafe erkannt werden (§77 Satz 2 StPO). Im einzelnen vgl. III A 13 S. 278 ff. 8. V e r h ä l t n i s z w i s c h e n U n t e r s u c h u n g s f ü h r e r bzw. G e r i c h t u n d Sachverständigem Der Untersuchungsführer bzw. der Richter hat, soweit ihm dies erforderlich erscheint, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten. Hierzu gehört, daß er den Sachverständigen zunächst einmal über seine verfahrensrechtliche Stellung aufklärt. Weiterhin hat er mit ihm die sachliche Rechtslage zu erörtern. Dem Sachverständigen kann auf sein Verlangen zur Vorbereitung des Gutachtens durch Vernehmung von Zeugen oder des Beamten weitere Aufklärung verschafft werden (§80 Abs. 1 StPO). Zu demselben Zwecke kann ihm gestattet werden, die Akten einzusehen, der Vernehmung von Zeugen und des Beamten beizuwohnen und an sie unmittelbar Fragen zu stellen (§ 80 Abs. 2 StPO). Der Untersuchungsführer bzw. das Gericht müssen den Sachverständigen ebenso wie den Zeugen auch im Disziplinarverfahren grundsätzlich mündlich vernehmen; die Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a. F. —, § 20 Abs. 2 LDO BW, Art. 18 Abs. 2 DStO Bayr., § 20 Abs. 2 LDO Bln., §17 Abs. 2 DStO Brm., §17 Abs. 2 DO Hmb., § 18 Abs. 2 HDO, §21 Abs.2 NDO, §20 Abs.2 DONW. §20 Abs.2 LDORh.-Pf., §17 Abs.2 DStO Saar, und § 22 Abs. 2 DStP Schl.-Hol. bezieht sich nur auf die Auskünfte aktiver Beamter291. Eine bloße schriftliche Anhörung würde nach § 21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a. F. — und den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen dann genügen, wenn das Gutachten als dienstliche Auskunft einer Behörde oder eines Beamten angesehen werden kann. 9. E i d e s p f l i c h t Für die Vereidigung des Sachverständigen gilt § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. —, §20 Abs.4 LDO BW, Art. 18 Abs.4 DStO Bayr., § 20 291
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DokBer. Nr. 1703.
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Abs. 4 LDO Bln., § 17 Abs. 4 DStO Brm., § 17 Abs. 4 DO Hmb., § 18 Abs. 4 HDO, § 21 Abs. 4 NDO, § 20 DO NW, § 20 Abs. 4 LDO Rh.-Pf., § 17 Abs. 4 DStO Saar und § 22 Abs. 4 DStO Schl.-Hol. Im einzelnen siehe III A 10 S. 268ÍF. Sind die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — gegeben, so liegt auch hier die Vereidigung im Ermessen des Untersuchungsführers bzw. des Gerichts (§79 Abs. 1 Satz 1 StPO). Auf Antrag des Bundesdisziplinaranwalts, des Beamten oder des Verteidigers ist der Sachverständige zu vereidigen, sofern allerdings die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — bzw. der landesrechtlichen Bestimmungen vorliegen (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 2 StPO). Der Eid ist nach Erstattung des Gutachtens zu leisten; er geht dahin, daß der Sachverständige das Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet habe (§79 Abs. 2 StPO). Ist der Sachverständige für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art im allgemeinen vereidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid (§79 Abs. 3 StPO). Der Eid bezieht sich nicht auf die Angaben zur Person292. Soweit der Sachverständige anläßlich der Erstattung seines Gutachtens Beobachtungen gemacht hat, was z. B. in Frage kommt, wenn anläßlich der Ausübung seiner Tätigkeit der Beamte ein Geständnis abgelegt hat, hat er den Zeugeneid zu leisten, weil er dann insoweit als Zeuge aussagt. 10. Nochmalige B e g u t a c h t u n g Der Untersuchungsführer bzw. der Richter kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn er das Gutachten für ungenügend erachtet (§83 Abs. 1 StPO). Das richterliche Ermessen ist dafür maßgebend, ob das Gutachten ungenügend ist. Verfügt der Untersuchungsführer bzw. das Gericht selbst über genügend Sachkundige, um evtl. Lücke des Gutachtens zu schließen, so erübrigt sich die Erstattung eines neuen Gutachtens. Der Untersuchungsführer bzw. der Richter kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt wird (§83 Abs. 2 StPO). In wichtigeren Fällen kann das Gutachten einer Fachbehörde eingeholt werden (§83 Abs. 3 StPO); hierfür kommen z. B. Oberpost- oder Bundesbahndirektionen in Frage293. 11. E n t s c h ä d i g u n g der Sachverständigen Der Sachverständige wird nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen vom 26. 7. 57 (BGBl. I S. 902) entschädigt. Im einzelnen siehe III A 14 S. 282f. C. Sachverständige Zeugen Soweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis (§85 StPO). Auf die Sachkunde der betreffenden Personen kommt es für die Unterscheidung, ob es sich um Zeugen oder Sachverständige handelt, nicht an, da das Underscheidungsmerkmal allein in der Wahrnehmung von der Ver202 298
RGSt. Bd. 20 S. 235. Vgl. OLG Hamm in GA Bd. 71 S. 116.
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gangenheit angehörenden Zuständen liegt. Dies schließt aber nicht aus, daß der Zeuge auch als Sachverständiger auftreten kann. Das könnte z. B. der Fall sein, wenn ein Arzt als Zeuge über einen Verkehrsunfall vernommen wird, den er als Straßenpassant beobachtet hat, und wenn er im Laufe des Verfahrens ein Gutachten über den Geisteszustand des Beamten erstatten soll. Andererseits kann ein Sachverständiger, der als solcher mit Erfolg abgelehnt worden ist, trotzdem sein Gutachten als sog. sachverständiger Zeuge erstatten. Er kann dann nur über solche Tatsachen als Zeuge vernommen werden, die mit der Erstattung des Gutachtens in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Dies wäre z. B. der Fall, wenn der Beamte ihm bei der medizinischen Untersuchung ein Geständnis gemacht hätte ; dann dürfte der Arzt nur zu der Tatsache des Geständnisses gehört werden, selbst wenn er als Sachverständiger abgelehnt worden wäre. D. Augenschein 294 Der Augenschein ist die Wahrnehmung, die nicht auf der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen oder der Einsichtnahme von Urkunden beruht. Trotz des Wortlauts „Augen"schein kommt es nicht auf die Wahrnehmung etwas Sichtlichem an. Der Augenschein kann in der Wahrnehmung durch Sehen, Hören, Fühlen, Riechen oder Schmecken beruhen. So kann der Augenschein durch das Abhören von Schallplatten, Tonbändern oder das Ansehen von Lichtbildern oder Filmen eingenommen werden. Unberührt von der Begriffsbestimmung des „Augenscheins" ist die Frage, inwieweit solche Gegenstände, die der Wahrnehmung dienen, wie z. B. Tonbänder, als Beweismittel geeignet sind (vgl. § 250 StPO). Als Augenscheinsobjekte kommen u. a. in Frage : Lichtbilder, Zeichnungen, Ortsskizzen, Grundstücke, Tatort, Vorgänge, z. B. Rekonstruktionen des Tatverlaufs, Trinkversuche und u. U. Personen. Der Augenschein wird durch den Untersuchungsführer, den ersuchten oder beauftragten Richter oder durch das Disziplinargericht eingenommen. Findet die Einnahme eines Augenscheins durch den Untersuchungsführer oder den Richter statt, so ist in der Niederschrift der vorgefundene Sachbestand festzustellen und darüber Auskunft zu geben, welche Spuren oder Merkmale, deren Vorhandensein nach der besonderen Beschaffenheit des Falles vermutet werden konnte, gefehlt haben (vgl. § 86 StPO). Ein Schriftführer ist hinzuzuziehen (§187 Satz 1 StPO), der eine Niederschrift aufzunehmen hat, die vom Schriftführer, und vom Untersuchungsführer bzw. beauftragten oder ersuchten Richter, bzw. vom Vorsitzenden des Disziplinargerichts zu unterschreiben ist. Über die Einzelheiten der Niederschrift siehe § 69 VI S. 122 und § 106 XIV S. 761 ff. Hat der Untersuchungsführer bzw. der Richter eine Skizze über den Tatort usw. gefertigt und darüber einen Vermerk in den Disziplinarakten gefertigt, so hat der Schriftführer denselben gleichfalls zu unterschreiben295. Ohne eine Niederschrift ist der Nachweis einer Augenscheinseinnahme nicht zu führen 296 . Hat der Untersuchungsführer bzw. der Richter den Tatort ohne 294 Literaturnachweis über den Augenschein siehe L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 zu § 86 StPO. 296 prOVG Bd. 88 S. 400. 296 OLG Hamm in NJW 1953 S. 839.
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Hinzuziehung eines Schriftführers besichtigt, so gilt dies nicht als Augenscheinseinnahme297. E. Urkundenbeweis Der Urkundenbeweis ist die Erfassung des Gedankeninhalts eines Schriftstückes. Urkunden im Sinne des § 249 StPO sind Schriftstücke, die durch ihren Gedankeninhalt dem Beweis dienen, und zwar Urschriften und Abschriften. Als Urkunden kommen in Disziplinarverfahren vor allem Strafurteile und die in den Strafakten enthaltenen Aussagen, Protokolle über die gerichtliche Augenscheineinnahme und Personalakten des Beamten in Betracht. Falls es nicht auf den Inhalt, sondern das Vorhandensein oder die Beschaffenheit der Urkunde ankommt, ist sie Gegenstand des Augenscheins. Da im Disziplinarverfahren der Grundsatz der Unmittelbarkeit für die Hauptverwaltung nicht gilt, ist der Urkundenbeweis ein Hauptbeweismittel, dessen sich das Disziplinargericht bei der Urteilsfindung gern bedient. Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke werden in der Hauptverhandlung verlesen (§ 249 Satz 1 StPO). Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Urkunden verlesen werden sollen, obliegt dem Vorsitzenden des Disziplinargerichts. Statt die Urkunde zu verlesen, kann sie dem Beamten oder dem Zeugen lediglich vorgehalten werden. Solche Vorhalte sind auch bei nicht verlesbaren Urkunden möglich. Dann ist die Grundlage der Urteilsfeststellung die Erklärung des Beamten auf Vorhalt, der sich auf den Inhalt der Urkunde erstreckt. Die Vorlesung erfolgt im allgemeinen durch den Berichterstatter (§74 Abs. 1 BDO — § 61 Abs. 1 BDO a. F. —). Zur Ermittlung der Echtheit oder Unechtheit eines Schriftstücks sowie zur Ermittlung seines Urhebers kann eine Schriftvergleichung unter Zuziehung von Sachverständigen vorgenommen werden ( § 9 3 StPO). IV. HERBEISCHAFFEN VON BEWEISMITTELN A. Allgemeines Im Laufe der Untersuchung schafft der Untersuchungsführer und zur Hauptverhandlung der Vorsitzende des Disziplinargerichts die Beweismittel heran, die er für notwendig hält (vgl. § 221 StPO)298. Die Beweismittel können zur Belastung, aber auch zur Entlastung des Beamten dienen. Um den Sachverhalt vor der Hauptverhandlung zu klären, kann der Vorsitzende schriftliche oder mündliche Anfragen erlassen299. Er kann auch weitere Untersuchungen anstellen, zu denen er den Bundesdisziplinaranwalt oder einen Sachverständigen zuziehen kann 300 . Ist zur Vorbereitung der Hauptverhandlung noch ein richterlicher Augenschein einzunehmen, so sind die Vorschriften des § 224 StPO anzuwenden (§ 225 StPO). Das Disziplinargericht hat, wenn es außer den in der Anschuldigungsschrift benannten oder auf Antrag des Beamten geladenen Zeugen oder Sachverständigen noch andere Personen lädt, dem Beamten diese Personen rechtzeitig namhaft zu machen und ihren Wohn297 298 299 300
OLG Hamburg in NJW 1952 S. 1271. OLG Köln in MDR 1953 S. 736. RGSt. Bd. 65 S. 322; vgl. auch RGSt. Bd. 60 S. 336. Vgl. RG in HRR 1937 Nr. 3489.
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sitz und Aufenthaltsort anzugeben (vgl. § 222 Abs. 1 StPO). U. U. muß die Verhandlung ausgesetzt werden, wenn der Beamte sich nicht genügend verteidigen kann 301 . Das Disziplinargericht ist nicht gebunden, die vom Vorsit2enden herbeigeschafften Beweismittel zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Es kann von der Verwertung der herangezogenen Beweismittel absehen und die Herbeischaffung anderer Beweismittel beschließen. B. Beschlagnahme von Beweismitteln Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen (vgl. § 94 Abs. 1 StPO). Unter „Untersuchung" i. S. des § 94 Abs. 1 StPO ist im Disziplinarrecht die Untersuchung nach §§ 56ff.BDO •— §§ 44 ff. BDO a. F. — und den gleichlautenden Ländergesetzen und die Beweiserhebung in der Hauptverhandlung nach § 74 BDO — § 61 BDO a. F. — und den gleichlautenden Ländergesetzen zu verstehen. Von Bedeutung ist der Gegenstand dann, wenn er für die Schuldfrage als Ent- oder als Belastungsmittel in Frage kommen kann. Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme ( § 9 4 Abs. 2 StPO). Nach § 95 Abs. 1 StPO ist derjenige, der einen in § 94 StPO bezeichneten Gegenstand hat, verpflichtet, ihn herauszugeben und auszuliefern. Er kann im Falle der Weigerung durch die im § 70 StPO bestimmten Zwangsmittel hierzu angehalten werden ( § 9 5 Abs. 2 Satz 1 StPO). Gegen Personen, die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, werden diese Zwangsmittel nicht angewandt ( § 9 5 Abs. 2 Satz 2 StPO). Ebenso darf die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde ( § 9 6 StPO); eine gerichtliche Nachprüfung der Sperrerklärung ist nicht möglich. Der Beschlagnahme unterliegen nach § 97 Abs. 1 StPO nicht 1. schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beamten und den Personen, die nach § 52 oder § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StPO das Zeugnis verweigern dürfen; 2. Aufzeichnungen, welche die in § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StPO Genannten über die ihnen vom Beamten anvertrauten Mitteilungen oder über andere Umstände gemacht haben, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt; 3. andere Gegenstände einschließlich der ärztlichen Untersuchungsbefunde, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StPO Genannten erstreckt. Die Beschränkungen des § 97 Abs. 1 StPO gelten nur, wenn die Gegenstände im Gewahrsam der zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten sind; Gegenstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Hebammen erstreckt, unterliegen der Beschlagnahme 301
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OLG München in HRR 1940 Nr. 484.
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auch dann nicht, wenn sie im Gewahrsam einer Krankenanstalt sind ( § 9 7 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die Beschränkungen der Beschlagnahme gelten nicht, wenn die zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten einer Teilnahme, Begünstigung oder Hehlerei verdächtigt sind oder wenn es sich um Gegenstände handelt, die durch ein Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht oder zur Begehung eines Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind oder die aus einer solchen Straftat herrühren ( § 9 7 Abs. 2 Satz 2 StPO). Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitglieder des Bundestages, eines Landtages oder einer zweiten Kammer reicht ( § 5 3 Abs. 1 Nr. 4 StPO), ist die Beschlagnahme von Schriftstücken unzulässig (§ 97 Abs. 3 StPO). § 97 Abs. 1 bis 3 StPO ist entsprechend anzuwenden, soweit die in § 53 a StPO Genannten das Zeugnis verweigern dürfen (§ 97 Abs. 4 StPO). Zu dem Zweck, die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes einer Veröffentlichung oder Sendung strafbaren Inhalts zu ermitteln, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken unzulässig, die sich im Gewahrsam der nach § 53 Abs. 1 Nr. 5 und 6 StPO zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten befinden ( § 9 7 Abs. 5 StPO). Zulässig ist durch ein Disziplinarorgan auch die Beschlagnahme der an den Beamten gerichteten Briefe und Sendungen auf der Post sowie der an ihn gerichteten Telegramme auf den Telegraphenanstalten 302 ; ebenso ist an den bezeichneten Orten die Beschlagnahme solcher Briefe, Sendungen und Telegramme zulässig, bei denen Tatsachen vorliegen, aus welchen zu schließen ist, daß sie von dem Beamten herrühren oder für ihn bestimmt sind, und daß ihr Inhalt für die Untersuchung von Bedeutung ist (§99 StPO). Über das Post- und Telegraphengeheimnis vgl. § 52 II S. Bd. 1 577 ff. Im Disziplinarrecht dürfen Beschlagnahmen nur durch den Untersuchungsführer oder das Disziplinargericht angeordnet werden. Die Berechtigung der Beschlagnahme für den Untersuchungsführer ergibt sich aus § 46 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 50 Satz 2 LDO BW, Art. 47 Satz 2 DStO Bayr., § 46 Satz 2 LDO Bln., § 46 Satz 2 DStO Brm., § 46 Satz 2 DO Hmb., § 51 Satz 2 HDO, § 56 Satz 2 NDO, § 52 Satz 2 DO NW, § 54 Satz 2 LDO Rh.-Pf., § 46 Satz 2 DStO Saar und § 50 Satz 2 DStO Schl.-Hol. Nach § 58 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle dürfen Beschlagnahmen nur auf richterliche Anordnungen, bei Gefahr im Verzug auch auf Anordnung des Untersuchungsführers durch die dazu berufenen Behörden durchgeführt werden. Andere Stellen, insbesondere Bundesdisziplinaranwalt, Vertreter der Einleitungsbehörde und Polizeibehörden können eine Beschlagnahme im Disziplinarverfahren im Gegensatz zum ordentlichen Strafverfahren auch dann nicht anordnen, wenn Gefahr im Verzuge ist (vgl. § 46 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 50 Satz 3 LDO BW, Art. 47 Satz 3 DStO Bayr., § 46 Satz 3 LDO Bln., § 46 Satz 3 DStO Brm., § 46 Satz 3 DO Hmb., § 51 Satz 3 HDO, § 56 Satz 3 NDO, § 52 Satz 3 DO NW, § 54 LDO Rh.-Pf., § 46 Satz 3 DStO Saar und § 50 Satz 3 DStO Schl.-Hol.) 303 . Infolge der bereits durch § 58 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle vorgenommenen Einschränkungen erübrigt sich eine 302 Behnke Anm. 14 zu § 46 BDO; W i t t l a n d Anm. 14 zu § 46 RDStO; a. M. Brand Anm. 6 zu § 46 RDStO und RDH bei Schulze S. 260, weil das Recht zur Beschlagnahme nach § 99 StPO den ordentlichen Strafgerichten vorbehalten bleiben soll. 303 K G in JW 1937 S. 1836.
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dem § 46 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 vergleichbare Bestimmung in der Novelle zur BDO. Die Beschlagnahme kann im Disziplinarrecht nicht nur gegenüber Beamten, sondern auch sonstigen Personen angeordnet werden. Soll die Beschlagnahme vor der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens erfolgen, so kann dies nur durch das ersuchte Amtsgericht geschehen. Die Anordnung der Beschlagnahme bedarf einer schriftlichen Verfügung seitens des Untersuchungsführers und eines Gerichtsbeschlusses beim Disziplinargericht. In der Verfügung bzw. dem Beschluß kann u. U. die Ausführungsart beschrieben werden. Die Anordnung ist zu begründen (vgl. § 34 StPO), wobei die bloße Feststellung genügt, daß der beschlagnahmte Gegenstand als Beweismittel benötigt wird. Die Anordnung ist dem Beamten und dem Bundesdisziplinaranwalt bekanntzugeben; letzterer ist nach § 33 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StPO vor Erlaß der Anordnung zu hören. Eine vorherige Anhörung des Beamten scheidet nach § 33 Abs. 4 Satz 1 StPO aus, wenn hierdurch der Zweck der Anordnung gefährdet werden würde. Über die Anordnung nach §99 StPO (Beschlagnahme von Post- und Telegraphensendungen) sind die Beteiligten zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks geschehen kann ( § 1 0 1 Abs. 1 StPO). Der Teil eines zurückbehaltenen Briefes dessen Vorenthaltung nicht durch die Rücksicht auf die Untersuchung geboten erscheint, ist dem Empfangsberechtigten mitzuteilen (§ 101 Abs. 2 StPO). Gegen die Anordnung der Beschlagnahme steht dem Beamten das Rechtsmittel der Beschwerde zu (§ 304 StPO). Richtet sich die Beschwerde gegen eine Anordnung des Untersuchungsführers, so entscheidet das erstinstanzliche Disziplinargericht; gegen eine Anordnung der Kammer entscheidet das Bundesverwaltungsgericht und in den Ländern der Disziplinarhof bzw. der Disziplinarsenat bzw. der Dienststrafhof. Die Durchführung der Beschlagnahme erfolgt nach § 58 Satz 2 BDO— § 46 Satz 2 BDO a. F. — und die oben genannten gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen durch die dazu berufenen Behörden. Im allgemeinen wird die Beschlagnahme durch einen Polizeibeamten ausgeführt, der andere Personen zur Hilfeleistung hinzuziehen kann. Die Beschlagnahme besteht in der Wegnahme des Gegenstandes oder in der Eröffnung einer Verfügungsbeschränkung. Wird eine Beschlagnahme in einem Dienstgebäude oder in einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Stelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht (§ 98 Abs. 4 Satz 1 StPO). Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt (§98 Abs. 4 Satz 2 StPO). Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Beschlagnahme in Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden ( § 9 8 Abs. 4 Satz 3 StPO). C. Durchsuchung zum Zwecke der Auffindung von Beweismitteln Bei demjenigen, der als Täter oder Teilnehmer eines Dienstvergehens oder als Begünstigter oder Hehler verdächtigt ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen würde (vgl. § 102 StPO, wonach im Strafverfahren die Durchsuchung auch dann stattfindet, wenn dies 292
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zur Ergreifung des Täters führen kann). Bei anderen Personen sind Durchsuchungen im Disziplinarverfahren nur dann zulässig, wenn dies der Verfolgung von Spuren eines Dienstvergehens oder der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände dient und Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet (§103 Abs. 1 StPO). Eine Durchsuchung bei Nachtzeit kommt im Disziplinarrecht nur dann in Frage, wenn Gefahr im Verzuge besteht (vgl. § 104 StPO). Auch die Durchsuchungen dürfen ebenso wie die Beschlagnahmen nur durch den Untersuchungsführer durch Verfügung und durch das Disziplinargericht durch Beschluß angeordnet werden (vgl. § 58 Satz 2 BDO — § 46 Satz 2 a. F. — und die gleichlautenden oben angeführten Länderdisziplinargesetze). Auch hier kommt eine Anordnung durch den Bundesdisziplinaranwalt und den Vertreter der Einleitungsbehörde und die Polizeibehörden nicht in Frage. Nach § 58 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle darf auch die Durchsuchung nur auf richterliche Anordnung, bei Gefahr im Verzuge auch auf Anordnung des Untersuchungsführers durch die dazu berufenen Behörden durchgeführt werden. Die Durchsuchung wird im allgemeinen durch die Polizeibehörden ausgeführt, die auch andere Personen zur Hilfeleistung hinzuziehen können. Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf der Durchsuchung beiwohnen (§ 106 Abs. 1 Satz 1 StPO); ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen (§ 106 Abs. 1 Satz 2 StPO). Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit zugezogenen Person ist in den Fällen des § 103 Abs. 1 StPO der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekanntzumachen (§106 Abs. 2 Satz 1 StPO). Dem von der Durchsuchung Betroffenen ist nach deren Beendigung auf Verlangen eine schriftliche Mitteilung zu machen, die den Grund der Durchsuchung (§§ 102, 103 StPO) sowie im Falle des § 102 StPO das Dienstvergehen bezeichnen muß (§107 Satz 1 StPO). Auch ist ihm auf Verlangen ein Verzeichnis der in Verwahrung genommenen Gegenstände, falls aber nichts Verdächtiges gefunden wurde, eine Bescheinigung hierüber zu geben (§107 Satz 2 StPO). Die in Verwahrung oder in Beschlag genommenen Gegenstände sind genau zu verzeichnen und zur Verhütung von Verwechslungen durch amtliche Siegel oder in sonstiger Weise kenntlich zu machen ( § 1 0 9 StPO). Eine Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen steht nur dem Untersuchungsführer bzw. dem Disziplinargericht zu (§ 110 Abs. 1 StPO). V. SELBSTLADUNG VON ZEUGEN UND SACHVERSTÄNDIGEN Lehnt der Vorsitzende des Disziplinargerichts den Antrag auf Ladung einer Person als Zeugen oder Sachverständigen ab, so kann der Beamte die Ladung unmittelbar vornehmen lassen (§ 220 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Selbstladung ist auch möglich, ohne daß der Vorsitzende den Beweisantrag abgelehnt hat. Wenn auch in § 220 StPO nur vom Beschuldigten die Rede ist, so steht das Recht der Selbstladung auch dem Bundesdisziplinaranwalt zu, weil er im Gegensatz zum Staatsanwalt im ordentlichen Strafverfahren die Ladung der Zeugen nicht selbst bewirkt; würde man ihm das Recht der Selbst293
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Das Beweisrecht
ladung nicht zugestehen, so würde seine Pro2eßlage gegenüber dem Beamten im Disziplinarverfahren unbilligerweise verschlechtert werden. Mit der Ladung ist nach § 38 StPO der Gerichtsvollzieher zu beauftragen; dieser stellt nach § 37 StPO i. V. m. §§ 194f. ZPO zu, wobei er die Post um Ausführung der Zustellung angehen kann. Der Beamte oder der Bundesdisziplinaranwalt können sich also wegen der Zustellung nicht an die Geschäftsstelle des Disziplinargerichts oder selbst an die Post wenden. Der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt können die Zeugen auch ohne Ladung bei der Hauptverhandlung stellen. Ein unmittelbar geladener Zeuge ist nur dann zum Erscheinen verpflichtet, wenn ihm bei der Ladung die gesetzliche Entschädigung für Reisekosten und Versäumnis bar dargeboten oder deren Hinterlegung bei der Geschäftsstelle nachgewiesen wird (§ 220 Abs. 2 StPO). Der Betrag ist dem Zeugen durch den Gerichtsvollzieher anzubieten oder bei der Geschäftsstelle des Disziplinargerichts zu hinterlegen. Der Zeuge kann seine Erscheinenspflicht nicht dadurch umgehen, daß er den angebotenen Betrag nicht annimmt. Erscheint der unmittelbar geladene Zeuge nicht, so richten sich die gegen ihn zu verhängenden Maßregeln nach §§ 51, 72 StPO. Das Disziplinargericht entscheidet im freien Ermessen, ob es die vom Beamten oder Bundesdisziplinaranwalt geladenen oder von ihm gestellten Zeugen vernehmen will oder nicht (vgl. § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. —). Im Gegensatz hierzu sind im ordentlichen Strafverfahren die geladenen — nicht die gestellten — Zeugen nach § 245 StPO zu vernehmen, es sei denn, daß die Beweiserhebung unzulässig oder zum Zwecke der Prozeßverschleppung beantragt ist. § 245 StPO kann mit Rücksicht auf die Spezialbestimmung des § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. — im Disziplinarrecht nicht sinnentsprechend angewendet werden. Ergibt sich in der Hauptverhandlung, daß die Vernehmung einer unmittelbar geladenen Person zur Aufklärung der Sache dienlich war, so hat das Disziplinargericht auf Antrag durch Beschluß anzuordnen, daß ihr die gesetzliche Entschädigung aus der Staatskasse zu gewähren ist (§ 220 Abs. 3 StPO). Den Antrag können der Bundesdisziplinaranwalt, der Beamte und die vernommene Person stellen. Der Antrag kann nach Schluß der Hauptverhandlung nicht mehr gestellt werden 304 . § 220 Abs. 3 StPO ist auch dann anzuwenden, wenn der Zeuge zuungunsten dessen ausgesagt, der ihn unmittelbar geladen hat. Die Entschädigung des Zeugen durch die Staatskasse ist nur vorläufig, da über die Kostenlast erst im Urteil entschieden wird. Hat der Zeuge den Betrag bereits vom Beamten oder vom Bundesdisziplinaranwalt erstattet erhalten, oder ist er ihm vergeblich angeboten worden, so kommt eine Entschädigung durch die Staatskasse nicht mehr in Frage, Hat das Disziplinargericht die Kosten nicht der Staatskasse auferlegt, so hat sie derjenige zu tragen, der die unmittelbare Ladung des Zeugen veranlaßt hat. Der Beamte hat die von ihm unmittelbar geladene oder zur Hauptverhandlung zu stellenden Zeugen und Sachverständigen rechtzeitig dem Disziplinargericht und dem Bundesdisziplinaranwalt namhaft zu machen und ihren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben (vgl. § 222 Abs. 2 StPO). 304
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RG in GA Bd. 72 S. 116; a. M. OLG Köln in MDR 1958 S. 622.
Durchführung der Beweisaufnahme
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VI. DURCHFÜHRUNG DER BEWEISAUFNAHME A. Umfang der Aufklärungspflicht Der Dienstvorgesetzte, der Ermittlungsführer, der Untersuchungsführer, das Disziplinargericht, der beauftragte und der ersuchte Richter haben zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (vgl. § 244 Abs. 2 StPO). Eine Beweisaufnahme kann sich u. U. beim G e s t ä n d n i s des Beamten erübrigen 308 ; dies setzt aber voraus, daß der Beamte das Geständnis im gegenstandsgleichen Strafverfahren, in der Untersuchung oder in der Hauptverhandlung abgelegt hat. Das Geständnis wird aber im Disziplinarverfahren oft nicht allein ausreichen, weil daselbst nicht die Pflichtverletzung allein, sondern das Gesamtverhalten des Beamten zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden muß, wobei sich die Nachforschungen nicht allein auf die Schuld- und Straffrage, sondern auch auf die Umstände zu erstrecken haben, die für die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages von Bedeutung sind. Es liegt im Ermessen des Untersuchungsführers und vor allem des Disziplinargerichts, inwieweit sie die Tatsachen und Beweismittel zur Erforschung der Wahrheit für ausreichend halten. Der Untersuchungsführer und das Disziplinargericht sind nicht an die Beweisanträge der Verfahrensbeteiligten gebunden, weil im Disziplinarrecht ebenso wie im Strafverfahrensrecht die Offizialmaxime gilt. So kann das Disziplinargericht selbst einem Entlastungsbeweis auch gegen den Willen des Beamten nachgehen306. Ein Sachverständigengutachten über die Zurechnungsfähigkeit kann es auch gegen den Willen des Beamten einholen, der dann u. U. seine Zwangszurruhesetzung befürchtet und deshalb eine geringfügige Disziplinierung vorzieht. Der Dienstvorgesetzte, der Untersuchungsführer und das Disziplinargericht entscheiden vor allem über den Umfang der Beweisaufnahme. Hat die bisherige Beweiserhebung noch keinen eindeutigen Beweis der Schuld des Beamte ergeben, so kann die Beweisaufnahme auf weitere Beweise ausgedehnt werden 307 . Dies gilt auch für die Umstände, die für die Unschuld des Beamten sprechen. Hält das Disziplinargericht die durch den Untersuchungsführer erhobenen Beweise nicht für ausreichend, so kann es eine Ergänzung der Beweisaufnahme vornehmen. Wenn der Untersuchungsführer und das Disziplinargericht wissentlich gegen die Erforschungspflicht verstoßen haben, kommt in der ersten Instanz eine Rückgabe der Anschuldigungsschrift und im Falle der Einlegung der Berufung in der zweiten Instanz eine Zurückverweisung in die Vorinstanz in Frage 308 . Hat jedoch der Untersuchungsführer bzw. das erstinstanzliche Gericht sich auf Grund der erhobenen Beweise eine feste Überzeugung von dem Vorliegen oder NichtVorliegen einer bestimmten Beweistatsache gebildet, so bedeutet dies beim Absehen weiterer Beweiserhebungen keine Verletzung Vgl. RG in Recht 1919 Nr. 845. RG in HRR 1940 Nr. 840. 307 RGSt. Bd. 13 S. 160, Bd. 41 S. 269, Bd. 59 S. 249; RG in J W 1914 S. 893; RG in LZ 1915 S. 556. 3 0 8 BGH in NJW 1951 S.283; OGHSt. Bd. 1 S. 357; BayrObLG in NJW 1952 S. 1106. 306 306
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Das Beweisrecht
der Aufklärungspflicht 309 . Diese wird z. B. nicht verletzt, wenn das Disziplinargericht über die vom Beamten angezweifelte Glaubwürdigkeit eines Zeugen keine weiteren Beweise erhebt. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht liegt jedoch dann vor, wenn der Untersuchungsführer bzw. das Disziplinargericht eine fachkundige Frage ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen entscheidet, die mangels eigener Sachkunde nicht entschieden werden kann 310 . Besondere Vorsicht ist bei der Beurteilung des Geisteszustandes des Beamten und bei der Vernehmung von Kindern und Jugendlichen bei geschlechtlichen Verfehlungen geboten, wo die Hinzuziehung eines Sachverständigengutachtens geboten sein kann, wennschon dieser dem Disziplinargericht seine Entscheidung nicht abnehmen, sondern sie nur unterstützen kann 311 . Bei zwei sich widersprechenden Sachverständigengutachten ist das Disziplinargericht noch nicht gezwungen, ein drittes Sachverständigengutachten anzufordern 312 . Auf Grund des im Disziplinarrechts geltenden Prinzips der Mittelbarkeit der Beweisaufnahme obliegt die Aufklärungspflicht in erster Linie dem Untersuchungsführer. Im einzelnen siehe II S. 241 f. Das bedeutet jedoch noch nicht, daß damit die Beweiserhebung in das freie Ermessen des Disziplinargerichts gestellt ist 313 . Es hat vielmehr nach p f l i c h t g e m ä ß e n Ermessen zu entscheiden, inwieweit die bisher erhobenen Beweise für eine Verurteilung oder für einen Freispruch ausreichen. Wenn die Beweiserhebung für das Disziplinargericht auch die Ausnahme bildet, so kann es an weiteren Beweismitteln nicht vorbeigehen, die für den Ausgang des Verfahrens erheblich sind, von denen aber der Untersuchungsführer noch keinen Gebrauch gemacht hat. Maßgebend ist auch für das Disziplinargericht die Erforschung der materiellen Wahrheit 314 , wenn es auf Grund der Hauptverhandlung nicht nur auf Grund eines hypothetischen Sachverhalts ein Rechtsgutachten erstatten will 316 . Dem Disziplinarverfahren ist ebenso wie dem Strafverfahren zueigen, auf jeden Fall die materielle Wahrheit zu erforschen316. Auf Grund des Prinzips der Mittelbarkeit der Beweisaufnahme soll das Disziplinarverfahren lediglich abgekürzt werden, indem Beweiserhebungen des Untersuchungsführers nicht nochmals in der Hauptverhandlung wiederholt werden sollen. Mit dem Prinzip der Mittelbarkeit ist jedoch das Prinzip der Erforschung der materiellen Wahrheit nicht zu verwechseln, das für das Disziplinargericht ebenso wie für den Untersuchungsführer gilt. § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. behandelt nur das „wie", jedoch nicht das „ob" der Beweiserhebung. Dem Prinzip der Erforschung der materiellen Wahrheit i. S. des § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. ist auch dann gedient, wenn die Beweiserhebung nicht durch 3 0 9 OGHSt. Bd. 2 S. 102; BGH in NJW 1951 S. 283; BGH 25. 7. 58 — 1 StR 51/58 —; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 11 zu §244 StPO. 3 1 0 RGSt. Bd. 71 S. 336; RG in J W 1936 S. 1976, 1937 S. 3024; RG in HRR 1938 Nr. 210, 1939 Nr. 56, Nr. 360 Nr. 603. 3 1 1 Vgl. RGSt. Bd. 61 S. 273, Bd. 76 S. 349; RG in JW 1932 S. 3356, 1936 S. 1976, 1937 S. 1360, 1938 S. 1019; RG in HRR 1938 Nr. 210 und Nr. 1380, 1939 Nr. 475, Nr. 476, Nr. 603 und Nr. 1208; BGHSt. Bd. 2 S. 14, Bd. 3 S. 27. 312 RG in HRR 1939 Nr. 603. 313 PrOVG Bd. 83 S. 418. au p r o v G 28. 6. 36 in PrOVG Bd. 97 S. 238 (243). 3 1 6 Vgl. Janzen in ZBR 1963 S. 13, Sauer in JR 1949 S. 500. 316 Vgl Peters, Strafprozeßrecht S. 241; Graf zu D o h n a in D J Z 1911 S. 306; A l s b e r g in JW 1928 S. 1506; A r n d t in RBG Anm. I zu § 105; D a l l i n g e r in SJZ 1950 S. 742; RGin JW 1928 S. 1506; RGSt. Bd. 47 S. 424, Bd. 74 S. 151; K G in J W 1930 S. 3255; BGH in NJW 1951 S. 283; BGH in JR 1951 S. 509.
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das Disziplinargericht, sondern durch eines ihrer Mitglieder oder durch den ersuchten Richter oder durch den Untersuchungsführer erfolgt. Wenn auch im Disziplinarverfahren der das Strafverfahren beherrschende Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht gilt, so ist das Disziplinargericht noch nicht gehindert, Zeugen selbst zu vernehmen, wenn es dies im Interesse der Erforschung der materiellen Wahrheit für erforderlich hält 317 . In der Praxis bildet jedoch die Vernehmung von Zeugen in der Hauptverhandlung die Ausnahme. B. Behandlung von Beweisanträgen 1. A l l g e m e i n e s Der Beweisantrag stellt sich als das Begehren eines Verfahrensbeteiligten dar, daß über eine bestimmte Tatsache Beweis erhoben werden soll, wobei das Beweismittel zu benennen ist 318 . Hiermit ist nicht das Recht der Verfahrensbeteiligten zu verwechseln, an den Zeugen bzw. Sachverständigen eine Frage zu richten 319 . Antragsberechtigt sind der Bundesdisziplinaranwalt, der Beamte und sein Verteidiger; letzterer kann auch gegen den Widerspruch des Beamten einen Beweisantrag stellen, da er selbständig antragsberechtigt ist 320 . Im allgemeinen müssen sich die übrigen Verfahrensbeteiligten dem Beweisantrag ausdrücklich anschließen, wenn sie den Beweisantrag auch als für sich gestellt betrachten; ein stillschweigendes Einvernehmen des Beamten liegt jedoch nicht vor, wenn der Bundesdisziplinaranwalt einen Beweisantrag stellt, durch den ersterer belastet werden soll 321 . Beweisanträge können in jedem Stand des Disziplinarverfahrens gestellt werden, wobei sich Unterschiede jedoch hinsichtlich der Stelle ergeben, die über den Antrag zu entscheiden hat. Über die Behandlung der Beweisanträge, die nach der Gerichtshängigkeit bis zu Beginn der Hauptverhandlung gestellt werden können, vgl. 3 S. 298 ff. Der Beweisantrag kann mündlich oder schriftlich gestellt werden. In der Hauptverhandlung sind die Beweisanträge mündlich zu stellen. Ein in der Hauptverhandlung eingebrachter schriftlicher Beweisantrag muß seinem Inhalt nach vom Vorsitzenden des Gerichts vorgetragen und mit den Verfahrensbeteiligten erörtert werden 322 . In dem Beweisantrag muß die zu beweisende Tatsache und das Beweismittel bezeichnet werden. Er muß bestimmt sein, wobei es nicht auf den Wortlaut, sondern auf den Sinn ankommt. Ist der Beweisantrag mangelhaft, so ist er noch nicht deshalb zurückzuweisen; es obliegt vielmehr der vernehmenden Stelle, auf den Antragsteller einzuwirken, den Antrag zu ergänzen bzw. klarzustellen 323 . BDH 26.1. 61 — III D 18/59 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 314 (LS). RGSt. Bd. 49 S. 360. Bd. 57 S. 422, Bd. 64 S. 432; RG in JW 1924 S. 1251, 1927 S. 793,1931 S. 1608; RG in HRR 1942 Nr. 133; OGHSt. Bd. 2 S. 352; BGHSt. Bd. 1 S. 29, S. 137. 8 1 9 RGSt. Bd. 57 S. 262; K G in JW 1932 S. 678. 3 2 0 RG in GA Bd. 61 S. 352; RG in JW 1931 S. 949, 1932 S. 3356; BGH in NJW 3 2 1 RG in J W 1932 S. 2729. 1953 S. 1314. 322 RGSt. Bd. 59 S. 422; RG in LZ 1914 S. 963; RG in JW 1931 S. 2575; K G in JW 1931 S 235 323 RGSt. Bd. 13 S. 316, Bd. 14 S. 406, Bd. 38 S. 127, Bd. 51 S. 42; RG in GA Bd. 38 S. 211, S. 329, Bd. 55 S. 334; RG in J W 1914 S. 432, 1922 S. 813, 1930, S. 931, 1931 S. 1039 S. 2032, 1932 S. 452, S. 1750, S. 3101; RG in LZ 1915 S. 846, 1917 S. 680. 317
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Von dem Beweisantrag ist der Beweisermittlungsantrag zu unterscheiden. Bei diesen sollen nicht schon vorhandene Beweistatsachen genutzt, sondern durch Nachforschungen geeignete Beweismittel gefunden werden 324 . Da es sich hierbei um Anregungen an die vernehmende Stelle handelt, braucht sie hierauf nicht einzugehen. Dies ist z. B. der Fall, wenn beantragt wird, bestimmte Akten herbeizuziehen325; werden die Aktenteile jedoch genau bezeichnet, so handelt es sich hier um einen Beweisantrag 326 . Die vernehmende Stelle wird dem Beweisermittlungsantrag dann stattgeben, wenn sie sich hiervon ein sachdienliches Ergebnis verspricht. Im allgemeinen wird dem Antragsteller eröffnet, daß man der Anregung keine Folge leisten will. 2. Im V e r l a u f e der V o r e r m i t t l u n g e n g e s t e l l t e B e w e i s a n t r ä g e Der Beamte kann zunächst einmal im Verlaufe der Vorermittlungen nach seiner erstmaligen Anhörung weitere Ermittlungen beantragen; der Dienstvorgesetzte bzw. der von ihm benannte Ermittlungsbeamte entscheidet jedoch nach pflichtgemäßem Ermessen, ob dem Antrage des Beamten stattzugeben ist (vgl. § 26 Abs. 3 BDO — § 21 Abs. 3 BDO a. F. —, § 24 Abs. 3 LDO BW, Art. 24 Abs. 3 DStO Bayr., § 24 Abs. 3 LDO Bln., § 21 Abs. 3 DStO Brm., § 21 Abs. 3 DO Hmb., § 26 Abs. 3 NDO, § 24 Abs. 3 DO NW, § 24 Abs. 3 LDO Rh.-Pf., § 21 Abs. 3 DStO Saar und § 26 Abs. 3 DStO Schl.-Hol.). Nach § 22 Abs. 3 HDO hat der Dienstvorgesetzte den Beweisanträgen des Beamten stattzugeben, soweit sie für die Schuldfrage oder das Strafmaß von Bedeutung sein können; § 22 Abs. 3 HDO kann allgemein als Richtschnur für die Behandlung von Beweisanträgen dienen. •
3. Im V e r l a u f e des d i s z i p l i n a r g e r i c h t l i c h e n V e r f a h r e n s v o r der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge Da dem Beamten, dem Verteidiger und dem Bundesdisziplinaranwalt die geladenen Zeugen und Sachverständigen mit der Ladung zur Hauptverhandlung bekanntzugeben sind, können sie ersehen, ob nach ihrer Ansicht noch weitere Beweismittel herangezogen werden müssen. Verlangt der Beamte die Ladung von weiteren Zeugen oder Sachverständigen oder die Herbeischaffung sonstiger Beweismittel, so hat er seine Anträge unter Angabe von Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, beim Vorsitzenden des Disziplinargerichts zu stellen (§ 219 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Tatsachen und die Beweise müssen im einzelnen bezeichnet werden 327 . Sie müssen sich auf die Tat, die Schuld und die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages beziehen. Hat der Beamte sich unklar ausgedrückt, so ist sein Beweisantrag erst dann abzulehnen, nachdem ihn der Voristzende auf die Unklarheit oder Unvollständigkeit seines Antrages hingewiesen und vergeblich zur Klärung und Vervollständigung aufgefordert hat328. Da der Vorsitzende die Entscheidung nach gesetzlicher Bestimmung selbst fällen muß, kann er im Stadium der Vorbereitung der Hauptverhandlung keinen Beschluß des Disziplinargerichts S c h w a r z Anm. 3 A c zu §244 StPO; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 19 zu §244 StPO. RG in JW 1930 S. 557. 326 BGHSt. Bd. 6 S. 129. 327 RGSt. Bd. 49 S. 360, Bd. 57 S. 262, Bd. 59 S. 422, Bd. 64 S. 432. 328 RGSt. Bd. 27 S. 95, Bd. 38 S. 127, Bd. 51 S. 42; RG in JW 1930 S. 931, 1931 S. 1039, 1932 S. 452. 324
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herbeiführen 829 . Bevor er über den Beweisantrag entscheidet, wird er zweckmäßigerweise den Bundesdisziplinaranwalt bzw. den Vertreter der Einleitungsbehörde hören. Er muß prüfen, ob der Beweisantrag nicht zum Zwecke der Verschleppung des Verfahrens gestellt ist, ob die zu beweisende Tatsache für das Verfahren erheblich330 und nicht bereits offenkundig 331 und das Beweismittel auch herbeizuschaffen ist 332 . Der Vorsitzende muß über den Beweisantrag des Beamten eine Entscheidung fällen; insbesondere darf er sie nicht bis zur Hauptverhandlung zurückstellen 333 , es sei denn, daß der Beweisantrag erst zu spät eingereicht wird; ein verspätet gestellter Beweisantrag braucht in der Hauptverhandlung nicht wiederholt zu werden 334 . Eine Begründung der Entscheidung kommt nur im Falle der Ablehnung des Beweisantrages in Frage (vgl. § 34 StPO). Eine Unterstellung, daß die vom Beamten unter Beweis gestellte Tatsache als wahr angenommen werden könne, ist unzulässig, weil es sich hier um eine dem Disziplinargericht vorbehaltene Beweiswürdigung handelt 335 . Auch die Beweisanträge nach § 219 StPO sind den Regeln des § 244 Abs. 3 und 4 StPO nach zu behandeln, so daß die Herbeischaffung von Akten mit der Begründung, die Herbeischaffung von Beweismitteln sei die Sache des Beamten, einen Verfahrensmangel darstellen würde 336 . Die Verfügung des Vorsitzenden, durch die dem Beweisantrag entsprochen wird, ist dem Beamten bekanntzugeben (§ 219 Abs. 1 Satz 2 StPO), wobei § § 35 bis 37 StPO zur Anwendung kommen. Beweisanträge des Beamten sind, soweit ihnen stattgegeben ist, auch dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde mitzuteilen (vgl. § 219 Abs. 2 StPO). Soweit den Beweisanträgen stattzugeben ist, erstreckt sich die Beweisaufnahme auf die daraufhin geladenen Zeugen und Sachverständigen und die sonst herbeigeschafften Beweismittel (vgl. § 245 StPO). Lehnt der Vorsitzende die Beweisanträge ab, so ist diese Entscheidung, die nicht mit der Beschwerde angegriffen werden kann, weil sie der Urteilsfällung vorausgeht, noch nicht endgültig. Erst das Disziplinargericht kann in der Hauptverhandlung eine endgültige Ablehnung von Beweisanträgen aussprechen, wenn der Beamte daselbst seinen Antrag erneut stellt. Auch die Ablehnung des Beweisantrages ist dem Beamten mitzuteilen. Nach § 68 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle können der Bundesdisziplinaranwalt und der Beamte die nochmalige Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sowie weitere Beweiserhebungen beantragen337. Hierbei ist es gleich, ob die Zeugen und Sachverständigen im strafgerichtlichen oder im Disziplinarverfahren gehört worden sind. Der Antrag ist unter AnVgl. OLG Köln in MDR 1953 S. 376; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu §219RGSt. Bd. 64 S. 432, Bd. 65 S. 330. 331 RGSt. Bd. 33 S. 77. 332 Vgl. RGSt. Bd. 33 S. 404, Bd. 46 S. 385, Bd. 47 S. 105, Bd. 52 S. 178, Bd. 54 S. 181, Bd. 56 S. 134, Bd. 58 S. 380 u. S. 396, Bd. 63 S. 331. 333 RGSt. Bd. 61 S. 376, Bd. 75 S. 166; BGHSt. Bd. 1 S. 286. 334 RGSt. Bd. 61 S. 376, Bd. 75 S. 166; RG in Recht 1928 Nr. 222; RG in JW 1930 S. 3774 Nr. 34 und 1931 S. 1602 Nr. 58. 335 RGSt. Bd. 75 S. 167; BGHSt. Bd. 1 S. 51; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5c zu § 219; a. M. OLG Hamburg in HESt. Bd. 1 S. 166. 336 DokBer. Nr. 1704; vgl. auch Janzen in ZBR 1963 S. 13. 3 3 ' Vgl. Hartmann in ZBR 1963 S. 77. 329
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Das Beweisrecht
gäbe der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, in der Anschuldigungsschrift oder in der Äußerung des Beamten dazu (§67 Abs. 2 BDO i. d.F. der Novelle) zu stellen (§68 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Ein späterer Antrag gilt als rechtzeitig gestellt, wenn wichtige Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht werden (§ 68 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle)338. Den Beweisanträgen, die nach § 68 BDO i. d. F. der Novelle gestellt werden, ist zu entsprechen, es sei denn, daß die Erhebung des Beweises unzulässig, die Tatsache, die bekundet werden soll, offenkundig, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist oder als wahr unterstellt werden kann oder wenn das Beweismtitel nicht erreichbar ist (§74 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Die Anwendbarkeit des § 223 Abs. 1 und 2 StPO und des § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle bleiben unberührt (§ 74 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Nach § 223 Abs. 1 StPO kann das Gericht, wenn dem Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen, seine Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter anordnen. Nach § 223 Abs. 2 StPO gilt dasselbe, wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann. Zu § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle siehe § 80 VI S. 344fF.339. Das Gericht kann um die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen auch eine Behörde ersuchen (§ 74 Abs. 3 Satz3BDOi. d. F. derNovelle). 4. Im Verlaufe der Untersuchung und in der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge 3 4 0 Der Beamte, sein Verteidiger und der Bundesdisziplinaranwalt — auf Länderebene der Vertreter der Einleitungsbehörde — können auch im Verlaufe der Untersuchung Beweisanträge stellen. Während den Beweisanträgen des Bundesdisziplinaranwalts bzw. des Vertreters der Einleitungsbehörde stattzugeben war (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 Art. 51 Abs. 1 Satz 3 DStO Bayr., § 50 Abs. 1 Satz 3 LDO Bln., § 50 Abs. 1 Satz 3 DStO Brm., § 50 Abs. 1 Satz 2 DO Hmb., § 55 Abs. 1 Satz 3 HDO, § 56 Abs. 1 Satz 3 DO NW, § 58 Abs. 1 Satz 3 LDO Rh.-Pf., § 50 Abs. 1 Satz 3 DStO Saar und §44 Satz 3 DStO Schl.-Hol.), sollte der Untersuchungsführer den Beweisanträgen des Beamten insoweit stattgeben, als sie für die Schuldfrage, Bemessung einer Disziplinarmaßnahme oder für die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages von Bedeutung sein konnten (§49 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 53 Abs. 3 LDO BW, Art. 50 Abs. 2 DStO Bayr., § 49 Abs. 2 DStO Brm., § 59 Abs. 2 NDO, § 55 Abs. 2 DO NW, § 57 Abs. 2 LDO Rh.-Pf., § 49 Abs. 2 DStO Saar und § 53 Abs. 2 DStO Schl.Hol.). Nach § 54 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 53 Abs. 3 LDO BW und § 60 Abs. 1 Satz 3 NDO soll der Untersuchungsführer den Beweisanträgen des Vertreters der Einleitungsbehörde stattgeben, während nach § 49 Abs. 2 LDO Bln., § 49 Abs. 2 DO Hmb. und § 54 Abs. 2 HDO der Untersuchungsführer den Beweis338
_ VII S. 317ff. Vgl. H a r t m a n n a. a. O. S. 78. 3 4 0 J a n z e n , Die Bedeutung des § 244 Abs. 3 und 4 StPO für die Behandlung von Beweisanträgen im Disziplinarverfahren in ZBR 1963 S. 13. 339
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Vgl
Durchführung der Beweisaufnahme
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antragen stattgeben m u ß , wenn sie für die Schuldfrage, Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme und für die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages von Bedeutung sein können. Dieser Regelung schließt sich auch § 61 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle an, so daß die bisherige ungleiche Behandlung der Beweisanträge des Beamten und des Bundesdisziplinaranwalts beseitigt wird. Bei der Regelung der Teilnahme des Bundesdisziplinaranwalts in der Untersuchung ist nach § 62 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle § 61 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle sinngemäß anzuwenden, wonach der Untersuchungsführer Beweisanträgen des Beamten stattzugeben hat, soweit sie für die Schuldfrage, die Bemessung der Disziplinarmaßnahme oder für die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages von Bedeutung sein können. Die Entscheidung über einen Beweisantrag kann nicht angefochten werden (§ 61 Abs. 2 Satz2 BDO i. d. F. der Novelle). In § 62 Abs. 1 Satz 3 BDO — § 50 Abs. 1 Satz 3 BDO a. F. — und den gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen wird lediglich festgestellt, daß den Beweisanträgen des Bundesdisziplinaranwalts bzw. des Vertreters der Einleitungsbehörde stattzugeben ist, während § 49 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 und die gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen festlegen, daß der Untersuchungsführer den Beweisanträgen des Beamten stattgeben s o l l , soweit sie für die Schuldfrage, die Disziplinarmaßnahme oder die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages von Bedeutung sind. Die Verfahrensregelung des Beweisantragsrechtes ergibt sich jedoch aus § 244 Abs. 3 und 4 StPO. Diese Bestimmung gilt in gleicher Weise für das Disziplinargericht, den Dienstvorgesetzten im Falle des § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — und den Untersuchungsführer. Durch § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. — und die gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen wird die Anwendung des § 244 Abs. 3 und 4 StPO in der Hauptverhandlung nicht ausgeschlossen. Soweit der Dienstvorgesetzte auf Grund der durchgeführten Vorermittlungen i. S. des § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — und der gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungenzur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme gelangt, kommen bereits in diesem Verfahrensabschnitt die in § 244 Abs. 3 und 4 StPO herausgearbeiteten Grundgedanken sinngemäß zur Anwendung; anders wäre es nur, wenn der Dienstvorgesetzte auf Grund der von ihm erhobenen Ermittlungen zur Auffassung gelangt, daß das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet werden sollte, weil die Einleitung und die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge nur eine summarische Feststellung des Sachverhalts verlangen. In § 244 Abs. 3 und 4 StPO werden die einzelnen Gründe, die zur Ablehnung eines Beweisantrages berechtigen, angeführt. § 246 StPO behandelt ferner die Behandlung von verspätet vorgebrachten Beweisanträgen; deren Sonderbehandlung folgt aus dem auch im Disziplinarrecht vorherrschenden Prinzip der materiellen Wahrheit. Aus § 244 Abs. 2 StPO, wonach die Beweismittel von Bedeutung sein müssen, folgt, daß auch Beweisanträge bei Unerheblichkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt werden können. a) U n z u l ä s s i g k e i t der B e w e i s e r h e b u n g Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO). Die Ablehnung ist hier obligatorisch vorgeschrieben; ein trotzdem erhobener Beweis, auf den sich die Disziplinarent301
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Das Beweisrecht
scb.eidung stützt, berechtigt zu einer Zurückweisung der Disziplinarsache in die Vorinstanz. Unzulässig können das Beweismittel, das Beweisthema und die Beweismethode sein. Ein unzulässiges Beweismittel ist z. B. die Vernehmung eines mitbeschuldigten Beamten als Zeugen 341 . Ein Beamter darf als Zeuge nicht ohne Aussagegenehmigung gehört werden 342 . Die Aussage eines vorher vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden, ganz gleich ob ein solcher Antrag gestellt worden ist oder nicht (vgl. § 252 StPO)343. Tonbandaufnahmen sind dann zulässig, wenn durch sie Erklärungen des Beamten im gegenstandsgleichen Strafverfahren oder in einem früheren Verfahrensabschnitt des Disziplinarverfahrens bewiesen werden sollen344, es sei denn, daß sie ohne Wissen und Willen des Sprechenden aufgenommen worden sind348. Ist ein Zeuge, der nicht vereidigt werden durfte, dennoch vereidigt worden, so kann seine Aussage nur als uneidliche gewertet werden 346 . Verbotene Beweismethoden werden in § 136a StPO behandelt. Hierzu gehören sog. Wahrheitsspritzen; im einzelnen siehe § 75 I S. 191 ff. b) In V e r s c h l e p p u n g s a b s i c h t v o r g e b r a c h t e B e w e i s a n t r ä g e Ein Beweisantrag darf abgelehnt werden, wenn er zum Zwecke der Prozeßverschleppung gestellt worden ist (vgl. §244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Mit Rücksicht auf die Weiterzahlung der Bezüge, die beim aktiven Beamten höchstens bis zur Hälfte und beim Ruhestandsbeamten höchstens bis zu einem Drittel einbehalten werden können, hat der Beamte im Disziplinarverfahren das größte Interesse, dasselbe zu verschleppen, was vor allem durch die fortlaufende Einbringung von Beweisanträgen geschehen kann. Die vernehmende Stelle ist dann aber nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, den Beweisantrag zurückzuweisen. Die Zurückweisung ist dann erforderlich, wenn die Beweiserhebung tatsächlich zu einer Verzögerung des Disziplinarverfahrens führt 347 und der Antragsteller durch den Beweisantrag die Verschleppung auch beabsichtigt348. Die Gründe für die Verschleppungsabsicht müssen von der vernehmenden Stelle in der Entscheidung, durch die der Beweisantrag abgelehnt wird, im einzelnen angeführt werden 349 . c) U n e r h e b l i c h k e i t der b e h a u p t e t e n T a t s a c h e Nach § 242 Abs. 2 StPO hat das Gericht (im Disziplinarverfahren auch der Untersuchungsführer) zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können. Hieraus folgt, daß ein Beweisantrag, der sich auf eine unerhebliche Tatsache bezieht, abgelehnt werden kann. RG in JW 1933 S. 447. RGSt. Bd. 44 S. 291. OGHSt. Bd. 1 S. 299; BGHSt. Bd. 2 S. 99 u. S. 110. 344 BGHSt. Bd. 14 S. 339; a. M. Eb. Schmidt in J Z 1956 S. 206. 346 BGHSt. Bd. 14 S. 358; BGHZ Bd. 27 S. 284. 346 RGSt. Bd. 56 S. 94. 347 RGSt. Bd. 20 S. 206; BGH in MDR 1958 S. 938. 348 RGSt. Bd. 12 S. 335, Bd. 13 S. 151, Bd. 65 S. 306; RG in JW 1930 S. 1505, 1938 S. 1885; RG in HRR 1939 Nr. 477. 349 RGSt. Bd. 20 S. 206; RG in Recht 1910 S. 625; RG in GA Bd. 69 S. 182; RG in J W 1912 S. 945, 1930 S. 1505; RG in DRZ 1931 Nr. 216; RG in HRR 1934 Nr. 1426; BayrObLG in J W 1929 S. 2751; BGHSt. Bd. 1 S. 29; OLG Kiel in SchlHA 1946 S. 289. 341
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Dies ist dann der Fall, wenn die zu beweisende Tatsache für die Schuld, Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme und die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages unwesentlich ist 360 . Ist die Tatsache unerheblich, so sind Untersuchungsführer und Disziplinargericht berechtigt, den Beweisantrag abzulehnen 351 ; für den Untersuchungsführer folgt dies aus § 61 Abs. 2 BDO — § 49 Abs. 2 BDO a. F. —. Zu einer Zurückverweisung in die Vorinstanz führt es, wenn das Disziplinargericht in den Urteilsgründen eine Tatsache für erheblich erklärt, jedoch den hierauf gerichteten Beweisantrag als unerheblich zurückgewiesen hat 362 . Bei der Erheblichkeit von Tatsachen ist solchen der Vorzug zu geben, die sich auf die Prozeßvoraussetzungen beziehen. Rechtfertigungs und Ausschließungsgründe sind bei den den Gegenstand der Untersuchung bildenden Handlungen gegenüber dem äußeren Tatbestand bevorzugt zu behandeln353. d) O f f e n k u n d i g k e i t der b e h a u p t e t e n T a t s a c h e Ein Beweisantrag darf abgelehnt werden, wenn eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Offenkundig ist eine Tatsache, wenn ein verständiger und erfahrener Mensch von ihr ohne weiteres Kenntnis erhält oder sich ohne besondere Schwierigkeiten Kenntnis verschaffen kann. Es genügt, wenn ein bestimmter Volkskreis Kenntnis erlangt hat354. Gleiches gilt auch für die Gerichtskundigkeit; diese liegt vor, wenn das Gericht auf Grund seiner amtlichen Tätigkeit von einer Tatsache Kenntnis erlangt hat355. e) E r w i e s e n h e i t der b e h a u p t e t e n Tatsache Der Beweisantrag darf fernerhin abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 2 StPO). Im Disziplinarverfahren gilt eine Tatsache bereits dann als erwiesen, wenn über sie im gegenstandsgleichen Strafverfahren Beweis erhoben worden ist. Ist eine Untersuchung nach §§ 56ff.— §§ 44ff. BDO a. F. — bzw. der gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen angeordnet, so gilt die Tatsache im allgemeinen noch nicht als erwiesen, wenn der Dienstvorgesetzte im Wege der Vorermitdungen nach § 26 BDO — § 21 BDO a. F. — Beweis erhoben hat. Dagegen ist die Tatsache in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinargericht als erwiesen anzusehen, wenn bereits der Untersuchungsführer Beweis erhoben hat; mit Rücksicht auf den im Disziplinarrecht vorherrschenden Grundsatz der Mittelbarkeit der Beweisaufnahme wird die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung die Ausnahme bilden, wennschon mit Rücksicht darauf, daß es sich bei § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO um eine Kannbestimmung handelt, das Disziplinargericht Zeugen, die bereits in der Untersuchung gehört worden sind, nochmals in der Hauptverhandlung hören kann356. 360 Vgl. RGSt. Bd. 64 S. 432, Bd. 65 S. 330; R G in JW 1931 S. 3560; OGHSt. Bd. 3 S. 141 (143); BayObLG 1951 S. 73. 361 RGSt. Bd. 7 S. 77, Bd. 12 S. 336, Bd. 29 S. 368, Bd. 39 S. 259; RG in JW 1931 S. 2823; R G in HRR 1939 Nr. 1283. 352 R G in JW 1930 S. 926. 363 RGSt. Bd. 43 S. 397, Bd. 47 S. 417, Bd. 69 S. 12; BGHSt. Bd. 7 S. 153 u. S. 276, Bd. 16 S. 374. 354 RG in GA Bd. 38 S. 342. 366 RGSt. Bd. 31 S. 187, Bd. 33 S. 77; BGHSt. Bd. 6 S. 292. 368 BDH 26.1. 61 — III D 18/59 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 314 (LS).
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§79
Das Beweisrecht
f) Als w a h r u n t e r s t e l l t e T a t s a c h e n Der Beweisantrag darf abgelehnt werden, wenn eine erhebliche Tatsache die zur Entlastung des Beamten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre sie wahr (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Es kann sich hier nur um solche Tatsachen handeln, die z u g u n s t e n des B e a m t e n vorgebracht werden. Als wahr unterstellt gilt eine Tatsache vor allem dann, wenn sie nicht zu widerlegen ist367. Unabhängig hiervon ist die Beweiswürdigung der als erwiesen wahr geltenden Tatsache zu betrachten; diese unterliegen der gleichen Beweiswürdigung wie die bewiesenen Tatsachen358. So bleibt es auch dem Untersuchungsführer unbenommen, eine Tatsache als erweislich wahr anzusehen und einen entsprechenden Beweisantrag abzulehnen, da er damit noch nicht in die dem Disziplinargericht vorbehaltene Beweiswürdigung eintritt. Dieses ist bei der Würdigung der als wahr unterstellten Tatsache frei und nicht an die Auffassung dessen gebunden, der den Beweisantrag gestellt hat369. Die behauptete Tatsache darf nicht in der Weise als wahr unterstellt werden, daß der Untersuchungsführer bzw. das Disziplinargericht annimmt, daß der Zeuge das bekunden werde, was der Antragsteller behauptet, daß sich die vernehmende Stelle jedoch die Entscheidung vorbehält, ob die behauptete Tatsache für wahr zu erachten sei oder nicht 360 . Die behauptete Tatsache muß in ihrem wirklichen Sinne und vollen Inhalt ohne jede Einengung oder Verschiebung oder sonstige Änderung erfaßt werden 361 . g) U n e r r e i c h b a r k e i t des B e w e i s m i t t e l s Der Beweisantrag darf abgelehnt werden, wenn das Beweismittel unerreichbar ist (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Kann das Beweismittel nur mit Mühe erreicht werden, so ist es immerhin noch erreichbar 362 . Der Zeuge ist unerreichbar, wenn sich sein Aufenthalt dauernd nicht ermitteln läßt 363 . Unerreichbar ist ein an einem bestimmten Ort des Auslandes sich aufhaltender Zeuge, dessen Vernehmung jedoch nicht herbeigeführt werden kann 364 . Gleiches gilt auch für einen Zeugen, der im Ausland lebt und dort vernommen, der aber nach seiner Vernehmung in nicht rechtsstaatlicher Weise verfolgt werden kann 365 . Unerreichbar ist ein Zeuge erst dann, nachdem die vernehmende Stelle vergeblich ernsthafte Nachforschungen angestellt hat366. 367 RGSt. Bd. 35 S. 390, Bd. 39 S. 231, Bd. 46 S. 279, Bd. 65 S. 330; RG in GA Bd. 59 S. 316; RG in Recht 1914 Nr. 2807 und Nr. 3067. 358 OGHSt. Bd. 1 S. 2030; L o w e - R o s e n b e r g Anm. 29d zu §244 StPO. 369 BGH 4 StR 365/56 in DAR 1957 S. 68. 360 RGSt. Bd. 49 S. 45, Bd. 51 S. 3; RG in LZ 1915 S. 1670, 1917 S. 65, 1919 S. 908; RG in JW 1917 S. 51, 1929 S. 2738, 1930 S. 3773, 1931 S. 1815; OLG Kiel in SchlHA 1948 S. 83; L o w e - R o s e n b e r g Anm. 29c zu § 244 StPO. 361 RG in J W 1913 S. 163, 1922 S. 1033, 1929 S. 114, 1930 S. 1971 u. S. 3325, 1931 S. 1039, S. 1815 u. S. 3032, 1932 S. 3101, 1936 S. 1132; RG in HRR 1940 Nr. 841; BGH 22. 9. 53 — 5 StR 138/53 —; L o w e - R o s e n b e r g Anm. 29c zu § 244 StPO. 362 RG in HRR 1942 Nr. 133. 363 RGSt. Bd. 38 S. 257, Bd. 52 S. 43, Bd. 53 S. 197; RG in Recht 1905 Nr. 2517; RG in JW 1914 S. 433, 1937 S. 1610. 364 RG in DRZ 1927 Nr. 247; RG in JW 1928 S. 2251; RG in HRR 1938 Nr. 1522; OLG Dresden in J W 1931 S. 1136; RGSt. Bd. 63 S. 383; BGHSt. Bd. 13 S. 300. 366 OLG Braunschweig in NJW 1953 S. 637; BGH 18. 6. 53 — 5 StR 184/53 —; OLG Celle in GA 1957 S. 180. 366 RG in HRR 1934 Nr. 1426, 1937 Nr. 1483, 1938 Nr. 790.
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Durchführung der Beweisaufnahme
§79
h) U n g e e i g n e t h e i t des B e w e i s m i t t e l s Ein Beweisantrag darf abgelehnt werden, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Dies ist der Fall, wenn eine für die Sache verwertbare Aussage von einem Zeugen keineswegs zu erwarten ist367, z. B. wenn der Zeuge zur Zeit der Tat völlig trunken368 oder wenn er so geistesgestört war, wenn er den Hergang der Tat gar nicht erfassen konnte369. Ebenso kann jemand als Zeuge dann ungeeignet sein, wenn er über einen völlig nebensächlichen Vorgang, der für ihn ohne Interesse war, nach mehreren Jahren aussagen soll370. Ein Zeuge ist ungeeignet, wenn er von vornherein zu erkennen gegeben hat, daß er von dem ihm zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen wird 371 . Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen berechtigen noch nicht zur Annahme der Ungeeignetheit372. Als ungeeignet kann jedoch ein Zeuge angesehen werden, der wegen Eidesverletzung wiederholt bestraft worden ist 373 oder zum Beamten in einem besonderen Verhältnis (Ehe, Verwandtschaft, Verlöbnis) steht oder dringend tatverdächtig ist374 oder zum Beamten in seelischer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit steht375. i) H i n r e i c h e n d e S a c h k u n d e der v e r n e h m e n d e n S t e l l e bei f a c h kundigen Fragen Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn der Untersuchungsführer bzw. das Disziplinargericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt (vgl. § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Besondere Vorsicht ist hierbei im Verlaufe der Untersuchung geboten, sofern über die Sachkunde allein der Untersuchungsführer, voraussichtlich jedoch nicht das Disziplinargericht verfügen wird; ist es nicht möglich, auf die fachkundlichen Fragen im Abschlußbericht einzugehen, so kommt eine Ablehnung des Antrages auf Vernehmung eines Sachverständigen nicht in Frage. k) E r w i e s e n h e i t auf Grund eines f r ü h e r e n S a c h v e r s t ä n d i g e n g u t achtens Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist (§ 244 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO). Dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, 367 RGSt. Bd. 46 S. 385, Bd. 47 S. 105, Bd. 52 S. 178, Bd. 58 S. 380, Bd. 63 S. 331; RG in JW 1932 S. 404 u. S. 3097. 368 RGSt. Bd. 33 S. 404; RG in Recht 1920 Nr. 526. 369 Vgl. RGSt. Bd. 58 S. 396; RG in JW 1932 S. 3268. 3 7 0 RGSt. Bd. 54 S. 181, Bd. 56 S. 134, Bd. 58 S. 380; RG in GA Bd. 71 S. 130. 3 7 1 RG in HRR 1937 Nr. 615. 372 RGSt. Bd. 31 S. 140, Bd. 74 S. 149, Bd. 75 S. 14; RG in GA Bd. 54 S. 303, Bd. 60 S. 420; RG in HRR 1939 Nr. 359 und Nr. 1209; RG in DRZ 1928 Nr. 419. 373 RGSt. Bd. 46 S. 385. 374 RGSt. Bd. 31 S. 139, Bd. 46 S. 385, Bd. 56 S. 140, Bd. 63 S. 331; RG in Recht 1903 Nr. 9 1 1 , 1 9 1 8 Nr. 828; RG in LZ 1917 S. 608; RG in GA Bd. 59 S. 316; OLG Hamm in HESt. Bd. 3 S. 44. 376 RGSt. Bd. 46 S. 385, Bd. 63 S. 323; RG in Recht 1912 Nr. 1116; RG in J W 1912 S. 846, 1917 S. 235, 1925 S. 371, 1927 S. 2576, 1932 S. 404; RG in HRR 1935 Nr. 476; OLG Dresden in JW 1931 S. 239.
20 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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§79
Das Beweisrecht
wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen (§ 244 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO). 1) N i c h t e r f o r d e r l i c h k e i t des A u g e n s c h e i n s Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist (§ 244 Abs. 5 StPO). Dies kommt vor allem dann in Frage, wenn auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme die Wahrheit bereits hinreichend erforscht ist. Nach den Grundsätzen des Augenscheinsbeweises richtet sich das A b s p i e l e n v o n T o n b ä n d e r n zum Zwecke des Beweises376. Das Tonband wird erst dann zum wertvollen Beweismittel, wenn durch Angaben des Beamten oder Bekundungen von Zeugen die Beziehungen des Tonbandes zum Gegenstand des Verfahrens geklärt werden können377. 5. E n t s c h e i d u n g ü b e r B e w e i s a n t r ä g e Die vernehmende Stelle — Dienstvorgesetzter, Untersuchungsführer und Disziplinargericht — prüfen die Zulässigkeit des gestellten Beweisantrages. Hierbei sind die unter 4a bis 1 angeführten Ablehnungsgründe zu prüfen, indem sich die Ablehnung zwangsläufig nur aus den unter a) angeführten Gründen ergibt. In den übrigen Fällen prüft die vernehmende Stelle, ob trotz des Vorliegens der in § 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 und 5 StPO genannten Ablehnungsgründe dennoch dem Beweisantrage stattgegeben werden soll. Die vernehmende Stelle kann einen Beweisantrag nur unter den Voraussetzungen des § 244 Abs. 2 bis 5 StPO ablehnen. Deshalb wäre eine Ablehnung unzulässig, weil die zu beweisenden Tatsachen angeblich unwahrscheinlich oder erdichtet sind378 oder im Widerspruch zu einem früheren Geständnis stehen379 oder dem Zeugen kein Glauben geschenkt werden kann 380 oder durch ihn keine weitere Aufklärung zu erwarten ist 381 oder das Gegenteil bereits von dem erwiesen ist, was der Zeuge bekunden soll388, oder die zu beweisende Tatsache die Entscheidung nicht beeinflussen kann 383 , weil die Entscheidung nach § 244 StPO noch keine Beweiswürdigung enthalten darf. Über den Beweisantrag entscheidet im Vorermittlungsverfahren der Dienstvorgesetzte bzw. der von ihm beauftragte Ermittlungsführer, im Untersuchungsverfahren der Untersuchungsführer, nach Einreichung der Anschuldigungsschrift bis zu Beginn der Hauptverhandlung der Vorsitzende des erstinstanzlichen Gerichts und in der Hauptverhandlung das Disziplinar376 Vgl. L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 37 zu § 244 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 78ff. zu § 244 StPO; K o h l h a a s in DRiZ 1955 S. 80 und in NJW 1957 S. 81; S i e g e r t in GA 1957 S. 265; Feldmann in NJW 1958 S. 1166 u. S. 1478; Henkel in JZ 1957 S. 148. 8 . 7 BGHSt. Bd. 14 S. 339 (341); L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 37 zu §244 StPO. 3 . 8 RG in HRR 1926 S. 764. 3 . 9 RG in GA Bd. 59 S. 121; RG in JW 1925 S. 2782; BayrObLG in NJW 1950 S. 316. 3 8 0 RG in GA Bd. 70 S. 333; RG in JW 1930 S. 933; RG in HRR 1936 Nr. 82; OLG Dresden in J W 1930 S. 666; BGH in NJW 1952 S. 191. 3 8 1 RG in LZ 1924 S. 41. 3 8 2 RGSt. Bd. 1 S. 189, Bd. 14 S. 278, Bd. 21 S. 227, Bd. 39 S. 364, Bd. 44 S. 298, Bd. 47 S. 105; RG in GA Bd. 57 S. 212; RG in LZ 1914 S. 1396 u. S. 1722; RG in Recht 1917 Nr. 1197, 1926 Nr. 226; RG in JW 1923 S. 994, 1930 S 931 u S. 3417; RG in HRR 1936 Nr. 82; OLG Kiel in SchlHA 1946 S. 451; OLG Celle in NJW 1948 S. 394. 3 8 3 RG in HRR 1937 Nr. 1360, 1939 Nr. 1565.
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Durchführung der Beweisaufnahme
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gericht durch Gerichtsbeschluß; der Vorsitzende kann im Rahmen der Verhandlungsleitung (§238 StPO) einem Beweisantrag nur stattgeben, wenn die Beweiserhebung alsbald oder nach einer kürzeren Unterbrechung (§ 228 Abs. 1 Satz 2 StPO) erfolgen kann384, oder einen Beweisantrag ablehnen, der nach seiner Zurückweisung durch das Disziplinargericht abermals ohne neue Begründung gestellt worden ist386. In den übrigen Fällen muß das Disziplinargericht entscheiden; die Möglichkeit, daß zunächst der Vorsitzende und erst auf ausdrücklichen Antrag über die Ablehnung des Beweisantrages das Gericht entscheidet, kennt die StPO nicht386. Auf Verlangen ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde, dem Beamten und dem Verteidiger vorher Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben (§§ 33 Abs. 3, 257a StPO). Die Entscheidung der ablehnenden Stelle ist mit einer Begründung dem Antragsteller bekanntzugeben, es sei denn, daß er hierauf verzichtet387. Aus der Begründung müssen die rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen für die Ablehnung zu ersehen sein, damit der Beamte seine weitere Verteidigung danach einrichten kann, insbesondere wenn er die disziplinargerichtliche Entscheidung mit der Berufung angreift 388 . Ein Verstoß gegen die Verpflichtung, dem Antragsteller die Ablehnungsgründe bekanntzugeben, wird nicht dadurch geheilt, daß in den Urteilsgründen hierauf eingegangen wird, und so eine Aufhebung der Entscheidung im Falle der Berufung mit der Begründung möglich ist, daß es dem Antragsteller im Verlaufe der Hauptverhandlung nicht ermöglicht war, seine Belange entsprechend wahrzunehmen389. Ist aus dem Verhalten des Antragstellers zu ersehen, daß er über seinen Beweisantrag nicht unterrichtet werden will, so kann allerdings erst in den Urteilsgründen darauf eingegangen werden, aus welchen Gründen dem Antrage nicht entsprochen worden ist 390 . Die vernehmende Stelle kann, wenn sie einem Beweisantrag entsprochen hat, denselben dennoch später durch einen begründeten Gerichtsbeschluß wieder ablehnen391. Auch umgekehrt kann eine Beweisaufnahme nachgeholt werden, obgleich dieselbe zuvor abgelehnt worden war 392 . 6. B e h a n d l u n g v e r s p ä t e t e i n g e b r a c h t e r B e w e i s a n t r ä g e Eine B e w e i s e r h e b u n g darf n i c h t deshalb a b g e l e h n t werden, w e i l das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache zu spät v o r g e b r a c h t RGSt. Bd. 2 S. 194, Bd. 18 S. 23; RG in LZ 1914 S. 1863, 1918 S. 1330. RGSt. Bd. 31 S. 62. 3 8 6 BDH 8 . 1 . 60 — I D 68/58 — in NDBZ 1960 S. 224 = L i n d g e n Teil IV Nr. 401. 8 8 7 RGSt. Bd. 13 S. 317, Bd. 51 S. 42, Bd. 58 S. 80, Bd. 61 S. 376; RG in Recht 1917 Nr. 959; RG in JW 1927 S. 2043 u. 1929 S. 1046. 3 8 8 RG in JW 1922 S. 587, 1929 S. 2738, 1934 S. 2476; RG in HRR 1939 Nr. 216; BayrObLG in NJW 1950 S. 316; OGHSt. Bd. 3 S. 141; OLG Frankfurt in NJW 1952 S. 638; BGHSt. Bd. 1 S. 29 (32); BGH in NJW 1953 S. 35 (36). 3 8 9 RG in LZ 1917 S. 65; RG in JW 1916 S. 1026, 1917 S. 1540, 1926 S. 1222, 1929 S. 1046; RG in HRR 1938 Nr. 1381, 1939 Nr. 216; BGH in NJW 1951 S. 368; BayrObLG in NJW 1952 S. 1387. 8 9 0 RGSt. Bd. 55 S. 109, Bd. 57 S. 262, Bd. 59 S. 429, Bd. 62 S. 76, Bd. 65 S. 351, RG in Recht 1913 Nr. 442 u. Nr. 443; 1918 Nr. 827; RG in LZ 1914 S. 593; RG in JW 1920 S. 653, 1927 S. 1491, 1930 2793; BayrObLG in JW 1925 S. 2332; K G in GA Bd. 72 S. 44. 3 9 1 RGSt. Bd. 31 S. 137; RG in JW 1931 S. 1610; BGHSt. Bd. 13 S. 300. 392 RG in JW 1915 S. 720. 384
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worden ist (§ 246 Abs. 1 StPO). Mit Rücksicht auf den auch im Disziplinarrecht geltenden Grundsatz der Erforschung der Wahrheit kann ein Beweismittel bis zum Beginn der Urteilsverkündung vorgebracht werden 393 . Ist jedoch ein zu vernehmender Zeuge oder Sachverständiger dem Gegner des Antragstellers so spät namhaft gemacht oder eine zu beweisende Tatsache so spät vorgebracht worden, daß es dem Gegner an der zur Einziehung von Erkundigungen erforderlichen Zeit gefehlt hat, so kann er bis zum Schluß der Beweisaufnahme die Aussetzung der Hauptverhandlung zum Zwecke der Erkundigung beantragen (§ 246 Abs. 2 StPO). Dieselbe Befugnis haben der Bundesdisziplinaranwalt bzw. der Vertreter der Einleitungsbehörde und der Beamte bei den auf Anordnung des Untersuchungsführers bzw. des Vorsitzenden oder des Disziplinargerichts geladenen Zeugen oder Sachverständigen (§ 246 Abs. 3 StPO). Uber die Anträge entscheidet der Untersuchungsführer bzw. das Disziplinargericht nach freiem Ermessen (vgl. § 246 Abs. 4 StPO). Auf Verlangen ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde, dem Beamten und dem Verteidiger vorher Gelegenheit zur Abgabe von Gegenerklärungen zu geben ( § § 3 3 Abs. 1 bis 3, 257a StPO). C. Weitere Beweiserhebungen durch das Disziplinargericht Der Schwerpunkt der Beweisaufnahme liegt im Disziplinarverfahren in der Untersuchung (§§ 56ff. BDO — §§ 44ff. BDO a. F. —). Wenn auch im Disziplinarverfahren der das Strafverfahren beherrschende Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht gilt, so ist das Disziplinargericht — abgesehen vom Falle des § 68 BDO i. d. F. der Novelle (S. 300) — nicht gehindert, Zeugen selbst zu vernehmen, wenn es dies im Interesse der materiellen Wahrheit für erforderlich hält; trotzdem bildet die Vernehmung von Zeugen in der Hauptverhandlung im Disziplinarverfahren die Ausnahme 394 . Nach § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. —, § 65 Abs. 3 LDO BW, Art. 62 Abs. 3 DStO Bayr., § 61 Abs. 3 LDO Bln., § 61 Abs. 3 DStO Brm., § 61 Abs. 3 DO Hmb., § 66 Abs. 3 HDO, § 72 Abs. 3 NDO, § 67 Abs. 3 DO NW, § 69 Abs. 3 LDO Rh.-Pf., § 61 Abs. 3 DStO Saar und § 63 Abs. 3 DStO Schl.-Hol. kann das Disziplinargericht, wenn es weitere Beweiserhebungen für notwendig hält, neue Zeugen und Sachverständige vernehmen oder vernehmen lassen. Hierbei handelt es sich um eine Kannvorschrift, so daß es in das f r e i e E r m e s s e n des D i s z i p l i n a r g e r i c h t s g e s t e l l t ist, ob es über die im gegenstandsgleichen Strafverfahren und über die in der Untersuchung erhobenen Beweise hinaus weiteren Beweis erheben will. Im Gegensatz zum Untersuchungsführer ist das Disziplinargericht auch nicht an Beweisanträge des Bundesdisziplinaranwalts bzw. des Vertreters der Einleitungsbehörde gebunden. Eine weitere Beweiserhebung wird dann in Frage kommen, wenn das Disziplinargericht nach dem bisher vorliegenden Beweisergebnis von der Schuld des Beamten wohl überzeugt ist, jedoch weitere Beweismittel Zweifel an der bisher gewonnenen Überzeugung aufkommen lassen 396 . Die 393 RGSt. Bd. 59 S. 240, Bd. 66 S. 88; RG in DJZ 1908 S. 973; RG in G A Bd. 44 S. 37, Bd. 55 S. 317, Bd. 59 S. 343; RG in JW 1912 S. 947, 1924 S. 974. 3 9 4 BGH 26.1. 61 — III D 18/59 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 314 (LS). 396 BGH in NJW 1955 S. 1408.
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Vernehmung eines Zeugen wird dann ausscheiden, wenn die frühere Beweisaufnahme im Untersuchungsverfahren oder im gegenstandsgleichen Strafverfahren ordnungsgemäß durchgeführt war. Benennt der Beamte ein neues Beweisthema, so wird dem Beweisantrag stattzugeben sein, sofern das Beweisthema für die Feststellung der Schuld des Beamten von Bedeutung ist. Ist der Zeuge im früheren Verfahren nicht beeidet worden und will der Beamte mit der erneuten Ladung des Zeugen nur erreichen, daß derselbe nunmehr auf seine frühere Aussage vereidigt wird, so ist der Beweisantrag abzulehnen, zumal nach § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — im Disziplinarverfahren die Vereidigung von Zeugen die Ausnahme bildet396. Im allgemeinen wird es sich bei der Anordnung weiterer Beweiserhebungen um nicht erschienene Zeugen und Sachverständige oder bisher noch nicht beim Disziplinargericht vorliegende Urkunden oder um die Einnahme eines neuen Augenscheins handeln. Hierbei ist es gleichgültig, ob die Zeugen oder Sachverständigen bereits in einem Vorermittlungsverfahren, in der Untersuchung oder in einem anderen Verfahren, wie z. B. im gegenstandsgleichen ordentlichen Strafverfahren, vernommen worden sind; lediglich ist notwendig, daß das Disziplinargericht die weitere Beweiserhebung für notwendig hält. Die weitere Beweiserhebung kann nur durch das Disziplinargericht, nicht jedoch durch den Vorsitzenden angeordnet werden. Auf Verlangen ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde, dem Beamten und dem Verteidiger vorher Gelegenheit zur Abgabe von Gegenerklärungen zu geben (§§33 Abs. 1 bis 3, 257a StPO). Für die Erhebung der noch notwendig erscheinenden Beweise stehen nach § 76 Abs. 3 BDO — § 63 Abs. 3 BDO a. F. — und den o. a. gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen dem Disziplinargericht folgende drei Möglichkeiten offen: 1. Es erhebt die Beweise selbst. 2. Es beauftragt ein Mitglied mit der Beweiserhebung 397 ; nach § 74 Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle nach kann es den Vorsitzenden der Kammer und im Falle der erweiterten Besetzung den weiteren Berufsrichter — also nicht mehr einen Beamtenbeisitzer — beauftragen. 3. Es kann eine andere Behörde, insbesondere das Amtsgericht im Wege des Rechtshilfeersuchens angehen; diesen Weg wird es nur dann beschreiten, wenn dem noch zu vernehmenden Zeugen wegen zu großer Entfernung das Erscheinen vor dem Disziplinargericht nicht zugemutet werden kann. Da die Beweisaufnahme im Falle des § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. — und der entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen immer Bestandteil der Hauptverhandlung ist, sind der Bundesdisziplinaranwalt bzw. der Vertreter der Einleitungsbehörde, die Einleitungsbehörde, der Beamte und sein Verteidiger auch dann zu laden, wenn der Beweis vor dem beauftragten oder ersuchten Richter erhoben werden soll398. Es gilt also auch hier im vollen Umfange Parteienöffentlichkeit. Im allgemeinen wird die Hauptverhandlung unterbrochen werden, wenn die Zeugen vor dem Disziplinargericht vernommen werden sollen und DokBer. Nr. 1519. 397 p r o v G in RuPrVBl. Bd. 50 S. 31. aas p r O Y G Bd. 80 S. 429. 396
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ihre Ladung in kurzer Zeit möglich ist; hierbei ist zu beachten, daß die Unterbrechung die Dauer von 10 Tagen nicht überschreiten darf (vgl. § 229 StPO). In den sonstigen Fällen ist die Hauptverhandlung zu vertagen. Zu der neuen Hauptverhandlung sind die Verfahrensbeteiligten zu laden. Ist der Vorsitzende in der Lage, bereits in der zu vertagenden Hauptverhandlung einen neuen Termin zu benennen, so kann die Ladung in diesem Falle mündlich ausgesprochen werden (vgl. W Nr. 3 zu § 23 BDO). Wird ein neuer Termin zur Hauptverhandlung angesetzt, so ist die Ladungsfrist des § 58 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 71 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle und der gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen zu beachten. D. Behandlung präsenter Beweismittel In der Hauptverhandlung werden die Zeugen, ganz gleich ob sie förmlich vorgeladen oder von den Beteiligten gestellt worden sind, nur dann vernommen, wenn nicht der Beamte und der Bundesdisziplinaranwalt bzw. der Vertreter der Einleitungsbehörde auf die Vernehmung verzichten oder das Gericht sie für unerheblich erklärt ( § 7 4 Abs. 2 BDO — § 61 Abs. 2 BDO a. F. —, §65 Abs.2 LDOBW, Art. 62 Abs. 2 DStOBayr., [hier muß der Beschluß, durch den die Aussage für unerheblich erklärt wird, begründet werden], §61 LDOBln., §61 Abs. 2DStOBrm., §61 Abs. 2DOHmb., §66 Abs.2 HDO [Abstandnahme von der Vernehmung nur bei Verzicht der Beteiligten, jedoch nicht, wenn das Gericht die Aussage für unerheblich hält], § 72 Abs. 2 Satz 1 NDO [Abstandnahme nur bei Verzicht der Beteiligten]; hat der Vorsitzende nach § 66 Abs. 3 NDO von der Ladung der Zeugen abgesehen, so entscheidet die Disziplinarkammer, ob dem Antrage auf Vernehmung der Zeugen stattzugeben ist [§ 72 Abs. 2 Satz 2 NDO], § 67 Abs. 2 DO NW, § 69 Abs. 2 LDO Rh.-Pf., § 61 Abs. 2 DStO Saar und § 63 Abs. 2 DStO Schl.-Hol.). Unerheblich ist eine Tatsache, wenn der Beweis bereits erbracht oder für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, oder wenn eine an sich erhebliche Behauptung, die der Entlastung des Beamten dienen soll, so behandelt werden kann, als wäre sie wahr, oder wenn die Tatsache offenkundig oder das Beweismittel völlig ungeeignet ist; hierüber muß das Disziplinargericht beschließen, wobei der Beschluß zu begründen ist. Verzichten müssen auf das Beweismittel sowohl der Bundesdisziplinaranwalt bzw. der Vertreter der Einleitungsbehörde als auch der Beamte; es genügt nicht, daß derjenige allein verzichtet, der das Beweismittel benannt oder herbeigebracht hat. Handelt es sich um mehrere Beamte, so müssen sämtliche den Verzicht erklären, sofern das Beweismittel nicht einen einzelnen Beamte allein berührt 399 . Verzichtet der Verteidiger in Gegenwart des Beamten, so gilt dies auch als dessen Verzicht, sofern er keinen Widerspruch erhebt 400 ; dies gilt im umgekehrten Verhältnis auch für den in Gegenwart des Verteidigers erklärten Verzicht des Beamten401. Der Verzicht kann auch durch konkludente Handlungen erklärt werden. Haben jedoch der Beamte oder der Bundesdisziplinaranwalt bzw. der Vertreter der Einlei399 400 401
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RGSt. Bd. 10 S. 300. RGSt. Bd. 1 S. 198; RG in JW 1926 S. 2760. RGSt. Bd. 16 S. 376.
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tungsbehörde sich nicht gegen die Unterlassung der Beweiserhebung verwahrt, so stellt dies dann keinen Verzicht dar, wenn das Disziplinargericht versäumt hat, sich durch eine an die Beteiligten gerichtete Aufforderung davon zu überzeugen, ob sie mit dem Nichtgebrauch herbeigeschaffter Beweismittel einverstanden sind402. Der Verzicht kann auch auf einen Teil des Beweismittels erstreckt werden 403 . Hat der Zeuge über ein Ereignis noch nicht erschöpfend ausgesagt, so kann auf seine weitere Aussage nicht verzichtet werden, da dies die dem Gericht obliegende Aufklärungspflicht erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen würde. So scheidet auch eine bloße sog. informatorische und der Verzicht auf eine endgültige Vernehmung aus, wenn die Aussage für die Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist. Der Verzicht muß endgültig und vorbehaltlos erklärt werden; dies schließt nicht aus, ihn unter bestimmten Bedingungen oder unter einem Vorbehalt zu erklären404. Der Verzicht ist unwiderruflich, wenn sich auch die Beteiligten des Beweismittels im weiteren Verfahren, wie z. B. in der Berufungsverhandlung, weiter bedienen können, wobei sie dann aber einen ausdrücklichen Beweisantrag stellen müssen405. Der Verzicht muß in der Niederschrift festgelegt werden. Da § 61 Abs. 2 BDO, BDO i. d. F. der Novelle und die gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen die Behandlung präsenter Beweismittel abschließend regeln, bleibt für die Anwendung des § 245 StPO im Disziplinarrecht kein Raum mehr408. E. Leitung der Beweisaufnahme und Ausübung des Fragerechts Die Aufnahme des Beweises erfolgt in den Vorermittlungen durch den Dienstvorgesetzten oder den von ihm benannten Ermittlungsführer, in der Untersuchung durch den Untersuchungsführer und in der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden des Gerichts (vgl. § 238 Abs. 1 StPO). Der Vorsitzende kann die Durchführung der Beweiserhebung nicht einem Beamtenbeisitzer übertragen, selbst wenn dieser rechtskundig ist. Auf Verlangen ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde und dem Verteidiger Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben (§ 257 a StPO). Die Beamtenbeisitzer, der Bundesdisziplinaranwalt bzw. der Vertreter der Einleitungsbehörde, der Beamte und der Verteidiger haben das Recht, an die Zeugen und Sachverständigen einzelne Fragen zu richten (vgl. § 240 Abs. 1 und 2 StPO). Das Fragerecht kann unbeschränkt ausgeübt werden, wobei es sich aber nur auf einzelne Fragen erstrecken kann. Die Fragen müssen die Beisitzer, der Bundesdisziplinaranwalt, der Beamte und der Verteidiger selbst an die Zeugen und Sachverständigen richten; jedoch kann auch der Untersuchungsführer bzw. der Voristzende des Gerichts die Fragen dem Zeugen stellen, wenn er sie für zweckdienlich hält407. Die Fragen können 402 RGSt. Bd. 4 S. 398; RG in JW 1922 S. 1585; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5c zu §245 StPO). 403 RG in GA Bd. 48 S. 308. 404 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 5c zu §245 StPO; Eb. Schmidt Anm. 19 zu §245 StPO. 405 OLG Hamm in GA Bd. 71 S. 189. 408 W i t t l a n d Anm. 12 und 22 zu § 61 RDStO; BDH 9. 5. 63 — I D 61/62 — BDHE Bd. 6 S. 24. 4 0 ' RGSt. Bd. 29 S. 147.
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sich bei Zeugen immer nur auf die Wahrnehmung von Tatsachen beziehen; eine Gutachterfrage an den Zeugen zu richten, ist unzulässig408. Der Vorsitzende kann ungeeignet erscheinende oder nicht zur Sache gehörende Fragen zurückweisen (vgl. § 241 Abs. 2 StPO). Die Zurückweisung kann sich immer nur auf Einzelfragen, jedoch nicht auf die Befragung als Ganzes beziehen409. Im allgemeinen hat der Untersuchungsführer bzw. der Vorsitzende des Gerichts zu begründen, warum er eine Frage als unsachlich zurückweist. Die Beteiligten haben das Recht, gegen seine Maßnahme nach § 238 Abs. 2 StPO vorzugehen. Gleiches gilt auch bei der Zurückweisung ungeeigneter Fragen. Ungeeignet sind schon beantwortete und sog. Suggestivfragen; dies gilt auch für Fragen, die den Zeugen unnötig bloßstellen410 oder sich auf seine religiöse oder politische Gesinnung 411 oder auf seine Vorstrafen 412 oder auf sein Liebesleben 413 beziehen. Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet in der Hauptverhandlung das Disziplinargericht (§ 242 StPO). Auch bei solchen Fragen, die an den Beamten gerichtet werden, gilt § 242 StPO414. Dies gilt auch für Fragen des Vorsitzenden und der richterlichen Beisitzer in der 2. Instanz, wenn einer der Beteiligten sie für unzulässig erachtet415. F. Kreuzverhör Die Vernehmung der vom Bundesdisziplinaranwalt bzw. Vertreter der Einleitungsbehörde und dem Beamten benannten Zeugen und Sachverständigen ist dem Bundesdisziplinaranwalt und dem Verteidiger auf deren übereinstimmenden Antrag von dem Untersuchungsführer bzw. dem Vorsitzenden des Gerichts zu überlassen (vgl. § 239 Abs. 1 Satz 1 StPO). Bei den vom Bundesdisziplinaranwalt benannten Zeugen und Sachverständigen hat dieser, bei den vom Beamten benannten der Verteidiger in erster Reihe das Recht zur Vernehmung (§ 239 Abs. 1 Satz 2 StPO). Der Untersuchungsführer und der Vorsitzende des Disziplinargerichts haben auch nach dieser Vernehmung die ihm zur weiteren Aufklärung der Sache erforderlich scheinenden Fragen an die Zeugen und Sachverständigen zu richten (§ 239 Abs. 2 StPO). Die Durchführung des Kreuzverhörs setzt voraus, daß der Beamte einen Verteidiger bestellt hat, weil das Recht hierzu nur ihm und dem Bundesdisziplinaranwalt zusteht. Es kommt auf Antrag des Verteidigers bzw. des Bundesdisziplinaranwalts in Frage, dem der Vorsitzende stattzugeben hat. Der Antrag ist vor Beginn der Vernehmung zu stellen. Ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen kann der Vorsitzende zurückweisen (vgl. § 241 Abs. 2 StPO). Die Unerheblichkeit der Tatsache berechtigt noch nicht zur Zurückweisung 416 . 408 409 410 411 412 413 414 415
S. 1106.
BGH in JZ 1951 S. 791. RGSt. Bd. 38 S. 57. RG in DJZ 1911 S. 1094. RG in JW 1932 S. 1094. RG in GA Bd. 53 S. 171. S c h w a r z Anm. 2 C zu §241 StPO. RGSt. Bd. 47 S. 139. BGHSt. in NJW 1951 S. 283; OGHSt. Bd. 1 S. 357; BayrObLG in NJW 1952
416 RGSt. Bd. 8 S. 161, Bd. 21 S. 236; RG in DJZ 1908 S. 1107, 1920 S. 316; RG in Recht 1914 Nr. 2355, 1918 Nr. 651; RG in NJW 1929 S. 259, 1931 S. 2822; BGH Bd. 2 S. 284 (288).
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G. Ausschluß des Beamten von der Beweiserhebung Im Vorermittlungsverfahren hat der Beamte keinen Anspruch, den durch den Dienstvorgesetzten durchgeführten Beweiserhebungen beizuwohnen. In der Untersuchung kann der Beamte an den Beweiserhebungen teilnehmen (§ 61 Abs. 1 Satz 1 BDO — § 49 Abs. 1 Satz 1 BDOa.F.). Zur Teilnahme an den Beweiserhebungen, die mit Rücksicht auf eine Gegenüberstellung mit den Zeugen geboten erscheinen könnte, kann er nicht gezwungen werden. Auf die Verlegung des Termins wegen Verhinderung hat der Beamte keinen Anspruch (vgl. § 195 Abs. 5 StPO). Von der Teilnahme kann er ausgeschlossen werden, wenn der Untersuchungsführer dies aus besonderen dienstlichen Gründen oder mit Rücksicht auf den Untersuchungszweck für erforderlich hält; der Beamte ist jedoch über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu unterrichten (vgl. § 49 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 61 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle, § 53 Abs. 1 Satz 3 LDO BW, Art. 50 Abs. 1 Satz 3 DStO Bayr., § 49 Abs. 1 Satz 3 LDO Bin , § 49 Abs. 1 Satz 3 DStO Brm., § 49 Abs. 1 Satz 3 DO Hmb., § 54 Abs. 1 Satz 3 HDO [hier: Ausschluß aus Gründen der Staatssicherheit oder mit Rücksicht auf den Untersuchungszweck], § 59 Abs. 1 Satz 3 NDO, § 55 Abs. 1 Satz 3 DO NW, § 57 Abs. 1 Satz 3 LDO Rh.-Pf., § 49 Abs. 1 Satz 3 DStO Saar und § 53 Abs. 1 Satz 3 DStO Schl.-Hol. [hier: Ausschluß nur mit Rücksicht auf den Untersuchungszweck]). Der Ausschluß des Beamten von den Beweiserhebungen kommt insbesondere dann in Frage, wenn zu befürchten ist, daß in seiner Gegenwart der Zeuge oder Sachverständige voraussichtlich keine wahrheitsgemäßen Angaben machen oder der Beamte ihn durch unsachliche Fragen verwirren oder versuchen wird, ihn zu beeinflussen. Der Ausschluß kommt für den jeweiligen Beweistermin oder für die ganze Dauer oder einen Teil der Vernehmung in Frage; bei einem erneuten Beweistermin ist eine abermalige Ausschließung des Beamten zulässig, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Vorher ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde, dem Beamten und dem Verteidiger Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben (vgl. § 33 Abs. 1, 257a StPO). Auf jeden Fall muß der Beamte nach Abschluß der Vernehmung über deren Ergebnis unterrichtet werden. In der Hauptverhandlung kann das Disziplinargericht den Beamten, wenn zu befürchten ist, daß ein anderer Beamter oder ein Zeuge bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Beamten die Wahrheit nicht sagen werde, während dieser Vernehmung aus dem Sitzungszimmer abtreten lassen (§ 247 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dies gilt auch für die Vernehmung durch den beauftragten oder ersuchten Richter417. Die Voraussetzungen des § 247 Abs. 1 Satz 1 StPO liegen dann noch nicht vor, wenn der Zeuge es lediglich wünscht, daß er seine Aussage in Abwesenheit des Beamten machen will 418 . Ist der Zeuge zeugnisverweigerungsberechtigt, so kann § 247 StPO bereits dann vorliegen, wenn er erklärt, daß er nur in Abwesenheit des Beamten aussagen wolle 419 . Dies gilt auch dann, wenn der Zeuge bei seiner Aussage in Gegenwart des Be417 418 419
L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 zu §247 StPO. RG in HRR 1938 Nr. 568. RG in HRR 1935 Nr. 1361.
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amten voraussichtlich infolge eines durch die Tat bedingten Nervenleidens zusammenbrechen wird 420 . § 247 StPO kommt auch bei der Vernehmung eines Sachverständigen in Betracht, wenn die Entfernung des Beamten aus zwingenden Gründen erforderlich ist 421 ; dies wäre z. B. der Fall, wenn ein Angehöriger des Bundesamtes für Verfassungsschutz ein Gutachten über die staatsfeindliche Haltung des Beamten abgeben soll. Dagegen kommt § 247 StPO nicht zur Anwendung, wenn es sich um die Verlesung einer Urkunde handelt422. Der Beamte kann auch solange aus dem Sitzungszimmer entfernt werden, wie Erörterungen über seinen geistigen oder körperlichen Zustand stattfinden, und ein erheblicher Nachteil für seine Gesundheit zu erwarten ist (§ 247 Abs. 1 Satz 2 StPO). Dies wird vor allem während der Vernehmung des Sachverständigen oder der Verlesung und Erörterung des Sachverständigengutachtens in Frage kommen. Hier reicht es aber auch schon aus, wenn das Disziplinargericht von sich aus in eine Erörterung des körperlichen und geistigen Zustandes des Beamten eintritt. Das Disziplinargericht muß über die Entfernung des Beamten aus dem Sitzungszimmer durch einen begründeten Beschluß entscheiden; der Vorsitzende kann den Ausschluß nicht von sich aus verfügen 423 . Vorher ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde, dem Beamten und dem Verteidiger Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben (vgl. §§ 33 Abs. l,-257a StPO). In dem Beschluß kann auch angeordnet werden, daß der Beamte während der Vernehmung mehrerer Zeugen ausgeschlossen werden soll424. Der Beamte kann schon bei der Befragung des Zeugen nach § 68 StPO ausgeschlossen werden426, nicht jedoch bei der Beeidigung 426 . Der Vorsitzende hat jedoch den Beamten, sobald dieser wieder vorgelassen ist, von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist (§ 247 Abs. 1 Satz 3 StPO). Hierauf kann der Beamte nicht wirksam verzichten. Über die Art der Mitteilung entscheidet der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen427. War der Beamte während der Vernehmung mehrerer Zeugen ausgeschlossen, so genügt eine einzige Mitteilung 428 . Die Mitteilung muß aber sofort nach dem Wiedereintritt des Beamten in die Verhandlung geschehen429. Der Beamte kann nach seinem Wiedereintritt gegenüber dem Zeugen, während dessen Vernehmung er ausgeschlossen war, sein Fragerecht ausüben430. 420 RGSt. Bd. 73 S. 355. S c h n e i d e r - N e u e n b u r g in DStR 1940 S. 146; L ö w e R o s e n b e r g Anm. 3c zu §247 StPO. 421 RGSt. Bd. 49 S. 40, Bd. 60 S. 179; RGin GABd. 47 S. 296; RG in JW 1935 S. 1861. 422 RGSt. Bd. 38 S. 433; RG in Recht 1912 S. 1863. 423 RGSt. Bd. 20 S. 273; RG in GA Bd. 48 S. 302; RG in HRR 1934 Nr. 999; BGHSt. Bd. 1 S. 346. 424 Vgl. RG in GA Bd. 48 S. 300. 425 RGSt. Bd. 38 S. 10. 426 RGSt. Bd. 39 S. 357; RG in Recht 1908 Nr. 369. 427 BGH 15. 1. 57 — 5 StR 459/56 — bei D a l l i n g e r in MDR 1957 S. 267. 428 RG in Recht 1914 Nr. 1203. 429 RGSt. Bd. 20 S. 23, Bd. 32 S. 120; RG in HRR 1934 Nr. 999; BGHSt. Bd. 3 S. 384, Bd. 15 S. 194. 430 RGSt. Bd. 54 S. 110.
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Die Anordnung des Ausschlusses und die Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Aussage an den Beamten ist in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen431. H. Entlassung der Zeugen und Sachverständigen Die vernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen sich nur mit Genehmigung oder auf Anweisung des Vorsitzenden von der Gerichtsstelle entfernen (§ 248 Satz 1 StPO). Diese Vorschrift gilt auch für die Untersuchung nach §§ 56 ff. BDO — §§ 44 ff. BDO a. F. Vorher ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde, dem Beamten und dem Verteidiger Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben (vgl. § § 3 3 Abs. 1, 257a StPO). Die Anwesenheit des Zeugen nach seiner Vernehmung kann sich als notwendig erweisen, um ihn erforderlichenfalls anderen Zeugen gegenüberzustellen, wenn ihre Aussagen voneinander abweichen. Soweit die Zeugen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, ist auf sie § 248 StPO nicht anwendbar 432 . Bevor der Vorsitzende von seiner Befugnis nach § 248 Satz 1 StPO Gebrauch macht, hat er den Bundesdisziplinaranwalt bzw. den Vertreter der Einleitungsbehörde und den Beamten zu hören (vgl. § 248 Satz 2 StPO). I. Verlesung von Schriftstücken Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke werden in der Hauptverhandlung verlesen (§ 249 Satz 1 StPO). Dies gilt insbesondere für früher ergangene Strafurteile, Straflisten und Auszüge aus Kirchenbüchern und Personenstandsregistern sowie Protokolle über die Einnahme eines richterlichen Augenscheins (§ 249 Satz 2 StPO). Für das Disziplinarverfahren kommen hier vor allem frühere Disziplinarentscheidungen und Auszüge aus den Personalakten in Frage. Überdies findet § 249 StPO auch in den Vorermittlungen und in der Untersuchung Anwendung. Der Begriff der Urkunde ergibt sich aus § 267 StGB. Im einzelnen siehe § 51 Bd. 1 S. 548 ff. Auch Abschriften, Fotokopien und Übersetzungen können verlesen werden. Unter § 249 StPO fallen u. a. fälschlich angefertigte Urkunden, die den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden, Briefe, Empfangsbekenntnisse, Zeitungsaufsätze u. a. Bei den Strafurteilen handelt es sich vor allem um Entscheidungen in einem gegenstandsgleichen Strafverfahren; hierbei können auch Aussagen, die in diesen Akten enthalten sind, zur Verlesung gelangen; es können nämlich im Disziplinarverfahren auch Schriftstücke und Niederschriften in Fällen verlesen werden, in denen die StPO mit Rücksicht auf die im ordentlichen Strafverfahren herrschende, im Disziplinarverfahren aber nur beschränkt geltende Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung die Vernehmung von Personen als Zeugen und Sachverständigen vorschreibt 433 . Da nach § 21 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. —, und den gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen, Niederschriften über Aussagen von Personen, die schon in einem anderen gesetzlich geordneten Ver431
S. 364. 433 433
RG in LZ 1915 S. 846; BGHSt. Bd. 1 S. 259 S. 346 (349), Bd. 3 S. 384, Bd. 4 RGSt. Bd. 41 S. 32. W i t t l a n d Anm. 22 zu § 61 RDStO.
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Das Beweisrecht
fahren vernommen worden sind, im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Vernehmung verwertet werden können, in § 249 StPO ausdehnend auszulegen, während die §§ 250, 252 bis 256 StPO keine Anwendung finden. Mit Rücksicht auf § 21 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a. F. — erübrigen sich diese Bestimmungen; sie lassen sich vielmehr nur als Einzelfälle daselbst unterordnen. Dies gilt z. B. für § 253 Abs. 1 StPO, wonach in dem Falle, daß ein Zeuge oder Sachverständiger erklärt, daß er sich einer Tatsache nicht mehr erinnere, ihm der hierauf bezügliche Teil des Protokolls über seine Vernehmung zur Unterstützung seines Gedächtnisses verlesen werden kann, oder für §253 Abs.2 StPO, wonach dasselbe geschehen kann, wenn ein in der Vernehmung hervorgetretener Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder behoben werden kann; im übrigen wird von den in §253 StPO eingeräumten Befugnissen insbesondere der Untersuchungsführer Gebrauch machen. Die Verlesung im Falle des § 253 StPO braucht nicht in der Niederschrift erwähnt zu werden, weil sie nach § 21 Abs. 1 Satz 2 BDO — § 17 Abs. 1 Satz 2 BDO a.F. — und den gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen im Disziplinarrecht ganz allgemein zulässig ist434. Bezüglich der Anwendung des § 252 StPO im Disziplinarverfahren vgl. III A 7a S. 251 ff. Die im Disziplinarverfahren oder einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren erhobenen Beweise werden nur dann Gegenstand der Hauptverhandlung und damit für die Urteilsfindung verwertbar, wenn die Niederschriften über die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung verlesen werden; der Vortrag ihres wesentlichen Inhalts durch den Berichterstatter genügt hierzu nicht 438 . K. Befragung des Beamten nach der Beweiserhebung Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten sowie nach der Verlesung jeden Schriftstücks soll der Beamte befragt werden, ob er etwas zu erklären habe (§ 257 StPO). Auf Verlangen ist dem Bundesdisziplinaranwalt bzw. dem Vertreter der Einleitungsbehörde und dem Verteidiger Gelegenheit zur Abgabe von Erklärungen zu geben (§ 257a StPO). Diese Regelung gilt im Disziplinarverfahren im Vorermittlungsverfahren, in der Untersuchung, in der Vernehmung vor dem ersuchten oder beauftragten Richter und in der Hauptverhandlung. Da es sich bei § 257 StPO um eine S o l l v o r s c h r i f t handelt, kommt bei ihrer Nichtbefolgung eine Rückgabe der Anschuldigungsschrift bzw. eine Zurückverweisung in die Vorinstanz nicht in Frage 436 . Andererseits ist Vorschrift des § 257 StPO extensiv auszulegen, indem dem Beamten auch das Recht eingeräumt wird, sonstige Erklärungen abzugeben und anschließend Beweisanträge zu stellen437. 434 Nach Behnke Anm. 4 zu § 44 BDO finden im Untersuchungsverfahren die §§ 239 bis 242, 244 bis 253, 255 StPO sinngemäße Anwendung. Nach W i t t l a n d Anm. 22 zu § 61 RDStO können in der Hauptverhandlung die §§ 250 bis 256 nicht herangezogen werden. Beide Auffassungen lassen sich nicht in dieser Verallgemeinerung aufrechterhalten. 436 BDH 27. 5. 64 — II D 49/63 — BDHE Bd. 6 S. 25. 436 Vgl. für die Unzulässigkeit der Revision im Strafverfahren RGSt. Bd. 32 S. 321, Bd. 42 S. 169, Bd. 44 S. 284; OGHSt. Bd. 1 S. 110. 430 RGSt. Bd. 44 S. 284; RG in GA Bd. 46 S. 434. 437 PrOVG in RVB1.1937 S. 700; RDHE Bd. 2 S. 80.
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Kommissarische Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen
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L. Aufnahme der Niederschrift Über jede Beweiserhebung ist eine Niederschrift aufzunehmen (§21 Abs. 3 BDO — § 17 Abs. 3 BDO a. F. —, § 20 Abs. 3 LDO BW, Art. 18 Abs. 3 DStO Bayr., § 20 Abs. 3 LDO Bln., § 17 Abs. 3 DStO Brm., § 17 Abs. 3 DO Hmb., § 18 Abs. 3 HDO, § 21 Abs. 3 NDO, § 20 Abs. 3 DO NW, § 20 Abs. 3 LDO Rh.-Pf., § 17 Abs. 3 DStO Saar und § 22 Abs. 3 DStO Schl.-Hol.). Diese Vorschrift gilt für das Vorermittlungsverfahren, die Untersuchung, die Vernehmungen vor dem ersuchten oder beauftragten Richter und die Hauptverhandlung. Die Form der Niederschrift ergibt sich aus § 188 StPO; Einzelheiten siehe § 69 VI S. 122f. Die Niederschriften in den Vorermittlungen brauchen jedoch noch nicht den Formerfordernissen des § 118 StPO zu entsprechen. Fehlt dagegen in der in der Untersuchung aufgenommenen Niederschrift die Unterschrift des Untersuchungsführers, so besitzt sie zuungusten des Beamten keine Beweiskraft 438 . Für die Niederschriften in der Hauptverhandlung gelten die §§ 271 bis 274 StPO sinnentsprechend. Über die Einzelheiten der Niederschrift in der Hauptverhandlung siehe § 106 XIV C S. 763. Da im Disziplinarrecht das zweitinstanzliche Gericht ebenfalls in eine Tatsachenprüfung eintritt, muß das wesentliche Ergebnis der Vernehmungen in der Niederschrift festgehalten werden, indem diese den Anforderungen entsprechen muß, die im allgemeinen Strafverfahren an die Niederschriften in der Hauptverhandlung vor dem Amtsrichter und dem Schöffengericht, nicht jedoch vor der Strafkammer gestellt werden 439 . Fehlen Angaben über die Zeugenvernehmung, so muß das Berufungsgericht die Disziplinarsache entweder an die Vorinstanz zurückverweisen oder selbst die Beweiserhebungen nachholen, es sei denn daß die nicht in der Niederschrift festgehaltenen Zeugenaussagen keinen wesentlichen Einfluß auf die disziplinargerichtliche Entscheidung gehabt haben. Aus der Niederschrift muß die Beobachtung der sonstigen wesentlichen Form ersichtlich sein (vgl. § 274 StPO). Über die Beweiskraft der in der Hauptverhandlung aufgenommenen Niederschrift vgl. § 106 XIV E S. 764f. Zu den Ermittlungsverhandlungen nach § 110 BDO — § 96 BDO a.F. —• und den gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen ist gleichfalls ein Schriftführer zuzuziehen und eine Niederschrift zu fertigen. Dies gilt auch für die Beweiserhebungen, die nach § 110 BDO — § 96 BDO a. F. — und den gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen durchgeführt werden. VII. KOMMISSARISCHE VERNEHMUNG VON ZEUGEN UND SACHVERSTÄNDIGEN Wenn dem Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder Gebrechlichkeit oder ein anderes nicht zu beseitigendes Hindernis entgegensteht, so kann das Disziplinargericht seine Vernehmung durch einen beauftragten oder 438 Vgl. RDStH 2 3 . 1 1 . 38 — I D 67/38 —; RDHE Bd. 2 S. 80 vgl. auch PrOVG Bd. 88 S. 400. « 9 RDHE Bd. 2 S. 120 = RVB1 1939 S. 546; RDHE Bd. 2 S. 141 (143); Behnke Anm. 7 zu § 17 BDO.
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Das Beweisrecht
ersuchten Richter anordnen (vgl. § 223 Abs. 1 StPO). Dasselbe gilt, wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann (§ 223 Abs. 2 StPO). Diese Bestimmung gilt auch für den Untersuchungsführer, der über die kommissarische Vernehmung selbst entscheidet, hiervon wird er jedoch nur ausnahmsweise Gebrauch machen, da er die Beweiserhebungen grundsätzlich selbst durchführen soll. Eine kommissarische Vernehmung setzt nach dem Wortlaut des § 223 StPO längere oder ungewisse Krankheit oder Gebrechlichkeit des Zeugen oder große Entfernung voraus. Zu den nicht zu beseitigenden Hindernissen i. S. des § 223 Abs. 1 StPO gehört z. B. vorgerückte Schwangerschaft 440 . Berufliche Inanspruchnahme441 oder Beurlaubung 442 scheidet als unabkömmliches Hindernis aus. Die Entscheidung, ob ein Zeuge oder Sachverständiger durch den beauftragten oder ersuchten Richter vernommen werden soll, fällt nicht der Vorsitzende, sondern das Disziplinargericht von Amts wegen oder auf Antrag des Beamten oder des Bundesdisziplinaranwalts. Als beauftragter Richter wird beim Disziplinargericht der 2. Instanz im allgemeinen der Berichterstatter tätig. Beim Disziplinargericht der 1. Instanz kommt entweder der Vorsitzende oder der rechtskundige Beisitzer in Frage. Nach § 74 Abs. 3 BDO — § 61 Abs. 3 BDO a. F. — kommt der Vorsitzende der Kammer und im Falle der erweiterten Besetzung auch der weitere Berufsrichter in Frage. Die Mitwirkung des beauftragten Richters ist in der späteren Hauptverhandlung nicht notwendig 443 . Als ersuchter Richter kommt das Amtsgericht in Frage, in dessen Bezirk die Vernehmung durchgeführt werden soll. Es kann auch der Untersuchungsführer in Frage kommen, der bisher die Untersuchung geführt hat444. Dem beauftragten bzw. ersuchten Richter sind im allgemeinen die Disziplinarakten zu überlassen, aus denen er sich insbesondere über den Vorgang und evtl. Beweis- und Beeidigungsverbote unterrichten kann. Es kommt nicht in Frage, daß der beauftragte bzw. ersuchte Richter den Zeugen oder Sachverständigen lediglich auf die bisherigen Vernehmungen Bezug nehmen läßt; er hat vielmehr ihn zu einer abermaligen Darstellung des Beweisthemas zu veranlassen. Eine Bezugnahme auf frühere Vernehmungsniederschriften kommt nur dann in Frage, wenn die abermalige Darstellung des Sachverhalts gegenüber der früheren Schilderung keine Abweichungen aufweist und neue Gesichtspunkte bei der Vernehmung nicht zutage treten445. Soll ein Zeuge im Ausland vernommen werden, so richtet sich die Vernehmung nach ausländischen Verfahrensrecht, sofern es sich bei dem Zeugen bzw. dem Sachverständigen um einen Ausländer handelt. Mit der Vernehmung wird im allgemeinen der deutsche Konsul beauftragt446. Eine Vereidigung der kommissarisch vernommenen Zeugen kommt und unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BDO — § 17 Abs. 4 BDO a. F. — RG Rspr. Bd. 10 S. 451. OLG Dresden in DRZ 1929 Nr. 1163. 442 OLG Dresden in HRR 1928 Nr. 396. 443 BGH in NJW 1956 S. 600. 4 1 4 RGSt. Bd. 4 S. 91; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 223 StPO; a. M. OLG Celle bei A l s b e r g Bd. 2 Nr. 83. 445 RGSt. Bd. 74 S. 35. 446 RG Rspr. Bd. 4 S. 697. 440
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und der entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen in Frage. § 223 Abs. 3 StPO, wonach die Vernehmung eidlich zu erfolgen hat, soweit nicht Ausnahmen vorgeschrieben oder zugelassen sind, gilt nur mit dieser Einschränkung. Von den zum Zwecke dieser Vernehmung anberaumten Terminen sind der Bundesdisziplinaranwalt bzw. Vertreter der Einleitungsbehörde, der Beamte und der Verteidiger vorher zu benachrichtigen, soweit dies nicht wegen Gefahr im Verzug untunlich ist (§ 224 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 StPO). Der Beamte und der Verteidiger sind lediglich von dem zur Zeugenvernehmung durch den beauftragten oder ersuchten Richter anberaumten Termin zu benachrichtigen; zu weiteren Erläuterungen ist das Gericht nicht verpflichtet447. Die Mitteilung geschieht durch den beauftragten bzw. ersuchten Richter, wobei jede Form — u. U. sogar die Mitteilung durch Fernsprecher — genügt 448 . Die Benachrichtigung an die genannten Personen muß nur zugegangen sein449. Zwischen Benachrichtigung und Vernehmung muß eine angemessene Frist liegen 460 . Der Verteidiger muß auch im Disziplinarverfahren neben dem Beamten besonders benachrichtigt werden 461 . Eine Benachrichtigung scheidet insbesondere bei drohendem Verlust des Beweismittels aus. Eine Verzögerung des Verfahrens infolge der Mitteilung scheidet aus; erforderlichenfalls muß die Hauptverhandlung verlegt werden 452 . Der kommissarischen Vernehmung können der Bundesdisziplinaranwalt bzw. der Vertreter der Einleitungsbehörde, der Beamte und sein Verteidiger beiwohnen; deren Anwesenheit bedarf es jedoch nicht (§224 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 StPO). Auf den Grund der Abwesenheit kommt es nicht an453. Eine Verhinderung an der Teilnahme bei der Beweiserhebung zwingt nicht zu einer Verlegung des Beweistermins464. Der nicht auf freiem Fuß befindliche Beamte hat einen Anspruch auf Anwesenheit nur bei solchen Terminen, die an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten werden, wo er sich in Haft befindet (§ 224 Abs. 2 StPO). Selbst wenn er keinen Anspruch auf Teilnahme hat, muß er vom Termin benachrichtigt werden, weil er erforderlichenfalls einen Verteidiger mit der Wahrnehmung seiner Interessen in diesem Termin beauftragen kann. Findet die Vernehmung am Verwahrungsort, aber nicht an der Gerichts stelle statt, so hat er kein Recht auf Anwesenheit456. Der Bundesdisziplinaranwalt, der Beamte und der Verteidiger können auf ihr Recht auf Anwesenheit jederzeit verzichten. Falls sie nicht von dem Termin benachrichtigt worden sind, können sie auch nachträglich auf die Teilnahme verzichten. Sind sie nicht benachrichtigt worden, so kann das Disziplinargericht die Verlesung der Verhandlungsniederschrift selbst dann beBGH 20.12. 63 — 4 StR 333/63 — in VRS 1964 S. 211. RG in Recht 1914 S. 1769. 449 OLG Kiel in HESt. Bd. 1 S. 168; OLG Frankfurt in NJW 1952 S. 1068; BayrObLGSt. n. F. Bd. 3 S. 62. 460 RGSt. Bd. 59 S. 280 u. S. 301; RG in JW 1925 S. 2611. 4 6 1 RG Bd. 2 S. 562, Bd. 8 S. 731; BGH 21. 8. 52 — 5 StR 79/52. 452 RGSt. Bd. 1 S. 219; RGRspr. Bd. 1 S. 655; RG in Recht 1903 Nr. 2614. 453 Vgl. RGSt. Bd. 59 S. 299 (301). 454 BGH in NJW 1952 S. 1426. 456 BGHSt. Bd. 2 S. 271. 447
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schließen, wenn die Benachrichtigung irrtümlich unterblieben ist456. Im Gegensatz zum rechtsunkundigen Verfahrensbeteiligten ist das Schweigen der rechtskundigen Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung als ein Verzicht auf die unterbliebene Benachrichtigung und die hierdurch unterbliebene Teilnahme an der kommissarischen Vernehmung zu werten457. Über die kommissarische Vernehmung ist gleichfalls eine Niederschrift zu fertigen (vgl. § 188 StPO). Ist der Verteidiger nicht bei der kommissarischen Vernehmung anwesend, so ist ihm die Niederschrift bei der Gerichtsstelle auf sein Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen. VIII. KOMMISSARISCHER AUGENSCHEIN Ist zur Vorbereitung der Hauptverhandlung noch ein richterlicher Augenschein einzunehmen, so sind die Vorschriften des § 224 StPO anzuwenden (§ 225 StPO). Die Anordnung des kommissarischen Augenscheins kann nur durch das Disziplinargericht erfolgen. Da § 223 StPO nicht anzuwenden ist, liegt die Entscheidung hierüber im freien Ermessen des Disziplinargerichts488. Im übrigen gilt § 86 StPO (vgl. III D S. 288 f.). Für die Niederschrift gelten §§ 187, 188 StPO. Hat der Vorsitzende des Disziplinargerichts eine Augenscheinseinnahme vorgenommen, ohne daß er vom Disziplinargericht hierzu beauftragt war, so kann er wohl auf Grund der erfolgten Augenscheinseinnahme an die Verfahrensbeteiligten Fragen richten; seine daraus gewonnene Erkenntnis kann jedoch nicht zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden459.
§ 80. Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren I. ALLGEMEINES 1 Verletzt ein Beamter durch sein Fehlverhalten zugleich eine strafrechtliche Norm, so muß er sich im allgemeinen deswegen nicht nur vor den Disziplinarorganen, sondern auch vor dem Strafgericht verantworten. Stellt der Dienstvorgesetzte bzw. die Einleitungsbehörde ein Dienstvergehen fest, das die Tatbestandsmerkmale einer Strafnorm enthält, so zieht er den schuldigen Beamten 466 RGSt. Bd. 50 S. 364, Bd. 58 S. 100; RG in HRR 1938 Nr. 191; BGHSt. Bd. 1 S. 219 S. 269, S. 272, S. 284 (286), Bd. 9 S. 24; BGH in NJW 1952 S. 1426. 467 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 6 zu § 224 StPO; vgl. auch J e s c h e c k in J Z 1952 S. 400. 468 L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 1 zu § 225 StPO; Eb. Schmidt Anm. 2 zu § 225 StPO. 469 RG in DRZ 1927 Nr. 835; OLG Hamburg in NJW 1952 S. 1271; OLG Celle in GA 1954 S. 316; BGHSt. Bd. 2 S. 1, Bd. 3 S. 187; K l e i n k n e c h t - M ü l l e r Anm. l b zu § 225; L ö w e - R o s e n b e r g Anm. 3 zu § 225 StPO; Eb. S c h m i d t Anm. 5 zu § 225 StPO. 1 de Clerck „Das Verhältnis von Disziplinarverfahren und Strafverfahren" in RiA 1959 S. 225; Entgegnung hierzu von K o p p in NDBZ 1962 S. 72; u n b e k a n n t e r V e r fasser „Vorgang des Disziplinarverfahrens vor dem Strafverfahren? — Betrachtungen im Anschluß an den Fall Stalmann" in NDBZ 1962 S. 25; D ö r i n g „Das Verhältnis des Disziplinarverfahrens zum sachgleichen Strafverfahren" in DVB1. 1963 S. 171; L i n d g e n „Ist § 13 BDO reformbedürftig?" in RiA 1963 S. 177; Behnke „Disziplinarrecht und Strafrecht. — Zur Reform des Disziplinarrechts"in ZBR 1963 S. 257; F i n g e r „Die Bindung des Disziplinarverfahrens an Strafurteile" in ZBR 1963 S. 289; Reuß „Gegenstandsgleiche Straf- und Dienststrafverfahren" in BeaJahrbuch 1938 S. 123.
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Allgemeines
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nicht nur disziplinarisch zur Rechenschaft, sondern erstattet oft auch Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft, sofern die Schuld des Täters erheblich ist und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht (vgl. § 153 StPO). Infolge gleichseitiger Verfolgung einer Pflichtverletzung im Disziplinar- und Strafrechtswege tritt eine Zweigleisigkeit des Verfahrens ein, die u. U. zu voneinander abweichenden Feststellungen des Tatbestandes und zu einer verschiedenartigen Beurteilung des gleichen Vorganges führt. Im Hinblick auf die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Beurteilung eines Dienstvergehens und einer Straftat dürften hiergegen keine Bedenken bestehen. Anders ist es jedoch, wenn das Disziplinarorgan und das Strafgericht zu einander widersprechenden Ermittlungsergebnissen gelangen, wenn z. B. ersteres eine Tat als erwiesen ansieht, während das Strafgericht nach dem Beweisergebnis zu einer gegenteiligen Auffassung gelangt und den Täter deshalb mangels Beweises freispricht. Ebenso ist es mißlich, wenn das Strafgericht den Täter als zurechnungsfähig betrachtet, während das Disziplinarorgan zu der Auffassung gelangt, daß der Beamte vermindert zurechnungsfähig, wenn nicht gar unzurechnungsfähig ist. Das Ansehen des Staates muß erheblichen Schaden leiden, wenn zwei Organe der Rechtspflege zu einer verschiedenartigen Feststellung des Sachverhalts gelangen. Um einander widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, muß man daher einem der beiden Verfahren den Vorrang einräumen, soweit es sich um die Feststellung des Sachverhalts und die strafrechtliche Beurteilung einer Pflichtverletzung handelt, wobei wiederum zu beachten ist, daß die zuletzt entscheidende Stelle nicht gezwungen werden kann, in Übereinstimmung mit der Stelle, die früher entschieden hat, ein Verhalten als strafbar anzusehen, weil ansonsten ein Rechtspflegeorgan jemanden gegen seine Überzeugung bestrafen müßte; nur insoweit muß man dem später entscheidenden Gericht einräumen, eine Entscheidung zu fällen, die von der eines anderen Rechtspflegeorgans abweicht. Der Vorrang gebührt dem Strafverfahren, zumal hier bei der Aufklärung des Sachverhalts mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattete Personen mitwirken. Überdies muß die Beantwortung der Frage, ob ein Fehlverhalten die Tatbestandsmerkmale einer strafrechtlichen Norm erfüllt, in erster Linie dem Strafgericht, nicht dem Disziplinarorgan zustehen. Ersterem stehen die besseren E r k e n n t n i s m ö g l i c h k e i t e n und die g r ö ß e r e E r f a h r u n g in der Aufklärung strafbarer Handlungen zur Verfügung. Die Verwaltungen hingegen sind mit ganz anderen Aufgaben befaßt; überdies fehlen den rechtskundigen Verwaltungsbeamten strafrechtliche und forensische Erfahrungen. § 17 BDO i. d. F. der Novelle wird den gegebenen Notwendigkeiten in vollem Umfange gerecht: Hiernach ist grundsätzlich das Disziplinarverfahren nicht einzuleiten bzw. ein eingeleitetes Verfahren auszusetzen, wenn gegen den Beamten öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben ist; eine Fortsetzung kommt im allgemeinen nur nach rechtskräftiger Beendigung des Strafverfahrens in Betracht (§ 17 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Falls das Strafgericht den Angeklagten rechtskräftig freigesprochen hat, kann er wegen der gleichen Tat nicht disziplinarisch verfolgt werden, es sei denn, daß die Tatsachen, ohne den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen, ein Dienstvergehen enthalten (§ 17 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle). Schließlich ist das Disziplinarorgan grundsätzlich an den vom Strafgericht festgestellten 21 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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§ 80
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Sachverhalt gebunden (§ 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle). Dadurch, daß dem Strafverfahren die Priorität insofern eingeräumt ist, indem erst ein rechtskräftiges strafgerichtliches Erkenntnis vorliegen muß, bevor das Disziplinarverfahren fortgesetzt werden kann, tritt notwendigerweise eine Verzögerung desselben ein. Wenn dies für den Beamten auch eine erhebliche nervliche Belastung darstellt, ist er jedoch dadurch hinreichend wirtschaftlich gesichert, daß ihm zumindest die Hälfte seiner Dienstbezüge verbleibt, sofern mit der Einleitung des Verfahrens gleichzeitig die Dienstenthebung und die Einbehaltung eines Teils seiner Bezüge angeordnet worden ist; wird er später freigesprochen, so sind ihm die einbehaltenen Dienstbezüge nachzuzahlen. Vom Standpunkt des schuldigen Beamten kann die Priorität des Strafverfahrens u. U. einen Vorteil bedeuten. Die Öffentlichkeit hingegen zeigt hierfür nur wenig Verständnis, daß ein solcher Beamter infolge Verschleppens des Strafverfahrens u. U. sogar auf Jahre hinaus zumindest die Hälfte seiner Dienstbezüge erhält, während ein Angestellter oder Arbeiter in einem gleichgelagerten Falle mit seiner fristlosen Entlassung rechnen muß. Soweit eine Reform des § 13 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952 befürwortet wurde, bezog sie sich auf den Fall einer jahrelangen Alimentierung eines Beamten, der sich seiner Beamtenstellung mit Rücksicht auf die Schwere des Dienstvergehens als unwürdig erwiesen hat. Dennoch müssen fiskalische Erwägungen gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer einheitlichen Rechtsprechung in Kauf genommen werden. Überdies sind die Disziplinarverfahren, die sich infolge der durch § 17 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle bedingten Aussetzung ungebührlich in die Länge ziehen, äußerst gering. Der Beamte kann der Verschleppung des Disziplinarverfahrens durch den Antrag auf beschleunigte Vorlegung der Anschuldigungsschrift nach § 66 BDO i. d. F. der Novelle begegnen. Ist die Sachaufklärung gesichert, so konnte dem Disziplinarverfahren trotz eines daneben laufenden Strafverfahrens mit Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts schon vor Abschluß des Strafverfahrens Fortgang gegeben werden. H. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG A. Preußen I. G e s e t z v o m 29. 3. 1844 Nach § 2 Abs. 1 des Preuß. Gesetzes vom 29. 3. 1844 (PrGS S. 77) gehörte die Untersuchung und Bestrafung vor die Strafgerichte, wenn sich der Beamte gemeiner Verbrechen oder solcher Dienstvergehen schuldig gemacht hatte, die in den Gesetzen mit der Kassation oder Amtsentsetzung bedroht waren; dasselbe galt nach § 2 Abs. 2 a. a. O. auch bei Bestechungen ohne Rücksicht auf die Art und das Maß der Strafe. Nach § 3 Abs. 2 a. a. O. sollten im Disziplinarwege auch die Fälle geahndet werden, in denen das Gesetz die Kassation oder Amtsenthebung androhte, wenn a) dem Vergehen nur Fahrlässigkeit zugrunde gelegen hatte, b) wenn jene Strafe durch unordentliche Lebensart verwirkt war (§ § 363 und 364 II 20 ALR). Trafen mit einem gemeinen Verbrechen oder mit einem Amtsverbrechen Disziplinarvergehen zusammen, so war nach § 10 a. a. O. zunächst wegen der Verbrechen die strafgerichtliche Untersuchung einzuleiten; wurde in dieser auf Amtsentsetzung erkannt, so fand wegen der Disziplinarvergehen ein weiteres Disziplinarverfahren nicht statt; wurde dagegen nicht auf Amtsentsetzung erkannt, so blieb die besondere Ahndung der gedachten Vergehen im Disziplinarwege vorbehalten. War wegen einer Verletzung der Amtspflicht die strafgerichtliche Untersuchung eingeleitet worden und fand der Strafrichter, daß die Pflichtver-
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Geschichtliche Entwicklung
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letzung nicht als ein Amtsverbrechen, sondern nur als Disziplinarvergehen zu betrachten war, so war nach § 11 a. a. O. der Angeschuldigte von der Anklage wegen des Amtsverbrechens zu entbinden, wegen des Disziplinarvergehens aber der Dienstbehörde zur Bestrafung zu melden. War die Handlung, welche Gegenstand der strafgerichtlichen Untersuchung war, vor dem Strafrichter zwar an sich für ein Amtsverbrechen oder ein gemeines Vergehen erachtet, nach der Beschaffenheit des Falles aber die Anwendung einer Strafe überhaupt nicht oder doch die Strafe der Kassation oder Amtsentsetzung nicht begründet befunden worden, und war deshalb ein freisprechendes oder ein nicht auf jene Strafe lautendes Erkenntnis ergangen, so sollte nach § 12 a. a. O. wegen dieser Handlung ein Disziplinarstrafverfahren nicht weiter zulässig sein. Hatte ein Beamter ein gemeines Verbrechen begangen, das nur auf Antrag des Beleidigten bestraft werden durfte, jedoch von der Art war, daß das amtliche Ansehen und Vertrauen dadurch gefährdet erschien, und trug der Beleidigte nicht auf Bestrafung an oder nahm er den Strafantrag zurück, so konnte wegen einer solchen Verfehlung das Disziplinarstrafverfahren zum Zwecke der Entfernung des Schuldigen aus dem Amt eingeleitet werden. Eine Bindung des Disziplinarorgans an die strafgerichtlichen Feststellungen war nicht vorgesehen.
2. V e r o r d n u n g v o m 10. 7. 1849 Nach § 8 der Preuß. Verordnung vom 10. 7. 1849 (PrGS S. 253) wurde ein Disziplinarverfahren nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Handlung, welche den Gegenstand der Anschuldigung bildete, ein gemeines Verbrechen oder ein Vergehen, eine Übertretung oder ein Amtsverbrechen darstellte, und daß wegen derselben eine strafgerichtliche Verfolgung eingeleitet, ein Freispruch oder eine Verurteilung ergangen war, die weder auf den Verlust des Amtes lautete, noch denselben kraft Gesetzes nach sich zog. Im Laufe einer strafgerichtlichen Untersuchung durfte gegen den Angeschuldigten ein Disziplinarverfahren wegen der gleichen Tatsachen nicht eingeleitet werden, wenn es nicht durch das Interesse des Dienstes dringend geboten war ( § 9 Abs. 1 a. a. O.). Wenn im Laufe des Disziplinarverfahrens wegen der gleichen Tatsachen eine gerichtliche Untersuchung gegen den Angeschuldigten eröffnet wurde, so konnte die Disziplinarbehörde die Aussetzung des Disziplinarverfahrens allenfalls bis zur rechtskräftigen Erledigung des gerichtlichen Verfahrens verordnen ( § 9 Abs. 2 a. a. O.). Bezüglich der fehlenden Bindung an die strafgerichtlichen Feststellungen galt das gleiche wie in der V O vom 29. 3. 1844.
3. Gesetz v o m 21. 7. 1852 Nach § 4 des Preuß. Gesetzes vom 21. 7.1852 (PrGS S. 465) durften im Laufe einer gerichtlichen Untersuchung gegen den Angeschuldigten ein Disziplinarverfahren wegen der gleichen Tatsachen ohne irgendwelche Einschränkungen nicht eingeleitet werden. § 4 Abs. 2 a. a. O. entsprach § 9 Abs. 2 der Verordnung vom 10. 7. 1849. Wenn von den Strafgerichten auf Freispruch erkannt war, so fand nach § 5 Abs. 1 a. a. O. wegen derjenigen Tatsachen, die in der strafgerichtlichen Untersuchung zur Erörterung gekommen waren, ein Disziplinarverfahren nur noch insofern statt, als dieselben an sich und ohne ihre Beziehung zu dem gesetzlichen Tatbestand der Übertretung, des Vergehens oder des Verbrechens, die den Gegenstand der strafgerichtlichen Untersuchung bildeten, ein Dienstvergehen enthielten. War in der gerichtlichen Untersuchung eine Verurteilung ergangen, die den Verlust des Amtes nicht zur Folge hatte, so blieb nach § 5 Abs. 2 a. a. O. der Behörde, die über die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens zu verfügen hatte, die Entscheidung darüber vorbehalten, ob außerdem ein Disziplinarverfahren einzuleiten oder fortzusetzen war. Bezüglich der fehlenden Bindung an die strafgerichtlichen Feststellungen galt das gleiche wie in der V O vom 29. 3. 1844.
4. BeamtendienststrafOrdnung v o m 27. 1. 32 § § 3 und 4 Abs. 1 und 2 der Preuß. Beamtendienststrafordnung vom 27. 1. 32 (PrGS 5. 59) stimmten inhaltlich mit §§ 4 und 5 des Preuß. Gesetzes vom 21. 7. 1852 überein. § 4 Abs. 3 der Preuß. Beamtendienststrafordnung setzte sich erstmals mit der Bindung der im Strafverfahren getroffenen Feststellungen auseinander. Hiernach waren für das Dienststrafverfahren die tatsächlichen Feststellungen des straf gerichtlichen Urteils nicht bindend; sie konnten aber der Entscheidung im Dienststrafverfahren ohne erneute Nachprüfung zugrunde gelegt werden. 21«
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Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
B. Deutsches Reich 1. R e i c h s b e a m t e n g e s e t z v o m 31. 3. 1873 Nach § 77 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. 3. 1873 (RG1. S. 61) hemmte das Strafverfahren das Disziplinarverfahren. Nach § 77 Abs. 1 a. a. O. durfte im Laufe einer gerichtlichen Untersuchung gegen den Angeschuldigten ein Disziplinarverfahren wegen der gleichen Tatsachen nicht eingeleitet werden. Nach § 77 Abs. 2 a. a. O. mußte das Disziplinarverfahren bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden, wenn im Laufe des Disziplinarverfahrens wegen der gleichen Tatsachen eine gerichtliche Untersuchung gegen den Beschuldigten eröffnet wurde. Im Falle eines Freispruchs durch das Strafgericht galt § 78 Abs. 1 a. a. O., der mit § 5 Abs. 1 des Preuß. Gesetzes vom 21. 7. 1852 übereinstimmte. Gleiches galt auch im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. § 78 Abs. 2 RBG und § 5 Abs. 2 Preuß. Gesetz vom 21.7.1852). Bezüglich der fehlenden Bindung an die strafgerichtlichen Feststellungen galt im RBG das gleiche wie in der Preuß. VO vom 29. 3. 1844. Der Kaiserliche Disziplinarhof, der spätere Reichsdienststrafhof, das Preuß. O V G und der anwaltschaftliche Ehrengerichtshof hatten jedoch in jahrzehntelanger und in sich gefestigter Rechtsprechung entgegen der Rechtsprechung des Preuß. Staatsrats, des Preuß. Disziplinarhofes und des Kammergerichts die Ansicht vertreten, daß die Disziplinargerichte an die tragenden Tatsachenfeststellungen eines sachgleichen Strafurteils gebunden seien; diese Rechtsauffassung stützte sich vor allem auf die Fassung des § 5 des Preuß. Gesetzes vom 21. 7. 1852 und des ihm gleichlautenden § 73 RBG 1 ».
2. R e i c h s r a t s e n t w u r f v o m 12. 11. 31 § 21 Abs. 1 des Reichsratsentwurfs zu einer Reichsdienststrafordnung vom 12.11.31 2 sah eine obligatorische Aussetzung des Dienststrafverfahrens vor, wenn wegen der gegenstandsgleichen Tatsachen eine strafgerichtliche Untersuchung eröffnet war. War das Dienststrafverfahren bereits beim Dienststrafgericht anhängig, so sollte dies das Verfahren aussetzen. Von einer Aussetzung sollte nur dann Abstand genommen werden, wenn die Fortführung des strafgerichtlichen Verfahrens deshalb nicht möglich war, weil der Beschuldigte abwesend war. Nach § 21 Abs. 2 a. a. O. war ein strafgerichtlicher Freispruch für das Dienststrafverfahren bindend, sofern kein sog. disziplinarer Uberhang vorhanden war. Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 des Entwurfs, der mit § 19 Abs. 3 Satz 1 der Regierungsvorlage zu einer RDStO aus dem Jahre 1924 (Reichstagsdrucksache Nr. 1474 — 3. Wahlperiode 1924/25 — abgedruckt bei Schulze-Simons S. 547ff.) übereinstimmte, waren die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts bindend, es sei denn, das Dienststrafgericht einstimmig Zweifel an der Richtigkeit und deshalb die Nachprüfung beschlossen hatte. Die Feststellung eines richterlichen Strafbefehls sollten nach § 21 Abs. 3 Satz 2 a. a. O. nicht für das Dienststrafverfahren bindend sein.
3. R e i c h s d i e n s t s t r a f o r d n u n g v o m 26. 1. 37 An der Regelung des Reichsbeamtengesetzes hielt auch die RDStO vom 26. 1. 37 (RGBl. I S. 71) fest, indem das Strafverfahren grundsätzlich den Vorrang behielt und den Dienststrafrichter insbesondere im Falle des Freispruchs in einem bestimmten Umfange band (vgl. § 13 Abs. 1 und 2 RDStO). Welcher Zeitpunkt für die Aussetzung des Strafverfahrens, das an sich eingeleitet werden konnte, maßgebend war, ergab sich nach der RDStO aus den Vorschriften der StPO über die Erhebung der öffentlichen Klage. Insoweit wich die RDStO von dem RBG ab, wonach die Voruntersuchung oder die Eröffnung des Hauptverfahrens die Aussetzung des Disziplinarverfahrens bedingte. Nach § 13 Abs. 3 RDStO war das Disziplinargericht an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils gebunden, wobei jedoch die Möglichkeit belassen wurde, bei solchen Strafurteilen, die nach einstimmiger Ansicht des Dienststrafgerichts in ihren tatsächlichen Feststellungen unzutreffend waren, andere Feststellungen zugrunde zu legen. Nach der Begründung zur RDStO sollten diese Vorschriften auch für das Dienststrafverfügungsverfahren des Dienstvorgesetzten gelten, so daß sie in der RDStO unter den „allgemeinen Vorschriften" unterbracht worden waren. l a Vgl. Kaiserlicher Disziplinarhof 1. 4. 1874 bei Schulze S. 211 und 24. 2. 02 in D J Z 1902 S. 264; RDH 2. 12. 29 in D J Z 1930 S. 365/6; PrOVG Bd. 22 S. 429 und in JW 1923 S. 143; PrOVG Bd. 83 S. 449; PrVerwBl. 1930 S. 181; PrDH in D J Z 1924 S. 832; vgl. auch F i n g e r in ZBR 1963 S. 289; D ö r i n g in DVB1. 1963 S. 171 (174); L i n d g e n in RiA 1963 S. 177 (184) und DVB1. 1963 S. 10 (14); S c h ü t z in DöD 1963 S. 221 (223); R o t h l ä n d e r in D D B 1963 S. 163 (165). 2 Abgedruckt bei F o e r s t e r - S i m o n s 1932 S. 308 (311).
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Geschichtliche Entwicklung
§80
C. Bund 1. Ä n d e r u n g s g e s e t z v o m 28. 11. 52 Das Änderungsgesetz zur RDStO vom 28. 11. 52 (BGBl. I S. 761) weicht erstmals von dem grundsätzlich vorgeschriebenen Aussetzungszwang ab und läßt die Durchführung des Disziplinarverfahrens vor Beendigung des Strafverfahrens zu, wenn der Sachverhalt schon vor dem Abschluß dieses Verfahrens geklärt ist; allerdings ist die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens in einem solchen Falle an die Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts gebunden. Über die Bedenken, daß zwei sich im Tatbestand widersprechende Urteile ergeben könnten, glaubte der Gesetzgeber hinweggehen zu können, indem er in § 13 Abs. 1 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 bestimmte, daß spätere abweichende Feststellungen des Strafgerichts als neue Tatsachen i. S. des § 83 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 gelten sollen. Zudem kann das Disziplinargericht das Disziplinarverfahren aussetzen oder zurückverweisen. Die Bestimmung in der DVO zu § 13 RDStO, wonach sich die Zweifel des Disziplinargerichts auf denselben Teil der tatsächlichen Feststellungen beziehen müssen, die die Entscheidung des Disziplinargerichts tragen, ist in den § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 eingebaut worden.
2. N o v e l l e zum B u n d e s d i s z i p l i n a r r e c h t Die Novelle zur BDO sieht hinsichtlich der Aussetzung anderweitiger Verfahren erhebliche Neuerungen vor. So werden die bisher in § 13 Abs. 1 und § 14 Satz 1 und 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 erhaltenen Vorschriften zusammengefaßt. § 17 Abs. 1 und 2 BDO i. d. F. der Novelle hält entsprechend der früheren Regelung an dem Aussetzungszwang fest. Trotz eines angängigen gegenstandsgleichen Strafverfahrens kann das förmliche Disziplinarverfahren jedoch trotzdem weitergeführt werden, wenn 1. der Bundesdisziplinaranwalt an die Einleitungsbehörde das Verlangen auf Fortsetzung des Verfahrens richtet oder 2. dem Antrage des Beamten auf Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens durch das Bundesdisziplinargericht stattgegeben wird oder 3. der Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluß des Bundesdisziplinargerichts durch das Bundesverwaltungsgericht stattgegeben wird, wobei sowohl der Bundesdisziplinaranwalt als auch der Beamte beschwerdeberechtigt sind. Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 ist aus systematischen Gründen nach § 97 Abs. 3 BDO i. d. F. der Novelle übernommen worden. Der § 13 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entspricht § 17 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle. § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 entspricht § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle. § 17 BDO i. d. F. der Novelle trägt folgenden Wortlaut: „(1) Ist gegen den Beamten die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben, so kann wegen derselben Tatsachen ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden; es ist aber bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens auszusetzen. Ebenso ist ein bereits eingeleitetes Disziplinarverfahren auszusetzen, wenn während seines Laufes die öffentliche Klage erhoben wird. (2) Das Disziplinarverfahren kann ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. (3) Ein ausgesetztes Disziplinarverfahren kann fortgesetzt werden, wenn die Sachaufklärung gesichert ist; das gleiche gilt, wenn im strafgerichtlichen Verfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen. Das Disziplinarverfahren ist spätestens nach Abschluß des Verfahrens, das zur Aussetzung geführt hat, fortzusetzen. Einem Verlangen des Bundesdisziplinaranwalts auf Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens hat die Einleitungsbehörde zu entsprechen.
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§ 80
Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
(4) Der Beamte kann gegen eine Aussetzung durch die Einleitungsbehörde den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen; das Bundesdisziplinargericht entscheidet endgültig durch Beschluß. Gegen eine Aussetzung durch das Bundesdisziplinargericht kann der Bundesdisziplinaranwalt oder der Beamte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. (5) Wird der Beamte im strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen, kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Urteils waren, ein Disziplinarverfahren nur dann eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn diese Tatsachen ohne den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen, ein Dienstvergehen enthalten". § 18 BDO i. d. F. der Novelle entspricht der von der Bundesregierung gebilligten Stellungnahme des Bundesrats und trägt folgenden Wortlaut: „(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteils, auf denen das Urteil beruht, sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für den Dienstvorgesetzten, die Einleitungsbehörde, den Untersuchungsführer, den Bundesdisziplinaranwalt und das Disziplinargericht bindend. Das Disziplinargericht hat jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder übereinstimmend bezweifeln; dies ist in den Urteilsgründen (§ 78) zum Ausdruck zu bringen. (2) Die in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden."
HI. AUSSETZUNG DES DISZIPLINARVERFAHRENS NACH ERHEBUNG DER ÖFFENTLICHEN KLAGE NACH § 13 ABS. 1 BDO I. D. F. ÄNDGES. 1952 A. Allgemeines Ist gegen den Beamten die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben, so kann wegen derselben Tatsachen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 das Disziplinarverfahren zwar eingeleitet, es muß aber bis zur Beendigung des strafrechtlichen Verfahrens ausgesetzt werden. Nach § 13 Satz 2 a. a. O. muß ein bereits eingeleitetes Disziplinarverfahren in einem solchen Falle ausgesetzt werden. Die Notwendigkeit bzw. Zweckmäßigkeit der Aussetzung des Disziplinarverfahrens ergibt sich daraus, daß widersprechende Feststellungen im Tatbestand durch verschiedene Gerichte vermieden werden sollen3. Hieraus folgt, daß es sich ganz allgemein um solche Verfahren handeln muß, die sich auf das Disziplinarverfahren in irgendeiner Weise auswirken können4. Soweit es sich um ein gegenstandsgleiches Strafverfahren handelt, kommt eine Aussetzung nach § 13 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 erst nach der Erhebung der öffentlichen Anklage in Frage. Will der Dienstvorgesetzte bzw. die Einleitungsbehörde nach Erstattung der Strafanzeige das eingeleitete Disziplinarverfahren nicht mehr betreiben, bevor die Staatsanwaltschaft zu einer Entscheidung gelangt ist, ob öffentliche Anklage zu erheben ist, so scheidet eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Anklageerhebung aus. Es bleibt aber der Einleitungsbehörde unbenommen, nach Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens keine Handlungen vorzunehmen, die der weiteren Feststellung des Sachverhalts dienen. Eine Aussetzung ist dann nur noch unter den Voraussetzungen des § 14 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 17 Abs. 2 BDO i. d. F. der Novelle möglich5. 3 4 6
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RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 407. B e h n k e Anm. 2 zu § 13; derselbe in „Der Beamtenbund" 1950 S. 38 (40f.). Vgl. auch RGZ Bd. 134 S. 168 (169).
Aussetzung de« Disziplinarverfahrens nach § 13 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 § 8 0
B. Erhebung der öffentlichen Klage Maßgebend für die Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach § 13 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 ist die Erhebung der öffentlichen Klage im Strafverfahren. Dies geschieht seitens des Staatsanwalts entweder durch einen Antrag auf gerichtliche Voruntersuchung oder durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht (§ 170 Abs. 1, § 199 Abs. 2 StPO). Letzeres ist die Regel. Maßgebender Zeitpunkt ist der Eingang der Anklage der Staatsanwaltschaft beim Gericht. Die Voraussetzungen für die Voruntersuchung ergeben sich aus § 178 StPO. Einen Sonderfall der Klageerhebung stellt § 175 StPO dar. Hat der Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren eingestellt, so kann der Verletzte Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen (vgl. §§ 172ff. StPO). Erachtet das Gericht den Antrag für begründet, so beschließt es die Erhebung der öffentlichen Klage (§ 175 StPO). Mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Verletzten gilt die öffentliche Klage als erhoben. Im sog. beschleunigten Verfahren wird, wenn die Anklageschrift nicht eingereicht ist, die Anklage bei Beginn der Hauptverhandlung mündlich erhoben und ihr wesentlicher Inhalt in das Sitzungsprotokoll aufgenommen (§ 212a Abs. 2 StPO). Dies stellt den maßgebenden Zeitpunkt für die Anwendung des § 13 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 dar. Schließlich gilt die öffentliche Klage dann als erhoben, wenn der Staatsanwalt mündlich in der Hauptverhandlung Nachtragsanklage erhebt (vgl. § 266 StPO). Im Wiederaufnahmeverfahren ist der Gerichtsbeschluß über die Anordnung der Wiederaufnahme (§ 370 Abs. 2 StPO) der Erhebung der öffentlichen Klage gleichgestellt. Eine Aussetzung scheidet jedoch vorher aus, selbst wenn der rechtskräftig bestrafte Beamte die Wiederaufnahme bereits beantragt hat8. Ist jedoch das Strafgericht zur Auffassung gelangt, daß der Antrag des Verurteilten voraussichtlich Erfolg haben wird, wird es zweckmäßig sein, das schwebende Disziplinarverfahren auszusetzen7. Übernimmt im Privatklageverfahren der Staatsanwalt unter Bejahung des öffentlichen Interesses die öffentliche Klage (§ 376 StPO), so gilt diese Übernahme als Klageerhebung. Ohne diese Übernahme stellt die Privatklage keinen Grund für die Anwendung des § 13 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 dar. Das gleiche gilt auch für das Verfahren des amtsrichterlichen Strafbefehls (§§ 407ff. StPO), die amtsrichterliche Strafverfügung (§§ 413ff. StPO), den Strafbescheid des Finanzamts (§§ 461 ff. RAgbO) sowie das polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren8. Die öffentliche Klage muß wegen desselben tatsächlichen Hergangs erhoben sein, der Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist. Setzt sich das Disziplinarverfahren aus mehreren Punkten zusammen und bezieht sich die öffentliche Anklage nur auf einen Punkt, so kann an sich das Disziplinarverfahren wegen der anderen Punkte fortgesetzt werden, was jedoch nicht empfehlenswert ist, weil das Dienstvergehen nur einheitlich festgestellt werden kann. Ebenso ist es unzweckmäßig, das Disziplinarverfahren fortzusetzen, • Siehe für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens RDH bei F o e r s t e r Simons S. 271. 7 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 441; RDH 22. 9. 38 — II D 15/38. 8 OVG Bd. 84 S. 45.
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§ 80 Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
wenn das ordentliche Strafverfahren hinsichtlich ein2elner Anschuldigungen z. B. durch Einstellung abgeschlossen ist, aber hinsichtlich anderer Punkte noch schwebt. Der Dienstvorgesetzte wird von der Erhebung der öffentlichen Anklage durch die Staatsanwaltschaft unterrichtet. C. Wirkungen der Klageerhebung 1. Im f ö r m l i c h e n D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n Durch die Erhebung der öffentlichen Klage wird die Einleitungsbehörde nicht gehindert, das Verfahren durch die Einleitungsverfügung einzuleiten und die Einleitungsverfügung dem Beamten und dem Bundesdisziplinaranwalt zuzustellen. Sind die Vorermittlungen noch nicht zum Abschluß gebracht, so können dieselben trotz Aussetzung des Disziplinarverfahrens fortgesetzt werden, bis sich die Einleitungsbehörde auf Grund des summarisch festgestellten Sachverhalts schlüssig ist, ob das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet werden kann. Weiterhin ist trotz Aussetzung des Disziplinarverfahrens die vorläufige Dienstenthebung des Beschuldigten nach § 91 BDO — § 78 BDO a. F. — und die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge nach § 92 BDO — § 79 BDO a. F. — zulässig. Abgesehen von Vorermittlungen, Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens, vorläufiger Dienstenthebung und teilweiser Gehaltseinbehaltung sind sämtliche sonstigen disziplinarischen Maßnahmen, wie z. B. die Bestellung eines Untersuchungsführers, Untersuchungshandlungen des Untersuchungsführers, Fertigung der Anschuldigungsschrift, Anberaumung und Durchführung der Hauptverhandlung, unzulässig. Ebenso scheiden irgendwelche Verfahrenshandlungen im Wiederaufnahmeverfahren aus; hier ist lediglich die Stellung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig. Die Einleitungsbehörde bzw. das Disziplinargericht setzt vielmehr das Verfahren aus. Hierzu bedarf es eines schriftlichen Beschlusses des Disziplinargerichts, wenn das Disziplinarverfahren bereits dort anhängig ist. Ist das förmliche Disziplinarverfahren noch nicht anhängig, so wird die Aussetzung von der Einleitungsbehörde formlos verfügt. Aussetzungsverfügung bzw. -beschluß sind zu den Personalakten zu nehmen. Selbst wenn das Disziplinargericht der ersten Instanz sein Urteil gefällt hat und die Sachaufklärung gesichert ist, ist das Disziplinarverfahren auszusetzen. Dies kommt insbesondere dann in Frage, wenn die im bisherigen Verfahren getroffenen Feststellungen nicht erschöpfend getroffen sind, wenn z. B. bei einer fortgesetzten Handlung im Disziplinarverfahren nur ein Teil der Fälle aufgeklärt ist, während im Strafverfahren weitere Einzelhandlungen zur Aburteilung heranstehen9. Der Lauf von Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsfristen wird durch die Aussetzung des Disziplinarverfahrens weder gehemmt noch unterbrochen. Wird z. B. das Disziplinarverfahren während des Laufes der Berufungsfrist 9 BayrDStH 30. 3. 57 — Nr. 11 DS 1 5 7 — BDHE Bd. 4 S. 203 = L i n d g e n Teil IV Nr. 270 = VGHE n. F. 10 III 5.
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Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach § 13 Abs. 1 BDO i.d.F. ÄndGes. 1952
§ 80
ausgesetzt, so muß die Berufung innerhalb der Berufungsfrist eingelegt werden. Hiervon bleibt unberührt, daß auf eineBerufungseinlegung keine richterliche Handlung vorgenommen werden darf, es sei denn, daß bei Auslandsaufenthalt des Beamten der Vorsitzende des Disziplinargerichts der ersten Instanz die Berufungs- bzw. Berufungsbegründungsfrist angemessen verlängert. Sind trotz Erhebung der öffentlichen Klage an sich unzulässige Handlungen im Disziplinarverfahren, wie z. B. Untersuchungshandlungen, vorgenommen worden, so sind diese dennoch rechtswirksam, es sei denn, daß die Verteidigung des Beamten durch diese Rechtshandlungen erheblich erschwert worden ist 10 . Einmal sieht § 13 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 trotz Erhebung der öffentlichen Klage unter den dort genannten Voraussetzungen eine Fortsetzung des Disziplinarverfahrens vor; überdies handelt es sich bei § 13 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 nur um eine Sollvorschrift, wenn auch nach dem Wortlaut der Bestimmung das Disziplinarverfahren ausgesetzt werden muß 1 1 . Setzt also der Untersuchungsführer die Beweiserhebungen fort, so sind diese in der Hauptverhandlung durch das Disziplinargericht zu verwerten. Ergibt sich jedoch, daß der Beamte in der Wahrnehmung seiner Verteidigung behindert war, so sind die ohne ihn erhobenen Beweise nachzuholen. Das wäre z. B. der Fall, wenn Beweiserhebungen vorgenommen worden sind, an denen der Beamte infolge Einsitzens in Untersuchungshaft nicht teilnehmen konnte. Ist das Disziplinarverfahren ausgesetzt, so hat der Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts die Aussetzung und die Fortsetzung des Verfahrens laufend zu überwachen (DA BDA IV 2f und g). 2. In den V o r e r m i t t l u n g e n u n d im fahren
Disziplinarverfügungsver-
§ 13 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 spricht lediglich von der Aussetzung des „Disziplinarverfahrens". Weiterhin besagt diese Vorschrift, daß nach Erhebung der öffentlichen Klage das Disziplinarverfahren „zwar eingeleitet", es jedoch ausgesetzt werden muß. Hieraus könnte man schließen, daß die Aussetzung nur im förmlichen Disziplinarverfahren in Betracht kommt. Dies würde jedoch dem Grundgedanken des § 13 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 widersprechen, der dem Strafverfahren ganz allgemein den Vorrang vor dem Disziplinarverfahren einräumt, soweit es sich um die Klärung des Sachverhalts handelt. Überdies ist, wie bereits unter I hingewiesen worden ist, die Bestimmung unter den „Allgemeinen Vorschriften" aufgenommen. Es bestehen also keine Bedenken, die Vorschrift auch im Vorermittlungsverfahren und im Disziplinarverfügungsverfahren des Dienstvorgesetzten anzuwenden. Allerdings muß der Dienstvorgesetzte trotz Anklageerhebung im ordentlichen Strafverfahren prüfen, ob der gegenstandsgleiche Sachverhalt zu einer Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens führen muß. Insbesondere muß das förmliche Disziplinarverfahren dann eingeleitet werden, wenn voraussichtSo Behnke Anm. 7 zu § 13 BDO; W i t t l a n d Anm. 18 zu § 13 RDStO. RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 404 (405); RDH bei F o e r s t e r 1953 S. 106 (109); PrDStH in RuPrVBl. 1932 S. 817 = JW 1932 S. 27 (28). 10
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§ 80
Der Einfluß des gegenstandsgleichea Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
lieh mit der Entfernung des Täters aus dem Dienst gerechnet werden muß, wobei es gleich bleiben kann, wie das sachgleiche Strafverfahren ausgehen wird. Ergibt eine summarische Uberprüfung der Tat, daß der Beamte für den Staatsdienst nicht mehr tragbar ist, so wird es sich für die Einleitungsbehörde als notwendig erweisen, den Beamten neben der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes zu entheben und ihm einen Teil der Dienstbezüge einzubehalten12. Für den Dienstvorgesetzten ergibt sich in einem solchen Falle sogar die Notwendigkeit, trotz sachgleichen Strafverfahrens die V o r e r m i t t l u n g e n f o r t z u f ü h r e n , um sich d a r ü b e r s c h l ü s s i g zu w e r d e n , ob die E i n l e i t u n g s b e h ö r d e das f ö r m l i c h e D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n e i n l e i t e n soll. Im übrigen scheidet eine Fortführung der Vorermittlungen mit dem Ziele, den Beamten im Disziplinarverfügungsverfahren zu bestrafen, aus; dies wird allerdings äußerst selten vorkommen, da ein Beamter, der gegen eine strafrechtliche Norm so erheblich verstößt, daß gegen ihn öffentliche Anklage im Strafverfahren erhoben werden muß, im allgemeinen mit einer Disziplinarmaßnahme rechnen muß, die nur im förmlichen Disziplinarverfahren verhängt werden kann. Zur Aussetzung der Vorermittlungen und des Disziplinarverfügungsverfahrens bedarf es keiner besonderen schriftlichen Verfügung des Dienstvorgesetzten. Im allgemeinen reicht es aus, wenn sich der Dienstvorgesetzte jeglicher disziplinarischen Handlung enthält, indem er z. B. keine weiteren Ermittlungen anstellt oder von der Bestrafung des Beamten absieht. Selbst wenn die Disziplinarverfügung bereits schriftlich abgesetzt und vom Dienstvorgesetzten unterzeichnet ist, muß nach Erhebung der öffentlichen Klage die Zustellung oder Eröffnung derselben an den Beamten unterbleiben. Ist die Disziplinarstrafe bereits verhängt worden, und hat der Beamte hiergegen Beschwerde oder disziplinargerichtliche Entscheidung beantragt, so setzt der höhere Dienstvorgesetzte, die oberste Dienstbehörde bzw. das Disziplinargericht das Verfahren aus. Auch hier bleibt von der Erhebung der öffentlichen Klage die Rechtsmittelfrist unberührt, da Fristen weder gehemmt noch unterbrochen werden. Zieht sich das Strafverfahren zu sehr in die Länge, so kann es sich als notwendig erweisen, schon vor dessen Abschluß die Disziplinarverfügung nach § 32 Abs. 2 BDO — § 27 Abs. 2 BDO a. F. — innerhalb der dort genannten Jahresfrist aufzuheben, wenn nach dem jeweiligen Stand des Verfahrens der Beamte nicht als belastet gilt und durch die Aufhebung dem ordentlichen Strafverfahren nicht vorgegriffen wird. Eine Fortführung des Disziplinarverfügungsverfahrens kommt trotz des Laufes eines gegenstandsgleichen Strafverfahrens insbesondere dann in Frage, wenn die Straftat kein Dienstvergehen darstellt, wenn z. B. die Straftat unbedeutend ist und in der Öffentlichkeit keinen Anstoß erregt hat. Wird eine disziplinarische Maßnahme durch den Dienstvorgesetzten getroffen, obgleich die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 gegeben sind, gilt das unter 1 Gesagte entsprechend: Grundsätzlich ist eine solche Maßnahme rechtswirksam, es sei denn, daß sie den Beamten in seiner Verteidigung beeinträchtigt. 12 DStH Lüneburg 9. 2. 59 — DSt. A 13/58 — in NDBZ 1959 S. 90 = L i n d g e n Teil IV Nr. 344.
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Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach § 13 Abs. 1 BDO i. d.F. ÄndGes. 1952
§ 80
3. Im Untersuchungsverfahren nach § 107 B D O i. d. F. ÄndGes. 1952 Ist gegen einen Beamten auf Widerruf oder einen Beamten auf Probe ein Untersuchungs verfahren nach § 107 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 angeordnet, so ist nach Erhebung der öffentlichen Anklage im Strafverfahren die Untersuchung gleichfalls auszusetzen. Der Beamte, der mit der Untersuchung beauftragt worden ist, hat keine weiteren Untersuchungshandlungen vorzunehmen. Wenn auch nach Abschluß der Untersuchung kein förmliches Disziplinarverfahren in Frage kommt, so handelt es sich jedoch bei der Untersuchung, die nach § 107 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 durchgeführt wird, um ein Disziplinarverfahren i. S. des § 13 BDO Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952. Anders ist es jedoch, wenn die Untersuchung, die auf Grund des § 107 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 angeordnet ist, abgeschlossen ist, bevor öffentliche Anklage im Strafverfahren erhoben ist. In diesem Falle ist die Dienstbehörde auch vor Abschluß des Strafverfahrens berechtigt, den Beamten auf Widerruf bzw. den Beamten auf Probe zu entlassen, sofern nach dem Beweisergebnis der Beamte sich ein Dienstvergehen hat zuschulden kommen lassen, das ihn nicht mehr für den öffentlichen Dienst als tragbar erscheinen läßt. Bei der Entlassung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BBG bzw. § 32 BBG handelt es sich nicht um eine Disziplinarmaßnahme, sondern um einenVerwaltungsakt, der sich nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen richtet, so daß § 13 Abs. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 insoweit nicht hemmend auswirken kann. Im Falle des Wiederspruchs bzw. Erhebung der Anfechtungsklage gegen die Entlassung kann jedoch das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 VerwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen, falls die Entlassungsbehörde die sofortige Vollziehung angeordnet haben sollte; dies wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Sachverhalt einer genügenden Klärung erst im gegenstandsgleichen Strafverfahren bedarf. D. Fortsetzung des Disziplinarverfahrens Die Aussetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens dauert im allgemeinen bis zum rechtskräftigen Abschluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens. Das Strafverfahren kann entweder durch Urteil des letztinstanzlichen Gerichts oder mit Ablauf der Rechtsmittelfrist oder durch Rücknahme oder durch Rechtsmittelverzicht beendet sein. Wird nur beschränkt Berufung gegen das Strafurteil eingelegt, wird z. B. die Berufung nur auf Art oder Höhe der Disziplinarmaßnahme beschränkt, so ist damit das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen, so daß eine Fortsetzung des Disziplinarverfahrens ausscheidet. Eine Beendigung des Strafverfahrens tritt auch durch die endgültige Einstellung — wie z. B. wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung, wegen Verjährung oder auf Grund einer Amnestiebestimmung — oder durch Außerverfolgungssetzung im Falle des § 204 Abs. 2 StPO ein. Wird das Strafverfahren jedoch nach § 205 StPO vorläufig eingestellt, weil der Hauptverhandlung für längere Zeit die Abwesenheit des Angeschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegensteht, so kommt in diesem Falle die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens nicht in Betracht. Ist das Strafverfahren abgeschlossen, so wird das Disziplinarverfahren fortgesetzt, ohne daß es hierzu eines ausdrücklichen Beschlusses oder einer Fortsetzungsverfügung bedarf. Es genügt, wenn irgendeine disziplinarische 331
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Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
Maßnahme getroffen wird, wenn z. B. der Untersuchungsführer seine Untersuchungshandlungen fortsetzt. Ist das ordentliche Strafverfahren abgeschlossen, und ist der Beamte daselbst bestraft worden, so ist er vor Abfassung der Anschuldigungsschrift nochmals zu hören. Die früheren Vernehmungen im Verlaufe der Vorermittlungen und seine Anhörung im Strafverfahren ersetzen diese Vernehmung grundsätzlich nicht. Der Beamte soll im Disziplinarverfahren nach Abschluß des Strafverfahrens nochmals Gelegenheit erhalten, vor Abfassung der Anschuldigungsschrift die Gesichtspunkte geltend zu machen, die für die disziplinare Wertung seines Verhaltens und für die Beurteilung seiner Persönlichkeit beachtlich sein können 13 . Der Mangel kann dann als geheilt angesehen werden, wenn der Beamte später Gelegenheit erhalten hat, sich auf die Anschuldigungsschrift zu äußern. Insbesondere empfiehlt es sich, nach Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens, den Beschuldigten auf die bindende Wirkung der tatsächlichen Feststellungen, die sich aus § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 ergibt, hinzuweisen. Ist der Beamte im Laufe des weiteren Verfahrens, wie z. B. in der Untersuchung, über die bindende Kraft eines gegen ihn ergangenen strafgerichtlichen Erkenntnisses unrichtig belehrt worden, so liegt darin ein der Durchführung des Disziplinarverfahrens entgegenstehender Verfahrensmangel jedoch dann nicht vor, wenn die unrichtige Rechtsbelehrung den Beamten in keiner Weise benachteiligt hat 14 . E. Fortsetzung des Disziplinarverfahrens trotz Erhebung der öffentlichen Klage 1. Bei S i c h e r u n g der S a c h a u f k l ä r u n g Mit Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts kann das Disziplinarverfahren fortgesetzt werden, wenn die Sachaufklärung gesichert ist (§ 13 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens kommt vor allem dann in Frage, wenn es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt oder um eine Pflichtverletzung im dienstlichen Bereich handelt, wobei insbesondere nach einem Geständnis des Beamten eine weitere Sachaufklärung keine umfangreiche Beweisaufnahme erfordert, oder der Sachverhalt auf Grund eingehender Ermittlungen durch Dienststellen der Dienstbehörde des Beamten hinreichend geklärt ist, oder im Strafverfahren die Punkte, deretwegen sich der Beamte auch disziplinarisch zu verantworten hat, bereits abschließend behandelt worden sind. Ist z. B. im Berufungsverfahren vor dem Strafgericht nur noch zu klären, ob die Strafe verjährt ist, bestehen gegen die Fortsetzung schon deshalb keine Bedenken, weil im Disziplinarrecht der Zeitablauf nur in einem sehr geringen Umfange zu berücksichtigen ist. Die Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts kann auch erst nachträglich eingeholt werden. Wird das Disziplinarverfahren ohne Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts fortgesetzt, so sind die getroffenen disziplinarischen Maßnahmen nur dann rechtsunwirksam, wenn der Beamte bei der DokBer. Nr. 1501. DiszSenat OVG Münster 10. 3. 61 — V 31/60 — in ZBR 1961 S. 390 (LS) = Lindgen Teil IV Nr. 645. 13
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Aussetzung und Fortsetzung des Disziplinarverfahrens § 17 BDO i.d.F. der Novelle
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Wahrnehmung seiner Rechte beeinträchtigt worden ist, da hier ein erheblicher Verfahrensmangel vorliegt. 2. Bei in der P e r s o n des B e a m t e n l i e g e n d e n G r ü n d e n Eine Fortsetzung des Disziplinarverfahrens kommt vor Beendigung des Strafverfahrens auch dann in Frage, 'wenn in letzterem Verfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Hierzu rechnen z. B. die Verhandlungsfähigkeit oder die längere Abwesenheit des Beamten (vgl. § 205 StPO). Abwesenheit ist nach § 276 Abs. 1 StPO gegeben, wenn der Aufenthalt des Beamten unbekannt ist oder wenn er sich im Ausland aufhält und seine Gestellung vor das zuständige Strafgericht nicht ausführbar oder nicht angemessen erscheint. Das Disziplinarverfahren kann in solchen Fällen auch dann fortgesetzt werden, wenn ein Beschluß des Strafgerichts, wonach das strafgerichtliche Verfahren vorläufig einzustellen ist, nicht erlassen ist. Die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens kommt auch dann in Frage, wenn der Vorsitzende nach § 205 Satz 2 StPO Beweise sichert oder eine Beweissicherung nach §§ 285 ff. StPO durchgeführt wird. Andererseits scheidet eine Fortsetzung des Disziplinarverfahrens aus, wenn das Strafverfahren gegen den abwesenden Beamten nach §§ 276 ff. StPO durchgeführt wird oder wenn das Strafverfahren aus sonstigen Gründen ausgesetzt wird. 3. A b w e i c h u n g e n der t a t s ä c h l i c h e n F e s t s t e l l u n g e n im S t r a f u r t e i l als W i e d e r a u f n a h m e g r u n d Ergeht in den unter 1. und 2. angeführten Fällen nach rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens im strafgerichtlichen Verfahren ein rechtskräftiges Urteil auf Grund von tatsächlichen Feststellungen, die von denen des Urteils des Disziplinargerichts abweichen, so gelten die abweichenden Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils als neue Tatsachen i. S. des § 83 Abs. 1 Nr. 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952). Die Abweichung gegenüber den §§ 83ff. BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 besteht darin, daß der Antragsberechtigte nicht den Nachweis zu führen braucht, daß die abweichenden Feststellungen dem Disziplinargericht in dem früheren Verfahren noch nicht bekannt gewesen waren oder daß sie der Antragsteller ohne sein Verschulden nicht schon früher vorbringen konnte. Entscheidend ist allein, daß die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des Disziplinargerichts von denen des Strafurteils abweichen und die Abweichungen erheblich sind, d. h. daß sie geeignet sind, allein oder in Verbindung mit den im früheren Verfahren getroffenen Feststellungen eine andere Entscheidung entsprechend dem Wiederaufnahmeziel zu rechtfertigen. IV. AUSSETZUNG UND FORTSETZUNG DES DISZIPLINARVERFAHRENS NACH § 17 BDO I. D. F. DER NOVELLE § 17 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle hält entsprechend der bisherigen Regelung grundsätzlich an der Aussetzung des Disziplinarverfahrens fest, sofern wegen derselben Tatsachen öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben worden ist. Ein Disziplinarverfahren kann zwar eingeleitet, es muß aber bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden, wenn wegen derselben Tatsachen gegen den Be333
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amten öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben worden ist (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Ebenso muß ein bereits eingeleitetes Disziplinarverfahren ausgesetzt werden, wenn während seines Laufes die öffentliche Klage erhoben worden ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). § 17 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle stimmt mit § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 überein, so daß die Ausführungen unter III A bis C S. 326 ff. auch nach Inkrafttreten der Novelle zur BDO gelten. Die Fortsetzung eines ausgesetzten förmlichen Disziplinarverfahrens kommt unter folgenden Voraussetzungen in Frage: 1. S i c h e r u n g der S a c h a u f k l ä r u n g Ist die Sachaufklärung gesichert, so kann das ausgesetzte Disziplinarverfahren fortgesetzt werden ( § 1 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle). An die Sicherung der Sachaufklärung sind sehr strenge Anforderungen zu stellen. So kann allein das Geständnis des Beamten noch nicht genügen, zumal wenn für die Prüfung der Frage der Bemessung der Disziplinarmaßnahmen Umstände zu berücksichtigen sind, die noch eingehender Erörterungen bedürfen. Die Fortsetzung ist nicht an die Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts gebunden. Insoweit unterscheidet sich § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle von § 13 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BDO 1. d. F. ÄndGes. 1952. 2. In der P e r s o n des B e a m t e n l i e g e n d e G r ü n d e Das ausgesetzte Verfahren kann fortgesetzt werden, wenn im strafgerichtlichen Verfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Da diese Bestimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 übereinstimmt, gilt das unter III E 2 S. 333 Gesagte. 3. V e r l a n g e n des B u n d e s d i s z i p l i n a r a n w a l t s auf F o r t s e t z u n g des förmlichen Disziplinarverfahrens Die Einleitungsbehörde hat einem Verlangen des Bundesdisziplinaranwalts auf Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens zu entsprechen (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). Der Bundesdisziplinaranwalt wird das Verlangen nur dann stellen, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle gegeben sind. 4. A n o r d n u n g der F o r t s e t z u n g des f ö r m l i c h e n D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n s d u r c h das B u n d e s d i s z i p l i n a r g e r i c h t Der Beamte kann gegen die Aussetzung durch die Einleitungsbehörde den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen (§ 17 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Der Antrag ist an keine Frist gebunden. Ist ein Pfleger bestellt, so kann der Antrag nur durch diesen gestellt werden. Im übrigen kann er auch durch den Verteidiger des Beamten gestellt werden. Über den Antrag entscheidet das Bundesdisziplinargericht endgültig durch Beschluß (§ 17 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle). 334
Aussetzung und Fortsetzung des Disziplinarverfahrens § 17 B D O i. d.F. der Novelle
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5. Anordnung der Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht Hat das Bundesdisziplinargericht das förmliche Disziplinarverfahren ausgesetzt, so kann hiergegen der Bundesdisziplinaranwalt oder der Beamte Beschwerde einlegen (§17 Abs. 4 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Auf die Einlegung der Beschwerde finden die Vorschriften des § 79 BDO i. d. F. der Novelle Anwendung; im einzelnen siehe § 109f. Auch der Beamtendisziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts wird der Beschwerde nur stattgeben, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle erfüllt sind. 6. Abschluß des straf gerichtlichen Verfahrens Das Disziplinarverfahren ist spätestens nach Abschluß des Verfahrens, das zur Aussetzung geführt hat, fortzusetzen (§17 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 war das Disziplinarverfahren gleichfalls nur bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens auszusetzen. Hier gilt das unter III D S. 331 f. Gesagte. Die in § 17 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 BDO i. d. F. der Novelle getroffenen Neuerungen dürften bedenklich sein, wenn die Fortsetzung des förmlichen Disziplinarverfahrens auch dann in Betracht käme, wenn die Sachaufklärung nicht restlos gesichert ist18. Nach der Ansicht von Finger16 lassen Gründe der Rechtssicherheit, der Gewaltenteilung, der Wahrung der Integrität der Verwaltung einsereits, der Fürsorge für den Beamten andererseits und schließlich der Ersparnis nutzloser Verwaltungsarbeit die Beibehaltung des bisherigen Rechtszustandes als wünschenswert und notwendig erscheinen. Wenn der Strafrichter nach § 262 StPO nicht an zivilgerichtliche Urteile gebunden ist, so erklärt sich dies daraus, daß im ersteren Verfahren die Offizialmaxime, im letzteren hingegen die Parteimaxime gilt. Im Disziplinar- und im Strafverfahren gilt jedoch allgemein die Offizialmaxime. Zudem bietet das Strafverfahren weit mehr Rechtsgarantien als das Disziplinarverfahren, bei dem die Sachaufklärung überwiegend nichtrichterlichen Personen übertragen ist. Der Hinweis, daß ein Strafurteil — insbesondere ein Freispruch — u. U. ein Fehlurteil darstellen kann, genügt gleichfalls nicht; auch das disziplinarische Erkenntnis kann in gleicher Weise ein Fehlurteil darstellen, so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß ein strafgerichtlicher Freispruch, der kein Fehlurteil darstellt, durch eine disziplinarische Verurteilung ersetzt wird, die sich als Fehlentscheidung erweist. Wollte man die Bindung an das strafgerichtliche Erkenntnis beseitigen, hätte auch § 48 BBG im Beamtenrecht keinen Platz mehr, da hier an das Strafurteil automatisch Folgerungen geknüpft werden, die zu einer Beendigung des Beamtenverhältnisses führen17. Schließlich wird eine Beschlei inigung des Disziplinarverfahrens auch dadurch nicht erreicht, daß es gleichzeitig neben dem Strafverfahren durchgeführt wird. Durch die Dienststellen — bei der Deutschen Bundesbahn durch den Fahndungsdienst und bei der Deutschen Bundespost durch die Sicherungsdienststellen — ist der 1 6 F i n g e r a. a. O., L i n d g e n a. a. O . ; vgl. jedoch D ö r i n g in DVB1. 1963 S. 171 und Ausführungen des Präsidenten des O V G Rh.-Pfalz, M e y e r - H e n t s c h e l , anläßlich des 10jährigen Bestehens des BDH in ZBR 1963 S. 277. 16 A. a. O. S. 290. 1 7 Siehe F i n g e r a. a. O. S. 291.
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Sachverhalt auch in strafrechtlicher Hinsicht so einwandfrei geklärt, daß das Strafverfahren in den meisten Fällen spätestens 6 Monate nach Erstattung der Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft rechtskräftig abgeschlossen ist. Verzögerungen, die im Strafverfahren auftreten, wie z. B. die Untersuchung des Angeklagten auf seinen Geisteszustand, führen auch zu einer Verschleppung des Disziplinarverfahrens. Andererseits werden die Personalakten sowohl beim Straf- als auch beim Disziplinarverfahren benötigt, so daß bei der alsbaldigen Durchführung letzteren Verfahrens sich wiederum das Strafverfahren verzögert. Werden in diesem Verfahren abweichende Feststellungen vom Disziplinarurteil getroffen, so bietet sich dem im Disziplinarverfahren Verurteilten die Möglichkeit, die Wiederaufnahme zu betreiben, so daß die Disziplinarsache auf längere Zeit nicht zum Abschluß kommt. Überdies bestand bereits nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 die Möglichkeit, bei voller Sachaufklärung mit Zustimmung des Bundesdisziplinaranwalts dem Disziplinarverfahren trotz gleichzeitig daneben laufenden Strafverfahrens Fortgang zu geben. Daß ein Bedürfnis für eine grundlegende Änderung des § 13 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 nicht bestand, haben sämtliche nach Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 28. 11. 52 erlassenen Disziplinargesetze der Länder gezeigt, die an dem bisherigen Recht festhalten. Ist das Disziplinarverfahren trotz eines nebenherlaufenden gegenstandsgleichen Strafverfahrens fortgesetzt worden, und ergeht nach rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens im strafgerichtlichen Verfahren ein rechtskräftiges Urteil auf Grund von tatsächlichen Feststellung, die von denen des Urteils des Disziplinargerichts abweichen, gelten die abweichenden Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils als neue Tatsachen (§ 97 Abs. 3 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle). Im einzelnen hierzu siehe III E 3 S. 333. Für Disziplinarverfügungen gilt § 32 Abs. 2 Satz 3 BDO i. d. F. der Novelle, wonach eine Verschärfung der Disziplinarmaßnahme nach Art und Höhe oder die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens u. a. zulässig ist, wenn nach Erlaß der Disziplinarverfügung im strafgerichtlichen Verfahren ein rechtskräftiges Urteil auf Grund von tatsächlichen Feststellungen ergeht, die von den der Disziplinarverfügung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen abweichen. V. WIRKUNG DES FREISPRUCHS IM GEGENSTANDSGLEICHEN STRAFVERFAHREN AUF DAS DISZIPLINARVERFAHREN 18 Wird der Beamte im strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen, so kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Urteils waren, ein Disziplinarverfahren nur dann eingeleitet und fortgesetzt werden, wenn diese Tatsachen, ohne den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen, ein Dienstvergehen enthielten (§ 13 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 17 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle). 1 8 Reuß in Beamtenjahrbuch 1938 S. 255—265; Thieme „Wirkung strafgerichtlicher Freisprüche im Disziplinarverfahren" in RiA 1954 S. 343; D ö g e „Der strafgerichdiche Freispruch als Prozeßhindernis im Disziplinarverfahren nach der BDO" in ZBR 1958 S. 325; M e y e r - H e n s c h e l „Das Berufsbild des Beamten in der Rechtsprechung des Bundesdisziplinarhofs — zugleich ein Beitrag zur Problematik des § 13 Abs. 2 in ZBR 1963 S. 277; Finger a. a. O. L o e w e n h e i m - W i l h e l m „Beamtenrechtliche Folgen des strafgerichtlichen Freispruchs mangels Beweises" in ZBR 1965 S. 97.
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Der Entwurf zur Novelle zur BDO, wie er in der Bundestags-Drucksache V/325 — abgedruckt war, sah eine völlige Streichung des § 13 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 vor, so daß in jedem Falle eine disziplinarische Verfolgung trotz eines Freispruchs im gegenstandsgleichen Strafverfahren zulässig gewesen wäre. Eine solche Regelung wäre geeignet gewesen, das Vertrauen des Staatsbürgers in die Rechtspflege zu untergraben, da die Möglichkeit für sich widersprechende Entscheidungen geschaffen worden wäre. In einem solchen Falle hätte sich auch die Bestimmung des § 48 BBG erübrigt, wo in einem gewissen Umfange strafgerichtliche Verurteilungen sogar automatisch auf das Beamtenverhältnis Ausstrahlungen zeitigen. So ist es verständlich, daß die Streichung des früheren § 13 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 zu erheblichen Angriffen führte. Deshalb ist es zu begrüßen, daß der Innenausschuß des Bundestages den bisherigen § 13 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 als § 17 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle übernommen hat. Aus der Tatsache, daß im Falle eines strafgerichtlichen Freispruchs nur der sog. disziplinare Überhang verfolgt werden kann, scheidet damit eine disziplinarische Verantwortlichkeit in sämtlichen sonstigen Fällen aus, insbesondere wenn sich das angebliche beamtenwidrige Verhalten allein in der Strafbarkeit der Tat erschöpft. A. Strafgerichtlicher Freispruch als Voraussetzung Eine disziplinarische Verfolgung scheidet aus, wenn ein deutsches ordentliches oder besonderes Strafgericht auf Grund einer durchgeführten Hauptverhandlung nach § 260 Abs. 1 StPO durch Urteil rechtskräftig auf Freispruch erkennt. Um einen Freispruch handelt es sich auch dann, wenn der Beamte erst im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden ist 19 . Auch ein solcher Freispruch ist zu beachten, der deshalb ergangen ist, weil eine Alternativfeststellung eine Bestrafung ausschloß; so stellt es ein Prozeßhindernis dar, wenn z. B. der Beamte im gegenstandsgleichen Strafverfahren deshalb freigesprochen worden ist, weil nicht festgestellt werden konnte, ob er infolge Alkoholgenusses völlig unzurechnungsfähig i. S. des § 330a StGB oder nur vermindert zurechnungsfähig i. S. des § 51 Abs. 2 StGB war. U. U. kommt dann aber eine Ahndung wegen eines disziplinaren Überhanges in Frage 20 . Eine Begnadigung hingegen steht einem Freispruch nicht gleich. Da es sich um ein Urteil eines deutschen Gerichts handeln muß, scheiden freisprechende Urteile der ausländischen Gerichte aus. Gleiches gilt auch für die Urteile der Besatzungsmächte. Ebenso scheidet eine Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft aus. Da die sog. Sperrwirkung des § 17 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle einen „echten" Freispruch voraussetzt, kommt diese Bestimmung dann nicht zur Anwendung, wenn das Strafverfahren die rechtliche Möglichkeit offen läßt, daß statt eines Freispruchs die Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses gemäß § 260 Abs. 3 StPO erfolgt 21 . Ist z. B. ein 1 9 Vgl. RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 417; BDH 7. 11. 56 — II D 87/55 — BDHE Bd. 3 S. 271 = L i n d g e n Teil IV Nr. 336. 20 DokBer. Nr. 1563. 2 1 BDH 18.12. 58 — III D 9/58 — BDHE Bd. 5 S. 66 = L i n d g e n Teil IV Nr. 497 (LS); vgl. auch RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 425 (430); W i t t l a n d Anm. 29 zu § 1 3 (RDStO; a. M. RDH 19. 9. 39 — III D 27/39 —.
22 L i n d g e n , Disziplinarrecht II
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Freispruch beim Zusammentreffen eines Verbrechens nach § 174 Nr. 1 bzw. § 176 Abs. 1 Nr. 3 StGB mit Beleidigung erfolgt, wobei die Bestrafung wegen Beleidigung lediglich mangels eines Strafantrags nicht erfolgen konnte, so übt das freisprechende Urteil insoweit keine bindende Wirkung nach § 17 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle aus, als das Verfahren insoweit nicht eingestellt war, sondern ein Freispruch wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung erfolgen mußte. Gleiches gilt auch dann, wenn das Strafverfahren auf Grund des § 153 Abs. 3 StPO oder auf Grund der §§ 154 Abs. 2, 205 StPO oder wegen Verjährung eingestellt ist 22 oder wenn der Beamte nach durchgeführter Voruntersuchung außer Verfolgung gesetzt ist 23 oder wenn das Strafgericht die Eröffnung der Hauptverhandlung nach § 204 Abs. 1 StPO abgelehnt hat24. Wird der Beamte vom Strafgericht einer strafbaren Handlung wohl für schuldig befunden, erfolgt aber auf Grund der in §§ 199 StGB (wechselseitige Beleidigung) oder § 233 StGB (wechselseitige Körperverletzung oder Erwiderung einer Beleidigung mit einer Körperverletzung) eingeräumten Kompensationsbefugnis eine Straffreierklärung, so handelt es sich hier nicht um einen Freispruch, so daß eine disziplinarische Verfolgung zulässig ist 26 . Gleiches gilt auch dann, wenn der Beamte nach § 139 StGB straffrei bleibt, weil er die Ausführung oder den Erfolg der Tat auf andere Weise abwendet als durch eine Anzeige nach § 138 StGB, oder wenn im Falle einer uneidlichen Aussage das Strafgericht unter den in § 157 StGB genannten Voraussetzungen ganz von einer Strafe absieht. An einer für das Disziplinarverfahren bindenden tatsächlichen Feststellung fehlt es in einem freisprechenden Urteil dann, wenn das Strafgericht es offen läßt, ob sich der Beamte in der ihm zur Last gelegten Weise verhalten hat, weil auch bei Unterstellung eines solchen Verhaltens der Tatbestand eines Strafgesetzes nicht gegeben ist28. Dies gilt vor allem dann, wenn der Beamte im Strafverfahren wohl freigesprochen ist, jedoch sich aus den Urteilsgründen ergibt, daß aus formellen Gründen die Anklage nicht erschöpfend unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten behandelt worden ist27. Hat sich der Beamte vor dem ordentlichen Strafgericht wegen mehrerer miteinander in Tatmehrheit stehender Straftaten zu verantworten (vgl. § 73 StGB), und stellt das Strafgericht im Urteil fest, daß der Beamte wohl der einen, nicht aber auch der anderen Straftat schuldig ist, so muß es ihn wegen der festgestellten Straftat verurteilen, kann ihn dann aber nicht wegen der anderen Straftat freisprechen. Hier sind dann hinsichtlich der Straftat, deren Tatbestandsmerkmale vom Strafgericht nicht als erfüllt angesehen worden sind, nicht die Voraussetzungen für die Abstandnahme einer disziplinaren Verfolgung gegeben; das Disziplinarorgan ist in diesem Falle aber an die Feststellungen des Strafgerichts, daß die Tatbestandsmerkmale der anderen strafPrOVG Bd. 97 S. 245 (247). RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 422. 24 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 265. 2 5 PrOVG 10.12.1887 — 1 1371. 26 DiszSenat OVG Münster 30. 9. 57 — W 12/57 — O V G E (DiszS) Bd. 1 S. 48 = L i n d g e n Teil IV Nr. 167. 27 B e h n k e Anm. 15 zu § 13 BDO. 22
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baren Handlung nicht erfüllt sind, gebunden28. Der Punkt, dessentwegen ein strafgerichtlicher Freispruch erfolgt ist, darf in die Anschuldigungsschrift nicht aufgenommen bzw. bei der Urteilsfindung nicht mehr berücksichtigt werden. Aus welchen Gründen der Beamte im Strafverfahren freigesprochen worden ist, ist für die Abstandnahme einer disziplinaren Verfolgung ohne Bedeutung. Es ist also gleichgültig, ob er wegen erwiesener Unschuld oder mangels Beweises oder wegen Unzurechnungsfähigkeit oder deshalb freigesprochen worden ist, weil tatbestandsmäßig keine strafbare Handlung vorliegt. Ebenso ist es unmaßgeblich, ob das Urteil auf unzutreffenden rechtlichen Erwägungen beruht. Nur dann ist ein freisprechendes Urteil nicht zu beachten, wenn es statt der gesetzlich vorgeschriebenen Einstellung ergangen ist. Würde also der Beamte im Strafverfahren durch Urteil freigesprochen, weil die Straftat verjährt ist, so wäre ein solcher Freispruch unbeachtlich, weil in diesem Falle das Strafverfahren hätte eingestellt werden müssen29. B. Wirkung eines strafgerichtlichea Freispruchs 1. Bei T a t b e s t a n d s m e r k m a l e n des D i e n s t v e r g e h e n s , die z u g l e i c h eine s t r a f b a r e H a n d l u n g d a r s t e l l e n Wird der Beamte im strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen, so kann das Disziplinarverfahren nur dann eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn die im Strafurteil angeführten Tatsachen, ohne den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen, ein Dienstvergehen enthalten (vgl. § 17 Abs. 5 BDO — § 13 Abs. 2 BDO a. F. —). Soweit sich also das Dienstvergehen in der strafbaren Handlung erschöpft, dem Beamten z. B. als Pflichtverletzung lediglich die Unterschlagung amtlicher Gelder zum Vorwurf gemacht und er deshalb freigesprochen worden ist, scheidet eine disziplinarische Verfolgung wegen des vom Strafgericht behandelten Sachverhalts aus. Hierbei handelt es sich um ein Prozeßhindernis im Sinne einer negativen Prozeßvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen ist 30 . Der strafgerichtliche Freispruch ist von jedem Disziplinarorgan, also vom Dienstvorgesetzten, von der obersten Dienstbehörde, der Einleitungsbehörde, dem Bundesdisziplinaranwalt und dem Disziplinargericht, zu beachten. Er ist in jedem Stand des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Disziplinarverfahrens zu beachten. Ist wegen des Sachverhalts, der zu einem Freispruch geführt hat, noch nicht das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet oder sind noch nicht einmal Vorermittlungen geführt, so scheidet dann jede Diszipli2 8 BDH 7.10. 59 — I D 13/58 — BDHE Bd. 5 S. 71 = L i n d g e n Teü IV Nr. 514 (LS); BDH 1 8 . 1 1 . 60 — II D 34/59 — in ZBR 1959 S. 387 = L i n d g e n Teü IV Nr. 587 = DokBer. Nr. 1588; RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 266; RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 127; RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s 1935 S. 217 (218); PrDiszH in PrVBl. 1924/1925 S. 391; Behnke Anm. 15 zu § 13 BDO; W i t t l a n d Anm. 24 zu § 13 RDStO. 2 8 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 425 (430); RDHE Bd. 1 S. 123; W i t t l a n d Anm. 25 zu § 1 3 RDStO. 3 0 RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 265; RDHE Bd. 1 S. 127 = RVB1. 1938 S. 968; BDH 18.12. 58 — III D 9/58 — BDHE Bd. 5 S. 66 = L i n d g e n Teü IV Nr. 497 (LS); BDH 2.10. 53 — II D 72/53 — BDHE Bd. 1 S. 119; BDH 7 . 1 1 . 56 — II D 87/55 — L i n d gen Teil IV Nr. 336; DH Rh.-Pfalz 21.2. 59 — V 10/58 — in ZBR 1959 S. 272 = L i n d g e n Teü IV Nr. 424; Behnke Anm. 13 zu § 13 BDO.
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narmaßnahme, also auch die Erhebung von Vorermittlungen bzw. die Einleitung des Disziplinarverfahrens, aus 31 . Eingeleitete Vorermittlungen, das Disziplinarverfügungsverfahren und das förmliche Disziplinarverfahren sind einzustellen. Ist das förmliche Disziplinarverfahren bereits beim Disziplinargericht anhängig, so stellt dieses das Verfahren nach § 76 Abs. 3 BDO — § 63 Abs. 3 BDO a. F. — ein. Da die Einstellung nicht auf dem Ergebnis einer Untersuchung beruht, kommt seitens der Einleitungsbehörde die Einstellung nicht nach § 64 Abs. 2 Satz 1 BDO — § 52 Abs. 2 Satz 1 BDO a. F. — in Frage. Die Einstellung ergibt sich vielmehr aus § 64 Abs. 1 Nr. 1 BDO — § 52 Abs. 1 Nr. 1 BDO a. F. —. In der Einstellungsverfügung ist auch über die Kosten zu entscheiden, die dem Bund aufzuerlegen sind (vgl. § 113 Abs. 2 BDO — § 100 Abs. 2 BDO a. F. —). Die Einstellung kommt selbst dann in Frage, wenn der Beamte im Disziplinarverfügungsverfahren bzw. im förmlichen Disziplinarverfahren ohnehin freigesprochen werden müßte32. Ist der Beamte im Disziplinarverfahren bereits verurteilt, ist jedoch das disziplinarische Erkenntnis infolge Einlegung von Rechtsmitteln oder infolge fehlender Zustellung bzw. Eröffnung der Entscheidung an den Beamten noch nicht rechtskräftig geworden, so ist das Verfahren unter Aufhebung der ergangenen Entscheidung gleichfalls einzustellen. Das Diszipünarorgan hat den Freispruch nur insoweit zu berücksichtigen, als der Sachverhalt durch das freisprechende Strafurteil erfaßt ist. Werden im Disziplinarverfahren auch noch Vorgänge berührt, deretwegen im Strafverfahren kein Freispruch erfolgt ist, so ist eine Fortführung des Disziplinarverfahrens zulässig, wobei jedoch die Punkte einer disziplinarischen Betrachtung entzogen sind, die durch den Freispruch erfaßt sind. Hier scheidet allerdings eine Einstellung des Disziplinarverfahrens aus; lediglich in den Entscheidungsgründen des disziplinarischen Erkenntnisses ist zum Ausdruck zu bringen, daß eine Verurteilung wegen des Sachverhalts, der durch den strafgerichtlichen Freispruch erfaßt ist, nicht erfolgen kann. Das Diszipünarorgan ist nicht berechtigt, den Sachverhalt, der durch den strafgerichtlichen Freispruch erfaßt ist, nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle zu bezweifeln und erneut festzustellen. Ebenso ist es unzulässig, den vom Strafgericht ermittelten Sachverhalt anderweitig zu würdigen; hat z. B. das Strafgericht den Beamten wegen Diebstahls freigesprochen, so kann das Diszipünarorgan den gleichgelagerten Sachverhalt nicht daraufhin überprüfen, ob die Tatbestandsmerkmale der Unterschlagung gegeben sind 33 . Handelt es sich um eine fortgesetzte Handlung, so ist ein strafgerichtücher Freispruch nur insoweit zu beachten, als durch den Eröffnungsbeschluß 31 RDHE Bd. 1 S. 127 (128) = RVB1. 1938 S. 968; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 396 (398); RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 265; BDH 7. 11. 56 II D 87/55 — BDHE Bd. 3 S. 271 (273) = L i n d g e n Teil IV Nr. 336; DH Rh.-Pfalz 21. 2. 59 — V 10/50 — BDHE Bd. 4 S. 224 = L i n d g e n Teü IV Nr. 424. 32 RDHE Bd. 1 S. 127 = Deutsche Verwaltung 1938 S. 759; W i t t l a n d Anm. 30 zu § 13 RDStO. 33 RDHE Bd. 2 S. 83 (85) und S. 91 (93); RDStH 28. 6. 39 — IV D 7/39; vgl. auch PrDH in PrVBl. 1924 S. 471.
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Einzelhandlungen in den Zusammenhang einbezogen und Gegenstand der Urteilsfindung waren; soweit Einzelfälle nicht durch das freisprechende Urteil erfaßt sind, kommt eine disziplinarische Verfolgung in Frage 34 . Die Wirkung des Freispruchs erstreckt sich nämlich nur auf die Einzelhandlungen, die in der Anklage und in der Hauptverhandlung erörtert worden sind. Weitere Einzelfälle, die nicht Gegenstand des freisprechenden Strafurteils waren, können bei der disziplinarischen Würdigung herangezogen werden. Ist der Beamte z. B. wegen fortgesetzten Betruges, der sich gegen bestimmte Personen richtete, freigesprochen worden, so kann er disziplinarisch wegen solcher Betrugsfälle belangt werden, die sich gegen Personen gerichtet hatten, die in der Anklage nicht behandelt worden waren 36 . Wird das Strafurteil, auf Grund dessen der Beamte freigesprochen war, später im strafgerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben und der Beamte bestraft, so erfolgt nicht eine Aufhebung der Einstellung des Disziplinarverfahrens. Vielmehr ist ein neues Disziplinarverfahren einzuleiten. Diese Frage ist deshalb von Bedeutung, weil eine im früheren Verfahren verhängte vorläufige Dienstenthebung (§ 91 BDO — § 78 BDO a. F. —) und eine Einbehaltung von Dienstbezügen ( § 9 2 BDO — § 79 BDO a. F. —) erneut angeordnet werden muß, also die bereits früher verhängten Maßnahmen nicht durch die Fortführung wieder aufleben können. Nach Wittland 38 ist eine Fortsetzung des früheren Disziplinarverfahrens dann zulässig, wenn dasselbe durch die Einleitungsbehörde eingestellt worden ist, weil die Einstellung keine Rechtskraftwirkung besitzt. 2. Bei d i s z i p l i n a r e m Ü b e r h a n g Trotz strafgerichtlichen Freispruchs ist eine disziplinare Verfolgung bzw. Verurteilung des Beamten dennoch möglich, wenn die Tatsachen, die Gegenstand der strafgerichtlichen Untersuchung waren, ein Dienstvergehen enthalten, ohne daß sie den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen (vgl. § 13 Abs. 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 17 Abs. 5 BDO i. d. F. der Novelle) 37 . Hier darf der im Strafverfahren festgestellte Tatbestand, der zum Freispruch geführt hatte, nur insoweit zum Anlaß eines Disziplinarverfahrens genommen werden, als er einen sog. disziplinaren Überhang enthält, das Verhalten also auch dann ein Dienstvergehen darstellt, wenn es nicht die Tatbestandsmerkmale einer strafrechtlichen Norm erfüllt 38 . Ist z. B. ein Postbeamter wegen Diebstahls freigesprochen, weil sein Handeln nur eine Vorbereitungshandlung darstellt, also nicht einmal die Tatbestandsmerkmale des Versuchs erfüllt, so kann dennoch eine disziplinare Ver. folgung in Frage kommen, wenn der Beamte schon durch die Vorbereitungs_ handlung gegen eine Dienstvorschrift verstoßen hat, die jede Möglichkei t PrDH in PrVBl. 1924 S. 471. Vgl. PrDH in PrVBl. 1924 S. 471; RGSt. Bd. 47 S. 400 und Bd. 57 S. 533. 3« W i t t l a n d Anm. 34 zu § 13 RDStO. 37 BDH 2.10. 53 — II D 72/53 — BDHE Bd. 1 S. 119; DiszSenat OVG Münster 11. 7. 57 — V 33/35 —; DH Rh.-Pfalz 21. 2. 59 in AS Bd. 7 S. 170 = ZBR 1959 S. 272 = L i n d g e n Teil IV Nr. 424; RDH 19. 2. 39 in RÜHE Bd. 2 S. 83; Behnke Anm. 14 und 15 zu § 13 BDO; S c h ü t z Anm. 4 zu § 16 DO NW; W i t t l a n d Anm. 21ff. zu § 13 RDStO; D ö g e a. a. O. S. 325. 3 8 DH Rh.-Pfalz 21. 2. 59 — V 10/58 — in AS Bd. 7 S. 170 = ZBR 1959 S. 272 (LS) L i n d g e n Teil IV Nr. 424. 34
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ausschließen will, daß der Beamte in den Verdacht einer Unredlichkeit kommt. Ist der Beamte wegen Beschädigung einer dienstlichen Einrichtung freigesprochen, weil das Strafgericht zu der Überzeugung gelangt ist, daß dem Täter nur Fahrlässigkeit zum Vorwurf gemacht werden kann, während eine Bestrafung nach § 303 StGB Vorsatz verlangt, kann das Disziplinarorgan den Beamten dennoch verfolgen, wenn es zur Auffassung gelangt, daß bereits fahrlässige Beschädigung von dienstlichen Vorrichtungen eine Pflichtverletzung darstellt39. Hat ein Beamter versucht, sich nur wenige rohe Kartoffeln anzueignen, und ist er vom Strafgericht deshalb freigesprochen worden, weil die als Mundraub zu wertende Tat im Versuchsstadium steckengeblieben war und eine Bestrafung nach § 370 Nr 5 StGB nicht erfolgen konnte, weil ein Versuch im Falle einer Übertretung nicht strafbar ist, so kann der Beamte dennoch disziplinarisch belangt werden, weil er bereits durch ein solches Verhalten gegen die Redlichkeitspflicht verstoßen hat, die sich nicht in den in §§ 242 ff. StGB genannten Fällen erschöpft40. Hat der Beamte eine Amtsunterschlagung begangen, und mußte er vom Strafgericht freigesprochen werden, weil er die Tat in sinnloser Trunkenheit begangen hat, so daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 StGB gegeben waren, so kann der Beamte deshalb disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden, weil er seinen Dienst im trunkenen Zustande verrichtet und er gegen die Gewissenhaftigkeitspflicht verstoßen hatte41. Ist der Beamte wegen der Annahme eines Darlehns nach § 331 StGB angeklagt, aber freigesprochen, weil ihm eine Bestechung nicht nachzuweisen ist, so kann er dennoch disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden, weil es zu seinen Amtspflichten gehört, gegenüber Personen, mit denen er dienstlich Befassung hat, so aufzutreten, daß noch nicht einmal der Verdacht der Bestechlichkeit zu Tage tritt42. Kann ein Beamter nicht wegen Unterschlagung bestraft werden, weil die Tatbestandsmerkmale der §§ 246 bzw. 350 StGB nicht vorliegen, so kann er dennoch disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden, wenn er infolge einer unordentlichen Führung der Kassenbücher Anlaß zu einer strafgerichtlichen Verfolgung wegen Unterschlagung gegeben hatte43. Ist ein Beamter, der an einem Streik teilgenommen hat, wegen Hausfriedensbruch und versuchter Nötigung, die mit dem Streik im engen Zusammenhange stehen, strafgerichtlich freigesprochen, so kann er disziplinarisch verfolgt werden, weil es mit seinen dienstlichen Pflichten nicht zu vereinbaren ist, daß er zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage Arbeitskampfmittel angewendet hatte44. Wird der Beamte wegen Notzucht freigesprochen, weil die Frauensperson ihm keinen ernstlichen Widerstand geleistet hatte, so kann er dennoch wegen eines beamtenunwürdigen Verhaltens, das er hierbei offenbart hatte, disziplinarisch verfolgt werden46. Gleiches würde auch dann gelten, wenn ein verheirateter Mann, der sich mit einem Mädchen in ehewidrige Beziehungen eingelassen hatte, strafrechtlich nicht wegen Ehebruchs belangt wird, er aber durch den Umgang mit dem Vgl. RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 406 (408). Vgl. RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 261 (262). 4 1 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 399. 42 RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 78. 4 3 RDH bei F o e r s t e r 1935 S. 129 (131); PrOVG in RVB1. 1936 S. 925. 44 RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 404. « RDH 29. 8. 39 — III D 12/39.
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Mädchen in der Öffentlichkeit Mißfallen erregt hatte. Ist ein Beamter wegen Betruges freigesprochen worden, so kann er dennoch disziplinarisch belangt werden, wenn ihm hierbei nachgewiesen wird, daß er gegenüber seiner Dienstbehörde falsche Angaben gemacht und hierdurch gegen die Wahrheitspflicht verstoßen hatte46. Bei Freispruch von der Anklage wegen versätzlicher falscher uneidlicher Aussage vor Gericht (§ 153 StGB) ist nur die Feststellung bindend, daß der Beamte nicht vorsätzlich gehandelt hat, nicht aber die Feststellung, daß er fahrlässig falsch ausgesagt hat; das Disziplinargericht ist demnach nicht gehindert, von sich aus eine fahrlässige Falschaussage festzustellen und diese als Dienstvergehen zu werten47. Ist der Beamte freigesprochen worden und soll er trotzdem disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden, so ist er rechtzeitig auf die Änderung der disziplinarischen Anschuldigung hinzuweisen. Dies gilt zumindest dann, wenn der Sachverhalt bisher nur unter strafrechtlichen Gesichtspunkten gewürdigt war. Geht z. B. aus der Anschuldigungsschrift hervor, daß der Tatbestand nur als Amtsunterschlagung, jedoch nicht unter dem Gesichtspunkt der ordnungswidrigen Buch- und Kassenführung gewürdigt war, so ist der Beamte auf die Änderung der Rechtslage hinzuweisen. Dem Beamten muß klar erkennbar sein, wie nunmehr sein Verhalten gewertet wird, damit er seine Verteidigung darauf einstellen kann. Eine Anschuldigungsschrift, die sich nach wörtlicher Wiedergabe des gesamten Tatbestandes eines freisprechenden Strafurteils auf den allgemeinen Vorwurf beschränkt, der Beamte habe „durch sein Verhalten" ein Dienstvergehen begangen, ist unzureichend und muß zur Beseitigung der Mängel auch dann dem Bundesdisziplinaranwalt zurückgegeben werden, wenn infolge des Verbots der reformatio in peius eine höhere Strafe als eine Geldbuße nicht mehr verhängt werden kann48. 3. E i n f l u ß des F r e i s p r u c h s m a n g e l s B e w e i s e s auf das s o n s t i g e Beamtenrecht Abgesehen davon, daß bei einem strafgerichtlichen Freispruch mangels Beweises die Dienstbehörde schon aus der allgemeinen Fürsorgepflicht umgehend zu prüfen hat, ob ein disziplinarer Überhang vorliegt, sie also nicht die Waffe einer ständigen Drohung einer disziplinaren Verfolgung gegen den Beamten ausspielen kann48", kann sie einen nicht mehr durch das Strafgericht festgestellten Sachverhalt dem Beamten im weiteren Verlaufe seiner Laufbahn nicht mehr anlasten. Die Unzulässigkeit von Schuldvermutungen folgt aus dem allgemeinen Rechtsdenken, indem aus der Beweisnot keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden können. Wird ein Urteil, auf Grund dessen ein Beamter durch das Strafgericht mangels Beweises freigesprochen ist, zu den Personalakten genommen, und lassen die Urteilsgründe ungünstige Rückschlüsse auf das Verhalten des Beamten zu, ohne daß ein disziplinarer Überhang vorliegt, so ist dem Beamten mit Rücksicht auf die daselbst aufgestellten « PrOVG in RVB1. 1936 S. 925. « D H Rh.-Pfalz 21. 2. 58 in AS Bd. 7 S. 159 = L i n d g e n Teil IV Nr. 424 = ZBR 1959 S. 272. 4 8 BDH 24. 5. 57 — I D 1956 — B D H E Bd. 3 S. 110; B D H 28. 4. 59 — III D 50/56 — B D H E Bd. 5 S. 113 = L i n d g e n Teil IV Nr. 509; BDH 7.11. 56 — II D 87/55; vgl. auch D ö g e a. a. O. S. 325. 4 8 » L o e w e n h e i m - W i l h e l m a. a. O. S. 100.
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ungünstigen Behauptungen tatsächlicher Art die Möglichkeit zu seiner Anhörung nach § 90 Satz 2 BBG und die gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen einzuräumen4815. Über das Disziplinarverfahren hinaus äußern die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils keinerlei bindende Wirkung. Zudem wäre es sinnwidrig, einen nicht mehr ausschöpfbaren Tatbestand in die Bindungswirkung des § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle einzubeziehen. So könnte selbst eine Versetzung, die sich allein darauf stützt, daß der Beamte lediglich mangels Beweises freigesprochen ist, als ermessensfehlerhaft angefochten werden. VI. BINDUNG AN DIE TATSÄCHLICHEN FESTSTELLUNGEN DES STRAFURTEILS Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteils, auf denen das Urteil beruht, sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für den Dienstvorgesetzten, die Einleitungsbehörde, den Untersuchungsführer, den Bundesdisziplinaranwalt und das Disziplinargericht bindend (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle). Das Disziplinargericht hat jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder bezweifeln; dies ist in den Urteilsgründen ( § 7 8 BDO — § 65 BDO a. F. —) zum Ausdruck zu bringen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Hierbei handelt es sich um keinen nationalsozialistischen Rechtsgedanken und keinen Verstoß gegen das Grundgesetz, weil, wie bereits unter II B 1 S. 324 gezeigt worden ist, der Bindungsgrundsatz zumindest in der Rechtsprechung vor 1933 Eingang gefunden hatte und auch das sonstige Verfahrensrecht, wie z. B. § 118 Abs. 3 BRAO und § 903 RVO, Bindungswirkungen hinsichtlich solcher Entscheidungen kennen, die in einem anderen Verfahren erlassen worden sind48c. A. Allgemeines § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDO i. d. F. der Novelle ist die Folge, die sich aus der Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach Erhebung der öffentlichen Anklage ergibt. Im Interesse der Rechtssicherheit sollen Entscheidungen vermieden werden, die sich bei der Feststellung des Sachverhalts, der sowohl einer straf- als auch einer disziplinargerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt wird, widersprechen. Hierbei ist dem Strafverfahren der Vorzug eingeräumt, weil es weit mehr Rechtssicherheiten als das Disziplinarverfahren bietet49. Trotzdem sind strafgerichtliche Erkenntnisse denkbar, in denen den Strafgerichten bei der Feststellung des Sachverhalts Irrtümer unterlaufen sind, oder bei denen die strafgerichtliche Aufklärung des Sachverhalts für die disziplinare Beurteilung ungenau ist, zumal der Begriff des Dienstvergehens sich nicht im strafrechtlichen Tatbestande erschöpft und die disziplinarrechtliche Beurteilung von der strafrechtlichen Beurteilung erheblich abweichen kann. Aus diesem Grunde muß dem Disziplinar481>
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L o e w e n h e i m - W i l h e l m a. a. O. S. 101. DokBer. Nr. 1942. Vgl. F i n g e r a. a. O. S. 291.
Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils
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gericht die Möglichkeit eingeräumt werden, den vom Strafgericht festgestellten Sachverhalt einer erneuten Nachprüfung zu unterziehen; damit von dieser Möglichkeit nur in durchaus begründeten Fällen Gebrauch gemacht wird, hatte der Gesetzgeber das Nachprüfungsrecht insofern erschwert, als es nur dann ausgeübt werden konnte, wenn die Mitglieder des Disziplinargerichts ü b e r e i n s t i m m e n d die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen bezweifelten. Die Bindung ergibt sich nicht nur für das Disziplinargericht und den Bundesdisziplinaranwalt, sondern auch für den Dienstvorgesetzten im Disziplinarverfügungsverfahren und für den Untersuchungsführer60. § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle hebt ausdrücklich hervor, daß die tatsächlichen Feststellungen für den Dienstvorgesetzten, die Einleitungsbehörde, den Untersuchungsführer, den Bundesdisziplinaranwalt und das Disziplinargericht bindend sind. B. Tatsächliche Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil als Voraussetzung für die disziplinarrechtliche Bindung § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDO i. d. F. der Novelle bezieht sich auf sämtliche Urteile der deutschen Strafgerichte, wobei es gleichbleibt, ob es sich um eine Verurteilung oder einen Freispruch handelt51. Das Strafurteil muß rechtskräftig sein52. Die bindende Wirkung entfällt aber im strafgerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren, wenn das Gericht nach § 370 Abs. 2 StPO die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung anordnet, weil hiermit auch im Strafverfahren das frühere Urteil mit der Bindung für das nach § 373 StPO neu erkennende Gericht beseitigt wird 53 . Wird im Wiederaufnahmeverfahren das Strafurteil aufgehoben, so entfällt selbstverständlich dessen bindende Wirkung 54 . Bindende Wirkung hat dann die Entscheidung, die im strafgerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren ergeht; dies gilt selbst für solche freisprechende Entscheidungen, die an Stelle eines Urteils in Form eines Beschlusses ergehen55. Wird nach Rechtskraft eines Strafurteils lediglich durch eine Amnestie die Strafvollstreckung beseitigt, so verbleibt es dagegen bei der bindenden Kraft des Strafurteils56. Ein Strafurteil, das auf Einstellung des Verfahrens auf Grund eines Straffreiheitsgesetzes lautet, hat grundsätzlich keine bindende Wirkung für das Disziplinarorgan, weil es in der Regel keine Feststellungen zur Schuldund Tatfrage trifft. Ist jedoch das Strafverfahren gegen den Beamten auf Grund eines Straffreiheitsgesetzes durch Urteil eingestellt worden, das zugleich den durch Bestechung erlangten Vorteil für verfallen erklärt, so sind die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils nach § 13 Abs. 3 5 0 BDH 2 8 . 2 . 5 6 — IDV2/56 — BDHE Bd. 3 S. 256 (258) = L i n d g e n Teil IV Nr. 334; DokBer. Nr. 1688. 5 1 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S.393 (395); F o e r s t e r - S i m o n s S. 265; PrDH in PrVBl. 1924 S. 471; RDHE Bd. 1 S. 110 (112). 62 RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 417 (418); DokBer. Nr. 530. 53 DStSenat beim RG in ZBR 1942 S. 150; vgl. auch RGSt. Bd. 35 S.351. 64 ZBR 1942 S. 150. 8 5 BDH 17. 3. 60 — II D 35/59 — BDHE Bd. 5 S. 77 = L i n d g e n Teil IV Nr. 539 (LS). 58 RDH bei F o e r s t e r 1934 S. 126.
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BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle für die Entscheidung im Disziplinarverfahren bindend57. Die Verfallerklärung ist gemäß § 335 StGB nicht nur eine polizeiliche Sicherungsmaßnahme, sondern eine Nebenstrafe68. Sie ist daher noch zulässig, wenn der Täter das Empfangene zurückgegeben hat oder es sonst nicht mehr vorhanden ist59. Eine Nebenstrafe kann aber nur dann verhängt werden, wenn der Täter den Tatbestand in seinen objektiven und subjektiven Elementen erfüllt hat. Aus diesem Grunde trifft ein Urteil, das über die Verfallerklärung entscheidet, konkrete Feststellungen zur Schuld- und zur Tatfrage. Ebenso sind die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen für die Entscheidung des Dienstvorgesetzten bzw. Disziplinargerichts bindend, wenn ein nach einem Straffreiheitsgesetz zur Klärung der Frage der Unschuld fortgesetztes Strafverfahren mit einem Einstellungsurteil unter Ablehnung des Freispruchs beendet wird, weil materiellrechtlich auch hier eine echte, mit allen prozessualzulässigen Mitteln getroffene Schuldfeststellung und somit ein echtes Sachurteil vorliegt 60 . Bindende Wirkung haben nur die Feststellungen der jeweiligen letzten Tatsacheninstanz. Hat also das Berufungsgericht im Strafverfahren eigene Feststellungen getroffen und weichen diese Feststellungen von dem Urteil der Vorinstanz ab, so sind allein die Feststellungen des Berufungsgerichts für die Organe der Disziplinarrechtspflege bindend. Ist eine nur auf Art oder Höhe der Disziplinarmaßnahme beschränkte Berufung eingelegt, so erhalten die Feststellungen der ersten Instanz bindende Wirkung, weil das Berufungsgericht dann gehindert ist, sich mit dem Sachverhalt selbst zu befassen. Dies gilt auch dann, wenn der Disziplinarausspruch in der späteren Instanz aufgehoben und das Verfahren eingestellt ist, sofern davon die tatsächlichen Feststellungen zur Schuldfrage unberührt bleiben61. Ist das sachgleiche Strafverfahren in der Rechtsmittelinstanz auf Grund eines Straffreiheitsgesetzes eingestellt worden, so sind die tatsächlichen Feststellungen des voraufgegangenen Urteils für die Entscheidung im Disziplinarverfahren nur dann bindend, wenn das Rechtsmittel auf Art oder Höhe der Disziplinarmaßnahme beschränkt und es demgemäß zu einer Teilrechtskraft des strafgerichtlichen Urteils hinsichtlich der Tat- und Schuldfrage gekommen ist 62 . Im übrigen behalten die Feststellungen des Urteils des Gerichts erster Instanz nur dann noch bindende Wirkung, wenn das Berufungsgericht in seinem Urteil in Übereinstimmung mit dem Gericht der Vorinstanz zu denselben Feststellungen gelangt ist und deshalb auf diese verwiesen hat, ohne im Urteil eigene Feststellungen zu treffen63. 67 BDH 10. 2. 60 — I D 20/57 — in ZBR 1961 S. 255 (LS) = L i n d g e n Teil IV Nr. 479 und 534 (LS); BDH 30. 7. 53 — I D 93/53 — BDHE Bd. 1 S. 127 = L i n d g e n Teil IV Nr. 7; vgl. auch S c h ä f e r in DJ 1938 S. 820; Reuß in Beamtenjahrbuch 1938 S. 255 (265—270). 6 8 S c h ö n k e - S c h r ö d e r Anm. I und II 3 zu § 335 StGB; RGSt. Bd. 57 S. 232, Bd. 68 S. 404; BGH in NJW 1960 S. 159. 5 9 NJW 1960 S. 159. «® BDH 25. 5. 54 — II D 135/53 — BDHE Bd. 1 S. 132; BDH 30. 7. 53 — I D 9/53 = L i n d g e n Teil IV Nr. 7 und BDH 20.10. 53 — I D 49/53. " RDH bei F o e r s t e r 1936 S. 129. «2 BDH 4. 7. 61 — I D 89/60 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 313; RDH bei F o e r s t e r 1936 S. 129. « DokBer. Nr. 1356.
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Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils
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Hat der Beamte gegen ein Strafurteil Revision eingelegt und ist dasselbe nicht rechtskräftig geworden, weil das Strafverfahren noch vor einer Entscheidung des Revisionsgerichts rechtskräftig geworden ist, so fehlt es hier an den Voraussetzungen für die bindende Wirkung des Strafurteils, weil das Strafverfahren nicht durch ein rechtskräftiges Urteil beendet worden ist84. Die bindende Wirkung an tatsächliche Feststellungen nach § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle setzt bei Urteilen mit abgekürzter Fassung nach § 267 Abs. 4 StPO voraus, daß in den Gründen ausreichende tatsächliche Feststellungen enthalten sind, die als Grundlage für die Entscheidung im Disziplinarverfahren dienen können65. Bei solchen Urteilen ist es nicht zulässig, daß das Organ der Disziplinarrechtspflege auf Grund des Inhalts der Strafakten tatsächliche Feststellungen unterstellt, die unter Umständen die Urteilsgründe ergänzen könnten68. Können die tatsächlichen Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden, muß das Disziplinargericht dieselben selbst treffen, wobei es eines Anzweiflungsbeschlusses nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 1 8 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle nicht bedarf, da es sich hier nicht um eine Ergänzung, sondern um eine eigene neue Feststellung des Sachverhalts handelt, wobei von einer Abweichung vom Sachverhalt des Strafurteils gar keine Rede sein kann87. In den Fällen, in denen die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils nicht der Disziplinarentscheidung zugrunde gelegt werden können, dürfen jedoch die Niederschriften über die Vernehmung des Beamten, der Zeugen und Sachverständigen ohne nochmalige Vernehmung nach § 21 Abs. 2 BDO — § 17 Abs. 2 BDO a. F. — von den Organen der Disziplinarrechtspflege verwendet werden88. An einer für das Disziplinarverfahren bindenden tatsächlichen Feststellung fehlt es in einem freisprechenden Urteil dann, wenn das Strafgericht es offenläßt, ob sich der Beamte in der ihm zur Last gelegten Weise verhalten hat, weil auch bei der Unterstellung eines solchen Verhaltens der Tatbestand eines Strafgesetzes nicht gegeben ist. Hier bleibt es den Organen der Disziplinarrechtspflege überlassen, zu untersuchen, ob sich der Beamte der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzung schuldig gemacht hat69. Da die bindende Wirkung nach § 13 Abs. 3 BDO i. d. F ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle nur bei Urteilen deutscher Strafgerichte eintritt, entfällt sie bei amtsrichterlichen Strafbefehlen (§ 407 StPO)70, bei amtsrichterlichen Strafverfügungen (§ 413 StPO)71, bei Strafverfügungen der Finanzgerichte, im Steuerstrafverfahren (§ 455 RAO) 7 2 und bei Urteilen nichtdeutscher Gerichte73. BDH 1 2 . 1 1 . 53 — II D 54/53 — in ZBR 1954 S. 88. BDH 25. 2. 55 — I D 43/54 — BDHE Bd. 2 S. 8 = Lindgen Teil IV Nr. 181 ; BDH 29. 4. 58 — II D 63/57 — BDHE Bd. 4 S. 28 = L i n d g e n Teil IV Nr. 488; DokBer. Nr. 604 und Nr. 2005. 66 RDH 4 . 1 1 . 36 bei F o e r s t e r 1937 S. 110. DiszSenat OVG Münster 30. 9. 57 — W 12/57 — L i n d g e n Teil IV Nr. 167. 8 8 RDHE Bd. 3 S. 62 (66). 89 DiszSenat OVG Münster 16. 9. 60 — V 24/59 — L i n d g e n Teil IV Nr. 472. 70 DokBer. Nr. 622; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 385; RDH bei F o e r s t e r S i m o n s S. 257. 71 Vgl. RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 392. 72 RDHE Bd. 1 S. 102 (103). 73 RDHE Bd. 3 S. 132 (143); RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 391. M
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Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
Stellt das Strafgericht das Verfahren durch Urteil ein, so sind die dort getroffenen Feststellungen nicht bindend, weil hier keine Entscheidung ergeht, die 2ur Tat und Schuldfrage Stellung nimmt74. So entfällt also die bindende Wirkung bei Einstellungen des Strafverfahrens, weil der Strafantrag fehlt75 oder die Straftat verjährt76 oder amnestiert ist77. Dies gilt selbst dann, wenn sich in einem solchen auf Einstellung laufenden Urteil das Strafgericht zur Sache äußert, was insbesondere bei solchen Entscheidungen der Fall ist, in denen der Beamte amnestiert wird; soweit hier tatsächliche Feststellungen getroffen worden sind, sind dieselben überflüssig78. Das Strafurteil muß gegen den Beamten ergangen sein. Deshalb tritt die Wirkung des § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle dann nicht ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen auf einem Urteil beruhen, das auf eine vom Beamten gegen einen anderen erhobene Privatklage ergangen ist; die tatsächlichen Feststellungen können hier jedoch gemäß § 14 Satz 3 B D O i. d. F. ÄndGes. 1952, § 17 Abs. 2 B D O i. d. F. der Novelle der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden79. C. Disziplinarorgane, die an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils gebunden sind An die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils sind sämtliche Stellen gebunden, die mit einem Disziplinarvorgang sich befaßt haben. Dies gilt für die Vorermittlungen, für das Disziplinarverfügungsverfahren und für das förmliche Disziplinarverfahren. Selbst in dem Verfahren nach § 110 B D O — §96 B D O a. F. — sind die Disziplinarorgane an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils gebunden80. Die Bindung besteht für den Dienstvorgesetzten, die Einleitungsbehörde, den Untersuchungsführer, den Bundesdisziplinaranwalt und für die Disziplinargerichte. Dies wird in § 14 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle ausdrücklich festgestellt. Die Disziplinargerichte sind auch in dem gerichtlichen Antragsverfahren nach § 31 Abs. 3 und 4 B D O — § 26 Abs. 4 und 5 BDO a. F. — an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, wobei sie allerdings im Gegensatz zum Dienstvorgesetzten und der obersten Dienstbehörde von den tatsächlichen Feststellungen unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 2 B D O Behnke Anm. 26 und 27 zu § 13 BDO; RDHE Bd. 1 S. 122; Bd. 3 S. 62. RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 431; BDH 11. 11. 55 — I D 22/55 — BDHE Bd. 2 S. 111 = L i n d g e n Teil IV Nr. 219. DokBer. Nr. 561. '« RDH Bd. 1 S. 123. " RDHE Bd. 1 S. 110 (112); RDH in RVB1. Bd. 59 S. 318; RDStH 24. 5. 39 — IV D 10/39. 7 8 Vgl. RDH 12.11.35 - F 164/35 - bei F o e r s t e r 1935 S. 129; F o e r s t e r 1936, S. 116; F o e r s t e r 1937, S. 70; RDHE Bd. 1 S. 121; RDHE Bd. 1 S. 110; RDHE Bd. 1 S. 123; RDH in ZBR Bd. 9 S. 193 u. ZBR Bd. 11 S. 150; RDHE Bd. 3 S. 62; R e u ß in Beamtenjahrbuch 1938 S. 133 und 255ff.; Busse in Beamtenjahrbuch 1938 S. 272; W i t t m a a k in ZBR Jahrgang 1936/7 S. 224ff. insbes. S. 227—230; Behnke Anm. 27 zu § 13 RDStO; W i t t l a n d Anm. 37 zu § 13 RDStO; B r a n d 3. Aufl. Anm. III Ziff. 3 zu § 13 Abs. 3 RDStO; BDH 30. 7. 53 — I D 9/53 — BDHE 1 S. 127; BDH 11. 11. 55 — I D 22/55 — BDHE 3 S. 113. 7 9 BDH 4. 2. 59 — II DV 5/58 — BDHE Bd. 5 S. 70 = L i n d g e n Teil IV Nr. 503 (LS). 8 0 BDH 22. 9. 59 — II D 26/59 — in ZBR 1960 S. 166 = L i n d g e n Teil IV Nr. 396; vgl. auch RDHE Bd. 2 S. 147 (148); Behnke Anm. 19 zu § 96 BDO; W i t t l a n d Anm. 11 zu § 96 RDStO; Schütz Anm. 8 zu § 103 DO NW. 74 76
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Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils
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i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle abweichen können81. D. Umfang der Bindung an die strafgerichtlichen Feststellungen Die bindende Wirkung des strafgerichtlichen Urteils erstreckt sich auf die tatsächlichen Feststellungen, auf denen das Urteil des Strafgerichts beruht. Hierzu gehören die Tatumstände, aus denen sich die strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Merkmalen unter Berücksichtigung der Tat- und Schuldfrage zusammensetzt. Sie setzt allerdings voraus, daß die Urteilsgründe ausreichende tatsächliche Feststellungen enthalten, die als Grundlage für die Entscheidung im Disziplinarverfahren dienen können; fehlt es hieran, so hat das Organ der Disziplinarrechtspflege den Sachverhalt neu festzustellen, ohne daß es eines Nachprüfungsbeschlusses nach §13 Abs. 3 Satz2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle bedarf 82 . Beruht die Feststellung des Strafgerichts auf Schlußfolgerungen aus tatsächlichen Vorgängen, so verliert sie damit nicht den Charakter einer Tatsachenfeststellung im Gegensatz zu den daraus gezogenen rechtlichen Folgerungen, daß die Tat z. B. als Amtsunterschlagung, Verletzung des Postgeheimnisses, gewinnsüchtiger Verwahrungsbruch usw. zu werten ist; hier ist das Disziplinargericht an die tatsächlichen Schlußfolgerungen gebunden, daß der Beamte der Täter ist 83 . T a t s a c h e n , die sich nicht auf die s t r a f b a r e H a n d l u n g beziehen, sind nicht b i n d e n d ; dies gilt z. B. für die Frage der Beamteneigenschaft. Ebenso sind die Feststellungen zu sonstigen Nebenund Begleitumständen nicht bindend84. Der Umfang der Bindung ergibt sich aus den Tatbestandsmerkmalen der jeweiligen strafbaren Handlung. So sind bei einer Bestrafung wegen Kuppelei nach § 180 Abs. 1 und 3 StGB die tatsächlichen Feststellungen zu den Tatbestandsmerkmalen des „Unzuchtsvorschubsleistens" und des „Ausbeutens einer Person" für das Disziplinarorgan bindend85. Ist bei einer Unterschlagung die Höhe des Geldbetrages, den sich der Beamte angeeignet hat, im Strafurteil angegeben, so sind die Feststellungen über die Höhe nach den gesetzlichen Merkmalen des § 246 StGB bindend, da ein bestimmter Gegenstand bzw. ein bestimmter Geldbetrag unterschlagen sein muß86. Anders ist es bei der Höhe der Bestechungssumme, die der Beamte erhalten hat, da zum gesetzlichen Tatbestand des § 331 StGB nicht die Höhe des zugewendeten Betrages, sondern nur die Zuwendung ganz allgemein gehört87. Sind dem Beamten im sachgleichen Strafverfahren in der Anklageschrift zwei in Tateinheit stehende strafbare Handlungen zur Last gelegt worden und hat das Strafgericht ihn nur wegen einer Straftat verurteilt sowie festgestellt, daß die Tatbestandsmerkmale der anderen strafbaren Handlung DokBer. Nr. 1688; BDH 28. 2. 56 — I D V 2/56 — BDHE Bd. 3 S. 256 (258). BDH 18.11. 60 — II D 27/60 — BDHE Bd. 5 S. 14 = Lindgen Teil IV Nr. 586 = ZBR 1961 S. 400. 83 DokBer. Nr. 1500. 84 RDHE Bd. 2 S. 88 (90). 86 BDH 8. 7. 58 — m D 105/56 — BDHE Bd. 5 S. 80 = Lindgen Teil IV Nr. 489. 8« BDH 11.11. 55 — I D 22/55 — BDHE Bd. 2 S. 111 (114) = Lindgen Teü IV Nr. 219. 87 BDH 18.11. 60 — II D 27/60 — ZBR 1961 S. 387 = Lindgen Teil IV Nr. 586. 81
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Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
nicht erfüllt sind, so ist das Disziplinarorgan auch an die Feststellungen zu dieser Straftat gebunden; ein Freispruch im Sinne des § 17 Abs. 5 BDO — § 13 Abs. 2 BDO a. F. — liegt, wie bereits unter IV gezeigt worden ist, nicht vor 88 . Bei einer fortgesetzten Handlung ist die vom Strafgericht festgestellte Zahl der Einzelhandlungen nicht nur ein für das Strafmaß bedeutender Gesichtspunkt, sondern gehört zu den Feststellungen des Tatbestandes. Hiervon kann das Disziplinarorgan ohne einen Nachprüfungsbeschluß nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle auch nicht in der Weise abweichen, daß es die Einlassung des Beamten, daß er einen Teil der ihm zum Vorwurf gemachten strafbaren Handlungen nicht begangen hätte, zu seinen Gunsten als wahr unterstellt89. Für die Entscheidung im Disziplinarverfahren sind die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils nur insoweit bindend, als sie durch die Anschuldigungsschrift zum Gegenstand des Disziplinarverfahrens gemacht worden sind90. Ist z. B. im strafgerichtlichen Urteil als Beginn der Unterschlagungshandlungen der 10. 11. 65 angenommen und ist in der Anschuldigungsschrift als Beginn der 4. 4. 66 genannt, so können nur die vom 4. 4. 66 an begonnenen Pflichtverletzungen zum Gegenstand des disziplinaren Erkenntnisses gemacht werden, wobei die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils auch nur hinsichtlich der Unterschlagungshandlungen bindend sind, die vom 4. 4. 66 an begangen worden sind. Die bindende Wirkung des Strafurteils erstreckt sich auf die Feststellungen zum inneren Tatbestand einer strafbaren Handlung 91 . Die Feststellungen des Strafgerichts zur Frage des Verschuldens, ob z. B. auf Grund des tatsächlichen Geschehensablaufes vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln in Frage kommt, ist also für das Disziplinarorgan bindend. Da nur diejenigen tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils bindend sind, auf denen das Urteil beruht, ist bei einem Freispruch von der Anklage der vorsätzlichen falschen Aussage vor Gericht (§153 StGB) daher nur die Feststellung bindend, daß der Beamte nicht vorsätzlich gehandelt hat, nicht aber die Feststellung, daß er fahrlässig falsch ausgesagt hat; das Disziplinargericht ist daher nicht gehindert, von sich aus eine fahrlässige Falschaussage festzustellen und diese als Dienstvergehen zu werten 92 . Bei einer Rauschtat nach § 330 a StGB bezieht sich das Verschulden lediglich auf das Sichversetzen in den Rauschzustand, nicht aber auf die im Rausch begangene Tat oder darauf, daß der Täter seine Neigung, im Rausch Straftaten zu begehen, kannte oder kennen mußte. Die Feststellungen des Strafgerichts, der Täter habe auf Grund einer früheren Rauschtat gewußt, daß er im betrunkenen Zustand erheblich enthemmt sei, gehört demnach nicht zu den gesetzlichen Merkmalen der Straftat 8 8 BDH 1 8 . 1 1 . 60 — II D 34/59 — in ZBR 1961 S. 387 = L i n d g e n Teil IV Nr. 587; BDH 7.10. 59 — I D 13/58 — BDHE Bd. 5 S. 71 = L i n d g e n Teil IV Nr. 514. 80 BDH 16.10. 56 — I D 17/55 — BDHE Bd. 3 S. 165 = L i n d g e n Teü IV Nr. 345. 90 BDH 22. 2. 56 — m D 138/54 — BDHE Bd. 3 S. 56. 91 BDH 3 . 1 . 62 — I D 68/61 — in ZBR 1962 S. 194 = L i n d g e n TeüIV Nr. 609; BDH 1 1 . 1 1 . 55 — I D 22/55 — BDHE Bd. 2 S. 111 = L i n d g e n Teü IV Nr. 219; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 370; RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 255 (256); RDH 13.10. 38 — H D 47/38 —, 15. 2. 39 — IV D 78/38 —; RDH 26. 5. 39 — V D 10/39. 92 DH Rh.-Pfalz 6.12. 58 — V 8/58 — L i n d g e n Teil IV Nr. 423 = RiA 1959 S. 206 = ZBR 1959 S. 237 = AS Bd. 7 S. 159.
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Bindimg an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils
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und ist daher für das Disziplinarorgan nicht bindend i. S. des § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDO i. d. F. der Novelle93. Die Umstände, aus denen das Strafgericht die Unzurechnungsfähigkeit des Beamten folgert, sind für das Disziplinarorgan gleichfalls bindend94. Soweit sich jedoch die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts mit der Frage der verminderten Zurechnungsfähigkeit befassen, sind sie für die Organe der Disziplinarrechtspflege nicht bindend, weil sie nicht die Tat- und Schuldfrage berühren, sondern nur für die Frage der Zumessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind95. Das Disziplinargericht ist also nicht gehindert, trotz der sich aus § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDO i. d. F. der Novelle ergebenden Bindung an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils im Hinblick auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme eine im Strafurteil nicht enthaltene Feststellung dahin zu treffen, daß der Beamte bei Begehung des Dienstvergehens vermindert zurechnungsfähig i. S. des § 51 Abs. 2 StGB gewesen war 96 . Die Bindung des § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle erstreckt sich auch auf die Feststellungen des Strafgerichts zur Frage der Widerrechtlichkeit, da hiervon die Schuldfähigkeit berührt wird 97 . Die strafrechtliche Qualifizierung der Tat durch das Strafgericht ist für das Disziplinargericht unerheblich98. So ist es z. B. gleich, ob das Strafgericht die Pflichtverletzung als Unterschlagung oder als Betrug gewertet hat. Ebenso sind auch die Gründe für die Strafzumessung, die für das Strafgericht maßgebend waren, für das Disziplinarorgan unerheblich99. So kann ein Beamter, der mit Rücksicht auf sein Fehlverhalten für den öffentlichen Dienst nicht mehr tragbar erscheint, nicht geltend machen, daß das Strafgericht die Tat nur milde beurteilt oder die Strafe zur Bewährung ausgesetzt hat; die im Strafurteil angeführten Milderungsgründe können selbstverständlich auch bei der disziplinaren Beurteilung von Bedeutung sein; dies braucht aber nicht der Fall zu sein, da die Zielsetzung beider Verfahren auseinandergehen. Gleiches gilt auch für die tatsächlichen Feststellungen, die durch das Strafgericht zur Persönlichkeit des Beamten getroffen werden 100 . Sind die Feststellungen des Strafgerichts zur Tat- und Schuldfrage nur lückenhaft getroffen worden, so müssen Feststellungen aus dem Urteilsspruch BDH 20.12. 61 — m D 63/61 — bei D ö r i n g in ZBR 1963 S. 313 (LS). RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 255; RDH bei F o e r s t e r 1935 S. 126; RDH bei F o e r s t e r 1936 S. 127 (128); PrOVG in PrVBl. 1924 S. 215; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 370; DStSenat beim RG in ZBR 1942 S. 151; BDH 20.10. 53 — 1 D 49/53; RDH 13.10. 38 — II D 47/38 —; RDH 15. 2. 39 — IV D 78/38. 9 5 BDH 8. 5. 57 — I D 49/56 — BDHE Bd. 3 S. 122 (125); BDH 25. 4. 56 — I D 63/55 — BDHE Bd. 3 S. 172 = NJW 1956 S. 1895 = ZBR 1956 S. 298 = L i n d g e n Teil IV Nr. 143; Behnke Anm. 30 zu § 13 BDO; DiszSenat OVG Münster 19. 6. 59 — V 9/59 — L i n d g e n Teil IV Nr. 444; PrOVG in RuPrVBl. 1929 S. 181; RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 372 (375); RDH bei F o e r s t e r 1936 S. 127 (128); a. M. RDH in ZBR Bd. 7 S. 173 und W i t t l a n d Anm. 42 zu § 13 RDStO. 98 DiszSenat OVG Münster 1 9 . 6 . 5 9 — V9/59 — L i n d g e n Teil IV Nr. 444. 9 7 RDHE Bd. 3 S. 83 (84). 9 8 RDH 2 5 . 1 . 39 — IV E R 70/38 —; RDHE Bd. 3 S. 96 (99). 99 RDH bei F o e r s t e r - S i m o n s S. 254; RDH bei F o e r s t e r 1936 S. 127 (128); RDH bei S c h u l z e - S i m o n s S. 361; BDH 19. 11. 53 — I D 21/53 — Lindgen TeillV Nr. 22; DokBer. Nr. 1547; abweichend RDH bei F o e r s t e r 1937 S. 111 (112). 1 0 0 RDHE Bd. 1 S. 88 und Bd. 3 S. 62 (66). 98
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Der Einfluß des gegenstandsgleichen Strafverfahrens auf das Disziplinarverfahren
ergänzt werden, wozu es keines Beschlusses nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle bedarf. Man muß hierbei annehmen daß das Strafgericht die Tatbestandsmerkmale als erfüllt angesehen hat, selbst wenn es in den Urteilsgründen keine näheren Feststellungen getroffen hat 101 . Bei einer Alternativfeststellung in einem bindenden Strafurteil muß der disziplinaren Strafzumessung die minderschwere Verhaltensweise zugrunde gelegt werden. Bleibt es z. B. dahingestellt, ob Diebstahl oder Hehlerei gegeben ist, so ist hierbei zu berücksichtigen, daß die Hehlerei als Verwertungsdelikt nicht die gleiche Energie voraussetzt wie ein Diebstahl, was für die Schwere des Dienstvergehens von wesentlicher Bedeutung ist 102 . Soweit die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 BDO i. d. F. der Novelle gegeben sind, haben im Laufe der Vorermittlungen der Dienstvorgesetzte oder der von ihm beauftragte Ermittlungsführer und in der Untersuchung der Untersuchungsführer den Beamten hierauf hinzuweisen, damit dieser seine Verteidigung entsprechend einrichten kann. Ist der Beamte im Vorermittlungs- bzw. Untersuchungsverfahren über die bindende Kraft eines gegen ihn ergangenen Strafurteils nicht oder unrichtig belehrt worden, so liegt darin ein der Durchführung des Disziplinarverfahrens entgegenstehender Verfahrensmangel dann nicht vor, wenn die unterbliebenen oder unrichtigen Rechtsbelehrungen ihn in keiner Weise benachteiligt haben 103 . Weicht das Disziplinargericht von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts ab, ohne daß eine nochmalige Prüfung nach § 13 Abs. 3 Satz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 BDO i. d. F. der Novelle getroffen worden ist, so stellt dies einen schweren Verfahrensmangel dar, der zu einer Aufhebung des Urteils und Zurückweisung in die erste Instanz führt. Ist jedoch die Berufung auf Art oder Höhe der Disziplinarmaßnahme beschränkt, so hat das Berufungsgericht von den — wenn auch fehlerhaft — getroffenen Feststellungen auszugehen 104 ; Ausgangspunkt der in der zweiten Instanz noch zugänglichen Beurteilung der Art oder Höhe der Disziplinarmaßnahme sind lediglich die Feststellungen zur Schuld- und Tatfrage im Urteil des vorinstanzlichen Gerichts, wobei sich die daselbst aufgetretenen Mängel nicht mehr beseitigen lassen. Die Zurückweisung in die Vorinstanz scheidet insbesondere dann aus, wenn das angefochtene Urteil in sich nicht widerspruchsvoll oder nicht unvollständig ist 105 . Überprüft der Untersuchungsführer im Laufe der Untersuchung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle bindende Feststellungen, so stellt dies keinen Verfahrensmangel dar, wenn sich seine Ermittlungen als überflüssig erwiesen oder wenn er sich von der Absicht leiten ließ, entlastende Gesichtspunkte für den Beamten aufzudecken 106 . Ebenso ist es kein Verfahrensfehler, wenn sich das Disziplinargericht erster RDH bei F o e r s t e r 1937 S. 110. BDH 9. 1. 63 — II D 61/62 — BDHE Bd. 6 S. 33; BDH 1 5 . 1 . 59 — II D 7/58 — BDHE Bd. 5 S. 115. 1 0 3 DiszSenat OVG Münster 10. 3. 61 — V 31/60 — L i n d g e n Teil IV Nr. 645. 1 0 4 BDH 23. 2. 54 — I D 67/53 — BDHE Bd. 1 S. 125; BDH 6.12. 55 — I D 159/54 — BDHE Bd. 2 S. 108. 1 0 6 BDH 8. 7. 58 — III D 105/56 — BDHE Bd. 5 S. 80 = L i n d g e n Teil IV Nr. 489. 1 0 6 DiszSenat OVG Münster 15. 9. 61 — V 14/61 — OVGE (DiszS) Bd. 2 S. 46. 101
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Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils
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Instanz an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils gebunden fühlte, obgleich eine solche Bindung überhaupt nicht bestand107. Dies muß auch für die Disziplinarverfügungen des Dienstvorgesetzten gelten. E. Beseitigung der bindenden Feststellungen des Strafurteils durch Beschluß des Disziplinargerichts Das Disziplinargericht kann die nochmalige Nachprüfung solcher Feststellungen des Strafgerichts beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder nach § 13 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952 übereinstimmend und nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BDO i. d. F. der Novelle mit Stimmenmehrheit bezweifeln. Dies ist in den Urteilsgründen zum Ausdruck zu bringen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BDO i. d. F. der Novelle). Eine Nachprüfungsmöglichkeit ist lediglich dem Disziplinargericht, nicht jedoch dem Untersuchungsführer und im Vorermittlungs- sowie im Disziplinarverfügungsverfahren nicht dem Dienstvorgesetzten oder der obersten Dienstbehörde eingeräumt108. Das Disziplinargericht kann nicht nur im förmlichen Disziplinarverfahren, sondern auch im Antragsverfahren nach § 31 Abs. 3 und 4 BDO — § 26 Abs. 4 und 5 BDO a. F. — sowie in den Verfahren anläßlich Neubewilligung bzw. Entziehung des Unterhaltsbeitrages nach §110 BDO — §96 BDO a. F. — von den strafgerichtlichen Feststellungen auf Grund eines übereinstimmenden Beschlusses abweichen109. Während das Disziplinargericht sowohl an verurteilende als auch an freisprechende strafgerichtliche Urteile nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BDO i. d. F. ÄndGes. 1952, § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO i. d. F. der Novelle gebunden sind, ist eine erneute Nachprüfung der tatsächlichen Feststellungen nur bei solchen Urteilen möglich, die auf Verurteilung lauten. Tatsächliche Feststellungen in strafgerichtlichen Freisprüchen können also nicht erneut nachgeprüft werden110. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch die erneute Feststellung der Nachweis einer vom Strafgericht verneinten Tat geführt werden soll111. Soweit es sich um einen disziplinaren Überhang handelt, darf die bindende Wirkung des strafgerichtlichen Freispruchs auch nicht durch einen Beschluß nach § 14 Abs. 1 BDO — § 13 Abs. 3 BDO a. F. — beseitigt werden; die nochmalige Nachprüfung der tatsächlichen Feststellungen darf sich hier nur auf den disziplinaren Überhang beziehen112. Wäre § 17 Abs. 5 BDO — § 13 Abs. 2 BDO a. F. — ersatzlos entfallen, so wäre eine nochmalige Nachprüfung auch bei freisprechenden Urteilen möglich gewesen. Der Sachverhalt soll nur in besonders begründeten Ausnahmefällen nochmals nachgeprüft werden; es muß sich dann im Strafurteil schon um ganz besonders wesentliche Mängel bei der Feststellung handeln113. Hierbei ist zu 1 0 7 BDH 1 2 . 1 1 . 53 — n D 54/53 — BDHE Bd. 1 S. 112 = ZBR 1953 S. 88 = L i n d gen Teil IV Nr. 79. 10